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UMIVERSITY OF MICHIGAN
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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UNiVERsnry ,of michigan
DEUTSCHE
MIT BERÜCKSICHTIGUNG L f H / <7
DES
DEUTSCHEN MEDICINALWESENS
NACH AMTLICHEN MITTHEILUNGEN,
DER ÖFFENTLICHEN GESUNDHEITSPFLEGE UND DER INTERESSEN DES
ÄRZTLICHEN STANDES.
BEGRÜNDET VON DR P. BOERNER.
HERAUSGEGEBEN VON
PROF. DR A. EULENBURG und DIL JUL. SCHWALBE
IN BERLIN.
ZWANZIGSTER JAHRGANG.
LEIPZIG und BERLIN.
VERLAG VON GEORG THIEME.
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UMIVERSITY OF MICHIGAN
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
INHALTS “VERZEICHNISS
Beiträge aus Kliniken, Krankenhäusern, aus medieinischen
und naturwissenschaftlichen Instituten.
-- -
Aus dem städtischen Krankenhause in Barmen: Zur Behandlung der
OberarmbrQche, von Dr. Heusner 196.
Aus dem städtischen Krankenhause in Barmen: Ueber Spiraldrahtver-
bände. von Dr. Heusner 223.
Aus der I. medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Ein Fall von
complicirtem Conamen suicidii, Schuss in die Schläfe, Phosphorver¬
giftung. Schuss in die Herzgegend, Heilung, von Geh. Med.-Rath
Prof. I)r. E. Leyden 475.
Aas der I. medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Ueber ulce-
röse Endocarditis und fibröse Myocarditis im Zusammenhang mit
acutem Gelenkrheumatismus, von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. E. Ley¬
den 913., J
Aus der I. medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Zur Gewebsaft-
therapie von Priv.-Doc. Stabsarzt Dr. Goldscheider 376.
Aus der I medieinischen Universitätsklinik in Berlin: Zur Kenntniss
der natürlichen Immunität gegen asiatische Cholera, von Priv.-Doc.
Dr. G.. Klemperer 435.
- us der 1. medieinischen Universitätsklinik und der chemischen Abthei-
lung des physiologi^hen Instituts in Berlin: Ueber Harnsäure, Xan-
minbasen und Leukocytose bei einem mit Organextraction behandelten
i 'alle von Leukämie, von Dr. P. Jacob 641. 663.
118 «K • me ^ e inischen Universitätsklinik in Berlin: Beobachtungen
er ein neues harnsäurelösendes Mittel bei Gichtkrauken, von Priv.-Doc.
Stabsarzt Dr. E. Grawitz 786.
* n? . er ■ me< brinischon Universitätsklinik in Berlin: Ueber Podromal-
^vmptome bei Paralysis agitans. von Priv.-Doc. Stabsarzt Dr. E. Gra-
"llZ OäJ.
pfn p n me ^ C ini sc ^ en Klinik und Universitätspoliklinik in Berlin:
Mail d sogenannter amyotrophischer Lateralsklerose, von Geh.
A u , T d ;? T ath P /°f- .Dr. H. Senator 433.
" 7hp tv me< D cl nischen Klinik und Universitätspoliklinik in Berlin:
heim 608 ° Se der Pylorustumoren, von Priv.-Doc. Dr. Th. Rosen-
chirurgischen Universitätsklinik in Berlin: Die
von bact , eneller Keime von frischen blutenden Wunden aus,
\m tv SchuBmelbusch 575.
Berlik??*?. . a P Königlichen Charitekrankenhausc in
besnn<TaL ^ . frühzeitige Bewegung gebrochener Glieder, mit
Rath iw n C ^ S1 ^t au ^ üie untere Extremität, von Geh. Ober-Med.-
Aus de? Iv ' D - r> '■ Ba ^eleben 373.
Berlin*Hinik ^ Königlichen Charitekrankenhause in
unter«.' p , e handlung einfacher und complicirter Brüche der
arzt Dr Tr Xtrem ' t ü_ t o _ m it ambulatorischen Gipsverbänden, von Stabs-
A U q -morsch 527.
BerlinKlinik am Königlichen CharitAkrankenhause in
Aus der ehimi- 111 - v ^2?. Aet-hertod, von Stabsarzt Dr. Herhold 361.
Berlin- Tt«.w SChen am Königlichen Charitekrankenhause in
Peritonitis ,*** °P era ^' T en Behandlung der diffusen eiterigen
Aus der cWn;J° n , S * arzt D r- Herhold 755.
Berlin- dÜy u t am . Königlichen Charitikrankenhause in
Stabsarzt Dr Alber8*969 Xat *° n ^hromioclaviculargelenk, von
v e B C a h rd^l Chen Abth , eUun £ des Herrn Geh. Ober-Med.-Rath Prof. Dr.
Könielichon rn ^ de ® Herrn Oberstabsarzt Prof. Dr. Köhler am
v erl<*tzunir J a " t ^J ranl£eil h a use in Berlin: Zwei Fälle von Gehirn-
ö ’ von Stabsarzt Dr. Herhold 511.
Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Oberstabsarzt Professor
Dr. Köhler am Königlichen Charitekrankenhausc in Berlin: Ueber
einen Fall von Brown-Sequard’scher Halbseitenverletzung des
Rückenmarks, von Stabsarzt Dr. Herhold 9.
Aus der Klinik für Kinderkrankheiten am Königlichen Charitekranken¬
hause in Berlin: Praktische Winke zur Behandlung der Diphtherie
mit Heilserum, von Geh. Med.-Rath Prof. Dr. 0. Heubner 701.
Aus der Klinik für Kinderkrankheiten am Königlichen Charitdkranken-
hause in Berlin: Ueber larvirte Diphtherie, von Geh. Med.-Rath
Prof. Dr. 0. Heubner 929.
Aus der Königlichen Universitätsfrauenklinik in Berlin: Zwei Fälle von
centralem Dammriss, von Dr. F. Matthaei 417.
Aus der Königlichen Universitätspoliklinik für orthopädische Chirurgie
in Berlin: Ueber Knochondeformitäten bei hereditärer Lues, von
Dr. G. Joachimsthal 460.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber den Ein¬
fluss der Milz auf die Immunität, von Dr. Benario 8.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die Speci-
ficität der Cboleraimmunisirung von Professor Dr. Pfeiffer und
Dr. Isaeff 305.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber Gewinnung
und Verwendung des Diphtheriebeilserums von Prof. Dr. Ehrlich,
Dr. H. Kossel und Dr. A. Wassermann 353.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die quanti¬
tative Bestimmung von Diphtherieantitoxinlösungen, von Stabsarzt
Prof. Dr. Behring und Sanitätsrath Dr. 0. Boer 453.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Die Mittelohr¬
entzündung der Säuglinge, von San.-Rath Dr. A. Hartmann 544.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Das Tizzoni’sche
Tetanusantitoxin, von Dr. W. Hübener 656.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Bemerkungen zu
der Erwiderung über das Tizzoni’sche Tetanusantitoxin, von Dr.
W. Hübener 813.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die Blut¬
serumtherapie bei Diphtherie, von Dr. H. Kossel 823.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Weitere Be¬
obachtungen über die Wirksamkeit des Behring’schen Diphthorie-
heilserums, von Dr. H. Kossel 946.
Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin: Ueber die speci-
fische Immunitätsreaction der Typhusbacillen, von Professor Dr.
R. Pfeiffer 898.
Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Berlin: Ueber Inula
graveolens, von Dr. M. Mendelsohn 610.
Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in
Berlin: Ueber Jejunostomie, von Geh. San.-Rath Professor Dr.
E. Hahn 557.
Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Fnedrichshain m
Berlin: Ueber Nierenaneuiysma, von Geh. San.-Rath Professor Dr.
E. Hahn 637.
Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhauso am Fnedrichshain in
Berlin: Ueber chinirgische Eingriffe bei Magenerkrankungen, von
Geh. San.-Rath Prof. Dr. E. Hahn 817. ^ J t , . .
Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in
Berlin: Ein merkwürdiger Fall von Phosphorvergiftung, 'on -i.
Freyhan 58.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
IV
IN HA LTS -\’E KZE1< ’11NI SS.
Aus dem städtischen Krankenhause am Friedrichshain in Berlin: Ein
Fall von Meningitis tuberculosa mit Ausgang in Heilung, von Dr.
Freyhan 707.
Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in
Berlin: Zur Diphtheriebehandlung, von Dr. C. Weibgen 596.
Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am Friedrichshain in
Berlin: Zur operativen Behandlung der Zwerchfellshern.ien, von Dr.
A. Neumann 661.
Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Weitere Er¬
fahrungen über die Wirksamkeit des Behring’schen Heilserums bei
der Diphtherio, von Prof. Dr. Sonnenburg 930.
Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Die bisherigen Er¬
fahrungen bei Aethernarkoscn, von Dr. Tschmarke 79.
Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Zur Kenntnis*! der
Influenzapneumonieen, von Dr. A. Albu 150.
Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Ein Kettensägen¬
führer, von Dr. Sarfert 371.
Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin: Zur Diphtherie¬
behandlung mit Heilserum, von Dr. Canon 500.
Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Ein operativ
geheilter Fall von Gallensteinileus, von Dr. W. Körte 171.
Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: lieber eigen¬
artig verlaufene septikopyämische Erkrankungen nebst Bemerkungen
über acute Dermatomyositis, von Prof. Dr. A. Fraenkel 193.
227, 245.
Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Zwei Fälle
gutartiger grosser Schleimbeutelhygromo, von Dr. E. Mommson 107.
Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Der dia¬
gnostische Werth der homiopischen Pupillarreaetion. von Dr.
M. Roth mann 336.
Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Hoher trauma¬
tische Schädeldefecte und ihre Deckung, von Dr. A. Brentano 378,
402, 439.
Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Resultate der
Heilserumtherapie bei Diphtherie, von Dr. E. Voswinckel 479.
Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin: Untersuchungen
über das Aneurysma der Brustaorta, von Dr. G. Puppe 854. 874.
Aus dem Elisabeth-Krankenhause in Berlin: Beiträge zur Kochsalzinfusion
bei Vergiftungen, von Dr. M. Gordon 272.
Aus dem Elisabeth-Krankenhause in Berlin: Ueber die mit dßm Behring-
Ehrlich’scken Diphtherieheilserum gemachten Erfahrungen, von
Dr. E. Schubert 476.
Aus dem Lazarus-Krankenhause in Berlin: Ueber zwei totale Magen-
resection beim Menschen, von Prof. Dr. Langenbuch 968.
Aus der chirurgischen Abtheilung des Krankenhauses der jüdischen Ge¬
meinde in Borlin: Congenitale Hydronephrose, geheilt durch Ne¬
phrektomie, von Dr. Adler 151.
Aus der Nervenpoliklinik von Prof. Dr. A. Eulenburg in Berlin:
Ueber die subcutane Injection des Aethylendiamin - Silberphosphat
(Argentamin E. Schering) bei Tabikern, von Dr. G. Rosenbaum 627.
Aus der chirurgischen Privatklinik des Herrn Prof. Dr. J. Wolff in Ber¬
lin: Ueber einen Fall von amniotischer Einschnürung des Unter¬
schenkels mit Klumpfuss, von Dr. F. Koch 677.
Aus der Poliklinik für innere Krankheiten des Herrn Prof. Dr Litten
in Berlin: Ueber das Vorkommen und die Bedeutung eigenartiger
Figuren erweiterter Hautvenen am unteren Theile des Thorax, von
Dr. Hirschlaff 243.
Aus der Privatklinik für Frauenkrankheiten von Dr. L. Landau in Ber¬
lin: Die Acthernarkose, von Dr. O. Gross mann 55. 81.
Aus Dr. Max Joseph’s Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin: Ueber
gummöse Lymphome, von Dr. W. Guttmann 889.
Aus Dr. Boas’ Poliklinik für Magen- und Darmkrankheiten in Berlin:
Zur Frühdiagnose des Magencarcinoms, von Dr. P. Cohnheim 438.
Aus der chirurgischen Klinik der Universität Bologna: Untersuchungen
über den Stoffwechsel des Hundes nach Magenexstirpation und nach
Resection einos grossen Theils des Dünndarms, von Dr. de Filippi 780.
Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der Universität Bologna:
Untersuchungen über das Infectionsfieber. Das Fiebergift der Bac-
terien, von Dr. E. Cent an ni 148. 176.
Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der Universität Bologna:
Untersuchungen über das Infectionsfieber. Das Antitoxin des Bac-
terienßebers, von Dr. Ce n tan ui und Dr. Bruscliettini 270.
Aus der medieinischen Universitätsklinik in Bonn: Ueber die Grundlage
der Martius’scken Herzspitzenstosstheorie, von Dr. A. Schmidt 76.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn: Die Gefahren der Nar¬
kose für den Diabetiker, von Dr. E. Becker 359. 380. 404.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik und dem Johannis-Hospital in
Bonn: Erfahrungen bei 2000 Aethernarkosen von Dr. Heusler 740.
Aus der geburtshilflich - gynäkologischen Klinik der Universität Bonn:
Ventrofixation und Vaginofixation, von Prof. Dr. H. Fritsch 6.
Aus der Universitfits-Augenklinik in Bonn: Ueber Augenentzilndung durch
Eindringen von Raupenhaaren. Ophthalmia, nodosa (Sämisch), von
Dr. Hillemanns 5l7.
Aus dem hygienischen Institut der Universität Bonn: Zur Aetiologie
und Diagnose der Influenza, von Priv.-Doc. Dr. Kruse 513.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau: Chirurgische Bei¬
träge zur Lokalisation der Grosshimrinde. von Dr. Troje 103. 132.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau: Zur Therapie der
narbigen Speiseröhrenverengerung, von Dr. A. Tietze 362. 382.
Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Breslau: Die Prinzipien
der Prolapsbehandlung von Prof. Dr. 0. Ktlstner 414.
Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Breslau: Eine Jahres¬
arbeit auf dem Gebiete der Extrauterinschwangerschaft, von Prof.
Dr. Küstner 946. .
Aus dem Laboratorium der medieinischen Klinik in Breslau: Ueber
Nierenverändorung bei Sulfonalvergiftung, von Privatdocenten Dr.
R. Stern 221. „ . , . „ ,
Aus der medieinischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals m Breslau :
Zur Casuistik der Tricuspidalinsufficienz, von Dr. E. Hamburger 485.
Aus der medieinischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals in Broslau:
Ueber gutartige Fälle von Dermatomyositis acuta, von Dr. A. Herz 790.
Aus der chirurgischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals in Breslau:
Exstirpation eines Hirntumors, von San.-Rath Dr. 0. Riegner 49t.
Aus der chirurgischen Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals in Breslau:
Exstirpation eines basilaren Racliontumors nach Resection des harten
Gaumens, von San.-Rath Dr. 0. Riegner 660.
Aus dem städtischen Krankenhause in Charlottenburg: Ueber einen
Fall von periodischer familiärer Paralyse, von Dr. K. Hirsch 646.
Aus clem pharmakologischen Institut und der chirurgischen Klinik in
Dorpat: Einiges über die Functionen des menschlichen Dickdarms,
von Prof. Dr. R. Kobert und Prof. Dr. W. Koch 883.
Aus dem städtischen Krankenhause in Elberfeld: Ueber die Behandlung
der Anämie, besonders der Chlorose mit Schwitzcuren, von San.-Rath
Dr. Künne 846.
Aus dom städtischen Krankenhause in Frankfurt a. M.: Ueber Morbus
Basedowii, von Dr. Rehn 265.
Aus dem Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt a. M.: Zwei Fälle
von Erkrankung nach Anwendung des Diphtherieheilserums, von Dr.
V. Cnyrim 898.
Aus dem Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt a. M.: Ein Fall von
Hydrocele muliebris, von Dr. Li ermann 871.
Aus dem städtischen Krankenhause in Frankfurt a. 0.: Ein Fall von
acuter hämorrhagischer Nephritis nach Anwendung des Behring’schen
Diphtherieheilserums, von Dr. 0. Treymann 951.
Aus der medieinischen Universitätsklinik in Fr ei bürg: Die Behandlung
der Pleuraempyeme hei an Lungentuberkulose Leidenden, von Goh.-Rath
Prof. Dr. Bäu ml er 717. 738.
Aus dem chemischen Universitätslaboratorium in Frei bürg: Zur Wirkung
des Sulfonals, Trionals und Tetronals, von Dr. W. Morro 672.
Aus dem chemischen Universitätslaboratorium in Freiburg: Zur Kennt-
niss des Loretins, von Prof. Dr. Claus 737.
Aus dem chemischen Universitätslaboratorium in Freiburg: Zur Theorie
der hypnotischen Wirkung der Sulfone, von Dr. W. Morro 867.
Aus der medieinischen Universitätsklinik in Giessen: Stoffwechsel-
versuebe mit Somatose, einem Albumosenpräparat, von Dr. F. Kuhn
und Dr. K. Völker 793.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Giessen: Ueber einen Fall
von Aethortod infolge von Lungenödem nebst Bemerkungen zur Aether-
statistik, von Prof. Dr. Popp er t 719.
Aus der geburtshülflieh-gynäkologischen Universitätsklinik in Giessen:
Ueber Schwangerschaft im ventrifixirten Uterus, von Prof. Dr. Lüh-
lein 241.
Aus der geburtshülflieh-gynäkologischen Universitätsklinik in Giessen:
Die operative Behandlung des tuberkulösen Ascites, von Dr. G. Frees
849. 873.
Aus der Universitätsaugenklinik in Göttingen: Ueber das binoculare
Sehen Schielender vor und nach der Operation, von Geh. Med.-Rath
Prof. Dr. Schmidt-Rimpler 833.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Graz: Zur Therapie der Hydro¬
cele feminina, von Dr. 0. Gerke 502.
Aus dem pathologischen Institut der Universität Graz: Ueber Blutfarb¬
stoffproben einiger Bluteisenpräparate, von Dr. Zoth 757.
Aus der medieinischen Universitätsklinik in Greifswald: Ueher einen
Fall von Schwefelsäurevergiftung. von Dr. Ackermann 835.
Aus der medieinischen Universittäsklinik in Greifswald: Die in der
Greifswalder medieinischen. Klinik erlangten Resultate mit Behring’s
Heilserum bei an Diphtherie erkrankten Personen, vonDr. Börger 902.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Groi-fswald: Ueber die Haut¬
transplantation nach Thiers ch, von Prof. Dr. Helfe rieh 3.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Greifswald: Zur Behandlung
der Hydrocele testis, von Dr. Buschke 366.
Aus der Üniversitätsaugenklinik in Greifswald: Kleinere ophthalmo-
logische Mittheilungen von Prof. Dr. O. Schirmer 393. 753.
Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Die lokale
Behandlung der Rachendiphtherie, von Prof. Dr. F. Loeffler 801.
Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Zur Di¬
phtheriefrage. Erläuterungen zu den Thesen des deutschen Diphtherie-
Comites auf dem VIII. internationalen Congress für Hygiene und
Demographie in Budapest, von Prof. Dr. F. Loeffler 881.
Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Ein Fall
von Wunddiphtherie mit Nachweis von Diphtheriebacillen, von
Dr. R. Abel 548.
Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Zur Kennt-
niss des Diphtheriebacillus, von Priv.-Doc. Dr. R. Abel 692.
Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald: Ueber die
Schutzkraft des Blutserums von Diphtheriereconvalescenten und ge¬
sunden Individuen gegen tödtliche Dosen von Diphtheriebacillen-
culturen und Diphtheriebacillengift bei Meerschweinchen, von Priv.-
Doc. Dr. R. Abel 899.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.: Der äussere Milz¬
brand des Menschen, von Dr.K.Mü 11er 515. 535.688.706. 916. 955. 977.
Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Halle: Zur Pathologie
und Therapie der Blutungen unmittelbar nach der Geburt, von Prof.
Dr. H. Fehling 493.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
INHALTS-VEHZEK'HNISS.
, dein Alten allgemeinen Krankenliausc in Hamburg: Ueber die Ab-
ortivbehandlimg der Gonorrhoe nach der Janet’schen Methode, von
Dr M Fürst 709.
dem Neuen allgemeinen Krankenhause in Hamburg: Weitere Er-
‘ ‘ f-hrnnaen Uber die Benutzung von Alkalialbuminaten zur Herstellung
von Nährboden, von Dr. G. Deycke 528
\u< dem Marieu-Krankonhauso in Hamburg: Ueber die radicale Heilung
‘ ' ,1er recidivircnden Perityphlitis, von Dr. H. K ft mm eil 628.
\us: der Diakonissen- und Krankenheilanstalt -,Bethesda“ in Hamburg:
Ein neuos Urinal für Frauen, von Dr. C. Schütt 962.
\,is der chirimrischon Universitätsklinik in Heidelberg: Kritische Be¬
merkungen und praktische Erfahrungen über das Antidiphtherin Klebs.
von Priv.-Poc. Dr. Vulpius 127.
\us der chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg: Ueber zwei
interessante Fälle von Mageuehirurgie, von Priv.-Doc. Dr. S. B. v. Beek
759.
Aus der mediciuischeu Universitätsklinik in Jena: Zur Pathogenese des
Tetanus, von Priv.-Doc. Dr. Gumprecht 546.
Aus der medicinischen Universitätsklinik in Jena: Ueber Lipämie, von
Priv.-Doc. Dr. Gumprecht 756.
Aus der psychiatrischen Universitätsklinik in Jena: Zur diagnostischen
Bedeutung des Achillcsselmonphänomens, von Prof. Dr. Th. Ziehen
653. 070.
Au« dem medico-nieehanischen Institut in Karlsruhe: Bruchschaden und
[Tdallversieherungsgesetz, von Dr. F. Bähr 468.
Ans dem hygienischen Institut der Universität Kiel: Weitere Beobach¬
tungen" hei der Untersuchung choleraverdächtigen Materials, von
Prof. Dr. B. Fischer 542. 565. 579.
Aus dem Augusta-Hospital in Köln: Ueber Myxödem und- über Ent-
fettungscuren mit Sehilddrüsenfütterung, von Prof. Dr. 0. Leichten -
stern 932.
Aus dem Augusta-Hospital in Köln: Ueber Entfettuugseuren mit Sehild-
drüseufütterung. von Dr. Wendel Stadt 934.
Aus dem Augusta-Hospital in Köln: Procentgehalt des Blutserums an
Eiweiss und Procentgehalt des Blutes an Serumeiweiss, von Dr. L.
Bleibtreu 664.
Aus dem St. Marien-lfospital in Köln: Eine Hernia uteri bei Pseudo¬
hermaphroditismus feminiuus, von Dr. Brohl 338.
Aus der medicinischen Universitätsklinik in Königsberg: Ueber die
Züchtung der Gonococcen in einem Falle von Arthritis gonorrhoica,
von Priv.-Doc. Dr. E. Neisser 335.
Aus der medicinischen Universitätspoliklinik in Königsberg: Ueber den
contiuuirlichen Magensaftfluss, von Prof. Dr. J. Schreiber 3t*5.
443. 462.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik iu Königsberg: Ueber Druck-
lähmungen im Gebiete des Plexus brachialis, von Prof. Dr. H. Braun 49.
Ans der chirurgischen Universitätsklinik in Königsberg: Zur Casuistik
der irrcponiblen Daumen- und Fingerluxationen, von Dr. Borchard 367.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Königsberg: Beitrag zur
Kenntniss der posttyphösen Eiterungen, von Dr. G. Sultan 675.
Aus der^ Königlichen Universitäts-Frauenklinik in Königsberg: Ein¬
schränkung der inneren Untersuchung in der Geburtshülfe (Heb-
amraenpraxis). von Dr. M. Sperling 957.
Aib dem hygienischen Institut der Universität Königsberg: Ueber die
Desmfectionskraft der Sozojodolsäure und verschiedener ihrer Salze
gegenüber dem Loefller’schen Diphtheriebacillus, von Dr. A. Drüer
•j(> <. 583.
Au.« der medicinischen Uuiversitätspoliklinik in Leipzig: Einige casu-
bti«chc Beiträge zur Kenntniss der Sklerodermie, von Privatdocenl
Dr. Fried heim 199.
u> der Iniversitäts-Fraucnklinik in Leipzig: Ueber das baeterienfeind-
hcüe Verhalten des Scheidensecrets Schwangerer, von Dr. B. Krönig
Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig: Ueber ein bacterienfeind-
hches Verhalten der Scheidensecrete Nichtschwangerer, von Dr
K. Meuge 867. 891. 907.
Aus der Provinzialirrenanstalt in Leubus: Paralytische Anfälle uicht
corticalen Sitzes, von Dr. C. Neisser 870.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Marburg: Zu meiner Me¬
thode der hohen Custration, von Dr. 0. Büngner 363
Aus der medicinischen Universitätsklinik in Moskau: Ueber chronischen
Rheumatismus, von Prof. Dr. G. Sacharjin 525.
Aus der medicinischen Universitätsklinik iu Moskau: Ein Fall gemischter
Lobercirrhose, von Dr. P. Jakowleff 851.
Aus der gynäkologischen Universitätsklinik in Moskau: Der Dampf als
blutstillendes Mittel, vorläufige Mittheilung von Prof. Snegirew 747.
Aus der Xervenabtheilung des ersten Stadtkrankenhauses in Moskau:
Ueber Polyneuritis puerperalis. von Dr. M. A. Lunz 886.
Aus der Ohrenabtheilung der Königlichen chirurgischen Universitätspoli-
klinik in München: Eine einfache neue plastische Methode zur
Rüeklageruug hochgradig abstehender Ohrmuscheln, von Docent
Dr. Haug 776.
Aus der II. medicinischen Universitätsklinik in Neapel: Einige neue
Fälle von GellUgeltuberkulöse bei Menschen und Sfiugethieren, von
Priv.-Doc. Dr. S. Pansini 694.
Aus dem Knappsehaftslazareth in Neunkirchen: Ueber einen Fall von
Stichverletzung der Sehlüsselbeinarterie, von Dr. Kirchgässer 226.
Aus der bacteriologischen Station in Odessa: Zur Frage über die Bac-
teriologie der Cholera, von Dr. P. Diatroptoff 691.
Aus dem Kreiskrankenhause in Oschersleben: Beitrag zur Behandlung
der Diphtherie mit Heilserum, von Marine-Oberstabsarzt I. Kl. a. D. Dr.
Kunzen 918.
Aus dem pathologischen Institut der Universität Padua: Neue Beob¬
achtungen über die diagnostische und therapeutische Wirkung der
Stoffwechselproducte des Rotzbacillus bei der Rotzinfection des
Menschen und der Thiere, von Prof. Dr. A. Bonome 703. 725, 744.
Aus dem städtischen Obuchoffhospital in St. Petersburg: Drei Fälle
von traumatischer Leberverletzung von Dr. K. Zeidler 723.
Aus der medicinischen Universitätsklinik in Rom: Ueber gegenseitige
Compensation bei gleichartiger Veränderung mehrerer Herzostien, von
Prof. Dr. Guido Baccelli 25.
Aus der medicinischen Universitätspoliklinik in Rostock: Uober den In¬
halt dos gesunden nüchternen Magens und den continuirlichen Magen¬
saftfluss, von Prof. Dr. F. Martius 638.
Aus der Universitätsklinik für Ohrenkrankeiten in Strassburg: Ein Fall
von Atresia auris acquisita. Mvxosarkom der Paukenhöhle, von Prof.
Dr. A. Kuhn 560.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen: Ueber dio Aus¬
gänge der tuberkulösen Coxitis bei conservativer Behandlung, von
Prof. Dr. P. Bruns 374.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen: Ueber die Kropf¬
behandlung mit Schilddrüseufütterung, von Prof. Dr. P. Bruns 785.
Aus dem physiologischen Institut der Universität Tübingen: Zur Phy¬
siologie der Darmbewegungen, von Prof. Dr. P. Grützner 897.
Aus der II. chirurgischen Universitätsklinik in Wien: Der äussere Milz¬
brand des Menschen, von Dr. J. Schnitzler 763.
Aus der medicinischen Universitätsklinik in Würzb urg: Beiträge zurPatko-
logie des Muskelrheumatismus, von Prof. Dr. W. Leube 1.
Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Würzburg: Zur Frage der
Narbencontraction bei Transplantationen nach Thiersch, von Dr.
A. Meyer 364.
Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich: Die bisherigen
Resultate experimenteller Untersuchungen über die Art der Wirkung
des Tetanusgiftes auf das Nervensystem, von Dr. C. Brunner 100.
Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich: Dio trophischen
Functionen des Nervensystems, von Prof. Dr. Gaule 509. 532.
Alphabetisches Verzeichniss der Originalartikel.
A.
Dr zur diagnostischen Bedeutung des, von Profess
A«Miüt Z J Bhe " Jen * 653 ‘ 670 -
r '*mientivJ rr 1 *'. ^kdung eines Falles von, Bemerkungen üb
Dr H Np,,.» " Vpe 0 ) ™^ le der rothen Blutkörperchen, von Priv.-Dc
AdnexopJr' J• a 1111 m Berlin 105.
von l’rofTtr' l Q dicationeu, die Technik und die Erfolge dt
A^tctag D-Vf \ he l la, * ta * Wien 97.
569. euischer Jn Eisenach, von Prof. Dr. A. Eulenburg in Berl
'''T
... --r uuur C,no Beise
um die Erde, von Profess
’ von E. M. in London 710.
Aethermaske, eine neue, von Dr. 0. Gross mann in Giessen 470.
Aethernarkose, von Dr. 0. Grossmann in Giessen 55. 81.
Aethernarkosen, die bisherigen Erfahrungen bei, von Dr. P. Tsehmarke
in Berlin 79.
—. Erfahrungen hoi 2000, von Dr. Heusler in Bonn 740.
Aethertod, ein Fall von, von Stabsarzt Dr. Herhold in Berlin 361.
— infolge von Lungenödem nebst Bemerkungen zur Aetherstatistik, von
Prof. Dr. Poppert in Giessen 719. ,
Aethylendiamin-Silberphosphat (Argentamin E. Schering), über die sub-
cutane Injection bei Tabikern, von Dr. G. Rosenbaum in Berlin 6 ai.
Akromioclaviculargelenk, die Naht bei Luxation im, von Stabsarzt Dr. Al¬
be rs in Berlin 969.
A lkalialbuminate. weitere Erfahrungen über ihre Benutzung zurHersteliung
von Nährböden, von Dr. G. Deycke in Hamburg o28.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Alkohol- die Rolle des. bei soxuelloti Porvepr'iotien, ErnRpsie ijiol HndoreM
psy.elMseheA• AhWrinitfttsh;. v<J# Fhwfc Dr. A. Farel in Zürich 96A
Aiti-niotisf hn EtnsjeimÜnTng tles;*naRw<;heu.kvlÄ mit Klüatjjftus^ yp>i Djl F.
Koch in Berlin (>77.
AniUiiie.. 'femnd'rr* i'idormm. tirmi- ihre {M»imtlnug mit. Sclnvit?.f*ijr,ou.
von Sun.dint.lr Utv Kühne in JPherhdd 840.
AoustboMf. di» lok:»lu. mit Konig’smmtü A e ( her. vmu Pn»i l)i\Th. K 6 i P 1 or
in Leipzig 893.
Atjasdika. «irj 1 Re.hiindlijto^; <1 «ä. v«m IVef. Dr.. L'w-«l d in Berlin .24$,
Behend.!uug des. von Dl', Vi i r h h«• t iiv ll tun bürg IVO,
.;vnUoij>tiiJiorln KI.oI.jn, kdl7*ol»o ihuvurkilnEm? und er» kOs>dm ßVf'HlVr.uvyon.
ülu;v um.:. VOM Pme-PoO. \ V u ! / n N. W ! 1 r i! (< ■ I lii i ;• i -J7
Anxn^pflnTW ihv. Aorxpü. dm $ 327 de* Sli» iI** psgUlhiAhcs -in
auf die. von Dr. Ben in« in Berlin 708,
-\:r.K:n{)fJeji,-’. «n Berlin.- dir si’idtischr, von Dr ,1. ?, rd» v.mlbo in lierUo .4i i.
Ar«»?»«. s«ij« Khiim emi ‘i !u>‘ VViii'co'tt!’. um Run. - i.hu: Dr. VrennM m
Fmibure i. R 93o.
Arthntfc gimorrlmieu. tiber die. Zü'.uiluug dar Gonoeoceou Su*i ••inem Bulle.
voy.vi.oi Priv-Pne ))r E. N ei ze.- r Kmdgsberv 305 •
ArzrmmdBei. 1j»»c:».1nVh;i)l»er dm neuere.!. >m dahro 189:1. von Dr. ). Bons
tu Boriu» 22. 4(1
AsdR'S- diu vjpörHijvo Be4uii»dR*ug das kiib*yrkuf&snin von Dr .<>. Fräak
in ■(■} 849. 873.
Asphyxie hm Keugelmrmmfr, Mn. Del! von schwerer, von .D* K 8» »Gum*
in Oagm? 1 W. 496
Atcnsni imrhs_ r^uiDtm AR v>s;rrtmnl der Paukeub6ttb > . van PraiOf.-mr
ilr. A. Knhti m‘EMl&sftfti'g frlKG
Auge. KAJ/dKi*; Hin Vim. FVnf. R>v Ui ks eil Irerg in Berlin vHf».
durch Eindringen \mr IPuifmdmM’rm %'bt,l.ihliuia mAo.s»
tlPiuischS von- .Dr. il i P c tu ü n tGi ib B<>nti 5 17:
Auskultation, zur Technik der, von Dr. Th. .Ininxd.vYKkr .in Kid OM.
— —. Beuievkuiurcti zn »Din AufOit?/ von Br. 3nnnovvski, von
' ID. Kl Ai r-y f. r in BokUw ÖHR
«.
Bimc'4]!- Cruidi). von Pr. J. 43 eh v/ a l b e m Berlin 29R
Bhdiln.H Finkler -Prior.’ Küivl 1 km einer unter proln.iieH Durrhlüllo., ;/•-o.
i Fm«, von Br. A. Rix-i.e. und D»\ tEn..eh in H.nnil'urn: 9^8
Puickriolli: KdiiVn. i.iirc Awlnaliilu* v»m iri.^e|t*u. »uuiend^u 'Vnn'dj^ -• ms.
Aon Dr (.' St liinnnoil. usvü u' 11 ehn ö75, . .
-:Bü4e.do\vVdie Krankheit und ScJiioMrik^., vou Brot', in,. Eulen hum - in;
.Berlü 719.
Be^Riivenen. von Prof. Dr. v, Bürtlöloh<?u fi| Juno .'N.'i-- .
is, ij.ifi>:-i-v und Aerzun von Pf, H Mi in ? uv Bet'HnM^:
Buteotl». ■riu'M.hir f.f, Vuefo'uf. von ProJ, Dy.\. -Bardv tehoie U» Rev'tai t4o'
Bin»khlAfr*K Sr'hen Refdolender vor umj na.eh-der'Ojier.Uimn' m-u 1, )M.
Kdb Fi’öC Dr. fP 1 hmider in GiHtmsUii 8131?,
ihmiei-isjr.fOj!',dien r-inuo-i Bluinibenpnipni’fiB», Yuh Pf. ZoJ.h in Ow, Ji/t-.-
Bhiiverum. s>ln iVoe-ntnehnil ; ,u Eiudss und Pn.ee.nRdt.jlr do§ .UJufd 1
; ui M'Mi:!KOV\i't-s. vnn Pr. L Blüihtrvu in Köln ijip.
— von lCrbhke.ro ifhoe 4ie.' qnnntitouver. d# l^Sv*ds^kvrrpd ,:;
im. von JRv.mi.t Pr R. v. - Limhe.uk »n XVi-nv-'-imd Df. Fr. Piek iu
’ Peog. 303. ^
B l Utfifi^^W*lB#ptt’r’n«c3i' derGdion, ?mr Putlmloifd- imd plunapie der.
Von frei, tu-, j-j. Fe.itün.p in itiule 493.
HBi t v u k? h u r f : l-Doilti* •. zpr von- Prl
R. Siduue! U o; Dn->dru OOl.
Üt jidtQiJOvHtKUHO! h!’> Kindern. üIku’ radieuh: I -Voo De. K;i re k sl i <n
. . Be! ln 8.9* ‘
— . f!:r nuliealeu im Kindofliuspiod d'rotisseau in l’nrisl Von Qertrnd
Qni-dun in Pnt'iS 81.1
BriidfseluHjt o opd Kutedlynt4iimtöf* vnn 'PV;. 18 Bit Sir m IvnrlP
ruhe (»H.
Bru.ufnoilft. - Dntarfviich»mgen. t\ber d^s 1 A ntAtny.eme, dl*.r, von 18. i>. Pn i> iR
in Berlin 854. 874 ~
OnsD atiOi!. zu infdnor Mcth.uir liur ii.dM'h.. von Pr. O. v ;fj t) n n t\ o r dt
MaWiuru vld
—V :4tir v. -Bn.u>40 öEschen Mcdhode tk-r lohen, loh Dp M. Hehode m
Hrndnrrg Mt.
('Kh>rtdaHuim.>;km oute neune von Pr P. Poseniere n, Bcriin
Ohoanem. Über (il'istiFrJ.o Ahdrücke der, von Puh.dvuth Pr. ii nn fr* ; > tj n in
KftJn OoU,
Cholera in Berlin m datum 1831. hpinndeher Rihiktuu.lv, v^n Pdi. Han,-'
^R-}it.h pr, Ohrtmann jji IpM'li, 911 94.4
— In 0*t.i;neussei) hn Jaiirii ,18.03, von „PrM'. Pr v, Es»ui nr.^h in ICiudus-
hertr 20.
*T‘ ?MV Uher dio RtveRnohiiOn: dar, Von Pr, 11 IVifthninfufr hp
' OdüSMsi . ,
—* fremitmss dot oßhirlidu^i tiumnuitd.i m asiatisdm. \m Pr»
ru>c Dr, 0. lC l ü fn }i e >-0 r 4o’->. .
f^>|$t?iAü'sinPletritt- .Foi^rmlJn, vdr Br. Fr^vmutK in
Danzig B49. ■ '
Clioh'raej'uienriu io (ier d'Ork'd und ^wlidi ist ! Ul L4R
— vfmlÖH2 in» Orient. 4i’d vmim tfajV von Et/ihsruv.i Üi\ Krirdm9
borg jjj fiel im Ho'l Ho.H H'U]
Cliöleröivkrauk>o!-:en 90 si-.dt«.^imn fPunkrrdno^.e Modul.•'Tun !•: -Mä Ü
Di R»^n PCI} w .Berlin 52,
— im -i .
Prot Dr. F (11 Ireiü^e,- in Rmim 28,
PhdmdMSe.. iioheuddlnih mou^Srldunn -HeU^nim, väu lul'oivnooh
m -829,v • * 4 • ..■ ‘ ‘ ■
-Ober fiie SpecirtcUät »ic< Ppd. Cii. Rio;tB,(?v
und Dr. i ? Aff iu Berüh 309
, (UidenivoMiU'hiii/üs Marnrial- adtoro Rooh»rJit hei der•Untci'itn IduA
i von /Kn Bp^P'Ph. 4P F iM'liKK >te ]^>d öÄB; Mty ty7ß,. . - .. 8 .
■ f.lmatnm» snivnöi. eoi \ rill voft «'•«ni*|dieji'i» , rio Saht Reh- M/yh-Batu ! rni ;
Pr. F; !. .• v •{ •• u in RePü* 475. .
] Ckiiit.»«,' (ihiji dio Mt^ii'dnK^•hilhdrklii.rtsem he». ■-CLOftHHryaÖVfisi'.
\ cor Pro!’. Pi. P ih in Tiil.iinün 474,
PÄiimiiMyv. ?\\^i;Pldih von von pr- F-. in lihrjijj +(f,
P^ujiPaB WßJsflUf0iit»2 M4t»L vodduUm» Mitthdlaoar vuif Vr*»i‘. SiirgTru\
in Mubkroi 747. , - . i .
llhrtuSirvvvSfhuuehPar Physiologen üei, T^ß-prof. Dr. r. Priitzhtr iii
'i'dloiy.er: 897.
iDuuiett- umt PiireeeiavntiOiion. zur RmuiaUP fiel- iiTCjaudhlnn. von Pr. Bor
e- h .* rd -in Ivijui^l'm.r^ 307.
Ds-mM^ityipp rliiin. Ober guturt-igO Fd ln von. Von Pr. H. Her? in
B»ndhn '7lnV . ' ^ ,
Pißi- ipA} velK dtAdini von Pr. B na h hi Breuten 788.
Dnsmf» • t»ö« nnPu nnstorkeirden Kmnk'jiritvn,. Bmuerkutigfu üher. -von
Dr, ri eui US in Berlin 262.
PnPul cR.'MouiiP. oititoMseh vaEkeuiile. v»uj Stabs«rzt. t*vof Pr. Behring
in Boeiu* 119
Biiihdifetr,. d-i.8 fMrahrdv derMSiarkose für den. von Dr E. ßetkoi- in
Bonn 37/1 380 404.
Iliukdarm. (Omr (Rd FUßebiouöü dfek .un’Ulsdili^heü, voü Pn»!
Dr h K.oIm i 1 und Prof: lh> W Koch in l>orFnf 888-
riRih.t.hid'K- Rnlr.iu zur BoiuaniJimg ndi tJaiLionuiV; 8:*i>.. Mad:ne*Db<*i-sia)v.v
iuvd; i. C’P . 1 . 1’ Pr. Ivfjn.zßh in OlHhurlicheu 9l8.
. Ulul8*D»Tii(btu’iiRte. net. von Pr. 1! K ezsul iu BerHu 8-3,
* iu'ijie litluiorPiiuaPehr Xehhritis bei. sou Pr J. RehMaS he in Boj-jin 97»2.
(friiktisrlse Winkt zur BejuvodluHg' •n*H HedS^erum, vm ■ Hvtu Mhd.>R.
l'rof, Pr 0. I] euh-n r. t - io Berlin 7 4 »!.
, ttlmr Pn ii-te,- von Doli. Mfd. tvrMi Prof. - .Pr, 0 II »•« )>.jloi m Be» ln
929
. V.011 Vt iv.-Por. Pr -H n u s.»m«i o u m tjerlm '8H.(, 1
.(urdk>rö Erfubmugin} M>er die VVlfkuwnki-ii 4of» BfdmRg Vtun» llydlr
nerdinH hei :ilvr. von Prot. J> . 80iVuohlHP’.g in Berlin 990
lltsudnie d«>r i ieU.-mniiiMjentjue imir von Br E. Vo^ev.'i»vok 01 in
Berlin 479.
. nn>l AiigiötiJu- Siutlieu zur ImkWdbllöDi AiiaKotd'HJk dlor, von J‘r.
II CI Pir.m -t> I Pi {Pier 930.
. /er- .Aeiinioiiu der. -von Or. F. Snhauz m Drosdefi -920
PRdit:u;T , ir MhiiUuwin. f »n Bi-iinoi zur Beiirl li'ijlujjg des tlierrtUO'itisfdn.oi utul
et ajdi v Sek > iseiieu W ort.h*m 'h.v Bohriug M-'hon, v f »n ’Pn S r ü in 1 d t. m
hldmrnuMhu-f 999. ■- 7
»Uum- • iu* hv.:rk(nir d..S: 18 {'hdiatylhiug >101' Pijihihene. von
Pr w. L l»h pTJ z, Pi. iy Bo-j im 8.7/
*• , wirkt ihjSsiAdhv giftwtratdf öihI? mjl PiKl XR; Ltu.uh’ii^r in Mötüd^n 25C ,
- .: Br.vuhuung uuf vorsienonde. IP'rnm'hmigrU. von AtaKärzA Pjvd'.
i)r. Be h ring m Berlin; 27i.
jliplu l.eri:-uOi?ili;vls-Pö>ii(!!i!; zu Imiehid'iruiupzvvecprn. vou. (»r. H A > n hs?m,
m BrPin 431.
; -4ht»'?‘ dm uunntVBiDw BeMumunng ¥djx, vuo Sjtahsnrza Pvop Dr, BbSi -
mug-.ued S>:!iituKv.»th |i { Boe» iu i>. i’ui 473
PitRerhÄVudRue. zur- Ke-uutmss %-u 'Pdv.-Btto. Or. R. Aböl in
fleoiisuuht e.lrj
i Pd/h11jbpnl»e• nu)ullvun Pr* CW e'i h g e ; n hi BvpIüi 596,
• n»0 ■ ijödHih uih. v»ui Pr. ( ufruu -in BRfun 5011
Bidting AUi’. Voll Dr. M. Kann je 'Cn-i.iN«»« i. S. 981.
.PIldiBn fuMrago. Kitn Ute einigen äu »Inn 4 h» ,-en des .deut odtrn Pij'htln'ri"-
CimtUös auf ?k'rn Vlll. intevm.tjoindi-ii ■' ihr IJytriun?-gt^d
7 Ptum^mTihinL Fe SRiflu^t, vou Pr»H. f»r. F- L uu fflf r*&& "4^feV
"alrl m.
IRphtherieludPui'ütui. OiH»r diu Hewinuhun und! MuuvomliUiK Mos '"\«. : u"
Pb Kl Deh. :Pe. IvuskoJ und :!1* WassnrntUMii in Berlin 333.
\ - iihiu- uiiu .dorn B 0i(r 1 liiplE-h ? f'1 0 , h!seSdui ge.uhjefiten Ei’odtrUügWi,
von Pr. H Srisuhori in {prlut.476.
, weitere rpoi.m ? ; i.nngeu üh.*i* tfie. Wukung du« BidiringbVheh, Vou
■ Pc B. Ivoüshl i»{ BurOa■045g-'■■■■•
— • neiii.e Pu.mrrh-mm.-he ld]*ttntiz n.i-di /ViiWendune.- dm- Bel'PitMmdleR
.V'»n Pi- f) f Prv y m iUiii iy Fra» & ft* rP », 0. 931.
zvvri FiUlü von 'Bthrrdikuhg ühidi • Atiwoudung'des. von .Pr, R. Rem -
holt! in SatdgMi 9d3.
»Mt* Krivcnnkiiiigshdl iimm .Adw*'.o*.uing des. V‘>u P-r7 K )iusit in tu
SVj.'idnz 9fs2, , . p . ,/*7iK-"’ '-/••
. ^,vv‘ei FuUo tot» Krlo’.mkting ij»k h Ahiwßnduüg «in»/V«ni 19' V! Puy mu
m Finiikfuri a. M. 898,
P)|dulHir»et»d{-ei jitnhnh-mdlmig, Zwei Fidle., vm« .Pf. BuMi m;. 11.. j,j ;SnP*-
«ienunomiorf 963:
PipliBimehedsemjnilfti'e. Pmnarkungiui uiül von San-il. Pr. Id(»l)eetz
i» Frsmkfflrl -a. M 927,
Zio, m«! Sirhoir;/ Droh Dr. BeitrMiU in Berlin iHd
r« BnteeuMiMO uuf den Artikel d»u'. .Herr» Prof; Rehriiin von
i'i ü.- Ahmoui in Be r i)» 884, , ' .
■ --- - B^ihirkuhlffih vnh Ppd.:-Lir. BKlM*i*y
iu.iMlu 383.
1 '
p -/o-cVror Ur-
&P ■! jAHlev uw *-?■ K8 78 .^3 goi
.Ib. , ^37. "• K
Go- gl?
INHALTS - VERZEICHNISS.
VII
Diphtherieimmunisirungsfrage. zur, von Prof. Dr. Behring in Halle 865.
Diphtheriekranke, die mit Behring’s Heilserum in der Greifswalder raedi-
cinischen Klinik erlangten Resultate, von Dr. Börger in Greifs¬
wald 902.
Dipbtherierecidiv nach Serumbehandlung, von Dr. H. Wo 1 ff-Lew in in
Berlin 980.
Diphtberieroconvalcscenten und gesunde Individuen, über die Schutzkraft
des Blutserums von. gegen tödtliehc Dosen von Diphtheriebacillen-
culturen und Diphtheriebacillengift bei Meerschweinchen, von Priv.-
Doc. Dr. R. Abel in Greifswald 899. 936.
E.
Grosshirnvinde, cWrurpsche Beiträge zur Lokalisation der, von Dr. Troje
G bTck 0 47 Über ditl VerWeni) “ ng durcb SchiL'ler, von Prof. Dr. H. Gries-
Guajakolvergiftung, von Prof. Dr. Wyss in Zürich 296. 321.
Hämalbumin, ein neues diätetisches Präparat und seine Wirkung bei
Chlorose, von Dr Dahmen in Crefeld 330.
Hämatoporphyrin im Harn nach Trional, von Dr. Ernst Schultze in
Bonn 152.
Echinococcus, über subphrenischen, von Priv.-Doc. Dr. Ho ff mann in
Greifswald 224.
Eisen in diätetischer Hinsicht, von Prof. Dr. R. Kob er t in Dorpat 573. 598.
Elektrische Stehlampe als Beleuchtungsquelle zur Untersuchung von Kör¬
perhöhlen. von Dr. M. Bresgen in Frankfurt a. M. 603.
Elektrotechnik, zur medicinischen, von Prof. Dr. Eulenburg in Berlin
70. 848.
Elephantiasisartige Anschwellung beider Unterschenkel nebst eigenartigen .
vasomotorischen Störungen an den Händen und Füssen, von Dr. G.
Meyer in Berlin 519.
Encephaiasthenia. von Dr. Althaus in London 298.
Endocarditis, ulceröse. and fibröse Myocarditis im Zusammenhang mit
acutem Gelenkrheumatismus, von Geh. Med.-R. Prof. Dr. E. Lev den
in Berlin 913.
Endoskope. Cystoskope und ähnliche Apparate, ein Instrument zur Be¬
festigung von, von Dr. H. Lohn stein in Berlin 529.
Epilepsie, neuere Arbeiten über, von Prof. Dr. Seeligmüller in Halle I
12. 33. G2. 1
Ernährung der Kinder, ein Beitrag zur Frage der künstlichen, von Dr. !
Baron in Dresden 553.
Extrauteringravidität mit Durchbruch in den Darm, Laparotomie, von
Dr. Lorenz in Stendal 924. I
Extrauterinschwangerschaft, eine Jahresarbeit auf dem Gebiete der. von 1
Irof. Dr. 0. Küstner in Breslau 945. I
Extremität, die Behandlung einfacher und complicirter Brüche der unteren '
mü ambulatorischen Gipsverbänden, von Stabsarzt Dr. Korsch in
Fenstervorhänge in Schulen, nach gemeinsam mit Dr. ß. Jungmann vor-
firos/au^STf; 11 pbotometr ^ sclien Messungen, von Prof. Dr. H. Cohn in
des - Ton Dr T - Schott in Nauheim 56i. 581.
„ P „. „ von mysomatös entartetem, ausgehend von der Sub-
Beriin 563 Mcsentermm bezw - Mesocolon, von Dr. E. Witte in
f "lKnt™ r p ! f rr “ bzeiti & e Bewegung, mit besonderer Rücksicht auf
leben m Beän 37®' Gch - 0b<!1 - Med - Rz ‘ h P*>1 Dr. v. Bardo-
l'raßntzel. 0.. t, von Prof. Dr. A. Fraenkel in Berlin 830.
--r- Bemerkungen zu dem Aufsatze von Dr. Schultze. von
Dr. Hertiug m Altscherbitz 343.
Halsspiegel, aseptische, von San.-Rath Dr. Hop man in Köln 213.
Handfeuerwaffen, über die Wirkung und die kriegschirurgische Bedeutung
der. von Stabsarzt Dr. Villaret in Spandau 521.
Harnblase ein Beitrag zur Casuistik der I remdkörper in der weiblichen,
von Dr. H. Rüdiger in Bremerhaven 680.
Haut, ihre Resorptionsfähigkeit für Lösungen von Jodoform und Kreosot
m Nasogen. von Dr. M. Dahmen in Crefeld 350.
Hauttransplantation nach Thiersch, von Prof. Dr. Helferich in Greifs*
wald 3.
Hautveranderungen. Beziehungen innerer Krankheiten zu, von Dr. S.
_ Jessner in Königsberg i. Pr. 760.
Heimstätten für Genesende bei Berlin, die städtischen 69.
Helinholtz. Hermann v.. von Prof Dr. J. Hirschberg in Berlin 733.
Hernia Uteri bei Pseudohermaphroditismus femininus, von Dr. Brohl in
Köln 338.
Ilerzostien. über gegenseitige Compensation bei gleichartiger Veränderung
mehrerer, von Prot. Dr. Baccelli in Rom 25.
Herzspitzenstosstheorie. über die Grundlagen der Martius’schen. von
Dr. A. Schmidt in Bonn 76.
Heuhner. 0., von Dr. J. Schwalbe in Berlin 71.
Hirnblutung bei der Narkose alter Leute, über die Gefahr, von Dr. E.
Senger in Crefeld 722.
Hirntumor. Exstirpation eines, von San.-Rath Dr. 0. Riegner in Bres*
lau 497. 5
Hirsch, August, f. von Dr. Pagel in Berlin 119.
Hospitäler, über Lage, Bau und Einrichtung von. von H. Merke iü
Berlin 781.
Hydrocelo feminina. zur Therapie der. von Dr. 0. Gerke in Graz 502.
— muliebris. ein Fall von. von Dr. Li ermann in Frankfurt a. M. 871
— testis. zur Behandlung der, von Dr. Buschke in Greifswald 366.
Hydronephrose. congenitale, geheilt durch Nephrectomie, von Dr. Adler
in Berlin 151.
Hygiene auf dem platten Lande und in kleinen Städten, ein Beitrag zur,
von San.-Rath Dr. Ko lim in Berlin 697.
Hypnotische Schaustellungen in Berlin, von Dr. A. Moll in Berlin 815.
Hyrtl, Joseph, f, von Prof. Dr. K. v. Bardeleben in Jena 619.
I.
G.
mi^v' 2 ie Behandhng der Impotenz, Ischias und Tabe
(JET? von Dr. Witkowski in Berlin 773.
Prof Dr oTe Q - Uetsc 5 U £ g ? nd Ausrottung des. von Geh. Med.-Ratl
'iallcnSinL J p- n undSani ^tsrath Dr. Bo er in Berlin 217.
Berlin 171 ° peratlv ^ eheilter Fall, von Dr. W. Körte ii
Pr F^auin fn ü K’ *** Abdominalwand ohne Laparotomie, voi
Gehi d m m . Kansa s City 667.
r Dr JWeJt 1 in° Berljn^ 5 ^ erapie d ° r Blutungen nach der ’ von Prof
<»eburtshelfer, aseptisches Instrumentarium für, von Prof. Dr. Winter ii
von. von^Priv^nlf/! n 6nS Q^ und Säugethieren, einige neuere Fällt
«ehimverletznn? S ‘ Pansini ™ Neapel 694.
General Councif nf \m5- e 7°p/ 0n Stäbsarzt Dr. Herhold in Berlin 511
, .London601. M 1Cal Education and Registration von E. M. ii
BaufMelltXriculo^^^ 6 ^ zur - nebst Bemerkungen zu;
( l ei chlechtskranke^Wp1hp7°^' Dr ’trni'r ® * p F 6 1 iü Frankfurt a. M 974.
^ Berlin 44. r ’ die BMfsstation im Arbeitshaushospital ii
Stift ungsfMMen r ^ou 1 Prof n ^D?^Ä^ k \f°®'*f* ^ zum öOjährigei
- - - - -.Äff A- Martin in Berlin 413.
„ von Dr. E G Orth™ ■ d J? Peier des 50jährigen Stiftungsfeste!
Oewebssaftthenirip .ffA” 11 in 465. 488. 8
Gew elj S fl(i ssigke f te e n Goldscheider in Berlin 376.
von Prof. Dr Fürhrir, 16 mode ™ 0 Behandlung von Krankheiten mit
Oichtkranke. BeobLht ge . r L m % lin 293- 318.
von Priv.-Doc Stah«£? e ^ n neues harn säurelösondes Mittel
Gonococcus, über di. t Dr : R G . raw itz in Berlin 786.
jjervorgemfene Pleuritis Inne « ^ durch deD Gonococcuj
Gono daZZi b Turin S dArthntlS) VOnProf - Dr ' Bordoni Uffre '
AblÄyKtfmJerf®hren der, t 0D Dr ‘ Lanz in Moskau 200
r M. Fürst, in Hannover 709^ deF danePsc h en Methode, vor
Idioten und Epileptische, noch einmal unsere Anstalten für, von Dr.
Schliep in Stettin 188.
— — —■ unsere Anstalton für. von Dr. Sauerhering in Stettin 329.
Infectionsfieber. Untersuchungen über das, von Dr. Centanni in Bologna
i48. 176.
—,-. Das Antitoxin des Bacterienfiebers, von Dr. Centanni
und Dr. Bruschettini in Bologna 270.
Infectionskrankheiten im Lichte der modernen Forschung, von Stabsarzt
Prof. Dr. Behring in Berlin 686.
Infoctionsstoffe. die Transportmittel gewisser, und Vorschläge zur Ver¬
nichtung derselben am Krankenbette, im Haushalt, im Verkehr, von
Stabsarzt Priv.-Doc. Dr. H. Jaeger in Stuttgart 409.
Influenza, zur Aetiologie und Diagnose der, von Priv.-Doc. Dr. Kruse in
Bonn 513.
Influenzapneumonieen, zur Kenntniss der. von Dr. A. Alhu in Berlin 150.
Innere Untersuchung. Einschränkung der. in der Hebammenpraxis, von
Dr. M. Sperling in Königsberg i. Pr. 957.
Internationaler medicinischer Congress in Rom. ein Rückblick auf den
elften, von Dr. J. Schwalbe in Berlin 390.
-- — —. kurzer Bericht über die Sitzungen dorSection für Geburtshülfe
und Gynäkologie, von Prof. Dr. H. Löbloin in Giessen 430.
— , in Rom. zum, von Prof. Dr. A. Eulen bürg in Berlin 289.
— — —. von Dr. J. Schwalbe in Berlin 330.
, rund um den. von Dr. E. Engel in Berlin 326. 343. 369.
— — —, die medicinisch-hygienische Ausstellung, von Geh. Med.-Rath
Prof. Dr. Finkelnburg in Bonn 386.
Internationalor Congress für Hygiene und Demographie in Budapest, von
Dr. J. Schwalbe in Berlin 432.
— -, von Prof. Dr. A. Eulen bürg in Berlin 729.
— -, die Ausstellung des. von Dr. G. Meyer in Berlin 780. 813.
fnula graveolens. von Dr. M. Mendelsohn in Berlin 610.
Irrenanstalten, verschärfte Aufnahmebedingungen und Irrenrechtsreform 978.
J.
Japan, über das medicinische Leben in, von Prof. M. Ogata in
Tokio 306. .
J :junostomie, von Geh. San.-Rath Prof. Dr. E. Hahn in Berlin out.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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Klhuk imd Bahnratmmiv. -v«'rn IW 'i>a«,«-oG i ui Rvin Ä‘
lüj'm&ffter FT«ttirttclit an d»v titü.vih^öt--Wenrjnsd«?» Klinik, UM ‘B<-
TUt-ihodr tkos, LCbai l;riM:BiU«aroj»; % 4M*'' heuen. J-Vfifiih^«xrdmm& • von
. Geh» Mrd.-Rrdi. Prot. Pr. CWiao,-Pa IIPdNb'Tg GA'
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A. Uar^piöJm in Ihit’iiu 3Biv .
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KrophnhtnvUjuiirPnA S»A>o]<IGrfJ^nPiWi*ru?isr. von Pn;f Pr., i* lP-ua.- i».
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TAteralskiepMi', ;gm. F;ül : ’ ( nli.^Gk'y /
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P»;l)»'U^vürsu:henniysooi,eil'jfteth’A.r Ai’n«!'. Ah^; V tn-tuilMsis- «ler •Ai<PO'n m
den, von Pr. Fio.ftjnf- U\. Bor]in -47.
LehercjitUost 1 , niti Ao)i llp l*. Un kv ^. 1hfl in Alo^lvivu ^A}-'
{^böranfkiwv I7\>lirii^üun nrjnnuvoi, von t*wf: Pr. l. iKf.ivP, io
Böi'Uö hOiP
1 .ebottliriui, ÜherPdo‘i/0tGl‘4liOiliifj(hOli Worth iltp V«vn. Pr= PeUiiVüH in .
Seb.Ount! t»G‘2.
peln : :rv'?fiGzunt’ f drei ' IPil!:- vnn . \nv Pi* jv '%V\ tUop m SP
fmrg. 72b.
U Tehl-vniavAuf dpjn SoHi»oiivfj^d'r tU*»V Aho* eM.0 VoraOi''
•gUügr det% vo]i ProF Or l.rva^o. tibnch in lioHih 2ii‘ 24Ö .'>P.
LKiSlrtihrueh, Gbgiilvloniml^i--, bol rin»,o. > tHru/jch-oOii’ijon Riivh- (>n?raihii.k;-
GeiittTlLf. Von Br. eihonn Ah liohbeff})» ,H7tl
Eojirn >üJ«cvdht.ti.tiJK von Pi* \X. GorL-eh m PrAyaVü l-Ph
— und SyrinyohiveUo Von Pro.!; Pr. V. ruirihg i.U lvoOitkntino{H*' 121.
Piüküudn, Heil Nun- fcm Loln^ 1 von «h-r \ r.-uimuf-^ohoii,. von ■ GpJu ^AA
Rnt-U'- -Pr^ -Ö^u;-
., Hovtigifüny. Xuü.lhiuhntsniL und Leukueytose hei f on-in tniu Gton*
exPReihjfV ht«h;u\tUBen r‘n).h' von puukKnne' yoo Pt\ P Pi * ob in
Uvriin H41. H6H. . ;
•LuuihjqrtMhhÄtl^Tt'-' itfer' tlifV VAn llv- BvooRrio in
iurt »• M. HA. .
—. über d»p.Bt?in®rkung.eii zu der' Ao>.j/. de^perrn Ho^ario..
Von. T)r.. K fei n in WrirKGuui 2i» l.
- , nov-h Ghlnul tlio, von Pr. Ben nein in b’rnft'ki'ü.Pi n:.. M. 7,72.'
S^Uuh.iworl ym du»» ABefflorkffrvcotji IP^u iP^un r i co, von Pi* K Urpi
in *Whvso)ovu
Lonkuplörkin. IfeilulilihiHg-d&r v vnu
liipafTlio, ’.IJ}| Oio Gü.uJ. r«;( li f. ly jbfio TAH.
PviroPn, my .Kibühttfi^ duh. von Prüf. Pr. r-i-.u;P- io' ro; ii- '7:p.-
Lüvke, Aii.xu'i. »nn NftcJiroV von ioi» Aird -Ga»P i’rnb 1J-. (VnrU in
Berlin 21.7
• ijuugentubyrkidose. ivoriKiHiue ?y!i1 tM.fr«r dur BAhnudluhe 4 «H v vlv»f
Pr.PA«t hn in Hambijrg 330.
(A'inpitomv. üW tfunmifibrV von Br. \V. GisttnwOö^iSft Bo. : im >i8v>.
bViö(diiidlIüA, ühoi^ die. v. iy j?r. v .f P). .A, .K'o« in Vlnrlui Uli
5?dFlr a i»rf f pv. ^
21 ,
' G-iV ,/p.f - dN i^ifeV-ÄpOV.l^bi.- • iiNt b'U/N
■•■•Sp^?:" 7h^.j)!Md7^e7rt.PtAlkVI>h'iiint,Ä -dev."A'A' 'f/f- !■■ AP-*\vs bi
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1 ‘‘*' v fiifi H. ^ ’ijfaitjjiw'$■ ^’ 7 ^"'■■•*''■'• --V.A-V.V J ‘.:’‘:-li- '
ivt^vlthr- 'V^ töv*. i. -Kr/^.v- in /Bnul.wi iTä. ’
MMy«h»orki’u-nkn.;»u.n..o'• iibio eianoyio-b. .EingrihP bei. von Puh. Min.-JGti }
P^f. Pr. 1> iinlpi in Boriin 8J7.' . . ... r > .
i\Jti‘''i!jrku-oh> uh 1. Gurr kbhyuodeu Uukü^i4gw\ >H\()jntibtviwb’avn PRi^kij.-
mluvoStony, v,>n J'roi hVv } nm- tu Byon 21W-.
Alyr.utreyevtioneu nhor 7.\U>) t4f4rioAb.idhrMei^onah f tot: Pnu Pr. biOiptn-
bu.-h hl porlir? 9tiH ... - .
M«<«ro4»ifMlH.sh. üi.or Ubn tonPtiniHh'hbn, Von .Pnvh f»r •?• .Mlirofhnr m
KonGP.r^ H!P. Hb- 102 t. . - .
^,-ob- - a-J- mit Oper dhn VuhfUt i'lV;». ^oso.tinon; |^Uwf» Aiag'hh^, von
■ Prof Pr: JA Alu niM> 1fr ito-oovl- 01 .
M;)u'u*’ho:inuPon. die '.May- K »>'?» vf n- tl)r -&fu b or^'srhi« M«'*|liO<lu d* von
i'iv.i, pr. i). Snhirrfior in Gri.dfüvrittiJ ob‘2.
Aihli.'rin AVirb-uio.—veisc de«* iiy th'idlnöujur bei. von Pr Apli> I rr..* Hr i
ui Ruttr-sd.-ul^eb^n ^hl.-
Aldliö’iidh-hen öb.*r ii,;n Vu»y;:i?ie O.-i tlrilOML' umyh Chinin, von tb b d-d
IRoti Prof.in*. Hnr/.; in lloUn i22.
— . .»Iber di' r»j»u’.rt:hou, von Pvol V»oiif-i. ih t'.oie 201. !.{]7,
Mhivoib» Miiljogui, /.um Andenken au, vl»h [h*i-v.-Boib Br, Ph^’P ln
llodyi biu. ■
Mfoiiiu^budohiseliU Siniion bei Piöbok. v<*u Proi. Pr <» GUlVlbore ih
i liin^iiouio H7b.
?vl;U,oimb>' Piifh\i'4 i'- von Prof. Pr. d. p 11,1 :;b bor<i hi Berlin 112 .
Murlintuoltnro^ir’ und Alüdiirf-AUfehauik und -ihre bunPuo .StGlutife Ü> dt;<‘
• '-(«;r;kfi«:<di: ! ii. Mvtlii.hu. v«vn Dv. M. m J ■•Uijiviiij b2:i.
MUflinöusrhe. f a«;h}>r»‘SMn zur PiVoousnPou dar »hihi -Vhein von iV-tb'stüur
i/r. A KApvjshni'g ijmrt BtyATuSieb w&Uio in; Hrd'l’h»' 473b.
-. Prühuni. n. pottorrkoo^oi /o di.p .VitUndrtiigth) .j’iie xlitv NioutyKl.iH.mii;
i-i-r. von I idii.nded.VKiHh PnO. Pr du B/öi«? b' vym<h*d ib D«*H*h 121
Ab'yitbsynvlvin nüd Pu'-tn•!i»,.i.'U. ; , -.ou Geh. Ahnt, 1 yaUi Prüf. Bf,, p. Ribged
in Gionenti AAl
Mt-’or^ bi.' UiVvoraidbe;.:, »du Kuli von. mit Ait>e:oi>y. hr >l< ; ilu.iiu.. i
pi . KV C \ futtt. in pi-rlR. 707
Vii-TjUiu... nu/o^onb)u b-.i V. r-. bn-.7i-0'-!! \llVeOrmyih -vr«n Pr. BNrnhofiu
UV l.U i|tvj»n\i i. \) 402.
<H-\ dsh (i^t Nyugb!hvr<«n*-‘ti. . züy diehiuillHih^.
dar von t)y. {'■■■• - nPb in TiunH.nu. OOS,
Mi!/ V ts !>< r i.hnm. -Eoitluss--aut dl*- lifiiitUniOi.U von T Ir lieni't'ioJli l'rüftb-
iiuf ;o M. 'S
-- -- - ( von pr<0. p! . 4 , •'x o is i und Pf; * ii.tioitu jtp.
Mb/.b ! nnd- du4'Ala-t-ibtuot. der öuh^hrht von Pr. iv Atuilnr ih /llHllft' Ölö
»W>* oHh: 7(mj opp Odo 077
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AHifeh>*i-rbül,ZÜ{»diii»ir d-o' >.Uuv!iüg.o \‘ 0 ii Slifi.ARnth Pr. ,\. 11 iiri -m.au u in
Berlin Aid.- '
ABirbjUfv p^bdoNii. vnji in Huhu in Krankfud- u 71. 20o,
-., e.birnrnicnln. Bi-lvcunlliuiy de,->. v**n Br. P t.e]>ik»* in Ibonbutv S<)0.
..über iMfiviion«' iiini 1 lutone, yob Pr, I v . i.« j nik'* in 1 lamburg hob
A1 1 otytst*!i!*'*ittr!i»x- 1 1. Iv’iirny >..u dyn fddHotihildetKh'u AHbr'!innen dar, von
•'.••'• {)r. t >’, lp!yn n. i.jfiil bi Beylhi .*«40.
i,.MÄjö^ikümStuv'^eÄ ' Afaitly AfiiU KlduGfsAuelw*. der: Riudbsv y »vn;
ln. Siji»«! tu Bfif.z Aiid -iVu.
Al'undy, dai-oojir 4-, um Nnrhrol. röu Br. H. i-burno in AVun» TGfl
Aitsskvi’ü.roohie. iibnr hv-ire.ytd.r-. ,Vü»l .Prof Pr. L. Hirt in Ijreyhiu 4Ad
Mu>io-ij-lien»Uiiri<miH v Ushr/vge mv Ihüh.d.vie di*s, vdi« .ikrd’rath Prüf. Pr,
• '..'' lAthhY* jiu AVtVrphtriy P ' ä ' . 4 -
; .Alyeriadid, eiff«- roiud.>»!»!<• Ujafuhfilb-v-: v-tl I)r. II. (’-olH.-t !unu* in .Mu-c-
. bm:j»: d02, '
.viyx.t’id«i«ibeh ü ud!uug ; . v»ir ..1j*y ■!■ J St Inn idt, in Fwü-nkiftlrt ;».. M MfHI
^v.\öchjuif!tife»b mi* • 7üju*hibhiv .durp VO’I Prüf- Br pbj ehieirhjmjrti an“
140!:, 2.7A.
Naricftjr'ö; brtlkli^jRtvvBru^^ojtü^n-iOG'P^ <!&«' Oijöviretr hhOov AuwoutbUig'. dbt'-
von PrülV Pr «) hVilv. o. i m 1t,.iiii ki;. bbl.
NVryßhfy^tÄ;“ dfe Ftiri^jhynuride^' VN» l'hof Pf •). ilhiGn
4, ; ,,7du’' ’’ ’’ ' ,'
iiiiör dtvy Biirfenuovji; varf hirN tlijr. \fuy
11r. dv BihsiChherg AN HoGu» V.U. *ib«l
• iNbnfaioUifen, -dt'e; Abksrojssijmg des Mrryn>; ii^Majuims Sou*- GeibeitigniiR;
schwerer, voii py ivurew-vf, in in-Pur '?7P, . . , -
--■ • hydnupoebn Jb-’UivJtdii't'n-g* dyr, vau« Pr. B, |]uxbn>i »a h« \Veat ;i 7y-
NyheiPb jotorjirrd^, vn» Ihtd, Pr. Aj . Bet ntuced r m Bnrhh UbA
'Non.iboals./tu,'»*. mhuP j.i>«;[:»• »ipheihingen..\oii prvHt>rkc , *4 Pi Abuox !'*S
Nliti^Gröehn^rn^ v# Gdh; BGd. V } r..E. Ituhh iTj iduHht :0Cf7.
NtbrepiuViunluf ii/ng bei Hut?>uwd\eyriftunev \on I Yiy-itdnernteH Pr l< Aierfi
iis. B.r»«Gu '22p, ' ..
0.
Pi^y.-vNmbrU^ ihr BpiimnlM'g-der. vam Ih f . .Heudnei: in Barmen 11)0
•'• '?resf tthpr omih<* i’ioride zur TVlmn/Utnie dßr. von
Pr. : 0. I»aieb«Vttnu in 'ElheriVld Hai.
ri'hnbhHcheitt. ciöy dinhujhe- n»>Ut* ji]esG>fCh'b; Methodtv z(}j>iBnekksr?r4^n^’
’; r nl^‘UP> ol>a.HVr.pNr- ftps Pry, -p*.:^ Nhv U»t,i t v, i ia Göre Aua} 71a
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INHALTS -VERZEICHNISS.
IX
P.
Pankreasapoplexie bei Fettleibigen, Todesfälle durch, von Dr. G. Sticker
in Köln 274.
Furaffinembolieen bei intramuskulären Hydrargyruminjectionon, von Pro¬
fessor Dr. Lesser in Bern 764.
... zur Casuistik der, von Dr. W. Hartung in Frankfurt a. 0. 600.
Paralytische Anfälle nicht corticalen Sitzes, von Dr. C. Neisser in Lcu-
bus 870.
_ Parmsaftsecretion nach einer infolge Rectumcarciuoms unternommenen
Darmresection, von Dr. Caro in Posen 680.
Peritonitis. Beitrag zur operativen Behandlung der diffusen eiterigen, von
Stabsarzt Dr. Horhold in Berlin 755.
Perityphlitis, über die radicale Heilung der recidivirenden, von Dr. II.
Kümmell in Hamburg 628.
zur Frage der, von Dr. A. Oppenheim in Berlin 578.
—. Bemerkungen zu vorstehendem Artikel, von Dr. J. Schwalbe in
Berlin 579.
Pharmakologie und Toxikologie. Bericht über, von Prof. Dr. L. Lew in
in Berlin 538. 551.
Phosphorvergiftung, ein merkwürdiger Fall vou, vou Dr. Frovlian in
Berlin 58.
Phthisiker. Secalc cornutum gegen die nächtlichen Schweisse der. von
Dr. J. Golden dach in Moskau 551.
Placenta praevia, Uber ihre Behandlung mittels intrauteriner Kolpeuryse.
von Priv.-Doc. Dr. Dtlhrssen in Berlin 422.
Pleuraempyeme bei an Limgontuberkulöse Leidenden, die Behandlung der.
von Geh. Rath Prof. Dr. Büumler 717. 738.
Pleuritis, die Behandlung der eiterigen, ihr Princip und ihre Compli-
cationen. von Dr. Laache in Christiania 643.
i'lexuä brachialis, über Drucklähmungen im Gebiete des, von Geh. Med.-
Rath Prof. Dr. H. Braun in Königsberg 49.
Poliklinik in Wien, die allgemeine, von Prof. Dr. A. Eulen bürg in
Berlin 764.
Polyneuritis puerperalis, von Dr. M. A. Lunz in Moskau 886 .
Posttyphöse Eiterungen, Beitrag zur Kenntniss der, von Dr. G. Sultan
in Königsberg i. Pr. 675.
Processe Jost und Hogelmaier, Epikritische Bemerkungen zu, von
Prof. Dr. Fürstner in Strassburg 621.
Prodromalsymptome bei Paralvsis agitans, von Priv.-Doc. Stabsarzt
Dr. Grawitz in Berlin 625.
Prolapsbehandlung, die Principien der, von Prof. Dr. 0 . Küstner in
Breslau 414.
Prüfungen, Bemerkungen über die geplante Neugestaltung der medicini-
schen, von Prof. Dr. Kossmann in Berlin 164.
Pseudotabes mereurialis, von Dr. H. W. Gilbert in Baden-Baden 842.
- mit Arthropathia genu sinistri, von Dr. K. Ruhemann iu Berlin 842.
upuiarreaction, über den diagnostischen Werth der liemiopischen. von
Dr. Rothmann in Berlin 336.
Prämie ohne Sinusphlebitis, über otitische, von San.-Rath Dr. Schwab ach
in Berlin 249.
1'yloruFtumoren. zur Diagnose der, von Dr. Th. Rosenhoim in Berlin 608.
Hachendiphtherie, die lokale Behandlung, von Prof. Dr. F. Loeffler ir
Greifswald 801.
Rachentumor, Exstirpation eines baiilaren nach Rosection des harten Gau
u fl ° leD M v ° n San.-R. Dr. 0. Riegnor in Breslau. 660.
pl;\ eP# u P r e nach ÜDfa11 ’ von Dr - Knopf in Goldberg 681.
u U, n • * 0r ’ zur Untersuchung des Kniephänomens be
^4retmrg's56 ' ° S Baterschenkels von Priv.-Doc. Dr. Sommer ii:
^ ^in^Beriin^öT^ 116 06,10 ^P era ^ onsme B lode d,}r - vcm Br. A. Czempiu
eU kau t 5 ‘> 5 US ’ 1l ^ er c ^ r °nisclien, von Prof. Dr. G. Sacharjin iu Mos-
T k i°r 0m ’ , e ’ ne Behandlung mit Rhinosklerin. von Prof. Dr,
„ lowsk - v m Kiew 303, 323.
in Z Körigsber m, 7 ^ IUDg e * DeS Pa " es dlirtdl Asenik. von Dr. P. Samtei
Rotzinfection w ^ von Brof. Dr. H. Magnus iu Breslau 73.
dimmnstio ^ 1 ™ easc h e11 und Thieren. neue Beobachtungen über di'
des ... un< * therapeutische Wirkung der Stoffwechselproduct
725. 744 b ÜUS bW d0r ’ Von Prof - Dr - Bonomo in Padua 703
desTyon n a ^TT 0n Brown-SequarcPscher Halbseitenverletzun*
Dr * Herhold ^ Berlin 9.
Br GoIdonWj n ^ en -’ ^ er Chirurgie der. von Priv-Doc. Stabsarz
und Fu2 h * lder * Berlin 592. 616.
Lübeck 746 n * an ^ er ’ Boeffler’s selbstthätiger. von Dr. 0 . Riedel ii
den^839. 8brna ^* ZUr brage der - von Prof. Dr. W. Hempel in Dres-
H. Merke in'ßerUnAltersversicherungsanstalt in Berlin, von
Rath Prof n nr 55 U p^ a ? s, , B ? sc ^ üsse der internationalen, von Geh. Med.-
^chädeldefecte nw! nken . burg in Bonn 49 °-
ta no in Berlin 3 TO Sb *439 ^ ^ von Dr ‘ A - Bren-
Scheidensecret Schwangerer, Uber das bacterienfeindliche Verhalten des
von Dr. JB. Krönig m Leipzig 819.
~ Nichtschwangerer, Uber ein bacterienfeindliches Verhalten der, von
Dr. K. Menge in Leipzig 867. 891. 907.
Schilddrüse, über den Seeretionsvorgang in der. von Priv.-Doc.. Dr Hürthlc
m Breslau 267.
Schilddrüsenfütterung. überEntfettungscuren mi t, von Prof. Dr.O Loichten-
stem in Köln 932.
—-, von Dr. Wendelstadt in Köln 934.
j Schleimbeutelhygrome, zwei Fälle gutartiger grosser, von Dr. Moinmsen
in Berhn 107.
Schlüsselbeinarterie, über einen Fall von Stichverlotzung der, von Dr.
Kircligässer in Neunkirchen 226.
Schmerzen sogenannten vasculären Ursprungs, zur Lehre von den. von
. Dr. Laache in Christiania 301.
| Schmidt, Alexander, f, von Prof. Dr. I. Munk in Berlin 411.
! Schwangerschaft im ventrifixirten Uterus, von Prof. Dr. Löh lein in
Giessen 241.
Schwefelsäurevergiftung, über einen Fall von, von Dr. Ackermann in
! Greifswald 835.
I Seopolamin, über seine Wirkung bei Augenerkrankungen, von Priv.-Doc.
: ^ Dr. Peters in Bonn 263.
! Septikopyämische Erkrankungen, über eigenartig verlaufene, nebst Bemer¬
kungen über acute Dermatomyositis, von Prof. Dr. A. Fraenkel iu
Berlin, 193, 227, 245.
Sklerodermie, von Prof. Dr. A. Eulenburg in Berlin 455 . 486.
—, einige casuistische Beiträge zur Kenntniss dor. von Priv.-Doc. Dr.
Friedheim in Leipzig 199.
Sematose, ein Albumosenpräparat, Stoffwechselversucho mit. von Dr.
F. Kuhn und Dr. K. Völker in Giessen 793.
i , praktische Notizen zur Anwendung der. von Dr. E. Reichraann in
I Elberfeld 895.
! Sozojodolsäure und verschiedene ihrer Salze, über die Desinfectionskraft
der, gegonüber dem Loeffler sehen Diphtheriebacillus, von Dr. A. DrSer
in Königsberg i. P. 567. 583.
! Speiseröhrenverengerung, zur Therapie der narbigen, von Dr. A. Tictze
j in Breslau 362. 382.
j Spiraldrahtverbände, von Dr. Heusner in Barmen 223.
j Stoffwechsel des Hundes nach Magenexstirpation und Resection eines
! grossen Theiles des Dünndarms. Untersuchungen über, von Dr.
! de Filippi in Bologna 780.
Sulfonal, Tetronal und Trional, zur Wirkung des, von Dr. W. Morro in
Freiburg i. B. 672.
1 Sulfone, zur Theorie der hypnotischen Wirkung der, von Dr. W. Morro
in Freiburg i. B. 867.
; van Swieten und die moderne Klinik,von Geb. Med.-Rath Prof.Dr. E. L ey d e n
in Berlin 750.
T.
Tabaksamaurose, von Prof. Dr. Th. Husemann in Göttingen 819.
Tannigen. ein neues Adstringens für den Darm, von Prof. Dr. H. Meyer
in Marburg 626.
—, Klinische Bemerkungen zu vorstehendem Aufsatz, von Professor Dr.
F. Müller in Marburg 627.
Tannin, ein Fall von Idiosynkrasie bei äusserlicher Anwondung desselben,
von Dr. B. Krllger in Rostock 411.
Tetanus, zur Pathogenese des, von Dr. Gumprecht in Jena 546.
Tetanusantitoxin, das Tizzoni’sche, von Dr. W. Hübener in Berlin 656.
—. Erwiderung auf die Arbeit von Dr. Hübener über das Tizzoni’sche.
von Prof. Tizzoni und Docentin Cattani in Bologna 772.
—. Bemerkungen zu der Erwiderung über das Tizzoni’sche, von Dr.
W. Hübener in Berlin 813.
Tetanusgift, die bisherigen Resultate experimenteller Untersuchungen über
die Art seiner Wirkung auf das Nervensystem, von Dr. Conrad
Brunner in Zürich 100.
—. Erwiderung, betreffend das trockne, von Prof. Dr. Büchner in München
179.
Therapeutische Maassnahmen, zur Beurtheilung von. Ein Beitrag zur Anti¬
diphtheriebehandlung, von Prof. Dr. Klebs in Karlsruhe 397.
Thermophor, v. Szczawinski’s, und seine Anwendung in der ärztlichen
Praxis, von Dr. Frickenhaus in Elberfeld 634.
Thoracocentesis, über die Technik der, von Dr. Luigi Zojain Parma 471.
Thorax, über das Vorkommen eigenartiger Figuren erweiterter Hautvenen
am unteren Theile des. von Dr. Hirschlatt in Berlin 243.
Tolypyrin und Tolysal von Dr. Dornblüth in Freiburg i. Sch. 167.
Tonsiilotom zur Entfernung von kleinen Tonsillen und zur partiellen Ab¬
tragung von Tonsillen, von San.-Rath Dr. A. Hartmann in Berlin 571.
Transplantationen nach Thiersch, zur Frage der Narbencontraction bei.
von Dr. A. Meyer in Würzburg 364.
Tricuspidalinsufficienz, zur Casustik der, von Dr. E. Hamburger in
Breslau 485. .
Tubarschwangerschaft und die Behandlung von Blutungen in der Bauch¬
höhle infolge von Tubarschwangerschaft, vonPrivatdocentDr.Dührssen
in Berlin 29. 59.
Tuberkulose, Beobachtungen über die Behandlung mit Kreosotcarbonat,
von Dr. G. Greif in Serkowitz 979.
—, über ihre Verbreitung durch den Eisenbahnverkehr, von Prof. Dr. Praus-
nitz in Graz 584. _ .
Typhoid, über die Aetiologie des biliösen, von Dr. Schiess -Bey und
Dr. Bitter in Alexandrien 682.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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VerePJ^ng. Pe^erutot.x und PntMugi»:. ncsußlv An^hajmngen Tiber. '«*n
PmL f)r_ T<ibTi or f in Zürich 1t). Hl,
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{Wotsicliö; Aon Pr, ii kpltrts*ono io fiötiiti 894. Br. I\. Abel in Oimtvvk.dd .Ah-
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Aimtorns.-mhv. nbvnob)Ai.«nid 1 • h>V.ik r!* hu*h^ Jiub'n und Libj.-lion S*7
Aueui v -m.i nofbxe H-bHomi-Dilis 2Ml
Au t-ejßo-vömienm ijrAünt 4 iivU?n diir IhiksecitigRn
LMjmuViinjü- Li 1»bmuit t bl uh\ anfaüt^nltiicim AfbS.
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Hirm^Yt^iAidp^mrliPifenV -iVnloühtr^"^ ■■, ./ , ,
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-- .Gt^dvci^Jm^vmubs -. «h*r LeiHner 04. 117. 2tA. ;‘»72v
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Anmü^k'-ii \h A'^uo-nka »uu.nv >tftnt ! b:brr Auföiolii NA'l.
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•\i‘.r?.itu;tiv.i« A.nekujVfi.tiboro.m in ibn-iiVj A:io.
-- Hl.idin'm in. LAuilirvieh. Ivetbrm iitsi* 1.30.
AortlioLK cko. niiisibrillsL’hui) lluMmmbr »itr i)»yn)u>pb.winlr.tjisriiw Grinul-
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! --: dweiH'svuss des- afostHOgenilöu Arnos -dm- Avurta 77 V .-
! mi'L %i»bilis? ,‘Ä>7. : :
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i .'VütHiu.nj- bad«dielte.'DingiyosUk, «ior *»20 0 )-Au.
| Aü^im boIUG dUpi'nu^Uva 40H.
i A.n^imoo hn ChiS-iftiL tUirUonb.iho !»ö V.
| • stSätlBe&ßfi .tÜlgcic.f>tadü a>? 'Aliinvlum HO J
j Anmml nt! Gm ünivnr-nl modica! R»derme« 48.
i PesiuierAvm $ naoti 2<v‘3 04.-A.),
i — — in iUfipiuvuh 'i’4<!.
j AntliGlmhitbieuin 720v
; AnUjröjiumcrifv hK: A'.
Aiitifiinn Uoicum 728.
A?uidi{)hl hon'« Klobf; 127 ’M?- Uf - > 447».. 441».
ArjtipmMn '729., . _ :;■ • ■ . ' ./
A .uihyl UbijpIrY ii-' $’** ) ' '*•
\uunv»;u ’'h*KAv unu , 'U»Trn-':^riu^ö-kdn : j ^0 X*
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INHALTS - VERZEICHNISS.
Apothekenwesen in Holland 844.
- in Preossen 238.
Apparat für experimentell-chirurgische Zwecke 67 V.
Appendicitis 6 L. 10 L. 27 L.
Aprosexia nasalis 116 V.
Arbeiten aus dem Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhause in
Berlin 55 L.
__pharmakologischen Institut in Dorpat 89 L.
- ans der chemischen Abtheilung des physiologischen Instituts in Berlin
204. 21 L.
_pädiatrischen Klinik zu Leipzig 91 L.
Arbeiterpensionat in Pistyan 604.
Arcus aortae, Aneurysma des 156.
Argentamin 553. 627 (O.-A.).
Aristol bei Verbrennungen 783.
Armenfürsorge und Armenkrankenpflege 84 L.
Armenpflege in Berlin, städtische 311 (O.-A.).
Arosa 938 (O.-A.)
Arsenikbehandlung des Riesenzellensarkoms 727 (O.-A.).
Arsenikvergiftung, acute 235.
Arteria fossae Sylvii, Embolie der 9 L.
Arteria subclavia, Aneurysma der 53 V. 126 V.
— meningealis media, Verletzung eines Seitenastes der 60 L.
Arterie des Schlüsselbeins, Stichverletzung der 226 (O.-A.)
Arthritis 484 (O.-A.).
— deformans der Wirbelsäule 21 V.
— gonorrhoica, Gonococcenzüchtung bei 160. 335 (O.-A.).
Arthrodese des Fussgelenkes 235.
— des linken Kniegelenks 89 V.
Arthropathia genu sinistri 842 (O.-A.).
Arzneibehandlung, Lehrbuch der klinischen von Penzoldt 14 L.
Arzneibesteck 895.
Arzneimittel. Umschau über die neueren 22 (O.-A.j. 46 (O.-A j.
Arzneimittellehre. Grundzflge von Binz 38 1,.
—, Lehrbücher der 2 L.
Arzneiverkehr für Krankenkassen 23.
Arzneiverordnungslehre, Compendium von Robert 203.
Ascaris lumbricoides 187.
-im Wurmfortsatz 114 V.
Ascites, tuberkulöser 849 (O.-A.). 873 (O.-A.).
- vom gynäkologischen Standpunkte ans 183.
Ascitespunction. Troicart a. demeure zur 144 V.
Asphyxie bei Neugeborenen 406 (O.-A.).
Assanimng Neapels 448.
Association de la presse mddicale fran<;aise 816.
Asthma bronchiale 26 L.
Athmungsorgane, Section der oberen 40.
Atresia ani vaginalis 235.
- auris acquisita 560 (O.-A.). 91 V. 117 V.
Atresie des Gehörgangs mit rudimentärer Ohrmuschel 90 V.
Atropin 137.
Attestwesen, ärztliches 94. 684. 712 746
Aufgesprungene Hände und Lippen 636.
Auge, die angeborenen Kolobome des, 467
-. Eisensplitter im 234. 494 (O.-A.). 530 (O.-A.). 592 (O.-A ) 149 V
-» Kupfer im 313 (O.-A.).
Functionskrankheiten des 467.
Augenärztliche Operationen 47 L.
t U !l en ^ Qn , duilg dU o Ch Eü »dringen von Raupenhaaren 517 (O.-A.). 100 V.
Augenerkrankungen, Scopolamin bei 68. 263 (O.-A.)
Augenheilkunde, Compendium von Silex 47 L.
mndbueh von Schweigger 47 L
~ Lehrbuch von Fick 47 L
~-Fuchs 47 L.
~ Vossius 466.
j Eejtfaden von Michel 47 L.
VuwnkraJ > S al ? 0SlcOp ^ e, T^ e ^ r ^ uc i 1 von Schmidt-Rimpler 47 I,.
ÄwStaSlL?“ “* ue .V ,,iTer8i “ tsheil “ staIt “ Erlangen 56 L.
und seiner Or zu den Trigen Krankheiten des Körpers
AuzeSi^if 1 ^{^Keiten der Nase und ihrer Nebenhöhlen 43 L.
postmortale Trübung 16 V.
Äugenspieeef e ?« 9 °/ ? yphilis des Centralnervensystems (59 I,.
des 47 L
-4^ Berlin 239.
ng ’ me d ic misch-hygienische in Rom 386 (O.-A.i.
XI
I Bacterienkunde 65 L.
Bacteriologie, Grundriss der klinischen, von Klemperer und Lew .81 L
Bactenologische Diagnostik und Untersuchung, Lehrbuch von Heim 65 L #
— Untersuchungen, Anleitung zur Ausführung von 65 L
Bactenum coli commune 180. 468.
-— im lebenden Blut 52 L.
v. Bardeleben, 75. Geburtstag 215.
Basedow’sche Krankheit 265 (O.-A.). 769 (O.-A.). 809 (O.-A.). 953 (0-\)
— —, Klimatotherapie der 79 L.
-, operative Behandlung der, 141.
Basel, Civilstand und Sterblichkeit im Jahre 1892 747 .
Bauchblasenfistel, schräge 86 V.
Bauchblasenspalte 102 V.
Bauchfelltuberkulose 974 (O.-A.).
Bauchhöhle, Blutungen in der, infolge von Ttibarschwangerschaft, 29 (O.-A)
59 (O.-A.).
—, freier Körper der 86 V.
Bauchspalte 85 V.
Beckenabscesse 26 V. 36 V.
—, Behandlung complicirter 43 V.
Beckenendlagen 112 .
Beckenfracturen 97 V.
Beckenring, Resectionen am 31 V.
Begleitvenen 315 (O.-A.).
Bein, Verkürzung des 8 V.
Beleuchtung von Körperhöhlon, elektrische Stehlampe zur 603 (O.-A.).
Benzolvergiftung 69 L.
Bergleute. Nystagmus der 467.
1 Berliner Gesellschaft für Geburtshülfe und Gvnäkologie, 50 jähriges
Stiftungsfest 413 (O.-A.). 488 (O.-A.).
-- medicinische Gesellschaft 39. 87. 115. 137. 158. 182 207 231 259
278. 15 V. 19 V. 26 V. 34 V. 43 V. 50 V. 59 V. 67 V. 76 V. 124 V
I 130 V. 137 V. 148 V. 153 V.
j physiologische Gesellschaft 26 V. 46 V. 53 V. 82 V.
j städtische Krankenhäuser, Neuorganisation des ärztlichen Dienstes 118.
! 143. 162. 264. 556. 588. 832.
: Borufsgenossenschaften und Aerzte 92 (O.-A.).
j Berufskrankheiten der Porzellanarbeiter 49 L.
! Bidder, F. H. t 716.
Ilildungshemnningen, angeborene 131 V.
; Biliöses Typhoid 682 (O.-A.).
| Billroth, Nachruf 145 (O.-A.).
i Binoculares Sehen Schielender 833 (O.-A.).
I Birnbaum, F. f 143 V.
! Bizzozero-Neumann. Controverse 178. 502. 588. 634.
Blase, Carcinom der, 137 V.
—, Fremdkörper in der 131 V. (580 (O.-A.).
—: Teratom der 117 V.
, Untersuchung der weiblichen 42 L.
Blasenbauchfistel, Anlegung der 254.
Blasenectopie 63 V.
; Blasenfistel, nach Witzel's Methode 7 V.
I Blasenverschluss, Mechanismus des 3 L.
Blau-Gelbblindheit 16 V.
Blei. Magenvergiftung durch 56 V.
Bleichsucht, Entstehung und hygienische Behandlung 327.
Blut, farbenanalytische Untersuchungen zur Histologie und Klinik des 135.
—, Genese und Regeneration des 135 V.
—, Serumeiweiss im 664 (O.-A.).
—. Tuberkelbacillcn im 42 V.
Blutbildung 502 (O.-A.).
Blutdruckmessungen, Worth und Bedeutung klinischer 134 V.
Bluteisenprftparate, Blutfarbstoffproben von 757 (O.-A.).
j Blutentziehung, therapeutischer Werth der 64 L.
: Blutfarbstoffproben von Bluteisenpräparaten 757 (O.-A.).
Blutgefässe, Vertheilung in der Haut 16 L.
Blutgerinnung 53 V.
Blutkörperchen, Fragmentation der rothcn 94 L.
—, regenerative Hyperplasie der rothon 105 (O.-A.;.
Blutkreislauf bei Neugeborenen 16 V.
j —, Entwickelung des mütterlichen in der menschlichen Placenta 94 L.
i Blutplättchen 57 L.
| Blutserum, Alkalescenz nach einer Infection 104 V.
—, Eiweissgehalt des 664 (O.-A.).
—, keimfreie Gewinnung des 149 V.
— von Kranken, Eiweisskörper im 563 (O.-A.).
Blutserumtherapie der Diphtherie, s. Diphtherie.
— des Tetanus 139 V.
Eaccelli’ ( K Uid0 290
Bacillus S Um^rey et 94 d v ^ * ntravenösen Sublimatinjectionen 783.
I Finkler-Prior 923 (O.-A )
Bact’ V ° CyaneUS 19,
BacS 6 d^pd^“.® dorch fr* 8011 ® blutende Wunden 575 (O.-A.). 97
aewiaSSW? 148 (°-A0- 476 <0-A.).
fO.-A.). »erhalten des Scheidensecretes Schwangerer 8 .
““eneafieber (O-A.). 891 fO.-A.I. 907 (O.-A.).
B^teriengif" ’l04 V A de9 270
Blutserumverwendung in der Chirurgie 40 V.
Blutserumwirkung auf die experimentelle Typhusinfection 26 L.
Blutstillendes Mittel, der Dampf als 747 (O.-A.).
Blutungen nach der Geburt 493 (O.-A.). 538 (O.-A.).
Blutuntersuchung, neuere Methoden 139 V.
—, klinisch-experimentelle 58 L.
Blutuntersuchungsmethode, cnpillarpyknomet rische 601 (O.-A.). _
Blutvergiftung, Einschluss derselben in die L^nfallversieherung 3a0.
Bromäthylnarkose 7 V.
Bronchialasthma 728.
Bronchialkrebs, primärer 234.
Bronchialstenose 18 V.
Bronchomycosis aspergillina 11t V.
Brown-S 6 quard’sche Halbseitenverletzung des Rückenmarks 9 (O.-A.).
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INHALTS-VERZEICHNISS.
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I »cutsehe Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege 143.
Deutscher Verein für öffentliche Gesundheitspflege 630. 1.11 \ . 11!J V.
Deutscher Aerztetag in Eisenach 569 (O.-A.).
Diabetes mellitus, Acetessigsäure bei 57 L.
Diabetiker. Gefahr der Narkose ftlr den 359 (O.-A,). 380 (O.-A.). 404 (O.-A,).
23 V.
Diagnostik innerer Krankheiten, Förderung durch die Bactonologie 135 V.
Diagnostisches Lexikon für praktische Aerzte 716.
Diakonievereiu, evangelischer in Herbom 984.
Diakonissenanstalt in Duisburg a. Rh. 848.
Dickdarm. Functionen des menschlichen 883 (O.-A.).
—. Versuche am 884 (O.-A.).
Digitalinum veruin 59 Ti.
Digitalis 551.
Digitalisinfus 59 L.
Diphtherie, Aetiologie 920 (O.-A.). ^
— Heilserumtherapie 20.120. 343. 353 (O.-A.). 384. 431 (O.-A.). 437 (O.-A.).
476 (O.-A.). 479 (O.-A.). 500 (O.-A.). 508. 645 (O.-A.). 701 (O.-A.).
823 (O.-A.). 857 (O.-A.). 863. 864J880. 881 (O.-A.). 896. 898 (O.-A.).
902 (O.-A.). 911. 918 (O.-A.). 927*(0.-A.). 928. 930 (O.-A.). 943. 946
(O.-A.). 951 (O.-A.). 963 (O.-A). 980 (O.-A.). 981 (O.-A.). 982 (O.-A/).
983. 60 V. 77 V. 117 V. 118 V. 120 V. 138 V. 140 V. i42 V. 149 V.
153 V. 154 V. 101 L.
—, —, Nebenwirkungen der 857 (O.-A.). 880. 898 (O.-A.). 912. 951 (O.-A.).
963 (O.-A.). 982 (O.-A,).
. Tracheotomie bei 154.
—, acute hämorrhagische Nephritis bei 951 (O.-A.). 952 (O.-A.i.
. bacterielle Diagnostik 20. 66. 920 (O.-A.). 101 L.
larvirte 929 (O.-A.). 983 (O.-A.).
—. populäre Belehrung über dieselbe durch die SanitljUseommission in
Greifswald 894. \ ■'
—. steigende Mortalität in London 747. v , .,
- und Pseudodiphtherie 101 L. ''*•
Diphtherieantitoxinlösungen, quantitative Bestimmung 453 ( O.-A).
Diphtheriebacillus, zur Kenntniss des 692 (O.-A.).
—, Desinfectionskraft der Sozojodolsäure gegenüber dem Locfflersehen
567 (O.-A,). 583 (O.-A.).
—, Einfluss der Citronensäure auf den 61 V.
Diphtheriebacillen, Lebensdauer der 279. 692 (O.-A,).
-. Utensilien und Nährböden für deren Züchtung zur Abgabe an die
praktischen Aerzte 800.
— in der Lunge 144 V.
Diphtheriebehandlung im städtischen Krankenhause Friedricbshain 596
(O.-A.). 126 V.
Diphtherieimmunität 437 (O.-A.). 865 (O.-A.). 899 ( 0 -A i 986 <0-.\)
984. 120 V. 142 V. '
Diphtherierecidiv nach Serumbehandlung 980 (O.-A.i.
Diplegia facialis 81 V.
Diplococcen im Eiter bei Mastitis 184.
DiploS der Schädelknochen, Sarkom der 281.
Diuretica 551.
Divertikel. Meckel’sches 56 V.
Djamboebaumblätter 728.
Doppelfrucht 71 L.
Drainhyng von Wunden. Instrument zur 688.
Urucklähmungen im Gebiete des Plexus braehialis 49 (O.-A i
Druck- und Schmerzsinn 136 V.
Duboisin 4 L.
Ductus eholedochus. Gallensteine im 89 V
cysdeus, Incision des 47 V.
| Elektrotherapie bei Dmcklähmungen des Nervus radialis 112
Elephantiasisartige Anschwellung beider Unterschenkel 519 (O.-A ) 41 V
Ellenbogengelenkcontractuien, Behandlung mir dem Pendehipparat” 20 L
Embolie der Artcria fossae Sylvii 9 L.
— der Centraku terie der Netzhaut 88 V.
— der Mesenterialgefas.se 449.
I Embryo, Verhalten gegen Infectionen 3 L.
j Empyem bei Kindern 162. 23 V.
| —, operative Behandlung 67 V.
j Encephalastkeiiia 298 (O.-A.).
Enchondrome, multiple 68 V.
j Endarteritis calculosa 70 V.
i Endenich, Privat-Heil- und Pilegeanstalt 816.
| Endocarditis. ulceröse 913 (O.-A.). 82 Y. 112 V.
j Endoskop 83 V. 90 V.
' Endoskope, Cystoskope und ähnliche Apparate. Instrument zur Bcfesfitruic--
; von 529 (O.-A.). 19 V. n
’ Endoskopie 94 V.
Enteronuastomose 63 V.
Entfettungscuren 35 V. 33 L.
— mit SchilddrUsenfütterung 932 (O.-A.). 934 (O.-A.i.
Entmündigungsverfahren 684.
Entwickelungsgeschichte, Ergebnisse der 61 L.
Entwickelungshemmungen, die geistigen 96 L.
Entzündung und Eiterung 276.
Epididymis, Syphilis der 43 L.
Epididymitis gummosa des Nebenhodens 161.
Epiglottisrandgeschwür bei croupöser Pneumonie 161.
Epilatoriuui 636.
Epilepsie 12 (O.-A,). 33 (O.-A,). 62 (O.-A.i. 602. 603.
durch Alkoholgenuss 965 (O.-A,).
— mit Hemiplegie 67 V.
; Epileptikeranstalten 188 (O.-A.). 329 (O.-A.i.
) Epithelialcarcinoni des Gehörgangs und der Ohrmuschel 90 V.
Epitheliome, Chromsäure bei 239.
Erbrechen der Schwangeren 728.
Erdbeersaft 603.
Erde, um die 252.
Ergotin 551 (O.-A.).
Erhäugungstod 104 L.
Ernährung der Kinder, künstliche 553 i O.-A.i.
Erysipel. Uebergang des Streptococcus von der Mutter auf de» Fötus
10 L.
; Erythema exfoliativum recurrens K>3 1,.
j — multiforme 92 V.
’ Essigäther 40.
, Eustrongylus gigas 12 V.
Evangelischer Diakonievereiu in Herbom 9X4
Exantheme im Wochenbett 230.
; —, toxische 259.
Exostosen, multiple cartilaginöse 68 V. 76 V.
j Exsudative Pleuritis 102 L.
: Extensionsschiene zur ambulanten Behandlung der (‘oxit-is, Knoebeultrüebe,
schweren Erkrankungen der unteren Extremität 38 V.
Extraabdominale Cholecystotomic 64 V.
Extraoculare Anwendung des Elektromagneten 393 (O.-A.).
Extrauteringravidität 24. 29 (O.-A.). 59 (O.-A). 0*24 (O.-A.). 945 o>.-A.).
34 V. 72 V. 83 V.
Extremität, Brüche der unteren 527 (O.-A.).
TXJ > ,
-• otello-intestinalis, persistirender 101 V.
mdarm. Stoflwechsel nach Resection eines grt
Duodenalblutung. Präparat von 127 V.
Dysenterie, amöbische 58 L.
ssen Tlleilcs des 7X0 ((>
F.
Farbenblindheit 16 V
Farbstoffreactioneu 37.
Felsenbein, Caries und Nekrose nach lnlluen/.u 91 V.
—, Cholesteatom des 90 V.
Trockencorrosion des 92 V.
. 224 (O.-A.i.
: der Milch, des Kefvr
Echinococceiicvsten 63 V.
whinococcus, subphrenischer 187.
bmgeweideverletzung 95 L.
F!S.S B S ateli ? ch ? Hinäicht 57a (O.-A.). 598 (O.-A.i. 728.
EiseÄ hln - e nu * 0r ? anis m»i8 des Säuglings 32 L.
BsmÄe r S Auge 494 f0 * A -‘ (O.-A.). 592 (O.-A.). 14t
Eiter, grüner 19!
Eiterkrankheiten, Fortpflanzung der 39 V.
ffij****** 675 fS.-A.j.
.. te KS 9 3 m , Darm " n '* r ‘ ,em
F™^ fre 'e,XaAoien 18 I,.
Ere-.Ü’f?' 1 * dpä Blutserums ÜlU ,0 -A i
«r-fr“ K»nkeu .Via ,o,A.,
P^FaföUiculare 96 V
f ische Gurte 5 V.
E k n c , t äti Tod durch
Elektrisches^Lirht^a ^ aseni ' ftc benpolyii
Elektr™Xik A f wcndun g des) 39a (O.-A.).
i zur medicmiscben 70 (O.-A.). 848 (O.-A.i.
lypen 44 L.
Fenstervorhänge in Schulen 876 (O.-A.i.
Fersenbein, Compressionsbrücbe des 2xo.
Fette, therapeutische Leistungen 136.
Fetthernie in der Linea alba 117 V.
Fettherz 561 (O.-A.). 581 (O.-A.).
Fettkörper, sterilisirte 51 V
Fettleibigkeit, Behandlung der 932 (O.-A.). 934 Ol-A.i. 3.» 33 L,
Fettmilch. Gaemtner’sche 104 L.
Feuerbestattung 668.
Feuercloset 19 V.
Fibrolipom, myxomatös entartetes 563 (O.-A.i.
Fibroma ovarii 87 V.
Fibrome, multiple 29 V.
Fibula, Osteoldsarkom der 2 V.
Fischauge. Accommodation des 136 \ .
Fleischpulver 603.
Fötus, nicht ausgetmgener 262.
. ödematöser 208.
Follicnläre Hypertrophie 22 V.
Formaldehyd.* polymerisirtes 2 V.
Formalin 10 L.
—. Choleradesinfectionsversuche mit 649 (O.-A.). _ _ ..
Facturen, ambulatorische Behandlung 373 (O.-A.). ;>2i (O.-A.i. 2< \. •»/ \
38 V.
Fraentzel, 0., t 830 (O.-A.).
Gedenkrede auf 129 V.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
XIV
INHALTS - VERZEICHNISS.
Fragmentatio mvocardii 52 L. ,
Frnnklin'sche oder Spann ungsströmo vom olrklrodmgnosl ischeu Stand¬
punkt 253.
Französisches Sanitätscorps, Effectivbestand 335.
Frauen, ärztliches Studium der, 120. 144. 167. 470.
Frauenkrankheiten, Lehrbuch von Fehling 61 L.
Frauenmilch fett 77 L.
Frauenpraxis. Fälle aus der 154.
Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins, s. Vereinigung.
Freiwillige Rettungsgesellschaft in München 556.
Fremdkörper in der weiblichen Harnblase 680 (O.-A.).
Frühgeburt, Einleitung der künstlichen durch Glycerininject innen 72 V.
Functiönsstörungen 135 V.
Fuss, angeborene Geschwulst des 48 V.
—, Ausdehnungsfähigkeit des menschlichen 53 V.
Fussgelenk, Arthrodese des 235.
—, osteoplastische Resection des 115.
Fussresection mit dorsalem Lappenschnitt 18 V.
Fussresectionen. atypische 262.
G.
Gährungsorgauismen. Jahresberichte über die Fort schritte in der Lehre
von den 6 L.
Gaertner’sche Fettmilch 104 L.
Gallanol 553.
Gallenblase und Gallengänge, Chirurgie der 62 V.
Gallenfarbstoffe im Harn 408.
Gallengänge, eiterige Entzündung 468.
Gallensteine 1 V. 2 V. 47 V. 82 V. 80 V. 12t V.
Gallensteinileus 139. 171 (O.-A.). 98 V.
Gallenwege, Chirurgie der 38 L.
—, Experimente an den 40 V.
Galvanischer Pinsel 773 (O.-A.).
— Strom, Wirkung auf Wirbelthiere 1(5 V.
Galvanischo Ströme, therapeutische Wirkung minimaler 278.
Ganglion coeliacum 217 (O.-A.).
Gasphlegmone. Aetiologie der 70 L.
Gastrectasie 333 (O.-A.). 87 V.
Gastrische Beschwerden 309.
Gastritis acida 128 V.
— gravis 68 V.
Gastrodydymus bimasculinus 71 L.
Gastroenterostomie 100 V.
—, Verhalten der Magenfunction nach 125 V.
Gastromegalio 87 V.
Gastrostomie nach Witzei 235. 7 V.
— wegen Carcinoma cardiae 235. 7 V.
-dreier verschluckter Taschenmesser 760 (O.-A.i.
Gaumen, Motilitätsneurosen des weichen 65.
—. Perforation des harten 83 V.
—, Resection des harten 660 (O.-A.).
Gaumendefect 87.
Gaumendefecte, prothetische Behandlung 408.
Gaumenspalte, angeborene 40 V. 70 V.
Gaumenspaltenoperationen 126 V.
Gebärmutter, s. Uterus.
Gebirgstrage für Truppen und freiwillige Colonnen des rothen Kreuzes 570.
Geburt, Blutungen nach der 493 (O.-A.). 538 (O.-A.).
Geburtshelfer, ärztliches Instrumentarium für 94 (O.-A.).
Geburtshülfe, aseptische Grundsätze in der 39.
—, innere Untersuchung 957 (O.-A.).
—, Einschränkung der inneren Untersuchung bei 54 V.
— unter Privatverhältnissen 43.
—, Compendium von Heitzraann 100 L.
—, Grundriss von Schauta 154.
—, Vademecum von Dührssen 716.
—, — won Lange 48.
Geburtshiilfliche Operationslehre, Grundriss von v. Iler G 39 L.
Gefässsystem, Histogenese des 18.
Geflügeltuberkulose bei Menschen und Säugethieren 694 (O.-AJ.
Gehirn, s. Hirn. *
Gehörgang, Atresie des 90 V.
—, Epithelialcarcinom des 90 V.
—, Operation des stenosirten 91 V.
Gehörgangmissbildung 91 V.
Gehörknöchelchen, erstes Auftreten der 90 V.
Gehörorgan, Präparate des 57 V.
Gehverbände 373 (O.-A.). 527 (O.-A.). 27 V. 37 V. 38 Y. 89 Y. 103 L.
Geisteskrankheiten, Diagnostik der 55 L.
Geistesstörungen und Hexenprocesse 59 L.
— bei Syphilis 43 L.
Gelenk affe ctionen, ambulante Behandlung 108. 87 Y.
Gelenkrheumatismus 729. 82 V.
—, acuter 913 (O.-A.). 34 L.
— bei ulceröser Endocarditis und fibröser Mvocarditis 122 Y.
— . Natrium salicylicum bei 11 L.
Gelenktuberkulose 62 V.
General Council of medical Education and Registration 601 (O.-A.i.
Genesungsanstalt der Sächsischen Militärverwaltung 732.
Genie und Entartung 82 L.
Genital. Blutgefässe am männlichen 95 V.
Genitalien, eystisehe Geschwülste der weiblichen 24 V.
Genitaltuberkulose des Weibes, primäre 974 (O.-A.).
j Genu valgum 18 V. 70 V.
Gerichtliche Medicin, Atlas der 203.
I-, Grundriss von Gottschalk 40 L.
I Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine 961.
! Geschlechtskranke Weiber, Hülfsstation im Arbeitshaushospital in Berlin
44 (O.-A.).
| Geschlechtstrieb 85 L.
’ Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte 749 (O.-A.). 7(>8. /84.
120 V. 127 V. 134 V.
I —, Deutsche dermatologische 92 V.
I —, — otologische 90 V.
- für Chirurgie, 392. 17 V. 29 V. 37 V. 47 V.
—. — für öffentliche Gesundheispflege 143.
—’ Berliner für Geburtshülfe und Gynäkologie 413 (O.-A.). 488 (O.-A.).
! — — medieinische 29. 87. 115. 137. 158. 182. 207. 231. 259. 278.
15 V. 19 V. 26 V. 34 V. 43 V. 50 V. 59 V. 67 V. 76 V. 124 V.
130 V. 137 V. 148 V. 153 V.
—, — physiologische 26 Y. 46 V. 53 V. 82 V.
—. medieinische in Giessen 56 V. 87 V. 143 V.
—, niederrheinisehe für Natur- und Heilkunde in Bonn 40. 66. 89. 187.
208. 22 V. 54 V. 98 V.
—, schlesische für vaterländische Cultur 232. 280. 7 V. 21 V. 72 Y.
83 V. 109 V.
; Gesichtsfeld, Förster’scher sogenannter Verschiebungstypus des 188.
Gesichtsmuskeln, Lähraungserscheinungen der 35 V.
, Gesichts- und Stirnlagenbehandlung 19.
Gesundheitspflege, Kosten der Vernachlässigung 768.
Gesundheitspolizeiliche Ueberwachung der Stromgebiete in den östlichen
Provinzen 469.
! Gesundheitswesen, Lehrbuch des öffentlichen, von Wern ich und
AVehmer 88 L.
I Gewebe, zur Topographie der elastischen 547.
Gewebelehre, Atlas der pathologischen 307.
—, Grundriss von Disse 388.
Gewebssafttherapie 293 (O.-A.). 311. 318 (O.-A.). 376 (O.-A.I. 1 V.
Gewerbehygiene, Handbuch der praktischen, von Albrecht 4 L. 30 L. 62 L.
Gicht 239.
Gichtanfall, Harnsäureausscheidung beim acuten 135 V.
I Gichtkranke, hamsäurelösendes Mittel bei 786 (O.-A.).
Giessener medieinische Gesellschaft 56 V. 87 V. 143 A .
’ Gipsleimverband 5 V.
Gipsspreizlade 5 V.
Gipsverbände, ambulatorische 527 (O.-A.).
Glandula submaxillaris, Speiehelsteine in der 97 Y.
Glasdruck 95 V.
Gleichgewichtsstörungen 102 V.
Glottiskrampf bei Hysteria virilis 42.
Glycerinintoxication 72 V.
Gonitis fungosa sinistra, fistulöse (5 V.
Gonococcen, Formbeständigkeit und Virulenzdauer 70 L.
— und Pseudogonococcen 328.
Gonococcenfärbung 200 (O.-A.).
Gonococcen Züchtung bei Arthritis gonorrhoica 160. 335 (O.-A,).
Gonococcus, Localisationen im Innern des Organismus 484 (O.-A.)
Gonorrhoe 93 V. 94 V.
—, Abortivbehandlung 709 (O.-A.).
—, Behandlungsmethode der chronischen 50 Y.
—. Werth der Urethroskopie bei der chronischen 858 (O.-A.). 893 (O.-A.)
894 (O.-A.). 960 (O.-A).
— beim Weibe 69.
Gonorrhoische Erkrankung der Mundschleimhaut bei Neugeborenen 231.85 Y
— Myocarditis 87.
I Greifswalder medicinischer A r erein, s. Verein.
Grosshirnrinde 103 (O.-A.). 132 (O.-A.).
—, die Fühlsphären der 308.
Grosshirnrindenerkrankung, Histologie der 345.
i Grundriss der allgemeinen klinischen Pathologie von Krehl 38 L.
! — der allgemeinen Pathologie von Birch-Hirschfeld 35.
- der geburtshülfliehen Operationslehre von v. Herff 39 L.
— der gerichtlichen Medicin von Gottschalk 40 L.
— der Gewebelehre von Disse 388.
I — der Hygiene von Flügge 388.
— der Kinderheilkunde von Hauser 39 L.
-von Seitz 230.
— der klinischen Bacteriologie von Klemperer und Levy 81 L.
— der operativen Geburtshülfe von Schauta 154.
— der pathologischen Anatomie von Gerd es 89 Ti.
— der Psychiatrie von Wernicke 75 L.
Grund wasier in München 45 L.
Grundzüge der Arzneimittellehre von Binz 38 L.
— der Gynäkologie von Küstner 54 Ti.
— der Histologie von Klein 97 L.
— der Hygiene von Prausnitz 98 L.
; Guajakol 47 (O.-A.).
Guajakoljodoform 168.
Guajakolvergiftung 296 (O.-A.). 321 (O.-A.).
Gummöse Lymphome 889 (O.-A.).
— Osteomyelitis 102 Y.
I Gurte, Anwendung elastischer 5 V.
I Gussenbauor’sche Hilfsoperation 100 Y.
Digitized b
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
INHALTS -VERZEICHNISS.
Gutachten, ärztliche im Entmündigungsverfahren 684.
Guttmann, S., f, Krankheitsbericht 113.
Gynäkologie, Grandzüge der von Küstner 54 L
H.
Rämalbamin 330 (O.-A.).
H&matokritmethode 136 V.
Hämatoporphyrin im Harn nach Trional 152 (O.-A.). 343. 23 V.
Hämaturie, Diagnose 94 L.
Hämorrhagische Diathese eines Morphinisten während der Entziohimgscur
29 V.
Hämoglobinblut, ein Bestandteil des 136 V.
Hämoglobinurie als Complication von Erysipel beim Kinde 35 L.
Hämorrhoiden, unblutige Operation 11 L.
Hals. Geschwulstmasse an der Vorderseite 137.
Halsmarkerkrankung 8 V.
Halsspiegel, aseptische 213 (O.-A.j.
Hamburger ärztlicher Verein, s. Verein.
Hamburgischer Medicinalrath, Bericht des 845.
Handbuch der Augenheilkunde von Schweigger 47 L.
- der Harn- und Sexualorgane von Zülzer 24 L.
- der Hygiene von Weyl 45 L. 62 L 73 L.
- — — und der Gewerbekrankheiten von v. Petteukol'or und
v. Ziemssen 73 L.
-Kinderheilkunde von Uffelmann 388.
-Ohrenheilkunde von Schwartze 446.
-physiologischen Optik von v. Helmholtz 964.
— praktischen Gewerbehygiene von Al brecht 4L. 30 L. 62 L.
-speciellen Pathologie und Therapie der inneren Krankheiten 4 L.
-Therapie innerer Krankheiten von Pentzoldt und Stintzinc
37 L. b
Handfeuerwaffen, die chirurgische Bedeutung der neuen 64 V.
- Wirkung und kriegschirurgische Bedeutung 521 (O.-A.i.
Handgelenkschwellung 84 V.
Harn. Gallenfarbstoffe im 408.
—, Hämatoporphyrin im, nach Trional 152 (O.-A.i. 343. 23 V.
—, Phenolkörper des menschlichen 204.
—. stickstoffreiche Basen des 26 V.
Haranalyse 277.
Harnblase, s. Blase.
Harnentleerung, Mechanismus der 3 L.
Harnröhre mit künstlichem Sphincter, künstliche 254.
Harnrübreninneres, Photographie beim lebenden Menschen 42 L
Harnsäure bei Leukämie 64 (O.-A.). 663 (O.-A.).
ihre Lösungsbedingungen im Ham 25 L.
Harnsäureausscheidung beim acuten Gichtanfall 135 V.
narnsäurediathese 93 L.
Hamsäurelösendes Mittel bei Gichtkranken 786 (O.-A.j.
Hamsedimente bei Nephritis, farbenanalytische Untersuchung 2(i L.
Harn- und Gefössneurosen 7 L.
^er ^ escb l ecb tsorgane, die chirurgischen Krankheiten
U ? d ^^alorgane, klinisches Handbuch der. von Zülzer 24 L
Haut, aseptische Schnittwunden der 150 V
' • ail fedehnte Ablösung durch Ueberfahren 4 1'.
multiple Neurofibrome der 100 V.
' sogc?350 S (O i A k j it fÖ1 " LöSUDgen V0Ü Jodofon » »nd Kreosot in Va-
• Tafel der Anatomie der 111
, der B1 »tgefässe in der 16 L.
iH kui,g durch ungestielte feMlost ' a«i.
Pustelbildung mit 39 V.
£fk a ^u h - a ^ een 4 “* h Behrin g's Heilserum 912.
Hautkrankheiten, Atlas seltener 168 . 77 L
p“ p ^ d . Ium von Jessner 48.
hJi ° og £ 1111(1 Thera Pie der 112.
- TpE’? e f- kupg von Hautdefecten durch ungestielte.
Ha.itHh.M 1011 l i n ^elter nach der Knuise’schcn Mt
jiaiuiransplantation 3 (O.-A.) 187
Hauttuberkulose 95 V. ’
~ ü t ” ad T ^ hl echtski-ankheiten, Lehrbuch von Joseph 392. 31 L.
- und 'Aii ,u ‘l l von Wolff 277.
Hautvenen c l^P schG Krankheiten der 466.
Hautverändenumpn^T? ^ deS T horax - erweiterte 243 (O.-A.i.
Hebammenpraxif 957 B ( 0 1 !A U ) ngen mnerer Krankheiten zu 760 (O.-A.i.
HeideIbmir T T lb0r ^ 0 - Seil8t ®^ fcik 716 -
Heilkunde^ Rea7eSLn- ^ V ^ habtheilUng der 845 '
Heilserum ConStP, ^ t de ü ^ esammten 229- 428. 716. 784. 13 L. 81 L.
- gegen ChoWn k Beschaffung für Unbemittelte 912.
Heilsenimhi, i?’ Dlenschll ches 829 (O.-A.).
H H e, T Diphtherie.
Heüstätten fü?!^^ 1 , Lm , denhaus Brake bei Lemgo 846.
H eiuJstäUen f lr r n o genkr f k . e 392 ' 731 - 83 2- 964. 134 V.
v - Helmholtz f 732 Dde bd BerllD 69 148>
I- llfrt 733 (O.-A.).
n-?i ac h°n 748.
He micephaHe ei i42 Q V te ^ Krailke 635
_ lett.lose 261.
Methode 283.
XV
Hemiopische Pupillarreaction 336 (O.-A.i.
Hemiplegie, Muskelatrophie nach 24.
Hermaphrodit 259.
Heraia uteri 338 (O.-A.i.
Herpes zoster 26 V.
Herz 157.
~ “ü angeborener Pulmoualstcnosc und offenem Septum ventriculorum
86 V.
—, Myxom des 9 L.
—. primäre Neoplasmeu des 9 L.
—, Schussverletzung des 109 V.
—, Spontanruptur des 22 V.
Herzbeutelerkrankungen, Lehrbuch von Schrott er 37 L.
Herzbewegungen 136 V.
Herzdilatation auf nervöser Basis, acute und chronische 134 V.
Herzorscheinungen bei puerperaler Sepsis 157.
Herzgegend. Schuss in die .475 (O.-A.).
Herzhemmungsfasern 136 V.
Herzklappenfehler in Schwangerschaft. Geburt und Wochenbett 231.
Herzkrankheiten, diätetische Behandlung 134 V. 79 L.
Herzmuskel. Veränderungen der Kittsubstanz der Muskelzellenbulkon des
52 L.
Herzostien, Veränderung mehrerer 25 (O.-A.).
Herzspitzenstosstheorie, Martius‘sehe 76 (O.-A.).
—, Ludwig'sche 136 V.
Herzthätigkeit. Einfluss der Muskelarbeit auf die 58 E.
Herztöne, mechanische Registrirung der 136 V.
Herzvergrösserung. idiopathische 203.
Herzwundenheilung 53 Ti.
Herz- und Nierenkranke, Kopfschmerz von 603.
Heubncr, 0., 71 (O.-A.).
Hippomane Manzanilla 552.
Hirn, Hirnhäute und Blutleiter, ot irische Erkrankungen der 67 L.
Himabscesse 42. 62 V. 91 V. 99 V. 144 V. 153 V.
Hirnaffeetion infolge chronisclier Nephritis 87.
Hirnblutung hei der Narkose alter Leute 722 (O.-A.).
Himchirurgie 62 V. 91 V.
Hirakrankheiten. otitische 91 V.
Hirnlähmungen der Kinder 252.
Hirnpräparate 16 V.
Hirnrinde, Lokalisation in der 62 V.
Hirnschale, zertrümmerte 53 V.
Hirntumoren 497 (O.-A.). 62 1'. 114 V.
Hirnverletzung 511 (O.-A.).
Hirsch, August, t 119 (O.-A.).
— Nachruf 205.
Histogenese des Gefässsystems 18.
Histologie. Grundzüge der 97 L.
Histologie. Lehrbuch von Stöhr 35.
Histologischer Handatlas 864.
Histomechanik 18.
Hoden, Cystadenom des 51 V.
—, Scheidenhautsarkom des 51 V.
Torsion des 116.
—, Torsion mit Missbildung des Nebenhodens 97 V.
—, Tuberkulose des 161.
— und Samenstrang, Tumor der Scheidenhaut des 51 V.
Hodenexstirpatiou mit Samenstrang und Samenblase 161.
Höhendistante Doppelbilder bei einfacher Abducensparese 394 (O.-A.i.
Hörfähigkeit, Einheitliche Bezeichnung 181.
Hörprüfungen 181.
Hohlorgane, natürliche und künstliche Ausgüsse von 40 V.
Hospitäler. Lage, Bau und Einrichtung 781 (O.-A.).
Hüftgelenksentzündnng, tuberkulöse 374 (O.-A.). 392.
Hüftgelenksresection, totale 31 V.
Hüftsgeleuksverrenkungen, angeborene 64 V.
Hüftgelenksverrenkung, nichtoperative Behandlung dm' angeborenen 17 \
—, pathologisch-anatomische Demonstrationen zur Operation der 17 \ .
Humerusende. Doppelschrägbruch am unteren 112.
Hundswuth, Schutzimpfung gegen 46 L.
Hydrargvruminjectionen, Paraffinembolieen bei intramuskulären 600 tO.-A.i.
764* (O.-A).
Hydriatische Behandlung der Neuralgie 972 (O.-A.i.
Hydrocele feminina 502 (O.-A.).
— muliebris 871 (O.-A.).
— testis 366 (O.-A.).
Hydrocephalus eongenitus 22 V.
Hydronephrose. congenitale 151 (O.-A.).
Hydrosalpinx 161.
Hydrotherapie bei Malaria 861 (O.-A.).
Hygiene auf dem platten Lande und in kleinen Städten 697 (O.-A.,).
—, Grundriss von Flügge 388.
. Grundzttge von Prausnitz 98 L.
—, Handbuch von Albrecht 4 L. 30 L. 62 L.
—, Handbuch von Weyl, 45 L. 62 L. 73 L.
— und Gewerbekrankheiten, Handbuch von v. Pettenkofcr und
v. Ziemssen 73 L.
Hygienische Einrichtungen in amerikanischeu Schulen 449.
— Maassnahmen in Berlin 87. 88. 115. 138. 159. 208.
— Untersuchungen, Anleitung zu 23. . .
— Werke, Einwirkung auf die Gesundheit der Städte mit besonderer
Rücksicht auf Berlin 630.
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krcBvöckt-öPOi'ortO. (17^
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4.it).a}isd»y WitMittlnhi-la n * HJ v,
4i-fa(j».*stii»mp »20 V.
faiinmVoiiV- rfi-.T .H i \'
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XVII
Kupier im Auge 313 (O.-Aa
Kurzsichtigkeit, operative Behandlung hochgradiger 261 . ÄS. Y.
K^tophotographisfhef Atlas 7 t» Ti.
L.
Labonitoriuinscholera 795 (O.-A.).
Labyrinth, Nekrose des knöchernen 6 Y.
Libyrinthgefösse, Atlas der 92 V.
Labyrinthtonus. Wirkung auf die Zugcnrve des Muskels 69.
Lictophenin 553.
Laminektomie 95 L.
Laparotomie 759 (O.-A.). 924 (O.-A.).
. neue Methode 45 V.
—. Technik der complicirten 428.
- , vaginale 208.
Larvirte Diphtherie 929 (O.-A.). 983.
Laryngitis fibrinosa 197 (O.-A.).
Laiyngoskopische Technik 65.
Laiynx, Lepra des 231.
Laiynxerkrankuogen. Antipyrin gegen 47.
Larynxstenose 231.
Larynxwand, Untersuchung der hinteren 65.
Lateralsklerose, amyotrophische 433 (O.-A.). 12 V. 151 V.
Lebenskraft der Kinder. Einfluss des elterlichen Alters 48 L.
Lebensversichcriingsgesellschaften und Aerzte 347 (O.-A.). 728.
Leber. Bedeutung für den Pankreasdiabetes 83 V.
—, Chirurgie der 38 L.
-. Experimente an der 40 V.
. Stiehverletzung 759 (O.-A.).
. tnbulöscs Adenom der 97 V.
Leberabscess 69 L.
- mit Protozoen 47 Y.
Leberatrophie, acute, gelbe 448.
Lebercirrhose 851 (O.-A.). 110 V. 102 L.
. hypertrophische und biliär atrophische 159.
Iiebersarkoin. Exstirpation eines primären 669 (O.-A.).
Leberthran. Dr. Standke’s 962 (O.-A.).
Leberverleizimg, traumatische 723 (O.-A.).
Leber- und Magennaht 759 (O.-AA.
Le Kort, Nachruf 138.
Lehrbuch der Arzneimittellehre von Bernat/.ik und Vogel 2 L.
— von Tappeiner 2 L.
der Augenheilkunde von Fick 47 L.
— von Fnchs 47 L.
von Vossius 406.
- - und Ophthalmoskopie von Schmidt-Rimpler 47 L.
- der bactenologischen Untersuchung und Diagnostik von Heim 65 L.
- der chemischen Physiologie und Pathologie von Halliburton 21 L.
der Frauenkrankheiten von Fehling 61 L.
- der Geburt sh Ulfe von Lange 48.
der Haut-und Geschlechtskrankheiten von Joseph 392. 31 L.
- - von W o 1 ff 277.
L.
ic des Menschen mit
öhr 35.
14 L.
i 61 L.
64.
L.
n Finger 168.
und Wehm er 83 L.
acli mann 97 L.
663 (O.-A ).
A.i. 798 (O.-A.).
iicraueureierKraiUfungen von Schrötto
der Histologie und der mikroskopischen An
Einschluss der mikroskopischen Technik v«
der inneren Krankheiten von Eysoldt 66 1
der Kinderkrankheiten von Biedert 62 L
- - von Sch wechten 39 L.
J Z guuschen Arzneibehandlung von Penz<
j 1 1Dlsc ben Untersuchungsmethoden von
2" n? Sen v “n d Halskrankheiten von Bo sw
" J" O^totoiide von Politzer 86.
- d nS ft f ad - 1S< ) hen 9 hirur &ie von Hoffa 92
- d Pathologischen Anatomie von Thoma 5
Z ip^Pevon Bernstein 97 L.
- £ »“*“ Chcmi «. von Ncumeist
> l uri ^ d<*r venerischen Krankheit e
I (.i 'tr.ni l , . e J unu ms. submucöses 144
- SS 4 Kinde ’ ^eklemmteM.....
Iri-S k enimun - im 48 V.
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^ir P \nfo, r t,^ Ugenh ^ ,kunde V0T1 M «hcl 47
Untiaäs ossef 8V mkr0Sk ° P,SChfi1, Prai>arato
12 ;? (0-*A.). 666. 95 V
anaesthetica 445 (0 - \ )
“ laryngis 231. ’
~~ tuberosa 24.
|-eprabacLUus 95 y
'S*™?? China
ösrsSV'ts.MVU.
hei . Leukämie _641 (O.-A.). 663 (<
Uuu/ T ° Se btl Leukämie 641
[•‘•«kopSe 85 V.
Lexikon, diagnostisches für praktische Aerzte 716
Leysin 42 V.
Lichen ruber planus 88 V. 95 V.
Lichtsinn, Beeinflussung durch Strychnin 54 \'
Ligamentum annulare stapedis 90 V.
I Limbus. Sarkom des 56 V.
Linea alba, Fetthemie in der 117 V.
Lingua accessoria 87 V.
Lipämie 756 (O.-A.). 135 V.
Lipomatose, diffuse 86 V.
Lithopaedion 140.
Lithotripsie, perineale 63 V.
Loretin 553. 737 (O.-A.).
; Lücke, + Nachruf 215 (O.-A.). 105 V.
i Lues, s. Syphilis.
— maligna 29 V.
Luftembolie bei Placonta praevia 86 L.
Luftprüfungsmethode auf Kohlensäure 448.
Luftwege, die Krankheiten der oberen 447. 86 V. 108 V.
—, Spätformen der hereditären Syphilis der oberen 43 L.
Lunge, Diphtheriebacillen in der 144 V.
Lungenabscess mit Protozoen 47 V.
Lungenaktinomykose G6.
I Lungenentzündung, zur Anatomie der 17 L.
| Lungenfistel 408.
Lungenheilstätte im Spessart, Verein zur Errichtung einer 572.
Lungenhernie, erworbene 142 V.
Lungeninduration 33 L.
Lungenödem* Aethertod infolge von 719 (O.-A.). 144 V.
' Lungenphthise, Neuritis multiplex bei 109 V.
Lungenschwellung und Lungenstarrheit 388.
Lungenschwindsucht, Pathogenese, Symptomotologic und Behandlung 54 L.
Lungentuberkulose, neue Behandlungsmethode 330 (O.-A ).
—. Pleuraempyeme bei 717 (O.-A.). 738 (O.-A.).
—. Secundärinfec-tion bei 77 L.
— und Mischinfectioneu 85 L.
Lupus, phaneroskopische Untersuchung des 39.
—. Parachlorphenol gegen 603.
— hypertrophieus 88 V.
I vulgaris 94 V.
Lupusbehandlung mit Tuberkulin 47.
Luxatio coxae congenita 80 V.
Lycetol 553.
, Ly mph cysten des Unterschenkels, traumatische 69.
| Lymphome, gummöse 889 (O.-A.i.
I Lymphzellen 146 (O.-A). 207. 310.
Lysidin 130 V.
Lysolvergiftung 683 (O.-A.).
1HL
Magen, direkte Elektrisation des 71 L.
- , elektrische Durchleuchtung 86 V.
Extraction einer Gabel aus dem 68.
- , Grösse, Lage und Beweglichkeit des gesunden und kranken 128 V.
- . Inhalt des gesunden nüchternen 638 (O.-A.).
. mechanische Insufficienz des 576 (O.-A.).
—. Stichverletzung 759 (O.-A.).
Ulcera perforantia des 408.
Verhalten von flüssigen und breiigen Substanzen im menschlichen
i27 V.
Magenacidität, titrimetrische Bestimmungen der 17 L.
Magencarcinom 438 (O.-A.).
Magenchirurgic 173 (O.-A.). 759 (O.-A.i.
Magondarmerkrankungen 48.
Mageudilatation, acute 155. 172 (O.-A.).
Magenerkrankungen. chirurgische Behandlung 817 (0.-A.I.
—, — Eingriffe hei 126 V.
Magenexstirpation, Stoffwechsel nach 780 (O.-A.).
Magenfunction. Verhalten nach Gastroenterostomie 125 V.
Magengeschwür, operative Behandlung 48 V.
Magengeschwüre, syphilitische 7 V.
Mageninhalt. Ammoniak im 25 L. 33 L.
j Salzsäure im 87.
! Magenkrankheiten 66 L. 74 L.
—. chirurgische Behandlung 130 V.
—. specielle Diagnostik und Therapie, Haudbueh von Boas 944.
Magenkrebs mit supraclaviculärcr Drüsenanschwellung 298 (O.-A.).
Magenresection 968 (O.-A.).
Magensaft, Pepsin im 127 Y.
Magensaftfluss, eontinuirlicher 395 (O.-A.). 443 (O.-A.). 462 (O.-A.). 638
(O.-A.).
Mageustenose unterhalb des Pylorus 114.
Magen- und Darinkrankheiten, neuere Behandlungsmethoden 98 L.
Magen- und Darmschleim 55 V.
Magistralformein des Berliner Gewerkskrankenvereins 47.
Magnetextraction, die Mac Ke o w n - II i r s clib e r g'sehe Methode 592 (O.-A. >.
Makrocheilie 85 V.
Maladies infectieuses et ferments th£rapeuti<|iies 104 V.
Malakin 22. 471.
Malaria 21 V.
Hydrotherapie Ihm* 861 (O.-A.).
iiiDeutsehostafrika. die pernieiöse 46 L.
Digitized by
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XIX
Mvocarditis. fibrinöse 122 V.
—, gonorrhoische 87.
Mvocardiura. Fragmentation des 52 L.
Mvokymie 55 V.
Myomotomie mit intraperitonoaler Stielbehaudlung 280.
Mvopie. operative Behandlung 261. 88 V.
Myositis ossificans universalis 59 V.
Mvrrholin 602 (O.-A.).
Myxödem 180. 251 (O.-A.). 806 (O.-A.) 982 (O.-A.). 4s V. öS V. 105 V.
121 V.
Myxom des Herzens 9 L.
Myxosarkom der Paukenhöhle 561 (O.-A.). 91 V.
N.
Nabelcyste 102 V.
Nabelschnur, Veränderungen der 66.
Nährböden aus Alkalialbuminaten 528 (O.-A.).
Nährböden, eiweissfreic 18 L.
Nährstoffe, ihre Bedeutung als Erzeuger der Muskelkraft 83 Y.
Nakruugsmitteluntersuchung, Berathung eines einheitlichen Verfahrens 666.
Narbcncontraction bei Transplantationen nach Thier sch 364 (O.-A.).
Narbenpterygiuni 132 V.
—. Heilung durch Corneatransplantation 753 (O.-A.).
Narbenstricturen der Speiseröhre 362 (O.-A.). 382 (O.-A.). 35 L.
Narkose, Gefahr für den Diabetiker 359 (O.-A.). 380 (O.-A.). 404 (O.-A.i. 23 V.
—. neue Methode der allgemeinen 148 V.
—, Operiren unter Anwendung der 605 (O.-A.). 631 (O.-A.).
— alter Leute. Hirnblutung bei der 722 (O.-A.).
Narkosenfrage 55 (O.-A.). 79 (O.-A.). 81 (0.-x\.). 137. 185. 188. 231. 260
361 (O.-A.). 470 (O.-A.). 472. 719 (O.-A.). 740 (O.-A.). 7 V. 40 V
144 V. ' '
Narkosenlähmung 49 V.
Nase, Eiterungen der Nebenhöhle der 116.
—, ihre Nebenhöhlen und Nasenrachenraum, Krankheiten der 31 L.
Nasengegend, Missbildungen in der 137 V.
Nasengerüst. Auftreibung durch Polypen 116 V.
Nasenhöhle und ihre Nebenhöhlen, anatomische Tafeln 64.
Nasenkranke. 300 auf der Giessener Ohrenklinik behandelte Fälle 56 V.
Nasenrachenpolypen 205. 116 V. 44 L.
Nasenrachenraum, adenoide Vegetationen 65.
—, Entfernung von Tumoren im 92 V.
—. Geschwulst im 35 V.
Nasenrachenraumaflectiouen 140.
Nasenrachentumor. Exstirpation mittels der G ussenbaurr'schen Hilfs¬
operation 100 Y.
Nasenscheidewand, blutender Polyp der 87 L.
- bezw Nasenrachenraum, Messungen des Tiefendurchmessers 80 L.
Misenschleimhaut, Tuberkulose der 95 L.
Nasen- und Augenerkrankungen Beziehungen zwischen 53 V.
und Halskrankheiten, Lehrbuch von Bosworth 64.
•Natrium benzoicuin 239.
salicylicum bei Gelenkrheumatismus 11 L.
Natron, jodsaures 522 (O.-A.).
Natürliche Auslese des'Menschen 407.
•atur^cherve^mmlung, deutsche 749 (O.-A.i. 768. 784. 120 V. 127 V.
>apel, Assanirung 448.
- ebenhoden. Epididymitis gummosa des 161.
-• Missbildung 97 V.
Nebennieren, zur Pathologie der 135 V.
■■oci Addison‘scher KrnnL-litdf
26 L.
•woenmerensarkome 208
^jähriges Doctorjubüäum 288.
. el^se des Kochens, Radiusdefect infolge 110 V.
ae» knöchernen Labyrinths 6 V.
v2?u eil - de f- Herzens ’ Primäre-9 L.
•Nephrektomie lol (O.-A.)
transversale 63 v/ ’ ’
-JP ntis. acute hämorrhagische bei Diphtherie 952 (O.-A.».
färbend- T ht ^ rieheUser,imbehandluD g ^1 (O.-A.).
Hirnaffection^nf ,^ nter8uchun g der Hamsedimente bei 2
- pir l ? chronischer 87.
NerJJn ?i k lSC le AlbQ minurie 56 V.
7- uact Veriutzuu - eu «® 1
here< ditÄre 91.
XervenS? neue Theorie über die Ursachen 98 L.
NwvenWJI F ^nervensystem 88.
509 W.-A.). 532 .O.-A
Ä'enu s «mStoä'imi 6 9e ,- ¥ cll i c ' ieu lmd der Thiere t L.
- (|0intus, neue ® asallshmun S des 102 L.
~ Cialis Sr«,t h - d L er . Rssoction 309.
- -■ ZmeissuJg dcTm Druoklähm ™S>» des Hfc
970 « V.
des mpncni. 1 .-. '•
'des Ulir ' •
'• EisenspUtteHn n d Au foi’ d i e lic, htempfindliche * s <lricht der
Puttei in der 494 (O.-A.). 530 (O.-A.).
82 V.
Netzhaut, Embolie der Centralarterie der 88 V
Neubauten, Trockeuhcitsverhältnisse in 50 L
Neugeborene, Asphyxie der 406 (O.-A.).
—. Blutkreislauf der 16 V.
—, gonorrhoische Erkrankungen der Mundschleimhaut der 231.
—, Entleerung von Sehleimconcretionen bei einem 37.
—, Milchanhäufung in den Brustdrüsen der 068 (0 - \ i
Neuralgie, 970 (O.-A.). 972 (O.-A.). 41 V. ‘ * ' '
Neurasthenie 67 L.
Neuritis 98 L.
— multiplex bei Lungenphthise 109 V.
— puerperalis 935 (O.-A.).
Neurofibrome der Haut, multiple 100 V.
Neurologische Beitrüge 91 L.
— casuistischo Mittheilungen 198 (O.-A.i.
Neuromvositis 232.
Nicotinvergiftung, chronische 552.
Niederrhemische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn 40 66
89. 187. 208. 22 V. 54 V. 98 V.
Niere, Ausgang der cvanotischen Induration in (iranularatrophie 85
— bei Cholera nostras 206.
Nieren, Verhalten bei fibrinöser Pneumonie 42.
—, Wirkung der Narkose auf die 87 L.
Nierenadenome 8 L.
Nierenaffection bei der asiatischen Cholera 66.
Nierenaneurysma 637 iO.-A.i. 126 \ r .
Niereneliirurgie 82 L.
Nierenexstirpation 68.
Nierentumoren 8 L. 9 L.
Nierenveriinderung bei Sulfonalvergiftuug 221 (O.-A.i.
NucleYnsäure, chemische Constitution der 47 V.
Nystagmus der Bergleute 467.
O.
Oberarmbrüche 196 (O.-A.).
Oberkieferhöhle, Gipsabgüsse und Obturatoren nach aulgcmeisseltor 90 V
Oberschenkelbrüche, ambulatorisch behandelte >89 V.
Obturatoren 90 V.
Oculomotorius des Menschen, das Wurzelgebiet des 99 L.
Oedomatöser Fötus 208.
Oedemkiiid 259.
Ocsophagot omie 183.
Oesophagus, Pulsionsdivertikrl dos 65 V.
—, Ulceration am 24.
Oesophaguscareinom 125 V.
()esophagusfistel. Canüle für 3 V.
< Icsophagusstenose 160. 255. 362 (O.-A.). 382 (O.-A.) 35 L.
— . Sonde für die Behandlung der 351 (O.-A.i.
Ohr, Atresia acquisita 560 (O.-A.i.
Ohrenheilkunde. Handbuch von Schwartze 446.
—, Lehrbuch von Politzer 86.
Ohrenkranke. 3000 auf der Giessener Ohrenklinik bchandclii* Fälle 50 V.
Ohrenkrankheiten in ihren Beziehungen zu den Allgeineinerkrankungeü 56 L.
Ohrmuschel. Epethelialeareinom der 90 V.
rudimentäre 90 V.
—, Rücklagerung hochgradig abstehender 77(5 (O.-A.).
Ophthalmia nodosa 517 (O.-A.). 100 V.
Ophthalmologische Arbeiten, neuere 14 (O.-A.).
— Mittheilungen 393 (O.-A.). 753 (O.-A.).
Ophthalmoplegia totalis 56 V.
Ophthalmoplegie, traumatische 51 V.
Ophthalmoskopie. Atlas von Ha ab 944.
Ophthalmoskopirhunpe 588 (O.-A.). 683.
r Opium-Brom gegen Epilepsie 602.
Optik. Handbuch der physiologischen von v. Helmhol tz 964.
Orbita, Griffelverletzung mit nachfolgendem Abscess des Stirnhirns 99 V.
Orthopädische Apparate 31 V.
Os hyoideiun. syphilitische Knoten des 328.
Ost^o-arthrite fongueuse de l’nrticulation des deux premieres pieers du
steraum 36.
Osteochondritis dissecans 48 Y.
Osteoidsarkom der Fibula 2 V.
Osteom, periostealos 110 V.
Osteomalacie 239. 71 L. 75 L.
Osteomyelitis, Abortivhehandlnug 777 (O.-A.). 30 Y.
—, bactcriologischc Untersuchungen 138.
—, Darmbeinresection wegen acuter 31 V.
—. Frühoperationen bei 29 V.
—. gummöse 102 V.
— non purulent* 48 V.
Osteomyelitische Heerde, experimentelle Erzeugung von 20 Y.
Osteoplastik in histologischer Beziehung 39 V.
Osteoplastische Resection des Fussgelenkes 115.
Ostitis 77 L. .
Otitische Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute und der Bhuleiter 6/ L.
— Hirnkrankheiten 91 V.
— Pyämie ohne Sinusphlebitis 219 (O.-A.).
Otitischer Hirnabscess im linken Schh'ifonlappen 42.
— Kleinhirnabscess 91 V. 144 Y.
Ovarialschläuche von Ascaris lumbricoides 187.
Ovarialtumoren 87 V.
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INHALTS-VKHZKKJHNISS.
XXI
Heise um die Erde 109 (O.-A.).
Repetitorium der Zahnheilkundc 57 I,.
Resonatoren 136 V.
Respirationsapparat 37 V.
Retroflexio uteri 457 (O.-A.).
Retropharyngealphlegmoue 115.
Rettungsgesellschaft, freiwillige in Mttnchon 556.
Revue des Sciences medicales en Franco et ä l'etranger 13 E.
Rheumatismus, chronischer 525 (O.-A.).
Rhinitis atrophicans foetida 451 (O.-A.).
— tibrinosa 81 V. 116 V.
-diphtherica 692 (O.-A.).
Rhinoplastik 17 V. 64 V.
Rhinosklerin 303 (O.-A.). 323 (O.-A.).
Rbinoskopische Technik 65.
Riesenzellensarkom 727 (O.-A.).
Riesenzellentuberkel 235.
Rindenblindheit 73 (O.-A.).
Roncegno 42 V.
Rotz 34 V.
Rotzbacillus 703 (O.-A.). 725 (O.-A.). 744 (O.-A.). 51 E.
Rubidiumsalze 20 L.
Rückenmark. Chirurgie des 19 L.
—. Degeneration und Regeneration nach Verletzung des 63 L.
— des Menschen, Schnitte durch das erkrankte 31 L.
Rüekonmarkskrankheiten. Chirurgie der 592 (O.-A.). 616 (0 - V i 50 V
59 V, '
Rückenmarksverletzung 9 (O.-A.), 95 L.
Rückfallfieber, ein Fall von chronischem 29 V.
Rundzellensarkom, kleinzelliges 67 V.
Russ- und Funkenfilnger, Loeffler’s selbsttlnitiger 746 (O.-A.).
Sacknierenoperation 254.
Säge für Schädelresectionen, elektromotorische 187.
Säuglinge, Eisenatifnahme im Organismus der 32 L.
—. Mittelohrentzündungen der 544. 91 V.
Säuglingsemährung 839 (O.-A.). 104 L.
Salipyrin 22.
Salopben 22.
Salzsäurebefund im Mageninhalt 87.
Salzsäurebestimmung im Magen 33 L.
Samenbläschen, Physiologie der 136 V.
Sammlung pädagogischer Vorträge 8 E.
Sanatorium der Invalidität^- und Altersversicherungsanstalt in Heidin
ooi (O.-A.i.
Sanitätsbericht von Philadelphia 845.
>anitätsconferepz zu Paris, Beschlüsse der internationalen 490 (O.-A.).
■ amtatsdienst in Wien, Reorganisation des städtischen 120.
anit H8° ^ Ciere ’ ^ ens ^ 7er hältnisse im Landwehrinspectionsbezirk Berlin
Sarcoma ovarii 89 V.
Sarkom des Limbus 56 V.
\°iii rechten Siebbein in die Orbita wuchernd 56 V.
^ Thiere lS0 KrfibSgeWCbe ’ Uebertra & un £ svei ' sucllc von Menschen auf
Sauerstoffmangel, Wirkung des 37 V
saugflasche 895.
*STh'p h “« Kindel - ^»fimorung 881.
S^ttaMjrehMhmtt durch die 85 V.
■^hadcldefeclo. plastischer Verschluss von 143 V
VhS'l'u f thc | 78 , (O.-A.i. 4311 (O.-Aj.
'clitt r 1 '"’ Sarkom der üi P loe der 281.
i elektromotorische Säge 187.
>cnadell repanatIonen 61 V
Schalmilch 146 V.
SSS JwSltcptobacciUus des weiche, 328.
JSaSLX^J^^Sameush-nuges, Tumor der 51 V.
819 ) SthWangerer ’ über das bacterienfeindlichc Verhalten di
^89? 9 (^ 7 o b ^^ erienfeindliche s Verhalten des 867 (O.-A
SchenkelbrQche 1 S g V ZUr VOn der bintcren 36
S eD , lcel f lalsver bicgung 31 V
Sj,|h° d |cne n 50 U L n ' S S * h “ der 833 <°- Ä -).
• >kre Bedcutuuemf d« ZU ri BaS ® dow ’ schen Krank heit 76!) (O.-A.).
■ S« re ti 0 „ s ‘™f fllr . de “ Organismus 24 V.
S '«drü S e„ftSf “ktnf 87 (0 - LO '
s 1,1111618 932 io - A - ) - 934 (o - a -
^”<« bscess ,m 42 -
^ ka ° St,ichc und «• ihm «hulichcu Zustände 327.
oen i elmooutemy grome 107 (O.-A.).
öchleimconcrotionen. Entleerung bei einem Neugeborenen 37.
ocnleimhaute, blasenbildeude Krankheiten der 3 I;
^ScWesische Gesellschaft für vaterländische Cult.ir 232. 280. 7 V, 21 V
id V . oo V. 109 v. ....
Schlttssclbeinarterie, Stich Verletzung der 226 (O.-A.j.
SCM seitigen n i97 V°' Aneurysma arteri °- /venosum traumaticum der links-
Schlummerzellentheorie, G rawitz’selie 53 L.
Schmerzen vasculären Ursprungs 301 (0-4)
Schmidt, A., f 411 (O.-A.).
Schrägfistelanlegiing an Ham- und Gallenblase und am Darin 254
Schriftsprache, Störungen der 19 L.
Schule, Fenstervorhäuge ip der 876 (O.-A.).
Schulärzte 700.
Schulhygiene in Amerika 449.
Schulter, angeborener Hochstand der rechten 281.
Schulterblatt. Tumor am 36.
Schussverletzung der Schläfe 475 (O.-A.).
— des Herzens 109 V.
| Schwangere, bactericnfeindliches Verhalten desScÜeidensekrets 819 lO - 4 >
—, Erbrechen der 728. . , '
Schwangerschaft, abdominale 24.
j —, Geburt und Wochenbett. Herzklappenfehler bei 231.
i — im vontrifixirten Uterus 241 (0.-4;). 56 V.
Sclnvefelsäurevergiftung 187. 835 (O.-A.).
Schweis.se, nächtliche der Phtbisikor 551 (O.-A.). .
Schwindsucht, Gesellschaft zur Bekämpfung der 816. .
Schwitzcur bei Chlorose 846 (O.-A.). ■ 7
Scopolaminwirkung bei Augenerkrankungen 68. 263 <().-A.).
Secale comutum gegen die nächtlichen Schweisse der Phthisiker 551 (O -A )
Sectionstechnik 89 L. .
Seelisch Belastete 99 L.
Sehen und Zeichnen 41 L. ■ .
Sehorgan und seine Erkrankungen , in ihrer Beziehung zu den übrigem
Krankheiten des Körpers und seiner Organe 467.
Seitenwandbein, complicirter Bruch des, mit Krämpfen anf der entgegenge¬
setzten Körperseite 4 V. • " ^ .
Selbstmorde in der preussischen Armee 450. -
Semiotik der Pupillarreaction 91.
Sepsis, bacteriologiscko Untersuchungen 138.
— mit typliusähnlichem Verlauf 115.
Septikopyämische Erkrankungen 115. 193 (O.-A.). 227 (0 - 4 ) 245
(O.-A.). 256. " '
Septum ventriculorum, offenes 86 V.
Septumpolyp 87 L.
Sequestrotomio 100 V.
Serumeiweissgehalt des Blutes 664 (O.-A.).
Serumtherapie, Prinzipien der 104 V.
— der Diphtherie, s. Diphtherie.
Sexuelle Perversionen durch Alkoholgenuss 965 (O.-A.).
Sigmatismus nasalis 57 V, 82 V.
Sinusphlcbitis ex otitide 91 V.
Sinusthrombose 92 V.
Skiaskopie 56 V.
Sklerodaktylie 42 V.
Skleroderma diffusum 24.
Sklerodermie 42. 68. 198 (O.-A.). 199 (O.-A.). 455 (O.-A.), 486 (O.-A.).
34 V. 42 V. 82 V. 95 V. . . \ •
Skoliose, pathologische Anatomie der 18 V.
Soma tose 793 (O.-A.). 895 (O.-A.).
Sondenfüttcrung saugschwaeher und dysphagischer Kinder 231.
Sool- und Seebäder 7 L.
Sozojodolsäurc. Desiufeetionskrafl gegenüber dem Lüff'ler.’schen Dipliterie-
bacillus 567 (O.-A.). 583 (O.-A.).
Spasmotin 553.
Spastische Paraplegie 18 L.
Speiehelsteine 1 V. 97 V.
Speiseröhre Oesophagus.
Sphaeelotoxin 37 V.
Spermatoeystiris als Complication der Urethritis 94 V.
Spermin. Einfluss auf den Stoffumsatz 83 E.
Spiraldrahtverhäiule 223 (O.-A.).
Spondylitis, chronische ankylosirende'7 V.
Sprachstörung, motorische 109 V.
Spulwürmer. Erstickung durch 111 Y.
Sputum, asthmatisches 26 L.
Squamöses Syphilid 88 V.
Staatsapotheken in Holland 844.
Stadterweiterungen, weiträumige Behauung hei 112 V.
Standesvereine, Geschfiftsausschuss der Berliner ärztlichen 94. 117. 213,
372. 450. 555. 783. 862. 879. 961.
Star, grauer und grüner 467.
Staub, Tuberkuloseübertragung durch 666.
Stauungshyperämie 38 V. > .
Steigbügelankylose, doppelseitige 90 Y.
Steigbügelextraction 91 V. 1
Stelzfüsse für einen beiderseitig Amputirten mit fehlendem linkeu Ober-,
arm 106 V.
Stenose der Trachea 7 f V.
Sterbekasse Berliner Aerzto 350.
Sternoclaviculargelenk, Anschwellung des .84 V.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
INHALTS -VERZEICHNISS.
V.
Treinor im Anschluss an Traumen 117.
Trepanation 68. 153 V.
Tricuspidalinsufficienz 234. 485 (O.-A.).
Triteminas, Ausreissung aller drei Aeste wegen Neuralgie 41
Tnonal 46. 672 (O.-A.).
Hamatoporphyrin im Ham nach 152 (O.-A.). 343. 23 V.
Trockenheitsverhältnisse in Neubauten 50 L.
Trockennekrose des Knochens 31 V.
Troicart ä demeure zar Punction des Ascites 144 V.
.rophische Functionen des Nervensystems 509 (O.-A.). 532 (O.-A.).
Tubarschwangerschaft 29 (O.-A.). 59 (O.-A.). 34 V. 72 V. 83 V.
Tubencysten 85 V.
Tubenkrankheiten 90 V.
Tuberculosis verrucosa cutis 281.
Tuberkelbacillus 51 L.
— im Blute 42 V.
Tuberkulinbehandlung 47. 90 L.
Tuberkulome der Nasenschleimhaut 95 L.
Tuberkulose 116.
r-. Ansteckungsgefahr durch den Staub 666.
—, chirurgische 38 V.
—. causale Behandlung der 14 L. 22 L.
Heilverfahren 81 L.
-, Kreosotcarbonat gegen 979 (O.-A.).
—. Maassnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung 555.
—. Verbreitung durch den Eisenbahnverkehr 584 (O.-A).
— der Brustdrüse 429.
— der Halsdröse 116.
— der Haut 95 V.
— der Placenta 87.
— der weiblichen Genitalien 974 (O.-A.).
— des Bauchfells 974 (O.-A.).
— des Hodens 161.
— des Kniegelenks 8 V.
— des Peritoneums 60 L.
— des Rachens 151 V.
Tuberkulosenbehandlung, Bi er'sehe Methode 183.
Tuberkulosenheilstätten, s. Heilstätten.
Tuberkulosenheim in Wien 392. 134 V.
Tuberkulosenhospital in Philadelphia 944.
Tuberkulöser Ascites 849 (O.-A.) 873 (O.-A.).
Tuberkulöse Coxitis 374 (O.-A.). 392.
-, Ausgänge der 154.
— Hals* und Submaxillardrüsen, Exstirpation ohne Hinterlassung einer
sichtbaren Narbe 89 V.
— Haftgelenksentzündung 374 (O.-A.). 392. 134 V.
-Iritis 234.
— Kranke, Versorgung in grossen Stödten 731.
— Meningitis 36 L.
Tuberkulöses Gift, Generalisation infolge von chirurgischen Eingriffen an
tuberkulösen Heerden 96 V.
Tubo-tympanaler Raum, erstes Auftreten des 90 V.
Itimor am Schulterblatt 36.
— m der linken Schläfengegend 36.
Tympania uteri 783. 86 L.
Typhoid biliöses 682.'. (O.-A.).
Typbus bacteriologische Untersuchungen 1 L.
lyphusbacillus 180.
Typbusendemie yP ecifische Immunitfitsreaction der 898 (O.-A.).
Typhusmfection, Blutserumwirkung auf die experimentelle 26 L.
U.
U<tr? 1 np? nSa ^ e3 j Ka ? als Antidot gegen Morphium 748.
T * , ra Perforantia des Magens 408.
blcus cruris 8 V. 95 V.
.^ erhalt ® n dß r Verdauungsleukocytose bei 128 V.
LDenenehe Kinder und ihr Schutz 371
[ : 5 cle Krankenpflege 389.
^nfa keS Ungen ’ VorlesUQ gen über, in Breslau 880.
rSlfi^^gsgesetz 468 (O.-A.).
Ungarwehl 1C 2^6 1IlgSSaclleI1, äratliche Gutachten in 213.
teSi," 1 Island, Zahl der 636.
'-oterbaucwS^ m i? tochen 1884-1890 35.
'«rS «r ä ; Pn “ Mect in der 110 V.
87 v - 117 v - 138 v -
des 77 V -
ÄÄe»r“ d ™ 69 -
ä“Sä 8 l v - 95V -
^>Ät1fi 124V -
rÄ»- f0r636.
rftr(o“l) Sp 9™v 0C ' Tstitis 94 V - I
_ _ ___ _ XXIII
Uret ?0°-A.) Pi 96o1o-A) niSChei ’ Gono,Tho, ‘ 858 893 (O.-A.l 89+
—, die neueren Methoden der 26 V 33 V
Urinal für Frauen 962 (O.-A.).
Urogenitalsystem, Missbildung des 22 V.
Urometer 93 L.
Urticaria pigmentosa 160. 95 V.
Uierus. Danererfolge der Operationen gegen dio Retrodevialionen des 420
—, Schwangerschaft im ventrifixirten 241 (O.-A.). 56 V
—, Ventrofixation des 6 (O.-A.). 457 (O.-Ä.). 667 (O- V)
Uteruscarcinom 24 V. 107 V. 71 L.
Uterusnrissbildung 7 V.
. Uterusmyom 280. 429. 26 V.
Uterusscheidenvorfall 103.
Uterusumstülpung 131 V.
Uterusvorfall 103 L.
Vaccineophthalmie 22 V.
Vaginale Laparotomie 208.
Vaginofixation 6 (O.-A.). 149 V.
Vasogen 350 (O.-A.).
Vasomotorische Störungen an Händen und Füssen 519 (O.-A.). 41 V.
Velocipedfahren, Todesfälle beim 732.
Venenerkrankungen, varicöse, und ihr Einfluss auf die Diensttauglichkeit
56 L. °
Venenthrombose 156.
Ventilation und Heizung 45 L.
Ventrikel, primäre Fragmentation des linken 79 L.
Ventrofixation des Uterus 6 (O.-A.). 241 (O.-A.). 457 (O.-A.). 667 (O.-A.).
Verbrecher und Verbrechen 92 L.
Verbrecheranthropologie 59 L.
Verbrennungen, Aristol bei 783.
—, Einfluss ausgebreiteter auf den Organismus 64 V.
—, Pikrinsäure hei 214.
Vcrdauungsalbumosen, Einwirkung auf den thierischen, insbesondere den
tuberkulös inficirten Organismus 134 V.
Y 7 erdauungsapparat, Pathologie und Therapie der Krankheiten des 179.
Verdauungsleukocystose, Verhalten bei Carcinoma ventriculi und Ulcus
rotundum 128 V.
Verein, allgemeiner ärztlicher in Köln 43. 80 V.
—, ärztlicher in Hamburg 24. 42. 115. 161. 23 V. 27 V. 85 V 107 V
144 V. 151 V.
—, Budapester Königlicher ärztlicher 89 V.
—, Greifswalder medicinischer 187. 261. 279. 132 V. 140 V. 149 V.
—, naturwissenschaftlich-medicini8cher in Strassburg 68. 24 V. 37 V. 88 V.
—, psychologischer in Berlin 984.
— der Berliner Hiilfskassenärzte 167.
-. UnfaUversichemngsärzte 555.
-freigewählten Kassenärzte 727.
— für innere Medicin in Berlin 37. 113. 155. 181. 205. 255. 310. 352.
1 V. 12 V. 18 V. 25 V. 33 V. 41 V. 49 V. 57 V. 65 V. 73 V.
81 V. 121 V. 129 V. 145 V.
— für jüdische Krankenpflegerinnen 944.
— für öffentliche Gesundheitspflege, deutscher 636. 111 V. 119 V.
— für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg 88. 140. 160. 53 V.
61 V. 110 V. 116 V. 142 V.
— preussischer Medicinalbeamten 449.
— unterelsässischer Aerzte 87 V. 117 V. 138 V.
— zur Einführung freier Aerztewahl 350.
Vereinigung, freie der Chirurgen Berlins 138. 183. 2 V. 61 V. 69 V.
77 V. 97 V. 105 V. 113 V. 126 V.
Vererbung, Descendenz und Pathologie 10 (O.-A.). 31 (O.-A.).
Vergiftung mit Phosphor 77 L.
Vergiftungen, Kochsalzinfusion bei 272 (O.-A.).
Verlegenheitsoperationen 88 V.
Vernix caseosa 92 V.
Versammlung, s. Congress.
Verschiebungstypus des Gesichtsfeldes 188.
Verwundete, Fürsorge auf dem Schlachtfelde 210 (O.-A.). 235 (O.-A.).
284 (O.-A.).
Verwundetentransport auf dem Schlachtfeld 44 L.
Victoriahaus in Berlin 712 (O.-A.).
Vita sexualis, Psychologie der 35 L.
Vivisection 984.
Volksbadeanstalten, Bau und Betrieb 450.
Volkszählung in Frankreich 747.
W.
Waarenhaus für Aerzte, Deutsches 349. 896.
Wachabtheilung der Heidelberger Irrenklinik 845.
Wärmapparate 131 V.
Wärmflaschen, japanische 110 V.
Wäscheverbrauch in den Pariser Krankenhäasem 667.
Wahn, über den 99 L.
Wanderniere, Fixation an die vordere Fläche des Quadratus lumboruni
und an das Zwerchfell 155.
Wasserbacterien 65.
—. den Choleravibrionen ähnliche 56 V.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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INHALTS -VERZEICHNISS.
D.
Dahmen 330 (O.-A.). 350 (O.-A.).
728.
Dapper 33 L.
Darbney 69 L.
Darier 239.
Davidsohn 181.
Debove 74 L.
Dehio 214.
Demme 131 V.
Denker 90 V.
Denys 104 V.
Depage 96 V.
Dessoir 35 L.
Determann 7 L.
Dens 588 (O.-A.). 683.
Deutschmann 29 V.
Deycke 528 (O.-A.).
Diatroptoff 691 (O.-A.).
Dickinson 388.
Dieck 57 L.
Dieterich. F. 603.
Disse 388.
Dimer 89 V.
Dmochowski 468.
Dobroweavow 603.
v. Döring 123 (O.-A.).
Dohm 142 V.
Dolega 825 (O.-A.). 135 V.
Dollinger 89 V.
Donat 262.
Domblflth 167 (O.-A.). 327. 67 L.
Dotto 102 L.
Dräer 567 (O.-A.). 583 (O.-A.).
Dräsche 18 L.
Dreher 345. 29 L.
Dreser 54 V.
Dronke 23.
Dflhrung 77 L.
Dührssen 29 (O.-A.). 59 (O.-A.). 208.
422. (O.-A.). 716. 26 V. 45 V.
149 V.
Dunbar 10 L.
Eberhart 43.
Ebstein 589 (O.-A.). 613 (O.-A.).
Edebohls 103 L.
Edel 259. 26 V.
Edinger 1 L. 98 L. 99 L.
Ehlers 94 V.
Ehrlich 37. 135. 353 (O.-A.). 437.
(O.-A.). 120 V.
Ehrmann 95 V.
Eigenbrodt 89.’255. 30 V
Einhorn 71L.
Eiseisberg 48 V.
Eisler 61 L.
Elsenberg 603.
Elsner 896. 912. 943. 41 V
Emmerich 23. 896. 73 L
Engel 135 V.
Enoch 923 (O.-A)
Erdös 77 L. "
Erlanger 11 L.
Escherich 104 L.
Eschle 57 L
(°.-A.).
86.113. 166.
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Eversbnsch 56 L.
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F.
Eabiy 95 V.
V.
Fehling 493 (O.-A.). 61 L.
Feilchenfeld 259.
Feleki 90 V.
Ferrän 984.
Ferrero 111.
Fick 47 L.
De Filippi 780 (O.-A.).
Filleul 214.
Finger 168. 93 V. 3 L.
Finkelnburg 387 (O.-A.). 491. 12 V
Fischei 180.
Fischer, B., 542 (O.-A.). 565 (O.-A.)
579 (O.-A.). ;
Fischer, F., 117 V.
Fischer, H., 71 L.
Flaischlen 155. 231.
Flatau 205.
Flaten 19 L.
Flechsig 602.
Flexner 93 L.
Flügge 388. 48 L.
v. Fodor 104 V.
Forel 965 (O.-A.).
Förster 238.
Foumier 48 L.
Fowler 896.
Fraenkel, A. 115. 156. 193 (O.-A.).
205. 207. 227 (O.-A.). 245 (O.-A.).
256. 831 (O.-A.) 49 V. 129 V. 5 L.
Fraenkel, C. 118. 984.
Fraenkel, E. (Breslau) 19. 280. 420
(U.-A.). 428. 21 V. 42 L. 103 L.
Fränkel, E. (Hamburg) 161. 87 V.
70 L.
Frank, E., 131 V.
Frank, H., 155. 255. 392. 429. 466.
17 V. 29 V. 47 V. 96 V. 16 L.
28 L. 36 L. 60 L. 64 L. 68 L.
87 L.
Frank, K., 4 L.
Frees 849 (O.-A.). 873 (O.-A.).
Freudenberg 47. 86. 3 L. 42 L.
Freund 69.88 V. 138 V.
v. Frey 467. 136 V.
Freyhan 58 (O.-A.). 389. 707 (O.-A.).
64 L. 66 L. 71 L. 79 L. 94 L.
Freymuth 649 (O.-A.). 829 (O.-A.).
Frickenhaus 634 (O.-A.).
Friedheim 199 (O.-A.).
Friedländer 115. 230.
Friedmann 99 L.
Friedrich 7 L.
Frith 896.
Fritsch, G., 345.
Fritsch, H., 6 (O.-A.).
Frölich 570.
Fuchs 47 L.
Fürbringer 28 (O.-A.). 37. 293 (0.-
A.). 311. 318 (O.-A.). 446. 1 V.
1 L. 13 L. 24 L. 82 L. 90 L.
Fürst 709 (O.-A.). 29 V. 85 V.
Fürstner 621 (O.-A.). 88 V. 117 V.
G.
Gad 716. 136 V.
Gaertner 104 L.
Gaflky 112 V.
Galatti 11 L.
Gallet 96 V.
Gaule 509 (O.-A.). 532 (O.-A.).
Gebert 82 V.
Gebhard 86 L.
Gebhardt 155.
Gentilü 85 L.
Gerber 140. 116 V. 43 L.
Gerdes 89 L.
Gerhardt 130 V.
Gerke 502 (O.-A.).
Gerlach 445 (O.-A.).
Gigli 28 L.
Gilbert 842 (O.-A.).
Glatz 11 L.
Glaz 134 V. 79 L.
Gluck 278. 5 V. 67 V. 77 V.
Goldendach 551 (O.-A.).
Goldscheider 66. 376 (O.-A.). 592
(O.-A.). 616 (O.-A.). 50 V. 59 \.
Golebiewski 53 V.
Golgi 291 (O.-A.). 317 (O.-A.).
Gordon, M., 272 (O.-A.).
Gordon, Gertrud 811 (O.-A.).
Gottschalk 112. 259. 131 V. 36 L
40 L.
Gottstein 64. 44 L. 46 L. 70 L
92 L.
Grabow 40 L. 24 V.
Granville 239.
Grawitz 307.625 (O.-A.). 786 (O.-A.).
Greif 979 (O.-A).
Griesbach 47 (O.-A.).
Grimm 15 V. 47 V. 48 V.
Grossheim 88 L.
Grossmann 55 (O.-A.). 81 (0 -A )
253. 470 (O.-A.). 136 V. 100 L.
Grube (Halle) 67 L.
Grube (London) 253.
Grube (Neuenahr) 1 L.
Gruber 119 V.
Grünfeld 94 V. 85 L.
Grttnwald 56 L.
Grützner 308. 897 (O.-A.). 136 V.
2 L. 13 L. 97 L.
Günther, Carl 407. 943: 49 L. 97 L
Guenther, Paula 864.
Gueterbock 2 L.
Guldberg 879 (O.-A).
Gumprecht 546 (O.-A.). 756 (O.-A.)
135 V. 94 L.
Gurlt 215 (O.-A.). 40 V. 105 V.
Gutmann, G. 51 V.
Guttmann, S. 35. 112.
Guttmann, W. 889 (O.-A.).
Guttstadt 507 (O.-A.). 69 L.
Gutzmann 181.
Guye 91 V.
Guyon 636.
H.
Haab 944.
Haas 783.
Haberda 104 L.
Habs 17 V.
v. Hacker 35 L.
Haeckel 345. 48 V.
Haenel 79 L.
Haffkine 619.
Hagemeyer 570.
Hager 928.
Hahn (Berlin) 557 (O.-A.). 637 (0.-
A.). 817 (O.-A.). 126 V.
Hahn (Hamburg) 144 V.
Hajnos 77 L.
Halasz 89 V.
Halbeis 65.
Halle 716.
Hallervorden 54 V. 116 V.
Halliburton 21 L.
Hailock Park 101 L.
Hamburger 234. 485 (O.-A.).
Hamm 8 L.
Hammerschlag 127 V.
Hannes 63 L.
Hansberg 90 V. 91 V.
Hansemann 983. 149 V. 153 V.
154 V.
Hardie 668.
Harke 40. 86 V. 108 V.
Harrison 63 V.
Hartmann 389. 544 (O.-A.). 571
(O.-A.). 91 V. 92 V.
Hartung 600 (O.-A.).
Haslam 60 L.
Haug 776 (O.-A.). 56 L.
Hauptmann 446.
Hauser 136. 39 L.
Havelock Ellis 92 L.
Havemann 679 (O.-A.).
Hayem 13 L. 29 L.
Hegar 17 (O.-A.). 85 L.
Heidenhain 262. 18 V. 38 L.
Heim 41 L. 65 L.
Heintze 235. 100 V.
Heitzmann 100 L.
Helferich 3. 187. 31 V. 39 V. 40 V.
151 V. 100 L.
v. Helmholtz 964.
Hempel 839 (O.-A.).
Henius 92 (O.-A.). 262 (O.-A.). 347
(O.-A.). 389. 798 (O.-A.). 863.
Henle 21 V. 39 V.
Herbig 83 L.
_____ XXV
Herczel 64 V.
v. Herff 39 L.
Herhold 9 (O.-A.). 361 (O.-A.). 511
(O.-A.). 755 (O.-A.). 6 V.
Hermann 634. 13 L.
Heron 666.
Herrlich 142 V.
Herting 343 (O.-A.).
Herz 790 (O.-A.). 109 V.
Herzog 198 (O.-A.).
Heubner 701 (O.-A.). 929 (0.-\)
984. 118 V. 91 L.
Heuck 86 L.
Heusler 740 (O.-A.).
Heusner 196 (O.-A.). 223 (O.-A)
31 V. V
Heymann 447. 82 V. 87 L
Hilbert 142 V.
Hildebrand 9 L.
Hillemanns 22V. 100V. 517 (O.-A.).
Hinckeldeyn 112 V
Hirsch, K. 646 (O.-A.).
Hirsch, W. 82 L.
Hirschberg 109 (O.-A.). 252. 313
(O.-A.). 494 (O.-A.). 530 (O.-A.).
733 (O.-A.). 832 (O.-A.).
Hirschfeld 33 L.
Hirsch)aff 243 (O.-A.).
Hirt 459 (O.-A.).
Hoche 4 L.
Hochsinger 231. 94 V. 10 L.
Hodenpyl 66.
Högyes 666.
Hoffa 17 V. 18 V. 61 V. 64 V
16 L. 92 L.
v. Hoffer 82 L.
Hoffmann 187. 224 (O.-A.).
v. Hofmann 11 L.
Hofmeister 31 V.
Hogge 328.
Hofländer 92 L.
Holz 35 V.
Honigmann 87. 100 V. 66 L.
van Hook 71 L.
van Hoorn 94 V.
Hopmann 213 (O.-A.). 945 (O.-A.)
80 L.
Hoppe-Seyler 37 V.
Horicigka 943.
Horn 85.
Horstmann 3 L. 47 L.
Hougberg 27 L.
Hübener 656 (O.-A.). 813 (O.-A.).
Hückel 100 L.
Hürthle 267 (O.-A.). 136 V.
Hügel 728.
Huggard 603.
Hughes 74 L.
Hu^uenin 78 L.
Huismans 154.
Husemann 819 (O.-A.).
I.
Ipsen 19 L,
Isaeff 305 (O.-A.).
Israel, J. 182. 669 (O.-A). 82 L.
Israel, 0. 87. 52 L. 137 V.
Itzerott 65 L.
J.
Jacob (Berlin) 641 (O.-A.). 663(O.-A).
26 V.
Jacob (Cudowa) 134 V.
Jacobi 93 V.
Jacobj 37 V. >
Jacoby 539.
Jadassohn 234. 281. 282. 93 V.
95 V. 101 V. 110 V. 31 L.
Jaeger 409 (O.-A.).
Jakowleff 851 (O.-A.).
Jakowski 204.
v. Jaksch 64 L. 69 L.
Janicke 7 V.
Jannowski 51 (O.-A.).
Janowski 468.
Jansen 92 V.
Jerosch 53 V.
Jessen 42.
Jessner 48. 88. 140. 760 (O.-A.).
Joachimsthal 460 (O.-A.). 77 V.
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Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
XXVI
INHALTS - VERZEICHNIS.
Jo61 91 V.
Jolly 153 V.
Jolles 408.
Jores 208.
Joseph 111. 112. 277. 392. 31 L.
43 L. 48 L. 72 L. 77 L. 103 L.
Jnrasz 80 L. 87 L. 95 L.
K.
Kader 283. 21 V.
Kaempffer 683 (O.-A.).
v. Kahlden 33 L.
Kaiser, K. 21 L.
Kaiser 86 V.
Kallius 144 V.
Kann 981 (O.-A.)
Kantorowicz 468.
Kaposi 112. 92 V.
Karewski 137.777(O.-A.). 839(0.-A.).
970 (O.-A.) 30 V. 41 V. 51 V.
Kärmän 89 V.
Käst 7 V.
Katz 57 V. 60 V. 77 V.
Kaufmann 116.
Kehr 47 V.
Keller 231. 72 L. 86 L. 95 L.
Kellner 277.
Kelly 668 L. 42 L. 71 L.
Keresztszeghy 63 L.
v. Kerschensteiner 112 V.
Kessel 91 V.
Kötly 89 V. 4 L.
Killian 65.
Kinscherf 64 L.
Kirchgässer 226 (O.-A.).
Kirchner 539.
Kirmisson 64 V.
Kirn 59 L.
Kirstein 87 L. 102 L.
Klebs 397 (O.-A.). 14 L. 22 L.
Klein, E. 97 L.
Klein S. 201 (O.-A.). 798 (O.-A.).
Klemensiewicz 276.
Klemperer 179. 255. 435 (O.-A.).
666. 25 V. 65 V. 138 V. 37 L.
38 L. 81 L.
Klipstein 982 (O.-A.)
Knecht 77 V.
Knies 467.
Knopf 681 (O.-A.).
Kobert 203. 573 (O.-A.). 598 (O.-A.).
884 (O.-A.). 89 L.
Koch, F. (Berlin) 677 (O.-A.). 77 V.
Koch, R. (Berlin) 119 V.
Koch (Braun schweig) 56 L.
Koch (Breslau) 234. 101 V.
Koch (Dorpat) 883 (O.-A.).
Koch (Göttingen) 6 L.
Köbner 3 L.
Köhler 252, 4 V. 7 V.
Kölliker 895 (O.-A.).
König (Berlin) 964. 82 V.
König (Göttingen) 62 V.
Koemer 91 V. 67 L.
Körösi 48 L. 135 V.
Körte 137. 139. 171 (O.-A.). 260.
484 (O.-A.). 863. 47 V. 48 V.
105 V. 114 V. 126 V. 38 L.
Köttnitz 112.
Kohl 82 L.
Kohn 33 L.
Kollm 697 (O.-A.).
Kollmann 42 L.
Kor&nyi 4 L.
Korsch 527 (O.-A.). 38 V.
Kosinski 729.
Kossel 47. 146 (O.-A.). 207. 310.
353 (O.-A.). 823 (O.-A.). 946
(O.-A.). 47 V. 21L. 46 L. 102 L.
Kossmann 164 (O.-A.). 212.
Kotelmann 8 L.
Kowalewsky 43 L.
Kraepelin 845. 55 L.
v. Krafft-Ebing 25 L.
Kratschmer 74 L.
Kratter 467. 70 L.
Krause 107 V.
Krehl 37 L. 38 L.
Kremer 667.
Kresling 51 L.
Krieg 408.
Krönig 819 (O.-A.). 35 V. 42 V.
Krön 49 V. 4 L. 103 L.
Kronthal 31 L.
Krüger (Berlin) 26 V.
Krüger (Rostock) 411 (O.-A.).
Krukenberg 23 V.
Kruse (Bonn) 513 (O.-A.).
Kübler 28 L.
Kümmell 115. 628 (O.-A.). 63 V.
85 V. 87 V. 108 V.
Könne 846 (O.-A.).
Küster 17 V. 29 V. 48 V.
Küstner 414 (O.-A.). 945 (O.-A.).
21 V. 54 L.
Kuhn 87. 560 (O.-A.). 793 (O.-A.).
91 V. 117 V.
Kuhnt 53 V.
Kunzen 918 (O.-A.).
Kuprianow 149 V.
Kurelia 92 L.
Kutner 50 V.
Kutscher 56 V. 144 V.
Lissa 84 L.
Litten 182. 129 V.
Lode 136 V. 17L.
Loebisch 277.
Loeffler 801 (O.-A.). 881 (O.-A.).
894. 118 V. 132 V. 140 V.
Löhlein 241 (O.-A.). 430 (O.-A.).
56 V. 87 V. 143 V. 144 V.
Loewe (Berlin) 238.
Löwenhardt 83 V.
Löwenthal 25 L. 33 L.
Loewy 46 V. ,
Lohnstein 529 (O.-A.). 657 (O.-A.).
894 (O.-A.). 19 V. 26 V. 33 V.
93 L.
Lombroso 111.
Lorenz 924 (O.-A.).
Lubarsch 276. 3 L. 8 L. 10 L.
14 L. 22 L. 26 L. 51 L. 8 t L.
Lublinski 857 (O.-A.).
Lüders 895.
T ...... QQß fC\ _ Ä
Kyri 136 V.
L.
Laache 204. 301 (O.-A.). 643 (O.-A.).
Landau 21 V. 36 V. 43 V. 94 L.
Länderer 911. 71 L.
Landgraf 114.
Landmann 235.
Lang, 72 L.
Lange 48.
Langenbuch 210 (O.-A.). 235 (O.-A.).
284 (O.-A.). 968 (O.-A).
Langer 35 L.
Langerhans 33 V.
Lanz 200 (O.-A.).
Laqueur 88 V.
Laser 61 V.
Lassar 450. 40 V. 42 V. 47 V.
Latschenberger 136 V.
Lauenstein 116. 161. 18 V. 48 V.
Laves 77 L.
Lavista 62 V.
Lazarus 15 V. 25 V.
Ledderhose 69. 48 V.
Leguen 60 L.
Lehmann 87. 845.
Lehmbacher 44 L.
Leichtenstem 251 (O.-A.). 932
(O.-A.).
Leloir 77 L.
Lemcke 91 V.
Lemke 809 (O.-A.). 953 (O.-A.).
Lenhartz 66 L.
Lennhoff 156. 121 V.
Lent 450.
Leo (Bonn) 42. 204. 277. 409. 54 V.
21 L. 25 L. 33 L. 57 L. 69 L.
77 L. 78 L. 93 L.
Leopold, G. 277.
Löpine 298 (O.-A.). 371.
Leppmann 99 L.
Leser 18 V. 31 V.
Lesser 203. 764 (O.-A.).
v. Leube 446.
Leube 1 (O.-A.).
Levertin 112.
Levy, E. 139 V. 81 L.
Lewald 345. 846. 19 L. 27 L. 43 L.
59 L. 87 L. 96 L.
Lewandowski 86.
Lewin 111. 217 (O.-A.). 259. 538
(O.-A.). 551 (O.-A.). 66 V. 74 V.
82 L.
Lewy 145 V.
Lexer 20 V. 97 V.
Leyden 66. 113. 157. 475 (O.-A.).
731. 750 (O.-A.). 913 (O.-A.).
33 V. 67 V. 82 V. 85 V. 122 V.
1 L.
Libbertz 927 (O.-A.).
Liöbault 327.
Liebermeister 90 L.
Lichtenstein 783.
Liebreich 39. 539. 92 V.
Liögois 239.
Liermann 871 (O.-A). 38 V.
Lilien 12 V.
Lilienfeld 26 V. 53 V.
v. Limbeck 563 (O.-A.).
M.
Maass 125 V. 30 L. 45 L. 54 L.
62 L. 65 L. 74 L.
Maasen 276.
Maassen 18 L.
Mac Donald 154.
Mac Ewen 62 V.
Macgregor 896.
Mackenrodt 124 V.
Macral 830.
Maffuci 3 L.
Magnan 24 L.
Magnus 14 (O.-A.). 73 (O.-A.) 181.
466. 467. 61 V. 69 L.
Malcolm 896.
Malvoz 1 L.
Manchot 115. 161. 29 V.
Mandry 429.
Manley 11 L.
Mann 8 V.
Mannaberg 230.
Maragliano 408.
Marchand 9 L.
Marcuse 83 V.
Marie 77 L.
Marinesco 77 L.
Markwald 144 V. 102 L.
Martin 254. 414 (O.-A.). 863. 101 L.
Martius 638 (O.-A.). 128 V.
Masse 62 V.
Massei 92 L.
Matthaei 417 (O.-A.).
Matthes 134 V.
May 235. 85 V.
Maydl 63 V.
Meissner 153.
Meitzer 58 L.
Mencke 254.
Mendel 912. 121 V.
Mendelsohn 610 (O.-A.). 122 V.
145 V. 76 L.
Menge 867 (O.-A.). 891 (O.-A.).
907 (O.-A.).
Merke 254. 571. 587 (O.-A.). 783
O.-A.). 846.
Merkel 471. 61 L.
Messner 32 V.
Methner 281.
Metschnikoff 119 V.
v. Meyer 429.
Meyer, A. (Hamburg) 111 V.
Meyer, A. (Würzburg) 364 (O.-A.).
Meyer, C. 79 L.
Meyer, E. 126 V.
Meyer, G. 450. 519 (O.-A.). 683.
747. 780 (O.-A.). 813 (O.-A.). 894.
896. 41 V.
Meyer, H. 626 (O.-A.).
Meyer, W. 8 L.
Meyerhold 235.
Michael 64. 65. 116. 190 (O.-A.).
Michel 47 L.
Middeldorpf 48 V.
Mikulicz 8 V. 85 V. 95 V.
Müler 277. 408. 92 L.
Mittermaier 716.
Moebius 24 L. 91 L.
Möller 928.
Moll 815 (O.-A.). 82 L.
Mommsen 107 (O.-A.).
Moos 748.
Moravesck 86 L.
Moritz 127 V.
Morris 77 L.
Morro 672 (O.-A.). 867 (O.-A.).
v. Mosetig-Moorhof 168.
Mosler 140 V.
Müller (Breslau) 281.
Müller (Halle) 515 (O.-A.). 535
(O.-A.). 688 (O.-A.). 706 (O.-A.).
916 (O.-A.). 955 (O.-A.). 977
(O.-A.).
Müller (Hamburg) 87 V.
Müller (Marburg) 627 (O.-A.).
Mueller (Posen) 748 (O.-A.).
Müllerheim 277.
Münzer 388. 57 L.
73 L.
Munro 449.
Murphy 63 V.
Musehold 451 (O.-A.).
Mya 943.
N.
Nahmacher 20 L.
Nasse 40 V. 68 V. 76 V. 98 V.
131 V. 153 V.
Nath 666. 53 V.
Naunyn 87 V. 139 V.
Nauwerck 111 V. 89 L.
Neisser 88. 160. 180. 355 (O.-A.).
870 (O.-A.). 22 V. 83 V. 95 V.
96 V.
Neuhaus 406.
Neumann (Berlin) 105 (O.-A.). 230.
263. 371. 555. 661 (O.-A.). 895.
126 V. 11 L. 39 L. 62 L. 91 L.
104 L.
Neuraann (Königsberg) 502 (ü.-A.)
Neumeister 2 L.
Newington 912,
Newmark 18 L.
Nicolaier 19. 65 L.
Nicoll 19 L.
Nieden 467. 102 V.
Nisser 56 V.
Nitze 76 L.
Noble-Smith 64 V.
Nocht 407.
Noöl 635.
Nonne 24. 144 V. 151 V.
v. Noorden 35 V. 33 L.
Norman 44 L.
Nothnagel 37 L.
Nussbaum 50 L.
O.
Oberg 29 V.
Oberländer 24 L.
Oebecke 18 L. 27 L.
Oestreich 18 V. 52 L.
Ogata 306 (O.A.).
Ohmann-Dumesnil 103 L.
Ohrtmann 926 (O.-A.). 941 (O.-A.).
129 V.
Olshausen 131 V. 132 V. 137 V.
Onodi 64.
Oppenheim 578 (O.-A.).
Oppenheimer 864.
Ord 36 L.
Omstein 912.
Orthmann 465 (O.-A.). 488 (O.-A.).
Osswald 56 V.
Ostermayer 89 V.
Ostertag 214.
Oswald 728.
Otto 56 V.
P.
Pagel 120 (O.-A.). 252. 910 (O.-A.).
53 L.
Pansini 694 (O.-A.).
Parreidt 408.
Paschkis 112.
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INHALTS - VERZEICHNISS.
Pawinski 41 L.
Pawlowsky 303 (O.-A.). 323 (O.-A.).
64 V.
P6an 63 V.
Pelman 327. 24 L. 91 L. 99 L.
Penzoldt 14 L. 37 L.
Pertik 119 V.
Peters 68. 188. 263 (O.-A.).
Petersen 18 V 94 V.
Petit 732.
Petrini 94 V. 95 V.
v. Pettenkofer 73 L.
Pfannenstiel 72 V. 83 V.
Pfeiffer. A. (Wiesbaden). 388. 6(36.
667. 31 L. 45 L. 49 L.
Pfeiffer. R. (Berlin), 305 (O.-A.).
898 (O.-A.).
Pfuhl 407.
Philipps 239.
Piek 563 (O.-A.). 34 V. 93 V.
Piper 408.
Pistor 238.
Placzek 67 V. 81 V. 44 L.
Plant 920 (O.-A.).
Podack 53 V. 111 V.
Poehl 93 L.
Politzer 86.
Poore 619.
Poppert 719 (O.-A.). 143 V. 144 V.
Port 388.
Porter 27 L.
Posner 86. 134 V.
Postcmpsky 62 V.
Prausnitz 584 (O.-A.). 98 L.
Predöhl 66.
v. Preuschen 262. 280.
Prudden 102 L.
Punitzer 110 V.
Puppe 854 (O.-A.). 874 (O.-A.).
Putnam 180.
Pvle 95 L.
Quincke 19.
B.
Rabow 4 L.
Raether 85 V. 107 V.
v. Ranke 896.
Ranke 16 L. 21 L.
Ratjen 86 V.
v. Recklinghausen 77 L.
Recknagel 73 L.
Reger 39 V.
Rehn 265 (O.-A.).
to“*« 42 - 87.181. 667. 28 L. 43 L.
R 1Äl.^ 0 l A ' ) - 895(0 - a - ) -
Reineke 795 (O.-A.). 845.
Remecke 31 L.
Reiner 104 L.
Reinhard 90 V. 91 y
Reinke 111 V.
Remak 112.
Rembold 963 (O.-A.)
R^mond 74 L.
Renvers 37. 52 (O.-A.)
je Renzi 54 L. '
Rethi 65.
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Rhumbler 78 L
66L - 78L -
Kchter* 2 e V L '
Rieder 27 V ' 51 L. 71 L.
Riehl 95 V ‘
» 95 L.
38 V
■A.)! 660 (0..
Robson 62 V.
Rochs 97 V.
Roechling 111 V.
Röse 252.
Roller 846.
Rosenau 154.
Rosenbach 327. 135 V. 94 L.
Rosenbauin 627 (O.-A.).
Rosenberg 64. 137. 603 (O.-A.). 728
(O.-A.). 1 V. 68 V. 148 V. 31L.
Rosenberger 62 V.
Rosenheim 179. 309. 608 (O.-A.)
57 V. 68 V. 125 V. 130 V. 10 L.
17 L. 25 L. 34 L. 66 L. 74 L.
98 L.
Rosenthal 549 (O.-A.). 96 V. 131 V.
Rosin 10 L. 26 L.
Rosinski 231. 110 V.
Rossi 64 V.
Roth, E., 84 L.
Rothmann 336 (O.-A.).
Rotter 182. 39 V. 124 V.
Roux 346. 104 V. 118 V.
Rubner 65.
Rttdel 25 L.
Rüdiger 680 (O.-A.).
Rüdinger 53 L.
Ruetc 923 (O.-A.).
Ruhemann 522 (O.-A.). 842 (O.-A.).
Rumpf 204.
S.
Saalfeld 783. 95 V. 96 V.
Sabrazös 10 L.
Sacerdotti 57 L.
Sachalin 525 (O.-A.).
Sachs 252.
Saenger 42.
Sahli 34 L. 61 L.
Saint-Hilaire 47.
Salomon 40. 88. 115. 138.183. 208.
232. 279. 21 V. 26 V. 35 V. 46 V.
53 V. 61 V. 77 V. 126 V. 132 V.
138 V. 156 V.
Salzburg 602.
Samelsohn 91. 137.
Samelson 99 V.
Samter 727 (O.-A.). 53 V.
Sarfert 184. 371 (O.-A.).
Sattler (Heidelberg) 154. 56 L.
Sauerhering 330 (O.-A.).
Scagliose 102 L.
Schadewaldt 87 L.
Schaefer 20 L.
Schäffer 95 V.
Schaeffer 65. 408. 56 L.
Schanz 920 (O.-A.).
Schauta 97 (O.-A.). 154.
Schech 197 (O.-A.).
Schede 161.541 (O.-A.). 17 V. 86 V.
Scheiber 136 V.
Scheier 87 L.
Scheinmann 35 V. 73 V. 81 V.
Schellong 74 L.
Scheunemann 72 V.
Scheyer 128 V.
Schiess 3 L.
Schiess-Bey 682 (O.-A.).
Schill 388. 409. 539. 570. 650. 7 L.
44 L. 56 L.
Schiller 22 V.
Schimmelbusch 19. 575 (O.-A.). 31V.
97 V.
Schippers 896.
Schirmer 261. 393 (O.-A.). 592
(O.-A.). 753 (O.-A.). 132V. 149V.
150 V.
Schjeming 64 V.
Schlayer 231.
Schleich 40 V.
Schlesinger 134 V.
Schlichter 57 L.
Schliep 188 (O.-A.).
Schmaltz 601 (O.-A.).
Schmaus 85. 3 L. 10 L. 17 L.
Schmidt (Bonn) 76 (O.-A.). 137.187.
54 V. 26 L.
Schmidt (Erdmannsdorf) 982 (0,-A).
Schmidt (Frankfurt a. M.) 447. 806
(O.-A.).
Schmidt (Schönau) 962 (O.-A.)
Schmidt (Strassburg) 24 V.
Schmidt-Rimpler 833 (O.-A.). 47 L.
Schmitz, C. 57 L.
Schmitz, K. 92 L.
Schnirer 716.
Schnitzler 763 (O.-A.).
Schön 467.
Schönheimer 131 V.
Schott 561 (O.-A.). 581 (O.-A.).
Schrank 65 L.
Schreiber 160. 395 (O.-A.). 443
(O.-A.). 462 (O.-A.).
Schrötter 37 L.
Schuberg 78 L.
Schubert 476 (O.-A.).
Schuchardt 48 V. 106 V. 113 V
Schürhoff 109 V.
Schütt 962 (O.-A.)
Schütz (Hamburg) 162. 23 V. 86 V.
144 V.
Schultze 67. 68. 91. 152 (O.-A.).
450. 23 V. 54 V. 98 V. 41 L.
Schulz 104 L.
Schumacher 844.
Schumburg 586. 636. 650. 803
(O.-A.). 828 (O.-A.). 836 (O.-A.).
46 L. 88 L.
Schwabach 181. 249 (O.-A.). 67 L.
Schwalbe (Berlin) 47. 71 (O.-A.).
135. 137. 180. 229. 290 (O.-A.).
332 (O.-A.). 388. 391 (O.-A.).
428. 432 (O.-A.). 579 (O.-A.). 700.
712 (O.-A.). 732. 749 (D.-A.). 816.
943. 952 (O.-A.) 5 L. 6 L. 13 L.
37 L. 41 L. 52 L. 57 L. 59 L.
78 L. 79 L. 81 L. 86 L. 94 L.
Schwalbe (Strassburg) 68. 88 V.
Schwartze 446.
Schwarzschulz 234. 100 V.
Schwechten 39 L.
Schweigger 47 L.
Sde 309.
Seelig 110 V.
Seeligmüller 12 (O.-A.). 33 (O.-A.).
62 (O.-A.). 408. -
Sehrwald 66. 137. 180. 203. 205.
239. 309. 327. 388. 448. 449. 603.
635. 667. 747. 864. 27 L. 42 L.
58 L. 69 L. 71 L. 74 L. 77 L.
96 L.
Seitz 230. 896.
Senator 159. 433 (O.-A.). 12 V.
26 L.
Sendtner 45 L.
Sendziak 620.
Senger 112. 214. 255. 722 (O.-A.).
48 V. 2 L. 28 L. 80 L.
Seydel 53 V.
Sharples 95 L.
Sick 27 V.
Siebenman 90 V. 92 V.
Siegel 400 (O.-A.). 426 (O.-A.).
Sieveking 87 L.
Sievers 309.
Sigl 911.
Silbermann 231. 388. 55 L. 75 L.
91 L.
Silex 47 L.
Simmonds 24 V.
Sippel 974 (O.-A.).
Sirena 102 L.
Sittmann 52 L.
Snegirew 747 (O.-A.).
Snell 59 L.
Solman 173 (O.-A.).
Sommer 856 (O.-A.). 55 L.
Sommerfeld 49 L.
Sonnenburg 139.140.187.930(0.-A.).
7 V. 62 V. 114 V. 126 V. 6 L.
Spalteholz 16 L.
Spengler 85 L.
Sperling, M. 957 (O.-A.).
Sperling, P.22. 46. 70. 92. 117.143.
163. 164. 212. 278. 430. 540. 586.
619. 800. 845. 961. 54 V. 7 L.
103 L.
Staffel 48 V.
Stanziale 72 L.
Steinbrügge 56 V. 91 V. 144 V.
Stern 221 (O.-A.). 135 V. 3 T ’
L. 70. L.
Stemberg 239.
L. 26
_ XXVII
Sternfeld 277.
Steudel 46 L.
Sticker 274 (O.-A.).
Stilling 16 V.
Stimpfl 8 L.
Stintzing 37 L.
Stockmann 141.
Stöhr 35.
Stoitseheff 59 L.
Stolper 234. 7 V. 22 V. 102 V. 109 V
Strasser 861 (O.-A.). 57 L.
Strassmann 203. 16 V. 11 L. 20 L.
40 L.
Strauss 56 V. 33 L.
Stroebe 63 L.
Stuart 845.
Sturmann 40 L.
Stutzer 73 L.
Sudek 24. 24 V. 8 L. 9 L.
Sultan 675 (O.-A.).
Szana 351.
T.
Tappeiner 2 L.
Tatzel 99 L.
Taussig 69 L.
Tedeschi 52 L.
De Terra 57 L.
Teuscher 57 L.
Thirier 36.
Thoma 18. 5 L.
Thomson 100 V.
Thompson 59 L.
Thomer 90 L.
Thost 116.
Tietze 362 (O.-A.). 382 (O.-A.). 7 V.
Tillmanns 48 V.
Tizzoni 134 (O.-A.). 772 (O.-A.).
Toepfer 17 L.
Treitel 87. 57 V. 82 V.
Trendelenburg 68.
Treupel 938 (O.-A.).
Treymann 951 (O.-A.).
Trillich 23.
Troje 103 (O.-A.). 132 (O.-A.).
Tschmarke 79 (O.-A.). 185.
Tuczek 54 L.
U.
v. Udranszky 104 V.
Uffelmann 388.
Uhthoff 69 L.
Ullmann 37.
Umpfenbach 54 L.
Ungar 66. 188. 210.
Unna 328. 77 L.
V.
Vaillard 346.
Valentini 41 L.
Vehsemeyer 134 V.
Voit 39. 428. 538 (O.-A.).
v. Velitz 277.
Verworn 53 V.
Vicquerat 81 L.
Vierordt 86. 53 L.
Villaret 522 (O.-A.).
Virchow 52 V. 59 V. 76 V. 137 V.
Völker 793 (O.-A.).
Vülscli 88.
Vogel 231. 260. 2 L.
Vogl 635.
Volkmann 25 L.
Voll 466.
Vollmer 54 V.
Vossius 466. 56 V. 47 L.
Voswinkel 479 (O.-A.).
Vulpius (Heidelberg) 127 (O.-A.).
445. 449. 20 L. 68 L.
W.
Wagner 47 V.
Wakeling 896.
Walb 91 V.
Waldeyer 345.
Walker 864.
Waschaur 231.
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Go igle
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
INHALTS -VERZEICHNISS.
XXVIII
Wassermann 353 (O.-A.). 864. 896.
101 L.
Waterhouse 36 L.
Wedekind 127 V.
Wegele 48. 7 L.
Wehmer 448. 83 L.
Weibgen 596 (O.-A.). 126 V.
Weichardt 667.
v. Weiss 19.
Welch 943.
Wendelstadt 934 (O.-A.).
Wernich 41 L. 83 L.
Wemieke 20. 75 L.
Westhoff 20 L.
van der Wey de 351.
Wevl (Berlin) 87. 88. 115. 159.
208. 448. 19 V. 30 L. 45 L. 62
L. 73 L.
i White 943.
Wiener 35, 154. 22 V. 39 L. 54 L.
p 61 L. 75 L. 100 L.
Wiesinger 24.
v. Winckel 35. 75 L.
v. Winiwarter 66.
Winter (Berlin) 94 (O.-A.).
Winternitz 29 L.
Wirsing 448.
! Wisinger 107 V.
Witkowski 773 (O.-A.).
! Witte 563 (O.-A.).
I Witzei, 214. 254. 605 (O.-A.). 631
(O.-A.).
Wladimiroff 51 L.
Wlassak 136 V.
Wohlgemuth 48 V.
Wolf 77 L.
Wolff, J. (Berlin) 264. 40 V. 61 V.
69 V. 126 V.
Wolff, M. (Berlin) 208.
Wolff. P. (Berlin) 114 V.
Wolff (Strassburg) 277. 88 V. 117 V.
I Wolff-Lewin 980 (O.-A.).
; Wolpert 448.
I Wolters 99 V.
Wossidlo 858 (O.-A.). 960 (O.-A.).
Wröblewski 71 L.
Wunderlich 87 L.
Wulff 96 L.
Wvss 296 (O.-A.). 321 (O.-A.).
Y.
de Ybarra 72 L.
I Yvert 36.
Z.
Zappert 449.
Zarniko 31 L.
, Zarnikow 116. 151 V.
I Zawadzki 173 (O.-A.).
Zeidler 723 (O.-A).
Zeller 183. 105 V.
Ziesrler 153.
Ziehen 653 (O.-A.). 670 (O.-A.).
v. Ziemssen 134 V. 69 L. 73 L.
Zienetz 46 L.
Zoja 471 (O.-A.).
Zoth 757 (O.-A.).
Zuckerkandl 254.
Zülzer 24 L.
Zuntz 83 V.
Zweifel 254. 277.
Digitized by <^QuQie
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
JW \
4. Januar 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffeut-
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes . 0
Begründet von Dr. Pani Börner.
Redacteur i. V. Prof. Dr. Gattstadt.
Zwanzigster Jahrgang.
Verlag von Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
J. Aus der medicinischen Klinik der Universität Würzburg.
Beiträge zur Pathologie des Muskel-
rheumatismus.
Von Prof. W. Lenbe.
Obgleich der Muskelrheumatismus eine alltäglich vorkommende
Erkrankung ist, wissen wir über seine Aetiologie und Pathologie
doch vorderhand sehr wenig, und ist das Wesen der Krankheit
nichts weniger als aufgeklärt. Ein Hauptgrund dafür mag da¬
rin liegen, dass der Muskeh'heumatismus eine leichte, gewöhnlich
in wenigen Tagen mit Genesung endende Krankheit ist, so dass
ein Exitus letalis in Fällen von uncomplicirtem Muskeh'heumatismus
kaum jemals vorkommt, und deswegen der Obductionsbefund, also
die für Manchen unumgänglich nothwendig erscheinende Basis für
die weitere Erforschung der Krankheit, fehlt. Indessen ist es
wenn der Zufall die in dieser Beziehung bestehende Lücke aus-
Tj? d ' , h u öf K die Möglichkeit anatomischer Untersuchungen
1 offen sollte, doch höchst fraglich, ob hierdurch die Aufklärung
• esens der Krankheit wesentlich gefördert würde. Man denke
an eine andere Krankheit, die von jeher als dem Muskel-
heumatisnms verwandt angesehen wurde, den acuten Gelenk-
Tii ’ 0, ’? eich Mer die ®eleg-enheit zu Sectionen. wenn
».ti m ganzen-selten, doch unvergleichlich viel häufiger als beim
: w Tr"! mUä - gegeben ist - süld wir d °<* hie r “ d er Haupt-
detrS “gewiesen, aus der Aetiologie und dem Verlaufe
fn^Wn ' ft‘S^'sse Rückschlüsse auf das Wesen derselben zu
I i ü neuester 7 ?;* C q da f. s .. d ! es P der Zukunft anders wird, nachdem
r omDlicirten Voll' ak 1 e }? era zur Obduction gekommenen un-
1 Gelenken I, pi° n acut T Gelenkrheumatismus in den afficirten
llronohialdrrKPn pL eUr - a ’ dem Endocardium, den geschwollenen
nürhststehendpn'i n" emen ^stimmten (dem Staphylococcus citreus
dass (L Frtct i occu ? entdeckt und wahrscheinlich gemacht hat,
’ niit ab<rescliwächten°p-* eS 6elenkrlleumatismus auf eine Infection
’erliand ^ Elter f° c cen zurückgeführt werden darf. Vor-
i n der . Fra ^° nach Wesen des
C. n und ,. s °!j noc b an die klinische Beobachtung zu
g em Sinne ^ 1 erst recht für den Muskelrheumatismus.
.auskelrZ m op d meme aus einem Materia l von ca. 200 Fällen
Resultat <W 0 it mUS ^ W0nnenen Erfahrungen zu beurtheilen.
, S ?‘ eülen kleine " Befrag zur Kennt,niss
iern. Wesen bls J etzt nicht aufgeklärten Krankheit
, Fä U« er .il e f In ?„ d * r E , rkrankun g verhält sich nicht in allen
Appetitlosigkeit Knirfül' ” 611 gesteht eine Zeit lang Mattigkeit,
^•gemeines nnw^M^ 61,2 ’ ^h^adel, Erbrechen u. a., kurz ein
’Jie Krankheit riamu eEe der Muskelschmerz auftritt und
"ffenhar wird der \f, / ^ charakteristischen Stempel erhält.
’ ^^romalen ke , Umatisinus zuweilen auch von einem
‘ ^iimatismus zukommI«ri aU c? das Kahler 2 ) als ein dem Gelenk-
W-^lßitet. Sichnr u nde ? unla ngst aufmerksam machte,
n ‘dit gesehen- die V e '?* lsen d e Beispiele davon habe ich freilich
sich bereits immer erst dann in’s Spital, I
h ZWp ifle indessen lo halisirte Schmerzen geltend machten. !
, VOr kommt. Denn ; ö dass in der That öfters prodromales Fieber j
i ' - rscluedenen jneiner Krankengeschichten finde
toK . 1 \ k ]% ft Bd - 51. 1893.
rar ““>• Med. Bd. 19, p. 1 . 1891.
ich angegeben, dass die Krankheit mit zweifellosen Fieber-
erscheinungen, speziell mit Frösteln oder einem eklatanten Schüttel¬
fröste, begann, wozu sich erst am folgenden Tage Schmerzen im
Kreuz u. a. gesellten. So ist z. B. von einem meiner Patienten
angegeben, dass seine Krankheit mit einem starken Froste einsetzte
darauf sei m der Nacht grosse Hitze aufgetreten und am folgenden
Morgen das Gefühl allgemeiner Mattigkeit. Trotzdem ging der
Kranke an die Arbeit, bis sich jetzt erst Kreuzschmerzen einstellten
und ihn zwangen, die Arbeit einzustellen und das Spital aufzu¬
suchen, wo er mit einer Temperatur von 40° eintrat! Immerhin
sind solche Fälle relativ selten.
In der Kegel sind vielmehr plötzlich auftretende heftige
Schmerzen in der Muskulatur zweifellos das erste Symptom
der Krankheit. Mitten in voller Gesundheit, wie ein Blitz aus
heiterem Himmel, schiesst der Schmerz in diesen oder jenen Mus¬
kel, am häufigsten in die unteren Rückenmuskeln, ein Verhalten,
das dem Leiden im Volksmunde den Namen „Hexenschuss“ ver¬
liehen zu haben scheint. Hält der Patient die betreffenden Mus¬
keln erschlafft, so ist der Schmerz kaum angedeutet; dagegen
steigert er sich zu kaum erträglicher Intensität, sobald der affi-
cirte Muskel durch wülkürliche Bewegungen in Contraction ver¬
setzt oder passiv gedehnt wird. Häufig constatirt, aber schwer
erklärbar ist es, dass, wie von den Patienten ausdrücklich hervor¬
gehoben wird, eine ungeschickte, extravagante Bewegung die Krank¬
heit einleitet. Gewöhnlich wird für solche Fälle eine Dehnung
oder Zerreissung des Muskels als Ursache der Muskelaffection an¬
genommen und dieser mechanischen Erklärung zu Liebe das Wesen
des Muskelrheumatismus nach dieser Seite hin gesucht. Meiner
Ansicht und Erfahrung nach mit Unrecht! Sicher constatirbare
Zerreißungen von Muskeln sind überhaupt sehr selten und jeden¬
falls nicht bei so unbedeutenden Anlässen, einer ungeschickten Be¬
wegung u. a., wie sie dem Eintritt des Muskelrheumatismus ent¬
sprechen sollen, zu erwarten. Kommt eine Muskelfaserzerreissung
wirklich zustande, so ist zwar die Contraction des betreffenden
Muskels schmerzhaft; der Schmerz ist aber im allgemeinen viel
geringer als beim Muskelrheumatismus und beschränkt sich gauz
exclusive auf die Stelle der Läsion. Beim Muskelrheumatismus
dagegen sieht man den Schmerz in einzelnen Fällen, wo er an¬
scheinend bestimmt einer Muskelzerrung seine Entstehung ver¬
dankt, sich von dem ursprünglich befallenen Muskel weiter ver¬
breiten. Dabei können secundär Muskeln befallen werden, die
weder räumlich mit den bis dahin afficirten Muskeln Zusammen¬
hängen noch functionell mit jenen in Verbindung stehen, bei¬
spielsweise hei einer Lumbago die Schenkelmuskeln, die Bauch¬
muskeln u. a.
In der Mehrzahl (in ca. 2 /s) meiner Fälle verlief der Muskel¬
rheumatismus fieberlos, in ungefähr einem Drittel derselben da-
! gegen mit einem bald stärker, bald schwächer ausge¬
sprochenen Fieber. Dasselbe zeigte verschiedenen Typus:
bald war eine rasche Erhebung der Temperatur auf 38—39°, selten
höher, Abfall in den ersten zwei Tagen des Spitalaufenthalts der
Kranken, jäh oder in Absätzen, bald ein regelloses Schwanken der
Temperatur im Verlaufe der Krankheit, namentlich auch in den
Endstadien derselben zu constatiren.
Deuten schon die angeführten Thatsachen: der Beginn der
Krankheit mit allgemeinen Krankheitserscheinungen,
mit Schüttelfrost und Fieber, sowie die Verbreitung des
Schmerzes auf verschiedene Muskeln von dem ursprünglich
befallenen Muskel aus darauf hin, dass wir es beim Muskelrheu-
Qriginal fro-m
UNIVERSfTY OF MICHIGAN
2
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
matismus nicht mit einer Lokalerkrankung, sondern mit einer all¬
gemeinen, infectiösen, speziell im Muskelsystem sich lokalisirenden
Krankheit zu thun haben, so wird dies noch wahrscheinlicher
durch die beim Muskelrheumatismus zuweilen, wenn auch selten
auftretenden anderweitigen Lokalisationen des Krankheits¬
stoffes, die sogenannten Complicationen. Von diesen ist die weit¬
aus bedeutungsvollste die Endocarditis.
Aus den seitherigen Beobachtungen zu schliessen, würde
diese „Complication“, im Gegensätze zu ihrer Häufigkeit beim acuten
Gelenkrheumatismus, beim Muskelrheumatismus kaum jemals Vor¬
kommen. Dies ist nach meiner Erfahrung nicht richtig. In nicht
weniger als einem Sechstel meiner Fälle wurden gleich am Aufnahms¬
tage Geräusche am Herzen wahrgenommen. Damit soll nun frei¬
lich nicht gesagt sein, dass in allen diesen Fällen der Muskel¬
rheumatismus die Endbcarditis veranlasst habe; die letztere kann
ja natürlich vor dem Eintritt der Patienten in die Klinik, schon
bevor sie an Muskelrheumatismus erkrankten, bestanden haben.
Immerhin ist es bemerkenswerth, dass in der Hälfte der Fälle die
Geräusche während des Verlaufes der Krankheit schwächer wurden
oder auch ganz verschwanden, und weiterhin, dass die Combination
Muskelrheumatismus mit Endocarditis häufiger von Fieber be¬
gleitet war als der uncomplicirte Muskelrheumatismus, nämlich in
zwei Drittel der Fälle, während, wie oben angegeben wurde, von
der Gesammtzahl der Muskelrheumatismen nur ein Drittel fieber¬
haft verlief. Sicher beweisend für den inneren Zusammenhang der
Endocarditis mit Muskelrheumatismus sind indessen doch nur die
Fälle, in denen beim Eintritt der Kranken in die Beobachtung zu¬
nächst jede Andeutung einer Endocarditis fehlt, diese vielmehr erst
im Verlaufe der Krankheit auftritt. Derartiger Beispiele habe ich
drei beobachtet; sie beanspruchen, abgesehen von ihrer Seltenheit,
für die Auffassung des Muskelrheumatismus als Infectionskrankheit
ein besonderes Interesse. Ich halte es deswegen für nothwendig,
die betreffenden Krankengeschichten in aller Kürze folgen zu lassen:
Fall 1. Sp., 19 Jahre alter Mann, in die Klinik aufgenommeu am
1. Januar 1893. entlassen am 16. Februar 1893. Die jetzige Krankheit begann
am 27. December 1892 mit öfterem Frösteln, wozu sich später Schmerzen und
Steifigkeit in der Lumbalgegend gesellten. Damit wurden die Bewegungen
des Rumpfes schmerzhaft. Gehen, Bücken u. a. erschwert, bezw. ganz un¬
möglich. Die Untersuchung des Patienten bei seinem Eintritt in’s Spital
ergab die Lumbarmuskulatur bei Druck und Bewegung schmerzhaft, Lunge
und Herz normal, namentlich reine Herztöne, Körpertemperatur 39,0.
Diagnose: Uncomplicirter Rheumatismus muscularis acutus.
Ordination: Natrium salicylicum, fünfmal 1,0, und Verband mit Carbol-
säurewasser (0.5 Acidum carbolicum in toto).
Schon am 2. Januar 1893 ist die Temperatur zur Norm abgesunken,
dagegen ist am 3. Januar über der Herzspitze und Pulmonalarterie
ein systolisches Geräusch und eine Verstärkung des zweiten
Pulmonaltons zu constatiren; daneben ist die Frequenz des Pulses
auffallend hoch gegenüber der Temperatur (116 : 37.3). Das endo-
carditische Geräusch hielt bei normaler Temperatur gleichmässig stark
circa 1'/ Monate an, um dann ganz zu verschwinden. Der Puls
war während dessen in seiner Frequenz sehr wechselnd, im ganzen meist
zu hoch (80—100) im Vergleich zu der sich ganz gleichmässig normal
haltenden Temperatur. Interessant ist, dass l l / 2 Wochen nach Beginn
des Muskelrheumatismus (am 9. Januar) über Schmerzen im linken
Schulter ge lenk geklagt wurde, und 3' 2 Wochen darauf unter Steige¬
rung der Temperatur auf 38.0-38.5 (zwei Tage lang) eine deutliche
bchwellung und Schmerzhaftigkeit des linken Schultergelenks und des
rechtenFussgelenks eintraten. Es lag also jetzt ein acuter Gelenk-
rheumatismus vor, der unter dem Gebrauche von Natrium salicylicum
und Phenacetin rasch heilte. Patient verliess am 16. Februar geheilt
das Juliushospital.
_ Fall 2. R., 17jährige Dienstmagd, aufgenommen am 27. April 1892
Patientin war wegen Urethritis, Vaginitis und Endometritis cervicalis go
norrhoica in s Spital eingetreten; diese Affectionen heilten erst nach fünf
wöchentlicher Behandlung.
r> An ir 19 ; ¥ a [' 31/9 w . och en nach ihrem Eintritt in die Klinik, klagt
R. über Muskolschmerzen im rechten Schultergürtel, die auf drei Dosen vo:
1,0 Natrium salicvhcum rasch verschwanden. Daboi erhob sich die Tem
peratiu* die bis dahin stets normal gewesen war (36.6—37,5), am 19. Ma
von 36.8 auf 38 6 fiel am 20. Mai wieder zur Norm, um am 24 mS
nochmals auf 38,4 zu steigen. Bis zum 20. Mai ^aren die Herz
*. erä £ d ? rt ’ der Spitzenstoss an normaler Stelle
die Töne rein, der Puls regelmässig, 56.
Jage nach dem Eintritt der Muskelschmerzec
h daS ^ Bl o dleser Hmsicht ; der Puls stieg auf 100. De
erste Ton an der Spitze erschien gespalten, der zweite Pul
28° ^ Mai letztere s weniger deutlich; an
VÖr ieS i 8 ärztliche Erlaubnis das Bet
und setzte sich, nur leicht gekleidet, dem Zugwind aus.
. Ma \ Temperatur 38.4. Schmerzhaftigkeit des’Erecto
Puls unrA««? d tT s . eiten n der c Wirbelsäule; diese selbst unempfindlich
m l arl rdA «1 8 * g ‘ . Der . Spitzenstoss, bis dahin innerhalb der Mam
den mXn^tArA 8 ^^ ,m ^rcostalraum, rückt nach unten h
erste i, Ulld D - ch *5 ussen von der Mammillarlinie, de
erste Ion ist wieder deutlich unrein, der zweite Pulmonalton verstärkt
Am 25. Mai verschwinden die Muskelschmerzen dauernd, nachdem Patientin
fünf Pulver Natrium salicylicum ä 2.0 genommen hat.
26. Mai. Schmerzen über der Herzgegend, zweiter Pulmonalton ver¬
stärkt. Ordination: Eisblase in die Herzgegend. Am 27. Mai tritt über
dom linken Ventrikel und an der Herzspitze ein lautes, systolisches
Geräusch auf, und auch über den anderen Ostien ist der erste Ton un¬
rein; der zweite Pulmonalton beträchtlich verstärkt. Die
Diagnose kann jetzt mit aller Bestimmtheit auf Endocarditis
gestellt werden.
30. Mai. Der Herzshok ist wieder an seiner alten Stelle im vierten
Intercostalraum, das Geräusch schwächer, relativ am stärksten über der
Pulmonalarterio. der zweite Pulmonalton verstärkt. Temperatur normal.
2. Juni. Geräusch weniger deutlich, auch der zweite Pulmonalton
weniger stark; beides am 3. Juni wieder intensiver; auch die Herzdämpfung
vergrössert, bis zum rechten Sternalrand reichend.
17. Juni, ln der Zwischenzeit sind die Symptome der Endocarditis
zurückgegangen, die Herzdämpfung reicht zwar immer noch bis zum
rechten Sternalrand, die Töne sind aber wieder rein geworden, bis auf
eine Spaltung des ersten Mitraltons.
30. Juni. An der Herzspitze und Pulmonalarterie erster Ton noch
unrein, zweiter Pulmonal ton accentuirt; am 22. Juni vorübergehende Er¬
hebung der Temperatur auf 38,3.
27. Juli. Die Symptome der Mitralinsufficienz sind nur noch vor¬
handen, wenn Patientin läuft, in der Ruhe normale Verhältnisse. Der
Puls zeigte seit dem 20. Mai eine Frequenz zwischen 80 und 100, an
einigen Tagen zwischen 100 und 120, am 7. Juli eine vorübergehende
plötzliche Steigerung auf 144!
Der Fall könnte auch anders als ein mit Endocarditis verlaufender
Muskelrheumatismus aufgefasst werden, nämlich als ein seltener Fall von
gonorrhoischem Muskelrheumatismus mit gonorrhoischer Endocarditis.
Eindeutiger liegen die Verhältnisse in dem folgenden Falle.
Fall 3. V., 18jähriges, kräftig gebautes, gut ernährtes Dienstmädchen;
aufgenommen am 28. Juli 1893. Patientin klagt über Schmerzen in der
rechten Seite, speciell beim Athmen. Dieselben sind hauptsächlich durch
Druck auf den Erector trunci, Latissimus dorsi, sowie die unteren Musculi
intercostales heryorzurufen. Temperatur beim Eintritt in’s Spital 39,6.
schon am 29. Juli Abfall auf 37,0; die Temperatur erhebt sich nicht mehr
über 37,6 bis am 5. August, w r o sie noch einmal vorübergehend auf 37.9
ansteigt: Die Herzgrenzen normal, die Töne leise, rein. Am
30. Juli tritt über der Mitralis und der Arteria pulmonalis ein deut¬
liches, schwirrendes Geräusch auf. Der zweite Pulmonalton deut¬
lich stärker als der zweite Aortenton. Noch am 6. August ist das Ge¬
räusch an der Mitralis deutlich, der zweite Pulmonalton verstärkt; die
Herzdämpfung bis zum rechten Sternalrand reichend.
Diagnose: Endocarditis acuta im Verlaufe von Muskel¬
rheumatismus.
Am 17. August ist das Geräusch verschwunden, erscheint aber wieder
am 21. August als ein übrigens nicht constant vorhandenes, singendes
Geräusch an der Herzspitze, zweiter Pulmonalton verstärkt, und derselbe
Befund ist auch noch am 29. August, am Tage des Austrittes der Patientin
aus dem Spital, zu constatiren.
Für die Beurtheilung des Verhältnisses’ des Muskel-
rheumatismus zum acuten Gelenkrheumatismus wichtig ist,
dass Uebergänge der einen Krankheit in die andere ganz entschieden
Vorkommen, ja nicht einmal 1 ehr selten sind. Man sieht im Verlaufe
des Gelenkrheumatismus zuweilen rheumatische Affectionen der
Muskeln auftreten, und umgekehrt habe ich mehrfach an einen
einfachen Muskelrheumatismus sich später einen Gelenkrheumatis¬
mus anschliessen sehen; ein Paradigma letzterer Art bietet die
obige Krankengeschichte 1 und der sogleich zu besprechende Fall.
Andere „Complicationen“ sind beim Muskelrheumatismus
jedenfalls sehr selten, so Pleuritis, wovon ich ein Beispiel be¬
obachtet habe. Bei einem Kranken mit Muskelrheumatismus
(Lumbal- und Intercostalmuskeln) konnte von Anfang an eine
Pleuritis (Dämpfung, Reiben etc.), die auffallend rasch, d. li. in
fj n - Iw zwe * ^ochen vollständig zurückging, nachgewiesen werden.
Drei Wochen relatives Wohlbefinden, d. h. ausser einer Endocarditis,
die ebenfalls von Anfang an bestand, nichts Krankhaftes mehr zu
constatiren. Da kehrt die rheumatische Intercostalmuskelaffection
wieder, und zugleich mit ihr jetzt auch Schmerz in beiden Fuss-
gelenken mit Röthung der Haut über dem einen derselben.
Natrium salicylicum hatte die ursprünglich allein vorhandenen
Muskelschmerzen prompt coupirt; auch bei der späteren Gelenk-
affect-ion zeigte es sich specifisch wirksam.
Album in urie, eine so häufige Erscheinung bei anderen I 11 -
fectionskrankheiten,, habe ich .nur in einem Fall von Muskelrheuma¬
tismus gesehen. Uebrigens kommen Reizungen der Nieren durch
den Infectionsstoff (infectiös-rheumatische Nephritis) auch beim
Gelenkrheumatismus nach meiner Erfahrung nur ganz ausnahms-
weise vor. Ich glaube wenig Widerspruch zu begegnen, wenn ich
nach dem Angeführten behaupte, dass die klinischen Einzelheiten im
Verlaufe des acuten Muskelrheumatismus — sobald man ein grösseres
Beobachtungsmaterial überblickt — entschieden dafür sprechen,
dass wir es dabei mit einer leichten Infectionskrankheit zu
thun haben. Für diese Auffassung kommen weiter noch ätiologische
Momente in Betracht
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Gck igle
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
4. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Während in den letzten sieben Jahren der Muskelrheumatismus
im Juliusspital in Würzburg immer nur in vereinzelten Fällen ver¬
treten war. kamen die Fälle im letzten Frühling in ganz auffälliger
Häufigkeit vor, so dass halbe Säle mit Muskelrheumatismuskranken
besetzt waren. Diese zeitweilige Häufung der Fälle von Muskel¬
rheumatismus musste auf jeden Unbefangenen den Eindruck ^eines
epidemischen Auftretens der Krankheit machen.
Man könnte zunächst daran denken, dass hierbei Witterungs-
verbältnisse Schuld seien; das ist aber von vornherein abzuweisen,
da die Häufigkeit der Fälle längere Zeit, bis in den heissen Sommer
hinein, anhielt, also die verschiedensten Lufttemperaturen etc. den¬
selben Effect hätten haben müssen. Mehrfach ist in den Kranken¬
geschichten angegeben, dass Erkältungen dem Eintritt der Krankheit
vorangingen. Es kann nicht meine Aufgabe sein, auf diesen
ätiologischen Factor im allgemeinen einzugehen. Ich möchte, nur
betonen, dass nach einer Erfahrung, die ich an mir selbst zu
machen Gelegenheit hatte, allerdings ein Einfluss der Erkältung
auf den Ausbruch des Muskelrheumatismus nicht zu leugnen ist,
wenn ich auch nach dem oben Auseinandergesetzten die Infection
für das Wesentliche und die Erkältung nur für ein begünstigendes
Xebenmoment halte.
Welcher Natur der supponirte Infectionsstoff ist, lässt sich
vorderhand nicht sagen. Dass er dem Virus des Gelenkrheu¬
matismus nahe verwandt sein muss, scheint mir sicher zu sein;
möglich, ja nach dem, was ich über das Vorkommen der Endocarditis
und der Gelenkaffectionen im Verlauf des Muskelrheumatismus mit-
getheilt habe, sogar sehr wahrscheinlich ist es, dass der
infectionsstoff des Muskelrheumatismus nur das abge¬
schwächte Virus des Gelenkrheumatismus darstellt.
Eine bestimmte Entscheidung in diesem Punkte zu treffen, wird
erst dann möglich sein, wenn es gelingt, wozu ja nach Sahli’s
Befund jetzt mehr Aussicht als früher besteht, die eigentliche
Erregungsursaehe des Gelenkrheumatismus nachzuweisen und dann
eventuell die Indentität der Infectionsstoffe beider Krankheiten
definitiv festzustellen. Bis dahin sind wir darauf angewiesen, uns
mit W ahrschemlichkeitsschlüssen in dieser Beziehung zu begnügen.
II. Aus der chirurgischen Klinik der Universität Greifswald.
Ueber die Hauttransplantation nach
Thierseh. 1 )
Von Prof. Dr. Helferich.
, SejMjn Dr. August Reverdin gelehrt hat, dass Hautdefecte
aureh Aufpflanzung kleiner frisch entnommener Hautstückchen auf
ie granuürende Fläche geschlossen werden können, ist die Frage
er Hauttransplantation nicht allein theoretisch und experimentell be-
Ün? 1C k if er ^ abe * s * cb abspielenden feineren Vorgänge vielfach
ersucht, sondern auch in unzähligen Fällen praktisch erprobt
nrotr°\ ? aran .* st wob * kein Zweifel: Die Methode hat zunächst
Tiir/ r u geastet, was von ihr erhofft und erwartet
d- r'i-i • bedurfte gewisser Modificationen, um die Ausführung
foi * •, einen GP er ation zu einer sicheren und für die Dauer er-
vpHq!l. eü Z i U macben> Dass wir diese Modificationen Thier sch
r V 1 '. aass se * ne histologischen Untersuchungen das rechte
dpp Äncfi"l! äS an ? eba 5. nt ’ uad die darauf basirten Aenderungen in
Mflthna« v 0 ? ? er Hauttransplantation erst den vollen Erfolg der
Methode begründet haben, ist bekannt.^
^ Il6Ute . von Hautverpflanzung aus der
behftmtan L der 8611 «lahron auf meiner Klinik in dieser Weise
sentlirh vü * 8nen vorste ^ e i 80 geschieht es nicht, um Ihnen we-
w as mit H Q UeS xr V 25 Z L tra ® en ’ rudern um Ihnen zu demonstriren,
leistet werH 10 ;I erfabre ? ^er Hautverpflanzung nach Thiersch ge-
haben nm ^ b Slaube, man muss das wirklich gesehen
fahrens za gewinnen £ rosse Bedeutung des neuen Ver-
w elc^DM»S^? P fl l nz , teü w * r n ach Reverdin die Hautstückchen,
den mit e j npr h^heben mit einer Hakenpincette und Abschnei-
die reine s , .. “Dooper’schen Scheere gewonnen waren, auf
die SnlaHnn tl0nS ! äche * Thiersch legt Werth darauf, dass
leicht rrefnhrfor, en Torber eutfernt werden, was mit Hülfe eines
und die Hantiin ^ ossen scharfen Löffels oder dergl. rasch gelingt;
Stücken entn^m 1pcÜen 80 ^ en 80 fein wie möglich und in grösseren
- - _ men werden. Hierzu bedienen wir uns mit Vortheil
. J j ^reifswalder medicinischen Verein.
Berlin. Protokoll n ier . scb ’ Verhandl. des XV. Chir.-Congresses in
Arc h. f. klin. Chir i qqo «Ij 1 & 1 Die Hautverpflanzung nach Thiersch.
ZUn S nach ThiePB^K ’n * P* Urban, Ueber die Hautverpflan-
P IST bis 275. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 34. Festschrift
3
eines grossen und schweren scharf geschliffenen Mikrotommessers;
terner gelingt die Entnahme dieser Hautstückchen am besten, wenn
die Haut der betreffenden Stelle am Oberarm oder noch besser am
Oberschenkel durch die Hände eines oder zweier Gehülfen in Span¬
nung versetzt wird. Dass die ganze Operation nach strengster
Hesmfection der Theile aseptisch durchgeführt wird, ist unerläss¬
liche Bedingung. Häufig erweist sich eine spärliche Benetzung der
Haut mit stenlisirter Kochsalzlösung von 0,6 % vor oder während
der Bildung des Hautläppchens recht nützlich. Interessant ist es
zu sehen, wie verschieden sich dabei die Haut der betreffenden In¬
dividuen bezüglich ihrer gröberen physikalischen Eigenschaften ver¬
hält; bei manchen gelingt es spielend leicht und in schönen grossen
Stücken, bei anderen ist es schwerer und nur in kleineren Stück¬
chen ausführbar. Für grosse Defecte bilden wir die dünnen Haut¬
stückchen so gross wie möglich, lagern sie nach Thiersch’s Vor¬
schrift immer ganz dicht aneinander, ja sogar so, dass ihre Ränder
sich noch etwas decken. Von der breiten Messerklinge werden die
Stückchen gleich auf den Defect hinübergeschoben und mit Hülfe
von Sonde und Pincette sorgfältig ausgebreitet. Dass die Stück¬
chen gut liegen müssen, dass sie durch Blutung, durch darunter
liegende Ligaturen oder Suturen geschädigt werden können, ist
selbstverständlich.
Wenn aber die Ausführung der Operation mit der nöthigen
Sauberkeit und Sorgfalt geschieht, so ist der Erfolg ein sicherer.
Die Stückchen wachsen an, wie Unkraut, wenn keine groben Fehler
begangen sind.
Der Unterschied zwischen dem Verfahren des Begründers der
Hauttransplantation und diesem Verfahren von Thiersch liegt
auf der Hand. Das Wesentliche besteht darin, dass wir
jetzt das Granulationsgewebe vor der Transplantation
entfernen; die Hautstückchen werden auf das fertige Körper¬
gewebe des Patienten aufgesetzt und nicht auf das „Zeitgewebe“
der Granulationen. Infolge davon fallen auch die Veränderungen
fort, welche die Haut Stückchen auf dieser Unterlage und durch
deren natürliche Veränderung so häufig erlitten: war die Unterlage
zuerst weich und leicht vulnerabel, und wurden die Stückchen oft
genug durch kleine Extravasate aus den dünnwandigen Gefäss-
schlingen der Granulationen geschädigt, so erfuhren sie in der Folge
allzu oft schwere Störungen oder fielen sogar wieder ab, wenn das
Granulationsgewebe die ihm zukommenden Veränderungen erlitt,
besonders wenn die Narbencontraction auf diese Stellen ein¬
wirkte.
Was das neue Verfahren ferner auszeichnet, liegt weniger in
der Grösse der entnommenen Stücke, als vielmehr in ihrer dünnen
Beschaffenheit. War doch Thiersch imstande, an ein und
derselben Stolle einer Hautfläche zwei dünne Hautstückchen nach
einander zu entnehmen, ohne dass hier ein tieferer Defect und eine
Verzögerung der Ueberhäutung dieser Entnahmestelle eintrat.
Selbst für die grössten Hautdefecte ist es jetzt nicht mehr schwierig,
genug Hautstückchen vom Körper des Patienten selbst zu entnehmen,
und die Heilung des künstlich gemachten Defectes nimmt eine
verschwindend kleine Zeit ein. Wir haben hier vergleichsweise den
seltenen Fall, dass zur Deckung eines Hautcapitaldefect.es das
Material an anderer Stolle entnommen wird, ohne dass hier ein
gleich grosser Verlust entsteht, und dass obendrein dieser neu¬
entstandene Defect in kürzester Zeit wieder völlig verschwindet.
Wenn ich nun eine Anzahl von Kranken, welche gerade auf
meiner Klinik anwesend sind, vorstellen darf, so möchte ich mit
einigen Fällen, in welchen grössere Hautdefecte gedeckt
wurden, beginnen. Man konnte ja auch mit dem früheren Ver¬
fahren schöne Erfolge erzielen, zumal wenn es sich um die obere
Körperhälfte handelte. So hatte ich noch in München die Freude,
die durch schwere Verbrennung entstandenen grossen Granula-
tionsflächen an den beiden Armen eines jungen Mannes binnen
wenigen Wochen durch Aufsetzen von mehr als zweitausend Haut¬
stückchen, welche von opferfreudigen jungen Männern frisch ent¬
nommen wurden, zum Verschluss zu bringen. Aber so schnelle
Heilung von Üefecten und das Ausbleiben nachheriger fataler
Narbenschrumpfung, wie wir es jetzt beobachten, habe ich früher
nicht gesehen.
Betrachten Sie dieses vierjährige Kind (Luise Dwars) welches
vor etwa einem halben Jahr eine schwere Verbrennung erlitt
und mit einer grossen Granulationsfläche der Hüft- und Becken¬
gegend, fast bis zum After reichend, sowie der Hinterfläche des
Oberschenkels hier Aufnahme fand. In zwei Sitzungen wurde die
grosse Fläche, welche 18 cm breit war und in der Längsrichtung
26 cm betrug, zur Ueberhäutung gebracht; die vorhandenen Flexions-
contracturen im Hüft- und Kniegelenk wurden ausgeglichen Mit
völlig geheilter Wunde wird das Kind nächster Tage die Klinik
verlassen, und, was besonders hervorzuheben ist, es findet sich
k«ine Atrophie der Muskulatur an dem kranken Bein und keine
bemerkbare Narbencontractur.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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tbwttdbon Bm^ös »jikbokkntMt und Zur völligem, ]ru-himk«*i|'J f te.Krknm> defo
Yv midiRcR; lu-n 11 f-/l. ;
. ’ -V l t ^* e otflrsptuiHrtgf FJiicho. Uiivi' r»rdf.s>; und Fern« enijÄrt»feliomi
kaai miu wrm zwdWh(• i .fiL-o von .inoolort-^.ur. <-m u ■ kmi i w
Vi‘>’b»md mit steftJor Watte ^d4&i$Iidh imfonlnlisuiüm md' einer Sehjean 1 .
eystois VeiHriodwochye f am 25. Novc.mb*r »'igtan kr.}»*
tiftmmttifctj* SHLekihro uggnfföit; dm WtniTÜlärhi* vitik« bwktki und
.. truckon«.- Aoolr nukk 4tC kiejusLe J^dykt.- tnud «leh: ^lörbou des» Haut-
aijcki/uvin. ibjt.ieatiiv bkii.t. ziiöndi^f. nudi iu» -Tidliv Dir iiyJ»oiii.o•W uüiIh
nur mi(.■ ■dn'nui'.teJid^tüdcu AVaU.rvfirkiud be«!eekt« ‘
5u; H. :h.)U}iji! iH:«i A n *• h i; ur !t fi nt«s ■ 0 U‘ r r ;.>, M «.
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Alou.-m» und die Finu ipi Arbid», nntb \m»: ij'my
Feirl.' ■,-!'!■(( »-!.;•< .und oieu-li-itM«» r.i'b! 'Ff h>"s|'. Riut-iul.i Aut iLs
Bern uefiornmun. Die Ti’nn&jdaulnBmiiib^ be budel. vdeiit dm c*'-Ti:rjSio
Stbrutiu; uin HatiUdppcIiuii R^rr»^: wfdeku,. tdi^Buciie Ei-
> i te t v /mm '] Jp“l -i'i.vt i Hi' ^-iunei'lv 1 Pr i*i' j« t I », t ,
Her Zu^aimumdtauy; d«; r '‘iiwnlmux h«n i>d- *o u , h p vkl^hAhgef, dis#
nur an culir u«/iü.yo .''Wlcii %»v-t i t-, Anw-imm
p ^-'Uen .Ami. Audi der Udijer?rUü:r--»o»V dt n jkmd dm; vi-nnnkm H.mi
kJ an uinm lrm« tStellmi rju-r b*d ■ St;kr''-yihi»mj- J^’r-nd-i mmm ».-.r'ke.UiM.mi*; Cia
•Ni v<mu rn'5ttö>cbied 1:51 k.nuii <m-br yorbandmu i w ».-ietv*‘d k>: iuimtvm
kiSM'tnis v. t3v.it Arb :'(•!:,! u tdu.a^n :'bn-,rj._ ,uo dir mumo <;i.B •«; *';;„•}»*
vvulrbu -um.- ii,'lim '.oi. 18 cm bevtni.
Erwdbm‘n?wi j rtii y-elienit nur nmdi dlv lA .nibw^e;-: his}»;? eineji.
18jdkriß^n Almkboriy- (Aijuu 1‘uÜvn), AVeltduj it m , 2. dVb^ Htnkbr
1892 mir paru Jy t Urdium bBwt'<jniww borbKtr-n Ursnle*. uo.l
eine ui liOActuvIir am unkel u«!^f-notunv>b Wurjz.
I>K j Kuuli'J'iiibmumr be>*.md suU- irfituv-'v 1 *iu..'i''od. .?<• \ rriirnmouimi
’.vur .tihiuiJiludi eitiirfii’rieiu nv> :bm AmiWumr ;un». ; F-A-b »u'a Vütb d«-m
lAu-sriH'bri; aui n .■ > i-m ! \\v> n »’iVumt- >••..’•. r d*u \ vr*!#*;. und liuion*
nrd{ du Hllbrr’i H'iUi <!- f niM"r5-H>U i i<> ! 1 i .. 1 r '* •’< b o U i. JA].*
dMitti- l*i* »btfVwbtdiMiiüake V^bwrttumpÄptt'dem Höiü^inkwüv.
4 ryi't![:«;i v»riden. In dkA‘r Zeit sei! in ßeUruhe de»* Erünlian
J ?r Z^iaud dn? fkipcfiu-ürus 1 durch Hkiw, knoht« dnsinütgkendu
VrthiU'U' mit SaHe k >i-{if<i 4 l^mig, IkuohirMi mit Argen! u&! uiWitnrn»,
Mivsaye der Gm^bung ütc. gnimsSml werden Gr^k' wwm
•i t M ui ui i r,t/i'u*l}i« b* n Kr«*;hWj , .»uisi'ii völlig z*‘.\s<dtwunden sind., und
wjhi «lir Bwimbuit-nM; .-tt'bö' und lost, 'sind und AVenig- Kiiw sh"-
mud-ne au!l dra 'Hautyö'r.i>fl?tö 2 t».mg emgeijoinimm werdeü, Bei dw
(»jifistjnn «uJ’ikn $ödbtm die Gjwuulatinnen rm'b dem. Messer bm
:»u( <ie’d testen l'utergrtiiid abgetragen und der .hiafäUign Epithel*
rKfOOi m» Bande JunHeimitten nnd en iiet-üb, Nutürfick folgt nach*
ki cicero t Verbal»}, gute rnimobiHsntioti-. ßbhointe Bott ruhe etc.
in dieS'bi'kiU! kuüilr ich seit einigen Jahren in etwa5
R}^t*üi-ukr- Wftiste ibh exsUrjure bo sorgfältig wie mOglieh'
dH’ murr den kr lut u i a f i o ive n.. 5 i e. gen d v Ü nrhe-umß derini
Bfufe «nd ‘/jtüdiim fast kjioijiid/jftige i'VtigkeH der Dauer def
'^fe’inui^proersees entsgnykt Djfeßr iNnrkmuiukjüö kt TOi'Wmgand
'’iL .fAfiieUüt ihn Vm'.iUntentügtu»^ itvfdtvku die titdan?.« drw
ilrimöjdicwsgw]^ in* Skuw Auw \>ku{mig der Geiteh utid dn
■ßlhbtTi'^ bester 13in(leg«websbi.g'irügeJi.nÜsx{g erloUttp. leb glnnbb,
Mii Upte >öa «ruer Art AjrpusiHw> ■Hpreohen. welche von der au
te UrkdßÄ gvsrbwjirig zer{alleneu (jrHmiiaGöfisfkl.ehr lUiagolti:
Ae liü^t die 8träaulfttk?h{fil^dk^ (.iloa H^dkwfir) bcatdfk )un j?o
rgirjili'ilirr kt itn gfiu^eü die dr.nijitrr gobikjet.^ Kiolwokasse:
Kfitnfbeli t\nAm Utu Faetorcm, weiefir- dos sboife Uüdoi»» ukd die
tsltlmkon. der Uuigebuug Uh« Heingek.-lrwibroy keddigese
-uid UHP kolk' -m: Vfö-iiKdü’UTig *kw 'KkrboiJ%er.?, Im Zustahd
wd.K-l-p FuBvkKelnng kann dusseUie eine Dkbe von akuahernd
] -iruii emo Ce.ah.i- uurhlgr; -biidwu von- wk‘okor
'i-'n^y •aieid .immer 7a\ selieid.m kt. und Wfk-M« zw'isriien der
bnrtU^riimt^tabe ijtitl der öoeh tob ^mybi- ude.r weniger
'■ : -e emleiirkern /mllgeurbu. iu-deekirn Muskubit.ue liegt.. lk>:
• ' - ibipv dei vm’dm <ii> froien Filkdie der Tibia, kr r im j»um »ieii
mm Vp'bmiJm*ii» ‘JtöHos ötu'iii^u Zwifii'henlagßi’» lHiorM^k.
! fei il'ie^ j${ Jin Auzigi Bb-din, an welebei- die Ertik-nmmr der
A uliftt» bvji \iwskk and niebt, uonz vellstkndig grseüohrf; Ious&;
'; ,,i! '• K J‘k :zfi Luke uu dhv Eßuehenlkiebö geiubgen, oder
’ :iT;s ‘- : ' l} ' 5 Hitbtusmni, Modureh der sofortige und splUwe KHuk-:
utni^ivir jeuein Vprudiiyn. wrji-u^ zuweilen bei kiwnemt GGb-
••'.enr.M. liUrb brüte uo.eh dun ««iukuJbgM» und beste IWaihmr imi-
’ l: '; r ‘ 11 ■'•' de» lieiiumu. das^ wen U j^i.^tirpaliou dt»*wl!>w
'f / _ sI,tfri ^ kann aber »n mtblirli funjduneu tob
, ... 5ue- jw'pji./Juinig dient mir zur F-lj»r;w» dieser Awu-hi. inso-
‘. ! :'f 1151 Herbst 189 t deravtig b»dut'uiult;u (i;ittolgnw>Ar Ge
, , !'' :U ' !i ;' v>f ,,i ‘ l «riofo Manny (Puiskor) rrutv. anr-m
■;' 7 »>imk und «dn.dtukB d‘w TlnnJunUtm*. äti dm Ernty-
M' 181 GGiW :wa iBUi aunjvfmnlus |f .>« i.Viv ni-br dir
if., h P_HfHcö.;ulyjj- «| 3 >. tvluHt exkldirte nat-
eWr ^r»w f .{, eflC . betrat “
l^f-ii.inmnis'H*; urm urs ekr * r ’ rs * 1 ^öjiijo Bciloap Geschvr&rs,
tyw'.Yfc. *j? ^beutaneii -Öpi
1 Mitosen wer<{e.n.
Von vorn, ^ej^höiu Vüjn liiwtua | 5 '^>!}t«t»..
; t.a»»H Uatp-vor ur*r-Op**nUr*io« ;
■ AusdefetUmj diwes (»»-»Hu* u»i s ■/{ iyö «»>•» il< t Aoro.'lonu ofno’ von
1) um. eine Höhe von 7 ytu: e-.«ai iumvbU't»iy uwi bot äm* 5 i^iikliobe
HfrojvaJoa; seine rmeebmi^ war rkrh iiibUHfb und rnwitfuilbG >. eaiuderl.
I-uss und FeU'wdmUKfd daren mit der iivid-u. Hont iiude-cbf,
wrhiie rpü bei Füllen vöy us.-icmiioll'-r »viudurtahnMnig so «<i'i. TituM.
i bjivr kuck!ew dfsjjnp.rirouivn vAri-Huku sn-b (luv WiWd-
* erhöh .ins-, und a m \ i'I. Noy-e m »i e C höirnio xlaud» die- -Ten oho m j *• der
Aohil • •-■ s■-eb i\v und iji’i' Ihnahu iy-
ji <• u f-i; tf> il»>f l‘ns«. in eine virl b«-:Rftf‘ro
A> ty..H lötig gobhiijd ; Am A^s^hH)^.
imn Wörde •u.'tOri din D e efc,u 13g Äoy
11 »* fe (■. f t: s vof tmiimtiiiun. Nucte■■Fw.tmt'Tuthg
ih*l‘ Gl-«nul>).t.ioiu'ti ,v\ u vj v dte K^rbwu--
•$ 1 » b-wi yd ^ v o'rgU'il t ig '#x\ t <te m M US tcn r
mFi?*. 1 tyniiWr. lus'v 'Gev/t'hn %(i
B'hÖo irik}. Ihvi ^riWondt'-t/efitsp wurji;u
»nodeR r.jhst-'W.brni^ ver.-aup.» .Stiüurp der
Db+uW dtüwk C5.ni- :
mik '3t.i:/dkü»i; Alni). 'fHR Htüit ■
st ti c k che n zur- Bude ekung' -.d jis ßoteptfs
ynirdött dem ddi> • krnüüUtt
Beine* enbnomnmü Jmd dFM AnsimUidFt*
und e^uöt ; bR im deP flhHfkStißd g6tegl :
\Vrfbadd.whofk.bei ik. S\irkütie. bi>
Anna Bntäe. gobeilt
rkijh 5>s ti«OOD»l)«iY ^
yfeyclörfwi ZicklRnb
DEFTS.GHE WI'nerNISQBU WOCHENSCHRIFT.
dien den Hautläppelion vorhanden; nur eine jselc
'darauf'aa, die •ümrFttg?i& nodi- zp Terbesse-rä and dig Trans¬
plantat) oi>siflfiöbe $i*hr Bdimucpd jpöiBuläjrab, Iho Tiaukstüttlrcliöti. fanden
.sieli- Si&uffitUcK' 'nmgcfceiltv $i& Fhvcfce war' idtodul; söcro.tf.ö$ imd frauken,
Am >t$. ÖefHuh1»e»r Antaing e|a,«ä^ gut -«UßnÄ
'in eorrigirter Sbdiung des; Eussus.
Ain 20 . DecHTühor wmflo Patientin g&heifr Onit Sd'mtzvvrband) Mit*
lasiH‘6.
Bei de« Forstdhiiif/t-n des ÄiiUkhiiU’- bk. jetzt Mga-b. $iob
immer» dass die Heilung roOeti Bestand- ImHm Di*- tnoisnKinihi-o
FlftciuJ bat mrdjr und ßiÄ’ den ChamlfifM*. normebir, v<yscbiöbbarpr Haul
fUigiaiiouiinon. • .
Muh wird l<;nifn m Abrede r.toUrn. ih^s dm iniOreUitdHk-n FftH.r
nicrhi %w «Um ioi>. b*eptcn gohmeu. dir (inivii und
f'tmijdbatiou »Irr Autgnb» 7u den srhvnmbmixm zu rerlmoo sind,
jßtdVeuhvh uuu bemerijimswurtb' ist dabui der rasche Krfulg, resp
ij-icv Abkürzung Oer Cm .Uu ei\ web/hu v iel mb-hl *m.on 'kleinen
VoiHmil gegenüber dem -weniger cdugmit-uoißu Verfuhren rim
Thjnrseh bedeutet,
' Nicht mvtbcbmi möchte ie.fi : für fiii*?ü;' den. TlnnnVrlmn
Zin Kirim verband, der mm siets ihm Nut/,»n pvwtihit
'ii»V und über dessen. Vef wbfujirrig wir uns sckon wiüdorDdfc em¬
pfehlend ruiBgesprorhcn höhend)
- Pin : ’^dfeätjiüg tW ; mödbruüu üäü tv HU*
•piastisolu« AufguWiV ist .miß iii&ki hiind^r gntärft*» uh, für dkkhD
JeEst bT'sprochomm Vnrhhltm$^f Pk> {«inst.is.ehr. Chi V ürg \ e- hnt
t WM eh lieh ein.c W;>hdlüiit’ ßjHubveii-, sftKdntfi rin gestielter
ia$poii von ätvjj&fc? ^d'rp'«?r^gWHi
minmnirren, nw; drr MdsHdumdö Ihdmt uictit. s.IIimd dwhd*
tionsruilite vfm)dera~:t',durch Heute Hb-kcKeiL gmn-hWmUi
ISHIPwi ,. ...... ..... HP■... . ... v _ . _
Nuvhr.neontT’:ie.tioa ist ^iögßtretBU', und der Erfolg iftt 0tn recht be*
iricdigemler.
Nioht in allen Ptilhm coü LujuiÄtJdTtrttnftung auf diese Weis»
ijiiul aber unsere IWsuitato m günstig. Die Stitchchen^ ■ sind gwäi
iJiiirlor singehoiiti «»dbst. an «len ]4{»peu und nie die NflseiiOÖ'iiim^
IjAfiiüt etp. T aber zuweilen hat sinh ein Kmuiv d»js bvipus einge-
' steift, wir waren bei der Eiuibkm dos Lupus nieht tief genu^
gegmigrn! .
Hu haben ^wir fAJh Beiejdnle Tda<utviu {itlm\xung Jtebunn gf-
letijjd mv ailioR iHögbcheti iißrp.nrg^genc^ti und aut viirscfeiedWiii
Gbwidhf Auf «lein Zellgewebe und auf. dem .Muskel haften dj{
Tbvcrsciv bat. tpi^ ^bev ijneb geiehrt
dieselben huf dom Kt)heben 9A\r Äniuntniio y.n bringen; das G»>
hhimaiss liegt in hur ö}Wlegbhg Ohr bliitrt»i< ; bmi Hpohgioea» ,
Erla»«hcii- Hie mir Hie auf .einen recht bcmeifkimswortheu E;il
dicker Art kne^r bbi/uwsusen; «jeesetbn tot in der'Disherialion vot
Il.wru I)r, srlum geöHner h'>r;hnobon.
Hie 77j»ihrige Ernu Atiuoes k;vm au» 12. Bopteüihei JH02 ir\ii einon
•grossen wurh«*rudc.u- Hautenrcinuii]. dör Stirn, zur Aufuahuie u
die Klnnk A.nt 20. Hcplemiier v.urdi-. »Mn Ei-stirpftiicri Uogmn'jmrnen
fbne ITj<stik Ji.esr sich der ütöm Freu njciii gleiubzeitig zutuuEiiOft. He.
■? Ut? gruben l»ctbn fvtij begmicie Kav« h«ui wurde uatjUljch aa A’eiü«r.(Umr
tfßif d6r. 0priwitiftHv
^on, uhghifob Calt^sn^i bi der XwfscheazhH- das; Eebon d»r
Alten hrdfuf.ten • jmr^minge Wumbj^lt/bcn hunW sich gwfeelj&u dmgrfi
(fer Hmi i sfUHfcheii, \Wgleh’hca ih>^. ßli«! yof tlnr Aufnahtae iah der
uurx- v.u« Uvj EüitiHsuiifd gvm.uliifji Pitefx»urapbi*.:,. >x> wud der tOJhl?
Evioig den Mich .s'mr:. Dk- Frau ist •. ivro 12. D'^rnuber geheilt- öiHlsssen.
und bis heilte rufddivh'rt und frei veu irgend wcldum. Sf.nrmigpn.rn der
ri'^ngfihmt;U.ie]ifi[hic])0 geliliebrn.
Die auf diew.t- \Vei>. t »-vheilte E nncb«»nw utule bat eine
B»cite Ton il r in. einc ii i ’%ue \ on etwa 8 cm Es ist mir
midit bekannt, oh Duc gleich. ptȀis**, KbwdtebilacliA hi iliowfm W am
durch f jaiifyei-pjlanmäg^ Stui* Hcijnjig gehcscht ynüfa'ß
Eft käni mir darauf an> Jhi»ci». an <br Hand Fun Ifemoiislra-
tioitUii einiger i^atJunten dir praktDobc .Bmiuntmig der mudermm
ÄÖiodc dm J : totvej7^si.5^Mfig Sitic Fii|je AtfttrM?'
tfabtur Dcfuife dhcr^che- k-lg soweit sie diu jUsMogi^chrii Vrir-
güngc :d«s. ’liejiuU^t^angus, tify m^kwbi;di^@ö
dfUMingun duE Xt^^hVn;. die DrHgo der IniturratiöS Uivd o&e Ron«'
foö icUvti\un MoifidcakfOfieö der Ausföhrung. lichrcffcri, Wchti die
Mothmle- öör ejr&i in ibfur f»rakUs<dit*n De»st.ungsfHbigkci'fc ;revh!
allgpitibib bekannt so ■ / ^hädU''ßtm Woblje dht^häfiki^.fi :tntind
mubr Anwumhing finden.
HI- Ans (kr g*ebiirtsbülfl£eh^ 3 Z 3 n[ä*k<)ik>giscFLen Klinik der
Universität'Bonn.
Veatrofl^ation xmd. Vaginofization,
Von Prof. 0,r. H. jprtt^ch,
iclv gianhc ym-ht, dass dio Vo.nD’hfixafion durch, die Vagino-
fiüatioTv m- Wvuih oder Bpdout'ung r^rbnogi Ganz abghaeta
von dcB Vuni.njfixatkncji bei Eatfctnung der. Ädueih, die. ich stuts
r)Ajt AdAey,hporatic>itoi) zifldön werde v öf^fi, ife. Vfditj'Oihfttbu*
uinu IfifUuatiön am besflmu /lia ErböhVmg ,dos Etorus! Wiw b&-.
4. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
7
decken. Nfihfc man den Uterusfundus mit 10 bis 15 Nähten an
Peritoneum, Bauchfascien und Rectus fest, so ist der Erfolg stets
ein dauernder, sowohl klinisch als anatomisch. Das, was man
anfangs der Ventrofixation zum Vorwurf machte: die Elevatio
uteri, das ist gerade der grösste Vorzug. Die Retroflexio uteri
ist, abgesehen von den wenigen virginellen, uncomplicirten, congeni¬
talen Fällen eine „Erschlaffungskrankheit“ der Bänder und Stützen
des Uterus. Mit den meisten Retroflexionen ist auch eine Sen¬
kung des ganzen Organs verbunden. Die Symptome der Retro-
flexion sind, wie ja oft dargestellt ist, nicht sämmtlich auf das
Organ selbst zu beziehen, sondern auch auf die Zerrung am Pel-
veoperitonaeum und an den peritonaealen Duplicaturen: den Bändern,
also indirekt am Peritonaeum parietale. Der vortreffliche Erfolg
der Ventrofixation ist deshalb auch nicht allein auf das Organ
selbst zu beziehen, sondern auch darauf, dass mit der starren Er¬
hebung des Organs die Zerrung an den Bändern und am Pelveo-
peritonaeum auihört. Auch die Richtiglagerung, die freie Be¬
weglichkeit der Ovarien und Tuben hat grosse Bedeutung. Es
ist doch auffallend, dass nach der Ventrofixation Dysmenorrhoe,
Oraralgie und manches lästige consensuelle Symptom verschwindet.
Ja, ich bin so überzeugt von der Vortrefflichkeit der
Olshausen’schen Operation, dass ich ihr sogar ein weiteres Ge¬
biet eröffnen möchte, nämlich die Prolapse! Die Ventrofixation
bei Prolaps ist nicht neu. Peter Müller hat sie vor Jahren
gemacht und richtig gewürdigt. Nachfolger hat er nicht viel ge¬
funden. Ich selbst machte in diesen Fällen lieber die Total¬
exstirpation des Uterus mit der Resection der Scheide. Diese
Operation ist zu einer ziemlichen Vollkommenheit ausgebildet. Wer
noch nach Jahren die zuletzt von mir operirten Fälle untersuchen
wird, muss gewiss einen guten Dauererfolg constatiren. Wird die
grosse Blasenwunde durch viele sagittale Etagennähte so ver¬
kleinert, dass schliesslich das Blasenperitonaeum an die Vagina
angenähfc ist, werden die Stümpfe der Ligamenta lata, stark ange¬
zogen, mit der Vagina vereinigt, so bildet der Rest der Vagina
einen engen hochliegenden Trichter. Die Blase bleibt reponirt.
Der Erfolg ist dauernd gut. Die Operation aber ist eine sehr
blutige und gewiss schwierige. Sieht man am Präparat den kleinen
Iterus und die grosse Scheide, so muss man zugeben, dass die
Hauptsache doch die Soheidenresection ist. Diese aber ist auch
ohne Eröffnung des Peritonaeums und ohne Totalexstirpation mög-
1 . * der erhaltene Uterus kann sogar recht werthvolle Dienste
leisten, nämlich dann, wenn er, oben fixirt, die Scheide hoch hält.
bolJte er freilich allein die Heilung besorgen, d. h. den Prolaps
ocn halten, so müsste man ihn bei völligen Scheideninversionen,
wo man ihn bis an den Nabel schieben kann, zu hoch oben fixiren.
erbmdet man aber beides — wie es August Martin vorschlug —
f? *5 c Erfolg ein guter. Man schneidet recht grosse Streifen
• er kchcidenwand aus, dabei werden geschwürige Partieen be-
iKa cTk .j^^^htigt, d. h. entfernt. Ueberraschend schnell nimmt
ueöcneide eine kleinere Form und eine normale Beschaffenheit
mit ot an ‘ d , muss ers ^ grössere Erfahrungen bei alten Frauen
dio Cf* , apsen sammeln, allein ich glaube schon jetzt, dass
haft kf ° ^ ? er ® c ^ le ^ e plus Totalexstirpation nicht so vortheil-
Ein Vftitii *i •* . er kleinerung der Scheide plus Ventrofixation.
liehpn rvAi zu ver £ e ssen, dass die Patientin die weib- I
— . 0 lechtstheile behält. Denn ihr völliger Verlust ist, auch
Wenn cm „■ i. : uu wuigei vbhuöüiöü, aucu
nicht HAi,i, C -u- mehr r T zum . ^ndergebären benutzt werden, so doch
die ein OpfrP fcl ^aP D< ^ ™ P r i nc ip wird immer eine Operation,
opfert Ah n der vorzuziehen sein, welche ein Organ
uteri dio 68 no °E e ^ ne Art von Prolapsus oder Descensus
scheint' n 3 m r ausne hmend für die Ventrofixation geeignet
inveTs’ion h C mit Scheiden¬
hafter AiiJhiu h ‘ wo bei Nulliparen wegen mangel-
klärlichen des B and apparates oder aus anderen uner-
Hs ißt bei™™* de . r ^ terus sich senkt und die Scheide umstülpt,
kann, dass er d&SS m - so ^ c ^ en Fällen der Uterus total prolabiren
Genitalien ororh Anteversionsstellung vor den äusseren
das SÄ f Vor de . r Vulva wie ein durch
häufig so Rqh ^ kn 1 op [ te 5 Knopf. Sind auch solche Fälle nicht
sich der Vorronrr ^ J edem einige Fälle, bei denen
^hen (fie srewnhni-hn 8tar ^ ei1 descensus einleitete. Gerade hier
Denn der prnecfnTu . r(da P so Perationen recht schlechte Resultate,
der Scheide unterhalb ^ d ® r V eren fferung entfällt auf den Theil
fallen mehrmals d ^f Scheidengewölbes. Ich habe in einigen
is °ürt descendiren^iT* ec ^ vs °P er i ren müssen, weil sich der
Partie einbohrte r> 6 V te J. us stets wieder in die enge Scheiden¬
der die Scheide . dlese stark verengenden Operationen wurde
hd die Scheide nh« , ^ 01 \ us ? ß hr ungeeignet, denn in diesen Fällen
gestülpt. Man hn nicht zu weit, nur das Gewölbe ist
durch die Teren^endifn adl ^ also durc h Excision der Portio und
^ n d dies ohne da« n era ^ on 8 °l c he Patientinnen ganz erheblich.
Dauererfolges bei einem schwer arbeitenden
Mädchen ganz sicher zu sein! Deshalb habe ich bei ähnlichen
Verhältnissen in letzter Zeit principiell die Ventrofixation als
sicherste Methode der Heilung gewählt.
Für die Totalexstirpation würden demnach nur solche Prolapse
übrig bleiben,, bei denen im Zustande des Uterus ebenfalls eine In-
dication für die Entfernung läge, also erhebliche Grösse, kleine
wachsende Myome, Carcinom. In den anderen Fällen dürfte es
richtig sein, die Ventrofixation zu machen, mit Excision der Scheide,
die in ihrer Form und Function erhalten bliebe. Man muss sich bei
etwas Gutem nicht beruhigen, sondern stets nach etwas Besserem
suchen.
Gegen die Vaginofixation habe ich theoretische und prak¬
tische Bedenken. Sie halten mich indessen vorläufig nicht ab, diese
Operation zu studiren und auszuführen resp. an den Bestrebungen,
sie zu verbessern, Theil zu nehmen. Denn schliesslich haben Er¬
folge zu entscheiden! Theoretisch möchte ich einwenden, dass der
Uterus tiefer fixirt wird, als er normal liegt. Ein wesentlicher
Theil der Beschwerden ist, wie oben erwähnt, nicht allein auf die
Knickung, sondern auch auf die Senkung zu beziehen. Sodann
raubt man dem Uterus eine Stütze: die Blase. Sie hebt bei
wechselnder Füllung den Uterus, auf ihr liegt er wie auf einem weichen
Kissen. Auch wenn man die Kolporrhaphie mit dem Mackenrodt-
schen Längsschnitte verbindet, die vordere Vaginalwand dadurch
straffer und fester macht, so wird der Uterus trotzdem nicht in
toto erhoben. Sodann halte ich die Fixation nicht für ganz sicher.
Die Scheidenwand ist nicht so fest wie die Bauchdecken. Senkt
sich der fixirte Uterus wieder, so kann er aus der Anteversion zu¬
nächst in eine etwas geradere Stellung gelangen. Füllt sich die
Blase, so legt sie sich nun auf den Uterus und drückt ihn eben¬
falls nach unten.
Mir ist besonders bei dem Streite um das Annähen des Corpus
oder Fundus aufgefallen, dass nicht ganz klar beschrieben ist, wie
man beide trennt. Aus einigen Publicationen lässt sich doch her¬
auslesen, dass mit „fundus“ die oberste Partie der vorderen Fläche
des Uterus gemeint ist. Ich verstehe unter Fundus die obere
Fläche des Uterus, die man z. B. bei der Ventrofixation einnäht.
Die obere Fläche im Gegensatz zur vorderen und hinteren Fläche!
Schneidet man vom Uterus ein circa 1 cm dickes Stück oben ab, dessen
Schnittfläche rechtwinkelig zur Längsaxe des Organs steht, so ist
dies Stück der Fundus, dessen Mittelpunkt also gleich weit von
hinten und vorn entfernt ist. Näht man die vordere Fläche un¬
mittelbar unterhalb dieser oberen Partie und überhaupt die vordere
Fläche des Uterus an, so besteht eine Anteversion, aus der leicht
allmählich eine Retroversion wieder entstehen kann. Sind die Fä¬
den entfernt, so ist der Uterus, da wo die Fäden sassen, mit dem
Revers der Vagina verwachsen. Bei der andauernden Senkung,
namentlich dann, wenn der untere Theil der Scheide durch ihren
Verlauf der sich senkenden Portio die Richtung nach vom auf-
zwingt, zerrt der Uterus an der künstlichen Fixation. Der abdo¬
minelle Druck von oben, die Last der über dem Uterus liegenden
Blase — alles wirkt zusammen, und es tritt schnell wieder das
Recidiv ein. Dührssen hatte gewiss Recht, wenn er, wie seiner
Zeit auch Schücking, das Tragen eines Pessars nach der Operation
empfahl. Denn, wenn der Uterus durch das Pessar fixirt erhalten
wird, wenn die Zerrung der künstlichen Adhäsion nicht sofort
nach der Operation eintritt, so ist gewiss die Prognose besser,
weil die Fixation consolidirt. Habe ich doch in ähnlicher Weise
früher bei Retroflexion Castration gemacht, ein Pessar eingelegt
und erlebt, dass die zwei Stümpfe am Uteruswinkel vorn festwuchsen.
Ich sah nach vielen Jahren eine dieser Patientinnen wieder. Der
Uterus Hess sich auch nicht gewaltsam aus der vorn fixirten Ante¬
version bewegen.
Aber das ist ja gerade ein Mangel einer lageverbessernden
Operation, wenn sie noch lange Zeit eine orthopädische Pessar¬
behandlung nöthig macht! Eine Operation soll sichere Heilung
bringen! In der Annahme, dass nicht die obere Fläche des Uterus,
sondern oft der oberste Theil der Vorderfläche angenäht wird, be¬
stärkte mich die Schilderung der Operateure, welche mit einer
Sonde den Uterus in die Vaginalwunde bewegten. Stellt man sich
die Verhältnisse vor, den Damm, die Stellung der Portio bei völüger
Anteversion, der Uterusfundus auf der Vagina vor der Blase, so
ist doch eine Sondenform oder Haltung, die zunächst nach dem
Damme, dann nach der Eireuzbeinhöhlung, dann nach dem ante-
vertirten Uterus mit hoch erhobener Portio gebogen ist, gar nicht
rnögHeh.
Ausser diesen theoretischen Bedenken giebt es auch einige
praktische. Man darf doch nicht vergessen: Lässt sich eine Frau
operiren, so ist ihr Verlangen gerechtfertigt, dass sie für alle
Opfer an Zeit, Geld und Gefahren völlige Gesundheit eintauscht.
Welche Frau Hesse sich bei einem Leiden, das keine Lebensgefahr
im Gefolge hat, überhaupt operiren, wenn ihr die ungeschminkte
Wahrheit gesagt würde: „Sie werden chloroformirt und operirt, es
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
wird ein Loch in die Scheide geschnitten, die Gebärmutter wird
festgenäht, dann aber muss man tamponiren, massiren, ein Pessar
einlegen, und dann — wollen wir abwarten, ob ein Recidiv eintritt
oder nicht!“ Würde die Sache in der Weise dargestellt, so würde
„das Material“ nicht gross gewesen sein! Bei Dührssen’s
Operation, wie sie bisher, wenigstens noch Pfingsten 1893 war,
konnte man grössere Versprechungen nicht machen. Gewiss muss
man — wie es bei der Ventrofixation möglich ist — ganz bestimmt
Heilung versprechen können. Wer sich operiren lässt, will damit
gesund sein, um nun eben des Massirens, der Pessarien und der
Weiterbehandlung überhoben zu sein, um endlich den Arzt los zu sein.
Gerade deshalb wird ja operirt! Wehn ich also nicht mit Sicher¬
heit hoffen würde, dass stets, in jedem Falle durch die Vagino-
fixation sichere Heilung erzielt würde, so würde ich nicht wagen,
diese Operation einer Patientin zuzumuthen. Diese Sicherheit zu
erreichen, ist aber hoffentlich möglich und durch die Vervollkomm¬
nung der Methode von einer Anzahl Operateuren vielleicht schon
erreicht. Es fragt sich aber dann immer noch, wie die Dauer¬
erfolge bezüglich der Beseitigung aller Symptome sind!
Hier entscheidet allein der Erfolg, und zwar nicht die That-
sache, dass die Patientin die Operation glatt überstanden, sondern
der Dauererfolg. Vom Dauererfolg können wir erst nach Jahren
sprechen. Erst im Sommer dieses Jahres ist die Technik durch
Mackenrodt zu einer guten geworden. Ein Schlussgutachten ist
also unmöglich! Dennoch möchte ich die obigen Zeilen nicht unter¬
drücken, um nicht etwa ein Vorurtheil gegen die Ventrofixation
aufkommen zu lassen.
Die Operation der Vaginofixation führe ich folgendermaassen
aus, mich wesentlich an Mackenrodt anschliessend: Nachdem der
Uterus beweglich gemacht ist, Herabziehen des .Uterus mit der
Muzeux’schen Zange. Längsschnitt von der Portio bis zur Ge¬
gend der oberen Urethralöffnung. Freimachen der Vagina nach
den Seiten. Losschneiden der Blase von dem Uterus. Zurück¬
nähen der Blase nach Mackenrodt. Sobald die Peritonaealfalte
sichtbar, wird die Muzeux’sche Zange abgenommen. Ein „Kletter¬
haken“, ein kleines aber festes Doppelhäkchen wird in den Uterus
eingesetzt. Darüber ein zweiter und so fort, bis der Uterus
ganz zusammengeknickt, antefleetirt ist, bis die obere Fläche des
Uterus, „der Fundus“ sichtbar ist. Dabei zerreisst natürlich das
dünne Peritonaeum. Einigemale rissen die Haken nur kleine
Löcher, ein andern al war das Loch grösser, ja mitunter so gross,
dass man aufpassen und mit dem Zug innehalten musste, um nicht
den Uterus wie bei der Totalexstirpation völlig durch das Loch
vorzuziehen. Dies ist auch der Grund, weshalb ich auf das Zu¬
rücknähen und die Verkleinerung der Blase nicht verzichten möchte.
Hat das Peritonaeum festgehalten, so wird ja die blutende Stelle
der abgetrennten Blase nach Annähen des Fundus so comprimirt,
dass wohl die Blutung steht, zumal, wenn kleine spritzende Arterien
unterbunden sind. Ist aber das Loch so gross, dass das Perito¬
naeum vorher völlig zerrissen ist, so würde ohne Naht eine grosse
blutende Fläche der Blase unversorgt, über dem Uterus, intra¬
abdominell liegen bleiben. Dies ist jedenfalls zu vermeiden.
Während noch der letzte Kletterhaken den Fundus festhält,
führt man eine Nadel durch den Vaginalwundrand und durch den
Fundus. Sie wird so durchgestochen, dass vom Fundus ein zwei
Centimeter breites Stück von rechts nach links über der Sutur
liegen bleibt. Die Sutur kommt so weit nach hinten auf die Fundal-
fläche, dass noch eine zweite Sutur davor circa einen halben
Centimeter entfernt durch den vorderen Theil der Fundalfläche ge¬
legt werden kann. Nunmehr ist der Uterus fixirt. Man nimmt
jetzt kleine krumme Nadeln und näht rings herum den Revers der
Scheide auf den Fundus auf, gerade so, wie bei der Ventrofixation
die Bauchdecken. Dazu gebraucht man noch 6—7 Suturen, die so¬
fort geknüpft und kurz abgeschnitten werden. Hierauf knüpft man
die grossen Suturen fest und vereinigt hier die Vagina. In den
Anteflexionswinkel, in welchen hinein die Scheide nicht genäht wird,
stopft man etwas Jodoformgaze und vereinigt bis auf eine kleine
Oeffnung für den Jodoformgazestreifen die Vaginalwunde. Es ist
also ungefähr dieselbe Lage des Uterus hergestellt, die auch
spontan entstehen kann: Anteflexion des Uterus, bei der sich
der Fundus zwischen Blase und Cervix lagert. Freund hat
einen solchen Fall beschrieben.
Die Löcher, welche die Kletterhaken reissen, werden nicht be¬
rücksichtigt. Sie bluten nicht; jedenfalls sind sie nicht so gross
wie die^ Löcher, welche von Dührssen durch das Durchlegen der
„Zügel“ durch das Uterusparenchym gemacht werden.
Zum Schluss möchte ich noch ausdrücklich betonen, dass wir
allen denen — Schücking, Zweifel, Mackenrodt, Dührssen,
die sich nicht auf Vorschläge beschränkten, sondern factisch experi-
mentirten, sehr dankbar sein müssen. Es ist stets anerkennens-
werth, wenn jemand eine neue Operation ausbildet, wenn er die
zu Anfang selbstverständlichen Misserfolge auf sich nimmt.
Leichter ist es gewiss, zu kritisiren, als zuprobiren Alle diese
Bestrebungen basiren auf dem durchaus richtigen Gedanken dass
es an der Zeit ist, allmählich die Palliativbehandlung durch eine
/löflnifi-o-o TTAilm Pit, linde
IV. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.
Ueber den Einfluss der Milz auf die Im¬
munität.
Von Dr. Benario, Arzt in Frankfurt a. M.
Zu Beginn des vorigen Jahres veröffentlichten Tizzoni und
Cattani in einer vorläufigen Mittheilung einige Versuehsresultate,
nach denen die Milz bei dem Immunisirungsvorgang der Kaninchen
gegen Tetanus eine wichtige Rolle spielen sollte, insofern als der
der Milz beraubte Organismus die Fähigkeit, immunisirt zu werden,
einbüsst. Auf Veranlassung von Herrn Prof. Ehrlich habe ich
eine Nachprüfung dieser Experimente unternommen und ich benutze
gern die Gelegenheit, demselben für die Anregung und das Interesse
an dieser Arbeit meinen besten Dank zu sagen. Durch äussere
Umstände hat sich die Publieation meiner Untersuchungen, die
bald nach dem Erscheinen der oben citirten Mittheilung begonnen
wurden, verzögert. Unterdessen hat A. A. Kant hak über die
Erfahrungen berichtet, die er an entmilzten Kaninchen bei der
Immunisirung gegen den Bacillus pyocyaneus gewonnen hat. Da¬
nach verhalten sich die der Milz beraubten Thiere ebenso wie die
normalen, und Kanthak kommt zu dem Schluss, dass, was die
Phänomene der Pyocyaneusinfection und die Immunisirung gegen
dieselbe betrifft, die Entmilzung ganz ohne jeden Einfluss ist. Er
hebt dabei in richtiger Weise den mehr infectiösen Charakter der
Pyocyaneuserkrankuug gegenüber der Fern Wirkung des Tetanus¬
bacillus im Organismus hervor. Ich habe nun Infection und In-
toxication in gleicher Weise an meinem Versuchsmaterial —* Ratten,
Mäusen und Kaninchen — berücksichtigt und als Vertreter der
einen Gruppe den Schweinerothlauf, als den der anderen den Tetanus
gewählt. Ferner habe ich zur Immunisirung das Ricin benutzt,
auf dessen weitgehendste Analogieen mit den bacteriellen Toxinen
Ehrlich hingewiesen hat.
Ich habe nun eine Maus in der von Ehrlich angegebenen
Weise gegen Ricin immunisirt. Vier Wochen nach der Exstirpation
der Milz wurden derselben kleinste Mengen Ricin (0,002 g wurden
unter einen Kake verbacken) per os zugeführt und im Laufe von
14 Tagen auf 0,08 g gestiegen. Nach Ablauf dieser Zeit war
schon Immunität vorhanden, derart, dass die Maus die subcutane
Injection der doppelt tötlichen Dosis ohne jede Reaction vertrug,
während ein Controllthier nach zwei Tagen an typischer Ricinver-
giftung zugrunde ging. Dass ich parallel den entmilzten auch
immer normale Thiere in gleicher Weise vorbehandelte und der
Prüfung unterzog, bedarf wohl keiner besonderen Erwähnung.
Durch successiv gesteigerte Dosen wurde die Maus soweit gebracht,
dass sie die 120 fach tötliche Dosis ebenso glatt und anstandslos
vertrug, wie die normale Parallelmaus. Der Versuch wurde dann
abgebrochen, nachdem im Princip erwiesen war, dass die Milz
ohne jeglichen Einfluss bei der Immunisirung vonMäusen
gegen Ricin ist. Ich ging dann dazu über, gegen Tetanus zu
immunisiren, und wählte dazu Mäuse, die bekanntlich gegen Tetanus
viel empfindlicher sind als Kaninchen.
Zur Immunisirung benutzte ich eine Methode, die Professor
Ehrlich ausgearbeitet, aber noch nicht publicirt hat. Dieselbe
ermöglicht es, in relativ kurzer Zeit und in sicherer Weise Thiere
gegen Tetanus zu schützen. Drei Mäuse wurden nun zwei Tage
nach der Operation nach dieser Methode immunisirt. Ich ging
dabei unter längeren Injectionspausen sehr vorsichtig zu Werke
und prüfte erst nach Verlauf von zehn Wochen mit der doppelt
tödtlichen Dosis, die von den Mäusen ohne jede Erkrankung ver¬
tragen wurde, während die Controllmaus. an typischem Tetanus zu¬
grunde ging. Eine zweit« Serie von zwei Mäusen, bei denen vier
Tage nach der Entmilzung die active Immunisirung begonnen
wurde, hatten schon nach zwölf Tagen eine solche Giftfestigkeit
erlangt, dass ihnen anstandslos die doppelt tätliche Dosis einver¬
leibt werden konnte. Durch fortwährend gesteigerte Injectionen
vertrugen die Mäuse nach drei Monaten die öOOOfache tödtliche Menge.
Gleiche Resultate wurden an Ratten erzielt. Um den Versuchs-
bedingungen Tizzoni’s und Cattani’s zu genügen, habe ich dann
noch ein Kaninchen drei Tage nach der Operation gegen Tetanus
zu immunisiren begonnen. Ich schlug dabei wieder einen äusserst
vorsichtigen Weg ein. Leider war ich gezwungen, am 19. Tage
der Immunisirung, noch im Stadium der Vorbehandlung, dieselbe
abzubrechen, da das Thier infolge eines durch einen Biss ent¬
standenen Abscesses an der rechten Gesichtsseite am Fressen ver¬
hindert war und einen mehrere Tage lang sich fortsetzenden Ge¬
wichtsverlust aufwies. Ich beschloss deshalb, das Kaninchen durch
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
I
4. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
0
Entbluten zu tödten, um durch die Prüfung seines Blutserums auf
antitoxische Wirkung mich von einer eventuell 'eingetretenen
Immunität zu überzeugen. Die Prüfung wurde in zweifacher Weise
vorgenonimeii. Erstens wurde Serum und Tetanusgift in einem
bestimmten Verhältniss in vitro gemischt, und die Mischung Mäusen
subcutan injicirt. Zweitens wurde eine bestimmte Quantität Serum
und 24 Stunden nachher die entsprechende Giftdosis injicirt. Es
ergab sich nun iin ersten Falle das Resultat, dass 1 ccm Serum
imstande war, die lBfach tödtliche Dosis völlig zu entgiften, so
dass dieselbe Mäusen ohne eine Spur von Erkrankung einverleibt
werden konnte. Bei dem zweiten Verfahren erhielten vier Mäuse
subeutan je 0,5 ccm Serum injicirt, und nach 24 Stunden die 8-,
ii-, 12- und 25 fach tödtliche Dosis. Während die Maus, die die
25fach tödtliche Dosis erhalten hatte, nach drei Tagen an Tetanus
zugrunde gegangen war, blieben die anderen Mäuse fast ohne
ti tanische Erkrankung, so dass inan nach der üblichen Berechnung
den antitoxischen Werth des Blutserums als mindestens 1:480,
wahrscheinlich sogar etwas höher annehmen dai*f. Ich war nicht
mehr im Besitze genügender Mengen Serum, um die Bestimmung
genau zu Ende führen zu können. Im Princip dürfte es aber er¬
wiesen sein, dass das Kaninchen nach der Exstirpation der
Milz Immunität gegen Tetanus erlangt hat, und zwar eine
iu Rücksicht auf die kurze Behandlung relativ hohe.
Wie schon oben erwähnt, habe ich als Vertreter der in-
liM-tiösen Mikroorganismen den Schweinerothlauf gewählt. Ich
hatte eine Cultur in Händen, die sich durch Ueberimpfung im Laufe
der Zeit so abgeschwächt hatte, dass eine einmalige, höchstens
zweimalige Infection mit derselben zu einer vollständigen Immuni-
sirung ausreichte. Um aber ganz sicher zu gehen, habe ich zwei
entmilzten Mäusen in Zwischenräumen von drei Tagen je 0,5 ccm
einer 24-, 86- und 72stündigen Bouillon cultur injicirt. Ich war
damals jedoch nicht im Besitz einer vollgiftigen Cultur, die ich zur
Prüfung auf die erzielte Immunität verwenden konnte, und erst nach
drei Monaten gelang es mir, vollvirulentes Material in der Milz
eines am Rothlauf eingegangenen Schweines zu erhalten. Von dieser
Milz erhielten die beiden Mäuse, sowie zwei Controllinäuse kleine
Partikel an der Schwanzwurzel unter die Haut gebracht. Die kleine
Munde wurde durch Collodium geschlossen. Die vorbehandelten
Mäuse ertrugen die Infection ohne jede Reaction, während die Con-
trollthiere nach drei Tagen zu gründe gingen. Zehn weitere Mäuse,
'lie mir von anderer Seite zur Prüfung übergeben und die ungefähr
vor einem Jahre gegen Rothlauf immunisirt und damals als immun
Munden worden waren, starben sämmtlich nach der Infection. Die
mikroskopische Untersuchung des Herzblutes, angelegte Platten und
stichcalturen ergaben den Rothlaufbacillus in Reincultur.
Mir sehen also, dass meine Versuchsresultate denen von Tiz-
zoni und Cattani direkt gegenüb erstehen, und dass die Exstir¬
pation der Milz von gar keiner Bedeutung für die Immu-
niRirung bezw. Gittfestigung der erwähnten Thierspecies
leb h a be es nach diesen Ergebnissen nicht noch für nöthig
Machtet. iinmunisirten Thieren die Milz zu exstirpiren, um zu
*e ien. ob etwa die Immunität dadurch verschwinde. Diese Thiere
w r en sich zweifellos ebenso verhalten haben wie normale.
^ • Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Ober¬
stabsarzt Prof. Dr. Köhler im Charitekrankenhause.
^w^v e P len ^ a ü von Brown-Söquard’scher
aaibseitenverletzung des Rückenmarks.
Yoii Stabsarzt Herhold.
Bvown-Sequard am Ende der fünfziger Jahre
Pück( , nn^ P q- InPn ^ e en ^ ersucke über die Halbseitenverletzung des
•ler sech »?.' e . S ß* mac ht und die gewonnenen Erfahrungen anfangs
aiiecwanH^ h f/n' au ^ Pathologie des Rückenmarkes selbst
pUjp • a , wur de von den Neurologen der spinalen Hemi-
si»itienet-'y 6 -*bte Aufmerksamkeit geschenkt, und sind daher
s^mar,]’- ii ., vie ^ ack klinisch beobachtete Fälle von Brown -
"orden ^ albseit onverletzung des Rückenmarks veröffentlicht
feine* Bild der* boten jedoch die veröffentlichten Fälle das
burc:btrpnni.«« S ^ ina ei i Henniplegie, wie es durch eine begrenzte
In dem nLwT R f ckenraar kshälfte bedingt ist.
" x P'*rimentell »1/° F^ 611 waren die von Bronw-Söquard
damit m a <r |: g v un ^ nen Erscheinungen sämmtlich vorhanden, und
In diT desselben gerechtfertigt sein.
irzl Prof. H lcnui dle c bh*urgische Abtheilung des Herrn Oberstabs-
S '-Wächt^ r IlcrUl.oJ? w Wurde an ? 21. Juli 1893 der 47 Jahre alte
" l0Dfi »ufgrenoniini-n ^ we & en e ‘ ner ^ linken Fuss befindlichen Phleg-
j Apcl,lv «1« Physiologie 1863-6Ö, 1868 und 1869. I
Anamnese: Der Kranke stammt aus gesunder Familie und war bis
zum Jahre 1868 nie krank. Im Sommer dieses Jahres erhielt er angeblich
einen Messerstich ins Genick und wurde bewusstlos in die Chante ge¬
bracht. Nach seinen Angaben soffen die Folgen seiner Verletzung eine
Lähmung seiner Arme und Beine und seiner Blase gewesen sein •)
Nach etwa 14 Tagen konnte er angeblich die Arme wieder bewegen
und Unn lassen, nach drei Wochen war das linke Bein wieder gebrauch*-
mhig, während das rechte Bein zunächst gelähmt blieb und erst im Laufe
der Jahre seme Lähmung verlor: jedoch besteht heute noch eine Schwäche
in demselben.
Bis zum 9. Juli 1893 war W. von Krankheiten verschont. Am
10. Juli schwoll ihm der linke Fuss an, er bemerkte eine kleine eiternde
Wunde am linken Kleinzehenballen und zog sich, aus derselben eine
Nähnadel heraus, die er sich in den Fuss getreten hatte, ohne
es zu merken, er war mit der Nadel im Fusse herumgelaufen
Da die Wunde nicht heilte, suchte er die Charite auf.
Status: Kräftig gebauter Mann, etwas blasse Gesichtsfarbe. Im
Nacken rechts vom sechsten Halswirbel, 1 cm etwa vom Processus
spinosu s dieses Wirbels entfernt eine kreuzartige, 1cm lange,
Va cm breite Narbe. Der ganze linke Fusse ist stark geschwollen, in
der Fusssohle am Kleinzehenballen eine erbsengrosse Oeffnung, in welche
die Sonde P/a cm tief eindringt und auf die rauhe Fläche der ersten
Phalanx der fünften Zehe gelangt. Brust- und Unterleibsorgane sind
gesund. Urin: 2200 in 24 Stunden, klar, gelb, kein Eiweiss, kein Zucker,
reagirt sauer. Psychische Abnormitäten sind nicht vorhanden. Pupillen
gleich weit, reagiren gut. Das rechte Bein ist erheblich magerer als
das linke. Der Umfang, 24 cm unterhalb der Spina anterior ilei gemessen,
beträgt am linken Bein 4S l /s cm, am rechten Bein 43 1 /* cm. Der Umfang’
16 cm unterhalb der Patella gemessen, beträgt am linken Bein 30 cm, am
rechten Bein 26 l /* cm.
Gang: Das rechte Bein wird etwas nachgezogen.
Stehen: Beim Stehen mit geschlossenen Füssen und Augen tritt
lebhaftes Schwanken ein.
Kraft der oberen Extremitäten gleich stark. Im rechten Bein ist.
die Muskelkraft gegen links erheblich herabgesetzt. Das rechte Bein
kann leicht durch die auf dio Kniescheibe aufgelegte Hand am Empor-
gehobenwerden verhindert werden.
Elektrisches Verhalten der Muskeln: Faradischer Strom:
Erregbarkeit ist an den oberen Extremitäten gleich. Am rechten Bein
ist die direkte und indirekte Erregbarkeit der Muskeln schwächer als links.
Galvanischer Strom: Direkte und indirekte Erregbarkeit am
linken Arm grösser als am rechten. Die direkte Erregbarkeit war am
rechten Bein grösser als links. Umgekehrtes Verhalten zeigte die in¬
direkte.
Beim Beugen des rechten Beines treten unwillkürliche Muskel-
spannungen ein.
Reflexe: Patellarreflex rechts grösser als links, Sehnenreflexo
am rechten Arm aueh stärker als links. Fusssohlenreflexe rechts etwas
stärker als links. Cremasterreflex links stärker als rechts. Bauchdecken-
reflex links stärker als rechte.
Ataxie deutlich am rechten Bein (Kniehackenversuch). An den
oberen Extremitäten keine Ataxie.
Muskelsinn am rechten Bein gestört. Bei geschlossenen Angern
besteht völlige Unkenntniss der Stellung des Fusses.
Vasomotorische Störungen: Das linke Bein soll stärker
schwitzen als das rechte.
Anästhesie besteht am linken Bein und an der linken Rumpfhälfte
— genau bis zur Mittellinie des Körpers — bis zur dritten Rippe. Spitze
Nadelstiche werden selten, stumpfe gar nicht gefühlt.
Hyperästhesie besteht am rechten Bein und an der rechten Rumpf¬
hälfte bis zur dritten Rippe. Stumpfe Nadelstiche werden häutig als
spitze angegeben, spitze sehr scharf empfunden, Vom unteren bis zum
oberen Rand der dritten Rippe werden rechts Nadelstiche garnicht
empfunden — anästhetische Zone —, darüber normales Empfinden.
Analgesie besteht links im Bereich der Anästhesie.
Der Temperatur sinn ist im Bereiche der Anästhesie erloschen:
am linken Bein wird weder Kälte noch Wärme, an der linken Rumpf¬
hälfte nur Wärme empfunden.
Tastsinn fehlt im Bereich der Anästhesie.
Drucksinn: Am linken auf der Unterlage fest aufliegenden Bein
können Gewichtsstücke verschiedenen Gewichts nicht unterschieden werden.
Wir haben im vorliegenden Falle demnach: Auf der Seite der
Verletzung: Störungen der Motilität. Verringerung der faradischeu
und Verstärkung der galvanischen (direkten) Muskelreizung, Steige¬
rung der Sehnen- und Verringerung der Hautreflexe, Ataxie. Ver¬
lust des Muskelsinns und Hyperästhesie der Haut mit einer
schmalen anästhetischen Zone.
Auf der unverletzten Seite finden wir: Anästhesie für Tust-,
Temperatur- und Schmerzempfindung.
Bemerkenswerth an dem vorliegenden Fall ist, dass die von
Bro wn-Söquard für die Halbseitenverletzung des Rückenmarks
angegebenen Kranklleitserscheinungen in solcher Reinheit vorhanden
sind, nachdem 25 Jahre seit der stattgehabten Verletzung verflossen
sind. Abweichend vom typischen Krankheitsbilde verhält sich nur
das Fehlen von vasomotorischen Störungen auf der gelähmten
Seite, da ja die vasomotorischen Nerven in den Vordersträngen des
l ) Leider war das Krankheitsjouraal über diese Verletzung nicht
mehr zu erhalten, da die Journale in der Charite nicht länger als zwölf
Jahre auf bewahrt werden.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
10
DEUTSCHE MEU1CIN1SCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
Rückenmarks also auch ungekreuzt verlaufen sollen. Brown-
Sequard scheint aber derartige Beobachtungen auch gemacht zu
haben, denn er sagt an einer Stelle: 1 ) .,Kommt aber später eine
Entzündung auf der getheilten Hälfte hinzu, so sehen wir die
vorher gelähmten Gefüsse sich verengern, wie unter solchen Um¬
ständen auch die willkürlichen Muskeln sich krampfhaft contrahiren.
Damit sinkt aber auch die Temperatur an den betreffenden Steilen.“
Auch Erb giebt in seinem Lehrbuche 2 ) an. dass bei Brown-
S^quard’sclier Lähmung bei längerem Bestehen manchmal die
anästhetische Seite wärmer ist als die motorisch gelähmte. Auf¬
fallend ist ferner die Verringerung des Cremaster- und Bauch¬
deckenreflexes auf der gelähmten Seite. In einem von A. Kiver 3 )
beschriebenen Falle waren diese Reflexe ebenfalls auf der nicht
gelähmten Seite am stärksten: bei drei von Hoffmann 4 ) veröffent¬
lichten Fällen fehlten zwei mal die Hautreflexe auf der gelähmten
Seite, einmal waren sie hier nur angedeutet. Es scheint somit das
Fehlen der Hautreflexe auf der gelähmten Seite, respective das
Schwächersein derselben die Regel zu sein.
Wenn auch die von dem Messerstiche herrührende Hautnarbe
bei dem Patienten in der Höhe des sechsten Halswirbels sitzt, so
kann die Verletzung des Rückenmarks nur in der Höhe des dritten
Dorsalwdrbels stattgefunden haben. Denn genau Ins zum Gebiete
des dritten Dorsalnerven geht an der nicht gelähmten Seite die
Anästhesie, und genau im Gebiet desselben Nerven liegt an der
gelähmten Seite die anästhetische schmale Zone. Eine Lähmung
des rechten Arms hat nur 14 Tage zugleich mit den Lähmungen
des rechten Arms und linken Beins bestanden und ist wohl er¬
klärbar durch die unmittelbar im Anschluss an die Verletzung
aufgetreteilen Entzüiidungserschemungen. Der rechte Arm ist jetzt
kräftiger als der linke: die Erhöhung der Sehnenreflexe am rechten
Arm erklärt sich durch eine aufsteigende secundäre Degeneration
der Seitenstränge. Die Erscheinung, dass trotz der höher liegenden
Hautnarbe die Verletzung des Rückenmarks in der Höhe des dritten
Dorsalwirbels stattgefunden hat. erklärt sieh daraus, dass die
Messerklinge in der Richtung von oben nach unten geführt wurde
und zwischen Weichtheilen und Wirbelsäule nach abwärts drang,
bis sie durch den dritten Dorsalwirbel aufgehalten wurde.
VI. Neuere Anschauungen über Vererbung,
Descendenz und Pathologie.
Von Prof. Dr. Ribbert in Zürich.
Als die Träger der Vererbung in den Keimzellen werden be¬
kanntlich zur Zeit von den meisten Forschern ausschliesslich die
Kerne angesehen, und in ihnen kommt wieder allein die chro¬
matische Substanz in Betracht. Dem Protoplasma fällt also für
die Vererbung nur eine nebensächliche Rolle zu, jedoch Avird auch
jetzt noch von einzelnen Seiten, z. B. von Nussbaum 5 ) ange¬
nommen, dass auch ihm nicht jede Bedeutung fehle, vor allem des¬
halb; weil an der Vereinigung der Kerne der beiden Keimproducte
auch die Centrosomen einen Antheil haben. Wenn diese aber, wie
neuere Arbeiten darzuthun scheinen, aus dem Kerne abzuleiten
sind, so wäre damit eine neue wichtige Stütze fnr die ausschliess¬
liche Bedeutung desselben bei der Vererbung gegeben. In consequen-
tester Weise ist jene erste Vorstellung von Weisma nn, insbesondere
in seinem neuesten Werke :DasKeiraplasma, eine Theorie der Ver¬
erbung (Jena, Fischer 1892) ausgebaut worden. Er giebt der als
Grundlage für die Vererbung dienenden Substanz den Namen Keim¬
plasma und verlegt sie also allein in das Chromatin, während
Naegeli, der sie Idioplasma genannt hat, sie auch dem Proto¬
plasma, und zwar allen Zellen des Körpers in Form eines zusammen¬
hängenden Netzes zugetheilt hat.
Ueber die innere Structur dieser Substanz sowie über die Art
und Weise, wie aus ihr der complicirte Aufbau des Organismus
hervorgeht, hat inan sich verschiedene Vorstellungen gemacht, die
hier nicht wohl im einzelnen besprochen werden können, wie denn
überhaupt die hier gegebene Uebersicht die neueren Beobachtungen
m erster Lime insoweit verwerthet, als sie auch für die Pathologie
von Wichtigkeit sind. Wer sich über die verschiedenen An¬
schauungen genauer orientiren will, findet in der Schrift von
de Vries (Intracellulare Pangenesis. Jena, Fischer 1889) die ge-
wünschte Belehrung (siehe das Referat von Baumgarten in dieser
Wochenschrift 1892, p. 591).
Wir beschränken uns hier mit Rücksicht auf die unten fol¬
genden Betrachtungen über die Vererbung erworbener Eigenschaften,
| Virchow-Hirseh 1869, Bd. II. p. 38.
2 > Krankheiten des Rückenmarks 1876, p 248
"1 Neurolog. Centralblatt 1891, p. 33.
;) Archiv f. klin. Medicin 1886, Bd. 38, p. 87.
■') Aroh. f. mikroskop. Anat, Bd. XXXX1. p 1H»
den Atavismus etc., die neuesten Vorstellungen von Weismann
anzuführen, - der bekanntlich den Fragen der Vererbung ein ganz
besonderes Studium gewidmet und gerade jene für die Pathologie
wichtigen Gegenstände eingehend der Betrachtung unterzogen hat.
Er ist, wie aus dem genannten Buche hervorgeht, zu der Ueber-
zeugung gelangt, dass die einzelnen vererbbaren Eigenschaften sich
bei der Entwickelung des Embryo nicht etwa neu büden, dass es
also keine Epigenesis giebt, die er lange für wahrscheinlicher hielt,
sondern dass sie alle in gleich zu besprechender Weise als „An¬
lagen" in dem Keimplasma vorgebüdet sind. Seine Auffassung ist
somit verwandt mit Darwin’s „Pangenesis", besonders aber mit
der gleichnamigen, jedoch in einem wichtigen Punkte (siehe unten)
abweichenden Theorie von de Vries.
Weismann giebt folgende Darstellung von der Structur
des Keimplasmas. Die Träger der Vererbung sind die denkbar
kleinsten organisirtcn, vermehrungsfähigen Einheiten, die Weis-
mann Lebensträger, Biophoren nennt. Sie sind aus einer
Anzahl von Molekülen zusammengesetzt, unterscheiden sich aber
von einauder durch ihren Aufbau und entsprechen, jedes für sich,
einer besonderen Zellart des elterlichen Organismus. Also nicht
jede einzelne Zelle ist durch ein Biophor im Keimplasma vertreten,
sondern für viele gleiche Zellen braucht nur ein solches Element
vorhanden zu sein. Jedoch müssen sich immerhin so viele finden,
als selbstständige und vom Kern aus veränderliche Charaktere au¬
genommen werden müssen. Die verwandten, zu einer Gewebs-
gruppe gehörigen Biophoren sind dann wieder zu grösseren Ein¬
heiten, den Determinanten, vereinigt, diese wieder zu noch
grösseren, den Iden, welche wahrscheinlich mit den bei manchen
Thi eren als Mikrosome bezeichnten Bestandtheilen der mit dem
Namen Id an teil belegten Kernfäden identisch sind. Die Entwicke¬
lung des Embryo erfolgt unter dem Einfluss dieser sich auflösenden
Gruppen von Biophoren, welche mehr und mehr, in einer durch die
Zusammenlagerung in Determinanten und Iden bedingten Gesetz¬
mässigkeit, natürlich unter gleichzeitiger Vermehrung auf die ein¬
zelnen neu entstehenden Zellen sich vertheilen und die besonderen
Charaktere derselben bedingen. Dabei schliesst sich Weismann
denjenigen Ausführungen von de Vries (siehe unten) an, die darauf
hinauslaufen, dass die von diesem als „Pangene" bezeichneten
Erblichkeitsträger aus dem Kerne, in dem sie alle enthalten sind,
in das Protoplasma übertreten und die Beschaffenheit desselben je
nach ihrer eigenen Structur bestimmen. Ebenso denkt sich Weis¬
mann die Beziehung der Biophoren zum Protoplasma.
Nicht in allen Zellen löst sich nun alles Keimplasma in dieser
Weise auf. sondern in einer bestimmten Reihe derselben bleiben
grössere sich vermehrende Mengen des Keimplasmas in einem zu¬
nächst inaetiven Zustande ohne jene Auflösung zurück. Aus diesen
Zellen entwickeln sich je nach der Thierart bald früher, bald später
die Keimzellen des kindlichen Körpers, indem jenes Keimplasma
ihren Charakter bestimmt. Da so beständig immer wieder Theile
der Keimzellen auf die neuen Keimproducte der Nachkommen con-
tinuirlich übertragen werden, so entsteht eine durch das ganze
Thierreich hindurchgehende „ C o n t i u u i t ä t des K e i m p 1 a s m as",
die natürlich nur bei einer unbegrenzten Vermehrungsfähigkeit
desselben denkbar ist. Die grosse Bedeutung dieser Vorstellung
leuchtet ohne weiteres ein. Sie liefert in der Tliat die beste Er¬
klärung des Umstandes, dass die Nachkommen den Eltern in den
Hauptpunkten gleich sind. Schon vor Weismann hatten Jaeger
und Nussbaum ähnliche Anschauungen geäussert. Letzterer hatte
von einer Continuität der Keimzellen gesprochen. Das beste bis¬
her gekannte Beispiel einer solchen Continuität des Keimplasmas
hat jüngst Boveri 1 ) geliefert, indem er bei Ascaris megalocephala
zeigte, dass in einer Weise, die genauer zu besprechen hier zu
weit 1 Ohren würde, sich vom Ei aus eine zusammenhängende,
durch eine ganz bestimmte Kerntheilungsart charakterisirte Zellen¬
reihe verfolgen lässt, deren Endglied die Urgeschlechtszelle darstellt,
während die anderen Theilproducte, die als Seitenbahnen der ein¬
zelnen Glieder jener Zellreihe aufgefasst werden können, sich durch
einen völlig verschiedenen Modus der Kerntheilung auszeichnen
und die somatischen Zellen des Körpers, das Ect-oderm, Entoderm
und Mesoblast liefern.
Würde das Keimplasma genau in der gleichen Zusammen¬
setzung, wie es bei der Bildung des elterlichen Körpers thätig
war, aut das Kind, von diesem wieder auf die Enkel übergehen, so
würde daraus, wenn wir zunächst nur die ungeschlechtliche Ver¬
mehrung in s Auge lassen, eine Reihe ganz gleicher Individuen re-
sultiren. Aber der sich entwickelnde Embryo erfährt erstens von
beiten des elterlichen Körpers tune Reihe von Einflüssen, die ihn
etwas verändern können. Sic werden indessen, da die Anlagen
der* Keimplasmas das M achsthum inaassgebend bestimmen, nicht
) »Sitzungsbericht der Gesellschaft f. Morphol. und Physiol. in Mün¬
chen. 1892. Bd. VIII.
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4. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Itfsonderr Wichtigkeit erlangen. Zweitens aber wird das Keim-
p]a$ma auch schon, während es noch ruhig in der Keimzelle liegt,
durch Aenclerungen der Ernährung, resp. durch die Verschieden¬
artigkeit der Ernährung der einzelnen Zelle, beeinflusst werden
können, worauf wir unten zurückkommen. Resultirt daraus schon
(dne Abänderung der Vererbungssubstanz, so kommt eine solche
bei der geschlechtlichen Fortpflanzung drittens in bedeutsamer
Weise durch die Vereinigung der väterlichen und mütterlichen
Keimzellen, durch die „Amphimixis” (vergl. das gleichnamige
Buch Weismann’s 1891) zustande. Die Keimplasmen der beiden
Zellen, die nicht etwa männlich und weiblich genannt werden
dürfen, da sie selbst nicht geschlechtlich differenzirt sind, ver¬
mischen nun ihrp beiderseitigen Biophoren in mannichfacher Weise,
und so entstellen die Variationen des kindlichen Organismus, der
bald eine gleichmässige Mischling beider elterlichen, bald ein ITeber-
wiegen des väterlichen, bald der mütterlichen Charaktere erkennen
lässt. In der durch die Vereinigung der Keimzellen be¬
dingten Veränderung des Keimplasmas sieht Wcis-
mann die Bedeutung der geschlechtlichen Fortpflan¬
zung. Er verwirft also die früher meist gehegte Auffassung,
nach welcher das Wesen der Befruchtung in einer durch den Ein¬
fluss des Spermatozoon auf die Eizelle bewirkten Verjüngung des
Lehensprocesses der letzteren zu suchen sei. Die Variationen des
Keimplasmas. wie sie also einerseits durch die Amphimixis, an¬
dererseits durch die verschiedenen Ernährungseinflfissr bedingt
werde», welche die einzelnen Keimzellen treffen, bilden die Grund-
lage der Selection, mittels deren die Naturzüchtung neue Arten
schafft.
In dieser Theorie hat die Vererbung solcher Eigenschaften, die
im Individuallehen unter dem Einfluss der äusseren Verhältnisse
erworben wurden, die man seit Lamarck für die Deseendenz-
theorie zu verwerthen suchte und die von vielen Seiten auch heute
noch in Anspruch genommen werden, keinen Platz gefunden. In
•ler That schliesst V eismann die Möglichkeit einer Vererbung
erworbener Eigenschaften völlig aus. Heber diese Frage
wurde die Discussion vor einigen Jahren besonders lebhaft, nach¬
dem A\ eismann auf der Naturforscher-Versammlung in Strass¬
burg seine Anschauungen dargelegt und in Virchow ebendaselbst
einen Gegner gefunden hatte. Seitdem haben sich über diesen
nmkt zahlreiche Forscher ausgesprochen, von denen hier Ernst
Siegler) erwähnt sein mag, der sich in der Hauptsache im Sinne
«eismann’* ausserte, ferner Orth.*) der eine. Vererbung bei
Veränderungen lebenswichtiger, den Stoffwechsel erheblich be¬
einflussender Organe für möglich hält (s. u.). und Eimer, 8 ) der in
mnem grosseren Werke gerade auf diese Vererbbarkeit die Mög-
*eit dei Deseendenz basirt. Die Ansichten gehen hier noch
. f ’i aU! ' emanf Ier. aber das freilich wird von den meisten Seiten
d * P ßo te eu g r °fr p r Verletzungen und operativer
fiirn,“ r vererben. Dagegen sollen, wie auch Virchow
(, g u l halb die unter dem Einfluss äusserer Lehensbedingungen.
■ p nP> ant ‘® ren Klimas entstandenen Aenderungcn vererbbar
rnl, nne K ah - r Steckt (ler Möglichkeit einer erblichen Ueber-
Mng noch weitere Grenzen und dehnt sie auch auf Verletzungen
Steinl ui If ßeweis zahlreiche mehr oder weniger sicher¬
en Ppi , }l i; e ! )iaC ^ Ung " 11 ’ zum experimenteller Natur an. und
man nu-ht ( l - Pn Material gegenüber wird man allerdings, so lange
klären tön onen . ir |' ls ^ tragen, wie man denn alles das anders er-
aren konue als durch die Vererbbarkeit erworbener Eigenschaften.
•lahin c° i ^ ^ eismann auf diese Frage giebt, lautet
die Kinil f r,-!w aS erwo jf ei1 bezeichn et e und von den Eltern auf
jenen ^■nrhpr 1rage . ne Eigenschaft in Wirklichkeit gar nicht von
FoDp dpr • sondern dass sie auch bei ihnen bereits in
standen adpniei * deß Keimplasmas, aus dem sie selbst ent¬
erst an ft rat n ’ lS!lc ^ .^wickelte, dass sie also zwar bei ihnen zu-
wurde. \ P hm PF ? K lt T 0 ” \^ nen während ihres Lebens acquirirt
I>em Oll st rat i rm en l' 11 ZT ^ ei ße ^ s P* e ^ e - Besonderes Aufsehen hat die
^turfö^hi>w«,! 5 ! ?hwa ? z oser Katzen durch Zacharias auf der
'«Ute den Sphw.T amin * U11 -F zn Wiesbaden gemacht. Die Mutter
Indessen yljp+A ,£ Z '«5 fahren durch ein Trauma eingebüsst haben,
^aumatischen FinL >n ? here Y ntfirsucIlun & dass die Thatsache der
und es könnt p tL lr , durchaus ungenügend begründet war.
sehwanz:lo? L r er hpt0nt werdpn - dass auch sonst nicht selten
zM-he Erselipim.if 11 ^® ren werden, ohne dass die Eltern die
Eigenschaft rle^ KnF ^. e)0 * en hatten. Eine solche auf Grund einer
kann dann aW . as ? la * s zur Entwickelung gelangte Abnormität
Beispiel dient dip / W ?7 verer ^ werden. Als zweites analoges
iLnnet hat ° arp Btummelschwänzigkeit bei Hunden.
nandergesetzt, 4 ) dass dieselbe einem Vorgreifen
11
’i FwtseS "! lr Pätholog. Anatomie Bd. 4.
!)i « Entstehen,.'ä Kö . lllker - Leipzig 1887.
'• IleitriiJI." Arten rtr- -Tena 188 «.
" 1 Anatomie Bd. 4. p (>7
eines normalen Reductionsvorganges der Schwanzwirbelsäule ihre
Entstehung verdankt, und dass sie. auf dieser Basis in die Er¬
scheinung getreten, auch auf die Nachkommen übertragbar ist.
Nun hat aber Virchow 1 ) hervorgehoben, dass doch \Y z |is-
mann selbst die äusseren Lebensverhältnisse für die Entstehung
neüer Artmerkmale verantwortlich macht, und dass diese dann doch
als unter dem Einfluss jener Bedingungen erworben zu betrachten
seien. Nach den vorstehenden Ausführungen ist es aber möglich,
die Ansichten Weismann’s dahin zu präcisiren, dass aller¬
dings die neuen Charaktere durch die Einwirkung der äusseren
Lrsaehen fixirt und verstärkt werden, aber zuerst als Folgen einer
Variation des Keimplasmas auftraten, also nicht im Einzel¬
leben erworben wurden.
Weshalb können nun nach Weis mann erworbene Eigenschaften
nicht vererbt werden? Das würde nur dann möglich sein, wenn
die entstandenen Veränderungen auf das Keimplasma der Keimzellen
so .übertragen werden könnten, dass sich auf Grund der durch diese
Uebertragung bedingten Modification bei dem Embryo die gleichen
Verhältnisse entwickeln könnten. Das Vorkommen* einer solchen
Einwirkung auf das Keimplasma stellt aber Weismannn in Frage.
Es besteht eben bei Thieren und Pflanzen (siehe die Ausführungen
von de Vries) ein Gegensatz zwischen Körper- und Keimzellen.
Die letzteren sind bis zu einem gewissen Grade unabhängig von
den ersteren, so dass die zur Vererbung vorauszusetzende Ueber-
tragung schwer denkbar erscheint.
Wie aber stellen sich nun diejenigen, welche eine Vererbung
erworbener Eigenschaften für möglich halten, das Zustandekommen
derselben vor? Natürlich muss die Keimzelle durch Veränderungen
der in Betracht kommenden Körpertheile beeinflusst werden, und die
Frage ist jetzt die, wie das denn zu denkeu ist. Hier hat Darwin
die erste fruchtbringende Erklärung versucht, indem er annahm,
dass von allen Zellen des Körpers beständig ..Keimehen“ abgegeben
würden, welche, im Körper kreisend, auch in die Geschlechtszellen
gelangen und diese im Sinne der erworbenen Eigenschaften ver¬
ändern können. Diese Vorstellung, die, wie Weis mann hervor¬
hebt, wohl kaum eine vollständige Erklärung, sondern nur einen
Versuch hat darstellen sollen, hat anregend und fördernd gewirkt,
ist aber in dieser Form allseitig verlassen, und wenn de Vries
für seine Theorie den Namen „Pangenesis“ beibehalten hat, so
schränkt er sie durch den Zusatz „intracelluläre Pangenesis“ dahin
ein, dass er den Keimehentransport durch den ganzen Körper ver¬
wirft, aber die Zellen aus Keimchen, „Pangenen“, zusammen¬
gesetzt denkt, an denen die erblichen Eigenschaften haften. Die
Pangene sämmtlicher Körperzellen sind auch in den Keimzellen
vertreten. Ein Transport, ein Austausch der Keimchen ist nur
intracellular zwischen Kern lind Protoplasma möglich.
Ist so die Darwinsche Hypothese des Keimehentransportes
verlassen, so ist andererseits keine andere maassgebende Erklärung
an ihre Stelle getreten.
Auf Grund der bisherigen Betrachtungen ist man nun aber
genöthigt, den Begriff der erworbenen Eigenschaften etwas genauer
zu definiren. Wir dürfen darunter nach .dem üblichen Sprach¬
gebrauch nur diejenigen Veränderungen verstehen, welche die
somatischen Zellen des Körpers getroffen haben. Aber es ist
andererseits ja keine Frage, dass auch das Keimplasma selbst neue
Eigenschaften erwerben kann. Hier kommt, wie oben schon be¬
merkt wurde, einmal die Vereinigung der Geschlechtszellen bei der
Befruchtung in Betracht, durch welche zahlreiche Variationen ge¬
schaffen werden können. Ziegler 2 ) meint, dass die Vermischung
der beiden Keimplasmen nicht nur zu den der Selection dienenden
Abänderungen, sondern in manchen Fällen auch zu pathologischen
Zuständen führen kann. Er sieht solche Bedingungen durch drei
Möglichkeiten gegeben: Erstens durch die Vereinigung zur Copulation
nicht. ..geeigneter” Geschlechtskerne. Eine erfolgreiche Befruchtung
kommt zwar zustande, aber da die Kerne nicht ganz zu einander
passen, zeigt das sich entwickelnde Individuum die eine oder andere
Abnormität. Zweitens kann der. Grund in einer Störung des
Copulationsvorganges selbst gegeben sein, der Art zum Beispiel,
dass ein durch zwei Spermatozoen befruchtetes Ei zu einer Doppel¬
missbildung wird. Drittens kommen schädliche Einflüsse in Be¬
tracht, welche die Geschlechtskerne oder das befruchtete Ei treffen,
so lange eine Trennung in Geschlechts- und somatische Zellen noch
nicht erfolgt ist. Hier können dann gewisse Allgemeinstörungen
des elterlichen Organismus von Einfluss sein, z. B. Alkoholintoxi-
cation, welche durch Einwirkung auf Samen und Ei die Entwickelung
des Embryo ungünstig beeinflusst. Auch Weismann misst solchen
Einwirkungen Bedeutung bei, er hält es für möglich, wenn auch
noch völlig unbegründet, dass auf diese Meise Abnormitäten,
grössere und kleine Missbildungen entstehen. Für die Frage der
' » Virchow’s Archiv Bd. 103.
-) Beil rüge zur pnfholog. Anatomie IM. 4.
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12
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Vererbung kommen diese Erscheinungen aber seiner Meinung nach |
nicht in Betracht, da nicht eine zur Bildung neuer Anlagen i
führende Variation des Keimplasmas, sondern nur eine individuelle
fyJHckelungsstörung vorliegt.
^’Das Keimplasma kann aber auch vor der Befruchtung von
modificirenden Einflüssen getroffen werden. Auf diese Möglichkeit
hat Weismann früher nur geringen Werth gelegt, in seinem |
neuen Werke misst er ihr aber, wie oben bereits angeführt wurde,
weit höhere Bedeutung bei. Er setzt voraus, dass nicht für alle
nach einander zur Reife gelangenden Keimzellen die Ernährungs¬
bedingungen die gleichen sind, und dass diese Verschiedenheit notli-
wendig die Zusammensetzung des Keimplasmas im Sinne einer für
die Selection erforderlichen Variation ändern muss. Solche Er-
nährungsmodificationen sind, abgesehen von der wohl kaum in Be¬
tracht kommenden verschiedenen Lage der Zellen in den Keiin-
drüsen, hauptsächlich in den allgemeinen Zuständen des Indivi¬
duums gegeben, welchem die Keimzellen angehören.
Wenn wir nun also sehen, dass auch das Keimplasma selbst
neue Eigentümlichkeiten erhalten kann, die dann natürlich auf
die Nachkommen übertragbar sind, so kann man in diesem Sinne
von einer Vererbung erworbener Eigenschaften reden. Doch muss
man sich immer wieder klar machen, dass hierunter nicht die Aen-
derungen somatischer Zellen verstanden sind, wie oben genauer
auseinandergesetzt wurde.
Wenn wir auf diesen Punkt hier noch einmal zurückkommen,
so wollen wir doch noch die Frage aufwerfen, ob denn wirklich
auf Grundlage der Vorstellungen Weismann’s jede Möglich¬
keit ausgeschlossen ist, dass neue Eigenschaften somatischer
Zellen in gleichsinniger Weise auf das Keimplasma übertragen
werden können. Von Verletzungen mag bei dieser Frage freilich
abgesehen werden. Aber sollte es im Sinne von Orth nicht
denkbar sein, dass Veränderungen lebenswichtiger Organe solche i
Störungen des Stoffwechsels, der Blutcirculation und der nervösen i
Einwirkungen herbeiführen, dass dadurch das Keimplasma in einer
der erworbenen Eigenschaft entsprechenden Weise beeinflusst würde? *
Die Frage lässt sich wohl auch noch anders stellen. Da nach j
Weismann’s Anschauungen in den einzelnen Zellarten des Körpers |
dieselben Biophoren als maassgebende Bestandtheile sich finden,
die auch im Keimplasma vertreten sind, so könnte man wohl daran
denken, dass die Biophoren der etwa mit neuen erworbenen Eigen¬
schaften versehenen Organe bestimmte Stoffwechselveränderungen
eingingen, die auf die gleichartigen Biophoren des Keimplasmas mit I
Hülfe der Circulation übertragen werden könnten. Das ist freilich I
lediglich eine theoretische Vorstellung, indessen ist man zu diesem
oder einem anderen Erklärungsversuche genöthigt, angesichts der ■
neueren Beobachtungen über die Vererbbarkeit erworbener |
Immunität gegen Infeetionskrankheiten, die sowohl von der ,
Mutter wie vom Vater her statt finden soll. 1 ) (Schluss folgt.)
VII. Neuere Arbeiten über Epilepsie.
Von Prof. Dr. Seeligmüller in Halle.
Wie das Studium der Neurosen überhaupt — es sei hier nur
an die Hysterie und die sogenannte traumatische Neurose erinnert
— in den letzten Jahren mit grossem Eifer betrieben ist, so auch
das der Epilepsie. Die nachfolgenden Seiten sollen eine kurze
Uebersicht über die dadurch zu Tage geförderten neuen Anschau¬
ungen und Thatsachen geben, und zwar vorzugsweise über die
Aetiologie, Symptomatologie und Therapie des immer noch vielfach
räthselhaften Morbus sacer.
Zunächst ist der Begriff dessen, was man unter Epilepsie zu
verstehen hat, ganz ausserordentlich erweitert. Darum trägt die
Monographie von Ch. För6 55 ), welche das Hauptwerk der letzten
zehn Jahre darstellt, mit Recht den Titel: „Lös Epilepsies et les
Epileptiques“. Ob übrigens der Begriff der Epilepsie wirklich so
weit zu fassen ist, wie er von manchen Autoren gefasst ist, dar¬
über können erst weitere Studien mit Sicherheit entscheiden.
Auf ein e nähere Besprechung der Förö’schen Monographie
*) Anm. bei der Correctur: Die Vererbbarkeit erworbener Eigen¬
schaften wird jedenfalls, wie Roman es in einem sehr lesenswerthen
Buche (Eme kritische Darstellung der Weismann’schen Theorie, aus dem
Englischen übersetzt von Dr. Karl Fiedler) auseinandergesetzt hat,
nicht durch theoretische Erwägungen, sondern nur durch thatsächliche
Beobachtungen entschieden werden können. Für ihre Möglichkeit hat
sich auch Hansemann ausgesprochen (Specificität, Altruismus und Mal-
plasie der Zellen, p. 61. Vergl. das Referat in dieser Wochenschr. 1893
No. 46). Auf grund der Beziehungen („Altruismus“), die er zwischen
den Geschlechtszellen und den somatischen Zellen annimmt, glaubt er,
dass Veränderungen der letzteren durch einen Stoffwechselaustausch auf
jene übertragen werden können, so dass also, wie Virchow betonte,
veränderte Lebensweise, Klima und pathologische Constitutionen die erb¬
lichen Eigenschaften zu modificiren imstande sind.
No. 1
soll hier nicht näher eingegangen werden. Nur das sei hervor¬
gehoben, dass dieselbe, wie leider französische Werke es meist zu
thun pflegen, der deutschen Litteratur wenig Rechnung trägt. So
sucht man z. B. den Namen des um das Studiuin der Epilepsie
hochverdienten deutschen Forschers Binswanger 25 ) 45 ) vergeblich
darin. Und wenn Binswanger' 5 ) nur den vortrefflich orientiren-
den Artikel in Eulenburg’s Realencyclopädie geschrieben hätte,
so würde er eine Erwähnung vollauf verdient haben.
Vorweg sei noch bemerkt, dass unsere Besprechung etwa das
letztvergangene Lustrum umfasst, und vornehmlich den prak¬
tischen Interessen der Aerzte Rechnung tragen soll.
Der hereditären Belastung glaubt Marie 17 ) in Ueberein-
stimraung mit seinem Lehrer Charcot einen gewissen Einfluss
bei Entstehung der idiopathischen Epilepsie zuschreiben zu sollen.
Eine grosse Bedeutung als ätiologisches Moment hat das
Trauma, zunächst das Schädeltrauma, In den Fällen von
traumatischer Epilepsie, in welchen die Autopsie keine grössere
Läsion des Gehirns, noch seiner Häute ergiebt, hat man wohl die
mit dem Trauma verbundene Gehirnerschütterung als Ursache an¬
zusehen . (Wagner - :$ .)
Besonders häufig sieht man nach Schädeltraumen die psychi¬
sche Epilepsie sich entwickeln, nämlich unter 49 Fällen neunmal,
also in 18,8 °/o, währerd unter 84 Fällen von nicht durch Trauma
hervorgerufener Epilepsie sich nur fünfmal psychische Epilepsie
fand, also nur in 5 °/o. Die ersten Anfälle stellen sich meist erst
spät nach dem Trauma ein, zuweilen erst nach Jahr und Tag.
Der ätiologische Zusammenhang bezeugt sich aber durch Reiz¬
erscheinungen an der Läsionsstelle selbst (empfindliche Narben),
oder von dieser ausgehend (Kopfschmerzen). Diese Reizerschei¬
nungen können als Aura auftreten. Dadurch hat diese trauma¬
tisch psychische Epilepsie nähere Beziehungen zu der Reflexepilepsie.
Auch in sechs von Hay mitgetheilten Fällen von Epilepsie
nach Kopfverletzung bestand Geistesstörung.
Ein lebhafter Schreck ist sehr häufig die Ursache für den
ersten epileptischen Anfall. Legrand 3 ) hat in acht Fällen bei
jungen Mädchen den ersten Anfall eintreten sehen infolge des An¬
blicks einer Leiche, meist eines nahen Verwandten, und warnt da¬
vor, die Leichen von nahen Angehörigen Kindern zu zeigen.
Einen Zusammenhang von Epilepsie mit Herzleiden hat
Lemoine 15 ) in Fällen, in denen beide Affectionen sich gleichzeitig
fanden, nachzuweisen versucht, indem er annimmt, dass die epilep¬
tischen Anfälle infolge der durch das Herzleiden bedingten Hyper¬
ämie und Anämie des Gehirns entstehen. Regelung der Herz-
thätigkeit hatte in allen drei Fällen Besserung bezw. Heilung der
Epilepsie zur Folge.
Cariöse Zähne sind wiederholt als Ursache der Epilepsie
angegeben worden, so neuerdings von Brubacker 22 ) und Ni
colai 38 ).
Der von Brubacker mitgetheilte Fall bei einem neunjährigen
Mädchen beweist, wie die Extraction epileptische Anfälle geradezu
hervorzurufen imstande ist, die fortbestehen, bis der richtige Zahn
entfernt wird. Einen ähnlichen Fall mit einer Aura, die von den
Zähnen ausging, bei einem 16jährigen Mädchen beschreibt Ba-
kowski.
Die Fälle, in welchen die epileptischen Anfälle nach Extraction
von Zähnen aufhören, scheinen zuweilen mit einer eigenthümlichen
Aura in der Zunge einherzugehen; bei dem einen Kranken von Lie-
bert 18 ) bestand dieselbe in einer Empfindung von Kribbeln in der
Zunge, besonders in der Zungenspitze, bei dem anderen darin, dass
ihm die Zunge plötzlich und vorübergehend den Dienst versagte,
und dass er dabei ein kurzes Unwohlsein verspürte.
Mit diesen Fällen sind wir bereits in das Bereich der soge¬
nannten Reflexepilepsie eingetreten.
Einen Fall von Reflexepilepsie vom Ohr ausgehend, theilt
Kelp 21 ) mit. Ein 18jähriges Mädchen manipulirte mit einem Holz¬
splitter in dem von einer schmerzhaften Eiterung befallenen Ohr.
Der Splitter entschlüpfte ihr und blieb im Ohr stecken. Die seit¬
dem täglich auftretenden epileptischen Anfälle hörten sofort auf,
als nach drei Wochen der Splitter entfernt wurde.
Durch Ohrpolypen erzeugte Epilepsie beobachteten Pins und
Suarez de Mendoza in je einem Falle. Berührung der Ge¬
schwülste rief Schwindel, Herzklopfen und Uebelkeit, stärkerer
Druck einen vollständigen epileptischen Anfall hervor. Die An¬
fälle verloren sich nach Entfernung der Polypen dauernd.
(Schmidt’s Jahrbb. 226, p. 281.) Weiter reihen sich hier die Be¬
obachtungen von Teiss. Siebenmann und Goris an. (ibid.
230, p. 184.)
Dass Veränderungen auf der Nasenschleimhaut die Ursache
von epileptischen Anfällen abgeben können, zeigte Schneider 52 )
in einem Falle, w r o Berührung eines der rechten unteren Nasen¬
muschel aufsitzenden kleinen Tumors sofort einen regulären epilep¬
tischen Anfall auslöste. Nach Wegnahme der Geschwulst hörten
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4. Januar.
I »KUTSCHE MEDICI XISOHE WOCHENSCHRIFT.
die Anfälle für immer auf; ebenso iu fünf anderen Fällen, wo die
Heilung sich 2—4 Jahre lang erhalten hat.
Das in einigen Fällen gleichzeitig vorhandene Asthma blieb
ebenfalls nach der Operation weg.
Reflexepilepsie nach Verletzungen an den Extremitäten
haben Schloss- 11 ) und Eulen bürg 5 ) beobachtet. Schlosst
Kranker, ein lOjähriger hereditär belasteter und mit massiger Mi-
kroeephalie behafteter, kleiner, wenig entwickelter Mensch hatte
im Alter von 13 Jahren infolge eines Sturzes vom Leiterwagen
«neu linksseitigen Schlüsselbeiubruch davongetragen. Als er drei
Jahre später an epileptischen Anfällen erkrankte, fühlte er als
Aura einen plötzlich von der Fraeturs teile gegen die linke Schulter
ausstrahlenden Schmerz.
Weniger durchsichtig inbctreff der peripheren Ursache, aber
sehr interessant durch die Fraglosigkeit aller zum Theil sehr
heroischen Mittel ist der von Eulenburg 5 ) mitgetheilte schwere
Fall von Reflexepilepsie. Der von der rechten grossen Zehe ur¬
sprünglich ausgehende Krampf wurde nicht beseitigt, trotz Excision
einer Warze und Extraction des Nagels der grossen Zehe, Ampu¬
tation der Endphalanx, Dehnung des Ischiadicus mit nachfolgender
septischer Phlegmone, Resection des Nervus peroneus am Fuss-
nicken und Brennen mit Paquelin: nicht zu gedenken der elektri¬
schen und sonstigen Euren.
In einem zweiten ähnlichen Falle von anfallwe^se kommenden
Krämpfen im linken Bein mit tonischer Dorsalflexion der grossen
Zehe und Beugung der übrigen Zehen verbunden mit Druck-
emptindlichkeit des Nervus tibialis vermochte Eulenburg durch
den Hatteriestrom und Injectiou von Morphium und Atropin den
Krampf auch nur vorübergehend zum Verschwinden zu bringen.
Parasiteneier, die durch Embolie in das Gehirn gelangt
waren und anfangs linksseitige, später allgemeine Anfälle liervor-
gebracht hatten, fanden Yamagiwa in der Hirnrinde der rechten
Hemisphäre, und Otani in einem anderen Falle von partieller
Epilepsie in der Cystenflüssigkeit zweier Tumoren, von denen der
cüjp im Stirn-, der andere im Hiuterlappen seinen Sitz hatte. In
dem Falle von Yamagiwa 00 ) handelte es sich um die Eier eines
neuen Parasiten, des Distomum pulmonum.
Tausende von Fliegenlarven, welche wahrscheinlich mit
kaltem Fleisch genossen worden waren, entleerten sich mit dem
Stuhl bei einem Gerber, der nach allgemeinem Unwohlsein plötz¬
lich einen epileptischen Anfall erlitten hatte, der sich nicht wieder- |
holte: in ähnlicher Weise können durch Band- oder Spulwürmer
epileptische Anfälle hervorgebracht werden (Krause?).
Ein solcher Fall wird von James Ferguson mitgetheilt.
ßei einem 57jährigen Manne Hessen die epileptischen Anfälle stets
Milort nach, wenn die Oxyures entfernt waren, und kehrten wieder,
f f l Slch «üese wieder vermehrt hatten. Da die radikale Ent-
lemung derselben nicht gelang, so konnte dieser Wechsel der Er¬
lernungen wiederholt beobachtet werden.
Schon früher hatte Pierre Marie 17 ) die Ansicht ausgesprochen,
«ass zwischen den Infeetionskrankheiten im Kindesalter und den
nier auftretenden epileptischen Anfällen ein ursächlicher Zusammen-
pr Lemoin ° 31 ) di e se Theorie weiter ausgeführt:
i* JJ . .^ e e Pil e Ptischen Convulsionen im Kindesalter zurück auf
^ cke ln ^ en Kervencentren durch pathogene
nflrH c° T ^'Morganismen hervorgebracht und meist schon ver-
wt JI 1 zur j 1 *» wo die ersten epileptischen Anfälle auftreten.
zwicriian j°' D 11 ^ arterG8 ) haben versucht, den Zusammenhang
p Di l • ^n^'alsionen im Kindesalter und später auftretender
f)<1 izubringpn C ^ ZUWeiSe11 ’ a ^ er okne ^in^ic^endes Beweismaterial
-. e . uack Influenza beobachtete Erlen-
Auftrpfpn /"T ^°J ä ^ri& en Arzte etwa vier Wochen nach dem
h'sif'kpit „J V ri ?^ )e ” ^ ack ^ em ersten Anfalle, der mit Bewusst-
morahagieen d auf C dp U r D 7 e11 im , link ® n Arm einherging, blieben Hä-
zuröck * Pin« n, ^nnge, den Augenlidern und der Bindehaut
Armes nimmt J , lcke Hämorrhagie im Rindencentrum des linken
hellen Fnilonc- r eni ? T e ^ er an atomisches Substrat der par-
4uch a r Hlerher & ehörfc aueh ein Fall von Bilhaut.
^ iXute Path ° l0gi6che Anat »” ie
_ der Epilepsie
dass der r V r ' Obwohl nicht daran zu zweifeln ist,
dürfen wir nn/i 1SC k 6 d urc h Rindenreizung entsteht, so
'Fr AutoDsio in- nickt wundem, wenn wir in vielen Fällen bei
nicht einmal »in aas gesprochene Läsion der Hirnrinde, ja oft
üenn so sehr all Ick erkennbare Hirnläsion überhaupt finden,
'kr Epilepsie .Aachen auch auf den corticalen Ursprung
als eine rein fmw.r 1Sei n 80 muss d° c h die bezügliche Veränderung
nicht zu einem . lon eJf e angesehen werden. Rindenheerde führen
f °iden Zustand» /° ü ..! lc r e P^ e Ptischen, sondern zu einem epilep-
"■'•ite llt 1 *! brieen
kpilfpti.soher d»n c ®JS ers . ma24 ) aus zahlreichen Obductionen
‘»'chluss ziehen können, dass die Anfälle um so
13
abnehmen je ausgedehnter die Rindenveränderung
WrJ d t6 p* d 61 ’ Anfa kann Ilur zustande kommen, wenn die
betreffenden Rindenpartieen ihre anatomische Integrität bewahrt
nnd e dJ r geg r; Umrafc mit der ZahJ der Anfiille die Demenz zu,
und dem Grade dieser entspricht wiederum die Ausdehnung des
anatomischen Processes. Die pathologische Anatomie der cfironi-
schen Epüepsie fallt also ganz mit der Demenz zusammen. Wir
beobachten die Epilepsie häufig als eine Complication einer auf
schweren Entwickelungsstörungen des Gehirns beruhenden Idiotie
sowie der Paralyse und anderer schweren organischen Hirakrank-
neiten; die Sklerose des Ammonshorns ist gewöhnlich nur Theil-
erschemung einer allgemeinen Hirnsklerose.
Bourneville und Bricon 26 ) fanden rechtsseitige Atrophie
einzelner Hirntheile, besonders der Centralwindungen in einem
Falle von linksseitigen Krämpfen, die mit Flexion des Daumens
und Uontraetur der linken Hand begannen und durch Zurück¬
biegen des Daumens aufgelialton werden konnten.
Ueber Rindenepilepsie hat Sepilli 7 ) nach eigenen und 50 fremden
.Krankengeschichten aus der Litteratur anatomisch-klinische Studien
gemacht, in welchen, er zunächst die bekannten Thatsaehen im
wesentlichen bestätigt fand.
Aus einer Vergleichung der Convulsionsgebiete mit den lädirten
Rindengebieten geht folgendes hervor: Ist der Anfall allein auf das
Gesicht beschränkt oder beginnt er hier, bevor er die Extremitäten
ergieift, so findet sich die Läsion in der Mitte der vorderen, zu¬
weilen auch der hinteren Central Windung oder im unteren Drit tel
der vorderen oder im oberen Ende der vorderen und hinteren, oder
m den Scheitelwindungen allein. Beschränkt sich der Anfall auf
die obere Extremität oder beginnt er hierselbst, so findet sicli die
Läsion in der vorderen, zuweilen auch in der hinteren Central¬
windung oder in der Scheitelrinde.
Bei Convulsionen in der unteren Extremität findet sich die
Läsion im Lohns paracentralis, dem oberen Theil der beiden Central-
windungen oder im Scheitelhirn. Wie man sieht, haben diese
Untersuchungen keine genauere Abgrenzung der Rindenbezirke er¬
geben, als uns bisher bekannt war.
Bilaterale Convulsionen bei einseitiger Rindenläsion er¬
klären sich daraus, dass die motorischen Rindencentren aueh zu
den gleichseitigen Muskeln Beziehungen haben. Auch dürfte eine
functioneile Compensation der Hirnrinde durch andere Hirntheile
statt haben, so in einem ausführlich mitgetheilten Falle, wo die
rechtsseitige Hirnrinde vollständig zerstört gefunden wurde, und
während des Lebens doch vornehmlich linksseitige Convulsionen
bestanden hatten.
In je vier Fällen von Rindenepilepsie bei Paralytikern
fanden Sepilli und Ventra als anatomisches Substrat eine diffuse
Leptomeningitis ohne jede ausgesprochene Localisation. Der Schluss,
welchen beide Autoren daraus ableiten, ist, dass die Symptome der
Rindenepilepsie nicht einmal eine Localisirung des Processes in
der motorischen Rindenregion gestatten, sondern nur die Localisirung
eines Krankheitsprocesses in der Rinde überhaupt.
Einen in Bezug auf die Epilepsie und die dieselbe begleitenden
Hallucinationen des Gesichts und Gehörs pathogenetisch sehl-
interessanten Fall haben Tomaschewski und Simonowitsch 35 )
in der psychischen Abtheilung des Odessaer Krankenhauses be¬
obachtet. Eine 33 Jahre alte IsraeHtin litt seit der letzten Schwanger¬
schaft an epileptischen Anfällen, zu welchen sich später sehr leb¬
hafte Hallucinationen des Gehörs und des Gesichts gesellten. Die
Anfälle hatten immer den Charakter der Rindenepilepsie und häuften
sich während des zweiten Aufenthaltes in der Anstalt in dem
Maasse, dass die Kranke am 13. Tage des Status epilepticus an
Lungenödem zugrunde ging. Die Autopsie bestätigte die während
des Lebens gestellte Diagnose auf chronische corticale Meningo-
Encephalitis, welche sich auf die Central Windungen in ihrer unteren
Hälfte, die erste Schläfenwindung, den Gyrus angularis und auf
das Oceipitalhirn rechts erstreckte.
Zohreb 11 ) hatte in vipr Fällen von Epilepsie denselben ana¬
tomischen Befund, nämlich Erweichung in der Umgebung der
Hinterhörner des Rückenmarks. Die Erweichung war gekreuzt mit
derjenigen Körperhälfte, in welcher die epileptischen Krämpfe am
meisten auftraten. Der Vermuthung, dass diese locale Erweichung
als eine eadaveröse anzusehen sein möchte, widerspricht Zohreb
und nimmt an, dass der die epileptischen 1 Anfälle auslösende Reiz
von hier ausgegangen sei (vielleicht eine epileptogene Zone?). Die
| elonischen Krämpfe gestalteten sich proportional der Intensität der
anatomischen Läsion. Die Richtigkeit dieser Auflassung erscheint
um so mehr zweifelhaft, als iu zwei der mitgetheilten Fälle ander¬
weitige schwere anatomische Veränderungen im Gehirn sich fanden:
in einem Falle einseitig stärkere Abplattung der Hirnwindungen
und noch dazu ein nussgrosser Tumor im Kleinliirn, und in dem
anderen ausser Arteriosklerose der Basalarterien ein grosser Er-
weiehungsheerd nach aussen und unten vom linken Seitenventrikel.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
14
der sich über Insel. Corpus striatum und Hinterhorn erstreckte.
Es ist nicht zu begreifen, warum Zollreb diese anatomischen Ver¬
änderungen vollständig ignorirt hat.
Nachdem bereits früher Dölasiauve und Las^gue auf das
«onstante Zusammentreffen von Asymmetrie d,.s Gesichtes mit
idiopathischer Epilepsie aufmerksam gemacht hatten, haben Bourne¬
ville und Sol lier- 7 ) das reiche Material des BicGtre nach einer
sehr exacten craniometrischen graphischen Methode, und zwar an
Gypsabgüssen von Schädeln verstorbener Epileptischer auf diesen
Punkt hin untersuchen lassen.
Die in einer These von Pison susainmengestellten Resultate
sind folgende: In BO Fällen wurde die Asymmetrie nur einmal
vermisst. Uebrigens ist dieselbe, da sie auch vor Consolidation
des Schädels beobachtet ist, nicht als Ursache der Epilepsie, son¬
dern als Ausdruck der Asymmetrie infolge ungleicher Entwicklung
der beiden Hemisphären aufzufassen.
Die bei Epileptischen öfter beobachtete Ankylose des Atlas
mit dein Hinterhauptsbein ist wiederholt auch bei Nicht¬
epileptikern gefunden worden, so dass der Schluss berechtigt er¬
scheint: damit diese Deformität Epilepsie hervorbringe, ist es nöthig,
dass sie gleichzeitig eine wirkliche Compression der Oblongata
bedinge. (Sommer, 06 ) LangerhansU’ 8 ) (Fortsetzung folgt.)
VIII. lieber einige neuere ophthalmologische
Arbeiten. 1 )
Von Pi'of. Dr. H. Magnus in Breslau.
Die Entwickelung des Altersstaares ist in den letzten Jahren
wiederholt Gegenstand eingehender Untersuchungen gewesen. Die
jüngsten derartigen Arbeiten rühren von dem Schreiber dieser
Zeilen selbst her (Magnus. Experimentelle Studien über
die Ernährung der Krystalllinse und über Kataraktbil¬
dung. Archiv für Ophathalmologie Bd. 36, Abth. 4. Die
Grundelemente der Staarbildung in der senilen Linse.
Archiv für Augenheilkunde Bd. 24, Heft 1). Magnus geht von
der Vorstellung aus, dass wir nur dann einen genügenden Ein¬
blick in die Pathogenese des Staares zu gewinnen vermögen, wenn
wir Kenntniss erhalten von den Ernährungsverhältnissen der ge¬
sunden Linse. Um diese letzteren zu studiren, wurden Kaninchen,
Hunde, Katzen mit Substanzen gefüttert, welche die Transparenz
der Linse beeinträchtigen. Naphthalin, Zucker und Salz wurden
hierzu benutzt, und ist besonders Naphthalin geeignet, da es ein¬
mal nicht so intensiv wirkt, wie z. B. Salz, und von den Versuclis-
thieren längere Zeit sehr gut vertragen wird. Die Fütterungs¬
versuche mit all 1 den genannten Substanzen haben übereinstim¬
mend ergeben, dass bei Verfütterung einer genügenden Quantität
bestimmte Veränderungen an der Linse auftreten, die stets von
denselben Punkten der Linse ausgehen. Es entstehen nämlich
Trübungen der Linsensubstanz längs einer hinter dem Linsen¬
äquator verlaufenden Zone, alsdann längs einer vor dem Linsen¬
äquator sich hinziehenden Zone, und schliesslich Trübungen, welche
um den hinteren Pol gelagert sind. Besonders die Naphthalin¬
fütterung lässt diese Verhältnisse deutlich erkennen. Hört man
mit der Fütterung auf, so verschwinden die Linsentrübungen als¬
bald wieder, und zwar beginnt der Rückgang der Trübung stets
an .jenen Oertliehkeiten der Linse zuerst, an welchen die Trü¬
bungen zuerst aufgetreten waren. Magnus schliesst aus diesen
Thatsachen, dass längs des Linsenäquators sowie am hinteren Pol
sich die Einflussstellen der Linsennährflüssigkeiten befinden dürften.
Wird die Linsennährflüssigkeit infolge der Fütterungsversuche
pathologisch beeinflusst, so wird diese abnorme Mischung sich
natürlich dort an der Linse zuerst bemerkbar machen müssen, v t o
die Nährflüssigkeit zuerst die Linse betritt. Wird die Nährflüssig¬
keit mit Einstellung der Fütterung wieder normal, so werden
wiederum diejenigen Stellen, an welchen die Nährflüssigkeit in die
Linse zuerst eintritt, zuerst den Einfluss der wieder gesundeten
Nährflüssigkeit erkennen lassen, d. h. zuerst sich aufhellen. In
diesem Sinne belehrt uns also die Gesetzmässigkeit, mit welcher
bei Naphtalinfütterung die gleichen Stellen der Linsen sich zuerst
trüben und auch wieder auf hellen, über die Stellen, an welchen
die Linsennährflüssigkeit in den Krystallkörper einströmt. Eigen-
thümlich ist es nun, dass die ersten Erscheinungen des Altcrs-
staares genau an derselben Stelle auftreten, welche nach unseren
\ ersuchen für die Einströmungsstellen der Linsennährflüssigkeit
gelten müssen. Die Zone hinter und vor dem Linsenäquator und
um den hinteren viel seltener vorderen Pol müssen nach den ge¬
nauen Studien, welche der Referent mit Hülfe des Loupenspiegels
über die ersten Phasen der Staarbildung angestellt hat, für die
‘i Vergl- dir vomusgehenileii Artikel in No. U! und 14 drs vorigen
Jahrganges.
Stellen gelten, von denen der Altersstaar ausgeht. Dazu kommt
noch ein Typus, bei welchem die Anfänge des Staares an dem
Kernäquator sich zuerst bemerkbar machen. Und zwar finden sielt
die Anfänge der Staarbildung an den gesaminten Oertliehkeiten in
folgendem Verhältnis:
Der Altersstaar beginnt längs des Linsenäquators in 82,69 %
,. .. an den Polen der Linse .. 9,61 °/o
längs des Kernäquators ., 7,69 %.
l)a nun, wie die vorstehenden Zahlen lehren, der Beginn des
Altersstaares in 90% von den Stellen der Linse ausgeht, welche
zu den Ernährungsverhältnissen derselben in nächster Beziehung
stehen, so schliesst Referent .daraus, dass die Ursachen der Staar¬
bildung in Störungen der normalen ErnährungsVorgänge beruhen
dürften. Derartige Störungen können mannigfacher Art sein. Ein¬
mal kann die chemische Mischung der Linsennährflüssigkeit eine
pathologische sein und in ähnlicher Weise eine Linsentrübung her-
vorrufen, wie dies die experimentell beeinflusste Nährflüssigkeit
bei Naphtalin-. Salz- und Zuckerfütterung thut. Die Cataracta
diabetica bietet hierzu das beste Beispiel, ln den meisten Fällen
werden aber die Störungen nicht chemischer, sondern circulatori-
sclier Natur sein. Die accominodativen Formveränderungen, welche
die Linse erleidet, sind nach Magnus nämlich für die Strömung
der Lymphe durch die Linse von Wichtigkeit. So lange die Linse
unter dem Zonuladrueke stellt, vermag die Nährflüssigkeit in die
von vorn nach hinten stark gepresste Linse nicht in genügender
Menge einzuMessen: mit dem Augenblicke aber, wo mit Contrae-
tion des Ciliarmuskels die Zonula entspannt wird, wird auch der
bis dahin auf der Linse lastende Druck hinweggenommen, und die
Nährflüssigkeit kann alsbald in die Linse abfliessen. Dieser Wechsel
zwischen Accommodationsspannung und Accommodationsruhe,
d. h. zwischen eintretender und aussetzender Druckwirkung auf
die Linse bildet nach der Auffassung von Magnus ein für die
Strömung der Nährflüssigkeit unerlässliches regulatorisches Moment.
Sobald dieses regulatorische Moment ganz oder zum Theil ausge-
schaltet wird, müssen Störungen in dem Abfluss der Nähr¬
flüssigkeit in die Linse entstehen, Störungen, die sich hauptsäch¬
lich als Stauungen der Lymphe an den Eintrittsstellen in die Linse
manifestiren werden. Das senile Erstarren des Linsenkernes, die
zu starke oder zu geringe Inanspruchnahme der Aecommodation
bei den Respirationsanomalieen sind Factoren, welche jenes regula¬
torische Moment, wie es in dem regelmässigen Wechsel zwischen
Aecommodation und Accommodationsruhe gegeben ist, beeinträch¬
tigen und deshalb in der Genese der Cataracta senilis eine Rolle
spielen müssen. Diese Vorstellung von der Entstehung des Alters¬
staares hat den Vortheil, dass sie eine einheitliche Auffassung
aller Arten der Linsentrübungen gestattet. Uebrigens vermag man
die frühesten Phasen des Staares nur mit Hülfe des Loupen¬
spiegels, d. h. eines Spiegels, welcher die Loupenuntersuchung
der Linse bei durchfallendem Licht gestattet, genau zu studiren.
Auch die neueste Publication von Schirm (Klinische Monatsblätter
für Augenheilkunde XXX, p. 5) bestätigt den eminenten Nutzen
des Loupenspiegels bei Untersuchung der Linsentrübungen.
Eine wesentliche Bereicherung hat die operative Technik durch
die Vorlegung der Levatorsehne, wie sie Pagen Stecher übt, er¬
fahren (Scheffels, Ueber Vorlegung der Levatorsehne.
Ein neues Operationsverfahren für Entropium und
Tricliiasis der Oberlider. Archiv für Ophthalmologie Bd. 86..
Abth. 4). Der \ ortheil dieser Methode ist der, dass ohne Weg¬
nahme irgend welcher Bestandtheile der Oberlider eine feste Narben¬
verbindung zwischen den Orbieularisfasern und dem oberen Tarsal-
rand mit der Fascie und der Levatorsehne geschaffen, und dass
gleichzeitig die Levatorsehne nicht allein vorgelagert, sondern die
Richtung ihres Angriffspunktes auch geändert wird. Besonders
empfehlenswerth ist die Pagenstecher’scher Operation — die
technischen Einzelnheiten der Operation müssen im Original ein¬
gesehen werden —, bei totalen Entropien sowie bei Tricliiasis des
gesummten Lidrandes.
Die jetzt im Vordergründe des allgemeinen Interesses stehenden
Influenzaepidemieen sind von einer Reihe von Autoren auch in
ihren opthalmologischen Erscheinungen auf das genaueste beob¬
achtet und beschrieben worden. Hillmanns (Ueber die Augen-
affectionen der an Influenza Erkrankten. Dissertatio
Inauguralis. Bonn 1890) hat die in der Universitätsaugenklinik zu
Bonn, sowie die von anderen Beobachtern mitgetheilten Fälle, ge¬
sammelt und berichtet darüber wie folgt. Pathognomische, nur für
Influenza allein und ausschliesslich geltende Erkrankungstypen lassen
sich für die Augen nicht aufstellen. Die Influenza vermag nur
Augenerkrankungen hervorzurufen, wie dies andere schwere Infec-
tionskrankheiten auch thun. Allenfalls könnte man gewisse Augen-
affectionen, wie Lidödem, Lidabscess, Conjunctivitis, accommodative
Störungen bei Influenza auffallend oft beobachten, aber charakte¬
ristisch nur für Influenza sind alle diese Erscheinungen gewiss
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4. Januar.
DEUTSCHE MED! CI NISCHE WOCHENSCHRIFT.
15
nicht Hillnianns fcheilt die im Gefolge der Influenza auftreten-
deii Erkrankungen in drei Classen ein, nämlich in Entzündungen.
Erkrankungen des nerv ösen und Erkrankungen des circulatorischen
{nparates.^ Am häufigsten treten die entzündlichen Erscheinungen
auf. und zwar an der Conjunctiva; die anderen Organe können zwar
intgesammt auch durch die Influenza in Entzündung versetzt wer¬
den! erkranken aber lange nicht so oft, wie die Conjunctiva. An
den Lidern sind Oedem und Abscesse besonders häufig. Au der
Cornea sind Keratitis punctata superficialis und Keratitis dendritica
exulcerans beobachtet worden. Entzündungen der Tenon’schen
Kapsel kommen nach Influenza gar nicht selten vor. So hat z. B.
Fuchs (Teuonitis nach Influenza. Wiener med. Wochenschrift
1890, No. 11) vier derartige Fälle beobachtet, von denen einer in
Eiterung überging. Auch der Referent hatte jüngst einen derartigen
Fall zu beobachten Gelegenheit. An den nervösen Apparaten des
Auges wurden eiue ganze Reihe Erkrankungen im Anschluss an
die Influenza beobachtet, so sah man Reizung des Trigeminus mit
Glaukomanfällen. Störungen der Accommodation in Form von
Asthenopie, ja selbst Parese scheinen besonders häufig aufzutreten.
Neuritis mit Ausgang in Atrophia optica wurde nur vereinzelt be¬
obachtet. ebenso wie Atrophia optica ohne entzündliche Erschei¬
nungen. Retinitis proliferans (Manz) wurde von dem Schreiber
dieser Zeilen auf einem Auge nach einem schweren Influenzaanfall
gesehen. Der Circulationsapparat scheint besonders oft in der
Weise zu erkranken, dass mehr oder minder umfangreiche Blutun¬
gen eintreten, die dann wieder zu den verschiedensten Erscheinun¬
gen Veranlassung geben können. So beschreibt z. B. Schirmer
einen in der Göttinger Universitätsaugenklinik beobachteten Fall
(Einseitige, totale Ophthalmoplegie nach Influenza. Klini¬
sche Monatsblätter für Augenheilkunde 1890), in dem eine
intracranielle Blutung schwere Lähmungserscheinungen an einem
Auge hervorgerufeu hatte. Interessant ist ein in der Bonner Augen¬
klinik beobachteter Fall von Embolia arteriae centralis retinae, der
noch dadurch ausgezeichnet war, dass der maculare Ast dabei ver¬
schont blieb. Eversbusch (Ueber die bei der Influenza vor-
kommenden Augenstörungen. Münchener med. Wochenschrift
189(1, No. 6 uud 7) macht auf die bei der Influenza auftretenden
Augenschmerzen aufmerksam und glaubt, dass dieselben von den
ausseren Augenmuskeln ausgingen. Die Erkrankungen der Con¬
junctiva und Lider bieten keine besonderen Eigentümlichkeiten,
dagegen sind die Influenzaerkrankungen der Cornea höchst eigen¬
artig und entsprechen genau den Corneaaffectionen, wie sie bereits
audere Autoren, z. B. Horner, bei schweren Allgemeinerkraukun-
gen beschrieben haben. Eversbusch schlägt für dieselben den
>*lir passenden Namen Herpes corneae cachecticus vor. tlveal-
erkrankungen sind von Eversbusch in verschiedenster Form nach
nfluenza gesehen worden, so unter dem Bilde der acuten serösen
Iridoehorioditis mit heftiger eonsecutiver Drucksteigerung. Als¬
dann in der Form von staubförmigen Trübungen des Glaskörpers,
beferen! hat bei einem Patienten neben feineren Glaskörpertrübun-
ficn m jedem Glaskörper eine grössere Trübung gesehen, welche
rautenförmige Gestalt zu haben schien und sich bei Lupenunter-
^ueliung (d. h. Lupe bei durchfallendem Licht) als eine weisslic-he.
K^ötallisirte (?) Platte darstellte. Auch einen Fall von eitriger
orioditis hat Eversbusch beobachtet, bei dem sich als Krank-
iei aerreger der Stapbylococcus pyogenes aureus nach weisen Hess.
ie von den meisten Autoren beobachteten accommodativeu Störun-
u! uv a i U , k versl)u sch im Gefolge der Influenza gesehen. Die
. . 1Cher hiewicz (Ueber die im Verlaufe der Influenza
|,„i lete, iueu Augenkrankheiten. Internationale klinische
j mitgetlieilten Beobachtungen schlossen sich
nur di % f dereü Aut . orei } vortrefflich an. Hervorzuheben wäre
unil | D v ’ u ‘ dem d * e Karunkel mit der halbmondförmigen Falte
n n !. ,( * na phbarten episkleralen Gewebe sich entzündeten. Auch
kipu .r zeitiger Neuralgieen des Trigeminus hat Wiehert«
k "!. “»ch Influenza gesehen.
iWeitfllT , ^ t ; i , i 0l0 " is,h SP ^ r interessante Thatsache theilt Haab
schritte \ Ir ,. l ^ un » ei1 über Panophthalmiebacillen. Fori-
''on Panni»tu i edl(du No. 19) mit. Ihm ist es in einem Fall
Bacillen LV a ,,lla t^umatica gelungen, aus dem verletzten Bulbus
^zeugten ^ bei Verimpfung wieder Pauophthalmie
der Bari]l IIc ’y- 1 (le ^ aut oder m die Cornea geimpft, erzeugte
hriiimmD- i, ? eine neu noiswerthe Entzündung, während bei Ver-
von Bacillen t .“^rper Pauophthalmie entstand. Einbringen
tivitj s it ö k CU j 11 !? den Coujmictivalsack ergab keine Conjune-
■*r eÄ. d ! e SteUu “K BmIHub ~ - ob er bereits bekannt
Wir (jgj. tt , U| nicht beschriebene Art- ist — will Haab
ähnliche Erfah U ° C 1 Mitteilungen machen. Uebrigens hat
'iftrren e( , ma „u r t UI1 ^ n Haab schon in früheren .Jahren bereits des
1Dt «niationalm r Hnd au, ’l l S0 iner Zeit mitgetheilt. Auch auf dem
teinir r,i„ II . l p 011 ^f es,s in Berlin konnte er eine einschlägige Mit-
" " Il " ^ ailo l'l,thalmiebacillen
Eine hochinteressante Beobachtung wird von Förster (Ueber
Rindeublindheit. Archiv für Ophthalmologie Bd. 36, Abthl. 1)
mitgetheilt. Er fand nämlich bei einem Patienten, der früher be¬
reits einen Verlust der rechten Gesichtsfeldhälfte und jetzt auch
noch Verlust der linken Gesichtsfeldhälfte erlitten hatte, nicht,
wie dies nach unseren bisherigen anatomisch-physiologischen Vor¬
stellungen eigentlich hätte der Fall sein müssen, totale Blindheit,
sondern noch ein sehr kleines centrales Gesichtsfeld mit Sehschärfe
1 /s in jedem Auge. Die Ausdehnung dieses kleinen Gesichtsfeldes
betrug jederseits nach rechts vom Fixationspunkt ca. 1 °, nach
links 2 0, nach unten 2°, nach unten rechts 2 l /a nach oben aber
0 °/o. Trotz der Sehschärfe von Vs war der Farbensinn total verloren.
Ausserdem hatte Patient das Orientirungsvcnnögen eiugebüsst. Die
Augenspiegeluntersuchung ergab keine wesentlichen Veränderungen.
Förster knüpft an diesen hochinteressanten, bisher noch niemals
beobachteten, ganz unerwarteten Befund folgende höchst plausible
Hypothese. In dem Occipitallappen soll nach Förster’s Vorstellung
diejenige kleine Partie, welche dem direkten Sehen dient, durch
reichliche Anastomosen von zwei Qder mehreren Gefässkreisen aus
mit Ernährungsmaterial versorgt werden. Wenn alsdann auch das
Hauptgefäss, welches den Hinterhauptslappen versorgt., thrombosirt,
und damit die Rinde in weitem Umfange von der Stofl’zufuhr abge¬
schnitten ist, so dürfte doch die Stelle des direkten Sehens durch
ihre Anastomosen von anderen Seiten her noch genügend Blut er¬
halten und somit ihre Functionsfähigkeit bewahren können. Von
dieser Annahme aus erklärt sich ungezwungen auch die bei
Hemianopsie so häufige Abweichung der Trennungslinie nach der
defeeten Seite hin. Bei einer doppelseitigen Hemianopsie würde man,
hält, man an dieser Fürst er *schen Vorstellung fest, anzunehmen
haben, dass eine Thrombosirung der Hauptarterien in beiden Occi¬
pitallappen erfolgt sei. bei welcher aber die Stellen des schärfsten
Sehens, infolge ihrer Bevorzugung durch Anastomosen, des Ernäh¬
rungsmateriales nicht gänzlich beraubt worden wären. Die soeben er¬
wähnte Ansicht Förster’s über die bevorzugte und anastomosen-
reiche GefässVersorgung derjenigen Rindenstelle des Occipitallappens,
welche die centrale Endigung der maculareu Fasern darstellt,
würde auch für die topographische Diagnose des Sitzes eines Herdes,
der Hemianopsie bewirkt hat. verwerthet werden können. Wenn
nämlich bei Hemianopsie die Trennungslinie direkt durch den
Fixatiouspunkt geht, so könnte der Sitz des Herdes mit grösster
Wahrscheinlichkeit nicht in der Hirnrinde, sondern in der Balm des
Tractus opticus selbst zu suchen sein. Weicht dagegen die
Trennungslinie nach der defeeten Seite hin aus, so wäre es wahr¬
scheinlich, dass die Rinde selbst, resp. das Getässsystem derselben
erkrankt sei.
Aus seiner Beobachtung leitet Förster folgende Schlüsse ab:
1. Die bei homonymer Hemianopsie so häutige Abweichung der
Trennungslinie nach der defeeten Seite hin beruht, nicht, auf einer
Vermischung der Elemente beider Tractus optici in der Retina,
sondern auf der günstigen Gefässversorgung der Stelle des schärfsten
Sehens in der Occipitalrinde.
2. Doppelseitige Hemianopsie ist nicht notwendig verbunden
mit völligem Verschwinden der Function in beiden Gesichtshältten
beider Augen.
3. Die Rinde des Occipitallappens beherrscht die topographi¬
schen Vorstellungen, seien diese erworben durch den Gesichtssinn
oder durch den Tastsinn oder durch das Bewusstsein von aus¬
geführten Muskelbewegungen oder durch Beschreibung. Erkranken
diese Theile des Gehirns, so geht die Fähigkeit, topographische v or-
stellungen zu fassen oder zu reproduciren, verloren.
4. Zur Farbenunterscheidung genügt bei voller Integrität dei
Netzhaut nicht die Function eines kleinen Rindenbezirks. Die
Farbenunterscheidung erlischt bei gestörter Ernährung der luuden-
elemente leichter, als die Unterscheidung der Formen kleinster
uchstaben. , . „ ...
5. Vernichtung der Rindensubstanz im Occipitallappen rutt
eht Atrophie der Selmerven hervor.
Ueber einen analogen Fall berichtet Sehweigger (Ein a
an beiderseitiger Hemiopie, Archiv für Augenheilkunde .
XII). Auch hier erhielt sich trotz des Verlustes beider Gesichts-
ldhälften beider Augen - der erste hemiopische Defect stellte sich
(88 der zweite 1889 ein — ein sehr kleines centrales (icsieiits-
ld mit. voller Sehschärfe. Das Ortsgedächtuiss war in diesem
alle in keiner Weise betheiligt; über die Farbenempfindung wenien
fine Mittheilungen gemacht. Auch Sehweigger schlier au*
in ein Falle, ganz ähnlich wie dies Förster auch thut <ms> ua*
ortbestehen der centralen Sehschärfe und das bekannte Ausweichen
>r Gesichtsfeldseite nahe am Fixirpunkt bei Hemiopic durch o
•sondere Einrichtung im Centralorgan bedingt sein nm»*»’. ju
ypothese über die Natur dieser Einrichtung stellt aber Scli v e g .
)ch nicht auf. Einen dritten einschlägigen l*ajl hat Gro ^
n ; t i rt-o H P III i tl TI IT TT K i
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16
DEUTSCHE MKDTOTNISCHE WOCHKXSCHIHFT.
No. 1
Archiv für Psvchiatrie Bd. XXIII, Heft 2) gesehen. Auch dieser
Fall zeigte ein kleines centrales Gesichtsfeld; übrigens waren die
hemiopischen Defeete nicht absolute. Der Farbensinn war normal,
doch hatte auch hier, wie bei Förster, das Ortsgedächtmss ausser¬
ordentlich gelitten, obwohl andere Erkrankungen von Seelenblind-
heit nicht vorhanden waren. Uebrigons hat Groenomv den Kall
insofern sehr instructiv bearbeitet, als er eine ungemein genaue
Krankengeschichte liefert und die Litteratur in erschöpfender \Y eise
mittheilt. _ ,,
Wie sich an den Förster’schen Fall ein bedeutender Fort¬
schritt, bezüglich unserer Kenntnisse von der Hemianopsie knüpft,
so ist in gleicher Weise ein sehr wesentlicher I ortschritt in dei
Lehre von der Seelenblindheit mit der Li s sau ersehen Arbeit ge-
than. (Ein Fall von Seelenblindheit liebst einem Beitrag
zur Theorie derselben. Archiv für Psychiatrie Bd. XXI. Heft 1).
Diese ausgezeichnete Arbeit Lissauer’s ist nicht allein dadurch
von grösster Wichtigkeit, dass sie anknüpfend an die physiologisch¬
psychologischen Vorgänge des Sehaetes die Seelenblindheit erklärt,
sondern auch dadurch, dass sie die Irrlehre, welche seiner Zeit
Wi Ihr and (Die Seelenblindheit als Heerderscheinung und |
ihre Beziehungen zur homonymen Hemianopsie der Alexie i
und Agraphie. Wiesbaden 1887) über das Wesen der Seelenblind- j
heit verbreitet hat, berichtigt und als falsch zurückweist. Wenn
wir auch rühmend anerkennen müssen, dass Wi Ihr and der erste
war, welcher es versucht hat, das Wesen der Seelenblinlieit zu :
entschleiern und dieselbe zu einem concreten, anatomisch-physiolo¬
gisch greifbaren Krankheitsbild zu gestalten, auch wenn wir ferner |
gern einräumen, dass er diesen Versuch mit grossem Fleiss und
umfassendster Litteraturkenntniss unternommen hat, so können 1
vir uns doch nicht der Einsicht versekliessen. dass dieser Wil-
brand’sche Versuch vollkommen gescheitert ist. Und er musste
scheitern; weil Wilbränd es nicht versucht hat. auf dem Wege
einer unparteiischen Analyse der beim Sehact sich abspielenden
physiologisch-psychologischen Factoren das Wesen der Seelenblind¬
heit zu erforschen, sondern weil er es vorgezogen hat, auf Grund
willkürlicher spekulativer Voraussetzungen eine Hypothese zu con-
struiren. Die Lissauer’scho Theorie der Seelenblindheit ist eine
aus genauester Berücksichtigung der physiologisch-psychologischen
Vorgänge des Sehaetes ungezwungen hervorgegangene, die. Wil-
brand’sche Theorie ist eine willkürlich construirte, zu der noch
dazu die hypothetischen Voraussetzungen auch eigenmächtig con-
struirt sind. Der Fortschritt, der mit der Lissauer’schen Theorie
der Seelenblindheit get-han ist, ist daher ein ganz ausserordentlicher.
Wir werden, bevor wir auf die Lissauer’sche Theorie eingelien,
gut tliun, erst mit wenigen Worten der Wildbrand’schen An¬
sichten zu gedenken. Nachdem Wilbränd bereits früher (Oph-
thalmi a tri sehe Beiträge zur Diagnostik der Gehirnkrank-
heiten. Wiesbaden 1884) auf spekulativem Wege zu der Ansicht
gelangt war, dass innerhalb der Sehsphäre eine bestimmte functionelle
Theilung für Farben-, Raum- und Lichtsinn' vorhanden sei, ist er
in seiner 1887 über die Seelenblindheit fmblic-irten Arbeit zu einer
weiteren Theilung der Sehsphäre übergegangen, indem er behauptet,
dieselbe setze sich zusammen aus dem optisehen Wahrnehmungs-
centrum und aus dem optischen Erinnerungsfeld. Dieses optische
Erinnerungsfeld sollte das Depositorium des optischen Erinnerungs¬
bildes sein, d. h. dasjenige Rindenfeld, in welchem die Wahr¬
nehmungen der optischen Eindrücke und die mit ihrer Wahrnehmung
verketteten Umstände als Object- und Situationsbilder aufbewahrt
bleiben sollten. Dabei stellt sich Wilbränd diese optische Er¬
innerungsbilder als wirkliche und wahrhaftige Bilder vor; er nennt
sie an verschiedenen Stellen: „farbige Photographieen der ursprüng¬
lichen optischen Wahrnehmungen“. Jede Zelle des optischen Er¬
innerungsfeldes soll eine solche Photographie der optischen Wahr- !
nehmuhgen aufnehmen, fixiren und aufbewahren. Diese in den
Rindenzellen aufgeschichteten Bilder sind nun nach Wilbränd die
„optischen Erinnerungsbilder“, und Verlust solcher mit Bildern
imprägnirter Rindenzellen macht das Wesen der Seelenblindheit
aus. Wir können an dieser Wilbrand’schen Theorie so recht
deutlich und klar den Entwickelungsmodus studiren, den eine jede
Theorie durchläuft, welche sich der Mensch zur Erklärung einer
ihm auffallenden, seinem Einblick mehr oder minder entrückten Er¬
scheinung macht. Stets ist eine jede Theorie, wenn wir auf die
Geschichte der menschlichen Theorieen zurtickblicken, im Anfang
eine ganz erstaunlich naive gewesen und hat meist in nichts
anderem bestanden als darin, dass eine der menschlichen Einsicht
unbekannte und räthselhafte Erscheinung in das Gewand concreter,
allbekannter Gegenstände oder Vorgänge gekleidet wurde. Wenn
die Erscheinung an sich selbst dadurch auch nichts von ihrem
Räthselhaften verlor, so wurde sie doch durch die Verquickung
mit anderweitigen, längst bekannten Erscheinungen uns näher ge¬
rückt und scheinbar auch näher bekannt. Genau so verfährt die
Wilbrand’sche Theorie; sie verquickt den psychologischen Theil
des Sehactes mit dem ramereten ..Bild" des fixirten Objectes und
glaubt, indem sie das Wiedererkennen eines Objectes auf das N veau
des Betrachter eines Bilderbuches herabdrückt, eine Erklimm«
für die Physiologie und Pathologie des optischen Erkennens ge¬
liefert zu haben. Sie übersieht dabei ganz, dass sie nichts geliefert
hat wie ein Gleichniss, aber nimmermehr eine mit den physiologisch-
psychologischen Factoren rechnende Erklärung. Lissauer weist,
nun nach, dass es ein Gentrum für Raumvorstellungen im Wil-
brand’selien Kinno überhaupt nicht geben könne, und dass man
die sogenannte Sehsphäre des Oecipitallappens keineswegs einfach
als das optische Wahrnehmungseentrum schlechthin ansehen dürfe.
Das bekannte Rindonfeld des Oecipitallappens ist nichts wie das
Retinalfeld der Rinde. Die Raumvorstellung, das Erkennen der
Formen der Gegenstände kommt, ausschliesslich dadurch zustande,
dass das Retinalfeld der Rinde mit dem Centrum der Augen¬
bewegungen associativ verbunden ist, und aus dem Zusammenhang
dieser beiden Rindenfelder gehen Formen- und Raumsinn hervor.
Diese Ansicht Lissauer’s leuchtet ohne weiteres ein, wenn w
uns vergegenwärtigen, dass wir zum Erkennen der Tonnen eines
Gegenstandes stets der Thätigkeit der Augenmuskeln bedürfen,
welche die Macula um die Contouren des Objectes herumführen.
Die Combination von Retinalempfindungen und bulbomusculären
Innervationsgefühlen vermittelt das Formensehen, und damit ist
gesagt, dass die Raum- und Formenempfindungen überhaupt nicht
in einem einzigen Centrum localisirt werden können. Diese Voi-
stellung Lissauer’s ist keineswegs eine von ihm willkürlich
construirte, sondern sie ist aus den Lehren der Psychologie, wie
wir sie bei Meynert, Mundt, Aubert und anderen namhaften
Forschern finden, unmittelbar hervorgegangen. Den Vorgang des
Bewusstseins, welcher das Wiedererkennen eines Objectes begleitet,
zerlegt Lissauer in zwei Acte: 1) den Act der bewussten Wahr¬
nehmung eines sinnlichen Eindruckes, die Apperception; dieser Be¬
griff der Apperception entspricht der sinnlichen Wahrnehmung,
sofern sie von allem, was das \ erständniss und die begriffliche
Verwerthung desselben anlangt, ganz und gar losgelöst ist. 2) Den
Act der Verknüpfung anderer Vorstellungen mit dem Inhalt der
Wahrnehmungen, die Association.
Während nun zum normalen, d. h. ungestörten Zustande¬
kommen des ersten Actes der Apperception eine Erhaltung der
Associationsbahnen zwischen Rotinalfeld und bulbomuskuläreiii
Centrum der Rinde Vorbedingung ist, kann der zweite Act- als
Association nur dann normal verlaufen, wenn alle die Associations¬
bahnen normal functioniren, welche das Retinalfeld der Rinde mit
den Centren der anderen Sinnessphären verbinden. Entsprechend
diesen Ansichten nimmt Lissauer zwei Formen der Seelenblind¬
heit an. nämlich eine appereeptive, bei welcher das Zustande¬
kommen der Apperception gestört ist, und eine associat-ive oder
transeort-icale. bei welcher infolge von Störungen in den Associa-
tionsbahnen die Verbindung des Retinalfeldes des Oecipitallappens
mit dem Centrum einer anderen Sinnessphäre unterbrochen ist.
Nach dem soeben Gesagten werden wir bemerken, dass der
Fehler, welchen Wilbränd bei seinen Theorieen begangen hat.
darin beruht, dass er die sogenannte Sehsphäre des Oecipitallappens
als das Sehcentrum schlechthin aufgefasst und sie mit all’ den
Qualitäten ausgestattet. hat, welche die optische \V ahrnehmung
bilden. Und doch ist die Sehsphäre des Hinterhauptlappens nur
das Retinafeld und dient ausschliesslich nur der Lichtempfindung
nach Quantität und Qualität des Lichtes, während das Sehen der
Gegenstände in ihren Formen, in ihrer Körperlichkeit, in ihren
Beziehungen zum Raum u. s. w. erst dadurch zustande kommt,
dass das retinale Rindenfeld mit anderen Rindenbezirken, vor allem
den bulbomuskulären, in Beziehungen tritt. Indem Wilbränd
diese Thatsache ganz oder doch wenigstens gerade in ihren wich¬
tigsten Beziehungen unberücksichtigt liess, wurde er dazu verleitet,
eine unzutreffende Construction des cerebralen Sehaetes sowohl in
physiologischer wie phathol ogischer Hinsicht vorzunehmen. Lissauer
hat die Fehler dieser Will)rand’schen Construction nachgewiesen
und zugleich durch seine eigenen Ansichten das Wesen der Seelen¬
blindheit auf einen physiologischen Boden gestellt, der nirgends
irgend eine willkürlich construirte Voraussetzung benützt, sondern
sich ausschliesslich nur auf die physiologisch sichergestellten That-
sachen stützt.
Wir möchten jetzt noch einer anderen Arbeit gedenken, welche
auch mit den Vorgängen des cerebralen Sehens sich beschäftigt,
nämlich der Arbeit von Knies (Ueber die centralen Stö¬
rungen der willkürlichen Augenmuskeln. Arch. f. Augen¬
heilkunde XXII). Dieser Forscher geht von der Ansicht aus, dass
in der motorischen Rinde kein besonderes Centrum für die Augen-
muskelbewegimgen existire, da alle bisherigen Experimente, ein
solches nachzuweisen, negativ ausgefallen seien, sondern dass die
Sehsphäre der Occipit-alrinde gleichzeitig auch das motorische
Rindeiicentrum für die willkürlichen und bewussten Augenbewe-
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
4. Januar
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
17
guugen bilde; diese Bewegungen seien fast ausschliesslich conju-
uirte und associirte behufs binocularer Einstellung auf eine be¬
stimmte Stelle des Gesichtsfeldes. Jede feine Einstellung" solle nur
von der als motorisches Centrum funetionirenden occipitalen Seh¬
sphäre aus eingeleitet werden. Wenn nun Referent auch der An¬
sicht ist, dass das retinale Rindenfeld und das bulbomusculäre
Rindeneentrum functionell so eng und innig verknüpft sind, dass
sie im physiologischen Sinne als ein einziges Centrum aufgefasst
werden können, so vermag er die anatomische Idendität dieser
beiden Centren, wie sie Knies annimmt, doch nicht gelten zu
lassen. Ueberdies sind auch die einschlägigen Untersuchungen
fiber die Loealisation des Centrums für die Augenbewegungen keines¬
wegs so fruchtlos gewesen, wie dies Knies glaubt; hat man doch
angesichts der Wernicke’schen Forschungen (Arch. f. Psychiatrie
Bd. XIX) die vollste Berechtigung, die Angular Windung für den
Sitz des bulbomuskulären Rindenfeldes anzusehen. Uebrigens
glauben wir, dass man der Zusammenfassung des sensorischen und
motorischen Oculomotoriuscentrums, ganz gleich, ob man sie nur als
eine physiologische oder eine anatomische gelten lassen will, für die
Erkenntniss einer Reihe von Erscheinungen unbedingt benöthigt,
so für die Erkenntniss des Wesens des optischen Erinnerungs*
bildes, für die Erklärung der Seelenblindheit n. a. m.
Auf dem Gebiete der Trachombehandlung herrscht schon
seit Jahren eine ganz besonders lebhafte Bewegung, welche auch
in der neuesten Zeit zu einer Reihe von Publicationen geführt hat.
Besonders macht sich das Bestreben bemerkbar, die allzu langsam
wirkende Cuprumbehandlung zu ersetzen. Die operative Beseiti¬
gung der Traehomkörner, welche übrigens schon in sehr frühen
Perioden unserer \Y issenschaft, "wenn auch in recht unvolkommener
Form geübt wurde, wird von den verschiedensten Autoren in
dringendster Weise befürwortet.
Eine ganz vortreffliche Arbeit hat in diesem Sinne Sattler
(Die Trachombehandlung einst und jetzt. Festschrift zur
leier des 100jährigen Gründungsjubiläums des k. k. allgemeinen
Krankenhauses in Prag. Berlin 1891) geliefert. Nach einer ganz
vortrefflichen historischen Einleitung theilt Sattler die von ihm ge¬
übte Traehonibehandlung mit, welche bestrebt ist, bei möglichster
•Schonung der Schleimhaut selbst nur die Follikel operativ zu be¬
helligen. V ir halten dies Princip jenen Methoden gegenüber, welche
in ziemlich radikaler Weise grössere Abschnitte der Conjunctiva mit
den dann sitzenden Follikeln operativ entfernen, für einen unleug¬
baren Fortschritt, Sattler verfährt in der Weise, dass er mit einer
Z 1 „ „ , ck von Herrnheiser construirten Doppel-Haken-
P ncette die Uebergangsfalten straff anzieht und mit einer Nadel
T Iffli ne n Folliko1 “ritzt, um sie alsdann mit einem scharfen
die p.^? kratz r- J? 686 Handlung ist dann angezeigt, wenn
( Inn kd ? n l hr o er Um g ebun g sich scharf abheben. Solange die
n ^-,. c lva f. urcb Schwellung die Follikel verdeckt, muss eine auf
reiui 1 f Un f ( ie8e r Schwellung abzielende medicamentöse Behandlung
* ^ erden: ,ß t unter solcher die Schleimhautschwellung soweit
kann dass e i nze l nen Follikel sichtbar werden, so
irinnpn °P erativen Entfernung der einzelnen Körner be-
Methode ml, ark » e ? tz ™ dli<d >™ FäUle “ rftth Sattler von dieser
meTrwllltlh U|, p a l £ aeh Entfernun S der Follikel soll noch eine
('upram oulfnri h ® Behand ung der hypertrophischen Bindehaut mit
der P wll UI "' S ?l ter mit Ta,uiin etattfinden. Unmittelbar nach
im Gefole WeIcbe abri £ ens meistens nur geringe Blutungen
U 1(100 akrelflu 1 S0 , ' .'™. d das Operationsgebiet mit Sublimat
entzündlich. S R U 1 J?“ 1 “ l4 Eisumschlägen auf die Lider eine etwaige
wird Stlcl> , lw bekän ! pft ' Auch in den bhehsten Tagen
“n. das* er 1t r Bttbbmat 1:5000 ausgewaschen. Sa111 er giebt
definitiv l h l, ff 81 BehandJun f? schwere Falle in 3-5 Wochen
operativen K„m be ’ em Besulta t. welches allerdings der nicht
tuag l'J i ™ handlu "gemethode gegenüber die allergrösste Beach-
hande'l'n? ^\rchi!r m V ‘i S °ü e - n wir denn das Trachom be-
rative Eatfminnrr . fBr Au S enlleil hunde Bd. XXIV) rühmt die ope-
kratzt. sondern 1 , er _ Tr*®homkörner, welche er aber nicht aus-
tecken d°rTLh„f r t. UCkt - Während aber Hotz, d <* a «f da « Aus-
bewiesen hat . orper zuerst mit ganz besonderer Wärme hin-
^nützt Jäschp Körner mit den Fingern ausquetscht.
Die verschiedenen y i’ Sch m Fensterz ange zu diesem Zweck.
kf We(ienheiten in H ‘ fcadlen des Trachoms bedingen gewisse Ver-
fall Vor. bei dem ,5 | 6 ?, ann ^? Behandlung. Liegt ein frischer
energisch mit der 7 * 01 j® deutlich hervortreten, so genügt es,
Patient nicht 7.. , e Scbleim Faut auszupressen. Ist der
Sitzung operiren T R f P ? 1<U Q man beide Augen in einer
quetscht Jäsche nr+ j Schleimhaut schon stark geschwellt, so
entfernt aber •. j 11 ^ 6 zwar aucb recht energisch aus,
Jipertrophirten fw,/ f 1 “ der Scheere noch einige Streifen der
Handlung biefrn qL^T^' P* 6 besten Fälle für die operative
lung bieten cf** T •' . 10 Desten r alle für die operative
diejenigen, in denen die secundäre conjunc-
tivale Hypertrophie noch nicht vorhanden ist,. Auch im dritten
Stadium, in welchem schon eine mehr oder minder ausgesprochene
Atrophie der Schleimhaut eingetreten ist. kann die Operation noch
geübt werden, indem man auf alle noch vorhandenen Erhöhungen sein
Augenmerk richtet und besonders die Uebergangsfalten recht «e-
nau beobachtet. Nach der Operation lässt Jäsche kalte Umschläge
machen und die Augen mit Sublimat- oder Borlösung auswaschen
Vom zweiten Tage nach erfolgter Ausquetschung an beginnt Jäsche
mit Einträufelungen von Lapislösung (2%). Unter Umständen kann
hinterher auch noch der Cuprumstift nothwendig werden. Bei
dieser Behandlung hat JäSche schwere Fälle in 5—6 Wochen
heilen sehen. Ein operatives Verfahren, welches eine Combination
der antiken und modernen Operationen darstollt, wird in der
Abadie’schen Klinik geübt (Darrier, Traitement chirurgical
des granulations conjunc tivales. Bulletin g6n6ral de Thöra-
peutique 30. December 1890.). Die ectropionirten Lider werden
hier in ihrer ganz frei zu Tage liegenden Schleimhaut tief scarificirt
und dann mit dem Löffel ausgekratzt, hierauf wird mit einer kleinen
Bürste und mit starker Sublimatlösung das blutende Operations¬
gebiet stark gebürstet. Diese letztere Maassnahme erinnert lebhaft
an die Blepharoxysis, d. h. das Abreiben der trachomatösen
Schleimhaut, wie sie bereits in der voralexandrinischen Periode der
antiken Augenheilkunde geübt wurde. Die Versicherung, dass
Abadie mit dieser Methode in 8—14 Tagen schwere mit Pannus
complicirte Fälle von Trachom gründlich geheilt habe, erscheint
uns so auffallend, dass wir fast glauben möchten, der lebhafte
Wunsch Abadie s, schnell zu heilen, sei der Vater jener Ver¬
sicherung gewesen. Das aber darf jedenfalls angenommen werden,
dass mit der operativen Behandlung des Trachoms eine erhebliche
Beschleunigung des Heilverfahrens ermöglicht und damit die Be¬
handlung sowohl für den Patienten wie für den Arzt eine wesent¬
lich angenehmere geworden ist.
IX. Feuilleton.
Zum Andenken R. Kaltenbach’s.
Von Alfred Hegar.
Die Lebensdauer der Aerzte ist nicht gross und die der gynä¬
kologischen und chirurgischen Kliniker zeichnet sich, wenigstens in
unserer Zeit, durch ganz besondere Kürze aus. Die Hauptgefahr
für sie liegt in der septischen und anderen Infectionen. Doch
trägt ohne Zweifel auch der mächtige Aufschwung jener Disciplinen
und der Zwang, theoretisch und praktisch in intensiverem Grade
und oft mit Ueberanstrengung daran mitzuarbeiten, zur Verkürzung
des Daseins bei. Auch die Dünste des Chloroforms und Aethers,
die stete Benetzung mit den Lösungen der Carbolsäure und des
Sublimats und die vielen grossen und schweren Operationen, deren
schulgemässe, methodische Ausbildung erst mühsam gesucht
werden musste, mögen nicht gerade vortheilhaft auf Herz und
Nieren eingewirkt haben. Der Opfer sind recht viele: Breslau,
Spiegelberg, Hildebrandt, Hecker, Schröder,. Breisky,
von den Chirurgen: Wagner, Middeldorpff, Weber, Simon,
Heine, Hueter, Busch, Wilms, Maas, Volkmann starben im
besten Mannesalter, und die meisten davon infolge von Infectionen
oder Herzleiden.
Zu ihnen gehört auch Kaltenbach, welcher, am 12. Mai 1842
zu Freiburg in Böhmen geboren, im 52. Lebensjahre starb. Er
stammte aus einer angesehenen Familie seiner Vaterstadt und erhielt
eine sehr sorgfältige Erziehung und Gymnasialbildung, theils in
Freiburg, theils in Schnepfenthal. Nach Absolvirung seiner Uni-
versitätsstudien in Freiburg, Berlin und Wien trat er in letzterer
Stadt als Operationszögling bei seinem Oheim, dem bekannten
Chirurgen Dumreicher ein und machte unter diesem; 1866 den
böhmischen Feldzug auf österreichischer Seite mit, worauf er nach
beendigtem Kriege noch bis zum Jahre 1867 in seiner früheren
Stellung verharrte. Dann nach Freiburg zurückgekehrt, meldete
er sich bei mir als Assistent und war mir seiner chirurgischen
Schulung wegen sehr willkommon. Es kam mir viel darauf an,
die Operationen, welche ich in Darmstadt kennen gelernt, deren
Anfänge ich theils bei Tenner und Simon gesehen, theils mit
ihnen zusammen oder selbstständig ausgeführt hatte, zu.vervoll¬
kommnen und zu verallgemeinern. Nach einem sehr weit ver¬
breiteten Irrthum soll Sims die neuere Richtung unserer Disciplin
wesentlich inaugurirt und begründet haben. Aber schon lange vor
dem Erscheinen des Sims’schen Werkes hatte der leider zu früh
verstorbene Tenner, ein geborener Chirurg, Blasenscheidenfisteln
als der erste in Deutschland mit Erfolg operirt, und zwar nicht
zufällig in dem einen oder anderen Falle, sondern nach einem
guten, den günstigen Ausgang verbürgenden Verfahren. Simon
hatte eine vortreffliche Methode zur Heilung der Gebärmuttervorfälle
ausgebildet, während die später von Sims angegebenen Methoden
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Original fro-m
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
18
Spielereien sind, trotz der Lobpreisung des Erfinders keinen Er¬
folg hatten und auch bald ganz aufgegeben wurden. Schwere
Myomexstirpationen durch Enucleation, Operationen des complicirten
Dammrisses wurden ausgeführt. Grosse Uteruspolypen wurden
durch den einfachen Schnitt entfernt, während man früher, aus
Furcht vor Blutung, die häufig zu Sepsis führende Unterbindung
ausführte, und Sims mit einem schrecklichen Instrument von
Ecraseur arbeitete. Auch Ovariotomieen wurden gemacht, freilich
ohne besonderen Erfolg, welches Missgeschick wir übrigens mit Sims
theilten. Was ist schliesslich von diesem noch übrig geblieben?
Kaltenbach, welcher im Jahre 1868 eine sehr glückliche Ehe
eingegangen war, habilitirte sich in diesem Jahre als Privatdocent
und verblieb dann noch bis 1873 in seiner Stellung als klinischer
Assistent, wenn er auch nicht im Institut wohnte. Eine Unter¬
brechung trat durch den deutsch-französischen Krieg ein, welchen
er als Militärarzt mitmachte, freilich nur in seinen Anfangsstadien,
da er bei der Belagerung Strassburgs an einem schweren Typhus
erkrankte, von welchem er sich nur langsam erholte. Im Jahre
1873 zum ausserordentlichen Professor ernannt, besorgte er von
da an die mit dem Freiburger Lehrstuhl verbundenen Functionen
eines Hebammenlehrers und Kreisoberhebarztes unter meiner
Leitung. Später übertrug ich ihm noch die Abhaltung des geburts-
hülfliehen Operationscurses und der Vorlesung. Dabei assistirte
er bei allen grossen Operationen. Seine Position war der Form
nach eine subordinirte. Jedoch habe ich Kaltenbach, welchen
ich als Arzt und Mensch immer höher schätzen lernte, sehr bald
als Freund und Mitarbeiter betrachtet. Nur durch ihn ist es mir,
welcher ich damals mit Arbeit überhäuft war, möglich gewesen,
meinen alten Plan, eine operative Gynäkologie zu schreiben, zur
Ausführung zu bringen. Nicht der kleinere Theil des grossen Er¬
folges, welchen das Werk hatte, ist Kaltenbach zu danken.
Ausser den von ihm verfassten Abschnitten an diesem Buch,
welches in den folgenden Auflagen eine beträchtliche Vergrösserung
erfuhr, schrieb Kaltenbach noch zahlreiche kleinere Aufsätze,
welche grösstentheils in der Zeitschrift für Geburtshülfe und
Gynäkologie erschienen, und unter welchen ich nur erwähne: Ueber
tiefe Scheiden- und Cervicalrisse, Hyperplasie der Decidua am
Ende der Schwangerschaft, combinirte Wendung auf die Füsse nach
Braxton Hicks, Beiträge zur Laparotomie bei fibrösen Tumoren
des Uterus, totale Exstirpation des Uterus von der Scheide aus.
Im Jahre 1883 erhielt Kaltenbach einen Ruf nach Giessen
und schied daher zum allgemeinen Bedauern seiner zahlreichen
Freunde und Bekannten aus dem Freiburger akademischen Ver¬
band aus. Doch freute man sich auch wieder, dass er endlich zu
dem sehnlichst gewünschten, selbstständigen Wirkungskreis ge¬
langt war. In Giessen, wo er sich bald als Lehrer und Arzt
bekannt und beliebt gemacht und wo er auch bei der hessischen
Regierung den Neubau der von ihm freilich nicht mehr bezogenen
Klinik durchgesetzt hatte, blieb er nicht lange. Das preussische
Ministerium berief ihn, auf den Vorschlag der Facultät, 1887 nach
Halle, wo eine rastlose literarische und praktische Thätigkeit für
ihn begann. Zahlreiche Aufsätze von ihm erschienen in Zeit¬
schriften, wie: Ueber Selbstinfection, über Bedeutung der fötalen
Wirbelsäule für den Austrittsmechanismus, über Hiilfsmittel des
gynäkologischen Unterrichts, Erfahrungen über Totalexstirpation
des Uterus u. a. Ausserdem aber verfasste er ein umfangreiches
Lehrbuch der Geburtshülfe, welches 1893 bei Enke erschien.
Die grosse literarische Production Kaltenbach’s zeugt von
seinem ausserordentlichen Fleiss, da er kein schneller Arbeiter
war. Er musste sich seinen Gegenstand erst von allen Seiten an-
sehen und durchdenken, hatte aber dann die Gabe, ihn, das
Wesentliche von dem weniger Wichtigen scharf hervorhebend, in
vortrefflicher logischer Anordnung und stilistisch gut darzustellen,
so dass auch seine kleinen Aufsätze dauernden Werth besitzen.
Dabei verstand er es, seine wissenschaftliche Durchbildung auch
praktisch zu verwerthen, wobei ihm grosse Ruhe, gute Beobachtungs¬
gabe und viel technisches Geschick zu Hülfe kamen, so dass er
sich überall, wo er seine Wohnstätte aufschlug, bald das allge¬
meine Vertrauen erwarb. Bewunderungswürdig sind seine Resultate
der vaginalen Uterusexstirpation.
Wie hoch seine Persönlichkeit und sein Charakter geschätzt
wurden, zeigt die allgemeine Theilnahme, welche sein Tod in
so vielen Kreisen unseres Vaterlandes hervorrief.
Kaltenbach fühlte sich seit etwa einem Jahre leidend und
sprach seine Todesahnungen gelegentlich aus, wenn er auch wieder
zu anderen Zeiten, wie dies glücklicher Weise gewöhnlich ist, sich
Selbsttäuschungen hingab. Als ich im September dieses Jahres
mit ihm zusammen kam, um eine von dem Verleger gewünschte
neue Auflage unseres gemeinschaftlichen Werkes zu besprechen,
fand ich ihn munter und frisch, und nichts hätte mich vermuthen
lassen, dass ich den um gut zwölf Jahre jüngeren, im kräftigsten
Alter stehenden Mann überleben werde.
Erstaunlich sind der eiserne Fleiss und die Pflichttreue, mit
welcher Kaltenbach bis nahe am Rande des Grabes seinen litera¬
rischen Arbeiten und seinem schweren Beruf nachging, obgleich
er sich wohl sagen musste, dass dies nicht gerade zur Verlängerung
der ihm noch beschiedenen kurzen Frist dienen werde. An seinem
vortrefflichen Lehrbuch der Geburtshülfe arbeitete er im letzten
Jahre bis 1 oder 2 Uhr nachts, um dann um 8 Uhr vormittags
seine Klinik abzuhalten. Obgleich er schon recht ernsthafte Be¬
schwerden hatte, machte er in den letzten vierzehn Tagen vor seinem
Tode noch zwei schwere Laparotomieen und eine vaginale Uterus¬
exstirpation. In der Nacht vom 20. zum 21. December verschied
er unter Erscheinungen der Athemnoth und Herzinsufficienz. Die
Section ergab Atherom der Coronararterien mit theils frischen,
theils älteren myocarditisclien Heerden, besonders in den Papillar-
muskeln.
Kaltenbach starb zu früh für seine Familie, zu früh für
seine Wissenschaft und zu früh für die leidende Menschheit.
Friede seiner Asche!
X. Referate und Kritiken.
Thoma, Untersuchungen über die Histogenese und Histo-
meohanik des Gefässsystems. Mit 41 Abbildungen. Stuttgart,
F. Enke, 1893. Ref. Ribbert (Zürich).
Die bei seinen zahlreichen früheren Untersuchungen erhaltenen
Resultate über die zweckmässigen Beziehungen zwischen der Strom¬
geschwindigkeit des Blutes und den gewebebildenden Vorgängen in
der Wand der Arterien und Venen hat Verfasser nun an der Ge-
fässentwickelung der Embryonalanlage des Hühnchens zu prüfen
unternommen. Er gelangte hier zunächst zu einigen bemerkens-
werthen, die Histogenese betreffenden Ergebnissen. Nicht nur die
Entstehung der ersten Gefässe geht zwischen den Zellen der am
mittleren Keimblatt auftretenden netzförmig verbundenen Zell¬
stränge vor sich, indem in ihnen rundliche Capillarlücken auftreten,
sondern auch die Bildung der aus den primären Gefässen hervor¬
sprossenden Capillaren geht intercellulär vor sich, indem die Ge-
fässwand aus Zellen bestehende Ausläufer bildet, zwischen denen
vom alten Lumen her sich die neue Capillare ausbildet. Es handelt
sich slso nicht um protoplasmatische Sprossen, die sich aushöhlen
und später in einzelne Zellen zerlegen sollen. In den dichteren
Zellsträngen, die man als Blutinseln bezeichnet, geht die Capillar-
bildung peripher vor sich, die neuen Lumina fliessen rings um die
Blutinsel zusammen und bilden so einen gemeinsamen Gefässraum,
in welchem die Zellen der Insel sogleich als Blutkörperchen ent¬
halten sind.
Im Anschluss an die Histogenese betrachtet Thoma die
Histomechanik. Schon bevor das Herz pulsirt, ist ein netzförmiges
Capillarsystem der Area vasculosa angelegt. Dasselbe steht durch
die vom Herzen weit nach hinten verlaufende doppelte Aorta und
durch zwei nahe dem Herzen aus ihm hervorgehende Venen mit
letzterem in Verbindung. Sobald nun der Kreislauf beginnt, bildet
er sich am besten aus in einem die geringsten Widerstände bietenden
bogenförmigen, auf jeder Seite des Embryo vorhandenen, zwischen
Arterienende und Venenanfang eingeschalteten Bezirke. Hier
strömt das Blut am schnellsten und hier erweitert sich deshalb in
Uebereinstimmung mit den früher vom Verfasser gefundenen Ge¬
setzen das Capillarsystem, um weiterhin theilweise in Arterien
überzugehen, während die ursprünglich vorhandenen capillaren
Seitenäste veröden. Der Blutdruck ist auf die Erweiterung ohne
Einfluss, er bewirkt eine verstärkte Wandspannung und dadurch
Wandverdickung. Durch Ueberlegung gelangt ferner Verfasser zu
dem Schlüsse, dass die Erhöhung des Blutdruckes auch zur Neu¬
bildung von Capillaren führt. Diese auf die Folgen der Strömungs¬
geschwindigkeit, des Blutdruckes und auf die Neubildung von
Capillaren sich beziehenden Erscheinungen nennt Verfasser die drei
aus seinen Untersuchungen sich ergebenden histomechanischen
Principien. In einem dritten Abschnitt zeigt Thoma, dass das
erste dieser Principien auch auf das arterielle System. im extra¬
uterinen Leben Anwendung findet. Aus den eingehenden Erörterungen
resultirt vor allem, dass der Querschnitt der Verzweigungen einer
Arterie wie an manchen Körperstellen direkt gemessen werden
kann, wahrscheinlich überall ungefähr so gross ist, wie der Quer¬
schnitt des Hauptastes, und dass im Zusammenhang damit auch
die Stromgeschwindigkeit der Arterien die gleiche ist.
Die Zufuhr der Blutmenge zu den Organen wird durch das
Bedürfhiss der Gewebe bestimmt. Von ihnen hängt also die
Strömungsgeschwindigkeit und Gefässweite, der Blutdruck und die
Gefässwanddicke und die Capillarneubildung ab, die „Arbeitsleistung
des Herzens stellt sich dar als ein Aequivalent der histomechanisch
von den Geweben gestellten Forderungen“.
Die Abhandlung enthält eine eingehende, im einzelnen nicht
wohl wiederzugebende Begründung der hier in Kürze referirten
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4. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
19
Vorstellungen, die durch 41 Abbildungen in sehr anschaulicher
Weise illustrirt werden. -
H. Quincke, Ueber Meningitis serosa. Volkmann’s Sammlung
klinischer Vorträge Neue Folge No. 67. Ref. Ni colaier (Göttingen).
Quincke bezeichnet als Meningitis serosa Fälle von primärem
Hydrocephalus, bei denen der Flüssigkeitserguss innerhalb der
Sehädelhöhle entzündlicher Natur ist. Die Meningitis serosa ist
vorwiegend ventriculär und gewöhnlich nicht durcli Mikro¬
organismen verursacht. Sie entsteht im Gefolge von Traumen des
Kopfes, nach anhaltender geistiger Anstrengung, nach acuter und
chronischer Alkoholwirkung und im Anschluss an acute fieberhafte
Krankheiten, wie Typhus, Pneumonie und kommt bei Kindern und
bei Erwachsenen vor. Quincke gruppirt die von ihm beobachteten
Fälle nach dem Verlauf in solche mit acutem Beginn, die entweder
acut oder chronisch verlaufen, und ferner in chronische Fälle, die
entweder einen chronisch progressiven Verlauf zeigen oder mit
acuten Exacerbationen einhergehen.
Bei acutem Beginn setzt die Krankheit zuweilen plötzlich ein,
häufiger ist der Beginn ein langsamer, durch mehrere Tage sich
hinziehender. Fieber fehlt oder ist, wenn vorhanden, von geringer
Höhe und kurzer Dauer. Es tritt Nackenstarre und Kopfschmerz
von wechselnder Intensität auf, und einige Tage nach Beginn der
Erkrankung stellen sich Stimmungsanomalieen und Trübung des
Bewusstseins ein, die sich nur in letal verlaufenden Fällen zu
tiefer Benommenheit zu steigern pflegen. Nicht selten werden Hyper¬
ästhesien beobachtet, öfter locale Paresen, dagegen seltener
Krämpfe, recht häufig ist Erbrechen; Bradycardie und arhytlimisehe
Herzthätigkeit finden sich seltener. Die Pupillen reagiren träge,
sind öfter ungleich; zwar nicht constant, doch sehr gewöhnlich
entwickelt sich im Verlauf von einigen Wochen eine Stauungs¬
neuritis des Opticus. Besonders wichtig für die Diagnose ist, dass
die Intensität der Symptome, die Neuritis optica ausgenommen, er¬
heblichen Schwankungen unterworfen ist. Die acut beginnende Er¬
krankung heilt entweder in einem oder einigen Monaten oder sie
führt zum Tode.
Die chronischen Fälle von Meningitis serosa beginnen schleichend
und verlaufen bald continuirlich, bald mit Intermissionen und Exacer¬
bationen. Während das Krankheitsbild der schweren Fälle dem der
Hirntumoren sehr ähnlich ist, bestehen in den leichteren Fällen nur
Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Stimmungsanomalieen; diese Sym¬
ptome wechseln, häufig sind sie geringfügig, fehlen auch eine Zeit
lang und sind von neurasthenischen Beschwerden nicht zu unter¬
scheiden. Zuweilen treten bei diesen chronischen leichteren Fällen
Exacerbationen ein, welche auch zum Tode führen können.
Das Krankheitsbild der Meningitis serosa gleicht dem der eite¬
rigen und der tuberkulösen Meningitis und dem der Hirntumoren in
vieler Beziehung.. Eine Unterscheidung der serösen von der tuber¬
kulösen und eiterigen Meningitis ist sehr oft erst durch den Ver¬
lauf bezw. den anatomischen Befund zu machen. Die tuberkulöse
Meningitis, besonders diejenige Form, bei der sich eine gering-
Erkrankung der Pia corticalis findet, dagegen ein starker
lujsigkeitsergnss in die Ventrikel vorhanden ist, ist der serösen
ähnlicher als die eiterige Meningitis. Wichtig für die Differential-
iagno.se ist der Nachweis tuberkulöser Erkrankung in anderen
rganen: doch theilfc Quincke zwei Fälle mit, bei denen neben
sgedehnter Tuberkulose in anderen Organen seröse Meningitis
or anden war. Von der eiterigen Meningitis unterscheidet sich
e Kröge durch das Fehlen bezw. Geringfügigkeit und kurze Dauer
schm le,Pr ?. un ^ T ^rch Jen etwas langsameren Verlauf. Der Kopf-
u, e T z ' ale Nackenstarre, Benommenheit sind weniger intensiv.
hi 5 nfi^ Vlnp - m o wec ^ se ^ n mehr, bei der Meningitis serosa tritt
ncnrit^ • °f ln k • m ^ om me ^ r d en Vordergrund, die Stauungs-
Jufrpnlu' 1 ?., .\ der serös . en Form häufig, bei der eitrigen selten.
\\} Ifi relative Grösse des Kopfes sprechen in bedingter
senra E'orm. Die chronischen Fälle von Meningitis
besonder 1 * 1 !! dem Erankheitsbilde der Hirntumoren sehr ähnlich,
imihp q*! daD \ Wenn von Tumoren der hinteren Sch adel¬
et d er v P l Dg f Shyd /oc. e Phalus entsteht. Für die Differentialdiagnose
auftoiiiff , r i auf llQ d die Dauer der Erkrankung zu verwerthen. Ein
mehr ffir u r2 ? r ’ • ° der a ^ er e * n langer Verlauf spricht
•liaeuosticni,! 111 ?!?^ 1 ! serosa als für einen Tumor. Einen relativen
Meninritic: B ° " er ? Quincke der Beobachtung zu, dass bei
schneller Stauungsneuritis und Erblindung häufiger und
die Lnmhaini, nt ** a 8 ^ Tumoren. Die Untersuchung der durch
Frierscheidnn 10n ?, ew ? nn . e ? en Cerebrospinalflüssigkeit kann zur
(im Gefolirfl V tr Meningitis serosa und Stauungshydrocephalus
wicht fühpr inno\ 1irnt !J moren ) führen. Höheres specifisches Ge-
Fiüsaigkeit zeiirJn grö ® se , rer Eiweissgehalt (über 2 °/oo) der
Frage offen Stauungshydrocephalus an; Quincke lässt die
Als Th dle8er Unterschied constant ist
pie emfiehlt der Verfasser für die acuten Fälle
Application von Blutegeln am Nacken und an den Warzenfortsätzen,
der Eisblase auf Kopf und Nacken, Ableitung auf den Darm durch
Drastica, ruhiges Verhalten, Fernhalten aller Reize. Besonders
günstigen Einfluss in einzelnen Fällen hatte die Behandlung mit
Quecksilber, zweifelhaft drückt sich Quincke über die Wirkung
des Jod aus.
Von Erfolg erwiesen sich ferner, besonders bei chronischen
Fällen, Ableitung auf die Haut des Kopfes und des Nackens (fliegende
Vesicatore, Tartarus stibiatus-Salbe). Die Punction des Cerebro¬
spinalsackes in der Lumbalgegend zeigte sich einige male insofern
erfolgreich, als die Drucksymptome nachliessen, während in anderen
Fällen die Wirkung ausblieb.
Otto v. Weiss, Zur Behandlung der Gesichts- und Stira-
lagen. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge Neue Folge
No. 74. Ref. E. Fraenkel (Breslau).
Verfasser theilt seine an 107 Fällen von Gesichts- und Stirn-
lagen gemachten Erfahrungen mit. Bei denjenigen Geburten, wo
er der Lehre Boer’s und Zeller’s, dass diese Lagen durchaus
nicht ungünstige wären und an sich jedes Eingreifen erübrigten,
gefolgt war, blieb er mit seinen Erfolgen hinter diesen beiden weit
zurück und kam dadurch zu folgenden Schlüssen: Nicht complicirte
Gesichtslagen, selbst Einstellung der Stirn im Beginn der Geburt,
erfordern keine Eingriffe, allgemeine prophylaktische Umwandlung
dieser Lagen wäre ein Fehler. Beim rhachitisch platten Becken
ist die Gesichtslage vielleicht die günstigste Einstellung (? Ref.),
bei den anderen Formen von engem Becken wäre Hinterhauptslage
erwünscht; letztere ist allerdings sehr schwer, und der Erfolg
unsicher. Zwei Methoden der Umwandlung in Schädellage con-
curriren hauptsächlich, diejenige durch ausschliesslich äussere
Handgriffe nach Schatz — doch ist diese sehr gute Methode nur
im allerersten Beginn der Geburt ausführbar und kommt daher
selten in Betracht — und die durcli combinirte Handgriffe nach
Baudelocque, eventuell auch in Verbindung mit der Schatz’schen
oder mit anderen, geringfügigen Modificationen (Ziegenspeck,
Thore u. s. w.). In jedem Falle hat die Umwandlung in Schädel¬
lage den grossen Vortheil, den oft krampfartigen Charakter der
Wehen zu bessern, und daher wendet Verfasser sie an bei Ge¬
sichtslage (Kinn hinten), Stirneinstellung und Stirnlago, wenn die
Wendung nicht mehr möglich ist. Dabei entscheidet er sich von
den beiden Arten des Baudelocque’schen Verfahrens — innere Hand
schiebt Stirn oder Gesicht mit zwei Fingern zurück, äussere leitet
Hinterhaupt hinein, und innere halbe Hand zieht selbst Hinter¬
haupt unter vollständigem Umfassen hinein — für die erstere, weil
bei dieser die Gefahr der Infection und Zerreissung der Gebär¬
mutter geringer ist. Hat man einen geübten Assistenten, so kann
man gleichzeitig auch Schatz’ Handgriff anwenden lassen, doch
hat er davon auch Blutung infolge vorzeitiger Placentalösung
gesehen. __
XI. Journalrevue.
Mikroorganismen und Aetiologie der Infcctions-
krankheiten.
Schimmelbusch, Ueber grünen Eite rund die pathogene
Bedeutung des Bacillus pyocyaneus. Volkmann’s Sammlung
klinischer Vorträge Neue Folge No. 62.
Verfasser giebt eine durch eigene Erfahrungen ergänzte Ueber-
>icht über die bisherigen, den Bacillus pyocyaneus betreffenden
Untersuchungen. Die charakteristische Eigenthümlickeit desselben
st die Farbstoffbildung, die von der Art des Nährbodens, von der
Beschaffenheit des in seinem morphologischen und biologischen
Verhalten variablen Bacillus selbst und von dem Zutritt der Luft
ibhftngt. Letzterer Umstand bewirkt, dass, wenn der Pilz in Wund¬
perbänden zur Entwickelung gelangt-, die äusseren Schichten der¬
selben grün oder blau, die inneren gelb oder braun sind, während
lie Wunden selbst keine Farben Veränderung zu zeigen pflegen. Der
Farbstoff wird Pyocyanin genannt. Der Bacillus gelangt auf die
Kunden nicht durch die Luft, auch meist nicht durch Contact von
mssen, sondern von der Haut des Kranken, auf der er sich als
Saprophyt sehr gewöhnlich findet. Daher pflegt, er in Wunden,
lie an besonders von ihnen bevorzugten Hautstellen liegen, z. B.
ler Achselhöhle, der Sckenkelbeugo sich besonders zu zeigen. Ver¬
suche über die pathogene Bedeutung des Bacillus pyocyaneus er¬
gaben, dass grossere Mengen subcutan Entzündung und Eiterung,
ntravenös den t Tod herbeiführen können, dass der I ilz abei im
Körper selbst nicht zu gedeihen vermag. Er wirkt also durch seine
riftigen Eigenschaften, die auch an bacterienfreien und an sterüi-
sirten Culturen hervortreten. Es ist denkbar, dass auch beim
Menschen von den Wunden aus die Toxine aufgenommen werden
können, doch ist darüber nichts sicheres beobachtet. Wenn das
um auch nicht der Fall ist, und wenn auch der Bacillus m (len
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20
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
menschlichen Körper nicht einzudringen vermag, so ist seine Gegen¬
wart in Wunden doch nicht gleichgültig. Schimmelbusch hebt
hervor, dass er die Secretion der Wunden beträchtlich steigert,
dass er die Consolidirung der Granulation hemmt, und die Ueber-
häutung, auch bei Transplantationen, sehr wesentlich hindert.
Ribbert (Zürich).
Wernicke, Ein experimenteller Beitrag zur Kenntniss
dos Löffler’schen Diphtheriebacillus und zur „Blutserum¬
therapie“. Archiv für Hygiene Bd. XVIH.
Während bekanntlich Behring sein Diphtheneheilserum von
hochgradig immunen Hammeln gewonnen hat, hat sein Mitarbeiter
Wernicke ein gleichfalls wirksames Heilserum von Hunden
erzielt. In der älteren deutschen Litteratur waren Angaben über
Diphtherieempfängliehkeit der Hunde nicht vorhanden, doch sind
solche neuerdings von Roux und Y er sin veröffentlicht worden.
Wernicke konnte bei seinen Versuchen constatiren, dass Hunde,
namentlich jüngere noch im Wachsthum begriffene, für Diphtherie-
infection mittels subcutaner Einspritzung von Diphtheriebouillon-
eulturen durchaus empfänglich sind und den Meerschweinchen in
dieser Beziehung kaum naclistehen. An der Injectionsstelle ent¬
steht ein faustgrosses Oedem, später’ eine ausgedehntere derbere
Infiltration, weiterhin Nekrose, schon frühzeitig schwere Allgemein¬
störungen, nach anfänglicher fieberhafter Erregung Temperatur¬
abfall und subnormale Temperaturen, Erbrechen und Durchfall mit
weiterhin blutigen Entleerungen, lähmungsartige Schwäche der
Hintergliedmaassen, Tod. Bei den Thieren, welche mit dem Leben
davon kamen, wurden typische diphtherische Lähmungen be¬
obachtet. ....
Durch Verfütterung von Fleisch eines diphtherieimmunen und
eines an chronischer Diphtherie verendeten Schafes konnte bei
Hunden ein gewisser Grad von Diphtherieimmunität erzielt
werden. Diese relative Immunität hat Wernicke weiterhin ge¬
steigert, indem er den Hunden zunächst in schnell von 1 bis 60 ccm
steigender Dosis subcutane Einspritzungen alter Diphtherieculturen
machte, in denen die Bacillen durch Zusatz von 0,6 °/o Carbolsäure
getödtet waren. Es kam dabei zur Bildung lokaler abseessähnlicher
Geschwülste ohne Störungen des Allgemeinbefindens. V eiterhin
würden in steigender Menge frische virulente Bouillonculturen
eingespritzt, wodurch mehrtägige Temperatursteigerung und örtliche
fluetuirende Anschwellungen, aber niemals Nekrose hervorgerufen
wurde. (Durch Prüfung des Inhalts der Geschwülste wurde
constatirt, dass die Diphtheriebacillen bei den hochgradig immunen
Thieren in wenigen Tagen zugrunde gegangen waren, während sie
bei den weniger stark immunisirten noch wochenlang am Leben
blieben, im Blut und Urin konnten sie aber niemals aufgefunden
werden.)
An dem durch mehrmals wiederholte Aderlässe gewonnenen
Blutserum der in der beschriebenen Weise behandelten Hunde
konnte eine zunehmende immunisirende Kraft auch nach der neuer¬
dings von Behring angegebenen Methode gegenüber dem Diphtherie¬
gift bezw. der hierdurch bewirkten Intokicatien der Versuchsmeer¬
schweinchen constatirt werden. Ueber die mit dem Hundeblut¬
heilserum an diphtheriekranken Kindern erzielten Heilerfolge ist
schon an anderer Stelle (s. No. 17 d. vor. Jahrgangs) berichtet worden.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass seitdem der Heilwerth des
Serums durch fortgesetzte Behandlung der Thiere noch gesteigert
ist, so dass 10 bis 20 ccm nach Wernicko’s Meinung vielleicht
zur Behandlung eines Menschen ausreichen dürften. An den Meer¬
schweinohen, an denen die immunisirende Kraft des Hundeblut¬
serums erprobt worden, ist dann weiterhin durch fortgesetzte
Steigerung der Injeetionen lebender Diphtheriebacillenculturen eine
ausserordentlich hohe, das Hundeblutserum noch weit übertreffende
immunisirende Kraft erzielt worden. O. Riedel (Lübeck).
' XII. OeffentlicIi.es Sanitätswesen.
Die Cholera in Ostprenssen im Jahre 1893. l )
Von Prof. Dr. E. v. Esmarch in Königsberg i. Pr.
Wie bekannt, brach im October 1893 ganz plötzlich in Tilsit die
Cholera aus, nachdem dieProvinz sowohl im vorhergehendenwie bisher
inj Jahre 1893 von einer Einschleppung der Seuche trotz der Nähe des
verseuchten Russlands verschont geblieben war. Glücklicher Weise
ist es nur eine sehr kleine Epidemie gewesen, die im Keime er¬
stickt werden konnte, nichtsdestoweniger aber und vielleicht
gerade des letzteren Umstandes wegen interessirt es Sie, wenn
ich Ihnen hier ganz kurz den Verlauf der Epidemie schildere. —
Am 19. October morgens bekamen wir aus Tilsit hierher eine ver¬
dächtige Fäcesprobe in das hygienische Institut geschickt, die
sofort bei mikroskopischer Untersuchung sich als höchst verdächtig
-ißh *) Vortrag, gehalten im Verein für wissenschaftliche Heilkunde in
Königsberg i. Pn j-ji.j ( u r; . , . . . . ., .1 : . .
erwies so dass ich schob eine Viertelstunde später nach Tilsit
telegraphiren konnte, dass sehr wahrscheinlich echte Cholera vor¬
liege Am folgenden Morgen wurde das Resultat du rc h die in-
zwischen gewachsenen Culturen nach jeder Richtung hm bcstätigt
In der Nacht vom 20. zum 21. erkrankten dann plötzlich fünf weitere
Personen, sämmtlich in demselben Hause zu THsit, Ragniter-
strasse 2 wohnend. Da ich inzwischen selbst nach Tilsit gereist
war, konnte ich persönlich das verseuchte Terrain in Augenschein
nehmen. Das inficirte Haus lag am oberen Ende der Stadt, ganz
dicht am Wasserwerk und ziemlich hoch über und etwa 200 bis
300 Schritt entfernt von dem Memelstrom; es war ein langge-
streektes, ganz isolirt in Ackergelände liegendes zweistöckiges
Haus, in dem etwa acht bis zehn Familien wohnten, die zusammen
45 Köpfe betrugen. Der zuerst Inficirte war em verheiratheter
Arbeiter ohne Kinder, der am 17. Abends plötzlich erkrankt war;
er befand sich zur Zeit schon wesentlich besser, hat aber spater
noch ein schweres Choleratyphoid bekommen. Am 21. waren theil-
weise unter sehr stürmischen Erscheinungen neu erkrankt drei
Kinder einer Familie Meyer, von denen das eine, etwa zwei Jahre
alt in der Nacht schon gestorben war; das zweite fünf Jahre ulte
Kind starb in der folgenden Nacht. Ein viertes Kind, auch schwer¬
krank gehörte zu einer Familie Klein, die am anderen Ende des
Hauses wohnte. Endlich war noch der Hauswirth Kanterweit
erkrankt, ein alter Mann, der ebenfalls später starb. Die hygienischen
Zustände des Hauses wie seiner Umgebung waren die denkbar
schlechtesten, enge theilweise sehr wenig sauber gehaltene \\ ohn-
räume, in denen Gesunde und Kranke dicht neben einander hausten.
Ein gesundes Kind der Familie Klein lag mit seiner cholerakranken
Schwester in demselben Bett, es erkrankte natürlich später ebenfalls.
Hinter dem Hause lag ein Hof mit einem offenen Kesselbrannen,
der aus Holz construirt, etwa 20 Fuss tief war, und durch dessen
Wände seitlich an mehreren Stellen durch die Fugen der Holz¬
wand Wasser hinein sickerte. Der Hof selbst war schmutzig, seine
hintere Begrenzung wurde durch eine Reihe von Ställen gebildet,
die bis dicht an den Brunnen heranreichten.
Gegen die Weiterverbreitung der Infection war noch wenig
geschehen, der ersterkrankte Arbeiter lag noch im Hause und wurde
von seiner Frau gepflegt, seine Dejectionen wurden desinficirt und
hinter den Ställen in eine Grube gegossen, in den übrigen Kranken¬
zimmern fanden sich Schüsseln mit Subliinatlösung; ob dieselben
aber in genügender Weise benutzt wurden, erscheint mir mehr als
fraglich. Bemerkenswerth ist noch eine Entdeckung, die wir bei
der Inspicirung des, wie schon erwähnt, dem inficirten Hause ganz
nahe gelegenen Wasserwerkes machten; letzteres entnimmt sein
Wasser direkt aus dem Memelfluss und filtrirt es in gewöhnlicher
Weise durch Sand. Bei der Sandwäsche nun fanden wir die Mutter
des einen cholerakranken Kindes wieder, die vor kaum einer Viertel¬
stunde mir mit eigener Hand die durchnässte Cholerawäsche gezeigt
hatte. Dass hier für die Stadt Tilsit eine immense Cholerainfections-
gefalir vorlag, war unzweifelhaft; die Person wurde natürlich sofort
entlassen und der zuletzt gereinigte Filtersand nicht mehr benutzt.
Am 21. October Nachmittags wurde mit der Evacuirung der Er¬
krankten begonnen, die in die zum Choleralazareth umgewandelte
Turnhalle geschafft wurden, wo sie im ersten Stock Unterkunft
fanden. Auch die Gesunden wurden am anderen Tage in die unteren
Räume der Turnhalle geschafft, so dass am Sontag, den 22. October
Abends, das Haus vollkommen leer stand; doch war stets noch eine
Verbindung zwischen den früheren Bewohnern und dem inficirten
Hause vorhanden, da die Schweine der Leute von diesen weiter
gefüttert wurden. Eine vollkommene Isolirung der Verdächtigen
trat erst am 24. October ein, also acht Tage nach der ersten Er¬
krankung. In den nächsten Tagen erfolgten dann noch mehrere
Neuerkranknngcn unter den Evacuirten; im ganzen erstreckte sich
die Epidemie auf 17 Personen, von denen 8 gestorben sind. Seit
dem 29. October ist keiner mehr krank geworden, und somit jetzt
wohl die Epidemie als definitiv erloschen zu betrachten; das infi¬
cirte Haus ist auch nach gründlicher Desinfection am 2. November
wieder bezogen worden.
Ueber die Art und Weise der Einschleppung des ersten
Krankheitskeimes hat sich leider trotz umfassender Erkundigungen
nichts sicheres ermitteln lassen. Es ist möglich, dass schon vor
dem 17. October, am 14. und 15., eine bei, der Schwiegermutter
des Meyer auftretende Erkrankung an Brechdurchfall ‘wirkliche
Cholera gewesen ist, die Frau war seit dem 20. September im Hause
und vorher in Darkehmen gewesen; doch sind dort keine verdächtigen
Erkrankungen vorgekommen. Der Arbeiter Meyer, Vater der
mit zuerst und am stärksten ergriffenen Familie will selbst stets
gesund gewesen sein, er ist jedoch ebenso wie ein anderer Insasse
des Hauses Flösser und als solcher natürlich vorher auch mit
Memelwasser und aus Russland stammenden Flössern vielfach in
Berührung gekommen. Dass der Memelstrom zu der Zeit der.
erßten Erkrankung in Tilsit verdächtig war, zeigt sich an zwei
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in denselben Tagen in Ragnifc und Schmalleningken, oberhalb
Tilsit an der Memel gelegen, nachgewiesenen Choleraerkrankungen.
Der zuerst sicher als Cholera diagnosticirte Fall war der Arbeiter
Dettmann, der aber bestimmt angiebt, weder mit russischen
Flössern noch mit Memelwasser überhaupt in den Tagen vor
seiner Erkrankung in Berührung gekommen zu sein. — Der
Brunnen kann auch nicht direkt durch Memelwasser verunreinigt
worden sein, da sein Wasserspiegel sehr viel höher wie der des
Flusses liegt, dagegen ist wolil anzunehmen, dass er die Secundär-
infectionen am 20. October bewirkt hat; das explosionsartige Auf¬
treten der fünf Fälle an einem Tage scheint wenigstens darauf
hinzuweisen; Cholerabacillen konnten allerdings in seinem Wasser
trotz aller Bemühungen nicht nachgewiesen werden.
Soweit über den Verlauf der Epidemie selbst, es sei mir nur noch
gestattet, ein paar Bemerkungen im allgemeinen daran anzu¬
knöpfen. Zunächst muss ich es als ein ganz besonderes Glück für
Tilsit halten, dass das Haus, in welchem sich der Infectionsheerd aus¬
bildete, an der äussersfcen Grenze der Stadt und gegen die Nachbar¬
grundstöcke durch dazwischenliegendes Ackerland ganz isolirt lag,
ebenso dass der Brunnen des Hauses lediglich von den 45 Bewohnern
des letzteren benutzt wurde. Es wäre sonst meiner Ansicht nach
ganz sicher die Epidemie nicht auf dieses eine Haus beschränkt
geblieben. Dass die Vorbeugungsmaassregeln gegen die Ver¬
schleppung der Seuche, die .späterhin mit anerkennenswerther
Gründlichkeit betrieben zu sein scheinen, im Anfang nicht ge¬
nügende waren, wird wohl jedem aus der eben vorgetragenen
Schilderung der Epidemie ohne weiteres klar geworden sein. An
wem die Schuld hierfür gelegen hat, möchte ich nicht unter¬
suchen, nur das eine möchte ich an dieser Stelle hervorheben,
dass auch dieser Fall meiner Ansicht nach wieder einmal gezeigt
hat, wie viel vortheilhafter es ist, wenn unter Umständen wie
den geschilderten der beamtete Arzt auch die polizeiliche
Gewalt ohne Weitläufigkeiten und Beschränkungen nach
seinem Ermessen zur Verfügung hat; hoffentlich wird auch
nach dieser Richtung das neue Seuchen ge setz w'ie die in Aus¬
sicht gestellte Reformirung der Stellung der Medicinal-
be amten den langersehnten Wandel schaffen.
Nach der Evacuirung des verseuchten Hauses wurde die gründ-
ichc Desinfection desselben beschlossen und ausgeführt, wie mir
^richtet wurde, mit einem Aufwande von 3000 Mark oder mehr,
vwmu dieses wirklich sich so verhält, so glaube ich, können andere
n e daraus eine Lehre ziehen. Es darf ohne weiteres behauptet
f r eil, da»s die Stadt Tilsit nicht annähernd diese Summe zur Des-
d S F Ündlichsten des gesammten inficirten Hauses
.amrnt Italien. Hof und Brunnen gebraucht hätte, wenn sie im
SL?- er v ei fu nei1 ’ Wenn auch kleinen Desinfectionsanstalt,
„ f 111 Anl ®bnung an ihr Krankenhaus, gewesen wäre. Die Kosten
in Ä™ e ü er S -° Iche . n 4 nstalt betragen nicht viel mein-, als
sein snii ä v? r ein , e e * nz *£ e Desinfection ausgegeben worden
werden L ^ utze J derselben wird von Ihnen nicht bestritten
hoffe da« In 1 !?, r beson( Jers hervor in Zeiten, wie diese, und ich
nicht nur cioi rf h - 1C J l aucb kleinere Städte daran gehen werden
schon Desiaf0 ctionsapparate anzuschaffen, das ist jetzt ja
den iranzen R p? cbeben ' son dem, was ich für viel wichtiger halte,
weiteres den S0 zu regeln, dass er in Epidemiezeiten ohne
Noch *>ini w hl L ge l te tea ^Forderungen aufs beste genügt.
Herbste vorrrptnn^ 01 ^ 6 die abri g en der Provinz in diesem
fämmtlich ziemlich* 6 ™ ^ h °u ®\! 6 ’ sie sind Ja glücklicherweise
liehen wei^ron v vereinzelt geblieben, sodass von einer eigent-
beiden in Sphmfn 10 ®“ 16 i mcht geredet werden kann. Von den
schon dipR^io eain &ben «nd Bagnit vorgekommenen Fällen
aus Wi I k i hpi F gewesen ’der erstere betraf einen russischen Flösser
wurde der 7 \vpR 0 ^ no ’ d ® r kran b au F einem Floss aufgefunden
kein Memelwaccor T® 11 f 1rbeiter aus Ra K nit selbst, der allerdings
Kündigungen mit getr . unken Haben will, aber doch nach allen Er-
Anfang Novemhpr f U ff! scbea Gössern in Verbindung gewesen ist.
gebiet und an rW °-f^ n eim £ e weitere Fälle im unteren Memel-
graben, nämlir-h j zusammenhängenden grossen Friedrichs-
Nemonien- eine dir^Vtf ? e i S ?. hken ’ End reischken, Gilge und
Erkrankungen e . ^Fectionsursache hat sich bei keiner dieser
dass esTs pin«i en lassen ’ doch d ^tet alles darauf hin,
dessen nächster Nai,* 88 ?- 1 * S e 7 esen sebl muss, auf dem oder in
Am 10 Nove dle Erkran bten sämmtlich gewesen waren,
theile. eines'unter V pr^ W ^- den £ em hygienischen InstitutLeichen-
a us Mörlen bei Ocv , tigen Symptomen verstorbenen Arbeiters
Gestorbene dort ^ dem Bemerken eingeliefert, dass der
v erdächtige Erkrank if 8 * 8 ' gewesen i nnd nirgends in der Umgegend
[‘fgab die baeterinlnm- 11 ^? 11 TT 0r ^ ekominen S0 i en ; nichtsdestoweniger
bjen Befund, der ® Untersuchung unzweifelhaft einen posi-
' °rbeup D g SIn n aucb die Veranlasssung zu umfassenden
Är» gegen Weiterverbreitung der Infection
° n, dass mir der Fall bei seinem isolirten I
21
M 7 s ® llr Kopfzerbrechen gcmachflmt; spater
angesteUte Nachforschungen haben aber doch etwas mehr Licht in
die Sache gebracht; es wurde constatirt, dass der Gestorbene kurz
vorher bei einer Verwandten in Liebemühl, nördlich von Osterode
zum Besuch gewesen war; diese letztere war auf einem Schiffe
thätig, welches die dortigen Seen befährt, die durch den Drewenz-
fluss mit der Weichsel in direkter Verbindung stehen; sie erkrankte
etwa zur selben Zeit wie der Arbeiter in Mörlen unter Er¬
scheinungen, die kaum anders wie als Cholera zu deuten
waren; leider wurden dem hygienischen Institut Stuhlproben der
Person erst ziemlich spät geschickt, und es gelang nicht, darin
Cholerabacillen nachzuweisen. Doch Hegt die Wahrscheinlichkeit
nahe, dass auch hier auf dem Wasserwege die Infection übermittelt
worden ist; im Weichselgebiet sind ja zur selben Zeit mehrere
b älle von Cholera vorgekommen. — Alle diese Fälle zeigen meiner
Meinung nach wieder, wie wichtig es ist, gerade die Wasserwege
auch in ihren Nebenverzweigungen scharf unter Controlle zu
halten. Die Kosten einer solchen umfassenden Ueberwaehung sind
ja nicht gering, aber ich möchte doch glauben, dass sie sich auch
lohnen; wären die glimmenden Funken nicht so schleunig entdeckt
und unschädlich gemacht, hätten wir doch wohl dem Beispiel der
benachbarten russischen Provinzen folgen und recht ansehnliche
Verluste an Menschenleben haben können; dass unsere Bevölkerung
individuell genügend disponirt war, beweisen die Tilsiter Fälle.
Eigenthümlich ist, dass die Zahl der Einschleppungen über die
Grenze nur eine so geringe gewesen sein kann, trotzdem in den
Provinzen Lomza und Groduo, welche beide durch Eisenbahn und
Flösserei so vielfache Verbindung mit Ostpreussen haben, die
Cholera gerade so besonders heftig aufgetreten ist; möglicherweise
ist dies auf den Zollkrieg zurückzuführen, durch den wegen
schärferer Bewachung der Grenze der unerlaubte und darum ja
ganz uncontrolUrbare Grenzverkehr, wie mir berichtet, bedeutend
eingeschränkt worden ist. Wie dem auch sei, für dieses Jahr
dürfen wir wohl hoffen, mit der Seuche fertig zu sein, ob dasselbe
für das nächste Jahr gilt, möchte ich allerdings nicht behaupten.
Stand der Cholera.
Im Deutschen Reich kam in der Woche vom 10. bis 16. December
nur eine Erkrankung vor, und zwar in Gartz a. O.
In Frankreich wurden im Departement Finistöre vom 1. bis
11. December drei Choleratodesfälle festgestellt. Ueber die Ausbreitung
der Seuche in Frankreich während des Jahres 1893 berichtet der bekannte
Lancet-Correspondent. Derselbe hatte die Zahl der bis Ende Juli vor¬
gekommenen Choleratodesfälle in einem früheren, seiner Zeit auch von
uns wiedergegebenen Bericht auf 1530 angegeben; in diesor Zahl waren
die im Februar in Marseille beobachteten Fälle nicht mit einbegriffen.
Im August kamen in Frankreich 536, im September 660, im October 152,
im November 14 Todesfälle zur Feststellung. Im ganzen sind es bis Ende
November also 2994 und einschliesslich der vereinzelten im Monat De¬
cember im ganzen Jahr 1893 rund 3000 Todesfälle gegen 4542 im ver¬
gangenen Jahre. Die meisten Todesfälle hatte Marseille: 102 während
der Winterepidemio im Februar und 767 seit dem Wiederausbruch der
| Seuche im Mai, im ganzen 869. Trotz dieser beträchtlichen Sterblichkeit
war die Existenz der Cholera in Marseille zu keiner Zeit officiell anerkannt
und wurden daher gewisse Assanirungsmaassregeln, besonders Desinfection
nicht von Amtswegen bezw. zwangsweise durchgeführt. Daher kam es
zu der grossen Ausbreitung der Seuche, während z. B. in Paris mit
seinem wohlorganisirten Desinfectionssystem im Jahre 1893 nur 12 Cholera¬
todesfälle vorkamen. Nächst Marseille war von den Städten Nantes mit
478 Todesfällen am stärksten betroffen. Das Departement Finistöre
hatte bis Ende November 773 Choleratodesfälle.
Die Zahl der im October festgestellten Cholerafälle beträgt nach
amtlichen Nachrichten für Livorno 88. für Rom 7, Aquila 6, Sa¬
lerno 2. Nach neueren Meldungen soll sich in Palermo wieder die
Seuche bemerkbar machen.
Ueber die Epidemie in der spanischen Provinz Viscaya theilen die
Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes folgende amtlichen
Daten mit. Vom Beginn der Epidemie (20. September) bis zum Erlöschen
derselben (Ende October) wurden im ganzen 1001 (422) Erkrankungen
(Todesfälle) festgestellt, davon allein in Bilbao 311 (175). — In Tene-
rifa nimmt die Cholera jetzt ab; die Insel ist gegen die übrigen Canari-
schen Inseln abgesperrt; auf letzteren ist der Gesundheitszustand gut.
In Galizien wurden vom 12. bis 19. December aus drei Gemeinden
in den Bezirken Sanok, Staremiasto und Tarnopol 8 Erkrankungen,
4 Todesfälle angezeigt. Die Bezirke Nadworna und Kolo me a wurden
amtlich als seuchenfrei erklärt.. Ueber die Cholera in Bosnien enthält
No. 51 des Oesterreichischen Sanitätswesens keine Nachricht.
In Ungarn sind nach dem erwähnten Blatt vom 29. November bis
5. December in 11 Gemeinden 20 Erkrankungen, 13 Todesfälle an Cholera
vorgekommen, in der Stadt Budapest 3 (2) Fälle.
In Rumänien wurde am 4. December in Sulina ein Cholerafall
festgestellt. Insgesammt sind in Rumänien nach amtlicher Angabe von
Anfang Juli bis zum October in 15 Bezirken, 21 Städten und 38 Land¬
gemeinden 1494 Personen an Cholera erkrankt, davon starben 872 =
58,4 °/ 0 . (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.)
In Konstantinopel nimmt die Cholera noch zu. Vom 26. No¬
vember bis 2. December wurden in den einzelnen Stadttheilen zusammen
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22
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
283 (168), vom 3: bis 9. December 405 (182) Erkrankungen (Todesfälle)
festgestellt. Stark herrscht die Cholera, in Trapezunt und Umgegend.
In der Stadt gab es vom 27. November bis 2. December 158 (96), vom
5. bis 9. December 67 (48) Fülle; seit dem 30. November ist auch die
Garnison ergriffen. Auch an verschiedenen anderen Orten Kleinasiens,
besondere an der Küste des Schwarzen Meeres, kamen Cholerafälle vor;
in Sinope traten vom 28. November bis 8. December 26 (11) Fülle im
Läzareih auf' lh Eski-Chehir soll die Seuche erloschen sein, dagegen
noch unter den Bahnarbeitern in der Umgegend sich zeigen; inKjutahia
' kamen vorn 1. bis 8. December 25 (14) Fälle vor. Am 9. December
Wurde ein Tbdesfall in Smyrna beobachtet. Ein starker Ausbruch der
Seuche erfolgte kürzlich im Milititrlnzareth zu Saloniki: vom 5. bis
9. December wurden daselbst 24 (19) Fülle festgestellt, vom 10. bis
11;.^ December kamen weitere. 4 (4) Falle vor. Im Militärlazareth zu
Tripolis wurden bis zum 30. November 52 (26) Cholerafälle beobachtet;
die Civilbevölkerung soll frei vpn Cholera sein.
In Fersieii werden für die Zeit vom 2Ö. November bis 8. December
Wiederum zahlreiche Chblcratodesfälle gemeldet, so aus Teheran 114,
•Firuzabad 135, Asterabad 90 und andere mehr. In Zendjan, wo
die Cholera. Anfang December ausgebrochen ist, zählte man bis 8. De¬
cember. 145 Todesfälle. (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund¬
heitsamtes.) . -
In Petersburg erkrankten (starben) vom 30. November bis 6. De¬
cember. 21 (11) Personen an Cholera, gegen 20 (16) in der Vorwoche.
Seit dem 8. December hat die Cholera wieder stark um sich
gegriffen", am 10. December kanten 38, am 11. December 34 Neuerkran-
knngeh' vor. In der Woche vom 6. bis 13. December wurden im ganzen
107 (47) Fälle festgestellt. Sonst ist. in Russland die Cholera überall
im Rückgänge. In Podolien kamen vom 19. bis 25. November 95 (33)
Fälle vor, in ! deu übrigen Gouvernements blieb nach den neueren Mel¬
dungen die Zahl der Erkrankungen durohweg unter 50. Sperling.
Zur Inflnenzaepidemie.
In den int vorigen Bericht (vergleiche diese Wochenschrift 1893,
p. 1366) erwähnten deutsChon Städten ist während der Woche vom 3. bis
9. December die allgemeine Sterblichkeitsziffer vielfach heruntergegangen,
so besondere in Augsburg (36,1:41,9 in der Vorwoche), Braunschweig
(19,5:25,2), Bochum (31,5:37.6). Darmstadt (28,5:33.5), Erfurt
(22,9:28,1). Frankfurt a. 0. (23:30,3), Hannover (24.9:29,0), Kiel
(31,9:41.2), Munster (27:38). Osnabrück (23,5:33,4), Potsdam
(26,1:38,2), Spandau (24,9 : 33,8)," Wiesbaden (30:39.7). Eine:
Steigerung ist eingetreten unter anderen in:. Bremen (28.6 :23,9), Danzig
(42,6:33.8), Elbing (43,3:37,2), Magdeburg (29.9:25,0), München
(31,4:30,6). Stettin (30,4:28.7), Würzburg (36,5:31.6). Von anderen
früher nicht hervorgohobenon Orten weisen folgende hohe Sterblichkeits-
Bonn (33-6:26.1), Chemnitz (30,2:22,7), Dortmund
,? üsseMorf (25,7:19,2), Elberfeld (21,6:16,6), Görlitz
(32,6: 2^.0), Mannheim <27,7: 21,2), Remscheid (31,0:17,9). In Breslau
ist die Sterblichkeit von ihrem in der dritten. Novemborwoche erreichten
Maiiinum 37,2 auf 28,5 heruntergegangen. In Königsberg hat sich die
Mortalitätsziffer auf 30.1 gehalten, doch nahm die Zahl der Sterbefälle
an Krankheiten der Athmungsorgano zu. In Berlin, wo keine nennens-
wertke Steigerung der allgemeinen Sterblichkeit eingetreten ist, nahm
nichts desto weniger die Zahl der Sterbefälle an Krankheiten derAthmungs-
:0rgane stetig zu: es starben in den einzelnen Wochen seit Ende October
daran 43, 63 64, 98, 117, 150 Personen. In Hamburg hat die Zahl der
. i uflu enzaerkrankungen abgenommen; sie betrug 394 (31) gegen
818 (34j »Mer Vorwoche. Specielle Meldungen über das Auftreten der
iulluenza liegen sonst folgende vor: Königsberg 10, Danzig 20
Berlin 49 Stettin 4, Breslau 10. Görlitz 5, Magdeburg 8, .
Halle a. S. 3, Altona 8, Kiel 9, Hannover 10, Osnabrück 5,
Dortmund 8. Kassel 8, Wiesbaden 10, Frankfurt a. M. 13 '
Barmen 4, München 13, Augsburg 6, Dresden 6, Stuttgarts
Mannheim 3 Darmstadt 5, Mainz 6, Braunschweig 8, Lübeck 6.
Bremen 11 Sterbefälle. Nach. Vorstehendem sind vorzugsweise heftig
von der Influenza gegenwärtig die nordöstlichen Küstenstriche (Königsberg
b » t I oße ?;. f ch8 A dem breitet sicb di e Seuche besonders im
wesUichon und .südwestlichen Deutschland aus. - Von ausserdeutschen
(London h 127 S< Qach ™ ie ™ r besonders mGrossbritannien
17 F-m« 7 0( iesfallein einer Woche); in Wien wurden 183. in Prag
228 afIn°flu:SmtzuÄ^.' ,gen kame,l 620(+) '
Wn^ DrUC i, k vf hlerben ? lltigun ^ Auf p* 1365 - No. 51, 1893. dieser
So°ndeTbe^timmungem der F ussnote heis sei1 «tatt Sonderbestrebungen:
XIII. Therapeutische Mittheilungen.
UmschÄU über die neueren: Arznei mittel im Jahre 1893.
Von Dr. I. Boas in Berlin.
I. Antipyretica.
SrS£
SSisiÄÄCÄÄ
nischer ForeVhor ! J i ? lchtu ?S die S en mehrere Mittheilungen italie-
Albertoni fRnwI [’ T e i Che n S< ? r errauthi gend klingen. Zuerst kam
biren^ Schon 5 End g R ^M? . Ge f ank ^’ *** Mittel Malaria zu pro-
22 Heilünln berfrhtln d ° rSe ! b ? über » Fälle von Malaria mit
lungen berichton. Ebenso verzeichnete Crescimanno unter fünf
Fällen von Malaria dreimal vollständigen Erfolg. Die Berichte aus dem
letzten Jahre scheinen diese günstigen Resultate zu bestätigen. So fand
Giovanni Cucco in Bologna das Mittel in 84 Fällen von Sumpffieber
52 mal wirksam, 21 mal von zweifelhafter Wirkung und 4 mal entschieden
unwirksam. Der Rest entzieht sich zur Zeit der Publication der Be-
urtheilung dos Verfassers. Gleich bemerkenswerth sind die Resultate
von Dr. Dall’Olio, aus denen kervorgeht, dass zwar auch das Phenocoll
in einzelnen Fällen versagt, andererseits aber dem Chinin zuweilen un¬
streitig überlegen ist. Ebenso günstig sind die ganz neuerdings von
Cicognani mitgetheilten Fälle (unter zehn Fällen achtmal Heilung).
Auf die [Malariaplasmodien selbst hat das Mittel keine Einwirkung.
Dosis und Anwendungsweise (nach Giovanni Cucco): Man wendet
0,5—1,5 g bei Erwachsenen und 0,5 g bei Kindern an, und zwar so früh,
dass es vor dem präsumirten Eintritt des Fieberanfalles rosorbirt sein
muss. (Im ganzen wird das Mittel innerhalb zwölf Stunden aus dom
Organismus augeschieden. Man dürfte es demnach zweckmässig drei
Stunden vor dem Anfall verabreichen.)
Litteratur: Albertoni, Riform. med. 1891, No. 289. Crescimanno.
ibid. 1892, No. 133. Giovanni Succo, Therap. Monatsh. 1893, April.
Dall’Olio, Rassegn, medica 1893. Cicognani, ibid. 30. October 1893.
Salipyrin. Die grossen Erwartungen, mit denen das Mittel — nament¬
lich als Influenzaspecificuin — auf den Markt gebracht wurde, haben sich
nur in einem sehr bescheidenen Maasse erfüllt. Nach einer Richtung
scheint aber dem Mittel noch eine Zukunft zu blühen, als Mittel bei Gebär-
mutterblutungen, obwohl Referent geneigt ist, auch hierbei in Frage zu
ziehen, ob diese Wirkung mehr auf Conto des Antipyrins oder der Salicyl-
componente zu setzen ist. Bekanntlich ist das Antipyrin als Hämostaticum
von verschiedenen Seiten empfohlen. Von Kayser liegt eine entsprechende
beaehtenswertlie Mittheilung vor. Er wandte das Mittel in zwölf übrigens
verschiedenartigen Fällen von Gebärmutt erblu tun gen an, bei denen regel¬
mässig eine mehr oder weniger coupirende Wirkung des Mittels constatirt
werden konnte. Auch in späterer Zeit trat in einzelnen Fällen nach
Salipyringebrauch die Menstruation in normaler Weise auf. Schmerzen,
soweit sie mit dem Salipyringebrauch zusammenhingen, wurden durch
Salipyrin nicht beeinflusst. Als Dosis des Mittels empfiehlt Kayser
1—3 g pro die; man beginnt die Darreichung bei menstruellen Blutungen
am besten Tags zuvor oder mit dem Eintritt der Menses.
Litteratur: Heinrich Kayser, Diese Wochenschrift 1893.
No. 43.
Salophen. Bereits in unserer letzton Besprechung wurde das Mittel
als neues Antirheumaticum und Antineuralgicum besprochen. Inzwischen
liegen mehrere Arbeiten — von Lutze, Gerhard und Osswald — vor,
welche im ganzen die Resultate der bisherigen Beobachter bestätigen.
Andererseits geht aus diesen Beobachtungen hervor, dass dem Mittel im
Vergleich zum altbewährten Natrium salicylicum keine ins Gewicht
fallenden Vorzüge nachzurühmen sind. Die einzigen Vorzüge wären die
Geschmacklosigkeit und die fehlende Hygroskopie — die aber durch den
Preis des Mittels (das Gramm 40 Pf.) theuer genug erkauft werden. Wir
führen als Scklussresume das Urtheil Osswald’s an, der sich folgender-
maassen äussert: Man wird nach den gemachten Erfahrungen das Salophen
mit Vortheil anwenden bei leichten Fällen von acutem Gelenkrheumatismus
und zur Abwechselung mit Natrium salicylicum, das aber bei schweren
se *. nen Blatz behaupten wird. Bei Neuralgieen. besonders Cephalalgie
und Hemicranie durch Chlorose und Anämie, ist Salophen zu empfehlen.
Litteratur: Lutze, Therapeutische Monatshefte 1893, Heft 3. —
e ir^ ard ' B * ss ’ iaaug. Jena 1893. — Osswald, Diese Wochenschrift
1893, No. 16.
Tolysal. Unter diesem Namen hat die chemische Fabrik von Riedel
ein neues Präparat auf den Markt gebracht, welches das salicylsaure Salz
des p, Tolyldimethylpyrazolons ist (letzteres wird als Tolypyrin bezeichnet).
Vom Salipyrin unterscheidet sich das Mittel durch Ersatz eines in der
Phenylgruppe in Parastellung befindlichen Wasserstoffatoms durch die
Methylgruppe. Kleine, fast farblose Krystalle von fast bitterlichem Ge¬
schmack, wenig in Wasser, schwer in Aether, leicht in Alkohol und
Lssigäther löslich. Hennig (Königsberg) hat zuerst mit dem Mittel
Versuche am Menschen angestollt und dieselben in dieser Wochenschrift
mitgetheilt. Indem wir auf diese Mittheilung verweisen, geben wir im
folgenden nur die wichtigsten Resultate: Das Mittel ist ausserordentlich
wirksam bei Gelenk- und Muskelrheumatismus; ferner ist es ein wirksames
Anodynum; rheumatische Neuralgieen werden schon durch kleine Gaben
(s. u.) dauernd beseitigt; es ist ein wirksames Febrifugum sowohl bei
continmrlichem als auch remitierendem Fieber. Mit der Entfieberung geht
Abnahme der Puls- und Athemfrequenz Hand in Hand. Das Präparat hat
weder cumulative Wirkung, noch tritt Gewöhnung ein. Das Mittel wirkt
günstig auf den Schlaf und hat keine unangenehmen Nebenwirkungen.
Dosis und Anwendung: Bei Gelenkrheumatismus 3—6 g in halb-
bis emstündlichen Zwischenräumen; als Anodynum 1—3 g, bei rheumati¬
schen Neuralgieen genügen schon Gaben von 1,0—2.0. Als Antifebrile
wird es m Dosen von 2.0 + 1,0 -f 1,0 in halb- bis einstündlichen Inter¬
vallen gegeben. Das Mittel ist am wirksamsten in den Nachmittags¬
stunden ; verzettelte Dosen haben nicht den Erfolg wie grössere in kurzen
Zwischenräumen gereichte.
Litteratur: Hennig, Diese'Wochenschrift 1893, No. 8.
/ vi * Das Tolypyrin, von P. Guttmaun als Antipyreticum
empfohlen, unterscheidet sich vom Antipyrin dadurch, dass an Stelle eines
Wasserstoffes der Phenylgruppe CeHj die Gruppe CH 3 eingeführt ist. Das
lomm-m bildet farblose Krystalle, ist schwerer löslich in Wasser und
ZG, f^ Cbm< *^lzpunkt bei 136—137°. Die chemischen Reactionen theilt es
mit dem Antipyrin. Das Mittel wurde angewendet bei Abdominal-
typhus, Pneumonie, Scarlatina, Erysipelas faciei, Phthisis, Otitis media
und fieberhafter Gangräna scroti. Die Wirkung des Tolypyrin ist nicht
es Antfmr™ Auch Fälle von Polyarthritis und Kopf¬
stärker als die des Antipyrin.
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4. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
schmerz worden mit dem neuen Präparat behandelt ungefähr mit demselben
Erfolg wie mit Antipyrin. Liebreich bemerkt zu Guttmann’s Mit¬
theilungen. dass die Wirkung des Tolypyrins (ebenso wie des Tolysal) denen
des Antipyrins durchaus identisch sei, und dass eine unnütze Beifügung
der Methvlgruppe das Mittel nur vertheuere.
Dosis und Anwendung entspricht der des Antipyrins.
Litteratur: P. Guttmann, Berliner klinische Wochenschrift 1893,
p. 249.
Malakin (von fiakazSq = mild, d. h. mild wirkendes Mittel). Das
PrÄparat ist ein Salicylderivat des p-Phenetidins, das man als Salicyl-
phenetidin bezeichnen könnte, indem es durch die Verbindung von p-Phe-
netidin mit Salicylaldehyd unter Wasscraustritt entsteht. Kleine hell¬
gelbe Nadeln, die bei 92° C schmelzen, in Wasser unlöslich, schwer lös-
fich in kaltem Alkohol, in kohlensauren Alkalien unlöslich, dagegen
löslich in Natronlauge. Schwache Mineralsäuren zersetzen die Substanz
unter Bildung von Salicylaldehyd und p - Phenetidin. Das Mittel wurde
zuerst von A. Jaqu et beim Menschen angewendet, und zwar zunächst
bei Gelenkrheumatismus. Jedesmal prompte Wirkung, keine unange¬
nehmen Nebenerscheinungen. Als Antipyreticum wirkt das Mittel im
Gegensatz zu Antipyrin und Antifebrin langsam und allmählich, und zwar
geschieht dies wegen der allmählichen Abspaltung der zur Wirkung kom¬
menden Componenten; deswegen fehlen auch etwaige unangenehme Neben¬
wirkungen. Jaquet hat das Mittel bei 48 Fiebernden angewandt. Darunter
waren 13 mal Typhus abdominalis, 7 mal croupöse Pneumonie, 19 mal
Tuberkulose. 7 mal Erysipel. 2 mal Scarlatina. Besonders gut wurde das Mittel
bei Phthisikern, die so empfindlich gegen Antipyretica sind, gut vertragen.
Nach 1 g Malakin constatirt man einen Temperaturabfall von 0,7—1,5«,
welcher l'/ 3 -2 Stunden nach der Absorption beginnt und 4—6 Stun¬
den anhfilt, Auch bei Neuralgieen war eine Wirkung des Mittels zu con-
statiren. doch tritt sie sehr langsam ein, so dass der Schmerz zwar gelindert,
aber nicht vollständig beseitigt wird. Verfasser kommt am Schluss seiner
Arbeit zu folgendem Resume: Malakin ist ein angenehmes und sicher
wirkendes Mittel bei acutem Gelenkrheumatismus, das den Vorzug hat,
frei von Nebenwirkungen zu sein und demnach statt der Salicylpräparate
bei empfindlichen Patienten ünd in den Fällen, wo Idiosynkrasie gegen
Salicvlsäure besteht, verwendet zu werden verdient. Als Antipyreticum
wirkt es langsam und milde, ohne beunruhigende Erscheinungen hervor-
zurnfen. so dass es sehr gut bei abgeschwächten Patienten und bei Kran¬
ken mit schlechtem. mangelhaft reagirendem Kreislaufapparate angewendet
«•erden kanu. Bei Neuralgieen, habituellen Kopfschmerzen etc. kann es,
ohne den Magen zu schädigen, längere Zeit gegeben werden.
Dosis und Anwendungsweise: 0.5—1 g pro dosi, bei Gelenk¬
rheumatismus 4-6 g pro die, als Antipyreticum lg, am besten in Obla-
oder Pflaumenmus eF Patlenten ’ die 111(51111 ^ lt schlucken können, in Apfol-
189378 atUr: ^ Jaquet ’ Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte
XIV. Kleine Mittheilungen.
rtj p :~L erl , in ' . W j. e verlautet, wird der Congress für innere Me-
• i. ’ aen m diesem Jahre München als Versammlungsort in Aus-
uS.£f t £??7 ir, i ZU G T^ n des vom 29 ’ März bis 5. April in Rom
g _ Din . te ™ atlonalen medicinischen Congresses diesmal ausfallen.
wärtiV Jnlr ?1regl J? g ä es kaiserlichen Gesundheitsamtes wird gegen-
der Infi non m ? en Bundesstaaten eine Erhebung über den Umfang
derlnflaenzaerkrankungen vorgenommen.
höchst h M a pMl eiCh M VerS J cherun ^ samt hat in ,etzter Zeit eine Reihe
Berff^« Wrt K* Ent 5 cheidun « en hoffen, die sämmtlich den
letzten''ge»niU«l II8C ^ afte j dei L Weg zeigen, in wie weit sie den Ver-
fahr c nf fusznfih^ n ^ e “?® n ?inf 1 uss auf den Gang des Heilver-
kresiändniss lgt 1 Sm i' Den Verletzten ist insofern ein Zu¬
fälle ihrem fLinn w*n 0rd -fu ’ , as die V orna hme von Operationen in jedem
Zugeständnis en überlassen bleibt. Die Arbeiter haben aus diesem
gehenden Auffordp^ 1 ^ An ^ 10bt . Lcrgeleitet, dass sie auch den an sie er-
handW ausserlwih 11 ^!? 11, l S- eine Kr^enanstalt, überhaupt in Be-
Folije zu leistpn Ejn^enkreises zu begeben, nicht unbedingt
von^lchen Vomuspf 1 “* Der Ve [ letzte schädigt sich selbst, wenn er
hintertreibt Dip "r tz f Dgen aus gehend oder böswillig das Heilverfahrei
ihJ Berufsgenossenschaften sind alsdann he
. sind alsdann berechtigt, von
Auf oder theilweise zurückzulreten.
“edicomechanisehfn i ^. ertb der mechanischen Behandlung in den
^ueuiang und den W
- DerTß ifnd e sr ath lSt - üe ^ erdblg ‘ s öftor Ringe wiesen worden.
Stimmungen über die P?nf„ 1St em we S eu Abänderung der Be-
Apotheker zuep^ntrp tllaa «? en der Thierärzte, Zahnärzte und
Prüfung der Thipr-wf P* r, le Zulassung zur naturwissenschaftlichen
e Ws Gymnasium«/ , 1!il W von dem Reifezeugniss für die Prima
i^ s gleichstehend''anerk K ^ {d ^? inaslams ' einer Oberrealschule oder einei
als glei'chstehpnrt ? ein( i S Realgymnasiums, <
isä stt ää Lch ™ sta,t -
oder dip ^^den Latemcursus
ein Nachweis U 7 iI tI ffl I if annt j n Lehranstalt. Bei Öberrealschulprimanern
avtareichSL T^ ren ’ dass ^ Betreffenden r— --
<'*«na reichenden T — '‘” wo "»wonunuen einen bis einschliesslich
ode i; die entsprechenden Cl £ sus einer höheren Lehranstalt durchgemacht
8 °vie. dass die Betrpff»nri K 611111 ? 188 ® im Latein sich angeeignet haben,
m , ln de>tpns drei SpmeM . \ erlan g. ter wissenschaftlicher Vorbildung
Wasensehaftliche dpntopi? 1 T n f durcl1 thierärztliche oder andere höhere
verlangt die Zulassumr Lehranstalten besucht haben. Für Zahnärzte
Anstalt mit sechsiähriLm^ j rüfan S ein Reifezeugniss einer höheren Lehr-
“stMt mit neuniähriS r°? er för die 9 be rsecunda einer höheren I^hr-
orkenntnisge, wie <Jfn r g a ug- sowie denselben Nachweis lateinischer
Zulassung v on AuothßL-JL dle Zabnärzto verlangt wird. Endlich wird die
^sseuschaftlichen Berprhr ZUr ^ >r ^ un .8 bedingt durch den Nachweis des
^tärdienst und der nh«.«^ 11 ^ 6 . 11 ® 11118868 ^ den einjährig-freiwilligen
aao der oben angeführten Kenntnisse im Latem.
23
— Wien. Hofrath Professor Dr.Billroth wird sich, wie verlautet
1 zu . se ^® E Erholung für einige Wochen nach dem Süden begeben. Zu
seiner Vertretung“ wurde sem ehemaliger Schüler, Docont Dr v Hacker
seitens des medicinischen Professorencollegiums dem Unterrichtsministerium
m Vorschlag gebracht. - Em mi. Schopsse des,Wiener medicinischen
rrofessorencollegiums eingesetztes Comite, welchem das Studium der Fra«e
der U ehern ah ine der Poliklinik in die Staatsverwaltung oblim,
hat sich in der Plenarversammlong des Collegiums dahin ausgesprochen
dass diese Uebemahme nicht wünschenswerth erscheine.
~.Innsbruck. Der frühere Minister Gautsch wurde von der
medicinischen Facultät in Innsbruck in Anerkennung seiner Verdienste
um ihre Ausgestaltung zum Ehrendoctor der Afedicin ernannt.
— Nach den Ergebnissen der Kriminal Statistik für 1892 hat sieb
die Zahl der Personen, die wegen Verbrechen und Vergehen gegen die
Reicbsgesetze verurtheilt sind, gegen das Vorjahr erheblich vermehrt-
sie betrug 422326 gegen 391064 im Vorjahre. Diese Zunahme erätreckt
sich auf alle Gattungen von strafbaren Handlungen. Die Zahl der wegen
gefährlicher Körperverletzung Verurteilten, die. in den letztea
Jahren meist nur mässig gestiegen war, zeigt eine starke Zunahme,
sie betrug 65666 gegen 61896 im Vorjahre und 55223 im Jahre 1888.
Wegen einfacher Körperverletzung wurden 22821 Personen ver¬
urteilt gegen 21987 im Vorjahre. Stark gestiegen ist die Zahl der
wegen Mordes Verurteilten, die allerdings im Vorjahre ungewöhnlich
gering gewesen war (144 gegen 88), auch die Zahl der Kinde sin örde-
rinnen war bedeutend (221 gegen 148). Die Zahl der Verbrechen und
Vergehen gegen die Sittlichkeit ist von 7884 auf 8522 gestiegen,
wobei allerdings die schwersten nur eine geringe Zunahme oder, wie die
Blutschande, eine Abnahme zeigen, während die Bestrafungen wegen
Kuppelei von 1958 auf 2481 gestiegen sind.
— Die Anleitung zu hygienischen Untersuchungen, nach
den im hygienischen Institute der Königlichen Ludwig-Maximilians-Uni-
versität zu München üblichen Methoden zusammengestellt von Rudolf
Emmerich und Heinrich Trillieh.mit 97Abbildungen, ist nach kürzester
Zeit in zweiter vermehrter Auflage (München, Verlag der M. Rieger’sehen.
Universitäts-Buchhandlung) erschienen. Max v. Pettenkofer sagt in
dem Begleitbriefe, den er dem Buche mitgiebt, dass diese Anleitung
nach seiner Ueberzeugung nicht, nur den Besuchern des Cursus in
München, sondern auch vielon auswärts willkommen sein wird, weil sie
so ziemlich alles enthält, was dem Bezirksarzte am häufigsten vorkommt,
und was von jedem nötigenfalls selbst erledigt werden kann, oder von
ihm doch, wenn die Untersuchung durch andere ausgeführt wird, genau
überwacht, und beurtheilt werden muss. Diese zweite Auflage ist wesent¬
lich vermehrt und theilt von den neu veröffentlichten Methoden diejenigen
mit, welche als Fortschritt oder als Vereinfachung sich erwiesen.
— Im Commissionsverlage von W. Mauke Söhne (vorm. Perthes-
Besser & Mauke) in Hamburg ist erschienen: „Arzneiverkchr für
Krankenkassen“, im Aufträge bearbeitet von Dr. Dronke.
— Meyer’s Conversationslexikon kennzeichnet sich als eine
aus grossem Fleiss und hoher Schaffenskraft auf lexikographischem Ge¬
biete hervorgegangene Gesammtdarstcllung des heutigen Wissens und
Könnens, deren Ruf, das erste unter den einschlägigen Werken zu sein,
ein wohlbegründeter ist. — Auf den soeben erschienenen dritten Band
der neuen, fünften Auflage lässt sich dieses Urtheil mit vollstem Recht
anwenden. Die gegenwärtige Fortsetzung enthält auf 1052 Seiten Text
die Artikel: Biot bis Chemikalien.
— Universitäten. Wien. Die Docenten der Chirurgie DDr.
Hochenegg und v. Hacker sind vom Professorencollegiüm 2u ausser¬
ordentlichen Professoren vorgcschlagen worden. — Budapest. Die DDr.
Karl Schaffer und Fr. KorAnyi haben sich als Privatdocenten habili-
tirt. — Krakau. Dr. F. Sroczynski hat sich als Privatdoceut für
Augenheilkunde habilitirt. — Lille. Dr. Combemale ist zum Professor
der Therapie ernannt. — Lyon. Dr. Pollosson ist zum Professor der
Chirurgie ernannt. — St. Petersburg. Privatdoceut. Dr. L. Bcllar-
minow ist zum ausserordentlichen Professor der Augenheilkunde an der
militär-medicinischen Akademie in St. Petersburg ernannt..
— Der zweite Theil von Dr. Paul Börner’s Reichs-Medicinal-
Kalender für Deutschland auf das Jahr 1894, herausgegeben von
Geh. San.-Rath Dr. S. Guttmann (Verlag von Georg Thieme, Leipzig)
ist zur Ausgabe gelangt. Der neue Jahrgang des bewährten Hülfs- und
Taschenbuches für den deutschen Arzt hat abermals durch eine Reihe
neuer Artikel eine wesentliche Bereicherung erfahren: Differential¬
diagnostische Uebersicht der klinisch wichtigsten Erkrankungsformen des
Gehirns und der Gehirnhäute, von Prof. Dr. Eulenburg in Berlin; Die
Massage, von Dr. Adolph Br an dis in Baden; Therapeutische Notizen
aus Dr. Lassar’s Klinik für Hautkrankheiten und Syphilis, von Privat-
docent Dr. 0. Lassar in Berlin; Die moderne Soziairefonn, von Rechts¬
anwalt Bergmann in Berlin. Im übrigen hat der Kalender im wesent¬
lichen die alte bewährte Gestaltung behalten. Sämmtliche Artikel haben
durch die Autoren eine Durchsicht, und, wo es geboten war, die erforder¬
lichen Ergänzungen erfahren. Der Kalender wird sich auch iu diesem
Jahre, wie wir hoffen, zu seinen zahlreichen alten wieder viele neue
Freunde erwerben,. ..
Vacante Stelle:
Die Kreis-Wundarztstelle des Kreises Pr. Holland. (Die übrigen
Personalien siehe im Inseratentheil.)
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1
XV. Vereine
Aerztlicher Verein in Hamburg.
Sitzung am 7. November 1893.
Vorsitzender Herr Schede; Schriftführer: Herr Barth.
1. Herr Arning demonstrirt einen mit Skleroderma dififiisum
behafteten Kranken, der sein Leiden im Anschluss an plötzlich auf¬
tretende Fettleibigkeit in der Reconvalescenz von Typhus abdomi¬
nalis erhalten hatte. Patient wird mit dem von Hebra jun. an¬
gegebenen Thiosinamin neben Natrium salicylicum und Massage
behandelt. Es lässt sich eine beginnende Besserung des Leidens
constatiren.
2. Herr Wiesinger: a) Ein Fall von hochgradiger Stenose
des Pylorns, bei welchem eine Pyloroplastik nach der Methode
von Hei necke-Mikulicz ausgeführt wurde. Heilung. Ein 58 jähriger
Mann, äusserst abgemagert, mit enormer Magendilatation wurde
am 22. Juni 1893 auf der chirurgischen Abtheilung des alten all¬
gemeinen Krankenhauses aufgenommen. Derselbe hatte vor einem
Vierteljahr aus Versehen ein kleines Glas Salpetersäure getrunken.
Seit dieser Zeit zunehmende Magenbeschwerden. Operirt am
25. Juni 1893. Nur eine ganz feine silberne Sonde gelingt es,
durch den Pylorus, der sich knorpelartig hart anfühlt, hindurch¬
zuführen. — Der Pylorus wird längs gespalten. Die Vereinigung
der Längswunde in querer Weise (Länge der Wunde 5—6 cm)
gelingt ohne Schwierigkeiten.
b) Zwei Fälle von abdominaler Schwangerschaft, welche
durch Ruptur des Fruchtsackes die Gefahr der inneren Verblutung
für die betreffenden Frauen herbeiführte. Laparotomie. Heilung.
Frau Stelling, 26 Jahre alt, wurde am 1. März 1893 mit den Er¬
scheinungen innerer Blutung auf die chirurgische Abtheilung des Alten
allgemeinen Krankenhauses aufgenommen. Die Ruptur des Fruchtsackes
und die Erscheinungen innerer Blutung waren direkt im Anschluss an
eine ärztliche Untersuchung eingetreten. Primipara, seit drei Monaten
hatten die Menses ausgesetzt. Sie selbst hielt sich für schwanger.
Anfangs couservative Behandlung, dann Laparatomie, da die Anämie
ständig zunahm, also die innere Blutung fortdauerte. Leib mit etwa
D/a 1 Blut gefüllt. Der Fruchtsack hegt, kindskopfgross, auf der rechten
Seite des kleinen Beckens, bis in den Douglas reichend, mit der hinteren
Fläche des Uterus, der rechten Tube etc. fest verwachsen. Aus der Tiefe
des Douglas, unter dem Fruchtsack, erhebliche Blutung. Da schwerer
Collaps während der Operation eintritt, so kann der festgewachsene
Uterus nicht exstirpirt werden. Derselbe wird in die Wunde eingenäht
und tamponirt. Da die Blutung aus der Tiefe des Douglas unter dom
Fruchtsacke nicht steht, wird das grosse Netz wie eine Haube über die
Därme gelegt, so dass dieselben von dem unteren Theile der Bauch¬
höhle abgeschlossen werden, und nun wird das Netz mit einigen Catgut¬
nähten ringsum an das Peritoneum der Seiten- und der Rückenfläche
angenäht. Es war hierdurch ein Abschluss zwischen dem oberen Theile
des Bauches mit dem Darm und dem unteren mit dem Fruchtsack
erzielt, und man konnte nun zwischen Netz und Fruchtsack bequem den
Douglas tamponiren. Es ist nicht bekannt, ob dies Verfahren bereits an¬
gewandt ist, jedenfalls lässt es sich in den Fällen, bei welchen man einen
Abschluss zwischen oberem und unterem Bauchraum wünscht, leicht und
ohne Zerrung ausführen. Die Bauchhöhle wurde bis auf die Stellen, an
denen die Jodoformgaze herausgeleitet wurde, geschlossen. Der Wund¬
verlauf war ein ungestörter. Beschwerden sind nicht zurückgeblieben.
Am 3. Mai ^urde Frau Stelling geheilt aus dem Krankenhause ent¬
lassen.
Die andere Patientin, Frau Zö 11 er, 26 Jahre alt, wurde am 1. Juni 1893
auf die chirurgische Abtheilung aufgenommen mit so hochgradigen Er¬
scheinungen acuter Anämie, dass sofort die Laparotomie gemacht werden
musste. IL-para, Menses fehlten seit 2 l / 2 Monaten. Ruptur ohne nachweisbare
Ursache. Auch hier ist die Bauchhöhle mit ca. l'/a 1 Blut gefüllt.
Fruchtsack kindskopfgross auf der rechten Seite des Beckens, bis in den
Douglas reichend, wird exstirpirt. Tube und Ovarium rechterseits mit
entfernt. Drainage des Douglas. Verlauf günstig. Am 16. Juli geheilt
entlassen.
Herr Schede bemerkt hierzu, dass er gegebenenfalls ein ähnliches
Verfahren bereits angewendet habe, so z. B. wenn bei Eiterungen im
kleinen Becken eine Tamponade des letzteren erforderlich war. Er habe
dann eine Art Diaphragma in der Bauchhöhle dadurch gebildet, dass er
eme beliebige Darmschlinge quer durch das grosse Becken an dem Peri¬
toneum parietale beiderseits durch Naht befestigt und so einen oberen und
unteren Theil der Bauchhöhle geschaffen habe.
Herr Wiesinger: Das von Herrn Schede erwähnte Verfahren bei
der Behandlung von Abscessen im Becken und der unteren Bauchgegend
deckt Sich nicht vollständig mit dem angegebenen, wenn es auch principiell
ähnhch ist. Bei den Beckcnabscessen ist es die Natur, welche eine
bchutzwand gegen die übrige Bauchhöhle aufbaut; sonst würde allgemeine
.Peritonitis entstehen. Diese Schutzwand kann dann allerdings durch Her¬
anziehen eines Darmes vervollständigt, oder es kann auf diese Weise das,
was an derselben durch die Operation beschädigt ist, reparirt werden. Bei
dem hmr angegebenen Verfahren handelt es sich um die Büdung einer
vollständigen Scheidewand quer durch den Leib bei freier Bauchhöhle.
und Congresse.
3. Herr Sudek demonstrirt ein anatomisches Präparat mit
Uloeration an der Zange, dem Pharynx und dem Oesophagus
eines Phthisikers, welcher ante mortem an Soor der betreffenden
Organe gelitten hatte.
4. Herr Nonne spricht a) über einen Fall von frühzeitiger
Muskelatrophie nach Hemiplegie: Bei einer 66 jährigen Frau
entwickelte sich ca. drei Wochen nach einem apoplektischen In¬
sult, welcher eine Lähmung der rechten Körperhälfte und eine
hochgradige motorische Aphasie bewirkt hatte, eine „atrophie
en masse“ der rechten oberen, in geringerem Maasse der
rechten unteren Extremität; die Atrophie war schnell pro¬
gressiv und wurde sehr hochgradig, am stärksten atrophisch
war die Muskulatur des Schultergürtels und der kleineren Hand¬
muskeln; kein fibrilläres Muskelzittern; die faradische und gal¬
vanische Erregbarkeit war stark herabgesetzt; nennens¬
werte Veränderungen der Zuckungsform und -Formel liess sich
durch die galvanische Untersuchung nicht feststellen; deutliche
Sensibilitätsstörungen kamen an der rechten Körperhälfte nicht zur
Beobachtung; allmählich entwickelten sich die gewöhnlichen Con-
tracturen, ohne hochgradig zu werden. Drei Monate nach dem
Insult ging Patientin an hypostatischer Pneumonie zugrunde.
Die Section erwies eine Erweichung der oberen Hälfte
der vorderen Central Windung, sowie des grössten Theils
der dritten Stirnwindung, einschliesslich des Fusses der¬
selben; das Marklager und die grossen Stammganglien waren in-
tact. Bei der frischen Untersuchung zeigten sich in verschiedenen
kleinen Muskelästen der Nervenstämme keine Veränderungen;
ebenso Hessen sich an frischen Zupfpräparaten vom M. deltoideus,
M. biceps, M. supinator longus, Flexor digitorum communis,
Thenar, M. interosseus I. und Hypothenar Veränderungen des Par¬
enchyms nicht nachweisen. An den gehärteten und gefärbten
(Alauncarmin für die Muskeln, Boraxcarmin und Weigert-Pal-
Wolter für die Nervenstämme und das Rückenmark) Präparaten fand
sich an sämmtlichen eben genannten Muskeln lediglich einfache
Atrophie, zum Theil in massigem Grade, vielerorts aber äusserst
hochgradig ausgesprochen; an den drei Hauptnervenstämmen
der rechten oberen Extremität und am N. cruralis, N. peroneus
und N. tilbialis dexter keine einzige nennenswerthe Anomalie;
am Rückenmark typische „absteigende Degeneration“ bei absolut
intacter vorderer grauer Substanz.
Der anatomische Befund deckt sich somit mit der grossen
Mehrzahl der Befunde bei einschlägigen Fällen (Quincke, Eisen¬
lohr, Darkschewitsch, Borgherini); Eisenlohr’s Beobach¬
tung, der bei frühzeitiger cerebraler Muskel atrophie qualitative
Veränderungen der elektrischen Erregbarkeit fand und auch in den
atrophischen Muskeln in’s Bereich der degenerativen Atrophie
fallende Veränderungen sah, steht bisher vereinzelt da.
b) Ueber einen Fall von Lepra tuberosa. Es handelt sich
um einen 23jährigen jungen Menschen, der von Arning vor
sechs Monaten im ärztlichen Verein bereits vorgestellt war, und
an dem Herr Arning Leprome und Lepride demonstrirt hatte. An
den „Prädilectionsstellen“ waren deutliche spindelförmige Anschwel¬
lungen der Nervenstämme zu fühlen; Patient bot jedoch keine
Symptome von Seiten des Nervensystems ausser einer sehr gering¬
fügigen Abflachung beider Musculi interossei I. und einer dem ent¬
sprechenden sehr geringen quantitativen Herabsetzung der fara-
dischen Erregbarkeit. In Narkose wurde vom M. interosseus I. und
Hypothenar dexter, sowie vom Rande des in geringer Ausdehnung
frei gelegten Nervus ulnaris (ca. 1 cm unterhalb des unteren Endes
der Spindel) je ein kleines Partikelchen excidirt; die frische Unter¬
suchung (Kochsalzlösung 8 / 4 °/ 0 resp. Osmiumsäure 1%) ergab
keine pathologischen Veränderungen; bei der Untersuchung der
gehärteten und gefärbten (Alauncarmin resp. Weigert-Färbung
und Unna 1 sehe Methode für die Färbung der LeprabaciUen) Prä¬
parate zeigte sich eine mittelgradige Degeneration am Nerven¬
stück, im M. hypothenar keine Veränderung, im M. interosseus I.
nur eine auf kleine Flecken vertheilte „einfache Atrophie“ der
Fasern. Wie in einem bereits früher (Jahrbücher der Hamb.
Staatskrankenhäuser, 1893) von Vortr. mitgetheilten Fall zeigte
sich somit auch hier, dass es Fälle von lepröser Nervendegene¬
ration giebt, bei denen die „absteigende Degeneration“ nicht in
der vom Verhalten der übrigen Neuritiden her geläufigen Weise
sich einstellt, und bei denen — wenigstens für längere Zeit — in
den Muskeln, die zu derartig degenerativen Nervenstämmen gehören,
nur eine einfache Atrophie zum Ausdruck kommt.
Gedruckt bei Julius Sittenleid ln Berlin W.
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^ Ui*mh • ^feshen und ron ihm seifest
- tüUi VoncuLr. (Md Bcptömber J893.I.
leui.jn ,. Atlivihbescfewerjinit .hei körprriie'ni' Ansih'u-tgmtg, dHioen
^ mt mm Juhrj und seit zwei Monaten sind «ie
uLp^ h ^ h ‘ a ‘; *$** er I|,, T‘ Fntsrhlus« fasste :{?, ÖfteuUicilon
Lioapu.nlftrn- sein«- Zuflucht zn suuIiht 1
, ^oY;h, wenn Sie einen - Biiek auf diesen Kranknii Averfen,
der f'uiug iitliimit, sie« ungezwnngen auf seinem TieU bew^r um!
nmdrel.l, uim ,.Ky dim« mUM^ m Aussehen, .in der ArjgusehwuÜeu-
4 "r 1 ’ '"njn in (l<'n PijUvhjin u der [laU- und f>.-i h*Mi^Mien
<n “ v ‘-.'!enr ihreri SiU im Heiee-n bei. v.-eral.h,
m 4v dft} ' SlH ^‘ia, zu g-kiiben, daass ej- nie kl krank ist
^ ,c u ‘ 4 ;- ,,n berasmn , m ,i dmm. dies Bild ;mus*s
lüh?s ImolmchBrn: tUuI Sie vmrdeu darin nicliU odnr 1 \isi fünftes
aii.^iuoi-neütiu'jif^ bnüeji. Sie• Immum sogar, einen.. Verrdc-ieh ;m*
meilen v.mwi»>u di^ni «piiigniogn.iiiiisdMu Bilde und demjoui-on,
welidm;, K it Biumi >’d* «ti.iM *rf- m, t uum i, n;.i li m In*
MLlmienz in*r Aorrenkhippmi leidenden Patienten. Tn diesem '/wei töm .
bemerken Brn das rapme Anstei^Ch der dksrJiH^kui Puislinie nml
ttUen Abs< luu« ? , in mrmm ilnkebeö wegen des j anidcu ixinaimtmgen*
1 UrUtniJ ‘* His T - ,S ‘ VSt °’ ei 1 lYi ' {vt n sphrgmoefitpiuschM»
imh«.i unserem Ivrunkcn ii.mbm Sie von aiiedeju ned;iK ouer fast,
nichts. 1
Pulsbilf) von einer immffiejHivz dar Aortenklappen.
Bnishilfi rmgore»;. Knwkoii mit ingtiflieionz der Aurtefl- ;md' ÄJitraltüa’öjieu.
i\un t . in. tp,. Sie bruuckuTi mir olnoh HUek ani* die linkt« Thura*-
seütft zn werTen, um. öögle.inh. zu erkcnflim, di&$ die^or Md tu* an
einer ünhwernp Horzkraniklieit leidet,
Man .bemerkt-, in der l’hnt oiric .betruehtliffev Stekwufirg der
Auödoliaimg und ItfSeüSität derf „latm •iorcüs“; dm Hnrz^4t*e
Co gle
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DEUTSCHE MHPIC1NISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2
schiäfft auf dem sechsten Spatium intercostale, 5 cm ausserhalb
der Mammillarlinie. Bei der Percussion stellt sich eine verbreiterte
Herzdämpfung in den verticalen und horizontalen Diametern heraus.
Wir haben hier also eine ausserordentliche Ausdehnung der Herz-
diameter, ja so zu sagen ein „Cor bovinum“ vor uns.
Schreiten wir jetzt zur Auscultation dieses Herzens, bie
nehmen an den verschiedenen Auscultationspunkten folgendes wahr:
an dem Auscultationsorte der Aorta ein sanftes, nicht kurzes
Insufficienzgeräusch; dieses Geräusch verhindert Sie jedoch nicht,
gleichzeitig den wenn auch etwas reducirten Klappenton zu ver¬
nehmen. An dem Auscultationsorte der Mitralis haben wir ein
anderes Insufficienzgeräusch, welches jedoch sehr kurz und sanft
ist Hier existirt also eine doppelte, sowohl Aorta- als Mitral¬
erkrankung. Und aus der Zeit, Qualität und Richtung dieser Ge¬
räusche ziehen wir den Schluss, dass die beiden Klappenapparate,
mit denen die beiden Orificien der linken Kammer ausgestattet
sind, schlussunfähig sind. m ... c . ,.
Nun macht gerade der Zustand relativen Wohlbefindens bei
unserem Kranken, ja gerade die Verstecktheit der eigentümlichen
Charakterztige des Pulses bei Äorteninsufflcienz (wegen der beiden
sich compensirenden Erkrankungen) die wichtigste Erscheinung an
unserem Fall aus.
Bei den Affectionen der Herzklappen ist es von der grössten
Wichtigkeit, festzustellen: zunächst welcher Nexus zwischen den
anatomischen Veränderungen und dem klinischen Bilde der Herz¬
krankheit besteht; dann welche Compensationen von Seiten der Herz¬
muskulatur bei den verschiedenen Klappenerkrankungen stattfinden,
welche sich untereinander gegenseitig ausgleichen, so das3 die End¬
resultate, statt sich zum Nachtheil aufzusummen, eine wahre patho¬
logische Compensation ergeben, welche auf das allgemeine Befinden
des Kranken einen fast wohlthätigen Einfluss ausübt.
M. H., die Art und Weise, wie das Herz seine Mängel
compensirt und diejenige, wie die Compensation plötzlich und
oft ohne hervortretende Ursache abgebrochen wird, ist ein bei
weitem complicirteres und geheimnissvolleres Problem, als man ge¬
wöhnlich glaubt. Ich will Ihnen ein ganz besonders opportunes
Beispiel anführen, welches fast Actualität besitzt, da es sich auf
die letzten Influenzaepidemieen bezieht. Wir und mit uns viele
andere haben erlebt, dass sich während oder nach überstandener
Infection das symptomatische Bild eines Herzleidens einstellte bei
Patienten, welche bis dahin nicht die geringste Spur eines solchen
gezeigt hatten. Handelte es sich hierbei immer um Influenzaendo-
carditis? Bisweilen kann man es beweisen. Wenn man jedoch genau
nachforscht, ist es nicht selten, dass man in diesen Fällen einen
Beweis in ferner Ueberlieferung findet; in den Erkundigungen
nach der Erblichkeit, welche dem erfahrenen Kliniker die mora¬
lische Gewissheit einer Herzkrankheit einflösst, die bis dahin
infolge einer Compensation seitens des Herzmuskels verborgen ge¬
blieben war. Nun, eine nicht einmal ernstliche, selbst glücklich
überwundene Infection hat es zustande gebracht, dass jene Com¬
pensationen auf einmal ausgeblieben sind, während sie bis dahin
das schwere Leiden verbergen konnten.
Und wie viele starke, robuste Männer habe ich kennen ge¬
lernt, bei welchen sich, nachdem sie lange Jahre unter den An¬
strengungen der Jagd und des Reitens, oder unter Orgien und
Tanz zugebracht hatten, plötzlich eine Herzkrankheit herausstellte!
Und die Störung der Compensation vollzog sich in unvorhergesehener
Weise, oft ohne dass sich ein Grund dafür angeben liess.
Welche Lehre können wir aus diesen Beobachtungen ziehen?
Die folgende: dass die anatomisch-pathologischen Fehler nicht die
ganze klinische Krankheit ausmachen; dass diese fast immer in
verwickelteren Thatsachen zu suchen ist, welche wir nicht immer
vollständig nachweisen können. Dies ist es gerade, was einem
hervorragenden- englischen - Kliniker (Graves) die Worte einge¬
geben hat: „dass auch die einfach functionellen Alterationen des
Herzens tödtlich sind.“
Aber es kommt noch etwas wichtigeres in Betracht: Ge¬
räusche, die anscheinend mit schweren Fehlern des Circulations-
centrums in Verbindung zu bringen sind, treten an innerlicher Be¬
deutsamkeit vor auscultatorisch kaum merklichen Anomalieen zurück.
Ich habe erlebt, dass Aerzte von grossem Ruf eine schwere Herz¬
krankheit, welche tödtlich zu wirken drohte, nicht erkannten; wie
sie denn in der That zwei sehr bekannte Politiker unserer Tage
getödtet hat. Und doch könnte niemand an der Tüchtigkeit der
Aerzte einen Zweifel hegen! Andererseits habe ich auch mehrere
Fälle vor mir, welche bei einer vollkommen compensirten Mitral¬
stenose objective Daten darbieten, die für sehr schlimm gelten
sollten und es doch nicht sind.
Vergessen Sie also bei Ihren Prognosticirungen solche Lehren
ja nicht. Die schwerste Schädigung der Herzcirculation besteht
in der Coexistenz zweier entgegengesetzter Fehler in einer Herz¬
kammer, z. B. einer Aortenstenose und einer Mitraünsufficienz.
Wenn aber die Verletzungen an beiden Oeffnungen gleichnamig
sind, mag es sich um Stenose oder Insufficienz handeln, so ist das
Unglück weit weniger gross. . _ i j
Die doppelte Stenose z. B. verengt eine Herzkammer so, dass
sie dieselbe in ihrer Cavität wesentlich reducirt, das Myocardium aber
ausserordentlich verstärkt; in solcher Weise, dass man an die „con-
centrische Hypertrophie“ Bertin’s erinnert wird Ich habe dieses
Factum mehrmals vor Augen gehabt. Die Patienten, anämisch,
kalt mit sehr schwachem, aber regelmässigem Puls schlag, schienen
ziemlich gut zu leben, so lange eine beträchtliche Hypertrophie
des rechten Herzens, eine vorzugsweise compensatonsche Hyper¬
trophie andauerte. . . .
Die beiden Insufficienzen werden, wie in diesem Fall, so lange
der Herzmuskel kräftig bleibt, ziemlich gut ertragen werden.
Jedoch, wenn hier die Belästigung bei weitem geringer ist im
Vergleich zu derjenigen, welche bei einem einzigen dieser Uebel
(Aorta- oder Mitraünsufficienz) eintreten würde, so ist damit nicht
gesagt, dass die Gefahr geringer sei. Das Herz könnte auf einmal
von einer tödtlichen Syncope betroffen werden; ein Factum, welches
im Fall einer doppelten Stenose nicht leicht eintreten würde.
Ist alles dies wohl verstanden, so wird Ihnen damit nicht nur
eine werthvolle Norm für die Prognosticirung, sondern auch eine
Anleitung für die Behandlung und für die Prophylaxe geboten.
Unauslöschlich wird in meinem Gedächtniss der Fall eines
Dienstmannes bleiben, welcher lungenkrank im Hospital S. Spirito
gestorben ist. Bei diesem Kranken waren ohne Uebertreibung
Herz und Arterien in dem ganzen Circulationsapparat an Volumen
und Capacität verdoppelt. Die Klappentöne sowie die diastolischen
Töne und die Erschütterungen der Gefässwände waren ebenso für
das Auge wie für Gehör und Gefühl ausserordentlich verstärkt
ohne irgend ein anormales Geräusch.
Meine Diagnose war: Hypermegalia cardio-arteriosa. Und
dieser entsprach der Befund am Leichnam. Auf meinen Wunsch
wurde das Herz mit dem Gefässbiindel präparirt und aufbewahrt
zum Andenken an den merkwürdigen Fall. Nun dieser Mann ver¬
nachlässigte sein Handwerk nicht, so lange er lebte; er stieg müh¬
same Anhöhen hinauf mit den schwersten Gewichten auf den
Schultern; und abgesehen davon, dass er das Schlagen aller Arterien
vom Kopf bis zu den Füssen empfand (was er der Wirkung des
Weines zuschrieb, den er täglich ohne Sparsamkeit, aber gewiss
nicht in grossem Uebermaass zu sich nahm), fühlte er keine andere
Unbequemlichkeit, noch beklagte er sich über andere Leiden. Hier
erzeugte die zwischen dem Myocardium und den Cavitäten be¬
wahrte Proportion, die Unversehrtheit der Klappenapparate iind
die Harmonie zwischen dem Herzen und den Arterien, zwischen
den Venen und ( dem Herzen ein seltsames Phänomen, dass näm¬
lich bei einem an Volumen verdoppelten Herzen, da die Propor¬
tionen eingehalten waren, keine eigentliche Krankheit vorhanden
zu sein schien.
Das wahre, schwere Uebel besteht also immer in der That-
sache der materiellen und dynamischen Unproportionirtheit, woraus
die anatomische Veränderung und die functioneile Störung entspringen.
Dieser Fall zeigt noch einmal, in welchem Sinne man von geringeren
Leiden bei schwereren Uebeln sprechen kann und warum in unserem
Falle die beiden Insufficienzen bei einem noch kräftigen Myocardium
dem Kranken erlauben, eine weniger peinvolle Existenz zu führen,
als es möglich gewesen wäre, wenn nur eine einzige dieser beiden
Verletzungen vorhanden gewesen wäre.
Bevor ich den Kranken Ihrer Beobachtung übergebe, muss ich
Ihnen die Grundgesetze ins Gedächtniss zurückrufen, nach denen
in meiner Schule die Auscultation der endocarditischen, autochthonen
und diffusen Geräusche vorgenommen wird, um zur Diagnose der
verschiedenen Erkrankungen der Klappen zu gelangen. Bei der Aus¬
cultation eines kranken Herzens muss man sich die beiden folgenden
ebenso einfachen, wie sicheren Gesetze gegenwärtig halten:
1. Das Maximum der Intensität eines Herzgeräusches findet
sich dort, wo es seinen Ursprung nimmt; d. h. an der Stelle, wo
eine gut ausgeführte Topographie des Herzens die Gegenwart des
Ostiums oder der kranken Klappe anzeigt. Dieses von mir auf¬
gefundene Gesetz, auf welches ich seit langer Zeit mit Nachdruck
hingewiesen habe, ist später als Neuigkeit von einem hervor¬
ragenden Kliniker Deutschlands aufgestellt worden; wurde aber
nach dem Recht früherer Veröffentlichung von meinem theuren
und berühmten Schüler Murri unserer Schule wieder zugesprochen.
2. Ein Geräusch im Innern des Herzens pflanzt sich von seinem
Ausgangspunkt nicht immer auf dieselbe Weise fort. Je nachdem
das Geräusch von Klappeninsufficienz oder von Ostiumstenose her¬
rührt, wird es sich respeotiv in entgegengesetzter oder identischer
Weise mit der Richtung des Blutlaufes fortpflanzen. In allen
Fällen werden wir also feststellen können, dass die Geräusche
im Herzen sich gemäss der Strömung, die sie hervor¬
bringt, fortpflanzen. Dies ist das Gesetz Hope’s.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
11. Januar.
DEUTSCHE MEDICiNiSCHE WOCHENSCHRIFT.
Diesen beiden Gesetzen kann man mit Nutzen eine wichtige
Lehre Grocco’s hinzufügen, welcher, indem er in den möglichen
Deformationen der Klappentrichter die daraus entspringenden
Deviationen des Blutlaufes in einer bestimmten Höhle studirte,
nachgewiesen hat, dass die Verstärkungen der normalen Vibrationen
sich an einem Punkt mehr als an dem anderen constatiren lassen.
Hat man diese Gesetze wohl verstanden und angewendet, so kann
man zur genauen Bestimmung der Herzklappen Veränderungen ge¬
langen.
So wird sich ein Mitralstenosengeräusch, welches sein Maximum
im Ursprungsheerd hat und sich nach der Herzspitze hin ausdehnt,
nur wenig oder gar nicht über den linken Vorhof verbreiten. Letzterer
ist übrigens, wie ich seit vielen Jahren gezeigt habe, mit beson¬
derem Nutzen auf der mittleren Linie vom inneren Rande des Schulter-
beins bis zur Wirbelsäule zu auscultiren: an einem Punkt, an welchem
man auch ein leises Geräusch von Mitralinsuffieienz wohl hören
kann, wenn man den Kranken den Athem anhalten lässt.
In der That, auscultiren Sie diesen Kranken, und Sie werden
mit vollkommener Klarheit finden, was ich Ihnen gesagt habe. Es
ist wahr, dass hier, wo es sich um zwei Insufficienzen handelt, die
Geräusche, welche sie offenbaren, sanft sind und dass ein jedes
von ihnen seinen besonderen Charakter bewahrt, mit anderen
Worten: das der Aorteninsufficienz ist sanft, setzt sich längere
Zeit fort und richtet sich nach der Herzspitze hin; während^das
der Mitralinsuffieienz gleichfalls sanft, aber von ganz kurzer Dauer
ist und sich über den Sinus quadratus verbreitet.
Zwei Worte über die Prognosticirung. Es ist klar, dass diese
sehr reservirt sein muss, gerade weil das Compensationsvermögen
des Herzens leicht ausbleiben kann. Daraus folgt die absolute
Nothwendigkeit strenger prophylaktischer Maassregeln, wie die Er¬
sparung von Muskelanstrengungen, Strapazen, Ausschweifungen und
auch von starken Gemütsbewegungen. Die Bedeutung der letzteren
für das Herz, welche heutzutage ein wenig in Vergessenheit ge- I
rathen ist, darf nicht in Zweifel gezogen werden; und gewiss haben
mppokrates, Plato und Galen nicht ohne guten Grund den
bitz des Zornes in das Herz verlegt und haben es das Organ des
Ehrgefühls und der Rache genannt.
Ueber die cardiotonischen Heilmittel wäre viel zu sagen. Er¬
lauben bie mir, dass ich Ihnen in aphoristischer Weise mittheile,
wm mich eine nicht kurze Praxis inbetreff der Medicamente gelehrt
.\ D ? 1die Therapie für diesen Zweck angefüllt ist. Für
micb ist die Königin in der Therapie des Herzens immer die Digi¬
ti hl ^ 0 . rau ^ ese ^ z ^ dass es die wahre „Digitalis purpurea“ sei,
besitzt ’’ 1Ut€aU ’ W0lche dne unendlich geringere Wirksamkeit
™nu!L dCn Händdspraparaten ist es schwer, in dieser Beziehung
wpU.T™ 6 Slcl ! erileit z o erlangen. Das Aussehen der Digitalis,
mrm Hi« aus der Schweiz kommt, gewährt keine Sicherheit
ColWpn . ern !{ sehu Jg der beiden Species. Ich erinnere mich, einem
Pflanff» rißt. er Tv lhr ^• durfte, gerathen zu haben, er soUe sich eine
ßchattio-pn a + lta i ? P ur P urea “ verschaffen und sie an einem feuchten,
die Blattizr Ih wach ® en la ?sen. So oft er sie anwendete (er löste
CentiCTflmm - U ? d 168S s * e troc ^ nen )t die Wirkung bis auf
v^nngramme sicher und unfehlbar.
AnweIld ^ lln<r de^ ^r« Dlgita ^ S, , aber immer eine gewisse Zeit nach ihrer
gepriesenen ? 16 leber als zu allen anderen heutzutage an-
Digitaliq mne 1 mitte ^ n ZUTn Coffein und Strophanthus greifen. Die
des DifWhtliom ausgesetzfc werden, sobald sich die Erscheinungen
Coffein anzuwemtan na T m ^ nt ! lch am Ma f® n ’ kundgeben. Dann wäre
Werth hat ™ 6n ‘ dedocb vergessen Sie nicht, dass dieses weniger
vegumren ’hIu 8 ’ We ? n es auch die Systole verstärkt, die Be-
sie die 6 SvstniA beschleunigt, während die Digitalis, indem
Die Wirkn’ die Bewe g un g verlangsamt.
Mittel identicoK? des Strophanthus ist mit keiner der beiden anderen
charakteristispho em zu dem man nur greift, falls die
wünschenswert!, ° .^ lr knngen der Digitalis und des Coffeins nicht
Wirkung anscreenf^’ ° d ? r beide durch das Uebermaass ihrer
An den g F n Zt Werden md ssenJ)
schliesst sioh af. * T on do PP e lter Mitral- und Aorteninsufficienz
Ludwi d T f ° lge ü Dde von ^PPelter Stenose an.
^neminiRtArinT« aUS 51 Jahre alt, Ordonnanzoffizier im
sehr starker HnnJ -/?^ beirat . bet , ohne Kinder, ist ein Mann von
ansserordentbVh o • i,’ eble robuste Erscheinung, mit einem
__ ntwickelten Knochensystem, namentlich des Ge- I
27
sichtes. Die Bogen der Augenbrauen, die Backenknochen, die
Ecken und Winkel der Kinnlade stehen stark hervor, und man em¬
pfängt auf den ersten Blick den Eindruck einer fast übermensch¬
lichen, löwenmässigen Kraft und wäre versucht, an einen Fall von
Akromegalie zu denken.
Er ist gesunder Eltern Kind. Sein Vater ist im Alter
von 84 Jahren, wie man versichert, an Alterschwäche gestorben,
und seine Mutter ist den Folgen einer schwierigen Niederkunft
erlegen. Er hat einen Bruder und eine Schwester, welche beide
leben und sich einer vollkommenen Gesundheit erfreuen, während
sie keineswegs seine robuste Constitution besitzen.
In der Geschichte der Familie kommt kein Factum vor, welches
sich mit der Krankheit, an der T. leidet, in Verbindung bringen
Hesse. Er selbst behauptet entschieden, nie von Syphilis angesteckt
worden zu sein während der 16 Jahre, in welchen er in dem jetzt
eingegangenen Corps der Marineinfanterie gedient hat und wo er
den Grad eines Feldwebels erlangt hat. Ebenso wenig während
der weiteren 16 Jahre, seit welchen er Civilbeamter im Ministerium
ist. Auch erklärt er, nie an Gliederrheumatismus gelitten zu
haben, obwohl er sich während der Zeit, als er unter den Waffen
gestanden, allem dem, was gewöhnlich den Rheumatismus be¬
günstigt, ausgesetzt habe. Genug, er hat die blühendste Gesund¬
heit gehabt, abgesehen von einigen Malariafiebern sporadischer
Natur, die er sich im Jahre 1868, als er in Venedig in Garnison
stand, zugezogen hat, und die ihn nachher dann und wann im
Verlauf von zwei Jahren belästigt haben. Er erinnert sich nicht,
in seinem ganzen Leben an einer anderen Krankheit geUtten zu
haben.
Er gesteht jedoch ein, seit vier Jahren ziemlich viel Wein ge¬
trunken zu haben (nicht weniger als einen Fiasco täglich, d. h.
etwas mehr als zwei Liter). Auch leugnet er nicht, die geschlecht¬
lichen Genüsse sehr übertrieben zu haben. Dagegen stellt er
durchaus in Abrede, dem Branntweingenuss ergeben gewesen
zu sein.
Die ersten Krankheitserscheinungen zeigten sich bei ihm gegen
Ende März. Beim Hinabsteigen vom Omnibus bei Porta Pia ver¬
dunkelte sich plötzlich sein Gesicht; zugleich fühlte er Uebelkeit
und hatte Neigung zum Erbrechen. Er weiss nicht, was Herz¬
klopfen und Beklemmung ist, wenn er die Treppen oder einen
steilen Weg hinaufsteigt. Er schläft gut, ebenso auf der rechten
wie auf der linken Seite, aber gewöhnlich auf der letzteren,
und niemals wird er während des Schlafes von beängstigenden
oder in anderer Weise beklemmenden Träumen gequält.
Er hat viel Appetit, aber seine Verdauung ist sehr langsam
und vollzieht sich mit ausserordentlicher Schwierigkeit. Nur während
der Verdauungsthätigkeit kommt es vor, dass er Herzklopfen und
nervöse Unruhe fühlt, dass er sich nicht auf den Füssen zu halten
weiss, beim Gehen schwank und ein Gefühl von Leere im Kopfe
hat. Er leidet bis zu einem gewissen Grade an gewohnheits-
mässiger Verstopfung, welche in der letzten Zeit mehr zugenommen
hat. Er kann sieh nicht lange mit Lesen und Schreiben beschäf¬
tigen, weil die vorher angedeuteten nervösen Erscheinungen sich
nach kurzer Zeit einzustellen pflegen.
Das Resultat der objectiven Prüfung ist folgendes: Der
weite Brustkasten hat eine viereckige Form. An den Venen des
Halses ist weder AnschweUung noch Oscillation bemerkbar; ebenso
wenig ist Klopfen der Arterien zu constatiren. Die Herzspitze
schlägt nicht sichtbar. Bei der Palpation und Percussion befindet
sie sich jedoch auf der Höhe des unteren Randes der vierten Rippe,
5 mm ausserhalb der Mammillarlinie. In der Herzgrube ist kein
Pulsschlag bemerkbar. Die rechte Herzlinie lässt sich mit dem
Plessimeter 5 cm ausserhalb des Brustbeins in ihrem Curvenmaxi-
mum bestimmen. Die Querfläche der absoluten Dämpfung in der
Herzgegend ist 9 cm lang.
Die Klappentöne der Mitralis und der semilunaren Klappen
dor Aorta werden vollkommen maskirt durch zwei verlängerte Ge¬
räusche. Der Klappenton der Lungenarterie tritt stark hervor,
obwohl das gleichzeitige Geräusch des Aortenostiums bedeutend ist.
Der Mitralton erreicht das Maximum seiner Intensität auf der
Klappenhöhe. An der Herzspitze ist weder ein charakteristisches
Geräusch noch ein anderes Merkmal von Mitralinsuffieienz.
Bei der Auscultation auf der linken vertebralen SchulterHnie
in der Höhe des Sinus quadratus hört man das Geräusch der
Kranker narlirfJL (be8e . r Vorlesung müssen wir hinzufügen, dass
Zustand im “ er Zeit in der Klinik zugebracht, als sein
Nachdem er iedoch eid ^ c ^ das Hospital verlassen wollte,
^hmmerte sich RAin t 16 ? ^ eiten Spaziergang unternommen hatte, ver-
8em Zu8taa d plötzlich, und er ist gestorben.
Mitralstenose fern und verlängert; aber es ist dort keine Spur von
Mitralinsufficienzgeräusck.
Unsere Diagnose geht auf doppelte (Mitral- und Aorten-)
Stenose. Abgesehen von jenen unbedeutenden Symptomen, die wir
aus seiner Krankengeschichte kennen, leidet dieser gigantische
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2
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Mensch an keiner Beklemmung, selbst nicht, wenn er viele Treppen
hinansteigt; er schläft ruhig in jedweder Lage und hat weder
Husten noch Bronchialkatarrh.
Hier haben wir also eine neue Thatsache zur Bestätigung des
Paradoxon’s, dass eine Stenose allein schlimmer ist als zwei. Ab¬
gesehen vom Myocard, welches hier eine doppelte Hypertrophie
aufweist (eine concentrische in der linken und eine excentrische in
der rechten Herzkammer), wiegen die gleichen Krankheiten zweier
Herzostien einander auf. Die nach meiner Methode ausgeführte
trigonometrische Vermessung des Herzens bestimmt die Form des¬
selben als eine halbkreisförmige nach der rechten Seite geneigte
Hypertrophie.
II. Die diesjährigen CholeraföUe im städ¬
tischen Krankenhause am Friedrichshain.')
Von Prof. Dr. P. Fiirbringer in Berlin.
Wenn ich der freundlichen Aufforderung unseres Herrn Vor¬
sitzenden, über die diesjährige Cholerabewegung im Krankenhause
Friedrichshain zu berichten, Folge leiste, so kann ich das nur unter
der begründeten Voraussetzung mit gutem Gewissen thun, dass Herr
College Renvers weitaus den Löwen an theil unseres heutigen Themas
übernimmt. So ausgiebige Aufschlüsse er Ihnen geben wird, für
so dürftige Mittheilungen muss ich Ihre Nachsicht in Anspruch
nehmen, dessen Mission mit der Beobachtung von im ganzen fünf
Cholerafällen erfüllt war. Nur der Zufall, dass sie im Osten wohn¬
ten, hat sie mir zugeführt. Es sind das dieselben Fälle, welche
bereits der betreffende Assistenzart Herr Dr. Balster mit geeigne¬
tem Commentar in dieser W ochenschrift (1893, No. 38) veröffentlicht
hat. Da diese wohl der Mehrzahl von Ihnen bekannte Publikation
so ziemlich alles Bemerkenswerthe enthält, kann ich mich in
vorwiegender Anlehnung an dieselbe sehr kurz fassen. Selbst¬
verständlich liegt es mir fern, Ihnen irgendwelche klinischen Kranken¬
geschi chtsbei träge zuzumuthen.
Was unsere Fälle, deren erster den zweiten diesjährigen Fall
in unserer Residenz repräsentirt, in Bezug auf die Frage nach der
Bezugsquelle der Krankheit bezw. die näheren Umstände der In-
fection auszeichnet, ist ihre Zusammensetzung in zwei Gruppen,
von denen die erste ihre Krankheit sicher von dem allerersten
Fall Kynal bezogen, die zweite den Typus einer Familieninfection
darstellt. Die erste Gruppe ist durch zwei verkommene Repräsen¬
tanten der polnischen Arbeiterklasse gebildet, durch Gawrun und
seine Geliebte Miederatschek, mit welcher er in intimem, sträf¬
lichem Verhältniss lebte. Die Nachforschungen unserer Polizei¬
behörde, das Examen der Kranken durch Herrn Geheimrath Koch,
der wiederholt in unserer Anstalt persönlich erschienen, und durch
uns selbst lässt keinen Zweifel, dass beide ihrem cholerakranken
Landsmann Kynal (der am 5. August verstarb) in dessen durch
Dejectionen besudelten Kellerwohnung hülfreiche Hand geleistet
hatten. Beide haben sich ausserdem grober Diätfehler schuldig ge¬
macht. Bei der zweiten Gruppe, repräsentirt durch die Buchbinder-'
frau Schuster mit ihren zwei jüngsten Kindern, erkrankten letz¬
tere, darunter ein vierwöchentlicher Säugling (!) zuerst, um ihre
Mutter zu inficiren, während bei zwei weiteren Kindern und dem
Hausmädchen im Krankenhause Moabit Cholera constatirt wurde.
Also eine kleine, sechs Personen umfassende, Haus- oder richtiger
Wohnungsepidemie. Hier gelang es nicht, die Infectionsquelle aus¬
findig zu machen. Das Resultat des eingehendsten Examinirens
der intelligenten und sauberen Frau war derart negativ, dass ich
fast dem Gedanken Raum geben möchte, es sei eine Infection der
Milch oder anderer Nährmittel durch Insectenübertragung erfolgt.
Es ist selbstverständlich eine Laune des Zufalls, dass gerade in un¬
seren Fällen der sozusagen regelrechte Modus der Infection aus
den Flussläufen nicht stattgehabt. Hier dürfte Herr Renvers die
Lücke durch drastische Beispiele füllen.
Der letztgenannte Säugling und die beiden Polen starben, die
anderen genasen. Bei Allen war das bekannte klinische Cholera-
, in versc ^ e ^ enen Abstufungen ausgeprägt. Bemerkenswerth,
obwohl nach der Schilderung der Lehrwerke nicht eigentlich neu
^ er Umstand, dass bei Gawrun, der aus desolatem algiden
Stadium in beginnende Convalescenz herübergerettet wurde — ob
in Folge der Hypodermoklyse, sei dahin gestellt — erneute blutige
Durchfälle sich einstellten. Dieselben wandelten sich unter zuneh-
mender Somnolenz des Kranken zu rein blutigen, fast beständig
abfliessenden Stühlen, als deren Quelle die Section eine 15 cm
lange Nekrotisirung der Rectalschleimhaut unter der Form einer
tiefen, dysenteroiden Verschwärung ergab.
Dass in allen unseren Fällen asiatische Cholera Vorgelegen,
iolgere ich aus dem bestimmten baeteriologischen Nachweis von
*) Vorgetragen im \erein für innere Medicin in Berlin.
Koch’sehen Kommabacillen, der dank der rastlosen Thätigkeit der
Assistenzärzte, insbesondere von Herrn Balster, und in Rüchkicht
auf die dringenden telephonischen Anfragen von den städtischen
und Polizeibehörden mittels des neuen Lautenschläger’schen
Brütapparates prompt, in einem Falle bereits nach 15 Stunden ein¬
schliesslich des Plattenculturverfahrens, geführt wurde. Die meisten
Präparate haben ausserdem dom hygienischen und dem Institut für
Infectionskrankheiten Vorgelegen. Ich erachte hiernach Zweifel nicht
für zulässig, weil ich auf dem Standpunkte stehe, dass Cholera asi-
atica ohne den Kommabacillus nicht möglich ist. Ich hoffe
mit dieser Formulirung mich in keinen principiellen Gegensatz zu den
Ausführungen von Herrn Leyden in der Sitzung vom 16. October
gesetzt zu haben, denen ich mich insofern nähere, als ich neben der
einfachen Uebertragung des Parasiten noch andere Factoren zum Zu¬
standekommen der Infection in Thätigkeit wähne. Was die neuen
Concurrenten der Koch’sehen Kommas aulangt, so darf ich an¬
deuten, das auch dem Typhusbacillus, dem Gonococcus und dem
Bacillus der Tuberkulose solche Nachbaren dicht auf dem Nacken
sitzen, ohne dass ihre Bedeutung deshalb besondere Einbusse erlitte.
Ich möchte hierbei nicht unerwähnt lassen, dass Mitte August
ein 14 jähriges Mädchen mit dem klinischen Bilde einer schweren
Cholera ins Krankenhaus Friedrichshain eingeliefert worden, bei
welchem die minutiöseste bacteriologische Untersuchung die Ab¬
wesenheit des Kommabacillus ergeben hat. Somit stellt sich der Fall
in directe Parallele mit dem von mir im vorigen Sommer publi-
cirten (diese Wochenschrift 1892, No. 34), sowde den einschlägigen
Beobachtungen von Beck,unserem verstorbenenCollegen Guttmann
u. a. Alle diese Fälle müssen der „Cholera nostras“ zugezählt
werden, und ich möchte noch einmal an dieser Stelle mit Rücksicht
auf die von Senator auf dem letzten Congress für innere Medicin
vorgebrachten Bedenken mit Quincke, Koch u. v. a. diesen
nichts präjudicirenden Terminus als bezeichnendsten Sammelbegriff
in Anspruch nehmen. Von den möglichen Beziehungen solcher
Choleraepidemieen durchsetzender Fälle von lebensgefährlicher ein¬
heimischer Cholera, die wohl immer isolirt bleiben, zur asiatischen
Cholera heute kein Wort mehr, nachdem ich mich auf dem er¬
wähnten Congress zur Sache geäussert. Aber denen, welche
meinen, der Cholerabacillus wäre in solchen Fällen dem Beobachter
entgangen, und sie seien nichts anderes als schlichte Cholera, noch
einmal der Zuruf, dass ich völlig entsprechende Fälle mit Sections-
befund in Thüringen und Berlin (1887) zu einer Zeit beobachtet
habe, in welcher von einer Invasion unseres Vaterlandes durch
die Cholera keine Rede gewesen.
Noch ein kurzes Schlusswort über die Choleraniere, soweit
wir dieselbe in den drei tödtlichen Fällen zu studiren vermocht.
Als Resultat will ich hier, von allen Details absehend, nur zu¬
sammenfassend andeuten, das die Coagulationsnekrose, welche in den
Fällen Miederatschek und Säugling Schuster mehr weniger
intensiv aber fleckweise in Rinde und Mark bei relativ intacten
Glomerulis vorhanden gewesen, im Fall Gawrun trotz der Schwere
der Complication vermisst worden ist. Vielmehr bot sich hier das
Bild der intensiven, bis zum Zerfall gesteigerten Trübung und
Schwellung der Drüsenepithelien ohne Kerntod. Jedenfalls kein
Bild, das dem der acuten infectiösen Nephritis im Princip wider¬
spräche! Und so möchte ich nach wie vor zwar mit Leyden den
Flüssigkeitsverlust des Körpers als mitbetheiligt am Zustandekommen
der Choleraniere ansprechen — ich habe bei früheren Gelegenheiten
mich für einen Combinationseffect von Ischämie und Giftwirkung
ausgesprochen —, indessen die Wirkung der Choleratoxine auf das
Nierengewebe als einen unerlässlichen Factor mit der Mehrzahl
der neueren Autoren hinstellen. Und noch ein drittes Mal: Wenn
wir fast alle Infectionskrankheiten eine toxische Nephritis liefern
sehen, warum soll die asiatische Cholera, eine Infectionskranklieit
kat’exochen, eine Ausnahme machen? Just zur rechten Zeit fiel
mir im 52. Bande des Deutschen Archivs für klinische Medicin
die neueste belangvolle Arbeit von Rumpf und Fraenkel über die
Choleraniere in die Hände. Die Autoren, welche mit ihrem grossen
Material alle unsere Bemühungen in Berlin schlagen, constatiren
desgleichen „Plasmolyse“, also Schwellung der Epithelien mit schliess-
lichem Zerfall und — bei höheren Graden — Kernnekrose. Trotz
der intravenösen Infusion die gleichen Veränderungen am- Nieren¬
epithel. Somit kommt eine Giftwirkung auf das Protoplasma und
schliesslich die Kerne in Betracht. Entsprechende Bilder fanden
die Verfasser auch bei der Typhusniere; wir selbst haben im
Princip gleiche Läsionen („zernagte Säume, vollständigen Zerfall
und Ausfall“), von der Kemnekrose abgesehen, zum Theil bei der
Diphtherieniere bereits vor zehn Jahren (Virchow’s Archiv Bd: 91)
beobachtet, wie wir andererseits in der letzten Zeit einige Male
Coagulationsnekrose bei anderweitiger Nephritis ohne jede Con-
currenz von Ischämie gefunden, so erst bei Influenzanephritis vor
einigen Tagen in recht intensiverWeise. Dass Rumpf und Fraenkel
den Begriff des Wasserverlustes nicht völlig streichen, entnehme
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
11 Januar- _ _
ich aus der Fassung, dass die Wasserentziehung allein die Er-
icheinimgeu von seiten des Harnapparats nicht erklärt. Dass Herr
Lcvden gute Gründe hat, auf das Litten’sche Experiment von
der* Gefässunterbindung zu reeurriren, dafür scheint mir auch der
Umstand zu sprechen, dass doch alles in allem ausgedehnte
(oagulationsnekrose im anatomischen Präparat der acuten in-
fwtiösen Nephritis als solchen kein gewohnter Anblick ist.
Die Genugthuung, dass auch in diesem Jahre von einer Berliner
(’holeraepidemie keine Rede gewesen, dass die zersprengten Fälle
solche geblieben, bin auch ich geneigt gleich Herrn Leyden mit
dankbarem Verständniss für die getroffenen Abwehrmaassregeln
unserer Behörden zu empfinden. Gewiss darf ein solcher Causal-
nexus angesichts ähnlicher Sachlagen in dem oder jenem Nachbar¬
land ohne entsprechende Rüstungen nicht schlicht behauptet werden;
wer indess Gelegenheit hatte, täglicher Zeuge des systematischen
und energischen Kampfes zu sein, den die Berliner Behörden mit
der Krankheit aufgenommen, wer mit Wahrscheinlichkeiten und
nicht mit entfernten Möglichkeiten rechnet, der konnte sich des
Eindrucks nicht erwehren, dass es ohne solche unentwegte Be¬
mühungen leicht hätte anders kommen können.
m. TJeber Tubarschwangerschaft und die Be¬
handlung der Blutungen in die Bauchhöhle
infolge von Tubarschwangerschaft.
Von Privatdocenten Dr. Dührssen in Berlin.
Auch heutzutage noch sind die Fälle recht häufig, wo eine au-
.'(heinend bis dahin ganz gesunde Frau im geschlechtsreifen Alter
plötzlich collabirt und unter den Erscheinungen einer inneren Blu¬
tung binnen einigen Stunden oder Tagen stirbt. Die Section dieser
Fälle, die häufig wegen der zweifelhaften Todesursache eine gericht¬
liche ist. ergiebt dann als Ursache des Verblutungstodes eine
geplatzte Tubarschwangerschaft. Solche Todesfälle, bei denen eine
Frau in dpr Blütlie ihrer Jalire so plötzlich weggerafft wird,
machen ja stets einen erschütternden Eindruck, um so beklagens-
werther sind sie aber heutzutage, weil wir in der Laparatomie ein
Mittel besitzen, um den tödtlichen Ausgang abzuwenden.
Dass die Laparatomie in derartigen Fällen im Verhältniss zu
ler Häufigkeit ihres Vorkommens nur selten ausgeführt wird, hat
mancherlei Ursachen. Zunächst macht häufig die Diagnose
Schwierigkeiten. Denn es giebt Fälle, wo die betreffenden Frauen
selbst keine Ahnung davon haben, dass 6ie schwanger sind, Fälle,
in denen die Menstruation überhaupt nicht ausblieb oder oft ver¬
spätet eintrat. So verhielt es sich beispielsweise in dem ersten,
unten mitgetheilten Fall, wo mir die Patientin angab, die letzte
Menstruation sei vor 5—6 Wochen gewesen, sie sei aber oft ver¬
tätet eingetreten. Und in meinem vierten Fall waren seit der
letzten normalen Geburt andauernde Blutungen dagewesen, unter
denen die Patientin schwanger geworden war.
Mir sind somit zur Feststellung der Diagnose vielfach auf den
^ jcctneu Befund allein angewiesen. Es fragt sich nun, ob dieser
uns stets sichere Anhaltspunkte dafür giebt, erstens, dass überhaupt
? n . e ptotung vorhanden, und zweitens, dass es eine Blutung in die
reie Bauchhöhle ist. In dieser Hinsicht ist zu betonen, dass auch
n erweitige Ergüsse in die Peritonealhöhle das Bild einer inneren
!f J 'V ortausc l ,on können, wie z. B. der Durchbruch eines jauclii-
j:' 1 , . cnexsudats °der eines Magen- resp. Darmgeschwürs in
mit Ferner giebt es Fälle von Magengeschwüren
an 0< 7 ^kitung, ohne dass das Blut erbrochen oder per
hat «i™ PeF i t ^ in diagnostischer Irrthum ist somit möglich,
* e . r nicb * zu Bedeuten, da bei solchen Perfora-
R^ttim m le ^ aucbb Bhle die Laparatomie 1 ) noch eine Chance der
* Un< * ? a -^ a & en darinblutungen, welche solche Er-
' f haften M° n ^ nämie ma °Ben, wie geplatzte Tubarsckwanger-
Tode fübr" ° h a V. snabms ! os (ob mit oder ohne Laparatomie) zum
handelt ru* • e . s s * cl1 uin Anätzung viel grösserer Gefässe
«der nicht V me ** eie Blutung in die Bauchhöhle vorhanden ist
höhle • «nK°n* eilIlt ™ an übrigens schon vor Eröffnung der Peritoneal-
'lurcWfiihrt ., 1 . läm ^ cb der Bauchschnitt bis auf das Peritoneum
durch^das Pcritoneu ^d^h ^ reier Blutung das Blut dunkel
'chaft r n Diagnose auf geplatzte Tubarschwanger-
^fienken n 1St ’ 80 erbe ben sich gegen die Laparatomie noch
absolut tödlkh^r- Ruptur einer Tubarschwangerschaft ist kein
die allerbedrnhi-. tFei ^f ~‘. es enden Fälle mit Genesung, welche
(; nmd der u Erscheinungen von Anämie darboten. Auf
‘ * wnkeit einer Naturheilung war es also früher, als
Berlmer kljn^u^v,!!’ Magenresection beim Magengeschwür.
1882, p.39 u.407. Mikulicz, Ueber Laparo-
Dannperforation. Volkmann’s Samml. klin. Vorträge.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
29
der Eingriff der Laparatomie an sich wegen der Gefahr der Sepsis
prognostisch so ungünstig war, gewiss gerechtfertigt, sich exspectativ
zu verhalten — heutzutage aber dürfen und müssen wir, wenn wir
die Laparatomie unter günstigen Bedingungen machen können, von
diesem Standpunkt abgehen, zumal die zahlreichen Beobachtungen
gezeigt haben, dass, selbst wenn es zu einem spontanen Stillstand
der Blutung durch Abkapselung des ergossenen Blutes, durch die
Bildung einer Hämatocele gekommen ist, auch später eine Ruptur
des Hämatocelensackes mit tödtlicher Blutung eintreten kann.
Eine andere Möglichkeit der Verblutung in die freie Bauch¬
höhle ist die durch Nachschübe der Blutung aus der intaeten Tube
in den von Werth und J. Veit als „tubarer Abortus“ beschriebenen
Fällen, wo nach dem Tod der Frucht das Ei durch Tubencontrae-
tionen abgelöst und nach dem Ostium abdominale hin bezw. aus
diesem herausgedrängt und in die Bauchhöhle hineingeboren wird.
Um dieses Ereigniss handelte es sich in dem unten angeführten
vierten Fall.
Endlich sind es mancherlei äussere Schwierigkeiten, welche
den Gedanken an eine Operation zurückdrängen, die Schwierigkeit,
in der Eile einen Specialisten zu citiren, die Schwierigkeit des
Transports in eine Klinik, die Schwierigkeit der Vorbereitungen
für die Laparatomie in der Wohnung der Patientin selbst, die
Schwierigkeit, die Angehörigen von der Nothwendigkeit des so¬
fortigen Eingriffs zu überzeugen. Die beliebte Redensart des Laien
lautet ja vielfach: die Frau ist zu schwach, sie muss sich erst
etwas erholen. Und wde wir gleich sehen werden, ist ein Kern
von Wahrheit in dieser Anschauung enthalten.
Bei der eminenten Lebensgefahr, in welcher eine Frau mit
freier Blutung in die Bauchhöhle im Anschluss an Tubar-
schw r angerschaft schwebt, ist die sofortige Stillung dieser Blutung
nach chirurgischen Grundsätzen indicirt, wenn die hierzu nöthige
Operation, die Laparatomie, eine ungefährliche Operation ist.
Die Exstirpation einer graviden Tube der ersten Monate durch
die Laparatomie ist als eine uneomplicirto Laparatomie zu be¬
zeichnen, deren Mortalität nach den klinischen Zusammenstellungen
heutzutage etwa 4 bis 5 % beträgt. Bedenken wir, dass bei freier
Blutung in die Bauchhöhle ohne Operation sicher wohl die Hälfte
der Fälle zugrunde geht, so ist durch die Operation die Möglichkeit
gegeben, von diesen sonst verlorenen 50% 45% dem Leben zu er¬
halten — vorausgesetzt natürlich, dass die Laparatomie unter allen
antiseptischen resp. aseptischen Cautelen vorgenommen wird.
In einer Klinik ist dies ohne grossen Zeitverlust durchzuführen,
und dürfte sich aus diesen Gründen ein Transport in eine Klinik
stets empfehlen, wo, w'ie in einer Grossstadt, der Transport in
schneller und bequemer AVeise vor sich gehen kann. Ist ein
längerer Transport mit schlechtem Fuhrwerk erforderlich, so ist •
es sicher besser, die Patientin in ihrer Wohnung durch einen zn-
gezogenen Specialisten operiren zu lassen. Auch in einer Privat-
wohnung lässt sich unter allen Cautelen operiren, wenngleich die
Vorbereitungen zu der Operation mehr von dem Operateur controllirt
werden müssen.
Zu einer solchen Operation braucht- man einen Operationstisch,
den man aus zwei aneinander gestellten Tischen improvisiren kann.
Auch die gerade für die Exstirpation emer schwangeren Tube sehr
werthvolle Beckenhochlagerung nach Trendelenburg und J. Veit
lässt sich mit Hülfe von Kissen oder eines Schemels hersteilen.
Ueber dieses Lager breitet man ein reines Laken. Was man w eiter
noch nötliig hat, ist kochendes Wasser, womöglich auch schon .zur
Körpertemperatur abgekühltes, durchgekochtes Wasser, eine Anzahl
reiner Handtücher, die man eventuell erst ein paar Minuten kocht-
und dann in eine kalte einprocentige Lysollösung legt, und eine
Anzahl Schüsseln (mindestens drei), welche man mit Lysollösung
und einem Handtuch tüchtig innen und aussen abreibt.
Alles andere, die Instrumente, Schwemme resp. Gazecompressen,
den Verband, das Nahtmaterial, Operationsmantel, Handbürsten in
sterilisirtem Zustand, eventuell auch Chloroform und Lysol an Ort
und Stelle zu schaffen, ist Sache des Operateurs, der, um Zeit¬
verlust zu vermeiden, gleich benachrichtigt werden muss, dass es
sich um eine eilige Laparatomie handelt.
Ausser der Antisepsis kommt es bei dieser Operation auf
rasches Operiren an, und es ist daher wohl selbstverständlich, dass
diese Operation nur von einem Arzt ausgeführt werden sollte,
welcher in der Ausführung von Laparatoinieen Uebung besitzt und
welcher den ganzen zur Laparatomie gehörigen Apparat ohne
weiteres zur Hand hat. Zeit genug, um einen Specialisten herbei-
zurufen, ist meistens vorhanden, da die Blutung selten schon in
den ersten Stunden nach Eintritt der Ruptur zum Tode führt.
Sind somit alle äusseren Vorbedingungen für den guten Aus¬
gang der Laparatomie getroffen, so bietot die Operation doch ge¬
wisse andere Gefahren dar, welche in dem Zustand der Kranken
begründet sind, und diese Gefahren sind es, welche uns in unserem
Entschluss, zu operiren, wieder wankend machen können. Diese
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Nasenspitze und Eyirnrn.ilaVoE, das Abdomen nufgetnehen. euiptfudliefo. in
den Seiten gedämpflc* Schall. Die innere Idaievsarhüng erdicht eiHffla
reirovertjrtän &\ü ; teu tffcavuK, mbm ifefit keinen Tumor. Ihc genauere
BegchatTenheit der Adnexe linsa mh «egen der EmpMKnhhßii mui
^»annimg d«»s Leibes nicht leststellen.
Auf Befragen gab Patientin un l dass_»fd die letzte M^tnm&W : Wr
machte ieh'ohuu w« iiere Assistenz als dis de« Herrn Culbea-n;W unin er
und des Hem« Or. Geisern er, der chlorOoritdvLs diu /Lupnra.tomio, :
Öiß Päiiötttio kam trötz leichter Narkose schon i&feylpfpubdtie -aut
den OporätliwtfecH P t Baticli&hmM gal 1 fcciaeh Tropfen Pbd Ute
linke ruptimrlis Tube rmtsammfc «lern vergrößerten Ovnrnptt kennte ruAcii
ab^bu»d<m und entfernt, w erden.
Tod zwei Stundet* mich dor L^üra^mtin. Tiote .mvhmvf suto
taöef Infusionen mit T»l.«/ktoiogise.h«ir K-tohSuWAdäiift# vur dev Puls- narb
der Opei-dlm rtbrviiaiip.'t nicht wieder gekehrt, Audi die Athmmig stockte
h H M oacli der Gpovatiim. kam. über *uf künstliche Athmung zuüifehsr
wieder in Gang.
- 1 ]^ eustirplrti*' liih« b^Kthbt aus amem ranetöu und eimmt ^ussbren
Abschnitt von'.je 3 uns Lange. Dev üussere. Abschnitt ist derart: dilatjrt,
dass - er- fUr eine bfeitVderdiekö Suade durchgängigist, welche zma 0*14 am
abdominale hörausgoftfkri imateu kann. Pur inner? AlMwiU w< Ichor
eine Buptuv VtmTv-Jü Tätige nulVeish hat »dno lichte Weite van l cm,
tu dennsGrer, der Prep Lu-steife gogenlihec und der . VV>nd fest udljÜrrmt,
sledv.t d:is zu einer Klutmolr umgewamtehe ' % l k *za Jaiigc, i em dicke
..Ei, deßt-n Natur durch dofr Nachweis von (.‘hAricmzotten ^sichert wurde,
Der Biei'Stock. auf wcWlinn von der Tube zart ' 1 pHrimetnsche- Mein-
brauen üWrgi?h«m und hienUireh diu Tube dreht an das Ovarien« hcniü-
kiVhl- Auf Bemigkh:: klagt Pi«ffö*Ä- imt nrk^ehemUv /Stinnne
ülicp Killte. SeinvfW'.e ' .»thd Brccimntuung. Di«', ihrn^e T-Infnrauuliuitg ur-
;/jeht dun L r tUPIS :M«r:ihrii ti-.it, \«-rl.‘ngi.vi. luijcs nidn-ti ihm eine Wohin
e.ßipHtuliich^ rfn.sifcUusz. Atnloimm ri\v** uisiget,Hohen und .oupürdlu-h.
DingTifvs.ii Kiiplm' d«>r Urthm rcbwuntn-cui Tube mit irniT Hlutitm:
in diu Buuchhahb;.
.Whdem lVtlhaliß mittels feüakeuwa^cus. der. tfuhr. .in* . .
BfÜ \wdei-., nahm ich /umdchat uank---d«fy -V.gisGdag«'
s^t^- _ suhuuUöß lufo^ßTi Äs litcgs w^ i^j3%tgftü Kcehr
snisilösung wische d^u Euhulfcofbhvttorn vor uni «han HÖiv't. ilA 8 jv;d>!
uicbi fühl! KI Vf* Puls auch wiüwdnd- der .nuebhdgcnfhm .Orpumiloir
.’ mi<iK‘! bt’«s;’T wimic. ^
Nach der infueuuO ^nfoi-U^t* U(pnr:'!!iUiK: in. .[in'keiiiisx-hhigy; NaO-
VölUg hluth^cf DUfiGiimmuüvr de? BeuOnh Uon volbi sich bis
'■.•Miin duadi finnlvG üa'vh>.} »ümii culf B!<d v* j i. Nach ihrer Hr/ül- '
nun»/ zeigt <U«.* gatizv Bauehh^bte inrt * thcüs ftjä^ggon^ theUf- go-
romienuvu UHnt orfülll. fhir Operateur /fthid rufori. tun er TietBi«/ wpim
F inger ifimui Oecluuups «kifth -das .Ligatimntmi) latum: sinisknin'« hah?- ^n'
( terus, saebl aa dom iNnhut dio linke Tubum die tA^tei dtn Eadcu
Ifnicchuürf ln .1 /-selb n'NVcis« werdori nndi die m’hVßOü/nfi Adnnxe,..h]S
getragen, da die rechte Tube- wr*chlo*sc.n war, nach ihrer Gryhiiu»^ ah.
Inhalt hrdmilifdien Eitor äufwios und uiu-snKlem mit dem Ovarlp.m durch
dünn* pejpjprf HiW/he StHhigp vci-W’^chHeu v. av. Naoiv möglichst er KbtJei-.
nuug «lei* BlaU-uagnlu 'Schluß dir Bau«hwlinde duvcii fM? und obftrllnvb 1
liehe SOdönkoeptnaluo.
Buff« h;ud« dt’V OiwralioD mein. s< hleehigr «ls lud uaOH^m '.^.fic.a'.Biu-
zukosißien. Erbreulum. Ord • Portwein, tjirelöüidwpiäo*
rjehm. misHl dhN cm-in der Lange. 1,8 cm in der Breite «nul '*ftfhuft. «dß j Die BOhing Wurde• uaduieni der Verlauf bis- ntnf [■ ifsAUur 1893
’2 l j% m latigns Corpus luteum. - de^sttn J>ntrum von, ei nur Crate sm/r-. j vOUig nomial
• -Aümmnü/wH;.. „ . .. ..^.J(
Die Schuld an dnui Tode i,mg in diesem Fall? die ilel«Lire
Wirkimg* des Chloroforms auf den fast vtiilig ausgBbjuldtmv Or-
ganisrims. denn das Versdiwiuden «ins .Pulses, brät bereits vor dein
Begmn der Operation, immPteihar nach Kinltdii-tug dev oborflfeh-
lioheü Narkose ein. fjm aohdie idden Aosglioge zu mmnddeii,
•mtiss .es unsere Aufgabe sein, deiL Orgadisjmis vor der Operation
, ,, _..... go\ve«»%. fb.uUu-ch v«n-7.ögfw!'. dass i'iobor rjutral, und m
YZ .hmmir rtut fh.mi Süshlgaug. reichlich IltiH^ighs, spater fe» omicnrN Bim-
Mire j abging- ihNmncb sank d;>> FiVhor aUrödblirb.' und am it. 1'chmar wimlr-
•|;.atieuüii mii HöniVf .vavlohiter Wunde- und kleinem .•autotteciim.nl IltevoH
als geheilt tmtiassen.
Sic stellte M'*h mir am \ t Marz 1893 noch einmal im besten Wehr
hcfiiideu vor. .
Die cxMtirplnh Tube is. Fig.. I) ist vom uferinoß Etulg hiH.. znr Rup'
torKUdiV 1,5 «ui», von liier, wo a.io' sieb Hpitwwdukjia um knickt., iiif zi.uu
* ' ' ihmMPe Ähspfioitt %■;■•..
ihjf’ehine^aer did\
Kpchkaiztransfusiorj unmUTelbur ror dpt* LhparatPiöio «m»
ptohlen „ui jemui Füllen, wo man bei luH-heradigoi Ajillmie den ;
tddtliehm» Collapft widirend »1er Opcraibni iurdAeü. müss >; .
Zwar IfüX.inobhht S«'n wai'z ,J ) tiie wov dm T sioher^Ji BlutetiHußö' >
ausgeführte KoehsHlzmfiudon arg mnm KunsGbhlör, mdo^voii Bisst
Wy dor diese Auscluu'iuig nur für Falle gelten, wo Jemand hei k-
U'mw A nümio diese? >l)Hel an wenden wdrde, ohne sofort die Ln-
purütomic* vurznuchmen. weil duf< b He nun ge-a »zte FrhiUiuuC des
nrlcrifdlen Bluhliuik«^ die B»ui'i«u> mu stärker, und iuO»!g.-dcßam
dw-Tml AOrbeachteuaigt wfadc. r SiTihkt luon dagegen unmuted-
bui‘ ;vor «ln; Operation eine Traßstusion voran 55 ,' ho ist die düreb
Lvririfmitig der ßntuThöhU- güsetzte Druoh^cbwaftkimg . nnt.so.hicth'u- >
weniger %w tUnditcu. Per gmschre ßhiwamf, .dnßi durch 4 fe
'! ...,e-,«j^;i,M «li»; Hintung /uuobme, ist nicht'slichlmltk. Bor- :
H
.T-O. ...
Üü'
\M Blut udf clm’ Etsswmvde
t>r4ciiitUob IgJfiiH ,<0m knith
Uacniätani; Tzz. oterincs rub«trc»j(l« , 0a OftiuiD
övailum 5 LI ~ Ti^tmärt^se&li#> am Ligameatum kU«n.
SidiwaiH-ü ganz diehi an das Ovariuru herangcxQ/Oi
deUv ivnii-k der Tu ho geleum*«* lluptutstedle
breiten Coipiiü luteum verum ciugmjommpW
Go gle
1S(JH E ME DiOXISCHE WOGHBKBOHRI^y
'M$ii’itifc&fy
ütttifttrsjj»?),.'
• .tfiti»^tdaiilldaj,4 j ;rfj;.
\V0d;r:( : uvAeif uiöjA-
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mmmmu fevirift mu^ridom &Hi<‘Vh efe&s <&->
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Keilic von Jahren dMib’dM Srnridpuiikt o<n h da* Rohm! U
«Uos^ Wo,h,nM hr. } 893.. An 9), jo<Lh nu ? ,, ln, Vf^‘nöÄ ah
^wildluu! aue-mehrn wmaR,. - M ' tU -
,. ]hj ' ! *f lut r, Aow.bummj.e.i «K-r (üiv Vorhut*-
'* «'* {^'’Fhacho m 4*v Mhm orcmnhhum W«£r um! r„;
, 'gigiH'ilUP %miw nl.isnni!fil^tij|!m^ ÄUlftesT, in \Vt:]i<hn»h /Air <[u,
!*' ' ,w ’' <l ; 1 FuhvhdmhuijMdos TlM t -mü..j,ro ljIt „, ;,,,
i WBWttie ^temfer ariö^oiriiiftfUu^^^JviüötuiTmjH^ i'aii d&rf%taKh
nurirn, das \ ußamm*m dot ^immUin mdimmtürm Mumm
Autvmum, und rl!»* «:üHrrttrM-ii5Hsc!H*it KiAmthuuMctKcirm ,i>
<b> um dmvu ,Uß \W<dStm<r Toll söK
MaMidliHi wird. dass »m mm- theihvnh« Wird.a-hMum dm pjyy.
higemoso i*t, dh wKJtfigstüii OimhdbtMm. mV iiii> Ammbmn
<9r^ZuH;noin t .n!uin^. Mm ist ^ u^Hm'Iv indlrr nicht ^un^,i
■ S" k * : V;ulr,itm ^ v " V(>i1 - » ^M-Tivr„t:,.i { n»,j)
^^tzviwwt ^wiHrhnn^üi^ xw;U.d«*n T.hirr' um!. McibiHc, *<>u ,i m
rnrtnthrojiOH" iiutzuljHil«n.
\ ii-cbuw h;it Jm»I tiudiivr«-]^ «'it'.lr u -t-rd<cU<'!i dicson tir.Mr.br.«-
{»üiikt un»i!.*i .vn-dcr hctotd u»(f! u* (lb*:-on* Sr nur» fh*i‘\Or< v « , l)«»t»ci)
Ohb> rs di T dntl.rouoMc iiicM ...-iiu.ccn .„i. ;.c H) ,i' w . U t,c
ÄPirhrü ^Qv MU&ttfittrfcui, ihm W\m- m jmUjlniifrr«rji(^ ui'nh
I ^jwodc. a.Mrt TUwrdmTir uIf fUn PnsTbourn«b;c
Uni* . \ irr h od tu •'•int ftlwo, <lk^ deii XodiWcis dr*-:
(J«s Y^.e-^ißtifcvJC^v' I£s
: . bugl xitr.ht im .Siniut - -KjiüT> iVa-^vn iiirr
^äiidt- hih! Ai* I5t^k]^>KF
SitmiJjtimkt. »irr l)c»Krt*mJ**iJztbvori»> MTStiindlicj» jaiiidirh, oh
Auf'fttniuitg voii ^wi^iitAnriTidnn) zwicbrn. Tiiici und iVi^ndAiir^p
^■»Jiiir^Ni Kt. Uü.9 »Ksv dtK Foltjwn kntliAti iön-:^s^r1tnndri \
'£. & hi* iti “ V : '“ : • ... . - - ^_, r-~~rrt '
Nm,-j... t ,H.,u:nH.* i s; & .j (,iu. 5l |. ^cH-nw-Msv mit. eiiiswücr riwijt^o,,. <lu> ' Fb»\vAnd'.»^.«»r dir ^ M'^KriiiVK in <ii-hIVf.Mc
0!,W ""’- f ’“ Simi v„!..,..,, VinslnW Wim „,• ,| M , i„ J!,l. A*Ä
- -- f«wi I U<-ftS(iji;In!ralt wie liier zunildi*■•wjo.lfrjiijlK.n -vi-«1Ihb,■«>»•■ Bim* tw*
rir . ' . ..... ^ l«jri}iiit. R, K:m> Ujjli lunptsii iili.cll ijiiriiuf ))rt z(i (lll.tiiisilitit'l!, iSi
iv. neuere Anscxiauungeii über Vererbuag ! ,tKl »*•* •»«• fathoii^. ,ii<- m u -.i, w> vv M«i»«B ff wm$
•— j> -.. 81 ist,- Mm.(li>r. Kröfienrng iuy ()Kjcrti*((<n;i'.'
Descendeaz und Pathologie!
v »n Prof Dr. Elbbort in Ziiiicl!.
dMjUFK üfts N(): •! j ; V -/'. ; h •
atf d?K iiKK‘Hir$i ^dl^fiamineo
fej 1 ,/ ' ’ ;'’ ? ■ *' lj !’ ' !,n \V<-J *- III . 5 II n IV v-m-it}
ir.f don WiC;^ T T " ;v;‘ . . T ? P: ^ ,acUT i «»-.i»ww am
iirnV, '^ v „ ?i Wichtigkeit, diHt, wafn-i-nd wir auf Khrh
N r;! .’Ks l^dolr am
-fdiuc h > f ; Vi ^ ViiJ1ni ' s ’ U,V(! ? * l * i{, urr?rif> um dir Vmr-
; ( i ; - '9 1 ivrankliiui om ..Der Atavismus Kiwitt darin, dass
. . ■ ... ..;-v.\ 1 . 1 uri I .•» v»f, < i iiiii: .)Ci Uf.w-rnoitmx-.
. -g .Mi’m*ch*>i ( ’Ki.» .Wf/bdKt. -öco.^-i^iiet- Kl, dfUi Ixm'imjVinnistnuc /M\
sfutzon, ht<« pvtiljula^io ini weitrsWn Sima-, nW. ificbi nur dir -
somlrii! oüc.!)' alitv, -was .umsri'Kdh dos: l ji rri.la g alfr
w^fftmUdieTi KtanldiKtrii iio^il kdirt aus mnDiu'rlH'acbc Atbidr-mn^fi.
Tiinmfornmtumcn dm- wehr und dar uuv djn.'n •/.ris.imin ob iir.srfztH.n
Oi^sum keiOflui, um! <$ IVu^t Mrh v yt k dioKd^n <,v]\ für d\y f)n-
\«nvwthmi kmson hm in Kmh hcf.mudm KrsUi.-muimnn
Km;; : *Wf.d. Orupi.ira- Kon'dm;n. .Viachow untciVclnmih idtlh
' ft üt d i I /yijou bdt rctlmurlö . r J?v;u‘t sturm AK 0n v t!K zu pinrv
....... Oe.««'. i «1 . . . . f- , aki^. -mm aK 'tefli*,i ; ^o
■^Jkü.'re, dir d?u VorfilTmr oi'^nthin'i>’f <!S • [ h -** |;b#*«Midi'nfet wunic. und omo arWrinulowiKrho Tranofoi nnhidi»,
: •' ' 1 . . ,. lt , 1 , g, V'!,’ 1 *’' '' " 7 V* ’i 1 *' ’ 1 - iri: "' l5:,,,i Im ' 1 v,|,|i ' J -b- Am*« hrnnu .md i uml.mdhor, d- /hhu und ho-
''» * «'»•!i. u- , . n i ''' , ' K I 1 vri ' ilt>r ¥?i ' W( 'k: Ul do»! hl m„»u •uid K* }}>• a,i' i!»u omo .tdiM ,ou!, viMimt.l
(iiaiurnfjntr .\J? t,.v T 55 PUnM Wlrtt"- Asiij li mit -aun femmi
*^drej,fi&»T:iil;Idv' ‘ :{ jll, ' ! ' u * Hn!!!!l, '‘ cf, *i! z\\ m*v mit den ijleu lim
-'ucruiJ^ ' r '^™ n ’ r ^bonm Kmmndieu, dm dhi^l vor
1 l " I !„ ' „' , 11 : ', ^ ‘ i ’ , -’ 1 _ 1 -, . 1 . . <’|i J fit I* Vmi-
hifdhpV fm ti u%r TÜ ' r2? ‘ 11 U| IÖ äK alarn meKt rudi-
^«d suJcho Eurksnbl^o M,i%er. Jo.
4fl ; T dö ? YOfiist «inw £rt%haraMors vor-,
}i S-d^n ÄhiKi«' ur ' wa} ! rs dbhbJidher yvifd das AWictlArniiftmijm
fjiii ? ■ .'.• «nnlasi
k. <#iLi^ wf-vij».», wi».* uotm nm h «dnmaj z\i
:,i ',>■" , f , i!‘‘ ,n ^ ■ i} }rhv.Uihb^xn anyrdd. ft o 'Kt W
"'W".m ,.h -i 0 «"djnniw nlr- sid* tiji’iu der Krank-
Vö p -ÖftidMoy, "Ä Uli KnöikhÄif^u-säobo in ft«au|t
> s m^e )f jj, r ,|j^ 4 ^ '" 1 *' 5J . h M UI Juoi ,nis tsliMtrid hrmd-
“Kwiirt- e J ?ftäfi»' «.ipwimtätöE li«i Miä 1 !-
^hicitci mciiials «Ho Anordnung dor 4dU‘H snin houtdm dir
hf onzo de.,-- jih^i\di»«rK*-|.wi j'vjiu.. Mo!»- j?r flM : ^. „ h.. /idim .und:
Uowobe hnd zür Mni?4>ia«io. hosdndors. distmnih Das fwf !v<dWm-[,c
fvniH iimtiowobc oiihdrkt okmsuwmi^ wiMm p.h.y'siidö.eKidm dirH-p.
^mdmi indin-kr. durch rmdiohtfo .Hiidim^. von idndo^ewolm odrr
bCntutih. Aus Efnihatonadto inrimr Kinn durch Pütt- :
^t:\ridjin au»: ffrD»iuu üdfliulfi^eiu Knmdmmnai’k KisuvJipü dwinmlj
■«mMtidion. <iass sc-’ H«'h mijm hfd in i-<,»li^ Math dami in rasciMv
Sul-nuiv nnil oü>. dmxr.r in Knmirou amvvfuntcli Kim ni< fu yidim.
Mrtatdasiu jun^on Knoe'hori^öwciio,- Kt du* Kluirnahtm. »Vi-*,* dma
- Klton'.idi. ui.niicl.i jiWdrl.. doch sind nach dios.o f>: h«d
dru? t dl Jo« nur ptmvisnrigidi )•$ fiowoboy das wifdor wr.-sdüviudim
knum AUo i/maHidoit und ainloir MVuaplasimij wams vor ViK ha c,
Mkektrir oit^lisrm hmhinu' zngüu^iir, so lat)<»••-. nnm ri.ru«- mrnii ; » S)
dm KUdUUjtr von Zrlhm nur einen» BJastunt. tuiihm Frei dn.r« h
; Vh '.!i <■ w lernt. }, nn. dass bh «j.*r MKaplaftio <dm* rotdimdrli-dic
limii« v»m Zn]l»m c\.Ktir1, dir rin- aus (in aixlurcH here ui »mhm,
dass also z. Jj lmj dor piwiostnalfu ICnm-.lmunmiHjdun- sii-Jt tm-iu
|virjO (dHNtis(dir liymplir hr^jaus der /^rUmi onfstrhcri. mhdord
dass dir hDochrnliddoiidcu Z.dhm dir Ähkdmmliii^r dm oo'wurhrHhi
'‘crinstzidirlv sind. I )ji ar Aus* hauuueon lirariiKj hkh alloidin-is
ich! sn^ioiöh ftaha und auch in moddioirJor \VrKr niifsfand eine
>j)]msifkiu, fnsofctai als man dto !•<! der Kc^mmatim nun waK- .
rWl
ansiKüt. fihwi-idTm ^bsiursjtlcjn jür wöüijrec j ^ Jourxuit uh i?uthölu#v «mhiiici^wldgy. Luiidna 1^6)2.
: Dü Utu . häoi 1 ! 3*98. Xo. t.
Go gle
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2
32
stehenden Zellen nicht von den alten Elementen glaubte ableiten
zu sollen, sondern aus den bei den fraglichen Processen auf¬
tretenden Leukocyten hervorgehen liess. Diese Anschauung ist
heute ziemlich allgemein aufgegeben, aber Virchow möchte be¬
tonen, dass sie doch vielleicht nicht, völlig beseitigt werden sollte,
da er nämlich selbst bei der Organisation des Thrombus die Her¬
kunft der Bindegewebszellen von Leukocyten wahrscheinlich ge¬
macht hat und auch heute noch nicht völlig vom Gegentheil über¬
zeugt ist.
Die Gewebsproliferation hängt also jedenfalls von der W uche¬
rungsfähigkeit der Gewebszellen ab, die freilich zum Theil nicht,
mehr genügende Vermehrung zu zeigen und etwaige Gewebsver-
luste regenerativ auszugleichen vermögen (z. B.. Ganglienzellen),
die aber zum anderen Theil dazu noch sehr wohl imstande sind.
Die Proliferation führt aber auch nicht selten, wie aus den obigen
Beispielen erhellt, durch Metaplasie zu Produkten, die von den Aus¬
gangselementen verschieden sind. Virchow möchte diese im Ge¬
gensätze zu den homologen Neubildungen als allotrope bezeichnen.
Dieselben Gewebe können aber sowohl homologe wie allotrope Pro¬
dukte liefern, und innerhalb der beiden grossen Gewebsgruppen,
dem Epithel und dem Bindegewebe, können die einzelnen Arten
vielfach in einander übergehen. In welchem Umfange dies aber
möglich ist, kann noch immer nicht nach allen Richtungen als
sichergestellt betrachtet werden. Aber wenn es auch sehr weit¬
gehend der Fall sein sollte, so würden wir doch sagen müssen,
dass es keine pathologischen Zellen giebt, die nicht in einem nor¬
malen Gewebe ihr Prototyp hätten, dass also keine Zelle atypisch
ist. „Die Pathologie gewährt keine Stütze für eine weitere An¬
schauung des Begriffes der Descendenz“.
Dieser Satz bezieht sich zunächst nur auf die Metaplasie.
Wenn diese nun aber keine Stütze für die Descendenz gewährt,
so darf man wohl hervorheben, dass dies negative Ergebniss an¬
dererseits auch keinen Einwand gegen dieselbe enthält. Denn man
muss doch wohl nicht nothwendig voraussetzen, dass die zu patho¬
logischen mit Metaplasie verbundenen Zuständen führenden Ein¬
griffe eine Aenderung des Gewebstypus zur Folge haben. Solche
Eingriffe unterscheiden sich doch durch Art, Intensität, Dauer
ihrer Einwirkung etc. wesentlich von den Einwirkungen, welche die
von der Dcscendenztheorie vorausgesetzten, langsam und schritt¬
weise einsetzenden Aenderungen des Körpers bedingen. Aber wellten
wir auch die zu Anpassungen führenden und so allmählich wir¬
kenden Einflüsse im weitesten Sinne als pathologisch bezeichnen,
so würden wir doch nicht in der Lage sein, durch histologische
Untersuchungen solche Veränderungen nachzuweisen, da sie nicht
am einzelnen Individuum in einer für uns messbaren Weise und
wendet, setzt er auseinander, dass man einen Unterschied machen
muss zwischen den auf Rückschlag beruhenden Abweichungen, die
man als pithekoiden Atavismus, und zwischen den aus pathologi¬
schen Momenten entstehenden Thierähnlichkeiten, die man als
pathologischen Pithekismus zusammenfassen kann. Ist es nun
möglich, so fragt Virchow in dem dritten Abschnitt seiner Ab¬
handlung die Grenze zwischen den beiden Theromorphieen, der
atavistischen und der pathologisch erworbenen zu ziehen? Die
Vererbbarkeit der Abweichung ist kein Kriterium, da auch die er¬
worbene Theromorphie gelegentlich vererbt werden könne. Es
muss also von Fall zu Fall oder besser von Gruppe zu Gruppe
untersucht werden, und indem Virchow zunächst die Doppel- und
Mehrbildungen in’s Auge fasst, hebt er hervor, dass nicht alle
hierher gehörigen Erscheinungen unter einem Gesichtspunkt be¬
trachtet werden könnten, da z. B. die Doppelmonstra etwas ganz
anderes bedeuteten als etwa ein doppelter Finger. Die ersteren
sind in der Regel als erworbene Variationen anzusehen, während
bei anderen Mehrbildungen auch andere Deutungen möglich sind.
Bei den Zahlenanomalieen der Semilunarklappen des Herzens
betont er, dass eine Vermehrung derselben auf vier die Annahme
einer atavistischen Ursache näher lege, als die Verminderung auf
zwei, bei der wohl stets pathologische Verhältnisse vorliegen. Die
oft beobachtete Vermehrung der Zähne ist nicht genügend ge¬
klärt, während Virchow andererseits hervorhebt, er erkenne mit
Vergnügen an, dass die neueren Forschungen über die Sechs-
fingerigkeit der Hände und Füsse die Neubildung durch Heran¬
ziehung atavistischer Anschauungen in unerwarteter Weise ver¬
ständlich gemacht haben. Nun sahen wir aber oben, dass Weis¬
mann die Polydaktylie nicht als Rückschlag aufzufassen geneigt
ist, und zwar ausser aus dem angeführten, auch aus dem Grunde,
weil ja die weit zurückliegenden Urahnen, die w ? egen der grösseren
Fingerzahl in Betracht kommen konnten, noch gar keine mensch¬
lichen Finger hatten. Auch Zander 1 ) hat auf Grund einer Unter¬
suchung einer sechsfingerigen Hand sich gegen die atavistische An¬
schauung gewandt und die Erscheinung aus der Einwirkung am¬
niotischer Fäden erklärt. Aber auch hiermit stimmt Weismann
nicht überein, da die Polydaktylie vererblich ist, dies aber nicht
sein könnte, w r enn sie als eine durch den Druck jener Fäden be¬
dingte erworbene Eigenschaft aufzufassen wäre. Er führt die Ab¬
normität in Uebereiüstimmung mit Ziegler auf eine Keimesvaria-
tion zurück, die vielleicht auf einer Verdoppelung der die Finger¬
anlagen bestimmenden Determinanten beruhe. Die Frage der Poly¬
daktylie bedarf demnach wohl noch weiterer Untersuchung. Da¬
gegen stimmt nun Virchow mit Weismann überein, w r enn er bei
der Polythelie (s. o.) eine atavistische Deutung zuzulassen ge-
als Abweichungen vom typischen Verhalten der Gewebe auftreten,
sondern auch bei Annahme einer Vererbung erworbener Eigen¬
schaften erst im Verlaufe vieler Generationen deutlich her¬
vortreten.
Etwas anders als mit der cellularen verhält es sich mit der
organologischen Transformation. Hierüber hat Virchow r
in drei zusammengehörigen früheren Artikeln, in seinem Archiv
Bd. 108, sich verbreitet. Wir wollen auch ihren Inhalt hier in
Kürze wiedergeben, zumal Virchow in seinem jüngsten Aufsatz
auf sie zurückverweist.
Nachdem er in dem ersten Abschnitt auseinandergesetzt hat,
dass, worauf wir sogleich noch eingelien werden, „die Entstehung
einer Variation mit erblichem Charakter jedesmal eine Abweichung
von dem Typus, also ein pathologisches Verhältniss des ersten
Erzeugers voraussetze“, geht er zur Besprechung des Atavismus
über, den er als einen der stärksten Beweise für die Abstammung
von der ursprünglichen Art betrachtet und den er in erster Linie
mit Bezug auf den Menschen erörtert. Es ist schwierig festzu-
stellen, ob eine gegebene Abweichung vom menschlichen Typus
atavistisch oder pathologisch ist. Vor allem handelt es sich hier
um die Monstrositäten, die gewiss nur zum kleinsten Theil
bei dem Atavismus untergebracht werden können. Schon Job.
Fr. Meckel hat zunächst hervorgehoben, dass alle, auch die weit¬
gehendsten Neubildungen immer noch den Typus des Individuums
erkennen lassen, aus dem sie hervorgegangen sind. Er stellte so¬
dann den Satz auf, dass die höheren Thiere in ihrer Entwickelung
Perioden durchlaufen, w r elche von den niederen Thieren fixirt er¬
scheinen. Dieser Ausspruch giebt zwar nicht mehr ganz unsere
heutigen Anschauungen wieder, indessen konnte Meckel darauf
basirend ausführen, dass, da die Embryologie vielfache Aehnlich-
keit mit thierischen Formen zeigt, durch Hemmung des Wachs¬
thums und durch ein auf diese Weise bewirktes Stehenbleiben von
Theilen des Embryo auf früheren Entwickelungsstufen eine gewisse
Thierähnlichkeit zustande kommen muss, die dann aber keinen
Atavismus bedeuten, sondern einen pathologischen Process im
engeren Sinne darstellen würde. Indem Virchow diese Fragen
dann weiterhin auf das Verhältniss vom Affen zum Menschen an¬
neigt ist.
Kommen wir nun auf den obigen die Metaplasie betreffenden
Ausspruch zurück, dass die Pathologie für eine weitere Ausdehnung
des Begriffes Descendenz keine Stütze gewährt, so sehen wir jetzt,
dass bei der organologischen Transformation die Sache etwas
anders liegt. Sind auch gewiss die meisten Monstrositäten als
erworben oder nach Weismann zum Theil als Folgen einer Keimes¬
variation anzusehen, so giebt es doch auch solche, bei denen die
atavistische Auffassung Berechtigung hat. Sie sind dann aber
allerdings als eine Stütze der Descendenz anzusehen.
Virehov T hat aber noch im Anschluss an seine Besprechung
der Polydaktylie und Polythelie hervorgehoben, dass auch eine
atavistische Erscheinung als pathologisch oder teratologisch zu
betrachten sei. Nach Weis mann’s oben wiedergegebener Erklä¬
rung würde sie das freilich nicht sein. In dem gleichen Sinne
schliesst dann Virchow seinen neuesten Aufsatz damit, dass seiner
Meinung nach jeder Fall von Descendenz im Sinne Darwin’s.d. h.
jede Abweichung vom Typus des elterlichen Organismus einen
pathologischen Vorgang darstellt.
Dasselbe hat er, wie oben erwähnt, auch in dem ersten Ab¬
schnitt seiner Abhandlung im 103. Bande seines Archivs ausein¬
andergesetzt. Er führte dort aus, dass jede äussere Ursache zu
einer Veränderung, einer Störung und eventuell zu einem Reizzu¬
stand führt, dass diese Begriffe aber ebensogut eine pathologische
wie eine allgemein biologische Bedeutung haben, dass es ferner
eine scharfe Grenze zwischen den pathologischen und physiolo¬
gischen Processen nicht giebt. Eine Varietät aber ist eine blei¬
bende Störung der Einrichtung eines Organismus und insofern
pathologisch. Virchow meint ferner, dass, auch wenn die Stö¬
rung durch eine als Anpassung an die äussere Ursache zu deu¬
tende Variation ausgeglichen ist, diese dadurch allein noch nicht
physiologisch würde. Es müsse mindestens noch die Vererbung
hinzukommen, durch welche die Abweichung als neuer Artcharakter
bei den Nachkommen fixirt wird.
Etw'as anders stellt sich die Sache vom Standpunkte Weis»
l ) Virchow's Archiv Bd. 125.
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11. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
mann’s. Wenn die Vererbung einer erworbenen Eigenschaft aus¬
geschlossen ist, wenn also die Abänderungen nur auf einer Va¬
riation des Keimplasmas beruhen, so könnte die Bezeichnung patho¬
logisch nur auf jenen Theil der Vorgänge Anwendung finden, die
in den von Weis mann angenommenen wechselnden Ernährungs¬
einflüssen auf das Keimplasma gegeben sind. Bei den so ent¬
stehenden Modificationen des Keimplasmas könnte man allenfalls
von pathologischen Erscheinungen im weitesten Sinne reden.
Diese Auseinandersetzungen rufen nun aber schliesslich die
Frage hervor, ob dadurch, dass man die Variation als pathologisch
bezeichnet, ein Bedenken gegen die Descendenztheorie in dem
Sinne geäussert würde, dass man doch nicht wohl eine fortschrei¬
tende Entwickelung der organischen Welt auf pathologische Pro-
i-esse würde basiren wollen. Aber von Pathologie im Sinne von
Krankheit ist hier natürlich keine Rede. Sahen wir doch, dass
gerade bei den pathologischen Vorgängen im engeren Sinne, die
mit Metaplasie verbunden sind, und zwar nicht nur bei Krank¬
heiten, sondern auch bei anderen pathologischen Zuständen, z. B.
einem Knochenbruch, eine Abweichung vom Typus des elterlichen
Organismus nicht- zustande kommt. Wenn eine solche aber bei
der organologisehen Transformation sich einstellt, so haben wir es
entweder nicht mit vererbbaren Anpassungen im Sinne der Des¬
cendenztheorie zu thun, oder es handelt sich um Atavismus. Und
selbst wenn wir mit Virchow pathologische Rassen, z. B. das
Hollenhuhn annehmen, so sind diese doch nicht unter der Ein¬
wirkung der gemeinhin zu pathologischen Processen führenden
Lrsachen plötzlich entstanden, sondern sie bildeten sich gewiss
ebenso allmählich im Verlauf von vielen Generationen aus uns
anbekannten Einflüssen aus, wie die Artänderuugen, welche die
Descendenztheorie voraussetzt.
Vill man also die Varietät als pathologisch bezeichnen, so
würde man dazu besonders dann berechtigt sein, wenn sie unver¬
mittelt aufträte. Da sie nun aber allmählich und fast unmerklich
zu Stande kommt, so ist jede einzelne Stufe dieses „pathologischen“
\organges doch nur ein Ausdruck für die Fähigkeit des Proto¬
plasmas, die Erscheinung der Reizbarkeit und Anpassung zu zeigen
durch we che die Aenderung entsteht. Die Varietät ist dann also
nur m gleichem Sinne pathologisch, wie man diese Eigenschaften
des rrotoplasmas pathologisch nennen kann. Bildet sich aber eine
Aenderung durch die Vereinigung der Geschlechtszellen, so liegt
eme Abweichung vom Typus der Eltern lediglich insoweit vor,
as die Varietät bei diesen sich noch nicht ausgebildet hatte, wäh¬
rend sie doch m den Grundlagen bereits vorhanden war.
33
V. Neuere Arbeiten über Epilepsie.
Von Prof. Dr. Seeligmüller in Halle.
(Fortsetzung aus No. 1.)
dor lÄ , der überwältigenden Thatsachen, welche die Reizung
Wei?p an al t 1 - ?! rar, ? de , au * ex Perimentellem wie pathologischem
über Hin Pqh? 10 ^ Spracht hat, haben sich unsere Anschauungen
-eändert iy ? g f nes . e de s epileptischen Anfalls vollständig
!med n 1 13 ro 6 “ ei P T er ^gemeinen Anerkennung, sich erfreuende
in das mrir ^f°ne Nothnagel’s, welche das „Krampfcentrum 14
neuere pn? 1 ? und die drücke verlegte, ist durch die
JSer* ) , t 0 Ca i e J he0lie stark erschüttert worden. Bins-
Hand exnprim Ehrenrettung der medullären Theorie an der
Versuch/ v„f! eUer Untersuchungen, bei welchen er die früheren
Das Ergebnis«! aa & el ® ein er Nachprüfung unterzog, versucht.
Sätzm zusainmengefMstT 6 ^ 11 ^ 6 hat Binswan S er in folgende«
«luitteB'vm'rt™ del ,.lj aut e l igrübe liegen in den lateralen Ab-
zeitlichen TW™/ media ? e n Abhängen der Clava bis zum vorderen
elektrisch um re “ zun «S r ^ 1 des Ventrikels reichend eine Reihe
auf Heizung mif am . kei * mechanisch erregbarer Punkte, welche
der Extremitäten ° nis ^ en Krampfzustftnden des Rumpfes, Kopfes,
Bewegumrsformtm j UÜ( L ^ömplicirtereu Erscheinungen associirter
Extremitäten (Lauf-, Tret-, Stoss, Schlag-,
Welchen die lfpfH?? ^Worten. Die erregbarsten Stellen, von
werden könnpn iE SteU .^meinen Krampferscheinungen ausgelöst
2. Se n ^f " y ordere « Theilen dieses Gebietes.
Vrt. Die Heiz«atoiiEpizerscheinungen sind reflectorischer
Hehmlieii die ö„f cf • blld ? n die sensiblen Trigeminuswurzeln, vor-
Felde der Formati/^ 6 ?^ 0 ’» v .teDeicht ist auch eine im seitlichen
Mittlerin des Reizes retlcuar * 8 £ e tegene sensible Hauptbahn Ver-
^ ft ^ (HauWhpn e H tre ü Sin ? vorzu gäweise in der dorsalen Brücken-
ist an dem 7 ,,!+ Kriegen. Die centrale basale Brücken-
ante rior nicht w h .r 8 bekommen dieser Reflexvorgänge der Fovea
l8t basalwärts nah* a*’ ^ le °^ ere Grenze dieser Reflexcentren
em vorderen dorsalen Rande des Pons,
, . d ' Durchschneidungen der Brücke rufen, ausser für Oeulomo-
tonus und Trochlearis die stürmischsten Reflexactionen hervor
getroffen‘werden“ 11 Sehnittreiz die erregbarsten Stellen
5. Elektrische Reizung der Schnittfläche bedingt allgemeine
Krampfbewegungen, wenn die Haubenregion der Brücke gereizt
Wird; der mechanische Reiz der Berührung ist unwirksam
6. Diese Reflexcentren der Brücke besitzen die Bedeutung
einer bammelstation der Niveaucentren des Rückenmarks; sie dienen
der Vermittlung umfassender associirter Bewegungen Die Be¬
zeichnung Krampfcentren“ entspricht sicherlich nicht der physio¬
logischen Stellung derselben. F J
7. Es ist damit nicht ausgeschlossen, dass unter bestimmten
Voraussetzungen beim Vorhandensein einer pathologisch gesteigerten
Erregbarkeit oder durch abnorme Reize die Erregung dieser Centren
zu ausgebreiteten Krampfbewegungen führt. .Nur in letzterem
binne kann die Bezeichnung „Krampfcentrum“ beibehalten werden.
8. Die Form des Krampfes ist diejenige der tetanischen Er¬
regung und krampfhaften Steigerung der associirten Muskelbewe¬
gungen des ganzen Gliedes.
9. Es gelingt niemals, weder durch elektrische, noch mecha¬
nische Reizung von der Brücke aus wahre epileptische Anfälle aus¬
zulösen.
Durch eine spätere Reihe von Versuchen hat Binswanger 45 )
dargethan, dass bei Hunden von der Medulla oblongata aus über¬
haupt irgend welche zuckende Krämpfe nicht ausgelöst werden
können, sondern nur tetanische Gliederstarre, während beim Ka-
| ninchen ausserdem klonische Gliederbewegungen sieh zeigen.
Endlich hat Ziehen 31 ) bei Versuchen an Kaninehen in der
Gegend des Thalamus opticus und der vorderen Vierhügel motorische
! Centren für höher coordinirte Bewegungen (Lauf bewegungen) gefunden.
| Als unbestritten kann seit langer Zeit wohl gelten, dass die
j Reizung der sogenannten motorischen Region epileptische Krämpfe
i zur Folge hat. Nun hat man aber auch Fälle beobachtet, in wel¬
chen die Läsion ausschliesslich das hinter der motorischen Region
belegene Rindengebiet betraf, insonderheit das Occipitalhirn. Diese
epileptogene Aeusserung des Occipitalhirns hatte S. Rosenbach
(Virch. Arch. Bd. 97) als eine Fernwirkung auf die motorischen
Rindenpartieen gedeutet.
Gegen diese Auffassung hatte Unverricht (Deutsch. Arch.
f. klin. Med. Bd. 44) polemisirt und behauptet, dass die hinteren
Rindengebiete durch eigene Erregung einen epileptischen Anfall
auslösen können, dass ihnen epileptogene Eigenschaften innewohnen.
Unter anderen hatte er zur Stütze dieser Behauptung einen Ver¬
such angeführt, in welchem auch nach Abtragung der motorischen
Centren auf der gereizten Hemisphäre die Reizung der hinteren
Rindengebiete doch halbseitige epileptische Anfälle auslöste. Hier¬
auf bezügliche von Rosenbach 49 ) angestellte Controllversuche
ergaben folgendes:
Rosenbach fand von neuem, dass Reizung der Occipitalrinde
mit Inductionsströmen von hoher Intensität und langer Dauer nach
vollständiger Auslöffelung der motorischen Rindencentren derselben
Hemisphäre keine epileptischen Krämpfe mehr hervorruft, obgleich
es gelang, bei den nämlichen Thieren bei unversehrtem Gehirn durch
Reizung der Oceipitalregion solche zu erzielen. Nach Exstirpation
des motorischen Rindengebietes an einer Hemisphäre hatte Reizung
der anderseitigen motorischen Region sowohl, als auch des ander¬
seitigen hinteren Rindengebietes halbseitige Anfälle zur Folge. Nach
beiderseitiger Abtragung der motorischen Centren war es in keiner
Weise mehr möglich, epileptische Krämpfe hervorzurufen. Es ist
hierbei zu bemerken, dass es auch bei völlig unversehrtem Gehirn
nicht immer gelingt, durch Reizung der Occipitalrinde convulsive
Anfälle zu erzielen. In einem seiner Controllversuche (an einem
jungen Hunde) blieb allmähliche Verstärkung des Stroms bis auf
übereinandergeschobeno Rollen des Schlittenapparates ohne den er¬
warteten Erfolg, obgleich der Strom minutenlang hindurchgeleitet
wurde; dass dieses negative Resultat nicht etwa durch Verlust
der Erregbarkeit der motorischen Rindencentren bedingt war, ist
daraus zu ersehen, dass sowohl im Anfänge des Experimentes als
auch bei wiederholter Prüfung, Application der Reizung an die
Regio cruciata beider Hemisphären ohne Schwierigkeit Einzel¬
bewegungen und allgemeine epileptische Krämpfe zur Folge hatte.
Im Anschluss an seine bekannte Theorie von der temporären
Entladung der Nervenzelle während des Anfalls unterscheidet
Hughlings-Jackson 61 ) drei Klassen von Convulsionen, welchen
als Ausgangspunkte ebenso viele Abtheilungen des Centralnerven¬
systems entsprechen. Diese aber sind alle ebenso sensibel wie
motorisch, aber einander untergeordnet. Von der untersten Ab¬
theilung, dem Rückenmark, der Oblongata und der Brücke gehen
die einfachsten Krampfbewegungen in Gestalt von ponto - bulbären
Anfällen aus, nämlich die respiratorischen Krämpfe, der Laryngis¬
mus stridulus und die toxischen Convulsionen, wie nach Absynth etc.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Von der mittleren Abtheilung, den motorischen Rindencentren,
vielleicht auch von den Ganglien des Streifenhügels, gehen die
epileptiformen Anfälle mit ihren zusammengesetzteren Bewegungen
aus Als dritte und höchste Abtheilung bezeichnet er den Prä¬
frontallappen, den motorischen Bezirk des Bewusstseinsorgans.
Von hier gehen die Anfälle von genuiner Epilepsie mit ihren höchst
zusammengesetzten Bewegungen aus. Bewusstseinsyerlust kann
bei schweren Anfällen aller drei Klassen eintreten, früh, wenn dei
Präfrontallappen den Ausgangspunkt darstellt, später, infolge des
Zusammenhanges der tieferen Abtheilungen durch aufsteigende
Fasern mit der höchsten, bei den beiden anderen Klassen.
Aus zahlreichen Versuchen an Thieren ziehen Todorsky und
Bechterew 73 ) den Schluss, dass während der epileptischen Anfälle
verstärkter Blutzufluss zum Hirn mit Erweiterung seiner Capillaren
stattfindet.
Zur Symptomatologie der Epilepsie sind zunächst als inter¬
essant zu verzeichnen die Untersuchungen zweier italienischer
Aerzto über die Sinnesorgane der Epileptiker. Venturi 8 )
kommt durch seine Untersuchungen zu dem Schlüsse, dass im
allgemeinen bei Epileptikern eine bedeutende Abschwächung des
Gehörs gegenüber Gesunden zu constatiren ist, und dass bei
Plagiocephalen auf der Seite, welche der Schädelabdachung gegen¬
überliegt, das Gehör vermindert ist.
d’Abundo 1 ) hat 40 Epileptiker auf das genaueste in Bezug auf
ihr Sehorgan untersucht: Verengerung der Pupille (Siemens) im
Beginn des Anfalls wurde von d’Abundo nicht gefunden. In der
tonischen Periode des Anfalls ist die Iris stark contrakirt, so dass
ihr Innenrand beinahe die Cornea berührt. Während der klonischen
Periode besteht die dadurch hervorgebrachte Erweiterung der Pupille
noch fort: bei starken und mittelstarken Anfällen erfolgt das
Zurückgehen der Erweiterung sehr langsam, bei leichten Anfällen
schneller. Die ophthalmoskopische Untersuchung ergab, dass nach den
Anfällen eine Congestion der Gefässe des Augenhintergrundes statt¬
findet, welche im geraden Verhältnisse zur Stärke des Anfalls steht,
und zwar nicht nur bei den eigentlichen Anfällen, sondern auch
bei dem einfachen epileptischen Schwindel. Diese Congestion der
Retina dauert Stunden lang an und kann somit als ein wichtiges
Unterscheidungsmittel des wahren Anfalls von den simulirten an¬
gesehen werden. Störungen des Farbensinns werden nur nach
schworen Anfällen gefunden; sie sind constant und so hochgradig,
dass für einige Farben das Unterscheidungsvermögen vollständig
aufgehoben sein kann.
Nach Wiglesworth und Bicherton S1 ) ist der Procentsatz der |
Refractionsanomalieen bei epileptischen Geisteskranken ein sehr j
grosser. Indessen wurden durch corrigirende Brillen sichere Er¬
folge ebensowenig erzielt, wie schon früher durch die Stevens-Com¬
mission. Besser scheint das Resultat sich bei einigen epileptischen
Kranken in der Privatpraxis zu gestalten.
Ueber das epileptische Fieber sind namentlich von Wit¬
kowski 2 ) u. Bourneville 14 ) ausführliche Untersuch ungen angestellt
worden. Die Ergebnisse der beiden Autoren stimmen in manchen
Punkten nicht überein. Wir geben zunächst in kurzem Auszug
die Angaben von Witkowski. Bei Epileptikern kommen nicht
ganz selten hohe Temperaturen vor, ohne dass eine andere Fieber¬
ursache nachzuweisen wäre, als die Neurose. Charcot’s Angabe
freilich, dass jeder ausgebildete epileptische Anfall mit einer I
Temperatursteigerung von lo und mehr einhergehe, ist nicht I
richtig. Ja, es ist selbst beobachtet, dass kleinere Aufallsreihen
ganz ohne Fieber verlaufen. Indessen ist es Regel, dass mit
Häufung der Anfälle Fieber sich einstellt. In denjenigen Fällen,
in welchen sich im Verlaufe von mehreren Tagen unter progressiver
Zunahme der Anfälle ein Status epilepticus entwickelt, steigt
auch die Temperatur stufenweise. Die Fälle mit staffelförmigem
Ansteigen des Fiebers verlaufen meist ungünstig; andernfalls
erfolgt Temperaturnachlass ebenfalls staffelförmig. Beim Status
epilepticus sah Witkowski Atropin subcutan sowohl auf die
Zahl der Anfälle, wie auf die gefahrdrohende Herzschwäche günstig
einwirken. Das Abfallen des Fiebers geht stets parallel der psychi¬
schen Störung: mit dem Freiwerden des Bewusstseins hört auch das
Fieber auf. Ueberhaupt sind die Krämpfe nur dann von Fieber
begleitet, wenn das Bewusstsein dabei stark und anhaltend gestört
ist. Das Fieber hält einige Stunden bis höchstens 4—5 Tage an.
Sind die Krampfanfälle weniger ausgesprochen, so fällt die höchste
Temperatur mit der stärksten Erregung oder dem tiefsten Sopor
zusammen.
Bourneville bestreitet zunächst die Angabe von Witkowski,
dass bei vereinzelten Anfällen und kleinen Serien von Anfällen die
Temperatursteigerung fehlen soll, vielmehr soll auch hier eine
Steigerung, zwischen 0,1 und 1,5» wechselnd und im Mittel 0,5 bis
0,6o betragend, die Regel sein.
Lernoine 33 ) bestätigt die Angaben von Bourneville und
macht auf die differentiell diagnostische Bedeutung der Temperatur¬
steigerung bei simulirten Anfällen aufmerksam.
Legrand 12 ) betont die Wichtigkeit der Temperaturmessungen
im Status epilepticus, weil man nach der Höhe der Temperatur
beurtlieilen könne, ob der Kranke durchkommen werdo oder nicht.
Er nimmt eine convulsivische und meningitische Periode
des Status epilepticus an. Die Symptome der convulsivischen
Periode sind: rasche Folge der Anfälle, beschleunigter Puls, rasches
Athmeu, warme Haut, feuchtes Gesicht, Nystagmus, Verlust der
Contractilität der ungleichen Pupillen, Cyanose der Lippen, trockne
braune Zunge, Erschwerung des Schluckens, Stuhlverstopfung,
Incontinentia urinae. Oft ist eine Seite gelähmt. Die Intelligenz
erlischt, es tritt Sopor und Coma ein. Die Temperatur steigt bis
42,1, und zwar um so höher, je grösser die Zahl der Anfälle,
und in je höherem Grade die Geistesthätigkeit beeinträchtigt ist.
Bei Temperaturen über 40 erfolgt häufig der Tod. Die menin¬
gitische Periode beschreibt er: die Anfälle werden seltener, und
verschwinden schliesslich ganz, die Intelligenz aber bleibt in hohem
Grade geschwächt. Es können Hallucinationen und maniakalische
Erregung eintreten. Die Ernährung geht zurück, die Haut wird
trocken, die Augen fallen ein, es tritt Abmagerung und Decubitus
ein. Die Temperatur kann mit Auf hören der Anfälle sinken; steigt
sie aber rasch wieder, so wird der Zustand bedenklich, die De¬
pression nimmt zu geht in Coma über, und der Tod tritt ein. War
die Temperatur nicht über 40,5 gestiegen, nimmt der Collaps ab,
wird die Zunge feucht, so kann trotz schwerer Erscheinungen
noch Genesung eintreten, wenn die Temperatur erheblich sinkt.
Der Status epilepticus dauert in der Regel 3—9 Tage, 3 /5 der
j Befallenen gehen darin zugrunde. — Dieselben Angaben macht
Bourneville.
Hornön 4 ) fand bei einem 25jährigen kräftigen Epileptik 61 '-
welcher schon im 14. und 15. Lebensjahre an periodischem Sür n_
kopfschmerz, seit dem 21. aber an epileptischen Anfällen gelitten
hatte, eine epileptogene Zone mit Herabsetzung der Sensibilität
in der Umgebung des linken Auges, der linken Nasenseite, sowie
der Stirn- und Schläfengegend ebendaselbst. Das Gefühl war auch
für Schmerz und thermische Reize herabgesetzt. Wenn Honten
durch Reiben des linken oberen Augenlides einen Anfall auslöste,
so stellten sich die Krämpfe zunächst in der linken Gesichtshälfte,
dann im linken Arm, dem linken Bein und schliesslich auch in
der rechten Körporhälfte ein. Vor dem Anfalle empfand der Kranke
Spannen im linken inneren Augenwinkel, der linken Nasenhälfte
und an der Nasenwurzel.
Rivano 28 ) hat bei Epileptischen die Phosphor säure an
Anfallstageu constant und um circa 38% vermehrt gefunden, und
zwar infolge der gesteigerten Ausscheidung der an Erden gebundenen
Phosphorsäure. Ebenso fand er die Harnstoffausscheidung an An¬
fallstagen stets vermehrt, im Mittel um 9 °/o, die Extreme be¬
trugen 2 und 20 0 o- Beide Körper erfahren auch bei Schwindel¬
anfällen eine Steigerung ihrer Ausscheidung. Albuminurie hat
Rivano niemals als Folge eines epiloptischen Anfalls beobachtet.
— Voisin und Peron dagegen fanden in 50 »0 nach dem An¬
falle Ehveiss im Urin.
Von französischen Autoren, besonders von Bourneville und
Bricon 36 ), sowie von Ladame 37 ), Mairet 47 ) u. a. sind in neuerer
Zeit die Fälle von Epilepsie, welche mit einem eigenthüinlichen
auch bei anderen Nervenkrankheiten beobachteten Symptom, dem
sogenannten Laufphänomen, la procursion, einhergehen, als eine
besondere Form, Epilepsia procursiva, Laufepilcpsie, be¬
schrieben worden, welcher eine ganz besondere Stellung in Bezug
auf Symptomatologie, Prognose und pathologische Anatomie ge-
i bühre, insofern in den Paroxysmen die Phase des tonischen und
des klonischen Krampfes ganz oder theilweise ausgefüllt (ersetzt)
ist durch einen Anfall von schnellem Vorwärtslaufen in gerader
Linie oder in Kreisen von grossem Radius, meist ohne Sturz und
nachfolgende Hemmung, aber mit starker Congestion nach dem
Gesicht. Die Laufepilepsie ist später einer Transformation in ge¬
wöhnliche Epilepsie fähig; sie ist von schwerer Prognose imd
wahrscheinlich durch Kleinhirnsklerose bedingt. Die Procursion
scheint bei Epilepsie im Kindesalter häufiger vorzukommen. Zu¬
weilen tritt sie auf, ehe es zu irgend einer anderen Kundgebung
der Epilepsie kommt und bleibt lange Zeit als alleinige bestehen.
Oft wechselt sie mit Krampfanfällen ab oder sie stellt den Vor¬
läufer des eigentlichen Anfalls dar. Manchmal stellt sich der Pro-
cursionstrieb unter der Gestalt von automatischen Handlungen, so¬
genannten „Fugen“ dar, welche Stunden und selbst Tage lang dauern
können und wie das Phänomen überhaupt schon seit dem Alterthum,
besonders aber seitErastus und Bootius im 16. bezw. 17. Jahr¬
hundert bekannt sind. Während dieser Fugen verlässt der Kranke z.B.
sein Haus oder seine Arbeit und kann sich benehmen wie einer, der bei
! voller Besinnung ist, insofern er ein Eisenbahnbillet nimmt, sich zu
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11. Januar.
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essen geben lässt, bezahlt u. s. w. Ueber alle diese Vorgänge kann ihm
hinterdrein jede Spur von Erinnerung abgehen. Diese Procursions-
erecbeinimgen fallen oft mit perversen Instincten oder mit Folie
morale zusammen. Anatomisch beziehen Bourneville und Bricon
diese Erscheinung, wie gesagt, auf Läsionen im Kleinhirn; indessen
waren Kleinhirnläsiouen in der Mehrzahl der Fälle nicht der einzige
Hirnbefund, und sodann fehlten Lauferscheinungen in einer grossen
Zahl von EpilepsiefSUen mit Kleinhimläsionen. Li einer ausführ¬
lichen Studie über die Laufepilepsie, welche durch zwei einschlägige
Fälle von Seeligmüller veranlasst war, kommt Büttner 62 ) zu
folgenden Schlussfolgerungen:
1. Das Laufphänomen ist nicht als eine Zwangsbewegung,
sondern als eine willkürliche Bewegung, höchstens als eine Zwangs¬
handlung anzusehen; sie ist nicht als ein epileptischer coordinirter
Krampf, sondern als ein psychisch-epileptisches Aequivalent auf-
znfassen.
2. Die Epilepsia procursiva ist weder anatomisch noch pro¬
gnostisch als besondere Form der Epilepsie charakterisirbar. Das
specifische Merkmal ihrer Anfälle giebt keinen principiellen, sondern
nur einen formellen Unterschied von gewöhnlichen Anfällen und
hat keine andere Bedeutung als die sonst bei leichter Epilepsie
bekannten Automatismen. ' :
Eine Beobachtung von L. Kramer 03 ) zeigt, dass neben den
eigentlichen Laufbewegungen nach vorwärts, also neben den cur-
sorischen auch rotatorische Zwangsbewegungen bei demselben
Kranken Vorkommen können, welches Zusammenvorkommen La-
<lame 3T ) in Abrede gestellt hatte.
Therapeutisches. Trotz der grossen Zahl der in unserer
Zeit, gegen Epilepsie angepriesenen Mittel behaupten die Brom-
präparate sich immer noch als die zuverlässigsten.
Gausterj 0 ) fasst seine Erfahrungen über die Behandlung der
hpilepsie mit-Brompräparaten in folgenden Sätzen zusammen:
. ßromtherapie ist dermalen noch die entschieden vortheiIhafteste
bei der Epilepsie verschiedener Art, namentlich der idiopathischen
? le muss la dpr Re S el d. h. Jahre lang in Verwendung
kommen. Die Grösse der Gaben ist individuell durch vorsichtige
versuche und Beobachtungen zu suchen, sowohl bei der Steigerung
als beim Rückgänge bis zu der nach Besserung der Krankheit
durch Jahre festzuhaltenden Dose. Unter sorgfältiger Beobachtung
“i“ des, Kranken kann oft bis auf 20 g pro die ge-
5 , diese Gabe eine zeitiang fortgesetzt werden, ohne dass
ÄlllF.,*“ ? ra ” ken beobachtet wird. Steigerung der Gabe
Ir Z a" V er alImähliche Verminderung bis zur zeitweisen
mL • eB ., V f rtret !? g durel1 ein anderes Mittel ist durchzu-
SrTmai,.“ f^beeer Verdauungsstörung mit höherer Gefährdung
Dämnfniiir nn ^’ u Entwickelung von Spitzenkatarrh mit leichter
Z. ?! "L. C) bf ‘‘.^eferen L Inerationen der Haut. Hemmungen
Grund St,lm P f werden, ist in der Regel kein
m r ’ : . i herapie zu verlassen oder die Gaben wesentlich
erkranSn ;i»f L p ng l ntuberku - lose ’ schwere chronische Häut¬
ig BromtWani e Ernährungsstörungen sind Gegenanzeigen gegen
ist Massive u WeDn dle Bekämpfung der Anfälle nicht Lebensfrage
^ '“l" 6 Gegenanzeige, da später das
Während Hpr n Fortsetzung der Bromcur noch steigen kann.
Äzu ZeHSVl SUf faäfti e e Ernährung zu halten,
(rioht • nd d,e sowie die Haut zu untersuchen.
die Anwendung JE®* 06 ' H ono f»P bieM ) folgende Vorschriften für
^Wendung der Bromsalze bei Epilepsie:
von Jodsalzp^^rui 111 ! 88 /^ 11 Se * n? vor aRem fr©i von Beimengungen
Da die Bromsalze schwefel ” und kohlensaurem Kali.
Ursachen so S llt*™ ge \ omraen ’ leicht Magenkrämpfe ver-
1)3 sie ai def Zäh^n^^ b ? ste ? beim der Mahlzeit,
fleissige Reinifnin^H? » cht Ca 1 nes hei ^ orruf en, so muss man auf
^nnLn nuf re !hn!H S ben Und des Mundes halten - Erfolg
H äussern. Ä. T?, * es . elbe » ihre Physiologische Wir-
Aufhebung des Rronh ’ Schlafsucht, Anaphrodisie,
basi 's und des RaohJnf 68 n ? 1 mecbanis(ber Heizung der Zungen-
wi ssermaassen dafkri/ . Dies f le tztgenannte Zeichen ist ge-
uberschreiten unnütz^t 6111 “ 1 ^ d , 6S Säfctl £ ua gszustandes, den zu
so lan,v ? a j g Heilnn ^ ,U ?* dea man au frocht erhalten muss,
7 lan ge als die H P1 r i„Z’ ■ ULI ! man a^reent erhalten muss,
da die Heilung niemal s g R ;ph Cht - g * eS1Chert ist ’ oder besser gesagt,
gedrückt hat idas u P nmfv er lst ’ so rauss > wie Voisin es aus-
Mischen ein stänrlil!. xr L Urn sozasa gen für den geheilten Epi-
J 11 « seit 1_2 Jahr? 08 ^ ahran g smit tel bleiben. Haben die An-
} r ersu eh machen d^ Br? Ufge , hÖrt ’ 80 kann man al Mählich den
fa e um den andern n^ u Z "««fassen, alle drei Tage, einen
pand de Saul lei ’ t 5 ^ Ta ^ e lan g in jedem Monat (Le-
Wenden Rächend Jedem Falle ^ es gut, sich des
triu n i emals PlötzHc? e ® 2u ve sichern. Die Bromcur
H meist innerhalt» ab £ ebr ochen werden, denn sonst
etn Kranken das T oh ß ^ a £ en ein starker Anfall ein, welcher
Eeben kosten kann; selbst wenn der Kranke
tftdHn h h« fc A h ?n A n [ äU ® bl ® lbt - kann doch noch nach Monaten der
tödtliche Anfall emtreten (Legrand de Saulle). Ueber die Dosi-
rung ist noch folgendes zu sagen: Gegenüber dem gewöhnlichen
Modus Tag für Tag dieselbe Dosis zu verabreichen, hat Charcot
vorgesch ageu, mit steigenden Gaben vorzugehen, indem man die
Dosis jede Woche um 1 g steigert, z. B. binnen vier Wochen von
4 auf 7 g kommt und dann auf 4 g zurückgeht
In England giebt man alle drei oder vier' Tage eine grosso
Dosis, und zwar zur Zeit der Mahlzeit auf einmal 15 — 20_25 &
™?, h ® hat an demselben Tage 40 g ohne Schaden nehmen sehen!
J h t a !r. b S blS zu . 20 g schon Bron dsmus eintreten
sehen. Weitere Beobachtungen sind daher abzuwarten
| . „ Di .® Bromsalze äussern ihre günstige Wirkung bei allen Formen
der Epilepsie, sowohl bei den psychischen wie bei den mit Schmerzen
Migräne oder Migraine ophthalmique, sowie endlich bei den mit
äusseren wie inneren Krämpfen (Spasmus glottidis) verbundenen.
_| , ^ _ (Schluss folgt.)
VI. Referate und Kritiken,
Philipp stöhr, Lehrbuch der Histologie und der mikroskopi¬
schen Anatomie des Menschen, mit Einsohluss der mikro-
™? P T i f < ? len TeohnJk - Fnnft e verbesserte Auflage, 313 S mit
Alb Holzschnitten. Jona, Gustav Fischer. Ref. S. G.
Kaum nach Jahresfrist ist wiederum eine neue Auflage die
fünfte, des oben genannten Lehrbuches nothwendig geworden. ’ Der
Begleitbrief, den wir den früheren Auflagen dieses vorzüglichen
Lehrbuches gegeben haben, ist dahin zu ergänzen, dass alles, was
unserer Kenntniss über den feineren Bau des Körpers neu gewonnen
worden ist, der neuen Auflage einverleibt wurde; die Abbildungen
sind vermehrt, ältere zum Theil vergrössert worden. Von neuen
Methoden ist die Ehrlich’sche Methylenblaufärbung nach Dogiel's
Modification, ferner die Darstellung der Gallencapillaren nach
Bdhm-Oppel aufgenommen worden. Die Methode über Härtung
des Celloidins und Aufhellung der Celloidinschnitte hat Dr. Over^
ton, Privatdoeent der Botanik an der Züricher Hochschule mit-
getheilt.
Bii;oh-Hirschfeld, Grundriss der allgemeinen Pathologie.
Leipzig, F. C. W. Vogel. Ref. Buchwald (Breslau).
Bei der grossen Anzahl von Arbeiten, welche neuerdings in
gewissen Gebieten der Pathologie veröffentlicht worden sind, bei
den vielfach widerstreitenden Ansichten ist es für den Arzt unge¬
mein schwer, sich auf der Höhe der Situation zu halten und
wirklich Gutes von Vergänglichem zu unterscheiden. Ein Lehr¬
buch, weiches, kurz gefasst, dabei anregend geschrieben, wesentlich
das Brauchbare bringt, ist daher mit Freuden zu begrüssen.
Cohnheim’s classisches Lehrbuch reicht für manche Fragen nicht
mehr aus, wenn es auch immer seinen Werth behalten wird. Obiger
Grundriss, von dem geschätzten Verfasser geschrieben, füllt eine
Lücke in unserer Litteratur aus. Das Buch ist in drei Abschnitte
getheilt: 1) Allgemeine Aetiologie, 2) Die allgemeine Morphologie
der krankhaften Veränderungen, 3) Allgemeine Pathogenese. Jeder
dieser Abschnitte ist in die zweckentsprechenden Unterabtheilungen
gebracht. Um sich über den heutigen Standpunkt der Lehre
von der Entzündung, der Regeneration, der Blutbildung etc. voll
zu informiren, lese man die entsprechenden Kapitel. In sehr über¬
sichtlicher, zweckentsprechender, dabei kurzer Weise sind auch die
pathogenen Mikroorganismen abgehandelt. Wir wünschen dem Lehr¬
buch die grösst mögliche Verbreitung. Die Ausstattung ist eine
vortreffliche.
F. v. Winckel, Die königliche Umversitätstrauenklinik in
München in den Jahren 1884—1890. Berichte und Studien.
Leipzig, S. Hirzel. Ref. Wiener (Breslau)
In der, seinem Vater gewidmeten Zueignung der vorliegenden
WC« _*4. _1_ • _ tihmIa
aii uci, ötjineiu vttujr gewiumei-en Ziueignung aer vorliegenden
Berichte erklärt Winckel es mit Recht als eine Pflicht der
Direktoren klinischer Anstalten, von Zeit zu Zeit Mittheilungen
über die Vorkommnisse in den Anstalten zu bringen, die sowohl
für den klinischen Lehrer, wie für den Verfasser von Lehrbüchern
die einzig sichere Basis einer erspriesslichen Lehrtätigkeit liefern.
Bekanntlich ist Winckel hierin schon früher, während seiner
Dresdener Thätigkeit mit gutem Beispiel vorangegangen, und seine
Veröffentlichungen aus dem Dresdener Entbindungsinstitut haben
allerwärts die anerkennendste Aufnahme gefunden. Nicht minder
wird dies mit den jetzigen Münchener Berichten der Fall sein, die,
was Genauigkeit der Beobachtung und Gewissenhaftigkeit der Dar¬
stellung betrifft, sich würdig den Dresdener Berichten anreihen,
sie aber an Reichhaltigkeit des Inhalts noch übertreffen. Natürlich
kann an dieser Stelle ein erschöpfender Auszug aus dem stattlichen
Werke nicht gegeben werden; nur einiges sei hervorgehoben.
In der Einleitung giebt Winckel einen geschichtlichen Ueber-
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36
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2
blick über die Entstehung und die Einrichtungen der Münchener
Klinik, über den Etat und das Krankenmaterial derselben, die
Frequenz der Studirenden u. s. w., überall interessante Vergleiche
mit anderen Kliniken ziehend.
Der I. Th eil berichtet über die Klinik als Pflege- und Kranken¬
haus, wobei die Vorgänge der geburtshülflichen und der gynäko¬
logischen Abtheilung, des Ambulatoriums und der Poliklinik ge¬
sondert geschildert werden. Aus dem Bericht des Assistenzarztes
Dr. Kleinschmidt über die Schwangerschafts-, Geburts- und
Wochenbettsverhältnisse in den Jahren 1884—1890 sei erwähnt,
dass in diesen sieben Jahren von 5993 Personen, die die geburts-
hülfliehe Abtheilung der Klinik aufsuchten, im Wochenbett 22,24 °/r>
fieberhaft (mit einer Temperatur über 38,2°) erkrankten und 45
(0,795 %) starben. Beckenenge ist bei 5980 Gebärenden 141 mal
(2,3 %) notirt, eine Zahl, die wohl deshalb so klein ist, weil eine
Reihe geringerer Verengerungen übersehen worden sein mag. —
In einer Casuistik aus den Jahren 1886—1890 berichtet Klein-
schmidt des weiteren über einige seltenere Geburtscomplicationen.
Einem Bericht Dr. Sehaeffer’s über die Verhältnisse der
Neugeborenen ist zu entnehmen, dass von 4313 in den Jahren
1886—1890 geborenen Kindern 470 = 10 89 0 o (einschliesslich 39
Aborte) zugrunde gingen. (Die Durchschnittssterblichkeit der
Kinder in grösseren Entbindungsanstalten beträgt nach Win ekel
11,5 °/o). Die Sterblichkeit an Erkrankungen nach der Geburt ist
in der Münchener Anstalt gegen früher von 18,22 % auf 11,14 °/o
gesunken.
Interessante Vergleiche vorstehender Berichte mit den
Berichten anderer deutschen stationären geburtshülf¬
lichen Kliniken und mit der geburtshülflichen Statistik
einzelner Länder liefert Winckel. Das Material zu diesen
Vergleichen entnimmt er den von Guttstadt in den klinischen
Jahrbüchern herausgegebenen Berichten von den stationären Kliniken
der zelm preussischen Universitäten. Aus dem Vergleich der ge¬
burtshülflichen Statistik der Kliniken und des ganzen Landes —
es wurde hierzu die Statistik des Königreichs Bayern und des
Grossherzogthums Baden benutzt — geht hervor, dass die Resultate
der Klinik, trotz der zu ihren Ungunsten in’s Gewicht fallenden
Verschiedenheit des Materials, im ganzen doch besser sind, als die
der allgemeinen Praxis.
Aus der Abtheilung für kranke Frauen bringt Amann
eine Statistik und Casuistik der Erkrankungsfälle der in den Jahren
1884—1890 auf der gynäkologischen Abtheilung behandelten Per¬
sonen. Von 1306 Patientinnen starben 49 (3.7 %), darunter 34
(2,56 °/o) nach operativen Eingriffen. — Es folgen dann Berichte
über die Separatabtheilung der Klinik von Winckel, über das
gynäkologische Ambulatorium und die geburtshülfliche Poliklinik
von den Assistenzärzten Amann, Stumpf und Lamping.
Die II. Abtheilung schildert die Klinik als Unterrichts¬
anstalt für Hebammen, Studirende und Aerzte. In einem
vortrefflichen Aufsatz legt Winckel seine Ansichten über die
klinische und praktische Ausbildung des Arztes, ihre Mängel
Verbesserungen und Ergänzungen dar. Man wird Winckel’s
Ausführungen durchweg beistimmen und besonders auch seine
Forderung billigen müssen, dass es zur besseren Ausbildung der
Mediciner nöthig sei, die Zahl der Volontär- und Assistenzärzte
an den klinischen Instituten wesentlich zu vermehren, die einzelnen
Assistenten aber nur 1—2 Jahre in ihren Stellungen zu lassen.
Die III. Abtheilung enthält neue wissenschaftliche Abhand-
lungen von Aerzten der Klinik, und zwar von Fuld: „Ueber das
Verhältniss 0er Sturzgeburten zu den puerperalen Erkrankungen“
vonSchäffer: „Zur Pathologie des Fötus“ und vonKleinschmidt:’
„Ueber künstliche Entfernung der Nachgeburt“. Besonders werth¬
voll ist, Sch äffe r’s umfangreiche Arbeit, die u. a. genaue Ge¬
wichts- und Maassbestimmungen des Fötus und der fötelen Organe
l } 1 einzel nen Schwangerschaftsmonaten bringt. Den Schluss
des Werkes macht ein Beitrag Winckel’s: „Zur Behandlung der
ExtrauteringrayidRät . Winckel berichtet darin über weitere
durch frühzeitige Morphiuminjectionen in den Fruchtsack geheilte
Extrautermschwangerschaften und tritt abermals für diese Behand-
lungsweise in der ersten Schwangerschaftszeit ein, ohne die Noth-
T Igkeit Laparatomie für gewisse Fälle von Extrauterin¬
schwangerschaft m Abrede zu stellen.
VII. Journalrevue.
Chirurgie.
l’n=t^I ert ’n. I "* <älC ? tions et valeur de la risection dan
; th T° fo . ngueuse do l’articulation des deu
® pl6ces du Sternum, compliqu6e de luxatio
Chirurgief Januar"l89i£”* dU °° rPS SUr U manche ' d
Em 21 jähriger, aus gesunder Familie stammender Cavalleris
hatte sich eine leichte Contusion an der rechten Hand zugezogen.
Drei Monate später wurde er in’s Hospital aufgenommen; die Unter¬
suchung zeigte drei vom Knochen ausgehende Abscesse: einen am
rechten Metacarpus V., einen zweiten am äusseren Rande des linken
Fusses, einen dritten am Sternum, an der Grenze vom Manubrium
und Corpus. Sie wurden in Zwischenräumen eröffnet. Am Sternum
zeigte sich später Nekrose und eine Luxation des Körpers nach
vorn auf das Manubrium. Mehrere Centimeter mussten hier rese-
cirt werden; die Knorpel der dritten Rippen wurden gelöst und zur
Sicherstellung beim Husten der Thorax mit Heftpflasterstreifen
umzogen. Langsame Besserung, dann wieder etwas Verschlimmerung;
man fand einen grossen Abscess der rechten Hinterbacke, aus dem
wohl 300 g Eiter entleert wurden. Jetzt hält die Besserung an.
die Abscesse heilen, und nach Monaten wird Patient mit einer
kleinen Fistel am Sternum entlassen. Auch diese heilte einige
Zeit später. Patient konnte sodann wieder dem Militärdienst ge¬
nügen. Yvert ist überzeugt, dass es sich um eine tuberkulöse
Affection gehandelt hat, und bedauert nur, dass eine mikroskopische
Diagnose nicht gestellt werden konnte. Einige von anderen beob¬
achtete Fälle von Tuberkulose am Sternum werden noch angeführt.
Booth und Curtis, Report of a case of tumor of the
left frontal lobe of the cerebrum; Operation; Recovery.
I Annals of Surgery Vol. XVII, No. 2, Februar 1893.
| Bei einem 24jährigen Manne wurde folgendes gefunden: Chro¬
nisches Hüftgelenkleiden, aber trotzdem gute, allgemeine Gesund¬
heit, bis sich vor einem Jahre einstellten: öfters heftige Kopf¬
schmerzen der Stirngegend, Neigung zu Lethargie und Depression,
Verlust des Gedächtnisses, epileptische Anfälle, Verminderung der
Geruchsempfindung, Erblindung mit optischer Neuritis, endlich
Schwellung der linken Schläfengegend. Hier fühlte man einen
nicht pulsirenden flachen Tumor, der den Knochen zur Resorption
gebracht hatte und unter der Haut gelagert war. Es wurde die
Operation beschlossen und zu diesem Zwecke ein grosser hufeisen¬
förmiger Schnitt mit der Basis nach unten gemacht. Durchmeisse-
lung der verdickten Knochen in der Umgebung des Loches; die so
geschaffene Oeffnung hatte Durchmesser von 2 l /4 und 2 1 /-2 Zoll.
Nach Durchschneidung der Dura mater konnte der flache, durch
eine Kapsel vom Gehirn abgegrenzte Tumor entfernt werden. Im
hinteren Theil des blossgelegten Gehirns fand sich noch ein kleiner,
ganz gesonderter Knoten, der leicht herausgeschafft werden konnte.
Die Geschwülste erwiesen sich als tuberkulöser Natur: die charak¬
teristischen Bacillen wurden gefunden. Der Operateur hielt es für
zweckmässig, die Wunde nur zum Theil zu nähen und zwischen
Lappen und Hirn zunächst Jodoformgaze und später gar eine Alu¬
miniumplatte zu schieben. Dem entsprechend heilte die Wunde
nur langsam durch Eiterung. Zur Zeit der Veröffentlichung war
die Wunde noch nicht geheilt, eine Besserung der Symptome nicht
zu beobachten.
Thiriar, Contribution ä l’ötude des tumeurs de l’omo-
plate. Annales de la Soetete beige de Chirurgie, 1. Jahrg. No. 5,
September 1893.
Der interessante Fall, von dem Thiriar ausgeht, betraf ein
riesiges Cystoehondrom, das bei einem 43jährigen Landmann vor
zehn Jahren als kleiner Tumor des rechten Schulterblattes be¬
gonnen hatte, anfangs langsam, zuletzt aber sehr schnell gewachsen
und beschwerlich geworden war. Kurz vor der Excision, die im
Juni 1893 stattfänd, nahm der Tumor mehr als die obere und
hintere Hälfte des rechten Thorax ein und hing wie ein grosser
Sack auf der rechten Schulter. — Zwei Photogramme zeigen den
Zustand des Kranken. Das Allgemeinbefinden des letzteren war
recht gut. Durch zwei lange Bogenschnitte, die vom Halse bis in
die Gegend der falschen Rippen reichten und ein grosses elliptisches
Hautstück in sich fassten, wurde der Tumor blossgelegt. Ohne
viel Blutverlust liess er sich im ganzen leicht mit dem Schulter¬
blatt auslösen; schwieriger war nur die Durchsägung an der Ge¬
lenkpfanne und des Processus coracoideus. Nachträglich wurde
auch das akromiale Ende der Clavicula entfernt. Naht, vier Drain¬
röhren, Verband. Die Heilung erfolgte schnell, ohne wesentliche
Störungen, bei vortrefflichem Allgemeinbefinden; Hand und Vorder-
arm konnten alsbald ausgiebig benutzt werden. (Photogramm nach
der Heilung.)^ Der Tumor wog 20 kg, war wahrscheinlich in der
Jossa infraspinata entstanden und hatte den unteren Theil der
Scapula zerstört. Daran knüpft Thiriar interessante Unter¬
suchungen über die Geschichte und Operation der wenigen, bisher
bekannt gewordenen Schulterblattgeschwülste. Auch Bemerkungen
über den Stoffwechsel des Patienten werden gemacht; in Thiriar’s
hall steigerte sich z. B. die Ausscheidung von Harnstoff nach der
Operation um das dreifache. Hoffentlich wird Thiriar noch über
das Endresultat berichten. A. Bidder (Berlin).
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
11. Januar.
DEUTSCHE MED ICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
VHI. Vereine und Congresse.
Verein für innere Medicin in Berlin.
Sitzung am 18. December 1893.
Vorsitzender: Herr Leyden; Schriftführer: Herr Fürbringer.
Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange-
noramen.
1. Herr Ehrlich (Demonstration vor der Tagesordnung): Ueber
Farbatoffreactionen. (Die Mittheilung wird ausführlich in dieser
Wochenschrift veröffentlicht werden.)
2. Herr Ullmann (Demonstration vor der Tagesordnung):
Entleerung von Schleimconcretionen bei einem Neugeborenen.
Bei dem grossen Interesse, das neulich die Discussion über Ent¬
leerungen von Schleimconcretionen hervorrief, möchte ich ein Prä¬
parat demonstriren, das ein Unicum darstellt. Am 29. September
er. Morgens 8 Uhr wurde das von gesunden Eltern stammende ge¬
sunde Kind geboren. Es war den Tag über so ruhig, wie normale
gesunde Neugeborene zu sein pflegen. Als es Nachmittags zwischen
drei und vier Uhr trocken gelegt wurde, fand man in den Windeln
ausser normalem Meconium noch die beiden Gebilde, die ich hier
zeige. Es ist erstens ein Gebilde, das wie eine Wurst oder viel¬
mehr nach Form und Farbe aussah wie eine junge Gurke d. h. es
war drehrund, aber an dem einen Ende war es dicker, ca! 2,5 cm,
am anderen Ende ca. 1,5 cm dick, etwa 7 cm lang, am dickeren Ende
wie gestielt, oder gezipfelt. Der mittlere Th eil war dunkelgrün ge¬
färbt, nach beiden Enden hin ging diese Färbung allmählich in
hell grüngelb über. Die Consistenz war schwappend, auf der Unter¬
lage sich abplattend, etwa wie eine frische Leberwurst: hob man
es empor, so blieben einige durchscheinende dünne Membranen,
sieh in zähe Fäden ziehend und schliesslich durchreissend, also von
der Consistenz des Schleimes, haften. An einer Stelle zeigte sich
ein flacher Substanzverlust auf der Aussenfläche, der terrassen¬
förmig nach der Mitte abfiel, sodass es den Eindruck machte, als
wenn mehrere Membranen über einander geschichtet wären. Beim
Durchschnitt zeigte sich erst recht die grösste Aehnlichkeit mit
einer frischen Murst; es fand sich ein dunkelgrüner, schmieriger
Inhalt, der sich als aus normalem Meconium bestehend er-
TOS, umschlossen von einer glatten, im ganzen dunkelgrünen
gallertigen Haut, die überall 3 —i mm dick war, an den beiden
laden aber sieh verdickte, am breiteren auf 1,5 cm am schmäleren
auf ea. ’/, ein. Die Haut war im ganzen glatt geschieden vom
Malt, von Zeit zu Zeit zog von ihrer Innenfläche eine feine durch-
»Cbemende beim Abdrängen der Haut sich anspannende Membran
in den Malt hinein. Die dichteren und dickeren Stellen der um-
“ Ha,,t jedoch am oberen und unteren Ende waren nicht
sciart vom Inhalt abgegrenzt, sondern gingen allmählich und
jwi mmg mit demselben vermengend in ihn über. Die dunkel-
. de rr r , urall “ llellden Haut rührte von Imbibition mit
an dm K™? rt6 ^. des Mec<miuminha ltes her, da die Verdickungen
«arrn\, b , el i, den Enden ? ur “ ihrem innersten Theii grün gefärbt
•TtlnlicWlh 3 'F Se ü ZU Jed , 0 ' ,| ‘ »Umahllch jene vorher erwähnte liell-
hTut t “nahmen. Die Consistenz dieser Umhüllungs-
fern «lal r ! hre “ Tb ei cn wie die weicher Gallerte. Auster
,.j n 6ir a n^,™ hr ‘ 1Chen ,?. ebllde fand sicI > “ jener Entleerung noch
«nemSfr 8 ?’ sokd t s ’ Ton ea. 7 cm Län|o, an
Färb” and fW t Cm * ck \. am “deren etwa 1,5 cm, von gleicher
iiLte w,e p\iü wähn ^ n dickeren st * uen der Um -
Un "a t lltJ, .?" ? eblldes - Ein ähnlicher Fall ist von
Geb^t dureh ’ ,'•!! eelnem Kinde 26 Stunden nach de ''
solides birnfnrm/ P solides strangförmiges und ein gleichfalls
e *f P In k meinem Falle /schab die
sondere kt 1 btu ^ de ? nach der Geburt spontan, und das Be-
oben aus der diek^n^u '^ Ich habe von der Haut und
topischen Untpr-i.n^ Stelle bei letzterem einige Stücke zur mikro-
makroskopische Arisnh^^ en *j noiam en. La zeigt sich, wie schon die
diese Haut au/vf? S n f-^ S Subst ' anzv erlustes ahnen liess, dass
äch bei den sSiJh Schl , chtei1 zusammengesetzt ist. Es zeigt
%s Aussehen nn ? n aUS < l em ddnneren Theii der Haut ein strei-
^sdieeinffelaveiten 2 ^ lst ,. dies . e ^ 7 0r allem dadurch bedingt,
re ihenweiser Anm’Hm.n •? n ’ dl , e Slcb . ln grosser Menge finden, in
’dso zum ffrösstp« rr, ziehen; das Aussehen ist hier
j! ic bt dadurch" dass nf« V bedui&t J dur . ch die Lagerung der Zellen,
llc b freuen einanrW Grenzen der einzelnen Schichten sich deut-
alle Zellen deutliob i A,s ich frisch untersuchte, waren
J en Arten: Rundzplif!^ uv’ , Und es fanden sich die verschieden¬
en etc indessp« • V ^P^helzellen, vacuolenhaltige geschwänzte
fKcm. durch nn n ^/l m,r an . den ßxirten Präparaten nicht
1 den aus den dir-kl^c^n 011 ^ 611 d * e ^ erne sichtbar zu machen,
gleichfalls und nnrh 1 j !f. entnommenen Schnitten zeigte sich
aufen hier die Straifon <k ^ ut ! cbe . r iamellöse Anordnung, und zwar
teilweise in Bogenform, um aus dem Seiten-
-- 37
öÄÄSttei“
wahrscheinlich dichterem und sich anders als die iihri<^Lh?™ 8<me 'j
substamz färbendem Schleim
„esetzt sm d aus dicht an- und hintereinander gelagerten Zellen
Diese Stränge finden sich in gleicher Weise in allen Präparaten
liioo dle <j e i r - 9®g end ’ t le , siad also der Querdurchschnitt von lamel-
} 6 ®“ n Sc p. ch ^ n ’ schalenförmigen, flächenhaft sich ausbreitenüen
PoKiia e }b Floppelmesserschnitt aus dem strangfürmigen soliden
Gebilde zeigte m ganz ähnlicherWeise geschichteten Bau und das
Vorhandensein solcher dunklen Stränge; die genauere Architektur
hafi> eS Jehärt 6 ? W P -? 01 d ? m - n i Cht ” ut Se'uugenen Schnitt aus dem
halb gehärteten Präparat nicht deutlich zu erkennen und wird
Gegenstand weiterer Untersuchungen sein. Die mikroskopischen
und P der t6 Jbht S h‘ er a “ S d f m dünneren Theii der umhüllenden Haut
r 6r re ? bta hl ?r a “ s dem dickeren sind mit Thionin gefärbt
Sträi ,6g ä n *5) Farblösung; hier sind die Zellen und dieVeken
t d ( U " k rt °L ? U ?, d blau « efärbt . die Zwischensubstanz ist
i othviolett. Die Behandlung und Conservirung der Präparate if?t
schwierig da die Nuancirung sehr schnell versehwinde^Das Piä
pärat m der Mitte ist mit Alkohol behandelt und in Canadabalsam '
gebettet Bei Behandlung des Schnittes mit Alkohol schrumpft
er entweder “ sich zusammen, oder bei Fisirung der Ränder reissen
die Lamellen wie hier an ihren natürlichen Grenzen von einander
es entsteht ein maschenfßrmiges Gefüge, und man kann sehen, wie
die einzelnen Lamellen sich wieder aus feineren Lamellen zusam-
mensetzen etc. Diese Präparate zeigen, was auch Herr Roth mann
neulich schon bewies, dass die entleerten Schleimconcretionen ent-
T^ Ud s 611 S 'rt dureh . elne succcssive Thätigkeit der Darmschleimhaut:
Um den Mecomummhalt des Darms hat sich eine feine Schleim-
hulle gelegt die gerinnt, um diese wieder eine andere u. s. w.. so
dass allmählich eine solche Haut bis zur Mächtigkeit von 1 5 cm
am einen Ende gebildet wurde. Die dunklen Stränge in den Prä¬
paraten zeigen, dass von Zeit zu Zeit mit der Schleimsecretion
tmd der regelmässigen Deponirung von Zellen eine stärkere Ab¬
schilferung derselben verbunden und manchmal die eine von den
ochleimschiehten irgend wie von den andern verschieden ist. Für
den Ort der Entstehung halte ich ebenso wie Longuet die Am-
puHe des Rectum; über die Aetiologie lässt sich nichts sagen
wie wir über die Aetiologie der Schleimconcretionen ja überhaupt
noch nichts Sicheres wissen; auf die Zeit der Entstehung will ich
heute nicht emgehen; ich will mich nur damit begnügen, Ihnen
die makroskopischen und mikroskopischen Präparate zu zeigen. Ich
muss noch hinzufügen, dass das Kind vollkommen gesund war und
ist, niemals hat sich wieder etwas ähnliches oder ein stärkerer
Schleimgehalt in den sonst stets normalen Entleerungen des Kin¬
des gezeigt, auch nicht in denjenigen, die der hier beschriebenen
unmittelbar folgten. (Demonstration.)
Herr Max Rothmann: Ich habe zufällig in letzter Zeit bei einem
neugeborenen Kinde eine Enteritis membranacea beobachtet und werde
mir erlauben, m einer der nächsten Siteungen die Präparate des Darmes
zu demonstnren. Das Kind wurde normal geboren; bald nach der Geburt
stellte sich Kotbbrechen ein. Auf eine Darmeingiessung wurde ein von
Schleimmassen umhüllter Ballen von Meconium entleert. Bei spätcron
Emgiessungen kam nichts mehr aus dem Anus, dagegen brach das Kind
ziemlich regelmässig vier Stunden nach der Nahrungsaufnahme Koth. Da
sich m diesem Zustand trotz mehrfacher Magenausspillungen nichts änderte
so wurde von Herrn Direktor Körte im Krankenhaus am Urban ein Anus
praeternaturalis angelegt. Das Kind ging trotzdem am zwölften Tago nach
der Geburt zugrunde, nachdem zwei Tage vorher durch den Anus schleimig-
membranöse Massen entleert waren. Die Section ergab Darmverschlingung
im unteren Theii des Ileum, das Colon war zusammengefallen und zeigte
im Innern reichliche, an der Darmwand haftende Membranen. Ein Stück
des Dickdarms, das ich untersuchte, zeigte genau wie bei Erwachsenen
sehr prägnante Bilder, die Drüsenschläuche ganz mit Schleim ausgefüllt,
der sich von dort aus in das Lumen des Darmes fortsetzte. Auffällig
war aber, dass, während mit Thionin die Färbung ebenso deutlich war,
wie in meinem früheren Falle, sich mit der Weigert’schen Fibrinfärbung
nur eine ganz schwache Tinction des Schleims erzielen liess. Es muss
jedenfalls ein Unterschied in der chemischen Beschaffenheit der Membranen
in dem früheren und dem jetzigen Falle bestehen, die in der grösseren
oder geringeren Verwandtschaft zum Fibrin ihren Ausdruck findet.
3. Discussion über die Vorträge der Herren Fürbringer und
Renvers: Die diesjährigen Cholerafalle in den städtischen
Krankenhäusern.
Herr Leyden: Ich hätte gewünscht, dass die beiden Herren Vor¬
tragenden sich nicht so streng an ihr Thema gehalten, sondern uns einen
kleinen Ueberblick über die ganze diesjährige Epidemie gegeben hätten.
Vielleicht können uns die Herren noch einige Bemerkungen über die
therapeutischen Erfahrungen geben, welche in diesem Jahre gemacht
sind. Ich habe mich vielleicht nicht genau genug mit allen Publicationen
über die Cholera beschäftigen können; aber es bat mir geschienen, als ob
die Zahl der Todesfälle in der diesjährigen Epidemie eine wesentlich ge-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOC HENSCHIUFT .
rrngere gewesen ist. Des kann zwei Gründe haben, fn^. ^ss die
Epidemie resp. die Infectionsträger nicht eme so ff s «.
wie früher, oder aber es kann auch an den Aerzten liegen, welc “®
Patienten besser behandeln. Nun glaube ich bemerkt /u haben ’ d ^’
jenigen therapeutischen Methoden, welche un vorigen Jahr als ne«.ge
rühmt wurden, an Vertrauen verloren haben; denn cs ist sehr streiti
geworden, ob die intravenöse Infusion überhaupt gewagt werd ®*
die Hypodermoklvse ist auch zweifelhaft geworden, und Herr
redete* nunmehr der Enteroklyse das Wort, so dass ich nicht, umhin
kann, zu glauben, dass die therapeutischen Indicationen ! md ^ ss ’
nahmen immer mehr zu demjenigen zurücklühron, was wir in früheren
Epidemieen beobachtet haben. Es scheint mir im ganzen, dass das C a-
lomel und ein analoptisches Verfahren sich auch jetzt am meisten
bewährt hat, wozu ja auch die Wärme, Wein u. s. w. ^^drt. Nur das
eine möchte ich sagen, dass die Ernährung mit Bouillon und Kraftbrühe
wohl in Misscredit, kommen muss, da wir wissen, dass sie für die Komma¬
bacillen einen besonders günstigen Nährboden bilden. Ichglaube wohl,
dass die Vervollkommnung der ärztlichen Kunst om wesentliches Moment
ist, wenn die Cholerakranken jetzt besser davonkommen als früher. Mail
könnte auch noch meinen, dass die verbesserte Diagnose eme Rolle spielt.
Wenn wir die leichteren Fälle sicherer diagnosticiren können als früher, so
resultiren im allgemeinen bessere Chancen für ihre Genesung, und es ist wohl
möglich, dass dieser Umstand auch für die Cholera m Betracht kommt.
Wenn ich nicht irre, ist die Mortalitätszififer bei Cholera nicht mehr als
40 gewesen. — Sodann möchte ich eino Bemerkung über die Cholera
nostras machen. Bezüglich dieser Krankheit stehen wir auf dem Stand¬
punkt, dass man überall dann Cholera nostras diagnosticirt, wenn jemand an
choleraähnlichen Erscheinungen stirbt und keine Kommabacillen nachge¬
wiesen werden können. Das ist begreiflicherweise ein recht unvollkom¬
mener Standpunkt. Herr Senator hat schon auf dem Congress für innere
Medicin hervorgehoben, dass wir für Cholera nostras gar kein positives
Merkmal haben, sondern nur ein negatives, das nicht ausreicht, die Sache
zu entscheiden. Ich halte es für unzweifelhaft, dass eme Anzahl von
Fällen, die unter choleraähnlichen Erscheinungen gestorben oder auch ge¬
sund geworden sind, und die, weil man keine Kommabacillen nachweisen
konnte, zur Cholera nostras gerechnet wurden, in der That wirkliche
Cholerafälle gewesen sind. Ich habe im vergangenen Jahr m einem sol¬
chen Falle p. m die Nieren untersucht und Coagulationsnekrose nachweisen
können, die ich geradezu für charakteristisch für Cholera asiatica halte.
Ich will damit den herrschenden Anschauungen über die Cholera keines¬
wegs entgegentreten, sondern nur wissenschaftlich hervorheben, dass wir
hier keinen Abschluss haben, und muss auch hente sagen, dass, so glänzend
die Resultate über das Vorkommen der Komraabacillen sind, doch noch
der wissenschaftliche Nachweis fehlt, wie die Cholerabacillen die Symp¬
tome der Cholera erzeugen. Es ist. doch auffällig, dass Cholera nostras
gerade während der Choleraepidemie besonders häufig Vorkommen soll.
Wir haben sonst ausserordentlich selten Cholera nostras-Fälle. Ich bestreite
nicht das Vorkommen solcher Fälle, aber erklärt und definirt halte ich
dieselben keineswegs.
Mit einigen Worten gehe ich noch ein auf mehr theoretische Be¬
trachtungen, weil ich durch meinen vorjährigen Vortrag über die Cholera¬
niere einigermaassen engagirt bin. Ich habe nicht etwa gesagt , dass
ich das Bestehen eines Choleratoxins in Abrede stelle, sondern nur, dass
sämmtliche Symptome sich wohl begreifen lassen, wenn eine starke Wasser-
entziehung aus dem Blut stattfindet; schliesslich worden auch hierbei
durch die Eindickung des Blutes chemische Zersetzungen zustande kommen.
Ich habe also nur gesagt, nachweislich ist ein Choleratoxin aus den Symptomen
nicht, und die Summe der Erscheinungen, die der Cholcrakranke im Leben
und nach dem Tode zeigt, lassen nicht ohne weiteres den Schluss zu,
dass ein Toxin eingewirkt haben muss. Ich meine, dass diese mehr kri¬
tische Anschauung insofern eine Bestätigung gefunden, als Herr Sobern-
heim gezeigt hat, wie die toxische Wirkung, welche die Culturen der
Kommabacillen bei Einspritzung in die Bauchhöhle von Meerschweinchen
bewirken, ebenso beobachtet werden, wenn man andere Culturen, wie Bac-
teriurn coli etc. cinspritzt, so dass hierin etwas Specifisches nicht zu
liegen scheint, bisher ist also ein specifisches Toxin nicht erweislich.
Diese Bemerkungen habe ich auf die Niere bezogen und möchte nun eine
Bemerkung hinzufügen bezüglich des Herzens. Herr Renvers sprach über
Tod durch Herzlähmung. Ich habe an dem Ausdruck nichts auszu¬
setzen, denn schliesslich geht der Cholerakranke daran zugrunde, dass das
Herz still steht; aber als eino toxische Herzlähmung kann ich es nicht
anerkennen und nicht sehen, dass diese Herzlähmung durch eine toxische
Substanz nothwendig bedingt ist, sondern ich finde auch hier die Erklä¬
rung einfach darin, dass die Circulation durch Eindickung des Blutes in
höchstem Maasse herabgesetzt ist. Lässt die Circulation auf solche Weise
mehr und mehr nach, so muss natürlich das Herz Stillstehen. Das Ar-
tcriensystem ist ähnlich wie bei einer Verblutung, mehr oder minder leer,
im Arteriensystem besteht gar kein Druck, schliesslich arbeitet sich das
Herz zu Tode, es bekommt keine neue Blutzufuhr. Man kann dies auch
vielleicht eine toxische Wirkung nennen, aber es ist keine direkte, son¬
dern eine indirekte. In der That hat diese Erklärung ausserordentlich
viel mehr Wahrscheinlichkeit wie die einer direkten toxischen Wirkung.
Bei der letzteren sehen wir Dyspnoe, allmähliches Schwächerwerden des
Pulses, wie. z. B. bei der Diphtherie, alsdann tritt ein Collaps mit den
charakteristischen Erscheinungen ein. Bei der Cholera dagegen sehen
wir, dass die Pulsfrequenz sehr gross wird, sie steigt auf 140—200, der
Radialpuls wird immer kleiner, es tritt Pulslosigkeit, Asphyxie ein, wäh¬
rend das Herz noch kräftig arbeitet. Bei einem Diphtheriekranken tritt
bei Pulslosigkeit unvermeidlich bald der Tod ein, hier dauert es noch
lange, ja bei Einspritzung von Flüssigkeit erholt sich das Herz schnell
und arbeitet kräftig. Uebersteht Patient die Asphyxie, so erholt er sich
sehr schnell, und cs ist mir nicht bekannt, dass erhebliche Nachkrank¬
heiten von seiten des Herzens auftraten, wie man sie bei Infectionskrank-
heiten so häufig sieht. Die Beschränkung aber, dio ich hier machen
muss betrifft das Choleratyphoid. Hier tritt eine starke Dyspnoe ein,
und diese hat eine sehr schlechte Vorbedeutung. Ich kann nicht beur-
theilen ob dies auf Blutveränderimgen zu beziehon ist oder auf einen
urämischen Zustand. Eine Nachkrankheit von Herzkrankheiten nach
der Cholera ist mir nicht bekannt, wie ich überhaupt wahrgenommen
habe dass hier Nachkrankheiten wie nach Infectionskrankheiten kaum
beobachtet sind. Aehnliches habe ich auch zu betonen für die Nieren-
affection. Ich halte meinen Standpunkt durchaus aufrecht Die gegen¬
wärtigen Beobachtungen und Untersuchungen über die Nieren haben
ergeben, dass das charakteristische für die Choleraniere wesentlich die
Coagulationsnekrose ist. Wenn ich sage charakteristisch, so sage ich
nicht constunt, das habe ich auch nicht gefunden, sondern unter meinen
4 Fällen beobachtete ich sie nur zweimal. Das ist sehr begreiflich,
da eine Zeit vergeht, ehe sie eintritt, und später eine Regeneration
eintritt, ohne dass deshalb die Prognose sehr gut ist, d. h. wobei der
Tod auch noch erfolgen kann. Das zweite charakteristische ist die Er¬
weiterung der Canälcheu, auf die Aufrecht mit Recht, aufmerksam ge¬
macht hat. Mir ist es ebenfalls aufgefallen, nur lag es nicht auf der
Linie meiner Deductionen. Es ist behauptet worden, auch von Herrn
Fürbringer, dass zwar die Wasserentziehung bei der Entstehung der
Choleraniere eine Rolle spielt, aber auch das Toxin. Ich bestreite das
nicht, sehe aber kein bestimmtes Zeichen, dass eine toxische Einwirkung
auf die Niere sicher bewiese. Mehrfach ist behauptet worden, dass die
Choleraniere ganz analog aussieht, wie die Niere nach anderen Infec¬
tionskrankheiten, oder umgekehrt, das die Nierenveränderungen nach
acuten Infectionskrankheiten ganz analog aussehen, wie man es bei der
Cholera findet. Dass das für diejenigen Stadien Geltung haben mag, wo
die Veränderungen der Choleranieren und anderer Nieron sehr geringe
sind, das will ich nicht bestreiten. Dagegen besteht der grosse Unter¬
schied darin, dass die Nephritis der Infectionskrankheiten eine ganz
andere ist. Sie tritt erst auf, wenn die Infectionskrankheit vorbei ist, so
bei Scharlach in der Desquamationsperiode. Wenn bei einem frischen
Typhus eine Niere untersucht ist, findet man nichts als trübe Schwellung.
Das hat aber nach meinem Urtheil nichts charakteristisches, sondern ist.
etwas ganz allgemeines und zufälliges. Bei der Choleraniere sind die
Glomeruli frei, die bei den secundären infectiösen Nephritiden fast immer
betheiligt sind, es sind die Interstitien frei und intact, während sie bei
der Infectionsnephritis ziemlich constant betheiligt erscheinen, so dass
ich wiederhole, ich kann in der Choleraniere keine Analogie rpit der
infectiösen Nephritis erkennen. Das schliesst nicht aus, dass die An¬
gaben der Autoren richtig sind, dass man ähnliche Dinge sehen kann,
aber nur in den Stadien, die meines Erachtens nichts charakteristisches
enthalten. Ebenso wenig ist bei der Choleraniere von Hydrops oder chro¬
nischem Verlauf die Rede, bei Choleranephritis ist nie eine chronische
Nephritis boobachtot, entweder tritt Exitus oder aber baldige Reconva-
lescenz ein. Hiernach glaube ich, meine Beobachtungen und Unter¬
suchungen und die Deutung derselben aufrecht erhalten zu müssen. —
Ich möchte zum Schluss die Herren Vortragenden noch fragen, ob sie
Erfahrungen oder Untersuchungen über die neuen Kommabacillen mit¬
theilen können.
Herr Siegheim: Ich möchte kurz einen Fall aus meiner Praxis er¬
wähnen. Im October erkrankten in einer Familie Vater und sechs Kinder
unter heftigen choleraartigen Erscheinungen. Bei näherer Nachforschung
ergab sich, dass sie von einer Gänseleberpastete gegessen hatten, welche
die Mutter zubereitet hatte. Ich habe noch keine Cholera gesehen, wohl
aber ähnliche Erscheinungen nach Genuss von Kalbsleber. Als der Zu¬
stand der Kinder sich am zweiten Tage bedrohlich gestaltete, zog ich im
Einverständniss mit dem anderen, ebenfalls dieselben behandelnden Collegen
noch einen dritten, älteren Collegen hinzu, und da dieser auf die Gefahr
aufmerksam machte, dass der Fall vielleicht als Cholera aufzufassen sei.
bat ich noch Herrn Professor Renvers, sich die Kranken anzusehen. Er
that es und veranlasste die Ueberführung der drei am schwersten er¬
krankten Familienmitglieder ins Krankenhaus Moabit, wo aber die bac-
teriologische Untersuchung nicht« von Cholera ergab. Es hat sich also
thatsächlich um eine durch den Genuss von Gänseleberpastete hervorge-
rufene Vergiftung gehandelt, die klinisch dieselben Erscheinungen zeigte,
wie wir sie bei Cholera zu sehen gewohnt sind. Die Patienten sind
sämmtlich genesen.
Herr Fttrbringer (Schlusswort): Ich darf mich mit wenigen Worten
ablösen. Die Erfüllung des Wunsches, über unsere neuen therapeutischen
Erfahrungen und die Concurrenten des Koramabacillus zu berichten,
möchte ich der berufenen Kraft von Herrn Renvers überlassen. Was
die Genese der Choleraniere aulangt, so glaube ich, stehen Herr
Leyden und ich keineswegs auf einem so differenten Standpunkt, wie es
für’s erste den Anschein haben mag. Eins muss ich erwähnen: ein Be¬
weis der toxischen Natur ist nicht erbracht, geschweige denn ein dem
mathematischen entsprechender. Aber wie sollten wir hier anders als mit
Wahrscheinlichkeiten, mit Analogieschlüssen rechnen können? Zunächst
handelt es sich um solche allgemeiner Natur. Wenn wir bei jeder acuten
Infectionskrankheit Gifte mit entzündungserregender Wirkung auf die
Nieren in Thätigkeit sehen, so darf eigentlich die Cholera keine Aus¬
nahme machen. Dann specielle Analogieschlüsse: Das im Princip ent¬
sprechende histologische Bild hei der Diphtherie-, Typhus- imd der er¬
wähnten Form der Influenza-Nephritis. Ich bedaure, das Präparat der
letzteren nicht zur Stelle gebracht haben, kann versichern, dass es mir
schwer geworden Aväre, dasselbe von einem Choleranierenpräparat sicher
zu unterscheiden. Die Lokalisation der Coagulationsnekrose anlangend
darf ich zur Schilderung von Herrn Renvers nochmals bemerken, dass
ich doch die Marksubstanz der Choleraniere auch sehr wesentlich von
fleckweiser Coagulationsnekrose befallen gesehen habe. Ueberhaupt muss
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11. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ich den neuen Untersuchungen von Rumpf und E. Fraenkel beistimmen,
dass die Hauptveränderung, abgesehen von der Coagulationsnekrose, in
der bedeutenden Vergrösserung der Epithelien der gewundenen Canälchen
mit Neigung zum Zerfall besteht. Wir haben vielfach von einem Lumon wenig
oder garnichts mehr sehen können. Betreffs des von Herrn Leyden
monirten Zeitpunktes des Auftretens der Nephritis bei anderen Infections-
krankheiten besteht ja eine gewisse Differenz, aber m. H.!, gerade
die das Exeretiousorgan schädigenden Krankheitsgifte wirken in recht
verschieden langer Zeit. Bei Diphtherie z. B. entwickelt sich die Acme
.Im ninlitliapianisrn auf Hör TTfiho Hoi* rrnin/Uri-nnl-lintl. i. _
aussert. Lnd «u.... "«'■k“ «ü «>viai \>uiueimmg. uevor aas
Gift in seiner Wirkung auf die Niere in sinnfällige Thiitigkeit tritt. Dass
wir bei der Oholeraniere stets den Hydrops vermissen, gicbt allerdings
trotz der grossen Wassenerarmung des Körpers zu bedenken; ich weiss
dafür keine Erklärung. Aber diese eine Eigenart kann mich nicht
veranlassen, darauf zu verzichten, neben der 'Wasserentziehung eine
Wirkung des Choleratoxins als unerlässlichen Factor beim Zustande¬
kommen der Choleraniere anzusprechen.
Herr Renvers (Schlusswort): Die Thatsaclie. dass seit der Veröffent¬
lichung der Koch’schen Arbeit über die Choleradiagnose eine Anzalil dem
Choleravibrio ähnliche Vibrionen im Wasser aufgefunden wurden, hat in
manchen Kreisen eine Bestürzung hervorgerufen, da man dadurch die
Diagnose der Cholera gefährdet, sah. Allerdings sind eine Reihe schon
früher bekannter und neuerdings aufgefundener Vibrionen, so der Vibrio
Deneke. Finkler, Prior, Metschnikoff, der Vibrio berolinensis, im
mikroskopischen Präparat nicht mit Sicherheit von dem echten Vibrio
cholerae zu unterscheiden, aber ihr biologisches Verhalten bietet so wesent-
liche Unterschiede, dass diese eine Differenzirung möglich machen,
nichtig ist es aber, dass obige Vibrionen bisher nicht im Danninhalt ge¬
funden worden sind, also bei der Choleradiagnose zunächst nicht in Frage
kommen. Eine besondere Bedeutung scheint mir dem Dunbar'sehen
Vibrn ziizukommcn, der m seinem biologischen Verhalten, namentlich
auch, im ITiierexperiment dem Choleravibrio so ähnlich ist, dass eine Unter¬
scheidung sehr schwierig, wenn nicht unmöglich ist. Nach Untersuchungen,
die wn im Krankenhause angestellt haben, sind hinreichend charakteristische.
Alerkmale an ihm zur Unterscheidung nicht aufzufinden. Die vor kurzem
C1 u e | 8Se T 3 u r 1 7^ ien ' sc ^ en Histitut mitgetheiltc bemerkenswerthe
Eigenschaft der Phosphorescenz des Dunbarischen Vibrio ist an dem bei
in> gezüchteten Duubar sehen Vibrio nicht vorhanden. Weitere Unter¬
er * erd £ i dje •t de - nt l tÄt res P* charakteristische Unterscheidungs-
ÄJ? Cbo ! e ™' lbl ?° hoffentlich feststellen. Bei Berücksichtigung
& KT,’“!? i, f ü , ol f' ls ' l . len Verhältnisse des einzelnen Falles bietet
Choleradiagnose jedenfalls hinreichende Sicherheit, die
!? d ''' r l ^ e ". * id *° von Cholera asiatica festznstellen und damit
BezWiVh T- r 0P , ' f MC 1” rch Isohrun S der ersten FäUe zu ermöglichen.
ClÄfflA IVf der ,? e 8 e “ wär % ■" Deutschland beobachteten
KiSeit erlegeS h d Vorl,cg ' ,nden Nachrichten etwa die Hälfte der
Berliner medicinisdie Gesellschaft.
(Originalbericht.)
Sitzung am 20. December 1893.
Vorsitzender: Herr Siegmund.
der P C:S : r Demonstration von Hülfsinstrumenten hei
'lemonstoTe Untersuchong L«pns. Herr Liebreich
süchung des Lumm riZJn eim ^ n für d ? e diagnostische Uuter-
die phaneroskonSnL RHjrtcn Methoden, nämlich den Glasdruck und
Er hat seit Veinpr' •! md ( l• dabei verwan dten Instrumente,
düng genommen imH S ^ Ml . t , th,?,luD » die Methoden dauernd in Anwen-
Da de? Lupus unter hI^h 0 “^ 1, pr ^- Ischen Verwendbarkeit überzeugt.
Cutis über der kmnkpn ci 1 ?, T*? SltZ bat ' wird der Arzt, wenn die
'Äden FiVeSf n? .^ 6 ! ye $ e } lt ™si>- vernarbt ist, Knoten mit dem
geneigt sein "L i“ •^deutheh durchgefühlt worden können, häufig
der Tiefe noch LÄt Hei ] Ung “Rehmen. während das Leiden in
Recidiven äussert TTiVr t ? nd micb eiai g er Zeit sich auch in äusseren
Methoden. specieU die nk? 611 ® ul *>.die Liobreich’schen Untersuchuugs-
dja?nostische PDurch ,l eucht,in gf «1s werthvolle
Veränderungen sich ( r ima em > deren die etwa noch krankhaften I
"erden nänfik-h die unter Hp/^^ c 11 a f 6I1 \ Dllrch das PBaneroskop
Ner lupöse Heerd vprrrtu 61 - ? & U t ll t e g enden Gewebe durchleuchtet, und
Färbung und wird daiWh* sich darch eine eigenthümlich roth glühende |
welchem Werthe ItuV°? . d ?, m norraalei1 Gewebe differenzirt. Von
Thempie sind, lässt sirl. , Einteilungen für eine etwa fortzuführende
5^ Heilungen wird dniWi!' crmessc J u 1 ; das Sichbegnügen mit schein-
^ baneroskmipc „„i.*. urch ausgeschlossen. Bei der Anwendung des
uanerciskopes achte , ~ T»u^esemossen. üei der Anwendung des
ampe oder Kerze) zu“ no «^wache Lichtquelle (Petrolcum-
H'hiede der Gewebe tzen \ da bei starkem Lichte die Gltthunter-
We i Apparate, mit denen J e ™ ,sc Een* Herr Liebreich demonstrirt
pndlung eines Falles vl T 1Cb auf j. em T facbe Weise im Verlaufe der Be-
gesunden und dem hm« LüP n Unterschiede im Glühen zwischen
' ^^tiv feststolleu lassen 8611 Gewebe und som it die Heilungsfortscliritte
^ndkrteit de^Litbre^V.!*?“ T 1 ’ d ? r fttr die Praktische Vor-
' en .^Ojährigen allem . sc E e . n Methode spricht. Es handelte sich um
\ F°*»P zeigt aieraSS, • ?>d 5 eme nach ^üten Lupösen. Das Pha-
' YkrtC aucb Recäv e a^f Terd5lChfcige Stellen ’ und Dach eini ^ en
sEubt. dass dasselbe beson^f 0 * 1 j^ ä i- ro . n . bber das Verfahren aus und
ders für die Limitirung der Therapie bei Lupus
_ . 39
Maa r ss rtA°„wend ; ungzä rd n , CS tt “' seiMr AbM >'”F * ausgedehntem
a r^ n Veit: Aseptische Grundsätze in der Gebartshillfe. Während
tischen hZ G A uilk ? lo ^ i( ! die Grundsätze inbetroff der asep-
r’ b vT e ^ A^J boden . “ cht me Er discutirt werden, herrscht hierüber in der
Geburtshülfe noch durchaus keine Uebereinstimmung; die oinen verwerfen
als nutzlos gänzlich, während andere sie auch hiei steeng Wott
wissen wollen. Herr Veit geht auf die einzelnen Fragen speciell ein
Desinf f c l iou der Aerzte und Hebammen betrifft, so
wirHnn ? 1Cht ur U eatb ^ re . n - Jeder Versuch, hier nachlässiger zu
werden, straft sich. Wie die Desinfection vorgenommen wird, ist gleich-
FTrh;.;?rp USge r t vr t, i a ? sl f y aa f ek 'EF nd ^t. % empfiehlt besonders die
Fürbiingei scho Methode. 1) Bezüglich der Desinfection der Ivreissenden
ist die der äusseren Genitalien zweckmässig; sie sind gründlich zu seifen.
Man kann auch eigentliche Desinficientien anwenden, jedoch ist eine
energische Desmfacirung, wie die unserer Hände, hier natürlich nicht mög¬
lich, deshalb auch von geringerem Werthe. Die Desinficirung des Vaginal-
Ca « a |r St 1 dS 5 t ai ! f Schwierigkeiten, sie ist der Oertlichkeit wegen nicht
gründlich durchzufuhron; es besteht auch die Gefahr, etwa vorhandene
pathogene Mikroorganismen dadurch in die Cervix uteri zu bringen und so
zu septischen Entzündungen Anlass zu geben. Uebrigens hat sich nach
den Untersuchungen von Dödcrlein u. a. ergeben, dass verlniltniss-
mass!g selten pathogene Mikroorganismen in den Secreten Vorkommen und
auch bei unterlassener Desinfection bei sonst gesundheitsmässiger Be¬
handlung der Geburtsperiodo zu deletären Erkrankungen keine Veranlassung
geben: jedenfalls wird so eine Jntoxication, wie sie durch Desinfection mit
oiibliinat zu befürchten ist, vermieden. Die schweren septischen Er¬
krankungen nach Entbindimgen sind wohl ausschliesslich auf Einführung
pathogener Keime von aussen durch die Finger resp. Instrumente zurück-
zutttkren. Ahlfeld's entgegenstehonde Berichte beweisen für die Praxis
noch nicht die NothWendigkeit der Desinfection der Vagina, hat er doch
z. B. bei Gonorrhoe eine sehr hohe Morbidität. 3) Es ergiebt sich, dass
die innere Untersuchung Kreissender auf das äusserste zu beschränken ist
und die äussere Untersuchung die Hauptsache hleibt. Die Palpation von
aussen, besonders auch von der Incisura ischiadica her, ist in den meisten
Fällen ausreichend, um den Geburtshelfer zu orientiren. Sie wird in der
Dresdener Gebäraustalt jezt ausschliesslich geübt und hat sich in den
letzten 1000 Geburten völh’g bewährt. Eine innere Untersuchung darf
nur emtreten, wenn ganz besondere Gründe vorliegen, und ist dann in der
weise auszuführeu, dass die Finger dor einen Hand die Labien aus¬
einander ziehen und der untersuchende Finger direkt in die Vagina oin-
führt wird. Die gewöhnliche Methode, den untersuchenden Finger vom
Damm aus vorsehiebend in die Vagina zu bringen, hat die Gefahr, dass
pathogene Keime auf diese Weise eingeftthrt werden können. Neuere Unter¬
suchungen haben nämlich ergeben, dass die gefährliche Tyinpania uteri
durch das Bacterium coli bewirkt wird, einen Mikroorganismus, der ja oft am
Damme vorhanden ist. Was 4) die Lösung der Placenta durch die Hand
betrifft, so ist immer wieder darauf hinzuweisen, dass diese Operation aufs
äusserste zu beschränken ist. Die Golahr drohender Blutungen, wegen
deren die Lostreimung der Placenta in der Regel gemacht wird, stammen
um' zum kleinsten Theile aus einer Atonie des Uterus, sind vielmehr
| meistens Einrissblutungen. Man gehe daher mit der Hand nur in die
Vagina, orieutire sich über den Einriss und nähe ihn noch vor Abgang
der Placenta, während man Reibungen des Fundus uteri ausüben lasse.
5) Der Unterricht der Studirenden in der Orientirung durch äussere Pal¬
pation geschieht wohl am besten so, dass man dieselben zuerst in der
inneren Untersuchung unterweist, sie dann in der Poliklinik mit Opera¬
tionen vertraut macht und endlich zur Erlernung der äusseren Palpation
in grösserer Anzahl zugleich Geburten beobachten lässt. Auch die Heb¬
ammen sind natürlich mit diesen Grundsätzen vertraut zu machen, ihr
Unterricht möglichst zu verbessern.
Herr Olshausen ist mit Herrn Veit im wesentlichen einverstanden.
Es wird im allgemeinen viel zu viel Antisepsis in der Geburtshülfe ge¬
trieben. und er ist ein Feind der permanenten Ausspülungen der Kreissen¬
den. Wenn auch fast immer pathogene Baeterien in der Vagina vor¬
handen sind, so geben sie doch kaum je Veranlassung zu sch werer Infection.
Anders gestalten sich aber die Verhältnisse bei operativen Eingriffen und
besonders bei dem gefährlichsten, der Placentarlösung. Hier muss eine
möglichst gründliche Desinfection der Vagina stattfinden, weil wir aus
der Vagina mit ihren pathogenen Mikroorganismen bis an die offenen Gefäss-
lumina des Uterusinneren kommen. Dasselbe gilt für die Wendung.
Hinterher ist die Desinfection bei Seite zu lassen, vorausgesetzt, dass bei
fieberloser Kreissenden lind nicht zersetztem Uterusinhalt unter strenger
Asepsis operirt worden war.
Herr Dührssen: Die Reinigung der Vulva ist auch energisch durch
Desinficientien auszuführen, und zwar empfiehlt sich hier besonders das
Lysol. Auch die Desinfection der Vagina wird meistens vom Arzte
nicht zu umgehen sein, der bei uns in Deutschland ja in der Regel nur
zu pathologischen Geburten gerufen wird und damit zu rechnen hat, dass
von der Hebamme schon pathogene Keime eingeführt sind, da ferner eine
Selbstinfection (Ahlfeld) möglich ist. Die Lösung der Placenta durch
die Hand ist doch wohl häufiger indicirt, als Herr Veit annimmt, da
die gefährlichen Blutungen durchaus nicht in der Mehrzahl Rissblutuugen,
sondern häufig die Folge einer Atonie des Uterus sind, und in solchen
Fällen die Lösung lebeusrettcud wirkt, falls die milderen Mittel, Massage.
Ergotin, heisse Ausspülungen nichts helfen. Wollte man erst die Risse
nähen, die oft klein und schwer aufzufinden sind, so könnte mittlerweile
eine Verblutung ex atonia uteri eintreten. Vor jeder Operation ist zu
desinficiren, aber auch nach der Geburt, die unter Fiebererscheinungen der
Kreissenden beendet wird.
Herr Martin ist mit den theoretischen Ausführungen des Vor¬
tragenden im allgemeinen einverstanden. Allein Theorie und Praxis
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
40
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHEN SCHRIFT.
No. 2
decken sich hier durchaus nicht Eben so wenig, wie es möglich ist,
den Hebammen die innere Untersuchung zu verbieten, gelingt es den
hinzugerufenen Aerzten, abgesehen von seltenen Ausnahmen, sich so durch
die äussere Untersuchung zu orientircn, dass sie mit Sicherheit die Ge¬
burt leiten können. Bei der Retention der Placenta ist die Einführung
der Hand thuulichst zu beschränken; Blutungen durch Cervixrisse sind
nach Herrn Martin’s Erfahrung nicht so häufig, wie von dem Herrn
Vortragenden betont. Die Anlegung der Naht erscheint ihm besonders
für den Praktiker nicht so leicht, wie es dargestellt worden ist.
Max Salomon.
Nachtrag zu der Sitzung am 29. November 1893.
Zu dem Bericht über die Mittheilung des Herrn Harke (Hamburg)
über eine neue Methode der Section der oberen Atlimungswege fügen
wir berichtigend folgendes hinzu: Die Methode gestattet jedem Kliniker,
da eine äussere Entstellung der Leiche nicht stattfindet, auch bei den diffi-
cilsten äusseren Verhältnissen sich durch die Section von vorhandenen
oder vermutheten krankhaften Veränderungen auf dem Gebiete der oberen
Athemwege bis in alle Nebenräume hinein, leicht zu überzeugen. Die
Methode hat der Verfasser u. a. auch Virchow und Koch vorgeführt;
eine Beschreibung derselben ist in die letzte Auflage der Virchow’schon
Sectionstechnik aufgenommen. Eingehende Sectionsprotokolle wird der
Verfasser demnächst veröffentlichen.
Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde
in Bonn.
Sitzung am 18. März 1898.
Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer: Herr Leo.
1. Herr Binz berichtet über Versuche, die Dr. P. Krautwig
im pharmakologischen Institut über die erregenden Wirkungen
deB Essigäthers (Aether aceticus des Arzneibuches) angestellt
hat. Sie ergaben, dass er die Athmung vortrefflich anregt, sei
es, dass sie normal war, sei es, dass sie durch Morphin eine be¬
deutende Abschwächung erfahren hatte. Der Essigäther übertrifft
darin den gewöhnlichen Aethyläther, der gegenwärtig neben dem
Kampher das gebräuchlichste Erregungsmittel in bedrohlichen
Schwächezuständen acuter Art ist. Der Aethyläther spornt zwar
ebenfalls die Athmung zu grösserer Thätigkeit an, jedoch schlägt
die Wirkung leicht in ihr Gegentheil um, was beim Essigäther
nicht in demselben Maasse geschieht. Auch ist dieser weniger
schmerzhaft beim Ein spritzen unter die Haut, als jener. Im Magen
erzeugt der Essigäther ein Gefühl angenehmer Wärme und Er¬
regung, was bekanntlich schon längst zu therapeutischen Zwecken
bei Magenschwäche verwerthet wurde. Der Essigäther bildet den
bei weitem grössten Bestandtheil des Aroma des echten Cognacs,
Arracs und Rums und der Weine, woraus der Cognac bereitet
werden kann. Es ist wahrscheinlich, dass die angenehm erregende
Wirkung solcher Getränke in mässigen Mengen — im Gegensatz
zu den geistigen Getränken, die dieses Aroma nicht oder nur in
viel geringerer Menge enthalten — auf die Anwesenheit des Essig¬
äthers und der verwandten Aether zurückzuführen ist. Die Einzel¬
heiten dieser experimentellen Untersuchung über den Essigäther
sind in der Doetordissertation des Herrn P. Krautwig, Bonn
1893, niedergelegt.
Discussion: Herren Oebecke, Binz, Koester.
2. Herr Boennecken: Ueber Stomatitis und deren Be¬
handlung. Die acut oder subacut verlaufenden entzündlichen Ver¬
änderungen der Mundschleimhaut, für die wir den Sammelnamen
Stomatitis angenommen haben, sind sammt und sonders parasitäre
Schleimhauterkrankungen, und alle die mit verschiedenen Bezeich¬
nungen belegten Processe, wie die Stomatitis epidemica, die Sto¬
matitis ulcerosa, die Stomatitis scorbutica, die Stomatitis nach
erschöpfenden Krankheiten, nach Typhus, nach schweren Gelenk¬
rheumatismen u. s. w. sind nur Variationen eines und desselben
Krankheitsbildes, dessen Erscheinungsformen allerdings die mannich-
faltigsten graduellen Unterschiede zeigen.
Zur Erklärung des Symptomcomplexes einer acuten Stomatitis
sind stets drei Momente in Betracht zu ziehen: 1) prädisponirende
Ursachen, 2) lokale Reize, 3) Pilze.
Zu den prädisponirenden Ursachen müssen wir alle die Fac-
toren zählen, welche geeignet sind, die Widerstandsfähigkeit der
Mundschleimhaut herabzusetzen, also schwere Ernährungsstörungen,
ungünstige hygienische Verhältnisse und constitutioneile Erkran¬
kungen. Infolge der mit diesen Zuständen verbundenen Schwächung
der Herzenergie kommt es in der Mundschleimhaut, besonders aber
am Zahnfleisch und hier wieder vorzugsweise an den Interdental-
papillen zu venösen Stauungen und zu einer verstärkten Trans¬
sudation in das Gewebe. Die Bedeutung dieser für die Entstehung
einer Stomatitis prädisponirenden Momente darf nicht zu hoch an¬
geschlagen werden.
Wichtiger schon sind die lokalen Reize. Als solche haben
wir Zalmsteinablageiungen, Wurzelreste, scharfe Schmelzränder,
defecte Füllungen, kurz alle jene Schädlichkeiten anzusehen, die
sich so ungemein häufig in der Mundhöhle bei vernachlässigter
Mundpflege vorfinden. Jede Stomatitis beginnt an Schleimhaut-
partieen, die mit den Zahnreihen in Berührung kommen. Im zahn¬
losen Munde beobachtet man Stomatitiden erheblicheren Grades
nicht. Ist die Schleimhaut in ihrer Widerstandsfähigkeit herab¬
gesetzt, so kommt es bei der ständigen Reibung an den krankhaft
veränderten Zahnreihen sehr rasch zu Epithelabschtirfuugen. Be¬
sonders charakteristisch tritt der Einfluss des mechanischen Mo¬
ments für die Entstehung einer Mundentzündung bei einer schweren
mercuriellen Stomatitis zu Tage. Hier finden wir die Haupt¬
veränderungen, abgesehen vom Zahnfleisch, stets an der Wangen¬
schleimhaut und an den Zungenrändern dort, wo dieselben den
Zahnreihen anliegen. Die Stomatitis scorbutica findet sich nur im
zahntragenden Munde; sind die Zahnreihen durch Lücken unter¬
brochen, so findet man die Schleimhaut, welche die Zahnlücke
(sc. Lücke ohne Wurzelrest) überkleidet, unverändert. Im zahn¬
losen Munde werden scorbutische Schleimhautveränderungen nicht
beobachtet.
Was nun den Antheil der Mundpilze an dem Zustandekommen
einer acuten Stomatitis anlangt, so dürfte die Frage, ob es sich
bei der Stomatitis um eine Infection der Schleimhaut durch einen
bestimmten Entzündungserreger, oder um eine Mischinfection handelt,
zu Gunsten der letzteren Anschauung zu entscheiden sein. Be¬
kanntlich bietet der mit Mundschleim und Epithelien vermengte
Speichel ein vorzügliches Nährmaterial für Fäulnisskeime. Tritt
durch lokale oder constitutionelle Ursachen veranlasst („ver¬
schmutzter Mund“, Quecksilber) eine vermehrte Speichel- und
Schleimabsonderung auf, so ist auch die Vermehrung der Fäulniss-
erreger der Mundhöhle eine entsprechend grosse. Es kommt daher
bei jeder stärkeren Salivation rasch zu entzündlichen Zuständen
in der Mundhöhle. Die Hauptursache der mercuriellen Stomatitis
dürfte in dem durch das Quecksilber hervorgerufenen Speichelfluss
zu suchen sein. Wird bei ein tretender Salivation die Mundhöhle
nicht peinlich sauber gehalten, so tritt innerhalb 24 Stunden eine
Gingivitis marginalis und weiterhin eine allgemeine Stomatitis auf.
Dass die Fäulnisserreger der Mundhöhle als ätiologisches Moment
für die Entwickelung von Stomatitiden angesehen werden müssen,
das zeigen die überraschend schnellen Heilerfolge, die wir bei der
Anwendung von passend gewählten Antisepticis bei bestehender
Mundentzündung erzielen.
Bei der Therapie der Stomatitis müssen wir die Beseitigung
einmal der prädisponirenden Momente, weiterhin der lokalen Reiz¬
zustände und endlich die Unschädlichmachung der Fäulnisspilze
der Mundhöhle anstreben.
Ich möchte an dieser Stelle besonders betonen, von welcher
Wichtigkeit es ist, dass bei Patienten, die an schweren erschöpfen¬
den Krankheiten Wochen und Monate lang darniederliegen, eine
methodische Mundpflege eingeleitet wird. Unterbleibt dieselbe, so
kommt es im Munde des Kranken rasch zu Zahnsteinbildung,
Röthung und Schwellung des Zahnfleisches, zur Lockerung der
Zähne und endlich zur allgemeinen Stomatitis. Besonders bei acut
fieberhaften Krankheiten, die mit Störung des Bewusstseins einher¬
gehen, bei denen infolge der Ruhigstellung der Mundorgane die
Selbreinigung des Mundes durch Zungen- und Wangenbewegungen
ausfällt, treten diese Erscheinungen sehr schnell auf. Ein derarti¬
ger Zustand der Mundhöhle ist geeignet, die Reconvalescenz in die
Länge zu ziehen. Dem Kranken mit entzündetem Zahnfleisch und
gelockerten Zähnen wird jede Mahlzeit zu einer Tortur, weil er
bei jedem Kauversuclie die unerträglichsten Schmerzen hat. Die
Ernährung eines derartigen Kranken wird also einmal aus rein
mechanischen Gründen durch Beeinträchtigung der Kaufähigkeit
erschwert. Weiterhin ist aber auch die so häufig zu beobachtende
andauernde Appetitlosigkeit bei Reconvalescenten, wenn wir von
den Fällen absehen, wo dieses Symptom durch die Natur des Lei¬
dens erklärt wird, vielfach durch eine putride Mundhöhle veran¬
lasst. Miller 1 ) bestimmte die Zahl der züchtbaren Bacterien in
einem daraufhin untersuchten Munde durch Culturversuche auf
1140 000 000. Von dieser Bacterienfluth gelangt mit jedem Schluck¬
act ein Theil in den Magen und ruft hier Gährungserscheinungen
und dyspeptische Beschwerden hervor. Ich kann aus eigener Er¬
fahrung bei ähnlichen Fällen berichten, dass der Erfolg der Ein¬
leitung einer rationellen Zahn- und Mundpflege auf die Wieder¬
belebung des Appetits und auf den Verlauf der Reconvalescenz ein
überraschend günstiger ist. Es sollte jeder Arzt sich zur Pflicht
machen, bei längerem Krankenlager das Wartepersonal zu instruiren,
die Zahnreihen des Kranken morgens und abends mit einer weichen
Zahnbürste und einer antiseptisch wirkenden Zahnseife gründlich
zu säubern. Es wird dies den wohlthätigsten Einfluss auf den Ver¬
lauf der Reconvalescenz ausüben. Leider ist die Erkenntniss der
Wichtigkeit der Pflege der Zähne und des Mundes selbst in ärzt¬
lichen Kreisen noch wenig durchgedrungen.
*) Miller, Die Mikroorganismen der Mundhöhle, 2. Auf!., 1892.
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11. Januar.
DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Bezüglich der Behandlung der lokalen Reize in der Mundhöhle
bei bestehender Stomatitis gilt folgende Regel: Zahnstein und
Schleimauflagerungen müssen mechanisch von den Zähnen entfernt,
Worzelreste extrahirt werden. Alles dies kann, weil schmerzhaft,
in Bromäthernarkose geschehen, die ja, wie bekannt, für zahnärzt¬
liche Operationen sich vorzüglich eignet.
Was nun endlich die Wahl eines passenden Antisepticums für
entzündliche Zustände der Mundhöhle anlangt, so verdient natur-
üemäss dasjenige Mittel den Vorzug, welches die grösste desinfi-
cirende Kraft einerseits besitzt und andererseits den geringsten Reiz
auf die Mundschleimhaut ausübt.
Man darf nicht vergessen, dass eine Stomatitis erheblicheren
Grades ein ungemein schmerzhaftes Leiden ist, und dass Spülungen
mit einem Antisepfcicum, welches schon die normale Mundschleim¬
haut reizt, in der entzündeten Mundhöhle unerträgliche Schmerzen
bereiten.
Die für die Mundhöhle weitaus am häufigsten verordneten Anti-
septica sind Lösungen von Kalium hypermanganicum und von
Kalium ehloricum; ersteres in einer Concentration von 1:2000 bis
1:1000, letzteres in 2—3%iger Lösung. Ueber die desinficirende
Kraft dieser beiden Antiseptica haben neuere Untersuchungen fol¬
gendes ergeben. Nach Miller 1 ) wird die Entwickelung von Mund¬
pilzen verhindert durch Kalium hypermanganicum in einer Concen¬
tration von 1:1000; Kalium ehloricum in einer Concentration von
1:8. Miquel 2 ) fand, dass für das hypermangansaure Kali noch
eine erheblich stärkere Concentration, nämlich 1:286 erforderlich
sei, um Spaltpilzentwickelung zu verhindern. Diese Versuche sind
aber alle im Reagensglase angestellt bei langdauernder Einwirkung
des Antisepticums auf die inficirte Substanz. Ueberlegen wir uns
nun, dass bei einer Mtindspülung das Antisepticum nur ganz kurze
Zeit im Munde bleibt, dass es sich sofort mit Speichel und Mund¬
sehleim vermengt, so erkennen wir, dass die angegebene Concen¬
tration durchaus nicht genügt, um Bacterienvegetationen zu tödten,
ganz abgesehen davon, dass wir das chlorsaure Kali in einer Stärke*
von 1:8, also in 12 V-> %iger Lösung überhaupt nicht für den Mund
»rdmiren können. Das Kalium hypermanganicum hat ausserdem
noch die unangenehme Eigenschaft, dass es die Zähne mit. einer
Kruste von Braunstein bedeckt, die nur schwer wieder zu entfernen
ist. Diesen theoretischen Erwägungen entspricht die Beobachtung,
‘ ff 8 ptomatitiden erheblicheren Grades bei Anwendung von Kalium
chloncum imd Kalium hypermanganicum nur sehr langsam heilen,
ja dass bisweilen trotz aller Spülungen neue Ulcera in der Schleim-
naut auftreten, und der Process sich verschlimmert. Wir bedürfen
m ie Behandlung der Stomatitis eines Mittels, welches in einer
in den Mund gebracht werden kann, in der es sofort
jefebpaltp.l.entwmkelung sistirt, und welches zweitens bei der
™!n5 U u “SJ der erkranIcten Schleimhaut keinerlei Schmerzen
s(d(dles Mittel ist das Wasserstoffsuperoxyd in
- • /oiger Lösung. Das reine Wasserstoffsuperoxyd 3 ) H>0>
fi - n tS ^H'upähnliche Flüssigkeit von 1,45 specifischem Gewicht,
^ h t ihr T er Zersetzun g da s 475fache Volum an
Sln)p , lsto ? abgiebt. In den Handel kommt das Wasserstoff-
ihres vL, zumeist ™ einer wässerigen Lösung, die das zehnfache
loL™ ?® eils a ? freiem Sauerstoff enthält, für gewöhnlich als
Mar°nnnrt^azeichnet. Die hiesige chemische Fabrik von
Mark q \ ? l ° H y dro ^ enilim peroxidum (10%) für eine
^^ftoffsuperoxyd besitzt selbst bei starker Verdün-
verfind ft rt%= eU ^ d(? . antise P tisch e Eigenschaften; nach Miquel
ttam der Fä u £e“eAT £ oncentration Ton 1:20000 das Wachs-
in Da das völlig ungiftig ist und
als Reii A mn f n ^ in? T 0 ? der entzündeten Mundschleimhaut nicht
oxvd ein .w; WIrd ’ 80 ^sitzen wir in dem Wasserstofisuper-
tration auf di^Xf ? elc ^ es wir in 400 fach stärkerer Concen-
wendfe wä P r,;l U D SC ! ,le . imhaut einwirken lassen können, als noth-
2 u machen ’ tu ^ ctenen vegetationen auf derselben unschädlich
Abgabe vnn w Wasserstoffsuperoxyd wirkt antiseptisch durch
HoO-> Molekfil - 1 ? In ^ auers l’°^ nnd zwar erfolgt die Zerlegung des
mit gewissen 1 Ur< ^ 80 £ enan nte Contactwirkung bei der Berührung
uardh wird w? msC ^ e 2. bt<)ffen - Nach Paul Bert und P. Reg-
die stickstoffhfllf; SSerS i t ^ ffßUpero:syd augenblicklich zersetzt durch
Blutfibrin und j imgebe ? den Stoffe , durch das Myosin, das
^ird nicht zerßetIf C a led t ne J - Stl ^ kstoffhaltiffe Pfl anzenproducte. Es
-- tzt durch die bette, die stärkemehlhaltigen Stoffe,
;»i c.
- a %P 403 ^’ ^ntwlblatt für allgemeine Gesundheitspflege, H. Jahr-
MundhöUe. Verhandln»^* 6 -Anwendung von Wasserstoffsuperoxyd in der
agen der deutschen odontologischen Gesellschaft
1. 3.
.), Action de r
41
die löslichen Fermente,
j ij- das Eieralbumin, das Casein, die Peptone
das Kreatin, das Kreatinin und den Harnstoff. 1
Besonders lebhaft wird das Wasserstoffsuperoxyd zersetzt
äV rc ! 1 das . Blut und Blutbestandtheile, wie seröses Exsudat und
* e -‘ , Br 1 in ° en . wir Wasserstoffsuperoxyd in Berührung mit einer
entzündlich gereizten Schleimhaut, so wird letztere augenblicklich
mit einer Schicht von Sauerstoffbläschen bedeckt. Dieser Sauer-
stott weil m statu nascendi, hat starke antiseptische Eigen¬
schaften. Mit dein Moment der Berührung mit der Schleimhaut-
Oberfläche geht, aber auch das zersetzte H->0 2 Molekül seiner des-
mficirenden Kraft verlustig, und daraus erklärt sich die Thatsachc
dass das \\ asserstoffsuperoxyd nur eine Oberflächenwirkung aus-
ubt, dagegen die tiefer liegenden Ge websschichten durchaus nicht
beeinflusst. Die Empfehlung des Wasserstoffsuperoxyds zur Des-
mfection einer putriden Mundhöhle ist von Busch-Berlin 1 ) aus¬
gegangen. Leider sind die Mittheilungen desselben, die in den
Verhandlungen der Deutschen odontologischen Gesellschaft er¬
schienen sind, nur wenig von den Aerzten beachtet worden, so
dass heutzutage das Wasserstoffsuperoxyd in dem ärztlichen Arznei¬
schatz noch nicht die Stellung einnimmt, die es verdient Auf
Grund der Erfahrungen, die ich seit der Zeit, in der ich mich mit
den Erkrankungen des Mundes speciell beschäftigt habe, mit dem
Wasserstoffsuperoxyd gemacht, kann ich dasselbe als das souve¬
räne Mittel für die Behandlung putrider Zustände der Mundhöhle,
also in erster Linie bei allen Stomatitiden empfehlen. Lässt man
die Mundhöhle bei bestehender Stomatitis einige Minuten lang mit
einer 2°/ 0 igen H 2 0 2 -Lösung ausspülen, so ist der vorher so pene¬
trante Foetor ex ore verschwunden. Nach 24stündiger Anwen¬
dung des Mittels hat sich der schmierige Belag der Zaluifleiseh-
ränder abgestossen, und die Geschwüre an den Zungenrändern und
in der Wangensclileimhaut haben sich gereinigt. Nach abermals
24 Stunden beobachtet man, dass die Epithelialisirung der gerei¬
nigten Geschwürflächen begonnen hat, und in 5—6 Tagen können
® e »tations. ComntM sur * es mat ieres organiques et les fer-
‘ p. ISfiQ ««uv» ren< Hl 8 des slances de l’AparlÄmia dee Spisn/>oc
3—1386.
selbst schwerere Fälle von Stamatitis unter dieser Behandlung zur
Heilung gebracht werden. Ein günstiger Zufall fügte es, dass
gerade in den letzten Tagen in der hiesigen Königlichen Klinik
für Hautkrankheiten mehrere Patienten mit Stomatitis mer-
curialis, darunter einige schwere Fälle mit starker Exulceration
der Zungen- und Wangenschleimhaut sich vorfanden, bei denen
Herr Geheimrath Doutrelepont mir gestattete, die Behandlung
mit Wasserstoffsuperoxyd einzuleiten. In sämmtlichen Fällen
konnte ich zusammen mit Herrn Dr. Wolters die überraschend
schnelle Heilwirkung des Mittels feststellen. Man darf freilich
nicht erwarten, dass man mit Spülungen von Wasserstoffsuperoxyd
imstande ist, eine Mundhöhle, in der sich eine Reihe von putriden
Wurzelresten befindet, in dauernd aseptischem Zustand zu erhalten.
Es ist eben, wie Busch in seinem mehrfach citirten Aufsatze her¬
vorhebt, kein Mundwasser imstande, in die engen W r urzelcanäle
einzudringen und dort, die in Zersetzung befindlichen Pulpareste
zu desinficiren. Auch ist die in ärztlichen Kreisen vielfach herr¬
schende Ansicht irrig, dass Medicamente, sei es nun Alaun, Tan¬
nin, Tiiictiira Myrrhae oder irgend ein anderes Adstringens imstande
sind, das gewucherte und geröthete Zahnfleisch, wie es sich in der
Umgebung von Wurzelresten findet, zur Norm zurückzuführen.
Hier nützt nur ein Mittel, und das ist die Extraction der Zahn¬
reste. Ist das geschehen, dann erfolgt unter der Einwirkung von
H-/(VSpiilungen in wenigen Tagen die Rückbildung des entzün-
zündeten Zahnfleisches zu seinem normalen Zustande.
M. H.! Sollten Sie sich durch meine Mittheilungen veranlasst
fühlen, in Ihrer Praxis bei entzündlichen Zuständen der Mund¬
höhle statt der bisher gebrauchten Lösungen von Kalium hyperman¬
ganicum und Kalium ehloricum das Wasserstoffsuperoxyd in 2°/oiger
Lösung zu ordiniren, so werden Sie einmal Ihren Patienten die grosse
Annehmlichkeit bereiten, bei der Anwendung dieses Mittels keine
Schmerzen erdulden zu müssen, und zweitens werden Sie die Rück¬
bildung des Krankheitsprooesscs unter dem Einflüsse dieses Anti¬
septicums in kürzerer Frist erzielen, als dies mit irgend einem an¬
deren der zur Zeit bekannten Mittel erreicht werden kann.
Herr Leo wendet das Wasserstoffsuperoxyd seit etwa fünf Jahren
fortdauernd an und muss sich dem günstigen Urtheil des Vorredners
über die Wirkung desselben in jeder Beziehung anschliessen. Auch
er hält dieses Mittel für das weitaus beste bei den verschiedenen
Formen der Stomatitis. In zahlreichen Fällen, wo die sonstigen Mund¬
wässer versagten, erwies sich das Wasserstoffsuperoxyd als wirksam.
Uebrigens ist es sehr wesentlich, ein frisches Präparat zu benutzen, du
das Wasserstoffsuperoxyd schon nach kurzer Zeit in Wasser umgewan¬
delt wird. Zuweilen, bei torpider Stomatitis, sah Leo sich veranlasst,
eine stärkere Concentration als 2% anzuwenden. Uebrigens reicht das
Wasserstoffsuperoxyd selbstverständlich nicht immer aus. Und beson¬
ders bei tieferen Ulcera ist man genöthigt, nebenbei noch andere Mittel,
besonders das Argentum nitricum, anzuwenden.
*) loc. cit.
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42
DEUTSCHE MEDICINISCHE W 0CHENSCHR1FT .
No. 2
Herr Krukenberg bespricht nur die Prophylaxe gegen Stomatitis
Laparatomirter. Er empfiehlt Ausspülungen des Mundes mit schwacher
ThymoUösiing, ausserdem solle mau die Patienten, welche in Rückenlage
liegen, anhalten, den Mund zu schliessen, oder durch einen vorgelegten
feuchten Mulllappen athrnen lassen. War bei der Operation ein Gebiss
entfernt, so lässt man es gleich nach der Operation wieder emlegen, da¬
mit die Patientin den Mund besser schliessen kann. . .
HeiT Wolters hat gefunden, dass bei mercurioller Stomatitis das
Wasserstoffsuperoxyd als Mittel zum Gurgeln, in 5 10% Lösung ange¬
wandt, in der günstigsten Weise wirkt. Der Foetor ex ore ist bald be¬
seitigt, und nach 24 Stunden lilsst sich auch der Belag schmerzlos ent¬
fernen. Dagegen hat Redner nach Verordnung von chlorsaurem Kali in¬
nerlich bei mercurieller Stomatitis keine Wirkung gesehen. Auch helfe
bei letzterer, wenn sich schon tief greifende Geschwüre gebildet haben,
das Wasserstoffsuperoxyd nicht mehr, allein daun müsse man Tinctura
Jodi etc. anwenden, vor allem den Zahnstein, Wurzelreste etc. entfernen,
von denen die Affection immor wieder von neuem ausgehe.
Herr Binz empfiehlt sehr Kalium chlorieum innerlich bei Stomatitis.
Schon früher sei nachgewiesen worden, dass, es innerlich gegeben fort¬
während durch die Speicheldrüsen ausgeschieden werde. Seine Wirkung
sei alsdann dieselbe, wie die des örtlich angewandten Wasserstoffsuper¬
oxyds durch Abspaltung von atomistischem 0; es wirke also in statu
nascendi seines Sauerstoffs. Mit faulendem Fibrin bei Körperwärme in
V erbindung gebracht, werde es reducirt, wie er 1873 in einer Sitzung der
Niederrheiniseken Gesellschaft zuerst gezeigt habe, das sei der Grund
seiner therapeutischen Wirkung auf der faulig entzündeten Mundschleim¬
haut. Demnach sei es in den Fällen, wo man nur innerlich beikommen
könne, w r ohl zu beachten.
3. Herr Leo: Tod durch Glottiskrampf bei Hysteria vi-
rilis. (Der Vortrag ist in dieser Wochenschrift 1803, No. 34 er¬
schienen.)
Discussion: Herren Schultze. Ungar. Koester, Leo,
Aerztlicher Verein in Hamburg.
Sitzung am 21. November 1893.
Vorsitzender: Herr Rumpf; Schriftführer: Herr Manchot.
1. Herr Jessen demonstrirt einen Fall diflhser Sklerodermie.
Die Affection ist im Anschluss an eine vor sechs Jahren über¬
standene Masernerkrankung allmählich zur Entwickelung gekommen.
Betroffen sind das Gesicht, das infolgedessen einen maskenartigen
Ausdruck bekommen hat, ferner die Schultern,Vorderarme und Hände.
Die skierodermischen Partieeil sind zum Theil bereits im dritten,
atrophischen Stadium. An den Endgliedern der Finger fanden sich
einzelne trophische Ulcerationen. Die Kranke ist mit Massage und
der inneren Darreichung von Salieyl in grossen Dosen behandelt
worden. Mit dieser Therapie ist eine erhebliche Besserung des
Zustandes erreicht worden.
2. Herr Sa eng er stellt einen chirurgisch geheilten Pall
von Abscess im rechten Schläfenlappen vor. Es handelt sich
um ein 20jähriges Dienstmädchen, welches seit drei Jahren ein
rechtsseitiges Ohrenleiden hatte. Bei der ersten Untersuchung
befand sich die Patientin in halbbesinnlichem Zustande; hatte
keinerlei Lähmungserscheinungen in der willkürlich innervirten
Muskulatur, dagegen geringe Nackensteifigkeit; Hyperästhesie bei
Nadelstichen. Die Sehnen- und Hautreflexe waren beiderseits gleich,
ausser dem linken Plantarreflex, der etwas abgeschwächt war.
Fieber war nicht vorhanden. Puls war 96; jedoch wurde mehrere
male eine Verlangsamung constatirt. Die bedeutungsvollsten Ver¬
änderungen konnte man an den Augen beobachten. Die rechte
Pupille war erheblich weiter und reagirte träger auf Licht als die
linke. Eine entsprechende Differenz fand sich im Augenhinter¬
grund; denn rechts war eine deutliche Stauung am Sehnerven zu
beobachten, während links die Papille und Gefässe noch annähernd
normal sich verhielten. Am folgenden Tage war eine erhebliche
Verschlechterung im Befinden der Patientin eingetreten. Sie war
total unbesinnlich. Die rechte Pupille, welche noch immer doppelt
so weit wie die linke war, reagirte nicht mehr auf Licht. Ferner
war rechts jetzt eine exquisite Stauungspapille zu constatiren,
während am linken Augenhintergrund sich auch schon Stauungs¬
erscheinungen bemerklich machten. Sonst waren keine Ver¬
änderungen zu beobachten. Herr Sa enger besprach nun die. in
Frage kommenden differentiell-diagnostischen Momente, wies nament¬
lich darauf hin, dass er öfter bei Hirnabseessen exquisite Stauungs¬
papille beobachtet habe, und begründete seine Diagnose auf otitischen
Abscess im rechten Schläfenlappen. Herr Dr. Wiesinger machte
die Operation.
Herr Wiesinger: Nach den Auseinandersetzungen des^Herrn Saen-
ger konnte es für uns nicht zweifelhaft sein, dass ein schleuniger chi¬
rurgischer Eingriff in diesem Falle berechtigt war. Denn wenn auch die
Prognose durch die bereits bestehenden moningitischen Symptome wesent¬
lich beeinträchtigt wurde, so w T ar es doch andererseits klar, dass ohne
Operation die Patientin jedenfalls verloren sein würde. Es wurde daher
auf der rechten Seite, und zwar mit der Basis gerade über dem Ansatz
des rechten Ohres, die osteoplastische Resection des Schädels nach
Wagner vorgenommen, und zwar ein etwa 6—8 cm im Durchmesser
haltendes, annähernd kreisförmiges Stück des Knochens durchmeisselt,
mit dem Elovatorium aufgehoben, die Brücke über dem Ohr durchbrochen
und der Hautperiostknochenlappen nach unten umgeklappt. Die Dura
lag nun vor uns, ohne jede Pulsation, prall gespannt, eher anämisch.
Nach kreuzförmiger Spaltung derselben trat ein bedeutender Prolaps des
Gehirns ein, und als wir gerade im Begriff standen, mit einer Punctions-
nadel in das Gehirn einzugehon, um den supponirten Abscess zu suchen,
spaltete sich von selbst das Gehirn in der Mitte des Vorfalls auf der
Höhe eines Gyrus, und es spritzten uns etwa zwei Esslöffel voll stin¬
kenden Eiters" entgegen. Sie können aus diesem Vorgänge sehen, wie
stark die Spannung innerhalb der Sehädelkapsel gewesen ist. Der in die
Oeffnung eingeführte Finger konnto eino ziemlich geräumige Höhle ab-
taston. aus der sich noch Eitor und theilweise vereiterte Gehirnbröckel
durch vorsichtige Spülung entleeren liesson. Nach dieser Entleerung ver¬
kleinerte sich der Vorfall des Gehirns allerdings um ein weniges, jedoch
blieb noch ein guter Theil desselben bestehen. Pulsation war noch immer
nicht sichtbar. Es bestand also noch immer eine sehr bedeutende Druck¬
steigerung im Schädelinnern fort, und es war mir nicht zweifelhaft, dass
dieselbe wohl zum grössten Theil auf eine Ansammlung von Flüssigkeit
in dem Seitenventrikel zurückzuführen sei, auf einen Hydrocephalus in¬
ternus acutus, welcher durch Druck auf die Vena magna oder durch
collaterale Fluxion entstanden sein konnte. Ich würde mich auch nicht
gescheut haben, denselben durch Function zu entleeren, wie dies bei
chronischem Hydrocephalus internus mehrfach mit Glück versucht ist.
wenn man nicht hätte erwarten können, dass diese Wasseransammlung
nach Entleerung der Abscesshöhle rasch wieder zurückgehen würde, und
andererseits die Punction des Seitenventrikels nur durch die Abscess¬
höhle hätte stattfinden können, was die Gefahr, _ etwaige Infektionsträger
aus derselben in den Ventrikel zu tragen, mit sich gebracht haben würde.
Es handelte sich nun um die Frage, was mit dem Gehirnprolaps zu ge¬
schehen habe. Ihn abzutragen, wie es bereits öfter ausgeführt wurde,
dazu konnten wir uns nicht verstehen, da wir damit einen grossen Theil
des Schläfenlappens geopfert haben würden. — Wir beschlossen daher,
ihn ruhig liegen zu lassen, in der Erwartung, dass er sich mit dem Rück¬
gänge der intracraniellen Spannung von selbst zurückziehen würde. —
Um die Drainage der gerade in der Mitte liegenden Abscessöflnung mög¬
lichst günstig zu gestalten, bohrten wir in die Mitte der resecirton Kno¬
chenscheibe ein Loch und führten durch dasselbe ein Drainrohr in die
Gehirnhöhle. Der reponirte Hautperiostknochenlappen kam nun direkt
auf den Gehirnprolaps zu liegen. Die Haut wurde vereinigt, die beiden
unteren Ecken zur Seite der Brücke mit etwas Jodoformgaze versehen.
Der Knochen konnte sich, da er durch den Gehirnprolaps ganz erheblich
abgehoben wurde, nicht in seine frühere Stelle oinfügen. Bei Druck auf
denselben hatte man das Gefühl, als ob er auf einem Polster läge. — In
völlig bewusstlosem Zustande wurde die Patientin in’s Bett gebracht, und
dieser Zustand hielt auch noch einige Tage an, so dass die Kranke Urin
und Stuhl unter sich gehen liess. Nach dem fünften bis sechsten Tage
kehrte allmählich das Bewusstsein zurück. Alle Gehirnerscheinimgen
hatten sich verloren. Die Eiterung war von Anfang an eine noch sehr
bedeutende, und es entleerten sich durch dasDrainrohr auch noch häufig
grössere, halb vereiterte Gehirnbröckel. Diese verstopften dasselbe wieder¬
holt, und der Eiter bahnte sich einen Weg nach dem unteren, hinteren
Wundwinkel, so dass das Drainrohr nach etwa 14 Tagen als unnöthig
weggelassen wurde. Die Eiterung dauerte noch einige Wochen fort,
während die Patientin sich langsam erholte, und noch in der vierten
Woche konnte man kleine Gehimstückchen im Eiter nachweisen.
Offenbar unter dem Einfluss dieser langdauernden Eiterung, vielleicht auch
dadurch, dass der Knochen längere Zeit durch den Gehirnprolaps abge¬
hoben war, wurde etwa die Hälfte des resecirten Knochenstückes nekro¬
tisch und musste entfernt werden. An dieser Stelle fühlt man jetzt Ge¬
hirnpulsation und ist keine Knochenneubildung entstanden. Es besteht
die Absicht, nach völliger Vernarbung nach König’s Vorgang einen
knöchernen Verschluss dieser Stelle herzustellen.
3. Herr Sa enger stellt im Anschluss an den eben gezeigten
Fall einen Mann vor, der vor vier Jahren einen otitischen Hirn-
abscess im linken Schläfenlappen hatte. Der Vortragende
stellte damals diese Diagnose hauptsächlich auf Grund einer sen¬
sorischen Aphasie und einer geringen linksseitigen Stauungspapille.
Herr Dr. Sick führte die Operation aus. Die Heilung ist eine
geradezu ideale geworden, da der Operirte im Vollbesitz seiner
geistigen und körperlichen Fähigkeiten seinem Beruf ebenso gut
wie vor seinem Leiden nachkommen kann.
4. Herr Reiche hält seinen angekündigten Vortrag über das
Verhalten der Nieren bei der fibrinösen Pneumonie. In einer
in Gemeinschaft mit Herrn Fraenkel durchgeführten Unter¬
suchung der Nieren von 40 an uneomplicirter Pneumonie in diesem
Jahre verstorbenen Erwachsenen, von denen über 60% int-ra vi-
tam Albuminurie geringen Grades gezeigt hatten, wurden aus¬
nahmslos Veränderungen in diesem Organ constatirt. Die In- und
Extensität derselben schwankte, es waren fast immer Läsioneu
allein des Rindenepithels; in einer grösseren Zahl überwogen plas¬
molytische, in der kleineren coagulationsnekrotische Vorgänge.
Das interstitielle Gewebe war nur sehr vereinzelt und stets in
geringem Grade betheiligt.. In allen Fällen lagen Exsudate, oft
einfach körniger Natur, oft mit Zellen verschiedener Provenienz
untermischt in den Bowmanschen Kapselräumen. Cylinder wur¬
den relativ häufig gefunden. Unter 24 daraufhin untersuchten
Fällen wurden Pneumococcen in den Nieren nur in vier vermisst;
meist waren sie spärlich, sehr vereinzelt zahlreich in ihnen nacli-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
weisbar. Culturversuche und Impfungen von Nierengewebe unter
die Rückenhaut von Kaninchen erwiesen Lebensfähigkeit und Vi¬
rulenz dieser von ihrem primären Ansiedelungsort in die allge¬
meine Blutbaiin geschwemmten Mikroben. (Eine ausführliche Ar¬
beit über dieses Thema wird von den Herren Fraenkel und Reiche
an anderem Orte publicirt werden.)
Herr Edlefsen fragt, ob auch in den Fällen, wo intra vitam Albu¬
minurie constatirt sei, keine Glomerulusveränderung an der Pneumonie-
uiere zu linden sei.
Herr Reiche betont das constante Vorhandensein der Glomerulus-
exsudate in allen untersuchten Fällen: eine eigentliche Glomerulonephritis,
ein activ entzündlicher productiver Process konnte nicht nach bewiesen
werden; die Capillarschlingen waren intact, das Glomerulusendothel nur
gelegentlich abgehoben, wie proliferirt, jene Exsudationen waren vor¬
wiegend körnig, enthielten aber nicht selten zellige Bestandtheile und
Kerntriimmer, desquamirte und gequollene Endothelzellen, mitunter selbst
spärliche rothe Blutzellen, welche jedoch als Ausdruck der sub fineni
wachsenden venösen Stauungen in den Unterleibsorganen anzusprechen
sind.
Herr E. Fraenkel: Diese von Herrn Reiche geschilderten Glome-
rulusveninderungen bildon fast das einzige Kriterium, welches das mikro¬
skopische Bild einer Pneumonienierc von demjenigen einer Choleraniere
unterscheiden lässt. Nach Leyden sollen die Nierenveränderungen bei
Cholera durch den Wasserverlust des Organismus und eine dadurch
bedingte Ischämie hervorgerufon werden. Die Pneumonieniore mit ihren
der Choleraniere analogen Veränderungen spricht gegen die Auffassung
Leydens. Herr Fraenkel nimmt vielmehr mit Herrn Reiche an, dass
im Organismus kreisende organische Gifte schädigend auf die Nieren-
epithelien einwirken. Ferner muss die Frage aufgeworfen werden, ob die
vorherrschende Auffassung zu Recht besteht, welche die urämischen Er¬
lernungen im zweiten Stadium der Cholera mit den Nierenverände-
ntngen in einen direkten, ursächlichen Zusammenhang bringt. Da ^anz
analoge Xierenveränderungen bei der Pneumonie ohne jede Urämie* be¬
stehen. muss man annebmen. dass bei der Cholera doch wohl noch an¬
dere nicht näher gekannte Einflüsse für das Zustandekommen dieses
Stadiums wichtig sind.
Aas dem allgemeinen ärztlichen Verein in Köln.
k -. H v e IL Eberhart: Heber die Erfolge der praktischen G-e-
burtshülfe unter Privatverhältnissen und Vorschläge zur Ver-
beasonng derselben. Vortragender zeigt aus den verschiedenen
Statistiken!, dass die praktische Geburtshülfe unter Privatverhält-
mssen noch nicht die Resultate erzielt, welche in gut geleiteten Ent-
bmdungsansta ten erzielt sind. Aus den verschiedenen Statistiken
SIcb ® 8 durchschnittliches Minimum der Privatpraxis über-
v V Mortalität, Aus allen diesem ist zu er-
-ekomnfpn ^ ze . n /er Antisepsis noch nicht recht zur Geltung
da domri-’ 1St aber aucb die Mortalität eine noch höhere,
Fälle vo??i.Am tlS ifl k l n ^ SC ? We i r herzustellen ’ und auch ni cht alle
Lltllh | n Uer P erai fi! be / to d als solche angegeben sind. Da be-
biDdumrcn <L den Ha ?t® n . 1 er Hebammen etwa 95 o/ 0 aller Ent-
wirkunw a nf di/v^ru 16 --, S1 °i 1 daraus, dass also eine besondere Ein- Gönner, Samaschin und Winti
müsse Von sehr 0 Tn«eAm ! v ei t Uü ^ der Hebammenverhältnisse erfolgen Mikroorganismen gefunden haben,
in Gie«r^w Werd(iQ Slcher die zuerstvonLöhlein ” * ' ~
erwünscht weon h lr en ^ lederb <>Iungscurse sein, und wäre es sehr
frage ^rhentp n d r ^Ugemeinert würde. Diese Hebammen-
eine <;ehr erörtert werden, nur sei es gestattet,
getroffen wordof ^ Eln f lch ^ welche von Schatz in Rostock
Hebamme in T* machen * Ls wird nämlich der
v °rgekominen If/™ 8 e , Ine fieberhafte Erkrankung oder Tod
Oeffhr zu bringen ^ en ^ acht ’ and ere Kreissende in
folgen lmt w g 7 .,' n + k i\ ufsic htsarzt, an den die Meldung zu er-
'lics der Fall* so w ;,,^ C r eid . e o’ . ob ^ fection vorlag oder nicht. Ist
■Sachen in die Klinli- 1 J® clrt ' e Hebamme mit allen benutzten
Sachen desinfieirt ßo ? tock geschickt und dort mit ihren
Hebamme meist wLi eUna * g eba det etc.). Nach 48 Stunden ist die
besser als eine 10—Ufa n -° rt .^.Stelle. Es ist dies entschieden
zur Anzeige kommt ^ gl ? e ^ ba ^ nenz » falls die Sache wirklich
'-'oceen virulent sind ^ H. nicllt wissen, wie lange die
Hen Städten fresebohan t? S misste dies natürlich unentgeltlich von
Statistik und «inr. Es milss deshalb eine genauere Erkrankungs-
schluss an die vpr8Ph ,e ^ aUere 8 aa itätsp ol i z eil ich e Aufsicht im An-
abe des Todesm™7 edenen Stand esämter statt haben. Bei An-
(,< b‘r nicht, (conf TTRt,®? na -n an S e £ eben werden, ob Infection vorlag
J' brift für Gebürtshfiif« ! He^trag zur Hebammenfrage in der Zeit-
[ass aber auch (üi ah ld i J S ä . kolo ^ ie 1892 > KXV. Band, 1. Heft). |
die Höhe dar v eis . e de s Eingreifens des praktischen |
Aus der Statistik . ^ ortallt ätsziffer beeinflussen wird, ist klar. |
Hntbind un g en se j t dass die Zahl der operativen
von He 11 J ‘
vom Arzt
Correferenten dieses
lll ”gen soit ^k- ’ aer operativen
.'y 11 ne gar) j a _ hrung der Antisepsis zunimmt (Statistik
™ jS 9 ist ^ieMch. d dÄ Stik d6S K8n J^s Sachsen 1883
r em Süsserer 4 '
Bohrn
ein grösserar "Arr., ucu °P° rat i v en Entbindungen von Jahr
ist. Dohm '^Hcil an den Wochenbettstodesfällen bei¬
der über dieses Thema auf dem Bonner
43
| Gynäkologencongress 1891 referirte, hält deshalb das Zusammen-
wken eines Arztes mit einer Wärterin nicht für richtig, er glaubt
dass dadurch mehr operative Entbindungen vorkämen. Er glaubt’
dass den Frauen am meisten genützt wird, wenn sie sich fn den
Händen einer verständigen Hebamme befinden, welche
ihre Directiven erhält. Von Ahlfeld, dem
Themas, wurde folgendes vorgeschlagen:
a) Allgemeine hygienische Maassnahmen. Belehrung mittels
Wort und Schrift (conf. Eberhart, Die Verhütung der Sterblich¬
keit im Wochenbett und mancher Frauenkrankheiten). Unterkunfts¬
hauser Frauenvereine, welche die im Hause Nicderkommendeu mit
passender Wäsche und Desinficientien versehen.
b) Speciell hygienische Maassnahmen. Herstellung eines
sauberen Bettes mit Unterlage. Reinigung der Frau ausserhalb
des Geburtsbettes. V ürde entschieden auf die präliminare Scheiden-
douche dringen, wenn bessere Hebammen; der Arzt soll sie machen
bubjective peinlichste Reinigung. Sehr seltene Untersuchungen'
Ihermometrische Messungen.
c) Die Disposition vermindernde Maassnahmen. Schonende
Leitung der Nachgeburtsperiode. Abwartende Methode. Keine
Wendung und schwere Zange bei todter Frucht. Auch bei lebendem
Kinde Einschränkung der Operationsfrequenz.
Auch ist die Ausbildung der Studirenden eine zu geringe: die
Zahl derselben im Verhältnis zu den Schwangeren ist eine zu
grosse. Es müsste entschieden noch Gelegenheit geboten werden,
zu untersuchen und selbst Operationen unter Leitung der Assi-’
stenten oder des Anstaltsdirektors zu machen. Der gewissenhafte
Arzt geht dann mit mehr Ruhe und Selbstvertrauen an einen ope¬
rativen Eingriff und wird auch besser entscheiden, ob und wann
derselbe nöthig ist. Es wird auch so die Antisepsis bis in ihre
kleinsten Details gründlich erlernt; denn wie schwer es ist, wirk¬
lich aseptisch zu sein, hat uns Fürbringer durch seine „Unter¬
suchungen des Nagelschmutzes" gezeigt, auf die ich jetzt nicht
weiter eingehen kann. Ich möchte jetzt nur noch auf den hohen
Werth der präliminaren »Scheidendouche verweisen, wie sie zuerst
von Kaltenbach, meinem früheren Chef, empfohlen und ange¬
wendet wurde. Es machen sich freilich Stimmen gegen dieselbe
geltend, unter diesen Leopold, Merraann, Glöckner, Keller.
Merinann z. B. verwirft sie vollständig, auch bei operativen
Entbindungen, und will nur eine peinlichste subjective Antisepsis
ausgeübt wissen. Um eine Infection zu verhüten, geht er sogar
so weit, dass er die Wöchnerinnen nie katheterisirt und dieselben
lieber knieen oder sogar stehen lässt, damit sie spontan Urin
lassen können. Ich glaube, dass dies doch zu weit gegangen ist,
da die Gefahr eines Descensus oder Prolapses entschieden grösser
ist, als eine höchst selten vorkommende Cystitis oder eine Sckei-
deninfection der Wöchnerin.
Wir wissen jetzt durch die schönen Untersuchungen von
Steffeck und besonders von Döderlein, welche im Gegensatz zu
P-d nner ’ Samaschin und Winter im Vaginalsecrete pathogene
dass darin der Staphylococcus
albus, aureus und der Streptococcus Vorkommen. Döderlein be¬
schreibt das Secret der normalen Scheide, als käsig, krümelig,
auch kleisterähnlich und sauer reagirend. Im Deckglaspräparat
fand er Bacillen zwischen Plattenepithelien lind vereinzelte Schleim¬
körperchen. Der zweite Typus ist ein flüssiges, eiterähnHchcs Se¬
cret. Die Reaction ist schwach sauer, neutral oder alkalisch. Die
Plattenepithelien treten gegen die Eiterkörper in den Hintergrund.
Man findet Coccen in Haufen, daneben Kurzstäbehen mit einzelnen
Bacillen. Im normalen Secrete fand er niemals pathogene Pilze,
wie Staphylocoecen oder Streptococcen. Döderlein sagt, dass eine
Infection bei der Geburt durch normales Scheidensecret nicht mög¬
lich , somit eine Desinfection einer solchen Kreissenden nicht
nöthig sei. einerlei, ob untersucht oder nicht. Bei Puerperalfieber
fand er in den Uteruslochien den Streptococcus pyogenes, bei den
Puerperalgesehwiiren scheint der Staphylococcus Infectionsträger
zu werden, und in den seltenen FäUen, w r o abgestorbenes Gewebe
der Fäulniss anheimfällt, sind saprophytiseke Keime durch putride
Intoxication Ursache der Erkrankung. —Döderlein sagt ferner:
Wird eine Schwangere mit pathologischem Scheidensecrete unter¬
sucht, so kann der untersuchende Finger die Keime nach oben
bringen. Wird ausgespült, so ist die Gefahr jedenfalls geringer,
event. ganz beseitigt. Vieles Touckiren ist jedenfalls gefährlich.
Von 51 Schwangeren mit eitriger Seeretion der Scheide hatten 29
normales, 22 fieberhaftes Wochenbett, unter den letzteren ivaren
16 vorübergehende Temperatursteigerungen geringeren Grades ohne
Jocalisirte Erkrankung, 6 erkrankten schwer, 1 starb. 81 von
diesen 51 waren bei der Geburt von Studenten untersucht worden,
die oben erwähnten 6 Kranken waren alle unter den Touchirten; von
den 20 nicht Untersuchten erkrankte keine schw r er. 8 zeigten
Wochenbettsstörungen. Von 70 zu derselben Zeit in der Anstalt
Entbundenen, bei welchen in der Schwangerschaft das Secret
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u
DEUTSCHE MEDICINISCHE WQCHE NSCHRIF T.
No. 2
als gesund befunden war, erkrankten keine, 41 waren touchirt, 29
nicht untersucht worden. Von den letzteren zeigten 10 gestörtes
Wochenbett, von den Untersuchten 16.
Diese Zahlen zeigen, dass die Hauptgefahr für die Kreissen¬
den in der inneren Untersuchung besteht, die besonders gross ist
bei Frauen mit eitriger Secretion. Nach Döderlein müsse man
also in Zukunft ein normales und anormales Secret der Scheide
unterscheiden. Die neuesten Untersuchungen über diesen Gegen¬
stand sind von Menge aus der Leipziger Klinik. Er verwirft
nach seinen Resultaten jede Desinfection. bei der gesunden Scheide
sei dieselbe überflüssig und schädlich, bei der gonorrhoisch infi-
eirten unmöglich. — Für den praktischen Arzt ist es nun aber
unmöglich, eine Untersuchung des Scheidensecrets zu machen, und
da wir Aerzte häufig, ja sogar meistens, zu Geburten gerufen
werden, wo schon vorher durch Hebammen untersucht worden ist,
und wir nie genau wissen können, ob dieselbe eine genaue Des¬
infection an sich selbst vorgenommen hat, so dürfte es nach meiner
Ansicht am richtigsten sein, in diesen Fällen stets eine vaginale
Spülung zu machen. Kaltenbach 1 ) lässt sowohl jetzt in Halle, als
auch liess er früher in Giessen stets vaginale Ausspülungen machen.
Die Resultate sind die denkbar günstigsten, trotzdem die Kreissen¬
den manchmal von 10—12 Studirenden, der Hebamme und dem
Assistenzärzte 1—2 mal untersucht werden. Dass'dabei natürlich
auf die peinlichste subjective Antisepsis gesehen wird, brauche ich
wohl kaum auseinanderzusetzen.
Nach gründlicher Abseifung der äusseren Genitalien wird eine
vaginale Sublimatspülung 1 :3000 vor der ersten Untersuchung
vorgenommen und nach Beendigung der Geburt abermals eine mit
derselben Lösung; bei länger dauernden' Geburten werden noch in
der Zwischenzeit mit Kalium permanganicum oder schwächeren Subli¬
matlösungen Ausspülungen gemacht. In meiner Arbeit über die Be¬
handlung der Eihautretentionen (Zeitschr. für Geburtsh. und Gynä¬
kologie XVI. Bd., 2. Heft) erwähnte ich nochmals diesen Modus,
bemerkte auch, dass dann im normalen Wochenbett keine weiteren
Ausspülungen gemacht würden, während bei Eihautretention Aus¬
spülungen gemacht würden, um die Scheide aseptisch zu halten;
auch biete dieses von Kaltenbach angegebene Verfahren die besten
Chancen gegen die Blenorrhoea neonatorum.
Ich möchte mich hier noch einmal gegen das Ciirettiren post
partum aussprechen. Oefters hörte ich von Collegen, dass sie einige
Tage post partum den Uterus wegen Blutungen mit der Ctirette
ausgekratzt hätten. Dies ist einj höchst gefährliches Vorgehen;
zumal, wenn, wie dies meistens geschieht, vorher nicht die Scheide
ausgespült wird; der Finger ist hier das beste und ungefährlichste
Instrument, um bei Retention das betreffende zu entfernen.
Auf das Wesen der Selbstinfection will ich heute nicht weiter
eingehen, nur möchte ich erwähnen, dass bis jetzt noch keine
Einigung erzielt worden ist; alle Gegner sind Gegner, alle An¬
hänger noch Anhänger derselben. — Steffeck stellte zwar seinerzeit
fest, dass einfache Ausspülungen nicht genügen, und dass eine Aus¬
waschung des unteren Cervicalabschnitts und der Vagina mit Hülfe
von zwei Fingern und nachfolgenden zweistündlich zu wieder¬
holenden Ausspülungen mit je einen Liter Sublimat 1:3000 oder
3 °/n Carbol den Genitalcanal desinficiren. Steffeck berichtete
damals über 439 Geburten mit prophylaktischer Desinfection mit
einer Morbidität von 6,5 %. Freilich würde dieses Verfahren für
die Praxis allzulästig, überhaupt nicht möglich sein, und glaube ich.
dass die einfachen Ausspülungen mit 1 Liter Sublimatlösung
1: 3000 vor der ersten Untersuchung, vor jedem operativen Ein¬
griff und nach Beendigung der Geburt genügen, wie dies ja die
Resultate Kaltenbach’s zeigen. Dieses Verfahren wende ich auch
jetzt in meiner praktischen Thätigkeit mit ausgezeichnetem Erfolge
an. Ich habe jedoch insofern den Modus etwas geändert, als ich
vor den operativen Eingriffen nicht mehr Sublimat nehme,’ welches
die Scheide rauh und weniger elastisch macht, sondern eine 1 %
Lysollösung. Diese hat ja auch den Vortheil der Ungiftigkeit und
eignet sich daher für intrauterine Spülungen ganz besonders.
• Stärkere Lösungen als 1 °/o haben freilich den Nachtheil, dass
sie Brennen verursachen, was aber auch bald vorübergeht. Dringend
warnen möchte ich hier nochmals vor den intrauterinen Spülungen
mit Sublimat, hierzu darf es keineswegs angewandt werden auch
verwirft Kaltenbach vollständig das Carbol. Für intrauterine
Spülungen würde das Lysol obenanstehen, wenn man nicht Aus¬
spülungen mit Chlorwasser. Kalium hypermanganicum oder Salicyl-
säure machen will. Als Nachtheil des Sublimats wurde von Mikuli cz
hervorgehoben, dass es mit den Albuiuinaten des Blutes und der
Wundsecrete unlösliche Quecksilberalbuminate von nur geringerer
oder ohne alle antiseptische Kraft eingehe. Es bleibt aber*immer
) Bei der Gorrectur dieser Zeüen befindet sich leider der Genannte
nicht mehr unter den Lebenden, er starb am 21. November 1893 plötzlich
und imerwartet. Sein Verlust ist für ims alle unersetzlich.
eine gewisse Menge zurück, und diese macht den Boden zum Pilz¬
wach stimm ungeeignet: ausserdem werden aber die an der Oberfläche
befindlichen Bacterien auch mechanisch entfernt. — Ich empfehle
Ihnen daher nochmals die präliminare Scheidendouche mit Sublimat
1:3000, ausgenommen bei Fällen hochgradiger Anämie und bei
Nephritis, wo man Lysol anwenden kann. Auf alle Fälle müssen
Scheidenausspülungen gemacht werden: 1) bei Gonorrhoe, 2) bei
sonstigen reichlichen Ausflüssen, 3) wenn die Secrete übelriechen.
4) wenn Temperaturerhöhung eintritt, 5) wenn ein operativer Ein¬
griff, namentlich ein intrauteriner vorgenonmien werden soll.
Sonst kann man sie in der Privatpraxis entbehren, in Ent¬
bindungsanstalten aber nicht; auch wird man sie in der Privat¬
praxis am besten stets machen, wenn schon eine Untersuchung mit
zweifelhafter subjectiver Antisepsis stattgefunden hat.
M. H.! Prüfen Sie diese Methode, machen Sie desinficirende
Vaginalausspüliingen und Sie werden günstigere Resultate erzielen
und nicht allein die Mortalität, sondern auch die Morbidität herab-
setzen. Mir ist es unverständlich, wie eine derartige Ausspülung,
richtig ausgeführt, schaden kann. Ich empfehle Ihnen diese Methode
auf das wärmste.
IX. Oeffentliches Sanitätswesen.
Die Hülfsstation für Geschlechtskranke Weiber im Arbeits-
haushospitale za Berlin.
An den Berliner Magistrat war im November 1890 seitens der König¬
lichen Charitedirection das Ersuchen gerichtet worden, auch syphilitisch
Kranke in ein städtisches Krankenhaus aufzunehmen und zu heilen,
da wegen der in der Charite herrschenden Uebcrfüllung die Aufnahme
dieser Kranken zeitweise geschlossen und dieselben in zahlreichen Fällen
vor ihrer völligen Heilung entlassen werden mussten. Dieses Ersuchen
wurde von dem Königlichen Polizeipräsidium im Interesse der sitten¬
polizeilichen Einrichtungen unterstützt.
Wenngleich seitens des Magistrats die Ansicht vertreten wurde,
dass die Königliche Charitf'direction nicht blos contractlich, sondern auch
auf Grund der Allerhöchsten Cabinetsordre vom 6. Juni 1835 die unbe¬
dingte Verpflichtung habe, die venerischen foilen Dirnen jederzeit un¬
weigerlich aufzunehmen, während der Stadtgemeinde nur die Tragung
der Kosten dieser Fürsorge (sächliche Polizeikosten) obliege, so ent¬
schloss der Magistrat unter voller Wahrung seiner Rechte sich doch, um
den offenbar vorhandenen Missständen abzuhelfen, und da in den städti¬
schen Krankenhäusern Räume nicht zur Verfügung standen, vorläufig
während des Winters 1890/91 im Städtischen Obdach eine syphilitische
Station mit 35 Betten einzurichten, die am 22. December 1890 eröffnet
und mit geschlechtskranken Weibern belegt wurde. Die Zahl der zur
Verfügung gestellten Betten entsprach dem von der Königlichen Charite¬
direction geäusserten und durch statistische Angaben über die Frequenz
der syphilitischen Kranken begründeten Bedürfnisse. Schon im Januar
1891 wurde indess, da die Ueberfüllung in der Charit.6 keineswegs nach-
liess, eine Erhöhung auf 60 Betten ermöglicht, welcher sich im August
1891 aus demselben Grunde eine weitere Vermehrung auf 100 Betten
und im November 1891 eine nochmalige Steigerung auf 130 Betten an¬
schloss. Inzwischen war aus Verwaltungsrücksichten und Gründen der
Disciplin die Verlegung dieser Krankenstation aus dem Städtischen Ob¬
dach nach dem Arbeitshause beschlossen worden, woselbst die im Ho¬
spital verfügbaren Räume zur Aufnahme der Station hergerichtet werden
konnten. Am 31. März 1892 wurde die Station im Städtischen Obdach
aufgohoben, und die vorhandenen 94 syphilitisch kranken Weiber nach den
nunmehr für ihre Aufnahme fertiggestellten Hospitalräumen des Arbeits¬
hauses überführt. Ferner wurde der durch Verlegung von 150 Hospitaliten
frei gewordene Pavillon nebst einem angrenzenden Garten der Hülfs¬
station zur Benutzung überwiesen. Hierdurch war es möglich geworden,
syphilitische Weiber auch über die auf 150 festgesetzte Zahl hinaus auf¬
nehmen zu können; die Ansprüche, welche in dieser Hinsicht an die
Hülfsstation gestellt wurden, gingen fortdauernd bis an die Grenze
ihrer Leistungsfähigkeit. Die höchste Belegung fand am 27. November
1892 mit 194 Frauen statt; neu aufgenommen wurden 1264 Frauen, und
die durchschnittliche tägliche Krankenzahl betrug 144.
Die in der Hülfsstatiou zur Aufnahme gelangenden Frauen gehörten
zwei verschiedenen Kategorieen an. Die erste umfasste die von der Sitten¬
polizei überwiesenen Kranken; sie enthielt sowohl eingeschriebene Prosti-
tuirte, als auch noch nicht unter sittenpolizeilicher Controlle befindliche
Frauenzimmer, deren Geschlechtserkrankung der Polizei bekannt geworden
war. Der zweite Theil setzte sich zusammen aus Kranken, deren Ueber-
führung von Organen der Armenverwaltung uud aus anderen städtischen
Anstalten angeordnet worden war, oder welche durch Dienstherrschaften,
durch Krankenkassen und auf eigene Meldung Aufnahme fanden, wenn
ihr Krankheitszustand nach ärztlichem Gutachten eine Zurückweisung
nicht zuliess. Durch die Polizei wmrden im Berichtsjahre überwiesen
1165 Frauen = 92,2o/ 0 der Neuaufgenommenen, der Rest von 99 Frauen
= 7,8 °/ 0 gehörte der zweiten Kategorie an. Die Kranken der letzteren
wurden von den von der Polizei überwiesenen Kranken möglichst ge¬
trennt gehalten. Es musste aber bei dieser Trennung berücksichtigt wer¬
den, dass einerseits unter den zwar polizeilich eingelieferten, aber noch
nicht den Controllvorschriften unterstellten Frauen sich Personen be¬
fanden, welche kaum den ersten Schritt auf dem Wege des Lasters ge-
than hatten; andererseits waren unter den auf eigene Meldung etc. auf¬
genommenen Kranken Individuen, die ihre Hingabe zur gewerbsmässigen
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11. Januar.
Prostitution so wenig verhehlten, dass ihre Trennung von den übrigen
Kranken ihrer Klasse im eigensten Interesse dieser letzteren geboten war.
Nach dem Gesetz vom 20. April 1892, betreifend die Kosten König¬
licher Polizeivenvaltungen in Stadtgemeinden — G.-S. p. 87 von 1892
- ist die Stadtgemeinde Berlin nicht mehr verpflichtet, die Cur-
irad Pflegekosten für die seitens der Polizei der Stadt und der Charitö
zur Ausheilung überwiesenen syphilitisch kranken Männer und Frauen
zu tragen; dies ist vielmehr vom 1. April 1893 ab Sache der Ortspolizei.
Dementsprechend haben die Communalbehörden beschlossen, die König¬
liche Charitedirection zu ersuchen, vom 1. April 1893 ab diejenigen
Kosten, welche durch die ärztliche Behandlung etc. der poBzeilicherseits
derselben überwiesenen Syphilitischen (Männer und Frauen) erwachsen
nicht mehr bei der Armendirection, sondern beim Königlichen Polizei¬
präsidium als Ortspolizeikosten zu liquidiren. Andererseits wird die Stadt
von demselben Zeitpunkte ab auch die Cur- und Pflegekosten auf der
Hülfsstation für die ihr polizeilich überwiesenen syphilitisch Kranken bei
dem Königlichen Polizeipräsidium in Rechnung stellen. Die Aufhebung
der Hülfsstation ist aus denselben Gründen bereits zum 1. October in
Aussicht genommen.
lieber die Krankenbehandlung auf der Hülfsstation hat der Sta¬
tionsarzt Pnvatdocent Dr. Behrend, folgendes berichtet:
Bei der etlichen Behandlung wurde seit Errichtung’der Station das
Pnncip festgehalten, die Genitalien einer täglichen Besichtigung zu unter¬
ziehen, nicht nur bei denjenigen Personen, welche nur an Lokalerkrankun-
gen derseJben htten, sondern auch bei denjenigen mit constitutioneller
Syphilis Es hat sich dies als zweckmässig erwiesen, einmal um neben
einer AllgemembehantHung eme regelmässige Lokalbehandlung consequent
durchzufnhren sodann auch, um eine Art von Aufsicht über die Kranken
ÄTn UI l d dadurcb f ewissa lasterhafte Neigungen, welche ihnen der
J / p W, sind ; “^glichst zu beschränken. Gleichwohl kamen
r d / er , B p eh f d,Ua / h l ufig mec hanische Verletzungen der Genitalien
, eIche *1 Reiben oder Kratzen mit den Fingernägeln erzeugt waren
oder selbst Scheidenflüsse vor, welche zuvor nicht bestanden hatten und
S f °ben Z1 T ei f?i P - r °^ hll,te Beh f dlun S erforderlich machten. Neben der
finp TnhluÄ eSlchtl § UDg wurde wöchentlich ein- oder auch zweimal
4llSnf! htlgUng der gesam j nte ° Körperoberfläche und der sichtbaren
£Ttt \ das Auftreten constitutionell-syphilitischer
^mptome möglichst frühzeitig zu entdecken. ^
a) R P i d l B n a ? dlail if “S S P®? iellen ^betrifft, so wurden angewandt:
Salbf‘hH^ii tU r 0n i! er SyP o Üls ausschliesslich Einreibungen mit grauer
;A!i / g , l heD . Gaben von 3 8- Die Zahl der Einreibungen schwankte
inneren ttZndJnl Erkran ^ ung und nach der schnelleren oder
Sfvfr(olge voraufgegangener Recidive, belief sich aber
20. Dieben ^“Sf * md betrug in den leichteren Fällen mindestens
oefohrt stets noch eme consequente Lokalbehandlung durch-
wurde dw Enreibungsc.fr regel-
^hen Fällen vomusgeschickt. die sich in man-
bi Lokaler F Ü ubf T ne . n der Emreibungscur anschloss.
Wattebäuschen dfe 5? ^ G ? ltahe “ wurden durch Auflegen von
handelt. Dieselben Fldssi £ keiten getränkt waren, be-
der l’ntersuchmiff Vienna * emeu ert : einmal täglich bei
durch die Krankpn rpH, den ® tatl ® nsa f z i t » bezw. die Assistenten, dreimal
der GeschO? der Wärt ^innen. Aetzungen
dagegen eineVersion i s f em , e u tc * wurden nur ausnahmsweise, mehrinals
h WÄe^3pn S r be ^ it dem PIa ^enner vorgenommen,
mit adstringirenden Flüsst*pit! mtalien Jamen Ausspülungen der Scheide
unter Aufsicht der Wiirtpr^n^^j Z ^ F Amvendun g- Dieselben wurden
fernoch ^üch e Sd täglich ausgeführt, ausserdem
Partieen der Scheide sowip , är . z , tllc J| ei ! i Untersuchung die hinteren
Jufell auch der Gebärmuttorhai/ Scheidentheil der Gebärmutter und even-
Einstreuen von Pulver pR* <«in Caiia dl }, rc ? medic amentöse Eingiessungen,
nicht allein, die acuh> n Tri g s P ecie11 .behandelt. Hierdurch gelang es
«%n, m an e; Fällen vollständig zu be¬
reit gebessert, dass i pJI Se pu V1 , e e chromsche Fälle dieser Art
Äscbivunden war Von 12Pä r^ 6 p barak l er des Ausflusses vollständig
nnmhÄ 3 ^ de ' ten w “r d “ 1063 geheilt entlasset
^dens fa *?PMÄ d6 * rfol i* “ drei Fällen wegen
imt Genehmigung der Sitt«nn ,. d ® n der Sittenpolizei Ueberwiesene)
fei ^Än’r^^en™ 1 “ ( “ f
’tetrS f‘«tg US un7l e e n rwe; b n e Tb f :r h t eL “ r ^
, 1- hokalerkra^b^in 2 ^ 11611 ^h^nkungsformen war folgende:
*}*■*■ der Gebtoutter SV' Tn £ P<ir (der aussereQ Genitalien, der
^schwüre (weiche SchankerMßn e S“n-? a " Chfe ] IUb ^ 1 ? ttge) J 31 - 2 ) Iokal e
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT
_ _45
ÄÄen Z werde e n baCht,mg ka “’ ^ Stelle noch besonders •
erkrankungen nach Quecksilbergebrauch 45 ° Ma&en ' und Darm -
An Operationen in der Chloroformnarkose wurden vor<renommpn • p n t
—» cj Psoriasis vulgaris q 7\uT ^V'von grosserer
r , ß - Constitutionöll o . d ^ Herpes tonsurans 7, e) Favus 2.
, Ausschläge 8 ^ Frtihform en (Initialsklerosen
der äussertn Ä 16 Feigwa rzen): a) mit Lokalisation an
iL, Lokalisation an % md den Schleimhäuten (Mund, Nase)
mit Lokalisation auf (Au ^ 4 ’ 2 > Spätformen
ii dl? t? chl f,häuten (Cd l d \ u / so ™ Haut 9, b) mit Lokalisation
Las Vo?ko Q UQd G «Äen 2. ' Mastdarm ) ^ c ) «it Lokalisation
Bisswunden an den Genitalien, das im Berichts-
Stand der Cholera.
In der Woche vom 17. bis 23. December v. J. wurden in Gartz n 0
BerichTe?wän3 d(ei ? er An gohörig e n der im vorigen
Deutsch«Tppitn Ch .° f leraba ^ dle a nachgewiesen. Seitdem sind im
deutschen Reich weitere Cholerafälle nicht mehr festeestpllt
worden. Im ganzen wurden während der letzten Epidemie Seit dem
Sommer v. J. m Deutschland 569 Erkrankungen, 288 Todesfälle an Cholera
eohachtet. Ferner wurden bei 92 anscheinend gesunden Personen Cholera
nachgewiesen. Diese Zahlen erscheinen verschwend Weüi
f i dl T Op E 0r ’.welche die vorige Epidemie forderte: im Jahre 1892 und
1- . Jaguar bis 4. März 1893 erkrankten (starben) 19932 (8679) Per¬
sonen im Deutschen Reich an Cholera. v ' rer
Ln französischen Departement Pas de Calais kamen vom 2 bis
t^?r C ^ mbe I der Gemeinde Izelles-Equerchin, Canton Wimy vier
tödtheh verlaufene Cholerafälle vor. y ’
^i Ui J eV }? Se k T en0rifa wurden nach amtlicher Angabe vom 30. No-
December 604 (102) Choleraerkrankungen (Sterbefalle)
SfViQ?®? 4, da J.°V a ® anta Cruz 520 (88), vom 15. bis 22. December
dfJlw beZ ^ f° Fä . lle ‘ Nach neueren Nachrichten soll die Cholera
daselbst am Erlöschen sein. u
, Hie für italienische Orte im vorigen Bericht angegebenen Zahlen be¬
ziehen sich auf Cholerasterbefälle. In Palermo ist die Epidemie, welche
neuerdings täglich wieder 1—4 Todesfälle verursachte, erloschen.
ln Galizien ist seit dem 17. December kein Fall von Cholera
? e Anm e ? annt f eworden - Die Gesammtzahl der bis dahin seit dem
vo £ff ek ®? imenen Erkrankungen (Todesfälle) beläuft sich auf
ij Dieselben vertheilen sich auf 37 politische Bezirke bezw.
mit A “ st ärksten betheiligt waren die Bezirke Nadworna
“ f Stamsiau mit 208 (124), Sanok mit 206 (98), Kolomea
mit 149 (89) Fällen. — ln Triest wurde am 12. December bei einem
fäü Z festgestellt 0n Konstantino P eI eingetroffenen Dampfers ein Cholera-
T J? 1 ngarn ka “en vom 6. bis 16. December 17 Erkrankungen.
8 lodesfälle vor, davon m emer Gemeinde des Bacs-Bodrogh’er Co-
mitats noun Erkrankungen; auf Budapest fallen 4 Erkrankungen. Die
Comitate Marmaros und Torontal wurden als seuchenfrei erklärt.
Nach dem 16. December sind Cholerafälle nicht beobachtet
worden.
In Bosnien wurden vom 23. bis 29. November 104 (48) Cholerafälle
festgestellt. Betheihgt waren die Kreise Banjaluka, Dolnja Tuzla,
Iravnik. In der Stadt Gradacac kamen 36 (13) Fälle vor, in Der-
venb AI 2 );,, 1 “ de , r e J?^ n Decemberwoche (1. bis 8* December) wurden
noch 102 (54) Cholerafälle aus denselben Kreisen gemeldet, davon in
Gradacac 11 (11), in Dervent 5 (1); in einigen ländlichen Ortschaften
wurden ebenfalls zahlreichere Erkrankungen beobachtet. Seit dem 8. De¬
cember ist die Cholera in Bosnien zurückgegangen und in den Städten
Derv-ent und GradaSac erloschen. (Oesterreichisches Sanitätswesen.)
J . . S “ llna (Bulgarien) kam am 19. December wieder ein choleraver¬
dächtiger Todesfall vor.
In Konstantinopel, wo Anfang December täglich etwa 100 Per¬
sonen an Cholera erkrankten, 30 bis 40 starben, zeigte die Epidemie seit
der zweiten Decemberwoche eine erhebliche Abnahme; nach den Ver¬
öffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes betrug die Zahl der
Cholerafälle vom 3. bis 9. December 405 (182), vom 9. bis 16. December
176 (109). Neuerdings ist die Seuche in Adrianopel epidemisch auf¬
getreten, ebenso in Lule Burges, Demotika, Hamsabey und in dem
Sandschak Kirkklisse.
In Saloniki waren bis zum 15. December 46 (34) Personen erkrankt
(gestorben); am 16. und 17. December wurden daselbst 4 (6) Cholerafälle
festgestellt. In Trapezunt herrscht die Seuche ziemlich stark, vom
10. bis 17. December 56 (50) Fälle, ebenso in der Umgegend von Samsun
und in jener von Kjutahia. Aus verschiedenen Oertlichkeiten Kleinasiens
werden vereinzelte Fälle gemeldet.
In Tripolis kamen vom 30. November bis 18. December 14 Todes¬
fälle im Militärlazareth vor.
In Persien wurden vom 8. bis 18. December noch aus zahlreichen
Orten Cholerafälle gemeldet, doch in geringerer Menge wie früher. Neu
ist die Seuche in Kermanschah ausgebrochen.
In Petersburg hat die Cholera in der Woche vom 13. bis 20. De¬
cember noch zugenommen; die Zahl der Erkrankungen (Sterbefällo) betrug
145 (65) gegen 107 (47) in der Vorwoche. Neuerdings ist die Seuche in
Odessa und Yalta am schwarzen Meere aufgetreten. Die sonst aus
Russland bekannten Nachrichten liegen sämmtlich bereits etwas zurück.
Aus der letzten in den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits¬
amtes gegebenen Liste seien folgende Daten hervorgehobon: in den
Gubernien Plock 26. November bis 2. December 23 (16), Warschau
26. November bis 2. December 12 (5), Radom 26. November bis 2. De¬
cember 40 (15). Sie dl ec 26. November bis 9. December 25 (12), Su-
walki 26. November bis 2. December 7 (7), Lomza 26. November bis
9. December 81 (13), Kowno 26. November bis 9. December 44 (20),
Wilna 3. bis 9. December 12 (7), Grodno 26. November bis 9. December
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DEUTSCHE) MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2
46_- ; v;
22 (9), Minsk 26. November bis 9. December 13 (8), Wolhynien
2. November bis 2 December 90 (42), Podol.en 19. November bis 3. De-
cember 144 (61), Cherson 26. November bis .6. Becember 13 (9), Kiew
26 November bis 2. December 31 (12), Taunen 19. November bis 2. De-
cembor 66 (26), Dongebiet 3. bis 11. December 20 (8), Kursk 19. No¬
vember bis 2. December 49 (17), Orel 15. November bis ^ December
28 Cll) Tula 19. November bis 9. December 33 (11), Saratow 14. No
vember bis 2. December 60 (27), Kubangebiet 27. November bis
10. December 77 (48), Stadt Warschau 5. bis 9 December * (») &•
krankungen (Todesfälle). Man ersieht daraus, dass bis in den December
hinein iS Russland die Cholera noch weit entfernt war, erloschen zu sein ,
ganz besonders in den uns vorzugsweise mteressirendenden Westprovinzen
war dies nicht der Fall. _ Sperling.
Zar Iuf)uenzaepidemie.
Soweit man aus den allgemeinen Sterblichkeitsziffern der grösseren
deutschen Städte schliessen darf, macht sich ein allmählicher Rückgang
der Epidemie bemerkbar. Besonders im Osten ist dies der Fall. In den
drei Wochen vom 3. bis 23. December v. J. zeigten die nachstehenden
Städte folgende Gesammtmortalität. auf 1000 Einwohner: Königsberg 36,1,
33,0, 31,4; Elbing 43,3, 46,9, 30,0; Danzig 42,6, 44,3. 34.2; Stettin
304 23.7, 22.5; Posen 33,3, 81,1, 21,4.— Berlin (18,4), Charlotten¬
burg (14,8), Rixdorf (20,9) hatten in der letzten Berichtswoche geringe
Sterblichkeit, wieder höhere dagegen Potsdam (85,4) und Spand au
(34.8). In Lübeck (32,2, 38,3. 29,1), Hamburg (24,8, 21,0, 17,3),
Bremen (28,6, 23,5, 14,7) hat sich der Zustand wesentlich gebessert, da¬
gegen war in Kiel die Sterblichkeitsrate in der letzten Woche noch
36 6%o. In den Rheinlanden scheinen besonders Bonn (38,6), Dort¬
mund (33.8), Münster (38,9), Remscheid (39,3) schwer betroffen. In
Darmstadt ist die Sterblichkeit in den letzten fünf Wochen stetig von
43,2 auf 15,9 zurückgegangen. Günstig liegen die Verhältnisse auch in
Frankfurt a. M. und Mainz. Die badischen Städte hatten noch eine
verhältnissmässig hohe Sterblichkeit. In Süddeutschland fallon sonst
Mühlhausen, München, Augsburg durch hohe Ziffern auf. Im
Königreich Sachsen zeigt nur Zwickau hohe Sterblichkeit. Die Zahl der
gemeldeten Influenzatodesfälle ist fast überall geringer geworden.
In Berlin wurden in den letzten beiden Berichtswochen 31 bezw. 21, in
Königsberg 13,6, in Danzig 20,7, in Hamburg 14,9, in Frank¬
furt a. M. 12,5, in Lübeck 16.4, in München je 12, in Stuttgart
8,14 Todesfälle gemeldet. — In Kopenhagen und Stockholm herrscht
die Seuche stark, an ersterem Orte wurden 1514 (10) und 1335 (13), an
letzterem 460 (12) und 424 (14) Erkrankungen (Todesfälle) angezeigt. In
London betrug die Zahl der Influenzatodosfälle 164 und 147 während der
letzten beiden Berichtswochen. Einzelne Todesfälle werden aus Moskau,
Amsterdam, New-York berichtet. In den österreichisch-ungarischen
Staaten scheint die Epidemie bis jetzt milde aufzutreten; nach Wiener
Blättern war in der letzten Woche eine rapide Abnahme derselben in
Wien bemerkbar. Sperling.
X. Therapeutische Mittheilungen.
Um sch an über die neueren Arzneimittel im Jahre 1893.
Von Dr. I. Boas in Berlin.
(Fortsetzung aus No, 1.)
II. Hypnotioa und Anaesthetica.
1. Trional und Tetronal. Schon in unseren letzten beiden Be¬
richten (für 1891 und 1892) konnten wir über die günstigen Erfolge mit
den beiden neuen hypnotischen Mitteln berichten. Die Erfahrungen des
verflossenen Jahres haben im ganzen die günstige Prognose, die wir in
der Umschau des vorigen Jahres dem Mittel stellten, bestätigt. Dass
Nebenwirkungen nicht ganz ausbleiben, ist bei der Verwandtschaft der
genannten Hypnotica mit dem Sulfonal nicht zu verwundern. Doch
sind dieselben verglichen mit denen bei Sulfonal geringfügig. So beob¬
achtete Köppers drückendes, unangenehmes Gefühl im Kopf, Schläfrig¬
keit, starke Empfindlichkeit gegen Geräusche und Hyperästhesie der
Haut. Ungünstige Einwirkungen auf das Herz beobachtete Köppers
bei einem Patienten mit Vitium cordis und warnt daher vor der Anwen¬
dung des Trional bei Herzkranken im Stadium der Compensations-
störungen. J. B. Mattison beobachtete in einzelnen Fällen Magen¬
schmerzen, in einem Falle Erbrechen nach Gebrauch von Trional. Dass
das Trional aber selbst in grosson Dosen nicht wesentliche toxische Eigen¬
schaften besitzt, folgt aus einem von 0. Co 11 atz mitgetheilten Vergif¬
tungsfalle, wobei von einem Epileptiker 8 g Trional auf einmal in selbst¬
mörderischer Absicht genommen wurden. Ausser einem tiefen Schlaf,
Schmerzen im Leibe, Harndrang mit Retentio urinae traten keine beson¬
deren Erscheinungen ein. Bemerkenswerth ist, dass in dem genannten
Falle bald nach Einnahme dos Hypnoticums ein epileptischer Anfall er¬
folgte. Bezüglich der hypnotischen Wirkung des Trionals wird dieselbe
von mehreren Seiten (M. Horvath, Köppers, Mattison) als der Sul-
i'onalwirkung überlegen bezeichnet und zwar ans dem Grunde, weil der
Schlaf schneller ein tritt. Uebrigens scheint das Tetronal das energischer
wirkonde von beiden Hypnoticis zu sein. Mattison lenkt besonders auf
die überraschenden Erfolge die Aufmerksamkeit, die er mit Trional bei
Agrypnie infolge übermässigen Gebrauches von Morphium, Chloral, Cocain
erzielt haben (will. Zu erwähnen ist noch, dass Trional imd Tetronal
ebenso wie Sulfonal anidrotisek wirken, wozu bereits 0,25—0,5 g genügen.
Dosis und Anwendungsweise: In den meisten Fällen genügt
eine Dosis von i g, bei stärkeren Erregungszuständen 1,5—2 g. Zweck¬
mässig ist die Lösung des Mittels in warmem Wasser, Theo, Bouillon,
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Milch kurz vor dem Schlafengehen. Wo die Einnahme per os verweigert
wird, kann man das Mittel mit gutem Erfolge auch per rectum geben.
Litteratur: H Köppers, Inaug.-Diss. Würzburg 1893. M.Hor¬
vath Ungar. Arch. für Medicin 1892. Mattison, Medic. News 1893.
Collatz, Berl. klin. Wochenschr. 1893, No. 40. .
2. Pental. In unserer lotzten Umschau haben wir eme ausführ¬
liche Üebersicht über die Erfahrungen mit Pental gegeben und darauf
hingewiesen, „dass ein abschliessendes Urtheil über den Werth und die
Gefahren des Mittels zur Zeit noch nicht gefällt werden kann. Schon zu
dieser Zeit lagen Mittheilungen über einige höchst auffallende und zur
grössten Vorsicht mahnende Nebenwirkungen vor. Im abgelaufenen Jahre
hat sich die Zahl der Unglücksfälle nach Pentalgebrauch noch gesteigert.
Wir verweisen in Bezug auf die toxikologische Frage auf die un ver¬
flossenen Jahre von Rieh. Friedländer erschienene zusammenfassende
Studie und begnügen uns mit dem Hinweis, dass nach den Thierexpen-
menten von H. Rieth das Pental in drei verschiedenen Richtungen auf
die Athmung einwirkt; es erfolgt nämlich: 1) Athmungsstillstand infolge
von Reflexwirkung vom Trigeminus aus. 2) Steigerung der Frequenz und
Tiefe der Athemzüge infolge Reflexwirkung seitens der sensiblen Lungen¬
äste des Vagus. 3) Abnahme der Frequenz und Tiefe der Athmung in¬
folge herabgesetzter Thätigkeit des Respirationscentrums. Der Verfasser
kommt in seiner Arbeit zu dem Schluss, dass das Pental für kurzdauernde
Operationen, 'welche keine vollständige Muskelerschlaffung erfordern, ein
brauchbares, aber keineswegs gefahrloses Narcoticum ist. Die ge¬
fährliche Wirkung besteht darin, dass bald nach Eintritt der Anästhesie
ein Stillstand der Athmung bewirkt wird, dem ein secundäres Auf hören
der Herzthätigkeit sich anschliesst. Gleichsam als Illustration hierzu dienen
zwei von Sick aus dem Neuen Hamburger Krankenhause im vorigen
Jahrgang dieser Wochenschrift mitgetheilte Todesfälle nach Pent&l-
narkose. In beiden Fällen handelte es sich um respiratorisch und circu-
latorisch durchaus gesunde Menschen, so dass die Todesursache aus¬
schliesslich auf das Pental zurückgeführt werden muss. Verfasser warnt
daher vor der Anwendung des Pental als Narcoticum. < Ausserdem ist,
wie aus den politischen Zeitungen bekannt wurde, auch in der Hallenser
Zahnklinik ein Todesfall nach Pentalnarkose bekannt geworden, über dessen
nähere Umstände wir mangels entsprechender authentischer Nachrichten
kein Urtheil abgeben können. Das Mittel ist bekanntlich schon einmal
im Jahre 1856 in England zu ausgedehnter Anwendung gelangt, bis im
Jahre 1857 kurz auf einander zwei Todesfälle mit dem damals Amylen
genannten Anästheticum dem Mittel den Todesstoss versetzten. Dem
Amylenum redivivum scheint kein besseres Schicksal bevorzustehen!
Litteratur: R. Friedländer, Therap. Monatsh. 1893 Januar.
M. Bauchwitz ibid. Juli. H. Rieth, Inaug.-Diss. Tübingen 1893.
Sick, Diese Wochenschrift 1893, No. 13.
8. Hypnnl. Hypnal, ein zuerst von Bardet 1890 hergestellter Körper,
ist eine Verbindung von Chloralhydrat und Antipyrin und wurde erhalten
durch Mischen concentrirter Lösungen gleicher Theile Chloralhydrat und
Antipyrin. Es stellte sich aber heraus, dass es verschiedene, theils wirk¬
same, theils unwirksame Verbindungen von Chloralhydrat und Antipyrin
giebt. Neuerdings hat Herz unter Leitung von Filehne ein wirksames
Präparat dargestellt, das von den Höchster Farbwerken in den Handel ge¬
bracht wurde. Das Präparat löst sich leicht in siedendem Wasser,
schmilzt bei 67,5° C und giebt mit Eisen Chlorid und Natriumnitrit die
charakteristischen Antipyrinreactionen. Es hat die Formel
ÖCLj ’ CH(OH)a ’ C,i HiaNvO .
und hat einen Gehalt von 45o/ 0 Chloralhydrat und 55% Antipyrin. Die schlaf-
machende Wirkung des Mittels hängt nun nicht allein von dem Chloral¬
hydrat, sondern auch von dem Antipyringehalt ab. Besonders indicirt ist
das Mittel bei leichteren Aufregungszuständen Geisteskranker, bei begin¬
nendem Delirium tremens, Chorea minor, während schwerere Aufregungs¬
zustände die Anwendung von Chloralhydrat bezw. Hyoscin erheischten.
Essentielle Schlaflosigkeit, sowie Schlaflosigkeit infolge von Schmerzen
werden durch das Mittel erfolgreich beeinflusst. Die hypnotische Wir¬
kung tritt 20-30 Minuten nach der Aufnahme des Mittels ein. Er¬
brechen wurde nur bei schwereren Magenerkrankungen beobachtet.
Anwendungsweise und Dosis (nach Filehne): Da das Mittel
fast geschmacklos ist, so kann es einfach in wässeriger Lösung gegeben
werden ev. mit Zusatz von Sirupus Aurantiorum corticum oder aromatischer
Tinctur, oder in Pulverform gereicht werden. Die Dosis beträgt 1,0—1,5-^-
2,0—3,0 g. Filehne verschreibt Rp. Hypnali (Höchst) 10,0 solve m
Aqu. dest. 100,0. DS. Abends 1 Esslöffel z. n. Bei nicht eintretender
Wirkung kann man nach % Stunde noch einen Esslöffel geben; statt
Aqu. dest. 100 kann man auch Aqu. dest. 80,0 und Sir. Aur. cort. 20.U
verschreiben, oder Hypnali (Höchst) 1,0 f. pulv. d. t. dos. X. S. Nach
Vorschrift Abends ein Pulver z. n.
Litteratur: Filehne, Berl. klin. Wochenschr. 1893, No. 5.
4. Aethylchlorid. Das Aethylchlorid ist eine farblose Flüssigkeit, von
nicht unangenehmem, ätherischem Geruch, die bei ca. 10° C siedet. Es
ist ein Substitutionsproduct des Aethylalkohols (CaHs -OH), in welchem
das Hydroxyl durch Chlor ersetzt ist. Es wird aus Alkohol und Chlor¬
wasserstoffsäure hergestelllt. Seine Wirkung beruht auf seiner raschen
Verdunstung, wodurch es dem Körper, den es benetzt, schnell Wärme
entzieht. Das Aethylchlorid kommt in kleinen, geschlossenen, capmär
auslaufenden Glasröhrchen von 12 cm Länge in den Handel. Zum bre;
brauch befindet sich nahe am Ende des Röhrchens ein Feilstrich, bei
dem die Spitze abgebrochen wird. Hierauf wird das Röhrchen in die
volle Faust genommen und direkt auf den afficirten Theil gerichtet. D a
das Aethylchlorid bereits bei 10o C siedet, so genügt die Wärme der
Hand, um den Inhalt der Röhre zum Sieden zu bringen. . Durch die
hierdurch in derselben entstehende Tension wird die Flüssigkeit in fernem
Strahle durch die geöffnete Capillare herausgetrieben, ln den meisten
Fällen genügt der Inhalt eines Röhrchens (10 g enthaltend) für die An-
Original from
university of michigan
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
II Januar. DEUTSCHE MEDICIN1S
irendnng, in seltenen Fallen sind zwei Röhrchen erforderlich. Der Effect
des Aethylchlorid ist zunächst Röthung, dann Weisswerden der betreffen¬
den Stelle, von da an tritt Eisbildung in Form eines schneeartigen Ueber-
znges auf. Nach den Untersuchungen von Gans an Kaninchen hat das
Mittel selbst bei wiederholter Anwendung keinen ungünstigen Einfluss
auf die Hautcirculation. Praktische Versuche am Menschen sind zunächst m
der Zahnheilkunde angestellt. Sodann ist das Mittel in einer Publication von
Rougier bei Intercostalneuralgieen und von S. Ehrmann als Local-
anästheticum bei Scarificationen, Eröffnung von Furunkeln, Bubonen, Acne-
knoten. Pusteln, Abtragung kleiner Geschwülste und namentlich bei
Lupusbehandlung empfohlen worden. Aus dem verflossenen Jahre liegt
eine Mittheilung von Edgar Gans vor, der das Mittel bei Supraorbital¬
neuralgie. Neuralgie der Brustdrüse, Lumbago, Gichtanfällen, Migräne,
Pruritus scroti mit Erfolg versuchte.
Litteratur: Rougier, Bull, mddic. et du dispensaire gdneral de
Lvon 1890. No. 10. Ehrmann, Wien, medicin. Wochenschr. 1890,
No. 26. Edgar Gans, Therap. Monatsh. 1893, Märzheft.
Ueber die Verwendung des Gunjakols durch Schüller.
Von Prof. Dr. H. Griesbach.
Man findet in der Welt immer Leute, die sich infolge einer höheren,
mehr oder weniger verdienten Lebensstellung über weniger Bevorzugte*
derartig erhaben fühlen, dass sie glauben, dieselben nicht beachten zu
dürfen. Leider giebt es etwas Analoges manchmal auch in der Wissen¬
schaft. Daraus entspringen dann leicht gewisse literarische Unarten eines
Autors, die darin bestehen, bei der Bekanntmachung einer Arbeit über
Dinge, die ein anderer bereits beschrieben oder anders gesehen oder ge¬
deutet hat. wissentlich Stillschweigen zu bewahren. Glücklicherweise lässt
eine unparteiische Kritik derartigen Schäden, für die es keine Entschuldigung
giebt, stets schonungslose Rüge zu Theil werden. Für den Betheiligten
aber — ich rede aus Erfahrung — ist es natürlich wenig erfreulich, wenn
er sich in historischen oder litterarischen Angaben, in denen sein Name
nicht fehlen sollte, unberücksichtigt oder vergessen fühlt.
Herr Prof. Schüller wird, wenn er andere Arbeiten von mir durch-
sieht hoffentlich die Ueberzeugung gewinnen, dass ich die einschlägige
litteratur nach bestem Wissen anführe, auch die kleinste mir bekannt
gewordene Notiz nicht unberücksichtigt lasse, und dass es daher im
vorliegenden Falle nicht meine Absicht gewesen sein kann, ihm seine
Priorität hinsichtlich der Anwendung des Guajakols zu bestreiten.
Allem man kann nicht alles kennen, und ich bin daher Herrn Prof,
bchüller sehr dankbar, dass er mich auf seine Arbeiten, welche ich beim
buchen der Guajakollitteratur nicht gefunden hatte, aufmerksam machte.
Oass sie mir entgangen, liegt wohl zum Theil daran, dass man unter dem
iitel: Experimentelle und histologische Untersuchungen über die Ent¬
stehung und Ursachen der skrophulösen und tuberkulösen Gelenkleiden,
und selbst unter dem Zusatz: nebst Studien über die tuberkulöse Infection
venn^h«?^ ersuchen ’ nicbt gleich ein e Behandlung mit Guajakol
UW* ^ b . t . H ® rr P^f. Schüller wohl zu, wenn er auf p. 1707 der
SrSft Presse von 1887 No. 50 - nicht No. 52 - wo er
t Sah J- wahrt * sa ^, dass seine Versuche, .weil
weiteren Buch « e veröffentll cht wurden, augenscheinlich in
weiteren kreisen nicht bekannt“ wurden.
kulosebesonlw: ^ eI: Eiae n ® ue Behandlungsmethode der Tuber¬
auf die Veru- 7 der cbi roi'g^ c hen Tuberkulosen kann man nicht gleich
demselben * V ° D Glli,J Ü ko L 1 »chliessen. Was nun die Anwendung
Gabli mbel<U1 ^ so konnte die Kenntnis!
satze von Home P^vatmittheilung erhalten werden; denn in dem Auf-
nebt deÄ iK? rage j me(bcmische Wochenschrift 1888, No. 17, p. 149)
d ^ SS n er darüber v °r Sahli nichts publicirt hatte
icb ^0 von Herzen zustimme,
^bte zu wahren 1n h nS Che G A er f btlgke ^ verlan gt, sich seine Prioritäts-
anderweititr zu wirw me ^ em .i^ U ™ abze uber ^ as ch em i sc h reine Guajakol
imInteresse d^»^ P T henden Bemerkungen Anlass findet, so dürfte es
würden; denn der Bemerkungen von ihm gemacht
durch “/er Wissenschaft wird wesentlich da-
, dass man seine Memungen unumwunden austauscht.
Zungen iS r H- skr , ankenvere ^ ü bafc in seine Bestim-
^fglnommen Arzneiverkebr ^r 1894 folgende Maglstralformeln neu
x> n L P^ eum Chloroformii.
ttp. Chloroform. 20 0
Olei Rapae 80,0
p p P, u .l v is antirhachiticus.
«P- Calcu carbon. praecip. 32,0
» # Phosphor. 15,0
Jemladaci 3.0
oacchan Lactis 50.0
Rn Chloroforraii.
Cnlorofonnii 20 0
Spiritus camphor. 80*0
U Rn U A^!7 m dia chylon carbolisatum.
«P- Acidi carbohci liquef. 1 0
Unguenti diachylon ad 50*0
Rn A Gn S u . en tnm Ichthyoli.
«P- Ammonu sulfo-ichthyolici 10.0
Adipi8 suilli 40 0
Unguentum rubrum sulfuratum.
Rp. Hydrargyri sulfurati rubri 0.5
Sulfuris subHmati 12,5
Olei Bergamottao 0*5
Vaselini americani . ad 50,0
Die Zahl der Magistralformeln ist hierdurch auf 92 gestiegen.
Tnh^n/i 11 seineü Berichten über die Behandlung des Lnpus mit
Tnberknlin kommt Kossel (Dermatol. Zeitschr. I., 1, 1893) auf Grund
der Beobachtungen im Institute für Infectionskrankheiten zu dem Schlüsse
dass eine combmirte chirurgische und specifische Behandlung mit Tuberkulin
bei der Heilung des Lupus und der tuberkulösen Hautaffectionen über¬
haupt Platz zu greifen habe. Es wurden im Institute im ganzen 33 Ludus-
kranke behandelt. Alle bis auf einen Patienten mit Lupus der Nates
litten an Lupus des Gesichtes. Boi der Differenzirung der Hauttuberkulose
von syphilitischen oder unschuldigeren lupusähnlichen Hauterkrankungen
bess das Tuberkulin niemals im Stich, und eine lokale Reaction trat nur
bei wirklich tuberkulösen Erkrankungen auf. Es wurde mit Dosen von
0,1 bis 0,5 Müligramm begonnen und dann die Dosen so gewählt, dass
stets deutliche lokale Reactionen auftraten. Die Injectionen wurden meist
m drei bis viertägigen Pausen gemacht. Man muss mit möglichst kleinen
Hosen lauge Zeit hindurch Reactionen erzeugen, so dass man allmählich
bis zur Enddosis von 0,1 g Tuberkulin steigt. Nach dieser Methode ist
es m dem Institute für Infectionskrankheiten gelungen, Lupusfälle zu
heilen, und fünf beigegebene Tafeln illustriren diese Beobachtungen. Ein
Patient starb während des Krankenhausaufenthaltes an tuberkulöser
Meningitis. Kossel kommt daher zu dem Schlüsse, dass das Tuberkulin
em unschätzbares und unentbehrliches Heilmittel für die tuberkulösen
Hautaffectionon darstellt. _
— G* Coupard und E. Saint-Hilairc (Revue de Laryngologie,
dOtologie et de Rhinologie) bezeichnen das Antlpyrin als eines der
kräftigsten örtlichen schmerzbeseitigenden Mittel bei Erkrankungen des
Pharynx und Lorynx. Es erscheine ihnen in manchen Fällen wirksamer
als Cocain, wenn es auch weniger anhaltend als dieses wirke. Sie
empfehlen es als werthvolles Mittel in allen schmerzhaften Erkrankungen
des Schlundes und des Kehlkopfes, insbesondere auch bei allen frischen
Entzündungen. In stärkeren Lösungen (4,0—16.0:10,0 Wasser) wird es
zwei- bis dreimal wöchentlich eingepinselt; in schwächerer Lösung
(6,0:200.0 Wasser) wird es dreimal täglich während fünf Minuten zer¬
stäubt eingeathmet. __ M. Bresgen.
- T A - Freudenberg (Berlin) empfiehlt im Centralbl. f. klin. Med.
1893, No. 26 nach seinen Erfahrungen bei ca. 30—40 Patienten Ichthyol¬
zäpfchen gegen chronische Prostatitis. Nur in wenigen Fällen ver¬
sagte die Medication; in den übrigen sah er, häufig in überraschend kurzer
Zeit, unter dem Gebrauch der Zäpfchen Rückgang bezw. vollständige
Heilung der subjectiven Beschwerden (Schmerzen beim Stuhlgang, Druck¬
gefühl am Damm, Urindrang etc.) und der objectiven Symptome
(Schwellung und Verhärtung der Drüse). Die Einzeldosis beträgt 0,3.
steigend bis 0,6, selten höher. Zu achten hat man darauf, dass das
Ichthyol gleichmässig im Zäpfchen vertheilt ist. Verf. verschreibt daher
Rp. Ammon, sulfoichthyol. 0,3—0,6—0.75. 01. Cacao 2,0—2,5 misce
exactissime f. suppositor. NB. Keine Hohlsuppositorien! Bei letzteren
fliesst nämlich nach dem Schmelzen der Cacaobutterhülle das unverdünnte
Ichthyol aus und erregt heftige Schmerzen und Stuhldrang.
__ Schwalbe (Berlin).
XI. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Der ordentliche Honorarprofessor in der medicinisclien
Facultät der Universität Leipzig, Dr. 0. Heubner, hat den an ihn er¬
gangenen Ruf auf den durch den Rücktritt Henoch’s erledigten Lehr¬
stuhl der Kinderheilkunde an der Universität Berlin angenommen.
— Der Privatdocent in der medicinisehen Facultät der Universität
Berlin Dr. Winter ist zum a. o. Professor ernannt. Den Privatdocenten
Dr. 0. Lassar, Dr. E. Remak, Dr. J. Veit und Med.-Rath Dr. P. Güter¬
bock ist das Prädicat Professor, dem Secundärarzt an der Universitäts-
Frauenklinik Prof. Dr. Winter und dem ersten Assistenten an der chirurgi¬
schen Universitätsklinik Privatdocenten Dr. Schlange die Amtsbezeich¬
nung als Oberarzt beigelegt worden.
— Mit Rücksicht auf den Internationalen medicinisehen
Congress in Rom ist der diesjährige Chirurgencongress auf den 18.
bis 21. April verlegt.
— Der bisher mit dem Kreisphysikat Teltow vereinigt gewesene
Stadtkreis Charlottenburg soll von jenem abgetrennt und als be¬
sonderes Kreisphysikat eingerichtet werden. Das betreffende Physikat war
bisher in Bezug auf Einwohnerzahl (300000) das grösste im preussischen
Staate.
— Dr. A. Blaschko hat in der Friedrichstrasse 104a eine Privat¬
klinik für Haut- und Geschlechtskranke errichtet. Die Poliklinik
befindet sich seit 1. Januar Köpenickerstrasso 68. — Dr. Georg Müller
hat seine orthopädische Anstalt und Klinik nach der Friedrich¬
strasse 23 II verlegt.
— In Berlin hat sich ein Verein für gesundheitsgemässo Er¬
ziehung der Jugend gebildet. Den Vorstand bilden die Herren
Direktor Dr. Schwalbe. Dr. Jacusiel, Lehrer Siegert, Lehrer Janke,
Dr. Sommerfeld und Taubstummenlehrer A. Gutzmann.
— Bonn. Prof. Dr. Heinrich Hertz, einer der genialsten Physiker
der Jetztzeit, ist in dem jugendlichen Alter von 37 Jahren gestorben.
— Breslau. Die Deutsche Dermatologische Gesellschaft
hält am 14. Mai und den folgenden Tagen in Breslau ihren IV. Congress
ab. Als wissenschaftliche Hauptthemata sind auf die Tagesordnung gesetzt:
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
48
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2
Ueber die modernen Systematisirungsversuche in der Dermatologie (Ref.
Prof. Dr. Kaposi [Wien]); Ueber den gegenwärtigen Stand der Lehre
von den Dermatomykosen (Ref. Prof. Dr. Pick [Prag]).
— Paris. Der Y. Congress der französischen Irrenärzte
und Neurologen wird vom 6.—11. August 1894 in Clermont-
Ferrand abgehalten werden. Auf der Tagesordnung stehen folgende
Gegenstände: Ueber die Beziehungen zwischen Hysterie und Geisteskrank¬
heit; Ueber periphere Neuritis; Die Vorbeugungsmaassregeln und die Gesetz¬
gebung gegen den Alkoholismus. — Es ist ein Comite zusaramengetreteu.
welches die Errichtung eines Denkmals ftlr Charcot in die Hand ge¬
nommen hat. Der „Conseil general de la Seine“ hat demselben 500 Fr.,
der Pariser Municipalrath 1000 Fr. zur Verfügung gestellt.
— Budapost. Der VIII. Internationale Congress für Hygiene
und Demographie wird am 2. September eröffnet werden und bis zum
9. September dauern. Das wissenschaftliche Programm ist bereits versendet,
und Anmeldungen von Vorträgen sind in grosser Zahl erfolgt. Auch die
im Anschluss an den Congress zu veranstaltende hygienische Ausstellung
wird bereits vorbereitet; dieselbe wird sich von den bisherigen ähnlichen
Ausstellungen dadurch unterscheiden, dass sie keine Industrieausstellung
sein, sondern nur solche Gegenstände umfassen wird, welche zur Er¬
klärung und zum Studium der in das wissenschaftliche Programm auf¬
genommenen und auf dem Congress zum Vortrag gelangenden Fragen
dienen. Zu den wichtigsten und interessantesten Berathungen wird die
für den vierten Sitzungstag anberaumte grosse Diphtheritisdebatte
zählen. Diese Frage gelangt bekanntlich im Sinne der Beschlüsse des
Londoner Congresses zur Verhandlung, und es wurde dieselbe durch das
Executivcomitd auf dor breitesten und zwar auf internationaler Grundlage
derart vorbereitet, dass in jedem Lande eine besondere Commission nach
gründlichem Studium seine Vorschläge verfasst, welche in der vereinigten
Sitzung der Sectionen für Bacteriologie, Prophylaxis und Kinderhygiene
die Grundlage der Berathung bilden werden. Das Präsidium in diesen
Commissionen haben in den einzelnen Ländern die folgenden Forscher
übernommen: in Deutschland Prof. Fr. Löffler (Greifswald), in Oester¬
reich Prof. Wiederhofer (Wien), in England Dr. Edward Seaton
(London), in Bayern Prof. H. Ranke (München), in Belgien Dr. Ed. Tor-
deus (Brüssel), in Frankreich Dr. Roux (Paris), in Ungarn Dr. Kornel
Chyzer (Budapest), in Italien L. Pagliani (Rom), in Schweden Prof.
E.. Almquist (Stockholm), in den Vereinigten Staaten Prof. Billings
(New-York), in Russland Prof. Nicolaus Filatow (Moskau), in Serbien
Dr. Paul Szteics, Oberphysiküs (Belgrad), in Spanien Prof. Francis
Criado y Aguilar (Madrid), in Rumänien Dr. D. Sergiu (Bukarest), in
der Schweiz Prof. Ed. Hagenbach-Burkhardt (Basel), in Dänemark
Prof. S. T. Sörensen (Kopenhagen), in Norwegen Prof. Axel Johanessen
(Christiania). Nach dem Congress wird ein Ausflug nach Konstantinopel
veranstaltet werden.
— London. Einen erfolgreichen Schritt zur Einschränkung
des Handels mit Geheimmitteln hat die Britische pharmaceutische
Gesellschaft gethan, indem sie durchsetzte, dass alle derartigen Präparate,
welche Gift enthalten — und bekanntlich enthalten viele Geheimmittel
Morphium, Chloroform und andere differente Stoffe — mit der Gift-
etiquette zu versehen sind. Dieser Maassregel wird der Rückgang des
Verkehrs mit Gehpimmitteln zugeschrieben, der sich in dem Abfall des
Ertrages der Geheimraittelsteuer um fast 20 000 £ von März 1892
bis März 1893 zu erkennen giebt. Bisher war der Ertrag dieser Steuer
in stetiger Zunahme begriffen gewesen.
— Der soeben abgeschlossenen officiellen Bevölkerungsstatistik
fttrFinnland im Jahre 1892 entnehmen wir, dass bei einer Bevölkerung
von 2431753 Personen im genannten Jahre 208 Personen im Alter von
mehr als 90 Jahren starben, und zwar 69 Männer und 139 Frauen. Davon
waren zwei Frauen 100—101 Jahre alt geworden und eine 105 Jahre.
— Im Verlage der F. A. Davis Company (Philadelphia, New-York,
Chicago und London) ist der sechste Jahrgang des von Charles E. Sajous
im Verein mit einer grossen Anzahl von Fachleuten herausgegebenen
Annual of the Universal medical Sciences erschienen. Der fünf starke
Bände umfassende Jahresbericht behandelt das gesammte Gebiet der me¬
dicinischen Wissenschaft und giebt, ähnlich wie die bekannten in Deutsch¬
land erscheinenden Jahrbücher, ein Gesammtbild des Fortschrittes der
vertretenen Fächer während des abgelaufenen Jahres. Die Mitarbeit einer
Reihe von Angehörigen aller Culturländer giebt dem Werke, obwohl es
in erster Linie für amerikanische Aerzte bestimmt ist und die bekanntlich
sehr umfangreiche amerikanische Fachlitteratur berücksichtigt, ein inter¬
nationales Gepräge.
— Im Verlage von Max Jaffe, Kunstverlagsanstalt in Wien, ist er¬
schienen: Professoren der Chirurgie unserer Zeit an den Universi¬
täten von Oesterreich-Ungarn, Deutschland, der Schweiz, Belgien, Holland,
Dänemark, für das 25jährige Professorenjubiläum des Herrn
Hofrath Dr. Theodor Billroth gesammelt und herausgegeben von Dr.
med. Heinrich Rieger und nach den Originalphotographieen in Licht¬
druck ausgeführt von Max Jaffd.
— Das Vademecum der Gebursthülfe für Studirende und
Aerzte von Dr. M. Lange, Privatdocenten für Geburtshülfe und Gynä¬
kologie an der Universität Königsberg i. Pr. (Verlag von Ferd. Beyer’s
Buchhandlung [Thomas & Oppermann], Königsberg 1893) liegt bereits in
zweiter vermehrter und verbesserter Auflage vor. Der Umstand, dass in
kaum zwei Jahren die erste starke Auflage dieses Buches vergriffen ist,
zeigt zur Genüge, •welch’ freundliche Aufnahme dasselbe gefunden hat. —
ln demselben Verlage ist ferner zur Ausgabe gelangt ein Compendium
der Hautkrankheiten einschliesslich der Syphilide und einer
kurzen Kosmetik für Studirende und Aerzte von Dr. S. Jessner in
Königsberg i. Pr.
— Im Verlage von Gustav Fischer in Jena ist zur Ausgabe gelangt:
Die diätetische Behandlung der Magendarmerkrankungen, mit
einem Anhang: Die diätetische Küche, von Dr. C. Wegeie, Arzt in Bad
Königsborn (Westfalen). Verfasser hat ^ einen Diätplan ausgearbeitet,
welcher sich möglichst streng an die Fortschritte der Diagnostik der
Magendarmerkrankungon anschliesst, während er im Anhänge eine genaue
Anleitung zur Bereitung bestimmter, den geschwächten Verdauungsorganen
angepasster Speisen giebt.
— Im Verlage von Harald Bruhn (Braunschweig 1893) ist erschienen:
Der Tuberkelbacillus und die Tuberkulinlitteratur des Jahres
1891, als Separatausgabe des Kapitels „Tuberkelbacillus“ aus dem Jahres¬
bericht über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikro¬
organismen, herausgegeben von Prof. Dr. med. P. Baumgarten in Tü¬
bingen.
— Universitäten. Marburg. Die Leitung der durch Prof. Cr am er’s
Tod erledigten Universitätsirrenklinik ist Prof. Tuczek übertragen worden.
— Freiburg i. B. Der Assistent am pathologischen Institut Dr. H.
Stroobe hat sich als Privatdocent für pathologische Anatomie habilitirt.
— Graz. Dem Priv.-Doc. Dr. A. Ritter v. Hei der ist der Titel eines
a. o. Professors beigelegt. — Innsbruck. Zum Nachfolger des nach Graz
berufenen Professors der Augenheilkunde Dr. Borysiekiewicz ist Prof.
Dr. Czermak ernannt. — Lüttich. Der a. o. Professor der allgemeinen
Pathologie Dr. Francotte ist zum ordentlichen Professor ernannt. —
Groningen. Dr. Reddingius ist zum Professor der allgemeinen Patho¬
logie und pathologischen Anatomie ernannt. — Upsala. Dr. A. 0. Letfors,
bisher Docent in Lund, ist zum Professor der Geburtshülfe und Frauen¬
krankheiten ernannt worden. — Stockholm. Prof. Rossander hat
seinen Abschied genommen. — Christiania. Dr. med. Chr. Leegaard
hat sich als Docent für Nervenkrankheiten niedergelassen. — Oxford.
Der Lector Dr. Arthur Thomson ist zum Professor der Anatomie er¬
nannt. — Chicago. Dr. J. B. Murphy ist zum Professor der Chirurgie
am College of Physicians and Surgeons ernannt.
XII. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Sammelwerke, Jahresberichte u. s. w. Bibliothek
der gesammten medicinischen Wissenschaften für praktische
Aerzte und Specialärzte, herausgegeben von Hofrath Professor
Dr. A. Dräsche. I. Abtheilung (Interne Medicin und Kinderkrankheiten),
11. Heft. — II. Abtheilung (Pharmakologie und Toxikologie), 7. und
8. Heft. Wien und Leipzig, Max Merlin, 1893.
Verhandlungen der Gesellschaft Deutscher Naturforscher
und Aerzte. 65. Versammlung zu Nürnberg, 11-.—15. September 1893.
Herausgegeben im Aufträge des Vorstandes und der Geschäftsführer von
A. Wangerin und 0. Taschenberg. I. Theil: Die allgemeinen Sitzungen.
158 S 0 Leigzig, F. C. W. Vogel, 1893.
Arsberättelse frän Sabbatsbergs Sjukhus i Stockholm för
1892. Herausgegeben von Dr. F. W. Warfvinge. 264 S. Stockholm,
Isaac Marcus, 1893.
Anatomie. R. Klemensiewicz: Ueber Entzündung und
Eiterung. Histologische Untersuchungen an der Amphibienhomhaut.
Abdruck aus der Festschrift für Alexander Rollet zur Feier seines
dreissigjährigon Jubiläums als Professor. 57 Seiten Text und vier Tafeln.
Jena, Gustav Fischer, 1893.
Chirurgie. W. Martig, Beiträge zur Chirurgie der Gallenwege.
Mittheilungen aus Kliniken und medicinischen Instituten der Schweiz
I. Reihe, 3. Heft. 391 S. Basel und Leipzig, Carl Sallraann, 1893.
Geburtshillfe und Gynäkologie. A. Koettiiitz, Ueber Becken¬
endlagen. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge N. F. No. 88.
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1893.
Hygiene und Sanitätspolizei. Handbuch der Hygiene, heraus¬
gegeben von Dr. Th. Weyl. I. Band, I. Abtheilung, zweite Lieferung:
v. Fodor, Hygiene des Bodens mit besonderer Rücksicht aut
Epidemiologie und Bauwesen. 246. S. 4,50 Mark. Jena, Gustav
Fischer, 1893.
J. Oscar Peterson, Unsere Nahrungsmittel in ihrer volks-
wirthschaftlichen und gesundheitlichen Bedeutung. Eine
praktische Ernährungslehre für Gesunde und Kranke. 335 S. Stuttgart,
A. Zimmer’s Verlag, 1894.
Innere Medicin. Stanislaus Klein, Die diagnostische Ver-
werthung der Leukocytose. Vollkmann’s Sammlung klinischer Vorträge.
N. F. No. 87. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1893.
Mikroorganismen und Aetiologie der Infectionskrankheiten.
Arnd, Ueber die Durchlässigkeit der Darmwand eingeklemm¬
ter Brüche für Mikroorganismen. Aus dem bacteriologischen Labo¬
ratorium des Herrn Prof. Dr. Tavel in Bern. Mittheilungen aus Kliniken
und medicinischen Instituten der Schweiz. Basel und Leipzig, Carl Sall-
mann, 1893.
Militärsanitätswesen. W. Roth’s Jahresbericht über die
Leistungen und die Fortschritte auf dem Gebiete desMilitär-
sanitätswesens, herausgegeben von der Redaction der Deutschen
militärärztlichen Zeitschrift. XVIII. Jahrgang. Bericht für das Jahr 1892.
Supplementband zur Deutschen militärärztlichen Zeitschrift. 216. S. Berlin,
E. S. Mittler & Sohn, 1893.
Physiologie und physiologische Chemie. K. Francke, Die
Schwankungen der Reizzustandsgrösse, d. i. der Intensität bezw.
des Umfangs des Lebens im menschlichen Körper. 32 Seiten Text und
93 Abbildungen. Leipzig, Georg Thieme, 1893.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
18. Januar 1894.
JV 3 .
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin
Lafcowir. 60a. Potodamaratr. 116. Poatadreasa: Lalpalg, Seabunsstr. 3L
Potsdamerstr. 116.
I. Ans der chirurgischen Universitätsklinik in Königsberg i. Pr.
Ueber Drucklähmungen im Gebiete des
Plexus brachialis.
Von Professor H. Braun.
1. Ueber Narkosenlähmiingeu.
Mehrfache Beobachtungen, welche ich im Laufe der Jahre über
Lähmungen im Gebiete des Plexus brachialis bei Personen, welche
längere Zeit chloroformirt waren, zu machen Gelegenheit hatte,
veranlassen mich zu dieser Mittheilung, die mir um so gerecht¬
fertigter erscheint, als seither diese Lähmungen fast keine Er¬
wähnung gefunden haben. Nichtsdestoweniger nehme ich mit Be¬
stimmtheit an, dass auch anderen Operateuren diese Lähmungen,
welche ich der Kürze wegen als Narkosenlähmungen (analog
der allgemein angenommenen Bezeichnung Schlaflähmungen) be¬
zeichnen möchte, vorgekommen sind, und hoffe, dass diese Publication
' eranlassuug zu weiteren, bestätigenden Berichten geben wird.
vor etwa zwölf Jahren sah ich als Assistent von Czerny in
Heidelberg: zum ersten male bei einer Dame, die wegen Deus laparo-
omirt wurde, unmittelbar nach dem Erwachen derselben aus der
-iilorofornmarkose eine vollkommene Lähmung des rechten N. ra-
|. la ls : . * Kranke, über deren Haltung des Armes in der Narkose
«ainals nichts näheres bemerkt wurde, starb bald nach der Operation,
o (asi> über den \ erlauf dieser Lähmung nichts weiter anzugeben ist.
hm.ge Jahre später fand ich bei einem Manne, der wegen
if . ein ? ek lemmten Leistenbruches operirt wurde, ebenfalls un-
Tyi.1 ar n ? C ^ J T PSSen Erwachen aus der Chloroformnarkose eine
uiimung des N. ulnaris und des N. medianus. Bei diesem
,1c, On" de [ rechte Arm während der etwa V/ 2 Stunde dauern-
HvnJLT * 1 ■ ld J er dea em P°rgezogen gehalten worden. Die
jperextensmn des Armes war so stark, dass dadurch der Puls
7ur rwf , ra ^ la ^ ls j . am Handgelenk vollständig unterdrückt wurde,
dass ifri rUD ^ d , leses Verhaltens war ich dadurch gekommen,
di e v . dlr k en< ^ ( * er Operation von dem unter meiner Aufsicht
als ein esar £ en den Studenten das Ausbleiben des Pulses,
Bei dem sntJür a r u .^ ören(ien Herzthätigkeit gemeldet wurde,
nicht die man ^u fÖ ^ en -^ onnte ^ j e( *och feststellen, dass
dos Armee o nde . ^ era action, sondern die zu starke Erhebung
einander Lmn / e \ e . n( ^ ei1 Pulse schuld war. Mehrmals hinter¬
er Puls in H 0 DS A? e - 1C1 d ? n ?’ wie durch Emporheben des Armes
schwinden ra( ^alis am Handgelenk zum völligen Ver-
kräftiir Zm v lch ^: er ^ en ^nnte, während derselbe sogleich wieder
Leider sind ^, am ’ S0 J )a ^ der Arm herabgesenkt wurde,
genaueren Anfvr,; l 6r den weiteren Verlauf dieser Lähmung die
SLml Z f! lni,n ? en fanden gekommen.
t>ei denen einp A^V^ dann no(dl ^ Franken, besonders solchen,
war. beobacht pI P uta yonder earcinomatösen Brustdrüse gemacht
Ungern oder eft S1 ® , ü ^ er unangenehme Empfindungen in den
EnJheinniSi, “ d . er Hand und den Fingern klagten,
*Ta»en wieder d0(dl ?* me weitere Behandlung meist in wenigen
y or j.“ 1 Volll £ verschwanden.
wieder ei ne 'sehwer^^j^r« 1100 ^ lan & er Zeit zum ersten male
Gütige AnnscImlterl'ihm ung ^^ oro ^ ormnar ^ ose entstandene doppel-
verfoigt und so11 des ‘
(lllrcl ‘ die meine ^ * n Gegenwart verschiedener Collegen, !
ÄUfiQerks amkeit von der Lagerung der Kranken abge- ,
lenkt war, wegen eines Carcinoms die Resectio pylori. Beide Hände der
Kranken waren, wie dies nachträglich festgestellt wurde, von dem die
Narkose besorgenden, sehr kräftigen Ammanuensen über den Kopf empor¬
gezogen worden, theils um den Puls besser controlliren zu können, theils
um das Herabfallen der Arme vom Operationstisch zu vermeiden, theils
um einem Hineingreifen der Hände in das Operationsfeld vorzubeugen.
Nach dem Erwachen aus der etwa zwei Stunden dauernden Narkose hatte
die Kranke an den beiden oberen Extremitäten gar kein Gefühl und
konnte auch nicht die geringste Bewegung mit den Armen und den
Händen ausführen, so dass sie sich in einem äusserst haltlosen Zustand
befand und, wie ich gleich erwähnen will, noch viele Wochen lang blieb.
Eine genaue Untersuchung der Muskeln konnte bei der schwachen Pa¬
tientin erst am 15. März, also sechs Tage nach der Operation ausgeführt
i werden. Dieselbe ergab, dass am rechten Arm ausser den Extensoren
sämratlicher Fingor noch gelähmt waren der M. triceps, M. biceps, M.
I brachialis internus, M. deltoideus, M. latissimus dorsi, M. supraspinatus und
M. infraspinatus. Wenig functionirte der M. cucullaris und der M. pectoralis
major, die Beuger der Finger und der Hand, die Musculi interossei, die
[ Muskeln des Daumen- und des Kleinfingerballens. Die Sensibilität war
vorhanden, wenn auch herabgesetzt, bis auf eine kleine Stelle am Daumen,
woselbst sie erloschen war. Noch vollkommener war die linke obere Ex¬
tremität gelähmt, an dor nur eine geringe supinirende Bewegung der
Hand activ ausgeführt werden konnte. Ausser den bei dem reckten Arm
als gelähmt angeführten Muskeln, zeigte auch der M. pectoralis major nur
spurweise Contractionen. Die Sensibilität war überall vorhanden, aber
herabgesetzt. Längere Zeit konnte die Kranke absolut keine Bewegungen
mit den Armen und den Fingern ausfükren, so dass ihr jede Lage-
yeründerung der Hände gemacht dass sie gefüttert werden musste uud
sich in trostloser, deprimirter Stimmung befand.
Am 13. April konnte man rechts Beugung und Streckung im Hand¬
gelenk und an den Fingern wahrnehmen, während die Schultermuskcln
noch alle gelähmt waren. Am linken Arm functionirteu der M. deltoideus
und die .Schultermuskeln wieder, nur war noch der M. pectoralis major.
der M. triceps und der M. biceps vollkommen gelähmt. Schwer ausführ¬
bar war die Pronation und Supination der Hand, ebenso die Beugung und
Streckung der Hand, die Beugung der Finger. Noch nicht möglich war
die vollkommene Streckung und die Spreizung der Finger. Bis Anfang
Mai konnte eine geringe Besserung in der Beweglichkeit der linken Hand
festgestellt werden. Am 10 Mai hatte Herr Privatdocent Dr. Valentin
die Güte, nochmals einen genauen Befund aufzunehmen. Dabei fand sich
am rechten Arm der M. cucullaris, ebenso wie der M. pectoralis major,
M. latissimus dorsi und M. triceps normal, schwach functionirte der M.
biceps, ferner alle anderen Vorderarm- und Handmuskeln mit Ausnahme
des M. supinator longus, der gelähmt war, ebenso wie der M. deltoideus.
der M. subscapularis, M. supraspinatus, M. infraspinatus, M. teres major
und M. teres minor.
Die faradische Prüfung ergab bei dem sehr schwachen M. biceps eine
Zuckung, ebenso rcagirten auch derM. deltoideus und der M. supinator longus.
Die Schulterblattmuskeln konnten nicht untersucht werden. Die galvanische
Untersuchung ergab in den Muskeln des Vorderarms und im M. biceps
normal schnelle Zuckungen, aber herabgesetzte Erregbarkeit; der M.
deltoideus und M. supinator longus gaben träge Zuckung, die K.S.Z. war
stärker als die A.S.Z. bei sehr stark herabgesetzter Erregbarkeit; Sensi--
bilitätsstörungen waren nicht nachweisbar. Am linken Arm wurde voll¬
kommen functionstilchtig gefunden: der M. cucullaris. M. deltoideus, M.
supraspinatus, M. infraspinatus, M. teres major und minor. M. pectoralis
major, M. latissimus dorsi, M. triceps, M. brachialis internus, und supinator
longus, während der M. biceps noch gelähmt w r ar, aber keine Entarfuugs-
reaction zeigte. Die Vorderarm- und Handmuskeln functionirteu alle,
wenn auch wenig. Bei faradiseher Erregung rcagirten alle Muskeln nor¬
mal, auch der M. biceps, ebenso verhielten sich alle Muskeln gegenüber
dem galvanischen Strom normal. Im M. biceps war keine Entartungs-
reaction nacbznweisen, ebensowenig in einem der anderen Muskeln. Sensi¬
bilitätsstörungen waren nicht vorhanden.'
Am 12. Mai wurde die Kranke entlassen, starb aber wahrscheinlich in¬
folge ihres Magencarcinoms am 2. Juli. Nach der gütigen Nachricht de?
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3
zuletzt behandelnden Arztes, des Herrn Stabsarzt Dr. Krause in Lötzen,
der die Kranke noch am 20. Juni, also etwa 13 Wochen nach der Operation
gesehen hatte, waren die Lähmungserscheinungen, besonders an dem rechten
Arm bedeutend besser geworden, aber ebensowenig wie an dem linken
Anne vollkommen verschwunden. .
Was nun die Aetiologie dieser verschiedenen, im Gebiete des
Plexus braeliialis vorgekommenen Narkosenlähmungen anlangt, so
sind dieselben jedenfalls entstanden durch eine sehr starke Ab-
duction oder Hyperextension des Armes, durch welche ein erheb¬
licher Druck auf die betroffenen Nerven ausgeübt wurde. Die
Stelle, an welcher dieser Druck stattfand, scheint mir aber bei den
verschiedenen Lähmungen nicht die gleiche zu sein.
In der zuletzt mitgetheilten Beobachtung handelte es sich
ohne allen Zweifel um eine Lähmung, welche durch den Druck der
Clavicula auf den Plexus brachialis in der Gegend des sechsten
und siebenten Halswirbels entstanden war. Die Theilnahme der
Schulterblattmuskeln, des M. pectoralis major und des M. latissimus
dorsi weisen mit Sicherheit auf diesen Punkt hin. Die Lähmungen
beider Arme bieten, abgesehen von kleinen Verschiedenheiten unter¬
einander, so grosse Aehnlichkeit mit der jetzt allgemein bekannten
Erb’schen Armschulterlähmung, dass auch die gleiche Ursache für
sie angenommen werden muss.
In den beiden anderen oben erwähnten Fällen, in denen einmal
der N. radialis, das andere mal der N. ulnaris und der N. me¬
dian us gelähmt waren, ebenso auch in denjenigen Fällen, in denen
Paresen und Parästhesieen nach der Chloroformnarkose beobachtet
wurden, scheint mir der Druck des Schlüsselbeins nicht die Ursache
für die Lähmung sein zu können, da es schwer erklärlich sein
dürfte, w r ie dadurch nur einzelne Nervenstämme so schwer ge¬
schädigt werden können, während alle anderen Nerven dem Druck
vollkommen entgehen.
Bei der Narkosenlähmung des N. radialis könnte man noch
daran denken, dass dieser Nervenstamm an seiner Umschlagsstelle
um den Humerus einen Druck erfahren könnte, wenn während der
Operation der Arm über die Kante des von mir benutzten hölzernen
Operationstisches herabhing. Jedoch ist mir nicht bekannt, dass
anderwärts derartige Erfahrungen bei diesem, besonders früher viel¬
fach gebräuchlichen, Operationstische gemacht worden wären: jeden¬
falls habe ich bei mehr als 10000 Kranken, die ich zum Theil auf
einem solchen Operationstische operiren sah, zum Theil selbst ope-
rirte, niemals etwas davon beobachtet. Viel 'wahrscheinlicher ist
mir, dass die Lähmung des N. radialis ebenso entstanden war,
wie die Lähmung des N. ulnaris und des N. medianus bei dem
zweiten von mir erwähnten Kranken, nämlich durch die starke Ab-
duction des Armes, durch welche ein Druck des Caput liumeri in
der Achselhöhle auf diese Nerven ausgeübt wurde. Als ein direkter
Beweis für einen solchen in der Achselhöhle stattfindenden Druck
muss das Verschwinden des Pulses in der Arteria radialis am
Handgelenk bei emporgezogenem Arme angesehen werden. Dasselbe
kann nur durch einen Verschluss der Arteria axillaris zustande
kommen. Eine Compression der Arteria subclavia durch das Schlüssel¬
bein, an welche man denken könnte, war sicherlich nicht die Ur¬
sache für diese Erscheinung, denn bei dem Emporziehen des Armes
geht die Clavicula in die Höhe, und das Gefäss wird von jedem
Drucke völlig befreit. Durch die entgegengesetzte Bewegung, durch
die Verschiebung der Scapula und indirekt auch der Clavicula nach
hinten und unten kann eher eine Compression der Arteria sub¬
clavia gegen die erste Rippe hervorgebracht werden, wie dies durch
die Untersuchungen von Klotz und von Adelmann auch längst
bekannt ist. Wenn aber die Arteria axillaris bei forcirtem Empor¬
ziehen des Armes durch den in die Achselhöhle stark vortretenden
Gelenkkopf des Humerus so vollkommen abgeplattet wird, dass
dadurch die Blutwelle aufgehalten werden kann, so müssen auch
unbedingt die dem Gelenkkopf noch näher liegenden Aeste des
Plexus brachialis ebenfalls stark gedrückt und gedehnt werden.
Von der Richtigkeit dieser Annahme kann man sich an der Leiche
unmittelbar überzeugen. Ganz bestimmt kann aber ein solcher
Druck und eine solche Dehnung, je nach der Dauer, eine leichte
oder eine schwere motorische und sensible Lähmung einzelner
Nerven herbeiftihren.
Meiner Ansicht nach werden also die in der Narkose entstan¬
denen Lähmungen des Plexus brachialis durch den Druck der
Clavicula, diejenigen einzelner Aeste desselben durch den Druck
des Caput humeri herbeigeführt.
Bei genauer Durchsuchung der Litteratur konnte ich über
Lähmungen, die in der Narkose entstanden waren, nur eine vor
kurzem durch Bernhardt 1 ) sehr ausführlich veröffentlichte Beob-
achtung finden. Dieselbe betraf eine Kranke, bei der im März
1892 eine über eine Stunde dauernde doppelseitige Salpingo-
*) M. Bernhardt, Ueber einen Fall von doppelseitiger, traumatischer
LMjmung im Bereiche des Plexus brachialis. Neurologisches Centralblatt
1892, p. 258,
Oophorectomie gemacht war. Während dieser Zeit waren die
beiden Arme von einem Assistenten mit ziemlicher Kraft nach
oben und hinten gehalten worden. Nach der Narkose fand man
beide Arme gelähmt. Die vollkommene Heilung dieser Lähmung
wurde angenommen, war aber zur Zeit der Publikation noch nicht
erfolgt.
Ueber Narkosenläkmungen einzelner Nervenstämme, die als
solche erkannt und mitgetheilt wurden, habe ich überhaupt keine
Notiz finden können. Nur eine von Seeligmüller 1 ) gemachte
Angabe fiel mir auf. Dieser Autor nimmt nämlich an. dass eine
Drucklähmung des N. ulnaris bei schwerfälligen Personen, die
lange Zeit in der Rückenlage zubringen müssen, vorkomme. Als
Beweis für die Richtigkeit dieser Angabe führt er eine mit An¬
ästhesie verbundene Lähmung im Ulnarisgebiete an, welche er bei
einer an Brustdrüsenkrobs operirten Dame fand, die eines hinzu¬
gekommenen Erysipelas migrans wegen lange Zeit in der Rücken¬
lage hatte aushalten müssen. Eich hörst, 2 ) der diese Angabe von
Seeligmüller in seinem Handbuch erwähnt, bringt keine eigene
Bestätigung für dieselbe bei. Mir erscheint diese Erklärung der Ul¬
narislähmung unwahrscheinlich. Wäre dieselbe richtig, so müssten
bei dieser häufig vorkommenden Gelegenheitsursache analoge Be¬
obachtungen doch auch von anderer Seite schon gemacht worden
sein, was meines Wissens aber nicht der Fall ist. Viel wahrschein¬
licher ist mir, dass diese von Seeligmüller beobachtete Läh¬
mung, analog der von mir beschriebenen, durch den Druck des Ge¬
lenkkopfes auf den N. ulnaris in der Achselhöhle entstanden war,
indem bei der Amputatio mammae und der Ausräumung der car-
cinomatösen Lymphdrüsen aus der Achselhöhle der Arm lange
Zeit stark in die Höhe gezogen worden war. Leicht kann aber
unmittelbar nach einer schweren Operation, zumal wenn bald ein Ery¬
sipel hinzutritt, eine Ulnarislähmung übersehen und erst später
zufällig erkannt werden. Uebrigens macht Seeligmüller keine
Angabe, wie lange nach der Operation die Lähmung gefunden
wurde. Mir selbst sind Paresen und Parästhesieen von kurzer
Dauer nach Mammaamputationen, wie schon oben erörtert, einige
male vorgekommen.
Wenn aber die Thatsache richtig ist, dass in der Narkose
durch eine starke Hyperextension des Armes Lähmungen einzelner
Nerven der oberen Extremität hervorgerufen werden, so ist auch
sehr wahrscheinlich, dass manche Schlaflähmungen dieselbe Ur¬
sache haben können. Sicherlich kann im tiefen Schlafe dieselbe
Stellung des Armes eingenommen werden, die bei genügend langer
Einwirkung eine Lähmung herbeiführen muss. Soweit mir bekannt
ist, hat man bis jetzt dieses ätiologische Moment für die Schlaf¬
lähmungen nicht gekannt. Bei der am häufigsten vorkommenden
Schlaf lähmung des N. radialis wird weitaus in den meisten Fällen
der allgemeinen Annahme nach der Druck auf den N. radialis am
Oberarm durch die Last des Körpers oder durch den Kopf oder
durch dieKante eines Stuhles u.s.w. ausgeübt werden. In diesenFällen
ist der M. triceps von der Lähmung verschont. Für die seltenen Beob¬
achtungen aber, in denen dieser Muskel an der Lähmung theilnimmt,
erscheint der Druck des Gelenkkopfes gegen den N. radialis in
der Achselhöhle als Ursache wahrscheinlich. Die gleiche Entstehungs¬
ursache wird man auch für manche der, überhaupt nicht oft vor¬
kommenden, Schlaflähmungen des N. ulnaris und des N. medianus
annehmen dürfen. Schwer denkbar ist, dass auch diese Nerven,
wie man annimmt, im Schlaf von aussen her einen starken Druck
erfahren können. Abgesehen von der Stelle oberhalb des Condylus
internus humeri, an welcher der N. ulnaris oberflächlich und
dem Knochen nahe liegt, ist kaum eine geeignete Stelle am Ober¬
arme vorhanden, an welcher ein zur Lähmung führender Druck
auf den N. ulnaris oder den N. medianus einwirken könnte.
Die Prognose der Narkosenlähmungen fällt selbstverständlich
mit derjenigen der Drucklähmungen überhaupt zusammen, ebenso
wie die Behandlung. Die oben mitgetheilte Beobachtung zeigt
aber, wie lange Zeit die Wiederherstellung der Function der ge¬
lähmten Muskeln auch in solchen Fällen dauern kann, und genügt,
um die Gefahren zu zeigen, welche eine zu starke Abduction des
Armes in der Narkose haben kann.
2. Lähmungen durch Anlegung der elastischen Binde
zur Erzeugung der künstlichen Blutleere.
v. Langenbeck 3 ) machte wohl zuerst darauf aufmerksam,
dass die Constriction der Glieder mit dem Gum misch lau clie
nicht ohne Bedenken sei, weil Paralysen des Nervus medianus und
*) Seeligmüller, Lehrbuch der Krankheiten der peripheren Nerven
und des Sympathicus, 1882, p. 275.
*) H. Eichhorst, Handbuch der speciellenPathologie und Therapie,
1883, Bd. 2, p. 353.
^ B. v. Langenbeck, Ueber die Esmarch’sche Constriction der
Glieder zur Erzeugung künstlicher Blutleere bei Operationen. Berliner
klinische Wochenschrift 1873, No. 52, p. 617.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
18. Januar
des Nervus ulnaris dadurch entstehen könnten, indem die genann¬
ten Nerven zu fest gegen den Knochen angedrückt würden,
v. Langenbeck gab an, dass er, durch solche Beobachtungen ver¬
anlasst, nicht mehr den Gummischlauch angewendet habe, sondern,
nachdem die peripherische Einwickelung gemacht worden, eine zweite
Gummibinde um das obere Drittel des Oberarmes fest anlege und
seit Anwendung dieser Modification keine Störungen in der Nerven¬
leitung beobachtet habe. Hauptsächlich infolge dieser Publication
wurde gewiss ziemlich allgemein die Abschnürung der oberen Ex¬
tremität (an der unteren kommen derartige Lähmungen nicht vor,
da die Nerven durch dicke Muskeln vor dem Drucke geschützt sind)
durch die elastische Binde eingeführt. In fast allen Lehrbüchern
der Chirurgie wird in der Folge auch angegeben, dass durch die
Anlegung des elastischen Schlauches an der oberen Extremität
Lähmungen entstehen könnten und dass man deshalb die elastische
Binde anweuden solle, aber in keinem Lehrbuche l ) oder in anderen
Mittheüungeu wird, soweit mir bekannt, speciell darauf hingewiesen,
dass auch hei Anlegung der elastischen Binde Vorsicht beobachtet
werden müsse. Sicherlich kommen aber durch Anlegung der elas¬
tischen Biude in der Praxis Lähmungen an dem Arme vor, wenig¬
stens ist es mir unwahrscheinlich, dass ich dieselben allein gesehen
haben soll, Selbstverständlich entstehen diese Lähmungen durch
zu festes Anlegen der elastischen Binde; aber da es schwer ist,
genaue Angaben über die Kraft zu machen, mit der die Binde an¬
gezogen werden muss, so kommt es gewiss jüngeren Aerzten vor,
die mit Sicherheit eine feste Abschnürung zur Verhütung einer je¬
den Blutung herbeiführen wollen, dass sie die Binde zu fest schnüren.
Aus diesem Grunde muss mit Nachdruck auf die Gefahr hingewiesen
werden, welche auch durch die zu fest angelegte elastische Binde
herbeigeführt werden kann.
Zum Beweis, dass leichte und schwere Lähmungen durch einen
Bruck der elastischen Binde, wie man ihn zur Abschnürung des
Blutstroms für nothwendig gehalten hatte, entstehen können, möchte
ich die von mir beobachteten Fälle hier anführen.
Fall 1. Ein 14 Jahre alter Junge wurde am 28. November 1885 in
die chirurgische Klinik zu Jena wegen einer Nekrose am Oberarm aufge-
nomnien und am 12. December, nachdem die elastische Binde von einem
Assistenten angelegt war, von mir operirt, Unmittelbar nach dem Er¬
wachen aus der Narkose wurde eine fast völlige Lähmung aller Finger
constatirt. Der Daumen, sowie die anderen vier Finger konnten nur
mmima gebeugt, und der Daumen nur in geringem Maasse opponirt
werden ausserdem war die Extension der Hand und der Finger unmöglich,
wahrend die Sensibilität überaU erhalten war. Am folgenden Tage wurde
, r ,i \ ? ewe ( s ^ die obige, vielleicht unwahrscheinlich lautende An-
?lLr e S- dle . fo fe den ^tate fo, S en - H - Fischer, Lehrbuch der
nift Pnriii^K A h ‘ n a gle ’ P- 405. Zu lange Anwendung des Schlauches
1 . , Anästhesie und Lähmungen des Gliedes, Thrombose derVenen,
^dründer und Wundlappen hervor. Um die Schnürwirkun-
zwpitpln^^j 1 ftU TT heS zu beseitigen, nimmt v. Langonbeck eine
188f> Rrt r' e pi.Q^ e r V" ^ ueter (Lossen), Grundriss der allgem. Chirurgie,
dert inäßV^’k j ie Anwendung des Esmarch’schen Verfahrens erfor-
schnÄr beSOn ^ er l, Vorsicht und Ge8 chick $ vor allem bei dem Zu-
die Xen-cn l L cIl ® s ‘ Eest geschnürt gefährdet der Schlauch
XHnciNfSnim ° tatsächlich sind in manchen Fällen Paresen einzelner
Kön *r u r, von , ktl 1 rzerei ; und längerer Dauer beobachtet worden. - Fr.
nicht z;Ä B - Ch 6 i r al S emeill6n Chirurgie, 1889. p. 84. Es ist
auch einen C » nC' aD 0 )C T e ? Extremität, um selbe blutleer zu machen,
Man hat mehrf«A» m i SC u 1 , in der 01)611 beschriebenen Art anzulegen,
des Sclilaiirho b beobachtet, dass durch den isolirten schnürenden Druck
näher liecrpnäfn V' 0rÖ ^? rg L^^nd e Lähmung einer der der Oberfläche hier
buch der ? ;?^ VeQ berb6 igeführt wurde. - G. Wolzendorff, Hand-
b Äw im,rg,e 1889, p. 290. Da der Schlauch zu
dne zweite PErui* b ° em P beblt es sich nach v. Langenbeck’s Rath,
uwgefährt wird Z t ' 6nvea den, welche in mehrfachen Cirkeltouren her-
ftehuntr dieser TnK D dem Lc-hrbuche vonTillmanns wird über dieEnt-
warter) und I Anl? 1Ungen Oberes angegeben; Billroth (Wini-
haupt nicht und D ; erer envabaen in ihren Lehrbüchern dieselben über-
konnte ich leider nicht Auda ^ e des Lehrbuchs von v. Bardeleben
dh 1 man seinem vüüp'?* 1 g * ebt nocb neuerdings unter den Vorwürfen,
d'-n S c h n fl r s e.h 1« n vt 11 * 611 »eracht hätte, an die Lähmungen der durch
'ki' Xaturforscherverc £ odrück * en Nerven (Selbstbericht über einen auf
Bhitsparuno- bei ' mg /u Nürnberg gehaltenen Vortrag: Ueber
^3, Xo. 45 n o^ 9 J l onea und \ erletzungen. Centralblatt für Chirurgie
künstliche viL» einer früheren Abhandlung sagte v. Esmarch
5-294). Wenn andPTO t avf’ Archiv für klinisch6 Chirurgie 1880, Bd. 25,
d as * sie durch »Ihn i ' mi ! ngon gesehen haben, so möchte ich glauben,
standen sind, v F c larke8 A:nziehen des Kautschuckschlauches ent-
’-raschuürung seihe/ ü? arc Vx S? 6 !** dann auc h an, dass er deshalb die
Assistenten geneigt J» eiMcbt babe , weil er gefunden habe, dass seine
• Mit BeSJ3 . är ° n ’ des guten zu viel zu thun.
^ selbst auch nienwfit 6 . erQ6rkun g möchte ich noch hervorheben, dass
rnndo passirt ist j 61 , ne Lähmung durch Anlefi'nno - der elnst.isrhen
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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aufmerksam gemacht wird.
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durch zu festes Anlegen der Binde
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hauptsächlich über Kribbeln und Ameisenlaufen in den Findern ffeklaet
Nach zwei Tagen war die Streckung der Finger * wieder möglich die
Beugung derselben «her nnn.h sehr wenig; ebenso waren g a „ch die
Parasthesieen geringer. Nach weiteren zwei Tagen waren die*Bewegungen
der Finger fast völlig normal, und das Gefühl von Taubseki nur noch
schwach vorhanden. Am 20. December waren die Bewegungen normal
schwunden ^ ra ^ ° S ’ die unan g ene huaen Empfindungen in der Hand ge-
FaH 2. Diese Beobachtung wurde bei einem 15 Jahre alten Mädchen
gemacht, bei welchem unter Anwendung der elastischen Binde am
25. September 1888 in der Marburger chirurgischen Klinik eine Nekrotomie
des Humerus ausgeführt wurde. Die Muskulatur des Oberarms war
äusserst atrophisch. Nach dem Erwachen aus der Narkose, klagte die
Kranke über Bewegungsstörungen der Hand und über ein taubes Gefühl
!.l e n D r J? J bt 1 re f kun L r der Finger war nur schwer und langsam
ausführbar, die Endphalangen des zweiten bis fünften Fingers konnten
nicht gestreckt, die Finger selbst nur unvollkommen gebeugt und nicht
gespreizt werden. Die Sensibilität war nur au der dorsalen Fläche des
kleinen Fingers nicht ganz normal. Vom 8. October an wurde die Kranke
in der medizinischen Poliklinik täglich elektrisirt, aber trotzdem kamen
die ersten Zeichen von Besserung erst am 24. October, also vier Wochen
nach der Operation, zum Vorschein. Allmählich nahmen die Lähmungs-
erschemungen im Gebiete des N. ulnaris immer mehr und mehr ab so
dass die Kranke bei ihrer Entlassung am 18. November die Hand bewegen
und die Finger fest schliessen konnte. Nachdem das Mädchen zu Hause
fleissig gearbeitet hatte, wurde bei einer acht Tage später vorgenommenen
nochmaligen Untersuchung nachgewiesen, dass der Händedruck krfifti"
war und die Lähmung als vollkommen beseitigt angesehen werden musste!
•ioonu - . Em 45 Jabre alter Gensdarm hatte sich am 25. October
1889 bei emem Dienstgange durch einen Sturz auf den Ellenbogen oine
Gelcnkfractur zugezogen, die mit Anchylosenbildung in einem Winkel
von 155 ausheilte; die weitere Flexion wurde durch Callusmassen, welche
in der Ellenbogenbeuge vorsprangen, verhindert. Zur Besserstellung des
Arms, womöglich zur Erzielung eines beweglichen Gelenkes wurde von
mir am 24. März 1890 in der chirurgischen Klinik zu Marburg, nachdem
der Arm mit einer elastischen Binde eingewickelt und abgeschnürt war,
die Abmeisselung des abgebrochenen und nach vorne dislocirten Condylus
extemus humeri und die Kesection des Ellenbogengelenkes ausgeführt. Als
der Kranke aus der Narkose erwachte, waren die Finger vollkommen
anästhetisch und alle ihre Bewegungen unmöglich. Da von den beiden
Seitenschnitten aus eine Verletzung sämmtlicher gelähmter Nervenstämme
unmöglich war, musste gleich die zu feste Anlegung der elastischen Binde
als Ursache der Lähmung angesehen werden. Während die Sensibilität schon
am folgenden Tage wiederkehrte, blieb die motorische Lähmung bestehen,
der Kranke konnte nicht die geringste Bewegung mit den Fingern machen.
Erst am 7. Mai, also etwa sechs Wochen nach der Operation,"konnte man
die erste, aber kaum wahrnehmbare Bewegung, eine Beugung des Zeige¬
fingers, erkennen. Fünf Tage später wurden schon alle Finger in den
Metacarpophalangealgelenken gebeugt. Von nun an besserte sich unter fort¬
gesetzter elektrischer Behandlung die Beweglichkeit immer mehr, aber erst
am 2. Juli konnte die Faust fest geschlossen werden. Später stellte sieh die
Fimction der Hand und der Finger so vollkommen her, dass dor Mann
seinen Dienst als Gensdarm wieder wahmehmen konnte.
Fall 4. Bei einem 16 Jahre alten Jungen wurde am 11. Februar
1891 in der chirurgischen Klinik in Königsberg eine Nekrose des linken
Humerus, nachdem die Abschnürung mit der elastischen Binde gemacht
war, von einem der Assistenzärzte operirt. Unmittelbar nach der
Sequestrotomie war eine Lähmung der Hand und der Finger nachweisbar.
Erst am 8. April waren leichte Bewegungen in den Fingern ausführbar,
aber noch nicht im Handgelenk. Unter Anwendung des elektrischen
Stromes, der Massage und passiver Bewegungen wurde die Beweglichkeit
der Hand und der Finger langsam besser. Bei der Entlassung des Jungen
am 15. Mai war die Bewegung im Handgelenk noch nicht vollständig wieder¬
gekehrt, während die Finger normal, aber noch kraftlos gebeugt wurden.
Wie die mitgetheilten Beobachtungen zeigen, muss am meisten
Vorsicht bei der Abschnürung des Armes mit der elastischen
Binde angewendet werden bei Kindern und bei Personen mit
atrophischer Muskulatur des Oberarms, wie dieselbe besonders bei
Nekrosen des Humerus, bei Entzündungen des Ellenbogengelenkes
und bei veralteten Luxationen desselben Vorkommen. Auch muss
die Umschlagsstelle des N. radialis um den Oberarm für die An¬
legung der Binde vermieden werden.
Vielleicht erscheint manchem Leser meine Mittheilung über¬
flüssig, da sowohl die Lähmungen, welche in der Narkose, als auch
diejenigen, welche durch den Druck mit der elastischen Binde ent¬
stehen, durch Fehler in der Ausführung der betreffenden Methoden
veranlasst werden. Meiner Ansicht nach wird aber der junge Arzt,
dem am leichtesten derartige Fehler Vorkommen können, dieselben
am sichersten vermeiden, wenn er genügend auf ihr Vorkommen und
auf ihre schlimmen Folgen aufmerksam gemacht ist, was bis jetzt,
wenigstens durch unsere Lehrbücher der allgemeinen Chirurgie,
nicht geschehen ist. Jedenfalls müssen diese Lähmungen jedem
Arzte, dem sie Vorkommen, ebenso wie alle anderen Fehler in der
Behandlung eines Kranken höchst peinlich sein. Denkbar ist auch,
dass diese Drucklähmungen Veranlassung zu gerichtlichen Klagen
über Kunstfehler geben können. Also nur, um andere Collegen
vor unangenehmen Erfahrungen zu bewahren, glaubte ich die
meinigen veröffentlichen zu sollen.
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52
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3
II. Die Choleraerkrankungen im städtischen
Krankenhaus e Moabit. 1 )
Von Prof. Dr. Renvers in Berlin.
Ein Rückblick auf die vergangenen Monate, während welcher
das sporadische Auftreten der Cholera an den verschiedensten
Stellen nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas die ärztliche
Welt in Spannung hielt, zeigt uns vor allem die erfreuliche That-
sache, dass jene lähmende Angst, welche im vorgangenen Jahre
unter dem frischen Eindruck der Hamburger Ereignisse namentlich
die Laienwelt befallen hatte, einer ruhigeren Auffassung gewichen
war. Dank der Zurückhaltung der Presse, "wurde nicht jeder
einzelne Fall weitläufig besprochen und damit die andauernde
Beunruhigung vermieden. Als im Spätsommer sich die spora¬
dischen Cholerafalle in Deutschland mehrten, wurden auch in
Berlin von neuem die Maassregeln erwogen, welche bei Auftreten
der Cholera zu entfalten waren. Von den Erfahrungen des ver¬
gangenen Jahres ausgehend, wurde auf möglichst wirksame Iso-
liruug der ersten Ckolorafälle Bedacht genommen, dann aber auch
der Wasserversorgung eine besondere Aufmerksamkeit um so mohr
geschenkt, als namentlich an den Wasserläufen durch den Wasser¬
verkehr das erste Auftreten der Cholera beobachtet wurde. Mit
Rücksicht auf die in der Hamburger Epidemie gewonnene Er¬
fahrung, dass gerade der Cholerakranke am meisten einer geord¬
neten Krankenpflege in einem gut eingerichteten Krankenhause be¬
darf und namentlich einen weiten Transport nicht verträgt, waren
bereits im vergangenen Jahre sämmtliche städtischen Kranken¬
häuser für die Aufnahme von Cholerakranken des betreffenden
Stadttheilcs bestimmt worden. Wegen der leichteren Möglichkeit,
die Kranken zu isoliren, sollte nur zunächst das Krankenhaus
Moabit zur Aufnahme der Cholerakranken sich in Bereitschaft
setzen. Einzelne Baracken wurden zu diesem Zwecke besonders
für die Cholerabehandlung eingerichtet, im übrigen aber der Be¬
trieb des Krankenhauses in keiner Weise verändert. Damit über
den bacteriologischen Arbeiten die Behandlung der Kranken selbst
nicht vernachlässigt werden konnte, wurden besondere Aerzte für
die Behandlung sowie für die bacteriologischen Untersuchungen
bestimmt. Letztere führten die Herren Dr. Lazarus und Dr.
Pielecke aus.
So vorbereitet, kamen am 23. August die ersten Cholerafälle
zur Behandlung, welche ungefähr an demselben Tage wie im ver¬
gangenen Jahre und auffälligerweise an derselben Stelle Berlins, am
Nordhafen, aufgetreten waren. Seit jenem Tage sind im Moabiter
Krankenhause 122 choleraverdächtige Personen der bacteriologischen
Untersuchung unterworfen, und bis zum 21. November im ganzen
13 Fälle von asiatischer Cholera festgestellt worden. Von diesen
starben vier im Choleraanfall. Von den als Cholera verdächtig ein¬
gelieferten starb einer an acuter Enteritis, je einer an Tuberkulose
und Pneumonie.
Scheiden wir von den 122 choleraverdächtigen Personen alle
diejenigen aus, welche bei genauer ärztlicher Untersuchung als
anderweitig krank festgestellt werden konnten, und untersuchen
wir nur die Fälle, bei denen auch ärztlich die Frage, ist echte
Cholera vorhanden oder nicht, aufgeworfen werden musste, also
aus dem klinischen Krankheitsbilde eine Entscheidung nicht ge¬
troffen werden konnte, so wird es zweckmässig sein, der Uebersicht
halber diese Fälle in vier Gruppen zu bringen.
Zur ersten Gruppe gehören 13 Fälle, in welchen der Cholera-
vibno gefunden wurde. Von diesen boten aber nur fünf Fälle das
Ihnen genügend bekannte klinische Bild des Choleraanfalls, während
fünf Kranke nur über leichte Durchfälle ohne wesentliche Störung
des Allgemeinbefindens klagten, und drei Personen keinerlei Krank¬
heitserscheinungen darboten. Letztere waren als verdächtig zur
Beobachtung eingeliefert, da in ihrer Familie Cholera vorge¬
kommen war. ®
Eine zweite wichtige Gruppe betrifft sieben Erkrankungen an
Enteritis acutissima, die, abgesehen von dem Nichtvorhandensein
des Gholeravibno, von der asiatischen Cholera klinisch nach keiner
Kichtung zu unterscheiden waren. Nicht nur klinisch, auch patho¬
logisch-anatomisch boten zwei zur Obduction gelangte Fälle dieser
Gruppe genau dieselben Darm-, Blut- und Nierenveränderungen dar,
d, . e «He der ersten Gruppe. Diese Erkrankungen waren
ätiologisch entweder auf Fleischvergiftungen zurückzuführen und
die reiswasserähnlichen Stuhlgänge enthielten auffällig wenige ja
rcl, H ln t Ze - e Da ™ bacterien , »der aber dieselben wurden auch
^ •«n“ er r^ UChe ™ n f en bedin ^- obne dass eine bestimmte
,? tl0l °S ls ® h festgestellt werden konnte. Neben dem
actermm c oli waren Streptococcen in diesen Fällen vorherrschend.
') Vorgetragen im Verein für innere Medicin in Berlin.
Während die bisher erörterten Gruppen fieberlos einsetzten,
im Reactionsstadium aber mit Fieber verliefen, ist eine dritte
Gruppe durch sofortiges hohes Fieber charakterisirt, welches etwa
drei Tage andauert, dann plötzlich unter Nachlass aller Erschei¬
nungen vom Magendarmcanal aufhört. Das starke Erbrechen, die
Reiswasserstühle, der starke Collaps, die heisere Stimme, die
Muskelkrämpfe sind auch dieser Gruppe eigenthümlich, die offenbar
auf eine bacteritische Darmerkrankung zurückzuführen ist.
Endlich gehören zur vierten Gruppe die zahlreichen auf Diät¬
fehler zurückzuführenden acuten Magendarmkatarrhe, wie solche
auch ausserhalb der Cholerazeit aufzutreten, aber in kurzer Zeit
in Heilung überzugehen pflegen.
Nach dieser Uebersicht wollen wir heute unser Interesse den
Fällen der ersten Gruppe zuwenden, in deren Darmentleerungen
Choleravibrionen gefunden wurden. Da ist es zunächst in ätiolo¬
gischer Beziehung von hohem Interesse, dass die beiden ersten
eingelieferten Cholerafälle, wie auch die ersten in Berlin ent¬
standenen Fälle im vergangenen Jahre vom Nordhafen herstammen,
und zwar vom einem Kahn, der am 18. August in Berlin am
Nordhafen von Stettin kommend eingetroffen war. Die beiden
erwachsenen Töchter des Kahnbositzers Pinnow, Anna und
Emilie Schlüsselburg, erkrankten mitten im besten Wohlsein
am 22. resp. 23. August. Die ältere Schwester erlag der Er¬
krankung. Alle Nachforschungen führten zu keinem Nachweis
einer Infectionsquelle. Die Infection musste in Berlin stattgefunden
haben, und blieb nur die Möglichkeit offen, dass das Wasser des
Nordhafens, mit welchem die beiden Mädchen allein beim Reinigen
des Kahns zu thun gehabt hatten, als Infectionsquelle angesehen
wurde. Die sofort vorgenommene Untersuchung des Wassers im
Nordhafen auf Choleravibrionen blieb erfolglos. Dass aber unsere
Vermuthung bezüglich des Wassers als Infectionsträger doch richtig
war, und wie gerechtfertigt die sofort vom Magistrat angeordnete
Schliessung der im Nordhafen befindlichen öffentlichen Badean¬
stalten war, sollte ein zweiter Cholerafall beweisen, der ebenfalls
mit dem Nordhafen in Verbindung stand und geradezu einem
Experiment gleichzustellen war. — Wie ich oben mitgetheilt,
kamen die ersten Erkrankungen am Nordhafen am 22. August vor.
Am 24. August gegen 4 Uhr nachmittags wurde ein vierjähriger
Knabe Martens von seinen Gespielen in das Wasserbecken des
Nordhafens gestossen. Dem Ertrinken nahe, wurde er aus dem
Wasser gezogen und bewusstlos auf das Polizeirevier gebracht.
Dort verblieb er bis gegen 9 Uhr Abends, zu welcher Zeit die
Mutter ihn abholte. Am folgenden Tage erkrankte der Knabe an
Brechdurchfall, der denselben am 31. August dem Krankenhause
zuführte. Hier wurden Choleravibrionen im Stuhlgänge festgestellt
und die Diagnose auf Choleratyphoid gestellt. Jeder vorurteils¬
freie Beobachter wird diesen Fall als eine Wasserinfection anerkennen
müssen, zumal die angestellten Nachforschungen keine anderen Be¬
ziehungen zu Cholerakranken bei dem Kinde ergaben. Auch ein
dritter Fall, den Instrumentenmacher Baumgarten betreffend, hat
zu dem Wasser als Infectionsträger besondere Beziehungen, insofern
derselbe nach einem Morgenbade im Spreewasser erkrankte, bei
welchem er reichlich Wasser verschluckt hatte.
Ein vierter Cholerakranker, Seedorf, Bootsmann, erkrankte
während der Fahrt auf der Havel, deren Wasser er getrunken
hatte, weil es kühler war. Sein Vater, welcher stets Brunnen¬
wasser getrunken, blieb gesund.
Die weiteren Fälle betreffen den Kahnbesitzer Wilke nebst
Frau und Bootsmann Thiele, die am 12. September von Prieros
kommend in Berlin am Oberbaum eintrafen und am 18. September
auf ihrem am Hafenplatz gelegenen Kahn ohne nachweisbare Ur¬
sache erkrankten.
Der zuletzt am 21. November eingelieferte Cholerafall, Warten¬
berg, betrifft ebenfalls einen Kahnarbeiter, der am Schleswiger
Ufer auf einem Kahn beschäftigt gewesen, aber angeblich kein
Spreewasser getrunken hatte.
Diese bisher aufgeführten neun Fälle betreffen demnach Per¬
sonen, deren Infection mit Choleravibrionen zum Theil mit Sicherheit,
zum Theil mit grosser Wahrscheinlichkeit auf das Wasser als
Infectionsträger zurückgeführt werden kann.
Von den übrig bleibenden zur Beobachtung gelangten vier
Erkrankungen sind die Geschwister Schuster und das zu dieser
Familie gehörende Mädchen Schmidt nur im bacteriologischen
Sinne als cholerakrank aufzufassen, da sie keine Krankheits¬
symptome darboten. Ihre Infection ist aber mit Sicherheit auf
die m der Familie Schuster vorgekommene Choleraerkrankung
zurückzu führen, deren Verlauf im Friedrichshainer Krankenhaus beob¬
achtet wurde.
Endlich bleibt mir noch die Pflicht, einen Cholerakranken zu
erwähnen, der einen Assistenten des Krankenhauses betrifft. Seme
Erkrankung ist ätiologisch als Laboratoriumscholera aufzufassen,
(a dieselbe zu einer Zeit stattfand, wo das Krankenhaus frei von
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1 8. Januar. .^ ..
Cholerakranken war, und der Erkrankte sich mit Choleravibrionen
im Laboratorium beschäftigte.
Wie steht es nun mit der Diagnose der Cholera? Die Wich¬
tigkeit der frühzeitigen Diagnose der asiatischen Cholera wird
jeder zugeben, da ein wirksames prophylaktisches Eingreifen
wenigstens bei der sporadisch auftretenden Erkrankung nur da¬
durch ermöglicht wird. So leicht es aber ist, inmitten einer
Epidemie den ausgeprägten Anfall als echte Cholera zu erkennen, so
schwierig, ja unmöglich ist es, die vereinzelt im Anfänge einer
Epidemie auftretenden, selbst tödtlich endigenden Fälle aus den
klinischen Symptomen oder dem pathologisch-anatomischen Be¬
fund zu erkennen. Nach meinen Beobachtungen am Kranken¬
bette giebt es kein sicheres klinisches Symptom, die oben an¬
gedeuteten verschiedenartigen selbst schweren Formen der En¬
teritis zu unterscheiden, geschweige denn die leichten! Weder
die Reiswasserstühle, noch die Wadenkrämpfe, weder die rasche
Eintrocknung des Körpers, noch der Gang der Temperatur, weder
die Anurie, noch der Eiweissgehalt oder die Aetherschwefelsäure
im Urin sind der Cholera- asiatica pathognomonisch. Nur allein der
bacteriologische Nachweis des Vibrio cholerae in den Abgängen
kann die Differentialdiagnose zwischen den verschiedenen Formen
der Enteritis acutissinia stellen. Allein auch nur dann mit Sicher¬
heit, wenn möglichst frühzeitig die Stuhlgänge untersucht werden,
da in manchen Fällen schon in wenigen Tagen die Vibrionen im
Darminhalt verschwinden, und dann trotz vorhanden gewesener
Cholera die Vibrionen nicht mehr nachweisbar sein können! Zur
bacteriologischen Choleradiagnose gehört aber nicht nur das Auf¬
finden von Kommaformen im Stuhlpräparat, sondern, will man nicht
grossen Irrthümera ausgesetzt sein, eine genaue Erforschung auch
des biologischen Verhaltens des gefundenen Vibrio, und zwar stets
unter gleichzeitiger Berücksichtigung des klinischen Krankheits-
bildes und der ätiologischen Verhältnisse. Es gehört eben Kritik
zur bacteriologischen Diagnose, wie zu jeder anderen klinischen
Diagnose, und wendet man diese an, so lässt die bacteriologische
Diagnose trotz der mannigfachen Kommaformen, die im Wasser bis
jetzt gefunden wurden, und trotz der bisher den Choleravibrionen
aiinhchen Formen nichts an Sicherheit zu wünschen übrig. Eine
wir lieh praktische Bedeutung kommt den bisher gefundenen, den
holeravibrionen selbst in ihren Reactionen ähnlichen Vibrionen
p. c , . zu ’ “ a dieselben im Darminhalt ätiologisch oder klinisch ver-
achtiger Personen bisher noch nie gefunden worden sind, ja
einzelne z B. der Vibrio berolinensis, nur ein einziges mal im
wor den ist, dem eine Choleracultur vorher zu
(W? T*? ^gesetzt worden war. Am schwierigsten würde
rrlnH Unba n S i Che V 1 ? rio zu beurtb eilen sein, falls er im Stuhlgang
»Sh“ J/ nt? VOn ihm ist 68 nocU fragil*, ob er nicht
„ u ? Choleravibrio identisch ist. Wir haben im Kranken-
getheilt werden amit ^ Versucbe angestellt, die besonders mit¬
tler n,nU- Ug w ^ mö £ bebsfc frühzeitige bacteriologische Diagnose
reicheruiifr-vpn/i da ® T 0 . 1 ! Focb im Mai d. J. angegebene An-
an^ehpnM? 8 « 1 '^ 11 m , 1 °/o Pe P toills:ocIlsalzl ösung, sowie die damals
vollauf hpwah4 tl0 u*** deß 9 b ° leranachweises in der Praxis sich
’nitU-L <br r\V w * r h 1 Moabit nach demselben Verfahren
vemiwS J t itwepUtteneuitiiren allein gearbeitet, wie dies im
«ntereuK.ii hFe T ]l £ e8cbehei \ so würden 50% der Cholera-
hacteriologischen 11 Dn+ 1V . leben Sein ' Wäbrend friiber sicheren
ein big 7 JL m n Untersuchung von dem geübtesten Bacteriologen
neuen Verfahrelf mit^ eb J aucbt wurden, gelang es nach dem
-len XaohwpiK 7. 8 der T Anreicherung, in einem halben Tage
:ll Kh*meiner An f .w fern \ Iu klin . iscb ausgeprägten Fällen kann
schon entscheidend^ , nac ' b das einfache mikroskopische Präparat
' ibrionen zeirrt t Sem .’ s > dasselbe eine Reincultur von Cholera-
^roskopische u Drittel . u . nserer Fälle war das erste
man aus dem + ‘ s J bo1 ? positiv. Selbstverständlich wird
läufige Diaimnc fl 1 Dllkro ® ko P iscben Präparat immer nur eine vor-
die nöthijren \f n » ea en ,’ aber doch schon imstande sein, frühzeitig
Kebung zu treffen F6 ^ e n lm ^ n * eresse ^ es Kranken und der Um-
'h«m E “er Vibrilf’“ 116 ??? t T Dia g nose wird durch das Wachs-
halten der Gelatin* ln 1 J° e P ton hochsalzlösung, durch das Ver¬
haften Fällen fwä e ^ 1 en * u ®J. Agarplattenculturen und in zweifel-
Anreicheruujr in Pnnf lü® Tbi erexperiment zu erlangen sein. Die
Entscheidung in brachte ™ unseren Fällen die früheste
wolkige Trübuno- an a s Pjbeste in sechszehn Stunden. Eine
f el) en Stunden das w ei wv Grfläctle schon nach sechs bis
Zeit könnt* in i der Vibrionen an, und schon nach
5 a °bgewiesen werde,, n Mehrzahl eine Reincultur von Vibrionen
das Anreicheruno*c V< ivf'«i E8S a £ e] ; das mikroskopische Präparat und
“Massgebend für°d;n tv n allein trotz positiven Ausfalls nicht
M1, hung eines Falio • Z 3 ^ 1086 se i n darf, zeigte uns die Unter-
N ei unter choleraverdächtigen Erscheinungen
DEUT SCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
auf
_ 53
erkrankt war, aber an den Folgen einer Oberiappenpneumonie
nXw UDden " a0h der n. 1 5 lieferungin das Krankenhaus verstarb.
5 ® 8 ° f ° rt ^orgenoramene Obduction bestätigte zunächst die klinische
Diagnose der Oberiappenpneumonie, allein die Beschaffenheit des
Darmes wies auf eine acute Enteritis hin, so dass eine bacterio-
r»w Untersuellun S gerechtfertigt erschien, die Herr Lazarus
ausltmrte.
Im ersten mikroskopischen Präparat fanden sich neben anderen
Bactenen deutliche Kommaformen, die morphologisch selbst von
einem geübten Auge nicht von echten Choleravibrionen zu unter¬
scheiden waren. Nicht wenig erstaunt waren wir, auch in den
reptonröhrehen neben anderen Bacterien an der Oberfläche Komma¬
formen zu finden, die nach zehn Stunden schon sehr zahlreich
nach siebzehn Stunden vorwiegend vorhanden waren. Während
die primären Gelatineplatten nichts charakteristisches darboten
zeigten die aus der neunstündigen Peptonröhre angelegten Agar¬
platten deutliche Colonieen, deren Uebertragung auf Gelatine aber
eine deutliche Wachsthumsverschiedenheit von dem echten Cholera¬
vibrio erkennen liess. Dazu erwies sich dieser Vibrio nicht pathogen
für Thiere und zeigte in Reincultur in Peptonlösung keine Cholera-
rothreaction.
Wir wissen, dass die Cholerarothreaetion kein specifisches Merkmal
für den Vibrio cholerae asiaticae ist, sondern in Reinculturen auch
anderer Bacterien eintritt, ja durch Verunreinigung der Reagentien
oder der Nährböden erzeugt werden kann. Immerhin ist der Ein¬
tritt derselben ein Glied mehr in der Kette der Beweisführung und
jedenfalls in allen von uns beobachteten Fällen stets vorhanden
gewesen. Je jünger die Peptoncultur ist, um so langsamer tritt
dieselbe ein, manchmal erst nach zehn Minuten.
Auf das charakteristische Vorhalten der Gelatineplattenculturen,
die kleinen morphologischen und biologischen Abweichungen
der Choleravibrionen, je nach der Beschaffenheit des Nährbodens oder
der Temperatur, bei der dieselben gewachsen sind, sowie auf die
allbekannten Erfolge des Thierexperimentes zur Begründung der
Diagnose brauche ich wohl nicht, weil bekannt, noch einzugehen.
Fassen wir unsere Erfahrungen bezüglich der bacteriologischen
Choleradiagnose zusammen, so gelang es, unter Berücksichtigung
des klinischen Krankheitsbildes, nur in oinem Drittel der Fälle,
eine vorläufige Choleradiagnose in wenigen Minuten durch das
mikroskopische Präparat zu stellen, eine sichere Diagnose konnto
unter Zuhülfenahme des Peptonculturverfahrens am frühesten bei
der Anna Schlüsselburg in sechs Stunden, am spätesten bei
dem Knaben Martens erst in 22 Stunden gestellt werden.
Schwieriger gestaltet sich die bacteriologische Diagnose bei
den Leuten, die keinerlei Krankheitserscheinungen darbieten, wo
also die klinische Diagnose nicht mit zu Hülfe genommen werden
kann. Dass in diesen Fällen sämmtliche bacteriologischen Hülfs-
mittel zur morphologischen und biologischen Feststellung der
Identität des gefundenen Vibrio mit dem Vibrio der Cholera un¬
bedingt nothwendig sind, ist selbstverständlich. Geradezu dia¬
gnostisch beruhigend ist in dieser Beziehung die Thatsachc,
dass in den drei Fällen, in welchen Cholerabacillen im an¬
scheinend gesunden Darminhalt gefunden wurden, auch ätiologisch
die Möglichkeit der Infection reichlich vorhanden gewesen war.
Diese drei Fälle betreffen zwei Kinder und das Dienstmädchen
der Familie Schuster, von welcher Frau und Kind an Cholera
erkrankt im Friedrichshain behandelt worden sind. Dieses Ergeb¬
nis legte es nahe zu erforschen, ob nicht auch im Darm anderer,
dem Krankenhause zu dieser Zeit zugegangener Menschen oder
im Darminhalt der Wärter oder Aerzte sich etwa auch Vibrionen
finden würden. Alle diese Untersuchungen, an den verschiedensten
Menschen und zu verschiedenen Zeiten angestellt, blieben erfolglos.
Andererseits will ich auch betonen, dass die ebenfalls genau unter¬
suchten Familienmitglieder der übrigen Cholerakranken, die zum
Theil in engste Berührung mit den Choleradejectionen gekommen
waren, ein negatives bacteriologisches Resultat gaben. Am auf¬
fälligsten ist mir in dieser Beziehung das Verhalten der aus fünf
Köpfen bestehenden Familie Michalek geblieben, in deren Familien¬
stube die im Friedrichshain verstorbene Midraczyk die ersten
Stunden des Choleraanfalles unter den primitivsten Verhältnissen
durchmachte. Trotzdem die kleinen Kinder in der Stube sich auf¬
hielten, und die 15jährige Tochter die Reinigung des Zimmers etc.
ohne besondere Vorsicht vornahm, blieben alle ohne Infection.
Wie wichtig aber gerade die frühzeitige bacteriologische Unter¬
suchung für diese Fälle von Cholerainfectionen ist, brauche ich
nicht erst auseinanderzusetzen. Gerade diese Fälle sind es, welche
den Choleravibrio aussäen, deren Beobachtung den grössten pro¬
phylaktischen Nutzen bringt.
Gleich wichtig ist die bacteriologische Choleradiagnose aber
auch für die Beurtheilung der vollendeten Reconvalescenz. Erst
das Verschwinden der Vibrionen aus dem Darminhalt giebt uns
den Moment an, wo das Individuum als geheilt betrachtet werden
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54
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ No. 3
kann. r Nach unseren Untersuchungen waren die Choleravibrionen
in vier Fällen am sechsten Tage, in drei Fällen am siebenten,
in zwei anderen Fällen erst am achten Tage der Erkrankung
dauernd verschwunden, im Danninhalt der vier Verstorbenen stots
post mortem noch nachweisbar.
Die Entlassung unserer Kranken geschah erst, nachdem eine
mehrmalige Untersuchung negativ ausgefallen war.
Die choleraverdächtigen, klinisch nicht kranken Personen
wurden bei negativem Resultat der Untersuchung vier Tage der
Beobachtung unterworfen, da nach den vorliegenden durch Conta-
gion weiter verbreiteten Fällen gewöhnlich innerhalb 1 4 Tagen
die Erkrankung aufzutreten pflegt.
Auf das Ihnen allen genügend in den letzten Jahren geschil¬
derte klinische Bild der Cholera will ich hier um so weniger ein-
gehen, als ich Wichtiges und Neues Ihnen nicht mittheilen kann.
Sind das Erbrechen, die profusen Diarrhöen, der rasch ein¬
tretende Kräfteverfall, die Somnolenz wohl als toxische Einwir¬
kungen aufzufassen, so sind die das Krankheitsbild noch beherrschen¬
den qualvollen Muskelkrämpfe, ja manchmal tetanische Starre der
Muskulatur, zum Theil auch die Anurie wohl als Austrocknungs-
erscheinungen der Gewebe anzusprechen. Verläuft auch die Cholera
in den ersten Tagen meist fieberlos, ja mit subnormalen Tempera¬
turen, so möchte ich doch davor warnen, Temperatursteigerungen
im ersten Anfall gegen die klinische Diagnose Cholera zu ver-
werthen. Gleich die ersten zur Beobachtung gelangten Fälle bei
dem Geschwisterpaar Schlüsselburg zeigten, trotzdem die eine
Kranke etwa 20 Stunden, die andere erst drei Stunden krank war,
Temperatursteigerung bis zu 89°. Der bei allen Fällen beobachtete,
in wenigen Tagen verschwundene Eiweissgehalt des Urins, der j
Gehalt desselben an Indican und Aetherschwefelsäuren, die mehr
oder weniger gallige und reiswasserähnliche, zuweilen blutige Be¬
schaffenheit der Stühle hat nichts charakteristisches. Bemerkens- !
werth ist es, dass mit Rücksicht auf die von Emmerich aufge¬
stellte Hypothese der Nitritvergiftung in Uebereinstimmung mit den
Resultaten am Thier von K lern per er im Blut Cholerakranker bei
spektroskopischer Untersuchung keinMethämoglobin gefunden wurde.
— Der Tod trat in drei der beobachteten Fälle infolge langsam zu¬
nehmender Herzschwäche im algiden Stadium ein, in einem Falle
aber ganz unerwartet bei vorher kräftig gespanntem Pulse infolge
plötzlichen Herzcollapses. Prognostisch sind selbst die klinisch
leicht verlaufenden Fälle von echter Cholera sehr vorsichtig zu be-
urtheilen. Welch eine Rolle bei der Cholera Diätfehler spielen,
lehrte uns der Fall Seedorf. Mit Erbrechen, Durchfall und
Wadenkrämpfen mitten in voller Gesundheit erkrankt, erholte
er sich in 24 Stunden so weit, dass er wieder mit der Arbeit be¬
ginnen wollte. Ein reichliches Abendessen aus Kartoffeln und
Häring bestehend wurde für ihn verhängnissvoll. In der folgenden
Nacht trat ein zweiter heftiger Choleraanfall auf, dem nach zwei¬
mal 24 Stunden der Kranke erlag.
Pathologisch-anatomisch boten die zur Section gelangten vier
Cholerafälle neben der auffälligen Austrocknung der Gewebe und des
Blutes, der klebrigschleimigen Beschaffenheit der serösen Flächen
die Zeichen der auch anderen Processen zukommenden Enteritis
acuta. Röthung der gesammten Darmschleimhaut, am stärksten
im Ileum, Blutextravasate in die Schleimhaut, Schwellung der.
solitären Follikel und der Pey er'sehen Plaques, einzelne folliculare
Geschwüre im Ileum und Dickdarm waren in allen Fällen vor¬
handen. Verschieden war zunächst makroskopisch schon die Be¬
schaffenheit der Niere je nach dem Stadium, in welchem der
Kranke gestorben. Je länger der Krankheitsprozess gedauert, um
so deutlicher und ausgedehnter war die parenchymatöse Trübung
der Rindenschicht. In den frühesten Stadien traten nur fleckweise
makroskopische Veränderungen der Mark- und Rindensubstanz auf.
Die mikroskopische Untersuchung ergab an diesen schon makro¬
skopisch veränderten Stellen der Nierenrinde eine Aufquellung und
Trübung der Epithelien der gewundenen Harncanälchen, deren Kerne
aber meist noch gut färbbar waren. Nur vereinzelt fanden sich
gequollene Epithelien, in denen die Kerne keine Färbung mehr
angenommen hatten. Die Glomeruli zeigten keine nachweisbaren
Veränderungen, die geraden Harncanälchen sowie die Henle’schen
Schleifen waren in den rasch verstorbenen Fällen ohne nachweis¬
bare Veränderungen. Auffällig waren in einem Falle, bei dem 75
Stunden lang Anurie bestanden, eine Ausweitung der gewundenen
Harncanälchen und zahlreiche Gerinnungsproducte sowohl in den
gewundenen wie in den geraden Canälchen.
Von Wichtigkeit dürften auch die Veränderungen am Herz-
se i n > der sowohl unter dem Peri- und Endocard als auch
mi Muskel selbst zahlreiche kleine Blutungen namentlich an den
Papillarmuskeln erkennen liess, sowie deutliche Trübung der Muskel¬
substanz.
In therapeutischer Beziehung habe ich leider wenig Erfreuliches
Ilmen zu berichten! In den leichten Fällen von Choleradiarrhöen
ist die Calomeltherapie wohl am günstigsten. — Ist der Choleraanfall
entwickelt, so handelt es sich darum, den Collaps durch Zufuhr von
Wärme und Flüssigkeit aufzuhalten, und dies geschieht wohl am
besten durch heisse Enteroklysmen und Injection grosser Wasser¬
mengen unter die Haut, Die Injection von heissem Wasser in die
Venen, zumal im algiden Stadium, bei schon vorhandener Herz¬
schwäche ist, abgesehen von allen anderen Gefahren, nicht unschäd¬
lich wegen der allzu raschen Ueberlastung und Ausdehnung des
schon geschwächten Herzens.
Mögen noch so viele choleraähnliche Krankheitsbilder sich
unter der Einwirkung von organischen oder anorganischen Giften,
ja selbst infolge der Einwirkung von Bacterien und von Toxinen
entwickeln, die sich klinisch nicht von dem Bilde der asiatischen
Cholera unterscheiden lassen, eine Form dieses Krankheitsbildes,
die epidemisch auftritt und die deshalb uns besonders interessirt,
ist nur in Verbindung zu bringen mit dem Vibrio der Cholera
asiatica. Wie keine echte Tuberkulose ohne Tuberkelbacillen, ent¬
steht keine Cholera asiatica ohne den Vibrio cholerae. Auf
dieser Basis ist es Sache der Forschung, die Widersprüche zu
lösen, welche sich den Epidemiologen bei der Beobachtung der
verschiedenen Epidemieen ergeben haben. Halten wir bei allen
epidemiologischen Forschungen die ätiologische Bedeutung des
Choleravibrio fest, so werden wir die epidemiologische Schwierig¬
keit langsam lösen, inzwischen aber nicht die Hände in den
Schooss legen und prophylaktisch einwirken können bei einer Er¬
krankung, der wir therapeutisch fast machtlos gegenüberstehen.
So sicher die Cholera in einzelnen Fällen durch Contagion von
Mann zu Mann verbreitet werden kann und thatsächlich verbreitet
worden ist, so sind doch zum Zustandekommen einer Epidemie be¬
sondere Bedingungen örtlicher und zeitlicher Art nothwendig. Der
durch den Menschen durchgegangene Vibrio cholerae hat offenbar nur
geringere Giftigkeit für den Menschen als der unter günstigen Be¬
dingungen saprophy tisch ausserhalb desselben im Boden oder Wasser
gewachsene Vibrio. Wir kennen diese dem Vibrio cholerae günstigen
Bedingungen noch zu wenig, und hier muss die Forschung weiter
ansetzen, um so manche epidemiologisch unklare Thatsache zu
ergründen. Findet der Choleravibrio zu seinem saprophy tischen
Dasein ausserhalb des Menschen infolge vorangegangener Sanirung
der Boden- und Wasserverhältnisse einen ungünstigen Nährboden,
so wird sein Vorhandensein sich nur durch ein sporadisches Auf¬
treten der Cholera zeigen, und verhindern wir durch Isolirung des
einzelnen Choleraträgers die Contagion, so wird dieselbe bald
erlöschen. Bringen wir aber denselben Vibrio unter Bedingungen
in den Boden oder das Wasser, die ihm sein saprophytisches
Wachsthum erleichtern, seine Virulenz steigern, so wird, eine rasche
Verbreitung durch Wasser z. B. vorausgesetzt, eine Epidemie
durch ihn angefacht werden. Dass alle diese Verhältnisse noch
complicirt sind durch die mehr oder weniger hohe Immunität der
einzelnen Individuen, ist für die Cholera ebenso sicher wie für
alle übrigen Infectionskrankheiten. Nach obigem Gesichtspunkt
i ist aber weder das Thierexperiment noch das Experiment am
Menschen mit Choleraculturen von entscheidender Bedeutung.
; Der unter günstigen Bedingungen gewachsene Choleravibrio ist
nach seinen klinischen Aeusserungen ein anderer Gast als der
auf Bouillon oder sonstigen Nährböden gezüchtete Choleravibrio
; oder selbst der aus dem Darm entleerte anaörobiotisch ge-
| wachsene Vibrio. Allzu viel Werth kann man nach den epidemio¬
logischen Erfahrungen auf die natürliche Immunität nicht legen,
j Dass so selten ein Arzt oder Wärter sich inficirt, dass selbst
die Laboratoriumscholera ein seltenes Ereigniss bleibt, ist nicht
der Immunität, sondern dem Umstande zuzuschreiben, dass durch
, Contagion nur selten die Erkrankung sich verbreitet, und dass der
i aus dem Darm gelangende Vibrio seine Giftigkeit mehr oder
I weniger eingebüsst hat. Das beweist uns aber die Epidemiologie
' zur Genüge, dass der Choleravibrio seine Giftigkeit durch örtliche
j und zeitliche Verhältnisse wieder erlangen kann.
! Darum isoliren wir den Vibrio, wo wir ihn antreffen, dann
' werden wir am sichersten einer Epidemie Vorbeugen. Inzwischen
j lassen Sie uns aber nicht einseitig die Bacillepjagd betreiben,
, sondern die mühsam erworbenen epidemiologischen Erfahrungen
! gleichzeitig beachten, dass die Sanirung der Boden- und Wasser-
I Verhältnisse in einer Stadt dem Choleraerreger eben seine sapro-
| phytischen Lebensbedingungen abschneidet und dadurch ihn unge-
j fährlich macht, wo wir denselben in seinen Schlupfwinkeln nicht
j mehr aufsuchen können.
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18. Januar.
DEUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
55
III. Aus der Privatklinik für Frauenkrankheiten von
Dr. L. Landau in Berlin.
Die Aethernarkose.
Von Dr. O, Grossmann in Giessen.
Dass die Aethernarkose die Narkose der Zukunft sein wird,
darüber sind diejenigen Aerzte, die sich mit der Frage Chloroform
oder Aether beschäftigt und welche sich mit der Aethernarkose
vertraut gemacht haben, klar. Es ist sonderbar, dass man in
England und vor allem in Amerika seit Jahrzehnten sich der bei
weitem ungefährlicheren Aethernarkose fast ausnahmslos bedient,
während man in Deutschland nicht von dem heimtückischen Herz¬
gifte Chloroform lassen will. Ich glaube nicht zu viel zu sagen,
wenn ich das Chloroform ein heimtückisches Gift nenne, dessen oft
unberechenbare, lähmende Wirkung auf das Herz wir manchmal
bei der Narkose, neben anderen Maassnahmen, durch die An¬
wendung von Aether in der Form von subcutanen Injeetionen,
theils mit, hie und da aber auch einmal ohne Erfolg zu paralysiren
nöthig haben.
Im Gegensatz zu dem Chloroform muss der Aether als ein
absolut ungefährliches Mittel zur Erzeugung der Narkose bezeichnet
werden, als ein Mittel das in seiner Wirkung der Alkoholwirkung
viel näher als der Chloroformwirkung steht. Wie schon chemisch
der Aether eine grosse Verwandtschaft nüt dem Alkohol hat, so
hat auch der Aetherrausch in jeder Beziehung viel Aehnlichkeit
mit dem Alkoholrausch, ganz besonders aber darin, dass auch die
höchsten Dosen das Herz nicht nur intaet lassen, ja vielmehr noch
kräftigen und stärken.
Diese Vorzüge sind an der Br uns’sehen Klinik durch tacho-
metrische Messungen festgestellt worden. Professor Garr6 berichtet
hierüber in seiner Arbeit: Die Aethernarkose (Tübingen 1893,
Laupp’sche Buchhandlung) folgendes: „Viel wichtiger als die ab¬
solute Pulszahl ist der Blutdruck und die davon abhängende
Stromgeschwindigkeit des Blutes. Es ist bekannt, dass das Chloro-
orm den Blutdruck ziemlich rasch herabsetzt, was auf
Keehnung der verringerten Herzthätigkeit oder einer Alteration
■les vasomotorischen Centrums zu setzen ist. Taehometrischo
-lessimgen am Menschen, die an der Bruns’schen Klinik bei einer
giossen Zahl von Narkosen von Dr. Holz ausgeführt wurden,
a en ergeben, dass bei der Aethernarkose eine bedeutende
• teigerung der Pulsstärko, eine Zunahme des Blutdruckes zu
lr °t’ 0 erba hte Strömungsgeschwindigkeit ist ein
mgernctor für den vermehrten respiratorischen Gasaustausch.“
k m ei e . r ««t Garr6: „Die reflectorische Synkope, die im Beginn
i 0I ; Of ?r na ^ OSe blitzäImJich den Patienten dahinrafft, kommt
,,fI ^ Aethernarkose nicht vor.“
folffptiripc 9 /I er Aether- und Chloroformnarkosc ergiebt
1 Totliofin° °^ 1 ? ed ‘ Journ - 21 - Januar 1888 ) berechnet
sfhon auf 2 meu Aethernarkosen, dagegen einen solchen
berichtet Ha Je • C S’°/^? lnark o s ei L Vallas (Revue de chir. 1893)
kein m H ? tel Dleu zu Ij y° n unter 40 000 Aethernarkosen
U Nach Gurlt ( Archiv f - Chirurgie,
Todesfälle aicn b f S i, 1892 auf 95 249 Chloroformnarkosen 37
Afmnnr i T 1 , To , de ,f a " auf 2 574 Narkosen, auf 8 433 Aether-
«jähriCTn Vfi TodeSf f Und dieser einz >g« Todesfall betrifft einen
io der Trauma die beiden Vorderarme
Tur ,»?t “ ^ in Bonn amputirt wurden. Patient
To,i „ a eh I raU , ma ’ d J£ ch Shok und Alkohol sehr collabirt.
Umständen auf ü U ^ en ' ^ er wo0te einen Todesfall unter diesen
Ieh R f lmu ^ des Narkotikums schieben?
uu-inor Meinunowiii^Qi- Gelegenheit aussprechen, dass nach
weitem luuninstio-ß ^Dstok d * r Chloroformtodesfälle sich noch hei
recht erheische f len Jf drd( N wenn eine i wie ich vermuthe,
käme. sinri dt ab van 1 Chloroformtodesfällen uns zur Kenntniss
jede Narkose nmfTii- 8 ? 01 ? Todesfä Ue, die nickt in Kliniken, wo
^sonders auf Jim t ° 5 r w J rd ’ sondern in der Privatpraxis und
‘ch auf dem Land« v .°! kommen ; Während der sechs Jahre, die
und zwar echten J ndttlcir ^ habe ich von 6 Chloroformtodesfällen,
und ähnlichen FrönA l ’ Ausschluss von Shok, Verblutung
^nntniss erhalten ei \ T ^ m * r bekannten Collegen passirten,
^tistik njQggl .. Aa ®k der ob igon von Gurlt aufgestellten
bie genaue Zahl der in 6 ? ^ Todesfällen 15444 Narkosen entsprechen.
Nimmt lieh allfrpmpino r> en . secbs da kren von den fünf Collegen, die
‘-•'t mir zwar nicht ra ^ ls i ausübten, bewerkstelligten Narkosen
ZI1 hoch gegriffen sein aber 4 ^00 & anz erheblich
aller Vorsicht dass d * e Chloroformnai’kose, selbst wenn sio
Todesfällen aufzuweic? 6W w* t e * ne erschreckende Anzahl von
-Jonient kommt der rm * Aber aucb e ^ n zweites unangenehmes
llrr ‘ llt und die darn..- 1 ° rof0 i r ? lnarlcose hinzu, das ist die beständige
arain, resultirende Aufregung, die der Operateur, '
vor allem der welcher, wie der Arzt auf dem Lande, über keine
3 A ssistenz hei jeder Chloroformnarkose haben
muss. Auf einer grossen Klinik — giebt es doch solche, wo man
daran gewohnt ist, dass alljährlich ein solcher Fall vorkommt -
kann man sich über eine unglückliche Narkose leichter hinweir-
setzen. In den engen Verhältnissen einer Privatpraxis und be¬
sonders auf dem Lande, wo man oft ohne Assistenz eines Collegen
narkotisiren muss, bat eine unglückliche Narkose nebenbei noch
eine schwere Schädigung des Arztes im Gefolge.») Ich meine, diese
beiden Momente sollten genügend sein, um die praktischen Aerzte
zu veranlassen, sieh mit Entschiedenheit der fast absolut ungefähr-
liehen Aethernarkose anzunehmen, welche leider in Deutschland
bis vor wenigen Jahren überhaupt nicht, und seitdem auch nur in
wenigen Kliniken regelmässig angewendet wird.
Woran liegt es nun, dass trotz der Gefahren des Chloroforms
die Aethernarkose so wenig Anklang findet ? Ich glaube nur daran
dass erstens die Aethernarkose in ihrer Technik etwas anders’
vielleicht etwas umständlicher und auch nicht so leicht und rasch
zu ei zielen ist wie die Narkose mit dem energisch wirkenden
Chloroform, und dass zweitens eine Methode geübt wird, die aller¬
dings nur wenig vertrauenerweckend aussieht.
Im Anfang dieses Jahres beobachtete ich eine Chloroform¬
narkose, die mir so charakteristisch für die unheimliche, herz¬
lähmende Wirkung des Chloroforms erscheint, dass ich es mir nicht
versagen kann, über dieselbe zu berichten.
Bei Gelegenheit einer unbedeutenden Operation hei meinem
Knaben, einem kräftigen Kinde von 4 ! / 2 Jahren, hatte ich als den
wichtigeren Theil der Operation, die Narkose, übernommen. Das
Chloroform wurde tropfenweise aufgegossen, und es dauerto etwa
| zehn Minuten, bis der sehr aufgeregte Knabe zu schlafen schien.
I Cornealreflex am Erlöschen. Als jetzt eine Ineision gemacht wurde,
trat sofort heftige Reaction mit Armen und Beinen ein. Es wird
| Chloroform tropfenweise, bei erlöschendem Cornealreflex, weiter
I gegeben, und dann nach eingetretener Toleranz sofort die Maske
| entfernt. Ltwa zwei Minuten später, während einige Suturen gelegt
, werden, wird der Puls klein und frequenter, bald darauf die
| Athmung oberflächlich und hört schliesslich ganz auf, ohne dass
ein Respirationshinderniss bestand. Das sonst frischrothe Gesicht
wird fahl, verfallen, die Lippen blassblau. Sofort wird künstliche
Athmung gemacht und die Herzgegend mit Tüchern gepeitscht.
Die Respiration kehrte wieder, aber ist noch fast eine Stunde
lang oberflächlich und bedarf noch mehrfach angewandter Haut¬
reize, bis sie wieder normal tief und ausgiebig geworden ist.
Ebenso lange Zeit bedarf es, bis die fahle, verfallene Gesichtsfarbe
sich wieder frisch roth färbt, und der Puls zur kräftigen Norm
zurückkehrt.
Das war Herzlähmung und eino treffliche Illustration meiner
Behauptung, dass das Chloroform ein heimtückisches Herzgift ist,
dessen Wirkung sich hier, trotzdem die grösste Vorsicht geübt
wurde, und trotzdem das Chloroform tropfenweise gegeben wurde,
so hemerklich machte.
Bald darauf hatte icli durch die Güte des Herrn Professor
Garr6 in Tübingen Gelegenheit, die Aethernarkose zu sehen, die
mich nach dem obigen, abschreckenden Beispiele um so mehr
interessirte. Allein was ich sah, war nicht dazu angethan, mich
zu enthusiasmiren. Ich verzichte, um nicht subjectiv zu erscheinen,
darauf, den Eindruck zu schildern, den ich von der auf der Tübinger
chirurgischen Klinik ausgeübten Methode der Aethernarkose erhielt,
ich will lieber dafür die Mittheilungen anderer Beobachter citiren.
Die Methode, die in Tübingen angewendet wird, ist die soge¬
nannte Genfer und wird ausgeübt mit der von Julliard (Genf) ange¬
gebenen Maske. Dieselbe besteht aus einem grossen, das ganze Gesicht
bedeckenden Drahtgestell, ähnlich wie bei der Chloroformmaske, aber
dreimal so gross. Aussen ist dieses Gestell mit einem impermeablen
Stoffe (Wachstuch) umhüllt, innen mit Flanell ausgekleidet. In die
Maske giesst man zunächst 10 bis 20 ccm Aether und lässt den
Patienten, ohne dass man die Maske ganz auflegt, sich erst an die
Aetherdämpfe gewöhnen. Sehr bald, nach weniger als einer halben
Minute, wird die Maske fest aufgesetzt, und es werden bald (in der
zweiten Minute) 30 ccm Aether nachgeschüttet. Der Rand der Maske
wird, um die Abdunstung des Aethers nach aussen möglichst zu
verhindern, mit einem Handtuch umwickelt. Die jetzt folgende
Wirkung wird von Garrö 2 ) mit den Worten beschrieben: „Mit den
ersten Aetherinhalationen beschleunigt sich der Rhythmus der
*) Fritsch (Bericht über die gyn. Operationen des Jahres 189D92)
sagt: „Ich habe, ehe ich Kliniker wurde, viel in der Privatpraxis operirt.
Hier ist die Verantwortung viel mehr auf den Operateur concentrirt. Es
besteht keine collective Verantwortung. Der Weite Mantel der Klinik
deckt nicht den Operateur. Jeder Misserfolg ist im höchsten Grade
verhängnisvoll.“
*) Garrö, Die Aethernarkose. Tübingen, Laupp’scho Buchhand¬
lung. 1893.
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56
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3
Athmung, sie wird oberflächlich. Die Wirkung ist wahrscheinlich
eine reflectorische von der Nase aus, erzeugt durch den unange¬
nehmen Reiz der Aetherdämpfe. Nur wenige Patienten vermögen
dem Reiz zu widerstehen und regelmässig und tief zu athmen.
Nicht selten löst die Einathmung der Aetherdämpfe Husten aus,
der aber rasch vorübergeht. Im Excitationsstadium zeigt die
Athmung mannigfache Verschiedenheiten, bald ist sie beschleunigt
und regelmässig, baidaussetzend, durch mächtige Contractionen
der Athemmuskeln unterbrochen. Die Kranken werden cya- |
notisch, sie pressen heftig, und die Extremitäten in uskel n sind ,
in tetanischer Starre, Der Zustand kann beängstigend
erscheinen, er geht aber vorüber ohne unser Zuthun, oder aber ;
indem wir einen heftigen Hautreiz einwirken lassen. Wieder in !
anderen Fällen sind die Atliembewegungen so seicht, dass sie nur :
mit Mühe controllirt werden können. Mit dem Eintritt der Periode i
der Muskelerschlaffung wird die Athmung tief, nicht selten |
stertorös. Hat sich nun im Pharynx, wie das bei länger fort¬
gesetzter Narkose oft der Fall ist, eine grössere Menge Schleim
an gesammelt, so emulgirt die Athemluft denselben zu feinem
schneeweissem Schaum. Die Athmung bekommt dadurch einen
höchst widerwärtigen röchelnden Ton. Dem Kranken erwächst
dabei keine Gefahr. Wer nur Chloroformnarkosen gesehen hat, auf
den wird diese röchelnde und scheinbar mühsame Respiration einen
höchst peinlichen Eindruck machen/
Füter (Bern) (Zeitschi-, f. Ch. 1889, Bd. 29) sagt von der
nach der Genfer Methode mit der Julliard’schen Maske, derselben
die auch Garrö gebraucht, ausgeübten Aethernarkose folgendes:
„Der Eindruck, den die ersten übrigens ganz glatten Nar¬
kosen auf uns Aerzte und das Wartepersonal gemacht hat, war,
ich muss es gestehen, ein höchst un gern üth lieh er, ja beängsti¬
gender. Es traten Symptome von Seiten des peripheren Gefäss-
systems und der Respiration auf, die uns bei Anwendung von
Chloroform wahrscheinlich veranlasst hätten, sofort die Narkose
zu unterbrechen, und doch waren es nur Zeichen, die sich in der
Folge stets in mehr oder weniger hohem Maasse einstellten, und an
die wir uns daher auch als zur Sache gehörend sehr bald gewöhnten.
Schon nach wenigen Inspirationen tritt nämlich eine Dilatation
des Hautcapillarnetzes ein, die sich in einer vermehrten Wärme
der Haut und namentlich im Gesicht in ausgesprochener Cyanose
äussert, die Conjunctiven sind dabei geröthet, das Gesicht wird
aufgedunsen und nimmt mitunter eine tief dunkelrothe bis
bläuliche Färbung an. Diese nach Schiff auf einer Lähmung
der peripheren Gefässnerven beruhenden Stase, in Gemeinschaft mit
der Hebung der Herzkraft und Steigerung des Blutdruckes, hält
sich während der ganzen Dauer der Narkose mehr oder weniger;
nur wenn letztere sehr lang, und das Individuum geschwächt
ist, weicht sie einer normalen Farbe oder geht in Blässe über.
Eine zweite für den Ungewohnten unangenehme Erscheinung ist
sehr häufig das Verhalten der Athmung, während der nebenbei
ganz guten Narkose. Durch den chemischen Reiz des Aethers auf
die Mund- und Nasenschleimhaut werden diese zu stärkerer
Secretion angeregt. Sei es nun, dass sich dieser Reiz auch auf
den Larynx und die Trachea fortsetzt, oder dass der reichlich ab¬
gesonderte Speichel aspirirt wird, genug es bildet sich oft eine sehr
unheimliche stertoröse Athmung aus, die einen zu beun¬
ruhigen imstande ist, bevor man sich deren Aetiologie klar
gelegt hat. Abgesehen von diesen beiden Factoren gestaltet sich
die Narkose folgendermaassen: Mit dem Aufsetzen der Maske be¬
fällt fast durchgehende alle Personen das Gefühl, als müssten
sie ersticken, einige athmen daher nur sehr selten und ober¬
flächlich, bis der Lufthunger sie zwingt, tief Athem zu holen;
andere, namentlich Kinder und nervöse Personen, gerathen in grosse
Aufgeregtheit, schreien, schlagen drein, wollen aufsitzen u. s. w.,
alles Acte, die zu um so tieferen Inspirationen veranlassen, daher
solche ausserordentlich schnell schlafen.“
Nach Füter wird in die Julliard’sche Maske beim Er¬
wachsenen ca. 50 g Aether gegossen und dieselbe allmählich dem
Gesichte des Kranken genähert, damit er sich an den ein unan¬
genehmes Erstickungsgefühl hervorrufenden Geruch gewöhnt, als¬
dann wird ein Tuch über die Maske und den Kopf gedeckt und
nun ohne die Maske zu heben zugewartet, bis völlige Erschlaffung
der Extremitätenmuskulatur eingetreten ist. Dieser Zeitpunkt
wird fast regelmässig in zwei Minuten, oft auch in noch kürzerer
Zeit erreicht. Die Grundzüge dieser Aetherapplication beruhen
also in zwei Worten auf Darreichung ziemlich concentrirter Dämpfe
mit möglichst seltener Entfernung der Maske.
Butter (Dresden) (Archiv für Chirurgie 1890, Bd. 40) sagt
Über die Aethernarkose: „Bei Beginn der Narkose treten einige
eigentümliche, aber höchst bemerkenswerte Erscheinungen auf,
bemerkenswert deshalb, weil sie dem Anfänger in der Aether¬
narkose fast gefährlich erscheinen können, während sie dem¬
jenigen, welcher öfters ätherisirt hat, als völlig unbedenklich
bekannt sind. Die ersten drei bis vier Athemziige haben natür¬
lich für den Patienten eine mehr oder weniger beängsti¬
gende Wirkung, deshalb versucht er unwillkürlich nach der
Maske zu greifen und sie zu entfernen. Eine auffallende aber
durchaus imbedenkliche Erscheinung ist die starke Cyanose,
welche schon nach wenigen Athemzügon einzutreten pflegt und
sich in manchen Fällen zu sehr hohem Grade steigert.
Dieselbe wird durch die starke Dilatation der Hautcapillaren,
welche der Aethereinathmung zuzuschreiben ist, herbeigeführfc.
Ferner ist als stehende Begleiterscheinung der Aethernarkose das
besonders auffallende starke Trachealrasseln zu erwähnen, welches
seine Ursache in der durch die Aethereinathmung abnorm ver¬
mehrten Speichel- und Schleimsecretion im Nasenrachenraum
und in den Bronchien hat. Diese letztere Erscheinung ist es vor
allem, welche bei einem erstmaligen Versuche, wie schon oben
erwähnt, höchst beunruhigend wirken kann, die sich aber nach
unseren Erfahrungen bei der Aethernarkose als ganz ungefährlich
erwiesen hat.“
Weiter berichtet Butter: „Bei fast allen Patienten trat ferner
bald nach Beginn der Narkose ein eigentkümlickes Erythem auf,
welches sich ausser auf den Hals auch auf Brust und obere Ex¬
tremitäten, in einzelnen Fällen sogar über den ganzen Körper er¬
streckt.“
Ich komme auf diese Beobachtung später zu sprechen und
erwähne noch dabei, dass Butter in die Julliard’sche Maske 50 ccm
Aether giesst und die Erschlaffung der Extremitätenmuskulatur
innerhalb 2, völlige Narkose nach 2 l /2 bis 3 Minuten erreicht.
Der „peinliche“, „ungemüthliehe“, ja „beängstigende“ Eindruck,
den auch ich bei der ersten Aethernarkose mit der Jul liard’schen
Maske, die ich in Tübingen sah, empfing und welcher so stark
war, dass ich den Gedanken an Anwendung des Aethers in eigener
Praxis fallen liess, war noch frisch, als ich im März dieses Jahres
auf der Klinik des Herrn Dr. L. Landau in Berlin Gelegenheit
hatte, die Aethernarkose nach einer anderen Methode kennen zu
lernen.
Welcher himmelweite Unterschied besteht zwischen den beiden
Methoden. Hier von allen den oben beschriebenen Zuständen, von
„Cyanose“, von „Schaum vor dem Munde“, „stertoröser Athmung“,
ja „Trachealrasseln“ keine Spur, oder höchstens eine Andeutung
davon, die aber dann nur eine Folge von fehlerhafter Technik war,
wie ich später auseinandersetzen werde.
Im Juni und Juli hatte ich durch die Güte des Herrn Lan¬
dau, dem ich hierfür meinen aufrichtigen Dank sage, Gelegenheit,
in Vertretung eines Assistenzarztes etwa 60 Aethemarkosen selbst
zu leiten und bei etwa 80 Narkosen anwesend zu sein.
Die Vorzüge dieser Methode der Aethernarkose sind so gross,
dass ich aus voller Ueberzeugung jedem Arzte den Rath geben
muss, von dem Chloroform zum Aether überzugehen.
Die auf der Landau’schen Klinik gemachten Beobachtungen
erstrecken sich ja allerdings nur auf Frauen, und will ich hier
ausdrücklich betonen, dass meine Mittheilungen schliesslich nur
für die Aethernarkose bei Frauen Gültigkeit haben, indessen zweifle
ich keinen Augenblick, dass die Aethernarkose vermittels dieser
Methode sich in gleicher Weise bei Männern anwenden lässt. Viel¬
leicht zeigt dieselbe bei Kindern und bei Potatoren einen anderen
Verlauf, vielleicht ist es hier nöthig, die Technik der Narkose
etwas anders zu gestalten.
Die auf der Landau’schen Klinik gebrauchte Maske ist von
Professor Wan scher in Kopenhagen angegeben und bei demselben
seit 1880 im Gebrauch. Landau hat an die Maske statt eines
Bleirandes einen Gummirand gefügt.
Die Maske besteht aus einem halbkugeligen Trichter, dessen
breite Oeffnung mit einem hohlen, lufthaltigen Gummirand ver¬
sehen ist und so auf das Gesicht gelegt wird, dass er Mund
und Nase bedeckt. Am Grunde des Trichters, im Anschluss an
eine für 2 bis 3 Finger bequem durchgängige Oeffnung befindet
sich ein etwa IV2 Hand langer Gummisack. 1 ) Damit der herab¬
hängende Gummisack sich nicht da, wo er am Trichter ansetzt,
abknickt, sind an der Oeffnung des Trichters zwei sich kreuzende,
in den Gummisack kuppelförmig hineinragende Metallbügel be¬
festigt. Der Aether wird in beliebiger Menge circa 50—100 g
durch den Trichter in den Beutel gegossen, und die Maske mit
dem Trichter dem zur Seite gewandten Gesichte des Patienten
langsam genähert. Erst dann wenn der Patient die Aetherdämpfe
gut tolerirt, d. h. wenn kein Reflexkrampf mehr eintritt, welcher
sich durch ein sofortiges Stocken der regelmässigen Respiration
bemerkbar macht, wird der Trichter mit dem Gummirande je nach
*) Da bei den auf der Landau’schen Klinik gebrauchten Masken die
Oeffnung im Trichter, etwa für zwei bis drei Finger durchgängig, mir zu
klein erschien, so habe ich Herrn Instrumentenmacher Schmidt veranlasst,
diese Oeffnung bedeutend grösser zu machen. Solche Masken sind von
Herrn Schmidt, Berlin C, ZiegelstrasBe 3 zu beziehen.
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18. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Bedarf mehr oder weniger fest aufgesetzt. Es bleibt auch bei
festem Auflegen der Maske immer noch an einzelnen Stellen so viel
Zwischenraum zwischen Maskenrand und Gesicht, dass noch atmo¬
sphärische Luft zu dringen kann. Man achte aber besonders darauf,
dass namentlich der untere Rand der Maske gut aufliegt, damit hier
nicht die Aetherdämpfe, welche schwerer als die atmosphärische
Luft sind, abfliessen können. Der Gummisack hängt jetzt nach
abwärts. Am Grunde desselben befindet sich ein Aethersee, von
dessen Oberfläche verdunstend die Aetherdämpfe aufsteigen, in
den Trichter gelangen, sich liier mit Luft vermischen und so von
dem Patienten eingeathmet werden. Im weiteren Verlaufe der
Narkose werden dem Patienten durch Schütteln der Maske immer
Loncentrirtero Aetherdämpfe zugeführt, indem man dabei achtet,
dass niemals ein Stocken der Respiration eintritt. Ist dieses der
Fall, so ist es ein Zeichen, dass der Patient die eoncentrirteren
Aetherdämpfe noch nicht tolerirt, vielmehr durch einen Reflex-
krampf darauf reagirt. Ist die Tolerauz eingetreten, dann lässt
mau so lange durch Schütteln der Maske den Patienten concen-
trirtere Aetherdämpfe einathraen, bis der Corncalreflex total er¬
loschen, resp. völlige Narkose eingetreten ist. Wenn dieses der
Fall ist, dann kann man die Maske wegnehmen, aber nicht zu
lange, denn die Nachwirkung beim Aether ist viel kürzer als beim
Chloroform, und Patient wacht sehr rasch wieder auf. In den
allermeisten Fällen lässt man nach eingetretener völliger Narkose
die Maske weiter locker aufliegen, vermeidet aber dabei das
Schütteln. Wenn die Maske nicht geschüttelt wird, dann sind die
geringen, von unten aufsteigenden Aetherdämpfe gerade eben hin¬
reichend, um die Narkose weiter zu unterhalten.
Der Unterschied mit der Julliard’schen Maske besteht in
der Art, wie der Aether verdunstet.
Hier ist erstens die Oberfläche des Aethers. wo derselbe ver¬
dunstet, relativ klein, während bei der Julliard’schen Maske
das die Innenfläche der Maske auskleidende, mit Aether getränkte
Flanell dem Aether eine ungeheure Oberfläche zum Verdunsten
darbietet.
Zweitens kommen bei der Julliard’schen Maske die Aether¬
dämpfe von oben nach unten, während hier die Dämpfe von unten
nach oben steigen müssen. Dieser Umstand ist sehr wichtig, wenn
man bedenkt, dass die Aetherdämpfe schwerer als die Luft sind.
Lässt man Aether in einer offenen Schaale verdunsten, so
lessen die Dämpfe nach dem Boden des Zimmers ab und sam¬
meln sich hier an. Wenn man in die Wanscher’sche Maske
i_ er den Kopf sofort darüber beugt und die Aether¬
dämpfe, die sich in der Maske befinden, einathmet, so erhält man
* ne gern grosse, den Athem erstickende Menge von Aether
artet man einige Momente, bis der beim Eingiessen die Wände
allseitig benetzende und somit bei grosser Ober¬
ohe Aether abgedunstet ist, so kann man jetzt
Si - C -?f n . und ohne das fasfc unerträgliche Erstickungs-
LS. d ejf geringen, von der kleinen Oberfläche des am Grunde
i " J 7, Aethersees aufsteigenden Dämpfe einathmen. Hält
wird -a r ! cht ru ^£’ so d ass der Aethersee wenig bewegt,
denselben verdlmst e t sogar so auffallend wenig Aether. dass man
aMben fast kaum beim Einathmen spürt.
sofort C Mnp^-J nail Ä er i etz J, die ^ aske tüchtig, so strömt einem
Wir h- 1 K St erstlc J ien de Menge von Aetherdampf entgegen.
'*ir haben es also hei
Hand (ienTpV*- e ! as ® bei de r Wans che r’schen Maske in der
durch Schütt,^ 11 weni ^ Aether zu geben, oder denselben
nach Beliph»»n 7 r ^f as ^ e un d dadurch vermehrte Verdunstung
athmeii zu lassei^Arf 61, , Wenig £ r r concent rirte Aetherdämpfe ein¬
lässt eine Da Mlt , äderen Porten, die Wanscher’sche Maske
Hub“£*r A eth S? Zu ' B . el der Julliard’schen
dunstuntrsobprflä h m . ögbcbl U Hier findet infolge der grossen Ver-
‘US*'“' , mächti g« Verdunstung statt, und da die
neue Dämefe A e ‘ heldän |P fe nach unten abfliessen, so können sofort
Art de, vjl„ L entW l ck ! ln - Wie gross der Unterschied in der
Klinik Ton „1!““? . ls *\ er e oben einige in der Landau’schen
5 erm 77 S estellte Versuche.
__ _ 6 her werden in eine mit Wachstaffet und Flanell-
"üd. wie es schemt^n^. ^Hrsache der von Garre p. 32 beschriebenen
rwtionssynkope: „Mehr se ( !, t i en von ü*m beobachteten Respi-
vr, i . v “ u seiien von
volW v ! S diesen Störungei_
... 1 a, kose Bedeutung beizumessen.
ist der Respirations-
— „„ Dlirimv . „„ . v, -sen. Sie ist das
ranonscentrums, erzeutn T d T le , Folge einer Lähmung des Respi-
»endong d er WansrhL-T? e !£ Uebermaass von Aether“. Ist bei An-
urch Prüfen des Corne-ilmf? 1611 ¥ a f ke di® v °H e Narkose, wie man sich
Maske ganz wee odlr 1 ? b ® rzeu ff t ’ eingetreten, dann lässt man
'«hustet dann M mindestens mit dem Schütteln auf. Es
j ^ v on Aether“ bekomm etb i er ’ da ~ der Patient niemals ein „Ueber-
; a ; d »u’schen Künik t““* Bei . den Cft ‘ 1200 Narkosen auf der
»achtet und niemals lriwrv* a l* c , b “ em£ d s ®i&e Respirationssynkope
nsthehe Athmung gemacht worden.
_J>7
s treifen improvisirte Julliard’sche Maske gegossen und die Maske so
gehalten dass das Wachstaffet nach oben gerichtet ist: somit der
im Flanell verdunstende Aether nach unten abfliessen kann
Nach weniger als 3 Minuten zeigt der Flanellstreifen keine Spur
mehr von Aethergeruch, die 5 ccm sind somit vollständig verdunstet
Sodann werden 5 g Aether in ein grosses Uhrschälchen ge¬
gossen. Nach 2o Mmuteu sind dieselben verdunstet Wird da¬
gegen während des gleichen Versuches die Schaale bewegt oder mit
einem Biatte Cartonpapier die Luft über der Aetherschaale in leb¬
hafte Bewegung versetzt, so dass also die entstandenen Aether¬
dämpfe durch den Luftstrom immer weggeführt werden, dann sind
die o ccm Aether in 5 Minuten völlig verdunstet.
Hierauf werden 5 ccm Aether in ein Reagensrohr gegossen
und dasselbe, oben offen, stehen gelassen. Zu meinem Erstaunen
war nach Verlauf von 24 Stunden der Aether noch nicht völlig
verdunstet. 6
Woher kommt nun diese so langsame Verdunstung im Re¬
agensglase? Die Erklärung ist einfach. Die Aetherdämpfe die
das Reagensglas vom Spiegel der Flüssigkeit bis zur Mündung er¬
füllen, sind schwerer als die Luft. Infolge dessen sind dicht über
dem Aetherspiegel die Dämpfe nahezu concentrirt. Je weiter nach
oben, nach der Mündung des Reagensglases, desto verdünnter, weil
mit Luft vermischt, ist der Aether. Die über der Oberfläche des
Aethers lagernde, concentrirte Aetherdampfschicht bildet ein
Hinderniss für die weitere Verdunstung des Aethers.
Die gleichen Verhältnisse wie im Reagensglase liegen bei der
Wanscher’schen Maske vor, wenn der Gummisack ruhig gehalten
wird, auch hier verhindern die über dem Aethersee lagernden
Dämpfe eine rasche Verdunstung.
Bei der Julliard’schen Maske dagegen findet eine ungehin¬
derte, unendlich viel raschere Verdunstung statt, und der Patient
bekommt sehr concentrirte Aetherdämpfe zu athmen. Wenn
man nun in Betracht zieht, dass die bei aufgelegter Julliard’-
scher Maske nach unten abfliessenden Aetherdämpfe die atmo¬
sphärische Luft und damit den Sauerstoff verdrängen, so wird
man die oben von Garrö, Fueter und Butter geschilderten, bei
der Anwendung der Julliardschen Maske eintretenden Erschei¬
nungen verstehen. Es sind das die Erscheinungen von Asphyxie,
von Sauerstoffmangel, hervorgerufen durch die von dem Aether-
reflexkrampf erzeugte Respirationsbehinderung und durch die Be¬
schränkung der durch die concentrirten Aetherdämpfe verdrängten
atmosphärischen Luft und damit des darin enthaltenen Sauerstoffs.
Ich sagte schon oben, dass bei der richtigen Anwendung der
Wanscher’schen Maske niemals Cyanose, Trachealrasseln, Schaum
vor dem Munde, stertoröses Athmen eintritt. Im Gegentheil, die
Patienten athmen ganz ruhig und schlafen bei oft ganz minimalem
Excitationsstadium allmählich ein, genau so wie bei einer ruhigen
glatten Chloroformnarkose, wie man solche oft bei Frauen, speciell
bei kreissenden, beobachtet.
Allerdings — und hiermit möchte ich den einzigen Nachteil
dieser Methode berühren, wenn man es überhaupt einen Nachteil
nennen will — es dauert ziemlich lange bis zur völligen Narkose.
Im Durchschnit 15 bis 20 Minuten. Selten, dass völlige Narkose
schon mit 8 bis 10 Minuten eintritt. Manchmal vergehen auch
30 oder gar 40 Minuten. Das letztere, besonders bei solchen
Frauen, wo ein grösserer Alkoholconsum zu vermuten war.
Die Julliard’sche Maske unterscheidet sich von der Wan-
scher’schen dadurch, dass, wie Garrö sagt, „der Aether mög¬
lichst concentrirt und in grossen Dosen eingeathmet werden muss,
damit seine Wirkung eine prompte werde“. Die durch diese An¬
wendung von concentrirten Aetherdämpfen schon nach 2 bis 3
Minuten eintretende Bewusstlosigkeit kommt, wie ich mit Be¬
stimmtheit behaupte, nur zum Theil auf Rechnung des Aethers,
zum grösseren Theil ist sie die Folge einer durch Sauerstoffmangel
hervorgerufenen Asphyxie. Diese Asphyxie ist um so stärker, je
plötzlicher und unvermittelter die Maske aufgesetzt wird. Am
stärksten nach der Methode von Dumont und Füter, welche von
Garrö wie folgt beschrieben wird: „Die zweite Abweichung bewegt
sich nach der entgegengesetzten Richtung. Man überrascht den
Patienten sofort mit einer aufgeschütteten Dosis von 50 ccm und
legt schon nach wenigen Athemzügen die Maske dicht vor das Ge¬
sicht. Der Kranke glaubt durch die concentrirten Aetherdämpfe zu
ersticken, er wehrt sich einen kurzen Augenblick sehr energisch,
bald schwinden die Sinne, die Muskeln erschlaffen, die Athmung
wird tief und regelmässig, und durchschnittlich in zwei Minuten ist
die volle Narkose da“.
Hier möchte ich hinzufügen: der Patient glaubt nicht nur zu
ersticken, sondern er befindet sich tbatsächlich in der Erstickung,
in der Asphyxie.
Nach der von Garrö beschriebenen Methode, wobei man dem
Patienten etwas Zeit lässt, sich an die Aetherdämpfe zu ge¬
wöhnen, tritt die volle Narkose durchschnittlich in 4 Minuten ein.
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58
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHEN SCHRIF T.
No. 3
Bei der Anwendung des Princips der ganz allmählich steigen¬
den Aetherzufuhr mit der Wan Beherrschen Maske tritt die
Narkose nun allerdings nicht so rasch ein, sondern, wie gesagt,
erst nach circa 15 bis 20 Minuten. Für beschäftigte Operateure
ist dieser Umstand deshalb nicht gleichgültig, weil ein. ziem¬
licher Zeitverlust zwischen den einzelnen Operationen eintntt.
Verfügt man über genügende Assistenz, dann kommt dieser
Umstand nicht in Betracht, man fängt mit der Narkose des
zweiten Patienten schon während der Operation des ersten an.
Aber auch das ist im Nothfall nicht nöthig, denn auch beim
Gebrauch der Wan sch er’sehen Maske ist es möglich, die Genfer
Methode, d. h. die Methode der Asphyxirung, welche eine volle
Narkose schon nach einigen Minuten erzielt, anzuwendeu. Man
setzt in diesem Falle unter fortwährendem Schütteln des
Gummisackes die Maske so auf, dass dieselbe überall möglichst gut
abschliesst. Dabei muss die Patientin, die sich ausnahmslos gegen
eine solche Aetherdosis auf das heftigste sträubt, durch zwei Per- ■
sonen an Annen, Beinen und Kopf festgehalten und so verhindert
werden, sich die Maske wegzureissen. Der Effect ist dann genau
derselbe wie nach der oben angegebenen, von Garrö geschilderten
Methode von Dumont und Füter.
Namentlich in solchen Fällen, wo aufgeregte mul unverständige
Patientinnen, wie es hier und da vorkommt, im Beginn der Narkose
anfangen zu schreien und förmlich zu toben, hat Herr Dr. Ti and au
wiederholt angeordnet, „die Patientin asphyktisch zu machen“, d. h.
die Genfer Methode vermittels der Wanscher'schon Maske anzu¬
wenden. Es muss zugegeben werden, dass die Wirkung (allerdings
unter Begleitung der von Garr6, Füter und Butter geschil¬
derten Erscheinungen) prompt eintritt. Indessen bin ich der Mei¬
nung, dass man diese Methode doch, wenn es geht, vermeiden soll,
weil die auf diese Asphyxirung folgende Narkose niemals so glatt
und so ruhig ist, als wenn man den Aother langsam und mit gutem
Luftzutritt emathmen lässt, so dass bei den Patienten niemals das
Gefühl, als müssten sie ersticken, auftritt.
Dieses Gefühl der Erstickung ruft bei den Patienten eine
furchtbare Erregung hervor, welche sich auch später nur sehr
schwer verliert und so die Narkose zu einer unruhigen macht. Ich
glaube hierzu ein vollkommenes Analogon in der Chloroformnarkose
zu finden. Es ist noch nicht so lange her, da hat man die Forderung
aufgestellt, dass es, um eine gute Chloroformnarkose zu erzielen,
nöthig sei, dass bei der Einleitung der Narkose völlige Ruhe in der
Umgebung des Patienten herrsche, damit derselbe nicht aufgeregt,
und dann die folgende Narkose unruhig werde.
Das Gefühl der Erstickung und die damit verbundene mächtige
Aufregung des Patienten ist es, die der Narkose mit der Julliard-
sehen Maske ihren ganzen Charakter verleiht. Bei der richtigen
Anwendung der Wanscher’schen Maske kommt etwas derartiges
nicht vor. Hier ist die Narkose oft ausserordentlich ruhig, keine
Spur von Cyanose, von Traehealrasseln, von Schaum vor dem
Munde, oder von stertoröser Athmung. (Schluss folgt.)
IV. Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am
Friedrichshain in Berlin, Abtheilung des Herrn Professor
Dr. Fürbringer.
geringen Bruchtheil auf Verwechselung und Unvorsichtigkeit; sehr
selten hat man das Gift für Morde in Anwendung gezogeu, haupt¬
sächlich wohl, weil der ihm eigene knoblauchähnliche Geruch und
Geschmack schwer zu verdecken ist und es überall herauserkennen
lässt. Endlich sind auch Intoxicationen durch medicinale Gaben,
vor allem durch das Phosphoröl und die Phosphorpillen, die früher
in geradezu ungeheuren Dosen üblich waren, veranlasst worden.
Ganz ohne Analogie aber bezüglich der Aetiologie steht eino Ver¬
giftung da, die jüngst im Krankenhause Friedrichshain zur Beob¬
achtung kam, und die ich mir ihrer Absonderlichkeit wegen nicht
versagen kann, hier in Kürze mitzutheilen.
Anamnose: In den letzten Junitagen dieses Jahres meldete sich ein
junger Mann zur Aufnahme in die Anstalt, der unterwegs von heftigen
Leibschmerzen befallen sein will. Auf Befragen erzählt er mit einem ge¬
wissen Stolze seine an Abenteuern reiche Lebensgeschichte. Er ist Artist
und zieht seit etwa zwei Jahren auf Jahrmärkten und in Schaubuden
herum, um sich unter dem fingirten Namen „Vitreo Rombellino aus
Westindien“ nach dem Vorbilde dos bekannten gleichnamigen Negers als
„Mann mit dem Straussenmagen“ zu produciren. Er verspeiste bei seinen
Schaustellungen Sägespühne, Glas, Leder, Lampencylinder, Seife, Kohlen,
Wichse und dergleichen mehr. Unter anderem debUtirte er auch mit
einem Bravourstück, das er im Laufe der Jahre als eine Paradenummer
i herausgebildet hatte und das in dem Verschlucken von Streichhölzern
bestand; er begnügte sich aber nicht etwa mit den ungefährlichen schwe¬
dischen Zündhölzchen, sondern wählte mit Bedacht und in schwer zu be¬
greifender Verblendung späterhin auch solche aus, deren Kuppen aus
Phosphor gefertigt waren.
Eine geraume Zeit hindurch, nach seiner eigenen Angabe vielleicht
ein Jahr und mehr, konnte er das erwähnte Kunststück ausführen, ohne
irgend welchen Schaden an seiner Gesundheit zu nehmen. Erst Mitte
Juni dieses Jahres, als er nach einer mehrmonatlichen, durch eine Unter¬
suchungshaft bedingten Spielpause auf den Jahrmärkten Vorpommerns
wieder auftrat und mit seinem alten Glanzstück paradirte, blieben die ver¬
derblichen Folgen seines Thuns nicht aus. Die Geschäfte gingen in der
damaligen Zeit über Erwarten gut; eino Vorstellung löste die andere ab;
infolge des starken Zuspruchs, dessen sich seine Schaubude zu erfreuen
hatte, musste Vitreo sehr oft, etwa 30 mal am Tage, auftreten und
verzehrte bei jeder Schaustellung mindestens drei oder vier Phosphor-
streichliölzchen, manchmal auch mehr, im ganzen also eine tägliche Ration
von etwa 100—150 Zündhölzern. Er hatte dieses Experiment kaum acht
Tago lang fortgesetzt, als sich heftige Digestionsstörungen einstellten,
Leibschmerzen, Uebelkeit und Erbrechen von unangenehm riechenden
und leuchtenden Massen, Erscheinungen, die aber einer baldigen Besse¬
rung wieder Platz machten. Er befand sich sogar einige Tage später
wieder so wohl, dass er beschloss, einem an ihn ergangenen — Rufe nach
Thüringen Folge zu leisten und abzureisen. Aber schon in Berlin traten
I die Störungen von seiten des Verdauungstractus wieder mit solcher
Vehemenz hervor, dass er hier die Reise unterbrechen und Hülfe in einer
Poliklinik nachsuchen musste. Nach mancherlei Irrfahrten und mehrfachen
| Abweisungen gelangte er dann endlich in unser Krankenhaus,
i Status: Der stämmige, überaus muskulöse Patient windet sich vor
j Schmerzen; in's Bett gebracht, wirft er sich umher, wühlt in den Kissen.
: fasst nach dem Leibo und stöhnt von Zeit zu Zeit laut auf. Die Haut
ist durehgeliends gelb verfärbt; auch die der Inspection zugänglichen
| Schleimhäute zeigen in gleicher Weise ein gelbliches Colorit. Die Tem¬
peratur ist subfebril; der Puls etwas frequent, aber sonst von guter Be¬
schaffenheit; die Respiration oberflächlich und jagend. Der Urin wird
spärlich gelassen, ist tiefbraun mit gelbem Schüttelschaum, reich an Gallen¬
pigment und enthält Spuren vonEiweiss; Nierenelemente finden sich nur
sehr vereinzelt im Sedimente vor.
Ein merkwürdiger Fall von Phosphor-
vergiftung.
Von Dr. Freylian, Assistenzarzt.
Erst seitdem sich der Phosphor inmitten der dreissiger Jahre
durch die Erfindung der Streichhölzer in ausgedehntestem Maass¬
stabe Eingang in den Kleinhandel verschafft hatte und jedermann
leicht und bequem zugänglich geworden war, ist die eminent
toxische Bedeutung dieses Giftes in seiner ganzen Gefährlichkeit
zu Tage getreten. In rascher Folge stieg die Zahl der Vergif¬
tungen , die bald zu den bestgekannten und gefürchtetsten Intoxi¬
cationen überhaupt gehörten; schon seit einer ganzen Reihe von
Jahren kann das überaus charakteristische und typische Bild des
acuten Phosphorismus im wesentlichen als ein abgeschlossenes und
fertiges gelten und hat in letzter Zeit nur noch in vereinzelten
Zügen, so durch die von v. Jaksch 1 ) kürzlich bei ihm gefundene
Polycythaemia rubra, einen weiteren Ausbau und Vervollständigung
erfahren.
Es dürfte daher kaum angängig erscheinen, die casuistische
Litteratur noch um ein weiteres Blatt anzufüllen, ohne dass ganz
besondere Umstände eine solche Veröffentlichung rechtfertigen
würden. ö
Die Ursache der Phosphorvergiftung beruht in der über-
wiegenden M ehrzahl der Fälle auf Selbstmordversuchen, in einem
, • Jaksch ’ Beitrag zur Kenntniss der acuten Phosphoiwergiftui
beim Menschen. Deutsche med. Woclienschr. 1893, No. 1.
Das Sensorium ist in den schmerzfreien Intervallen ungetrübt; der
Patient giebt klare und bestimmte Antworten und erzählt sein Vorleben
in anschaulicher und zusammenhängender Rede.
Ueber den Lungen werden spärliche Rhonchi hörbar; die Herztöne
sind leise und blasend.
Der Leib ist gespannt und aufgetrieben, das Epigastrium überaus
druckempfindlich. Desgleichen ist das Betasten der Leber sehr schmerz¬
haft; die Leber selbst ist deutlich vergrössert. von harter Consistenz und
glatter Oberfläche. Die Milzdämpfung hält sich in den normalen Grenzen.
Kurz nach der Aufnahme erfolgt Erbrechen, das dunkelblutige Massen
in reichlicher Menge zu Tage fördert und sich späterhin noch mehrfach
wiederholt. In dem Erbrochenen lässt sich durch die Reductionsprobe
Phosphor mit Sicherheit nachweisen.
Schon am nächsten Morgen hatte das Befinden des Kranken eine so
sichtliche Wendung zum schlechteren genommen, dass die Prognose als
absolut hoffnungslos erscheinen musste. Nach einer sehr unruhigen, theil-
weise durch furibunde Delirien gestörten Nacht liegt der Patient soporös
und mit glasigen Augon da; die Zunge klebt am Gaumen; er reagirt
selbst auf starke Reize nur schwach und ungenügend und lässt Stuhl und
Urin unter sich gehen. Der Icterus hat seit gestern entschieden zu-
genommon; die Herzschwäche tritt von Stunde zu Stunde mehr in den
Vordergrund; der Puls wird kleiner, äusserst frequent; die peripheren
Körpertheile fühlen sich kühl und cyanotisch an. Die Leberdämpfung er¬
scheint etwas kleiner als Tags zuvor; die intensive Schmerzhaftigkeit des
Organs ist trotz der Somnolenz des Kranken noch immer deutlich zu
constatiren. Die Urinsecretion versiegt allmählich ganz, ohne dass übrigens
der Ham jemals Beimengungen von Leucin oder Tyrosin aufweist; der
Sopor wird zum völligen Coma; unter den Erscheinungen des Lungen¬
ödems geht der Patient, ohne das Bewusstsein wieder zu erlangen, um
vierten Beobachtungstago zugrunde.
□ igitized by Gck >gle
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18. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Pie Sectio n, deren Ergebnisse ich nur in kurzem Auszuge mittheile,
zeigte in typischer und ausgeprägter Weise alle Organveränderungen,
welche als die prägnanten Charaktere der Phosphorvergiftung beschrieben
werden.
Kräftige Leiche mit starkem, universellem Icterus; keine Oedeme.
Auf dcu serösen Häuten, dem Pericard und den Pleuren, spärlicher
auf dem Peritoneum sind multiple, kleinere und grössere Petechien aus-
; ausgedehntere Blutungen finden sich zwischen den Platten des
Mesenteriums vor. ferner im perimusculären Zellgewebe des Halses und
im siibcutanen Fettgewebe des Rumpfes.
Bauch- und Brusthöhlen sind leer; die Lungen sind blutreich und luft¬
haltig. Pie parenchymatösen Organe sind durehgehends stark verfettet. Am
hochgradigsten erweist sicli die Leber verändert, sie ist vergrössert, von
fester und teigiger Consistenz; ihre Oberfläche und Schnittfläche ' sind
fettglänzend und gleichmässig safrangelb; die Klinge beschlägt beim
Durchschneiden. Die mikroskopische Untersuchung fällt völlig conform
mit dem makroskopischen Befunde aus; die Leberzellen präsentiren sich
gebläht, von grossen Fetttropfen erfüllt und zum Theil zu Conglomeraten
von Fetttröpfchen zerfallen. Nächst der Leber kommt die fettige Dege¬
neration in den Nieren am schönsten und sinnfälligsten zum Ausdruck.
Im Verdauungstractus, dem bei dem Vorleben des Patienten natur¬
gemäß ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde, fanden sich nur
an einer einzigen Stelle Veränderungen vor, nämlich am Uobergange des
Oesophagus in die Cardia. Hier war die Schleimhaut von längsgcstellten.
bis zu 3 cm langen, narbigen Defecten gefurcht, die wahrscheinlich von
früheren Verletzungen herrflhrten, welche die Speiseröhre durch vorbei-
passirende Glassplitter erlitten hatte.
Diese dramatisch bewegte Krankengeschichte spricht ohne
tommentar für sich selbst. Sie gewährt einen erschreckenden und
zugleich betrübenden Ausblick auf die sonderbaren Blüthen, welche
der Kampf um’s Dasein gelegentlich treiben kann. Denn über die
iriebfedern der Handlungsweise des Patienten kann ja ein Zweifel
kaum obwalten; sie wurzeln in dem Bestreben, Auskommen und
Hroderwerb zu finden, und sind in diesem speciellen Falle noch * e -
paart mit einer gehörigen Portion Stupidität und Grossmannsucht.
Iraktisch durfte der traurige Fall lehren, dass man behördlicher¬
seits derartigen Schaustellungen eine geschärfte Beachtung widmen
und gefährliche Productionen dieser Art, besonders da sie doch
>tets einer vorherigen polizeilichen Genehmigung bedürfen, rundweg
verbieten soll. ’ ö
Nur in einem Punkte bedarf unsere Krankengeschichte noch
jiner besonderen Erläuterung, inwiefern es nämlich zu verstehen
s ; aSis e . bei dem Kranken Intoxicationssymptome hervor-
^ re en sind, während er doch schon seit zwei* Jahren fast un-
enroc cn so unerhörten Missbrauch mit dem Gifte getrieben
; „r “«etwaige Angewöhnung des Organismus an Phosphor,
wird tinn fUr - a w ere ^1’ beispielsweise für das Arsenik, erworben
rr era stlich discutirt werden; einmal ist von einem
eine vi«i nLrTi ! 1188 nichts bekannt, und dann liegt auch
M « ThI^ 10 h v. ere K /“ är “ n g far die nur auf den ersten Blick
uunauige Thatsache auf der Hand.
lieh hmprtfJrn * ( ^ F Streichholzköpfchen an Phosphor variirt # näm-
* hiedenen «■ Se ^ 1 .^ et ^ uten( i er Breiten und wird von den ver-
reciinrt An«? to T* “ hundert Kö P fe n auf 0,01 bis 0,06 g be-
«Undlich w!! 1C * S < ? lese ^ gossen Schwankungen wird es ver¬
schon nach roi f . emzen . e Antoren, wie zum Beispiel Kessler 1 ),
lungserschpimin ^ 17 ®, enn ^ en Mengen überaus stürmische Vergif¬
ten ohne i , P af en v Sa ! le I! , ., wä ^ reild * n anderen Fällen weit höhere
für den erwachet ^ Sa ^J t beil vertragen wurden. In der Regel wird
liehe Dosis anw J!)! n ^ en8chen ^,06 bis 0,1 g Phosphor als tödt-
gehalt der h«U*i eD ’ S ° das . s a ^ so se ^st bei einem hohen Phosphor-
toxischen H«} len ers . t m ^ .ändert Köpfen die unterste Grenze
'•rklärt sich nun IL erre l. <dlt A w ' rd - An der Hand dieser Thatsachen
Patienten ganz von Auftreten der Vergiftung bei unserem
^ekomLn der S 8 - ^ un ^ ezwun ^- Benn für das Zu-
kommenden » mussten die beiden in Betracht
bölzchen un^lfu.n,vi ’ ^ uan ^ät sowohl wie Qualität der Streich-
'(rzehrten StrpinM.~i zusa ! nmenw i r ken; einmal musste die Zahl der
*#i einer ungewöhnHpT 6106 8ehr .& rosse seia — dies konnte nur
faden — un a p-ip-vu C l 11 grossen Anzahl von Vorstellungen statt-
gerade bei diesen cif musste der Phosphorgehalt der Kuppen
n nr einem Zufall 7 ..» eic JM zern der maximale sein. Sicher ist es j
dieser beiden Factnran S chreiben, dass die unglückliche Combination
llat aber gelehrt ri QO ß ° aus g e blieben ist; die Erfahrung
‘ ills gewohnte Glück iesslich . unserem Kranken doch einmal
59
b Kossl
untreu geworden ist.
CP ' V ,ertel jabrsschr. f. gerichtl. Med. 186G.
V. TJeber Tubarschwangerschaft und die Be-
nandlimg der Blutungen in die Bauchhöhle
infolge von Tubarschwangerschaft.
Von Privatdocenten Dr. Dü hissen in Berlin.
(Schluss aus No. 2.)
ir I*}} ?' A ™ 6 - Gctober 1893') wurde ich von Heim Dr. Retslag zu
jT “^jährigen Frau H. morgens 4 1 / 2 Uhr consultirt wegen Verdachts" auf
der _ ^ __
Extrauterinschwangerschaft.
zu
™ ü ..egen Verdachts auf
•v . .... . «2.,,- rrau n. hat, wie die Anamnese ertrab in
ihrer vierjährigen Ehe zweimal geboren, das letzte Mal im März diese*
vt ! St uuterleibskrank gewesen. Nachdem die letzte regel¬
massige Menstruation am 24. Juli eingetreten, stellten sich vom 29. August
ab Blutungen ein die bis jetzt fortdauern. Am Abend des 4. October
wurde Patientin auf dem Closet ohnmächtig und bekam darnach sehr heftige
Leibschmerzen. Herr Dr. Rotslag, der alsbald gerufen wurde, eonstatirte
emo sehr bedeutende Anämie, die allmählich immer mehr zunahm und
erhob ausserdem den gleich zu beschreibenden Befund.
Ich fand eine kräftige Frau mit leichenblasser Gesichtsfarbe, kühler
Nasenspitze, mit einer Temperatur von 36,3 und einem sehr kleinen Pul*
von 9(>, die apathisch daliegt, bei der Berührung dos etwas aufgetriebenen
Leibes jedoch vor Schmerzen wimmert. Infolgedessen ist eine genaue
bimanuelle Untersuchung nicht möglich, doch lässt sich constatiren das*
der Uterus vergrössert ist und rechts hinter ihm eine sehr schmerzhafte
Resistenz liegt. Das Hemd und die Umgebung der Geschlechtsteile sind
mit eingetrocknetem Blut bedeckt.
Auf Grund der plötzlich eingetretenen Anämie und der lokalen
Symptome seitens des Abdomens stellte ich die Diagnose auf freie
Blutung in die Bauchhöhle infolge geplatzter rechtsseitiger
luben schwanger Schaft und veranlasste die sofortige Ueberführung der
1 atientm mittels Krankenwagens in meine Privatklinik. Als die Patientin
daselbst gegen 7 Uhr morgens ointraf, war der Puls noch kleinor geworden
Ich nahm jetzt sofort eine subcutane Infusion eines Liters einer
physiologischen Kochsalzlösung vor (Ort der Infusion zwischen den
Schulterblättern) mit dem Effect, dass der Puls bereits während der
ca. zehn Minuten dauernden Infusion besser wurde und sich während der
sofort angeschlossenen Laparatomie noch mehr hob.
In Beckenhochlage und ruhiger Narkose wurden rasch die Bauch¬
decken durchtrennt, woranf sich ilüssiges und geronnenes Blut in grosser
Menge entloerte. Sofort führte ich unter Leitung des linken Zeige- und
Mittelfingers mittels Dechamps einen Seidenfnden unter dem Isthmus tubae.
dexter durch, den ich anzog; hierdurch und durch gleichzeitiges Eingehen
mit der linken Hand in den Douglas konnte ich sofort die rechten Adnexa
in die Bauchwunde emporheben, wobei aus einer Ruptur der spindelförmig
angeschwollenen Tube im Strahl Blut hervorspritzte. Nunmehr führte
ich eine Ligatur durch das Ligamentum infundibulo-pelvicum dextrum. die
der Assistent, ebenso wie auch die erste Ligatur, knotete, worauf mit
einer dritten Sutur der Rest des Ligamentes abgebunden und die Adnex«*
abgetragen wurden. Ein einfacher Faden wurde noch unterhalb der an¬
gelegten Ligaturen um den Ligamentstumpf geschnürt, und ein kleiner
Einriss an der Hinterfläche des Ligamentum latuni unterhalb der Ligaturen
durch eine Naht versorgt.
Die Besichtigung der linksseitigen Adnexa erwies diese als völlig
' normal. Sorgfältige Entleerung der Bauchhöhle, speeiell der Beckenhöhle,
von Blut. Schluss der Bauchwunde mit Silkwormnähten. Dauer der
Operation 20 Minuten.
! Die exstirpirte Tube zeigt einen Finger breit vom uterinen Ende
: beginnend eine wallnussgrosse Anschwellung, von deren abdominellem Ende
aus die Tube sich in normaler Dicke ca. 3 cm weit bis zu dem offenen,
zierlich gefranzten offenen Ostium abdominale erstreckt. An der hinteren
Wand der spindelförmigen Anschwellung liegt eine runde, linsengross«!
Perforationsöffnung, in welcher geronnenes Blut und blutdurchtränktes
Zottengewebe liegt. An der Vorderwand ist eine sehr dünne Stelle, an
l welcher das die Tube erfüllende Blut durchschimmert,
j Das zugehörige rechte Ovarium zeigt ein haselnussgrosses Corpus
i luteum verum mit erbsengrosser centraler Cyste.
Nach Härtung des Präparates in absolutem Alkohol zeigt die auf¬
geschnittene Tube näher dem uterinen Ende eine starke Ausdehnung
durch ein rundes, 2‘/scm dickes Blutgerinnsel, während nach aussen und
innen von dieser Auftreibung der Tubencanal die normale Weite und Be¬
schaffenheit aufweist. Im Umkreis der Rupturstelle und der ihr gegen¬
überliegenden verdünnten Partie der vorderen Wand adhärirt das Blut¬
gerinnsel der Tubenwand so fest, dass beim Versuch der Ablösung des
Blutgerinnsels an beiden Stellen die papierdünne Tubenwand einreisst.
Der aussen und innen der Tubenwand nicht adhärente Pol des Blut¬
gerinnsels ist von einer besonderen, ebenfalls papierdünnon Hülle umgeben,
welche an den genannten Partieen mit der nach aussen gelegenen Tuben-
wand gar keine Verbindung zeigt und bis nahe an die Ruptur- und die
verdünnte Stelle sich von der Tubenwand abziehen lässt, wobei sich spinn-
gewebige Fäden spannen (Decidua reflexa?).
Die Reconvalescenz verzögerte sich durch die Bildung eines Exsudates
im Douglas (Haematocele?) und Fieberbewegungen. Unter Behandlung
mit Eisblase, später mit heissen Ausspülungen und Ichthyoltampons ging
das Exsudat jedoch zurück, und Patientin konnte am 4. November 1893
mit lineärer Narbe als geheilt entlassen werden.
Ehe ich auf die Besprechung dieser Fälle eingehe, möchte ich
noch zwei weitere Fälle von Tubenschwangerschaft anfiihren,
*) Während das Manuscript dieser Arbeit bereits im April 1893
der Redaction eingereicht ist. habe ich diesen Fall noch nachträglich
beigefügt.
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Gt> igle
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Blutung einig* Tage stand.. Dmm Koiu’tfa sio -puloeb botti^r wieder, ebne
durdi Seeale ttder HvdiASli* . svri .Wurden. Ain 2.Fwbi»my:
laudn-o daher Herr DrF Mfilujiifli* ilav. OufCtU«.: worauf die Blutung
drei W.cu-Hen vtfllkv yjUiml, tun. dann ni «ÄfeM
km 10. Mär/ .müteftfvsäfll^ H^^öfUogu'AViniiii^rUnrl Wk
Wimpunadu ver xWiÄ -fe Dinre*,. m ; t
xinktitzung. »im 14, v(U‘»>rdn«jtM w ShwU»’ * Mi 18. irvfr/iutefitte idf&lrn-
Ivlii-rltr tfehuudllriig. $Tüt& alter -dinier Mäussn.dumn dHuTte Am lUütböT
fori. Patientin war «ebr miiimisrh geworden.-
Der vlijeutiyp Refmtd wAf Rdgendm: bteiftb nsiroyertut, vergrdsMÜ
\v<>ieh, uT.jpömidCU. X&fh m*Vt* iw wn ihm liegt um brtimm'eigro^w
T»unoi\ dt.« üo itiun' iu den Diuu* übngvhl, Ms er Uni (Jcr
UnWsueUung für Uns i‘ pii.u e'< n uut«’0o>i ^«-luill-ii wm- J da eim.se *
Tdyofu -, itoun Eilntfyrnnnv ‘ judy/ttwru, dein - I/djim peiT v^ibM h<>
- ehi H wird .
oft Die Cutoiviudigim in Narkose toi dm Dingbosn
auf intrsdieauic-nf:dvn nvarinUuiuur stellen, da der Tumor Tch - nh Ti,
itypm iiiulit Jiaft geling .KufiÖdl /iHul wtmwu Ikmu#tl jg&fr PiuFhA
zu iMii|stnru'.Mi ui. Bs" wird db \ <nmibine der l .ipmrUnnio in p’.rwegnt'V
aezükeu. tilleiu suiiliounltnh doch di‘- v, : oin du-iA'sUrperion ^nwJtldi.. web
uii/li Ji< r pumoi iodeejhlh auch t u . vaghiftiö niRi’nen Uhsst
XiO’h DHid'numr des vorderen riehrjdennowfipUeH Werden zwei Inga-
iyrrtjn \*U>- die UgatvtpürtbnsLs beKkwiuiM. dhr 'Sfchiiitt-. mmb kitttitov
herum vnrl.'inoi 11 . der pungUis eriuliuji und das Pontoiwnnft mit der
hü'Mitv.U t äiiif'.deui.d Vf mähr -ehr nuti'Mim ist «ln: starke RhtUim aus
den Baulsehuii ivn und die fii’iiehfükvii de?. «tnw»d.ws. Vom vorderen-.
tw^ufötms und imitülrmAtya er-s^jüpiMdtw Blutungen aus d rm.
tRj-ms, weWf^nn JDiTuk, ntprurirte Tufm mui HdmiitmT.tohtdc
per vagimun exsDrfuri Avurdeii.
Fall 4. Tn W 1. U{.;; t !n'/r Mülitnar. J. :.-l. * .-D-lJ vor , 1 -Ua-a. ia.hreii
Am jß. Juli I8d*d jfisrubft, Uielltw mir Fron, \l mH. *to t?fo v«e .Gijeua-
drei Woniien d.rn Rege! um acht ’j>go-\o^puteh und mit, starkem idük-
: 'Verlust i-eluiht habe. Diesnlhe trab ilifolge uineK Slnrzcy hm-m'. Ihrd a.ünn
advus thnuibns ein. wobei du m.-oh eine Slmeku von »R-ti» vVugen tue
geschleift wurde. Zn Hause liel. sie olmpduditig sr.n Beden und UM «n,
Stark zu bluten'. Dubai sm rdm Haut ah^bgaQgHr. welubu uaeu tlnf Dv-
sahrciittmg eine Docidna war. \Veitorhuj Snien ■drajmui AniaHu vmi iW#'
.irtignu Seknierzen im iTukuduti md'ggtreten. bei w-tdeliHi uaitaurd
r-heinitehttg -r\vo>dnn' sei und tfacUli»?*;,-.grosse ^c.hwucbf gnlCui*l hvw.
Aneb die Blutung deunru nvrb an.
Am 1 didi U'ibn n'i nul Demi Reu v. undidou niu-»» eun
sudift batte, uiTuü' Hutersnülimig Tu ifarkoW ynv, -prujwdbn erg^dt den
Tjfurnh vnu'grUssert. rptmUe-ctiif, • iUirt, dir Du u § lye'iBidiur'), T«Uifi' di Pr uh n
Maasup, wpleho her Druck diu Jvinr^r 3d>n orkfiau^u- .fpktl-
goidrusul), jYM-bts neben- •*Je.n? .('tnniH cüneu ddnsjnvtsbsoü., suhwnr liewr’gr
Hub tun hnru*u Tmuur, dm- fmdt *n din melde l't( YuskutUu tfberyeld.
Auf Orund dm Aii'tmnnSr und des ledniub-w wurdr*. du* p/Hgiiose
•2r Jü l ; tHbe />? ■. tl^duia 4kdüfi»tWtler H ^ =s
iiv r g(ii;»a- Verna, J)if Tc'it i Ti r-’t uitlVCKctniUrtu, null »::.«r du-- Uhtirrrti r ue
Uoam..tl.A U'a\ ut' '.'•»jtjvrgscht Imltuf wiaUer Ua.v*! t-it-eu Fakmi .
reaior fUuMtbvujrrm. beruisärngi. dw-swr B.ysk von sidiori !nakg‘SkopiS < }i
*i'<ditbmv*R ZnrUMUifUiiHejmH avb?!(ja|. wird. . D*e uiihrnskupu-ebf* l. tiMT;
sawliUod t-i'iddili juRi KtdthpJ ye;v*'.lerne Obnmuiztdiert. Die Ptdift w tUj
Kori'iVtv do; Ifnptur dilelui.. g -
%'t- bündelte sieb sondl, um eine ieebt.jisfdiige geplid^iö'"- Tttbbh'
geiiw^vigavvelrjiR niife ;• pcaiiufUli^j' IPiTUUtdyAle. urAguterimi. DaT Hoc}» d tr
Tbeuidm-dm wa> vom byptu’tmfiidseisen Aelz ^eldlduk.
■ N’unuuler VrrLiul jbüinutiu wird nach di<*i \V n lt.,'0 mit gnttu:
bitiunstuidiir'g im BtiieM«mgr*Wi}lb.j. "und ’ nbue .Hese.l't\-fci4evt ?;*' > boi.l.t uaj*'
la.'A-Ü '
Wiis dir Afd ioiogin dar Tbiivus. hw ung*-r*.' hott a libcmiigR sa
Vvu.rdiuHedbe. sü-br klar in.«mm zweiten Falle. Hier Imfubdte ns Autb um
eiftu iViftuh anqninrtu f Futurrb/m, W(detu* diu dng 3S&’iö
Pyofenlpijvs, yidwawkdt haite. Auf dur aiidurnit SdilA ^vaP din Tultr
diireh^'ingig- gebliidmn. ulhdr. die nn'krf‘.vl?6p?scbd Hnt^miei-nng
efwnh annb hier •'ld^iitidlii.tte Vordmlentnareiu der iVideiihbauf..
welebi MigiU mit, ttirils .ohne non^u^uiive PuriineU-iti« iliu badh^tc
ITt'sacdo der' TubeuRöJiw r sttigertehdH hiideu,
Duz%‘ii(di der iietioation zur Opointicuv bestaRd . uddii tü den»
Fall T .koin Zweifel, liier war das Ei ailterdi.rjg^ ahgestoHuMi. tdlfiiu
18. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
61
es war wie J. Veit 1 ) sich ausdrückt, in der Tube noch nicht zur
Ruhe gekommen, wie die wiederholten Schmerzanfälle, der Abgang
von Blut nach aussen und die bei der Laparatomie constatirte
frische Blutung in die Bauchhöhle bewiesen.
Fall 5 ist dadurch interessant, dass in der Anamnese absolut
keiuc Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer tubaren Schwanger¬
schaft ffpgebeu waren, und dass auch hier noch die Indication zu
operativem Vorgehen bestand, trotzdem die Tubenschwangerschaft
ids solche mit der Ruptur und der Bildung einer Haematocele
iuiteuterina vorläufig wenigstens zum Abschluss gekommen war.
Allein der so gebildete Tumor erzeugte derartige Uterusblutungen,
dass diese beseitigt werden mussten. Zu diesem Zwecke musste
der Tumor entfernt werden. Wäre die wahre Natur des Tumors
vorher mit Sicherheit erkannt worden, so hätte ich die Laparatomie
gemacht und den Uterus nebst den linken Adnexen erhalten. Ob
mit derselben allerdings die Blutungen aus dem sehr mangelhaft j
involvirten Uterus sofort beseitigt worden wären, bleibt immerhin
zweifelhaft. Die Anämie der Frau hatte andererseits einen solchen
(Rad erreicht, dass eine prompte Blutstillung nothwendig erschien.
Ich habe übrigens ausser diesem noch drei andere Fälle mit
Erfolg laparatomirt. wo derartige Tubenmolen hartnäckige Uterus-
blutuugen erzeugt hatten. In zwei mit Hämatocele combinirten
Fällen war die Diagnose auf Tubarschwangerschaft vor der Operation
gestellt worden, in dem dritten Fall nicht, weil hier die Hauptmasse
des Adnextumors durch eine apfelgrosse Ovarialgeschwulst gebildet
wurde. Zu einer Hämatocele war es in diesem Fall nicht gekommen,
Weil die mit Blut gefüllte Tube frühzeitig mit dem Rectum verklebt
war. Die Aetiologie der Tubenschwangerschaft war auch in diesen
drei Fällen in entzündlichen Veränderungen der Tubenschleimhaut-
zu suchen, deun in sämmtliehen Fällen fand sich auf der anderen
Seite ein Hydrosalpinx.
Die Aetiologie der Ruptur der schwangeren Tube ist ganz klar
in Fall f>. Hier ist die Ruptur entstanden durch ein Durchwachsen
der Zotten durch die Tubenwand, da bei dem weiten Tubenlumen,
dem kleinen Ei und der Implantatation des Eies, 1 cm von dem
klaffenden Ostium abdominale entfernt, eine mechanische Dehnung
der Tubenwaud nicht stattgefunden haben kann. Dagegen hat eine
derartige Dehnung in Fall 2 eine Rolle gespielt. Hier lehrt die
Betrachtung des Präparates (s. Fig. 2) folgenden Verlauf: Frucht-
tod. Bluterguss in das Tubenlumen, Stauung des Blutes durch das
verengte Ostium abdominale, Sprengung der Tubenwaud an der
>ehwächsteu Stelle, nämlich der Implantation des Eies.
Die Verengerung des Ostium abdominale war in diesem Fall
durch eine gonorrhoischeEudosalpingitis und Perimetritis entstanden,
welche auf der anderen Seite bereits zum Verschluss der Tube und
m Pvosalpinx geführt hatte.
lür Fall 1 scheint mir die Ursache der Ruptur dieselbe zu
\ ( ‘in >u Fall 2, nämlich: Fruchttod. Bluterguss in die Tube.
Stauung des Blutes durch Unnachgiebigkeit des peripheren Tuben-
lohrs (infolge einhüllender perimetritischer Schwarten), Sprengung
. 'j ur( h das Ei dilatirten und verdünnten Tabenabschnitts. Eine
pnniare Usur der Tubenwand wie in Fall 5 ist in Fall 1 dadurch
.lu^-schlossen, dass die Rupturstelle der Placentarstelle gerade
gpgenüherlag. und in Fall 2 durch die Erweiterung des peripheren
uhenabschnitts und pralle Füllung mit Blut, Um durch das in
'**11 peripheren luhenabsclinitt einströmende Blut eine derartige
-1 Weiterung ^° r Tube herbeizuführen, ist ein so starker Druck
In 1^11 ,me * 1 R u I )tur der Tube sicher nicht mehr existirt.
, . ^ lst ebenfalls eine mechanische Dehnung der Tuben-
anc die Ursache der Ruptur gewesen. Die Dehnung kam dadurch
in'r r-i -f* ( ^ as abgestorbene Ei durch consecutive Blutergüsse
( ie EmüUen hinein vergrössert wurde.
\c-l e ri S*ns scheint mir ein Moment noch der Erwähnung werth:
f ‘ (Monatsschrift f. Geburtsh. Bd. 13) statistisch
nach * C ( ^ ass Extrauterinschwangerschaften autfallond häufig
Fäll an 5 Pne £ , erili tut Vorkommen, habe ich unter neun operirten
^liwanr° n . i uarschwangerschaft drei Fälle, wo der ectopischen
^ ^ ona t° vorher eine normale Geburt voraus-
L , innend»m*T r ‘i S * D( * ?* eS ^ un( * eln von ^ e "
freunde Ti. y nilt Hämatocele, welchen ich mit meinem
der C’harifi* . er * Assistenten der geburtshülllichen Poliklinik
ist in diu- ’ °v-!', llto ' . Auch dieser Fall verlief günstig. Vielleicht
-♦‘blieben ^ ff. e * ue Schwellung der Tubenschleimhaut zurück-
Die V^fr i ecto P lsc h e Einbettung des Eies veranlasste.
in d en uhning von physiologischer Kochsalzlösung
"ppration } ^ r £ anismus unmittelbar vor der
Kall 2 und ~ " le V yder es empfohlen, und ich es in dem
Gutschrift • aUS f e ^ ü ,p 1 T — halte ich für einen bedeutenden
—_____ ln (ier Therapie der Ruptur einer schwangeren
Fr, * ih urg.Gesellschaft für Gynäkologie zu
Tube mit lebensgefährlicher Blutung in die freie Bauch¬
höhle. Es sei mir daher gestattet, mit einigen Worten auf
den Ursprung und die WeitcrontWickelung dieser Methode in der
Geburtshülfe einzugehen. Die intravasculäre und die subcutane
Transfusion einer physiologischen Kochsalzlösung liefern einen
glänzenden Beweis des Wert lies von Thierexperimonten für ein*‘
erfolgreiche Behandlung gewisser Kranklieitszustände bei Menschen,
der von den Gegnern der Vivisection schwerlich angei'ochten werden
kann. Durch die Arbeit von Goltz 1 ) über den berühmten Klopf¬
versuch, durch weitere Thierversuche von Cohnheim, 2 ) Kr o necke r
und Sander, 3 ) E. Schwarz 4 ) und v. Ott 5 ), war der Nachweis
erbracht, dass die Leistungsfähigkeit des Herzens aufhört, wenn
durch grössere Blutverluste der Gefässtonus herabgesetzt wird, und
dass trotz stärkerer Blutverluste die Leistungsfähigkeit des Herzens
erhalten werden kann, wenn man durch Einführung einer indifferenten
Flüssigkeit in das Gefässsystem den Druck auf die Gefässwand
und damit die Gefässspannung wieder erhöht.
Die Arbeit von E. Schwarz gab (len Anstoss zur Einführung
der intravenösen Infusion in die Geburtsluilfe, und die Zahl der
Fälle ist keine kleine, wo nur durch dieses Verfahren Kreissende,
welche infolge von Placenta praevia, von Atonia uteri lebensgefähr¬
liche Blutverluste erlitten hatten, dem Leben erhalten wurden.
Die Misserfolge, welche natürlich auch nicht ausblieben, sind theil-
weise dadurch zu erklären, dass man die Transfusion vor Erzielung
einer definitiven Blutstillung anwandte — ein Blutstillungsmittel
ist nun aber die Transfusion ganz und gar nicht, im Gegentheil
wird eine noch vorhandene Blutung durch die Transfusion ver¬
stärkt.
Auch ich selbst 0 ) habe bei einer perforireinlen Scheideiiruptur.
nach Stillung der lebensgefährlichen Blutung durch Tamponade der
Beekenbauchhöhle und der Scheide, durch die intravenöse Kochsalz¬
infusion einen eclatanten Erfolg erzielt, indessen führte mir schon
dieser erste Fall die Schwierigkeiten recht lebhaft vor Augen,
welche die oxacte Ausführung der Methode in der Privatpraxis
darbietet.
Mit Freuden begrüsste ich daher die Publication von Münch -
mey er 7 ) aus der Leopold'sehen Klinik (Ueber den Werth der
subeutanen Kochsalzinfusion zur Behandlung schwerer Anämie),
die wohl die meisten Geburtshelfer veranlasst hat, au Stelle der
intravenösen die so einfach auszuführende subcutane Infusion zu
setzen. Die Anregung zu dieser Behandlungsmethode haben eben¬
falls Thierversuche von Michael 8 ) in Hamburg gegeben, welcher
dann später seinen Vetter Ivan Michael veranlasste, sich auf der
Leopold'schen Klinik für die Ausführung des Verfahrens beim
Menschen zu bemühen. I. Michael machte daraufhin in Gemein¬
schaft mit Korn 9 ) die erste Infusion wegen puerperaler Anämie.
Die Anwendung der subeutanen Infusion physiologischer Koch¬
salzlösung bei freier Blutung in die Bauchhöhle geschieht im
Gegensatz zu den übrigen Fällen vor der definitiven Blutstillung
— allerdings hat diese sich dann sofort anzuschliessen, nachdem
an der Besserung des Pulses festgestellt ist, dass die infundirte
Flüssigkeit in das Gefässsystem übergegangen ist. Berechtigt sind
wir zu diesem Verfahren, weil die innere Blutung bei geplatzter
Tubenschwangerschaft nur langsam erfolgt, so dass die Infusion
dem Organismus viel mehr Flüssigkeit zuführt, als bis zur defini¬
tiven Blutstillung durch die fortdauernde Blutung verloren geht.
Durch diese Art der Infusion sind wir imstande, die gestörte Herz-
thätigkeit zur Norm zurückzuführen, und gewinnen an der einge¬
tretenen günstigen Wirkung der Infusion zu gleicher Zeit einen
prognostischen Anhaltspunkt für den Erfolg der nachfolgenden La-
paratomie. Hat sich der Puls nach der Infusion gehoben, so sind
die Chancen dafür, dass die Patientin durch die Operation gerettet
wird, ganz andere, als wenn wir die Laparatomie an der fast puls¬
losen Patientin vornehmen und nachher erst die Infusion an-
schliessen. Für die Wichtigkeit dieses Satzes sind die ersten
beiden mitgetheilten Fälle beweisend. Die Anämie war in Fall 1
nicht grösser als in Fall 2 und 3. In Fall 1 erwies sich schon die
leichte vor der Operation eingeleitete Narkose als deletär, die nach
vollendeter Operation gemachte Infusion nützte nichts mehr, in
Fall 2 und 3 wurde trotz Narkose und Laparatomie der Puls nach
der Infusion immer besser.
') Virchow’s Archiv Bd. 20.
*) 1. c, Bd. 45.
:I ) Berliner klin. Wochenschr. 1879, No. 52.
l ) Ueber den Werth der Infusion alkalischer Kochsalzlösung m uns
efässsystem bei acuter Anämie. Habilitationsschrift, Halle, 1881.
5 ) Virchow’s Archiv, Bd. 93.
6 ) Berliner klin. Wochenschr. 1888, No. 1.
7 ) Archiv f. Gyn., Bd. 34, p. 3. , . . „ .
®) A. Michael, Subcutane Infusionen hei Cholera und acuter Ananu ..
eutsche med. Wochenschr. 1892, No. 39.
y ) Centralbl. f. Gvn. 1886. No. 30 und 1. c. 188 1 . p. 2b2.
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
No. 3
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Dein von Frommei, 1 ) Schwarz-) und Gusserow 8 ) ausge¬
sprochenen Satze, dass man bei freier Blutung in die Bauchhöhle
infolge von geplatzter Tubenschwangerschaft sofort die Laparatomie ■
machen solle, schliesse ich mich mit der Einschränkung an, dass
in diesen Fällen von freier innerer Blutung mit bedroh¬
lichen Erscheinungen, nachdem die Vorbereitungen zur
Laparatomie getroffen sind, zunächst eine subcutane
Kochsalzinfusion vorzunehmen ist. Bessert sich dar-
nach der Puls, so ist sofort die Laparatomie zu machen.
Hilft eine subcutane Infusion nichts, so ist noch ein Versuch mit
der intravenösen zu machen, um dann nach erreichter Besserung
des Pulses ebenfalls zu laparatomiren. Erzielt keine der beiden
Infusionsarten eine günstige Wirkung auf den Puls, so wird die j
Patientin mit oder ohne Operation wohl stets verloren sein. j
Die Technik der subcutanen Infusion ist ja ungemein einfach, i
Mau hat nichts weiter nöthig als eine ca. bleifederdicke scharfe
Canüle, auf welche der mitgeführte Heber- oder Irrigatorschlauch !
passt. ' Ein Litertopf mit warmem Wasser, mit einem Theelöffol
Kochsalz versetzt, ist rasch beschafft, in diesen wird der Heber¬
schlauch hineingehängt, auf den Schlauch die Canüle aufgesetzt,
die Patientin auf die Seite gelegt, und die Canüle in das Untor¬
hautfettgewebe zwischen den Schulterblättern eingestossen. Je
dicker dio Canüle ist, und je höher man den Topf erheben kann,
desto rascher fliesst das Wasser ab. Die entstehende Geschwulst
wird durch Massage vertheilt. In einer Viertelstunde lässt sich
auf diese Weise bequem ein Liter infundiren. Benutzt man die
viel zu dünnen, von Münchmeyer angegebenen Canülen, so stockt
der Abschluss vielfach ganz, und die Infusion dauert viel länger.
Trotzdem man glauben sollte, dass auf diesem Gebiete dem
Erfindungseifer ziemlich enge Grenzen gestellt sind, hat merk¬
würdigerweise die vorjährige Choleraepidemie den Anlass zur Er¬
findung einer ganzen Reihe von mehr oder minder complicirten
Apparaten für die subcutane Infusion gegeben.
Während der subcutanen Infusion kann man bei freier Blutung
in die Bauchhöhle für alle Fälle schon die Vorbereitungen für die
intravenöse Infusion treffen lassen, wozu vor allen Dingen abge¬
kochtes und dann auf 40° C abgekühltes Wasser gehört. Auf
den Schlauch • kommt eine passende Glascanüle, welche zur Einfüh¬
rung in die Vene eine abgerundete Spitze hat. Bei der intrave¬
nösen Infusion müssen ferner viel peinlicher als bei der subcutanen
alle Cautelen der Asepsis und alle Vorsichtsmaassregeln getroffen
werden, um einen Lufteintritt in die Vene zu vermeiden. Das
Verfahren ist daher viel zeitraubender.
Zwar haben, nachdem Fromme) den ersten Fall 4 ) mit günsti¬
gem Erfolg operirt und veröffentlicht hatte, viele Gynäkologen bei
Ruptur einer schwangeren Tube mit freier Blutung in die Bauch¬
höhle mit Erfolg ohne vorausgeschickte Transfusion operirt — ich
erinnere nur an die kürzlich veröffentlichte glänzende Statistik
meines hochverehrten früheren Chefs, des Herrn Geheimrath
Gusserow, 8 ) welcher von 20 derartigen Operationen nur zwei
Fälle verlor (10°/ 0 Mortalität) — indessen, wenn man alle Opera¬
tionen zusammenrechnet , so ist die Mortalität immer noch eine
recht grosse, und es ist daher gewiss gerechtfertigt, ein Mittel an¬
zuwenden, welches geeignet erscheint, diese hohe Mortalität herab-
zudrückon.
Ich selbst habe unter 9 Exstirpationen eines tubaren Frucht¬
sacks einen Fall (Fall 1) verloren, der meiner Ansicht nach durch
die vor der Laparatomie vorgenommene Infusion ebenfalls gerettet
worden wäre.
VI. Neuere Arbeiten über Epilepsie.
Von Prof. Dr. Seeligmüllet’ in Halle.
(Schluss aus No. 2.)
Um die Hauteruptionen bei Bromgebrauch zu verhüten,
empfiehlt sich strengste Reinhaltung der Haut, vor allem häufiges
Baden. Gegen den zuweilen eintretenden Speichelfluss ist Tannin
und Hyoscyamus wirksam. Um das Auftreten von wirklichen Ver¬
schwärungen der Haut, die besonders bei sehr grossen Doseu bis
zu 14 g pro die auftreteu, zu verhüten, empfiehlt Förö eine Me¬
thode, welche er als Antisepsis des Darms bezeichnet. Er giebt
') Cf. Sanduer, Münchener med. Wochensehr. 1887, No. 15 und 17
und Frommei, Archiv f. klin. Med. Bd. 42.
3 ) Verhandlungen der Deutschen Ges. für Gyn. zu Halle.
3 ) Berliner klin. Wochenschr. 1892, No. 22.
4 ) Der von E. Schwarz spater publicirte günstige Fall, ist noch vor
dem Fromm ersehen operirt, Lawson Tait (Brit. med. Journ. 1884, I,
p. 1250) hat im Jahre 1884 ebenfalls schon einen Fall von freier Blutung
laparatomirt, der, ebenso wie der älteste Fall von J. Veit (von 1878). un¬
günstig verlief.
5 ) Berl. klin. Wochenschr. 1892, No. 22.
nämlich Naphthol in Dosen von 4 g und Bismuthum salicylicum
zu 2 g. Dadurch werden überdies die Anfälle als Nebenwirkung
der bei grossen Bromdosen auftretenden Verdauungsstörungen be¬
seitigt, ^Monate lang wird diese Medication gut vertragen.
Um überhaupt die üblen Nebenwirkungen der Brompräparate
zu verhüten, soll man auf reichliche Diurese, eventuell durch diu-
retische Mittel halten.
Werden bromvergiftete Epileptische von einer Infektionskrank¬
heit ergriffen, so stellt sich leicht ein adyHämischer oder typhoider
Zustand ein. Auf den Fötus dagegen hat Bromgebrauch während
der Schwangerschaft kernen schädlichen, sondern wahrscheinlich
sogar einen heilsamen Einfluss. Ausserdem sollen die Brom¬
präparate. sogar eine prophylaktische Wirkung äussern, wenn in
früheren Schwangerschaften puerperale Eklampsie sich gezeigt
hatte, und auch bei ausgebrochener Eklampsie ebenso günstig
wirken wie beim Status epilepticus.
Sehr zu beherzigen ist die zeitgemässe Warnung des eng¬
lischen Psychiaters Savage l9 )v or dem kritiklosen Gebrauch
der Bromsalze, indem er einen Fall aus seiner Erfahrung be¬
sonders hervorhebt, in welchem der psychische Zustand, wie es
schien, infolge von Unterdrückung der epileptischen Anfälle durch
Brom rapid sich verschlimmerte.
Wildermuth 13 ) empfiehlt gegen die psychischen Symptome
der Brom Vergiftung neben Aussetzen des Brom: schwarzen Kaffee.
Regendouchen auf den Rücken im warmen Bade und Massage der
Extremitäten.
Ausser den gewöhnlich angewandten Bromsalzen, Bromkali um.
-natrium und -ammoniumsalzen hat man eine ganze Reihe anderer
Bromverbindungen mit mehr oder weniger Erfolg versucht.
Zunächst stellt jenen das Bromlithium ziemlich ebenbürtig
zur Seite.
Neuerdings ist in denselben Dosen wie Bromkalium das Stron¬
tiumbromid von Förö empfohlen worden. Bestätigung des Er¬
folges durch andere ist abzuwarten.
Interessant ist der Befund von Doyon, welcher in den Or¬
ganen von Menschen und Thieren, welche längere Zeit mit Brom¬
salzen gefüttert worden waren, dieselben abgelagert fand: übri¬
gens in der Leber viel reichlicher als in dem Gehirn.
Das von Da Costa besonders gegen Kopfschmerzen und Con-
vulsionen empfohlene Bromnickel ist von Bourneville 43 ) an
18 Kranken, darunter 7 mit idiopathischer, 11 mit symptomatischer
Epilepsie, versucht worden, hat sich aber nur in einem einzigen
Falle als wirksam erwiesen, insofern die Anfälle fast ganz .auf¬
hörten und dieser Erfolg seit drei Jahren anhielt. In zwei an¬
deren Fällen war nur wenig Erfolg zu spüren, in den 15 anderen
I aber sogar Verschlimmerung. Die gewöhnliche Dosis beträgt 0,3,
; die Maximaldosis 0,6. Es treten leicht Magenbeschwerden ein.
i Bromcampher (Deneffe, Bourneville, Pathault) soll
besonders bei der vertiginösen Form der Epilepsie günstig wirken.
Bromarsenik ist von Clöment, Bromcalcium 0,5—2 g von
| Hammond, Bromzink in derselben Dosis von Charcot, Rocke¬
fontaine, Bourneville, Bromgold 8 mg von Bourneville
und Goubart 71 ) empfohlen bezw. versucht wurden. Alle diese
Präparate haben gelegentlich eine günstige Wirkung gezeigt, sind
aber in keiner Weise so zuverlässig wie die gewöhnlich gebrauch¬
ten Bromsalze. Auch das als Anaestheticum bekannte Aethyl-
bromid, Aethylum bromatum, ist als Einathmung täglich
mehrmals versucht worden (Bourneville, d’Olli er), wie es scheint,
aber ohne besonderen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit.
Dagegen soll das hiermit nicht zu verwechselnde Aethylen-
bromid, Aethylenum bromatum, nach den Beobachtungen von
Donath 69 ) an 21 Kranken, eine ähnliche Wirkling wie die ge¬
wöhnlich gebrauchten Bromsalze haben. Donath empfiehlt fol-
! gende Formel:
Rp. Aethylen. bromat 5,0 ad Emuls. oleos. 100,0;
01. Menth, piperit. gutt. 2. MDS.
Erwachsene nehmen 2—3 mal 30 Tropfen in einem halben
Glase Zuckerwasser, jeden dritten Tag um 10 Tropfen mehr, bis
1 70 Tropfen erreicht sind = 1 Theelöffel voll. Kinder von 8—10
i Jahren beginnen mit 10—20 Tropfen. Sollte der Magen diese
: Lösung nicht gut vertragen, was selten vorkommt, so kann man
i einige Tropfen Opiumtinctur zusetzen. Exanthem erschien bei
! diesen kleinen Dosen nie. Man kann das Mittel auch in Gelatine¬
kapseln zu 3 Tropfen mit je 6 Tropfen 01. Amygd. dulc. versetzt
verschreiben und täglich 2—3 mal 2—4 Kapseln nehmen lassen.
Bei 3 Kranken beobachtete Donath während dieser Behandlung
; neben den Krampfanfällen Muskelzuckungen in den Extremitäten
| bei erhaltenem Bewusstsein, die er als Abortivanfälle deutet.
: Das Rubidium-Ammonium-Bromid ist als Antiepilepti-
cum zuerst von Lauffenauer 44 ) empfohlen, bei 17 Epileptischen
versucht und bei 6 wirksamer gefunden als Bromkalium. Da das
von Kahl bäum hergestellte Präparat 160 Mk. pro kg kostet und
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18. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
die Dosis 2—5 g , die Tagesgabe 7—8 g beträgt, werden ausgiebige
Versuche vorläufig kaum gemacht werden. Rottenbiller hat
5 Epileptische damit behandelt und bei einer Tagesgabe von 6 g
allerdings eine erhebliche Verminderung der Anfälle beobachtet,
indessen war diese Wirkung nicht anhaltend, sondern vielmehr
kehrten nach Aussetzen derselben die Anfälle in alter Häufigkeit
zurück.
II eher osmiumsäure in Pillenform, Dosis pro die 5 mg,
allmählich auf 10—15 mg steigend, versuchte bei 10 Epileptischen
Schröder in Sachsenberg ohne Erfolg, ausser in einem Falle,
wo sich ein Einfluss auf die Anfälle zeigte.
Der zuerst von Gowers, Folsom 10 ) u. a, vorgeschlagene
Borax ist in neuerer Zeit von Föite und Lamy, sowie von
03
i Ph 1 !®“', Dagegeri fa, ‘ d d g sl ' ll)e Amylnitrit ohne Wirkung und
| Chloroform nur m einem Falle günstig.
Ueltfr die Erfolge der operativen Behandlung der Epilepsie
gedenken wir später in einem zusammenfasseiiden Aufsatze Bericht
zu erstatten. Hier soll nur noch hervorgehoben werden, dass die
; Vervollkommnung der chirurgischen Technik bei den Geliimopera-
I tionen ungleich günstigere Resultate erhoffen lässt als früher unter
der Voraussetzung, dass dieselben sich im Laufe der Zeit als an-
| dauernde erweisen.
Li 1 teratur
1885. 1 ) d’Abundo, Klinische Untersuchungen Uber Störungen <hs
Gesiehtsinnes bei Epilepsie. La Psichiatria. h
. , . . r _ - - — i , 2 ). Witkowski, lieber epiieptisches Fieber und einige
Stewart bei Epilepsie angewandt worden. Die Tagesgabe beträgt, ! andere die Epilepsie betreffende klinische Fragen. Perl klin Wochenschr
1—2—8—6 g. Sherrington betont die günstige Beeinflussung | 13 u - 14 * ~. H) W ranfl du Saulle, Epilepsie infolge'von Schreck!
der nächtlichen Anfälle und räth daher da, wo auch am Ta«e An- 1 , f' m ® d- ^°- ^ Honten. Bidraj t-ik läran om de epi-
flllle Vorkommen, gleichzeitig Brom anzuwenden. Schon Gowers ! ntSio« 0 °- na Z nn Cn l a 'v” i » xl eil 5 urg ’' Ein schwerer Fall von Reflex-
der mit der Tagesgabe von 1 g zu beginnen, aber bis 6 g zu’ 1 & 1rV »Inswan,
steigen räth, hat auf zwei üble Nebenwirkungen des Borax auf¬
merksam gemacht, nämlich auf Durchfälle und Psoriasis. Fe re,
der unter 22 mit Dosen von 1—3 g behandelten Epileptikern nur
8 mal momentane Besserung beobachtet hat, hebt ebenfalls die
Klagen der Kranken über Uebelkeiten und Durchfälle hervor. Da¬
zu kamen bei 2 Kranken Ekzeme auf den Seitenflächen des Rumpfes
und den Armen, die erst nach Aussetzen des Borax in etwa sechs
Wochen heilten. Wahrscheinlich bestand in beiden Fällen schon
«ine Prädisposition zu Ekzemen.
Sf-lerot in säure in einer Tagesgabe von 10 cg zu Anfang,
allmählich auf 25—30 cg gesteigert, subcutan 15—36 mg, Maximal-
j psychiatria 111, p. 401. — 9) Krause. Deutsche'med."wichenschrift
j iNo. 1 1 . — 10) lolsorn, Gases of epilepsy treated with borax. Boston
| med. and surg. Joura. No. 7. - 11) Zohrel», Erweiterung der Hinter-
hörner bei Epilepsie. Arch. de Nourolog.. Mai. — 12) Legrand du
, baulle. Status epilepticus. Ann. med. psychol. No. 3. — 13) Wilder-
muth lieber die Behandlung der Epileptiker in Anstalten. Ztschr. f.
Benandl. ^Schwachsinniger u. Epileptiker No. 2—6.
^87.^14) Bourneville, De la temperature centrale dans l’epilepsie.
Arch. de Neurol. p. 209. — 15) Lemoine. De l’epilepsie d’origiue car-
diaquo et de son traitement. Revue de mdd., Mai p. 365. - 16) Lemoine.
De l’action de rantinvrm« rinn« co
dosis 6 cg, wurde von Bourneville und Bricon bei 12 Epilep- | De Pactiou de l'antipvrine dans l’epilepsie. ’ Ga/ möcL div^Paris^ No. 52 !
ihme der Aji- 71. Marie, Note sur T4tiologie.de i'epUepsie. Progres mtkl.-No. 44. —
tischen versucht und bei fünf eine unbedeutende Abnahme
talle, bei einigen aber gleichzeitig eine beträchtliche Abnahme des
Körpergewichts beobachtet.
Das von Kunze zuerst, von Edlefsen dann wieder empfoh¬
lene Curare haben dieselben Autoren bei 23 Kranken versucht
nut so wenig Erfolg, dass sie dieses nicht gleichgültige Mittel aus
möchte 6 ^ an ki e pil e P tischen Mittel gänzlich gestrichen sehen
Aus einer südamerikanischen Frucht Simulo, von oiner zur
tannJie der lsope gehörigen Pflanze, der Capparis corriacea, lier-
•'tammend, welche in Peru und Bolivia eines besonderen Rufes als
rrr d, ? m g e f niesst i hat die Firma Christy & Co. in Lon-
v Diese TinctU1 ’ ist zuer st
sieben K 6 ,l U -^ “ Dosis von 3-5 g, dreimal täglich, bei
hi. Klaü . ken k ni f t ennuthigendem Erfolg gegeben worden. Eulen-
Th . vler A Epile P tischen mit derselben Tinctur in Dosen
/2 ee 0 el im Anfang und bis auf zwei Theelöffel zwei- bis
i 18 ) Biebcrt, Epilepsie durch Extraction eines Zahnes geheilt. Deutsche
med. Wochenschr. No. 37. — lff) Savnge. Somo of the relatiouship
1 between epilepsy and insanity. Brain. Jan. — 20) Salm. Ueber Anti-
febnn als Antiepilepticnm. Neurol. C’bl. No. 11. — 21) Kelp, Beob¬
achtungen über Epilepsie. Ztschr. f. Behandl. Schwachsinniger und Epi¬
leptiker No. 4 11 . 5.
1888. 22) Brubaker. Dental irritation as a factor in the causa-
taon of epilepsy. Journal of nerv, and mental disease p. 116.
23) Wagner, Ueber Trauma. Epilepsie und Geistesstörung. Wiener Jahr¬
buch f. Psychiatrie VIII, No. 1 u. 2. — 24) Jelgorsma. Die Patho¬
genese der Epilepsie. Ncderl. Tijdschr. voor Geneesk. No. 1. - 25) Bins-
wanger. Kritische und experimentelle Untersuchungen über die Patho¬
genese des epileptischen Anfalles. Arch. f. Psvch. "XIX, 3, p. 759.
26) Bourneville et P. Bricon, De l’epilepsie procursive. Arch. de
Neurol. XIII., XIV. u. XV, p. 75, 229, 379, XVI, p. 234. 27) Bourne¬
ville et Sollier. Epilepsie et asymmetrie frouto-faciale. Progres med.
XVI, 36. — 28) Rivano, Ricerclio sulla eliminazione del acido fosforico
■ . - - —* —uiuug uuu uns aui zwei .ineeionei zwei- Dis 1 orine negli opilet-tici. Annali di freniatria Mai, 1. p. 3/.
Heilversuche gemacht hat, bezeichnet ! faL? C n^ d ?rI;f P °^ r ;m! e m} l ^ 1Bg w r M Ep U^»si<;.
das! Miffni „1 • rr ’ gemaent nat, bezeicimet
Weute„VMcJÄ WlrkUngSl ° S ’ ® b6r d6n Br ° mprilparaten
veisuche^s/nd nn D 0slpr ^ mifc Nitroglycerin gemachten Heil-
»n musstl Z a Z U JT mgem Erf0lg be ^ Ieifcet ^wesen; in zwei
Kopfschmervpn % S?®. wegen unangenehmer Nebenwirkungen,
Endfloh ^ f S ^ hw ?del, ausgesetzt werden,
febrin 04-90 ? eha ^ lun & der Epüepsie mit Anti-
jardin-Beaumet? R le keinen .Erfolg aufzuweisen gehabt (Du-
pvrin(SalnO T ’ B . oro ® n y 01 )^ ebensowenig die mit Anti-
wsehwei?,’,. Bemoi ” e ? dagegen hat von Antipyrin Erfolg
zutreten pfl e£ ren • dlG zur Zeit der Menstruation auf-
bei Epilepsia larvata; und drittens bei
Anii|ivrii 1 ' , Ju I )I. np J’ e „^ t k 6 ‘ cb ^“eCembiiiiition von Broinkalium mit
'>« Anfalfe erzieh habtn 1 riÜ“ adei } Tiermonatliches Ausbleiben
lWene dl AMv? on tl hL a . llC . h dÄS Ton Wilderinnth 48 ) zuerst em-
mentatoren. Umntenui de ?v E^artungen der späteren Exjieri-
"kht entsprochen ’ J ^ 1 ‘ ews7 ^ Eulen bürg und Dünn,
kommen. Näck^L dÜrf | e der bohe Preis iu Betracht
Epilepsie die Zahl , a £ e £ en Jjfh selbst bei langem Bestehen der
später aber blnh ff? 1 ® her abgesetzt, oft in auffälliger
tpi he von 30 eDilentic .i^ aC 61 e * ner anderen Beobachtungs-
b|ne Zunahme der KV lei f ^ äl \ nern nach mehrwöchigem Gebrauch
Mb Cuiiosum !? fe Und ^ osse Benommenheit,
('raeonisirte Behandlnnt n 1 !°° h d,e von Professor Babos«)
•ojH;irte Epileptikern f.w 11 !/ 10 ' ®, der Epilepsie mittheilen. Er
Ku, kenmark von Spi.:, bls , sechsj nal per Woche das Gehirn und
äderen Mittel 8ah davon Erfolge, wie bei keinem
Für den 8t T kpiIe P sle -
f ^ ht eEinpackunl; US , epiIe P ti|,us empfiehlt Wildermuth 18 )
* r subcutan und J”? Dosen Bromkalium event. per Klysma
ilht ™ hoch ist das dreifache der Tagesdose. wenn diese
erzschwäche: grosse Dosen Campher sub-
Inaug.-Diss.. Kiel. — 30) White, W. Hall, On the treatment of «ypi-
lepsv bv simulo. Lancet I, 13. — 31) Ziehen. Zur Physiologie der sub-
corticalen Gauglien und über ihre Beziehungen zum epileptischen Anfall.
Neurol. Cbl. p. 429. — 32) Osler. Note on nitroglyeorine. in-epilepsy.
Journ. of nen r . and ment, disease XV. p. 38. — 33)‘Lemoine. De la
temperature dans les accös isoles depilepsie. Progr. med. No. 5.
34) Lemoine, Sur la patliogenie de l’epilepsie. Progr. med. No. 16. -
35) T 0 m a s e h e w s k i und Simon w i t s c h. Zur Lehre von der Pathogenese
der IJallucinationen und Epilepsie. Russisch. Deutsch. Referat in dem
Neurol. Cbl. 1889. p. 22.
1889. 36) Bourneville et Bricon. Del'epilepsieprocursive. Arch.
de Neurol. XVI, p. 420, Nov. — 37) Ladame, De l’epilepsie procursive.
Revue med. de la Suisse rom. IX, I. p. 5. Jan. — 38) Nicolai, 18 Mo¬
nate bestehende Epilepsie und Neuralgie (Xeurastlienio) unterhalten durch
Dentitio diffieilis eines Weisheitszahnes. Dtsch. Monatsschr. f. Zahnldk.
VII, 1, p. 34. Jan. 39) Lemoine, G.. De l'epilepsie consecutive aux
maladies infectieuses; theorie de la course epileptique. Gaz. de Par. 87.
— 40) Gauster. Die Bromotherapie bei Epilepsie. Wien. med. Presse
No. 13—15. — 41) Schloss, Ein Beitrag zur Lehre der sogenannten
Reflexepilepsie. Wien. med. Wochenschr. No. 48. — 42) Wildormuth,
Amylenhydrat gegen Epilepsie Neurol. Cbl. p. 451. -43) Bourneville,
Traitement de l’epilepsie par la bromure de nickel. Progres möd. No. 26.
— 44) Laufenauer, Neurol. Cbl. p. 628. -- 45) Binswanger. Neurol.
Cbl. p. 396. -- 46) Weinstom, Ueber Laufepilepsio. Inaug.-Diss. -
47) Mairet. De Tepilesie procui*sive. Revue de med. IX. 7, p. 641 und
IX, 8, p. 741. — 48) Bourneville, Epilepsie idiopathique; bromure de
nickel. Progr. med. XVII, 24. 26. — 49) Rosenbach. Zur Frage
über die „epileptogeno Eigenschaft” des hinteren Hirariudengebietes.
Neurol. Cbl. No. 9, p. 249. — 50) U11 verricht, Die Beziehungen der hin¬
teren Hinrindengebiete zum epileptischen Anfall. Dtsch. Arch. f. klin.
Med. Bd. XLIV. — 51) Wiglcsworth. Joseph.' and Thomas H.
Bickerton, O11 a Connection between epilepsy and errors of ocular rc-
fraction. Brain XLIV, p. 468. — 52) Schneider. Einige Fülle von ge¬
heilter Reflexepilepsie der Nase. Berliner klin. Wochenschr. No. 43. —
53) Sommer, Atlasankylose und Epilepsie. Virch. Arch. Bd. CXIX.
1890. 54) »Schtscherbau. Zur Frage der antiepiloptischen W ir¬
kung des Aurum bromatum. Wratsch No. 9. — 55) Fere, Lcs Epi-
lepsies et les epileptiques. Paris. - 56) Amadei. Neurol. Cbl. p. 635. -
57) Nitcke. Allgein. Ztschr. f. Psychiatrie 1, p. 68. — 58) Längcr-
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
64
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
haus, Ueber Atlasankylose. Virch. Arch. Bd. 121. '
verricht, Ueber tonische und klonische Muskelkrainpfe. Dtsch. Arch.
f. klin. Med. Bd. XLVI, p. 413. — 60) Yamagiva, Beitrag zur Aero¬
logie der Jackson’schen Epüepsie. Virch. Arch. Bd. 119. — 01) Hugh-
lins Jackson, Ueber convulsive Anfälle. Bnt. med Journ., März, Apiil.
— 62) Büttner, Ueber Epilepsia procursiva und die Bedeutung des
Uaufphänomens. Ztschr. f. Psyeh. XLVII, 5, p. o49. -- 63) Kramer,
Leopold, Ueber Epilepsia cursona seu rotatona. Zeitschr. f. Heilk. Al,
v 267 — 64) Rüssel and Taylor, The treatment of epilepsy by bibo-
rate of soda. Lancet I, 20. — 65) Report of a commission (Stovens-
Commission) on the treatment of epilepsy and chorea bythe correction
of ocidar defects. Journ. of nerv, and ment. dis. XIV, 14 p.
— 66) Sommer, Atlasankvlose und Epilepsie. \ irch. Arch. ( aia, 4
1891. 67) Bourneville. De la temperature centrale daus epilepsie.
Revue de möd. XI, 4, p. 272. — 68) Walton and Carter. On the etio- ,
logy of epilepsy with special reference to the eonnection hetween epi- ,
lepsy and infantile convulsions. Boston, med. and siirg. Journ. p^48«).
69) Donath, Aethylenum bromatum. ein neues Heilmittel gegen Epilepsie, j
Therap. Monatsh. No. 6, Juni. — 70) Stewart, Borax in epilepsy. Aliment.
and Neurol., Jan. — 71) Goubart, Bromide of goldin epilepsy. Ahm.
and Neurol., Jan. — 72) Drews, Amylenhydrat gegen Epilepsie. Münch,
med. Wochenschr. No. 4. — 73) Todorski, Ueber den Blutkreislauf im
Gehirn während epileptischer Anfälle. Neurol. Cbl. p. 494 u. 684.
1892. 74) Babes, Ueber die Behandlung der genuinen Epilepsie
und der Neurasthenie mittels subcutaner Injection von normaler Nerven-
substanz. Dtsch. med Wochenschr. No. 30. — 75) Voisin undPeron.
Recherclies sur ralbuminurie postpai'oxystique des epileptiques. Arch. de
Neurol. p. 353. — 76) Eulenburg, lieber den jetzigen Stand der Epi¬
lepsiebehandlung. Therap. Monatsh. 11 u. 12. i
VII. Referate und Kritiken.
Neuere Arbeiten aus dem Gebiete der Rhino-Laryngologie.
Gottstein, Die Krankheiten des Kehlkopfes. Mit Ein¬
schluss der Laryngoskopie und der lokal-therapeutischen Technik,
für praktische Aerzte und Studirende. 4. Auflage. 428 S. Wien
und Leipzig, Franz Deuticke. Ref. A. Rosenberg (Berlin).
Diese um 46 Seiten vermehrte und mit elf neuen Abbildungen
versehene Neuauflage berücksichtigt in ruhiger und kritischer Art
die seit der vor drei Jahren erschienenen dritten Auflage erfolgten
Fortschritte der Wissenschaft. So ist insbesondere das Kapitel
über Influenza hinzugekoramen; ebenso das über Sklerom. Der
Pachydermie, die ja gerade in den letzten Jahren im Vordergründe
des Interesses stand, ist mit Recht ein eigenes Kapitel gewidmet
worden. Das Buch zeugt von der reichen Erfahrung des Verfassers
und einem gewiegten Urtheil. Wenngleich Referent nicht in der
Lage ist, nach seinen Erfahrungen überall und immer die An¬
sichten des Autors zu bestätigen — so z. B. dass beim Pseudo¬
croup keine subchordalen Schwellungen vorhanden, sowie seine
Erklärung des bellenden Hustens, oder dass es keine hämorrhagische
Laryngitis ohne Borkenbildung giebt —, so zeigt sich doch anderer¬
seits, dass der Verfasser selbst Gesehenes berichtet und seine
eigenen sorgfältigen Beobachtungen niedergelegt hat. Andererseits
versäumt er nie, die Anschauungen anderer Autoren zu erwähnen
und ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Eine angenehme
Zugabe dieser neuen Auflage ist ein Autorenregister und ein aller¬
dings nicht vollständiges Litteraturverzeichniss, das aber die wich¬
tigsten Arbeiten berücksichtigt und den Weizen aus der Spreu
gesammelt hat. Referent kann über die vierte Auflage nur das¬
selbe Urtheil abgeben wie über die vorletzte 1 ), dass das Gott-
stein’sche Werk ein ausgezeichnetes Lehrbuch der Kehlkopfkrank¬
heiten ist; nicht bloss der praktische Arzt sondern auch der
Specialist wird viel Belehrung und Anregung durch seine Lectiire
erhalten.
Francke Huntington Bosworth, A treatise on disea¬
ses of the nose and throat in two volumes. Volumei:
Diseases of the nose and naso-pharynx. 670 S. New-York, William
Wood and Company. Ref. Gottstein (Breslau).
Die wissenschaftlichen Arbeiten, die in den letzten zehn Jahren
sich mit den Erkrankungen der Nasenhöhlen beschäftigten, sind
so bedeutende, die Bereicherung, die hierdurch die Rhinopathologie
erfahren hat, ist eine so wesentliche, dass es uns nicht Wunder
nehmen darf, wenn der Versuch, die Resultate der wissenschaft¬
lichen Forschungen in zusammenfassender und übersichtlicher Weise
in Gestalt von Lehrbüchern erscheinen zu lassen, zur Zeit von den
verschiedensten Seiten gemacht wird. Bosworth, der hervorragende
amerikanische Laryngorhinologe, dem wir eine Reihe werthvoller
Arbeiten verdanken, hat im Jahre 1881 bereits ein Lehrbuch der
Nase und des Halses erscheinen lassen. Bei der Absicht des Autors,
jetzt eine neue Auflage des Werkes herauszugeben, fand sich, dass
die Umänderungen, die die Disciplin durch die Fortschritte er¬
fahren, so bedeutende waren, dass nicht eine Umarbeitung, son-
*) Vcrgl. diese Wochenschrift 1891, No. 49, p. 1334. |
dern eine vollständige Neubearbeitung des Werks erforderlich wurde.
Es muss rühmend hervorgehoben werden, dass die einschlägige
Litteratur der verschiedenen Sprachen mit ausserordentlichem
Fleisse berücksichtigt ist, und dass infolge dessen das Buch ein
getreues Bild von dem heutigen Stande der Disciplin uns giebt.
ö Das Buch zerfällt in drei Abtheilungen; die erste behandelt
die Krankheiten der Nasenhöhlen, die zweite die des Nasen-
Rachenraums, die dritte die äussere Chirurgie der Nase. In sehr
ausführlicher Weise werden die Untersuchungsmethoden be¬
schrieben und durch gute Abbildungen illustrirt. Unter den zur
Laryngo-Rhinoskopie verwendbaren Lichtquellen vermissen wir die
Erwähnung des elektrischen Lichts. Bei der Beschreibung der
Rhinoscopia posterior hätte der Verdienste Voltolinis um die
Einführung des Gaumenhakens gedacht werden sollen. Wir
erfahren, dass Desgranges schon im Jahre 1855, also in der
vorlarvngorlnnoskopisehen Zeit, das später von Störk empfohlene
Verfahren angegeben hat, ein Band durch die Nase durchzuziehen,
um den Raum zwischen Velum und Pharynxwand zu erweitern.
Verf. hält diese Methode auch jetzt noch für die beste. Er ver¬
wendet ein Band mit rauher Oberfläche, führt das eine Ende durch
die eine Nasenöffnung bis an den Rachen, dann das andere Ende
durch die andere Nasenöffnung; die beiden Enden werden vom
Rachen nach vorn durch den Mund gezogen und entweder hinten
am Nacken mit einander verbunden oder durch einen Assistenten
gehalten. Gaumenhaken, Gaumenretractoren sowie alle complicirten
Instrumente, bei denen Spiegel mit Retractor vereinigt sind, ver¬
wirft er als unpraktisch.
So sehr wir damit einverstanden sind, dass Verf. der Patho¬
logie einen kurzen Abriss der Anatomie und Physiologie der Nasen¬
höhlen vorausschickt, so wenig begreifen wir, weshalb er in einem
besonderen Kapitel eine Besprechung der histologischen, physio¬
logischen und pathologischen Verhältnisse der Schleimhaut im all¬
gemeinen bringt und in einem zweiten Kapitel die verschiedenen
Theorieen über „Erkältung“ (taking cold) bespricht. Wir können
den Verf. von einer unnöthigen Breite der Darstellung nicht frei¬
sprechen. Das Werk hat ohnedies einen Umfang erreicht, der
seiner wünsehenswerthen Verbreitung unter den Aerzten hinderlich
sein muss. Wozu dient in einem Lehrbuch der Nasenkrankheiten
eine Beschreibung der laryngoskopischen Untersuchungsmethoden
und der verschiedenen Beleuchtungsapparate, wozu die Beschreibung
und Illustration der verschiedenartigsten Zerstäubungs- und Inhala¬
tionsapparate, von denen ein Theil nur noch einen historischen
Werth hat, ein anderer bei der Behandlung der Nasenkrankheiten
keine Verwendung findet.
Im übrigen müssen wir bekennen, dass der Verf. überall auf
der Höhe der Wissenschaft steht. Er beherrscht den umfangreichen
Stoff vollkommen, verfügt über reiche Erfahrung, gute Beobach¬
tungsgabe und umfassende Litteraturkenntnisse. Wir können auf
Einzelheiten des Werkes nicht näher eingehen, bemerken nur, dass
der Besprechung der verschiedenen Behandlungsmethoden eine be¬
sondere Sorgfalt gewidmet ist. Neben der Lokaltherapie wird der
allgemeinen Behandlung die nothwendige Berücksichtigung zu Theil.
Eine besondere Bereicherung erhält das Werk durch den dritten
Abschnitt, der die „äussere Chirurgie der Nase“ enthält. Ver¬
fasser versteht darunter alle diejenigen Operationen, durch welche
ein grösserer Zugang zu den Nasenhöhlen oder dem Nasenrachen¬
raume behufs Entfernung von Tumoren erzielt wird, sei es, dass
eine Spaltung des harten oder weichen Gaumens oder beider ge¬
macht war, sei es, dass eine Incision der äusseren Hautdecken
allein oder mit nachfolgender Resection der Knochen erforderlich
ist. Er beschreibt 33 verschiedene Operationen, die zu diesem
Zweck empfohlen worden sind, und illustrirt dieselben durch eine
Reihe von Holzschnitten und chromolithographischen Tafeln.
Man kann darüber streiten, ob dieser Abschnitt überhaupt in
ein Lehrbuch der Nasenerkrankungen gehört und nicht vielmehr
den chirurgischen Lehrbüchern zu überlassen ist. Immerhin wird
man zugeben müssen, dass die Darstellung eine äusserst instruc-
tive ist.
Wie man sieht, betreffen unsere Ausstellungen nur die äussere
Form des Werkes, inhaltlich gehört dasselbe zu den besten, die in
irgend einer Sprache über die Krankheiten der Nase und des
Nasenrachenraums geschrieben sind. Wir empfehlen dasselbe den
Specialisten. den Chirurgen und den Aerzten zum Studium aufs
angelegentlichste. Die Ausstattung des Buchs ist eine ausge¬
zeichnete.
Onodi, Die Nasenhöhle und ihre Nebenhöhlen. Nach
anatomischen Durchschnitten in zwölf Tafeln dargestellt für Aerzte
und Studirende. Wien, Alfred Hölder. Ref. Michael (Hamburg).
Obgleich die letzten Jahre uns zwei vorzügliche Illustrations-
worke über die Anatomie der Nasenhöhle beseheert haben, die
photographischen Reproductionen von B. Fränkel und die illustrirtc
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18. Januar.
Anatomie der Nasenhöhle von Zuckerkandl, wird doch das vor¬
liegende kleine Buch vielen willkommen sein, besonders den prakti¬
schen Aerzten, welche keine Veranlassung haben, sich für die
monographische Behandlung eines einzelnen Körpertheiles kostbare
Specialwerke zuzulegen. Auf den zwölf Tafeln befinden sich ebenso
viele sehr gut ausgesuchte Durchschnitte durch die Nasenhöhle
und deren Nebenhöhlen. Dass die Bilder in der Ausführung leicht
schematisirt worden sind, kann man als einen Vorzug bezeichnen,
da die Übersichtlichkeit derselben dadurch entschieden gewonnen
hat. Der Autor hat den Tafeln eine concinne und klare anato¬
mische Beschreibung der betreffenden Organe vorangeschickt.
Avellis, Cursus der laryngoskopischen und rhino-
skopischen Technik. 131 S. Berlin, Fischer’# medicinische
Buchhandlung. Ref. Max Schaeffer (Bremen).
Das vorliegende Buch von 131 Seiten mit 49 guten Abbildungen
ist zunächst für den Studenten, in zweiter Linie für den Arzt
bestimmt. In den Lehrbüchern kann die Technik nicht so aus¬
führlich besprochen werden, wie es für den Lernenden wünschens-
werth ist. Der Student sollte das Uebrige in den Cursen lernen-
doch lernt man da für gewöhnlich auch nicht zuviel, ist vielmehr
auf späteres Selbststudium und Selbstlernen am Patienten ange¬
wiesen. Hier war eine Lücke in den Hülfsmitteln für den Lernenden,
welche in ganz vorzüglicher Weise von dem vorstehenden Buche
ausgefüllt wird. Man liest aus den vielen praktischen Winken, oft
Kniffen, heraus, dass Verfasser bei einem unserer ersten Laryngo-
Rkinologen (Dr. Moritz Schmidt) lange als Assistenzarzt thätig
ist, fühlt aber gleichzeitig heraus, wie richtig Verfasser seinen Lehr¬
meister verstanden hat. Wie Verfasser selbst mit weitergearbeitet
hat an der Vervollkommnung der Untersuchungsmethoden, zeigt er
uns durch die Angabe einer solchen für die Larynx seiten wand,
namentlich den Ventriculus Morgagni durch Seitwärts¬
beugung des Kopfes und Schiefstellung des Spiegels, und
einer zweiten für die Rhinoscopia posterior mit stark nach
vornübergeneigter Kopfstellung. Mit wirklichem Vergnügen
hat Referent das Büchelchen gelesen; alles ist klar, leicht ver- I
handlich dargestellt, und wusste Referent durchaus keine Aus- I
Setzungen daran zu machen. Mit gutem Gewissen kann Referent j
es allen empfehlen, welche sich mit der Laryngoskopie und Rhino-
>kopie schon beschäftigen und noch beschäftigen wollen.
£* e Untersuchung der hinteren Larynx wand.
i'JVu i / TT Ab ! )ildun £eii im Text. Jena, Gustav Fischer.
Ref. Michael (Hamburg). |
.. ^ ^ erk bespricht in seinem ersten Theile die verschiedenen
mehr oder weniger Erfolg gemachten Versuche, die hintere
narynxwand zu beleuchten und zu besichtigen. Diese Partie des
. • * f lst Y e S ea Direr Localisation bei Anwendung des Kehlkopf-
egels an der üblichen Position bei nach hinten gebeugtem Kopf 1
El*, ver ^ter Weise sichtbar. Durch Anwendung von
Prismen hat man diesem Uebelstande abzuhelfen
L h0f ^J lfaSS - bat nun mit Erfolg eine neue und einfachere !
Der Ar 7 t n /fT an ^’ u , m dle hintere Larynxwand sichtbarzu machen:
vor ihm d? , ei ’-n k ! 1 . let vor dem mit stark herabgebeugtem Kopf
die so en2Sp P f Bten und fübrt 80 den S P ie S e] ein. Durch
möelich ^ ^? sl ^ lon 1 sverände rungen der hinteren Wand ist es
Anzahl vnn* V^ 6 ?^ edc . derselben weniger verkürzt zu sehen. Eine
Migrationen lÄ*® ? n ’ ln T dene11 68 möglich war, sonst verborgene .
p rläateru den f L ^' llxwand zur Anschauung zu bringen,
Ädt t i^^ en . Wepül dw Methode. Behufs Haftbar^ i
übrigen? allp-pm^ 616 ^?^ 16611 der Tracllea empfiehlt Verfasser die
weiteLeifi!r n r/ bh ^ e gerade Haltun g Kopfes. Die etwas 1
erinnert «ehf an i 1 . at 2J n i®?h© und mathematische Auseinandersetzung
^opie in denen f f ubl f atl0nea a « 8 den ersten Zeiten der Laryngo-
quelle oder de< \v^l ? Ut ? r ’ T elcber eine Veränderung der Licht-
dnandersetzun^en i.l 8 , d ? s La ryngoskops empfahl, seine Aus¬
fon Auserwählten ^lehrte, nur einer kleinen Gemeinde
Hercchnuncen 7 ., ers J andkcke mathematische oder photometrische
sprechen für «irh J 11 erstfitze “ pflegte. Werthvolle Methoden
'wh so ereistrpif.iif !i? r ’ P r . aktisck unbrauchbare werden durch eine
Zweifellos bildpt m . oretlsc he Begründung auch nicht besser,
«bungsmethode eine'sehr T ° m X erf * sse i'. inaugurirte Unter-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
65
zu folgendem Resum£: 1. Nach den klinischen Beobachtungen
hingen .die Motilitätsstörungen des Gaumensegels mit Erkran¬
kungen im Gebiet des Vagus zusammen. 2. Aus den anatomischen
und physiologischen Versuchen geht ebenfalls hervor, dass der Vagus
als der ausschliessliche motorische Nerv des Gaumensegels angesehen
werden muss 3. Die für den Levator veli palatini bestimmten
motorischen Fasern verlaufen in den Nervenwurzeln des Vagus und
auch der Ramus internus des Aecessorius muss anatomisch und phy¬
siologisch als zum Vagus gehörig betrachtet werden. 4 Die moto¬
rischen Levatorfaseru sind stets im Ramus plmryngeus vagi ent¬
halten und verlaufen in dem aus dem Plexus pharyngeus hervor-
gehenden, hinter der Tonsille nach oben führenden Aste. 5. Der
bacialis betheiligt sich nicht an der motorischen Versorgung des
Gaumensegels und auch eine doppelte Innervation desselben’
näm ich durch den Vagus und zugleich den Facialis, muss aus¬
geschlossen werden. 6. Vaguslähmung kann aucli durch hyper¬
trophische Mandeln bedingt werden. 7. Parese des Velum infolge
von Halsdrüsen und vergrösserten Tonsillen kommt häufiger vor
als im allgemeinen angenommen wird. 8. Die Richtung nach
welcher das Zäpfchen sieht, kann zur Bestimmung der gelähmten
beite nicht verwendet werden, da es einmal nach der gesunden
em anderes Mal hingegen nach der kranken Seite sieht 9 Nicht-
selten ist Degeneration einer Hälfte des Musculus azygos uvulao
vorhanden, so dass Deviation der Uvula auch bei ungestörter
Nervenleitung stattfinden kann.
Jos. Halbeis, Die adenoiden Vegetationen des Nasen¬
rachenraumes (Hyperplasie der Tonsilla pharyngoa) bei
Kindern und Erwachsenen und ihre Behandlung. 52 S.
j München und Leipzig, J. F. Lehmann. Ref. Max Schaeffer
; (Bremen).
An der Hand von 542 beobachteten Fällen schildert Verfasser
in eingehender Weise diese Erkrankung. Bei der Aetiologie
kommen alle durch die Erfahrung vieler Specialcollegen neuge-
j Avonnenen Gesichtspunkte zum Vortrage. Beim Symptomencomplex
sind namentlich die unangenehmen Folgen der Erkrankung für das
! Gehörorgan, die Einwirkungen auf das Nervensystem (Aprosexia),
| auf die Entwickelung des Thorax hervorgehohen.' Die Therapie der
Erkrankung besteht auch nach Verfasser allein in der chirurgischen
Entfernung derselben, und giebt Verfasser wie die Mehrzahl der
Collegen dem Gottstein’schen Ringmessor den Vorzug vor anderen
Instrumenten; ebenso spricht er sich gegen die Anwendung der
Narkose bei der Operation aus und gesteht ihr die Berechtigung nur
in Ausnahniefällen zu. Die Arbeit kann allen praktischen Aerzten
aufs angelegentlichste empfohlen werden, damit die Diagnose der
Erkrankung zu einer Zeit gestellt wird, ehe bereits bedeutendere
Schädigungen des Gehörorganes und des AUgemeinbefindens Platz
gegriffen haben.
VIII. Journalrevue.
Mikroorganismen und Aetiologie der Infections-
krankheiten.
Hühner, Beitrag zur Lehre von den Wasserhacterien.
Archiv für Hygiene Bd. IX, 4. Heft.
Es war bekannt, dass die einem natürlichen Wasserlauf oder
einem Brunnen entnommenen Wasserproben bei stunden- oder tage¬
langer Aufbewahrung eine von der Temperatur und anderen
Factoren abhängige, mehr oder weniger starke Vermehrung der
in ihnen enthaltenen Bacterien aufweisen, dass andererseits in
einem nicht benutzten Brunnen der Keimgehalt ansteigt und höher
ist, als w r enn bei reichlicher Benutzung desselben ein Ersatz seines
Inhalts durch Nachströmen aus dem mehr oder w-eniger keimfreien
Grundwasser stattfindet. Rubner wollte nun zunächst den Grenz¬
werth ermitteln, bis zu welchem sich die Keimzahl in einem sich
selbst überlassenen, unbenutzten Kesselbrunnen vermehrt. Er führte
diese Untersuchungen in einem im Keller des Marburger hygienischen
Instituts gelegenen ausschliesslich diesen Versuchszwecken dienen¬
den Kesselbrunnen aus. Wider Erwarten ergab sich, dass in dem
stagnirenden Brunnen während einer siebenmonatlichen Beobachtung
___ ^ ^ die Keimzahl sich in den für ein stagnirendes Wasser von 9—10° C
sköpi^xrrv 006 ein . e sehr ( l an kenswerthe Bereichening'der larvngo- sehr g erin gea Zahlen zwischen 800 und 1000 erhielt, ohne während
Diagnostik. - j der Versuchsdauer eine Zunahme zu zeigen. Weitere Versuche
erwiesen, dass es sich hierbei nicht etwa um einen stationären
Zustand, sondern um ein labiles Gleichgewicht handelt, welches
durch stete Vermehrung der Keime und stetes Niedersinken der¬
selben erhalten wird. Dies Sediment iren der Keime liess sich
darthun durch den verschiedenen Keimgehalt in Gefässen, von
denen das eine mit nach unten, das andere mit nach oben ge-
^ener Beobachtung™ öcü r ifte ^ citirt — und an der Hand einiger I richteter Ooffnung im Brunnenwasser suspendirt wurde, w r obei in
II,l( l *^oluuiumj en st . Erfasser die bisherigen Erfahrungen | letzterem die absinkenden Keime aufgefangen wurden. Dement¬
er seinen Gegenstand zusammen und gelangt sprechend enthielt denn auch der Bodenschlamm eine ganz ausser-
klinische Stiidi^^^Q^ 6111 ^ 08611 des eichen Gaumens. Eine
'Hamburg). w Seiten.
Iß
Wien, Alfred Hölder. Ref. Michael
Benutzung einesgearbeiteten Monographie und mit
P ? and über hundprf cTl ei ^i lcb gossen litterarischen Materials —
«Buer ndert Schriften citirt - uu
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66
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3
ordentlich grosse Menge von lebensfähigen Keimen, und konnte
durch Aufrtthren derselben eine excessive Steigerung der im Wasser
enthaltenen Keimzahl horbeigeführt werden, welche sich erst all¬
mählich durch Sedimentiren wieder zurückbildet. In den tieferen
Schichten des stagnirenden Wassers findet sich infolge des lang¬
samen Absinkens der Keime eine grössere Zahl von Keimen als
in den oberen. (Bekanntlich ist schon von anderen Forschern das
Sedimentiren der Bacterien zur Erklärung der Keimarmuth des
Wassers grosser Seebecken herangezogen worden. Ref.) Durch
besondere Versuche ermittelte Rubner das specifisehe Gewicht
verschiedener Wasserbacterien, allerdings von Culturen, welche auf
Kartoffeln gewachsen waren. Für die verschiedenen untersuchten
Arten schwankte das specifisehe Gewicht zwischen 1,088—1,065.
Die Abhängigkeit des Keimgehaltes im Brunnenwasser von der
Menge der darin enthaltenen organischen Substanz, bezw. der
Einfluss plötzlicher Verunreinigungen des Brunnens wurden geprüft
durch Zusatz steriler Fleischextractlösungen in den Brunnenkessel.
Eine auf diese Weise herbeigeführte nur geringe Vermehrung der
organischen Substanz brachte eine zwar schliesslich vorübergehende,
aber doch längere Zeit anhaltende, sehr beträchtliche Vermehrung
der Keime zustande, welche jedoch nicht sofort, sondern erst
einige Tage nach Einbringung der organischen Substanz zu Tage
trat,. 0. Riedel (Lübeck).
E. Leyden, Zur Niereuaffection bei der asiatischen
Cholera. Zeitschrift für klinische Mediein 1893, XXII, 1—22.
Aus der mikroskopischen Untersuchung von vier der Hamburger
Epidemie entstammenden Nieren gewann Leyden folgende An¬
schauung über den Verlauf der Choleranephritis. Tritt der Tod
sehr rapid, also innerhalb 24 Stunden, bei schon ausgesprochener
Anurie ein, so ist die Niere klein und ohne Turgor, die Glomcruli
sind ebenfalls klein und füllen die Kapseln straff* aus. Das Lumen
der Canälchen ist eng. Tiefere anatomische Läsionen finden sich
nicht. Bei etwas langsamerem Verlauf tritt Hyperämie der Niere
ein. Die Epithelien der gewundenen Canälchen gehen in Coagu-
lationsnekrosc über, in den Canälchen der Rinde und der Pyramiden
liegen Cylinder und wenig körnig-amorphe Massen. Bei noch
längerer Dauer wird die Niere blutig durchtrünkt und in die
Malpighischen Kapseln wird ein seröses Transsudat ausgeschieden,
das den Glomerulus halbmondförmig umfasst und eomprimirt. Auch
die Epithelien sind zum Theil durchtränkt und geschwellt. In den
Canälchen beginnt zugleich mit der Losstossung der Epithelien
ihre Neubildung. Diese Losstossung nimmt späterhin noch zu. Die
Zellen liegen massenhaft in den Kapseln und Canälchen, bis sie
durch die wieder erwachende Secretion ausgestossen werden. Die
Epithelien reponiren sich völlig, und auch die Nierenfunction stellt
sich vollkommen wieder her. Tiefere, entzündliche Veränderungen
in den Interstitien treten nicht auf. Sowohl der anatomische Be¬
fund, wie der klinische Verlauf ist hierbei ganz verschieden von
dem Bilde der Nierenentzündungen bei anderen Infectionskrankheiten,
hingegen bietet der mikroskopische Befund vielfach die Ueber-
einstimmung mit den Nierenveränderungen, wie sie Litten durch
zeitweise Ligatur der Nierenarterie zu erzeugen vermochte. Leyden
führt daher die Nieronveränderungen nicht auf die Wirkung eines
Choleratoxins zurück, sondern auf die starke Herabsetzung des
Blutdruckes. Die Annahme wird gestützt durch den fast ganz
negativen Befund an der Niere bei schnell eintretendem Tode, durch
das Fehlen entzündlicher Veränderungen im interstitiellen Gewebe
und den. Nachweis der Coagulationsnekrose an den Epithelien, die
stets. bei der Nephritis im Verlauf anderer Infectionskrankheiten
vermisst wird. Dass die Choleravibrionen, die Leyden selbst '
schon im Jahre 1866 mikroskopisch beobachtet hatte, giftige
bubstanzen bilden, nimmt auch Leyden an. Toxische Symptome 1
treten aber erst im zweiten Stadium der Cholera, dem Typhoid
auf, beruhen aber hier zum Theil wohl auch auf Urämie. Leyden j
prüfte noch speciell, ob der Choloravibrio im Darm eine chemische
Substanz ausscheidet, die eine grosse Anziehung auf das Blut¬
wasser ausübt. Es liess sich aber bei mit Kommabacillen inficirter
und nicht inficirter Nährbouillon keine wesentliche Attraction auf-
nnden.
Goldscheider, Bacterioskopische Untersuchungen bei
«irÄStttÄ'"' 1 "*'"' ;
Bei Anginen ohne Belag fand Goldscheider nur Staphylo- !
coecen, vorwiegend Staphylococcus albus. Unter den Anginen mit :
eag gab es solche, die fast nur Staphylococcen, andere, die nur :
Streptococcen zeigten, und endlich solche, mit Staphylo- und Strepto-
nnH C( Q+ ZU f eiclL Es ^ ssen Slch also bacteriologisch Staphylococcen- !
und Streptococcenangmen trennen. Klinisch existiren in dem Aus- I
Gelages in der Rachenhöhle keine durchgehenden !
Ui terschmde zwischen beiden Formen. Hingegen erfahren die
k. ti eptococrenangmen emo längere Behandlung (12,6 Tage) gegen- 1
über 9,2 Tagen boi der Staphylococcenangina, und es bleiben bei
ihr durchschnittlich die Beläge einen Tag länger nachweisbar (4,6
gegenüber 3,6 Tagen). Bei Combination beider Formen ist der
Verlauf gleichfalls schwerer und langdauernder als bei einer Staphylo¬
coccen erkrankung. Ein wesentlicher Unterschied ist aber zwischen
Staphylococcen- und Streptococcenanginen nicht zu constatiren.
: Einmal bewirkte die gleichzeitige Gegenwart von Bacillen und Diplo-
coeeen dicke, gelbe, ausgebreiteto, aber leicht abstreifbare Beläge
ohne Fieber. Diphtheriebacillen wurden fünfmal nachgewiesen.
Auch nach der Heilung bleiben die Bacillen noch längere Zeit im
Mundo vorhanden und lassen nach längerer Entfernung antiseptische
Gurgelungen empfehlenswerth erscheinen. Staphylo- und Strepto-
, coecen kommen auch in der gesunden Mundhöhle vor. Die mehr¬
fach nachgewiesenen Pseudodiphtheriebacillon erzeugen nicht das
[ klinische Bild der reinen Diphtherie, aber doch einen abnormen
Verlauf mit Fieber und Drüsenschwellung. Durch Zusammenzüchten
des Pseudodiphtheriebacillus mit Streptococcen gelang es nicht,
ihm die Virulenz des Diphtheriebacillus zu verleihen.
E. Sehrwald (Freiburg),
Eugene Hodenpyl, Actinomycosis of the lung. Medical
Record, 13. Deceinber 1890.
Zwei Fälle von Actinomyeose der Lunge werden hier ver¬
öffentlicht als Arbeit für den Joseph Mat her Smith-Preis für
1890. Der erstere betrifft eine junge Schwedin, welche sechs
Monate hindurch gekränkelt und seit drei Wochen vor ihrer Auf¬
nahme acutere Symptome geboten hatte. Als deren wesentlichste
werden Schmerz in der rechten Seite, Dyspnoe, Husten mit
profusem fötidem Auswurf, Fieber, Nachtsehweisse, Blässe und
Abmagerung genannt, während physikalisch ausgesprochene
Dämpfung hinten rechts in der Mitte und zur Axillarlinie hin
nachgewiesen war, welche an der Basis absolut wurde. Ueber dem
Dämpfungsbezirk entstand später ein Abscess, aus welchem sich
fast V 2 Liter Eiter entleerte. Patientin starb an Erschöpfung nach
ungefähr fünf Monaten. Die Section ergab diffuse Pneumonie be¬
sonders rechts mit Eiteransammlung an der rechten Basis, von wo
ein Gang nach dem Abscess am Rücken führte. Der Gestank war
entsetzlich, ohne dass Gangrän vorlag. Mikroskopisch zeigten sicli
die kleineren Bronchien abscessartig verändert, und darin wurde
Actinomyces nachgewiesen. Der zweite Fall betraf ein 13jähriges
Schulmädchen, bei dem äusserlich Abscesse auftraten, hier trat
der Tod iu vier Monaten ein. Der mikroskopische Befund an den
Lungen war ähnlich dem bei dem ersten der beiden Fälle. Ver¬
fasser verweilt bei den Symptomen, wie sie nach allen bisher ver¬
öffentlichten Fällen zusammengestellt sind, und indem er die
Seltenheit der Hämoptoö hervorhebt, betont er nach anderen
Richtungen die Aehnlichkeit dieser Fälle mit Tuberkulose. Das
Vorkommen von Fötor ohne Gangrän sollte uns immer zu sorg¬
fältiger Untersuchung des Sputums veranlassen, da die Gegenwart
des Actinomyces darin das einzige zuverlässige diagnostische
Zeichen sei. Zum Schluss bringt Verfasser eine sehr umfangreiche
Zusammenstellung aller Arbeiten über diese Krankheit.
__ Predöhl (Hamburg).
IX. Vereine und Oongresse.
Niederrlieiiiisclie Gesellschaft für Natur- und Heilkunde
in Bonn.
Sitzung am 15. Mai 1893.
"Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer: Herr Leo.
1. Herr Ungar: a) Ueber Veränderungen der Nabelsohnur.
b) Ueber einen Fall von Pneumonie nach. Trauma,
Herr Schult ze bemerkt in der Discussion: In Uebereinstimmung
mit dem Herrn Vorredner glaube ich auch, dass man ausser einer Con-
tusion auch noch besondere Entzündungserreger für das Zustandekommen
einer Pneumonie annohmen muss, die leichter im contusionirten Gewebe
eindringen und haften können, als im gesunden Gewebe. Freilich kann
man das Eindringen solcher Entzündungserreger von bestimmten Theüen
des Körpers her oft nur vermuthen. Auch Eiterungen können auf
diese Weise nach Contusionen zustande kommen, wofür folgender inter¬
essante Fall angeführt wird. Ein College kam mit einer starken rechts¬
seitigen Occipitalneuralgie in Behandlung. Später gesellten sich starke
Kopfschmerzen. Somnolenz, verlangsamter Puls und Er¬
brechen in lang dauernden Anfällen hinzu. Es musste eiu Tumor cerebri
angenommen werden. Da der betreffende College angab, er habe seine
Occipitalneuralgie nach einem „Typhus“ bekommen, und da von einem
Trauma nichts angeben wurde, so konnte ein Abscess nicht als irgendwie
wahrscheinlich angenommen werden, zumal Fieber und jede Entzündung
und Eiterung sonst im Körper fehlte. Indessen kam später heraus, dass
der Kranke nicht lange vor seinem „Typhus“ von seinem Velociped
heruntergestürzt war und nachher Erscheinungen von Gehirnerschütterung
gezeigt hatte. Es sollte nunmehr doch bei etwaiger erneuter Ver¬
schlimmerung des Zustandes des Kranken zu eiuer Trepanation geschritten
werden; da starb der Kranke ziemlich rasch. Die Autopsie ergab nun in
der I hat einen Gehimabscess in der rechten Kleinhimliemisphüre. der
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18. Janua r.
wahrscheinlich ohne Schaden hätte entleert werden können. Woher war
nun die Eiterung gekommen, die sich auch in der Leiche nur im Klein¬
hirn und sonst nirgendwo vorfand? Auch von Tuberkulose war keine
Spur nachweisbar. Da der Kranke früher eine Blennorhoea urethralis
mit chronischem Ausfluss durchgemacht hatto. so lässt sich annehmen,
dass von dieser Krankheit her noch Entzündungs- und Eiterungserre^er
in den Siiften und im Blute circulirten, welche an der contusionirten
Stelle nun jene verderbliche Folgeveränderung hervorriefen. Indessen
mögen auch zufällig noch andere Entzündungserreger im Körper vorhanden
gewesen sein; die Diagnose des „Typhus“ hatte ein anderer behandelnder
College seiner Zeit nicht bestätigen können; er hatte an eine Meningitis
nach dem Trauma gedacht. Ein weiterer Fall kam mir ferner vor einiger
Zeit zur Begutachtung, welcher ebenfalls nicht ohne Interesse für die be¬
handelte Frage sein dürfte. Ein junger, vorher gesunder Mann stürzte I
vom Velociped nnd erlitt dabei Contusionen der vorgestreckten Hand des
einen Kmees und der Gegend des linken Jochbeines. 14 Tage nachher
stellte sich, als der Kranke noch im Bette lag, eine Erkrankung ein
welche als Pneumonie aufgefasst werden musste, später schlossen sich
daran Erscheinungen von Lungenbrand an. welche schliesslich zum Tode
führten. Verschiedene Vorgutachter meinten, es sei nicht denkbar diese
(jangnin mit der Contusion in Zusammenhang zu bringen, zumal ia über
schmerzen m der Brust nach dem Unfälle nicht geklagt worden wäre
Man muss aber demgegenüber daran denken, dass bei einem Trauma oft
nur che Hauptschmerzen angegeben werden, und deshalb möglicherweise
der Brus schmerz weniger auffiel. Indessen ganz abgesehen davon musste
memer Meinung nach auch an eine andero Möglichkeit gedacht werden
namheh die, dass der Patient, bei seinem Falle mit dem Gesicht auf die
btrasse Entzündungserreger besonders tief einathmen konnte, die allmählich
5?elü hi 8e \b^ aild Mi g U ? d Ga *lo r ^ D führten, so dass man die Möglichkeit
nicht m Abrede stellen kann dass der Fall doch mit der Pneumonie in
\erbmdung zu bringen sei. Der Lungenbrand war übrigens durch die
bection bestätigt worden; tuberkulöse Erkrankungsheerde fehlten.
^ ?. err Schultze: Ueber Leukämie. Der Vortragende er-
il iL U f ' d ? ejeU T g u ei1 Fä . Ile Ton Leukämie Bericht, welche er in
den letzten vier Jahren m der medicinischen Klinik und in der
dinÄ PraX,S be0 ^ acllte ? hat - Es ist dj e Zahl derselben aller-
mafckn rS mdessen wurden die ^älle doch nach
inte^ D P gen gGnauer studirt und zeigten manches
^ewöMiÄlf ^ gaUZ v eD uin 13 Fälle ’ es überwog der
m sS worn S • entsprechend das männliche Geschlecht, aber
TL n ?• sieb ? n Männer und sechs Frauen. Vorherrschend
und einmal Ti™*" 11 ^ h f” aleForm; eininal wurde ein e lymphatische
Irgend eine «Reichende
niemals 21, flLipn Erkraokung war trotz aller Aufmerksamkeit
W ^ Man besc v huld i^ ja bekanntlich besonders als
S on afX 6113 ’ >\ US ’ ebenso a » da ™ Infeetionskrank-
ab6r bei unseren Fällen ™hts z « ^den:
kulose, da ia der vS Worden ’ ferner ehlmal Tuber-
hatte. Bei Syphilis kJ™ ^ -v a ? e ? de ^ Handgelenke bestanden
Milztnmor e / in , ahnliches Bild entstehen, nämlich
«mger Zeit JLl?l e i Uk °^ t0Se : wie . es von dem Redner vor
sich' nicht • <fie Autonsi^ a Elue eigentliche Leukämie entwickelte
Torbenen l W / ö< S ch info1 ^ ™ Misshandlung
Lues und Milztumor mit*f &ab n G1 \ Diagnose entsprechend tertiäre
^ibnpfve 0benfalls keine Leukämie.
Klinik «iSrtärwÄ T Dr -. Eick «nbusch seinerzeit in der j
zielen. Auch Pirrmont li 1GS ? f lcb e * ne Hebertragung nicht er-
darauf besonderst *“ü? ^ ^ altor Malaria wurden in einem 1
Wa,d ’a f " tereuthtcn Falle nicht vorgefunden.
m kätifiKSten /nS 8 m mP o°. mC der Krankheit bctiiflt, so wurde
linken untern Ban^h™ !i* r ^, c . lmerzcn und Druckgeföhl in der
Lei manchen Kranken^° nd l mi 1 . m ^rechten Hypochondrium geklagt,
^»iss sehr harmlos steh zunächst Verstopfung — ein
vie häufig, ferner MmuSymptom —, in anderen Fällen,
im Anfang der Kran^ edem an den Fussen und einmal
Als ein ganz gewöhnlich . das .^ tene Symptom des Priapismus,
ähnlich da.« Bestehpn • 68 wei ^ eres Symptom wird alsdann ge¬
geben. Der anämischen Aussehens des Kranken
Mi besonders beton I ?, uss . nun na °b seinen Erfahrungen
j 1 ! 1 ' Krankheit eine anämisch^ n l d ? n Tor g eschrit tenen Stadien
haut e roUstiindi^ ^Beschaffenheit der Haut, und Schleim-
Milztamor und mH nrtffhr 1 i^ n Erankei ' mit grossem leukämischem
Klinik, dessen I innp 1C1 q j^Kämischer Blutveränderung auf
'^sen Wangen eben faH o n ’ ^ C1 1 eimbäute £ anz r °th waren und
,' zt f. n Stadium der Krnnti 01 ?^ 6 ! Böthe zeigten. Erst in dem
butheh gewesen; in (]pn kl f eit lsb gewöhnlich wirkliche Anämie
jdtfankiing ,] eutet . , , eisten and in den mittleren Stadien der
Erkrankung hin “ h J? ^«toges auf die schwere Milz- und
ÄUt wird. Eine ? de f we » en auch oft die Diagnose nicht
, E Devi el stärkeres anam^ Che A Chlorose zeigt 8chon ihrem
Leukämie. 1 m,scbes Aussehen als vorgerückte Stadien
hat der \ ortragende ferner auf das
. _ 67
bekannt« Symptom des Sternalschmerzes fferieht.t ,,.„i,i •
ÄÄÄrai »- 1
ÄSTLt
V eränderungen des Knochenmarkes überhaupt zu Schmerzen führen
onnen wurde es bei diesem Erklärungsversuch schwer verständ
lieh sem, weshalb nur so ausnahmsweise
Weise veränTert^sT V0rk0mme "- daran Mark doch in gleicher
Annn D fL ^ arfcra f ende fand nun, dass in seinen Fällen gewöhnlich
dann dei Sternalschmerz vorhanden yvar, wenn zugleich^die Leber
an f. es - C ^hwollen und druckempfindlich war. Bei Druck auf
das Biustbem wird nun auch auf die Leber und auf die ebenfalls
^drückt und dadurch wahrscheinlich
sonders eine Vermehrung der Harnsäure. Herr Dr. Bokland
\UthnT”’ d “ SS der , Thllt auoh bei Anwendung einwurfsfreier
handen war'"* Vormehrun S der Harusäureaussolieidung vor-
Ebenso wurde der respiratorische Gas Wechsel genauer uuter-
sucht. Dabei hat sich nacii den Untersuchungen von Herrn Dr
kWn.v geZ , ei?t ’ daSS , auch , bei stark vorgeschrittener Leukämie
I» a \ e ln “ deru "ü “ der Aufnahmefähigkeit, fflr Sauerstoff und
in der Abgabe von Kohlensäure vorhanden war; der respiratorische
Gaswochsei war normal, oder sogar noch eher etwas erhöht, was durch
Uebercompensation infolge häufigerer Athmuug erklärt werden kann
berner waren einige der beobachteten Complieationen be-
f*“" 11 ' Gewölinlich wird, wie in der letzterschienenen
Arbeit von A. Hoffinann, behauptet, dass Störungen in der Harn-
secretion selten sind. Der Vortragende konnte das fflr seine Fällo
nicht bestätigen, da zunächst ein Patient über häufiges Wasser¬
lassen klagte, da ferner bei einem der Fälle ein zeitweiliges Auf-
horen der Harnentleerung bemerkt wurde: ausser vergrössertcr
Leber und Milz war noch eine stärkere umschriebene Resistenz im
unteren Abschnitt des Abdomens nachzuweisen, so dass an Hydro-
nephrose gedacht wurde, zumal auch bei der Katheterisation weniger
Harn als normal zum Vorschein kam. Bei der Section wurde aber
kerne Hydronephrose gefunden, sondern nur eine weisse Verfärbung
der Niere, wie nicht selten bei der Leukämie.
In einem anderen Falle trat das exquisite Bild einer Nieren¬
kolik ein, ohne dass Nierensteine früher constatirt werden konnten
und ohne dass schon vor der Leukämie derartige Koliken bestanden
hatten. Es musste aber auch an Nierenblutimg mit Gerinnsel-
bildung in den Ureteren gedacht werden, da auch Blutkörpor im
Harne zeitweilig nach dem Anfalle nachgewiesen wurden.
In einem weiteren Falle war endlich das evidente Bild einer
chronischen Nephritis mit Polyurie neben der Leukämie nacli-
zuweiseD.
Eine Complication anderer Art trat ferner bei einer zur
Autopsie gekommenen Patientin ein. Es bildete sich nämlich an
den varicös erweiterten Venen des Unterschenkels eine deutliche
Phlebitis aus. Die geschlängelten Venen schwollen an und be¬
kamen zu beiden Seiten einen rothen Hof, sie waren ferner auf
Druck schmerzhaft, und ihre Umgebung war deutlich infiltrirt.
Zugleich bestand Fieber, welches keine anderweitige Ursache haben
konnte. Die Section ergab in der That, Thrombosen iu den Venen
und exquisite Phlebitis und Periphlebitis.
Bei einer anderen Kranken kam eine andere Complication,
nämlich ein richtiges Erythema nodos um am Unterschenkel zum
Vorschein.
Eine seltene Complication der Leukämie ist schliesslich der
Priapismus. Zunächst waren bei einem der in der Klinik beob¬
achteten Kranken auffallend lang dauernde Erectionen unter
Schmerzen während des Schlafens aufgetreten, schliesslich wurde
die Erection permanent und dauerte sechs bis acht Wochen lang.
Das Glied war stark vergrössert und auf Druck schmerzhaft. Als
Ursache für diese Erscheinung können unmöglich Blutungen in die
Umgebung der Corpora cavemosa in Betracht kommen, denn dann
müsste sich irgend eine charakteristische Verfärbung gezeigt, haben.
Eine Entzündung kann auch nicht Vorgelegen haben, da Fieber
nicht bestand. Man hat in ähnlichen Fällen deswegen nervöse
Einflüsse beschuldigt und eine permanente Reizung der Nervi
erigentes angenommen. Aber es wäre jedenfalls sehr sonderbar,
dass gerade diese Nerven allein bei der Leukämie betroffen werden
sollten und noch dazu in der Form einer chronischen Reizung. Der
Nervus acusticus wird ja beispielsweise auch gelegentlich bei der
Leukämie betroffen, so dass Schwerhörigkeit eintritt, ferner treten
zuweilen leukämische Neuritiden sonstwo auf; es handelt sich aber
dabei stets um Lähmungserscheinungen und gewöhnlich um schwere,
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irreparable Störungen mit groben Veränderungen der Nerven. Davon
kann aber bei den Nervi erigentes nicht die Rede sein.
Am wahrscheinlichsten verhält sich die Sache wohl so, dass
bei irgend einer der normalen Erectionen das Blut entsprechend
seiner veränderten Beschaffenheit nicht mehl* aus den Corpora
cavernosa herauszufliessen vermag, sondern gerinnt.
Es handelt sich somit um eine richtige Thrombose mit
Schwellung und Schmerzhaftigkeit, gerade wie bei den gewöhnlichen
Thrombosen in den Venae femorales, und es erklärt sich damit
auch die völlige Heilbarkeit des pathologischen Zustandes.
Die Therapie bei der Leukämie ist bekanntlich ziemlich
trostlos. Heilungen in frühen Stadien der Krankheit werden aller¬
dings ja berichtet. Der Vortragende hat sowohl bei lymphatischer
als auch bei lienaler Leukämie Arsenik angewandt und hat ein¬
mal zeitweilige Verkleinerungen der Lymphdrüsen sowie Besserung
constatiren können. . .
Im Jahre 1889 wurde eine Methode von Kirnberger in Mainz
veröffentlicht, die darin bestand, dass Sauerstoffinhalationen ange¬
wandt wurden. Bei der Begründung dieser Therapie war. man
offenbar von der Ansicht ausgegangen, es würde wegen der geringen
Anzahl der rotlien Blutkörper Sauerstoff in geringer Menge aufge¬
nommen, und es müsste deswegen eine grössere Menge zugeführt
werden. Herr Dr. Bohl and hat jedoch, wie schon bemerkt, nach¬
gewiesen, dass auch bei vorgeschrittener Leukämie noch genug
Sauerstoff absorbirt wird, so dass von vornherein jene Methode
nicht allzuviel Vertrauen einflösst. Da jedoch Probiren über
Studiren geht, und da Kirnberger sowie später Herr Dr. Pietz er
über gute Erfolge berichteten, hat der Vortragende ebenfalls diese
Methode anwenden lassen. Die betreffenden Kranken gaben aller¬
dings Besserung an; indessen war dieselbe nicht von Dauer und
ist wohl auf Suggestion zurückzuführen.
Eine Operation wurde niemals gemacht, da dieselbe stets den
Tod herbeigeführt hat, ausserdem auch die Veränderungen der
lieber nicht beseitigt und somit geradezu als Kunstfehler betrachtet
werden muss.
Sitzung am 12. Juni 1898.
angab dass in einem früheren Stadium der Krankheit die Knöchel¬
gegend so angeschwollen war, dass keine Schuhe mehr angezogen
werden konnten. _. , , , ,
Angesichts dieses Befundes muss wohl gefolgert werden, dass
ausser der Sclerodermie ein centrales Nervenleiden besteht; denn
eine periphere Neuritis lässt sich nicht annehmen, da ja keine
Schmerzen bestanden, die Reflexo normal oder gar stark erhöht
sind; die Sensibilität ist allerdings etwas verändert, aber nicht
hochgradig, und zwar in eigenthümlicher Weise so, dass am linken
Beine eine partielle Empfindungsschwäche bestand. Auch die
Blasen- und Mast darmstör ungen, welche früher vorhanden waren,
sprechen gegen eine Neuritis.
Ob nicht noch eine gewisse Atrophie und einfache Degeneration
der peripheren Nerven daneben besteht, ist schwer zu sagen, aber
bei der langen Inactivität durchaus nicht unwahrscheinlich.
Da weiterhin stärkere Schmerzen in der Rückengegend und
ebenso Gürtelgefühl fehlen, da ferner die Sehnenreflexe vorhanden
sind und an den Wirbeln keine Anomalie sich zeigt, so ist man
nicht berechtigt, anzunehmen, dass seitens der Wirbel irgendwo
ein Druck auf die Medulla spinalis stattgefunden hat. Es fehlt
zudem jeder Anhaltspunkt für die Annahme einer Tuberkulose,
Carcinomatose oder ein Trauma.
Da ferner die Arme, die Pupillen, die Augen und ihre Muskeln
in jeder Beziehung normal sind, so ist auch von einer multiplen
Sclerose abzusehen und die Diagnose auf eine chronische Mye¬
litis dorsalis zu stellen, die möglicherweise mit Lues zusammen¬
hängt, welche der Mann der Kranken gehabt haben soll.
An eine Syringomyelie wäre vielleicht wegen der partiellen
Empfindungsparese zu denken; indessen spricht die Localisation
der Lähmung, der bisherige Verlauf der Erkrankung, der Mangel
der fibrillären Zuckungen in den Muskeln dagegen.
Es fragt sich nun, wie sich die gefundene Sclerodermie zu
der Myelitis verhält. Dass ein rein zufälliges Zusammentreffen
I vorliegt, ist nicht anzunehmen, da gerade innerhalb der gelähmten
! Partieen sich die Hautveränderung zeigt, wenn auch andererseits
! sich Myelitis sonst kaum mit Sclerodermie verbunden zeigt. Nur
| bei der Syringomyelie können partiell ähnliche Zustände vor-
Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer Herr Leo. ■
1. Herr Peters: Ueber die Wirkung des Scopolamins bei j
Augenerkrankungen. (Die Mittheilung wird in extenso in dieser
Wochenschrift erfolgen.).
Discussion: Herren Schultze. Peters, Lieb mann.
2. Herr Schultze: Ueber einen Fall von Sclerodermie bei
Myelitis dorsalis. Im December 1892 wurde eine Kranke in die
Klinik aufgenommen, welche angab, bis vor drei Jahren gesund
gewesen zu sein: darauf habe sie Druck und Schmerzen in der j
Lebergegend und im Magen verspürt, alsdann sei die grosse rechte i
Zehe steif geworden, ebenso das rechte Knie und die rechte Hüfte.
Ferner seien Schmerzen im rechten Bein dazugekommen. Nach
einigen Monaten sei auch das linke Bein steif geworden. Die
Kranke konnte ohne Hülfe nicht mehr gehen. Bemerkenswerth ist,
dass einige Monate nach Beginn der Krankheit Blasenstörungen
eintraten, die später wieder schwanden. Es bestand Incontinenz,
und auch der Stuhl erfolgte nur zweimal in der Woche. Als man
die 29 Jahre alte Patientin zuerst sah, war in erster Linie die
grosse Steifigkeit der unteren Extremitäten auffallend, welche aber
von der gewöhnlich bei spastischer Paralyse vorhandenen abwich.
Besonders liess sich bei der Untersuchung der Sehnenreflexe zu¬
nächst nichts Abnormes bemerken, später aber zeigte sich doch,
dass, wenn man die Steifigkeit im Fussgelenk überwand, bei der
Dorsalflexion Fusszittern, beliebig lange dauernd, zustande kam.
Patellarreflexe vorhanden, aber nicht erhöht. Ferner waren auch
massige Sensibilitätsstörungen vorhanden, und zwar Herab¬
setzung der Schmerz- und Temperaturempfindung an der Haut des
linken Unterschenkels, während die Berührungsempfindlichkeit
normal erschien. In der linken Glutaealgegend eine sehr tiefe
Decubitusnarbe. Das Gehen nur an zwei Krücken mit Mühe
möglich; die Muskeln atrophish, elektrisch weniger erregbar, aber
ohne Entartungsreaction.
Das Auffallendste ist aber folgendes: Besonders an den ab¬
hängigen Stellen der ganzen Unterextremitäten, besonders in der
Gegend der Achillessehnen und der Kniekehlen, war die Haut
straff und nicht abhebbar, sie bot völlig die Beschaffenheit
wie bei Sclerodermie; sie ist glatt und etwas glänzend, aber ohne
abnorme Pigmentirung.
Wenn auch bekanntermaassen die Haut an den genannten
Stellen überhaupt fester aufsitzt, als an andern Stellen, so war
doch das Verhalten in unserm Falle ganz pathologisch, besonders
auch gegenüber anderen Kranken mit Paraplegieen. Man hatte
durchaus den Eindruck, als ob schon die Veränderung der Haut
allein einen Theil 'der vorhandenen Steifigkeit bedingen könnte.
Von Oedem war nirgends etwas zu finden, wenn auch die Kranke
kommen.
Bei der früheren Besprechung der Sclerodermie in unserer
Gesellschaft habe ich mich dahin ausspreclien müssen, dass man
nicht berechtigt ist, einen direkten nervösen Einfluss anzunehmen.
Bekannt ist aber, dass die gewöhnlichen Sclerodermieen sich nicht
selten nach Oedemen entwickeln, und auch in dem besprochenen
Falle muss man daran denken, dass die ödematöse Durchtränkung,
welche vorher bestand, eine gewisse Rolle gespielt hat, wenngleich
Oedeme allein zur Erklärung der Krankheit auch wieder nicht ge¬
nügen ; denn Leute mit Hydrops haben wohl oft eine härtere Haut,
die sich auch weniger leicht abheben lässt, aber so starke Ver¬
änderungen wie bei unserer Kranken sind doch selten, und wir
haben sie speciell bei mehreren jüngeren Kranken mit Paraplegieen
und Oedemen der Unterextremi täten nicht nach weisen können.
Es spricht aber die Unabhängigkeit der Sclerodermie von
dem Ausbreitungsbezirke einzelner Nerven sowie die Localisation
der Erkrankung an den Prädilectionsstellen des Anasarca in un¬
serem Falle durchaus für den Zusammenhang beider Erkrankungen.
Möglicherweise hat sich dann — in Anbetracht der nicht
unwahrscheinlichen Lues — eine Erkrankung der Hautgefässe
dazugesellt, welche ihrerseits wie in anderen Fällen ohne Myelitis
und ohne nachweisbare Veränderungen der Nervensubstanz das
Zustandekommen der Sclerodermie in den besonders stark ödema-
tösen Partieen der Haut bewirkt hat.
3. Herr Trendelenburg: Demonstrationen: a) eines
Falles von Exstirpation einer Niere; b) eines trepanirten
Patienten; c) einer aus einem Magen extrahirten Gabel.
Discussion: Herren Hummelsheim, Schultze, Trendelenburg.
Naturwissenscliaftlich-medicinischer Verein in Strassburg.
Medicinische Section.
Sitzung am 10. October 1893.
Vorsitzender: Herr Hoppe-Seyler; Schriftführer: Herr Kuhn.
Herr Schwalbe: Ueber Zahnentwickelung und Bahn¬
wechsel: Angeregt wurde der Redner zu einer kritischen Be¬
sprechung der verschiedenen Dentitionstheorieen durch eine in¬
teressante Zahnanomalie, welche er hei einem drei Tage alten
K inde am linken Oberkiefer antraf. Bei vollständig normaler una
gleicher Beschaffenheit der Alveolen rechts und links enthielt die
Alveole des rechten medialen Incisivus die normal gestaltete Krone
des Incisivus I der ersten Dentition; die hintere Ausbuchtung
dieser Alveole, in welcher der Ersatzincisivus zur Entwickelung
kommt, enthielt noch kein Zalmscherbchen. In der Alveole des
Original from
UNIVERSITf OF MICHIGAN
18. J anu ar._ _
linken Incisivus I fand sich nun ein merkwürdiger Doppelzahn,
bestehend aus der vollständig normal beschaffenen Krone eines
medialen Incisivus und einem kegelförmigen hinteren (lingualen)
Xebenzahne, welcher mit ersterem durch eine niedrige Dentinleiste
einheitlich verschmolzen war. Der Incisivusbestandtheil dieses
Zahnes nahm genau den Raum ein, welchen rechts die normale
Incisivuszahnkrone beanspruchte, während die kegelförmige Neben¬
krone in der hinteren (lingualen) für den Ersatzzahn bestimmten
Abtheil ung der Alveole gelegen war, den Raum dieses Reeessus
ausfüllend.
Der Vortragende deutet nach allem diesen Doppelzahn als aus
einer Verschmelzung der Krone eines normalen Milchincisivus mit
der partiell vorzeitig entwickelten Krone seines Ersatzincisivus
herrorgegangen. Es liegt hier also der Fall vor, dass ein Zahn
der ersten Dentition mit dem entsprechenden der zweiten
sieh zu einem Doppelzahn vereinigt hat.
Der Vortragende sieht in diesem Fall zunächst eine Bestäti¬
gung der Ansicht von Rose, Kükenthal u. a., dass Zähne mit
complicirter Krone, die Prämolaren und Molaren des Menschen,
durch eine Verschmelzung von kegelförmigen Einzelzähnen ent¬
standen seien. Er spricht sich ferner für die Meinung von
Kükenthal aus, dass die Molaren beiden Dentitionen ent¬
sprechen, und deutet speciell die äussere (labiale) Höckerreihe der
Molaren als Kegelzälme der ersten Dentition, die innere (linguale)
Reihe als Kegelzähne der zweiten Dentition. Die erste Dentition
des menschlichen Gebisses würde also nach dieser Ansicht um¬
fassen die Milehincisivi und Canini und die äussere Reihe der
Höcker der Milch- und bleibenden Molaren, die zweite Dentition
dagegen die Ersatzincisivi und Canini, sowie die innere Reihe der
Höcker der Milch- und bleibenden Molaren. Eine Schwierigkeit
bereiten hier die Prämolaren der bleibenden Dentition. Der Vor¬
tragende hält es für höchst wahrscheinlich, dass auch diese letz¬
teren deren Krone ja ebenfalls aus getrennt entstehenden inneren
und Süsseren Kegelhöckern zusammengesetzt ist, ebenfalls beiden
lMimionen entsprechen, aber infolge einer Raumbehinderung früh-
T'.k’u! 11 1 x n e , rs *i eri Anlagen in die Tiefe gedrängt wurden und
deshalb erst nach xAusfallen des Milchmolaren hervortreten konnten,
tur diese bleibenden Prämolaren würde also die Baume’sche
neorie der Dentition ihre volle Berechtigung haben.
eohrribi^ v ® n ® au “ le » Zuckerkandl, Röse u. a. beschriebenen
v!r f Zah ü ru ^nte des Menschen betrifft, so erinnert der
nac^n!d e n*a Be ® ba , chtun ^ n von Leche, welcher bei Eri-
cehendpn n l f ( ?. e .l )bys Anlagen einer dem Milchzahngebiss vorher-
\nl a /pn i• T , gefunden hat - Die betreffenden rudimentären
Müden !!vf\ abl ^ Wärt t VOn den Milchzähnen; in analoger Lage
so dass j p aber dle . s jbmelzlosen Zahnrudimente des Menschen,
bilde eüier dpr 6 \n\ 6 T ht unberech % t erscheint, dass diese Ge-
Mgehören Dlchzahngeneration vorausgehenden Dentitionsreihe
Sitzung am 24. November 1898.
Toni Spricht 0ber ^ Wirkung des Labyrinth-
finfiii kleinen Annüf d ? s Muskels. (Demonstration.) An
art wS\ ApParat T lr - d e,n Frosch in vertikaler Stellung der-
den frei hfrahhän™'' , auf p‘“ er Sta »ge gewissermaassen reitet. Mit
ünabhäne-io- von gend ®. n Be J. nen T sind zwei Hebel verbunden, welche
aufzeichnen Bi, d ! e Bew ^ngen der Beine als Curven
in einer erhoheiiA^ofl werden durch Gewichte beschwert und dann
dieser Höhe herahfai? te UDg . f ® st K ebalten - Lässt man sie nun von
08 entsteht dm-Dfc « fl eben s * e plötzlich an den Beinen, und
welche der Vnrtra ^ B ^ r astlcl ^ t der Beinmuskulatur eine Curve,
c 'urve ändert sieh fn 11 ^ Zl }£ cu . rv ® nennt. Die Gestalt dieser Zug-
Labyrinthe an d Q£!0 cbara kteristischer Weise nach Zerstörung der
nnthe oder einas m il n aUS der Lurve das Fehlen beider Laby-
2 jf emes Selben entnehmen kann.
° y8te ^ ^teMoheniels^ 0 * 1 * Öb6r traumatische Lymph-
Discussion betheiligt sich Herr v. Recklinghausen.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Herr P SitZUng am 8 - Lecember 1893.
Jknd der Lehre e « en Leberblick über den gegenwärtigen
Erklärung der vensphi ^ ^ 0 “ 0rrl10 ® beim Weibe und hebt zur
Lfantilismus o- Pn Jt r flen .^rnn^heitsbilder besonders die durch
Position zu schSl gegebene individueUe Prä-
schwerer Erkrankung hervor.
_____ 69
X. Oeffentliches Sanitätswesen.
Die städtischen Heimstätten für Genesende bei Berlin.
M»k Jw
Verfahren, behandelt worden sind, und bei denen
zu einem gewissen Stillstände gekommen ist, um ihnen dort Gelegenheit
hfiLL eiteren Erh ?i U u g u T ? d Kräftl g^g durch Gewährung reichlicher und
^!=n^ S T aU ^ geW lh J ter verbunden mit beständigem Aufenthalt in
.süchtte^ i ZU A eben ' fS- S ° leU bi erdurcl1 die besonders durch Schwind-
mtbSS ! e , daSte i Cn städtischen Krankenhäuser von solchen Patienten
entlastet werden, dio nicht mehr als Gegenstand der klinischen Kranken¬
pflege zu betrachten sind. Soweit die Raumverhältnisse es gestatten
Ä- U k ed0 v h a l lcbPersonen aufgenommen werden, die in anderen nU
städtischen Krankenhäusern oder in freier Pflege behandelt worden sind
, „ J ^ as Heimstattenetablissement besteht aus: 1) dem Heimstätten.
ranm Ud S H d ®m Waschhause mit Desinfectionsanlage, Leichen- und Secir-
raum, 3) dem Filtergebaude mit Pumpenanlage, 4) den Wohnräumen für
dl6 S DflI e H e - m 'rtt - den im ? utshause ’ 5 ) dem Pa rk mit Trockenplatz,
hat pJ™ Heimstuttengebäude mit seinem otwa 40 m breiten Vorgarten
hat eine Länge von 82 m und eine Tiefe von 13,50 m bezw. 15.58 m.
Es gliedert sich in einen Mittelbau mit drei Geschossen und zwei Flüeel-
oauten mit zwei Geschossen und ist an den Schmalseiten mit zwei Ve¬
randen und an der Hinterfront mit zwei Wandelbalmen versehen, durch
Sf 1 PAhh ian d -f 6kt de S- A “staltspark gelangt. Das Gebäude ist massiv
Hnlfppnw i Tt r ° the I Tf bl0 r? dU A ng gestellt ,md mit überstellenden
Holzcementdächern gedeckt. Die Aussenwände und das Dach sind ausser-
dern mit einer Luftisolming versehen, das Untergeschoss ist mit Stampf¬
betongewölben überspannt. Die Heizung und Lufterneuerung erfolgt durch
eine Dampfniederdruckheizung mit zwei getrennt liegenden Dampfkesseln
und einer \entilationsanlage; nur fünf Wohnräume im Untergeschoss
werden mit Kachelöfen geheizt,
• n m ? ber ' u , nd Hauptgeschoss befinden sich im Mittelbau das Vestibül
ein L/orridor, das Aufnahmebureau, zwei Schwesternzimmer und zwei
« ?r e wn me ’ , H !?’ ran schliessen sich in jedem der beiden Flügelbauten,
östlich für männliche, westlich für weibliche Pfleglinge, zwei IsolirzimnW
mit je zwei Betten, zwei grosse Schlafsäle mit 25 bezw. 19 Betten und
ein Speise- bezw. Aufenthaltsraum für die Pfleglinge bei Tage Aus
diesen gelangt man durch Schiebethüren in die Veranden und von dort
\UAn q} i em Froitreppon in den Park und die überdachten
Wandelbahnen. Die Schlafsäle habon eine Länge von 11,87 bezw. 814 m
eine Tiefe von 12,40 m und eine Höhe von 5,17 m, so dass also auf
jedes Bett ein Luftraum von etwa 30 cbm kommt. Es ist hierbei zu er¬
wägen, dass die Schlafräume nur des Nachts und nur von wenigen Pfleg¬
lingen auch einige Tagesstunden benutzt werden. Im dritten, nur über
dem Mittelbau liegenden Geschoss befinden sich an einem Corridor zwei
Räume zur Aufbewahrung der Wäsche, das Laboratorium, ein Untersuch-
ungszimmer für den Arzt, und ein zur Zeit noch disponibles Wohnzimmer.
Die äussere bauliche Ausstattnng der Anstalt ist einfach, aber würdig
gehalten. Die Küchen- und Baderäume sind in Oelfarbe, alle übrigen
Räume in Leimfarbe gestrichen. Die Schlafräumo haben in Paneelhöhe
Emailanstrich, die Speisesäle Holzpaneele erhalten. Die Wasserversorgung
erfolgt durch einen auf dem Gutshofe gelegenen Brunnen. Um dieses
Wasser von seinem nicht unbeträchtlichen Eisengehalte zu befreien, war
es nöthig, eine Filteranlage nach dem System Piefke herzustellen, wie
sie bereits in den Heimstätten zu Blankenburg und Heinersdorf vorhanden
sind und sich bewährt haben.
Die Kosten für den Bau des gesammten Heimstättenetablissements,
m denen auch die für die Herstellung einiger Umbauten von Beamten-
wohnungen, Renovirung des Parks u. s. w. enthalten sind, betragen
187951,66 Mark, die für die Beschaffung des Inventars 56706.79 Mark.
Die Gesammtkosten belaufen sich also auf 244658,45 Mark. Die Anstalt
bietet Raum für 48 männliche und 48 weibliche, zusammen für 96 Pfleg¬
linge. Die Gesammtkosten für ein Bett belaufen sich also auf 2548,53 Mark.
Die Verwaltung der neuen Heimstätte ist. abweichend von den übrigen
Heimstätten wegen der fortwährenden Beaufsichtigung, deren die Pfleg¬
linge hier bedürfen, und da die Verhältnisse hier schon mehr denen eines
Krankenhauses ’ ' 1 ’
-- ähneln, einem Arzte und einer Schwester des Victoria¬
hauses für Krankenpflege übertragen worden. Die Oberleitung des ge¬
sammten Betriebes und die Vertretung der Heimstätte nach aussen erfolgt
durch den Arzt, der auf dem Gute Dienstwohnung erhalten hat, um be¬
ständig für den Dienst in der Heimstätte zur Verfügung zu sein. Dio
Administration findet jedoch selbstständig und unter eigener Verantwortung
durch die leitende Schwester, der zu ihrer Unterstützung sowie zur Pflege
der Patienten noch einige Schwestern beigegeben sind, statt. Für den
Betrieb der Heimstätte ist eine besondere Geschäftsanweisung erlassen,
deren Bestimmungen sich im wesentlichen an die Grundsätze für die Ver¬
waltung der übrigen Heimstätten anschliesst. Die Kosten für die Ver¬
pflegung einer Person befragen für alle Heimstätten gleichmässig
zwei Mark für den Tag.
Die Heimstätte wurde Mitte October 1892 zur Belegung fertig. Die
ersten Pfleglinge gelangten am 24. October 1892 zur Aufnahme. Die
Frequenz entwickelte sich anfänglich nur langsam, aber doch stetig, und
erreichte bis zum Schlüsse des Berichtsjahres wenigstens auf der Männer¬
abtheilung eine Höhe, die erwarten lässt, dass die Zahl der hier zur Ver¬
fügung stehenden Betten bald nicht mehr hinreichen wird, um dem Be¬
dürfnisse zu genügen.
Der Betrieb der Heimstätten für Genesende in Blankenburg und
Hemersdorf gestaltete sich in dem Berichtsjahre in gleicher Weise wie
in den Vorjahren.
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Original frorn
UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIFT,
No. 3
Die Heimstätte für genesende Wöchnerinnen zu Blankenfelde hat
immer noch nicht den Zuspruch gefunden, der bei ihrer Errichtung erhöht
•wurde, obgleich die Erfolge an den dort bis jetzt verpflegten Wöchne¬
rinnen sehr günstig waren und das Bedürfniss für eine solche Anstalt in
Berlin nicht zu verkennen ist. . , 7J , ,
Gewöhnlich ist die Aufnahme von Wöchnerinnen an der Kosten-
zahlungsfrage gescheitert, da die Krankenkassen es bisher grundsätzlich ab-
crelehnt haben, die Kosten für die Pflege reconvalescenter Wöchnerinnen
zu zahlen, aus eigenen Mitteln die Wöchnerinnen aber hierzu nicht in
der Lage sind. Bei den verheirateten Frauen kommt noch der Umstand
hinzu, dass diese schwer auf mehrere Wochen von ihrem Haushalteab-
kömmlich sind, da der Mann für eine geeignete Vertretung seiner Frau
in der Wirtschaft nicht zu sorgen vermag. Durch mehrere, namentlich
im vorigen Jahre eingerichtete Stiftungen in Verbindung mit dem all¬
jährlich durch den Stadthaushaltsetat zur Verfügung gestellten Betrag
'von 2000 Mark für jede Heimstätte ist aber das Curatorium m die Lage
versetzt, in grösserem Umfange Freistellen auch an bedürftige Wöchne¬
rinnen geben zu können, als dies bisher möglich war.
Belegung: Zur Verfügung standen in Blankenburg 70, in Heiners¬
dorf und Blankenfelde je 60 und in Malchow 96, im ganzen also
286 Betten. _ -
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Bestand Ende März 1892 . .
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—
Aufgenommen wurden 1. April
1892/93 .
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Also im ganzen verpflegt . .
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Zur Entlassung kamen . . .
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81
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Im Bestände blieben Ende März
1893.
23
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j
-
15
-
40
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lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes gegebenen Zahlenübersicht
sind folgende Daten hervorzuheben: Gubemien Plock 3. bis 9. December
19 (21) Radom desgl. 39 (22), Lomza 10. bis 16. December 5 (2),
Suwalki 3. bis 9. December 19 (9), Wilna 10. bis 16. December 5 (3).
Wolhynien 26. November bis 9. December 53 (30), Bessarabien
25 November bis 6. December 28 (7), Kiew 19. November bis 3. De¬
cember 56 (20), Woronesch 22. November bis 3. December 21 (15),
Tschernigow 26. November bis 3. December 55 (26), Kasan desgl.
22 (10). Saratow 5. November bis 2. December 47 (24), Kars 29. No¬
vember bis 5. December 16 (9) Erkrankungen (Todesfälle). Sperling.
Zur Influenzaepidemio.
Die grösseren deutschen Städte weisen in der letzten Jahreswoche
fast durchgehende einen weiteren Rückgang der allgemeinen Sterblichkeit
auf. So im Osten Königsberg (26,8), Danzig (30,0). Elbing (24,0).
während Bromberg eine Steigerung (17,7, 26,0, 29,5) zeigt. Stettin,
Rostock, Lübeck, Bremen, Hamburg, Altona, Kiel haben
niedrige Sterbeziffern. Für Berlin betrug dieselbe 20,0, trotzdem noch
20 Influenzasterbefälle gemeldet wurden, für Potsdam dagegen 30,8, in
der Vorwoche 35,4. Von den westlichen Städten hat sich der Zustand
in Bonn (28,6), Remscheid (26,2), Dortmund (23,4) wesentlich ge¬
bessert, Münster hatte noch eine Sterblichkeit von 30,0 gegen 38,9 und
40,9 in den Vorwochen. In Baden ragt Freiburg (36,2) durch hohe
Sterblichkeit hervor, sonst in Süddeutschland noch Stuttgart, während
München, Augsburg, Würzburg, Mülhausen niedrigere Sterbe¬
ziffern aufweisen. Influenzatodesfälle wurden aus folgenden Orten ge¬
meldet: Berlin 20, Danzig 4, Görlitz, Kiel, Münster, Barmen,
Rostock, Bremen, Köln je 3, Essen 6, München, Dresden,
Lübeck je 9, Stuttgarts, Karlsruhe, Hamburg je 4, Freiburg 5,
Braunschweig 6. — In Kopenhagen wurden 2018 (20), in Stock¬
holm 246 (19), in Moskau (4), in New-York (5), in Budapest, Wien,
Prag. Amsterdam vereinzelte Erkrankungen (Todesfälle) an Influenza
gemeldet. Ende December soll sich die Epidemie in Konstantinopel
stark verbreitet haben. (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits¬
amtes.) _ Sperling.
XI. Therapeutische Mittheilungen.
Stand der Cholera.
Im Deutschen Reich ist für die letzte Decemberwoche ein Cholera¬
todesfall aus Städtisch-Janow, Kreis Kattowitz, Oberschlesien, zu
berichten. Der Fall war wahrscheinlich aus dem benachbarten Russisch-
Polen eingeschleppt und blieb vereinzelt.
Italien ist Ende December amtlich als cholerafrei erklärt worden,
nachdem in Palermo seit zwölf Tagen, auf dem Festlande seit mehr als
einem Monat Cholerafälle nicht beobachtet worden waren.
In Galizien wurde in der Gemeinde Lutowiska, Bezirk Lisko,
ein umschriebener Choleraheerd festgestellt. Es scheint sich bisher um
sechs Fälle zu handeln, von denen drei tödtlich verliefen. Erst bei dem
dritten dieser letzteren wurde Cholera entdeckt, und darauf wurden infolge
der amtlichen Erhebungen drei weitere Erkrankungen ermittelt.
In Bosnien wurden in der Woche vem 8. bis 15. December 50 Er¬
krankungen, 26 Todesfälle festgestellt, und zwar in den Kreisen Banja-
luka, Dolnja-Tuzla und Tranik. In den Städten Gradaöac und
Dervent kamen noch 1 (2) bezw. (1) Erkrankungen (Todesfälle) vor.
Aus Rumänien, wo letzthin in S ul in a noch zwei vereinzelte Fälle
beobachtet waren, sind weitere Erkrankungen nicht gemeldet.
In Konstantinopel erkrankten (starben) in der Woche bis zum
23. December 132 (82) Personen an Cholera. In Adrianopel sind weitere
Cholerafälle nicht beobachtet, dagegen scheint sich in Demotika und
Lule Burgas ein Epidemieheerd auszubilden (Oesterreichisches Sanitäts¬
wesen). In Saloniki wurden vom 18. bis 25. December 17 (16) Cholera¬
fälle festgestellt. In Trapezunt betrug die Zahl der festgestellten
Cholerafälle vom 18. bis 25. December 11 (4); einzelne Fälle wurden aus
Amasia, Tokat, Sinope, Kjutahia, Küplü gemeldet. Auch im
Distrikt Terme sind Cholerafälle vorgekommen.
In Persien hat sich die Zahl der gemeldeten Choleratodesfälle in
der Woche vom 18. bis 25. December weiter verringert; es werden solche
aus Kermanschah, Demirkapu, Firuzabad, Kaswin, Zendjan ge¬
meldet; Rescht, Kum, Sultanabad, Teheran sollen cholerafrei sein.
(Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.)
In Tunis wird Ende December die Epidemie als erloschen be¬
trachtet.
In Tripolis kamen vom 17. bis 25. December unter dem Militär
fünf Todesfälle vor; die Civilbevölkerung war frei.
Aus Algier wird neuerdings gemeldet, dass in der Oase El Milia,
Departement Constantine, die Cholera wieder aufgetreten sei. Vom
20. bis 27. December sollen daselbst 30 Fälle festgestellt worden sein.
In Petersburg herrscht die Cholera noch immer stark. Nach der
Petersburger medicinischen Wochenschrift erkrankten (starben) daselbst
vom 21. bis 27. December 180 (79) Personen, gegen 145 (65) in der Vor¬
woche. Nach den \ eröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes
ist die Zahl der bis zum 21. December festgestellten Cholerafälle noch
grösser, wm früher angegeben: vom 8. bis 14. December 126 (53), vom
15. bis *j 1. December 206 (72). Sonst lauten die Nachrichten aus Russ¬
land günstig. Nur im Kreise B al ta, P od oli en, soll in der dritten December¬
woche eine nicht unerhebliche Steigerung der Epidemie beobachtet sein.
In den Gubemien Jelissawetpol, Olonez, Twer, Tobolsk, Tomsk,
Ufa, Rjaesan sind seit Ende November Cholerafälle nicht vorgekommen
bezw. zur Kenntniss der Behörden gelangt. Aus der in den veröffent¬
Zur medicinischen Elektrotechnik. 1 )
Von Prof. Eulenbnrg in Berlin.
Schon vor sieben Jahren hatte ich in einer Mittheilung über galvanische
Messinstrumente (1887, No. 22) die strikte Forderung hingestellt, „dass kein
Arzt eine transportable Batterie kaufen, kein Fabrikant eine
solche verkaufen sollte, die nicht mit einem praktisch brauch¬
baren absoluten Messinstrument, am besten Horizontalgal¬
vanometer, ausgestattet ist“. Eingehender hat neuerdings Stint-
zing in einem schriftlichen Referat für die Elektrotherapeuten-Versamm¬
lung in Frankfurt a. M. (vergl. „Elektrotherapeutische Streitfragen“, Wiesbaden,
1892, p. 81) die Forderungen präcisirt, die an einen der Praxis Genüge
leistenden elektrotherapeutisehen Apparat, von nicht nothwendigen Zutbaten
abgesehen, gestellt werden müssen. Er betrachtet als „conditio sine qua
non“ für den Elektrotherapeuten: Inductionsapparat; constante Batterie von
mindestens 25 Elementen; an dieser Elementenzähler von 5:5 Elementen,
Stromwender, Rheostat (am einfachsten der kleine Flüssigkeitsrheostat nach
Eulenburg-Hirschmann), Milliamperemeter (für die Therapie genügt es,
dass dasselbe ganze M.-A. erkennen lässt; Messumfang mindestens bis 20,
besser bis 50 M.-A.) und Sortiment von Elektroden mit eingravirter Quadrat¬
fläche oder Durchmesser, und fügt sehr treffend hinzu: „Wer sich nicht m
den Besitz dieses Instrumentariums setzen kann oder will, thut besser sich
aller Elektrotherapie zu enthalten.“
Die von Stintzing aufgestellten Postulate für eine constante Batterie
werden nun vollständig erfüllt, ja bei sehr massigem Umfang und Preise noch
wesentlich übertroffen durch die neueste Form transportabler Batterieen
von W. A. Hirschmann (vgl. den beistehenden Holzschnitt, Figur 1). Die -
selbe besitzt 30 Elemente und einen Elementenzähler (Schlussschieber), der
die Elemente einzeln und in jeder beliebigen Reihenfolge zu benutzen ge¬
stattet, Stromwender, Rheostat und ein aperiodisches Horizontalgalvanometer;
Letzteres — nach demselben Princip construirt, wie das in einer früheren
Mittheilung (1890, No. 30) beschriebene — lässt direkt Ströme bis zu 20 M.-A.,
mittels einer einfachen Uraschaltung aber bis zu 100 M.-A. ablesen, so dass
auch den Bedürfnissen bei Galvanisation des Magens, der Blase u. s. w. mehr
als reichlich entsprochen wird. Der kleine Flüssigkeitsrheostat unterscheidet
sich von dem früher beschriebenen und abgebildeten (vgl. Berliner klinische
Wochenschrift 1889, No. 16) nur dadurch, dass die mit dem Wasser in Be¬
rührung stehenden Elektroden jetzt aus Platin hergestellt werden, also un-
oxydirbar sind, und dass statt der früher üblichen halben Umdrehung des
Knopfes (K), um vom Minimum der Stromstärke zu ihrem Maximum fortzu¬
schreiten, eine noch allmählicheres Anschwellen gestattende zweimalige Um¬
drehung benutzt wird. — Die Verbindung eines Inductionsapparates
mit dieser Batterie ist leicht zu ermöglichen. Am meisten empfiehlt sich da¬
zu der kleine Inductionsapparat., Figur 2. Von den gewöhnlichen kleinen
Apparaten nach Spamer’schem Typus unterscheidet er sich einmal dadurch,
dass der Zinkpol nach stattgehabter Benutzung nicht aus seiner Ver¬
bindung gelöst und entfernt zu werden braucht, sondern in einen eigenen
kleinen Glasbehälter neben dem Elemente eingestellt werden kann, wobei
nur eine leichte Drehung des den Zinkpol tragenden Führungsstabes erfordei-
lich ist; sodann auch durch die eigenartige Construction des Elemementes,
*) Vgl. Deutsche med. Wochenschr. 1886, No. 26, 1887, No. 22, 1888,
No. 26, 1890, No. 30.
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j:il |, ' l:, ‘ ¥ I ii- mit \t unmhit r a i/> , -- P , - r , t |
ür:ti i^n : ,\> nvt -io U Si-br
{^v Sofien m tehwervif j &f<Mü)Mtömkü&ne imtont-
iicb ^rrrssm^ti »fb4ti¥n»*n tsu «empfttWßu. hwt rMwtt dieselbe*J&tferie
| n Veö«*Jw©u»n«iJ 4U>- Tei ffdrVfärr*-
f U M&zJm «yoim.««!«genjuii. ^ die 4ocmaufan,rom'
'»«U-- 1 ! VOM v'ii-n- t>\-Ki«nt)>!)asc)HU- au? vm rcireunivnn.
&n%fl%&f$9pgTt NAntM güscii;t8Wu, wi iml a]> ^u^jin^r ftirakUrt
^Hstrifekünil; ttod brjrbtjciers dtvrc»!» die Opiltiduii^ ntifi l^ifb
>00 Sww Lcip^gdf mfo
cn^n^fttori^ühts TitirwJ. uni' H-wu-w-n. t!.m --d-t
f oudlicb der JjJuf r.rnt'r hftij'ytttyit.d'e.ir Lolir-krti/f wj.nij l 4S 4 .
Ln tiwr- l.rnfflichen S'/Unlp WitüdoriAA.A, dom /.-it. bils,
As.-i^fo-nr zur 'S-wif* rilnad; mis^bLJ(b»c, igf: Jolon^ü nun I,r.*ni !f ml
DoübiVftr (vr«'if,.r«) 1843 w ¥n’fU>iMtl i«; wlm m)i« in di - a k;.-
; iteiüiHchn Laufliahu findeti'*-lt*n. B^n *f s i tM JMdM Induiif ii-ut
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mdess teilte Ldtrüiö%keii. dtiroji -It-t, daüio<-h-ibuiv a i S ;soü--n ] C» o-i}. ,;u •ir-m
*::• ; j{div fJuninahiTi, i«ititrbrt.rl»»‘ii. Ai.e Krm-lu iii \W i mupj^n.o
■jj«WfHHloaen Ejldhrdm^n 1871 vmnluu diw mi intdoia-n
Krie^mndirin“ (Liüpai^K in w*5j(dj»u <-r ich tdnpdueiml -liWr <Ko Ibiisr
eria-fjukuu^ji hn IJs.n’n-, dlu-r dn- Afioi-hinfmn i|w »"»».d.ini.-Vj in»-j!irf ^ \ her
vGnpJitli arui diG«. vörlwibdr ■
Durrjs ditjsti' uw) oini^o: kJeinci’i' J/iddiraliouen. «{utv! ( •■sj.; Av !; ,-!,‘,.. :
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gefftirafiin• Wirkirt!^. JH)d«*f«is-wtu
MWbattrrie. rnit ^ r ’ Ji!S|: ‘ rl ^ Knini^ji? i; 1w | l-njlmi.<-
►Mvnuune. fjut äiem<o»£^ nrlttv-i ..,
•irte. riüi Siemeni- oder 1 »v<;bü.d»i‘-jgjtmi«?ui«S
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jjK'frefor AufeÄ w s«: ^uf SchamHung; den : Uyr«t^pe ”»
aei»tm> n-eJÄi'hv«iuahiw*jt.u*^, .Ä 1?ol) von mbfefefemr ?£*&*'& bei
intim Ki.ii)ü.tt»Jubfunir]*ru Kinde \ Jf« fe'll '"<> ! ,r ‘ w ^ a*’‘Mus\
l’,\ll von M*!Wüi.o^ydr>S^ouv‘MisJ t Hau^ mir i'im.i;i^iif;r ) , eiit..!u^ , )
”nU*. Ffeb' vor, Ifeu^krfeisfet wülsfen in, 'ioliirit"x „KryOMfw«
ewufe(i*fon mitluferm^ - .Ina «fühlt im wrt»& <* löife »,#V
über „di«; <**» V^rfii-e RfeuHM-fe AwgwtS
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•DEBTStTIE MKOlCiN^OUlu WU<-HFN8CTIRIPT.
Ut ,smn wubfeu ’iuögo, tvefeb.« dio Fmge iVoi* Srhular/.lo *dm>r
Boiirhoiluug »utörfefeHni soll. J . ' . M .
],. > -i,.. ,j,i .n». r«-n^:«'r.n Je: hi-nWl^n <oo-dU- halt Juf
ßM.ltuiölocW wird ‘mit RiWkmrhi auf Jeu mforufeimifefev moäfeiiiikfejew
CWjfcjss «i hfem ru-sfelfem ' ,. , . , .
“ («er vom l'r»D»C» Alln ^lil; vm Sobnwlwoumuhv m s ufern,.
{•t,{Vii<> und u*'RiiU't«- ise ho VVrijiiv Brna n f^Ka“ . liai IVon^uv
k,? h:.nb« r/ i»i Berlin tf’utn Ehren mfegUou eroAimt. ■
ihr-Lehott?iVhräii.-hfrHügßV'tVreiri f«U doui g-fen: Aorat., er-
Tfe §t‘j-iiivh^-o"Eykln*-dur Berber Fern a.kursö für prükÜ-jfeM
AhC-z/tp beginnt. ipjr 5. Mürz d.J. Daf, Vcrzojrhü-fes der VnrlfesuuRen
’siul» ml JÄraMmthKi! ;di«snr $\mmr
Bit« ßnfektuoü - eint*» W ny r «in |i frij« 0 ?U r A fc'F.S fce *:-R. afebt nahe
i'-over. Wui. Aörztivfe \Wßhg ihre Milglr«id?l;Uaft bnri'Us ofkifet haben,
si;nf »*-?,- d.i* .rminrfe kfeirmöi «hebt, bereif? 100000 Aik, g«?fefe:iife..
-• Örtfelnfe BW ^hriW. •dDfv‘:Uöi< i ß.c§Ä Brtsfeu fefet ämr DfjbthnK
moifefen lieh. Mfe.fetfeh Prfei In. Iferrfevf mv Prü^Giufiim für : m
' rtlso .
Vor*
ergülfe..
■,,,,... v . ; -. [ _ | bö*’-
-mv Ke»intnH>. ifer RifeiHn-rfeA ijhdv.M .Ih- ^ribtnodulfeh- • ^^7 18 MJ0 Mk für eine (icfeminJvorferhrruug <Ct> JVUoeti/ töo. niM
1,'rrie iIml *(hMm lb-fe«t««lllib^ JXm- .liphtbavis^bo \m mm W- -B.cr Ehürili üfe W^inBuhi-ür«? cHoigt ■ üü(Ji Aumdduü-
^rct I ( mi < t! l MVÜ,. .1. , , 11 ; , |„vf .Ä i1t^fsmobü0t«>ü tUifor dfi» ytorbölßefc. Uü* Lnbensvei-Buheiw
'/• ... '«IHM ’ , *' ‘ '* , .« i r , , , n tu^e T i, i e Io« h • r j \ r e,»t J h’ ü *hn tb Af.« t
Hw Vt-rlntHrfty ihn- Säiu-o» webir-inl her Ao^«'i*v*.nhuful^ «».'«• ^ ütaUü wirf] nuf Vödiai^ni com B'nie^eirhnefe« ein^eaudt. ifeyn-
iKüii.,I of l, 1 ? die afttji'huOrriiire IrioK»*;*nkrl»nri'.iiär-rSnu^.liu^*/ • u n. -««i hiiU6e.fi, -.l'atiujir 1894. Uv. 1;- L*^ U «o an iu .'BirtUilitaystb
öl)öV'Sowttv'^ox , höfeBsu'ft*»)ii Tlnit^kW^Wö 11
ihedfeiu m«4il v«rn.«'hfe^5^ia. ,fe% hi fern lätättfr* AitfÄa>
Mll.-ft. -in lt<biVn»^cK*|jnjife\. han«entlieh nber die ßegrUndyiiii
der Lofe* .p'tf. ^UdtrlHnaih^fmoit-r-Bopeusahns «nU 1>m*titea Xratgni^
3m Aafeu 1887 \nndn als «mlmitlielies Bi'nie^-er nÄ Pr&£ hn-
■/HJVn, jbhfei- übt?c • d't't*** Außdrdnnin^ irln A'nj/Ifefehl des*eilb, Veil äc)i
ihm id. dfeset» AhihVo dfe A iwscrha iHMftVte, hi Uhii^fe^r, HerMahuus gevhMt*
,,i| lf '^ Hhji (IipKm I.iiiim Uh-- neun l’.fi. * k-* ik« ntu-UM * venvirk- | ‘ “ _ ‘München.' In Milttdiftu ist ein h«kuh
ih-hf.’y.u ?rt<ni. Dank Bemu»,; ittrtfeson DiDr; in ' 'Vfrlel^wg dieeei; Mi^vi-brnurb iroUfeuor OetrUnke wi?i‘üud«t, .
I.. --•’••- ”•■ r %■:-;.7 V :^
rinöv in .■.yrnriiv. un-isijvuubu- «Ir: bekamptUL und /war durch Kmßiduug einer tau^nü arme Pü£tr
Chuiufelvfe' hu dun« Bau b' , i‘ :V - ) nnU «niDerouibm- iHJlt .<1na H'iUB a' i iuruti ■ ('„spenden Curavauöyrei, weluiie •>ir< fvtank-nhiiUB, eiiif Apotlirke, Lfesiufet:-
/MnrkH i.io)u-»ppöwto, Bader oD-' eßtbaltui > ; oJh Oh.-irb-^dtiir bnabüehüfi, mu.
gjW t/ h Hör üb^unlint Ü^hvilmv dfeser n ; v.-b. ?nin«m Au-ubou er- durch BinrklUunii wmo iwv**.n ^’U r ! )nl ,'>-■« nmbny ond
.... . . , den Gmuus «io.«; f •iateninn^'ash'ßrs m . verbiet«m* fbh an.B lüdi**» **pm u&t«\
hnutuu aU-ui «indemeii nvn ( rm,nm'!i ,iutortferuiigwi aufHpr^'homien. «’Oiu- ( koinfrtf „ u i tJIJ 'pii >cer wm'don in den. Lawr«;)imi: m Cdmümi) . Elvaesüu and
h»rOib*4 .inftft <l,iM:‘1-.n AHr’teJf« X>A-> ‘aaisen TliHligkuif in. ifeinsöibpfi gifdd ; Abu-Sn;-!. wnfehh verta'OBBerl. werdau boIIou, eitler Uruumui BhuimtilAnc
& r Kuu iv.bii'Mt-' I. U;il ;f 'f Duu'^-t.j ( ;i n \i[ t M- t .., H*]*| : ■ .mtonvorteii werden, tra Mou.ae Kaä.'uujan i^vden :iJl|.Mhrii«*h zv./.lt Amte
|iwflni.i,„r tfi* MH..- «.i««- bfebsris:«« Wirl;«mk.'it vi.vl.isBt, ! «wg Hebe* Ap-jUiU»r imsMlfewtswi. weh Mgk!m «rtw.i-toi.. v-enl«i. ^ Jjf
k' ; '.. , . . ; j\u{h»-hftfüdinr' Konten, sollen tlieife durch omo bpvncfe vujl dOöikl tiula-vbv.ii
er der iRuur eini^ mduiDihbUi lJt*unr ; ariu’otfi?.j5,i^ jsog&i den- ; pp, r ,,p dep T’rivatiudiatuilo des- S'ulte. tf«oife_ aus BUidsuntialh r-
'jeufeen i’-hies n.nk.-;i>i , ord<UltlJ'd«eti BroitWenis. e’m-'gr9)«?.a;r|.fe*,v; Krankenbft«is j sfecJvl• werden. Jhesölhetl Wrdöji dorfb eine der- ^li'W. a!ilh‘%%| t:-
-Y/ 1 M, ..in»-'Ah«Jv,'i)itnjr {Ihr kbarita niiii.jiUri.diL, «laivp.Ofest .lafauf <d>hes^n. : . rm.t'fUt'fe«: Bleuer mm gissten Tbeil w.bnfe.r bereiuLrohrucljl v/erthin. _
iebmrm zu lc«un<>n i •— DniversU-iiteii: Wien. Xlas <uedirtiiiä4ifae r BrofeswMiC'dfe^miii
4 ' ! hat dir von dmit TWe-tmtea Pl- v. -Lixuhuck ir. Vmu envurbuno Y#
iogendi für «die- Wicifer TJmver$iBU ufuM-konnt. — f>nv^ Di-m Pryl^tr
der PfeyDofegjo Ür. Ak,\nnder Rollet ist der Tifiu* UfloK Hofmtes
Ifelfen. — Wuj£ Der Ifeiv.-Pue, Dr, J. Itfi.vi. fet xum n. o; Prö>i$ov
yüß‘ b(U'h' ej’ U'S Orni X ü ne fee unn,i*b»
Wif btjid n.iideriu^it-v gerade ile«hn«r um ihn« Vuluel
des AiiUiiUiUir- dnr Kindbrh-iikundt’ wmiiii.-r s.iutuo'zü.di v-lrd emphndou
i.as.-t u ^ _ J. SehWillbr.
vhr AugtiubeiiM.ude au cl«;r IdilunibcUwi Kecuibit enwuuB - UurpD
iOof. Dr. Thumu ist um soioeu AteAiied «dn^ekuurmeii oiul -•=
'Oiue [adofhatiekfe! aofeu^eluMi.
XIII Klein© Mittheiluiigeii.
.' - jii^JSTefe^ dgp lloHfnpt Aer.Ä-tysehhft oft Vh^tiljrjkD^üJid j . . .
uiit groM^etöi 3witT0<Jsc'- verihfet- Eva^v. iishb, der iiOjjbwtfei RotSrJb itr tlev . -
D< iiv-fi Leitiiii^ i\ 'r, ■- ! au? 1 i:e s < Ki ahke'ii’üusei vvu/d in ! XIV. Zur B^eension emgegangene Bncxier.
alUTiuluhsLor-.? ( t:,{: Hm' dfdhhtueu .F'.jdsidhmtun^ Vehmgim, Bohmmtlieh ! , { ;s--, lt -, l(l ™i
bait.a ,u- e D.t du -i Mj.U.h, i'p.v;-, tu: Oih «b-undb.-it- , (Duiphendvu <: JjHvprvH hül)^, V -' ■- D
jjth.i/t- dun Magistrat v-.u-gosehja^ejt, ^-wpi'd an dou obinirpuehen nie m» AUgeimdmiRj SaWlfTW^-» JahreHberJeah* u. s. fl^.D
«hm inneren Ahlbukioaen d i ei h i »e ä'de''.A e, \ Ä t o ainuuleshni, .vvnfebu dun t netiuns ' oi 1 b •; Medien! and V b ir n rtp«'; >*] 1’ aau 1 t.v v.u - 0 - ■pk'.X
Dunkfruim e.mtikihf ^ nmu sullthn ßu*w Aütrai/ fet mdt^suu vom “f M«rv/und ^ .Iabf«M f urmuu«luu^, JfelBmefV 18fef. ION »au
Äife.iatr'Ktv verworfen nstiftjfau. Rü 'wmnth viUtnehr iii Künw^elktfi i mW'* ^rifito. Cxirfey A Cfeu 18-9R
mit uhenviilfigvi-dor Majorit-li- dev Bf^tbhuH , out der
umeirn Sioiion Dhevarxl-e nj»:mst!*M,>r. wtl« In .w»,' die Bob und) oü-'
i «m 1 hv'-tumihui Z,dd 'iBB .ui l'ni -< ]\ U( r.dv 'O-un^himi, J.j.
jipP hi adihh,i>trativen An;.-'« ]reujJ*-u: rn, b.*, dpi A^uwahL «;ad V um bei
»:tnp - d.er Kranken auf die . femvinen l'.ivilbm* fee. den lAit.-Uni-e,! aui)-
«>c-tn»ii{ ?.em vdhn ,Avd‘ der itn^jmre«, f.-fe ein DD.efi? 5^ ist ojv/,-
■ii’Äl i.'dt iirbnMem Golwjft aeiihOellt ayerden, wfeubur: Hfeae hifeme
Alain-dfem* bujtii. wohl mit der fum.inu* b^*r.M»t \eW.j. du*. Direktnr
in. keiiier AlnviisWlfebH. SiU vÄrltfefei- ^ißsev AlA^tprUhn^yhjiii^ mv&
denvaiiiilust. dsr- SladtverurdnerenvemmmJuDir als Vferinge ii^lmn, Bfeife
'»-"Dt,.* ab^obdurl wc*d« u r-u bar. man. wie wir v»>u ’utlunhUiu r -uut«
(irfehrtMu mit <h-r MAfeiuik-*« m r<*ebnu. ;i,w- u,m M.-*;i>ti.*t «in r um-
An.ctdegmdmit anfeegetmu tyid der bislmrice ,Statu? erlul ton wird, — Wir
wertlcu ftkdtl veriVhlmj, dem wfet^rpu Verlüde diesef bedoUkuugsvoUeti
Frngb unu-fu Anfmorksninkefe zu «oboakon.
— I’u d'itBh:' hat d,c .'it;f du- IiH*‘rtial ittuu 1 cii Snnitäis-
culitorniiH »is Du'ädeü >iTii ifi, April 185111 'njil.er^eirbnute OEberoin-»
k ou.HttöU uliger.ionutiffii'. Ihduinutlu-b tumiulle es sieb hm <h.>st>r « Vm.mikmn
dfefeiüv xtnjj. SnUut’/.e dm iijöonili.'ben öf^uodhidt in Seiten Auf* cpbWnji^tben
Aud.re5.eua drr('ludera gtuneiusjiüinABiassreguIn hu vereinbaren, dürfet wnb.im
denv Bündels*- nnd BE‘ise?»rfeebi kfeue unn^ldiigeB Sebraukvm. nüil’i'lect,
wetifeji..
- In der Bet iiunr mudieinisehen GöäUlisebüft liegt ein. Aü-
'rpÄg,%ß DK Th. W«^V vor, 4fl,bfegehwdrdH9S die Qp^älstilfcaft jiljie Gooi-
und 23. Juhrn^btirjcht der r»v«utig«lliehen
aajtjtaH Belheuiü ü hü Slotriii*^i-eu~Turßu>*„ Ülf dl- *j ! 'hrn W$ :
und 1H92. Bucbdnmkerfe joc A. Sträube iivjwdif’8, ■-.'
<i. 3 anmmello A bhknd 1 ungen v <*n D t Ffe-trstFleiseh 1 v.Mnrsuv:.
Bfeeusgegobui von Dr. Otto Fl feige hi viAldT^ow. Mit ufeem Pe ftra -*'
<i 05 V'eHhsgor^ tmd oiher hingvftphtsfeien Bkrz&a vnn 4Vob n e r
54H KriUm, XIX Tafeln J,einzig, .loh, Ajßhr. Baifbk löfed.
'- K. Rhehfger,; Gurdutte. Ifeviere n-m Uafd^^fe
i\\. Aul!.. 84 S., 1.20 '\l Beftiu, Julius •Springor.; 1894. ;
Chirurgie. Xüükv. .Diu Bsstirpai-inn'der. Sehii.Hr>i- »h« ’hr*
Befeoutuuig für die .Behandlung der Sarkome detf llivmuruw
Voikmnnufe .Smmnbm.g. UB.oieeb.er \*v«f!a%e N. F. No. Stk Bcipztg, ibv’i-
ko|»f Ä- iiüvlol, 1.893.
ttnroiatolbgto und SyphÜfe. ,!. K. tfeintz, Kbur^ Krfnbrung^r
Übet.dl ö Behfe.n«iHr%g der fe-VithBv? und nuerbsüberkiu,«ikbeB•
Mit bf-sondt.rfe *t ,m ;ife. i.e:: dfe S«'itwfeeiwfeSHer üffe Smtllkidfe'-
ii Aüilag'V I •** r Di \; i Bevor 1894'.
Mygiewr nml SimitiltMinlixfe, A rhoifeii uuh dem' lvai»orlfonf-o
Ge.suüdheitÄ.i mi.,-. IX. {hi, i. B.v.fe, 138 B., feit sieben .'Molo dun
in den iWt. '/Adrufefeon .AhbUiinnsfou ' Berlin, Jul. SpmgfeF 1893.
nUeniheih
Geämckt bei Jullun SittenfeW i« ««rUfi W.
Vaoante Stelle:
Kr.eiS'Wundarztstelle Rügen. (Din übrigen Personalietl vsiohe ‘Th
Google
Donnerstag
JW 4 .
25. Januar 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilun»-en der öffent
üchen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.“ ’
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
**-“Vi“'’»—• - ***** ™.».,
mcrsir. uu Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 3L
L Ein Fall von Rindenblindheit
Von Professor Dr. H. Magnus in Breslau.
Seitdem Förster in seiner classischen Arbeit (Archiv für
OphthalmologieXXXVI, Abth. 1) den sicheren Nachweis geführt hatte,
dass doppelseitige homonyme Hemianopsie keineswegs, wie wir dies
nach unseren gegenwärtigen anatomisch-physiologischen Anschau¬
ungen anzunehmen wohl berechtigt gewesen wären, stets zu voll¬
ständigem Verlust des Sehvermögens führen muss, vielmehr ein mehr
oder minder grosses oder besser gesagt kleines centrales Gesichtsfeld
dabei erhalten bleiben kann, sind bereits vier neue einschlägige Fälle
pubicirt worden, von Schweigger (Archiv für Augenheilkunde
v * P- Groenouw (Archiv für Psychiatrie XXIII, H 2)
t erster (Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie XLIX, p. 227) und
iuiidt-RimpIer (Archiv für Augenheilkunde XXVI, p. 181).
YuZllv durfte die Mittheilung weiterer Fälle von wesent-
. , «th seub dadre doppelseitige homonyme Hemianopsie schon
221 TT eme sehr se,tene Erkran kung darstellt und, ist sie
Jie ofchTh^ rcPnlngS -’ii anCh n ° Ch klinische Zü S» ^ haben scheint,
|1“ J ' bl0to . s P m ell augenärztliches, sondern das allgemeinste
es S. b / anSprUC j e " ^eignet sein dürften. Besonders sind
hlindheiV ,. S r,T der , Gehirnthätigkeit, welche die Rinden-
dnrt* «itth„ihf grC,ten sch « 1 ?, en und deren genauere Kenntniss
Vfc'Ä* ?TV F * 6 nur gefSrdert werden k ann- Ich
sihläjrigen Äaun^X" 6 “ " eUen mi '' h **** t * t * a Hn ‘
I- ic ? “ dic Provinz 2 “ einem Herrn
Jahre Ä ^ * Pl#tl l f h erblmdet 8ein »«Ute- Ich fand einen
1‘äitnissen lebte Md V in sehr S eord neten Ver¬
tu sein „'“„“ d v toe durch emen bestimmten Beruf gebunden
Ämtern zuTebcn hi Und deu von ihm bekleideten Ehren-
te Kn L l a „i'L Cr Lage ? ar - Was 211 vorderst das Vorleben
seine m 31 i“ ’ s0 war derselbe vor 13 Jahren, d. h. also in
Hemiparese mV* -V“ -!“ er pl8t2lich eintretenden linksseitigen
"ährend das W, 1( ! ger . homonymer Hemiopie erkrankt,
»gen « r zeiT .; f m , di . esera Anfa11 nicht verloren ge-
'^äehtmssschwfl to n “ n B egieiterecheinung eine sehr auffallende
i» lauf der de m \„Ml° C f , V ®‘nr di , eSe ’ SOwie die Hemiparese
'Vegen die linken HaiftL lösenden Wochen vollständig, während
blieb eine enteehfeün/^ • d#r ^‘“der verloren blieben. Auch
i™ Patienten auch zu Kopfsclimerzen zurück und hat !
'lifwm ersten AnfJV? 6 Dlcht mehr verlassen. Zehn Jahre nach
da -s BeM-usstseiu Z, ! ei ?*r ein ’ hei dem Patient plötzlich j
Jw-Kürperniuskulatur iiiht C Lt Cb0mt eS ZU elgentlic l lB " Lähmungen |
kranke schon weniw T. b gekommen zu sein, und befand sich der
w °W, dass er sein. i* a ?h diesem zweiten Anfall wieder so :
konnte. fr Vl , rw • .Lebensweise ohne weiteres aufnehmen !
der von ihm heol." . dlC , lllm übertragenen Ehrenämter, |
11 nach wenigen tJ 5 ° bä !S Zt * n Ja gdpassion nach, kurz, fühlte i
dm linksseitige Hemionh! v ®H g gesund. Wenn ihn nicht
' p| ne frühere Erkranken. ^ Vü Neigung zu Kopfschmerzen an I
braunen gesund haben haltT""}?- 1 hättf!r V, würde er “ob für voll- ;
’ d |r <‘'. drei Jahre k °" nen - Da trat *m Lauf dieses |
' |,|t 'b’n Hemiopie ein p„ t - m , 2w otien Anfall, plötzlich die rechts-
!"°«llsohaft einiger H!'“ tbefan< } si °h- a,s dies geschah, gerade
|; h , h ;r vollständig^?Tw V f d6 / Strasse ; mit dem Ausruf,
,,r '™ U6 stsein scheint ? vvovdeu, brach er plötzlich zusammen. I
"• Unmittelbar naeh .n* ** kurze ^®it verloren gewesen zu ,
nach diesem Anfall, sowie wohl auch noch in '
den allernächsten Tagen, scheint Patient dabei der Ansicht iro-
wesen zu sein, völlig blind geworden zu soin; doch machte er
; schon nach kurzer Zeit die Beobachtung, dass er unter gewissen
Umstanden doch noch, selbst kleinere Gegenstände, zu sehen ver¬
mochte. Allerdings war er sich über die Art seines Sehvermögens
keineswegs im Waren Lähmungen irgendwelcher Körpermuskcln
fehlten vollständig, doch machte sich eine recht beträchtliche
Vergesslichkeit für die zeitlich nächstliegenden Ereignisse bemerk¬
bar; während er sieh aller vor dem Anfall liegenden Thatsachen
ohne weiteres erinnern konnte, vergass er alles, was nach dem An-
fali sich ereignete, ganz auffallend schnell. Er konnte sich des
Anfalles selbst in keiner Weise mehr erinnern, und alle Ereignisse
eines jeden Tages entschwanden seinem Gedächtniss aufs schnellste.
Nachdem drei Wochen in dieser Weise verstrichen waren wmrde
ich zu dem Patienten berufen. Ich fand in demselben einen Mann
der zuvörderst den Eindruck eines vollständig Erblindeten machte •
er betrat, an jedem Arm geführt, tappend und suchend das Zimmer’
Bei der näheren Untersuchung ergab es sich, dass in dem Gesichts¬
feld jedes Auges noch ein kleiner centraler Theil functionsfähig
sich erhalten hatte, während in den übrigen Gesichtsfeldpartioon
vollständige Erblindung vorhanden war. Patient vermochte nach
Correction seiner Presbyopie jederseits noch einzelne Buchstaben der
Snellen’schen Tafeln zu erkennen, allerdings rechts viel sicherer und
schneller als links: als kleinste Probe wurde Sn. IH rechts er¬
kannt. Doch machte das Lesen überhaupt bedeutende Schwierig¬
keiten, da Patient ganz ausser Stande war, die vorgehaltenen Probe¬
buchstaben aufzusuchen; selbst wenn ich den Zeigefinger des
Kranken unter den zu lesenden Buchstaben setzte, vermochte Pa¬
tient doch den Buchstaben nicht zu finden; dio Augen schweiften
planlos hin und her, und es blieb immer Sache des Zufalles, wenn
Patient bei diesem ziellosen Herumschweifen der Augen einmal
einen Probebuehstaben zu erhaschen vermochte. Und selbst wenn
er einen Buchstaben glücklich gefunden hatte, so verlor er ihn
stets wieder so schnell, dass an ein geordnetes Lesen überhaupt
gar nicht zu denken war. Dieselben Uebelstände machten sich
auch in höchst störender Weise bei dem Versuch, dio Gesichts¬
felder beider Augen aufzunehmen, bemerkbar. Patient vermochte
die Fixationsmarke des Perimeters nicht zu finden; trotzdem ich
seinen rechten Zeigefinger unter das Object führte und ihn auf¬
forderte, nunmehr seinen Finger zu fixiren, gelang dies doch nicht.
Allerdings vermochte er ein oder das andere mal das Fixations-
object des Perimeters zu erblicken, doch verschwand dasselbe seinen
Blicken immer wieder so schnell, dass an eine Aufnahme des Ge¬
sichtsfeldes gar nicht zu denken war. Ich machte, da mir an der
Aufzeichnung des Gesichtsfeldes viel lag, wiederholte Versuche; ich
Hess den Kranken längere Zeit völlig ruhen und begann dann aufs
neue mit meinen Versuchen. Aber stets vergebHch! Die Aufnahme
eines verlässlichen Gesichtsfeldes erwies sich als vollständig un¬
möglich. Auch dann, als ich nach Wegnahme des Perimeters den
Patienten aufforderte, seinen Zeigefinger zu fixiren, zeigte sich die
Unfähigkeit, ein gegebenes Object aufzufinden. Trotzdem ich den
Zeigefinger des Patienten an dessen Nasenspitze legte, Patient also
durch das Tastgefühl der Nasenspitze über die Lage des Fingers
hätte orientirt sein müssen, konnte er doch nicht den Finger mit
den Augen aufsuchen. Ich Hess ihn alsdann den Finger der Nasen¬
spitze nähern und wieder entfernen, doch konnte er dabei dem
Finger mit den Augen niemals folgen; die Augen schweiften ziel¬
los umher, waren zu einer geordneten Convergenzbewegung nicht
zu bringen. Es ist diese Thatsaclie um so befremdlicher, da ja
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74
iiKUTÜC.HE Wwi'llKNSi'njUFF.
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f.iWi» können: *. Iflitm Id* tHo l : ou>.«-i^üZi/n\v^nnp der Mkhhm ;
Asi.i Tuhc-xhlindm« n*iL Hult*! iltfteüObm»»te ; uZtejMobternuwcpntXn :
«ft. HucliveWn mmu SYttofi'xW- Vvrm^ *etol» Ufafttt*
Zeit total VtUuU stete Um*»» Fi^r uut djjl Au^n :
komm» h> ra. e~ mi» >m mHliteb-udej. »!a-^ um-« c i'aln-xiL dm Äg :
M^li) Jvlu’i]r*<4 cv/terub* mit ItmtiUMv Wnu
und. AorU erte, Hvit drei Wm-I.t'ii mti«? Mbtehrumr ..•nvom«im
lujl;. untete keiiFi»Aterhrilüns*sHi mein hiFkimte Kte den. mre m..
l'iViuh, mUznümhx an «Fm sieh s»>!» teurer- btenuite, | h< ^ ! ' iHl ; .;
falliu«* i!» ■"’hcioiux ist* »-iri ; TVi»-ii chice. randeiT.n '
^'m liiiusar/t mi.ttiF.in, ite seihte jette* »Dn nn> »*U VWh«m
uar'k «Mni Anfall und imbt WoteKh hiitev hicmrr Cutcmiteumg;,
l'M-knti ruK-.U immer au^m-tennde, AU lm£mieii> wm die- Mobte xuix
Zimmers stellen.
• Dirv genannte; Stünws OnimMningKVtüimü^Mrn ist umx«
aütinllmttler. weil im «ihrigen das oidteelm'tedib htnix d««t Kranken
Sa keiner Weise zteteten tat., Br kan» ulte tte^mteümbv, tedmhl
ry sil* mit. ym'nmn kh-men centralen (bete hrteold »utei mu ganz,
lliieltetei tet urtesseis• rermm bk bat, als sOkhe st«:her- erhteiüen.; Umf :
!;.,!,,, or nicht sflundi gvnitg mit «hm« Vag» nufHmten^so A-hügt
ein■ n.n nt je-»" iMastem um m m erkennen Audi die KeniteoteHe
«nltem ci uii aWrmMi \ m ImIMbv-« n i» über erwmte u hüte testen
(Vi. n^uiiii^sv«tete%eus. Keimt* Mä stete WA mtemte avitmerbtem soiumH WM teebm . zu.. boaul wet ten und (IcvAohteeii m^nv
avumtete' ' dax uMü Iktejmit :hmte^eütego .KiAohte dos Unrnv- utetui. s« hteibf um! reteimte m ansiymistes, xWr
liruin-su't'mütiwa ilarjfolmtf.n Intern und Ur ilbhiniteuu Sinne br>- S \a nyrmab .T.»jr;PtiF^teßt«r?WoguugOH konnten von mir Umier: umM
rirlitet Uroe nonw T)»o Kranken vnu 'Voi stcr \uW S-«{, m i.d i • eefprüh AymnteUi da kitez vmVe Atr«j*iii elngogOHHiii ;w^r f . (louli
Firnj*{-r:te Krmtemite ivmm auob kemnti wirkliohl’u ■Verlust «tes '; juit mir der Hausarzt bteteelmr mitietdheilt, tlims ihdam Iteaoteuikn
Ori«.«lirüo^r«U‘!»«iirr-tm, So doste vonyimdte dm^rteotou ,s u r>m>l. soier». Die Äutetestet'fifoiuntersochirno ;m^ab im. altern mm
m liRftKir;'^« vsM'WMtin-clte ster-Pnfhmt .Schmält * Kim}«ior‘s bo- *on-mulo ; .‘VHfl)iUt.n:teso i wen«. am.te vi^ivtetht die, irmcuiamt IKiKtou
InviM’liite-röobte ithil links. .Mein kimtem .tetet nun tlcu Amtete ' ,^ er iv^iiteiv .etwas \vetes b*:iuou moojikm: altem hli teo.teor
,}o8 Ortentiinui.^’Svorniögojiis in . Iiobeni Gteihv; ja meu m«is> wohl j A.tfsuirjil' internem hierin «eliot« ein .y*tiuduirMteoH Znn bmr^u «m
mmi er luten die fahiptemt. ei* h dir
tifugk im Tvaum vmAu»tuljou, voUsUtetepr ^xf tuten. - li/»‘
imr-tamho io Kcivu-in Si hi«sl/,imitit‘i . , das; -er »vlinn '• ich. .hterc. he* ;
wsdsnk, sidj m«« h xiitevlit zw li-.olcn. m kann sliten «••i«- ] H .»im.meinem :,
\WU iiji«h dem ^r-vtetem lirmMuhm S‘n>ha m isnu*». ÄuteMonlcn-t.,
mir ulm'it Wöjjr.» weh iun er Jishte liu»o k-teiieh pstemmit hät. ?w\
1.(W hM'liict., «>iki;ut er, di“' s‘.e ihm ummtetMi. ,j,l o»
*«'Hu'.'i.Mt uklit einmal >m oh er Ach, um dics«. ! , W*^ . n,-
^USt'liUt^eUt mtii det’ l'hdr „mdnns. Umiritvr fciJiin mihi 1 liiilte wem Um
IHIISM. 1 he ' idi um liehen \ »** .««■ -«im--- Hmmes, xVite’bte te'
llihKete -Zrnh temtezt- teml üoxHwmsv '‘fowoimk &inÄ tem ter
froirul “'ovvord'.'i!; ■ «ias^ «••f w'c.te-r «he Kap;«: . der Zim'ne
Zuhi (Kr Tliürmi n ;!e], m. air/u““hm. J-K M.-llt sbh ehvr,
iieraur, «titeS or SiMe tnipn^T.-tidii*.« (mt* \ urf-t' H»ui.m r> Mel« he er m
soirnnn triitouam Lob« v n ^esmumeil. hatte, celikemumm 'terlmen hüt
und dass »n* auel. »m 1»t in «Kr Ute 1 » 1 tek mu.e zu ♦•rwethm*. ’l «mte*
(hoi. H: le'reitx Orel Worheti meh Ims( »u^seblii.N-lleli in seinem
klomon »Sohlatv.irumer aui'hnlk Uni er 7 m«’h nietij *lö< denkbar ein-,
teelmtei) tnimerapisi-elo'ii VeHuUl.hiSse. deaseiiieti zu eftermeu Ve!--
moalvt? er kann «ich nieUt- «lantuf htm innen, iüish .' sein 1 kH dom
Snnhs, riwi dem or t..iulirb m«djrnro SUoulett eeeht nrnf , wdifbg'- I
^ep:«te(iher «idte. Hin vdlUw HKnhh
iflrklmi teAumbWlolu >yür«bv dtosh (drdae
kiVv^tFt'. Zeit: bn^teiten oihT ohnr F«
Soplm xurtickte^ii iten»ernannter Ih-viumt *.m-uuijr djem ni,te. IS
ist atee iviebt. btefte s\\v.. Djo]H>^U.ion ul mm; dte Küher acmmmeHeii
tote^tteijidsxdLon VoistbUmmoh yfivtenfygwgWiixWj, soiiteü’ü <m mm Ut
sieb ztijKMnK di f5 • teom - topo^rajdiiSrhn KHmid-,
rüngstdldni- v ; tv I41ü4ft nnd yu boWbJtenn, »ind - {fteiiKs
schonte ¥n’ fite'kbibimig' : zü htteruv deini ;wte, mir
, - r «.•*;?•.
hagC jjbr .1 bhck«te t du ja bnlnmitljiib die ■ inneulate)} KKÜftem der I*uyiJlttii
tete Iii. lit i * o« !»i m'l. hei c«'>'indm« Mmim lo n auÜalimü! In-il Mild.
Wan nun tem .sonstigen A.-sumlmdtetesteted des Kraut cj, me
laiieK -o sind ktineihd krankhafte ite-ttenrnnmen narliweislmr. Aas
‘hi. i-t -mel. links zwar eki ««'ei. j wiLe^'n anet ^esumk
Artei h> L kl. , « , e^e ir-r niebt naehwcisleir.- Iter wtedeehMk unterMt« ht<‘
fi-in hui zu komm- Zeit’ pathnjooMdio IMmcnguthceu mh’saihhi
Die- kainü'nu sind “esinui. wie auch die ac» derer* i te^anch- Irgend-
vcieie-u Ahusus hat dm- Kranke weder mit Alkohol mwh 'lAltek
., , ., mdriohmi. lia^cpten Jst. Luo.s «kdior teA* l*u»'tei^un; «liv^clbo S' lmnn
»te tem nn ^| vll f n Adurr Klm msmievn o«>Uo*ni gnmm ht iö inihmi. itis, m
hn\C c« ne tejMViditevt -oii.m* Ftm.i mit Altem AboW pieudut zu hahrn
. ‘ “ ■(-• iete « it:.■ zv an. Sehuun^ersAuft fnd dann nutet mehr ein
Soweit reichen die von mir *>m uoduom Itesunli (ir" Ke.niee
“•* ij.,e M“i* ihmhat-hlnn.-O'U l.hteer doa Weiteren WrlauKtmtte H«*ri’
Dr. I’ die Ite'ite, mir wimhdlödt hriciln'dlo 'MitebriHingcn za rmo;IiO«t f
rnd-h kieiuüi die- V.fpJiftltftiF'W d. Tn elf Wne&b nach dem
} ; ;lulltet «hm AltenHrn; um! ateih Wr.Jimi nadi meiner perfföhivtemh
UbthiSmtemng-, folmehderbinn rsten. 'Ov^eTt;
r mit soutte lincetiiilAcu. «-ere ; nie Sehsebfirto hereite uummh-eh wioi.t \^:A\w\U^-u, Ifa* reehic AmA
inbihbo Thrte^m ho m}*on brich Kat Wci Myojdo te 4 nicht ^auz Kcbhi'Uiteo voq l>«b> iiükr Än^o
bübrnv d<m \V“u; v.mn Ib'J t zone . bat hei dcju.vcllnoi ihdVaeahnhSz\mti>.fid iviin> erheblich gornreer“ Scii-
' - ! j‘ { ' ■ ••.•;• • •’V • „< • V
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Das SoltFci’mAr'en ist jite^t aMte-übUos ciit J.msstU’Lte, uiid UUst-
tim ?dcbte Äbi(k
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Hriiai-h; Um 7 ,\: dfihei >!:lU‘iut him das best« Keiuenuogefrliidd
i?n « e.jtlnrj» sej.bte zü testen, denn I hUieut. da i« i luov »-xeHj{ite«d.
mit heiicuee d“*> l>nlh«>s nuAi nuten orte minm. Auch d®
-n Mt - 1 . htet (uibnreu mul aufb'etnnnmon wer?Um, was hm uu '«><«
e.r ; ni : **n t oitermedeui^ ImkarinUifd« unuu%lic!i. ’NVhv. Im 1‘ ol«r ,, R ,, e ,M
sa»d i.whic Unslolte^Mteü vn . tete W'xs-^t*.;- Äj^drui-kti, wie sie tun’
•V ' ; - ; . > . .• vI^Wö&'Ahäo; • ■■ . ' :
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cntviilc ti.esiühtak'tdur, xtüsh VVo«.'}n ; n uiw.li dem hOizhoi Anbjdb*. ^nf^foii’OÄilucu-.
Go gle
25. Januar.__ _
Herr College P. geschickt hat. Sie sind, wie mir Dr. P. schreibt,
mit einem Papierqiiadrat von 0,5 cm Seite in einem Abstand von
20" aufgenommen.
Es ist in unserem Falle, genau so wie in dem von Groenouw,
Schmidt-Rimpler undVorster, eine allmähliche Besserung des
centralen Sehens nachweisbar. Während unser Kranker unmittelbar
nach dem Anfalle ganz blind zu sein glaubte, dann allmählich
wieder einen Rest von Sehvermögen bemerkte, der allerdings drei
Wochen nach dem Anfall noch keine numerische oder perimetrische
Bestimmung gestattete, kann heute das centrale Sehvermögen nicht
allein numerisch wieder ermittelt werden, sondern auch eine peri-
metrische Messung erfolgen. Ob in meinem Falle, so wie in dem von
Schmidt-Rimpler und Vorster, wirklich anfänglich völlige Er¬
blindung vorhanden gewesen sein mag, wie dies Schmidt-Rimpler
annimmt, scheint mir doch nicht ganz sicher nachgewiesen. Die
plötzliche Reduction des Gesichtsfeldes auf einen kleinen centralen
Theil kann anfänglich, ehe der Patient es gelernt hat, diesen mini¬
malen centralen Rest zu benützen, bei dem Betroffenen schon die
Vorstellung einer vollständigen Erblindung hervorrufen. Wenn wir
es also dahingestellt sein lassen wollen, ob unser Kranker zuerst
wirklich ganz erblindet gewesen sei oder nicht, so steht doch so
viel fest, dass sich im Laufe der dem Anfall folgenden Wochen
eine erhebliche Besserung des centralen Gesichtsfeldes, sowohl was
die Ausdehnung desselben als den Werth der Sehschärfe anlangt,
geltend gemacht hat.
Das Orientirungsvermögen ist jetzt, elf Wochen nach dem
Anfalle, noch genau so mangelhaft, wie bei meiner drei Wochen
nach der Erkrankung erfolgten Untersuchung; der Patient vermag
auch jetzt noch nicht, wie Herr Dr. P. schreibt, so einfache topo¬
graphische Verhältnisse, wie Stellung der Möbel seines Zimmers
ii. dgl. m., zu begreifen rcsp. festzuhalten.
Der Geisteszustand des Kranken, der bei meiner Untersuchung,
abgerechnet eine gewisse Vergesslichkeit für Dinge der jüngsten
' ergangenheit, eigentlich normal genannt werden musste, scheint
inzwischen doch gelitten zu haben, denn Herr College P. schreibt
mir darüber: „Der Kranke, früher ein witziger, intelligenter Mann,
der sich für Tagesfragen und Communalangelegenheiten lebhaft
mteressirte, ist jetzt melancholisch, in weinerlicher Stimmung und
zeigt wenig Interesse für die Aussenwelt. Sein Intellect, der Denk¬
art scheint dabei nicht alterirt“. Uebrigens hat sich im Laufe
™ u m u h ? auch eine Störung der Herzthätigkeit geltend
gemacht; wahrend bei meiner Untersuchung an Herz und Puls
üicms abnormes nachweisbar war, ist jetzt der Puls oft arhytlimisch,
d 6 n° D A ngina pectoris steUen sich des öftern, meist
»l e n ^ er Cinn . ist auch J’ etzt normal - Die Pupillen sind
hat piten- e l^ l F n ? piegeIbefund ’ welchen College P. jetzt erhoben
P ri cht durchweg dem von mir früher gefundenen.
Hpcrd \ S °°- bei l ^^t’hcilte Krankengeschichte bestimmt mich, den
2 Ä 6n i?, fÖr - ? ie T zweite Hemianopsie, in der Rinde zu
der Puniilei, • en Hähmungserscheinung, das Verhalten
vermöZl ^ «^artigen Störungen des Orientirungs-
Fs cpj - Sen deut hch au f die Rinde als Erkrankungsheerd hin.
Bemerku n gen m L z SlSen? ieSem F “ lle n ° Ch ei, ’ ige e P &ritische
'mns'-ens * a'iün^f ^ S .° ei j> enar tig« Störung des Orientirungs-
'iroeJonwl i!, 8 *’ lst dleselbe in z »ei Fällen (Förster,
der dopuelsiitio-on aas £ e P rä £ tester Weise als Begleiterscheinung
worden- in ?w • cor ficalen Hemianopsie beobachtet
wenn au h Z' ^ (Schmidt-Rimpler, Vorster) Hegen,
wie in jenen zwei Fäll™*™ 11 ? G1 ? he! ? Orientirungsmangels
^önde in o. T’ doch sind auch hier die Verdachts-
ß^inträchifinmo- riJTr?* 8 **- 6 vorbandei1 ’ welcll e auf eine gewisse
^nvechseltrrll 0 . v ^ leatl ™ngsvermögens schliessen lassen; so
und ünks wabr^^ r w Dke Scllmi dt-Rimpler’s beharrlich rechts
gut zurechtfindon J° rSter angiebt, sein Patient habe sich nicht
aehtunc ZTl n’ Qen; . leider wird die Vorster’sche Beob-
inihrer°Reinhpit ^ 6meine ps 5 c ^ sc ^ e Alteration des Kranken
Kranke bot dairer/en UIr 7 es ® n H* c kgetrübt. Der Schweigger’sche
dar, doch ist hierL; aUC { nicbt d ^ e geringste Orientirungsstörung
Hereiche des heminni Z ,? be ® e ^®n, dass bei diesem Patienten im
ständig verloren J? Scben Hefectes die Lichtempfindung nicht voll-
excentrisch noch JLfc angen War ’ v * eluie h r Bewegungen der Hand
die Erhaltung- dp? n ^ en . orainen wurden, ein Umstand, welcher für
? erklärendes Mnl 6 ” lru ?g s 7 ennögens in diesem Falle vielleicht
fresse bietet dip l?..« nt a . bffe ^ en kann. Ein ganz besonderes
den Eintritt d P « A n w . le . w °hl die Orientirungsstörungen durch
gerufen worden n ^ lgen hemiopischen Defectes hervor-
!" de, ‘ Weise 7 n T en °uw hat es versucht, diese Frage
Irtssinnes beruhten aunwl^v d f ss , e ? sa gt: die Störungen des
hnnneningsbilder Di . 7 er usb emer grossen Zahl optischer
e>,e Erklärung steht mit der Thatsache, dass
DEUTSCHE MEDrCfNISCHE WOCHENSCHRIFT.
. _7ö
der betreffende Patient noch sämmtliche Begriffe besass und jeden
verlangten Gegenstand aus dem Kopfe zeichnen, sowie jeden vor"
ffllhinT al ? sölcl,en erkennen konnte, wie Groenouw
selbst hervorhebt, in einem nicht zu leugnenden Gegensätze. Allein
Groenouw hat diesen Gegensatz in sehr geistvoller Weise zu
widerlegen gesucht. Der Begriff ist, so meint Groenouw nur
einer schematischen rollen Zeichnung des Gegenstandes vergleich¬
bar, welche mit wenigen Strichen skizzenhaft entworfen ist, während
das einzelne optische Erinnerungsbild, wenn es zum Wiedererkennen
des einzelnen Individuums genügen soll, schon einer mehr oder
weniger gut gelungenen Photographie des Gegenstandes gleichen
also eine grosse Zahl von Merkmalen enthalten muss. Es gehört
aber so fährt Groenouw fort, zur Unterscheidung eines Ge^en-
stan d es von einem anderen derselben Art ein besseres optisches
Gedachtmss, ein treueres Erinnerungsbild, als ein Festhalten des
betreffenden Begriffes. Bei seinem Patienten seien, so meint
Groenouw, die Begriffe von früher her schon vorhanden und
wenn auch eine grössere Zahl von optischen Erinnerungsbildern zu¬
grunde gegangen seien, so wäre hierdurch der Begriff nur wenig
alterirt, indem er durch andere, nicht der optischen Sphäre an-
gehönge Erinnerungsbilder ergänzt werde. Es genügen dann, wie
Groenouw annimmt, die wenigen noch vorhandenen optischen Er¬
innerungsbilder zur Erhaltung der optischen Componente des Be-
grmes. Soweit Groenouw. Allein so geschickt und geistreich
dies Kaisonnement Groenouw’s auch sein mag, so vermag es eine
wirkliche Erklärung für den Verlust des Ortssinnes nach unserer
Meinung doch nicht zu geben. Vor allem ist es meiner Ansicht nach
schon völlig verfehlt, wenn Groenouw im Anschluss an Wilbrand
das optische Erinnerungsbild als ein wirkliches, in den Gehirnzellen
vorhandenes Bild auffasst und es in weiterer Consequenz, genau
wie Wilbrand, einer Photographie gleich erachtet. Nach der bahn¬
brechenden Arbeit von Lissau er (Archiv für Psychiatrie Bd. XXI,
Heft 1), sowie nach der glänzenden Darstellung von Sachs (Vor¬
träge über Bau und Thätigkeit des Grosshirns, Breslau 1893) wissen
wir doch, dass die sogenannten optischen Erinnerungsbilder keines¬
wegs wirkliche Bilder sind, sondern nur Erinnerungen an gewisse
Verknüpfungen von Erregungen des retinalen Centrums mit anderen
Centren, vor allem mit dem oeulomusculären Centrum. Wir können
nicht glauben, dass ein Verlassen dieser geläuterten Auffassung
von dem Wesen der optischen Erinnerungsbilder und ein Zurück¬
greifen auf die W ilbrand’sche Theorie für das Verständniss der
uns hier beschäftigenden Frage von Vortheil sein kann, und deshalb
vermögen wir Groenouw in diesem seinem Vorgehen nicht zu
folgen. Aber selbst wenn wir uns unserer principiellen Wider¬
sprüche, welche wir gegen den Groenouw-Wilbrand’schen Stand¬
punkt erheben, begeben und die optischen Erinnerungsbilder mit
Groenouw als im Gehirn existente Bilder gelten lassen wollten,
so würden selbst dann die erheblichsten Zweifel an der Groenouw-
sehen Erklärung übrig bleiben, Zweifel, für die wir wenigstens
keine Erklärung finden können. Lassen wir nämlich einmal die
Groenouw’sche Erklärung gelten und nehmen mit ihm an, dass
die Störungen des Ortssinnes wirklich auf dem Verlust einer grossen
Zahl optischer Erinnerungsbilder beruhen sollen, so ist diese
Erklärung in der Form, wie sie uns Groenouw giebt, doch nicht
genügend. Denn der Verlust optischer Erinnerungsbilder schlechthin
— wie ihn Groenouw im Schlusssatz seiner Arbeit für den Ver¬
lust des Ortssinnes verantwortlich macht — kann ja gar nicht so
ohne weiteres Orientirungsstörungen hervorrufen. Sollte dies der
Fall sein, so müssten die in Verlust gerathenen optischen Erinne¬
rungsbilder auch alle der nämlichen Kategorie angehören, mit der
Erkenntniss topographischer Verhältnisse unmittelbar verknüpft
sein. Denn wenn eine grosse Zahl optischer Erinnerungsbilder be¬
liebiger Art, wie z. B. die eines Apfels, Stiefels, Hutes, Baumes,
Kleidungsstückes (wie im Groenou w’schen Fall) verloren gegangen
wäre, so könnte mit diesem Verlust schliesslich der Ortssinn doch
nicht im mindesten betroffen werden, da zum Orientiren in einer
Stadt die genannten Erinnerungsbilder doch belanglos sind. Wir
sehen also, Groenouw darf nicht, wie er dies thut, den Verlust
einer grösseren Anzahl von Erinnerungsbildern schlechthin als die
Ursache der Orientirungsstörungen hinstellen, sondern er muss die
Kategorie der verloren gegangenen optischen Erinnerungsbilder auch
quaütativ genau bestimmen. Und damit wären wir dann, voraus¬
gesetzt, dass wir an die Existenz wiridich im Gehirn vorhandener
Bilder mit Groenouw-Wilbrand glauben wollten, wieder zu der
Annahme gedrängt, dass die Bilder im Gehirn nach Kategorieen
geordnet wären, eine Annahme, für die weder klinische noch andere
Anhaltspunkte beizubringen sind. Und als weiteren Einwand gegen
die Groenouw’sche Erklärung müssen wir noch die Frage stellen,
wie es denn komme, dass, wenn ledigüch nur der Verlust einer
grösseren Anzahl von Erinnerungsbildern die Orientirungsstörungen
bedinge, dass das functionsfähige centrale Gesichtsfeld die verloren
gegangenen Bilder nicht schnell ersetze? Denn wenn das centrale
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J.Kt'TBCiiE MBTOiv’ISCilE WMWENSHUHFT .
V' %
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»S ftSSlÄ ’ri■ v«s.«K ,««« ..
auch m k*\m wwr m°x;-w üoHm mugimh r .,l,« ,,rl tA f^ iM __
XiJX ^sin’J.m^hü’V^-1 i• 1 *t,‘ {1 Am (ter mefücinischen Universitätsklinik in Bonn.
Ä i£rl.:.t”aS^ Ueber dis Grundlagen der Martius'sehen
Ä pö>Ji.i s »fi *r»«i«rw Herzspitzenstosstheone.
WÄ^iie« ß*klAT'töteten. *U«Mw On.^itir.W': YVm T)r A, Schmidt, I./As^togKiPzi.fjßr Klinik.
.W. WJ «•*; f».. . . **"• . . «mm» '**«..» ». -
:!; : ^£:Il^iSSES'ä;ÄäS ?:sä.:;:Ä^
::::;■ ^:-r;:;;:i:rvss
,l f . n , t,i;- Sinri’ii«--r'M iu ToipCom 1 if,>r«e*• hrs.leben. V\ omi ' nof Inmll^ zu pi «uUritmm . T - , ,., ,
SVlkU derV pi-I«Vi £u« p-w^r« AuzuH vom Krmooni^ | Di, Marl. us^i-Uo«. I n hw
win dies un !t .!.,M!'v DÜ, den i JnhmiinmiMniyrt bewirkte. mm nw.-hhdi.- lairdiogramin ) ftroj*
*>■’würk- bei PatHut.eH rtiwwp. Y'eritiH, *u*vat: es .in, bei ; wündnnc tisio* r» nou Mbur UatadL
nHiWrun* im-tfiumo* in V&W tommuU# Knmuwtmg;*M|äm •* desselben, der .mknstmehon , bei»«»
,fci ^ioHaffohinHihiiP» im-burgi, «lud» *-»uro lümrst b»m:h YvmiiUm : rtwultntn uml-. eine Uaro B.umcH m w<* >?' kwttvuhk i
h -; ni ,r 0u i,.' : ,i.-» Mmu an^iu-Inn« sein ; 1 ‘U^tkali^'hvfi VerhäHHss« Hmdeu dm ?.u ! W .\rfnariua», ;»wh
& i,t,i. Mmn cif W.i,, t n vmmu Ztattr»; am fArdu^mm to ****** 4m ^ itaptal*dm te ^
>udi v uni eflcotüU, di, Mbl.el Alle Th^ und i*m 4* ^ di, , V w «ttd ^ k ÄJ
Wforemw Kriruuu’iin^bild^ und dnniii »och das OrmHirou^ mPei^hmucn rJr-Ä
vortini.’-», wd.^DiMiiri. Vuibeiv liiÜSHCTl, inU-H db‘ Urne u-it d^m Antausil dor f oidrMot >am der \ out,r»n.oi \\ t \hi?. |
(ill ,V; r ;^ i- rküiriiü- rHui- wdfH. ■:. m Arv \ ^V^\ <u* kiumuw *.;.^ ;
Mit dor AbiobnS^ UeUM'Oiunuw'srben Iöi• i;l<!tuiie':■;yei’ ä> bvk*■ *'i ; »>«- zur lldhu m BUitdrufke^. mi A ^ ?ui’
<tvdu>n mr dem \Tet’st4udnt^ *%v milder dont'^dtiktm Imman.) «n»n d-vt» ^vtdi<><$fArdreH jitHahmd. w& ^} Ll b W! M : Sr / )tu \
U^iLiJ* vpftininlcm’ii. nruUU^UIn»^ ?>“ ^
,AV. rnlieii rat b los Aurb ich bin nullt d -Uv h m & ym KluHum der AöH-a, dnr Hiuldt'urk hl mH aut dei U<di
••ti'M&ßiöitigtj idkidtiuc -tu ^d-csi, wojvu i«;h w*sh vm^iiehrn xvlil, d<m udin* umgi; und, Abei' dnr Ui'M //ofihü«! eme nmhr odm
\v4 zu fiudmv, auf dem Wir •vHlldidlit zu ümi Vridäudnkd M‘;ü uhfulhmd.i Um'*? auf da* l'Apicr. Am r.ndc
oviali.uM. k.'uml-on. MuuU.'uut'urei- Anmrht iiHisf^u'-w '-?ur zuit. -nteo um ernten I u^inmUt um« eordioprapbmufmf
3ur fra^üidmn ZuHdindn upbdinift, von- cbm Vorgang (alUm von MarUus),. dm- uudi *«ft
auf Grniid dem» unter phfüiolü^isdbcn Vmbulfu?^ru; unner»? murr ,. \'efh»rn’«Mpzmr iumu^ ^e.iou»*> von Mai mu^,, e dd d v
KrU-mihtnisÄ *jfd Orion der pepobmuMi li«du.ni;Utndö' im Uiiimu* mW t drhinf^ dm 8mn-linünrkltcßiinfi dff Aorta* und o« oiUis- »m ^
'-w.5die.iti.- bHOnimtirun^-im- Raum fus.^ .ilip-itt'wm' .t.o|)u^m|drMtdH - -l-loi^tön, Der HorzHfiitzntisfalso, r*o -jy stoliHehe ! »r-
Bodininiun-<lm- fb^mmi,ind.Mrn Ikuiiu ist oicm mmHd Ire ihn n$ dor; Tbnraxwnnd erfolgt mir ^ahr«-iui de.» vw^
• Vö.rwtdi.e.lto'-lA)»»H-ioi». *-Uc ploü aus dw' ZuKammotrivirhuug / sehiusszeil'vdf ist a-rne unotion d<» r $o).neu . :
♦lonor ^aoloreri xusamfiirddotiti; d^egnft^eBVik^-K ; üj»töi? ; Oiosür- Hfzlft Satz. )>Hd# M>i rtte AiW ß*$
navcmiii^n der Au^nmuskuHl ur mp. dift aus all’ djoFon }hm~ üo^ründ»»*? di.rsotbmi. kmd\to Afn rU\) ?■ n« eiuem VemvMe am
■•^nff 0 ii 7 : n?tdtiH»ito.Alu«kek bcictriimvryai4t)<4^uifn}Ui>: x'UKumrhWi'jri^ -'.- Mmismu o, in vyolrhm or gi‘twktettg Oardiog;riu?im. und 1 ulftmir\>
<1ot idiphiidodi dm.' s(»gonanut:öfi LoodzeicdHu -der' Netzhaut g>c. '.aufzeirhueio, Madi Abzug der i'ort.plbiU-^ingszou. »hu- ulswei.*' i« s
wiUivmi Am« die MdgüelrUmt dm- Ort-d.mst.iuu.iuu- im Kaum.. Nur dor idrgimv dm Kultes mit »trnr. UvpM do^ tiirdibgmmmaF.znsjunmoi!.
lü^n die jruiwrmtf'jt Fa< inivu uügostdrf. -ziiHänmifttiwirUea, bmo omo Iho Mar l i u s'srhmj Ausuhaüungen über lArdiogramm uim
f)rjüijti)Ai4? i«ii lim.iUK; OihvtgM^ Uüd dH vSpit2-0X^tc>ss wurden, wie imkuhnt., m der Foigemt theus ;u *rnpmi,
w.'dclu' wir von HUKerer .Utfi^ehun^ gryeiiirioi'v und vi memmn Grc Umils he&HinJift Die rüüwaude, welrdro gugetr &in orhobrn ivütnrn,
dimlit.nHs mifho\valu*Hi, bevuher» • auf der : l$rhvueruug ub jfustimmto ! ht'/ogen sid» sowohl anl di«» B.odkao-litt?ng5re^nUate I* uul ! .m
i imübiii.-dionen de* Zuso.uvmm»wirkeüs jonov drei Fnotoreo. :Iias Mh^frllsohnU HehKjsslolgoran^OTi. Us wuvüa- die E4'ar-Un>it t.^r ?oi(.
iopographisuhe l^ioomiugsbiid ist liimumb -.pMm otmnso ihre vm o-rminlo?! giutphi-rheii Apparate, die Zovorhjsmvl-m
Produöf .olncr absm-ialivmi VorknupfuTig'Y.dfßv’biedouM* Uifu{H».ntrOi, ' der'. ; ,aku^ti8uhon.M^rkirmAtHHe”, ganz: he.stmdors aber dm J iU'urU!
wie .ilt«s--U}».tisH4b •ßtrimu.’fimsräHjci üWfhdiiid-. XVü. der h<nn.oti.f.«ViuTi des SidDamsiöBsos atigognffeft, ^ . .. .
•(k»p'nelbcitlg«).i' Bxm)5au6|->sio scheutot nuu «:■ in er mkr Paetunw» au- Die Fnvge nauli d»m Ormtuhbgrkml diu- vomduedrnu?» Appmvm
der»»ti -Z UÄvmftie^i\vi*ü;,o das Orif ntii tnursvermdirmi umr nrwHehst, ildrf Iuuttn _al« onisehiedmi h«»tfachtet werdou. V.s »st ed} uesuniu'res
so £nt ;w:H ganz »ms, dmui die l^ooalzoiohon d<>r K'otaUnnt. gehen ; Yerdhümt 11 (i i-t.hledureh oino sehr HurgtiUtige liritm^uuhimgs^-
grdssmutmijs -vorlnrou. Wcrm der Verlust der mmaipn Umab i reibe «uzwi'UlUnift üiUdvgewiosen tiu haben, dass woher -uw y ^'
z.-ithno nuf io-.ind periphbrer, im Aügo kolbst grgwbomu rroeosso • Martin^ voroa-ndoie Oruiimaeü*srho Luftfruiisi?iif?uiojiÄ*td>;»r‘U
erfolgt. s<? kann rioo Störung des c.>rioulirimgsvermdgeos oder sagen !■ noch der Apparat von K’naeU, mit wclditüil v. Zbbih«sen:.>
wir lieber du* i-opognipUi.s»-.liej» GoditrJiLuises uathrlioh niemals -er- j avbeiteto, ausroieivend sind, die Hinen SAhwafHoihgc’ü >m Herz-
idlgon, denn die filmneruhp: &c. die fi?pogfapUi«ohtaf VerimlUiisse j stopsos fbblerAni wienHi^ugobcrn Jbo Curvon dieser Apparate sm*
liegt Ja im Gr-ldrn, ist in der «ingestnr-ton- V erhiiuiun^ der (Vnlrhl) j durch BchletHeruiig gownUig vernustalbd.. tipl sich pm*&U
:■ ■ - ' C. .• • . r • .-• •.. > ; , • •' • «
{t A us der meflieinischen ÜBivemtätskliilik in Bonn.
XJebsr dis Grundlagen der Martius'selien
Herzspitzenstosstlieorie.
Von T)j* A. Schmidt, T. Assi^nawzt der Klinik
In :.\V. aö (Irr ürui.s.-'iH'ü im*i).:!ii.fcf;hcjt Wnr.hwisoJu-Uf h;it
iHat-tiu#' m««cfiiingy. <gHiomnn,!. ^cim' 'ri{«»tto (te
imfhmals zu, pnuAslrtm. ^ ' ,
Die Beilmitw ctc?r' Mart iüs’seiimc I id-imsuvliäugen «bov «las
Tuenuidiftdh- t^irilrogranun { ) hurüht uuf ühr pHunuVHtgro An-
Wt^rHrtti^ rüittih- sehefti Irühor bokamUen AevHhn^. ?.&' iHHnng
: AessöäbW, üpi Äfk1rmi)Uiode w . Soiw Beohaeliitinits-'
re^ulfafer Uhd-. diifB ' kJfl-t’O; -'Kiu^h*k-t ici -$.& 4p DUtriaeiih hnttunemioti
X5iue Bogründung (iiirselbru. Pbjdifo M'artj us ju eiBem v.ersumu* 1
Mt’iisohou, in wclrhrm er gleichzeitig Ciirdiugriuivm -und l'ularurvi-
aufzciehmdA. Kfl»h Abzug dm- (rortpAauwmgszeit der Puls wolle öri
cto.e Beginn »iW-Pulses mit dmn Gipfel des Onrdiogramme* zusiunumi!.
‘ - Die MaT’tiuä^fith.ü Aii^uhauufigeia übpr Cavhbd^n’hmiti ••uüd ;
/.Irr Ü 6 v der iöpigp$\&}hm Mostirnfnung '^iu^k^lA
untl Ät«liddtgcvfÖ!.vih kogriihdnl -Bei dbr : Aidpp.fdspi%dfi'.
fJurnh Kiudt-ueidvVJjidvung bedingten HeftühflöpsH wird.iUmp die ge-
dass di» mit fohlnrtreien Appuruter»' aufgoopminotmii Horzstiitzmmte^.
eurvei! eine gonz iiudon* Uestaft. aufwoHou» als die Marti uy sehen
iiiut jUitilirhö Curvrti. Deo syslolievhe Theil »{es (.ln , »lidgramim'--'.
iirtJinte f;e.iir.ve!»vtudiiauccug''b{ür»mm, und daruiri gerad«» tousj? aus-ihr •! welcher Txi 'dldübit Cun r »ui im wesentliehen aus «mdiO .Aiih und
' eben eine SiAruug iles i ji-i'-nnrunosvei’UingoHS fOKutUren. Nathi’Ueh
kann sieh du^e Storung nur zu diu'«i»v mfk|h?Mi Vöffjktt. bteuyeru,
wetit) weHons »He gtAsaih Alehrzatd der Weg* j
fall g-ekuntmeu ist ; bei mit museiijger* lmmtmyntor cmd.iailor iiemia-
üojiHir liuntt md wii'Ü die oi-lmlteno Kt*föbnwth^lfto iüit ihren Locnh
zöioJfeiY Oh 1 Or^
lAfe 'Ihtttsai-hi*, ,cUh$ dd_rKrüdkdj \y ? ,‘jiöl|ur H den
peripheren AfetÄlui.n|j(^ft{odfi nöefd so viol BidlitüiTnpftndtrng: l?osass^
uep |b|hdi>e\yhgdtt^eM zu orkuimen, Win» Cddehtij-uiigsstdrungen
ZL‘igfe ? hdmdu vhdMrhfc für unsere Auflassung ipreidum; denn bei
diesem Kranken die reliaah*» .L'u-Ahmrimn oie-n heine-wegs
jo s»h hem Umikrige. ynrloron g^ganglvn. Wie in dem Fdrsfotv
schon und husitium j’'ol) : sio waren viehuohr grd^stentheiis, worin
auch in aJ>geglump{'ter VVijksamhoiK noch vorhanden.
f-fg. iA N irürrwahg dos BöÄ ;
Ajestoht [tf. Fig.. 1 %)>
zeigt ln jonoii Ih'ig.
omen st^ibxn, DM /hdty
?etwh ' Anstieg,
ijui 5 sehr wöntg sontögtt 1 ^.
PlaHau, «ihd-,
die Utitorseliiodo h«Uof
Oürtati. dass z, B. dir
Zeitdauer * UüirriV
. apstijpges-;
’i ZoUsehf-m f. klm. Modiciu 'Kilt im. Hell 3 oid y XV..
Haft 5 üöd Ü; XIX. .IBOU Heft 1 ua<l % döl^ßü^.
schrill l^SB, N». 13, - JS ); Bilügers Amh. 53, p. '■*$$$, :
TO : J yii
... V'.-Jl; /• '■')>’ r<\
I GA N
,... •'.,-' 1 "V^g-Vv'V.?i';'r.'' : -. ' v '■. : ’•<•'*■• C''" "-''S *,'■ V Y»'•'••'• "’i'' .• "- ■ *** ‘> v '.''.i '.■ ;, V ’ .• *K' > "■ ’\i.
25. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
also die Zeitdauer des Spitzenstosses einer und derselben Person,
bei Aufeahme mit der Grün mach’schen Kapsel (B) dreimal so
lange dauert als bei Anwendung der fehlerfreien Hürthle’schen
Kapsel {A).
Es ist klar, dass der Nachweis einer so grossen Fehlerhaftig¬
keit der Martius’schen Herzspitzenstosscurven, welche doch die
Grundlagen seiner Schlussfolgerungen gewesen sind, auf diese
selbst nicht ohne Einfluss sein kann. Wenn auch an der Unter¬
scheidung von Verschlusszeit und Austreibungszeit dadurch nichts
geändert wird, so zeigt sich doch, dass die erstere wesentlich
kflner ist, als Martius annahm, und dass während der Aus¬
treibungszeit die vorgewölbte Thoraxstelle noch nicht wieder
zurücksinkt, sondern vorgewölbt bleibt, — eine Thatsache,
von welcher man sich bei manchen Personen durch die Palpation
direkt überzeugen kann.
Wie stellt sich nun Martius diesen neueren Resultaten gegen¬
über? Die grössere Exactheit der neueren (Hürthle’schen)
Apparate und also auch der neueren Cardiogramme giebt er zu
aber er verwahrt sich dagegen, dass mit seinen Curven zugleich
seine Herzspitzenstosstheorie als falsch über Bord geworfen werde.
Er sagt 1 ): _Erweist sich der Grunmach’selie Apparat wirklich
als wesentlich unzuverlässiger als die anderen, so werden wir ihn
bei Seite stellen. Vielleicht ist auch die Auffassung einiger
secundärer Zacken und Knicke‘der von ihm gelieferten Curven zu
modificiren. (Freilich muss ich immer wieder hervorheben, dass
vor groben Irrthümem auf Grund von durch den Apparat ver¬
schuldeten Deformirungen ja gerade die akustische Markirmethode
schützen soll und schützt. Meine Behauptungen lauten ja immer
nur: an diesen Curven, wie sie dieser Apparat geliefert hat, liegt
die Marke des ersten Tones hier, die des zweiten dort!) Aber
was ich als ungerechtfertigt und darum ungerecht zurückweise,
das ist der, die wesentlichen Zwischenglieder überspringende
Schluss: Die Herzstosstheorie von Martius ist falsch, weil der
'irnnmach’sche Apparat schlecht.ist.“
Dem gegenüber muss ich betonen, dass dieser letztere Schluss
wenigstens von mir, bisher niemals gezogen worden ist. Die Herz-
^pitzenstosstheorie von Martius könnte trotz der Fehlerhaftigkeit
.einer Apparate richtig sein, das wäre möglich. Es ist denkbar,
bei gleichzeitiger Aufzeichnung von Spitzenstosscurve und
;™y e .r- auf deren Vergleich sich diese Theorie stützt — die
5? der ^ urven s,ch compensiren. Aber wahrscheinlich ist
Marti»Jtb?Ti, eS • mUS - durchau3 v ^angt werden, dass die
J3“ 8 f he Tbeone emer erneuten Prüfung mittels der ver-
«nten Apparate unterworfen wird. Nur wenn sie diese Prüfung
»steht, kann sie als richtig gelten.
die FestsWlm?f U ^ er ^ ord !T t ausser einem richtigen Cardiogramm
Verschluswpi't”ni 0n - Punkten in demselben, des Beginnes der
z,it rBeeirm un< * des Endes der Verschluss-
di« p” nbungszeit). Zur Ermittelung des ersteren
Martius der „akustischen Maririr-
ieifce Anfs ’ rpih, un 5 d ®? letzteren kann nur durch gleich-
DeD rerwh b a g V0 J! Car <!'ogramm und Puls geschehen.
akustischen MaAirmethfdT/"^ 11 i? ege . n . d ‘ e Zulässigkeit der
^ntcrsuchune 1 ?n h tb ° de SUC Jl te Martius durch eine besondere
Methode nicht in J? anach besteht das AVesen dieser
sondern in dem • R f actl - ( l I ! auf den einzelnen Gehörsreiz,
p ingepräi*ten Rh^h!? ronis eJi en Mitklopfen nach einem bestimmten,
'^^ kfnn dabÄ 8 v ^ ertra ^^szeit, das „psychicai
thode unbedingt eil"! M Ch ? dei1, Dagegen erfordert die Me-
m. Ist dieser l? bs °J Ut ® RegeJmässigkeit des primären Rhyth-
taindesten Fehler vnn ®£ e I m ässig, so . haften der Methode zum
Das ist eine einfache u** i? r ™ S ? dieser Unregelmässigkeit an.
öliges günstigeres v oglscbe Folgerung, die auch durch ein zu¬
kann. ersuehsresultat nicht umgestossen werden
w »^KundÄ hab r e T igt ' dass das Pulsintervall auch
^4«™ k i in « enau glcichmässiges tot*)
gewöhnliches, n/i Aoo Secunden (Martius) sind nichts
rcsultaten wiederkehren 6 ? ^ e ^ er müssen an den Markinmgs-
fIner grösseren Anzahl vn n F ^ enn ® s durch Summation
? > etwas geringer!^>u Emzelmarkirungen den mittleren Fehler
Fphlp f immerhin 8 SL® herabzndrücken, so bleibt dieser
»nmerhin v.,' ~ uu»ou, su uiciut
^fellun^ der Lage d^Br^H°e S rlf- fÜr dea Zweck einer genauen Fest-
£ hl . ,es *t sich Xsem tS v 6 - im Car diogramm. Auch v. Frey
■soviel ist sicher dass se . mer letzt en Publication an : *).
,e »seite setzen wird w ^.»akustische Markirmethode“ jederzeit
zur Ausmessung der pT ?- n eine be88ere > mehr objective Methode
—— S 6r Urdl0 ^amme gefunden werden kann.
5 Sch^H\ m |^:^^enschr. 1893 No. 29. Separafcabzu* p. 10-1
1 Münchener med Wo/’ ^ Medicin 22 > P- 369.
med ‘ Wochenschrift 1893, No. 46.
schritt U H i .rt e Ml e Ä ke ä "Ir ? Ur . thle wesentlichen Fort-
schritt. Hürthle führte den Nachweis, dass der systolische Th«ii
Pulscurve, nämlich die Zeit vom Beginn des Pulses bis zum Auftreten
kfinde 1 ^ 18 - 0 ^ ^ lle ’ bis auf einen mittleren Fehler von 2 / 100 Se¬
kunden gleich ist der Systole der Herzkammer, der Zeit vom Be
Krit r / U n mm rr k , n - bis zum Be S inn der Erschlaffung der
^ Uurch A ergleich der Spitzenstosscurve mit der Puls-
curve der grossen Arterien ist also eine bessere Deutung der
der ^ Herz tön e^ 1 * 7611 mÖghch ’ als durch die akustische Marfirung
4 bei \ ai L cb diese Methode ist noch keine ideale. Sie wird
weit ubertroffen durch die mechanische Markirmethode Hürthle ’s 3 )
welche darauf beruht dass die Herztöne einen in einem Stethoskop
angebrachten Mikrophoncontact erschüttern und dadurch Strom¬
schienen in einem Inductionsapparat veranlassen, durch welche ein
Froschmuskel in Zuckung versetzt wird. Letztere wird gleich-
zeitag mit dem Cardiogramm registrirt. Diese Methode entscheidet
principiell über die Lage der Herztöne im Cardiogramm.
\ T A r a ?. acb der erste Ton durchaus nicht immer, — wie die
Vertheidiger der akustischen Markirmethode übereinstimmend an-
geben — nnt dem Beginn des ansteigenden Schenkels zusammen
sondern häufig mit dem Knick in der Mitte dieses Schenkels • und
der zweite Ton, über dessen Lage in der Spitzenstosscurve die
Meinungen sehr weit auseinandergingen, trifft auf den Beginn des
absteigenden Schenkels.
Die genaue Feststellung dieser Thatsachen zusammen mit der
(jewmnung correcter Cardiogramme ermöglicht nun eine viel ge¬
nauere Deutung der menschlichen Spitzenstosscurve, als es s. Z.
Martius möglich war. Martius konnte und musste auf Grund
seiner Curven die völlige Verschiedenheit seiner Cardiogramme von
der durch Tliierversuche gewonnenen Kammerdruckcurve betonen
Die neueren Curven zeigen, dass statt der völligen A^erschiedenheit
eme grosse äussere Aehnlichkeit beider Curvenformen besteht.
Die Erörterung dieser Frage bildet den Hauptgegenstand der
jüngsten Mart ms’schen Arbeit. Die äussere Formähnlichkeit
beider Curven ist ihm gleichgültig. Beide Curven sind principiell
verschieden. Spitzenstosscurve und Druckcurve sind Curven ganz
verschiedener Ordnung, ebenso verschieden von einander, wie von
der Volumeurve und der Zuckungscurve. Er sagt 4 ): „Wenn man
sich nicht auf die blosse Formähnlichkeit verlassen will, so bedarf
es besonderer Methoden der Vergleichung, um identische Punkte
zu finden (z. B. gleichzeitiges Schreiben zweier verschiedener
Curvenarten an einem und demselben Thier). Gerade zwischen
menschlicher Stoss- und thierischer Druckcurve ist aber der Natur
der Sache nach eine solche direkte Methode der Vergleichung nicht
anwendbar. Daher die besonderen Schwierigkeiten.“
Ich glaube, dass über diese Frage sich völlige Einigkeit er¬
zielen lässt. Weder Hürthle noch mir ist es jemals eingefallen,
aus der Aehnlichkeit beider Curvenformen ihre Uebereinstimmung
abzuleiten. Es geht das u. a. schon daraus hervor, dass wir die
einzigen sind, welche hervorgehoben haben, dass der Fusspunkt
des aufsteigenden Schenkels durchaus nicht immer mit dem Beginn
der Zusammenziehung des Kammermuskels zusammenfällt. Die
Aehnlichkeit hat nur dazu geführt, mittels „besonderer Methoden
der Vergleichung“ identische Punkte beider Curven zu suchen,
ganz wie es Martius fordert. An der Kammerdruckcurve kommt
der Vorgang der Zusammenziehung und Erschlaffung des Muskels
unmittelbar zum Ausdruck, und der Beginn dieser Phasen kann
an ihr abgelesen werden. Der Vergleich der complicirten Spitzen¬
stosscurve mit der verhältnissmässig einfachen Druckcurve hat nun
jedenfalls den Sinn, dass man mittels desselben feststellen kann,
welche Abschnitte des Cardiogrammes sich durch die Zusammen¬
ziehung und Erschlaffung des Kammermuskels erklären, und welche
Abschnitte durch andere Factoren veranlasst sein müssen.
Dieser A r ergleich ist von Hürthle am Hunde vorgenommen
worden 5 ) und hat ergeben, dass die Spitzenstosscurve der Kammer¬
druckcurve in einzelnen Fällen nicht nur ähnlich ist, sondern dass
sie derselben direkt gleichen kann. Das gilt für den Hund. Beim
Menschen ist eine Vergleichung beider Curvenformen ausgeschlossen.
Nur auf Umwegen (durch Vergleich mit der Pulscurve der grossen
Arterien und durch die mechanische Markirung der Herztöne) kann
man erweisen, dass gewisse markante Punkte des Cardiogrammes
auch beim Menschen dieselbe Bedeutung haben, wie beim Thier:
der Knick im ansteigenden Schenkel entspricht dem Beginn der
Kammersystole und fällt mit dem ersten Ton zusammen, der Be¬
ginn des absteigenden Schenkels fällt mit dem zweiten Ton zu¬
sammen.
1 ) Pfltiger’s Archiv 49, p. 95.
D Zeitschrift für klin. Medicin XXII. H. 4 und 5.
3) Deutsche medic. Wochenschrift 1892. No. 4. — 4 ) 1. c.
5 ) 1. c. p. 2. letzter Absatz.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDIGINIS.CHE WOCHENSOIIRIPT.
Ob Resultat m <bv B0ha4i£r,mi£$%chUgfc* dass eme .
Aidinlicbkeii. beider Ciii'venfurmrn auch für Am Mmmcho« oxi^frrt.
mag dem tJrftwir des tum* überlassen hUdbrni, Darüber hinaus
gftlii n;is«'vc Behauptung nicht. Im OgeuthmL Om Untersuch um:
hat da ks rttif^r 13 ttCftriu untergiVcUteu Füllen kum t)'m~
ziems C-a-rdirmTamin sich Im/änd, wckdteK :oh!ijv wdi^rcs mit dev
Druck ei irvo hicutihtiri wen Ich könnt.»’. und nur zehn. in welchen
ei m lVtu.iUii.iir m der Hand dm i'nkscurvo der gro'Sämt Artönen
möglich war. Die •vm.v:»-hic»b-.ust.rtu Moüieufö,' nicht allein die
Pvih % k%UM‘hiUOiD$‘> in» Innern des VcnU-d-nls, hüben liu«dHSß. ^Hi ,
«He OwAUtung des Spitze« stossos:. der Druck te HebyV-T die Vor*
bopnonttar^fe^D dm Ph&sun der RespiratimiD, dih VjjrtyiimynfhÖifc*
nPsc des rChnruK. Dumfcfttw mit Rocht betont Mart ins in Bezug
auf den kd/Hui Punkt, dass der Stos* bei völlig; injri.iiÄlim'Mu^liöa"
manobmaT g>yr plchü vorhanden TsB’ Es i£& dmse Vcr-
H» icotühm .jetzt zu der Frage. ob der Dpit/.onstc.MS der Her- :
■mv&~ mit tfor VrrächiitSHzcit zutnimmcmRUlU dorn aynshuHUdiftn Punkte
dm’ M'ai’tn!bischer». Theorie.
VohvfdVmßP der StössU sagt M^i r t Du^ i ),= rdanmt nur>
ürpj>t kuj'Vih 3£e|t Gerade drehnruermr C^i^b^aiTihtadfiiakniru mit
sehr w<mby-odm •gar flicht shhlondettKb-ü „Apparaten • iKvvtbsVn fkvn
; X)cT Ktos* ist jkebD' VÜH tküt’tfnh *|J& dru Systnle, Stdir iehdjt ist
cs 'nun. zu ühcrftAgbih da«£ der 4ü «lun Aiitanks-
ttu-ji <V-I Ky.-hd»- tüiD V • bedarf dazu nicht eomptieiUer Apparate
Dleiob/oiHirc-' Fühlen um! Am oiiKin-n drr Ib rztonc gemigü Die
graphische») Autfuiinm-n njeirluoini' mit nkn?ubwhu Mmkiniec i»r-
Flat/:»$•:» nur dieSim Salz. 1 ' ,.Dcr er.Au The«] »hu Systole Ist. dih
"V«WS i ■Vtji« All • }•{» U H »U» O'-'Z"' ( D:»* A ' tP «M, limibtUilPl”
•von nikr Paruiua-rammc’klhnice. Die direkte- -btmlmnhtmig, meine
p.gmmo Al-o !-;in > t-w-m «W l'nm*n von \ Ximnsstü. die auf
ganz and; »rm \\*Lmvumteneti, sollt; gnmumn Bei;v« h notigen von
Diip'ren, alF diese jbowisiHiUel -tiirtnuen darin OIntmm, dass der
-Arne mit' der \ »•t-ehlv'c/ad’ 'iim.*u«i»>n'orj«iif teil lud»« m«*ine oigo-
1 i«;U Wr-mhe mit. v;, M y- mokm Vor Verdi« aus. Paris bezogenen
Kripsei«, du- nur .-HaiT IHM, XmngeHdoHf nnundlickHi zur Vem
fnv«--!in»' ste'it»- \vicd«M'holf’. Das wt'smddhdmResuilat. bli«b.d^ssdb^.
i'»er Stous ist ;-»».» Fumdiop: der Vm>-<')«!m->v.»‘it ■.• AV?üV» frnhVr mir
Mddäctpvf' (pn<di<m»?emh n, »i b M'hlouucrmum Instruujti'ntnn dtb
.Vnr^vdj!u!fiy;>-1 \V^\i ynam.-hmal uTn^-m', d. hi später j<mh*nd
p-oinirden nm'ik ‘.vi* ; , die Vcr^ciiVns^mt iHiVheeb, • Rech
und oiiik’F’i, so sprh-Ut dae a loHjpvt für ;mvtiin Anruvi«»-»*.», d;*a-,-
Vtcjdo /.uHooiioeii'uiivii .Auf diese T.hersu.’.dU' erfindet stell mfciün
HcrzMiimrin"
Önvool iÄC fojüende^ ~w evadderVi: Znuibdtxr. bat moh ^«ji^k
tlass, tniti.eD der veibesfterteH Ajiparuio •aufo'C’tinin-oien; ttec Anstiee
der Spitzenstossmirvd häuhR darüh einen Knick in zwer Theile zer¬
füllt, Pd Pie;. Ri und «baa panh. «b'n Rfgadmiason der ineehanDohep
MutXftiacHtöik de> dtyp ^Alpe erstu. Tofi, ^j^g.ö;it :
Punkt irad nicht an i df>n- Bk^riun tVer Erbebiloe, iSHI
■ Ge^Mt.rdiev diesen P^saRntmi* kdoneu die v. Zic iuse A |
der obt uu'/.ydH.t\jjb.« t;e.u A.ppnrattm ^u;irbeikk. : baf, nicht als Beweis
U) tB.nl aiiiVufub rt nvamdem. tudVr dfuj ptirvt?n Ederen’s, wtiltdud
mit b»*-i (?»•!> Aimnvattm _eari»t'pt'l bat.., f-»da»bd >ii h eine AninbD),
ln' wcUhcn dm* VfcWjrhibh ütii tk>r- klei/dtzeitig? i’elistdrdj^abFuDbucro
M>ibdd.,- dn.sjS .der TDftniti der Ayaf/de in ihm Verlaul des amdeioen-
den Beimtikels und zwar auf den hier deutlich {las^prä^u
Knick föltt. Di^e ^dirv/m u]yreebnn jn.jcMaik -mtdir gkgm als P|r
MttHiua
,AD<> Oie VersehlosÄzcik bn^lhnt — wc.nig.stons- in diesen Fälle«
— ^piHer als der Hebe? »ins Oardlo^raphnn an steift°). Fs fea^d
^ick weder; ob der Angtmir des Rehlds Wende t ist Airichzeitin; rrnd
dem Ende «kr Verschlug/««!?
Inn dieses zu bewmeeu, stützt fc-ivJ» 'Mart in £ auf einen Ver¬
such am. Alenseheii, W q dio Ausmeguunic er^ah, dasa tifielf Absug
(ler Fuvtpti nnzune t, ihi fh>r Pulsfuirve der Oarotife rnit
d«)i pnylö tbv V.^chla^eit Elan /Aveite Stitt.gn
iami Al arid ns in einem FaUn. von Aort<mrkfno.MVg 7 mrp, dessen
Forven «her- higher mfats -T'bröjföBtJU-kt- sind
Dem •^n.i» , imÖber' «teilen die cRc^tJlthtd »mderer Forsclmr. ^icM.
izääp f; Diu; Mcü. xxri. n, «t u 5 ,.
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’.yo-: :C reccuitdea abcr.dktndd.-
Huob Xiluikth k^un wohl liininand tnölir be^vwMa, d^.m*
manclum Fitlka weder dev Beginn des ungtdgcndcu Schenkels rnit
#m Bc^mu der VcrFchlokszeit, noch dns Ende teselhcu nut deni
Etulc dev Vots^la/&«cil zu^avrc^i^lilt -
ViP'fieicht hat Si^rthts .dies« Betnusfiihrmiir YnnTu^^ehun*
wann er «agt 5 }. .„Aber ich mus?’ noch rdtien SrlirKt umit-eyj^eD?u
kh hpite iiioiue Derz^tossthearie aufrecht, aadt' imalduipui;^ ' ;,)l1
hkrrlio^rapbie und Inder ÜumrnnrkUinm^ hbcHmupt. Ehruwf»
wk* jcdo «»Kien* Hcr/.sf«.!K : .nht?övir‘- hat :-w da- be ( *' lt > 11 h' sulche gc-
■ mint umi ito den klinischen Thntsucb«« >ven..essc!i zu u»u’iimi “
Ith verzichte darauf, AI a r ti a s mi das Bei »im der kümcchcr
Tha-igacheu zu ibige«. Meine eigimeu Dritersuchtuigcu bobeu mick
zu der. Ansicht.' .geführt, dass eine klinisch« Verwthumr der ID-
sulbitvt 4w CHrdiogiuphie voidduhg- munbglicl» i^v Ich Tmßndc mich
darin i p üidnn-ninHldaruttdfjg mit Hilbert, Hoch häufe' a«A athjAr«i!
Forsch m*n ;
& genügt mir Au zeigen, dass dir .jp^jS«ik^>\h'e.*öruftdl^ ,>
der Marti ti s'srhau- Spitze«stösstbeone “aslialtbar ißt-, ^-eil Dr den
diircli eittote Methoden- lestgostcHtcn Thutsaolum niebt. entspricht..
l )[ Zeitscki'. f. klm Med. aIX. SnppifeUibftthC-Tt;
H fnftngurabDIssüfcaiion. Ron« ls.90.
D Die JQfltistSuclVuirg. des. Pulse?, .Berlin 1892,'|K‘U 7 -; ,^
1 'Arclii-T, 1“ 'ya&mvl. PätMogi* yad PIo>rntufe)lkk5‘f * 1893/, p. v*^f.
A 1. c p li. '
Co gb
25. Januar.
J)BUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
in. Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin
chirurgische Abtheilung des Herrn Professor Dr. Sonnenburg!
Die bisherigen Erfahrungen bei Aether-
narkosen. 1 )
Von Dr. Paul Tschmarke.
Die Frage, ob zur Narkotisirung Aether oder Chloroform ge¬
braucht werden soll — ein JStreit, der fast so alt ist, wie die Me¬
thoden der Narkotisirung überhaupt —, ist gerade in jüngster
Zeit wieder vielfach Gegenstand der Discussion gewesen. Auch
auf dem letzten Naturforscher- und Aerztetag zu Nürnberg ist
diese Frage wieder nach dem Vortrage des Herrn Professor Garrä
aus Tübingen, welcher warm für die Aethemarkose eintrat, lebhaft
erörtert worden. Ich gestatte mir, in folgenden Zeüen Mittheilungen
über Erfahrungen mit der Aethemarkose zu machen, welche auf der
chirurgischen Abtheilung des städtischen Krankenhauses Moabit
gesammelt worden sind.
Ich verfüge zu dieser Mittheilung über etwa 500 Narkosen
\\ewi ich aucn weit davon entfernt bin, aus dieser immer noch
viel zu geringen Zahl ein abschliessendes Urtheil fällen zu wollen
so glaube ich doch, dass gerade jetzt jede neue Mitteilung über
diesen üegenstand willkommen sein muss, damit auch andere an¬
geregt werden, Versuche anzustellen, und mehr Erfahrungen ge¬
sammelt werden können. ® &
Angeregt durch die warmen Empfehlungen der Aethemarkose,
»eiche namentlich aus Amerika, England und der Schweiz zu uns
tagen, wurden wir direkt veranlasst, diese Art der Narkose ein-
altuuen durch einen Chloroform-Todesfall, der im April vorigen
iS t' üe ° b “? t,mg kam ' £s handelte sich damals um eine
Wjähnge trau mit einem Careinom des Colon ascendens. Es sollte
he Uparatomie gemacht werden, und war zn diesem Zwecke ein
S durch die Bauchdecken gelegt, als die
trat Ce aufll ® rte zu atbmen, und ein tiefer Coilaps ein-
trat. Die Operation wurde sofort abgebrochen und Wiederbeleb untrs-
erauche angesteilt 2 l / 2 Stunden lang wurden künstliche Athmung
d btoöse gegen die Herzgegend nach König ausgeluhrt welche
Erfolg gekrönt laren g als Äu
'^hef AhXn^ 6111 Tj Urde ^ uf Anordnu ng des Leiters der chirur-
tatsetwent?’ Sonnenburg, Aether zur
dem Aether Pino-php ^ be i(dl Jedoch auf unsere Erfahrungen mit
in kurzen ?M° bte lcb ^ bei uns angewandte Methode
^ Verwendung gelangt Aether»),
Wir haben wSL*^^ ürfc| frei von Wasser und Säuren ist.
übt, und zwar mit dpr^f . s og e nannte Erstickungsmethode ausge-
uns veo-en der Jnillard sehen Maske. Dieselbe hat bei
rosette°als unprfkÜsch e firu* Uberk - ei - t ’ U f d Weü sick ^ Flanell-
bc&tebt aus einem dnnLif 68 ’ e **Y ge Aen derungen erfahren; sie
^össertem Maassstah^ ■ ve ^ m ^ eiten Kähmen, in etwas ver-
take; zwiseta gen Sch ! mme ^ uscl >'^e Chloroform-
fe wieder mit fi iniL KablD8Il ., WU ' d eme Bage yaze gelegt und
der Maske Vt «T ^ ser<üohten Wachstuch bedeckt. Inner-
stiuunt. em Schwamm zur Autoahme des Aethers be-
|»w. 1Jl L'S r gle“m zu S ? atieaten ist dieselbe wie beim Chloro-
bls3 «g AtherluTd» «^“ 8 eme Menge, etwa 20
,est aw dss Gesicht MfeHT?. geS x? hüttot * und die Maske bald
“twas Luft hinzutrelen nnwT* 0 ^' ,- Eur kur z® Zeit lassen wir
Reuden Geruch d ^ atienten etwa s an den scharfen,
etwa 5_ly „ g ®^ ötmen - Spater wird dann je nach Be-
% »Ue, welche eewohnt 8 * 8 ^ 86 “' •. ^ ie Srstickungsmethode hat
«ittst etwas BeäStiffMH« d ’ f“* Chloroform zu narkotisiren,
f.*“» Bcheu flbMwmden ’ U “ d ma “ mUSS in der That er8t eine
JE“*® will. Die Patient.»»' 7777 tata dieselbe in Anwendung
^Maeke vom üesieto ^ Strdube “ sich meist «nd suchen
Uielt mau nun newohnlifh^^u'l 8611 ' **»* dem ersten Aufguss
» 'iederhoit grössere Mon°° b keU I e ru i»»S e Narkose, man muss
glichen VerbrauTs “W" ““»»giessen. lieber den durch-
f'U»nteä mittheUen h e^ e t Aethere bei Narkose “ lasst sich nichts
j r Schlaf vers,V,T mt T °u’ dass Potatoren sehr bald in
KiT Lcute »der Frauen nnu ’ ? rährend a “f der anderen Seite
^taeusstadium £t 2U nsrkotisiren sind. Bas
Jdocb nn r ron kui^er n! fl ^ i® 1 * 1 «’ naoh “»»seren Erfahrungen
uer ‘ -Auffallend ist, dass oft eine völlige
^ ortra S e i gehalten in der Freien Vereinigung der
^ ^gen 2 u d ® r fuschen Fabrik von Kahlbaum,
rrei8e etwa 2 Mk. per kg.
_ _ _79
Anästhesie eintritt, wenn noch lange nicht Hia Pn,. nn ni j
mV™ f l0SChe s n ftheriäÄZtidli £
sehlechts und in jedem Alter und wenden Chloroform nur „nrh
unter gewissen, nachher näher bezeichnten Umständen an
iw Laufe der Narkose den Kranken sehr viei Aether
bef nnQ aC ^ heil f -f F f die8e !? en S eben - Die kürzeste Narkose, welcho
H»l, 77 a “sgefuhi't worden ist, betrug 10 Minuten. Vierziamal
dauerte die Narkose über eine Stunde. g na
Bei einem 23jährigen Manne, der mit einer frischen Vorder-
also nicht vorbereitet war, währte 1
Narkose l»/ 4 Stunden; er hatte ein äusserst starkes Excitaüons-
stadium, verfiel aber bald in ruhigen und tiefen Schlaf; es wurden
?n°a5 T8rbr f UCht -- E *, ne 32 J ähri S e l”rau wurde 8 Stunden und
{S f“" 1 “ 1 laa S m Narkose genalten; Aetherverbrauch 150 g.
E “ e ^Jahnge hYau mit einer Blasensoheidenüstel inht
JjfJ? “ 3 I* S , ta “?. e ? 320 S Aether; sie hatte schweres Röcheln
und ausserordentlich starken Schweisausbruch. Eine 60jährige
Frau wurde nut 25° g etwa zwei und eine halbe Stunde lang
äthensirt. Aus den angegebenen Zahlen ist ersichtlich, dass man
sehr ausgedehnte Narkosen mit Aether erzielen kann ohne jede Ge¬
fahr für die Kranken. J
Kh glaube jedoch, dass man mit weit geringeren Mengen
Aether denselben Erfolg wird erreichen können, wenn man die
Technik mehr beherrscht. Besonders zu Anfang ist man unwillkür¬
lich geneigt, die Maske vom Gesicht zu entfernen, wobei dann ein
grosser Iheil des Aethers schnell verdunstet.
, . ^ sind uun von altersher dem Aether und der mit ihm her-
beigeführten Narkose mancherlei Vorwürfe gemacht worden auf
weiche ich bei der Besprechung der einzelnen störenden und nicht
störenden Nebenwirkungen näher eingehen werde.
Ich komme dabei im grossen und ganzen zu denselben Re¬
sultaten wie Garrö, welcher in der Deutschen medicinischen
Wochenschrift vom 5. October v. J. einige Vorwürfe gegen die
Aethernarkose zurückzuweisen sucht.
Die-Wirkung des Aethers auf das Herz ist allgemein bekannt.
Her Puls wird meist voller und frequenter. Gefanren von Seiten
des Herzens drohen nicht; doch muss man wie beim Chloro-
iorin auf den Puls achten. Fünfmal ist im Krankenhause Moabit
Aether bei ausgesprochenen Herzfehlern zur Anwendung gekommen;
dreimal bei Mitralinsufticienz, einmal bei Pericarditis und einmal
bei acuter Endocarditis. Jedesmal wurde eine ruhige, ungestörte
Narkose erzielt.
Ich muss hier zwei Fälle erwähnen, welche doch zeigen, dass
man, namentlich bei Kranken, bei denen das Herz vielleicnt durch
die bestehende Krankheit geschwächt ist, Coilaps erleben kann.
Der eine Fall betrillt eine 44jährige Frau, welche wegen einer
Hemiotomie 45 Minuten in Narkose gelegen und dabei 100 g
Aether verbraucht hat. Die Narkose war ruhig, zum Tlieil ober¬
flächlich; die Kranke war bei vollständiger Anästhesie zuweilen
halb wach. In den letzten 15 Minuten der Operation erhielt sie
keinen Aether mehr; die ganze Naht wurde ohne tiefe Narkose
ausgeführt. Nach Anlegung des Verbandes, nachdem die Patientin
sich unmittelbar zuvor beim Erwachen noch heftig gesträubt hatte,
wurde die Athmung plötzlich oberflächlich, der Puls kaum fühlbar.
Nach Darreichung der übrichen Mittel und nach rhythmisch ausge¬
führtem btossen der Herzgegend erholte sie sich ein wenig; doch
blieb der Puls sehr klein, die Athmung flach; die Kranke fühlte
sich kalt an. Die Reflexe sowie AbwehrDewegungen waren während
der ganzen Zeit des Collapses erhalten. Nach etwa % Stunden
hatte sich die Patientin völlig erholt, der Puls war wieder voll und
kräftig. Der andere Fall betraf einen 28jährigen Mann mit einem
Empyema dextrum; auch bei ihm trat unmitteloar nach der Narkose
ein kurzer Coilaps ein.
Ich glaube, dass diese beiden Fälle von Coilaps auf eine vor¬
übergehende Erlahmung des vorher schon geschwächten und nun
überreizten Herzens zurückzuführen sind. Andererseits muss ich
den Ausführungen Garrö’s vollkommen beistimmen, dass der
Aether gerade bei Herzfehlern, besonders bei Herzverfettung, am
Platze ist. Sind doch die meisten Chloroformtodesfälle bei Herz¬
schwäche als Folge von Herzfehlern u. s. w. vorgekommen und auf
eine primäre Synkope des Herzens zurückzuführen.
Aeusserst unangenehm sind die Nebenwirkungen des Aethers
auf die Respiration; sie bilden auch den Hauptangrili'spunkt der
Gegner der Aethernarkose.
Bekanntlich wirkt der Aether ausserordentlich reizend auf die
Speichelsecretion und die Bronchialschleimhaut. Es Üiessen reich¬
liche Mengen Schleim und Speichel in die Luftwege, wodurch
die Athmung sehr bald röchelnd und schnarchend wn-d, für den
Anfänger ein scheinbar bedrohliches Symptom. Man kann diese
Erscheinung jedoch einmal durch öfteres Auswischen des MundeB
mittels Stieltupfer, dann durch Seitwärtslegon des Kopfes sehr
.mildern. Viel unangenehmer sind die eventuellen Nachwirkungen,
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHRIFT.
welche wohl durch Aspiration der abgesonderten Schleiinmassen
hervorgerufen werden können.
Wir baben bei einer 42jährigen Frau eine echte Pneumonie
erlebt mit typischer Fiebercurve und Auswurf. Dieselbe war jedoch
leichter Natur, und die Patientin genas bald. Eine andere Frau hatte
zwei Tage lang an einer Bronchitis zu leiden mit einer grossen Menge
schleimigen Auswurfs, ohne dass vorher Katarrh bestanden hätte.
Meist hört die Speichel- und Sckleimabsonderung bald nach der
Narkose auf. In dieser lästigen Nebenwirkung liegt denn auch eineCon-
traindication des Aethers, und wir wenden daher bei bestehender Bron¬
chitis, bei Lungenkranken überhaupt nach wie vor Chloroform an.
Störend ist ferner das von uns zuweilen beobachtete Auftreten
von Singultus. Es muss dabei die Maske vom Gesicht entfernt
werden, und die Narkose erleidet namentlich zu Anfang jedesmal
eine kurze Unterbrechung.
Erbrechen tritt oft zu Anfang der Narkose wie auch kurz vor
oder während des Erwachens aus derselben ein, aber durchaus
nicht häufiger als beim Chloroform. Ferner wurde auch zuweilen
eine vermehrte Secretion der Thränen- und Schweissdrüsen con-
statirt, was jedoch den Verlauf der Narkose nicht weiter beein¬
flusst.’ Sehr häufig ist ein flüchtiges, eigenartiges Erythem der
Haut, welches da entsteht, wo der Aether aus der Maske auf die
Haut’fliesst. Dasselbe verschwindet meist bald, kann aber auch
stundenlang anhalten.
Einen Einfluss des Aethers auf die Nieren haben wir nicht
beobachten können. Nach der Statistik, welche Garrö giebt,
kommt Albuminurie nach Inhalation von Aether mindestens nicht
häufiger vor als beim Chloroform.
Einem weiteren Vorwurf, der dem Aether gemacht wird,
können wir bis jetzt nicht ganz Unrecht geben. Es tritt in der
That eine völlige Muskelerschlaffung bei Aetkerisirung
schwerer ein als bei Anwendung von Chloroform. Dies hat nun
bei sehr vielen Operationen, namentlich solchen an den Extremi¬
täten, nicht viel zu bedeuten, störender ist es schon bei Opera¬
tionen an anderen Körperstellen. Am unangenehmsten ist die spät,
oft garnicht vollständig auftretende Muskelerschlaffung bei Unter¬
suchungen der Gelenke (Coxitis), bei Untersuchungen des Leibes,
speciell der Organe des Unterleibes. Auch die Kaumuskeln er¬
schlaffen sehr spät, und ist der Unterkiefer während der Narkose
meist fest gegen den Oberkiefer gepresst, wodurch das Oeffnen des
Mundes erschwert wird. Freilich braucht man daher nicht so oft
den Kiefer nach vorn zu schieben oder die Zunge vorzuziehen, wie
dieses in der Chloroformnarkose geschieht.
Die Feuergefährlichkeit des Aethers wird von den Gegnern
meist übertrieben. Allerdings darf man nicht in der Nähe des
Gesichtes oder Halses mit dem Paquelin arbeiten. Aber eine
offene Gasflamme, einen Meter über dem Operationstisch, ist ganz
ungefährlich, da die Aetherdämpfe schwerer als die atmosphärische
Luft sind und daher nach unten sinken. Natürlich muss ein
Zimmer, wo viel Aether verdunstet, gut ventilirt sein.
Auf einige Nachwirkungen des Aethers, welche rein subjectiver
Natur sind, möchte ich noch liinweisen. Viele Patienten klagen einen
Tag oder noch länger über schlechten Geschmack im Munde. Die
Ausscheidung des Aethers findet nämlich zum grössten Theil durch
die Lungen und ich glaube auch durch den Schweiss statt. Aetheri-
sirte Patienten riechen manchmal noch Tage lang intensiv nach Aether.
Anhaltendes Erbrechen oder Uebelbefinden haben wir auffälliger
Weise nicht so häufig beobachten können, wie nach dem Chloroform.
Es ist mir aufgefallen, dass Patienten oft schon eine Stunde nach der
Narkose mit dem grössten Appetit ihre Mahlzeit einnahmen und
keine Uebelkeit empfanden.
Ich will noch hinzufügen, dass wir besonders in der letzten
Zeit ruhige, schnell eintretende und feste Narkosen erzielt haben
durch die Combination des Aethers mit Morphium. Wir pflegen
zu diesem Zwecke eine halbe oder eine ganze Stunde vor Beginn der
Narkose 1,0 bis 1,5 Centigramm Morphium subcutan zu verabreichen.
Es lassen sich die auf der chirurgischen Abtheilung des
Krankenhauses Moabit gemachten Erfahrungen kurz in folgenden
Thesen zusammenfassen:
1. Die Aethernarkose scheint ungefährlicher als die Chioroform-
narkose, dabei ebenso einfach und leicht und in jedem Alter zu
verwenden.
2. Die Aethernarkose ist bei Herzkranken indicirt, da der
Aether den Blutdruck steigert.
3. Die Aethernarkose soll nicht zur Anwendung kommen:
a) bei Operationen im Gesicht oder in unmittelbarer Nähe
desselben, besonders wenn mit dem Thermokauter gearbeitet wird;
b) bei bestehender Bronchitis und anderen Lungenkrankheiten;
c) wenn es darauf ankommt, schnell eine völlige Muskelent¬
spannung zu erreichen.
4. In diesen angegebenen Fällen ist das Chloroform in alter
Weise zu gebrauchen.
i 5. Das Chloroform bleibt vollständig neben dem Aether zu
Recht bestehen; jedes Narkoticum hat seine unläugbaren Vortheile.
Ich wiederhole nochmals, dass die Anzahl der bei uns ausge¬
führten Narkosen viel zu gering ist, um aus ihr ein abschliessendes
Urtheil über den Aether fällen zu können. Wir haben aber in
dieser Zeit in dem Aether sein vorzügliches sicheres Anästheticum
kennen gelernt und sind .mit unseren bisherigen Erfahrungen zu¬
frieden, so dass wir auch weiteren Kreisen empfehlen möchten, ihrer¬
seits Versuche anzustellen und die Sammlung der Erfahrungen zu
bereichern.
Nachtrag. Noch bevor obige Mittheilung zum Druck fertig
gestellt war, ereignete sich ein Todesfall, der wohl dem Aether zu¬
geschrieben werden muss. Herr Professor Dr. Sonnenburg theilte
denselben in der „Freien Vereinigung der Chirurgen Berlins“ am
11. December 1893 mit, und es erhob sich gegen die Deutung des
Falles als Todesfall durch Aetherinhalationen kein Widerspruch.
Ich bin von Herrn Professor Dr. Sonnenburg beauftragt, den
Fall als Nachtrag zu den Mittheilungen über Aethernarkosen zu
veröffentlichen. Ich lasse daher kurz die Krankengeschichte und
das Seetionsprotokoll folgen.
Am 17. November v. Js. wurde G., ein 35jähriger kräftiger Arbeiter,
! von einem schweren, mit Dung beladenen Wagen gegen einen Thorweg
gedruckt, kam dabei zu Fall und wurde von einem Hinterrade quer über
Brust und Unterleib überfahren. Er wurde sofort ins Krankenhaus Moa¬
bit gebracht und zeigte ausgedehnte Sugillationen über der Symphjm
in der Gegend beider Hüftgelenke, am Hodensack und Damm. Aus der
Harnröhre floss Blut, Einführung eines Katheters war unmöglich. Da eine
ausgedehnte Zerreissung der Harnröhre vorlag, ausserdem eine, vielleicht
selbst mehrfache Beckenfracturen angenommen worden mussten, so wurde
bei der Unmöglichkeit, vom Damm aus in die Blase zu gelangen, und bei
dem Verdacht einer gleichzeitig vielleicht bestehenden Blasenruptur sofort
der retrograde Katheterismus in der Aethernarkose ausgeführt (Aether-
i verbrauch 250 g, Dauer der Operation zwei Stunden), ln den nächsten
Tagen war der Zustand recht befriedigend, ohne Fieber. Am 20. Novem¬
ber trat Fieber ein, der Verband- und Katheterwechsel wurde in der
Aethernarkose vorgenommen (Dauer 25 Minuten; 120 g Verbrauch). Der
Patient vertrug auch dieses mal die Narkose gut. Auch am tolgenden
Tage musste wegen Spaltungen des tiefen Beckenbindegewebes in der
Nähe des Dammes die. Aethernarkose wieder angewendet werden (Dauer
20 Minuten, Verbrauch 120 g). Patient zeigte auch dieses mal keine Stö¬
rungen nach der Narkose, trotzdem sein Allgemeinbefinden schlechter und
der Puls kleiner gewesen war.
Am 22. November ist das Allgemeinbefinden des Patienten nicht
be§ser. Er klagt über Schmerzen im Unterleibe. Trotz ausgedehnter
Tamponade mit Jodoformgaze zeigt sich in den zerrissenen Muskeln be¬
ginnende Eiterung. Auch ist trotz genügenden Urinabflusses aus dem
Katheter in der Umgebung des Blasenhalses Urininfiltration, wenn auch
nicht hochgradig, wahrzunehmen. Etwas rechts vom Nabel in der Mammillar-
linie hat sich in den Bauchdecken ein Abscess gebildet. Herr Professor
Sonnenburg hatte den behandelnden Stationsarzt beauftragt, diesen Ab¬
scess in der Aethernarkose zu spalten.
Der Puls war frequent, 116 in der Minute, die Temperatur betrug
38,7, doch waren keine septischen Erscheinungen vorhanden. Der Patient
hatte vor der Narkose infolge seines grossen Durstes ziemlich viel ge¬
trunken (Wein, Selterwasser und Müch), ausserdem zwei rohe Eier zu
sich genommen. Schon nach wenigen Zügen, etwa fünf Minuten nach
Beginn der Narkose, ist der Patient narkotisirt. Er röchelte infolge
starker Schleimabsonderung sehr viel; Patient sieht während der kurzen
Narkose — im ganzen wurden nur 50 g Aether verbraucht —■ schlecht
und cyanötisch aus. Beim Einschneiden der Haut fällt die dunkle
Farbe des Blutes auf; der Puls verschlechtert sich um dieselbe Zeit
sehr. Die Athermaske wird sofort weggelassen, ln diesem Moment
erbricht der Patient; der Kopf wird sogleich auf die Seite gelegt; es
muss der fest zusammengekniffene Mund mit dem Heister gewaltsam
geöffnet und ausgewischt werden.. Das Erbrochene besteht aus gelb¬
licher Flüssigkeit mit kleinen, weissen Bröckelchen untermischt. Es ge¬
lingt nur äusserst schwer, aus dem halbgeöffneten Munde die erbroche¬
nen Massen zu wischen. Gleichzeitig musste künstliche Athmung ernge-
leitet werden. Da durch dieselbe keine Luft aus der Brust ausgepresst
werden konnte, und der Thorax ganz starr war, wird schnell die Tracheo-
tömia inferior gemacht und die Trachea mit Stiltupfern ausgewischt; dabei
werden ziemlich grosse Mengen der erbrochenen Flüssigkeit entfernt. Trotz¬
dem gelingt es nicht, Luft aus den Lungen auszupressen,, der Thorax bleibt
starr. Der Puls, der eine Zeit lang noch schwach fühlbar gewesen, ist
verschwunden; die Pupillen sind dilatirt, die Gesichtszüge schlaff; Herz¬
töne sind nicht mehr hörbar. . Der Tod ist eingetreten.
Die Section wurde von mir in Anwesenheit meines Chefs, des Herrn
Prof. Sonnenburg, 30 Stunden post mortem ausgeführt. Der wichtigen
Beobachtung halber lasse ich das Seetionsprotokoll in exstenso hier folgen.
Section am 23. November 1893. Leiche eines grossen, kräftig ge¬
bauten Mannes von etwa 35 Jahren; starkes Fettpolster. Todtenflecke
an den abhängigen Theilen des Rumpfes, Leichenstarre, ln der Mittel¬
linie am Halse eine frische, etwa 5 cm lange Operationswunde. Oberhalb
der Symphyse, ebenfalls in der Mittellinie eine 10 cm lange, und am
Damm eine 6 cm lange Operationswunde. Beide letztgenannten Wunden
sind mit Jodoformgaze ausgestopft. Im Penis steckt ein elastischer
englischer Katheter. Etwa in der Höhe des Darmbeinkammes rechts, m
der Mammillarlinie eine oberflächliche, 10 cm lange Incision. Am rechten
Oberarm eine halbkugelige Schwellung und blaurothe Verfärbung. Blau-
Di gitized b'
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DEUTSCHE MEp/eim&CHE WOOHENSUKXUPT
M Järiuau
• t»riit F!«?pJ;*'n uci-t iu der lmk<V Lenden- und Höftg-ogend mul am Sf.vofmu.
.Am kV!* »Oll au <i'T t.vh*»‘ti ünmt ernte tdi.'Hlj.rhlml-
Ei» iV-tionssebfiii. von der 'Hulä’.vimdv t>i« in die Wunde üVrlm.Üi
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«Im ^usMßiibii-liijic. La bestellt ein langer Umitr. zwischen 4fti* XfuskcL
MÄtan- des Akku njnir /Eftßtafi. Und triaiHvef’sVSy der Infi iMtfgüt T) tiMg*
h\t isl Bi* öotfjdk iu »kr yt«ig«^nd; djöööA* Giuigoaiat
•M.'.^r, iu der Tiefe .lief 0].ieraticc»*wumte über <kr Symph^e Hegt
•{•:•!;;b'.M*’ vor; ilv- OiitTaliomswuitde arij H.ibVyieM mi'&'V Tm ! M in AVr~
ibut'b einen SiiHniU- droHt de« \uui dntkn Tpm'hmdriior
Vm! de.- Xwi’m lif-il *j M'V dh rtnl *i/ii.*rct> iVodi du \ ,,.rler.
[Va". TlV'vri-vy ItiMl- *kh mrM eompri'miren,
Ve'i EiitihniiUis» de:, Brite.! kdu* Ib-imn die Lungci; cor, wrJVi ■ y u4 -
üLht colMüru Die Bmalonian* werden sM*ttüftmü hemariße.noimiii n/n.v.
Wir mli uns der messeu lloldYiiiic viel dunk-kv. tltU*Mt#«$ Bku
!di Ite^ViV'i vvuiyc MViuy« klmey *orfi,M*f- BUtWkmf, HerV
m e.fmM' &&**& tfe .Eatmt. 4k Akmimn fin litftap Vtndrifct)
’Ä-filiefi virf jlihi^e* JJJwt; m ri‘elif«i- jfagßjrftfl sp*£kJi«tijü $9 CptihUH«
’V Ynmr, Klappes* inUtrA IV xwe* UsPVVyre !m<iiie?u dim.b
l-nAm U-miVHeWi atiiiidi; linkt* Wand sW. von U-hii\kr
IVviümhm PftHi«/ •'Intima der Aon» .*jm] Piiliminoli« ditfV erjvHhm
V ast "fit,. \,*iai.d-r»*omm hi it.*r Tlorhi» und den &K.b oi.-. \^*, „
m- Pn-|* i'MÜm'u'm weder Siirwon^ie, r»m*j) Sr-fii^im od«*r Blae !{»-•},ü-
Vime A.hJt -ich ilVmil pral] claVBek ;u,. iJunkelMum-dl« S rvf#Hn : \V
V Spn.zi-. H« -.difer jmtiVer 3fm*rd. Pie ^dmwjikhc IrinM d8ju-hd:
v, " ; «lwikciror|ier IVvko. Aul Druck i.müuurr. W iWf W!iu«? tufL h ou,h t - v
uj Bim uiifi *m%<- ViVßmlmV Die liaiie Uma/, eliiddnljs 'Sii^tnvl-
lihmu ft, ^r»?{ uu v.rsrni!V>mn dasselbe Bild. - " -
. UkcBriniobmu ’Äti^üV ^ frvik als jn&rfiUi .mit Vr :
>Lt.i Wfm'timvn, KtttÄ vcminzn|t sind in d*m raitiyluvm^en Aesinn
4*r«i«ftir Bwfie djSTekoldmn vi Sii/fen. %didh: Spei^fhrilcncu *>± \
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^.ib.yt^MzonHi.r ]Wi em Darmbciü von obeü nael! !
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; durch erhrmlicno Masm-n. mk- r uh cU
| Ldhrniing 1 -i»rs AHiniiuiüftt-cnti'umä de/vh den Act
I l#t f j f der Sratistik HankrilV Verde die Trm h
1 ä«nii dem T.ade dfjrtdi Hrhrtfeliänt* Ma&i^u roMhfü
- frn vorHejrvmulnn Hille avur-lcn hei der Sorlnm Hdie
1 Wm*' PHcfiUiuhmi In de» miu.Vvo^ci
r .mnrteji. _ welche imimiBtlls nVht . iruHänd»* y.u«-
j Uespira tim« xu hmdevir. One ir»ö«.*h.-ta.i.«ehc «Vf-h»
] w ^‘dms durch die in die TracJ.cy aepinrttp. »>rbi-
! kn?.et7.t avaiA he^tnrid dfnr turxc V^cit sind VUrd'e dl
I'.: in uhd das ÄnswisrhrT? der- Tiw4ieö j^nUr stdit
. wdmiid., pomlich : ^cdMän/% ^{ohott. Ti ut ^y
nln&t s dur<-h die kunstj^nrnnhl ^u^efübrt
Athdjung. Un4t cirtü dem Vpiirrei;!
Whpr^^ni. E* hntto alan vinjh-.Vhr. ^.}, 0jl -,'b^
völligen Aufliclmn^ iter 'J£öap.iiut-«iii ^‘hünt, "mh *
m »len Btinjrcn lierimijuführeu. wvi.ÜM* in der [
‘*^ n | r - ^V' m:i"i»r.jh:»ft‘> Krtvlilnffnnt* der Knmmmk
mtiar ilfo Afiptfut-ion der nrhfoidimihö M^seai, da
mit Mphc hedilhct uml nuMireMiaehf. .worden konnte,
dör Imi Aetliemyrkoadti eher bnoicaeiltet virtj aj#
ftai-kosmi uml vm-lhlnguDsvoll sa-in Hirns.
So wird man äu der- /Vmmtmu* Inii^ujidüV. da
um .cum richtige priman* IVlinmiig- der BvpijVtti.m
Wie kern» Thitu'eximnhK'nt atu
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rnnrrum wt< nie gelahmt, iW'.
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der;ist. I)or A tluunxigfssti
Ketmi Iti^pfralien Ivehep, (iec 1
iduivhtAHiAr ItihIc jcfi tin^ends
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Uinfvhen tliinirg’h- XÜ. |
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SflbjM wurden. g>iaug hb
. Ebenso wuulg Irattk tikt'
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unfm) iu*t*vtirgVbt>A*.
die di^ußge.t'ft ••'W|edoi*libJ.».iDsf der gVifell^ffiStfcoSihn,
r die infolge rmuitiigfaflier W ü n dasinpiicd.tionr- 11
Hde \Vifkuvtiihd^krutf dos l’atinfitcu, duy vor-
dip ScJirvm* der V erJstziiiigmj wlfe .m dpm
todUiehtm Ausgange beigrdragßn oder drmsnJben- beoinllusrd, häbeu.
wugo ich nicht -äh euk-mhrideo.
IV. Am tJbr Frivaiklinlk fpu: .Fr^uenkranklidtep
Br. L. Lflftdaxi in Berti«.
Die AetBarnarko$th
Voö - Dr ’O. (■»roRsrnftiin ia ifiessdü.
.An <l«r üiliiiifc; :id*s Tfi*ri'ft T‘r. firinijivi! wird die AeMmrisurkuse
mit Vr XASihäSIcIm ’-.(duoi Mu>k»* ye.it Oe.tidmi 5 . LH‘.H) ;ut-.*.•■< isüc^lieh
■; • jBigi'W'midr. \'nm Novem-’
ItUiitriuo^kö uäcli «low auf LaadauVoOm) IvlinjU t_d«‘ genaue Uesa.uilMt-
^«bfwtjßhlen Modcn.^ Äöjit fflför -Earkpftgii ‘ Seit
dt'; JXgrlü: C-.
^rs ; u,V Na ( ;ü Ertiffuuiig des Sehoihd^ woleher
5 ■ d ie glatt ca fy-uelrt gliiu ze,ii<Je? Du» r H
1 cefgllt tmt duoklem tiösVgcu), Bim.
^ Ueföeki- #r Bk stark
-k^üm : lh;Äi'ikfTu{ten
Bjiifpunkte fiiöbt miiUdUgVonoeWt. ‘ s
orhmf (hw verhängrsi^eollen Auiko«o und
■iightfct,- so vnrstehf die Frage, oh der l»e-
-■mtei* AuMmrtmj anfzuiHsbon ist. oder nicht,
' Un< b . B'dlier 0dm- duieb Aspirutiow er-
irkl iv Von dein, wes 'hie ietsV über die
W.hiftnen ^ he.fjamleih pmer andei^ji
Von ]>r, Bi'osh flaufcejf) «lie ver-
Huadbueh der. ; .tub'td&fchjng*ttUiÄtheBv:;, i i,
>m. itoch uw* A ilitityn von Kanni« 1 crr
V) Die AbbiMüng kt dytu Knj;i)n*
-•), eDhunnmioiu
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4
82
October 1890 ist nicht mehr zu eruiren, beträgt schätzungsweise
ca. 1200, hierunter mehr wie 250 Laparatomieen. Hierbei hat sich
der Aether als ein durchaus zuverlässiges und gefahrloses Mittel
gezeigt. Zehn Minuten vor Beginn der Narkose wird in der Kegel
0 01 Morphium subcutan injicirt. Man ist auf der Landau sehen
Klinik der Meinung, dass dadurch die Narkose etwas schneller ein-
tritt., besser verläuft, und der Aetherverbraueli verringert wird.
Ich habe indessen eine ganze Reihe von Narkosen, wobei auf
meinen Vorschlag hin das Morphium weggelassen wurde, geleitet
und konnte keinen wesentlich anderen Verlauf constatiren. Es
scheint mir, als ob nicht viel darauf ankommt, ob man vorher
0,01 Morphium giebt oder nicht.
Der wichtigste, ja fast der einzige Punkt, auf welchen man
bei der Aethemarkose zu achten hat, ist die Respiration. Es
sind hier einige Erscheinungen zu beobachten, die man kennen
muss, wenn man eine gute und ruhige Aethemarkose erzielen will.
Aetherdämpfe, wenn nicht gerade in sehr starker Verdünnung,
erzeugen reflectorisch eine krampfartige Verengerung des Kehl¬
kopfes, wie man sich durch einen Versuch sofort selbst überzeugen
kann. Wenn der Patient noch völlig bei Bewusstsein ist, dann bedarf
es nur einer geringen Menge von Aetherdampf, um einen Reflex¬
krampf mit sofortiger, oft sehr lange anhaltender Stockung der
Respiration zu erzeugen. Im weiteren Verlaufe der Narkose wird der
Patient nun immer toleranter gegen den Aether. Es sind schon
concentrirtere Aetherdämpfe nöthig, um einen Krampf, eine Stockung
der Respiration auszulösen. Schliesslich giebt es einen Zeitpunkt,
wo man durch starkes Schütteln des Gummisackes den Patienten
fast concentrirte Aetherdämpfe einathmen lassen kann, ohne dass
er irgendwie reagirt. Es muss sich deshalb unser Augenmerk
darauf richten, dem Patienten gerade soviel Aether zuzufüren, als
er im betreffenden Augenblicke tolerirt, nicht mehr und nicht
weniger. Giebt man weniger, so verzögert man unnöthig den Ein¬
tritt der vollen Narkose.
Ich habe Fälle gesehen, wo das Schütteln der Maske vergessen
wurde, und die Patientin deshalb kaum zum Schlafen kam. Auch
kommt es vor, dass der in die Maske gegossene Aether völlig ver¬
braucht, resp. verdunstet ist, und dass dieser Umstand, weil der
Gummi undurchsichtig, übersehen wird.
Auf eine halbstündige Narkose rechnet man etwa 50—100 g
Aether, selten mehr. Tolerirt der Patient die Zuführung der con-
centrirteren Aetherdämpfe, so fahre man mit dem Schütteln der
Maske so lange fort, bis der Comealreflex total erloschen ist.
Bei der Julliard’schen Maske, welche die Augen bedeckt und
nicht entfernt werden soll, ist es unmöglich, den Comealreflex zu
prüfen. Ich halte es für einen grossen Vortheil der Wan sch er¬
sehen Maske, dass man sich jederzeit durch Prüfung des Comeal-
reflexes von dem Stande der Narkose überzeugen kann. Manchmal
indessen lässt uns der Comealreflex, ebenso wie auch bei der Chloro¬
formnarkose, im Stich. Er ist schon verschwunden, während die
Patientin noch spannt. Hier muss man sich nach der vorhandenen
oder fehlenden Muskelspannung richten und das Verhalten der Pupille
beachten.
Ob man im Verlaufe der Narkose mehr oder weniger den
Gummisack schütteln darf, das merkt man sofort an der ruhigen oder
stockenden Athmung, die man am besten mit dem Ohr controllirt.
Wie schon gesagt, erzeugen concentrirtere Aetherdämpfe
reflectorisch eine krampfartige Verengerung des Kehlkopfes, zugleich
aber auch durch den direkt auf die Schleimhaut des Respirations-
tractus einwirkenden Reiz eine vermehrte Schwellung und Secretion
der Schleimhaut, weiter auch durch direkte Einwirkung auf Gaumen¬
segel, Zungenbasis und Kehldeckel eine Anästhesie resp. Lähmung
dieser Theile. Alle diese Umstände, ebenso wie auch das bei
Chloroformnarkose vorkommende Zurücksinken der Zunge, tragen
dazu bei, die Respiration zu einer behinderten zu machen, und sind
die Ursachen der fast bei jeder tiefen Aethemarkose zu beobachtenden
lauten und schnarchenden Respiration.
Wenn nun somit eine gewisse Beschränkung der Luft und
damit der Sauerstoffzufuhr einmal eingetreten ist, so kann dieser
Mangel noch hochgradiger werden, wenn wir die Maske weiter auf-
legen. Es wird jetzt durch den Aetherdampf so viel Luft verdrängt,
dass das Sauerstoffbedürfniss nicht mehr gedeckt wird. 1 ) Jetzt fängt
die Asphyxie an, jetzt wird das Gesicht cyanotisch, und das Blut
im Operationsfeld wird schwarz. Derselbe Zustand beim Chloroform
*) Da in der Narkose in der gleichen Zeit etwa dreimal so viel
Aether als Chloroform gebraucht wird, so wird durch den Aether¬
dampf natürlich auch eine wesentlich grössere Menge von Luft resp. Sauer¬
stoff verdrängt als durch die Chloroformdämpfe. Es entsteht daher bei
der Aethemarkose leichter Sauerstoffmangel und Asphyxie und viel
häufiger, als bei der Chloroformnarkose, sieht man das Blut im Operations¬
feld dunkel werden, besonders aber dann, wenn der Narkotiseur nicht
aufpasst und nicht fortwährend dafür sorgt, dass die Respiration völlig
frei und unbehindert ist
wäre alarmirend, weil die Ursache der Cyanose hier sehr oft nicht
in dem behinderten Luftzutritt, sondern in der mangelnden Cir-
culation des Blutes, also in einer Störung der Herzthätigkeit liegt.
Bei der Aethemarkose ist dieser Zustand ungefährlich, er hat
dieselbe Bedeutung und kann ebenso stundenlang ohne Gefahr er¬
tragen werden, wie die Cyanose, die auf einer Behinderung der
Respiration infolge eines mechanischen Hindernisses beruht, z. B.
in den Membranen bei Croup. Butter, der den Aetherdampf in sehr
concentrirter Form anwendet, also asphyxirt, fand, wie schon er¬
wähnt, bei fast allen Patienten ein Erythem. Ich möchte die Ver-
muthung aussprechen, ob es sich hier nicht am ein Erythem
handelt, welches durch die bei der Asphyxie sich im Blute an¬
häufende Kohlensäure bedingt wird und welches mit dem Aether als
solchem nichts zu thun hat. Auf der Landau’schen Klinik ist
ein solches Erythem niemals beobachtet worden.
Es ist aus den oben angeführten Gründen bei der Aethemarkose
ganz besonders wichtig, für vollkommen freie Respiration zu sorgen,
was manchmal gar nicht leicht ist. Am sichersten geschieht es
durch zwei Maassnahmen.
Erstens, dass man das Gesicht während der ganzen Narkose
auf die Seite dreht. Hierdurch wird einem Zurücksinken der Zunge
vorgebeugt, auch eventuell erbrochenen Massen das Ausfliessen aus
dem Munde erleichtert.
Zweitens, indem man das Kinn energisch nach oben zieht.
Man giebt gewöhnlich den Rath, den Kiefer vorzuschieben, indem
man beiderseits den Daumen auf die Fossa canina, die anderen
Finger hinter den Kieferwinkel setzt. Dieser Griff ist sehr oft un¬
genügend. Prompt wird dagegen die Respiration frei gemacht,
wenn man das Kinn energisch mit hakenförmig gekrümmten Fingern
in die Höhe zieht, dadurch die dicke Basis der Zunge streckt und
schmäler macht und zugleich die Epiglottis hebt. — Die Ausübung
des Griffes ist folgende: Der Patient liegt auf dem Rücken, sein
Gesicht wird so nach der Seite gedreht, dass es von dem Narkotiseur
sich ab wendet. Der Narkotiseur greift nun mit der Hand, welche der
Seite entspricht, nach welcher das Gesicht des Patienten gerichtet ist,
um den Kopf des Patienten herum. Die Spitzen des dritten, vierten
und fünften Fingers werden unter dem Kinn eingehakt und so das
Kinn energisch in die Höhe gezogen. Der Daumen und Zeigefinger
fixirt die Maske am Munde des Patienten. Sollte der Patient un¬
ruhig sein, den Kopf bewegen, so kann der Narkotiseur gleich¬
zeitig den Kopf wider seine Brust drücken und denselben auf diese
Weise fixiren.
Man hat jetzt die eine Hand frei und kann damit eventuell
die Arme festh alten, den Comealreflex prüfen etc.
Als ich die erste Narkose in der Klinik des Herrn Dr. Landau
übernahm, verlangte ich die Kiefersperre und eine Zungenzange,
da ich gewohnt war, die Instrumente nicht nur bereit zu haben,
sondern auch öfters zu gebrauchen. Ich war höchst erstaunt, als
man mir erklärte, dass derartige Instrumente auf der Landau’scheu
Klinik nicht gebraucht werden, man müsse nur verstehen, durch die
richtigen Handgriffe die Respiration frei zu machen. Damals staunte
ich. Heute bin ich derselben Meinung, und wenn ich manchmal
sehe, wie von Collegen die Zunge des Patienten maltraitirt wird,
dann muss ich sagen: Die Häufigkeit des Gebrauches von Kiefer¬
klemme und Zungenzange steht im umgekehrten Verhältniss zu
der Kunst des Narkotiseurs.
Den Puls des Patienten während der Aethemarkose zu con-
trolliren ist unnöthig. Es ist von den verschiedensten Autoren, zum
Theil auch experimentell an Thieren, festgestellt worden, dass beim
Aether niemals das Herzcentrum vor dem Respirationseentrum
alterirt oder gar gelähmt wird, wie solches bei der Chloroform¬
narkose öfters vorkommt. e .
Da mau den Puls nicht zu beobachten braucht, die Respiration
aber durch das Gehör oder an dem sich auf blähenden Gummisack
der Maske controlliren kann, so ist es, wie Füter sagt, möglich,
dass man die Narkose bei Mangel an fachmännischer Assistenz
ohne grosses Risiko einer unerfahrenen Person übertragen kann,
ohne den Vorwurf von Gewissenlosigkeit auf sich zu laden, der
stets auf dem allein chloroformirenden und operirenden Arzte
lastet.
Bei anämischen Personen ist der günstige Einfluss des Aethers
auf die Herzthätigkeit während der Narkose ein ganz bemerkens-
werther und wurde von mir an verschiedenen Fällen, darunter auch
eine geplatzte Tubenschwangerschaft mit hochgradigem Bluterguss
in die Bauchhöhle, beobachtet. Merkwürdig war auch ein Fall von
Carcinom, wo von Landau die Totalexstirpation gemacht wurde.
Als die sehr schwächliche Patientin den Operationsstuhl bestieg,
war beiderseits der Radialpuls, der am Tage vorher schon sehr
schwach gewesen, vollkommen unfühlbar, offenbar infolge der Auf¬
regung. Auch mehrere anwesende ältere Collegen überzeugten sich
von der absoluten Unfühlbarkeit des Radialpulses und der ganz
ausserordentlich schwachen Herzaction. Trotzdem wurde ruhig
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
25. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ätherisirt. Im Verlauf der Narkose wurde der Radialpuls beider¬
seits ziemlich kräftig und gut fühlbar, ca. 80 in der Minute. Bei
Entlassung der Patientin bestand wieder schwacher und schlechter
fühlbarer Radialpuls, 96 in der Minute.
Ueber diese Verhältnisse sagt Garrö: „Man muss wirklich
Afters diesen auffallend günstigen Einfluss der Aetherinhalationen
auf ein schlecht functionirendes Herz beobachtet haben, um den
augenfälligen Vortheil des Aethers vor dem Chloroform bei Herz¬
fehlern zu verstehen.“
Bei fettiger Degeneration des Herzmuskels ist das Chloroform
so sehr zu fürchten, denn viele Todesfälle führen sich auf diese
Affection zurück. Unter den Aethertodesfällen ist keiner mit
Herzverfettung. Dumont leitet aus dieser Thatsache im Hinblick
auf die Verantwortlichkeit des Arztes die Forderung ab, dass Herz¬
kranke nie chloroformirt, sondern nur ätherisirt werden dürfen.
Die bei der Julliard’schen Maske constante, meist erhebliche
Vermehrung der Secretion der Speicheldrüsen und der Tracheal- und
Bronchialschleimhaut ist vielleicht weniger eine Folge der durch die
Aetherdämpfe vermehrten Secretion, als vielmehr der Asphyxie. Bei
der Narkose mit der Wanscher’schen Maske, falls man nur das
Asphyxireu vermeidet, fehlt in der Regel fast jede Secretion der
Tracheal- und Bronchialschleimhaut. Die Secretion der Speicheldrüsen
sieht man öfters, aber auch bei weitem nicht in allen Fällen etwas
vermehrt. Liegen nun die Patienten mit dem Gesicht nach oben,
womöglich auch noch mit durch Kissen etc. erhöhtem Kopf, dann
iliesst der Speichel in die Trachea und trägt dazu bei, die ohnedies,
wie schon aus einandergesetzt, meist beschränkte Respiration noch
mehr zu behindern.
Es ist deshalb auch aus diesem Grunde wichtig, das Gesicht
fortwährend nach einer Seite gedreht zu halten und den Kopf nicht
durch Kissen erhöht zu lagern. Es fliesst alsdann der sich in
manchen Fällen bildende Speichel in die Backentaschen. Führt
man nun den Zeigefinger in den tiefer liegenden Mundwinkel ein
so kam man jetzt leicht den Speichel durch den am tiefsten
liegenden Mundwinkel ausfliessen lassen. Es muss aber alsdann
auch wirkheh der mit dem Zeigefinger offen gehaltene Mundwinkel
der tiefste Punkt der Mund- und Nasenrachenhöhle sein, man darf
also den Kopf gegen den Oberkörper nicht erhöht, sondern eher
sogar noch etwas tiefer lagern.
^\&iederh°lt babe i c h gesehen, dass bei Laparatomieen der
»Operateur durch eme energische Zwerchfellrespiration, welche die
^^. da f 1 ?- P f a u tionsfeld drän ^ t ’ £ estört ^rde. Ich möchte
mmu ausdrücklich betonen, dass an einem solchen Vorkommniss
ääs: sät h8rt> der Aether ’ soadeni immer
kanr/öT!! ^ am P^ la ^^ e J 1 tig-© und beschleunigte Z werchfellrespiration
Z lt re y eT ^ denen Sfcadien der Narkose auftreten. Nur
Maasso fl hm?n eS f S l adle » genÄU kennt ’ wird man auch die richtigen
Aspiration Pr «+ tri tt die heftige Zwerchfell-
der ^rkose auf, als Reiz oder
dabei nnrh K g D bei zu c . oncent,ri rtem Aetherdampf. Patient ist
ZweLrL b h e o tsem. Hier lasse man etwas Luft zu.
einer völlig des Bewusstseins, aber noch vor Eintritt
gehört L das ^ ^ er auftretende heftige Respiration
sehr häufi* b deS Excit aDonsstadiums, das sich beim Aether
Hier vmsmZ eiTe £ ten Respirationsthätigkeit zeigt.
« muss man die Aetherdns c rinm.ii vr®
83
Hier muss man eiTe ^ ten Respirationsthätigkeit zeigt.
«rstarkenlTsn^» Aetherdosm durch Schütteln der Maske rasch
tritt eine heftie “ . tlefe Narko ? e bringen. Drittens
bei längst völlifo-oo , erc HRllrespiration auch bei tiefer Narkose, also
° w,,T, idenem Cornealreflex ein. In diesem Falle ist
, . - X2W* 1U U1ÜÖC1U X alle löt
des Patient™ ei ncr Asphyxie, eines Luftmangels, der Athem
ist dann immer T? aue ^ toff ' . Das Blut im Operationsfeld
Bestimmtheit behaunfr!' Hle ^ llegt die ürsa che, wie ich mit aller
eben wie oben ft „ ca P ’j nur daran \ dass auf die Respiration, die
einer beschr 3 nir+ nailde - r , ges ^ z ^ kt, Hei der Aethemarkose leicht
dafür »soret ^ d ’ ^ cht & enü £ e °d aufgepasst und nicht
Hier liegt eino *■’ das ? dieselbe immer genügend frei war.
unangenehme KlmL'!? 8 un ^ e ^ ä hrliche, aber jedenfalls sehr
Hüppe zu verm<55«Ti er Narkose. Nur derjenige, welcher diese
’nimer für recht fr«?* J eiB ?> ^ er also von Anfang der Narkose
^aratomieen den n Aspiration sorgt, wird gute und ruhige, bei
der Chloroformnarkn C f e - ra ^ Ur ^Ht störende Narkosen haben. Bei
ffi achen. Dazexrpn ;*+ 1St ? s ei ^ kiehtes, die Respiration frei zu
ich aus Erfahrne«. 68 ? e / nz ^ n ®n Fällen oft sehr schwierig,
[d zu erhalten und ^ der ^-othemarkose die Respiration
Aufmerksamkeit d« a 111 manc hen Fällen die fortwährende
nchtig ausgeführt w•? tl8e ? rs : ü)er oben angegebene Griff,
^Ahrt. 1 S1 °H mir in allen Fällen als ausreichend
ki der durch Shhuw^T 3 ’ eseken ’ dass un ®rfahrene Narkotiseure
ac K in der Meim,«„ Aspiration bedingten heftigen Zwerchfell-
Meintmg, dass das zweite Stadium, also noch eine
Excitation der Respiration, vorliege, dem Patienten weiter Aether
gaben, anstatt die beschränkte Respiration frei zu machen Durch
die, die Luft verdrängenden Aetherdämpfe wurde der Sauerstoff-
m ^ ng rV d ' h . dle As P h ^ xie und damit die heftige Zwerchfellaction
natürlich noch vermehrt. In einigen, jedoch seltenen Fällen wo
der Cornealreflex sehr früh, d. h. noch vor den übrigen Reflexen
erlischt, ist es allerdings für den Ungeübten schwierig zu unter¬
scheiden, ob das zweite oder dritte Stadium vorliegt, oh man Aether
weiter gehen, oder denselben fortlassen und die Respiration frei
machen soll Irgend welche besondere Gefahren birgt aber dieses
Dilemma nicht in sich, denn wenn man auch mein’ Aether giebt
als nöthig ist, so wird zwar der Operateur durch die schlechte
Narkose gestört, indessen erwächst dem Patienten bei der Gefahr¬
losigkeit seihst sehr concentrirter Aetherdämpfe kaum ein Nach-
, eil, vorausgesetzt natürlich, dass man diesen Zustand nicht allzu
lange dauern lässt.
,. dm Anfänge meiner Thätigkeit in der Landau’schen Klinik
hielt ich den mir aus schlechten, die Laparatomio störenden
Narkosen erwachsenen Tadel für unberechtigt und schob die Schuld
auf den Aether. Da es jedem Anfänger in der Aethemarkose so
gehen wn-d wie mir, so will ich meiner jetzigen Ueberzeugung, dass
nicht der Aether als solcher, sondern nur die mangelhafte Technik
ui ^ wen dung, vor allem die behinderte Respiration, an den
schlechten Narkosen Schuld ist, nochmals Ausdruck verleihen.
Auf die Niere hat der Aether keinerlei ungünstigen Einfluss
wie sich unter anderem auch in mehreren Fällen von Exstirpation
einer erkrankten oder wegen Ureterenfistel operirten Niere zeigte.
Die Gefahr der leichten Entzündlichkeit des Aethers ist bei
der Wanscher’schen Maske, wo der Aether in dem Gummisack gut
abgeschlossen ist, eine kaum nennenswertke. Nach Füter ent¬
zündet eine brennende Kerze, welche einer mit Aether gefüllten
Schaale genähert wird, denselben bei einer Annäherung von oben in
der Entfernung von 3—4 cm, bei Annäherung von der Seite in
b—7 cm, bei Annäherung von unten, weil die Aetherdämpfe nach
unten abfliessen, in der Entfernung von 40—50 cm.
Die Nachwehen der Aethemarkose sind ähnlich, wie nach der
Chloroformnarkose, doch scheint das Erbrechen nicht so häufig
aufzutreten. Der unangenehme Aethergeschmack und das Er¬
brechen sind bis zum Abend verschwunden, in seltenen Fällen
dauert es auch 24 Stunden oder noch länger an.
Leichte Bronchialkatarrke bilden keine Contraindication.
Solche Fälle wurden wiederholt mit gutem Erfolge ätherisirt.
Stärkere Bronchialkatarrhe mit vermehrter Schleimabsondorung,
überhaupt alle Fälle, wo die Atkmung und damit die Sauerstoff¬
zufuhr einer gewissen Beschränkung unterliegt, also Emphysem,
grössere Exsudate, Lungeninfiltrate, mechanische Behinderung der
Sauerstoffzufuhr durch Hindernisse in dem Kehlkopf oder der Trachea,
dürften eine Contraindication für die Anwendung des Aethers geben!
Die Begründung hierfür habe ich oben gegeben, wo ich auseinander¬
setzte, wie die Sorge für freie Respiration und während der Ein¬
leitung der Narkose für genügenden Zutritt von athmosphärischer
Luft bei der Aethemarkose in viel höherem Maasse als bei der
Chloroformnarkose nöthig ist.
Zum Schluss möchte ich nochmals auf die prineipiellen
Unterschiede zwischen den beiden Methoden der Aetheranwendung
hinweisen. Garr6 sagt: „Die Einleitung der Aethemarkose unter¬
scheidet sich von der Chloroformnarkose vor allem dadurch, dass
der Aether möglichst concentrirt und in grossen Dosen eingeathmet
werden muss.“ Auf Grund der mit der Wanscher’schen Maske
gewonnenen Erfahrung sehen wir, dass es durchaus nicht nöthig
ist, den Aether concentrirt einathmen zu lassen. Ja ich gehe noch
weiter und halte diese Methode direkt für falsch.
Als Analogon berufe ich mich auf die Wandlungen, die die
Chloroformnarkose durchgemacht hat. Früher gab man fast all¬
gemein die Chloroformdämpfe sehr concentrirt zu athmen, indem
man die ganze Maske vollgoss. Jetzt sind wohl die grossen Vor¬
züge der Tropfmethode unbestritten. Dass mancher früher vor¬
gekommene Todesfall auf eine Herzsynkope infolge von Einathmung
zu concentrirter Chloroformdämpfe zu beziehen ist, wird allgemein
zugegeben.
Nun könnte man mir einwenden, bei der Anwendung von noch
so concentrirten Aetherdämpfen ist kaum je etwas derartiges vor¬
gekommen. Selbst die Richtigkeit dieser Behauptung zugegeben,
beweist mir das weiter nichts, als dass der Aether auch bei un¬
vorsichtiger Anwendung in concentrirter Dosis ein sehr ungefähr¬
liches Mittel ist.
Ich spreche nicht aus dem Grunde gegen die Julliard’sche
Maske, weil ich die Anwendung von concentrirten Aetherdämpfen
für besonders gefährlich halte, sondern weil ich gesehen habe, dass
alle die bei dieser Methode eintretenden unangenehmen Erscheinungen
sich bei der Anwendung einer anderen, der Tropfmethode bei der
Chloroformnarkose entsprechenden Methode vermeiden lassen.
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84
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT-
Während ich Vorstehendes niederschrieb, hatte ich mich brief¬
lich an Herrn Prof. Dr. Wanscher in Kopenhagen gewandt und
die schon vorher erwähnte Mittheilung erhalten, dass die oben be¬
schriebene Gummimaske von Herrn Prof. Wanscher angegeben
und bei ihm seit dem Jahre 1880 ausschliesslich in Gebrauch ist.
Zugleich hatte Herr Prof. Wan scher die Liebenswürdigkeit, mir
eine von ihm im Jahre 1882 verfasste Brochüre, „Om Brugen af
Aether som Indaandingsmiddel“, wofür ich ihm an dieser Stelle
meinen verbindlichsten Dank sage, zu übersenden. Der dänischen
Sprache unkundig, gelang es mir erst nach Niederschrift meiner
Arbeit, einen Uebersetzer zu finden. Zu meiner grossen 1 reu de
finde ich, dass meine Ansichten über die Methoden zum Aetherisiren
mit denjenigen des Herrn Prof. Wan sch er im wesentlichen über¬
einstimmen, und dass somit die von mir ausgesprochene und näher
begründete Verurteilung der Methode der Asphyxirung und damit
der Julliard’schen Maske eine so gewichtige Stütze findet. Ich
halte es für sehr bedauerlich, dass die Wanscher’sche, schon 1882
gedruckte Brochüre in Deutschland total unbekannt ist, und kann
es mir deshalb nicht versagen, das wichtigste daraus hier mit-
zutheüen. Auf die Frage: „kann der Aether zu allen Operationen
mit ebenso gutem Erfolg angewandt werden wie das Chloroform“
antwortet Wanscher:
„Es bedarf eigentlich nur eines Hinweises auf die oben genannten
grossen Hospitäler (in Amerika und England), wo der Aether seit
1847 bis jetzt ausschliesslich und ohne irgendwelche üblen Zufälle
angewandt wurde.
„In Amerika ist das Chloroform an einzelnen Spitälern ver¬
boten, und der Arzt, welcher einen Patienten in der Chloroform¬
narkose verliert, muss gewärtig sein, dass er von der Jury wegen
Mord verurtheilt wird. Das Gefühl der Sicherheit beim Aether ist
so gross, dass die Ausführung in der Regel den jüngsten Studirenden
oder Krankenwärtern überlassen wird. Ja an einigen Stellen
narkotisirt sogar der Portier die Verunglückten vor Ankunft des
Arztes.
„Die Dublin medical Press and Circular sagt: Die, welche nun,
da die Gefahren des Chloroformirens so bekannt sind, fortfahren,
dasselbe zu gebrauchen, sind verbrechersich fahrlässig und unwissend.
Sie geben zwar zu, dass der Aether ungefährlicher sei als das
Chloroform, finden es aber nicht der Mühe werth, sich darum zu
kümmern, wenn hin und wieder ein Menschenleben zugrunde geht.
„Diday in Lyon sagt, es sei ein Verbrechen, Chloroform anstatt
Aether zu gebrauchen.
„Keith in Edinburgh sagt 1874 im Brit. med. Journ.: „„Je mehr
ich den Aether anwende, desto mehr liebe ich ihn. Es ist merk¬
würdig, dass das Chloroform so schnell die Ueberhand bekam. Vor
dem Chloroform hielten wir alle den Aether für ein ausgezeichnetes
Anästheticum. Ich zweifle daran, ob die Menschheit einen Nachtheil
erlitten haben würde, wenn man niemals von dem Chloroform etwas
gehört hätte. Seit 1870 habe ich ständig Aether gebraucht. —
Man spart ganz sicher fünf bis zehn Minuten beim Gebrauch von
Chloroform und ein Theil Mühe. — Ais ich im Jahre 1870 den
Aether rühmte, nahm man es als vollständig heidnisch und von
persönlichen Motiven herrührend auf. Jetzt kann ich nur unter¬
schreiben’ was ich damals sagte.““
„Nicht selten, jedoch mit Unrecht, hört man den Einwand, dass
der Aether sich nicht zu lange andauernden Narkosen eignet. Ich
will nur daran erinnern, dass Keith denselben bei 145 Ovariotomieen
gebraucht hat.“
Ueber die Technik der Aetheranwendung sagt Wanscher
folgendes:
„Es giebt zwei Methoden den Aether zu geben, die
asphyxirende und die berauschende:
„Die erste Methode, die asphyxirende, besteht darin, dass man
ein zusammengerolltes Handtuch, oder einen ähnlichen mit Aether
stark benetzten Gegenstand vor Mund und Nase hält und den
Patienten zwingt, den ungemischten Aetherdampf einzuatkmen,
indem man mit Gewalt ihn abhält, den Aetherapparat vom Munde
wegzureissen. Nach einigen wenigen Athemzügen und einem kurzen,
in der Regel gewaltsamen heftigen Kampf wird der Patient
cyanotisch und fällt schlaff hin. Der Aether wird nun wegge¬
nommen, und nach einigen Athemzügen hat der Patient seine frische
Farbe wieder und ist nun in tiefer Narkose, welche jetzt ohne
weiteres Asphyxiren fortgesetzt werden kann, indem man den Aether
gemischt mit Luft weiter giebt.
„Diese Methode, genannt die amerikanische, weil Jeff ries 1872
dieselbe in London demonstrirte, ist jedoch keineswegs die allge¬
meine in Amerika, und die meisten sowohl amerikanischen, wie
englischen Aerzte verwerfen sie und ziehen es vor, die Narkose,
weirn auch mit etwas Zeitverlust, so doch ohne das unheimliche
Zwischenglied der Asphyxie hervorzurufen. Jeff ries hat auch
später erklärt, dass er kein Freund dieser Methode sei und sie nur
deshalb demonstrirt habe, um die Londoner Aerzte zu überzeugen,
dass man nicht so lange Zeit braucht, wie allgemein angenommen
wird, um eine völlige Narkose mit Aether zu erzielen.
Die Methode der Asphyxirung ist jedoch in so viel hallen ohne
Unglück gebraucht worden, dass man sie mit vollem Recht für
relativ unschädlich halten kann. In ganz exceptionellen 1 allen
scheint sie mir sogar empfehlensvrerth, zum Beispiel wo wir es mit
einer Fractur und delirirenden Patienten zu thun haben.
Die zweite Methode, die berauschende, besteht dann, dass man
den Aether in ähnlicher Weise wie das Chloroform mit oder oline
Apparat gemischt mit Luft giebt. Doch gilt es hier genau darauf
zu achten, dass man den Aether nicht , zu stark mit Luft verdünnt
giebt sonst erreicht man nichts anderes, als eine endlos lärmende
Berauschung mit Erbrechen und nachfolgendem starkem Kopfschmerz,
wie beim Alkoholrausch.
„Das Geheimniss einer guten Aethernarkose liegt
darin, so wenig Luft wie möglich, aber doch genug zu
„Es erfordert allerdings einige Uebung, diese Mischung von
Aether mit Luft richtig zu dosiren, indessen macht es doch keine
besonderen Schwierigkeiten, da ja, wie schon erwähnt, in ameri¬
kanischen Hospitälern die Aethernarkose jüngeren Studenten und
Krankenwärtern überlassen wird.
„Mit Unrecht hat man nun diese Methode beschuldigt, dass
zu viel Zeit damit verloren gehe und dass sie oft nicht zum Ziele
führe. Es mag wohl Individuen geben, die unempfindlich oder
intolerant dem Aether gegenüber sind, indessen ist deren Anzahl
kaum grösser als die Anzahl der Patienten, welche sich ebenso
zum Chloroform verhalten. • .
„Will man eine ungeschminkte Darstellung der Methode der
Aethernarkose haben, so kann man sich an Simpson s eigene Aus¬
sage halten.
„Simpson hat nie den Aether übertrieben gerühmt. Jeder¬
mann kann leicht constatiren, dass, wenn man sich an seine Vor¬
schriften hält, die Aethernarkose nicht schwierig zustande zu
bringen ist, man muss sich dabei nur wundem, wie man lange
Zeit die Aethernarkose für so unbequem gehalten hat, dass sie
fast nicht zu gebrauchen sei. Da man von dem Chloroform
rühmt, dass das Excitationsstadium geringer sei oder gänzlich fehlte,
so sagt Simpson weiter (pag. 158): Uebrigens habe ich gefunden,
dass man auch beim Aether im Excitationsstadium jede Neigung
des Patienten, zu lärmen und zu toben, vermeiden kann, wenn man
nur den Aether in der richtigen Weise giebt. Man soll nämlich
dem Patienten sofort eine starke übermannende 1 ) Dosis von Aethei-
dampf geben und soll darauf achten, dass es ganz ruhig um ihn
ist, kein Lärm, keine Anrede oder Gespräch.
„Unter überwältigender Dosis versteht Simpson so stark mit
Aether gemischte Luft, wie Patient es gerade ertragen kann und
lässt ihn mit Mund und Nase athmen. .
„Hier ist also keine Rede von irgendwelcher Suffocation odei
irgend welchem asphyktischen Stadium.
„Die angebliche Unbequemlichkeit bei der Anwendung de&
Aethers, nämlich dass dieselbe lange Zeit in Anspruch nimmt, hat
nicht viel auf sich. Selbst wenn man den Aether mit etwas mehr Lut
giebt, als gerade nothwendig, kann man doch, wie viele angeben,
darauf rechnen, mit einem mehr von 5 bis 10 Minuten über die
Zeit hinaus, welche das Chloroform verlangt, zum Ziele zu kommen.
„Was die Apparate zur Aethernarkose anlangt, so muss ic
mich möglichst kurz fassen. Deren Anzahl ist sehr gross, grösser
noch als die entsprechende Anzahl von Apparaten zur Chloroiorm-
narkose, und es herrscht bei dem Aether dieselbe Nichtüberein¬
stimmung zwischen den Autoritäten, wie bei dem Chloroform. - 11
beiden Fällen wird jedoch als unumstösslich fest behauptet, dass
man sich mit den einfachsten Mitteln helfen und noch dazu grosse
Autoritäten citiren kann, welche gerade dieses für das allerbes
halten. Ein hohler Schwamm, ein zusammengelegtes Handtuc
oder etwas ähnliches ist alles, dessen man bedarf, um Aether zu
geben. Indessen ist es doch vortheilhafter, complicirtere Appara
*) Der Ausdruck „eine starke übermannende Dosis (en stör over-
manende Dosis)“ halte ich für nicht glücklich gewählt. Gerade
„übermannen“, d. i. die sofortige Betäubung durch die Darreichung
möglichst concentrirten Aetherdämpfen, ist das Characteristicum
Methode der Asphyxirung. Dass diese Methode aber nicht gemeint
das geht aus der nachfolgenden Erläuterung hervor: „so stark mit Ae
gemischte Luft, wie Patient es gerade ertragen kann.“ Eine Aetherao ,
die der Patient noch ertragen kann, ist aber keine überwältigende.
liegt doch der Kernpunkt der ganzen Frage über die Methoden der Ae
darreichung. Sollen wir den Patienten möglichst concentnrte » u
wältigende“, aber auch asphyktisch machende Dosen von Aether, we
die volle Narkose schon binnen zwei Minuten hervorrufen, darreic i
oder sollen wir die Methode der langsamen Narkotisirung, die „De
sehende“ Methode, unter Vermeidung jeglicher Asphyxie, bei Darme B
von nur so viel Aetherdampf, als jeweils vom Patienten ertragen wir -
an wenden ?
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
2 5, Ja nuar._ _
zu gebrauchen, welche z, B. die Entzündungsgefahr vermindern
und den unnöthigen Verlust von Aether und die zu starke Ab¬
kühlung der Athmungsluft verhindern.
„Zum Schluss will ich noch kurz die Regeln zusammenfassen,
welche für die Aetherbetäubung durch Einschläfern (for Aether
bedovelsen ved Indaanding) gelten. Es sind im wesentlichen die
selben Regeln wie beim Chloroform.
„1. Der Aether soll reiner Aether sulphuricus von einem Ge¬
wicht von 0,725—0,730 sein.
„2. Es muss Ruhe und Stille um den Patienten sein, wenn die
Narkose beginnt.
„3. Man soll, einerlei, ob man einen einfachen oder einen com-
plieirten Apparat benutzt, den Aether mit so wenig Luft vermischt
wie möglich geben, doch stets genügend, um die Oxydation des
Blutes im Gange zu halten.
„4. Beim Aether, wie beim Chloroform, kann eine Steifigkeit
des Körpers eintreten und unregelmässige oder stertoröse Athem-
züge. Diese letzteren darf man nicht verwechseln mit dem schnar¬
chenden Laut, welcher von dem herabhängenden Gaumensegel
kommt. Der stertoröse, croupöse Laut rührt von einem Spasmus in
der Stimmritze her und zeigt an, dass ein Krampf des Muskel¬
systems im Anmarsch ist, welcher zur vollständigen Schliessung
der Stimmritze, zum Stillstand der Respirationsmuskeln und zum
secundären Stillstand des Herzens ausarten kann. 1 ) Sobald diese
Phänomene eintreten, soll der Aether entfernt und die Zunge
hervorgezogen oder die Maxilla inferior vorgeschoben werden,
gerade sowie bei der Chloroformnarkose, damit der Patient frische
Luft bekommt.
„5. Zeigt eine bläuliche Gesichtsfarbe, dass das Blut nicht ge¬
nügend bewegt ist, sei es mit oder ohne gleichzeitig stertoröse
Athemzüge oder Krampf, so muss ebenfalls der Aether entfernt
werden, bis die Gesichtsfarbe zur Norm zurückgekehrt ist. 2 )
„6. Der Puls muss ebenso wie die Respiration überwacht wer-
DEUTSCSE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
_. __ __ 85
“ ° ( r ratl ! m ; während der Patient betäubt 'ist eine
Ohnmacht eintritt und dass man dann genöthigt sein kann dio
Nstfkose abzubrechen und Stimulantien anzuwenden. Wie bekannt
haben vmie einflussreiche Autoritäten gelehrt, dass man beim
Chloroform nicht nöthig habe, sich um den Puls zu kümmern
wenn nur die Respiration überwacht wird. Dieses ist wohl mit
echt eifrig bekämpft worden, und wenn man auch gegenüber den
bhtzschneUen Herzlähmungen durch Chloroform hilflos ist so
kann man doch unzweifelhaft durch Ueberwachung des Pulses und
Beachtung der Winke, welche uns der Puls giebt, in vielen Fällen
rfidif° y PS dadurch verhindern, dass man, wenn der Puls klein wird
rechtzeitig mit der Narkose auf hört. 2 ) Da der Aether in weit <re-
als da * Chloroform noch über den Zeitpunkt, wo
drnS 68 ' 1 ^ 16 * W ^? e l eine Wü * un s ausübt, so weicht ein solch*
drohender Zustand bei weitem sicherer.
„7. Beim Aether, wie bei anderen Änaestheticis, muss die Nar¬
kose complet sein* bevor man die Operation beginnt
^.i; 8 ;. De fo P ? tienten wird am besten Kopf'zur Seite ge¬
dieht, damit Salivation und Schleim frei ablaufen kann. Mund und
Rachen müssen, wenn die Respiration dadurch gehindert wird ve¬
reinigt werden. ’ 6
„9. Alle allgemeinen Vorschriften zur Behandlung der Asiihvxie
gelten ebenso wie für Chloroform auch für Aether.
„10. Nach beendigter Narkose muss der Patient vor Abkühlung
und Einathmung von kalter Luft behütet und so lange überwacht
werden, bis das Bewusstsein vollständig zurückgekehrt ist.
„11.. Besondere Rücksicht ist auf die leichte Entzündbarkeit
des Aethers zu nehmen.“
) Mit der Beobachtung und Beschreibung des „stertorösen, croi
i? eS? Welc t er voa ? inem Spas““« in der Stimmritze herrtlh
Krampf im Muskelsystem anzeigt, der zur völlige
aber rinnm’ 8t . immn £ ze führt“, bin ich völlig einverstanden. Niel
Zf dass dieser Zustand m „Stillstand der RespirationsmuskeJ
sun/L Sr dar T 8 i lUst f nd des Herzens ausarten“ kann. Diese Schlie:
conantnrifln ID A ,1 rt M jJ er, ? :t au J eine,n reflectorischen Krampf infolge yo
I ch möchte Jedem ’ der 8ich hierüber ei
Athem 1 ,::^ WÜ1, u athen ’ ® mmal üur einen einzigen, aber tiefe
mjeses'‘ j Z j U SG l f ir j Imt Luft verdünntem Aetherdampf zu thui
geschüttelte WaL!K UrC ’ h, i daS » S f m , an die mit Aether versehene undtüchti
£5r D Ir ♦ ! r ^ SCh ? Ma r: ke P. lötzlicl1 fest auf das Gesicht au
an wenn mat eatstelieild0 reflectorische Stimmritzenkrampf hält noc
txslZZt Mask • längst ™ eder vom Gesichte entfernt hat. We
Sich selbst g emachfc hat ’ der
den Setzt ^ Erscheinung bei der Aethernarkose sehr klar wei
geben dSh ^it^? bßl ? m ? m f at [ entcn ’ ihm fris'che Luft z
oder weniger ZU Aetberd arreichung diesen Krampf meh
^bung(KohlLlto r !t d Ä^ dm ? eme Asphyxie und eine rasche Be
Zustand mit AbSbf ‘ + Aethernarkosej Die Genfer Methode wiU diesei
besondere Gefah™\^!S B< ? r l e ? e Narkose zu erzielen, herbeifahren
gehörig cyanoSh lIn ^ d dabei ^ chfc vorhanden. Ist der Patien
krampf ga L von selbst i!SW tlB ° b ’ dann lö . s ^ si< r h der Stimmritzen
bas alles tritt aber ^ A thmung wird wieder ruhig und frei
auch wieder unvollständig 111 re 5 p ' bei n . ocl1 unvollständiger ode;
habe. ht der Pationt dl ^ f gewordener Narkose ein, wie ich oft beobachte
Stimmritzenkramnf narkot isirt, dann habe ich niemals einet
ei n solcherS P nft thfS ht S n kön ? ea ’ & laube auch nicht, dass überhaupi
lähmung- Vorkommen i rn 8 ’ eild t! n - » Atbe mstillstand und secundärer Herz-
htrfe einer AethemarW^ 11 ' *i? ei - ^ j 11 Störungen der Respiration im Ver-
j 8t derselbe noch vorhnndl*^ Icb , d nn S eil d, den Cornealreflex zu prüfen,
Kämpfe, Cyanosen A , anden ’ dann lasse man sich durch alle Stimmritzen-
J era gebe^ruhiv^den Lfk n8tlge - Erscheillungei1 uichfc verblüffen, son-
Respiratiou freifn , weiter ’ . suclie aber auf jede Weise die
gemangen, sondprn ^ e ü und zwar nicht durch Anwendung von Zun-
tÄirnealreflex total 0nts prechende Handgriffe). Erst wenn der
eui fall nicht meS rS W ? den \°^ er gar ^ dilatirte Pupille auf Licht-
entfemen and die , ba te . icb es ^ tlr nöthig den Aether zu
s Piration wieder völlio- t , eher wieder aufzusetzen, als bis die Re¬
eder deutlich veworHpn^ 31 jmd regehnässig und auch der Cornealreflex
ComealrefleT di esP o Jf 1 ’* .? a f s bei der Julliard’sehen Maske
J taod der Narkose unttrrT? s f eathch0 Merkzeichen, welches uns über den
kft na das halte ich w ;! 80 lan S e Maske aufliegt, nicht prüfen
\Auch diesem g68 ^ t ” fUr einen & rossen Nachtheil.
^Cjano&e, Kramnf oHpr e o i ka J ln lcb l nicbfc ganz beistimmen. Werbei
ton)eairefl ei dieSL^»der stertorösen Athemzügen und noch vorhandenem
; eri ^u hat, der wird Und wartet bis das Gesicht seine Cyanose
bt zu einer völligen Nnrif ^ e , nge ^ 0lt unnöthig verlieren, ja oft gar
Riehes wiederholt D^ gi ^ a - k f O8e 1 ^ 00!lmei1 * Ich das deshalb, weü Sr
W^^^oscheTS r- ist es natürlich, wenn der
* Wertung »usgesprochen *“ erdber babe lck nodeh in der vorhergehenden
V. Ueber die sogenannten „Leukocyten-
sebatten“.
Von Dr. Benario, Arzt in Frankfurt a. M.
In einena in No. 87 der Volkmann’schen Vorträge erschienenen Auf¬
ratz über „die diagnostische Verwerthung der Leukocytose“ beschreibt
Riem eme besondere Species von Zellen, denen er den Namen „Leuko-
cytenschatten“ beilegt. Dieselben haben Granulationen und gleichen in
ihrem tinctoriellen Verhalten den neutrophilen und eosinophilen Leuko-
cyten. Morphologisch sollen sie sich aber von den genannten Zellarten
dadurch unterscheiden, dass die Granulationen nicht den Zellleib dicht
ausfiUlen, sondern auf eine grosse Ebene zerstreut sind. Jedem, der sich
mit Blut beschäftigt hat, sind diese Gebilde wohl schon vorgekommen,
aber keinem ist es eingefallen, aus ihnen eine besondere Zellspecies zu
bilden. Nach meinen Erfahrungen, und andere Autoren stimmen wohl
damit überein, sind diese Zellen lediglich Kunstproducte, dio durch starken
mechanischen Druck auf die Deckgläschen bei der Herstellung der Blut¬
präparate hervorgebracht werden. Man kann sich davon leicht überzeugen,
wenn man einen Tropfen Blut zwischen zwei Deckgläschen stark quetscht!
Man begegnet dann den „Leukocy tenschatten“, id est den durch mecha¬
nischen Druck zerstörten Zellen, deren Granulationen bei gut tingirten
Kernen über eine weite Ebene zerstreut sind, sehr häufig. Fertigt man
aber von demselben Blute lege artis die Präparate an, dann sind alle
Zellen wohl erhalten, d. h. die Granulationen im Zellleib. Es ist ja
möglich, dass gewisse chemische Veränderungen des Plasmas bei Krank¬
heiten das Platzen solcher Zellen erleichtern, aber als präformirte Ge¬
bilde kommen dieselben im Blute nicht vor. Ich möchte daher vor der
diagnostischen Verwerthung der „Leukocytenschatten“ dringend warnen.
— Das Argument Klein’s, dass junge Zellen z. B. kleine Lymphocyten
nie ihre Granulationen eliminiren, trifft insofern zu, als Zellen, die keine
Granulationen haben, dieselben auch nicht ausstossen können.
VL Referate und Kritiken.
Sohmans und Horn, Ueber den Ausgang der cyanotischen
Induration der Niere in Granularatrophie. Herrn Ober-
medicinalrath Prof. Dr. Bölling er zur Feier seines fünfzigsten
Geburtstages gewidmet. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1893.
Ref. Ribbert (Zürich).
Durch eingehende Untersuchung zahlreicher Nieien bei allge¬
meiner venöser Stauung kommen Verfasser zu dem Resultat, dass
die bekannte cyanotische Induration der Nieren in vielen Fällen
bis zu einer Granularatrophie fortschreitet, die mit den durch inter¬
stitielle entzündliche Processe entstandenen Veränderungen grosse
') Auf der Landau'schen Klinik- wird auf die Controlle des Pulses
kein Werth gelegt. Ich habe oben angeführt, weshalb solches völlig
überflüssig ist.
D Collaps oder Kleinwerden des Pulses kommt wohl beim Chloro¬
form, aber niemals beim Aether vor.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
86
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4
Ähnlichkeit hat. Horn giebt zunächst an der Hand von Sections-
protokollen eine allgemeine Uebersicht über d.e makroskopischen
und mikroskopischen Verhältnisse, während Schmaus die letzteren
noch weiter im einzelnen erörtert. Er bespricht die unter dem
Einflüsse der Stauung zustande kommende, an die Geßsse sich
anschliessende heerdförmige Atrophie in den obersten Schichten
der Nierenrinde, die Verdickung der Wände von Venen CapiUaren
und Arterien und die Zunahme des Bindegewebes, welches meist
einen hyalinen Charakter hat und nur selten lebhafte Kerover-
mehrunff zeigt, die aber dann nicht entzündlicher Natur ist, sondern
nur eine Steigerung des Vermehrungsproeesses darstellt. Er dis-
cutirt auch die Frage, in wie weit die Verdickung der arteriellen
Gefässwände durch die Stauung allein bedingt ist, oder in wie weit
sie in anderen Fällen durch eine vor Beginn der Herzinsufhcienz
vorhandene stärkere Inanspruchnahme des arteriellen Gefässgebietes
entstanden war. Durch sechs auf drei Tafeln vertheilte Figuren
werden die histologischen Beschreibungen illustnrt,
Hermann Vierordt, Anatomische, physiologische und Physi¬
kalische Daten und Tabellen. Zum Gebrauch für Mediciner.
Zweite, vollständig umgearbeitete Auflage. Jena, Gustav Fischer,
1893. ’Ref. Buchwald (Breslau).
Dass schon nach kurzer Zeit eine neue Auflage dieses Werkes
nothwendig wurde, beweist nur, dass Verfasser einem vielgefühlten
Bedürfnisse abgeholfen hat. Welches Gebiet der Medicin man auch
bearbeiten mag, überall hat man das Bedürfnis, Daten und ver¬
gleichende Tabellen über das Bekannte zur Hand zu haben. Dies
war vor Erscheinen des Vierordt’schen Werkes nur mit grosser
Mühe möglich. Wir können dem Verfasser nur alle unseren leb¬
haften Dank aussprechen, dass er mit seiner mühevollen Arbeit
uns selbst so viele Mühe erspart hat.
Das Buch ist in vier Theile gesondert. Im anatomischen Theil
findet man alles über Körperlänge, Gewicht, Wachsthum, Dimen¬
sionen an Herz, Lungen, Leber etc. Im physiologischen und
physiologisch - chemischen Theil werden das Blut, der Kreislauf,
die Athmung, Verdauung, der Stoffwechsel, etc. besprochen. Im
physikalischen Theil finden wir das Wissenswerthe über Thermo-
meterscalen, Wärme, Spectrum, Elektricität etc. Als Anhang sind
praktisch medicinische Analecten beigefügt. Hier sind die klima¬
tischen Curorte, Incubationszeit der Infectionskrankheiten, Maximal¬
dosen etc. näher erörtert. Das Buch ist für jeden medicinischen
Forscher nach unserer Ansicht unentbehrlich. Die Ausstattung
ist eine sehr gute. _
C. Posner, Ueber Pyurie. Nach einem auf der Naturforscher-
Versammlung zu Nürnberg 1898 gehaltenen Vortrage. Berliner
Klinik Heft 64, October 1893. Ref. A. Freudenberg (Berlin).
Posner bespricht in dem vorliegenden Vortrage zunächst die
neueren chemischen und mikroskopischen Befunde bei der Harn¬
untersuchung, welche, im Verein mit der Untersuchung des Kranken,
der Nierenpalpation und der Cystoskopie, eventuell der Ureteren-
katheterisirung in vielen Fällen eine exacte anatomisch-ätiologische
Diagnose bei Auftreten von Eiter im Harne, insbesondere auch in
Bezug auf die Localisation des Processes gestatten, wo man sich
früher mit der symptomatischen Diagnose Pyurie begnügen musste.
Er erwähnt bei der mikroskopischen Untersuchung des Eiterharnes
die auf seine Veranlassung mittels des Thoma-Zeiss’schen
Apparates vorgenommenen Leukocytenzählungen Hottinger’s,
welche nicht selten die kolossalen Zahlen von 30 000 bis 40 000,
einmal selbst 152 000 Leukocyten im Cubikmillimeter Urin er¬
gaben, Zahlen, welche in ihrer enormen Grösse die Frage nach
einer Eiterproduction seitens der Gewebe erneut 'wachzu¬
rufen geeignet sind, — die wenig sicheren Schlüsse, die man aus
der Gestalt der dem Eiter beigemischten Epithelzellen ziehen kann,
— das von Senator gefundene Vorkommen zahlreicher mononucleärer
Zellen bei Nephritis, — den von Posner besonders bei Pyelitis,
aber freilich auch sonst, constatirten Befund zahlreicher eosino¬
philer Leukocyten. Er bespricht die gelinge Wichtigkeit, welche
im allgemeinen der Urinreaction in Bezug auf die lokale Differential¬
diagnose zuzumessen ist, wobei er erwähnt, dass in Fällen von
chronischem, saurem Katarrh die Frage einer Tuberkulose der Harn¬
organe mit besonderer Sorgfalt erwogen zu werden verdient. Er
erwähnt bei der chemischen Untersuchung die, ebenfalls auf seine
Veranlassung in Verbindung mit Eiterkörperchenzählungen vorge¬
nommenen Albuminbestimmungen Gold b erg’s, die die Aufstellung
einer bestimmten Scala ermöglichten, dergestalt, dass Leukocyten-
mengen unter 15 000 im Cubikmillimeter nur Spuren, Leukocyten-
mengen von 15 000 bis 20 000 etwa y 5 bis pro mille, 40 000
bis 50 000 etwa 1 / 2 i 80 000 bis 100 000 etwa 1 pro mille Albumin
ergaben, so dass Eiweisszalilen, die darüber hinausgehen, nicht mehr
durch den Eitergehalt allein zu erklären wären.
Sicherere Anhaltspunkte für die Localisationsdiagnose als
die chemische wie die mikroskopische Harnuntersuchung giebt in¬
dessen die Untersuchung und Beobachtung der Kranken selber,
wobei Posner mit Recht der Nierenpalpation und insbesondere der
Cystoskopie, vielleicht in Zukunft auch der Ureterenkatheterisirung
eine besondere Wichtigkeit beimisst.
Bezüglich der Therapie warnt Posner zum Schluss davor,
in Ueberschätzung der bacteriologischen Befunde und in Missachtung
alter klinischer Erfahrungen nun in jedem Falle, namentlich
bei acuten Erkrankungen, von vornherein mit einer lokalen
Behandlung Vorgehen zu wollen.
A , Lewandowski, Das elektrische Licht in der Heilkunde.
*Mit 307 Illustrationen. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzen¬
berg, 1892. Ref. Eulenburg (Berlin).
Der durch seine vorzügliche Bearbeitung der Elektrodiagnostik
und Elektrotherapie rühmlichst bekannte Verfasser hat sich die
sehr dankenswerthe und zeitgemässe Aufgabe gestellt, der Gesammt-
heit die Hülfsmittel und Methoden, welche die Anwendung des
elektrischen Lichtes in der Heilkunde bietet, in ihrer all-
mäligen Vervollkommnung anschaulich vorzuführen.
Das vermehrte Lichtbedürfniss überhaupt, speciell aber auch
das Bestreben, die der gewöhnlichen direkten Besichtigung un¬
zugänglichen Körperhöhlen der Ocularinspeetion zu unterwerfen,
hat der Benutzung elektrischen Lichtes in der Heilkunde immer
neue und weitero Gebiete erschlossen. Wenn auch, wie Lewan¬
dowski bemerkt, „die älteren Specialisten sich nur schwer von
ihren langgeübten bisherigen Beleuchtungsmethoden trennen mögen
und sich daher mitunter dem elektrischen Lichte gegenüber ab¬
solut ablehnend verhalten“, so giebt dafür die ganze jüngere
Generation der elektrischen Beleuchtungsmethode den Vorzug, und
diese bahnt sich in der letzten Zeit auch zu den praktischen
Aerzten ihren Weg, „auch zur Verallgemeinerung von Special-
fächem beitragend, die bisher nur nach langjähriger Uebung prak¬
tisch verwerthet werden konnten“.
Das Buch zerfällt in zwei Hauptabtheilungen. In der ersten
(p. 2—150) schildert Lewandowski die Entwickelung und den
jetzigen Stand des Instrumentariums zur Anwendung des
elektrischen Lichtes in der Heilkunde, wobei der Löwen-
antheil den mannigfaltigen Leit er’sehen Vorrichtungen zu¬
fällt; der zweite (p. 151—289) behandelt das elektrische
Licht in der Heilkunde vom klinisch-praktischen Stand¬
punkte, die diagnostisch - therapeutischen Verwendungen der
„Elektro-Endoskopie“ im weitesten Sinne. — Lewandowski
hat hierbei, abgesehen von zahlreichen eigenen Beobachtungen
auf den Gebieten der Stomatoskopie, Pharyngoskopie, Laryngo¬
skopie und Rhinoskopie, eine äusserst weitschichtige Litteratur
benutzt; auch sind ihm überdies von einer Reihe von Fach¬
männern Originalbeiträge über einzelne Specialfächer zur Ver¬
fügung gestellt worden, die als solche ausdrücklich eingefügt
w r urden; so. von v. Reuss „über die Verwerthung des elek¬
trischen Lichtes in der Augenheilkunde“, von Beregszasy
für Pharyngo-, Laryngo- und Rhinoskopie, von W. Roth
für Laryngo-Rhinologie, von Finger über Elektro-Endo-
skopie der Harnröhre, von Oberländer über „die Vorzüge
des Elektro-Urethroskops in klinischer und therapeu¬
tischer Beziehung“ u. s. w. -— Ein Eingehen auf Einzelheiten
ist natürlich hier ausgeschlossen; überdies wird Niemand, der
sich mit der Benutzung der elektrischen Beleuchtung im allge¬
meinen oder auch nur auf einem einzelnen Specialgebiet ver¬
traut machen will, das Buch unberücksichtigt lassen können. Der
Werth desselben gewinnt durch die sehr zahlreichen (307) Holz¬
schnittillustrationen von Instrumenten, Darstellung der Unter¬
suchungsmethoden und der (namentlich cystoskopischen) Befunde.
Für eine zweite Auflage wäre dagegen die Beigabe eines Inhalts¬
verzeichnisses und Registers zu wünschen.
Politzer, Lehrbuch der Ohrenheilkunde. Stuttgart, Ferd. Enke,
1893. Ref. Barth (Marburg). ,
Mit Beginn des Jahres ist die dritte Auflage von Politzer
Lehrbuch der Ohrenheilkunde erschienen. Es empfiehlt sieb sowoiii
durch seine sorgfältige und eingehende Beaibeitung, als auch durc
die gute Ausstattung ebenso wie die beiden ersten Auflagen von
selbst. Es sei hervorgehoben, dass man wohl kein Kapitel darin
findet, welches nicht durch Umarbeitung dem Fortschreiten diesei
Specialwissenschaft, bis in die neueste Zeit gefolgt ist. Da auc
mehrere ganze Abschnitte neu eingefügt sind und die Zahl der A -
bildungen von 285 auf 331 gestiegen ist, kann es nicht Wunder
nehmen, dass die neue Auflage, trotz des überall bemerkbaren Be¬
mühens zu kürzen, 50 Druckseiten- mehr umfasst als die vorher¬
gehende. . So wird auch sie Aerzten und Studirenden sich als aus¬
gezeichneter Führer und Rathgeber bewähren.
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25. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT
VII. Joumalrevue.
Innere Medicin.
0 . Honigmann, Epikritische Bemerkungen zur Deutung
des Salzsäurebefundes im Mageninhalt. Aus der medici-
nisehen Klinik des Herrn Geheimrafch Riegel in Giessen. Berl.
klin. Wochenschrift 1898, No. 15.
Im Eingang seiner Arbeit liefert der Verfasser einige histo¬
rische Ergänzungen zu Martius’ kritischem Ueberblick über
die Entwickelung der Salzsäurefrage in der Magenpathologie,
in welchem er namentlich die Resultate seiner 1887 mit
v. Noorden aus der Giessener medicinischen Klinik publicirten
Arbeit in das Gedächtniss zurückruft und Martius gegenüber
betont, dass ihnen schon damals die Bedeutung der gebundenen
Salzsäure (als der eigentlich physiologisch wirksamen und nicht
„böswillig verdeckten“), wie auch der Begriff der freien Salzsäure
als einer „überschüssigen“ Mehrleistung des secernirenden Magens
geläufig gewesen sei. Zu den damals von ihnen präcisirten Grund¬
sätzen hätten also eigentlich die Arbeiten der nächsten Jahre
nichts wesentlich neues gebracht. Verfasser unterwirft die Be¬
deutung der Salzsäure, namentlich die der quantitativen Bestimmung
derselben, einer sehr zeitgemässen Kritik und kommt zu dem
Schlüsse, dass für die Bedürfnisse der Praxis das Bestreben so
neler Autoren durchaus überflüssig sei, die Methodik der HCl-Be-
stimmung zu einer „idealen“ zu vertiefen. Denn „was würde durch
diese zahleninässigen Beträge mehr gewonnen als durch das Aus¬
bleiben der Riegel’schen Farbenreactionen“, deren Bedeutung
Martius neuerdings sehr schmälert.
Die Farbstoffreactionen, welche das Vorhandensein freier HCl
un Mageninhalt beweisen, zeigen die Sufficienz der Magensecretion
hinsichtlich der Sättigung der angebotenen Eiweissmenge an; fehlen
die Keactionen, so ist die Salzsäureproduction relativ insuffieient
was nachgewiesen zu haben, zunächst für die Bedürfnisse der
I rans genügt.
Sollen für beide Fälle zahlenmässige Werthe gegeben werden
so giebt bei positivem Ausfall der Farbstoff reaction die nahe-
egen e Titnrung der freien HCl unter Verwendung eines Farb-
stoßes, am besten Congopapier, als Indicator, einen Maassstab
tür die Grosse der üeberproduction. Für den zweiten Fall wird
Arnmt \ S ~ U1C ^ 5 l uantita tive Bestimmung der abgesonderten Ge-
em j , zahlen massiger Werth durch die schon früher
<J,* r 5 lsser em P fohlene Feststellung des Salzsäuredcficits, d. h.
aL^Tn lche zu einem Ma &eninhalt bis zur Sättigung
m W6rden muss ’ ^ eben sein ’ weil dieses
und zu Li-tn^ Vo /t e ! u ^ r / oa dem Verhältniss von geleisteter
i« \ LI' 1rad " Arbe, ,S lell ‘-. De '- qualitative Nachweis von HCl
Dmath ™ fi\n°i St i nd,ges Versie 8 en »iaht gut vorkommt.
ReartiS 7 . P it eh « Varfasaer ’ gelbst auf die Gefahr hin, als
Rivgel’ihen fÄV ^ Praktiker ’ ^nächst an den alten
an in d« i rlZ arbstoffreactwnen festzuhalten, wie diese von Beginn
Ä wS e s r ind Uk angeWandt Und T0D dS immer “
niaiw'biti n Ausf(lbruu 8 en enthält die vorliegende Arbeit
stimmnnT™ w Be, " erkun g™ betreffs der Technik der HCI-Be-
Methodo durch ,al, ,s undLiittke, der Fehlerquellen dieser
lir Bindung dir HcTm“*! 8 ^ 1 ' ( emer einige Bemerkun gen Ober
nicht dienenden v L*. Ncutralsalzen und anderen der Verdauung
^rkensw rthe 7 l n dun! ; en (= vorlOTene HCl) und einige be-
bezügl ,' ch der Ver >>ä'‘nisse von HCl zu Eiweiss.
glnal zu vergleichen ist. Kuhn (Giessen).
•Jouir^of\heInwüc™Sciences*No* *257** ™ yocardit * s - TheAnierie.
1 ^Qorrhoe^ bei dem zehn Tage nach einer acuten
5, /i Wochen unter' a £ dere Gelenke erkrankten und der nach
^nkumlaniPeri starb ’ fanden sich im Knie-
r °n den <r ewö h n £h d ^dmm acut entzündliche Processe, die
tünischen VeS Ä P urul 1 en . ten «tark differirten, wie auch am
'»Wel lag ein hLJrä er -° S ! gkei ^ bemerkenswert war. Im Herz-
^erschiäge. es heltif^ ^ r .^ uss ohne nennenswert,he Fibrin-
eitnw r..cu and entzündliche Verdickung des Pericard und
irzfleisnhpc Kio oh _
_ 87
Coceen, so dass Couucilman trotz fehlender Culturversuche hie,-
eine reine Metastase der Gonococcen aiuiimmt.
dinge Infiltration Jl? ^fzündliche Verdickung des Pericard und
f »ehr oder E . fle f cbes bis zu N<*rot» der Muskelfasern
??' e,)es . in kmm r»? mtensiver Reaction des nicht ergriffenen
infiltration reichliche Bi l rh^ bei D V r oberflächlicher eitriger
Regeneration der Zellnn ^ Granulationsgewebe mit schleimiger
f 8 v erschieden stirkder Urethra stellt der Process sich
Jer oberen Schichten 'P 1 ^®^ 61,1118 ^. entzündliche Durchtränkung
mdegewebe dar Hipr n d kramilationsbildung im umgebenden
V^een gefunden dL"™* 11 G .°? oc occen in den oberflächUchen
im pericardiHlpif l p 0Cardl ^ j^ ben un d gonitischen Heerden,
bältnissen, Anordmin dieselben, d. h. nach Färbungs-
mig und Vorkommen nur in Zellen gleiche
F. Reiche (Hamburg).
VIII. Vereine und Congresse.
Berliner medieinlsche Gesellschaft.
(Originalbericht.)
, Sitzung am 10. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Siegmund.
Präparaten einer äertnÄ We'Frag^^ber d°ie
i V6r Arbeftende^VortragendOTeinenähereB™
leuchtung, durch welche die apnoristische Annahme, dass hier die Placentu
e . m , e . Wichtige Rolle spiele, eine Bestätigung erhält. Vortragender be-
nchtet über folgenden Fall. Eine Patientin, die an chronischer Tuberkulose
1893 'Zm!, 1 h 1681 ?™ Entbmdnngsanstate in der Charit« am 1. December
d T s t rd i 6n ’ d, 5,? 1 ? T d starb zehn Tage nach der Geburt ohne
Zeichen \on Tuberkulose. Bei Untersuchung der Placenta ergaben sich
tuberkulöse Gewebsveränderungen in den Chorionzotten. Die Heerde waren
St^Tuhprlpm T n ei ge J bhch ? r . Farb ®’ durchscheinend, rund und ent-
Ta berkelbacillen. Aus einigen Präparaten scheint hervorzugehen.
Z S1 'i h ZUe ^ t ^ der Decidua entwickelt hat und v-on da
aus auf das Chorion übergeht. (Präparate werden demonstrirt.)
Pr«nonot7 err - 0 ‘ if rae I Ö 01 * der Tagesordnung): Demonstration von
Präparaten einer Hirnaffectlon im Gefolge chronischer Nephritis. Die
SÄ ergab ^»^»tropbische Nieren und multiple Aneurysmen der
Hirngefässe wodurch es zu' ausgedehnten Butungen im Gebiete der Arteriae
corpons caüosi und cerebelh inf. ant. und post, gekommen war, die
infolge von Hirndruck den Tod herbeigeführt hatten. Ein besonders
grosses derbes Blutgerinnsel, das beim ersten Anblick für ein Angiom
demonstrirt ) Fden befindet sich ira Cer ebellum. (Präparate werden
3. Discussion Uber den Vortrag des Herrn Weyl: Einflnsg liygie-
nischer Moassnahmen anf die Gesundheit Berlins. Herr Zadek be-
streitefc, dass Herr Weyi den Beweis, das Herabgehen der Gesammt-
sterblichkeit stehe m engem Zusammenhänge mit der Durchführung der
Canahsation m Berlin, m irgend wie überzeugender Weise erbracht habe.
Hatte er sieb damit begnügt, die Abnahme der Sterblichkeit an Typhus
und Dysenterie daraus herzuleiten, so könne man dem wohl zustimmend
beitreten, allem sein Fehler sei eben gewesen, dass er sich hiermit nicht
begnügt, sondern die Abnahme der Gesammtsterblichkeit auf Rechnung
der Canalisation geschoben habe. Und wenn er selbst in seinen Schluss¬
folgerungen noch eine gewisse Vorsicht beobachtet habe, so sei diese bei
den über den Vortrag referirenden politischen Tagesblättem völlig ausser
Acht gelassen, die mit grosser Emphase über die herrlichen Wirkungen der
hygienischen Maassnahmen der Stadt Berlin lobpreisend berichteten. Dem
gegenüber müsse Vortragender hervorheben, dass ein ganz anderer Factor
hier eine maassgebende Rolle spiele, nämlich das Herabgehen der Geburts¬
ziffer, mit der seit dem Jahre 1876 die Sterblickkeitsziffer parallel
gehe. Es seien seit dieser Zeit im Verhältniss zur früheren Periode
weniger Kinder geboren worden, und das starke Wachstkum Berlins sei auf
den Zuzug von ausserhalb zurückzuführen. Es sei doch ganz klar, dass,
wenn die Zahl der besonders stark an der Mortalität participirenden
Kinder im Verhältniss sinke, dagegen ein stärkerer Zuzug arbeitskräftiger
gesunder Menschen hauptsächlich aus der Altersklasse zwischen 20 und
30^ Jahren stattfinde, die Gesammtsterblichkeit herabgemindert werden
müsse.. Ebenso missglückt sei der versuchte Nachweis der günstigeren
Mortalitätsziffer der canalisirten Bezirke im Verhältniss zu den nicht
canalisirten. So zeige z. B. der nicht canalisirte Wedding ein weit
rapideres Sinken der Gesammtsterblichkeit, als irgend einer der canali¬
sirten Bezirke, und auch hier ergebe sich im speciellen Falle der gleiche
Grund für diese Erscheinung, nämlich ein rapides Sinken der Geburts¬
ziffer. Mit den Forderungen des Herrn Weyl erkläre er sich einver¬
standen; diese Forderungen wären aber schon vor Herrn Weyl fast in
derselben Fassung von der socialdemokratischen Fraction der Stadtver¬
ordnetenversammlung erhoben worden. Er sähe keineswegs mit Be¬
friedigung auf das bisher von der Stadt Berlin in hygienischer Beziehung
Geleistete, müsse vielmehr derselben vorwerfen, in solchen Fragen bisher
wenig Verständnis und guten Willen gezeigt zu haben — wären doch
alle sanitären Anregungen und Anträge zur Besserung des Looses der ar¬
beitenden Klasse — und gerade von hier aus seien erspriesslicke hygienische
Fortschritte zu erwarten — abgelehnt worden. Das gewichtige Votum der
„medicinischen Gesellschaft“ vor 1 l /a Jahren in der Sypkilisfrage habe es
bewirkt, dass sämmtliche Krankenhäuser den syphilitisch Kranken ge¬
öffnet worden wären. Eine der Gesellschaft würdige Aufgabe sei es, auch
ferner ihre mächtige Stimme für nothwendige sanitäre Maassnahmen in
die WaagschaalO' zu legen, er erwähne hier besonders die ganz unhalt¬
baren Znstände in den Krankenhäusern. (Die Fortsetzung der Discussion
wird auf die nächste Sitzung vertagt.)
Sitzung am 17. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Virchow.
1. Herr Treitel (vor der Tagesordnung) stellt eine circa 40jährige
schwerhörige Patientin vor, die in ihrem 15. Lebensjahre einen vollstän¬
digen Defect des Gaumens erlitten hatte, der durch einen damals von
Snersen angefertigten Obturator so ausgezeichnet ausgefüllt wird, dass
beim Sprechen durchaus keine Abnormität, der Sprache bemerkt werden
kann, obgleich Patientin nie Sprachunterricht gehabt hat. Bei direkter
Untersuchung kann man bei der Patientin schon deutlich den Passavant-
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DEUTSCHE“ MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4
88
sehen Wulst und den Recessus medius der Bursa pharyngea beobachten. Was
die Aetiologie des Gaumenverlustes betrifft, so kann man nur Lues.annehmen,
obwohl jegliche syphilitische Erkrankung seitens der Patientin geleugnet wird.
2. Fortsetzung der Discussion über den Vortrag des Herrn Weyl:
Einfluss hygienischer Maassnaliuien auf die Gesundheit Berlins.
Herr Guttstadt bemerkt gegenüber, der Aeusserung des Herni
Wevl, dass die statistischen Unterlagen in solcher Vorzüglichkeit wie
für Berlin für keine andere Stadt des Reiches vorliegen, eine Vergleichung
daher nicht angängig sei — hierin täusche sich Herr W ey 1, denn die
durch polizeiliche Verfügung für Berlin eingeführte Registrirung der
Todesursachen seitens der Standesämter sei von einer grossen Reihe von
Städten nachgeahmt worden. Für Berlin ergebe sich nun eine ganz er¬
heblich fortschreitende Besserung inbetreff der Sterbeziffer in den letzten
zwanzig Jahren, und zwar für alle Altersklassen, ausschliesslich der
höchsten, wie keine andere Stadt des Reiches sie aufweise; es müssten
daher auch gleichmässig wirkende Ursachen dies günstige Resultat her¬
vorgerufen haben. Herr Zadek hebe, nach den Ansichten von Böckn,
ausschliesslich die Abnahme der Geburtsziffer und den grossen Zuzug
kräftiger, gesunder Menschen im besten Mannesalter hervor. Dagegen sei
aber anzuführen, dass statistisch nachweisbar die Anzahl der dem produc¬
tiven Alter angehörigen Einwohner Berlins in ihrem Procentverhöltniss
seit 1875 sich nicht wesentlich geändert habe. Man müsse daher immer
wieder auf den günstigen Einfluss der sanitären Maassnahmen, deren Kreis
Herr Weyl wohl etw T as zu eng gefasst, zurückkommen, die ja auch den
Zugezogenen zugute kommen, so dass diese ohne grössere Schädigung
die Acclimatisirung überständen. Ein Factor sei allerdings auch nicht
ausser Acht zu lassen, nämlich die ärztliche Thätigkeit. Die Einwirkung
dieses Factors auf das Herabgehen der Sterbeziffer sei freilich zahlen-
mässig schwer nachzuwoisen, allein bei einzelnen Krankheiten doch nicht
zu verkennen. Er erinnere nur an die durch die neuere Behandlungs¬
methode wesentlich herabgedrückte Mortalität des Abdominaltyphus.
Man dürfe sich übrigens bei dem einmal Erreichten nicht beruhigen, da
die Statistik ergebe, dass mehrere Altersclassen in Berlin nicht so
günstige Sterbeziffern zeigen, wie die anderer Städte. Es sei daher dahin
zu streben, die bisherigen Einrichtungen noch zu verbessern, und dazu
seien vor allem häufige Revisionen nöthig. Diese seien aber nur mög¬
lich, wenn das dieselben ausführende ärztliche Beamtenpersonal in aus¬
giebiger Weise vermehrt werde.
Herr Oldendorff wendet sich zunächst gegen die Auffassung des
Herrn Zadek, dass der gesammte Rückgang der Sterblichkeit in Berlin
lediglich durch den Rückgang der Geburten verursacht sei. Allerdings
sei die Geburtenziffer und infolge dessen auch die Sterbeziffer nicht nur
in Berlin, sondern auch im ganzen Staate zurückgegangen. Der Grund
davon sei zu suchen in der durch Rückgang der wirthschaftlichen Ver¬
hältnisse verursachten Verminderung der Eheschliessungen. Dieser Ein¬
fluss könne sich aber doch nur äussern auf die Kindersterblichkeit, nicht
aber auf die der anderen Altersclassen. Vergleiche man die Serblichkeits-
verhältnisse in Berlin mit denen der Provinz Brandenburg und des ganzen
Königreichs, so ergebe sich, dass die Säuglingssterblichkeit in Berlin um
45 p. M. der Geborenen, in der Provinz Brandenburg dagegen nur um
2 p. M. und im ganzen Königreich sogar nur um 0,7 p. M. abgenommen;
die Sterblichkeit der über ein Jahr alten Personen habe sich in Berlin
um 2,4 p. M. der Bevölkerung, im ganzen Königreich dagegen nur um
0,6 p. M. vermindert, und in der Provinz Brandenburg habe dieselbe sogar
um 0.3 p. M. zugenommen. Unzweifelhaft seien die sanitären Maass¬
nahinen in Berlin von sogensreichem Erfolge begleitet gewesen.
Max Salomon.
Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr.
Sitzung am 11. December 1893.
Vorsitzender: Herr Dohrn: Schriftführer: Herr Nauwerck.
1. Herr V öl sch bespricht (unter Vorlegung mikroskopischer
Präparate) im Anschluss an den Vortrag des Herrn Stieda „Ueber
den Bau des Rückenmarks“ (Sitzung am 27. November) die Frage
nach der Existenz eines Nervennetzes im Centralnervensystem,
wie es von Gerlach und neuerdings, in anderer Form, von Golgi
angenommen ist. Vortragender glaubt, dass die Golgi-Cajal’sche
Untersuchungsmethode zur Klärung beigetragen hat. Die That-
sache, dass man in solchen Präparaten häufig ganz isolirt im-
prägnirte Zelleinheiten, d. h. Zelle nebst ihren Fortsätzen findet,
dass auch da, wo mehrere Zelleinheiten nebeneinander imprägnirt
sind, wo also reichlich Gelegenheit zur Beobachtung des Ueber-
ganges der Fortsätze einer Zelle in die einer anderen gegeben ist,
ein solcher Uebergang fehlt, dass man vielmehr in solchen Fällen
oft sicher constatiren kann, dass die durch die Färbung sichtbar
gemachten Fortsätze nicht miteinander in Verbindung treten —
diese Thatsachen sind ein nicht unerhebliches Argument zu Gunsten
der Ansicht Cajal’s, der die Existenz einer netzförmigen Ver¬
bindung der Zellenfortsätze leugnet, gegenüber der Ger lach* s, der
bekanntlich ein aus den Protoplasmafortsätzen der Rückenmarks¬
zellen hervorgegangenes Netz annimmt. Ebenso scheint die
Thatsache, dass Cajal und Lenhossek auch an den sogenannten
Golgi sehen Zellen (Zellen mit kurzem, verzweigtem Achsencylinder-
fortsatz) die Verästelungen dos sich dicht an der Zelle auf¬
splitternden Achsencylinderfortsatzes isolirt dargestellt und ihre
freie Endigung nachgewiesen haben, gegen das Vorhandensein eines
Netzes, wie es Golgi anffahm, zu sprechen, das aus den Auf¬
splitterungen der Nervenfortsätze dieser Zellen hervorgehen sollte
2. Herr N ei s s er: Ueber den Pfeifferschen Inflnenzabacillus
und sein Culturverfahren (mit Vorweisung von Culturen und
mikroskopischen Präparaten). Nach einem Ueberblick über die
Litteratur berichtet Vortragender über die Resultate von Sputum¬
untersuchungen, die er während der herrschenden Influenzaepidemie
auf der medicinischen Klinik von Professor Licht heim ausgeführt
hat. Es wurden die Sputa von ca. 20 Influenzapatienten untersucht,
und zwar genau in der von Pfeiffer angegebenen Weise: Auf¬
fangen eines Bronchialsputums in sterilem, trockenem Schälchen,
Entnahme eines Partikelchens und Verdünnen desselben mit circa
1 ccm steriler Bouillon, Impfung auf Agar, der mit Blut und zwar
mit Taubenblut bestrichen und im Brütschrank auf seine Sterilität
geprüft war.
In sämmtlichen Fällen gingen reichlich, zum Theil fast in
Reinculturen tröpfchenartige C-olonieen auf, deren Identität mit den
Pfeiffer’schen Bacillen durch das Mikroskop, vor allem aber durch
die Fortimpfung auf Blutagar und gewöhnlichem Glycerinagar, sicher¬
gestellt wurde. Während sie auf dem ersteren reichlich weiter¬
gediehen, war es auch dem Vortragenden nicht möglich, eine noch
so üppige Cultur auf gewöhnlichem Nährboden über die erste Gene¬
ration hinaus zu züchten.
In Bouillon, der ein Tröpfchen Taubenblut beigegeben war,
fand ein mässig reichliches Wachsthum statt, das am zweiten Tage
den Höhepunkt erreichte; die Bouillon wurde dabei nur ganz leicht
getrübt. Alle Thierversuche fielen negativ aus.
Es wurden ferner die Sputa von neun Patienten untersucht,
die an Tuberkulose* oder Bronchjalkatarrhen ohne Influenzasymptome
litten. Von diesen fanden sich nur bei einem Phthisiker, der übri¬
gens in einem Zimmer lag, in dem Influenzaerkrankungen vorkamen,
einmal zwei Colonieen sicherer Influenzabacillen.
Eigentümlich war ein Fall, der ein Dienstmädchen der Kliuik
betraf; hier entwickelte sich bei der Patientin, die unter zweifel¬
haften influenzaartigen Symptomen erkrankt war und aus deren
Sputum fast Reinculturen von Influenzabacilleu angingen, ein
leichter Abdominaltyphus; auch im Verlaufe desselben, acht Tage
nach der ersten Impfung, wurden noch reichlich Influenzaculturen
gewonnen.
Zur Autopsie kam eine Patientin mit Aortenaneurysma, die
an einer schweren Influenza erkrankte, ohne dass sioh übrigens
Infiltrationserscheinungen über den Lungen nachweisen Hessen. Bei
der Section fand sich ein nussgrosser, pneumonischer Heerd; der
ganze Bronchialbaum war mit dicklichem Eiter erfüllt, der mikro¬
skopisch enorme Mengen von Influenzabacillen enthielt; die an¬
gelegten Culturen ergaben fast nur Reinculturen von Influenzabacillen.
Vortragender betont schliesslich die NothWendigkeit der An¬
wendung des Culturverfahrens gegenüber der blossen mikroskopi¬
schen Untersuchung von Sputumpräparaten: auch sei eine allge¬
meinere Ausübung der Sputumuntersuchung nach den Pfeiffer’schen
Angaben wünschenswert, so lange wenigstens, als der Nachweis
der Influenzabacillen in den Producten von Complicationen oder
Nachkrankheiten, Eiterungen etc. noch so selten geglückt sei.
3. Herr Jessner; Dermatotherapeutische Neuigkeiten. Je
grösser die Fluth neuer Heilmittel und Heilmethoden, desto strenger
muss die Kritik, desto grösser die Skepsis sein. Von diesem Ge¬
sichtspunkte aus lässt der Vortragende unter Demonstration der
betreffenden Präparate die Neuigkeiten der Dermatotherapie auf
Grund eigener Erfahrungen und der einschlägigen Litteratur Revue
passiren, wobei er sich heute auf die Applicationsmethoden
beschränkt. Diesen kommt in der Dermatologie eine besondere
Wichtigkeit zu, da man durch Variiren derselben mit dem näm¬
lichen Medicament die verschiedensten Wirkungen erzielen kann.
Ihre Vermehrung ist deshalb als eine grosse Bereicherung unserer
Therapie willkommen zu heissen.
Von Sälbenconstituentien hat in erster Reihe das Lanolin,
gleichgültig ob die theoretischen Ausführungen Liebreich’s in
allen Stücken zutreffen, zahlreiche Vorzüge aufzuweisen. Es ist
nicht zersetzlieh, reizlos, aseptisch, dringt leicht in die Haut und
nimmt viel Wasser auf. Ein Nachtheil ist die Consistenz. Von
Concurrenten desselben ist Oesipus und Adeps lanae zu nennen.
Oesipus hat sich wegen seines üblen Geruches nicht einführen
können. Bemerkenswerth ist, dass dasselbe trotz des starken Ge¬
haltes an freien Fettsäuren doch auffallend gut von der Haut ver¬
tragen wird, vielleicht hat es gerade durch dieselben (Analogie mit
Leberthran!) besonders gute Wirkungen.
Der Adeps lanae hat alle Vortheile des Lanolins ohne seine
Nachtheile und scheint berufen zu sein, das letztere etwas in den
Hintergrund zu drängen.
Das von Ledermann jüngst empfohlene Resorbin ist eine
Fettemulsion, deren Haltbarkeit doch füglich noch bezweifelt werden
kann. Seinen Namen durch entsprechende Experimente zu recht-
fertigen, hat man. auch nicht einmal versucht.
Erwähnenswert sind die Vasogene, mit Sauerstoff impräg-
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25. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
m
nirte Kohlenwasserstoffe, welche sich zum Vaselin verhalten wie
Oel zu Fett. Von Interesse sind sie besonders wegen der Fähig¬
keit, Jodoform zu lösen. Sie werden von Haut uud Schleimhaut
gut vertragen; ob sie weitere Verwendung verdienen, muss noch
abgewartet werden.
Die Pasten, durch Pulverzusatz consistenter gemachte Salben,
sind auf unbehaarter Haut in allen Fällen an Stelle der Salben zu
setzen, wo es auf die Massagewirkung nicht ankommt. Als Muster
derselben kann man die vielgebrauchte Zink-Amylum-Paste Lassar’s
ansehen.
Die Unna’schen Salben und Pastenstifte werden erläutert;
sie sind wohl entbehrlich.
Dagegen befreundet sich der Vortragende immer mehr mit den
Salbenmullen, die eine saubere und sparsame Salbenanwendung
darstellen. Besonders sind die mit Lanolin hergestellten zu
empfehlen. Die Präparate von Beiersdorf und Dietrich werden
demonstrirt.
Eine bedeutende Vervollkommnung haben die Pflaster er¬
fahren. An ein gutes Pflaster muss man die Anforderungen stellen:
1 ) dass es unerwärmt gut klebt, 2) dass es ohne besondere Vor¬
sichtsmaassregeln, ohne an Klebkraft zu verlieren, haltbar ist, 3) dass
es eine indifferente Basis hat, 4) dass diese mit den meisten Medi-
camenten mischbar ist, 5) dass der Preis kein zu hoher ist. —
Die meisten Pflaster haben jetzt als Grundlage Kautschuk und
Lanolin. — Die Guttaperchapflastermulle sind wegön ihrer Imper¬
meabilität da vorzuziehen, wo eine Maceration, eine energische
Tiefenwirkling, Resorption gewünscht wird; dadurch sind die zahl¬
reichen Contraindicationen leicht zu construiren. Wo solche vor¬
handen, sind die Pflaster der Fabrik Austria in Wien am meisten
zu empfehlen; ihnen nahe kommen diejenigen von Koenig in
Bnckeburg. % °
Niederrheinische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde
in Bonn.
Sitzung am 10 . Juli 1893.
Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer: Herr Leo.
1. Herr Eigenbrodt stellt einen Fall von Meningocele
8 puria traumatica vor. Es handelt sich um ein zehn Monate altes
hmd, das aus durchaus gesunder Familie stammt und dessen Ge-
urt ganz normal verlief. Am Ende seines ersten Lebensmonates
stürzte es mit dem Kinderwagen eine Treppe hinunter und schlug
ab« nut dem Kopfe auf. Es war sogleich bewusstlos und lag
zwei läge m elonischen Krämpfen. Gleich nach dem Fall bildete
hochgradige Schwellung auf der rechten Seite des
1 1 , es hlauschwarzer Verfärbung der Haut in der Umgebung,
m soll sich bis ins Gesicht erstreckt haben. Nachdem die
JS“*“ ZW6iten Tage nac hgelassen hatten, schien das Kind
üocü l / 2 läge lang somnolent. Den Eltern fiel nach dem Nachlass
. ’ un g eD aul, dass Arme und Beine steif, unbeweglich waren
löstpn 1C ß .- t bl ' ett t ha ? fühlten. Diese tonischen Krampfzustände
GlipfW eil d 1 er .^ eifc ’ aber eine wachsartige Steifigkeit der
mtssp rTo .k 1100 ? 1 <t drei ^NI°nate lang bemerkbar gewesen sein. Die
und Rftii n! . r ^ bts halten am Kopfe ging allmählich zurück
KindM 1 ™, C , ^ onaten » besonders bei aufrechter Lage des
w uc t ( ,t aU r m merken gewiesen sein. Von da ab aber
erreicht w jj.^ er . und bat langsam ihre jetzige Grösse
“unter < ^' s * ni ersten Lebensmonat lebhaft und
wie die Mutt en ? < ? n 80 ^ “t es ße ^t dem Unfall apathisch und,
Z ] Utte A r ? lch aus drückt, „geistig todt“.
Hinterkoofcro 1 !,^ 11 ^ 16 des ^ aben in die Klinik zeigte sich am
and dem 6 !? e *5* ? em binteren Theil des Scheitelbeines
ca. 10 cm 1™°“ ‘9 le ^ der Hiaterhauptsschuppe gelegene
welche an ihroPb • . braite deutlich fluctuirende Schwellung,
aufwies. 7 nn a n h . en P- e ^ e ringsherum einen knochenharten Wall
an ein aha« p! St natürlich daran gedacht, dass es sich
Beobachtung . Aber es er S ab sicb bei genauerer
und mehr nnU o im Tumor bei horizontaler Lage
vertikaler Stell L len des Kindes zunahm, während sie bei
Sonders bei tipff ab P abm ’ weiterhin zeigte die bedeckende Haut
Hebungen und tarnen synchron mit der Respiration leichte
k*it waren nirht UI ?£ en ; Pulsationen synchron mit der Herzthätig-
spuria traumatte« acbweißbar - Offenbar lag also eine Meningocele
<ÜeseAflection nftrmp°^ er ^Pkalhydrocele, wie die Engländer
flüssigkeit unter dp \\? T -\ e * ne Ansammlung von Cerebrospinal-
Oeflhung der Sehüdni^i eicbtb ?üen des Schädels, welche durch eine
afeirt, 7 up g: h de °^ e dem intracraniellen Raum commu-
eiae Probepunetm« ng . A . Diagnose wurde unter allen Gautelen
wasserklare ?^ er ^ rav az’schen Spritze vorgenommen
%enthümlichkaiten a l ^?. eit en Ueert, deren Untersuchung alle
& WortTta»■ cerebrospinalis ergab.
ucn versucht, die Geschwulst zu reponiren.
r and ® re n *ällen .allerdings nicht selten unter dem Auftreten
von Gehimdruckerscheinungen möglich war. In unserem Falle se-
lingt dies nur zum Theil wenn man nur massigen Druck anwendet,
es treten dabei aber keine typischen Hirndruckorscheinungen
wenigstens keine Pulsverlangsamung und keine Krämpfe auf
Zweimal aber wurde bei diesen Versuchen das anfangs schreiende
und zappelnde Kind plötzlich still uud regungslos, athmete dabei
tief und^ häufig und zeigte sehr frequente, kräftige Herztätigkeit.
Diese Bewusstseinsstörung dauerte noch wenige Secunden nach
dem Aufhören des Druckes an, um dann dem gewohnten Ver¬
halten Platz- zu machen.
Ausser der Geschwulst, welche die eben erwähnten Eigen¬
tümlichkeiten zeigt, fällt bei dem äusserst mageren Kinde die
Configuration des Schädels und Gesichtes auf. Die Stirn ist auf¬
fallend niedrig, das Gesicht macht einen sehr imbecillen Eindruck
imd der Schädel scheint im Verhältnis zu ihm zu klein; man
glaubt entschieden einen Mikrocephalen vor sich zu haben; immerhin
beträgt der fronto-occipitale Umfang des Schädels 42 cm, wovon
doch nur höchstens 2 —3 cm auf Rechnung der flachen Erhebung
zu setzen sind, welche die Geschwulst verursacht. Der Hinterkopf
ist offenbar stärker ausgebildet als die Stirngegend. Geistige
Regungen, wie sie bei gleichalterigen Kindern doch schon deutlich
zu bemerken sind, scheinen bei diesem Kinde fast ganz zu fehlen.
Es greift nach keinem Gegenstände, lacht nicht u. s. w. Die
Mutter versichert, dass dies vor dem Unfälle alles ganz anders
gewesen sei. Ganz apathisch gegen seine Umgebung soll sich das
Kind übrigens doch nicht immer verhalten, seine Eltern z. B. soll
es erkennen. Eine Assymmetrie am Schädel oder am Gesicht, die
in anderen Fällen beobachtet worden ist, lässt sich nicht nach-
weisen, auch sind keine Lähmungen vorhanden. Immerhin fällt
eine Steifigkeit der meist in den Gelenken gebeugt gehaltenen
Glieder auf, die am linken Bein zu einer wirklichen Contractur im
Hüftgelenk geführt hat, dasselbe lässt sich auch bei Anwendung
ziemlicher Gewalt nicht strecken. Die Patellarreflexe sind beider¬
seits lebhaft; Fussclonus lässt sich rechts hervorrufen, links nicht.
Dieser eigentümliche Folgezustand wird bei Kindern nach
Kopfverletzungen nicht gerade häufig beobachtet; in der Litteratur
lassen sich etwas über 30 Fälle sammeln. Billroth war wohl
vor etwa 30 Jahren der erste, welcher eine Meningocele spuria
traumatica beim Lebenden beobachtet und beschrieben hat. Er
hat auch bei der Section des betreffenden Kindes die anatomischen
Verhältnisse feststellen können. Ein Sectionsbefund ist übrigens
schon von Rokitansky (1856) beschrieben worden. Erst durch
die späteren Beobachtungen von Lukas u. a. in England und von
Weinlechner u. a. in Deutschland haben wir die in Rede stehende
Affection genauer kennen gelernt. Mit wenigen Ausnahmen sind
es Kinder unter drei Jahren, bei welchen sich nach einem geringeren
oder schwereren Trauma, das den Schädel trifft, eine solche Ge¬
schwulst bildet. Ein Kephalhaeinatom kann der Entwickelung der
Kephalhydrocele vorausgehen, kann aber auch fehlen. Eine
„Meningocele“ ist diese Geschwulst nur ihrem Inhalte, nicht aber
ihrer Wandung nach; letztere wird nicht durch die Meningen,
sondern durch die abgehobene Galea und das Periost oder durch'
die Galea allein gebildet. Mit Recht hat man daher dieser Meningo¬
cele den Beinamen „spuria“ nach Analogie der Nomenclatur bei
Aneurysmen beigegeben. Voraussetzung für das Entstehen der
Affection ist, dass durch das Trauma eine Cotinuitätsverletzung
des Schädeldaches, zum mindesten eine Fissur zustande gekommen
und die Dura mater dabei eingerissen ist. Ein solcher Einriss der
harten Hirnhaut kommt bei kleinen Kindern, wo die Dura viel
inniger mit dem Schädeldach verwachsen ist, offenbar bei Schädel¬
brüchen verhältnissmässig leichter zustande als bei älteren Per¬
sonen. Das in diesem Alter besonders rasch wachsende Gehirn
erlaubt nicht, dass die Fissur im Knochen sich schliesst, sondern
treibt ihre Ränder auseinander, eine Erscheinung, die z. B. auch
experimentell durch die Versuche von Gudden erwiesen ist. Dazu
sollen besonders bei bestehender Rhachitis auch noch Resorptions¬
vorgänge an den Rändern kommen, wodurch der Knochenspalt im
Schädel immer mehr vergrössert wird. Hätte man in unserem
Falle die ganze Flüssigkeitsmenge aus dem Sacke durch Punction
entleert, so hätte man sehr wahrscheinlich in dem Knochenwall,
der durch das anfängliche Haematom entstanden ist, die Lücke im
Knochen durch die Haut hindurch fühlen können. Mehrfach haben
andere Beobachter sie in ihren Fällen nachweisen können.
Es ist auffallend, dass die Impressionen des Schädeldaches und
die Kephalhaematome, die so häutig als Geburtstraumen beobachtet
werden, sehr selten zur Entwickelung einer Kephalhydrocele führen.
In der Litteratur finden sich nur drei Fälle, in denen sich an eine
derartige bei der Geburt entstandene Kopfverletzung eine Meningo-
cole spuria angeschlossen hat; in allen übrigen Fällen ist die
Affection infolge eines Traumas, das im Späteren Leben eingewirkt
hat, entstanden. Ich kann mir dies nicht anders erklären,- als dass
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DEUTSCHE MED1C1N1SCHE WOCHENSCHH1FT.
No. 4
eine langsam und quetschend wirkende Gewalt wie bei der Geburt
seltener einen Riss in der Dura bei der Herbeiführung einer
Schädelfractur veranlasst, als ein kurz und kräftig einwirkender
Stoss und Fall im. extrauterinen Leben. In recht vielen Fällen
war das die Bildung einer Kephalhydrocele veranlassende Trauma
ein so schweres, dass ausser der Schädelfractur auch noch beträcht¬
liche Gehirnverletzungen die Folge waren. Auch in unserem Falle
wiesen nach der Verletzung die Symptome nicht nur auf eine
Commotio, sondern auf eine Contusio cerebri hin. In einem grossen
Theil der bis jetzt vorliegenden (zwölf) Sectionsbefunde hat man
dementsprechend auch schwere Verletzungen des Gehirns nach-
weisen können. In verschiedenen, gerade in den schwersten Fällen,
wurde sogar eine direkte Communication des Seitenventrikels mit
dem Sacke der Kephalhydrocele constatirt. Offenbar erstreckte
sich der Contusionsheerd von der Oberfläche der Hemisphäre bis
in diesen Hohlraum, und die Hirnsubstanz ging bei der nach¬
folgenden Erweichung und Nekrose in solcher Ausdehnung zugrunde,
dass sich diese Communication entwickelte.
Aber eine solche ausgedehnte Hirnverletzung und der daraus
resultirende Folgezustand ist sicher nicht in allen Fällen anzu¬
nehmen, wie englische Autoren meinen, ich glaube sogar, dass er
nur in den allerwenigsten Fällen vorliegt und nur deshalb so
häufig gefunden wurde, weil eben nur die schwersten Fälle zur
Seetion kamen. Wenn man die Gesammtheit der Fälle in Betracht
zieht, besteht wohl meist bloss eine Communication des Meningo-
celensackes mit dem Araclmoidealraum, und nur indirekt durch
diesen eine solche mit den Hirnventrikeln. Hirncontusionen und
im Gefolge davon Erweichungsheerde, später Narbenbildungen u. s. w.
compliciren aber, wie gesagt, recht oft diese Affection, und da¬
durch ist es wohl auch zu erklären, dass die Kinder, wenn sie
weiter leben, dauernde Störungen der Gehirnthätigkeit aufweisen.
Dies war selbst noch der Fall bei dem Knaben, welchen Bayer¬
thal sieben Jahre nach der Verletzung beobachten konnte. So
wird erwähnt, dass in der späteren Zeit nach der Verletzung epi-
leptiforme Anfälle aufgetreten sind, und in dieser Beziehung erscheint
es bemerkenswert!!, dass auch bei dem eben vorgestellten Kinde
vor wenigen Wochen ein vier Stunden andauernder Anfall von Be¬
wusstlosigkeit mit Krämpfen aufgetreten ist, der sich bis heute
nicht wiederholt hat. Eine so starke diffuse Störung der Gehirn-,
entwickelung, wie sie zur Zeit in unserem Falle vorzuliegen
scheint — denn man kann wohl sagen, dass ein gewisser Grad
von Blödsinn bei dem Kinde zu bemerken ist —, findet sich aller¬
dings nirgends als Complication einer Meningocele spuria be¬
schrieben, und es liegt ja auch die Frage nahe, ob hier nicht ein
zufälliges Zusammentreffen von Mikrocephalie und Kephalhydro¬
cele anzunehmen ist.
Was nun die Prognose betrifft, so hat man dieselbe seither
durchweg als eine recht ungünstige betrachtet. Die Hälfte der
22 Fälle, welche Smith 1885 aus der Litteratur zusammengestellt
hat, sind an Meningitis gestorben. Eine wirkliche Heilung in dem
Sinne, dass die Geschwulst verschwindet und die Schädellücke sich
schliesst, wird selbst in den neuesten Publicationen (Bayerthal,
Christern) wenigstens bezüglich des letzteren Punktes als un¬
möglich angesehen. Nun, m. H., ich glaube, dass wir in dieser
Reziehung unsere Anschauungen doch etwas modificiren müssen,
und zwar nach der günstigeren Seite hin. Bezüglich der schwer¬
sten Fälle, bei welchen die Geschwulst unaufhaltsam fortschreitet
und schliesslich, wenn nicht eingegriffen wird, perforirt, oder da
wo ausgedehnte Gehirnverletzungen vorliegen und immer wieder
eklamptische Anfälle u. dergl. veranlassen, wird die Prognose
immer eine schlechte sein. Bei den mittelschweren Fällen, wo die
Gehirnverletzung weniger oder gar nicht in Betracht kommt, wo
die Geschwulst schliesslich stationär bleibt, aber eine grössere
Lücke im Schädel sich ausgebildet hat, kann späterhin die Com¬
munication des Sackes mit dem Schädelraum sich verlegen und die
Meningocele sich zurückbilden, aber eine offene Stelle am Schädel
wird Zurückbleiben und einen bedenklichen Locus minoris resi-
stentiae traumatischen Einwirkungen gegenüber darstellen. Auch
die Anomalieen auf psychischem Gebiete infolge der corticalen
Hirnveränderungen, die sich unter Umständen erst spät einstellen
können, sind prognostisch in Betracht zu ziehen. Dem gegenüber
aber muss meines Erachtens darauf aufmerksam gemacht werden dass
ganz leichte Fälle von Meningocele spuria traumatica bei
Kindern Vorkommen, die in jeder Beziehung eine durch¬
aus gute Prognose geben, und die noch so gut wie gar nicht
bekannt zu sein scheinen. So haben wir z. B. in der hiesigen
chirurgischen Klinik im Laufe der letzten Jahre ausser dem eben
besprochenen prognostisch recht ungünstigen Falle drei weitere
Kephalhydrocelen bei Kindern von zwei Monaten, zwei Jahren resp.
fu^ Jahren zu beobachten Gelegenheit gehabt, bei welchen niemals
Gehirnerscheinungen vorhanden, und die überhaupt durch verhält-
mssmässig geringe Traumen hervorgerufen waren. Ein grösseres
Kephalhaematora ist in keinem Falle bemerkt worden, und in einem
Falle wussten die Eltern von einer Verletzung überhaupt nichts
anzugeben. Vielleicht disponirt. Rhachitis zur Entstehung dieser
Affection, aber nur bei einem von unseren Kindern war eine solche
nachweisbar vorhanden. In zwei von diesen Fällen konnten wir
vollständige Heilung ohne Hinterlassung einer Knochenlücke con-
statiren, das dritte Kind wurde unserer Beobachtung zu früh ent¬
zogen. Ich bin geneigt anzunehmen, dass solche leichte Fälle viel
häufiger Vorkommen, als man glaubt, dass sie nur häufig über¬
haupt nicht zur ärztlichen Beobachtung kommen oder nicht richtig
diagnosticirt werden. J )
Die Therapie spielt bei dieser Erkrankung bis jetzt leider
nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Punction der Kephal¬
hydrocele hat zwar an und für sich, wenn aseptisch ausgeführt,
keine Bedenken und kann zur Feststellung der Diagnose auch
ganz zweckmässig sein; einen therapeutischen Werth hat sie nur
in den wenigsten Fällen. So lange die Communication des Sackes
mit dem intracraniellen Raume noch besteht, füllt sich die Ge¬
schwulst in kürzester Zeit nach der Punction immer wieder an.
Auch eine drohende Ruptur wird man durch das Ablassen der
Flüssigkeit auf die Dauer nicht abwehren können. Punction mit
nachfolgender Jodinjection verbietet sich meines Erachtens von
selbst, so lange man eine Communication mit dem Schädelinnern
annimmt. Wenn sich der Sack gegen das Schädelinnere ab¬
geschlossen hat, oder die Oeffnung anscheinend nur noch sehr
klein ist, dann befördert die Punction mit nachfolgendem Corn-
pressionsverband das Zurückgehen des Tumors und kann mit
Nutzen Anwendung finden. Bei allen schweren Fällen muss man
sich vorerst darauf beschränken, die erkrankte Stelle am Schädel
durch eine gutsitzende Kappe gegen mechanische Schädlichkeiten
zu schützen.
2. Herr Becker: Ueber halbseitige Kehlkopfexstirpation
; wegen Carcinom. Patient, 63 Jahre alt, klagte im April d. J.
; zuerst über Schmerzen im Halse, darauf stellte sich Heiserkeit ein
1 und Anfang Mai dyspnoische Erscheinungen. Ende Mai wurde Pa¬
tient in die Klinik aufgenommen. Aeusserlich war nichts abnor¬
mes am Halse zu fühlen ausser zwei harten Drüschen an der
rechten Seite. Syphilis war nicht zu ermitteln, auch keine Tuber¬
kulose; nur bestand difluse Bronchitis. Bei der laryngoskopischen
Untersuchung sah man rechts im Kehlkopf einen Tumor mit zwei
Buckeln, in das rechte Ligamentum ary-epiglotticum und den Kehl¬
deckel übergehend. Die Geschwulst war von gerötheter, aber nicht
ulcerirter Schleimhaut überzogen. Da die Dyspnoe stärker wurde,
machte Herr Geheimrath Trendelenburg am 5. Juni 1893 zu¬
nächst die Tracheotomie tief unten im Jugulum; dabei trat ein
heftiger dyspnoischer Anfall ein. Einlegung einer Pressschwamm-
canüle nach Hahn.
Ein solcher Pressschwamm wird in der Weise hergestellt,
dass man einen Badeschwamm einige Tage lang in eine lU ü /o Lö¬
sung von Jodoform in Aether legt, darauf einige Tage in einer
Presse presst, bis er etwa die Dicke eines Bogens Carton erreicht
hat. Dann wickelt man ihn um die Canüle und näht ihn fest.
Nachdem der Patient sich von dem dyspnoischen Anfall er¬
holt hatte, wurde ein Schnitt geführt vom Ringknorpel nach oben
und nach rechts abweichend, der Kehlkopf darauf vom in der
Mittellinie gespalten und mit Haken auseinandergehalten. Man
sah jetzt deutlich den Tumor in der Gestalt, wie man ihn bei der
Untersuchung mit dem Spiegel gefunden hatte. In der Furche
zwischen den beiden Buckeln war die Geschwulst ulcerirt, was
man bei der Spiegeluntersuchung von oben nicht hatte sehen
können. Nachdem von dem Schnitte aus ein grosser Schwamm
j auf den Boden der Mundhöhle und ein zweiter in den oberen Theil
der Trachea gelegt war, um das Einlliessen von Blut und Mund-
fiüssigkeit auf das Operationsfeld und in die Luftwege zu ver¬
hüten, wurde die rechte Hälfte des Kehlkopfes mit Messer und
Scheere exstirpirt und darauf die Blutung durch Unterbindungen
gestillt. Die Wundhöhle wurde, mit Jodoformgaze ausgestopft und
darüber die Haut zum Theil vernäht. Die Tamponcanüle blieb
liegen. Eine im Laufe des Nachmittags eintretende Nachblutung
wurde durch einen neuen Tampon gestillt. Am Abend konnte der
Patient schon Wein und Milch schlucken. Nach 48 Stunden wurde
die Tamponcanüle entfernt, ebenso der Tampon, da er etwas faulig
roch.
Zwar wurde sofort ein neuer Tampon wieder eingeftihrt, aber
kein so fester Verschluss gegen die Mundhöhle erreicht, wie ihn
der erste, durch Blut ganz fest gewordene bildete. Daher konnte
auch nicht verhindert werden, dass Flüssigkeit beim Schlucken
l ) Eine eingehendere Bearbeitung der einschlagenden Litteratur und
des Materials aus der hiesigen chirurgischen Klinik wird demnächst von
mir in den Beiträgen . zur klinischen Chirurgie (Bruns) veröffentlicht
! werden.
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25. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
91
neben der Canüle herauslief und zum Theil in die Trachea ge¬
langte. Deshalb wurde der Patient vom dritten Tage an mit der
Sehlundsonde ernährt, die er sich in der Folgezeit selbst einführen
lernte.
Der Tampon wurde anfangs jeden Täg, später öfters entfernt,
und alsdann keine Jodoformgaze, sondern sterile Gaze dazu ver¬
wandt wegen leichter Jodoformintoxications-Erscheinungen. Jetzt
trägt Patient eine Fenstereünüle' durch welche er sich verständ¬
lich machen kann. Störend ist bei dem alten Manne die bestehende
Bronchitis und sein Emphysem. Vom 25. Tage ab wurde die Wunde
nicht mehr tamponirt, und Patient konnte flüssige Nahrung gut
schlucken. Jetzt bekommt er feste Speisen. Die Canüle kann
wegen der dann auftretenden Atheranoth nicht entfernt werden,
so dass Patient in den nächsten Tagen mit Canüle entlassen wer¬
den muss. Bei der laryngoskopischen Untersuchung sieht man
die Wundhöhle mit Granulationen ausgekleidet.
Die mikroskopische Untersuchung des Tumors ergab ein Car-
cinom.
3. Herr Schultze: Vorstellung von Fällen einer heredi¬
tären Nervenerkrankung. Es handelt sich um zwei Kinder, von
denen das eine ein Knabe von 14 Jahren, das andere ein Mädchen
von 17 Jahren ist. Beide sind Geschwister und für ihr Alter schwach
entwickelt. Ein älterer 27jähriger Bruder mit weiter vorgeschrit¬
tener gleicher Erkrankung befindet sich noeh in der Klinik.
Der 14jährige Knabe geht schwankend, wackelnd, langsam.
Beim schnelleren Gehen tritt Taumeln ein; auch kann er sich
schlecht umdrehen. Der Gang ist für Tabes dörsalis nicht typisch.
In der Rückenlage des Knaben findet sich bei Bewegungen des
Beines nach einem vorgehaltenen Finger ein wenig Schwanken des
Beines, ebenso ist ähnliches, wenn auch nur schwach, an den Hän¬
den wahrzunehmen. Also Ataxie ist vorhanden, aber nur in massi¬
gem Grade, dagegen kein Zittern und keine Chorea.
Weiterhin ist auffallend eine Veränderung, welche man sieht,
wenn man den Kranken auffordert, nach einem vorgehaltenen Fin¬
ger seitwärts zu sehen: Dabei entstehen Nystagmusbewegungen,
sogenannter Intentionsnystagmus, wenn auch nur in schwachem
'Wie. Sonst nichts Abnormes; nur fehlt der Patellarreflex beider¬
seits: der Pupillarreflex ist vorhanden: auch die Sensibilität ist
mtaet.
Bei dem 17 jährigen Mädchen ist der Gang in ähnlicher Weist
'mildert. nur in sehr viel geringerem Grade. Sie kann nach ihre]
‘ schlechter nähen und stricken, als früher, was allerdings
ucod ihrer Anwesenheit in der Klinik sich noch nicht beobacli-
on ics-s. Auch besteht bei dem Mädchen dieselbe Art von Ny-
ÜÄf 3 ™ b ®i deia Bruder, besonders wenn man den Fingei
PatenaiTCflexe^vöUig 1111 ^ ^ CS ^ rfc ’ ebenso fohlen auch bei ihr die
^ bei dem . 27 J ähri £ en Bl ‘ u< for auf der Abtheilung ist die Geh¬
kann i We l^ vor K® scbr it’ten, dass er überhaupt nicht mehr gehen
fu eD , Contracturen in einzelnen Muskeln, Muskel-
„„„ y A r, U f an den Unterschenkeln ohne fibrilläre Zuckun-
n v/ erhält er sich wie se foe Geschwister,
über rhe l?;! n a yh nicht recht haben gehen können, doch ist
falls hah™ ze . lei fo n d ®? Leidens nichts näheres zu erfahren: jeden-
Kiüder ^ Und daSSdbe Leiden in Terschie -
dereefben 0 ?!^ v* Stvon cen tralenNervenerkrankungen bei Mitgliedern
trAL'r 16 l Uer . 8t von F riedreich die sogenannte heredi-
gam anderen ^.° rden - ^ a ch ihm sind, abgesehen von
schrieben ^^Erkrankungen, auch solche be-
identificirt vrnJU!' W f cb ® pit der Friedreich’schen Krankheit
den können a ^ er keineswegs eigentlich so bezeichnet wer¬
tlose ErkraiiVnnn. e S s * cb auc ^ be i unseren Fällen, ob man
auch in andfiro °5, or ü 11 annebme u soll. Es fehlt indessen hier wie
m£zt^ en Fa ! le " die starke Ataxie ’ " in
Chorea oder am multini« ql?i stark ausgeprägt war, dass man an
Störung d er Fri«^^ er08e denken konnte. Auch die Sprach-
ältesten Bruder ntt reiC £ Scb ? n ^ älle fehlt bei uns, oder ist bei dem
was stockend und monoton^ aus ^ 6 ^ det; er spricht allerdings et-
'tand, dasfdifvl!!, 6 ^ das foniiliäre Auftreten und der Uin-
*ie der Mangel h# * m JaBre begonnen hat, ebenso
teni ist die KranMiü* ** arreflexe und der Nystagmus. Ausser-
tie geschilderten pan °? en 5? r . fortschreitender Art, und somit sind
stehend. 6 der Friedreich’schen Krankheit sehr nahe-
publicirt worden^ W * 6 vor gestellten sind auch schon sonst
beschrieben, welph* W1 j rden z - B. von Nonne drei Geschwister
Atrophie, aber ^WpEartige Zuckungen, Ataxie, Opticus-
^ e jüe Dogeneration &t ?^ e \lr € j^? tellarre ^ exe ’ ^ abben - Es fand sich
b ei t des Kleinhirne 1 ^ ' BduBa spinalis, sondern nur eine Klein-
und der Medulla spinalis vor. Noch mehr
stimmt ein Fall von Menzel mit den unseligen. Die erwähnte
Kleinheit der Medulla oblongata und Medulla spinalis hat Redner
seinerzeit zuerst bei der Friedreich’schen Ataxie gefunden und
als congenitale gedeutet. .
Ufoser Deutung haben sich später Viele angeschlossen; Redner
selbst ist aber von seiner Hypothese mehr und mehr zurückgekom¬
men; weil eine derartige Verkleinerung nach Degenerationen be¬
stimmter Faserstränge auch rein secundärer Art sein kann, beson¬
ders wenn die betroffenen Individuen noch nicht völlig erwachsen
sind JedenfaUs kann er für die Friedreich’sche Ataxie dieser
Kleinheit der genannten Organe bis auf weitere Beweise keine aus¬
schlaggebende Bedeutung zuerkennen. Auch Senator hat vor
kurzem einen ähnlichen Fall wie die unserigen beobachtet: Bei
einem 19jährigen Manne war Schwanken beim Stehen und Gehen
und Schwindel vorhanden; die Patellarreflexe waren schwach, ausser¬
dem bestand etwas Nystagmus und zögernde Sprache. Senator
benennt dieses Krankheitsbild trotz fehlender Ataxie mit dem Na¬
men der hereditären Ataxie Friedreich’s. Der Vortragende kann
ihm hierin nicht beistimmen und ebensowenig die weitere Dedue*
tion Senator’s anerkennen, dass ein solcher Fall die Friedreich-
sche Krankheit in ihrer vollen Reinheit zeige und bloss auf Klein¬
heit des Kleinhirnes zurückzuführen sei.
Für seine eigenen Fällen nimmt er neben der möglichei-weise
ebenfalls vorhandenen Cerebellarkleinheit auch Degeneration der
Hintersträuge und bei dem ältesten Bruder auch eine solche der
Pyramidenbahnen an. Bei der Vergleichung von Grössenverhält-
nissen der inneren Organe kommt es auch auf die Gesammtgrösse
der verglichenen Individuen an. Wie sich die Krankheit schiesslich
in dem Falle von Senator noch weiter entwickeln wird, lässt sich
nicht Voraussagen, während in den Friedreich’schen Fällen sowie
in den unsrigen die Sache klar liegt.
Discussiou: Herren Samelsohn, Schultze, Oebeeke.
4. Herr Samelsohn (Köln): Seltenere Beobachtungen zur
Semiotik der Pupillarreaction.
a) Hemianopische Pupillenreaction. Diese von Wer-
nicke theoretisch abstrahirte Form der Pupillenreaction ist jetzt
als ein sicherer Bestand unserer Kenntnisse zu betrachten. Samel¬
sohn hat bereits 1889 einen solchen Fall mit anatomischem Befund
an dieser Stelle bekannt gegeben, der als der erste durch Section
beglaubigte Fall zu betrachten ist. Im ganzen hat Samelsohn
vier Fälle dieser Reaetion beobachtet, einen davon hat noch jüngst
Dr. Peters demonstrirt. Wo die Reaetion vorhanden ist, ist sie
ein mit groben Hülfsmitteln nachzuweisendes Symptom. Diagnostisch
wird sie sehr wichtig, wo sie, wie in jenem anatomisch beglaubig¬
ten Falle, im Beginne vergebens gesucht, im Laufe der Beob¬
achtung plötzlich auftritt und nunmehr deutlich ein Fortschreiten
des Hirnprocesses in einer bestimmten Richtung erweist. Ein
zweiter charakteristischer Fall dieser Art wird von Samelsohn
an Gesichtsfeldschematen eines Hirntumors demonstrirt.
b) Pupillencontraction synergisch mit dem Nervus
abducens. Von dieser seltenen Anomalie existiren nur vier
Beobachtungen, drei von v. Graefe (1857) und eine von Weise
(1875). Samelsohn hat davon sechs Fälle beobachtet. In allen
war beiderseitige Pupillenstarre, in fünf einseitige Oculomotorius-
parese, in einem einseitige Abducenslähmung, mit deren Ausheilung
die genannte Pupillencontraction auftrat. In einem Falle, der später
an allgemeiner Paralyse starb, konnte mit Sicherheit nachgewiesen
werden, dass das fragliche Symptom erst im Verlaufe der Er¬
krankung auftrat, dass es sich also nicht um ursprünglich vor¬
handene Anomalieen von Nervenanastomosen handeln könne. Viel¬
mehr muss man annehmen, dass im Verlaufe von centralen Hirn¬
processen unter noch unbekannten Bedingungen anomale Mitbewe¬
gungen sich ausbilden, wie sie für Rückenmarkserkrankungen durch
das Symptom der Allocheirie bereits bekannt geworden sind.
c) Schwinden der accommodativen Reaetion bei Er¬
haltung der Accommodation und des Opticusreflexes.
Dieses Symptom, also das Gegentheil des von der Tabes bekannten
Argyll-Robertson’schen Phänomens, bisher noch nicht be¬
schrieben, hat Samelsohn einmal combinirt mit Abducenslähmung
und leichter Ptosis nebst peripherer Amblyopie beobachtet.
Discussion: Herren Peters, Samelsohn. Schultze.
IX. Oeffentliclies Sanitätswesen.
Stand der Cbotara.
Im Deutschen Reich kam ein zweiter, tödtüch verlaufender Fall
in Städtisch-Janow, Kreis Kattowitz, vor; ferner ein Choleratodes-
fäll in Beuthen, Oberschlesien.
Im französischen Departement Finistöre ist, wie den Verönent*
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes zu entnehmen ist, d * e pholera
noch immer nicht erloschen. Im Monat December kamen daselbst
45 Sterbefälle aus 16 Gemeinden zur Anzeige; auch im Januar wurden
schon einige Choleratodesfillle gemeldet.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4
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In Galizien sind Choleräerkranküngen nicht weiter beobachtet
worden, auch Ungarn war frei von Cholera.
In Bosnien wurden vom 16. bis 22. December aus 18 Gemeinden
54 (16) Erkrankungen '(Todesfälle) gemeldet, und zwar in den Kreisen
Banjaluka und Dolnia Tuzla. Ein Theil der Fälle gehört indessen
der vorhergehenden Woche an, so dass ein weiterer Rückgang der Epi¬
demie zu erkennen ist (Oesterreichisches Sanitätswesen.)
In Konstantinopel betrug die Zahl der täglich angezeigten
Choleraerkrankungs- (Todes-)fälle 15—20 (5—7). In Saloniki und Adria¬
nopel sind in letzter Zeit Cholerafälle nicht mehr vorgekommen, in De-
motika und Lule Burgas nur vereinzelte; sonst im District Kirkklisse
ist die Seuche erloschen. In Trap e zu nt sind nur noch einzelne Cholera¬
fälle vorgekommen, dagegen hat sich in Amasia die Epidemie stärker
verbreitet und auch Tokat und Erban ergriffen.
Tenerifa ist seit dem 22. December frei von Cholera. Ueber die
Entstehung und den Verlauf der dortigen Epidemie bringt die „Lancet
Bemerkenswerthe Einzelheiten. Die Einschleppung der Seuche wird dem
italienischen Schiff „Remo“ zugeschrieben. Dasselbe hatte in der zweiten
Augustwoche mit Auswanderern von Genua die Reise nach Rio di Janeiro
angetreten. Unterwegs brach Cholera und Typhus aus, und wurde das
Schiff daher in Rio zurückgewiesen. Auf der Rückreise landete es am
29. September in Santa Cruz auf Tenerifa. Bis dahin hatte es 123 (37)
Erkrankungen (Todesfälle) an Cholera, 10 (3) an Typhus und 26 Todes¬
fälle an „gewöhnlichen“ Krankheiten gehabt. Das Schiff ging sofort in
Quarantäne, und die Einnahme von Kohlen und Wasser geschah unter den
grössten Vorsichtsmaassregeln. Nach wenigen Tagen verliess es die Rhede.
Unter dem Hafenpersonal, welches das Verladen der Kohlen besorgt hatte,
kam am 2. October eine Choleraerkrankung vor, die Frau dieses Arbeiters
erkrankte ebenfalls und starb, und bald schlossen sich andere Fälle an.
doch stehen bis zum 1. November genaue Erkrankungs- und Sterbeziffern
nicht zu Gebote. Erst am 10. November ging man an die bacteriologische
Untersuchung; in Madrid wurde Cholera festgestellt und am 21. November
der Hafen von Tenerifa als verseucht erklärt. In Santa Cruz, einer
Stadt von 15000 Einwohnern, kamen in den einzelnen Wochen seit dem
1. November nachstehende Erkrankungen (Todesfälle) an Cholera vor: bis
7. November 17 (18). bis 14. November 59 (36). bis 21. November 234 (50),
bis 28. November 399 (71), bis 5. December 337 (53). bis 12. December
167 (33). bis 19. December 59 (13). am 20. December 6 (1). am 21. .De¬
cember 2 (0), am 22. December 4 (0). im ganzen 1559 (275). Am 27. De¬
cember wurde die Epidemie amtlich als erloschen erklärt.
In Petersburg erkrankten (starben) in der Woche vom 28. De¬
cember bis 3. Januar nach der Petersburger medicinischen Wochenschrift
155 (70) Personen an Cholera gegen 170 (79) in der Vorwoche. Nach
demselben Blatte ist Livland seit Mitte, Taurien seit Ende November
frei von Cholera. In Russisch-Polen wurden nach dem Oesterreichischen
Sanitätswesen im Monat December im ganzen 474 Erkrankungs-.
248 Todesfälle an Cholera angezeigt, und zwar in den Gubemien Warschau
99 (40),. Plock 108 (61). Lomza 41 (19), Suwalki 53 (31). Siedlee
62 (34), Lublin 12 (7). Radom 99 (56). Gegen Ende des Monats war
eine Zunahme der Epidemie in der Stadt Garwolin nur im Bezirk
Janow, Gubernium Siedlee, erkennbar. Die Bezirke Plock, Lomza.
Suwalki grenzen unmittelbar an Ostpreussen. Die Zahlenangaben der
Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes liegen weiter zurück
und reichen etwa bis Mitte December. Es seien daraus folgende Daten
hervorgehoben: in den Gubernien Wilna vom 17. bis 23. December 4 (6).
Kowno 10. bis 16. December 41 (11), Wolhynien 24. November bis
12. December 83 (30) ausser den früher gemeldeten. Podolien 26. No¬
vember bis 16. December 100 (61). Bessarabien 6. bis 12. December
13 (7), Kiew 26. November bis 9. December 19 (9), Odessa (Stadt)
10. bis 16. December 2 (2), sonst im Gubernium Cherson 10. bis 16. De¬
cember 21 (12), Jekaterinoslaw 19. November bis 10. December 18 (6).
Woronesch 19. November bis 10. December 18 (12). Kursk 3. bis
16. December 36 (15), Tschernigow 24. November bis 9. December
61 (27), Tula 3.bis 16. December 18 (8). Petersburg (Gubernium) 10. bis
16. December 24 (3), Stawropol 4. bis 16. December 52 (28) Erkrankungen
(Todesfälle). Sperling.
Znr Influenzaepidemie.
In der ersten Jahreswoche ragen folgende grösseren deutschen Orte
durch hohe bezw. gegen früher erhöhte allgemeine Sterblichkeitsziffern
hervor: Bochum 30.7°^no (Vorwoche 17.3°'nn), Bonn 30,6 (28.6). Glad¬
bach 38,9 (26.8), Königsberg 34.7 (26.8), Mülhausen 38.0 (27,1),
Münster 39.3 (30.0), Plauen 30.2 (24,3). Potsdam 32.1 (30.8), Rem¬
seheid 37.0 (26.2), Rixdorf 30.1 (19,6), Stuttgart 35,1 (29,8), Kaisers¬
lautern 34,2. Danach zu urtheilen, herrscht die Influenza besonders im
westlichen und südwestlichen Deutschland. In vielen Orten dieser
Gegenden finden sich, auch wenn die allgemeine Sterblichkeit dadurch
nicht auffallend erhöht ist. sehr zahlreiche Todesfälle an acuten Krank¬
heiten der Athmungsorgane. Letztere waren die Todesursache in */« bis
'3 aller Sterbefälle in folgenden Orten: Barmen. Bielefeld. Bochum,
Bonn, Bremen, Darmstadt, Düsseldorf, Elberfeld» Freiburg,
Mülhausen, Stuttgart, aber auch von östlicher gelegenen Orten in
Braunschweig. Halle. Charlottenburg, Elbing, Rixdorf (hier
fast die Hälfte). Todesfälle an Influenza unmittelbar wurden aus folgenden
Orten gemeldet: Königsberg, Stettin, Halle, Wiesbaden, Frei¬
burg je 5, Köln. Stuttgart, Rostock, Lübeck. Hamburg je 6,
Braunschweig, Bremen. Duisburg, Münster je 3, Danzig, Frank¬
furt a. M., Barmen, Mülhausen je 4, Dresden 7. München 8,
Berlin 15.
* In Kopenhagen wurden 1640 (14), in Stockholm 167 (15), in
Moskau (6), in New-York (6) Erkrankungen (Sterbefälle), in Wien
und Prag vereinzelte Fälle angezeigt. In Savannah (Georgia U.-S.)
soll die Seuche seit Ende November stark verbreitet sein. (Veröffent¬
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.) Sperling.
X. Standesangelegenheiten. 1 )
Die Berufsgenossenschaffcen und die Aerzte.
Von Dr. Henius in Berlin.
Der Geschftftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine hat in
seinen beiden letzten Sitzungen am 1. December vergangenen Jahres, in
der Herr S. Alexander ein orientirendes Referat über die Frage er¬
stattete. und am 12. Januar dieses Jahres Uber das Verhältniss der Aerzte
zu den Berufsgenossenschaften verhandelt. Die Angelegenheit ist insofern
dringlich, als im Februar schon auf die Tagesordnung des Reichstages die
Novelle zum Unfallversicherungsgesetze kommen wird, durch welche unter
anderem dieses Gesetz, welches sich bisher nur auf die Unfälle in grösseren
Betrieben bezog, auf das gesammte Handwerkerthum ausgedehnt werden
soll, und als leider trotz der dann eintretenden riesigen Erweiterung der
Versicherungspflicht die beiden Factoren, welche nächst den Versicherten
selbst am meisten durch das Gesetz getroffen werden, nämlich die Be¬
rufsgenossenschaften und die Aerzte, noch nicht zu einer Einigung be¬
züglich ihrer Stellung zu einander gekommen sind. Die Schuld daran
liegt nicht an den Aerzten. welche von vornherein und unausgesetzt sich
in entgegenkommender Weise bemüht haben, eine allseitig befriedigende
Lösung der Schwierigkeiten herbeizuführen; namentlich hat das für die
Vertretung sämmtlicher deutscher Aerzte berufene Organ, der deutsche
Aerztevereinsbund, auf verschiedenen Aerztetagen sich bemüht, ein Zu¬
sammengehen mit den Berufsgenossenschaften zu ermöglichen. Da ich
annehme, dass auch die Leser dieser Wochenschrift sich für diese unsern
Stand sehr nahe angehende Frage interessiren. so sei es mir gestattet,
in historischer Weise zu entwickeln, in welcher Art bisher die Ver¬
handlungen geführt worden sind.
Das Unfallversicherungsgesetz trat am 1. October 1885 in Wirksam¬
keit. Schon vorher wurde auf dem in demselben Jahre stattfindenden
Aerztetage in Stuttgart eine Commission ernannt, welche nach Berathung
mit Vertretern der Berufsgenossenschaften dem nächsten Aerztetage eine
Vorlage zur Regelung der gemeinsamen Beziehungen machen sollte. Es
fand denn auch am 16. Januar 1886 eine gemeinsame Sitzung in Berlin
statt, auf der 19 Berufsgenossenschaften vertreten waren und in welcher
als vorläufige Beschlüsse angenommen wurden, dass die (sogenannten)
Vertrauensärzte bei den Berufsgenossenschaften dieselbe Stellung haben
sollten, wie bei den privaten Unfallversicherungsgesellschaften, dass eine
Honorirung der Einzelleistungen nach der ortsüblichen Minimaltaxe ein-
treten. dass auch die Aerzte der Krankenkassen für Atteste, die sie über
die Zeit der ersten (dreizehnwöchentlichen) Behandlung ausstellen, ein
Honorar erhalten und dass- für ausführliche Gutachten höhere Sätze
liquidirt werden sollten. — Auf Grund dieser Vereinbarung gelangten auf
dem Aerztetage in Eisenach im Jahre 1886 Thesen zur Annahme, welche
durch die Bescheidenheit ihrer Forderungen zeigen, dass es den Aerzten
von jeher Ernst war, so viel an ihnen liegt, für die Durchführung der
socialen Gesetzgebung einzutreten, ohne dabei eigene Vortheile zu ver¬
folgen. Gemäss diesen Beschlüssen sollte der Vertrauensarzt nur dann ein
Gutachten abstatten, wenn er vorher den behandelnden Arzt davon in
Kenntniss gesetzt hatte, so dass eine Consultation beider stattfinden
könnte; in die Behandlung soll der Vertrauensarzt nur in Ueberein-
stimmung mit dem behandelnden eingreifen; ferner soll die Einzelleistung
nach der ortsüblichen Minimaltaxe bezahlt werden; für die Ausfüllung
eines das Attest vertretenden Fragebogens wurde der Satz von zwei Mark
festgesetzt. — Die angenommenen Sätze wurden der Commission der
Berufsgenossenschaften mitgetheilt mit dem Hinzufügen, dass für die
Atteste der Vertrauensärzte ein Minimalsatz von fünf Mark vorgeschlagen
würde. — Auf diese geringen Ansprüche gingen die Berufsgenossen¬
schaften nur zum Theil ein. ihre Uneinigkeit und ihre verschiedene
Stellung waren für den Berufsgenossenschaftstag in Köln (1888) dje.Ver¬
anlassung, wenigstens in einer Frage, nämlich bezüglich der einheitlichen
Regelung der Atteste ein Einvernehmen mit den Aerzten anzubahnen.
Die darauf bezüglichen Vorschläge gelangten jedoch so spät zur Kenntniss
des Geschäftsausschusses, dass sie nicht mehr auf dem Aerztetage in
Bonn, der ohnedies eine sehr reichhaltige Tagesordnung zu verarbeiten
hatte, zur Verhandlung kamen, da sie noch nicht als spruchreif angesehen
werden konnten. Um in eine Besprechung derselben einzutreten, berief
Herr College Busch aus Crefeld. der seit dem In siebentreten der social¬
politischen Gesetze bis heute unablässig und mit grösster, nicht genug
anzuerkennender Sorgsamkeit bemüht gewesen ist, die den Aerzten durch
diese Gesetzgebung zugefügten Schädigungen zu mindern, eine Versamm¬
lung von Vertrauensärzten der Genossenschaften nach Cöln. wo gerade
die Naturforscherversamralung zusammengetreten war. Naturgemäss
konnten dort keine bindenden Beschlüsse gefasst werden, und nunmehr
ruhten die Verhandlungen bis zum Jahre 1891. wo die Berufsgenossen¬
schaften durch ein überraschendes und für sie unerfreuliches Ereigniss
aus ihrer Ruhe' aufgerüttelt und zu neuen Schritten veranlasst wurden.
Es hatte nämlich die Klinik in Göttingen der Strassenbahnbenifsgenossen-
schaft gegenüber abgelehnt, einen Unfallverletzten zur Beobachtung auf¬
zunehmen und ein Attest über denselben auszustellen, und die höheren
’) Wir eröffnen mit dem vorliegenden Artikel eine neue Rubrik,
worin wir von Zeit zu Zeit Erörterungen und orientirende Ueberblicke
über wichtige, das ärztliche Standesinteresse nahe berührende Fragen
aus berufener Feder zu bringen gedenken. Wir glauben hiermit den Be¬
dürfnissen und vielfach laut gewordenen Wünschen der überwiegenden
Mehrzahl unserer Leser entgegenzukommen. Die Redaction.
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25. Januar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Behörden, an welche sich die Genossenschaften gewendet hatten, das
preussischc Cultusministerium und das Reichsversicherungsamt, bestätigten
die Ausführungen der Klinik, dass es nicht zu ihren Aufgaben gehöre,
in gewünschter Weise den Berufsgenossenschaften dienstbar zu sein.
Infolge dessen wollten die Genossenschaften wiederum mit dem Aerzte-
vereinsbunde Vereinbarungen, und zwar bezüglich der Ausstellung von
Obergutachten treffen. Der ärztliche Geschäftsausschuss lehnte es in¬
dessen ab, über diese Frage allein zu verhandeln, wenn nicht auch gleich¬
zeitig über alle anderen streitigen Punkte ein Abkommen getroffen würde,
lind 'verwies die Berufsgenossenschaften an die Aerztekammern. Aber
auch diese waren zum grössten Theile nicht geneigt (eine Ausnahme
machte die Berliner Aerztekammer) den Genossenschaften willfährig zu
sein, meist aus dem Grunde, weil sie sich nur berechtigt glaubten, über
Anträge Beschlüsse zu fassen, die ihnen von Behörden zugingen, und als
«nlche seien die Berufsgenossenschaften nicht zu betrachten. Es wurde
den letzteren anheim gegeben, sich wegen Regelung aller bezüglichen
Fragen an den Aerztevereinsbund zu wenden, der auch allein in der Lage
?ei, für ganz Deutschland bindende Beschliessungen zu fassen. (Später
haben übrigens die Aerztekammern, da ihnen von Seiten des Reichsver-
«ichcrungsamtes eine bezügliche Vorlage zukam, über die Errichtung von
Gutachter-CoUegien sich zwar in bejahendem Sinne ausgesprochen, doch
ist auch diese Angelegenheit noch nicht zum endgültigen Abschlüsse ge¬
diehen). Und als jetzt die Berufsgenossenschaften, mehr der Noth ge¬
horchend als dem eigenen Triebe, ihre Bereitwilligkeit erklärten, über die
strittigen Punkte mit dem Geschäftsausschusse gemeinsame Berathungen
zu pflegen, wurde von beiden Parteien eine Commission ernannt (ärztlicher¬
seits bestand sie aus den Herren Graf, Aub und Busch), und am 21.
Februar 1892 fand zu Berlin eine gemeinsame Sitzung beider Commissionen
statt, über welche ein Protokoll aufgenommen und in welchem ausdrück¬
lich ausgesprochen wurde, dass weitere Verhandlungen mit den Aerzten
stattfinden sollten. Entsprechend den in dieser Sitzung zu Tage getrete¬
nen Gesichtspunkten hatte die ärztliche Commission .Thesen aufgestellt,
welche auf dem Aerztetage in Leipzig 1892 wiederum Busch als Referent
in seiner anerkannt klaren und ruhigen Weise vertrat und nach kurzer
Debatte zur Annahme brachte. In diesen Thesen wurden zunächst einige
Wünsche an die Aerztekammern bezüglich der Gutachtercommissionen
ausgesprochen, die Frage der Taxe für die Gutachten und für die Behand¬
lung der Verletzten berührt, ferner nochmals, wie 1886 in Eisenach, Grund¬
sätze aufgestellt, durch welche Zwistigkeiten zwischen den Vertrauens¬
ärzten und den behandelnden Aerzten vermieden werden und überhaupt
die Rechte des behandelnden Arztes ohne Schädigung der Bcrufsgenossen-
schaften möglichst gewahrt werden sollen, endlich der Satz aufgestellt,
dass in den Vorständen der Berufsgenossenschaften und deren Sectioneu,
sowie im Reichsversicherungsamte ein Arzt Sitz und Stimme haben
solle. Auf die Mittheilung dieser Beschlüsse sind die Berufsgenossen¬
schaften noch bis heute die Antwort schuldig geblieben. — Im An¬
fänge des Jahres 1893 trat nun die Novelle zum Krankenkassengesetz
in kraft, durch deren § 76 c den Berufsgenossenschaften die Erlaubniss
v ’ st ’ .^ e y erletz ten sofort selber in Behandlung zu nehmen, wäh¬
rend bis dahin die Krankenkassen in den ersten 13 Wochen für die Be-
ha ” ( “ a ®? zu sorgen hatten. Daraufhin erliess der Vorsitzende des ge-
Knaftsfiihrenden Ausschusses des Berufsgenossenschaftsverbandes, Herr
|ösicke, im März 1893 ein Rundschreiben an die Krankenkassen, in wel-
inem er mittheilte, dass von einigen Berufsgenossenschaften vom dem neuen
eciite Gebrauch gemacht werden würde, und in welchem er die Kassen
^ y tl . *^ er ?te darauf aufmerksam zu machen, dass ein Vermeiden von
Into, eiten z f isc ^ en ihaen und den Vertrauensärzten in beiderseitigem
h • ^ ^ünschenwerth wäre. — Dieses einseitige Vorgehen ohne vor-
enac der Commission des Geschäfts-Ausschusses, die
ge “ ei ?. same n Protokoll eigentlich Pflicht gewesen wäre, rief
in ^arzthehen Lager eine grosse Verstimmung hervor, der Busch
aueh v l e ^ es ä^ichen Vereinsblattes Ausdruck gab; und da
man n<!\ Vorsit,zen< * 6 des Reichsversicherungsamtes, HorrBödiker, dem
ierW Tr- muss ’ dass er die gerechten ärztlichen Bestrebungen in
wies P u . nt6rs tützen bemüht ist, Herrn Rösicke darauf hin¬
ter letz? flurc . e .jj Schreiben die Aerzte sich verletzt fühlten, richtete
bund<w r 8 "V' , den Vorsitzenden des deutschen Aerztevereins-
schrpihon em j , e ! nei1 . Brief, in dem er betonte, dass durch das Rund¬
bild.- _ n ^ e< ? er beabsichtigt war, eine endgültige Regelung in dem Ver-
Vereint-m ^ 80 • r beiderseitigen Aerzten herbeizuführen, noch etwaigen
zu erwart/»« 1ln < * les ® r Hinsicht vorzubeugen“. Danach war doch wohl
erfolgen «mLi 8 ^ e “ e \ Ilsame Berathungen zur Regelung der Streitpunkte
tofie°wnrrin dem Ende Juni in Breslau stattfindenden Aerzte-
nichts PPtKai 6 » • ^Wbeilt, dass Seitens der Genossenschaften bisher
V'erhalten um . diese Erwartung zu erfüllen, und diesem dilatorischen
und es wim^Ir be 7 besc hloss man, an den vorjährigen Thesen festzuhalten,
derselben pvp«i 11 • ^ e * n £ ese b z te Commission ermächtigt, auf Grund
Handlung 7n *- U f e mi r, 7 ?® Berufsgenössenschaftsverbande weiter in Vor¬
derhand in q*?« »fällig tagte zu derselben Zeit der letztgenannte
Genossenschaft^ m . dieser Versammlung traten die Berufs-
•lie grösste Pntwi* eQ ^siebten hervor, die in den ärztlichen Kreisen
und klar in«««« bervorrufen mussten. Es wurde nicht nur klipp
nicht verhandftln^iu ' D ’ ^ ass Genossenschaften mit den Aerzten gar
<•5 fielen auch 4 pl 1 Q 0Ilt€11, son< l?U ] nur mit den Kassen zu thun hätten, sondern
aber gegen die £ e £ en den ganzen Aerztestand, insbesondere
bewiesene Belpi'/i;„ Üän ^ er der. freien Aerztewahl empörende, durch nichts
einzelne dieser \ f, Ungei1 enthielten. Wir können es uns nicht versagen,
w i e derzug e K en . “gerungen hier wörtlich und ohne jeden Commentar
'ks Kassenarztes” „ ^ ro ^ en Mehrzahl der Fälle dürfte die Behandlung
2,1 machen und di« r * n ' ^ ur eine Ausnahme ist unter allen Umständen
" eiche die frei« a«* ,T or ! wenn der Unfallkranke einer Kasse angehört,
Arztwahl emgeführt hat. Bei diesen Kranken ist keine
Gewähr für die dringend nothwendige Einheitlichkeit und Stetigkeit der
Behandlung vorhanden, sie haben die Auswahl unter einer grossen An¬
zahl von Aerzten, z. B. in Berlin Uber 800, und können jeden Tag zu
einem anderen gehen. Diese Aerzte haben nicht einmal das Recht, den
Kranken in seiner Wohnung zu besuchen, wenn sie nicht direct von ihm
aufgefordert werden. In diesen Fällen dürfte das Heilverfahren stets zu
überwachen sein.“
„Die erzielten günstigen Resultate sind zum nicht geringen Theile
dem Umstande zuzuschreiben, dass die Verwaltung auch diejenigen Fälle,
die der Krankenkasse verblieben sind, fortwährend im Auge behält und
dass man den betheiligten Factoren (seil, den Aerzten. H.) sozusagen un¬
ablässig anf dem Dache sitzt.“
„Der Arzt (der freien Arztwahl) wird die Patienten möglichst sich
zu erhalten suchen, um keinen Verlust zu erleiden, da er für Einzel¬
leitungen bezahlt wird. Und mehr wie je wird es nothwendig sein, dass
der Vertrauensarzt der Berufsgenossenschaft dafür besorgt bleibt, dass
der betreffende Patient eventuell die zweckmässige Behandlung durch
einen Specialisten, Chirurgen oder dergl. erhält.“
Wir können nicht annehmen, dass solche Ansichten auch unter den
Vertrauensärzten Boden finden, sonst wären Conflicte in grosser Zahl un¬
ausbleiblich, die dem gesammteu ärztlichen Stande zur Schädigung ge¬
reichen würden.
Wie man aus dem Angeführten ersieht, sind die Berufsgenosson-
schaften nicht gewillt, zu einer Verständigung zu gelangen, -wohl aber
versuchen einige derselben ärztliche Mithülfe für ihre Zwecke zu erhalten,
ohne die Aerzte für ihre Mühewaltung zu entschädigen. An verschie¬
denen Orten sind Anfragen und sogar Fragebogen betreffend den Befund
und die Behandlung von Unfallverletzten an Aerzte gesandt worden, mit
der Aufforderung, dieselben zu beantworten resp. auszufüllen, ohne dass
dafür eine Honorirung erfolgen sollte. Man will eben wieder im „Inter¬
esse der Humanität“ die Aerzte mit weiteren Arbeiten belasten.
In neuerer Zeit sind die Berufsgenossenschaften hier in Berlin mit
einem Novum hervorgetreten, nämlich der Gründung von Unfallstationen,
von denen zwei (in der Wilhelmstrasse und in der Prenzlauer Allee) be¬
reits eröffnet sind; zwei weitere (am schlesischen Bahnhof und in Moabit)
werden demnächst folgen. Von den 66 bestehenden Berufsgenossen¬
schaften haben 29 ihren Hanptsitz in Berlin, und von diesen haben nur
vier, nämlich die der Brauerei und Mälzerei, der chemischen Industrie,
der Spedition, Speicherei und Kellerei und die Norddeutsche Holzberufs¬
genossenschaft es für nothwendig gehalten, diese Stationen, mit denen
kleine stationäre Kl inik en von je 20—30 Betten verbunden sein sollen, hier
in Berlin zu errichten, obwohl ihnen gerade hier sowohl eine grosse
Menge von Krankenhäusern als auch Polikliniken zur Verfügung stehen,
die doch ebenso schnell zu erreichen sind als die genannten Stationen,
obwohl es ferner an trefflichen Chirurgen nicht mangelt, die ohne
Ausnahme geneigt sind, jedem Rufe zu einem Verletzten Folge zu leisten.
Von den materiellen Schäden, die den Aerzten durch dio Entziehung
der Behandlung einer grossen Reihe Verletzter erwachsen, wollen wir
gar nicht sprechen, denn diese stehen uns wirklich erst in zweiter
oder dritter Reihe, aber eine grosse, nicht zu unterschätzende Gefahr
droht den Aerzten von diesen Stationen, nämlich eine Einbusse ihres
wissenschaftlichen Könnens. Wenn zahlreiche äussere Verletzungen (und
es handelt sich jährlich um mehrere Tausende) der freien Behandlung
nicht mehr zugänglich sind, so geht dadurch den Aerzten die Möglich¬
keit verloren, das auf der Universität Erlernte auch in der Praxis auszu¬
führen, es wird ihnen an Uebung und damit auch an der Fähigkeit fehlen,
äussere Verletzungen richtig zu beurtheilen und zu behandeln. Diese
Gefahr ist um so grösser, als zu befürchten ist, dass die neuen Stationen,
deren Betten unmöglich nur mit Verletzten werden belegt sein können, auch
zur Aufnahme anderer Kranken bereit sein werden, dass ferner die Sta¬
tionen seitens des Publikums als grosse, gowissermaassen von Behörden
eingerichtete Polikliniken werden benutzt werden. Da sich rechtlich
gegen die Errichtung der Stationen nicht ankämpfen lässt, können wir
nur an die ärztlichen Leiter derselben das Ersuchen richten, sie aus¬
schliesslich zu den Zwecken zu benutzen, zu denen sie begründet sind.
Wir geben uns der Hoffnung hin, dass die anderen Berufsgenossenschaften
den vier vorangehenden nicht folgen werden, da sich hald herausstellen
dürfte, dass die Resultate nicht dem grossen Apparate und den bedeu¬
tenden Kosten entsprechen. .
Noch eines bleibt uns zu erwähnen. In der Brandenburgischen Aerzte¬
kammer gelangte ein Fall zur Kenntniss, in welchem ein Arzt dadurch
Nachtheile erlitt, dass sein Attest dem betreffenden Rentenempfänger
mitgetheilt wurde. Die Kammer wandte sich deshalb an das Reichsver¬
sicherungsamt mit der Bitte, es möchten die ärztlichen Gutachten den
Entschädigungsberechtigten nicht mehr zugänglich gemacht werden. Unter
dem 23. September 1893 erging darauf die Antwort, dass nach Lage der
Gesetzgebung die Atteste den Betheiligten mitgetheilt werden müssten.
Das Reichsversicherungsamt vertraue dem bewährten Tacte der Aerzte,
von denen jeder Einzelne gegebenen Falles den richtigen V eg zu finden
wissen werde, um unliebsamen Vorkommnissen vorzubeugen. „Es werde
sich wohl stets eine der Form nach vorsichtige Fassung der Gutachten
ermöglichen lassen, welche eine Mittheilung an die Parteien ermögliche,
ohne dass die Zuverlässigkeit und Objectivität des Urtheils darunter leide.
Auf Grund der eben ausgeführten Gesichtspunkte nahm der Geschäfts-
Ausschuss der Berliner ärztlichen Standesvcreine folgende Thesen an, die
den Collegen zur Nachahmung empfohlen werden:
1. Der Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine
spricht sein Bedauern darüber aus, dass die Berufsgenossenschaften eine
Vereinbarung mit dem deutschen Aerztevereinsbund über gemeinsam.
Fragen für nicht nothwendig erachten. . , . __ , mu/vUo/W
^ 2. Der Geschäftsausschuss verwahrt sich im Namen der
der ärztlichon Standesveroine Borlins gegen dio Angriffe, welche a
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94
DEUTSCHE MEDIC1NISCHE WOCHENSCHRIFT.
No, 4
Berufsgenossenschaftstage in Stuttgart gegen die freie Arztwahl und gegen
diejenigen Aerzte, Welche an Krankenkassen mit freier Arztwahl thä ig
sind, gerichtet worden sind. Er erachtet diese Angriffe f ^Jinberecht,igt
und hervorgegangen aus mangelnder Kenntmss der einschlägigen Ver
hAltnisse^er Geschäftsausscliuss erblickt in der Uebernahme desHeilver-
fahrens vom Tage des Unfalles ab durch festgestellte Vertrauensiü'zte dor
Berufsgenossenschaften eine ernste Gefahr für den ganzen ürzthchen Stan
und für das System der freien Arztwahl und behält sich weitere Schritte
m spricht die Erwartung aus, dass die Ver-
trauensärzte bei der Controlle von Unfallkranken n , a ch jeder Richtung hm
die Grundsätze der Collegialität gegenüber den behandelnden Aerzten be¬
folgen w D e e ^ e “ eschäft g aU gg chuss fordert di e Mitglieder der Standesvereine
auf, keine ärztliche Thätigkeit für die Berufsgenossenschaften ohne
standesgemässe Honorirung zu leisten, und vor Uebernahme der Leistung
mit den Auftraggebern eine Vereinbarung über das Honorar zu treffen.
6. Insbesondere warnt der Geschäftsausschuss die Mitglieder der
Standesvereine vor unentgeltlicher Ausstellung von Attesten u ^d Gut¬
achten in irgend welcher Form und empfiehlt als angemessenen Satz tür
kürzere Atteste 5 Mark, für ausführliche Gutachten 10 Mark.
7. Der Geschäftsausschuss macht die Mitglieder der Standesvereme
darauf aufmerksam, dass die Unfallverletzten das Recht haben, Kenntmss
von den zum Zwecke der Festsetzung der Rente ausgestellten Attesten
zu bekommen, so dass zur Vermeidung von Schädigungen der Aerzte
Vorsicht bei Ausstellung solcher Atteste geboten ist, .
8. Der Geschäftsausschuss spricht die Bitte aus, dass die Aerzte-
kammem die Gewährung von Obergutachten abhängig machen mögen von
einer Vereinbarung, wie sie vom deutschen Aerztevereinsbund den Beruts-
genossenschaften vorgeschlagen worden ist.
9. Der Geschäftsausschuss richtet an die Aerztekammer der Provinz
Brandenburg und des Stadtkreises Berlin die Bitte, durch Eingaben bei
den zuständigen Behörden dahin wirken zu wollen, dass die bevorstehende
Novelle zum Unfall versicherungsgesetz vor ihrer Berathung im Reichstage
den Aerztekammem bekannt gegeben wird. '
Da die letzte These sich möglicher Weisö nicht mehr wird durowühren
lassen, beschloss der Geschäftsausschuss eine wirksame Agitation für die
ärztlichen Interessen dadurch herbeizuftihren, dass er zu einer m 14 Tagen
stattfindenden Sitzung diejenigen Aerzte, welche Mitglieder des Reichs¬
tages sind, eihladen will, um sie mit unseren Wünschen genauer bekannt
zu machen, die auf solche Weise am schnellsten und sichersten zur
Kenntniss des gesämmtdn Reichstages gelangen können. Ich werde nur
erlauben, über die betreffende Sitzung demnächst einen kurzen Bericht zu
erstatten. - - . . _ „ , „
Nachschrift: Nach Fertigstellung dieses Referats fällt uns die
erste Januarhummer (270) des ärztlichen Vereinsblattes in die Hände, in
welchem Kenntniss gegeben wird von einem Briefwechsel zwischen den
Herren Graf und Rösioke. Danach hatte Herr Graf an Herrn Rösicke
den oben erwähnten Beschluss des letzten Aerztetages in Breslau mit
Wiederholung der im Jahre zuvor aufgenommenen Thesen gesandt. Daraui
erfolgte die Antwort, dass „der Ausschuss des Verbandes der deutschen
Bemfsgenossenscliaften der Ansicht ist, dass zu einer gemeinsamen Er¬
örterung der Frage (bezüglich der Uebernahme des Heilverfahrens seitens
der Berufsgenössenschaften während der ersten 13 Wochen) keine Ver¬
anlassung vorliegt, da sich Unzuträglichkeiten aus der Anwendung der
den Berufsgenossenschaften durch die §§ 76b und 76c des Kranken¬
versicherungsgesetzes verliehenen Rechte bisher nicht ergehen haben“.
Als weiterer Grund für den Abbruch aller Verhandlungen wird angegeben,
dass die auf dem Leipziger Aerztetage angenommenen Thesen nicht mit
den im Februar 1892 gemeinsam gefassten Beschlüssen übereinstimmen.
Nachdem so ohne stichhaltige Ursache, wie jeder Unbefangene zugeben
muss, weitere gemeinschaftliche Berathungen ausgeschlossen sind, ist es
Sache der Aerzte, fest zusammenzuhalten und genau die Thesen des
Geschäftsausschusses zu befolgen. Die Berufsgenossenschaften brauchen
uns Aerzte, und mögen sie noch so viele Vertrauensärzte anstellen und
noch so viele Unfallstationen errichten, sie können der Hülfe der anderen
Aerzte nicht entbehren und werden über kurz oder lang mit neuen Ver¬
handlungen kommen müssen. Nur wenn wir dann einig sind, werden wir
für uns günstige Resultate erreichen.
— In der 53. Plenarsitzung der bayerischen Kammer der Ab¬
geordneten am 10. d. M. kam es gelegentlich der Berathung des Etats
des Ministeriums des Innern beim Kapitel: Etat für Gesundheit (Ober-
medicinalausschuss) zu einer interessanten, wichtige Fragen der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und des ärztlichen Standes berührenden Dis-
cussion, welche auch zu ebenso bemerkenswerthen Aeusserungen vom
Ministertische aus Veranlassung gab. Zunächst war das Re ich s-
seuchengesetz Gegenstand einer sehr abfälligen Kritik seitens des
socialdemökratischen Abgeordneten Grillenberger, die in einer Anfrage
an die Regierung, welche Stellung sie diesem Gesetzentwurf gegenüber ein¬
zunehmen gedenke, gipfelte. In seiner Erwiderung, in welcher er, wie schon
vorher der Abgeordnete Medicinalrath Aub. viele Befürchtungen Grillen-
berger’s als übertrieben zurtickweisen konnte, gab Minister v. Feilitzsch
die Erklärung ab, dass die bayerische Regierung kein Bedürfniss für
ein Reichsseuchengesetz anerkenne, und zwar um so weniger, als
ja erst jüngst durch die Dresdener Conferenzen die Verhältnisse geregelt
worden seien, welche in erster Linie zur Vorlage eines Reichsseuchen¬
gesetzes Anlass gegeben haben, nämlich die Bestimmungen in Bezug auf
die Cholera. -Er stehe nicht an, zu erklären, dass die bayerische Regierung
im Bundesrath diesen Standpunkt vertreten werde. Der Entwurf liege
gegenwärtig wieder dem Bundesrath vor, es stehe jedoch noch nicht fest,
ob er wieder dem Reichstag vorgelegt werde oder nicht. Diese Erklärung
wurde seitens des Hauses mit Befriedigung aufgenommen, welcher ms-
besondere Abg. Dr. Aub Ausdruck gab, wobei er betonte, dass die Er¬
klärung der Regierung auch den Anschauungen der Aerzte und der
Aerztekammem entspreche. Eine ebenfalls sehr befriedigende Antwort
seitens des Ministers wurde den Worten, durch welche der Abg. Dr. Aub
der Regierung den Antrag der oberbayenschen Aerztekammer, die Be¬
handlung geschlechtlich erkrankter Kassenmitglieder be¬
treffend ($ 6 a, 2 und § 26 a, 2 des Krankenversicherungsgesetzes) warm
empfahl. Nachdem dieser Antrag auch seitens anderer Abgeordneten
lebhafte Zustimmung erfahren hatte, erklärte der Minister seine Bereit¬
willigkeit, wenn es notliwendig erscheine, eine Hntschliessung im Sinne
der Anregung Dr. Aub’s zu erlassen, was ebenso im Sinne der Regierung
Hege wie es andererseits mit den Bestimmungen des Krankenversiche¬
rungsgesetzes in gar keiner Weise m Widerspruch stehe. Eine längere Er¬
örterung galt der^tellung der sogenannten Naturheilärzte zu den
Krankenkassen und zu den ärztlichen Bezirksveremen. Anknüpfend an
die bekannten Fälle von Nürnberg und Fürth wo dem Emtntte von
Naturheilärzten in die Bezirksvereme, deren Mitglieder nach Vertrag mit
den Gemeindekrankenkassen allein zur Ausübung der Kassenpraxis be¬
rechtigt sind, Schwierigkeiten bereitet wurden, imputirte Abgeordneter
Grillenberger den Aerzten, dass dies nur geschehen sei, um die un¬
bequemen Gollegen von der Praxis bei Arbeiterkrankenkassen auszu-
schliessen. Für die so angegriffenen Vereine trat abermals Dr. Aub ein,
der für die Vereine das Recht in Anspruch nahm, unlautere Elemente
femzuhalten. Klagen, wie die vorgebrachten, würden aufhören, wenn erst
die freie Arztwahl, die von der Mehrheit aller Aerzte gewünscht,
werde, zur Annahme gelangt sei. Sein Eintreten für die freie Arztwahl
trucr Herrn Dr. Aub noch die besondere Anerkennung des Abgeordneten
Grillenberger ein, der seine Freude aussprach, auch bezüglich der
freien Arztwahl (wie bezüglich der Behandlung Geschlechtskranker)
Herrn Dr Aub als gemeinsamem Kämpfer zu begegnen. Zur spräche
kamen ferner die Verpflichtung der Gemeinden zur Tragung der
Kosten der Impfung und das Verfahren der Verleihung von Apothekei-
concossionen. (Münch, med. Wochenschrift.)
— Inwieweit die preussischen Medicinalbeamten zur unentgelt¬
lichen Ausstellung amtsärztlicher Atteste über den Gesundheitszustand
Königlicher Beamten verpflichtet sind, liegt eine Entscheidung ües
Ministers des Innern vor, die dieser iin Einverständnis mit den Munstern
für Medicinalangelegenheiten und für Finanzen getroffen hat, und die in¬
folge dessen eine principielle Bedeutung hat. ln ihr wird die Böjechtagung
der Medicinalbeamten auf Gebühren bei der Ausstellung von „ausführlichen,
mit wissenschaftlichen Gründen unterstützten Gutachten anerkannt; da¬
gegen werden die Grenzen für ein „Befundattest“ ziemlich weit gezogen,
Io dass darunter auch solche fallen, die in der durch Runderlass vom
20. Januar 1853 und 11. Februar 1856 vorgeschriebenen Form abgegeben
sind, z. B. Atteste über die Pensionirung von Gendarmen u. s. w.
— Die neugewählte Aerztekammer für die Proriiiz Branden¬
burg und den Stadtkreis Berlin hielt ihre constituirende Sitzung am
18. d. M. unter dem Vorsitz des Oberpräsidenten Dr. Achenbach ab.
Der Vorstand der Kammer ist folgendermaassen zusammengesetzt: vVor¬
sitzender Herr Becher, stellvertretender Vorsitzender Herr Zinn; kchriit -
führer Herr Posner, stellvertretender Schriftführer Herr L epp man ,
Kassenführer Herr Saatz; Beisitzer die Herren Koerte, S. Marc < J® 11 ’
Ipscher, Laehr, Wibecke, Liersch. Als Vertreter bezw. Stell¬
vertreter sind in die wissenschaftliche Deputation die Herren Zinn
Mendel, in das Medicinalcollegium die Herren Landau und Liers ,
C. Küster und Göpel, als Vertreter im Aerztekammerausschuss Herr
Becher gewählt. __
— Der Gesch&rtsaussclmss der Berliner ärztlichen Standes¬
vereine hat sich in seiner Sitzung vom 12. Januar 1894 m ,
Weise constituirt: erster Vorsitzender wurde Becher, zweiter Lonr
Küster, erster Schriftführer Alexander, zweiter Hemus Kassentiuu-er
Schöneberg. Zu Curatoren für die Wilhelm-Augusta-Stiftung wu
Döbbelin, S. Davidsohn und Schöneberg eraannt. Fs warne
ausserdem die drei ständigen Commissionen für wirthschaftliche, hyg
und Pressangelogenheiten erwählt. — Ferner wurde beschlossen, aas
kunftsbureau der Standesvereine, welches früher sehr segensreich ge¬
wirkt hat, aber seit dem Tode seines letzten Leiters, des Herrn A.
lischer, etwas zurückgegangen ist, zu reorganisiren. Zu seinem
wurde Herr Merten (Wartenburgstrasse 16 a) ernannt und • _
rath, bestehend aus den beiden früheren Vorstehern des Bureaus
und S. Davidsohn), zur Seite gegeben. Da die schrifthchen Arb
bei der Besetzung von Stellen und Beschaffung von Vertretunge
viele Zeit in Anspruch nehmen, sollen Verhandlungen mit dem n g
Rechtschutzverein stattfinden, damit dessen Bureau den Briefwechse
des Auskiinftshureaus mit übernimmt.
XL Therapeutische Mittheilungen.
Etij aseptisches Instrumentarium für Geburtshelfer.
Von Prof. Dr. G. Winter in Berlin.
Auf dem Gynäkologencongress in Breslau im Mai a. c. habe ich em
Instrumentarium demonstrirt, welches wegen der Principien, ^
es construirt, und wegen seiner praktischen und eleganten au &
Beifall fand. Nachdem dasselbe jetzt in poliklinischer und privater
häufig gebraucht worden, stehe ich nicht an, es den Geburtshe
brauchbar zu empfehlen.
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Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
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*mt tiüb^w- KnUnoife tHümcfec ). Kiesel t, fs • u?t. ule ’W<tedu*fuir
2U In-ritihnux unrl ibt auaJiu’O <>iu- aü^u/.f.iülMmfris Mj.UcL um diu H?ud
inr }ut.r:uu«!riDf> Em^nlfö glatt um\ «mmbuwattfi; yu mo\m\ 'WÄiVvkjVfMf
waon tu -1 Üa.uU.y.mtg rik bt-r «S.sUVv erttmdHwt; ?i> i<t; algulm. $türiJ.
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i4) Zwei M: I? - h £ hi .<■} g «du];a ftü* (Ui ä J j «> bi t *n f «.m poumla %§{ &0dh
■ltyEü»* GlijJitiH« tu lf •■jitiifu«. KM Eine (Un^iilhi mit VeUi OY KrO
Fi^clicliau uni Msirpbinrii. OumpImrUtliej. Lu;..ii>; li$ fY.< Si>r-i MS -.
lampt) (ddi L rn Jßjw» ßtobso mit Xieh»>*cftUticU.
^chiüuoh für •y.uctio lAtiagö^A, SelikuHt ssum ßttft^N^fc'öV ‘iföKU^tcn-
Ma^(?armau^U::-roiu' NahYYml. 20f ZvV'ii hri^:;üan->i-khfv! ^uln
( Mas. . 'JX) : iviij/i/ti.-iHUt/i'; aa« Z-*.r. lbm-nLf.au ielururgiwiu« ijn:l •HititaiuUrbO.
-‘M j>j; bnahc fe'jitwiT. 24} YjKipJhalftvr 25) ZWO fnfiifciwisümla't!;
20} Zwm kleine tY*nlYelie KYiimuem. 27) (Vuln>e$Ti<i Kyruv-.ongu.' 8&f
ÜdOdtütr. 20) Ai'ortlüfü'i .»Or Abor.t>;&ü^,v 30} (YmOitlu-ici-. 31V tYatuY
kntJmier, 02) I YenissnmO. 2Mi 01 ui mit V imvuOsiUmr Spritism OO Y.-’-
mklgiiv.
TOäY.-C^ wf- inV rujciO'l , . -Xo :• ipi • Kosten t ' .NV.'Sfö—3.4.',iff'dfi
$e!U*nw«ftd unterbracht.
• £*&•Suiroh tasch e. tli4 enihiüt dfe 21^7
1 ) 0 Yü*;ini- Wi»ti erseVr ivnuiioklast ä >$
ZiUtt^o-’ H) Koinu’Hdmr Sfciiiiissftihi.ikcu; 4i Si*rb*>ijf's;*«^ Sr.ia.-.vrv
;B M:wriiu'3f.luu tr'.pidi, <0 NYgftldY IVdörataj'iaiu.
# -, Nf int ^ wt: . iA|vAp^*ahet (Ki*?. 2>^r^bf^x^tV-<iai-«sli«v
J3 t^üi hofiä^i üSficJcaiiiikiisl au init••'VifSf Kiiu'rn-
'r-uy k>jf'i, v,»;,kiupura ]a«oa; irwi••!.*.»]tg liodcn sk<i\ M<irkan i'f»V die
.%VftSf ü ^ t Tn'* ln , ? ?.•'? f - fe ü . ut !l Menyib <)ft ;>us/ak.«:iH-ndHii
\Wxdini aJ' ir \^ u ?‘ Bödou des Kastcny f. Die fit -
Ka^rS\v ir^Hiefü in io^uiMer Weise: Mm ffll.it. dan
k * *u.ter.rm}j#n..il»rie: J%fc rtuT cvu^nkoclii-mte.
M ‘i!'vv-, L i n ‘ n . l1ucn ^^löiablifliai hvv/Ai firiit’jq l /j { WuSPbi*
füstrun/ * C * **-^*i-' kÄffos.^acIi 1 .»5trpV ÄiViiuwir-Minbt'äm
ni L-» n k i- r ^® n i* " nt »n i]^r^nhtl : .»>t>-
VN- k.-mu> h,/. '', 1 , uu,u 'b>a Appurut ua *i*niiaHfUr ib.-n ^nt hi»'ei diu
•vsr-Ut)'ai<: • \r f ! *'*f \ !uj ‘) ;ir,u ^ T.um T?ypda in AVy^--r f.Biida-
-üfid-^e&tttäciM lV !*,! tQ, r At*kiÜ)U.'iH\.; dnai- >.»*Hn MirüUi:):, narkat-iwri
^lot üti.^ip K jSflsÄ ;kwiu-.%m«- >ur OpchttiOÄ Vtlg ub-
Mft: * 4 » Ih>> -.;Hbjg<:Jd!btf.»Sa. 'Smjäfosmrif ptibr.invhfiu.
TiJ« % ’ ; -***?^f-: Äp!?k»H-bt*p «vZdt. W); ilviit
; ^ yut .o ^u i’.ürhoiU^uri^ und legt die luf.triinrieiifo
: !!':■• ■ 0-l^iuule.^: 1} HU< Uia mit. mahrafeu Tradi«-ul-
ÄS» ä) ttüubgG mit wi ;].Jao()vuryol-
<>•'[- Lw}'„ n 1 - h " ■ (UäR .Sit’ t*ui lirzlHcJifen BrrriitlißU
K*A.k •WtAffi-•-ftMftjbiji»«. -U nnn \ -.»v t>.;. j __ «•. «fcV--*.-._*.i
10 .' fioitli'u Sidtmuwhte liiistabeit üuä tt^ebbsiirm. wii^rta ^
uxiir. wät-ßbatv f4ut.hu wie. »Ivr NirkcJiakaHtrTi ,m«t vw-m l ebom?^ v 'i«
•f^ißm f?m4^4er oiw^bc«. . .. -.: ■-.. », . . n , ... ,v.
XU»r Baun!.7iujig tl«H iüi?trUjnc , i)i 'U’iumH. S<UI ui jpluimdef \v) Mt? v-
.'St-beliau. Bei .Ai.fulmj/StLirnai'en iu dar- Nm ; bfc*«lni/1..sl>enodL^ Ihumuhnith
Curefronnuji h wird mit dev MiU.dtoMn _ »w-ndt ^ ;•• ••
tiru oiüü Crebut l, w wird tllo-'Bftiieatttd.tjhö I «ifgttjt&agt. d/io
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Jir WVisb kV,s?ol itof Hotfr« Adiermwi .. £ .,.
. de«,, TnithdivimtHiuvm. rlk «temüfcdist im KotoHs^go aur »:nr-
iumdimmVhinm-n wenleiu wird der von dmi Sozh>!dv«m>krat.oa grsleJhr.
Antrai? ft»i/ AnfHGbehg iU<* t und dar
B*in(U:HSlmit.*n HosMbaiwHt) iHistimüMmgcü lil-er Zwaugsimplungon. b.v-.dfeio.
Auslmrn h. ,■ -iw -r p t u'k«:m‘i«<knnia geiii^n.
Her kü-P/di-'h •-vrmnvivaiio IIr. Ad (Dl Dl»st.6i’hi>/r ha(. de:
B-Hinw* Vm C*pitsi von HK)000 Mk. vennaoht ,Dia.Ä^n
;jvt|««.n zweioini im Jahr zm Urdm-DBwng nt »es flri»sigim mm Würdig
ShuRui«.-» der Ak<arm -.‘M wandt weitton. ,. .
_ Tm den TbeHueHrnm atn iui.ornatlounioa tir&öiemärdien
Vionvrc^ das Auftritten von Wuhminge» mol dm» Besuch Z«r mtofom«:
twuu und feciitmsHß Punkto SttwSwil au wjeichteni. bftt das
dtH fX^m^s die J%iüv Tbos. Cook' & Bon HeRtitegk öidi net,
JA-M-A.-HV.n- von I'nierkunft UH tü« Gongrc^hosnchm zu uatmtrlmn
und AusUögo in Bom seftst, m die CingkgwJ vnn ßu.VH
v -o,h=-n z»« vorar^Udten; Di Girmu iVmi; iiotr.obtuH U»P Aotimmg,
At ; dilz,duo<. Hcdmimng und Byleuidniuig in dno ni^rc.u HoMs-mnl imr-
ssonuo Born* 12.AO Frcs. fm Tug und Torson, nv.nidue!! tmnr uaob Mau^-
uns: i ninm-nudilvn hdb-run ConHV.rU, Dm K-xi-unsionci. von -Neapel
irtf ftett VössHV.. mo.lt FtfmjPfii, Capri; Somnto/t ^lellarnarn^ und Baifte.
in (d-r .Datier von droi Tng-:d, werden Ailvu iuAmo'iijim eUo 70 Fr«s, itir
on t >j)'o*fdioi»on
Das» li^lriO'iHVnl-ariutn. hi ?>m-H HH alin- : *y.
tu bt-muUmi wnrßl ruan sDitt dtdP goW^buKlü
lüsM-umnme in dm Soitc-nt-ft!>cii»wi l { *gt v
tV,c- m.-brauriitv-iJ uistnnnomo waniou m>i
dor Hd?,ii’onu mi*i SteriUsinmg Wieder m die
,:<'hen ood Kü^trti zrtimkg« logO
^ Das: A^iistät»|jgn ; Jf&l «itaeiiliBiuni. wm/jt. i
mul ;isl m tlAni. LedtvrHt;muji D»oi£pia «n^ tu«
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Von de«, bodooigou VomiUendmi wurden du* IH-nan V 1 roh»w, v. Hov- \\,
ui nun- mol Singnut ad dutor., A: nbonutiro wiodnrgivwdMr. Au tS.elk» dos
Hurrn; IUii-fir.b, .dnr einn Winduvwai,) ui.gninhnr huM.o, wurde. Herr rg,
Seool or Dor bislinngn Russiror YJoyr Mrx: ßurtmls and dir G|-
h'VhnriguD SnbrKi.mhrer Abraham noti DsRn- mrfon nbnufnlls »
dur-cli Anrilarufttipü wifi^üvgdWnliH. Ilfe Sewfijil swüim SviiHHfi&rer aa )
Sscliü dm Xlorrmi Senalor und B. FrAeniiei, welch' iotzrorw mtu; j),
Wirde» au. iji abiebnUh suvvit? die Wühl des BiMioamicnrs wmdo yxtrUigt D.
ißi dio.yjiiinigHii t'-ultttsntat s.ml tür <lin .mniiicmisciutu FucmjU q
Uiioti blg«:ndn^ A itvi:i?n ^ gtouucftr: 1} Ibnjprtido At.sgnbmj: Krdohturm
ooivs i ihr -üo Uiuvomitiil: Cnrliij. Emchumg olnos Kr- p i
s.;;Uordinanats für dR UmvmsiOH OndKwald. KnRidnng ehme Krsatz.
mdMuriafs lür d.io K?ovor-,i!■,{, Hali-. AnaUdliiim eines As-ji^Ouitnn au
.der_ psvf-bijx-fri.uehnri und NervuuklbUl; dusclhst. Krnolituug oines .Er$-ui;/.-
ovdioauais und edu^ Ersa^oxlrani'dirmriaO: für die Diuvm-Dtd! .Boiui. ; Kr
^ Aystfübnar Eöus* örste TXa.^ff z»rr EpwuitftPuiM der jußdlrini- I sii
4 «ii* 3 U 8 Siftenfeld iu Berlin Wl
Donnerstag
Jtf 5
1. Februar 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Kedaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lützowstr. 60a. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 3L
L Ueber die Indicationen, die Technik und
die Erfolge der Adnexoperationen. 1 )
Von Prof. Dr. Schauta in Wien,
Es ist mir die ehrenvolle Aufgabe zu Theil geworden, die
Discussion über Adnexoperationen mit einem Vortrag einzuleiten.
Ich werde mich in demselben, entsprechend der mir gestellten Auf¬
gabe, nur auf die Besprechung der Therapie bei entzündlichen Er¬
krankungen der Adnexa einlassen. Ich werde also das Thema der
Tubargravidität hier nicht berühren. Aber auch bei Besprechung
der entzündlichen Adnexerkrankungen muss. ich mir Beschränkung
auferlegen, um mein Thema nicht zu breit zu gestalten. — Ge¬
statten Sie mir, bevor ich auf mein eigentliches Thema eingehe,
D ^ e ^ 0I ^ e ^ er Frequenz, Symptome und Diagnose der ent¬
zündlichen Adnexerkrankungen. — Die Frequenz der entzündlichen
Adnexerkrankungen beträgt in meinem eigenen Materiale 1130 Fälle
unter 6314 gynäkologischen Kranken, d. i. 17,8 %. — Ausser den
ekapten typischen Symptomen fand ich unter nleinen Fällen
atypische, mit der Krankheit zweifellos in Zusammenhang stehende,
un zwar unstillbares Erbrechen (siebenmal), Einklemmungserschei-
nungen seitens der Blase und des Darmes, Urticaria menstrualis,
Ausbleiben der Menses durch zwei bis fünf Monate (fünfmal),
schwere Geistesstörungen (acht Fälle).
nirii^ n \^ erS ^ un ^ norma * er anatomischer Verhältnisse ist dann
Fiwau r zu erwai *ten, wenn die Tube fingerdick geworden oder
/ r !_ } e vor handen sind. Nicht nur die Gesundheit ist bei Adnex-
IrhhÄ 11 sch 7 er geschädigt, auch das Leben ist in Gefahr.
ohlbLf - IT Jahr esfrist unter meinem Material vier Fälle be-
?el?W l m i Qen J bei diagnosticirter Pyosalpinx die Operation ah
LXLl Urde ? nd kürzere oder längere Zeit darauf Tod unter de:
Falle ff,,./ 6 !. der Perforativperitonitis eingetreten war. In einer
züfflirh Aar tv 6 Ela £ nose au °h durch die Section bestätigt. Be
mich an e iagn J? e der entzündlichen Adnextumoren halte icl
Isthmus Aar ”- a rtin angegebene Zeichen der Verdickung de
dem Sinn« -rP 16 Dia ? nose des Inhaltes der Eitersäcke ii
^taphvlocopppnhou- . r _ steri l.°der gonococcen- oder strepto- resp
»teilen da «ii 7 ^ sei ’ äss ^ S1 °h erst während der Operation siche
gegeben Lr, f Zeichen .’ die für die Diagnose in dieser Hinsicht an
Anamnese 1 S T e, £ zelnen Falle im Stiche lassen. Weder di«
TemperatuWpr^i/^ 8 Resultat der Untersuchung, noch auch di«
für die Erkennt - tms ! e d £ r ^r anken vor der Operation lassen siel
zur Beantwnrtnü 1S V der ^ atur des Eiter s verwerthen. Von den mii
hatten 112 keiwrr* k dl6S oJ E rage zu r Verfügung stehenden 184 Fällei
vor der O D ernHL r ^ 22 . Fleber vor der Operation. Von den 112, di«
kein Eiter orW cf 11 ^ W S? bar nicht fieberten, fand sich in 88 Fällei
Fällen StreDtn- n/ n * n drei Fällen Gonococcen, in neui
v °r der Oneratinn ktaphylococcen im Tubeninhalt. Bei den 25
kein Eiter oder st/? 61 ™}® 11 Patientinnen fand sich in 13 Fällei
Fällen StreDtornrv »n W , El . ter >. in drei Fällen Gonococcen, in fün:
;°li commune njl ° nd ? n . e * nem Falle wahrscheinlich Bacteriuir
Fällen von steril«™ 1 '!' u es mir erwähnenswerth, dass ii
nicht etwa nur Wh*« “^emnhalt und Fieber vor der Operatior
Fieber, So j n ^ pari IG m er beobachtet wurde, sondern auch hohes
U,ni " d ‘e höchL t Tem P er aturen von 38—39,8°. Da gegen
i -. emperatur bei mehrtägiger Beobachtung iE
Iur Gynäkologie V Kongress der Deutschen Gesellschaft
Fällen von Streptococceneiter in den Tuben in fünf Fällen 36,7 bis
i 37,6 Die Bedeutung dieser Zahlen liegt nicht darin, dass bei
j 22 Fiebernden nur sechsmal pathogene Organismen gefunden wurden,
obwohl man in allen diesen Fällen dieselben hätte erwarten können’
son«iern darin, dass unter 112 Fällen ohne jegliche Temperatur¬
erhöhung neunmal Streptococcen gefunden wurden. Während in den
ersten Fällen eine zu weit gehende Vorsicht in der Technik der
Operation den Patientinnen sicherlich nicht geschadet hätte, auch
wenn der Eiter sich steril oder gonorrhoisch erwies, so konnte in
der zweiten Kategorie das Vertrauen auf die Unschädlichkeit des
Tubeninhaltes mit Rücksicht auf das Fehlen von Fieber vor der
i Operation für die Patientinnen zu schweren Nachtheilen führen,
j Durch alle diese Erwägungen und durch traurige Erfahrungen be¬
lehrt, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die Diagnose des
Inhaltes des Tubeneiters mit Sicherheit erst während der Operation
möglich ist und deshalb während der Operation die bacteriologische
Untersuchung des Inhaltes der Tubensäcke in allen Fällen, in welchen
( der Sack nicht unverletzt entwickelt werden kann, ausgeführt
werden muss, ufh die weitere Technik je nach dem Resultate der
Untersuchung zu modificiren, wie ich später zeigen werde.
Die Therapie der entzündlichen Adnexerkrankungen theilt sich
naturgemäss in eine conservative und eine radikale. Die conservative
Therapie hat ihre Berechtigung in allen Fällen, in denen die
I Symptome keine drängenden sind, ein längeres Zuwarten gestatten,
i und die anatomischen Verhältnisse nicht solche sind, dass sie eine
! radikale Therapie fordern. In dieser Richtung scheint mir den ersten
I Platz in der Behandlung der entzündlichen Adnexerkrankungen die
| Massage zu verdienen. Sie eignet sich nur für Fälle, in denen
i leichte Schwellungen und Verdickungen der Tube bis Rabenfeder-
( kieldicke oder wenig darüber bestehen, jedenfalls aber keine Eiter¬
ansammlungen vorhanden sind. Die anderen Fälle, bei denen
weder die Operation noch die Massage indicirt ist, fallen unter die
Rubrik der symptomatischen Behandlung. Gegen den begleitenden
Katarrh muss man sich auf Ausspritzungen oder systematische
Badebehandlung beschränken. Eine energische Therapie in Form
von intrauterinen Aetzungen oder Ausspülungen der Uterushöhle
widerrathe ich bei bestehenden entzündlichen Adnexerkrankungen,
da letztere durch eine derartige Behandlung recht häufig acut ver¬
schlimmert werden, wie mir zahlreiche Beispiele meiner Erfahrung
beweisen. Ebenso möchte ich auch vor der in den letzten Jahren
von vielen Seiten empfohlenen galvanischen Behandlung bei ent¬
zündlichen Adnextumoren warnen. Ich habe einige traurige Fälle
von schwerer Verschlimmerung der Erkrankung hei dieser Behand¬
lung beobachtet und keinen Fall von Besserung oder Heilung.
Ich erachte die Indication für die Operation als gegeben bei Zu¬
sammentreffen schwerer Symptome mit gewissen anatomischen Ver¬
änderungen, von denen erfahrungsgemäss anzunehmen ist, dass bei
ihnen eine dauernde Rückbildung zur Norm ausgeschlossen ist.
Ich sage ausdrücklich „dauernde“ Rückbildung, denn es kommt bei
Hydro- und auch bei Pyosalpinx vor, dass vorübergehende Ent¬
leerung des Sackes den Tumor verschwinden lässt, der aber nach
kürzerer oder längerer Zeit wiederkehrt. Ist die Tube mindestens
fingerdick, fehlen aber dabei schwere Symptome, dann halte ich die
Operation nicht für berechtigt; aber auch ohne drängende subjective
Symptome rathe ich zur Operation in allen jenen Fällen, in denen
grössere Eiteransammlungen in den Adnexen eine drohende Gefahr
für die Trägerin bilden.
Bei der Technik der Adnexoperationen muss uns folgende
Ueberlegung. leiten. Wir haben es zunächst mit einer Peri-
Original fro-m
UNIVERSITf OF MICHIGAN
98
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
solchen, die
die Aseptik
— und da¬
von den meisten
— haben wir es
tonealoperation zu tliun, mit allen Gefahren einei
allerdings durch die hochentwickelte Technik und
auf ein Minimum redueirt erscheinen. Ausserdem
durch unterscheidet sich die Adnexoperation
anderen gynäkologischen Peritonealoperationen
hier mit der Entfernung von Organen zu tliun, m denen meist
Eiterungsprocesse bestehen. Der eiterige Inhalt ist wie ich noch
zu zeigen haben werde, durchaus nicht gleichgültig für das Bauch¬
fell. Wir müssen hier unterscheiden zwischen den Fällen, in denen
kein Eiter oder steriler Eiter in den zu entfernenden Organen sich
befindet, zwischen Fällen, in denen sich Gonococcen im Eiter der
Tube und endlich zwischen Fällen, in welchen sich btrepto-
oder Staphylococcen finden. Wenn Eiter, der keine Organismen
enthält, bei der Operation an’s Bauchfell gelangt, so kann das als
ein gleichgültiges Ereigniss betrachtet werden. Die Erfahrung
lehrt dass in solchen Fällen der Verlauf sich ebenso glatt ge¬
staltet, wie wenn überhaupt kein abnormer Inhalt vorhanden ge¬
wesen wäre. Fraglich ist es schon, ob Gonococceneiter immer und
sicher gefahrlos für das Peritoneum bleibt. Die bisherige Erfah¬
rung gestattet uns, diese Frage zu bejahen, doch verfüge ich unter
meinen Fällen über zwei, bei denen während der Operation Gono¬
coccen im Tubeneiter mit Sicherheit nachgewiesen wurden. Dennoch
erfolgte der Tod an eitriger Peritonitis, und die bactenologische
Untersuchung des Bauchfelleiters bei der Section ergab wieder
Gonococcen. Diese beiden Fälle wären für mich vollkommen be¬
weisend, wenn die Gonococcen allein im Peritonealeiter gefunden
worden wären. Während jedoch im Tubeneiter während der Ope¬
ration sich neben den Gonococcen andere Organismen nicht vor¬
fanden, konnte man im Peritonealeiter bei der Section auch andere
Organismen, wahrscheinlich Staphylococcen, nachweisen, und es
bleibt die Frage offen, ob es sich hier nur um zufällige Verun¬
reinigung' bei der vielleicht nicht ganz zweckmässigen Alt dei Er¬
öffnung des Abdomens bei der Section, oder um eine bei der Ope¬
ration von aussen erfolgte Infection handelte. Obwohl mir das
letztere äusserst unwahrscheinlich ist, sowohl aus äusseren Gründen,
als auch deshalb, weil es dann begreiflich gewesen wäre, wenn man
im Peritonealeiter Staphylococcen, aber keine Gonococcen gefunden
hätte, während die letzteren an Zahl weit überwiegend waren, so
bin ich doch vorläufig nicht in der Lage, den Beweis zu erbringen,
dass durch das Einfliessen von Gonococceneiter letale Peritonitis
entstehen könne, sondern muss die Entscheidung dieser Frage
weiteren Beobachtungen überlassen. Dass aber Strepto- oder Sta¬
phylococcen ebenso wie die seltenen Fälle von Pneumoniecoccen-
eiter für das Peritoneum äusserst gefährlich sind, daran kann kaum
gezweifelt werden. Gewiss giebt es auch hier individuelle Diffe¬
renzen inbezug auf Pathogenität der Bacterien, Resorptionskraft
des Peritoneums, Disposition des Individuums. Allein trotzdem
kann man den Ausspruch tliun, dass eine Laparotomirte, bei der
Staphylo- oder Streptococceneiter an’s Bauchfell gelangt ist, sich in
der grössten Lebensgefahr befindet. Klarheit über diese Thatsachen
habe ich erst gewonnen, seitdem ich in jedem Falle von Adnex¬
operationen in dem Eiter, der "während der Operation zum Vor¬
schein kommt, sofort durch ein Deckglaspräparat die etwaige An¬
wesenheit von Mikroorganismen und deren Art feststellen lasse.
Seit October 1890 wird mit wenigen Ausnahmen in jedem Falle
von Adnexoperation noch während der Operation die bacteriolo-
1 ogisehe Untersuchung des Eiters der Tumoren durch Dr. Wert¬
heim ausgeführt und danach die Technik modificirt. Und so hat
sich allmählich auch die Technik entwickelt, die ich Ihnen im fol¬
genden zur Discussion stelle, und deren Begründung in den damit
erzielten Resultaten liegt, die ich im Anschlüsse mittheilen werde.
Von diesem Standpunkte aus möchte ich bei Besprechung der
Technik die Fälle von Adnexoperationen in drei Gruppen trennen.
Die erste Gruppe betrifft die Fälle, in denen keine Eitersackbil¬
dung stattgefunden, das Austreten von Eiter also nicht zu be¬
fürchten ist. Die zweite Gruppe bilden die grossen, den Bauch¬
decken oder dem Scheidengewölbe dicht anliegenden Eitersäcke;
die dritte Gruppe endlich die Fälle, welche anatomisch die Mitte
halten zwischen den beiden vorgenannten Gruppen. Das sind die
Fälle von Eitersäcken mittlerer Grösse, von Ei- bis Orangengrösse,
die weder der Scheide noch den Bauchdecken anliegen.
Die Operation der einfachen Fälle wird in bekannter typischer
Weise bei Beckenhochlagerung ausgeführt. Grundsätzlich werden
die Adnexa zuerst aus ihren Adhäsionen gelöst, das Ligamentum
latum vollständig entfaltet, und dann erst wird zur Unterbindung
des Ligaments durch fortlaufende Partialligaturen geschritten.
Wir gehen nun sofort über zur Behandlung der grossen, den
Bauchdecken oder dem Scheidengewölbe anliegenden Eitersäcken. Da
mich die Erfahrung gelehrt hat, dass gerade die grössten Eitersäcke
diejenigen sind, welche pathogene Organismen enthalten, dass gerade
bei diesen sehr feste Verwachsungen bestehen, welche es meist un¬
möglich machen, den Sack beim Versuch der Radikaloperation un-
eröffnet zu entwickeln, und ferner beim Platzen solcher grosser
Eitersäcke der Eiter sich stromweise und in solcher Menge er-
giesst dass es auch bei der allergrössten Raschheit nicht gelingt,
denselben von den Darmschlingen fernzuhalten, so wird die Ope¬
ration zunächst so begonnen, als wollte man ein conservirendes
Verfahren einschlagen, bis durch die sofort auszuführende bacterio-
logische Untersuchung des Eiters dessen Natur erwiesen ist. Je
nach dem Resultate der Untersuchung wird dann das conservirende
Verfahren weiter beibehalten oder sofort die vollständige Exstir¬
pation des Sackes eingeleitet. Handelt es sich also um eine grosse,
den Bauchdecken in grösserer Ausdehnung anliegende Pyosalpinx,
so besteht das von mir geübte Verfahren in folgendem: Ich er¬
öffne die Bauchhöhle in gewöhnlicher Weise, überzeuge mich von
dem Zustande der beiderseitigen Adnexa. Ist ausser dem grossen
Eitersacke eine weniger weit fortgeschrittene Erkrankung auch auf
der anderen Seite vorhanden, so löse ich zunächst die Adnexe
dieser Seite und entferne dieselben. Hierauf nähe ich das Perito¬
neum parietale mit Freilassung einer entsprechenden Stelle der
Sackwand an die Oberfläche der grossen Pyosalpinx fest, nachdem
vorher Darmschlingen oder Netzadhäsionen von denselben entfernt
wurden, sehliesse auch die übrige Bauchhöhle durch dicht gestellte
Peritoneal-, Fascien- und Hautnähte, punctire dann durch die
in der offen gelassenen Lücke der Bauchdecken freiliegende Sack¬
oberfläche mittels eines feinen Troicarts und aspirire mit ent¬
sprechendem Saugapparat (Potain) einige Tropfen des Inhalts des
Sackes, der nun sofort der Untersuchung mittels Deckglaspräparat
zugeführt wird. Ergiebt diese Untersuchung, der Eiter sei steril
oder enthalte Gonococcen, dann wird sofort der Sack mittels aus¬
giebigen Einstiches entleert, ausgewaschen, dann die sämmtlichen
Nähte entfernt, die Bauchhöhle neuerdings eröffnet und nun zur
Lösung der Adhäsionen und Entfernung des Sackes geschritten.
Erweist sich aber der Inhalt des Sackes als strepto- oder staphylo-
coccenhaltig, so wird die Operation vorläufig abgeschlossen, die
Bauchhöhlenlücke, in der der Sack freiliegt, mit Jodoformgaze
locker ausgestopft, um erst dann, wenn die Umklebung des Peri¬
toneum parietale mit der Sackwand sicher erfolgt ist, also gewöhn¬
lich nach fünf Tagen, durch Einschnitt den Sack zu eröffnen, zu
entleeren und zu drainiren. Ist der Eitersack an irgend einer
Stelle mit den Bauchdecken verwachsen, so dass man, ohne in die
freie Bauchhöhle zu gelangen, den Sack eröffnen kann, so gestaltet
sich der operative Eingriff noch viel einfacher, die zweizeitige Ope¬
ration wird dann überflüssig, im übrigen gehe ich je nach dem
Resultat der bacteriologischen Untersuchung auch in diesen t ällen
genau so vor, wie in den früher erwähnten.
Ist der Eitersack sehr gross, nicht aber den Bauchdecken, wohl
aber dem Scheidengewölbe dicht anliegend, so wird ebenso wie frühei
bezüglich des abdominellen Weges nunmehr vaginal verfahren, nur
entfällt hier die Nothwendigkeit eines zweizeitigen Verfahrens, da der
Eiter nach dem Gesetze der Schwere abfliessend, zwischen das Peri¬
toneum des Douglas und die mit letzterem vernähte Sackoberfläche
kaum eindringen wird. Doch auch in anderer Beziehung unterscheidet
sich der vaginale Weg von dem abdominellen, welch’ letzterem ich,
wenn die Wahl frei ist, den Vorzug geben möchte. Ist die Natur
des Eiters erkannt, so wird man auch dann, wenn er sich steril
oder gonococcenhaltig erwiesen, nun doch nicht wie beim abdomi¬
nellen Wege zur Radikaloperation schreiten. Auf dem vaginalen
Wege halte ich eine solche nicht für möglich, zum mindesten nicht
für räthlich, da es mir widerstrebt, zahlreiche dichte und feste
Verwachsungen mit Darm und Netz in weiter Entfernung von dei
Wunde im Finstern zu lösen, und an eine abdominelle Operation
gehe ich unmittelbar, nachdem ich vaginal operirt habe, nicht gern
heran. Die Operation per vaginain wird also gewöhnlich eine
palliative bleiben, und es wird uns benommen sein, über den Zu¬
stand der Adnexa der anderen Seite sicheres in Erfahrung zu bringen.
Sollte sich das von Pdan und Segond mit grossem Erfolge in
Frankreich geübte Verfahren der vaginalen Totalexstirpation des
Uterus bei Adnexerkrankungen bei uns Eingang verschaffen, so
wären es vielleicht gerade die Fälle dieser Art, die sich besonders
dafür eignen würden, also die Fälle, in denen man bei grossen,
dem Scheidengewölbe dicht anliegenden Eitersäcken den vaginalen
Weg betreten hat, und wo sich bei der bimanuellen Austastung dei
Sackhöhle herausstellt, dass ausser dem bereits eröffneten Sacke
sich noch andere in der Umgebung vorfinden. Für diese läie
würde die Entfernung des Uterus breiten Zugang zu den Adnexen
beider Seiten verschaffen und es möglich machen, die eröffne_en
Eitersäcke beider Seiten nach aussen zu drainiren. Eigene rn-
fahrungen über die Pöan’sche Methode stehen mir bis jetzt nie
zu Gebote, da ich den vaginalen Weg bis jetzt nur selten betre en
habe und es mir jedesmal gelungen war, auf diese Weise die ein¬
zige vorhandene Eiterhöhle vollkommen zu entleeren.
Wir kommen nun zur Besprechung der dritten Katgorie Aon
Eitersäcken bei entzündlichen Adnexerkrankungen, das sind die Säe e
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1. Februar
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
99
von mittlerer Grösse, von Ei- bis Orangengrösse. Da in diesen Fällen
der Sack weder den Bauchdecken noch der Scheide gewöhnlich so
dicht anliegt, dass man auf einem dieser Wege direkt in die Sack¬
höhle vorzudringen imstande wäre, so bleibt nichts übrig, als die
typische Entfernung des Sackes mit Lösung der Adhaesionen und
Ligatur des Stieles anzustreben, ähnlich wie in den Fällen der ersten
Kategorie, doch mit der Vorsicht, den Sack womöglich nicht zu er¬
öffnen. Bei sehr langsamer, sorgfältiger Lösung unter fortwähren¬
der Controlle seitens des Auges gelingt es auch in schweren Fällen
nicht selten. Doch müssen wir zugeben, dass auch bei der grössten
Vorsicht die Entwickelung des Sackes in unverletztem Zustande
nicht immer möglich ist. In manchen Fällen ist es sogar in den
anatomischen Verhältnissen begründet, dass der Sack eröffnet
werden muss, so z. B., wenn das Ostium abdominale im Douglas
adhaerent ist und diese Verwachsung selbst den Verschluss be¬
dingt. Dann muss dieser Verschluss bei der Entwickelung der
Tube unbedingt aufgehoben werden, und der Eiter fliesst durch
dieses Ostium nach aussen. Da jedoch bei diesen Fällen von
mittlerer Grösse die Ueberschwemmung des Operationsfeldes nie
eine so plötzliche imd rasche ist, dass man nicht des Eiters sofort
nach seinem Austritte mittels Tupfer habhaft werden könnte, so
erfolgt, wenn man schon vorher die Därme gegen das Zwerchfell
geschoben und mit Compressen bedeckt gehalten hat, bei BeGken-
hochlagerung die Beschränkung des Eiterabflusses auf das Cavum
Douglasii fast ausnahmslos, und es handelt sich nur darum, einer
weiteren Verbreitung der Infection auf das übrige Peritoneum vom
Douglas aus. wenn eine solche zu befürchten ist, vorzubeugen.
Darüber entscheidet nun wieder die sofort während der Operation
ausgeführte baeteriologische Untersuchung. Ist der Eiter steril,
oder enthält er Gonococcen, so kann man nach vorheriger Reini¬
gung die Bauchhöhle unbesorgt schliessen; enthält derselbe Strepto-
oder Staphylococcen, dann wird das mit dem Eiter in Berührung
gekommene Operationsfeld mittels eines Tampons aus Jodoform¬
gase nach Mikulicz durch die Bauchdecken nach aussen drainirt.
I)ie Wirkung der Drainage besteht erstens in der Ableitung der
Secrete. sodass den eingedrungenen pathogenen Organismen der
Nährboden entzogen wird, zweitens aber — und das scheint mir
das Wichtigste — in der Herbeiführung rascher Verklebungen der
umgebenden Darmschlingen, durch welche das übrige Cavum Peri¬
tonei von dem inficirten Öperationsterrain in kurzer Zeit abge¬
schlossen wird. Ich werde mir erlauben, den Beweis für die
Richtigkeit dieser Anschauungen bei Mittheilung der Erfolge der
Adnexoperationen zu bringen.
Abgesehen von den Fällen von Einfliessen pathogenen Eiters
in den Douglas, kann die Drainage auch erforderlich werden bei
Hflweren Operationen mit Verletzung der Darmserosa oder der
Dannwand selbst, um im Falle von Versagen der Naht den Darm-
mhalt nach aussen zu lenken, ebenso auch dann, wenn ein zu ent-
emender Eitersack schon vor der Operation nach dem Darm oder
in die Scheide durehgebrochen ist.
Gestatten Sie, bevor ich zu den Erfolgen der Adnexoperationen
übergehe noch ein Wort über eine Operationsmethode bei Salpin-
p welche wir Martin verdanken und welche von ihm als Tu-
ttnresection, von Skutsch als Salpingostomie bezeichnet wird.
e nn wir im Vorhergesagten es als unser Ziel betrachten mussten,
a- *n -, un ® von Adnexgeschwülsten die Eröffnung derselben
.. ^ erü „ n £ des Inhalts mit dem Peritoneum möglichst zu
s .° können wir im allgemeinen auch dieser Operations-
Iji e das Wort reden, weil diese Eröffnung hier absicht-
w ^d. Ich glaube also, dass dieselbe beschränkt
Charaüf mU *j S a S f . S 0 ! che .Fälle, in denen im voraus der gutartige
dsn Flüssigkeitsansammlung in der Tube wahrscheinlich,
Ho,' ydrosalpinx, und ausserdem durch eine sofortige bacte-
darf ,t lsu< ?k un £ noch sichergestellt worden ist. Dabei
aus dpr t T eP8tan dlich ein Austritt von bacterienhaltigem Eiter
sein da v G d er anderen Seite bei der Operation nicht erfolgt
N'älu-hode»!V aUS ,i • 6r erö ff ne ten Tube nachsickernde Flüssigkeit den
Ich hah UF f "w aus .^ re ^ n den Mikroorganismen abgeben könnte.
Fälle in dei? 1 , er die Bemerkung gemacht, dass in zweien meiner
lag der T^ eü V» 1 . u . n .d v °n Gonococcen bei der Operation vor¬
eiter ebenfaii aa i ent '°nitis eingetreten ist und in dem Peritoneal-
läuflr ^ Gonococcen naehgewiesen wurden. Ich kann vor-
,: °ccen allwAm • 6 luc ^ lt . a ^ 8 beweisend dafür ansehen, dass Gono-
i critonealeito • .^dGiphe Peritonitis hervorrufen können, da der
Sollte girii J . • 1 e J n ^ c bb Reinculturen von Gonococcen ergab.
Fälle aneerpJT v ^ er er ff e ben, dass die durch vorliegende
des GonocripSn •! ermut bung zutrifft, dann müsste die Behandlung
wie ich sie eh ^ m ?? nau na °b den Grundsätzen geleitet werden,
gesetzt habe ^ dle ^ älle von Streptococceneiter auseinauder-
Wir müssen 111 1!- 01 ) nun zu ? en Erfolgen der Adnexoperationen.
101 unterscheiden zwischen den unmittelbaren Er¬
folgen und den Dauerresultaten. Von 216 in der Zeit vom
3. Februar 1887 bis 15. April 1893 operirteu Fällen sind 13
gestorben, das giebt eine Mortalität von 6°/ 0 . Von diesen Fällen
können zwei der Operation nicht direkt zur Last fallen; in
beiden Fällen war der Tod infolge von Pneumonie und
Lungengangrän eingetreten, das Bauchfell wurde bei der Section
vollkommen frei gefunden. Weit interessanter noch ist die Be¬
trachtung der Resultate, wenn wir, von dem Gesichtspunkte der
von mir betonten NothWendigkeit der bacteriologischen Untersuchung
während der Operation ausgehend, die Fällen ordnen, je nachdem
kein Eiter oder steriler Eiter in den Tuben nachgewiesen wurde
oder zweitens Gonococcen oder drittens Strepto- oder Staphylcoccen
an’s Peritoneum gelangten. Ich habe die Fälle, welche in dieser
Beziehung venverthbar sind, in Tabellen gebracht, deren Re¬
sultate ich im folgenden mittheile. Die eiste Gruppe umfasst
144 Fälle, in denen kein Eiter oder steriler Tubeninhalt gefunden
wurde. Steriler Eiter fand sich in 73 dieser Fälle. Dazu kommen
jedoch noch 71 Fälle, in denen überhaupt kein Eiter vorhanden
war, so dass die Gruppe numerisch weit über die beiden nächst¬
folgenden hervorragt, da ich wie begreiflich in dieselbe auch die
Fälle aus der Zeit aufnehmen konnto, in der noch keine bacterio-
logischen Untersuchungen ausgeführt wurden, insofern bei den¬
selben kein Eiter vorhanden w T ar. Von diesen 144 Fällen sind vier
gestorben, das giebt eine Mortalität von 2,8%.
In die zweite Gruppe gehören die Fälle, in (lenen Gono¬
coccen im Tubeueiter nachgewiesen wurden. Es sind das 33
Fälle. Von diesen starben 3, d. i. 9 %. Nach meinen An¬
schauungen muss man hier die Fälle trennen in zwei Gruppen,
solche, bei denen der Tubensack unverletzt entwickelt wurde,
und solche, in denen das nicht gelang. In der ersten Gruppe
finden wir unter 16 Fällen einen Todesfall (6,2 °/o), in der
zweiten Gruppe unter 17 Fällen zwei Todesfälle (11,7 %). Der
Todesfall der ersten Gruppe erfolgte an Lungentuberkulose und
bronchiektatischen Cavernen, also an einer mit der Operation nicht
direkt im Zusammenhang stehenden Erkrankung, die zwei Todes¬
fälle der zweiten Gruppe aber an Peritonitis. Es sind das die
mehrfach erwähnten Fälle, in denen die Wahrscheinlichkeit einer
tödtlichen Infection des Peritoneums mit Gonococceneiter vorliegt,
vorläufig aber noch nicht zu erweisen ist.
Wir kommen zur letzten und wichtigsten Gruppe, den Fällen
nämlich, in denen Strepto- und Staphylococcen im Tubeneiter nachge¬
wiesen wurden. Wir verfügen hier über 15 Fälle mit drei Todesfällen,
das entspricht einer Mortalität von 20 %. In einem Falle gelang es,
den Eitersack unverletzt zu entwickeln, der Fall wurde geheilt. In 11
Fällen wurde bei der Laparotomie der Eitersack verletzt, drainirt
wurden davon 6 Fälle, wovon einer starb (16,5 %), nicht drainirt
wurden 5 Fälle, davon starben zwei (40%). Diese Fälle sprechen also
mit der Kraft eines Experimentes zugunsten der Drainage. Noch besser
springt der Vortheil der Drainago in die Augen, wenn wir auch die
Todesursachen der unglücklich verlaufenen, sowie den Verlauf in
den Fällen von Heilung berücksichtigen. In dem einen Todesfälle
nach Streptococceninvasion und Drainage war der Tod infolge
von Darmperforation eingetreten, die drainirte Höhle war voll¬
kommen gegen das übrige Peritonealcavum abgeschlossen. In den
beiden Todesfällen ohne Drainage war der Tod an eiteriger Peri¬
tonitis erfolgt. In. allen den fünf Fällen von Verunreinigung des
Peritoneums mit Streptococcen- oder Staphylocoeeeneiter, welche
nach der Drainage in Heilung ausgegangen waren, war der Verlauf
ein vollkommen fieberloser. Von den drei Fällen, die ohne Drai¬
nage schliesslich geheilt wurden, war der Verlauf in zwei Fällen
ein sehr complicirter, indem nach langem schwerem Fieber in beiden
Fällen die Heilung erst dann eintrat, als in einem Falle der Durch¬
bruch eines Jaucheheerdes durch die Bauchdecken, im zweiten Falle
durch das Rectum erfolgte. Zwei Fälle von zweizeitiger Operation
per laparotomiam und einer per vaginam in oben geschilderter
Weise heilten ohne Zwischenfall.
Betrachten wir endlich die Dauerresultate unserer Ope¬
rationen, so muss ich zunächst erwähnen, dass wir über den
weiteren Verlauf in sämmtlichen überlebenden Fällen vorläufig
nur von 121 Patientinnen etwas in Erfahrung bringen konnten,
demgemäss also auch nur mit diesen Fällen rechnen können.
Von diesen 121 konnte ich aus den Berichten der Patientinnen
oder durch die Untersuchung derselben in 100 Fällen voll¬
kommenes Wohlbefinden constatiren. Die früheren Schmerzen
waren verschwunden, keine neuen hinzugetreten, die Periode
meist weggeblieben, der Fluor verschwunden oder sehr spär¬
lich, die Patientinnen arbeitsfähig. In 17 Fällen war wohl
Besserung der Symptome, doch kein vollkommenes Verschwinden
derselben zu constatiren. Entweder bestanden zeitweise Schmerzen
im Kreuze oder unregelmässiger Blutabgang, stärkerer lluor, in
vier Fällen endlich waren die alten Beschwerden vorhanden wie
früher. Die Patientinnen müssen als ungeheilt betrachtet w erden.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
100
_ Nach diesen Zahlen würde also der Procentsatz der durch die
Operation dauernd geheilten 82,6 % betragen.
Im Vorstehenden glaube ich Ihnen, wenn das überhaupt bei so
kleinen Zahlen möglich ist, den Beweis geliefert zu haben, dass es
durchaus nicht angeht, alle Fälle von Adnextumoren schematisch
gleichartig zu behandeln, und dass ein strenger Unterschied gemacht
werden muss zwischen der Art des Inhaltes der Eitersäcke, wo
solche vorhanden sind. Dann werden auch die Resultate der Adnex¬
operationen in Zukunft noch viel bessere werden als diejenigen sind,
die ich Ihnen heute vorlegen konnte, da in diesen Resultaten ge-
wissermaassen die Folgen aller der Fehler zum Ausdrucke ge¬
kommen sind, die mich zu den Grundsätzen geführt haben, welche
vorzutragen ich heute die Ehre hatte.
II. Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich.
Die bisherigen Resultate experimenteller
Untersuchungen über die Art der Wirkung
des Tetanusgiftes auf das Nervensystem.
Von Dr. Conrad Brunner, Privatdocenten für Chirurgie.
Im ersten Theil meiner Arbeit: Experimentelle und kli¬
nische Studien über den Kopftetanus 1 ) wurde durch Ver¬
suche an warmblütigen Thieren (Meerschweinchen, Kaninchen) der
Nachweis geliefert: 1) Dass das Tetanusgift nicht die Muskel-,
Substanz direkt in den Krampfzustand zu versetzen vermag. Nach
Lähmung der motorischen Nervenendigungen durch Curare schwanden
die tetanischen Krämpfe. 2) Dass das Tetanusgift keine Krämpfe
hervorzurufen vermag in einem Muskelgebiete, dessen motorische
Nerven vom Centrum abgetrennt sind. Unter Berücksichtigung
der ersten Thatsache war daraus zu folgern, dass ein vom Centrum
abgetrennter motorischer Nerv durch das Gift nicht in den zur
Erzeugung des Krampfes nothwendigen Erregungszustand versetzt
werden kann. 8) Dass das Gift nur dann in bestimmton Nerven¬
gebieten die Muskeln in den Krampfzustand zu versetzen vermag,
wenn die zu diesen Nervengebieten gehörenden Centralorgane er¬
halten sind. Vaillard und Vincent hatten schon constatirt, dass
die Krämpfe in jenen Innervationsgebieten verschwenden, deren zu¬
gehörige Rückenmarksabschnitte zerstört wurden.
Wir zeigten durch einen besonderen Versuch, dass das Gift
zur Auslösung des Facialiskrampfes der Gegenwart der Grosshirn¬
rinde nicht bedarf, sondern dass das Vorhandensein von Pons und
Medulla oblongata genüge, um diese Wirkung erzielen zu lassen.
Aus einem weiteren Experimente folgerten wir, 4) dass die Krämpfe
beim Tetanus nicht durch einen Reiz des Giftes auf die sensiblen
Nerven erzeugt werden, sondern in einer Veränderung der nervösen
Centralorgane (Medulla und Rückenmark) ihre Ursache haben. Wir
durchtrennten beim Kaninchen auf einer Seite den Trigeminus
intercraniell und injicirten im anästhetischen Gebiete subcutan das
Gift. Der Facialiskrampf trat ein, wenn auch lange nicht mit
derselben Intensität wie beim Controllthier.
Während der Zeit nun, die seit der Publication dieser Versuchs¬
ergebnisse verstrichen ist, haben andere Autoren mit denselben
Fragen sich beschäftigt und dieselben ebenfalls auf experimentellem
Wege zu beantworten versucht:
1. Autokratow, Recherches experimentales sur le mode de
production des contractures dans le Tetanos. Archives de mßdecine
experimentale. September 1892. Tome IV, H. 5, p. 700.
2. Courmont und Doyon, M6eanisme de production des
contractures du Tetanos. Societe de biologie 24. D6cembre 1892.
Semaine m6dicale 7. September 1892. Archives de Physiologie
Januar 1893.
3. Buschke und Oergel, Beitrag zur Kenntniss des Tetanus.
Nachtrag von Dr. Buschke. Deutsche medicinische Wochenschrift,
16. Februar 1893.
Keiner dieser Autoren kennt meine früher erschiene¬
nen, oben citirten Arbeiten.
Ich referire zunächst die zuerst ausführlich publicirten Ver¬
suchsergebnisse Autokratow’s:
Gestützt auf die Resultate einer ersten Versuchsreihe (über
die im Original nachzulesen ist), gelangt der genannte Autor zu
den Schlüssen: 1) Les contractures locales qui sont provoquSes
chez les animaux dans la premiäre p6riode du tetanos ä la suite
de l’inoculation de la culture dans le membre postdrieur, disparaissent
si l’on vient ä dßtruire ou ä sectionner la moelle 6pini&re
dans la rßgion du renflement lombaire: ces contractures
n apparaissent pas aprös l’inoculation de la culture du tetanos, si
/) Ä^ r ^£. zur mimischen Chirurgie Bd. IX, 1, erschienen im Monat
April 1892. Eine vorläufige Mittheilung über diese Versuche publicirte
ich m dem Aufsatze: Zur Pathogenese des Kopftetanus. Berliner klin
Wochenschrift 1891, No. 36.
pr6c6demment la moelle 6pini&re a 6t6 d6truite dans cette rtgion. 1 )
Durch dieses Versuchsresultat wird der von uns unter 3) als be¬
wiesen aufgestellte Satz bestätigt.
Das zweite Ergebniss der Versuche Autokratow’s lautet: „Ces
contractures disparaissent aussi soit par la section des racines
sensibles, soit par la section des racines sensibles et motrices
faite en möme temps, soit par la section des nerfs p6ri-
phöriques.“ — Von diesen Resultaten stimmt das zuletzt angegebene
mit der unter 2) von uns festgestellten Thatsache überein. Was
das Ergebniss der gleichzeitigen Durchtrennung der motorischen
und sensiblen Wurzeln des Rückenmarkes betrifft, so kommt das¬
selbe der Durchschneidung der peripheren Nervenstämme gleich. Es
ist dadurch wieder bewiesen, dass nicht der motorische Nerv oder
der Muskel direkt vom Gifte bis zur Krampferzeugung erregt wird,
nicht aber, dass das Gift nicht direkt auf das Rückenmark einzuwirken
vermag. Aus der Beobachtung, dass nach Durchtrennung der zu
einer Extremität gehörenden sensiblen Rückenmarkswurzeln der
Krampf in dieser Extremität verschwand, zieht nun aber Auto-
kratow den Schluss, dass der Krampf beim Tetanus ein durch
Reizung der peripheren sensiblen Nerven bedingter Reflexkrampf
sei: „Ces exp6riences montrent que le poison tßtanique produit.
une irritation des nerfs sensibles p6riph6riques, laquelle ä l’aide
des racines postörieures dätermine l’irritation des cellules motrices
dans la rtgion correspondante de la moelle 6piniöre.“ Mit dieser
Folgerung stellt sich Autokratow in Widerspruch zu dem von
uns unter 4) formulirten Schlüsse.
Es galt nun, dieses Experiment der Wurzel durch trennung
beim tetanischen Kaninchen nachzuprüfen. Der Ausführung des¬
selben musste jedoch eine genaue Kritik des von Autokratow
publicirten Versuchsberichtes vorausgehen.
In diesem Berichte vermissen wir das Versuchsprotokoll. Es
wird nichts gesagt über die Technik und den Verlauf der Ope¬
ration, nichts darüber, ob nach Vollendung derselben totale An¬
ästhesie an dem betreffenden Beine zu constatiren war, noch wie
die Motilität des letzteren sich verhielt. Bei der Beschreibung
einer Operation, die schwere motorische Störungen immer nach
sich ziehen muss, dürfen unserer Ansicht nach diese Angaben
nicht fehlen. Ferner aber muss ich die Beweiskraft des betreffenden
Versuchsergebnisses direkt bezweifeln wegen der getroffenen Ver¬
suchsanordnung. Die Durchtrennung der hinteren Wurzeln ist
nur bei warmblütigen Thieren angestellt worden, welche bereits
den tetanischen Krampf darboten.
Bei diesem Vorgehen ist es unmöglich, den Effect der Ope¬
ration richtig zu beurtheilen; denn tritt nun eine Erschlaffung der
Muskeln an Stelle der Contractur, so ist auch nach sorgfältigst
ausgeführter Operation der Experimentator nicht imstande zu
sagen, wie viel von diesem erzielten Effecte auf Ausschaltung des
sensiblen Reizes und wie viel auf die bei einem so schweren blu¬
tigen Eingriff niemals ganz vermeidliche Schädigung der moto¬
rischen Rüekenmarkseentren zu setzen ist.
Autokrat ow schildert das Resultat der Operation nur mit
dem kurzen Satze: „Les contractures disparurent“. Ob dabei das be¬
treffende Bein, nun frei von jedem Krampfe, normale Beweglichkeit
darbot, oder ob Lähmung oder nur eine sonst veränderte Motilität
zu beobachten war, erfahren wir nicht.
Hat der Versuch der Wurzeldurchtrennung überhaupt eine
Beweiskraft in dieser Frage, so kann er dieselbe beim Warmblüter
nur dann haben, wenn er so ausgeführt wird, dass am normalen
Thiere die zu einem Bein gehörenden hinteren Wurzeln alle durch¬
trennt werden. Das Experiment ist als gelungen zu bezeichnen,
wenn totale Anästhesie an der ganzen Extremität (auch an der
Innenfläche des Oberschenkels) vorhanden ist, und wenn das Bein
bewegungsfähig geblieben ist. Erst nachdem das Thier vom
Shok des Eingriffes sich erholt hat, ist ein genauer Status auf¬
zunehmen, in welchem die stets vorhandenen motorischen Störungen
genau constatirt sind.
Im Sinne dieser Darlegung gingen wir vor, indem wir diesen
Versuch ausführten. Herr Prof. Gaule unterzog sich der äussersfc
schwierigen und mühevollen Arbeit, ein Versuchsthier mit den
verlangten Eigenschaften für die Impfung mit dem Gifte vorzu¬
bereiten. Nach vielen misslungenen Versuchen gelang an einem
Kaninchen das Experiment, dessen genaues Versuchsprotokoll lc h
in der Fortsetzung meiner ausführlichen Arbeit in den „Klinischen
Beiträgen“ publicire.
Nach subcutaner Injection des Giftes an dem an¬
ästhetischen Hinterbeine zeigte es sich, dass analog
unserem Trigeminusversuche die Krämpfe sich wiederum
einstellten, wenn auch später und mit geringerer In¬
tensität, als beim Controllthier.
'* *) Um nicht durch die Uebersetzung am Sinne dieser Schluss¬
folgerungen etwas zu ändern, gebe ich dieselben im Originaltexte wieder.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
1. Februar.
101
Denselben Versuch mit der nämlichen Anordnung suchten wir
beim Frosche anzustellen 1 ), doch trat hier leider die lange Incu-
bationszeit hindernd in den Weg. Die operirten, bei erhöhter
Temperatur gehaltenen Thiere starben vor Eintritt der tetanischen
Symptome. Ferner wurde die analoge Durchführung des Experi¬
mentes dadurch verhindert, dass beim Frosch nach Impfung an einer
hinteren Extremität nicht wie beim Meerschweinchen oder Kaninchen
der Krampf hier zuerst und mit grösster Intensität auftritt, sondern
zuerst in den vorderen Extremitäten. Die Durchtrennung der zu
diesen gehörenden hinteren Wurzeln ist nun aber bedeutend
schwieriger, und es zieht dieser Eingriff, wie wir beim nicht ver¬
gifteten Frosch uns überzeugten, die Centren des entsprechenden
Abschnittes des Rückenmarkes entschieden in Mitleidenschaft. Aus
diesen Gründen sahen wir uns genöthigt, beim schon tetanischen
Frosch die Operation an den Hinterbeinen auszuführen. Nach
Durchtrennung der zu einer hinteren Extremität gehörenden sen¬
siblen Wurzeln beim allgemein tetanischen Frosch zeigte es sich
nun, dass trotz Ausschaltung des peripheren Impulses an diesem
Bein der Tetanus nicht verschwand, wohl aber vermindert wurde.
Von intacten sensiblen Gebieten anderer Körpertheile aus konnten
durch beliebige Reize die heftigsten Krämpfe auch im anästhetischen
Beine producirt werden. Wurden an demselben Thiere auch die sen¬
siblen Wurzeln des anderen Beins durchtrennt, so konnten durch
Berührung der intacten vorderen Extremitäten die Streckkrämpfe
iu den Hinterbeinen ausgelöst werden. Erst nach Durchschneidung
des Rückenmaikes oberhalb des Abganges der zu oberst durch¬
trennten Wurzel verschwanden die Krämpfe gänzlich. Das von
jedem sensiblen Impuls abgeschlossene Hinterthier wurde bewegungs¬
los, schlaff, das Vorderthier blieb tetanisch.
Diese Versuchsergebnisse 2 ) sprechen dafür, dass dieCentren
des Rückenmarkes durch das Gift direkt in einen Zu¬
stand abnormer Erregbarkeit versetzt werden. Gegen die
Annahme, dass der Reiz des Giftes auf die peripheren Nervenorgane
allein den Krampf in nicht primär erregten Centren auslöse,
spricht die Thatsache, dass die Krämpfe in den zu einem be¬
stimmten Rückenmarksabschnitte gehörigen Nervengebieten keines¬
wegs aufhören, wenn die zugehörigen hinteren Wurzeln durch¬
trennt werden. Die Krämpfe im anästhetischen Gebiete können
durch den geringfügigsten Reiz von intacten sensiblen Nerven-
gebieten aus angeregt werden, welche zu einem ganz entfernten
Niveau des Markes gehören. In einem Rückenmark mit normaler
Lnegbarkeit und normal functionirenden, reflexhemmenden Central¬
apparaten wäre dieser Vorgang nicht erklärlich.
Gestützt schon auf diese Versuchsresultate müssen wir die
Richtigkeit der Behauptung Autokratow’s bestreiten.
Zu der Ueberzeugung, dass das Gift das Rückenmark direkt
in einen Zustand erhöhter Erregbarkeit zu versetzen vermag,
wurden wir aber weiter durch die Ergebnisse von Versuchen ge¬
ehrt, bei denen wir wieder die Durchtrennung der hinteren Wur¬
zeln Vornahmen, dann aber an dem isolirten hinteren Rücken-
roarksabsehnitte die centralen Stümpfe der Wurzeln durch den fa-
? isehen Strom reizten. Dabei zeigte es sich, dass bei geringsten
eizen Bewegungen der hinteren Extremitäten hervorgerufen wer-
en konnten welche entschieden den Charakter des Krampfes dar-
jj f. n ' Uer vergleich mit den Bewegungen eines unter denselben
mgungen gereizten nicht vergifteten Rückenmarksfrosches Hess
darüber keinen Zweifel zu.
schliessen wir aus diesen Versuchen, stei-
r le Erregbarkeit des Rückenmarks, wirkt aber nicht
r egungauslösend. Zur Erzeugung einer Bewegung,
sihi» ^ ram P^ es bedarf es der Einwirkung eines sen-
hat w m P u ^ ses au * das Rückenmark. Dieselbe Thatsache
c f orau w . lr nachher zu sprechen kommen, H. E. Hering für
,as Strychnin festgestellt.
suc h e n tr ^ e weiterer von Autokratow an gestellter Ver-
führliche Arbeit ^ e * n * son d ern verweise auf meine aus-
beit i
Das
seinen
je Resum<*. welches Buschke in der citirten Ar-
bisherigen Versuchsergebnissen giebt, lautet: „Der
Dem fcpt!r»; 0 n? SCh curarisirt; sofort hört der Tetanus auf.
schnitten wil 11 ^* osc ^ w * r d der linke N. ischiadicus ausge-
EterührunV ailr ®nd vorher die Extremität starr bei der leisesten
ab nad \ e ffffestreckt wurde, hängt sie jetzt schlaff herab, nur
Manische tVnk . cllte Zuckungen in derselben auf. Der
Einem y 9T1 ; c enthirnt; der Tetanus bleibt bestehen.
—_____ chen Frosch wird der untere Theil des Rücken-
Beitragen publiciVff 0 ^ ^ en . ers t en Theil der Arbeit in den klinischen
za Aachen. * war es noch nicht gelungen, den Frosch tetanisch
i werden ausführlich in den „Beiträgen zur
marks durch eine eingeführte Nadel vernichtet. Darauf hört der
Tetanus in den unteren Extremitäten auf, nur ab und zu zeigen
sich leichte Zuckungen; in den oberen Extremitäten scheint der
Tetanus etwas schwächer zu sein. Einem Kaninchen wurde Toxal¬
bumin auf die Centralwindungen gebracht, ohne dass eine Wirkung
eintritt. Aus diesen Versuchen scheint hervorzugehen, dass das t£
tanusgift nicht auf die Muskulatur direkt wirkt, auch nicht auf
die peripheren Nerven motorischer Natur, auch nicht auf das Ge¬
hirn. Das Rückenmark scheint der Angriffspunkt des Giftes zu
sein.“
Diese Schlüsse bestätigen in allen Punkten unsere
Folgerungen, ohne neue Thatsachen zu erbringen.
Vielseitiger iu der Variation der Experimente und präciser in
der Logik der Schlüsse als die Arbeit von Autokratow ist die¬
jenige von Courmont und Doyon.
In einer ersten Versuchsreihe beobachten . die genannten
Autoren den Effect des Curare auf die tetanischen Krämpfe. Sie
gelangen dabei zu folgendem Resumö: „Les expöriences effectuös
avec le Curare sur Fanimal t6tanique dömontrent que le poison
tßtanique n’a aucune action directe sur la fibre muscu-
laire“. — Wir sehen darin wieder die Bestätigung unseres, zwei
Jahre früher ausgeführten und publicirten Versuches.
In einer zweiten, am Warmblüter und am Frosch ausge¬
führten Versuchsreihe wird dßr Effect der Durchtrennung moto¬
rischer Nerven auf den bestehenden Krampf geprüft. Das Resultat
ist: „que le poison tßtanique möme introduit localement ne pro-
duit pas de eontraetures dans les muscles, dont les nerfs moteurs
sont söparös de la moelle par une section. Elles d6montrent
ögalement que les museles doivent ötre complötement önervös pour
6tre sousstraits au tötanos“. — Auch dieses Ergebniss stimmt mit
dem unsrigen überein.
Die dritte Versuchsreihe umfasst Experimente, durch welche
beim tetanischen Thier das Rückenmark zerstört wird. Dabei wird
das Verschwinden des Krampfes constatirt. Daraus folgern die
Autoren: „Le poison n’agit donc ni sur la fibre musculaire,
ni sur le nerf moteur“. — Wir sehen darin wieder die Bestäti¬
gung des von uns aufgestellten Satzes: Das tetanische Gift ver¬
mag nur in solchen Nervengebieten den Krampf zu erzeugen, deren
zugehörige Centralorgane erhalten sind.
Zu demselben Schlüsse gelangen die beiden Forscher, indem
sie bei Anwendung von Chloroform eine Abnahme der Krämpfe
constatiren.
Im letzten Theil der Arbeit nun berichten diese jedenfalls
sehr geübten Vivisectoren über Versuche mit Durchschneidung der
hinteren Rückenmarkswurzeln. Sie gelangen dabei zu demselben
Resultate wie Autokratow, d. h. sio werden zu der Annahme
geführt, dass der Krampf beim Tetanus nur die Folge eines die
peripheren, sensiblen Nervenenden treffenden toxischen Reizes sei.
„Elles (les eontraetures) sont le fait d’un röflexe, produit par l’ac-
tion du poison tötanique sur les extrömitös pöriphöriques des nerfs
sensitifs“.
Wie wir, so fanden diese Forscher es für nothwendig, auch
vor der Impfung die Operation vorzunehmen und dann zu be¬
obachten, ob am anästhetischen Beine die Krämpfe auftreten. Be¬
trachten wir diese Versuche genauer:
Bei einem jungen Hunde werden die zu einem Hinterbein ge¬
hörenden hinteren Wurzeln durchtrennt. Vier Tage nach der
Operation wird das Gift am anästhetischen Beine applicirt. Ueber
den Status nach der Operation wird im Versuchsprotokoll nicht«
angegeben. Während nun beim Controllthier der Tetanus auf
sämmtliche Muskeln des Körpers sich ausbreitet, bleibt beim ope¬
rirten Thier das anästhetische Bein frei von Krampf. „La patte
insensible et le seul point de ces deux chions, qui n’est pas 6tö
eontraetures“.
Bei einem weiteren Versuche wird an einem Hunde, der schon
ausgebreiteten Tetanus darbietet, die Operation der Wurzel-
durchtrennung vorgenommen. Das betreffende Hinterbein, dessen
zugehörige Wurzeln durch trennt werden, erschlafft, aber die Con-
tracturen verschwinden nicht in allen Muskeln. „La patte postö-
rieure gauche devient aussitöt souple, mais les eontraetures ne
disparaissent pas dans tous les muscles“. Dieses nicht vollstän¬
dige Verschwinden des Krampfes erklären Courmont und Doyon
nun durch die Annahme, dass bei dem hier schon ausgebreiteten
Tetanus der den Krampf auslösende Reiz von sensiblen Nerven
anderer Körperregionen auf das anästhetische Bein übertragen
werde. „Notre chien 6tait atteint de tötanos g6n6ralis6 et. des rö-
flexes pouvaient partir des nerfs sensitifs des autres points du
corps oü le poison t^tanique avait diffusö“.
Der Versuch der Wurzeldurchtrennung wird deshalb wieder¬
holt bei einem Hunde, welcher nur an dem geimpften Bein
den localen Krampf darbietet. Diese locale Contractur ver-
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Original fro-m
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DEUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
102
schwindet nach der Operation, nur der Triccps bleibt zum
Theil contrahirt. Während der Operation traten Krämpfe
(„.quelques contractures“) im gegenüberliegenden Beine auf! —
Dieser Versuch, heisst es, „est absolument demonstrative,
la contracture du tötanos n’est qu’un röflexe“.
In der Interpretation dieser Versuchsresultate, wie sie von den
geschätzten Autoren gegeben wird, liegt nun aber ein schwacher
Punkt: Beim Durchschneidungsversuche nach schon entwickeltem
allgemeinem Tetanus wird die Reflexübertragung von intacten,
durch das Gift erregten sensitiven Nerven aus zur Erklärung des
nicht vollständigen Verschwindens der Contractur am anästhetischen
Beine supponirt. Warum tritt nun aber bei functionstüchtig ge¬
bliebenen Reflexcentren diese Uebertragung des Reflexes nicht ein
beim Versuch mit Durchschneidung vor der Impfung? Warum
bleibt hier das anästhetische Bein vollkommen schlaff, nachdem
der Tetanus alle übrigen Körpermuskeln ergriffen hat?
Wir können uns des Verdachtes hier nicht erwehren, dass
eben bei diesem ersten Versuche durch den schweren Eingriff die
motorischen Centren lädirt wurden. Nur so können wir den
Widerspruch zu dem beschriebenen Resultate unseres selbst aus¬
geführten analogen Experimentes am Kaninchen erklären.
Wenn nun die Verfasser, gestützt auf den keineswegs ein¬
deutigen Erfolg dieser Wurzeldurchtrennungen, den Schluss ziehen,
dass das Gift zweifellos durch Irritation der peripheren, sensiblen
Nervenenden die Contractur erzeuge, „que le poison tötanique
n’agit pas directement sur la moelle“, so sind sie zu diesem
Schlüsse nicht berechtigt. Bekanntlich werden auch beim
Strychninthier, bei dem das Gift sicher central, d. h. auf das
Rückenmark direkt wirkt, die Krämpfe von den sensiblen
Nervenenden aus erst angeregt, ohne dass dabei die
letzteren durch das Gift selbst auf eine erhöhte Stufe
der Erregbarkeit gebracht werden. 1 ) Beliebige schwache, zum
Theil unbeabsichtigte Reize werden hier vom vergifteten Marke in
abnormer Weise verarbeitet. Die bekannten, schon vor Decennien
ausgeftihrten Experimente am Strychninfrosch zeigen, dass nach
Ausschaltung aller sensiblen, zum Rückenmark führenden Impulse
der Strychnintetanus ebenso aufhört, wie der Krampf bei unserem
Tetanus. Stannius 2 ) machte im Jahre 1837 schon die nämlichen
Experimente, wie wir sie am Frosch ausgeführt haben, nur mit
dem Unterschied, dass er bei der raschen Wirkung des Strychnins
zuerst die Operation ausführen durfte und nachher erst das Gift
applicirto. Die Vergiftungserscheinungen traten nach Durch¬
trennung der hintern Wurzeln und Theilung des Rückenmarks
nur in der vorderen Körperhälfte auf, in der hinteren blieben
alle Krampfanfälle aus. Am schon vergifteten Thiere wurde die
Operation unter anderen von H. Meier 3 ) schon 1846 ausge¬
führt. Der Erfolg war genau derselbe wie bei unserm Versuch.
Der Tetanus hörte plötzlich auf. Aus Versuchen, die in neuester
Zeit H. E. Hering 4 ) anstellte, geht dasselbe Resultat hervor.
Nach Durchtrennung sämmtlicher hinteren Wurzeln erfolgt beim
nicht vergifteten Rückenmarksfrosch Bewegungslosigkeit. Wird
bei einem solchen Thiere Strychnin auf das Mark gebracht, so
wird niemals eine selbstständige Bewegung beobachtet, nur durch
Reizung des centralen Stumpfes einer durchtrennten sensiblen
Wurzel kann eine Bewegung ausgelöst werden. Alle diese Ver¬
suche beweisen, dass aus einem Rückenmark, welches durch ein
rein central wirkendes Gift in den Zustand höchster Erregbarkeit
versetzt worden ist, kein Krampf ausgelöst werden kann, wenn jeder
sensible Impuls abgeschnitten wird. Daraus folgt aber auch,
dass beim infectiösen Tetanus das Verschwinden des
Krampfes nach Durchtrennung der sensiblen Wurzeln
keinen Beweis gegen die centrale Wirkung des Giftes
liefern kann. Es ist vielmehr selbstverständlich, dass auch,
wenn das Gift nur das Rückenmark und nicht die peripheren
sensiblen Nerven erregt, die Beseitigung des sensiblen Impulses
auf die Krämpfe wirken, d. h. dieselben vermindern oder auf-
heben muss.
Durch alle die Versuche der Wurzeldurchtrennung ist ein
Beweis dafür, dass das tetanische Gift die sensiblen Nervenendi¬
gungen direkt erregt, nicht erbracht worden, ebensowenig aber
ist durch dieselben bewiesen, dass eine solche Erregung
nicht stattfindet.
Die hochgradige Steigerung der Reflexerregbarkeit kann nicht
zu Gunsten der Annahme einer solchen peripheren Erregung aus¬
gelegt werden; denn ständen die sensiblen Nerven unter dem Ein-
! ) G. Walton, Ueber Reflexbewegung des Strychninfrosches. Arch.
f. Physiologie 1882.
*) Ueber die Einwirkung des Strychnins auf das Nervensystem.
Mtiller’s Archiv f. Anatomie 1837, p. 223.
®) Ueber die Natur des durch Strychnin erzeugten Tetanus. Zeit¬
schrift f. rat. Medicin 1846, p. 257.
. - 4 ) Pflttger’s Arch. f. Phys. 1893. p. 614.
flusse einer starken Erregung, wolche durch das Gift bedingt wird,
so wären sie durch neu hinzutretende Reize eher weniger leicht
erregbar.
Für das Strychnin ist der Beweis, dass die periphere Erregung
nicht statt hat, längst durch toxikologische Versuche geleistet
worden, die wir leider vor der Hand mit dein Tfetanusgifte nicht
erfolgreich anwenden können. Stannius, 1 ) Bernstein, 2 ) Walton 3 )
und andere bedienten sich der Methode des lokalen Abschlusses,
d. h. sie verhinderten die Zufuhr des Strychnins zu bestimmten
Theilen des Nervensystems. Die Anwendung dieser Experimente,
die uns in der Kenntniss der Giftwirkung beim Tetanus sicherlich
rascher weiter gebracht hätte, scheitert beim Tetanusgifte an der
Länge der Ineubation. Die Versuche sind nur beim Frosche aus¬
führbar: wir können aber bei diesem Thiere nicht die Circulation
in einem Gliede ausschalten, dann das Gift appliciren und nun
sechs bis acht Tage warten, bis der Tetanus auftritt.
Das toxikologische Experiment vermochte uns also vorläufig
keinen Aufschluss darüber zu geben, wie die sensiblen Nerven¬
enden dem Gifte gegenüber sich verhalten.
Was die motorischen Nerven betrifft, so haben wir mit
Vaillard und Vincent nachgewiesen, und es ist dies von Auto-
kratow, von Courmont und Doyon, sowie von BuSchke be¬
stätigt worden, dass das Tetanusgift, wenn es mit den vom Centrum
abgetrennten Nerven in Berührung kommt, keine Krämpfe hervor¬
zurufen vermag. Wir sind dabei in unserem Schlüsse nicht so weit
gegangen, wie die genannten Autoren, welche gestützt auf dieses
Versuchsresultat annehmen, dass das Gift auf die motorischen
Nerven überhaupt nicht zu wirken vermöge. Wir geben der Mög¬
lichkeit Raum, dass eine periphere Veränderung doch hervor¬
gerufen werde. Ueber eine Reihe von Versuchen, dir wir am
Warmblüter anstellten, um die periphere Giftwirkung — welche
anzunehmen das klinische Bild des Tetanus (Kopftetanus!) uns
fast zwingt — experimentell nachzuweisen, will ich hier nicht
Bericht erstatten, weil sie negativ oder nicht entscheidend ausfielen.
Ich werde dieselben an anderem Orte mittheilen.
Wir haben oben angedeutet, dass unsere Bemühungen, auf
dem Wege des Experimentes zu klarer Einsicht in das Wesen des
tetanischen Processes zu gelangen, an dem Hindernisse scheitern, dass
wir mit einem chemisch noch unbekannten Bacteriengifte arbeiten,
welches erst lange Zeit nach der Application seine Wirkung auf
das Nervensystem erkennen lässt.
Ich habe bereits im ersten Theil der erwähnten Arbeit die
Ursache dieser Ineubation zu erklären versucht. Ich suchte diese
1) darin, dass zur Erzeugung der tetanischen Erscheinungen durch
das Gift eine Summation des Reizes auf das Nervensystem noth-
wendig sei, welche Zeit beanspruche; 2) wies ich darauf hin, dass
das Krampf erregende Agens durch das zu den Versuchen benutzte
Gift (bacillenfreies Filtrat) in Verbindung mit den Körpersäften
erst gebildet werden könnte, dass wir — welche Vermuthung zu¬
erst Tizzoni und Cattani aussprachen — es mit einem Fermente
zu thun haben könnten. Zur Vollendung dieser chemischen Um¬
setzung, nahm ich an, sei Zeit nothwendig.
In der Frist, die verstrichen ist, seitdem ich dies niederge¬
schrieben, ist an der Analyse der chemischen Beschaffenheit dieses
Bacteriengiftes viel gearbeitet worden. Wichtig für meine Zwecke
war vor allem eine aus neuester Zeit stammende Mittheilung von
Courmont und Doyon. Die verdienten Autoren suchten Beweise
dafür zu erbringen, dass durch den Nicolaier’schen Bacillus in den
künstlichen Nährböden wirklich nur ein Ferment fabricirt werde.
Als erste Stütze für diese Ansicht gaben sie an, dass der Frosch
im Winter refraetär sei gegen das Gift, nicht aber im Sommer,
weil es einer günstigen Temperatur bedürfe, damit die Fermentation
vor sich gehen könne: „La grenouille est röfractaire en hiver,
tötanisable en 6t6, sans doute parce qu’il faut une tempörature
favorable, pour qu’une fermentation se produise“ 4 ).
Zum weiteren Beweis berichten sie über Versuche, bei denen
es ihnen gelang, aus den Muskeln tetanischer Thiere eine Substanz
zu gewinnen, welche typischen Tetanus ohne Ineubation zu
produciren imstande sei.
Diesen Versuch prüfte ich nach, denn es schien mir von
grossem Werthe zu sein, dieser Substanz für die uns fehlenden
mit dem gewöhnlichen Gifte nicht practicablen Experimente habhaft
zu werden. Indem ich im chemischen Laboratorium von Herrn
Prof. Egli, unter gütiger Hülfe desselben, dieses Gift darzustellen
mich bemühte, verfuhr ich genau nach den Angaben eines Referates
in der Semaine mödicale 5 ); eine andere Publication stand mir nicht
zur Verfügung.
*) 1- c. pag. 228.
2 ) Moleschott’s Unters. X, p. 280. — 3 ) 1. c. p. 56 und 57.
4 ) Bericht über die Sitzung der Sociötd de biologie vom 11-
1893. Semaine mddicale 1893, No. 16.
5 ) Semaine medicale 12. Juli 1893.
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Original fram
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1. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
103
[iie.se Angaben lauten: „Lorsqu'on vent isoler chimiquemont cette
»ubstance, on se bcurte aux plus grandes difficultds, raais nous pouvons
indiquer las moyens de la mettre en relief ä Taide d’un simple extrait
aquens. Les muscles tetaniques ont et<$ empruntes ii des chiens ou des
lapins, et l'injection de 1‘extrait a 6te faite uniquement ä des grenouilles.
Lextrait aqueux A chaud est celui qui nous a donn£ les meilleurs resultats.
Le muscle finemcnt hach£, additionne d’eau est soumis a l’ebullition
pendant une heure. Ec residu est repris par l’eau, passö a la presse et
filtn*. Le liquide obtenu est alors injecte a une grenouille. Suivant la
dose employec, 1‘aninial presente soit simplement de l’hyperexcitabilitd
seit uü viritable strychnismc. Nous avous obtenu les plus beaux effets
avec des doses d’extrait correspondant ä 5 et a 7 g de muscle t^tanique.
Si l.i dose est trop forte, la grenouille tombe dans le coma paralytique et
meurt rapidement. On remarquera que les extraits ne peuvent contenir
aucune trace des produits solubles du bacille de Nicolaier, lesquels sont
rendus inactifs par une chauffage de plus de 65°.“
Wir injicirten nun von der nach dieser Vorschrift aus den
Muskeln eines hochgradig titanischen Kaninchens gewonnenen
Flüssigkeit die vorgeschriebenen Quantitäten sowohl weissen Mäu¬
sen und Meerschweinchen, als auch Fröschen, aber — ohne Erfolg.
Die weissen Mäuse erkrankten sichtlich, gingen zum Theil unter
paralytischen Erscheinungen zugrunde. Tetanische Symptome tra¬
ten bei keinem der Thiere auf. Die Frösche blieben vollständig
gesund. ö
Später erfuhr ich aus einem Aufsatze von Uschinsky 1 ), dass
Courmont und Doyon im weitern unmittelbaren Tetanus ohne
Ineubation dann erzeugen konnten, wenn sie Blut von einem durch
Vergiftung tetaniseh gemachten Thiere einem andern Thiere inji-
• irten. Ueber diese Angabe musste ich mich wundern, weil ich
wiederholt schon Blut tetaniseher Thiere und Menschen übertragen
und damit auch Tetanus erzeugt hatte, dabei aber immer erst nach
längerer Ineubation die Erscheinungen hatte auftreten sehen. Ich
?tand indessen nicht an, diesen Versuch ebenfalls zu wiederholen.
Ich entnahm einem hochgradig tetanischen Meerschweinchen aus
der Carotis Blut und spritzte davon weissen Mäusen in Quantitäten
\on 1— -1V 2 ccm ein. Der Tetanus trat auf, aber erst nach der
gewöhnlichen Incuhationszeit. Auch Uschinsky hat diesen Ver¬
buch wiederholt, ohne die Angabe der französischen Forscher be-
stätigen zu können. — Woran der Fehler liegt, ist mir unbekannt.
Gleicht sind wir durch ungenaue Referate irregeleitet worden.
M ir sahen damit unseren experimentellen Studien vorläufig eine
Jirenze gesetzt. Die bisher gewonnenen Resultate auf ihren richtigen
«erth zu prüfen, war die Aufgabe, die wir in diesem Aufsätze
RI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau.
Chirurgische Beiträge zur Localis ation der
Grosshimrinde.
Ion Dr. med. Georg Troje, Assisstenzarzt der Klinik.
Hit? i d^u i? 6 k £. run( ^ e & en den Reizversuchen von Fritsch und
rimei/nnStt 11 . ln “ erhalb de . r beiden verflossenen Jahrzehnte Expe-
der Fiflcra Wunsch-pathologische Beobachtung so viel Material zu
da^ HW Q iK° n • Bocalisation der Grosshirnrinde herbeigeschafft,
hat da«« Ai e p ne wes6nt bche Förderung in dem Sinne erfahren
tion«lftf a u^p e k e genBätze zwischen den für und wider eine Func-
lic h gemildert ha a ben reten< ^ en ^ orsc ^ ern allgemeinen erheb-
unvemit U f 1 rl! < ‘^ rre J 1 e “ 2elrle Autoren auch heute noch auf völlig
£ *" Standpunkten, wie H. Munk einer- und Brown-
Litteratur nar^^ 1 ^^-^ 00 * 1 * st P* r Anhang, den Stimmen in der
Während erstÄ™ 2 ?! Sc ^ J ess ® n , kein 80 bedeutender mehr wie früher,
fest hält ha Kon w ? ach ^, le vor an 8einer starren Projectionslehre
tionen von 1 f t *. tere “ Forscher**) auch die neuerlichen Publica-
?emachten evflftf 57 un . d Beevor 4 ) über ihre am Hirn von Affen
motorischer S Expenmentalbeobachtungen nicht von der Existenz
er denselben oi encent . ra zu überzeugen vermocht. Vielmehr stellt
wonach io n d ene annullirende Beobachtungen gegenüber,
oder die d , er K °P f <•<* Versuchstieres auf die eine
Steile der semm!,? 1 * 6 ^ a ® er *i w “rde, auf elektrische Reizung einer
>n den Gliedern h ten motorischen Zone gleichartige Bew'egungen
Körperhälfte eintna* ent g e gengesetzten oder der correspondirenden
bonslehre untemnm! 11 ' ** a sal bst die auf Grund der Localisa-
Piffe am Mensch™* 116 / 1811 ’ Von gekrönten chirurgischen Ein-
heitsveriaufes anffr.K Ä! 1 * 611 v p kurzem R^sumö des Krank-
‘ fl dip Hand. ’ geb . en ilim nur Waffen gegen diese Lehre
Operation aus»-pfiiW der Ur ? lrt . er ’ dass bei den im Verlauf der
* ei %e Lageverhältm‘c 0 n ^ Kälvanischen Reizungen sich das gegen-
"Prechenden Rindonfou ^ er üen verschiedenen Muskelgruppen ent-
p——der als ein dem Localisationsschema wider-
üüd3 J l9. entraIblatt för Bäcteriologie 1893, Bd. XIV, No. 10, p. 318
sprechendes herausstellte, oder dass trotz Abtragung von Partieen
aus dem Gebiete der angeblichen motorischen Rindencentren keine
Lähmung eintrat, oder in der grossen Zahl der Fälle von nach¬
weislichen Heerderkrankungen, dass die Operationswunden, die doch
nur emo und zwar eine bedeutendere Lähmungsursache an
bteile einer andern setzen sollten, zu keiner vermehrten Läh¬
mung geführt hatten, dass vielmehr die durch den Krankheitslieerd
gesetzten Functionsstörungen nach der Entfernung desselben ge¬
schwunden waren. So kommt er zu dem Schluss: „Que les par-
ties considöröes comme centres psychomoteurs ne possMent pas la
fonction, qu on leur attribue et que s’ils causent la paralysie, c’est
par suite d’une irritation faisant disparaltre le mouvement volon-
taire par une influence exercöe sur d’autres parties des centres
nerveux.“
Sieht man aber auch von den gekennzeichneten Extremen in
der Auffassung des zur Entscheidung der Frage vorliegenden Ma¬
terials ab, so bleiben doch selbst unter den weniger schroffen
Gegnern, als deren Hauptrepräsentanten Hitzig und Goltz zu
nennen sind, eine grosse Zahl der Hebung bedürftiger Streitpunkte
übrig, die sich namentlich auf die Stellvertretung der Hirnfunc¬
tionen durch ursprünglich nicht damit betraute Rindengebiete, sowie
auf den Umfang des Ineinandergreifens resp. die Möglichkeit einer
mehi* oder weniger scharfen Differenzirung der einzelnen Functions¬
heerde beziehen.
Dazu kommt, dass die für einzelne cerebrale Functionen an¬
gegebenen Rindenfelder zum Theil auch von localistischer Seite ver¬
worfen werden, zum Theil noch der Bestätigung bedürfen, während
für andere Functionen des Grosshirns bestimmte Angaben über¬
haupt noch fehlen.
Angesichts dieses Standes unserer Kenntnisse von den Func¬
tionen des Grosshims, die selbst Hitzig 0 ) vor nicht langer Zeit
als „noch höchst rudimentär“ charakterisirt hat, verdient jeder
Beitrag in dieser Richtung das allgemeine Interesse der medicini-
schen Welt. Namentlich aber wird jenen Erfahrungen, die der
Chirurg bei seinen operativen Eingriffen direkt am Menschenhirn
zu machen Gelegenheit hat, ein besonderes Gewicht beizulegen sein:
sind letztere doch nach Brown-S^quard 5 ) als „vöritables vivi-
sections faites sur l’homme“ zu erachten.
Ganz wie der Physiologe beim Thierversuch, ist auch der
Chirurg in der Lage, 1) die Cortex cerebri nach Freilegung der¬
selben im Verlaufe der Operation direkt zu reizen und die unmittel¬
baren Reizerfolge zu registriren. und 2) durch den operativen Ein¬
griff einen bestimmten Defeet der Hirnrinde zu setzen und in der
Folge die danach eintretenden Ausfalls- resp. Reizsymptome zu
beobachten.
Das erstere Verfahren wird sich auf Eingriffe im Gebiete der
sogenannten motorischen Zone beschränken müssen, da nur von
hier aus beim narkotisirten Patienten ein schneller und zugleich
sicherer Effect — in Gestalt von Muskelzuckungen — zu erzielen
ist. Dasselbe dient, dem Operateur als vorzügliches Mittel, sich
auf der Hirnoberflächc zu orientiren, wird also nicht etwa nur
experimenti causa geübt. — Der zweite Modus zur Bestimmung
der Functionslocalisation sollte bei keinem hirnchirurgischen Ein¬
griff ausser Acht gelassen werden.
Dies vorausgeschiekt., wollen wir kurz über drei in der letzten
Zeit in der Breslauer chirurgischen Klinik operirte Hirnfälle be¬
richten, von denen zwei die Gelegenheit boten, während der Ope¬
ration elektrische Reizversuche im Gebiete der sogenannten psycho¬
motorischen Centren zu machen, während zwei derselben interessante
und, wie es scheint, bisher noch nicht beobachtete Symptome im
Verlauf der Nachbehandlung aufwiesen.
Fall 1.‘) Corticale Epilepsie infolge von Hirncysticerken
im Gebiet der sogenannten motorischen Zone. Julius Tschöpe,
51 Jahre alt. litt seit 23 Jahren an den Erscheinungen einer corticalen
Epilepsie, die sich im Anschluss an eine Schlägerei, bei der Patient
zahlreiche Knüttelhiebe über den Kopf erhalten hatte, eingestellt hatten!
Lange Zeit hindurch erfolgten die einzelnen Anfälle in weiten, bis halb¬
jährigen Intervallen, meist des Nachts, so dass Patient nur durch die
zerbissene Zunge und durch die Mitteilungen seiner Zimmergenossen von
denselben erfuhr. Erst nach Jahren folgten sie sich etwas häufiger und
traten auch nicht selten bei Tage unter Bewusstseinsverlust auf. Seit
sieben Jahren trat eine Aenderung insofern ein, als jetzt jedem Anfalle
eine deutliche Aura in Form eines Gefühls von Eingeschlafensein
und Muskelspannung in den linksseitigen Extremitäten und in der
linken Gesichtshälfte vorausging. Seit etwa drei Jalircn setzten die
Anfälle indess auf der rechten Seite ein, und zwar in Gestalt von
Zuckungen in verschiedenen Muskelgruppen der rechten Gesichtshälfte
und des rechten Armes, namentlich in den Flexoren der Finger. Oefter
blieb dann der eigentliche Anfall nach solchen Zuckungen auch aus. In
der Folge stellte sich eine rechtsseitige partielle Facialislähmung.
sovHe eine rechtsseitige Armparese ein, die die Gebiete aller drei
*) Ueber den Fall hat bereits Herr Dr. Tietze in der Sitzung der
schlesischen Gesellschaft für Vaterländische Cültur vom 4. Novbr. 1892
kurz berichtet (Deutsche med. Wochenschrift 1893. Nr. 5).
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104
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
Armnerven gleichmässig derart betraf, dass sie sich im weseutiichen auf
die Hand beschränkte, besonders aber in der Unmöglichkeit, Oppositions¬
bewegungen auszuführen, Ausdruck fand, so dass Patient weder jemandem
die Hand drücken, noch eine Weste auf- und zuknöpfen konnte. Alle
Qualitäten der Sensibilität incl. Muskelsinn waren dabei m vollem Umtange
erhalten. Zugleich trat eine durch Anarthrie charaktensirte bpracn-
störung, sowie Vergesslichkeit auf. Ausserdem konnte bei der Ab¬
nahme des Patienten eine Hemiopia dextra incompleta nachgewiesen
werden. In der letzten Zeit vor der Operation setzten die epileptischen
Anfälle 4,6, sogar 8 Wochen aus, wiederholten sich dann aber oft an einem
Tage mehrfach.
Fig. l.
selbe war bei dem erwachsenen Mädchen 9 cm lang, sie begann vorne
oben 2 cm hinter dem obersten Viertelpunkt des vorderen Koch er sehen
Schräo-meridians und endete, schräg nach hinten unten verlautend. 1 cm
hinter” dem hinteren Schrägmeridian und 3 cm Uber der Aequatoriallmie.
Sie begann also entsprechend dem mittleren Drittel des Gyrus postcentralis
und lief über den Gvrus supramarginalis und angulans hinweg. Delle und
Fissur waren von spindelförmiger Gestalt, an ihrer breitesten mittleren
Partie hatte erstere eine Breite von 2% letztere von 1 , a cm. Hier sah
und fühlte man die muldenartig eingezogene Kopfschwarte unter dem Ein¬
fluss von Hirnpulsationen auf- und niedersteigen.
Fig. 2.
Nach dem Mitgetheilten schienen die Localerscheinungen hier so be¬
stimmte Anhaltspunkte für eine genaue Localisation des centralen Heerdes
zu bieten (es wurde das mittlere Drittel der linken vorderen
Centralwindung angenommen), dass Herr Prof. Wernicke, der den
Fall in Beobachtung hatte, denselben der chirurgischen Klinik zur Operation
empfahl.
Bei der von Herrn Geheimrath Mikulicz ausgeführten temporären
Schädelresection ergab sich ein unerwarteter Befund. Man hatte die
Existenz einer stark reizenden narbigen Schwiele angenommen, die das
Gehirn mit seinen Hüllen und der Schädelkapsel verbände, wie solche nach
traumatischen Insulten (Blutungen) des Gehirns zimückbleiben können.
An Stelle dieses einen gesuchten fanden sich nun zwei Heerde: einer im
mittleren und einer im unteren Drittel der vorderen Central¬
windung, jener tief ins Mark reichend, dieser ganz oberflächlich und
locker in die graue Substanz eingebettet und mit Pia und Dura leicht
verwachsen (vergleiche Fig. 1). Die beiden Heerde stellten zwei Cysti-
cerken von etwa Bohnengrösse dar, der erstere einen alten verkalkten,
der letztere eine junge, zarte Cephalocyste.
Zur Sicherstellung der topographischen Verhältnisse wurde mit einem i
schwachen Inductionsstrom die Hirnrinde einmal dicht neben dem oberen I
und zweitens dicht neben dem unteren Heerde mehrmals gereizt. Die
Reizversuche an dem oberen Punkte führten zu energischen
isolirten Flexionszuckungen des rechten Daumens, die am
unteren Punkte zu weniger deutlichen Zuckungen des rechten
oberen Auges und des rechten Mundwinkels. Die beiden Cysti-
cerken wurden hierauf stumpf entfernt, der nach unten geklappte Dura-
und Hautknochenlappen reponirt und letzterer mittels durch die Haut ge¬
legter Silbomähte locker fixirt.
In der Folge zeigte sich zunächst die Parese des rechten Armes wie
des rechten Facialis deutlich verschlechtert. Im Verlaufe der reactions-
losen Wundheilung ging dieselbe indess immer mehr zurück, so dass bei
der Entlassung des Patienten, l'/a Monate nach der Operation, die
Facialisparese nur noch andeutungsweise vorhanden und die
Beweglichkeit und Geschicklichkeit der Hand soweit wieder
hergestellt war, dass Patient auch die subtileren Verrichtungen beim
Anziehen ohne Schwierigkeit auszuführen vermochte. Nur eine isolirte
Parese des Musculus abductor pollicis brevis hatte Patient
zurückbehalten, weshalb die Opposition des Daumens gegen den fünften
Finger rechts nur mit Mühe, bisweilen auch gar nicht gelang. — Die
Sprachstörung war fast ganz gehoben.
Unbeeinflusst von der Operation war der hemiopische Defect
im rechten unteren Quadranten des Gesichtsfeldes geblieben, und auch die
epileptischen Anfälle hatten sich noch mehrmals nach der Operation
wiederholt, hatten aber in der linken Körperhälfte eingesetzt.
Aus diesen Symptomen wurde auf das Bestehen eines dritten Er¬
krankungsheerdes im rechten Occipitallappen geschlossen, vor¬
läufig aber angesichts der Zufriedenheit des Patienten mit dem Erfolge
der ersten Operation, sowie in Erwägung seiner immer noch grossen
geistigen und körperlichen Schwäche von einer Entfernung desselben Ab¬
stand genommen.
- Fall 2. Corticale Epilepsie infolge cystischer Entartung
der Hirnrinde im Gebiete des sogenannten motorischen
Centrums der oberen Extremität, sowie des Gyrus supra-
marginaliB und angularis. 1 ) Emma Menzel, 18 Jahre alt, hatte
sich als lVsjähriges Kind durch den Sturz von einem Treppengeländer
eine von keiner Weichtheilwunde complicirte Fissur und Depression
der rechten hinteren Seite des Schädeldaches zugezogen. Die-
*) Dieser und der folgende Fall wurde von mir im Mai d. J. in der
schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur vorgestellt.
Emma Menzel: Cystisclie Eutartung der Hirnrinde, einen binteren’Tliell des miltleren
Diittels* des Qyrus postcentralis (c,) und einen grossen Thetl des Gyrus snpramargnalis
und angularis betreffend (C). a und b Reizpunktc. d CorÜcaldefect Im Gebiet des
Lobus parietalis superior, entstanden durch Abreisscn der resecirten Enochenplatte.
Das Kind hatte nach dem Falle das Bewusstsein verloren und nach
dem Erwachen mehrfach Krämpfe bekommen. In der Folge hatte es dann
bis zu seinem sechsten Lebensjahre, in dem es an choreaartigenEr-
scheinungen erkrankte, eine ungestörte körperliche und geistige Ent¬
wickelung genommen. Auch die Choreasymptome gingen unter elektro-
therapeutischer Behandlung im Verlaufe eines Jahres zurück und machten
wieder einem völlig normalen Gesundheitszustände Platz. Erst im zwölften
Lebensjahre stellten sich Anfälle vom Charakter der Jackson-
schen Rindenepilepsie ein, indem die sich etwa wöchentlich einmal,
bei Tage oder bei Nacht, wiederholenden, in der Regel 3—5 Minuten
dauernden und mit völligem Bewusstseinsverlust einhergehenden Con-
vulsionen der gesammten Körpermuskulatur sich stets durch ein vorher¬
gehendes ziehendes Gefühl, sowie durch Muskelcontractionen in der linken
Oberextremität anzeigten. Es blieb stets ein starkes Eingenommenem
des Kopfes zurück, und allmählich entwickelte sich eme eigentümliche
dauernde Störung in dem Verhalten der Muskulatur der linken
Oberextremität, die im wesentlichen auf einer deutlichen Steige¬
rung des Muskeltonus beruhte. Dadurch erfuhren sowohl die passiven
als besonders die activen Bewegungen des linken Annes im Schulter- und
Ellbogengelenk, namentlich aber in den Hand- und Fingergelenken, eine
gewisse Hemmung, während eine Abnahme der groben Kraft kaum nach¬
weisbar war. Die feineren Bewegungen der Finger (Knöpfen u. dergl.)
erfolgten sichtlich verlangsamt und schwerfällig. Dem entsprach auch eme
eigenartige Haltung der Finger der linken Hand, welche nicht in Ruhe¬
lage aneinandergeschlossen und gebeugt, sondern in einer eigentümlich
gespreizten Haltung sich befanden, meist mit gestreckten Grund- una
leicht flectirten Endphalangen. Ganz andeutungsweise zeigte sich
dieselbe Störung auch an der linken unteren Extremität, in¬
dem auch hier der Uebergang aus der Beugung in die Streckung des
Beines links langsamer und mit einer gewissen Hemmung geschah, und
auch die Bewegungen der Zehen etwas weniger prompt ausfielen als rechts.
Der Patellarreflex war beiderseits, aber links in höherem Grade als rechts,
gesteigert, ebenso die Sehnenreflexe an den Armen. Störungen des lnst-
sowie des Muskelsinns waren nicht vorhanden. Auch an der Gesichts¬
muskulatur war eine Abnormität insofern zu bemerken, als sich hei dei
Innervation derselben eine übermässige Thätigkeit im unteren
linken Facialisgebiet einstellte. ,
Die erwähnten Localsymptome Hessen auf eine Heerderkrankung der
Hirnrinde im Bereiche der Schädelfissur, namentlich auch im Gebiete de
sogenannten motorischen Centrums der linken Oberextremität schliessen
und forderten zu einem operativen Eingriff auf.
Die von Herrn Geheimrath Mikulicz vorgenommene temporar
Resection der von der Verletzung betroffenen Schädelregion deckte a
anatomisches Substrat der cerebralen Functionsstörung eine cystiscii
Entartung eines hinteren Abschnittes des mittleren Drittel
des Gyrus postcentralis, sowie fast des ganzen Gyrus sl lPJ a .'
marginalis und angularis auf (vgl. Fig. 2, b und c). Bei der Mani¬
pulation des Elevirens und Umklappens der umsägten, von der * 18S
durchzogenen Knochenplatte war übrigens ein pfennigstückgross
und ca. 3 mm dickes Stückchen des untersten "heiles u
Lobus parietalis superior im Zusammenhänge mit dem Knochen a *
gerissen worden (vgl. Fig. 2, d), da sich die Dura materin der u *
gebung der Fissur ziemlich weit hinter die Knochenränder der letzte
retrahirt hatte, so dass die Hirnsubstanz hier der rauhen, von Kiflen
Furchen 'durchzogenen Innenfläche des Knochens dicht anlag und z
Theil fest anhaftete. . .. _
Zum Behufe einer genaueren Orientirung wurde darauf mittels ie
Schliessungselektrode bei schwachem Inductionsstrom die Corticaiis
zwei, etwa 5 mm von einander entfernten Punkten dicht über una
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
1. Februar
105
dem oberen Ende des Erweichungsheerdes gereizt (vgl. Fig. 2, a und b).
Bei Reizung des Punktes a erfolgte eine kurze Flexions-
zuckung des linken Daumens, bei Reizung des Punktes b
eine solche der ulnaren Finger der linken Hand.
Nachdem die die mehrkmiimerigen Cysten erfüllende wasserklare
Flüssigkeit abgeflossen und die die Cysten septirende, erweichte, un-
pigmentirte Hirnsubstanz abgetragen, sowie die hintere, mit besonders
rauher Innenfläche versehene Spange der durch die Fissur längs ge¬
spaltenen Knochenplatte entfernt worden war, wurde der Hautknochen¬
lappen wieder zurilckgeschlagen und locker vernäht.
Der Wundverlauf war reactionslos. Nur in den ersten Tagen
nach der Operation waren die Bewegungen der linken Hand noch schwer¬
fälliger und steifer als zuvor, dann trat in dieser Hinsicht ungefähr
der Status quo ante ein. Die epileptischen Anfälle sistirten in der
iTsteu Zeit gänzlich. Erst als Patientin am zehnten Tage nach der
Operation zum ernten mal das Bett verliess, hatte sie an diesem und
dem folgenden Tage noch mehrere sehr heftige Anfälle. Es folgte eine
Pause von 17 Tagen, worauf noch ein sehr abgeschwächter und kurz
dauernder Anfall auftrat. Seither (über zwei Monate) hat sie keinen
epileptischen Insult mehr erlitten. (Nachträgliche Bemerkung: Anfang
Juli kamen wieder vier Anfälle während 24 Stunden; seit dieser Zeit ist
Patientin frei davon.)
In den ersten 14 Tagen der Nachbehandlung wurde das Interesse
bei diesem Falle in hervorragendem Maasse durch Symptome in Anspruch
genommen, die auf eine Störung der Blasen- und Darminnervation hin¬
wiesen. Vom ersten Tage nach der Operation ab konnte Patientin bei voll¬
kommen normalem Sensorium trotz Harndrangs nicht spontan uriniren,
sondern musste täglich dreimal katheterisirt werden. Erst am siebenten
Tage post operationem gelang es ihr einmal, von selbst Ham zu lassen,
dann aber wieder bis zum vierzehnten Tage nicht. Ein auffallender
Sphincterspasmus konnte dabei nicht wahrgenommen werden.
Ziemlich synchron verlief die Defäcationsstörung. Da Patientin am
dritten Tage nach der Operation noch keinen Stuhl gehabt hatte, erhielt
sie einen Einguss von lauwarmem Wasser, dem unmittelbar eine Entleerung
folgte. Am sechsten Tage nach der Operation erfolgte die nächste Stuhl-
entleenmg. die normal ablief. Am Tage darauf liess Patientin indess,
bevor sie noch ein Steckbecken erhielt, dickbreiigen Stuhl unter sich.
Erfasser fand sie bald darauf in _hränen, weil ihr dies passirt wäre und
äe es nicht hätte verhindern können. Dasselbe passirte ihr am achten
und neunten Tage nach der Operation. Am zehnten Tage hatte Patientin
keinen Stuhl, auch keinen Drang dazu. Am elften Tage stellte sich
ötuhldrang ein, doch war Patientin zur Defäcation nicht fähig.
Ne erhielt einen Einguss von lauwarmem Wasser, der indess so gut wie
nichts zu Tage förderte. Am zwölften Tage erhielt Patientin morgens
einen Esslöffel Ricinusöl; gleichwohl vermochte sie bei starkem Stuhl-
drang im Laufe des Tages nicht zu defäciren. Der palpirende Finger
fand am Abend den Sphincter ani weit offen und stiess unmittelbar
hinter demselben auf etwa kastaniengrosse, harte Scybala, die er mit
leichter Mlihe entfernte. Trotz Anwendung starker Bauchpresse rückten
°ben sitzenden, den ganzen Mastdarm bis zur Flexur hinauf
tnüiienaen ocybala nicht herab, so dass dieselben mittels langer, leicht
gekrümmter Kornzange einer nach dem anderen herausbefördert werden
Kf 1 . dreizehnten Tage wurde noch eine Reihe weiterer, in den
eingetretener, mittelstarker Kothballen, die Patientin trotz
dran ge s nicht auszustossen vermochte, mittels Kornzange entfernt,
nn™ h a tt e Patientin wieder täglich spontan eine
nri • e »tahlentleerung. wie sie auch von dieser Zeit ab wieder spontan
(Schluss folgt.)
ry Heilung eines Falles von Addison’scher
ajanidieit; Bemerkung über regenerative
Hyperplasie der rotben Blutkörperchen. 1 )
Ion Priv.-Doc. Dr. H. Neumann in Berlin.
»vlf-hfrdie Ehre, Ihnen einen Mann vorzustellen,
Reihp v a,l T u 1S0n sc ^e r Krankheit gelitten hat und seit einer
Si ° n i Ja f ren V ° n d . ieser Krankheit geheilt ist.
, * R auben, dass ich Ihnen in Anbetracht der ausserordent-
*‘ c ' len Seltenheit
auttheile.
dieses Falles die Krankengeschichte genauer
litten haben J?n daire , a ^ e . Mann, welcher als Knabe am „Fieber“ ge-
(“urrens und Winter 1872/73 in der Charite eine Re-
Flecktynhno d» i G 1878/79 im städtischen Krankenhause Moabit einen
Jahren elf ^ April 1885, also vor nunmehr acht
^ankenhaiK wur< * e der Mann wiederum in das städtische
beobachten künn ” au ^ en ommen, und habe ich ihn seitdem persönlich
Direktor Pani p 611 ’ zuers ^ während meiner Assistenz bei dem verstorbenen
Verhältnissen Fr UUmann im Krankenhause und später in seinen Privat-
Kfaakenhause w* Wa fi am dieses Tages auf dem Wege nach dem
das Bewußt ««in j °' s zusammengebrochen, hatte auf dem Polizeibureau
SctaürheVHnc J eder 8ewonnen und wurde dann im Zustande höchster
Die Krankenhaus eingeliefert,
^wähnten au fe e . n °mmene Auamnese ergab ausser den schon
^nnt ist. und dl«, 888 - er ® n, der hat, dessen Schicksal ihm unbe-
seme Eltern an unbekannten Krankheiten verstorben
brag, gehalten ini Verein für innere Mediciu.
sind. Syphilis wird geleugnet. Patient konnte noch bis vor vierzehn
Tagen Kohlen tragen, dann wurde er, wie er sich ausdrückte, „schlapp
in den Knochen“ und morkte von Tag zu Tag eine Verschlimmerung
seines Befindens. Ueber den Zeitpunkt der gleich zu erwähnenden Farben¬
veränderung seiner Haut kann der Kranke, der. wie ich später gesehen
habe, recht intelligent ist und sich gut und objectiv beobachtet, keine
Auskunft geben. Er glaubt nicht in der letzten Zeit abgemagert zu sein-
über Schmerzen irgend welcher Art, über abnorme Sensationen oder
Krämpfe kann er nicht klagen. Nur hat er im Schlummer das Gefühl,
als ob er eine „Beschäftigung“ habe, während er doch beim Aufwachen
sieht, dass er ganz ruhig liegt. Bei der Urinentloerung fiel ihm nichts
auf; der Stuhlgang ist regelmässig und von breiiger Consistenz. Der
Appetit ist mässig. Seit der Erkrankung fällt dem Patienten das Athmen
schwer, und besteht wenig Husten.
Am Tage nach seiner Einliefemng fand ich den Kranken in passiver
Seitenlage in einem eigentümlichen Zustand, in dem er nur durch lautes
Anrufen veranlasst werden konnte, Auskunft zu geben. Auch der erste
genauere Status vom 14. April giebt noch an, dass Patient wio nach
einem besonders festen Schlaf Athem holt und sich bewegt. Er giebt in
diesem Zustande der Verschlafenheit nur bei energischen Fragen Antwort.
Seine Intelligenz ist aber nicht beeinträchtigt und sein Gemütszustand
nicht abnorm. Er ist ein mittelgut genährter Mann mit schwarzem, etwas
melirtem Haupthaar. Sklera weiss, Iris blau. Hydrocele mittlerer Grösse.
Die Untersuchung der Hautdecken zeigt folgendes: sie sind im allge¬
meinen von einer rothbräunlichen Farbe, die am meisten an die Hautfarbe
der Indianer oder an den Ton der rotbraunen Bronce erinnert. Das Ge¬
sicht, die oberen und unteren Extremitäten zeigen noch am meisten die
ursprüngliche, mässig gelbbraune Hautfarbe, wie sie schon hei dem
früheren Aufenthalt des Kranken im Krankenhause bemerkt worden war;
Mer findet sich nur fleckweise eine dunklere Färbung. Hingegen ist dor
Rumpf ziemlich gleichmässig dunkel verfärbt, mit besonders starker Be¬
teiligung des Halses, der seitlichen Thoraxpartieen, des Bauches, der
Schenkelbeugen, der Kreuzgegend und der Analfalten. Hingegen wird
eine besonders intensive Färbung an den Brustwarzen und Genitalien
nicht wahrgenommen. Schleimhäute: Die Bindehaut ist blass und
nicht verfärbt. Die Lippen und die Wangenschleimhaut, weniger der
harte Gaumen, sind blauschwärzlich gefleckt, dio Schleimhaut ist im
übrigen höchst anämisch. Der weiche Gaumen und der Pharynx sind
nicht verfärbt. Lungen: Grenzen erweitert, Athmungsgeräuseh vesi-
culär, ohne Rasseln. Die Herztöne sind regelmässig, der erste Ton ist
an der Spitze und im linken zweiten Intercostalraum von einem leichten
Geräusch bogleitet. Lautes Venensausen in der Vena jugularis. Leber¬
und Milzdämpfung percussorisch in den normalen Grenzen. Puls regel¬
mässig, 90, tardus, Welle niedrig und leicht zu unterdrücken, Wandung
weich. Respiration 15, regelmässig, mit tiefem Inspirium. Druck auf
die falschen Rippon ist links etwas, rechts kaum empfindlich. Sensibi¬
lität normal. Kraft in Armen und Beinen entspricht nicht der Ent¬
wickelung der Muskulatur, sondern ist in mässigem Grade herabgesetzt.
Beim Stehen fällt Patient um; der Gang ist taumelnd. Urin reagirt
sauer, enthält kein Eiweiss oder Zucker.
Die Diagnose wurde von meinem Chef auf Addison’sche Krankheit
gestellt und konnte in Anbetracht der abnormen Pigmentirung der Haut
und Schleimhäute, der starken Anämie und der allgemeinen Körper¬
schwäche, welche sich bei einem sonst organisch nicht kranken Manne
schnell entwickelt hatte, nicht zweifelhaft, sein. Der Kranke ist unter
dieser Diagnose zahlreichen Aerzten und Studenten in der nächsten Zeit
demonstrirt. worden.
Der Verlauf der Krankheit gestaltete sich in der folgenden Weise.
Die Schwäche war zunächst eine ausserordentliche; wenn der Eiranke auf¬
zustehen versuchte, wurde ihm „grün und gelb“ vor den Augen; selbst
gestützt schwankte er bei dem Versuch zu stehen und zu gehen sehr
stark. Eine Besserung zeigte sich nur sehr langsam. Erst im Juni
konnte er anfangen, sich mit Unterstützung etwas zu bewegen. Ende Juli
zeigte sich aber hierin wieder eine beträchtliche Verschlimmerung. Ende
October konnte er endlich ohne Hülfe der Wärter das Closet erreichen
und im Januar 1886 mit Hülfe des Stockes einige Schritte geben, wobei
sich freilich schnell das Gefühl der Ermüdung einstcllte. Der Gang war
schleppend, sehr langsam und vorsichtig. Ein Jahr nach Beginn der Er¬
krankung kann Patient leidlich mit dem Stock gehen. Im September
1886 kann er sich schon */a Stunde lang auf den Beinen halten, und im
März 1887 befindet er sich während des ganzen Tages ausser Bett und
bewegt sich viel mit Hülfe des Stockes im Freien. Allmählich stellte
sich dann normale BewegungsfüMgkoit ein. so dass Patient nach seiner
Entlassung (1. October 1887) in dieser Richtung nicht mehr zu klagen
hatte.
Von dem motorischen Gebiet ist weiterhin zu bemerken, dass der
Kranke, welcher nicht Säufer ist. am 20. Juni 1885 angab, dass sein
Körper zuweilen zittere, „wie wenn ihn friere“, dieses Zittern^ war be¬
sonders stark bei Bewegungen — trat aber in der subjectiven Schätzung
des Kranken seit Januar 1886 mehr zunick. Dio objective Untersuchung
der motorischen Sphäre zeigte lange Zeit Mndurch in den Extremitäten
eine mässig starke Herabsetzung der Muskelkraft und einen mässig star¬
ken Intentionstremor (z. B. noch am 23. October 1885). Am 23. Januar
1886 war zwar eine gewisse Besserung zu finden, aber es brachte der
Händedruck am Dynamometer doch nur geringe Ausschläge hervor: rechte
10, 11, 11, 11, 10, 13, 8, 8, 8; links 11, 10, 5, 5, 5, 7 (im Vergleich z. B.
bei einem marastischen Carcinomkranken 20—25). Hingegen waren die
Ausschläge am 20. Mai 1886 auf 29, 25 rechts, 32, 25 links gestiegen,
und war auch sonst die motorische Kraft besser. Wenngleich Patient
bis heute nicht über eine besonders starke Muskulatur verfügt, so ama
doch die Kräfte allmählich so weit wieder gewachsen, dass er im Jahre
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106
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
1888 die gewiss nicht leichte Beschäftigung des Kohlentragens — aller¬
dings nicht ebenso gut wie früher — wieder aulnehmen konnte. Sie
können an seinem Händedruck ohne weiteres erkennen, dass seine Kräfte
augenblicklich den gewöhnlichen Anforderungen vollauf entsprechen. Hin¬
gegen ist der Intentionstremor bis auf den heutigen Tag nicht vollkommen
geschwunden und besonders bei intercurrirenden Krankheiten etwas
mehr hervorgetreton. — Atrophieen oder Spasmen wurden nie be¬
obachtet, ebensowenig Spuren von statischer odor locomotorischer Ataxie.
— Was die Reflexe betrifft, so waren die Patellarreflexe dauernd ge¬
steigert, und sind es auch jetzt noch. Auch der Achillessehnenreflex war
lebhaft; Dorsalklonus nur im Beginn der Beobachtung angedeutet. Fuss-
sohlen-, Cubital- und Periostreflex vom Radius sehr lebhaft. Muskel¬
reflexe boim Beklopfen nirgends erhöht, ebensowenig Bauch- und Cre-
masterreflex (letzterer infolge einer Hydrocele schwer zu prüfen). Die
Steigerung der Reflexe, soweit sie vorhanden war, ist auch jetzt noch
angedeutet.
Die Sensibilität war dauernd normal. Hingegen bestanden Par-
ästhesieen in der Richtung, dass ihm vom 8. Juni 1885 an, besonders in
der Nacht, die Vorderarme und Finder ..abstarben 1 *; auch traten in den
Gelenken der oberen Extremitäten Schmerzen ein. so dass or sich — be¬
sonders nach dem Erwachen — nur schlecht bewegen konnte. Am 9.
September 1885 wurde die linke Schulter sehr schmerzhaft, und es zeigten
sich au ihr einzelne fluctuireude Stollen: die Schmerzen strahlten in den
Arm aus; die Finger konnten nicht gut geschlossen werden; bis in das
Jahr 1880 hinein erhielt nach Heilung der vielleicht rheumatischen Affec-
tiou sich eine Bewegungsbeschränkung in der linken Schulter. Nachdem vor¬
übergehend (17. Mai 1885) Schmerzen in der Milzgegeud geklagt waren,
wurden am 11. August 1885 zum ersten male spontan starke Schmerzen
auf beiden Seiten des Kreuzes geklagt; dieselben zogen sich nach ein
paar Tagen zu beiden Seiten der Wirbelsäule hinauf bis zu den Schulter¬
blättern.
Bei der Untersuchung am 14. April hatte sich die zwölfte Rippe
noch nicht deutlich druckempfindlich gezeigt, hingegen war schon am
‘27. April bei der galvanischen Behandlung die Gegend unmittelbar unter
den letzten Rippen sehr empfindlich gewesen. Gelegentlich der spon¬
tanen Klagen zeigte sich jetzt, eine starke Druckempfindlichkeit unter der
zwölften Rippe (besonders rechts) unmittelbar neben der Wirbelsäule.
Noch am ‘25. September 1886 und 29. December 1886 bestanden dort
spontane Schmerzen, welche beim Stehen und Gehen nach vorne in die
Hypochondrien ausstrahlton. Am 25. März 1887 waren sie bedeutend
geringer und traten wesentlich bei längerem Sitzen und seitlichem Liegen
auf, während sie hei Rückenlage verschwanden. Zum letzten mal liess
sich in der Nebennierengegend etwas abnormes am 9. April 1887 fest-
steilen: es hatte sich damals seit ca. drei Wochen ein heftiges ,.Klopfen“,
bezw. ein Gefühl der Bewegung gezeigt, welches so stark war, dass es
den Patienten aus dem Schlaf weckte. Seither bestanden weder spontan
noch auf Druck Schmerzen.
An den Sinnesorganen wurden nie Abnormitäten aufgefunden.
Im besonderen war der Augenbefund normal, und der Augenhintergrund
nicht besonders dunkel gefärbt, wie Herr College Gustav Gutmann
festzustellen die Freundlichkeit hatte.
Die Lungen haben bis heute niemals Spuren einer tuberkulösen
Erkrankung gezeigt.
Die Herztöne wurden mit der Besserung der Anämie, auf die wir
erst später eingelien werden, wieder rein; die Venengeräusche ver¬
schwanden gleichzeitig. Die Herzaction. zunächst 90 bis 96 bei Bettruhe
blieb dauernd leicht erregbar, sie schnellte noch im Jahre 1887 beim
Gehen leicht bis auf 140 Schläge und pflegt selbst jetzt noch, nach halb¬
stündiger Ruhe, 90 bis 108 Schläge zu betragen.
Die Unterleibs organe blieben normal; der Stuhl war dauernd
nicht gestört. Der Urin, welcher dauernd sauer und ohne Eiweiss, Pepton
oder Zucker war, hatte am 31. August, und am 14. October 1885 einen
bedeutenden Indicangehalt (Jaffe’sche Probe), während am 25. September
1886 am 1. April und 6. Mai 1887 die Reaction nur Spuren nachwics.
i "l en ^ war m den ersten zwei Monaten der Erkrankung vermehrt,
durchschnitthch 2500 g bei 1015 specifischem Gewicht (am 22 April sogar
3-69 g). Spater, vom Januar 1886 an, war im Gegentheil der Urin
dauernd spärlich und sank zuweilen bis auf 500 bis 300 ccm mit gleich¬
zeitigem Steigen des specifischen Gewichtes auf 1025 bis 1028. Vielleicht
Lung dies mit der allmählich sich einstellenden Neigung zum Schwitzen
zusammen. &
Bald nach dem Eintritt in das Krankenhaus entwickelte sich bei
dem Kranken ein kräftiger Appetit. Das Anfangsgewicht von 54 Kilo
stieg sehr gleichmässig an, so dass am 3. Juli 1885 ein Maximum von
63 kg erreicht war; m dieser ungefähren Höhe blieb es ein Jahr und
sank dann zeitweise wieder bis gegen 58 kg.
o fi * Die Tcmperatiir stieg am 7. April 1885 bis 39,0o, am 8. April bis
38.5. am 9. April bis 37,9, am 10. April bis 37,8, am 11. April bis 37.7°
ilieb m den nächsten W ochen noch an dieser oberen Grenze des Nor¬
malen und w r nr später dauernd normal.
lieber die Färbung der Haut- und Schleimhaut gebe ich die von
"o 1 T u ii d i8Ba!’ a “\v n | C , Schlc,lt ? «‘“getragenen Notizen wörtlich wieder.
. . uh 188o. \eifärbung eher geringer, doch vielleicht gleichmässieer
und allgemeiner verbreitet,“ „4. September 1885: Während der Be-
!3 ( Wlf* 6 dunkler gefärbte Epidermis allmählich abgestossen.
und ist. das Colont der Haut, ein gleichmässigeres und helleres — zweifel¬
los - geworden Besonders auf dem Rücken ist eine grosse Zahl abnorm
woisser, pigincnt loser Hecke, die linsengross und auch noch grösser sind
iin - S ebenfalls etwas geringer
Haut“ Ä Ziemlich gleichmässige, dunklere Färbung der
aut. „-3. Januar 1886. Hautdecken im allgemeinen schwarz bräunlich
und zwar besonders im Nacken und Kreuz, doch ist die gesammte Bräu¬
nung bestimmt weniger intensiv als früher; besonders auffällig ist dies in
der Unterbauchgegend, welche frllhor tief dunkel gefärbt war, während
sie jetzt dieselbe geringe Färbung wie das übrige Integument hat. Auf
der braun gefärbten Haut des Rückens (besonders am Kreuz, weniger im
Nacken) contrastiren mit dem Braun eine grosso Anzahl weisser, voll¬
kommen pigmentfreier Flecke von rundlicher Form, zum Theil confluirend,
welche Linsen- bis Erbsengrösse haben. Schleimhaut des Mundes: nur
an der rechten Wangonschleimhaut ein paar schwach pigmentirte Flecke-
an den Lippen und dem harten Gaumen sind Spuren von Pigmentirung
nur noch eben wahrnehmbar. Schleimhaut injicirt.“ ,,30. Juni 1886:
Färbung des Integuments ist dauernd ziemlich* hell geblieben, obgleich
sie auch jetzt noch am Untorbauch. Rücken und Hals dunkler als normal
und allgemein am Rumpf etwas bräunlich ist. Die pigmentlosen Stellen
sind unverändert, nur ist der Contrast gegen die Umgebung infolge der
allgemeinen Abnahme der Bräunung weniger stark. Pigmentirung der
Mundschleimhaut nur eben angedeutet.“ „25. September 1886. Haut¬
färbung an Rücken und Bauch leicht bräunlich; die pigmentlosen Flecken
bestehen noch, contrastiren aber weniger gegen ihre Umgebung. Schleim¬
haut des Mundes imd Rachens nirgens abnorm gefärbt.“ „25. April 1887:
Hautfarbe an Unterbauch- und Unterrückengegend ganz leicht gebräunt,
doch kaum als pathologisch erkennbar. Keine Pigmentirung der Mund¬
schleimhaut.“ Von jetzt an ergieht der Status der Hautdecken normale
Verhältnisse (abgesehen von den pigmentlosen Stellen am Rücken, welche
offenbar alte Narben sind und deshalb von der Broncefärbung verschont
blieben), und Sie werden sich selbst davon überzeugen können, dass diese
andauern.
Wir haben also einen Mann vor uns, welcher im Alter von
49 Jahren ganz plötzlich und, wie ich hinzufügen will, ohne be¬
kannte Ursache, von einer Krankheit betroffen wurde, die sich
durch Broncefärbung der Haut und Schleimhaut, sehr starke Anä¬
mie und sehr starkes Schwächegefühl charakterisirte. Die Krank¬
heit soll in 14 Tagen ihre Akme erreicht haben und war, als sie
in die Behandlung meines früheren Chefs trat, als typischer Fall
der Addison’schen Krankheit charakterisirt. Im Gegensatz zu dem,
was man nach unserer Kenntniss dieser Krankheit als wahrschein¬
lich annehmen durfte, besserte sich der Kranke allmählich und
konnte nach ungefähr zwei Jahren als geheilt betrachtet werden, in¬
sofern um diese Zeit die letzten Spuren der abnormen Pigmentirung
verschwunden waren, und nur noch aus einer geringen Schwäche,
einer leicht erregbaren Herzaction und etwas gesteigerten Reflexen
hervorging, dass keine vollkommen normalen Verhältnisse bestanden. 1 )
In den sechseinhalb Jahren, die seit der Heilung verflossen sind,
ist dieser Mann übrigens wiederholt krank gewesen: er hat eine
Pneumonie des linken Unterlappens, später eine Influenza, eine
Neuralgie im Supraorbitalis, dann wiederum eine schwere Influenza,
eine Ischias und in diesem Jahr ein drittes mal Influenza gehabt.
Er hat aber alle diese Krankheiten glücklich überstanden, so dass
ich ihn heute in guter Gesundheit vorstellen kann.
Es ist nicht meine Absicht, auf die einzelnen Symptome des
Krankheitsfalles genauer einzugehen. Einzelnes mag durch die
hochgradige Anämie bedingt sein, w r elche allerdings ihrerseits in
einem engen inneren Zusammenhang mit der Grundursache der
Erkrankung gestanden haben muss. Ich möchte nur eine Beob¬
achtung von allgemeinem pathologischen Interesse erwähnen, welche
ich gelegentlich der wegen der Anämie vorgenommenen Blutunter¬
suchungen machen konnte. Die Zahl der rothen Blutkörperchen
wurde zunächst mit dem Gowers’schen Apparat, dann gleichzeitig
mit dem Zeis s’schen und schliesslich nur mit dem letzteren be¬
stimmt* 2 ); folgendes waren die Resultate:
1885
Million
1886
Million
15. April (Gowers):. .
. . . 1,120
8. Januar.
. . 7.700
17. April.
. . . 1.180
7 390
27. April.
. . . 1,350
(Zeiss): . .
. . L370
8. Juni.
. . . 3,330
26. Januar .
. . 6,590
1. Juli .
. . . 4,320 i
24. Juli.
. . . 5,490 |
5,466
28. August.
. . . 5.900 j
J. UUI Keil ......
2. April.
. . 5.274
1. October.
. . . 6.500 !
3 Mni
5,580
16. November.
. . . 7,030 j
6. Juli (Gowers): . .
. . 5.500
1886
j
7. Juli 1893 (Zeiss) .
. . 4,75
3. Januar.
. . . 7,240 |
(nach Influenza).
Sie ersehen aus dieser Tabelle, dass die Anämie eine gleich¬
mässige und schnelle Besserung erfuhr, sodass sie schon zu einer
Zeit ausgeglichen war, wo Patient sonst noch in keiner Richtung
als geheilt betrachtet werden konnte und auch noch eine deutliche
Blässe der Schleimhäute zeigte.
Weiterhin fand sich nun ungefähr vier Monate hindurch —
!) Ob di® stabile Elektricilät, welche ich längs der Wirbelsäule vom
Eintritt des Kranken an in Anwendung brachte, auf den Verlauf einen
Einfluss hatte, w r ill ich nicht entscheiden.
,, ) w r eissen Blutkörperchen wurden leider nicht bei schwächerer
Vordünnung gezählt; soweit es sich gelegentlich der Zählung der rothen
-Blutkörperchen erkennen liess. war ihre Zahl in keinem Stadium ver¬
mehrt,
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1. Februar
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
während der ohne besondere Zwischenfälle fortschreitenden Reeon-
valescenz — eine übermässig grosse Zahl von rothen Blutkörper¬
rhen. die allmählich wieder zur normalen Zahl herabging.
Diese wahre Polycythämia rubra war nicht in besonderen Ur¬
sachen, wie z. B. erschöpfenden Flüssigkeitsverlusten, begründet
und ebensowenig in einer fehlerhaften Methode der Zählung, sondern
war offenbar eine Eigentümlichkeit in der Regeneration des Blut-
jrewebes.
Ich muss auf diesen Punkt etwas genauer eingehen, weil Sie
ihn in den zahlreichen Arbeiten auf dem Gebiete der Hämatologie
bisher nicht principiell gewürdigt finden und er von praktischem
wie theoretischem Interesse ist.
l T eber die treibende Ursache bei der Regeneration von Ge¬
webe variiren die Ansichten; ich möchte Sie hier an die von
Samuel und von C. Weigert vertretene Anschauung erinnern.
Der erstere sagt 1 ) [p. 555): „Dass die Regeneration eine progressive
Gewebsänderung nach Fortfall von Wachsthumshindernissen infolge
der Proliferationsfähigkeit der Gewebe ist, bedarf keiner weiteren
Ausführung'. Sie endet, wenn die Gewebsproliferation durch ihr
eigenes Wachsthum sich neue Wachsthumshindernisse gebildet hat.
Wo die Gewebsneubildung anfänglich zu einer Luxusproduction
über das Regenerationsbedürfniss hinaus geführt hat (Hyperostosen,
Caro luxurians), pflegt durch nachträgliche Schrumpfung und Ab¬
schleifung eine Rückbildung des Gewebes bis zum Maasse des
Regenerationsbedürfnisses einzutreten.“ Das gleiche Gesetz betont
Weigert-) für den Verlauf der Entzündung.
Dass die Regeneration des Gewebes nach dem Wegfall des
Wachsthumshindernisses zunächst über das Ziel hinausschiesst, ist
ausser am Knochen und Bindegewebe, am Muskel (Nauwerck 5 )
und an zahlreichen drüsigen Organen beobachtet. Es dürfte aller¬
dings die Luxusproduction, je nach dem Kräftezustand des Organis¬
mus im allgemeinen und dem der verletzten Gewebe im besonderen,
in sehr wechselnder Ausdehnung in die Erscheinung treten.
Was nun die Regeneration des Blutgewebes betrifft, so hielt,
trotzdem schon Vierordt 4 ) sich bejahend hierüber ausgesprochen
hatte, noch Cohnheim 0 ) die Frage nicht für gelöst, ob es eine
.über das normale Maass gesteigerte Neubildung rother Blut¬
körperchen nach Blutverlusten“ gäbe; nothwendig sei jedenfalls
eine solche Annahme nicht. Später finden sich aber in experimen¬
tellen Arbeiten Bemerkungen und Beobachtungen hierüber. So
erzeugte Länderer 6 ) Blutverluste bei Hunden und schloss hier¬
an Infusionen einer Mischung von Kochsalzlösung und defibrinirtem
ume ut. Er bemerkt bei einem solchen Versuch anmerkungs-
dass L die allerdings nur vorübergehende Vermehrung der
;;Ä?^ nz l hl nach Blutverlusten über die Norm eine häufig
y c , e e Erscheinung sei. Das Gleiche fand bei einer ähnlichen
ewichsanordnung (beim Kaninchen) John Marshall 7 ). Voi
verirr ? f nd V ;P U8 ) bei Versuchen am Hunde, dass bei Blut
a„ y , a nacbf( %ender Koehsalzinfusion eine Ueberschreitung
y\ ,f n ,, der rothen Blutkörperchen über die Norm stattfindet
wliw , expermientellen Ergebnisse aber natürlich nicht ohne
-■» auf die menschliche Pathologie zu übertragen,
zähl umron j- ei , auss ®r°rdentlichen Menge von Blutkörper dien¬
end findet J 01 ? 1 ^ en . scben 411 den letzten Jahren vorgenommen
Hvn'ernlatjio fest was das Gesetz der regenerativen
gleich • r D das men8c hliche Blutgewebe erweisen könnte, ob-
Blutverlusten 0 Degeneration des Blutes häufig genug nicht nur nach
zerstörende^ ’ 8 *°, n 1 e ™ nach den verschiedensten, das Blutgewebe
haben hh pa r 10 ^ Iscben Processen zu beobachten Gelegenheit
erwähnen fn qÄ! £ Ur «5*® Beobachtung von Laache 9 ) zu
rose am 9Q Bin 21 jähriges Mädchen trat wegen Clilo-
3 509 680 in D o u Ct0 j, er mit einer Blutkörperchenzahl von
springe führe irh^lr U ?f* , Indem ich die übrigen Zählungen über-
an: 7 Januar iftoi* 16 ?®®ultate aus dem Januar und Februar 1881
Cut 14. Januar 1881: 5048400; 21.
Januar 1881: 5 633 200 ; 4. Februar
5194336 - 281 Fe J’™ ar 1881: 5 121 200; 16. Februar 1881;
dfft, dass Laaoh ^828 560. Wenn man berücksich-
v °u 5000000 Pi, ♦ wf 1 , normalen Frauen nur einmal die Zahl
Fall von Chlnm OQ * Härchen erreicht sah, und dass auch in diesem
brauch) die 7 oni » fortsehreitender Gesundung (unter Eisen-
ÄOrfemrir hw• allmählic ! 1 nieder unter 5 000 000 sank, so
——_ eine regenerative Hyperplasie annelimen. — Aus-
i Ä z rind1m^ ra 'n Pa ^ logie? Stutt gart 1879.
r ) Ueber mLi£i1 ReaJ -Encyclopaedie II. Aufl., p. 338.
XS 189a
18821 " ”■
15> C2 -
Anämie, Christiana 1883.
=- - - ■ . _ ===s== _____ _ 107
serdem ist mir nur noch eine beweisende Zahlenangabe bekannt:
1. Dronke und C. A. Ewald 4 ) veröffentlichten im vorigen Jahr
eine „Untersuchung über den Verlauf des Stoffwechsels bei län¬
gerem Gebrauche des Levico- Arsen- Eisenwassers“. Die Zählung
der Blutkörperchen bei dem günstig verlaufenden Fall ergab am
23. November 1891 5120 000, am 14. December 1891 5 300 000
am 23. Januar 1892 8 400 000 Blutkörperchen. Es wird hierzu
bemerkt (p. 490): „Die Menge von ca. 8 000 000 rothen Blutkörper¬
chen, welche bei der letzten Zählung constatirt wurde, war so
überraschend, dass eine Controllbestimmung vorgenommen wurde,
welche annähernd dasselbe Resultat ergab, was um so sicherer ist.
als jedesmal zwei Zählungen gemacht wurden“.
Die Befunde von Lauche und von Dronke-Ewald, sowie
von mir selbst sind bei Kranken gemacht worden, bei welchen das
Blut ungewöhnlich lange untersucht worden ist. Diesem Umstande
dürfte es zu danken sein, dass die regenerative Hyperplasie der
rothen Blutkörperchen der Beobachtung nicht entging. Wenn man
hingegen, wie es gewöhnlich geschieht, die Untersuchung abbricht,
sobald die normale Blutkörperchenzahl erreicht scheint, kann man
diese, wie mir scheint, ganz interessanten Verhältnisse nicht be¬
merken. Zu erwarten sind sie überhaupt nur, wie mich viele
weitere Beobachtungen gelehrt haben, in Fällen, die zu einer voll¬
kommenen Heilung tendiren. 2 )
Y. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin,
Abtheilung des Herrn Dr. W. Körte.
Zwei Fälle gutartiger grosser ScMeimbeutel-
hygrome. 8 )
Von Dr. Ernst Momnisen, Assistenzarzt.
Das Vorkommen grösserer, gutartiger, cystiscker Entartungen
der Schleimbeutel ist im ganzen ein so seltenes, dass es ange¬
bracht sein dürfte, der Litteratur zwei in letzter Zeit im städti¬
schen Krankenhause am Urban zu Berlin zur Beobachtung und
Operation gekommene solche, besonders charakteristische Fälle ein-
zu verleiben.
Sehen wir bei der Durchsicht der Litteratur über Erkran¬
kungen der Schleimbeutel ab von den ja zum täglichen Brod der
praktischen Medicin gehörenden, meist durch ein Trauma hervor¬
gerufenen acuten Entzündungen der Schleimbeutel mit mehr oder
weniger Erguss, sehen wir ferner ab von den so überaus häufig vor¬
kommenden kleineren chronischen Ergüssen, wie sie besonders durch
die Bursitis praepatellaris (Dienstmädchenknie), oder durch das
Hygrom der Bursa subacromialis (bei Maurern, Lastträgern etc.)
repräsentirt werden, schliesslich von allen Neubildungen der Schleim¬
beutel, so ist das Ergebniss für grosse, gutartige Schleimbeutel-
hygrome ein recht spärliches.
Ein grosses Hygrom in der Sclniltergegend beobachtete Gonter
(Petersburg) 4 ) im Jahre 1855 an der Leiche. Es handelte sich
uni einen grossen, gelbliche, synoviale Flüssigkeit enthaltenden
Sack, der, zwischen der Clavicula und der Sternocostalportion des
Musculus pectoralis liegend, nach vorn und auch nach hinten in
das Cavum axillare abwärts vom Pectoralis minor hervorgetreten war.
Ein nicht ganz so grosses Hygrom beobachtete derselbe Autor 5 )
an der linken Schulter eines Mannes; er bezeichnet es als ein
Hygrom der Bursa mucosa subcoracoidea posterior subtendinosa.
Vogt 0 ) spricht in der „Deutschen Chirurgie“ von einem aus¬
gedehnten Hygrom der Bursa subdeltoidea. Bei demselben ist be¬
sonders die Aetiologie interessant. Es war bei einer Daine ent¬
standen, die wegen hochgradiger Kypho-Scoliose ein Stützeorsott
mit Achselstücken Jahre lang getragen und dabei energisch in
ihrer Wirthsckaft gearbeitet hatte. Es handelte sich um eine
Cyste mit serösem Erguss mit reichlicher synovialer Zottenwuche-
rung, die zur Bildung theils gestielter, theils freier Synovialkörper
geführt hatte.
Ueber ein enormes, mit grossen Fortsätzen versehenes Hygrom
des Schleimbeutels auf dem Tuber ossis ischii hat Büngner 7 ) in
der Berliner klinischen Wochenschrift ausführlich berichtet.
Fischer 8 ) erwähnt in seiner allgemeinen Chirurgie ein Hygrom
4 ) Berl. klm. Wochensckr. 1892.
*) Auf das Verhalten des Hämoglobins gehe ich hier nicht ein. Für
die Leukocyten gilt wahrscheinlich ebenfalls das Gesetz der regenerativen
Hyperplasie; vergl. Löwit, Ueber Leukolvse und Lymphbildung. Cen-
tralbl. f. klin. Med. 1892, No. 9.
*) Vortrag, gehalten in der Freien Vereinigung der Chirurgen
Berlins.
4 ) Virchow’s Archiv Bd. 67, p. 361.
5 ) Virchow’s Archiv Bd. 55, p. 427.
®) Deutsche Chirurgie Lieferung 64/65, p. 239.
7 ) Berliner klin. Wochenschr. 1889, No. 29.
®) Fischer, Allgemeine Chirurgie p. 483.
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108
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
der Bursa iliaca von kolossalem Umfang, erfüllt mit einer grossen
Schüssel voll Reiskörperchen von den buntesten Formen, beträcht¬
licher Grösse und knorpeligem Bau.
Schliesslich noch ein Fall von Heinecke 1 ), der dem einen
meiner zwei Fälle ganz besonders ähnlich ist, wenigstens was die
anatomische Lage anlangt: „Es fand sich eine erhebliche, deutlich
fluctuirende, schmerzlose Geschwulst, die sich nach der Richtung
des Musculus ileopsoas von dem Ligamentum Poupartii nach ab¬
wärts erstreckte, die Arteria femoralis emporhob und durch Druck
vorübergehend verkleinert werden konnte.“
Sehr ähnlich diesem ist ein im hiesigen Krankenhause zur
Operation gekommener Fall von Hygrom der Bursa iliaca.
Fall 1. Es handelte sich um einen 50 Jahre alten Mann, derselbe
kam am 25. November 1890 auf die chirurgische Abtheilung des städti¬
schen Krankenhauses am Urban zur Aufnahme. Er klagte seit längerer
Zeit ohne nachweisbaren Grund, vor allem ohne ein Trauma erlitten zu
haben, über ein erschwertes Gehen, das durch eine langsam zunehmende
Schwellung in der rechten Leistengegend verursacht wurde und den
Kranken in seinem Beruf als Gepäckträger erheblich beeinträchtigte.
Patient gab an, dass er im Mai desselben Jahres, also etwa Va Jahr vor
der Aufnahme bei uns, von anderer Seite desselben Uebels wegen operirt
■worden sei. Nach eingezogener Erkundigung bestand die Operation in der
Incision und Ausstopfung des Sackes, von dessen Exstirpation wegen
fester Verwachsungen Abstand genommen wurde. Nach rascher Heilung
seien die anfänglichen Beschwerden bald wieder aufgetreten, vor allem
habe sich sehr bald wieder eine mehr und mehr wachsende Vorwölbung
in der rechten Leistenbeuge gebildet.
Der Aufnahmebefuud im November 1890 ist folgender: In der rechten
Leistenbeuge des sonst gesunden Mannes findet sich unterhalb des Liga¬
mentum Poupartii eine länglich runde Vorwölbnng mit der längsten Aus¬
dehnung in der Richtung der Längsachse des Beins von gut zwei Mannes¬
faust Grösse. Die Geschwulst setzt sich in die Tiefe der rechten Darm¬
beingrube fort. Die über dem Tumor gut verschiebliche Haut zeigt eine
grosse Längsnarbe. Unter der Haut, gegen den Tumor verschieblich,
finden sich einige bohnengrosse, unempfindliche Drüsen. Der Tumor an
sich ist wenig verschieblich, fühlt sich derb an, Fluctuation nicht nach¬
weisbar. Die Arteria cruralis liegt der medianen Kante des Tumors dicht
auf, scheint von demselben etwas nach innen verschoben.
Nach diesem Untersuchungsbefunde wird vor der Operation an ein
tiefes Beckenfasciensarkom gedacht, eine Diagnose, die befestigt wurde
durch das anscheinend schnelle Recidiviren nach der ersten Operation.
Operation am 26. November 1890 von Dr. W. Körte. Chloroform¬
narkose. 15 cm langer Längsschnitt lateral von der Arterie; in grösserer
Tiefe wird eine weiche, fluctuirendo Tumorpartie freigelegt, deren Probe-
punction eine klare, farblose, schleimige Flüssigkeit ergiebt. Es handelt
sich um ein Hygrom der Bursa iliaca. Nach Freilegung der Vorderfläche
der Geschwulst wurde dieselbe rings ausgeschält. Der untere, im Bereich
des Oberschenkels gelegene Theil war vermuthlich infolge der früheren
Incision und Tamponade mit der Umgebung sehr fest verwachsen und
musste Schritt für Schritt mit dem Messer ausgelöst werden. Ein starker,
nach aussen hinten von der Arteria femoralis abgehender Arterienast
(Arteria profunda femoris) wurde dabei verletzt, doppelt unterbunden und
zwischen den Ligaturen durchschnitten. Der obere, in die rechte Darm¬
beingrube hineinreichende Theil der Cyste wurde leichter, meist stumpf
ausgeschält. Der untere Pol stand in fester Verbindung mit der Hüft¬
gelenkkapsel. Bei der Betrachtung von innen her zeigte es sich, dass
eine circa 3 cm weite, runde Communication mit dem Hüftgelenk be¬
stand Die Gelenkkapsel war erweitert, am Rande des Knorpelüberzuges
des Femurkopfes wurden Knorpelwucherungen gefunden. Die Kapsel
zeigte zottige Wucherungen. Nach Einlegen eines Drains in das Hüft¬
gelenk, welches durch einen Knopflochschnitt an der vorderen Seite des
Trochanter herausgeleitet wurde, wurde die obere OefFnung des Hüft¬
gelenks nach völliger Abtragung des Cystensackes mit versenkten Catgut-
nähten geschlossen. Die Weichtlieilwunde wurde durch Nähte vereinigt
in die Wundhöhle im Becken ein kurzes Drainrohr eingelegt
Der Wundverlauf war ein durchaus glatter, ohne Eiterung. Von
Seiten des Gelenkes traten keinerlei Störungen auf. Nach vier Wochen
wurde Patient geheilt entlassen. Die Beweglichkeit des Hüftgelenks war
infolge der bei der Operation constatirten Arthritis deformans in geringem
Grade gestört, jedoch ist sein Gang ein nahezu normaler
Kaum nöthig zu beweisen ist, dass es sich wirklich um ein Hygrom
der Bursa iliaca gehandelt hat. Nach Jo es sei 3 ) findet sich die Bursa
itmcosa iliaca zwischen der Sehne des Musculus iliacus und der vorderen
öeite der Eminentm lleo-pectinea constant vor. Der Schleimbeutel ist
mit einer dünnen Stelle an der Vorderflache der Hüftgelenkkapsel ver-
wachsen. Manchmal ist statt der Verdünnung der Kapsel ein Defect vor-
Sfh 'rii - nUr d " rch Synovialmembran gedeckt ist; relativ
“JÄ FiU1 eiD6 0ffene Communication zwischen
■kack e T ie r sich “ ls , cin bindegewebiger, derbfaseriger
.“i n ; mm Diebe, die Innenfläche war glatt, mit Endothel über-
«ehwni • Aussenfläche war im Bereiche des femoralen Theiles der Ge-
3 Albert, Chirurgie Bd. IV, p. 377.
und i69/l7o SSe1 ’ Topo ^ ra P hi8ch - cW ^rgische Anatomie Bd. I, p. 162
Nach 27a Jahren (Februar 1893) findet sich folgender Befund: Gang
leicht hinkend; Patient kann mit zwei Stöcken 7a Stunde hintereinander
gehen; längeres Gehen ermüdet sehr. Er sitzt ohne Beschwerden. Das
rechte Hüftgelenk kann bis über den rechten Winkel gebeugt werden.
Bei Rotation findet leichte Fixation im Hüftgelenk statt. Vorderfläche
des Hüftgelenks ist vorgewölbt. Arteria femoralis pulsirt oberflächlich.
Narbe ist verschieblich; im Hüftgelenk fühlt man deutliches Krachen, die
Gelenkgegend ist nach rechts hin diffus verdickt.
Das functionelle Resultat ist natürlich durch die bestehende und
sich fortentwickelnde Arthritis stark beeinträchtigt; ein Recidiv dagegen
ist nicht wieder eingetreten.
Während es sich in dem eben beschriebenen Falle um ein ein¬
faches sehr grosses Hygrom handelte, lag in dem zweiten Falle
eine tuberkulöse Erkrankung eines der Schleimbeutel der Schulter¬
gegend vor.
Fall 2. Es bestand hier eine grosse cystische Geschwulst in der
rechten Schultergegend bei einer 44jährigen kräftigen Frau. Diese bemerkte
seit etwa einem Jahr Müdigkeit und Steifheit im rechten Schultergelenk,
erst seit einem halben Jahr beobachtete sie eine mehr und mehr wachsende
Geschwulst in der rechten Untorschultergelenksgegend. Eigentliche
Schmerzen bestanden nie, doch war die Bewegung des rechten Annes
durch das Vorhandensein der grossen Geschwulst mechanisch behindert.
Der starke kindskopfgrosse Tumor, der mit dem grössten Theil aus den
vorderen Begrenzungen der Achselhöhle hervortrat, füllte die ganze rechte
Achselhöhle und die Regio pectoralis aus. Die Haut war prall gespannt,
nur wenig verschieblich mit stark dilatirten Hautvenen. Der Tumor bietet
Pseudofluctuation; er lässt sich peripherwärts gut abgreuzen; in der
Tiefe verschwindet er, ohne dass es gelingt, irgend welchen Zusammen¬
hang mit benachbarten Theilen, vor allem Knochen oder Gelenken nach-
zuweifeen.
Die Diagnose liess auch hier die Möglichkeit eines malignen Tumors
nicht ganz ausschliessen. Dafür sprach neben dem makroskopischen Be¬
fund, dem raschen Wachsthum der Geschwulst, vor allem auch noch das
Vorhandensein eines grossen abdominalen Tumors. In der linken Regio
hypochondriaca bis zur Höhe des Nabels herabreichend fühlte man einen
beweglichen, nicht schmerzhaften, derben Tumor, über dessen Natur ich
genauere Angaben zu machen nicht im stände bin; immerhin liess das
f leichzeitige Bestehen beider Tumoren die Möglichkeit eines metastatischen
usammenhanges nicht ganz von der Hand weisen,
Bei der Erwägung, einen Schleimbeuteltumor vor sich zu haben,
kamen als Ausgangspunkt in Frage zunächst das Gelenk selbst, oder aber
die beiden in seiner Umgebung befindlichen Schleimbeutel Bursa subdel¬
toidea und Bursa subaeromialis. Nach den Versuchen Schüller’s 1 ), der
die einzelnen Schleimbeutel durch injieirte Flüssigkeit zum Vorwölben
gebracht hat, „entsteht bei Anfüllung der Bursa subdeltoidea eine gerade
vorn auf dem Tuberculum majus gelegene Anschwellung, welche die äussere
Partie des Musculus deltoideus kugelig hervorwölbt. Bei Füllung der
Bursa acromialis wird mehr die oberste Partie dicht unter dem Acromion
hervorgewölbt durch eine dicht unter dem äusseren und vorderen Ab¬
schnitt des Acromion befindliche, schräg nach dem Processus caracoideus
herüberreichende Anschwellung.“ — „Die diagnostische Unterscheidung
der Schleimbeutelanfüllung von der Anfüllung des Schultergelenkes ist
somit eine sehr einfache und die Diagnose bei den entsprechenden patho¬
logischen Anfüllungen auf den ersten Blick zu machen. Während bei der
Anfüllung des Gelenkes die Anschwellung, wenn überhaupt, nur zu beiden Seiten
des Caput huineri, unter der hinteren Ecke des Acromion und unter dem
Processus coracoideus, sowie in der Achselgrube nachzuweisen ist, nie¬
mals aber die mittlere Partie des Deltoideus über dem Tuberculum majus
emporgewölbt -wird, ist eine mehr weniger kugelige Anschwellung dieser
letzteren Gegend charakteristisch für die Füllung der Bursa subdeltoidea, —
eine ausschiessliche Emporwölbung der an den vorderen Acromialrand an-
stossenden Deltoideuspartie für die Füllung der Bursa subaeromialis.“
Nach diesen Auseinandersetzungen möchte ich unseren Fall als der
Bursa subaeromialis zugehörend ansehen.
Operation am 30. November 1892 von Dr. W. Körte. Chloroform¬
narkose. Die Operation bestand in einem grossen Hautschnitt über die
Geschwulst, etwa entlang dem Rande des Pectoralis major von der Achsel¬
höhle bis zur Brust. Nach Durchtrennung des grossen Pectoralmuskels
kommt man auf eine gut charakterisirte cystische Balggeschwulst, die sich
zwischen die Muskeln, welche die Achselhöhle begrenzen, fortsetzt, nach
abwärts zwischen die Oberarmmuskeln unter dem langen Kopf des Mus¬
culus biceps nach oben bis zum Schultergelenk, dieses ganz umgreifend,
den Raum zwischen Gelenk und Acromion ganz ausfüllend. Nach oben
geht noch ein Fortsatz bis tief hinter den Pectoralis minor herauf. Auch
in diesem Fall muss die Geschwulst aus den benachbarten Gew r eben über¬
all scharf ausgelöst werden. Die Kapsel des Schultergelenks, mit der die
Geschwulst besonders fest verwachsen ist, aber in keinerlei Zusammenhang
steht, wird hierbei etwas eröffnet. Das kleine Loch wird sofort durch
Naht geschlossen. Nach Stillung der Blutung, Austupfen der Wundhöhle
und Einstreuen von Jodoform wurden die getrennten Muskeln mit Catgut
vernäht, die Hautwunde vereinigt und ein Drainrohr in die tiefe Wund¬
höhle bis auf die Gelenkkapsel eingeführt.
Die Heilung verlief auch hier völlig normal. Patientin verliess nach
drei Wochen das Krankenhaus. Nach vier Wochen 3 ) bestand eine
glatte Narbe, nirgends eine Vorwölbung und vor allem eine völlig freie,
schmerzlose Beweglichkeit des Arms. Von einer äusseren Untersuchung
oder gar Behandlung des abdominalen Tumors will Patientin nichts wissen,
da er ihr absolut keine Beschwerde macht.
9 Schüller, Chirurg. Anatomie, Heft I, p. 92.
) Vorstellung des Kranken in der Freien chirurgischen Vereinigung
zu Berlin am 13. März 1893.
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1. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
109
Interessant ist nun vor allem noch der pathologisch - anatomi¬
sche Befund des letzten Hygroms: es zeigt sich die exstirpirte Ge¬
schwulst als eine Cyste von Zwerchsackform; aufgeschnitten ist
auffallend die verschieden dicke Wandung; dieselbe ist an einzelnen
Stellen bis zu zwei cm dick, besteht aus graurothem zottigem
(Jranulation sgewebe, so dass man makroskopisch an Sarkom oder
Tuberkulose denkt. Der Inhalt der Cyste ist eine blutige, seröse
Flüssigkeit mit zahlreichen reiskörperähnlichen Gebilden.
Mikroskopisch erweist sich die Wand als aus typischem tuber¬
kulösem Granulationsgewebe bestehend, welches an vielen Stellen
in Form typischer Tuberkel mit Riesenzellen angeordnet ist. Ver¬
käsungen fehlen. Die rundlichen Stucke aus dem Cysteninhalt er¬
scheinen mikroskopisch structurlos, zeigen nur am Rande wenig
Zellen (Leukocyten) aufgelagert. Fibrin enthalten sie nicht. Die¬
selben sind also Bildungen, welche ich als Reiskörperchen bezeichnen
darf. Tuberkelbacillen sind in den Reiskörpern nicht nachzuweisen.
Fine Impfung hat allerdings nicht stattgefunden. Kann ich diese
festen in der Hygromflüssigkeit befindlichen Körperchen also an
sich nicht als tuberkulöse Gebilde erklären, so sind sie doch jeden¬
falls Producte der mit Sicherheit als tuberkulös erkannten Hygrom-
wandung. Und so darf ich wohl diesen Fall den schon von ande¬
rer Seite, vor allem von Goldmann 1 ) gemachten Beobachtungen
anreihen, wo sich das Reiskörperchenhygrom mit Sicherheit als
eine tuberkulöse Erkrankung der Schleimbeutelwandung herausge¬
stellt hat.
Beide Fälle bieten nun sowohl ein gewisses operativ-chirurgi¬
sches, als vor allem ihres seltenen Vorkommens wegen ein dia¬
gnostisches Interesse. Beide Geschwülste waren ohne besonderen
äusseren Grund in verhältnissmässig kurzer Zeit entstanden, ohne
ausser der mit der Grösse zunehmenden Motilitätsstörung den
Kranken wesentliche Beschwerden oder gar Schmerzen zu verur¬
sachen. Beide waren aufgetreten bei im übrigen gesunden kräfti¬
gen Individuen. Den äusseren Erscheinungen nach imponirten
beide zunächst als maligne Tumoren der Bindesubstanz — Sarkome.
Erst bei der Operation stellte sich die gutartige Natur heraus.
Die Auslösung war durch derbe Verwachsung mit der Umgebung
sowie durch die Grösse der Geschwulst erschwert, gelang aber
beide male vollkommen und führte zur Heilung ohne Functions¬
störung.
Die Exstirpation derartiger Schleimbeutelgeschwülste in toto
ist jedenfalls das empfehlenswerteste Operationsverfahren. Bei
tuberkulöser Sehleimbeutelerkrankung ist dies ohne weiteres klar,
aber auch bei einfacher Hygrombildung ist, wie Fall 1 lehrt, die
lmision und Tamponade unsicher im Erfolge. Die Punction und
Jnjection reizender Flüssigkeiten (Jodtinctur und ähnliches) giebt
'ein sicheres Resultat und ist bei der immerhin möglichen, und
. m unserem Falle vorhandenen offenen Communication mit
einem grossen Gelenk nicht ohne Bedenken. Aus diesem Grunde
Y l 1 ? erheblich eingreifendere, aber mit dem heutigen aseptischen
J 1 ?™ gefahrlose Exstirpation des ganzen Sackes, auch bei be¬
trächtlicher Grösse desselben, vorzuziehen.
u ®, Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem ver-
Arhfff ^® rrn Ur. W. Körte, für die Anregung zu dieser
lirhef n Unterstützung bei derselben meinen verbind¬
lichsten Dank auszusprechen.
VI. Feuilleton.
Atixtliche Bemerkungen über eine Beise um die Erde.
Von Prof. J. Hirschberg in Berlin.
4. Ueber den Star-Stich der Inder.
und eiLn^i 11 ^ er Stadt Jaipur zwei volle Nachmittage frei
•der in ^ ue f lei1 Wagen zur Verfügung hatte, so beschloss ich
WSmiiwi , n eu iheimißchen Staate Indiens, den ich besuchte,
leicht his an/ 1 ^^dischen Heilkunde nachzugehen, die viel-
Cult,r^;,,r Sere s ^°h gerettet: für den Liebhaber der
anziehend e Aufgabe.
sich entwirf? D in d . er brahmanisehen Zeit selbstständig
nöthii; fQ r ,i.-"rw 116 ??. w * 8se Kenntniss der Zergliederung war
(otW . ' J Pf er - Die Heilkunde wurde als eine Upa-Veda
arung) bezeichnet und unter dem Namen
rung vom Leben) den Göttern zugeschrieben,
ie m H«r s°"°iritsprachlehre von Pänini
eine alte Pflege der Heil¬
loder
Ayi
Ble JVTanthpitar.«^, ?-«vuy U moi u iUgOBÜUUOUOl
(350 v Chr aE ? en ’ ** le m der Sanskritsprachlehre von Pänir
^enschaft j J 0r , 0mmen > zeu ^ en für J TT -
*) Gold
:heiden ^^urg), Ueber das reiskörperchenhaltige Hygron
1 ac Böthlink, viel später nach W
ober.
Rehen Quellen der indischen Heilkunde, die unter dem Namen des
Susruta und Ckaraka überlieferten Schriften, gehören den
späteren Zeiten der Sütra oder Ueberlieferungen an. Wann sie
in der jetzigen Form niedergeschrieben worden, ist noch nicht er¬
mittelt.
Ein gewaltiger Streit unter den Gelehrten ist entbrannt ob
die indische Heilkunde selbständig oder von den Griechen’ be¬
einflusst sei. Wie bei den Forschern über Alt-Aegypten, so giebt
es bei den über Alt-Indien zwei Parteien: die einen erheben die
Kenntnisse ihrer Schützlinge bis in den Himmel, die anderen wollen
kein gutes Haar an ihnen lassen. Aber die indischen Schriften
der Heilkunde, ungleich denen über Sternkunde, erwähneu niemals
die Yavana oder Griechen, enthalten auch keinen Kunstausdruck,
der auf fremden Ursprung hinweist. Noch wichtiger scheint mir’,
dass die Inder einzelne Operationen kannten und übten, die den
Griechen stets unbekannt geblieben, ja die wir Europäer erst im
Anfang dieses Jahrhunderts staunend von jenen gelernt haben.
Ist auch ihre Krankheitslehro ganz verworren, ihre Kenntniss
vom Bau und der Verrichtung des menschlichen Körpers voll¬
kommen ungenügend, ihre Heilkunde mit Bezauberungen und
frommen Gesängen verbrämt; -so sind doch ihre allgemeinen Regeln
staunenswerth und auch heute noch nachahmungswürdig. Der
Arzt soll seine Kranken wie seine Kinder betrachten und behandeln.
Das vorzüglichste aller Werkzeuge ist die Hand. Nur die Ver¬
einigung der Heilkunde und der Wundarzneikunst bildet den voll¬
kommenen Arzt; ein Arzt, dem die Kenntniss eines dieser Zw T eigo
abgeht, gleicht einem Vogel mit einem Flügel.
Die Blüthezeit der indischen Heilkunde scheint übrigens mit
der des Buddhismus (250 v. Chi’, bis 750 n. Chr.) zusammenzufallen.
Oeffentliehe Krankenhäuser für Menschen und, was für die Ent¬
wickelung der Heilkunde gewiss recht wichtig war, auch für Thiere
bestanden in jeder grossen Stadt. König Asoka, der Constantin
der Buddha-Lehre, der seine 14 Befehle durch ganz Hindostan
zwischen Peschawar und Orissa auf Felsen und Säulen eingraben
liess, gebot in dem zweiten: Regelmässige ärztliche Hülfe für
Menschen wie für Thiere ist zu beschaffen, die Landstrassen sind
mit Brunnen und Baumpflanzungen zu versehen.
Die Erfahrungen der Jahrhunderte wurden aufgespeichert und
bilden den Grundstock für die erwähnten Schriften.
Als der heutige Hinduismus entstand (750—1000 n. Chr.) und
die Kasten sich fester ausbildeten, gaben die Brahmanen die Aus¬
übung der Heilkunde auf. Die Mohammedaner traten an ihre Stelle;
arabische Uebersetzungen der indischen Heilschriften waren schon
unter den Kalifen von Bagdad (750—960 n. Chr.) angefertigt
worden, der Name Charaka kommt oft vor im Avicenna und
Rhazes. Persische Auszüge und Uebersetzungen sind vorhanden
und mit den indischen Urschriften verglichen worden.
In der Mitte unseres Jahrhunderts haben die Engländer
Schulen der Heilkunde in Indien errichtet. Die in Caleutta und
Bombay haben englische Vortragssprache und Lehrer. Die letzteren
sind gewöhnlich Militärärzte, die eine lange Praxis in Indien geübt,
aber darum doch noch nicht immer Lehrbegabung und theoretische
Kenntnisse besitzen. Das konnte ich gelegentlich wohl bemerken.
Ausserdem giebt es noch einige Schulen der Heilkunde mit
einheimischer Vortragssprache, z. B. in Lahore und Agra. Im
Jahre 1891 waren unter den Studenten der Heilkunde in Indien
1677 Hindu, 336 Mohammedaner, 538 eingeborene Christen, Parsi,
Eurasier, Europäer. Mein Gewährsmann für diese Zahlen (Hunter)
erwähnt nicht die weiblichen Studenten, doch habe ich solche in
Caleutta gesehen; sie sind für die Behandlung von Frauen und
Kindern in Indien recht brauchbar. 228 Schriften zur Heilkunde
sind 1890 in einheimischen Sprachen Indien’s veröffentlicht worden.
Von allen Leistungen der indischen Wundarzneikunst erregten
natürlicher Weise zwei hauptsächlich meine Wissbegier, die Nasen -
bildung und der Star-Stich.
Wenn auch das Abschneiden der Nase heutzutage nicht mehr,
wie früher, als gesetzliche Strafe in Indien vorkommt; so ist
es doch noch Sitte in den einheimischen Staaten, dass der belei¬
digte Gatte die Ehebrecherin zu Boden drückt und so verstümmelt.
Aber nirgends, auch hier in Jaipur nicht, vermochte ich einhei¬
mische, ungelehrte Handwerker, welche die Nasenneubildung aus¬
üben, aufzufinden oder von ihnen etwas zu erfahren; die Nasen¬
bildung wird ausgeführt in Indien, aber nicht mehr, wie es am
Ende des vorigen Jahrhunderts englische Aerzte als Augenzeugen
gesehen, von Mitgliedern der Ziegeist reicher-Kaste, sondern
von Schülern der englischen Universitäten und Krankenhäuser.
Eines aber wollen die abfällig Urtheilenden unserer Sanskrit-
Gelehrten beachten: die Nasenbildung und die ganze plastische
Wundarzneikunst in Europa hat doch erst ihren Aufschwung ge¬
nommen, als jene Kunststückchen der indischen Handwerker bei
uns bekannt geworden waren.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
110
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Der Star-Stich war den alten Griechen während ihrer
Bliithezeit gänzlich unbekannt; weder in den Hippokratischen
Schriften noch bei Aristoteles und Plato findet sich eine Spur davon.
Gelsu*s (zur Zeit Nero’s) hat nach griechischen Quellen die erste
Beschreibung geliefert; Galen (im 2. Jahrhundert n. Chr.) erwähnt,
dass es zu seiner Zeit in den Weltstädten Alexandria und Rom
Fachärzte für den Star-Stich gab; Paulus von Aegina (im 7.
Jahrhundert n. dir.) hat in seiner Wundarzneikunst eine muster¬
gültige Schilderung des Star-Stichs und der Vor- und Nachbe¬
handlung, nach den verloren gegangenen Schriften des grossen
Galen uns überliefert. Die Araber des Mittelalters beschreiben
sowohl die griechische Methode des Star-Stichs, mit einer einge¬
stochenen spitzigen Nadel die Linse niederzudrücken, als auch eine
zweite etwas abweichende, erst mit einem Messerchen einen klei¬
nen Schnitt durch die harte Haut dos Auges bis in’s Innere an-
zulegen und darauf mit einer stumpfen Nadel den Star nach unten
zu verschieben. . TT
Von den Arabern haben die Europäer im Mittelalter ihre Heil¬
kunde erlernt, etwa seit dem Jahre 1000 n. Chr ; und vier bis
fünf Jahrhunderte später, nach dem Wiedererwachen der Wissen¬
schaften, auch Zutritt zu den griechischen Quellen gewonnen; end¬
lich in der Neuzeit ihro selbständige Forschung begonnen. Erst
seit zwei Jahrhunderten ist in Europa die Star-Operation durch
wissenschaftliche Wundärzte den umherwandernden, rohen Star-
Stechern entwunden worden.
Erst in unserem Jahrhundert hat man bemerkt, dass das
zweite Verfahren der Araber in Susruta’s Werk beschrieben ist.
Europäische Aerzt.e haben diesen indischen Star-Stich von Empirikern
in Indien ausführen sehen, auch in Westasien bis nach Stambul,
einzelne wandernde Star-Stecher sind sogar aus Asien nach Europa
gekommen, nach Russland, nach England; im vorigen Jahre, grade
als ich in Indien weilte, ist ein schlimmer Geselle der Art, Gholam
Kader aus Singapur, in Berlin gewesen, hat aber, nachdem er ver¬
schiedene Augen zerstört oder geschädigt, unsere Hauptstadt wie¬
der verlassen müssen. 1 )
Die so bedeutungsvolle Frage der Geschichte, welchem Volke
(oder gar welchem Manne) die Erfindung des Star-Stichs zuzuschrei¬
ben sei, scheint mir zur Zeit völlig unlösbar.
Die Griechen dürften es nicht gewesen sein, da sie vor der
Zeit ihres Verfalls und der genaueren Bekanntschaft mit den so¬
genannten Barbaren in Afrika und Asien gar nichts davon wuss¬
ten. Den Aegyptern es zuzuschreiben ist leicht, aber unwissen¬
schaftlich, da wir gar keine Belege dafür besitzen. Den Indern
das zweite Verfahren zuzusprechen ist thunlieh, da es ihnen offen¬
bar angehört; das erste kann als eine Vereinfachung aus dem zweiten
hervorgegangen sein.
Von wissenschaftlich gebildeten Wundärzten Europa’s wurde
beim Greisen-Star der Star-Stich (ungefähr nach dem griechischen
Verfahren) bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts regelmässig,
seitdem seltener geübt und um die Mitte unseres Jahrhunderts
gänzlich aufgegeben zu Gunsten des Star-Schnitts.
Die harte Linse der Greise, wenn sie in die Tiefe versenkt
ward, löst sich nicht auf und kann eine dauernde Quelle der Ge¬
fahren bilden, so dass die ursprüglichen Verluste des Star-Stichs
(15 Procent) bei längerer Beobachtung bis auf 50 Procent ansteigen.
Dagegen ist der Star-Schnitt durch Verbesserung der Wundbe¬
handlung sehr sicher geworden, so dass man nur in wenigen (1—2)
Procenten Verlust erlebt und bleibenden Erfolg in den geheilten
Fällen.
Sowie ich in Calcutta an’s Land stieg, hörte ich von den
englischen Aerzten, was ich schon vorher gelesen, 2 ) dass die un¬
wissenden und unsauberen einheimischen Quacksalber durch ihren
Star-Stich die Augen zerstören, und dauernde Erfolge überaus selten
seien. Aber, obwohl doch nur diejenigen von den so Operirten
das englische Krankenhaus aufsuchen, welche mit den Erfolgen
ihrer Star-Stecher unzufrieden sind, konnte ich so erhebliche Miss¬
erfolge nicht zu Gesicht bekommen. Bei einer 50jährigen Frau,
die vor Jahren mittels Star-Stichs operirt worden, fand ich gute
Sehkraft auf beiden Augen, obwohl die niedergedrückten Stare
nicht aufgelöst, sondern mit dem Augenspiegel noch zu sehen
waren. Bei einem alten Mann war allerdings der niedergedrückte
Star wieder aufgestiegen und sogar vor die Pupille gefallen.
In dem Mayo-Krankenhaus zu Jaipur, das 150 Betten enthält
*) Ich habe zwei von ihm operirte Fälle nachträglich gesehen. Es
ist erstaunlich, wie in Berlin erwachsene Menschen einem hergelaufenen,
geldgierigen Hinterindier sich anvertrauen konnten, während ihnen zahl¬
reiche gelehrte, geübte Wundärzte unentgeltlich zur Verfügung stehen.
,J ) Diseases of the Eye by Macnamara, Surgeon to Calcutta Hospital.
London 1868, p. 479. The native Huck eems and Kobrages always
operate for the eure of cataract (by depression) and hardly a week passes
that I do not soe several of their patients suffering from either inflam-
mation of the chorold or from retinochoroiditis.
und unter einem britischen Arzt (Dr. Hendley) steht, traf ich
den einheimischen, in der Medicinschule zu Lahore gebildeten
Hilfsarzt, der viel Selbstbewusstsein zur Schau trug; aber von den
im Krankenhaus befindlichen Staren, die er nach europäischer Art
durch Schnitt ausgezogen, war nur einer mittelmässig gelungen,
vier wenig genügend, einer vereitert. Er behauptete, dass die
Natives“ (ein Wort, das in seinem Mund recht sonderbar klang),
nur ein Procent Erfolg hätten.
Als ich nun eine halbe Stunde später durch das Gewühl der
Hauptstrasse von Jaipur fuhr, sah ich hinter einander drei Menschen
mit den bekannten dicken Starbrillen. Eiligst rief ich sie an
meinen Wagen und begann sie zu befragen, mit Hülfe meines
Führers, dessen Dummheit und mangelhafte Kenntniss des
Englischen mir freilich recht grosse Schwierigkeiten bereiteten.
Sie waren zwischen 50—60 Jahre alt. Der eine war vor
16 Jahren nach zweijähriger Blindheit von einem Empiriker in
Lucknow vom Star befreit worden. (Wasser nannten sie es, wie
die Araber im Mittelalter und nach ihnen die Salemitaner.) Beide
Augen sahen gut und sahen vorzüglich aus. Der zweite war auf
einem Auge vor mehreren Jahren operirt worden, das eine Auge
sah gut, das andere war noch starblind. Der dritte war auf dem
linken Auge von einem einheimischen Pfuscher operirt worden,
mit vorzüglichem Erfolg; auf dem rechten durch Schnitt im
englischen Krankenhaus, mit mittelnuissigem Erfolg.
Meine Unterredung hatte einen gewaltigen Volksauflauf ver¬
anlasst. Die Strasse war fast gesperrt. Ein Mann trat heran,
zeigte mir den Star auf seinem rechten Auge und fragte, was er
thun solle. Ich erwiderte, er müsse nach dem englischen Kranken¬
haus gehen. Was die Leute bei diesem Rath dachten, weiss ich
nicht; doch konnte ich keinen andern geben.
Meine Neugierde war auf das höchste gespannt, ich wollte
einen der geschickten Pfuscher kennen lernen. Sowie ich am
nächsten Tage von Amber zurückgekehrt war, machte ich mich an
das Suchen, aber vergeblich fuhr ich mit dem dummen Führer, der
meine Absicht nicht begreifen konnte, durch die Strassen. Endlich
kam ich auf den Gedanken, zu dem ersten Barbier des Ortes zu
fahren. Ich fand zunächst dessen woldbeleibten, ältlichen Vater
vor dem Laden vollkommen nackt und fröhlich in der Sonne liegen,
schüttelte ihm die Hand und machte dem Sohn durch Gebärden
klar, was ich wünschte, und erhielt dann endlich auch die Woh¬
nungsangabe eines Star-Stechers. In einer Nebenstrasse fand ich
den kleinen Laden und einen hochgewachsenen, ziemlich gut ge¬
kleideten, klug aussehenden Mann von kaum 30 Jahren. Aber
seine Instrumente zeigte er mir nicht, mit dem Bemerken, dass er
sie zerbrochen und diese Praxis aufgegeben habe; wohl aber wies
er mir ein Buch über Augenkrankheiten: „Diseases of the Eye by
Hilson, translated into Urdu. Agra 1884.“
In der That ist auf Andrängen des britischen Arztes den ein¬
heimischen, ungeprüften Star-Stechern das Handwerk verboten
worden, bei 2000 Rupien Geldstrafe.
Zuerst hatte der Künstler mich für einen Späher gehalten, all¬
mählich verlor er sein Misstrauen und erklärte, er würde mir
Nachmittags 40 Star-Operirte zeigen. Hier offenbarte sich aber die
morgenländische Unzuverlässigkeit. Einer war da, ein Fünfzig¬
jähriger, auf beiden Augen vor neun Jahren von jenem operirt —
mit gutem Erfolge.
Vergeblich fuhr ich nach dem Gefängniss des Maharadscha,
an dem ein einheimischer Arzt wirkt; ich konnte weiter nichts er¬
fahren. (Dagegen sah ich dort, dass die im Krankenhause des
Gefängnisses befindlichen Kranken von ihren Ketten nicht be¬
freit sind! Die Briten sollten hier Wandel schaffen.) Ich spähte
in alle Läden hinein, sah auch eine Sechzigjährige, die vom Pfuscher
gut operirt war. Ich prüfte alle blinden Bettler auf der Strasse,
nachdem ich sie durch doppeltes Almosen willfährig gemacht; bei
keinem konnte ich Schrumpfung des Auges durch Star-Stich ent¬
decken. . .
Somit besteht die seltsame Thatsaehe zu Recht, dass einige
Pfuscher trotz Unwissenheit und Unsauberkeit in vielen Fällen
brauchbare Erfolge erzielen.
Das Geheimniss liegt zum Theil darin, dass unter der
glühenden Sonne in Indien der Alter-Star zwanzig Jahre früher
reift, als bei uns. In Indien ist das mittlere Alter der Operation
40 Jahre, bei mir 62 Jahre. Die Gefahr der Niederdrückung ist
im mittleren Alter geringer, als im höheren.
Obwohl für uns gar nicht daran zu denken ist, gegen Greisen-
Star den Stich statt des Schnittes wieder einzuführen, gebietet
doch die Gerechtigkeit, anzuerkennen, dass in Indien seit Jäh 1 "
hunderten, vielleicht seit Jahrtausenden, Unzählige dem Star-Sticn
der Handwerker ihre Sehkraft verdankt haben. Das blosse Verbot
ist eine halbe Maassregel; man muss besseres an die Stelle setzen.
wirklich geübte Wundärzte sind auch für die Millionen der ärmeren
Einheimischen zu beschaffen, sowohl in den britischen Besitzungen
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1. Febru ai^
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
111
Ostindiens , als auch in den Schutzstaaten. Ich will noch er¬
wähnen. dass auf Ceylon der englische Wundarzt eines öffentlic hen
Krankenhauses die Starblinden nicht operiren konnte, da ihm die
Regierung: für diesen Zweck weder Instrumente noch Arzneien zu
liefern gewillt war. _
VH Referate und Kritiken.
Lombroso und Ferrero, La donna delinquente, la prostituta
e la donna normale. Turin, Roux, 1893.
Das normale Weib. Bei den niederen Thieren übertrifft
das Weibchen das Männchen durch Volumen und complicirten Bau
der Organe: je höher man aber in der Thierreihe aufsteigt, desto
mehr nähert sich das Männchen dem Weibchen, bis es bei den
Säugethieren der Repräsentant der Species wird. Ziehen wir eine
Parallele zwischen Mann und Weib, so ergiebt sieh, dass das Weib
dem Manne an Kraft, Körperlünge, Körpergewicht Hämoglobin¬
gehalt, Zahl und specifisehem Gewichte der Blutkörperchen, Volumen
und Gewicht von Schädel, Gehirn und übrigen Eingeweiden, und
Zahl der Degenerationszeichen nachsteht. Beim Weibe wird Links¬
händigkeit häufiger, Haarabfall seltener als beim Manne angetroffen.
Im Gegensätze zu der allgemein verbreiteten Ansicht zeichnet sich
das Weib vor dem Manne durch einen geringeren Grad von
Schmerzempfindung aus. Bei den Thieren und wilden Völkern ist
das Weib grausamer und rachedürstiger als der Mann, eine Er¬
scheinung, die w ahrscheinlich dadurch bedingt wird, dass das Weib
das schwächere Wesen und die Grausamkeit ihre einzige Waffe
ist. Mit den Segnungen der Civilisation wurde das Weib pietät¬
voller. — Hinsichtlich der Liebe gilt der Ausspruch Tennyson’s,
dass die männliche Liebe in derselben Beziehung zur weiblichen
steht, wie die Sonnenwärme zur Mondwärme. Die Frauenliebe ist
nach Lombroso eine der Mutterliebe untergeordnete Function, und
die Anhänglichkeit, welche das Weib für don Mann empfindet, ist
nicht ein Product des sexuellen Triebes, sondern durch Anpassung
erworbenes Unterwürfigkeitsgefühl. — Der Sinn für die Moral steht
beim Weibe ungefähr auf derselben Stufe wie beim Kinde. Denn
bekanntlich ist das Weib recht oft lügnerisch, eitel, neidisch und
empfindet selten aufrichtige Freundschaft. Hinsichtlich des geistigen
Leistungsvermögens weicht das Weib vom Manne darin ab, dass
es weniger schöpferisch und originell ist und dass bei ihr das
Reden das Schreiben tiberwiegt.
leibliche Verbrecherwelt. Im allgemeinen begeht das
»eib weniger Verbrechen als der Mann. Dem Verbrechen beim
Manne entspricht zum Theil die Prostitution beim Weibe. Die
Prostitution war in den Anfangsstadien des Lebens aller Völker
so verbreitet, dass es naheliegt, anzunehmen, das Schamgefühl sei
erst ein spätes Ergebniss der Evolution. In der ersten Periode
verfügte der Mann über das Weib nach Gutdünken und lieh es
zum geschlechtlichen Missbrauche allen Tribusmitgliedern, in der
zweiten Periode wurde dieses Recht der sogenannten „prima nox“
uur dem Tribushaupte zuerkannt, in der dritten Periode wurde die
rostitution als ein Verbrechen betrachtet und nur in den niedersten
olksschichten geübt (Hetären in Griechenland, Tänzerinnen und
1 aQ porinneii in Japan und Indien).
, £ at Mogische Anatomie und Anthropometrie der Verbrecherin
li l Q S , t !. tuil ? €I1 - Verbreeheriimen und Prostituirte zeigen männ-
( ien c chädelindex und oft makroskopische Gehimläsionen: erstere
X1 ^ e Papacität- der Augenhöhle, letztere minimale Sohädel-
^pocitat und maximalen bizygomatischen Durchmesser. Dagegen
er en die Schädelanomalieen seltener bei weiblichen als männlichen
!^ u £ nt ? n an &etroffen. Zahlreiche Messungen ergaben, dass bei
Kfim reCÜer - ln u en un( * P rost iteirten die Körperlänge kleiner, das
Canlt e ß r ^ sse U die Hand länger, die Wade entwickelter,
Die vpr- .r U 5 ger ’ ^ a ) vl * ies seltener, Haare und Iris dunkler sind,
als v n ® n Körperanomalieen sind häufiger bei Prostituirten
m j s . . erbre cherinnen: unter letzteren sind es vorwiegend Gift-
zeiehen 'behaftet^ ^ ö ^ erinnen ’ we ^ c ^ 10 am ehesten mit Degenerations-
lm timen Abschnitte
' ! ' r Vtrbrecherim
werden die Biologie und Psychologie
iüch aus i 7i‘‘ inen P ros tituirten erörtert. Dieselben zeichnen
k'erimrpp/r FC 1 Torze *% e menstruelle und sexuelle Entwickelung,
liehe Klpia rucht ' )arkp lL Langlebigkeit, männliche Stimme, männ-
Anoni a i; 00 , Un f u !^ ! Tlann li ( '‘he Schriftzüge, Abstumpfung der Sinne,
htfrtenhoK Gesichtsfeldes, Abnahme der Reflexe. Bei Prosti-
^xualemn« a , man häufig Tribadismus als Ausdruck conträrer
zeitige ndun 8 und nicht so sehr intensive als vielmehr Vor¬
zeit uben^ Ue - 6 Erregbarkeit. — Dio angeborene Verbrecherin
heit MikL- S*? 11 Erotismus, Mangel an Muttergefühl, Verwegen-
Rachedur /r „ P ’ ^ e .^ lln L r für Körperübuugen, Hang zur Lüge,
<1U gjp ip ' laus amkeit, Intelligenz, lauter Charaktereigenschaften,
Die ™|^?T • Ch ° n Verbrocher nähern.
r h rp iHiritsverbrecherinnen lassen sich in zwei Kategorieen
unterbringen; die eine umfasst Individuen, welche eher der ge¬
borenen Verbrecherin als dem normalen Weibe gleichen, wie bei¬
spielsweise wer Blutdelicte verübt; zur anderen gehören Weiber,
die vielleicht normal wären, wenn nicht die äusseren ungünstigen
Lebensbedingungen sie zum Verbrechen getrieben hätten, wie etwa
die Noth zum Diebstahl. Auffallend erscheint Lombroso’s Be¬
hauptung, dass Frauen Delicto viel häufiger mit Praemeditation be¬
gehen als Männer.
Dass nicht Geilheit, sondern moralisches Irresein das ver¬
anlassende Moment der Prostitution ist, beweist die anatomisch
und psychologisch erwiesene Identität der Verbrecherin und ge¬
borenen Prostituirten mit den moralisch Irrsinnigen. Grausamkeit,
frühzeitiger Hang zum Bösen, Müssiggang und Abusus spiritus,
Indifferenz für don üblen Ruf sind allen drei Mensehenarten ge¬
meinsame Charaktere. Demnach stellt das Verbrechen die männ¬
liche, die Prostitution die weibliche Form der Criminalität vor.
Der Grund, weshalb die Prostituirte nicht so oft Verbrechen be¬
geht, liegt in der Leichtigkeit des Erwerbes des nothwondigon
Lebensunterhaltes.
Schliesslich entwerfen die Autoren ein psychologisches und
anthropologisches Bild derGelegenheitsprostituirten,welche psychisch
abnormer sind als dio Gelogenbeitsverbrecherinnon.
Irrsinn ist im allgemeinen bei weiblichen Delinquenten seltener
als bei männlichen. Irrsinnige Verbrechern»neu zeigen gerade eine
Einbusse der specifischen weiblichen Charaktere, zu welchen das
bescheidene und enthaltsame Wesen und die Apathie zu rechnen sind.
Die psychische und motorische Epilepsie ist viel seltener bei
weiblichen, als bei männlichen Verbrechern. Auch der Historismus
wird bei Verbrecherinnon seltener beobachtet, und die psychologische
Untersuchung zeigt, dass die hysterische Verbrecherin vollkommen
analog ist den geborenen Verbrechern, einen höheren Grad von
Lüge, Volubilität und conträrer Sexualempfindung ausgenommen.
Das Buch ist eine verdienstvolle Fortsetzung der rühraliclist
bekannten Abhandlung Lombroso’s „Der Verbrecher“. 1 ) G.
G. Lewin, Tafel der Anatomie der Haut. Berlin, Karger.
Ref. Joseph (Berlin).
Der nach einer grossen Reihe eigener mikroskopischer Präparate
Lewin’s angefertigte schematische Durchschnitt durch die mensch¬
liche Haut zeigt, eine 450fache Vcrgrösserung der Originale und
ist in 17farbigem Drucke hergestellt. Die Tafel nimmt eine Fläche
von 0,95:1,45 Meter ein.
Dieses Kunstwerk ersten Ranges gestattet mit einem Blick
eine Uebersicht über die verwickelten anatomischen Verhältnisse
der Haut. Doch ist ein Nacbtlioil hierbei vermieden, wie er sonst
grossen Uebersichtsbildern eigen ist, wo über dem allgemeinen die
einzelnen Verhältnisse vernachlässigt sind. Auf der Lewi irischen
Tafel ist im Gegentheil auch die Detaillmarboitung bis in (las
Kleinste ausgeführt. Der Beschauer erhält hier nicht, nur einen
Eindruck von den verschiedenen Nervenendigungen der Haut,
sondern lernt auch ihre feineren histologischen Details erkennen.
Die Schweiss- und Talgdrüsen, sowie die einzelnen Zelllagen des
Epithels sind bis in ihre feinsten mikroskopischen Einzelheiten
ausgeführt,. Wer genau diese Tafel durchstudirt, wird es erst zu
schätzen wissen, wie viel enorme Arbeit und Ausdauer zur Aus¬
führung dieser grossen, mit bewunderungswürdiger Feinheit im
einzelnen ausgeführten Zeichnung gehört. Die Haut ist, gerade aus
so vielen Bestandtheilen zusammengesetzt, dass es immer schwer
wird, dem Studirenden eine schnelle Uebersicht, in einem noch so
gut gelungenen mikroskopischen Bilde zu gehen. Dadurch dass
man in seiner Sammlung viele solcher mikroskopischer Präparate
hat, welche im einzelnen dem Beschauer die liothwendigen I cin-
heiten klar machen, geht aber wieder die UebersiehMichkeit über
das Ganze verloren.
Hier hat gerade Lewin mit einem glücklichem Griffe das
Richtige getroffen, indem er in einem schematischen Durchschnitte
beides vereinigt. Besonders praktisch ist die genaue Bezeichnung,
welche eine schnelle Orientirung erlaubt. Ausserordentlich bequem
ist die Art, wie dre pathologischen Befunde bei einzelnen Haut¬
krankheiten als Ergänzung dieser Tafel be.igefiigt werden können.
Hoffentlich wird der Verfasser bemüht sein, in immer weiterem
Ausbau gerade dieses letzteren Punktes die Tafel zu vervoll¬
kommnen lind sie auf diese Weise nicht nur zu einem Atlas doi
normalen, sondern auch der pathologischen Anatomie der Haut
auszugestalten. . . , ,, , .
Aus diesen Gründen hat sieh diese Tafel, wie ich aus Erfahrung
bedingten
■lio-
») Wir können dem Buche Lombroso’s nur einen sehr
Werth beimossen und halten insbesondere den biologischen und p.^c io-
loeischen Theil seiner Ausführungen durch das von ihm hcigchnumc
Material nicht für ausreichend begründet. rebrigens hegt eine trel ^
deutsche Uebersetzung von H. Kurella vor (Das Weih als \ erb»eclu m
und Prostituirte, Hamburg, 1894). A. E.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSC HRIFT.
No. 5
112
kennen gelernt habe, schon in Cursen ausgezeichnet '^'ährt unfi
wird sich bei weiterer Verbreiterung gewiss noch viele Freunde
erwerben. Dann wird sie sich nicht nur für den Spemhste ,
sondern für den Kliniker überhaupt und für den praktischen Aizt
als werthvoll erweisen. _.
M. Kaposi, Pathologie und Therapie der Hauttoanhfceiten.
Vierte Auflage. Wien, Urban & Schwarzenberg, 1893. Kei.
J °Es P istüberflüssig, diesem allseitig anerkannten classischen
Werke noch ein Wort der Empfehlung mitzugeben. Dass es in der
ganzen Welt begeisterte Freunde gefunden hat, ist weht zu vie
gesagt. Wir fügen dieser Auflage nur noch hinzu, dass Kaposi
fn gewohnter Meisterschaft sein Werk durch Berücksichtigung der
neuesten Errungenschaften der Litteratur nach jeder Richtung^ver¬
vollständigt hat. Mit besonderer Freude wird man es allseitig be
grüssen, dass Kaposi gewissen, durch die Zeitstromung an die
Oberfläche getragenen Anschauungen, deren Gehaltlosigkeit ei
früher nur angedeutet hatte, dieses mal mit der kritischen Sond
der Thatsachen etwas näher tritt.
A. Levertiii, G. Zanders’ Medico-meohanische Gymnastik. Ihre
Methode, Bedeutung und Anwendung, nebst Auszügen au ®
{ einschlägigen Litteratur. Stockholm, Norstedt & Söhne, 1WW.
Ref. S. G. . . .
Wer Orientirung auf dem Gebiete der medico-mechamschen
Gymnastik sucht, wie sie durch Zanders als eine anerkannt er-
spriessliche physikalische Heilmethode eingeführt ist, fin det diese in
demWerkchen von Levertin in ganz ausgezeichneter Weise. Die
sämmtlichen Apparate und Manipulationen sind in schönen Ab¬
bildungen wiedergegeben. DasWerkchen ist sehr empfehlenswert!!.
H. Paschkis, Kosmetik für Aerzte. Zweite vermehrte Auflage.
276 Seiten. Wien, Alfred Holder, 1893. Ref. F.
Der Arzt thut Unrecht daran, die Verschönerungslehre zu ver¬
nachlässigen , denn durch die sachgemässe Behandlung’ derselben
erweist er sich nicht nur den von kleinen Sehönlieitsmängeln ge¬
quälten Patienten gefällig, sondern er kann diese dadurch auch vor
Schaden bewahren. Diese schlichte, vom Verfasser selbst formu-
lirte Wahrheit gewährleistet im Verein mit der Stellung desselben,
dass dem Leser Wissenswertes geboten wird. Die Wiener Schule
dominirt. Behandelt werden Haut, Haar, Nägel und Mund.
VIII. Journalrevue.
Chirurgie.
Claus, Ein Fall von Doppelschrägbruch am unteren
Humerusende mit Zerreissung des Nervus radialis. Cen¬
tralblatt f. Chir. 1893, No. 39.
Ein 10jähriger Knabe wies, nachdem drei Wochen lang ein
Gypsverband an dem gebrochenen Oberarm gelegen hatte, fol¬
gende Symptome an der Hand auf: schlaffe Beugestellung, actives
Strecken und Abduciren unmöglich, Finger sind gebeugt, und
Streckung der Endphalangen ist nur bei geschickter Streckung des
ersten Gliedes ausführbar, auch der Daumen kann nicht gestreckt
und abducirt werden, Sensibilität normal. Bewegungen im Ell¬
bogengelenk vollkommen frei. Es musste demnach der N. radialis
gelähmt sein. Operation: Längsschnitt am vorderen Rande des Supi¬
nator longus. Es zeigte sich, dass der Nerv nahe der Stelle, wo er
sich um den Humerus herumschlägt-, quer durchtrennt war, und-
zwar höchst wahrscheinlich durch die scharfe Knochenkante des
oberen Fragments. Wenn schon diese Trennung des Nervus
radialis bei einem Oberamibruch an dem unteren Ende als eine
grosse Seltenheit, vielleicht sogar in der Litteratur noch nicht
beschrieben erscheint, so bietet der Fall noch ein weiteres Interesse
durch die Form des Bruches. Denn gewöhnlich verlaufen die
supracondylären Brüche mit schräger Bruchlinie von oben aussen
nach unten innen, hier aber handelt es sich zugleich um eine Ab¬
spaltung des unteren Knochenabschnittes vom obem in der Frontal-
ebefte des Knochenschaftes, d. h. gewissermaassen um eine Längs¬
spaltung. S e n g e r (Crefeld).
Geburtshülfe und Gynäkologie.
A. Köttnitz, Ueber Beckenendlagen. Volkmann’s
Sammlung klin. Vortr. N. F. No. 88.
Der erste Tlieil dieses klinischen Vortrages bringt einen kleinen
Beitrag zur Frequenz und Aet-iologie der Beckenendlagen. Ver¬
fasser entnimmt sein Material dem Tagebuch einer Hebamme in Zeitz,
die unter 3410 Geburten 74 Beckenendlagen (ca. 2°/o) beobachtet
hat. Verfasser spricht die Hypothese aus, dass individuelle Bean¬
lagung und vor allem hereditäre Einflüsse bei der Entstehung von
Beckenendlagen zur Geltung kommen. Der zweite Theil behandelt
die Beckenendlagen in ihrer Beziehung zum Caput
obetipum. Auf Grund einer aueftthrlichen Wiedergabe der ein¬
schlägigen Litteratur wird hervorgehoben, dass die Schiefhalsfrage,
so weit sie die muskuläre, sogenannte angeborene Form betrifft,
noch ihrer endgültigen Lösung harre. Verfasser bekennt sich zu
denjenigen Autoren, welche neben einer angeborenen, d. h. intrauterin
erworbenen Form eine traumatische, während und infolge des Ge¬
burtsactes entstandene anerkennen. Erstere kommt gleich nach
der Geburt, letztere erst nach einigen Wochen zum Ausdruck.
Bekanntlich stehen sich hier zwei entgegengesetzte Auffassungen
gegenüber. Während Stromeyer den angeborenen Schiefhais
darauf zurückführte, das der Musculus sterno-cleido-mastoideus bei
der Geburt eingerissen sei und sich an der Rissstelle durch narbige
Schrumpfung verkürzt habe, sieht Petersen m dem Schiefhals
den Ausdruck einer intrauterinen Verkürzung durch temporäre
Annäherung der Ansatzpunkte des Muskels. Petersen hält den
Schiefhals stets für angeboren und bringt ihn mit vorübergehenden
amniotischen Verwachsungen in Zusammenhang. Dem gegenüber
betont Verfasser mit Recht, dass Caput obstipum zweifelsohne
infolge von Muskelläsionen inter partum entstehen kann, dass auch
bei spontanen Steissgeburten Verletzungen und Haematome des
Musculus sterno-cleido-mastoideus Vorkommen können, die schliess¬
lich zur Verkürzung des Muskels führen. Er weist auf die bekannte
Thatsache hin, wonach gerade nach Steissgeburten das Caput
obstipum öfters beobachtet wird, als nach Schädelgeburten. Dass
es ausserdem eine intrauterin erworbene Form giebt dafür
spricht der Umstand, dass Schiefhals hier und da mit bchädel-
asymmetrie vergesellschaftet gefunden wird. G o tts ch alk (Berlin).
Psychiatrie und Neurologie.
E Remak, Ueber die antiparalytische Wirkung der
Elektrotherapie bei Drucklähmungen des Nervus radialis.
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. IV, p. o77
Der seit mehreren Jahren gewaltig entbrannte Streit darüber,
ob die Wirksamkeit der Elektrotherapie zum weitaus überwiegenden
Theile auf den psychischen Einfluss der Behandlung (Moebius,
Moll) oder auf die Elektricität als physisches (physikalisches)
Agens zurückzuführen sei, ist durch die vorliegende wichtige Arbeit
Remak’s in ein neues Stadium getreten und vielleicht seiner Ent¬
scheidung in einem für die „alte“ Elektrotherapie günstigen Sinne
um einen grossen Schritt näher geführt worden. Bis jetzt ist von
beiden Seiten mit ziemlich stumpfen Waffen, mehr mit allgemeinen
Behauptungen als mit überzeugenden Beweismitteln der klinischen
Beobachtung und Statistik gekämpft worden. Remak betritt zum
ersten male den Boden der Thatsachen, und zwar auf einem e-
sonders glücklich gewählten Terrain; er knüpft dabei an seine
früheren Mittheilungen über die Elektrotherapie der Drucb-
lähmungen des Radialis an — einer Lähmungsform, die wie
kaum eine andere geeignet ist, den Heilwerth einer in ziel¬
bewusster Weise gehandhabten elektrotherapeutischen Procedur un¬
mittelbar zu veranschaulichen, ja die fast den Werth eines x
perimentes besitzt, da es sich dabei um verhältnissmässig einfache
Vorgänge von durchsichtiger Natur handelt, die dem Beobachter eine
grosse Reihe gleichartiger Erfahrungen über die fast gesetzmässigeA
der Heilwirkung zu sammeln gestatten. Schon 1878 hatte Remak (in
einer in der Deutschen Zeitschrift für klinische Medicrn, Bd. aavu,
erschienenen Abhandlung) auf ein aus der Hinterlassenschaft seines
Vaters stammendes elektrotherapeutisches Verfahren aufmer s
gemacht, wodurch bei Drucklähmungen des Radialis ein eviden ei
augenblicklicher Erfolg erzielt werden kann, und das in
stabiler Application der Kathode, mit etwa 5 cm nn Durc-
messer haltender Elektrodenfläche, auf der nach oben und aussen
von der gewöhnlichen Reizstelle des Radialis am Oberarm gelegen
Druckstelle besteht (positive Elektrode beliebig, meist am Sternum).
Der Erfolg giebt sich bei passend gewählter Stromstärke dadurc
zu erkennen, dass bei versuchter Dorsalflexion der TT^ n<1
Patient alsbald eine subjective Erleichterung spürt und die H
nach und nach immer höher zu heben, die Finger besser zu strec_
imstande ist. Remak hat diesen Gegenstand systematisch we 1
verfolgt und seine seit 1878 bedeutend bereicherten Erfahrungen mcni
nur über die geschilderte sofortige Wirkung, sondern auch u .
die Beschleunigung des Heilungsverlaufes durch das
Rede stehende elektrische Verfahren bereits in den Artikeln „B e
therapie“ und „Radialislähmung“ der Realencyclopädie (1. Au a » 1
Band IV und XI; 2. Auflage, Baud VI und XVI) wiederholt zu¬
sammengestellt. Er giebt uns liier, angeregt durch die neuem g°
von Delprat im Moebius’schen Sinne ausgesprochenen Beaen »
eine ausführliche Casuistik auf Grund von 63 (oder, a
eine Fall recidivirte, 64) selbstbeobachteten Fällen eie
diagnostisch leichter Drucklähmung des Radialis. n
hinsichtlich der Einzelheiten auf die auch für die Pathologie
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
1. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Railialislähinungen sehr beachtenswerte Arbeit verwiesen werden
muss, sei hier nur das therapeutische Hauptergebnis angeführt,
das Rem ak selbst dahin zusammenfasst, „dass bei einer in
Bezug auf ihre Pathogenese übersichtlichen, häufig vor-
kommenden Lähmungsform der methodischen Elektro¬
therapie eine physische, antiparalytische Wirkung zu¬
kommt, sowohl bei der jedesmaligen Application wie bei
wiederholter Anwendung für die Abkürzung des ge¬
lammten Heilungsverlaufcs“. Die maassvolle und vorsichtige
Weise, in der Remak aus dem reichen Beobachtungsmaterial seine
Schlösse zieht, verdient gegenüber den zahlreichen Publicationen
einseitiger Parteigänger auf diesem Gebiete rühmend hervorgehoben
zu werden uud verleiht sicherlich der Arbeit in den Augen aller,
die unbefangen und von keinen Schlagworten verblendet an die'
Sache herantreten, ganz besondere Bedeutung.
A. Eulenburg (Berlin).
IX. Vereine und Congresse.
Verein für innere Medicin in Berlin.
Sitzung am 8. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Leyden; Schriftführer: Herr Fürbringer.
Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬
nommen. Eingegangen ist ein Werk „Mittheilungen aus der
inediciniscben Facultät der kaiserlich japanischen Facultät.“
1. Herr Leyden begrüsst die Anwesenden im neuen Jahre und
fährt fort:
113
Wie Sie wissen, hat das vorige Jahr nicht abgeschlossen, ohne uns
einen herben Verlust zu bereiten. Am 21. December wurde uns der
Geheime Sanitätsrath Dr. S. Guttmann
durch einen schnellen und unerwarteten Tod entrissen. Wir haben mit
ihm einen lieben, hochgeachteten Collegen, einen angenehmen, unter¬
haltenden, stets bereiten Gesellschafter verloren, vielen von uns
war er ein guter Freund und ein treuer Kamerad. Was wir und ich
^peciell über seinen Lebensgang zu sagen haben, ist bereits in
dem von mir und Herrn Prof. GuttStadt verfassten Nekrolog, der
m der letzten vorjährigen Nummer der Deutschen medicinischen
Wochenschrift erschien, ausgedrückt worden. Heute will ich das
jesagte nicht wiederholen, hier sei in erster Stelle dessen ge-
aent, was S. Guttmann unserem Verein gewesen, welche Ver¬
dienste er sich um denselben erworben hat. Ich erinnere daran,
ass er eines der ältesten, treuesten und thätigsten Mitglieder
gewesen ist. Ich weiss nicht, ob es Ihnen bekannt ist, dass die
'jrundung des Vereins, soweit ich daran betheiligt bin,
besprachen zwischen mir und Guttmann '
aus
hervorgegangen ist.
dieses unseres Schrittes überlegt
Wir haben die.. uic
mit S? ^t? 11 ans ' Werk gegangen. Er hat mir schon damals
Fifp- ^ ne ? .^en bekannten Energie und seinem unermüdlichen
t-flnsHw Z i Ur S o eite S es t an den. Er war nicht nur bei der ersten
unseren cj 60 ^ dzu “£ anwesend, er hat überhaupt nur selten bei
derDpntlr.H ZUn ^ eil i— er ^ erner zuerst als Mitredacteur
Redarw r D ® edlclnisc hon Wochenschrift, später als der alleinige
pünktlich« v In J~ des V ereins vertreten, wie er für die
bei (W 7 ^ ero ^ en Gichung der Protokolle Sorge getragen und
Unserer Handlungen mit thätig ge-
Stoile’dankh Ja n m 4 er Gedächtniss; doch ziemt es uns, an dieser
dem Verein 4 ^® nste ? u gedenken, welche Guttmann
mehrfach vJt - 1Ste ^ ^ afc ; ^ cb erbere ferner daran, dass er uns
ersten Sammoif S eba {ten» und endlich, dass er sich an der
Egender über Tuberkulose und in besonders hervor-
betheilie+ft OKr? n U1 ^ serer „grossen Sammelforschung über Influenza
grosse Werk üw ® eiI } e Mitwirkung wäre die letztere, sowie das
Stolz sein darf ^ uenza i auf welches der Verein mit Recht
überaus thätiVo« ,zustande gekommen. So war er ein
das allerinni^ta w be * ebendes Mitglied, dessen Verlust wir auf
langen Zeit Sin«« t trauan1, T)er Verein hat in der noch nicht
Verluste ffehaht ^pstehens durch den Tod ausserordentlich viel
grosser An 7 ahi baben augesehene, thätige Mitglieder in
Zuwachs und den i^^ nn auch . durch don stetigen
focht bemerkbar d-o 1,5? ^^Heder sich diese Verluste insofern
darunter nicht baben > als unsere productive Thätigkeit
durchgeniaeht, w !^ n 80 wird doch jeder, der jene Zeiten
beklagt haben rinc n bmerz ^ cben Verluste tief empfunden und
thätigsten er war a* ~* ut !' mann war einer der treuesten und
wachsen. ’ Mit Q n öurcb seme ganze Persönlichkeit mit uns ver-
füKluug, war m w ?s die Aerzte Berlins betraf, hatte er
railrt uns sein VoT^ 6 ^ 111 be ^ annt und befreundet, daher be-
ujanchem anderen / iU8t , vl ®Ueicht noch schmerzlicher als bei
iin menschliofc!« ^ eb 2F S0 bo °h schätzten. Es tritt ein
® 8 j tiefes Bedauern hinzu, dass dieser ener¬
gische,
kräftige Mann so unerwartet nach «Mm so schworen und
schmerzlichen Krankenlager hingorafft wurde.
Wenn ich noch über die Geschichte und den Verlauf cphi,*..
letzten Krankheit Einiges berichten darf, so geschieht es um
dasjenige zu vervollständigen, was wir schon in dem Nachruf
niedergelegt haben. Die Krankheit war eine «heraus qualvolle
tur mich war es eine schwere und schmerzliche Aufoabe'
mi dem schweren Krankenlager des Freundes zu sitzen und die
Behandlung zu übernehmen. Am 10. December liess er mich zu
sich rufen, ich fand ihn in seinem Zimmer auf der Chaiselongue
liegend noch nicht im Bette. Er sagte mir, er selileppe sich seit
einiger Zeit mit Influenza herum; er hatte jedoch keine höhere Tem¬
peratur als 38,4. Er klagte über furchtbare Schmerzen in der ganzen
Urust, die Untersuchung, soweit ich sie zunächst machen konnte
ergab nichts physikalisch Nachweisbares. Allein unverkennbar
war es, wenn ein so starker Mann so ausserordentlich lebhaft
klagte und dalag, ohne sich regen zu können, dass etwas
Ernstes zugrunde Hegen musste. Ich liess ihn ins Bett bringen
und constatirte bei der Untersuchung ein pericardiales Reibungs¬
geräusch an der Herzspitze; ich dachte zunächst, es würde
sich Periearditis und vielleicht Pleuritis entwickeln. Aber es trat
kein stärkeres Fieber ein, im Laufe des nächsten Tages Hessen die
Schmerzen etwas nach. Abends kam ein erheblicher Aufregungs¬
zustand mit unruhiger Respiration, einer Art Dyspnoe, die Gutt-
mann selbst durch Morphiumeinspritzungen bekämpfte. So ging es
die ersten vier Tage, seitdem ich ihn behandelte. Am zweiten Tage
hatte ich wieder Reibungsgeräusch an der Grenze von Pericard
und Lunge constatirt, aber es verschwand wieder. Der Husten
war quälend, Auswurf sparsam, einige Ballen blutig tingirt. Am
vierten Tage, als ich gerade ins Theater gehen wollte, wurde ich
gerufen und fand ihn in einem so schweren Zustande, wie ich
es nicht erwarten konnte, im Zustande der äussersten Augst,
und Dyspnoe, kurz in einem schweren stenocardischen
Anfall. Der Puls war zwar kräftig, über 100, Bronchialrasseln
(Lungenödem) trat nicht ein, auch eigentliche Cyanose fehlte,
aber die Angst war eine so furchtbare, dass sie das Gefühl un¬
mittelbarer drohender Lebensgefahr erregte. Er selbst war klar
über die Bedeutung des Anfalles, so dass er mir sofort noch einige
letztwillige Bestimmungen anvertraute; — er rief fortwährend nach
Morphiumeinspritzungen. Erst nach wiederholten Injectionen trat
einige Ruhe ein, und er hatte eine ziemlich gute Nacht. Am
nächsten Tage machte er sein Testament. Dann ging es ein
bis zwei Tage leidlich. Ich behandelte ihn zuerst mit Tinctura
Strophanthi, dann mit Digitalis, dann bekam er Citronensäure,
Abends mässige Dosen Morphium, ich fing auch an, ihn etwas
besser zu ernähren, was aber nur wenig glücken wollte. Wir consta-
tirten überdies ein Procent Zucker im Harn. Die Untersuchung des
Herzens ergab: dumpfe Herztöne, aber keine vergrösserte Dämpfung,
die ich etwa auf Periearditis hätte beziehen können; dagegen be¬
standen die Reibungsgeräusche fort, und ich kann sagen, nach¬
dem der schwere stenocardische AnfaU eingetreten, habe ich dies
Phänomen auf eine circumseripte Periearditis an der Herzspitze
bezogen, die mit der Myocarditis der Herzspitze im Zusammenhang
stehen müsse, was nachher auch die Autopsie bestätigte. Noch ein
anderes bemerkenswertes Symptom hat mir der Kranke wiederholt
und an mehreren Tagen angegeben: wenn er schluckte, besonders
festere Bissen, so empfand er einen peinlichen Schmerz, sobald
dieser Bissen die Höhe der Herzgegend passirte. — Zwei bis drei
Tage ging es wieder leidlich, aber es war keine eigentliche
Besserung erkennbar, das Gefühl, dass man auf einem Vulkan stand,
blieb unabweislich. Ich habe leider genug ähnliche Fälle ge¬
sehen, um zu wissen, dass einem Nachlasse, selbst wenn 8—14 Tage
vergehen, doch häufig' noch schwere, letale Anfälle folgen. Es war
mir schwer, die Fassung zu behalten und dem armen Freunde, der
in dauernder Angst war, einigermaassen Ruhe zu geben. Sie wissen,
dass die Theilnahme eine allseitige war, und dass eine Reihe von
jüngeren Collegen mit der grössten Bereitwilligkeit bei ihm ge¬
blieben sind und Tag und Nacht im Nebenzimmer gewacht haben.
Herr College W. Körte, der in der Nähe wohnte und wieder¬
holt in der Nacht gerufen war, hat dieselbe Bereitwilligkeit und
Treue für ihn gezeigt. In der Nacht vom 20. zum 21. trat
wieder ein schwerer Anfall ein. Herr Körte stand wieder unserm
Kranken mit Aufopferung zur Seite. Ich bekam jeden Morgen
Nachricht, war, so oft es möglich war, bei ihm; aber die Aus¬
sichten wurden immer düsterer. Nach zwei sehr schweren nächt¬
lichen Anfällen, denen am Tage wieder leidliches Befinden gefolgt
war, sprach ich am 21. noch um 9 Uhr Abends vor und Hess ihn
in leidlichem Zustande zurück, aber doch immer mit innerer banger
Sorge. Nachdem ich gegangen, legte sich der Kranke zurück und
sagte, er woUe schlafen — er hatte an dem Tage noch keine
Morphiuminjectionen bekommen — da merkte die Pflegerin dass er
schwer athmete, kaum merkHches Röcheln trat ein, sie rief den
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
114
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
wachhabenden Arzt, der noch Campheräthereinspritzungen machte,
aber nach "wenigen schweren Athemzttgen war das Leben erloschen,
als ich 72 Stunde später hinkam, fand ich ihn als Leiche wieder.
Die Autopsie hat uns insofern beruhigt, als sie die Diagnose
bestätigte und zeigte, dass das Schicksal des Dahingeschiedenen
schon längere Zeit vorher besiegelt war. Herr Dr. Langerhans
machte im Aufträge Virchow’s die Autopsie. Zwischen der Herz¬
spitze und der äusseren Pericardialwand fanden sich frische pen-
cardiale Verwachsungen. Das Herz war ziemlich stark vergrössert,
an der Herzspitze bemerkte man schon von aussen her eine starke
Verfärbung der ganzen Wandung. Der linke Ventrikel war dilatirt-,
die gelbliche Verfärbung an der Herzspitze entsprach derjenigen,
die mir schon aus den früheren Fällen von Sklerose der Coronar-
arterien genügend bekannt ist. Diese Verfärbung war durch fettige
Degeneration und sehnige Entartung bedingt. Von hier aus nach
oben zu erstreckte sich in abnehmendem Maasse die Degeneration
bis zur Mitte des linken Ventrikels. In ihrem Typus entsprach
diese Alteration genau derjenigen, die ich in meiner vor acht
Jahren erschienenen Arbeit über die Sklerose der Coronararterien
bezeichnet habe. An der inneren Seite der Herzspitze sass ein
wandständiger Thrombus auf. Die Aorta bot starke Sklerose.
Der vordere absteigende Ast der Coronararterie knirschte beim
Schneiden und zeigte im oberen Drittel eine stark verengte Stelle,
die typische Verengerung einer schnell entwickelten Sklerose der
Coronararterien. Ich erwähne noch, dass die beiden Lungenspitzen
Einziehungen von alter Tuberkulose zeigten. — So viel wollte ich
von der Krankengeschichte und dem Leichenbefund demjenigen hin¬
zufügen, was schon im Nekrolog mitgetheilt ist. Ich meine, dass
es für einen bedeutenden Mediciner nicht unwürdig ist, hierüber
an dieser Stelle zu berichten.
So wurde das Leben dieses kräftigen energischen Mannes in fast
plötzlicher und unerwarteter Weise abgeschlossen. Jeder, der ihn
sah und kannte, hätte ihm ein langes Leben prophezeit. Cito
mors ruit! Die Theilnahme war unter Aerzten und Klienten eine
allgemeine. Unser College San.-Rath Dr. Becher hielt an dem
Sarge im Namen des Vereins eine ergreifende Rede. Wir haben
einen tüchtigen Mann und einen lieben Kameraden begraben.
Unser Verein wird ihm ein treues und dankbares Andenken be¬
wahren.
Ehre seinem Andenken!
Ich bitte Sie, sich von Ihren Sitzen zu erheben. (Geschieht.)
Der nachstehende Obductionsbericlit ist uns von Herrn
Dr. Langerhans übergeben, wir schliessen ihn hier an.
Männliche Leiche mit reichlichem Fettpolster, kräftiger Muskulatur
von guter rothor Farbe; Netz fettreich, bedeckt bis zur Höhe des Nabels
die Dünndarmschlingen. Leber überragt fingerbreit den Rippenrand.
Zwerchfellstand links und rechts: unterer Rand der sechsten Rippe.
Rippenknorpel verkalkt. Die Lungen sind stark aufgebläht, drängen
sich stark hervor nach Abnahme des Sternums; die vorderen scharfen
Ränder legen sich übereinander. Die vorliegenden Abschnitte beider
Lungen sind weich und lufthaltig.
Die Spitze des Herzens ist mit dem Pericardium parietale verklebt;
die Verklebungen sind leicht mit der Hand zu trennen; das Herz ist
grösser als die Faust (ca. IV 9 Fäuste); der rechte Ventrikel ist fast leer,
enthält nur wenig weiche Gerinnsel und etwas flüssiges Blut, im linken
Ventrikel ebenfalls nur ein kleines Gerinnsel. Pulmonalklappen sind zart,
nicht verändert. Tricuspidalis für drei Finger bequem durchgängig; die
Muskulatur des rechten Ventrikels ist blass; in derselben sieht man feine
gelbe Streifen. Die Herzspitze ist schwach aneurysmatisch erweitert,
Spitze abgerundet; an Stelle der Muskulatur befindet sich daselbst
eine trockene, gelbliche, ziemlich derbe Masse, welche umgeben ist
von weichem grauen, durchscheinenden, stark ödematösen Gewebe.
Die übrige Muskulatur ist sehr blass, etwas brüchig, im mittleren
Abschnitte zwischen Spitzo und Basis stark gelblich gefleckt, von bald
mehr weicher, bald fester Consistenz und trüber, graugelblich und grau-
durchscheinender Farbe. Die Veränderungen des Herzens sind an der
vorderen Fläche stärker als an der hinteren. Die Adhäsionen beschränken
sich auf jene am stärksten veränderte Partie an der Spitze. In der
Spitze des linken Ventrikels befindet sich ein Parietalthrombus mit be¬
ginnender centraler Erweichung, von rother Farbe. Nach dem Aufschneiden
ist der Ventrikel weit, die Muskulatur hat eine Stärke von 2 cm an der Basis,
l 1 /* cm in den mittleren Abschnitten. Die Aortenklappen sind im ganzen
verdickt und etwas retrahirt, etwas stärker verdickt nur an der Basis und
am Nodulus Arantii. Die Ursprungsstelle der vorderen (linken) Coronar¬
arterie ist weit; dio Intima derselben, ebenso wie die der Aorta ascendens,
stark sklerotisch verändert; die Aeste der vorderen Coronararterie sind
stark verkalkt, starrwandig; 4 cm hinter der Ursprungsstelle be¬
steht eine bedeutende Verengerung der Coronararterie mit
Verkalkung, dahinter folgt wieder ein etwas weiteres Lumen mit un¬
regelmässigen Verdickungen und Verkalkungen. Auch die hintere (rechte)
Coronararterie zeigt sklerotische Veränderungen, aber in geringerer Weise
als die vordere.
In der linken Pleurahöhle geringer Flüssigkeitserguss; die Spitze
der linken Lunge ist narbig, mit dem Thorax verwachsen; im übrigen ist
die Lunge überall weich und knisternd, der Oberlappen stark ödematüs;
der Untorlappen blassgrau; die Schleimhaut der Bronchen ist blass, nicht
geschwollen Die rechte Lunge ist unten und vorn adhärent; auch in der
rechten Pleurahöhle geringer Flüssigkeitserguss (klare Flüssigkeit). In der
Umgebung der adhärenten Partie ist das Lungengewebe emphysematos.
Die Lunge ist in allen Theilen weich, lufthaltig, stark knisternd.
Milz von gewöhnlicher Grösse, blutreich, etwas brüchig. Linke Niere
ist gross; die Oberfläche der Niere ist glatt, grauroth. Die Aeste der
Niorenarterien klaffen etwas weit; die Rinde ist nicht getrübt, Rinde und
Mark gleichraässig grauroth gefärbt. Rechte Niere wie die linke. Leber
sehr blutreich, von graurother Farbe.
Pankreas anscheinend nicht verändert. Im Magen schwach röthlich
gefärbter Inhalt. Im Fundus ist die Schleimhaut des Magens dunkelroth,
von ziemlich gleichmässiger Färbung, stellenweise braunroth, in Er¬
weichung begriffen, vor dem Pylorus grauroth, hie und da etwas stärker
rotk gefleckt. Der Oesophagus zeigt starke Verdickung und Abschilfe¬
rung des Epithels.
Die Aorta zeigt auch im Bogen, im Brust- und Bauchtheil starke
wulstige Verdickungen neben kleinen, pigmentirten Narben und einzelnen
frischen Ulcerationen. .. . ,
Diagnoso: Endoaortitis mit Endoartemtis (besonders der linken
Coronararterie) chronica deformans. Endocarditis aortjea chronica levis
fibrosa retrahens. Dilatatio et Hypertrophia yentriculorum. Degcneratio
adiposa myocardii ventriculi dextri. Myocarditis parenchymatosa ventriculi
sinistri. Myocarditis parenchymatosa et chronica interstitialis apicis cordis.
Thrombosis parietalis apicis ventriculi sinistri. Pericarditis adhaesiva
recens apicis. Stenosis arteriae coronariae sinistra. Oedema pulmonum,
Emphysems vesiculare lobi inferioris dextri. Cicatrices et adliaesiones
apicum pulmonum. Hydrothorax duplex.
Berlin, den 23. December 1893.
Obducent: Priv.-Doc. Dr. Langerhans. Protokollführer: Dr.Elsner.
2. Herr Landgraf (Demonstration vor der Tagesordnung):
Ich bitte für kurze Zeit um Ihre Aufmerksamkeit für Demonstration
eines Falles von Stenose des Magens etwas unterhalb des
Pylorus. Das Präparat stammt von einem 58 jährigen Manne, der seit
vier Jahren in meiner Behandlung war. Er kam zu mir, weil ihm ge¬
sagt worden war, er habe ein Carcinom, aber weder die Anamnese,
noch der Befund überzeugten mich damals von der Richtigkeit
dieser Diagnose. Ich glaubte schliessen zu sollen, dass es sich
um alte Magengeschwüre handelte, die vernarbt waren und nun
zur Stenosirung des Pylorus führten. Wie richtig diese Ansicht
gewesen ist, hat der weitere Verlauf gezeigt. Durch vorsichtige
Diät, abwechselnd mit Abführmitteln, ist es mir gelungen, den Mann
bis zum October des vorigen Jahres, also S s /4 Jahre hindurch ge¬
sund, leistungsfähig und in seinem Körpergewicht zu erhalten. An¬
fangs October machte er einen gröberen Diätfehler, er trank fünf
bis sechs Glas Bier und war seitdem mit den mir zu Gebote
stehenden Mitteln nicht wieder auf seinen alten Zustand zu führen,
so dass ich im November die Ueberzeugung gewann, dass ihm nur
von chirurgischer Seite zu helfen sei. Ich bat daher Herrn Collegen
Körte jun., sich den Mann mitanzusehen, und wir überlegten
beide, dass es geboten sei, den eigenwilligen Kranken zunächst in’s
Krankenhaus zu nehmen, um ihn da an Magenausspülungen, gegen
die er sich bis dahin geweigert hatte, zu gewöhnen, eventuell
sollte die Operation gemacht werden. Unmittelbar ehe er in s
Krankenhaus kam, war es mir zum ersten male möglich, Magen¬
inhalt von ihm zu untersuchen. Dieser zeigte so ungemein starke
Salzsäurereaction, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Die liu
Krankenhause unter der Narkose vorgenommene Untersuchung ergab
keinen Tumor, der Mageninhalt gab keine Reaction auf freie Salz¬
säure, und auch im weiteren Verlauf war die Salzsäurereaction sehr
wechselnd, manchmal schwach, manchmal garnicht, manchmal wieder
bedeutend. Die Magenausspülungen im Krankenhause waren dem
Patienten sehr gut bekommen, er wollte sich daher nicht zur
Operation verstehen und wurde wieder entlassen. Zu Hause besserte
sich das Befinden nicht. Es trat wiederholt Erbrechen auf, und nur
durch fast tägliche Magenausspülungen gelang es, seinen Zustand
einigermaassen, was die Beschwerden anlangte, zu bessern, während
die Macies immer mehr zunahm. Er hielt sich aber in seinem
Kräftezustand ungefähr bis acht Tage vor Weihnachten. Da trat
ein Icterus auf; der Urin war dunkelbraunroth, hatte aber weissen
Schaum und enthielt keinen Gallenfarbstoff sondern Hydrobilirubin.
Dieser Zustand bestand vier Tage. Als er zurückging, nahmen die
Kräfte rasch ab. Der Kranke war nun bereit, sich der Operation
zu unterwerfen, und wurde wieder in’s Krankenhaus gebracht. Zwei
Tage vorher trat völlige Anurie durch B 6 Stunden ein, und der
erste Urin, der dann wieder entleert wurde, war eiweisshaltig
und blieb es bis zum Schluss seines Lebens in geringem Grade.
Am 2. Januar machte Herr Körte die Gastroenterostomie. Die¬
selbe ist vorzüglich ausgeführt , es hat sich auch nicht eine Spur
von entzündlicher Reizung am Peritoneum gezeigt; aber der* Colla^s
trat am dritten Tage ein, am 5. Januar Nachmittags starb der
Mann. Schon bei der Operation hatten wir uns überführen können,
dass in der That kein Tumor vorlag, und die Section zeigte folgendes
Bild: einen, wie ich meine, im Verhältniss zur Enge der Stenose,
die nur gerade noch eine Zinnsonde passiren liess, wenig vergrösserten
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1. Februar.
DEUTSCHE MEDIC1NISCHE WOCHENSCHRIFT.
115
Magen, was vielleicht Folge der Magenausöpülungen und vorsichtigen
Diät ist. Der Pylorüs war durchgängig, unmittelbar unter ihm
sitzt ein kleines Divertikel, und nun kommt die verengte Stelle.
Wenn ich noch einige Bemerkungen zur Geschiclito des Falles
hinzufügen darf, so glaube ich, was die Diagnose anlangt, dass
diese schon vor vier Jahren zu stellen war, wenn man alle Momente
richtig abwog. Es haben sich aber auch einige andere bemerkens¬
wert!^ Punkte in der Krankengeschichte ergeben, theils bekannter,
theils unbekannter Natur. Zu den ersteren rechne ich die ungemein
rasche Maeies, die eintrat, als kein Mageninhalt mehr von dem
Magen in den Darm überging. Nicht die Magenerweiterung und
Erkrankung ist es, die die Maeies hervorruft, sondern der erzwungene
Mangel der Darmthätigkeit. Ferner rechne ich zu den bekannteren
Dingen, dass der Mann mehrfach während der Magenausspülungen An¬
falle von leichten tetanischen Convulsionen an den Händen bekam, die
bekannten Stellungen, die in ihrer Wesenheit noch nicht erklärt
?ind. Dass es sieh um Resorption toxischer Substanzen handelt,
ist mir angesichts dieses Falles zweifelhaft, denn man sieht diese
Convulsionen auftreten, gerade wenn man die toxischen Substanzen
aus dem Magen herausnimmt. Zu den weniger bekannten Dingen
rechne ich die Anurie, die er bot. Es ist sehr auffallend, dass
36 Stunden lang gar kein Urin abgesondert wurde, und diese Anurie
zusammen mit den tetanischen Convulsionen und den grossen Klagen
des Mannes, die auf den Wasser-, nicht Nahrungsmangel zu be¬
ziehen waren, stehen in gewisser Beziehung zu den Erscheinungen,
die bei Cholera foudroyant eintreten, nur dass hier das toxische
Moment fehlt. Alle Erscheinungen sind einfach auf Wasser¬
entziehung zu beziehen, und ich glaube, dass auch der Eiweissgehalt
des Urins, der später eintrat, auf die Ernährungsstörung der Nieren-
epithelien durch den Wassermangel zurückzuführen ist. Es gelang
nämlich, den Mann einige Zeit lang durch Mastdarmklystiere und
Masserinjeetionen in den Darin wieder aus einem schon bedeuten¬
deren Collapszustand zu heben. Ferner erwähne ich als nicht
gerade häufig und, so viel mir bekannt, überhaupt nicht beobachtet,
einen derartigen Hydrobilirubinicterus.
Dieser Fall beweist, dass, wie bei allen Fällen, wo Chirurgen mit
inneren Medicinem Zusammenwirken sollen, es auf frühzeitige Dia-
^nose und frühzeitige Operation ankommt. Es ist nicht ausge¬
schlossen, dass der Mann bei früherer Operation heute noch lebte
und noch länger lebte, trotzdem sein Leben noch anderweitig ge¬
mordet war, da die Aorta hochgradig arteriosklerotisch war. Das
ere zeigte wenig Veränderung, die Nieren nur geringe trübe
öcJiwellimg Der Stuhlgang war immer angehalten, die Fäces
'aren dunkel gefärbte Massen, spärlich. Sie enthielten nie Blut,
ebenso wenig wie das Erbrochene.
rirhtfin Foas: . ^I 1 möc bte an den Herrn Vortragenden die Frage
u H - n * ai vri iadlGsem Falle die Gastroenterostomie und nicht die
bariA"^ 1 ^ U1( l z s ,£ be Fyloroplastik gemacht worden ist?
z R mit janc *£ ra f : Es bestanden Verwachsungen mit der Umgegend,
aölr nZ. an t h ‘tf kopf -. E £ e Vorziehung des Pylorus war nicht
stomie aker ents<ddoss sic b Herr College Körte zur Gastroentero-
plasükL^°/f : v C ii. fragt S deshalb ’ weil Mikulicz'sehe Pvloro-
iit, währen p erfahren für die Beseitigung gutartiger Pylorusstenosen
die motorische nur d t. ann ihre Berech f^ung hat, wenn
selbst nach dpr a GS Magens schon so sta f k gelitten hat, dass
dass die mobincrX^TiuK?- v , eren ^ Gn Pylorus nicht zu erwarten ist,
uegsarbeit ausraipkt T ^ tl ?H eit des Jagens zur Bewältigung der Verdau¬
ist, dass der PviJ™« Nachdem von dem Herrn Vortragenden mitgetheilt
dos in diesem Fall - durcb Ad bäsionen festgelöthet war, ist die Wahl
16Sem FaUe «^geschlagenen Verfahrens gerechtfertigt,
Erän ^ e J : Eigenartig verlaufene septikopyämi-
“»yositü ( nü? net)8t .Bemerkungen über acute Dermato-
veröffentlicht werden)^ extenso i n «bes 01, Wochenschrift
'u.rositis^nirht ^ 6IT ^ mö chte die Bezeichnung „Dermato-
ail von Fällen C01 T ec k finden. Wenn auch in einer relativ grossen An-
Erythem, Urtirjma u Qten ^ ec tiösen Myositis auch Hauterkrankungen —
dies doch nicht in «u BrP u~h Fur P ura — vorgekommen sind, so geschah
dem eine ComnliW; J! n * a * - U1 ? d eB war ^ e i n essentielles Svmptom, son¬
deren Stellen »ls «’ a ass , erdem zeigten sich die Exantheme oft an
^meinen Inferti™ Q tv en be fe^ enen Muskeln, somit als Folge der
mstande gekommen ;’ 0 t ^ le j 6 , xail theme zeigen eben, dass eine solche
r^ostischer sondam ’ u “ önnen i n dieser Richtung nicht allein von
schon vor circa 4o v °n prognostischer Bedeutung sein. Verneuil
Jttd zwar „genmlement jT ren , dl . ese Exantheme als „septische“ bezeichnet,
d une m 0 rt prochninA“ n- 011 /^eux nature“ und selbst als „l’avantcoureur
dles Au las näher in Äi« D!? fc V wie wissen, nicht richtig, und hat
-naner in einer Brochüre«) nachzuweisen gesucht.
' ^ es ^niptions
Paris 1870.
Berliner medicinische Gesellschaft.
(Original bericht.)
Sitzung am 24. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Virchow.
, , Herr Martin Friedländoi- (vor der Tagesordnung) berichtet «bei¬
folgenden Fall: Ein «jähriger Gymnasiast hatte sich einen Wachsslock
ln die Harnröhre elngefdhri. der dann in die Biaso geglitten war Es
gelang Herrn Fnodländer. den Fremdkörper mit dem Lithontriptor zu
lassen und zu extrahiren. p zu
us a F ortsetzung der Discussion über den Vortrag des Herrn Wevl-
Einfluss hygienischer Äaa^nahmen auf die Gesundheit Berlins. Herr
Kleist regt die Unentgeltlichkeit der Desinfection der Wohnungen und
bachen bei ansteckenden Krankheiten an; die Desinfection unterbleibe jetzt
^ rl 1 ' ^ ross , en Kostcn wegen. Sein Antrag, die „medicinische Ge¬
sellschaft möge für diese Forderung eintreten, wurde vom Vorsitzenden
als nicht statutengemüss zurückgewiesen.
Herr Korn, der auf die vortreffliche englische Mortalitätsstatistik,
die Herr Weyl nicht berücksichtigt habe, hinweist. meint, die Canalisation
habe wohl einen günstigen Einfluss ausgeübt, doch sei dieser kein ent¬
scheidender. Hier kämen noch andere Factoren in Betracht, so die bessere
MiIchversorgung Berlins gegen früher und die verschärfte Nahrungsmittel-
controlle. Er tritt für dio Einsetzung von Schulärzten ein.
Herr Litthauor nimmt an, dass dio Verminderung der Typhus-
sterblichkeit in causalem Zusammenhänge zur Canalisation stehe, die aber
und hierin stimme er Herrn Zadek bei, die Tuberkulose und die Kinder¬
sterblichkeit in keiner Weise beeinflusst habe. Herr Weyl liabo nicht
den bedeutenden Rückgang der Todesfälle durch Puerperalfieber in Betracht
gezogen, der eine Folge der antiseptischen und aseptischen Entbindungs¬
und Wochenpflege sei, die aber noch weiterer Ausbildung und con-
sequenterer Durchführung bedürfe. Die „medicinische Gesellschaft“ möge
hier fördernd eingreifen. Auch die Begräbnissfrage sei zu regeln; die
Kirchhöfe müssten aus dem Weichbilde der Stadt entfernt werden.
Herr Neumann constatirt, dass die Sterblichkeitsziffer in den letzten
Jahrzehnten horabgegangen sei, wenn auch theilweise, worin er Herrn
Zadek zustimme, durch Zuzug gesunder Individuen im kräftigsten Lebens¬
alter. Woher dio durch letzteren Umstand allein nicht zu erklärende
günstige Veränderung stamme, sei ziffemmässig nicht nachzuweisen. Dass
die Canalisation aber einen guten Einfluss auf den Gesundheitszustand im
allgemeinen gehabt haben müsse, werde jeder, der die sanitären Ver¬
hältnisse hier in Berlin seit einer grösseren Reihe von Jahren verfolgt
habe, sicher zugeben, wenn man es auch mehr wissenschaftlich fühlen als
beweisen könne.^ Die allmähliche Abnahme der Typhussterblichkeit datire
schon aus der Zeit vor der Canalisation, auch sei eine Verminderung
für andere Infectionskrankhoiten nicht wahrzunehmen.
Aehnlich spricht sich Herr Georg Meyer aus, der bei der im Hause
infolge der langen Debatte herrschenden Unruhe sehr schwer ver¬
ständlich ist. Max Salomon.
Aerztliclier Verein in Hamburg.
Sitzung am 5. December 1898.
Vorsitzender: Herr Schede: Schriftführer: Herr Manchot.
1. Herr Boltz demonstrirt ein Cholesteatom des Mittel¬
ohrs, das nach Durchbrechung des Tegmen tympani durch eitrige
Meningitis zum Tode geführt hatte.
. 2. Herr Manchot demonstrirt einen Fall von Sepsis mit
typhusähnlichem Verlaufe, ausgehend von einer Retropharyngeal¬
phlegmone. (Der Fall wird in den Jahrbüchern der Hamburgischen
Staatskrankenanstalten veröffentlicht.)
3. Herr Kümmell demonstrirt an einem 42jährigen Manno
das Resultat einer neuen osteoplastischen Resection des Fuss-
gelenkes, welche er bis jetzt in vier Fällen ausführte. Die neue
Methode will die Vortheile des Mikulicz-Wladimirow’schen
Verfahrens ohne dessen Mängel bieten, indem sie besonders die
Verstümmelung der eigentlichen Form des menschlichen Fusses,
wie sie jenes Verfahren mit sich bringt, vermeidet. Das wird
in der Weise angestrebt, dass der resecirte Mittelfuss direkt vor
das vordere untere Ende der angefrischten Fibula und Tibia ge¬
setzt und dort fixirt wird. Nicht nur in dem vorgestellten, sondern
auch in den drei anderen in gleicherweise operirten Fällen wurde
in dieser Hinsicht ein sehr günstiges Resultat erzielt. Der
resecirte Fuss hat im allgemeinen seine normale Form bewahrt.
Allerdings fehlt das Fussgewölbe, wodurch der Fuss einem hoch¬
gradigen Plattfuss ähnelt. Auch die Function des operirten Fusses
ist gut. Die Patienten konnten sämmtlich den operirten Fuss
ohne Beschwerden und ohne Stütze' ausgiebig gebrauchen, ja es
stellt sich sogar eine mehr oder weniger ausgiebige Beweglichkeit
im Sinne der Flexion und Extension des Fusses wieder ein. Die
Verkürzung beträgt 5—5 ! /2 cm und ist durch eine erhöhte Sohle
leicht auszugleichen. Die Schnittführung muss natürlich auf die
Beschaffenheit der Haut in der Fussgelenkgegend Rücksicht nehmen.
Im vorgestellten Falle wurde das Fussgelenk durch einen Quer¬
schnitt über dio dorsale Fläche des Fussgelenkes in weiter Aus¬
dehnung freigelegt. Diese Schnittführung hat auch den Vorzug,
dass man den sonst unvermeidlichen Hautwulst auf dem Dorsum
des Fusses durch Entfernung der nöthigen Hautpartieen ver-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
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meiden kann, Da in diesem Falle sämmtliche Fusswurzelknochen
q 0 wie die unteren Enden der Tibia und Fibula canös zerstört waren,
mussten die Sägeflächen einerseits durch das Os cuboideum und
Os naviculare, andererseits 4 l /2 cm oberhalb der Condylen durch
Tibia und Fibula gelegt werden. Nach Anfrischung der Vorder-
lläche von Tibia und Fibula wurde der Vorderfuss an dieselbe mit
wenigen Nähten befestigt, und die Hautwunde durch Naht ge¬
schlossen. Die Wunde heilte nicht per primam. Erst nach Monaten
konnte sie durch Secundärnaht geschlossen werden. Die functio-
nellen Resultate sind sehr gut. Der Patient kann mit seinem
allerdings nicht sehr schönen Plattfuss ohne Beschwerden gehen
und stehen. Die Verkürzung des rechten Unterschenkels beträgt
5 cm die Differenz der Fiisse 8 cm. Es ist also durch die neue
conservative Methode selbst bei ausgedehnten Zerstörungen des
Fussgelenkes ein functionell und cosmetiscli günstiges Resultat
erzielt
4. Herr Kaufmann demonstrirt einen 10jährigen Knaben,
der im Mai des Jahres mit Halsdrüsen- und rechtsseitiger Spitzen-
Tuberkulose in seine Behandlung kam. Trotz aller therapeutischen
Bestrebungen nahm der Kräfteverfall unter andauerndem hectischem
Fieber unaufhaltsam zu. Im Juni erkrankte der Knabe am
Scharlach, wahrscheinlich von seinen Geschwistern angesteckt.
Der Scharlach nahm einen schulmässigen, glatten Verlauf. Seit¬
dem ist der Kranke auffallender Weise dauernd fieberfrei
mul erholte sich unter Zurückgehen der tuberkulösen
Erscheinung. „ „ . Tr ,
Herr Rumpf berichtet Uber zwei ähnliche Fälle, zwei Knaben mit
BronchialdrUsentuberkulosc. welche nach überstandenem mtercurrentem
Typhus auflallige Besserung zeigten. Vielleicht könnten derartige Beob¬
achtungen für die therapeutische Inangriffnahme der Tuberkulose neue
Gesichtspunkte geben.
5. Herr Thost stellt einen 58jährigen Mann mit Pemphigus
der Rachenorgane vor. Die weisslichen Plaques an Pharynx,
Epiglottis und Kehlkopfcingang wurden anfangs für Soor gehalten,
bis das Mikroskop ihre epitheliale Natur aufdeekte. Die richtige
Diagnose konnte jedoch erst gestellt werden, als die Entstehung
eines solchen weissen Plaque aus einer grossen, prall gefüllten
Blase beobachtet wurde. Lues ist auszuscliliessen, es handelt sich
um Pemphigus vulgaris, der an den Rachengebilden eine grosse
Seltenheit darstellt.
6 . Herr Zarnikow stellt zwei Fälle von operativ geheilten
Eiterungen der Nebenhöhlen der Nase vor.
Sitzung am 19. December 1898.
Vorsitzender: Herr Schede; Schriftführer: Herr Manehot.
1. Herr Lauenstein hält seinen angekündigten Vortrag: Zur
Frage der Torsion des Hodens. (Der Vortrag wird an anderer
Stelle veröffentlicht.)
Discussion: Herr Schede: Die Ausführungen des Herrn Lauen¬
stein lassen das Zustandekommen einer Torsion bei einem fixirten
Leistenhoden allenfalls verstehen. Aber es bleibt unklar, warum der
freihängende Hoden sich um 360« dreht und in dieser Stellung fixirt
bleibt. Es bleibt unklar, welches Moment den Hoden in seiner torquirten
Stellung fest hält, zumal die Circulation eine Abwickelung der Torsion
begünstigt. Möglicherweise ist der Zusammenhang der Torsion mit Gangrän
des Hodens ganz anders wie Herr Lauonstein annimmt. Es giebt Fälle
von spontaner Gangrän des Hodens ohne jede Torsion. Ferner kann auch
schwere körperliche Arbeit zu entzündlichen Veränderungen des Hodens
führen, die spontan zurückgehen, die also nicht auf irreparable Circulations-
störungen zurückgeführt werden können. Möglicher Weise bestand die
Torsion in einigen Fällen schon vorher aus ontwicklungsgcschichtlichen
Gründen. Sio entstand nicht acut durch ein Trauma, sondern der bereits
vorher torquirte Hoden wurde durch eine Circulationsstörung betroffon,
wie sie sonst auch andere, nicht torquirte Hoden betrifft.
2. Herr Michael hält seinen angekündigten Vortrag über die
Behandlung des Anasarka. (Der Vortrag wird in dieser Wochen¬
schrift veröffentlicht werden.)
Discussion: Herr Rumpf betont die Wichtigkeit der Heberwirkung
bei Anordnung der Hautpunction. Er beschreibt das auf seiner Abtheilung
im Eppondorfer Krankenhaus übliche Verfahren.
X. Oeffentlich.es Sanitätswesen.
Die Choleraepidemie in der Türkei und speciell in
Constantinopel.
Im Nachstehenden erhalten Sie ganz feuilletonistisch gehaltene Daten
und Einzelheiten über die noch herrschende Choleraepidemie; neben den
Daten über Constantinopel füge ich auch einige Daten für andere Theile
des Ottomanischen Kaiserreiches bei.
Meine Quellen sind zum Theil die officiellen Bekanntmachungen,
zum Theil Mittheiluugen von Autoritäten, zum Theil eigene Beobachtungen;
wo es nöthig ist, füge ich das „on dit u bei.
Die Epidemie des Jahres 1893 in der Türkei hat mit der vorjährigen
Pandemie nichts zu thun. Sio hat einen ganz anderen Ausgangsheerd.
Unter den im Yemen seit Jahren zur Unterdrückung der chronischen
Aufstände stationirten Soldaten herrschte die Cholera seit der Epidemie
in Mekka 1891 in sehr heftigem Maasse. Auf Drängen des Gouverneurs
und da die Militärärzte angaben, es herrsche keine Cholera mehr, wurde
vor einem Jahre etwa die Quarantäne gegen die aus dem Y4men repa-
triirten Truppen aufgehoben. Es war nöthig, die mehr als decimirten
Bataillono mit frischen zu vertauschen. — Diese Soldaten haben mit ihren
nicht desinficirten Effecten die Cholera verbreitet. Auf sie ist die
Epidemie in Smyrna zurückzuführen, Ebenso ist es constatirt, dass die
Cholera in Mekka zuerst unter den Soldaten des von Yömen dorthin
verlegten Bataillons ausgebrochen ist.
Die Epidemie in Mekka und in den auf der Rückreise von dort von
den Pilgern zu berührenden Orten, besonders in der Hafenstadt Djeddah,
ist nun geradezu eine entsetzliche Katastrophe gewesen. Ich will nur
einige Daten zur Illustration geben. ^ m „
Die officiellen Listen geben als Verlust 10 000—11000 Todte an.
Dagegen muss die Zahl weit grösser sein, wenn man folgende, nicht zu¬
gestutzte Zahlenreihen betrachtet, die — das sei ausdrücklich betont
nur für die zu Wasser eingetroffenen Pilger Geltung haben.
Es sind nach den Hafenlisten in Djeddah emgetroffen 94963 Pilger.
Verlassen haben Djeddah nach den gleichen Listen 53 972 Pilger. Es
bleibt also ein Ausfall von 40 991 Pilgern — 80 000 mehr als die officiell
angegebene Zahl. Am 8. Juni hatte die Cholera begonnen; an den drei
Bairamtagen, Ende Juni, sind täglich circa 3000 Personen gestorben.
Wahrhaft erschütternd sollen die tagebuchartigen, für die inter¬
nationale Sanitätscommission eingelieferten, leider nicht zur Veröffent¬
lichung kommenden Angaben eines einfachen türkischen Arztes aus Mekka
lauten; etwa in folgender Weise: „Heute wurden nur 90 Todesfälle ge¬
meldet; aber auf dem Wege von meiner Wohnung zum Bureau zählte
ich auf der Strasse über 100 Leichen; wie viele in den Nebenstrassen
liegen, weiss ich nicht.“ — „Es sterben so viele, dass man nicht mehr
melden kann.“ — Ein europäischer Arzt theilte mir persönlich mit: „In
der Umgebund meines Bureaus, auf dem freien Platze konnte ich kaum
durchkommen vor Kranken, Sterbenden und Todten.“ Die panikartige
Flucht lässt sich aus den Choleradepeschen graphisch darstellen; sprung¬
weise zeigen die Stationen plötzlich hunderte von Fällen; nach wenigen
Tagen ist hier die Cholera „erloschen“, aber aus der nächsten Etappe
werden hunderte von Fällen gemeldet.
Sehr illustrativ ist die für die türkischen Pilger festgesetzte Zahl.
Von 8917 türkischen Pilgern haben 5970 die Rückkehr angetreten.
Dr. Karl in ski, welcher — im Aufträge der österreichischen Regierung—
die bosnischen Pilger begleitete, hat von 120 Pilgern 61 zurtickgebracht.
Und diese Leute hatten noch einen ausgezeichneten Arzt, Reisegeld,
Verpflegung u. s. w.
Eine Landcarawane kommt am 14. August m Alfn Zerkah bei
Damaskus an, bostehend aus 450 Soldaten, 900 Kameltreibern und 350
Pilgern (!). Mehr als die Hälfte der Carawane war in Mekka an_ der
Cholera geblieben und auch unterwegs starben fortwährend noch Pilger
an Cholera, Ruhr, Erschöpfung. So hatte z. B. die Carawane an einem
Tage, innerhalb neun Stunden während eines Samoum circa 100 Personen
eingebüsst. . ,
Das Schiff Abd el Kader verliess Djeddah am 4. Juli mit 1370 Pilgern,
(Beiläufig sind die Beschreibungen der Schreckensscenen bei der Ein¬
schiffung, wo die Nachdrängenden Sterbende, Todte, Kranke einfach ins
Meer warfen, ganz haarsträubend).
In Tor — wo während 14 Tagen 30 000 Pilgey in Quarantäne
waren, während etwa im alleräussersten Falle für 6000 Pilger Platz ist
kam es am 8. Juli, mit 20 Todesfällen an Bord. Es lag bis zum
9. August in Tor und verlor während dieser Zeit 167 Passagiere.
Zwischen Tor und Beirut — Ankunft am 10. August - starben weitere
36 Passagiere. In Beirut Quarantäne vom 10. August bis zum
25. August — 107 Todesfälle! Am 28. August Ankunft in Clazomene.
Hier Quarantäne bis zum 30. September, während welcher Zeit noen
4 Todesfälle vorkamen. Am 1. October Ankunft in den Dardanellen,
am 2. October in Constantinopel. ,
Also: fast drei Monate unterwegs, zwei Monate Quarantäne, aer
vierte Theil der Passagiere gestorben. .
Wen die Schuld trifft an diesen Verhältnissen? Und sind sie za
ändern? Die erste Frage ist schwer zu beantworten, die zweite fast zu
verneinen. ..
Eine Einschränkung der Pilgerfahrten durch ein Verbot von scite
des Khalifen ist aus religiösen Gründen fast unmöglich. Ueberdies is
zu bedenken, dass die türkischen Pilger ja nur einen kleinen Theil aer
grossen Masse ausmachen. _, , •
Es wäre zu überlegen, ob nicht vielleicht England und die iürke
wenigstens indirekt ähnliche Hindernisse den Pilgerfahrten der grossen
Masse in den Weg legen könnten, wie es die Franzosen, Küssen iin
Oesterreicher ihren islamitischen Unterthanen gegenüber thun: Sie
den Nachweis eines genügenden Reisegeldes, die Erlegung der Eost
für Hin- und Rückfahrt vor Antritt der Reise. Aber Englands beapsic
tigte oder unbeabsichtigte Indolenz in allen diesen Fragen ist ’
es dürfte auch schwer für die Engländer sein, in ihrem grossen indiscn
Reiche das Odium auf sich zu laden, den frommen Muselmann m a
Ausübung seiner heiligen Pflichten zu hindern. Für die Türkei ist m
Frage nicht so brennend, da die Güte des Sultans den Armen a
immerhin so viel als möglich zu Hülfe kommt. Andererseits ist aber aur
eine Erschwerung der Pilgerfahrten eine Autorität besonders gefährde*
Der Sultan kann aber auch an den traurigen Verhältnissen im -
mente solcher Calamitäten nichts ändern. Das sind eben Elementarere g-
nisse. Die Kosten, für Unterbringung solcher Pilgermassen in v&oie -
Zeiten Unterkunft zu schaffen, können doch auch nur international
stritten werden.
Für die trostlosen Verhältnisse im Lazareth von Tor, wo alles m *
. gelte, was zur Dosinfection erforderlich war, wo besonders an emo v
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1. Februar .__
infection des grossen Gepäckes gar nicht gedacht werden konnte, ist
überdies die ägyptische Regierung — also die Engländer — verantwort¬
lich zu machen.
Nur grosse rücksichtslose Energie: schnelle Rückbeförderung, gründ¬
liche Desinfection der Individuen, Beobachtung der zurückgekehrten Pilger,
schonungslose Vernichtung der Effecten können hier helfen. Die Quaran¬
tänen haben ihre ganze Ohnmacht dieses mal wieder bewiesen. Wenn
aber darüber gcspöttelt wird, wenn die internationale Sanitütscommission
durch die Befehle des Sultans ignorirt oder in ihrer Thätigkeit gehemmt
wird, so dürfen wir doch einen Punkt nicht vergessen: Die internationale
Sanitätscommission ist der türkischen Regierung aufoctroyirt worden, um
für Aufrechterbaltung der Quarantänen zu sorgen. Wenn die Türkei,
sagen wir. wenn der Sultan nun heute von der Wirksamkeit und Zweck¬
mässigkeit der Quarantänen überzeugt ist — so kann man ihn nicht zwin¬
gen; die Beschlüsse der Dresdener Conferenz, die das negiren, was man
früher forderte, als überzeugend anzusehen!
Ueberdies wirkt die internationale Sanitätscommission — Conseil
superieur de sante de rEmpire Ottoman — gleichsam als Zügelnngsmittel.
Wie Bismarck seinerzeit die Thatsache, dass sich Deutschland und Oester¬
reich der Türkei gegenüber an Russlands Seite befanden, damit erklärte
dass es ihnen so möglich sei, den Bären zu bändigen, so verhindert die
Sanitütscommission durch eine zehntägige Quarantäne die Verhängung
einer 20tägigen von seiten der türkischen Regierung. (Schluss folgt.)
Stand der Cholera.
ln Oberschlesien wurde in derZeit vom 14. bis 20. Januar wiederum
em einzelner, tödtlich verlaufener Cholerafall festgestellt, und zwar in
Klein-Zabrze, Kreis Zabrze.
In den Niederlanden sind, wie kürzlich amtlich raitgetheilt wurde
im Oitober vorigen Jahres im ganzen 53 Personen an asiatischer Cholera,
14 an Cholera nostras verstorben.
In Bosnien kamen während der Zeit vom 22. bis 31. December
•B hrkrankungen, 25 Todesfälle aus den Kreisen Dolnja Tuzla und
Hanjaluka zur Anzeige. Ein grosser Theil der Verstorbenen betraf
j* ocn Kranke aus früheren Berichtsperioden. Ende Docember verblieben
im ganzen Lande nur zwei Cholerakranke.
Neuere Zahlenangaben über die Cholera in Russland liegen nicht
vor Die m No. 4 der Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits-
jmtes enthaltenen Nachrichten reichen meist bis zum 23. December und
es atigen, dass die Cholera in den westlichen Provinzen nooh ziemlich
ver reitet ist, ja sogar in mehreren Gubemien zugenommen hat. Es
wurden angezeigt m den Gubemien Plock vom 17. bis 23. December
fjo in ni o a . tt A°* bl ? 16 - December 38 (W, Radom 17. bis 23. De-
fwp 10 fc (llj - S ^ edl o 6C 10 - bis 23 ‘ December 21 (10), Lomza 17. bis
^Deeember / {2), Suwalki 10. bis 23. December 28 (20), Kowno
Volbvn^' D i e n ei ? ber oJ 2 J 42) ’ Grodno 10 - bis 23. December 17 (14),
! e " 10 T b J s 20 - December 69 (29), Bessarabien 4. bis 20. De-
ieTh oß v Jekat erinoslaw 10. bis 16. December 18 (8), Woro-
16^‘D P rpLi 0 9 w b io r i b ? * 7 * December ?2 (23), Tschernigow 10. bis
10 bis lß V ’ * 3 * bis 24- December lt (5), Eriwan
esLl D cCm C ber . 21 (17) Eri “*nkungen (Todesfälle). Nach dem
i dlf!Ä““«tswesen« ist neuerdings inBorowbeiZawichost
Cholera Dublin, hart an der galizisehen Grenze, die
Gegend denTv u ^ e freten, so dass die Statthalterei von Galizien in dieser
I 5^- v ltf h®?^ erke 1 ! , , r ge , spe ^ t bat - Aus Petersburg liegen seit dem
y p ^bnchten über die Cholera nicht vor.
nach o 6r . Zeit vom 25 - December bis 1. Januar
mansehah" 30gamtätswesen“ aus Duenekapp 15, Ker-
’ lruzabad 20, Kasrin 35 Choleratödesfälle gemeldet.
- Sperling.
Znr Infi uenzaepi dem ie.
von dnrch R^iAnit 0mmen s za Dfr e i c ben deutschen Orten Nachrichten
big 13. Jan Uap .* Y^H^acbten Sterbefallen. So sind in der Woche vom
je 3. Görlitz Fr^nir ? ^ omber l 1 ’ München, Remsc.heid
Strassburg j P * k ( ur t a -M., Essen, Hamburg je 4, Hannöver,
Bonn 9, PrefbnrcT ir P n.V g ’ Br<Js den je 6 , Köln, Stuttgart je 8 ,
allgemeine SterblieMr’m* ?! b a u 8 en je ^10 Fälle gemeldet worden. Die
fangen in f 0 i« ftnf i„_ V0I L d®& früher hervorgehobenen lierunter-
Danzig 238 (31 fti \r ; Bochum 20,8 0 -oo (30,7 in der Vorwoche),
»•uternM3 ( K M Ä n 8 l e l^^ 8 )» Plauen 18,7 (30,2), Kaisers-
Sterblichkeit falleiTfnicroJ? nil obe 3 ,e ^ W * £ e & en früher erhöhte allgemeine
(17,1), Fr ei b r! 97 5 0 n 11 4 D 6 (V orwoche 30,6), Bremen
Kiel 9 ß i (Vi u i 7 ; 3 i 24 ’ 3) ’ Glad bach 37,9 (38,9),* Hall© 30,2
^Qlhauscn m 7Ä ^° nigsb ® r ^ 33 > 8 (34,7), Liegnitz 31,6 ( 22 , 1 ),
l *-beid 30.1 mof BiV?° S p on ?* 4 ( 25,8 )’ Potsdam 29,5 (32.1), Rem¬
ote 37.4 (183) ,0 M^ A dor / 39 ’ 3 ( 30 ’1)’ Spandau 35(21,8), Wttrz-
J^tsdani. Spandau wIEST V °- f Ha ! le (Diphtherie), Königsberg,
'orzngsweige durch , flrzbu rg ls . b diese hohe Sterblichkeit überall
Lun ffenschwindsuchO K P ulk beiten der Athmungsorgane (neben
zu beziehen. Besonder« ,1’ / “} lt , ziem ü c bei-Sicherheit auf Influenza
PS» die durch S r Fi ahl l eich W* biß ^ er Todesfälle und darüber)
In des S lle in frigiden Ow!n kU T 3 gen der Athmungsorgäne hervorgerufenen
r,°“A "“ d Mülhausen (fast rte Hälfte
r ' fcl ^Stras 3 b„ r l c; f ? ' 1 . Gladb “ ch - p «sen, Rixdorf, Essen,
’ ^J^-fUgeme&teiuchkeit) ““ letztereI1 rier Stadtetl , ohne be -
LÖJd’0*” d (75T Ur v e “ V 3 ?°P enl >agen 1176 (22), Stockholm
A llt ’ Vere 'nzelte Sterilefai| York / 14 ^ Drkrankuhgen (Todesfälle) mit-
iQ Genu » soll de InS n 5 l6 f Amsterdam, Moskau, Budapest.
Influenza stark herrschen. ' Sperling.
117
XI. Standesangelegenlieiten.
Ans dem Geschäftsausscliuss der Berliner ärztlichen
Standesvereine.
„i“ d * ra A ijfsatzc von Henins in der letzten Nummer dieser Wochen-
schnft „Die Berufsgenossenschaften und die Aerzte“ « ,!,
Schlüsse erwähnt worden, dass der Geschäftsausschnss derBorlincr
ff? V. 1 S 110 j ^ t £ n - d , esv0 re 1 0 beschlossen habe, diejenigen Aerzte, welche
Mitglieder des Reichstages sind, zu einer Sitzung einzuladen, um sie mit
E r n en f Wünschen bezüglich der Novelle zum UnfallversicherungsgeSeTze
bekannt zu machen. Diese Sitzung fand am 26. Januar statt; von den
sechs eingeladenen Collegen waren zwei, die Herren Langerhans und
Kruse, erschienen, die zwar nicht selbst in die Debatte eingriffen, aber
nnt Aufmerksamkeit und regem Interesse den lebhaften Verhandlungen
folgten. Die letzteren drehten sich hauptsächlich um die Fra*e ob es
möglich sei, durch eine Aenderung des Unfallversicherungs- & und des
Krankenkassongesetzes auch den Unfallverletzten dio freie Arzt-
wahl zu gewährleisten. Es wurde fernerhin von neuem die Nothwendi»-
keit betont, dass em approbirter Arzt sowohl im Reichsversicherungsamte
als m den V orständen der Berufsgenossenschaften Sitz imd Stimme habe
ausserdem gewünscht, dass im allseitigen Interesse die erste Anzeige
eines Betriebsunfalls von einem Arzte erfolgen müsse, der natürlich dafür
eine Entschädigung erhalten soll. Allgemein stimmte man darin überein
dass die Errichtung von Unfallstationen gerade in Berlin absolut unnöthig
sei, und dass die Eröffnung von berufsgenossenschaftlichen Krankenhäusern
an anderen Orten gemäss den Wünschen des Aerztetages abhängi® zit
machen sei von der vorherigen Anhörung der betreffenden ärztlichen
ötandesvertretimg. Es sollen übrigens von den Berufsgenossenschaften
selbst nur wenige mit dem in den Unfallstationen gemachten Experimente
einverstanden sein, und so werden wahrscheinlich trotz der andauernden
und aufdringlichen Reclame, die in den öffentlichen Blättern für diese
Stationen gemacht worden ist, nur wenige oder gar keine Berufsgenossen¬
schaften den vorangehenden Wer, die in der vorigen Nummer genannt
worden sind, folgen. — Einen weiteren Punkt der Verhandlungen bildete
das Verhältnis der Vertrauensärzte zu den behandelnden, welches nach
unserer Ansicht noch am meisten der Besprechung und der Verständigung
bedarf. Wenn hier nicht auf beiden Seiten das bereitwilligste collegiale
Entgegenkommen geübt wird, so sind die unangenehmsten Streitigkeiten
gar nicht zu vermeiden, unter denen sowohl die Genossenschaften, als
auch die Unfallverletzten, am meisten aber die Aerzte selber zu leiden
haben würden. Vor allein ist daran festzuhalten, dass der Ver¬
trauensarzt niemals in die Behandlung eingreifen dürfe, wenn er nicht
vorher dem behandelnden Arzte die Möglichkeit einer gemeinschaftlichen
Consultation gegeben hat. Es erregte allgemeine Befriedigung, als im
Beginne der Sitzung der Vorsitzende Herr Becher ein Schreiben verlas,
welches ihm von Herrn Blasius, dem Vorsitzenden des hiesigen Vereins der
Vertrauensärzte der Berufsgenossenschaften, zagegangen war. In demselben
spricht Herr Blasius Namens seines Vereins den Wunsch aus, dass das
nothwendige Zusammenarbeiten der Vertrauensärzte und der behandelnden
stets auf collegialer Grundlage beruhe und dass Differenzen möglichst ver¬
mieden werden. Natürlich wird der Geschäftsausschuss die ihm darge¬
botene Hand gern ergreifen und in kurzer Zeit gemeinschaftlich mit dem
\ erein der Vertrauensärzte darüber berathen, in welcher Weise hier in
Berlin am zweckmässigsten das Vorgehen der letzteren geregelt wird,
ohne dass die anderen Aerzte dadurch geschädigt werden. — Bezüglich
der Abänderungsvorschläge zu dem Gesetze kam man noch nicht zu
festen Entschlüssen, weil es für wichtig gehalten wurde, zunächst die Be¬
kanntmachung der Novelle abzuwarten, um festzustellen, an welche Para¬
graphen die ärztlichen Forderungen angoreiht werden können. Vielleicht
lässt es sich ermöglichen, .dass alle diejenigen Vereinigungen, welche sicj»
bis dahin mit der Frage befasst haben (der Aerztekammerausschuss, die
aus den Herren Graf, Aub, Busch bestehende Commission des Aerzte-
vereinsbundes, der Berliner Geschäftsäusschuss), eine gemeinschaftliche
Petition dem Reichstage überreichen. — Mit der weiteren Verfolgung der
Angelegenheit wurde die wirtschaftliche Cpmmission (S. Alexander,
Herzfeld, S. Davidsohn) betraut.
In derselben Sitzung des Geschäftsausschusses kam auch die Frage
des ärztlichen Dienstes in den Krankenhäusern der Stadt zu^-
nochmaligen Besprechung. In einer im vorigen Jahre an die städtischen
Behörden abgesandten Petition war der Wunsch ausgesprochen worden,
dass die Stationen in den Krankenhäusern, die m ihrer jetzigen Einrich¬
tung für einen dirigirenden Arzt zu gross seien, in mehrere getheilt
werden sollen, deren jede einem gleichberechtigten dirigirenden Ärzte
unterstellt werden sollte. Obwohl die städtische Krankenhausdeputation,
zu deren Mitgliedern die Herren Langerhans, S. Neumann, Spinola
und Virchow gehören, sich in gleichem Sinne ansgfesprochon hatte, macht
jetzt der Magistrat nach Anhörung der augenbÜcldich functionirenden
Krankenhausdirektoron, die, wie man es ihnen nicht verdenken kann, als
beati possidentes sich gegen eine Theilung ausgesprochen hatten, der Stadt¬
verordnetenversammlung eine Vorlage, wonach auf den inneren Stationen
Oberärzte neben den dirigirenden ängestellt werden sollen, die zwar selbst¬
ständig behandeln, aber unter der Aufsicht der DirCctoron stehen, bezüg¬
lich der Verwaltung nichts zu bestimmen haben und noch insofern den
dirigirenden nachgesteilt ’sein sollen, als letztere das Auswahlsrecht den
Kranken gegenüber haben. Auf den äusseren Stationen, sollen „Ober¬
assistenzärzte“ angestellt werden, die keine eigene Station erhalten aber
den dirigirenden Arzt, dessen Aufsicht sie unterliegen, verträten können.
Wenn diese Vorlage von den Stadtverordneten angenommen werden würde,
so würde in den bestehenden Verhältnissen nur wenig gebessert und vor
allem der Zweck nicht erreicht werden, den die ärztlichen Vertretungen
schon lange als mit den Krankenhäusern nothwendig zusammengehörig
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XII. Dreiundzwanzigster Congress
der Deutschen Gesellschaft für ÖMrurgie.
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;A Ü tsvuMs duu 1«. April fim'tv.ft .Mo^eiisi immm vmv tO*--l Klir m«d
karlüml:u«tfss.lsunt-m. vi.n 2 -i i'hi- im ^ro-.Mi lloi-uul- 'K-Iku^oü-
lM’i'k-iluus.'s sliiM. Von nu.'Wnv's ko'nmnn.lr Kranlü- khmum hu Iv-
liYÄM-.u IvAntkum tBerlin V- ZwzvbUr«*«:- No. h- d)i Aur.mhn.o- mul«n :
und. komm» !‘H M u,r U H‘. Bauthmru. {r.A.uun-uk ii_ tnuüUi.miu p>mi-
Avi rd- n. Ankmnliöur.y-or. von V«w{rM>.-u und AhBbvmm^n vhü i^nt.n-
c.ivdmm-n hiti,- irlL h:ihi nB mövflkdt ili?m stiimit-'U Hrhr.ltAhrr,'
l{,ojt'. M.’h M.MÜMndn.U. Brof Uv liitrli (BoHiu \\ . h^ih^v u i
MOiCnh't’-ti ZU liUS<»'i!. -
|..|, l.nin-o 4h- tun hsiulun.Jim 4.vi. Mu (hu !ül;r**f..n.«.
1 1 ««(<inumt .'‘U WH’lHiov .1 (><;.g|.usi4liiii' f|i J l>H - • j.'ijf /j>r ;ih:;UU;. Huk! ivhOi -
niW - i) llnrv HrjiWtfehtMflWÖ w«i a-»' t»rnf»>»‘ Si^utot^r. mit 6mm
\ife,, iihnr .,»1U* Aii^im-u 4m tuhurkulAsmi llüfi^loi.ksd.kvumlnn-'
i M . L ..„h^vvnBver. BebandhiniA huMunun. *A? Herr K,U.tfU*v
U- 1!( ) mir u.nmo ninloitrmKm Vmlnwo Dhor JA ühopo^dum h,u O^i^tüy-
IJim 'dM. zwmlr'u JiUUu'^Uni: i-rMFnmu r>) tlvrj v BnrMnltJloa U^ip3
wn-4 Mn-t jAiihzmimv Ihr.v.'üUiiji -.4nunhmU'V 4JHniK*P. mit
:; rt ,.. v si, nt 'iit! (he unloro Bttf-miul ’ Mn_ diitum -Stizu.tnrsiu^ einen «m*
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•KnrsjH’eeiftMul m.*m .in <hv dntren Silzun^ des XXL i . &-
Iiisfslr’t Best hius^u die Su,ju<u<:irt*fV v ljunuJlhnr die (Vahmul nmtv i/pc usn
^eiünxmer von »Km MAiriudem heoharivfuieu Nurkf^uu ibrtxuü.üwm.
■ um em srhssm-t>- ZaUleniu;4>uinl suHmuMun/mhrm/mn ersin-tm mH Mr
t'artxiMiKftih;:und tlAh ßbrit'hk v ü f dem- 15 .
- JnhrjrtHhmn - fkmt -Muh. Mnfü»ünnh i uUi i 5 mf. Hr r 4Aiu;H. (Berlin \\ .. ^ith'
sjivw Nn, lii Hü ('hoi'-emlfH, mu /1 Ins- -Mit Ju <j,.r ■ !in, '!’ , ‘ - u!)
vf-4-:‘Kirnnmi' iW-MBum- As« 44i nhc-r '•einen uiu^mm'Äeii'rrnmi als wv v " u
humvli.hr Atxem .luhrt . ri-Bc.-kcn. «o eütdr 4m«n vnlhH?>um ^Jn^rir
dun« <fh.mviHkou.mmi u, M ». in den ÜunH.t.-il Bi die Bom; 1 ituu.-h>kwnlev
Blinkte erVUnsdttr 1 > A'mmtm der BnohnrU>ftt\^2‘eit. -J ■AflP'Jv
wnleiu: BcrlUvhuti«:aitJ ia.«i n>p, wohde Prnpmnk' ((•Ith.rahxm. AMhöf-
Mlvehnu««!* dvrselheu o -- n.) und Aue <ut Ai« «mz*4neu AumeAicu im-
■.tf(*\y6)Vtlb?'-wo'rdßn miuh Mi $<*'/h?**j u^Uvti tl^Sf'tnöiv, 4) Ahi^wen^>e‘
Auß 4 rO.Mmn u. >v, \ F>) Anzahl der Ja ne i T .Htig^^uuJi'Wl lau 2 «L
{vum- ^Uyoön smd dwIlW) Klr< N’ufko^etn 0) \ crhrniiru ü.n
riMiiuhetihS’iAilel pro Minuie. oiief un litird^ebrüB ulr ;{C«c^ Arrk.^e
.': oAer »JimUvüihsnudi hm .mtvwolmiieiv- Jaue.-. dmre.tmk-n
1) Ahü-Äbe. oh u:M in v;ol<:hm ’/M M*?rph inminjfcvUuUCD v.h'HU^
«fuduehr wisrAcu. i4j Bei»flu ZuBUi« hm (km N-u'SujA-p: f«) ..vsphvxum.i
(Bfhundjmk AerseUion. ‘ksuunrntomü' u, s/w.), h> TodepfHUf' il rsaJ.uu, .
konmusoriujusm^ u i. w.h . ’ n „..,„
>JCrr AotU-hh AM btutuCB'ftbi «mi cmöil^rOg»; K«m llc So ? ' . 4
V tle? ;n i.iRöß:(»il.Ket:b , l3äwit» M • .^iivfc' din. GlffobftiisMijpft ml' -Jti *.
! jdkdV «hfitugtjMzimefmiön
K.ei, Aou 20 AiOiuai IHM
Oiof, ik. TA v, Estbufi b. ko-p.UeruK*!' Mt» tlns .hinr 1«".
XIII. Herr Büchner and das trockene
Tetanusgift.
Voii I s po/. L. Bringer und Prof, (krl Frfleukol-
t# in N:>. Ä ,1 /r fl.-iliiirr khui-ati'li V.V<«sY1 •«ft- vi.il'll«»*
11,1,1»,( Artikel „D.-r.ilfl •.Ua W-il'Vwftr BAii.'ilig-®l)«fi;-Hw l ’ w ' ll S''l
! ßin* w wtt«ra,. g V W-m.<rkl 15i,oImor H. 74 . ..ddioii ^fcw-rtfW»
; Äim t'Yrlotj AI ui«' •iuiTlifelyltrio Lh.rsMtmm drOr.ruJlieu n ,l * er J^ e |[ u ***
A iJT'k?) ’U t rock.Ai nm Au^intiAt;/ 1 . iu <Ahfv A Jitnnrkun« Ais/J ;- ■ t ' r | i! "jA
• noch hjV^u- ^oat'h ,mu Mat nneh Ori ee-cv *'1 a< TetimUstnO iu
: Fhni! «ewoiihri»; 1 ' ' v . . - , ,
\ MO Aieper BebiUtptnn« Jmlnukt sich Buch nur (l>ji'«hiitsr,om AA;
' S du wir schüft iu »msoreV-CCeton AtiuKmltH^ Tiber Rftd^rK^W
| kUntsdi^ 'Wovimn^nUrift t«Wk 11 in»® Bi> trW die ^
J iroektomn MM»aTtusüiften hmuchlj (bi. 271 i und Vorsuehn TU<h deiJ)o’° *
< f ant>at* > Hr Indien. ■ . r , i
t ] Auch tlüP fun ButJintU' m^eV'.e.ndettY VedhUre-u ^uvlhtmöHUß* »^ /
; { Tetjimm-Ioxullintim^ (AuhhUluu« (Kircll NutrtUH: 3 -AiniUor\iH!u/U(lah«m>'i^.
j i -mdms Ausjuiena und Trd&nuu im Vuc«unirtxMrtfatov lB«v kn öt;J~: ";Vh'•
T i)f ; d. AVi>f,Jj(,iisdu‘. ,1803.' Ko. 24). umcrsdmi.lm. mch wo Am PA‘o Jocu n* t .
iDi cinztdn.'ji v.<u» iu/ybrei- Cilr «kii «JkrHmv Kwcck KumUzku mr ^
u | suulhroH. A)i').ivu' hV>!4dirioh(.5nf:T» MutKmlt’/ kic iienu tjUei jn'-uph - . V /.AA
> ' zur !t tvj*intlArP.td)uiig ; ‘ fa. Biicterinttprthiu'-B tfbeik&äii
> i unp em/ftk4iüug<jimti irVii^r- durJVngTfilluug/tluvch AJMw^iP^ r
- , kUfah und uiiuWul^mliU’ Tiwbuuftir Kn ^Airmum noch m i&fflBß
luth.i ns «:oko m inon M n4
Goi -gle
1. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
XTV. August Hirsch f.
Am 28. vorigen Monats Abends verschied, 76 Jahre alt, nach
längerem Leiden hierselbst der Geheime Medicinalrath Professor
Dr. C August Hirsch, Ordinarius der Geschichte und Litteratur
der Medicin an hiesiger Universität.
Noch vor beinahe Jahresfrist, am 17. Februar vorigen Jahres,
war es dem nunmehr Heimgegangenen vergönnt gewesen, den
höchsten Ehren- und Freudentag, der dem Leben eines Gelehrten
beschieden ist, nämlich die Feier des 50jährigen Doctoijubiläums, in
voller geistiger und körperlicher Rüstigkeit zu begehen. Wer in
der glücklichen Lage war, damals dem ihm in Gemeinschaft mit
drei anderen Jubilaren (Henoch, Langerhans, S. Neumann) zu
Ehren von der Berliner medicinischen Gesellschaft veranstalteten
grossen Festessen im Monopolhötel beizuwohnen und seine längere
Rede zu hören, mochte gewiss nicht ahnen, dass Hirsch schon
heute nicht mehr zu den Lebenden gehören würde. Indessen
bereits vor Beginn des verflossenen Sommersemesters nöthigte ihn
sein ungünstiger Gesundheitszustand, eine Erholungsreise nach Ober¬
italien anzutreten, von der er soweit gestärkt zurückkehrte, um, wenn
auch erst nach Pfingsten, seine Lehrtätigkeit wieder aufnehmen
zu können. Leider ist die Reconvalescenz nicht nachhaltig ge¬
wesen. Denn im laufenden Wintersemester machte die Krankheit,
eia vitiurn eordis infolge von Arteriosklerose, rapide Fortschritte
und nöthigte den verehrten und beliebten Lehrer, unseres Wissens
zum ersten male in seiner mehr als 30jährigen academischen Wirk¬
samkeit, den Unterricht für längere Zeit auszusetzen. Das Schicksal
hat es gewollt, dass Hirsch seinem auf das gewissenhafteste ge¬
übten Berufe für immer Valet geben sollte.
Mit A. Hirsch ist der letzte ordentliche fachmässige Ver¬
treter für Geschichte und Litteratur der Medicin an deutschen
Iniversitäten aus dem Leben geschieden. Sein Vorgänger an der
hiesigen Hochschule war, wie bekannt, der berühmte Historiker und
Epidemiograph Justus Friedrich Karl Hecker (f 1850), dessen
Lehrstuhl jedoch volle 13 Jahre bis zur Berufung Hirsch’s un-
Itesetzt geblieben war.
Leber das Leben und die Arbeiten des Verstorbenen ist aus
verschiedenen Anlässen sowohl in der wissenschaftlichen Fach-,
wie in der Tagespresse, auch in dieser Zeitschrift, mehrfach und
ausführlich berichtet worden. Es ist bekannt, dass August Hirsch,
am 4. October 1817 in Danzig geboren, nach Absolvirung des
nm^T 111 - 8 ? we * ^ a ^ re dem Kaufmannsstande widmete, jedoch
m Leipzig zum Studium der Medicin überging, das er an
luesiger Universität fortsetzte und beendigte. 1843 erlangte er
tuerselhst mit einer seinem Gönner und Wohlthäter, dem früheren
erante am Danziger Krankenhause und späteren Greifswalder
Göttinger Chirurgen Wilhelm Baum, gewidmeten Disser-
ation De larvngostasi exsudativa vulgo Croup vocata“ den Doc-
or. ie ungewöhnlich umfangreiche, gediegene, in classischem
,* ln , a -^ ass ^ e Arbeit, die noch heute lesenswerth ist, verrieth
Li!* a 8 “ ? x un & ue Tonern — durch die zahlreich einge-
i; f . n . en ' gründlichen historisch-pathologischen Bemerkungen die
Belesenheit, den Fleiss, das wissenschaftliche Streben
lifsi Richtung des jungen Doctors. Zunächst
trahim/. " lrsc 1 (1844) in Elbing als Arzt nieder. Jedoch —
p, ms nuai quemque sua fata — Hirsch war zu grösserem geboren,
wilin^n a ! tot se i n i die folgenden, bei Gelegenheit der oben er-
seinpK Fin 4 /ff 1 ! 0 - 1 v ° m damaligen Jubilar selbst „aus dem Roman
tidtät L -w i ln die Wissenschaft“ gegebenen, also volle Authen-
Wio nm V^ n ^ en Behensdaten an dieser Stelle zu reproduciren:
als Knall» „7? mi o (? rossera z u vergleichen, Vesal sich schon
grosse An,," ^eioren von Ratten, Katzen u. s. w. befasste, der
'iiireifpn r * e< v ? n “ a H e r bereits in frühester Jugend sich mit
schon ak lt e f atlSchen ,V rsuchei1 beschäftigte,so haben ihn,Hirsch,
buneen ii firri geographische und historische Lectiire. Reisebescbrei-
wollte er ynn-i ^o^ders interessirt. Nach Beendigung der Studienzeit
bereits im m ^°R an disch-indische Dienste treten und sei
liehe Examp»^ 1 ^ ei f esen > i m Haag zu diesem Zweck das erforder¬
en Dr Sol ha U Indessen die abschreckende Mittheilung
a© Hunfrertnr.ha 8 m a - W., dass er lieber in Deutschland
'eil? habe ihin ur^f n ‘ a s .* n ^ ava a us goldenen Schüsseln essen
““gliseh-ostinili'nh nicllt verfehlt. Nun habe Hirsch der
lind e.s sei ih m S> * en .Gesellschaft seine Dienste als Arzt angeboten,
Dame fü r g p; n „ p^ Wlsc ^ en gelungen, das Interesse einer hohen
^moirs ail fr f , rf i n _, anp 3 gewinnen, die ihn zur Ausarbeitung eines
in rwei kleinan v' e i vorübergehender praktischer Tbätigkfeit
er, u m j- inter Pommerschen Städten (Cörlin und Neustettin)
' erfügung zu hai erailse ! ie r Material für sein Memoir besser zur I
Inanspruchnahmn ^ n ’ ? aca Ranzig übergesiedelt. Infolge grösserer j
,: ^4en der Lt ^«^he Thätigkeit habe er dann den
baftlicii übpp a . wande i F un g ganz fallen gelassen, aber wissen-
nen Gegenstand (angeregt durch einen Aus- !
1 »
Spruch seines Lehrers Schönlein) weitergearbeiietV Als Ergebiilss
dieser Studien seien dann die bekannten monographischen Arbeiten
über die geographische Verbreitung verschiedener Krankheiten
(wie Malariaheber, Lungenschwindsucht), die histoHsch-pathologfr-
schen Untersuchungen über die typhösen Affectiouen; über endemi¬
sches und epidemisches Vorkommen der Ruhr, über das Verhält-
niss zwischen indischer Pest und schwarzem Tod u. a. zustande ge¬
kommen, Arbeiten, die nicht bloss platonische Gefälligfceitsäussehingeh,
sondern aufrichtige Anerkennung von Männern Wie Al ex. v. HunvJ
boldt, Schönlein, Frerichs u. a. fanden. Wesentlich Sei es
ihm (Hirsch) dabei um die Gewinnung und Lieferung ätiologi¬
sch or Aufschlüsse zu thun gewesen. Allmählich sei ör abf deit
Gedanken gekommen, in eine systematische Bearbeitung für die
gesammte Pathologie in dem Sinne einzutreten, wie sie für die
obengenannten Affectionen geleistet war. — Soweit seine Mitfebefc.
lungen. — Es ist bekannt, wie August Hirsch in der Folge
unter Aufwand eines staunenswerten Fleisses sein gelehrtes,äureiher
colossalen Fülle litterarischen Materials aufgebautes, monumentales
Riesenwerk, das „Handbuch der historisch-geographischen Patholo¬
gie“ abgefasst , das seinem Autor mit 'Röcht einen .‘ Weltruf ver¬
schaffte und unmittelbar zu seiner Berufung alsPrbfessor der Medicin
an die Berliner Universität führte,’ Das Werk, das vonVirchow
seinem grossen Sammelwerk über specielle Pathologie üfld : Therapie
einverleibt und auf alle Weise gefördert würde, stand nicht blos
in der deutschen, sondern auch in der inedicinisclien Weltliteratur
in dieser Vollständigkeit und Grossartigkeit lange Zeit unerreicht
da und ist auch heute von keinem ■ anderen ähnlichen Werk .über-;
troffen. Auf eine Schilderung dessen, was-in dem Werk-und-durch
dasselbe geleistet worden ist, kann hier im Rahmen eines: kürzeren
Nekrologs nicht eingegangen werden. Greift man irgend ein Gai
pitel heraus und studirt dasselbe, so findet man nicht nur w
schöpfend orientirende litterarhistorische und geogräphistehe An¬
gaben, sondern ausserdem die scharfsinnigstem ätiologischen Unter¬
suchungen, und man ist erstaunt zu sehen, wie es Hirsch gelpiigqn
ist, ohne Experiment, lediglich, als. ein ex libris doctus >vir (wie
er sich gelegentlich einer Discussion während des Internationalen
medicinischen Congresses nannte), auf Grund statistischer und ander¬
weitiger Berichte und auf dem Wege rationeller Kritik zu sicheren
und später allseitig als richtig bestätigten and anerkannten Gon-“
clusionen zu kommen. So ist er, wie noch kürzlich erst wieder von
Winckel u. a. hervorgehoben wurde, als einer der ersten Apostel
für die anfangs über die Achsel angesehene Semmel weissschc Lehro
von der Entstehung des Puerperalfiebers eingetreten: so ist es ihm zu-,
weilen sogar möglich geworden, das bevorstehende Wiederaufflammen,
gewisser Seuchen, Wie z. B. von Meningitis corebro-spinalisv aüß
ihrem früheren Gang und Auftreten lange vorher zu proguosticiren.
Der Bacteriologie stand A. Hirsch durchaus nicht feindlich
oder skeptisch gegenüber, vielmehr anerkannte er mit dem-seiner,
feinen, zurückhaltenden und kritischen Natur würdigen Maasse von
Enthusiasmus die Grossartigkeit der F^orschungs- und Untersuchungä;
methoden und die, namentlich symptomatologische Bedeutung der»
Lehre jederzeit, warnte aber vor einseitiger Uebertreibung nach
der ätiologischen Seite hin und war der gewiss berechtigten'.An¬
schauung, dass künftige Forschungen über die Biologie idjör ver¬
schiedenen Bacterienarten die Identität dieses Factors mit bezW.
seine Abhängigkeit von anderen bereits bekannten ursächlichen
Momenten der Krankheiten ergeben müssten. . , ‘ '
Dem grossen Handbuche, das in zweiter, wesentlich umgeäi:-
beiteter Auflage (1881—86) eigentlich ein fast neues Werk, dar¬
stellt, folgten später noch zahlreiche, zum Theil sehr umfassend«
Arbeiten, wie z. B. eine Geschichte der Augenheilkunde, das* mit
Wernich, Gurlt uiid anderen Mitarbeitern herausgegebene bio¬
graphische Lexieon hervorragender Aer'Zte, als besonders erWähflens-
wert-h ferner seine mit Vir c ho w zusammen herausgegebenen Jahres¬
berichte, etc. u. v. a., sodass HiTsch als einer der fleissigsten Und
fruchtbarsten Arbeiter auf seinen Specialgebieten gelten darf. Seine
letzte Arbeit ist die, auch in dieser Zeitschrift kürzlich besprochene,,
zum Theil klassisch geschriebene „'Geschichte der medicinischen
Wissenschaften in Deutschland“, die er sich selbst als schönstes
Angebinde zu seinem 50jährigen Doctorjubiläumstage überreichen
durfte. Unermüdlich thätig, wie A. Hirsoli war. mochte er auch jetzt
noch nicht rasten. Schon waren die Vorarbeiten zu einer Geschichte
der Anatomie (wie ich aus privater Mittheilung von seinem Schwieger¬
söhne, dem Königl. Bibliothekar Herrn Dr. Valentin weiss), im
Gange. — Nun hat der Tod auch seinem an Arbeit, wie an Er¬
folgen reich gesegneten Leben das Ziel gesetzt, von dem schon
Horaz klagt: Omnes una manet nox et ealcanda semel via foti;
Dem bescheidenen und anspruchslosen Manne und Gelehrten
sind auch die wohlverdienten äusseren Auszeichnungen und Ehren¬
bezeugungen mannichfaltigster Art nicht versagt geblieben, haupt¬
sächlich in dankbarer Anerkennung der der preussischen Regierung
erwiesenen Dienste, in deren Auftrag er zur Erforschung von Epi-
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Original fram
UNIVERSETY OF MICHIGAN
120
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5
demieen mehrere, Reisen unternommen (zuletzt m Gemeinschaft mit
dem verstorbenen Sommerbrodt nach Astrachan 1 ö 78//9) una
über die Ergebnisse ausführliche Berichte publicirt hat. — W.enn
je einer, so hat Hirsch in seinem Leben das Wort bewahrheitet:
rf.g dperijs npondpot&e i?eoe Idpuna S&yxav. ••
An A. Hirsch verliert die Familie ein sorglich liebendes und
geliebtes Oberhaupt, die Berliner Universität einen wegen seiner
gewandten, klaren, nüchternen, sachlichen und dabei durchaus an¬
regenden Vortragsweise, sowie ob der Liebenswürdigkeit seines
Wesens allgemein hochgeschätzten und verehrten, gewissenhatten,
treuen und fleissigen Lehrer, die Wissenschaft der mediemischen
Historie und Epidemiographio einen ihrer namhaftesten Forscher
und Vertreter, nicht wenige endlich noch einen nicht nur ge¬
lehrten, sondern auch praktisch klugen, gemüthvollen, stets zu¬
gänglichen und wohlwollend eingehenden, namentlich gern mit
seinen Bibliotheksschätzen hilfreichen und, wo er es besonders gut
meinte, aufrichtig und ehrlich auch mit Thaten fördernden Berather.
Sit ei terra levis! _ Pagel.
XV. Kleine Mitteilungen.
— Berlin. Dem Geheimen Medicinalrath Prof. Dr. Henoch ist der
Rothe Adlerorden II. Classe mit Krone und Eichenlaub verliehen worden.
— In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschalt
am 24. Januar wurden zu Schriftführern die Herren Mendel und
L. Landau, zum Bibliothekar Herr Ewald gewählt
— Magdeburg. Der Deutsche Verein für öffentliche Ge¬
sundheitspflege wird seine XIX. Versammlung vom 19. bis 22. Sep¬
tember 1894 in Magdeburg abhalten. Als Verhandlungsgegenstände sind
in Aussicht genommen: Die Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera;
Hygienische Beurtheilung von Trink- und Nutzwasser; Die Noth-
wendigkeit extensiverer Bebauung und die rechtlichen und technischen
Mittel zu ihrer Ausführung; Beseitigung des Kehrichts und anderer
städtischer Abfälle, besonders durch Verbrennung; Abtritts- und Ausguss¬
einrichtungen in Wohnhäusern; Zulässigkeit der Gasheizung in ge¬
sundheitlicher Beziehung.
— Wien. Das Sanitütsdepartement des Wiener Magistrates hat
dom Stadtrath Vorschläge zur Reorganisation des städtischen
Sanitätsdienstes zur Beschlussfassung vorgelegt. ^ Die Zahl der von
der Commune angestellten Aerzte wird nach diesen Vorschlägen mit Aus¬
nahme des Stadtphysikus und seiner beiden Stellvertreter 86 betragen,
und zwar 26 städtische Bezirksärzte (entsprechend den bisherigen „städ¬
tischen Aerzten“), 57 städtische Aerzte für Armenbehandlimg und Todten-
schau (an Stelle der bisherigen Armenärzte) und 3 Physikatsassistenten.
Von den 26 städtischen Bezirksärzten soll den Bezirksämtern der Bezirke
I, IV, VI, VII, VIII, XI — XIX je einer, den magistratischen Bezirks¬
ämtern des III, V, IX, und X. Bezirks je 2, jenem des II. Bezirkes 3 Be¬
zirksärzte als sachverständige Sanitätsorgane, dem Stadtphysikate ein Be¬
zirksarzt zugetheilt werden. Die Todtenschau soll von den neuen „städti¬
schen Aerzten für Armenbehandlung und Todtenschau“ in Gemeinschaft
mit den den Bezirksämtern. zugetheilten Bezirksärzten besorgt werden.
Die erstgenannten Aerzte werden in die Rangclasse zehn (b) und eilf, die
Bezirksärzte in die Rangclasse acht, neun und zehn (a und b) eingereiht
werden. Gleichzeitig wird eine neue Instruction für die Besorgung des
Gemeidesanitätsdienstes in Wien zur Ausgabe gelangen.
— Rom. Der Italienische Ministerrath hat, vorbehaltlich der Ge¬
nehmigung durch das Parlament, die Summe von 30 000 Lire aus dem
Dispositionsfonds für die Kosten des Internationalen medicinischen
Copgresses zur Verfügung gestellt.
— Paris. Mit der Reform des ärztlichen Studiums und der
ärztlichen Prüfung geht man gegenwärtig auch in Erankreich um. Das
Unterrichtsministerium hat vor kurzem der Pariser medicinischen Facultät.
die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob das durch Decret vom 5. Juni
1891 festgesetzte neue Baccalaureats-Examen als genügende Vorbereitung
zum medicinischen Studium zu betrachten sei. Dor durch eine Commission
von fünf Professoren und den Rector repräsentirte Lehrkörper der Facultät
hat jetzt diese Frage nach sorgfältiger Prüfung des Programms, dessen
Hauptpunkt die vollständige Unterdrückung des Studiums der classischen
Sprachen ist, in verneinendem Sinne beantwortet. Der Arzt, so lautete
es in der Begründung des ablehnenden Bescheides, sei sein ganzes Leben
hindurch auf den Gebrauch einer Terminologie angewiesen, die durchweg
dem Lateinischen und Griechischen entstamme, und wenn er sich auch
mit der Zeit eine oberflächliche Kenntniss dieser Ausdrücke aneignen
kann, so bleibe es doch ein peinliches Gefühl geistiger Inferiorität, sich
beständig eines „Handwerkszeugs“ zu bedienen, dessen Ursprung man
nicht kenne. Dieses Gefühl müsse man im Interesse des Staudesbowusst-
seins dem zukünftigen Arzt« zu ersparen suchen. Die Commission erklärte
es ferner für unumgänglich nüthig, dem Studium der alten Sprachen noch
das einer modernen, und zwar der deutschen, beizufügen. Bei dem gegen¬
wärtigen Stande der medicinischen Wissenschaft, die ihre wichtigsten
Elemente aus allen Theilen der Erde zusammentrage, müsse jeder Arzt
ein wenig polyglott sein. Was die Erweiterung des Programms der
Naturwissenschaften betrifft, so hält die Commission diese nicht für
nöthig, da die beiden ersten Semester des Studiums ihnen ausschliesslich
gewidmet seien. Eine gründlichere Vorbereitung in der Mathematik sei
ebenfalls nicht erforderlich.
— London. In der Jahresversammlung der British Medical
Association in Nottingham im Jahre 1892 wurde beschlossen, dass weib¬
lichen Aerzten die Erwerbung der Mitgliedschaft der Gesellschaft ge¬
stattet werden solle. Nachdem inzwischen eine dementsprechende Sta¬
tutenänderung vorgenommen und im vorigen Jahre in der Jahresversamm¬
lung in Newcastle genehmigt worden, sind jetzt zwanzig weibliche Aerzte
als vollberechtigte Mitglieder in die Gesellschaft aufgenommen.
— St. Petersburg. Der Minister für Volksaufklärung beabsichtigt
das medicinische Studium für Frauen wieder einzuführen.
_ Universitäten. Berlin. Privatdocent Stabsarzt Dr. Pfeiffer
ist zum Professor ernannt. — Strass bürg. Der frühere Professor der
Pharmakologie und Hygiene an der Universität Strassburg, Dr. Strohl.
ist 'gestorben; — Wien. Der Privatdocent der Hygiene Dr. Adolf
Herder ist gestorben. Der Privatdocent Dr. Jos. Schaffer ist zum
ausserordentlichen Professor der Histologie an der Universität Wien
ornannt. — Innsbruck. Der Privatdocent an der technischen Hoch¬
schule in Brünn und Prosector an der dortigen Landeskrankenanstalt
Dr. Ludwig Kerschner ist zum ausserordentlichen Professor der
Histologie und Entwicklungsgeschichte an der Universität Innsbruck
ernannt. — Krakau. Der Professor für Geburtshülfe und Gynäkologie
Dr. v. Madurowicz ist gestorben. — Genf. Der ordentliche Professor
der Physiologie an der Universität Genf, Dr. Moritz Schiff feierte am
24. Januar sein fünfzigjähriges Doctorjubiläum. — Rom. Prof. L. Luciani
in Florenz ist als Nachfolger M o 1 e s ch o t t’s auf den Lehrstuhl der Physiologie
nach Rom berufen. Sein Nachfolger wird Dr. Fano in Genua. — Bologna.
Dr. L. Sabbatini hat sich als Privatdocent für Materia medica und Pharma¬
kologie habilitirt. — Neapel. Dr. F. Gianturco hat sich als Privatdocent
für pathologische Anatomie habilitirt. — Pisa. Dr. D. Bertelli hat sich
als Privatdocent für Anatomie habilitirt. — Turin. Dr. A. Catterina
hat sich als Privatdocent für Chirurgie habilitirt. — Belfast. Dr. Johnson
Symington in Edinburgh ist zum Professor der Anatomio an Queens
College ernannt. — Boston. Dr. Collins Warren ist an Stelle von
Cheever zum Professor der Chirurgie, Dr. W. T. Porter, Professor am
St. Louis Medical College zum ausserordentlichen Professor der Physiologie
an Harvard Univorsity ernannt.
— Die durch den Tod des Geheimen Sanitätsraths Dr. S. Gut t in an»
erledigte Redaction des Jahrbuchs für praktische Medicin (Stuttgart.
F. Enke) ist von Dr. J. Schwalbe übernommen worden. Im Interesse
einer vollständigen Berichterstattung wird es dankbar begrüsst werden,
wenn Verleger und Autoren Recensionsexemplare (Bücher, Separatabzüge)
mit dem Vermerk „Jahrbuch für praktische Medicin“ an die Redaction
einsenden wollen. __
XYI. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u.s.w. Klinisches
’ Jahrbuch. Im Aufträge Seiner Excellenz des Herrn Ministers der geist¬
lichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten unter Mitwirkung der
Vortragenden Räthe Prof. Dr. C. Skrzeczka und Dr. G. Schönfeld
herausgegeben von Prof. Dr. A. Guttstadt. V. Band. 490 S. 6 Tafeln.
16 Mk. Berlin, Jul. Springer, 1894.
Realencyclopädie der gesammten Heilkunde. Medicmisch-
chirurgisches Handwörterbuch für praktische Aerzte. Herausgegeben von
Prof. Dr. Albert Eulen bürg. Dritte Auflage. I. Band: Aachen — Anti¬
sepsis. 724 Seiten. Mit 69 Illustrationen in Holzschnitt und einer Farben-
, drucktafel: Abdominaltyphus. Preis pro Band 15 Mark. W ien und Leipzig.
Urban & Schwarzenberg.
Jahrbuch der Wiener k. k. Krankenanstalten. Heraus¬
gegeben von der k. k. n.-ö. Statthalterei. I. Jahrgang, 1892. 1041 S.
i Wien und Leipzig, Wilh. Braumüller, 1893.
VII. Jahresbericht des Frauenvereins zur Unterhaltung
des Wöchnerinnenasyls für bedürftige Ehefrauen in Mann¬
heim über das Jahr 1893. Mannhein, Max Hahn & Co., 1894.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. Atlas der
pathologischen Gewebelehre in mikrophotographischer Dar-
i Stellung. Herausgegeben von Dr. Carl Karg und Dr. Georg Schmorl.
Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Birch-Hirschfeld. V. und VI. Liefe¬
rung, Tafel XII, XIX bis XXVII. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1893.
Arzneimittellehre und Arznei verordnungslehre. H. Thoms,
Arzneimittel der organischen Chemie. Für Aerzte, Apotheker und
Chemiker. 174 S. 3,60 Mk. Berlin, Jul. Springer, 1894.
Augenheilkunde. Bericht über die XXIII. Versammlung der
Ophthalmologisclien Gesellschaft, Heidelberg 1893. Redigirt
durch W. Hess und W. Zehend er. 258 S. Stuttgart, F. Enke, 1898.
Balneologie. W. Francken, Menton, Station climatique
d hiver, sous le rapport mddical et pittoresque. 150 S. Paris.
Societ6 d’Editions scientifiques, 1894. . ,
Chirurgie. J. F. Horne, Trephining in its ancient and
modern aspect. 133 S. London, John Bale & Sons, 1894.
A. v. Eiseisberg, Uebor die äusseren Bedingungen und die
socialen Indicationen für chirurgische Operationen. Antritts¬
vorlesung, gehalten am 2. October 1893. 27 S. Wien. Wilh. Braumüller.
1893.
Vaoante Stellen:
Die Physikate des Kreises Jork und des Stadt- und Landkreises
Hagen, die Kreiswundarztstellen der Kreise Belgard, Moers und Lose.
(Die übrigen Personalien siehe im Inseratentheil.) . _
Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W.
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Gck igle
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
8. Februar 1894.
jtf e.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHKIET.
lt Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lützowstr. 60a. Potsdamerotr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. SL
Bemerkungen zu den „Grundzügen für die Neugestaltung der medicinischen Prüfungen. 1 '
Von E. du Bois-Reymond.
Indem ich mich billig der Beurtheilung der ,Grundzüge 4 ent¬
halte, welche sich auf die praktischen Fächer beziehen, halte ich
mich eher für zuständig, über den propädeutischen Theil der Prü¬
fungen ein Wort mitzureden, in welche mich seit bald vierzig Jahren
als Examinator fungire. Indess greifen die Bedenken, welche ich
glaube nicht verschweigen zu sollen, mehrfach auch in das Gebiet
der ärztlichen Prüfung über.
Die erste Bemerkung, die ich zu machen finde, und zugleich
die fundamentalste, betrifft die Aufhebung des anatomisch - physio¬
logischen Abschnittes der ärztlichen Prüfung. Ich halte die Bei¬
behaltung dieses Abschnittes für unbedingt nothwendig, wenn nicht
ilie wissenschaftliche Bildung unserer künftigen Aerzte auf das
Empfindlichste geschädigt werden soll. Je erstaunlichere Fort¬
schritte die Mcdicin im grossen und ganzen während des letzten
halben Jahrhunderts gemacht hat, um so onger sah man sie sich
ihren natürlichen Grundlagen, der Anatomie und Physiologie des
gesunden Organismus, anschliessen, und um so wichtiger ist es
für den Arzt, diese Grundlagen sich gegenwärtig zu halten und
auch deren Fortschritten einigermaassen folgen zu können. Wenn
die Mediciner nach bestandener anatomisch-physiologischer Vorprü¬
fung sich nicht mehr um Anatomie und Physiologie zu kümmern
brauchen, werden sie sehr bald darin, besonders in Anatomie, be¬
denklich unwissend werden, denn das anatomische Wissen ist, weil
es darin an ursächlich logischen Verknüpfungen fehlt, grossentheils
reine Gedächtnisssache und lässt sich nur durch öftere Anschauung
und Vergegenwärtigung einprägen. Das meist recht dürftige Er¬
gebnis des anatomisch - physiologischen Prüfungsabschnittes bei
der jetzigen Examensordnung lässt einen traurigen Ausgang vor-
ersehen, wenn erst dieser Abschnitt ausgefallen sein wird. Keine
erschärfung der alsdann einzig übrigbleibenden anatomisch - phy¬
siologischen Prüfung kann diese verderbliche Folge abwenden.
knie andere Bemerkung bezieht sich auf No. 7 der „allge¬
meinen Gesichtspunkte“: „Das Ziehen von Aufgaben, wie es bis-
cr ei verschiedenen Abschnitten der ärztlichen Prüfung vorge-
iäh!J e en r W ? r ’ luftig weg. 44 Ich muss nach meiner lang-
FpM^-fr , _ run S diese Maassregel für einen beklagenswerthen
nriimo er ^ ären - D. as Ziehen der Aufgaben, wie es dem Ver-
moiir n n d- 1 , auc ^ kei den Officiersprüfungen stattfindet, hat nach
künn! ren * ausserordentliche Vortheile. Die Candidaten
ein h • j n ^ ema l s darüber beschweren, dass der Examinator
auch CrS ? c ^ w ^ er ^. es Thema gewählt habe; sie können
ihnen kV *! U8 * r £ en< * einem Grunde darauf rechnen, in einem
kehrt n eso11 1 rs ^sagenden Thema geprüft zu werden oder umge¬
be wissp V °? ere ^ €t . au ^ e * n Thema in die Prüfung gehen, weil
sind . n \ dla,ss in dem vorigen Termin vorgekommen ist. Sie
'Wb™ n nem v or K * n d * e unbestechlichen Hände des Geschicks
niata o-i P ; .1 ^ ^ xam inator seinerseits sind auch nicht alle The-
IJijI, ArLu qn( ? m l i nd an genehm zu behandeln. Fast unvermeid-
prüft- p i. er im „ kaufe der Zeit das Feld ein, aus welchem
wovon dann ö ^ er . au ^ dieselben Lieblingsgegenstände zurück,
durch (lipeo dle .^enntmss bald unter die Candidaten, und theils
.Ei npail i . s durch die Zuhörer, auch bei den sogenannten
Widerliche u 8l< -? ver breitet. Ich bezweifle, dass ohne ganz ab-
[jeriode mit e ? 1Uaua ^ eiu Examinator während einer Prüfungs-
so vollst^fufr ? ra S en das gesammte Gebiet der Physiologie
K absuchen wird, wie es durch unsere 26 Loose ge¬
schieht. Aus diesen Gründen gab mir, als ich vor Einführung des
Ziehens von Aufgaben in der ärztlichen Prüfung zu examiniren
anfing, ein älterer College den Rath, nach jedem Examen zu no-
tiren, worüber ich geprüft hätte, was ich auch bis heute bei der
ärztlichen Vorprüfung geübt habe, ohne dadurch, wie ich gestehen
muss, gegen den obigen Fehler völlig gesichert zu sein.
No. 6 desselben Abschnittes lautet: „Alle mündlichen Prüfungen
sind insoweit öffentlich, als . . . keine Unzuträglichkeiten daraus
hervorgehen. 44 Bei der Vorprüfung, bei welcher nicht geloost wird,
findet nun in der That ein oft bis zur Unzuträglichkeit sich
steigernder Zudrang statt. Bei der physiologischen Prüfung in der
ärztlichen Prüfung, wo geloost wird, findet sieh niemand ein. Bei
der Vorprüfung kommt es, trotz allen Verwarnungen von Zeit zu
Zeit immer vor, dass stenographirt wird. Zu welchem Zwecke,
erfährt der Examinator, wenn er später bei passender Gelegenheit
die von ihm selber gegebenen oder berichtigten Antworten auf
seine Fragen wörtlich zu hören bekommt.
Die Spaltung der bisherigen Vorprüfung in eine naturwissen¬
schaftliche und in eine anatomisch-physiologische Prüfung hat beim
ersten Blick etwas Bestechendes, indem es scheint, als würden die
Mediciner, unzerstreut durch die sie näher «angehenden und stärker
anziehenden anatomisch-physiologischen Gegenstände, sich mit
ganzer Kraft der Physik und Chemie, Zoologie und Botanik zu¬
wenden und um so besser vorbereitet in das Studium der Anatomie
und Physiologie eintreten. Auf der anderen Seite lässt sich geltend
machen, dass sie nicht begreifen werden, wozu sie sich mit Physik
abgeben sollen, da ihnen die Probleme noch völlig fremd sind, zu
deren Auffassung und Lösung Physik nöthig ist, und dass ohne
eine gewisse Einsicht in den Bau des menschlichen Körpers die
vergleichende Anatomie, die Zoologie und die Palaeontologie ihnen
ein verschlossenes Buch bleiben werden. Unter diesen Umständen
ist sehr zu fürchten, dass sie nach wie vor während der ersten Se¬
mester sich dem Genuss der akademischen Freiheit hingeben möchten.
Meines Erachtens sollten sie mit Osteologie, mit Botanik und all¬
gemeiner Chemie in das Studium der organischen Natur eingeführt
werden, denen dann Zoologie, Anatomie, Physik und Physiologie
zu folgen hätten. Wie übrigens diese Disciplinen in die fünf dazu
bestimmten Semester am besten unterzubringen seien, lässt sich
nicht ohne weiteres und allgemeingültig festsetzen, da es davon
abhängt, ob das Studium zu Ostern oder im Herbst begonnen
wird, und wie an der betreffenden Universität die Docenten
ihre Vorträge eingerichtet haben. Am besten wird es sein, eine
Vorprüfung beizubehalten, in welcher wie bisher in Botanik und
Zoologie, Physik und Chemie, Anatomie und Physiologie geprüft
wird, zu welcher aber erst nach zurüekgelegtem fünften Semester
Zutritt gestattet ist, indem am besten hier für die abzuleistende
Dienstpflicht Raum gelassen würde.
Ein Punkt, auf den ich bei dieser Gelegenheit abermals die
Aufmerksamkeit zu lenken wünsche, ist die ungemeine Wichtig¬
keit, welche gegenwärtig die Anfangsgründe der analytischen Geo¬
metrie für die Physiologie erlangt haben. Seit den Arbeiten von
Ludwig, von v. Helmholtz und anderen kann man bekanntlich
kein physiologisches Handbuch, keine solche Abhandlung mehr au -
schlagen, ohne dass das Auge auf Curven fällt, welche dem Kun¬
digen mit einem Blick das Gesetz der Erscheinungen vorfuhren,
es handle sich um so handgreifliche Vorgänge wie Athmung, Kreis-
Original fro-m
UNIVERSITf OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
122
lauf, thieriscke Wärme, oder um die letzten Geheimnisse der all¬
gemeinen Muskel- und Nervenphysik. Die Einführung jener so
fruchtbaren und doch so leicht fasslichen Anfangsgründe in das
mathematische Pensum der Prima der Gymnasien ist unbegreif¬
licherweise von der zuständigen Behörde untersagt worden. Unsere
Mediciner kommen also zum physiologischen Studium, ohne die
Worte Abscisse und Ordinate gehört zu haben. So lange dieses
seltsame Verbot besteht, bleibt in ihrer Vorbildung eine Lücke,
auf welche ein Hinweis in diesen „Grundzügen“ nicht schaden
könnte.
Anstatt die anatomisch-physiologische Prüfung aus der ärzt¬
lichen Prüfung zu verbannen, die anatomisch-physiologische Vor¬
prüfung selber aber zu spalten in einen theoretischen und einen
praktischen Theil, würde ich vorziehen, den anatomisch-physiologi¬
schen Abschnitt wie gesagt der ärztlichen Prüfung zu erhalten,
aber zwischen diesem Abschnitt in der Vorprüfung und in der ärzt¬
lichen Prüfung den Unterschied zu setzen, dass in jener dieBeliandlung
des Gegenstandes eine mehr theoretische, in dieser eine mehr prak¬
tische sein solle. Die Anatomie würde erst hiervon der topographischen
Seite aufzufassen sein, deren ganze Bedeutung dem angehenden
Arzte auch nun erst eingeleuchtet haben wird. Was die
,Grundzüge 1 in dem praktischen Theile des physiologischen Ab¬
schnittes ihrer anatomisch - physiologischen Prüfung von dem
Candidaten verlangen, scheint mir viel zu viel zu sein. Man sollte
ihm und sich Glück wünschen, wenn er mit Thermometer, Spiro¬
meter, Laryngoskop, Spectroskop umzugehen weiss, vielleicht gar ein
Daniell’sches Element zusammenzustellen, ein Inductorium in Gang
zu setzen, einen Nerven zu tetanisiren gelernt hat. Ob er auch
müsse einen Augenspiegel, ein Ophthalmometer, ein Sphygmo-
graphion zu gebrauchen wissen, erscheint mir sehr zweifelhaft, ja
ich zöge vor, dass er in Fällen, wo solche Hilfsmittel nöthig sind,
lieber an einen Specialisten sich wende, anstatt sich auf seine eigene
halbe Geschicklichkeit zu verlassen. Die Forderungen im chemisch¬
praktischen Theil gehen gleichfalls zu weit. Dass der Candidat
„mit der qualitativen Untersuchung des normalen wie pathologi¬
schen Harnes wohl vertraut sei, dass er mindestens die titrime-
trische Bestimmung der normalen und pathologischen Harnbestand-
theile, sowie die einfachsten gewichtsanalytischen Bestimmungen
ausführen könne,“ halte ich für ein unerreichbares Ideal, und über¬
dies die praktische Durchführung solcher Prüfung für so zeitrau¬
bend und mühsam, dass bei der Zahl der Candidaten, die wir in
Berlin haben, nicht daran zu denken ist. Ich würde auch hier
Loose ziehen lassen, mit Aufgaben etwa wie folgende: Eiweiss-
reactionen, Darstellung von Harnstoff aus dem Harne, Bestimmung
des Harnstoffes nach Liebig, Nachweis von Zucker nach Trom-
mer, quantitative Bestimmung des Zuckers mittels des Polari-
skops, Nachweis von Harnsäure, Biliphäinprobe u. d. m.
Indem die Untersuchung des Harnes auf pathologische Be-
standtheile in die praktisch-physiologische Prüfung als Theil der
ärztlichen Prüfung verlegt wird, fällt die Schwierigkeit fort, zu
deren Beseitigung die ,Grundzüge 4 einer besonderen Bemerkung
bedurften, dass nämlich der Candidat mit der Untersuchung des
pathologischen Harns vertraut sein soll, obwohl er noch keino
Pathologie getrieben hat.
Ich sehe keinen Grund dafür, die Zahl der zu einem Vor¬
prüfungstermin vorzuladenden Candidaten auf zwei zu beschränken.
Die Zahl der Termine wird dadurch in einer für den Examinator
lästigen Weise unnütz vergrössert. Wird nicht geloost, so gewährt
eine grössere Zahl von Examinanden eine ihnen wohl zu gönnende
Erleichterung, indem die später daran Kommenden Zeit haben,
sich auf das vom Examinator angeschlagene Thema zu besinnen.
Wenn, was sich leicht ereignet, von den beiden Eingeladenen einer
ausbleibt, und keine Zuhörer zugegen sind, muss der Termin aus-
fallen, da ohne Zeugen nicht geprüft werden kann. Ich würde Vor¬
schlägen zu setzen, die Zahl solle in der Regel nicht grösser sein
als vier, aber mindestens zwei betragen.
Ebenso wenig sehe ich einen Grund für die Bestimmung, dass
jeder Candidat in der Regel 40 Minuten zu prüfen sei. Die Dauer
der Prüfung kann füglich dem Examinator überlassen bleiben. Er
wird meistens binnen 10 Minuten wissen, woran er ist, und wenn
er mit dem Candidaten zufrieden ist, gern noch andere 5 oder
10 Minuten zugeben, um sich zu vergewissern, ob er ein blosses
„genügend“ zu einem „gut“ oder gar „sehr gut“ steigern dürfe;
während er im anderen Falle die Prüfung wohl auf eine halbe
Stunde und mehr ausdehnen wird, ehe er sich zu einem verhängniss-
vollen „ungenügend“ oder gar „schlecht“ entschliesst.
Bei der bisherigen Vorprüfung (Bundesraths-Verordnung vom
2. Juni 1883) hatte, wer in einem Hauptfache, oder in Zoologie
und Botanik, das Prädicat „ungenügend“ oder „schlecht“ erhielt,
die Prüfung einfach in dem nicht bestandenen Fache zu wieder¬
holen. Er konnte dies beliebig oft mit beliebig vielen, ja sämmt-
liclien Fächern in Zeitabständen bis zu sechs Monaten thun, wofür
er nur immer wieder 10 Mark zu entrichten hatte. Die Prüfung hatte
somit die sehr merkwürdige Besonderheit, dass man darin nicht
durchfallen konnte, und dass, wenn nach mehreren Jahren vielleicht
„mit Hängen und Würgen“ der Candidat in allen Fächern be¬
standen hatte, er ein Zeugniss erhielt, welches von dem eines
Candidaten, der im ersten Anlauf siegreich durchgekommen war,
sich in nichts unterschied und keine Spur von der schmählichen
Art an sich trug, wie es erworben war. Es ist zu wünschen und
zu hoffen, dass, wenn, worauf ich den grössten Werth lege, die
ärztliche Vorprüfung in ihrem jetzigen Umfange bestehen bleibt,
in Bezug auf die Wiederholung nicht bestandener Fächer Bestim¬
mungen getroffen werden, welche das soeben geschilderte un¬
würdige Spiel unmöglich machen.
Ob im Sommer die anatomische Prüfung abgehalten werden,
kann, so dass die Meldungen dazu bis zum 1. April zulässig seien,
müssen die anatomischen Examinatoren entscheiden.
Um den gesteigerten Anforderungen an den physiologischen
Unterricht zu genügen, werden schliesslich erhöhte Geldmittel
nöthig sein.
Berlin, 31. Januar 1894.
I. lieber den Vorgang der Heilung des Malariafiebers durch Chinin. 1 )
Von Professor C. Binz in Bonn.
In der gemeinschaftlichen Sitzung beider Sectionen vom
4. April 1867 berichtete ich über meine ersten Untersuchungen,
die das Zustandekommen der Malariafieberheilung durch Chinin
betrafen. Bis dahin galt ganz allgemein die Ansicht, das Chinin
heile das Malariafieber vom Nervensysteme aus; die Art und Weise,
wie das geschehe, war vollkommen räthselhaft, und was darüber
an Hypothesen aufgestellt wurde, unklar und verschwommen.
Demgegenüber konnte ich bald nachher auf Grund einer Reihe
von experimentellen weiteren Untersuchungen folgende Sätze auf-
steilen^:
1) Das Chinin heilt das Malariafieber durch direktes
Einwirken auf dessen Ursache, die wahrscheinlich ein
niederster Organismus ist; 2) das Nervensystem und der
Kreislauf haben mit dieser Heilwirkung etwas wesent¬
liches nicht zu thun; 3) mit jener Ursache fallen sämmt-
liche Folgen von selbst fort, also die intermittiren-
den Anfälle, die Milzschwellung, die Blutarmuth und
anderes; 4) für die Zellen des Menschen ist das Chinin ein
viel geringeres Gift als für die Ursache der Malariafieber.
Diese Thesen fanden manche Zustimmung, aber noch mehr
Widerspruch, und vor allem machten verneinende Nachunter-
‘) Vortrag, gehalten in der medicinischen Abtheilung der Niederrhein.
Ges. für Natur- und Heilkunde in Bonn.
a ) Vgl. die Zusammenstellung der Chiniu-Litteratur bei A Eulen¬
burg, Real-Encyklopädie d. ges. Heilkunde 1885, IV, 174.
suchungon sich geltend. Wenn es mir auch jedesmal gelang,
deren Fehler im Experimentiren und in den Schlüssen klarzulegen,
so konnte natürlich doch eine endgiltige Entscheidung über die
Richtigkeit des ersten Theiles meiner Behauptungen nicht getroffen
werden, bis man den von mir vorausgesagten Parasiten der Malaria
gefunden und als Krankeitsursache erwiesen hatte.
Das geschah 1880 durch den französischen Militärarzt La-
veran in Algerien. Er erkannte den Parasiten als eine Amöbe,
die in die rothen Blutkörperchen eindringt, sich auf deren Kosten
vergrössert, darin sporulirt und die Körperchen zerstört. Anfangs
setzte man den Angaben des genannten Forschers grosses Miss¬
trauen entgegen, allein allmählich wurden sie so vielfach und so über¬
einstimmend bestätigt, dass ein Zweifel daran jetzt nirgendwo besteht.
Laveran hat auch die Wirkung des Chinins auf den Para¬
siten geprüft. Er sah, was ich 1867 für die Protoplasmen der
Pflanzenjauche überhaupt gefunden hatte, dass der Zusatz von
Chinin die Malariaamöbe schon in grosser Verdünnung angreift
und lähmt. Das wurde von anderen Beobachtern bestätigt. Allein
zwei Einwände von scheinbarer Berechtigung erhoben sich dagegen:
Als man die Verdünnung des Chinins im Verhältnis seiner
Auflösung in den Säften eines erwachsenen Menschen nahm und
so mit dem Blutstropfen mischte, gewahrte man nicht nur keine
Tödtung der Amöbe zu Anfang, sondern im Gegentheil eine Ver¬
stärkung ihrer protoplasmatischen Bewegungen. Das rechtfertigt
jedoch keinen Widerspruch, denn auch an Infusorien der Pflanzen¬
jauche habe ich das beschrieben. Es ist eine Eigenschaft der
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
8. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
123
allermeisten stark verdünnten Lähmungsgifte, die von ihnen ge¬
troffene Zelle zuerst in einen Zustand der Reizung zu versetzen,
der dann früher oder später in den der Lähmung übergeht. "Wer
mit der hierzu nöthigen Zeit rechnet, sieht das auch beim Chinin
und der Malariaamöbe, wenn or mit grossen Verdünnungen ar-
Rer zweite Einwand war womöglich noch haltloser. Man
hutte das Blut mit destillirtem Wasser oder mit Kochsalz versetzt
und gewahrte auch davon ein Absterben der Amöbe. Darüber ver¬
wunderte mau sich und sagte, wenn zwei so „indifferente* 4 Mittel
die Amöbe vernichten, so gebe es keine Berechtigung zu weiteren
Schlüssen, wenn auch das Chinin das thue. Dabei übersah man,
dass destillirtes Wasser ein Gift für freies Protoplasma ist und
keineswegs eine indifferente Substanz, und dass auch eine stärkere
romentratiou Kochsalz als die, worin das Protoplasma entstanden
ist und worin es lebt und sich fortpflanzt, ihm zum Gifte wird.
Leichte Malariafieber durch Eingeben von Kochsalz zu heilen, ist
eine alte und oft erprobte Maassregel.
Alle Beobachter sind jetzt darüber einig, dass die Malaria-
parasiton durch den Gebrauch des Chinins aus dem Blute des
Kranken verschwinden und dass sie in den perniciösen Fällen, die
durch Chinin nicht geheilt werden, darin verbleiben.
ln neuester Zeit wurde dies Verhalten besonders eingehend
untersucht, Mannaberg, der Assistent NothnageFs, bekam seitens
i|i*s Professorencollegiums der Wiener medicinischen Facultät den
Auftrag und die Mittel, in den fieberreichen Gegenden Oesterreichs,
in Istrien, Dalmatien, Slavonien, eigene Untersuchungen über das
Wesen der Malaria und ihre Heilung anzustellen. Er hat seine Er¬
gebnisse in einer Monographie niedergelegt 1 ). Es heisst darin:
.Da auf direktem Wege die Chininwirkung nicht mit ge¬
nügendem Erfolg studirt werden konnte, unternahm ich es, die
Parasiten im Blute von Kranken, welche mit Chinin behandelt
worden sind, ,zu untersuchen und dabei den Structurverhältnissen
'Pr 'hininisirten Parasiten besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Ziemlich zu gleicher Zeit und unabhängig von mir hat Roma-
nowsky mit seiner Färbemethode denselben Weg betreten. Schliess-
lili haben Baccelli, Golgi, Marcliiafava und Bignami im
Anschluss an die Chinintherapie methodische, in kurzen Intervallen
ausgeführte Untersuchungen des nativen Blutes vorgonommen und
auf diesem Wege die Frage der Chininwirkung zu lösen versucht.“
J)as Ergehn iss dieser sämmtlichen Untersuchungen (vergleiche
i 1 110 bis 181 und die zugehörigen Tafeln) ist nun übereinstimmend
'fees, dass man bei Malariakranken schon wenige Stunden nach
‘kr Aufnahme des Chinins die Parasiten in einem gestörten, dem
raschen Zerfall zueilenden Zustande antrifft, dass sie ihr specifisches
•rmögen der Aufnahme gewisser Farbstoffe verloren haben, und
'las> ihren Sporen, falls deren Bildung noch geschehen konnte, die
ämgkeit genommen ist, sich zu neuen Amöben zu entwickeln,
urz. eine in der verschiedensten Weise und in mannigfacher Form
" r '«inbare giftige Wirkung des Chinins auf die Parasiten, die
na | anfänglicher Steigerung der Protoplasmabewegungen sehr
und y l übergeht bis zur vollständigen Lähmung
• H‘er noch einige Einzelheiten nach genannter Quelle. Gleieh-
j r] le , (le ^nlnriafieber verschieden sind in ihrer Periodicität und
\n! T™ ' er ^ au ^: so ^ndes auch die sie hervorrufenden Parasiten.
‘,} t _ e ff u ^firen auf Chinin die kleinen amöboiden Formen der
lj en ^Ntidiana. Die Verabreichung von 0,5 Chinin genügt, um
:" n drei Kunden die Färbefähigkeit des Nucleolus bei vielen zu
jo <■;? u ? ( *^r Protoplasma bröcklich zu machen. Nach weiteren
'erwehrt e Ü- nur noc ^ verelnze ^ e Parasiten anscheinend un-
’ , le übrigen sind verschwenden oder in Bruchstücken
"‘»erhalb der Blutkörperchen zu sehen.
Um r* e r ™ a( '^ 1,äp ” en Piff^ntirten Formen der Tertiana und Quar-
.^ 1 : . erier ® n gleichfalls den Nucleolus, wehrend der bisher hell
aurfi h; 116 i er S färben kann; es verwischt sich also
erwach«*" ,ias , k truc 'turbild der Körperchen. Nebstdem erleiden die
nuiiren* ^ ^°P len ailc h noc b andere bemerkenswerthe Verände-
kr WÖi -* eae . Körper, die der Sporulation nahe sind, werden in
In , r pi. öe beeiatr äehtigt, dass die Sporulation mangelhaft erfolgt.
} r äparaten sieht man, dass die meisten Sporen blos
k'W™.! fi A" d k . d “en Nucleolus besitzen; in manchen Sporu-
wswstatt 'T c ' Q( ^ en noc ^ eln zelne lebenskräftige, mit Nucleolus
Uhininwirk 6 ^ P ° lcn zwisc ‘ben den zahlreichen todt geborenen. Die
äu.s,(. ni , Ung au f die grössten Formen kann sich ferner darin
i3 ' ltr kon 0 ^ t ^ eSe 8 ^ er ^ bleiben und überhaupt nicht sporuliren;
Kxt-rn|)iarJ, m man diese grossen Körper in einzelnen
_____ noch d—4 Tage nach eingeleiteter Therapie im Blute
L ! ie Malariuparasiten. auf Grund fremder und
•U Holder. ^93 Un ^ en dargestellt. Mit vier Farbentafeln. Wien,
findet: sie sind nicht abgetödtet, denn sie bew-egen sieh noch leb¬
haft, aber sie sind der Fähigkeit beraubt, sich fortzupflanzen, und
gehen bald zugrunde. Der höchste Grad der Chininwirkung besteht
in der Zerreissung der Parasiten. Man sieht in vielen Blutkörperchen,
ebenso auch frei im Plasma die Trümmer dieser Körper.
Die vorbauendo Wirkung des Chinins, die besonders vou
C. Graes er beschrieben wurde (Berliner klin. Wochensehr. 1888,
No. 43 und 52), erklärt sich von denselben Thatsachen aus. Das
Chinin wird nur langsam und grössteutheils unverändert aus dem
Blute ausgeschieden, und die eingedrungene junge Amöbe findet
also das Gift schon vor, das ihre Entwickelung und Vermehrung
hemmt.
Die gesammte Litteratur des Gegenstandes ist bei Manna¬
berg in 216 Nummern niedergelegt.
La v er an hat den Inhalt meiner Abhandlungen auf Gruud
eines ganz sinnlosen Referates von Bochefontaine aus dem Jahre
1873 zweimal in grösster Entstellung w r iedergegeben und dem¬
gemäss einer unrichtigen und ungerechten Kritik unterworfen. Ich
habe darauf durch wörtliches Vorführen und Vergleichen der be¬
treffenden Originalpassus in der Berliner klinischen Wochenschrift
1891, No. 43 geantwortet und kann nur annehmen, dass Boche¬
fontaine unsere Sprache wenig und dass Laveran sie gar nicht
verstand, als beide ihre Thorheiten über meine angeblichen Resul¬
tate und Meinungen niederschriebeu.
Betreffs der Leukocyten des menschlichen Blutes stellt
Mannaberg auf Grund seiner und fremder Beobachtungen und Ver¬
suche folgendes auf:
Bei der freiwilligen Heilung der Malariafieber scheinen in der
That die farblosen Blutkörperchen als Pliagbcyten eine Rolle zu
spielen; bei der Heilung durch Chinin ist ihre Mitwirkung nicht
nöthig und nicht annehmbar, weil das Chinin auf sie in ähnlicher
Weise w irkt w r ie auf Malariaamöben. Dafür sprechen unter anderm
die Untersuchungen von Golgi, der eine Abschw'ächung des Phago-
cytismus im Blute nach Cliininaufnalnne direkt gesehen hat.
Unsere Kenntniss vom Zustandekommen der Malariafieber-
heilung durch Chinin ist heute also in der Hauptsache fertig, und es
giebt darin seitens der Forscher, die mit einem genügend grossen
Material gearbeitet haben, keine Meinungsverschiedenheit mehr.
Wo eine solche besteht, erstreckt sie sich nur auf nebensächliche
Dinge. Mannaberg nennt diesen Stand der Lehre eine glänzende
Rechtfertigung dessen, was ich seit 1868 betreffs des Wesens der
Chininwirkung gelelirt und verfochten habe. Diese endliche Klärung
einer Jahrhunderte alten Streitfrage entschädigt mich für alle die
unweisen Urtheile und fehlerhaften Nachuntersuchungen, die ich in
der Chininangelegenheit mehr als bei einem meiner anderen Arbeits¬
themata auszuhalten hatte.
n. Lepra und Syringomyelie.
Von Dr. E. v. Düring in Konstantinopel,
Prof, für Dermatologie und Syphilis an der Ecole Imperiale de medecine.
Einleitung. Die grossen Fortschritte der Nervenpathologie
müssen der Erkenntniss der pathologischen Veränderungen bei der
Lepra, die sich durch die hervorragende Betheiligung des Nerven¬
systems auszeichnet, besonders zugute kommen.
Andererseits müsste das klinische sowohl wie das anatomische
Studium der in Betracht kommenden Organe bei Leprösen sicher¬
lich die Nervenpathologie sehr fördern.
Es ist zu bedauern, dass da, wo die Möglichkeit zu derartigen
Untersuchungen vorhanden ist, die Lepra und damit die Kenntniss
derselben selten ist, und dass z. B. hier im Orient, wo wir Lepra
so häufig beobachten, eine Autopsie fast zu den Unmöglichkeiten
gehört. . .
Es würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten, w r enn ich
detaillirte Krankengeschichten und Beobachtungen geben wollte,
welche die ganze, ausserordentlich mannichfaltige Gruppe der ner¬
vösen Erkrankungsformen bei der Lepra behandeln. Es genügt
hier zu betonen, dass eine grosse Reihe chronischer Erkrankungen
des Nervensystems ihre Repräsentanten bei den Leprösen findet.
Wir können hier die ganze Scala vasomotorischer, trophischcr, sen¬
sibler und secretorischer Störungen beobachten, die wir bei ner¬
vösen Erkrankungen peripherer oder centraler Natur bei Äiclit-
leprösen aus bekannten oder unbekannten Ursachen kennen gelernt
haben. Wir finden Bilder, die an tabesche Processe erinnern,
wir finden — ohne jede Erscheinung von Neuritis — Bilder, die
dem Typus Aran-Duchenne entsprechen. Die Erythromelalgie, die
Maladie de Raymond, die Syringomyelie, die Maladie de Alon an
sind Bezeichnungen für Symptomgruppon mit zum lhei 1111
kannter Actiologie, die wir vollkommen dem klinischen Bi
dieser Affeetionen in jedem Punkte entsprechend bei der Lepia
wiederfinden.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
124
I. Aufsehen machte vor zwei Jahren die Mittlieilung von
Zambaco, 1 ) dass ein Theil der als Syringomyelie und als Maladie
de Morvan in der Litteratur figurirenden Fälle sicher Leprafälle
seien, und dass er weiter das Ueberleben der Lepra in Frankreich,
also eine autochthone, meist abgeschwächte Lepra nachwies.
Es ist unsere Absicht, liier im allgemeinen zu erörtern, was
über die Beziehungen der Lepra zur Syringomyelie bekannt ist,
und wie weit wir klinisch, differentialdiagnostisch, imstande sind,
diese Krankheiten zu unterscheiden.
Ein Blick in die ersten Arbeiten über Syringomyelie giebt
zunächst einige sehr interessante Daten, die wir ohne weitere
Kritik hier einfügen wollen.
Im Jahre 1867 hat Steudener 2 ) einen Fall von Lepra muti¬
lans veröffentlicht; anatomisch hat er Syringomyelie gefunden.
Langhans 3 ) theilte im Jahre 1875 einen Befund bei Lepra
anaesthetica mit; die beigegebenen Tafeln zeigen das anatomische
Bild der Syringomyelie. .
Schultze, 4 ) dessen Autorität auf dem Gebiete der Syringo¬
myelie ja unbestritten ist, weist diese (und andere) Fälle als nicht
leprös dem Gebiete der Syringomyelie zu. „Wenn man also nicht
die Annahme machen will,“ heisst es p. 508, „dass die Aushöhlung
des Rückenmarks auch durch das Lepragift herbeigeführt werden
könne, wofür keine Spur eines Beweises beigebracht werden kann
und wogegen alle sonstigen Leprasectionen sprechen — abgesehen
von sonstigen Gründen —, so müssen die Fälle von Steudener
und Langhans auf gewöhnliche, allerdings in ihrer Aetiologie
völlig unbekannte Syringomyelie bezogen werden . . .“
Wir fügen den Schluss seiner Arbeit bei: „Was schliesslich
die Zurückführung aller geschilderten Krankheitserscheinungen der
nervösen Lepra auf die anatomische Basis betrifft, so bin ich zw'ar
nicht in der Lage, neue anatomische Untersuchungen beizubringen,
kann aber angesichts unserer heutigen Kenntnisse der Nerven-
pathologie einen Zweifel daran, dass es sich wesentlich um neu-
ritische Processe und nicht um spinale handelt, nicht verstehen.“
Besonders die Schultze’sche Publication lenkte die allgemeine
Aufmerksamkeit auf die Syringomyelie. Es handelte sich um eine
typische Erkrankung, ausgezeichnet durch bestimmte Störungen
der Sensibilität, durch trophische, manchmal auch vasomotorische
und secretorische Störungen, als deren anatomische Grundlage sich
Höhlenbildung im Rückenmark zeigte. Die meisten Beobachter
haben aber den oben erwähnten älteren Beobachtungen nur inso¬
weit Beachtung geschenkt, als sie für diese Fälle die Schultzc-
sche Erklärung annahmen.
Nun werden, unabhängig von den eben erwähnten Forschern,
unter anderen Bedingungen zahlreiche Beobachtungen gemacht, die
durchaus dem Bilde dieser — sagen wir Syringomyelie und Mala¬
die de Morvan — entsprechen. Anatomische Belege und Unter¬
suchungen fehlen allerdings, klinisch stimmen die Beobachtungen
aber Zug um Zug mit den beschriebenen Fällen überein. Es kommt nur
noch ein Punkt hinzu — ein Punkt von höchstem Interesse —: diese
zweite Reihe von Beobachtungen wird an einem Material gemacht,
bei dem gleichzeitig die Aetiologie klar ist; diese Beobachtungen
werden gemacht an Leprösen, in einem Lande, wo notorisch die
Lepra herrscht.
Zambaco hatte erkannt, dass die klinischen Erscheinungen
der Syringomyelie und der Maladie de Morvan sich häufig — ohne
dass klinisch ein anderer Unterschied zu constatiren wäre, als der,
dass wir hier in einer Lepragegend leben — bei Leprösen fänden.
Er begab sich nun nach Paris, um sich Aufklärung an Ort und
Stelle zu verschaffen.
Auf meine Bitte hatte Zambaco die Güte, mir Notizen mit-
zutheilen über die Fälle, welche er unter den als Syringomyelie
und Maladie de Morvan geltenden als leprös erweisen konnte.
Ich gebe dieselben fast in extenso wieder, indem ich nicht
versäume, Zambaco meinen Dank für sein liebens'würdiges Ent¬
gegenkommen auszusprechen:
„Der Kranke Marös wurde mehr als sieben Jahre in den Hospitälern
von Paris als an Maladie de Morvan leidend aufgeftthrt. Zuerst hat Prof.
Hayem diese Diagnose gestellt. Dr. Monod, der Hayem’s Diagnose
zustimmte, amputirte dem Kranken allmählich mehrere Finger. Mares’
Krankengeschichte wurde dann in den „Archives de mödecine et de
Chirurgie“ als typischer Fall von Maladie de Morvan von Monod und
Raoul publicirt.
Später trat der Kranke in die unter Broca’s Leitung stehende
chirurgische Abtheilung ein; auch hier lautete die Diagnose auf Maladie
*) Zambaco-Pacha, Les löpreux de la Bretagne. Communic. laite
ü l’acadömie de la medecine le 28 aoftt 1892. Paris, Masson.
8 ) Steudener, Beiträge zur Pathologie der Lepra mutilans. Er¬
langen 1867.
*) Zur Casuistik der Rückenmarksaffectionen (Tetanie und Lepra
anaesthetica). Virch. Arch. 1875.
4 ) Zur Kenntniss der Lepra. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin Bd.
de Morvan; auch hier amputirte man ihm einige erkrpkte Finger. Broca
veröffentlichte diesen typischen Fall von Maladie de Morvan in der
Gazette hebdomadaire de mödecine et de Chirurgie.
Etwas später erkranken weitere Finger unter Erscheinungen der
sogenannten „pareso-analgösie.“ Der Kranke tritt wieder in die Hayem-
sche Abtheilung ein, wo man ihm abermals einen Finger amputirt.
Einige Monate später tritt Marös in das Höpital de la Salp6triere ein,
auf die Abtheilung des Prof. Charcot. Hier bildet er den Gegenstand
der eingehendsten Studien: seine Krankengeschichte wird bis in die klein¬
sten Details, in ihrem Verlaufe verfolgt; er wird mehrfach photographirt,
während der klinischen Lehrstunden erläutert und 11 Monate lang den
Studenten und fremden Aerzten, deren immer viele bei jenem grossen
Gelehrten waren, vorgestellt.
Ursprünglich stellte Charcot Mards als „Maladie de Morvan“ vor,
die er von der Syringomyelie unterschied; später führten ihn die auf¬
fallenden Berührungspunkte zwischen diesen beiden Krankheiten dazu,
eine Fusion vorzunehmen und die Maladie de Morvan als einen Typus der
grossen Classe Syringomyelie zu bezeichnen.
So machte dieser Kranke die Runde durch alle Hospitäler von Paris;
er diente allen Gelehrten dazu, um an ihm die richtige Maladie de Mor¬
van zu studiren. Diese Diagnose war gestellt und wieder bestätigt von
den ersten Autoritäten — und ganz besonders von denjenigen, welche die
besten Arbeiten über Syringomyelie und Maladie de Morvan geliefert
hatten und auf deren Autorität hin diese Krankheitsgruppen geschaffen
waren.
Später trat Marös in das Höpital de Bicötre ein, auf die Abtheilung
Dejerine’s. Auch DAjerine, Autorität auf dem Gebiet der Neuro¬
pathologie, hat beachtenswerthe Arbeiten über Syringomyelie und Maladie
de Morvan geliefert. Er ist, im Gegensätze zu Charcot, der Ansicht,
dass die Maladie de Morvan und die Syringomvelie verschiedene Krank¬
heiten seien. Dejerine stellt die Diagnose: Maladie de Morvan.
Mares’ Photographieen sind in der Iconographie de la Salp6triere
veröffentlicht als typischer Fall von Syringomyelie, type Morvan.
Dr. Gombault hat mehrfach die histologische Untersuchung der
dem Marös amputirten Finger vorgenommen — ohne positiven Erfolg.
Auch er schloss deshalb: Typischer Fall von Maladie de Morvan.“
De facto ist aber Marös ein gewöhnlicher Fall von
Lepra mutilans.
Zambaco stöberte diesen Kranken in Paris in seiner Woh¬
nung auf; er untersuchte ihn und stellte für sich die Diagnose
Lepra. Um aber in seiner Sache sicher zu gehen, beschloss er,
denselben den Aerzten des Höpital St. Louis vorzustellen, die in
Paris am meisten Gelegenheit haben, Lepra zu sehen und deshalb
am competentesten sind. Yidal, Besnier, Fournier, Hallo-
peau, Quinquaud, Du Castel, Tenneson, kurz alle dermato¬
logischen Autoritäten vereinigten sich auf Ersuchen Zambaco’s,
um — ohne die Anteccdentien und den Namen des Kranken zu
kennen — Marös zu untersuchen. Alle, ohne Discussion, ohne
Zaudern erklärten einstimmig, dass es sich um einen einfachen
Fall von Lepra handle. Die Lepra hatte sich in der letzten Zeit
derartig entwickelt, dass die Diagnose ganz selbstverständlich war.
Wenn dieser Fall in seinen Peripetieen interessant ist, so ist
es der folgende durch die schnelle und prompte Correctur der
Diagnose. Pitres, ein Schüler Charcot’s, machte der Akademie
eine Mittheilung über einen fälschlich von ihm als Syringomyelie
diagnosticirten Fall. J ) ,
Nach seiner Angabe hatte er einige Monate vor Zambaco s
Veröffentlichung seinen Schülern eine Vorlesung über Syringo¬
myelie gehalten und einen Kranken mit Syringomyelie vorge¬
stellt. 2 )
Nachdem er Kenntniss genommen hatte von der Zambaco-
schen Mittheilung, dass sich unter den als Syringomyelie bezeich-
neten Fällen Leprafälle befänden, ^wünschte er seinen Kranken noch
einmal zu sehen. Er überzeugte sich davon, dass factisch hier ein
Fall von Lepra vorläge, und konnte überdies diese Dinge durch
die Biopsie bestätigen.
Aehnliche Fälle, wo die früher auf Syringomyelie und Maladie
de Morvan gestellten Diagnosen auf Lepra geändert wurden, theilte
mir Zambaco aus der Beobachtung Chauffart’s, 8 ) Döbove’s, )
Raymond’s, Quinqaud’s und Besnier’s mit.
Einen weiteren Fall erwähnt Zambaco, der ihm vonPotain
vorgestellt wurde. Die beiden Aerzte stimmten darin überein,
dass es sich um einen Fall von Lepra handle: der Kranke war
überdies in Tonkin gewesen. Derselbe Kranke figurirte seit längerer
Zeit als „Syringomyelie“; eine Examenjury und der Examinand
hatten diese Diagnose gestellt. Später entwickelten sich bei dem¬
selben Kranken weitere Leprasymptome, so dass jeder Zweifel
schwand
Am 18. Mai 1893 stellte Du Castel (in der Soci6t6 de der-
matologie) einen Fall vor: Löpre ou simili-löpre bei einer Kranken
aus Dieppe, die nie Frankreich verlassen hatte. Die Discussion
brachte, da man Bacillen nicht gefunden hatte, keine Einigung.
*) Seance du 29. Novembre 1892. — 2 ) Am 23. August 1892.
®) Communic. faite ä la sociätö mdd. des höpitaux. 4. Novellier
1892. — 4 ) Ebenda.
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8. Februai\_
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Wie mir Zambaco mittheilt, hat Du Castel Zairibaco kürz¬
lich benachrichtigt, dass auch hier der Verlauf die Diagnose „Lepra“
bestätigt hat.
J)er Zweck, weshalb ich mich mit diesen fremden Federn
schmücke, ist nur der, zu beweisen, dass mindestens für die¬
jenigen. welche Lepra nicht gründlich kennen — und es giebt
wenige Aerzte in Deutschland und Frankreich, die Gelegenheit ge¬
habt haben, Lepra in genügender Menge beobachten zu können —,
die Gefahr nahe liegt, die Lepra zu übersehen.
Die Differentialdiagnose ist nach dem Mitgetlieilten oft nicht
leicht, ja manchmal unmöglich. Eins darf aber doch gewiss nicht
übersehen werden. Wir, denen Lepra täglich und nicht nur in den
typischen, in den Atlanten flgurirenden Formen zu Gesicht kommt,
müssen constatiren, dass es sich in allen Fällen mit dem Sym-
ptomencoinplex der Syringomyelie hier bei uns um Lepröse han¬
delt : mindestens sind wir nicht imstande, die Lepra in diesen Fällen
auszuschliessen.
Es ist nicht in allen Fällen möglich, zur Stellung der Dia¬
gnose Lepra den Beweis der Bacillen zu erbringen; das Verlangen
dieses Beweises ist aber auch durchaus unberechtigt. Lepra ist
hier in den Sprechstunden des Specialisten häufiger als z. B.
Lupus. Uns muss es mindestens gerade so unberechtigt erschei¬
nen, dem, der Erfahrung in der Diagnose „Lepra“ hat, die Be¬
rechtigung zu dieser Diagnose ohne den geführten Nachweis der
Bacillen absprechen zu wollen, wie es unberechtigt ist, für die
Stellung der Diagnose „Lupus“ in jedem Einzelfalle den Nach¬
weis der Tuberkelbacillen zu verlangen.
Die Lepra ist aber im allgemeinen eine unbekannte und klinisch
weitaus noch nicht genügend studirte Krankheit. Besonders nach
den grossen Fortschritten der Neuropathologie muss das Studium
derselben ganz von neuem aufgenommen werden.
Meine eigenen Erfahrungen, obwohl ich seit fünf Jahren sammle
und meine Aufmerksamkeit auf dieses interessante Gebiet gerichtet
halte, sind noch nicht ausreichend, um sie zu einer Monographie
über diesen Punkt zu verarbeiten, ich verfüge über bald 200 Fälle.
Aber natürlich sind diese Beobachtungen nur zum kleinen Theile j
so vollständig, dass sie klinisch verwertkbar sind. I
Je länger man sieh in der Praxis mit der vielgestaltigen Lepra
beschäftigt, desto häufiger stossen einem zweifelhafte Fälle auf,
desto häufiger ist man in Verlegenheit gesetzt durch die eigen-
thümlichen Erscheinungsformen, durch die anscheinende Gering-
ifigigkeit, durch die Complicirtheit der Symptome dieser Erkrankung.
Es ist leicht begreiflich, dass die meist armen Patienten, die
nur einen geringen oder gar keinen therapeutischen Erfolg sehen,
nur schwer zum Ausharren bei einem Arzte bewogen werden
onnen, und in der Mehrzahl der Fälle verzichten sie überhaupt
Fo'icho ärztliche Behandlung. Es ist dann nur bei grosser
Ausdauer und persönlichen Opfern an Zeit und Geld möglich, von
** zu Zeit die Patienten zu Gesichte zu bekommen.
i u. i^r' S der £ rossen Zahl der Publieationen über Syringomyelie
will *f aa,e d e Morvan, die in den letzten Jahren erschienen sind,
(li ‘ 1,I1 .. lm . r eil 4 re berausgreifen, um zu sehen, welche differential¬
er 7 ,°. s 1 , Merkmale sie ergeben für die Syringomyelie (und
Ualadic do Morvan) und für die Lepra.
,jj (l Tk'" a ^ e drei sehr ausführliche und vollständige Arbeiten,
iljtom. u Vf D poatnbution ä Petude de la Syringomyelie
flsQn- j . ann: Syringomyelie, Volkmann’s klinische Vorträge
von TV 11 ein ® Unt ^ r d er Leitung Jolly’s gearbeitet« Dissertation
B mIÜ“J- %5?°stik der Syringomyelie (1893).
h> nntpr • die Syringomyelie für eine angeborene Krankheit,
krankbpifß £ ewi8sen Gelegenheitsursachen, besonders Infections-
Jer t pnr „ ° au sbrechen könne. Die Differentialdiagnose zwischen
bilitäUstnrn 11 der Syringomyelie beruht besonders auf den Sensi¬
blen etrp .v^ n ed>et ’ ^ ans l^pre nerveuse, la 16sion paratt
ipera auv aiJ* eV J lte; c,esfc ^ dire ü ue la sensibilite tactile parti-
ca > tres-rnr^c ra “ ons ^ es autres modes de la sensibilite; dans des
an niveau conin } e ^ans c ®lui de Rosenbach, ona constate
alt.’ration h« i mac u l as . | a Conservation de la sensibilite tactile avec
peut encorp 8en ®" >1 ^ a la temperature et k la douleur; on
^uivants: 1 p« conaa ^ re la növrite lepreuse de par les caracteres
gulierement anest Lesi e et de thermo-anesthesie sonfc irre-
parti« ane-tlwv/ eS S0US ^P 1168 de plaques et la transition des
effet ces ii,i, j, 1 es aux . P ar ües saines se fait brusquement; en
,JQ peu surelevV> ane f * i 6 . sont ‘ rirconscrits par une ligne rougeätre,
irtpc .T et l r c 8 sinueuse: on a compar6 cet aspect aux
°b>:erTe dans P i n 1UeS ‘- ^ est ^solument le contraire de ce qu’on
'bermo-anesth^ci s y rin S om y^lie, oü les zones d’anesth6sie et de
'bes rfgulieres 6 “ OC< l u l )eilt de larges surfaces, limitees par des
%gen »Grosse diagnostische Schwierigkeiten kann
der Lepra machen, welche den Namen Lepra
125
mutilans trägt welche zu trophischen Haut- und Periostaffectionen
der Finger und der Zehen führt, welche jenen der Syringomyelie
ganz gleichen können. Hatten die Kranken keine Gelegenheit sich
mit Lepra zu inficiren, so kann man diese Krankheit schoA von
vornherein ausschliessen. In zweifelhaften Fällen hat man sich
gegenwärtig zu halten, dass die leprösen Atrophieen und Muti¬
lationen durch eine echte, und zwar lepröse Neuritis hervorgerufen
werden, welche ausser den Eigenthümlichkeiten der Neuritis iu
Bezug auf Localisation, Sensibilitätsstörungen, Nervenverdickung
und Nervendruckempfindlichkeit auch noch die Charaktere der Lepra
wie Flecke, Knotenbildung in der Haut, Ulcerationen der Schleim¬
häute, Augenerkrankungen an sich trägt.“
Bei Tornow heisst es p. 22: „Bei der Lepra werden ebenfalls
th eil weise Sensibilitätsstörungen, Muskelatrophieen, trophisch-vaso-
motorische Erkrankungen des Haut- und Knochensystems beob¬
achtet. Allerdings ist hier die Sensibilität in den meisten Fällen
mehr gleichmässig herabgesetzt. Nach den Untersuchungen von
Schultze und Schlesinger treten die partiellen Empfindungs¬
lähmungen mehr fleckweise auf, verbreiten sich aber unter Um¬
ständen auch über grössere Abschnitte des Körpers, während bei
der Syringomyelie die Dissociation der Empfindung mehr den
einzelnen Rückenmarkssegmenten entspricht. Auch sind bei der
Lepra die Sensibilitätsstörungen nicht selten vorübergehender
Natur. Fast immer finden wir im Gegensatz zu der Syringomyelie,
wo das Schmerzgefühl auch in den unter der Haut gelegenen
Organen gänzlich erloschen ist, die Analgesie nur auf die Haut
beschränkt, die Empfindung in den tiefer liegenden Theilen aber
völlig intact. Pemphigusblasen, Schrunden, schwere Ulcerationen
an Händen und Füssen sieht man bei beiden Krankheiten. Abnorme
Hautpigmentirung, wie der Wechsel von heller und dunkler gefärbten
Partieen, das Auftreten von Knoten und derb-infiltrirten Stellen
spricht für Lepra. Besonders ist hier die Gegend der Stirn und
Augenbrauen von tiefen Furchen und wulstigen Infiltraten oft
durchzogen, das Gesicht ist infolgedessen ausserordentlich entstellt
und bietet zuweilen ein charakteristisches Bild der Facies leontina.
Wegen dor Mitbetheiligung der Haarbälge an der Hautaffection
fallen bei Lepra die Cilien, Augenbrauen, Kopf- und Barthaare oft
aus, bei der Syringomyelie fehlt der Haarschwund. Für gewöhn¬
lich werden bei Lepra die knöchernen Phalangen ohne stärkere
äussere Entzündungserscheinungen zerstört, öfters treten aber auch
schwere Panaritien auf, und das ganze Krankheitsbild erinnert
dann oft aufs deutlichste an die sogenannte Morvan’sche Krankheit.“
Sehen wir uns alle drei Arbeiten etwas näher an, so fühlen
wir uns zu einer Behauptung unbedingt berechtigt, ohne den Ver¬
fassern zu nahe treten zu wollen, dass sie alle drei sicher eine
grössere eigene Erfahrung über Lepra nicht besitzen. Denn jeder
Arzt, der viele Leprafälle beobachtet, wird einer Reihe von Be¬
hauptungen in allen drei Arbeiten entgegentreten können — abge¬
sehen von direkten Unrichtigkeiten, wie sie in der Tornow’sehen
Arbeit enthalten sind.
Einen nebensächlichen Punkt aus der Hoffmann’schen Arbeit
nehme ich vorweg. Nachdem Zambaco das Ueberleben der Lepra
in Frankreich nachgewiesen hat, seitdem die Lepra, und zwar zu¬
nehmend in den Ostseeprovinzen constatirt ist, ja Fälle in Ost-
preussen beobachtet worden sind, kann man die Tliatsache, dass
ein Kranker mit den fraglichen Symptomen „nie der Lepra-
Ansteckung ausgesetzt gewesen ist“, nicht mehr differential¬
diagnostisch verwerthen. Zambaco hat ja bewiesen — und, wie
gesagt, seine Diagnose ist auch durch mikroskopische Unter¬
suchung bestätigt worden —, dass Fälle, die unter der Etiquotte
Syringomyelie und Maladie de Morvan in Thesen, in der Icono-
graphie de la Sal6ptriere etc. figurirten, in Wirklichkeit Fälle von
indigener Lepra waren.
Da ich den wichtigsten Punkt der Differentialdiagnoso — ob
es sich um Symptome von Neuritis handelt oder um etwas mehr —
bis zum Schlüsse lassen möchte, wende ich mich einen Augenblick
der Tornow’schen Arbeit zu. Tornow denkt sich die Differen¬
tialdiagnose doch etwas zu einfach.
Wenn die Fälle von Lepra immer so einfach und klar wären,
wenn wir überall so auffallende lepröse Veränderungen fänden, wie
Tornow sie schildert und wie sie in den Lehrbüchern figuriren,
so wäre für uns die Frage ja sehr einfach. Aber es giebt eben,
worauf Zambaco 1 ) hinweist und wie Leloir 2 ), Prince A.
Morrow 8 ), wie der von Zambaco im Hospital St. Louis vorgestellte
und mehrere von mir selbst beobachtete Fälle bestätigen, eine
ganze Reihe von Beobachtungen, die darthun, dass jegliche
in denen
kann,
Pigmentirung, Knotenbildung, Infiltration fehlen
D Zambaco, Los l^preux de la Bretagne. Paris, Masson, 1892 (mit
Tafeln).
*) Leloir, Traite pratique ct tlriorique de la 16pre.
3 ) Prince A. Morrow, Journal of cutan. and genito-urin. diseases,
Januar 1890.
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126
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
die Diagnose „Lepra“ nur deshalb nicht beanstandet wird, weil
die Lepra in dem Lande endemisch ist, oder der Kranke sich lange
an einem Lepraheerde aufgehalten hat. Um derartige Fällo handelt
es sich für uns wesentlich.
Aber abgesehen davon, ist überhaupt die Diagnose „Lepra“
gar nicht immer so loicht. Princo A. Morrow (1. c.) erwähnt
ausdrücklich, dass auf Honolulu die Lepracoiumission stets eine
ganze Reihe von Fällen als „vordächtig“ ausscheidot, bei denen
man sich über eine Diagnose nicht einigen kann, und speciell unter
diesen Fälle, die von Syringomyelie nicht zu unterscheiden sind.
Tornow hat allerdings recht, dass es eine Eigenthümlichkeit
vieler Lepraanästhesieen sei, dass die Sensibilität der tiefer ge¬
legenen Theile intact sei, während an der Haut Analgesie bestehe;
in vielen Fällen trifft das zu, aber durchaus nicht in allen, durch¬
aus nicht „fast immer“. Ich kann Fälle vorführen von ausge¬
dehnten Vorbrennungen der Rüokonmuskulatur bis auf die Knochen,
wo nicht etwa der beginnende Schmerz, sondern der den Ange¬
hörigen auffallende Geruch des verkohlten Fleisches die Aufmerk¬
samkeit erregte. Ich habe Fälle beobachtet, wo bei vollständig
erhaltenem Tastsinn eine durch die Oberarmmuskulatur bis auf
den Knochen, durch die Rückenmuskulatur bis auf die Rippen oin-
gestossene starke Nadel nicht das mindeste Schmerzgefühl hervorrief;
einen Fall, iu dem in Ermangelung der gewöhnlich von mir ver¬
wandten Reagensgläser mit verschieden temperirtem Wasser, eine
Verbrennung mit einem Wachskerzchon nicht gefühlt wrnrde, da¬
gegen — eine nicht gewollte Demonstration — die Patientin auf
meine Frage, was ich thue, eine Berührung angab an der Stelle,
wo ich meinen kleinen Finger auf ihre Hand stützte.
Also Fälle ohne hervorstechende anderweitige Leprasymptome,
Fällo in den Anfangsstadien mit ausserordentlich langsamer Ent¬
wickelung, bei denen von vornherein die nervösen Symptome mehr
in den Vordergrund treten, bieten der Diagnose immerhin grössere
Schwierigkeiten.
Auch Hoffmann mit Brühl (l. c.) sind in ihren, die Sensi¬
bilitätsstörungen betreffenden Angaben zu schematisch. Einmal
zeigt doch ein Studium der bis jetzt veröffentlichten Beobachtungen
von Syringomyelie in beschränkten Grenzen eine grosse Variabili¬
tät. der Sensibilitätsaltorationen; und zweitens kann ich Fälle dc-
monstriren, wo die eine Dissoeiat.ion der Sensibilitäten aufweisen¬
den Stellen in nichts von den allertypischsten Schulfällen von
Syringomyelie abweichen; wo die Dissociation die denkbar pronon-
cirteste, die Grenzen derselben weder durch eine rothe Linie, noch
durch eine unregelmässige Begrenzung ausgedrückt waren: wo im
Gegontheil äusserlich jedes Merkmal fehlte, die in ihrer
Sensibilität charakteristisch veränderten Flecken durchaus scharf
begrenzt waren und, was ich hinzufügen will, fast stets mehr oder
weniger symmetrisch lagen.
Beiläufig will ich hier einfiigen, dass mir die Angaben Tor¬
nows über den Ausfall der Haare und die Angabe, dass dieser
Ausfall die „Hautaflfectionen begleite“, ganz unverständlich sind.
Ausfall der Kopfhaare wird fast nie, der Barthaare selten beob¬
achtet. Wimpern- und Brauenausfall ist häufig eines der aller¬
ersten Symptome, zu einer Zeit, wo von Hautaffectionen noch
gar nicht die Rede ist.
Der wesentlichste Punkt in den Angaben der Autoren scheint
mir aber der zu sein, dass sie die leprösen Veränderungen als
„neuritische“ auffassen. Schultze (1. e.) und Hoffmann (1. c.)
betonen es ausdrücklich und auch Brüh Fs oben citirte Aeusserung
durfte dahin zu interpretiren sein, das er die auf nervöse Erkran¬
kungen bei der Lepra zurückzu führenden Symptome wesentlich in
die Peripherie verlegt haben will. Was berechtigt aber zu dieser
Annahme? Autopsieen von Leprösen liegen so gut wie gar nicht
vor. Es ist uns hier ganz unmöglich, Autopsieen zu machen. Ab¬
gesehen davon, dass die inoisten jüdischen Leprösen ohne Arzt in
ihren Familien sterben, machen nicht nur die Abneigung der
Israeliten, sondern auch dio localen Verhältnisse eine Section un¬
möglich. Die Muselmanen müssen am Sterbetag vor Sonnenunter¬
gang beerdigt werden und sind gleichfalls entschiedene Gegner der
AXpTie^ 1111 ^ ~ S ° feWt aUCh hier Zeit Und Gele S en ^it zur
Der Nachweis von Veränderungen im Rückeuraark ist deshalb
natürlich mangelhaft — wir haben nur die oben erwähnten älteren
Arbeiten von Steudener und Langhaus, die Schultze als irr-
thumliche Diagnose bezeichnet.
Gliassiotis 1 ) hat die Bacillen im Rückenmark nachgowieson
und kommt zu Schlusssätzen (p. 1047), von denen uns der folgende
hier mteressirt:
• l 1 ’ anästhetische Lepra ist nicht nur eine Krankheit des
peripheren N ervensystems, wie allgemein angenommen wird, son-
. ') Ueber die bei der anästhetischen Lepra iui Riiekcumaik vorkom-
inenden Bacillen. Monatshefte f. prakt. Dermatol. 1887.
dern auch der Centralorgano (des Rückenmarks); ob immer, das
muss durch die weitere Untersuchung festgestellt werden.“ —
Wir citirten oben die Aeusserung Sch ul tze’s, dass keine Spur
eines Beweises beigebracht sei, dass die Aushöhlung dos Rücken¬
marks auch durch das Lepragift herbeigeführt werden könne.
Abgesehen davon, dass für diejenigen Beobachter, welche
Erfahrung über Lepra haben, für den Steudener’schen und Lang-
haus’schen Fall klinisch der Beweis fehlt, dass es sich nicht um
Lepra gehandelt habe — in Fällen also, wo derartige Aushöhlungen
gefunden sind —, liegt eine, iu ihrer Isolirtheit allerdings vor¬
sichtig zu deutende Beobachtung vor von Veränderungen an
peripheren Nerven, die höchst beaehtenswerth ist.
Marestang 1 ) theilt Befunde mit, die er bei Untersuchung
des Nervus cubitalis und ulnaris eines im Hospital an Lepra Ver¬
storbenen gemacht hat:
„On remarque sur ees coupes doux parties distinctes, l’une
centrale, l’autre periphörique; dans la partie centrale on trouve
des traces de tubes nerveux dos bacilles, et un nombre assoz
rostreint. de cellules dites de granulation (Virchow). Ces
tubes nerveux sont rMuits k leur membrane de Schwann, clle-
nuhno detruite dans beaucöup d'entre eux. Ils sont tous absolu-
ment vides saus trace de cylindreaxo et de myeline qu’on ne re-
trouve pas davantage dans les nerfs dissoeiös.les
bacilles sont trös-nombroux.: on trouve encore
dans cette partie centrale deux espaces vides, assez
grands, vöritables cavitös, bien circonscrites, ronfer-
mant un assez grand nombro de bacilles ä leur pöri-
pherio.“
Und am Schlüsse der Mitthoilung sagt Marestang (p. 519):
„Quel cst le möcanismo de la production do cos deux cavites
trouvees dans certaines parties de nos nerfs, cavites
qui rappellent si bien cellos, qu’on trouve dans la moBlle,
dans la myelite cavitaire ou gliomateuse?“
Hoffentlich gelingt es bald, in Ländern, wo der Autopsie
nicht so unüberwindliche Schwierigkeiten gegenüberstehen, durch
Sectioneu diese Frage zu entscheiden.
Aber wir wollen versuchen, auf die klinische Beobachtung ge¬
stützt, der Frage näher zu treten, ob dio bei der Lepra beobach¬
teten nervösen Veränderungen ihre Ursache in peripheren oder
centralen Erkrankungen haben.
IH. Wir sehen, dass es eine immer w'iederkehrende These ist,
dass alle diese Erscheinungen der Lepra anaosthetica auf periphere
lepröse Neuritis zurückzuführen seien.
Wenn schon die Abtrennung einer „nervösen“ Form der
Lepra als ein Fehlgriff bezeichnet werden muss — denn ich habe
noch keinen Fall von Lepra gesehen ohne irgend ^welche nervöse
Störungen —, so ist bei bei der grossen Multiplicität der nervösen
Erscheinungen dio Bezeichnung „anaesthetica“ geradezu wider¬
sinnig. Es giebt. überhaupt keine Krankheit mit so mannigfachen
auf nervösen Störungen beruhenden Symptomen, wie die Lepra,
Symptome, die in gleicher Weise zwingend auf eine Betheiligung
des Centralnervensystems hinweisen.
Wenn ich das auszusprechen wage für die Lepra, nur auf die
klinische Beobachtung gestützt, ohne mich auf den anatomischen
Nachweis berufen zu können, so mache ich da von demselben
Rechte Gebrauch, das Schultze 2 ) für sich in Anspruch nimmt,
wenn er sagt: „Ich bin zwar nicht in der Lage, neue anatomische
Untersuchungen beizubringen, kann aber angesichts unserer heutigen
Kenntnisse der Nervenpathologie einen Zweifel daran, dass es sich
wesentlich um neuritische Processe und nicht um spinale handelt,
nicht verstehen.*
Und weiter weise ich zum Nachweise dieser Berechtigung auf
den weiter unten citirten Artikel von Eulenburg 3 ) über Erythro-
melalgio hin.
Wenn wir das Zusammentreffen so vieler neurotischer Erschei¬
nungen, die sich auf sensiblem, vasomotorischem, trophischem und
secretorischem Gebiet abspielen, näher ins Auge fassen, so müssen
wir unbedingt eine centrale Ursache annehmen.
Ich muss hier etwas weiter ausholen und eine Reilio anderer
nervöser Störungen erwähnen, die wir bei Leprösen treffen.
Wie schon erwähnt, sind Fälle von Lepra ohne Mitbetheili-
gung des Nervensystems mindestens äusserst. selten. Sehr häufig
sind diejenigen Erscheinungen, dio klinisch sich durchaus der
ganzen Scala von Affectionen nähern, die als Erythromelalgie.
Arteriospasmus, Akroparaesthesie, Akromegalie, Myxoedem, Sklerem,
ganz besonders aber als symmetrisches cyanotisches Oedem, Ray *
naud's disease beschrieben sind.
') De l’infiltration caseo-calcifiec dans la lepre svstematisce nerveusc
puro. Anuales de dormatol. 1892, p. 513.
7 ) 1. c. 1
3 ) Eulenburg, Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 50.
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8. Februar.
Eulenburg latent in dem Artikel über Erythromolalgie — dieser
Artikel m uss von denjenigen, welche sich für die vorliegende Frage
intcressiren, eingehender zu Käthe gezogen werden, denn er giebt
den Anschauungen, die sich uns für die Lepra aufdrängen, in
vollendeter Form Ausdruck — dass in diesen Affeet.ionen vasomo¬
torische. trophische, sensible und secretoriche Störungen Zusammen¬
treffen. . .
Eulenburg versucht dann weiter eine Antwort zu geben auf
die Frage, ob wir den Heerd dieser in bestimmten Gliedabschnitten
meist symmetrisch auftretenden, combinirten Innervationsstörungen
lentrafoder peripher zu suchen haben.
Er meint, dass wir indirekt auf dem Wege der Analogie und
der Vergleichung unter Heranziehung gewisser anderer, schon
pathologisch-anatomisch fundirter Erkrankungen des Centralnerv en-
srstems mit der Berechtigung innerer Wahrscheinlichkeit dazu
kommen, eine Gruppe zu bilden von Krankheitszuständen, „die
durch Verbindung von localisirten, theihvefse eigenartigen und
typischen Sensibilitätsstörungen mit ebenfalls localisirten und eigen¬
artigen vasomotorischen, secretorischen und trophisehen Störungen
eharakterisirt werden, und die in der Regel die Extremitäten (bald
obere und untere, bald nur die oberen allein) in meist symme¬
trischer Weise, und zwar an den distalen Gliedabschnitten be¬
ginnend oder auf diese sich beschränkend, befallen; die chronisch
verlaufen und ihren Ausgangspunkt (mag es sich nun um schwere
organische oder blos „functionelle“ Schädigungen handeln) in ge¬
wissen Abschnitten der grauen Achse des Rückenmarks — vor¬
zugsweise in der hinteren und seitlichen grauen Substanz —
unter gelegentlicher weiterer Querschnittausbreitung und Betheili¬
gung auch anderer benachbarter Rückenmarksabschnitte (vordere
graue Substanz einerseits, Hinterstränge und hintere
Wurzelfaserung andererseits) haben.
In diese Gruppe gehören die typische (cervicale) klinische
Fra der Syringomyelie — die ihr bekanntlich so nahestehende
Morvan’sche Krankheit — der von Grasset und Rauzier be¬
schriebene bulbomedulläre Symptomencomplex — die sogenannte
.Raynaud“'sehe Krankheit (symmetrische Asphyxie und Gangrän)
- und endlich der von Weir-Mitehell beschriebene Symptomen-
«<»mplex, die Erythroinelalgie. —
Ich könnte, plagiirend, so fortfahren, die Betrachtungen und
Anschauungen darzuiegen, die sich uns aus der klinischen Be¬
obachtung der nervösen Störungen im Verlaufe der Lepra auf-
drängen.
Dass wir für die leprösen Krankheitserscheinungen, die dem
Symptomencomplex der Syringomyelie entsprechen, eigentlich das¬
jenige als Beweis antieipiren, was wir beweisen wollen, ist uns
klar. Aber die Zusammenstellung dieser verschiedenen, auf nervösen
Erkrankungen beruhenden „Symptomengruppen“ muss doch jedem
unbefangenen Beobachter wenigstens das Geständniss entlocken,
j diese Symptome durch eine lediglich „periphere Neuritis“
^hwer zu erklären sind.
Wir sind von dem centralen Sitze der anatomischen Verände-
rungen. und zwar gerade in dem von Eulenburg angegebenen
‘inne. so überzeugt, dass wir das Schema, welches Eulenburg
p ,n ^hlusse seines Artikels giebt, „als Versuch, die klinischen
arallelisinen der im Vorhergehenden erwähnten Krankheitsbilder
un<* . ymptomencomplexe in ihren Hauptzttgen zu leichterer Uebcr-
‘! M zu Jjxiren“. sofort acceptiren könnten zur Registrirung der
«wuptsäohliehsteii nervösen Störungen, die ihre Ursache
ln f4 iner leprösen Infection haben.“
.lan verstehe mich nicht falsch. Ich bin weit entfernt davon,
he der vorstehend erwähnten, von Eulenburg einander
zu w n n ^ r * ir!m h u ngsformen alle stets auf Lepra zurückführen
>talt°rr Cn 1 ^ e ! ^ er enburg’sche Artikel hat Gedanken Ge¬
iler r Sege,en ’ d' e uns beim Studium der nervösen Erkrankungen
( j a . e,,ra au fgestossen waren. Es ist unmöglich, sich dem Ge-
,, ; , n zu vers chliessen, dass alle diese Störungen anatomisch nahe
jungen zu einander haben müssen.
l,j. ; e f t " äre w >dorsinnig, für alle die.se Störungen — nur weil wir
Gprl |. anat<)m * se ^ ( ^ en Beweis nicht erbringen können — bei der
’ tlp ‘ anatomischen Läsionen in den peripheren Nerven zu
' Wai, ' en( ^ es bewiesen ist, dass der gleiche Syinptomen-
kmnter aD< ^ e . re L schliesslich zum Theil doch durchaus unbe-
zurüikzufiihren^t ^ ana t°mische Läsionen im Centralorgan
'liagiiose**^ uns e ^ ner der Hauptpunkte der Differential -
worden zn^l’ ' Bn ^ e P ra u,] d Syringomyelie gegenstandslos ge-
jhese ,i, ht - n denn klinisch verwerthen lässt sich diese Hypo-
^ilung lJervorhX 11 ZUm ^ c ^ uss e ^ n ^ e Punkte aus unserer Mit-
myelie und* V \f T j’. ^ eren Erkrankungen als Paradigmen für Syringo-
aiadie de Morvan galten, haben sich nachträglich als
127
leprös erwiesen. Wir müssen demnach zugeben, dass es eine Er¬
krankung giebt mit den Symptomen der Syringomyelie (und
Maladie de Morvan), die auf lepröse Infiltration zurückzuführen ist.
2. Da die Lepra zweifellos in Frankreich als überlebend nach¬
gewiesen ist, überdios überall in der Zunahme ist, dürfte die That-
saelie, dass ein Individuum sich nie der „Ansteckungsmöglichkeit
ausgesetzt habe“, differentialdiagnostiseli nicht mehr zu ver¬
werthen sein.
3. Da der Nachweis der Leprabacillen häufig erst später,
manchmal gar nicht gelingt in zweifellosen Fällen von Lepra, so
können wir in zweifelhaften Fällen den nicht gelungenen Nachweis
der Bacillen nicht als differentialdiagnostisch entscheidendes Moment
verwerthen.
4. Es erscheint uns die Annahme unbegründet und der
klinischen Beobachtung durchaus widersprechend, dass die nervösen
Symptome der Lepra lediglich auf periphere Erkrankungen zu be¬
ziehen seien. Im Gegentheil werden wir klinisch dahin geführt,
für viele Veränderungen den Sitz dieser Läsionen ins Centralorgan
zu verlegen.
Wir sehen also, dass uns keines der bis jetzt gütigen diffe¬
rentialdiagnostischen Momente stichhält. Um so weniger, als uns
bei relativ grosser Beobachtung einschlägiger Fälle noch kein Fall
mit dem Symptomencomplex typischer Syringomyelie und Maladie
de Morvan vorgekommen ist, bei dem wir die Diagnose Lepra
sicher hätten ausschliessen können.
Wir werden so dazu gedrängt, anzunehmen, dass verschiedene
Ursachen dieselben Effecte hervorrufen. Ebenso wie ähnliche
Symptome durch centrale Hämorrhagieen, durch Myelitis u. s. w.
ausgelöst werden können, müssen wir annehmen, dass die Lepra
hier Veränderungen setzt, die ein Aequivalent der Gliosis sind.
Es dürfte sich aber docli empfehlen, soweit es möglich ist, die
früher publicirten Fälle von Maladie de Morvan und Syringomyelie
einer Superrevision zu unterziehen.
Bis neue entscheidende differentialdiagnostische Momente ge¬
funden oder entscheidende anatomische Veränderungen nachgewiesen
werden, stehen wir — besonders in Lepraländern — immerhin
allen Fällen von Syringomyelie insofern zweifelnd gegenüber, als es
für uns schwer, ja unmöglich sein wird, Lepra bestimmt auszu-
schliessen.
III. Aus der chinirgischen Universitätsklinik in Heidelberg.
Kritische Bemerkungen und praktische Er¬
fahrungen über das Antidiphtherin Klebs.
Von Dr. Oscar Yulpius,
Privatdoccnten der Chirurgie. Assistenten der Klinik.
Nachdem die letzten Lustren hochwichtige Aufschlüsse über
die Aetiologie der Infektionskrankheiten gebracht haben, scheint
nunmehr eine Epoche der Medicin zu beginnen, in welcher die Er¬
gebnisse dieser wissenschaftlichen Forschungen praktische Ver-
werthung finden, in welcher nicht nur auf Grund klarerer Einsicht
in die Ursache der verheerendsten Seuchen, sondern geradezu mit
Hülfe dieser ätiologischen Factoren die empirische Medication ver¬
drängt wird von der causalen oder — wie der moderne Ausdruck
lautet — von der ätiologischen Therapie. Die Wege, welche die
Vertrete!’ dieser neuesten Heilmethode einschlagen, sind, wenn auch
von gemeinsamem Ursprung ausgehend, doch verschiedene: Von
den einen wird das Serum immuner resp. immunisirter Thiere in
Form subcutaner Injeetion angewendet und als Heilfactor in dem
Sinne der Paralysirung von giftigen Baeterienproductcn angesehen,
sei es. dass letztere unmittelbar durch die im Heilserum enthal¬
tenen Substanzen, sei es, dass sie durch Anregung antitoxischer
Zellthätigkeit. zustande kommt die anderen bekämpfen die Gift-
erzeuger selbst und scheinen so in der Theorie wenigstens das
direktere Verfahren gewählt, zu haben. Als Apostel der letzteren
Richtung ist vor kurzem Klebs mit seinem Antidiphtherin in die
Oeffentliehkeit, getreten. 1 ) Durch Ausnützung der Thatsaclie, dass
Bacterienculturen auf ihren Nährböden nur eine bestimmte Zeit zu
gedeihen vermögen, dass sie dann nicht etwa wegen Erschöpfung
dieses Nührsubstrates, sondern durch Erzeugung und Anhäufung
von „Selbstgiften“, von „Autotoxinen“ absterben, hat Klebs sich
aus Glycerinpeptonbouillonculturon von Diphtheriebacillen eine
Flüssigkeit verschafft, welche diese ihre Selbstgifte enthalten soll
und die darum „Antidiphtherin“ getauft wurde.
Ueber die Herstellung der klaren, hellgelben, leider recht
kostbaren Lösung, die in kleinen Fläschchen, von Luft und Licht
sorglichst abgeschlossen, durch die Firma Merck iu Darmstadt auf
den Markt gebracht wird, machte Klebs einige Andeutungen, ohne
jedoch den Schleier des Geheimnisses völlig zu lüften. Soviel ist
») Wiener medicinische Wochenschr. 1893, No. 25, 26, 27. 28.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
sicher, dass dieselbe zum mindesten 0,2 °/o Orthokresol enthält.
Von der Giftigkeit des Stoffes für Diphtheriebacillon glaubte sich
Klebs dadurch überzeugen zu können, dass er Agarculturen damit
benetzte und dann nach 24 Stunden Tod oder höchstens noch ganz
geringes Wachsthumsvermögen der weitergeimpften Bacillen con-
statirte. Ob er dabei wohl die Wirkung der 0,2°/oigen Kresol-
lösung in Rechnung zog, mit der er im ungünstigen Fall — näm¬
lich dann, wenn sein Antidiphtherin weiter keinen wesentlich wirk¬
samen Stoff enthielt — arbeitete?
Auf diese Probe im Reagensglase folgten Thiervorsuche, die
über die Ungiftigkeit des Mittels sowohl als über seine Wirkung
bei gleichzeitig vorgenommener Diphtherieinfection resp. -Intoxi-
cation Aufschluss geben sollten. Aus der offenbar grossen Ver¬
suchsreihe — ein referirtes Experiment trägt die Nummer 69 —
wird uns leider vorläufig nicht viel mehr mitgetheilt, als dass das
Antidiphtherin bei gesunden Thieren eine ganz mässige Temperatur¬
steigerung hervorruft und dass es deshalb eine Maximaldosis nicht
zu besitzen scheine. Auffallen könnte es, dass Klebs bei diesen
Versuchen das Mittel subcutan einführte und damit Erfolg zu
erzielen glaubte bei Thieren, denen er Diphtherietoxine verab¬
folgte, dass er also doch nicht so streng bei dem erst vertretenen
Standpunkt verharrt, dass er vielmehr sein Antidiphtherin bald als
Bacteriengift, bald als Antitoxinträger verwendet. Ob auch Lunge
und Magen das Medicament zu ertragen vermögen, wäre wünschens-
werth gewesen, zu erfahren, um mit der festen Ucberzeugung von
der Unschädlichkeit an die Befolgung und Nachprüfung seiner
therapeutischen Rathschläge herangehen zu können. Denn Ein¬
träufelung von Antidiphtherin in die Trachea, Verschluckenlassen
von mehreren Grammen einer Lösung, von der man nur weiss,
dass sie ausser Kresol Auszüge aus Diphtherieculturen enthalten
soll, das ist sicherlich eine differentere und darum verantwortlichere
Medication, als das Umlegen einer Eiscravatte oder das durch
Klebs streng verurtheilte Sprühen von Wasserdämpfen.
Wir sind hiermit schon zur Besprechung der praktischen Ver¬
wendung des Mittels beim Menschen gekommen, die in einer Ab-
tödtung der Diphtheriebacillen durch Contactwirkung an der Stelle
des Krankheitsheerdes, d. i. in Pinselung der speeitischen Mem¬
branen bestehen soll. Der Werth dieses Vorgehens steht und fällt
also mit der Annahme, dass die Diphtheriebacillen mit der Circu-
lation nicht in den Körper gelangen, sondern dass sie stets am
Ort ihrer Ansiedelung liegen bleiben oder nur auf der Schleimhaut
sich verbreitend in die Lungen oder in den Magen gelangon. Ganz
unbestritten ist diese Ansicht keineswegs: Es wurden von Frosch
(Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten Bd. XIII) in 10
unter 15 untersuchten Fällen die Diphtheriestäbchen in Milz, Niere,
Herzblut, Pericardial- und Pleuraflüssigkeit, Gehirn und Leber
nachgewiesen. Ferner fand Kos sei (Deutsche medinische Wochen¬
schrift 1893, No. 17) dieselben in einem Falle im Blut und in den
Organen, und in allerjüngster Zeit noch berichtete Escherich
(Wiener medieinische Wochenschrift 1893, No. 49), dass er aus
den Nieren zweier Diphtherieleichen Reinculturen der Klebs-Löff-
ler’schen Bacillen erhalten habe.
Freilich scheinen dieselben in den Organen bald zugrunde zu
gehen, wir können also vorläufig die Grundlage der Kleb suchen
Therapie als zu Recht bestehend anerkennen.
Nur ein Bedenken besteht noch, das durch die Möglichkeit
einer Mischinfection mit Strepto- und Diplococcen gegeben ist.
Sollten die häufigen und schweren Complicationen der localen
Diphtherie wirklich durch eine derartige Coccenseptikämie hervor¬
gerufen sein — dieser ständen wir mit dem Antidiphtherin macht¬
los gegenüber. Doch Klebs beruhigt uns mit der Annahme, „dass
die Bedeutung der Cocceninvasion vielleicht gegenwärtig über¬
schätzt werde“, dass namentlich für die gefürchteten Lungen-
complicationen „der Diphtheriebacillus von grösserer Bedeutung sei
als seine Concurrenten“. Er verspricht des weiteren Studien nament¬
lich über die Antheilnahme von Diplococcen an den oft und rasch
zum Tode führenden Collapszuständen bei Diphtherie und stellt als
Ziel eine ebenfalls antibacterielle Behandlung dieser Mischinfection
in Aussicht.
Nach Erledigung aller Vorfragen und Zweifel ging Klebs ai
das Studium seines Mittels beim Menschen.
Bei der Anwendung erschien ihm das Verhalten der Pseudo
membranen auffallend: Dieselben wurden nicht aufgelöst, vielmeh
beobachtete er in einem Falle, wie die etwa 1 cm messende Ton
sillenmembran bei der dritten Pinselung rorne ganz gelockert wai
so dass er sie mit der Pincette von der darunter liegenden glattei
Schleimhaut abheben konnte — eiu Vorgang, in dem gowis
niemand etwas besonderes oder gar eine specifische Wirkung er
blicken wird Auf meiner Abtheilung lag kürzlich ein Junge mi
ausserordentlich schwerer und ausgebreiteter Rachendiphtherie
bei dein sich der gesammte Belag des weichen Gaumens und de
.Tonsillen unter Pinselung mit 10% Salzsäure in einem Stück voi
der grösstentheils schon wieder epithelbekleideten Schleimhaut
abstiess. Dass der Vorgang durch das Antidiphtherin beschleunigt
werde, kann Klebs nicht behaupten, da ihm anamnestische Daten
über die Krankheitsdauer bei seinem Patienten fehlen.
Auch schien ihm Linderung der localen Beschwerden
durch die Anwendung seines Mittels hervorgebracht zu werden: er
entnahm diese Thatsache den Aussagen zweier Kinder und einer
hysterischen Dame.
Als eclatanteste sichtbare Wirkung fand er einen oft schon in
drei Studen nach der ersten Pinselung eintretenden
Temperaturabfall von 40° auf 37—38°, einen Erfolg der Arznei,
der an sich schon mit Freuden zu begrüssen wäre. Was bezüglich
des Temperaturverlaufes aus den beigegebenen Krankengeschichten
zu entnehmen ist, soll weiter unten bei der kritischen Beleuchtung
dieser Journale im Zusammenhang erwähnt werden.
Wir haben die Besprechung der symptomatischen Erfolge
vorangestellt und wenden uns nun zu den definitiven Resul¬
taten, die dem Klebs’schen Mittel zugeschrieben werden.
„In einer mittelschweren Epidemie, in welcher leichtere und
schwerere Fälle nebeneinander vorkamen, 13 ohne Auswahl nach¬
einander von verschiedenen Aerzten mit Antidiphtherin behandelte
Patienten — kein Todesfall, keine Nachkrankheiten.“
Wie kleinlich, um nicht zu sagen unberechtigt, kommt uns
demgegenüber die Freude vor, die wir schon empfanden, wenn
einmal vier oder fünf Kinder nacheinander schwer vergiftet mit
Toxinen oder Kohlensäure in die Klinik gekommen waren und ge¬
heilt und munter wieder entlassen werden konnten; selbst mehrere
darnach eintretende Misserfolge konnten uns diese Freude nicht
ganz verderben. Und nun hören wir von 13 Patienten, die nach¬
einander genasen — fast möchte eine gewisse Verstimmung sich
regen im Hinblick auf so viele bisher vergeblich aufgewendete
Mühe aller Betheiligten.
Gespannte Erwartung, erwachte Hoffnung treibt zur Prüfung
der von Klebs gegebenen 13 Krankheitsnotizen, deren nunmehrige
Besprechung der Leser mit der eminenten Wichtigkeit der Materie
entschuldigen möge.
Fall 1. Elisabeth 0., acht Jahre. Rechte Tonsille total, linke zu
3 ,/j belegt, hohes Fieber.
9. Marz 1893. Abends Tomp. 40,1.
10. März. Temp. 39,9, Abends eine Pinselung, nach drei Stunden
Temp. 38.2.
11. März. Temp. Abends 38,2. 12. März. Abonds Temp. 37,4.
Leider erfahren wir nichts über Entstehung und bisherige
Dauer der Krankheit, deren diphtherische Natur durch Cultur-
versuche nicht erwiesen ist. Auch über das Verhalten der Beläge
nach der Pinselung wird nichts gesagt. Das Fieber fiel keines¬
wegs kritisch zur Norm herab, sondern erhob sich am Abend nach
der zweiten Pinselung nochmals auf 38,2.
Fall 2. Sch., vier Jahre. Drei erbsengrosse Beläge auf der linkon,
sechs bis acht kleinere, hirsekorngrosse auf der rechten Tonsillo.
25. März. Temp. 39,3. Pinselung, drei Stunden später 37,6.
26. März. Temp. 36,8.
Die Beschreibung des Tonsillenbefundes passt aufs genaueste
für eine Angina follicularis, und dieser nicht etwa durch bacilläre
Befunde ausgeschlossenen Annahme entspricht auch durchaus der
rapide Temperaturabfall.
Fall 3. Emilie W., 8'/a Jahre. Zwei erbsengrosse Beläge auf der
rechten, einer auf der linken Tonsille.
31. März. Temp. 39,5, erste Pinselung.
1. April. Temp. 37,8, zweite Pinselung, Abends Temp. 37,1. In
diesem Falle konnte am 1. April noch von mir selbst (Klebs) ein
kleiner Belag abgenommen und bacteriologisch untersucht werden. Der¬
selbe enthielt keine Diphtheriebacillen, die wahrscheinlich durch
die vorhergehenden Pinselungen zerstört waren.
Auch hier spricht nichts gegen eine Angina follicularis, für
dieselbe aber lässt sich das nachgewiesene Fehlen von Diphtherie¬
bacillen recht wohl verwerthen. Aus einem derartigen negativen
Befunde zu schliessen, dass die Bacillen durch die Pinselung zer¬
stört worden sind, das ist doch eine Folgerung, deren Berechtigung
zum mindesten bezweifelt werden darf.
Fall 4. Fritz J., 4'/a Jahre. Am 25. März erkrankt, am 27. März
heiser. Uvula, Gaumen, Tonsillen beiderseits total mit Pseudomembranen
belogt, eben solche an der Epiglottis und im Kehlkopf.
27. März. Temp. 40,2, erste Pinselung, Abends 36,7, zweite Pinselung.
28. März. Temp. 36,8, Puls 128, sehr heiser. Mittags Tracheotonuo
nöthig. Nach drei Wochen geheilt entlassen. Ich (Klebs) nehme an, dass
schon durch die ersten Pinselungen die Diphtheriebacillen zerstört waren.
In der That konnten solche in einem kleinen Membranrest von der rechten
Tonsille am 29. oder 30. März nicht mehr nachgewiesen werden.
Auch hier finden wir den vorhin gerügten merkwürdigen Trug¬
schluss, der aber nicht hindern soll, eine echte Diphtherie anzu¬
nehmen. Die Pinselungen verhüteten die Verschlimmerung des
Processes im Kehlkopf nicht, das Kind kam zur Operation und
wurde geheilt, ein gewiss erfreulicher Ausgang, der aber Gott sei
Dank doch so exceptionell nicht ist, dass er dem Antidiphtherin
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
S. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
129
nhne weiteres zu verdanken sein muss. Dass nach Anwendung- des
letzteren das Fieber abfiel, wird gern zugegeben, aber nicht ohne
das Hiiizufügen, dass bekanntermaassen sehr häufig schwerkranke
Croupkinder völlig fieberfrei oder selbst subnormal temperirt sind
resp. es werden während zunehmenden Lufthungers und steigender
Intorication. Die Mehrzahl der später anzuführenden eigenen Beob¬
achtungen kann diese Thatsache des weiteren bestätigen.
Fall 5. Franz F., 7Vs Jahre. Beide Tonsillen vollständig belegt.
10 . April. Abends Tonip. 39,1. erste Pinselung. 11. April. Temp. 37,5.
Am 13. April Scarlatina.
Nun, meines Wissens ist Scharlachdiphtherie — und um eine
solche dürfte es sich hier gehandelt haben — nur in den seltensten
Fällen eine echte Diphtherie, und es bedürfte ganz gewiss des
Bacillenbefundes, um diesen Fall als hierhergehörig anerkennen zu
können. Dass trotz wahrscheinlich nicht vorhandener Diphtherie
gleichwohl nach der Pinselung Temperaturabfall eintrat, benimmt
.lern letzteren ebenso sehr den Charakter einer Folge der Medi¬
ation, wie es die Angina follicularis der Beobachtung 2 und 8
s hon gethan hat.
Fall 6 . Kathiuka F., 26 Jahre, beide Tonsillen vollständig belebt.
H. April, Abends 39,4. 10. April, Abends 39,8. 11. April, Morgens 39^8,
er>F Pinselung, Abends 37,6. 12. April, Morgens 37,4.
Eine genaue Anamnese oder ein BaeiUenbefund wäre zur Ver¬
vollständigung des Bildes wünschenswerth. Ueber den günstigen
Verlauf aber würden wir uns bei einer erwachsenen Person auch
dann nicht wundern, wenn kein Antidiphtherin angewendet
worden wäre.
Fall 7. Hedwig F., 13 Jahro. Beide Tonsillen und die Uvula
belegt mit einzelnen freien Stellen. 9. Mai Temp. 39,3, erste Pinselung,
Abends 37.8. 10. Mai Temp. 37,2, Abends 37,8. 11 . Mai 37.3.
Diesmal können wir trotz mangelnder Anamnese confluirende
Beläge einer folliculären Angina ausschliessen, da Diphtheriebacillen
nachgewiesen wurden. Zu beklagen ist nur, dass Klebs es sich
hat entgehen lassen, das Schicksal der Bacillen nach den Pinse¬
lungen zu verfolgen und die Zeit der Abtödtung zu constatiren.
Fall 8 . P. W., kräftiger, erwachsener Mann. 4. Mai mit Frost,
Halsschmerzen. Schluckbesehwerden erkrankt. 15. Mai, Morgens Temp. 38,8,
Abends 38,2. Massig starker Belag auf beiden Mandeln. 16. April Temp.
normal. Erste Pinselung, noch zweimal wiederholt. 17. April Belag ver¬
schwunden, Patient wohl.
. . . Fa . n 9 - ^ri A., kräftiger, gesunder Mann, am 20. April erkrankt-
Temp $3 0 ^ ande ^ n und der hinteren Rachenwand mässig starker Belag-
21. April bei normaler Temperatur erste Pinselung. Am dritten
kmkheitstag Patient wohl.
Sch., kräftiger, gesunder Mann. Am dritten Krankheitstag
n , 1 ®’ erau ^ denMandeln, dem weichen Gaumen und der hinteren
j e ?. wa f. . F® m P- 39,5. Ordination: Eiscravatte, Borsäuregurgelungen,
is fünfmal tätlich Pinselungen. Nach zehn Tagen geheilt entlassen.
flen drei Fällen sind Diphtheriebacillen durch das Cultur-
Faii! reD fest S estel1 !' worden. Auch bei den drei letzterwähnten
ton.? V< ü\ nac fa& ew iesener Diphtherie, die „gesunde, kräftige“
/ r e j- bab es Hiebs unbegreiflicherweise anscheinend
2I] denKinstriren 1 ^ 0111 ^^ des Antidiphtherin bacteriologisch
die Pinselung erst angewendet, als
Patient in , eberun £ ringetreten, die Krankheit im Abklingen war.
Tavatto da S®& e11 batte hohes Fieber, als die übrigens mit Eis-
handinl- ? orsäure gurgelungen unterstützte Klebs’sehe Be-
Zf , u , rpn / e . m T s r etzte - Hier konnte ein rascher Fieberabfall über-
hkr uhM-ü Ungläubige wirken; doppelt schade, dass wir gerade
r f den Temperaturverlauf nichts erfahren.
Mai auf B ',\ 50 . Jahre » 30 - April erkrankt, Temp. 39,2;
T-mp 3 g 5 t Tonsillen festanhaftende gelbliche Beläge. Vormittags
% te P,nsel 0 ^- Abends 38,4, zweite Pinselung. *
Eliten Tonrille a' -*??? P ^selung. Abends 38,2. Auf der
Obwohl p C - 1 , ^ drei kleme Flecke - 3 - Mai. Fieberfrei,
um echtp tubul 81 . , er na °b dem Ergebniss des Culturverfahrens
fieberuna ban deUe, trat doch keineswegs völlige Ent¬
ern die^Rapiiin i 1 ei ?I nal na °b der dritten Pinselung. Ob trotz-
<la kein «nätpr 11 7 ~ a J d ^etödtet wurden, erfahren wir leider nicht,
eine derart;™ ir** Z u .^ 1 tungsversuch erwähnt wird. Es erschiene
Achter der Paf+- 61 ^ werthvoller als die, dass eine erwachsene
e inmalifr e ü I 11 über l e * c fate Halsschmerzen klagte und durch
Fall k Prophylaktische Pinselung geheilt wurde.
-25. Md ]) a ttü K K -’ ö Jahre. Genaue Daten fehlen.
hil * grosse MpmLo« 0n ^ lede ^ holfc £ e P ins elt war, ist Patient fieberfrei.
| 0n der glatten der Unken Tonsille war gelockert und konnte
'ÄneSln mehr haUt abgehoben
l!; irauf
tniader
^-..vuo^uien mehr ~ 1 werden. Dieselbe enthielt keine
1 bebau Ptete Causalnexus zwischen Pinselung und
ler normal*», ^-, -r^ „ . . . ® . . .
folgender
* « n iOVUüil 1 UiOClUUg uuu
pewatrt a i c 01 ? la er Temperatur des Kranken erscheint nicht
bhis.s v 0In Fphi der an dieser Stelle wiederholt gezogene Trug¬
en der Diphtheriebacillen nach mehrmals aus-
auf eine für dieselben deletäre Wirkung d*>
I geführter Pinselung
Mittels.
D1 Fa }. 1 , 13 -. Robert R., 10 Jahre. Rechte Tonsille ein grösserer
I DiphlheriebaciUen vorhanden
: MarinL^'l^Ä“ “ A erS ‘° PinSelU " S> am Selben Tage «8.«
Es '™ lde h 'er SO wollig wie frühci- das Absterben der Dipli-
thenebaciUen constatirt. Die Behandlung setzte erst ein, als die
brkiankung, besonders das Fieber im Rückgang begriffen war.
; Ueberblicken wir die besprochenen Klebs’schen Fälle nochmals
! ?o nnden wir sechsmal die Diagnose durch den Nachweis der
| Diphtheriebacillen bestätigt, darunter nur zweimal bei
| Hindern, lieber die antibacilläre Wirkung der specifischen
| Behandlung, also über ihren wissenschaftlichen Brennpunkt, erfahren
| wir leider gar nichts. Von symptomatischen Erfolgen wurde
! eine prompte Entfieberung einmal beobachtet (Fall 7), zwei-
I mal war der Temperaturabfall kein eclatanter (Fall 11 und 18),
zweimal wurde bei fieberfreien Reconvalescenten gepinselt (Fall 8
! u . lld 9), bei einem hochfiebernden Manne fehlt bedauerlicher Weise
| eine Notiz über den weiteren Temperaturverlauf.
Es liegt uns fern, alle anderen Beobachtungsfälle deshalb
I nicht als Diphtherie anzuerkennen, weil die bacteriologisehe Unter-
I suchung unterblieben ist. Nur die beiden Patienten mit Angina
follicularis (2 und 3) sowie den Jungen mit Seharlackdiphtherie
möge gestattet sein auszuschliessen. Es bleiben noch vier Kranke
übrig, bei zwei (4 und 6) traf in der That ein erstaunlicher Tem¬
peraturabfall mit der Pinselung zusammen, bei einem fehlen genaue
Daten (12), bei einem weiteren ging das Fieber langsamer zurück.
Unter den zehn in Betracht kommenden Kranken befinden sich
nicht weniger als fünf Erwachsene, welche der Infection gewiss
mehr Widerstand entgegenzusetzen vermögen als die darum weit
mehr gefährdeten Kinder.
Dass die Epidemie eine mittelschwere war, theilt Klebs selbst
mit; es ergiebt sich das auch aus der fehlenden Tendenz der Er¬
krankung zum Hinabsteigen in Larynx, Trachea und Bronchien.
Nur ein einziges mal wurde die Tracheotomie nothwendig, und
auch hier scheint kein eigentlicher Bronchialcroup aufgetreten
zu sein.
Man wird nach alledem zugeben müssen, dass das erst geradezu
imponirende Resultat der Antidiphtherintherapie bei kritischer Be¬
trachtung nicht unwesentlich zusammengeschrumpft ist.
In welcher Hinsicht die in hiesiger chirurgischer Klinik mit
dem Mittel gesammelten Erfahrungen die Kiebs'schen Mittheilungen
zu ergänzen, in welcher Beziehung zu corrigiren imstande sind,
wird sich aus folgenden 19 Krankengeschichten ergeben, welche
aus dem im letzten Vierteljahre der Klinik zugegangenen Diphtherie-
material gewonnen sind. Vorausgeschickt soll nur werden, dass die
ins Krankenhaus von Stadt und Umgegend eingelieferten Fälle aus
naheliegenden Gründen fast durchweg schwere sind, dass ferner
die Epidemie dieses Herbstes eine recht schlimme war, was sich
sowohl durch ernste Allgemeinerscheinungen und überaus häufige
Descendenz des Croups in den Bronchialbaum als auch durch hoch¬
gradige Infectiosität documentirte, welch letztere Schreiber dieses
und sein Stellvertreter sowie eine Pflegeschwester an sich selber
zu erfahren Gelegenheit hatten. Es war also In dieser Zeit dem
Antidiphtherin ganz besonders günstige Möglichkeit gegeben, eine
ihm innewohnende Heilkraft zu bethätigen.
Fall 1. Katharina A., elf Jahre. Am 23. August Halsschmerzen,
am 25. August Heiserkeit, am 26. August beginnende Athemnoth, am
27. August Aufnahme in die Klinik.
Status: Hochgradige Dyspnoe mit starken inspiratorischen Einziehun¬
gen. Diphtheritische Beläge an Tonsillen, weichem Gaumen, Uvula. Kein
Fieber. Lungen frei. 27. August Morgens Tracheotomie.
27. August, Morgens und Abends Pinselung mit Antidiphtherin,
doppelte Concentration.
28. August. Morgens Pinselung und Einträufelung, Abends Temp. 38,4.
29. August. Morgens und Abends Pinselung und Einträufelung,
Temp. 37,7. Die Beläge völlig unverändert, Husten trocken, Bronchitis,
schlechtes Allgemeinbefinden.
30. August, Morgens Pinselung und Einträufelung. Ueber beiden Unter¬
lappen Knisterrasseln. Zunehmende Cyanose. Temp. 36,5. Mittags Exitus.
Sectionsbefund: Croup laryngis, pharyngis, tonsillarum. Tracheitis
oatarrhalis. Bronchitis et Pneumonia crouposa lobi inf. sin. et lobi sup.
et inf. dextri. Hämorrhagieen der serösen Häute. Nephritis parenchymatosa
acuta. Gastritis acuta mit Hämorrhagieen.
Die Beläge wurden also durch fünfmalige Pinselung nicht
alterirt. Nach der ersten Einträufelung trat Fieber auf, dann
descendirender Croup mit ausgedehnter Pneumonie, die den Tod
herbeiführte.
Fall 2. Ferdinand R., fünf Jahro. Seit einigen Tagen unwohl,
seit verflossener Nacht zunehmende Athemnoth.
1 . September. Status: Tonsillen, weicher Gaumen und Uvula diph-
theritisch belegt. Starke Dyspnoe mit Einziehungen. Ueber der linken
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
.
von Julias Spring»
Y>rlagslmdiliau<limig
• V :^’?vi .f‘ [ ' . •;:J >■$-.
Fdr^rr im.
Prof. Di*. Moritsr. Schmidt
Mit 132 Abbildungen itu Text und 7 Tafeln.
XII a, 72S Seiten. Eteg. in tieinw&Tid #ebund*n AI - iS,
X)cr al?. Laryttgologe rühm liebst bekannte Vetias.ser link in • dem vniiie'gctuien Buche
■Ä- tnohr >i];> dm.ssiigiäbngeii ErfVilii-iingvh in erster Linie für die prakMsehon Aerzto
niedftrgeiogt uücl deshalb dem Titel den" Zusatz „Aus der Tru*ik : ffir die Lr-ixis
Lidern er sieb die Bedürfnisse der praktischen Aetzb- immer vor Augen zu
iiäUen je«chte, hat er einen besonderen Werth auf den ^iisamtnenli^iiir der ErkiAükuugcu
^;r/oberen Luftwege mit, denen des übrige ü Körpers gelegt und aueji die eil leihen Ivrun k>
von dA*r Nase bis in die Luftröhre verfolgt und geglaubt, dadurch zu-samnienbäiigenib
«nheidicbfi Kraukhcitsbilder geben zu können.
.Km sprechend der Bestimmung des Buches hat er die Anatomie. mehr vom !♦•}>-•-
^phiseh&rj Standpunkte aus genommen nnü in einem Anhänge zu derselben die i ür das
Verständnis* mancher pathologischen Ztistiincie so nothvvegdigen ent'vvicklungsge.sehiolnliclion
A , erhhh;i\isse > soMe die angeborenen Missbildungen nuseinandcigesetzt. ln «lern Abschnitt«
' Physiologie sind besonders die Punktion der Nerven und die Bildung der Stimme
.^rivik^ehtigr und in äw allgenmimui Betrachtnngvu einige ätiologisch wichtige Elgern eine
Lrkrsnkttngeü besprochen, so weit es der Zweek des Buches verlangte. Andere- Allgemeine
Rraitkbeiprh sind ab sohdieü Stellen ausführlicher erwähnt worden, wp sie’als wichtige
«doiogisebe. Faktoreft-ib Betracht kamen, so z. B. die Tabes und die Aortenaneurysmen
f> e» den. Ibik0 jnmrüdhh imm.gen und wurde daselbst namentlich auch die Pathologie lind die
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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Die Krankheiten der oberen Luftwege.
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';%>KMW■ fl;;«^;tftyAn^)röc! Stcat’»•»ftifc.W ,lcu J, ' luV "
W(i Dr r^ c M
T iier^yeuteftv«
AU'rfsr^fcea '-<m l)\. rut-si; Lib’otf LC n. nn-c*' U* *1 *.* ^ L<?-
• r- S Ka J -^v ; IFrt’fs fjfev «n-a i; ju-g/^L' v<^ • '
iV 50 Wtn^fc.^wcjrtJ^
jA'-- wh*« r >’' r:* ?•£•<«’ lV U»rr^tf v •••.>,-l o" :4 . v. ; .-, - ..v,„ >»' *W>.V-. t‘r>v^ •.» v .y tf J
..-W 7 .V.: 7 7 , ‘ n ;,,,,•■. ■' .- i ■ ' - ■ i> < W ^ 5 f- ^ ' ! ‘
/-■> L ‘ ;>!&'* . 4 $*rc«i ItWt^lTUi^lKip^V -r— y-V y, •;..,
S :; 7 '
Sulfonal „Riedel.“
Kurze Auszüge
aus,den über Sulfonal erschienenen Arbeiten,
mitgetheiifc von
J. D. Riedel, Berlin.
H. Hilblue uml. Dr. F. >V. Pngsmorc (Apothek"i -
Xniini^ \.. lli, IHjffi, „Sulfonal-Riedel ist eit»
ausgezeichnetes Präparat* dessen chemische Reinheit
üie beste Bürgschaft für ylHehniiissigc* physiologische
Wirkung Ist .. 41
Original from
UNiVERSITY OF MICHIGAN
wird, bildet farblose, glänzende.
dessen absolute eherni8che Helulielt gurutiim
leicht. zhrmblu±Q Krystalio sc^inilzt
und geschmacklos. Das SuKoiijü „Kieüel
zuverlässig wirkendes Schlafmittel gesvliötzt.
.KebemyirkMiigeti. welche die Opiate ;und «;.C
orklärt sich der stetig wachseitde Verbrauch ti
im fi'ewBgttt.eri Idmintrüdifcigt Wird, durch vemV^ . 7 . ,, , u .
MittheiluugCM; die gegenüber dmn-8ulfowd gewissen; um das Vielfache \h
t-oncurreÄ&prÄpäLrt’aton das Wort reden.
lieber die grossen Vorzüge de» Sutfonalä gegenüber anderen
mütclh gehen nachstehende Auszüge au« medmmi*eheo ZeitsttoUmi A\
Professor l>r. Kiutf-Freitmrg (Berliner klinische IVochenschr
No, IÖ>, Vefäfcor hemmt auf Grund, von Ä# WO LiuzeU-eobachtu
filmt’ bO Personen zu dom Resultate, dass das■ Sullönal unter de». Hy
eine hervonngeinh: Stelle ßiivhimmh dass sciiädheho Einflüsse ani dto h
des Blutes dem Sult'onul nicht zukornmen, dass jede Imckt schädiget
Wirkung aut die Schleimhaut- des Dariueawäls fehlt und dass eiu ung
Vdiihuss dos Snlt'dimD auf des Hw* und das Geflisssyslem durch yolb
nicht hcrvocgchrrtcW; wird-
Dr. Aag, Cramer-Frelbiirg (Münchener medlcin. Wochenschrift 1888
No, 26). 4Ö7 Beobachtungen an 49 Geisteskranken ergabau, dass das Sulfonal
sin für die psyebmirisehe Therapie wichtiges uud gutwirkendos Mittel ist,
welches ungünstige ^Nebenwirkungen nicht zeigt. Eine „Angewöhnung“ an das
Sulfonal tritt in keiner ^feise ein,
Dr. Julius Schwalbe-Berlin (Deutsche medidn. Wochenschrift 1888
No. 25). Verfasser berichtet Über Anwendung des Sulfouals bei 50 Patienten
und constatirte, dass dasselbe als Uypnotieum in Füllen von nervöser Schlaf¬
losigkeit in der Dosis von 1—2 g mit sehr annehmbarer Promptheit wirkt.
..Das -SoIlona! alterirt weder Temperatur noch Puls noch Respiration und ver¬
dient deshalb in seiner Eigenschaft und in dein oben bezeichnet«!! Umfange den
Vorzug vor Morphium und Chioral bei febrilen Krankheiten und allen Affec-
tionen, in denen man Herzschwäche befürchten muss. NamenlJich dürfte m SO
weh bei Kindern zu verwenden sein“.
Fr. Tuczeck-Marburg (Oentralbl. für klin, Medlcin 1888 No. 28.)
Verfasser ist geneigt, das Sulfonal an die Spitze aller bekannten Schlafmittel
zu stellen. Al« einziger Rivale könnte Chioral in Betracht kommen, doch
fand Verfasser, dass das Sulfonal. nachhaltiger, wirkt und mich nicht die Uhlen
Wirkungen des Chlorals auf den Circulationsapparat t heilt.
Dr. Joseph Franz (Wirkung des Sulfonals bei chirurgischen Kranken,
ftßrzbnrg 1888), Als Resultat von 260 Eifizclversüchen an 82 Patienten
t-rgnb sich eine ausgezeichnete hypnotische Wirkung des SuBbiials. In der
Mehrzahl der Fälle war der Schlaf ein durchaas guter, sehr wohlthuend und
efHUickend. Das Mittel wurde Sehr gut vertragen und zeigte keine Spur
riaer üblen Nköbwirkmig. Bei nervöser Schlaflosigkeit trat ein gesunder
Schlaf meist schon im Verlauf einer Stunde ein.
M. Matthe» (Central!)!, für klin. Mediein 1888 No, 40). Verfasser
bezeichnet das Sulfonal. als ein brauchbares Uypnotieum, welches anderen
Hypaolieis gegenüber den Vorzug der Geruch- und Geschmacklosigkeit und
wr negativen W irkung auf lebenswichtige Organe besitzt. Die Dosirung des
Mittels muss eine sehr verschiedene sein und ist «uszuprubiron. Für die Mehr-
zahl der Fälle ist 1 gr. genügend, um ausreichende hypnotische W irkung ohne
.Nrnenrrscheiuungen zu erzielen.
Dr. Otto-Dalldorf bei Berlin (Deutsche Medtein.-Ztg. 1888 No. 34).
fir Beobaehlongefi bestätigen die von Käst, Schwalbe, Rösitt und
Kabbas mitgetheilten günstigen Resultate. Hach Eingabe von 1—2 gr. SulfoiiaJ
mWb sich bei den Patiente» ein 7~Vj 2 8tund« andauernder ruhiger und
erqaickend.cr Sohlst ein, Nohen- • oder "Nachwirkungen des SulföiiäJs wurden
nicht beobachtet.
. Ton Mösengeil-Bonu (Briefliche Mittheilung vom 1. Oklo-
cü- ^ irHm <*• O- Riedel)* Verfasser tlmill. mH, dass er
>niitoual vielfach vorordnet bat, und fahrt dann wörtlich fort: r fch hin, besonders
a aen fabh-tten, wegen der sehr bequemen Dosimmg und der Vorliebe der
^auenten nir diese Form so zufrieden, dass ich es gar nicht mehr in meinem
ftn^P 0 'j m!SSea möchte. Ich habe einige verschiedenartige Erkrankung*-
. el denen Mangel an Schlaf vorhanden war, mit Ihrem Sulfonal behandelt
eigentlich ausnahmslos zufriodenstelJondo Resultate erzielt.“
Verabreichung ganz abnorm hoher Dosen Sulfonals keine
GiJuS’f 'V/bung auf den Organismus hat, zeigt ein Fall, in welchem ein
TPtirT * !* r vll f -r, e ^ sehen Sulfonalfabrik am 5. Januar 1889 Abends gegen
Htblaf v* 1 F ^ Es^lOflel Bultonfil zn sich genommen hatte uud darauf in einen
t irgend
kung 1
V» ,r*. P as hulfonal „Riedel“ kommt in den Handel in Original-Cartons von
oSSi^' ^r!? ovalen Pastillen ä 1 gr. zu 12, 25, 50 und 100 Stück in
vertem änfe *?' T ,. f se Tabletten (nicht coniprimirf) sind aus staubfein gepub
«^edel“ gefertigt und zerfallen auf der Zunge oder in einem
"***" n,lt ^a&ser auf das gichtoste.
ron w, rd etwa 1 Stande vor dem Schlafengehen in Dosen
oder )i*iaj£ SS ” ?lnc ‘ s} - Pulvf ‘ r oder in Tabietlenform mit wenig Wasser, Woip
‘» wsem Thee genommen.
Go gle
• .-Original frem.
JtEVlVüRSÜY OF MICHIGAN
J. D. Riedel, Berlin HL??*
Chemische Fabrik und Drogen-ftrosshand 1 uag
(GhgrOndöt )
I ; iliaiiäbnk: Bohnsdorf bei Grünau.
Abtheilung für pharmaceutisclie Präparate.
Dulcin ,,Riedel ' (ParnpU^n^toloarUatriid), zahlreich») Patente. Süssstod
vou sehr angönhhtem Cfß&dLfüa&k. .und der facht'ti Sus&k/oif Rohr-
zuc.kers. In den für Vftrstiasuaßrä?Ä«i>'*l»e itt Betraf h! kommenden Mengen
uhsotut unyehAdlmh.
Jodophenin „Riedel“, i», k, y. Xo. »h 4.04, JmbibiiH- tte M
nach Professur tfefciUJer ftir die \Yuodhtdu'<niluog liehet uurthv/.dj, '
Phenacetin „Riedel 1 ',
Böinhei i oiisgozoic-iviiut.
i* W •* r? ft. Tf ’ J. i ^ 1 i 1 *T
\ 0. R, i\ No. 4*543» Wm*ztigte Markt., dttrcli ch»?taiscWt
.. _ ' t. Phemut’Un. ist. naelt ivoutvster PuLljkatiou Pvotosatu'
Br. v. Me ri ng’jt * tii>te>nul%h* Ml&tö & 579): „ein vortrefP
liches AiitiixyreV.h uni n»»d AjüirnuH*$lgtenf w, sieh vor »vlb?« audoröü
dtfryji «IjVv :><>rings.tdi) \ üli£« h S rkhiiawt tni.stetfteh. D>*89(dh& PoäRxt in
.imachon JtemUuiigvm Wi?tehhho Yorxli^ vor dem .\iY<i|>yl'iii."
Salipyrin ,,Riedel‘‘, /.«kJreiche Fntfiito, «stell PfotEfcsro Br. von Mos’opgoil
feotm- uod ivnih ron Klinikern:eie Yiu'relntu? huhur wirkfetules SpeeiUcaiH
gegen Influenza. «Mil grösst Im« .Rrjfolgd. ünoewcuuloi. hui ftrkiiiUmg
uml Helmute. 43e\vilfn fus MUitd gegen Nmtr.dgiu und Oeltiukfheuui;»-
tisitfus. Bei zu rmchiirher Mcnstrmitte dun Kgude- und ÜyArari*-
IVÄpnrate weiUais ühurlugun.
Salumin „Riedel* 4 (AJuminfuniMilieylat), Patent angciuvldet, hui KntaOn-
duttgeu und IvaUtTlieti des Bm.!mus und der Xifi$e etriptelwi. hat dein
Jödohmii gugiaiUUrr de« Vorzug. 4 äjss ös auch hoi Uteerer Anwendung
\md läogvivui Lieghnldrihon der Vurhänd«- mmnais die Haut* reizt, und zu
Kvzeuien eie. tnliri’,
Tannal „Riedel’* (AI»j miui 11 rntaniiat), i>ate«tirt, uin rvhßT-gistdihs, wenig
Oie Reinheit sämmtiiefcer Producte u*«i>il garantlrt.
Ausführliche üterglur zu Dienste.
PP$*5S?«38S
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K * i .•• • >% •- r?» 4.-J 'v*~ " 'V*7~C~ '• *' *> l’^r •
8. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
131
Es wird gern zugegeben, dass nach mehrtägigem Kampf mit der
steten Neubildung von Croupmembranen im Bronchialbaum erst die
Xoth zum Antidiphfcherinfläschchen greifen liess,. und dass in der
That vom nächsten Tage an, obwohl die weitere Anwendung des
Mittels unterblieb, erhebliche Besserung eintrat.
Fall 12. Heinrich M., fünf Jahre. Seit drei Tagen Halsschmerzem
in letzter Nacht zunehmende Dyspnoe.
26. October. Status: Tonsillen geschwellt, auf der linken graulicher
Belag. Hochgradiger Lufthunger, starke Einziehungen, leichte Bronchitis.
Morgens ‘-'all Uhr Tracheotomie, Apnoe.
S 26. October. Abends kein Fieber, Athmung gut. 6 Uhr Pinselung
und Einträufelung.
27. October. Auf der rechten Tonsille neuer Belag. Gegen Abend
erschwerte Exspiration. 7 Uhr eine grosse Membran ausgehustet, sofort
zweite Pinselung und Einträufelung.
28. October. Morgens 6 Uhr Erstickungsanfall, durch Aspiration einer
grossen Membran beseitigt. Sofort Einträufelung. Belag unverändert.
Abends Einträufelung.
29. October. In der Nacht Erstickungsanfälle. Morgens Einträufelung.
30. October. Athmung freier. Morgens 10 Uhr Einträufelung.
31. October. In der Nacht Erstickungsanfall, Aspiration grosser
Membranen. Ebenso Abends, sofort darnach Einträufelung.
1. November. In der Nacht und während des Tages häufige Er-
stickungsanfälle. Abends Einträufelung.
2. November. Befinden unverändert. Abends 6 Uhr Erstickung.
Sectionsbefund: Diphtheria faucium, tonsillarum, des Laiynx, der
Trachea, frische croupöse Processe im Bronchialbaum. Katarrhalische
Gastritis und Enteritis.
Weder vermochten die Pinselungen die Ausdehnung des Ton-
sillarbelags auf die gesunde Seite, noch die erst in prophylaktischer
Absicht gemachten Einträufelungen die croupöse Erkrankung des
Bronchialbaumes zu hindern. Und obwohl stets gesucht wurde,
das Antidiplitherin in direkte Berührung mit der Bronchialschleim¬
haut jeweils hach Entfernung der Membranen zu bringen, führten
doch die stets neugebildeten Fibrinausgüsse zu dem traurigen Er¬
stickungstod.
Fall 13. Adam N., vier Jahre. Seit zwei Tagen krank, seit einigen
Stunden rasch zunehmende Athemnoth.
21. October. Status: Tonsillen geschwellt, besonders links starker
diphtheritischer Belag. Stimme heiser, hochgradige Stenosenerscheinungen
im Laiynx. Massige Bronchitis. Kein Fieber. Mittags 12 Uhr Tracheo¬
tomie.
22. October. Befinden gut. Morgens 10 Uhr Pinselung. Lungen frei.
23. October. Belag grösser als bisher. Morgens 7al2 Uhr Pinse¬
lung und Einträufelung.
24. October. Belag etwas geringer. 26. October. Belag fast ver¬
schwunden. Glatter Verlauf.
Die Erkrankung stieg nicht unter den Kehlkopf hinab. Der
Belag wurde unter der ersten Pinselung grösser, nahm dann ab.
Fall 14. Eva L., 3*/a Jahre. Seit ca. vier Tagen unwohl, seit zwe
lagen vom Arzte constatirte Diphtherie. Keine Dyspnoe.
3. November. Status: Tonsillen geschwellt, besonders auf der linkei
una auf der Uvula starker grauweisslicher Belag. Kein Lufthunger, leicht«
Bronchitis. Temp. 37,9. Abends »/ a 7 Uhr Pinselung,
n i *X°'; em J> er - Belag unverändert, am linken Gaumenbogen neue
Belag, kein Fieber Morgens 11 Uhr zweite Pinselung.
o. November. Gegen Morgen zunehmende Athemnoth, erschwerte;
Mspmum loetor ex ore. Belag im Rachen sehr stark. Temp. 36.8
n- r ^ n ' s ^ V“ r Tracheotomie. Darauf Athmung gut. Abends 6 Uh
i inselung und Einträufelung, 8 Uhr Temp. 39,8.
Morgens 0 * 6 To T^hcollabirt, cyanotisch, ohne wesentliche Dyspnoe
L a n-n S v eC i i0 T Sb l fun l : Diphtherie der Uvula, Tonsillen, Epiglottis, de;
, ‘pV Qer Trachea, Bronchien. Kleine pneumonische Infiltrationsheerdi
nospn J a en ^ össse - Diphtherie des Magens: fast der ganze Magen mit fibri
von (Ipi.qm-T ausgekleidet. die bald croupösen Charakter haben, siel
und ^lennhaut leicht ablösen lassen, bald mehr adhärireu und rnürb«
vermessend werden. In Dünndarm und Colon Hämorrhagieen.
i endnnl** 0 ^ 0 ^^^ 118 ^ 1111 ^ Ausbreitung der Rachendiphtherie, Des
niinmDh* • 7 rocesses ’ der zur Tracheotomie nöthigt. Obwoh
die Rmn J^ß^fäufdt werden kann, Weiterschreiten des Croups ii
den l - 6n ’ ^ ^setzendes Fieber. Und schliesslich Tod untei
Meinungen hochgradiger Intoxication.
>eit Jestprn\ ? e i. n ri c h 0., zwe * Jahre. Seit zwei Tagen Mandelbelag
seit letzter Nacht Athemnoth.
weisser Rniorr v . ®t a tus: Auf beiden Tonsillen sehr starker, grau
Athmung eträc hthche Schwellung der Cervicaldrüsen, angestrengtest«
10 l / 9 Uhr Tronik° S f* . .er den Lungen mässige Bronchitis. Abend:
13 b Ä 0t °T’ darauf ausgesprochene Apnoe.
Abends 7 rh r \ A ^ om P- normal. Mittags 12 Uhr Pinselung, ebenst
14 Nnvp^k A tnniung gut, Temp. Nachmittags 4 Uhr 38,5.
15 . \ovpTf° r ' A bends Pinselung, Temp. 38.
unverändert im^r und Abends Pinselung, der Belag völlig
während der t>b»u * eD m Dnterlappen pneumonische Anschoppung, di«
tongsam. Weiterer V j j|f e zurüc kbildet. Der Belag Schwindel
Die Pinselungen wurden unterlassen, nachdem trotz derselben
der Belag unverändert geblieben war. Die leichte Pneumonie ent¬
stand während der Behandlung.
Fall 16. Veronika St., 2 l /a Jahre. Seit vier Tagen krank, seit
letztem Abend Athemnoth.
15. November. Status: Tonsillen und Rachen frei von Belag.
Starke Cyanose, angestrengteste Athmung, rapide zunehmende Erstickungs¬
gefahr nöthigen zur sofortigen Tracheotomie 15. November, Morgens
1; a4 U1 u\ Darauf deutliche Apnoe. Morgens 8 Uhr Temp. 38,0, mässige
Bronchitis, Athmung gut. Morgens und Abends Pinselung und Ein¬
träufelung.
16. November. Gegen Morgen exspiratorische Dyspnoe. Morgens
Temp. 37,5. Auf den Tonsillen deutlicher diphtherischer Belag. Im Laufe
des Tages zunehmende Athemnoth. Abends 6 Uhr Tod.
Sectionsbefund: Diphtherie der Tonsillen, des Laiynx, der Trachea
(in dieser ein völlig zusammenhängender, röhrenförmiger Fibrinausguss),
Bronchien bis zu den ersten Verzweigungen.
Auch diesmal das Ergebniss, dass weder die Ausbreitung des
diphtherischen Processes auf die Tonsillen, noch dessen Descendenz
im Anschluss an die Pinselung ausblieb.
Fall 17. Babette H., 3'/a Jahre. Seit zwei Tagen Heiserkeit, seit
letzter Nacht zunehmende Athemnoth.
15. November. Status: Tonsillen geschwellt, auf der rechten aus-
f edehnter Belag. Dyspnoe mit starken Einziehungen. Lungen völlig frei,
emp. 39,0. Abends ‘/a6 Uhr Tracheotomie. Abends 8 Uhr Pinselung
| und Einträufelung.
| 16. November. Morgens Temp. 38,2, Abends 38,4. Belag geringer.
17. November. Belag schwindet. Glatter Verlauf. Kein Fieber mehr.
Ein erfreulicher Erfolg! Nach der Tracheotomie und einmaliger
specifischer Behandlung Stillstand resp. Rückbildung der Krankheit.
Fall 18. Anna S., fünf Jahre. Seit zehn Tagen Tonsülarbelag, in
der Nacht vom 24. zum 25. November steigende Athemnoth.
25. November. Status: Das Kind beinahe erstickt, sofortige Tracheo¬
tomie Abends 6 Uhr. Tonsillen, besonders stark die rechte, weissgrau
| belegt. Diffuse Bronchitis, kein Fieber. Abends 6 Uhr Pinselung und
I Einträufelung.
i 26. November. Während des ganzen Tages Erstickungsanfälle, ebenso
j am 27. November. Am 28. November werden viele Membranen expectorirt,
| worauf die Athmung frei wird und bleibt. Weiterhin im wesentlichen
, glatter Verlauf.
i Es soll in diesem Fall nicht ein strikter causaler Zusammen-
| hang zwischen der nur einmal gemachten Einträufelung und dem
! weiteren Verlauf behauptet werden. Müssten wir doch sonst von
| einer geradezu ungünstigen Einwirkung des Mittels sprechen.
Fall 19. Friedrich G., 16 Jahre. Seit zwei Tagen Halsschmerzen,
seit heute früh Athemnoth.
8. December. Status: Röthung des Gaumens, Belag besonders der
rechten Tonsille. Lungen anscheinend frei. Hochgradigste Athemnoth
mit vorgeschrittener Kohlensäurevergiftung. Abends 5 Uhr Tracheotomie.
Athmung dann frei. Temp. 40,7.
8 . December. Abends 3 /48 Uhr Pinselung, Abends 12 Uhr nochmals.
9. December. Belag unverändert, Lungen frei, Temp. 40,4, Albumi¬
nurie, Morgens 11 Uhr Pinselung, Mittags 1 Uhr Pinselung und Ein¬
träufelung. Während des Nachmittags Erscheinungen von descendirendem
Croup. 7a4 Uhr Pinselung und Einträufelung. Abends 6 Uhr Pinselung.
Temp. 40,8. Bald darauf zunehmende Cyanose, starke Krämpfe der ge-
sammten Muskulatur. Rascher Collaps. 7 Uhr Tod.
Sectionsbefund: Diphtherie der Tonsillen, des weichen Gaumens,
des Rachens. Vollständig röhrenförmige Ausgüsse des Laiynx, der Trachea,
des ganzen Bronchialbaums. Zahlreiche Atelectasen. Milztumor, parenchy¬
matöse Nephritis, subpericardiale Hämorrhagieen, hämorrhagische Gastritis.
; In diesem traurigen Fall schwerster Diphtherie mit enorm
! hohen Temperaturen wurde durch das Antidiphtherin weder ein
j Temperaturabfall, noch ein Rückgang der Rachendiphtherie herbei¬
geführt. Nach der ersten Einträufelung erfolgte Descendenz des
Croups, die zusammen mit der heftigen Intoxication den Tod in
erschreckend kurzer Zeit verursachte.
Hiermit erhielten die Versuche mit dem Klebs’schen Mittel
| an hiesiger chirurgischer Klinik einen erschütternd tragischen Ab-
! Schluss, und es bedarf keines langen Commentars, um aus den
mitgetheilten Beobachtungen ein Facit bezüglich der Wirksamkeit
des Antidiplitherins ziehen zu können.
Was zunächst die Diagnose bei unseren Kranken anlangt, so
wurde dieselbe freilich nur in vereinzelten Fällen durch den baeterio-
! logischen Nachweis von Diphtheriebacillen sichergestellt. Allein
die Anamn ese, das klinische Bild, der weitere Verlauf der Erkran¬
kung und leider sehr häufig schliesslich noch der Sectionsbefund
Hessen bei den meisten Patienten keinen Zweifel darüber auf-
kommen, dass es sich um echte Diphtherie und recht oft um eine
bösartige Form derselben handle. Höchstens könnte eine solche
Ungewissheit bei einem der wenigen leichten Fälle berechtigt er¬
scheinen, doch wird deren günstiger Verlauf vielleicht Klebs be¬
stimmen, sie mit uns als Diphtherie anzuerkennen.
I Die Application der Antidiphtherie geschah mit einem lang-
i gestielten Haarpinsel, dessen Verwendung einfacher und schonender
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8. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
183
concentrirt. Sie hatte dauernd Uber profusen, nicht an dieNahrungs-
aufnahme gebundenen Speichelfluss zu klagen. Langsam, aber
unaufhörlich träufelte ihr der Speichel als wasserklare, dünne Flüssigkeit
aus den Mundwinkeln, so dass sie stets ein Tuch zum Abwischen des¬
selben in der Hand behielt.
Dieser Ptyalismus, der nun schon über ein Vierteljahr andauert,
wird seit einigen Monaten durch Atropingaben gemildert, kann aber durch
zulässige Dosen nicht aulgehoben werden. Uebrigens leidet die Er¬
nährung der Patientin durch den Speichelfluss keinen Schaden.
Sehen wir uns die von den aufgeführten Fällen gelieferten
Momente, die sich für eine Functionsloealisation verwerthen lassen,
genauer auf ihre Bedeutung hin an, so werden wir zunächst die
Fälle 1 und 2 als Zeugen des Triumphes der Loealisationslehre zu
betrachten geneigt sein. In beiden Fällen war auf Grund von
Parese- resp. Reizerscheinungen im Gebiete einer oberen Extremität
eine Affeetion des mittleren Theiles der sogenannten motorischen
Zone der entgegengesetzten Grosshirnhemisphäre angenonimeu und
bei der daraufhin ausgeführten Operation auch gefunden worden.
Im Falle 1 hatten die Störungen in der Innervation der Gesichts-
muskulatur zugleich in einem die entsprechenden Rindenfelder des
Loealisationsschemas betreffenden zweiten Heerde ihr Substrat ge¬
funden, während die leichte Innervationsstöruug des Facialis im
Falle 2 durch die leichte Betheiligung des äussersten Randes
auch des unteren Drittels der hinteren Centralwindung (vergl.
Fig. 2), die der unteren Extremität in einer in der Nachbarschaft
begründeten leichten Miterkrankung des Rindencentrums für letztere
seine Erklärung finden könnte.
Die elektrischen Reizversuche hatten die Localdiagnose in er¬
wünschter Weise bestätigt, insofern sie bei beiden Fällen im mitt¬
leren Drittel der sogenannten motorischen Zone Zuckungen von
Handmuskeln zur Folge gehabt hatten.
Gleichwohl lassen sich auch diese Beobachtungen in gegne¬
rischem Sinne interpretiren. Einmal reichte der Heerd a im
Falle 1 (vergl. Fig. 1) bis tief in die Marksubstanz hinein, und
auch im Falle 2 erstreckte sich die cystische Entartung bis
in’s Marklager. Zweitens erscheint es auffallend, dass im Falle 2
trotz der Zerstörung der grauen Substanz im Gebiete des mitt¬
leren Drittels der hinteren Centralwindung keine Ausfalls-, sondern
Reizerscheinungen in der entsprechenden oberen Extremität ein¬
traten. Drittens sind die Ergebnisse der Reizversuche in Fall 1
und 2 doch insofern nicht ganz gleichartig, als im ersteren Reizung
rines Punktes in der vorderen Centralwindung Flexionszuckung
des Daumens hervorrief, während dies im Falle 2 bei Reizung
einer Stelle der hinteren Centrahvinduug erfolgte und dabei Reizung
einer nur um 5 mm entfernten Stelle derselben hinteren Central-
windung bereits Zuckung anderer Handmuskeln bedingte. Viertens
aber lässt sich auch in unseren Fällen der Einwand Browni-
bequard’s 0 ) erheben: weshalb gingen nach der Operation, die
doch einen grösseren Defect von grauer Substanz setzte, als der
ursprüngliche Kranklieitsheerd, die Innervationsstörungen zurück?
Drängt dieser Umstand nicht in der That zu der Annahme, dass
die Functionsstörungen keine Ausfalls-, sondem Reizsvmptome
darstellen?
Trotz ihrer scheinbar glänzenden Beweiskraft zu Gunsten einer
eiacten Localisation mahnen also diese Beobachtungen wieder zur
orsicht in ihrer Beurtheilung, und jedenfalls warnen sie vor einer
* ren j= eren Diflerenzirung einzelner Centren.
Auch die Deutung der Störungen in der Blasen- und Darm-
mnervation im Falle 2 ist keine einfache. Auch hier kann man
^nächst schwanken, ob man es mit Ausfalls- oder Reizsymptomen
ili mm ., habe * ^ er Wechsel in der Art der Defäcationsstörung,
<? vorübergehende Suspension der Erscheinungen am sechsten und
*, P f n en T ^ a g e i sowie das gänzliche Aufhören derselben am vier-
ri<JI 611 i e nacb t l er Operation, ferner der Umstand, dass Pa-
h x* U1 ', °, der Rindendefect schon vor der Operation bestanden
ein P \ eme derartigen Phänomene gezeigt hatte, lassen eher an
i «r Zs ^fP tom Senken. Andererseits weisen der völlig reaetions-
schei ,\ U n erlauf S0Wle die Natur der Blasen- und der vorherr-
ltin h° D . m \ nnervat ionsstörung mehr auf ein Ausfallssymptom
defer-t/*- J 1 , eicbt gerade durch die Vergrösserung des Rinden¬
der st! ° Ige d es operativen Eingriffs gesetzt und auf dem Wege
schalt** l!ui‘ etung . durch eine andere Rindenpartie wieder ausge-
w’orden sein konnte.
T . Win nuiuiur.
die vieli m jdürurgischen Litteratur konnten Parallelbeobachtungen,
fanden eine T n Aufschluss hätten gewähren können, nicht ge-
obaehtun G ■ eD D • 80 wert ^voller mussten die mit unserer Be-
der Hirnphysiol s ^ ebeI| d eT b wenn auch spärlichen Angaben
blase^T* V- ' )e fd^ bcb der Hirneentra für die Bewegung der Harn-
far die der^i 6 ^ nnei ' va fa° n y on Dünn- und Dickdarm und auch
zugsweifiA , ülasen - und Mastdarmsphincteren verdanken wir vor-
te rew imHiIr ^ er d iei *8tvollen russischen Hirnphysiologen v.Bech-
lslawski bestimmtere Localisationsangaben. Während
Bocliefontaine 7 ) wenigstens vier Punkte an dem Gyrus sigmoideus
von Hunden hatte auffinden können, deren Reizung Blasen-
contractiouen hervorrief, und Francois Franck 8 ) analoge Beobach¬
tungen mitgetheilt hatte, vertreten die russischen Autoren 9 ) den
Standpunkt, dass bei Hunden und Ratzen die Region, deren Reizung’
eine deutlich wahrnehmbare Blasencontraction hervorruft, streng
localisirt sei und sich auf den inneren Theil des vorderen und
hinteren Abschnittes des Gyrus sigmoideus beschränke. In einem
im Mai 1892 in der psychiatrisch-neurologischen Gesellschaft in
Kasan gehaltenen Vortrage erklärte ferner v. Bechterew 10 ), dass
er bei daraufhin gerichteten Experimenten an Hunden wieder
seinen früheren Befund habe bestätigen können, demzufolge der
Mastdarm-, vielleicht auch der Blasensphincter sich auf elektrischen
Reiz der vorderen präcentralen Windung im Gebiet des Centrums
für die oberen Extremitäten krampfhaft contrahire. Ferner haben
v. Bechterew und Mislawski 11 ) an Hunden gefunden, dass
faradische Reizung der Sigmoidahvindung und der hinten aussen
anliegenden zweiten Urwindung, sowie des Sehhügels bald Con-
traction, bald Erschlaffung des Dünn- und Dickdarmes bewirke.
Aus diesen von den Autoren angegebenen Localisationen in
der Grosshirnrinde für die centrale Innervation von Blase und Darm
wollen wir für unsere Zw r ecke zunächst nur das eine entnehmen,
dass sie fast alle in die sogenannte motorische Zone, zum Theil
sogar direkt in das Gebiet des Centrums für die obere Extremität
gelegt werden.
Unsere Beobachtung lässt daran denken, dass auch für den
Menschen ein ähnliches topographisches Verhältnis zwischen
centralem Innervationsgebiet für Blase und Darm einerseits und der
sogenannten motorischen Zone andererseits besteht.
Aehnlich w ie in dem eben besprochenen wrird sich unser Stand¬
punkt bezüglich der Beurtheilung des Phänomens in dem Falle 3
gestalten. Auch hier können w T ir im ungewissen darüber sein, ob
es sich um ein Ausfalls- oder ein Reizsymptom handelt, und auch
hier haben wir keinen Anhaltspunkt an analogen chirurgischen Be¬
obachtungen finden können. Die physiologische Litteratur über
die Stellung der Grosshimrinde zur Speichelsecretion ist freilich eine
wesentlich umfangreichere als die über den letztbehandelten Gegen¬
stand, aber dafür auch um so widerspruchsvoller.
Durch Braun 12 ) wurde bekannt, dass bei tetanisoker Reizung
des Grosshirns beim Hunde vermehrte Speichelsecretion auf trete.
Külz 13 ) hatte eine Beziehung des Facialiscentrums zum Speichel¬
centrum vermutket, durch seine Versuche aber nicht bestätigt ge¬
funden. L6pine und Bochefontaine 14 ) hatten sich mit den
Külz’schen Angaben jedoch nicht einverstanden erklären können,
da nach ihren an curaresirten Hunden angestellten Untersuchungen
die Gehirngegend, welche auf die Speichelsecretion Ein¬
fluss hat, sich vom vordersten Theil des Gehirns bis
einschliesslich des Facialiscentrums nach rückwärts er¬
streckt.
Gegenüber dieser Angabe sowie gegenüber einer späteren von
Bochefontaine, 15 ) dass faradische Reizung der motorischen Rinden¬
felder des Gehirns Vermehrung der Speichelsecretion hervorrufe,
hat. Eckhard 16 ) gewiss Recht, wenn er behauptet, dass Ver¬
mehrung der Speichelsecretion bei elektrischer Reizung von einem
motorischen Rindenfeld aus an curaresirten Thieren nicht als be¬
weiskräftig dafür angesehen w r erden könne, dass von diesem Gebiete
aus die Speichelsecretion direct ausgelöst werde, da curaresirte
Thiere auch spontan speichelten und zweitens ein durch das Curare
larvirter Tetanus die Ursache des Speicheins darstellen könnte.
Aber wie diese Einwendungen Eckhard’s gegen Löpine und
Boehefontainc, so können auch die gleichen von ihm 17 ) und seinem
Schüler Fluck 18 ) gegen die Localisationsbestrebungen von v. Beeil¬
ter ew und Mislawski 19 ) erhobenen Bedenken nicht als ziehend an¬
erkannt werden, wenn die Autoren auch vermehrte Salivation auf-
treten sahen bei schwacher Reizung von Rindengebieten, die nicht
zugleich motorische Centra darstellen, und w r enn v. Bechterew
und Mislawski 20 ) obenein noch versichern, vor Anstellung ihrer
Reizversuche das Aufhören der infolge der Curaresirung auftretenden
Speichelung stets abgewartet zu haben. Am wirksamsten erwies
sich nach den Versuchen der russischen Autoren 19 ) bezüglich der
Auslösung einer Speichelsecretion derjenige Theil der vierten
Urwindung, w r elclier oberhalb der Sylvi’schen Furche und
nach vorn von derselben liegt. (Also ein Abschnitt der vierten
Urwindung, der nicht zum motorischen Gebiet gehört, da bei Reizung
desselben sogar mit Strömen von bedeutender Stärke keine Be¬
wegung beim Thiere ausgelöst werden kann!) Von dem genannten
Himtheile gelang es ihnen, die Speichelsecretion mit so schwachen
Strömen hervorzurufen, welche an andere Regionen der Hirnrinde
angewandt in betreffender Beziehung völlig wirkungslos erschienen.
Weniger scharf ausgesprochen und nur bei etw r as stärkerem Strome
hervortretend, war der Einfluss, den der ganze vordere (nach vorn
vom Sulcus eruciatus gelegene) Abschnitt des Gyrus sigmoi s>
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134
DEUTSCHE MEDIOTNISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
sowie der äussere Theil des hinteren Abschnittes der genannten
Windung, die vorderen Theilc der zweiten und dritten Urwindung
und theilweise auch der nach unten von der Sylvi’schen Furche
liegende Abschnitt der vierten Urwindung in fraglicher Beziehung
äusserten.
Wenn diesen Angaben Fluck 18 ) in seiner Inauguraldissertation
entgegenhält, dass in seinen Versuchen an Hunden, die weder
curaresirt noch morphinisirt waren, stets eine jede Reizung der
vierten Urwindung, wo sie auch ausgeführt werden mochte, solange
keine Speiehelsecretion hervorriefe, als mit der Reizung keine
Muskelzuckungen verknüpft waren, die zu Tetanus führten, und
die mit dem Thiere vorgenommenen Manipulationen dies nicht in
Aufregung versetzten, sowie dass er bei der Prüfung der anderen von
v. Bechterew und Mislawski angegebenen Punkte nicht glück¬
licher gewesen sei, so schein t dieser CI egenstand eben noch einer ;
genauen Nachprüfung zu bedürfen. ... '
Unsere Beobachtung am Menschen spricht jedenfalls durchaus j
gegen die Deutung Eckhardts, 17 ) als sei der Speichelfluss bei
Rindenreizung in allen Fällen einfach eine Begleiterscheinung von
Muskeltetanus, die ihre Entstehung den Verkettungen von Nerven¬
erregungen während des Krampfanfalls verdanken. Denn von
Krampfanfällen ist bei unserer Patientin nichts zu bemerken ge¬
wesen, und trotzdem bestand ein andauernder, wohl auf Rindenreizung
zurückzuführender Ptyalismus.
Ziehen wir aus den vorliegenden Angaben über die Localisation
eines etwaigen Rindencentrums für die Speiehelsecretion ein un¬
gefähres Facit, so werden wir dasselbe ganz im allgemeinen in den
vorderen Theilen des Hirns zu suchen haben. Unsere eigene Be¬
obachtung scheint für den Menschen direct auf den Frontallappen
als Sitz eines centralen Innervationsgebietes für das Speicheln hin¬
zuweisen. .
Auch die häufige Beobachtung von Speichelfluss bei Mikro-
cephalen, bei denen bekanntlich gerade der Frontallappen mangelhaft
entwickelt und speciell die untere Stirnwindung nur rudimentär vor¬
handen ist. glauben wir zur Stütze unserer Localisationsbestrebung
heranziehen zu dürfen.
Im übrigen wollen wir uns begnügen, durch unsere Mittheilungen
einiges neue Material zur Entscheidung der Localisationsfrage bei¬
gebracht zu haben und namentlich die Aufmerksamkeit der Chirurgen
auf Störungen hinzulenken, die durch hirnchirurgische Eingriffe an
gewissen mit dem vegetativen Leben des Organismus in Beziehung
stehenden centralen Innervationen hervorgerufen werden können,
indem wir die Bestätigung unserer Beobachtungen in weiteren
Fällen, sowie die Verwerthung derselben in der Physiologie des
Grosshirns der Zukunft überlassen.
Litte r atu r.
1) Fritsch und Hitzig. — 2) H. Munk, Ueber die Functionen
der Grosshirnrinde. Gesammelte Mittheilungen. Zweite Auflage. Berlin,
Hirschwald. 2) Brown-S6quard. Preuves de rinsignificancc d’une
expörience c^lebre de MM. Victor Horsley et Beevor sur les centres
appeles moteurs. Arch. de physiol. normale et patholog. 1890, p. 199. *»4
4) Ch. E. Beevor and V. Horsley, A minute analysis of the yarious
movements produced by stimulating in the monthey different regions of
the cortical centre for the upper limb as defined by Prof. Ferrier.
Philosoph. Transact. of the Royal Soc. June 1886. London 1887. —
Ch. E. Beevor and V. Horsley, A further minute analysis electric
Stimulation of the so called motor region of the cortex cerebri in the
monkey (Macacus sinicus). Daselbst June 1887. London 1888. —
Ch. E. Beevor and V. Horsley, A record results obtained by electrical
excitation of the so called motor cortex and interna capsule in an Orang-
Outang. Proceed. Royal Soc. XLV1II 1890. — 5)Brown-Sequard,
Nombreux cas de vivisection pratiquee siu* le cerveau de l’homme, leur
verdict contre la doctrine des centres psychomoteurs. Arch. de physiol.
normale et patholog. 1890, p. 762—773. — 6) Hitzig, Ueber Functionen
des Grosshirns. Biolog.Centralbl. 1886, p. 562—570. — 7) Bochefontaine,
Citude experimentale de Tinfluence exercee par la faradisation de l’ecorce
grise du cerveau sur quelques fonctions de la vie organique. Arch. de
physiol. normale et pathol. 1876, p. 140—172. — 8) Francois Franck,
Leqons sur les fonctions motrices du cerveau. Paris 1887. —
9) W. v. Bechterew und N. Mislawski, Die Hirncentra ftlr die Be¬
wegung der Harnblase. Neurologisches Centralblatt 1888, No. 18. —
10) W. v. Bechterew, Vortrag, gehalten in der psychiatrisch-neurologi¬
schen Gesellschaft in Kasan. Mai 1892. Mtindl. Mitth. — 11) W. v. Bech¬
terew und N. Mislawski, Ueber centrale und peripherische Darminner¬
vation. Arch. f. Anat. und Physiol. Phvsiolog. Supplementbd. 1889. —
12) Braun, Beiträge zur Frage über die Erregbarkeit des Grosshirns.
Beitr. zur Anat. u. Physiol. von C. Eckhard, VII. Jahrg. Giessen 1876.
— 13) Külz, Steht das sogenannte Facialiscentram in Beziehung zur
Speiehelsecretion? Centralbl. f. d. med. Wissenschaften von Rosenthal u,
Senator. XIII. Jahrg. Berlin 1875, No. 26. — 14) Lepine et Boche¬
fontaine. Linfluence de l'excitation du cerveau sur la secretion salivaire.
Gazette mßdicale de Paris 1875. No. 27. — 15) Bochefontaine, Sur
quelques phenomenes determin^s par la faradisation de l’ecorce grise du
cerveau. Compt. rend. des seances de l’Academ. des Sciences. Paris 1876,
p. 233. 16) C. Eckhard, Kann man vom sogenannten Facialiscentrum
der Grosshirnrinde aus die Speiehelsecretion anregen? Beitr. zur Anat.
und Phvsiol. von C. Eckhard. VII. Bd. Giessen 1876. - 17) C. Eckhard
Die Speiehelsecretion bei Reizung der Grosshirnrmde. Neurolog. Central¬
blatt 1889, No. 3. VIII. Jahrg. - 18) G. Fluck, Dio Grosshirnrmde in
ihrer Stellung zur Speiehelsecretion. Inaug.-Dissert. Giessen 1889. —
19) W v Bechterew und N. Mislawski, Ueber den Einfluss der
Hirnrinde auf die Speiehelsecretion. Neurolog. Centralbl. 1888, No. 20,
VII. Jahrgang. — 20) W. v. Bechterew und N. Mislawski, Zur Frage
über die die Speiehelsecretion anregenden Rindenfelder. Neurolog. Central¬
blatt 1889, No. 7. VIII. Jahrg.
V. Ueber den Einfluss der Milz auf die
Immunität.
Von Prof. Guido Tizzoni und Dr. J. Cattani.
Unter diesem Titel berichtete Dr. Benario in der Deutschen med.
Wochenschrift 1894. No. 1 über eine Reihe von Untersuchungen, die er aul
xlnrcffung von Prof. Ehrlich anstellte, um die Experimente, welche wir
über "denselben Gegenstand, aber unter anderen Bedingungen, vor langer
Zeit ausgeführt und in einer vorläufigen Mittheilung anfangs 1892 ver¬
öffentlicht batten, zu eoutrolliren. Bei der Kenntnissnahme dieser Arbeit
von Dr. Benario fiel uns auf, dass der Verfasser eine zweite Abhand¬
lung ganz und gar ignorirt. welche von uns über denselben Gegenstand
in der Riforma niedica No. 189 August 1893 puhlicirt wurde und uns da¬
mals zu denselben Schlussfolgerungen führte, wie heute Dr. Benario.
Wir erlauben uns zur Bekräftigung dieser Angaben hier in toto die dies¬
bezügliche Arbeit wiederzugeben, die, wie es scheint, in Deutschland über¬
sehen wurde; wir versuchen in derselben die merkwürdige Erscheinung,
dass bei der Ermittelung des Einflusses der Milz auf die Immunität die
Ergebnisse von zwei Versuchsreihen verschieden ausfallen, zu erklären:
..Ueber die Bedeutung der Milz für die experimentelle Immunisirung
des Kaninchens gegen Tetanus, ln einer vorläufigen Mittheilung, die im
Februar des vergangenen Jahres erschien, 1 ) führten wir die Resultate
einiger Versuche an. welche die Ermittelung des Antkeiles, den die Milz
am Zustandekommen der Immunität gegen Tetanus nimmt, bezweckte,
und fügten die Bemerkung hinzu, dass wir diese Versuche zu vervoll¬
ständigen beabsichtigten, um zu erfahren, ob bei Anwendung anderer
Imimmisirungsmethoden die Ergebnisse sich gleich bleiben.
Erst in diosom Jahre vermochten wir endgiltig das Problem der
grösseren oder geringeren Bedeutung der Milz für das Zustandekommen
der direkten und der indirekten Immunität gegen Tetanus zu lösen, weil wir
erst heuer über ein Impfmaterial verfügten, welches sicher und rasch
wirkt. Mit zwei Injectionen dieses Impfstoffes, einer von 5 ccm imd einer
von 10 ccm, vermag man es, die Kaninchen dahin zu bringen, dass sie. die
Einspritzungen einer sehr virulenten Tetanuscultur, zuerst in der mini¬
malen tödtlichen Dosis, dann in allmählich steigenden Gaben, ohne jede
Störung vertragen. .
Indem wir nun mit diesem Impfmaterial eine bestimmte Zahl Kanin¬
chen vorbereiteten, denen seit verschiedener Zeit (8—50 Tagen) mit
glücklichem Erfolge durch einen Lumbarschnitt die Milz exstirpirt worden
war, erhielten wir bei denselben constant dasselbe Resultat, wie bei
normalen Kaninchen; alle entmilzten Kaninchen vertrugen nämlich sehr
gut, ohne jede Krankheitserscheinung, sowohl dio erste Probeinjection der
minimalen tödtlichen Dosis, als auch die folgenden stärkeren Einspritzungen;
ihr Blutserum erwarb w r ie das der nach demselben Principe geimpften
unversehrten Thiere eine erhebliche immunisirende Kraft. — Zwei bereits
gegen Tetanus immunisirte Kaninchen, welchen wir die Milz 7 respective
21 Tage nach Vornahme einer verstärkten Injection in der Dosis von
5 resp. 10 ccm Cultur entfernt hatten, vertrugen ganz gut die folgenden
Einspritzungen eiuer doppelten Dosis, welche bei einem Versuchsthiere 7,
beim anderen 15 Tage nach Exstirpation der Milz ausgeführt wurden.
Dies veranlasste uns, neue Untersuchungen über Immunisirung mit Blut¬
serum geimpfter Thiere anzustellen und solche Bedingungen zu schaffen,
dass womöglich das Resultat positiv ausfalle. .
Zu diesem Behüte hielten wir [es für angezeigt, die Immunisirung
mit einer solchen Quantität Blutserum vorzunehmen, dass dieselbe einer
bestimmten tödtlichen Dosis Tetanuscultur gegenüber ausreiche, um
bei den Controllthieren nicht nur den Tod, sondern auch den Eintritt
jedes Tetanussymptomes zu verhindern. — Wir sahen nun, dass unter
diesen Versuchsbedingungen die entmilzten Kaninchen (die Versuche landen
in verschiedenen Zeiträumen 8—21 Tage nach Entfernung der Milz statt)
ebenso wie die unversehrten Kaninchen nach einer Präventivimpfung immu-
nisirenden Serums ohne jede Krankheitserscheinung einer letalen Dosis
Tetanuscultur sehr wohl widerstehen können.
Die Ergebnisse dieser Untersuchungen stimmen vollkommen mit^den¬
jenigen überein, zu welchen in unserem Laboratorium Dr. Orlandi ) bei
der Wuthkraukheit und andere Forscher bei anderen Infeetionsprocessen
gelangt sind und stehen im strikten Gegensätze zu den Resultaten, die wir
auf Grund unserer früheren lmmunisirungsversuche mit Blutserum ge¬
wonnen haben. 3 ) — Dieser Gegensatz ist leicht erklärlich, wenn man bedenkt,
dass unter verschiedenen Bedingungen experimentirt wurde. Denn bei
unseren ersten Versuchen genügte die den entmilzten Thieren injicirte
Menge immunisirenden Serums nur zum Theil, um die letale Dosis Tetanus¬
cultur zu neutralisiren und die Controllthiere wohl vor dem Untergange,
aber nicht vor dem Eintritt tetanischer Erscheinungen zu bewahren.
Sobald daher bei den entmilzten Kaninchen im Vergleich zu deu
M Riforma niedica 1892, No. 47. .
-j Dr. Edmund Orlandi. Untersuchungen über den Einfluss uei
Milz auf den Verlauf, die Impfung und Behandlung der experimentellen
Wuthkraukheit. Riforma medica 1893, No. 29.
*) 1. c.
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ft. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
135
normalen nur um ein Geringes die Empfindlichkeit für Tetauusgift zu-
n.ihm. reichte die präservative Kraft dos Serums nicht mehr aus. um die
Thiere vor dem Tode zu retten. — Dass die Exstirpation der Milz in¬
direkt dazu beitragen kann, die Empfänglichkeit für Tetanus zu steigern,
beweist auch die von uns einigemal beobachtete Thatsache. dass Kanin¬
chen. welche bereits gegen Tetanus stark immunisirt worden waren, in¬
folge eine? etwas copihsen Aderlasses öder einer, wenn auch leichten
intercurrenten Krankheit, nach einer gewöhnlichen Injection von Tetanus-
cultur. die sie früher ohne jede Störung ertrugen, tetanische Erscheinungen
zeigen und selbst sterben können.
Gerade weil dio Milz die Empfänglichkeit der Thiere fttr Krankheiten
erhöht, ist die Annahme gerechtfertigt, dass die Exstirpation der Milz in¬
direkt das Zustandekommen der Immunität: beeinflussenkanu. Wenn man an
cntmilztenThiereu cino Impfmethode befolgt, welche bei unversehrtenThieren
inconstante Resultate liefert, so werden bei erstereil stets nur negative
Ergebnisse erzielt; dies widerfuhr uns, als wir an entmilzteu Kaninchen
Impfmethoden versuchten, welche den bei unseren letzten Versuchen ver¬
wendeten an Wirksamkeit nachstanden. In analoger Weise dürften unserer
Ansicht nach die contradictorischen Resultate gedeutet werden, welche im
Laboratorium von Prof. Foä hinsichtlich der Bedeutung der Milz für die
Impfung gegen Pueumococcus erzielt wurden. — Bei den ersten Impf¬
versuchen mit Filtraten von Pneumococcusculturen, welche Cesario
Demel 1 ) in Foä’s Laboratorium anstellte, gingen alle entmilzten Thiere
bei der Probeiujection zugrunde; dagegen fanden Foä und Scabia 2 )
bei Experimenten, die sie mit dem Glycerinextracte der Pneumococcus-
b iber Vornahmen, bei der Probeimpfung keinen Unterschied zwischen ent¬
milzteu und normalen Thieren.
Aus diesen Versuchen geht hervor, dass die Exstirpation der Milz,
insofern sie den allgemeinen Ernährungszustand modificirt, auf das Zu¬
standekommen der Immunität einen gewissen Einfluss üben kann, der
=ich knndgiebt, wenn bei der Immunisirung ein schwachwirkendes Impf¬
material zur Verwendung kommt, dass aber die Milz an und ftlr sich
keinen nothwendigen und direkten Antheil am Immunisirungsprocesse
nimmt, und dass daher, wenn die immunisirende Substanz wirklich ein
Product des thierischen Organismus ist (was nach neuesten, in unserem
Laboratorium angest-ellten Versuchen nicht sehr wahrscheinlich ist), sie nicht
m der Milz, oder wenigstens nicht in diesem Organe allein gebildet wird.
VI. Referate und Kritiken.
P. Ehrlich. Farbenanalytische Untersuchungen zur Histo¬
logie und Klinik des Blutes. Gesammelte Mi tth ei hingen.
Erster Theil. Berlin, August Hirschwald. Ref. Schwalbe (Berlin).
Die medicinische Welt wird dem genialen Schöpfer der färben-
analytischen Blutuntersuchungen Dank wissen, dass er dem wieder¬
holten Wunsche der Autoren, seine bisherigen, überall zerstreuten
Arbeiten auf diesem Gebiete zusammenzufassen, nachgegeben hat.
Knüpft sich doch an diese Abhandlungen nicht allein ein histori-
nsohes Interesse, nicht blos die literarische Frage, von welchem
1 unkte aus Ehrlich seine Studien über die rothen und weissen
blutzellen begonnen und auf welchen Wegen er dieselben fortge¬
setzt hat. Die in seinen eigenen Publicationen und demjenigen
semer bchtiler niedergelegten Resultate bilden vielmehr noch jetzt
ur alle, welche sich mit der Erforschung des tieferen Zusammen¬
langes von Blut- und Organerkrankungen des menschlichen Kör-
per^ Jesehäftigen, eine lebendige Quelle, aus der sie stetige Beleh-
ng und Anregung für eigene Arbeiten zu schöpfen vermögen.
Rinfm dleser 0( * er jener Satz über die Beziehung der einzelnen
t ze ^°. nnei1 zur normalen oder pathologischen Function der hä-
SC ' ien Organe durch neuere Forschungen modificirt oder
«:• ^ worden — die Bedeutung der fundamentalen, für
T-n,!“ un( * Praxis gleich werthvollen hämatologischen
Muiiungen E h r 1 i c h ’ s wird stets ihre volle Anerkennung finden.
^ darauf, dass der grössere Theil der „gesammelten
' r ewe«w > 1 Un fV- e * nem fiteren Leserkreis bisher nicht zugänglich
halt««» k ' , nnein es nns niclit versagen, eine gedrängte In-
\ he der sämmtlichen vorliegenden Arbeiten mitzutheilen:
7.11 ' n , den rBeiträgen zur Kenntniss der granulirten
anscfpon,. 6 ^' 0878,1879) legt Ehrlich dar, dass seine früher
nulirtln d- , ne v <>n der Identität seiner sogenannten gra-
(= Fmhi - m i e i! ve ^ sze ^ en un< ^ der Waldeyer’schen Plasmazellen
mehr Men oder perivasculäres Zellgewebe) irrig sei. Viel-
devei^-rh 1 di im ^ n ^Bck darauf, dass die neuesten der Wal-
LTanuiirtAn 11 ? ii maz ®^ en charakteristische Farbenreaction der
die Mehrr vi i en basischen Anilinfarben) nicht geben, dass
die ffrannUr 4 r, r p ani Dirten Zellen protoplasmaarm ist, und dass
de verroh« e S/ e en an anderen Stellen finden als die Wal-
Liaubt Ehr?’>h ^ ^ n hBck auf diese drei Momente
und die in«» i\T e ^ e ^ en Zellformen scharf von einander trennen
^stellen 7 . 1 en Zellen oder Mastzellen als neue Zellgruppe
——___1 m assen. Die letzteren entwickeln sich seiner Meinung
13, 14, 15.
nach aus den fixen Bindegewebszollen, nicht aus den weissen Blut¬
körperchen.
2. Die Abhandlung „über die spocifischon Granulationen des
Blutes“ (1878/1879) bringt die erste ausführliche Mittheilung Ehr¬
lich’s über die verschiedenen, u — .«-Körnchenbildungen in den
weissen Blutkörperchen und die Methodo ihrer Darstellung. Von
diesen mannigfachen Granulationen, welche er als Substanzen be¬
trachtet, die in körniger Form schon im lebenden Zustande der
Zelle eingelagert sind und sich chemisch von den normalen Eiweiss¬
stoffen der letzteren unterscheiden — ist die wichtigste die a- oder
eosinophile Körnung. Dieselbe ist durch ihre Verwandtschaft zu
den sauren Theerfarbstoffen charakterisirt; letztere werden nament¬
lich aufgeführt. — Dos weiteren wird die Verbreitung der eosino¬
philen Zellen beim Frosch und Kaninchen eingehender geschildert.
— Im Gegensatz zu den eosinophilen, in Indulin-Eosin-Glycerin
purpurroth gefärbten Körnchen werden die /^-Granulationen — in¬
folge ihrer grösseren Affinität zum Indulin — tief schwarz. Das
Mengenverhältniss der — in denselben Zellen befindlichen — a-
und ^-Granulationen zu einander ist ein wechselndes. Ihrer Genese
nach sind die ß- Granulationen als Vorstufe der a- Granulationen
aufzufassen.
3. „Ueber Mastzellen“ handelt die unter Ehrlich’s Lei¬
tung angefertigte Dissertation von Eugen Westphal (1880). Nach
einer kurzen historischen Einleitung über die bis dahin von anderen
Autoren erhobenen — zum Theil irrigen — Befunde von Mastzellen
ertwickelt der Verfasser eine ausführliche Theorie der Farbenanaly.se
der genannten Zellen. Praktisch hat sich zur Färbung ihrer sänunt-
lichen Kerngebilde (/-Granulation) einerseits und ihres Zellleibes
andererseits eine Mischung von 100 ccm Carmin (Partsch - Gre¬
nadier), 100 ccm Glycerin, 100 ccm stark dahliahaltigen absoluten
Alkohols und 20 ccm Eisessig bewährt. Auf diese Weise vermag
man drei verschiedene Formen der Mastzellen, nämlich glatte
kugelförmige und spindelförmige, ausserdem aber Uebergangsformen
derselben nachzuweisen. Die Verbreitung derselben im Körper ist
bei den verschiedensten Thieren sehr ausgedehnt und bestimmten
Gesetzen unterworfen. Im Blut sind sie bei den niederen Thieren
reichlich, beim Menschen nur während gewisser Krankheiten, z. B.
Leukämie, vorhanden. Innerhalb der einzelnen Organe kommen
die Mastzellen in der Nähe der Gefässe und des Epithels in grösserer
Menge vor. Unter pathologischen Verhältnissen tritt beim Men¬
schen überall da eine bedeutende Vermehrung der Mastzellen ein,
wo eine locale Ernährungsstörung sich eingestellt hat, so bei chro¬
nischen Entzündungen verschiedener Organe, bei der braunen In¬
duration der Lunge, in der Umgebung von Tumoren.
4. Methodologische Beiträge zur Physiologie und
Pathologie der verschiedenen Formen der Leukocyten.
Nach einem kurzen Rückblick auf Methode und Ergebnisse seiner
bisherigen Untersuchungen über die verschiedenen Leukocytengranu-
lationen geht Ehrlich näher auf die neutrophile oder «-Körnung
ein, welche eine Affinität für neutrale, d. h. durch den Zusammen¬
tritt einer Farbbase und einer Farbsäure entstandene Farbstoffe be¬
sitzen. Die «-Granulation ist violett, sehr dicht und ausserordent¬
lich klein; sie ist wie alle specifischen Granulationen nur dem Zell¬
leib, niclit dem Zellkern eingelagört. Dabei ist zu bemerken, dass
die «-Granulation führenden Zellen zumeist eigentümliche poly¬
morphe Kernfiguren oder mehrere kleine, rundliche, stark gefärbte
Kerne füliren (polynucleäre Zellen), während die Zellen mit grossem,
plumpem, ovoidem, schwach tingirtem Kern (mononucleäre Zellen)
frei von ihr sind. — Zum Schluss stellt Ehrlich folgende Sätze
auf: 1) Bei allen acuten Leufeocytosen sind nur die mono- und
polynucleären Formen vermehrt, während die eosinophilen Zellen
dementsprechend scheinbar verringert sind. 2) Eine Vermehrung
der eosinophilen Zellen deutet stets auf chronische Veränderungen
der butbereitenden Organe. 3) Verminderung der Zahl der Leuko¬
cyten und Ueberwiegen der mononucleären Formen sind — wenn
vereint ein sicheres Zeichen einer schon längere Zeit bestehen¬
den Unterernährung des Organismus. 4) Schwere traumatische
Anämieen bedingen stets eine Poikilocytose und das Auftreten keim-
haltiger, rother Blutkörperchen; häufig auch eine Vermehrung der
polynucleären eventuell mononucleären Elemente. 5) Im leukämi¬
schen Blute ist die absolute Menge der eosinophilen Zellen stets
— oft in hochgradigem Maasse — vermehrt.
! 5. In seiner Dissertation „Ueber Blutuntersuchungen
bei Leukämie“ (1880) präcisirt E. Spilling — nach einer kur¬
zen historischen Einleitung — die Eigenschaft der er-, /-»
«-Granulationen, entwickelt die Krankengeschichte und den Obduc-
tionsbefund eines Falles von Leukämie und legt die Resultate
seiner mit basischen, sauren und neutralen Farbstoffen aiisgeführten
Untersuchung des Blutes der betreffenden Patientin vor. Als das
I wichtigste Ergebniss der letzteren ist hervorzuheben, dass in allen
mononucleären Zellen eine sehr dichte «-Körnung vorhanden war,
; während sonst (siehe No. 4) nur die polynucleären Zellen diese
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136
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
Granulation führen. Diese Ausnahme scheint für die Leukämie
geradezu charakteristisch zu sein.
6 Ueber eosinophile Zellen“ handelt die Dissertation
von G. Schwarze (1880). Auch hier finden wir eingangs der
Arbeit eine kurze Charakteristik der •verschiedenen Granulationen
und eine Beschreibung der Ehrlich’schen Blutuntersuchungsme¬
thode. Im Haupttheil der Dissertation ist die Einteilung der
sauren Farbstoffe, die differentielle Combinationsfärbung, die Form
und Eigenschaften der eosinophilen Körnung eingehend erörtert.
Zum Schluss bespricht der Verfasser die Verbreitung der eosino¬
philen Zellen und betont aufs neue den differentialdiagnostischen
Werth derselben für die Entscheidung der Frage, ob emo hoch¬
gradige Leukocytose oder eine beginnende Leukämie vorliege. ;
7 Anämische Befunde. De- und Regeneration rother |
Blutscheiben (1880). Während bis dahin nur zwei Fälle von
progressiver Anämie mit kernhaltigen rothen Blutkörperchen in dei
Litteratur bekannt gewesen sind, hat Ehrlich letztere bei allen
schweren Anämieen aufgefunden. Er unterscheidet im wesentlichen
drei Formen kernhaltiger, rother Blutkörperchen, und zwar 1) solche,
deren Grösse derjenigen der normalen rothen Blutkörperchen ent¬
spricht, Normoblasten; 2) solche, die als die Vorstufen der Riesen-
blutkörperchen (Hayem) anzusehen sind, Megaloblasten; 8) die
einen ausserordentlich seltenen Befund darstellenden — Mikro¬
oder Poikiloblasten. Als besonders wichtig betont Ehrlich, dass
bei einfachen traumatischen Anämieen und bei Leukämie fast aus¬
schliesslich Normoblasten, hei der progressiven pemiciösen Anämie
dagegen in der grossen Mehrzahl der Fälle Megaloblasten nachge¬
wiesen w u r den * Normoblasten unterscheiden sich, wie schon
Rindfleisch angegeben hat, von den Megaloblasten dadurch, dass
bei den ersteren der Kern als ein weiterhin entwickelungsfähiges
Gobilde ausgestossen wird, während er bei den letzteren einer
eigenthümlichen Degeneration verfällt. — Weiterhin erwähnt Ehr¬
lich, dass man im anämischen Blute häufig eine Degeneration
von rothen Blutscheiben nachweisen kann, die in gefärbten Prä¬
paraten durch eine rothviolette oder rein violette Färbung her¬
vortritt und die schliesslich zu den Ries’schen Zerfallsproducten
der rothen Blutkörperchen führen kann. Diese Degeneration ist
wohl am meisten mit der Weigert’schen Coagulationsnekrose ver¬
wandt. Auch die Poikiloeyten sieht Ehrlich im Gegensatz zu
Hayem als Producte einer unter dem Einfluss der Anämie vor
sich gehenden Fragmentation der rothen Blutkörperchen an.
8. Ueber einen Fall von Anämie mit Bemerkungen
über regenerative Veränderungen des Knochenmarkes
(1888). Bei dem ausführlich beschriebenen Falle von letaler,
seeundärer, posthämorrhagischer Anämie waren zwei Punkte auf¬
fallend: einmal eine Verarmung des Blutes an Leukocyten und
zweitens der vollkommene Mangel kernhaltiger, rother Blutkörper¬
chen. Die genauere tinctoriale Untersuchung des Blutes wies
nach, dass unter den Leukocyten die Lymphocyten eine beträcht¬
liche, das Dreifache des normalen Procentsatzes erreichende Ver¬
mehrung erfahren hatten: dieserUmstand sprach nach den Erfahrungen
Ehrlich’s und Einhorn’s dafür, dass die dem lymphatischen Appa¬
rat opponirte Milzknochenmarkgruppe nicht in normaler Weise func-
tionirte. Der weitere Nachweis, dass die eosinophilen Zellen, welche
im Knochenmark gebildet werden und im normalen Blute bis zu
10% vorhanden sein können, hier völlig fehlten, liess sich für die
Annahme einer Störung im Knochenmark verwerthen. In demselben
Sinne konnte der absolute Mangel kernhaltiger, rother Blutkör¬
perchen gedeutet werden. Ehrlich stellte deshalb intra vitam
bestimmt die Diagnose, dass die Umwandlung des gelben Knochen¬
markes in rothes — die bei schweren Anämieen sich ja gewöhnlich
findet und die von Ehrlich als eine salutäre Reaction aufgefasst
wird, welche ausgedehnte Centren hämoglobinbildender Parenchyme
entstehen lässt — im vorliegenden Falle eine mangelhafte sein
würde. Die Autopsie bestätigte die scharfsinnige Diagnose.
In einem Nachtrag zu dieser Abhandlung bekämpft Ehrlich
eine neue Methode Löwit’s zum Nachweis kernhaltiger, rother
Blutkörperchen.
9. Ueber paroxysmale Hämoglobinurie (1881). Bei einer
Patientin mit einer auf syphilitischer Basis beruhenden Haemoglo-
binuria e frigore vermochte Ehrlich einige interessante Beobach¬
tungen anzustellen. Durch Eintauchen eines mittels elastischer Li¬
gatur abgebundenen Fingers in eiskaltes Wasser (74 Stunde) und
nachher in laues Wasser (74 Stunde) vermochte er das Blut des
Fingers hämoglobinämisch zu machen. Bei mikroskopischer Unter¬
suchung dieses Blutes fand er unter anderem Mikrocyten, Poikilo-
cyteu = Schistoeyten, Blutschatten, zahlreiche Ries’sche Zerfall¬
körperchen, blutkörperchenhaltige Zellen und einige eigentümliche
mononucleäre grosse Zellen, deren Protoplasma sich in Scharlach¬
glycerin dunkelrotb. deren Kern sich gelborange färbte. In der
Blutschattenbildung sieht Ehrlich das Wesen des hämoglobinuri-
schen Processes. Während in der Norm das Stroma der Blut-
sclieiben die Diffusion des Hämoglobins in das Blutserum verhindert
und das Hämoglobin vor der Umbildung in Methämoglobin schützt,
hat dasselbe bei der Hämoglobinurie infolge einer Ueberempfind-
lichkeit gegen Kälte diese Fähigkeit in vielen Blutscheiben ver¬
loren : das im Blutserum gebildete Methämoglobin erregt einerseits
durch direkte Reizung der Gefässwand den Schüttelkrampf und
sein Analogon die Anurie, andererseits die die Hämoglobinaus-
scheidung begleitende Albuminurie. _ l .
10 In dem Aufsatz: Zur Physiologie und Pathologie
der Blutscheiben (1885) spricht Ehrlich zuerst über die
Functionen des von ihm als Discoplasma bezeichneten Stroma der
Blutscheiben. Dasselbe bestimmt nach seiner Meinung die oigen-
thümliche Form der rothen Blutkörperchen, es bewahrt das Hämo¬
globin vor einer fehlerhaften Oxydation (in Methämoglobin) es ver¬
hindert die Aufnahme fast aller im Blute gelöst kreisender Substanzen,
es ist endlich der Erzeuger des Hämoglobins selbst. — Im zweiten
Theil der Arbeit (Ueber die Blutkörperehengifte nebst Betrachtungen
über paroxystische Hämoglobinurie) studirt Ehrlich nach einer
eigenartigen Methode den Einfluss von Carbolsäure, Sublimat,
Wärme und Kälte auf die Auflösung der rothen Blutkörperchen und
erklärt, dass seine früher (siehe No. 9) gegebene Annahme von
der Kälteüberempfindlichkeit der Blutscheiben bei paroxystischer
Hämoglobinurie sich nicht aufrecht halten lasse.
11. Ueber die Bedeutung der neutrophilen Körnung.
Nach einer kurzen Charakteristik der verschiedenen Leukocyten-
und Granulaformen betont Ehrlich die diagnostische Bedeutung
der mononucleären, neutrophilen Zellen für die Diagnose der mye¬
logen Leukämie und hält Altmann gegenüber die Behauptung,
dass die Granula Secretionsproducte der Zellen darstellen, aufrecht.
12. Im letzten Artikel: Zur Geschichte der Granula,
weist Ehrlich den Versuch Altmann’s, die Verdienste Ehrlich’s
um die Erforschung der Histologie und Klinik des Blutes zu ver-
IrloinArn mit. Entschiedenheit zurück.
VII. Joumalrevue.
Innere Medicin.
Hauser, Vergleichende Versuche über die thera¬
peutischen Leistungen der Fette. Zeitschrift für klinische
Medicin 1892, XX, p. 289—271. . .
Bei dem günstigen Einfluss, den reichliche Fettzufuhr bei einer
grossen Zahl von Affectionen des Kindesalters mit Sicherheit auf
die Abzehrung und den mangelhaften Ansatz von Körpereiweiss
und -Fett übt, war es wünschenswerth, festzustellen, welches Fett¬
präparat sich zu diesem Zweck am besten eignet. Verfasser stellte
daher zahlreiche Versuche an Kindern von dem zartesten Alter bis
zu 14 Jahren mit Berger Leberthran, Dampfthran, Lipanin,
Olivenöl und der sog. Kraftchokolade (mit freier Oelsäure verbundener
Cacaobutter) an und kam dabei zu folgenden Resultaten. Am un¬
geeignetsten erweist sich der Dampfthran infolge seines sehr geringen
Gehaltes an freier Fettsäure. Er wird wegen des üblen Ge¬
schmackes ungern genommen, wird sehr schlecht resorbirt, macht
ziemlich häufig Verdauungsstörungen und ist verhältnissmässig
theuer. Der ungereinigte dunkele Berger Tbran mit einem mittleren
Gehalt von 6,5% freier Fettsäure erweist sich, sobald er ver¬
tragen wird, recht geeignet. Das Gewicht nimmt beträchtlich zu,
das Allgemeinbefinden bessert sich bedeutend, die Erscheinungen
der Rachitis, Atrophie u. s. w. gehen oft schnell zurück. Die Re¬
sorption ist eine leidliche bis gute. Dabei ist er sehr billig. An¬
dererseits wird er von vielen Kindern überhaupt nicht genommen
und macht in einem grossen Procentsatz der Fälle länger dauernde
Störungen von Magen und Darm, die bei fortgesetztem Gebrauch
des Thrans einen ernsten Charakter annehmen. Zum Theil mag
diese ungünstige Wirkung auf dem Gehalt an Ptomainen beruhen.
Eine specifische Wirkung anderer Stoffe des Thrans, wie des Chole-
stearins, Jods, Trimethylamins u. s. w. scheint nicht zu existiren,
da sich mit Fettpräparaten, die frei von diesen Beimengungen sind, die
gleichen günstigen Wirkungen erzielen lassen. Sehr zweckmässig
erwies sich die Kraftchokolade. Sie wurde roh oder in Milch auf¬
gekocht sehr gern genommen. Die Cacaobutter zeigte sich als ein
sehr gut ausnutzbares Fett. Die Gewichtszunahme war bei grossen
Dosen eine sehr beträchtliche. Dabei hat sie den grossen Vorzug,
auf massige Diarrhöen stopfend zu wirken, ohne den normalen
Stuhlgang nennenswerth zu obstipiren. Sie kann daher auch mit
Vortheil gerade bei Verdauungsstörungen weiter gereicht werden,
die sonst eine Fettdarreichung meist verbieten. Sie stellt sich
nicht wesentlich theurer als die anderen Präparate. Das Oleum
Olivarum wurde immer sehr gut genommen und vertragen und be¬
wirkte selbst neben leichten Diarrhöen beträchtliche Gewichts¬
zunahme. Es wurde theils befriedigend, theils vorzüglich ausgenutzt.
Die gute Resorption erklärt sich wohl aus dem ziemlich hohen
Gehalt an freier Fettsäure (1 1 /*2 °/o)* Wenn auch seltener als die
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8. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
137
beiden Arten des Leberthrans führt es doch zuweilen zu Ver¬
dauungsstörungen und Durchfallen und muss dann ausgesotzt
werden. In England wird es geradezu als Kinderlaxans benutzt.
Nach jeder Richtung vorzüglich bewährte sich das Lipanin. Es
bewirkte nie Verdauungsstörung, wurde meist sehr gut, oder doch
bald willig genommen. Von allen flüssigen Fetten war bei ihm
die Ausnutzung am besten, und es wirkte daher sehr günstig auf
Allgemeinzustand, Körpergewicht und Krankheitserseheinungen. Es
wurde auch in Fällen gut vertragen, wo Thran und Olivenöl zu
Darmkatarrhen führte. Wenn die Fette natürlich auch keine
specifischen Heilmittel für Rachitis, Tuberkulose, Scrophulose,
Anämie u. s. w. der Kinder sind, so wirkten sie doch stets, auch
wenn sie keine Gewichtszunahme mehr zu ermöglichen vermochten,
sehr vortheilhaft auf den Allgemeinzustand.
E. Sehrwald (Freiburg).
J. Samelsohn, Noch einmal über Atropin und Morphin
Centralbl. f. klin. Med. 1893, No. 11.
Zu der durch Unverricht neuerdings aufgorollten Frage vom
Antagonismus zwischen Atropin und Morphin (siehe unsere Refe¬
rate in dieser Zeitschrift 1891 und 1892) bringt der Verfasser vom
Standpunkt des seitens Unverricht’s citirten „vorurtheilsfreien
Arztes“ einen kleinen Beitrag aus seiner reichen ophthalmologischen
Praxis. Im ganzen hat der Verf. neun Fälle von Atropinvergiftung
gesehen. Sechs dieser Fälle kamen in der Kinderpraxis vor und
wurden fast regelmässig dadurch verschuldet, dass die Atropin¬
lösung durch Ungeschicklichkeit, in den Mund statt in die Augen
geträufelt wurde. Die bei den Kindern auftretenden Vergiftungs¬
erscheinungen wurden durch Morphiuminjection bald und sicher
zum Verschwinden gebracht. Bei Erwachsenen hat Samelsohn
dreimal schwere Intoxicationserscheinungen beobachtet. In dem
ersten Falle war irrthümlicherweise statt Hoffmannstropfen eine
Atropinlösung geschluckt worden: eine Morphiuminjection von 0,02
brachte sehr bald Ruhe und schnelle Heilung. In dem zweiten
lalle, wo die Vergiftung durch die Verwechselung eines Folia
ßelladonnue enthaltenden Mundwasserthee’s mit St. Germainthee
hervorgerufen wurde, vermochte die Injection von 0,02 Morphium
und, als die hochgradigen Vergiftungssymptome sich nach einer
halben Stunde wiederholten, die Injection von 0,03 Morphium die
Atropinwirkung zu paralysiren; eine nach dreistündigem Schlafe
wiederholte Morphiumdosis von 0,02 brachte die Intoxicationser-
scheinungen nach fünfstündigem Schlafe definitiv zum Verschwin-
" en - dritte Fall, „welcher in seiner Exactheit dem bestgelei-
teten Thierexperimente kaum nachstehen dürfte“, verdankt seine
Aetiologie einer Verwechselung von Pilocarpin und Atropin. Nach-
em die oOjährige Patientin durch eine seitens eines Assistenz¬
arztes des \erfassers ausgeführte Injection von 0,008 Atropin in
einen Zustand hochgradiger Erregung, Todesangst, starker Dyspnoe,
enormer Pulsfrequenz etc. gebracht war, bewirkte die fast sofort
ae geschickte Injection von 0,02 Morphium nach circa fünf Mi-
en eine sehr bedeutende Besserung der subjectiven Beschwerden,
Herabsetzung der Puisfrequenz auf 100, der Athemzahl auf 24, Nach-
driH C !r Troc ^ en ^ e ^ des Mundes und Schlundes etc. etc.; am
j en Inge war jede Spur der bedrohlichen Vergiftung geschwun-
häli-• diesen Beobachtungen dürfte ein antagonistisches Ver-
tji zwischen. Morphin und Atropin wohl ausser Zweifel sein.
nhvaf 1 *! ^P ^ 0n ^ sinu8 ist nicht sowohl ein chemischer oder rein
thpraü °? u er ’ s . on dem vielmehr nach des Verfassers Meinung ein
AtmiÜn * 1 ^ c ^ e 1 r ’. * n dem Sinne, dass das Morphin die von dem
Detail teten nerv ösen Erregungsänderungen, die wir im
^t 7 tl° C c lange , genügend kennen, so lange in entgegen¬
hat fi ae f «! 11116 beeillfl ^st ; bis der Organismus Zeit gewannen
’ s Glft auszuscheiden. (??) Schwalbe (Berlin).
s^lirift^ ar diographische Untersuchungen. Zeit-
? ‘^klinische Medicin 1893, XXII, 392—410.
^orzüHif.K era ^ assun g Hürthle’s und unter Benutzung von dessen
zeiticr ri ac! e p Apparaten zeichnete Verfasser beim Menschen gleich¬
viel dip 0 ar( v!°?* amin und den Puls der Carotis auf. Ein Ver-
^nschlioh^r j- ^ urven er gab, dass an der Mehrzahl der
Erschlaffiinc ^ 1 V ard i.°^ ramme die Momente der Zusammenziehung und
v°n vorüber^ eS i ^JPU^uiuskels sich markiren, dass man aber
dies© p un i-t 1D - , ^ardiogrammen nicht ansehen kann, welches
Pulses und 1 manc ben Curven der Beginn des Carotis-
seibst vor a* n- d * e Eröffnung der Aortenklappen auf oder
auch nao u des Cardiogramms fällt, ergiebt sich, dass
nand "erifhtftt n a 11 *’ t ^emilunarklappen die gegen die Thorax-
f iauern^kann 6 , ^adebnung der Herzspitze noch einige Zeit fort-
welcher der ass die Spitzenstosstheorie von Martius, nach
Herzthätio-knif ,“? e ? 8 *°ss sich nur während derjenigen Zeit der
in die Aort.» * n we l c ber noch kein Blut aus dem Herzen
I’ardiogramm ? lcbt zutreffend sein kann. Ein brauchbares
688 s *h überhaupt nur von einer geringen Anzahl
Individuen, zumal jugendlichen, mit nachgiebigem Thorax erhalten.
Zugleich erleidet das Cardiograinm wesentliche Veränderungen durch
den wechselnden Einfluss des äusseren Druckes, der Vorhofs-
contraction und der Respiration. Einen je stärkeren Druck der
Aufnahmeapparat auf dio Herzspitze übt, um so mehr nähert sich
die Curve des Spitzenstosses der Kaimnerdruckcurve. Infolge dioser
Momente bietet die Cardiographie zur Zeit noch wenig Aussicht
auf klinische Verworthbarkeit. E. Sehrwald (Freiburg).
Vni. Vereine und Congresse.
Berliner medicinische Gesellschaft
(Originalbericht.)
Sitzung am 31. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Senator.
Der Vorsitzendo widmet dem am 28. Januar verschiedenen Geheimen
Med.-Rath Prof. Dr. August Hirsch einen warmen Nachruf, in dem er
der grossen Verdienste des Verstorbenen um die Wissenschaft und
speciell um die Berliner medicinische Gesellschaft, deren erster Bibliothekar
er war, gedenkt.
1. Herr Karewski (vor der Tagesordnung) stellt eine Anzahl
Patienten vor, bei denen er plastische Operationen mittels Ver¬
wendung grosser Brilckenlappen aus entfernteren Körperteilen
ausgeführt hat. Durch dio Thiersch’sche Transplantationsmotliodc seien
wir ja imstande, grosse Defecte zu bedecken, allein an Stellen, wo dio
Haut senr boweglich, wie an Gelenken, führe sie nicht zum Ziele, hier
verdiene der Brückenlappen den Vorzug, bei dem man aber auf eine
breite Brücke sehen müsse. Die Indication zur Operation geben häufig
Verbrennungscontracturen. Es werden folgende Patienten vorgeführt:
1) ein Knabe mit Verbrcnnungscontractur im rechten Ellbogen, die durch
Einlegung eines Brückenlappens aus der Thoraxwand völlig beseitigt ist;
2) ein ähnlicher Fall mit noch grösserer Zerstörung der NVeichtheile, bei
dem ein grosser Lappen aus Brust- und Bauchwand einen gleich guten
Erfolg erzielt hat; 3) geheilte Contractur eines Fingers nach tuber¬
kulöser Ostitis mit rechtwinkeliger Abknickung; 4) und 5) vorzügliche
Erfolge boi ausgedehnter lupöser Hautzerstörung a) des rechten Haud¬
rückens mit starker Bewegungsstörung der Hand, h) eines ähnlichen
Falles; 6) beträchtlicher Substanzverlust am rechten Arme nach einem
Hundebiss; 7) vereiterte, mit Narbcncontractur verheilte Risswunde der
Vola manus sinisträ; 8) Ostitis processus zygomatici mit Ektropium des
unteren Augenlides (Einfügung eines Stirnlappens, da wegen der in
Narbengewebe verwandelten Haut unterhalb des Augenlides die gewöhn¬
liche Ektropiumoperation nicht ausführbar war); 9) ausgedehnte Ver-r
eiterung in der Achselhöhle infolge von Schweissdrüsenabscessen, mit
starker Bewegungsstörung und fortschreitender Tendenz (Transplantation
eines Rückenlappens in die Achselhöhle nach Exstirpation der erkrankten
Hautpartie).
2 . Herr A. Rosenborg (vor der Tagesordnung) stellt einen 51jährigen
Gärtner vor, bei dem sich eine kolossale Geschwulstmasse an der Vorder¬
seite des Halses gebildet hat, die beiderseits bis zur Schläfengegend
reicht, die Halsgegend einnimmt und bis unterhalb der Schlüsselbeine
reicht. Die Krankheit begann im Jahre 1888 am Unterkieferrande, 1890
konnte Schwellung der Achsel- und Inguinaldrüsen constatirt werden,
seit dem Herbst 1893 klagte Patient über Benommenheit im Kopfe und
Schwindelgefühl; es besteht leichte Trachealstenose. Bei der pharyngo-
skopischen Untersuchung sieht man die Tumormasse auch hinter den
Gaumenbögen bis zum Schädeldach reichen. Die Gaumenmandeln und die
Zungentonsille nicht hyperplasirt, Leber und Milz nicht vergrössert, Urin
normal, ebenso das Blut, in dem keine Zunahme der weissen Blutkörperchen
zu constatiren ist. Die Diagnose wird auf malignes Lymphom gestellt.
Therapie: Arsonik (Sol. arsenical. Fowl. per os und m subeutaner Injection);
Patient will darnach leichter athmen und nicht mehr so schläfrig sein.
Herr G. Lewin räth den Gebrauch des Arseniks in Substanz an, da
die Wirkung eine promptere und ergiebigere sei.
3. Herr W. Körte: Zum Vergleich der Aether- und Chloro¬
formnarkose. Während das Chloroform den Aether bis in die neueste
Zeit fast überall völlig verdrängt hatte, macht sich jetzt besonders in
Amerika und auch in Deutschland eine rückläufige Strömung geltend,
deren Grund in den Gefahren von seiten der Respiration und des Herzens,
welche die Anwendung dos Chloroforms als Narkoscmittel mit sich führt,
zu suchen ist. Während die respiratorischen Erscheinungen bist aus¬
nahmslos durch die geeignete Prophylaxe und ein geeignetes Verfahren im
betreffenden Falle unschädlich zu machen sind, tritt dagegen der Herztod
fast unmittelbar, ohne Vorboten ein, und ihn zu verhüten besitzen wir
kein Mittel, weder durch Wahl einer anderen Sorte Chloroform, noch durch
eine bestimmte Darreichungsmethode, wenn auch nicht zu leugnen ist, dass
der Kapp eie r'sche Apparat, bei dem die Luft über dem Chloroform hin¬
streicht, so dass das Luftgemisch nicht über 15 0 o Chloroform enthält
(jedoch eine sehr langsame Narkose) und das von Labbee empfohlene
tropfenweise Aufgicssen des Chloroforms eine grössere Sicherheit gegen
Unglücksfälle gewähren. Alter, Geschlecht, Constitution sind ätiologisch
ohne Einfluss. Der Vortragende hat selbst drei Todesfälle bei kräftigon
Leuten ohne nachweisbare Ursache beobachtet. In einem vierten Falle halfen
die von König empfohlenen rasch auf einander folgenden kurzen Stösse
gegen die Herzgegend; ausserdem wurde eine intravenöse Kochsalzinfusion
gemacht. Nach 40 Minuten kehrte der Herzschlag wioder. Auch die Nach¬
wirkungen besonders von lange fortgesetzten Chloroformnarkoson sind in
ihrer Gefährlichkeit nicht zu unterschätzen. Es sind da zu nennen: an¬
dauerndes Erbrechen, Albuminurie, fettige Degeneration der Nieren-
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1B8
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOC HENSCHRIFT.
No. 6
opilhelion, der Leber, der Herz- und Extremitätenmuskeln. Ob es an¬
hängig ist, Todeslallo, die mehrere Tage nach langdauerndou Operationen
unter Narkose eintraten, noch als Todesfälle infolge von Chloroformnach¬
wirkung anzusehen (E. Fraenkel), ist noch zweifelhaft. Es wirken
in solchen Fällen viele concurrirende Umstände ein. Was die Häufigkeit
des acuten Chloroformtodes betrifft, so stellt sie sich nach den Ergeb¬
nissen der Sammelforschung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
weit höher, als bisher angenommen wurde, nämlich 1:2907. In neuerer
Zeit sind allmählich immer mehr Chirurgen zur Aethemarkose überge¬
gangen, und Körte hat gleichfalls diese Methode ausgiebig ver¬
sucht. Die Berichte lauten sehr gut und ihnen sehliessen sich die eigenen
Erfahrungen an. Nach der Sammelforschung der Deutschen Gesellschaft
für Chirurgie kam auf 14000 Aethemarkosen kein dem Narkoticum zur
Last zu legender Todesfall vor. Viel kommt auf eine gute Maske an,
weil sonst die Narkose zu langsam eintritt und Erstickungsanfälle drohen.
Das beste Resultat, erhielt Körte mit der Ju 11 iarischen Maske.
Zweckmässig macht man vorher eine Morphiuminjection; man nehme gleich
bei Beginn der Narkose eine grosse Menge (30-—50 g) Aether. Zu Anfang
lasse man-etwas Luft zutreten, setze dann aber die Maske fest auf. Die Be¬
hauptung. die Narkose sei bei dieser Methode nichts weiter als eine Kohlen¬
säurevergiftung, ist nach exacten Untersuchungen des Luftgemisches unter
der Maske durch Dresor völlig unberechtigt, da dasselbe neben circa
4,7 °/o Aether stets 16—18°/o 0 und höchstens 1,7 % COa enthält. Em
Sträuben der Patienten gegen das feste Aufsetzen der Maske findet selten
statt, doch tritt die Toleranz etwas später ein — beim Chloroform durch¬
schnittlich nach 5 Minuten, beim Aether nach 7,5 Minuten. Der \ erbrauch
an Aether ist ein recht grosser, bei Herrn Körte in 600 Fällen je 100
bis 200 g. Man hüte die Patienten bis zur Toleranz gegen jede Störung,
wie Abseifen etc., da die Narkose dadurch sehr verzögert wird, während
sie nach Eintritt lange vorhält, durch Nachgiessen geringer Mengen unter¬
halten wird und an den normalen Schlaf erinnert. Als wesentliches Moment
ist hervorzuheben, dass ein Sinken der Pulswelle nie eintritt, vielmehr
der Blutdruck etwas zu steigen scheint. Dagegen wird die Athmung
durch eine starko Bronchialsecretion etwas gestört, doch bietet das zu¬
weilen auftretende röchelnde Athnien keine Gefahr, wenn es auch ängstlich
klingt. Erbrechen während derNarkoso ist seltener als beim Chloroform.
Ein lange dauerndes Excitationsstadium, das aber dann von einer durchaus
guten Narkose gefolgt war, beobachtete Vortragender 50 mal, in 32 Fällen
war die Narkose nicht gut; zuweilen traten klonische Muskelcontractionen
auf, wogegen mit Nutzen etwas Chloroform inhalirt wurde. Das Erwachen
ist bei einzelnen ein sehr schnelles und rasch voll besinnliches, bei anderen
kommt ein langer, tiefer Nachschlaf vor (Morphiumwirkung?). Nach¬
erbrechen kommt selten vor, der Urin zeigte in sechs Fällen Spuren von
Eiweiss, das innerhalb weniger Tage wieder verschwunden war; in sieben
Fällen, wo vor der Narkose Albumen im Urin nachgewiesen war, wurde
die Quantität durch die Narkose nicht vermehrt. Eine Contraindication
giebt wegen der Reizung der Bronchialschleimhaut durch den Aether eine
frische Bronchitis, dagegen Herzschwäche nicht, die sogar durch die
Aetherisirung gebessert wird: wir werden daher den Aether besonders auch
bei der radikalen Empyemoperation verwenden, während das Chloroform
bei Empyem loicht zu bedenklicher Herzschwäche führt. Bei Operationen
im Gesicht und am Munde ist die Aethemarkose nicht anwendbar, weil
bei Anwendung des Aethers eine dauernde Narkose ohne zeitweilige Aus¬
setzung nothwendig ist. Im ganzen ist Vortragender mit der Anwendung
des Aethers sehr zufrieden gewesen, seine Wahrnehmungen decken sich
in allen wichtigen Punkten mit denen anderer Beobachter (Juliiard,
Garre, Dumond, Vallas u. a.). Aether-Todesfälle sind in der Litte-
ratur verzeichnet und werden auch hei ausgedehnterer Anwendung des
Mittels nicht ausbleiben. — Jedoch muss man nach den bisherigen Er¬
fahrungen annehmen, dass der Aether ungefährlicher ist als Chloroform,
weil er nicht schwächend auf das Herz einwirkt. Störungen der Ath¬
mung kommen vor, sind aber weniger gefährlich und eher der Behand¬
lung zugänglich, als die plötzliche Herzschwäche. Die Nachtheile des
Aethers (langsamere Wirkung, Reizung der Bronchialschleimhäute, Brenn¬
barkeit) werden aufgewogen durch die grössero Sicherheit.
Max Salomon.
Nachtrag zu dem Bericht über die Sitzung am 24. Januar 1894.
In der Discussion Uber den Vortrag des Herrn Weyl macht Herr
Goorge Meyer zunächst auf einen anscheinenden Widerspruch in den
Darlegungen des Herrn Weyl aufmerksam, der einmal die schlechte
Milchversorgung der ärmeren Bevölkerung als Grund der hohen Brech¬
durchfallsterblichkeit, andererseits die gute Milchversorgung als Grund
filr dio Abnahme der Tuberkulose in Berlin angenommen. Die Abnahme
der Todesfälle an Erkrankungen der Verdauungsorgane im Jahre 1892 in
Berlin sei wohl auf die durch die Behörden angeregte Aufmerksamkeit
der Bevölkerung auf jene Verhältnisse zur Zeit der Cholera zurückzuführen.
Während die Sterblichkeit an Typhus in München abgenommen, sei die
Sterblichkeit an den Verdauungsstörungen in München seit 1876 eine
gleich hohe geblieben und betrage in den einzelnen Jahren das zwei- bis
drei- bis vierfache mehr als in Berlin (im Verhältnis zur Bevölkerung).
Ferner schlägt Meyer eine Neugestaltung der Sanitätswachen nach den
Vorschlägen des Aerztevereins von West-Berlin, Umgestaltung des
Krankentransportes, der wie die Desinfection unentgeltlich erfolgen müsse,
und andere Aenderungen im Gesundheitswesen der Stadt vor und be¬
antragt, eine Commission zur Weiterberathung dieser Dinge zu wählen,
welche eventuell ein ständiger Gesundheitsausschuss der Berliner
modicinischen Gesellschaft sein soll.
Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
Sitzung am 13. November 1893.
Vorsitzender: Herr Sonnenburg; Schriftführer; Herr Langen-
bUCh l. Herr v. Bergmann widmet einige Worte der Erinnerung dem
Andenken des jüngst verstorbenen Professor L6on Le Fort in Paris, in
dessen ganzem Bildungsgänge sowie seiner schriftstellerischen Thätigkeit
sich das*Bestreben offenbart habe, den Arbeiten auch anderer als franzö¬
sischer Chirurgen gerecht zu werden. Infolge dessen habe er sich auch
der Sympathie von uns deutschen Chirurgen besonders zu erfreuen gehabt.
Sein Tod sei in der Woche eingetreten, in welcher die Herren v. Esmarch
und v. Barde leben einen Antrag der deutschen Gesellschaft für Chirurgie,
ihn zum Ehrenmitgliede zu erheben, eingereicht hätten. Besonders nahe
sei er den Berliner Chirurgen getreten, als er 1890 zum zehnten inter¬
nationalen Congress hier verweilte und zu seinem Gelingen nicht wenig
durch sein Präsidium in der chirurgischen Section beitrug. Zum ehrenden
Gedächtniss des Verstorbenen erheben sich die Anwesenden von ihren
Sitzen.
2. Herr Sonnenburg: Bevor ich Herrn Canon das Wort zu seinem
Vortrage gebe, möchte ich einige Bemerkungen vorausschicken. Es ist
bekanntlich heutzutage einigermaassen schwierig, in der Vorlesung den
Studenten und Aerzten, selbst wenn das klinische Bild oft noch Ver¬
schiedenartigkeiten genug darbietet, die Unterschiede der Sepsis und der
Pyämie klar zu machen. Handelt es sich doch, was die Aetiologie beider
Krankheiten anbetrifft, um ein und dieselben Organismen bei beiden Affec-
tionen. Selbst wenn wir an einer Sepsis festhalten, die einzig und allein
durch gelöste chemischs Giftstoffe bedingt wird, die sogenannte toxische
Form im Gegensatz zu der anderen, häufigeren, durch Spaltpilze hervor¬
gerufenen Form, so finden zwischen beiden Formen so viele Ucborgänge
und Combinationen statt, dass die Grenzen gar nicht zu ziehen sind. Nun
sehen wir aber auch ferner, dass es eine Sepsis giebt ohne jede Spur
von Metastasen, Sepsis aber auch mit diffusen Metastasen, Sepsis mit
Thrombose und Embolie. Auf der anderen Seite beobachten wir Pyämie
ohne Metastasen, dann wieder Pyämie mit Metastasen, endlich auch eine
mit Thrombosen und Embolie oder mit Thrombosen allein. Mit Recht
werden daher immer mehr Stimmen laut, welche beide Krankheiten so¬
wohl klinisch wie anatomisch nicht mehr trennen wollen und den zusam-
menfassenden Begriff der Pyo-Sephthaemie aufstellen. Im grossen und
ganzen neigen wir auch zu dieser Ansicht und haben versucht, auf bac-
teriologischem Wege an der Hand unserer Fälle diese Ansicht zu be¬
gründen. Wie weit uns das aber gelungen ist, darüber bitte ich Herrn
Canon zu referiren.
3. Herr Canon: Bacteriologische Blutnntersnchungen bei Sepsis,
Pyämie und Osteomyelitis (mit Krankenvorstellungen). (Der Vortrag
ist in der Deutsch. Zeitschr. f. Chir. Bd. 37, Heft 4 und 6 veröffentlicht).
Discussion: Herr Sonnenburg (Krankenvorstellung): Abgesehen
von der schweren septischen Form von Infection, deretwegen Ihnen dieser
kleine Patient vorgestellt wird. und von der er, wie Sie sehen, sich voll-
- ständig erholt hat, bietet der Kranke wegen der Localisation der Krankheit
grosses klinisches Interesse. Er kam in unsere Behandlung wegen einer
acuten Osteomyelitis der rechten Clavicula und der linken Hüftgelenkspfanne.
Das Schlüsselbein war schon nekrotisch, musste entfernt werden und hat
sich, wie Sie sich überzeugen können, recht vollständig regenerirt. Es ge¬
lingt bekanntlich äusserst selten, ohne Resection des Kopfes die erkrankte
Pfanne wirksam zu behandeln. So ging es auch bei diesem Patienten. Trotz
: Incisionen, Drainage des kleinen Beckens nach mehreren Richtungen, Ab-
| tragung der kranken Knochen von innen, besserte sich der Zustand erst
wesentlich, nachdem ich mich entschlossen hatte, den gesunden Fe¬
murkopf zu entfernen und die kranke Pfanne zu reseciren. Trotz des
jammervollen Zustandes, trotz der schweren Infection durch den Staphy-
lococcus aureus, der bereits im Blute bei ihm vorhanden war — und
gerade letzterer Umstand verschlechtert nach unseren Erfahrungen die
Prognose —, fingen die grossen und zahlreichen Wunden an zu heilen,
- der Patient konnte nach Wochen als gerettet und in bester Heilung
angesehen worden. Heute erscheint der Knabe vor Ihnen nicht allein als
glänzendes Beispiel einer mit allen Hülfsmitteln moderner Chirurgie ^ ttber-
j wundenen Infection, sondern auch um Ihnen einen modificirten Hoffa'schen
Apparat zu zeigen, der ihm dazu verhilft, die letzten Folgen der Er-
1 krankung der Hüfte mit Erfolg zu beseitigen.
Herr Canon: Bei dem zweiten der Patienten, den ich hier die
Ehre habe Ihnen vorzustellen, habe ich den Staphylococcus albus im Blut
gefunden. Ich habe den Eiter untersucht: er war im Eiter in Reincultur
vorhanden, und die Mikroorganismen im Eiter und im Blut stimmten voll-
I ständig mikroskopisch und culturell überein. Der Patient hatte eine
i chronische Osteomyelitis der Tibia, welche sich acut verschlimmerte
und septische Erscheinungen hervorrief; das Bein musste amputirt werden.
Einige Tage nach der Amputation stellten sich unter hohem Fieber Husten
; und Auswurf ein. Im Auswurf fanden sich in ziemlicher Menge die
Staphylocoeeen; in dem unteren Theile der rechten Lunge war Dämpfung
und Rasseln. Nach einiger Zeit Hessen diese Symptome wieder nach;
; Husten und Auswurf ist jetzt fast ganz verschwunden^ Es ist sehr wahr¬
scheinlich, dass es sich hier um einen Lungeninfarct gehandelt hat, zumal
. da der Patient noch später einen Glutaealabscess bekommen hat, der eben¬
falls Staphylocoeeen in Reincultur enthielt. Der dritte Patient ist ein lall
von Pyämie. Ich habe nichts bei ihm im Blute gefunden, trotz sehr
; häufiger Untersuchung. Er hatte eine Phlegmone im Anschluss an eine
eompHcirte Zehenfractur, kam dieser Complication wegen in das Krankenhaus
und musste schliessüch amputirt werden. Das war eine Streptococcen-
infection; es hatte sich kurz vor der Amputation ein Erysipel an dem be-
! treffenden Unterschenkel gebildet. Ob dies nun durch dieselben Strepto-
i coccen verursacht war, die im Phlegmoneneiter vorhanden waren, oder ob
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
8. Februar^ __ _ __ ^ _
es eine neue Infection war, bleibt dahingestellt. Jedenfalls ist nach der
Amputation das Erysipel nicht weiter gegangen. Dagegen ging die Eiterung
in dor Tiefe weiter, und es musste noch viol gespalten werden. Es
bildeten sich dann einige Abscesse, einer am Arm und einer in den
(ilutäen. die ebenfalls Streptococcen enthielten. Es ist bei demPatienten fünf-,
sechsmal untersucht worden, ohne Mikroorganismen im Blute zu finden.
Diese vierte Patientin hat ebenfalls eine lang dauernde chronische Pyämie
"ebabt, im Anschluss au eine Mittelohreiterung. Sie hat 8—10 Abscesse
an verschiedenen Körperstellen gehabt, welche immer Streptococcen ent¬
hielten. Ihr Blut ist auch häufig untersucht worden, und es wurde nie¬
mals etwas gefunden. Diese beiden Fälle würde ich zu der dritten
Gruppe rechnen, den Fällen der reinen Pyämie.
Herr Pfuhl: Ich wollte mir nur ein paar kurze Worte zu der Einlei¬
tung des Herrn Professor Sonnen bürg gestatten. Er sagte, dass man
heutzutage nicht mehr die Begriffe „Pyämie“ und „Septicämie“ ausein¬
anderhalten könnte, und hat deshalb vorgoschlagen, den Ausdruck „Pyo-
septicämie“ zu gebrauchen. Meine Herren, diese Benennungen stammen
aus einer Zeit, wo man die Ursachen dieser Krankheiten noch nicht
kannte. Heutzutage aber wissen wir ganz genau, dass wir bei genauer
I'ntersuchimg in jedem Falle Ton Pyämie oder Septicämie entweder eine
Allgemeiniufection mit Streptococcen oder eine Allgemeininfection mit
anderen Mikroorganismen finden. Es geht den Chirurgen mit diesen Be¬
griffen so. wie den Bacteriologeu und Epidemiologen mit den alten über¬
kommenen Ausdrücken „contagiös“ und „miasmatisch“. Wir haben die
Ausdrücke „contagiös“ und „miasmatisch“ einfach in die Rumpelkammer
geworfen und betrachten jetzt jedo Infectionskrankheit für sich. Ich
ülaube. es wäre gut, wenn die Chirurgen auch die Ausdrücke Pyämie und
•Septicämie aufgeben und einfach von Allgemeininfection mit Staphylococcen
oder mit Streptococcen sprechen wollten. Jeder Chirurg muss heutzu¬
tage imstande sein, festzustellen, ob eine Infection mit Staphylococcen
oder mit Streptococcen vorliegt. Nun ist es ja möglich, dass er vorher
der Krankheit einen Namen geben muss, bevor die bacteriologische Unter¬
suchung vollendet ist. Dann kann er sich damit helfen, dass er einfach
von Sepsis spricht, bis der Nachweis von Staphylococcen oder Strepto¬
coccen geglftckt ist. Ich glaube, dass es ganz gut wäre, wenn die
Chirurgen den Epidemiologen in der Eliminirung veralteter Ausdrücke
nachfolgten.
Herr v. Bergmann: Es ist ganz schön, von Staphylococceninfection
hier und von Streptococceninfection dort zu sprechen, wenn diese zwei
verschiedenen Infectionen auch klinisch verschieden auftraton, wenn z. B.
dieStaphylococeusinfection immer Metastasen und die Streptococcusinfection
immer nur lokal fortschreitende Eiterungen machen würde. Das ist aber
ni'ht der Fall. Der Kliniker wie der pathologische Anatom müssen an
das am Krankenbette und dem Sectionstisch Thal sächliche sich halten, und
das ist und bleibt zunächst noch dio Eiterung mit und die Eiterung ohne
Metastasen. Für beide kann ein und dieselbe Ursache, der gleiche und
nämliche pyogene Mikrococcus verantwortlich gemacht werden, denn nicht
für der Staphylococcus macht metastatische Eiterung, sehr oft, sogar ganz
gewöhnlich, macht diese auch der Streptococcus. Beide dringen in die
Thromben phlegmonöser Heerde ein, machen diese bröcklig und zur Quelle
Metastasen erregender Eiterungen. Es wäre schön, wenn es so wie die
klinisch diflerenten Können auch differente Ursachen im Gebiete der Eiter
erregenden Mikroben gäbe, — zur Zeit ist das aber noch nicht erwiesen.
, Herr .Sonnenbürg: Wenn ich mir noch eine Bemerkung erlauben
j • S( \ es ja für uns Chirurgen ungemein interessant, wie im
Laufe der letzten Jahre durch die bacteriologischen Untersuchungen
Kenntnisse der Sepsis und der Pyämie gefördert worden sind.
f r 4 n8t1 . ro Kenntnisse sind noch im werden, und es dürfte wohl
ment richtig sein, bereits heute die bacteriologischen Erfahrungen
■ l tout pnx den klinischen Bildern unpassen zu wollen. So machte
mir vor einem Jahre noch den Eindruck, als ob man die Pro-
. er Sepsis jo nach dem positiven oder negativen Befunde von
M C J n . IIU Blute modificiren könnte. Weitere Beobachtungen haben ge-
r* • man sich darauf doch nicht so ganz verlassen darf. Dass ein
, pn ^med zwischen der Streptococcensepsis und der Staphylococcen-
\\ e jf* e ^ lr f ^ n ’ T c jH anzunehmen. Beide können in gleich foudroyanter
IrhTff,» n - J a not 'h lange nicht am Ende diesor Arbeiten,
in p° [' j S w ' r ? u ^. diesem Wege noch viel lernen werden. Interessant
surhn« r '-i S ™ Infolge der bacteriologischen Kenntnisse und Unter-
zllHp ,f n m der Lage sind, nicht allein klinische Erscheinungen richtig
otomo u sonaeni auch bestimmte, im Wundverlauf auftretende Sym-
e j De ™'r*j rzusa p n - Ein Beispiel möge dieses erläutern. Ich hatte an
die L-lin’ demselben Morgen zwei Amputationen wegen schwerer Sepsis,
ffar der V - aUIÜ Unterschiede zeigten, zu machen, ln beiden Fällen
minirt t Um ^Kcil gangränös, die Weichtheile vom Eiter unter-
der StanK 1C i k eanen en tblösst. Bei beiden Patienten fand sich im Eiter
^dehzeitii* C R] S ^°£ e ? es albus, bei dem einen Patienten aber auch
tttreit* im^ii 11 ? " u ^’ Bei demjenigen Patienten, bei dem sich die Coccen
richtig vor Ute V0I * an dcn, zeigte sich am nächsten Morgen, wie wir es ganz
bei dL ,!j^ esa ^. hatten, eine eitrige Infiltration der Amputationswunde,
jftliijbt nnri rCn •®1 ) die Wunde intact, d. h. sie sah gut aus, war gut
Patienten tr Z€ ??. te S - c ^ auc ^ s P ater keine Eiterung. Bei dem ersten
'liimrtriselipnP- 80 ^'^ 88 ^ 0 ^ 1 kolossale Senkungen auf, die noch zu manchen
die Amniif a r Veranlassung gaben. Hier waren offenbar durch
Gelassen an«» 11 - Staphylococcen wieder auf die Wundfläche aus den
anderen ^ or d en un d fingen wieder an zu wuchern. Bei dem
obwohl auch’h' F k 0 - 6 Staphylococcen im Blute hatte, blieb die Wunde,
Falle ler - ^heinbar ebenso schwere Sepsis wie in dem anderen
gestand, rem und eiterte nicht.
eines operativ geheilten Falles von
erfolgen.) * WW * ■ 0 Mittheilung wird in extenso in dieser Wochenschrift
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
139
5. Herr Sonnenburg: Der retrograde Katheterismns bei imper¬
meablen Strlctnren. (Mit Krankenvorstelluug.) M. H.! Ich erlaube
mir. Ihnen heute einen Patienten vorzustellen, den ich wegen impermeabler
Strictur operirt habe. Gerade zur Erinnerung an Le Fo rt glaube ich, diesen
Gegenstand heute berühren zu dürfen, weil, wie Sie wissen, Lo Fort
auch die Chirurgie der Harnröhre sehr gefördert hat und mancher Vor¬
schlag und manche treffliche klinische Beobachtung auf diesem Gebiete
von ihm herstammon. Die impermeablen Stricturen sind ja sehr häufig
Gegenstand der Behandlung in unseren Krankenhäusern. Trotzdem es mir,
soweit orinnerlich. immer gelungen ist, nachdem die Urethrotomia externa
gemacht war, in die Blase zu gelangen, so habe ich im letzten Jahre in
drei Fällen vom Damme aus trotz wiederholter Versuche den Weg in die
Blase nicht finden können. Es handelte sich allerdings in allen drei
Fällen um Stricturen, die derartig von Narbengewebe und Fisteln umgeben
waren, wie ich sie bisher solten gesehen hatte. Ich habe nun in ver¬
schiedener Weise mir helfen müssen, von allen Methoden aber, die ich
versucht habe, hat mir der retrograde Katheterismus als die sicherste
und eleganteste Methode am besten gefaUen. ‘) Ich will hier absehen von
dem Vorschläge, in der ungefähr angenommenen Richtung der Harnröhre
ein Spitzbistouri oder einen Troicart in die Blase oinzuführen, da ich
diesen Vorschlag für unzweckmässig, ja selbst gefährlich halte. Da ist
es noch besser, wie ich es bei dem einen Kranken gethan habe, das
ganze Narbengewebe bis beinahe zum Blasenhalse hin von dem Damme zu
zu spalten und in der Tiefe dieser Wunde in den nächsten Tagen das
centrale, am Aussickcm des Urins vielleicht kenntliche centrale Ende der
Harnröhre aufzusuchen. Doch kommt es bei diesem abwartendon Verfahren,
wie auch in meinem Falle, leicht zu Urininfiltrationen und Abscesscn, die zu
schweren Störungen, die ein langwieriges Krankenlager erfordern, führen.
Von den Methoden, deren Wesen darin liegt, dass auf die eine oder die
andere Art die Entrirung der Strictur von dem der Blase zugekehrten
Ende, also retrograd, vorgenommen wird, habe ich die von Ditfcel em¬
pfohlene Mastdarmablösung, um die jenseits der Strictur gelegene Fars
membranacea frei zu präpariren und nach Aufschlitzung derselben die
Strictur zu entriren, bisher zu erproben nicht Gelegenheit gehabt. Es ist
selbstverständlich, dass dieses Verfahren nur für Fälle anwendbar ist, in
denen die Verengerung im bulbösen Theile und an der Grenze zwischen
diesem und der Pars membranacea sitzt. Freilich erstrecken sich die
gonorrhoischen Stricturen nie auf die eigentliche Pars membranacea, die
im Gogentheil meist dilatirt zu soin pflogt. Gerade auf diesen letzteren
Umstand stützt sich die Dittel’sche Methode. Vermittels der stumpfen
Lösung der Mastdarmwand von der Harnröhre gelingt es, den ganzen
häutigen Theil blosszulegen und den dilatirten zu erkennen. Es er¬
klärt sich aber auch ferner daraus, dass da, wo das Perinaeum narbig,
von Fistelgängen durchsetzt ist, die Präparation im Dittol’schen Sinne
nicht gemacht werden kann, und das war auch der Grund, warum ich in
meinen Fällon nicht zum Dittcl’schcn Vorfahren, sondern zur Epicystotomie
und zum retrograden Katheterismus mich entschlossen habe. Diesem Ver¬
fahren sind alle wStricturen der Harnröhre, sie mögen noch so ausgedehnt
sein und hoch sitzen, zugänglich. Seitdem der hohe Blasenschnitt mehr
in Aufnahme gekommen ist, giebt es auch keine inoperablen Stricturen
mehr. Sollte man selbst von der Blase aus nicht in die eigentliche
Strictur hinoingelangen können, so wird man doch die Sonde in dem
centralen Ende der Harnröhre durchfühlen und von jener Stelle aus die
Strictur successive durchschneidon können. Bei diesem Patienten, den
ich Ihnen hier vorstelle, habo ich die Epicystotomie mit querem Schnitt
vorgenommen, wodurch ein bequemer Zugang zur Blase bei mässiger
Beckenhochlagerung erfolgte. Die Einführung eines englischen Katheters
von der Blase her in die "Urethra bot keine Schwierigkeit, das Ende der
Strictur konnte gefunden, die Strictur selber gespalten, der Katheter
schliesslich in einer Sitzung durch die ganze Harnröhre bis in die Blase
geführt werden. Die Wunde der Blase wurde durch Catgutnähte ver¬
einigt. die Hautwunde einige Tage tamponirt, dann, als die Blasen¬
wunde sich als sicher vernäht zeigte, nachträglich durch die Naht ver¬
einigt. Beide Wunden heilten per primam. Bei diesem Patienten ist es
aber ferner noch nöthig gewesen, einen ganzen Theil der Harnröhre neu
zu bilden. Ich habo den alten Weg, der von dor Oeffnung. die ich zunächst
durch die Urethrotomio gemacht hatte, bis zur Spitze der Glans führte,
in dem Narbeugewebe nicht finden können und habe dann Fisteln benutzt,
durch dieso hindurch einen neuen Canal gebildet, der schliesslich ganz schön
mit Schleimhaut innen ausgekleidet wurde. Jetzt hat Patient eine breito,
für den dicksten silbernen Katheter leicht zu passirende Harnröhre ohne
Fisteln. (Demonstration.)
Herr Rose: Herr Sonnenburg hat geschildert, wie leicht dor
Katheterismus posterior sich in solchen FäUen ausführen lässt. Ich kann
das nur bestätigen nach einer Erfahrung ans dem Jahre 1887, dem einzigen
Falle unter so vielen, in dem mir der Katheterismus von der Blase aus
als correct angebracht schien. Ein zwölf Jahre alter Knabe (J.-N. 1783)
war nach Bethanien gebracht mit Blasenbauchfistel infolge Blasenstich,
bei dem infolge der Verletzung die ganze Dammgegend in eine narbige
Schwiele mit Obliteration der Harnröhre verwandelt war. Um dem Harn¬
abfluss seinen natürlichen Weg woiter zu verschaffen, musste die Fistel
breit angefrischt werden, dor Katheter Hess sich von der Blase m
den Hararöhrenrest sehr leicht cinführen und erleichterte so die Aus¬
führung dos Hamröhrensclmits am Damm. Der Knabe wurde vollständig
geheilt entlassen. In allen anderen Fällen von Urethrotemia externa
es waren ihrer sicher weit über hundert — schien es mir überflüssig zu
sein, den Katheterismus posterior vorauszuschicken. Warum kommt das
wohl, dass er so sehr leicht ausführbar ist? Das zeigen uns dio
>) Ich hatte vor kurzem Gelegenheit, den retrograden Katheterismus
auch in einem Falle von hochgradiger Zerrcissung der Harnröhre mit
Erfolg anzuw'enden.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
schliramstön Fülle Von Stricturen, bei denen die Harnröhre die Dicke
eines Unterbindungsfadens hat, dabei geschlängelt oder wohl ganz ver¬
zerrt ist. Sie verrathen sich durch Incontinenz, deren Ursache ja heut¬
zutage, zumal bei urämischen Erscheinungen, so oft übersehen wird. Und
weil das noch so oft geschieht, habe ich heute das Wort ergriffen. Wo¬
durch entsteht nun die Incontinenz zuletzt bei dor impermeablen Strictur?
Legen wir bei der Urethrotomio das Anfangsstück der Harnröhre hinter
der Strictur bloss, so zeigt es sich mitsammt dem Blasensphincter er¬
weitert. Nicht um eine urämische Lähmung handelt es sich, sondern um
Stauungsdilatation! Daraus folgt, dass man den Katheterismus posterior
gar nicht von der Blase aus zu machen braucht. Im Nothfall — das lehrt
die Erfahrung — genügt es, dieses dilatirte Anfangsstück der Harnröhro
vom Damm aus durch Spaltung aufzusuchen, die Harnröhre von hier aus
nach vom zu öffnen und mit dem Penisstilck der Harnröhre in Verbindung
zu setzen. So heilen selbst diese Fälle von Incontinenz infolge Stauung
bei impermeablen Stricturen.
Herr v. Bardeleben: M. H.! Vor 25 Jahren gab es wohl eben¬
soviel schlimme Stricturen, wie jetzt. Damals, als ich die Leitung der
ganzen chirurgischen Abtheilung der Charite übernahm, habe ich in den
ersten Wochen 16 Fälle gehabt, in denen ich den äussoren Harnröhren¬
schnitt machen musste, sodass ich fast in Verzweiflung frug, ob es denn
in Berlin gar keine anderen Operationen gebe, als immer wieder äussere
Urethrotomieen. Ich hatte eine Zeit lang einen ganzen Saal von lauter
äusseren Urethrotomieen. Seitdem habe ich diese Operation mindestens
150 mal auszuführen gehabt. Es ist ein merkwürdiger Zufall, es ist ein
grosses Glück, was ich gehabt habe: ich habe noch niemals einen Fall
erlebt, in dem ich bei der äusseren Urethrotomie nicht zum Ziele ge¬
kommen wäre. Ich bin deshalb auch einer der unglücklichen Operateure,
die noch niemals den Katheterismus posterior zu versuchen Gelegenheit
gehabt haben. Dass die Harnröhro hinter der Strictur erweitert ist, wie
College Rose bereits erläutert hat, das wird wohl Niemand bezweifeln.
Es ist ja auch bekannt, ist mir wenigstens immer so ergangen, dass,
wenn man dann endlich, vielleicht freilich nach einem Suchen von einer
Stunde, die richtige Harnröhre, das ganz kleine Röhrchen, gefunden und
eine dünne Sonde durchgeschoben hat, und dann vielleicht eine zweite
dünne Sonde, und dann eine etwas dickere und dann auf dieser eine Hohl¬
sonde, auf der man das Messer vorschiebt, und so allmählich durchge¬
kommen ist durch die callösen Massen, dass man dann ganz einfach mit
dem Finger in die Blase hineingehen kann. Ich lege gewöhnlich, seit
Spencer Wells zum Drainiren der Bauchhöhle Glasröhren empfohlen
hat, durch die Harnröhre bis in die Blase eine solche Harnröhre ein und
finde das sehr bequem. Die dicke Glasröhre, die dicker ist als ein ge¬
wöhnlicher Finger, geht, sobald die Strictur gespalten ist. ohne weiteres
durch. Wenn man sie auch neun, zehn oder gar elf Tage liegen lässt,
so bleibt doch keine Incontinenz zurück. Man ist absolut sicher, dass
die Sache aseptisch bleibt; die Glasröhre kann ausgeglüht werden.
Ich meine, Fälle, in denen man gar nicht durchkommen könnte, müssen
doch sehr selten sein, und ich möchte ebendeshalb dem Herrn Vorsitzen¬
den gratuliren, dass er in diesen Fällen den hinteren Katheterismus mit
so vielem Glück hat versuchen können. Ich hätte es gar zu gern auch
einmal getlian, aber ich bin bisher mit dem äussoren Hamröhrenschnitt
immer ganz gut ausgekommen.
Herr v. Bergmann ist kein Gegner des retrograden Katheterismus.
Er fragt ferner an. ob dio Beobachtungen über Stricturen in der Pars
mcmbranacca am Lebenden oder der Leiche gemacht sind? Dio Beob¬
achtungen am Lebenden könnte er nicht als beweisend für das Vor¬
kommen derselben gelten lassen.
Herr Sonnenburg: Ich habe mit dem Hinaufreichen über die Pars
bulbosa bis in die Pars membranacea nicht die Sticturen selber gemeint,
sondern das meist von Fisteln durchsetzte Narbengowebe, so dass dor
ganze Damm ein Narbongewcbe ist. Gerade dioses aber hindert die Operation
nach Dittel, da man im Narbengewebe die Pars membranacea nicht so
frodegen kann, um sie einschneiden zu können. Dio Stricturen. wenigstens
die gonorrhoischen, reichen, das glaube ich auch, selten weiter als die
Pars bulbosa. Bei den traumatischen kann es ja oft anders sein. Dann
möchte ich Herrn v. Barde loben gegenüber meine Behauptung auf-
reclit erhalten, dass es doch Fälle von Stricturen giebt, die unüberwind¬
liche Hindernisse bioten und dio Passirung der Enge bei der Urotkro-
tomia externa nicht ermöglichen, Fälle, die als gänzlich insauabel be¬
zeichnet werden. So ist es mir nicht allein, sondern viel älteren und
bedeutenderen Chirurgen gleichfalls passirt, dass sie im Katheterismus
postenor das Heil suchten.
Herr v. Bardoleben: Das habe ich ja gar nicht bezweifelt!
Herr Sonnenburg: Bei dem Patienten, den ich Ihnen vorstellte,
habe ich am 4. October v. J. die Uretkrotomia externa gemacht, nachdem
der untere Theil der Harnröhre durch die Urcthrotomia interna erweitert
worden war. Ich habe dann jeden Tag versucht, die Harnröhre zu finden,
habe wieder gewartet und gewartet, und erst am 18. October, 14 Tage
später, habe ich mich nach vergeblichen Bemühungen dazu entschlossen,
dio Blase zu eröffnen. Also es war nicht eine Operation, dio ich unmittelbar
an che erste angeschlossen habe, sondom es lagen 14 Tage dazwischen,
!T ei - S ^r fÜ ni da8S lch , mir rediich Muhe gegeben habe, nach alter
Methodo m dio Blase zu gelangen.
Herr v. Bardoleben: Ich brauche wohl nicht zu wiederholen, meine
Horren, dass ich das nicht im allermindesten in Zweifel gezogen habe;
ich habe nur gesagt, wie es mir gegangen ist. 5
6. Herr Sonnenburg demonstrirt ein Lithopaedion, das einer Pa-
£ ll D | !i Un i ni i, d - le T Mela ; 110me I 1 zugrunde ging. Das Lithopaedion,
das ziemlich hoch in der rechten Bauchhälfte lag, hat sie lange Jahre
getragen, ohne dass es ihr jemals Beschwerden gemacht hätte. Auch das
Lithopaedion war mit melanotischen Knoten durchsetzt.
Herr Veit: M. H.! Das vorgelegte Präparat ist ausserordentlich in¬
teressant, doch war es mir noch nicht möglich, dasselbe genauer zu
untersuchen. Ich möchte nur hervorheben, dass es sehr leicht exstirpirbar
gewesen wäre, da die einzige Schwierigkeit mit der Arteria iliaca externa
leicht zu überwinden gewesen wfiro. Ich halte es für wahrscheinlich,
dass es auf der rechten Fossa iliaca lag und tubar oder ovariell ist. Dabei
möchte ich aber betonen: es ist nicht gerade ein Lithopaedion in dem
Sinne, >vie man gewöhnlich diese bezeichnet. Es hat sich weder eine
Kalkschale gebildet, noch ist es im Innern verkalkt. Es ist ein Sack,
in dem die Knochen des Fötus liegen. Diese Höhle muss also irgendwie
günstige Verhältnisse dafür gegeben haben, dass es nicht verkalkt ist,
wie alle sonstigen Formen von Lithopaedion. Es ist also nur ein Frucht¬
sack, in dem ein abgestorbener extrauteriner Fötus liegt. Man bezeichnet
ja das, wie Herr College Sonnenburg mit Recht hervorgehoben hat,
als Lithopaedion. Aber das sind wörtlich genommen keine Lithopaedien.
Vielleicht kann ich in späterer Zeit etwas darüber berichten.
(Schluss folgt.)
Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i.Pr.
Sitzung am 8. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Wollenborg; Schriftführer: Herr Nau-
werck.
1. Herr Gerber spricht über Affectionen des Nasenrachen¬
raums. In erster Reihe über die Tumoren. Unter diesen müsse
man eigentliche, im Nasenrachenraum selbst gewachsene von solchen
Geschwülsten unterscheiden, welche anderswoher entspringend, nur
in diese Höhle hineingewuchert sind. Unter den Pseudonason-
rachenraumtumoren kommen in Betracht: 1) Sehr starke Hyper-
trophieen der hinteren Muschelenden, 2) retronasale Polypen. Beide
Arten können die Symptome eigentlicher Nasenrachenpolypen her-
vorrufen. Unter den echten Nasenrachengeschwülsten kommen
klinisch fast ausschliesslich die Fibrome in Betracht. Die beste
Behandlungsweise für alle derartigen Erkrankungen ist die Galvano¬
kaustik, speciell die heisse Schlinge. Es werden Abbildungen ent¬
sprechender Fälle (die selbst zur Zeit nicht mehr demonstrirbar
sind) sowie das Präparat eines Fibroms vorgelegt. Im Anschluss
hieran werden Zeichnungen von „Syphilis tertiaria oceulta
cavi pharyngonasalis“ sowie von Tuberkulose des Naso-
pharynx demonstrirt.
2. Herr Jessner: Dermatotherapeutische Neuigkeiten.
Seinen Vortrag weiterführend, kommt Redner auf die Bedeutung
der Seifen für die Therapie dor Hautleiden zu sprechen. Nach¬
dem er die Anforderungen, welche an eine gute Beifenbasis zu
stellen, und die Schwierigkeiten, welche bei ihrer Herstellung zu
überwinden sind, erörtert, geht er auf die Indicationen derselben
ein. Besonders werden die Seifen als Träger von Medicamcnten
(medicamentöse Seifen) einer eingehenderen Kritik unterzogen,
die der Vortragende in der diesbezüglichen Littoratur vermisst.
Bei der Abwägung der Vor- und Nachthoile fallen für erstere in’s
Gewicht die Sauberkeit und die Sparsamkeit bei der Application von
Medicamenten in Seifenform. Die den Seifen gegenüber den Fetten
nachgorühmte grössere Penetrationskraft ist auch nicht zu leugnen
und auch durch ihre keratolytischen Eigenschaften leicht verständ¬
lich. Jedoch liegt eigentlich in der Dermatotherapio kein Bedürf¬
nis in diesor Richtung vor, da die Fettsalben allen Ansprüchen
genügen und trotz aller entgogenstehenden experimentellen Beweise
tief, oft sogar tiefer als uns erwünscht ist (Intoxicationen!), ein-
dringen. Unberechtigt ist cs, von einer grösseren Unschädlichkeit
der Seife zu sprechen, da die beste Seife immer noch differenter
für die Haut ist als ein gutes Fett. Eher könnte man umge¬
kehrt diese differente Wirkung der Seifen als Vortheil derselben
anführen, die gerade da am Platze sind, wo eine Keratolyso er¬
wünscht ist. Die Processe, die eine Keratoplastik erheischen, ver¬
bieten meistens dio Seifen, wodurch ihr Wirkungskreis erheblich
beschränkter ist, als manche Autoren glauben. Zu diesem Nach¬
theil kommt dann die stets ungenaue Dosirung in Bezug auf Quan¬
tität wie in Bezug auf Concentration des Medicaments hinzu; zwei
uncontrollirte Factoren, der Fabrikant und der Patient, kommen
da in Frage. Wo es irgend möglich, soll man principiell nur
solche Darreichungsformen anwenden, die die Herstellung zu jeder
Zeit, in jeder Apotheke, in jeder Concentration gestatten. Das ist
bei den medicamentösen Seifen meistens unmöglich, worunter das
in der Therapie unbedingt nöthige Individualismen sehr leidet.
Ein weiterer grosser Nachtheil ist, dass nur eine beschränkte An¬
zahl von Medicamenten sich, ohne sich zu zersetzen, mit Seifen
mischen lässt. Wenn behauptet wird, dass durch diese oder jene
Reaction das Medicament in der Seife nachweisbar ist, so beweist
das um so weniger, je feiner dio Reaction ist. Bedauerlich ist es,
dass dio Seifen dennoch mit den meisten Medicamenten in den
Handel gebracht werden und deshalb absolut unsichere, unbrauch¬
bare Präparate in der Therapie Verwendung finden. — In Anbe¬
tracht dos beschränkten Wirkungskreises, der differenten Wirkung,
der ungenauen Dosirung etc. werden die medicamentösen Seifen
die Salben resp. Pasten niemals zu verdrängen vermögen. Der-
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8. Februar^
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
jenige, der sieh eingehender mit Derinatotherapie beschäftigt und
vor allem auch unter den zahlreichen Seifenpräparaten (harten,
weichen, flüssigen, pulverförmigen) das für das betreffende Medica-
ment geeignetste auszusuchen versteht, wird mit medicamentösen
Seifen allein in vielen Fällen vorzügliche Erfolge erzielen, für den
praktischen Arzt aber, welcher der Dermatotherapie ferner steht,
sollten sie meistens nur Unterstützungsmittel hei der Therapie
chronischer resp. subacuter Leiden bleiben. Jedenfalls erheischt die
Anwendung von Medicamenten in Seifenform eine besondere Vor¬
sicht des Therapeuten.
B. Herr Stockmann: Beitrag zur operativen Behandlung
der Basedowschen Krankheit. Seit Jahren hat sich das Be¬
streben bemerkbar gemacht, den Morbus Basedowii, dessen
Therapie so lange ausschliesslich der inneren Medicin zufiel, auf
operativem Wege zur Heilung beziehungsweise Besserung zu
bringen. Der Grund hierfür dürfte nicht sowohl in dem häufigen
Misslingen der bisherigen therapeutischen Maassnahmen, als viel¬
mehr darin zu suchen sein, dass sich in der Auffassung von dem
Wesen dieses Krankheitsprocesses eine Wandlung vollzogen hat;
denn während früher fast allgemein die Ansicht herrschte, dass die
Basedow’sche Krankheit das Product einer Erkrankung des
Sympathicus sei, wird sie jetzt von namhaften Autoren auf die
Struma, als die eigentliche Grundkrankheit, zurückgeführt.
In der theoretischen Begründung gehen die Ansichten der Autoren
allerdings auseinander. Nach der Meinung der einen soll der ganze
Symptomencomplex lediglich durch den Druck der vergrösserten
Schilddrüse auf die umliegenden Nerven, namentlich den Sympathicus,
bedingt sein, während die anderen die Krankheit als eine Art von
Giftwirkung auffassen, verursacht durch die gesteigerte Schild-
drusenthätigkeit. Welche dieser beiden Hypothesen die begründetere
ist, mag dahingestellt bleiben: beide kommen darin überein, die
Struma als causa movens hinzustellen. Von dieser Anschauung
ausgehend, ist bereits eine namhafte Zahl (ungefähr 40) von
Stramaoperationen zum Zweck der Heilung Basedow’scher Krank¬
heit unternommen worden, und zwar mittels dreier verschiedener
Operationsmethoden. Grösstentheils sind totale und partielle
Exstirpationen der Schilddrüse gemacht worden; geringer ist
die Zahl der Fälle, in denen man die Heilung mittels Unter¬
bindung der zuführenden arteriellen Gefässe zu erreichen
gesucht hat.
Da von Fällen dieser letzten Art, soviel mir bekannt,
überhaupt nur drei publicirt sind, so dürfte die Mittheilung eines
neuen Falles dieser Art von Interesse sein. Allerdings ist ausser
i er Ligatur der Arterien auch noch eine partielle Exstirpation
* Mulddrttae vorgenommen worden. Die Krankengeschichte ist
Patientin, ein 26jähriges Dienstmädchen K., wurde am 4. April
• res m einem Zustande hochgradiger Schwäche und Nervosität
- nfn ie innere Abtheilung der städtischen Krankenanstalt hierselbst
H. 1 ^ e L n , 0II1 I n,,n ' Bei der Aufnahme bestand starke Dyspnoe, intensives
i -i T en 1 l,n< * grosse Herzensangst. Aus der Anamnese ist hervorzu-
,. r . icn \ 5158 ratientm von gesunden Eltern abstammt, als Kind angeblich
"Mi*.! Un< l i 111 * * m Lebensjahr zehn Wochen lang an Krämpfen
weIche , infol £ e von Schreck entstanden und ohne jede Medi-
krini-t ■ er Ve f sc hwunden sein sollen. Im Februar vorigen Jahres er-
f 0 u n f. r sl * if 11 jl ner schweren diphtheritischen Halsentzündung mit nach-
iimlirh »fir C !i^u Un £ * st ^ShaH) in der städtischen Krankenanstalt
Dämlich ppb* - e ,^ or ^ en ’ P* e Menstruation ist ziemlich verspätet,
erfahrt ,, n a 1 ^ j pebensjahr eingetreten, dann stets regelmässig
Vorptwn « tu dem Anfänge des vorigen Jahres wieder ausgeblieben,
vordprp« Hoi T dl Patientin zum ersten Male eine Anschwellung der
allmählich Gemarkt haben; dieselbe war schmerzlos und nahm
tretendes zu \ . S ese Hte sich denn auch zeitweise auf-
an den Aiifrn ^ P s y c hische Erregbarkeit hinzu. Veränderungen
Hervortppton Ü 8 * sed L ? a ‘ zwe * Jahren bemerkt worden (zunehmendes
•Jahr soll d»c if Uß d Auftreten von Doppelbildern). Seit einem
bis zur i, p ? en seIir an IntensitÄt zugenommen und sich öfters
erschwertet; gesteigert haben. Mit demselben pflegte stets
musste Potior,*- e ]^herzugehen. Sobald diese Anfälle auftraten,
seilten sirh das Bett aufsuchen. In der Folgezeit ge-
und Fflssen . Ohnmachtsanwandlungen, Zittern in Händen
auffallende ’Nei^ psychische Erregbarkeit, Taubheitsgefühl und eine
sichtliche ZU P ro ^ usen und andauernden Schweisson sowie
um f^t 9n vf& er u ng hinzu - (Das Körpergewicht ist in zwei Jahren
allmählich" hi« uerontergegangen.) Diese Beschwerden hatten sich
- bis. z„ dass es der Patientin
und ihrer Beschäftigung
unmöglich b JL' ZU . dem &rade gesteigert
^njäehea. sie vXehr enSt “ 2mlehmen
ist von
Die nähprp le n V l edneb L me istens das Bett aufzusuchen gezwungen war.
in Mittelerössp b ^ der Aufnahme ergab folgendes: Patientin
schlaffer Mnskiiht, ’ Knochenbau, dürftigem Panniculus adiposns,
und zu r Weinpri; oh i ■* le en ! c heint psychisch leicht erregbar, zum Zittern
^bfaausdruck spu«» 1 geneigt. Die Sprache ist etwas heiser, der Ge-
J^iderseits j , Aussehen leidend, die Haut feucht und kühl,
fehlt. Strabismna , deut Dcher Exophthalmus, das Graefe’sche Phänomen
Dartiecn stark vpphÄ^ 6 ^ er ^als ist besonders in seinen unteren
ckt und hat, über die höchste Prominenz gemessen,
__141
einen Umfang von 36 cm. Die Schilddrüsenlappen sind beiderseits 'stark
geschwollen, ragen nach oben bis zum SchildknoJpel nach unten hinter
das Stenium Der Isthmus ist weniger betheiligt. Die Struma hat eine
Ä. B ^ V affenh ^ i nd 1St nur iu geringem Grade gegon die Unter¬
lage verschiebbar. Ueber sämmtlichen Partieen derselben ist
hnrW S TV Se w und .. Sch . w i rr . en > synchron mit dem Radialpuls
h-P 16 Dcrzaction ist eine stürmische, die Herzdärapfung nach
fei? a t n 7 k 1 ?hT A lte i Der ?P] tzeast <>ss befindet sich auf der sechsten
Rippe ; Auch über dem Herzen smd schwirrende Geräusche hörbar. Der Puls
hat eme Frequenz von 125. Lungenbefund normal. Körpergewicht 47 5 ktr.
Daraufhin musste die Diagnose auf Morbus Basedowii gestellt werden
- d Z rd ° z " näc ^ st versucht, durch kräftige Diät und entsprechende innere
Medication eine Besserung zu erzielen. Obwohl die verschiedensten Mittel
m Anwendung kamen, machte sich eher eine Verschlechterung geltend
Patientin war meistens bettlägerig, wurde von den heftigsten steno-
cardischen Anfällen gequält, nahm an Hinfälligkeit zu und schwitzte sehr
Stimmung fing an, melancholisch zu werden, und Patientin
beschäftigte sich viel mit Todesgedanken. Als ihr der Vorschlag einer
Operation gemacht wurde, erklärte sie sich sofort hierzu bereit und drängte
selbst auf baldige Ausführung derselben. 8
Die Operation schien in der That dringend indicirt, denn am 2. Juni
traten so intensive stenoeardische Anfälle bei sehr kleinem Puls auf, dass
direkto Lebensgefahr vorhanden war. Es wurde deshalb die Unter¬
bindung der.Schilddrüsenarterien, zunächst der oberen, von
mir am 6. Juni ausgeführt. Die Operationsdauer betrug 3 /< Stunden. Die
Arterien "wurden ziemlich loicht gefunden und einfach ligirt. Unmittelbar
nach der Operation war Patientin sehr matt, der Puls klein, mit einer
Frequenz von 150. Doch schon nach acht Tagen war derselbe
unter allmählich zunehmender Besserung des Allgemein¬
befindens bis auf 90 heruntergegangen. Der Wundveilauf war ein
normaler beim ersten Verbandwechsel die Wunden per primam geheilt.
Die Schilddrüse erschien nunmehr in ihren oberen Partieen fast vollständig
abgeschwollen, die knollige Beschaffenheit war verschwunden, und die ganze
Halspartie hatte eine mehr teigige Consistenz angenommen. Die Besserung
des Allgemeinbefindens und namentlich der Umstand, dass die Monate
lang allen Heilversuchen trotzenden stenocardischen Anfälle vollständig
beseitigt erschienen, war ganz frappant. — Erwähnen möchte ich noch
nachträglich, dass das Körpergewicht vor der Operation 45 kg betragen hatte.
•4m dun * wur d e nunmehr die Unterbindung der unteren
beiden Sehilddrüsenarterien nach der Rydygi'er’sehen Me¬
thode ausgeführt. Bei ruhiger Narkose dauerte die Operation 3 / 4 Stunden.
Die Arterien wurden loicht gefunden und wiederum einfach ligirt. Sofort
nach der Ligatur konnte ein deutliches Abschwellen auch des Restes der
Struma constatirt werden. Der Puls betrug unmittelbar nach der Operation
122 und sank am selbigen Abend auf 112. Der Wundverlauf war wieder
ein normaler. Innerhalb acht Tagen ging die Pulsfrequenz auf 90 herab.
Nach weiteren 14 Tagen war bei gutem Allgemeinbefinden das Körper¬
gewicht bereits um 2,3 kg gestiegen. Ausserdem hatte sich die schon
sieben Monate lang ausgebliebene Menstruation wiederum, wenn auch
in geringem Maasse, gezeigt. Allein schon nach vier Wochen zeigte sich
abermals ein deutliches Anschwellen des linksseitigen Schilddrüsenlappens
in seinen unteren Partieen. Das Allgemeinbefinden, der Puls und das
Körpergewicht blieben durchaus gut und machten sogar Fortschritte. Die
Geschwulst entwickelte sich bis Hühnereigrösse, war von sehr derber
Consistenz und ziemlich beweglich. Trotz des trefflichen Allgemein¬
befindens wünschte Patientin aus Furcht vor einer etwaigen Verschlech¬
terung auch noch die Entfernung des Geschwulstrestes. Deshalb wurde,
entsprechend den Kocher’schen Ausführungen, am 29. August die links¬
seitige Strumectomie gemacht. Der Schnitt verlief in der alten
Narbe. Am vorderen Rande des Kopfnickers wurde nur noch ein kleiner
senkrecht auf seine Mitte angelegt. Dio Operation verlief nahezu
Die Geschwulst liess sich selbst hinter dem Sternum leicht
herausschälen. Aus Furcht vor einer Nachblutung wurde die Wundhöhle
tamponirt. und nach drei Tagen die Secundärnaht angelegt. Trotz normalen
Wundverlaufes klaffte an der Stelle, wo die drei Wundflächen aneinander-
stiessen. die Wunde. Innerhalb drei Wochen war, allerdings mit ein-
gezogener Narbe, die Verheilung per secundam eingetreten. Der exstir-
pirte Geschwulsttheil war 8 cm lang, 4 cm breit, 3 cm dick und 80 g
schwer. Die im hiesigen pathologischen Institut ausgeführte mikroskopische
Untersuchung ergab eine Colloidstruma. Hierdurch erklärt sich auch der
nur vorübergehende Erfolg der Unterbindung.
Das Befinden der Patientin machte inzwischen zusehende Fortschritte;
dio stenocardischen Anfälle waren nicht mehr aufgetreten, die profusen
Schweisso verschwunden, die Erregbarkeit im Nachlassen begriffen; die
Arbeitslust kehrte wieder, und Patientin nahm an allen häuslichen Arbeiten,
selbst schwereren, wie Scheuern, Wassertragen u. s. w., regen Antheil.
Am 10. October erfolgte ihre Entlassung aus der Krankenanstalt. Das
Körpergewicht betrug 67 kg.
Seit der letzten Operation sind nunmehr vier Monate ver¬
gangen, und das Befinden hat sich dauernd gebessert. Ueber keine
der früheren Beschwerden wird geklagt. Patientin fühlt sich
durchaus wohl und arbeitskräftig. Ihr Körpergewicht ist bis auf
68,5 kg gestiegen, hat sich also um 21 kg seit der ersten Operation
gehoben. — Zurückgeblieben sind: geringer Exophthalmus und
Strabismus und theilweise die Erscheinungen am Herzen. Inwieweit
auch diese verschwinden werden, muss dahingestellt bleiben. Reim
stellt ja ein günstiges Prognostikon, indem er sagt, dass die
Heilung nicht sofort im Anschluss an die Operation erfolgt, sondern
sich erst allmählich vollzieht, und nach Dreesmann soll dieses
gerade bei den mit der Unterbindung behandelten Fällen zutreffen.
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142
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT,
In der Discussion bemerkt Herr Meschede, dass er den Ver¬
lauf dieses auf seiner Abtheilung behandelten Falles in seinen ver¬
schiedenen Phasen genau zu beobachten Gelegenheit gehabt habe und die
günstige Wirkung der von Herrn Stockmann ausgeführten Schilddrüsen¬
operationen bestätigen könne. Die in Rede stehende Kranke sei von ihm
zwei Wochen nach ihrer am 10. October vorigen Jahres erfolgten Ent¬
lassung aus der ärztlichen Behandlung als Hülfswärterin der städti¬
schen Krankenanstalt eingestellt worden und habe seitdem — von
einer intercurrenten Influenzaerkrankung (16.—28. November) abgesehen
— in regulärer Weise ihren Dienst versehen können.
IX. Oeffentliches Sanitätswesen.
Die Choleraepidemie in der Türkei und speciell in
Constantinopel.
(Schluss aus No. 5.)
Für Constantinopel lässt sich die Einschleppung der Cholera von zwei
verschiedenen Seiten nachweisen. Nach Ausbruch der Cholera in Rumänien
wurden die grossentheils aus türkischen Unterthanen — vielen Armeniern
— bestehenden Arbeiter aus Sulina ausgowieson und kamen mit allen
möglichen Fahrgelegenheiten, Dampfern und Seglern an der Einfahrt des
Bosporus an; vom 20. August an füllte sich das Hospital von Sinope mit
Cholerakranken. Die von hier entlassenen Arbeiter sind die eine Quelle
der Infection; dieser Heerd ist aber beschränkt geblieben und in sich er¬
loschen.
Sehr viel ernster ist der andere Heerd geworden. Es ist notorisch,
wird auch als durch die Unzulänglichkeit der Mittel bedingt zugegeben,
dass die grossen Effecten der aus Mekka zurückkehrenden Pilger — be¬
sonders in Tor — nicht desinficirt werden konnten. Diese enthielten aber
gerade die gefährlichen Kleidungsstücke, schmutzige Wäsche, Lumpen etc.
Nun steht das eine fest, dass die Cholera sprungweise an verschiedenen
Stellen bei Türken ausbrach, und zwar bald nach der Rückkehr des ersten
Pilgerschiffes.
Am 20. August kam das erste Schiff an „Nime Hu da“ mit 604 Pil¬
gern, am 21. August der „Sögütlü“ und am 23. August der „Zeadet“.
Der zweite Dampfer hat an Ruhr und Cholera in Tor und unterwegs ca.
60 Passagiere verloren. Am 29. August brach die Cholera im Irrenhause
von Skutari aus.
Es ist nun zwar nicht bewiesen, nicht beweisbar, dass gerade ein
bestimmtes Stück, eine bestimmte Person die Cholera dort eingeschleppt
hat. Aber wer den Glauben der Türken kennt an die Heilkraft, die von einem
Hadji ausgeht — die Kranken legen sich auf die Erde und der Mekka¬
pilger stellt sich auf sie —, oder an die Wunder, die das heilige Wasser
Zem-Zem thut —, der wird sich über diesen Ausbruch in Skutari nicht
wundern.
Es hat nun kein grosses Interesse für den Leser, der mit den localen
Verhältnissen nicht vertraut ist, von Tag zu Tag, von Vorstadt zu
\ orstadt, Zahlen und Ausbreitung der Cholera zu erfahren; ausserdem
finden die Leser ja die Zahlen in den wöchentlichen Berichten. Be¬
tonen will ich nur noch, dass zuerst die türkische Bevölkerung — das
Irrenbaus, die Kasernen, die Kriegsschiffe und die Marinesoldaten
überhaupt das bedeutendste Contingent zu den Erkrankungen stellte:
erst später wurden auch jüdische Quartiere und Quartiere am Bosporus
verseucht.
rr^ er ^ er ^ au ^ ^ er Seuche im ganzen hier, die Maassregeln zu
ihrer Unterdrückung nebst den begleitenden Umständen müssen allgemeine]
bekannt gemacht werden. 3
Erinnerung an die furchtbaren früheren Epidemieen machte
die Nachricht vom Ausbruche der Cholera in Smyrna — die übrigens
schon längere Zeit dort geherrscht haben, aber abgeleugnet sein soll —
hier grossen Eindruck. Aber die Presse durfte kein Wort bringen —
ebensowenig wie nach Ausbruch der Cholera in Constantinopel. Das
\ ort „Cholera war verboten; es existirte nur eine „maladie suspecte“
oder kurzweg „la maladie“.
Gegen Smyrna wurde eine zehntägige Quarantäne eingerichtet
dje auch dann aufrecht erhalten wurde, als die Cholera in Cons&ntinope]
ausgebitochen war; ja, nunmehr mussten die Provenienzen aus Constan-
machen“n C azomene vor Sm - Vrna eine dreitägige Quarantäne durch-
J5j‘ a ’ 1 ! r J i r ^ nd '™ kompetenten Persönlichkeiten, wurd<
""“f ." der Hauptstadt der Kampf gegen die Seuche aufgenommen
Prtfeclen R U „T PlJ p w " de . nu ‘ er ^m Vorsitz des flbclstheleumundetei
eme Commiss ‘on aus Militärärzten gebildot. Zui
r^ehnb S lhrer Besch ' üssc . stellt« dieselbe — angeblich bei doppelten
tah^Ct,Z?“ Se n AnZfihl J , unger V hier gebildeter, möglichst uner-
lahrenei Auzte an. Die von dieser Commission beschlossenen Maass-
De^Hauntnunkt^adeta^“ 1 f tzt f ndnhren gewonnenen Erfahrungen Hohn
iten Hauptpunkt bildete die locale Quarantäne. Wo ein verdächtiger Fal
^ HaUSe 2Wd SpazierstÄckchendii
als Vache S und Ä und zwei bis Soldat«
f.nd d. h lg ,“ h . t aufgestellt. Ausserdem wurde die Umeebum
wetsen Pulver tnebrV Mann f hÜhe das ««sgiebigsta “nen
~ angeblich ungebrannter Kalk — bestreut. Die gleich«
übelriechenden* 1 dhscreten Ecken 1 ange1l'eihmi nn v eine d H R lpt - stadt un(
“nd Heutschhmd^wm'eZrmachte man^keinen SSSST “
Sanitätscommission, 6 die ifacÄgem’ dta ZT alT d« Ä“
No. 6
de medecine hatte, wurden ganz bei Seite gelassen. Das absolute Miss¬
trauen, dessen sich Redwan und seine Commission erfreute, die vexato-
rischen Maassnahmen der Polizei, die Octroyirung der jungen unerfahrenen
Municipalitätsärzte (wodurch die Thätigkeit der erfahrenen Praktiker voll¬
ständig paralysirt wurde) brachten eine Gährung der unteren Volks¬
schichten und eine allgemeine Verstimmung hervor. Da die beschäftigten
Aerzte spazieren gingen und keinen Cholerafall gesehen hatten, ging die
allgemeine Ueberzeugung dahin, dass dio Cholera gar nicht existire, ja.
dass die Agenten und Municipalitätsärzte verdächtige Fälle schüfen und
sogar durch ihro Medicamente, durch die innerlich statt äusserlich ver¬
abreichten Desinficientien die Patienten tödteten.
Niemand wagte mehr, zum Arzte zu schicken. Ein Praktiker, welcher
Fälle anzuzeigen wagte, wurde vom Publikum geboycottet. Verdächtige
Fälle in der besseren Clientei wurden ängstlich geheimgehalten.
Im Anfang ging der Blödsinn so weit, dass sogar die behandelnden
Aerzte miteingesperrt wurden. Der Arzt des Irrenhauses in Skutari,
Dr. de Castro, wurde sechs Wochen lang im Irrenhause intemirt ge¬
halten; seine Familie durfte ihn nur von der Strasse aus begrüssen! Auch
späterhin wurdon die Aerzte beim Verlassen unter Cordon befindlicher
Häuser vermittels einer Blumenspritze mit einer verdächtig riechenden
Flüssigkeit bespritzt. Die Kliniken und Polikliniken der Medicinschule,
deren Warteräume sich unter Gottes freiem Himmel befinden, wurden ge¬
schlossen, um eine Anhäufung von Menschen zu vermeiden.
Hier will ich noch kurz einige Facta anführen, die, wenn ich mich
nicht von ihrer Thatsächlichkeit überzeugt hätte, mir unglaublich er¬
scheinen würden.
In Mum-Han6 (Galata) war ein Cafdbesitzer an Dysenterie erkrankt
und ins Hospital geschafft. Als er nach etwa zehn Tagen in eben dem¬
selben Hospital gestorben war, wurde das Cafd mit allen zufällig darin
befindlichen Gästen abgesperrt und zehn Tage unter Cordon gehalten.
Natürlich musste dio Verpflegung der Insassen auf Kosten des Staates
geschehen. Selbstverständlich war das Cafe dauerd von einer grossen
Schaar belustigter Zuschauer umgeben. In einem andeien Falle wurde
ein Bordell ganz plötzlich mit sämmtlichen Insassen abgesperrt. Man
kann sich die Situation der hier eingeschlossenen Gar^ons und Ehe¬
männer denken.
Ende October schien die Epidemie, zu erlöschen. Vom 24. August
bis zum 4. November sind 386 Fälle gemeldet. Die Todesfälle betragen
über 80%; jedenfalls eine falsche Zahl, durch die Verheimlichung von
Erkrankungsfällen bedingt.
Vom 29. October bis zum 4. November bringen die officiellen Listen
13 Erkrankungen und 12Todesfälle! Die Epidemie schien erloschen, und
die Rod wan gefügige Presse strömte über in Lobeserhebungen für diesen
thätigen Mann, dem es gelungen war, die Seuche im Keime zu ersticken.
Der November setzte mit heissem Wetter und schwülen Südwinden
ein. Vom 5. November ab brach die Epidemie in verschiedenen Hafen¬
quartieren mit grosser Heftigkeit von neuem aus.
Jetzt verloren Redwan und Genossen den Kopf. Ein Bericht
Redwan’s an den Sultan besagt, dass die bisherigen Maassnahmen zur
Erstickung der Epidemie sich als unzureichend erwiesen haben, dass
ausserdem das Personal zur Bewachung durch den Dienst erschöpft, die
Kassen durch die Verpflegung der Cernirten und durch die Vergrösserung
des Personals leer seien. Er schlug vor, Mitglieder des Conseil superieur
de sante in die Commission zu berufen und von diesen feststellen zu
lassen, welche Maassnahmen sich in Europa bewährt hätten.
Sein Vorschlag zur Aufhebung der Hausquarantänen hatte offenbar
im Palais keine Gnade gefunden. In der Sitzung vom 14. November wand
er sich, um von der verstärkten Commission die Annahme einer verkürzten
Quarantäne, genannt „ärztliche Beobachtung“, zu erlangen. In einer
Sitzung am 16. November kam es zum Conflict. In dieser Sitzung that
der Minister des Aeusseren auf die Vorschläge und Vorstellungen des
russischen und französischen Vertreters in der Commission den denk¬
würdigen Ausspruch: „Wir sind in der Türkei! D. L. Eure Erfahrungen
gehen uns gar nichts an.“
Man wollte die Mitglieder veranlassen, ein ihrer Ueberzeugung wider¬
sprechendes türkisch abgefasstes Mazbata zu unterschreiben. Dieselben
verliessen die Sitzung, und die Commission wurde nun durch hiesige,
zwar tüchtige, aber in ihrer Eigenschaft als türkische Unterthanen immerhin
nicht freie Aerzte ersetzt.
Die Hausquarantäne, seit dem 13. November auf drei Tage herunter¬
gesetzt, wurde durch die Macht der Verhältnisse ganz aufgehoben; denn
die Cholera nahm derartig zu, und zwar über alle Quartiere vertheilt, dass
z. B. in der Woche vom 3. bis 9. Decomber die officiellen Listen
402 Cholerafälle mit 172 Todesfällen brachten.
Die im ganzen vom 5. November bis zum 30. December gebrachten
Zahlen sind 1616 Cholerafälle mit 889 Todesfällen. Auch hier dürfte
wohl die Zahl für die Todesfälle der Wahrheit nahekommen, während die
Erkrankungsfälle zweifellos sich viel höher belaufen. Erfahrungsgemäss
nimmt die Sterblichkeit gegen Ende der Epidemie ab. Der oben erwähnten
Zahl von 402 Erkrankungsßlllen mit 172 Todesfällen entsprechen die
späteren Zahlen nicht. v
Die Erkrankungs-(Todes-)fälle für die letzten drei Decemberwochen
betragen 176 (111), 135 (81), 89 (42). Private Erkundigungen ergaben
denn auch, dass die Aerzte eine Masse leicht verlaufender suspecter Fälle
beobachteten, aber nicht mehr zur Anzeige brachten.
Am 28. December wurde plötzlich auf kaiserlichen Befehl die alte
Maassregel der Hauscordons, und zwar auf fünf Tage wieder eingeführt.
Durch die hiermit zusammenhängenden Vexationen werden natürlich die
Meldungen wieder weit unzuverlässiger. Ich will einige Zahlen aus den
letzten Tagen mittheilen, die allerdings auf eine Abnahme, immerhin aber
noch nicht auf ein Erlöschen der Epidemie hindeuten. Am 5. Januar
8 Cholerafälle (mit 3 Todesfällen); am 6. Januar 2 (2); am 7. Januar 10 (2).
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
8. Februar.
Seit Mitte December hat man, unter Leitung eines aus Paris ver¬
triebenen Sachverständigen, Desinf'ectoren neuen Svstems für die Haus
desinfection etc. in Gebrauch genommen. Für den Ernstfall genügen aber
sowohl Angestellte wie Apparate kaum. °
Wenn die behördlichen Maassnahmen nicht rationeller betrieben wenn
besonders die zwecklosen Summen für Hausquarantänen nicht auf eine
wirkliche Desinfection der Häuser und Effecten verwandt werden so ist
ein Erlöschen der Epidemie sicher nicht auf Conto der Regierun^smaass-
regeln zu setzen. ö
Diese Epidemie hat sowohl in ihrer Entstehung wie in ihrem Verlauf
hier in Constantinopel die absolute Ohnmächtigkeit der Quarantänen Ge¬
zeigt. Es ist sonderbar, dass die türkische Regierung auch heute noch
k. *ine Lehre daraus zieht. Die Epidemie ist veranlasst in ihrem ersten
Ursprung durch die Truppen und Truppentransporte, weiter durch die
Mekkapilger. Die Weiterverbreitung der Epidemie in der Türkei in der
allerletzten Zeit nach Adrianopel, nach Salonik, nach Trapezunt Triüolis
Tunis ist auf Truppentransporte, zum Theil aus der hiesigen Selimi6-
haseme. welche schwer befallen war, zurückzuführen. Der Dampfer Adana
z. B. brachte 800 Invaliden nach Rizeh am Schwarzen MeerUnte?
diesen erkrankten einige, und die ersten Fälle in Trapezunt sind bei aus
Kizeh dorthin gekommenen Soldaten constatirt.
Wenn die Unsummen, die dem Staate dieses Jahr durch die Handel¬
nd Verkehr lähmenden Auslands- und Inlandsquarantänen verloren ee-
singen sind, nur zum Theü auf eine planmässige Sanirung der Haupt-
dvr Wel7se n m Würden ’ S ° mÜSSte Constantill opel die gesündeste Stadt
Ftlr die Unterbringung der Pilger in Mekka, überhaupt zur Für¬
sorge für die Pilger an allen grösseren Stationen, für die Versorgung mit
SU t Ä nacb ?er furchtbaren Katastrophe g vom
ÄÄSSS U " d emcC ° mmi3si00ist “bgeschiokt., um
E » id “
r 'V s Con^tmopel angeht, so wollen wir hoffen, dass die jetzige
tpidemie die bis jetzt sehr viel Analogie mit der von 1847—49 bietet
*' ■■■* darin ähneln möge, dass sie überwintert! ^
«.nnircs Weto.r lft s'j 29 ~;[ imuar - Der Jai "Jar brachte dauernd trocknes,
l, " dos Thermometer sank Nachts mehrfach unter Null.
W 4 m l 9 f Z T USchrelbeB ’ J d “ ss ' »Epidemie am Erlöschen zu
k™hin Fall. A J WUrde Ml) Fall gemeldet, zwei Tage vor-
Stand der Cholera.
*-S. W C nthVÄt^woÄ raföI,e Während der W ° Che
BelÄKLE. C M 0ler '\ mit ? iemlic her Heftigkeit wieder in
veremzelte FäL wL* 5“ November vongen Jahres wurden daselbst noch
von Cholera Tn s ® ltdem veriaut «te bis Ende des Jahres nichts
kamea mehrere Erkrankungen
in/S V am 7r ! ? V v 1Ch vor ,\ B ^onders heftig tritt die Seudie
i'i ansHon \rnM aU ^’ I F^ amu F sel bst zählte man (bis zu welchem Tage,
fällen; j n zahlreS* GrtsX T ichtlich j 32 Erkrankungen mit 22 Todes-
• benfall« die Cho ml c °*'d\ ften S de . r üm ^ ebun g von Namur wüthet
21' J amines ’ Auvelais, Flawinnes,
One betroffen waren u* ahread bishervorzugsweise an der Maas gelegene
Limburg aufoetreton’ a* dle Seuch e auch in St, Trond, Bezirk
11 TodeslTük Am 17 ‘ Januar zählte ma n daselbst 15 Erkrankungen,
Brcka ^eko^n.en A ?T fa l lg Januar nur noch ein Cholerafall im Bezirk
dtolerafrei erklärt wnrä ^ nt °/n d Januar ist das Land amtlich für
In Pe er fnr d6 i n - 0este ™chisches Sanitätswesen.)
I J 'Tson*n an f’holer^ e { kranktei1 (starben) vom 4. bis 11. Januar 99 (49)
^ Kaiserlich» T(lLj de ? S0Dst, ^ en in Xo - 5 ^ Veröffentlichungen
^sunheitsamtes enthaltenen Nachrichten ' ’ “ ‘
DEUTS CHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
; FodefcfaJlei, ausserdem in elf 17 'v bls 3 ^ Becember 21 (14) Erkrankungen
In der letzten Hälfte h Jrf f a ? deren Gubermen vereinzelte Cholerafälle
alIte des December. Sperling.
in d . t i Znr Infllie,,zae PWön>ie.
S^lle aus'folgenden Irn ^ ^°? he Z° m U ‘ bis 20 - Januar Influenza-
Bamburg, Lübeck ie^ M en .° rte ,r bervorzuheben: Altona, Halle,
jIberf eld. München J f^ etZ ; Jf ünster . J e 4. Frankfurt a. M.,
u . r - Mülhausen w Bre menje5, Leipzig 6, Strass-
bohe -Ulgemeinst/rbliiti. V ^ r 5 S 1 e - n 14 : . Köln 17 ’ Berlin 21. Durch
. rd nkbeiten der \thmnmL und ^ eic hzeitig hohe Sterblichkeit an acuten
tef®mtBterblichkeit ra f ten T /olgende Orte hervor: Bonn
D & r m « f«<i mS o. ,n der Vorwoche 41,6%,). Bremen
Gladbach 33 0 d ^ 7 3 ?; 3 Tr 1 - 9, ? ) oA Dortmund 3l ’ 4 ’ Dui sburg 37.6
Iau sp n 43,1 (44 41 P; 3 i ,9j r5o le 30,6 ^ 26 ’ 1 ), Köln 27,5 (29,5), Mül-
Km r l5 l (27,ft BMond° rf 28 m ( ? 9 C 3) ’ Stefcfcin 30,0 (29,2), Strass-
fih k . U ‘ it€n der 'Athmnn^ zahlre f, h waren die Todesfälle an acuten
vlt Hälfte, hier* i “ rganc * n . Mfllliaiis e n und Strassburg, dort
Ll?w hendeai ist zu entel ® m D ? ttel &er Todesfälle betragend Aus
nj*®- und zwar vorwi meD j dass dle Influenza in Deutschland noch
«enden stark verbreitet ist Gnd m d6U westIich en und südwestlichen
143
— —- Sperling.
X. Aus der Deutschen Gesellschaft für
öffentliche Gesundheitspflege.
c m In -, de n r Sitzun g der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Ge
sundheitspflege vom 29. Januar 1894 sprach Herr A Hart man n «w
t5 hen Bienst in auswärtigen KrLkenhäuserm In der Litteratu?
über die Hygiene der Krankenhäuser habe die Frage des ärztlichen Dienstes
gefunden, so wichtig doch dieselbe
für die Eiffüllung des Zw eckes der Anstalt sei. Man müsse, wie dies von
verschiedenen Seiten geschehen, drei Forderungen aufstellen die Be¬
grenzung der Zahl der Kranken einer Oberarztabtlieilung auf 100—120*
A Un ? V ° n BPpmalärzten und diejenige von besonderen patho-
v£wn Anato “ en - Bie Begründung dieser Forderungen finde sich m den
Verhandlungen des Breslauer Aerztetages von 1893. Während nun in
und ?!^ d Q scben Krmikenhäusern keine dieser Bedingungen erfüllt
und m Köln die Sachlage ähnlich sei, wäre annähernd in Dresden, vor
allem aber in Hamburg der ärztliche Dienst im Sinne der obigen
Forderungen orgamsirt. Die Verhältnisse im Auslande dagegen seien, wie
a ? n i lGS Bcb j 0n lm 9 orres P° ndenz blatte der Aerztekammern aus-
geführt, durchaus andere und günstigere als in Berlin, wie die Beispiele
der Krankenhäuser von Pans, London und Mailand beweisen. Hartmann
schhesst mit dom Ausspruch von Virchow, dass die Ausbildung der
Maa8S#tab fflr den For “ «« menschüchon
An der Besprechung betheiUgen sich die Herren F. Strass mann.
■£: Fraenkel, M. Wolff, W. Körte, Zadek und Spinola. Herr
btrassmann bestreitet, dass in den städtischen Anstalten Berlins die
Zahl der speciahsüscher Behandlung unterliegenden Fälle so gross sei
um die Anstellung besonderer Specialärzto für jede Kategorie zu recht-
fertigen; immerhin habe der Magistrat die Direktoren angewiesen, wo sie
G a S J Ür . h , ielten » die Hülfe von Specialisten heranzu ziehen. Herr
A. h raenkel giebt zunächst zu, dass eine Entlastung für die dirigireuden
Aerzte der inneren Stationen in den Berliner städtischen Krankenhäusern
erwünscht sei, hält es aber für unthunlich, schematisch die Zahl der einem
Ab theil imgs Vorstände zufallenden Kranken feststellen zu wollen. Eino
sorgfältige Auswahl und Ausbildung der Assistenten sei von viel grösserem
Belang für den ärztlichen Dienst als die Beschränkung der Abtheilun^s-
z ?"l‘ Insbesondere erhebt Fraenkel entschieden Einspruch gegen die
vielfach in der Presse beliebte Herabsetzung der Leistimgen der Assistenten
an den städtischen Krankenhäusern Berlins und führt unter Berufung auf
die besonderen Verhältnisse am Urban aus, dass die Forderungen^ von
Hartmann theüweise zuweitgehend, soweit sie aber berechtigt, erfüllt
seien. Herr M. Wolff unterstützt unter Berufung auf die vorhandene
Litteratur die Forderungen von Hartmann. Herr W. Körte beweist
aus den Hamburger amtlichen Berichten, dass auch dort die Abtheilungen
nicht kleiner seien als in Berlin; das gleiche sei in Stettin. Magdeburg
und Breslau der Fall. Man vergesse aber, dass die communalen Kranken¬
anstalten der Armenpflege dienten, also jode, auch ganz leicht Er¬
krankten, aufnohmen müssten, dass sie ferner nicht dem Unterrichte
dienten, ein Umstand, der natürlich für klinische Abtheilungen be¬
deutend kleinere Zahlen begründe. In England seien die Oberarztstellen
meist Ehrenstellen, deren Inhaber Entschädigung in der Privatpraxis
fänden; dementsprechend sei ihre dienstliche Thätigkeit nicht annähernd
die intensive, wie in den städtischen Anstalten, und der Schwerpunkt des
Dienstes liege gerade dort bei den Assistenzärzten. Herr Zadek hält
für den wichtigsten Theil der Frage die Gründung von Specialabtheilungen
mit coordinirten Oberärzten. Gäbe nicht ein einzelnes Krankenhaus ge¬
nügendes Material, so doch die Gesammtheit derselben. Gerade das
Fehlen spoeialistiseher Abtheilungen hielte einen Theil hingehöriger Fälle
von den städtischen Krankenhäusern fern, was nach den ihm gewordenen
Mittheilungen besonders für die Gynäkologie gelte. Herr Spinola hält die
Vermehrung der Zahl der Aerzto für nothwendig, sieht in der jetzigen
Vorlage des Magistrats in jedem Falle einen Fortschritt, obgleich er der
Ansicht ist, dass dieselbe in manchen wesentlichen Punkten eine Aende-
runng in der Stadtverordnetenversammlung erfahren könne und werde.
A. G.
Die vielbesprochene Vorlage ist nun am 1. Februar in der Stadt¬
verordnetenversammlung endlich Gegenstand der Verhandlungen geworden.
Stadtverordneter Jacobi beantragte, dieselbe einem Ausschüsse zu über¬
weisen, da sie in der vorliegenden Fassung keineswegs geeignet sei, den
Missständen abzuhelfen. Sadtrath Dr. Strassmann bestreitet, dass über¬
haupt von Uebelständen an den städtischen Krankenhäusern die Rede sein
könne. Keiner der jetzigen Direktoren habe um Entlastung nachgesucht.
Es sei thatsächlich in fürsorglichster Weise für die Kranken Sorge ge¬
tragen. Einen dirigirenden Arzt für je 120 Betten anzustellen, sei kaum
möglich. Stadtverordneter Kali sch hält den Antrag des Magistrats fflr
unannehmbar. Er bittet, die Berathimg im Ausschüsse zu beschliessen,
damit die Angelegenheit nicht wieder ad calendas graecas vertagt werde.
Stadri erordneter Dr. Neumann hält eine Ueberwcisung an den Ausschuss
für überflüssig. Die Vorlage ändere an den jetzigen Zuständen nichts.
Es sei nur der Titel „Oberarzt“ neu orfunden. Stadtrath Bail erklärt,
dass die Kranken in den städtischen Krankenhäusern aufs allerbeste ge¬
bettet seien, wenige Personen könnten es zu Hause besser haben. Der
Magistrat habe der Gesundheitsdeputation nicht folgen können, weil diese
in kurzer Zeit zwei diametral sich widersprechende Gutachten abgegeben
habe. Stadtverordneter Spinola erklärt sich im wesentlichen mit den
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
144
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6
Ausführungen des Stadtverordneten Neu mann einverstanden, empfiehlt
aber Ausscliussberathung. Wenn alles so vortrefflich wäre wie Stadtrath
Bail geschildert, so sei die Vorlage ja gar mcht nöthig. Ei »alte»cs
übrigens für schwer, für die in Aussicht genommene Stellung der Ober-
ärzte“ hervorragende Kräfte zu finden. Stadtverordneter Zadek. Die
Vorlage sollte a limine abgelehnt werden und sich ein Ausschuss bilden,
der dem Magistrat selbst Vorschläge zu machen habe Nach kurzer
Erwiderung durch Stadtrath Dr. Strassman erklärt sich Stadt¬
verordneter Virchow für Niedersetzung eines Ausschusses, da aus dem¬
selben etwas brauchbares zu erwarten sei. Er vertrete den Standpunkt
der Magistrats, dass man nicht zwei Chirurgen auf denselben Saal und
dieselben Instrumente verweisen dürfe, jeder von ihnen verliere dadurch
zu sehr an Verantwortlichkeit, und der Chirurg sei gu sehr Herr des
Lebens seiner Kranken, als dass man ihm jemand zur Seite stellen dürfe.
Er halte ein weitgehendes Bedürfniss überhaupt nicht für vorliegend. Die
moisten Kranken brauchten nicht jeden Tag besichtigt zu werden. Stadt¬
verordneter Zadek möge nicht vergessen, dass man m l^kenhäusem
unmöglich jeden persönlichen, weitgehendeni Wunsch befriedigen. könne
Dem betreffenden Chirurgen könne man schon das nöthige Pflichtgefühl
Zutrauen. Er halte die Vorlage des Magistrats immerhin für einen Fort¬
schritt. Ganz genaue Zahlengrenzen zwischen der Zahl der Kranken und
der sie behandelnden Aerzte Hessen sich überhaupt nicht feststellen. Dr
halte die Anstellung eines gleichberechtigten dirigirenden Arztes iür
zweckmässiger als die Anstellung eines Oberarztes. Die von Herrn
Zadek gesammelten Beschwerden seien nicht zu berücksichtigen, das
heisse doch, „sich um ungelegte Eier kümmern“. Beschwerden werde es
immer geben, aber es gebe auch dankbare Personen. Damit ist die Be-
rathung geschlossen. — Bei der Abstimmung geht die Vorlage an
einen Ausschuss von 15 Personen.
XI. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Bei erneuter technischer Prüfung der Verhältnisse der
Charit6 hat sich ergeben, dass die Bedenken, welche gegen die fernere Bei¬
behaltung der sogenannten Bodenstation No. 23 in der alten Charite nach
verschiedenen Richtungen erhoben w’orden, nicht unbegründet sind. Des¬
halb hat die Charitedirection die alsbaldige Schliessung dieser Station
beantragt, und der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-
angelegcnheiten hat dieson Antrag bereits genehmigt. Dadurch wird sich
die Zahl der Krankenbetten in der Charite um etwa 60 vermindern. Es
ist aber wahrscheinlich, dass ausserdem aus hygienischen Gründen auch
noch eine weitere Verminderung der Bettenzahl erfolgen wird. Die
städtische Verwaltung dürfte deshalb gut thun, schon vor der Fertig¬
stellung des neuen vierten grossen Kraukenhauses auf eino Vormehrung
der zu ihrer Verfügung stehenden Krankenbetten Bedacht zu nehmen.
Eine solche Vermehrung würde sich wohl ohne erhebliche Schwierigkeiten
durch stärkere Belegung der Heimstätton für Genesende und durch Er¬
öffnung einiger Reservebaracken im Moabiter Krankenhause ermöglichen
lassen.
— Der Ausschuss der Berliner Stadtverordnetenversammlung zur V or-
berathung der Magistratsvorlage hinsichtlich der an der weiten Organi¬
sation der Verwaltung der städtischen Heimstätton für Ge¬
nesende hat beschlossen, der Versammlung zu empfohlen, den Magistrats¬
antrag abzu lehnen, dagegen zur Beseitigung der in der V orwaltung herv or-
getretenen Uebelstände zubeschHessen: l.Das Curatorium für die Heimstätten
soll mit dem Curatorium der Canalisationsverwaltung denselben Vorsitzenden
haben; 2. dasselbe stellt die Aerzte und Pflegerinnen an, erlässt die In¬
structionen und überwacht die Verwaltung; 3. die Zusendung der Recon-
valescenten zu den Heimstätten ist bei folgenden Punkten zu erleichtern
a) aus den städtischen Krankenhäusern, b) aus der freien öffentlichen
Armenpflege, c) aus den übrigen Krankenhäusern, d) aus den Vereinen,
Krankenkassen, Versicherungskassen und der Privatpflege, insbesondere
dadurch, dass die Kostenfrage nach der Aufnahme zu erledigen ist; 4. die
Zusendung der Rcconvalescenten aus den städtischen Krankenanstalten
orfolgt nach Anordnung des Krankenhauscuratoriums, durch die Vorstände
der Krankenhäuser; 5. die Entlassung und Verlegung der Pfleglinge ge¬
schieht auf direkte Anweisung des Heimstättencuratoriums.
— Der Minister der geistHchen, Unterrichts- und Medicinalangelegen-
heiten hat unter dem 16.December 1893 Vorschriften über Einrich¬
tung und Betrieb der Apotheken, Zweigapotheken, Kranken¬
kassenapotheken und ärztlichen Hausapotheken erlassen, aus
denen wir nachstehend einzelne Paragraphen, die den Arzt interessiren,
herausgreifen: §. 34. Arzneien, welche nicht von approbirten
Aerzten verschrieben sind, dürfen nur dann angefertigt werden, wenn
dieselben ledigUch aus solchen Mitteln bestehen, welche auch im Handver¬
kauf abgegeben werden dürfen (Ministerialerlass vom4. December 1891). §. 35.
Die in den Apotheken befindlichen Recepte dürfen anderen Personen, als
dem verordnenden Arzte, dem Kranken und dessen Beauftragten oder
Vertreter weder gezeigt, noch in Ur- oder Abschrift verabfolgt werden.
§. 36. Ge he im mittel dürfen Apotheker im Handverkauf nur abgeben,
wenn ihnen die Zusammensetzung derselben bekannt ist. die Bestandtheile
zu denjenigen Mitteln gehören, welche für den Handverkauf freigegeben
sind, und der Gesammtpreis des Geheimmittels sich nicht höher stellt,
als dies nach einer Berechnung auf Grund der Bestimmungen der gelten¬
den Arzneitaxe der Fall sein würde. §.37. Die AusübungderHeilktinst
ist den Apothekern untersagt. Bei lebensgefährlichen Verletzungen, Ver-
giftungen oder ähnlichen besonders eiligen Notlifällen soll dem Apotheker
ausnahmsweise gestattet sein, mangels rechtzeitiger ärztlicher Hülfe die
von ihm für zutreffend erachteten Mittel abzugeben. Er hat aber dafür
zu sorgen, dass beim Eintreffen eines Arztes diesem sofort genaue Mit¬
theilung davon gemacht werde. §.49. Für ärztliche Hausapotheken ist
in einem besonderen tngeshellen, nur für diesen Zweck zu verwendenden
Raume ein verschliessbarer Schrank mit Fächern und Schiebekästen auf-
zusteUen. welche die vorschriftsmässige Absonderung der sehr vorsichtig
aufzubewahrenden Mittel ermöglichen. Ausserdem müssen sich hier befin¬
den: das erforderliche Arbeitsgeräth an präcisirten Waagen und Gewh-
ten Mörsern etc., ein Arbeitstisch mit Schiebekästen, sowie ein Hand-
dampfkochor mit Zinn- und Porzellaninfundirbttchse. Ebenso müsse“
Arzneibuch, die geltende Arzneitaxe, die Bestimmungen über Haus-
anotheken, das Belaghuch und ein Tagebuch zum Einträgen der Recepte
nebst deren Taxpreisen, sowie die Genehmigung zum Halten emei Hau^
apotheke und die Betriebsvorschriften vorhanden sein. Die Genehmigung
P zum Halten einer ärztlichen Hausapotheke wird von dem Regierungs¬
präsidenten auf Antrag nach Prüfung der Verhältnisse . e n ^’
derselbe stellt auch nach Anhörung des Regierungs- und Medicmalraths
das Verzoichniss der für eine ärztUche Hausapotheke zulässigen Arznei-
mitteWest^ Reichgtage igt dor Gesetzentwurf zur Bekämpfung
gemeingefährlicher Krankheiten zugegangen.
8 — Für die Theilnehmer am XI. medicinischen Congress zu
Rom wird beabsichtigt, entweder einen Extrazug bis zur italieni¬
schen Grenze zu arrangiren, oder hierzu billigereEmzelfahrpreise
von den deutschen, schweizerischen und österreichischen Eisenbahndirek¬
tionen zu erlangen, und sind dahingehende Anträge bei den betr. Verwal¬
tungen bereits gestellt worden. Collegen, die für sich und ihre An¬
gehörigen davon Gebrauch machen wollen, werden gebeten, schleunigst ihre
Adresse senden zu wollen an Herrn Privatdocenten Dr. Posner, Berhn,
Anhaltstr. 14 oder an Herrn Dr. Alwin Müller, Leipzig, Dorotheenstr 2.
Rechtzeitige Benachrichtigung der Interessenten erfolgt nach Klärung der
Sachla^e^j® urg. Die Würzburger medicinische Facultät hat den
Preis der Rineckerstiftung im ‘Betrage von 1000 Mark einstimmig
Professor Camillo Golgi in Pavia für seine Forschungen auf dem Ge¬
biete der Nervenleiden zuerkannt. . XTr . , . c - . ,
— Wien. Der oberste Sanitätsrath in Wien hatte ein bpecial-
comito eingesetzt, um die von mehreren Vereinen angestrebte Zulassung
weiblicher Studironder zu den medicinischen Studien und zur ärzt¬
lichen Praxis vom allgemein sanitären Standpunkte zu berathen und
hierüber ein Gutachten zu erstatten. Dieses Gutachten wurde dem obersten
Sanitätsrathe in der am 27. Januar abgehaltenen Sitzung von Hofrath
Professor Dr. Albert vorgelegt, und auf Grand desselben gelangte der
oberste Sanitätsrath zu der Anschauung, dass in dem gegenwärtigen
Stadium der Entwickelung des Heil- und öffentlichen Sanitätswesens ein
Bedürfniss. in eine principielle Lösung der Frage des höheren brauen-
studiums einzugehen, sich nicht ergebe und dass cs zur Hiutanhaltung
von Störungen in der in vollem Flusse befindlichen Reorganisation dor
Verhältnisse des ärztlichen Facultätsstudiums und der Entwickelung des
öffentlichen Sanitätswesens nothwendig sei, in concreten I allen, in denen
begabte Candidatinnen sich dem Studium der Medicm und dem ärzt¬
lichen Berufe zu widmen beabsichtigen, mit vollster und strengster Ob-
jectivität die Erfüllung aller Vorbedingungen des vollständigen btudien-
gangos und aller vorgeschriebenon strengen Prüfungen, welchen sich me
männlichen Candidaten unterziehen müssen, zu fordern, — Wie me
„Revue scientifiquo“ berichtet, giebt H. Laskowski, Professor an
Universität Genf, einen sehr wenig ermuthigenden Bericht über die Dage
der weiblichen Studenten der Medicin. Während der letzten 1/ Jahre
sind 175 Frauen bei der medicinischen Facultät zugelassen worden. Da¬
runter waren 50 PoUnnen, und man hat nur feststellen können, dass vier
von diesen ihre Studien zu Ende geführt haben; was aus den »»deren
geworden ist, weiss man nicht. Von den andern 125 haben zehn a
Doctorwürde erlangt, und von diesen zehn ist eine gestorben, zwei ha en
die Medicin verlassen und sich verheirathet, vier erwerben mit mune
ihren Lebensunterhalt, und drei haben eino ziemlich gute Praxis erlangt.
Was die übrig bleibenden 115 betrifft, so hat man mcht erfahren können,
in welchen Untiefen sie gescheitert sind, man kann es sich aber de en.
Das ist in der That wenig ermuthigend. , , . . *
— Budapest. Der ordentUche Professor der pathologischen Ana¬
tomie und Histologie Dr. Gustav Sch cuthau er ist gestorben.
— Rom. Der König von ItaHen hat J. Lister, Pasteur und Vircho
den Orden des heiügen Mauritius und Lazarus verliehen.
— Von dem Internationalen Atlas seltener Hautkrankheite
ist das sechste Heft erschienen. Dasselbe enthält folgende latein.
Mitchell Bruce, Anomalous discojouration of the skin and niucou
membranes. L. Jacquet, Ulceres trophiques, Syringomyelie, b. Giovan-
nini, Canities unguium. P. G, Unna, Leukonychia et Leukotrichia.
Wir haben schon früher (diese Wochenschrift 1891 No. 6) Gelegenlr
genommen, ausführlicher auf den Werth dieser Atlanten einzugehen u
können auch dieses Mal nur bestätigen, dass die vorliegende Lieleru g
sich würdig ihren Vorgängerinnen anreiht. ~
— Von dem im Sommer vorigen Jahres erschienenen Buch A.ho s -
berg’s, „Krankheiten der Mundhöhle, des Rachens und des Kehlkop i
mit Einschluss der Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (Der ,
S. Karger) befindet sich eine engUsche und eine französische Ueberseczung
in Vorbereitung. , , j pt1
— Fräulein Paula Guenther, Nettelbeckstr. 21, kann na .
Zeugnissen hiesiger und auswärtiger Collegen und nach unseren eig
Erfahrungen als wissenschaftliche Zeichnenn für mikroskopische un
kroskopische Objecte angelegentlichst empfohlen worden. nr K „„; P h
-Universitäten. Rostock. Die Privatdocenten Dr.Mönmc 0
und Dr. Will sind zu ausserordentBchen Professoren der rhysi
Zoologie ernannt.
Gedruckt bei Julina Sittenfeld io Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag
JW 7 .
15. Februar 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHKIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilun<>-en der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes . 0 ’
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. - Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin.
Lutzowstr. 60a. Potsdamer* 1 ? 11t D .„, . 7 r ®
°* Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 8L
Theodor Billroth.
Ein Nachruf von A* v. Bardeleben in Berlin.
Einer der glänzendsten Sterne am Himmel der deutschen
Wissenschaft ist erloschen; der kühnste und glücklichste unter
den Vorkämpfern der deutschen Chirurgie ist uns entrissen,
lheodor Billroth ist in der Nacht vom 5. zum 6. dieses Monats
gestorben. Vielen ist wohl erst durch ein Telegramm vom 5
welches die Zeitungen brachten, wonach sein Befinden zu
ernsteren Besorgnissen keinen Anlass geben sollte, der Gedanke
tre ommen, dass ernste Besorgnisse beständen. Jenes Telegramm
war, wie es scheint, darauf berechnet, dass er es selbst lesen und
daraus Beruhigung schöpfen sollte. Aber Alle, die ihm näher
standen waren schon seit Monaten ernstlich um ihn besorgt, und
>eine Übersiedelung nach Abbazia, wo er, wie so Viele auf
^nen Kath Linderung seines Leidens zu finden hoffte und nun
, f lod ^den hat, war nicht geeignet, diese Besorgnisse zu
™ eu ' tj in so £ enannter Herzschlag infolge fettiger Degene-
EndT gemacht 1 * 26118 ^ Seinem thafcenreichen Leben plötzlich ein
in en .^ ernt von den Orten, an denen er Ruhm und Ehre
n 0 nf° wie wohlverdientem Maasse ernten sollte, hat
in innen!^ T ^Uoth sein Leben begonnen. Er war der Sohn eines
bc(L5 " -Z IP rstorbenei1 Pastors auf der Insel Rügen und
n seme Studien auf der damals noch wenig '
n pommerschen Hochschule -
•Jahre 1848.
ein sich der Heilkunde zu widmen, scheint
in Stettin \Ji T ' ^ POlroth, welcher als angesehener Arzt
•imfMvald Einfluss gewesen zu sein. Schon in
i *M g f‘-J he0d0 i r Billroth die Zun ™ Ba ™’s,
rufen wurde * Oottuigen folgte, als dieser 1849 dahin be¬
besuchten,
19 Jahre alt, im
der verfrlpir h 011 ,! be80nderer Vorliebe den Naturwissenschaften, auch
Einflüsse - n Aaafcomie obliegend, scheint er doch unter dem
211 haben Tn w s r scbon dort eine Neigung zur Chirurgie gefasst
Allen LuHvi» v 111 V W0 er se * ne Studien beendete, haben vor
Wirkt. Üiiter ff rip C r n' U ^ e Un< l B ' v - Langenbeck auf ihn einge-
tation «De natura “ r8teren Leitung schrieb er 1852 seine Disser-
vago dUw-tn „v . causapulmonum affectionis, quae nervo utroque
, r ^eto exontnr-; Langenbeck aber machte ihn 1858 zn
Assistenten.
Erfüllung er
£'■ be . schät ‘igte
Jlda ^e mit
Neben* den Obliegenheiten seines Amtes, in
die eigentliche Schulung in der Chirurgie
Theodor Billroth sich in ausgedehntem
pathologischer u- 0 f k , opi . schen Untersuchungen, namentlich mit
^ ihm 1857 H; o li>t0 0gle ’ UD . d 2war mifc solchem Erfolge,
Anatomie an Har i r a ^ S8er . 0rde otliche Professur der pathologischen
die %une zt rv 1VerßlU l t Greifswa ld angetragen wurde Aber
d>^en verlockanHo A Ur P e beberrs chte ihn schon so sehr, dass er
'l*n zwei Jahre Ho* 1 An ^ ra £ ablehnte, und das Schicksal belohnte
1 J'irurgie und phin?^ ( |? rc} V d . ie . Eeril fung auf den Lehrstuhl der
"fhen wir ihn denn F ^ S ? en - Klinik an der Universität Zürich. Hier
kifrr erfassen Vnr &U n k seme Au feabe mit ebenso viel Glück wie
' uudflebers und rio a ~? m ^andte er sich der Untersuchung des
? fJ Anschluc« a j zusammenhängenden Krankheiten zu
0rk <>nimnisse seiWtfr d ? r genauen Berichterstattung über alle
pmeine chirur^i?! ^J? lk * Gleichzeitig aber gab er seine „All-
ht ‘ ra us, welche in lK 0 } 0gl ® und Thera pie in 50 Vorlesungen“
mehr als einem Dutzend von Auflagen und in
I fasti alle lebende Sprachen übersetzt seinen Ruhm über die ganze
1 Welt verbreitet hat.
I Sein Ruf als Forscher und als praktischer Chirurg stieg so
I schnell, dass es Niemand in Erstaunen setzte, als er 1867 nach
j dem Tode von Schuh zu dessen Nachfolger an der Wiener Uni-
; versität ausersehen wurde.
| Kaum war er in der österreichischen Kaiserstadt recht heimisch
I geworden, da rief ihn der Ausbruch des deutsch-französischen
[ Krieges auf ein Feld chirurgischer Thätigkeit, welches er vor einem
| Jahrzehnt vom historischen Standpunkte aus studirt, aber noch
I nicbt praktisch kennen gelernt hatte. Im Jahre 1859 waren seine
„Historischen Studien über die Beurtheilung und Behandlung der
Schusswunden vom 15. Jahrhundert bis auf die neueste Zeit“ er¬
schienen; jetzt drängte es ihn, selbst zu sehen, selbst miteinzu¬
greifen. Viele Verwundete aus den ersten mörderischen Schlachten
unserer dritten Armee haben seinem entschlossenen Handeln und
seiner geschickten Hand die Erhaltung ihres Lebens oder ihrer
Glieder zu danken gehabt. Wie tief und mit welchem Erfolg er
sich in diese neue Studienrichtung versenkt hat, das zeigen seine
„Chirurgische Briefe aus den Kriegslazarethen in Weissenburg und
Mannheim“ und „Historische und kritische Studien über den Trans¬
port der im Felde Verwundeten und Kranken auf Eisenbahnen“,
von denen erstere in der Berliner klinischen Wochenschrift 1870
und 1871, letztere in Wien 1874 erschienen.
Inzwischen war die gewaltige Wandelung in der Chirurgie
eingetreten, welche wir der grossen Entdeckung Lister’s verdan¬
ken. War auch Billroth nicht der erste, sie unbedingt anzuer¬
kennen, so hat doch kein anderer Chirurg dieselbe so intensiv für
die Fortschritte der operativen Medicin zu verwerthen verstanden,
wie er. Auf ihr fussend, liess er vor der erstaunten Welt eine
„Chirugie der Eingeweide“ entstehen, von der bis dahin kein
Mensch auch nur eine Ahnung gehabt hatte. Man wusste wohl,
dass im Alterthum bereits dem edelsten Eingeweide, dem Gehirn,
durch Trepaniren des Schädels mit einer Kühnheit zu Leibe ge¬
gangen war, welche gegen die Mitte unseres Jahrhunderts fast in
ihr Gegentheil umschlug; auch die tollen Eingriffe der Bruch¬
schneider waren nicht vergessen. Hin und wieder war eine Milz
aus- oder abgeschnitten worden; aber die einzigen Operationen an
Eingeweiden, welche wirklich Bürgerrecht in der Chirurgie ge¬
wonnen hatten, waren, abgesehen von der Trepanation, die Tracheo¬
tomie und Laryngotomie, die Oesophagotomie, die Resection des
Mastdarms, die Darmnaht, die Bildung einer Magenfistel, die Ova-
riotomie und die erst kurz zuvor von Gustav Simon ersonnene
und zuerst ausgeführte Exstirpation einer Niere. Von allen diesen
gingen nur die Gastrotomie und die Ovariotomie darauf aus, die
Bauchhöhle zu öffnen, und bei beiden wurden keine Gebilde ent¬
fernt, denen man eine lebenswichtige Bedeutung zugestanden hätte;
auch blieb die Oeffnung der Peritonealhöhle auf eine kurze Zeit
beschränkt. Bei der Exstirpation der Niere sollte die Verletzung
des Bauchfells ganz vermieden werden, und die Bedeutung des
Organs fiel nicht in’s Gewicht, wenn die andere Niere gesund war.
Diese Erwägungen sind heutzutage, wo zu den verschiedensten
Zwecken unbedenklich die Peritonealhöhle geöffnet wird, für die
jüngere Generation erforderlich, um zu verstehen, mit welchem Er¬
staunen anfangs, mit welcher Bewunderung dann die beiden Ope¬
rationen aufgenommen wurden, welche als die Erfindung Billroth s
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Ufi ;
'seinen Ruhm für alle Zeiten begründet haben: die Exstirpation des
Kehlkopfs und das Ausschneiden des Pylorus. Monumentum ae.e
perenmus. ■ bedeutendgtoll Leistungen des Verklärten habe ich
zusammengestellt, um ein Bild seiner Lebensarbeit und ihre. Be¬
deutung für die ärztlieho Wissenschaft und Kunst un 1 . e ”f 8 t e " K»h-
men zu entwerfen. Wollte ich alle von ihm veröffentlichten Weihe,
Abhandlungen und Aufsätze von seiner Dissertation bis zu seinem
(soviel ich uäehe) letzten Vortrage über Pulsadergeschwulste in dei
Gesellschaft der Aerzte zu Wien, auch nui dem Titel nach an
führen, so würden viele Seiten dieses Blattes dazu erforderlich
bem Wie erfolgreich neben dieser grossen schöpferischen Thätij-
keit des Gelehrten und des Arztes sich BiUroth s Lehrthdtigkeit
erwiesen hat, das sehen wir vor allem aus der stattlichen Reihe
derjenigen seiner Schüler, welche schnell zu der Stellung k mischer
Lehrer der Chirurgie oder Direktoren grosser Krankenhäuser auf¬
gerückt sind: Czerny, Gussenbauer, Menzel, Gersuny,
v Winiwarter, Mikulicz, Salzer, v. Eiselsbeig u. a.
AIS Bernhard von Langenbeck seine Professur nieder-
legto erschien es selbstverständlich, dass Billroth sein Aach-
folger werden würde. Er wurde von der Facultät auch an erster Stelle
DEUTSCHE MEDICINISCHE W OCHENSCHRIFT. ^
No. 7
vorgeschlagen: aber er lehnte den Antrag, der von seiten des Vor¬
gesetzten Herrn Ministers damals, während Billroth in Berlin
verweilte in der schmeichelhaftesten Weise mündlich an ihn ge¬
stellt wurde, sofort und endgültig ab. Die Anerkennung, welche
er auch in den allerhöchsten Kreisen hier gefunden hat, wurde
durch das Beileidstelegramm, welches der deutsche Kaiser seiner
Wittwe gesandt hat, aufs schönste zum Ausdruck gebracht
Neben dem Gelehrten, dem Arzt, dem Forscher und Lehrer
haben wir in Billroth noch einen der liebenswürdigsten Menschen
zu betrauern, der alle, welche mit ihm in Berührung kamenge¬
radezu bezauberte. Sein Gemüthsieben war ein besonders reiches
durch eine ungewöhnliche Begabung für Musik. Mancher war er¬
staunt, wenn er die Finger, welche Vormittags das Messer und
die Nadel meisterhaft geführt hatten, Abends mit derselben Meister¬
schaft die Tasten des Flügels beherrschen sah. Anerkannte
Meister der Kunst und vollendete Kunstkenner haben sich an
seinem Spiel erbaut und ihn als Musiker verehrt.
Wie flüchtig auch der Rückblick sein mag, den wir auf das
Leben und Wirken Billrotlils unter dem schmerzlichen Eindruck
seines frühen Todes geworfen haben, das Eine leuchtet doch da¬
raus hervor: wir haben in ihm einen ganzen Mann verloren, wir
werden seines Gleichen nicht oft Wiedersehen!
I. Ueber die LympbzeUexi.’)
Von Prof. Dr. A. Kossel in Berlin
M H * Wenn ich die Lymphzellen zum Gegenstand eines Vor¬
trages "gewählt habe, so geschah dies nicht allein wegen des grossen
Interesses, welches die heutige Pathologie diesen Gebilden und den
ihnen nahe verwandtenLeukocyten desBlutes entgegenbrmgt, sondern
auch deshalb, weil die Chemie der Lymphzellen am besten geeignet ist,
uns einen Einblick in die Chemie der Zelle überhaupt zu gewähren.
Ehe man es versucht, in das Wesen der chemischen Processe
einzudringen, welche sich in der Zelle abspielen, muss man le
Substanzen kennen lernen, welche bei diesen Reaetionen m Be¬
tracht kommen. Der chemischen Physiologie der Zelle muss eine
chemische Beschreibung voraufgehen, demgemäss stehen unsere
Kenntnisse über die Lymphzellen, welche ja erst in den ersten
Stadien ihrer Entwickelung begriffen sind, fast ausschliesslich aut
einem descript.iven Standpunkt. .
Die chemische Beschreibung der Zelle hat sich nicht, darauf
zu beschränken, dass sie die Bestandteile derselben aufzählt, ihre
Eigenschaften und ihre chemische Constitution klarlegt. .Nicht
minder wichtig ist es, die Verteilung der Stoffe in der Zelle, die
Beziehung der chemischen Bestandteile zu den anatomischen Ele¬
menten zu kennen. Entsprechend diesen beiden Gesichtspunkten
sind die Forschungen über die chemische Zusammensetzung der
Lymphzellen zwei verschiedene Wege gegangen. Einerseits hat
man es versucht, grössere Mengen von Lymphzellen zu isoliren,
um diese nach unseren chemischen Methoden zu verarbeiten, die
Bestandteile zu charakterisiren und aus den Eigenschaften dieser
Stoffe Reaetionen für mikroskopische Erkennung abzuleiten. An¬
dererseits ist man von der anatomischen Betrachtung ausgegangen,
man hat im mikroskopischen Bilde der Zelle mit Hülfe chemischer
Reagentien gewisse Bestandteile ausfindig zu machen versucht
und es der makrochemischen Forschung überlassen, die Natur dieser
Stoffe festzustellen.
Eine notwendige Bedingung für die Untersuchung in der
erstgenannten Richtung ist die Beschaffung einer grösseren Menge
von Lymphzellen. Man hat diese zum Theil aus den Lymph-
drüsen* hauptsächlich aus der Thymusdrüse durch Auspressen und
Centrifugiren gewonnen. Die grosskernigen Zellen der Thymus¬
drüse erwiesen sich nach dieser Verarbeitung unter dem Mikroskop
als wohlerhalten.
Welches sind nun die Bestandteile dieser Lymphzellen?
Unter der grossen Zahl der Stoffe, welche man in den Zellen über¬
haupt verfiudet, giebt es einzelne, die jeder entwickelungsfähigen
Zelle angehören, die wir nie vermissen, wenn wir jugendliche Ge¬
webe einer chemischen Untersuchung unterwerfen. Ich habe für
diese den Namen primäre Zellstoffe vorgeschlagen. Hoppe-Seyler
hat schon seit geraumer Zeit als solche Bestandteile die Eiweiss¬
körper, das Lecithin, das Cholesterin und einige anorganische Stoffe,
unter diesen das saure phosphorsaure Kali, bezeichnet. Ich habe
auch die Nuclein Stoffe als Angehörige dieser Reihe betrachtet.
Alle diese Stoffe fanden sich auch bei den Untersuchungen, welche
Herr L. Lilienfeld in meinem Laboratorium angestellt hat, in
den Lymphzellen vor. Ausser diesen primären Stoffen waren aber
auch noch secundäre vorhanden, d. h. solche, die wir nicht in jeder
entwickelungsfähigen Zelle vorfinden, die nur in gewissen Zellen
und in gewissen Entwickelungsstadien auftreten. Solche sind das
i ) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin am 5. Februar 1894.
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Glykogen, die Fette und das Protagon, Stoffe von der weitesten
Verbreitung sodann ein Körper, der wegen seiner Mittelstellung
zwischen den Kohlehydraten und den aromatischen Substanzen von
Interesse ist: der Inosit, und endlich eine Amidosäure, die man
bisher nur vereinzelt in den Geweben vorgefunden hat: die Amido-
valeriansäure, ein Zersetzungsproduct der Eiweisskörper.
Unter den genannten Substanzen nehmen nun die NucleYnstofle
der Menge nach die erste Stelle ein. Es ist dies leicht verständ¬
lich, da der Kern fast den ganzen Raum der Zelle erfüllt. Die
NucleYnstoffo gehören bekanntlich zu einer Gruppe von Eiweiss¬
körpern, welche man unter dem Namen der Proteide zusammenfasst.
Diese Proteide sind Verbindungen der Eiweisskörper mit organischen
oder anorganischen Stoffen, und zwar ist es in den NucleYnen eine
organische phosphorhaltige Gruppe, die „NucleYnsäure , welche
an das Eiweiss angefügt ist.
Die chemische Untersuchung dieser Säure enthüllt uns orga¬
nische Atomcomplexe, welche von denen des Eiweisses durchaus
verschieden sind. Ich habe mich seit mehreren Jahren mit der
Frage nach dem chemischen Bau der NucleYnsäure beschäftigt und
habe bei diesen Untersuchungen gefunden, dass in dem Moleeu
dieser Säure Atomgruppen vorhanden sind, welche Stickstoff- und
Kohlenstoffatome in sehr enger Verbindung enthalten und die wir
nach unseren heutigen chemischen Theorieen als ringförmige be¬
zeichnen. Diese stickstoffhaltigen cyclischen Gruppen, das Adenin,
Guanin, Hypoxanthin und Xanthin zeigen in ihrem chemischen
Bau und in ihren Eigenschaften eine nahe Verwandtschaft zur
Harnsäure. Meine Befunde brachten mich daher sofort auf den
Gedanken, dass die Harnsäure aus den Nucl eins toffen hervorge ,
und durch diese Untersuchung ist in der That das wichtigste
Argument gegeben, welches für die Bildung der Harnsäure aus
den Bestandtheilen des Zellkerns angeführt werden kann, btadt-
hagen und später Horbaczewski haben diese Idee weiter verfolg .
Neben den genannten, in ihrer Constitution der Harnsäure
nahestehenden Stoffen gehen aber noch andere aus den Nuc e n
säuren hervor. In Gemeinschaft mit Herrn Dr. Albert Neumann
konnte ich unter den Zersetzungsproducten noch eine sc n
krystallisirende Substanz von complicirter Zusammensetzung
(CisHoGNgOo) nachweisen; wir haben ihr den Namen Th y min ei
gelegt, da wir sie zuerst in der NucleYnsäure der Thymuszellen au -
gefunden haben. Mit diesen Stoffen ist aber die Zahl der oiga-
nischen Verbindungen, die ihren Ursprung aus der NucleYns
ableiten, noch lange nicht erschöpft. Das Molecül der NucleYns _
ist ein sehr complicirtes, es ist vielleicht ebenso mannigfaltig
das der Eiweisskörper. Jedenfalls erhellt aus den von mir an S^
führten Thatsachen, dass neben dem Eiweiss noch eigenartige, v
Eiweiss durchaus verschiedene Atomgruppen in der lebenden
thätig sind. Die NucleYnsäure ist im Kern entwickelungsta ig
Zellen stets vorhanden, sie muss also für die Functionen 16
Organs unentbehrlich sein. r
Sie ersehen aus diesen Ausführungen, dass man zu völlig
richtigen Vorstellungen gelangt, wenn man das Eiweiss ajs
wichtigsten Bestandtheil der lebenden Substanz, als den
des Lebens betrachtet. Ich nehme für die NucleYnsäure eine e
•wichtige Rolle in Anspruch. Nichts berechtigt uns dazu, aus . f
chemischen Bestandtheilen der Zelle einen einzelnen herauszugr
und in diesem das ganze Räthsel des Lebens zu suchen.
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university of michigan
15. Februar __
Eine sehr merkwürdige Eigentümlichkeit, der NucleYnsäure ist
Ihre Fähigkeit, mit Eiweiss in Verbindung zu treten. Wie Alt¬
mann gezeigt hat, kann man eine solche Verbindung künstlich
darstellen, wenn man NucleYnsäure in wässeriger Lösung zu einer
Eiweisslösung hinzufügt. Es entsteht ein Niederschlag und dieser
ist das Nudeln. Mit der Bildung des NueleYns aus der NucleYn¬
säure und dem Eiweiss ist aber der Aufbau der NueleYnstoffe noch
nicht vollendet, denn wir finden in der Lymphzelle das NucleYn noch
wieder in Verbindung mit einem neuen Körper eiweissartiger Natur
Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit, auf diese eigentümliche*
Substanz lenken. Ich habe sie zuerst in den kernhaltigen rothen
Blutkörperchen in Verbindung mit dem NucleYn dieser Zellkerne
vorgefunden und sie mit dem Namen Histon bezeichnet Herr
Lilienfeld hat sie später auch in den Lymphzellen der Thymus¬
drüse, sowie in allen zelligen Gebilden des tierischen Körpers
nachgewiesen und eine Verbindung des NucleYns mit Histon das
Nueleohiston, in reinem Zustand dargestellt.
Als ich die Eigenschaften des Histons zuerst keunen lernte
glaubte ich in ihm einen der einfachsten Eiweisskörper, eine Al-
bumose, vor mir zu haben, aber meine neuen Untersuchungen haben
mich zu einer anderen Ansicht geführt. Es ist mir gelungen aus
zwei Bestandteilen tierischer Gewebe künstlich eine Substanz
darzustellen, welche sich vom Histon nicht unterscheiden lässt
Der eine Component dieser Substanz ist in freiem Zustand bisher
nur m den Spermatozoen des Lachses vorgefunden worden es ist
•las von Miescher entdeckte Protamin. Fügt man eino Lösung
es Protamins zu einer Lösung von Albumose (oder Eiweiss), so
»leibt die Flüssigkeit zunächst War, setzt man nun ein wenig Am-
T&lT'XSy**? “"Niederschlag, und dieser besitzt
die Eigenthumliehkeiten des Histons. Wir haben in dieser Ent-
dehungsweise des Histons ein Gegenstück zu der Entstehung des
h, ™. i m ^ aS , Pr , 0ta S m i st eine Base ’ es ist in alkalischer
^u ne imstande, das Eiweiss zu binden, und es entsteht ein ProteYd
n bas^chen Eigenschaften, das Histon; die NucleYnsäure hingegen
^ s( f k sauren Charakter und fällt das Eiweiss nur in saurer
dne Säure h *** hl6rbei entstehende P™teYd, das NucleYn, ist
w H l St0n wirklich aus Protamin und Albumose zu-
IVoSn fif 1S \J° mÜ8sbe man es . auch unter Bildung von
bemüht Hioc eg \? können - Ich habe mich bisher noch vergeblich
prfoiff ’ h jjjädiweis za führen, ich finde aber diesen Miss¬
bekannte q,,w ht Verst . äad l lch - Protamin ist eine noch wenig
Merkmale ^ aüZ ’. es lst durch keine besonders charakteristischen
set Z an,:iH ek ? nZe i Chn . et ’ ! ind seiner Auffindung unter den Zer-
entgegen P UCteU der E lweiss kürper stehen grosse Schwierigkeiten
welch D c aZ l k °Tf n °^ Ch eÜle Eigentümlichkeit der Eiweisskörper.
Cenulrl^ U ^ g augcfügter, sog. „prosthetischer“
Las Eiweiss ist £ anz ausser °rdentlich erschweren kann,
allmählich immer f ® t f T,de ’ dl ° an fangs nur locker angefügte Gruppe
verbo Ü in T! T feSt6r ? d {f ter zu binden und sie _ sit venia
erklären dass \vir D v e Moleculs aufzunehmen. So ist es zu
vorfinden die ^[ blndun f en von Eiweiss und NucleYnsäure
^gefügte \ u ,L cg l0Cker . ? md ’ . und andere > uns denen man die
^rden die -+ niCb l w * eder frei machen kann, und so
Bwei&smolecül verstfndlfrh ^ L ° slösung> an ^ efü ^ ter Stoffe vom
körper durch*!!^!!^ d o es ? n | erkw ürdige Eigenschaft der Eiweiss-
von Eiweiss mit nchmiedeberg untersuchten Verbindungen
deutlich, wie da« V' ^* yden _ des Eisens illustrirt: hier zeigt sicli
oder weniger innicrf^f T GCÜ ! au( ? h künstlich zu einer mehr
Diese^Loslösim» ^ ufDahma des Eisens veranlasst werden kann,
iationen des C hem nF der an S e fügten Gruppen, welche den Manipu-
Zellp Vorhang KrMt S0 schw f r .gelingt,.wird von den in der
vollzogen. In Hp« anscke iuend mit grosser Leichtigkeit
Histon, bei m D„; fn aßrei ^ en Spermatozoen des Lachses findet sich
Freiheit gesetzt ~ g . Sp / 0 ? e88 uird au s diesem das Protamin in
M<-nge vorhanden L i i den reifen 0r ^ anei1 in beträchtlicher
f :t die NucleYns^,r^ d le i C : ht . nachzuweise n. Im ruhenden Zellkern
losgelöst und ersohm*? , lweiSÖ gebunden, bei der Mitose wird sie
. Man kllfr i t als un S e Paarte Säure,
diesen Process nnt!! , ra S e aufwerfen, wie es denn möglich ist,
fUndlieh zu machnn dem M f krosko P zu verfolgen. Um dies ver-
Hch erinnern wpipn’ ^J? 88 lck an üi 0 Untersuchungen von Ehr-
n< % Weise ’ anwinrH dle or £ anisc hen Farbstoffe zuerst in ratio-
ß^isser Zellstoffe \ Um , d *® chemischen Eigenthümlichkeiten
<klu Gemisch einer Tr^ arakterisi ^’ e n. Wenn man eine Zelle mit
? ne ^nen gewiss Tn e * nes sau ren Farbstoffs behandelt,
Farbsäure 7 pJ arbba8e ’ z - B. das Methylgrün, an-
Ul| d gleichzeitig 0 ?!-*’p' das Säurefuchsin auf. Herr Lilienfeld
* llf ‘ n Mischung vnn vr + < ? S ? er . haben <las Verhalten der Ehrlich-
e bylgnin und Säurefuchsin zu deu Eiweiss-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
147
körpern und zu einem von mir dargestellten Präparat von NucleYn-
säure untersucht, und beide sind zu dem Resultat gekommen dass
d J ]lwe f lsskorpor den sauren, die NucleYnsäure de/basischenFarb-
f a 5v U ? e H men ; A-Us den Versuchen des Herrn Lilienfeld über
das Verhalten der NueleYnstoffe ergiebt sich, dass die NucleYnsäure
eme reini grüne, das Histon eine rein rothe’Färbun- anidmmi In
Und Nuclpülsäure zusammengesetzte^ Verbindungen
der Farbenton ein gemischter, und zwar ist er in dem ziemlieh
oto r viofrtto?. NUC rtn dn blaUgrÜI,er > in dem neutralen Nudeohistoii
Man ist also durch die Farbenanalyse in den Stand o> e setzt
die reine NucleYnsäure mikroskopisch naclizuweisen, und es zei^t
^J? e 1 kaßnt r J, 1< ‘ h ’ dass 111 den ruhenden Kernen der Lymphzellen
der violette Ton vorherrsc ht, während bei der Mitose und in ande-
len physiologischen Zuständen die der ungepaarten NucleYnsäure
entsprecliende grüne Färbung durch das Ehrlieh’sche Gemisch
zum Vorschein gebracht wird.
Die Bedingungen, unter welchen das Freiwerden der NucleYn¬
säure m den Zellen stattfindet und die Verhältnisse der mehr oder
^ er J eS ^ n ® lndun £ an . das Eiweiss 1 ) sind bisher noch wenig
erforscht. Durch die gemeinsam mit Herrn Dr. Albert Neumanii
angestellten Versuche konnte ich feststellen, dass die Lymphzellen
der Ilnmusdrüse von allen bisher untersuchten Organen zur Dar-
s «Ilung der freien NucleYnsäure am besten geeignet sind. Aus
l Kdo gereinigten Thymusgewebes erhielten wir nach einem wenig
eingreifenden Verfahren 25 g NucleYnsäure, aus 1 Kilo Milz 5 4 o-
aus Pankreasgewebe gelang die Darstellung der freien Säure nach
der gleichen Methode nicht, obgleich in diesem Organ die Verbin¬
dung der NucleYnsäure mit Eiweiss in sehr erheblichen Quantitäten
vorhanden ist. Die NucleYnsäure ist also in den verschiedenen Orga¬
nen mit verschiedener Festigkeit gebunden.
Eine Vorstellung von der Function der NucleYnsäure in der
lebenden Zelle können wir erst dann erhalten, wenn wir eine
tiefere Einsicht in die chemische Constitution derselben gewonnen
haben, aber wir haben in der eiweissbindenden Fähigkeit der
NucleYnsäure doch schon eine Eigenschaft derselben kennen gelernt,
welche bei der Beurtheilung ihrer physiologischen Rolle in Erwä¬
gung gezogen werden muss. Schon vor längerer Zeit machte ich
die Beobachtung, dass organisirte Theile, welche man in eino
Lösung der NucleYnsäure bringt, schnell opak werden und absterben,
indem das Eiweiss sofort mit der NucleYnsäure in Verbindung tritt.
Ich machte schon damals darauf aufmerksam, dass auf diese Weise
ein \ erständniss für die bactericide Wirkung gewisser Zellen ge¬
geben werden kann.
Mein Bruder, Herr Dr. H. Kos sei, hat die Einwirkung der
NucleYnsäure auf die Mikroorganismen zum Gegenstand einer ein¬
gehenden Untersuchung gemacht und ist dabei zu dem Resultat
gekommen, dass die NucleYnsäure selbst in einer Verdünnung von
L.5 n /o noch eine abtödtende V irkung auf Cholerabacillen, Typhus¬
bacillen, Streptococcen, Staphylococcen ausübt. Die Zeit, in wel¬
cher sich diese Wirkung offenbart, ist je nach der untersuchten Spe-
eies eine verschiedene. Die Cholerabacillen erfordern nur eine Ein¬
wirkung von wenigen Minuten, während Streptococcen und Staphylo¬
coccen bei dieser Concentration erst nach mehreren Stunden abge¬
storben sind. Zum Vergleich wurde die Wirkung einer Essigsäure
von gleicher Acidität studirt. Hier erfolgte die abtödtende Wir¬
kung — wenn sie überhaupt eintrat — erst nach längerer Zeit.
Die Gegenwart von Eiweiss verlangsamt die bactericide Wirkung
der NucleYnsäure, hebt sie aber nicht auf.
Bekanntlich hat man sich schon seit längerer Zeit bemüht,
die baeterientödtende Wirkung der Zellen auf gewisse von der
Zelle produeirte Stoffe zurückzuführen. In der NucleYnsäure ist
ein chemisch gut charakterisirter Stoff bekannt geworden, welcher
diese Wirkung selbst bei Gegenwart von Eiweiss ausüben kann.
Die Zelle besitzt in ihr eine Waffe gegen die Mikroorganismen.
Es ist bisher zw T ar noch keine Beobachtung vorhanden, welche uns
beweist, dass diese Waffe wirklich angewandt wird, aber wir
dürfen w r ohl kaum annehmen, dass sie nur zum Schmuck diene.
Es ist sehr bemerkenswerth, dass die Lymphzellen von allen unter¬
suchten Organen diejenigen sind, aus denen die NucleYnsäure am
leichtesten ohne tiefer greifende chemische Einwirkungen dargestellt
werden kann.
Diese Betrachtungen sind der Lehre Metschnikoffs von
der Phagocytose leicht anzupassen. Ich zweifle nicht daran, dass
die NucleYnsäure bei diesen bactericidcn Processen eine Rolle spielt ;
aber ebensowenig, wie man die Phagocytose als den einzigen Appa¬
rat zum Schutz des Organismus gegen die organisirten Krankheits¬
erreger betrachten darf, ebensowenig ist auch die NucleYnsäure der
einzige Stoff, dem diese Wirkung in den Zellen zukommt. Die von
r ) Wahrscheinlich ist auch das quantitative VerbJlltniss zwischen Nu-
delnsäure und Eiweiss von Einfluss auf die Festigkeit der Bindung.
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148
DEUTSCHE MEDlCiNtSCHE WOCHENSCHRIFT.
Ko. 7
Hankin, Bitter, Christmas, Vaughan u. a. untersuchten
bactericiden Stofife sind nicht ohne weiteres auf die Nuclelnsäure
zu beziehen.
M. H.! Ich glaube, durch diese Darlegungen erwiesen zu haben,
dass die chemischen Bestrebungen auf dem Gebiete der Zellenlehre
mit den wichtigsten Problemen der heutigen Medicin Berührung
finden. Bisher freilich haben sich unsere Kenntnisse über die
Pathologie der Zelle fast ausschliesslich auf anatomischer Grund¬
lage aufgebaut. Man hat mit Hülfe des Mikroskops die gesetz-
mässige Aufeinanderfolge der Erscheinungen studirt und durch
rein morphologische Betrachtung gezeigt, wie im Gebiete der
krankhaften Vorgänge eine Gestaltung mit NothWendigkeit auf die
andere folgt, wie die Zelle ihre Form verändert und ihren Ort
wechselt.
Durch solche Untersuchungen können wir zwar ein zusammen¬
hängendes Bild von dem Ablauf der GestaltungsVorgänge erhalten,
aber wir gewinnen kein Verständniss für den ursächlichen Zu¬
sammenhang der Erscheinungen. Dies Verständniss, das eigentliche
Ziel aller physiologischen und pathologischen Studien, ist nur mit
Hülfe chemischer Methoden und chemischer Betrachtungsweisen zu
erreichen. Niemand zweifelt daran, dass die Vorgänge der Er¬
nährung und des Wachsthums, welche alle Thätigkeiten der Zelle
beherrschen, auf chemischen Processen beruhen und dass die leben¬
dige Kraft, welche bei der Reizung frei wird, aus chemischen Um¬
setzungen hervorgeht.
Die chemische Untersuchung der thierischen Gewebe, von
deren Ergebnissen naturgemäss der weitere Ausbau der Zellenlehre
abhängt, hat in neuerer Zeit noch einen besonderen Antrieb
erhalten. Die ätiologischen Forschungen über die Infectionskrank-
heiten haben uns ausser der Kenntniss der Bacteriengifte auch
eine Vorstellung von denjenigen Mitteln verschafft, durch welche
der thierische Organismus sich gegen die oindringenden Krank¬
heitserreger schützt. Diese Mittel beruhen auf der Bildung che¬
mischer Producte, welche theils von den ein gedrungenen Mikro¬
organismen, theils von dem erkrankten Körper selbst geliefert
werden. Selbstverständlich muss unser Streben dahin gerichtet
sein, eine Einsicht in die Natur dieser schützenden Stofife zu ge¬
winnen, um sie in rationeller Weise therapeutisch zu verwenden.
Diesen Bestrebungen gesellen sich andere hinzu, welche eben¬
falls zu den natürlichen Hiilfsmitteln des Thierkörpers greifen.
Man hat die Erfahrung gemacht, dass in einzelnen Organen, zum
Beispiel in der Thyreoidea, Stofife enthalten sind, welche dem Körper
einen Schutz gegen gewisse Krankheiten gewähren können, also
auch hier heisst es: chemische Untersuchungen, chemische Methoden!
Durch die heutige Entwickelung der Medicin sind der Thier¬
chemie neue Aufgaben von unabsehbarer Tragweite erwachsen.
Freilich entsprechen die Hiilfsmittel, welche der physiologischen
Chemie heute zu Gebote stehen, diesen grossen und schwierigen
Problemen durchaus nicht. Der Entwickelung ihrer eigenartigen
Methoden und der Ausbildung genügender Arbeitskräfte sind grosse
Schwierigkeiten bereitet worden. Man hat ihre Erhebung zu einer
selbstständigen Wissenschaft zu hindern gesucht, und vielfach hat
man sie auf die Hinterstuben fremder Institute verwiesen. Die
Folgen dieses Systems machen sich jetzt zum Nachtheil der ge-
sammten Medicin geltend. Heute erwartet nicht nur die theoretische
Wissenschaft, sondern auch die praktische Heilkunde von der
Thierchemie die Lösung der wichtigsten Probleme. Aber die
Schwierigkeiten, welche der erfolgreichen Bearbeitung dieser Auf¬
gaben entgegenstehen, sind lediglich äussere, lassen Sie uns hofifen
dass dieselben bald überwunden sein werden!
II. Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie de
Universität Bologna, Director Prof. G. Tizzoni.
Untersuchungen über das Infectionsfleber.
Das Fiebergift der Bacterien.
Von Dr. E. Centanni, Assistenten.
, !v oh habe , eine allgemeine Untersuchung über das Infectionsfiebe
mit Verwerthung der neuesten Errungenschaften der Wissenschai
“rr A S r beffrei , ft u drei Reihen Ton Untersuchungen
2 n w M ge “ k le -’ Welche das lnl 'ectionsfieber hervorbringei
A Ueber den Mechanismus, mittels dessen sie auf den Organs
dM Ftow n 'TV 3 ' Ueb f r dl , e , thera Pe u tischen Fragen in Bezuf au
1 einzelnen Untersuchungen werden den Gegenstam
einer Reihe von vorläufigen Mittheilungen bilden. S
Das Fiebergift der Bacterien (Pyrotoxina baoterioa).
1. Zubereitung.
Qnf ßacterienculturen sind die auf flüssigem Nährbode]
entstandenen, gut entwickelten und schon einige Wochen alte!
vorzuziehen; wie wir sogleich zeigen werden, darf der Nährboden
keine Peptone enthalten.
Die Extraction der Cultur geschieht in der Wärme, zuerst bei
einer Temperatur von 60° ungefähr drei Stunden lang, dann ebenso
lange bei Siedehitze, wobei das verdampfende Wasser ersetzt wird.
Darauf trennt man die Bacterien mittels Filtration durch poröse
Kerzen ab und dampft das Filtrat zur Syrupsdicke ein. So erhält man
ein wässeriges Extract, welches das Fiebergift, gemischt mit vielen
Unreinigkeiten, enthält (Bestandtheile des Nährbodens und andere,
lösliche Producte der Bacterien); durch Fällung mit absolutem
Alkohol entfernt man zuerst einen grossen Tlieil der Substanzen und
erhält einen Niederschlag, welcher fast ganz aus Albuminoidsub-
stanzen und dem Fiebergifte besteht. Dieser Niederschlag wird
wieder in destillirtem Wasser gelöst, und diese Flüssigkeit, von dem
reichlichen unlöslichen Bodensätze befreit, innerhalb eines Dialj'sators
von Pergamentpapier in ein Gefäss mit destillirtem Wasser gebracht;
durch Hinzufügung von ein wenig Chloroform oder Thymol verhin¬
dert man die Fäulniss. Das erste den Dialysator umgebende Wasser
wird nach 24 Stunden weggegossen, weil es verhältnissmässig reich
an fremdartigen Stoffen ist (Salze, Farbstoff), die folgenden Wässer
werden alle zwei bis drei Tage, nachdem sie sich mit dem Fieber¬
gifte beladen haben, gesammelt und auf ein sehr kleines Volumen
abgedampft. Diese concentrirte Lösung des dialysirten, wirksamen
Stoffes, frei von den im Dialysator zurückgebliebenen Albuminoiden,
wird von neuem mit absolutem Alkohol versetzt, lind das hierdurch
gewonnene Präcipitat durch weitere Auflösungen in Wasser und
Fällungen mit Alkohol gereinigt. Zuletzt wird das Präcipitat durch
Abgiessen des Alkohols isolirt und im leeren Raum über Schwefel¬
säure getrocknet. Dieses Verfahren beruht, in wenige Worte gefasst,
auf den Eigenschaften des wirksamen Stoffes, dem Kochen zu wider¬
stehen, durch den Dialysator zu gehen, in absolutem Alkohol un¬
löslich und in Wasser löslich zu sein. Die Rückstände, welche
auf diese Weise nach und nach ausgeschieden werden, sind in Be¬
ziehung auf das Fieber wenig oder nicht wirksam und werden es
immer weniger, je mehr die Dauer der Extraction verlängert wird.
Nach den Reinigungen bildet der letzte alkoholische Niederschlag
nur einen unendlich kleinen Theil der ursprünglichen festen Bestand-
theile des wässerigen Extracts der Culturen.
2. Chemische Eigenschaften.
Der nach vorstehenden Angaben zubereitete wirksame Stoff, dem
ich den Namen „Pyrotoxina bacterica“ beigelegt habe, erscheint in der
Gestalt eines grauweisseir, zerreiblichen Niederschlages, welcher sich
unter dem Mikroskop in der Form feiner, amorpher Granulationen
darstellt. Er ist sehr hygroskopisch und zerfliesst nach kurzer Zeit
an der Luft. Im Wasser ist er löslich, wenn es neutral, leicht sauer
oder alkalisch reagirt, oder wenn man ihm Neutralsalze hinzufügt.
Auch der Alkohol löst das Pyrotoxin bis zu starker Concentration;
um eine vollständige Präcipitation zu erreichen, muss er stärker
sein, als 90 °/o. Weder die Fällung noch tagelanges Verweilen in
Alkohol vermindert die Wirksamkeit des Stoffes merklich. Auch
Glycerin löst das Pyrotoxin und vermag es langsam der Bacterien-
masse zu entziehen. In Aether und Chloroform löst es sich nicht,
scheint auch durch deren Berührung nicht verändert zu werden.
Die Untersuchungen zur Bestimmung der chemischen Natur
dieses Agens des Bacterienfiebers haben bis jetzt folgendes ergeben.
Vor allem handelt es sich nicht um eine Albuminoidsubstanz. Den
Beweis dafür erhält man, wenn man, wie schon erwähnt wurde, Nähr¬
flüssigkeiten anwendet, welche keine Peptone enthalten — die ein¬
zigen Albuminoide, welche leicht dialysiren — oder noch besser,
welche gar keine Albuminoide enthalten.
Ich habe mich zu diesem Zwecke der Flüssigkeit von Nägeli,
des Urins, der einfachen Fleischbrühe oder einer Lösung von Fleisch-
extract bedient, wozu ich jedesmal, um die Vermehrung der Bacterien
zu befördern, Glycerin und oft Zucker fügte; auch oberflächliche
Culturen auf Agarplatten, welche dann in leicht alkalischem Wasser
aufgelöst und gekocht werden, sind zweckmässig. Das so erhaltene
Pyrotoxin giebt weder die Reaction von Millon, noch die von
Adamkiewicz, noch die des Biurets, noch die der Xanthoprotein¬
säure, auch keinen Niederschlag mit Ferrocyankalium und Essig¬
säure. So werden alle Albuminoidstoffe ausgeschlossen, zu denen
bis jetzt die toxischen Producte der Bacterien gerechnet wurden;
die gerinnenden Albuminoide (Toxalbumine) sind schon durch das
Kochen abgeschieden, und durch die genannten Reactionen sind
die anderen (Toxipeptone, Toxalbuminosen, Proteine und Alkal-
albumine von Büchner, Nuclelne von Gamaleia) ausgeschlossen.
Gegen den Vergleich mit den letzteren spricht auch die Thatsache,
dass das Pyrotoxin im Gegensatz zu den Nuclelnen nur in ge¬
ringer Menge durch Alkohol von 50—55° niedergeschlagen wird
und während der Pepsindigestion aufgelöst bleibt. Ausserdem
wird es weder durch diese, noch durch die Trypsindigestion merk¬
lich verändert. Man kann auch nicht an ein Derivat der Nuclelne
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
149
15. Februar.
der Xanthingruppe denken, denn nach dem Niederschlag mit essig-
saurem Blei bleibt eine wirkungslose Flüssigkeit übrig.
Es ist leicht, das Pyrotoxin aus der Classe der Ptomaine und
Enzyme auszuschHessen.
Die Ptomaine besonders entstehen nur selten in Culturen im
Vergleich zu der Häufigkeit, in welcher man Fieber erhält. Die
Methoden der Ausziehung dieser organischen Basen, die von Brieger
für die Ptomaine und von Pelletier und Caventou für die
Pflanzenalkaloide angegeben worden sind, haben mir von Anfang
an wirkungsloses Material geliefert, sowohl wenn ich eine alko¬
holische und ätherische Lösung des wässerigen angesäuerten
Extraetes verdampfte, als auch wenn ich mit einem erdigen
Alkali einen Niederschlag hervorzubringen suchte. Was die En¬
zyme betrifft, so muss man bedenken, dass erstlich das Agens
der Febris bacterica kein Albuminoid ist, und ferner, dass es
der Siedehitze lange widersteht, dass es mit einer zur Dosis
proportionalen Intensität wirkt und dass es durch die feinen Prä-
cipitate (Collodium) nicht mitgerissen wird. Die Pyrotoxinlösungen
geben übrigens Niederschläge mit nicht wenigen Reagentien,
welche auch die Albuminoide und Alkaloide fällen: Alkohol, essig-
saures Blei, Sublimat, Phosphormolybdänsäure, Gerbsäure, Pikrin¬
säure, Schwefelsäure und molybdänsaures Ammoniak; aber es ent¬
steht kein Niederschlag mit Platinchlorür, Goldchlorür, auch nicht
durch starke Säuren und Basen oder durch schwefelsaures
Magnesia-Ammoniak.
Kurz, wir befinden uns vor einem Producte, welches sich in
keiner von den Kategorieen unterbringen lässt, in welche man heut¬
zutage die Producte der Bacterien einordnet; seine Eigenschaften,
obgleich noch zum grossen Theile negativ, bilden schon ein hin¬
reichend grosses Ganzes, um es zu einer bestimmten chemischen
Individualität zu machen, und erlauben, es von einer grossen Menge
anderer Materien zu differenziren und seine Gegenwart nachzuweisen.
Ich behalte mir vor, durch fernere Studien die Substanz,
soweit es möglich ist, in einem höheren Grade von Reinheit dar¬
zustellen und die chemische Stellung zu bestimmen, welche ihm
zukommt.
3. Biologische Wirkungen.
Die Fieber sind, wie bekannt, von verschiedener Art, je nach
len Agentien, welche sie hervorrufen, und nach den allgemeinen Er¬
scheinungen. welche sie aufweisen; unter Fieber im allgemeinen
versteht man einen verschiedenartigen Complex von Symptomen,
an deren Spitze immer eine Erhöhung der Körpertemperatur, die
Pyrexie steht. Das Bacterienfieber, womit wir uns jetzt beschäftigen,
umfasst jene Reihe von allgemeinen Störungen, welche im Orga¬
nismus infolge der Wirkung eines Bacterienheerdes, oder besser,
infolge allgemeiner Intoxication durch ein in diesem Heerde er¬
zeugtes und in den Kreislauf gelangtes Product erscheinen. Mittels
des auf die beschriebene Weise zubereiteten Pyrotoxins und im
allgemeinen durch Bacterien und ihre Extracte kann man an
Kaninchen alle Haupterscheinungen hervorbringen, welche die
klinische Beobachtung bei dem Bacterienfieber verzeichnet.
Zuerst die Aenderungen der Temperatur. Die Tem¬
peratur beschreibt einen Cyclus, welcher mit einer Erniedrigung
beginnt, bis zur Akme aufsteigt, um dann wieder langsam auf die
normale Höhe herabzusinken. Die Stärke und Dauer der ein¬
zelnen Phasen stehen im Verhältniss zu der Dosis, sowie zu der
eichtigkeit, mit welcher das inficirte, pyrogene Material in den
Kreislauf einzudringen vermag.
In Bezug auf diese letzte Angabe kann man bemerken,
man ^bereitetes Pyrotoxin oder sehr alte, lange ge-
oc te Culturen einsprifczt, die Temperaturerniedriguiig ziemlich
Hi» u-u* s zu C und in der ersten halben Stunde erfolgt.
_ • Temperatur, von 39° bis 41,5o, wird innerhalb
, tm e t r stunden nach der Ipjection erreicht, und auf einen kurzen
L: 6 e \u rascher Abfall. In diesen Fällen kann man
utlerer Dosis die Parabel der Temperatur oft im Ver-
4 «? Plnz i?en Tages vollständig verfolgen. Wenn man
ist der 11 Jun ° e a( *er flüchtig sterilisirte Bacterienculturen injicirt,
oiä^iir Pr!* u ' , w ®Diger deutlich und dauert länger, indem
üc SterT ■ er H s ^ re * Tage * an £ herrsc,1 t. Da hier durch
onjgg 1 lsm j D £ jede Vermehrung der Bacterien unmöglich ist,
Wenden 1 ? 11 P n ^ ersc ^” e ü zwischen diesem und dem vorher-
'len Rant f a He einer langsamen Ausziehung des Pyrotoxins aus
dafür*!? 1 dUFC -* 1 ^ ie Säfte des Körpers zuschreiben. Zum Be-
und d^Pii 16nt p ( ^ e Tatsache, dass man mit demselben Bacterium
iie ren Fi«h >6n , lturmenge nach Belieben den einen oder an-
'velcher • her Vorbringen kann, je nach der Behandlung,
der p vre • juaterial unterworfen wird. Während des Verlaufs
jeetioa and kan ?> man } n der Wärmecurve durch geeignete In-
vorbrinjj eti ^tt ,° yrotox ^ le die launischsten Schwankungen her-
^bwai^unp. , 4 en natürlichen Verhältnissen werden diese
° ea au f natürliche Weise durch, Veränderungen hervor¬
gebracht, welche in den das Fieber unterhaltenden Bacterienheerden
stattfinden. Wenn so aus neuen Ursachen ein Entzündungsprocess
im Organismus sich verschlimmert., dann sehen wir, dass der
Temperaturgrad zuerst die Aufmerksamkeit auf diese Verschlimme¬
rung lenkt; andererseits sinkt bekanntlich das Fieber sehr schnell,
wenn man für die Desinfection oder Entfernung des inficirten Ma¬
terials sorgt. Wir betrachten hier nicht den Temporaturabfall
durch die Krisis, welche auf dem Gebiete der Immunität eine
ganz andere Bedeutung hat und in einer späteren Arbeit unter¬
sucht werden soll.
Eine andere, sehr wichtige Wirkung des Pyrotoxins auf
den Körper, welche einen bedeutsamen Unterschied zwischen ihm
und den vielen anderen Substanzen, die ebenfalls die Körper¬
temperatur verändern können, begründet, ist die Abmagerung
des Organismus, welche den Grad eines unheilbaren Marasmus
erreichen kann. Es ist nicht nöthig, hinzuzufügen, dass diese Ab¬
magerung und das schlechte Aussehen auch beim Menschen zu den
auffallendsten äusseren Zeichen des Infectionsfiebers gehören, z. B.
bei Typhus und Wundfieber. Nach einigen wiederholten, bisweilen
nach einer einzigen reichUchen Einspritzung sieht man das Ge¬
wicht des Thieres bald abnehmen. Bei Unterbrechung der Injectionen
kann das Thier sich nach einigen Tagen erholen; aber gewöhnlich
magert es progressiv ab, bis es zum Skelett wird und schliesslich
einige Wochen nach den Injectionen stirbt. Dies ist eine experi¬
mentell wohlbekannte Thatsaehe, denn es ist das Schicksal der der
Vaccination mit unvollkommen zubereiteten Culturen unterzogenen
Thiere.
Wenn man zu Anfang diesen Marasmus dem vermehrten Ver¬
brauche der Gewebe durch die höhere Intensität der Oxydations-
processe des Fiebers zuschreiben kann, so gilt diese Erklärung
nicht für die späteren Perioden, wenn die Injectionen von Pyro¬
toxin und jede Zunahme der Temperatur aufgehört haben und das
Tbier dennoch immer fortfährt, abzunehraen. Ausserdem habe ich
beobachtet, dass man durch Injection kleiner, eine Zeit lang fort¬
gesetzter Dosen von Pyrotoxin, wobei geringe oder keine Pyrexie
entsteht, zuletzt gleichfalls Marasmus hervorbringen kann. Man
muss also mehr die toxische Wirkung des Stoffes auf die Elemente
der verschiedenen Körpergewebe in Betracht ziehen, was zum Theil
auch durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt wird: denn
da Theile von grösster functioneller Wichtigkeit tief geschädigt
sind, wird der für das Leben nöthige, ernährende Stoffwechsel un¬
möglich gemacht. Ich habe wiederholt beobachtet, dass der Maras¬
mus leichter durch das zubereitete Pyrotoxin hervorgebracht wird
als durch die entsprechende Menge von Bacterien und dass ferner
Einspritzungen in die Venen und in die Bauchhöhle verderblicher
sind, als solche unter die Haut.
Dies begünstigt nicht die von verschiedenen Beobachtern
ausgesprochene Ansicht, die toxischen Producte der Culturen
nähmen durch die Extraction mittels Wärme oder chemischer
Mittel zu, sondern lässt vielmehr vermuthen, dass die wirksame
Substanz, wenn sie wenig günstige Bedingungen für ihre Ver¬
breitung im Blute findet, ihre toxische Wirkung nicht auf den
ganzen Organismus ausübt, sondern ihre Thätigkeit in örtlichen
Einflüssen auf die den Heerd umgebenden Elemente erschöpft.
Eine der wichtigsten Rollen bei diesem schützenden Vorgänge
kommt unzweifelhaft den weissen Blutkörperchen zu, welche ihren
Dienst verrichten, indem sie sieh selbst vergiften, denn wir sehen,
dass die in einen Infectionsheerd eingewanderten Leukocyten in
Verfall gerathen und unfähig werden, wieder in den Kreislauf
einzutreten, während das Schicksal derjenigen, welche die Auf¬
saugung aseptischen Materials bewirken, ein ganz anderes ist.
Auch der Verdauungsapparat spielt bei den Fieber¬
erscheinungen eine wichtige Rolle. Die Diarrhoe ist eine Störung,
welche regelmässig auf Injectionen von Pyrotoxin folgt; ebenso
constant ist Appetitlosigkeit, Diesen Störungen entspricht eine
Reihe anatomischer Veränderungen, welche die Section nachweist:
man findet den Darm mit flüssigen Fäces gefüllt, mit hyperämischen
Gefässen, schleimigem Ueberzug und starker Schwellung der
Peyer’schen Drüsen.
Bei den mit Pyrotoxin vergifteten Kaninchen fehlen auch die
anderen klinischen Erscheinungen des Bacterienfiebers nicht.
Die Häufigkeit des Herzschlags und der Athmung nimmt zu, bis¬
weilen ist die Dyspnoe so stark, dass die Respiration eine rhyth¬
mische Erschütterung des ganzen Körpers hervorbringt. Die Ab¬
stumpfung des Sensoriums zeigt sich in dem betäubten Blicke und
dem Verluste der Lebhaftigkeit. Aus allgemeiner Schwäche bleibt
das Thier auf dem Boden des Käfigs unbeweglich liegen, und wenn
man es zum Laufen zwingt, taumelt es. Ebenso ist es mit den
anderen, geringwerthigen Fiebersymptomen. Auf den Urin werden
wir zurückkommen, wenn wir von den chemischen Zersetzungen
sprechen werden, welche die Injectionen von Pyrotoxin im iga
nismus hervorbringen.
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150
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7
Kurz, wir müssen annehmen, dass das Pyrotoxin, ebenso wie
die anderen Stoffe von allgemeiner, specifischer Wirkung, mit denen
sich die Pharmacie beschäftigt, wenn es durch das Blut mit den
verschiedenen Elementen der Körpergewebe in Berührung gebracht
wird, seine Electivwirkung beständig auf eine gewisse Zahl der¬
selben ausübt, je nach der Natur der molekularen Aggregate,
woraus sie bestehen, um darin eine gewisse Reihe von chemischen
und entsprechenden funetionellen Veränderungen hervorzubringen.
So können wir uns von der Wirkungsweise auch dieses Giftes und
von dem typischen Bilde der Art von Fieber, welche es hervor¬
bringt, eine Vorstellung machen. Das Pyrotoxin ruft nicht nur
die allgemeinen, sondern auch die wichtigsten örtlichen Erschei¬
nungen eines Bacterienheerdes hervor. Wenn es in Röhrchen
unter die Haut gebracht wird, zeigt es sich als mit energischer,
positiver, chemotactischer Kraft begabt. Wenn es aber in
Lösung injicirt wird, bringt es keine Eiterung hervor, denn
es vermag wegen seiner leichten Aufsaugbarkeit nicht, ein
Attractionscentrum für die Leukocyten zu bilden, wie es bei den
Bacterien der Fall ist. Statt der Eiterung bemerkt man oft ein
ziemlich ausgebreitetes gelatinöses Oedem; die benachbarten Ge-
fässe sind hyperämisch, und starke Dosen bringen hämorrhagische
Heerde hervor, nicht nur örtlich, sondern auch in den Einge-
weiden. (Schluss folgt.)
III. Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin,
Abtheilung des Herrn Prof. Dr. Renvers.
Zur Kenntniss der Influenzapneumonieen.
Von Dr. Alb. Alba, Assistenzarzt.
Die zu Ausgang des Jahres 1893 über Berlin hereingebrochene
Influenzaepidemie hat zwar an Ausdehnung und Intensität nicht
entfernt ihre Vorgängerin im Winter 1889/90 erreicht, sie hat uns
aber dennoch wieder eine grosse Anzahl von Influenzaerkrankungen
zugeführt, die, in ihrer Gesammtlieit betrachtet, ein so buntes Bild
darboten, wie es eben nur die Influenza mit ihrer proteusartig
wechselnden Erscheinungsform zu bieten vermag. Einen eigent¬
lichen Typus für die Influenza vermag man kaum aufzustellen,
weil die Mehrzahl der Erkrankungen mit Complicationen verbunden,
deren Art wiederum eine sehr mannichfache ist. Es ist bekannt,
dass die meisten derselben den Respirationstractus betreffen, und
unter den Affectionen desselben nimmt die Pneumonie das haupt¬
sächlichste Interesse in Anspruch, sie ist die wichtigste und zu¬
gleich gefährlichste Complication der Influenza.
Ueber die Influenzapneumonie ist in den früheren Epidemieen
viel geschrieben und discutirt worden, ohne dass bisher völlige
Klarheit über das Wesen derselben erreicht worden ist. Aus diesem
Grunde will ich mit Erlaubniss meines Chefs, Herrn Prof. Renvers,
hier kurz die Erfahrungen mittheilen, welche wir im städtischen
Krankenhause Moabit während der letztverflossenen Epidemie über
die Influenzapneumonieen gemacht haben, und zugleich über das
Beispiel einer Complication der Influenzapneumonie berichten, die
in der bisherigen ungemein reichen Influenzalitteratur nur wenige
Seitenstücke hat.
In der Frage der Influenzapneumonie sind zwei Punkte be¬
sonders strittig:
1. Kommt der Influenza eine besondere Form der Pneu¬
monie zu?
2.. In welchem Verhältniss steht die genuine croupöse Pneu¬
monie zur Influenza?
Was die erste Frage anlangt, so kommt man, wenn man die
ungeheure Influenzalitteratur der letzten Epidemie überschaut, zu
der Erkenntniss, dass man sie auf Grund der Beobachtungen der
meisten Autoren unbedingt bejahen muss. Nur einige wenige Au¬
toren, wie z. B. Nothnagel 1 ), haben sie verneint. Die besondere
Form der Pneumonie, die im Verlauf der Influenza auftritt, ist
nun freilich keine, die nur dieser Erkrankung allein eigen wäre;
sie ist wohl für sie charakteristisch, aber nicht specifisch.
Die nach Influenza auftretende Pneumonie ist dieselbe, die im
Verlauf anderer acuter Infectionskrankheiten, wie Diphtherie, Morbilli
ryphus abdominalis u. a. m. auftritt. Diese Form ist die sogen!
katarrhalische oder Bronchopneumonie, in deren Wesen es
begründet ist, dass ihr Krankheitsbild kein so bestimmtes wie das
der genuinen croupösen Pneumonie ist, dass ihre Krankheitserschei¬
nungen vielmehr entsprechend der Verschiedenheit der localen Affec-
tion mannichfach schwanken. Dass es im Verlauf der echten Influenza
ast immer zur Entwickelung dieser Form der Pneumonie kommt
erklärt sich ohne weiteres durch das Wesen der Influenza, die
wenn sie sich, wie in der Mehrzahl aller Fälle, in dem Respirations-
trac tus local isirt, in demselben einen Katarrh der Bronchien her-
1 ) Wien. med. Blätter 1890, No. 2.
vorruft, der sich meist bis in die feinsten Verzweigungen derselben
fortsetzt. Der Influenzakatarrh ist das prägnanteste Bei¬
spiel einer Bronchitis capillaris. Von den kleinsten Bron¬
chiolen geht der Entzündungsprocess nur gar zu leicht auf die
Alveolen über, und so erklärt sich die Häufigkeit der Pneumonie
im Verlauf der Influenza.
Auch wärend der letztjährigen Epidemie haben wir in unserem
Krankenhause eine Anzahl von Influenzapneumonieen zu beobachten
Gelegenheit gehabt, die wir als solche zumeist schon aus ihren klini¬
schen Erscheinungen feststellen konnten. Ohne auf die einzelnen
Fälle näher einzugehen, will ich nur erwähnen, dass wir die Influenza¬
pneumonie ihrer oben gekennzeichneten Natur entsprechend, fast
stets so haben verlaufen sehen, wie sie in klassischer Weise vor
allem durch Finkler, 1 ) ferner durch Leyden, 2 ) Mosler, 8 ) Krehl, 4 )
Ribbert 5 ) u. a. m. beschrieben worden ist.
Ich glaube, die Influenzapneumonie von der genuinen croupösen
Pneumonie durch folgende klinische Unterschiede ziemlich scharf
trennen zu können.
1. Die Anamnese weist in der Mehrzahl der Fälle das Vor¬
aufgegangensein von Erscheinungen der Influenza nach.
2. Der physikalische Befund: a) DieDämpfung über der
infiltrirten Lungenpartie fehlt oft ganz (centrale Pneumonie), oder sie
ist nur rasch vorübergehend vorhanden, oder sie tritt nach kurzer
Zeit an einer andern Stelle auf. In letzterem, nicht seltenen Falle
bietet die Influenzapneumonie das Bild der Pneumonia migrans
dar. Die Dämpfung ist in den typischen Fällen der Influenza¬
pneumonie nur klein und circumseript. b) Das Athmungsge-
räusch ist bronchial an den Stellen der Infiltration und oft das
einzige Zeichen derselben, c) Die Rasselgeräusche sind die
constantesten Erscheinungen der Infiltration.
3. Das Sputum ist niemals exquisit rostfarben, nur im ersten
Beginn öfters gelblich, meist schleimig schaumig.
4. Das Fieber setzt meist, nicht immer, ohne Schüttelfrost
ein, steigert sich nur allmählich, erreicht nur eine geringere Höhe
und endet lytisch.
5. Der Verlauf ist ein weit weniger acuter als der der ge¬
nuinen croupösen Pneumonie. Die Infiltrationen gehen nur lang¬
sam zurück, ihre vollkommene Resolution zieht sich oft über
Wochen hin. Die Reconvalescenz ist eine längere und schwerere.
In den subjectiven Beschwerden während der Höhe der Erkrankung,
wie im Allgemeinbefinden, Athemnoth, Cyanose, Seitenstechen u.
dgl. vermag ich im Gegensatz zu anderen Autoren keine wesent¬
lichen Unterschiede zu erkennen. Wohl aber scheint mir die in
Begleitung der Influenzapneumonie einhergehende Pleuritis mehrere
Eigenthümlichkeiten zu besitzen, a) Die Pleuritis tritt häufiger
im Verlaufe der Influenzapneumonie auf, als bei der genuinen
Pneumonie, b) Ihre Resorption zieht sich sehr lange hin. c) Der
Uebergang in ein eitriges Exsudat tritt seltener ein, und nur in
den Fällen, in denen sich Streptococcen vorfinden.
Die Häufigkeit der secundären Streptococcusinfec-
tion nach Influenza ist geradezu ein pathognomonisches
Kennzeichen für dieselbe. Diese Infection findet in der Pleura
eine ihrer häufigsten Localisationen. Die Streptococcenempyeme
nach Influenza zeichnen sich durch ihre Bösartigkeit aus. Die in
nicht wenigen Fällen anscheinend primär auftretende Pleuritis bei
Influenza, die auch wir öfters beobachtet haben, dürfte vielleicht
doch auch nur eine secundäre Infection von einem kleinen Heerde
in der Lunge aus darstellen, der kaum merkliche Krankheits¬
erscheinungen gemacht hat.
In Uebereinstimmung mit den klinischen Erscheinungen der
Influenzapneumonie stehen die anatomischen Befunde, wie sie schon
während der Epidemie von 1889/90 von Ribbert, 6 ) Kundrat, 7 )
Marchand, 8 ) Weichselbaum 9 ) u. a. erhoben worden sind.
Einen Theil dieser anatomischen Eigenthümlichkeiten wenigstens
haben wir in einigen wenigen Fällen von Influenzapneumonie, die
während der letzten Epidemie bei uns zur Section gekommen sind,
bestätigt gefunden.
Die anatomischen Unterschiede der Influenzapneumonie sind
folgende:
l. # Die Infiltration dehnt sich nur über einzelne Lobuli
aus, die theilweise durch lufthaltige Lobuli von einander getrennt
sind, öfters aber auch so confluiren, dass eine lobäre Pneumonie
vorzuliegen scheint.
*) Deutsch, med. Wochensckr. 1890, No. 5.
2 ) Berl. klin. Wochenschr. 1890, No. 10.
*) Deutsch, med. Wechenschr. 1890, No. 8.
4 ) Deutsch, med. Wochenschr. 1890, No. 6.
5 ) Deutsch, med. Wochenschr. 1890, No. 4.
6 ) a. a. 0.
Wiener klinische Wochenschrift 1890, No. 8.
8 ) Berliner klinische Wochenschrift 1890, No. 23.
'*> Wiener klinische Wochenschrift 1890. No/6.
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15, Februar. _ __
2. Die Schnittfläche ist a) weniger gekörnt, mehr glatt
!>) ihre Farbe ist nicht grauroth, sondern heller, rosafarbig ’
3. Das Infiltrat ist weicher, ärmer an Fibrin, aber zellen¬
reicher, so dass es zuweilen die Eigenschaft einer eitrigen Flüssig¬
keit hat.
Die geschilderten Eigenthümlichkeiten der Infiltration bei der
influenzapneumonie machen es erklärlich, dass dieselbe häufiger
schwerere Complicationen nach sich zieht, als es bei der genuinen
Pneumonie der Fall zu sein pflegt. Insbesondere hat Kahler 1 )
auf den Eintritt von Abscess und Gangrän in den infiltrirten
Lungenpartieen aufmerksam gemacht,
March and, 2 ) Kundrat 8 ) u. a. haben die anatomische Grund¬
lage dieser Veränderungen erhoben: sie besteht in einem nekro¬
tischen Zerfall der infiltrirten Heerde, der im Verlaufe der
< roupösen Pneumonie zu den grössten Seltenheiten gehört.
In einem unserer secirten Fälle fanden wir den oberen Theil
des Unterlappens der rechten Lunge von zahlreichen kleinen Ab¬
szessen bis zu Kirschengrösse durchsetzt, von denen mehrere bis
dicht an die Oberfläche der Lunge heranreichten.
Erreicht ein solcher nekrotischer Heerd die Lungenoberfläche
so ist der Durchbruch in die Pleurahöhle die Folge. Der Eintritt
eines Pneumothorax im Verlauf einer Influenzapneumonie _ bei
der echten croupösen Pneumonie ist dieses Ereigniss soweit ich
die Litteratur übersehen konnte, bisher überhaupt noch nicht be¬
obachtet — ist nur dreimal mitgetheilt worden: von Mosler 4 )
Dräsche*) und Fürbringer.«) Auf dem Sectionstisch hat
Kundrat 7 ) einmal Pneumothorax nach Influenzapneumonie gesehen,
len bin m der Lage, diesen wenigen Beobachtungen eine neue
tonzuzufügen, die in einem Falle eintrat, der wegen der Fülle seiner
lomplicationen und seines Verlaufs auch sonst hervorragendes
Interesse beansprucht. Ich gebe hier die Krankengeschichte in
ihren wesentlichen Zügen wieder:
mit Dienstmädchen Sophie H. erkrankte am 24. November
ltnf j r r M und Hitze, heftigem Kopfweh, Schmerzen in den Augen, Kreuz-
Pnfct 1 eders gHm« rz P n «nd allgemeiner Mattigkeit, Am 26. stellten sich
ha“oomtn e “ ** ^ am 2? ‘ Wurfe sie ins X™*»*
Keml^ S pm Pr r* Sen n ^ Kräf % gut genährtes Mädchen.
nSf% h(3 “’ 1 k 8 eme . 0edeme - Temperatur 38,8° C. Puls kräftig, regel-
Dvcnnde n,v. CU r g f m u Gr M * nute ; Zunge trocken, belegt. Massige
Untersuchung der Lungen ergiebt die physikalischen
ImlT S fl Kr Um T Cnpten JußJtration des Unterlappens der rechten
"efärbt Rohem Pun ö enabsc h m tte sind frei. Sputum ist graugelb
Abdominal• Herztöne rein, Herzdämpfung normal. An den
*E« besteht besonderes. Milz nicht merklich geschwollen.
"esteM eine febnle Albuminurie.
Patientin r? r näckstea Tage verschlimmerte sich der Zustand der
schÄor° 19o7 SP a° e si & (30 ^ Der Plüs wurde noch b e-
an 40° P u-L schwächer. Die Temperatur blieb dauernd nahe
änderte Dip rSt der objoetne Befund an den Lungen sich nicht ver-
Inflaenzabacilie^fltr"^ 11 ^ d ? S S ? u f u,ns ei ’g ab die Anwesenheit von
Am K 85 V n Hemcultur, keine Fraenkel’sche Diplococeen.
geschwächte ShS veranlagte das leise Bronchialathmen und der
panS f P ^p “ M mitUS lm Bereich der Dämpfung eine Probe-
'« Bdiaüto roTst^ P 7ococcT e F ‘ ÜSSigkeit ergah ' Dkse,be ™ thielt
Auftreten ühmdiror rv Cllte s l cl * ” nter Steigerung der Dyspnoe und
Dieselbe ^ a J 0!s , e der Eintritt einer Pericarditis geltend,
ernst, a* w ^ 1Pend der nächsten Tage das Krankheitsbild sehr
loschen Abfall aJ. t 1neum ° me den Beginn ihrer Resolution durch den
ftricaiditifi sofort «• '? m P eratur kund gab, stiog die letztere infolge der
T » n ^md nwischeny» md e 39 m » 6 teh“ d M ”“ e S elmä8s « em
den LuDgen Hccember hatte sich der objective Befund über
rechts Ä eine nWt V ' ves * nül * h verändert. Während bis dahin hinten
Dämpfung consfotirt ^ una b Jlle des pleuritischen Exsudates stetig steigende
waren nunme^t a ^ 'S? “ dio P ^icarditis blieb constnnt
thorar whwJLl ™ oraxb älfte alle Zeichen eines Pneumo-
d cr subjectiven Rock der , sicb plötzlich, aber ohne merkliche Steigerung
C hatte - Bei "bsoiuter Ruhelag!
nnü war am K n ei ! Euftgehalt im Pleuraraum wieder langsam ab
«wischen über der e ff 1 !r er T mcht mekr nac bweisbar. Während sich in-
Plß gestellt hatte «Jf, ge ® 1 ? e circumscripte trockene Pleuritis
Riegen. Di e PiinMfor, a re< ?htsseitige Exsudat bis zur Clavicula ange-
Öeschaffenheit und Se be ? am .^* Dec-ember ergab eine eitrige
Flüssigkeit. Di e u Um e , ine . Heincultur von Streptococcen in der
? p sunkener KräftefHerzschwäche der Patientin und ihr erheblich
fjbge Pleuritis dl ?, au8 g ed ehnte Pericarditis und die links-
^einen, und dieselhe wf”? 6 9 pe f a » on des Empyems als bedenklich er-
^^ahrdrohenden Ersrh«^ 11 ^ 6 deska ^ 80 fange hinausgeschoben, bis jene
Am 30 LZ!? eUlUngen verschwunden waren.
waren Pericarditis und die trockene Pleuritis
DEOTSCHE MED ICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
151
*} iTo. Wochenschrift 1890, No. 9.
J DeS e m ^ d ed W ° chensc brift 1890, ^o. 6.
1 a. a . a d ‘ Wochenschrift 1890,. No. 4.
nachweisbar Der Puls der Patientin war. wieder kräftiger
^ d ph l\ gei 'i besckleuai ^ rr geworden, das Allgemeinbefinden hatte sich
erheblich gebessert, der Kräitezustand sehr gehoben, so dass Patientin
am 2. Januar 1894 behufs Eröffimng des Empyems auf die chirurgische
Jon ff ^ t a K Z Z V ° r d6r °P erati °n machte sich ein
stattgefundener Durchbruch des Empyems in die Lunge durch das Aus¬
husten reinen Liters bemerkbar.
, „ , Nach . der Operation ist Patientin schnell fieberfrei geworden und
befindet sich zur Zeit in voller Reconvalescenz.
Dass der Pneumothorax in diesem Falle weder durch Gas¬
bildung m einem eitrigen Pleuraexsudat, wie sie mehrfach beob¬
achtet ist, noch von einem Lungenabscess aus, wie in Fürbringer’s
balle, entstanden ist, beweist die nachgewiesene Thatsache, dass
zur Zeit der Entstehung des Pneumothorax ein seröses Exsudat
vorhanden war. In unserem Falle ist der Pneumothorax zustande
gekommen durch den nekrotischen Zerfall eines kleinen, infiltrirten,
aber noch nicht vollständig luftleeren Lungenheerdes, der bei
seinem Fortschreiten in der Peripherie der Lunge auch schliesslich
das Pleuragewebe mit ergriffen hat. Nach dem Eintritt der Luft
ist aus dem serösen Exsudat schnell ein eitriges geworden. Diese
Entstehung des Pneumothorax ist der Influenzapneumonie eigen¬
tümlich.
Wenn ich nun zum Schluss auf die zweite oben gestellte
Frage, das Verhältnis der croupösen Pneumonie zur Influenza
eingehe, so glaube ich jede direkte Beziehung der beiden Er¬
krankungen zu einander in Abrede stellen zu müssen. Meiner
Ansicht nach handelt es sich bei der croupösen Pneumonie
Influenzaerkrankter entweder um eine zufällige Complication oder
um eine secundäre Infection. Zunächst müssen wir es als eine
feststehende Thatsache betrachten, dass, wie zur Zeit jeder Cholera¬
epidemie die Brechdurchfälle, so während der Influenzaepidemie
die Lungenentzündungen sich häufen. Diese Beobachtung ist
während der Epidemie von 1889/90 in gleicher Weise in Berlin,
Wien, Paris, Moskau und anderwärts gemacht worden und sicher¬
gestellt.
Es ist leicht erklärlich, wenn bei diesen Pneumonieen die
fehlende und unbestimmte Anamnese vielfach zugunsten der
Influenza gedeutet wird. Andemtheils hat wohl öfters der scheinbar
lobäre Charakter der Infiltration zu der Annahme einer croupösen
Pneumonie geführt, während in Wirklichkeit eine confluirte Broncho¬
pneumonie nach Influenza vorlag.
In zweiter Reihe kommen nun auch zweifellos echte croupöse
Pneumonieen bei Influenzakranken vor. Sie entstehen durch
secundäre Infection mit demFraenkel’schenDiplococcus, welchem
durch den Influenzakatarrh der Bronchialschleimhäute der Boden
geebnet ist. Die Influenza setzt gelegentlich ebenso eine Disposition
zur Diplococcenpneumonie wie die Masern und andere Infections-
krankkeiten in seltenen Fällen. In der Lunge selbst kann eine
einfache Infection mit Fraenkel’schen Diplococeen vorliegen oder
eine gleichzeitige doppelte Infection mit Influenzabacillen und
Fraenkel’schen Diplococeen.]
Diese Doppelinfection ist sicherlich häufiger als sie bisher
nachgewiesen ist. Zu Beobachtungen dieser Art hat sich nach
Entdeckung des Influenzabacillus (Januar 1892) anscheinend noch
nicht genügend Gelegenheit geboten. Es verdient deshalb dieser
Punkt in der zukünftigen Influenzaforschung noch eine besondere
Beachtung.
IV. Aus der chirurgischen Abtheilung des Krankenhauses
der jüdischen Gemeinde in Berlin.
Congenitale Hydronephrose, geheilt durch
Nephrectomie. 1 )
Von Dr. Adler in Berlin.
Bei der relativen Seltenheit operativ behandelter Hydro-
nephrosen im Kindesalter, erlaube ich mir, Ihnen einen solchen
Fall vorzustellen, welcher ausserdem durch einige ungewöhnliche
Complicationen ein gewisses Interesse bietet.
Dieser 3 l 2 jährige Knabe wurde am 5. Mai dieses Jahres aufge*
nommen, und die Eltern gaben an, dass das Kind vor etwa V/a Jahren
begonnen habe, über Schmerzen im Leibe zu klagen, und .dass ihnen auch
seit dieser Zeit eine starke Auftreibung des Leibes, besonders links, auf¬
gefallen sei. Nachdem der Knabe ein Jahr lang erfolglos intern behandelt
worden war, wurde er im November vorigen Jahres auf die chirurgische
Abtbeilung der Königlichen Charitd aufgenommen und daselbst operirt. Durch
die Freundlichkeit des Herrn Prof. Köhler sind wir in den Besitz der
Krankengeschichte gelangt, aus welcher ich Ihnen nunmehr das Wesent¬
lichste mittheiien will:
„Die enorme, seit einem Jahr entstandene Anschwellung des Leibes war
durch eine Flüssigkeit bedingt, welche geringe Mengen Harnstoff enthielt.
D Vortrag, gehalten in der Freien Vereinigung der Chirurgen
Berlins am 12. Juni 1893.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
152
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No: 7
Ein Schnitt in der Linea alba unter dem Nabel legte den Tumor frei,
welcher fast die ganze Bauchhöhle einnahm und die Darmschlingen auf
einen kleinen Raum unter der Leber zusammengedrängt hatte. Die Wand
der Geschwulst wurde mit der Bauchwunde vernäht, und dann die Oeffnung
vorgenommen und ein Stückchen der Wand excidirt. In diesem Stück¬
chen fand sich mikroskopisch Nierensubstanz (Gloraeruli und ge¬
wundene Canälcken). — Entleert wurden 650 ccm heller klarer Flüssig¬
keit von mässigem Harnstoff- und ganz geringem Eiweissgohalt. Ueber
den Verlauf nach der Operation ist zu berichten, dass der Knabe stets
munter und bei gutem Appetit war, dass dio Höhle sich stetig, wenn
auch langsam verkleinerte, dass aber in der langen Zeit der Beobachtung,
vom November 1892 bis zum April 1893, also während eines Halbjahres,
per vias naturales nur selten, kaum jeden zweiten Tag, eine
geringe Menge Urin entleert wurde.
Ende März war die Fistel noch 6 cm tief, die Secretion hatte be¬
deutend nachgelassen, so dass ein einmaliges Wechseln der Mooskissen
täglich genügte. Auf die wiederholten Bitten der Mutter wurde das Kind
nach Hause entlassen. In der Fistel lag ein 4 cm langes Gummirohr.
Schon nach wenigen Tagen kam die Mutter mit dem Kinde wieder; es
hatte Fieber, und der Bauch war wieder ganz beträchtlich ausgedehnt, das
Gummirohr war herausgerutscht. Die Erweiterung der Fistelöffnung
gelang leicht mit dem Finger: das Entleerte war jetzt zum ersten
male mit Eiter vermengt. Durch Ausspülungen, langdauernde Bäder.
Drainage, Moosverband wurde diese Complication beseitigt, das Kind war
wieder fieberfrei, ass mit Appetit und erholte sich in kurzer Zeit; die
Fistel, welche bei der Aufnahme dreimal tiefer war als bei der Entlassung
(18 ccm), fing an, wieder kürzer zu werden. Am 1. Mai wurde der Knabe
wieder auf den Wunsch der Mutter entlassen.
Die Nephrectomie wurde nicht für angezeigt gehalten, weil sich nur
selten und auch dann nur sehr wenig Urin per vias naturales entleerte
und weil deshalb dio rechte Niere nicht für ganz leistungsfähig gehalten
wurde; die Gefahr einer reflectorischen Anurie erschien grösser, als bei
gesunder zweiter Niere. Der Befund von Nierensubstanz in der Wand
der Hydronephrose Hess auf Lageveränderungen schliessen, welche viel¬
leicht, wenn auch geringer an der anderen, während der Beobachtungs¬
zeit wenig functionirenden Niere vorhanden waren. Auch die Möglichkeit
einer Hufeisenniere wurde in Betracht gezogen.“
Wir erhoben nun bei der Aufnahme am 5. Mai d. J. folgenden Be¬
fund: Etwa in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse eine 6 cm lange
Längsnarbo, in deren Mitte sich eine Fistel befindet, aus welcher auf
Druck eine leicht getrübte gelbliche Flüssigkeit hervorquillt. An Stelle
der linken Niere fühlt man die Contour eines derben leeren Sackes, wel¬
cher vom linken Rippenbogen abwärts in leicht nach aussen convexem
Bogen zur genannten Fistel zieht, medianwärts die Mittellinie um zwei
Querfingerbreite überschreitet, hier aber nicht so präcise abzugrenzen ist.
wie lateralwärts. Der untere Rand des Sackes lässt sich vom Rectum
aus bequem erreichen und bis an die Fistel verfolgen. Die Lage des Co¬
lon descendens ist durch Aufblasung nicht zu ermitteln!
Die rechte Niere ist in normaler Grösse, an normaler
Stelle zu fühlen, und ihre Beweglichkeit überschreitet nicht
die physiologischen Grenzen.
Was nun den Urinbefund anbetrifft, so konnten wir dadurch, dass
wir den Knaben sehr häufig bei Tag und Nacht zum Uriniren aufforderten,
täglich durchschnittlich 200 ccm eines absolut klaren, sauren
Urins auffangen, der ein specifisches Gewicht von durchschnittlich 1025
hatte und weder chemisch noch mikroskopisch irgend welche pathologische
Bestandtheile erkennen liess. Andererseits entleerte sich aus der Fistel
der linken Niere ein trüber alkalischer Urin, dessen 24 stündige
Menge auf mindestens 2—3000,0 ccm geschätzt werden muss, da es uns
gelang, in 8 Stunden durch Drainage 900 ccm aufzufangen, wobei noch
ein Theil neben dem Drain vorbei in den Verband ging. Das speci-
fische Gewicht dieses Fistelurins betrug durchschnittlich
bloss 1004—1007. Er enthielt beträchtliche Mengen Eiweiss, mikro¬
skopisch viel Eiter- und Blutkörperchen, sowie vereinzelte Nierenbeeken-
epitheüen.
Nach diesem überaus charakteristischen Urinbefund im Zusammen¬
hang mit dem exacten palpatorischen Nachweis einer vorhandenen zweiten
Niere von normaler Grösse an normaler Stelle und ohne abnorme Beweg¬
lichkeit, konnten wir die oben gegen die Nephrectomie ausgesprochenen
Bedenken nicht theilen, und es wurde deshalb am 15. Mai durch Herrn
Dr. Israel die Exstirpation des Sackes ausgeführt.
Die Operation war nun durch drei Umstände in recht unangenehmer
Weise complicirt. Zunächst lag der Sack vollständig intraperitoneal, es
hatte sich eine Art Mesonephron gebildet, und die Umschlagstelle des
Pentoneum reichte bis an den lateralen Rand des Musculus sacrolumbalis
heran. Hie Aushülsung des Sackes wurde dadurch nicht wenig erschwert.
r emer war das Colon descendens weder vor der Niere, noch sonst irgend¬
wo nachzuwoisen.. und so die Gefahr einer Verletzung desselben nicht
nnftCTACph! neenn a
Am allermeisten Schwierigkeiten machte jedoch, die durch die vo]
ausgegangene transperitoneale Nephrectomie bedingte Fixation der Niei
an der vorderen Bauchwand. Hier war eine Eröffnung der Peritonea
höhle schlechterdings nicht zu umgehen. Da nun unglücklicherweis
nicht das Nierenbecken, sondern die Nierensubstanz in die vordere Baucl
1 Und £i e n eröffnet war ’ so war eine sichere Abklemraun
aZ dl{ Sm Stelle unmöglich und so die Gefahr des Einfliessei]
n ? ■ Flt ' ssi £ k ® lfc m J ie erüffnete Bauchhöhle eine ziemlic
p? cl . rc . a 6 , cm la hge Oeffnung im Peritoneum wurde sofort vei
näht, die Fistel in der Bauchhaut excidirt, und die ganze prä- resp. r<
tropentoneale Höhle tamponirt. — Der Wundverlauf war ein vollständi
normaler, die grosse Höhle verkleinerte sich sehr rasch, und heute; nac
vier Wochen, sehen Sie an Stelle der grossen Wundhöhle nur noch eine
kleine granulirende Fläche.
Die geringe Menge concentrirten Urins, welche von der gesunden
Niere vor der Nephrectomie geliefert wurde, erklärt sich unschwer aus
der enorm reichlichen Secretion aus dem Nierensack. Nunmehr nach der
Entfernung des letzteren ist die 24 stündige Urinmenge auf durchschnitt¬
lich 600 ccm (specifisches Gewicht 1017) gestiegen, wobei noch betnerkt
werden muss, dass der Knabe noch immer die Untugend besitzt, nachts
den Urin in’s Bett zu entleeren, wenn er nicht durch häufiges Auffordern
zum Uriniren daran verhindert wird. Der Urin ist vollständig klar und
frei von pathologischen Bestandteilen. Das Allgemeinbefinden des Knaben
ist boreits jetzt ein erheblich besseres, als vor der Operation.
I Die intraperitoneale Lage der Niere, die abnorme Lage des
i Colon, im Zusammenhang mit dem am vorliegenden Präparat zu
constatirenden nahezu horizontalen Verlauf des Ureters und einer
fächerförmigen Insertion der Nierengefässe machen es in hohem
Grade wahrscheinlich, dass es sich in diesem Falle um eine con¬
genitale Hydronephrose gehandelt hat. Bei der erfahrungs-
gemäss schlechten Prognose dieser congenitalen Form quoad resti-
tutionem und bei der vorher präcise gestellten Diagnose einer vor¬
handenen zweiten gesunden Niere war gewiss die Exstirpation des
Sackes das richtige Verfahren.
Meinem verehrten Chef, Herrn Dr. J. Israel, verfehle ich
nicht, an dieser Stelle für freundliche Ueberlassung der Kranken¬
geschichte meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
V. Hämatop orphyrin im Harn nach. Trional. 1 )
j Von Dr. Ernst Schultze,
I. Assistenzarzt der Provinzialirrenanstalt in Bonn.
Als im Jahre 1889 von Käst und Baumann das Sulfonal in
die medicinische Therapie eingeführt wurde, begrüsste mail in dem¬
selben ein sicher wirkendes und unschädliches Schlafmittel; es
dauerte aber nur kurze Zeit, bis man nach Sulfonaldarreichung
zahlreiche unangenehme Nebenwirkungen auftreten sah. Klinisch
am interessantesten, praktisch auch wohl am wichtigsten ist das
Auftreten von Hämatoporphyrin im Urin, was, soweit mir die dies¬
bezügliche Litteratur zur Verfügung stand, bisher in 19 Fällen
von sieben Autoren (Salkowski, Jolles, Bresslauer, Frieden-
reich, Koller, Schaffer, Käst) beobachtet worden ist.
Dies war Veranlassung, das Sulfonal durch einen nahe ver-
wandten Körper, das Trional, zu ersetzen, ebenfalls einen Sulfon-
körper, bei dem aber an die Stelle einer Methylgruppe des Sulfonals
ein Aethyl getreten ist. Nachdem Barth und Rumpel (Deutsche
med. Wochenschrift 1889, No. 32) dasselbe zuerst am Hamburger
Krankenhause angewandt haben, habe ich es an der Provinzial¬
irrenanstalt zu Bonn in grösserem Umfange erprobt: ich kam zu
dem Schluss (Therapeutische Monatshefte 1891, X.), dass es ein
empfehlenswerthes Schlafmittel sei, das vor Sulfonal wegen des
schnelleren Eintritts und der grösseren Milde der Wirkung sowie
wegen des Mangels einer Cumulation den Vorzug verdiene. Nach
mir wurde es dann noch von Horvath, Raimondi und Ma-
riottini, Brie, Böttiger, Beyer, Köppers und anderen unter¬
sucht; alle Autoren stimmten in dem Lobe des Trionals überein.
Allerdings hatte man inzwischen auch einige unerwünschte
Nebenwirkungen nach Trionalgebrauch eintreten sehen, wie Müdig¬
keit beim Erwachen oder Verdauungsstörungen leichteren Grades,
in nur wenigen Fällen Ataxie oder schwere Benommenheit mit
starker Cyanose und Erbrechen. Köppers (Internationale klin.
Rundschau 1893, No. 29) machte insbesondere auf den nachtheiligen
Einfluss des Trionals auf die Herzthätigkeit bei Herzfehlern auf¬
merksam, und ich pflichte ihm nach den weiterhin von mir ge¬
machten Beobachtungen bei, wenn er vor dessen Anwendung bei
Herzfehlern mit Gompensationsstörung warnt.
Dass aber dem Trional eine noch weit verderblichere Wirkung
zukommen kann, das lehrt ein Fall, der in jüngster Zeit in der
hiesigen Anstalt zur Beobachtung kam.
Es handelte sich um eine 54 Jahre alte Dame, die am 12. September
1893 freiwillig hier eintrat. Sie fühlte sich sehr unglücklich, hielt sich
und die Ihrigen für verloren, hatte einige Tage vorher auch einen Selbst¬
mordversuch gemacht; sie klagte Uber Mangel an Appetit, über das Fehlen
von Sättigungsgefühl nach einer Mahlzeit, sowie Stuhl Verstopfung. Im
Vordergründe von allen Klagen stand aber die über Schlaflosigkeit, wes¬
halb ihr verschiedene Schlafmittel gegeben würden, die sich alle als wir-
kungslos erwiesen bis auf Trional; dasselbe hat sie Mitte December 1893
bis Mitte Januar dieses Jahres in abendlichen Dosen von l /a—-1 1 / 2 " g er¬
balten; im ganzen mag sie etwa 24—25 g bekommen haben. Mit Ende
des Jahres 1893 trat in dem Befinden der Patientin eine wesentliche Ver¬
schlechterung ein; sie nahm noch weniger Nahrung zu sich als vordem
und verweigerte sie schHesslich ganz. Der Versuch,.sie mit der Sonde zu
füttern, misslang, weil sie die Speisen wieder, heraus würgte; zugleich
nahin die Obstipation immer mehr und mehr zu, ohne irgend einer der
*) Naeh einem am 22. Januar 1894 in der NiCderrheinischen Gesell¬
schaft für Natur- und Heilkunde gehaltenen Vorträge.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
15. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
angewandten therapeutischen Maassregeln zu weichen; dazu traten noch
starke epigastrische Schmerzen mit zeitweiligem Erbrechen. Trotz sorg¬
fältigster Untersuchung Hess sich ein Grund für diese Erscheinungen
nicht auffinden. Die Kranke wurde unter den eben geschilderten Sym¬
ptomen zunehmend elender, und da sie noch ab und zu collabirte, wurde
sie am 18. Januar von den Ihrigen abgeholt, bei denen sie zwei Tage
darauf verschied. Eine Section ist nicht gemacht.
Wenige Tage vor dem Weggange der Kranken fiel der sie
verpflegenden Wärterin der Harn wegen seiner rothen Farbe auf.
Der Harn sah in dicker Schicht bei auffallendem Lichte dunkel-
roth, fast schwarz aus, in dünner Schicht bei durchfallendem Lichte
schmierig braunroth. Er reagirte stark sauer, hatte ein specifisches
Gewicht von 1021, war frei von Eiweiss, Zucker und Hämoglobin;
mikroskopisch betrachtet enthielt er einzelne Plattenepithelien mit
einem braunroth gefärbten Kerne. Die merkwürdige Farbe Hess
mich Hämatoporphyrin im Harn vermuthen. Versetzte man den¬
selben mit Salzsäure, so nahm seine Farbe einen Stich in’s Violette
an; bei Zusatz von Ammoniak wurde er gelbroth; kochte man ihn
energisch mit Salpetersäure, so blasste die Farbe ab. Wurde der
Harn bis zur Sirupconsistenz eingekocht, dann mit Alkohol und
darauf mit Aether versetzt, so hinterblieb ein dunkelrother, fast
schwarzer Rückstand, der sich in destillirtem Wasser leicht und
vollständig löste. Versetzte man den Harn mit einer Lösung von
essigsaurem Blei oder einer alkalischen Chlorbaryumlösung, so ent¬
stand ein chocoladefarbener Niederschlag; wurde dieser zuerst mit
destillirtem Wasser und darauf einmal mit absolutem Alkohol ge¬
waschen, dann auf dem Wasserbad mit etwa 10 ccm Alkohol und
acht Tropfen Salzsäure gelinde erwärmt, so erhielt man nach Fil-
triren ein dunkelrothes Filtrat. Das Spectrum dieser Lösung zeigte
zwei Absorptionsstreifen, einen im Orangen, mit der Linie D scharf
abschliessend, und einen zweiten breiteren und dunkleren Streifen
im Grünen. Versetzte man dieses Filtrat mit Ammoniak im Ueber-
schuss, so nahm die Lösung eine gelbliche Farbe an, und im Spec¬
trum zeigten sich nunmehr vier Absorptionsstreifen, einer im
Orangen, zwei im Gelben und der vierte, sehr breite im Grünen
sich bis m’s Blaue erstreckend (cf. Spectraltafel zu der Arbeit von
Kratter, Ueber den Werth des Hämatoporphyrinspectrums für den
forensischen Blutnachweis. Viertelj. f. gerichtl. Med. HI. 1892). Es
imterliegt somit keinem Zweifel, dass der Harn Hämatoporphyrin
entmeit. Beiläufig bemerke ich noch, dass dieser Ham auch die von
•j U (Pharmaceut. Zeitung 83, 812) angegebene Sulfonal-
i entitatsreaction bot; da diese nun darauf beruht, dass aus dem
. n onal eine lösHche, ziemlich beständige Schwefelverbindung ent-
"f’ d,e m den Harn übergeht, so erscheint die Annahme be-
Jr: , ® der untersuchte Ham auch noch eine entsprechende,
> lnonal herrührende Schwefelverbindung enthielt.
. Ba nacb Sulfonal Hämatoporphyrin im Urin hat auftreten
" V° kann nn i s die gleicheErscheinung nach der Einverleibung des
Y . t e + verwan dten Körpers, wenn sie bisher auch noch nicht be-
dsmif e ; W ^ r ^ n 1S ^’ ^ht wunder nehmen, ohne dass wir indess
gekommen der Tatsachen auch nur einen Schritt näher
. 0M 5b o5!L h (ArÄel Harn, Eulenburg’s Realencjclopädie H, XXIV,
achtJ.rSn mach ‘. darauf aufmerksam, dass alle bisher beob-
zortcWnfr.i, 6 T ° n - ^ äm . a t <> P or Phyrin im Urin auf Sulfonalmedication
theiltp <3nK re \ Se - en ’ J e d° c ^ trifft dies heute nicht mehr zu. So
Xo 2b n!n er p 1 . e , lm . (Deutsche medicinische Wochenschrift 1892,
hat wo ein Hnabe, der nie Sulfonal bekommen
Phrrin i m tt^ ^ a ^ re J 1 . °h ne irgend welche Störungen Hämatopor-
Müller r7H^• a J 1 ® 80111641 • Dann hat in allerletzter Zeit Arthur
niediriniihp w ElI l eitU ? g der künstlichen Frühgeburt, Münchener
No ‘ 4 ) Hämatoporphyrin im Urin
liehen FrüWh ® inei * Frau, der er behufs Einleitung der künst-
intrauterin Pin Urt & ^y cer m nach dem Vorschläge von Pelzer
hücher Bd Und Garrod (ref. Schmidt’s Jahr-
phyrin hat sogar im normalen Ham Hämatopor-
diesen Kn™ ^. se 5? geringen Mengen, gefunden und
Trotz dieser dir . ekt 1111 Harn spectroskopisch nachgewiesen,
“instimmen j Wlrd man a ^ er darin mit Salkowski über-
ni indesten P in k^Y?-*? 8 das Auftreten von Hämatoporphyrin zum
aufmerksam a» droab<dles Zeichen ist; er macht mit Recht darauf
»tarben »ml w • * V ? n . den zuers t beobachteten sechs Fällen drei
der Hämofflnhinma bei J einem se ' mer Fälle nach, dass täglich i/äß
wunde gi D g nmenge der betreffenden Person ohne Ersatz zu-
Tnona], dip D 7 tl !? U8S 68 ers ?keinen, dass hier die so geringe Menge
Jochen verabfniÜ? D0C j * n eineni Zeitraum von vier bis fünf
^lfonalverriftnnS 1 T urde ’ 80 deletär gewirkt habe. Bei den
^gliche Mitthiu ban i e \t 68 s i°h, so weit überhaupt eine dies-
klärlich wird ahm. ®t®» * mmer um grössere Mengen! Er-
die während h m 6 . von 11118 beobachtete Erscheinung, wenn
ues Trionalgebrauches vorhandene Nahrungs-,
Verweigerung und Obstruction berücksichtigt. Ob und inwieweit
au/Rechminf^c^T?® z " sammen mit den epigastrischen Schmerzen
auf Rechnung des Tnonals zu setzen sind, entzieht sich bei dem
Mangel einer Section, die einen andern Grund etwa hätte ergeben
UnS< £ er Beurth flung. Möglich wäre es immerhin, da die
Sulfonalvergiftungen unter ganz ähnlichen Erscheinungen wie wir
sie hmr beobachtet haben, verliefen. Und wäre dem so dann
hätten wir in der Wirkung des Trionals, ebenso wie bei Sulfonal
einen sehr verhängnisvollen Circulus vitiosus. ’
Ich will noch darauf aufmerksam machen, dass alle Fälle von
bulfonaivergiftung wie auch der vorliegende von Trionalintoxication
weibliche Individuen betrafen. Sollte das nur Zufall sein? Weist
doch Beyer (Archiv für Psychiatrie XXV, 2) darauf hin, dass
nacH seinen Beobachtungen unangenehme Erscheinungen von Trional-
wirkung bei Weibern nach weit geringeren Mengen auftraten als bei
Männern.
Wir sehen also, dass man mit der längeren Verabfolgung von
lrional sehr vorsichtig sein muss, dass man immer auf den Urin
achten und das Schlafmittel sofort aussetzen muss, wenn der Harn
die charakteristische rothe Färbung (Löbisch vergleicht sie mit der
emer alkohoHschen Lösung von Drachenblutharz) annimmt; und
dies gilt, wenn von Sulfonal Wirkung auf Trionalwirkung ein Rück¬
schluss gestattet ist, um so mehr, als nach Schäf fer (Therapeutische
Monatshefte 1893) das Erscheinen von Hämatoporphyrin im Urin
eins der allerersten Zeichen der eingetretenen Vergiftung sein kann.
VI. Referate und Kritiken.
Paul Ziegler, Studien über die intestinale Form der Peri¬
tonitis. 28 S. München, M. Rieger’sche Universitäts-Buch¬
handlung (Gustav Himmer), 1893. Ref. Meissner (Göttingen).
Verfasser giebt zunächst eine kurze Uebersicht über die bis¬
herigen Resultate der Untersuchung über die Permeabilität (1er
Darm wand für Mikroorganismen und hebt die Angabe Boennecken’s
(1890) hervor, nach welcher eine nur geringe venöse Stauung
bereits genügen sollte, um den Mikroorganismen den Weg zu er¬
leichtern, während andere Forscher eine schwerere Veränderung
der Darmwand in Form der Nekrose für die Durchgängigkeit postu-
liren zu müssen glauben.
Verfasser hat nun theils an Menschen die ihm zu Gebote
stehenden eingeklemmten Hernien untersucht, theils auch künstlich
hei Kaninchen solche erzeugt und zu seinen ungemein sorgfältigen
Untersuchungen benutzt, wobei als besonders wichtig betont werden
muss, dass die Thiere nach erfolgter Herniotomie am Leben er¬
halten wurden. Das Resultat der sehr zahlreichen Untersuchungen
ist besonders gegenüber dem Boennecken’s überraschend. Ver¬
fasser fand beim Menschen keine und in 29 Thierversuchen nur
achtmal Bacterien im Bruchwasser, und zwar auch da nur eine
beschränkte Zahl, und unter diesen wieder besonders häufig das
Bacterium coli commune (Escherich). Was nun das Ver¬
halten der Darmwand betrifft, so kommt Verfasser zu dem Schluss¬
resultat, dass venöse Stauung allein nicht genügt, um das Peritoneum
permeabel zu machen, sondern dass erst im Stadium der fibrinösen
Auflagerungen mikroskopische Nekrosen entstehen, durch welche
Bacterien vom Darm aus einwandern können. Ein glänzendes
normales Bauchfell ist undurchlässig für Bacterien. Die Thiere,
bei welchen Verfasser die Mikroorganismen fand, starben, während
bei den übrigen reactionslose Heilung erfolgte.
Im zweiten Theil der Abhandlung erörtert Verfasser die Frage,
ob das Bacterium coli commune die Uraclie des tödtlichen
Verlaufes der erwähnten Fälle sei. Diese Annahme wird auf Grund
der grossen Zahl von Thierexperimenten zur Gewissheit, und der
Verfasser knüpft hieran eine Besprechung über die Art des ein¬
getretenen Exitus letalis, ob derselbe eine Folge einer Massen-
intoxication sei oder nicht. Bei dieser Untersuchung kommt der
Verfasser zu dem interessanten Ergebniss, dass der tödtliche Ver¬
lauf der durch das Bacterium coli commune erzeugten Peritonitiden
eine Folge der Nervenüberreizung und aufzufassen sei wie der von
Tarchanoff modificirte Goltz’sche Klopfversuch beim Frosch.
In dem letzten Abschnitt der Abhandlung verbreitet sich der
Verfasser, indem er auf die bei den Untersuchungen im zweiten
Theil hervorstechende Thatsache, dass Austritt von Darminhalt
Peritonitis erzeugt, zurückgreift, über die Diagnose, Prognose und
Therapie der Bauch- und Darmverletzungen. Er erörtert die Be¬
rechtigung des differenten Standpunktes hinsichtlich der Therapie,
der absoluten und relativen Intervention. Nachdem er dann durch
Anführung zahlreicher statistischer Belege nachgewüesen, dass
Darm Verletzungen bei penetrirenden Baucliwunden wieder unbedingt
nöthig, noch aber, wenn vorhanden, unheilbar sind, glaubt er sich
auf die Seite der absoluten Intervention stellen zu müssen, und
präcisirt seinen Standpunkt durch folgende Forderungen:
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
154
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7
1. Für alle Verletzungen mit grossen Stich- und Schnittwaffen
die sofortige Laparatomie, wenn nicht schon die äussere Wunde
durch ihre Grösse genügende Uebersicht gewährt.
2. Für alle Schussverletzungen ebenfalls die sofortige Lapara-
tomie.
3. Für alle Stichverletzungen mit kleinen Instrumenten die
sofortige Erweiterung der Wunde, an die sich dann, wenn nöthig,
die sofortige Laparatomie anschliessen kann.
Sodann bemerkt der Verfasser hinsichtlich der Differential¬
diagnose, ob penetrirende Bauchwunde vorliegt oder nicht, dass er
eine Freilegung resp. Erweiterung der Wunde jeder Sondenunter¬
suchung vorzieht.
Der ganzen Untersuchung liegt eine grosse Zahl an der Leiche
vorgenommener Versuche im Verein mit dem gerade in München
nicht geringen klinischen Material zugrunde.
Einschluss des alphabetischen Registers 238 Seiten füllt. Die
Bibliographie ist in einzelne Gruppen getheilt, wodurch die bequeme
Uebersichtlichkeit wesentlich erleichtert wird. Diese Gruppen sind
unter die vier Hauptabtheilungen gebracht: Erziehung in Rücksicht
auf abnorme Zustände, Genie, Irrsinn, Idiotie, Cretinismus u. s. w.
und viertens Socialpathologie. In dieser letzten Abtheilung finden
sich auch die Gruppen: psychische Criminologie, Todesstrafe, und
Geistesstörungen und Verbrechen. Vorangestellt sind Erörterungen
über das Verhältniss der Erziehung zu dem Verbrechen, über
Criminologie, über die italienische Mafia, die Verbrecher-Aristokratie,
über Alkoholismus, Irrsinn und Genie u. s. w. In diesen Abschnitten
sind aus der einschlägigen. Litteratur und aus den Verhandlungen
verschiedener Congresse übersichtliche Referate gegeben.
VII. Jouraalrevue.
Schauta, Grundriss der operativen Geburtshülfe für Aerzte
und Studirende. Zweite Auflage. Wien und Leipzig, Urban
& Schwarzenberg, 1892. Ref. Wiener (Breslau).
Die kürzlich erschienene zweite Auflage des Schauta’schen
Grundrisses präsentirt sich in theilweise völlig neuer Gestalt.
Entsprechend den Fortschritten > der operativen Geburtshülfe, haben
eine ganze Anzahl Kapitel eine umfassende Umarbeitung erfahren.
Am meisten betrifft dies die Abschnitte über Kaiserschnitt,
Porrooperation, Laparatomie bei Uterusruptur und bei Extrauterin¬
schwangerschaft. Aber auch sonst merkt man vielfach die ver¬
bessernde Hand des Verfassers. Im Anhänge sind dieses mal neben
den Verletzungen der Mutter auch die des Kindes und ihre Be¬
handlung aufgeführt. Im übrigen nimmt der Grundriss in don
meisten Fragen den gleichen Standpunkt ein, wie die übrigen
deutschen Lehrbücher der Geburtshülfe. Dass man nicht in allen
Einzelheiten dem Verfasser beistimmen wird, ist klar. So z. B.
ist es nicht richtig, wenn Schauta angiebt, dass zur Extraction
des Steisscs nur der Finger gebraucht werden soll: es giebt. Fälle,
in denen man mit dem Finger einfach nicht zum Ziele kommt und
genöthigt ist, zur Schlinge oder zum Haken zu greifen. — Boi der
Perforation mit» der Seheere wird gerathen. mit dem Instrument
mit. einem herzhaften Ruck rasch durch die Schädeldecke vorzu¬
dringen. Es dürfte aber, zumal für den Ungeübteren, sicherer und
gefahrloser sein, die Seheere statt mit einem Rucke lieber unter
vorsichtigen drehenden Bewegungen einzustossen. — Bei der Perfo¬
ration des nachfolgenden Kopfes hätte erwähnt werden müssen,
dass die Scheoro vorn hinter der Symphyse einzuführen ist. Dass
die Operation jedesmal, wie Verfasser meint, sehr leicht gelinge,
ist zu bestreiten. — Betreffs der relativen Indication zum Kaiser¬
schnitt meint Schauta, dass nicht die Gebärende, sondern der
Arzt entscheiden müsse, ob die Perforation des lebenden Kindes
oder der Kaiserschnitt vorzunehmen sei. Diesen Standpunkt
Schauta’s wird man, so lange der Kaisersclinitt für die Mutter
gefährlicher ist, als die Perforation — und das ist er zweifellos —
nicht gelten lassen können. — Abgesehen von diesen wenigen Punkten,
in denen man dem Verfasser nicht beistimmen kann, muss man
sich in fast allen übrigen Fragen mit Schauta’s Ausführungen
einverstanden erklären. Erschöpfende und streng wissenschaftliche
Darstellung, sowie gute Kritik der Methoden sind ein besonderer
Vorzug des Buches. Dasselbe wird dem praktischen Arzte zweifellos
ein guter und zuverlässiger Führer sein.
A. Auvard, Hundert illustrirte Falle aus der Frauenpraxis
In’s deutsche übertragen von Dr. A. Rosenau. Leipzig, Ambr
Abel, 1893.
Prof. Win ekel-München giebt dem Werke von Auvar<
einen Begleitbrief mit, aus welchem wir wörtlich folgendes an
fuhren: „Jeder Arzt, welcher dasselbe in die Hand nimmt wirc
sich sagen müssen, dass die Abbildungen, wenn auch nur Schema
tisch ausserordentlich instructiv sind und der Text der wichtigste
einschliesslich der operativen Therapie enthält. Für den Praktikei
!e ei t es daher weitaus mehr, als die meisten Compendien der Gy
nakologie und enthält zugleich in seinen zahlreichen, farbigen Ab¬
bildungen eine Anleitung zur differentiellen Diagnostik, wie sh
compendioser und klarer und rascher zu Überblicken, kaum darge¬
stellt werden kann. Das wird genügen, dem verdienstlichen Werk«
Auvard s auch in Deutschlane eine günstige Aufnahme zu sichern
A ^7,.“ aC Do f al d> Abnormal Man. Being essays on educatio.
and crimo and related subjects, with digests of literature anc
Nn b ä h0 S P q ' o B 0 lire w Education ’ Circular of Informatioi
(Berlin) ^ S ' 8 * Washin S fcon 189B - Ref. Max Bartel*
7 n e « Die Red ® utun S dieses Circulars liegt in der sorgfältiger
Zusammenstellung der weit verstreuten Litteratur, welche mil
I Chirurgie.
I L. Huismans (Heidelberg), Ueber die Ausgänge der
j tuberculösen Coxitis. Beitr. z. klin. Chir. VIII. Bd;, 1. Heft,
Der Autor hat bei 128 Fällen von Coxitis, welche in den
Jahren 1877—1886 in Behandlung der Heidelberger Klinik waren,
Nachforschungen über den Erfolg derselben angestellt, welcher, da
mindestens vier Jahre seit der Entlassung vergangen sind, als ein
definitiver angesprochen werden kann. 76 °/o der Erkrankten ge¬
hörten dem Alter vor dem 20. Lebensjahre an, der älteste Patient
war 74 Jahr alt, fast alle gehörten aber den niederen Ständen
mit schlechteren Lebensbedingungen an. Von besonderem Interesse
ist das Resultat dieser Nachforschungen für die Beurtheilung der
verschiedenen Behandlungsformen der Coxitis. Der Autor fasst
sie in zwei grosse Gruppen zusammen, die conservative, zu welcher
er ausser der Verband-, Fixations- etc. Behandlung auch die ein¬
facheren operativen Eingriffe rechnet, wie Incisionen, Auskratzungen
und die Resectionsbehandlung, Die Gesammtmortalität bei 62 der
conservativen Behandlung unterzogenen Patienten bis zum Datum
der Berichterstattung beträgt 40,62 %. Zur Zeit leben noch
38 Patienten, von denen 18 guten Erfolg, 9 mittelmässigen Erfolg,
11 schlechten Erfolg aufzuweisen haben. Dabei ist unter gutem
Erfolg volle Ausheilung ohne irgend welche functionelle Störungen —
mit Ausnahme der nothwendigen Verkürzung — verstanden, unter
mittelmässigem Erfolg Bewegungseinschränkung und bedingte Ar¬
beitsfähigkeit, unter schlechtem Erfolg Vorhandensein von Fisteln oder
Tuberkulose. Die typische Resection ist 41 mal ausgeführt, in der
Mehrzahl der Fälle mittels des Langenbeck’schen Schnittes, da¬
runter 25 mal unterhalb des Trochanters, 12 mal im Collum, 3 mal
zwischen den Trochanteren. Es starben im ganzen 24 = 58,8 °/o,
acht Patienten leben noch, von denen fünf vollkommen geheilt
sind, zwei befriedigendes Verhalten zeigen. In Bezug auf das
functionelle Resultat bei den verschiedenen Reeectionshöhen am
Femur ergiebt sich, dass zwar die Beweglichkeit bei der sub-
trochanteren Operation häufiger erreicht wird, dass dagegen ein
freier Gang ohne Stütze nur bei den im Collum Resecirten erzielt
worden ist. Nach dieser Richtung hin wäre also letztere Methode
vorzuziehen. Im allgemeinen lehrt ein Vergleich der Erfolge der
conservativen und operativen Behandlungsmethode, in Ueberein-
stimmung mit mehreren anderen Stimmen (König, Ollier etc.),
dass die conservative Methode entschieden erhöhte Würdigung
verdient. In Bezug auf die Mortalität hat sie sicher keine
schlechteren Resultate aufzuweisen, als die Resection, in functio-
neller Beziehung aber entschieden bessere. Die Resection ist nur
bei acuter Vereiterung oder Verjauchung des Hüftgelenks zur
unmittelbaren Rettung des Lebens am Platze. Dasselbe gilt be¬
sonders auch für die eitrige Coxitis Erwachsener, die freilich auch
bei conservativer Behandlung ein schlechtes Mortalitätsverhältniss
ergiebt (66,6%). — Anhangsweise erwähnt Czerüy zu dieser
Arbeit, dass er in der Behandlung der Coxitis stets streng indi-
vidualisire, zur Resection aber erst dann schreite, wenn die
conservative Behandlung nicht imstande ist, Fieber, Schmerzen
oder Eiterung hintenanzuhalten. Aus dieser Neigung zur Spüt-
resection erklären sich dann auch die schlechteren Resultate der
Operation. (Andererseits ist dann aber auch die Gegenüberstellung
der Resultate bei conservativer und Resectionsbehandlung bei der
Ungleichheit in der Schwere der Fälle nicht ohne weiteres be¬
weisend. Ref.)
E. Sattler (Heidelberg), Ueber die Resultate der Trache¬
otomie bei Croup und Diphtherie. Statistik aus der Heidel¬
berger chirurgischen Klinik vom 1. Juli 1880 bis 31. December
1889. Beitr. zur klin. Chir. Bd. VIII, 1. Heft.
Von 163 Fällen von Croup und Diphtherie wurden 156
traoheotomirt, in der Regel mittels des oberen Schnittes, nur
14 unterhalb der Schilddrüse. Es wurden geheilt 80 = 51,3 %,
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
15. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
es starben 76 = 48,7 %. Das Resultat ist also, namentlich im
Hinblick darauf, dass prineipiell die Operation möglichst hinaus¬
geschoben wurde, ein recht günstiges.
Riedel, Die Fixation der Wanderniere an die vordere
Fläche des Quadratus lumborum und an das ZAverchfell.
Sep.-Abdr.
Die mangelhaften Erfolge der Wandernierenfixation an der Lende
sieht Riedel begründet in der Wahl der Anheftungsstelle. Hier
liegt sie nicht geschützt genug, und der von Riedel vorausgesetzte
günstige Einfluss der Zwerch fellbewegung auf den Durchgang des
Harns durch die Harncanälchen kann sich nicht voll übertragen.
Um die Niere höher hinauf an der normalen Stelle zu befestigen,
bedient er sich folgenden Verfahrens: Freilegung der Niere von
dem gewöhnlichen Lendenschnitt aus; Spaltung und Ablösung der
Fett* und fibrösen Kapsel in der ganzen Ausdehnung; Hinauf¬
schieben unter das Zwerchfell, so dass nur die untere Hälfte her¬
ausschaut; Vernähung dieser unteren Kapseltheile einerseits mit der
Vorderfläche des Musculus quadratus lumborum, andererseits mit dem
tief eingestülpten Peritoneum und subserösem Fett. Um der oberen
Hälfte nun auch noch eine feste Verwachsung mit dem Zwerch¬
fell zu geben, werden die Flächen erst durch Eingiessen einer mit
Wismuth gemischten Sublimatlösung, dann durch Einschieben einer
glatten Jodoformgazeplatte zwischen ihnen gereizt, was einer dau¬
ernden Verwachsung Vorschub leisten soll. Ein zweiter Gazetampon
stopft die Stelle aus, wo die dislocirte Niere gelegen hat, ein dritter
liegt auf der dem Quadratus lumborum anliegenden unteren Nieren¬
fläche auf. Naht der Muskulatur. Ausstopfung der Hautwunde.
Ler erste Verband bleibt mit den eingelegten Tampons möglichst
vier Wochen lang liegen. Dann werden die Muskeln wieder stumpf
getrennt, die Tampons entfernt und die ganze grosse Trichterwunde
der branulationsheilung überlassen. Im ganzen bleiben die Kran-
, lü “ 12 Wochen im Bett. Das Verfahren ist bis jetzt sechs¬
mal an fünf Kranken ausgeübt, in fünf Fällen schon vor 1—1 */ 9
• ähren. Stets war voller Erfolg, Befreiung von allen Besch wer-
< en erzielt, während seine früheren Operationen ihm kein befriedi¬
gendes Resultat ergaben. Anhangsweise berichtet Riedel über die
‘ m !r un f derselben Methode — Schaffung erst einer grossen
granuhrenden Höhle durch breite Ausstopfung, um dann zwei Flä-
u ln raö gbchst innige Verwachsung zu bringen — bei einem
gewaltigen I rolapsus recti von 15 cm Ausdehnuug bei einer Dame,
uie Hohle wird hergestellt von hinten her durch Resection des
• teissbems. Nach subperitonealer Ablösung des Darms wird der-
w rM° eh ^ es( ' hobe ?’ ^ Höhle ausgestopft. Der Heilungsverlauf
Ganor*! ersei 5 s S es tört durch die Ausbildung einer thalergrossen
T fl S n T ; 6 i’ bmte . ren Darmwand, welche Riedel auf den Druck der
durrh A' 6 ^ n , lcb ^ Ablösung?) schiebt, wurde andererseits aber
Endempil!- en ^ Stail u ene verstärkte Narbenbildung vervollkommnet,
eine ?Sl!^ 4 den * Er ? artu,lgen «^sprechend. — (Da Riedel selbst
durch wi P fiop^ USS i^ P n n ?i. der Höhle widerräth, so entsteht da-
Höhe hält dass der Darm sich nicht in seiner
schnitt Hnrr.i? le k eicllt . einpfielllt es sich ’ ihn in seinem oberen Ab-
Vernpnii i, . su bpucös durchgeführte Fäden hochzuziehen, wie es
schnitt Hör a @ 1 Hectopexie thut, und nur den unteren Ab-
PexieistVnhT^° P ^ g './ C f tZllhalt,en - Bei der Hi ®d ersehen Nephro-
und die w de J 8 ? ten Erfo,ge auf die lange Bettruhe
zu beziehen nnu der ^^ de durch Ausstopfung und Granulation
der Hahn 'iL f uM“ schon der Ref. bei Beschreibung
auf Gran U ]atLn n c Meth0d !. au ^ merksa m gemacht hat. Das Verfahren,
erreichen ist Iah dle E ^f a ^°. n der höher gelagerten Niere zu
abgelanfene U11 8 efä hrlicher als der einmal unglücklich
«r\ d - e an d <* oberen Fläche der zwölften
m auizuhängen. Ref.) Herrn. Frank (Berlin).
C 6 hh Geburtsllülf e und Gynäkologie.
f Hurtshülfe Bd d 21 Ueber öublimatintoxicati °n. Zeitsohr. f.
^chtitrstp^p^y 611 ^ 1111 ^ de ® Sublimats in der Geburtshülfe ist das
bandelt es ^ 6m ?. r e J? ol £ ten Intoxication die Diarrhoe. Meist
Dysenterie dle El *scheinungen der schweren, brandigen
Eichen GeKha +1 .T ollkommen er Anurie ist ein ominöses
auf der Ölakne , bheut einen interessanten Fall mit, welcher
■‘«er Patientin w«? 8C n 6T1 Elillik beobachtet wurde. Nachdem bei
■ iT,f -r Sublimatiric»,„i t^!T boe eine intrauterine Ausspülung mit
sofort unter hAft^ gemacht worden, erkrankte Patientin
^cinuneen c. 1 ?^ Schmerzen. Bald traten die schweren Er-
JV darauf Vergiftung auf, und die Kranke starb acht
f^orationsöffminn-A« er Eect j( o n fanden sich im Fundus uteri zwei
Bauchhöhle iniieiS ' , le SuWi matlösung war so direkt in die
n Bei ^ . ^nsecutiver Peritonitis beschleunigte
^hrdt Kanrohu!z!r 8kop . lschefr Untersuchung der Nieren fand
agerung m denselben, und zwar derart, dass er
_ __155
VerkwWjmg der Epitkelien der Harncanälchen constatirio Uni
:, l del Kalk nicht 111 das Lllinen der letzteren ausgeschieden
rrte - _ Flaischlen (Berlin).
VIII. Vereine und Congresse.
Verein für innere Mediein in Berlin.
Sitzung am 15. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Gerhardt; Schriftführer: Herr Litten
Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬
nommen. *
Der Bibliothek sind von Herrn Fürbringer als Geschenk
mehrere Schriften überwiesen worden: Ueber die inneren Krankheiten
der Harn- und Geschlechtsorgane, 2. Auflage; Untersuchungen und
Vorschriften über Desinfection der Hände; Ueber Gallensteinkrank¬
heiten. Ferner sind durch Ankauf erworben das British medical
Journal, Jahrgänge 1870—87.
1. Herr Boas (Demonstration vor der Tagesordnung): Ein
Fall von acuter Dilatation des Magens. (Der Vortrag wird iu
dieser Wochenschrift veröffentlicht werden.)
uv* Diskussion: Herr A. Fraenkel: Ich möchte im Anschluss an das
MitgetheHte über zwei Fälle solcher auf acuter Atonie beruhender, hoch¬
gradiger Magen dilatation berichten, die ich in den letzten Jahren beob¬
achtete. Der eine Fall ist insofern von Bedeutimg. als er mit Tode en¬
digte, woraus Sie entnehmen können, dass die Prognose nicht so einfach
und günstig ist. Der erste meiner Fälle ging mich dadurch noch beson-
ders an, (lass es sich um mein eigenes Kind handelte, ein sechsjähriges
Mädchen. Das Kind gehörte zu den starken Essern und wurde nach
einer Indigestion infolge Genusses grüner Erbsen anscheinend von einer
acuten Dyspepsie befallen, wie sie schon mehrfach vorgekommen war.
Diese Dyspepsie war mit erheblichen Nauseis, mit Erbrechen verknüpft und
dauerte vier Tage. Das Kind wurde bezüglich der Diät vorsichtig gehalten,
aber am dritten Tage nach Beginn der dyspcptischen Beschwerden war
bereits eine erhebliche Ausdehnung und Auftreibung dos Magens, dessen
tympanitischer Schall bis zur Nabelhöhe reichte und der sehr druckempfind¬
lich war, nachweisbar. Als ich am Abend des Tages nach Hause zurück¬
kehrte, fand ich das Kind im höchsten Collaps, mit tiefliegenden Augen,
ausserordentlich blass. Den ganzen Nachmittag über waren die forcirte-
sten Brechversuche von ihm unternommen worden, ohne dass etwas her¬
ausgebracht war; dabei bestand lebhafter Durst. Als ich das Kind unter¬
suchte, constatirte ich, dass der laute Magonschall jotzt bis vier Querfinger
unterhalb des Nabels herabreichte und'"dass noch weiter nach abwärts
eine schwappendo Anschwellung (der mit Flüssigkeit gefüllte Fundus) sich
befand. Es war mir sofort klar, dass eine acute Magendilatation Vor¬
lage infolge dessen ich in Gemeinschaft mit unserem Collegen A. Ba-
ginsky die Entleerung des Magens mittels der Schlundsonde vornahm.
Als dieselbe eingeführt wurde, floss im Strahl ein Liter bräunlicher Flüssig¬
keit ab, in welcher sich eine Anzahl grüner, vier Tage zuvor genossener
Erbsen befand, die nicht die Spur angedaut waren. Wir gaben Eiweiss¬
wasser in kleinen Quantitäten, am nächsten Tage musste nochmals die
Ausspülung vorgenommen werden, wieder kamen Erbsen, und allmählich
besserte sich der Zustand; nur nach sechs Wochen trat ein vorübergehen¬
der Rückfall ein, nach dessen Ueberwindnng das Kind unter fortdauernd
sorgfältigster Ueberwachung der Ernährung dauernd genas. Der nach
den Auspumpungen sofort sich stark contrahirende Magen erschien
jedoch auch in den nächsten Monaten leicht vergrössert (untere Grenze
zwei Querfinger über dem Nabel).
Der zweite Fall betraf eine Patientin, die in das Krankenhaus am
Urban gekommen war und bei der das Leiden tödtlich endete. Es war
ein 27jähriges Dienstmädchen, das früher sehr anämisch war und in den
Jahren vorher an Erscheinungen gelitten hatte, die von den behandelnden
Aerzten auf Ulcus ventriculi bezogen waren. Ich habe diesbezügliche
Notizen von Herrn CoUegen Hofmeier, der sie 1887,88 und 1891 im
Elisabethkrankenhaus behandelte, erhalten. 1887 bestand noch keine
Hämatemesis. sondern wegen Druckempfindlichkeit dos Magens wurde
Patientin auf Ulcus ventriculi behandelt. 1888 kehrte sie mit Dlutbrechon
in das Elisabethkrankenhaus zurück; dasselbe erneuerte sich 1891. Auch
zu uns kam die Kranke mit den Erscheinungen der Hämatemesis; daneben
wurde reichlicher Abgang schwarzen Blutes mit den Stuhlentleerungen
festgestellt. Ich zweifelte also nicht, dass ich es mit einem Ulcus ven¬
triculi zu thun hatte, und Sie begreifen, dass ich in Rücksicht darauf keine
ausgedehnte Untersuchungen, namentlich keine Sondirung des Magens
vornahm. Unter vorsichtiger Diät besserte sich in den nächsten fünf
Tagen der Zustand. Darauf trat von neuem stürmisches Erbrechen ein,
und nun ging Patientin im Collaps in kurzer Zeit zugrunde. Das Bild,
das sich bei Eröffnung der Abdoininalhöhlo zeigte, war sehr eigonthüm-
lich. Der Magen befand sich in vollkommener Verticalstelluug. indem der
Pylorus stark nach abwärts gezerrt und mit dem Antrum pylori zu einem
schlauchförmigen Darmstück von etwa 15 cm Länge ausgezogen war; der
an das Antrum grenzende Theil des Magens stand drei Finger oberhalb
der Symphyse, und der übrige Theil des Magens, insbesondere der Fundus,
war vertical gestellt. Es hatte also eine complete Abknickung des Py¬
lorus am horizontalen Schenkel des Duodenum stattgefunden. Die Gefahr.
.. . _in welche die Patientin dadurch versetzt wurde, war die, dass sie, wie in
infoü i 16 T ln J lc i r t worden Der RWritf p +• dem ersten Falle, den Darminhalt nach dem Duodenum gar nicht, per os
Z I nur unvollkommen zn entleeren vermochte. .Als der“Magen eröffnet
wurde, waren wir erstaunt, nicht eine Spur omes Ulcus zu finden, üs
lagen ausschliesslich kleine capilläre Erosionen vor. In letzter Zeit sind
verschiedene Berichte über Fälle von profusen Magenblutungen erschienen,
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
156
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCIffiNSeHRIFT.
•No. 7
in denen der Sectiönsbefund negativ war. Ich selbst habe ^ ie J hat £ . S ^^
mehrfach bestätigen können, namentlich bei Anämischen können solch
m-ofuse Blutungen sogar zum Exitus letalis führen. Ich bin nun aber
nicht der Meimmg, dass es sich bei den hier mi te eth «^
hochgradiger acuter, auf Atome beruhender Magen^weite
rungm Wirklichkeit um eine sozusagen ganz unvorbere^t airftrotende
Affection handelt, sondern es muss für die Entstehung derselben allemal
eine durch besondere Umstände erzeugte Disposition wigemnnme
werden. Dieselbe besteht zunächst in einem bereits vorliegen¬
den leichteren Grade von Atonie, d. h. mangelhafter Triebkraft
des Organs. Bei meinem Kinde lag es nahe, die Ursache davon
Ueberfütterung zu suchen, bei der zweiten Patientin m der q ^ s ^^ k it
Anämie. Unter dem Einfluss einer plötzlich hmzutretenden Schädlichkeit
wird die mässige Atonie zu excessivem Grade gesteigert. Dieses
bruch der Erscheinungen unmittelbar vorausgehende schädigende Moment
bestand das eine mal in der acuten Dyspepsie, das andere mal m dem
Auftreten einer Magenblutung. Beide müssen in leicht begreifliche
Weise zur weiteren Abnahme des Tonus beitragen können. \ leileicht
spielt bei dem raschen Fortschreiten der Krankheitserschomungen dann
noch die infolge gesteigerten Durstgefühls statthabende unzweck¬
mässige Aufnahme grösserer Flüssigkeitsmengen eine Kolle^
Wir wissen aus neuerer Untersuchung (v. Mering), dass der Magen
schon in der Norm wenig von den in ihn emgeführten Flüssigkeiten
resorbirt. Besteht daher ein, wenn auch ursprünglich nur massiger
Grad von Atonie, so kann reichlichere Flüssigkeitszufuhr — im \ erein
mit den vorhin erwähnten schädigenden Momenten — sehr leicht den
Kranken in einen Circulus vitiosus versetzen: die Triebkraft des Organs
wird noch mehr vermindert, die Resorption von Flüssigkeit gleichfalls,
damit steigert sich wiederum der Durst mehr und mehr, es werden neue
Quantitäten Flüssigkeit aufgenommen, und so geht der Zustand ganz acut
in hochgradige Magenorweiterung über. Trotzdem sind die Fälle sehr
selten und prognostisch sehr schwer zu beurtheilen.
2
Herr A. Fraenkel: Demonstration eines kleinapfel¬
grossen, sackförmigen Aneurysma des Arcus aortae, welches
in wenigen Tagen durch Erstickung zum Tode führte. Ich
lege hier ein Präparat vor, das nicht bloss ein praktisches Inter¬
esse hat, sondern auch wegen des wahrhaft tragischen Verlaufs
des Falles gezeigt zu werden verdient. Ich habe schon mehrmals
in unserer Gesellschaft Aneurysmen demonstrirt. Dieser Fall be¬
trifft einen 85jährigen, in der Blüthe seines Lebens befindlichen,
ausserordentlich kräftigen Mann, der am 10. Januar 1894 mit
den Symptomen hochgradiger Trachealstenose, laut hörbarem Stri¬
dor, tönendem Husten u. s. w. in das Krankenhaus am Urban auf¬
genommen wurde. Die Untersuchung ergab ein ziemlich negatives
Resultat. Beide Radialpulse waren gleich; ich untersuchte sofort
den Kehlkopf, aber es war nichts wahrzunehmen, weder an den
Stimmbändern noch im Larynx und der Trachea, ausser einer lividen
Färbung der Theile, auch keine Pulsation oder Dämpfung am
Thorax. Es fragte sich, ob es sich um eine Stenose durch extra-
trachealen Druck handele oder um Veränderungen in der Trachea
selbst, bezüglich deren in analogen Fällen ja immer zunächst an
die syphilitische Form der Verengerung zu denken ist. Man
konnte bei dem Kranken tief in die Trachea hineinsehen, jedoch
konnte weder ich, noch Herr College A. Kuttner, den ich rufen
liess, und der den Patienten nach der Killian’schen Methode mit
horizontal gestelltem Spiegel in knieender Stellung untersuchte, ein
Hinderniss sicher erblicken. Nur in der Tiefe, in der Gegend des
linken Bronchus glaubte Herr Dr. Kuttner das Lumen der
Trachea etwas verengt zu sehen. Nachdem der Zustand 48 Stunden
gewährt hatte und wir die Ueberzeugung gewannen, dass der
Patient an Erstickung zugrunde gehen würde, fühlte ich mich
gedrängt, noch einen letzten Versuch zu machen. Ich veranlasste
Herrn Collegen Körte zur Tracheotomie, um eventuell einen
Katheter in einen Bronchus einzuführen. Das gelang nicht, und
der Patient ging sechs Stunden nach der Tracheotomie zugrunde. Im
Krankenhaus war er im ganzen drei Tage, die Krankheit hatte in
Summa sechs Tage gedauert; bis dahin war Patient anscheinend völlig
gesund gewesen, nur in den letzten vier Wochen hatte er manchmal
beim Treppensteigen ein leichtes Oppressionsgefühl, das ihn aber nicht
an der Ausübung seiner Pflichten hinderte. Ich hatte ein Aneu¬
rysma am Bogen der Aorta oder ein solches der Anonyma dia-
gnosticirt. Bei der Section fand sich in der That ein sackförmiges
Aneurysma von der Grösse eines Borsdorfer Apfels, am Arcus;
dasselbe communicirte durch eine markstüekgrosse Oeffnung : mit
der oberen und hinteren Wand des Arcus in der Strecke zwischen
Abgang der Arteria anonyma und der Subclavia sinistra. Es war
zu einer unvollständigen Perforation, bezw. einer bereits dem Durch¬
bruche sehr nahen Usur der vorderen Trachealwand gekommen.
Dies ist nicht der einzige Fall meiner Beobachtung, wo ein Aneu¬
rysma durch seinen Sitz in kürzester Frist zum Tode geführt hat. So
tragisch der Hergang dieser Fälle ist und so sehr man sich versucht
fühlt, einen Eingriff vorzunehmen, um dem Patienten Erleichterung
seines qualvollen Zustandes zu bringen, würde ich doch in-Zu¬
kunft von solchen Versuchen Abstand nehmen. Hätte der Patient
wenige Tage länger gelebt, so wäre er an einer tödtlichen Blutung
zugrunde gegangen, und die Einführung des Kätheters hätte leicht
den Eintritt derselben befördern können. Zum Schluss weise ich
darauf hin, wie außerordentlich schwer die Differentilaldiagnose
zwischen Aneurysma und Tumor unter Umstanden ist. Gerade
dieseiFallgiebt ferner eine schöne Erklärung dafür wie ein
solches Aneurysma zu Blutungen führen kann und solche Blutungen
durch Gerinnung > zum Stillstand kommen können, um paturhch
nach einiger Zeit sich zu wiederholen. Einen solchen Fall habe ich
eben wieder in den letzten Tagen in der Privatpraxis gesehen.
Ich habe mich schon öfter* dahin geäussert, dass diese bei jugend¬
lichen Individuen sich findenden Aneurysmen vielfach, vielleicht
immer syphilitischen Ursprungs sind. Ern Blick auf die Aorta
zeigt, dass die Veränderungen der Intima sich hier wesentlich
von denen bei der Altersarteriosklerose unterscheiden Es han¬
delt sich fast stets um auffallend weiche, nicht verkalkende Plaques.
8. Herr Lennhoff (vor der Tagesordnung): Demonstration
eines Palles von Venenthrombose. Es kamen zwei Fälle inner¬
halb der letzten Tage in der Poliklinik von Herrn Prof. Litten
zur Beobachtung, von denen einer demonstrirt werden kann. Der
andere betraf ein 23 jähriges Mädchen, welches im übrigen gaoz
gesund war; es ist nur bemerkenswerte, dass die Thrombose
während einer Influenzaerkrankung entstand. Dieser Patient, ein
48 jähriger Kaufmann, ist seit vier Jahren wegen Emphysems in
Behandlung der Poliklinik, im übrigen ist er ganz gesund. Er hat
nun seit 15 Jahren ohne auffindbare Ursache grosse Vancen am
rechten Bein. Vor acht Tagen fühlte er plötzlich Schmerzen in
der Gegend des rechten Kniees und sah zugleich dort eine schwache
Röthung. Er machte einige Tage Einreibungen und kam dann zu
uns- wfr konnten constatiren, dass in der Vena saphena eine Throm¬
bose in einer Länge von 25-30 cm und einer Dicke von 3-4 cm vor¬
handen ist. Wir Hessen natürlich keine Einreibungen mehr machen
und mussten überhaupt von jeder mechanischen Behandlung ab-
sehen, weil es sich zeigte, dass die Vene nicht, w}e es scheint,
durch den Thrombus vollständig verstopft, sondern dass sie noch
für Blut durchgängig ist. Wenn man sie nämlich oberhalb der
thrombosirten Stelle comprimirt, oder den Patienten durch Aus¬
übung der Bauchpresse dies selbst besorgen lässt, so schwillt, wie
Sie sehen, die Vene sehr bald zwischen Thrombus und Lom-
pressionsstelle prall an. Wir beschränkten uns darauf, absolute
Bettruhe anzurathen, Hessen Bleiumschläge machen und Quecksilber¬
pflaster auflegen. Schmerzen und Röthung sind zurückgegangen,
der Thrombus zeigt natürlich noch keine Veränderung. _
Herr Gerhardt: Mir sind in letzter Zeit auffällig viele Venenthrom-
bösen vorgekommen. Dabei hat sich die merkwürdige Thatsache hera^
gestellt, dass von meinen Charit6abtheilungen eine fast ausschliesslich
die Venenthrombosen liefert, nämüch die Frauenklinik. In letzter
Zeit kam ein Fall von schwerer Chorea bei einem Mädchen vor, das eDen
das Kindesalter überschritten hatte. Die Krankheit besserte sich ,
es entstand dann aber unter Temperaturanstieg eine ausserordentlich
schwere Femoralthrombose, die sich bis in die Bauchdecken e r st J ec ^ e ’
dann aber wie gewöhnlich bei völliger Bettruhe allmählich hedte .. je
möchte fragen, ob vielleicht noch mehrere Herren Collegen em gehämws
Vorkommen von Venenthrombose in letzter Zeit zu Gesicht be o
hab6 Herr Becher: Die Fälle sind doch nicht so selten. Vor zwei
Jahren behandelte ich eine Venenthrombose bei einem 52jähngen »
die ausgedehnter war als diese. Der Kranke hatte Vancen, ■ -
dadurch zugezogen hatte, dass er hohe Strümpfe trug und die P
bänder eine Abschnürung herbeiführten. Ich liess ihn mehrere c
lang liegen, weil ich befürchtete, dass sich em Stück des Throm
ablösen und in die Circulation gelangen würde. Der Fall wur g •
Ferner hatte ich neuerdings eine Dame von 40 Jahren mit .au e
langer Thrombose in Behandlung, auch hier behandelte ich nur dur *
Ich möchte warnen, bei diesen Thrombosen Einreibungen zu m »
ist leicht möglich, dass man durch Massage einen Thrombus löst,
giebt ja auch Todesfälle bei Venenthrombosen. Ich erinnere daran öass
der Landesmarschall v. R. an Embolie infolge von Thrombose m kurzer
Zeit zugrunde gegangen ist. Ich glaube, die richtige The p
d ” Ue H d e™Lfue L nT'Dor heute demonstrirte Fall-hat doch ein «■> ^
vorragendes Interesse, das aber nicht zur Geltung gekommen i .
würde den Fall nicht haben zeigen lassen,,, da Venenthrombosen jeder
schon oft genug gesehen hat, wenn hipr nicht ganz besondere i _
Verhältnisse vorlägen. Die enorme Varicenbildung reicht, ™ Rand-
vom Ligamentuni Poupartii an bis weit auf den Unterschenkel he ■ • ,
breit oberhalb des Kniegelenkes beginnt die Thrombose, ,, «
die bis auf Dreifingerdicke ausgedehnten Venensehlingen, dies «
ständig ausfüllend, über den ganzen Unterschenkel fort, nbe ,^
rücken und auf der Planta pedis weiter bis zur Vena popli . ^ eS
erstreckt. Dicht oberhalb des Kniegelenks auf der vorderen ■ ’ •
Oberschenkels fühlen sich die Thromben als dicke fleischige
welche eine weiche Consistenz haben. Niemand, der diesen ’
würde glauben, dass'die Vene an diesen thrombosu-ten Absc ^
flüssiges Blut enthielte; und doch ist dem so. Wenn ich d 16 . an .
halb des Thrombus Cornprimire oder den Kranken die Baue P
wenden lasse, so tritt eine enorme pralle Anfüllung sämmtkehe , q . ten
Venenschlingen ein, ein Beweis, dass die Vene" auch in den tnr
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
15. Februar.
diastolischen Ton °rk j lr c A on8ta tirten einen lauten, klappenden,
^räusch in der CarnfuT n** Aorta ’ ein systolisches, dumpfes
^alarterien rvc* r L Garotidenpuls hüpfend, Pulsus celer der
Tönen der AortJ ^n! 1 !r h f ’ dumpfes Geräusch über der Carotis,
der h6ufaci enz der d AoÄlap p a ^ larpUlS ’ 3180 ErsclleinuD g en
kzogen, abe/daf 1 ™. 0 E * s ®“ ss i° I > habe ich mich auf diesen Fall
baldig Autan«. j* mir nicht drucken lassen, weil ich
, Kranken vorhersehen konnte.
fäU« in der habe ich zwei ähnliche, aber leichtere
'fsonde Croner S ^l®. mi i. meinem wehrten CoUegen und
^«hkumaüsmus, Beldes ware “ J un g e Männer, welche
Selten hatten RuifTu^ 611 und ein Vitium cordis zurück-
^Pitzeund einnn .!• atfc ?? em : systolisches Geräusch an der
Ventrikej 8 tark w dia8tollsck ©n Ton über der Aorta, der
H Spitzenstosf ho^ ^\ H T 8p i tze Iinks von der Mammillar-
S er Patient Puls überaU hoch und celer.
Herzklopfen, zeitweisn wenig Beschwerden, nur
Erschwer zuW S L Atheinb ? Wejnmun g’ es war für den Arzt
Ä üthet ^rdeu koS n ’ ^ ^ regelmässige Thätigkeit ihm
ßeörtheilmuf d®a p 1 ^ 6 # Dieses Maass hmg nicht wenig von
* 8 Herzfehlers ab. — Der zweite Fall, ebenfalls
Stellen von Blut durchfloBsen wird. Natürlich liegt unter diesen Um
ständen die Gefahr, dass sich Bröckcl des Thrombus loslösen und als
Emboli in die Lungenarterien gelangen, nahe,., und dementsprechend muss
man die Thrombose behandeln. Die frühere Therapie, welche in Ein¬
reibungen mit grauer Salbe bestand, ist wohl überall gänzlich verlassen-
statt dessen lagere man das Bein hoch und bedecke die throfnbosirten
Partieen mit kahlen Umschlägen. An und für sich hat der Fall auch
insofern Interesse, als em Mann, der nicht eine stehende Lebensbeschäfti-
gung hat, sondern sich viel bewegt, ein® einseitige Venenthrombose von I
dieser gewaltigen Ausdehnung bekommt. Ich kann keinen Anhalt für
die Entwickelung geben, wahrscheinlich beruht sie auf primärer Erkran- '
kung der Venenwand. Der andere Fall von Thrombose der Vena tibialis
ant, welchen , wir wenige Tage vorher beobachteten, beruhte auf voran¬
gegangener Influenza.
4. Herr Leyden (Demonstration vor der Tagesordnung)• Ich
habe zwei Herzen zur Demonstration mitgebraeht.
a) Das eine Herz gehörte einem 19jährigen Mädchen an das
mehrere Monate auf der Klinik wegen chronischer Herzkrankheit
krank gelegen hat und unter den gewöhnlichen Erscheinungen zugrunde
gegangen ist. Die Herzkrankheit hat sich im Zusammenhang mit
Gelenkrheumatismus entwickelt. Der Fall würde nichts ausserordent¬
liches darbieten, wenn nicht die am Herzen und Gefässapparat beob¬
achteten Erscheinungen ihn in gewissem Sinne an die von Herrn
M.Litten kürzlich vorgetragenen Fälle von Pseudoinsufficienz
der Aortenklappen anschlössen. Ich sage, in gewissem Sinne
denn m anderer Beziehung weicht dieser Fall wiederum davon ab’
Herr Litten berichtete über solche Fälle, bei welchen am Gefäss¬
apparat die bekannten Erscheinungen der Aorteninsufficienz deutlich
und constant vorhanden waren, nur fehlte das. diastolische Ge-
räusch und die Autopsie einiger dieser Fälle erwies volkommen
normale, zarte Aortenklappen.
s ,hii«. de f Sf l ? us l s i on * ies ich auf andere, aber doch hieran an-
“ Fi * u ® hm ’ die mir im Hospital und in der Privatpraxis
i W i r 1 '“Seliommen and, nämlich Herzfehler grösstentheils bei
X hLf f ldU f n J Und “ Anechluss an Gelenkrheumatismus,
Murch charaktenart, dass die betreffenden Patienten am Gefäss-
'S dem Herzen die Erscheinungen darboten, die der In-
^artenUappen entsprachen; aber es bestand kein dia-
L dfr Privo^f ew systolisches. Die Erscheinungen, welche
untercnrhf Pla f 1S ^[‘ edlc ^ nicht nach allen Richtungen so ganz genau
W6rden , kowiten ’ wie Herr L ^ten sie vorgetragen hat,
prä ^ ant: der ü Q ke Ventrikel war hypertonisch
SLt nnl Spitze A nstos8 ^it nach links dislocirt, hoch, re-
an der D - 16 Au , scultatlon er gab ein systolisches Geräusch
der Aorta P nnri d 6men de ^ llchen reinen diastolischen Ton über
gerecht laut™ ^ P 11 ^ 611 Herzen, so dass die Diagnose schul-
ÄÄ müBste A V &B ^ denz der Mitralis ohne Betheiligung
SÄl,| Ab f di ? | rosse . Dilatation des linken Ven-
Puls d er p arnt;H u ^ a end » sowie der weit-dislocirte Spitzenstoss. Der
erJÄ? ™ le F un i d hü Pfend, die Auscultation derselben
Hohes Tönen der ArW^fp 168 Geräusch, ferner constatirte man deut-
Ich fiusserte (C ™ ra H in *wei FäUen auch Capillarpuls.
wäre ob diese Faiizf V* ? er Ljspussion, dass ich zweifelhaft geworden
gleic In f uffi A Clenz der mMis und ^ht vielmehr als
insofern für di« Pro^ d ? r ,f- or t e . nkla PPen zu deuten wären. Das ist
Mitralis für iu^end^haT^ & leich g dl %« als die Insufficienz der
stattet als die Lidmduen eme vieI bessere Prognose ge-
Zu die fe safficienz der Aortenklappen.
Dinen demonstrirA ^ nu ? der vorliegende, dessen Herz ich
bei uns gelegen und El ? Patl „ tm bat lange (seit November a. p.)
^guniStwnJ St V w. Herrn Goldscheider und mir sehr
diastolischen Ton °nf n ’ Y lr c ° nst atirten einen lauten, klappenden,
DEUTSCHE MEDlCfNISCHE WOCHENSCHRIFT.
157
ein junger, blühender Mann, hatte, auch nur wenig Beschwerden
is er un vergangenen Herbst nach kaum angedeutetem Gelenk*
W%Zt S 7 S T SCh r r6 i End °- und Heriearditis erkrS
Während des langen Krankenlagers, welches schliesslich in Ge¬
nesung bis auf den früheren Zustand endigte, hatten wir, College
Croner und ich, viel Gelegenheit und Veranlassung, Herz- und
^Vir haben niemals ein diastolisches
Geräusch gehört, der diastolische Ton ganz rein, die übrigen Er¬
scheinungen sind schon berichtet. Auch hier glaube ich, ist das
Bestehen einer Aorteninsufficienz anzunekmen.
He r z .8j eb * nan e! “« epikritischo Illustration
sicher Fälle, Welche wie ich glaube, abgesehen ton dem allgemein
wissenschaftlichen Interesse, auch eine praktische Bedeutung haben.
Das Herz ist, wie Sie sehen, stark vergrössert, besonders ist
der hnke Ventnkel stark hypertrophisch und dilatirt Auch der
ff™, Vcntrikei t ist in mässigem Grade hypertrophisch. Auf der
überfläche des Herzens ist eine totale, ziemlich feste Synechie
beider Pencardialblätter zu constatiren.
Wäß nun die Klappen des linken Ventrikels betrifft, so zeigt
sich nicht nur die Mitralis verdickt und insufficient, sondern auch
die Aortenklappen sind deutlich erkrankt, und zwar in solcher
Weise, dass sie uns vom Herrn Obducenten positiv als insufficient
bezeichnet worden sind.
u Obductionsprotokoll über das Herz lautet: Synechie
beider Blätter des Herzbeutels im gahzen Umfange. Herz bedeutend
vergrössert; starke Verdickung der. freien Ränder der Mitralklappe
Verkürzung der Sehnenfäden, starke Dilatätion des linken Vorhofes
und Ventrikels mit auffälliger Dünnheit der Wandung an der
Spitze. Fibröse Veränderungen in der Substanz der Papillar-
muskeln. Enge, dünnwandige Aorta-Synechien, der Aortaklappen
an den seitlichen Insertionen, starke Verkürzung und Verdickung
der ganzen Klappe, besonders auch der überschlüssigen Stücke, an
denen einzelne frische, verrueöse Wucherungen sitzen.
Hier an dem Präparat sehen Sie, der Beschreibung ent¬
sprechend, die verdickten und verkürzten Aortaklappen.
Wenn ich nun diesen Fall an die von Herrn Litten mitge-'
theilten Beobachtungen anschliesse, so besteht die Aehnlichkeit
darin, dass intra vitam alle Erscheinungen einer Insufficienz der
Aortenklappen bestanden, nur ein diastolisches Geräusch fehlte
dauernd. Die Differenz besteht darin, dass Herr Litten in seinen
Fällen ganz intaete Klappen gefunden hat, während hier die
Klappen stark afficirt sind. Intra vitam besteht also eine grosse
Aehnlichkeit der Symptome. Man wird auf den Verdacht einer
Betheiligung der Aortenklappen in unseren Fällen schon durch den
vorangegangenen schweren Gelenkrheumatismus geführt werden.
Das Interesse solcher Fälle liegt nun darin, dass eine typische In¬
sufficienz der Aortenklappen mit allen Erscheinungen am Gefäss¬
apparat, mit Hypertrophie und Dilatation des linken Ventrikels
lange Zeit bestehen kann, ohne diastolisches Geräusch, mit
lautem, reinem, klappendem, diastolischem Ton. Ich kann natürlich
nicht behaupten, dass in diesen Fällen nicht früher einmal ein
diastolisches Geräusch aufgetreten ist; aber in der langen Zeit der
Beobachtung dieser drei Fälle ist ein diastolisches Geräusch bei
sorgfältigster Untersuchung nicht beobachtet worden. Es ergiebt
sich also, dass eine typische Insufficienz der Aortenklappen be¬
stehen kann ohne diastolisches Geräusch; ferner ergiebt sich daraus
für solche Fälle, wo gelegentlich das diastolische Geräusch ver¬
schwindet, dass hieraus nicht auf eine Heilung der (physikalischen)
Insufficienz geschlossen werden darf, so lange die übrigen Erschei¬
nungen am Gefässapparat noch denen entsprechen, welche für diese
Herzfehler charakteristisch sind.
Ich möchte mich im Augenblick nicht darüber aussprechen,
ob und wie sich physikalisch das Fehlen des diastolischen Ge¬
räusches bei der Aorteninsufficienz erklären lässt. Das sind so
schwierige und complicirte Fragen aus dem Gebiete der physio¬
logischen Physik, dass ich kaum wage, darauf näher einzugehen.
b) Auch das zweite Herz, welches ich zur Demonstration mit¬
gebracht habe, verdient Ihr Interesse. Es stammt von einer Patientin,
die an puerperaler Sepsis gestorben ist. In schweren Fällen
von puerperaler Sepsis sind Erscheinungen von Seiten des Herzens
nicht selten. Meistens handelt es. sich um mehr oder minder ausge¬
sprochene Erscheinungen der Herzschwäche, schliesslich der Herz¬
lähmung, welche für Prognose und Ausgang dieser schweren Fälle
die grösste Bedeutung haben. Wir leiten sie gegenwärtig von der
Einwirkung toxischer Substanzen auf das Herz ab, Products der
rapiden Entwickelung septischer Bacterien (meist Streptococcen,
seltener Staphylococcen). Bemerkenswerth iet auch die Tachy-
cardie, welche in der Regel den Herzcollaps begleitet, aber
durchaus nicht immer in correspondirendem Verhältnis zur Herz¬
muskelschwäche steht. Wir beobachteten Fälle, wo ein schneller
Herzcollaps bei 120 Pulsen auftrat, wir haben auch Fälle gesehen,
wo die Patientinnen lange Zeit mit 140—160 Pulsen bei leidlicher
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7
Herzkraft’ daliegen. In einem unserer Fälle hat die Patientin vier
Wochen lang 160 Pulse; gehabt und ist schliesslich genesen
Neben; diesen bekannten Erscheinungen der Herzschwäche und
der 'Tachycardie beobachtet man bei Puerperalkranken auch endo-
cardiale Herzgeräusahe, die auch wieder verschwinden können, und
Zeichen einer mehr oder minder ausgesprochenen Dilatation des
linken Ventrikels. Die Herzspitze rückt nach aussen beträchtlich
über die i linke Papillarlinie -hinaus, der Spitzenstoss ist breit mehr
oder minder kräftig: Muh hört zuweilen ein kurzes systolisches
Geräusch, oder den bekannten, wiel besprochenen Galopprhythmus
der Herztöne, welchen ich von unregelmässiger Ccntraction des
Herzmuskels herleite und als Zeichen einer Dilatation des lrnken
Ventrikels betrachte: Man beobachtet ihn übrigens auch bei anderen
Infectionskrankhoiten, namentlich bei Diphtherie.
i Der vorliegende Fall bot die geschilderten Erscheinungen m
• - ’ --■* j-*- v.nf e i n e so erhebliche
sehr exquisitem Grade, und die Autopsie hat , ,
Dilatation des linken Ventrikels ergeben, wie sie nicht häufig beob¬
achtet wird. . ,
•Die Patientin.erkrankte iin zweiten Wochenbett, nachdem sie
sehr starken Blutverlust gehabt hatte. Der Uterus wurde aus¬
geräumt, .die Blutung stand und wiederholte sich nicht; aber es
entwickelte sieh Fieber. Dies schien eine Zeit lang leidlich zu
verlaufen, dann aber traten Schüttelfröste ein, Thrombose der
Vena - femorälis; sinistra, und schliesslich bildete sich ein peri-
tonitisches Exsudat. Die Pulsfrequenz war hoch, 130—140, der
Herzstoss ziemlich schwach, Herztöne rein, dann trat Galopp-
r-h.ythm.uB auf, und schliesslich constatirten wir ein Hinausgehen
des Spitzenstosseß über die Mammillarlihie hinaus. Am letzten
Tage war der Galopprhythmus so stark, dass die aufgelegte Hand
ein P-römissement fühlte, das an' den Tremor cordis erinnerte. Von
Geräuschen wurde, nur ein ganz kurzes systolisches an der Herz¬
spitze constatirt; Die Autopsie ergab ein sehr blasses Herz, das
keine tiefere Degeneration der Herzmuekelfasem zeigte, und diese
vorliegende beträchtliche Dilatation des linken Ventrikels hei
einer mässig grossen Frau. Sie bemerken gleichzeitig die Abrun¬
dung .und eine gewisse Verdünnung der Muskulatur der Herz¬
spitze. Niohts von Endooarditis. Die mikroskopische Untersuchung
hat bisher nichts wesentliches, namentlich keine nennenswerthe
fettige Degeneration der Muskelfasern ergeben.
■ Herr Litten: Der erste Fall, den Herr Leyden vorstellte, ist eine
sehr Werthvolle Bereicherung der seltenen Fälle von Aorteninsufficienz
ohne diastolisches Geräusch* die Herr- Gerhardt und Herr Ftirbringer
beobachtet und hier nutgetheilt haben. Nachdem, was Herr Leyden über
den Verlauf der Krankheit mittheilte, muss ich an das Wort des Collegen
Fürbringer erinnern, der neulich in der Discussion, welche sich an
meinen Vortrag anschloss, sagte, man sollte die Diagnose der Pseudo-
Äortehinsufficienz erst nach dem Tode stellen. Dieser Fall beweist eben
hur, woraüf wir schon neulich aufmerksam machten, dass die Diagnose
der • Pseudoaorteninsufficienz nur eiiie klinische ist; natürlich kann es
dabei Vorkommen, dass man bei der Autopsie durch Veränderung an den
Klappen unangenehm überrascht wird. Dann möchte ich noch einen
Punkt berühren, der die Frage nach der Entstehung des Geräusches hei
den Aörteninsuffieienzen betrifft. Wir nehmen an, dass der zweite Ton an
den Semilunarklappen durch die plötzliche Spannungszunahme erzeugt
wird, welche die Klappen erleiden, wenn sie sich entfalten, um zu ver¬
hüten, dass das Blut regurgitirt, Die Entstehung des Geräusches beider
Insufflcienz wird. dadurch erklärt, dass die Klappen mit Auflagerungen
bedeckt und nicht mehr fähig sind, einen reinen Ton hervorzubringen,
solidem statt dessen ein Geräusch zu erregen, und wenn beides der Fall
ist, dass neben einem Theil erkrankter noch gesunde Klappen vorhanden
sind, kann man neben dem Geräusch, nach einen Ton hören. Eine zweite
Erklärung für das Geräusch ist das Zusammenprallen der beiden Blut¬
säulen, welche aus der Aorta und dem linken Vorhof stammen und im
linken Ventrikel Wirbel erzeugen. Dass diese letzteren allein ausreichen,
üin ein Geräusch zu erzeugen, lehrt das Experiment. Wenn man Aorten-
insuffleienz künstlich dadurch erzeugt, dass man die Klappen verletzt, so
tritt ein diastolisches Geräusch ein in dem Augenblick, in welchem man
die Klappen zerstört hat, das Blut also regurgitiren kann. Ich meine
also, dass diese Erklärung allein genügen muss, um das diastolische
Geräusch zu erzeugen, und ich wollte gerade den Herrn. Vortragenden
fragen, wie er sich das vorstellt, dass bei einer bestehenden Aorten¬
insufficienz das Geräusch nicht zustande kommt oder vielmehr vollständig
fehlen kann. Er hat allerdings von vornherein abgelehnt, eine Erklärung
dafür zu geben. Ich meine aber, dass diese Fälle, wie sie Herr Leyden
vorgetragen hat, deshalb von ganz besonderem Werth sind, weil sie uns
lehren können, wie sich, je nach den anatomischen Verhältnissen, die in
jedem einzelnen Falle verschieden sein werden, die physikalischen Ver¬
hältnisse gestalten, damit das diastolische Geräusch ausbleiben kann.
.. Herr Leyden: Auf die Bemerkung von Herrn Litten erwidere ich,
dass die Diagnose der Insufflcienz der Aortenklappen eine physiologische
und keine anatomische ist, dass eine Functionsstörung der Klappen aus
den. physikalischen Erscheinungen diagnosticirt wird und die Autopsie
nur darüber Aufklärung geben kann, ob und in wie weit die Klappen
erkrankt sind. Wir können und wollen also nicht auf den Exitus warten,
um eine Insufficiönzr zu diagüosticiren. Wenn Herr Litten behauptete, in
seinen Beobachtungen wären die Klappen gesund, so konnte er das nur
durch die Autopsie beweisen, aber die Erscheinungen der Insufflcienz kann
man nur bei Lebenden constatiren, und hier handelt es sich um die Fälle,
wo durch die Symptome von seiten des Aortensystems der Verdacht einer
Tmiifficienz der Aortenklappen sich aufdrängte, ohne dass diastolische
Geräusche 2 vorhanden waren, und dieser Verdacht hat sich dann auch
bestätigt. Ueber die Deutung habe ich mich nicht ausgesprochen, weil
ich doch nicht als mcdicinischer Physiker ganz au fait bm Seiner Zeit habe
ich mit dem verstorbenen Professor H. Jacobson m Königsberg über die
Oirculationsverhätnisse bei Herzfehlern viel gesprochen und die Theoneen
der Schwingungen und der Wirbelströme viel discutirt. H. Jacobson
war bekanntlich ein ausgezeichneter Physiker er hatte fünf Jahre bei
Neumann Physik gehört. Soweit mein physikalisches Verständmss
reicht, will es mir nicht so ausserordentlich merkwürdig erscheinen, dass
diese Flüssigkeitswirbel nicht immer zu emem hörbaren Geräusche führen
Die Wirbeltheorie ist meines Erachtens nicht so allgemein anerkannt
worden, dass die Erzeugung der endocardialen Geräusche aus Wirbeln so
absolut feststeht, und viele physiologische Physiker und physikalische
Physiologen haben sich dieser Theorie nicht ohne weiteres angeschlossen,
sondern die Schwingungstheorie angenommen. Diese lässt das Fehlen des
diastolischen Geräusches wohl erklären, denn wenn die Klappen sehr
schwingungsfähig sind, geben sie einen regelmässigen kurzen Ton, und es
kommt nicht zu fortdauernden Schwingungen. Ich sehe also weder in
der Schwingungs- noch in der Wirbeltheorie einen Widerspruch dagegen
dass eine Insufflcienz bestehen kann, ohne ein diastolisches Geräusch
hervorzurufen. Gerade wenn die Klappen sehr schwingungsfähig sind,
kann der zurückfahrende Strom wohl derartig sein, dass er nur kurze
regelmässige Schwingungen erzeugt, welche einen kurz abklmgendeu Ion
erzeugen^ ß Lewy: Wenn man Hunden eine Verletzung der Aortenklappen
beibringt, so entsteht nicht immer ein diastolisches Geräusch. Am vorigen
Sonnabend habe ich bei einem Hunde, der allerdings schon zwei Stunden
hindurch zu Experimenten gedient hatte, dessen Herzkraft aber noch gut
war, eine Sonde durch die Carotis oingeftihrt und die Aortenklappen
durchstossen; es entstand darnach gar kein Geräusch, sondern die iöne
blieben absolut rein. Nach einer Viertelstunde wurde das Thier getödtet,
es zeigte sich, dass die hintere Aortenklappe fast ganz abgerissen war
und nur noch an einem dünnen Stiele hing. Sie konnte daher weder
einen Ton noch ein Geräusch erzeugen. Dies spricht dafür, dass me
Geräusche wesentlich in der von Herrn Leyden besprochenen Weise,
durch unregelmässige Schwingung der Klappen, zustande kommen.
Herr Gerhardt: Wenn ich ganz kurz meinen Standpunkt präcisiren
soll, so halte ich allerdings daran fest, dass Herzgeräusche entstehen
jenseits einer verengten Stelle der Blutbahn und dass Herz- und lie ss
geräusche abhängig sind von dem Grad der Verengerung dieser &tel
und der Geschwindigkeit des Blutstromes. Das Fehlen diastolischer
Geräusche bei bestehender Aorteninsufficienz ist mir bekannt bei t>eg i nn
der Aorteninsufficienz, wo die Erscheinungen am Gcfasssystem f schon
voll entwickelt sein können, während das Geräusch erst später eintnt,
und dann bei Aörteninsuffieienzen, die neben anderen Klappenfehlern yo -
handen sind. So würde ich mir vorstellen können, dass, wenn . z u mne
Mitralisinsufficienz auch Aorteninsufficienz kommt, die Geschwindigkeit
des Blutstroms nicht gross genug sein kann, um Geräusch zu erzeuge .
Berliner medicinische Gesellschaft.
(Originalbericht.)
Sitzung am 7. Februar 1894.
Vorsitzender: Herr VircHotf. , np
Der Vorsitzende gedenkt mit einigen herzlichen Worten des rer-
gestem verschiedenen Hofrath Prof. Dr. Billroth.
1. Herr A. Baginsky (vor der Tagesordnung) legt die Organe ei ►
unter den Erscheinungen der pernieiösen Anämie gestorbenenKj 11
vor. Dasselbe ist 3Va Jahre alt, stammt aus gesunder Familie; Arniaiis-
punkte für Lues nicht vorhanden. Das Kind hat vor_ emem Janre g
legentlich eines Falles aus Mund und Lippe sehr viel Blut verlöre .
Neuerdings ist bei einem Hustenanfall eine starke, kaum stillbaretfiu g
erfolgt. Tief anämisch und erschöpft wurde es in das Kaiser- und Kais
Friedrich-Kindorkrankenhaus gebracht. Daselbst zeigte sich ne hed
ungemeinen Blässe ein wechselvolles Fieber, zumeist in t^rnii ttrr e im er ’
mit grosser Abgeschlagenheit und tiefem Elendsein des Kindes. Das
machte den Eindruck, als sei es einer schweren Infection unterworfen,
man dachte an Maul- und Klauenseuche, weil an den Lippen gescb g
Rhagaden vorhanden waren, auch am Daumen der rechten rian
grössere eitrig-vesiculäre Affection sich zeigte. Anhaltspunkte
Annahme einer Infection waren anamnestisch indess nicht zu _
Blutuntersuchung ergab erst Aufschluss; es fand sich eme Heräbmin 8
der rothen Blutkörperchen auf 2680000, mit gleichzeitiger Vermi =>
der weissen Blutkörperchen (Verhältniss Roth : Weiss = 100 :1) im
Verminderung des Hämoglobingehaltes bis 17% (Fleischl) u -
specifischen Gewichtes bis 1037. Im weiteren Verlaufe stellte si
stetig zunehmende Herabminderung der Blutkörperchenzahlen “ erau
zeigte sich am 9. Januar: rothe Blutkörperchen 1804000, weisse> ’
Hämoglobin 22—24, specifisches Gewicht 1020; am 31. Januar: _
körperchon 1296000, weisse 12000, Hämoglobin 22—24, specifisc
Wicht 1020. Der Knabe verfiel langsam trotz sorgsamster Pflege,
lieh stellte sich noch ein Abscess in der Kniekehle heraus, der P
werden musste und dessen Eröffnung eine schwer zu stillen » . .
auch nur geringe Nachblutung folgte. Es traten Diarrhöen em >
dazu zwangen, die verabreichte arsen-eisenhaltige Guberquelle aus ’
dabei hohes Fieber mit intermittirendem Charakter, dem de -
schliesslich erlag. Während der ganzen Beobachtungsdauer k( m
einenqüälendenHusten constatiren mit hier und da auftretendem d
athmen an der Lunge, ferner eine erhebliche Dilatätio corois mi
Digitized b"
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15. Februar.
Schiebung des ganzen Herzens jiach rechts, augenscheinlich unter dem
Einfluss der links etwas geblähten voluminösen Lunge Die mehrfach
TOderholte mikroskopische Blutuntersuchung ergab ferner während der
Beobacbtungsdauer schwere Veränderungen in demselben, Poikilocvten
Mikrocvten, keinhaltige rothe Blutkömerchen vereinzelt, Megateblaiten’
sehr ungleiche VertheUung des Hämoglobins in den Blutkörperchen ferner
grosse Hauten oder mehr einzeln liegende kleinste, wohl den Kemo-ebiWen
ursprünglich zugehörige Partikelchen rundlicher Art, die sich methvlen
blau Srbtem endlich vollständiges Fehlen der eosinophilen Zellen und sehr
sparsames Vorhandensein poljmucleärer Leukocyten. Die SecUon zehrte
neben tiefster Anämie von Dokh-n und Rückenmark eine erhebliche Diktate
cerdis nut schwerster Verfettung der Herzmuskulatur. Verfettung des Tiber
und Nierenparenchyms. Leber und Milz im übrigen derb und T
llih mit reichlichen Follikeln. Nebennieren intact. Darm anänmch leicht
katarrhalisch. Im Knochenmark der grossen Röhrenknochen und in dej
bpougiosa des Sternum nichts abnormes. Die mikroskopische Unter-
suchung der Organe bleibt Vorbehalten. p unter
luni* 2 ' Her L S l? a l or ste A fc zwei Patienten vor, von denen einer an
bUiirer atrophisch* r , der andere an hypertrophischer Leber.
«ÜThose leidet, a) ein 46jähriger Handelsmann aus Russland, nicht über-
mässiger Alkoholiker, hat vor 20 Jahren an bald vorübergehendem Ictei^
gehUen. Im Juni 1893 trat wieder Icterus ein, der aber sehr hartnäckig
wurde, so dass Patient un September Karlsbad aufsuchte, wo sich aber
M-m AUgemembefinden verschlechterte, so dass die Cur abgebrochen wm-de
Am 10 November kam er nach Berlin mit folgendem Status praesens :
hehr starker Icterus, quälendes Hautjucken, grosse allgemeine Schwäche’
pisse Leber, bis zum Nabel reichend, glatt und nicht druckomnfiT 1 f^Kfh ,
Cgend dCi; Ga !! eablase ein gjatter Tumor, keine MilzvergrüLerung’
““T* 1B ?T?r fä f. syst ??, Stuhlgang ungefärbt, Urin dunkel mit
Ski, Re , act , 10D p au / Bihrubin. Die eingeleitete Behandlung blieb erfolglos
vielmehr trat Fieber auf mit einer Vergrösserung des Gallenblasen-
urnors bis zur Apfelgrösse. Eine Diagnose wurde nicht mit Bestimmt¬
heit gestellt. ^sprachen das Fehlen von Gallenstein-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
koliken und die Ektasie der Gallenblase. Aber“ äid^für^cin malimies
^jdasma waren kerne bestimmten Anhaltspunkte zu finden, die Leber^ar
fi a . ’ Drüsenschwellungen bestanden nicht. Allerdings war im Verlauf im
SeS Ätdnmt ****** 6rh5hte R-'^nz zu cInsteDrem
IVv ?„ j den r mdruck eines Tumors machte. Vielleicht dass durch
eine Entzündung der Ductus choledochus verschlossen war Bei der star
UnbchweUungderOollenblaso und in der Hoffinmgdurch e£e (Wten
J»r Dupiose gelangen zu können, wurde am 27 November 1893 di!
kert eC ''Beim m \bta!te ÖCbb ”!? d ^ durch . ca ’ 200 ccm klare Flüssigkeit ent-
fnr den VeraM™LT»!?™ °I >cratl0 ? s w l " 1 <i«. “is konnte eid Grund
kein Stein kein Tumor r , en 8 ln f es , n * c ' lt e ™ rt; "'erden, es fand sich
MMerÖüeratlmIAA> r Z “ sta J> d Patienten änderte sich dann
Leber sich beMXlirh L*', 1 ! e8 ^ hende ’: GMlenblasenfistel insofern, als die
äit Umlane ühnnlmi Ai Lleinerte und die Resistenz im Epigastriuni anfangs
» Lozeichnen, daS
Stehen s idzrtS i!firh t »»»geschieden wird, die durch
hestandlheilf wie a ?f, sieht - j edoc b Leine Gallen-
Lr-aebedes iChlussSo^ T “• Cholesterin - enthält. Ob die
lieber, sicher ist . Z “•?amor der Gailienwege ist, scheint noch nicht
fysticus und Ductus heDaticuTnrW , hl f r m [ fc emem Verschlüsse des Ductus
riar RfestauratPiir S A uf i r S i oder . ck °lcdochus zu thun haben.-h) ein 40jäh-
I<«Wb nac T hdem im 0 ^ober ein temporärer
hat nie kolikartifre Sehmernseit-emem Jahre permanent ikterisch. Patient
gemagert. Die Untersnrün™ geh . a w bat S^ten Appetit, ist aber stark ab-
glatten, nicht höckeriirpn T oi, g , er ^ ie ^ eme bedeutende Vergrösserung der
Stahl dunkel, im Urin ist koin ? r?-f- rg S sse *j te Milz, ke bie Gefässstauungen;
haben hier aS da ^ e ^ en «ichlich Urobilin. Wir
^Wcirrhose mit Icterus^und^Mil^ i V °i? IIan °S s hypertrophischer
ihn als Urobilin-Tpton.o rjilzschwellung. Man könnte versucht
hterusform begegnet noch vioif U ^ eze Jjhnen, allein die Lehre von dieser
stehung des lleraf dnrfh tt! f v - 6n Zw , eif ® ln - Man bestreitet die Ent-
Anwosenheit von Bilirubin in ifp ,ln u nimmt . m solchen Fällen eine I
' e D wurde im Blute Bilimhin de . n Gew eben_an. Auch bei diesem Patien- '
dafür können wir bm/f U ? en ' < ^ eshalb dieser Körper im Urin
Herr A Fr^ni^ \ Gshm ™^ Erklärung geben,
des Herrn Senator inV^ 1 ^ Zeit ei ? en ähnlichen Fall wie den
P ch ^t, da er vielleicht *Jr aJÜ}* 1 * 1 ™* gebabt ’ über den er kurz be-
bleten möchte. Der 45iäW™ Kf“ 11 / Jen f s FalIes eini ^ e Anhaltspunkte
Krankenhaus aufgenommen Patlen . t vor circa acht Wochen in’s
^ erkrankt. Die tSlV'’ 31 * stark ikterisch, seit August 1893 mit
ftMbaren wie sichtbien Tnm ? ejgab Vergrösserung der Leber und
Abmagemng Di P T n?^ in der Ge S end d <* Gallenblase, starkes
5* m ^gnem Processe neSSf 10 ? 6 !. s . cbwaakte zischen Cholelithiasis
ftzterem zu. Da die Knrhi^ 6 S1C J 1 jedocb we g en der Kachexie mehr
bedrohlich zunahrn^ 6 zeit ^ eise auftretenden Schüttel-
r J 5le ?ang der GallenbWwnrilJ^ 6 ZUr °P eration geschritten. Nach
;‘5! a 8keit entleert- !! n e! de die ® e P l . inctirt 150—200 ccm trübe
p l6 bündsackartiV In Hpf* p 511 ^ 0 , n jcht gefunden, die Gallenblase
^n,lT u st ’ der ektatische GaTloiP e ^ end de i ® dus £f nd 8 ^ c h eine zweite
zu fi?i ° Sei1 Eite r entarte G ^ g \ Q - g ’ T. de S ^ Puncfcion ca. 100 ccm
Ä' Es wurden AuUnni^ hl6r kein . Stein nach de m Darm zu
Kl eber fieI in der Fl fi P i f n v g ? aC - ht und eino Fistel angelegt.
v ltlent starb. Dio ab ’ die Eachexie nahm aber zu und aer
JS 1 »,»«* demIkaÄ' da ? T ?^ dro P s vesicae felleae mit
Die fw, cbok dochus ein klrino? p 1CU:S bestai } den hatte; am Ausgang des
dö h? er - mit Eiter erfüUten d ? n Ausgan ^ verschloss.
Wle der Ductus h fi n n tt, gä f ge i. d ‘ h ’ sowohl der Chole-
g ge des rechten ÄI n t P n f 1C " s , UIld M dle intrahepatischen GaUen-
^eDeriappens stark ^dalatirt. ' Offenbar hatte der Sitz
_ 159
Stauung das Eindrkgen 158 ^^Bacterie^n^ie^ 0 ? 11 !! 111 bedii ^^-
wodurch es einerseits* zu einer ^ E^tztodnn? vermittelt,
andererseits zur Eiterung im Choledochus und dftn^T^h^ 10 ?! des C ^ sticus ’
kommen war. eooenns und den Eebergallengängen ge-
richte?Tlginden r ß^fuSd* RechtefLeh^nl inz ^ rischen untersucht und be-
horizontalen. aber glatt und^ scharfran^Ä! n vergrö t ss ^ bk ^ Kabel-
Leberlappen hart, höckeri-^ oSÄ d • ° n norraaIer C cnsistenz, Unker
setzt. Beim Eingehen du?ch dTe Fistel sinTar der TlT T *! m0 / d r Urcl1 -
sü-~- —“Ä'SiÄ
habe 6
ssüüps
i^f^'sss^ssös
“len äc bis^o Ä ft Z “p ‘*'■ Ob fc “ü
Foiiicf w -k* i iy9 °l Ü Reiche die Berechnung noch nicht vorliege der
Fall ist, bleibt abzuwartfen. Sowohl Herr Neumann als Herr Guttstnd?
semn im Irrthum wen f n sie mit Herrn Wey 1 aus d«r vSidch^ d»
Ii fft 7 ^ gS T tate T tgehende Schlüsse zögen. Der erstere übesehe
dass 1871 em abnonnes Pockenjaiir, der letztere? dass die Betheiligung de;
Bp?» C l^? dfiIleil i Ge T f chl . ec hter und Altersclassen an der Zusammensetzung der
Bevölkerung doch erhebliche Differenzen zeige; beide aber?da^ die sociale
Zusammensetzung der zum Vergleich herangezogenen Bevölkerung wesent-
SÄwf" armen, kindeiTeichen Leute wuS inf2 e
^ ohnungsmiethen nicht nur an die Peripherie gedrängt, son-
deni gezwungen Berlin zu verlassen und sich in den Vorortef anzu-
siedeln. Auch der Abfall der Geburtenziffer sei dXTnur eln
scheinbarer, hervorgerufen durch die Verschiebung in der Zusammen?
Setzung der Bevölkerung. Während in Berlin Geburten und Sterbeziffer
a ° S p C n he T nd a q, ü ® br y ea ’ steigen sie in rascher Progression in den Nachbar-
orten, deren Statistik allerdings — dank der Haltung des preussischen
statistischen Amts — bis auf Charlottenburg selbst eine recht mangelhafte
ooo f,?wi N ß7 d ^ ar ? im p ei r die Gebartenziffer v °n 44,81 in 1885 auf 63,5
1889 und 67,^1 / n der Berliner Ziffern im Jahre 1890 gestiegen, und dem¬
entsprechend die Sterbeziffer von 43,8 auf 60,48 resp. 63.5. Man müsse
Berirn statistisch ü 2 tt den Vororten zusammennehmen, wie das Boeckh
bmher leider vergeblich verlangt habe. Würde Gross-Berlin, die Einverleibung
?•? / n° rte i Tbatsa ^ he ; so würde zum grossen Erstaunen der Schwärmer
für die Canalisation Gehurten- und Sterbeziffer mit einemmal steigen. Frei¬
lich sei die Canalisation etwas sehr angenehmes, eine selbstverständlicho For¬
derung des Culturmenschen, aber ihr Einfluss auf die Gesundheitsverhältnisse
sei eben bis jetzt erheblich übertrieben worden. Sie wirke doch wesentlich
nur indirekt m der Richtung der Verbesserung des Trinkwassers, einmal
dadurch, dass sie den Boden vor Verseuchung bowahre und uns in
Strassen und Höfen brauchbares, imschädliches Brunnenwasser sichere,
zweitens indem sie die Flüsse vor Verunreinigung mit den Abfallstoffen
behüten soll und uns damit ein zuverlässigeres Loitungswasser garantirt
Seitdem wir durch Koch wissen, dass zur Infection das Hineingelangen
körperlicher Elemente in den Organismus erforderlich sei, kann doch von
den Gefahren der Grubengase und der Bodenluft im früheren Sinne nicht
mehr die Rede sein. Gegenüber der Verherrlichung der Canalisation
werde die centrale Wasserversorgung in ihrer Bedeutung entschieden
unterschätzt; das hätte wohl in der wenig rühmenswerthen Beschaffenheit
des Berliner Leitungswassers seinen guten Grund. Die Vergleiche der
Berliner Sterblichkeit mit der anderer Grossstädte müssten noch viel
vorsichtiger beurtheilt werden, da seien jedesmals die individuellen Ver¬
hältnisse jeder Stadt zu prüfen. Wenn Herr Guttstadt erklärt die
Sterbeziffer sei m Berlin stärker gesunken als in den meisten anderen
preussischen Grossstädten, so hat schon Herr Oldendorff daran er¬
innert, dass auch die Geburtenziffer stärker gesunken sei. Die Vergleiche
des letzteren mit. der Provinz Brandenburg seien aber ebenso wenig
beweisend, denn die Berliner Vororte rechnen ja zur Provinz, Berlin ver¬
schlechtere ja erheblich die Statistik der Provinz. Die von Herrn Weyl
„unanfechtbar bewiesene** wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes
in Berlin halte einer objectiven, gewissenhaften Kritik gegenüber nicht
Stand, die allein im Jahre 1892 infolge der Canalisation geretteten 14 000
Menschenleben seien ein leeres Phantasiegebilde der Tante Voss, um so
nüchterner zu beurtheilen und schärfer zu verurtheilen, als sie diese Un¬
wahrheit zu einem Vorstoss gegen weitere hygienische Fortschritte benutzt.
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160
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7
Verein für wissenschaftliche Heilkunde in Königsberg i. Pr.
Sitzung am 22. Januar 1894.
Vorsitzender* Herr Do lirn; Schriftführer: Herr N au wer ck.
SS S ’Z ÄSSÄ
Sa jffyrr * ‘ä
-SS.1ÄÄ K*räi
Verlauf bei Erwachsenen gegenüber dem Fä“6g 0re “ wenn u e [
an sich sehr seltenen, noch nicht hei 50 beschriebenen - bei
jüngsten Hindern.
o Herr Neisser: tJeber die Züchtung der Gonococcen
bei einem Pall von Arthritis gonorrhoica. (Mit Vorlegung von
Culturen und mikroskopischen Präparaten.) Ein 46jähriger Mann
wurde unter dem Bilde eines acuten Gelenkrheumatismus m die
niedicinische Klinik aufgenommen, Das
ein Fingergelenk waren geröthet und geschwollen. Wedei diese
Localaffection noch das Fieber gingen auf grosse 0°«® ^num
Riilicvlicum zurück. Eine Probepunction ins Gelenk föi derte eine
weisslichc trübe Flüssigkeit, in der sich ausschliesslich Eiter¬
körperchen mit zahlreichen, nach Form, Lagerung und Färbung
tVDischen Gonoeoceen vorfanden. Die Züchtung auf Wert¬
heim'schein Serumagar lieferte ebenfalls nur typische Colomeen
von Gonococcen. Leider Hess sich beim Patienten das Bestehen
einer . Urethralgonorrhoe nicht nachweisen; Ausfluss war nicht vor¬
handen, und die Untersuchung auf Faden im Urin durch eine
starre Phimose mit Smegmapartikelchen und Epitheldesquamation
sehh erschwert. Im Verlaufe der Krankheit kam es zu geringer
Eiterbildung über dem ergriffenen Fingergelenk mit Uvider Haut-
Verfärbung und Fluctuation. Bei der Incision entleerten sich nur
einige Tröpfchen Eiter; die Impfung desselben lieferte nur drei
kleine Gonococcencolonieen, auch mikroskopisch liess er nur äusserst
spärlich Gonococcen erkennen; diese lagen um so reichlicher im
Granulationsgewebe. (Eine eingehendere Veröffentlichung des Falles
wird in dieser Wochenschrift erfolgen.)
3 Herr Schreiber: Zur Behandlung der Oesophagus-
stenosen. Im Anschluss an frühere Mittheilungen über obiges
Thema (Berl. Min. Wochensohr. 1893, No. 32 und Volkmann s Samm¬
lung klin. Vorträge No. 85) berichtet der Vortragende über jetzt
26 Fälle von Oesophagusstenosen als Beobachtungsmatenal des
abgelaufenen Jahres. Nach Besprechung der Beziehungen von
Alter und Geschlecht zur Entwickelung von Oesophaguscarcinom
geht Vortr. auf die von Ed. Reichmann angegebene „neue
Sonde zur Dilatation von Strieturen“ über, welche bei oberfläch¬
licher Betrachtung der eigenen nicht unähnlich sei; sie gleiche
einem der unvollkommenen Modelle, deren sich der Vortragende
bei seinen ersten Vorversuchen selbst bedient hatte (Demonstration).
Von den constructiven Fehlern lind der durchaus unzweckmässigen
Verwerthung von comprimirter Luft (Doppelgebläse) bei der
Reichmann’schen Sonde abgesehen, liegt der wesentliche Mangel
in der Unverrückbarkeit der Sondenspitze, darin also, dass die
Blähung der elastischen Membran event. lediglich über, nicht
in der Stenose erfolgt. Gerade auf der eigenen Verschieblichkeit
der Sondenspitze (Itinerarium) beruhe der Schwerpunkt eines
wirklichen Dilatationsinstruments für Oesophagusstenosen. Wäre
dem nicht so, dann könnte man sich begnügen, über die Augen
eines dünnen Schlundrohrs oder besser noch über feine, in der
Nähe der Spitze eines dünnen Bougies angebrachte Oeffnungen
ein Gummiröhrchen zu befestigen, die Befestigungsstellen zu
glätten und mit solcher Sonde durch Luft- oder Wasserüberdruck
die Dilatation zu bewirken (Demonstration). Dass derlei nicht
zum Ziele führe, davon habe sich Vortragender vielfach über¬
zeugt; Reichmann dagegen habe sich begnügt, seine Sonde
zu empfehlen nach „mehrfacher“ Anwendung bei „einem“ einzigen
Kranken!
Des weiteren bespricht der Vortr. auf Grund des vorge¬
nannten reichen Beobachtungsmaterials und einzelner Sectionen
seine Erfahrungen in Beziehung auf die Leistungen mit der „Dila¬
tationssonde“. Unter anderem hebt er die geringere Gefahr bei
grösserer Dilatirungsfähigkeit derselben gegenüber den bisher ge¬
bräuchlichen Sonden hervor: während er bei früheren Sectionen
kaum je einen Fall gesehen, bei dem nicht mehr oder minder aus¬
gesprochene Veränderungen sich fanden, die auf vorausgegangene
Sondirungen bezogen werden mussten, hat er derlei nach selbst
lange Zeit durchgeführter Anwendung der Dilatationssonde bis
jetzt nicht zu beklagen gehabt. Speciell habe er die Section
an zwei Fällen machen können, von denen der eine fünf
Monate, der andere [circa neun Monate täglich dilatationssondirt
worden sei, ohne dass auf der Schleimhaut der betreffenden Speise¬
röhren weder oberhalb noch unterhalb noch in der Fläche des
Carcinöms die geringste traumatische Anomalie hätte entdeckt
Werd Diese ö rnach neunmonatlicher Behandlung zur Section gelangte
Fall an Welchem beiläufig das Careinom nicht un Zerfall be¬
griffen schien, ist T., der eine der drei Kranken, mit Deglutitions-
beschwerden ohne anfängliche Nachweisbarkeit der Stenose mit den
bisher gebräuchlich gewesenen, selbst stärksten harten und weichen
Schlundröhren (cfr. Volkmanns Sammlung klin. Vorträge 1885,
n 18 u ff.). Mit der „Dilatationssonde gelang bei T. der objee-
tive Nachweis der Stenose nach Lage und Ausdehnung zu Beginn
der ersten Schluckbeschwerden. , , .
Im Anschluss hieran entwickelt der Vortr. eingehender die
Mängel der derzeitigen Differentialdiagnose zwischen den ein¬
zelnen, zur Stenose in der Speiseröhre führenden krankhaften Zu¬
ständen; er warnt vor der Verwerthung der Erscheinung von herz-
rhvthmischen Bewegungen des freien Sondentheils bei Compressions-
stenosc infolge von Aneurysma, sowohl weil diese Erscheinung
trügerisch, vor allem aber auch, weil es gefährlich werden könne,
in solchen fraglichen Fällen zu sondiren; hier verzichte man besser
auf die sichere Diagnose. Ueberhaupt unterlasse man niemals,
das Herz zu auscultiren, ehe man eine Sonde in die Speiseröhre
einführe, auch dann nicht, wenn der Verdacht auf Aneurysma fern
zu hegen yon ge i e g en tlich hartnäckigen spastischen
Stenosen empfehle sich neben dem bisherigen Vorgehen die Ein-
gieesung von warmem Wasser, mehr noch die Einblasung von Luft
in die Speiseröhre. In dieser Weise habe die spastische Natur der
Stenose, welche alsdann momentan sich löse, wiederholt sich glat
de m °h we“überwiegenden Mehrzahl aller Fälle von dauernder,
wachsender Dysphagie handele es sich um Carcinoma oesophagi,
selbst dann, wenn, wie dies oft genug vorkommt, mit den ge¬
wöhnlichen stärksten Sonden die Verengerung an sich noch nicht
nachgewiesen werden könne. Oefter freilich, als wir glauben,
mögen hierbei grobe diagnostische Irrthümer unterlaufen. Denn
davon abgesehen, dass die Schlingbeschwerden an sich kein aus¬
schliessliches Merkmal der Verengerung, sondern ganz un Gegen¬
teil auch der Erweiterung, der Lähmung der Speiseröhre ist,
kommen zweifellos anscheinend auf maligner Ursache beruhende
Dvsphagieen vor, deren carcinomatöse Natur dem Verlaute nacn
mehr als fraglich ist, ohne dass wir jedoch bisher sie ihrem währen
Wesen nach mit Sicherheit zu beurtheilen vermögen. So hat Vortr.
vor etwa zehn Jahren einen nach Alter und Beschwerden, von
vielen Seiten sicher diagnosticirten Fall von Oesophaguscarcinom
(aus Russland) gesehen im fast zweiten Jahre seit Beginn aes
Leidens, der erst zu Ende des vierten Jahres durch Inanition unü
Marasmus zum letalen Ausgange führte; noch einen anderen,
scheinend ebenso sicher an Krebs der Speiseröhre leidenden Mann I
(aus New-York), der in kurzer Zeit an 30 Pfund vom Körper¬
gewicht verloren hatte, der aber im Laufe des nächsten halben
Jahres unter künstlicher Ernährung und sonstiger, manmglac
variirter localer Behandlung sich vollständig erholte und von seinem
Leiden vollständig genas. , h .
In diesem Sinne ist auch der folgende, neuerdings heo
achtete Fall bemerkenswerth. Es ist dies H., der zweite jen^
drei Kranken mit Dysphagie ohne objective Nachweisbarkeit d
Stenose mit den üblichen Methoden (cfr. 1. c. H. p. W)-
Ein 45jähriger, grosser, kräftig angelegter Mann, bereits JA
gemagert imd anämischen Aussehens. Seit ca. vier Mona ... er2e hend,
ihm Schlingbeschwerden für festere Speisen, anftnghch vo 8 ^
beim Eintritt in die Behandlung längst beständig. Keine fmchcn i
Hysterie, kein Anhalt für Lues. Mit der „Ddatationssonde
jectiv empfundene Verengerung entsprechend der Stelle, *2 so-
als Sitz des Schluckhindermsses aussen markirt, . m1 ^ Be n s ^ t ^ i E s
gleich nachzuweisen. Anscheinend a so ein Carcinoma oew p h««L
glich der Kranke z. B. dem fast gleichzeitig beobachteten
wähnten, später secirten T. ganz und gar, nur dass bei T. r® n0 ch nicht
in ihrer Intensität noch wechselte und das Aussehen dam
gelitten hatte^ anföngHch ein _ f dann zweimal zu je, emer^Wer^
stunde mit der Dilatationssonde»behandelt, ^achdemdntteb s ^
Versuche trat eine wesentliche Erleichterung /as S^lucken ^
dem 16. bis 18. war jede Schluckbehinderung ^ür den Kranken voUKomin^^
nicht in demselben Maasse für die Untersuchung g halten-
Kranke fühlte sich geheüt und war nicht mehr K« Verlau f es
Soweit schien die Diagnose auf Carcmom trotz des günstigen ^
selbstverständlich noch nicht erschüttert. Allem der erz Kranken
wochenlang, monatelang an, und jetzt noch lauten die Ben frisch
wie seiner Umgebung dahin, dass er geheilt sei ^d
aussehe.
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SS6Ü6. 4
Jetzt nach s / 4 Jahren wird man die Annahme eines so erostten
Leidens nicht mehr festhalten können. Worum abe
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15. Februar.
DEUTSCHE MED1C1N1S0HE WOCHENSCHRIFT.
m
sich bei H.? Das ist schwer zu sagen; vielleicht ursprünglich um
geringfügige Ulcerationen benigner Natur, die zu bindegewebiger
Verdickung mit verminderter Erweiterungsfähigkeit des Speise¬
röhre führten und direkt oder unter Hinzutritt von secundärem
Spasmus zu der erwähnten Verengerung. Wie dem nun aber auch
pathogenetisch sei, es beweist der Fall H. neben T. unter anderem,
dass mit der „Dilatationssonde“ Verengerungen der Speiseröhre
nachweisbar sind, welche sich den bisherigen Methoden der Unter¬
suchung vollständig entziehen, und hierin scheint nicht die ge¬
ringere Bedeutung der „Dilatationssonde“ zu liegen.
Es lehren die Beobachtung bei H. wie die zuvor angeführten
beiden Fälle (X. Russland, Y. New-York) ferner, dass man selbst
nach ohjectiver Feststellung einer organischen Verengerung im
Oesophagus bei Leuten in und jenseits der vierziger Jahre mit
der Diagnose Carcinom vorsichtiger zu sein hat; selbstverständ¬
lich auch dann, wenn die übrigen, gewöhnlich in Betracht
zu ziehenden Leiden, Divertikel, Compression, Lues, toxische
Stenosen, Spasmus haben excludirt werden können. Endlich lehren
sie auch dies noch, dass, so lange unsere Kenntnisse über die
krankhaften Processe im Speiserohr noch so mangelhaft sind wie
bisher bezw. so unsicher diagnosticirbar, diejenigen nicht, im Recht
sind, welche bei „Carcinom des Oesophagus 14 auf die Sondirung
verzichten wollen, weil durch sie ein rascherer Zerfall des
Carcinoms herbeigeführt werde. Denn erstens scheint es, dass
derlei mit der „Dilatationssonde“ einigermaassen zu vermeiden ist,
und zweitens: würde bei dem mitgetheilten Falle H., der dem Krank¬
heitsbilde nach sich in nichts von dem eines Carcinomkranken
unterschied, die Dilatationssondirung nicht versucht worden sein,
so würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Stenose mindestens
unverändert fortbestanden, wahrscheinlich sogar (mit wachsender
secundärer Erweiterung des Speiserohrs oberhalb der Strictur schon
aus diesem Grunde) stetig zugenommen und dann wie immer zu
fortschreitender Abmagerung u. s. w. geführt haben. Vielleicht
würde der Kranke so sich noch ein, zw r ei oder drei Jahre gehalten
und dann, an Marasmus gestorben, die Zahl jener auffallenden
Fälle vermehrt haben, in denen man ein sicheres (?) Oesophagus-
cardnom drei selbst vier Jahre andauern gesehen hat.
Der hier erzielte therapeutische Erfolg darf, nach % jährigem
Bestände, als definitiver gelten; sollte Gegen theiliges zur Kenntniss
kommen, so wird Vortragender darüber berichten: in jedem Falle
verdient er aber auch so schon Berücksichtigung. Ob freilich die
Gelegenheit zu ähnlichen Erfolgen öfter vorhanden ist. das wird
die spätere Erfahrung lehren müssen.
Aerztlicher Verein in Hamburg.
Sitzung am 9. Januar 1894.
Vorsitzender: Herr Schede; Schriftführer: Herr Möller.
1. Herr Schede stellt im Anschluss an den Vortrag des Herrn
bauenstein in voriger Sitzung einen torquirten Leistenhoden
u° r ' ^ er vor einiger Zeit wegen Sarcoms exstirpirt wurde. Der
^ Leistencanal; es bestand gleichzeitig ein Leistenbrueh.
weshalb Patient ein Bruchband getragen hat. Der Hoden hatte
en j ma l völlig um seine Axe gedreht. Trotz dieser Torsion
^ der Hoden ausser Oedem und einigen Hämorrhagieen in dem
eichten Sarcomknoten keine Circulationsstörungen, im Gegen-
ba?t Wai °- r so ernä ^ rt > d^ss sich ein grosser Tumor in ihm
fest*f’ 611 ^ 1 ^ 11 können. Ursprünglich für Thromben gehaltene,
-^ewebsmassen in den Samenstrangvenen erwiesen sich mikro-
s piscli als in diese hineingewucherte Sarcommassen.
des w ? P1T ^ rän ^ e i denttostrirt einen Fall von Tuberkulose
Bpi <in° t , 8 und EpididyiÄtis gummosa des Nebenhodens.
los« nr' ® r kul°se betont Herr Fränkel das fast ausnahms-
.^ r ^ enw<1 rden des Nebenhodens und die grosse Sel-
UehproTV e ^ en tlichen Hodentuberkulose, sowie das frühzeitige
berknWi Erkrankung auf den Samenstrang. Bei der Tu-
dem lu« 6 deS ' aS ^ erens unterscheidet Herr Fränkel je nach
Erkrank^^rJHkt' desselben eine ascendirende und descendirende
Im f! er Samenstrang ist in der Regel knotig verdickt.
3b. Man 8 * hlerz ^ s PicH sich die Syphilis im Hodenparenchym
^lben *T Sch *id e t eine fibröse und eine gummöse Form der-
Vas deferen denei ! ers ^ ere die häufigere ist. Nebenhoden und
zarte Wandungen 11 n * e e ^^ en ’ letzteres zeigt immer dünne
demonstrirt einen Fall von Epiglottisrand-
Kehlkopf r ,k °roupöser Pneumonie. Wenn ich Ihnen den
reichen wnr^ ^ ßn ^ ^nen berichten will, ohne weiteres über-
fyphöse Lacii!’ , S °. wür( ^ eri Sie ohne Zweifel die Diagnose auf
^ an( lgeschwnr XVerä i? erun ^ en ste Een. In der That sind die tiefen
und unir 6m oi n e £ ra " e bldeckel, wie Sie sie hier sehen, ein häufiger
charakteristischer Leichenbefund bei Typhus abdomi¬
nalis. Aus den tiefen taschenförmigen Geschwüren mit ihren
wulstigen Rändern ragt der nekrotische Knorpel der Epiglottis
hervor, der zum Theil bereits zerstört ist und daher wie ange-
freösen aussieht. Dieser Kehlkopf stammt aber von einem Manne,
der an einer schweren croupösen Pneumonie gestorben ist. Damit
gewinnt der Befund die Bedeutung einer grossen Seltenheit. Denn
über derartige Kehlkopf Veränderungen im Gefolge der croupösen
Pneumonie ist bisher meines Wissens nichts bekannt. Die Hand¬
bücher der pathologischen Anatomie enthalten keine Angaben über
diesen Punkt. Auch Herr Dr. Fränkel, der seit einer langen
Reihe von Jahren das grosse Obductionsmaterial des Allgemeinen
Krankenhauses übersieht, sagte mir, als ich ihm meinen Fund
zeigte, er könne sieh nicht entsinnen, derartige Kehlkopfverände¬
rungen bei croupöser Pneumonie jemals gesehen zu haben. Auch
von ätiologischen Gesichtspunkten aus betrachtet, hat der vor¬
liegende Fall sein Interesse. Bekanntlich sind derartige Kohlkopf¬
veränderungen vielfach für specifiseh typhöse Processe gehalten
worden und werden es zum Theil noch. Herr Dr. Fränkel hal
im Jahre 1887 nachgewiesen, dass diese im Verlauf des Abdominal¬
typhus auftretenden ulcerativen und nekrotisirenden Processe des
Kehlkopfs von dem speeifischen Typhusgift unabhängig sind, dass
es sich vielmehr um secundäre Infection mit anderen Mikro¬
organismen. meist eitererregenden Staphylococcen handelt, welch«*
nur in dem durch das Allgemeine geschwächten Organismus be¬
sonders günstige Bedingungen der Entwickelung finden. Diese
Auffassung Franke Fs findet in unserem Fall eine weitere Be¬
stätigung. Denn hier sind die gleichen Veränderungen bei einem
nicht Typhösen zur Ausbildung gekommen. Die begünstigenden
Bedingungen sind hier durch eine schwere, von Lappen zu Lappen
wandernde Pneumonie gegeben, welche sich nicht lösen wollte und
schliesslich theilweise in chronisch interstitielle Pneumonie überging.
Dieselbe ging mit einem protrahirten Delirium und schwerer Be¬
nommenheit einher und führte schliesslich durch Collaps zum Tode.
Wie in den früheren Typhusfällen Fränkel’s, wurde auch hierin
den Tiefen der Geschwürstaschen ein staphylococcenhaltiges Socret
gefunden. Zum Vergleich möchte ich Ihnen noch kurz einen
anderen Kehlkopf zeigen, der von einer Typhuskranken stammt,
welche in der 13. Woche unter myocarditischen Erscheinungen
zugrunde ging. Sie sehen dieselben Veränderungen wie im vorher¬
gehenden Fall, aber bereits deutliche Zeichen der beginnenden
Heilung, der linke Rand ist bereits vernarbt, während rechts noch
Knorpel freiliegt. Ich demonstrire dieses Präparat, um zugleich
daran zu erinnern, dass die bleibenden Defecte nach der Ausheilung
das Bild der Lues Vortäuschen können.
4. Herr Schede: Demonstration eines wegen Tuberkulose
exstirpirten Hodens mit zugehörigem Samenstrang nebst
Samenblase. Letztere ist mittels sacralen Schnittes exstirpirt
worden. Herr Schede erinnert an früher vorgestelltc Patienten,
denen die Prostata nach der Dittel’schen Methode exstirpirt wor¬
den war, und an das bei ihnen erzielte glänzende Resultat. Einem
Vorschläge Dr. Sick’s folgend hat er später die Prostata auf sa-
cralemWege entfernt, analog der sac-ralen Uterusexstirpation. Herr
Schede empfiehlt die Operation sehr gegenüber der DitteUsehen.
da sie viel leichter ist und ein viel übersichtlicheres Operationsfeld
schafft. Durch diese Operation wurde er auf deü Gedanken ge¬
bracht, auch die tuberkulösen Samenblasen nebst Samenstrang von
diesem Wege aus zu operiren. Der erste Fall dieser Art wurde
im September 1893 operirt. Die Operation wmrde dadurch erschwert,
dass die linke erkrankte Samenblase in einen grossen Abscess um-
gewandelt war, in den das Vas deferens frei mündete, wie mit einer
in dieses von der Hodenwunde aus eingeführten Fischbeinsonde
nach ge wiesen werden konnte. Der Erfolg war ein glänzender. Acht
Wochen später w’urde der Patient mit acht Kilo Gewichtszunahme
geheilt entlassen. Der erste typische Fall wurde jedoch erst heute
operirt. Es bestand Nebenhodentuberkulose, die durch ein vor neun
Wochen erlittenes Trauma hervorgerufen worden war. Die link**
Samen blase war vom Rectum deutlich als Tumor zu fühlen. Nach
erfolgter Castration, wobei 18 cm Samenstrang mit entfernt wur¬
den, wurde die Samenblase auf sacralem Wege nach Rydygier
mit temporärer Resection des Steissbeins entfernt. Dieselbe gelang
leicht. Das rostirende periphere Ende des \as deterens wurde im
Zusammenhang mit ihr in toto exstirpirt. Herr Schede empfiehlt
die Rydygier’scbe Methode, da sie einen guten Beckenboden bil¬
det und herniöse Vorstülpungen des Mastdarms vermeidet. Herr
Schede schliesst eine Kritik des Büngner’schen Verfahrens an.
der das Vas deferens durch langsamen Zug am centralen Ende ab-
reisst und es immer im Gesunden atyzutronnen vorgiebt. Tubein-u-
lös erkrankte Samenstränge bieten dabei nach seinen Erfahrungen
die Gefahr, an fungösen Stellen abzureissen.
5 Herr C Lauenstein stellt eine 29jährige Patientin vor.
der er am 26. November 1893 eine rechtsseitige Hydrosalpmx
vom Kindskopfgrösse entfernt hat. Die Patientin war mit lö Jaüieu
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162
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7
zuerst menstruirt, die Periode kehrte regelmässig wieder. Vor
vier Jahren verheirathete sich Patientin, vor drei Jahren machte
sie einen Ahortus im siebenten Monate durch. Nach demselben
stellte sich die Menstruation wieder regelmässig ein. An Be¬
schwerden von Seiten der Beckenorgane. Brennen beim Wasser¬
lassen, Tenesinus von Seiten der Blase, an Fluor albus hat Patientin
früher nie gelitten. Vor etwa zehn Monaten begannen Kreuz- und
Riiekenschmerzen, vor etwa sechs Monaten gesellten sich Be¬
schwerden von Seiten der Blase hinzu. Es trat Drängen zum
Wasserlassen ein, während andererseits wieder Beschwerden da
waren bei der Entleerung der Blase. Ausser Dr. Haeckermann,
auf dessen Veranlassung Lau enstein die Kranke sah, hatte sie
noch ein Gynäkologe hier am Orte untersucht. Beide stellten die
Diagnose auf Ovarientumor. Lauenstein konnte am 23. No¬
vember folgenden Befund feststellen: Im kleinen Becken, dasselbe
nahezu ausfüllond, mehr nach rechts liegend, fühlte man einen j
prall gespannten, kindskopfgrossen, glatten Tumor, dessen Längs¬
achse parallel der Bockenachse lag. Der Uterus, dessen Cavum
7 l /o cm lang war, war nach vorn gedrängt, die Portio lag dicht
hinter der Symphyse. Während man das linke Ovarium als be¬
weglich und etwas vergrössert fühlen konnte, war das rechte nicht
abzutasten. Das rechte Ligamentum sacrouterinum war stark ge¬
spannt. Zog man bei bimanuelle.r Fixirung des Tumors am Uterus,
so konnte man feststellen, dass beide durch einen kurzen, breiten
Stiel zusammenhingen. Der den Douglas ausfüllende untere Pol
der Geschwulst fluctuirte.
Auf Grund dieses Befundes stellte Lauenstein die Diagnose
einer intraligamentär entwickelten rechtsseitigen Ovarialcyste. Bei
der Operation liess sich der Tumor eben vor die Bauchwunde
heben. Er hing mit der rechten Uteruskante durch einen kurzen,
breiten Stiel zusammen, der vor der Durchschneidung in zwei Por¬
tionen unterbunden wurde.
I Alter von 7 Monaten bis zu 14 Jahren, drei betrafen jugendliche
Individuen unter 20 Jahren. Alle sind mit Rippenresection behan¬
delt, 16 genasen, zwei — die beiden jüngsten Kinder im Alter
von 7» und ein Jahr sind an Bronchopneumonie der anderen
Seite bezw. Pericarditis sehr bald nach der Operation gestorben.
Der Drain konnte meist nach etwa drei Wochen entfernt werden,
die vollkommene Heilung erfolgte im Durchschnitt nach 42
Tagen. Bemerkenswerthe Veränderungen des Thorax wurden bei
der Entlassung an keinem Kinde beobachtet. Man soll operiren,
sobald das Empyem erkannt ist: ein längeres Warten bringt keine
Vortheile, aber grosse Gefahren. Beim linksseitigen Empyem tritt
in kurzer Zeit Pericarditis ein; deswegen hat der Vortragende
z. B. zweimal je zwei Kinder an demselben Tage operirt.
Schütz resecirt ein 3—4 cm langes Stück der vorletzten Rippe
dos Thoraxraumes in der Nähe der Wirbelsäule und spült mit er¬
wärmter Salicyllösung die Empyemhöhle aus. Der Drain ist dick
— circa 2 cm — aber nicht besonders lang zu wählen. Schütz
hat früher durckgehends die Heberdrainage auch bei Kindern an¬
gewandt, konnte aber bei unruhigen Kindern das Hinausgleiten
des Schlauches mehrmals durch keine Art des Verbandes verhin¬
dern und verlor einen 13jährigen Knaben an Erysipel, der sich
wiederholt den Schlauch herausgerissen hatte. Die Erwägung,
dass durch das Herausgleiten des Schlauchsystems der Vortheil
der Aspiration beim Bülau'sehen Verfahren verloren geht, dass
die Gefahr der Wundinfection bei dem nicht vollkommen schliessen-
j den Verbände droht, die bei der Resection mit Sicherheit ver-
j mieden werden kann, dass ferner bei Kindern die Gefahren der
l Narkose und des schnellen Abfliessens des Secretes nicht die-
| selben sind, wie bei Erwachsenen, veranlassten Schütz, bei
j Kindern nur noch die Resection in Anwendung zu bringen. Die
; beiden letzten Punkte, dass bei Kindern die Narkose und der
| schnelle Abfluss des Secretes geringere Gefahren bieten als bei
Schon bei der Durchschneidung des Stieles schien es, als ob '
derselbe das rechte Ovarium enthielte, was sich bei der nack-
lierigen mikroskopischen Untersuchung bestätigte. Der Tumor
hatte eine entfernte Aehnlichkeit in seiner Form mit einer Thee-
kanne. Von dem Haupttumor, der die Grösse eines Kindskopfes
hatte, ging am unteren Pol ein wurstförmiger Fortsatz nach vorn
und aufwärts, das centrale Tubenende, während die Hauptgeschwulst
von dem lateralen Tubenantheile gebildet wurde. Die Wandung
des Tumors war papierdünn, hellgelb glänzend, von reichlichen
Gefässen durchzogen. Der glattovale, aufrecht gestellte Tumor
wandte seine eine Fläche nach hinten und rechts und seine andere,
an der sich die Schnittfläche des Stieles befand, in der noch einige
Ovarialfollikel sassen, nach links und vorn. An dieser nach links
und vom gewandten Fläche, etwa zwei Finger breit oberhalb der
zu Thalergrösse auseinandergezogonen Schnittfläche des Stieles,
fand sich eine strahlige Narbe, in deren Peripherie sich ganz
charakteristisch hervortretende. Andeutungen von buckelförmiger,
radiär getheilter Vortreibung der Geschwulstwandung fand. Bei
genauerem Zusehen fand man, dass die radiäre Streifung in der
Peripherie dieser Narbe bedingt war durch feine Fäden, die im
Innern der Geschwulst lagen und die von der Innenseite der Narbe
radiär nach der Innenwandung der Geschwulst verliefen. Es unter¬
liegt keinem Zweifel, dass diese Narbe der Punkt ist, wo das ab¬
dominale Tubenende obliterirt ist. Die innerhalb der Geschwulst
liegenden, radiär verlaufenden Fäden rühren von den nach innen
gestülpten ausgezogenen Fimbrienenden her. Die Erweiterung der
Tube reichte bis einen Finger breit an den Uterus heran. Die
Geschwulst enthielt circa ein Pfund einer klaren, serösen Flüssig¬
keit von 1005 spee. Gewicht. Die Patientin machte eine unge¬
störte fieberlose Heilung durch.
. Lauenstein weist auf die Unmöglichkeit der Differential¬
diagnose zwischen einer derartigen Hydrosalpinx und einer intra¬
ligamentär entwickelten Eierstockscyste hin und betont ferner die
Seltenheit der zu solcher Grösse entwickelten Affection. Ihm
ist. unter circa 50 Operationen von Geschwülsten der Beckenorgane
cm solcher Tumor jetzt zum ersten male vorgekommen. I
6. Herr Schütz hält seinen angekündigten Vortrag* Zur
Behandlungdes Empyeme bei Kindern. Der Vortragende er-
wähnt kurz die noch nicht entschiedene Frage, welche Operations¬
methode beim Empyem der Brusthöhle, dievonBülau angegebene
Heberdrainage oder die von Koenig eingeführte Rippenresection,
zu wählen sei, und erwartet die Entscheidung derselben, sobald
die auf dem Gongress für innere Medicin in Wien im Jahre 1890
beschlossene Sammelforschung erschienen ist. Das Kindesalter hat
seine eigene Physiologie, seine eigene Pathologie und Therapie,
auf die letztere allein beziehen sich seine heutigen Erörterungen,
ln den letzten drei Jahren kamen auf seiner Abtheilung im Neuen
Allgemeinen Krankenbause 18 Fälle von Empyem zur Beobach¬
tung: sämmtliche waren metapneumonische. 15 bei Kindern im
Erwachsenen, hat Schütz an seinem Material beobachten können
und scheint die veröffentlichte Statistik von Hofmokl u. a. zu
beweisen; dieselben werden als mit den physiologischen Beobach¬
tungen an Herz- und Lungenthätigkeit. beim Kinde übereinstim¬
mend ausführlich erörtert.
IX. Oeffentliches Sanitätswesen.
Die Frage der Neuorganisation der städtischen
Krankenhäuser in Berlin,
welche lange Zeit in ärztlichen Kreisen und in der Tagespresse discutirt
wurde, ist nunmehr in ihr letztes Stadium getreten, nachdem der Magistrat
eine diesbezügliche Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet
hat, die von der letzteren nach lebhafter Debatte einer Commission von
15 Mitgliedern überwiesen worden ist. Es hat in diesem ganzen Kampfe
nicht an leidenschaftlichen Erörterungen gefehlt, bei welchen hüben und
drüben nicht immer, wie uns scheint, das nöthige Maass objectiver Be¬
trachtung vorhanden war, welches die Wichtigkeit des Gegenstandes noth-
wendigerweise erheischt, wenn die beiden hauptsächlichen Factoren, welche
hier in Betracht kommen, die Behandlung der Kranken und die Finanzen
der Stadt, nicht ernstlichen Schaden leiden sollen.
Die Forderungen, welche in dieser Beziehung an die städtischen
Behörden gestellt werden, beziehen sich auf zwei Punkte; es wird ver¬
langt:
1. Die Theilung jeder der beiden Abtheilungen, der chirurgischen so¬
wie der inneren, in mehrere Abtheilungen und Unterstellung derselben
unter die Leitung je eines dirigirenden Arztes;
2. Die Anstellung von Specialisten.
Der Verfasser dieser Zeilen steht diesen Fragen vollkommen objectiv
gegenüber, er befindet sich nicht in einer amtlichen Stellung, hat sich in
den Discussionen in den Vereinen und in der Presse persönlich niemals
betheiligt, er hat keine näheren Beziehungen oder gar persönliche Zu¬
neigung zu irgend einem der jetzigen Krankenhausdirektoren, er ambirt
keine der etwa neu zu schaffenden Stellen, weder die Stelle eines Ober¬
arztes, noch die eines dirigirenden. Er ist aber auch den ärztlichen
Standesvereinen, obwohl er Mitglied eines derselben ist, sowie dem Central-
ausschuss derselben gegenüber vollkommen unbefangen, so dass sein Urtheil
weder nach der einen, noch nach der anderen Richtung hin in irgend
einer Weise als beeinflusst gelten kann.
Es war erforderlich, diese Bemerkung vorauszuschicken, weil es au
Beschuldigungen der am Kampfe betheiligten Parteien in Bezug auf diese
Punkte nicht gefehlt hat. Während man auf der einen Seite sagte, dass
die jetzigen Krankenhausdirektoren als „beati possidentes“ im Interesse
ihres Einflusses und ihrer Stellung sich dem widersetzen, gleichberechtigte
Factoren an ihrer Seite zu haben, hat man andererseits den Gegnern der¬
selben, welche in den ersten Reihen stehen, wenn auch nicht öffentlich,
so doch privatim recht häufig den Vorwurf nicht erspart, dass sie für ihre
eigene Sache kämpfen. Es wäre deshalb sehr erwünscht gewesen, wenn
man von dieser Seite diesem Vorwurf von vornherein die Spitze abge¬
brochen und die bündige Erklärung abgegeben hätte, dass keiner der
Wortführer im Kampfe die Stellungen, welche sie geschaffen zu wissen
wünschen, für ihre Person beanspruchen, dass es ihnen vielmehr aus¬
schliesslich darauf ankomme, Verbesserungen herbeizuführen, wo solche
erforderlich sind.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
15. Februar.
Denn dass Uebelstände vorhanden sind, kann in keiner Weise in
Abrede gestellt werden.
Hauptsächlich ist es der zu grosse Umfang der einzelnen Ab¬
theilungen, welcher einer Abhülfe bedarf. Wenn jedoch verlangt wird,
dass für je 120—150 Betten ein dirigirender Arzt angestellt werde, so
kennt man einerseits offenbar gar nicht das Krankenmaterial in unseren
Krankenhäusern, andererseits aber entlastet man die Direktoren von etwa
i/ 3 derjenigen Arbeit, welche sie der Stadt zu leisten verpflichtet sind,
während man um genau denselben Bruchtheil den Stadtsftckel höher be¬
lastet.
Man sagt 120—150 Kranke nehmen die Tageszeit eines Dirigenten
vollauf iu Anspruch. Zuerst hat Win ekel diese Ansicht geäussert. ein
Gynäkologe und klinischer Lehrer. Das mag für die Verhältnisse, unter
denen sich Win ekel befindet, richtig sein. Wer eine Station mit 120
gynäkologischen Fällen hat, wer sich dazu noch mit Geburtshülfe be¬
schäftigt, wer uicht allein ein solches Krankenhaus zu versehen hat. son¬
dern ausserdem noch eine umfangreiche cousultative gynäkologische und
■reburtshülfliche Praxis in der Stadt besitzt, daneben auch Unterricht er¬
teilt. vielleicht auch noch ein Hebammouinstitut leitet und sieh mit
wissenschaftlichen Untersuchungen beschäftigt, der kann meiner Ansicht
nach selbst eine so kleine Station von 120 Betten nicht in der Weise
leiten, wie man es von den ärztlichen Leitern der städtischen allgemeinen
Krankenhäuser verlangt.
Dieselben sollen jeden Kranken täglich sehen und behandeln; was
aber dann die beiden Assistenten thun sollen, die gleichzeitig für jede
Station obligatorisch gemacht werden, die Frage ist auch der Beantwor¬
tung werth: sie haben Recepte zu schreiben. Krankengeschichten zu
führen und vielleicht gelegentlich noch nach Bacillen zu suchen, Ver¬
richtungen, die man schliesslich ebensogut Studenten iu höheren Se¬
mestern übertragen könnte. Und das wäre alles noch einigermaassen
acceptabel. wenn es sich ausschliesslich um Kranke handelte, die täg¬
lich untersucht werden müssten. Wir haben, um uns ein Bild von
dem Krankenmaterial zu verschaffen, die Verwaltungsberichte aus den
letzten drei Jahren einer Durchsicht unterworfen, welche folgendes Re-
'Ultat ergab:
Krankenhaus Moabit, Abtheilung für innere Kranke:
_ 1890 91 Gesammtzalil der Kranken 3961, darunter chronisch Kranke
1955 = 50°/o. 247 chronisch constitutionelle Kranke, 173 chronische
Nervenkranke, 104 Klappenfehler, 953 Phthisiker, 181 Ham- und Ge¬
schlechtskranke, 170 chronische Rheumatismen etc. etc.
1891/92 Gesammtzalil der Kranken 3758, darunter clironische Kranke
1819 = 50%. 157 chronisch constitutionelle Kranke, 163 chronische
Nervenkranke. 91 Klappenfehler, 747 Phthisiker, 76 Ham- und Geschlechts¬
kranke. 130 Rheumatismen etc. etc.
__ 1892/93 Gesammtz.ahl der Kranken 4523. darunter chronisch Kranke
-ln = 50%. 222 chronisch constitutionelle Kranke. 145 chronische
Nervenkranke, 111 Klappenfehler. 748 Phthisiker. 150 Ham- und Ge¬
schlechtskranke. 247 Rheumatismen etc. etc.
Ein ganz gleiches Zahlenverhältniss finden wir auch auf den inneren
Abtheilungen der anderen beiden Krankenhäuser, so dass wir also im all¬
gemeinen sagen können, dass die chronisch Kranken überhaupt etwa die
Hälfte aller Kranken bilden. Wir wollen jedoch ausdrücklich bemerken,
dass wir hier als chronisch Kranke ausschliesslich nur solche gerechnet
“iben, die der Arzt in der Privatpraxis höchstens zwei bis dreimal
wöchentlich besucht und die auch im Krankenhause einer genaueren
täglichen Untersuchung nicht bedürfen, so dass bei einer Gesarnmtzahl
von 120 bis 150 Betten, selbst wenn dieselben das ganze Jahr
inaurch sümmtlich belegt wären, der Chefarzt doch nur ein recht
wscheidenes Maass von Arbeit zu leisten hätte, zumal da unter den
'tfuten Krankheiten sich viele Formen finden, die in der Regel einer
^glichen Intersuchung gleichfalls nicht unterzogen werden, oder bei
fieselbe geradezu schaden würde (Lungenblutung, Aneurysmen etc.),
li fr a- v c Ei ru fgiscben Abtheilungen der städtischen Krankenhäuser
tgen die \ erhältnisse ganz genau ebenso, wie die Jahresberichte ergeben,
der ^ a £^ tr at in seiner Vorlage an die Stadtverorduetenver-
Un ^ r <^ esen Umständen das Winckel’sehe Krankenhaus-
zti v* der Geschäftsausschuss der Berliner Standesvereine Geltung
Stfn»woiTi en SUC E^ nicht aeeeptirt. so kann das im Interesse der
uJT 1 , nur gebilligt werden, denn diese haben ein Recht zu ver-
^te/flen schaffe und besolde, welche Sinecuren
ihnen bilden, vielmehr ist von ihnen für das Gehalt, welches
auch #L ,1 , , Stellung, welche ihnen verliehen wird, unbedingt
UCh «He Arbeitsleistung zu verlangen.
allenlinvs es ^balb auch für vollkommen gerechtfertigt, wenn die
Entlastung der jetzigen ärztlichen Direktoren iu
vorWe a 0 «/p-v5 ren Grenzen eintritt, und glauben, dass in der Magistrats-
Arbeit mif lcbt,1 g e getroffen ist, dass jeder Direktor die ihm obliegende
z ^ eiten Kraft theile. Ob es zweckmässig sei, dem neu
Arzt* beizule zwe . lten .Arzte den Titel «Oberarzt“ oder „dirigirender
und be™ n i;.r n St ?‘ ne Frage von ganz untergeordneter Bedeutung
Minner von Cm Geschmack. An auswärtigen Krankenhäusern führen
-Oberarzt“ nn ?* 0S - S0r T} wissenschaftlicher Bedeutung die Bezeichnung
gärende“ ° ? berliner Krankenhäusern giebt es einzelne „diri-
zeiclmen mn^' * L ma « ^ Kräfte zweiten und dritten Ranges be-
'orlage eegc urir A . ^ .«Oberarztstellen“, wie sie die Magistrats-
Bie Berliner IT* 1, wis . sen will, werden sich hervorragende Kräfte finden.
Sender PrivütIf V . erS * ltä ^ verfügt über eine grosse Anzahl hervor-
*ie man <;n<rt Centen ’ • denen ga» 2 äussere Gründe, meist weil
lortkominen V ?* nem Lehrbedürfniss fehlt, für ihr weiteres
galten und di« kolfe man diesen ihre Kräfte weiter zu
<T ^iete zn verwo^k ^“^“tfn, welche sie besitzen, auf praktischem
rtnen, wo sie auf dem Gebiete der Lehrthätigkeit, wie
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
163
man sagt, überflüssig sind. Ich würde es geradezu für notliwendig halteu.
diesen Aerzteu die Ertheilung klinischen Unterrichts zu verbieten, um
eine Gewähr zu haben, dass die Zeit und die Mühe, welche der Unter¬
richt erfordert, dem Krankenhausdienste gewidmet bleibe. Diese Aerzte
müssten allerdings in Bezug auf Krankenbehandlung unbedingt vollkommen
selbständig sein, während die ärztliche Verwaltung des Krankenhauses
in der Hand des bisherigen Direktors verbleiben muss. Zwei gleichge¬
stellte ärztliche Direktoren auf einer und derselben Abtheilung"halten
wir für eine Unmöglichkeit. Das hat beispielsweise auch Dr. Za-
dek, der für die Gleichstellung beidor Aerzte in der Stadtverordneten¬
versammlung eintrat, wohl herausgefühlt, denn er wollte noch einen ärzt¬
lichen Direktor geschaffen wissen, welcher über beiden stände.
Was uns am meisten befremdet hat, ist der Umstand, dass in der
Stadtverordnetenversammlung sowohl Herr Spinola als Herr Virchow
die Anstellung eines dem ärztlichen Direktor untergeordneten Oberarztes
zurüekwiesen, weil sie glaubten, für eine solche Stolle nicht erste Kräfte
gewinnen zu können. Wir wollen nur daran erinnern, dass an zwei städ¬
tischen Krankenanstalten, nämlich an der Irrenanstalt in Dalldorf sowie
an der neuen in Herzberge Oberärzte fungiren. die dem Direktor unter¬
geordnet sind, und glauben nicht, dass diese Stellen in den Händen ge-
ringwerthiger Aerzte sind. Es ist bekannt, dass der jetzige Direktor der
Irrenanstalt Dalldorf lange Zeit hindurch Oberarzt an derselben Anstalt
und als solcher sowohl dem Direktor Ideler als dem Directör Jenson
untergeordnet war.
Was endlich die Anstellung von Specialärzten betrifft, so hat man
sich dieselben offenbar so gedacht, dass in jedem Krankenhause Special-
abtheiluugen für dieselben errichtet werden, etwa 20 Betten für Augen-.
20 für Ohren-, 50 für Frauenkrankheiten. 100 für Syphilitische etc., jede
dieser Abtheilungen einem Specialarzte unterstellt. Ob die letzteren den
ärztlichen Direktoren gleichgestellt oder untergeordnet sein sollen, darüber
hat man sich bisher überhaupt nicht geäussert. Jeder dieser Specialisten
müsste daim aber auch ein besonderes Untersuchungs- und Operations¬
zimmer haben; woher dasselbe beschafft werden soll und ob es beschafft
werden kann, ist gleichfalls nicht erwogen worden. Was in dieser Be¬
ziehung nothwendig ist und ohne erhebliche Belastung der Steuerzahler
f eleistet werden kann, wäre die Zuziehung von Specialisten in solchen
ällen, für welche die Krankenhausärzte die Verantwortung allein nicht
tragen können, und Einstellung von Mitteln in den Etat, um die consul-
tirten Aerzte zu honoriren. Ständige Specialstationen im Rahmen der
jetzigen Krankenhäuser zu schaßen, halten wir für unmöglich und für
überflüssig, da Kranke, welche einer dauernden specialistischen Behand¬
lung bedurften, bisher, wie die Krankenhausberichte ausweisen, nach
Specialstationen der Charite übergeführt wurden.
Vielleicht tragen diese wenigen Zeilen des Verfassers, wolcßer einen
von dem allgemein getheilten etwas abweichenden Standpunkt einnimmt,
dazu bei, die obigen Fragen auch von einer anderen Seite zu erwägen;
nicht immer ist die Ansicht der Minorität die falsche. n.
Stand der Cholera.
Im französischen Departement Finistere sind nach demBritish medical
Journal im Januar (bis zum 22.) 22 Erkrankungen. 7 Todesfälle an Cholera
beobachtet worden; die letzteren vertheilen sich mit 2 auf Beuzoc-Conq.
2 auf Concarneau, je 1 auf Quimpor. Brest und Treboul.
Aus Belgien liegen neuere Nachrichten nicht vor.
In den Niederlanden wird nachträglich amtlich erklärt, dass da¬
selbst während des Novembers vorigen Jahres an Cholera 11 Personen er¬
storben sind, ausserdem 3 an „Cholera nostras“.
In Rom kamen nach amtlicher Angabe im November 22. in Livorno
1 Cholerasterbefälle zur Feststellung.
In Konstantinopel wurden in der Woche bis 8. Januar im ganzen
91 Erkrankungen, 51 Todesfälle angezeigt, davon 54 (31) in Stambul.
Seit Ausbruch der Seuche zählte man in Konstantinopel 1973 (1114)
Erkrankungen (Sterbefälle). In Adrianopel kam am 24. Januar ein
Choleratodesfall vor. Neu ist die Cholera in einigen Ortschaften des
Vilajets Erzerum aufgetreten: vom 17.—20. Januar wurden für Nowik2o,
für Kurvn 5 Todesfälle gemeldet (Veröffentlichungen des Kaiserlichen
Gesundheitsamtes). Nach dem „Oesterreichischen Sanitätswesen“ sind auch
in Bassorah und Haneguin unter dem Militär wieder einige Cholerafiule
vorgekommen. ,, ,
In Persien sind vom 1. bis 8. Januar 63Todesfälle gemeldet worden,
nämlich aus Dunekapu 30, Kasrin 15, Kermanschah 18.
In Tripolis sind seit Anfang Januar weitere Cholerafälle nicht be¬
obachtet. Ä r ,.. A .
In Petersburg erkrankten (starben) vom 12. bis 17 . Januar 71 (dü)
Personen an Cholera. Nach der Petersburger medicinischen Wochenschrift
herrscht die Seuche ziemlich stark im Gubernium Radom, wo vom
31. December bis 6. Januar 108 Erkrankungen, 22 Todesfälle festgestem
wurden; auch in den Gubemieu Lublin und Kursk kam neuerdings wiedei
eine grössere Zahl von Erkrankungen vor. In den Gubermen Bess-
arabien. Wilna. Kiew, Lomza, Mohilew. Smolensk. Suwalki.
Siedlcc. Charkow. Cherson, Baku ist die Seuche im Laufe des
Monats December (alten Stils, d. h. bis zum 12. Januar) erloschen. De»
Verüflentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes entnehme ich noch tol-
gende Zahlenangaben: Es kamen vor in den Gubernien Plock vom 31. De¬
cember bis 6. Januar 21 (21). Warschau vom 24. bis ^. December 8 (-).
vom 31. December bis 6. Januar 24(9), Lublin riöm -**. bis 30. Decem
12 (7). Petersburg 27. December bis 6. Januar 44 (24), AAolbyuien
18. December bis 3. Januar 21 (12), Kursk 24. bis 30. Decemboi-18 (o).
31. December bis 6. Januar 49 (20), Tschernigow 24. bisJO ^ecemb
33 (8). Tula 10. bis 30. December 18 (9) Erkrankungen fTodesmile).^
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
164
DEUTSCHE MEDICmiBCHE WOCHENSCHRIFT
No. 7
Zur Influenzaepidemie.
fast durchweg und insbesondere für A,® ü war> einen starken
die Gesammtsterblichkeit ungewöhnlic . » • überall auch die
Rückgang der letzteren, Dementsprechend ^ bedingten
Zahlen der durch acute Erkrankungen der ver-
Todesfälle geringer geworden, wenn auch® unter den Orten, wo
Strassburg, Stuttgart,, V ürzbi a* i k •* snac hweise nicht vor.
»' 5 Ä
isvwskäÄSS isiÄSfr«:
gart sechs, Leipzig acht, Be ; liclie B ess erung des allgemeinen
“■
nBhme , **^^1 f 0 w„de ,br<v, vor, Kopeoliogeri
X. Standesangelegenheiten.
Bemerkungen über die geplante Neugesrtaltung der medi-
• . •_T_ « w% Dmutii 11 irDTt
cinisclien Prüfungen.
V T on Dr. raed. et phil. R. Kossmann.
Grossherzoglich badischem a. o. Professor, Berlin.
\u< dem was über die im Cultusministerium ausgearbeiteten Grund-
/üi/e für die^ougestaltung der medicinischen Prüfungen verlautet, nimmt
3 Tedei wahr dass deren Haupttendenz dahin geht, dem jungen Medi¬
ziner durch Aenderung der Prüfungsordnung eme gründhchere praktische
r ei Kone
!md
Äng Ä— Äf »pZünik
oderliutorisirten Krankenanstalt als Unterassistent thatig gewesen sein
mÖSS Es kann allerdings keinem Zweifel unterliegen, dass die Prüfungen,
wie sie heute sind, über die wirklich praktische ^ usblldu, !f.
daten keine genügende Auskunft geben können, und dass auch tatsächlich
der grossen ffehrzahl unserer Mediciner unmittelbar nach Vollendung ihrer
akademischen Studien noch viele. unentbehrlichen Fertigkeiten abgehen
die sie sich erst in der Praxis, sei es in der privaten, sei es in der emes
Assistenten,^dlm^ich g a r ^ e ^ ebelstaud ist? k ann zweifelhaft erscheinen
Wir dürfen wohl nicht übersehen, dass es damit in den anderen gelehrten
Berufsarten nicht wesentlich anders steht. Kein Jurist verfügt, ® r
die Universität verlässt, über solche praktischen Kenntnisse und Fertig¬
keiten dass er als Richter oder Anwalt sofort thatig sein könnte, kein
Theologe oder Philologe wird sogleich nach Abschluss seiner akademischen
Studien in eine selbstständige Stellung zugelassen. Niemand verlangt
auch etwa eine Aenderung in diesem Sinne, sondern es sind im Gegen-
theil neuerdings sehr beachtenswerthe Stimmen laut geworden, die es
beklagen, dass gerade auch in den letztgenannten Fächern immer noch
allzuviel Werth auf die praktische Ausbildung des Studirenden gelegt
und darüber die eigentliche Aufgabe der Hochschule vernachlässigt werde.
Diese besteht nicht in der praktischen Ausbildung, sondern m der
wissenschaftlichen Vorbildung des Jünglings. Er soll an unfl m
irgend einer Wissenschaft zu selbstständigem Denken und Urtkeil erzogen
werden. Erscheint dies schon für jeden höheren Beruf wünschenswerte
no ist es für den ärztlichen durchaus erforderlich. Gegenüber der ver¬
wirrenden Mannichfaltigkeit der Krankheitsbilder, angesichts des ewig
wechselnden Chaos rein empirisch begründeter Therapieen ist alles
erlernte Wissen unzureichend, aller Dogmatismus verderblich; nur scharte
Beobachtung und selbstständiges Urtheil befähigen den Arzt zu eimger-
maassen befriedigenden Leistungen. Und wenn wir auch unbedingt zu-
< re stehen, dass es unseren in die Praxis eintretenden Aerzten vielfach
selbst an einer nothdiirftigen praktischen Ausbildung fehlt, so ist doch
ihre mangelhafte wissenschaftliche Schulung, ihre Unfähigkeit, zu beobachten,
und ihre Unselbstständigkeit im Denken weit auffälliger. Und überdies
ist doch nicht zu leugnen, dass die Lücken in der praktischen Aus¬
bildung relativ leicht nachträglich noch ausgefüllt werden können, wie
denn auch tatsächlich viele junge Aerzte freiwillig nach bestandenem
Examen noch in Assistentenstellungen und Feriencursen ihre Fertigkeiten
ergänzen. Viel schwerer ist es, nach Absolvirung der Universität noch
etwas für seine wissenschaftliche Schulung zu thun — theils ist
man mittlerweile über die empfänglichsten Jünglingsjahre hinausgekommen,
theils fehlt es an der äusseren Gelegenheit, theils drängen die Lebens¬
umstände zu möglichst baldigem Beginn der Erwerbsthätigkeit, sobald
den mehr äusserlichen Erfordernissen genügt werden kann.
Hiernach muss ich als die wichtigste und dringlichste Reform
die Rückkehr zu wissenschaftlichem Streben und Arbeiten während
<*- st— . ä Ä ÄÄÄ SÄ
und°_die ^ j0 ^ rel n ri^rrhebUcher^^ns'üger Einfluss
Prüfungsordnung nach dmser medt^g ^ ^ nach meincn eigenen.
ausgeübt ’ ht f n Erfahrungen der jetzt noch gültigen Prtt-
in reifen J^ 1 ®“ ■£ betri ichtliche ändernde Einwirkung zuzusehreiben.
u'nd gä fürchte dass auch die ins Auge gefasste Umgestaltung diesem so
wesentlichen Uebel nicht abhelfen wird.
Die alte Prüfungsordnung nämlich, wie die neue, legen einen meines
Die alte ® ,TF n .ti, oll f 4nn Nachweis von „Kenntnissen.
“ ÄWÄÄÄ Bas
weiss, dass es nur ^sserst s j n d theils künstliche Systeme
meiste von dem, was so g ’ Gewalt anthun, theils unver-
und Nomenclaturen, die der WnUichkwt . deren Wissen-
»äsmäc-ss-äx
Med * Dennoch muss der junge Mediciner heutzutage, um den gesetzlichen
r? ig Ä^ an d “ Ge -
nSÄ Ät«
SÜSW
Nur ausnahmsweise kommt es vor, aass , ärztliche
Lehrer selbst solche Gedächtmssleistungon als studfen^ng be-
Tauelichkeit ansieht oder einen rem memonstischen Studl ® a £ an &r. .
günftigt. Jeder Versuch aber, zu Höherem anzuregen und nach Wich-
T? fl w kann kaum über etwas anderes, als auswendig gelernte Daten
Aufschluss ge a hen; k «nd wenn ein
machte, eine Bethiitigung eigener Kntik v0 ” st eUen^so würde
ltn b ^ün l dlfch ausgebih^^^
Jüngling so aus dem Stegreif ^ xl g® mugs s i c h der Examinator
wenn er dies verschmäht, sich mit f äserst genngen Leistung ^
gnttgen. Die natürliche Folge aber ist die, dass die Hörer, de
Ansprüche ihrer Examinatoren bald gcnug be k annt werden. ibre S.t
entsprechend einrichten, d. h. für Jenen blosse „Daten , füi Diesen g
“"“Di'cTkänn mm dadurch geändert werden, dass
die entscheidende Stelle in emer Prüfung erUtoi, d«e daf
akademische Studium abschliesst, und deren Absolvrru g ^ ] iaup t-
zu den klinischen Studien gewährt. Es j st als ü f un « die ich
sächlich eine Reform der bisherigen ärztlic P Grundzügen
wünsche; aber nicht etwa eine Theüimg, wie Vamen^och be-
voreeschlaeen — diese würde das Memonren für s Exa vHtisch-
günstigen sondern eine Umwandlung in eine> Pn>tag to tatisch
sind wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit. Demn
schlage ^ bisherige ärztliche Vorprüfung fällt tort. __ ist
2 Nach dreijährigem Studium — ausnahmsweise auch ,■ allP
der Studirende zu einer wissenschaftlichen Pnlfung zuzulassen,
theil eines Thieres aus ^schreibe.
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Gck igle
? Thieres aus einer aer nouereu beschreibe,
dass er das Object schriftlich und mit erläuternden ^
festzustellen suche, was es ist, und darlege, ^ ihnen unterscheide,
menschlichen Theilen übereinstimme, yonn de m Candidateu
Geeignete litterarische und mstrumentelle . Hl J fs ^ fct ^^ ® kau „, ohne
zur Verfügung zu stellen, sodess er die Aufgabe bewäUigen kami,^ ^
auf sein Gedächtniss angewiesen zu sein. Zm Vollen g ^ gi(1
der folgenden Prüfungsarbeiten hat der Candidat je sec ag
unter Clausur anzufertigen. „ . ro^aidaten eine nicht all-
b) Im physiologischen Abschnitt soll^ dem gestellt
zuschwere Aufgabe aus der physiologischen inysi soweit zur ^ er-
werden, für die ihm ebenfalls Instrumente und lAttorat o Formeln inl
fügung gestellt werden müssen, dass er, ohne Zahlen ^ Bücher
Gedächtniss zu haben, lediglich durch Anwend ZU begrün-
Ueberlegung zu einem Resultat gelangen kann, da
ist. der pathologisch?n Anatomie soll dem. ^^“ht “ntecS-
vorgelegt werden, an dem eme in der Wissenscha Object mit den
dene Frage erörtert werden kann. Der Candidat hat d un ,i
gelieferten technischen tHUfsmitteln zu i untersuohen, zu.bescnre
Original frnm
UNIVERSETY OF MICHIGAN
15. Februar.
DEUTSCHE MEDTCINISCBE WOCHENSCHRIFT.
unter Bezugnahme auf seine Befunde ein kritisches Referat über eine
oder mehrere Publicalionen zu veiffassen, die denselben Gegenstand be¬
handeln und ihm für seine Arbeit im Original zur Verfügung zu stellen
sind.
d) Schliesslich ist ein mündliches Examen von einstttndiger Dauer
anzustellen, in welchem lediglich festgestellt werden soll, ob der Candi-
dat eine allgemeine Orientirung in der Anatomie, Physiologie und patho¬
logischen Anatomie besitzt.
Die Prüfung in den drei Abschnitten a, b und c soll so gehalten
werden, dass der Studironde, der die Aussicht haben will, sie zu bestehen
eine über den Durchschnitt gebende Verstandesschärfe besitzen nnd in
wissenschaftlicher Arbeit geschult haben muss.
Ob der Studirende neben der besonders wichtigen Schulung des kri¬
tischen Verstandes auch auf die Erwerbung der unentbehrlichen Kennt¬
nisse den nöthigen Fleiss verwandt hat, lässt sich in dem Prüfungsab¬
schnitte d genügend erkennen. In diesem sollte meines Erachtens der
Examinator durch kurze Fragen aus möglichst vielen verschiedenen Thoilen
seines Gebietes, doch immer nur nach besonders wichtigen und möglichst
unanfechtbaren Thatsachen, sich überzeugen, dass der Candidat keine
grossen Lücken in seiner medicinischen Allgemeinbildung gelassen hat.
Am besten wäre es, wenn diese Fragen so gehalten würden, dass
man ihre ausnahmslos richtige Beantwortung von dem Candidaten fordern
kann. Es würdem demnach in diesem Abschnitte nur die Censuren „ge-
nrigeud 1 ' und „ungenügend“ 4 zu crtheilen sein; und zwar letztere schon bei
völlig. unrichtiger oder ausbleibender Beantwortung von wenigen _ sagen
wir: drei — Fragen. In den ersten drei Abschnitten sollte auch eine
Unsur „vorzüglich“ zulässig sein.
In jedem ungenügend absolvirten Abschnitt kann das Examen nach
einem Jahre wiederholt werden. Sind zwei Abschnitte ungenügend ab-
soivirt. so können sie erst nach zwei Jahren wiederholt werden; sind
drei ungenügend absolvirt worden, so erfolgt keine Zulassung zu ferneren
medicinischen Prüfungen.
Wie man sieht, ist damit die naturwissenschaftliche Vorprüfung der
„brundzüge ganz gestrichen. Ich meine auch wirklich, dass der Staat
em Jnteresse daran hat, von dem Arzte eine weitergehende Kenntniss
der Botamk zu fordern, als dieser bei Gelegenheit der pharmakologischen
rtflfmig wird nachweisen müssen. Gewiss ist die Botanik als Zweig
lei Biologie ein vorzügliches Bildungsmittel für den Mediciner, aber doch
nur emesunter vielen anderen. Hier muss darauf gerechnet werden, dass
di Hebung des wissenschaftlichen Strebens im allgemeinen, die meine
regen wird beZWecken ’ auch zur Betätigung freiwilligen Fleisses an-
AnJh^4 iedei i näher steh * der Medicin die Zoologie; aber ich bin der
Prüfung mil w vorgeschlagene Modus der anatomischen
_. a , usre . 1 J :1 Sendern Maasse darauf hin wirken wird, dass der
Soweit T l1 ? er alI r gemei f iei1 Zoologie und vergleichenden Anatomie
lieh is t hhäftlgt » ^ es für seme wissenschaftliche Ausbildung erforder-
verkeMe i li? e nMl'! m<3 f Öge ? K L b ?* onte Wichtigkeit der Physik und Chemie
schlauen«» \rt k ab ® r , lcb 1)111 überzeugt, dass die von mir vorge-
di^er sti’inJ p by si ol°pschen Prüfung dafür Gewähr leisten würde,
denken t 1 ph ‘ VS * aJlS(?h beziehungsweise chemisch arbeiten und
mX ! fl mt ~ ™ d h,e !‘ auf kommt für den Mediciner unendlich
dass der cLfiHl a ? SW f d .- g , gelerute Formeln Ulld Gesetze. Der Umstand,
der phvsiolo*ds«‘hAn J orailsse ben kann, ob ihm eine Aufgabe aus
Karaltirt woh r lfn L !f mie ° der . der physiologischen Physik zufallen wird.
fÖ im daSS i- er slch “jt beiden Fächern gleichmässig be¬
rgen die Stril,; n „ S ° llten f er f e § ei1 Bedenken obwalten, so würde ich
und einer Dhvsinfe • V °k z ' vei . ~ einer physiologisch-chemischen
einer phj siologisch-physikalischen - nichts einzuwenden haben.
'lass in VT A • gegen m . einen Vorschlag eingewendet werden können,
ganzen Stoffes «fehf V °m e i ner & ecIäc htnissmässigen Beherrschung des
von mir an^emthenf W° ^ werfen könne und dass dafür die
Ich glaube nun I 61 * ^ lu / ung k ? me genügende Sicherung gewähre.
T °n demjenigen J w ird hlnm? 8 ’ da Üj dl ? sch nftliche Prüfung sub a) nur
bauliche Beschäftiannf 0 ^ ? er ? ei ? ^ önnen ’ der sich dl,rch intensive,
die gediichtiii8smäRKil g ir g der De^be gründlich vorgebildet hat; dass
Helegt wird, meist sm ’ fl? T m den gewärtigen Prüfungen j
®«sten jungen Apr*f US i?”! ^brbiich gewonnen ist; endlich, dass die I
^genommen KPhrkif 6 ^ Assistenten chirurgischer Kliniken nicht
^lernten wieder vorauf der Fröfun £ den grössten Theil des so
dle Praxis nicht hfe£»sen haben. Em grosser Nachthoil erwachst für
ungenügender anatomief’ "jhrlässige Schädigung von Patienten infolge
schwierigen. Oneratinn« ber Kenntnisse sind sehr selten, da der Arzt vor
!Hre seine anatomifi/ aS i/ mn ! e ^ Zeit bat “. sich vorzubereiten, insbe-
gar zu grosser en J^ en I ltmsse » so weit erforderlich, aufzufrischen.
Arbeit wird 8 der • . raac Müssigung der dem Gedächfcniss zuzumuthenden
^rksam abhalten. ^ V ° n mJr vor geschlagene Abschnitt der Prüfung
diese Prüfung- absoKHri n ®b e nsächlich erscheinen, ob man demjenigen, der
i? si « mir als ertheilen will; jedenfalls denke
kö H 8i e leicht ln,,f ht -* 8 f at H he ’ 80nd ® rn akademische, und man
• e tzen. Jfan j iönn g & dein Doctorat in eine gewisse Verbindung
jtentiatus medicinae S Beispi , e [ dera rito Absolvirten den Titel eines
^mtte „vorzüglich“ sol I ctie a aber, die in mindestens einem Ab-
n«L ^° cl °rtitel UC [eh K f nd ?^ ha , ben ^ eine Dissertation publiciren,
ne Häcbü cllen ; lch betrachte diesen Vorschlag natürlich als einen
jdinischen StudiefzuzllLf ese .Prüfung bestanden hat, wird zu den
htn «*■ Mcbes Ä n Sem ’. för die ein zweites Triennium vorzu-
rachtens reichen die vorhandenen Universitüts-
. _ 165
KZ 1 " 1 '! e i verbunden - ™ di <*e» Krankenhansern aucl. e“mn nathö
logischen Anatomen nnzustellen. Die Vßrtliftiliinn- fl™, t • *• . P atno
diese Krankenhäuser „nd Kliniken erfolgt seitens des Cerri'eht“
ministenums nach Maassgabe des in den Kliniken vorhandene^ Kinken'
•“ unter billiger Berücksichtigung dor Wünsche der Stuiiircnden •
i - S °’ d ?| S j- diese i Wil brend je eines Jahres ihre Hauptthätigkcit
p k Medicin, beziehungsweise auf die Chirurgie und auf die
GeburtehfJfe richten können. Ich bin weit entfernt, für diese Licentiatcn 4 “
eine Wirksamkeit als „Unterassistenten“ in den Kliniken bezw Kranken¬
häusern, wie sie m dem Entwurf des Ministeriums in Aussicht genommen ist
Frt«h gend " »nschenswerth zu halten. Es ist wohl jedem in den Verhältnissen
Erfahrenen bekannt, dass der Unterassistent in der Regel zu solchon
Diensten gebraucht wird, bei denen unverhältnissmässig wenig zu lernen
mt In den mneren Klimken muss er tausende von HaraunteVsuchungen
und^fhffl fl “ f Bacillenjagd«*n nnstellen; in den chirurgischen
und ^ebmtshülflichen hat er die Narkosen zu übernehmen; in allen dreien
aUf lhn * alle ? «»erquickliche Schreibwerk abgeladen. Dabei
profitirt er ausserst wenig Das Richtige wird es allein sein, wenn dor
„Licentiat noch während des ganzen klinischen Trienniums einen svste-
' * emc * st \ theoretische Vorlesungen in der internen
hnlfo «S p^^ er?P,C ’ 'a de ,J. »Hgemeineii Chirurgie, in der Geburts-
K, iw?T ° gie ' i n d ^Pharmakologie, Hygiene und gerichtlichen
Medicin hört und an den Kliniken als „Praktikant“ theUmmmt. Bei
^sem eigentlich klinischen Unterricht allerdings sollte eine Theilung der
„I raktikanten in so kleine Gruppen vorgenommen werden, dass jeder
der Anwesenden bei jeder Aufnahme eines Status, bezw. Operation bezw
Kntbmdung zur Untersuchung bezw. Assistenz mit herangezogen werden
Naeh Ablauf des klinischen Trienniums — ausnahmsweise auch
•r5~of nne J n ’ nach Ab ! uuf eines vierten klinischen Jalires müssen
sicü die btudirenden einem klinischen Examen unterziehen, das im wesent¬
lichen den Vorschlägen des Ministeriums entsprechend einzurichteu ist.
Mur würde, da über die pathologische Anatomie schon in dem akademi¬
schen Examen eine gründliche Prüfung erfolgt ist, in der Staatsprüfung
tur don pathologisch-anatomischen Abschnitt die Section ausreichon.
Soviel ich abztisehcn vermag, wird durch diese meine Vorschläge
auch das m dem Entwurf des Ministeriums angestrebte Ziel, nämlich eine
Besserung der praktischen Ausbildung, erreicht werden. Das klinische
Biennmm wird nicht nur von den anatomischen und physiologischen,
sondern auch von einem Theil der pathologisch-anatomischen Studien ent¬
lastet, und es wird um ein Jahr verlängert, in welchem nicht ein un¬
fruchtbarer Unter-Assistentendienst geleistet, sondern tüchtig studirt wird.
V or allem aber werden den Kliniken junge Männer von einer ungleich
besseren Vorbildung zugeführt werden; solche, dio medicinisch beobachten
und denken gelernt haben.
Unter der Voraussetzung, dass die hier in den Hauptlinien skizzirte
Reform Verwirklichung fände, blieben noch einige Einzelheiten des Ent¬
wurfs zu erörtern.
Die darin enthaltenen Bestimmungen über die Studiendauer werden
in meinen Vorschlägen dahin abgeändert, dass das eine Examen nach dem
ersten, das zweite nach dem zweiten Triennium abzulegcn ist. Ich habe
jedoch an den betreffenden Stellen die Worte „ausnahmsweise auch früher“
eingeschaltet, weil ich der Meinung bin, dass diese Zeitbestimmung nur
andeuten soll, wie hoch die Anforderungen in den Prüfungen zu stellen
sind. Es soll eben soviel verlangt werden, dass ein genügend begabter,
fleissiger Student die angegebene Zeit braucht, um die Reife für die
Prüfung zu erlangen. Ein Interesse daran, dass auch ungewöhnlich be¬
gabte Jünglinge, oder Männer, die anderweitig vorgebildet wurden, diese
beiden Triennien an deutschen Universitäten absitzen. hat der Staat ganz
und gar nicht; ich bin daher der Meinung, dass denen, die um eine
Kürzung der Fristen nachsuchen, diese iu liberalster Woise gewährt, bei
der Prüfung selbst aber durchaus nichts von den normalen Anforderungen
nachgelassen werden soll.
Weiter ist zu erörtern die Frage der Aufstellung eines Studienplanes.
Eine solche ist nützlich, insofern damit die Lehrer gezwungen werden,
sich über die Vertheilung der Stunden so zu einigen, dass der Studirende
nicht zu unnöthigem Zeitaufwand gezwungen wird. Sehr wünschenswerth
wäre es jedoch, dass neben einem auf die kürzeste Studiendauer bemessenen
Plane auch noch einige auf längeres Studium bemessene entworfen
würden, bei denen vorausgesetzt wird, dass der Studirende einen Theil
seiner Zeit entweder auf die Ausbreitung seiner allgemeinen Bildung
oder auf die Vertiefung seiner Kenntnisse in einem oder mehreren
medicinischen Specialfächern verwenden will. Wenn nun aber der Nach¬
weis einer methodischen Einrichtung des Studiums verlangt wird, so
scheint es doch, dass man jene Studienpläne nicht als Rathschlflge für
den Unerfahrenen, sondern als verbindliche Vorschriften für jeden Stu-
direnden erlassen will. Dies würde ich durchaus nicht empfehlen. Auch
wenn wir annehmen, dass der Studienplan unübertrefflich wohl erdacht
und die Lehrer überall gleich vorzüglich seien, würde ein solcher Zwang
insofern nachtheilig wirken, als die Ausbildung eine allzu gleichartige
würde.
Bedenkt man aber, dass auch im günstigsten Falle das Wissen und
Können des Absolvirten nur Stückwerk sein kann, so erscheint es doch
gewiss nicht erstrehenswerth, dass es bei jedem Mediciner dasselbe
Stückwerk mit den gleichen Mängeln und Lücken werde. Nun kommt
dazu, dass doch fast an jeder Universität die eine oder die andere Lehr¬
kraft schlaff, fast untauglich ist, auf die Hörer keine anregende Wirkung
auszuttben vermag - was denn oft genug durch die ungewöhnliche
Tüchtigkeit einer anderen compensirt wird. Wio viele wahrhaft eilrige
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166
No. 7
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CH RIFT.___
Studenten werden dadurch veranlasst, die Universitäten zu wechseln und BomorkuilgBIl ZU dom vorstehenden Artikel,
ihren Studiengang mehr oder weniger den Lehrverhältnisson anzupassen! Von A ElllenblirfT
Die heutigen Bestimmungen beschränken diese Lernfreiheit schon unge- r * J
mein, und oft genug erzwingt der Examinator es, dass man bei ihm noch Die Redaction hat dom \ erfasser der vorstehenden Abhandlung gern
ein langweiliges Colleg absitzt, nachdem man es bei einem weit vorzüg- das Wort gegeben. Um aber kein Missverständniss aufkommen zu
licheren Vertreter des Faches an einer anderen Hochschule bereits gehört lassen, fühle ich mich persönlich zu der Erklärung^ verpflichtet, dass
hat. Die jetzt in Aussicht genommene Bestimmung würde das Absitzen ich mit dem Verfasser weder in den maassgehenden Grundanschauungen,
gewisser Collegia ohne allen inneren Drang und das mechanische Ein- noch auch hinsichtlich der meisten Einzelpunkte seines Entwurfs überein¬
ochsen der Lieblingsthemata bestimmter Lehrer nocli fördern. Wird hin- stimme. Es liegt in dem gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit wohl
gegen dem Studirenden bei Einrichtung seiner Studien die Bethätigung kaum eine Veranlassung vor, um die Examenfrago ihrer ganzen tlieore-
soiner individuellen Neigungen und Fähigkeiten in vollstem Maasse ge- tischen Länge und Breite nach „aufzurollen“; aber ich kann die Bemer-
stattet. so wird dadurch nicht nur das Interesse an der wissenschaftlichen kung nicht unterdrücken, dass mir wenigstens die Mehrzahl der vom
Arbeit angeregt, sondern auch die Gewöhnung an selbstständige, Charakter- Verfasser formulirten Vorschläge als sehr bedenklich, theilweise ganz
volle Lebensführung wesentlich begünstigt. unausführbar und, falls sie ja zur Ausführung kommen sollten, für die
Uebrigens lehrt auch ein Blick auf das Hochschulwesen anderer Ausbildung der Medicin-Studirenden geradezu verhängnissvoll erscheinen.
Länder, in denen der Studirende an solche Lehrpläne gebunden ist. dass Auf Grund einer eigonen langjährigen Thätigkeit bei sämmtlichen
dabei der wissenschaftliche Sinn, das selbstständige Urtheil und die ge- modiciniscken Prüfungen (nicht bloss im Staatsexamen) glaube ich zu
lehrte Production keineswegs gewinnen. einem Urtheil über diese Dinge wohl einigcrmaassen berechtigt zu sein.
Die vorgeschlagenen Bestimmungen über Beaufsichtigung der Prü- Als völlig verfehlt erscheint mir nun schon der Gedanke, bei der nach
fungen durch den Vorsitzenden der Prüfungscommission genügen meines dem ersten Triennium veranstalteten, das „eigentliche akademische Studium
Erachtens nicht. Allgemein beklagt sich die medicinstudirende Jugend abschliessenden“ Prüfung das Schwergewicht auf schriftliche Arbeiten
heute, und meiner Erfahrung nach mit Recht, darüber, dass: zu verlegen und diesen, im Interesse einer vermeintlich erhöhten Wissen-
1. Die Anforderungen der Prüfungscommissionen an verschiedenen schaftlichkeit, die entscheidende Stelle bei der Beurtheilung einzuräumen.
Universitäten höchst ungleich sind; Es widerstrebt das von vornherein den während des ganzen Studiums
2. Einzelne Examinatoren ihre Ansprüche in’s Unangemessene steigern, stetig im Auge zu haltenden Zielen aller ärztlichen Ausbildung, wobei es
so dass das Studium des von ihnen vertretenen Faches einon ungebühr- weit mehr auf scharfe Beobachtung, auf rasches und sicheres Erfassen,
liehen Theil der insgesammt verwendbaren Zeit kostet und die sonstige Durchdenken und Combiniren des Beobachteten und auf die Fähigkeit,
Ausbildung beeinträchtigt; sich selbst und Anderen augenblicklich davon Rechenschaft zu geben —
3. Dass oinzelne Examinanden, insbesondere solche, die bei dem mit einem Worte mehr auf stete Präsenz und praktische Ver-
Examinator kein (,’olleg gehört oder ein solches unregelmässig besucht werthbarkeit des erlangten Wissens, als auf die Schulung in
haben, ungerecht behandelt wurden; „wissenschaftlicher Arbeit“ und auf eine gleichmässig abgerundete „rne-
4. Dass manche Examinatoren ein durchaus unhöfliches und unan- diemische Allgemeinbildung“ ankommen sollte. Speciell erscheint weder
gemessenes Betragen gegen den Examinanden beobachten. die für den anatomischen Abschnitt beantragte Clausurarbeit (mit
Alle diese Uebelstände, die thatsächlieh vorhanden sind, werden in sechstägiger Frist), noch die für den physiologischen Abschnitt
der von mir vorgeschlagenen ersten (akademischen) Prüfung sehr zurück- vorgeschlagenc Lösung einer „Aufgabe aus der physiologischen Physik
treten, weil sie eine in der Hauptsache schriftliche ist. Eventuell kann oder Chemie“ — noch vollends die dem pathologisch-anatomischen
dafür noch festgestellt werden, dass alle schriftlichen Arbeiten einer Abschnitt vorbehaltene „Erörterung einer in der Wissenschaft noch nicht
Centralbehörde ohne nachträgliche Aenderungen zur Controlle vorzu- entschiedenen Frage“ irgendwie geeignet, um gerade dasjenige heraus
legen seien. und zur Geltung zu bringen, um das es dem künftigen Arzte doch
Für die zweite (Staats-) Prüfung muss verlangt werden, dass aus- beim Studium dieser Disciplinen in erster Reihe zu thun ist! Ein Miss-
nahmslos ein Vorsitzender die Prüfung leitet, der der Ortsfacultät nicht griff scheint mir auch darin zu liegen, die pathologische Anatomio übor¬
angehört. Ihm müsste das Recht zustehen, selbst in die Prüfung einzu- haupt zum Gegenstände der Vorprüfung, neben Anatomie und Physio-
greifen, die "Vota des Examinators zu annulliren und dem Examinanden logie machen zu wollen und sie so aus ihrem organischen Zusammen-
die unentgeltliche V iederholung des Prüfungsabschnittes vor einer anderen hange mit der Pathologie und Thorapie, mit den klinischen Fächern der
Commission zu gestatten. Für eine gleichmiissige Behandlung der Prü- zweiten Studienhälfte loszureissen. Entweder wird der angehende Medi-
tungen wäre es vorteilhaft, wenn die Vorsitzenden einer Centralprüfungs- einer, vor seinem Eintritt in den klinischen Betrieb, der pathologischen
behörde als Mitglieder angehörten und an den verschiedenen Anstalten Anatomie aus llnkenntniss ihror Wichtigkeit und Bedeutung nur ein
und Universitäten die Leitung der Prüfungen abwechselnd übernähmen. verhältnissmässig geringes, den Gegenstand nicht erschöpfendes Interesse
Damit diese Centralprüfungsbehörde der Lehrpraxis einerseits, den mo- entgegenbringen; oder er w T ird (und diese Gefahr ist vielleicht noch
demen Richtungen der Wissenschaft andererseits nicht allzu fern stehe, grösser) mit den aus der pathologischen Anatomie herübergenommenen
wäre es gut, dass sie aus zeitweilig berufenen Universitätslehrern zu- Anschauungen allzusehr imbuirt und in einseitiger Richtung präoccupirt
sammengesetzt wäre. _ an die Objecte der späteren klinischen Beobachtung herantreten. Beides
Hinsichtlich der Oeffentlichkeit der Prüfungen ist zu bemerken, dass gehört eben zu und neben, nicht nach einander: die pathologische Anatomie
diese, wenn ein wirklich unparteiischer Vorsitzender anwesend sein muss. zur Klinik, und die Klinik zur pathologischen Anatomie. — Beachtenswerth.
entbehrt werden kann. Durch den Nachsatz in diesem Paragraphen aber schwer ausführbar erscheint mir der Vorschlag eines an das erste
würde ohnehin die Zulassung der Oeffentlichkeit ganz in die Willkür des akademische Triennium augehängten zweiten, klinischen Trienniums, wo-
Examinators gestellt sein, wie sie es jetzt thatsächlieh auch ist. Sie ist durch die rogelmässige Studiendauer auf zwölf Semester steigt, während
jetzt übrigens nur schädlich, insofern sie die den Prüfungen wiederholt bei- wir schon mit der Abschlagszahlung von zehn Semestern ganz zufrieden
wohnenden Studirenden mit gewissen Lieblingsfragen des Examinators sein würden. Unrealisirbar, wenigstens unter unseren gegenwärtigen
bekannt macht und indem sie manchen tüchtigen Candidaten einschüch- inländischen Verhältnissen (und die so viefach abweichenden Ver-
tert, sodass seine Antworten em unrichtiges Bild von seinem Können hältnisse des Auslandes können uns dabei nicht kümmern), ist dagegen die
geben. Die Unparteilichkeit andererseits wird nach meiner Erfahrung vorgeschlagene Absolvirung des klinischen Trienniums an einer Anzahl
VVTfh ie ^f Oeffentlichkeit durchaus nicht gefördert. Ich lege also keinen grösserer Krankenhäuser, ausserhalb der eigentlichen Universitäts-
v\ ertn aut sie. anstalten. Von allen sonstigen aus der Sache ent springenden Schwierig¬
keiten abgesehen, müssten entweder die dirigirenden Aerzte dieser
Krankenhäuser sämmtlich vom Staate angestellte akademische Lehrer
sein, die Krankenhäuser müssten zu Kliniken, oder zu Succursalen der bis¬
herigen staatlichen klinischen Lehranstalten umgeschaffen werden (wogegen
die betheiligten Gemeinden und Corporationen wohl mit Recht Einspruch
erheben würden) — oder der Staat verzichtete auf die ausschliessliche
Ausbildung der Studirenden durch von ihm berufene und beaufsichtigte
akademische Lehrkräfte, er gäbe die Leitung des klinischen Unterrichts
somit mehr oder weniger aus der Hand: und wir trieben dann Zuständen
entgegen, wie sie allerdings in England bestehen, dort auch ihr Gutes
haben, für die aber bei uns alle inneren und äusseren Vorbedingungen
fehlen und die jedenfalls einen völligen Bruch mit allen Traditionen
unseres geschichtlich entwickelten ärztlichen Unterrichtswesens voraus¬
setzen. Andere naheliegende Bedenken will ich hier gar nicht berühren
und behalte mir eine eingehendere Besprechung des Gegenstandes für die
Zeit vor, wo die von den Herren du Bois-Reymond. und Kossmann
vielfach erwähnten „Grundzüge für die Neugestaltung der medicinischen
Prüfungen“ in authentischer Form der Oeffentlichkeit vorliegcn.
— In der Sitzung der Aerztekaniiner für die Provinz Branden¬
burg und den Stadtkreis Berlin am 10. Februar 1894 wurden nach
einer Eröffnungsrede des Vorsitzenden zunächst einige Fragen von gß*
ringerem allgemeinem Interesse erledigt, wie dio Wahl von gerichtlichen
Sachverständigen bei Honorarstroitigkeiten für jeden Regierungs¬
bezirk, die Festsetzung des Beitrages für dieKammerin der alten Höhe
von 3 Mark. Es wurde ferner beschlossen, nicht mehr ein Correspondenz-
blatt der Kammer, welches zugleich Organ der Vereine wäre und deren
Berichte enthielte, herauszugeben, sondern nur die Stenogramme der \ er-
Die Vorschläge über das erforderliche Maass allgemeiner Bildung
scheinen nur m ihrer Unbestimmtheit durchaus unglücklich. Man kann
sie sehr missbrauchen, wird sie aber in der Regel unbeachtet lassen, zu¬
mal da das erforderliche Maass allgemeiner Bildung durch die Bedingun¬
gen für die Zulassung zum Studium gesichert ist. Dass die geschicht¬
liche Seito bei den einzelnen Prüfungsgegenständen beachtet wurden soll,
ist eine Forderung, die veniiuthlich wieder eine Vermehrung des Memorir-
stoffes nnt sich bringen würde. In wirklich wissenschaftlicher, causalisti-
scher Werne die historische Entwickelung eines Zweiges oder einer Lehre
der Medicin darzulegen, ist in einem mündlichen Examen nicht möglich.
Dass den Studirenden Gelegenheit geboten werde, die historische Ent¬
wickelung ihrer Wissenschaft in Vorlesungen eines geistreichen Lehrers
kennen zu lernen, muss ich allerdings für höchst wünschenswert!! erklären.
wenn endlich in dem Entwürfe verlangt wird, dass bei der Prüfung
besondere Rücksicht darauf zu nehmen sei, ob dem Candidaten die sitt¬
lichen Pflichten des ärztlichen Standes gebührend zum Bewusstsein ge¬
kommen sind, so sollte diese Bestimmung meines Erachtens ganz ge¬
strichen werden. Der ärztliche Stand hat keine anderen sittlichen Pflich-
ten als die der gesummten heutigen Culturwelt. Bei einer ärztlichen
Prüfung danach forschen, ob diese dem Candidaten gebührend zum Bewusst¬
sein gekommen sind hiesse höchstens der Heuchelei Vorschub leisten.
Wenn durch klare Bestimmungen der Zulassung solcher Leute, die noto¬
risch wegen unsittlicher Handlungen aus einem anderen Stande haben aus-
treten müssen, vorgebeugt würde, so wäre das ein sehr erfreulicher Fort-
S’ttr hk~t JedC,lfa S Wlrksamer ’ als eino theoretische Prüfung ärztlicher
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i
15. Februar.
handiungen drucken und jedem den Beitrag zahlenden Arzte zugehen zu
lassen. Die trage der Erweiterung der Disciplinarbefugnisse der
Kammer wurde endgillig erledigt. Bekanntlich war durch den Minister
dcr Jn-. 1 !, IU , SS ( der da ?, s . ihre 5 Disziplinargewalt auch beamtete
and Militärärzte unterstehen sollten, abgelehnt; unter diesen Umständen
beschloss die Kammer auf eine Erweiterung ihrer Disciplinarbefugnisse
Oberhaupt zu verzichten In diesem Sinne haben sich nunmehr sechs
Kammern entschieden, während drei Kammern trotz der veränderten Sach
läge für die Erweiterung der Ehrengerichtsbarkeit sich erklärten und die
Entscheidung von zwei Kammern noch aussteht. Die Fra-'c betreffend
die Errichtung zweier getrennter Kammern Stadtkreil Berlin und
Provinz Brandenburg wurde, nachdem in der Berathung auch der Ober“
pitadcot v. Achenbach die Gründe für und wider beleuchtet und zum
vorläufigen Zusammenbleiben gerathen hatte, dem Vorstände der Kammer
zur Berathung und zum späteren Berichte überwiesen
Pen Hauptpunkt der Verhandlungen bildete der Bericht des Herrn
S. Mareuse über die Beziehungen der Aerzte zu den Berufs“
eciiossenschuften. In einstttndiger Hede, welche das gründlichste
»tudnim des Gegenstandes und sorgfältigste Ueberlegnng bei der Auf¬
stellung der Forderungen bewies, begründete HcrrMaFcuse die von ihm
aufgestellten Thesen deren Theil A Anfrage an die Behörden, Theil B
Resolutionen enthalt. Diese Thesen wurden dann auch nach eingehender
Berathung, und zwar der erste Theil fast einstimmig, der zweite Theil
mit grosser Mehrheit und unter Zusatz einer vierten These (Antrag
ha lisch er) angenommen.
Der Wortlaut dieser Beschlüsse ist folgender: A. Die Aerztekammer
»olebcseMiessen bei den zuständigen Behörden zu beantragen: 1 ) Die
>> 16 und 8 / des Lnfallversicherungsgesetzes vom 16. Juli 1884 dahin
abzuandern, dass a) m die Vorstände der Berufsgenossenschaften resD
mt“ie Se Ä l iii‘<:i e Schiedsgerichte, cf in das Reiehsversicherungs-'
amt je em Arzt mit Sitz und Stimmo gewählt wird. 2 ) Den $ 51 des
Infallversicherungsgesetzes dahin zu ändern, dass der ersten Unfall“-
nzeige cm auf Kosten der Berufsgenossenschaft auszustellondes ärzt
iSt ' 3) 1>ett « 54 ' 2 dahin zu ändere d^s zu
de? n?r reh Tor S esc, ™i>enen Untersuchungen des Unfalls seitens
der OrtspohzeibchOrden em ärztlicher Sachverständiger auf Kosten d??
Bernfsgenossenschaft zngezogen werden muss. '
tekammer wolle beschlossen, sich mit folgenden Grund-
eines Krankvoh ».!? 1 =* , cmcs ” edl «>-meehanische]i Institutes, oder Leiter
Berlin, vertunden mit «MtnJ ® rricht, '?S Unfallstationen in
erDUD(len Ini J; stetionären Kliniken, wie sie vier Berufsgenocspn-
eliemlclieTndustii? Beruft.?“ 0 ™' ““h ^ sl 7 :? re i; Berl ' f sgenossenschafC die
Kfllerei tLw“stiic-Beiufcgcnossenschaft, die Spediteur-, Speicherei- und
und die NorddeuJche HoIz-ßLfsgcnösscu
tehUigMie i i e r I 1 Tr‘ , ? d ,, no, i h ( ™ ter “" s 7 f«Brenlieab 1 ichtigen.
4i Die \erztekammpr Se wnli er k n ^|y er ^ e tzten und des ärztlichen Standes,
vorstellig/ 7,1 / ^ bcschliessen * bei den zuständigen Behörden
nnigsffesetzo und etwatee er Entwurf der Novelle zumÜnfallversiche-
wbunlrvorderStellnn^fL/ i ^4 A ^ en zur Arbeiterschutzgesetz-
- s der Stellungnahme d er Aerzte kammer vorzulegen sei. A. G.
''olle^n^on au< ? h fü r die nicht direkt betheiligten
HaifskaMensä« 0 .^nrfte, ist, zwischen dem Verein der Ber¬
einigung freier eimresrhri'h 6 Icher 150 Mitglieder zählt, und der Ver¬
beiden Vereinigungen besteht^pte v Ul , fskass ® n ansgebrochen. Zwischen
Quantum von (frei \lark nrn vw ^ e i’ tr ?*V d 4 rch den ff e ff*a ein Pausch-
Hölfskassenruit'heder dom A? P / Und - Jah t r dle ärztliche Behandlung der
während der Vrtrtsdauor «t Nachdem bereits
hat, , dCr Reinigung wiederholt ver-
^‘hUertigten Druck w ^ bestehenden Bestimmungen einen unge-
-}blauf des \ erte,?L o , i ^ Tr auszuüb ™> benutzt er die durch
J ( - ärztlich« WTemsonraniLteF" d ‘ J * Slch dar b ietendo Gelegenheit, um
Bestimmungfen, die wohl t n .^ U spr ® D S? n ^ durch überaus rigorüse
knebeln. Die Miiliedef V , b 1 ‘ es Gle eben finden, die Collegen zu
dl ^en Bestrebungen Ltii JiT ? er Hüjfskassenärzte haben bisher
DEUTSCH E MEDICINISCH E WOCHENSCHRIFT.
diesen Bestrebuno-fn 6 G \i d<?r \ ereins der Hülfskass
b-hnt. Die \vS dp= T ld ° r 4 tail(if4n und den neuen Vertrag abge-
d |le Berliner c°ji e welche ® S - a - ber ^n^nd, dass
,Uu ‘- m gleicher Weise «ich ohioif H ^ ska f s ® nve remigung sich wenden
^ etliischen und wirthth»ffr ** verhaIten ffegen die Versuche,
b'Tabzudrücken. Es ist orfrpnr^ h ^ U Interessen auf ein niedriges Niveau
"ssaSsÄ'Äi"
& 4 *iä"«- 5 r
Ve M,i 1 , s 'T , ‘J le ” Kas s
““ gChMde bereits’ gef assYhaben" S. A.
[ s an 1 6* Februar brachte beim Kapitel
Iath-Schönaich die Zulassung der
zur Sprache. Man könne ja sagen, dass
Pw« ~ UKiri( ‘ 1 tsnmt Prinv r,'n - T :r X’ , ° ,J ‘ ulu ,Ji acuce Deim Aapitel
H ÄB . en Z| »m ärztlichen o tn j l , 1 _^ aro ^ at,k '^ c hönaich die Zulassung der
; r 4 ^>.. fü't" ®? d r,, ; r rS i! ri ‘ d,e ' M “ k . 8nne > «««.*«
^udiun» dorModirin iiSiif - r ungünstig sei, zumal gerade
)l dlese . ^age im llten T Se *' A . nderersüi ^ s oi aber das Interesse
SIi fJ S|t 'h für Zulaso.ncr ft’ J gestiegen, mediciuische Autoritäten
£® chen *. P p r StJssec?eW d b h f T en 4 ZUI ? ärzf Hchen Studium ausge-
^ gewiesen, die EüiSlihj? be d, . e Angelegenheit vor die Einzelland-
inu n genheit - Wenn selbst vÄ W1 ^ d . eru f ^'klärten das für Reichs-
ÄY Uln M edicin S tudium Emz . elre g ierii ngen grundsätzlich die
PmU daV0 - n - Penn sie hät^ g - S ; S ? n s ? hfit i ten di e Frauen noch
w ( . < rr i„ ausu b ,!n könnten tt- mc bb. die Gewissheit, ob sie auch die
S* m(lssp - Das Reich h!L gC , e - m u Bedürfniss vor, dem abgeholfen
- tr ashburg zur Verfügung Ä ®* il IeiC 5 t ’. . Wandel Zl1 schaffen, da ihm
»ff stehe, das Reichsumversität sei. In England
, = __167
und Frankreich seien Frauen bereits zum ärztlichen StnHium i
Staatssecretär Dr. v. Bötticher wies darauf p ^ i geIatiSeu *
dem Gebiet in der Richtung, die der VoÄe? weit 5Sf ..‘S?““ “ f
bestehe nach der Gewerbeordnung für Frauen kein TtinH« ke ]^ en -
ä-ä ssbS k, FS
XI, Therapeutische Mitteilungen.
üeber Tolypyrin und Tolysal.
Von Dr. Otto Dornblüth,
Direktor der Prbvinzialpflegeanstalt Freiburg (Schlesien).
v , .® lt etwa einem dahr e habe ich in einer grösseren Anzahl von Fällen
FrA e n den gen T 5 . en ^1 angewendet und ich bin von den kHnisJhen
Ä !!, 80 befriedigt dass ich einen Bericht darüber nicht unterlassen
will, obwohl eine pharmakologische Autorität wie Herr Liebreich fW 1
Ich 6 ?m nteb? G flp M0 M at - Sh ' 189 ?’ P \ 1 1 80ff ’ ) beide Mittel für überflüssig häft“
Ji ^ t dei Meinung, dass Abweichungen in der Formel chemischer
R I T er ; die dem . Gbemiker praktisch bedeutungslos erscheinen klinische
ihltt tUnge . W l derl ? gen - k ^ nen * VieImehr bedauere ich solche a priorD
? f b Ü l; T Ü ■ S1 u Prüfungen zu beeinträchtigen geeignet? sind
Mag der chemische Unterschied des Tolypyiin vom Antipyrin noch so
genng sein imd mögen beide eine Anzahl von Wirkungen gemein haben
so begegnet man doch zweifellos Fällen, wo das eine vers^t und
andere wirkt. Und selbst wenn beide Mittel in ihren Wirkungen trleich
waren^ so hätten doch wir Aerzte sicher keinen Anlass, dem 0 Antipyrin
:Ll°i^ Mh ‘ ne f,i gebeD ’ das mit einer so "»aasslosen Reclame P dem
k<a,en ^n j U m ^ e & enfl b er grossgezogen worden ist.
dem A n r tivl 01 , ‘W ri ^. das n na i ch don P arl egungen der Fabrik J. D. Riedel
als P-Tolydiroo%lpyrazolon
oOgeiiübersteht, lasst sich kaum etwas besseres anftthren, als dass es dem
Antipyrin wie Paul Guttmann 1 ) sich ausdrückt, „als antipyretisches,
antuheumatisches und antmeuralgisches Mittel in der Stärke seinerWir-
Np^f;nnm 1 C S We frr lg 1St ' U . ^b kan11 das besonders für die Wirkung als
Nenmum bestätigen, wohin meine Versuche sich bei' der Art meines
Krankenmatenals vorzugsweise erstreckt haben. Nicht nur Neuralgicen
r AncrfnT p ^ sonderü auch Entzündungsschmerzen
A *’ |! arulls )’ nervöse Schlaflosigkeit , Kopfdruck nach epiloptischen
Anteilen. Enuresis nocturna bei Kindern und andere Leiden habe ich durch
iolypyrm so gut wie durch Antipynn beseitigen können, und dabei hat
Mch wmderholt das Tolypynn in Fällen (z. B. bei ausgebildeter, viel-
jahnger Migräne) bewährt, wo Antipyrin nicht half. Bei den Versuchen
wurden beide Mittel in völlig gleichen Amylumkapseln gereicht, und die
latienten hatten keine Ahnung, welches Mittel ihnen gegeben wurde
Eine reizende oder erregende Wirkung ist mir- bei dem Tolypyrin nie
vorgekommen, obwohl ich zumal seit dem Liebreich’schen Hinweis genau
darauf geaditet habe. Soweit ich bis jetzt urtheilen kanu, haben Anti-
pyrm und Tolypyrin im ganzen gleiche Anzeigen, und es w'ird nur in
einzelnen Fällen erst festziistellen sein, welches gerade dort am besten
wirkt. Dagegen sprechen meine Erfahrungen deutlich dafür, dass in dem
lolysal ein Mittel gefunden ist, das als Antirheumaticum eine neue
Stellung omnimmt. Das Tolysal ist das salicylsaure Salz des Tolypyrins;
zu seiner Herstellung hat wohl die immer wachsende Anerkennung des
^alipyrins boigetragen, das bekanntlich das salicylsaure Salz des Anti¬
pyrin s ist. Eine so nahe Beziehung wie zwischen Antipyrin und Tolv-
pynn scheint mir zwischen Salipyrin und Tolysal der Wirkung nach nicht
zu bestehen. Während ich jenem eine ganz hervorragende Wirkung bei
Influenza zuschreiben muss, und zwar nicht nur auf die subjectiven Sym¬
ptome, sondern namentlich auch als Verhütungsmittel der langsamen
Genesung und der nervösen Nachkrankheiten, hat sich mir das
Tolysal 3 ) sowohl bei acutem Gelenkrheumatismus, wie bei den ver¬
schleppten, mit Gelenkschmerzen und gelegentlichen Fiebersteigerungen
einhergehenden Rheumatismen ganz vorzüglich bewährt. In den acuten
Fällen wirkt es, in Gaben von 0,5—1,0 fünfmal täglich genommen, min¬
destens so gut wie salicylsaures Nation in den üblichen Gaben, und dabei
fehlen Ohrensausen und ähnliche Nebenwirkungen ganz; Rückfälle kommen
nicht häufiger als bei der anderen Behandlung vor. Oh die Verbindung
von salicylsaurem Natron und Antipyrin oder Tolypyrin ähnlich wirkt wie
das Tolysal, habe ich nicht erproben können; entsprechende Versuche be¬
züglich des Salipyrins haben mich zu der Ansicht gebracht, dass cs doch
etwas anders wirkt, als seine Compouenten. — Bei verschleppten Fällen
von acutem Gelenkrheumatismus, wie sie namentlich nach blosser Anti-
pyrinbehandlung nicht selten Vorkommen, zeigte sich das Tolysal wirksam,
während gerade diese Fälle durch das salicylsaure Natron nicht besonders
stark beeinflusst werden und meist auch anderen inneren Mitteln nicht
recht weichen wollen. Ich Kabe hier zunächst fünfmal täglich 1,0. dann
noch einige Zeit hindurch ebenso oft 0,5 Tolysal gegeben. Die Patienten,
die sich meist schon einige Erfahrung im Arzneigebrauch nothgedrungen
ungeeignet hatten, waren mit dem Tolysal sehr zufrieden; nur einer gab
an, nach dem Einnehmen eine Art Beklemmung in der Magengegend zu
fühlen; die Empfindung verschwand, als das Pulver nicht mehr bei leerem
Magen genommen wurde. Ich kann also das Tolysal als Antirheumaticum
bestens empfehlen. Eine Wirkung auf die Menstruation wie beim Sali¬
pyrin, das die Blutung in den meisten Fällen verringert und abkürzt,
konnte ich beim Tolysal nicht feststellen.
‘) Berliner klin. Wochenschr. 1893.
~) Vgl. Honnig, Deutscho med. Wochenschr. 1893, p. 193fT.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCH EN SCHRIFT.
No. 7
168 __ . ,
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asÄM Bow, Ä
kpif und Uehelkeiten, auch vorübergehende Amaurose ein, welche übu
vtt Kleine Mittheilungen.
_ Berlin. Sanitatsrath Prof. Dr. Langenbuch, dirigirender Arzt
des Lazaruskrankenhauses ist zum Geheimen ^nitutsrath emttnnt
— Oberstabsarzt Dr. Zunker, Leibarzt Threr Majestät, der Kaiserin
und Königin, ist zum Generalarzt a la suite ernannt.
D?e Gesellschaft der Chariteärzte hat Herrn Generalarzt
Dr. Sch aper delegirt, um die Gesellschaft beim internationalen medi-
cinischen Congress in Rom zu vertreten. . ».. T -
Stabsarzt Dr. R. Zenthoefer. Assistent, am Institut für Infec-
tionskrankheiten, ist gestorben. , r
Jena Der frühere Professor der Geburtshuln an den Lnnci
sitüten Jena und Zürich, Dr. Frankenhäuser, ist gestorben
- Mainz. Der Geheime Medieinalrath Dr. Karl Wenzel ist ge
.torben. ^ ^ ^ p ül . 0 j n j n Wien zu errichtendes Tuberkulosenheim
hat der Kaiser von Oesterreich am Todestage des Kronprinzen Rudolph
einen Betrag von 10 000 Gulden gestiftet,
— Budapest. Das rege wissenschaftliche Leben, welches sich
schon seit, lange in den hiesigen ärztlichen Fachkreisen bekundeC hat
wieder darin neuen Ausdruck gefunden, dass sich neben dm schon seit
56 Jahren bestehenden und 440 Mitglieder zahlenden Anhöhen Wem
• seit kurzem zwei neue Vereine gebildet haben, nämlich 1) der nach dem
Muster der Berliner Charitegesellschaft gebildete Verein der Spitalsarzte, der
gleich bei seinem Inslebentreten 216 Mitglieder zahlte, und 2) der \ ere
der Ohren- und Kchlkopfärzte. - Zu dem am 1.-9. September 1. J. hier
abzuhaltenden internationalen hygienischen und demographischen Congrcss
sind bis jetzt über 257 Vorträge vom In- und Ausland angemeldet, der¬
selbe verspricht demnach sehr rege und besucht zu werden. Der demo¬
graphischen Classe ist auch eine anthropomet,rische Abtheilung und eme
solche für physische und psychische Defecte beigeordnet, was bei anderen
ähnlichen Congresscn nur ausnahmsweise der Fall war. — Der 1 rofessor der
chirurgischen Klinik, Dr. Josef Koväcs, feiert am 25. d. M. sein 25jM.riges
Professoreiijubiläum, zu welchem Zwecke ihm seine Schüler und gewesenen
Assistenten grosse Ovationen bereiten werden, auch wurde ihm in An¬
erkennung seiner Verdienste das Com thurkreuz des Franz Josefs-Ordens
verliehen. . . . «
Paris. Ein von der verstorbenen Madame Boucicaut. der Be¬
sitzerin des grossen Kaufhauses Bon Marehe, gestiftetes Kapital von
7 000 000 Francs, welches durch Anhäufung der Zinsen durch sieben Jahre
auf 10 000 000 Francs angelaufen ist, wird nunmehr zur Errichtung
eines grossen Krankenhauses, „Höpital Boucicaut“ verwandt. Die
Baukosten werden sich auf 2 000 000 Fraucs belaufen, während von den
Zinsen der verbleibenden 8 000000 Francs die Unterhaltungskosten be¬
stritten werden sollen. Ein Tlieil der Krankenbetten wird für erkrankte
Angestellte des Bon Marehe reservirt bleiben.
— Kairo. Dr. Alexander Brugsch, ein Sohn des bekannten
Aegyptologen, der in Kairo als Augenarzt prakticirtc, ist gestorben.
— Ashmead (Journ. of cutan. and genito-urin. diseas., Januar 1894)
giebt. einen kurzen Auszug aus einem bereits im Jahre 1801 in Kioto
erschienenen japanischen Werke Uber Syphilis. Besondere interessant
ist, dass hiernach die Syphilis in ihren wesentlichen Erscheinungen schon
700 Jahre vor Christi Geburt bekannt gewesen sein soll.
— In einer kurzen übersichtlichen Zusammenstellung bespricht
Malcolm Morris (British medical Journal, 27. Januar 1894) die neuesten
Errungenschaften der Dermatologie. Im Anschluss an die bactcrio-
logische Richtung wird der Gebrauch der Antiscptica und einzelner localer
therapeutischer Methoden, besonders der Elektricität und der Massage,
geschildert.
— Das Lohrbuch der Syphilis und der venerischen Krank¬
heiten von Finger (Wien, Deuticke, 1892) liegt uns in der dritten,
wesentlich vermehrten und verbesserten Auflage vor. Als besonderen
Vorzug möchten wir hervorheben, dass Finger der ursprünglichen
alleinigen Bearbeitung der Syphilis auch noch die Besprechung der
venerisch-contagiösen Helkosen und der Blenorrhoe hinzugefügt hat.
Freilich wird derjenige, welcher sich genau über den letzteren Gegenstand
AusstattvSftat vorzüglich. Die fünf dem Buche beigegebenen Utho-
i mi S Karger in Berlin) von welchem bereits früher französische,
italienische ^russische Übersetzungen erschienen sind, liegt nun auch
ei “ e seltener Hautkrankheiten
• t a „„i,,., riftff ftrschienen Dasselbe enthält folgende Tafeln.
Mitchell Bruce Anomalous discolouration of the dein andIn«»
membranes. L. Jacquet, Uleöres trophiques, Syringomyelie. S. Gioyan-
Wte hab^^ schon g frü^r (diis^Ä ?) Gelegeriieit
■“ Ä^dTÄSirp.Ä.!, ™
vemehrt end Die neuen JoÄf ÄeÜtalt: ,La° Medertne iufan-
Zi t&asas&rtsas wää
Rectu'u-undvGasti.ointestinal-Chtrurg.e ^mot ist. ^
laudwirthschaftlichen Hochschule in Berlin, ist als Docent für Thierphysio-
sä*? iiis. p "S”M;r.SÄ »vS'Sit
Professor der Physiologie ernannt. — Kiew. Dr, N. A. Obo e i
ausserordentlicher Professor der gcrichtlichen Medicm. tat . zum ordenk
liehen Professor ernannt. - Genua. H. G. Profeta, lrotessor an
medicinischen Facultat in Palermo, ist zum ordenlUchen Professor ™ r
Dermatologie imd Syphiligrapbie ernannt. — Pisa. Di. G. B. Gueiioio.
Professor an der medicinischenFacultät in Genua, ist r.um Pr r
medicinischen Klinik ernannt. Dr. A. Nannotti hat sich als Invat
docent für chirurgische Pathologie habilitirt.
vttt. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. J’
der Städtischen allgemeinen Krankenhäuser zuMüuc e •
Verein mit den Aerzten dieser Anstalten herausgogben von 1 rote .
Dr. V. Ziemssen. 181)0-1892. 477 S. 10 M. München, J. 1 ■ Len
"'“"jafMoleschott’s Rede bei seiner Jubiläuinsfeier in Rem
am lfi. Deeembcr 1892. 28 S. Preis 1 M. Giessett Emd Roth, 189
O. Dornblüth. Wörterbuch der klinischen Kunstausdraenc
Für Studirende und Aerzte. 148 8 8 .Mark Leipzig Veit & ^,1894.
Anatomie. A.Rauber, Lehrbuch der Anatomie des Menschen.
IV. Auflago von Quain-Hoft'mann s Anatomie. II. Band, 2. Abth rnng^
Nervenlehre. Sinnesorgane, Leitungsbahnen. 840 S., 463 Abbild.
11 M. Leipzig. Eduard Besold, 1894. . , • .
Chirurgie. F. *v. Esmarcb, Handbuch der kriegschiru
gischen Technik. Gekrönte Preisschrift. IV . Auflage, neu bea e te
von Prof. Dr. F. v. Esmarch und Dr. E. Kowalzig. II. Bd W
rationslehre. 823 S. 9 M. Kiel und Leipzig, Lipsius ^ | sc j^ c i ien<
I). Hellin, Struma und Schilddrüse, 105 b. 3 M. munui«
E ' W GeburSlfe and Gynäkologie. A. M Y 3 T°s 6 s^,gS F. E.E
Theorie der septischen Krankheiten. 181 S. btuttgait,
Geschichte der Medlcln. W. Marshall, Neu er«ffnetes wunder-
sarnes Arzonei-Kästlein. 127 S. Leipzig, A. Twietm y , y
Hygiene und Sanlt&tewesen. C. F1 «g?J’.. ( f ru 1 ndr i l vo/wMtungs-
giene. Für Studirende und praktische Aerzte, Medicinal- und
beamte. III. Auflage 698 S. Leipzig, Veit & Co., 1894. ht
L. TiOewy, Die Typhusepidenne in Fünfkirchen, ver i 11 c f it .
durch Infection der Wasserleitung. Klinische Zeit- und S
fragen VII. Bd., 9. Heft. Wien, Alfred Hölder
Gust. Beck, Zur Frage der unentgeltlichen Kia P
62 S. 0,70 M. Bern, Schmid, Francke & Co. 1894. Mehrheit
Psychiatrie und Neurologie. S. Landmanu, l)S ycho-
geistiger Persönlichkeiten in einem Individuum. E 1 .
logische Studie. 168 S. Stuttgart, F Enke, 1894.
A. Forel. Die Heilung der Stuhlverstopfung durch b
gestion. 10 S. Berlin, Hermann Bringer, 1894. R P hindlung
b Zahnheilkunde. J. Parreidt, D i e _p r o t h e 11 sch e B eh an i^ b
der Kiefer- und Gaumcndefecte. 4o S. 1,-^0 M.
Felix, 1893.
Gedruckt bei Julius Sitfenfeld in Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag
JW 8 .
22. Februar 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtUchen Mitteilungen der öffenfc-
liehen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes . 0
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Bedaction: Prof. Dr. 1. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. - Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin
Lutzowstr. 60 a. Potadameratr. 11t ~ . . , , , „ . * ö
* v»uaiu«Hbr. ixo. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. SL
L Antitoxisch wirkende Desinfectionsmittel.
Von Stabsarzt Prof. Dr. Behring in Berlin.
Allgemeine Bemerkungen über antitoxische Mittel.
Analyse der giftzerstörenden Action chemischer Agentien
gegenüber Giften von bekannter Constitution.
. B*® literarische Discussion hat sich bei den von mir und von
meinen Mitarbeitern mitgetheilten Thatsachen über die specifischen
ümtantitoxwe einiger Fragen, insbesondere über den Wirkun^s-
modus bei der HeHun^ j n einer ganz absonderlichen Weise be¬
mächtigt. Begriffe, die meinem Denken ganz geläufig sind, werden
z -H. von Prof H. Büchner in München in so ungewöhnlicher
lieh wheint* Art gebraucht ’ dass eine Verständigung kaum mög-
Wenn aber ein so vielgewandter Autor, wie Büchner, in
relativ einfachen Fragen Schwierigkeiten findet, über welche er
ri « aicht . hl ? we f zu helfen weiss, so muss ich annehmen, dass
aie von mir in den bisherigen Publikationen gegebene Darstellung
der experimentellen Resultate, betreffend die Blutantitoxine, zu viel
an bpecialkenntmssen bei den Lesern voraussetzte, und ich will
lm - fol £ endea die . Begriffe „antitoxisch“, „giftzerstörend“,
erhnfo? 181r , en ^ 1 Und »^hend“-in noch mehr elementarer Weise zu
soUdifl m'ft eiSU ?« en ^ a S A da ? frülier H esc behen ist. Zu dem Zweck
an (ipn g ; n tZ -K StÖrC n de Actl ? n c bemischer Agentien zunächst nicht
sondpr^ ln ii rer «och unbekannten Bacteriengiften,
setzuno- an a £^ neme *’ bekannten Giften von einfacherer Zusammen¬
hang analysirt werden.
Analyse bekannter Heilungen durch Chemikalien.
i»feh„*?I„ d ir aCt0re “’ T e i Che bei der Ana 'y se eines Processes
siehtieer JLh» Z !i ebe ?r S ? d ,’ dedmrt werden können, um so dureh-
Kechnen Y 6 , rhäl, l nisse ^gestellt werden können. Das
erlaubt zwar 22 un ^ ekann J ten M. d bloss hypothetischen Grössen
dersetzunaen ,„ tre "^° ( - UI J d vle Ueicht auch geistreiche Auseinan-
bisher in^er’Med.v 1 *^ 18 ? jr 1 auchbare “ Resultaten hat es aber
einzelnen “ 0cb " ,cht . ^er auch wenn die
noch nicht fihit. j T bekannt, aber einer genauen Definition
vor Trugschlüsse n»’ w“* *?, s . chon einer grossen Uebung, um
^wissen Grade der Pal^ w U b 8lb ® n ' , Das D ist nun bis zu einem
Wirkung der Blntlntu : Wlr den Process der heüenden
hacteriengifte nn iw to 4- gegenübe1 ' einer Erkrankung durch
die Wtr wissen noch nicht, was für Körper
• s jnd, und der lebend»Tn W18 . sen au . ch was Bacteriengifte
Kräften so definirbar P rgan *® mu . s lst gleichfalls nicht in seinen
verth wäre Aher J; ^ e ^ eS ? me £ enaue Rechnung wünschens-
drei bei der AntitnvinU b , aben V enigstens . die Gewissheit, dass diese
Kactoren wirklich pviof* 1 Ung baa Ptsächlich in Betracht kommenden
dass alle diejenigen ^ ich hofie nach weisen zu können,
«teilten wel ? he wir för die von mir ange-
kp it definirt werden t- n ° thlg baben ’ mit der erforderlichen Genauig-
ai 'ch schon definirt cinT^ ^ in L meinen früheren Mittheilungen
wn anderer Autoren b' ? rst J dur £ h dle verwirrenden Darstellun-
anders wäre Do kon ? lt ® der Schein erweckt werden, als ob
ßl utantitoxme nicht iiir^i 01, das . Verst ändniss der Heilung durch
Processen, will ichvnnaiif * dar - n sind ’ als . bei anderen Heilungs-
Alkalien gegenüber z ® 1 g en , indem , ich die Heilwirkung der
;erdünnteu Säuren und - V ® rglftun & Pflanzenfressender. Thiere mit
bliemikalien ZUIn v d ° Q l ? 1 p andere Heüungen mit gut bekannten
vergleich heranziehe. Der erste zu berück¬
sichtigende Factor ist dabei das Verhalten des Thierkörpers gegen¬
über dem vergiftenden Agens, der zweite dieses letztere lelber
der dritte das heilbringende Mittel. s
Analyse der Heilwirkung von Alkalien bei Vergiftung*
mit verdünnten Mineralsäuren.
Bei der Heilwirkung der Alkalien gegenüber der Salzsäure¬
vergiftung sind die beiden letzten Factoren, nämlich die Salzsäure
und das AlkaU, z. B. die Natronlauge, von sehr einfacher chemischer
Constitution, so dass wir uns eine klare Vorstellung von ihrer
gegenseitigen Einwirkung machen können. Wenn wir Salzsäure
mit Natronlauge zusammenbringen, so entstehen neue Körper nach
der Formel HCl + NaOH = NaCl + H 2 0. Die Salzsäure ist ein
Gift für den Thierkörper, auch die Natronlauge ist ein Gift, aber
weder das Kochsalz noch das Wasser können als Gifte angesehen
werden. Die Salzsäure wird also durch die Natronlauge ungiftig
und wir können die Natronlauge als ein Antitoxin für die Salz¬
säure bezeichnen. Da die Natronlauge selber ein Gift ist, so passt
auf sie auch der deutsche Ausdruck „Gegengift“. Nun können
wir aber auch die Salzsäure ungiftig machen durch solche Mittel,
die selber keine Gifte sind, z. B. durch doppeltkohlensaures Natron’
nach der Formel HCl 4- NaHCO* = NaCl -f- H>0 + C0 2 ; das ent¬
spricht dann im Effect dem, was wir bei der Einwirkung der Blut¬
antitoxine auf Bacteriengifte beobachten, wo die ersteren gleich¬
falls antitoxisch wirken, ohne selber Gifte zu sein. Wir können
die Parallelen noch weiter ziehen, indem wir folgende verschiedenen
Fälle setzen. Wir können erstens den Process des Ungiftigmachens
der Salzsäure in’s Reagensglas verlegen, wir können aber auch die
antitoxische, d. h. die giftwidrige Wirkung des Alkali auf die Salz¬
säure im Thierkörper stattfinden lassen. In beiden Fällen haben
wir weitere Unterschiede zu machen. Im ersteren kann sofort
nach dem Zusammenbringen der Salzsäure mit dem Alkali die
Mischung incorporirt werden, oder man kann auch beide Körper
erst einige Zeit im Reagensglase auf einander einwirken lassen.
Für den antitoxischen Effect ist beides ziemlich gleichwerthig, wenn
als Antitoxin die Lauge gewählt wird; dagegen bedürfen kohlen¬
saure Alkalien etwas längerer Einwirkung, um die chemische
Umsetzung, welche zum Ungiftigwerden der Salzsäure führt, voll¬
ständig erfolgen zu lassen. Bei der Einwirkung des Alkali auf die
Salzsäure im Thierkörper wiederum macht es einen erheblichen
Unterschied im antitoxischen Effect aus, welche Applicationsmethode
wir für beide Agentien wählen. Der Einfachheit halber nehme ich
an, dass wir das Gift, nämlich die Salzsäure, stets subcutan appli-
ciren. Dann ist es ohne weiteres verständlich, dass die Chancen
für eine Paralysirung der Giftwirkung am grössten sind, wenn
auch das Alkali subcutan und zwar an dieselbe Stelle hingebracht
wird, wo man die Säure eingespritzt hat. Wählt man z. B. die
stomachale Einverleibung, so ist die Alkaliwirkung nur von der
Blutbahn aus möglich, und ob sie auf diese Weise überhaupt ein-
treten kann, ist von mancherlei ZufälHgkeiten abhängig; wenn der
Mageninhalt zufällig stark sauer ist, so kann das Gegengift da¬
durch ganz unwirksam werden; aber auch mangelhafte Resorption
u. a. kann den antitoxischen Effect vereiteln. Besseren Erfolg ver¬
spricht schon die direkte Einführung des Alkali in die Blutbalm,
und zwar wählt man da zweckmässig die intravenöse Infusion. Da¬
mit sind aber die zu beachtenden Unterschiede noch nicht erschöpft.
Auch die subcutane Injection des antitoxisch wirkenden Alkali
kann gänzlich resultatlos bleiben, wenn seit der Giftapplication
einige Zeit verstrichen ist. Die Salzsäure ist dann in die Blutbahn
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIFT.
170 __ _ _
aufgenommen worden, hat in der Blutflüssigkeit chemische Altera¬
tionen verursacht, und auch lokal ist die Salzsäure dann nicht
mehr als solche wirksam, sondern es sind hier Verbindungen ent¬
standen, die nicht mehr ohne weiteres durch Alkali unschädlich
werden. Auf die Salzsäurewirkung im Blute wird aber, soweit
dieselbe überhaupt noch durch Alkali zu paralysiren ist, das letz¬
tere offenbar sicherer einwirken, wenn wir es unter eine frische
Hautstelle appliciren, wo es besser resorbirt wird, als von der
krankhaft veränderten Salzsäureinjectionsstelle aus; noch besser
aber erreicht man, wie das Experiment gezeigt hat, eme antitoxi¬
sche Wirkung, wenn das Alkali intravenös injicirt wird; m diesem
Falle kann selbst wenige Stunden vor dem erfahrungsgemäss
bei unbeeinflusstem Verlauf der Salzsäurevergiftung — eintreten¬
den Tode eine lebensrettende Wirkung erzielt werden Wir haben
endlich noch den Fall zu unterscheiden, dass wir das Alkali nicht
o-leichzeitig mit der Salzsäure incorporiren, auch nicht hinter¬
her sondern vorher. Wenn durch voraufgehende Alkalimsi-
rung das später mit Salzsäure zu behandelnde Thier g e g ei *
Giftwirkung der letzteren geschützt werden soll, so ist die Sache
nicht so dringlich, und wir haben freie Wahl, durch stomachale,
durch subcutane und durch intravenöse Application dies zu ei-
reichen; nur die Dosirung wird eine verschiedene sein müssen. Am
meisten Alkali brauchen wir zur Erreichung des Effectes bei sto-
machaler, demnächst bei subcutaner, am wenigsten bei intravenöser
Application; auch ist der Eintritt der giftschützenden Wirkung bei
diesen verschiedenen Applicationsmetlioden verschieden.
m Giftzerstörung und Giftabschwächung.
Bei dieser Analyse hat man es, wie man sieht, mit denselben
Verhältnissen zu thun, die auch für die Einwirkung der Antitoxine
aus dem Blute immunisirter Thiere auf Bacteriengifte in Betracht
kommen. Hier wie dort wird ein Gift durch Zusammenbringen
mit einem anderen Körper im Reagensglase unschädlich. Ich glaube,
dass für diese Thatsache der Ausdruck „zerstören“ im landläufigen,
nicht im chemischen Sinne des Wortes, am wenigsten präjudicirt.
Selbstverständlich wird keine Substanz zerstört in dem Sinne, dass
sie in ein Nichts aufgelöst wird. Wenn ich diesen Ausdruck
brauche, so besagt derselbe, dass die Wirkung des Giftes aufge¬
hoben oder vernichtet wird. Wollte man bei der Alkaliwirkung
den Ausdruck „neutralisiren“ brauchen, so würde der Sinn des
Geschehnisses damit nicht präciser bezeichnet werden; ausserdem
aber würde die Correctheit dieser Bezeichnung noch erst bewiesen
werden müssen. Der Ausdruck „neutralisiren“ wird hergenommen
von dem chemischen Process der Umwandlung einer Säure, wenn
dieselbe dabei ihre das Lakmuspapier röthenden Eigenschaften ver¬
liert. Nun ist aber schon bei den Mineralsäuren „Neutralisiren“
nicht identisch mit „Ungiftigmachen“; denn ungiftig werden Salz¬
säurelösungen schon lange bevor sie ihre Wirkung auf Lakmus
verlieren. Noch viel weniger sind für andere Säuren die Ausdrücke
„neutralisiren“ und „ungiftigmachen“ gleichbedeutend; ich brauche ,
bloss an die Blausäure zu erinnern, welche bekanntlich keineswegs
durch Neutralisirung ungiftig wird. Wollte man aber das Wort
„neutralisiren“ im übertragenen Sinne nehmen und damit bloss
ausdrücken, dass eine Wirkung aufgehoben wird, so sehe ich nicht
ein, welchen Vorzug diese Bezeichnungsweise vor der von mir ge¬
wählten, weniger zweideutigen „giftzerstörend“ oder „giftvernichtend“
haben soll. Ich habe als Ersatz an das Wort „paralysirend“ ge¬
dacht und dasselbe auch zeitweise für die giftzerstörende Action
der Blutantitoxine gebraucht, bin aber wieder davon abgegangen,
um nicht dadurch den Anschein zu erwecken, als ob wir es mit
Verhältnissen zu thun haben, die von den bei anderen giftigen und
giftwidrigen Mitteln zu beobachtenden Processen im Princip ver¬
schieden sind. Der chemische Begriff des Neutralisirens kann uns
aber nach der Richtung nützliche Dienste thun, dass wir uns über¬
haupt einmal klar zu werden suchen, worauf im chemischen Sinne
die antitoxische Wirkung anerkannter gift widriger Mittel beruht.
Dabei sehe ich gänzlich ab von dem Versuch, physiologische oder
philosophische Erklärungen dafür zu geben, warum die Salzsäure
für ein Thier giftig wirkt, das Kochsalz aber nicht; warum das
Jodoform giftig ist, auch die aus dem Jodoform unter Umständen
entstehende Jodwasserstoffsäure, während das Jodkalium, das Sumpf¬
gas und das Wasser, welche Körper beim Zusammenbringen mit
Alkali unter geeigneten Bedingungen schliesslich aus dem Jodoform
entstehen, dem Thierkörper keinen Schaden verursachen. Solche
Thatsachen als gegeben voraussetzend, will ich nur untersuchen,
welche chemischen Umsetzungen Körper von bekannter Constitution
erleiden, wenn sie aus dem giftigen in einen ungiftigen oder weniger
giftigen Zustand übergehen. Als Beispiel wähle ich die Blausäure,
welcher die Formel CHN zukommt. Da begegnet uns, noch ehe
wir bei diesem anscheinend so einfach zusammengesetzten Körper
irgend etwas hinzuthun oder hinwegnehmen, eine sehr merkwürdige
Thatsache. Die Chemiker haben herausbekommen, dass es zwei
No. 8
Modificationen des Zusammentritts der Elemente in der Formel CHN
geben muss. Bei der einen ist der Stickstoff dreiwertlug^und man
hat sich die Verbindung der Atome nach der Formel I zu den-
ken; bei der anderen ist der Stickstoff fünfwerthig, so dass die
s N—C
Formel folgendermaassen aussieht: | ; in dem einen Fall hängt
H
das Wasserstoffatom am Kohlenstoff, im anderen am Stickstoff und
die o-rosse Differenz dieses verschiedenen Verhaltens kommt im
physiologischen Experiment dadurch zum Ausdruck, dass die erstere
Verbindung, die eigentliche Blausäure, eines der stärksten Gifte
ist die andere aber, die Isocyanwasserstoffsäure, als nur sehr wenig
oder gar nicht giftig zu betrachten ist; vielleicht kann auf eme
solche Umlagerung der Atome die Abnahme der Giftigkeit von
Blausäurelösungen bei längerem Stehen zurückgeführt werden; wir
wissen das nicht sicher, da in reinem Zustande die Isocyanwasser¬
stoffsäure nicht bekannt ist. Ganz unzweifelhaft aber wird die
Ungiftigkeit dieser Art der Atomverkettung, wenn wir die Derivate
der Isocyanwasserstoffsäure, die Isonitrile oder Carbylamine, physio¬
logisch prüfen. „ . , ,
Dass durch Neutralisation die Giftwirkung der Blausäure nicht
zerstört, höchstens etwas abgeschwächt wird, haben wir schon ge¬
sehen; was die Hydratation betrifft, durch welche die Cyanwasser¬
stoffsäure in der Cyansäure (CNOH) übergeht, so kennen wir bis
jetzt diese Verbindung nur mit fünfwerthigem Stickstoff; diese
aber ist ungiftig: sie steht in naher Beziehung zum Harnstoff, aus
welchem beim Erhitzen unter Ammoniakabspaltung die Cyansäure
entsteht nach den Formeln:
1. 3 CON 2 H 4 = (CONH) 3 + BNH ? ,
Harnstofl Cyanursäure Ammoniak
2. (CONH) 3 = BCONH.
Cyanursäure 3 Molecüle Cyansäure.
Man könnte weiter zeigen, dass der Sauerstoff bei höherer
Temperatur und bei Lichteinwirkung die Blausäure oxydirt und
dadurch ungiftig macht; dass Substitutionsproducte der Blausäure
mit Metallen zum Theil ungiftig sind, wie die Ferrocyanwasser-
stoffsäure und die Ferricyanwasserstoffsäure; zum Theil aber giftig,
wie die Silber- und Quecksilbercyanide. Es mag das bisher Ge¬
sagte aber genügen, um den Beweis zu liefern, dass schon bei
Giften mit bekannter chemischer Constitution die Bedingungen,
unter welchen sie ungiftig werden, so zahlreich sein können, dass
es vergeblich sein würde, einen allgemein zutreffenden, den chemi¬
schen Process charakterisirenden Ausdruck dafür zu finden, und
dass es nicht bloss erlaubt, sondern einzig und allein zweck¬
entsprechend ist, wenn ich für die antitoxische Action die nichts
präjudicirenden Worte „giftzerstörend“ oder „giftvernichtend wähle,
falls die Giftwirkung vollständig aufgehoben wird, und wenn ich
von „Giftabschwächung“ spreche, wenn die antitoxische Action sich
bloss in einer Verminderung der Giftwirkung äussert.
Heilung.
Die Giftzerstörung und die Giftabschwächung constatiren wir
bei den Giften mit bekannter Constitution, wie bei solchen, deren
chemische Natur wir noch nicht kennen, in- der Weise, dass wir das
antitoxische Agens ausserhalb des giftempfindlichen Organismus
einwirken lassen und hinterher durch Incorporation der Mischung
Zusehen, ob der Körper, welcher vorher ein Gift war, ^ ^
kein Gift mehr ist. Für ärztliche Zwecke liegt nun der Gedanke
gewiss nahe, solche Mittel, die bei einer Einwirkung ausserha
des lebenden Organismus sich als giftzerstörend erwiesen haben,
auch daraufhin zu prüfen, ob sie imstande sind, das Gift unschä
lieh zu machen, wenn dasselbe schon in die Säftemasse eingedrungen
ist. Wir haben gesehen, dass dies bei den Alkalien gegenüber dei
Giftwirkung der Salzsäure thatsächlich der Fall ißt. Wir kennen auc
andere Beispiele für eine derartige Wirkung, die man mit dem
landläufigen Ausdruck des „Heilens“ bezeichnet.
Kobert hat durchseinen Schüler Krohl gegenüber der Blau¬
säure das Wasserstoffsuperoxyd prüfen lassen, welches ausserha
des Thierkörpers sich mit der Blausäure zu dem relativ ungiftigen
Oxamid nach folgender Formel verbindet:
H 2 0 2 + 2 CHN = C 2 0 2 (NH 2 ) a
und er hat in der That positive heilende Resultate bekommen,
kanntlich wendet man ferner activen Sauerstoff enthaltendes
Terpentinöl an, um Phosphorvergiftungen zu bekämpfen; manka
sich leicht überzeugen, dass ausserhalb des Thierkörpers so c
Terpentinöl den Phosphor sehr schnell ungiftig macht, indem
ihn oxydirt. Ein Sehl* interessantes Beispiel ist ferner die t er
peutische Wirkung der Natriumsulfatlösungen bei Carbois
Vergiftung. Wie Sonnenburg fand, wirkt das Glaubersalz ß
günstig auf Menschen ein, die nach chirurgischem Gebrauo
Carbolsäure Intoxicationserscheinungen zeigen. Das würde
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22. Februar.
aber nicht veranlassen, dieses Beispiel zu citiren wenn nicht der
Wirkungsmodus unserem Verständnis näher gebracht worden
wäre dadurch dass Baumann die gepaarten Schwefelsäuren ent¬
deckte. Die Garbolsäure geht mit der Schwefelsäure verschiedene
Verbindungen ein; mag nun aber die ätherartige Verbindung ent-
stehen, bei welcher der Schwefelsäurerest den Wasserstoff Her
Hydroxylgruppe ersetzt (C 6 H5-0-S0 3 H), oder eine von den Sulfo-
säuren, bei welchen ein Wasserstoffatom im Phenolkern durch den
C(OH)
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
whi( H mHSO,\ ;
\H\/H /
in beiden Fällen ist
Schwefelsäurerest ersetzt wird .
\hVh
N H
die Carbolsäure weniger giftig geworden. Man hat für die Des-
mfectionpraxis diese Thatsachen ausnützen wollen und unter dem
Namen „Aseptol“ die Orthophenolsulfosäure in den Handel ze-
bracht mR dem Vorgeben, ein weniger oder gar nicht giftiges und
dabei desmficirend noch wirksameres Mittel als die Carbolsäure
bmten zu können Leider hat sich gezeigt, dass mit der Ungiftig¬
keit für lebendes thiensches Eiweiss auch die Ungiftigkeit für
ebendes pflanzliches Eiweiss Hand in Hand bei difsem Substi-
tutionsproduct der Carbolsäure einhergeht, und bekanntlich hat
a t fr, 6 '^ ^ x P enm eiitell nachgewiesen, dass, um zum Zweck
der Löslichmachung roher Carbolsäure die Schwefelsäure anwenden
(Wh? bfn sor ^ f t 1 . tlg ® Kuhlun £ des Gemisches stattfinden muss.
h l daS v 10ht ’ dan ^ erhitzen sich die Carbolsäure und die
kresok beim Zusammenbnngen mit Schwefelsäure, es entstehen
die Sulfoverbmdungen, und diese sind sehr viel weniger desinficirend
wirksam als ein solches Gemisch von Schwefelsäure und Carbol-
m ? lG w m dUPch Kühlung die Gemische Umsetzung ver-
ThtZh * WaS ™ hi £ r aber besonders interessirt, fst die
Thatsache, dass durch den Eintritt des Schwefelsäurerestes in die
k.]rn«r^ UP h e ’ T ebdlen Bauma ™ und Preusse auch im Thier-
korper nachgewiesen haben, es verständlich geworden ist wie
können SaUFe ^ * 6 heÜend &Uf die Carb olsäurevergiftung einwirken
Immunisirung.
von b ? tte sobon g flfunden . dass die Verabfolgung
«iftaw hM^Ii.d aUCh Pr i >phjlakti6ch gegen die Carbolsäurever-
T ,“? g “ lft > *“d wenn das zuerst, als man wohl mehr an die
jarhtt n ' lrkU ° gdleSesMittels bei seiner therapeutischen Leistung
v^Baumann* 1 nnTp ld ^ iCk f° ist da “ Untersuchung»
Autoren fanden n? 8 * aUCk dies erklärbar geworden.' Diese
ÄhfaV* ^ Garboiharn stets reichlich Hydrochinon, einen
Lndto im Wr K ? rpe ^' Dl ® Umwandlung der Carbolsäure muss
Hand das^ nur H* 6S 0rgams f“ s folgen, und es liegt auf der
Organismus wiriL^i schwefeIsaures Natron antitoxisch im
SchweSnrp ^ “ kanD ’ •, Wenn auch das Hydrochinon mit der
tatsächlich derFalil ^ ff bindung sich paart. Das ist
durch Schwefelsäure bat sicdl danacb die Schutzwirkung
faktischem Getmmf / at ^! n S0 , zu erklären > da «s bei prophy-
dass die CarbolsW dess 1 el ! ) , ei1 das Blut dieses Salz enthält und
Peinlich schon fn L ur lh J G Umset-zungsproducte — die wahr-
dann i ns ß lut de ° Wunden entstehen, von welchen aus sie
geschwefelte Verbindung™ 611 Werde ? ~ nach der Resorption in
werden. Aber cr ftn7 ^gewandelt und dadurch unschädlich
erklären ist wenn 4 ° b d j. e Sache so oder anders zu
der Schwefelsäuren Thatsache von der Schutzwirkung
ferner Immunisiruno- ^ 80 baben wir es bier mifc
muss ferner die f w, Carbolsäure zu fc bun. Zum mindesten
txische Action wähl° bkeit zu gestanden werden, dass die anti-
weisen kann wenn SphwTi^ 1188611 ^^ deS Tbierkör Pers nach¬
bracht wird auch innn°n 7? e |f äUI ^ mit Carb olsäure zusammenge-
Oenau das Gldche^««?^.n dGS 0r / anismus sich abspielen kann,
ich habe von Anton o- Q SK ? V °~ den B ^ utan Gtoxinen sagen, und
Modalitäten für B0 Li de 7 Zusammenhang dieser Wirkungs-
pnommen habe darüber iff erachtet ’ dass icb Abstand
bäbte ich das nicht J^n! ele W ? rte zu verlieren. Auch jetzt
heter von ihm auf dif L? o an ’ T 6nn mcbt Huchner und einige Nach-
fepe Heilung ausschlieaoi gekammei1 wären, dass die Immunisirung
Heilmittel fein könne wf7 d ( ? aSS ein Imra tinisirungsmittel kein
oi'fen angegebenen , rt denn » immer die Richtigkeit der
Heilmittel^zu sen^w? 1616 vorausgesetzt, das Glaubersalz auf ein
,— OCUL wenn mar» j ,
Heilmittel au
^rkt? WördrSaikn^eir™^- fi ^ det ’. dass es aucb inununisirend
luere nicht mehr eine Ti •/ j 16 ■^ dka HbehandIung säurevergifteter
d ^ 6 sie auch pronh^flwf t ! 1 t nde . 11 1 ennen ’ wenn sicb herausstellte,
immunishtp jV ist ’ also gegen Säurever^
haben, durch welchen 1Cb g aube den Grund gefunden zu
assen. I c h habe nämli h cbl } er U1 jd andere sich haben irre machen
^toxische Wirkumr ^Jefe^hch die Frage erwogen, ob die
lr ckte oder indirekte im rp^^tutoxine auf Bacteriengifte eine
^direkte ,m Thierkörper ist; ob nämlich im Thier-
- . 171
schMlioh wird, 1 ode^auf'kgend anderenwtge^Tch will
ÄÄS ÄÄ Ä™ dB
Ä aufhörm! 1 würde
WrkLg“be?wriftot ädli0h rt ma0 lI lt ’ r d ° b ’ maD die l6 bensretode
als ÄfiaSSSTÄ te°n n n k [“ k d n ^Ä^e
Z“;-!“* 611 ™ 5 / 0 " ZustaldekZmen derTeben ?
rettenden Wirkung zurechtmacht.
Schlussbemerkung: Ich habe aus meinem demnächst er-
lÄÄ 116 ” Infeotion Desinfeotion“ den vorstehenden
iS““ herausgenommen, um Prof. Büchner und diejenigen
welche durch seinen letzten Artikel in der Berliner klinischen
Hä°rer en an= n w 1 ^' jf r ? fä . hren . lassen > sc hon jetzt darüber aufzu-
AntX’vin V.r ^ en Gr :'" den ' eh mein Diphtherieheilmittel als ein
bezeichne. Vas H. Büchner sonst an Bedenken in
»Nrh ° b T genannten Artikel äussert, ist implicite in meinem Buch
2. 1 T ta . r dargestellt, dass die Haltlosigkeit der auf un-
schar“ Sir Ken “ tmss e n . Md Experimenten beruhenden Büchner-
sehen Behauptungen leicht erkennbar sein wird.
H. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin.
Ein operativ geheilter Fall von Gallenstein*
ileus. 1 )
Von W. Körte.
, A, H dem ietzten Chirurgencongress habe ich Gelegenheit ge¬
habt über drei Fälle von Darmverschluss durch Gallenstein zu
sprechen, die ich operativ behandelt habe. Im October d J habe
ich einen vierten derartigen Fall zur Operation bekommen und
wollte mir erlauben, das Präparat und den geheilten Patienten
Ihnen vorzustellen:
Der 52jährige Herr hatte vor einem halben Jahr, wie der Hausarzt
mehrfach^Vn 6 ‘ d ', Z '!. I U1 ! S in ’ s Krankenhaus brachte, an trab]
mehrfach Anfälle von GaUenstemkolik durchgemacht, in deren Verlauf auch
eme grosse Anzahl Steinchon aus dem Darm abgegangen sind. Er er¬
krankte am 30 September d. J. ohne eine bekannte Ursache, während
ISITÄ ^ Ste r durC u aU ® gewesen war, mit sehr
vlw L ^ bs . c . hmerzon ' die er bestimmt in die linke Unterbauchgegend
verlegte Stuhlgang oder Flatus waren seitdem nicht mehr abgccai^on.
Es trat Erbrechen hinzu, Singultus; am 3. October fing Kothbrechen an
l elcbes n am , Sq'qq U nd 6 ' anhielt . der Aufnahme in’s Krankenhaus
am 6 October 1893 war er mässig collabirt, hatte einen leidlich cr e -
spannten Puls von etwa 100, der Leib war aufgetrieben, wenig druck-
ICh ftinn Beberdäm P b l n f , bls auf die Breite von etwa 3 cm redu-
cirt. Man fühlte links vom Nabel etwas praller gespannte Darraschlingen.
worauf wir ja jetzt nach dem Vorschläge von Wahl immer zu unter¬
suchen pflegen. In der Blinddarmgegend fand sich nichts; die Bruch¬
pforten waren frei Im Mastdarm kein Hinderniss. Es bestand also eine
JJarmocclusion. Die Anamnese schien mir nun einigermaassen darauf
hinzudeuten, dass es sich vielleicht um Galleusteineinklemmung im Darm
handeln könnte. Es sprachen dafür ferner der plötzliche Eintritt mit hef¬
tigen Schmerzen, das baldig eingetretene Erbrechen zersetzten Darm-
mhaltes, bei massiger Schmerzhaftigkeit des Leibes. Die bisherige Be¬
handlung hatte bestanden erst in Abführmitteln, nachher in Darreichung
von Opium. Eispillen und hohen Darmeingiessungen. Dieselbe war er¬
folglos geblieben; es war weder Abgang von Flatus noch Stuhlgang erzielt
worden. Der Kranke erbrach lebhaft Koth, eine Magenausspiilun 0, ent¬
leerte sehr grosse Mengen kothiger Flüssigkeit aus dem Magen, so dass
ich mich veranlasst sah, gleich zur Operation zu schreiten, mit der Wahr-
scheinliclikeitsdiagnose auf Darmverschluss durch einen Gallenstein. Ganz
sicher konnte die Diagnose nicht sein. Die prall gespannte Darmschlinge,
die ich links vom Nabel auch in der Narkose deutlich fühlte, Hess auch
das Vorhandensein einer Darmabklemmimg durch einen Strang in jener
Gegend möglich erscheinen. Es fand sich bei dem Bauchschnitt, den ich
10 cm lang um den Nabel herumführte, nichts von Sfcrangabklemmun*.
Der vorliegende Dünndarm war aufgetrieben durch Gas und Flüssigkeit.
Das Peritoneum war stark geröthet und getrübt, in der Tiefe des Beckens
fanden sich einige Esslöffel voll einer sehr verdächtig aussehenden, blutig-
serösen Flüssigkeit. Bacteriologisch untersucht ist dieselbe nicht, da die
Operation etwas in der Eüe stattfand. Ich machte die typische Ab¬
suchung des Bauches: der Blinddamigegend, der Bauchpforten, der Fora-
mina obturatoria, und fand, dabei rechts tief unten im kleinen Becken zu¬
sammengefallene Darmschlingen. An diesen entlang gehend, kam ich auf
einen festen Körper, welcher vielleicht 20—30 cm oberhalb der Valvula
Bauhim im untersten Ende des Heums festsass. Ich versuchte ihn hin- und
herzuschieben im Darm; das gelang nicht, er sass fest. Die Darmschlinge
liess Bich leicht vor die Bauchwunde ziehen, und dor feste Körper wurde dann
*) Vorgetragen in der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins am
13. November 1893.
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172
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8
in der üblichen Weise entfernt durch Längsschnitt an der Convexitilt. Beim
Aufschneiden des Darmes zeigte sich, dass die Darmwand sehr prall um
ihn gespannt war. Indess war die Darmschleimhaut durchaus intact, Ge¬
schwüre fanden sich nicht vor, ebenso wenig war Invagination der Darm¬
schleimhaut vorhanden. König hat auf dem Chirurgencongress in der
Discussion über die Entstehung vou Einklemmungen durch manchmal
nicht sehr grosse Concremente die Ansicht geilussert. dass es sich um
Invagination der Schleimhaut handle, welche der Stein gewissermaassen
vor sich herschiebe. Ich hatte bei früheren Operationen derartiges nicht
bemerkt, habe bei dieser naturgemäss besonders darauf geachtet und habe
auch diesmal das nicht gefunden. Die Längswunde im Darm wurde in
der Quere vernäht, der Darm versenkt, ein kleines Streifcheu Jodoform¬
gaze im unteren Wundwinkel eingeführt, sodann die Bauckwunde ge¬
schlossen. Der Wundverlauf war durchaus glatt. Der Patient hatte nur
einige Tage psychische Störungen (Unruhe, Wahnvorstellungen), die enL
tveder durch das Jodoform oder durch früheren Alkoholgcnuss herbei¬
geführt waren. Nach der ersten Stuhlentleerung am fünften Tage trat
prompte Heilung ein. Ich erlaube mir, den Stein herumzugeben. Er ist
sehr mürbe und ist beim Trocknen durch eine etwas unsanfte Berührung
in viele Fragmente zerplatzt. Jedoch kann man sich aus der Sammlung
im Kästchen eine ungefähre Vorstellung von der Grösse machen. Der¬
selbe war von elliptischer Gestalt, rund, ohne Druckfacetten, von deutlich
schaligem Bau. Die Grösse war die eines mässigen Hühnereies.
Die Erscheinungen, die der Patient darbot, deckten sich durch¬
aus mit denjenigen in den drei früher operirten und dem einen
nicht operirten Falle, über welche ich auf dem Chirurgencongress
berichtete. Die Eigentümlichkeit ist das plötzliche Entstehen,
das sehr schnelle Eintreten von Kothbrechen bei sonst noch leid¬
lichem Allgemeinbefinden. Der Mann machte, wenn man ihn sah,
noch nicht den Eindruck, den eine sehr schwere Darmerkrankung
zu machen pflegt. Ich glaube, dass der Hergang ebenso gewesen
ist, wie ich damals annahm: Ein Stein, welcher schon längere
Zeit im Darm gewandert ist, ohne erhebliche Beschwerden zu
machen, wird durch eine plötzlich dazu tretende Kolik im Darm
festgeklemmt. Nun entstehen heftige Schmerzen, und die gereizte
Darmwand umschliesst den Fremdkörper immer fester, so dass
dauernder Darmverschluss erfolgt. Die Muscularis des oberhalb
gelegenen Darmstückes erlahmt bei den fruchtlosen Versuchen zur
Weiterbewegung des Darminhaltes, und es tritt Kothbrechen ein.
Die Darreichung von Opiaten w r ar in diesem wie in den früheren
Fällen ohne Erfolg. Von den vier Patienten, die ich operirte, ge¬
nasen drei. Bemerken möchte ich noch, dass Naunyn in seinem
sonst ausgezeichneten Werk über die Gallensteine von der Opera¬
tion bei Gallensteinileus abräth, da von 13 Operirten 12 gestorben
und nur einer genesen sei. Dies ist nach den neueren Erfahrungen
nicht ganz richtig. Was die Diagnose anbelangt, so glaube ich,
dass es überhaupt sehr schwer ist, mit apodictischer Gewissheit
zu sagen: es handelt sich um einen Gallensteinileus; und für noch
viel schwerer halte ich es, daraufhin eine Behandlung zu bauen,
etwa derart, dass man sagte: wenn es ein Gallensteinileus ist]
dann operire ich nicht, sondern warte ab. Nur mit Wahrschein¬
lichkeit kann man aus der Anamnese und gewissen typischen Er¬
scheinungen auf einen Gallenstein als Ursache der Darmocclusion
schliessen. Die Entscheidung, ob und wann zu operiren ist, muss
in jedem Falle je nach dem Erfolge oder Nichterfolge der exspec-
tativen Behandlung sowie nach den Symptomen gefällt werden.
Wenn ein Patient sieben Tage lang Darmverschluss hat und vier
Tage lang kothiges Erbrechen, ohne dass die bisherige Behand-
lung Nutzen schaffte, dann ist es jedenfalls Zeit zu operiren
Denn bei weiterem Abwarten kann jeden Augenblick Collaps ein-
treten.
III. Ein Fall von acuter Magendilatation. 1 )
Von Dr. I. Boas in Berlin.
Während die chronische Ektasie des Magens, selbst in ihren
höheren Graden, oin ziemlich beträchtliches Contingcnt aller Magen¬
krankheiten ausmacht, gehören Fälle von acuter Ausdehnung des-
selben zu den grossen Seltenheiten. In den Lehrbüchern der
Magenpatho ogie sowie in der älteren Litteratur werden Sie vergebens
Belehrung hierüber suchen; aber auch in der so überaus reich-
lichen Litteratur der letzten Jahre habe ich nur zwei FäUe von
acuter Magendilatation ausfindig machen können. Der eine Fall
ist von Kelynack im Jahre 1892 in Medical Chromcle, der zweite
in demselben Jahre von Schulz in den Jahrbüchern der Hamburger
Staatskrankenanstalten beschrieben. Beide Fälle sind insofern ziem¬
lich analog, als es sich hierbei um sehr geschwächte, kachektische
Individuell handelte, bei denen sich ohne erkennbaren Zusammen¬
hang eine ausserst stürmisch verlaufende Magendilatation entwickelte
die in beiden Fällen zum Tode führte. Durch die Autopsie wurde
die Diagnose bestätigt, übrigens ohne dass eine wirklich befriedi-
gende Erklärung für die so verhängnissvolle Erkrankung aufge¬
funden wurde.
Bei der Spärlichkeit dieser Beobachtungen glaubte ich, dass
es nicht ohne Interesse sei, Ihnen einen Fall von acut entstandener
Magendilatation zu demonstriren.
Der Patient, den Sie hier sehen, ist ein 20jähriger Gymnasiast, der
von gesunden Eltern stammt und selbst stets gesund gewesen ist. Ganz
besonders ist hier hervorzuheben, dass er sich vorzüglicher Verdauungs-
functionon erfreute; jedenfalls konnte er bis zum Beginn seiner Erkran¬
kung Getränke und Speisen selbst von der difficilsten Qualität und Zu¬
bereitung ohne Beschwerden vertragen.
Am 10. December vorigen Jahres machte der Patient einen brüsken
Diätfehler, er ass grosse Quantitäten fetten Gänsebratens und erkrankte
am Tage darauf mit Appetitlosigkeit und Aufstossen, das er wie nach
faulen Eiern riechond schildert. Sonst — und das ist vielleicht be-
merkenswerth — keine Uebelkeit, kein Erbrechen, keine Diarrhoeen. Erst
am dritten Tage traten mässige Diarrhoeen auf, die etwa drei Tage an¬
hielten, dann spontan sistirten. Obwohl Patient nun auf Suppenkost ge¬
setzt wurde, stellte sich von jetzt ab Erbrechen ein, das etwa alle zwei
Tage, besonders am Abend auftrat. Das Erbrochene bestand wesentlich
aus flüssigen Substanzen, schmeckte und roch intensiv sauer. Allmählich
wurde das Erbrechen copiöser, und es fiel ihm auf, dass die Menge des
Erbrochenen die eingeführte Flüssigkeitsmenge zu übersteigen schien.
Hand in Hand mit dem Auftreten des nun in regelmässigem Turnus
wiederkchrenden Erbrechens ging ein qualvoller Durst und hartnäckige
Obstipation. Die Diurese soll angeblich normal gewesen sein. Der
Appetit fehlte anfangs gänzlich, in den letzten Tagen wurde er etwas
reger. Patient hat während seiner relativ kurzen Krankheitsdauer in
seinem Kräftezustande auffallend Einbusse erlitten, so dass er den Schul¬
besuch zu unterbrechen genöthigt war.
Mit diesen Klagen trat Patient am 10. Januar d. J., also ge¬
nau vier Wochen nach seiner Erkrankung, in meine Behandlung. Die
Untersuchung ergab das Vorhandensein eines äusserst schlaffen
Magens, die grosse Curvatur lag bei massiger Füllung vier Finger
unterhalb der Nabelhorizontalen, bei Aufblähung mittels eines
Brausegemisches trat die grosse Curvatur sehr deutlich etwa hand¬
breit unter dem Nabel hervor. Vom Epigastrium bis zu der ge¬
nannten Stelle starkes Plätschern, bei Lagewechsel klang es, als
ob Flüssigkeit in einer Tonne hin und her geschüttelt wurde. Im
übrigen bestand im ganzen Magenbezirk nirgends Druckempfind¬
lichkeit.
Es war also keinem Zweifel unterworfen, dass hier eine mecha¬
nische Mageninsufficienz vorliegen musste. Die am nächsten Tage
nach Probefrühstück vorgenommene Mageninhaltsuntersuchung be¬
stätigte zwar die Diagnose, aber es zeigte sich zugleich, dass die
Insufficienz weiter vorgeschritten war, als ich zuerst anzunehmen ge¬
neigt war. Es flössen bei der Einführung der Sonde sofort im Strahle
mehrere hundert Cubikcentimeter eines dünnflüssigen Inhaltes her¬
aus, der zum Theil in einer gut verschlossenen Flasche aufbewahrt
wurde. Es konnte sofort constatirt werden, dass die Menge des
Mageninhaltes die des Morgens eingeführte Wassermenge erheblich
überstieg, und es zeigte ferner schon die oberflächliche Untersuchuug,
dass dem Mageninhalt Reste vorgängiger Mahlzeiten beigemischt
waren.
Bei der genaueren Untersuchung ergab sich zunächst schon
durch den Geruch, sodann durch Eintauchen eines mit Kalilauge
angefeuchteten Bleipapiers, dass der Mageninhalt beträchtliche
Mengen von Schwefelwasserstoff enthielt, eine Gasart, auf deren
häufiges Vorkommen bei gutartigen Ektasieen ich vor einiger Zeit
zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt habe. 1 ) Die weitere Prüfung
des Mageninhaltes ergab reichliche Anwesenheit freier Salzsäure,
die Gesammtacidität belief sich auf 52,5, befand sich also ungefähr
in normalen Grenzen. Das Sediment enthielt zahllose Sarcineballen
bezw. Coccen, welche in Haufen aneinandergereiht waren, die gleich¬
falls zum Theil cubisch anein andergelagert waren. Ausserdem viel
Hefepilze, Bacterien, Muskelfasern, Fettnadeln, Amylumreste u. s. w.
Während der nächsten Tage wurde die Untersuchung stets bei
nüchternem Magen vorgenommen, wobei regelmässig durch die Sonde
stagnirende Reste in einer Menge von 200—400 ccm durch Ex¬
pression entleert wurden. Die Beschaffenheit des genannten Magen¬
inhaltes verhielt sich analog dem oben geschilderten Befund. Unter
Anwendung regelmässiger Magenspülungen besserte sich das Be¬
finden insofern, als das Erbrechen sofort sistirtc, das saure Auf¬
stossen schwand, der Appetit reger wurde, jedoch wurde trotz vor¬
sichtiger Ernährung der Magen im nüchternen Zustande bis zum
heutigen Tage (4. Februar —Anm. b. d. Correktur) nicht leer gefunden.
Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass wir es hier mit einer
bei einem bisher völlig Gesunden, speciell Magengesunden acut
zur Entwickelung gelangten Magendilatation zu thun haben, und
zwar im Gefolge eines nicht gerade aussergewöhnlich schweren
Diätfehlers. Man hat bisher nur den Uebergang der acuten Dys¬
pepsie in die chronische Form gekannt, dieser Fall beweist, dass
^Demonstration, gehalten im Verein für innere Medicin am 15. Ja-
nuar löi/T.
*) Boas, Ueber das Vorkommen von Schwefelwasserstoff im Magen.
Deutsche medicin. Wochenschr. 1892, No. 49.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
22. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
173
me acute Dyspepsie auch zur Bildung von Magendilatationen !i
führen, kann. - - —
Dass dieses Vorkommniss kein häufiges, ist, erklärt sich da- '
rws T . dass in der Regel der in Zersetzung begriffene Mageninhalt ;
schnell nach oben oder unten entfernt wird. Bei unserem Patienten ’
trat das, wie früher erwähnt, nicht ein, der Mageninhalt könnte :
also längere Zeit stagniren, es musste dies zur Bildung theils fester,
theils gasförmiger Producte führen, welche, gleichviel ob mechanisch
oder chemisch, deletär für die Magenmuskulatur wurden.
Es hat dieser Zustand, wie leicht ersichtlich, eine grosse Aehn- ;
lichkeit mit einer in der Pathologie der Herzkrankheiten viel er-
örterten Affection, der von 0. Fräntzel sogenannten „acuten
Ueberanstrengung des Herzens.“ Wie bei dieser ein ein¬
maliger heftiger Insult den Herzmuskel trifft und ihn hierdurch
dauernd insufficient macht, so auch bei der hier in Frage '
kommenden Form der Magendilatation. Es erscheint daher viel¬
leicht nicht unpassend, diese Form der Distension der Magen wand
als „acute Ueberänstrengung des Magens“ zu bezeichnen, 1
zumal wir auch bei chronischen Magenaffectionen eine gewissei
Gruppe isoliren können, für welche die 1 Bezeichnung chronische \
Ueberanstrengung des Magens gerechtfertigt, wäre. I
Noch ein Wort bezüglich der Prognose. Ich halte dieselbe j
quoad restitutionem ad integrum keineswegs für absolut günstig,
da erfahrungsgemäss bei den schweren Formen der 'Magendilata¬
tionen immer eine gewisse Schädigung der motorischen Function i
zurückbleibt. Zwar hat die schöne Beobachtung von Klemperer 1 ), j
bei einer nach Schwefelsäurevergiftung entstandenen und durch
Pyloroplastik beseitigten Pylorusstenose gezeigt, dass eine hoch- !
gradige Dilatation völlig zurückgehen kann. Dies dürfte aber, so- 1
weit ich sehe, nur- für solche Fälle Geltung haben, wo mit einem
Schlage das Hinderniss beseitigt wird. In Fällen von chronischer ;
Dilatation — und dasselbe gilt für den vorliegenden Fall — wird
die Wiederherstellung der Magendynamik in der Regel dadurch
iflusorisch werden, dass der Magen eben nie leer öder nur vor- j
übergehend (durch Ausspülungen oder Erbrechen) leer wird.
Abgesehen von dem sonstigen Interesse liefert der Fall auch
eine praktische Illustration für die Wichtigkeit der rationellen Be¬
handlung einer im ganzen sq harmlosen Magenaffection, wie
sie die acute Dyspepsie darstellt. Durch ein zur rechten Zeit !
gereichtes Emeticum hätte in diesem Falle zweifellos die Bildung i
der Magendilatation vermieden werden können.
IV. Ein Beitrag zur Chirurgie des Magens:
Pyloruscarcinom; Resection; Heilung.
Von Dr. Joseph Znrndzki und Dr. Thomas Solman,
Primararzt der therapeutischen Klinik Primararzt der chirurgischen Klinik
in "Warschau.
Ungeachtet der grossen Fortschritte in der Diagnostik der
Magendarmkrankheiten und neuer Behandlungsmethoden derselben
sind-wir doch in der Therapie der Magenkrankheiten nicht so weit
gelangt, dass uns die Resultate zufriedenstellen können. Sehr i
«ft sind wir, nachdem wir den Kranken genau untersucht haben *
und nachdem so Zusagen, die Diagnose ausgemeisselt worden ist,
machtlos, und die einzige Rolle, welche dem Therapeuten übrig
bleibt, ist die weitere Beobachtung des trostlosen Krankheits-
processes, den wir weder zurückhalten noch zu zerstören imstande
jmd Das Eingreifen der Chirurgie in das Gebiet der Magen-
- ten war deshalb d* 6 Entwickelung der Therapie dieser
rankheiten unentbehrlich. Namentlich bei Magencarcinom im
a ge .^ e ;P en un d spcciell bei Pyloruskrebs erzielen wir mit den
gewo^chen therapeutischen Methoden keine Resultate.' Alle Be-
n mngsincthoden lassen im Stich, und das einzige Resultat,
c “ es ^} r durch dieselben erreichen, ist eine momentane Linde¬
haff ^Leiden: wir sind aber nicht imstande, weder den krank*
j 11 , r( JP ess seiner Entwickelung aufzuhalten, noch eine
t. seru P& zü erzielen. Mit dem Augenblick, w r o der
Vfträn/ S Lei( ^ en diagnosticlrt und die Ausdehnung, dor krankhaften
u, _ ei ’ ung . un d die Localisation der Neubildung bestimmt hat,
ob*es h -V lch se ^ ne Intervention auf die Entscheidung der Frage,
Locali•'fr dem . ^S en l®inzustande des Kranken, bei der gegebenen
rationell 0n ^ rocesse s etc. möglich ist, dem Kranken, ein
rathen **** “ e ^ m ^t 0 l, d. h. eine chirurgische Operation anzu-
1 er wo im Jahre 1879 sich entschlossen hat,
PvlorucU v, ^ .^günstigem Resultate, bei einer Kranken mit
Operation* . S .i e . esec ti°n der Neubildung auszuführen, hat die
-__geschiedene Entwiokelungsphasen durchgemacht.
FaU geböDter Magendilatation.
1 leutsche med. I
Wir sehen, dass nach der ersten Periode des Misstrauens,
dieselbe überall mit Enthusiasmus angewandt wird, später sehen „
wir eine ganze Reihe von Zahlen, welche die Kraftlosigkeit
dieser Bemühungen beweisen; in einer noch späteren Periode
sehen wir wiederum ein Entzücken über den Nutzen des Mittels,
und schliesslich beweist die allgemeine Apathie und die verhältniss-
mässig kleine Zahl der ausgeführten Operationen, dass die Chi¬
rurgen nicht besonders zufrieden mit den erzielten Resultaten
gewesen sind. Wie überall, wiederholt sich auch hier das alte
Gesetz, dass jedes neue Heilmittel, bevor es das Bürgerrecht
erhält, alle diese Phasen durchmachen muss, um später entweder
den Sieg davon zu tragen oder in diesem Kreuzfeuer der Probe
in Vergessenheit zu verfallen.
Wie überall hemmen auch hier die eifrigsten Anhänger am
meisten die Verbreitung der Methode, indem sie derselben das
zumuthen, was von keiner Behandlungsmethode an und für sich
erreicht werden kann, in ihren Händen bildet sie eine Panacee,
Welches sie kritiklos larga manu appliciren. Es wurde die Exstirpa¬
tion des Krebses in den letzten Stadien der Krankheit, bei Meta¬
stasen, bei allgemeiner Kachexie des Kranken ausgeführt, und alle
diese Thatsachon wurden als Zahlen zur Statistik benützt, und
ergaben eine trauriges Zeugniss für die Operation.
Die Zusammenstellungen von Hacker, Winslow, Kramer,
M. Ardle, Czerny. Eiseisberg, Jonesco, Jalaguies, Guinard
•und Billroth ergeben ein recht hohes Procent von Sterblichkeit
nach Exstirpation des Pylornskrebses. Wenn wir aber die neueren
Angaben berücksichtigen, dann wird das Resultat nicht so un¬
günstig ausfallen. Winslow, welcher im Jahre 1885 alle bis zu
dieser Zeit beschriebenen Fälle von Magenresectionen zusammen¬
gestellt hat, giebt ein Mortalitätsprocent von 78% an. In einer
Zusammenstellung von Guinard beträgt die Mortalität in
250 Fällen, welche bis zum Jahre 1890 operirt wurden, blos 58°/o;
schliesslich sind von 41 Fällen, welche Billroth und seine
Assistenten in den Jahren 1878—1890 operirt haben, 22 gestor¬
ben, oder mit anderen Worten, die Mortalität betrug ungefähr
50%.
Dieses stufenweise Sinken der Mortalitätsprocente lässt uns
die Hoffnung hegen, dass die Mortalität eine noch geringere werden
wird.
Die Resultate sind heute noch nicht sehr glänzend, selbst wenn
wir diejenigen Fälle abziehen, welche nicht hätten operirt werden
sollen und unnütz die Statistik belasten; aber bei der Vervollständi¬
gung der Operationstechnik müssen wir doch annehmen, dass der Me¬
thode eine bessere Zukunft bevorsteht. Etwas Achnliches sahen wir ja
bei anderen Operationsmethoden, namentlich in den Höhlen des
Körpers, und heute verlaufen dieselben günstig und sind immer
indicirt, und die mit ihnen erzielten Resultate müssen als glänzend
betrachtet werden. Der ungünstige Verlauf beim Pyloruskrebs
wird von folgenden Ursachen beeinflusst: 1) von der zu spät vor¬
genommenen Operation, 2) von den nicht genau gestellten Indi-
cationen zur Resection und zur Gastroenterostomie, 3) von der nicht
genau ausgeführten Resection in Betreff der Technik und Aseptik,
.4) von der Häuflgkeit der Recidive.
Im allgemeinen sind sowohl die Chirurgen, wie auch die inneren
Kliniker daran Schuld.
Was den ersten Punkt anbetrifft, so zögern die Aerzte oft
mit der Operation, weil die bisherigen Operationsresultate nicht
sehr anlockend sind und weil die Diagnose der Neubildung in den
Anfangsstadien der Krankheit, wenn die Symptome der Pylorus¬
stenose noch nicht in ihrer vollen Klarheit auftreten, bei dem jetzigen
Stande der Lehre von den Krankheiten des Magens selten gestellt
werden kann. Bei der Untersuchung des Mageninhaltes können
wir schon frühzeitig den Krankheitsprocess, mit dem wir es zu thun
haben, vermuthen, wir können aber in diesen Anfangsstadion nicht
mit voller Sicherheit behaupten, ob überhaupt eine Operation indicirt
ist und ob dieselbe bei der Localisation der Neubildung ausführbar
sein wird, und wiederum den Kranken einer Probelaparatomie aus¬
zusetzen, das können wir nicht immer thun und nicht jeder Arzt
wird sich dazu entschlossen. Erst wenn mit der fortschreitenden
Kachexie der Tumor immer deutlicher hervortritt und Symptome
von Pylorusstenose hervorruft, dürfen wir von einer Operation
sprechen, leider oft zu spät, da die Neubildung zu dieser Zeit
schon beträchtliche Dimensionen erreicht hat und sich Adhäsionen mit
den Nachbarorganen. 'welche die Exstirpation des Tumors erschweren,
ja oft unmöglich machen, gebildet haben. Da wir nicht immer die
Adhäsionen ohne Eröffnung der Peritonealhöhle beurtheilen können,
so können wir auch aus diesem Grunde das Resultat schwerlich vor
der Operation voraussehen. Es ist selbstverständlich, dass bei aus¬
gebreiteten Adhäsionen die Resection contraiiulicirt ist-, und das
einzige, was in diesen Fällen bei Pylorusstenose ausgeführt werden
kann, ist die Gastroenterostomie. Auch diese letztere Opera lon
muss rationell angewandt werden, denn wir unterwerfen mim
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_
hierbei den Kranken einer schweren Operation und müssen noth-
wendiger Weise die Kräfte des Kranken berücksichtigen.
Wenn wir möglichst frühzeitig das Leiden diagnosticiren, Avas
ohne Untersuchung des Chemismus und Mechanismus des Magens
unmöglich ist, dann Averden wir imstande sein, die ynapnehmlich-
keiten, welche durch das Wachsthum des Tumors und die späteren
Veränderungen resultiren, zu umgehen, und dann werden auch die
Resultate besser sein und das Vertrauen der Aerzte und der Chi¬
rurgen zu dieser Operation wird sich zweifellos st««?™.
Die zweite Ursache einer grossen Anzahl ungünstiger Resultate
bildet die nicht genügende Würdigung der Indicationen zur Resection
und zur Gastroenterostomie von Seiten der Chirurgen.
Bei dem jetzigen Stande der chirurgischen Technik müssen
wir annehmen, dass die Resection ausschliesslich m denjenigen
Fällen indicirt ist, in welchen der Tumor klein, deutlich begrenzt,
hart beweglich und ohne Adhäsionen mit den Nachbarorganen er¬
scheint, wo keine Metastasen im Mesenterium, in den Lympkdrusen
und in der Leber vorhanden sind und in welchen schliesslich
der kachektische Zustand des Patienten mehr von einem
mechanischen Hinderniss als von einer wirklichen Krebs¬
kachexie abhängig ist.
In denjenigen Fällen, in welchen nur ein obengenannter Um¬
stand ungünstig ausfällt, dürfen wir nicht mehr an eine Resection
denken und müssen durch die Gastroenterostomie den Speisen einen Ab¬
fluss in den Darm verschaffen; der Wunsch einer momentanen chirur¬
gischen Hülfe war schon oft die Ursache eines tödtlichen Ausganges
in Fällen wo bei einer Gastrojejunor oder ileo-tomie ein verhältniss-
mässig gutes Resultat hätte erzielt werden können, indem der Kranke
mehrere Monate in einem leidlichen Gesundheitszustände leben konnte.
Dass dem so ist, dass nicht die Bösartigkeit der Neubildung,
sondern die Unmöglichkeit einer normalen Ernährung einen rascheren
Exitus letalis hervorruft, beweisen bösartige Tumoren, Avelclie nicht
in der Gegend des Pylorus localisirt sind und bei denen die Lebens¬
dauer eine viel grössere ist. Wenn wir dies Hinderniss aus dem
Wege schaffen, geben wir dem Kranken die Möglichkeit einer
besseren Ernährung und ausserdem Kräfte, den Kampf mit der
sich entAvickelnden Neubildung aufzunehmen.
Was die Operationstechnik anbetrifft, so Avaren oft Fehler in
derselben Ursache des Todes. Strafbar sind diejenigen, welche
diese schwere Operation unternehmen, ohne genügende Uebung in
der Anlegung der Darmnaht zu besitzen und ohne die Operation
früher an der Leiche und an Thieren eingeübt zu haben. — Wir
müssen genau, rasch und aseptisch operiren, und dann werden wir
gute Resultate erzielen, und die moderne Chirurgie wird auch auf
diesem noch wenig bearbeiteten Felde ihre Triumphe feiern.
Was die Recidive anbetrifft, so kommen dieselben leider sehr
oft vor. Viele scheinbar günstigen Fälle endeten mit dem Tode
infolge rascher Recidive und zwar öfter als in anderen Fällen.
Auch in diesem Falle hängt Sehr viel von dem Chirurgen ab.
Wenn sich derselbe bei der Resection der Neubildung überzeugt,
dass es unmöglich ist, sei es infolge von grossen Dimensionen des
Tumors, sei es wegen grosser Ausbreitung des krankhaften Pro-
cesses auf der Schleimhaut, im gesunden Gewebe zu operiren,
dann ist es besser den abgeschnittenen Pylorustheil anzunähen und
die Gastroenterostomie auszuführen. Die Beurtheilung des Zu¬
standes der Schleimhaut, d. h. ob dieselbe gesund oder von der
Neubildung eingenommen ist, ist schwer, und die persönliohe Er¬
fahrung des Chirurgen wie auch ein feines Gefühl sind hier ent¬
scheidend. Jedenfalls glaube ich, dass die Sache nicht sehr pes¬
simistisch beurtheilt werden muss. Wenn die Regeneration später
als nach Verlauf von einigen Monaten eingetreten ist, dann dürfen
wir das Resultat als günstig bezeichnen, denn der Kranke hat
diese Zeit ohne Schmerzen verbracht und war imstande Kräfte
zum weiteren Kampf mit der Krankheit zu sammeln, und dies ist
doch bei Magenkrebs nicht zu verachten.
Schliesslich verhilft uns manchmal bei der Prognosestellung
die Untersuchung der benachbarten Lymphdrüsen, deren Zustand
bei Krebs die Sache oft entscheidet.
Was die Metastasen anbetrifft, so will ich die Meinung von
Prof. Jaworski citiren, welcher bei der Besprechung der Indi¬
cationen. zur Operation in seinem Handbuch der Magenkrankheiten
sich folgendermaassen äussert: „Wie die Erfahrung lehrt, kommen
Metastasen nicht so .sehr oft vor, und die Nachbarorgane wie auch
die entfernt gelegenen werden seltener afficirt als bei Krebs an¬
derer Regionen, z. B. beim Mammakrebs, wo wir gar nicht zwei¬
feln, ob wir die Operation ausführen sollen.“
Bei der Besprechung der Indicationen zur Pylorusresection
möchten w die Aufmerksamkeit der Chirurgen auf einen bis jetzt
wenig berücksichtigten Punkt lenken.
Im allgemeinen hat man in den bis jetzt publieirten Arbeiten
den Grad der Magendilatation Avenig berücksichtigt , was aber bei
den Operationsresultaten eine wichtige Rolle spielt.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.«
Wenn die Dilatation klein ist, daun wird, wie dies die Er.
t'alirung und die Untersuchung des Verdauungsmcchamsmus naeb
der Pylorusresection lehrt, die mechanische Thätigkeit des Magens
eine normale. -Es haben dies in der letzten Zeit Kaensche und
Th Rosenheim thatsächlich bewiesen; wahrscheinlich kommt dies
infolge von Elimination entarteter Muskelfibrillen und ersatzweiser
Entwickelung von festem Bindegewebe zustande Dort wo die
Degeneration einen bedeutenden Entwickelungsgrad erreicht hat,
können wir einen Rückgang der mechanischen Thätigkeit des Ma¬
lens zur Norm niemals erwarten. Aehnlicli war es m dem
Falle von JaAvorski und Obalinski, in welchem Kaensche,
unrichtig, wie war glauben, die Ursache des Zurückbleibens des
Inhalts in der Retraction sucht, da doch aus der Beschreibung
zu ersehen ist, dass nicht die mechanische Strictur am Anfang des
Pylorus sondern die Atroplüe der Muskulatur die Ursache der
Retention der Speisen gewesen ist. Wir können im allgemeinen
sagen, dass Avir kein Recht haben in denjenigen Fällen, wo die
untere Grenze des Magens niedriger als 8-4 cm unterhalb des
Nabels liegt, wo eine Dilatation lange anhält, namentlich Avenn
schon vor dem Auftreten der Symptome eines Krebses Störungen
in der Motilität bestanden haben, ein Wiederkehren normaler me¬
chanischer Functionen zu erwarten. Bei einer sehr niedrig stehen¬
den unteren Grenze des Magens wird sogar nach der Entfernung
des stricturirten Pylorus, nach dem Gesetze der Schwere,, der
Uebergang von Speisen in den Darm erschwert sein, und wir wur¬
den in diesen Fällen die Idee einer Entfernung der Neubildung
aufgeben und eine Gastroenterostomie an der am niedrigsten ge¬
legenen Stelle der grossen Curvatur ausführen.
Bei der Vornahme einer Resection von Pyloruscarcinom stellten
wir die obigen Reflexionen an. Wir erlauben uns diesen Fall mit
günstigem Ausgang zu beschreiben:
Ende Februar v. J. kam in das Specialambulatorium des Dr. 2 a-
wadzki Herr P., Beamter, 43 Jahre alt, und klagte über erschwertes
Schlingen und Schmerzen im Magen nach dein Essen. Der Kranke giebt
an, dass er stets gesund gewesen ist. Im Jahre 1884 hat der Kranke
einen kurzdauernden Ptyalismus und eine vorübergehende Dysphagie ge¬
habt; die reichliche Ausscheidung des Speichels trat in nüchternem Zu¬
stande und nach dem ersten Bissen auf und war immer von Dysphagie
begleitet. Diese Symptome sind aber recht bald geschwunden, und Pa¬
tient fühlte sich bis zum Jahre 1887 vollständig wohl.
In diesem Jahre hat Patient eine Entzündung beider Sehnerven
durchgemacht, die ihn nöthigte, zeitweilig seine Beschäftigung zu-änderm
Obgleich die Sehfälligkeit zur Norm zurückkehrte, so hat doch seit der zeit
sein Allgemeinzustand gelitten, der Kranke fühlte sich stets schwach,
seitens des Verdauungstractus traten aber keine Beschwerden em. arst
im Sommer 1891 hat Patient bemerkt, dass er nicht alle Speisen gieicn
gut verträgt, gröbere Speisen verursachten ihm Aufstossen. Druck m der
Magengrube, manchmal auch Erbrechen. Gleichzeitig hat der Kranae
eine im nüchternen Zustande und vor der Nahrungsaufnahme auftremnde
„reichliche Ausscheidung einer etwas salzigen, wie aus dem Magen kom¬
menden, farblosen Flüssigkeit“ bemerkt. T _, ~ Tr. n „u
Die Menge dieser Flüssigkeit erreichte einige Löffel. Der Kramte
wurde traurig, verlor sichtlich an Gewicht und fühlte, wie er selbst an-
giebt. er habe ein schweres Leiden. Der Stuhlgang war normal, . e
Appetit mittelmässig, einen ausgesprochenen Widerwillen gegen gewisse
Speisen hatte der Kranke nicht. Im December hat sich der Zustand aes
Patienten verschlimmert, und es trat neben Steigerung der früheren qym-
ptome Dvsphagie auf. Der Kranke fühlte, dass die Speisen in der Gcg®
des Processus xiphoidens aufgehalten wurden und hatte bald naen 6
Essen ein Bedürfniss zum Erbrechen; ungeachtet dessen kam es nie
zum Erbrechen, und es wurde unter Brechbewegungen die bpeicne-
flüssigkeit ausgespieen. _ „ . ,
In diesem Zustande hat der eine von uns (J. Zawadzki) den KrauK
zum ersten mal gesehen. Die Hauptbeschwerden des Kranken waren
Schwierigkeit beim Schlingen und die Ausscheidung der obengenaan ^
Flüssigkeit. Bei der Untersuchung wurde folgendes constatirt: uer
Kranke ist von mittelmässigem Ernährungszustand, von normalem KorperD.
die Haut normal gefärbt, massiger Paimiculus adiposus. Die Muskulatur
elastisch. Im Herzen und in den Lungen nichts abnormes. Die^ Leber
die Milz nicht palpirbar. Die Zähne verdorben, in der Mundhöhle untt im
Rachen leichter chronischer Katarrh. Der Bauch etwas aufgetrieben undm
Gegend des Nabels etwas schmerzhaft; in der Nabelhöhe, 1/3 cm “
rechts, fühlt man eine taubeneigrosse, etwas keilförmige geschwuistm'ugv
Erhebung, das spitze Ende derselben ist nach links gerichtet, aie .
schwulst ist ziemlich weich und verschwindet unter dem r mgor
leichtem Glätten. Der über die GeschAvulst befragte Patient gie -
dass er dieselbe vor nicht langer Zeit bemerkt habe, dass sie g
Stunden nach dem Essen erscheint und bei leichtem Watten
Bei der Untersuchung des nüchternen Magens last sich der Tumoi
schwerer palpiren, beim Eingiessen von Wasser entsteht em rlä <
und gleichzeitig kommt die Geschwulst deutlicher zum \ L ’ j
deutlicher treten die Contouren der Geschwulst hervor beim Anfüll , *
Magens mit Gasen; die untere Magengrenze liegt dann /a C .J? u0 _
des Nabels, der im nüchternen Zustande mit Flüssigkeit gm u |* te , ®
zeigt eine weit nach unten reichende untere Grenze. Die Unters
der ausgeworfenen Flüssigkeit ergab reinen Speichel ohne bpew •
Die Untersuchung mit der Sonde, des Chemismus. und ; des Meoh
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22. Februar.
des Magens war wegen des Widerstandes des Patienten nicht möglich
«üe Salolprobe ergab, wie gewöhnlich, keine sicheren Resultate Auf
Grund dieser bymptome wurde eine Dilafatio ventriculi e stenosi * pylori
mrcinoraatosa diagnosticirt.
Das gute Aussehen des Kranken stand in einem gewissen Wider-
jjruch nut der absoluten Behauptung, dass wir es mit einer bösartigen
V 0 „liiUn nf r tKlm Knt ' nn A -V flrlflllf fW T\_l J*_•
DEUTSCHE MEDICINISOHE WOCHENSCHRIFT.
T Tu * 7 "««»Upi-UUK, uass wir es mit emer bösartigen
Neubildung zu thun haben, aber der \ erlauf der Krankheit, die Dysphagie
und die Schmerzen Dessen uns daran festhalten. namentlich legte ich
grosses Geincht auf die Dysphagie, welche in mehreren anderen von uns
beobachteten Fä len den Vorläufer eines beginnenden Krebses ab*ab in
lallen, m welchen von einer Palpation der Neubildung und tmderon
Symptomen noch keine Rede sein konnte. Es wurde dem Kranken Tinct
Xuc. vomic. und eine entsprechende Diät verordnet, und bald soll sich
nach seiner Angabe, nachdem er ein künstliches Gebiss zu tragen anfing
der Allgemeinzustand soweit gebessert haben, dass er sich eine zeitlan*
nicht mehr vorstellte. Die Dysphagie ist geschwunden, und der Tumor
soll, wie der Patient angab, nicht mehr vorhanden sein, was wirklich bei
dem mit Speisen gefüllten Magen der Fall war.
Nach einem längeren Zwischenräume sah ich erst den Patienten zum
zweiten male am 15. Mai 1892. Diesmal hat schon das Aeussere des Patienten
auf die Richtigkeit unserer Vermuthung hingewiesen. Der Kranke ist
bedeutend magerer geworden, die Haut ist dunkler und das Unterbaut-
lettgewebe ist fast geschwunden. Patient behauptet, er habe sich bis
Apnl old gefühlt und habe ungeachtet des Verbotes sehr viel gearbeitet
i dama,s habe er bemerkt, er magero stark ab, er verlor den
Appetit, bekam sogar Widerwillen gegen Fleisch, es trat Aufstossen der
speisen und Erbrechen ein.
Die Bauchhaut ist, pergamentartig. Die Geschwulst hat die Grösse
eines Apfels erreicht, die Gestalt derselben ist wie früher bimförmig,
and sie ist mit ihrem dünneren Ende nach links gerichtet, der Tumor
ist nach allen Richtungen hin beweglich, wenig schmerzhaft. Die untere
Magengrenze reicht vier fingerbreit unterhalb des Nabels. Ich habe dem
?i! n r\ Sof0rtl I° T 0p( ; ration v orgeschlagen, derselbe ist aber noch
au vier Wochen auf s Land gereist. Hier hat er Erbrechen bekommen,
!fLiT 0r v St f ewacbsei b der Appetitmangel wurde noch grösser, ob¬
gleich der Kranke behauptete, seine Kräfte wären besser.
te Sr IlCh gestl,tt ® te Patient eine Untersuchung des Magens mit
"“chtemen Magen war der zwei Liter betragende Inhalt
iiUUF f d tV«" er(2 ° /o) ' ? ak f ure fehlte vollständig, eine bedeutende Quan-
KmU. * "' ar J' orhanden ' Ausserdem waren Speisereste, welche der
Hm n Ta f, n , Z 'i. SI '’,''- na , hm ' za hlreiche SchleimzeUen, Hefe und
(r!LS S p Qua ri lMt Fäl »hussbacterien enthalten. Nach dem Probe-
StmdLLet, " ar em ?hsoluter Mangel an Salzsäure and sechs
Zu (War 7 -f em ^. tta ^ es ? en nacb Leube fand man unverdautes Fleisch.
Ä J;U"os C e h “ itDr Szte - Vner ' " nd d< ™ lbe b «*
e - n ? S hftr » n T™ 0 ™ ^ der Gegend, welche der
Magensaft Am/*? 8 vollständiger Mangel an Salzsäure und
und Duodinnm tl0 ? el 6 ^Ymptome, we H‘he einer Stenose zwischen Magen
l d^ fl Ti“l en , tSpraChen ’ eme bedeu <*nde Kachexie des Patienten -
mit einem Pv£ Chen - ZWangen * ur -Annahme, dass wir es im obigen Falle
n i O doru8Ca rcmom zu thun haben.
nach rechtTmTn 0 ' , bewe £ lich war ’. e 1 r üess sich nämlich mit Leichtigkeit
gleich von. ’cq <a fv unte . n verschieben und da derselbe ausserdem, ob-
sieh abs^nSnlSlt Dl “ en *° nen - J ed och deutlich von dem seitlichen Magen
Abmagerung nirfct h ta ? tason imd da schliesslich die grosse
dem viel mehr «jnr^A ® ,demer wahren Cachexiae carcinomatosae, son-
dauung hot so entenhf USZebni ° g a s Fo J ge der gestörten Nahrungsver-
Behandlun« 71, ll ^ cWosS f ü wir uns ’ den Kranken einer chirurgischen
Underung°seiner uras ° m <J r ‘ der dringend eine
zu entscheiden «k ;™ SC ,y er ! an ?J ;e - Es war sehr schwer, a priori
oder ob wir uns m’t ^ ft e die Fylorectomie gemacht werden würde,
wir konnten rWwIf Gastroenterostomie würden begnügen müssen;
^Realisation des Tnml na ®k der - Laparatoraie uns Rechenschaft über die
äderen Organen 8e,ne Ausbreitung, über das Verhältniss zu
erst die enfsTraehS P £ dhi!Uj i? nen und ^Metastasen abgeben und dann
liehe Erfahr?™«w* Operationsmethode wählen. Da wir keine persön-
hatten, mussten wt.« ^ C ^ 1I } ir ?? scbe Behaniting des Magencarcinoms
Hacker UnS die Angaben von Billroth Wölffier,
JrzebiekvrM’Ardfe 1 ^ TecjQPf 1,11 ?’ * Sb *l eit * Rj d Jgior, Szram,
^rationsmethoden von i esset ’ Gumard u. a. stützen. Da wir den
■Dichtigkeit zugeseliri ? Bernay, Loreta und Hahn keine besondere
s ‘chtigt Nachdem P n( -“ hab ® n » so m Haben wir dieselben nicht berück-
■eiehter Purgantin meb f ere .Tage zur Operation mittels Bäder,
d« r Operation den Mn °!?r r ? lteb wurde ’ baben wir am Abend vor
s5 »m ausgewaschen. gr0ndhch mit einer Lösung von Soda und Bor-
’ r “*ViTjähium e ! t T-i >atii ®? t e j ni * c Dosen Wein, Kaffee, und es
jor der Operation \lp IClrt ‘ • 4 m , Agenden Tage wurde am Morgen
Kraken nicht auälnn -? n ^ cbt ^urengespült,- wir wollten nämlich den
schlecht vertrug. mi emer Manipulation, ie er überhaupt sehr
J nd *der Rumnf e m;f U u^? aU do f^ cb * t ' und die unteren Extremitäten
br - Solma n am IS Tni^ono nd ®?“ da gß n umwickelt worden, schritt
Hs der Linea alba oS&h^ ™ T 0 P^ tion - Der Bauchschnitt wurde
JJhoideus. und enditrtA k \ b v^ 1 ? n P d 3 cm unterhalb dos Processus
Heiden des PeriÄJ! oberh ? Ib des Nabels. Nach dem Uiirch- ;
H dass der Hauntsitg ei ^ vies , s,cb ’ dass der Tumor im Magen sass |
Hand m die PeritoneaShöhin 6 v® 11 ? er ty 0 ™* Wa i\ Durch EinfSiren der j
P|n< * Normale Adhäsion«!,®* 81c u der Operateur überzeugen, dass
6,1 zwl8C hen der von der Nenbildtmg eingenoni- 1
175
menen Magenpartie und den Nachbarorgauen existire: es wurdo
nni <5 ^ tlgk p t ( J ei ! Tl i? 0r Sftmmfc dem horizontalen Theil des Duodenum
^inn 6m ^ d D M ^ en f’ welcber hinter dem Pyloruscarciuom la^ iäc
aussen von den Bauchdecken gebracht. Der Tiimor war deutlidi' von
P'J° d “ u f ,^ e S^ des ausserhalb des Tumors zekt
jedech stark verdickte Wiiude. ähnlich wie wir das oft in den Wänden
ä®* ® armes oberhalb von Narben oder einer durch Neubildung bedineten
Stenose antreffen Es musste entschieden werden, ob in, “2
Falle die Pylorectomie oder die Gastroenterostomie ausgefBhrt wei-deü
soll Ememmte gestattete der Mangel von Adhitsionen die Resec-tion der
Se"o‘beShf d ere M itS k ° nnt ? dic en> ss ® Ausdehnung des Tmno™ -
die-Oberflache des Magens, welche von der Neubildung ergriffen war. be-
uigefthr 10 cm - gewissennaassen als Contra-
“ d rr S' r n < ’f e0tl ? n des Pylorus betrachtet worden. Es wurde bo-
nnTl S/n P Y lorecto “ 1B - «me m diesem Falle vcrhültnissmUssig leichte
aüsznfnhrm, *“* ” 0hr ‘'“'bf 1 ® Operation als die Gasti-oenterostomie,
i““,™“’ ," cn “ Wlr Ullä “«eh der Resection des Tumors überzeugen
?1 bu' Zusammennähen des Magens schwer auszuführen wäre
odei gefährlich m seinen Folgen sich erweisen sollte (in Folge stärkerer
Anspannung und dadurch bedingter Haltlosigkeit der Nähte) so wollten
wm nachträglich die Billroth’sche Operation machen, d, h. den Magen
GTLro™te™Z,osrrus D füte n n Und “ <,in ° r Stelle die
, Ger nach aussen gebrachte Theil des Magens wurde in warme, steri-
!J 8 i tu bemettea ? eIe & fc ! und es wm*de zur Resectiou des PyJorustheils
des Magens geschritten. Das Ligamentum gastrocolicum und die schwachen
Adhäsionen auf der hinteren Magenfläche und in der Gegend der Guiva-
profus im0r k ° nnt€n sebr leicht ?elöst werden ; die Blutung war nicht
, T P ai j n wiu *den zwei dtlnne elastische Ligaturen angelegt: die eine um
A num ;v dle andere um.den Magen 2cm unterhalb und oberhalb
der fühlbaren Grenzen der Neubildung. Auf diese Weise konnten wir
?“ s vor cmei* Blutung und einem Ausfliessen des Magen- und Darrn-
mhaltes bei der Resection der Neubildung schützen.
Die ganze Magenpartie, welche zwischen den Ligaturen lag, wurde
ausgeschnitten, der Schnitt wurde hierbei 1 cm weit über die Grenzen
der Neubildung geführt..
Nachdem die abgeschnittenen Enden des Duodenums imd des Magens
abgewaschen waren, hat Dr. Kijewski den Magen mit den Fingern
oberhalb der Ligatur znsammengedrückt und die Ligatur gelöst; die
reichliche Blutung aus den Wänden des Magens wurde durch zahlreiche
Ligaturen gestillt, und es wurde in den ausgespülten Magen ein Tampon
von stenlisirter Gaze hineingelegt; in ähnlicher Weise wurde mit dem
abgeschnittenen Ende des Duodenums verfahren; bei Beachtung dieser
\ orsichtsmassregeln kam nur Blut und ■ kein Magendarminhält in die
Bauchhöhle. Den schwierigsten Act der Operation bildete das Zusamnien-
nähen des Magens mit dom Duodenum; wir schritten aber zu einem sol¬
chen, da wir uns überzeugt hatten, dass ein Annäliem und eine Adapta¬
tion der durchschnittenen Th eile ohne bedeutende Spannung möglich war.
Zuerst wurden also, wie gewöhnlich, auf die Magenwand Nähte, welche
die Oeffnung verengten, angelegt, und zwar so, dass die Oeffnung des
Magens derjenigen des Duodennms gleichkam und dass ausserhalb der
Stelle, an welcher der Dann in den Magen eingeniilit wurde, kein sack¬
förmiges Divertikel entstanden ist, und zuletzt wurde der Magen mit dem
Duodeum vereinigt. Die Nähte wurden sehr genau und dicht angelegt, die*
selben wurden genügend stark zusammengezogen und ein genaues An¬
liegen und Vereinigung der ziemlich grossen Peritonealfläcben angestrebt.
Die Exstirpation von sechs Lvmphdrüsen des Mesenteriums, das An¬
nähen des abgetrennten Theiles des Ligamentum gastrocolicum mittels
dreier Knopfnähte, das Austnpfen von geringer blutiger Ausscheidung aus
der Peritonealhöhe, das vollständige Nähen der Bauch decken und schliess¬
lich das Anlegen eines Jodoformverbandes — alles dies bildete den
Schlussact der nicht ganze 3 Stunden dauernden Operation.
Am Abend nach der Operation war die Temperatur 35° C., Puls 96.
ziemlich stark, Uebelkeit, von Zeit zu Zeit expectorirte der Kranke unbe¬
deutende Mengen eines blutigen Magensecretes. Nährclystiere nach Boas.
Eis zum Schlingen und */« Gnin Morphium subcutan injieirt.
Am folgenden Tag nach der Operation war die Morgentemperatur
36,6, Puls 92, ziemlich voll. Der Bauch wenig schmerzhaft, eingefallen
i * ra Epigastrium. Abendtemperatur 36.8, Puls 104 und bedeutend schwächer,
j Am 15. Juli. Morgentemperatur 37°, Puls 88. schwach. Uebelkeit. Dy-
1 spnoe; des Abends klagt Patient über Schmerzen in der rechten Seite,
unterhalb der Scapula, trockner Husten.
Ara 16. Juli wurde bei der Untersuchung des Kranken eine rechts¬
seitige Pleuritis diagnosticirt und ein Einstich mit Aspiration von 200 ccm
eines serös-eitrigen Exsudates ausgeführt. Am Abend \Var die Athmung
freier, der Puls jedoch schwach.
Am 18. Juli fühlt sich Patient sehr schwach^ kein Fieber, Puls 90.
Aiythmie. .
Am 19. Juli ist der Zustand viel besser, der Kranke verlangt nacli
Essen und erhält kleine Portionen Milch und Cognac.
Am 20. Juli ein reichlicher Stuhl. Kein Fieber. Der Kranke klagt
nur über Schmerzen in regione epigastrica. Am 9. Tage nach der Ope¬
ration wird der Verband gewechselt und die Suturen der Bauchdeckcn
entfernt. Die Wunde ist per primam gehoilt, unter den Buuclidecken
fühlt man aber eine beim Druck schmerzhafte Schwellung. Am zwölften
Tage nach der Operation bildete sich im Centrum der geheilten Wunde
ein Abscess. nach Eröffnung dessen der Inhalt des Magens heraussfliesst.
Die zweimal vorgenommene L 7 nlersiichiing dieses Ausflusses ergab Milch¬
säure, etwas Pepton und • unbedeutende- Quantität unverdaut,-r Fleisch¬
fasern. Am 19. Tage noch der Operation trat aus der Fistel »las Ende
eines Seidenfadens heraus und'beim leichten Anziehen an demselben wurde
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCHK IFT.
No,.S
ein «rosset Theil eines Fadens sammt einer I
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sttekä »s ^
^ OP«-
,.ation A L 3 diclnSeid,mg des
trat nur durch die Fistel eine unbedeutende
■; Ä"Ä g«
SS
Gesellschaft am 18. Oetober v. J. " and I V m vom Duodenum,
der Magenwand, vom Pylorus gerechnet und A . 12 cm der Umfang
Der Umfang des abgeschnittenen Duodeums betlägt 12 ®*^ 9 “ er D J
an der Stelle wo dasselbe vom Magen .abgeschnitten wurde cm \
n • v.+ katvSrrf 17 R a Das Ganze hat die Gestalt eines geknickten
welche erhalmno Räudcr un/einen glatten Boden zeigt. v ZlTZZs
Die stricturirte Oeffhung lässt kaum die Kuppe eines k ^? n h F ^ g ®
durch Der ganze Tumor ist hart, nur ein 1 cm an dei ^eripneine *,e
leaener Theil ^erweist sich als normale Magenwand. Aut dem Eurchschm
‘»ind die Ränder der Ulceration hart, grauweiss und bestehen aus emem
compacten Gewebe, theilweise aus Granulationsgewebe, die Submiicosa
hat am Ulcerationsboden ein ähnliches Aussehen. die Sdi lei “^ ist ^
ständie- zerstört. Die Magen wand ist vier- bis funftach vei dickt unü in
der Richtung zur Serosa sieht man grauweisse Bmdegewebszüge. as
subseröse Bindegewebe ist wenig hypertrophisch, die Se ™ sa J^
verdickt. Beider mikroskopischen Untersuchung der hypei*trophischen
Gewebe, welche die Subserosa ersetzen, erweisen sich dieselben als fibröses
Gewebe in welchem hie und da kleine Krebskörper nachzuweisen sind;
an den Rändern der Neubildung sehen wir steUenweise emen Zusrniimen^
hang dieser Körper mit den Resten der EpithehMbildungen. Daimts e
sehen wir, dass die Neubildung ein Carcinoma fibrosum darsteUt, Die
obige Untersuchung hat Dr. Przewoski gütigst ausgeführt. .
g Die Untersuchung der Magenfunction wurde mehrmals durch einen
von uns (Zawadzki) ausgeführt. • , t» i ' „
Beim Auf blasen mit Gasen lag die untere Grenze (bei da-Palpation,
Percussion und percutorischen Auscultation) schon nach Whiuf von
sechs Wochen zwei fingerbreit über dem Nabel; b “ d . e J
nüchternen Magens mit Flüssigkeit smkt die obere F üche der Flüssig¬
keit nicht herunter — d. h. die Contractilität der Winde ist eine noi
male. Der nüchterne Magen ist vollständig leer, enthalt in den ersten
Monaten etwas Galle, Pankreassaft ist aber nicht nachzuweisen. Bei der
Untersuchung, welche nach Verlauf von ner Monaten vorgenommen
wurde, enthielt der nüchterne Magen keinen Inhalt. Nach einem Probe-
frühstück nach Ewald war nach yorlaufvon 1 upd , 1, ^ 0 ! ’ tuII , dcn c ,, 8
Inhalt sauer, nicht stinkend, die Acidität (Phenolphtaletn) 25 ®fe, trete Salz-
säure nicht vorhanden, grosse Quantitäten Milchsäure, flüchtige rett
säuren nicht nachgewiesen; ausserdem wurde eine kleine Quantität Pep¬
ton grosse Quantität Zucker, Spuren von Erythrodextnn und ungelöster
Stärke constatirt. Bei der mikroskopischen Untersuchung fanden- wie
ausser Stärkeresten eine unbedeutende Quantität Hefepilze. Nach einem
Mittagessen nach Leube wurden nach Verlauf von vier Stunden 50 cm
etwas mit Galle gefärbten Inhalts von saurer Reactjon, keme Salzsäure,
unbedeutende Quantität Müchsäure, grosse Mengen Pepton nachgewesen.
Bei der mikroskopischen Untersuchung fanden wir zahlreiche unver¬
daute Fleischfasem. Das Filtrat welches wir nach dem Probefrühstück
von Ewald erhielten, verdaute nicht Eiweiss, nach Zusatz von Salzsäure
war die künstliche Verdauung des Eiweisses eine vollständige (Gegenwart
von Pepsin), Labferment vorhanden. '
Nach dem Leube’schen Mittagessen ist der Magen nach Verlaut
von fünf Stunden vollständig leer, und der Kranke empfindet einen pein¬
lichen Hunger. Die Resorption von Ka-J. erfolgte im nüchternen Zu¬
stande nach Verlauf von 15—17 Minuten.
Die Untersuchung der Faeces, welche mehrmals vorgenommen wurde,
ergab folgendes: geringe Quantität unverdauter Fleischfasem und das
nur nach reichlicher Fleischnahrung, sehr viel elastische Fasern, Detritus
und pflanzliche Speisereste.
Wir ersehen aus der Untersuchung der Magenfunctionen, dass
die mechanische Thätigkeit des Magens fast zur Norm zurück^
gekehrt ist. Der dilatirte Magen ist fast normal geworden und hat
zur normalen Zeit den ganzen Inhalt in den Darm geführt; dieser
Inhalt enthält, wie wir sehen, absolut keine Salzsäure, ebenso wie
in allen bis jetzt publicirten Fällen von Magenresectionen infolge
von Krebs, deshalb geht die Saccharisation der Stärke im Magen
vollständig frei von statten, und deshalb finden wir nach Sein
E w ald’ sehen Probefrühstück diese grosse Quantität von Zucker
Es ist schwer zu erklären, warum wir im Magen nach . dem
Leube’schen Mittag diese grosseh Mengen Pepton finden, viel¬
leicht wirkt , hier die Milchsäure, welche in ziemlich, grosser Quaii-
vorhanden ist, pöptonisirend, möglich, dass dies andere Um-
sufnile beeinflussen jedenfalls beweist die grosse Quantität unver-
fhniter Fleischfasern, dass die Hauptmenge des Eiweisses unver-
daute Fleiscmasein « H iov war dafür die Verdauung
iönbvorzügncL wir konnten uns davon hei der Untersuchung
der Faeces überzeugen, da wir nur minimale Quantitäten unvei-
dauter Fleischfasern nachgewiesen haben. Das Bindegewebe
schwerer verdaut bei unserem Kranken, und dies darf uns nicht
wundern, da die Salzsäure dasselbe nicht vonständig löst und es
erst verdaulicher unter der Einwirkung d ® 8 .. Pa ] !lkre ?f 8a ^! r 8 „ n w
der Mangel an Salzsäure im Magen war die Ursache davon, dass
dasselbe im Darm nicht vollständig verdaut werden konnte. Alle
diese Thatsachen der mikroskopisch-chemischen Untersuchung hat
das busselten des Kranken am besten bestätigt, derselbe ist zu
dieser Zeit corpulenter geworden und hat immer mehr an Gewicht
zugenommen. Der Magen hat in diesem Falle die Function eines
Behälters übernommen, und die Hauptfunction in der Verdauung
des Kwcisses Zrdm Pankreassaft zu Theil. Eine genügende
Function dieser Drüse beweist, dass die Magenverdauung ohne
besonderen Schaden für den Organismus auspschaltet werdeu
kann und bietet einen Beweis mehr, dass es lohnt, eine Resection
des Pvloius bei earcinomatöser Stenose vorzunehmen; wenn wir
den Speisen den Uebergang in den Darm ermöglichen, dann wird
sieh der Zustand des Kranken, Dank einer besseren Ernährung,
be<le i)te d Untersuchungen von Fr. Müller, C. v. Noorden und
Ogata haben dies bewiesen. Der Darm kann die Functionen des
Magens vollständig übernehmen, natürlich bei normaler Ausscheiduq,
des° Mageninhaltes und normaler Thätigkcit der Verdauungsdrüsen
deS Wemfwir dies alles, was wir oben gesagt haben, zusammen-
fassen, so müssen wir zum Schluss kommen, dass dies Resultat
der Operation in unserem Falle ein durchaus ln
dem Augenblick, wo wir diese Zeilen schreiben (Ende März),) fühlt
sich Patient snbjectiv vollkommen wohl, ^“Körpergewicht . is
noch immer im Ansteigen, und die Kräfte des Patl ^ nt8n
gut Es sind schon neun Monate verflossen, und man sieht keine
Symptome eines Reeidivs. Sollen wir eine solche bei unserem
Patienten befürchten? Die Untersuchung der resecirten Magen-
partie hat gezeigt, dass die Operation im gesunden Oewebe aus
geführt worden ist, die Chancen eines Reeidivs sind also bedeut u
vermindert. Ein ganz analoger FaU von Rosenheim ha
Verlauf von iy 4 Jahren keine Symptome eines Re^divs geze'gt,
wir glauben deshalb berechtigt zu sein, eine verhältnissmä.. g
günstige Prognose zu stellen.
V. Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie der
> Universität Bologna, Director Ptof. G. Tizzoni.
Untersuchungen. über das Infectionsfieber.
Das Fiebergift der Baeterien.
Von Dr. E. Centanni, Assistenten.
(Schluss aus No. 7.)
4. Das Pyrotoxin verschiedener Baeterien.
Ich habe ziemlich ausgedehnte Untersuchungen angestem, uw
qualitative und quantitative Nachweise über das Vorkomme
Fiehergiftes in der Familie der Baeterien zn erhalten. \ »P 1«“'
genen Baeterien habe ich. untersucht: den Diplococcus de
monie, den Bacillus pyocyaneus, den Streptococcus^des ^ rys^--
den Bacillus aärogenes der Meningitis, die pyogenen Stapy .
den Bacillus der Tuberkulose, den Milzbrandbacillus, d^bole
spirillen, die Bacillen von Metschnikoff, von Finkleruud Prio
und vok Deneke, den BaciUus typhi das Bact. ^rcommunr
und einen zu den pseudotyphischen gehörenden BaciUus, ^ cn
in einem Falle von acuter Meningitis isohrt «'»rden
Bacillen des Tetanus, der Influenza und den der D p
Von nicht pathogenen: den Bacillus subtilis, die Sarcina
den Micröcoecus' versicolor, den Micrococcus roseus, d Tur asseI1 -
epidermidis, den Proteus vulgaris, den Bac. rad ^ormi , ende
culturen von Bakterien der Luft und des Wasse , * ^
thierische Gewehe und Urin, sowie viele pathogene Bacter
abgeschwächter Form. _. c ; P h iiber-
Aus dieser langen Reihe von Untersuchungen -Racterien,
.einstimmend, dass die Injection von Culturen jedes die rac ten,
pathogenen oder nicht pathogenen^, sowie von ^ ■ bringt,
beständig <das Bild des Bacterienfiebers h
• l y Zum letzten Mal haben vdr den Kranken am 7. A P^ ll 1Ä eT1
Körpergewicht betrug 70 kg, der Allgemeiuzüstand war
friedigend (Nachschrift bei der Correctur).
das
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22. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
177
besonders Pyrexie und bei längerer Fortsetzung Marasmus. Dieser
Schluss darf in Bezug auf nicht pathogene Bacterien nicht über¬
raschen, denn wir besitzen schon, in der Bacterienlitteratur zer¬
streut, eine grosse Zahl von Beispielen, dass diese Bacterien. in
genügender Menge injicirt, toxische Erscheinungen und selbst den
Tod des Thieres hervorgobracht haben. Beim Menschen findeu
wir übrigens die Saprohämieen mit sehr starkem Fieber, welche
durch nicht pathogene Bacterien erzeugt werden, so beim Genuss
verdorbener Nahrungsmittel, bei der Zersetzung nekrotischer
Theile und stagnirender Secrete, bei gastrointestinaler Störung
u. s. w. Es ist auch zu erwähnen, dass die ersten Studien
über das Baeterienfieber (Traube und G sch ei dien) an Fäulniss-
producten gemacht wurden, und dass Zuntz und Aronsohn ihr
Pyrogenin aus dem Heubacillus bereiteten. Ausserdem hat heut¬
zutage der wesentliche Unterschied zwischen pathogenen und nicht
pathogenen Bacterien viel von seiner Wichtigkeit eingebüsst, da es
jetzt leicht gelingt, die Bacterien durch äussere Ursachen künstlich
zu verändern und aus einer Klasse in die andere überzuführen.
Xoch viel leichter muss dies durch die so verschiedenartigen uud
dauernden Einflüsse geschehen, w r elche die Natur ins Werk setzt.
Den biologischen, am lebenden Thiere zu erforschenden Eigen¬
schaften kommt die Chemie zu Hülfe, indem sie diese Beständig¬
keit und Gleichheit des Fiebergiftes bestätigt: denn nach
der angegebenen Methode kann man nicht nur aus allen
Bacterieiiculturen ein toxisches Product ausziehen, sondern die viel¬
fältigen wiederholten Reactionen, welche ich an ihm in den ver¬
schiedenen Fällen angestellt habe, bew eisen mir, dass dieses gemein¬
schaftliche toxische Product alle Eigenschaften besitzt, welche für
das Pyrotoxi» festgestellt worden sind.
Es ist behauptet worden, besonders von Ga mal eia, bei Giften
dieser Art könnte es sich um Kunstproducte handeln, je nach
den Culturmitteln und der Zubereitung. Ich habe diesen Ein¬
wurf wohl beachtet und gefunden, dass bei unserer Substanz
von einem künstlichen, wechselnden Product nicht die Rede sein
kann. Um die Begründung des Einwurfs über die Cultur-
raittel zu prüfen, wendete ich ausser den gewöhnlichen künst¬
lichen Nährböden auch solche an, welche den Verhältnissen des
Körpers möglichst nahe kommen: Blut, Emulsionen und Extracte
von Organen. Nährflüssigkeiten mit Eiereiweiss bereitet ; ich be¬
handelte diese .Stoße aseptisch und sterilisirte sie, nicht durch
Kochen, sondern mittels Filtration durch poröse Kerzen. Was den
Einfluss der Präparationsmethode betrifft, so kann sich der Einwurf
nicht auf die vorgenoinmene Trennung des Toxins von den Bac¬
terien beziehen, weil unter natürlichen Verhältnissen bei Infectionen
bekanntlich die Bacterien gewöhnlich entweder gar nicht oder nur
'ehr sparsam in den Kreislauf eindringen und durch ihre löslichen
Producte wirken, welche sich von dem Vennehrungsheerde aus ver¬
breiten.
Ueber die Wirkung der Reagentien, mit welchen die Extraction
«es Pyrotoxins ausgeführt wurde, habe ich jedesmal versucht mir
Rechnung abzulegen, indem ich die biologischen und chemischen
Eigenschaften des Materials, von der unberührten Cultur an durch
die verschiedenen Stadien der Zubereitung, mit einander verglich,
bevor und nachdem das Reagens angewendet worden war. Ausser¬
dem ist es möglich, ein ziemlich concentrirtes Pyrotoxin mit allen
>emen Eigenschaften unter Vermeidung der energischen Wirkung
der Wärme und des Alkohols durch indifferentere Mittel zu erhalten,
jne das Altwerdenlassen, die Dialyse und die Filtration der Cul-
«ren; das Pyrotoxin behält auch dann alle seine biologischen und
vhcmischen Grundeigenschaften bei.
'Vir können also schliessen, dass die ganze Familie der
|. a \terien ein wesentlich gleiches Gift gemeinschaftlich
besitzt, welches unzertrennlich an ihre Existenz gebun-
1 n ist und von welchem das typische Bild der allge-
*inen Störungen bei den verschiedenen Bacterienkrank-
j i 1 p? 11 a . ^n gt. Auch auf dem klinischen Gebiet können wir
mit lnl0 ™ 1 ekeit der Fiebererscheinungen beobachten, im Vergleich
hpn * ani dgfaltigkeit der Bacterienarten, welche die Krankheit
lieh ° nU - un( * die Physiognomie dieser Krankheiten wird gewöhn¬
te ^ urc ‘h die Qualität der allgemeinen Störungen, als durch
'iureh i c- UÜ< * Entwickelung dieser Störungen, sowie besonders
\ ( e JJ un d durch die Virulenz des Infectionsheerdes bestimmt,
p, * aoh( em so die Hauptsache festgestellt ist, bleiben noch einige
V Geringerer Bedeutung zu erledigen.
itfMi + an . n fragen, welchen Unterschied die verschiede-
jt 0 ff c J en /*n arten in Bezug auf ihren Gehalt an Fieber-
annähern l' ei Q Cn ’ ^ e ^ er diesen Punkt kann man nur zu einer
Ma.ssfnr..H Schätzung gelangen, indem man die Wirkung von
^ an ein* ^ Reicher Dosis beobachtet, denn bis jetzt fehlt
lyg e allPß 1 *' 0 • n ^ en Extractionsmethode zur quantitativen Ana-
BacteripnnJf 61ner enthaltenen Pyrotoxins. Ich wählte elf
e », pathogene und nicht pathogene, und legte von
ihnen oberflächliche Culturen auf Agar an. Am dritten Tage wurde
die Schicht abgenommen, getrocknet und in Dosen von 5 cg für
jedes Kilo von dem Körpergewicht des Kaninchens getheilt. Die
Dosis für jedes Thier wurde zum Gebrauch in Wasser vertheilt
und durch kurze Erwärmung sterilisirt/ Nach der Injection wurde
die schnellste Temperaturerhöhung, 1,5° in drei Stunden, beim
Pneumonococcus, bei der Sareina, bei dem Bacillus aörogenes und bei
dem der Diphtheritis beobachtet. Nach sieben Stunden ergab die
Sareina eine Zunahme von 2,4°, der APrögenes von 1,9°, der Bacillus
coli und epidermicus von 1,8°, der Radiciformis von 1,7°, der Sub-
tilis von 1,6°, der Pneumonococcus von 1,4°, der des Milzbrands
und der Cholera von 1,2° und der der Diphtheritis von 0,9°.
Am folgenden Tage bestand das Fieber noch bei allen mit
Temperaturerhöhungen von 0,8° bis 1,5°: es war stark bei Coli,
Cholera, Pneuinonococcen, Sareina; mässig bei Radiciformis, Milz¬
brand, Epidermicus, Aörogenes, Diphtheritidis und Subtilis.
Dies alles beweist, dass bei den verschiedenen Bacterienarten
die pyrotoxische Kraft nicht, im Verhältnis zu ihrer
Pathogenität steht. Die Ueberlegenheit, welche die pathogenen
Bacterien in dieser Beziehung zeigen, ist nur scheinbar: denn diese
besitzen die Fähigkeit, wenn sie in kleiner Dosis eingeführt wer¬
den, sich zu vermehren und weit zu verbreiten, während die nicht
pathogenen nur durch die Höhe der Dosis und an der Injections-
stelle wirken. Infolge dieser Experimente und der im Laufe dieser
Studien erworbenen Kriterien glaube ich vorläufig annehmen zu
können, dass die verschiedenen Bacterien bei gleichem
Volumen das Fiebergift in nicht sehr verschiedener
Menge enthalten.
Nach diesen Folgerungen war es von geringem Interesse, die
Schwankungen zu bestimmen, denen der Gehalt einer bestimmten
Baeterienart an Gift unter verschiedenen Umständen unterworfen
ist. Es schien mir nicht, als fände man einen grossen Unter¬
schied. wenn ein pathogenes Bacterium in den Zustand der Ab¬
schwächung übergeht. Was den Einfluss des Nährbodens betrifft,
so habe ich bemerkt, dass Fleischbrühe bei gleicher Concentration
eine mehr pyrogene Cultur hervorbringt, als das von Agar auf
Platten gewonnene Material. Einen wesentlichen Unterschied be¬
merkt man zwischen den sporificirten und den nicht
sporificirten Culturen. Ich habe mit dem Milzbrandbacillus
und dem Subtilis, nach Sterilisirung, Versuche angestellt und be¬
obachtet, dass bei sporificirten Culturen das Fieber fast ganz aus¬
bleibt, im Vergleich mit einer gleichen, einen Tag alten Dosis,
welche Fieber erzeugte, wie bei anderen. Man muss also annehmen,
entweder dass mit der Sporenbildung das vorher vorhandene toxische
Princip zerstört wurde, oder viel wahrscheinlicher, dass es in die
Sporen eingeschlossen wird und von da aus seine Wirkung nicht
auszuüben vermag, denn die Sporen werden von den Säften des
Organismus schwer angegriffen und können w r egen der vorherge¬
gangenen Sterilisirung nicht keimen.
5. Ort der Bildung und das Pyrotoxin
begleitende Gifte.
Eine andere Frage ist die nach dem Orte der Bildung
des Fiebergiftes. Hierüber besitzen wir schon zahlreiche Studien,
welche bewiesen haben, dass diese Producte einen Theil des
Körpers der Bacterien ausmachen. Es ist besonders das Ver¬
dienst Büchner’s, gezeigt zu haben, dass man durch Kochen von
Bacterienmassen der verschiedensten Arten toxische Producte er¬
hält, welche er jedoch zu den Proteinen rechnet.
Auch ich habe wiederholt beobachtet, dass man durch Filtrirung
junger Culturen eine wirkungslose Flüssigkeit erhält, während das
Gegentheil bei abgekochten Bacterien und bei Massenculturen der
Fall ist. Bei fortschreitendem Alter fängt auch die Cultur fl üssigkeit
an, sich wirksam zu zeigen, und es ist nicht leicht zu bestimmen,
ob es sich um eine secretorische Function des Bacteriums, oder um
ein postmortales Diffusionsproduct, oder um dessen Zerfall handelt.
Für die erste Meinung lässt sich die Thatsache anführen, dass
man bei heftigen Infectionen, z. B. bei den am Kaninchen durch
Milzbrand oder Pneumonococcus hervorgebrachten, nicht immer im
Blute degenerative Formen in hinreichender Menge bemerkt, um
die hohe Temperatur zu rechtfertigen; freilich kann man glauben,
dass in solchen Fällen das Pyrotoxin auch in kleiner Menge, da
es sich im Kreisläufe befindet, seine ganze Wirksamkeit zu ent¬
falten vermag, oder auch dass die Degeneration der Bacillen an
anderen Stellen stattfinden könnte.
Für die zweite Hypothese spricht die Thatsache, dass man
zugleich mit dem Eintritt der Toxicität der Flüssigkeit Bac¬
terien bemerkt, welche sich auf dem Wege zur Degeneration
befinden. Ausserdem liefern die dem Zerfall kräftig widerstehen¬
den Bacterien, welche die Flüssigkeit klar lassen, eine wenig
oder gär nicht wirksame Lösung; dies ist der Fall mi
Bacillus epidermicus, dem des Heues, mit einigen Formen von b r p
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8
coccen und besonders mit dem Tuberkeibacillus. Ich habe Gelegen¬
heit gehabt, Culturen des letzteren in glycerinirter Fleischbrühe
mehr als anderthalb Jahre nach ihrer Anlegung zu beobachten und
gefunden, dass sie an die Flüssigkeit keinen Theil ihres pyrogenen
Productes abgegeben hatten; wohl aber konnte man letzteres zur
Erscheinung bringen, wenn man die Bacterien selbst injicirte. Da¬
gegen liefern die Culturen von Bacterien, welche zerfallen und die
Flüssigkeit trüben, sodass sie ihr ein leimiges Ansehen geben
(Pyocyaneus, Cholerae, Coli, Aörogenes, u. s. w.) ein Filtrat von
stark ausgesprochener toxischer Wirksamkeit. Aus dem Körper
der Bacterien strömt das Pyrotoxin langsam nicht nur m Fleisch¬
brühe, sondern auch in neutrales, leicht alkalisches oder saures
sterilisirtes Wasser und in Glycerin aus. Die Ausziehung wird
befördert durch Kochen, durch Auflösung der Bacterien mittels
der Pepsin- oder Trypsin-Verdauung, oder auch durch Kali oder
einprocentige Salzsäure. Keines von diesen Mitteln übt übrigens
auf die Bacterien eine so allgemeine, vollständige Wirkung aus,
dass es als Extractionsmethode für eine quantitative Analyse be¬
nutzt werden könnte.
Nebenbei möchte ich bemerken, dass von den beiden Be-
standtheilen der Bacterienzelle, dem Linin und dem Chromatm,
das Fiebergift einen Theil des zweiten auszumachen scheint. Denn
das Chromatin verschwindet zuerst, sowohl wenn das Pyrotoxin
freiwillig in alte Culturen oder in den Organismus diflundirt, als
auch wenn es durch künstliche Mittel ausgezogen wird. Wenn das
Chromatin sich in den Sporen angesammelt hat, so ist ferner das
nicht färbbare Skelet des Bacteriums, wie wir gesehen haben,
wenig oder nicht wirksam.
Ob es ausser dem gegenwärtig untersuchten Fiebergifte m
den Bacterien noch andere, ähnliche, dieses unterstützende Fieber¬
gifte giebt, das ist eine Frage, über welche wir noch keine beson¬
deren Untersuchungen angestellt haben: doch scheint es nichtsehr
wahrscheinlich, weil die dem Fieber eigenen Symptome vollständig
durch unser Pyrotoxin hervorgebracht werden.
Es ist also hier nicht die Rede davon, ob die Bacterien ausser
dem Fiebergifte, je nach ihrer Art, noch andere Substanzen
hervorbringen, mögen sie unschuldig oder giftig sein; so viel aber
ist sicher, dass das Pyrotoxin immer neben ihnen vorhanden ist.
Sie können dem Bilde des Fiebers einige Nebensymptome hinzu¬
fügen oder durch ihre ausserordentliche Stärke die schwersten
Folgen hervorbringen, ehe das Fiebergift sich im Organismus in
solcher Mengo anhäuft, dass seine Wirkung deutlich wird. Diese
Gifte entstehen nur in besonderen Fällen, und wenige davon sind
genau bekannt. Dagegen lässt sich der grösste Theil der von ver¬
schiedenen Autoren gewissen Bacterienarten zugeschriebenen Gifte
auf das Pyrotoxin zurückführen; das angenommene spezifische Gift ist
entweder nicht vorhanden, oder es gelingt nicht, seine Bildung in
unseren künstlichen Culturmitteln hervorzurufen. So ist das
Choleragift in unseren Culturen nichts arls gewöhnliches Pyrot-oxin;
wahrscheinlich ist es ebenso mit dem Tuberkulin, denn es ist be¬
wiesen, dass man seine Wirkungen durch Bacterienextracte von
den verschiedensten Arten, auch von nicht pathogenen, erzeugen
kann , und wir werden von dieser Thatsache Rechnung ablegen,
wenn wir unter den secundär9n Wirkungen des Pyrotoxins die
Electivwirkungen auf die Zellenheerde des Organismus mit alte-
rirtem und sehr thätigem Stoffwechsel studiren werden, wie die
infectiven Granulome, die bösartigen Geschwülste (Spronk), viel¬
leicht auch die Epiphysenlinien (Miccoli) u. s. w. Gut unter¬
schiedene Gifte dagegen sind die des Tetanus, der Diphtheritis,
der Influenza und die zur Gruppe der Ptomaine gehörenden. Wenn
man Thiere mit Culturen derartiger toxischer Bacterien ver¬
giftet, so sieht man im allgemeinen kein Fieber auftreten, ja, in
der Diphtheritis und bei einigen Ptomainen (Neurin) sinkt die
Temperatur, und klinisch sehen wir auch beim Menschen Tetanus
und Diphtheritis, wenn sie ohne Complication sind, mit geringem
oder keinem Fieber verlaufen. Wenn man jedoch aus diesen Cul¬
turen das specielle, energische Gift entfernt (durch Erhitzung bei
Tetanus, Diphtheritis und Influenza, durch Ausziehung mit Alkohol
bei den salificirten Ptomainen), oder auch wenn man von denselben
Bacterien abgeschwächte, kein Toxin mehr liefernde Culturen an¬
wendet, dann findet man immer, dass diese Culturen in hin¬
reichender Dosis, wie alle anderen gewöhnlichen Bacterien, das
Krankheitsbild des Fiebers hervorbringen.
Man muss also das Pyrotoxin wegen seiner Beständigkeit für
das Hauptgift der Bacterien halten, im Gegensatz zu den anderen
Giften, welche man wegen ihrer Zufälligkeit secundäre oder besser
specifische Bacteriengifte nennen kann, zum Unterschied von
dem anderen allgemeinen.
6 . Folgerungen.
Wir haben das Studium des Infectionsfiebers mit der Auf¬
suchung des das Fieber erregenden Agens der Bacterien begonnen;
die bis jetzt erhaltenen Resultate stellen sieh als folgende Grund-
thatsachen dar.^ des Bacter ienfiehers wird durch allge¬
meine Intoxieation mit einem Gift (Pyrotoxina bactenoa)
hervorgebracht, welches sich im Innern der Bacterien
bildet und sich durch seine Eigenschaften von den bis
jetzt besser bekannten Baeteriengiften (Ptomaine, En-
zyme, Toxalbumine) unterscheidet.
2. Dieses Gift ist allgemein verbreitet und allen Bac¬
terienarten gemein, denn es findet sich bei den ver¬
schiedensten Arten, sowohl pathogenen als nicht, patho¬
genen, und immer mit denselben Eigenschatten
Ich halte mich augenblicklich nicht dabei auf. die Bedeutung
dieser Schlüsse auf dem allgemeinen wissenschaftlichen Gebiete der
Infectionskrankheiten hervorzuheben. Sie sind geeignet, die Einheit
der verschiedenen Glieder der Bacterienfamilie und die Entwicke¬
lung der Bacteriologie in der Richtung nach der pathologischen
Chemie zu immer mehr zu beschleunigen, sowie viele bis jetzt an¬
genommene Ideen über die Specificität der Bacterien, über die
wesentliche Natur ihrer Pathogenität, über den respectiven Werth
der Bacterien und der begleitenden Ursachen für ein gegebenes
Krankheitsbild abzuändern. „
Besonders die praktische Frage über die rationelle Therapie
des Bacterienfiebers erhält durch diese Untersuchung, eine ganz
bedeutende Förderung. Denn wenn das Fieber auf eine einfache
Intoxieation zurückgeführt und deren Gift bestimmt ist, so haben
wir die Krankheit neben den Tetanus, die Diphtheritis, die Ver¬
giftung durch Ricin, die Hundswuth u. s. w. gestellt; wenn wir
also Bacterienculturen von geeigneter vaccinirender Kraft zu¬
bereiten, so kann es uns gelingen, Thiere auch für diese Intoxi¬
eation unempfänglich zu machen und aus ihrem Blute nach schon
bekannten Methoden die betreffenden Gegengifte zu bereiten. Ausser¬
dem ist es wichtig, dass es, wenn die Einheit des Fiebergiftes bei
den verschiedenen Bacterien zugegeben wird, nicht mehr nöthig
sein wird, für jede Art die besondere immunisirende Substanz
zuzubereiten, sondern man wird hoffen können, das Antitoxin gegen
das Fieber aller Bacterien gefunden zu haben, sobald man ein wirk¬
sames Antitoxin gegen das Fieber eines einzelnen Bacteriums ent¬
deckt hat. Dieser Schluss ist zwar kühn, hat aber schon an¬
gefangen, in experimentellen Thatsachen die beste Bestätigung zu
finden, wie die nächste Mittheilung zeigen wird.
VI. Ein historischer Rückblick auf die
Entwickelung der Lehre von der blutbildenden
Function des Knochenmarks.
Entgegnung auf den Artikel des Herrn Prof. Neumann.
Von Prof. G. Bizzozero in Turin.
„In seinen Schriften älteren und neueren Datums hat Professor
E. Neu mann in Königsberg, mit Wenig beneidenswerther Beharr¬
lichkeit, den vor Zeiten zwischen uns entstandenen Prioritätsstreit
wegen der blutbildenden Function des Knochenmarks wieder aul¬
zuwärmen gesucht. Meine Absicht war es, mich darauf gar nick >
einzulassen, weil meines Dafürhaltens es in der Wissenschaft vie
mehr auf die Entdeckung selbst als auf den Namen des Entdeckers
ankommt: doch ist mir das Stillschweigen nicht mehr gestattet,
seitdem Herr Neu mann sich nicht damit begnügt, mich allem
anzugreifen, sondern auch, in nichts weniger als höflicher Form,
seinen polemischen Eifer gegen diejenigen richtet, die in ihren
Schriften den mir gebührenden Antheil an dem Nachweise^ dei
hämatopoötischen Verrichtung des Knochenmarks anerkennen-
Mit diesen Worten begann ich im Jahre 1878 1 ) einen Artike^,
betitelt: „Geschichtliches über die Kenntniss des Knochenmarks ,
und mit denselben Worten kann ich diesen Artikel beginnen, um
auf das zu antworten, was Prof. Neumann hinsichtlich meiner m
No. 51, Jahrg. 1898 dieser Wochenschrift geschrieben hat. Denn
dieser letztere Artikel Neumann’s ist nichts anderes als ein neu .®J
Sprössling einer vor einem Vierteljahrhundert begonnenen Polemi ,
die er von Zeit zu Zeit mit den gleichen Beweisgründen wieder
erhebt und die den Zweck hat, die Welt zu überzeugen, dass ai »
was man bezüglich des Ursprungs der rothen Blutkörperchen g
funden zu haben meint, nur eine mehr oder weniger erwei e
Wiederholung dessen ist, was er in seiner 1868 erschienenen
beit goschrieben hat. . .
Ich will mich hier nicht mit dem von Neumann in 861
Artikel angeschlagenen Tone beschäftigen und auch nicht
seinen Auslassungen gegen mich. Es ist dies eine Form
Polemik, an die ich nicht gewöhnt bin und über die gewiss
Leser hinlänglich geurtheilt haben werden.
J ) Wiener med. Jahrb., II. Heft, 1878.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
179
Im Interesse der Frage werde ich mich auf die Anführung :
einiger Thatsachen beschränken, die darthun werden, welchen An-
theil ich und Neu mann, jeder für. sich, an dem Nachweise der
hämatopoötischen Function des Knochenmarks gehabt haben; und
da es mir widerstrebt, die Feder einer einfachen Prioritätsfrage
wegen zu ergreifen, werde ich ganz kurz sein. 1 )
1. Die erste Kenntniss von den Beziehungen zwischen dem
Knochenmark und den morphologischen Elementen des Blutes da-
tirt nicht von 1868, dem Jahre, in welchem Neu mann die kern¬
haltigen rothen Blutzellen im Knochenmark entdeckte; sondern sie
datirt drei Jahre weiter zurück, von dem Jahre nämlich, in welchem
ich entdeckte, dass die Markzellen contractil sind; denn von jenem
Augenblicke an konnte das Knochenmark zu der Gruppe gezählt
werden, zu welcher die Milz und die Lymphdrüsen gehören. Die
Entdeckung, die ich dann machte und 1866 veröffentlichte, dass
nämlich die Markzellen sich rasch durch Theilung vermehren, führte
zu dem Schlüsse, dass das Knochenmark ein beständiger
Leukocytenerzeugungsheerd ist. Und eben diese Schluss¬
folgerung ist es, die zuerst ich gemacht und die ich in meiner
Mittheilung vom 10. November 1868 veröffentlicht habe.
2. Es ist richtig,, dass die erste Kenntniss vom Vorhandensein
kernhaltiger rother Blutzellen im Knochenmark Neu mann zu ver¬
danken ist, und ich habe dies in meinen Schriften auch immer an¬
erkannt.
Aber diese Entdeckung that nicht dar, dass a) die kernhal¬
tigen rothen Blutzellen wirklich im Knochenmark entständen und
nicht von anderen Theilen des Organismus dorthin geschafft w T ürden,
um so mehr als sie sich im Lumen der Blutgefässe finden; b) stellte
nicht fest, dass die kernhaltigen rothen Blutzellen wirklich junge,
in Evolution begriffene Elemente seien und nicht alte, einer be¬
sonderen Hämoglobindegeneration verfallene Elemente, für die sie
in der That von Pouehet gehalten wurden; c) erklärte nicht ihre
Herkunft und entschied noch weniger, ob ihre Erzeugung eine so
thätige sei, wie es zum Ausgleiche der beständig im Organismus
stattfindenden Zerstörung rother Blutkörperchen erforderlich ist.
Alle diese Fragen wurden von mir schon bei meinen ersten Unter¬
suchungen (Mittheilg. vom 10. November 1868) gelöst; denn durch
meine Entdeckung, dass die kernhaltigen Blutzellen sich im Knochen¬
mark lebhaft durch Theilung vermehren, wurde auch gleichzeitig
dargethan, dass sie nicht in Involution begriffene Elemente sind,
dass ihre Erzeugung wirklich im Knochenmark statthat und dass
das Knochenmark somit eine beständige Bildungsstätte
rother Blutkörperchen ist.
3. Ich war es, der nachwies, dass im Knochenmark Riesen¬
zellen mit in Sprossung begriffenem Kern vorhanden sind, die sich
gänzlich von den schon vorher unter dem Namen Myeloplaxen
(Osteoklasten) bekannt gewesenen unterscheiden.
4. Ich war es, der nachwies, dass im Knochenmark bisweilen
unter normalen, häufiger und in grösserem Maasse unter patholo¬
gischen Verhältnissen, besondere Zellen vorhanden sind, in denen
die rothen Blutkörperchen zerstört werden.
0 In Prioritätsfragen trete ich sehr ungern ein, und nur wenn ich
ment anders kann. So habe ich z. B. noch kein Wort geschrieben, um
mein Prioritätsrecht bezüglich der Entstehung des weissen Thrombus
zu vertheidigen. In mehreren Werken und Journalartikeln (z. B. in
juebs, AUgem. pathol. Morphologie 1889, p. 137; Birch-Hirschfeld.
Grundriss der allgem. Pathologie 1893, p. 161; Landois, Lelirb. d. Phys. d.
lenschen, 8.Aufl.. 1893, p. 34; Grützner, Deutsche med.Wochenschr.1892,
P-H) wird Eberth und Schimmelbusch „das grosse Verdienst beige-
die Blutplättchenthrombose nachgewiesen zu haben“ (K1 eb s, op. cit.
FK i ^' UD es .l eic ht- festzustellen, dass die erste Mittheilung von
n ,m( l Schimmelbusch über die Thrombose sich in den
rortschr. der Medicin 1885, No. 12. findet und ihr Werk „Die Throm-
se nach Versuchen und Leichenbefunden“ im Jahre 1888 er-
; rtf e . n; , während ich schon am 9. December 1881 in einer vorläufigen
Best Rauptet hatte, dass die Blutplättchen den überwiegenden
lanataeü des weissen Thrombus bilden, und in meiner einige Monate
1889^ verö ~® D ^ lc ^^ n auslührlichen Arbeit (Virchow's Archiv, Bd. 90,
am S °J° Tu^ UrC ^ < ^ rp kte mikroskopische Untersuchung der Gefässe
Gefas 6n i ™ aier ’ a ^ s durch mechanische oder chemische Reizung grösserer
lefctJ!* , auc b durch Einführung von Fäden in das Lumen dieser
dun» ^ habe, „dass die wesentlichste Rolle bei der Jiil-
Blntti- eS w ® lssen Thrombus den Blutplättchen und nicht den farblosen
Thrombf erC ^ n , zu ^ t,u Denn erstens besteht bei der Bilduni des
der * rQ kest zu beobachtende Erscheinung in einer Anhäufung
feine sppiiV^a u’ Steckenbleiben von weissen Blutkörperchen ist
Plättchen aä *T L C “ einu ng u ; und zweitens erleiden die angehaltenen Blut-
aadenimr^ 6 C j ^ en P oe ^ en entstandenen Thrombus bilden, rasch Ver¬
nix,. W0(lurc h s |e zuletzt mit einander zu der wohlbekannten kör-
Eberth ,, S u? we issen Thrombus verschmelzen. Die Arbeiten von
reiche Vers c k lmn ielbusch Uber den Thrombus, die sich auf zahl¬
stützen bn« Che j n< * au ^ ein reiches pathologisch-anatomisches Material
*1« eine emnac ^’ V* 3 Entstehung des Thrombus betrifft, nur
beiten betrachtet^’ ^ wi ^ kommene * Bestätigung meiner Ar-
5. Ich war der erste, der durch ausgedehnte Untersuchungen
am Menschen die Veränderungen nach wies, die das Knochenmark
in einigen krankhaften Zuständen des Organismus (Hungerzustand,
Typhusinfection, Anämie u. s. w.) aufweist. In Fällen von schwerer
Anämie z. B. habe ich die kernhaltigen rothen Blutzellen in sehl-
zahlreicher Menge gefunden und habe hier die Aufmerksamkeit
auf jene Blutkörperchen mit grossen Durchmessern (bis zu 18 -u)
gelenkt, denen man jetzt eine grosse diagnostische Bedeutung bei-
misst und die unter dem Namen Gigantobiasten bekannt sind.
In neuerer Zeit habe ich eine weitere Reihe von Arbeiten über
die rothen Blutkörperchen veröffentlicht, in denen ich 'unter andern
nachwies, dass diese bei allen Wirbelthierklassen und das
ganze Leben hindurch durch einen TheilungsVorgang und,
genauer gesagt, durch indirekte Theilung besonderer Elemente, der
Erythroblasten, erzeugt werden, und habe festgestellt, dass diese
letzteren bei den verschiedenen Wirbelthierklassen einen verschie¬
denen Sitz haben, so dass sie, während sie z. B. bei den Säuge-
thieren, bei den Vögeln, bei den Reptilien und den anuren Ba-
trachiern sich im Knochenmark befinden, bei den Urodelen in der
Milz und bei den Fischen sowohl in der Milz als im Lymphold-
gewebe der Nieren ihren Sitz haben. Aber von diesen meinen Ar¬
beiten brauche ich hier nicht zu sprechen, denn auf sie, glaube
ich, wird Neu mann nicht seine Prioritätsansprüche ausdehnen
wollen. Das, was er an Thatsächlichem zur Lehre der Her¬
kunft der rothen Blutkörperchen beigetragen hat, liegt, kann
man sagen, ganz und gar in der von ihm im Jahre 1868 gemach¬
ten Entdeckung der kernhaltigen rothen Blutzellen. Der wissen¬
schaftlichen Bewegung, die sich betreffs dieser Lehre in dem
letzten Vierteljahrhundert entfaltet hat, ist er fremd geblieben.
Nur mit heftigen polemischen Artikeln hat er daran theilge-
nommen.
Was das Urtheil anbetrifft, das Neumann am Ende seines
Artikels über meine Arbeiten fällt, so wird man leicht begreifen,
dass ich, wie es auch immer sein mag, nicht geneigt bin, es an¬
zunehmen. Nicht von ihm kann ich ein uneigennütziges und un¬
parteiisches Urtheil erwarten.
VTI. Erwiderung betreffend das trockene
Tetanusgift.
Von Prof. H. Büchner.
Nachdem die Herren L. Brieger und C. Fraenkel in No. 5 dieser
Wochenschrift behaupten, das Tetanusgift bereits bei ihren früheren „Unter¬
suchungen über Bacteriengifte“ (1890) in trockener Form dargestellt
zu haben, habe ich keinen Grund dies weiter zu bezweifeln. Doch fehlt
in jener Arbeit die ausdrückliche Angabe, dass das Gift getrocknet
wurde und dennoch wirksam blieb. Nach dem Zusammenhang musste
man vermuthen, dass es nur mit Alkohol gefällt wurde, und dass dieser
Niederschlag zu den Versuchen diente. Die Angabe der Trockendarstellung
wäre wichtig gewesen, weil gerade das Tetanusgift bei seiner leichten Ver¬
änderlichkeit. im Verhältniss z. B. zum Diphtheriegift, relativ schwer zu
behandeln ist und leicht seine Wirksamkeit verliert.
Auch durch die späteren Publicationen Brieger’s musste man in
der Meinung bestärkt werden, dass ihm trockenes, haltbares Tetanusgift
nicht zur Verfügung stand, da nie von einem derartigen Präparat die
Rede war, sondern zur Conservirung der Tetanusbouillon ein Zusatz von
Glycerin empfohlen wurde.
Ferner ist zu beachten, dass Tizzoni und Cattani (Arch. f. exp.
Path. XXVII. Bd., 1890, S. 144) nach dem Vorgänge von Brieger und
Fraenkel das Tetanusgift durch Alkoholfällung zu isoliren suchten,
jedoch auf diesem Wege nicht zum Ziele kamen, da das Gift durch die
Alkoholbehandlung zerstört wurde. Dagegen gelangten diese Autoren —
was mir bei Beanspruchung der Priorität der Trockendarstellung ent¬
gangen war — durch Fällung mit Ammonsulfat in der That dazu, das
Tetanusgift in trockener Form zu gewinnen.
Das Hauptgewicht war von mir nicht nur auf Gewinnung eines
trockenen, sondern eines haltbaren, für vergleichende Untersuchungen
verwendbaren Präparates gelegt worden. Mein trocken dargestelltos
Tetanusgift besitzt jetzt, nach Ablauf eines Jahres, ganz unveränderte
Wirksamkeit. ___
VIII. Referate und Kritiken.
Th. Bosenheim, Pathologie and Therapie der Krankheiten
des Verdaunngsapparates. II. Theil: Pathologie und The -
rapie der Krankheiten des Darms. 8°, 681 S. Wien-Leipzig,
Urban & Schwarzenberg, 1898. Ref. G. Klemperer (Berlin).
Seitdem vor 20 Jahren die Dannkrankheiten in Ziemssen’s
Sammelwerk durch Leube, Leichtenstern und Heller die be¬
kannte ausgezeichnete Darstellung erfahren haben, ist eine mono¬
graphische Bearbeitung dieses Gebietes in Deutschland nicht er¬
schienen, trotzdem doch auch hier Theorie und Praxis in reger
Fortentwickelung. sich. ausgestaltet haben. - Der Grund für - diese
Zurückhaltung vieler berufener Autoren inag wohl darin liegen,
dass trotz mancher Fortschritte doch eine Reihe drängender Fragen
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180
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No, 8
gerade dieses Kapitels noch immer ungelöst sind; vielen wird die
Zeit geeigneter dünken, zu schaffen als zu sammeln. Im ärztlichen
Publikum aber besteht zweifellos das Bedürfniss nach einem Werke,
in dem unser Wissen und Können auf einem praktisch so wichtigen
Gebiete kritisch und nutzbringend zusammengefasst wird. Es ist
das Verdienst des vorliegenden Buches von Rosen heim, dieses
Bedürfniss in ausgiebigster Weise zu befriedigen. Alles Neue,
was die letzten Jahrzehnte der Pathologie und Therapie der Darm¬
krankheiten hinzugefügt haben, wird eingehend und klar vorge¬
tragen und erfährt eine sachliche Beurtheilung. Vou den Be¬
reicherungen unseres therapeutischen Könnens möchte ich die Magen¬
ausspülung bei Ileus, die Oeleingiessungen bei vielen chronischen
Darmleiden, die Carbolinjectionen bei Hämorrhoiden, die Anwendung
vieler neuer Arzneimittel, wie Salol und Dermatol, herausheben.
Besonders ist die Sorgfalt zu rühmen, mit der der Verfasser die
Indicationen der internen Chirurgie würdigt; beim Ileus wie bei
der Perityphlitis zieht er in besonnener Weise das Facit der vielfachen
Discussionen, die in letzter Zeit zwischen inneren Aerzten und
Chirurgen stattgehabt haben. — In den stets sehr reichhaltigen
Bemerkungen über die Diagnostik ist ebenfalls kaum eine neuge¬
fundene Thatsache übergangen; die bekannten Untersuchungen von
Nothnagel speciell über die Mikroskopie der Stuhlgänge sind er¬
schöpfend gewürdigt; die Diagnose des gefährlichsten Darm¬
schmarotzers, Anchylostoma, ist der praktischen Wichtigkeit ent¬
sprechend erörtert. Auch die chemische Untersuchung des Urins,
welche die hier erfolgende Ausscheidung vieler Darmzersetzungs-
producte (Phenol, Indol, Diamine) für die Diagnose verwerthet,
erfährt ausführliche Darstellung. Wo die klinische Forschung neue
Krankheitsbilder aufgestellt hat, wie bei der Enteroptose, oder alte
wesentlich vertieft hat, wie bei der Duodenalstenose, werden die
neuen Kenntnisse berichtet, ohne dass der abwägenden Kritik ihr
Recht verkümmert wird. Im übrigen ist der altbewährte Inhalt
der Darmpathologie nicht vernachlässigt, sondern überall in er¬
schöpfender Weise — an geeigneter Stelle in deutlicher Anlehnung
an die Darstellung bekannter Vorgänger — durchaus klar vor¬
getragen. In der harmonischen Verschmelzung unserer neuen
Kenntnisse mit dem überlieferten Besitzthum alten Wissens möchte
ich einen wesentlichen Vorzug des Rosenheim’schen Werkes er¬
blicken.
Das ganze Buch besteht aus 14 Kapiteln. Eine knapp ge¬
haltene Darstellung der anatomischen und physiologischen Verhält¬
nisse und eine kurze Schilderung der Untersuchungsmethoden
bilden den Inhalt der ersten beiden Abschnitte. Acute und chronische
Enteritis mit der Atrophie der Darmschleimhaut, Typhlitis und
Perityphlitis folgen im dritten und vierten Kapitel. Der nächste
Abschnitt ist in dankenswerther Ausführlichkeit den entzündlichen
Affectionen des Ma?.tdarms und dem Hämorrhoidalleiden gewidmet.
Der Ileus umfasst nicht weniger als drei grosse Kapitel, es folgen
die verschiedenen geschwürigen Processe, unter denen auch die
syphilitischen eingehend abgehandelt werden, der Darmkrebs, die
Neurosen, schliesslich die Darmwürmer. Ein ausserordentlich reiches
Material ist in übersichtlicher und klarer Weise in diesen Kapiteln
verarbeitet, die therapeutischen Anweisungen sind rationell be¬
gründet, dabei ins einzelne eingehend und überall dem praktischen
Bedürfniss angepasst. Es ist natürlich, dass bei einem so mannich-
faltigen Inhalt manches Detail auch Widerspruch herausfordern
dürfte. Wenn ich einiges, was ich mir bei der Lecttire ange¬
merkt habe, aufs Gerathewohl herausgreifen darf, so ist mir
nicht recht klar, warum bei der chronischen Obstipation unter
anderem gerade Thee, Weissbrod, Kakes und Chocolade ganz be¬
sonders zu meiden sein sollen. Auch kann ich es nicht billigen, dass
Verfasser bei der habituellen Atonie des Darmes einen schematisi-
renden, übrigens nicht gerade reichhaltigen „Speisezettel“ vorschreibt.
Gewiss ist Genauigkeit der ärztlichen Anordnungen sehr erwünscht,
aber wenn bei irgend einer Krankheit, werden wir uns doch bei der
Behandlung der Obstipation vor Einseitigkeit zu hüten haben Auch
was Rosenheim über Wassereingiessungen bei diesem Leiden sagt
dürfte wohl nicht allgemeine Zustimmung finden. Er empfiehlt
geringe Wassermengen, am besten durch Klysopomp beigebracht-
den Irrigator will er am liebsten in Knieellenbogenlage angewandt
wmsen, von grösseren Wassereingüssen befürchtot er schädliche
Ueberdehnung des Dickdarms. Ich möchte eine Beförderung der
Atonie durch W asseremgiessungen für ganz ausnahmsweise halten;
auch „grössere \Y asserströme“ werden viel zu schnell durch den
Dickdarm resorbirt, als dass die Zerrung wesentlich in Frage käme
und in der systematischen Anwendung der Irrigation sehe ich nach
wm vor ein unschätzbares Mittel zur Kräftigung der erschlafften
Muskulatur des Dickdarms. So Hessen sich wohl noch mehr
Einwände gegen manche Ausführung des Autors erheben. Es
würde dadurch der Werth des Buches nicht vermindert, vielleicht
eher bezeugt, dass reiche Anregung zur Erwägung mancher
schwierigen Fragen in dem Werke gegeben wird. Nur ein mehr
principielles Bedenken möchte ich nicht unterdrücken; es will mir
scheinen, als ob die Bacteriologie in dieser Bearbeitung der Darm¬
krankheiten etwas stiefmütterlich behandelt sei. Die aphoristischen
Mittheilungen, die der Verfasser über die Darmbacterien macht, er¬
schöpfen den Gegenstand nicht vollkommen, und die diagnostische
Verwerthung bacteriologischer Befunde, die freilich die Anwendung
aller einschlägigen Methoden voraussetzt, wird zu wenig berück¬
sichtigt. Das ist aber auch der einzige wirkliche Mangel, den ich
hervorheben möchte. Wenn hoffentlich recht bald eine zweite Auf¬
lage des vortrefflichen Buches nothwendig wird, so glaube ich,
wird es sich rathsam erweisen, hier und da einige bezeichnende
Krankengeschichten einzuflechten; hierdurch, wie überhaupt durch
eine stärker hervortretende Betonung der persönlichen Erfahrungen
des Verfassers würde die Darstellung eine lebhaftere Färbung er¬
halten und den Charakter des Schulmässig-Schematischen abstreifen,
der ihr jetzt an einzelnen Stellen noch anzuhaften scheint.
IX. Jouraalrevue.
Allgemeine Pathologie und pathologische Auatomie.
F. Fiscliel, Uebertragungsversuche mit Sarcom- und
Krebsgewebe des Menschen auf Thiere. Aus dem hygieni¬
schen Institut der deutschen Universität in Prag. Sep.-Abdr.
Um die wiederholt experimentell in Angriff genommene, in
verschiedener Weise beantwortete Frage von der Infectiosität. bös¬
artiger Tumoren zu fördern, hat der Verf. eigene Heber tragungs¬
versuche auf 23 Ratten vorgenommen. An Tumoren waren ver¬
wandt drei Fälle von Scirrhus mammae, neun Fälle anderer Carci-
nome, ein kleinzelliges Oberarmsareom, ein Melanosarcom der
Drüsen. Das Geschwulstmaterial entstammte der Gussenbauer-
schen Klinik. Sämmtliche Uebertragungen erfolgten längstens ] /4
Stunde nach Exstirpation der Tumoren; letztere wurden vom Mo¬
mente der Exstirpation bis zur Verimpfung in steriler physiologi¬
scher Kochsalzlösung bei 38° gehalten. Die Impfungen geschahen
intraperitoneal, subcutan und intravenös. — In keinem der mikro¬
skopisch untersuchten Tumoren war vor oder nach der Implantation
eine Bacterieninvasion oder der Nachweis von Psorospermien durch
Färbung möglich. Ebenso gelang es dem Verfasser nicht, die von
Rüssel beschriebenen sogen. Fuchsinkörperchen zu finden. An
zahlreichen Stellen bemerkte man in Schnitten der Carcinome vor
der Implantation, namentlich bei Färbung mit Carbolfuchsin, Ge¬
bilde, welche an die von Gussenbauer beschriebenen Körnchen
erinnerten. Impfungen auf die verschiedensten Nährmedien blieben
vollkommen steril. In keinem Falle gelang die Uebertragung der
Tumoren vom Menschen auf das Thier. Ueberall fand sich an den
Tumorstückchen bald nach der Implantation eine starke seröse
Durchtränkung und Leukocyteneinwanderung, später dagegen eine
auffallend schnelle Nekrose des Gewebes. Schwalbe (Berlin).
Mikroorganismen und Aetiologie der Infections-
krankheiten.
E. Neisser, Untersuchungen über den Typhusbacillus
und das Bacterium coli commune. Zeitschrift für klinische
Medicin 1893, XXIH, p. 93—112.
Neisser züchtete bei Typhuskranken gleichzeitig das Bacterium
coli aus dem Stuhl und Typhusbacillen aus der Punctionsflüssigkeit
der Milz, um zu sehen, ob dem Typhusbacillus in verschiedenen
Stadien des Typhus Eigenschaften zukommen, die zum Verlauf der
Krankheit in direkter Beziehung stehen und ob diese Eigenschaften
auch dem gleichzeitig dem Darm desselben Patienten entnommenen
Bacterium coli zukämen. Eine solche Upbereinstimmung liess sich
-äber nicht finden. Denn während der Typhusbacillus die stärkste
Virulenz im Beginne der Erkrankung zeigte und bald an Virulenz
einbüsste, schwankte die Virulenz der Colibacterien in weiten
Grenzen und war oft gegen das Ende der Krankheit erheblicher
als anfangs. Ein weiterer Unterschied beider Bacterien wurde
darin gefunden, dass der Typhusbacillus nie die geringste Gas¬
bildung zeigte, regelmässig hingegen das Bacterium coli bei richtiger
Versuchsanordnung. Da schliesslich auch gegen Typhusinfection
immunisirte Mäuse keinen Impfschutz gegen Colibacterien erlangt
hatten und umgekehrt, hält Verfasser beide Bacillen für nicht
identisch. Dass trotzdem das Bacterium coli gleichfalls enteritisehe
Affectionen zu erzeugen vermag, ist damit nicht ausgeschlossen.
E. Sehrwald (Freibnrg).
Psychiatrie und Neurologie.
J. P. Putnam, Cases of myxoedema and acromegalia
treated with benefit by sheep’s thyroids. The American
Journ. of the medic. Sciences No. 256 und 258, 1893.
Zwei neue, den hohen Werth der Behandlung des Myxoedems
mit Thyreoideaprftparaten illustrirende Fälle. Krankheitedauer bei
der einen, 48jährigen Frau zwölf, bei der zweiten, 55jährigen zwei
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22. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Jahre; diese war hereditär myxoedematös belastet und litt be-
raerkenswerther Weise an einer vor Beginn des Myxoedems mit
Tachycardie combinirten Struma. Prompter, aber nur unter an¬
dauernder Behandlung gesicherter Rückgang der Symptome, doch
blieb im ersten Fall eine beträchtliche Anaemie zurück. — Auch
hier erwies sich grosse Vorsicht in der Dosirung als erforderlich._
Putnam ventilirt die verschiedenen Theorieen über das Myxoedem
die physiologischen Correlationen zwischen Schilddrüse und Hypo¬
physis cerebri, die pathologischen zwischen Myxoedem, Akromegalie
Morbus Basedowii und den seltenen Fällen von Adipositas dolorosa’
Diese Beziehungen veranlassten ihn zu gleichem therapeutischen
Vorgehen bei einer Frau mit Akromegalie und zwei weiteren
Patienten, bei denen die Diagnose unklar, einmal dieser Krankheit,
einmal Myxoedem sich zuneigte. Bei allen dreien und zweimal
auch unter drei Fällen von Obesitas erzielte er erhebliche Besserung
Er giebt das Mittel am liebsten in Pulverform. °
F. Reiche (Hamburg).
Joseph Collins, Aeromegaly. Journal of nervous and
mental disease, 1893.
Eine fleissige Zusammenstellung der neueren Litteratur über
Akromegalie, ohne Hinzufügung neuer eigener Befunde. Collins
knöpft an die bekannte Monographie von Sou za-Leite au dip
(in der englischen Uebersetzung) die Zahl der beobachteten Fälle
biß auf 48 gebracht hatte. Diese Zahl wird durch neuere aus¬
führliche Mittheilungen bis auf 83 gesteigert: jedoch befinden sich
darunter manche von offenbar sehr zweifelhaftem Werthe, die auch
Collins selbst nur „unter Protest“ verzeichnet, wie z. B. der
Fall 66 (von Redmond).
Unser Verständnis der Akromegalie wird übrigens durch die
rublicationen der letzten Jahre nicht wesentlich gefördert. Noch
immer ist unentschieden, ob eine und welche von den vier bisher
aufgestellten „Theorieen“ der Krankheit eine wirkliche Berechtigung
hat: diejenige, die das Leiden als eine von der Glandula pituitaria
herröhrende eigentümliche Dystrophie ansieht (Marie), — oder
«hevon klebs, die das Leiden mit der anomalen Persistenz der
hymusdrüse in Zusammenhang bringt, — oder die Annahme
üass es sich bei dem typischen Befunde der „Akromegalie“ nur
um das spätere Stadium eines ursprünglich mit Muskelhypertrophie
verbundenen, zumeist hereditären Processes handle, — oder end-
ücü die nervöse“ Theorie, die wohl am meisten für sich hat, aber
einstweilen auch noch einer sicheren Definition und Begründung
ermangeU, Auch Collins entscheidet sich nicht bestimmt für
\Wh 3 H S ^ r ^ e0n * e , n ' — Differential-diagnostisch wird das
ernmmss der Akromegalie zur hypertrophischen Osteo-
(W ^ 1C ( wob T* besonders Anschwellung und Deformation
üelenke an den Extremitäten besteht, im Zusammenhänge mit
\frv-^ Pn T ll * eu von septischer Natur) besprochen: ferner zu
SZ’.M 0 “ tlasis i defomirend er Osteitis (Paget), Elephantiasis,
Äft,“ zur Arthritis deformans. Die Prognose
sollen- rH 0 ’ ? eiC ^. vereinzelte Besserungen stattgefunden haben
Xebenersrhßin era P 1 .® lediglich symptomatisch, gegen gewisse
i, all^mp7, g i? n , K °P fschmerz > Glykosurie) oder auf Hebung
allgemeinen Ernährungszustandes gerichtet.
Eulenburg (Berlin).
181
m em .- Sc !l luSS<! ’ dass au . el1 <«^0 nicht zu einem absoluten
sultat für die Diagnose, ob die Gehörstörung am schallleitenden
oder schaUpercipirenden Theile liegt, führen, und erklärt diese The?
Sache nicht allein aus der Unzulänglichkeit der “gs.nethoden
sondern zugleich aus der Unmöglichkeit, zwischen dielen Dingen
llharfc £“ atomisc ' her and anatomisch-pathologischer Beziehung eine
scharfe Grenze zu ziehen. Man wird daher bei der Bestimmung
des Sitzes einer Gehörstörung unter Anwendung aller der bis!
herigen 1 rüfungsinethoden nur immer zu einer Wahrscheinlichkeits-
diagnose kommen und nur angeben können, welcher der beiden in
Betracht kommenden Theile besonders ergriffen ist. Als die rela¬
tiv zuverlässigste Methode empfiehlt Schwabach die Prüfung der
Berceptionsdauer von den Kopfknochen aus. Magnus empfiehlt
nochmals zur Erleichterung des Meinungsaustausches der Fach¬
genossen seinen auf dem internationalen Congress zu Amsterdam
gemachten Vorschlag, die normale Hörfähigkeit eines gesunden
Ohres gleich 100 zu setzen und die verminderte Hörfähigkeit eines
erki’ankten Ohres durch einen Bruch auszudrücken, dessen Nenner
1 ;“ ucb Magnus empfiehlt als beste praktische Prüfungs-
methode die Wolf f sehen Prüfungsworte. Da die verschiedenen
Berufstätigkeiten ein versclüeden feines Gehör bedürfen, empfiehlt
Magnus, zum Vergleiche das Gehör eines normal höronden Men¬
schen gleichen Alters aus der gleichen Berufsklasse zu prüfen.
Der Bruch, welcher die Differenz der linearen Entfernung, in der
diese beiden auch sonst gut vergleichbaren Personen unsere Laut-
sprache verstehen und nachsprechen können, ausdrückt, wird uns
die Verminderung der Hörfähigkeit des erkrankten Individuums
versinnbildlichen. Hugo Davidsohn (Berlin).
■ Litten.
Ohrenheilkunde.
teitüche*Bp7 b i!h d ^ a £ nus ' Heber Hörprüfungen und ein-
«rtiTS* Hörfähigkeit. Archiv f. Ohren-
bach'deÄV' 8 Hör “ esser angegebenen Apparate hält Scliwa-
■iolachei-Tö;. fä nngeeignet, weil dieselben nur für das Hören
der meiNphH^ maa | s ^ eb 1 end Slnd , nicht aber für die Hörfähigkeit
»ai ab Ä Spr f lle: daher 8011 die Jetztere selbst, und
werden. Die Pw*/ 1 *™ 0 le - SSV. Ohrenkranker angewandt
weil die ZahiA« Flüsterzahlen giebt ungenaues Resultat,
dagegen sind 7n S6hr von den Patienten errathen werden;
f ie vou 0. Wollt angegebenen Prü-
nommen sind Wh we !® be , den verschiedenen Lautgruppen ent-
^hörmesser“.W M mit von Lichtwitz als „universellem
hach nach e i nD .S^ h \ ene ü E ? ison,sc ! len P hono & l,a P llenIiatSc bwa-
er gab sich dass^infr1 er ^ liifl i ng: o kein £ utes Resultat erzielt; es
st *be schwach nd^! le To * e t der Stimmgabel, Koenig sehen Klang-
Kurden; eine AU( gar vom Phonographen wiedergegeben
in d8a Annarat ,.® tufun ^ dar Phonogramme durch Hineinsprechen
ermöglichen nnri , verscb J eden grosser Entfernung war nicht zu
f^aphen dieselben pü?* er hörten Schwerhörige durch den Phono-
w %lichen Wei«« Frufu J£ sworte schlechter, als wenn in der ge-
Jwecken, ob Lahrrin^i PrÜ ? ^ Urde ‘ Eu differentiaI - diagnostischen
bisher der W e kLu odej ; Schallleitungsaffection vorliegt, werden
Würdigung- dfJw* ^inne’sche Versuch angewandt. Bei
Oberen AngSL i V? . . dleser Prüfungsmethoden, wovon die
un Original einzusehen sind, kommt Schwa-
X. Vereine und Gongresse.
Verein für innere Medicin in Berlin.
Sitzung am 29. Januar 1894
Vorsitzender: Herr Ohrtmann; Schriftführer: Herr Dinen.
Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬
nommen. &
1. Herr Gutzmann: Heilungsversuohe bei centromoto-
nscher und eentrosensorischer Aphasie. (Der Vortrag wird
m dieser Wochenschrift veröffentlicht werden.)
Discussion. Herr Jastrowitz: Die interessanten Versuche von
Herrn Lutzmann finden schon darin ihre Berechtigung, dass wir sehen,
wie viele Aphatische bis zu gewissem Grade von selber der Sprache
mächtig werden, und zwar auch Erwachsene, vorausgesetzt, dass die Zer¬
störung un Gehirn keino zu grosse gewesen ist. Es bleibt natürlich auch
dem Lrtheil von Herrn Gutzmann anheimgestellt, wie viel in seinen
f Allen die Natur selber geholfen hat und wie viel seine eigene Mitwirkung
in Frage kommt. Es spricht für ihn, dass er auch solche Fälle hatte,
bei denen der Sprachdefect schon Jahre lang cinigermaassen auf demselben
Standpunkt verharrt hatte, wo man also sagen konnte, dass hier dasjenige
erschöpft war, was die sich selber überlassene Natur hat leisten können. —
Bezüglich seiner Darlegungen möchte ich dann eins berichtigen, dass nicht
Broca, sondern Dax zuerst die Verletzung der linken Hemisphäre als
für Aphasie von Bedeutung betont hat. Also der Reihenfolge nach hat
Bouillaud zuerst die Stirnlappen, Dax die linke Hemisphäre und Broca
die linke untere Stirnwindung betont. Es ist zu bedauern, dass Herr
Gutzmann seine Forschungen nicht genauer auf die motorische
Aphasie ausgedehnt hat. Es würde interessirt haben, wie weit die
Sprachfähigkeit in der linken Hemisphäre vicariiren kann, bei nicht
linkshändigen Leuten. Was die centrosensorisehe Aphasie angeht, so
möchte ich das eine noch erwähnen, dass ich bei einzelnen solcher
Patienten gefunden habe, dass sie oft das nicht verstanden, was sie selber
sprachen resp. nachsprachen. Ich entsinne mich eines Kranken, den auch
Herr Gutzmann kennt, eines Gerichtsvollziehers, der im Kriege von 1866
verwundet war, später eine sensorische Aphasie bekommen hatte, sonst
intelligent war, bei dem ich die ganz bestimmte Ueberzeugung hatte, dass
er oft das, was er sprach oder nachsprnch, selber nicht verstand. Wenn
das der Fall ist, so kann es natürlich nicht helfen, wenn man nach Herrn
Gutzmann’s Idee andere Wege einschlägt, um das Wort zu erzeugen
als durch das Ohr, wie zum Beispiel durch das Gesicht, indem man lesen
lässt; das würde dann nicht helfen. Ich möchte wissen, ob Herr Gutz¬
mann auch bei diesem Mann seine Versuche angestellt hat und ob mit
Erfolg. — Herr Gutzmann: Nein.
Herr Jolly: Die Mittheilungen des Herrn Gutzmann scheinen wir
von erheblicher praktischer Bedeutung zu sein. Ich möchte aber doch
einige Einschränkungen machen. Zunächst kommt in Betracht, was Herr
Jastrowitz schon im Auge hatte, dass man etwas unsicher in der Be-
urtheilung dieser Resultate deshalb ist, weil man ja nicht ganz genau
Vorhersagen kann, in wie weit die Natur selbst nachhelfen wird, das heisst
in wie weit ein Heerd, der ursprünglich eine totale oder partielle Aphasie
gemacht hat, sich wieder verkleinern und Bahnen frei lassen wird, die bis
dahin nicht durchgängig gewesen sind. Je älter die Fälle sind, um so
mehr kann man natürlich ein bestimmtes Urtheil darüber gewinnen. Was
non zunächst die motorische Aphasie betrifft, so giebt es, glaube ich,
Fälle dieser Art, in welchen von der vorgeschlagenen Behandlung nichts
zu erwarten ist, das sind diejenigen, in denen die Patienten bereits seit
Jahren auf eins oder wenige Worte beschränkt sind. Hier besteht ein
totaler Ausfall, offenbar durch Zerstörung des centralen Sprachapparats
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DEUTSCHE MED1C1NISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8
bedingt, der wohl auch durch Uebung nicht auszugleichen i.st■
oiebt es Fälle der Art, wie sie Herr Gutzmann durch das Schreibheft
demonstrirt hat, mit mehr partiellem Defect, die auch nach meiner Er-
fahrung im ganzen recht günstige Aussichten bieten, ichhabe wenn
auch nicht so systematische Hebungen so doch sehr
suche angostellt und den Eindruck erhalten, dass, je mehr maa die kranken
dazu bringt, Schreib- nnd Sprechübungen zu machen um so mehr auch
die Störung gebessert werden kann. Ob wir den Schluss ziehent dürfen
dass wenn mit der linken Hand das Schreiben gelernt wird, deshalb nun
anzunehmen sei, dass durch Uebung der rechten
die Ausbüdung des rechtsseitigen Sprachcontrums .
das scheint mir nicht erwiesen zu sem; denn es sind 1 älh bekannt,
welchen die linkshändige Schrift vollständig erlernt wurde, ohne dass im
Sprechen auch nur der geringste Fortschritt gemacht wurde, und es kann
andererseits Vorkommen, dass der motorische Sprachdefect grossentheils
ausgeglichen wird, während die Schreibfähigkeit eine sehr unvollkommene
bleibt. Jedenfalls lässt sich der Erfolg der Uebung auch so auffass.en dass
das linksseitige Spraehcentruin in solchen hüllen nicht ganz zmstört ist.
sondern nur eine' Beeinträchtigung (Hemmung) seiner Function erfahren
hat, die durch die systematische Anregung allmählich venmndert. wd.
Günstige Resultate habe ich in Bezug auf diese Form der atactischeu
Aphasie öfter gesehen. Ich beobachte zur Zeit einige Kranke in der
Klinik, bei denen auffallende Besserungen des Sprechens auf solche
Hebungen eingetreten sind. Hervorzuheben ist- aber hierbei noch, da*,
man nur dann mit den Uebungen vorwärts kommt, wenn nicht eine weiter¬
gehende Beeinträchtigung der Gehirnfunctionen mit der Aphasie Verbünde
ist. Bei vielen der Aphatischen wird die geistige Leistungsfähigkeit
überschätzt. Man ist verwundert, dass man überhaupt noch eine Anzah
von geistigen Leistungen erhält von Leuten, die nicht sprechen können,
und man übersieht, dass thatsächlich ein grosser geistiger Defect besteht,
und dieser macht sich bemerkbar, wenn man die Kranken zu systematischen
Uebungen anhalten will: sie ermüden sein- rasch und zeigen nicht die
nöthige Ausdauer und Intelligenz, um diese Uebungen durchzufuhren.
Ich möchte also doch glauben, dass hierdurch die Erfolge solcher Uebungen
auf einen bestimmten Theif der motorisch Aphatischen beschränkt werden.
Von noch grösserem Interesse scheinen mir die Versuche an den sen¬
sorisch Aphatischen zu sein, und da glaube ich, dass m der That manches
Neue in den Mittheilungen des Herrn Vortragenden liegt. Dabei müssen
aber ebenfalls Unterscheidungen gemacht werden. Wenn man die eigent¬
lich Wernicke’schen Fälle ins Auge fasst, denen dieser zuerst den
Namen der sensorischen Aphasie gegeben hat, so sind das doch schon
ziemlich coraplicirte Dinge: Die Kranken hören, verstehen aber nicht
Worte und sie sprechen unsinnige Worte, während sie glauben, ver¬
ständige zu reden. Hierbei scheint mir immer eine etwas complicirtere
Störung vorzuliegen, als sie nach dem einfachen Wern icke sehen bcheina
angenommen wird. Kussmaul hat bekanntlich aus dieser sensorischen
Aphasie später die Worttaubheit als einzelnes Cardinalphänomen hervor¬
gehoben; es sind Fälle bekannt, zum Beispiel der Fall von Lichtheim,
wo diese Worttaubheit schliesslich als reines Phänomen vorhanden war.
Es scheint mir, dass dasjenige, was der Heilung oder Besserung durch
Uebungsversuche zugänglich ist, gerade dieser Zustand der ziemlich isolirten
Worttaubheit nebst einem mehr oder weniger erheblichen Reste von
amnestischer Aphasie sein dürfte, dass wir da ähnliche Bedingungen vor
uns haben wie bei den Taubgewordenen, die überhaupt nichts hören.
Solche Kranke sind nicht in solchem Grade verwirrt und leicht in \ er-
wirrung zu bringen, wie es bei den sogenannten sensorisch Aphatischen
der Fall ist. Bei der letzteren Gruppe glanbe ich, dass die Resultate
gering sein werden, sofern es sich nicht um vorübergehende Hemmungen,
sondern um bleibende Zerstörungen der betreffenden Gehimpartieen handelt,
während bei den Worttauben in der That wesentliche Resultate durch
die dem Taubstummenunterricht nachgebildeten Seh- und Sprechübungen
zu erhalten sein dürften
Herr Gutzmann: Ich möchte gegenüber Herrn Jastrowitz nur
kurz erwähnen, dass Marc Dax als Vorgänger von Broca nur die Fälle
zusammengestellt hat, bei denen mit gleichzeitiger Lähmung der rechten
Körperhälfte der Gehirnaffect sich links befand. Sein Sohn G. Dax
hat 1863 das constant-e Zusammentreffen von Sprachstörungen mit Ver¬
letzung der linken Hirnhälfte behauptet. Broca hat aber zuerst die
Rechtshändigkeit mit der Linkshimigkeit in Zusammenhang gebracht.
Was die automatische Thätigkeit der rechten Hirnhälfte betrifft, so er¬
wähne ich folgenden Fall von P fl ei derer. Eine alte Frau wird nach
einem Schlaganfall aphasisch, behält aber noch ein einzelnes Wort, das
sie stets ausstösst und auf alle Fragen erwidert: „o mein“. Gab man ihr
den Rosenkranz in die Hand, so hob sie ihn und betete ganz fliessend
Vaterunser und Ave Maria. Sprach man das erste Wort von dem Vater¬
unser vor, so konnte sie es nicht allein nachsprechen, sondern sie leierte
dann das ganze Vaterunser ab. also eine automatische Sprechthätigkeit,
die, wie Pfleiderer gemäss Kussmaufs Ansicht annimmt, die rechte
Gehirnhälfte versieht. Ich habe im übrigen auch nicht absolute Schlüsse
ziehen wollen oder können. In meinem Falle war es reine Worttaubheit
insofern, als der Betreffende nicht verwirrt sprach. Er versprach
sich oft, fand ein Wort nicht — zeigte, wie ich schon im Vortrage er¬
wähnte, motorische Aphasie und Paraphasie — war aber nicht verwirrt,
sondern sprach ganz richtig und verständig. Einzelne psychologische
Eigentümlichkeiten zeigte er aber doch. Wenn er ein Wort abgesehen
hatte, z. B. das Wort Feder, so wusste er im Augenblick nicht, was es
war, und war erstaunt über mein verwundertes Gesicht; schrieb ich es
ihm auf, so wusste er es sofort. Das Schriftbild brachte also gleich
das Verständniss hervor, während das Bewegungsbild nicht immer
dazu imstande war, namentlich wenn er lange geübt hatte und müde war.
Herr Jastrowitz: Ich kenne den Fall von Pfleiderer nicht, aber
möchte doch bemerken, dass sich auch bei Aphasischen irgend welcher
Art mögen sie kleine oder grosse Verletzungen haben, auch da, wo
die Sectfon gemacht ist, ergeben hat, dass die Kranken zuweilen einen
über”„d g grossen Wortschatz hatten, nicht direkt sondern wenn
sie wie halbvorloren gleichsam zu sich selber sprachen. Em kranker
College zum Beispiel, den ich behandle, der aphasisch ist und sonst
nioht° sprechen konnte, sagte zu sich selbst halblaut: „Nun wenn sie
meinen“, u. a. dergl. m. fes wäre also möglich, dass es pathologische
Hemmungen gäbe, so dass solche Redewendungen noch möglich sind
indem in einem Moment gewisse Hemmungen wegfallen. Zum Beispiel
können Aphasische bekanntlich im Affect manchmal schimpfen. Hiei
geschieht das aber ganz ohne Affect. Kranke, die sonst einen recht
geringen Wortschatz haben, können ganz fliessend einen Satz oder eine
Bemerkung, die sogar treffend sein kann, hersagen, und zwar m einer
gleichsam verlorenen Weise — wie im Selbstgespräch.
Herr Goldscheidor: Ich möchte bemerken, dass gerade diese Er¬
scheinung genügend in der Litteratur niedergelegt ist und dass sie nicht
anatomisch erklärt werden kann. Vielmehr ist das Moment der zeitlichen
Folge der Association zu beachten. Schon Kussmaul und andere haben
darauf hingewiesen, dass diejenigen Associationen, seien es gleichzeitige
oder aufeinander folgende Verknüpfungen, welche am geläufigsten sind und
am häufigsten Vorkommen, am schwersten verloren gehen. In demselben
Sinne möchte ich mich, wie Herr JoUy, gegen die Erklärung, auf welche
Herr Gutzmann hinaus wollte, entscheiden, als ob irgend etwas bewiesen
wäre dafür, dass das rechte Hirn etwas übernähme, obwohl ich von der
Zweckmässigkeit seiner Sprachübungen überzeugt bin. Ebenso ist es
Gleichgültig, ob der Fall von Pfleiderer secirt ist oder nicht, oder ob
andere Fälle vorliegen. Gerade die Beispiele, die Herr Gutzmann und
Herr Jastrowitz gaben, sprechen dafür, dass man die Sache nicht rem
anatomisch erklären kann._
Berliner medicinische Gesellschaft.
(Originalbericht.)
Sitzung am 14. Februar 1894.
Vorsitzender: Herr Virchow. ^ ,
1 Herr Rotter (vor der Tagesordnung) stellt emen Patienten vor,
an dem sich vom 4. December 1898 bis zum 30. Januar 1894 eine merk¬
würdige Affection in der Haut des rechten Beines abgespielt hat, nämlich
eine Pnstelbildnng mit nachfolgender ausgedehnter Hautgangrftn. Es
sind danach grosse Geschwüre entstanden, von denen das eme sich an
der Innenseite des Unterschenkels vom Condylus internus tibiae bis fast
ziun Malleolus internus erstreckt; es soll durch Hauttransplantation zur
Heilung gebracht werden. An der Aussenseite des rechten OberschenKes
hat der Vortragende eine Pustel, welche demonstrirt wird, künstlich
durch Einimpfung von Bacillen erzeugt, die er aus den primären Pusteln
cultivirte. Am Tage nach der Impfung zeigte die Impfstelle einen rothen
Hof, der aber am folgenden Tage wieder verschwand. Am siebenten läge
traten an der Impfstelle Schmerzen auf, und am nächsten Tage konnte
man ein kleines entzündliches Infiltrat constatiren, das sich später zur
Pustel ausbildete und jetzt, am 9. Tage, ist eine erbsengrosse Pustel mit
einem thalergrossen entzündlichen Hofe zu sehen. Der Mikroorganismus
ist ein kleiner, kurzer, dünner Bacillus, der mit einem der bekannten
Bacillen noch nicht identificirt werden konnte, auf Agar einen grauen
Ueberzug bildet, Gelatine verflüssigt und Mäuse in wenigen Tagen tüdtet.
Weitere Untersuchungen werden Vorbehalten.
2. Herr J. Israel: Vorstellung eines Falles von Darmresectlon.
Es handelt sich um eine 85jährige Dame, die nach 20monatlicher Be¬
handlung von einem Darmcarcinom geheilt worden ist. Patientin ha e
20 Jahre vor ihrem Eintritt in die Behandlung ihres letzten Leidens schon
an einer Darmocclusion gelitten. Vor zwei Jahren trat habituelle
Stuhlverstopfung auf, und in den letzten sechs Wochen vor ihrer aui-
nahme ins Krankenhaus soll gar kein Stuhlgang mehr erfolgt sein, zei
weises Erbrechen, zuletzt mit fäculentem Charakter der ausgebrochenen
Massen. Status praesens bei der Aufnahme: Grosser Schwäcnezustan ,
Erbrechen, schlechter Puls, stark aufgetriebener Leib. Die Palpation aes
Leibes ergab kein Resultat, ebenso wenig die Untersuchung per rectum.
Bei der lange dauernden Occlusion musste angenommen werden, dass aas
Hinderniss tief unten, vielleicht in der Gegend der Flexura sitze und em
Tumor sei. Als Indicatio vitalis wurde die Colotomie in der linken oei
gemacht; es stellte sich sofort eine stark geblähte Dickdarmschlinge em,
die geöffnet wurde und aus der sich grosse Mengen Fäces entleerte •
Eine Untersuchung von der Darmöffnung aus war diagnostisch er * 01 »v
ebenso der Versuch, vom After aus Luft oder Flüssigkeit durchzutieiDeii,
da der erschlaffte After keinen Verschluss bildete. Mit einem künstlic
After wurde Patientin am 9. Juli 1892 ins Siechenhaus verlegt.
21. April 1893 kehrte sie wieder ins Krankenhaus zurück, da der Anus
praeternaturalis sich stark verengt hatte und Occlusionserscheinungena
traten. Der Anus praeternaturalis wurde erweitert, die Folge war aDer
bedeutender Dannprolaps, weshalb nun die Oeffnung wieder .
wurde, doch liess sich der Prolaps nicht ganz zurückhalten. Die I
wurde wieder ins Siechenhaus entlassen, kehrte aber am S
wegen des schlecht zu reponirenden Prolapses zurück. Der in ca.
vorfallende Prolaps wurde durch eine Invagination in das V0 *J der j _
. nach dem Rippenrande zu verlaufende Darmstück gebildet. Als nun
Finger in den prolabirten Darm eingeführt wurde, war in Höhe von .
ein Carcinom zu fühlen. Es stellte sich also, die eigentümliche ar
scheinung heraus, dass der Tumor sich in dem Darmstücke befan i
seiner Lage und seinem Verlauf nach das zuführende war. Da nun ja a■
auszuschliessen war, dass das Hinderniss oberhalb der Operation
sass, weil offenbar die Fäcalansammlung nicht unterhalb der
stattfinden kann und die Operation ja die Oeclusionsfolg
seitigt hatte, so musste der Tumor in einem abführenden ■
stücke sich befinden, das aber . einen . abnormen, nach oben
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22. Februar.
den Verlauf hatte. Vielleicht handelte es sich unTdie Flexur
abnormen Windungen. Es wurde die Darmresection beschlossen X c ;‘
bffl starkem Prolaps ejtraabdominell gemacht werden konnte und am
8 September angeführt. Es zeigte sieh nun, dass der Anus praete“
natnrahs gar nicht m der Flexur angelegt war, sondern im Colon tams-
versnm, das in einem grossen nach unten absteigenden und nach oben
nieder aufsteigenden Bogen verlaufen war; in dem aufsteigenden Schenkel
welcher demnach der abführende war, befand sich der Tumor: am rose¬
arten Darmstucke sitzt ein Stück Netz. Am 11. Januar d. J wu“de der
5 S esch '°. s . s ™- “t dem folgende Weise die urch-
gkngigkeit des Darmes constatirt war: Es wurde ein 40 cm langes Gummi-
roh . r !“i e ; U ?™ emgefuhrt, und zwar zur Hälfte je nach ob<Ua!bZl
nnterhalb der Dannöffnung, und dann ein Abführmittel gegeben; es zeigte
achjölhg ungehinderte Defflcation. Die Vereinigung der Wundränf^
geschah vorsichtigerweise innerhalb der Adhäsionen! 8 ndrander
Herr Hahn glaubt, dass alte Frauen diese Operation besonders <mt
vertragen können. Er habe vor circa einem Jahre eine Frau in den
70 er Jahren mit gutem Erfolge operirt. wo die Occlusion in der Flexurä
coh simstra sass. Vielleicht habe der Tumor im Falle des Hem 1,3
ÄUÄTi. ,ra s Ro “ seinem Site «•“>*■ « Ä!
I»; .ÄTp '“so'^eim bemerkt, dass die Dislocation des Colon transversum
bei alten Frauen nach den Sectionsresultaten etwas alltägliches sei.
.., “f/ 7 R ° tte |. bei chromschem Ileus den Anus praeternaturalis
Jaks über dem Ligamentum Poupartii nur dann an. wenn er sicher ist
dass dBs Careinom im Rectum oder im S. Romanum (zwei Fälle) seinen
j ä8St n S1C ^ i le . Stelle des Darmverschlusses nicht bestimmen
ma , cbt . , er d J; u . Bauch schnitt in der Mittellinie, sucht das Hinderniss auf
te i ? e t nLh e e- d - rA “t^ 6 i. deS kUnsUichen Afters die Verhältnisse so ein
w i.a ” a '. k e ' n| gen Wochen vorzunehmende Radicaloperation, — welche
l^f ra n lhtat Neubildung io der Entero-Enterostomie TonsUn der
- ®j>“ Schwierigkeiten vorgenommen
werden kann. So openrte er drei Fälle mit Erfolg, wobei einmal die
Entaroanastomose und zweimal die Daimrosection zur Anwendung Tamm
Herr Israel ist mi Pnncip mit Herrn Kotter einverstanden doch
Ä““ ^‘vidualisiren md die Widerstandsfähigkeit des Patienten
Lu 77 Z , leh e n; das Aufsuchen des Cai-ciuoms gehe nicht immer so
StaadpMkte »M e üntm b fl'le^ , '® 8 . be>0 " de ”, Tom W»» k »i®Kis«l<eii
8 • * j. er aR en Symptomencomplexen bietet der Ascites
Ä;.r rf- ä; ätk
vtSiS^eT/^' ? - die X ena caTa “ feri » r » d ®" Te
SchwelW Z Extromtaf! ^ rankl)elt , , ls t- Im erstcron Falle besteht
m letzteren FalÄbt S; der Bauc 1 hha ® t ®?d der Geschlechtstheile,
auf dem Abdomen- dort bTTT T 1 ?“ ® ntwlc kelung sichtbarer Venen
Circulationsapparates bter^!?f n ' t 81 ? Erk U ank H?£ en des Respirations- und
(CaremoteTubeniulo'sph'perfZ Ä’ dcr I ' i, 'i-en und des Peritoneums
Ursache zu sogenanntem ? bros ^’ .letztere manchmal wohl die
Ascites nicht 0 nachzuwpispn° PntblSCbem ^ scit, ? s - eine Aetiologie des
sein, ob dennTh/J f D ; 80 muss man Immer der Frage eingedenk
WsebT 5S Pt ÄJ, 0rtode V' Bt ’. #der of.uWS ehe
Processen können vorknmmPTi™i? bSe i! ingei i des A scl ^ es mit anderen
Magens und Darms 1 1 sebr .selten, mit Erweiterungen des
Andral und Louis selungen mit Magenerweiterung haben schon
beobachtet bei einer K ri fn? neb 5?- Herr Litten hat selbst einen Fall
geliefert und beT der ^ 80p ° rös auf die Breslauer Klinik ein-
nur einen colossal ausArtel.nA a ?f enom ? 1 5 n 1 wurde - Bie Seetion ergab
^‘-•hselumren mit DarnS?^ e j inf<d £ e von Pylorusstenose. Ver¬
kommen infolge von fast iS .f md dem ' ertragenden zweimal vorge-
^es Darms. §) Häuftepr i- durcb o } m& 1 g en tuberkulösen Narbenstrieturen
^ten der O^iriStÄJv’T? Verwechselungen mit einkammerigen
mc kt überall dicht den Rn,' V dflrfen letzten? nicht zu gross, also
‘«na verwachsen seb aüIie - end und nicht mit letz-
jvcchsel eintreten kann Vte , sonsfc 1 . b ^ 1 Lage Veränderungen kein Schall-
Ile Untersuchung der V^ ff l reD f tiaIdiagnostisch e 8 Zeichen fehlt
Anhaltspunkte; ift sie iSte öfe7fc o f t, ab er nicht immer, wichtige
* ha ben wir einen Ascites ^'nT*** bei Luftzutritt blau gefärbt, chylös,
Dermoidcvste dl« n» • un!s > gerinnt sie bald nach der Entleerung,
Wen für I StJ Leucin- und Zuckergehalt
keine ßeSJu^T“ n i? v “ tu mor. Das specifische Ge-
Plnssigkeit so stark , ce . 11 llren ^ ör P er verändern sich in der
leten - X»r ein «Ites HÄr«?%- k ?i“ e wes . entIiehe a Anhaltspunkte dar-
'[^de, näraHch d?e TT n d * ff3ren u tiaId,a ^ n ostise ,, es Mittel kennt der Vor-
lr ^ nämlich Ascitesfln s:s ,vt Sl -f blm '; der .Flüssigkeit mit der Centrifuge.
feinend ganz klier hpl f ke / entnf P L rt - so bUdefc sich bei selbst an-
'ocderschlag im lLlimV i imd an ^ e ?i rbL er Flüssigkeit ein kleiner Blut-
n S PfHtrifugalröhrchens. welcher wie ein
S zu censtatiren ^ tum , 0 . ren isf . Thatsache bis jetzt
tn ? 1 ^ten auch das Nebenan* ? me ? iagnostlsche Schwierigkeit bietet
feen, wenn feste Ä w dervorkomiliei1 von Ascit cs und Ovarial-
SMächenpapilioi 3 nicht zu fühlen sind, wie beim
un 7 i 1 A Ue Ä n 4 -T P ^ hIt T in ^Fällen, wo die
Qlcb t nachzuweisen isT n .^ et p^f 16 - ^ scbem bar vorhandenen
Q ^tersuchen. 18en 18 - eme Probemcision zu machen und genau
_ Max Salomon.
DEUTSCHE MEDICINISCHE W OCTTFWfiPTTpnzT
Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
Sitzung am 13. November 1893.
(Schluss aus No. 6.)
Si irK^-ÄsSSS
TeÄ Ä ‘,5 Säsf
wää" t s ?
toeh“% e T.t h r ! "’d W T I . 0hn 1 Erfolg “ : a ® ch d- dLsteTng niet
emt
e Drüsen zu f ? hlen waren ’ hab e ich dann — Herr Professor
lt n ; r V W VeiTeiSt -7 dea Oesophagus freigelegt, um wenu
“ l ch ’ das Oarcmom zu exstirpiren. Ich fand hinter dem RingknZS
dlcke wallartige Geschwulst, die so fest mit der Umgebung Er¬
wachsen war, dass es mir nicht gelang, sie zu lösen. Beim Versuche der
Trennung des Tumors vom Kehlkopf riss die Membrana cricothvreoidea
1 ’f° da ® s lcb sch-nell die Tracheotomie machen und einePressschwamm-
^ n Ä gen K mU - Ste x>f ne ? Thoil d ^ Kehlkopfes mit zu entfernen ”
dadurch , w ?-. re . ei “ e Radicaloperation mit- Aussicht auf Erfolg möglich
gewesen hatte ich nicht die Einwilligung. Daher beschied ich mich
rekh?e e Eu h Sne^Teh aIb ^ VÖ J en ^ n Stelle ’ die sehr weit nach unten
? löffn en. ich musste denselben zu dem Zwecke bis in’s Media¬
stinum hinein verfolgen Es war unmöglich, das untere Ende bis zur
Haut vorzuziehen ich habe es deshalb ^nur mit einer Seidennaht an¬
geschlungen, eine dicko bchlundsonde eingelegt und dem Patienten bald
nachher eine reichliche Mahlzeit zugeführt. Vom 5. August, dem Tage
der Operation, bis zum 19. August ist sein Körpergewicht bis auf 48 kg
bS e ^ iT 7 \ ber gestiegen, in einer Woche um 3,5 kg und
SnSLi 1 l fi 6 7 i kg 'i Y 1 !!. haben 11111 Jetzt eine Aluminiumcanüle in die
Tnchter h hiHpf te iÄ e i! g ; g eräum jgen median-abwärts führenden
rite d Q ^ aut se . ,bs ^. benUtzfc daQ n einen Trichter und spült
fIrrA rkle < J nert e n Speisen mit Flüssigkeit nach.') Ich habe mir die Ehre
fXf ’ d?n Fa U Zl ! Ze, & eu ’ da das Resultat dieser Oesophagotomie
Opf t mem Fa e “ wo , da f Carcinom docb sehr tief binabreichte und
der Oesophagus so ganz leicht nicht zu erreichen war. doch wohl ein sehr
viel besseres ist, als dasjenige der Gastrostomie. Auch die Witzel’sche
Metho de über die ja neuerdings aus der Mikulicz’schen Klinik sehr
günsüg benchtet ist, bietet doch lange nicht diesen guten Verschluss wie
hier. Ich möchte bemerken, dass in unserem Falle niemals, vom ersten
läge ab, irgend etwas regurgitirt ist.
b) Demonstration zu der Bler’schen Methode der Tnberkulosen-
bebandlong. M. H A Als Herr Dr. Bier auf Grund der anatomischen
Beobachtungen von Rokitanski, Heller und anderen, dass die hyper-
amische Lunge einen gewissen Grad von Immunität gegen Tuberkulose
zeigt, und dass bei Hyperämie durch Herzfehler, welche eine Stauung in
der Lunge hervorgerufen haben, Phthisen vielfach geheilt oder gebessert
werden — nachdem Bier auf Grund dieser Beobachtungen seine Methode
der I uberkulosenbehandlung auf dem Chirurgencongress empfohlen hatte,
haben wir \ersucht, dieselbe zu prüfen, da sie eine gownsse Aus¬
sicht bot — obwohl man jedem neuen Mittel gegen Tuberkulose ja recht
skeptisch gegenübersteht —, mit Erhaltung der Form der Gelenke und
mit einer nahezu vollkommenen Erhaltung der Function die Tuberkulose
zu bessern, vielleicht zu heilen. Wir sind an die Prüfung sehr vorsichtig
herangegangen, um den Patienten vor allen Dingen nicht zu schaden,
haben deshalb nur frische, nicht aufgebrochene Fälle von Gelenktuber¬
kulose genommen, und nur einmal einen schweren alten Fall mit zahl-
reichen I isteln. bei dem offenbar schon eine Mischinfection vorhanden war.
mit Stauungshyperämie behandelt. Bei letzterem Falle aber haben wir eine
Phlegmone entstehen sehen — es war ein Ellbogengelenk, das ja sehr zer¬
klüftet ist, bei dem die Drainage stets eine sehr unvollkommene ist — und
haben von der Behandlung Abstand genommen. Eine Kniegelenkstuberkulose
bei einem hochgradigen Phthisiker zeigte nach einer kurzen Zeit der Be¬
handlung eine gewisse Besserung. Der Patient hat sich dann der Be¬
handlung entzogen: er ging wieder aufs Land, ist später mit einer Ver¬
schlimmerung seines Gelenkes zurückgekommen und hat nmputirt werden
müssen. Ls handelte sich da um einen älteren Mann. Im übrigen haben
wir nur frische Fälle gestaut, und auch nur bei nicht sehr alten Patienten.
Die Methode ist dieselbe gew r esen, wie sie Bier angegeben hat. Wir
haben bei erhobener Extremität die unterhalb des Gelenkes gelegenen
Theile sehr sorgfältig mit Binden eingewickelt, haben darauf die betreffende
Extremität herunterhängen lassen, um sie recht hyperäinisch zu macheu.
und dann mit einem Drainschlauch über einem Wattestreifen oberhalb des
kranken Gelenkes massig abgeschnürt. Die Patienten lernten sehr bald
den Schlauch selbst so fest anzulegen, wie sie es gerade vertragen konnten.
Zuerst haben wir nach einigen Stunden den Schlauch nochmals ab¬
genommen; aber nach wenigen Tagen wussten die Patienten die Stauung
so zu reguliren, dass sie Tag und Nacht den Schlauch umbehalten konnten.
Wenn ich nun auf die Ergebnisse, die wir mit Stauungshyperämie ge¬
habt haben, mit einigen Worten eingehe, so kann ich wohl sagen, dass
wir in allen Fällen eine wesentliche Besserung der beiden Symptome,
der Schmerzhaftigkeit und der behinderten Beweglichkeit gehabt Laben
') Herr Prof. Sonnenburg hat im Jahre 1884 (9. Jnli) einen in
derselben Weise von ihm operirten Patienten in der Berliner med. Ge¬
sellschaft vorgestellt und die Art der Ernährung des Patienten demonstrirf.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No/8
184
Einen geheilten Fall kann ich Ihnen nicht vorstellen, wenn ich nicht
vielleicht den einen bei dieser Patientin, die an Lungenphthise und Lupus
gelitten hat, als solchen betrachten darf. Die Patientin war hier auf der
inneren Abtheilung wegen Phthise in Behandlung, hatte sich auch schon
wegen Lupus der Wange, den ich gelegentlich exstirpirt und transplan-
tirt habe, im Krankenhause aufgehalten. Bei ihr entwickelte sich also,
während sie unter ärztlicher Beobachtung stand, eine starke Anschwellung
des linken Handgelenks. Am Processus styloidcus radii bestand eine
umschriebene Druckschmerzhaftigkeit, die active und passive Beweglich¬
keit im Handgelenk war ganz gering und äusserst schmerzhaft. Schon
14 Tage, nachdem die Erkrankung bemerkt war, kam die Patientin auf
die chirurgische Abtheilung. Nachdem sie vom 14. Januar bis zum
22. April 1893 unter Stauungswirkung gestanden hatte, war die Beweg¬
lichkeit, activ und passiv, völlig hergestellt. Die erwähnte Stelle am
Radius war noch druckempfindlich; indessen wurde hior nicht, wie ich zu¬
erst geglaubt hatte, ein operativer Eingriff nöthig; vielmehr verschwand
im Juni unter erneuter Stauung von mehrwöchentlicher Dauer auch die
Schwellung und Empfindlichkeit am Knochen. Die Patientin hat nie einen
fixirenden V erband getragen, sondern fortwährend mit dem Arm herum-
hantirt. Die Besserung ist bis jetzt von Bestand gewesen. Von den
anderen Fällen, die ich Ihnen vorstellen möchte, ist ein Theil nur mit
Stauungshyperämie, olmo fixirende Verbände, ohne Jodoform behandelt
worden, um reine Beobachtungen zu haben. Die übrigen sind gestaut,
aber ausserdem punetirt und mit Jodoformglycerin injicirt, Combinntionen,
die namentlich auch in Betreff der Function recht gute Erfolge hatten
und häufiger angewandt zu werden verdienen. Die eine Patientin, die ich
hier habe, ist auf der einen Seite, im rechten Arm, wo der Fungus noch
nicht aufgebrochen ist, lediglich mit Stauungshyperämie, und zwar seit
dem 19. Mai behandelt worden. Der Arm war damals sehr viel stärker
spindelförmig geschwollen als jetzt wo doch die Stauung Nachts noch
fortgesetzt wird, während wir bei Tage den Arm massiren. Vor allem
ist die Beweglichkeit, die früher ausserordentlich schmerzhaft und auch
passiv und in ganz geringen Grenzen möglich war, in überraschender
Weise gebessert. Wie Sie sehen, ist die passive Beweglichkeit fast uor-
mal und ganz schmerzlos, auch die Pronation und Supination, die sich am
spätesten wieder hergestellt hat. Activ freilich vermag die Patientin noch
wenig zu leisten, da der Deltoideus und die Oberarmmuskeln sehr atro¬
phisch sind. Dieselbo Patientin hatte am linken Arm einen schon auf¬
gebrochenen Fungus. Man kam mit der Sonde tief in den Knochen hin¬
ein und fand sowohl ira Olecranon wie im Humerus käsige Heerde. Die
Beweglichkeit war die gleiclio wie rechts. Hier haben wir nicht gestaut,
weil der Fungus schon offen war, sondern haben fixirende Verbände
tragen lassen und Jodoforminjectionen gemacht. Der Arm ist recht
gut geworden, das Gewebe fest und straff. Ich will nicht sagen, dass
das Gelenk ausgeheilt ist, doch ist es sehr viel besser geworden, die
Fistel geschlossen. Aber wir haben liier nahezu vollkommene Ankylose
und auf der anderen Seite sehr starke Beweglichkeit. Ob es nun ge¬
lingen wird, auf der rechten Seite bloss mit Stauungshyperämie völlige
Heilung zu erzielen, lasse ich dahingestellt. Eine bedeutende Besserung
ist jedenfalls vorhanden. Wir haben niemals Verschlimmerung nach der
Stauung gesehen, weder ein Fortschreiten der lokalen Tuberkulose, noch
eine Verschleppung derselben in andere Organe. Allerdings ist bei diesem
Patienten, der wegen einer hochgradigen Tuberkulose des linken Ellbogen¬
gelenks mit starker Druckempfindlichkeit am Olecranon und am Condylus
internus humeri und sehr verminderter, äusserst schmerzhafter Beweglich¬
keit seit dem 23. März 1893 mit Stauuugshyperämie behandelt ist, während
der Behandlung eine Hämoptoö aufgetreten, und es hat sich, während er
im 'Krankenhause war, eine Tuberkulose des Fussgelenks entwickelt. Aber
wie ich jetzt erfahren habe, ist der Patient schon ein .Jahr, bevor er hier¬
her kam, wegen Bronchialkatarrh im Krankenhause behandelt, und es ist
damals schon der Verdacht auf Phthise rege geworden, obgleich im Spu¬
tum keine Tuberkelbacillen nachgewiesen wurden. Der Patient ist nach
der Anstalt für Phthisiker in Malchow überwiesen worden, wo er bis zum
17. März war, und wo sich diese Tuberkulose des Ellbogengelenks ent¬
wickelt hat. Die Fussgelenkstuberkulose ist allerdings während der Be¬
handlung hier entstanden, aber der Mann hat vorher auch schon an Mast-
dannfistel gelitten, die auch tuberkulös gewesen zu sein scheint. Also
ist eine \ erschleppung der Tuberkulose durch die Behandlung wohl kaum
anzunehmen. Ellbogen- und Fussgelenk haben sich lediglich unter Stauung
bei fortwährendem Gebrauch der Glieder wesentlich gebessert. Der nächste
Patient ist nicht allein mit Stauuugshyperämie behandelt. Bei ihm war
schon ein kalter Abscess auf dem Fussrücken durchgebrochen und cs lag
eine Mischinfection. vor. Wir haben deshalb incidiren müssen und später
Jodoformglycerin eingespritzt. Aber der Patient hat die Gebrauchsföhig-
keit seines Fusses. die ja noch keine vollkommene ist —- er geht immer
noch mit zwei Stöcken — erst seit dem September 1893 wiedergewonnen,
wo er den Schlauch umbekommen hat. Auf dem Fussrücken besteht noch
eine k eine Granulationsflftche, der Fuss ist in Folge der Hyperämie
ziemlich stark geschwollen; doch lässt die Straffheit des Gewebes auf be¬
ginnende Vernarbung schliessen. Also ich möchte wiederholen: wir haben
nin Ver | chh ^ eru ° g ’ y ielmeh r in frischen Fällen immer Besse-
a 1 Fur 111 denen sclj011 Fl ^eln vorhanden sind, halte
T*? r ach • un J ser ??. bisherigen Erfahrungen nicht für ge-
habe allerdings in der Kieler Klinik Fälle gesehen, wo schon sfhr
Äf ?^ ln T VOr ^ en w £ r ?i n ™ d wo trotzd em ein recht gutes Ergebniss
SLf f Ze !? en Fll ] e £ hab . en sich "ährend der Behandlung kalte
Ich hfthe ine hief : f d ! e und Jodoforminjectiou ausheilten,
btmir 7 f da ^ i Jet , zt mcbt beobachtet. Auf die Theorie, wie die Wir-
a 5 dek T m i- m 2x Chtü ich nicht n äher eingehen. nur das will ich
Lf d8 5L?!i- die vx7?P 0the8 - e l die Profes80r Heller in Kiel auf-
gestellt hat, dass die Wirkung nicht bloss auf Hyperämie beruht, sondern
dass es sich um ein Zurückhalten der Producte der Bacillen, also um eine
Art von Tuberkulinwirkung handelt. Manches spricht, was ich bei unseren
Fällen gesehen habe: erstens, dass gewöhnlich in den ersten Tagen
massiges Fieber nach der Stauung eintrat und zweitens, dass gerade die
Fälle am schnellsten sich gebessert haben, d. h. also, dass bei denjenigen
am schnellsten die Beweglichkeit sich wiederherstellte und die Schmerz¬
haftigkeit abnahm, welche zuerst am stärksten geröthet, am dicksten ge¬
schwollen waren. Auf Grund der Versuche glaube ich, dass es wohlge-
rechtfertigt ist, in frischen Fällen diese Methode weiter zu prüfen. Wie¬
viel sie für die endgültige Heilung leisten wird, will ich dahingestellt
sein lassen.
Herr v. Bardeleben: Eine Patientin würde, glaube ich, für uns alle
beweisend sein; diese kleine Patientin mit dem kranken Ellbogengelenk.
Ich möchte die Bitte an Herrn Collegen Zeller bezw. an Herrn Collegen
Sonnenburg richten, uns diese Patientin wieder vorzuführen. bei welcher
unzweifelhaft die Erkrankung noch nicht erloschen ist. Wenn diese voll¬
ständig geheilt würde, dann wäre das, glaube ich, ein ganz beweisender
Fall. Er ist sonst ganz rein, es ist nichts anderes dabei geschehen, und
ich glaube, die anderen Fälle sind nicht in dem Grade beweisend, wie
dieser sein würde, wenn wir ihn später ganz geheilt sehen könnten.
Herr Rotter: Ich habe auch einige male Versuche mit der Bi er¬
sehen Methode gemacht und bin weniger glücklich gewesen als Herr
Zeller berichtet hat. Zunächst wandte ich dieselbe in Fällen mit Fisteln
an, und zwar bei zwei Ellbogengelonkentzündungen, doch schon nach
wenigen (acht bis zehn) Tagen hatten sich phlegmonöse Abscesse ent¬
wickelt, welche gespalten werden mussten. Ausserdem habe ich die
Constrictionsmethode noch bei zwei tuberkulösen Gelenken ohne Fisteln
angewandt. Es handelte sich um zwei relativ frische Kniegelenksentzün¬
dungen bei Frauenzimmern im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Der
eine Fall ist recht hübsch verlaufen; nach sechs bis acht Wochen hatte
sich die Schwellung fast ganz zurückgebildet, die Beweglichkeit ist eine
sehr gute geworden, und es macht jetzt den Anschein, als ob der Fall in
Heilung übergehen wollte. Dagegen gestaltete sich in dem anderen Falle
der Verlauf ganz anders. Vor Beginn der Behandlung bestand ein leichter
Erguss ins Gelenk und eine geringe schwartige Verdickung der Kapsel.
Drei Tage nach dem Aulegen der Binde klagte die Patientin schon über
heftige Schmerzen. Ich Hess die Binde eine Zeit lang weg, legte sie dann
wieder an — damit kehrten aber auch die Schmerzen zurück. Nach einem
weiteren Versuche mit einer Flanellbinde stellte sich hohes Fieber ein.
das Kniegelenk schwoll stark an, es bildete sich ein starker Erguss in
demselben. Ich liess die Binde weg und suspendirte. Das Fieber ver¬
schwand erst nach acht Tagen, die Schwellung wurde zwar geringer, aber
es blieb ein erheblicher Erguss im Kniegelenk zurück. Ich ging nunmehr
zur Jodoformbehandlung Uber, und bei dieser Gelegenheit machte ich eine
Punetion und entleerte eine grosse Menge Eiter. Ich will noch dabei er¬
wähnen, dass das Gelenk früher nicht punetirt worden war. Dieser Fall
lehrt uns also, dass auch bei einer geschlossenen frischen reinen Gelenk¬
tuberkulose unter vorsichtiger Anwendung der Bier’schen Methode einmal
eine rasche Vereiterung eintreten kann.
Herr Zeller: Bei einem achtjährigen Knaben mit noch nicht auf¬
gebrochenem Kniegelenksfungus haben wir ebenfalls unter der Stauungs¬
behandlung eine Ansammlung von Flüssigkeit, aber rein seröser, im Gelenk
beobachtet und das letztere "mehrfach punctiren und mit Jodoformglycerin
anfüllen müssen. Das Bein des Knaben, der schon entlassen und heute
leider ausgeblieben ist, stand zwar gestreckt, war aber so wenig beweglich
und so schmerzhaft, dass er fast gar nicht zu gehen vermochte. Unter
der Stauungsbehandlung besserte sich das Knie bald dermaassen. dass der
Kleine den ganzen Tag umherging und die active Beugung und Streckung
im Knie völlig wiederkehrte. Der Hydrops des Gelenkes stellt sich freilich auch
jetzt noch wieder her. \lso ich betone nochmals, dass in keinem unserer
Fälle eine Verschlimmerung eingetreten ist, weder Verschlimmerung des
lokalen Processes, noch eine Verschleppung in andere Organe.
8. Herr Sarfert: Diplococceu im Eiter bei Mastitis (Demonstration).
M. H.! Ich stelle Ihnen hier eine Patientin vor, die vor ungefähr drei Wochen
im Krankenhause Moabit wegen Mastitis suppurativa beider Brüste operirt
worden ist, nachdem sie vor sechs Wochen normal geboren und ein fieber¬
loses Wochenbett durchgemacht hat. Die Untersuchung des Eiters ergab
einen auffälligen Befund insofern, als sich nur Diplococcen in demselben
fanden. Ich hatte ihn in der Meinung untersucht, dass es sich um eine
Streptococcen- oder Staphylococceninfection handele, und war überrascht, in
sämmtlichen, zahlreich angefertigten Präparaten nur Diplococcen zu finden.
Dieselben ändern sich nur innerhalb der Zellleiber der weissen Blut¬
körperchen, wie die aufgestellten Präparate zeigen, und bei Färbung nach
Gram haben sie sich entfärbt. Da ich nicht sogleich menschliches Blut¬
serum zur Verfügung hatte, habe ich Culturversuche mit Agar und
Gelatine gemacht, die sämmtlich erfolglos blieben. Ausserdem habe ich
den Eiter suspendirt gehalten in der von Koch angegebenen Nährlösung
zur Anreicherung von cholerabacillenhaltigem Material (Pepton- und Koch¬
salzlösung, die hier im Laboratorium immer vorräthig gehalten wird) und
war schon der Meinung, dass ich am zweiten oder dritten Tage Rein-
culturen vor mir hätte. Aber es zeigte sich, dass nach Zugrundegehen
der weissen Blutkörperchen sich diese Diplococcen darin nur gehalten und
mit einer Schleimhülle (starker lichtbrechender Hof im Präparat) umgeben
hatten. Am vierten und fünften Tage war von ihnen nichts mehr zu
sehen. Der auffällige Befund, dass sich diese Diplococcen nur aussehHess-
lich in den Zellleibern der weissen Blutkörperchen finden, ferner dass sie
sich bei der Färbung nach Gram entfärbten, dass Culturversuche mit Agar
und Gelatine negativ geblieben sind, fernerhin, dass die Frau eine
Gonorrhoe hat — ich habe in dem aus der Cervixhöhle ausfliessenden
Secret Gonococcen gefunden, aus der ausserordentlich charakteristischen
Form (Semmelform resp. der Form zweier ihre planen Flächen sich zu¬
kehrender Kaffeebohnen) aus alledem, und da ich fernerhin eine puerperale
Infection sowohl als eine Erkrankung der Lungen ausschHessen kann.
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22. Februar.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
185
bei der ein Abscoss resp. ein Empyem nncli der Brust durchgobrochen
sein könnte, möchte ich die Behauptung aufstellen, dass cs sich in diesem
Falle um Gonococeen gehandelt hat.
9. Herr Tschmarke: Die bisherigen Erfahrungen hei Aether*
narkosen. (Der Vortrag ist. in No. 4 dieser Wochenschrift veröffentlicht.)
Discussion: Herr v. Bardeleben: M. H.! Wenn auf dem
Chirurgeneongress festgestellt wäre, dass auf 14000 Aethernarkosen nur
ein Todesfall und auf 3Ö00 Chloroformnarkoscn schon ein Todesfall kommt,
dann, glaube ich. wären wir alle verpflichtet, nur noch Aether anzuwenden,
so weit es geht. Die Zahl der Aethernarkosen. über welche Herr College
Gurlt in seiner so überaus dankenswerthcn und mühsamen Arbeit be*
richtet hat. betrug aber noch lange nicht 14000. Es handelte sich um
Schlüsse, welche gezogen wurden aus den Erfahrungen an einer un¬
geheuren Menge von Chloroformbetäubungen und einer verhältnissmässig
geringen Zahl von Betäubungen durch Aether. Darum halte ich das Er¬
gebnis der Gurlt'sehen Zusammenstellung noch nicht für durchschlagend.
Lassen Sie einmal ebenso viele Aethernarkosen zur Prüfung kommen,
wie Chloroformnarkosen zur Prüfung gekommen sind, dann können wir
erst den maassgebenden Procentsatz ermitteln. Meine Herren, ich bin
vielleicht einer der wenigen unter Ihnen oder der einzige, der den An¬
fang der Aetherbetäubung noch erlebt hat. Herr College Gurlt. sehe
ich, ist anwesend, der den Anfang der Aetherbetäubungen bei Dieflen-
bach mitgemacht hat. Weshalb sind wir denn vom Aether abgegangen
und haben das Chloroform mit Freuden begrüsst? Weil es beim Aether
eine ganze Reihe von unangenehmen Zufällen gab. weil es gar so lange
dauerte, bis die Patienten gut und dauerhaft betäubt wurden. Dauerhaft
betäubt wurden sie, so viel ich sah, nie. niemals so, wie man es mit dem
Chloroform erreichen kann, dass man die Maske ganz weglässt, sondern
man musste immer wieder Aether aufgiessen. Seine Schattenseiten hat
der Aether doch auch, und ich glaube, es ist in sehr daukenswerther
Weise von dem Herrn Vortragenden soeben hervorgehoben worden: alle
die Leiden der Respirationsorgane, bei denen schnell eine Anhäufung von
vielem Schleim in den Bronchien entsteht, sind sozusagen eine Contra-
mdication gegen die Anwendung des Aethers. Die Gefahren liegen beim
Aether auf seiten der Respirationsorgane, beim Chloroform auf seiten des
Herzens. Herzfehler, die man vorher erkennen kann, führen freilich nicht
leicht zum Chloroformtode. In den Fällen, in denen der Chloroformtod
eintrat, hatte man vorher genau das Herz untersucht, ohne einen Klappen¬
fehler zu finden. Man kam immer auf eine individuelle Herzschwäche
hinaus, die man mit dem Stethoskop nicht erkennen kann. Ich habe,
wesentlich auf Grund der Anregungen, die durch die Zusammenstellung
von Herrn Collegen Gurlt gegeben sind, aber auch früher schon in der
Charite Aethernarkosen wieder vornehmen lassen. Unabhängig davon
bat Oberstabsarzt Köhler eine grosso Anzahl von solchen Betäubungen
auf der Nebenabtheilung gemacht, so dass wir lange Zeit neben einander,
er auf seiner Abtheilung Aether und ich auf der mehligen Chloroform
angewandt haben. Ich wiederhole, wäre ich überzeugt., dass der Aether
minder gefährlich ist. so würde ich es für unzulässig halten, noch weiter
Chloroform anzuwenden. Da ich mir aber sagen muss: beide haben ihre
Gefahren, und es ist noch nicht erwiesen, dass es so schlimm mit den
Gefahren des Chloroforms steht, so mache ich den klinischen Standpunkt
geltend: man braucht für die Betäubung mit Aether sehr viel längere
*eit. Man kann diese Zeit etwas abkürzen und, so viel ich gesehen habe,
es den Patienten auch angenehmer machen, wenn man eine kleine Quan-
iu° tWa ^ ^ Bromäthyl vorher athmen lässt; für dauernde Brora-
äthylbetfiubungen bin ich durchaus nicht eingenommen. Wenn 15 g
«omäthyl in die Maske geschüttet worden, und der Pat ient athmet diese
ein. so wird er sehr schnell, jedoch sehr wenig dauerhaft betäubt; aber
nie Aethemarkose geht hinterher sehr viel leichter und sehr viel schneller
von statten. Damit wäre vielleicht die eine Unbequemlichkeit des Aethers
*ii beseitigen.
, . 4 l ‘ ch au ^ den zweiten Punkt haben wir sofort unsere Aufmerksam*
e]t nchten müssen, den der Herr Vortragende erwähnt hat. Wenn man
\ 1 , 0( * er am oberen Theil des Halses operiren will, so ist das mit
fL-n • un . mö KUch. Alan kann den Patienten daun für den Anfang
v ni!Ü era i 1011 Eidliche Betäubung bringen; aber diese goht schnell
u ° „ 7 ; dann muss man die Operation unterbrechen, wieder Aether geben
_ \ '• Ehrend cs mit dem Chloroform, wenn man das Verfahren an-
nufin u College Rose uns gelehrt hat, doch überaus be-
i n '; enn man den Schlauch des Junker’schen Apparats, noch^
(■infnhH 0 1 " as ^ e davon abgenoramen hat, dem Patienten in die Nase
.'i(ht m 5 * ann maQ während dor ganzen Operation, die man ira Ge-
mit s *° n * c * lt gerade an der Nasenöfliiimg stattfinden soll,
ir tief il?« \ chlauch dem Patienten so viel Chloroform beibringen, dass
felfit 11 e ibt' Ich kann dies Verfahren, welches ich im Laufe
en Jahre sehr oft angewendet habe, durchaus empfehlen,
irune sehr wünscheiiswerth, wenn gerade unsere Vereini-
hWrnR r . C * D6 £ rosse Masse von Material dafür aus den Krpnken-
machte 1 n ri pl, ZUSÄmnien * )r i n g en kann, es sich auch weiter zur Aufgabe
CharitA * e vo « Bedeutung recht sorgfältig zu sammeln. Inder
Gurh „J? Sammlung für das künftige Referat des Herrn Collegen
Gebiet i -t ^ fo ^etzt Ich glaube in der That, dass dies ein
möchte vnr- t i • Statistik ein wenig mitzureden hat. Aber ich
: ‘llzu klMn ön eine j l eic htfertigen Statistik warnen, vor einer Statistik mit
immer wi*^ 1 Tor a ^ em mit «»gleichwerthigen Zahlen. Ich möchte
aber ein rpI. * ( T? n er * nnern « dass ein Mann, der zwar nicht Mediciner,
< egt le m<* r 6chlauer Mann war, gesagt hat: Messieurs, la statistiqüe
H„“?*?•'" d»iffres. J)as w V Talleyrand. •;
in mskrüArr; v aa nac h 18jähriger. Anwendung des Chloroforms
Aether Mw>£ 8Caer un ^ geburtshülflicher Praxis vor drei Jahren' zum
Fällen benS^ 1 !- 61 * dieser Zeit denselben in etwä 200
diesem Uebergang hat er sich nicht veranlasst
gesehen durch besonders unglückliche Erfahrungen während der Cliloro-
formnarkosc selbst, sondern durch die Ueberzeugung. dass eine
Reihe von Todesfällen, die nach geschehener Chloroformnarkose im Ver¬
lauf nach schweren Operationen cintreten, wesentlich dem Chloroform
zur Last zu legen sind. Zu den Kranken, welchen vor allem das Chloro¬
form verderblich wird, gehören diejenigen, die bereits Fettherz haben,
also aus Myomen ausgeblutete Patientinnen, oder solche, die durch stunden¬
lange Dauer der ClUoroformnarkose in kurzer Zeit Fettherz acquiriren.
Der Aether hingegen entfaltet diese verderbliche Wirkung auf das Herz
weder während der Narkose, noch hat er verderbliche Nachwirkungen auf
dasselbe zur Folge, so dass er in dieser Beziehung als ganz ungefährlich zu
betrachten ist. Herr Landau ist der Ueberzeugung. dass eine Reihe von
Patientinnen, bei denen schwierige und langdauernde Operationen mit
Hülfe der Aethemarkose mit glücklichem Ausgange von ihm gemacht
wurden (schwere Myomoperationen, Darmnaht. Darmresectioneu etc.) bei
Anwendung der Chlorpfonunarko.se nicht mit. dem Leben davougekouimen
wären. Was von Hans aus gegen den Aether stutzig machen musste, war
der Umstand, dass man sich sagte, es müssten doch gewichtige Umstände
gewesen sein, weshalb das Chloroform den Aether verdrängt habe.
Eine befriedigende Antwort auf diese so gerechtfertigte Frage hat Herr
Landau nirgends erhalten. Herr Landau glaubt, dass es wesent¬
lich Unannehmlichkeiten und Incouvenienzen bei der Technik des Aetheri-
sirens sind, welche den Gebrauch des Aethers verhindert haben. I 11 -
convenienzen, die im wesentlichen nur uns Aerzte und nicht die Kranken
berühren. Freilich ist zuzugeben, dass es auch beim Aetherisiren Ju-
eonvenienzen für die Kranken giebt, wenn man hierbei das Verfahren au-
wendet, welches von Juillard empfohlen und auch von Herrn Sonnen¬
burg adoptirt worden ist. Man muss nämlich zwei verschiedene Methoden
beim Aetherisiren unterscheiden, die asphyxirende und die berauschende
Methode. Beide Methoden sind toto coelp verschieden, nicht blos bezüg¬
lich des widerlichen, unangenehmen und erschreckenden Anblickes, welchen
die Kranken bei der asphyxirenden Methode darbieten, sondern auch be¬
züglich der Wirkung auf die Kranken selbst. Bei der Juillard’sckeu
Maske sinken die schworen Aethordämpfe mit Vehemenz nach dem Munde,
die leichtere Luft bleibt oben, und der Kranke wird in wenigen Minuten
geradezu asphyktisch gemacht. Er wird schnell betäubt, nicht etwa weil
er so schnell äthorisirt wird, sondern weil das Blut so überaus rasch mit
Kohlensäure überladen wird. Man hätte vielleicht das Recht, diese Me¬
thode mit der der Kohlensäure-Aether-Intoxication zu bezeichnen. Die
Kranken werden sehr schnell blauroth. fangen bald an zu schnarchen, oft
tritt auch Singultus ein, es genügt, wenn man die Maske lüftet, allerdings
nur kurze Zeit, um die Asphyxie zu heben, aber die Narkosen werden,
wenn man fortführt, die asphyxirende Methode anzuwenden, nicht an¬
genehmer. Ganz anders, wenn man die Art von berauschender Methode
anwendet, wie sie von Wan sch er in Kopenhagen dem Vortragenden
beim Besuche seiner Klinik gezeigt worden ist und wie er sie seitdem
angewondet hat. Die Methode besteht darin, dass man, um es kurz zu
sagen, so viel Aether wie möglich und so wenig Luft wie möglich
gleichzeitig dem zu operirenden Individuum zuftthrt. Zu diesem Zwecke
bedient sich der Vortragende der von Wan sc her angegebenen Gummibeutel-
maske, welche den grosson Vortheil hat, dass die schweren Aethordämpfe,
welche hier unterhalb des Niveaus dor Respirationsorgane gelegen sind,
nur mit Luft gemischt in die Respirationsorgane gelangen, während sie bei
der Juillard’schen Maske oberhalb derselben gelegen, gewissermaassen
unvermischt in dieselben hineinfallon. Ausserdem fällt bei dieser Methode
das beständige Nachgiessen weg, und der Narcotiseur hat es in jedem
Augenblicke in der Hand, mehr oder woniger Luft zutreten zu lassen.
Zuzugeben ist, dass es allerdings hei dieser Methode mitunter etwas
länger dauert wie beim Chloroform, aber das kann man unmöglich als
einen Grund betrachten, das Chloroform anwenden zu wollen. Herr
Landau will nicht auf diesen rein empirischen Gebieten weitere theo¬
retische Raisonnements anführen, um so weniger, als in eitler jetzt
erscheinenden Publicntion aus seiner Klinik von Dr. Grossmann aus¬
führlicher auf diese Verhältnisse cingegangon werden wird, er möchte nur
die Bitte an die Collegen richten, wenn sie von der Chloroform- zur
Aethemarkose übergehen, von der Juillard’schen.Maske abzusehen, da
diese geeignet ist, die Aetheruarkoso zu discreditiren; hervorliehen möchte
er jedoch gegenüber den Ausführungen eines der Herren Vorredner, dass
es bei längerer Dauer keineswegs nothwendig ist, die Kranken beständig
Aether einatbmen zu lassen. Bei länger dauernden Lapamtomieen sind
nicht selten Pausen von fünf bis zehn Minuten Dauer gemacht worden.
Zuzugeben, ist. dass die Technik des Chloroformirens viel leichter zu. er¬
lernen ist. als die Technik des Aetherisirens, denn heim Chloroformireu
genügt die objective Beobachtung des Pulses und der Respiration, beim
Aetherisiren jedoch kommt es auf den Grad der Muskelspannung allein
an; hier durch richtige Lagerung des Kopfes, durch Pausen im Aether-
darreichen, durch Zuführen von Luft das richtige Maass zu treffen, ist
Sache vielfacher Uebung und des Verständnisses der Aetherwirkung; aut
Respiration und Puls braucht der Narcotiseur im wesentlichen nicht zu
achten, denn das Herz wird thatsächlich durch den Aether nur günstig
beeinflusst, so sehr, dass ausgeblutete Patientinnen (Beratung eines extra-
uterinen Fruchtsackes), welche pulslos auf den Operationstisch kamen, wenn
sie mit Aether narkotisirt wurden, einen fühlbaren Radialpuls bekamen-
wie sich Herr Landau in einigen Fällen überzeugt hat. Ein Merkmal,
die Narkose sofort zu unterbrechen, .geben asphyktische Zustände, wie sie
sich bei unvorsichtigem Narkotisiren natürlich einstellen können und wie
sie sich durch Schwarzworden des Blutes, livide Färbung der kippen und
Singultus kennzeichnen. Unter allen vom Vortragenden beobachteten
Fällen — und es befinden sich mehrere Uber zwei Stunden dauernde
Operationen darunter — war es nur einmal zum Gollaps gekommen, una
dieser Fall betraf eine nephrectomirte Patientin, aber bei Nephrectotmrten
sind solche Attaquen, die auf Anurie beruhen, bekannt, und im übrigen
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186
DEUTSCHE MEDlClNlSCHE WOCHENSCHRIFT.
No: '8
gelang es paradoxer Weise, diese Patientin durch , zehn Aethe^ectioiion
Ls dem Collkps zu befreien. Pie Patent», welche m den erste
24 Stunden nach der Operation 10 ccm . Ham secermrte, ist im übrigen
„Lesen. Nach seinen Erfahrungen kann Herr Landau die Anwesenden
nur außerdem, die Aethernarkose zu versuchen.
Herr Körte: M. H,! Ich habe die ZaWen des Herrn Guiltso
verstanden, dass er von zuverlässigen ChiriirgenMitthei^ v
und so und so viele Aetherivarkosen bekommen hat, und dass unter cli .
14000 Aethernarkosen nur ein Todesfall angeführt ist, den «'l ul;!!
einen Narkoscntodesfall rechne, denn wenn, wie »dem aus Bonn benen-
teten Falle, ein Mensch von der Eisenbahn UberMiren-wird, doppclt am-
putirt wird und drei Stunden-nach der Amputation - so stirtt ei
im Collaps, wie solche Leute zuweilen «terben. olme dass »an etwas
thut. aber man kann dem Aether nicht die Schuld beimessen^md das
er ferner von einer grossen Anzahl von Chirurgen über 133 000 U loro
formnarkosen Mittheilungen bekommen hat. unter denen P™ ce ^™be¬
rechnet ein Todesfall auf 2900 kommt. Diese Zahlen schienen mir so
beredt zu sein, und wenn Zahlen auch lügen können, war t
Schein der Wahrheit für mich so stringent, dass ich mich für verpflichtet
hielt, den Aether zu versuchen. Natürlich kann man erst rede», wenn
man eine sehr grosse Zahl von Narkosen gemacht hat, Die ZahlP®“®*
Aethernarkosen, seit dein 1. Juni d. J. beläuft sich auf ca. 400 ^10
Aufzeichnungen ermöglichen es mir, diese Narkosen mit der entsprechen¬
den Anzahl von Chlorofommarkosen zu vergleichen. Genauere Mittei¬
lungen darüber werde ich an anderer Stelle geben, jedoch kann ich sagen,
dass meine Erfahrungen für den Aether günstig sind. Ich empfinde ganz
entschieden eine grosse Erleichterung, seitdem ich ätherrsire, und werde
mich schwerlich ~ natürlich weitere Erfahrungen Vorbehalten — dazu
enfcschliessen, den Aether ganz fallen zu lassen. Für eine gowisse An¬
zahl von Fällen kann man ihn ja nicht brauchen; also z. B..bei einer
floriden Bronchitis würde ich nicht wagen, zu äthensiren. Bei Empjem
habe ich es anfangs auch nicht gewagt, thue es jetzt aber auch und bin
Sehr viel angenehmer daran, als beim Chloroform. Ferner bei Operationen
im Gesicht, bei gewissen Operationen am Halse kann man auch nicht, gut
ätherisiren wegen der umfänglichen Maske. Was nun die rheorie \ on
der Asphyxie und der Erstickung durch Kohlensäure betrifft, so ist das
nach meinen Erfahrungen nicht richtig. Es ist vor kurzem darüber eine
exacte Untersuchung erschienen, die unter Leitung von AU, 11 . 1 } 9
Dr. Dreser gemacht ist. (Bruns 1 Beitr. z. klin. Chir. Bd. 10,11.) Er hat
Unter der Juillard’schen Maske, die entweder frei aufgelegt oder
mit dem Handtuch umwickelt war — also ich muss annehmen, dass das
die Methode der Asphyxie ist, vbn der gesprochen War — die Luitproben
entnommen und hat nachgewiesen; dass ganz ungemein schnell em Aus¬
gleich eintritt. Der Aethergehalt der Maskenluft betrug 1,2—4,7 Vol. , 0 .
Der Kohlensäuregehalt stieg — ich glaube nicht zu irren — auf 1,7 im
höchsten, jedenfalls war er weit unter denjenigen Werthen — und- das
hebt der Betreffende besonders hervor —. bei denen die Kohlensäure
lähmt; imGegentheil, sie ist innerhalb der Wertho geblieben, bei denen
die Kohlensäure das Athmungscentrum reizt. Kerner hat er auch ge¬
funden, dass der Sauerstoffgehalt der Maskenluft niemals unter die¬
jenige Höhe sinkt, welche nach P. Bert als gefährlich anzusehen ist.
d. i. die Hälfte des normalen O-Gehaltes. Allerdings hat er einmal bei
einem Kinde, wo die Athmung nicht frei war, gefunden, dass die Kohlen¬
säure Btieg und der Sauerstoff druck auf 11,7 gefallen war, was also der
Gefahrengrenze, die bei 10 herum liegen soll , sehr nahe liegt. Ich lasse
so narkotisiren, dass die Juillard’sehe Maske:, die nach demselben Prin¬
zip- construirt ist. wie die eben gezeigten, mit 30—50 ccm Aether
begossen zunächst allmälich genähert Wird, nachher wird ein Handtuch
umgelegt. Ich kann versichern und habe das durch statistische Berech¬
nungen herausbekommen, dass die Zahl der unruhigen Narkosen beim
Aether entschieden kleiner ist. Bei Aethernarkosen ist sehr häufig notirt:
anfangs Excitation, nachher eine ruhige Narkose, und ich möchte gerade
das hervorheben: man muss anfangs etwas Geduld haben. Hat man aber
den Patienten einmal narkoti'sirt, so ist meistens die Narkose eine ideale
Und-mit sehr kleinen Gaben Aether weiter zu erhalten: Das Erbrechen
ist entschieden seltener. Ganz besonders fällt das ins Gewicht bei Leuten,
die von dor Strasse hereingebracht weiden, bei Potatoren, die in potu
gefallen und verletzt sind und bei denen man grössere Eingriffe machen
muss. Ich habe vor wenigen Tagen eine offene Kniescheibenfractur nähen
müssen, wobei also eine Muskelerschlaffung wichtig ist, und habe das
vollständig erreicht. Bei dem Chloroform tritt durchschnittlich die Tole¬
ranz" etwa zwei Minuten früher ein als - beim Aether (5.3:7,4 Minuten).
Nun Stellt sich das so, dass beim Aether eine Anzahl Leute lange Zeit
gebrauchen; 10, 15 bis 20 Minuten. Diese drücken die Zahl so sehr in
die Höhe. Die Mehrzahl der Menschen schläft nach Aether in drei bis
fünf bis sechs Minuten ein, und ich glaube, nach den bisherigen Er¬
fahrungen; die natürlich noch lange fortgesetzt werden, kann ich den
Aether*nur sehr empfehlen, vor allem Wegen seiner geringen Einwirkung
uuf das Herz. •
Herr Karewski* M. H.l Ich habe iU den 7 letzten drei Monaten im
jüdischen Krankenhause und in meiner privaten Thätigkeit den Aether in
ungefähr 100 Fällen angewendet: Ich habe Bronchialerkrankungen von
vornherein ausgeschlossen und in diesen Fällen'stets Chloroform ange-
wettdet; Ich will über meine Erfahrungen nür insoweit sprechen, als ich
•doch auch recht unangenehme Folgen beim Aether gesehen habe. Ich
bähe sehr langwieriges Erbrechen erlebt bei Patienten, die vorher mit
Chloroform behandelt waren, ohne Erbrechen zu bekommen. Es handelte
eich'in dem einen Falle um eine Narkose, die ungefähr eine Stunde gedauert
hatte. Unmittelbar im Anschluss an die Narkose hatte die Patientin, bei
der eine Darmnaht gemacht WoTden war. 48 Stunden lang, ununterbrochenen
iV'omitüS; der natürlich unter diesen Umständen besondere' unangenehm
war. In einem Falle habe ich ‘einen" Zustand gesehen, von dem ich nicht
weiss ob er von irgend Jemand sonst noch beobachtet worden ist. ich
hatte bei einem Manne eine ziemlich complicirte Laparotomie ausgeführt.
Er war ungefähr l'/s Stunden narkotisirt gewesen, hat erst etwas Chloro¬
form bekommen. und dann im ganzen 200 g Aether Nach Beendigung
der Narkose war seine Respirationsfrequenz auf acht m der Minute ge¬
sunken: das war ein höchst peinlicher und bedrohlicher Zustand, den ich
zeitweise dadurch zu heben suchte, dass ich den Mann künstlich respmren
liess Ich habe eine Stunde gebraucht, um ihn wieder auf eine Rospirations-
frequenz von zehn zu bringen, und es dauerte ungefähr drei Stunden, bis
der Q Mann wieder normal geathmet hat. Ich glaube, dass diese Störung
der Athmungsthätigkeit. da ich derartiges me beim Chloroform gesehen
habe, auf den Aether zurückzuführen ist. Hingegen habe ich den allge¬
meinen Eindruck gehabt, dass der Aether besonders auch da vmverthbar
ist, wo man kurze Narkosen nöthig hat, also bei ambulant behandelten
und poliklinischen Fällen. Da kann man mit der Erstickungsmethode in
sehr kurzer Zeit eine genügende Toleranz für kleinere Eingriffe erreichen
und den rasch wieder, ohne hässliche Folgezustände erwachenden Patienten
sehr schnell nach Hause schicken. ■ . . , , , , .
Herr Rose- M. H.! Der Grund, weshalb ich seit zehn Jahren bei
einer grossen Zahl meiner Fälle zum Aether übergegangen bin, ist be-
sondere dor Umstand gewesen, dass ich so sehr viel darunter zu leiden
gehabt habe, dass nach grossen Operationen die Kranken manchmal tage¬
lang hinterher gebrochen haben. Die Verklebung der Nähte litt darunter,
und mancher ging mir leider an diesem Erbrechen, wenn sich sonst auch
die Operation ganz schön anliess, zugrunde, selbst nach vollendeter Heilung
durch Erschöpfung infolge des anhaltenden Brechens. \ on zweifellosen
Asphyxieeu habe ich bei der Anwendung des Junker sehen Apparats
nichts gesehen. Dieses traurige Erbrechen hat mich damals bestimmt,
mich nach anderen Methoden mbzusehen. und das ist der Grund, weshalb
ich seit zehn Jahren Aether erst versuchsweise, seit 1887 dagegen in zahl¬
reichen Fällen anwende. In den letzten sechs Jahren sind m Bethanien
3618 Narkosen verzeichnet worden, von denen 2488 nur mit Lhlorofonn.
591 nur mit Aether, 539 mit beiden gemacht worden sind. Ick haltemieh
deshalb für verpflichtet, meine Erfahrungen mitzutheilen. Zunächst ist
es durchaus gar nicht nöthig, dass man diese Maske von Juillard an¬
wendet. Ich wende die „asphyktische Methode“ niemals an. Ich bin
bei dem Junker’schen Apparat, wie ich ihn früher empfohlen habe,
stehen geblieben. Ich muss natürlich zugeben, dass es damit noch längere
Zeit dauert, als schon mit Chloroform; aber er besitzt doch sehr grosse
Vortheile. Es fällt mir nicht ein, bei dieser Langsamkeit der Narkotasirung
ohne weiteres jeden Menschen mit Aether zu betäuben. Aber ich suc e
mir die Fälle aus. Ich glaube, es ist besonders nützlich, die Leute mit
Aether zu betäuben, welche besonders schwach sind, und so werden hei
uns alle Kinder ätherisirt, alle Frauen, bei denen die Operation länger
dauert, alle Greise und Säufer, bei denen es sich um Herzschwäche
handelt, und vor allen Dingen alle längeren Operationen werden mit
Aether ausgeführt, sowie es sich bei ihnen von vornherein oder im ver¬
lauf um Herzschwäche handelt. Dass Herzfehler nicht eine Contramdicataon
der Chloroformnarkose sind, davon habe ich mich sehr olt überzdigt, len
bähe viele Herzkranke ohne jeden Schaden zum Theil täglich chlorofonni
Das ist ganz richtig. Aber ich bin doch so überzeugt wie etwas davon,
dass man durch die Anwendung der Aethernarkose die Fälle von Loh»
wie sie durch Chloroformerbrechen Vorkommen, vermindert. Wenigsten,
bin ich durchaus damit zufrieden. Ich habe niemals gesehen, dass .einer
nach den schwersten Aethernarkosen, die zwei bis drei Stunden dauern,
tagelang gebrochen hat. Dass hier und da einmal einer danach bne,
gebe ich zu, aber im Operationssaal, nicht nachher. Und es ist nur aoon
ausserordentlich angenehm, dass, während ich mich früher immer gelürcM
habe, den Leuten nach der Chloroformnarkose, wenn sie lange getanen
hät, hinterher Wein zu geben, was man bei Herzschwäche ja sonst tnuu
würde, ich jetzt in solchen Fällen den Leuten womöglich gleic e
Flasche Portwein hinterher verordnen kann, ohne mich .fü o e 1 nire **’, V.
ohne dass sie infolgedessen Erbrechen bekommen. Ich will noch envänn ^
dass ich es vielleicht auch dieser gelinderen Methode der Aetherna ^
zuzuschreiben habe, dass ich dabei weder etwas von jenem anha
Singultus gesehen, noch von Bronchitis, noch etwas von den „apn 1
Zuständen“, die mein Vorgänger geschildert hat, so dass ich im g
schwerlich von meiner Art der Aethernarkose abgehen werde. .
Herr Olshausen: Meine Erfahrungen sind sehr genng, denn w
haben erst etwas über 100 Fälle von Aethemarkoseh. Es smd aber las
sämmtlich Operationen von längerer Dauer gewesen. Ich^möcn
einen Umstand die Aufmerksamkeit lenken, der^ mir sehr bald ]>e
Aethernarkosen aufgefallen war und der unter Umständen recht »
nehm sein kann; nämlich dass nicht nur oft stertoröse Athmung, so
auch sehr intensive Zwerchfellathmung auftritt. Bei Operationen im •
besonders wenn man am Dann zu operiren hat, kann das manenma
stören. In den meisten Fällen gebe ich zn, ist die Erscheinung g..
gültig. Dann will ich nur noch hervorhdben, dass wir doch auch B •
als Folge der Narkose gesehen haben, wie mir scheint, soweit i .
der geringen Zahl von Fällen urtheilen kann, ziemlich häufig,
werde in Zukunft in allen Fällen, wo die Athmungsorgane mc
sind oder wo Bronchiten bestehen, doch nicht mehr den Aetne
den. Wir haben nicht die Jtiillard’sche, sondern die Wa
sehe Maske angewandt, den'grossen Gummibeutel, der nur das jj
nehme hat für den,, der die Narkose leitet, dass er lmmerfoi
werden muss. Aber unangenehme Zufälle sind^ auch sonst mc . - st
eingetreten. Die Speichelabsonderung und die Schleimabson 8.
aber doch in einzelnen Fällen so kolossal geworden, dass ich m j“®,
damit weiter zu arbeiten.’ In drei Fällen haben wir aus die s® . ff
die Aethernarkose ’unterbrochen und haben zütti Chloroform gegn •
. Herr Rose: Darf ich noch eins hinzufügen, sollst es das, g _
die Abkürzung der Aethernarkose in einer anderen Weise sebi
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Uh UtSCHE^MEU] CIN JBCFi JE WOCHENSCHBIFT.
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. - „t d-n gftiiw«. rjlimkopt (Mrtgr«tioinnu»i, von t-ioer um. .:s. h a.xuwji-
" Y"1 ,K - lJat (jW Covilvfliie MibljfuUiU’UL; !U m.'iSSIu Of V\ r i:X^, y;,t
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,,vM«.i.. ” ■ •' lu ,lls WI -«!«» «elwtkkBwi^- lift-ui, umh* Uiä'inV ß-r-
k«. M, f»«- V«o iW gniph.v^i.Uüie iS, niij.ts ■/,«
^fübn * k;'', imana «üiilifisst, an iitu jJumoiidintKU! »J!u Kabuuu-.
•'VQrdftn J. d •'dli-n 1 ’uIIm«, :,yo .um Fracfutvi, oi*m> eilt* ^ rA -:>i»niidi ur-
id; d-^ bö\vulrem\ni^onuun humldt. ti. do.r ( J n;^r,sr v^b-id.-
h.- ungi*’- | x !u Uui-iU-Kudtuu^ auf L-j.wt;. vur-
d ' j! ' ; Oaaduno Ui‘feK^bt?n -eiitp Spofd-anftaef.u/- voraim^h^t^..
t Ffw UV riefe Geber *J*raö8i>Jimtfttion «aob
Oroltoald^r medk
Vetöin.
^oinbvr 1 S 9 S.
•erj if 5 ohrifti(ifii-ur: Htri*
*£*'{ iilt: Or Xirzth«
Cop.riano (Omsk).
‘»sunt; &) Geber ^bphrejueeb^ Behiiio-
Tftut! * K«JJöiIteji FnJ te?}. 'fDw Vwt rair
MtsdiWif Pmifn-uiürlii wvrtleii.)
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mAdjV-MjiÄcIic Kiinik ein''Präparat-aus düm Muhfii'Ad/.'uitu.^. Pa<..ioMf« ; n
sCi*5dliiuktv vvbhdiPK von &> Dfnuipuvukl wut-ft.
uiir: mit lü.'kauiiibn Pi.u-nj^it iiiriO, idi.mtiucii w-.u* Muia-iwktijUM II
s'&ii. .ein tluiiner Kniiael ;Fdn--Pddttfi- ufkemuui. .AVtöduO'
DEUTSCHE MEDICINIS CHE WOCHENSC HRIFT.
No. 8
188 ,,___
deutliche Abgrenzung nach Gliedern zeigte. Aus rfhiuio
Sen an zlei Stellen mehr: bandartige, ca. 10 cm Inge Gebilde
hervor welche sich zu einem kurzen gemeinsamen Stamme 'er
Sn und wo^Uche Flecken zeigten Unter dem. Mtoo kop
51 sich diese Flecken als Anhäufung von unreifen Eiein,
deren Form aber so wenig charakteristisch war
stimmte Diagnose nicht stellen liessen. In dem fädigen
konnte* man^nur grosse Zellformen unterschei em W.r ^n n
das Präparat in Abwesenheit des Herrn Prot. Schultze an neri
p * T dwio- welcher es für abgestossene Ovarialschläuche von
bitten.
2 Herr Ungar berichtet über Untersuchungen, die er in
Gemeinschaft mit cand. med. Selbach “"mmen luan um
“rechend der früher von ihm nachgewiesenen
der Chloroforminhalationen. Als Ursache einer todt chen N^
Wirkung der Chloroforminhalationen habe er ja eine duich die
nähme des Chlorforms hervorgerufene fettige Entartung ^r Orgaue
namentlich des Herzens, dargethan. Die Frage, ob nicht a
längere Zeit andauernde. Aethennhalationen eine solche fottjge‘En
artung bewirken könnten, habe um so näher gelegen, als seiner Zeit
Nothnagel mitgetheilt habe, dass bei Aethenjergiftun em
fettige Degeneration der Organe eintrete. Vermrti» *n Himden
Katzen und Kaninchen hätten nun ergeben, dass selbst nach viele
Stunden andauernden Aetherinhalat-ionen, ja selbst
lialationen mehrere Tage nach einander wiederholt wurden, eine
irgendwie in Betracht kommende fettige Entartung ^
nicht eintrete. Hätten sich auch, wenn die Yersuchsthiere auf
andere Weise getödtet worden seien, hin und wieder in feinen
Organen, so auch an der Herzmuskulatur, einzelne Stellen gezeigt,
wo eine fettige Entartung eingeleitet gewesen sei. so sei doch in
keinem Falle eine das Leben gefährdende tettige Entartung zu¬
stande gekommen, auch daun nicht, wenn man die Thiere erst
mehrere Tage nach Beendigung der Inhalationen getödtet, hätte.
Ueberhaupt sei der Einfluss längere Zeit durchgeführtei Aetlier-
narkosen auf das Wohlbefinden der. Tluere bei weitem nicht
ein so ungünstiger gewesen, als es bei den entsprechend lange
Zeit andauernden Chloroformnarkosen der Fall gewesen sei. - Die
Thiere seien nach beendigter Narkose fast immer vollkommen
munter gewesen, hätten Esslust gezeigt, nicht erbrochen kurzum
sie hätten keinerlei Krankheitssymptome dargeboten. Eine ver¬
breitetere, ausgesprochene fettige Entartung der Organe batten auch
subcutane Injectionen grösserer Aethermengen nicht im Gefolge
o-ehaht Diese Versuche hätten also gelehrt, dass die Aether-
narkose vor der Chloroformnarkose auch den Vorzug habe, dass
eine das Leben bedrohende Nachwirkung der Inhalationen nicht zu
befürchten sei. Sie hätten fernerhin die ärztliche Erfahrung be¬
stätigt, dass die Aethernarkose das Gesammtbefinden viel weniger
ungünstig beeinflusse, als die Chloroformnarkose. v ■
Discussion: Herr Trendelcnbiirg, welcher seit einiger Zeit last
ausschliesslich Aether zur Narkose anwendet, glaubt nicht, dass die durch
Chloroform Iierbeigeführten Unfälle mit Herzverfettung Zusammenhängen,
nass vielmehr entweder Fehler bei der Application des Chloroforms, wie
z.B. zu stürmisches Aufschütten auf die Maske, die Ursachen des lodes
in der Narkose seien oder der Tod in unerklärlicher Weise pötzlich, oft
schon ganz im Beginn der Narkose eintrete, also auf jeden Fall nicht in
Folge von Herzverfettung. Fälle von Tod durch etwaige Herzverfettung
einen oder mehrere Tage nach glücklich vorübergehender Narkose seien
auf jeden Fall sehr selten. In Bezug auf die Aethernarkosen bemerkt Hep
Trendelenburg unter anderem Folgendes. Bei längeren Narkosen, wie
z. B in einem Fall von Operation der Blasenscheidenfistel, in welchem
5 Stunden lang narkotisirt würde, zeigt es sich, dass die Patienten bedeu¬
tend weniger leiden, als bei ebenso langen Chloroförmnarkosen. Bei
Aether tritt wohl gelegentlich Erbrechen bei oder nach der Narkose ein,
aber wenn die Operation am Morgen stattfand, können die Patienten
gewöhnlich bereits Mittags etwas essen, und Abends ist der Appetit meist
völlig wiederhergestellt. Auch die Aussagen des Pflegepersonals lauten da¬
hin. dass die Nachwehen der Aethernarkose weniger heftige sind als
nach der Chloroformnarkose. Nicht ohne Bedeutung. ist die Art des
Narkotisirens: Gebraucht mau.bei der Aethernarkose eine kleine Maske,
so schlafen die Patienten. nicht- ein, haben eine starke Salivation und
nachher- viele Beschwerden, wird dagegen mit grosser Maske und mög¬
lichstem Luftabschluss schnell narkotisirt so zeigt sich derartiges nicht;
besonders die unangenehme Salivation ist geringer. Tritt letztere in
stärkerem Maa'sse ein, wie das bei manchen Personen vorkommt, so nimmt
man statt des Aethers besser Chloroform. Die Einen lassen sich besser
durch Chloroform, die Anderen besser durch Aether narkotisiren. Oft
ist'der Unterschied der- individuellen - Empfindlichkeit gegen Gbloroform
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, * AtW Rß h r auffallend. So hatte Redner z. B. eine Dame mit
und gegen Aether sehr^au " Mainmacarcinoms zu openren.
chronischer Bronchitis und Astnma^weg^^ wurde. Die Narkose machte
wobei die 9 h j 0 r °JrT^Eind r uck der Puls wurde wiederholt sehr, klein,
«inen recht bedrohhehen Operationen, welche
fei SW B&tef
wohl der Aether die Ursache gewesen sein. Ein
lmft Din Kranken leiden dabei weniger, und nach allen ötatistiKen is
die Gefahr eine geringere. Redner gieht an, dass nach semer ErWc-ung
der Tod durch Herzverfettung noch nach zwei T^en infoUeJBngere
Narkosen jedenfalls sehr selten verkommt. Man hat die ürtanrung ge
macht, dass auch absolut reines Chloroform giftig ™ke“ kanm erC ü oro .
Herr Pelman erinnert sich, dass der Kampf, ob Aether oder UMOio^
form zur Narkose gebraucht werden soll, schon alt. un .
Ende der fünfziger Jahre hier in Bonn ein Fall vo “ t 'b°rofo ein
gekommen ist. Es handelte sich damals um eine Mensur, »ei Jß>
Student über einem alten Schmiss auf der StimemenneuenerhUtZu
Vereinigung wurde Chloroformnarkose angewandt, und Patient versemeo
bereits nach ein paar Athomzügen. Die Anamnese ergab
Patient seit zwei Tagen nichts gegessen dagegen eine giosseMen^
Bier getrunken hatte. Es entstand durch diesen r ^ f „ möglichst
artige Panik, dass Geheimrath Busch seitdem ^.^Chlorofonii mOglicti
vermied und mit Aether narkotisirte. Augenblicklich wiid in Eugl d
Aether in grossen Quantitäten, getrunken, und es haben strotiz
habituellen Missbrauches des Aethers bisher wenig Schädlichkeiten, hem
chronischer Aethcrismus gezeigt, obwohl <he Massen mM)
den Schluss auf leringerl SeSiehkOU des Aethers gegenüber dem Chlore-
f °™ 3.“ Herr“ Paters berichtet über die Resulate enier Unter¬
suchung über das Vorkommen und <Me Bedeuti^ des^FOTSto
sehen sogen. Versohiebungstypus des Gesichtsfeldes mit
sonderer Berücksichtigung der traumatischen Neurosen. Z
Untersuchung gelangten 150 männliche Personen, welche vor kW
zerer oder länierer Zeit eine Verletzung
des hiesigen berufsgenossenschafflichen Rcconvalcscentenhauscsj. unn
105 Personen, welche weder Verletzungen erUtten hatten M
nachweisbare Störungen von seiten des Nervensys Redner
darunter 74 Rekruten ■ des hiesigen Infanteriebataillons. Kecm
" zu dem Resultat, dass der yerschiebungstypus m h^ls
ein objeetives Zeichen der traumatischen Neurose aufgefas t
den dürfe, weil er auch bei Gesunden vorkommt, ferner, da
sich nicht um eine Ermüdungserscheinung haiideln kann (Bez^
lieh der Details muss auf die demnächst erscheinende ausführhen
Arbeit verwiesen werden.) ^ ■ ' 0 Thomsen,
Discussion: Herren Schultze, Samelson,
Hillemanns, Peters. ___
XI. Oeffentliclies Sanitätswesen.
Noch einmal unsere Anstalten für Idioten und Epileptiker.
Von Dr. Schlipp in Stettin. p T
Im verflossenen Sommer ist eine xiuseinanderset^ng^ zwüsch^ ^
chiatern und Seelsorgern, Leitern psychiatrischer n . d * 0 Namen
stalten erfolgt. Die Haupttage des heissen Kampfes bezmehn
Frankfurt, Halle und Berlin. Eine ganze Lvtteratur entstan ,
Kreise nahmen Partei. : at mne Ruhe*
Nun ist der Kampf zwar noch mcht beendet, ininffenommenen
pause eingetreten. Da gilt es, Umschau zu halten über d ^. gfc reicht
Stellungen. Zu beantworten werden die Fragen sein, wa
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UNIVERSITT OF MICHIGAN
22. Fe bruar.
bezw. nicht erreicht, was muss erreicht werden? Ist der eingeschlagene
Weg der richtige?
" Im Anschluss an den La ehr’sehen Aufsatz, betreffend „die Fürsorge
ftlr Epileptische vom ärztlichen Standpunkte und das Gesetz vom 11. Juli
1S91“. führte ich seiner Zeit ungefähr folgendes aus: „Es erscheint in
der That gerade jetzt nothwendig, die allgemeine Aufmerksamkeit darauf
hinzulenken und zu fordern, dass in den Anstalten für Epileptische und
Idioten die ungehinderte Krankenbehandlung ondlick in die Hand der
Aerzte gelegt w’erdc. Dies Thema dürfte nicht verschwinden, bis die
volle ärztliche Mitwirkung an diesen Anstalten gesichert sei.
Bis dahin wäre es wünsekenswerth, wenn weiter Anstaltsärzte be¬
wogen werden könnten, ihre bisherigen Erfahrungen mitzutheilen. Sie
würden zur Zeit das Lahmgelegtsein jeder crspriesslichen ärztlichen
Thiitigkeit, sie würden schreiende Missstände berichten müssen.
Nicht ein Jahr mehr geht in das Land, dann stehen wir und unsere
Kranken und unsere Kranken und wir entweder vor offenen Thüren oder
vor verschlossenen für lange Zeit.
Bezirksvereine, Aerztekammern und Congresse müssen veranlasst
werden, Stellung in dieser Frage zu nehmen, sie können positive Erfolge
schaffen.
^ Aber leicht wird der Kampf nicht w T erden: das afte Curatorium wird
wie bisher fortmachen, die Leiter werden unumschränkt, die Aerzte ab¬
hängig bleiben, ihr Einfluss ungenügend und nur bedingungsweise tolerirt!“
Jetzt nach dem Kampfe, in welcher Position befinden sich dio Aerzte
in den fraglichen Anstalten? Diese Frage ist leider auch heute noch
nicht erschöpfend zu beantworten. Doch sie wird gestellt, harrt ihrer
Beantwortung. Clericus (bisweilen auch Doctor) clerieum non decimat! —
es ist schwer, reinen Wein zu erhalten! Die Anstaltsärzto sind eben
verpflichtet-abküngig, und „wess' Brot ich esse, dess’ Lied ich singe“.
Und doch würde hier allein offene Klarlegung aller Verhältnisse
helfen. Nur ein berechtigter Sturm kann die alten unwürdigen und un¬
haltbaren Zustände hinwegfegen. Ein jeder Arzt einer epileptischen otc.
Anstalt müsste seine „Dienstanweisung und Bestallung“, vom geistlichen
Direktor (Curatorium) redigirt, zur Verfügung stellen.
Von einer solchen „Dienstanweisung“ (Kraschaitz, Graf v. d. Recke-
\ olmerstein) hörte ich auf Grund persönlicher Kennlnissnahme seitens
• ines C'ollegen: „Zu alloin, fast zum Schuhputzen, sei der Arzt durch
M-in Laien-Direetorium verpflichtet worden!“
Zur Aufnahme aller Epileptischen etc., die der Anstaltsbehandlung
bedürfen, wird jetzt Raum geschafft. Aus Communalmitteln werden überall
uossartige Erweiterungen vorgenommen. Wird auch für die ärztliche
Hülfe nur einigermaassen ausreichend gesorgt?
Mich dünkt, die alte böse Parole seit der ersten Irrenseelsorger-
conferenz (Bielefeld 1889), die damals und überall laut den Aerzten eut-
regengerufen wurde: „je weniger wir den Arzt in unseren Anstalten
*chen, desto besser ist es (für die Geistlichen? oder für die Anstalt?),“
und: „wenn es in Idioten- etc. Anstalten nur halb so aussieht, wie es
aussehen könnte, dann müssen wir schon zufrieden sein“ — diese Parole
begeht immer noch, ausgesprochen bei einzelnen Anstaltsleitern, im
füllen bei vielen! Es sickert nur wenig in die Ooffentlichkeit durch.
. wiederhole es, aber w T as man sieht, ist „Grundwasser“. Während
mer \ prtretung ergab es sich, dass in einer Anstalt bei circa 600
Insassen dio ärztlichen Visiten jedesmal in — einer Stunde beendet
wurden. Bromvergiftungen hatten in der Anstalt nie aufgehört, auch
m i ( ' r ' ertre tungszeit kam eine solche vor. Ob diese Intoxicationen
wohl als solche zur Kenntniss der Behörde gelangen oder als chronische
• agenkatarrhe figuriren? Auch dieser Punkt ist klarzustellen.
< 2 .; ' Idioten- etc. Anstalten giebt die Zeitschrift für Behandlung
• cüwachsmniger und Epileptischer, also hier ein gewiss unparteiisches
att. mbetreff der ärztlichen Tkätigkeit folgende Uebersicht.
Es waren im Jahre 1890 in folgenden Anstalten:
1. Aus- 2. Hausarzt.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
I- Möckern ...
| Schreiberhau
Nossen.
f Mariaberg . .
Stetten
Schleswig . .
*■ Ecksberg
Neudettelsau
J I’olsingen
M.-Gladbach .
[I- Deinstedt . . . ,
Hasserode . . ’
Kiel ....
Kraschnitz.
schliess-
mit
3. Bestimmte
licher
ander¬
ärztliche
Anstalts¬
arzt
weitiger
Praxis
Visiten
• ja
ja
ja
(Dr. Kern)
• nein
ja
nein
. nein
•i a
ja
. nein
•! a
ja
■ ja
ja
ja
(Arzt Mitvorstand, täglich
Besuche)
nein
ja
nein
. nein
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J a .
°- Langenhagen .
A] sterdorfer An-
r r stalt -
iJsSr*-
*:ta rg "
nein
•J a
j a
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ja
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nein
ja
ja (
nein
ja
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nein
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ja
ja (
ja
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ja (
nein
J a
I a
nein
ja
I a
nein
J a
J a
nein
ja
ja (
suchen!)
be-
(zweimal tägl. Vorsitzende
zwei Grafen v. d. R e c k e -
V olmerstein)
(zweimal wöchentlich)
lieh)
21. Neu-Eckerode. .
nein
22. Darmstadt....
nein
ja
23. Lantrach ....
nein
ja
24. Scheuem ....
nein
ja
25. Leschnitz ....
nein
ja
26. Dresden.
nein
ja
27. Bischweiler-
Oberhofen . . .
nein
ja
28. Herthen.
nein
nein
29. Mosbach.
nein
ja
30. Nieder-Marsberg
nein
ja
31. Dalldorf.
nein
ja
32. Liegnitz.
nein
ja
33. Sohland.
nein
ja
34. Gmünden ....
noin
ja
35. Savu.
ja
ja
36. Volmerdingen. .
nein
ja
37. Kloppenburg . .
nein
ja
38. Oldenburg....
nein
ja
39. Idstein.
nein
ja
40. Grosshennersdorf
nein
ja
41. Essen.
nein
ja
42. Dessau.
nein
ja
189
ja (zw'eimal wöchentlich)
ja (einmal wöchentlich)
.ja (dreimal wöchentlich)
ja (täglich)
nein
ja (täglich)
nein
ja (dreimal wöchentlich)
nein
ja (zweimal wöchentlich)
ja (täglich)
nein
nein (nur nach Bedarf )
ja (zweimal wöchentlich)
ja (zwei ärztliche Leiter)
nein (monatlich)
nein
ja (einmal wöchentlich)
ja (zweimal wöchentlich)
ja (zweimal wöchentlich)
nein
nein
Rubrik 1 und 3 haben entschieden ein pathologisches Aussehen, sie
sind Zeichen einer Organerkrankung!
Oh nun, seitdem die Anstalten für Epileptiker etc. riesenhaft ge¬
wachsen sind, hier Gesundung eingetreten ist? Auf Grund meiner Er¬
fahrungen bezweifle ich es.
Vielleicht ist das Gehalt der Aerzte erhöht, vielleicht die Zahl ihrer
Besuche vermehrt worden.
Aber sind die Aerzte überall Mitglieder der Curatorien? Haben die
entstandenen Riesenanstalten einen Arzt in ihren Mauern wohnen? Oder
ist CreYrung eines eigenen Arztes auch nur beabsichtigt? Nein, das ist
nicht geschehen. Das wird auch nicht geschehen: nicht nach officicllen
Reden ist zu urtheilen, des Pudels Kern zeigt sich nur bei besonderen
j Gelegenheiten, intra muros — nicht extra!
i Der Jahresbericht einer Anstalt für Idioten etc. liegt mir vor. Er
! stammt aus der Zeit nach der diesjährigen Auseinandersetzung. Es steht,
j dort: Eine Dienstwohnung auf dem Anstaltsgebiet selbst ist für den Arzt
i in Aussicht genommen. Ebenso wird das Curatorium gern die ärztlichen
! Kräfte vermehren, sobald die Nothwendigkeit hierzu von dem derzeitigen
; Arzte erkannt wird.
i Nun sind in der letzten Zeit in derselben Anstalt eine Kirche und
neun oder zehn zum Theil sehr grosse Häuser gebaut worden, — ftlr eine
! Arztwohnung war kein Geld übrig. Oder sollte diese noch nicht noth¬
wendig sein? Vor Jahren schon hatte derselbe Arzt, der auch heute
wiederum (zum zweiten male) der Anstaltsarzt ist, diese Nothwendigkeit
dem Curatorium in einem Promemoria dargethan, damals sein Bleiben
! unter anderem von diesem Punkte abhängig machend. Ja, er hatte das
I betreffende Haus auf eigene Kosten bauen wollen. Es ist also auch in
| diesem Fall vom ärztlichen Standpunkte aus als nothwendig anerkannt,
dass der Arzt in der Anstalt wohnt und arbeitet, wie viel mehr jotzt.
nach so gewaltiger Vergrösserung. Diese grossen Geldaufwendungen aber,
beweisen sie nicht, dass nichts fehlte als der Wille, eine Arztwohnung
zu beschaffen?
Und auch im Curatorium hat der Arzt keinen Platz — ein Platz
zum geistig Bauen ist ott theurer. als einer für ein Hausl
Es ist nicht anders, wir stehen noch unter der Parole von 1889! Lud
doch kann v. Bodelschwingh, ein Mann, dessen grosse Verdienste voll
anerkannt werden, zur „Verantwortung“ sagen: „Wir verlangen für die
Kirche nicht von ferne die Alleinherrschalt auf diesem Gebiet, sondern
wir verlangen — nur in die Mitarbeit einzutreten. Soweit mir bekannt
ist, stehen alle diese Anstalten unter staatlicher Aufsicht, alle an diesen
Anstalten Angestellten Aerzte haben die vollo eigene Verantwortlichkeit
für ihr Amt und sind niemals und nirgends einem Geistlichen unter¬
geordnet! Wenigstens ist es liier nicht der Fall.“ „Ich nehme für den
Arzt, der an einer Irren-, Blöden-, epileptischen Anstalt angestellt ist,
vollkommen die gleichen Rechte und die gleiche Autorität in Anspruch,
wie für den Arzt, der an einem Krankenhause für chirurgische und innere
Krankheiten dient — und dabei ist es völlig einerlei, ob der Staat oder
die Kirche eine solche Anstalt einrichtet. Einen speciellen Unterschied
zwischen solchen Krankenhäusern kann ich nicht mehr anerkennen! In
beiden Fällen sind es leibliche Kranke, die ärztlich behandelt werden!“
So heisst es jetzt; aber selbst durch die Erklärung der Bielefelder Aerzte
kann die Maxime der ersten Seelsorgercouferenz nicht aus der Welt ge¬
schafft werden!
Nach diesen Aussprüchen brauchen die Hallenser Thesen nicht mehr
angeführt, doch sollen sio lobend erwähnt werden. Sie besagen, was nie
angefochten ist: dem berufenen Anstaltsgeistlichen soll das Recht der
freien Ausübuug der Seelsorge gewährleistet werden. Ausserdem aber:
einträchtiges Zusammenwirken mit den Aerzten ist zu erstreben! Anders
die Berliner Conferenz; dieselbe wird noch weitere Kreise ziehen 1
Im ganzen aber könnte es scheinen, als bliebe uns nichts zu wünschen
übrig, ja, als hätten die Aerzte offene Thüren autstossen wollen! Als
wären sie die Störenfriede, die das Ruhigbeieinanderwohnen hinderten.
Es darf die Vergangenheit, es darf die Thatsache: uns ist der Kampf
aufgezwungen worden, nicht entstellt und nicht vergessen werden!
Mehr als ein Promemoria mit Klagen über Vergewaltigung, den
Aerzten widerfahren, ist geschrieben worden, ehe die ersten Strahlen einer
aufgehenden Friedenssonne haben leuchten können. Wärmen aber wer
den diese Strahlen erst, wenn unser ceterum censeo erfüllt sein wird.
Vestigia terrent, und Worte sind keine Thaten!
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190
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8
‘Mit Recht sprachen übrigens v. Bodelschwingh und Kapellmann
ihre Verwunderung darüber aus, dass, ausgenommen in einzelnen An¬
stalten, Revisionen durch die zuständigen Medicmalcommissare in den
Idioten- etc. Anstalten bis jetzt nicht vorgenommen werden. Diese Ke
Visionen verlangen wir, zumal sie Gesetz sind (vgl. auch H.
Reform des Irrenwesens in Preussen; B. Ascher, z m staatlichen Beauf
sichtiffung der Irrenanstalten; Siemens, Zinn u. a.). Das öflentiicüe
lntere g sse g erheischt eine wirkliche Beaufsichtigung, dieselbe ist nunmehr
einfach Consequenz des Gesetzes vom 11. Juli 1891 . . . ,
Was haben wir also bis heute erreicht? - Unsere Aussichten sind
nicht ungünstig, wenigstens sind unsere Hauptforderungen voll anerkannt
- abeTIrreieht haben wir noch nichts, bis jetzt. Doch für uns ist das
öffentliche Interesse, das auf dem Spiele steht, für uns ist die öffentliche
Meinung, ja für uns das Gesetz! • , f diA
Sind unsere Forderungen Thatsachen geworden, so ergiebt sich die
Stellung von Arzt und Direktor von selbst. , , , Ronif
Mn* erscheint der Modus vivendi zwischen beiden durch den Berul
selbst gegeben. Jedenfalls aber haben sich die Aerzte me auf den Wieder¬
vergeltungsstandpunkt gestellt, nie ist ärztlicherseits gewünscht wmden
das! dT GeistUchen je in eine solche Abhängigkeitsstellung kommen
möchten, wie die ist, in der bisher die von ihnen angestellten Aerzte sich
befunden hab nicht wieder Vorkommen, dass der geistliche Direktor
controllirend, um den Zügel fühlen zu lassen, fragt: „was ist b^der Kip-
penfellentzündung verordnet? Wo soll die Jodtmctur eingepmselt werd
Wie oft? Als Direktor habe ich danach zu tragen, werde auch bei ärzt¬
lichen Visiten zugegen sein!“ Oder, unter den Idioten befinden sich Epi¬
leptische; sie sind bisher nicht ärztlich behandelt worden; der Arzt er¬
klärt dies für nüthig, — der Direktor macht Schwierigkeiten. Das ist
kein Miteinander-, sondern Entgegenarbeiten. Nach dem Grundsätze
aber: schiedlich-friedlich lässt sich Hand in Hand arbeiten.
In diesem Sinne verlangte ich (Deutsche med. Wochenschrift 189 ,
No. 18) „eine zweite Stütze für die fraglichen Anstalten, dabei müsse der
Anstaltsarzt in der Anstalt selbst Wohnung haben, ausschliesslicher An¬
staltsarzt, Curatoriumsmitglied sein“. Der Azt muss, — eine selbstver¬
ständliche Forderung, — unabhängig, er muss später nur der Aufsichts¬
behörde Rechenschaft schuldig sein. , A
Sehr richtig zieht v. Bodelschwingh die Parallele mit anderen An¬
stalten, und auch ich weise auf die Diakonissenkrankenhäuser hin.
Beaufsichtigung aber des ganzen Verwaltungs- und Mitleitung des
Erziehungswesens, dazu seelsorgerische Thätigkeit, wahrlich es ist
kein kleineres Arbeitsfeld als das ärztliche, dies ist Domäne des Geist¬
lichen Oder sollte etwa eine Dreitheüung: Verwaltungsdirektor, Arzt,
Pastor empfehlenswerth sein? Zu rechnen wäre da doch auch zunächst
mit Thatsachen, zunächst mit den thatsächlich vorhegenden Abschlüssen
zwischen Landesdirektoren und Anstalten. Wie ich, urtheilen auch an¬
dere Aerzte; ich nenne nur die Namen: Eulenburg, Sick, Körner,
Bäumler, Kapellmann. . . „ ^ , tv i • «
Sie dürften aber auch kaum prmcipielle Gegner der Diakonissen¬
krankenpflege in den qu. Anstalten sein. Und dem schliesse ich mich
durchaus an, vorausgesetzt, aber auch angenommen ist dabei, dass die ärzt¬
liche Autorität, die Krankenbehandlung nicht Schaden leidet. (Vgl. auch
den Standpunkt des Professor Haupt (Halle): „Evangelische Diakonissin
und katholische Krankenpflegerin“.) . ,
Zur Zeit aber gebrauchen, in den evangelischen Gegenden wenigstens
ist das der Fall, die Diakonissenkrankenhäuser ihre Schwestern zumeist
selbst. Es besteht Diakonissenmangel; das zum Theil erklärt auch das
Fehlen einer ausreichenden Anzahl perfekter Krankenpflegerinnen m Nord¬
deutschland. Mit der Zeit wird das besser werden, und werden andere
Aerzte dann auch mit Berechtigung so zufriedene Berichte wie die
Aachener Alexianer-Anstalten geben können.
ln den letzten fünf Jahren ist bei vielen Idioten- etc. Anstalten in
der Diakonissenfrage ein guter Schritt vorwärts gethan, und zwar in
Selbsthülfe, in Gründung eigener Diakonissenhäuser. Dies Werk hindern
wollen, hiesse aufkeimende Saat zertreten. Dieser Weg würde zu keinem
guten Ziel führen, und ist von demselben abzurathen. ln einem Zeitalter,
das unter dem Zeichen gemeinsamer, christlicher, freiwilliger Arbeit steht,
wäre dies kein Fortschritt, sondern Rückschritt.
Zu Stätten von Intriguen gegen den Arzt werden diese Anstalten
nicht werden, wenn derselbe frei dasteht. Sich aufopfernde, selbst ver¬
leugnende, thatkräftdge ärztliche Wirksamkeit hat sich noch allemal Ach¬
tung verschafft. Auch das Quacksalbern wird dann auf hören, mit Recht
ist jetzt darüber zu klagen gewesen. Die ungenügende ärztliche Ueber-
wachung und Arbeit hat die hierzu vorhandene Neigung in manchen An¬
stalten so auswachsen lassen.
Noch einmal präcisire ich meine Forderungen dahin:
1) Psychiatrisch vorgebildete, fest angestellte Aerzte, die in der An¬
stalt selbst wohnen
worden Bromvergiftungen werden aufhören. Augen-, Ohrenleiden, Ver¬
krüppelungen etc. werden behandelt und gebessert, die Idioten- und Epi-
rSvünnftMten werden Heil- und Pflegeanstalten in dem Sinne werden,
wfe es der heutige Standpunkt der Humanität und die ärztliche Wissen¬
schaft mit vollstem Recht verlangt.
vtt Therapeutische Mittheilungen.
Behandlung des Anasarka. 1 )
Von Dr. J. Michael in Hamburg.
selbst wohnen.
2) Gleichstellung mit den Geistlichen (Direktoren), Sitz und Stimme
im Curatorium.
3) Staatliche Revisionen durch den Kreisphysikus bezw. Medicmal-
rath; später auch durch eine neu einzurichtende psychiatrische Central¬
behörde.
Sind diese Forderungen erreicht, so sind auch „Teufelaustreibungen“
nicht mehr zu fürchten. Väter und Mütter werden ihre Kinder in den
Anstalten nicht mehr nach ihren Vorschriften behandeln lassen können.
Riedeselblut l ), Eistemasche, Dresdener Diakonissenpulver werden Curiosa
x ) cf. Gottfried Samuel Bäumlers Mitleidiger Artzt, Strassburg
Verlegte J. R. Dultzecker 1731, Kapitel XXII, Von der Unsinnigkeit:
„Dieses war ein geheimnis der seel. verstorbenen Fürstin zu Weisenheim,
womit sie viele rasende auch andere melancholische leute curirt hat.“
Es ist mir häufig aufgefallen, dass ein grosser Theil gerade sehr
erfahrener Collegen, wenn es sich um die Behandlung eines mit Anasarka
complicirten Falles handelte, gegen die mechanische Entfernung der Flüssig¬
keit eine gewisse Abneigung zeigte, obgleich doch zweifellos durch diese
Maassnahme, wenigstens momentan, für die Patienten eine wesentliche
Verminderung ihrer Beschwerden erzielt werden kann. Ebenso wenig
herrscht eine Einheit der Meinungen betreffs der anzuwendenden Methode
das Wasser zu entleeren. Erklärlich wurde mir beides bald durch die
Unvollkommenheit und Unzuverlässigkeit der bisher angewendeten Ver-
fahrungsweisen. Solcher Methoden giebt es bekanntlich zwei Die ältere
derselben, die schon aus dem Zeitalter des Hippokrates stammt, ist die
Entleerung durch kürzere oder längere Hauteinsckmtte. Diese Methode
ist in jüngster Zeit von Gerhardt wieder vertheidigt worden ^ Aber
die Nachtheile und Unzuträglichkeiten derselben sind doch recht grosse.
Im besten Fall, wenn alles nach Wunsch verläuft, muss der Patient fort¬
während im Nassen sitzen, was für die ohnedies schwerkranken Leute
eine neu hinzugefügte Belästigung ist und auf das nieist vorhandene, Herz¬
oder Nierenleiden doch sicher nur unvorteilhaft wirken kann. Ausserdem
aber droht hier stets Wundinfektion in Gestalt von Erysipe oder Phleg¬
monen. Dass bei der grossen Menge der abgesonderten Müdigkeit hier
die Anwendung der Antiseptica irgendwie schützen kann, glaube mtL
nicht; ich würde im Gegentheil befürchten, durch dieselben die Wider¬
standsfähigkeit der Haut herabzusetzen un ^.Infe^onageWir m w
grössern. Ausserdem kommt es vor, dass die Schmtte wieder verkl
oder sonst nicht genügend absondem. .... , «
Die zweite Methode, die seit circa 25 Jahren existirt und Dach
Gerhardt (1. c.) an mehreren Orten zu gleicher Zeit erfunden wurde, ist
die Punction mit Southey’schen Röhren oder Probetrokaren, verbunden
mit Drainage. Wenn diese Methode gelingt, ist sie sehr schön und
zweckentsprechend, indessen kommen auch hier unliebsame Zwischenfälle
vor. Erstens Wundinlectionen; ich habe freilich dieselben noch nicht er¬
lebt, doch ist die Anzahl meiner Erfahrungen nicht sehr gross und dahei
ein glücklicher Zufall nicht ausgeschlossen. Ein sehr grosser Uebelstand
iedoch ist, dass die Röhren nur sehr langsam das Wasser entleeren und
sich sehr leicht verstopfen. Die gewöhnlichen Probetrokare sind den
Southey’schen Röhrchen vorzuziehen, denn die letzteren haben auss
den unteren auch noch seitliche Oeffnungen. Durch diese soll sich auch
noch mehr Flüssigkeit entleeren. Dies ist sehr schön gedacht, aber es
geschieht nicht, vielmehr wachsen in die seitlichen Oeffnungen sehr schnei
kleine Granulatiousknöpfe hinein, welche das Rohr verstoplen un spi
auch die Entfernung desselben schmerzhaft machen.
Ich möchte Ihnen nun im Anschluss an einen Fall, der auch sonst
manches Interessante bietet, eine Modification der Punctionsbehandlung
mittheilen, welche die angegebenen Unzuträglichkeiten vermeidet und aci
deshalb ganz vorzüglich bewährt hat. . . , , T ,
Patient, ein 40jähriger Kaufmann, leidet seit seinem siebenten J
an Asthma bronchiale. Das Asthma wurde von den verschiedensten Aerzten
in jeder nur denkbaren Weise behandelt, jedoch ohne den {? eri ^p s e ,
folg. Seit zwölf Jahren befindet sich Patient in meiner Behandlung, um
ich habe keines der empfohlenen Mittel unversucht gelassen, un
einzigen Resultat, dass ich bei den allerschlimmsten Attaquen i
schwerden durch Morphium etwas lindem konnte. Die Anfälle s
einer Intensität, wie man sie selten zu sehen bekommt. Aut aer
derselben macht Patient den Eindruck eines Moribunden. Wenn er sic
trotzdem fast 30 Jahre lang bei relativ gutem Allgemeinzustand erhalten
hat, so hat das darin seinen Grund, dass die Krankheit Pausen macht,
denen er sich wieder erholen kann. Das Asthma tntt alljährhc
Anfällen von mehrmonatlicher Dauer auf. Einer derselben ersc
Mai und dauert bis zum Juli, der zweite erscheint im ^ oveD ? re
dauert bis Februar. Die Sommerattaque pflegt die ^ ei weitem g
zu sein. Während also, wie gesagt, bis vor einigen Jahren lati^tm
den Zwischenzeiten ziemlich frei war, stellten sich dann die u , ,
liehen Conseeutiverscheinungen ein, ein allmählich hochgradiger w ...
Emphysem, Hypertrophie des rechten Ventrikels, Leberschwellung,
minurie, Schwellung der Venen an Armen und Beinen und > .
Dem Frühlingsanfalle lolgte seit drei Jahren ausserdem eme y_ on G urc h
Anschwellung der Beine, welche sich in den ersten beiden Jmlt .
interne Therapie, speciell durch Anwendung der Tinctura fen: j
(nach J. P. Frank) beseitigen liess. Nach dem letzten Anfall i •
erkrankte Patient mit Icterus und sehr stark vergrösserter Leb •
gesellte sich bald ein sehr intensiver Hauthydrops, welcher
Mediation (Digitalis, Calomel) eine grosse Ausdehnung annabm, s
der sonst ziemlich magere Patient zu emer unförmlichen M | ßn
schwollen war. Obgleich Hydrothorax imd Ascites ausgeschlosseni ^
konnten, machte der Zustand dem Patienten ausserordentliche öe r. - nen>
weil er vollständig unbeweglich sitzen musste mit gesperr e
welche die Dicke von Elephantenbeinen erreicht hatten und ein
x ) Vortrag, gehalten im ärztlichen Verein zu Hamburg am 19- D
cember 1893.
3 ) Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 7.
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Gck igle
Original ffom
UNIVERSITY OF MICHIGAN
22. Februar.
von Mannskopfgrösse. In diesem Zustand wurde er von
er sich erholen sollte, nach hier zurückgebracht Ich ’ W0
beiden Beinen je eine Punction mit einem ^
befestigt war. Auf jeder Seite entleerte sich circa >/, IFIüsffgkeUDaX
hörte die Secretion wieder auf. Der Zustand hatte s.Vh “ 8 »JgKeit. Dann
verbessert, und die Sache wurde dringlich theih weLi d P T • 7*™
schlechtemden Allgemeinzustandes, besonders jedoch wco-en T 1 er ‘
Gangrän des Scrotums. welches dunkelblanrothund vom herüherfl^ 011 ^ 11
Inn exconirt war. Ich verfuhr deshalb in folgende? ü - [< * seü { en
statt der Probetrokare zwei dicke Trokare mit efncnf T„ “ 86: lch 0 nahm
Um dem Patienten die schmerzhafte Empfindung beim UpiLv\ 3 T*’
Drains über die Trokarröhren zu ersparen?z 0 T? c hdSL?? Z1 f hen des
führen über das Rohr, stach den Trokar dimck°dm ^ V0 L de . m Em -
die Röhre hindurch ind machte iT dem t ? e \ Drams ™d
Punction. Die kleine Oeffnung schliesst sich hint^d™?V nStrUment die
T* (Fig. 1, Diese Methode ÄnTCs“
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
191
Koinigimgsdraht
Trokar
Aufsatz -
Darehsticbmethodc.
Kare in einem t« ^“ as “FKa. Auch in dies
^okare heraus ifnV^r 11 E( und Flüssigkeit.
“J dUS \ und die Wunden w,,rL„ ^
» vT“ und die Wunden Pann . ri ss der Patient die
^•Uos sen Auch iie“s d “ich dfn D d?nn mit Jodof ormcolIodium
t Allgemeinbefindens rnncfL- dann , em .e wesentliche Besserung
r ‘W e m, obgleich Paüent hirtü^ ■ Iuer , trat keine Spur von
J r die Beme laufen kess und v™ * • b öd ? 1 T nniff L und unsauber war. Urin
«enpss. ÜG8S Und von semer Umgebung kaum irgend welche
ügkchen^Da^^^ Fäll - n die , Puilcti ou des Anasarka
1 . ‘'ich eben meistpna ab ®*h wie in dem oben mitgetheilten
^'» handelt, bei dem nur efae“” Unbeilb6 r es J fortschreitendes Grund-’
«nsch™ kann. Jedoch ^“F tomatlsc : he Behandlung zeitweilige
«»«heuswerth. aber eine M»in / h un ! 4,686 zu erreichen, ist es
«St mcllt zu I »iig S amen I \Muss 2 d J n f ditJ ein6rs6its fdr einen
.«il OologcnheU zue ,- Hj u? P . S . gar ?S tlrt ' <“*>reraeits
vM 1Catlon w ird auch am ho dü ^ e ^ 1011 bietet. Die Erfüllung der
v, V «topft sich die Röhrp , sten der zweiten Rechnung tragen.
»irj l, d * p Abfluss einfach auf V P . robe f tro . kars mit einem Gerinnsel,
FlL? s ens das Gerinnsel naph /. ersto £ ft ? lch d <* dicke Trokar, so
Wh macht aus ? st<) ssen, uld man T de ? du ™ h die nach dringende
acht a ach dies eine nnHphe ß d u dasselbe * dem Abflussgefhss.
eme unliebsame Verzögerung, denn es kommt
— 1 Draiu
Neuer Punctionstrokai
baden beschrieben und sie wird jetzt auf mehreren
Kliniken angewendet, allerdings mit der Modifiea-
tion, dass der Name des Autors verändert iqf. T)n C
Instrument sowie das Drain waren in Salicvllösung
getaucht und letzteres mit der Lösung gefüllt so
Trukarröhre Drains T *°$ Wwh ^nen konnte.
üie Drains tauchten dann m ein Gelbes mit Soli
und^CrdDid’ ^ . Tr ? karrühreu wurden “ mit Watte'
fnW ^ ,odlu ™ i n , lhrer La #e befestigt. Den Er-
folg dieses \ erfahrens in diesem Falle darf ich
als mehr als glänzend bezeichnen. Es entleer
ten sich durch diese beiden Trokare in fünf
«jten beide ziemlich «uglmcher 7oit U wohHus , M ^ llss ^ffkeit. Dann ver-
PTgo, wurden entfernt und rli« Qt lf ' t Mangel an der nöthigen vis a
Hebt. Das noch SeChlt^ Jodoformcollodium und Watte ver-
rt^desKö^rümfaSs atf »Ä 1 s r ff ^ im Verhältnis* zur Ab-
eines Brennnesselinfuses^ unddpr^ Tinnt^ ü ? ter . de 1 !? Gebrauch der Massage,
™*enge von 5oä g auf ’fflä)^*““5“ bob 8fcb ^ie
14 Tagen war die letzte n J ^° 0 ) und wurde eiweissfrei. Nach
f ath Entfernung der TroC e d ko^ e tl e p^* Ve ? CL ' V 5 üde - n ^ Und drei Wochen
Er ist seit der Zeit wohT ho Wieder m ’ s Geschäft gehen,
p ] .= e Winterattaque seines Astlim^f 5 ^ 1 ^! J?d.die Anfang November
; " K11t hat sich trotz des so teimlich at if' cU b,S nicbt ei “gostellt.
kfttmsgemaebt, als in frieren fahr scb ' ver ? r ?V Anfalles viel schneller
Auseinandersetzung znrOckkromniei t“^ lcb nocb am En<le dieser
3*’« dritten Tage ab „ ac h der P? d /• Inter6 f?“ nt war es noch, dass
infolge des grossen ?v d P '“ ct 'on, wohl ebenso wie bei der
S*f. 'ierzfhn TafraldCTd d U?teS A ^/“^merzen einstcllten
i-rderiich machten. k “ Iten ttnd * e Anwendung des Morphiums er-
AXr^vJrf^e^b^ der Freundlichkeit des Collegen
M°rbus rordis und Anasarka a? t 7 f . e “? n ^ dementen Mann hiit
Ure m e,npm nasarka. Auch in diesem Fall entleerten die Tro-
Oeffnunge'n ‘ioÄVi^"«'W'^ iCb8 ‘ ^ ig
und je weniger Eingangspforten J fla u J ? kür zer die Zeit
zur Infection. Diesen Aufgaben zu pnnfWn 1 w ^ ni .^e r Gelegenheit
Strumentarium construirt (Fig 2) g ü ^ en ’ babe lck das folgende In-
Bein E l?nI r ° k D^ ! W* ^
ziemlich kurz, damit etwaine Bliita-PT? Urcb i m f S - Ser und sind
stossen werden können üfe ranfflonh S k leick ter ausge-
damit sie möglichst in spitzem Wrifkoi baben keine Platte,
können; denn wenn sie das TTntprha t ei °& es bochen werden
Fascie oder Muskulatur l!irnthon tgeW °, be , verfßblea und in
Sollte ein Blutgerinnsel nicht sehr’hnM erfol ^ t kein Abfluss,
so kann man dSsBelbJ mit einem Draht*^ w 0 erden -
ausläuft, leicht herausziehen Dur nri i« \ ü . e l ne Spirale
leicht improvisiren. Um für denselben h dip ä p St « 1 i° h übri ? ens
zu machen, habe ich auf die oben beschrilhono^? z ^g ä ngig
weise des Drain verzichtet Dasqplho 0 ^ ? ®. ef estigungs-
Kappe befestigt und kann n! tr V ld au / dleser kleinen
rr,-..* Kä-ä ä 5 ä^ -£ ™'» Sfäss-*
CoLrrhat z^feSdc^ZwöcT k T ‘»
zu schützen und damit widerstandsLger™ erhalten g6gen Ben6teu »g
.i.
Bsmüi
viertens kann es schliesslich für den aS&
AnsflisfX e Ä r D . Infu . sion8n “ llcl “ ur >/. Liter SÄtelS? Z
Ausfluss am rechten Bein einmal ms Stocken gerietb, konnte er durch
brwhtTefdeT 3 Blutg6nnD66ls mit de '» Draht'leicht wieder in Gang gl
Witter internationaler medicinisclier
Congress. Rom, 29. März bis B. April 1894.
Die Eröftiiung des Congresscs findet Donnerstag, den 29 März 1894
Morgens, ,m Costanzitheater (in der Nähe der Via NazioSale) Im Beisein
Sr. Majestät des Königs von Italien statt.
m ...r aS , V ,° rliiU ? g0 Programm der Congresswoche ist folgendor-
SrCdkÄ li MlttW0C n dcn 28 - Miirz: ErOfri-g der Ausstellung
Inn,, ,l , “ d H .'g! 6ne - Donnerstag, den 29. März. Morgens: Eröff-
30 V“ s°S gri if S T C T s f Naehjmttags: Wahl der Functionäre. freitag, den
ij ' 1 “’- 8 llls , 3 l . ?hr , : Sitzungen der Sectionen. 4 Uhr: erste Plenar-
?mr°. jTt Dä - d f“ 31 - b £ ära ’ 8 bis 3 Dtr: Sitzungen der Sectionen.
, P J lena ^ tz . U ?,?-„ Sonutag ’ der L A Pril. bleibt frei, um zu
den 2 S Anrii aC 8 w? Q? 0nuull ‘ benl ‘ tzt wer den zu können. Montag,
.Z,i n-’ 8 . b J üb S : Bitzungen der Sectionen, 4 Uhr: dritte Plenar-
E den ., 3 ' Apnl. 8 bis 3 Uhr: Sitzungen der Sectionen.
4 Uhr. vierte Plenarsitzung. Mittwoch, den 4. April. 8 bis 3 Uhr-
Sitzungen der Sectionen und Schluss der Ai-beiten, 4 Uhr: fünfte Plenar-
Morg^s:' sZasJ^unt^ ^ Sedi ° ne "' D ° nBerStag - den 8 ' Aprib
Via f?inm lei r rS a ZUn v?? u ? d Y?. rt rSge werden im Amphitheater Eldorado
i^ Polikfioikum abÄon ° DaIe) - ** SUzUngeD der SeCti ° ne "
n tZUDg ? n S L ad * 0 , g ende Vorträge angemoldet: Babes
^ukarest). Die Stellung des Staates zu den Resultaten der modernen
Bactenenforsckung. Bizzozero (Turin): Accrescimento e rigenerazioue
Brouardel (Paris): La lutto contre les epidemies. Cajal
(Madnd): Morphologie des cellules nerveuses. Danilewsky (St. Peters¬
burg): Le role biologique du phosphore dans ses eombinaisons organiques.
Poster (Cambndge): The Organisation of Science. Kocher (Bern):
t 1 “ 6 5 öse JT e - Jacobi (New-York): Non nocere! Laache (Christiania):
nypcrtrophie ldiopathique du coeui* et la degeneration du inusch*
D . ! ) Uas Instrument wird von der Finna Bodenkeimer und Schuster,
rickhuben 4 m Hamburg geliefert zum Preise ven 8 ^Mark.
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Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MTHDTfilKTSCHE WOCHENSCHRIFT
No. 8
192
^fS:rÄ£ 2 ?i»i=rEs:
SSu S ObjL.te! l 2 aV'dio Mcdicin, die Hygiene und das Bau-SamtMs-
weseu Bezug haben, in sich j™ d e ™f?“ offldeUen Sprachen des Congresses
rL’ssÄT-ÄTÄ
rjafewttc K,sf,,?s't
S?l“oto S. B iSSStaT&ta^ ta Hotel“ und Privathäuseni
^^rimTld^nnd Auskunftsbureau. Die Congressbesuche,
r t;r%-Ä£ s rri? fr tärSss*
ci “SÄ ä«Sr-’5 ÄS"SÄ
, ■ tiroir>v>ft «ir>h 711 inscribiren wünschen, könnGn m einem diesei
beidenBureaux gegen Erlegung der Gebühr Mitgliedskarten erhalten. Die
Mitgliedskarte ist unbedingt erforderlich, um Zutritt zu den Raumen des
tur Ausstellung, in die Spitäler, Museen, Kunstsammlungen
? s S w1u eritngeu towte zur Theilnakme an allen Festlichkeiten, zu
welchen keine besonderen Einladungskarten ausgegeben wer ™ ,
Die C’orrespondenz der Congressmitgliedei. Im Polikümimm
i<t ein königliches Post- und Telegraphenamt mstallirt, welches zu allen
Expeditionen befugt ist. Briefe und Telegramme, deren Zustellung in
* 'R ur eau des Congresses gewünscht wird, sind zu adiessiren. (P.
E adressirte Correspondenzen werden den Adres¬
saten im Anmeldebureau im Poliklinikum zur Verfügung stehen. Die
dort während des Tages nicht erhobene Correspondenz wird^bend®, naA
Schluss der Sectionssitzungen, in das Bureau in der Genova überführt
werden. Die Herren Congressmitglieder können sich dieses Mittels be¬
dienen, um rasch und ohne Francaturspesen untereinander brieflich zu
verkehren. — Die Bureaux des Congresses werden denselben Weg be¬
folgen um den Herren Congresstheilnehmer ihre Mittheilungen zu-
k ° m B 6 ureaux^der fremden Nationen. Die ausländischen Comites
werden im Poliklinikum über besondere Bureaux verfügen, m welchen
sich die Herren Congresstheilnehmer zusammonfinden und Auskünfte ei-
halt6 V k e Ö chse 1 s tub en. Zur Bequemlichkeit der Herren Congressbesuehei
werden im Bahnhofsgebäude, im Bureau in der Via Genova und im
Poliklinikum Wechselstuben installirt sein.
In den dem Publikum zugänglichen Bureaux des Congresses werden
die vier officiellen Sprachen des Congresses: italienisch, deutsch, franzö¬
sisch und englisch, gesprochen werden.
Verkehrsmittel. Das Poliklinikum ist vom Centrum Roms
(Piazza Colonna) nur 15 Minuten weit entfernt; besondere Omnibus- imd
tramwaylinien werden dasselbe mit den regelmässigen Limen der inneren
Stadt verbinden. Nächst dem Poliklinikum werden ständig ein- und zwei-
SDünuige Wagen zu finden sein. Die Herren Congressbesuchor werden
in den Gebäuden des Congresses ein Post- und Telegraphenamt, ein
Telephon, sowie Lese- und Schreibzimmer finden.
Besondere Festlichkeit en werden den Congressbesuchern zu Ehren
veranstaltet werden. Am*Abend des 28. März wird das Organisations-
comite die Herren Congressmitglieder und deren Damen im Palaste der
raedicinisch-hygienischen Ausstellung festlich empfangen. Die Stadtver¬
waltung Roms wird auf dem Capitol einen feierlichen Empfangsabend für
die Herren Congressmitglieder und deren Damen veranstalten. Ein Comite
römischer Bürger wird" die Illumination der Platea Archeologica veran¬
lassen. Den Herren Congresstheilnehmern wird an den Thermen des
Caracalla ein Lunch augeboten werden.. Andere Festlichkeiten sind in
Vorbereitung begriffen. In Rom hat sich ein Damencomitd constituirt,
welches sich die Aufgabe stellt, den Damen der Congressmitglieder den
Aufenthalt in Rom so angenehm als möglich zu gestalten. Die mit der
Gastkarte versehenen Damen der Congressmitglieder sind zur Theilnahme
an den Festlichkeiten berechtigt, _ ....
Eine Erinnerungsmedaille für die Herren Congressmitglieder wird an
dieselben vertheilt werden. Dieselben erhalten ferner einen besonderen
Führer für Rom, in sehr schöner Prachtausgabe, zum Geschenk. Zur
Anmeldung zum Congresse und um der Reisebegünstigungen theilhaftig
zu werden, genügt die Einsendung einer Visitenkarte an das General-
Secretariat des NI. Internationalen Medicinischen Congresses in Rom, von
welchem man postwendend die nöthigen Legitimationspapiere empfangen
wird. Anfragen um Auskünfte irgend welcher Art sind ebenfallsten das
Goneral-Secretariat zu richten.
XIV. Kleine Mittheilungen.
TWlin Dass die neuere sociale Gesetzgebung mit besonderer
Rücksicht auf dje^ti^eM^cin
stände an^Brandenburg jetzt cingebrachten Anträge befürwortet.
Äafess
dan, Saatz und A. jj 3 j s t nothwendig, dass die Studirenden der
beschUesser.zu erklären: « |^Tniss von den für den Arzt wichtigen
Medicm auf < ^ er ” n 1 . , Unfall- Alters- und lnvaliditätsversicherungs-
Bestimmungendes Kranken , m kUnischen Unterrichte
gesetzes ^langem 2 )^Es st Demon6to ,tionen mit dem Begriff der
BSSÄI
soliderer Rücksicht auf das Krankenkassen- und Unfallgesetz von Pro
^ SS»“ « H„
Prof. Dr. Sonnenburg zum Delegirten für den internationalen medici-
nischen Congress in. Rom ^ Mediein vom
17. Februar hielt zuerst Herr Leyden einen ^^empfundenen Nachruf
für den verstorbenen Professor Billroth, zu dessen Ehren sich die Ue
Seilschaft von ihren Platzen erhob. Darauf demonstnrteHen Klemperer
einen Fall von tiefsitzender Strictur des Oesophagus infolge
ventriculi simplex mit Divertikelbildung (Vormagen), welcher von der erste
C A S £wn u H nrKiem a p r e-.’Än wurde in
die Discussion dt Vortrages von Herrn
laufene septico-pyämische Erkrankungen nebst Bemerkungen über a
De ™^o^'of i t s fa«fl!t r dWgireuder Arzt der chirurgischen Abtheilung
des jüdischen Krankenhauses hat denProfessortitel^
unserem verehrten Mitarbeiter zu dieser wohlverdienten Auszeichnung
unsere herzlichsten Glückwünsche dar. j- Talires
_ Professor Dr. C. v. Noorden legt am 1. April dieses Jahres
seine Stelle als erster Assistent an der zweiten medicnnschen Umversitets-
“^AnfEinladung der Herren Dr. Becher, Hartmann und Küster
versammelte sich am 19. dieses Monats eine tT-üssere Anzahl hiesig
4erzte um über die noch vielbestrittene Opportunität der Gründung
‘eines Waarenhauses für Aerzte eine Ve [ s ^“^f d n ® /“"ferren
Nach längerer Debatte wurde eine Commissmu bestehend aus _dcu H ^
Hartmann, Philipp, Reinsdorf, Ruprecht, SperliUoi % n p _
Eulenburg mit der Ausarbeitung eines speciellen Programms i
richterstattung beauftragt. ^ ^ der med!ci mschen Facultät und
im St. Vincenz-Krankenhause eine Abtheilung für Unfal
nchtot Ueber ^ Thäti keit der Heimstätte für Verletzte te Nmdei-
Schönhausen bei BerUn veröffentlicht der d^guende Arzt deiselb^,
Dr. G. Schütz, einen zweiten Jahresbericht (Lomm. venag
F. Schneider & Co., Berlin). n-osell-
_ Alvarenga - Preisaufgabe. Die Dufeland sch ^
schaft hat in der Sitzung vom 11. Februar 1894 aus
Preisaufgabe zu stellen: Ueber Automtoxication vom I beträgt
und über Verhütung und Beseitigung derselben Der 1?»» £ d ?n
800 Mark. Einzureichen sind die Arbeiten bis zum \*^^ Profe88or
Vorsitzenden der Hufeland sehen Gesellschaft, G . • müssen
Dr. 0. Liebreich, Berlin W., Margarethenstr. 7. Die.^Seichenden
mit einem Motto versehen sein, welches auf einem dabei ° gich befin den
Briefcouvert, in dem eingeschlossen der N^e des \ er « Französ isch.
soll, zu stehen hat. Zulässige Sprachen: Deutsch, Englisc , r ^^
Die nicht preisgekrönten Arbeiten werden aiff Verlange Zuerthei-
1895 den Einsendern zurückgegeben. Die Bekanntmachung
lung des Preises findet am 14. Juli 1895 statt. 011 c R «rordentlichen
b - Universitäten. Königsberg i. Pr. Dem ausserorclen^ ^
Professor in der medicinischen Facultät Dr. A. Der ordent-
Charakter als Geheimer Medicinalrath verliehen, ' ist ’ m den
liehe Professor der Geburtshülfe und Gynäkologie Doctoren
Ruhestand getreten. Als Pnvatdocenten h ^ be ^_^ h - 1 ^ e un d Otologie.
Stadirini für Anatomie und Toti für . czki haben
— St. Petersburg. Die Doctoren Ketscher und [ Jr miHtärmedicinischen
sich als Privatdocenten für innere Medicm an / p ro f e ssor der
Akademie habilitirt. - Stockholm. Der ^„Xso? 'toi KarcüUcheu
Chirurgie J. W. Berg ist zum ordentlichen P , r ^ ess ^ r Der em critirtcProf,
medicinisch-chirurgischen Instituts ernannt worden. Polster ist zum
H.A. Abelin ist gestorben. - Helsmgfors. Dr. Rud. Koisne
Docentun für pathologische Anatomie ernannt worden.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag ft* 1. März 1894.
DEUTSCHE
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr; Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Enlentmrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lützowstr. 60a. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31.
1. Aus der inneren Abteilung des städtischen Kranken¬
hauses am Urban in Berlin.
Ueber eigenartig verlauf eite septakopyämische
Erkrankungen nebst Bemerkungen über acute
Dermatomyositis. 1 )
Von Professor A. Fraenkel.
Es ist eine bekannte und den Aerzten geläufige Thatsache,
dass im Verlaufe einer grossen Anzahl acuter Infeetionskränkheiten,
ja wir können sagen bei der Mehrzahl derselben, der Krankheits-
process gar nicht selten zu dem Auftreten gewisser örtlicher Sym¬
ptome an den peripheren Körpertheilen, der Haut, den Gelenken,
den Knochen etc. Veranlassung giebt. Ich habe hier natürlich
nicht bloss die exanthematischen Infeetionskränkheiten im engeren
Sinne des Wortes, welche ja eine Gruppe für sich bilden, im Auge.
Als Beispiele solcher peripherer Localisationen, soweit dabei zu¬
nächst die Haut in Betracht kommt, führe ich in erster Linie die
Roseola an. welche wir, wie beim Typhus, auch bei anderen Infec-
tionskrankheiten, so bei der acuten Miliartuberkulose, der Meningitis
cerebrospinalis gelegentlich antreffen und welche in Gestalt der
Roseola typhosa eine echte Localisation des Typhuserregers dar-
stellt. In entsprechender Weise wie sie, sind die meist unter der
Form von Petechien erscheinenden Hautembolieen bei der Endocar- I
ditis ulcerosa aufzufassen. Noch nicht genügend gewürdigt und
zum Theil auch von anderer pathogenetischer Bedeutung sind gewisse
Formen der Hautausschläge, welche in die Kategorie der Erytheme
gehören und trotz ihrer Seltenheit höchst bemerkenswerthe Compli-
cationen verschiedener Infeetionskränkheiten bilden können. Ich
werde auf dieselben im Verlaufe meines Vortrages nochmals zurück¬
zukommen haben, da hinsichtlich ihrer Entstehungsweise eino gewisse
Analogie mit einigen derjenigen Processe besteht, welche den eigent-
lichen Gegenstand meiner heutigen Auseinandersetzungen ausmaehen. :
hier sei nur bemerkt , dass diese Erytheme, welche bald sich unter |
dem Bilde eines Erythema multiforme, bald als scarlatinaartiges
er morbillöses Exanthem darstellen, gleichfalls bei einer Anzahl, |
! rei ?/ r . sen nac h durchaus von einander unterschiedener Infections- ■
rankheiten gelegentlich zur Beobachtung kommen. Unter ihnen
uire ich wiederum den Typhus, ferner Diphtherie, Scharlach,
-_asern, einfache Angina, Endocarditis, Septicämie, Gonorrhoe und
lind m L-n können wegen ihrer Aehnlichkeit mit Scarlatina I
, -' lor 'ulhn sehr leicht zu schweren Täuschungen Veranlassung
? en una die irrthüraliche Meinung erwecken, dass sich zu der 1
an ^ erer Ursache hervorgegangenen Grundkrankheit eine 1
Di.; 1 ’ -t a* exatl th em ^tische Krankheit secundär hinzugesellt habe,
das • dl ° e * ne ^ res Interesses. Die andere besteht darin,
artippr ( \ P + SeCU ^ ären El 7 tbeme, obwohl sie oft genug ganz gut-
vorsrin•7 Ur sin( * un d nac h einigen Tagen ihres Bestehens wieder
"■empinE« e f’ ail( * er . e Malö mit den schwersten Störungen des All¬
ste f . aaens ’ mit hohem Fieber, mit den Symptomen eines
kurzpr F • f° SUS ’ e * ner ^ndtiiehen Intoxication einhergehen und in
bei der ♦ ZUm ^°d e Ifibren können. Es handelt sich nicht, wie
kung des e,rWäimten Gruppe von Hautausschlägen um eine Wir-
lich stett pnm S ren Eran kheitserregers, sondern höchstwahrschein-
um becundärinfectionen. In neuerer Zeit haben nament-
Berlm Januar Kulten im Verein für innere Medicin in
lieh französische Aerzte ! ) auf sie die Aufmerksamkeit gelenkt, und
scheinen sie im allgemeinen mehr bei Kindern, welche von den in
Rede stehenden Infeetionskränkheiten heimgesucht werden, als bei
Erwachsenen vorzukommen. Die sie veranlassenden Secundärin-
fectionen nehmen in der Mehrzahl der Fälle-ihren Ausgang von
Ulcerationen des Mundes und der Halsorgane, der Lippen,
Wangen, Raohenschleimhaut oder von aphthösen Geschwüren der
Zunge.
Eine zwar gleichfalls nicht gerade häufige, darum jedoch prak¬
tisch nicht minder wichtige Form der peripheren Erkrankung sind
die Gelenkaffectionen, die sich zuweilen ebenfalls im Verlaufe
der verschiedensten Infeetionskränkheiten, bei Sepsis, Scharlach,
Typhus, Dysenterie,^ Diphtherie, Pocken und Pneumonie entwickeln
können. Es sind oftmals nur seröse, unter Umständen jedoch auch
eitrige Entzündungen, die in letzterem Falle besonders durch die
Schwere der Complication Bedeutung gewinnen. Scheinbar noch
weniger häufig sind die Knochenaffectionen und am seltonstcn
jedenfalls Muskel erkrankungon. Nicht ohne Grund sage ich von den
Knochenaffectionen, sie seien nur „scheinbar“ seltene Localisationen
der Infectionsträgor bei den acuten Infeetionskränkheiten. Denn
diejenigen der Herren Collegen, welche der vor kurzem stattgehab¬
ten Festsitzung der Berliner medieinisclien Gesellschaft zu Ehren
Rudolf Virchow’s beigewohnt haben, worden sich der interessan¬
ten Mittheilung Ponfick’s 2 ) erinnern, dass bei verschiedenen In-
fectionskranklieiten (Typhus, Scharlach, acuter Gelenkrheumatismus,
Endocarditis) gar häufig nach dem Tode Veränderungen am Knochen-
System gefunden werden, welche nicht nur auf einzelne Theile
desselben beschränkt sind, sondern fast das gesanunte Skelett be¬
treffen. Es handelt sich um oberflächliche Usuren der Corticalis
der Knochen, welche von einer Wucherung der inneren Periost-
schicht ausgehen und durch granulationsartige, aus derselben hervor¬
wachsende Gefässknospen verursacht werden. Dass diose periostalen
Entzündungsvorgänge an gewissen Punkten des Skelettes, nament¬
lich an den Röhrenknochen, aber auch an den platten Knochen,
den Rippen, dem Becken, dem Schädel, einen besonderen Intensitäts¬
grad erlangen und wegen der damit verbundenen Schmerzhaftigkeit
zu überaus qualvollen Beschwerden der Patienten \ eranlassung
geben können, wissen wir ebenfalls aus einer Reihe neuerer klini¬
scher Beobachtungen. 3 ) Der entzündliche Process braucht keines¬
wegs auf die Knochenhaut beschränkt zu bleiben, er kann sich
mit einer wirklichen Ostitis bezw. Osteomyelitis verbinden und
sogar zur Eiterung führen. Mag die eine oder die andere Affection
vorliegen, jedenfalls handelt es sich auch hier um Vorgänge, die in
letzter Instanz auf Bacterieneinwirkung, sei es auf einer solchen
der specifischen Infectionsträger der ursprünglichen Krankheit, sei
es auf einer hinzugetretenen Mischinfection, beruhen.
i) Hutinei et M. de Gimard, Eiytheraes infectieux>dans ln fievre
rphoide. Med. moderne, 1890, p. 81, 101, 124. — Hutine 1. Notes sur
□elques erythemes infectieux. Arch. gön. de med. 1892, bept. et Uct.
-Jean Mussy. Contribution & l’etude dos örythemes infectieux etc.
h&se de Paris 1892. . .,.
») P|onfick, Ueber Metastasen und deren Heilung. Herl. klm.
Vochenschr. 1898, No. 46, p. 1114 u. fl. . .
3 ) cf. G. S. Freund, Knochenentzttndungen in der Keconvalescenz
on Typhus abdominalis. Iuaug. Dissert, Breslau 1885. — \V ltz0 J; B« 3
relenk- und Knochenentzündungen bei acut-infectöson Ei-krankun^en.
lonn 1890. — F Urb ringer, Zur Klinik der KnochenentzUndunptii
f'phösen Ursprungs. Verhaudl. des IX. Coiigr. für innere Median. V\u..-
aden 1890, p. 207 u. ff.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
194
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFL
No. 9
Ebenso wie die zuletzt geschilderten Erkrankungsformen der |
peripheren Theüe zählen die auf infectiöser Basis beruhenden
Muskelerkrankungen, wofern wir von der nicht hierher gehö¬
rigen Trichinosis absehen, zu den klinisch seltener m die Erschei¬
nung tretenden Affectionen. Es kommen hier eigenthoh nur in
Betracht die wachsartige Degeneration der Muskeln beim I
tvnhus, welche jedoch mcht einen entzündlichen, sondern einen,
degenerativen Process darstellt; ferner die Muskeierki^ankimgen bei
Svnhilis die in zwei verschiedenen Formen, als ciicumscripte
gummöse oder als diffuse ächte Myositis (letztere ^ kleinzelliger
Infiltration der Muskelinterstitien und Wucherung dei Sarkolemm
kerne einhergehend) auftreten kann*); drittens eit nge Myo-
sitis welche gleichfalls sich entweder als umschriebener oder als
ein mehr ausgebreiteter, diffuser zuweilen eme } P™ e
Muskeln zu gleicher Zeit befallender Process aussert. \\ ährend
die erst erwähnte Form der Myositis suppurativa, der circumscripte
Muskelabscess, verhältnissmässig noch öfter namentlich im befolge
von Pyämie, Puerperalfieber und verwandter Erkrankungen be¬
obachtet wird, bei denen sie entweder für sich oder häufiger als
Theilerscheinung gleichzeitiger phlegmonöser Entzündungen der Haut
decken oder Gelenke auftritt, kann dies 7 «n der diffusen und zu
gleich multiplen Muskeleiterung nicht in gleichem Maasse behauptet
werden. Dieselbe verdient umsomehr Beachtung, als ihre Knt-
stehungsweise zuweilen eine ziemlich dunkle ist, was einzelne Au¬
toren wie Walther 2 ), dazu veranlasst hat, eine idiopathische Form
derseiben aufzustellen. Zwar kann diese idiopathische Form unter
Umständen ebenfalls nur einen oder wenigstens nur einige wenige
Muskeln befallen; vielfach aber erstreckt sie sich zu gleicher Zeit
auf mehrere Muskelgruppen, befällt verschiedene Extremitäten oder
auch die Stammmuskulatur zu gleicher Zeit und bietet in solchen
Fällen, wo alle Muskeln oder doch ein grosser Theil derselben be¬
theiligt ist, eine schlechte Prognose dar. Unter 19 von Walther
zusammengestellten Fällen verliefen acht tödtlich. Bemerkenswerth
sind vier von Scriba mitgetlieilte Beobachtungen dieser Erkran¬
kung, bei welchen kleine Haut- (Furunkel) oder Schleimhauteiterun-
o-en die Quelle der Infection abgegeben zu haben schienen.
° In neuerer Zeit ist endlich eine vierte Fonn der Muskelerkran¬
kungen beschrieben worden, deren Eigenthümlichkeit darin besteht,
dass sie unzweifelhaft entzündlicher Natur ist und einen mehr oder
minder grossen Theil der Skelettmuskulatur zu gleicher Zeit er¬
greift, dass sie ferner mit Entzündungserscheinungen an der Haut,
insbesondere auch im Bereiche der Subcutis einhergeht und dass
endlich nach der Meinung der meisten Autoren, die einschlägige
Beobachtungen über sie zu machen in der Lage waren, auch bei
ihrer Entstehung höchst wahrscheinlich ein infectiöses Agens die
Krankheitsursache bildet. Die ersten eingehenden Mittheilungen
über sie sind in kurzer Aufeinanderfolge im Jahre 1887 durch
E. Wagner 8 ), Hepp 4 ) und Unverricht 5 ) gemacht worden. Kli¬
nisch stellt sie sich als ein Morbus sui generis dar. Sie geht mit
Fieber einher, und es werden, wie schon angedeutet, nach einander
oder gleichzeitig eine ganze Reihe von Skelettmuskeln befallen,
deren Erkrankung sich durch Schwellung und Schmerzhaftigkeit,
sowie stellenweise durch gewisse Hautveränderungen über den ergriffe¬
nen Muskeln auszeichnet. Meist besteht ein Oedem der Haut, oder
dieselbe ist zugleich geröthet, wie bei einem Erysipel; auch Formen
der Hautentzündung, welche dem Erythema nodosum ähneln, kom¬
men vor, während andere male ein urticaria-, roseola- oder purpura-
artiges Exanthem vorhanden ist. Dabei ist es bemerkenswerth,
dass diese Hautausschläge nicht gerade immer ihren Sitz bloss an
den Hautpartieen über den erkrankten Muskeln haben, sondern dass
sie auch auf andere Theile des Integumentum commune, beispiels¬
weise auf Brust und Bauch sich erstrecken können. In vielen
Fällen bestanden Schlingbeschwerden und Störungen der Athmung
(Befallensein der Athemmuskeln: Pectorales, Intercostales etc.);
Augenmuskeln, Zunge, Herz und Zwerchfell sollen dagegen für
gewöhnlich von dem entzündlichen Process, der zunächst und vor¬
wiegend die Extremitätenmuskulatur, aber auch, wie gesagt, die des
Stammes ergreift, verschont bleiben. Da zuweilen auch — wenig¬
stens vorübergehend — Gedunsenheit des Gesichts bestand, so
kann das Krankheitsbild eine gewisse Aelinlichkeit mit Trichinose
darbieten; dies hat einen der ersten Beobachter, Hepp, veranlasst,
*) cf. G. Lewin, Myositis syphilitica diffusa. Charitö-Annalen Jahr¬
gang XVI, p. 753 ff.
^Walther, Ueber idiopathische, acute eiterige Muskelentztlndung.
Deutsche Zeitschr. für Chiurgie, Bd. 25, p. 260.
*) E. Wagner, Ein Fall von acuter rolymyositis. Deutsches Archiv
f. klin. Medicin, Bd. 40, p. 241.
4 ) Hepp, Ueber Pseudotrichinose, eine besondere Form von acuter
parenchymatöser Polymyositis. Berl. klin. Wochenschrift 1887, p. 297 und
322, sowie Ueber einen Fall von acuter parenchymatöser Myositis, welche
Geschwülste bildete und Fluctuation vortäuschte. Ibid. p. 389.
5 ) Unverricht, Polymyositis acuta progressiva, Zeitschrift f. klin.
Med., Bd. XII, p. 533 u. ff
dasselbe geradezu als Pseudotrichinose zu bezeichnen Obwohl
wiederholentlieh Ausgang in Heilung und vollständige Genesung
constatirt worden ist, so ist in der Mehrzahl der Fälle der Ver¬
lauf ein tödtlieher gewesen. Dem Tode selbst hat man Storungen
der Athmnngsthätigkeit, theilweise bedingt durch die erwähnte
Betheiligung der respiratorischen Muskeln, theilweise durch hmzu-
getretene finale Lungenentzündung (hypostatische oder Schluck-
pneumonie) voraufgehen sehen. Die meisten Autoren die über den
Gegenstand aus eigener Erfahrung zu urtheilen m der Lage sind,
stimmen darin überein, dass es sich um einen infectiösen Process
handeln müsse, wobei jedoch die Natur des infectiösen Agens, so¬
wie die Art seiner Einwirkung als zweifelhaft hingestellt und na-
mentlieh die Frage offen gelassen wird, ob es sich um direkte oder
indirekte, durch toxische Produkte vermittelte Wirkungsweise der
fraglichen Krankheitserreger handelt. Für die Behelligung solcher
überhaupt spricht endlich das Vorhandensein eines fast m allen
Fällen nachweisbaren Milztumors.
Während Unverricht 1 ) in seiner ersten Veröffentlichung über
die von ihm beobachtete Affection ihr den Namen Polymyositis
acuta progressiva beilegte, hat er in einer wenige Jahre später
erfolgten Mittheilung, 2 ) in der er über einen zweiten in Heilung
ausgegangenen Fall berichtete, vorgeschlagen, sie ^hinfort als
Dermatomyositis acuta zu bezeichnen. Die \eranlassung
hierzu bildete für ihn der Umstand, dass inzwischen auch von
anderer Seite ähnliche Beobachtungen zur Kenntmss gebracht
worden waren, in denen der Verlauf nicht progredient und auch
nicht der Tod erfolgt war, bei denen aber die oben erwähnten
Hautveränderungen sich in besonders sinnfälliger Weise bemerkbar
gemacht hatten. Speciell sein eigener zweiter Fall welcher eine
im achten Monat schwangere Frau betraf, war dadurch ausge¬
zeichnet dass ein zunächst die Unterextremitäten befallender später
sich auf Brust und Bauch erstreckender, juckender -und schmerz¬
hafter Ausschlag das Hauptsymptom bildete. Die. Haut an den
Unterschenkeln, namentlich vorn, war glänzend roth, sehr gesinnt
und fühlte sich heiss an; an den Oberschenkeln war sie zum Theil
derb infiltrirt, und auf Leib und Brust gewahrte man den Anflug
eines Exanthems von quaddelartiger Beschaffenheit; die einzelnen
Prominenzen desselben erschienen bläulichroth. Von einer Er¬
krankung der Muskeln war, wie Unverricht sich selbst ausdrückt,
so wenig zu merken, dass wohl kaum Jemand, der das Krankhel s-
bild nicht kennt, dasselbe unter den Muskelaffectionen aufgesucht
haben dürfte. Indem Unverricht schliesslich die Möglichkeit
hinstellt, dass die Haut gelegentlich die einzige oder wenigstens
ninSLCllL, UrtS» UlC AJ.rt.uu -- r - • 1”
die Hauptansiedelungsstätte des infectiösen Agens sein konn,
erweitert er meiner Meinung nach die Grenzen des neuen Krank¬
heitsbildes so erheblich, dass man bereits von Uebergängen des¬
selben zu den oben erwähnten infectiösen Erythemen sprechen darl.
In wie weit die Annahme solcher Uebergangsformeu berechtigt ist,
das zu entscheiden muss weiteren Beobachtungen und Erfahrungen
Vorbehalten bleiben; einige Anhaltspunkte für die Beurteilung
dieser Frage, deren Bedeutung gerade mit Rücksicht auf die nocn
dunkele Aetiologie der Affection nicht zu unterschätzen ist, werden
Sie vielleicht den am Schlüsse meines Vortrages folgenden Aus¬
einandersetzungen entnehmen können. #
Im Laufe der letzten beiden Jahre habe ich mehrere taue
von diffuser Muskelerkrankung zu beobachten Gelegenheit genant,
von denen einer klinisch und anatomisch vollständig der nver
rieht'sehen Schilderung entsprach, wogegen die beiden anderen
sich mehr den gewöhnlichen Formen der im Gefolge pyämis
oder septischer Infection auftretenden Muskelentzündungen
ziehungsweise Eiterungen anschliessen. Ich würde die » el
letzteren Fälle nicht einer besonderen Mittheilung werth ge a
haben, wenn nicht ihre Entsteh ungs- und Verlaufs weise £? ewl "
Eigentümlichkeiten darböte, die es verlohnend erscheinen lassen,
gerade sie dem ersten Falle gegenüberzustellen und auf der
Seite die Uebereinstimmung in der Aetiologie und dem klmi
Bilde, auf der anderen die Differenzen in den anomische*! ■
Änderungen zu kennzeichnen. Alle drei Fälle verliefen in _
Zeit tödtlich. In dem Falle von Dermatomyositis gelang es, eoensu
wie bei den beiden anderen, nicht bloss die Emtnttsp er
Krankheitserregers, sondern diesen selbst in den befallenen
nachzuweisen. Da die Zahl der genauen Sectionen von Dermato¬
myositis bisher eine geringe ist, so liefert meine eo
jedenfalls einen neuen Beitrag zur Aetiologie der Anec ■
werde mich ferner bemühen, durch Vergleichung -R AWe is
den übrigen in der Litteratur niedergelegten Beispielen ...
zu liefern, dass mindestens ein Theil der als acute Derma - ,
beschriebenen Krankheitsbilder auf septische Infection
führen ist.
3 ) Unverricht, Dermatomyositis acuta. Deutsche med. V'och
Schrift 1891, No. 2, p. 41 u. ff
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1. Mürz.
Erste Beobachtung: Dermatomyositis acuta im Gefolge
chronischer eitriger Mittelohrentzündung.
Patientin Frau Schulz eine 32jährige Bildhauerfrau, deren 62jährige
Mutter angeblich gelähmt ist weiss sonst nichts von hereditärer Belastung
anzugeben. Sie hat dreimal geboren. Seit dem September 1891
leH l e , fc S VLA IU eitrigem Ausfluss aus dem linken Ohr Am
1° März 1892 empfand sie m den Gelenken, namentlich in den Armen
heftige ziehende Schmerzen; zugleich stellten sich solche auch im linken
Ohr ein. Sie suchte desswegen am 14. März die Anstalt auf.
Status vom 14. März. Temperatur 39,5 o C., Puls 120 Mittel
grosse, gracil gebaute und mässig genährte Frau, welche über Schmerzen
m den Armen und Beinen klagt. Am linken Fussgelenk, besonders
am Malleolus extemus ausgebreitete Iiöthung und Schwellung die
sich nach aufwärts bis zum mittleren Dritth.eil des uiter-
schenkels.erstreckt; Haut daselbst mfiltrirt, brennend heiss; Gelenke
selbst frei Die betreffenden Stellen der Haut sind auf Druck bis zum
Kniegelenk höchst schmerzhaft; Beklopfen der Tibia schmerzlos Am
“IT di f, U “ ter ? UuteUenkeb gerade“
Pa Q S f welI ^, nmi 1 mt * e Innenfläche der Tibia, sowie
den größten Theil der Aussenfläche des Unterschenkels ein. Druck auf
die geschworenen Theile schmerzhaft; Gelenke auch hier frei. Patella?-
und Fusssohlenreflex erhalten. Wliar
Am Hand g eIenk und der Streckseite des Vorder¬
arms befanden sich eircumscnpte, geröthete und prominente Stellen in
deren Bereich die Haut geröthet, heiss, infiltrirt und auf Druck schmerz
haft ist; am ausgedehntesten sind diese Veränderungen im Bereiche des
Handgelenks, woselbst diffuse Infiltration der Haut besteht. Gelenke frei
Link Die Innp^J-t rr U m Htodicher, aber geringerer Weise befallen.
JJie Innenseite des linken Oberarmes zeigt geringe Röthp und
Stimmhaftigkeit. . Cen-ical- und Iuguinaldriisen lelchrgSwoUeu
7 Slch ‘ ™ d sichtbare Schleimhäute stark gerötbet.“ Lippen trocken
linken b Oh t r ar ^i^ e T ft p Ra ? h6 “sdiicimhaut geschwollen, mcht gerathet.
'mJ t.flZ?W i Ckm , ? er ^ r Mcht gebört; Flüstersümme nur in
S hmenhSÄ b p b!,r; le,Se St “?“ e in ein Metor Entfernung. Keine
gk f d Pl;oc ' !ss 1 us “«stoideus. Rechtes Ohr normal. Geringe
ÄT* ÄTJSSTf Z b u iS Z " m R iPPenbogenrand vfr-
' 0toslr7ni.il n th , hcbgelb f ]elcbt g etrUbt - stark albumenhaltig.
ÄS Si“ras.‘
sssftirssjsr“
in Tr ? tz ,?>°® Morphium kein Schlaf; Klage über Schmerzen
d Lin™ r Fi u » de ” Be “ en - Temperatur 39,2-39,7»C. Puls 120.
ln der Peripherie dt^Rath™“^'U*® Aussenseit ° stark gerathet.
schenke! demlS v! , bung . Veaenektasien; auch am linken Unter-
infiltrirt abncLenl V‘• Un 1 , ter ? T“ 6 des Unterschenkels
Urin ist das F™sseelenk ^ n,e ' 0be fchenkoi völlig frei. Am rechten
b -ntd f SssÄth d e e L MTnt nkeI ^ «"«h*
derselben S anzer Ausdehnung geschwollen. Haut
Hruck schmerzhafr 50 ^’ dan i nter Agende Weichtheile infiltrirt und auf
geringer wird An den ^? ze nen Stellen blasse Röthe, welche auf Druck
leicht flectirt, Daumen 1S ^ die J Jlfiltration g erin ger. Finger
üten^ämmtlich völlig frei gescllla & en - Die Gelenke der oberen Extremi-
'ick herabgesetzt^ so d ^’ St ™ cka f» der Finger der linken Hand dent-
Stechen mft der Nadel Wd ^ inse herührung ungenau empfunden wird.
den Beinen und den , ^hierselbst als stumpfe Berührung empfunden,
erhalten. Au“h d t tt.i! Tu? 111 ? der Arme ist die Sensibilität
»w normales Zuntre" ^ erhalten des Nervensystems ist ein durch¬
lässig angestrengt T h trooken mit graugelbem Belag. Athmung 36,
39 ’?\ Im Harn reichlich Albumen
15 MarTw ’ u e . mzeIte Nierenepithelien.
Gesichts/ Klage ^bot S n 4 ^ .P^tzlich cyanotische Färbung des
collabirt meÄmeA ÄfÄi £ dar Wiegend. Patientin
rotl » gefärbten Stellen hlmirnt^ c ' PP A ! hem zöge. Haut an den vorher
senpte Verfärbung nebst Infilf e r rbt; / me 'ix? h - nhcho blaurotbe circum-
Glutaealgegend P, P JS b8t rj? fi !, tra , tl0n der Weichtheile an der linken
Sectfon 7« P v? h6de tÖbl; Schweissansbrnch. 6 Uhr Exitus
Unterextremitäten von dPPV ^ 3 1 L Uhr ^ Dr ‘ St roebe): An beiden
fration der Haut sowie TlntSf^f 1116 a , bwärts dlffuse ’ derbe teigige Infil-
^ bis auf den Fussrück^te/ \ . re ^ hfcs nur . bls zum unteren Drittel,
Innenseite des Obersrhßni- T l lok bmab erstreckend, und nach oben an der
DritM bu ‘“ uf - F - b6 d -
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
- ... _. 195
aÄrasaüS
d,^t^ CCU en r er a [S die tlG t, r ^ ele ö enen - Einzelne Muskeln, so der Flexor
d i?pW f Pr °\ flU i dUS h? n f ablreicben Punkt- und streifenförmigen Blutungen
dui-chsetzt. Andere Muskeln, so der Museal.« flexor digitororum JuMüS
Prnw tCn gra / g f be? bosond ^ rs W0lche matsche Partieen. Andre, so der linke
mnto!l° r 9 ,uadratus zeigen dunkel blaurothe Farbe imd sind ebenfalls von
P, at c . hor Gonsistenz Ueberall quillt beim Schneiden eine trübe, graurothe
Flüssigkeit heraus Normale blasse Farbe zeigen die Musculi pectorales und
v iivuvi UUiclUJ. J? ttl Uo Uüi
’ nd «ss von *henTräuS g rntl 1Cl1 b I, s t dunkelbraunroth, zum grössten Theil
Dasselbe Infiltrat der Ilant/Wi/ r J ä r bun ?-, Die Venen stark injicirt.
Men vom oberen Drift/»] A / nde ^ sicb an den beiden Oberextremi-
Whneiden i n die Haut L r f ? ben 5 1 5 e ® bis zum Handgelenk. Beim
a «»kulatur der ExtremhVtf CötlS Subcutis ’ aber auch die Gesammt-
f nd v «n Blutungen dS pm' 0 ? , s ? b mutzig trüber Flüssigkeit infiltrirt
1 n eQke zeigen sich intakt h ID h dabe i brüchi ^ Die eröffneten Ge-
Seh7ä„ r ,ich und . Rflckc - nmark no ™ aI - Herz ™“
~-r 77 T JlXVLX. VÜU
roth. Im Epicard Blutungen. Klappen
inbrt iw i sse : * arl
“ui, aiuskulatur v nn ----- um inuuuxigen. i
is mal grösser als nnrmnP 11 ^ Gonsistenz und blasser Farbe. Milz
bvniatöse Trübung von Niln“ 1 , w ? lcber vorquellender Pulpa, Paren-
F . D *e Muskeln der vn? und Leber. Digestionsapparat normal.
™remitäten zeigen eW ontzündllchen Aenderungen betroffenen
jabme des linke/fLwpt, er ? cblede J n e Farbe und Consistenz. Mit Aus-
.1 a ^ se ^umhtränkung hftT 0 ^ 1111 ?- ’J nd Cruralis ’ die uur eine geringe öde-
r,,let «u. zeigen die n ° rmalef * efcwaa blasser Rothfärbung
mgen Streck- und Beugemuskeln der Unter-
«““““»'uc uuu uumwutucii an cier Spitze der PvTamide
graugrünhehe Verfärbung. Auf dem Durchschnitt des durchsägten Organes
Tim mn? 011 ^ o raur 9 tdie .Granulationen in den Cellula? masto?deae,
m de m Mittelohrraum sowie im mneren Ohr wahrgenommen.
(T)v M l r !I k ° pis fe Untersuchung der erkrankten Muskeln
8i* n JL K 'ubhmann): 1) Musculus tnceps sinister Gram-Weigert-
Präparat: sowohl auf Längs- wie auf Querschnitten sehr zahlreiche Strepto-
m - a - im Bmdege ? ebe hegen und zw ischon die einzelnen Muskel-
S do1 e ^ dri f gon - 111 mit Haematoxylin-Eosin gefärbten Schnitten zeigen
sich die Muskelfasern an einigen Stellen durch ödematöse Zwischenmasse,
wiW C J?,m e Tr-i S v h f St ; auseinander gedrängt. Die Muskelfasern selbst
weisen zum TheiH erlust der Querstreilung mit leichter Kernvermehrung,
an anderen I unkten dagegen wiederum völlig normale Structur auf. Blut
gefmäse prall gefüllt, m der Umgebung derselben geringe Blutungen. —
• wü S - C ? US f J exo ^ Higitorum sublimis sinister. Auch hier finden
smh (bei Anwendung der Gram-Weigert-Färbung, sowie in mit Haema-
toxylm-Eosm tinprten Schnitten) zahlreiche Streptococcen in der zwischen
den Muske bündeln befindlichen Oedemflüssigkeit. Abgesehen von dem stellen-
weisen \ erlust der Querstreifung w r eisen einzelne Muskelfasern scholligen Zer-
tail auf, die Kerne in denselben nicht mehr erkennbar. Besonders auffallend
sind die ungemein ausgedehnten Blutungen, die an verschiedenen
i unkten den ganzen Raum zwischen den Muskelfasern einnelimen und
sogar hier und dort bis in das Innere derselben eindringen. Die Blut¬
gefässe selbst sind prall mit Blut gefüllt, eine Verdickung ihrer Wandungen
nicht nachweisbar. 3) Die gleichen Veränderungen bietet die Unter¬
schenkelmuskulatur beiderseits, nur dass hier dieselben sich im
wesentlichen auf interstitielles Oedem und perivaskuläre Blutungen be¬
schränken, während die Fibrillen selbst keine Abweichung vom
normalen Verhalten aufweisen. 4) Auch im interstitiellen Bindegewebe
des Zwerchfells finden sich vereinzelte Coccenanhäufungen. 5) Ein
btückchen Haut des rechten Oberarms zeigt eine vollständige Ueber-
säung von Cutis und subcutanem Zellgewebe mit Streptococcen. 6) Die
Musculi sternocleidomastoidei, Poctoralis minor und linke Herzkammer sind
von normaler Beschaffenheit.
Zweite Beobachtung - : Multiple eitrige Myositis und
Arthritis im Gefolge linksseitigen acut entstandenen
eitrigen Mittelohrkatarrhes.
Frau Eichholz, 43 Jahre alt, Markthallenverkäuferin, ist zweimal
m das Krankenhaus aufgenommen worden. Erste Aufnahme: 30. Juni
bis 8. Juli 1892. Anamnese: Im Jahre 1884 Erysipel; seitdem An¬
schwellung des Gesichts, die an Myxödem erinnert, aber auf Fettanhäufung
beruht. Mitte Juni. i. e. 14 Tage ante receptionem, Anfall von Schwindel
und Bewusstlosigkeit. Patientin will öfter Herzklopfen und Kurzathmigkeit
beim Treppensteigen gehabt haben. Nach dem Anfall von Bewusstlosigkeit
Zustand dauernder Somnolenz, in welchem Patientin auch ins Krankenhaus
kommt.
Status vom 1. Juli. Auffallend gedunsenes Gesicht, dessen Lid¬
spalten durch die Gedunsenheit verengert sind; in der Unterkinngegend
und am Halse bildet die Haut dicke Fettwülste. Lippen und Wangen
leicht cyanotisch; die ebenfalls auf Zunahme des Fettgewebes beruhenden
Hautwtllste über den Clavikeln sind von eigentümlich schwappender Be-
uaumuuiv uuoi ucu v/mviKtJiu »um von eigeninumiicn senwappenaer Jöe-
schaffenheit, so dass sie zunächst den Eindruck machen, als wenn bei ihrer
Entstehung Emphysem betheiligt sei; sie setzen sich in eine ziemlich derbe
Schwellung der Nackenhaut fort, welche sich vom Occiput bis zum ersten
Brustwirbel erstreckt. Gleiche Wülste in den Achselhöhlen. Am Thorax
unterhalb des Jugulum bis zur dritten Rippe, namentlich auf dem oberen
Theil des Sternums, treten eine Anzahl oberflächlich gelegener Hautvenen
hervor. Ferner bemerkt man in der Mittellinie des Abdomen eine
schlangenartig gewundene Vena epigastrica superior, welche mit einer ebenso
beschaffenen Epigastrica inferior anastomosirt; der Blutstrom geht in beiden
nach abwärts. Normaler Stand der unteren Lungengrenzen. Leichte
Schallerhöhung über dem oberon Theil der rechten Hinterwand, woselbst
fortgeleitetes Bronchialathmen hörbar. Spitzenstoss fast in der Mitte
zwischen Mammillar- und vorderer Axillarlinie. Herzdämpfung überschreitet
die linke Mammillarlinie um drei, den rechten Sternalrand um l 3 /* cm. Auf
dem oberen Theil des Sternums ziemlich intensive Dämpfung in Gestalt eines
6 cm breiten Streifens, welcher den rechten Sternalrand um fast 3, den
linken um */a cm überschreitet. Ueber der Herzspitze dumpfes systolisches
Geräusch, noch dumpferer diastolischer Ton; der zweite Pulmonalton
nicht verstärkt. Radialarterie etwas eng und geschlängelt, von massiger
Spannung. Keine Spur von Paradoxität das Pulses. Keine Oedeme.
Pupillen etwas eng,, gleich und normal reagirend. Schilddrüse von normalem
Umfang. Sensorium leicht benommen. Am gestrigen Tage Fieber bis
39° C. Im Laufe des 1. Juli kritischer Abfall der Temperatur, welche in der
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196
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
Folge subnormal bleibt, und Absinken der Pulsfrequenz von 114 be¬
ziehungsweise 120 auf 84.
ln der Folge schnelle Besserung des Allgemeinbefindens und des
Verhaltens des Sensoriums. Kein Auswurf. Patientin verlässt am 6. August
das Bett. Auch die Venenschwellung in der Oberbauchgegend scheint etwas
abgenommen zu haben. Dämpfung hinten rechts oben ist verschwunden,
und Patientin wird auf Wunsch am 7. Juli entlassen. Diagnose: Pneu-
monia dextra superior, Tumor in Mediastino antico (Lipoma?).
Zweite Aufnahme vom 17. Juli bis zu dem am 22. Juli 1892
erfolgenden Tode. Schon am dritten Tage, nachdem Patientin die An¬
stalt verlassen hatte, kehrte die sensorielle Benommenheit zurück; zu¬
gleich erkrankte sie mit Kopf- und rechtsseitigen Ohrenschmerzen; bald
darauf Schmerzen in beiden Fuss- und Kniegelenken. Am 15. und 16. Juli
je ein Schüttelfrost.
Status am 18. Juli. Die Stauung im Bereiche der epigastrischen
Venen hat erheblich zugenommen, auch das Gesicht erscheint stärker
geschwollen als früher und cyanotisch. Sensorium gegenwärtig völlig klar.
Um neun Uhr Vormittags und um ein Uhr je ein Schüttelfrost von zehn
Minuten Dauer. Schwellung und Röthung des rechten Fussgelenkes, desgl.
des Metacarpophalangealgelenkes des rechten zweiten und dritten Fingers;
auch das linke Fussgelenk und beide Kniegelenke schmerzhaft. Tempera¬
tur nach den Frösten 38,8° C, 108 Rcsp.. 120 Pulse. Herzdämpfung hat
erheblich an Breite nach beiden Seiten zugonommen, überschreitet jetzt die
Mammillarlinie nach links um 4. den rechten Stemalrand um 3 l /a cm;
reicht nach abwärts bis zum sechsten Intercostalraum (Breite daselbst
18 cm). Geringe Dämpfung in Fossa supra- und infra-spinata dextra mit abge¬
schwächtem Athmen ohne Rasselgeräusche daselbst. Leichte Röthung
des rechten Trommelfelles, im unteren vorderen Quadranten
pulsirender Lichtreflex.
Am 20. Juli erstreckt sich die Röthung und Schwellung der rechten
Unterextremitäten vom Fussgelenk bis hinauf zur Mitte des Unterschenkels.
Temperatur ist inzwischen zur Norm abgefallen, zeitweise subnormal (36,9).
Sensorium zuweilen leicht benommen.
21. Juli. Temperatur 35,7, Puls 96. Es besteht heute 1) Schwellung
des rechten zweiten Metacarpophalangealgelenks, 2) Schwellung der Gegend
des Malleolus internus am rechten Fussgelenk. 3) Schwellung und Röthung
der Aussen fläche des rechten Unterschenkels hinauf bis zum Knie und
4) Schwellung und Schmerzhaftigkeit der Muskulatur des linken Oberarms.
Die Röthe in der Gegend des Malleolus internus dexter ist handteÜer-
gross. An allen gerötheten Theilen fällt die eigenthümlich livide bläulich rothe
Farbe derselben auf. Die rechte Oberextremität ist mit Ausnahme der
beschriebenen Schwellung im Metacarpophalangealgelenk des Zeigefingers
frei. Dagegen zeigt die eine sehr beträchtliche Röthung und Schwellung
darbietende Haut der linken Oberextremität dieselbe bläulich livide Be¬
schaffenheit wie an den übrigen Stellen. Sie dehnt sich über die
ganze Streckseite des Armes aus und betheiligt auch die Gegend
des Ellbogengelenkes. Bei der Betastung gelingt es nicht, die Haut über
den geschwollenen Partien in Falten zu erheben. DerM. triceps sinister
fühlt sich derb infiltrirt an. und seine Betastung ist der Patientin
ungemein schmerzhaft. Ebenso zeigen M. biceps und brachialis
internus eine eigentümliche teigige Consistenz. Druck auf die
Haut in dieser Gegend hinterlässt seichte Gruben. An der Dorsalseite des
linken Vorderarmes, ungefähr vier Querfinger unterhalb des Olecranon be¬
findet sich ein Zehupfennigstück grosser bläulicher, sehrschmerzhafter Buckel.
Färbung der sämmtlichen geschwollenen Theile, besonders an
den Füssen, ähnelt derjenigen des Erythema nodosum. Der
Vorderarm lässt sich im linken Ellbogengelenk ohne Schmerzäusserun¬
gen flectiren. An den Muskeln der Oberschenkel keine Schwellung oder
Consistenzänderung; nur Druck auf die Adductoren beiderseits schmerzhaft.
Linke Wade auf Druck sehr, die rechte nicht empfindlich. In der Tiefe
beider Achselhöhlen sind durch die vorhandene Fettanhäufung hindurch
haselnussgrosse Drüsen fühlbar. Keine Dämpfung am Thorax,
allenthalben normales Vesiculärathmen. Raohenorgane normal. Ham
normal. Sämintliche Reflexe vorhanden.
22. Juli. Völlig benommenes Sensorium, stöhnende angestrengte Respi
ration. . Temperatur 35,5, Puls 108. Cyanose des Gesichts und Kühl
der peripheren Theile. Schwellung über den Gelenken der Unterextremi
täten wie gestern, nur die Färbung ist eine noch lividere geworden. Hin
zugetreten ist Schwellung des linken Kniegelenkes. Trotz der Benommen
heit verursacht die Betastung der geschwollenen Partieen lebhafte Schmerz
Uusserung. Am Metacarpophalangealgelenk des rechten Zeigefingers ha
die Schwellung zugenommen; auch die Hand sowie das rechte Handgelen:
zeigen leichte Schwellung. Die ganze Aussenseite des linken Armes vor
Olecranon bis hinauf zum Uebergang des mittleren in das obere Dritt
theü von blaurother Farbe, stark intumescirt; bei Druck blasst die livid
Farbe ab. Sowohl Triceps, wie die Beugcmuskeln, letztere weniger, biete:
teigige Beschaffenheit dar. Dieselbe Infiltration ist am linken Unterarm
und zwar in der oberen Hälfte desselben vorhanden und bietet dort eben
aüs einen Stich ins Blaurothe. Haut über den infiltrirten Partieen deut
lieh ödematös. Die V enenschwellung im Bereich des oberen vorderen Thorax
Segmentes, welche bis dahin sehr deutlich war, hat abgenommen. Au
“iS Z jT Ch graUer ’ UDgemem “»“ende
Section den 23 Juli (Dr. Stroebe): An den unteren Eitremitäi
keine Oedeme; bloss die Gegend über dem rechten Fussrtlcken deutli
über dem linken etwas weniger geschwollen. An beiden gnsseren Mal
ölen Oedeme. Starke wulstige Verdickung des Fettgewebes am Hals u
P j. kiibmentalregion, sowie an den Ober- und Unterschlüsselbeingrub
Reichliche substemale, dem Sternum direkt anliegende Fettanhäufui
Desgleichen starke Fettanbäufung auf dem Herzbeutel, welche mit Bluti
gen durchsetzt ist. Lungen normal. Herz gross; linker Ventrikel hvp
trophiBch und wenig dilatirt. Beeilter Ventrikel kaum erweitert. Ve
cava superior und Vena anonyma dextra durchgängig. Linke Vena anonyma
nicht zu finden; an der Stelle ihros Abganges findet man in der Cava superior
eine Verziehung der Intima. Daselbst, liegt zwischen Höhe des Aorten¬
bogens und Anonyma dextra ein Packet harter schiefrig indurirter Lymph-
drüsen, die in schwieliges Bindegewebe eingebettet sind. Bei näherer
Untersuchung findet sich auf der linken Seite des Aortenbogens noch die
Fortsetzung der (offenen) Vena anonyma sinistra, welche blindsackförmig
endet und von deren blindsackförmigem Ende ein derber rabenfederkiel¬
dicker Strang nach der Cava superior durch das Drüsenpacket und durch das
Fett hindurchzieht, und zwar zu der narbig veränderten Stelle dieser Vene.
— Im Mediastinum anticum vor den grossen Gefässen und zu beiden Seiten
zwischen denselben und den mediastinalen Flächen der Lungen sehr reich¬
liche, über den Lungenhilis angeordnete Fettmassen. Herzklappen normal,
arteriosklerotische Plaques auf der Intima Aortae. Milz vergrössert
12, 5, 7 l /a; feste, ziemlich braunrothe Pulpa mit vergrösserten Follikeln,
Nieren nichts besonderes. Mesenterium sehr fettreich. Beckenorgane
normal. Leber leicht getrübt. Auf der Schleimhaut des oberenDünndarmes,
welche etwas geschwollen und ödematös ist, mit dunkelroth injicirten Falten,
stellenweise strichförmige Hämorrhagieen. Auch im unteren Theil des
Dickdarms ist die Schleimhaut geröthet. Im linken Kniegelenk reichlicher
Eiter; ebenso im rechten Talo-cruralgelenk. An der Innenfläche der Dura
beiderseits reichliche pachpneningitische hämorrhagische Membranen; auch
die Dura an der Basis in der mittleren Schädelgrube mit pachymenin-
gitischen Auflagerungen. Der linke Oberarm und rechte Unterschenkel
zeigen starkes, theils mehr seröses, theils purulentes Oedem des intra¬
muskulären Bindegewebes. Am Oberarm neben und im Biceps reich¬
lich seröse, im Triceps eitrige Flüssigkeit. Am rechten Unterschenkel
im M. peroneus eitrig getrübte Flüssigkeit. Die Muskelfasern selbst
gequollen, von blassgraurother Farbe, in hohem Maasse brüchig. Im
Mittelrohr des durchsägten linken Felsenbeines geringe Menge dünnflüssigen
Eiters. Die Sinus des Felsenbeines, sowie der Sinus transversus zeigen
keine Veränderungen.
Ausstrichpräparate aus der Oedemflllssigkeit der Muskulatur der
linken Oberextremität sowie der rechten Peronealmuskeln ergeben zahl¬
reiche Streptococcenculturen; dieselben Mikroben finden sich im
Eiter des rechten Fuss- und linken Kniegelenkes.
Die mikroskopische Untersuchung von Schnittpräparaten,
welche von Herrn Dr. M. Rothmann ausgeführt wurde, ergab Folgendes:
1) M. flexor digitorum sublimis dexter. Lithion-Carmin-undGram-
Weigert-Färbung: Spärliche Streptococcen zwischen den Muskelfasern, die
jedoch nirgends die eigentliche Muskelsubstanz durchsetzen. Bei Anwendung
von Hämatoxylin-Eosinfärbung weder Kemvermehrnng noch Gefässver-
änderung erkennbar; Querstreifnng zum Theil undeutlich. 2) Den gleichen
Befund hinsichtlich der Bacterien ergiebt die Untersuchung des M. biceps
sinist er. Während die Querstreifnng der Fibrillen hier ziemlich vollkommen
erhalten ist, besteht massige interstitielle Kernanhäufung. 4) M. triceps
sinister. Deutliche Kernvermehrung der Muskelfasern; nnr an einigen Fi¬
brillen Querstreifung erkennbar. Zwischen den Muskelbündeln liegt eine leicht
gekörnte, blassroth (Hämatoxylin-Eosin) gefärbte Masse, welche zahlreiche
Leukoeyten enthält. Pralle Füllung der Blutgefässe, aber nirgends Extra¬
vasate. Spärliche Streptococcen, vorwiegend in der zwischen den Muskel¬
bündeln befindlichen Oedemflüssigkeit und in den Gefässen, zum Theil aber
auch zwischen den Primitivbündeln, welche keine Quellung des interstitiellen
Stützgewehes erkennen lassen. 5) Musculi intercostales: Zwischen
den Muskelfasern reichliche Mengen von Fibrin; stellenweise in den Gefässen,
sowie in deren Umgebung spärliche Coccen. Die 'Primitivbündel selbst
von normaler Beschaffenheit. 6) Diaphragma: in den Gefässen verhält-
nissmässig reichliche Coccenanhäufungen, Muskulatur selbst normal.
__ (Fortsetzung folgt.)
II. Ans dem städtischen Krankenhause in Barmen.
Zur Behandlung der Oberarmbrüdie. 1 )
Von Oberarzt Dr. L. Hausner.
Schon Hamilton hat vorgeschlagen, bei Brüchen am oberen
Ende des Oberarmes die Kranken ambulant zu behandeln und das
Gewicht des herabhängenden Oberarmes zur Exteusion zu be¬
nutzen, und Clark aus St. Louis liess die Kranken mit gebeugtem
Vorderarm umhergehen, indem er an dem Vorderarm mittels Heft¬
pflasterstreifen ein Extensionsgewicht in Gestalt eines Sandsäokehens
herabhängen liess.
Diese sinnreichen und zweckmässigen Methoden scheinen jedoch
wenigstens bei uns zu Laude keine Nachahmer gefunden zu haben,
und es äussert sich z. B. Albert in seinem Lehrbuche für"Chirurgie
über das Clark’sche Verfahren ziemlich absprechend. Wir haben
nun in dem Barmer Krankenhause bei den Brüchen am oberen
Schaftende den Hamilton’schen Vorschlag aufgegriffen und seit
mehreren Jahren die Brüche des Collum anatomicum et chirur-
gicum in der Art behandelt, dass wir das gebrochene Glied dhne
jeden Verband am Rumpfe herabhängen Hessen, während Hamilton,
wie es scheint, in seinen Fällen noch eine 1 Guttaperchalängsschiene
für nöthig hielt. Des Nachts legt der Kranke sein verletztes'Glied
so gut er kann neben sich hin, was, wie schon Hamilton be¬
merkt, ohne Schwierigkeit erlernt wird, und es • hat sich heraus¬
gestellt, dass die Tagesextension genügt, um etwa sich einstellende
*) Vortrag, gehalten in der Abtheikmg für Chirurgie der 65. Ver¬
sammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte.
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DEUTSCHE MEI) i C? NT9CJ5E WO CH ENSC HIHFT.
YerUu-zmigrn ausäüglpichen, dass bei diesem Verfabroo die- -R^
Hiltütfr buGm, }iy<H^ifmüu und Verküpungen .in der Bruchstelle,
,,.. v i, .üGnglmmn der Gelenke zu turxlif^i sind, als- imi
(!,■'!• uidhheij )'hIuimI|ungsn;ethode;< ;
I>j,< Bewegungen. welche etwa nn dnj- Bruchstelle^ rtati.fi tvdftu
m\ unheiieititmd, weil moft die Truuntmg sehr nalm dfuu Aufhängo-
pvmknfi das langen Pimdel.-»'; Iiottlidet» welvhAk dar lipf.lldiiltj^ende
Amt damfetd. Er? Erm hm b\ der Mitte des Oberarmes ist diä
B^eglithkiub -d#/Arnimn: bed.nttttjdd^i: s -tbxsf GiiwitdäP• tlW
Hi)-;d,irt in-nen unteren Atfütbeiies. geringer, und V* nraviW *idh
•t;im**hüit v l» beim AuGteüen und Niederlegm: an der BniehstL'ltn.
ä|®^in scliiuM'Zhaftet* Run hm bemerkbar Daher |dlogm wir
.iU.-.vit WbjzViug’hn- -tftai Blmmm durch eiium .biahter, Verbund
,ia<. bdirhabindeu und Sniiümelien üuü EohrgeÜuAt ml«r Pwpjie 7 .u
•düUwfi um! an der Hand' ein Exfrimiouseewichf Vm t-2 Uni. zu
vuuim'W Audt hierbei waren iumm* Husulinke tie^H'eb Stflittug
ü!:<! huu-tuin tadellos,
Bei den (irTfchou Am. unten'*; Ende des ÜbrrnnrA, mit Aus-
nalima dn' inV UejcTik düngen den Cguijvbutbrticdir T ist um ahn-
liehen, Omnien wie bei Ptfunr in der Mitte ein FixaUoMveitnifcd
,wvt>«-km.1cisiti*. poi h brnniief die ÄuJwiuginjg; eines solchen einig*
bEmrdgkihtun:. Ob der Ujsfenirm gebeugte Btadlung: eihulte«
>*nU. aussofdiym aut Beweglichkeit
mp
notl S>4)admi awichten’ kann, wird rin Skdierlieitpband
daran befestigt! und lucker über die .g< i g<mfibft}'ii«‘g.(nideH( > hultet‘ gu-
hiUuit Gin Kranken geben mit, dem beschwerten Apparate Tags
Über nrnfrev. .und fc'im 7/ubebl,eueheu wird dann vom AValler Certw
aut'Ji vom Patienten selbst das Gewicht hcrausgenouimr« und bbi-
üeite gelegt. Alle paar luge wird durch Veränderung des E\teu-
niunägfiwielUeK wter anbh durch Ahwilrtsbiegen des Stübchens, \v$V
Ghes das Gewicht trügt, eine Aendernngdm WihUnifbdlhug iiu
Ellbogen vorgenommehr ohne d/iss der Avuumit entfernt zu werden
brauritt ; Hoi Alan inM Gnionp Geinguiuiw CondYleDbrüchen, bei wd-
\'Mn in ftmlirte? Hiltung gen* Abweichungen des Vorderarmes
von. der göradeU JRirhUing »mtStdUfn, .'ist. ns jedoch be.vsee keinen
Vhrbatid .Ittsubrbndün, fingdnnv dio Hatul
Imsohwurt bis xttm Wiedeviioginu heml»'
hängen 211 lassen, liiiiu! es? sieii dabei meist uni jüiigerc Kinder
hanäult’ tVr vvhbdm d«‘ obon imsfeli»?h?bniui Appsrnt zu seb.wurfUilig-
tiiid oofuplbüft sein würde> ^
III. lieber Laryngitis flbrmosa.')
Von 'Prof. Gr Hfißdion.
M. VI. t Ich .möchte Ihnen beute über eine APfottion benchbrit■■
die., wie ich aus dem nahe“/.*) völligen Mangel uw lltieralunmgaben
und OiG der. Eriahniug meiner buu ^äjahrigt n Praxis Miibssmr
muss, zu dmh alibrsel tunst tu gehörei] dürfte. leb tuditm diolmmn-
nltm tibrinösa öder die chroivijtdie HHdnng von iMßudoiimtiibroinm
im I.mryux. leb Ycrstelie (iarmifeiMtlehr, '«t : i» protraiurt Yerleufeuden
Kallt' von gemiirmm Group ml er .von tVrfdtvii'otHbou tli (iV 1 1 !ur ibcli ♦ • n 1
(Voup. Ihrnei' auch- niuiii jeuc Fülle voo Metubpouliildmig, die
meeli an Geher, ehemlsidter ndei UidrmiseDer iulzuag dar Schleim-
isiuit ihre Ent-stehung. verdanhof). som?<v !! Gm> Ad'cetitm, welche
yjs rollslüftiUge? Amihigoh Hro»pfiiHä JibrinoSd zu helvmluen
isi, Das GeFneinsamr hehier Aüeetiondi ist der heberinsh Ver¬
lang diu in gewissen EeitraurHen ivi«'ti-K»ui»le.. bis zur Asphyxie'
sifli sleigcetM.le Dyspno»' und dir Expm.Gtrutinr«. fiHilnosnr Massen,
die iu-i KrgriHeusern dos C.iiryux aus Ausgüssen des KMilkopfinmi-u:
oder chmhier Thuiie dussWiimi. ^ l »»l Alice timt der l5rond*itlV aus
dendritisch v<U7,neigten Abdrücken grbsöcuxu: oder kh'umred' tlwti-,
chieß bestellt.,
Bei dem Mangel ntjdciwveiiigo»* Erfahiuuigen. erlaube ich mir,
Thiieii tlie Kittukeleesidodite des v<*n mir beobachteten Felles und
die dabei gt-wuntte-nee Rosulrate fnStziitheilen.
Frau B..-17-.bibre alt. aus Aiimlelhein«, kam am 10. Mai 181)2
in tubino Buhafrdlmig,. Sio giYb un. . Fauju'Mörz 1B92 von Ift-isVp-.
keil und Viustim bei'alfcn weitleh ?u sein und anfangs diesen )G-
seheinuügen üfu.irrlej Atitmerk-nmkeii. grsi henkt, zu haben. Nat-h
(uva arbi Tbgeu sieütnu sinh niter Äilmtnimstdiwei-flim ein, die.
rasch hu lieftig wurden, das- Sie zu erslickcu gjan.lne und den
Arzt holen lies-;: hecnndee& aufhiUend war tilrscm und der Patientin,
dass die hochgradige IKkjrnoe sofort ein Ende nidthi, äiv sie eine
.weitst! Masse vr»f» ytißdiu her Fortit ausbuGete mul daun gewbnulielt
2 Aj Tagv furstriehev:, bis wieder AUveinnutb uuftvnt, die mv li
Aushustm ilnr vvnGsnn Masse wieder ruhiger AUmuihg Platz
m'mdite. AG frei/» ftitep afigewojjdle.n Mittel keine Jh saeuug ein-
Ij-nt, Wurde Fauemjn Hm itirem Arzt, mir dberWieSeU.. I)A am
JO, Mai vorgenoimmvuc Ühtefsurhutig ergab solche hmAgrmlige
FeinyeÜung des finken faseUrnbond»*^ dass das linke .Stimmhäud
vrmter währfW^ der P)imxhHoü amfih bei der Ju^pirMmn gesellen
wurden kemnt'u Am freiet» Bümib de> g^ehwelUcn MhUrm lAselum-
b.!nd< s hattet f’in dicker, w-nkser Belag: der sn h unk*u iVH-
setzi;' der übrigi k KOhikopl völlig Ji.ofmal, ehuuso l»üf:h»*ftv . Nase.
Lunuen; Ue^diAtioii s tri * b ü <".s, Stirn u > e ö plm h i s<di. kein (Aemr. Um
Kütienimig Hör P^üdoftiPhtbräft vüi (ter Kuhlkop%ffgÄ> wim i?ehV
schwiMig, itä di" Membrnci wdednrhült abriss: cndlieb gelang **-s, ’.mb'i
uuiom dciitiu fü’iy pnek. einen hihglkhrundeu Pfropf ZU enimrumn wie
Sie deenn mH Ui diesem; Glase sehen. T >ie Form der meist 1 nti
heniien, ■ 1 A H.1 um laugen pl'röpfh, deren vülrrchd »h r /aut mninee
Benbaehtnüg fünf Stürk tlndls -5lwnt?uj nxpemnriru tl.eil- künMimh
CötF'nA wbulefi, scar Kiel« dieselbe und ganz eloti^kP'rpilseiU';
auf eine rund!lebe AnsvUweliimg folgt eine deutliche Eumehniiruuü'
und auf dißim wieder eine Verbreiterung; die merkliche Ausehwel^
laug stellt «ingn Aufguss lieg botrticbtlmh erweitertem v entimciduF
Morgagni vor, die Fifischnüning etitspHeht der Grenze zwischen
Stinirabaiid mid Eingang iö den Ventrikel, die VerbrefOd-uug dejn
taschhabuml Bis mv RegeneratiOo dhr p^cudmnenihranbsmrM?.h^r ;
YerRtiieh gowöhßlich iiu? oin "'Pag, duuü vergriBsimte sieh dmsn.be
stetig, um m ÄiiÄ ; öiit uiilmiinlirhcr SiciKirbsP- Atliym-
hteHivvtm in Änt WfrAffßuödB *rwjf*s Mwfj
sehen E'iJigi’iffuu gegenatmf pehr hurtmkkig, Faehdcni Inliülatjon _i
V,.rt«tr «ctoit«a fn-lw feÄ rar Ua^Aft vai BtolVW
d*,e (u>: VuitiAimiduoc der GeseBs.ohiift Dwatscber Niiturfors'für 1
)i«fl»k*(i .Lpri^GiFh. Behiene bergest eilt Ist, umfasst die uluate
v ’ i,p Vordoranmis uiul muss, da er »las KxU*nsion.<gewieUt :?n;
{ b'-* 7 : lat .sohr aulide, mit Wahl uuterivulstrrt»m Stiii knbihite.n au-
rMi.-ieii worden. l»ic geheugie HiUtung des Vorderarme- wird
"i-'O'i- cims kleinen sfatisrlhu) Kunsfsfückchens Iiorge^teUt. Am
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DEUTSCHE MEDICINIBCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
von Carbolwasser, Creolin, Kalkwasser, Oleum Terebmtbmae, sowie
Bepinselungen mit 5 % Carbolöl, Sublimat und Kreosotglyoerin er¬
folglos geblieben waren, touchirte ich die von den Pseudomembianen
befreite Schleimhaut mit 10% Lapislösung und rieb auf dieselbe
mit einem an einer Kehlkopfsonde befestigten Wattebausch Jodo¬
formpulver ein, was schon nach zweitägiger Anwendung ein Aus¬
bleiben der Membranbildung zur Folge hatte. Auch die Schwel¬
lung des Taschenbandes bildete sich unter dieser Behandlung zurück-
am längsten brauchte das Stimmband, um aus seiner Fixation m
Respirationsstellung horauszukommon. Als ich die Kranke enthess,
wa , P die Beweglichkeit des linken Stimmbandes noch eine trägere,
als die des rechten. „ n a
Die mikroskopische Untersuchung der pseudomembranösen Ge-
bilde ergab als Hauptbestandteil Fibrin, ferner eine grosse Menge
Leukocyten und an einzelnen Stellen ungeheuere Massen ab-
gestossener CyUnderflimmerepithelien; auf dem Quersehnitte fand man
zwischen den Fibrinmassen eingelagerte zahlreiche Pilzcolomeen, die
sich als Strepto- und Staphylococcen erwiesen. Es erscheint daher
sehr wahrscheinlich, dass diese Mikroorganismen als die Ursache
der Membranbildung anzusehen sind: dafür spricht auch die Ihat-
sache dass eine auf dem rechten Stimmbande angebrachte kleine
Verletzung am anderen Tage eine deutliche pseudomembranöse Auf¬
lagerung zur Folge hatte; Culturen und Impfversuche an Thieren
konnte ich leider wegen Mangel an Zeit nicht vornehmen.
IV. Neurologische casuistische Mittheilungen.
Von Dr. Benno Herzog, Nervenarzt in Mainz.
I. Bin Fall von Sklerodermie.
Die Veröffentlichung des vorliegenden Falles von Sklerodermie
hat ihre Berechtigung durch einige Ergebnisse, welche eine genaue,
speciell auf nervöse Veränderungen gerichtete Untersuchung zutage
förderte. Die Erscheinungen bestanden: 1) in Degenerationszeichen,
2) einer eigentümlichen Veränderung des elektrischen Leitungs¬
widerstandes der erkrankten Hautpartieen.
Johann B., 47 Jahre, aus Rainrod, Beamter am Hospital. Hereditäre
Belastung mit Sicherheit nicht festzustellen. Der Vater ist nach viertel¬
jährigem Leiden gestorben, er hat auch ein „böses Bern“ gehabt. Todes¬
art der Mutter unbekannt. Der älteste Bruder des Patienten lispelt
(ebenso wie er selbst) von Jugend an. Ein Sohn des Patienten ist mit
Drüsen“ behaftet, zwei andere Kinder sind gesund. Patient war in seiner
Jugend ganz gesund, machte die Kriege von 1866 und 1870 mit. Während
des letzteren überstand er einen Typhus.
Seine jetzige Krankheit begann 1887. Im linken Bein zunächst
Kriebeln, Kältegefühl; au der Vorderfläche des linken Unterschenkels
treten kleine „Löchelchen“ ein, die in sechs Wochen heilen. Dann
Schmerzen im ganzen Bein. Erst October 1891 traten die jetzt noch sicht¬
baren Veränderungen der Haut auf, zuerst Verdickung, Spannung, später
an einzelnen Partieen Schuppung. Durch die Spannung wird das Gehen
erschwert, doch nimmt auch die Kraft des Beines an sich ab, und ausserdem
zeigen sich besonders an den schuppenden Stellen (Kniekehle, Ferse) immer
wieder kleine, blutende und stark schmerzende Schrunden. Ueber
Aenderungen der Schweisssecretion kann Patient nichts angeben, da er
von jeher nur an der Stirn schwitzt. Die rechte Hand ist in der letzten
Zeit etwas „steifer“. Sonst alles in Ordnung; nur hat die Stimmung des |
Patienten eine allmähliche Veränderung erfahren: er ist deprimirt, menschen¬
scheu, weinerlich. Dabei macht er sich Uber sein Leiden gar nicht
übermässig viel Gedanken, die Verstimmung tritt primär auf.
Status: Mittelgrosser, ziemlich kräftig gebauter, in massigem Er¬
nährungszustände befindlicher Mann. Intelligenz seiner Sphäre ent¬
sprechend, Stimmung leicht deprimirt, weinerlich. Kopfform ohne Besonder¬
heiten. Rechte Gesichtshälfte deutlich breiter als die linke. Entfernung der
Nasenwurzel vom Meatus auditorius externus rechts 11,8, links 10,3 cm.
Rechter Facialis in der Mundpartie schwächer innervirt. Bulbi auffallend
klein. Rechte Pupille > linke; leichter Strabismus convergens. Ohr¬
muscheln sehr wenig modellirt. Zunge weicht beim Vorstrecken deutlich
nach links ab und zittert, die rechte Hälfte ist wesentlich breiter als die
linke (etwa in der Mitte 2,5, gegenüber 2 cm). Fibrilläre Zuckungen in
der Muskulatur. Gaumen sehr flach gewölbt. Patient lispelt.
Obere Extremitäten: Kraft deutlich herabgesetzt; leichter Tremor
beim Spreitzen der Finger; beim Greifen nach vorgehaltenen Gegenständen
ist Patient nicht ganz geschickt, leicht ataktische Bewegungen. Keine
Spasmen; Periostreflexe an dem Processus styloideus radii beiderseits. Die
Spitzen der fünften Finger, rechts auch die Uebergangsstelle von zweiter zu
dritter Phalanx gegen Pinselberührung anästhetisch. Bauch- und Cremaster¬
reflex fehlt.
Linker Unterschenkel: Haut blau verfärbt, Venen erweitert und
überall sichtbar. Die blaue Verfärbung ist am deutlichsten ausgesprochen
am linken Kniegelenk und verliert sich ganz allmählich bis zur Mitte des
linken Oberschenkels, wo sie einer normalen Platz macht. Nach unten
geht sie auf der Streckseite schon oberhalb des Fussgelenks in eine Partie
mit starker lamellöser Schuppung über, welche bis herab zu den Zehen
sich erstreckt, am stärksten aber ausgesprochen ist über dem Fussgelenk.
Auch in der Beuge des linken Kniees besteht starke Schuppung, die
einerseits bis etwa zur Hälfte des Oberschenkels, nach unten nur wenig
auf die Wade hinübergreift. Die Haut erscheint im allgemeinen gespannt,
glänzend, verdünnt, und zwar am stärksten auf den schuppenden Partieen,
dagegen leicht erhaben, ödematös in den an die normale stossenden
Theilen des Oberschenkels. An einzelnen Stellen zeigt sich deutlich starke
Pigmentation, an anderen Verminderung des Pigmentgehaltes, so dass
dadurch und durch die Venenerweiterungen ein eigenartig marmonrtes
Aussehen entsteht. Die Farbe des Pigmentes; isj gelbbräunhch. Diese
Veränderungen gehen hinauf bis zum unteren Drittheil des Oberschenkels
und hinunter bis zur Hälfte des linken Fussrückens. In demselben Bereich
sind die Haare fast gänzlich geschwunden, die vorhandenen kürzer als die
der anderen g^eckseite beider Kniegelenke befinden sich.schliesslich runde,
unter das Niveau der Nachbarhaut eingesunkene Stellen, schwankend von
der Grösse einer Linse bis zu der einer Kirsche von gan^ hellweissem Aus¬
sehen. An den eingesunkenen Stellen zeigt die Haut beim Emporheben
eine auffällig feine Fältelung (Atrophia cutis). Der rechte Unterschenkel
erscheint im übrigen nur noch durch (geringere) Venenenreiterungen ver¬
ändert. Die Haut des linken Unterschenkels fühlt sich derber an als die
des rechten und ist absolut unfaltbar; auf und oberhalb der Patella nimmt
die Härte allmählich ab, es können Falten erhoben werden, aber schwerer
als auf den correspondirenden Partieen rechts. Sonst ist die Haut am
ganzen Körper normal. Der Unke Unterschenkel ist dünner als der rechte :
10 cm unterhalb des Capitulum fibulae beträgt der Umfang links 30,5,
rechts 32 cm. Gang steif, das linke Bein wird etwas nachgeschleift. Die
grobe Kraft ist beiderseits gering, links mehr wie rechts. Das linke
Knie kann activ nur bis zum rechten Winkel gebeugt werden. Patellar-
reflex beiderseits leicht erhöht. Rechts Achillessehnen- und Stnchreflex
an der Fusssohle, links nur der letztere angedeutet. Am linken Fuss-
rücken ist die Sensibüität für Pinselberührung herabgesetzt, auch werden
leichte Berührung mit Spitze und Knopf einer Stecknadel nicht deutlich
unterschieden. Die Prüfung mit dem faradischen Strom ergiebt S t e i ge r u n g
der Schmerzempfindlichkeit, derart, dass der Beginn des Schmerzes
auf dem rechten Unterschenkel und Fussrücken bei 85 mm R.-A., auf
dem linken Unterschenkel schon bei 100, auf dem linken Fussrucken bei
110 mm R.-A., auf der rechten Kniekehle bei 80 mm, dagegen links bei
105 mm R -A ; auf dem rechten Oberschenkel bei 85 mm, auf dem linken
schon bei 130 mm R.-A. zu constatiren ist. Der Temperatursmn ist mcht
V6rä z ur Bestimmung des Leitungswiderstandes wurde eine Batterie von
20 Leclanchd-Elementen, ein Hirschmann’scher Horizontalgalvanonieter,
biegsame Bleiplattenelektroden mit Torfmoosfüllung von 50 und 70 qcm
Grösse benutzt. Die Bestimmung der Widerstände erfolgte durch bub-
stitution mittels eines Rheostaten. Von der Bestimmung der absoluten
Widerstandsminima musste wegen der zu grossen Empfindlichkeit (s. o.)
gegen starke Ströme abgesehen werden. Die relativenWiderstands-
minima betrugen also auf dem:
Unterschenkel
unteres Drittheil, innen
oberes Drittheil, innen .
unteres Drittheil, aussen
oberes Drittheil, aussen
Fussgelenk
Dorsalseite.
Oberschenkel
unteres Drittheil, Mitte
„ „ innen
,, .. aussen
mittleres Drittheil, Mitte
„ „ aussen
Kniekehle.
Achillessehnengegend
oberer des Fussrückens
Hals-Nacken ....
rechts
links
5270
3860 Ohm.
1860
1050 „
3000 Ohm.
3000
2000 „
3000
39400 „
3860
930 „
1350
830 „
1600
1050 „
1350
830 „
1600
1050 „
1350
16780! „
3000
89400! „
2600
3860 „
1350 Ohm.
UIU t/lüÄ-Ulla ULI O UUtülöUDllUUg UOC muoAUiMtv«* ^
Setzung gegen den faradischen Strom:
Tibial ant. rechts bei 104 mm R.-A., links bei 95, Ext. dig. comm.
rechts bei 92 mm R.-A., links bei 80. Flex. halluc. brev. 82 mm K.-a.,
Ext. halluc. long. 68 mm R.-A., Peron. long. .100 mm R.-A., Peron. brev.
rechts bei 86 mm, links bei 75 mm R.-A., Soleus 86 mm ’
Tibial. ant. rechts bei 1% links bei 1»/* Milliampere,, Ext. digit. comm.
bei l l / 4 , Ext. hall. long. rechts bei 2 % links bei l 8 /* Milliampere, überall
schnelle Zuckung, KaSZ>AnSZ. . . „ •
Innere Organe normal; Urin in Ordnung. Temperatur etwas ff’
um 37,0 herum. Pilocarpin (ein Infus von 6,0 Fol. Jaborandi mn
einer halben Stunde) ruft starke Schweisssecretion, aber nur aul btirn unu
in der Achselhöhle hervor. . , . w
Unser Fall von Sklerodermie reiht sich jenen an, .» el , wei( f e f n
die „nervöse“ Basis in causalen Zusammenhang mit der ^Um¬
stellung des Leidens gebracht wurde (Rossolino, 1 ) MLaiman,
Hallopeau und andere). Ohne uns auf Grund dieses einen Bei-
spieles für die eine oder die andere Ansicht zu engagiren, ,.
wir doch auf die ausgesprochenen „nervösen“ Veränderungen
weisen und zwar: u QllftTn
1. die oben beschriebenen „Degenerationszeichen , vor jumu
die Differenz der beiden Gesichts- und Zungenhälften, das Y sp T;
die Kleinheit der Bulbi, die wenig modellirten Ohrmuscheln, neu
auffallend flachen Gaumen; ^
2. die seit Beginn des Leidens bestehende Stimmungsano ’
3. die wenn auch leichten, so doch ausgesprochenen Mo 11
Störungen im Facialis- und Zungengebiet, die Motuitä
>) Ruskaja Medicina 1891, No. 11; im übrigen vergl.
verzeichniss bei Wolters, Archiv f. Dermat. u. Syphilis 1892,
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talST " de “ T ° n d6r Hautveriin derung freien
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ein weiteres Interesse aber beansprucht unser Fall durch
die Veränderungen des Leitungswiderstandes. Dieses Symptom
!st ja schon wiederholt bei unserer Krankheit beobachtet werde“
wahr<md aber einige Autoren eine Verminderung fanden (Erben’
Gade) constatirten andere eine Vermehrung (Eulenbur») Ü
Dabei betont aber schon der letztgenannte A^tor dass Ä2
'eichten und fleckweise erkrankten Stellen und Lx bisher v er ”
schonten Hautbezirken nur sehr viel unerheblichere Differenzen
Runden wurdÄ und stellenweise sogar die noch unversehrte
, H “1 d r T , Skleromkranken etwas geringeren Leitungswiderstand
darbot. Unser Fall zeigt nun dieses Verhalten in viel auso-e-
E h m el T nT 6 ' Bw , »«gemeinen geringem Leitungswider-
W öS TT er |?„ em I? latives Widerstandsmini3m von
J/C.r Z T er “Steilen, die noch im Beginne der Erkrankung
sind (Stadium elevatum), also im unteren Drittheil des linken Ober?
Schenkels und dem oberen Drittheil der inneren Fläche des linken
DrittM e rf keS hif 0W1 n T? a ? noch gesunden Stellen (mittleres
Drittheil des Oberschenkels) eine deutliche Herabsetzung des
Leitungswiderstandes gegenüber der anderen Seite, die an weiter
y chrittonen Stellen einer leichten und an den mH dS£
Lederhaut überzogenen Partieen (Kniekehle Ferse) einer
bedeutenden Widerstandsvermehrung Platz macht. 'Wenn
an an die anatomischen Veränderungen denkt, erscheint dieses
interessante Resultat nicht wunderbar erseneint dieses
,. Anwendung von 10 und (an wenigen Stellen) 30 Elementen
ÄTieZLfT “T ^ «?**»••» doch^nTchtsTsehr
STso’if d^ L u' 1 - ganz ä J hn]ich6m Verhältniss stehende
um also in derselben Weise zu deutende Kahlen, 2 ) so dass ich
«LachTstrflm»with’s, 2 ) der bei Anwendung allerdings ganz
scawacher Ströme Zunahme, mit nur wenig stärkeren aber Abnahme
ÄÄ n d ’ »'»^iiteressant, aber für“die
aUs belanglos bezeichnen zu können glaube Denn selbst
träten T T Lewith “geführten Erscheinungen oft zu Tm
Werfen solang ™ s ° re P n ^ rsucIl ungsmBthodc noch nicht zu ver-
S £TV 0n gewisser mittlerer Stärke
■a Risses gesetzmässiges Verhalten gefunden wird.
^2^7^% auf Grund der bekannten
ständiger ÄonlicaHnn dl6 { nte “ sit ‘ l t des Stromes noch nach mehr-
rielm grosser WM» TT U “ d 2) durch die Polarisation ein
welche nkTüherofTT vor g e “uscht wird - Fehlerquellen,
dimmV^lh„dT»Ä° h T ss seien unBere ganze B e :
nicht belichten S ° T“ man . ihm hierin g ewiss auch
Sache bewusst bleih»»TT wird man sich allerdings der That-
in sehr erossen rTmTk der 1 T tun ® s ™ derstand normaler Weise
«•» « sicTum e.ÄL a T , und dem « emäss “it dem Urtheil,
tumal in FäUen. wTkeiTf TT’ s ? hr T °rsichtig sein müssen,
gesunden Hautstellen T ^ er g ® lc ^ mit symmetrisch gelegenen
in unserem Falle we rden kann. Wo aber, wie
genauer, gleich 6 ’ langerM^chkejt; vorhanden ist, kann man bei
Applicatioif der ElelHrL ^ Minu . t . en .genügen!) und gleichartiger
durchaus ^enügende^Fpifnu ^ ei ? em / uten Galvanometer ein
^iderstfÄnfmn™ ^ i ber daS VerhaIten des relativen
auf die ZahleiTnicht rw t rteD ’ ^ enn man sich natürlich auch
Dap P ht aUza sehr eapneiren wird.
rechtigt seiTo^ d S Pol ^ isation könnte an sich be-
z u dürfen. Denn fiir ^ n™ Slnne L6with ’ s verwerthet werden
fiüg, ob in gewissen Fan^ 086 Wäre es Ja zunäc hst gleich¬
en oder nurTrTonf eia vermehrter Widerstand Vor¬
gefecht würde * ent £ e Sengenchtete Polarisationsströme vor-
L e w i t 8ine 80 ^ r08Se Bedeutung zukommt,
^ese (mmplicirte^FraJ! • ohne . dass ich für heute auf
fal . ls genügten seine ^r«f.M, gehe -V ZUm 111111(1681611 fraglich. Jeden-
? la er J^Snu^?«rl!fw he nnt *! {i ! nmt den wechselnden Resultaten
199
^®er . j^jjehe mitsammt den wechselnden Resultaten | V ' H J, -v-—, -- JO uuuu »uuu merin ments neues:
P^immungsmethodo ungen meht zur Verwerfung der ganzen ? a J e ^? n ^ a ?° S1 » Hutchinson und einigen anderen Autoren
leirh* —* - uoae - Ub die u— u_--I halben hier und da gleiches und ähnliches gezeigt. Auch nach der
ätiologischen Seite hin darf man diese Congruenz nur indirekt und
P^unmnngsmethode Oh ®r n nic uj zur Verwerfung der ganzen
kfcht auf die VersehiA^ ^ 6 ^ erscluedenheit der Ergebnisse viel-
Kranken war dieselbe at der Stadien (denn auch bei seinen
Pu bU»tion^icht" 2Urackzuführen ist - lasst
Qj. || i“' A-
nach TlSL 2 Mb d6r Gberschenkel fand ich mit 10 Elementen :
3% einen Ausschlag von
. 2 2 l I, ov 5 /■ Milli-Ampere links,
} Archiv 1 Dennat. n. Schills 1891, 2. Mmi ’ Am P 6re rechte *
V. Aus der medicinischen üniversitätspoliklinik
in Leipzig.
Einige casuistische Beiträge zur Kenntniss
der Sklerodermie.
Von Privatdocenten Dr. L. Friedheim.
ssmtenzarzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten an der Poliklinik
Wenn ich über einige Fälle von Sklerodermie berichte so hin
heft ft ^ ei ^^m^^T^' 0g ^* 8del ^e^»»b*® del mii f F 8 omen^o S ner'Krank-
lässt es gleichwohl wünschenswert^ ja nothwenSg erscheinen dass
jeder einzelne Fall in seinen wesentlichen Grundzügen zur Kennt¬
niss gelange, um zu etwaigen Schlussfolgerungen beitragen zu
de™i^7n 1C - he lkre r seits 0 die ursächlichen Momente der Sklero-
dermie nach irgend einer Seite hin aufzuhellen vermöchten.
, f a11 . Im ersten Falle ist die Patientin Fräulein R
ein» h hen r elss ™ Fleckens geführt hatten. Die Form desselben wrn-
Theile der TJuü’ w daSS e [- mlt s ?“ er erbssten Ausdehnung vom hinteren
sich hinzo/ rhe U nten zur ftehtenMundwinkel^gend
mto^ en d el j B '?^ d ^« <! be C ge^^unte Randzra™ a ihrereeite m meä 1 ich' 1 iSei!
S cM^ntotoSet EiidTk““?“ F ‘ eCkeB 1 '^“ do Haut maäiTiZ
Se Haut dT link^ E w d t; v“ War ,™ S mzen lebhafter gerOthet als
scÄurideÄelT’ bl6r “ nd d ° rt leicht schi "» rad » d mit
«n, m» 1 f=*» alpati0I1 J d t r . Ha T erga j > nnr an der zuer »t beschriebenen und
GWtto Hter TPTT- Varä ^ de , r . un g ü»s Gefühl einer narbenartigen
Platte. Hier gab auch die Patientin selbst — als einziges ihr lJLstn™«*
subjectives Symptom — ein starkes Spannungsgefühl an fls fehlten Ver-
Ano e STde? e T»l emPe T«T P ? ndU,,g .™ *r Son“ bili tkt ; Tr
Anomalie der Talg- und Schweisssecretion liess sich gleichfalls nichts
KöTO^bArtüffhA dW16 - auffilIlige Erscheinungen an der gesammten übrigen
Körperoberfläche sowie an den sichtbaren Schleimhäuten fehlten durchaus
der Affp^ reS ^ eS v e di T SeS PalIes lie £ fc ^ der Halbseitigkeit
der Affection. Halbseitige Localisation des Skleroderma ist zwar
keine neue Beobachtung, immerhin aber eine seltene Form der
Krankheit. Wir finden sie von Hutchinson 1 ) beschrieben; Kaposi 2 )
erwähnt mehrere derartige Fälle; Netteiship und Higgens führen
sie gleichfalls an. Die halbseitige Localisation des Skleroderma
speciell auf der Haut des Gesichts erhielt noch ein erhöhtes Inter-
esse ais Hallopeau und Grasset dieselbe zusammen mit Hemi-
atrophia faciei progressiva erwähnten. Weitere Beobachtungen
von EulenburgS) und Gibenet*) haben diese Complication in
noch bemerkenswerterer Weise hervorgehoben. Auch unser Fall
erinnerte auf das lebhafteste an eine solche bis zu einem gewissen
Grade, indem die eigentümliche Verziehung des Gesichts ein sehr
ähnliches Bild vortäuschte: durch die Spannung der sklerosirten
Haut war der Unterkiefer aus seiner normalen Lage herausgedrän°-t
und von unten links nach oben rechts, d. h. nach der Seite des
Skleroderma hin, verschoben, so dass das Gesicht ein unsymmetri¬
sches und m seinem unteren Theile durchaus schiefes Bild gewährte
und somit auf der ursprünglich gesunden Seite eine Pseudohemi-
atrophie vorzuliegen schien. Wesentlich wichtiger ist wohl in
unserem Falle die Frage der Uebereinstimmuug mit dem Verlaufe
analoger Nervenfasern. Eine solche ist hier ohne Zweifel gegeben:
das Skleroderma der Wange scheint offenbar Verzweigungen des
zweiten und dritten Trigeminusastes zu entsprechen. Wenngleich
von hohem Interesse, so liegt jedoch auch hierin nichts neues:
Fäll« vnn Kanne; + ~•_ , * .
- ^***** uou mau ulest? Kongruenz nur maireKt und
nur mit sehr grosser Reserve verwerthen, da die Gefässe den Nerven
in ihrem Verlaufe mit grosser Regelmässigkeit folgen,
rr P t! 1 ?' zweiten Falle, der mir durch die Liebenswürdigkeit des
Herrn Irofessor Kölliker überwiesen worden ist, handelt es sich wie¬
derum um eine weibliche Kranke. Frau K. . . ., zur Zeit im 32. Lebens¬
jahre, ist seit neun Jahren verheirathet und Mutter dreier gesunder Kinder.
Infolge eines Abortes hat die Frau im letzten Jahre an starken Blutungen
ge litten. Seit l'/a Jahren klagt die Frau über Frösteln im linken Beine
*) Lectures of clinical surgery. London 1879, p. 314.
y Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten. IV. Aufl., p. G46.
*) Zeitschrift f. klinische Medicin, 1883, V, No. 4.
1879* Gn^Histology and Pathology of Morphaea. Arch. of Dermatol.
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200
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
eitenmg derRego
£<“»XS isfam*Kniebeuge entwickelt, Nach
S^vÄtÄ Ob-chen^s i zu findet ein £gg« **5JE
Dritter des Oberschenkels, und z ” ar , ari , Niveau der Haut deutlich
markstttckgrosser rMhhcher Fleck d«d» Niveau^ aa^
SÄ und Z 'con* r ähuiichen kleinereu ^imgeben befindet sich an^er
im ganzen narbenartig, weisshch, ohne besonderen ^ “J d ^ Bezug
veränderten Flecke — atropkisch. schilfernd; deutliche Zeichen
gleichfalls abnorm trocken und rauh, Krankhaft verändert
SsfÜSsÄ
Stkr ’
Lut f
fflSTÄÄ £ "ÄÄlS
scher Fleck hin. Die gesammte sonstige Oberfläche des Rumpfes entbehrte
^sige^rSt'tÄe
grö*sen imd g Formen t *der 0 ndhen I1 w^e n der 1 weis^in 1 B?utk8^er! SSen ' B g '
& Ö Die Behandlung der Kranken bestand in kräftigen warmen Bädern,
continuirlicher Einfettung mit müden Salben und lokaler vorsichtiger
radisation. nach der erste n Untersuchung bildete sich an der la-
tpmlen Seite des linken Knies ein entzündlicher Frocess aus mit deutlich
erhabener scharf abgegrenzter Infiltration und centraler Fluktuation, der
unter exspectativer Behandlung schon nach vier Tagen sic umw
in ein etwa thalergrosses flaches Geschwür von
«jnerkiffem Belage und germger Secretion. Der Zerfall des uescnwurs
Ä sehr stark; Umfchläge mit 2 % essigsaurer Thonerde sowie
eine S 5 % Jodoformsalbe brachten es alsdann nach nahezu zwei Wochen
zur Verheilung Auf der Höhe des Processes war das Geschwür unregel¬
mässig begrenzt, seine Oberfläche dunkel, missfarbig, entschieden nekroti-
£3 Eskg nun die Vermuthung sehr nahe, dass auch jene anam¬
nestisch erwähnte Vereiterung der Regio cruralis ®^ e h n i ^°| t en u ^ r0 s^
dargestellt hatte. Die Art der Vernarbung war an beiden bte ^ ® e “
ähnlich: straff zusammengezogen, glatt, eingesunken gegenüber der Um
gebung, peripher dunkel pigmentirt.
Hinsichtlich eben dieser Geschwürsbildung ist es wohl ange¬
zeigt an einen weiteren Fall von Sklerodermie zu erinnern, der
auf dem Dermatologen-Congress zu Leipzig 1891 von mir demon-
strirt und in dem Archiv für Dermatologie und Syphilis von mir
publicirt worden ist. Das zarte Kindesaiter war hier bereits von
besonderem Interesse. . .. . , .....
Es handelt sich um ein 3 l / 2 jähnges Kind ohne jegliche hereditäre
Beanlagung. Nach Ablauf des zweiten Lebensjahres hatten sich
auf der Bauchhaut rechts flecken weise Entfärbungen derselben ge¬
bildet, welche eine gewisse Starrheit und Trockenheit, sowie einen
weissschimmernden Glanz annahmen und sich sehr rasch ver-
grösserten. Als ich im Frühjahr das Kind zum ersten male in der
üniversitätspoliklinik untersuchte, fand ich dasselbe blühend, wohl¬
genährt; von der unteren rechten achten Rippe an zog sich unterhalb
der Axillargegend eine infiltrirte Fläche, welche oberhalb des Rippen¬
bogens vorn und unmittelbar vor der Axülarlinie hinten abgegrenzt
war, bis nahe zum Nabel hin. Dieselbe war glänzend weiss, an ihrer
Oberfläche trocken, starr, jeglicher Elasticität entbehrend; in dieselbe
waren linsen- bis bohnengrosse, vorwiegend ovaläre dunkelbraune
Flecke eingestreut, welche unterhalb des Niveaus ihrer Umgebung
lagen, ln der Umgebung der erkrankten Partie war die Haut
auffallend dunkel und stumpf, mit allmählicher Abstufung dieser
Veränderungen in normale Hautflächen übergehend. In sehr viel
geringerem Maasse waren ähnliche Veränderungen auf der Bauch¬
haut der linken Seite entwickelt.
und verfiel rasch zu einem soharfrandigen, gangränescirenden Ge¬
spür das innerhalb dreier Tage fünfmarkstückgross ward. Gleich¬
zeitig hatten sich die rechtsseitigen Verändernngwi bis über das
obere äussere Drittel des Oberschenkels ausgedehnt mit einer aus-
wnräo-ten Fixation der sklerosirten Haut auf ihrer Unterlage. Un¬
mittelbar vor dem Trochanter major entwickelte sich wenige Tage
nach der soeben geschilderten Ausbildung des ersteren Geschwürs
nach vorheriger Gangränesceirt der^ Haut ein zwertes^voii^ganz
?—f -
eine ziemlich reichliche Absonderung aufwiesen, verheilten inner¬
halb zweier Wochen unter Jodoform und Jodoformsalbenverband
mit Hinterlassung: röthlicher eingezogener Narben.
Dif übereinftimmende Neigung zu Ulceration uud Gangrän
lässt sich hier nicht verkennen. Was aber in beiden Fällen beson¬
dere überrascht, das ist der frühzeitige Eintritt der Ulceration und
ihr so ungemein rascher Uebergang in Gangrän, wahrend sonst, vor
allem bef der Sklerodaetylie (Sklerodermie des extrdmitfe nach
Besnier) derartige Umwandlungen weit langsamer vor sich
gehen pflegen Übereinstimmend war ferner die Vertheilung der
Erkrankung in allen drei Fällen auf das weibliche Geschlecht allein.
Participirt S dich das letztere nach Kaposi » drei "
Skleroderma. Das Kind ging ein Jahr nach Aufnahme von obigem
Status marastisch zugrunde, das Befinden der Frau ist 2
noch befriedigend, während über den ersten h aU - d er 6,n « “™ ä, ff
tige Patientin betraf, weitere Notizen leider nicht zur Verfügung
stehen.
VI. Ein neues Verfahren der Gonococcen-
färtmng.
Von Dr. Alfred Lanz,
Ordinator am Miassnitzkyhospital in Moskau.
Die mikroskopische Untersuchung der Secrete auf Gonococceu
hat entschieden eine grosse Bedeutung für die D>agn« s e 'ind d e
Therapie des Trippers. Dieser Umstand ist von Neisser bereits
mehrfach hervorgehoben worden; erst kürzlich hat er ^h -ede
eingehend mit dieser Frage beschäftigt in emem Arükel , der
durch eine Mittheilung Brüse’s veranlasst wurde. BroSe J S ^ t
in dieser seiner Mittheilung der mikroskopischen Gonococcenunte^
suchung bekanntlich jeden diagnostischen Werth ab Der n.
punkt der Frage ist nicht der, ob der Gonocoecus als Uisache-
des Trippers betrachtot werden soll — an der pathogenen
tung des Gonocoecus ist nach den Arbeiten Neisser s,
und Wertheim’s wohl kaum noch zu zweiMn - sondcrn dei,
dass wir den Gonocoecus häufig durch die üblichen Untersuchung ^
methoden nicht nachzuweisen imstande sind in ’ TT ms t an( i
den noch nicht aufgehört hat, infectiös zu sein. Dieser Umstanu,
worauf Neisser auch schon früher hingewiesen hat, beruht eme
theils auf der UnzulängUchkeit unserer Untcrsuchungsmethod™,
anderentheils auf anatomischen Eigenthümlichkeiten de
Organe und den Eigenschaften des' Gonocoecus selbst.
8 Die mikroskopische Untersuchungsmethode betreffend, h
BummS) richtig bemerkt, dass dieselbe, wenn sie wirklich p^
tisch verwerthet werden soll, nicht zu zeitraub w j r( j
Bumm hat nun folgendes Verfahren angegeben: das Secret w
auf dem Objectträger mit einer Messerklinge fein ansgeb ^
über der Flamme getrocknet, • 7*-l Minute ^ einer ^concentrirteu
wässrigen Fuchsinlösung ausgesetzt, abgespült, Ar homogenen
Flamme getrocknet und ohne Deckglas ‘b 18 ^. 111 ? 0el „ , u{&rb 8 n g S -
Immersionslinse besichtigt. - Eine Presche .fijichVWefse
methode wird auch von Finger 4 ) empfohlen: d ^ ^blaulösung
hergestellte Deckgläschenpräparat wird in eine Met ^
gebracht, die man sich herstellt, indem man eoncentrirte alk
sehe Methylenblaulösung in ein Uhrechälchen mit Wasser od
i) A~Neisser, Welchen Werth hat die mikro^opmehe^no-
coccenuntersuchung? Deutsche med. .Wochenschr. » * gucken
») Bröse, Zur Aetiologie, Diagnoseund^rhertip.e der wen.
GonoiThoe. Deutsche med. Wochenschr. 1893, N°. » Schleimhaut-
*) E. Bumm, Der Mikroorganismus der gonorrhois^
erkrankungen „Gonocoecus Neisser“. Zweite ergänzte
gab6 '4) ^Finger, Die Blennorhoe der Sexualorgane and ihre CompU^
cationen. Dritte wesentlich vermehrte und verbesserte &&
und Wien, 1893, p. 18.
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1. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
201
caasticumlösung 1 : 10 000 so lange zutropft, bis die Flüssigkeit
einen dunkelblauen Ton hat. Die Gonococcen erscheinen dunkel¬
blau und heben sich schön von den graublauen Kernen und dem
ganz blassblauen Protoplasma ab. — Es unterliegt wohl keinem
Zweifel, dass diese Methoden in der Mehrzahl der Fälle als aus¬
reichend zu betrachten sind, dennoch möchten wir hier ein Ver¬
fahren angeben, welches, wie wir anzunehmen uns für berechtigt
halten, iu vielen, besondere chronischen Fällen mit geringem Secret
uns bessere Resultate geliefert hat. Indem wir eines der oben ge¬
nannten Verfahren anwandten, haben wir in einigen Fällen die
Ueberzeugung gewonnen, dass die Gonococcen sich entweder zu
schwach färbten und dadurch übersehen wurden, oder aber es fiel der
Unterschied in der Tinction der Gonococcen und der Zellelemente
zu ungenügend aus, was wiederum das Aufsuchen der Gonococcen
sehr erschwerte. Das von uns mehrfach angewandte Verfahren ist,
nach unseren bisherigen zahlreichen Untersuchungen zu schliessen,
von diesen Uebelständen frei. Ausserdem aber — und diesen Um¬
stand möchten wir besonders hervorheben — lassen sich nach un¬
serem Verfahren eine grössere Menge von Gonococcen nach weisen.
Der wesentlichste Unterschied unseres Verfahrens besteht in
einer vorläufigen Bearbeitung des Präparates mit Trichloressigsäure,
welche wir vor etwa drei Jahren zur Behandlung der chronischen
Urethritis empfohlen haben. 1 ) Das Verfahren wird folgendermaassen
ausgeführt. Das in gewöhnlicher Weise auf Deckgläschen fein auf¬
gestrichene Secret wird, nachdem es eingetrocknet ist, über der
Flamme fixirt, wobei ein Ueberhitzen zu vermeiden ist: darauf
kommt das Deckgläschen auf V 2 —1 Minute in eine 20 0/0 wässrige
Trichloreßsigsäurelösung (Acidi trichloracetici 5,0, Aq. dest. 20,0),
das eingetrocknete Secret nimmt hierbei fast sofort eine weisse
Farbe an; die überschüssige Säure wird durch ganz kurzes Ab-
spülen in Wasser entfernt, worauf das Präparat mit Fliesspapier
abgetrocknet, wiederum über der Flamme fixirt und dann mit der
chargirten Seite nach unten schwimmend auf eine Methylenblau¬
lösung gebracht wird, welche man sich folgendermaassen herstellt:
in ein grösseres Uhrechälchen kommen etwa 80 ccm destillirtes
Wasser, 1—2 Tropfen einer 5° 0 Kalicausticumlösung - und soviel
von einer gesättigten alkoholischen Methylenblaulösung, bis die
Flüssigkeit dunkelblau wird; das Deckgläschen wird nach Verlauf
von 2—5 Minuten, selten einer längeren Zeit (im allgemeinen muss
das Präparat in einer frisch bereiteten Lösung länger verweilen),
herausgenommen, mit Wasser abgespült, getrocknet (über der
Flamme) und in Canadabalsam eingeschlossen. Auf diese Weise
hergestellte Präparate lassen sich gut aufbewahren: wenigstens
haben wir an jetzt schon über l 1 /^ Jahre alten Präparaten ein Ab¬
blassen der Gonococcen noch nicht wahrnehmen können. W r ie aus
dem obigen ersichtlich, erfordert das Verfahren nicht viel mehr
Zeit, als die üblichen Methoden.
In den auf diese Weise hergestellten Präparaten erscheinen
die Gonococcen etwas kleiner, aber ihre Contouren um so distincter
und deutlicher, so dass dieselben durch ihre charakteristische
Semmelform sofort auf fallen; die Gonococcen erscheinen tiefblau
und heben sich vorteilhaft von den Zellen ab, welche immer in
nel matteren Tönen erscheinen, und zwar färben sich die Zell¬
kerne hellblau resp. blau, das Zellprotoplasma aber nimmt einen
kaum sichtbaren blauen Ton an; unter der Einwirkung der Tri¬
chloressigsäure treten die Umrisse der Zellkerne sehr deutlich her-
'°U zugleich aber werden sie selbst, wie auch das Zellprotoplasma
auffallend durchsichtig; dadurch erklärt sich der Umstand, dass
mcht nur diejenigen Gonococcen, welche innerhalb der Zellen in
. r . Ochsten Umgebung der Zellkerne liegen, sondern auch die¬
jenigen, welche die letzteren optisch decken, ungemein deutlich
ervortreten. Vergleicht man zwei Präparate, von denen das eine
? ne trichloressigsäure und das zweite nach der von uns empfoh-
cnen Methode hergestellt ist, so erkennt man sofort, dass der
esenthehste Unterschied beider darin besteht, dass, während im
cren eine Menge Gonococcen, welche in der nächsten Umgebung
er kerne liegen, entweder gar nicht oder nur mit Mühe zu sehen
ziv ' lm K dieselben sehr deutlich sichtbar werden, und
ar Sletlt ® an nicht nur diejenigen Exemplare, welche den Kern-
ouren dicht anliegen, sondern auch diejenigen, welche die letz-
JJ °Pj 1 seh decken; es werden dabei aber auch diejenigen Gono-
frcilirU ßlCh u- r ’ we ^ e von den Kernen optisch gedeckt werden;
raton ers . eioeu dieselben weniger deutlich. Bei einigen Präpa-
Gonoco^ WUm * maÜ entsc ^ le den den Eindruck, dass ein Theil der
traten 7^ *?, ^ en Kernen selbst eingeschlossen ist; wenigstens
Wj es6 ^ occen deutlichsten hervor bei Einstellung der
zöndumr-° Ure ?’- ^ esen Fällen handelte es sich um heftige Ent-
Jjberseheinungen, profuse Eiterung, meist war das Leiden
erst seit einigen Tagen aufgetreten und die Kranken waren noch
keiner Behandlung unterzogen worden. In letzter Zeit, wo die
Thatsachen, welche auf eine active Rolle der Gonococcen hinweisen,
immer zahlreicher werden 1 ) (im Gegensatz zur phagocytären Theorie,
nach welcher die Gonococcen von den Zellen aufgenommen würden,
d. h. nur eine passive Rolle spielen sollen), erscheint uns ein sol¬
ches Eindringen der Coccen in die Zellkerne selbst nicht unwahr¬
scheinlich.
Unser Verfahren lässt auch die Anwendung einer Doppelfärbung
zu. Schöne Bilder giebt z. B. eine Nachfärbung mit einer schwachen
wässerigen Eosinlösung, wobei die Gonococcen dunkelblau bleiben,
die Zellelemente hingegen einen rosa Ton annehmen. Aber be¬
sonders schöne und distincte Bilder erhält man, wenn man nach
Behandlung der Deckgläschenpräparate mit Trichloressigsäure und
Methylonblau (wobei die Einwirkung der Farbe eine längere sein
muss, um eine intensive Tinction zu erzielen), Abspülen in Wasser
und Trocknen, dieselben auf kurze Zeit (V 4— 1 /-2 Minute) in eine
schwache wässerige Bisraarckbraunlösung bringt; die Präparate
nehmen schnell einen grünlichen Farbenton an, wobei der Farben¬
wechsel zuerst in den Zellen eintritt; daher bleiben die Gonococcen
noch dunkel tingirt, während das Zellprotoplasma und die Kerne
schon bräunliche und grünliche Töne angenommen haben; in sol¬
chen Präparaten heben sich die Gonococcen sehr deutlich und schön
von ihrer viel blässeren Umgebung ab.
Versuche, welche wir mit Essigsäure (anstatt Trichloressig¬
säure) anstellten, ergaben keine befriedigenden Resultate. Es
scheint somit, dass die Trichloressigsäuro in besonderem Verhält¬
nis zum Methylenblau steht, wofür auch noch folgende Thatsacho
spricht: bereitet man eine Methylenblaulösung und fügt man zu
der einen Hälfte derselben einige Tropfen Essigsäure, zu der an¬
deren aber etwas Trichloressigsäure hinzu, so bleibt die erste Lö¬
sung eine längere Zeit unverändert, während sich in der zweiten
schnell ein Bodensatz bildet, der unter dem Mikroskop betrachtet
aus dunklen, langen, spiessförmigen Krystallen besteht, welche
stellenweise zu sternförmigen Figuren zusammentreten.
Indem wir in einigen Fällen den Eiter bei phlegmonösen Ab-
scessen, pleuritischem Exsudat u. s. w. untersuchten, haben wir
uns davon überzeugen können, dass sich auch einige andere Mikro¬
organismen nach unserem Verfahren sehr schön färben lassen
(Streptococcen, Staphylococcen). Dass übrigens nicht nur dio Gono¬
coccen, sondern auch andere Mikroorganismen sich mit Methylen¬
blau nach vorläufiger Bearbeitung der Präparate mit Trichloressig¬
säure sehr schön färben lassen, hatten wir mehrfach Gelegenheit
zu constatiren an Präparaten, welche wir aus dem Sepreto hei
chronischer Urethritis herstellten; bei letzterer finden sich bekannt¬
lich im Seerete eine grosse Anzahl verschiedener Coccen und Ba¬
cillen. In den meisten Fällen erstreckten sich unsere Unter¬
suchungen auf das unmittelbar aus der Harnröhre gewonnene Se¬
cret; in einer Anzahl von Fällen wurde das Secret durch Centri-
fugiren des frisch gelassenen Urins gewonnen oder, wo dasselbe
nur in Gestalt von Tripperfäden vorhanden war, wurden diese ver¬
mittels einer geglühten Platinöse herausgefischt. Wir haben da¬
bei mehrfach den interessanten Befund von Jadassohn und Fin¬
ger bestätigen können, dass nämlich die Gonococcen in dem Secret
der Urethra anterior gefunden, in dem der Urethra posterior aber
gleichzeitig vennisst werden können.
Bekanntlich ist das Auffinden von Gonococcen in Gewebs-
schnitten mit grossen Schwierigkeiten verbunden. In diesem Punkte
stimmen alle Autoren überein. Diese Thatsache hat erst vor kurzem
eine neue Bestätigung in dem hochinteressanten Leyden’schen
Fall 2 ) gefunden, in welchem die bacteriologische Untersuchung von
Dr. Michaelis ausgeführt wurde. Wir sind bis jetzt aus Mangel
an einschlägigem Material nicht in der Lago gewesen, unser Ver¬
fahren auch in dieser Beziehung zu prüfen, glauben aber auf Grund
unserer Secretuntersuchungen annehmen zu dürfen, dass sich das
Verfahren bei entsprechender Modiflcation auch hier bewähren wird.
VII. Ueber die sogenannten Leukocyten-
schatten.
Bemerkungen zu der Notiz des Herrn Benario.
Von Dr. S. Klein,
Assistenzarzt an der I. medicinischen Klinik in Warschau.
In No 4 der Deutschen medicinischen Wochenschrift macht mir Herr
Benario den Vorwurf, als wären die von mir beschriebenen neutro¬
philen Leukocytenschatten lediglich Kunstproducte, die durch starken
mechanischen Druck bei der Herstellung der Blutpräparato hervorgebracht
werden können. Ich möchte dagegen folgcndo Thatsachen anfüiiron:
fiautbRn{.ii nz, .^-tidum triehloraceticum bei einigen Geschlechts- und
Ob^ Demagogie Bd. XIH, 1891, auch
») Vergl. hierüber 11 . a. bei E. Finger, . c. p. 90 u. f- ,
a ) E. Leyden, Ueber Endocarditis gonorrhoica. Deutsche med.
Uochenschr. 1893, No. 38.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
202
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
1. Durch starke Quetschung werden nicht allein die Granula¬
tionen der Leukocyten aus den zerstörten Zellen herausgepresst, sondern
es ändert sich auch mehr oder minder die Structur der rothen
Blutkörperchen und der übrigen Leukocyten, was man in den
Blutpräparaten mit Loukocytenschatten — wie ich es in meiner Arbeit
hervorhob — durchaus nicht zu sehen bekommt. Diese mechanische
Alteration aller Blutgebilde müsste man doch in den Präparaten finden,
falls sie thatsächlich gequetscht wären.
2. Die Leukocytenschatten besitzen nie, wie es Herr Benario will,
„gut tingirte Kerne“, sondern sie stellen, wie ich es in meiner Arbeit
deutlich sagte und zeichnete, nur „Spuren schwach tingirter und ver¬
wischter Kerne“, somit ebenfalls eine morphologische Deconstitution
des Kernes dar. Ja die Granulationen selbst der Leukocyten¬
schatten unterscheiden sich, wie ich betonte, sehr bedeutend
von denen der gesunden Leukocyten: hier sind sie ziemlich deutlich
und von verschiedener Grösse, dort bedeutend feiner, beinahe gleich gross
und machen den Eindruck atrophischer.
3. Es giebt Uebergangsstufen zwischen den gesunden
neutrophilen Leukocyten und deren Schatten. Diejenige Ueber-
gangszelle, die eigentlich schon als Schatten aufgefasst werden kann,
besitzt in der Regel eine sehr feinkernige Granulation und einen sehr
schwach tingirton Kern. Auch diesem Punkte schenkte ich genügende
Berücksichtigung in meiner Arbeit. Solche Zellen verlieren auch boi
leichtem Druck ihre Granulationen, wogegen die normalen Leukocyten
dabei ziemlich widerstandsfähig sind.
4. Ich behauptete nirgends, dass die Schatten mit den ausgefallenen
Granulationen im Blute präformirt sind. Die Unwahrscheinlichkeit solcher
Voraussetzung liegt auf dor Hand. Ich machte auf diesen Zustand der
Loukocytenschatten aufmerksam, weil er sich auch bei der vorsich¬
tigsten Präparationsweise aus den sub 3 besprochenen, ver¬
änderten, sehr zarten Blutelementen bilden muss. Er kann des¬
halb nur als Kriterium der Präexistenz solcher Leukocyten dienen. Ich
glaube übrigens, dass Herr Benario selbst, indem er die Möglichkeit des
Ausfallens der Granulationen aus den veränderten Leukocyten zugiebt,
gleichzeitig die Existenz der Uebergangsformen zu den Leukocytenschatten
anerkennt.
5. Herr Benario irrt, wenn er glaubt, es sei noch keinem einge¬
fallen, aus diesen Schatten eine besondere Zellspecies zu bilden. Uskow
(„Blut als Gewebe“) zeichnet diese Gruppe als „zerfallende Leu¬
kocyten“ aus. Eine besondere Aufmerksamkeit wird denselben auch
von anderen russischen Untersuchern geschenkt (Kikodze, Luboumum-
drow etc.) Von „zerstörten polynucleären Leukocyten mit
verwischtem Kern und Protoplasma“ spricht auch Botkin (citirt
in meiner Arbeit), dessen Präparate Prof. Ehrlich durchmusterte.
6. Die zerfallenden Leukocyten als Schatten finden wir
nicht allein im Blute, sondern auch in jedem Eiter, der bekannt¬
lich aus abgelebten Leukocyten besteht. Fertigen wir uns noch
so vorsichtig ein Präparat von Eiter an, so werden wir immer doch in
jedem Felde eine Unmenge sehr feiner neutrophiler Körner finden, die
den theils schon zerfallenen, theils im Absterben begriffenen Leukocyten
entstammen. Aehnlichen Verhältnissen begegnenwir im Knochenmarke
eventuell im Blute Leukämischer. Ich habe mich, nebenbei er¬
wähnt, zu wiederholten Malen überzeugt, dass die neutrophile Granulation
der Myelocyten im Blute der Leukämiker viel feiner als im normalen
Blute ist, strotzend die Zelle ausfüllt und dieselbe ziemlich leicht verlässt.
7. Schliesslich komme ich auf den letzten Vorwurf des Herrn Be¬
nario, der ihm die Gelegenheit giebt, einen schlechten Witz zu reissen.
Dieser Vorwurf betrifft einen meiner Beweise, der die mechanische Ent¬
stehungsweise der Schatten auszuschliessen sucht (die Resistenz der kleinen
Lymphocyten). Dieser Vorwurf erscheint dem allzu oberflächlichen
Studium des betreffenden Satzes meiner Arbeit seine Herkunft zu ver¬
danken und verdient deshalb keine nähere Berücksichtigung.
Auf Grund der angeführten Daten halte ich die Warnung des
Herrn Benario vor der Anerkennung der Leukocytenschatten
als besonderer Zellcnspecies mindestens für verfrüht, desto
mehr als er selbst ihre Existenz im Blute keineswegs absolut negirt.
Tin. Feuilleton.
Wiener Brief.
Schwerer hätte das Schicksal unsere Facultät nicht treffen können
als es durch Billroths Tod in diesen Tagen geschehen ist. Ein gnädigei
Geschick hat ihn vor längerem Leiden bewahrt und ihm einen raschen
doch nicht unerwarteten Tod beschieden.
Mit dem Hinscheiden dieses Mannes hat die Chirurgie einen Verlus'
erlitten, dessen Grösse nur noch übertroffen wird von der Grösse de«
Verlustes, der dem medidnisehen Wien durch dieses Ereigniss widerfahrer
QurfM Billroth so bedeutende Werke und so hervor
ragende Schüler hmterlassen, dass er für diese Wissenschaft nicht gan:
und niemals wird die Spur seiner Wirksamkeit verlöschl
? e 2 : Y ir * be J mtt8 J sen mcht nur den grossen Chirurgen, wii
müssen auch die strahlende und unvergessliche Persönlichkeit Billroth’'
unserer Pacul'tät^'goMdet hl ^ ^urch Stob
Was Billroth als Chirurg gewesen, das ist in diesen Blättern von
„!™ fe ?. cr T® cl *° geschildert worden, nur Uber seine Stellung in Wien und
b W;,. L H, C „ k °K d ‘ e -Ti lllcr z ur(tcklässt. sollen diese Zeilen berichten.
Wie die beispiellose Popularität Billroth’s, so kann auch seine
einflnssreiche Position m der Facultät nicht durch seine wissenschaftlichen
Dazu muss vielmehr auch der Zaubei
herangezogen werden, dem sich kaum jemals einei
entziehen konnte. Ungewöhnliche .Schönhoit, eine melodische Stimme und
das Auftreten, das die Grösse dieses Menschen sofort erkennen liess,
mussten jedermann für Billr o th einnehmen. Man empfand für ihn nicht nur
kalte Verehrung, die uns jeder grosse Forscher abringt, sondern es mengte
sich immer eine wärmere Empfindung bei, die nicht dem Gelehrten, sondern
dem Menschen galt. Zwei Jahrzehnte lang war Billroth der Liebling der
Aerzte und des Publikums in Wien. In den allerletzten Jahren war er durch
seine Krankheit häufig auf längere Zeit von Wien abwesend und hat sich
auch an dem geselligen und künstlerischen Leben unserer Stadt, dem er
stets wärmstes Interesse entgegengebracht, nur mehr selten betheiligt
Was er in diesen, für ihn so qualvollen Jahren an Arbeitskraft und Energie
erübrigen konnte, das widmete er der Gesellschaft der Aerzte, deren
Präsident er seit Bambergor’s Tod war. Seiner Initiative hat diese
Gesellschaft den Besitz eines eigenen prächtigen Hauses zu danken, dessen
Eröffnung wohl Billroth’s letzte grosse Freude war. Noch vor wenigen
Wochen hat er administrative Vorschläge im Interesse der künftigen Ge¬
staltung dieser Gesellschaft vorgebracht und damit documentirt, wie sehr
ihm das Schicksal dieses Vereins am Herzen lag. Schrankenloses Ein¬
treten für Angelegenheiten wie Personen, die ihm werth waren, gehörte
mit zu seinen hervorstechendsten Eigenschaften.. Es ist bekannt, mit
welcher Energie er für seine Schüler stets eintrat, und wenn heute an
sechs Universitäten ehemalige Assistenten Billroth’s als Professoren der
Chirurgie thätig sind, so haben sie dies nicht nur ihren Fähigkeiten und
Leistungen, sondern gewiss auch in hohem Grade dem Einflüsse zu verdanken,
den Billroth persönlich auf den Lebenslauf seiner Schüler zu nehmen wusste.
Mehr als einmal hat man es hier auch zum Ausdruck gebracht, wie
hoch man Billroth schätzt, und er hat nicht zu jenen Männern gehört,
denen erst der Tod Anerkennung verschafft. Als vor mehr als zehn Jahren
Billroth die Berufung nach Berlin ablehnte, wurden ihm Ovationen dar¬
gebracht, wie sie seit Oppolzer keinem klinischen Lehrer dargebracht
worden waren. Und noch sind nicht zwei Jahre verflossen, seitdem im
Festsaale der neuen Universität der Antritt des 51. Semesters klinischer
Lehrthätigkeit Billroth’s in Wien in erhebender Weise gefeiert wurde.
Damals hat Albert in einer meisterhaften Rede die bleibenden Leistungen
seines grossen Collegen hervorgehoben und zum Ausdrucke gebracht, wie
hoch die Verehrung der Wiener medicinischen Facultät für Billroth war.
Wer Billroth damals sah, der konnte sich wohl schon banger Be-
sorgniss nicht erwehren, dass die Lebensdauer dieses grossen Mannes ihrer
Grenze nahegekommen sei. Und mit nachsichtsloser Raschheit hat sich
seitdem der Zerstörungsprocess in Billroth’s Organismus fortgesetzt und
in der Nacht vom 5. zum 6. Februar 1894 seinem Leben ein Ziel gesetzt.
Zwei Gedanken, die sich an Billroth’s Tod knüpfen, können uns einen
Trost gewähren. Zunächst der, dass er der Wissenschaft ein bleibendes
Vermächtniss hinterlassen hat und dass sein Werk von seinen Schülern
fortgesetzt werden wird. Und dann der zweite Gedanke, dass das Schicksal
gegen Billroth gerecht gewesen, dass er die Stellung erlangt hat, die
ihm gebührte und dass er das Leben so voll genossen hat, wio es nicht
oft einem Menschen vergönnt ist. Seine Stellung in der Wissenschaft
und in der Gesellschaft, seine Fähigkeit, zu gemessen, sie haben ihm das
Leben verschönert, und sein Verständniss und seine Neigung für die
schönen Künste haben sein Leben veredelt.
So bleibt uns in der Erinnerung ein grosses, glänzendes Bild dieses
seltenen Menschen, der, ein Souverän auf dem Gebiete seiner Wissenschaft,
auch sein Leben gestaltet und genossen, wie ein Fürst. Die Erinnerung
an ihn wird nie erlöschen. _s.
Zur Illustration dieser Mittheilungen unseres Wiener Correspondenten
geben wir (nach der Neuen Freien Presse) den folgenden ergreifenden Brief
Billroth’s wieder, welchen der Verblichene kurz vor seinem Tode an
einen berühmten ärztlichen Freund in Wien gerichtet hat.
Abbazia, 20. Januar 1894.
Lieber Freund! Wie kannst Du auf den Gedanken kommen, dass
ich etwas gegen Dich habe! Dass ich, wie die meisten Herzkranken,
Hypochonder und meist verstimmt bin, darf Dich doch nicht wundern;
sollte davon mehr als wünschenswerth in meinen letzten Zeilen hervor¬
getreten sein, so bitte ich Dich, darin nichts anderes zu sehen, als dass
ich mich einem Freunde gegenüber mehr gehen lasse als anderen gegen¬
über. Ich muss meiner Familie gegenüber schon immer in allen Briefen
— und ihrer werden nicht wenig verlangt — so viel Comödie über mich
und meine Stimmung spielen, dass ich froh bin, wenn ich diese Fessel
einmal abthun kann. Ich mag nicht viel reden, am wenigsten Uber mich,
und wenn ich da kurz angebunden bin, so musst Du mich eben als einen
Schwerkranken betrachten, der nach fast siebenwöchentlicher Schlaflosig¬
keit nicht mehr ganz Herr seiner Stimmungen ist. Seit drei Tagen hatte
ich bessere Nächte, dafür unangenehme Morgen, denn wenn ich länger
als zwei Stunden schlafe, so bekomme ich natürlich Dyspnoe, weil ich
im Schlaf selbst in sitzender Lager flacher athme. Man gewöhnt sich
auch daran und muss nichts Unmögliches verlangen. Im vorigen
Sommer habe ich in St. Gilgen zwei Monate Ruhe gebraucht, um
in einen erträglichen Znstand zu kommen, an welchem ich bis Mitte
December gezehrt habe, warum sollte die Besserung denn jetzt schneller
gehen?!! Von körperlicher oder geistiger Anstrengung ist überhaupt
nicht die Rede. Die grösste Leistung ist, eine gute, nicht lange Stiege
hinab und von da äusserst langsam 50 Schritte an’s Meer zu gehen, wo
ich l‘/a bis 2 Stunden in der Sonne sitze, dann zurück in den Speise-
saal zum Essen, dann mit dem Lift hinauf. Das ist alles, was ich an
Bewegung vermag. Ist das Wetter trübe, wie jetzt (Sciroccoluft, die
sich wie ein Kataplasma in meine Bronchien legt), so sitze ich bei
offenen Fenstern und bleibe den ganzen Tag im Zimmer, dusle im
Lehnstuhl. Von geistiger Anstrengung kann schon deshalb keine Rede
sein,. weil ich meist nach einer Seite Lectüre einschlafe, ganz gleich, ob
ich einen dummen Roman, ein geschichtliches Werk oder Helmholtz
lese. Ich schlafe heim Lesen ein, erwache aber sofort wieder, um dann
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
1. März.
wieder emznschlafen Fauler und dümmer kann ich nun schon nicht sein
aad werden. Menschen, auch die liebsten, habe ich nie lämrer wem im,
Bich als höchstens eine Stunde Ich bitte daher die Meinem dass n“
Niemand herkommt. Meine Lebensfreude ist der Bück aufs Meer auf
die Inseln, auf don Himmel, auf die Lorbeerbäume: den ganzen’ Tmr
scheint mir die hebe Sonne ins Zimmer und ins Herz. Da bin ich wlttck
üch Du kennst gewiss die schöne Akademierede von J. Grimm fich
hin dem alten Herrn in Berlin im Thiergarten oft begegnet) über das
Älter, ein Pendant zu Cicero's „De senectute“. Alles, was Grimm da
sagt entspricht so ganz meinen Empandungen. Die Menschenwelt versinkt
so allmählich unter unseren Füssen, wir sehen Erde und Himmel mit
neben unten Uber uns allüberall; wir fühlen uns aber als ein Stück Na-
tur, gleich Fels und Wald, gleich Sturm und Himmelsbläue, vertheilt hi
Ä und dadurch als Gesammtnatur, nicht ein Stück des Weltalls son
dem als das gesummte AU zngbicb. Das AUes habe ich hier in mir
und brauche die Menschen hier nicht. - Hier folgen einige mehremale
durchsrichene Stellen. Billroth fährt daun fort: Auch ein Zeid.cn
des Alters, das häufig© Verschreiben; es wird jetzt bei mir oft sehr arg
tont. So gar alt wäre ich eigentlich noch nicht, doch früh gealtert
So.c.n sagte einmal sehr gut: Nicht die Jahre bestimmen unser
V 7 der . Zustand unserer Arterien. Manfred meint wiederum,
nicht die Zeit mache uns alt, sondern was wir darin erlebt haben So
|Sj s J un f «- GrelSe und a * te Jünglinge. Wie verschieden doch die
ätiologische Auflassung auch auf diesem Gebiete? Hast Du schon die
5? w t6n TOD Gom P erz ’ „Griechischen Denkern“ ge-
lesen? Wenn nicht, so nimm sie auf die nächste Heise mit. Es wird
” , , d , er . scllöIlst ™ Bttcher äus dem letzten Viertel unseres Jahrhunderts
?flr d Ä sch5 °- hst graziös geschrieben. Herzüchsten Dmk
tar Deinen Brief._ Dein Th Billroth.
ix. Referate und Kritiken.
Jos. Bauer und O. Bollinger, TJeber idiopathische Herss-
vergraasemng. Festschrift. 103 Seiten. 1 Tafel. München,
J. F Lehmann, 1893. Ref. E. Sehrwald (Freiburg).
^ Herzh.per.ropbieen, denen weder ein Klappenfehler, noch ein
relatw e h 5 b T S S i r m m i hmdl!rIliss , zugrunde lie ^ t ’ sind in München
Sie nru Und des habituellen, übermässigen Biergenusses.
nimmt 511 Ü / ei1 s ?? h ” elst als dilatative Hypertrophieen, und Bauer
to S dle Her f rw « lt ? r ““g infolge Terminderter Elasticität
u, , rzwa " du "g zue ret auftritt und, wenn die Elasticität nicht
Sit her <«™ d . sieh dann bei ausreichenden Er-
VelSl ^HyP^ophie anschliesst. Da meist beide
bloss dip T „l 1C \r tirt Und hypertrophirt erscheinen, kann nicht
che tin B «i J U ge 5 Ullg mfolge der Alkoholwirkung die Ur-
mÜ T- aU ^ 1 nufcritive Wirkungen des Bieres
*berinässige Körperarbeit aUein erzeugt niemals
ffHl P e . rzh yP ert ropliie, sondern nur-dann, wenn
ausser durch Zagleich eingebüsst hatte, wie dies
Tabakmissb^ch n P ^ US genügende Ernährung, Anämie,
eintritt im ’ n p I T, öse Erregungen oder senile Veränderungen
Terme^te wStäfrTi • ^ alIerdings häufi S auch noch
Formen ist ? im Kreislauf hinzu. Im Gegensatz zu diesen
centrische mit^rS' 1 zh . ypertropllle ?> ei Nierenschrumpfung eine con-
eicessive MuskelhvnpI?rn U ^ d i? S dlas ? 0 p chen Lumens. Eine solche
mechanische^Vp^H • Phl6 kai i n nicht einfach auf den Einfluss
zu der D AnnaLnp e p! 1 Tfii n ^ Se w ZUrdck ^ e ? dkr ^ w . erden > andern nöthigt
Der Genese entsDrechpnH^^ü nut fitiven Reizung der Herzsubstanz.
Männern weitaus am V/V*? eigentliche Säuferherz bei jüngeren
vergrösserune* im ^ ha ?*K sten ’ während idiopathische Herz-
nähemd gleifh hänfil^if2 ktere p Alter beide Geschlechter an-
zurückbilden Bpdpnf a b ^ äl V- ^ eringe Grade können sich völlig
Je rascher das Leidpn ^f ade , werden mitunter lange ertragen,
cs in der Regel Amif S1C p . ei l twickelt , um so ungünstiger verläuft
leichte intercurrent, F E ? ? h . mung des Herzens stellt sich durch
UQ d nervöse Errpo-i 6 Eran ¥ leiten ’ Heberanstrengungen, Excesse
«™Äe,®t l r i e "rK ft P ' Ötz , lioh ein - Euhfufd Herztonioa
sich vor einer Vp^t erübergehend zu helfen. Die Diagnose hat
Bringern pericardialom b F e “1?. mdt Verwachsung des Herzbeutels,
&r Tf B S n” den des “ns e Iu n hüten aUCh " erTSSeD
^össerungen° all^dL Schüess , fc . YOn dea idiopathischen Herzver-
primäre Organerh’anknn^’ ^ A de ? e * ? ich Klappenfehler oder
Pbysem u s w Wle Arteriosklerose, Nephritis, Em-
, he r z “ als eine 'Cisch funnr^l^sen Br fasst das „Münchener Bier-
habituellen BieraUnh r 1 neUe Hypert rophie auf, bedingt durch
übermässige kör^erliohpT 113 * ^ concurrirende Plethora, wobei
^eansolchenWzen ^fi 8tr ^ n&Unff -i° ft ^ Hülfsursache dient,
nicht bloss der AurHmi ^ e ^ und ®? en mikroskopischen Veränderungen
arteriitiK, Tuberkulös!^ V ° n Compl, 'cationen sind, wie von End-
J? die Herzvergrösseruiiff j 8teh o noch dahin - Physiologisch
fasert sich m . der Schwangerschaft. Hier ver-
des Mütterlichen E«rm».? enaU ii 11 demse ^en Maasse, wie die Masse
vorausgesetzt. Auch^ aL^ 11 ^ 1111, Jug6nd und gute Ernährung
h starke Körperanstrengung bei reichlicher I
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
203
Nahrimgszufuhr bewirkt bedeutende Massenzunahme des Herzens
ohne lr gend welche Gefahr dadurch zu bedingen. Hund Pferd und
Gemse haben dementsprechend ein relativ viel grösseres Herz als
der Mensch und zwar ist an der Massenzunahme vor allem auch
Rphr re « h h te ^ fl trikel , mitb fheiligt, noch grösser wird das Herz bei
sehr schnell fliegenden Vögeln; das relative Herzgewicht ist bei
^ sser als beim Menschen. Fälle direkt
tödtlicher idiopathischer Herzvergrösserung wurden unter 4200
Sektionen von Erwachsenen bei 6,6 o /o Männern (im Durchschnitts¬
alter von 4072 Jahren) un d bei 1,5 o/ 0 Frauen gefunden. Compli-
cationen, die ebenfalls meist durch die Wirkung des Alkohols be-
dmgt sm d finden sich natürlich sehr häufig, so Fettherz, hyper¬
trophische Lebercirrhose, Pericarditis, zumal hämorrhagische, leichte
Alappenanectionen, Sklerose der Coronararterien, degenerative und
hyperplastische Processe in den Arterien, Neigung zu Apoplexieen
Stauungsschrumpfniere (die zwar die Folge des Herzleidens ist!
aber auch umgekehrt wieder zu weiterer Herzhypertrophie der
Anlass wird), ferner Pneumonieen und gar nicht so selten auch
luberkulose. Grosse Herzen schützen durchaus nicht gegen Tuber¬
kulose, da die mit dem Alkoholismus zunehmende Herzschwäche
der Lunge ihre physiologische Resistenz gegen das tuberkulöse
Gift raubt. Eine wesentliche Förderung hat das Verständnis der
rathogenese der alkoholisch-plethorischen Herzhypertrophie durch
die experimentellen Untersuchungen von Maximowitsch und
fahren. Sie fanden, dass Muskelarbeit, verbunden mit
Flüssigkeitszufuhr Blutdruck und Pulszahl viel bedeutender steigerte
als jeder dieser Factoren allein, dabei trat nach Genuss alkoholischer
Getränke der normale Zustand erst nach doppelt so langer Zeit
wieder ein, wie nach Genuss von Wasser. — Wegen zahlreicher
interessanter Einzelheiten wird auf das Original selbst verwiesen.
Kobert, Compendium. der Arzneiverordnungslehre fiir Stu-
dirende und Aerzte. Zweite erweiterte Auflage, mit 121 Ab¬
bildungen. Stuttgart, Ferdinand Encke, 1892. Ref. Buchwald
(Breslau).
Ein recht vortreffliches Buch, welches durch die sorgfältige
Bearbeitung aller Kapitel und namentlich durch die zahlreichen,
sehr guten Abbildungen mehr leisten muss, als die meisten solcher
Compendien. Der fromme Wunsch, dass junge Mediciner erst in
einer Apotheke die wichtigsten Grundzüge der Materia medica und
Arzneiverordnungslehre kennen lernen, wird wohl noch lange uner¬
füllt bleiben. Bei sorgfältiger Durcharbeitung obigen Buches ge¬
winnt der Leser einen guten Einblick in die Herstellung, Verord¬
nung und Anwendung der Medicamente und macht gewissermaassen
einen Cursus in einer Apotheke durch. Im „allgemeinen Theile“
wird die Benennung und Geschichte der Arzneiverordnungslehre,
Begriffsbestimmung und das Allgemeine über das Recept mitgetheilt.
Es werden dann die wichtigen gesetzlichen Bestimmungen, die
Maximaldosen, unrationelle Arzneimischungen, Maasse und Gewichte
und Applicationsmethoden besprochen, letztere durch besonders
zahlreiche Abbildungen der neuesten Instrumente anschaulich ge¬
macht. Im „speciellen Theile“ werden die Arzneiformen in die
bekannten vier Gruppen: trockene, festweiche, flüssige, elastisch¬
flüssige (gasige, dampfförmige, fein zerstäubte) eingetheilt. Die für
den inneren und äusseren Gebrauch bestimmten Formen werden
gemeinsam abgehandelt. Ein Verzeichniss der Abbildungen ist
beigeftigt. Sehr lehrreich sind auch die XVH Tabellen. Hierbei
ist vieles geboten, was man in ähnlichen Lehrbüchern nicht findet;
so die Tabelle über die wichtigsten Synonyme, Tabelle explosibler
Arzneimischungen etc. Bei den einzelnen Arzneiformen sind überall
genügend Beispiele angegeben, nicht zu viel, was wir besonders
rühmend hervorheben wollen. Es soll eben dem angehenden Me¬
diciner nur der Weg gezeigt werden. Die unendlich zahlreichen
und möglichen Combinationen soll er sich durch eigenes Denken
herstellen. Das Compendium wird Jeder, auch der Erfahrene, gern
studiren. Die Ausstattung, namentlich aber die Herstellung der
theilweise schwierigen Abbildungen ist eine musterhafte.
Adolf Lesser, Atlas der gerichtlichen Medicin. Zweite Abthei¬
lung, sechste Lieferung. Breslau, S. Schottländer, 1892. Ref.
F. Str ass mann (Berlin).
Mit der sechsten Lieferung ist das Lesser’sche Werk
vollendet, und können wir inbezug auf das ganze wiederholen,
was wir bei Besprechung früherer Lieferungen über Auswahl
und Ausführung der Abbildungen bemerkt haben, sowie über die
vielfachen Anregungen, welche der erläuternde Text, eine Zusammen¬
fassung der reichen Erfahrungen des Verfassers, auch dem engeren
Fachgenossen bietet. Aus eigener Erfahrung möchte Ref. noch
hervorheben, ein wie dankenswertes Hülfsmittel die Lesser’schen
Tafeln für den demonstrativen Unterricht in der gerichtlichen
Medicin bieten, in wie werthvoller Weise sie das innerhalb eines
bestimmten Zeitraums begreiflicherweise stets unvollständige Lei--
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chenmaterial und die durch conservirte Präparate gewährte An-
Die & letzte Lieferung speciell enthält in drei Tafeln Abbildun¬
gen cadaveröser Veränderungen, von Blut- und Haarpräparaten. Aus
dem Text möchten wir hervorheben, dass Lesser bei einem mumi-
ficirten Neugeborenen, das nach 3—4 Monaten zur Section kam,
noch lufthaltige Lungenalveolen neben Fäulnissblasen m und aut
den Lungen nach weisen konnte; bei einer neun Monate nach dem
Tode secirten mumificirten Leiche einer durch Strychninvergiftung
gestorbenen Person fand er die Lungen luftleer. Die warzige Ober¬
fläche der Adipocireleichen führt er entgegen der alten Lehre De-
vergie’s nicht auf die veränderten Hautpapillen zurück, sondern aut
die in ihren Formen annähernd erhaltenen Fettläppchen, stellt sic i
überhaupt in der viel umstrittenen Frage von der Entstehung des
Fettwachses auf die Seite derjenigen Forscher, die die Adipocire aus¬
schliesslich auf das ursprüngliche Fettgewebe zurückfuhren und
eine Betheiligung der Muskulatur leugnen, unter gleichzeitiger An¬
nahme der von Zillner aufgestellten Lehre, wonach Fettbestand-
theile an der Leiche in die sonst von Muskeln eingenommenen
Räume ein wandern, dort zu Adipocire werden und so eine bett;-
wachsbildung aus Muskulatur Vortäuschen. — Bezüglich der ge¬
naueren Zeitbestimmung des Leichenalters aus dem I äulnissgrad,
sowie bezüglich der Möglichkeit einer Unterscheidung emgetrock-
neten Menschen- und Säugethierbluts äussert sich der Vorf. sehr
skeptisch. Um das Gebotene zu einer vollständigen Darstellung
aller wichtigen, die gerichtliche Medicin betreffenden und bildlich
wiederzugebenden Gegenstände zu machen, möchten wir dasselbe
noch durch eine Reihe von Abbildungen des unverletzten und ver¬
letzten Hymens ergänzt sehen.
X. Journalrevue.
Physiologie und physiologische Chemie.
Arbeiten aus der chemischen Abtheilung des physio¬
logischen Instituts in Berlin. Aus der Zeitschrift für physio¬
logische Chemie, 3. Heft, Bd. XVI und XVII.
Wiederum liegt ein Jahresbericht vor, welcher Zeugniss ablcgt
über das eifrige und erfolgreiche Arbeiten in dem von Kos sei ge¬
leiteten Laboratorium. Auch diesmal finden sich neben Mittheilungen,
die wesentlich nur den Fachmann interessiren, solche, die auch
eine allgemeine Bedeutung in Anspruch nehmen dürfen. So theilt
Krüger Untersuchungen mit, in denen es ihm gelungen ist, nach¬
zuweisen, dass in dem Adeninmolecül ein Alloxan- und Harnstoff¬
kern enthalten ist, so dass damit die Analogie der Constitution
des Adenins und der Harnsäure erwiesen ist.
Die Arbeit von Gumlich giebt wichtige Aufschlüsse über das
Verhalten der Componenten des Gesammtstickstoffes im Harn unter
physiologischen und pathologischen Umständen. Ausser dem Ge-
sammtstickstoff wnrde jedesmal der Stickstoff des Ammoniaks, des
Harnstoffs und der sogenannten Extractivstoffe bestimmt. Ohne
auf die Einzelheiten der sehr fleissigen Arbeit näher einzugehen,
seien im folgenden nur die Resultate mitgetheilt: Es zeigte sich
deutliche relative Vermehrung des Harnstoffes bei Fleischkost,
starke Verminderung desselben bei Pflanzenkost; beträchtliche Ver¬
minderung des Ammoniaks bei Pflanzenkost, keine wesentliche Ver¬
änderung desselben bei Fleischkost; deutliche relative Verminderung
der Extractivstoffe bei Fleischkost und starke relative Vermehrung
derselben bei Pflanzenkost. Die Untersuchung pathologischer Harne
Ivurde bei 44 Patienten, welche an den verschiedensten fieberhaften
Krankheiten litten, vorgenommen. Bei den Kranken mit hohem
Fieber ergab sich eine relative Verminderung der Harnstoffmenge,
dagegen Vermehrung des Stickstoffes, der Extractivstoffe und des
Ammoniaks. Bei vier Diabetikern war der Ammoniakstickstoff
relativ hoch und der der Extractivstoffe gering. Lebercirrhose,
schwere Anämie, Herzfehler zeigten dasselbe Verhalten: Relative
Verminderung des Harnstoffes, Vermehrung des Ammoniaks und
der Extractivstoffe, während bei Nierenkranken die Ammoniakaus¬
scheidung herabgesetzt, die Extractivstoffe dagegen nach Beendi¬
gung urämischer Anfälle beträchtlich vermehrt waren. Gumlich
spricht schliesslich den Satz aus, dass die Ausscheidung der
Extractivstoffe bei Gesunden und Kranken vermehrt ist, wenn das
Körpergewicht schnell abnimmt.
Von den übrigen Arbeiten sei besonders hingewiesen auf eine
wichtige Abhandlung von Ko.ssel und Fr. Frey tag über einige
Bestandtheile des Ncrvenmarks, in der Untersuchungen über das
Protagon und dessen Zersetzungsproducte mitgetheilt werden.
Diese sowie die übrigen Arbeiten müssen im Original nach¬
gelesen werden.
Rumpf, Untersuchungen über die quantitative Be¬
stimmung der. Phenolkörper des menschlichen Harns.
Zeitschrift für physiologische Chemie Bd. XVI, p. 220.
Die wichtigen Beziehungen der Fäulnissvorgänge im Darm-
No. 9
canal zu den Phenolkörpern im Harn, deren Erkenntnis wir den
Arbeiten von Baumann und seinen Schülern verdanken lassen die
Bedeutung exacter Bestimmungsmethoden dieser Körper . ohne
weiteres erkennen. Nach dem Vorgänge von Baumann und Bneger
hielt man bisher die Ueberführung der Phenole in Tnbromphenol
und das Wägen dieses Körpers für eine hinreichend genaue Me¬
thode zu vergleichenden Bestimmungen, obgleich die erwähnten
Autoren bereits die Mängel derselben hervorgehoben haben. Humpf
kommt nun auf Grund sehr genauer Untersuchungen zu dem Re¬
sultat, dass diese Methode in keiner Weise als ^eme genaue und
wissenschaftlichen Anforderungen entsprechende bezeichnet werden
kann Sowohl die quantitative Ueberführung des Phenols als auch die
des Parakresols in Tribromphenol erweist sich als unausführbar.
Da nun diese beiden Körper stets und in wechselnden Mengen im
Urin vorhanden sind, so ist damit die Unbrauchbarkeit der Iribrom-
phenolmethode dargethan. In Betreff der sonstigen interessanten
Einzelheiten der Arbeit muss auf das Original verwiesen werden.
Leo (Bonn).
Innere Medicin.
S. Laache, Pneumothorax durch innerliches Trauma,
eine heruntergeschluckte Fischgräte, hervorgerufen.
Norsk Magazin f. Laegevidenskaben 1893, No. 12, p. 1—- ä).
Bei der Aufnahme auf der medicinischen Abtheilung B. des
Reichshospitals zu Christiania bot der Kranke, ein. 47jähriger
früher gesunder Matrose, die Erscheinungen eines mittelgrossen,
linksseitigen pleuritischen Exsudates dar. Erst nach einigen Tagen
liess sich der Pneumothorax nachweisen. Nach einem vierzehn¬
tägigen schmerzhaften Krankenlager trat der Tod ein. — Der
Patient war gesund bis zum Tage vor der Aufnahme, als er während
des Mittagessens (Brod und Wittling) Schmerzen in der Höhe des
Processus xiphoideus fühlte. Er glaubte eine Fischgräte hmunter-
geschluckt zu haben. Als vollkommen sicher konnte aber diese
Aetiologie intra vitam nicht angesehen werden; verschiedene Mög¬
lichkeiten wurden discutirt, jedoch konnte Tuberkulose mit an¬
nähernder Sicherheit ausgeschlossen werden. Vor Einführung
von Instrumenten wurde in der stattgefundenen klinischen Vor¬
stellung jedenfalls gewarnt. Die Section zeigte nun, dass der
Kranke Recht hatte. 2 cm unterhalb der Bifurcation fanden sich
in der Speiseröhre, wie aus der begleitenden. Abbildung hervor¬
geht, zwei erbsengrosse, scharf begrenzte, einander gegenüber¬
stehende Perforationsöffnungen, und von diesen führte die eine direkt
in die linke Pleurahöhle hinein. Auch die Lunge war ladirt;
der grösste Theü der extravasirten Luft rührte wahrscheinlich
eben von der Lunge und nur in untergeordnetem Maasse vom Oeso¬
phagus her. Die linke Lunge zeigte sich ferner compnmirt, war
aber sonst, wie die rechte, vollkommen normal. Von Tuberkulose
keine Spur. In der linken Pleurahöhle reichliche, dünne, purulen e
Ansammlung. Das Corpus delicti, die Fischgräte, liess sich bei
der Section leider nicht nachweisen; wahrscheinlich ist dieselbe bei
der Entleerung des Exsudates verloren gegangen. An der Aetio¬
logie selbst konnte aber keine Spur von Zweifel obwalten. Der
Fall ist jedenfalls äusserst selten. In der imposanten Statistik des
gewaltigen Wiener Materials, von Alois Biach aus nich t wenige
als 918 Fällen von Pneumothorax zusammengestellt (Wiener me .
Wochenschrift 1880, No. 1, 2, 3, 6, 7, 15, 16), finden -wir nuT
zwei Fälle, die von der Speiseröhre ausgingen; von einem rre
körper wird in der statistischen Tabelle ausser Spulwürmern ( e 6 "
falls zweimal) nichts erwähnt. Verfasser citirt noch eine ™
23 Jahren in der norwegischen Litteratur von Wilse veröne
lichte Krankengeschichte, wo bei einem Offizier eine herun e
geschluckte Fischgräte von der Speiseröhre aus in die rechte uun&
perforirt war. Der Tod trat nach drei Wochen unter wieder¬
holten Lungenblutungen ein. Bei der Autopsie fand H. He 1 6 °
eine Fischgräte in einer kleinen bluterfüllten Höhle im. rec
Unterlappen. Kein Pneumothorax. — Die unter Laien \
verbreitete Furcht vor verschluckten Fischgräten findet als
weilen ihre volle Begründung. Nur ist es etwas auffallen ,
die Gräten des Gadus merlangus, welche gewöhnlich nur
sind, unter Umständen so viel Unglück verursachen können,
fasser kommt in der Epikrise nochmals auf die Gefalu’ eme , h r
tuellen Sondirung der Speiseröhre zurück. Der Fremdkörper,
in diesem Fall offenbar quergestellt war , konnte dadurc
Pleurahöhle resp. in die Lunge direkt hinein gestossen werden.
, M. Jakowski, Zur Aetiologie der Brustfellentzündung.
Zeitschrift für klinische Medicin 1893, XXH, p. 23—42. ,
Seit dem Jahre 1886 hat Verfasser im ganzen 52 Fäile exsuaa
tiver Pleuritis bacteriologisch untersucht,. und zwar sowo
skopisch, wie auch culturell durch Verimpfung der as P„.
Flüssigkeit auf Agar und Züchtung bei 37—38 C, Unter .
Ziehung der analogen Beobachtungen anderer Autoren Regen,
jetzt im ganzen etwa 300 bacteriologisch pntersuchte Jäii
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1. März.
. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Pleuritis vor, aus denen Verfasser folgende Schlussfolgerungen ab¬
leitet: Jede Brustfellentzündung ist bacteriellen Ursprungs, aller¬
dings gelingt es nicht immer, die Bacillen im Exsudat nachzuweisen.
Alle sonstigen ätiologischen Momente wandeln nur die Gewebe in
einen der Bacterienentwiekelung günstigeren Boden um. Diejenigen
serösen und eitrigen Exsudate, in denen Mikroskop und Cultur
keine Bacterien nachzuweisen vermag, sind tuberkulöser Natur,
wie durch Impfung an Thieren sich, öfter beweisen lässt. Bei
manchen septischen Pleuritiden mit purulentem oder jauchigem
Exsudat sind keine Bacterien aufzufinden, entweder weil sie wieder
zugrunde gegangen sind oder weil das Exsudat nicht durch die
Bacterien selbst, sondern nur durch chemische Bacterienproducte
hervorgerufen wurde. Die meisten primären, nicht tuberkulösen
Brustfellentzündungen werden von den F r aenkel’sehen Bacterien
veranlasst, einige auch durch Eitercoccen, zumal Streptococcus
pyogenes, dann besteht eine grössere Tendenz zur Vereiterung und
eine schlechtere Prognose. Pleuritis bei oder nach Pneumonie hat
auch meist die Fraenkel’schen Bacterien zur Ursache. Doch
scheinen diese bald ihre vitalen Eigenschaften zu verlieren und
geben daher eine günstige Prognose. Kommen eitrige Exsudate
bei Typhus, Tuberkulose u. s. w. neben gleichzeitigem Vorhandensein
von eitererregenden Bacterien vor, so muss eine Mischinfection an¬
genommen werden. Das Auftreten pyogener Bacterien bedingt stets
einen schwereren Verlauf und giebt viel früher zur totalen Ent¬
fernung des Exsudates oder zur Radicaloperation Veranlassung.
E. Sehrwald (Freiburg).
XI. Vereine und Congresse.
Verein für innere Mediein in Berlin.
Sitzung am 5. Februar 1894.
Vorsitzender: Herr A. Fr aenkel; Schriftführer: Herr Jastro-
witz.
Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬
nommen.
Eingegangen ist ein Exemplar des Centralblattes für technische
Hülfemittel der Heilkunde.
1. Herr A. Fraenkel: Bevor wir in die Tagesordnung ein-
treten, habe ich des Verlustes zu gedenken, den unsere Gesellschaft
durch das Dahinscheiden eines unserer Ehrenmitglieder erlitten
bat. Am 28. vorigen Monats ist August Hirsch an den Folgen
eines auf arteriosklerotischer Basis entwickelten Herzleidens ge¬
storben. Als unsere Gesellschaft im vorigen Jahre drei Professoren
unserer Hochschule, welche der Gesellschaft nicht als Mitglieder
angehörten, zu Ehrenmitgliedern ernannte, that sie das in be¬
rechtigter Anerkennung der hohen Verdienste, welche die be¬
treffenden Herren sich nicht nur um ihre Special Wissenschaft,
sondern auch um die ganze medicinische Wissenschaft erworben
naben. Von den drei Ehrenmitgliedern, die wir damals ernannt
haben, hat Hirsch uns eigentlich am nächsten gestanden, insofern
seme Arbeiten zum grossen Theil direkt dem Gebiet der inneren
iledicin angehören. Der Lebenslauf Hirsch’s ist den meisten
von Ihnen bekannt, und Sie haben sicher aus der Tagespresse
sowohl wie aus den medieinischen Journalen der letzten Woche
die näheren Angaben über die Entwickelung seines medieinischen
anps erfahren, so dass ich mich hier auf wenige Daten be¬
schränken kann. Hirsch wurde am 4. October 1817 zu Danzig
geboren. Seine ursprüngliche Absicht war, sich dem Kaufmanns-
ande zu widmen; er gab dieselbe indessen bald auf, besuchte
_ n neuem das Gymnasium und bezog nach der Absolvirung des
amens die Universität, um sich dem medieinischen Studium zu
keine Dissertation handelt über den Larynxcroup. Schon
.u ^®dig scheint bei ihm eine Neigung für geographische Studien
gewaltet zu haben, und dieser Neigung ist es zu danken, dass
snätT dle Anregung Schön lein’s hin sich ganz dem von ihm
wirW Veri t e k nen Zweige der historisch-geographischen Pathologie
er 7 „n 3 V academ sei n Eiamen in Berlin absolvirt hatte, ging
Danzi * n&C ! 1 um dort zu prakticiren, und von da nach
lo?i«joh p V !?• aus Zeigten schon einige wichtige epidemio-
bildetpn , ub lca ?* onen , die aber nnr Vorarbeiten desjenigen Werkes
Handhn h ® au Ptthat seines Lebens war, nämlich seines
lieh z\s ■ er q ^ e ?^ ra Pl 1 i sc h-historischen Pathologie, das bekannt-
PathftW* em j ^es & rossen Handbuchs der speciellen
das kpiff v . era Pie von Virchow 1863 erschien. Dies Werk,
foln-er tn/ 1 Vor . gän £ Gr gehabt hat und sobald auch keinen Nach-
i T nivprsU:i? n . Wlr( l’ tru g ihm die Berufung als Ordinarius an unsere
las anPin.rr e i n 'n ^ r . begann hier 1863 seine Lehrthätigkeit. Er
nur wenige 7 i/ esc ^ c ^. te der Mediein, doch scheint dies Colleg
ich mich dae i V ? n gehalten zu sein, wenigstens entsinne
nicht meiner u- se ^ er anfing zu studiren, Hirsch schon
beschichte der Mediein las, sondern- ausschliesslich
specielle Pathologie und Therapie, worüber er bis an sein Lebens¬
ende vortrug. Seine Vorträge zeichneten sich durch Formvollendung
und durch Klarheit aus, so dass er durch dieselben eine grosse
Zahl von Schülern an sich fesselte. Hirsch hat einen wesent¬
lichen Antheil an der Entwickelung der hygienischen Forschung
genommen und wurde von der Regierung wiederholt zur Erforschung
von Seuchen in die Provinzen unseres Landes geschickt. Er hat
seiner Zeit mit Pettenkofer die Commission für die Cholera¬
erforschung im Jahre 1873 begründet, und Sie alle werden sich
noch genau entsinnen, dass er 1879 bereits als 60jähriger Mann
mit dem jetzigen Oberstabsarzt Sommerbrodt 1 ) und dem ver¬
storbenen Professor Küss ner sich nach Astrachan zum Studium
der Pest, die damals im südlichen Russland ausgebrochen war,
begab. Diese Reise hat allerdings nicht den beabsichtigten Erfolg
gehabt, da die Pest, bald nachdem Hirsch in Astrachan anlangte,
erlosch. Auch auf historischem Gebiet ist Hirsch mehrfach thätig
gewesen. Für das grosse Handbuch der Augenheilkunde von
Gräfe-Saemisch hat er eine Geschichte der Augenheilkunde ge¬
schrieben, und noch im letzten Jahre erschien von ihm als Einzel¬
werk des grossen von der bayerischen Akademie der Wissenschaften
herausgegebenen Sammelwerkes der deutschen Wissenschaften eine
Geschichte der medieinischen Wissenschaft, ein Werk, welches,
obwohl für Laien berechnet, doch in der Form seiner Abfassung
auch dem Interesse der Medieiner durchaus gerecht wird und das
eigentlich auf dem Studirtisch keines Arztes fehlen dürfte. Es
ist durch eine populäre Darstellung ausgezeichnet und überaus
lesenswerth wegen seiner vollendeten Darstellungsform und wegen
der vielen Detailangaben sowie deshalb, weil in diesem Werk,
welches eigentlich nur die Entwickelung der deutschen Mediein
behandelt, trotzdem von ihm ein Abriss der gesammten Mediciir
von ihrer Entstehung an bis auf die Jetztzeit gegeben wird. Es
ist Ihnen ferner bekannt, dass Hirsch in Verbindung mit Virchow
seit einer langen Reihe von Jahren den bekannten Virchow-
Hirsch’schen Jahresbericht herausgab. Bis an sein Lebensende
war er in reger Thätigkeit und hatte noch in letzter Zeit zu
neuer Arbeit Bich entschlossen, indem er sich mit Studien für die
Abfassung eines neuen Werkes, einer Geschichte der Anatomie
befasste. Er war durch grosse Liebenswürdigkeit, durch ein ein¬
nehmendes persönliches Wesen ausgezeichnet und gehörte zu den¬
jenigen Männern, die wegen ihres reichen, mit Bescheidenheit ge¬
paarten Wissens zahlreiche Freunde und wenige oder keine Feinde
haben. Wir werden ihm auch fernerhin ein ehrendes Angedenken
bewahren. Ich bitte Sie, sich zum Andenken des Verstorbenen
von den Sitzen zu erheben. (Geschieht.)
2. Herr Th. S. Flatau (Demonstration vor der Tagesordnung):
Ueber einen Fall von auffallend grossen Nasenrachenpolypen.
Ich will nur wenige Worte der Erklärung zu dem von mir aufge¬
stellten Präparat sagen, das ein schönes Specimen von Nasenrachen¬
polyp darstellt. Ich habe auch den dazu gehörigen Patienten mit¬
gebracht, damit Sie ihn rhinoskopisch untersuchen können. Ich
glaube, dass so grosse Polypen in den ersten Athemwegen heute
seltener sind als früher, wo man ohne Cocain operirte und die
Untersuchungsmethoden noch weniger entwickelt waren als heute,
wo die kleinen schon früh erkannt und operirt werden. Der Patient
klagte seit einem Jahre über eine Verlegung seiner Nasenathmung,
und schon bei der äusseren Untersuchung zeigte sich, dass diese
Verlegung besonders die linke Seite betraf, Bei der vorderen
Rhinoskopie liess sich auch feststellen, dass man links nicht bis
zu der hinteren Rachenwand herankommen konnte, sondern dass
glatte, harte und elastische Gewebsmassen Vorlagen. . Auf ^ der
rechten Seite konnte man über diesen Punkt nicht ins Klare
kommen, da die untere Muschel stark geschwollen und in toto sehr
gross entwickelt war. Man konnte aber pharyngoskopisch die
untere Kappe der Geschwulst sehen, die das Velum überragte und
den Nasenrachenraum einengte, so dass von der hinteren Rhinoskopie
nichts zu erhoffen war. Bei der Palpation zeigte sich die obere
Partie des Tumors, der sich schwer umgreifen liess und sich wie
Zungengewebe anfühlte, nach links gezogen und bis zu der linken
Choane verfolgbar. Schädelbasis und seitliche Rachenwand frei.
Die Entfernung wurde so ausgeführt, dass eine galvanokaustische
Schlinge zunächst ohne Griff von vorn in die Nase eingeführt und
dann vom Munde aus entfaltet, über den Tumor hinüber- und dann
nach dem Ansetzen des Schlingengriflfes zusammengezogen wurde.
Es lockerte sich dabei eine Schraube: ich bemühte mich, sie fest¬
zuziehen, dabei liess ich den die Geschwulst vom Rachen her
fixirenden Finger los. In diesem Augenblick war der Tumor
plötzlich verschwunden. Der Patient hatte ihn verschluckt, und
In einigen Nachrufen ist fälschlich von dem verstorbenen „Professor“
ommerbrodt die Rede. Wir möchten die Gelegenheit benutzen, um
f die hierbei stattfindende Verwechselung aufmerksam zu mafc . ae “* ed>
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
ich wusste ihn : efst durch Ausspülung des Magens hervorbringew
Ich habe den Tumor, um ihn im Ganzen zu zeigen, noch n c
untersucht, glaube aber nach seinem Aussehen, nach seiner Glitte,
und weil er die Nachbarschaft intaet gelassen hat kemerlei Ver¬
änderungen der umgebenden Gewebe bewirkt hat, dass es sich
einen benignen Tumor, ein Fibrom des Nesenraehenraums handelt.
Die postrhinoskopische Untersuchung nach der Operation besUti L
dass der Ursprung von den flügelförmigen Fortsätzen des linken
Keilbeins genommen ist. Die Tumor ist 9 cm lang und an der
breitesten Stelle 4,5 cm breit.
3. Herr Bernhard: M. H.! Gestatten Sie mir Ihre Aufmerk-
samkeit auf einen Gegenstand zu lenken, der, wie ic‘ ^ e A, olera _
die zahlreichen Veröffentlichungen und Erörterungen über die Cholera
niere jetzt ein actuelles Interesse bekommen hat. Ich ^ ™
über die Resultate berichten, die mein College Dr. Felsenthal
und ich bei Untersuchungen, der Niere bei Cholera nostras ge¬
funden haben. Die Arbeit wurde im Kaiser und Kaisern Friedrich
tunaen Hauen. meiiruwu w.uiuo ^ --
Kinder-Krankenhause gemacht, und unser hochverehrter Chef hlerr
Prof. Dr. Baginsky; hat uns in liberalster W eise das Matenal des
Krankenhauses zur Verfügung gestellt.
Was vorerst die Klinik unserer Fälle betrifft, so haben wir bei
unseren poliklinisch oder klinisch beobachteten Patienten in circa
60 °/o Albumen und morphotische Bestandtheile gefunden, und die
Präparate, die wir zu mikroskopischen Zwecken in Alkohol und
Flemming’sche Flüssigkeit eingelegt, entstammen sammtlich Pa¬
tienten, die Ehveiss und pathologische Formelemente im Unn aul¬
wiesen Diese setzten sich nun zusammen aus granulirten, seltener
hyalinen Cylindern, aus meist nur mässig fettig-metamorphosirten
Nierenepitbelien, aus LeUkocyten und spärlichen rothen Blutkör¬
perchen. Harnblutungen konnten wir in unseren Fällen nicht nach-
weisen Oft fanden sich reichliche Harnsäure und Bactenen so¬
wohl Coccen als auch Stäbe., Der Harn war gewöhnlich hellgelb,
bisweilen direkt farblos, selten trübe, In einem Falle von länger
dauerndem Magendarmkatarrh fanden wir ihn von fast gelatinöser
Consistenz, stark sauer reagirend, im Sediment zahlreiche Nieren¬
zellen, Leukocyten und Harnsäure enthaltend; zur Eiweissprobe
war seine Menge zu gering. Indican war sehr oft, vielfach in be¬
trächtlichen Mengen, vorhanden. Tagesmengen und specifische Ge¬
wichtsbestimmungen konnten aus leicht begreiflichen Gründen nicht
erhoben werden. ^
Seitdem von Kjellberg im Jahre 1870 auf den Gegenstand
aufmerksam gemacht wurde, haben sich zahlreiche Autoren mit
demselben beschäftigt, doch hauptsächlich die Klinik berücksichtigt,
während über die mikroskopischen Befunde nur hin und wieder
kürzere Notizen vorliegen. — Näheres über die Litteratur findet sich
itt unserer im nächsten Hefte des Archivs für Kinderheilkunde er¬
scheinenden ausführlichen Arbeit.
Wir haben e^f Nieren von Kindern, die an acutem Magen-
darmiatarrh gestorben, untersucht; die chronische Erkrankung des
Gaströintestinalapparätes sei hier in dem kurzen Referate nicht be¬
rücksichtigt.
Makroskopisch boten die Organe kein besonders auffälliges Bild.
Die Kapsel liess sich stets leicht abziehen, die Oberfläche war grau-
roth oder grau-gelblich-roth, die Stellulae Verheynii meist mässig
injicirt, an einzelnen Stellen des Organs stärker, an anderen
weniger. Die Rinde zeigte meist die Farbe der Oberfläche, war nicht
oder nur mässig verbreitert, die Zeichnung mehr oder weniger ver¬
wischt, die Grenze zwischen Rinde und Mark deutlich. Das Mark
war rosa-roth, die Papille öfter geschwollen, geröthet und liess
meist eine trübe Flüssigkeit auspressen. Das Nierenbecken zeigte
öfter die Zeichen leichteren Katarrhs, doch haben wir eine eiterige
Pyelitis wie andere Autoren nicht nachweisen können.
: Bei der frischen Untersuchung fiel vor allem eine starke Ver¬
fettung der Epithelien der gewundenen Canälchen auf, die sich in
neun von den elf Fällen nachweisen liess;. die Fetttropfen über¬
trafen an Grösse oft rothe Blutkörperchen und kamen im Mark
nur spärlich und in winzigen Tröpfchen , zu Gesicht. Im übrigen
waren die Nierenzellen, ebenfalls besonders in der Rinde, gequollen
und getrübt, doch niemals in der hochgradigen Weise, wie wir sie
bei der Diphtherieniere gesehen, wo die Zellen wie „bestäubt“ aus¬
sahen, ein Verhalten, das Brault als fast charakteristisch für diese
Niere hält. Die Glomeruli schienen intaet.
Am gehärteten F l ern min g-Präparat überrascht die hochgra¬
dige Verfettung der Nierenzellen der gewundenen Canälchen. Wie
aufgereihte Perlen liegen die Tropfen nebeneinander und nehmen
einen grossen Theil der Zellen ein. Nur die der Kapsel am näch¬
sten gelegenen Partieen sind relativ verschont, wohl infolge aus¬
giebigerer Versorgung dieser Theile durch Collateralen von der
Capsula adiposa her. — Im Mark finden sich nur hin und wieder
kleinstet Tröpfchen, ebenso sind die Glomeruli fast verschont.
Ihr ^Übrigen sind Quellung des Epithels und Verengerung der
Lumina der Hamcanälchen so^e ^Thiaus^dfm^Isweit
der Chilera asiatlea bÄibt nnd das vor .hm ^h Leubusc^
der geraden Hamcanülchen und Henle’schen Schleifen, sowie der
Sammeleefasse mit Cylindern und Dilatation der gewundenen Ca-
Sn Ausgedehnte Nekrosen haben wir nur in einem Falle
und in dreien kleinere nekrotische Partneen gesehen.
Ich kann hier nicht auf weitere Einzelheiten emgehen, möchte
aber bemerken, dass wir die Veränderungen der Niere bei Cholera
nostras für identisch mit denen hei der asiatischen halten Wir
verfügen allerdings nur über Nierenpräparate von 'vemgen Fä len
Phnifivfl asiatica aber diese scheinen uns die Berechtigung
lu unserer Behauptung zu gehen, und ebenso decken sich unsere
Befunde mit denen, die andere Autoren von der echten Cholera-
niere entwerfen. , . ,
Auf die starken, schon früh auftretenden Verfettungeu bei der
Cholera asiatica ist vielfach aufmerksam gemacht worden so von
Reinhardt Leubuscher, Ludw. Meyer, Griesinger, Lebert,
Rosenstein Die Intactheit der Glomeruli ist noch m neuester
Seit von Leyden, Aufrecht, Rumpf und Fränkel betont wer-
den und die Veränderungen an den Nierenzellen haben wir — aus¬
genommen die starken Nekrosen -- ebenfaUs constatmen konnem
Im übrigen finden sich Nekrosen des Nierenepithels auch ^hei der
asiatischen Cholera nicht immer, und beim einheimischen Brech
durchfall sind sie von anderer Seite (Chiari-Epstem, Leyden)
gesehen worden.
Wenn nun die Nierenveränderungen bei Cholera asiatica
Wenn nun tue >— -
und nostras die gleichen sind, so Uegt es auch nahe dieselbe
sache für beide Affeetionen anzunehmen. Unwillkürlich denkt man
natürlich an den Wasserverlust, den bei beiden ^rankungen
Organismus erleidet. Wollte man einen toxischen Einfluss sup
poniren, so wäre man gezwungen, den Toxinen b
nostras dieselbe Wirkung zuzuschreiben, wie den von den Clm
leravibrionen erzeugten, und müsste annehmen,d b
leratoxin keine ihm allein zukommende specifische Wirkung be
sitzt im Gegensatz zur Diphtherie und Scariatma. Denn das moch
wir behaupten, dass die Diphtherie- und Scharlachniere ein
anderes Bild bieten als die beim Brechdurchfall und bei
Cholera asiatica. Als Besonderheit glauben w a ' )t * f f
Cholera nostras hervorheben zu aussen: 1) das Metamor-
beschriebene Choleranierenbild und 2) die enorme“ e ^“°mt
phose der Zellen der gewundenen Canälchen. Diel ^„„„.„««hlich
uns zu der Meinung, dass es sich bei dem Process P
um eine Iscbaemie handelt, bedingt durch das Smken des Blut
druckes und die Eindickung des Blutes. Die letztere Faben sowohl
Hock und Schlesinger als auch wir selbst nachweisen konn.
Toxische Momente können hier nur eine untergeordnete Kolje P
len. Dahingegen mögen diese Toxine P räva * lr ? n , m , d ™Z ' le ’ be .
sowohl bei der asiatischen als auch der einheimischen CholBra
obachtet werden, hei denen Erbrechen und Durchfal •
und die in schwerem Coma unter dem Bild el ?® r j von
cation zugunde gehen. Diese Fälle sind noch nicht g f
den anderen getrennt und einer speciellen Untersuchung un
worden; wir haben leider keine derartigen unter den von uns
suchten gehabt. . . .
Herr A. Baginsky: Zu den Mittheilungen ^nes Hera teSretenen
habe ich zu bemerken, dass ich der von ihm selbstständ g eUÄ t
Anschauung, dass die Nierenaffection durch den Was q s ® I Tntgressant und
werde, nicht in ganzem Umfange beistimmen kann. So Vorände-
bedeutungsvoll di! an den Präparaten demonstnrten schweren Veüad
rangen dir Nieren bei Cholera nostras sind so ist doch
dass allzeit der Wasserverlust dieselben bedinge, nicht 1 fe y er .
Umfange zu acceptiren, wie Herr Bernhard angegeben hak -
hältnisse liegen bei den Erkrankungen an Cholera nost e . gt
Säuglinge denen der Cholera asiatica sehr analog. Der rapiden
in kurzer Zeit auch bei Cholera nostras enorm, wie s betragen
Körpergewichtsverlusten, welche IV 2 Pfund und mehr mhiiLe inaer
können, erweisen lässt; dass dies für die Circulationsv „ „e^yms
Niere nicht gleichgültig sein und dass Schädigungen.des Nier npa^e
dauernd daraus hervorgeben können, ist wohl emlenchte « Auftreten
hin nicht zu vergessen? dass auch bei Cholera nostras mfantum dw Aam M >_
toxischer Substanzen erwiesen ist. Ich erinnere hier an • dass die
hagen 1 ) gemachten Untersuchungen, aus welchen basischen
Eiweissfäulniss bei Cholera nostras unter Auftreten ^n giftigen °^ lB Uegt
Producten vor sich geht und bis zum Ammoniak foit Kreislauf der
näher, als dass mögücberweise derartige Producte m ^ rf ^l T ‘ mgC u.
Nieren gelangen und. dort heftige Reizungserscheinung ^ c ^ er g ubgtanzeI1
So wird also der Wasserverlast mit der Einwirkung asiatica
concurriren; wir sehen also bei beiden Erkrankungslorme ,
*) Archiv für Kinderheilkunde Bd. 12, p. 42.
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1. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
207
and nostras, ganz analoge Bedingungen. Daher ist es denn auch begreif¬
lich, dass beide Erkrankungsformen, Cholera asiatica und Cholera nostras
infantum, einander so ähnlich sehen, dass es wohl sehr schwer werden
soll, im Einzelfalle aus den klinischen Symptomen eine Differentialdiagnose
zu stellen. — Weiterhin möchte ich noch hinzufügen, dass ich die Nieren-
affection auch für das weitere Leben der erkrankten Kinder nicht für
gleichgültig halte. Gewiss bildet sich die weitaus grösste Anzahl der
Kierenerkrankungen bei der Reconvalescenz der Kinder vollkommen
zurück, indess bleiben, wie schon Kjellberg und Hirchsprung er¬
wiesen haben und wie ich bestätigen konnte, immerhin auch Fälle mit nicht
völlig ausgeheilter Nierenaffection übrig. — Bei diesen Fällen kann nach
längerer Zeit das Nierenleiden unter dem Bilde oklamptischer Attaquen
sich kund geben. — Es ist nicht zu übersehen, dass derartige Fälle als
Reflexeklampsieen, selbst als Zahnkrämpfe in der Praxis gedeutet werden,
weil die Harnuntersuchung fehlt. In Wahrheit sind es urämische Krämpfe,
mit denen man zu thun hat.
Herr Leyden: Da die Demonstration des Herrn Bernhard mich
speciell interessirt, so möchte ich einige Worte dazu sagen. Die Aehnlichkeit
des anatomischen Verhaltens der Niere in den eben vorgetragenen Fällen
von Cholera nostras bei Kindern mit der echten Choleraniere ist wohl in
die Augen springend. Natürlich bin ich nicht imstande, aus dem einen
Präparat, das vorgelegt ist, zu sagen, ob es gerade dem, was ich an der
Choleraniere gesehen habe, genau entspricht, aber nach dem Vorgetragenen
besteht zweifellos eine grosse Aehnlichkeit, zumal auch das charak¬
teristische Moment der Choleraniere, die Coagulationsnekrose,
an einzelnen Stellen gefunden wurde. Ich bemerke dazu, wie ich
schon früher vorgetragen habe, dass ich ebenfalls Gelegenheit hatte, zwei
Stückchen der Nieren von Cholera nostras Erwachsener zu untersuchen,
und dass ich bei einer nichts wesentliches fand, in dem zweiten
Falle aber eine sehr grosse Uebereinstimmung mit den Nieren der echten
Cholera. Ich schloss damals: Entweder kann auch die Cholera nostras
ein solches analoges Bild in der Niere erzeugen, oder man müsste an¬
nehmen, dass dieser Fall von Cholera nostras, der bei sorgfältigster Unter¬
suchung keine Cholerabacillen zeigte, dennoch wirkliche Cholera gewesen ist.
Ich befinde mich mit meinen Vorstellungen also ganz im Einklang mit den
eben im Anschluss au die Demonstration entwickelten Ansichten. Was
die Schlüsse betrifft, welche man daran über die Pathologie der Cholera
knüpfen kann, so will ich nicht weiter darauf eingehen. Die ganze Dis¬
kussion spricht zu Gunsten der Auffassung, dass die Wasserentziehung
eine grosse Rolle spielt. Herrn Baginsky gegenüber bemerke in nochmals,
wenn ich schliesse. dass die Erscheinungen und Veränderungen an der
Niere sich aus der Wasserentziehung erklären lassen, so habe ich damit
nicht gesagt, dass ich ein Choleragift in Abrede stelle, sondern nur, dass
ich aus den Symptomen den Nachweis desselben nicht erkennen kann.
Die Choleraculturen enthalten ja ein Gift, aber daraus folgt doch noch
nicht, dass die Choleraniere einer toxischen Nephritis entspricht. — Ich
erlaube mir im Anschluss noch einige Bemerkungen hinzuzufügen bezüg¬
lich einer anderen Arbeit, die aus dem Institut des Herrn Baginsky her¬
vorgegangen ist, 1 ) über die Nephritis bei Diphtherie. Ich habe selbst mehr¬
fach Gelegenheit gehabt, die Nierenaffectionen bei Diphtherie zu unter¬
suchen. Ich möchte gleichzeitig aber auch auf einige andere neuere Publi-
cationen über die Nierenaffectionen bei Infectionskrankheiten Bezug nehmen.
Bei den Nierenaffectionen nach Infectionskrankheiten sind zweierlei Dinge zu
unterscheiden, sowohl symptomatisch, wie pathologisch-anatomisch. Die eine,
erste Veränderung der Nieren, die sich noch unter dem Einfluss des acuten
Stadiums entwickelt, ist im Leben durch eine mehr oder minder ausge¬
sprochene Albuminurie ausgedrückt (febrile Albuminurie) ohne bestimmte
Reichen einer eigentlichen Nephritis; diese Form ist, wenn es zur'
Autopsie kommt, nur durch relativ unbedeutende Alterationen gekenn¬
zeichnet: die Niere ist blutreich, mehr oder minder geschwollen, auf dem •
^chmtt trübe; mikroskopisch finden sich die Nierenepithelien geschwollen,
kurmg trübe, hier und da leichte Fettdegenerationen; die Interstitien. die
kapseln frei, höchstens vereinzelte Cylinder in den geraden Canälchen. Hior-
'on ist nun wohl zu unterscheiden die spätere eigentliche Nephritis.
Tt Cnn hteriHÜ speciell auf die Scharlachnephritis beziehe, so wird
nnen deutlicher sein, was ich meine. Beim Scharlach sehen wir während
es fieberhaften Eruptionsstadiums häufig eine mehr oder minder ausge¬
sprochene Albuminurie. Diese giebt keinen Maassstab dafür, ob sich
•■pater eine Nephritis entwickelt oder nicht. Die Scharlachnephritis ist
ne ganz bestimmt ausgesprochene klinische Erscheinung, sie tritt zur
Np 1 j, v ■*^ esc l uam p'tj ori sstadiums mit den prägnantesten Symptomen einer
TT» ™ 1S au ^ Hämaturie, starker Albuminurie, Beschränkung der
(V raSeC i retl ? n , UI1( * Hydrops. Ebenso prägnant ausgebildet ist in der Niere
intjun'vn^^j der Entzündung, Hyperämie. Schwellung, Blutung,
a melle und parenchymatöse Processe, Glomerulitis u. s. w. Ich stelle
* Abrede,.dass sowohl die erste Form, die Albuminurie
beidp A* * ums ’ wie auch die Nephritis des Desquamationsstadiums
fimtnr, ‘'i j bacteriellen Toxine erzeugt sein können, trotzdem sie
affertin k klinisch sehr verschieden sind. — Was nun die Nieren-
Tatrpn a pHiphtherie betrifft, so beobachten wir bereits in den ersten
Form häufig Albuminurie, welche also der ersten febrilen
blutifi- C Vf-? 1 * 61 , en wiir de. In der That ist der Harn gewöhnlich nicht
Flüefirri- * s jP ä v lc hem Sediment, und seine Menge entsprechend der
Her 7 ^u.! S r Qahme - ^weilen ist die Harnbeschränkung auf die so häufige
Scharia,k , e zurückzuführen. Eine typische Nephritis analog der typischen
-^Anschluss an Diphtherie seltenf ich habe vor
«estelllt , me l ncn Erfahrungen deren Vorkommen überhaupt in Abrede
verkommt j- er über ?eugt, dass dieselbe allerdings in seltenen Fällen
__ ‘ Jvllt dl0sen klinischen Erfahrungen müssen wir die anatomischen
der Dinhtw rn - hard F - Felsenthal, Beitrag zur patholog. Anatomie
phthenemere. Archiv f. Kinderheilkunde Bd. Xfa.
Befunde post mortem vergleichen. Die Mehrzahl der Diphtheriekranken stirbt
in einem so frühen Stadium, dass die Veränderungen der Niere sich auf
Schwellung, Hyperämie und parenchymatöse Trübung resp. Körnung der
Epithelien beschränken. Interstitien und Glomeruli bleiben frei. Eine
ausgesprochene acute Nephritis (interstitielle und Glomerulonephritis) wird
nur selten beobachtet, Nun aber möchte ich Ihre Aufmerksamkeit darauf
lenken, dass in den Diphtherienieren noch, wie ich glaube nicht selten,
ein anderer Vorgang hinzukommt, welcher das anatomische Bild complicirt,
nämlich Mikrococcenembolieen der Gefässo. und zwar nicht etwa mit
Diphtheriebacillen, sondern mit septischen Bacterien (Streptococcen).
Hiervon erlaube ich mir, Ihnen mikroskopische Präparate vorzulegen. Sie
sehen die Mikrococcencolonieen mit Methylenblau gefärbt, deutlich an dem
derben Korn zu erkennen (sie sind übrigens mit der Abbeschen Oel-
immersion controllirt) sowohl in den Capillaren der Interstitien, wie in den
Schlingen der Glomeruli. Sie verhalten sich also genau so wie die
capillären Embolieen bei soptischer ulcerativer Endocarditis — trotzdem
bestand in diesem Falle keine Endocarditis. Die entzündliche Reaction
um diese Embolieen hernm ist nur gering, ein Zeichen, dass sie nicht
lange vor dem Tode entstanden sind. Wio Ihnen bekannt, findet in den
schweren Fällen von Diphtherie nicht selten eine Mischinfection statt, in¬
dem gleichzeitig mit den Diphtheriebacillen eine Infection des Organismus
durch Streptococcen stattfindet. Herr A. Fraenkel gehört zu den ersten
Autoren, welche diese wichtige Thatsache für die sogenannten septischen
Fälle von Dipththerio (und Scharlach) fest-gestellt haben. Es kann daher
nicht überraschen, dass sich gelegentlich die Zeichen einer solchou septischen
Infection auch im mikroskopischen Bilde der Nieren wiedererkennen lassen.
(Septische Nephritis.) Wie häufig dies etwa geschieht, kann ich nicht
sagen. Ich habe in den letzten Monaten mehrere Diphtherienieren unter¬
sucht, ohne etwas Gleiches zu finden. Immerhin ist aber die Zahl meiner
Untersuchungen aus begreiflichen Gründen nicht gross. Doch glaube ich,
dass dieser Befund der Mikrococcenembolieen in der Diphtherieniere von
Interesse und Bedeutung ist und dass man bei der Deutung der histo¬
logischen Veränderungen solcher Nieren in den Interstitien un<l im Paren¬
chym mit diesen complicirenden Vorgängen wird zu rechnen haben.
Herr Litthauer: Ich möchte mir die Frage erlauben, ob Herr
Leyden der Ansicht ist, dass der typische Choleraanfall, die Cholera-
krankheit nicht durch die Einwirkung von Toxinen bedingt, also eine All¬
gemeinkrankheit ißt, wie Scharlach, Masern, Diphtherie etc.
Herr Leyden: Darüber möchte ich mich nicht bestimmt aussprechen,
nur bemerken, dass wir vorläufig nicht imstande sind, zu erklären, woher
die Transsudation im Darm abzuleiten ist. Die Symptome und die anato¬
mischen Veränderungen sind durch Wasserentziehung wohl zu erklären.
Ich wiederhole aber, dass ich nicht etwa behaupte, dass Toxine nicht vor¬
liegen, sondern nur, dass die Erscheinungen am sichersten und einfachsten
aus der starken Wasserentziehung zu erklären sind, allerdings nur die
des ersteren Stadiums, nicht die späteren des Typhoids, welche mit Be¬
stimmtheit auf die Einwirkung einer toxischen Substanz hindeuten, deren
Entstehung auf verschiedene Weise erklärbar wäre.
Herr Litthauer: Ich schliesse aus zwei Umständen, dass die Cholera¬
krankheit eine Allgemeinerkrankung darstellt: 1) aus dem Umstande, dass
eine überstandeno Cholera oder dass eine entsprechende Impfung eine
Immunität gegen eine neue Choleracrkrankung oder Impfung bei Menschen
bezw. Thieren bewirkt; 2) ex nocentibus et juvantibus. Ich bin. der Ansicht,
dass die subcutanen Injectionen oder Transfusionen einer physiologischen
Kochsalzlösung viel häufiger wirksam sein würden, um die yita minima
bei Cholera in Genesung des Kranken hinüberzuführen, wenn dieselbe ein¬
fach durch den Wasserverlust und nicht durch Toxine bewirlri; worden wäre.
4. Herr Kossel: Ueber die Lymphzellen. (Der Vortrag ist
in dieser Wochenschrift No. 7, p. 146, veröffentlicht.
Berliner medicinische Gesellschaft.
(Originalbericht.)
Sitzung am 21. Februar 1894.
Vorsitzender: Herr Vircbow.
1. Herr A. Fraenkel (vor der Tagesordnung): Vortr. hat in den letzten
Jahren mehrfach Gelegenheit gehabt, vor der Gesellschaft Aneurysmen zu
demonstriren und über ihren ätiologischen Zusammenhang mit Syphilis
einige Bemerkungen zu machen. Während Welsh die Behauptung auf-
stelite, dass ca. 60% aller Aneurysmen auf syphilitischer Basis beruhen,
sei von anderen sogar die Ziffer auf 80% erhöht worden. Er selbst habe
in den letzten vier Jahren 19 Fälle von Aneurysma der Brustaorta beob¬
achtet und auch obducirt, von denen sechs das 40. Lebensjahr noch nicht
erreicht hatten. Diese letztere Thatsache sei ätiologisch von Wichtigkeit,
weil die zum Aneurysma disponirende Altersarteriosklerosc erst im
späteren Lebensalter auftrete. Von jenen 19 Patienten litten 9. also ca.
50 °/o, sicher an Lues. Ein Präparat, welches Vortragender heute vorlege,
sei deshalb von Literesse, weil bei einer jungen Person allerdings nicht
ein Aneurysma, aber Arteriosklerose mit Ilerzsyphilis gefunden wurde.
Die 37j übrige Frau kam 1893 ins Krankenhaus am Urban mit den
Symptomen einer Insufficienz der Aortenklappen, starken Kopfschmerzen
und Ohnmachtsanfällen. Als Ursacho des Herzleidens wurde ein früher
überstandener Gelenkrheumatismus angenommen. Der Ehemann war
syphilitisch gewesen, die Frau will Kopfgeschwüre gehabt haben, doch
waren dieselben jetzt verheilt und von ihnen nichts mehr wahrzunehmen.
Patientin wurde nach einiger Zeit gebessert entlassen, kehrte dann abei
mit den Erscheinungen der Angina pectoris wieder zurück und 111
einem solchen Anfalle. Bei der Seetion zeigte sich die vordere (Unke)
Arteria coronaria cordis unverändert, die hintere (rechte) dagegen an
Einmündungsstelle in die Aorta durch hochgradige Arteriosklerose \ g
obliterirt; ein Gumma im Septum ventriculorum. Aasgedehnte Arterio¬
sklerose der Brust- und Bauchaorta.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
208
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No..9
Der Vortragende demonstrirt noch kurz ein zweites Präparat, sack
förmiges Aortenaneurysma uiit Durchbruch in den eine Anzahl
msmmmssB
vnr die Vulva so dass man nun an den so sichtbar gemacnte
bis drei Fixationsnäbte durch den Scheidenmund- und deri Ut^^f 4^
durchweinen fortlarfendln Ca^uTfaden^uTneni Be¬
sammengezogen. Verfasser bat nach d,eser Openat on IJe.luug <^1*
Äug rtZlleÄeÄX behält sich der Vortragende
mr e TlZX^omtZlZ%%Zri^ng) hatte vor längerer Zeit
seine zum ersten male gelungenen Relnculturen d^
Zm h Erfolge m0 g n ei t mp r ft wtrdl“ Xin 8 ““ Geschwulstbildung war damals
SüA.tÄ ÄÄfit'
dÄ Geschwülate theUs der Bauchwand, theils dem Wz, teeüs den
Därmen etc. aufsassen, allein eine generalisirte Actinomykose, wie so oft
beim Menschen, oder wenigstens ein Eindringen m die parenchymatösen
Organe des Unterleibes wa? damals nicht erreicht worden. Dies hat der
Vortragende jetzt bei einem Thiere erreicht, das l‘/i Jahre nach der Bei-
bringung einer Eeincultur in die Bauchhöhle am Leben gebbeben war,
während die früheren Thiere nach Ablauf von vier bis sieben Woche
getödtet wurden. Bei diesem Thiere fand sich ausser “ehreren Tumoren
m der Bauchhöhle ein grosser Tumor m der Leber, dessen Inhalt von
weicher talgartiger Consistenz war und an dem sofort Körnchen von ganz
derselben schwefelgelben Färbung sichtbar wurden, wiesie in dei acti-
nomvkotischen Heerden beim Menschen Vorkommen. Die mikroskopische
Untersuchung wies nach, dass diese Körnchen typische Actmomyccsvcge-
tationen waren; Drusen mit centralem Netz dicht verfilzter Fäden und
schönsten peripherischen Keulen; auch freie Keulen fanden sich lmlnhMt
vor Es lag also in diesem Falle noch em zweifelloser Fortschntt gegen¬
über den früheren Versuchen vor, insofern es gelungen war, m seltener
Weise eine Metastasenbildung der Actinomykose in der Leber beim lhier
experimentell zu erzeugen, ganz analog der häufigen Lebermetastase bei
Intestinalactinomykose des Menschen. Sodann demonstrirt der Vortragende
Actinomycesculturen, die gegenüber den frühere? 1 .f^ bl os e n oder nur sehr
schwach gelblich gefärbten Culturen eine erhebliche Farbstoffproduction
von gelbgrünem Farbstoff zeigen, wie solche auch bei menschlicher Acti-
noroykose vorkommt. Zum Schluss legt der Vortragende ein ganz aus-
gezeichnetes Specimen von colossaler Kieferactmomykose des Rindes vor.
Es sind mehrfache Tumoren im Knochen, in den benachbarten Weich-
theilen und ein Durchbruch durch die Haut mit colossaler actmomykoti-
scher Neubildung sichtbar. . , . „
4 Herr Horst Brehm (vor der Tagesordnung) demonstrirt einen,
besonders am Kopfe stark SdematSsen Fötus, der mit vorliegenden Annen .
zur Geburt kam und, nachdem dieselben gelöst, mit grosser Schnelligkeit,
wie aus der Pistole geschossen“, sich entwickelte. Er bittet die Herren
pathologischen Anatomen um Auskunft darüber, wodurch dies starke
Oedem entstanden sei. „ , . .
Herr Virchow sagt eine spätere Untersuchung des Präparates zu.
5. Discussion über den Vortrag des Herrn Weyl: Einfluss hygie¬
nischer Maassnahmen auf die Gesundheit Berlins.
Herr Auerbach geht auf die von Herrn Zadek angeregte Ueber-
nahme der Milchversorgung Berlins durch die städtische Verwaltung in
längerer Ausführung ein und sucht deren Einführung in wirtschaftlicher
und pecuniärer Beziehung als ausführbar zu erweisen.
Ein Antrag auf Schluss der Discussion wird angenommen, einer Reihe
von Rednern aber noch die Vorbringung factischer Berichtigungen ge¬
stattet. . , „ . TT ,
Herr Oldendorff: Herr Zadek hat, sich stützend auf eine Unter¬
redung mit Herrn Boeckh, bezüglich meiner Vergleichung der Sterblich¬
keitsverhältnisse der beiden Stadtbezirke: jenseitige Luisenstadt und
Wedding 1875 und 1885 die Behauptung aufgestellt, 1) die Unterschiede
bezüglich der Säuglingssterblichkeit seien nur gering; 2) dieselben seien
durch eine grössere Geburtenhäufigkeit auf dem Wedding bedingt. Beido
Behauptungon seien falsch. Eine Verminderung der Säuglingssterblichkeit
von 8.2 °/oo der Geburten in der Luisenstadt gegenüber einer Zunahme
von 2,0 %o auf dem Wedding könne füglich nicht als gering bezeichnet
werden* und die Zahl der Geburten betrug 1875 in der Luisenstadt 6583,
auf dem Wedding nur 2765 und 1885 6389 bezw. 3381
-r-r TT_ TT - J - 1. 1_1. - J_ C _
tt o Vonmann 1 Hfirr Zadek habe behauptet, es sei statistisch
Herr S. Neuman . t r blichkeit beim Proletariat 120mal so
nachgewiesen, dass die Säug g Die Angaben, aus denen Herr Zadek
gross sei wie bei ? über Dresden? geben aber ein ganz anderes
Öf Dte Wahlen‘seien ^lerdings richtig wiedergegeben worden
Resultat, l-ne ^au insofern von einer bestimmten Anzahl
allem es seiender besitzlosen l /‘J% der besitzenden Klasse ange-
ges orbener Kinder^60ßisiteraden zu den Besitzlosen in
v 6 ™Heremvl'wendet sich in längerer Ausführunggegen die von Heren
7 ad ek behauptete Abhängigkeit der Sterblichkeitsziffer von der Gebürte-
Staaten ntehtXgeUimen worden Er sei
Ss fto hygienische Zwecke und die reformatonsche Initiative von
“^retaLktirt’d^ÄngXTegen H^rre Boeckh zurück.
Herr Korn will die Ausführungen Boehr’s nur
geführt haben.
aut aem weaamg nur zioo una xoou ooo» uezw. oöoa.
Herr Guttstadt: Herr Zadek habe darauf Bezug genommen, dass
die Einverleibung der Vororte einen ungünstigen Einfluss in Bezug auf
die Sterblichkeitsziffem Berlins ausüben werde. Allerdings seien diese
Verhältnisse in den Vororten noch nicht genau studirt worden, weil das
statistische Bureau die Hergabe des nöthigen statistischen Materials ver¬
weigere, so zum Beispiel gegenr k '«* An ™ Aa ° Tr ™ io< “ 1
dem verstorbenen Professor Falk.
lUtlligCU DIUUIOULOV/UÜU XUttUül 11UO »
vUer dem Physikus des Kreises Teltow,
dem verstorbenen rroiessor raut. Dies sei nicht richtig, das statistische
Bureau habe ihm vielmehr alles Material, welches es besitze, zur Verfügung
gestellt, er habe aber nie Zeit gewonnen, es einzusehen.
Niederrheinisclie Gesellschaft für Natur- und Heilkunde
in Bonn.
Sitzung am 11. December 1893.
Vorsitzender: Herr Schultze; Schriftführer Herr Leo
Vorstandswahl für 1894.' Es werden gewählt: als Vorsitzender
Geheimrath Binz, Schriftführer Prof. Leo, Schatzmeister San.-
Rath^Zartmann^^ Ueber Nebennierensarkome. Seit den
Untersuchungen von Grawitz über die Entstehung von Ge¬
schwülsten der Nieren aus abgesprengten Nebennierenkeimen be¬
anspruchen auch die primären Tumoren der Nebennieren selbst hin
sichtlich ihrer histologischen Structur und ihrer Histogenese em
besonderes Interesse. In der älteren Litteratur die wegen der
mangelhaften mikroskopischen Untersuchung freilich wenig zu ver
werthenist, finden sich die Angaben über das V °X™”haben
primären Carcinomen recht häufig. Im Gegensatzhierzuhaben
neuere Untersuchungen gezeigt dass die Nebeimieren in der Regri
Sitz sarkomatöser Gesehwulstbildung werden, und A^men
sind so weit gegangen, das Auftreten von primären Carcinomen
in diesen Organen überhaupt zu leugnen. . p„,.
Die einschlägigen Verhältnisse sollen an der Hand zweier D äl
von primären Nebennierensarkomen besprochen werden. .
Fall 1 betrifft einen ca. 30jährigen Paralvbker. 0 J>"
(26. Mai 1893) ergab folgende wesentlichen Befunde: ^“^aonven des
Innenfläche trocken, glatt. Pia nicht getrübt, anäm.sch^ Wmdnngen des
Gehirns stark abgeplattet. Seitenventnkel etwas erweitert, ent
massige Mengen eines grauröthlichen Breies. Ependym derselbon sehr
weichf ebenso das des §. Ventrikels. In der Marksubstanz des rechten
Frontallappens ein klcinapfelgrosser Tumor aus grauröthhehen au^
weichen Massen bestehend. Ein etwas grösserer Tumor von dereelbe
Beschaffenheit befindet sich im rnken Hintcrhauptslapp^
steht mit dem Hinterhorn des linken Seitenventnkels in Verbindun
Die Brustorgane boten nichts von besonderem Interesse, ln der
höhle fand sich ein- und aufwärts von der linken Niere em
etwas flacher Tumor ohne Zusammenhang mit der Niere.
Nebenniere war nicht auffindbar. Der Tumor selbst, *»^8 fe“ 1 stark
zeigte auf der Schnittfläche eine grauröthhehe Färbung mit ei%e st^K
gelben fleckigen Partieen. Im Centmm eine wMlnussgresse, bren, ecn
Stelle. Rechts enthält die Nebenniere an ^fläche eLcheTnt
hühnereigrossen abgekapselten Tumor. Auf der J^hpitt ffrauro ther
derselbe gegen das Nebenmerengewebe scharf ^gegrenzt, von g
Farbe und weicher Consistenz. Die Nieren enthielten ke ,
die übrigen Baucborgano ebenfalls nicht, boten auch kerne ^
wertben Veränderungen. Broncefärbun war nicht vorband • Die
solaris zeigte makroskopisch und mikroskopisch uic ts e * g
mikroskopische Untersuchung liess keinen Zweifel d ? Tumoren
um ein primäres Sarkom der Nebennieren mit metastatiscta
im Gehirn handelte. Die Gehirntumoren wurden nur Gehirns
da die Härtung wegen der zu weichen ^nsistenz des gau A - den
nicht gelang. Es fanden sich kleine rundliche Z&m, Q
Formen ähnlich. Die mikroskopische Untersuchung d. denselben Bau
geschwülste ergab zunächst, dass beide ^ escll ü .^ t f 1f .. : fi . eil Hellen
hatten. Sie bestanden aus kurzen und Weinen sp m delfömg eiü0
mit verhältnissmässig grossem spmdeligem Kern. Die spärlichen
Anordnung in Zügen und waren unterbrochen von Peri-
Stroma dünner Bindegewebsbalken, in denen Gefösse v„ nwer k zu-
pherie trat das Stroma an manchen Stellen zu emem l j^^en
sammen. Die Spiridelzellen waren hier vielfach mit Deber-
vermischt. In dem kleineren Tumor der rechten Seite liess
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1. März.
DEUT SCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ginge des Nebennierengewebes zur Geschwulst nachweisen. An manchen
Stellen setzten sich die Maschen der Zona fasciculata in das Stroma des
Tumors direkt fort. Die Parenchymzellen der Nebennieren wandelten
sich in Geschwulstzellen uin. Man sah in einer Alveole noch erhaltene
Nebennierenzellen und rundliche Geschwulstzellen nebeneinander liefen
Nach dem Innern der Geschwulst zu nahmen die Zellen dann spindelitre
Formen an, während die alveoläre Structur schnell verloren gingf 6
Die Stellen, aus denen sich nachweisen lässt, dass die Ge¬
schwulstzellen aus den Parenchymzellen der Nebenniere direkt
hervorgehen, sind es, die dem vorstehenden Fall ein besonderes
Interesse verleihen. Nachdem schon F. Fraenkel für einen von
ihm beobachteten Fall geschlossen hatte, dass die Geschwulstzellen
Abkömmlinge der Nebennieren zellen seien, gelang es Beneke in
einem Sarkom der Niere, welches aus Nebennierenkeimen hervor¬
gegangen war, direkte Uebergänge der Zellen der Zona fasciculata
in die Zellen der Geschwulst nachzuweisen in gleicher Weise wie
ich dies in dem vorliegenden Falle gesehen habe. *
Diese Thatsache liesse sich nicht mit unseren onkologischen
Anschauungen in Einklang bringen, wenn man wie Horn (Virch
Arch. 126) an der epithelialen, drüsigen Natur der Nebenniere
festhielte. Die Histologie stellt heute als im höchsten Grade wahr¬
scheinlich hin, dass die Nebennieren zellen bindegewebigen oder
wenigstens indifferenten Charakter haben. Ich halte es mit Beneke
für durchaus berechtigt, die durch mehrfache Beobachtung festge¬
stellte Thatsache des Uebergangs von Nebennierenzellen in sarko-
matüse Wucherung für die obige Anschauung von der Natur dieser
Zeilen zu verwerthen, ebenso wie man dafür annehmen kann, dass
me Adenome oder Strumen der Nebennieren, wenn sie im weiteren
Wachsthum malignen Charakter annehmen, sarkomatösen Bau auf¬
zuweisen pflegen.
Freilich macht Horn dagegen geltend, dass er selbst einen
aus abgesprengtem Nebennierengewebe in der Niere entstandenen
lumor beobachtet habe, der in seinen centralen Partieen carcino-
matfee b teilen aufwies. Indessen darf man diese Beobachtung
gerade in Bezug auf die vorliegende Frage wohl nur mit grosser
Hrmcht aufnehmen. Zunächst ist es für den Horn’schen Fall
nicht über alle Zweifel erhaben, dass die Geschwulst wirklich sich
aus Nebennierengewebe entwickelt hat. Dies wurde nur geschlossen
i CF ,? clla !* n J Abgrenzung des Tumors vom Nierenparenchym,
aus der Verschiedenheit der häufig fetthaltigen Epithelien der Ge-
»Cüwulst von denen der Hamcanälchen, .sowie aus der reihenförmi-
emAnordnung der ersteren. Reste von Nebennierengewebe oder
f än £ e T 5 n solchem in das Geschwulstgewebe konnten nicht
SaiW 7 er w D k F - erner kann man nicht S enu S betonen, dass
ST n r Nebenmeren häufl g einen den Carcinomen überaus
«umenen Bau zeigen.
i® 4 ff eei gnet, unter anderem auch diese Car-
n der Nebennierensarkome zu illustriren.
Odematö«? poiii™ 6 ? Ernährungszustand, Leib etwas aufgetrieben. Pia
cites Ttti p .J 11111 hyperämisch ohne Heerderkrankungen. Geringer As-
p ?; riet t le und viscerale zahlreiche kirsch- bis wall-
üch ^ Geschwulstknoten. Die letzteren treten nament-
Tainoren bi ZpTsehr zahlreich auf. Weiter finden sich
gewebe und in de ? y orde , ren Mediastinums, im pericardialen Fett¬
aach das ^arenchvm Vorhöfe '. und Pleuren sind frei,
einen kleinen Tniü de J‘ ®J uc borgane mit Ausnahme des Pankreas, das
öeschwuIstmasQ^ 1 m entha l t ’ . ln der Gegend beider Nieren liegen grosse
lassen sich dip * r .p emoi Jstration des conser virten Präparats). Aus ihnen
Nieren sind mit cTu mtact ^ausschälen. Die Fettkapseln der
den der GeschwnU?« hw , Ulstknote n dicht durchsetzt. An den oberen En-
r von den h übri^rfc!I!^- 1St J e f 1 » f austgrosser etwas platter Tu-
209
mor von den ÄhdZ l lst J e ein Jaustgrosu.. r __
Tumoren die dpn k G \j Auch hier keine Broncefärbung. Die
einen alveolären Hm ? 1 n- entsprachen, zeigten mikroskopisch
BindegewebsbSkpn lu * Die Raschen wurden gebildet von äusserst dünnen
ziemlich kleine rundliVv? £ a ^ reicl1 ? Gefässe enthielten. Sie umfassten
gäg bis in beträchtlich«? m. e ! en , P lfc . grossem Kern. Der alveoläre Typus
Jen daselbst grösser nhnPlf 6 h i nem o nicht verl °5 en - Bie Alveolen wur-
Heckweise waren dip < l aSß da ? Struma an Dicke zugenommen. Nur
bar. Hier bot dip r Zel ihaufen nicht mehr deutlich von einander abgrenz-
ferie beider GethwüLt W w ^ UtI [ ch ^komatösen Bau. In der Peri-
Jw der Zona fascicni?? 6 be + and S1 , ch n ° c b erhaltenes Nebennierengewebe,
,a gen eingestreut snlrh«^ 611 k Sp ™ ch * j Zw . ischei1 den Maschen derselben
enthielten, auch Ai™^’ die deutlich erkennbare Geschwulstzellen
^'ährend sich da« q*- 6n S em i sc hteii Zellen liessen sich erkennen,
Geschwulst tortspt7f 0 UD rv der ^ ona fasciculata unmittelbar in das der
s&mmensetzunir wip «r n me tastatischen Knoten hatten dieselbe Zu-
gewebe bildete JiWHpn 6 , au P. ttun30ren - Gas gefässhaltige zarte Binde-
e «nander gesondert der Peripherie kleiner und streng von
wewe die strenge ^ er zu an Grösse Zunahmen und hier fleck-
Man muTH ptT?. gissen liessen.
Jullären Carcinomp dl 6 be n l stlmroe /b wenn er sagt, dass die me-
fbrmen zu imWifi„- er Oberen Autoren mit diesen Geschwulst-
ßuhl (1875) beohlnh 1 /? Die von Fränt zel (1867) und
hinsichtlich der m b u-H n ^ e von Nebennierenkrebs haben auch
Sehnlichkeit. tiplen Metastasenbildung mit dem obigen
Bau Ä!iho eitS habG a di k 1 ^ m< 2 ren auch -Sehnlichkeit mit dem
Bau der Nebenmeren, durch die Art und Anordnung ihres Stromas
Ich kann mich aber nicht zu der Auffassung entschliessen als
b ^ de r le m e r S1Ch n 1 ? e T. urs P rün gli c h adenomatöse Wucherung, die
später malignen Charakter angenommen. Der Umstand dass die
“ D . neb A e ^ ie renähnlichen Bau zeigen, spricht da-
fflflAn’ ,*n^S gen i? UCh m A . den ® men der Nebennieren manchmal die
Zellen m ihrer Form von den Parenchymzellen abweichen (Beneke)
ra allgemeinen hat man, je mehr die Geschwulstzellen denen der
Nebenniere unähnlich werden, sarkomatösen Charakter zu ver-
halten^lriben^ 011 ^ nebennierenähnliche alveoläre Bau lange er-
2 - Her ^ Boennecken: üeber Zahnersatz. Redner demon-
strirt an der Hand von Kiefermodellen die zur Zeit üblichen
Methoden des Zahnersatzes und unterwirft dieselben, insbesondere
me neuerdings vielfach angewandten sogenannten Kronen- und
Druckenarbeiten, einer Kritik von ärztlich-hygienischem Stand¬
punkte aus.
y ei > us am vei 'breitetsten ist die Methode des Zahnersatzes
mittels Gaumenplatte. Hierbei verdient das Gold den Vorzug vor
dem Käutsehuk, da die Kautschukplatte bei längerem Gebrauch
Mutig nachtheilig auf die Gaumenschleimhaut einwirkt und einen
chronischen Reizzustand in derselben unterhält, so dass man in
einzelnen Fällen geradezu von einer Kautschukerkrankung der
Schleimhaut sprechen kann. — Bei der Brückenmethode verzichtet
maii ganz auf die Gaumenplatte und benutzt gesunde Zähne oder
Zahnwurzeln als Träger des Ersatzstückes, welches für gewöhnlich
nicht abnehmbar ist, sondern mit seinen Pfeilern durch Cement
fest verbunden, viele Jahre lang unbeweglich im Munde getragen
wird. Diese Art des Zahnersatzes empfiehlt sich besonders bei
kleineren Defecten in den Zahnreihen, beispielsweise da, wo durch
den Verlust von 2—3 Zähnen auf einer Seite die Kaufähigkeit so
gelitten hat, dass nur die andere Seite noch zum Kauact benutzt
werden kann und wo die Lücke durch gesunde Zähne begrenzt
wird. Nicht abnehmbare Brückenarbeiten müssen so hergestellt
sein, dass sie leicht zu reinigen sind und dass die Zunge oder die
Bürste überall das Zahnfleisch erreichen kann, weil sonst mit
Sicherheit Exulcerationen des Zahnfleisches auftreten. Unbedingt
zu verwerfen ist das vielfach übliche Verfahren, kranke Wurzeln mit
Zahnfleischfisteln zur Fixirung solcher Ersatzstücke heranzuziehen.
Weiterhin rügt Redner einen ganz allgemein verbreiteten Un¬
fug, der von dem Gros der Zahntechniker, aber auch leider von
manchen Zahnärzten ausgeübt wird, das ist die Anfertigung von
Gebissplatten über Zahnwurzeln mit gangränöser Pulpa. Die Tech¬
niker kommen den Wünschen des Publikums bereitwilligst ent¬
gegen und extrahiren die verlorenen Zahnreste nicht, sondern
schneiden die Kronen ab und setzen dann das Ersatzstück auf die
Wurzelreste. — Wenn nun die in der Wurzel zurückgebliebenen
Reste der Pulpa dentis entfernt, sodann die Canäle antiseptisch
gefüllt und dadurch vor der Infection durch die Mundhöhle ge¬
schützt würden, so wäre das Verfahren zu entschuldigen, weil in
diesem Falle nachtheilige Folgen für die Gesundheit nicht zu be¬
fürchten wären. Dies geschieht aber nicht, weil dem Zahntech¬
niker natürlich die Antisepsis eine Terra incognita ist. — Kommt
nun eine derartige Mundhöhle nach etwa einem halben Jahr zur
ärztlichen Untersuchung, so ist der Status folgender: Erstes Symp¬
tom — (schon auf eine gewisse Entfernung hin zu constatiren) —
starker Foetor ex ore. 2) Das Zahnfleisch ist entzündet, auf Druck
schmerzhaft und zu Blutungen geneigt. 3) An der facialen Wand
des Alveolarfortsatzes findet man — besonders häufig über den
Wurzeln* der Prämolaren und Molaren — Zahnfleischfisteln, aus
denen sich auf Druck ein Tröpfchen Eiter entleert. Diese Fisteln
kommen dadurch zustande, dass die auf den Wurzeln liegende
Gebissplatte den Pulpacanal mit seinem septischen Inhalt nach dem
Munde hin verschliesst. Die Folge davon ist der Eintritt von
putriden Stoffen in die Alveole des Zahnes. Die dann entstehende
Alveolarperiostitis endigt nach einigen qualvollen Tagen mit der
Bildung einer Zahnfleischfistel.
Die Pulpacanäle solcher Wurzeln unter Gebissplatten be¬
herbergen selbst in einer sonst gut gepflegten Mundhöhle gefähr¬
liche Giftstoffe. Der Versuch einer Desinfection derselben mit den
bekannten Mundwässern ist ein unnützes Beginnen. Taucht man
nach vorangegangener gründlicher antiseptischer Spülung eine feine
Sonde in einen solchen Wurzelcanal hinein, so erhält man von der¬
selben einen Geruchseindruck von einer Qualität, wie sie nur aus¬
nahmsweise einmal erreicht wird von einem perityphlitischen Abscess
oder dem putriden Exsudat einer Pleurahöhle. — Injicirt man einem
Kaninchen einige Tropfen des Inhalts unter die Haut, so sieht man
das Thier nach 2—3 mal 24 Stunden unter dem Bilde der acuten
Sepsis zugrunde gehen.
Es ist einleuchtend, dass ein solcher Zustand der Mundhöhle
nicht gleichgültig für die allgemeine Gesundheit sein kann. In
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210
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCH ENSCHRIF T.
No. 9
der That leidet denn auch ein grosser Procentsatz der Personen,
welche Jahre hindurch eine Gebissplatte auf putriden Wurzelresten
tragen, an gewissen Krankheitserscheinungen, die, besonders bei
Patienten mit herabgesetzter Widerstandsfähigkeit des Nerven¬
systems, zu einer Quelle des grössten Unbehagens werden Man
kann dabei unterscheiden zwischen Kopfsymptomen und Magen-
und Darmsymptomen. ,
Zu den ersteren gehört der Zahnkopfschmerz, welcher ein
besonders beim weiblichen Geschlecht häufig vorkommendes Kran -
heitsbild sui generis darstellt. Hierher gehören auch die neural¬
gischen Gesichtsschmerzen und die gelegentlich auftretenden Lymp
drüsenschwellungen am Halse. . ,
Erscheinungen seitens des Verdauungscanales sind dyspeptische
Beschwerden mannigfachster Art, Cardialgieen und habituelle
stipation. — Nun könnte man ja einwenden, alle diese Symptome
sind gänzlich unabhängig von dem Zustand der Mundhöhle, und
es ist nur die Phantasie des Arztes, welche hier den ätiologischen
Zusammenhang schafft. Gegen diese Auffassung sprechen aber die
geradezu überraschenden Heilerfolge einer eorrecten Behandlung des
Mundes. Wer — wie Redner — bei allen Patienten, welche einen
Zahnersatz auf kranken Wurzeln tragen (und die Zahl derselben
ist Legion) principiell zunächst die Extraction sämmtlicher Wurzel¬
reste vornimmt, wird wissen, dass bereits wenige Wochen nach
dieser Behandlung stets eine Besserung, und im weitern Verlaut
häufig eine Heilung von den angeführten Beschwerden erzielt wird.
Es darf wohl nicht Wunder nehmen, dass nach Entfernung so
vieler Trigeminusreize die Kopfsymptome sich bessern. Ob die
dyspeptischen Erscheinungen sich zurückbilden infolge der Auf¬
besserung der Kaufähigkeit, der besseren Zerkleinerung und Ein-
speichelung der Speisen (nach Herstellung eines eorrecten Zahn¬
ersatzes auf gesunder Unterlage), oder infolge des Aufhörens der
Ueberschwemmung des Magens mit den Fäulniss- und Gährungs-
erregern aus der Mundhöhle, lässt sich im einzelnen Falle schwer
entscheiden; beide Momente kommen wohl gleichzeitig zur Geltung.
Redner ersucht zum Schluss die ärztlichen Praktiker, diesen
meist nur dem Zahnarzte geläufigen Wechselbeziehungen zwischen
Zahnerkrankungen und Allgemeinleiden ihre Aufmerksamkeit zu
schenken und dem leider allgemein verbreiteten Unfug der Zahn¬
techniker in ihrem Wirkungskreise mit Entschiedenheit entgegen¬
zutreten.
Discussion: Herren Ungar, Boennecken.
3. Herr Binz: Ueber den gegenwärtigen Stand unserer Kennt-
niss von dem Zustandekommen der Heilung des Malanaflebers
durch das Chinin. (Der Vortrag ist in No. 6, p. 122, der Wochen¬
schrift veröffentlicht.)
Discussion: Herren Schultze, Binz.
4. Herr Ungar macht Mittheilung über Behandlung des
Keuchhustens mittels subcutaner Injection von Chininum
bimuriaticum, über welche Behandlungsweise cand. med. Lau-
binger in seiner Inauguraldissertation ausführlich berichten wird.
Vermöge seiner Eigenschaft, sich schon in gleichen Theilen Wasser
zu lösen, eigne sich das Präparat besonders zur subcutanen Injection
grösserer Chinindosen, wie sie erforderlich seien, wenn die Chinin¬
behandlung von Erfolg sein soll. Diese subcutanen Injectionen
hätten die günstige Wirkung des Chinins bei Keuchhusten bestätigt,
fast ausnahmslos sei durch sie die Heftigkeit der Erkrankung so¬
fort gemildert und überhaupt der ganze Verlauf offenbar günstig
beeinflusst worden.
Discussion: Herren Binz, Leo.
XTI- Oeffentlielies Sanitätswesen:
Nochmals über die erste Versorgung der Leichtverwnn-
deten auf dem Schlachtfelde.
Von Prof. Dr. Langenbuch.
In der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1892, No. 18 ver¬
öffentlichte ich einige Vorschläge zur ersteh Versorgung der Leichtver¬
wundeten auf dem Schlachtfelde, und zwar deren drei, die sich von einem
Grundgedanken aus logisch entwickelten. Dieser Grundgedanke entsprach
meiner Ueberzeugung, dass die Gewehrschusswunden im allgemeinen nicht
primär inficirt, also aseptisch seien und folglich schon durch den ersten
Verband vor der secundären Infection durch die Aussenwelt geschützt
werden müssten. Ich schlug deshalb vor, die einfachen Gewehrschuss¬
wunden sogleich vorläufig hermetisch zu verschliesson. Dies sollte
hei den zu erwartenden zahlreichen sehr kleinen Ein- und Ausschuss¬
öffnungen um der Einfachheit willen zunächst vermittels eines gut
klebenden, über die Wundränder weit hinausragenden Kautschuckpflasters
bewirkt werden, und das war mein erster Vorschlag. Zweitens schlug ich
vor, etwaige grössere Hautdurchtrennungen, soweit diese immer noch zu
den Leichtverwundungen gerechnet werden konnten, durch die Naht zu
schliessen, und drittens bei einer vorauszusehenden Ueberfülle der Arbeit
und bei Mangel der Aerzte das Nähen auch einem hierzu eigens ge¬
schulten und vorher geprüften Unterpersqnal zu überlassen, Meine Ideen
gipfelten also in einer Aenderung der bis dahin vorgesehenen Methode
des Verbandes, nicht, wie offenbar von mancher Seite angenommen
wurde 6 in einem Rütteln an den bis heute und wohl noch lange gültig
blelbenden Principien der Wundbehandlung. Diese missverständliche
Auffassung des von mir Gewollten entsprang zunächst dem bis heute noch
wenig erschütterten Vorurtheile, dass die Schusswund ,bdl zum gissten
Theile und zwar durch das Miteindnngen von Fremdkörpern (Zeugfetzen)
£ inficirt seien und deshalb offen behandelt werden müsten.
P So sagte König noch auf dem Chirurgencongress von 1892 be¬
züglich dieser Frage folgendes: „Von jeder Hose, durch welche das Ge¬
schoss dringt, kann es Mikroben mitnehmen und wird sie sehr häufig mit¬
nehmen. Wenn ich das weiss, habe ich, wenigstens nach meinen Erfah¬
rungen bei anderen Wunden, niemals die Berechtigung, die Wunde zu
verschliessen, ich muss die Wunde offen lassen . .
Diese Ansicht war und ist eine traditionelle und stammte in letzter Linie
noch aus der erst unlängst vergangenen Epoche, wo, wie noch lm deutsch-
französischem Kriege, die grosse Ueberzahl der Schusswunden m Mectm
gerieth und diese Erscheinung in etwas ungeklärter Weise gestern dem
Schüsse selbst, heute sowohl diesem als den Fmgern Instrumenten_und Ver¬
bandstoffen und morgen vorzugsweise nur den letzteren auf die Rechnung
geschrieben wurde. Die letzte Auffassung trat praktisch am meisten in den
Vordergrund und war auch insofern die verwendbarste, als sie alle un¬
fruchtbar erscheinenden Betrachtungen über das einmal Geschehene ab-
schnitt und zur thatkräftigsten Verhinderung weiteren Unheils anspornte.
Was war auch anders zu machen? Auf dem Schlachtfelde konnte keiner
es den Wunden ansehen, ob sie inficirt waren oder nicht, sie mussten
schnell verbunden und die Verwundeten ebenfalls schnell nachrückwärts
in die grossen Lazarethe transportirt werden. Was auf der oft tagelangen
Reise bis zu den grösseren Lazarethen mit den Wunden geschah,
konnte nicht immer überwacht werden; jedenfalls gelangte ein grosser
Theil der Patienten erst wieder unter die Herrchaft der rationellen Wund¬
pflege, nachdem es für die ihr gebührende und zustehende schnelle Be¬
währung viel zu spät geworden war. . , .
Ambrosius P ar 6 lehrte, dass die Schusswunden mcht von vornherein
vorgiftet seien, und bemühte sich, die primäre Behandlung derselben mit
siedendem Oel und Aetzmitteln abzustellen, die Blüthe der deutschen
Chirurgen hinwiederum sah sich in den Lazarethen unseres grossen
Krieges ohne eigenes Verschulden genöthigt, vielfach noch zur Behand¬
lung mit Glüheisen und der rauchenden Salpetersäure zurückzukehren.
Die Lehren Lister’s hatte man im Kopf, aber die Hände konnten sie
nicht bethätigen, denn meistens war es dafür zu spät. ^ Woran lag das:'
Es tritt immer deutlicher zutage: der erste Verband hatte die Wunden
nur schlecht und recht bedeckt, aber nicht abgeschlossen und vor der
secundären Infection geschützt. Ich entsinne mich noch eines grossen
Sanitätszuges, der direkt aus dem Innern Frankreichs her auf das lem-
Delhofer Feld bei Berlin geleitet wurde und den ich zu evacuiren hatte.
Den Verwundeten war die denkbar grösste Sorgfalt gewidmet worden,
und trotzdem hatte der mehrtägige Transport in den wunderbar praktisch
eingerichteten Waggons eine erhebliche Verschlechterung der Wunden
nicht hinzuhalten vermocht. Am besten befanden sich noch die leich¬
teren complicirten Schussfracturen der Unterschenkel und oberen Extre¬
mitäten, weil sie in einem frühzeitig und gut angelegten Gipsverbande mög¬
lichst unberührt geblieben waren. Trotz des Gestankes der Verbände
sah man unter ihnen nicht selten gut granulirende Wunden hervor¬
kommen, und wenn diese nach dem Uebergang in die bestmögliche Be¬
handlung dennoch zuweilen hospitalkrank wurden, so traf doch Jveine
ein Vorwurf, denn wir waren damals mit unserer neuen Wundbehandlung
für einen so grossen Krieg bei weitem noch nicht genügend reu. Wi
hatten das Unglück, dass die Antiseptik etwas zu spät oder der Erieg
zu früh kam. Lister war damals nur erst von einem Bruchtneu aer
Chirurgen verstanden worden und von einem Theile dieser auch nur miß ¬
verstanden. Man sah zu viel in der Carbolsäure und verfügte noch mcht
über zuverlässig sterilisirte Finger, Instrumente und Verbandstofle.
Die leichteren aus dem eben erwähnten Sanitätszuge stammen
und nicht von Contentiwerbänden umschlossenen Schusswunden sahen
dagegen unvergleichlich schlechter aus, sie waren grösstentheils im zu¬
stande der Jauchung, und viele Patienten zeigten hohes Fieber. W
waren diese täglich ein- bis zweimal sorgMtigst ausgespült und neu ver¬
bunden worden, aber ihr Zustand hatte sich zusehends verschlunme ,
den ärztlichen Dienst vertraten junge Candidaten der Medicin, wie mir
däuchte ohne eigentliche Führung eines erfahrenen Fachmannes,
dieser viel mehr leisten können? Ich glaube unter den bestehen en
hältnissen kaum. Ein grosser Theil der Wunden, ahnungslos im Wag
erst inficirt, hätte baldigst gespalten und regulirt werden müssen,
das lässt sich in einem Sanitätszuge nicht immer gut machen.
Freilich erzeugte das damalige Projectil grössere Ein- und Ausschuss
wunden, und ihre Känder waren auch wohl mehr, resp. ausgedehnte g
quetscht, als wir dies heute zu erwarten haben, und demgemäss au
leichter secundär inficirbar.
Meine oben erwähnte Arbeit hatte auf dem vorjährigen Chfrurgen-
congress das Schicksal eines überladenen Schiffes; ich hatte
zuviel der Vorschläge gemacht; es sank, doch weis:3 ic h no<\
liegt, und vielleicht ist auch noch etwas von der Ladung ,
Theile davon sind noch über dem Wasser sichtbar. Die Fluth
hinten, denn mein letzter Vorschlag sank zuerst und nss dann e
mit sich hinab. ,, TT , 7 tir
Die Heranziehung eines wenn auch geschulten Unterper _
Vemähung der Wunden schien Allen gefährlich. Man wollte se
den nicht die nöthige Geschicklichkeit und Reinlichkeit zutrau •
auch der zweite Vorschlag, etwas grössere Ausschusswunden, der
Schluss durch ein Pflasterstück unzuverlässig erscheinen kann, .
nähen, fand keine Aufnahme, und zwar aus demselben Grunde,
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1. März.
ersten Propositum, die kleinen Gewehrschusswunden mit Pflastern zu
gcUiessen die AWehnung bereitete. Nur v. Esmarch trat bedingungsweise
< 0r Pflasteranwendung ein; er wollte aber, um des abfliefsenden
Sektes wiUen, die Wunden erat mit emem aufsaugenden Verband-
Stückchen bedeckt haben und darüber dann das Pflaster legen
Die Discussion war nur kurz und wenig eingehend und wurde durch
einen Schiassantrag des Herrn Thiersch, der die Beibehaltung der
.offenen Wundbehandfong für den Krieg empfahl, zum Ende gebracht
Die Einzelheiten der Discussion können in den Verhandlungen der
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1892, p. 21 ff., nachgesehen worden
Aus allem, was gegen mich vorgebracht wurde, ging hervor dass
hervorragende Vertreter der deutschen Chirurgie an der Primiirinfcction
der bchusswunde, wenigstens für die Ueberzahl der Fälle, festhalten
demgemäss einen sofortigen hermetischen Verschluss als gefährlich von
der Hand weisen und in einem das Wundsecret aufsaugenden Verbände
das Heil sehen. Bewiesen ist zwar diese Anschauung durch nichts
denn unsere früheren Kriegserfahrungen sind für diese Frage gar nicht
zu verwerten. Wie konnte man wohl unterscheiden, ob die zahllos
mficirten Wunden schon m statu nascendi vergiftet waren oder erst
Stunden und Tage nachher? Wie wenig wusste man überhaupt von dem
W T ^W^dmfection! Man sah nicht selten aus eiternden Schuss-
wunden Bekleidungstetzen hervortreten und hielt nun diese für die allein
schuldig gewesenen Infectionstrüger. Dies einmal angenommen, schloss
man anscheinend^folgerichtig weiter, dass alle eiternden Schusswunden durch
mitgenssene Partikel oder Partikelchen primär inficirt waren, und wie sehr
musste sich diese Ansicht noch befestigen, als List er mit der Lehre von
den Luftkeimen auftrat, gegen die hunderttausende von Sprays in Be¬
wegung gesetzt wurden. Wenn ich nicht irre, befreite Trendelenburg
uns von dieser Qual, wofür wir Chirurgen ihm im Namen unserer Ge-
2'* T zu ...^ 08 f. em Da ? k verpflichtet sind. Dies Dogma von der so¬
fortigen Luftinfection spielte in der Entwicklungsgeschichte der Anti-
SjpLk und jeder glaubte daran, eine Hauptrolle; jetzt ist es zu einem
zuröckopfnh sc ^ ir !. im P^'* Auch die Antiseptik ist auf die Aseptik
jorflekgefahrt worden, und so sehen wir. wie grosse mit orthodoxer In¬
fi™ 3 * au !g en I ? r V I ?f e . Lehrmemungen nur zu bald auf den Index kommen
önnen. Vielleicht sind auch für die Lehre von der Primärinfection der
&r den ^ Züg lC ? lhrer Lebensdauer einige Befürchtungen gerecht¬
fertigt; das nöthige hohe Alter hat sie jedenfalls erreicht.
kJ**" ü , bri S® ns gn Unrecht, wenn ich behaupten wollte, dass man
Shpn g H 0Ch J * d i e Scb ^ ss r nde X ör primär inficirt hält; dagegen
EjjT.Jjt!'ü.^eiejohibekannte Erfahrungen aus den letzten ^eld-
aelber .. sa fJ? \ ur ' dass ™ jedem die Bekleidung
KGeschosse die Mikroben „sehr häufig“, und in „50% de?
tPm Anff nicht immer, mitgenommen werden. Das ist eine gemässig-
Se?te A ai!nh S «" g ’>, a f ber aU ? 1 Esse ^tiaUtät steht ein Beweis nicht zur
Eindruck? DUr * de , n , Wertb ei ner blossen Annahme, eines blossen
fachster ab ? r trotzde . m das Wesen der ersten Versorgung ein-
£! ie tlZr f ca 5 0mscb bestimmen «nd beherrschen und ver-
Endzweck Ü q ’i d J e mdessen ’ genauer betrachtet, nicht den höchsten
Halbheit ' ctl< ? n J vo ? a . ussen ^ verfolgt und in ihrer
nnd stets bpwafhtAn 1 ^* w ? rd s * e den Küniken bei liegenden
und wiederum n b f en - ^ ra ? ken Ms eine glückliche Combination der offenen
ThmJ ™“^ Ius,veaW nnd b ehandl u ngd a s beste leisten, im Felde aber
»mit def in d^fps man , wi rd<“ um mit v. Esmarch zu reden,
s«in die rnrnnrh«/^ 0 ^ vorhandenen Mullbinde schwerlich imstande
Transport verarhiekf « S ° A S1C !? ei \. 7 ' 11 be /estigen, dass sie sich nicht beim
düngen Mn Hai? b L q u dl ® emfa c hsten und leichtesten Verwun-
mit den Verhandnöok h ® cb ?^^ ern ’ Rumpfe, den Hüften etc. werden
noch s?Ä^ be ^ ausreichend versorgt werden können; man
oder verschieben Verbande werden sich alsbald abheben
wollten offenen WunriuH? I ^ 1 I 8srat,be . ne Gcclusion wird von einer nicht ge-
^ , allen ibren Fo] " m SeMgt sein,
fachen Gewehrschuß™,? mg n -i. cb ^ , d ? n sofor . ti g en Verschluss der ein-
fürchtet eine Serretvpri? 1 !* 611 mifc j kleinem Ein- und Ausschuss? Er
häufig“ einer Sn W ?’ U ? d warum diese? weü das Secret „sehr
bekannten diffusen PM^ Unde e ?^?^ ammen ’ und ’ fMls zurückgehalten, zur
bin hat Köni«? vnllkA legm0I1 D fbkren würde. Auf seine Voraussetzung
ihm hieiS R ? Cht ’ und - ich wäre wohl der letzte, der
diese Voraussetzung ffe^a a beiSt r? m ?‘ ^Y ie wir 8päter sehen werden, ist
“*8 indessen eimmd f?™ 8 ? DU £ f 5 r Ausnahmsfölle zutreffend. Wir wollen
fache ScrusUn^ a rOhe lrCh kleinkalib "> Gewehr gesetzte ein-
Partikel hinein^erissen 111 welche die Kugel inficirende
^nge haben die de« b A ätte ' v Die El . DScbu sswunde wird circa 4 mm
durch vielfache Versuch i SS !r USSes ^ circa 10 mra - Maasszahlen, welche
stellt sind. Auch eine am bäu figsten zu beobachtenden festge-
Eatient kommt ziemlieh c U £ Cb n Cbung - des Humerus mag vorliegen. Der
beiden mit den Mullenm BCbne z , u j> einem Verbande; die Schussöffnungon
hebst gut und festsit™«/? 1 * 6886 ! 1 bede $ k b und darüber die Mullbinde mög¬
end, und wir freuen nn« aDge 6gfc ' ^i 88611 ’ der Schuss wirkte infi-
der im übrigen nicht oder H?® eres Werkes, denn der Secretabzug aus
^fang und Fortran p- neh mcbt ® ebr blutenden Wunde kann nun seinen
jerden. - Können wir aWw* 1 ^ dad ^ ch die Wunde wieder desinficirt
wir es für n,2 letzteres un Ernste wirklich hoffen wollen ? Wohl
offene Wunde, der vöüiß q &SS f 1 ?« mit lofectionsstoffen verimpfte weit
accidentellen Wundkrankh ö ^ eCreta ^ fluss ^ ew ährt ist, von einer schwereren
aöndung, auch eine bleibt ’ ab «r ^ gewöhnliche Ent-
orepart bleiben. Diese w a te - e Wundkrankheit, dürfte ihr wohl schwerlich
ann nur das Secret"immer Ja uaverme i d Hoh wohl noch zu ertragen,
S® 1 dem von uns vora^e«et g f g ^1 abfliessen könn be- Wird dies aber
J 01 ; p nedenspraxi8 iJt^ ös ® tzt « 11 FaHe genügend gewährleistet sein? In
"eiterungsschnitte Snd Pin?,S! g8tens - 111 8olcben ™en nicht ohne Er-
Emfübr ung einer Drainage zu machen. Wir
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
211
dass man sich fast scheuen muss, sie hier zu erwähnen Wie «fßl, 1 ^ nge,
d6n Abflussverbältn issen unserer Schusswunde? Ein- undAn?
znn5eW n d Ung, i VOn mir weni gf a Millimetern idealem Durchmesser werden
zunächst durch geronnenes Blut und Serum ausfrefüllt nnH viu !
ihr Ve^hluss wird noch durch die SchweTlung d
räuder bald vervollständigt werden. Wie gern würden ^dr bei feem
Bilde verweilen, wenn es sieb um eine aseptische Wunde handelte und
wdt d “chlltzM kn r nnt l M| dll A C h 0men h l ermetis . cI ‘“ Abschluss vor derAussen-
Kör,;» pl- Ab es kann mcht sein < "' ir setzen ja mit
Pflaster noch durch die Naht geschlossen worden, und zudem liegt ein
aufsaugender Verband darüber! Man sollte es beinahe glauben aber
vi/f “ cht 80 ? die Wundöffnungen sind, wenn auch nicht’durch
Menschenhand, doch so gut wie geschlossen, und das kärgliche Mullcom-
Frtf? 6 ?, tan - n Sei T° capill . ar l e Wirkung so gut wie gar Glicht entfalten.
vn?«fpt b e / mg / n 7 Ta ? ( i? ,f ebt es etwas Luft ’ denn der im Wundinnem
Zer , fi i de J ge / onae J nen Secretmassen löst endlich auch
die orgamscheu V erschlusspfröpfe, und nun können die mittlerweile jauchig
r- de i n T en ^ ulldflü8Slgkeiten austreten. Aber leider nicht viel anders
als die Unnmengen bei der paradoxen Isehurie. Auch diese Verhältnisse
liegen so klar vor, dass man sich scheuen muss, sie hier derartig zu zer¬
gliedern, und doch muss es geschehen, um dem Leser die Verworrenheit
der Vorstellung von einer „offenen“ Behandlung der inficirtenSchuss-
Z i e rJ£n S i A fTi ZU fübre ^ M^rweile hat sich Fieber eingestellt.
d "^ ra 1 nke , bat Schmerzen und wird elend, sein Zustand wird erkannt,
der Verband heruntergenommen — die Entfernung von Pflaster oder Nabt
ginge, nebenboi gesagt, nicht minder schnell von statten — und die be¬
kannte Spaltung und Drainage der Wunde tritt zum Heil des Patienten
m ihre Rechte. Leider sind auch einer oder mehrere Knochensplitter
osteomyelitisch oder schon nekrotisch geworden und halten vorläufig noch
d 10 V“ n dhe llu ng auf. Venn die Schusswunden, wie König "meint,
„sehr häufig pnmär inficirt sind, ist allerdings der von uns geschilderte
Verlauf in keinerlei Weise aufzuhalten, aber es frägt sich doch, welche
positiven Verdienste denn die „offene Wundbehandlung“, an der auch
ihiersch festzuhalten räth, hierbei aufzuweisen hat. Dass etwa der erste
verband sich allmählich und sichtlich mit stinkendem Secret tränkt? Das
würde bei der Ueberfülle der Arbeit, und wenn sich der Patient sonst
wohl befindet, wohl kaum zur schleunigsten Umschau nach der Wunde
drängen, wohl aber würde ein mit Schmerzen und Fieber verknüpftes
üebelbennaen des Patienten zur schleunigen Abnahme des Verbandes
drängen, sei er nun mit Secret durchsetzt oder nicht. Eine solche Nötlii-
gung würden wir bei jedem Verbande empfinden, sei er nun occlusiv oder
nur ein Deckverband, und es kommt in dieser Beziehung wirklich alles
auf ems heraus. Immerhin würde ich, wenn König mit der Annahme
einer sehr häufigen“ primären Infection Recht hatte, nur die Wund¬
bedeckung wählen, welche sich im Felde als die praktischste, d. h. am
leichtesten und schnellsten herzustellende erwiese, und mich von Wund-
behandlungstheorieen überhaupt gar nicht leiten lassen, denn der Patient,
dessen VV unde ich auf dem Schlachtfelde doch nicht prophylaktisch spalten
und desinficiren kann, ist seinem Schicksale vom ersten Augenblicke
seiner Verwundung an so w r ie so verfallen und kann erst in den rück¬
wärtigen grossen Lazarethen die wahre chirurgische Behandlung finden.
Somit gewährt die auf dem Chirurgencongress von 1892 zum Aus¬
druck gekommene allgemeine Befürchtung, dass der bei weitem grösste Theil
der Schusswunden als primär inficirt anzusehen ist, ein recht trübes Bild
und könnte alle Bemühungen, der grossen Masse von Verwendeten, die
die Leichtverwundeten nun einmal darstellen, zu einer schnelleren und
ungestörteren Heilung in ihrem und der Armee Interesse zu verhelfen,
Ms gegenstandslos erscheinen lassen, und dem entsprach auch dio Auf¬
nahme meiner Vorschläge.
Aber liegt die Sache denn wirklich so trostlos, und müssen wdr wirklich
entsagend die Hände in den Schooss legen? Ist die öffentliche Meinung
der Chirurgen wirklich so zur Resignation geneigt, oder widerstrebt der
Instinct noch einer zu pessimistischen Auffassung der Sachlage? Ganz
und gar hat man sich dem Pessimismus doch nicht ergeben wollen. W'ie
wären sonst die von unseren ersten Chirurgen angeregten Bestrebungen,
den ersten Verband mit grossen Kosten antiseptisch zu machen, zu ver¬
stehen? Wozu sollte das Sublimat in den Mullstoffen dienen? Um das
aus der Wunde stammende inficirte Secret zu desinficiren, das hätte wohl
kaum einen Sinn gehabt, oder vielmehr zu verhindern, dass sich von
aussen an den Verband heran tretende infectiöse Keime in einem an sich
aseptischen und obendrein sublimatisirten Wundsecret nicht weiter ent¬
wickeln und somit auch die Wunde nicht mehr bedrohen? Letzterer
Gesichtspunkt war wohl der entschieden leitende, und er wiederum musste
die Voraussetzung hegen, dass noch viele Wunden primär aseptisch seien
und vor der Secundärinfection zu schützen seien. Der angegebene Haupt¬
zweck, für den Verband nur sterilisirtes Material zur Verfügung zu
stellen, rechtfertigt allein schon den ganzen Aufwand, aber er kann nicht
der stillen Voraussetzung entbehren, dass durch einen nicht sterilisirten
Verband an der Wundo noch etwas zu verderben ist, und dass die also
noch jungfräuliche Wunde keiner Bekeimung ausgosetzt worden darf. In¬
wieweit der vorgesehene Verband diesen Bestrebungen in Wahrheit zu
entsprochen vermag, will ich hier nicht untersuchen, sondorn nur darauf
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DEUTSCHE MEDICINISC HE WOCHENSCHRIFT ^
No. 9
212 -
efgenen Erfahrungen und hat den Vorzug, dass es nirgends im Dienste
dor von mir vertretenen Tendenz gestanden hat. .
Als erste deutlichere Wirkung einer Wundinfection dürfen wir das An-
^t^ifren der Temperatur, also die Ausbildung des Wundfiebers betrachten, des-
ienifen Fiebers? welches in der vorantiseptischen. Zeit fast.regelmässig als
Folie der Verletzungen beobachtet wurde. Da wir es jetzt nur^ausnahms-
weise auftreten sehen, müssen wir das vormals so wohlbekannte Wundfieber
einer iedesmaligen Infection zuschreiben, und in dieser Beziehung konnte
ein Unterschied zwischen Friedens- und Schusswunden nicht bestehen.
Sowie der inficirende Keim versät war, musste der Organismus den uns
ietlt ^läufigen Regeln der Bacteriologie zufolge meiner gewissen Zeit
darauf mit dem Beginn des Wundfiebers reagiren, und m dieser Beziehung
konnte ebenfalls em Unterschied zwischen Friedens- und Schusswunde
nicht bestehen. Ich erinnere bezüglich dieser Gleichartigkeit an die
Trendelenburg auf dem vorjährigen Chirurgencongress ausgesprochenen
Sätze: „Die Chirurgie ist doch immer dieselbe, die Fnedenschirurgio wie
die Kriegschirurgie: die Kriegschirurgie ist bloss im wesentlichen die
Chirurgie der cSnplicirten Fracturen unter erschwerenden äusseren Um¬
ständen“ Sätze, die ich vollständig unterschreibe. Doch nun zurück zu
unserem’Fieber. OttoWeber sagt in seiner bekannten allgemeinen
Chirurgie p. 599 folgendes: „Wenn eine erhebliche. Verwundung den
Körpel 1 trifft, so tritt gewöhnlich, besonders wenn sie mit Blutverlust
verbunden ist, in den ersten Stunden ein Collapsus ein. Früher oder
später, meist aber nach Ablauf der ersten 24 Stunden stellt sich eine
entgegengesetzte Störung des Allgemeinbefindens ein; es
lieber. Gussenbauer betont in seinem Werte: Sephthäme, Pyokamie
und Pyosephthämie, Billroth und Lücke, Lief. 4., dass das e J nfac ko
septische Wundfieber offene Continuitätstrennungen meist vom ersten bis
zum vierten Tage nach der Verletzung begleitet und dann mit dem Ein¬
tritt einer reichlichen Eiterabsonderung schwmdet. In diesen Fällen pflegt
an den Wunden eine mit massiger Anschwellung und leichter, aut die
nächste Umgebung der Wunde beschränkter Röthung emhergehende Ent¬
zündung einzutreten, welche ätiologisch auf athmo sphärische Infection
zurückzuführen ist.“ Wie steht es nun mit dem Wundfieber bei Schuss¬
verletzungen, gemäss den Erfahrungen der neueren Zeit, in der die Wunden
ohne vorheriges Sondiren und Kugelsuchen einfach .verbunden wurden?
Fischer sagt in seinem Handbuch der Kriegschirurgie darüber folgendes:
Das Wundfieber tritt bei Schusswunden meist spät, am 4.-6. läge,
selten schon in den ersten 24-36 Stunden nach der Verwundung ein
und endet bei Eintritt lebhafterer Eiterung am 7.—9. Tage. Diese An¬
gaben stehen in auffälligem Gegensätze zu denen anderer knegschirur-
gischer Autoren, wie Stromeyer, Longmore u. a., welche bezüglich
des zeitlichen Eintritts von Wundfieber bei Schusswunden und dem des
gewöhnlichen friedenschirurgischen keinen Unterschied machen. Es ist
natürlich zu bemerken, dass der hier figurirende Begriff des Wundfiebers
heute nur wenig mehr als zu recht bestehend empfunden wird, da wir jetzt
die früher unvermeidliche typische Wundinfection und demgemäss, auch
das reguläre Wundfieber kaum mehr kennen; es sei denn, dass wir das
sogenannte „aseptische“ Fieber als eine noch nicht überwundene letzte
Andeutung desselben zu betrachten hätten. Wenn nun das Wundfieber
nach Schussverletzungen einige Tage später auftrat, als das typisch m der
Friedenschirurgie beobachtete, so liegt der Schluss nahe, dass auch die
Schusswunde also nicht primär, sondern wohl entsprechend später, aber
erst an den nächsten Tagen wahrscheinlich durch Menschenhand oder
längere Lufteinwirkung secundär inficirt wurde. Ich erlaubte mir, Herrn
Fischer persönlich über seine auffällige Angabe zu interpelliren, und er
hatte die Güte, mir zu versichern, dass er diese Angabe speciell auf
Grund seiner nach der Schlacht von Spichem gemachten Beobachtungen
formulirt habe.
Es kann ja wohl sein, dass die Fischer sehe Erfahrung noch kerne
durchschlagende ist, es wäre andererseits aber auch möglich, dass die gleich¬
zeitigen anders berichtenden Autoren diesem Punkte keine specielle Auf¬
merksamkeit gewidmet hätten; mir lag es nur daran, den auffallenden
Unterschied in den Angaben hervorzuheben, ohne ihn schon als stärkere
Beweisstütze für die von mir vertretene Anschauung betrachten zu
wollen. _ (Fortsetzung folgt.)
Stand der Cholera.
Im französischen Departement Finist&re wurden nach den Ver¬
öffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes vom 22. bis 29. Januar
4 Choleratodesfälle festgestellt, davon 2 in Concarneau, je 1 in Brest
und Pouldergat.
Der erste Cholerafall in Namur wurde nach der Lancet bereits am
10. December beobachtet; von da ab bis zum 25. Januar kamen 41 Er¬
krankungen, 23 Todesfälle in der Stadt zur Anzeige. In dem benach¬
barten Flawinne wurden 7 (3), in Auvelais 15 bis 16 (8), in mehreren
anderen Ortschaften 18 (13) Cholerafälle festgestellt. In Saint Trond
waren, anscheinend bis zum 25. Januar, nach der Lancet 15 Cholera¬
todesfälle vorgekommen. Neuere Nachrichten aus Belgien fehlen.
In Konstantinopel hatte im Januar die Seuche abgenommen Tn
der zweiten Jahreswoche waren daselbst 54 Erkrankungen, 40 Sterbefälle,
. , nr 1 . _ iR 99 Tamiar 20 (19) Fälle festgestellt worden,
!?,!l?2M18) bezw 6 'l9 (13?' in Stambul. Ende Januar erschien die
ChoC sLr^nahezTerloschen; nach neueren Nachrichten sind jedoch m
Cholera sogar nane wieder Choleraerkrankungen in täglich sich
fte?g radeV ZaS L™a“orfen Am 21. Januar kam^ ein Todesfall
obacS.T Trapezunt betrag die Zah der
dcr'Beya^kerungT'dic^ah^der^Todes'f&lle aSS. ^ 0e f ter ^ Sani ‘ i “ te d " e | e a n h ) 1
s irr»” ar äää«
47° W“ polis wurd6 der letzte Cholerafall am 27. December beoh-
i. + -pt-_ Qpuchfl blieb nach wie vor auf das Militär beschränkt. Im
ganzen erkrankten (starben) 210 (80) Mann. (Oesterreichisches Sanitäts-
In Persien sollen in der zweiten Januarwoche Cholerasterbefälle nicht
me ^ülber Russland entnehmen wir den Veröffentlichungen des Kaiser¬
lichen Gesundheitsamtes nachstehende. Daten. Es -
in der Stadt Petersburg vom 18. bis 24. Januar 45 (23), vom 25 bis
31 Januar 32 (19), in den Gubermen Petersburg vom 7. bis 13. Januar
19 (9) vom 14. bis 20. Januar 29 (12), Lublin vom 31 December bis
« lan j.Q ( 90 \ Plock vom 7. bis 13. Januar 6 (4), vom 14. bis
20. lanuur 5(l)?Kowno desgl. 12 (12)bezw. 10 JanÄM’
bezw 2(2). Tschernigow vom 31. December bis 6. Januar 19 (10),
vom 7 bis 13, Januar 6 (1), Eriwan vom 31. December bis 6. Januar
11 (4), Podolien desgl. 7 (4), Wolhynien vom 4. bis 6 .Januar4 3,
Warschau vom 7. bis 13. Januar 1 (0). vom 14. bis 20. Januar 11 (5),
Radom vom 7. bis 13. Januar 50 (9), Woronesch vom 30. Decembei
bis 13. Januar 15 (6), Stawropol vom 30. December bis 6. Januar 10 (2)
Personen. Einige neuere amtliche Angaben bringt das Oesterreichische
Sanitätswesen: Stadt Petersburg vom 25 Januar bis 8. Februar 5 6 (36).
Gubernien Petersburg vom 14. bis 31. Januar 72 (26). Eriwan vom
7. bis 13. Januar 16 (5), Koarno 14. bis 27. Januar 31 Kadom
7. bis 27. Januar 67 (11) Erkrankungen (Todesfälle). Sperling.
XLIl. Standesangelegenheiten.
Replik in Sachen der Nengestaltnng der medicinischen
Prüfungen.
Mein Artikel in No. 7 dieser Wochenschrift hat seitens des eineni Herrn
Redacteurs einen kritischen Nachtrag erhalten, der zu Missverständnissen
Anlass giebt. Ich möchte solchen alsbald Vorbeugen; denn, wollte ich
die weitere Erörterung verschieben, bis die im Cultusmin^tenuma g
arbeiteten „Grandzüge“ „in authentischer Form der 0effentll ^" (! ' t
liegen“, so könnte das leicht bis zum St. Nimmermehrstage whton.
8 Einstweilen bitte ich also, mir auch ohne Belage zu glauboi, dass
die Heranziehung „autorisirter Krankenanstalten für die A “ sbll ‘ iu "S d .
Mediciner vor dem Staatsexamen nicht meine Idee ist, sondern eben
jenen „Grundzügen“ vorgeschlagen wird. Ich habe nur die
ausgesprochen, dass man die Studirenden in solchen Anstalten mcht e>
nur als „Unterassistenten“ anstellen dürfe — wie es geplant ist ,
wirklich klinisch unterrichten müsse, ^ter dieser Bedingung schem
mir - angesichts der Ueberfüllung der klinischen Hörsäle - die Absicnt
der Regierung durchaus plausibel, und ich halte es nicht f .
Sache, ihr die, im letzten Grunde doch nur ökonomischen. Schwierig
keiten vorzurücken. Das wird Herr Miquel schon besorgen! ■
Dass ich die pathologische Anatomie zumGegenstände der „v
prttfung“ machen wolle, ist doch insofern kaum richtig, als 1
vorgeschlagene wissenschaftliche Prüfung am Schlüsse des^ akademischen
Trienniums mit der bisherigen Vorprüfung gar nichts mehr gemein ^
Und wenn nun Herr Eulenburg mit Nachdruck erklärt; „die pathologiscb
Anatomie gehört zur Klinik und die Klinik zur pathologischen^ Anatomie^
so muss ich doch auch unsere Leser inständig bitten, mch _
glauben, dass ich einer solchen Ansicht irgendwo entg
Habe ich nicht sogar ausdrücklich gesagt, es wurde die „«nabwe Stare
Notwendigkeit“ eintreten, an den zum klimschen Untemc> j n
Krankenhäusern auch einen pathologischen Anatomen f“ 2 “® . . be _
der That, zwischen Herrn Eulenburg's Meinung und der “eing __
steht nur der Unterschied - und ihn will ich gern betagt sehen
dass ich wünsche, der Mediciner soUe für seine klinischen Studien berei
grttndUche Vorkenntnisse in der pathologischen Anatomie
wogegen Herr Eulenborg fürchtet, jener würde in solche “”„ en
den aus der pathologischen Anatomie hertibergenommenen °
allzusehr imbuirt“ an die klinische Beobachtung.herantreten.
Sehr auffällig ist es mir, dass Herr Eulenburg mir g J it me hr
zu müssen glaubt, dass es bei der ärztlichen Ausbildung do » uu( f
auf scharfe Beobachtung, auf rasches, sicheres Erfassen, D' ,
Combiniren“, als auf eine „gleichmässig abgerundete „medic Ansicht
meinbildung“ ankomme. Ich dächte doch wahrhaftig, gera e y ,j er
hätte ich selbst in meinem Artikel aufs schärfst«».verfochten! Von
Prüfung, die sich auf die „medicinische Allgemeinbildung
verlange ich in meinen Vorschlägen doch gerade, sie so
besonders wichtigen und möglichst unanfechtbarem Ina g e .
schränken. Ist denn in der bisherigen Vorprüfung. etwa © j a
sp.hrttnknmr frm'iht, wordßn? Und andererseits: bietet sie
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
1. März.
DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ihrer jetzigen mündlichen Form, die Herr Eulenburg vertheidigt über¬
haupt Gelegenheit, festzustellen, ob der Candidat in „scharfer Beobachtung
raschem Erfassen, Durchdenken und Combiniren“ ausgebildet ist? Wer
diese Frage bejahen wollte, der triebe die Ironie weit über das richtige
Maass. Worauf könnte denn in dieser Prüfung die Beobachtung das
Auffassungsvermögen Und die Combinationsgabe gerichtet werden’, als
etwa auf das Mienenspiel des Examinators und die Zuflüsterungen der
Corona? da doch niemals — oder in den allerseltensten Ausnahmen _
dem C'andidaten überhaupt irgend welches Beobachtungsmaterial vorgelegt
wird! Das soll nun gerade nach meinen Vorschlägen künftig geschehen-
und wenn ich dem Candidaten für die Beobachtung, das Durchdenken und
Combiniren sechs Tage vergönnt sehen möchte, also auf die „Fixigkeit“
wie Onkel Bräsig sagt, verzichte, so geschieht es nicht, weil ich diese
unterschätze, sondern, weil ich glaube, dass die Gründlichkeit zuvörderst
noth timt, die „Fixigkeit“ aber eine Frucht langer Uebung ist und auch
' nrä r R. Kossmann.
(Ich darf annehmen, dass die Leser der Wochenschrift nunmehr über
die Anschauungen des Herrn Prof. Kossmann wohl genügend informirt
smd, um sich selbst ein Urtheil zu bilden, und verzichte deshalb auf eine
Entgegnnng. A. E.)
„. ~ J 1 ä er Sitzung des Geschärtsaussclmsses der Berliner ärzt-
Hriien Stmidesverei ne am 23. Febr. kam, angeregt durch einen conereten
MI die Frage zur vorläufigen Erörterung, ob es möglich sei, solchen
Aerzten, die zwar durch gerichtliches Urtheil als geisteskrank erklärt sind,
die sich aber wegen Mangels der Gemeingefährlichkeit auf freiem Fusse
befinden, die Erlaubnis zur Praxis zu entziehen. Es wird wohl nöthig
Saftigen 88 S1Ch die Aerztekammern eimnal dieser Angelegenheit
Da die Ansichten, welche der Verein der Vertrauensärzte der
Berufsgenossenschaften in Bezug auf das Verhältnis zu den
ttbrigen Aerzten ausgesprochen hat, zum grossen Theil nicht mit den
, peschäftsausschusses übereinstimmen, wurde eine Commission
A ,e bet i r l effe P r < 3en Punkte mit einer Commission der Ver-
n b ? h i™w ■ vo !!f" hoffen ’ dass diese Verhandlungen
zu einem alle Theile befriedigenden Ergebnisse führen.
Debatt V*tspann sich über das Verhältniss der j
w ül k Sk ‘ a J 8 -I? 211 den Aerzten (cf. die Notiz in No. 7, p. 167,
rW°^ enSC ? nt) -. Erstere zählen 20000 —25000 Mitglieder und
lbrer bi shengen Aerzte 150 Mitglieder. Die Htllfskassen gehen
SLn \ dl T ü Y erem zu s P^ngen und durch Contractabschlüsse mit
diese unter ihre Botmässigkeit zu bringen. Nachdem
L; StÄn dcsveremen sowie im Vorstande des Vereins der
S i e11 ^ £ e g en dieses Vorgehen der Kassen
li I)er fi«eÄ n lst I Dahm der Geschäftsaussehuss folgende Anträge an:
u ac ,j tet den von dem Vorstande der Viremi-
^eleS v£.^ hne , bei i er ^Kskassen einzelnen Aerzten zur Unterschrift
and eiwartfif a j 5 . d ?J-}Y^ r ? e des ärztlichen Standes zu widerlaufend
unter «mo!. ^ m®* v 6 . Mlt ^ beder der Standesvercine die Unterschrift
Ss Mit ?! \ eTtTUg ve ]7 vei e ern werden. 2) Der Geschäftsaus-
freieu eintrLM,« den unwürdigen Anerbietungen des Vorstandes der
HoSbs^fl^ 6be IJ en H Vj fska sfn für geboten, dass der Vorstand der
abbricht und mnvft weitere Verhandlung mit den freien Hülfskassen
das Svi P r \ d,e . Erwartun S au< b dass in den freien Htllfskassen
Laheit i re V en Al ’ztwahl eingeführt werde. - Die Ge-
wir möchten ^ ? durchzusetzen, ist augenblicklich recht günstig, und
befindlichen ■ auci \ ai L die »«"erhalb der Standesvereine
Mlgemeinheit alf’fii d " D gende Ersuchen richten, im Interesse der
den die letyfArtm 6 ' 6 uVerhandeln mit den Kassen zu vei-zichten. Fin-
Aereten, die sieh We W1 f ® s . anne h men * die nöthige Anzahl von
^bliesslich dorb w lkü j n scll uhriegeln lassen wollen, so wird ihnen
freigSdten^ übri * bIeiben ’ als mit dem Verein der
‘«an es nächsten ml/n m Unterhandlung zu treten, dessen Vorstande
die Interessent 7? 1 dass , er es bisher trefflich verstanden hat, sowohl
für das Gedeihen wahraunek ®en, als auch, soweit er es vermag,
sorgen. die femere Lebensfähigkeit der Kassen selbst zu
Schusses "und 1 der y ei ^ enb li c hung der "Verhandlungen des Geschäftsaus-
in einem dem emi& te man sich dahin, dass dieselben
sohehen solle und Jf ausscku . sse zur Verfügung stehenden Organe ge-
dieser Angeleienbmf eine Commission zur weiteren Betreibung
des AerztevereinsblatiA« sc .?d le sslich zu ständigen Correspondenten
| Alexa^rS r 8 !?^ Eerlmer Ärztliche -Verhältnisse die Herren
Atzung m 121/4 Uhr geschk)sse h n er em&ant wordcn waren ’ wurd ® die
frage J, m ® d ^® ilia,Äll8selM18S ist vor kurzem die
ta streitigen UnfallvJ2!iä er CoUe ^® n Mr Erstattung von Gutachten
Ergebniss war die Ann m T" °f 8 . 8 * 0 * 1 ,® 11 zur Verhandlung gelangt. Das
Dr - Aub und MedicinalJfk n 61 * f? gen d en - von den Hen-en Medicinalrath
scheint wünschtswS rkel /orgeschlagenen Thesen: 1) Es
um den Berufseenos^ncÄ’ f f rztll( ; he Sachverständigencollegien zu bilden,
pnicherunggamte^rTS 1 ^ - den Schied sgerichten und dem Landes-
besonders zweifelhaften F« l if bkeit - zu geben? dieselben in wichtigen und
f oil Jedoch erst mSh usJsi 6 ! emz «yernehmen. Ein solches Verfahren
leitet werden. 2) F« ^ er äderen Erhebungsmittel einge-
einzelnen Aer 7 fpir 0 Pfieblt Slc ^' soIcEe Collegien innerhalb der Bezirke
^rnngsbezirken zn beziehungsweise in den einzelnen Re-
nnndestens ein Colleim»!? 1 *- en ’ A so dass m Jedem Regierungsbezirke
f n er R egel mit drd E; ö H mgesetzt L ^ 3) Jedes Collegium wäre in
Banner 2u beitiSJfSj de f n ? u be f etzen , fQr welche auch drei Ersatz-
• ln besonders gelegenen Fällen würde ausser-
213
ÄSrlÄ
@§|Sp^
bethfttigen haben, dass jede Aerztekammer für ihren Bezirk .i! i* m
sara sä“; ss a
legten Personalvorschläge die ihr die Besetznng der Sgi™ 'nofh'
wendige Auswahl treffen. (Münch, med. Wochenschrift,) K n0tl “
XIV. Therapeutische Mittheilungen.
Aseptische Halsspiegel.
Von Sanitätsrath Dr. C. Hop 111 ann in Köln.
„ S , eit , Mltte n, 892 gebrauche ich zur Untersuchung der Halsonrano
Spiegel, deren Glas aus der Fassung des Halters ohno weitere Mühe
herausgenommen werden kann, so das! Glas und Hafter jeJes fUi sich
naeh jedesmaligem Gebrauch m chirui-gischem Sinne sich reinigen, d h
aseptisch machen lassen. V on verschiedenen Constructionen g die nach
i?h m aaa, f he 'S 1 ?™’ hat sich besonders eine bewährt, dt
Sdt dea ersten Monaten dÄros
1893 fast ausschliesslich bei mir Anwendung gefunden, weiteren Kreisen
SÄ kaM " De ^ elbe ist tibri ^ n8 “ der Augustnummer 6 des unter
w:o R T d ?tl ° n i V?n £ r -, B( ? te J erscheinenden Archivos Intern, d. Rhino-
logia, Lanngologia. Otologia schon kurz beschrieben worden. 1 )
flie p R l a T tllCb f haben , r e .? och J. efczt T gebräuchlichen Kehlkopfspiegel
1 r , 1111 ,e ^ a hrt, welche ihnen die Väter der Laryngoskopie, Türck
^L Czer ? ak ’ gegeben hatten. In einer runden oder eckigrunden Metall¬
hülse, an deren Hmterflächo der Stiel stumpfwinkelig an^olöthet ist ist
de"? Hülfe 6 ü S bM a r, da<iUrCh **> V S der hberstohende Rand
T d T as ®. las ““gekrämp, und möglichst dicht an dieses
JJffp,™’. Um allzu rasches Uobergreifen der Hitzo vom Metall
auf das Glas, beim Erwärmen des Spiegels, zu vermeiden, pflegt man
zwischen Metall und Glas eine Lago Fliesspapier zu legen, welches auch
^s a plZ d ri ngend ^ Elüssl S keite ? aufsaugt. Vor dem lindringen solcher
Ininfi? Und Fftssu ?^ schützt , selbst sorgfältigste Anfertigung des
Spiels m ckt gaaza 'V ei1 die Capillaranziehung durch noch so genaues
" dar • Metallhtfise nicht aufgehoben wird. Die meisten'"Spiegel
J ® do , ch ’ die ™ den Handel kommen, haben mangelhafte Fassungen,
° { l an t fnSCh i geigten, wenn auch gut abgetrockneten
Spiegeln beim ^Erwärmen kleine Wassertröpfchen aus der Fassung vor-
treten neht Die Fassung muss demnach als besonders geeignet zur
Aufnahme infectiöser Stoffe angesehen werden. Da nun diese Stoffe nur
bei Preisgebung des Spiegelbelags durch Auskochen oder Antiseptica
vernichtet werden können, so giebt es heutzutage kaum ein Instrument,
welches den berechtigten Anforderungen der Asepsis weniger genügte,
als der gebräuchliche Halsspiegel. Die grosse Umwälzung, welche fast
das gesammte chirurgische Instrumentarium in den letzten zwanzig Jahren
erfahren hat, scheint bei ihm nichts haben ausrichten zu können. Zwar
wurde das Bedürfnis, hier Wandel zu schaffen, anerkannt, doch glaubte
man emen genügenden Ausweg durch den Vorschlag zu finden, jedem
ranenten seinen eigenen Spiegel zu geben. Um dieses besser und billigrer
zu bewerkstelligen, liessen Harke 3 ) und später Winkler 3 ) und Avellis 4 )
Spiegel unfertigen, welche vom oberen Ende des Griffes abnehmbar sind,
und yeranlassten ihre Kranken zur Anschaffung solcher Spiegel. Diese
selbst haben die herkömmliche Fassung und können also im chirurgischen
Sinne nicht sterilisirt werden. Ohne nun die Möglichkeit einer ReYn-
fection des Kranken durch seinen eigenen Spiegel in Anschlag bringen
zu wollen, kann doch ein gebrauchter Spiegel durch Unachtsamkeit oder
Ligennutz später bei anderen Kranken wieder Anwendung finden. In der
poliklinischen Praxis ist es aber überhaupt undurchführbar, jeden Kranken
zur Anschaffung eines besonderen Spiegels zu bestimmen oder solche
aHf anderer Kosten für die Kranken zu beschallen. Um die Gefahr der
Uebertragbarkeit von Krankheiten durch den Kehlkopfspiegel auszu-
schliessen, sind demnach die genannten Vorschläge nicht ausreichend,
vielmehr muss der Spiegel selbst nach jedem Gebrauch aseptisch gemacht
werden können. Dieses lässt sich aber nur dadurch erreichen,
dass das nackte Spiegelglas aus der Fassung ebenso bequem
zu entfernen, als wieder in dieselbe cinzufügen ist.
Dieser Aufgabe entsprechen am besten Halter mit federnder Fassung.
Der erste Halter, den ich construiren liess, hatte als Glasfassung
in Stück Uhrfeder von etwa 3 /* des Spiegelumfangs. Die Feder wurde
n ihrer Mitte mit dem Ende eines Stiels verlöthet, welcher an dieser
Stelle eine Vertiefung zur Aufnahmo des Glases hatte; zwei weitere
Stützpunkte für letzteres wurden durch Umbiegung der Feder an ihren
x ) Infolge Aufforderung zur Betheiligung an der laryngologischen Ab¬
theilung der deutschen UnterrichtsausstellOng in Chicago seitens des Herrn
Prof. B. Fränkel sandte ich zwei Constructionen aseptischer Halsfcpiegel
nebst anderen Ausstellungsobjecten (unter anderem eine kleine Sammlung von
Gipsabdrücken asymmetrischer beziehungsweise verengter Chonnen Leben¬
der) an das Berliner Comite. welches die Gegenstände der Collecfcivaus-
stellung einverleibte. Der hier beschriebene Spiegel war demnach seit dem
1. Mai 1893 in Chicago ausgestellt.
*) Deutsche med. Wochenschr. 1891, p. 478.
*) Therap. Monatsh. November 1892.
4 ) Archiv f. Laryngol. 1893, I.
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Gck igle
Original fram
UNIVERSETY OF MICHIGAN
214 _____ _ _
sarsr- £: £ 2 ».
qsre sra'fiÄ s.
ausserdem gut reinigen Hess. Solche Spiegel Wütete ich
etwa 3 U Jahr hindurch und fand, dass aut die Länge dei
Zeit der Belag vom Rande aus schadhaft wurde, dass also
die Verkittung in aseptischer Hinsicht nicht empfehlens-
werth war. Da auch die Feder seihst nur schwierig in v -
kommener Güte hergestellt werden konnte, so ersetzte ich
diese Construction durch folgende: .
Das Ende des Stieles selbst, der m omem Griff von
Aluminium fest Verschraubt ist, wird (etwa ^veidnttel dei
Grösse des gewünschten Spiegelumf^ges en sprechend) zu
einem seitlich offenen Ringe umgebogen und dieser ^ sei^
Innenseite ausgefurcht, so dass eine Rmne zur Aufnahnm
des Spiegels entsteht. In diese lässt sich das an der Be
legseite verkupferte und mit einem dünnen Firmss uber-
zogene Glas ohne Mühe ein- und. ausfedern, indem.man es
von hinten her in den Halbring emklemmt. Um das Glas
beim Einsetzen nicht zu trüben, klemmt man seinen Rand
zwischen Mittelfinger imd Daumen linker Hand und federt
den mit der rechten Hand gefassten Halter vom freien Ende
des Halbrings an beginnend, über. Nach dem Gebrauch
hebt man das Glas nach hinten heraus, indem man seine
Flachen zwischen Daumen und Zeigefinger nimmt und dcn
Ring mit der rechten Hand etwas auffedert, wäscht Glas
und Halter in Wasser rein und legt beide in eine neutrale,
antiseptische Lösung, wenn man nicht vorzieht, den Halter
oder wenigstens dessen oberes Ende mit dem Halbrmg am-
zukochen. Als neutrales Antisepticum zum Stenlisiren des
Glases empfiehlt sich am meisten Solveol, welches den Belag
des Spiegels nicht angreift. Uebrigens bedarf es nur eines
kurzen Abwaschens in der Lösung, um das Glas aseptisch
zu machen, wenn es schon vorher mit Wasser gut ge¬
reinigt war.
Trotzdem
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9
©
©
lrotzuem das Glas von allen Seiten gewaschen und
abgetrocknet wird, hält es sich doch auffallend lange gebrauchs¬
fähig, was hauptsächlich dem guten Kupfertlberzuge zuzu¬
schreiben ist. Nur muss mau die Vorsicht gebrauchen,
dasselbe mit weichen Tüchern abzutrocknen und nicht zu
hart dabei zu reiben. Selbstredend wird der Belag, je nach
dem Gebrauch in längerer oder kürzerer Zeit, schliesslich
schadhaft, namentlich vom Rande aus, wo er schon durch
das Einklemmen am ehesten leidet. Dennoch bleibt das Glas
eben so lange brauchbar, wie das der alten Spiegel und
lässt sich nach dem Versclileiss durch ein neues ersetzen,
welches so billig in den Handel kommt, dass der Kosten¬
punkt gar nicht in die Wagschale fällt. Die Halter lassen
sich für jede gewünschte Spiegelgrösse anfertigen; indessen kommt man
mit drei derselben für alle Fälle aus (zwei für laiyngoskopische Zwecke,
bei denen der Ring mehr stumpfwinklig vom Stiel abgebogen ist, von l-
beziehungsweise 18 mm Spiegeldurchmesser, und einem tiir Khmoskopie
mit mehr rechtwinkliger Abbiegung des Ringes von 18 mm Durchmesser).
Man könnte nun beim ersten Anblick des Halters die Besorgmss
hegen, derselbe sichere das Glas nicht genügend, so dass dieses beim
Gebrauch herausfallen könne. Diese Besorgniss ist indessen unbegründet,
da ich bei einer zehnmonatlichen, täglich oftmaligen Anwendung ein und
desselben Halters nicht das geringste Nachlassen seiner Federkraft be¬
merkt habe und ein ganz besonders hoher Grad von L ngesclneklichkeit
dazu gehören würde, den Ring durch Verbiegen unbrauchbar zu machen.
Sollte aber der Kranke selbst kräftige Würgbewegungen bei der Unter¬
suchung machen, so sind dieselben doch nicht imstande, das Glas aus dem
federnden Ring herauszudrucken. Dieser gewährt eben, wenn er vor
Verbiegungen geschützt wird (oder, falls er einmal aus Unvorsichtigkeit,
etwa beim Abtrocknen, verbogen worden sein sollte, vor dem Gebrauche
wieder gerichtet wird), vollkommen sicheren Schutz gegen das Heraus¬
fallen des Glases. Da er nun auch vollkommen sicheren Schutz gegen
Uebertragung von Krankheitstoffen gewährt und in diesem Sinne ein
wirklich aseptischer Spiegel ist und stets aseptisch erhalten werden
kann, so brauche ich zu seiner Empfehlung nichts weiter hinzuzufügen,
will aber doch nicht unterlassen, zum Schluss darauf hinzuweisen, dass
schwierig zu laryngoskopirende Kranke mit diesem Spiegel leichter als
mit dem alten zu untersuchen sind, was wohl darin seinen Grund hat,
dass der aseptische Spiegel dünner, an der Hinterfläche glatter sowie
weniger fühlbar ist als die dickere Metallhülse des alten Spiegels, welche
dazu durch das aufgelöthete Stielende eine Unebenheit aufweist.
Der'Halter wird nebst 1 /a Dutzend Gläser durch Herrn C. Hilgers,
Köln, Friesenstrasse 63, für 5 Mark verkauft, einzelne Gläser ä 50 Pfg.,
im Dutzend ä 40 Pfg. Der Musterschutz für den Spiegel datirt vom
3. März 1893 No. 11860. _
— 0. Witzei. Das aas SaUcylidchloroform gewonnene Cliloro-
forin-Anschütz. (Centralbl. f. Chir. 1893, No. 52.) In dem gegenwärtigen
Streite der Chirurgen, ob dem Chloroform oder dem Aether der Vorzug
zu geben sei, empfiehlt Witzel, in der Ueberzeugung, dass die Gefahren
des Chloroforms nur in der unzweckmässigen Art der Anwendung und
, der Unreinheit liegen, auf das dringendste das Chlorofonn-Anschütz, als
ein chemisch absolut reines und sich rein erhaltendes Chloro¬
form. Von der Actiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin im
grossen angewandt, soll die von Prof. Anschütz gefundene Reinigungs¬
methode bisher die einzige sein, welche für oin reines Chloroform sichere
I'i.wiiln- leistet Obwohl Witzol soiuo Versuche mit diesem Chloroform
"'©lip 0 Aufnierksanikoit aiff* die^Arbeit lenken möchten. - „Man glaubt,“
Witze“^Anwendung des Mittels gar nicht mit Chloroform zu
thun zu haben ““Denn 1) Athmungsverweigerung und Husten kommen
S vor 2) Das Ezcitationsstadium verlauft in sehr milden Grenzen,
selbst V potatoren beschenken ^"41 g^zÄko^'d^S
bU haltunff fc d 1 eTS^shirns ’ist’ eine allmähliche. 4) Die Gefahren für das
Herz Sn als so gut wie beseitigt gelten, ja Witzei benchtet, dass ern
pi!;Lr i,nd schneller Anfangspuls schon nach einigen Minuten besser
wurde. 5) Der sogenannte Chloroformkatzenjammer ist so selten wie
i - Aßther* einige Patienten nahmen unmittelbar nach der Narkose an
der Maiilzeft theil. Wenn alle diese Vorzüge wirklich Bestätigung finden,
dann dürfen wir wohl nicht anstehen, dieses Chloroform als einen erheb-
liehen Fortschritt in der Chirurgie zu bezeichnen. Freilich tan ja em
nWhliessendes Urtheil nur eine reiche Erfahrung bringen. Wir wollen
die Beobachtungen Witzel’s keineswegs anzweifeln, aber es wäre doch
mLuch dass e? zufällig eine Reihe solcher Patienten zu chloroformiren
ffehabt hätte die sich zur Chloroformnarkose sehr gut eignen. Dass wir
^j nifon Chloroform hei vielen Patienten durch die Tropfmethode
gelegentlich ganz vorzügliche Narkosen haben, dürfte wohl jedem bekannt
fein- auch dfss Patientin nach der Betäubung sofort essen kommt öfter
vor.’ Wenn aber die obigen Vorzüge nicht^plegenthch son^^^^
sind, so können wir Anschütz recht dankbar sem. Senger (Crefeld).
— P Filleul beschreibt in einer Inauguraldissertation eine Be-
handlangsweise oberflächlicher Verbrennungen mit n P r ik ^ l “f?^V^ P f
seit mehreren Jahren im „Höpital de la Chantd“ von Dr. ThiÄ«,Lhet
de clinique von Prof. Tillaux. mit Erfolg angewandt ^ urde : D ‘ es 1 f be
besteht m der Application von Gazecompressen auf die verbrannten Stellen,
die mit einer gesättigten Lösung (0,5 °/o) von Piknnsaure getrta
Die Compressen müssen vor dem Auflegen sorgfältig auSe,edrttckt we *
Wenn die Wunde aseptisch bleibt, braucht der Verband nur selten er
neuert zu werden, zuerst alle drei Tage, dann alle vier, fünf oder sechs
Tage. Ausserdem ist nichts nöthig, als dass man die Compressen mit
einem impermeablen Stoff bedeckt den man einfach:
Ausser ihrer antiseptischen und heilenden Wirkung übt die Pikrinsäure
oüTdeuSSiS^ schmerzstillende Wirkung aus Eine ntoxicationsge ah
liegt nicht vor. Ebenso wird keine Reizung der Haut oder irgend eme
andere unangenehme Nebenwirkung beobachtet. Das emzige Un a n|en|hme
ist eine dauernde Gelbfärbung der Partieen, welche mit dem Mittel in
Berührung gekommen sind (Sem. med. 1894, Wo. <)•
— Ostertag, Zur Jodtherapie der Actinomykose. (Monatsscbr. f.
prakt. Thierheilkunde, Band IV.) Die von ThomaBBen m JatoMga
angeregte Behandlung der Actinomykose der Thiere mit Jodpräparat
hat nach Ostertag’s Ansicht nicht die allgemeine Verwendung gründen
welche sie verdient. Es ist nach seinen Erfahrungen, welche a « ch
anderer Seite bestätigt werden, das Jod, beziehungsweise d^ ^dk©
geradezu ein Specificum gegen Actinomykose. Bei cutane:nund subcutinnen
Geschwülsten wurde ein tiefer Kreuzschmtt gemacht und dasba £©
webe mit Jodtinctur täglich einmal bepinselt. Innerlich
gleichzeitig-oder allein zweimal täglich 5 g Jodkalmm, m Waese: gelöst,
gereicht (Kühen). Nach 2-4 Wochen trat Heilung em. Bass, bürtn
mayer, de Jong und andere haben gleiche Erfolge zu verzeichne g
habt. Es sei der Erfolg nur zu vergleichen mit dem
Geschwülste. Obige Thatsache verdient deswegen 1
gehoben zu werden, weil der Versuch beim Menschen bei de F ff nl(dlt ' J hmen
seltenen ^Actinomykose in gleicher Weise energisch m Angriff
— Dehio, Klinische Erfahrungen über Oie Cathartlnsfinre der Senna.
(St. Petersburger med. Wochenschr. 1893, No.27.) Sennesblattor, F
rinde und Rhabarberwurzel werden zwar seit langer Zeit allgemein a .
verwendet, jedoch ist es bisher noch nichUgelungeii, das wksamejnncip
rein darzustellen. Man nimmt zwar an, dass m allen ei M865)
Stoff vorhanden sein möge. Aus den Fol. Sennae stellte Kubly WJ)
die Cathartinsäure dar, doch erwies sich der Körper ^ ^ hat
lässig und hat allgemeine Verwendung niemals erlangt. Neuerdings
A. Gensz im Dragendorff sehen Laboratorium aufs*
wirksamen Stoff herzustellen. Er nennt den von ihm gewonnen
welcher ein- gelbbraunes Pulver darstellt, ebenfalls Cathartl
obgleich dieselbe mit der Kubly’schen nicht ldentise • rea girt
ist in kaltem Wasser schwer, in heissem Wasser leicli r ’ ula im d
schwach sauer. Es muss unentschieden bleiben, ob ^ n ,. p Pulver von
Rhabarberwurzel sich der gleiche Stoff vorfindet. Mit di folgender
Gensz hat Dehio Versuche angestellt. Er verschreibt es nach tol 0 e
Formel: .
Cathartinsäure (Gensz) 0,05—0,lo
Sacchar. alb. 0,3 — 0,5 v r „„rhpn.
M. f. pulv. S. täglich oder alle 2 Tage em Pulver zu gebrauchen.
Erstere Dosis ist für Kinder, letztere für Erwachsene ber^ sein,
scheint nach Dehio*s eigenen Angaben noch zß bo © zu er f 0 lgen,
Die Wirkung scheint prompt in ca. sechs bis. acht btu ftrre in in
doch sind heftige Koliken wiederholt bemerkt worden. _ i zu
Moskau will das Mittel im Grossen darstellen. V orläu g ' _ können,
wenig ausprobirt, um dem praktischen Arzte (Breslau).
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
1. Mürz.
DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT.
215
XV. Albert Lücke.
Ein Nachruf von E. Gurlt.
Der Februar 1894 war ein Unglüeksmonat für die deutsche
Chirurgie: am 6. starb Theodor Billroth, einige Wochen später
erhielten wir die unerwartete Trauerkunde, dass am 20. plötzlich
auch der Strassburger Chirurg aus dem Leben geschieden sei.
Georg Albert Lücke war in Magdeburg am 4. Juni 1829
geboren, studirte in Heidelberg, Halle und Göttingen, wurde in
Halle 1854 mit der Dissertation „De monstro quodam humano“ zum
Dr. med. promovirt, war später daselbst Assistent in der chirur¬
gischen Klinik von Blasius, darauf aber in Langenbeck’s Klinik
in Berlin. Seine ersten Veröffentlichungen waren zwei chemische
Arbeiten: „Die Hüllen des Echinococcus und die Echinococcusflüssig¬
keit“ und „Ueber die Anwesenheit der Hippursäure im mensch¬
lichen Harn und ihre Ausscheidung“ (Virchow’s Archiv Bd. 19,
1860), und als Assistent Langonbeck’s schrieb er in dessen
Archiv: „Ueber Atheromcysten der Lymphdrüsen“ (1.1861), „Ueber
die sogenannte blaue Eiterung“ und „Beiträge zur Lehre von den
Rescctionen“ (HI. 1862), ferner „Entstehen und Wachsthum von
Geschwülsten während der Schwangerschaft“ (Monatsschrift für
Geburtskunde XIX. 1862). Nachdem er während des Krieges gegen
Dänemark 1864 als Chef eines preussischen Feldlazareths in
Schleswig mit bestem Erfolge thätig gewesen war, veröffentlichte
er seine daselbst gemachten Erfahrungen in einer Abhandlung
.Kriegschirurgische Aphorismen aus dem zweiten schleswig-holsteini-
selien Kriege im Jahre 1864“ (Berlin 1865, zuerst in Langen¬
beck’s Archiv VII. erschienen), die mancherlei Bernerkenswerthes
darbietet, ln Berlin bereits als Privatdocent habilitirt, wurde er
1865 als ord. Professor der Chirurgie an die Universität Bern be¬
rufen und gehörte derselben bis 1872 an, wo er bei der Eröffnung
der neu begründeten Kaiser Wilhelms-Universität in Strassburg
an dieser dieselbe Professur erhielt, die er in Gemeinschaft mit
mehreren befreundeten Collegen übernahm und bis zu seinem Tode
mit glänzendem Erfolge bekleidet hat. Schon in Berlin hatte er
bei dem reichen Material, welches ihm die Langenbeck’sche Klinik
an krankhaften Geschwülsten darbot, und mit der Anregung und
Interstützung, die ihm bei seinen Untersuchungen durch Virchow
und v. Recklinghausen zu Theil wurde, sich sehr viel mit den¬
selben beschäftigt, und eine Frucht seiner Studien waren seine
.Beträge zur Geschwulstlehre“ (Virchow’s Archiv Bd. 28, 38, 35,
1888—1866), zusammen mit Klebs: „Beitrag zur Ovariotomie und
zur Kenntniss der Abdominalgeschwülste“ (ebenda Bd. 41, 1867),
und die 1869 in Pitha-Billroth’s Handbuch der allgemeinen
und speciellen Chirurgie (H. 1) erschienene Monographie „Die
hehre von den Geschwülsten in anatomischer und klinischer Be¬
ziehung“, die später (Barcelona 1874—75) in’s Spanische und
•Boston 1880) in’s Englische übersetzt worden ist. Auf einige
Arbeiten in Langenbeck’s Archiv (VHI. 1867, XI. 1869) „Aus
der chirurgischen Klinik in Bern“ und „Araputatio femoris trans-
[° .yhea“ folgten einige Arbeiten, zu denen ihm sein Wirkungs¬
kreis m der Schweiz das Material geboten hatte, nämlich „Ueber
ie chirurgische Behandlung des Kropfes“ (Sammlung klinischer
orträge, 1870, No. 7), und einige Jahre später, 1875, nachdem er
»ereits nach Strassburg übergesiedelt war, die auf ausgedehnte,
a . . statistische Studien basirte Arbeit „Die Krankheiten der Sehild-
^ruse" (i n Pitha-Billroth’s Handbuch 1H. 1. Bd). Inzwischen
leLucke Gelegenheit gehabt, sich neue Kriegserfalirung zu
erben indem er, nach Ausbruch des deutsch-französischen
icges 18/0, infolge einer Aufforderung des Darmstädter Hülfs-
ems, die chirurgische Leitung der Lazarethe in Darmstadt und
im ^ ent Übernommen hatte und, begleitet von einigen Schülern,
„,-^edes August dorthin abgegangen war. Es wurden da-.
unJ August bis Ende Oktober etwa 1000 Verwundet^
theilu fceiner Oberaufsicht behandelt, während er selbst eine Ab-
hatte n ^xl-° n ..u ^ e H en sich zu eigener Beobachtung Vorbehalten
Kripo-.i- lerÖ - berichtete er in der sehr lehrreichen Schrift
aus ii c,u P lr £ ,sc he Fragen und Bemerkungen. Nach Erfahrungen
Wnic eserve * azare th en in Dannstadt während der Monate
Arbeit™ ' epte ™ be r und Oktober 1870“ (Bern 1871). Von grösseren
lumr tu - aU f , Folgezeit führen wir an die beiden in der Samm-
AbhanHu r } T orfcrä S e ( 1871 No. 16, 1872 No. 35) erschienenen
ü^n gPr ! !, ^ el)er den angeborenen Klumpfuss“ und „Ueber
en entzG »d]ichen Plattfuss“.
Zeitschrift e . r ’ zusamme n mit C. Hueter, die „Deutsche
Gemeiner i, u* .™ rur £ie“, die er bis zu seinem Tode, seit 1883 in
Ä F - R °^ Verausgab und
Jl Ban Je gediehen i B < ‘ '
die bis jetzt bis zu
sehr trrosKe ”*7 *= euienen ist - In derselben hat er, ausser einer
mehreren v 7 von Besprechungen neu erschienener Schriften,
Von grösser» Un< * klinischen Berichten, auch eine Reihe
hl n ,'ieiten erscheinen lassen, unter denen wir die
rvorheben: „Fractura condyii int. femoris und Genu
valgum consecutivum“ und „Behandlung des Hydrops der Sehnen¬
scheiden und der Ganglien“ (Bd. 1), „Infectiöse Osteomyelitis und
Periostitis“ und „Reseetion des zweiten Astes des N. trigeminus“
(Bd. 4, 6), „Struma pulsans“ (Bd. 7), „Die Aetiologie der chroni¬
schen Ostitis und Periostitis“ (Bd. 13, 14), „Nephrektomie“ (Bd. 15),
„Traumatische Insufficienz des M. quadriceps femoris und ver¬
wandte Affectionen an Schulter und Hüfte“ (Bd. 18), „Die Aetio¬
logie der entzündlichen Gelenkstellungen“ (Bd. 21), „Laparatomie
und Darmnaht bei perforirendem Typhusgeschwür“ (Bd. 25), „Chi¬
rurgisch behandelte Perforationsperitonitis“ (Bd. 26), „Angioma
ossificans der Highmorshöhle“ (Bd. 30), „Die späteren Schicksale
des stationär gewordenen Plattfusses“ (Bd. 34). In die Zwischen¬
zeit fällt ein von ihm auf dem Chirurgencongress 1877 gehaltener
Vortrag „Ueber Percussion der Knochen“ (Langenbeck’s Archiv
Bd. 21).
Ln Jahre 1879 rief er, als Neubearbeitung des Handbuches
von Pitha und Billroth, in Gemeinschaft mit letzterem, die auf
66 Lieferungen berechnete „Deutsche Chirurgie“ in’s Leben. Unter
den zahlreichen Lieferungen dieses in seiner Leitung nunmehr
gänzlich verwaisten Werkes, die noch nicht erschienen sind, be¬
findet sich auch die über „Geschwülste“, deren Bearbeitung Lücke
selbst übernommen hatte.
Wir haben bisher ausLücke’s arbeitsreichem Leben nur seiner
einen guten Theil dieser Arbeit ausmachenden literarischen
Leistungen gedacht, die in der früheren Zeit hauptsächlich der
Geschwulstlelire und den Kriegsverletzungen gewidmet waren, in
seiner späteren Lebensperiode sich aber sehr verschiedenartige
Gegenstände zum Vorwurf genommen hatten, mit besonderer Vor¬
liebe jedoch den Erkrankungen der Knochen und Gelenke gewidmet
waren. Auf allen diesen Gebieten ist ein durch seine Arbeit her¬
beigeführter entschiedener Fortschritt in der Erkenntniss der ein¬
zelnen Erkrankungen unzweifelhaft vorhanden, und hat Lücke sich
dadurch um die Chirurgie überhaupt und um die deutsche Chi¬
rurgie insbesondere dankbar anzuerkennende Verdienste orworben.
Es würde noch übrig sein, von seinen Leistungen als Operateur
und als klinischer Lehrer zu sprechen; allein, wenn wir auch nicht
bezweifeln, dass er auch in diesen Eigenschaften von grosser Be¬
deutung gewesen ist, so steht uns doch darüber aus eigener Er¬
fahrung kein Urtheil zu, und müssen wir seinen Schülern über¬
lassen, sich des Näheren darüber auszusprechen.
Was endlich seinen Charakter anlangt, so war er die Bieder¬
keit, Geradheit, Offenheit selbst, gepaart mit einer entschiedenen
Neigung zu harmlosem Spott und trockenem Witz. Seinen Freun¬
den war er ein zuverlässiger und treuer Freund, mit einem Worte
ein Ehrenmann durch und durch. Das Andenken an ihn, auch als
Mensch, wird bei allen, die ihn gekannt haben, für lange Zeit un¬
vergessen bleiben. _
XVI. Kleine Mitteilungen.
Ad. T. Bardeleben. Der Senior unter den chirurgischen Klinikum
Deutschlands, Adolf v. Bardeleben, feiert heute in voller körperlicher
und geistiger Frische und Regsamkeit sein vollendetes 75. Lebensjahr
(geboren am 1. März 1819). Je schmerzlichere Ernte der Tod unter den
grosson Namen der Gegenwart halten zu wollen scheint, um so mehr
dürfen.wir uns freuen, Männer wie Bardeleben noch zu den Unserigon
zu zählen und bei hohem Alter aufrecht und in voller schaffensfreudigor
Wirksamkeit zu erblicken. Wir brauchen ja nicht immer den Tod unsoror
grossen klinischen Meister abzuwarten, um uns der Dankesschuld gegen
sie bewusst zu werden und um diesem Bewusstsein auch bei dar¬
gebotener Gelegenheit etwas erhöhten stimmungsvollen Ausdruck zu
geben. Wer das Glück genossen hat, Bardeleben als Schüler oder
(wie es bei dem Schreiber dieser Zeilen der Fall war) als Assistent
Jahre hindurch nahe gestanden zu haben, der weiss, dass Barde-
leben nicht bloss ein hervorragender chirurgischer Kliniker — dass
er ausserdem ein Meister des Wortes, eine akademische Lehrkraft
allerersten Ranges — dass er aber vor allem eine in schlichter vor¬
nehmer Grösse wahrhaft vorbildlich wirkende ärztliche Persön¬
lichkeit ist! Und dieser Reiz vorbildlicher ärztlicher Persön¬
lichkeit ist es doch wohl in erster Reihe, wodurch die grossen Meister
der Klinik zu jeder Zeit gewirkt haben und noch wirken — nicht durch
technischen Kleinkram oder die Conlissengeheimnisse ärztlicher Politik,
die sie ihren Schülern beibrmgen sollen, wie man das in neuester Zeit
hier und da von ihnen verlangt hat. Dass Barde leben mit dem Meister
der That und des Wortes auch den Meister der Schrift in seltenstem
Maasse in sich vereinigt, das weiss eine ganze ärztliche Generation, die
an den vielen Auflagen seines classischen Lehrbuches chirurgisch erzogen
worden ist - und davon haben gerade die Leser dieser Wochenschrift
noch in allerjüngster Zeit eine Probe genossen, da der altere M*i»t<i IHi
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISC HE WOCHENSCHR IFT.
No. 9
216 _______ J|__
den zu früh daliingesoliiedonen jüngeren, für Billrot h. zu einem form¬
vollendeten Nachruf das Wort nahm. Möge dem gefeierten mit Ehren
überh&uften Manne, der ein langes arbeit- und erfolgreiches. Leben hinter
sich hat, der auch schmerzliche Schicksalsschläge m antiker Buhe un
Grösse zu überwinden gewusst hat, ein glücklicher Lebensabend be-
schieden und uns der Genuss seiner Persönlichkeit noch recht lang
. . , A. E.
vergönnt sein! .. . . , p Q . n ii
— Berlin. In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesell-
schaft vom 22. Februar hat Herr Zadek folgenden Antrag emge '
.Die Berliner medieinisehe Gesellschaft erklärt es un Interesse de
liehen Gesundheitspflege für geboten dass dm Seitens der ;stodtrsehen
AnBtalt ausgeführte Desinfeetion von \\ olinungen und Effecten a ,
der KraS in allen denjenigen Fällen unentgeltlich ansgeftthrt w.rd m
welchen sie auf ärztliche Anordnung erfolgt, und beschliesst, ™ n “ s «
Erklärung den städtischen Behörden Mittheilung zu machen.
An trage 1 bemerk te Herr Virchow als Vorsitzender, dess jrdensolbenn
der folgenden Sitzung gern zur Abstimmung bringen wolle, er fühle sich aber
vernflichtet dm'auf hinzu weisen, dass die Berliner me dicmische Gesellschaft
in erster I.inie zur Pflege der Wissenschaft gegründet sei imd dassJmse
Tendenz erheblich verkümmert werde, wenn die Geselischaft so allgemmne
„finanzielle“, den Etat der Stadtverordnetenversammlung
in den Rahmen der Discussion hinemziehen wolle. Sei ,
artiger Präcedenzfall geschaffen, so würden ähnliche Antrhge
und ein Ende sei nicht abzusehen. - In den Aussohu der Berliner
medicinischen Gesellschaft sind die Herren_ Gerhard , ^ ’jollv
bringer, F. Körte, v. Bardelebep, Liebreich, B. Fränkel, Jolly
und ^ e '' D d e * B A °^„ 1 s ^ weIchcm die Stadtverordnetenversammlung die_Vor¬
borathune der Vorlage des Magistrats wegen Vermelirung des ai /.t-
liehen Personals bei den städtischen Krankenhäusern über
tragen hat, ist in. der unter Vorsitz des Stadtverordnetenvorstehers
Dr Langerhans abgehaltenen Sitzung, in welcher unter anderen die
Stadträthe Bail und Dr. Strassmann, sowio die s ^tverordneton
Virchow, Dr. Neumann, Spinola, Dr. Bergmann und Dr..Zadek
anwesend waren, dahin schlüssig geworden, den ,Antrag d es M aystm
wegen Anstellung, eines dem Direktor subordmirten Oberarzte, für die
innere Abtheilung an jedem der drei städtischen Krankenhäuser• im
Friedrichshain, in Moabit und am Urban, sowie eines Oberassistenzarztes
für die chirurgische Abtheilung an jedem der drei Krankenhauser ab zu-
lehnen, dagegen zu beschliessen, dass für jedes der drei Kiankenhäusei
ein dritter, in der Krankenbehandlung selbstständiger dirigirender ■ Ar z
für innerlich Kranke, welcher in Bezug auf ärztUche Praxis nicht be¬
schränkt sein und auch nicht im Krankenhaus? wohnen soll, angestellt
werde, wobei diejenigen, welche eine specialistische Vorbildung besitzen,
vorzugsweise berücksichtigt werden sollen; für Moabit jedoch soll der
dirigirendo Arzt ein erprobter Bacteriologe sein. Auf der chirurgischen
Abtheilung soll ein dem ärztlichen Direktor untergeordneter Oberarzt
angestellt werden. Die im Ausschuss gestellten weitergehenden An¬
träge, nämlich: 1) für je 100 Kranke einen dingirenden Arzt, und
mindestens zwei Assistenzärzte anzustellen, 2) durch Abzweigung
von den bestehenden chirurgischen und inneren Stationen besondero
Specialstationen für Frauenkrankheiten, für Haut- und Geschlechtskrank¬
heiten, für Nervenkranke, für Hals-, Nasen- .und Ohrenkranke und für
kranke Kinder, zu bilden, 3) für jedes der drei städtischen Krankcnkausei
einen, im Einkommen und in Stellung den dirigirenden Aerzten gleich-
stehenden pathologischen Anatomen anzustellen und 4) für die städtischen
Krankenhäuser einen ärztlichen Verwaltungsdirektor zu bestellen, welchem
die nichtamtlichen Verwaltungsdirektoren der einzelnen Krankenhausei
untergeordnet sind, empfiehlt der Ausschuss abzulehnen.
— Die Stadt Berlin, welche die Ausstellung des Internationalen
medicinischen Congresses in Rom beschicken wird, hat die Stadt-
rätlia Dr. Strassmann und Marggraff als Deputate bestimmt. Den
Preussischen Medicinalbeamtenverein und die Deutsche Ge¬
sellschaft für öffentliche Gesundheitspflege wird Regierungs¬
und Medicinalrath Dr. Wemich in Rom vertreten. .
— Die XI. Hauptversammlung des Preussischen Medicinal-
beamtenvereins wird am 23. und 24. April dieses Jahres in Berlin
stattfinden. ^ . ' T ..
— Elfter internationaler medicinischer Congress. Die
Falirpreisermässigungen, welche die italienischen Eisenbahnen den Con-
gressbesuchem gewähren und welche auch für die Familienangehörigen
derselben gelten, falls für diese eine Karte gelöst wird, sind am be¬
deutendsten für Rückfahrtkarton. Die Benutzung dieser Billets wird dar
durch noch besonders vorteilhaft, dass es ausdrücklich gestattet ist, den
Rückweg über eine andere Grenzstation einzuschlagen als diejenige, welche
auf dem Hinweg passirt ist. Für die meisten deutschen Collegen wird
es also am empfehlenswertesten sein, bis zur Grenze eine combmirte
Fahrkarte zu nehmen, die den Hinweg über die Brennerroute (Ala), den
Rückweg über die Gotthardroute (Chiasso bezw. Luino) oder vice versa
gestattet, und für Italien das Retourbillet zu lösen — auf diese Weise
können, da sechsmalige Fahrunterbrechung gestattet-ist, mehrere grosse
Städte — Verona, Florenz, Pisa, Genua etc. — mit in die Reise ein¬
bezogen werden. Die Gesammtkosten für ein derartiges Billet, bis zur
Grenze U. Classe, in Italien I. Classe, werden sich auf circa 190 Mark
belaufen. _ ,
— Der Verein der Apotheker Berlins hat mit einer Pressburger
Ungarweinfirma ein Abkommen getroffen, wonach für sämmtliche Apotheken¬
besitzer Berlins und Umgegend ein vorzüglicher, absolut reiner Ungarwein
in Sendungen von je 5000 hl nach einem besonderen Lagerhause in Berlin
gebracht, dort b ®“ f ßfi? ,r und'“da^inTlaschTn^en Apothetobesitzem zu-
Commission abgefüllt und aan . besonderer Etikette, Stopfen-
*. V..1 «. alle* Apotheken
“ Mnn U cT,e'f°lu? “gelegentlich der Feier des ™. Geburtsfestes
, ^u Mö i iip r Pettenkofer vom Münchener Magistrat ge-
des Geheimratbs Ir* . worden jüngst wieder drei hygienische
gründeten Pottenkof er-Stiftung j 8 Prof. Dr. Emmerich in
Arbeiten prämurt. ™ÄSung eines haltbaren Heilserums
München erhielt den Preis Jür JJarsici uug Würzburg f ür expeyi-
gegen Schweinerothlaaf P™ f r h y gienLh wichtige ffite
m °H mL^ U prof C frPraus b nitz fttr Untersuchungen über Verunreinigung
Zr fsar durch die Canalisation von Mönchen und über die Selbstremigung
der Fittsee. Wahrend der Osterferien 1894 werden an der Uni-
der E °ya' j d ‘™' r0 _ Dr . w. Havelburg ist zum Arzt und
Direktor des Uborotormms fttr wissenschaftliche Untersuchungen am
Leprahospital ernannt. rma tologisclie Preisaufgabe j fttr 1892/93.
Von den D eiitgereichten Arbeiten wurden z * 6 p r pr ^Dr"mtd Z R^d^'r
Kurt Passargo, j, te* pfe^ fifufg^ab'e^dr^lS^tantetI es
diesjährigen Preiäuf^bÄ^ra fahren von der Verlagsbuchhandlung
LC0 ^‘ProÄ^F^urg bat einen Rufauf den
p r R Altmann ist als ausserordentlicher Professor nach Halle berufen.
- Milnclun Dr. J. Fessler, früher Assistent an der chmngtschen
Klinik unter Nussbaum, hat sich als Pnvatdocent habilitirt.
XVII. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung. Vorbehalten.)
Augenheilkunde. J. Deyl, Geber einige Entzündungen derAugen-
bd ° r A 1 B äu e rleTn,' Mei n e Erfahrungen über Star
53 SÄ SÄ fte^ r ÄDia 6 no t knndTh Ä
in der inneren Medicin. Antnttsvorlesung, gehaltan am .0. üctob
1893. 27 S. Wien und Leipzig, Wilh. Braumüller, 18SW.
A. v. Strümpell, Ueber die Alkoholfrage vom ärztlichen
Standpunkte aus. Sonderabdruck aus den Verhandlung
Sammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforcher und Aerztc. &
0,60 M. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1898 Kinderhcil-
Kinderhellkunde* Carl Seitz Grundriss der Kmderbe
künde. Für praktische Aerzte imd Studirende. 478 b. J w. n
herrührenden Krankheiten. II. Aufl., I. Bd. 4 5. Lief. b.
9 Mk. Leipzig, C. F. Winter, 1894i in der Lehre
A. Koch, Jahresbericht über die Fortschritte i ^ g
von den Gährungsmikroorganismen. III. Jahrgang, 1892.
8,60 M. Braunschweig, Harald Bruhn, 1893. « r»,i e 310,
• Militärsanitätswesen. Marinesanitätsordnung. 6 a
464 und 313 S. Berlin, E. S. Mittier & Sohn,. 18 f 9 o 3 -, pr Mediciu . '47 S.,
H.FrÖlich, Die Brustmessung im Dienste der Meüic
1,40 M. Leipzig, Alfred Langkammer, 1894. Verhältnis
Physiologie. M. v. Frey,. Die Geftthleun d ihr Verh^
zu den Empfindungen. Antnttsvorlesung. 24. S. Preis 1
Eduard Besold, 1894s «vomianhen Ab-
Physiologische Cheokle«. Arbeiten aus d . er Hell,
theilung des physiologischen Instituts in Her
Strassburg, Karl Triibner, 1894s . A TTrankheiton
Rhino-Laryngologie.« L. Grünwald, Atlas fi q Abb üd in Färben¬
der Mundhöhle, des Rachens und der Nase. 69 Abbild, in
druck. 6 M. München, J. F. Lehmaim. > u nf the Bu-
VeterinttnnesUels. ^11. and IX. ton Govem-
reau of Animal Industry for- thie yeare 1891/92. Was ng ,
ment Prihting Office, 1893.
V&oante Stellen: . w mi e
Die Physikate der Kreise Putzig, Schrimm und Oldenbm’g 1. «•
übrigen Personalien siehe im Inseratentheil.)
Gedruckt bei Julia» 8ittenfeld in Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag
J» IO.
8. März 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
“
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
™ “it™“ 1 ’"» ” d 1>r l ” 1 - "«»• - "*.= TUm* Leipzfg-Berfi..
__ - • - rotsaamentr. 116. Postadreue: Leipzig, Seeburgstr. 3L
I. Quetschung und Ausrottung des
Ganglion coeliacum.
Experimentelle Stadien.
Von Professor G. Lewin und Sanitätsrath 0. Boer.
Das Ganglion coeliacum zeigt verschiedene Formen. Bei einigen
riuerepecies ist es abgeplattet und länglich, bei anderen halbmond-
formig, zuweilen auch vierseitig. Ebenso findet man mehrere kleine
3 n ah V nebe “ eina ?der und in innigem Zusammenhänge
22t S“ Kaninchen hat zwei Ganglien, ein superius und ein
Ga “f llon sll .I' enus Ke«* oberhalb der UrsprungssteUe
k-Li™ mesentenca, ist meist dreieckig und hat oft mehrere
mS hir„f- nS 7 6 Gan ®! en - Das Ganglion inferius sehen w"
meist birnenfoimig, bisweilen retortenförmig, mit der Spitze nach
un ^ erhaIb der Arteria mesenterica superior. —
und istS°diT P p nU8 i. ßend ® t , Z . weige zum Ma £ en und zur L eber
lmnden d Gang 10n Aerius durch graue Nervenfäden rer-
'larakr^i^vJrl' 0116 . 11 d | ese . r Ga “S lie “ betr ™. 80 cxistiren
„1 il '7 'edoostce Ansmhten. Bichat scheint zuerst sich
darin da« O c g !j 0 - n zu haben. Seine Ansicht gipfelt
indem diese nur* E ( ? fl “ 86 al f f die Bewegungen des Darmes hat,
widersprach* alsbald^ Joh^Mn?“? 8regulirt würden - Ihm
Bei ilLl n . !. 1, Malier 1 ) und nach diesem Longet'O.
'femnaen hJiK b “ ht r Sen ’ nämlicl1 die peristaltischen Be-
Ä anfana^hl7fi n “ ^ Un<len nach der Oeffnung der Bauch-
sie con^aüref ,it b . i / e r den .’ später aber ““Massen, konnten
des GanHio n iu K a i dU ? h 7 emlsc1 !? Bei“, *■ B. durch Betupfen
keit wieder ausserortatUchSunt BeWegUU * e ° an Lebhaft ^
•tirpation defÄr föhrte “/i“““ 8 «“ d Samuel») die Ex-
nach 15—30 Stunfo« D ^l 18 * unc L ßaben » dass der Tod schon
Hämorrhasrieen nÄ £ m ~ rat - Die Section ergab Hyperämie,
Budge 4 ) ei-wähnt der Mucosa der Digestionsorgane,
und zwar S ’t^L n- ^ S< ?° n ^ ersten Ta S e steten,
ftL t. v T sertu “ d S«“ der Section zeigte sich
™<'sentericum 8 si D S e ’,ma i - W f eI 7 en sebr vorsichtig das Ganglion
«stirpirt wurden büeh™ d i f6nUS , s0 ' vle das Ganglion coeliacum
Lu man ski 8 ) 77“ ‘ an f ," acb d “ Operation am Leben,
den Hunden Katzen Kani G °ntrol]versuclie derart an, dass er neben
W anderen TMeren hT 0 »™’ d 7 en 016 Ga “S lion exstirpirt wurden,
1 exponirto. Bei<l» A S !Ü!!| n Ga 7l° g dlcse Ganglien nur der
Luft exponirte ua ™ ung mcse UangUen nur der
Runden bis etlichen T.iO®“ 7“ Tbleren starben nach einigen
derselbe, nämlich wL- “’ and war der Sectionsbefund ziemlich
Hund »lieh bUe b ar/T 16 “ der Mucosa des Darmcanals. Ein
Wieder vollkommen ^ magerte zuerst ab, erholte sich aber
nicht nur die Ex-
s ) Long^t Ö1 Anat^ buC ] 1 ™ er Physiologie p. 575.
d6S NerveDS y ßtems - Deber-
^ S 8W ltt Physiologie de la digestion.
. Rossbach'y operirte an Fröschen, denen alle zu beiden Seiten
der Aorta liegenden Ganglien entfernt wurden. Die Thiere blieben
noch einen bis drei Monate am Leben.
. Brause 2 ) giebt nach Hinweis auf Budge und Lumanski an
dass die Kaninchen unter Temperaturabnahme schon nach zwe
branden starben.
, Pn 6 Drage nach der Sensibilität des Ganglion suchte man
ebenfalls experimentell zu lösen. Flourens, Bracht, Meyer
Longet Müller fanden, dass das Kneifen dieses Organs selbst
bei narkotisirten Thieren Schmerzen erzeugt, noch mehr natürlich
hei den aus der Narkose erwachenden. Maassgebend sind die Ver¬
suche Longet's, „welcher sich sehr hütete, die naheliegenden
JNerven mit zu berühren oder durch Zerrung der beiden Eingeweide¬
nerven die Kückenmarksnerven mitzureizen“. Die Thiere gaben
deutlich Schmerzenszeichen von sich. Den Plexus solaris fand
f 6t _ en }P findlicher als den Hals- und Lendenwirbelknoten. Ge¬
stützt auf diese Erfahrungen construirten einzelne Autoren Krank¬
heitsformen, deren Hauptcharakteristicum eigenthümliche, von den
gewöhnlichen Unterleibsleiden abweichende Schmerzen in der Gegend
des Bauchsympathicus sein sollten.
So behauptete Bichat, dass wesentlich nervöse Koliken, welche
unabhängig von irgend einer localen Affection der serösen und
muskulösen Gewebe der Unterleibsorgane auftreten, offenbar den
Nerven der Unterleibsganglien entsprängen. Es seien wahre
Neuralgieen des Plexus coeliacus. Nach Jolly sind diese Neuralgieen
ganz eigentümlich, entbehren des Charakters der gewöhnlichen
sensiblen Neuralgieen des sympathischen Systems und haben in
der That eine eigene Art des Empfindens und Schmerzes.
Aus dieser Zeit stammen auch einige pathologische Befunde.
Bichat fand bei einem Kranken das Ganglion semilunare ver-
grössert, ja in einem Falle von periodischer Manie in der Grösse
einer Nuss mit einem Knorpelkern im Innern. Lob stein beschreibt
bei einer verstorbenen Schwangeren mit unstillbarem Erbrechen
„Ganglia in aqua frigida parum pallescerent. Nervus splanchnicus
in ganglion ingressus, multo latior mihi apparuit.“ Aehnliehe Be¬
funde will Lobstein bei Keuchhusten mit krampfhaftem Erbrechen
gesehen haben. Ray er constatirte bei der Section eines Kranken,
der an Kolik gelitten, eine intensive Entartung des Ganglion.
Romberg 3 ) construirte ein bestimmtes Krankheitsbild: die
„Hyperästhesie des Plexus solaris“. Die charakteristischen Symptome
seien ein jählings oder nach vorangegangenem Drucke ein heftiger, zu-
sammenschnürender Schmerz in der Magengrube, sich bis zum Rücken
verbreitend, mit Ohnmachtsgefühl, verfallenem Gesichte, Kälte der
Hände und Füsse mit aussetzendem Pulse. Der Schmerz steigt
so, dass der Kranke laut aufschreit; dann nimmt der Schmerz ab
mit Zurücklassung grosser Schwäche. Die Bestätigung dieser
Krankheit durch ein Sectionsergebniss ist nicht geliefert.
In neuester Zeit beschreibt S. Gee 4 ) eine „Cöliac Affection“
von 1—5jährigen Kindern, welche jetzt in Indien „weisse Diarrhoe“
genannt, früher als chylöse Diarrhoe bezeichnet wurde. Die
charakteristischen Zeichen seien breiweiche Faeces von fahlem
Aussehen, starkem fauligem Geruch, Schwäche, Abmagerung,
Hautblässe, Appetitlosigkeit. Die Dauer erstrecke sich über Monate
*) Rossbach, Virchow’s Archiv Bd. 51, p. 187.
*) Krause, Anatomie des Kaninchens 1884, p. 853.
v Romberg, Lehrbuch der Nervenkrankheiten 1857, I, p. 156.
4 ) S. Gee, On the coefiac affection. St. Barthol. Hosp. Rep. 1888.
—^Virchow-Hirsch’s J.-B. 1889, II, 292.
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218
DEUTSCHE MEDICnnSCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10
und Jahre und meist ende sie tödtlioh mit Kachexie und inter-
currenten 'Darmerkrankungen. Sectionen, welche die Betheüigung
des Plexus coeliacus beweisen, scheinen auch hier nicht gemacht
ZU S 'Bonome 1 ) fand nach Exstirpation der Ganglia coeliaca die
Auerbaoh’schen und Meissner’schen Plexus meh r oder wenige
atrophisch, vorzüglich in den Fällen, in welchen sich Neurome oder
Fibrome gebildet hatten (?). Eine Atrophie der Darmmuskulatur
wurde aber nicht dabei beobachtet. . ,
Eine neue Richtung erhielten die Experimeute m den letzten
Jahren. Ph.MunkundKlebshattenbehauptet, dass dieExstirpaUon
des Plexus coeliacus theils Diabetes insipidus, theils verschieden¬
artige Verdauungsstörungen und Atrophie des Pankreas erzeuge.
Alex Lustig 2 ) sucht nun nachzuweisen, dass die ausgeführ¬
ten Experimente strengen Anforderungen nicht genügen, da sie
durch peritonitische Processe gestört, in zu geringer ZaW an
gestellt wurden und die vollständige Entfernung des Plexus nicht
bewiesen worden sei. Seine eigenen Versuclie wiU LusUg untei
allen Cautelen ausgeführt haben. Die meisten Thiere^Iunde Katzen
Kaninchen, starben in der zweiten bis dritten Woche nach der
Operation plötzlich „nach alarmirenden Symptomen .
P Bei den am Leben gebliebenen Thieren war der Ham in
vielen Fällen an den ersten Tagen zuckerhaltig, doch verschwand
der Zucker regelmässig nach 2—8 Tagen. Dann trat Aceton au
später Eiweiss, die Haramenge wurde geringer, ausserdem fanden
sich hyaline Cylinder, rothe und weisse Blutkörperchen und Nieren-
epithelien. Lustig hält die vorübergehende Mellitune durch den
schweren Eingriff auf das Centralnervensystem entstanden. Fan-
kreas, Leber, Magen und Darmcanal blieben aber normal „die
Lehre Munk-Klebs sei also falsch.“
In einer späteren Publication, in welcher er nochmals hei-
vorhebt, dass man infolge der Exstirpation des Plexus coeliacus
manchmal eine vorübergehende Glykosurie von .kurzer Dauer
erhielt, niemals aber Diabetes mellitus mit darauf folgender Atro¬
phie des Pankreas, führt er noch Experimente bei 5 Kaninchen an,
in welchen nach der Exstirpation des Plexus coeliacus durah die
piqüre Diabetes mellitus erzeugt wurde, so dass also der Plexus
coeliacus kein für die Entstehung des Diabetes nothwendiges Nerven-
element ist. , , , ~ • q\ • A
Im Anschluss an obige Untersuchungen hat Peiper d ) eine
experimentelle Studie über Ausrottung des Plexus coeliacus ver-
üffentlicht. Yon 15 Yersuchsthieren (Kaninchen) starben vier
24—80 Stunden nach der Operation, und zwar zwei infolge der
Narkose oder des Eingriffes, eins an Peritonitis, eins an Verblutung.
Bei den übrigen 11 Thieren konnte Verfasser Abmagerung trotz
gesteigerter Fresslust constatiren. Von Seiten des Danntractus
beobachtete er keine Störungen, so dass er einen Einfluss des
Plexus auf die quantitative Secretion des Darmsaftes bestreitet.
Eine sorgfältig durchgeführte Untersuchung des Urins zeigte bei
einzelnen Thieren vorübergehende Melliturie. Die Zuckermenge
war jedoch nicht bedeutend und verschwand bei einigen Thieren rasch
wieder, während bei 4 Kaninchen nach vorerst intermittirendem
Auftreten die Quantität sich vermehrte und constant bis zum Tode
nachzuweisen war. Eine Atrophie des Pankreas wurde niemals
beobachtet. , . ,
In neuerer Zeit hat das Ganglion coeliacum dadurch eine be¬
sondere Bedeutung erhalten, dass man in seiner Erkrankung vor¬
züglich die Ursache des Morbus Addisonii, namentlich der Pigmen-
tation und der Adynamie annahm. Früher waren es bekanntlich
die Nebennieren, welche man nach dieser Richtung hin anschuldigte.
Da sich aber in einer relativ grossen Anzahl von Obductionen,
etwa in 20%, diese Organe in ganz normaler Beschaffenheit be¬
fanden, dagegen, wenn auch in geringerem Procentsatz, die Ganglien
degenerirt waren, so imputirte man diesen die Hauptbetheiligung
beim Morbus Addisonii. Die Erkrankung der Ganglien war von
verschiedener Qualität und Qantität, wie folgende Tabelle ergiebt.
Wir führen die genaueren Daten dieser Befunde hier nicht
näher an, weil sie Lewin 4 ) in seiner Arbeit über Morbus Addisonii
publicirt hat.
Zur Eruirung dieser Bedeutung des Ganglion coeliacum beim
Morbus Addisonii unternahmen wir zwei Serien von Experimenten;
die erste bestand in Quetschung des Organs, die zweite in Aus¬
rottung desselben.
Die erste Serie dieser Experimente wurde im Laboratorium des
Herrn Prof. Salkowski ausgeführt, der selbst uns manchen Rath
ertheilte. Gleichzeitig unterstützte uns Herr Dr. Meyerson in
Sympa-
thicus.
Normal
(verkäst oder
Degeneration
tuberculös).
Atrophie.
Verdickung, Hypertrophie . .
Verhärtung . ..
Erweichung . . . • • • ■
Acute Entzündung (Rund-
zellen).. • •
Chronische Entzündung (fibröse
Bildung).
Graue Färbung.
Pigmentirung.
- Fettumhüllung ..
In Abscess eingebettet . . .
Beobachtungen
Normal -. . . •
Krank
Splanch- Plexus
nicus. solaris.
Gang!
semil.
Summe.
15
8
6
2
21
3
21
30
2
17
13
7
11
5
0
72
17
55
*) A. Bonome, Sulla patologia dei plessi nervosi del intestino. Archiv,
med. T. XIV, No. 17.
*) A. Lustig, Centr.-Bl. für Physiol. 1889, No. 13.
*) Zeitschr. für klin. Medic. Bd. XVH, Heft 6.
J XJUU'ÖVm« ÖJiU. AtAVUÄV. AXVIV V.
4 ) Lewin, Charit^-Annalen XVII, Jabrg. 1892.
werthvollster Weise. Leider war
suche sehr niedrig, so dass eine Anzahl Kaninchen bald nach dei
Operation zugrunde ging. Von 25 Kaninchen blieben nur 15 am
Leb6 Die Technik wurde in ähnlicher Weise wie bei der zweiten
Serie ausgeführt und werden wir diese später bestechen.
1. Serie, a) Quetschung der Ganglien. Bei sechs Kanin¬
chen von mittlerer Grösse, von denen drei Albinos waren, wurde
die Quetschung beider Ganglia coeliaca ausgeführt.
Die Lebensdauer war bei zwei Kaninchen 3 bis 5 Tage, bei emem
Kaninchen 7 Tage, bei drei Kaninchen 16 bis 18 Tage. Symptome
im Leben, soweit sie beobachtet werden konnten, waren: Grosse Un-
ruhe bei allen, Convulsionen bei drei Kaninchen, Appetit in den
ersten Tagen vermindert, später ziemlich gut (pro die 60I bis W) g
Kartoffeln, 12 bis 20 g Brod). Fäces bei zwei Kaninchen ziem¬
lich normal, bei vier Kaninchen schleimig, serös, diarrhoisch. Fuls
und Athmung in den ersten Tagen beschleunigt. Temperatur ei-
höht Geringe Abmagerung. . .
Alle Thiere hatten an Gewicht etwas verloren, ihr Aussehen,
ihre Unruhe, Entkräftigung deuteten auf ein inneres tiefes Leiden hiu
Tod wurde nur bei zwei Kaninchen näher beobachtet und üat
unter convülsiven Erscheinungen ein. Die anderen Kamnchen
wurden todt aufgefunden. «.. f
Das Ganglion coeliacum war bei der Section von funt Ka¬
ninchen nicht mehr erkennbar, weil cs in grauweisse Masse dege-
nerirt sich zeigte. . . Dl ,
Gehirn ohne auffallende Veränderung; bei vier Kamnchen
scheinbare Anämie. Lungen bei zwei Kaninchen hyperämisch,
bei einem Kaninchen Pneumonie. Herz bei einem Kanmchen
fettet. Bauchhöhle bei zwei Kaninchen bedeutender Ascites. Ma^en
bei drei Kaninchen ausgedehnt, bei zwei Kaninchen ecchymosirt.
Nieren bei einem Kaninchen parenchymatös entzündet, Dünn- un
Dickdarm meist voll flüssigen Inhaltes. , . j\ arm
b) Exstirpation des Ganglion coeliacum. Die Befunde im Darm
canal waren ziemlich dieselben wie in den weiter unten ausge
tenVersuchen. Dagegen beobachteten wir mehr die anderen Organ,
welche später weniger berücksichtigt wurden. Das .Gehirn ^
Rückenmark bei vier Kaninchen untersucht, zeigte keme abnorm ■
Beschaffenheit. Herz, bei sieben Kaninchen linker Ventrikel istM
contrahirt mit mehr oder weniger geronnenem Blute; rechter ve
trikel theilweise überfüllt mit sowohl flüssigem als geronneneil
Blute. Lungen normal, lufthaltig mit wechselndem Blu g •
Cavum peritonei bei zwei Kaninchen etwas Ascites. Die
meist verklebt. Magen mehrfach ecchymosirt. Nieren
Kaninchen Corticalsubstanz sehr blutreich, bei zwel hene
Marksubstanz stark bluthaltig. Bei einem Kaninchen ausgesprochen
parenchymatöse Nephritis und leichte Albuminurie.
Temperatur in .vier Fällen stieg den ersten Tag a i
fiel den anderen Tag auf 38,0, später auf 37,3. n n neben
2. Serie. Die zweite Serie der Ausrottung der g
führten wir im Vivisectorium des physiologischen Insti . •-
unter specieller Leitung des Herrn Professor Gad, der mi g
hafter Sorgfalt sich für diese Arbeit interessirte und um• in 3
Hinsicht mit seinem Rathe unterstützte und control • .... .
grösseren Theil der Operationen, speciell in der ersten Zeit, iu
derselbe persönlich aus. Wir sind dem Herrn zu gro
•verpflichtet. „ . , n Die
Es wurden 40 Thiere behandelt; 38 Kaninchen, 2 Hunde
beiden letzteren Thiere waren für unsere Versuche we . m £J^ nl - ß ij es ’
da der vielen parenchymatösen Blutungen wegen ein
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
8. März.
übersichtliches Operationsfeld nicht geschaffen werden konnte wo
durch es nicht möglich war, die Exstirpation vollkommen zu beenden’
Die Kaninchen wurden eine halbe Stunde vor Besinn der
Operation durch Injection einer Lösung von Chloralhydrat 1*2 Aaua
eine bis zwei Pravazspritzen narkotisirt. Die Narkose wurde stets
vertragen, und ist diese Methode dem Chloroform bei weitem vor-
zuziehen, da bei Anwendung des letzteren häufig sofort Asnhvxie
oder Tod emtntt. F -
Nach Eröffnung der Bauchhöhle und Auspacken der Därme
m gewännt« trockene Tücher beginnt man über der nun sicht-
hären Indien Nebenniere eine vorsichtige Präparation bis zur Vena
cava inferior. Hat man diese neben der pulsirenden Aorta er¬
reicht dann wird sie von der Gegend der Arteria mesenterica inferior
frei präpanrt und das Ganglion coeliacum superius zeigt sich dicht
auf der Vena cava hegend, während das Ganglion coeliacum inferius
etwas nach unten und seitlich links, gewöhnlich in Begleitung-
der oben erwähnten Arteria und Vena mesenterica erscheint
Dies Ganghon ist meist schwächer entwickelt als das superius
Zuweden sind beide Gangha, dicht aneinander liegend, eng ver-
ST Sehr gute Dienste haben uns beim Freipräpariren und
Abheben der Ganglien von der Vene der Ludwig’sche stumpfe
und scharfe Finger — abwechselnd angewendet — geleistet. Nach
Beendigung der Operation wurde wie bei der gewöhnlichen Lapa¬
rotomie unter Beobachtung peinlichst strenger Antisepsis verfahren.
ln der Regel war die Entwickelung der genannten Ganglien
und der angrenzenden nervösen Elemente mässig kräftig, und zwar
1?“ rae ‘ st ™ Thieren gleichmässig, immerhin aber wollte es uns
feinen, dass bei den im Frühjahr und Herbst operirten Thieren
»ich ihis Ganghon kräftiger und stärker entwickelt zeigte. Es ist
k “ um “2 unehmen, dass hier vielleicht ein Zusammenhang
2u < hes™ Jahreszeiten stattfindenden Mauserungsprocesi
(Haarwechsel) ersichtlich wäre. 8 y
Kaninchen, welche einem schnellen Tode erlagen, gehörten
bSf F a e wf U l men S “ rte welche sich i“ ^ Mauserzeit
0 „“, im E ' s wär « aber »“eh möglich, die wenigen, bald nach der
oEwL emge ‘ reten ™. Todesfälle in der That als missglückt«
«lSgen “ vielleicht auch durch Shok verursacht zu be-
nnr LT hatten wir nur ausnahmsweise und dann auch
verzeichnen. Die Wundfläche hatte fast stets
A« taÄchst srfterein. ^ 7Dlat8Se Blutun e en störende ‘-
sowoU e ah«i n HU 0l f e ?? e ? TabeU . 811 sehen ein übersichtliches Bild,
ilauer cnrt w Za J Ü / er , «Pemten Thiere, als auch über Lebens-
dass Hip öd S ® ctloasbefu nd. Die Anordnung ist derartig gewählt.
Xten^h^° l0 r e Lebensdauer und die Gewfchtsver-'
mit besonrWßr . z y e . lte C°ionne den Sectionsbefund umfasst,
der Bauchhöhl« der efcwai g en Veränderungen in
keiten und m der dritten Colonne besondere Schwierig¬
ration sotifÄT if T der Norm bei Ausführung der Opl
werden sollen 9 on *; roUe . der stattgehabten Operation geschildert
die Ce mit *5 e , Gr Wirungund Reihenfolge ist derartig, dass
ebenso die mit „ i^stirpation gesondert beschrieben werden,
coeliacum s^nLn^ 16 ^ 1, i“ 10 z . war zusammen die das Ganglion
betreffenden P Und dann ^ as Ganglion coeliacum inferius
__ Eis tirpation des Ganglion coeliacum superius bei 17 Kaninchen
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
tesas
Gewicht
12.Febr., 6C
17. März =
24 Tage.
1670-1230
HFebr.,g<
15 März =
28 Taj
8 Tage.
23 Ti
“ “ R.”
'ff-
Därme durch dünnflüssigen Inhalt sehr
ausgedehnt. Nebennieren und Mesen-
tenaldrüsen schiefrig verfärbt; letz-
fnm m ^ u /u e seift- Magen wenig ge¬
füllt, nicht lufthaltig.
D p!J m , m '? ten Da ™« machen den
Eindruck hochgradiger Paralyse, in
Partieen stark ausge-
dehnt, theils mit flüssigem, theils
gasförmigem Inhalt. Von Duodenum
-chhesslich den übrigen Darm erfüllt.
D ^?r P^sch. Kaninchen war in
-SÄ** ” nd “
'mmiftiiu** ®JJ 8s *8 ei u dünnem Inhalt
Rectum keine
Alle gangliösen Mas¬
sen auf der Vena
cava inferior fehlen.
Auf der Cava keine
gangliösen Elemen¬
te nachzuweisen,
wohl aber rechts
unten. Die gangliö¬
sen Massen im Be¬
reich der Arteria
mesenterica fehlen
ebenfalls.
219
Operationst&g.
Lebensdauer,
Gewicht
1. März, gest.
24. April =
56 Tage.
1680—1200 g
4. März, gest.
8. Mai =
65 Tage.
1820—1300 g.
12. Mai, gest.
13. Mai =
1 Tag.
1550 g.
21. Mai. gest.
22. Mai =
1 Tag.
1650 g.
10. Mai, gest.
23. Nov. =
196 Tage.
1650—2360 g
12. August.
1630g23.Noi
26. Mai
I. Operation
Ganglion su¬
perius, 8. Dec.
II. Operation
Ganglion in¬
ferius, gest.
9. Dec. =
200 Tage.
1560—2700 g.
Sectionsbefund.
Darm flüssiger Inhalt. Magen Ecchy-
mosen, linke Nebenniere etwas ver¬
färbt.
Dünndarm contrahirt. Coecum stark
tympanitisch; wenig Inhalt. Magen¬
wände dünn, stark glänzend, mit
wenigem Schleim. Urin dunkel.
I Dünndarm stark tympanitisch. Duo¬
denum leer. Coecum gefüllt und
lufthaltig. Im unteren Darm Scybala,
Därme zum grössten Theil mit diarrhö
ischem Inhalt gefüllt. Unten im
Rectum Scybala. Im Magen viel
Ecchymosen, auch an der oberen
dem Zwerchfell anliegenden Seite.
Därme machen einen normalen ge¬
sunden Eindruck, Dünndarm weiss-
lieh rosa gefärbt. Dickdarm breiig
gefüllt. Keine Diarrhoe. Neben¬
niere bräunlich gefärbt. Blase über¬
mässig ausgedehnt, gefüllt, faust¬
gross. Urin klar. Magen nicht luft¬
haltig, mit ziemlich viel trockenem
verdautem Inhalt. Starker Nasen-
katarrh, mit eitrig dickem Schleim
In der Bauchhöhle viel Blut, theils
flüssig, theils geronnen. Namentlich
auf der Vena cava zahlreiche Blut¬
punkte. Därme blass, zum Theil
f efüllt. Leber fettig, gross. Magen
lechymosen der Schleimhaut.
24. Mai, gest.
28. Mai =
5 Tage.
2000 g.
19. Oct., gest.
20. Oct. =
1 Tag.
1580 g.
22. Oct., gest.
23. Oct. =
1 Tag.
1670 g.
2. Nov., gest.
4. Nov. =
2 Tage.
1550 g.
5. Nov., gest.
5. Dec. =
31 Tage.
1650-1250 g.
9. Nov., gest.
10. Nov. =
1 Tag.
1950 g.
14. Nov., gest.
13. Dec. =
29 Tage.
1650—1620 g.
Nichts besonderes.
Unterhautzellgewebe ödematös infil-
trirt. Zahlreiche Ecchymosen im
Magen. Wahrscheinlich infolge star¬
ken Carboisäuresprays äusserlich an
geätzt.
Dünndärme in grosser Ausdehnung
mit Luft angefüllt, ohne merklichen
Inhalt; collabiren bei Punction. Dick¬
darm breiig angefüllt. Magen ge-
röthete Schleimhaut; ziemlich er¬
weicht, mit Ecchymosen. Frischer
Inhalt, Thier bis zuletzt gefressen
Därme diarrhöisch; collabirt. Keine
Scybala. Im Magen wenig Luft.
Geringe peritonitische Auflagerun¬
gen. Etwas seröse Flüssigkeit.
Därme starke Diarrhoe. Koin Meteo¬
rismus; collabirt. Leber Narben,
vermuthlich durch Parasiten ent¬
standen. Magen klein, ohne Ecchy¬
mosen, dünnflüssiger Inhalt.
Därme mit flüssigem, braunem diar-
rhoischemInhalt; namentlich Coecum
und Dickdarm. Magen voll unver¬
dauter Speisereste.
Starke Diarrhoe, Därme lufthaltig in
grosser Ausdehnung.
Bemerkungen.
Das obere Ganglion
fehlt. Das untere
ziemlich gering ent¬
wickelt.
Ganglion war sehr
stark entwickelt;
bei der Operation
wurde derSplanch-
nicus mit durch¬
schnitten.
Ganglion war sehr
stark entwickelt.
Ebenfalls Lymph-
gefässe stark ge¬
füllt.
Das Ganglion supe¬
rius fehlt vollkom¬
men. Das inferius
erscheint stark ver»
dickt, vergrössert,
gleichsam vicari-
lrend.
Bei der zweiten
Operation entstand
durch zufälliges
Zucken des Thieres
ein Hämatom und
durch starke Blu¬
tung wurde Opera¬
tionsstelle, die be¬
reits bis Gangl. int
freipräparirt war,
verfärbt, so dass
Differenzirung nicht
mehr möglich war.
Auch bei Obduction
war deshalb von
gangliösen und ner¬
vösen Elementen
nichts zu unter¬
scheiden.
Ganglion war sehr
stark entwickelt.
Beide Ganglien lagen
dicht zusammen.
Nur das obere, ohne
Blutung exstirpirt.
Bei Lebzeiten war
schon Diarrhoe zu
constatiren gewe-
Heftige Diarrhoe.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10
Opcrationstag,
Lebensdauer,
Gewicht.
22. Februar,
gest. 23. Febr.
= 1 Tag.
1. März, gest.
21. März =
20 Tage.
1420—1200 g.
3. März, gest.
4. März =
1 Tag.
9. März, gest.
3. April =
25 Tage.
1750—1500 g.
10. März,
gest. 10. März
Nachm. =
- 7a Tag.
15. März,
gest. 17. März
= 2- 3 Tage.
Totalexstirpation des Ganglion coeliacum.
30. April,
gest. 1. Mai
= 1 Tag.
2220 g.
2. Mai, gest.
3. Mai =
1 Tag.
2070 g.
5. Mai, gest.
5. Mai Abends
= 17s Tag.
14. Mai, gest.
14. Mai =
7a Tag.
15. Dec., gest.
18. December
= 3 Tage.
1838—1650 g.
17. Dec.. gest.
31. December
= 14 Tage.
1700—1280 g.
7. Jan., gest.
8. Januar =
1 Tag.
1650 g.
Sectionsbefund.
Duodenum ödematös gequollen. Därme
zum Theil meteoristisch aufgetrieben.
Magen enthält geformte Kothmassen,
die keine Stärkereaction ergeben.
Schleimhäute Ecchymosen. Keine
Peritonitis.
Darm zum Theil mit breiigem Inhalt
erfüllt. Rectum Kothballen. Magen
ohne Ecchymosen. Nebenniere links
zeigt einige Höckerehen.
Keine Peritonitis. Därme enthalten
reichlich flüssigen Inhalt. Magen
Ecchymosen und einige fragliche
Kothballen, sonst mit frischer Kleie
ungefüllt.
Darm enthält flüssige diarrhoische
Massen; unten Scybala. Magen
mässig viel frische Nahrung. Linke
Nebenniere schiefrig.
Der zu kurzen Lebensdauer wegen
nichts zu bemerken. Zahlreiche
Ecchymosen bis Linsengrösse in der
Nähe des Pylorus.
Der ganze Darm ist angefüllt mit
flüssigem, sehr wässrigem Inhalt, Im
Rectum Scybala. Magen zahlreiche
Ecchymosen der Schleimhautdrüse
und J^ylorus.
Darm mit diarrhoischem Inhalt er¬
füllt. Unten Scybala. Magen zahl¬
reiche Ecchymosen.
Bemerkungen.
Bis zur rechten Ne¬
benniere alles Fett
und Nervengewebe
weggenommen.
üpe rationstag,
Lebensdauer,
Sectionsbefund.
Gewicht.
Beide Ganglien waren
eng zusammenlie¬
gend und sind in
toto entfernt.
perius, gest.
21. April =
420 Tage.
1680—2310
1850 g.
7. Mai, gest.
12. Mai =
5 Tage.
1550—1310 g.
25. Mai, gest.
31. Mai =
6 Tage.
1580—1400 g.
Das ganze Ganglion
fehlt.
Das ganze Ganglion
entfernt, bis nach
oben zur Leber hin.
Darm zum Theil dünnflüssiger Inhalt. Bei der Operation
Im Magen einige Ecchymosen. Ganz zeigte sich der Darm
geringe Spur von Peritonitis. meteoristisch.
Därme mit Luft und flüssigem Inhalt
erfüllt. Starke Diarrhoe. Magen
Ecchymosen, Keine Peritonitis.
Der kurzen Lebensdauer wegen nichts Beide Ganglien waren
Bemerkbares. nicht zu isoliren.
Dünndärme reichlich flüssiger Inhalt, j
sehr blass. Im Rectum Scybala.
Magen gross, voll, lufthaltig mit
geringen Ecchymosen. Blase wenig
gefüllt.
Därme collabirt, mit gelbflüssigem
diarrhoischen Inhalt gefüllt. Unten
im Dickdarm erweichte Scybala. Milz
sehr klein, atrophisch. (Leber normal.)
Blase ziemlich gefüllt. Urin enthält
weder Albumen noch Zucker. Magen
einige Ecchymosen.
Därme mit dünnflüssigem Inhalt er¬
füllt. Auch äuss erlich Diarrhoe be¬
merkbar.
Exstirpation des Ganglion coeliacum inferius.
Operationstag,
Lebensdauer,
Gewicht.
21. Februar,
gest. 22.Febr.
= 1 Tag.
1670 g.
24. Februar
I. Operation
Ganglion in¬
ferius, 28. Nov.
II. Operation
Ganglion su-
Sectionsbefund.
Duodenum und ein ca. 20" langes
Darmstück mit dünnen diarrhoischen
Massen erfüllt. Ebenso Dickdärme.
Im übrigen Darmtractus stark inji-
cirt, zum Theil Meteorismus. Zahl¬
reiche Ecchymosen des Magens, der
mit Speisen gefüllt ist. Im unteren
Theil desselben eine grosse Quantität
Koth.
Därme in gutem Zustande. Kein Me¬
teorismus. Keine diarrhoischen Er¬
scheinungen. Coecum erfüllt mit
gut verdauten Massen. Magen klein,
ohne Luft, wenig Inhalt. Blase ent¬
hielt trüben Urin. Kein Eiweiss.
Bemerkungen.
ivein ZiUCKoi. «wiuu ‘-
nieren normal. Leber dunkelbraun.
Därme zum Theil contrahirt. Geringe
diarrhoische Erscheinungen. Ge¬
ringe Peritonitis.
Bemerkungen.
Adhäsionen mit der
Scheere gelöst.
Beide Ganglien waren
nicht zu isoliren.
In toto entfernt.
Lymphgefässe zer¬
rissen.
Ganglion sehr ent¬
wickelt und zusam¬
menhängend. In
toto entfernt.
Bei der Obduction
keine Spur von
Ganglion mehr vor¬
handen. Vene in
ziemlicher Ausdeh¬
nung frei. Ganglion
war sehr stark ent¬
wickelt.
Ganglion ziemlich
zusammenhängend.
Bei der Operation
entstand eine reich¬
liche Blutung.
rhoe. An der Ope¬
rationsstelle imVer-
lauf der Arteria me-
senterica verdickte
Stränge.
Bei der zweiten Ope¬
ration zeigt sich das
obere Ganglion sehr
stark entwickelt.
Ein Theil’ des Diok-
darms mit Perito-
25. Mai, gest. Därme lufthaltig, diarrhoisch. Unten
31. Mai = im Darm Scybala. Oben stark diar-
6 Tage. rhoischer Inhalt. Nebennieren
1580—1400 g. verfärbt. Magen mit schleimigen,
wässrigen Mengen angefüllt. Leber
stark parnsitenhaltig. Blase leer,
collabirt. „ „. , rv .
26 Februar, Därme mit flüssigem Inhalt erfüllt. Gans tobe Dn,-
trest 11 März Magen lufthaltig, mit Chylus ange- rhoe. An der Ope-
g = 14 Tage füllt. Schleimhaut zeigt cadaveröse rationsstelle lmVer-
1785—1470 g. Veränderungen. Nebennieren ver- lauf der Arteria me-
1785 4/ug. veran senterica verdickte
31. Oct., gest. Därme stark aufgetrieben, sehr wenig tränge.
5. November flüssiger Inhalt. Augenscheinliche
= 5 Tage. Darmparalyse. Magen dünnwandig;
2200 g. zum Theil blasenartig, durchsichtig.
Auf Eiweiss, Zucker und Aceton haben wir ausserdem noch
vier Kaninchen, und zwar das Aceton nach der Methode von Legal
u a untersucht. Bei dem ersten Kaninchen, welches zehn Tage
lebte, fand sich in den ersten fünf Tagen keiner der genannten
Stoffe. Vom sechsten Tage an wurde Aceton im Urin nachgewiesen.
Beim zweiten Kaninchen, dem vor 22 Tagen das Ganglion total,
und zwar mit Durchreissung einiger Lymphgefässe exstirpirt wurde,
fanden wir weder Zucker noch Eiweiss, dafür aber am dreizehnten
Tage Aceton in kleinen Quantitäten. Beim dritten Kaninchen mit
totaler Exstirpation des Ganglion wurden ebenfalls Spuren von
Aceton, und zwar vom siebenten bis zehnten Tage, und Spuren
von Eiweiss am elften Tage nachgewiesen. Beim vierten Kaninchen,
welches aber schon am vierten Tage von einem Hunde todtgebiss
wurde, fand sich keiner von den genannten drei Stollen.
Gehen wir auf die Resultate ein, die wir aus unseren Ver¬
suchen ziehen können, so ergiebt sich folgendes: ,,
1. Die Ganglia coeliaca gehören zu den schmerzempfindlichsten
Organen. Schon geringe mechanische Reizungen erzeugen sowom
bei noch nicht völlig eingetretener Narkose als auch am Ende
derselben Zeichen von Schmerzen, wie sich dies auch nacü den
Experimenten von Joh. Müller ergab.
2. Die nach der partiellen Exstirpation zurückgebliebenen Gan¬
glien hatten sich in einigen Fällen kräftiger entwickelt, woraus
möglicherweise geschlossen werden kann, dass diese Kestgangnen
vicariirend für die exstirpirten fungiren.
3. Weder die Quetschung noch die Ausrottung der Ganglien
führt einen raschen Tod herbei. Wärend nach Pincus und Samue
die Thiere 15—30 Stunden, nach Krause nur zwei Stunden die
Operation überlebten, blieben unsere Thiere bis auf einzelne vi
länger am Leben. _ . fon
Folgende Uebersicht ergiebt die Lebensdauer der operirwm
Kaninchen: . „ . ,
Von den 17 Thieren, bei denen die Totalexstirpation erfolgte,
lebten 7 Thiere nur 1 Tag, 2 Thiere 3 Tage, 1 Thier 14 Tage,
3 Thiere 20—25 Tage, 1 Thier 4 Tage, 1 Thier 10 Tage, 2 über
30 Tage. • . . . f
Bei 17 Thieren wurde nur das Ganglion supenus exstirpir .
Die Lebensdauer betrug:
bei 5 Thieren 1 Tag,
„ 1 Thier 2 Tage,
« 1 « 5 .
n 1 n 8 „
„ 5 Thieren 20—30 „
„ 1 Thier 56 „
„ 1 „ 63 „
„ 1 „ 196 „
„ 1 „ 200 „
Summa 17 Thiere : 463 = circa 27 Tage.
Die Zahl der Exstirpationen des Ganglion inferius betrug 6.
Es lebte 1 Thier 1 Tag, 2 Thiere 5 Tage, 1 Thier 6 Tage, 1 lhier
14 Tage, 1 Thier 10 Monate. , •
Als besonders interessant hervorzuheben sind zwei lniere,
denen die Totalexstirpation in zweiPhasen ausgeführt wurde, indem
eine mal zuerst das Ganglion inferius und mehrere Wochen später a
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
8. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
221
Ganglion superius entfernt wurde, und bei dem zweiten Thiere in
umgekehrter Reihenfolge.
4. Einen Haupteffect bildet die stark hervortretende Parese
der Därme, meist verbunden mit Diarrhöen und starkem Meteo¬
rismus. Wie auch schon Joh. Müller beobachtete, hatten Rei¬
zungen der Ganglien den Erfolg, dass die nach Eröffnung der
Bauchhöhle nachlassenden oder ganz aufhörenden peristaltischen
Bewegungen des Darms sich wieder einstellten. Diese Thatsache
lässt wohl den Schluss zu, dass, während der Nervus splanchnicus
nach Pflüger’s Versuchen den Hemmungsnerv für den Darm
büdet, speciell das Ganglion coeliacum die Bewegung des Darms
bewirkt; so dass also ein ähnliches Verhältniss zwischen dem
Nervus splanchnicus und dem Ganglion coeliacum besteht, wie
zwischen dem Nervus vagus und dem sympathischen Ganglion des
Herzens.
Da nun somit der Darmtractus als das meist afficirte und in
seinen Functionen gestörte Organ betrachtet werden musste, so
war es selbstverständlich indicirt, zu untersuchen, ob etwa die ner¬
vösen Elemente der verschiedenen Membranen des Darmes irgend
welche pathologischen Veränderungen mikroskopisch nachweisen
Hessen. Zu dem Zwecke wurde von den Thieren mit der grössten
Lebensdauer der Darm aus verschiedenen Regionen kurz nach dem
Tode mittels Goldmethode gefärbt und maeerirt, um die einzelnen
Membranen zu trennen und oiner genauen histologischen Unter¬
suchung zu unterziehen.
Die Technik war hierbei die folgende, von Ran vier angegebene:
Zunächst legt man die kleinen aufgeschnittenen Darmstückchen in
eine Lösung von 1 Ameisensäure in 2 Aqua. Nach kurzer Zeit,
V 2 —1 Minute, bringt man die Stückchen in eine l°/oige Goldchlorid¬
lösung, worin sie circa 15 Minuten verbleiben bis zur Gelbfärbung.
Dann bringt man sie in verdünnte Ameisensäure eine zeitlang im
Finstern und überträgt sie schliesslich für 24 Stunden in reine
Ameisensäure, ebenfalls in einem dunklen Raum. Hierauf maeerirt
man, trennt die einzelnen Schichten und untersucht die Nerven¬
gebilde. Auf diese Weise erhält man gute übersichtliche Bilder des
Auerbach’schen und Meissner’schen Dannplexus, deren Unter¬
suchung uns von besonderer Wichtigkeit erschien. Es w r ar aber
durch diese Art der Behandlung insofern eine Alteration der Nerven-
gobüde eingetreten, als es unmöglich wurde, Degenerationen oder
ähnliche Processe mit Sicherheit wahrzunehmen, weil das sonst voll¬
saftige Aussehen der Nervenzellen unter dieser Methode leidet und
sich verändert.
Auch die folgende von Kühne 1 ) veröffentlichte Methode zur
(Untersuchung der Nervenendigungen wurde aufs sorgfältigste für
die Darstellung der Ganglien zu verwerthen gesucht. Die Darm-
stfleke wurden für einen bis mehrere Tage in schwefelige Säure ge¬
legt. Darauf mehrmaliges Aufkochen in Aqua destillata, nach
jedem Aufkoehen erkalten lassen oder kaltes Wasser zufügen, mit
nachfolgender Färbung in Pikrinsäure oder Vergoldung.
Wir haben nach eben beschriebener erfolgter Maceration meist
die Goldbehandlung vorgezogen, und zwar in folgender Weise: Auf
10 ccm Wasser ein bis drei Tropfen einer l°/o igen wässerigen
(loldehloridlösung, in diese die macerirten Darmstückchen einlegen,
nach ein bis zwei Minuten die überflüssige Goldlösung abgiessen,
nachher waschen, in Wasser mit einem Tropfen Essigsäure erhitzen
ns zum Sieden (!), darauf Glycerinwasser mit etwas Essigsäure
zum Einschliessen.
Auf diese Weise erhielten wir vorzügliche Bilder des ge¬
wünschten Darmplexus, waren jedoch auch hierbei nicht imstande,
irgend welche Degenerationsprocesse in denselben mit Sicherheit
nachweisen zu können.
Hiermit stehen wir also im Gegensatz zu den oben angeführ¬
ten Behauptungen von Bonome.
. ^ le nac h der Operation anfänglich trotz der zuerst ge-
8 €1 8 er ten Fresslust eintretende Abmagerung, welche auch von den
anderen Autoren beobachtet wurde, verschuldet sehr wahrscheinlich
ie meist nicht zu vermeidende Durchschneidung oder Zerreissung
er strotzend gefüllten, die Ernährung vermittelnden grösseren
jymphgefässe in der Gegend der Ganglien. Da auch hier mit der
ei die erhaltenen Lymphgefässe die Function der fehlenden über-
an p en ' u° s *? fclrt s P ä tor die Abmagerung, und die Thiere nehmen
nho | t e . w [ c J* wieder zu — wie dies schon Adrian und Schiff be¬
obachtet habon.
a °* ^. e Ganglia coeliaca gehören zu den für’s lieben nöthigen
nach n f n n enü ^. e * ^ en Thieren, welche mehr oder weniger längere Zeit
Gamrl* er Y® ration sterben, konnte anatomisch ausser dem Defect der
ein * ei ?, e ant * ere Todesursache constatirt werden. Dass aber
dem T i°i^ ausa teexus zwischen dem Defect der Ganglien und
welch«« 6 bestan( *’ wurde wohl dadurch bewiesen, dass die Thiere,
_ nur ein Ganglion exstirpirt war, viel länger am Leben
l ) Zeitschr. f. Biologie von Kühne und Voss. Bd. XIX, Heft 4.
blieben, als diejenigen, bei welchen beide. Ganglien entfernt waren.
Von den ersteren erreichten einige Kaninchen die Lebensdauer von
30 Tage, bei den letzteren lebten mehrere Thiere 200 und 300 Tage.
Schliesslich wollen wir noch hervorheben, dass wir, wie schon
unsere angeführten Experimente ergeben, Leber, Milz und die
Nervengeflechte der Unterleibshöhle, wie Plexus mesentericus, renalis
etc. nicht in den Beroich unserer Beobachtungen zogen und des¬
halb derartige Angaben über diese Organe weder bestätigen noch
negiren könpen.
Die Albuminurie bei einem einzigen Kaninchen kann ebenso
wenig wie die in der ersten Serie unserer Versuche beobachteten
sechs pathologischen Processe in den Nieren einen allgemeinen
Schluss zulassen.
Ebenso möchten wir betonen, dass wir mit Sorgfalt be¬
müht waren, die die Ganglia coeliaca umgebenden kleineren, den
Plexus coeliacus constituirenden sympathischen Ganglien und Ner¬
ven zu schonen, während der grössere Theil der Experimentatoren
bewusst oder unabsichtlich einen Theil der nicht zu den Ganglia coe-
lica gehörenden anderen benachbarten Ganglien, so namentlich die
des Plexus mesentericus in den Bereich ihrer operativen Eingriffe
hineinzog.
Was die Bemerkungen über Melliturie, Albuminurie und Ace-
tonurie betrifft, so haben wir, wie erwähnt, nur bei 4 Kaninchen
den Urin näher darauf untersucht. Wir haben weder Eiweiss noch
Zucker gefunden, doch bei 3 Thieren kleine Quantitäten Aceton.
Stellen wir die Resultate unserer Experimente, i. e. die durch
Quetschung und Exstirpation der Ganglia coeliaca erzeugten Er¬
scheinungen mit den Symptomen des Morbus Addisonii in Parallele,
so möchten einzelne von ihnen sich decken und einen auf hellenden
Blick in die mosaikartige Gestaltung der bisher räthselhaften
Krankheit ermöglichen. Wenn die Zahl der bisher publicirten Be¬
funde nur im geringen Verhältniss zu denen der Nebennieren
steht, so muss man daran denken, dass erst in neuerer Zeit bei
den Sectionen die Aufmerksamkeit auf das Ganglion gelenkt und
dieses untersucht worden ist. Ausserdem scheint aber in diesen
Fällen die mikroskopische Untersuchung, namentlich die nach
Härtung des Präparates in Chromsäure, nicht oft vorgenommen
zu sein.
1. Die in der Regel beim Morbus Addisonii vorhandenen Schmer¬
zen im Epigastrium, Hypogastrium, Hypochondrium und in der
Lumbargegend können wohl von einer Affection des Ganglion her¬
rühren, da dieses eine grosse Empfindlichkeit besitzt.
2. Die Störungen von Seiten des Darms, welche beim Morbus
Addisonii meist vorhanden sind, können durch eine Affection des
Ganglion erzeugt werden.
3. Ein Einfluss des Ganglion auf Chroinatose ist weder bei der
Quetschung noch bei der Ausrottung beobachtet.
4. Ebenso wenig wurde die beim Morbus Addisonii durch¬
schnittlich beobachtete, lange Zeit anhaltende Anorexie constatirt.
5. Der letale Ausgang beim Morbus Addisonii kann durch
Zerstörung der Ganglia coeliaca bewirkt worden.
6. Dem bei 3 Kaninchen nachgewiesenen' Aceton können wir
keine Bedeutung für die Symptome des Morbus Addisonii beilegen.
Die Bedeutung des Aceton, früher überschätzt., verliert ihren Werth,
da es im normalen Harn vorhanden ist.
II. Aus dem Laboratorium der medicinischenKlinik in Breslau.
Ueber Nierenveränderungen bei Sulfonal-
vergiftung.
Von Dr. R. Stern, Privatdocenten und Assistenzarzt.
Während in den ersten drei Jahren nach Einführung des
Sulfonals in die Praxis trotz ausgedehnter Anwendung nur ver¬
einzelte Beobachtungen über schädliche Wirkungen dieses Mittels —-
und diese meist nach einmaliger Einführung zu grosser Dosen —
mitgetheilt wurden, ist seitdem bereits eine ganze Reihe von Fällen
bekannt geworden, in denen nach längere Zeit fortgesetztem Ge¬
brauch von Sulfonal in mässigen Einzelgaben schwere Vergiftungs¬
erscheinungen, mehrfach mit tödtlichem Ausgange, auftraten.
Der klinische Verlauf derartiger Fälle, die trotz mancher Ver¬
schiedenheit im einzelnen doch in vieler Beziehung eine bemerkens-
werthe Uebereinstimmung zeigten, ist in meliroren Beobachtungen
ausreichend beschrieben; ich darf in dieser Beziehung auf die
kürzlich von Käst 1 ) gegebene, zusammenfassende Schilderung ver¬
weisen. Dagegen ist uns die pathologische Anatomie der Sulfonal-
vergiftung bisher fast gänzlich unbekannt.
In 10 von 13 tödtlich verlaufenen Fällen, die Käst (1. cj aus
der Litteratur und nach privaten Mittheilungen zusammenstellen
konnte, fehlt ein Sectionsbericht, in zwei Fällen war der Sections-
') Archiv f. experim. Pathol. u. Pharmacol. Bd. XXXI. 1892.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCM Eä«i«.'H R)FT._ _____ •*“
telW» sehr dhxMs» B 1&4
befund *81%. negativ, in einem Fall« von UeUl. c-rg»b Hi» AuwjisJf . ■
„nichts, was ttir Hi« Brkl&rimg, der V wg!il,migsws<Htmmii.>ri.rt vw • ' U, t „ii a -lr«n nornml.
BwinufcvUi 4 * äNUt, von &dchnö chTöiitstdiftc ivnphntt^
VetHvanhsuftgiro der NierenkapsfU Tniimufc- de* NHmrmmrencbyms’
Seitdem sind Äinveit ich nu* der mir zugänglichen LiRer.Uttr »>r*
sehen konnte,' noch fünf weih** U>dttfdrwia&fcn* fö]lc von
Golune Pia idwa* verdickt. srttUifl. rHojjvhH^rm, «‘Hw** Wl
Brt«iü bucht sklcrodrl um] etwas ausgedehnt, d<» KUmenm >'»*»• .
Die ^rjjojet m riciiirnv icibst m-gmbt k «Mtf* makci^M.piKmu. - --
ftaUerongif«.
däiHschcü Aubrcn, Penr r ) »ml F tTmiuimTnlj*} -tni^ctheilt werden: Dir SecMou cr^nb nonii-t nichts wae als H'dfonidsyt^tmv: \\,uW
fimlol skih fci» Hoetjon^^icht 1 *UßP;*»* werden Jtöftowa. li< todm im Vöi--
BiftC 7{hj«J.yfign f „
. Praxi.« bmMgcm
WHl'düU diu Büti<tjV VPA— <»*r~ ~ ~ „ « „ v V* xr»
Afoup« W«. T>«* «nAai^eU* feund war
dehn.fe Nekro^o dor HarTtcajiükbr'U., «Ifd[ »tfftfhm waitf-m ft»«
AÄV wftrde diopft TWis. da sie nicbi nnhr Wim d
wrd<am»it &k‘hnmO.' wurde das Suifomd tor enu-u oder UK-bmiv fhis
jÄ)®ge ausgeffc&t BV bestand' fnrfcffftswUi Itertnäakigi»
r MiU* däßuat vß^hhiÄfrte Ao\\ der /ruR&ml d$r ö® ‘ .JMWw’
Hotodii TtTJcJmÄy mi»«sh ftftew «aüwchQ«* .dne WnvirrihtMt «nu.
Sdnv^iie mmm ‘Mi. 7 m Mit wokJm jL^ «Utftvn»1 A«r t»ft«U W»«* [
An-. L>2. Xuanur M dem Md»:mdoimlen A^ledb- eiRTuMininbce.-. :
dunkln Fkrbunü des Urins auf,- rr überpuh mir 4?i»«oibcn mt j
MUh 'th, p..;b.. des Uli NI y war duuk'.-t blnuhvb r'.fu tm dir -Fiifbum;
von Burh’Utvb'r oder von dunkler .Rir»dt?in.uee ^ onntienjd «m- UcnUiöü
stAfk suiUiTy Der tlurn kehrte einen <H^enfhünt|idhöii nt&Tiiien !
I, nu }i si,m-mIiI‘ bi vdii !02h brnriu-hr thu-nimn^r bumi
ru vielen 8t<d!rn gmm Brnupmi von .... . ,.. y
mehr cinr Xcmfdrlunjs «u iw¥ ist rver^tunV dm 4-;d»WW): UH*.
direkt imtetviirhb oioen Kr« it'*o St!>iiVn dm in ^*-nso( f.ia;r d<ur.um..jpmn
des' Urobilins' ontspnudu Hi>cwavdoi>iu wm- wvdoj ^p.? < -h*oskn,d5eb : $ßß
dtöffijt- Beitor'seiie Trohe imohweisbaj.*, Uer Bum weder Env»
rmrf. Zucker. Tho Uuter6uchtmg atif UaUenfurhHÜ)«; Aceton upd A.cotcsng- ;
skarn hei ebenftdlH- negativ uns. Mikr^i<k*M.*'‘? i «'h fundc-n sich nur smjgo ;
Imofcoeytru. In einem zwei Tage s|i5it«r lint.ni^uebf «mi Hnrn. Jie3.s sieh
eine Spur Eiweiß mudnvoisem nükioskopiscVi w»re« in diesem; Hwi ävreb
oi«igß ‘ nUygoUvugtt' mibe BluikiH-pejt^en und sehr spärliche.: hynime-/
Cylinder /J? finden. Die kürlmnv des Hunt? wr-mt^r. Intuitiv als ur
dem ucter^urhton Linrn Uie sper-rwskuptsdie rnrcrsur'htmp: orunh
witnier das Vorhainicliscitt von Tlimouii.oiMU'pb^rim
r.ofort- nstuh U e *pslelhim< der HLiomäiopoq.hyrinUrm . ou.-de U;m
isiüionnl tlrünitiv foUgehirsmi^ fg?fc votiifil Pnüdntin tun *^1. d:inm>T m
vollfvuodiges Conia- tu»ob thst 48stöpdiger Umier mit- 4m 'Ü’odf.
endete. vViibroiid des üpmft« war die Athimum wouig bcschlonmg;. ni.tU
tief, (hm f’uJs bis kurz vor dem Tod» voll und gospujyü. Uie> ijroaimjrut*
mkügO dpS (>m kaufe von fünf Ahmuf tuij -vcfbri-iiiihicu Hulfoqals (jtws .sich
nicht' ui.-to pinuu Ihslsiolbm me -MinV m>. ungofM.t h>‘‘ / "' ! > '*.» •
/.ii^rbl;ig(:Ti sein; , . . .
Die äm Tage ruudi dein Tode von Honui Piiv-ntdoi.-enltni Dr. h n ntmaiiii.
mttip’u!blii'to Antop ei e nrgäb:
■' Bdu- mtlreichc Liücho, goriniyet’ i-Amm- ; A Ur.rx md. Fntf hederkt,
AhiMkuiatiiA bfilunbch >relb, ^fnuti, sehr btdU’h-^p vuo Fett fhö’chwftbhsotl.
|Jie KraüzartoruiU sr-urk' skleroairt.
Lungen. Omken.. niHssigos Emphysem, Hyposuso. und t.hbtJweiöi’.
\t<vb?cHi-se in beiden nncerb.ppers. Ureter -der Plonru okii'^0 schieffiiy
iuduvirfr. 8bdb?m
Milz. Nir.bi- Mn-gTö^eri iib:bU;4,5 etnj ziumltch tveidv. dunkelrcoh.
Rechte NiemAVjO.D:4A-3). von blass nd.Ugrancr Fnrbirng, Ziem-
Itcli woidi, OberflUcbe glatt, hier und da siebt: man verkalkte Uinmomlv
und .kleine OyJbton. 'Rinde n« a-Ugemebicu vm-w-hmHlert. Msrkkopci v-r-
klemeid, dufcii dunklree FiU’bung kebaxf »hgesolist. ?Aigty\ -rtdchljche Uulk-
einiagemngeii in .Perm von getblichcn Strichen.
Linke .Niere (10:4,6:0.7 mi). BtwuS dunkler ^tdilrbt, sonst vdu
dersoliicn BesetuiffmihnÜ wie diu feebie: Uijilgc Stellen ihrer Rinde
mgoe etwas 6iärkm*o Hyporümk-.
■- ’* Leber (22:18 -7 ein) BÜrk: verfoHet: mubuii mnige kleine Anütome.
In '<fer. (tttlleabks*.* ein grosser Sictru im Umdns opticus. (Hu mehrere alte
Narben zeigt, kloinorr krflLubehe Conuremontc.
h no^ptlals-Tj'kude jX. 44, .ciürl nach dem K'deraC in.der Omiiseb.m
Mmbbind-Zcitung IHAh.No. 73.
? i Uospits'ijs-Tidhade X. 2H, roforirt. ibid
a ) rhtv;pit,nls-TiÖend'> X% 89. referirt ibub
■) Vorgi. Sa ik vmsk 1 (Zdtsehr. t. pbysiol.. Ohmn. XV i. dessoti. Vor*;
fulireö idionMU -Hflgewcnctefc wurde-
Di.t^r mich SüUou l&ügi^.Uioif- vor dom T'odts lud dbr I^ütintin
benbahUkdo schwnehö Icterns btpg offenbar mit der auch bei der Soc.ih.m
coiiötatirien Cboleliiliiasis zusummon.
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kÄ^f'^sgi- •;:;v^NiV^i?4!5;> ! . - ^ 1
\ ■ ;l%rvvvv" ' : •: ,NX. '. i
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J»ie Acichiumg ist uacb einem uüt Hnmnatoxy.lin geföHdcir l-iiipaiw «ml.
■ . Zoiss Ücular HiObjecl.iv U .mgebyri «gi,
ZnHg 5 -yn.va.su . reut) hier vAÜig uiKicufüeU. nu vjtim bcnmrkt nun«
rti^g^ttcdmb* Doauunmatjon von Epit bedien. Ift jtöuh«f» u Udvue^TtU'u u
ÄtlpfV' Ä». : wtigstem« einigu Zelien. den i u -»♦rbfiltim *tnu. - 1 /
übuäKdl «omiftiw
An den CilomeriiH« Hiklet; mau kein«. ;*öh'< ’nttieHikfktui V nvttnwungi m
Die Knrnh »hf<V, mhM ^ui: gefärbt 7 diu lUpskln .sind m
ruandum Qiomeru.Hs ontluTH. .der Kapselrmun gemige Almsgen uu\n>av *',.u
klTnigcr Pbudunungsionscer): ui? eiiügeyi Stßlhut ünih/n «oh inmiv. fcjouu.
Ob; dicid unter der Rindfe gMcgencsi OidnsS«;. ^dgHb, - bl-SUluiers
itt-''iX , kp'arftt^n. von -.der lihkeiii Niere -- siaä'ko' ; BluftlUluo^; 4 {v_ r e!iizeuic
(mdcn sicL mich kleine RlutäugGii J.n Uewefm Uhu m mH.bm d«!
Hiu-mainübdiHn. RumbelleyJitmrflo ^ind nirgends zu &Mty im »¥’;
sliVinl?« Bifi&gäv;oM h& r M\*&i vm-myhU: die Arterie« äwgtot m0 ^c 0 ’“
becondnr.*. Mi di«» <Ucr Secrotiou di»?!)f»3i^ii'rt Abscdtnitt(‘n der ruiHc
('Htmichoc — He?' einer töxiMr.hn;n Nophritiä (AusSnbeidfinc^
H Trotzdem thiUvuliu.- in .dg« ••ietztbü acht Tugeü kein SnHounJ :tn’i
erhalten baU« , f war Oie diirnlö ttaarnwtjr_ipv>?|)hyrit} bedingte- Farbifng \ es?
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irkUii^h m-zirduU, {m<( «rHinU' von deUwmu
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f’iüvns Mttr.n-fuO, woit Ins wopr^tv s<*jiHM' H;>rh*
ne- nf*j Oe? )-5tnu;l^uiuue Si‘MV.HjtrkuUe«
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i 'iVstiviu. voMfnridii d’-v üu^-j.^i i,u«i w».jlirh das
j kudp »lü! Sf.nnl dun h »Ojuä« öi 0,i'> oh»*n
; Ji?r .l<*r \uli> iiriosfici.,- \\nt-’ aÜn-r vnn 4 Au* l'utiuufJu (lUiünfü)u-t'
J vvX'nitui kutiii. NKiiru.ihi' \tml' von min- 4:o ’Sjiirak*
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nnvni'fo- f'oünitHn iIihv.Ii «fnr» Äpe^’-it -uirt«! stark at<s\v;irt8 rotirt.«»
'XtelJmijyr' >.u ^iuVir, o!i(iö <ijo Dovvv^uue'tai drr XrJmiior. du«. KU-
iiögimr; und du»* Foi^or .^es-t'Qlliefi ?<m vofi-in^fu. und luiin darf
wutO fiofflm, dass durek tuD^v^vi-ztAu (/«luun. li iifc der Vuxpina tioit
vni.y;ug»«wt^iiPndVn Hindmiksu ühoi'winiduvi ivordoi, .
Öfte gnw veiNüIiitttleue An w^utiiHij.wöi^e Jpt* >>pkalfedut
Rolfen Sie; inii din$ntjj ?'\veiO*n kleinen
Ouiguf ui»? v-imori .Ifilirc 0n Daruior Ivrar/kenlutuöe m CariHB
»lut Oihl'ttiKjnld'ung- der oberen Drusl \* iri»-l bohnndoli wir»! ber-
selhfi triigt ein teste.s ;ü»er leirbtus Hl ütz<''i s'-tt ju»t* wuu hem l f "dz,
Uola'firwbt'W^k wd St4rkebiudefi nebst eingein^teii
;in,j Aebseistüeken» \vie ich euielies »uf dev ■•N’.tturCeWvbe-H utSiOntt!-
dnng. m Halle' vorswi^i •und tin'Rnlifiebeo habe, De Düg l'nrüfsv
bfe .vor kniv.m .«len ehentailß m Halb viöi mrr «iernttUHtjirte/i
SiöUkm^en iiU' d^n sToibier initteD \dai?Usdber 25üj?^ an
den A<• Stse"lst’ützen. d?v O'W'fH'IA </ngeh!ingt ^ird, aM die Aür-
hdilü-ng.- seines Leidens 'maobfr bei dieser DeiUantlluög sn ■bwlidäib---
gfuide DürtsrhnttCj dass icflv keinen Grund gehabt davon
abzu^hen, mm mwjv inMtt det Wun«fb naidi ihß^üdreter .xV fis-
öutÄijng aller Torzdgn der Spiralfeder, tu drin Bte öu<?li
nie Kopfträg’er zu bmntMu, veranlagt bitte. ;D?e präbfaöirale
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.DEUTSCHE MEUIOTISCUE WWBENSCERIFT-
«rfcdvemt '4tif .ikn msfew Uled* hiemi sehr &mgjtk
doppelten Vützugv d> lihntK«-AVn.-»'>.'.^}uitu zu. r* 1 -?'
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Apparat int. fertig. L«te bei snuohummler
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Lag.©- ziiru('k,'t!ebe.n, in An¬
wendung 7 M bringen. Etil* \m-
deraniibi’ticlie Jiabe kdi fjistül*?«-
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hier vön&igw (ver.gl. Fig- />)-,
\iütl ilie Selrieoe hat Sieb bereits
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ru KTuv,-,hen. mit bödfUtmdei’
Neigung zu ■ bajn«©tÄW#r
Verschiebung gut bewahrt, m-
Uem eie du; Diskuuüon nun'h
ihren ©1 AstiseUen Widerntaml
überwand Hiermit. .v;üi n:b
jedrudi meine Mit-Umilun^ti
über die oldrabirabtvei’bifcßib'
srhHe & eün« -oml uiebL
alte Afiwendu ngswetäen clei'Beb
beü Weife mitgetbeilt ^b
rumdem, weil,, wie ich giaubt,
- thv JaiieiysHe: an dem Gegen¬
stand erschöpft idi.
swdrbeb;üiieä geeignet., während mau ht
puHfÄfff** ™ ,t0eiu,um' drüliecen;- Btutz^bpHfütv. HfrJf'heV
umlüfikiHt' ÄÄÄL •üfetgöhmi- .
- dchg. du^eb die btäft r hn©k*me umg^tutinng
yucktmddüruugw sjUraJu gAWonuen
goringm- fiteren» wh keli.iig. um _cte auch
IV. Üeber subphrenischen Echlnocoecus. 1 )
Voa Pnv.-Dw. Cr, Ba. Hofl'nuwiu üi Unuiswiiia
i >i<' subldireiiistdibfi t{< bitiui'.n‘U:Oii, d h ; dtejeuignij }ib v v^enw m
weküue >i‘ h beim AVeWorvvHulisen an dir Übermüden der
linupi.KHublod) nach oben, aW gegen des Zymebfeb bm tvn^n^
— diu gkücbmi VethfUtümse bei der Mil» lassen, jive hmr m’ » *»
Beü-m-kt.uug - brauspruehei! wegen ihrer iiesouderUmtmi »nwj
in, dingnosiisfliep wie in tlmraheu übdim* Um/iehhüg v ‘ )} l f > -
Imtmre; H?uo. iceeo eiiif l>£m».mdrro B'^ehtaug. . (
Dir Lbuiuoxc ist *< bwim-ig, \vgiL m-)\ dirsr Euhrnommce.! m
Evtunmvntwit’kebr deruusprr{dtvsjkajisvluurljnfershühiiugsme m-
^ zugäugticb m Wtoond Mm pvvöbhlieiwm
Lebet nach unten rückt um.! die der _Btt.ncUwaml smb
Hübet- oder spüt.m* um tu oder wmuigcr deutikh nlwprali .
iupun /a\ iedhirmt ist, blie Frpnitmiiuugmi mtnde^umn anr ) _
kruuiaing Um T^brr idnwdw», wird Imin» ^ubjdtwujt'r.bem,.u .
m/oj.s ilie Le))«i weuigev mith uhUuj gedrhugr, als vteM.
u Yeiärag, gehabeu inrGretf^Wftldhit mv'Ur»H.i?cU©n ^ 1- •
8. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
225
Zwerchfellskuppe nach oben. Hierbei ist der kegelförmige Tumor
zunächst noch von Lungengewebe umgeben, die physikalischen Er¬
scheinungen weichen, wenn wirklich eine Untersuchung vorge¬
nommen wird, wenig von der Nonh ab. Es entwickeln sich daher
zuweilen derartige Echinococcen fast unvermerkt und veranlassen
erst, wenn sie zerfallen und Fieber und Schmerzen machen, dass
die erkrankte Körpergegend untersucht wird. Auch später, wenn
die Cyste und mit ihr der Dämpfungsbezirk grösser wird, macht
die genauere Diagnose noch Schwierigkeiten, da Verwechselungen
mit Erkrankungen des Pleuraraumes möglich sind, und zwar mit
einem pleuritischen Exsudat oder einem intrathoracalen Echino¬
coccus.
Bei der Unterscheidung von einem pleuritischen Erguss
giebt zunächst die Anamnese einen werthvollen Anhalt, indem eine
Pleuritis acut beginnt mit den bekannten Seitenschmerzen und
anfangs vorhandener Athemnoth, während der Echinococcus ganz
allmählich sich entwickelt, manchmal ohne Schmerzen, meist mit
zunehmenden irradiirenden Schmerzen und stetig zunehmeuder
Athemnoth, die sich bis zur Erstickung steigern kann.
Die Aspection ergiebt beim Exsudat eine gleichmässige, fass-
förmige Erweiterung des Thorax, während beim Echinococcus die
Erweiterung eine mehr glockenförmige ist durch Vergrösserung der
unteren Apertur, oder eine circumscripte, nur eine Wand be¬
treffende, wenn sich der Echinococcus vorzüglich nach dieser hin
ausdehnt. Von besonderer Wichtigkeit ist die Percussion, welche
heim Exsudat eine geradlinige Begrenzungslinie der Dämpfung er¬
giebt, die sich eventuell bei Lageveränderungen des Patienten
ändert, während beim Blasen wurm die Begrenzungslinie eine fest¬
stehende und bogenförmige ist, so dass, je nachdem der Echino¬
coccus mehr an der vorderen seitlichen oder hinteren Wand des
Thorax emporgewachsen ist und derselben anliegt, die Dämpfung
vorn, seitlich resp. hinten am höchsten emporreicht.
Sollte trotz Berücksichtigung des Gesagten noch Unsicherheit
in der Diagnose bestehen, dann würde eine Probepunction alle
Zweifel heben. So harmlos eine solche jedoch, unter antiseptischen
Maassregeln ausgeführt, bei einem pleuritischen Exsudat ist, so
verhängnisvoll kann sie bei einem Echinococcus werden. Einmal
können bei einem erweiterten Sack, wenn die Wandung desselben
mit dem Zwerchfell nicht verwachsen ist, Infectionsstoffe in die
Bauchhöhle, oder wenn diese Verwachsung vorhanden ist, in die
Pleurahöhle dringen und so zu eitriger Peritonitis oder Pleuritis
führen, andererseits wirkt auch die Flüssigkeit eines nicht ver¬
eiterten Echinococcus toxisch, wenn sie beim Eindringen in die
Brust- oder Bauchhöhle zur schnellen Resorption kommt, und
schliesslich kann es auch durch Eindringen lebendiger Scolices zur
Weiterverbreitung der Echinococcuskrankheit in der Peritonealhöhle
kommen, ein Ereigniss, das durch das multiple Auftreten der
Echinococcen meist trotz aller Eingriffe zum Tode führt.
Zu dem Ausfliessen von Inhalt aus dem Echinococcussack wird
Ps um so leichter kommen, als derselbe zuweilen unter sehr hohem
Drucke steht. Man wird also die Probepunction nie zu machen
haben, wenn es sich um muthmaasslich vereiterte Echinococcen
handelt, und sie auch in den anderen Fällen durch genaue Unter¬
suchung unter Berücksichtigung des oben Gesagten zu umgehen
suchen.
Ausser mit pleuritischem Exsudat kann, wie ich schon sagte,
<lor subphrenische Echinococcus auch mit einem supraphrenisch
gelegenen verwechselt werden. Die Aehnlichkeit beider besteht in
der bogenförmigen Dämpfungslinie, der circumscripten Ausdehnung
des Thorax, der allmählichen Entwickelung des Leidens. Die
Differentialdiagnose wird sich hauptsächlich darauf zu gründen
naben, dass beim subphrenischen Sitz die Leber weniger nach unten
gedrängt wird, als vielmehr die Zwerchfellskuppe nach oben. Die Be¬
wegungen des Zwerchfells werden durch den zwischen dasselbe und
nie Leber eingeschobenen Tumor eingeschränkt. Die Leber folgt
^ geringem Grade den Athembcwegungen. Schliesslich kann
< ie Dehnung der Zwerchfellskuppe so hochgradig werden, dass die
e reffende Zwerchfellsseite durch Druck atrophisch wird. Es wird
ann die merkwürdige Erscheinung auftreten, dass bei der Inspi-
a ^ e ^ er un( * mit ihr die Dämpfungslinie nach oben
ext, da das Zwerchfell angesogen wird, während bei der Exspi-
Umgekehrte cintritt. Bei dem in der Thoraxhöhle gele-
nip T ™ ococcu s wird, wie beim pleuritischen Exsudat, ähnliches
n , ultr ? teu - E® wird mit dem Wachsthum des Tumors die Leber
ul unten gedrängt werden. Sie folgt wie das Zwerchfell den
numr« eW ^T Dgen ' ^ anc Bmal werden auch hepatische Erschei-
jp ? n ; wie Ipterus, das Fühlen einer cystischen Anschwellung an
luoh 6 - 6r ’ au * ^ en ^ es Leidens hinweisen. Schliesslich kann
führen 111 * ? Wa au . s ^ ölirte Probepunction die Entscheidung herbei-
die pi« k 0 i einer supraphrenischen Flüssigkeitsansammlung
bei i? l l wä ! lreild der Exspiration stärker ausfliessen wird,
subphrenischen dagegen während der Inspiration.
Die in dem Thoraxraum gelegenen Echinococcen, welche hier
für die Differentialdiagnose mit subphrenischen in Betracht kommen,
können sowohl pleurale wie in der Lunge gelegene sein. Letztere
müssen jedoch, um hier in Frage zu kommen, die Thorax wand
erreicht haben und daselbst eine mit der Leberdämpfung con-
fluirende Dämpfung machen und dürfen noch keine Lungenerschei-
nungen, wie Expectoration von Blut oder Echinococcustheilen, ge¬
macht haben. Ob in solchem Falle dann ein pleuraler oder ein
Lungenechinococcus vorliegt, wird sich vor der Operation kaum
feststellen lassen. Von zwei von mir operirten und hier im me-
dicischen Verein demonstrirten Fällen von Lungenechinococcus
konnte bei dem einen erst während der Operation mit Sicherheit
der Sitz im Lungengewebe festgestellt werden. 1 )
Ist nun unter Berücksichtigung des Gesagten der subphrenische
Sitz des Leidens festgestellt, so kann, wenn man aus hier nicht
zu erörternden Gründen annehmen muss, dass es sich um eine
eitrige Flüssigkeitsansammlung handelt, noch die Differentialdiagnose
zwischen Echinococcus und subphrenischem Abscess anderer Ursache
Schwierigkeiten machen.
Wir werden hierbei zu berücksichtigen haben, dass beim sub¬
phrenischen Abscess meist nachzuweisen ist, dass eine Erkrankung
des Magens oder eine mit Abscessbildung verlaufende Leher-
erkrankung vorangegangen oder noch vorhanden ist, dass ferner
Compressionserseheinungen der Lunge nie in so hohem Grade auf¬
treten wie beim Echinococcus. Doch wird in manchen Fällen die
Differentialdiagnose schwer oder gar nicht zu stellen sein.
Wie für die Diagnose, bieten die subphrenischen Echinococcen
auch für die Behandlung besondere Schwierigkeiten gegenüber den
anderen Leberechinocoecen. Während man bei letzteren in der
Regel in der Weise verfahren kann, dass man durch die Bauch¬
wand direkt auf die Cyste einschneidet, dieselbe mit der Bauch¬
wand vernäht und sie ein- oder zweizeitig incidirt — eine Ope¬
ration , die meist zu den leichtesten der Bauchchirurgie gehört —,
kann man beim subphrenischen Sitz desselben nur dann von der
Bauchhöhle an den Echinococcus heran, wenn sich derselbe mehr
auf dem vorderen Theile der Leberconvexität entwickelt hat oder,
vermöge seiner Grösse die Leber in Anteversionsstellung bringend,
sich an der Vorderfläche dieses Organs nach unten vorgedrängt
hat. Man kann dann nach Landau 2 ) in der Weise verfahren,
dass man unter dem Rippenbogen eindringt, die Anteversions¬
stellung der Leber noch vermehrt, ihren Rand mit dem unteren
Wundrand vernäht und dann nach oben dringend den Sack er¬
öffnet. Ob man den Schnitt mehr am vorderen oder mehr an den
seitlichen Theilen des Rippenbogens macht, hängt von der Lage des
Tumors ab, der sich einmal mehr nach vorn, ein anderes Mal mehr
nach der Seite entwickeln kann. Sitzt aber der Echinococcus auf der
Höhe der Convexität oder mehr an der hinteren Fläche der Leber,
dann kann man nur durch den Pleuraraum und das Zwerchfell in
die Cyste gelangen. So wurde unter anderen von Volkmann 3 )
und Israel 4 ) verfahren. Das Ungünstige dieses Vorgehens besteht
einmal, wenn keine Verwachsung der Pleurablätter vorhanden ist,
in der Eröffnung der Pleurahöhle, welche dadurch der Infection
besonders bei vereitertem Echinococcus ausgesetzt wird, und ferner
in der Läsion des Zwerchfells. Ersterer Gefahr begegnet man, ab¬
gesehen von dem selbstverständlich streng aseptischen Operations¬
verfahren, am besten dadurch, dass man mehrzeitig verfährt. Man
macht zunächst die Resection einos Rippenstücks und lässt durch
Tamponade oder besser Vernähung eine Verwachsung der Pleura¬
blätter eintreten, dann erst dringt man durch das Zwerchfell auf
den Sack ein. Stellt sich heraus, dass auch zwischen diesen letz¬
teren keine Verwachsung vorhanden ist, so kann man, wenn man
ganz vorsichtig sein will, zunächst eine Vernähung derselben aus¬
führen und erst in einem dritten Act die Cyste eröffnen. Bei ver¬
eitertem Echinococcus wird jedoch meist eine \ erklebung vorhanden
sein, und im anderen Falle wird, bei dem guten Anliegen der beiden
zu vereinigenden Flächen, eine Vernähung meist genügen. So wird
man also meist mit einer zweizeitigen, manchmal wohl auch mit
einer einzeitigen Operation auskommen.
Vor vier Jahren stellte an dieser Stelle Prof. Loebkor 5 ) einen
Fall von subphrenischem Echinococcus vor, bei welchem die Opera¬
tion von der vorderen Bauchwand aus ohne Schwierigkeit ausgeführt
werden konnte. Heute erlaube ich mir, Ihnen eine Patientin vor¬
zustellen, bei der ein solches Vorgehen unmöglich gewesen wäre und
durch den Thoraxraum und das Zwerchfell die Eröffnung der Cysto
vorgenommen werden musste.
l ) Deutsche med. Wochenschr. 1890, No. 50.
a ) Ueber subdiaphragmatische Echinococcen und deren Behandlung.
eutsche med. Wochenschr. 1886, p. 832. . VI ir
•*Y xr _i__j_für Ghirnrfirie Bd. \ 111,
4 ) Desgleichen p. 17.
5 ) Deutsche med, Wochenschr. 1889, p. 3o3.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
226
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10
Der Fall illustrirt das über die Diagnose und Therapie Ge¬
sagte aufs deutlichste.
Minna W., 9 Jahre alt, aus einer kleinen Nachbarstadt stammend,
wurde Mitte Juni vorigen Jahres zum erstenmal von mir untersucht, nach¬
dem zwei Aerzte vorher die Diagnose auf beginnende Skoliose, em an¬
derer auf Pleuritis gestellt hatten. Diese diagnostischen Irrthumer zeigen
schon, dass die Symptome nur unbestimmte gewesen sein müssen. Vor
allem fehlten alle subjectiven Erscheinungen. Von der Mutter des Kindes
war beim Baden eine SchweUung der rechten Brustseite bemerkt worden,
die sie veranlasste, ärztlichen Rath einzuholen. Irgendwelche subjectiven
Symptome, wie Schmerz irgendwelcher Art. Husten fehlton vollständig
und waren auch nie vorhanden gewesen. Sowohl bei der Betrachtung
von vorn als von hinten sah man, dass die seitlichen Thoraxpartieon etwa
zwischen Mammillar- und hinterer Axillarlinie in der Gegend der sechsten
und siebenten Rippe rechts deutlich vorgetrieben waren. Die rechte
Thoraxseite ist 2 cm im Umfang grösser als die linke. Die Intorcostui-
rilume sind nicht verbreitert. Eine mit der Leberdämpfung zusammen¬
hängende Dämpfungslinie beschreibt einen Bogen, der am höchsten ist in
der vorderen Axillarlinie und daselbst bis 2 cm m die Höhe der Brust¬
warze heranreicht. Nach unten reicht die Dämpfung etwa zwcifangerbreit
unter den Rippenbogen. Daselbst ist der Leberrand in seiner ganzen Aus¬
dehnung deutlich zu fühlen. Die Leber erscheint als ganzes nach unten
gedrängt- An der betastbaren Oberfläche ist nichts von einer isolirten
Hervorragung, keine weichere Partie etc. zu fühlen. Bei den Athembe-
we^ungen wird die Leber nicht nachweisbar nach unten verschoben. Die
Auscultation ergiebt oberhalb der Dämpfung Vesiculärathmen. Wahr¬
scheinlichkeitsdiagnose auf subphrenischen Echinococcus. Nach einem
halben Jahre, als die Patientin sich wieder vorstellte, hat die Dämpfung
nach unten zu garnicht, nach oben um 1 cm zugenommen. Thoraxumfang
nur wenig, kaum 1 cm grösser als das vorige mal. Auch jetzt wurde
von einem Eingriff noch Abstand genommen, da jegliche Beschwerden
fehlten uud ich abwarten wollte, ob etwa unter dem Rippenbogon sich An¬
haltspunkte für das Vorhandensein einer Cyste und damit die Möglichkeit
der Eröffnung derselben von der Baiichvvaml aus bieten würden.
Auch im Juni dieses Jahres war das Erkrankungsbild wenig von dem
früheren verschieden, nur erschien das seitliche Hervortreten des Tumors
deutlicher. Die Dämpfung hat sich gegen das letztemal nicht, wesentlich
verändert. Es wird noch constatirt. dass in der rechten Scapular- und m
der Parastemallinio keine abnorme Dämpfung besteht. Es wird auf Ver¬
anlassung der Eltern, um alle Zweifel in der Diagnose zu heben, die
Probepunction und zwar im sechsten Intercostalraum in der vorderen
Axillarlinie gemacht. Ich glaubte dieselbe verantworten zu können, ein¬
mal, weil jegliche Erscheinungen einer Vereiterung fehlten und das lang¬
same, zuletzt sogar anscheinend unterbrochene Wachsthum für Vorhanden¬
sein eines nur geringen Druckes im Sacke sprach. Die Punction ergab
klare, beim Kochen nicht gerinnende Flüssigkeit. Beim Entfernen der
Spritze floss aus der Punctionsnadel nur bei der Inspiration Flüssigkeit ab
— ein Beweis für den subphrenischen Sitz der Cyste. Für denselben
hatte auch der Umstand gesprochen, dass die Punctionsnadel zuerst in
einen Hohlraum einzudringen schien und dann nach einigem Widerstand
in einen zweiten. Hierbei äusserto die Kranke lebhafte Unruhe, und die
Nadel wurde heftig, offenbar durch die Contractionen des Zwerchfells, hin-
und herbewegt.
Am nächsten Tage, dem 29. Juni, wurde zur Operation geschritten,
die doch unvermeidlich war und die ich jetzt nach der Punction nicht
gern noch länger aufschieben wollte. Resection eines 6 l /a cm langen
Stückes der siebenten Rippe. Die Pleurablätter sind nicht miteinander
verwachsen, wie das Hin- uud Hergleiten derselben aneinander deutlich
erweist. Es wird daher, ohne die Pleurahöhle zu eröffnen, mit stark ge¬
krümmten kräftigen Nadeln ein Vernähen der Pleurablätter miteinander
und mit dem Zwerchfell vorgenommen. Tamponade der Wunde. Die
nächsten Tage klagte Patientin über Schmerzen beim Luftholen. Eine
Störung des Allgemeinbefindens trat nicht ein. Nach fünf Tagen wurde
wiederum in Narkose durch die verwachsenen Pleurablätter eingegangen
und das Zwerchfell in der Richtung der Wunde theils incidirt, theils
wurden die Muskelfasern stumpf getrennt. Die Leberoberfliiche zeigte
sich nicht mit dem Zwerchfell verwachsen und auch nicht durch die bei
der vorigen Operation angelegten Nähte erreicht. Vernähen dieser beiden
Flächen durch vier Nähte — zwei für die Winkel, zwei für die Seiten¬
ränder der Wunde —. wobei die Leberoberfläche sich als Cystenwand er¬
weist, Eröffnung des Sackes, Entleerung einer Blase, die im gefüllten Zu¬
stande einen Durchmesser von 10—12 cm gehabt haben mochte. Tochter¬
blasen sind nicht vorhanden. Einlegen eines Drains. Keine Störung des
Wundverlaufs. Fünf Verbandwechsel, nach vier Wochen Entfernung des
letzten Drainstückes, nach fünf Wochen vollständige Heilung.
Zur Zeit ist nur nachzuweisen, dass über der etwas eiugezogenen
Narbe die Leberdämpfung etwa 2 cm höher reicht als normal. Die
Leber folgt den Athembewegungen, Beschwerden bei letzterer sind in
keiner Weise, auch nicht bei Anstrengungen vorhanden.
Mit den epikritischen Bemerkungen zu diesem Falle kann ich
mich kurz fassen, da ich das meiste über die Begründung der
Diagnose und Operation schon in der Krankengeschichte gesagt
habe. Auffallend ist in unserem Falle, dass gar keine subjectiven
Erscheinungen bestanden, obwohl der Tumor doch schon beträcht¬
liche Grösse erreicht hatte. Es ist dies zum Theil wohl darauf zu
schieben, dass der Echinococcus, anscheinend abgestorben, sein
Wachsthum einstellte. Nur die Deformation des Thorax wies auf
eine Erkrankung und auf ihren Sitz hin. Die Dämpfung zeigte
die typische bogenförmige obere Begrenzungslinie. Die Diagnose
„Echinococcus“ gründete sich auf den symptomlosen Beginn und
Verlauf, sowie auf die Art der Thoraxdeformation und Dämpfungs-
Der subphrenische Sitz wurde wahrscheinlich durch die
linie.
Fixation der Leber, die den Athembewegungen nicht folgte, und
gesichert durch die Erscheinungen bei der Punction.
Die Operation wurde nicht von der Bauchwand aus versucht,
weil der Weg zur Cyste unter dem Rippenbogen zu weit erschien.
Die circumscripte Vorwölbung der Thoraxwand ergab den Ort für
den ^ gl |^* ection (]os Pleuraraumes wurde vermieden durch die
Vermthung der Pleurablätter ohne Eröffnung desselben und das zwei-
zeitige Vorgehen, die Infection der Bauchhöhle durch das Annähen
des Cystensacks an die Zwerchfellwunde vor Eröffnung des erstoren.
Die schnelle Heilung kam zustande durch vollständige Entfernung
des Cystensacks gleich bei der Operation. Bemerkenswerth ist,
dass sich keine Beschwerden, die auf eine Störung der Zwerchfell¬
function und auf die Verwachsung der Leberoberfläche mit dem
Diaphragma zurückzuführeu wären, nach der Oparation einstollten.
Y. Aus dem Knappschaftslazareth in Neunkirchen.
Ueber einen Fall von Stichverletzung der
Schlüsselbeinarterie.
Von Dr. Kirchgässer, Assistenzarzt.
Veranlasst durch einen von Dr. Rotter in der Berliner mc-
dic-inisehen Gesellschaft gehaltenen Vortrag: „Ueber Stichverlotzung
der Schlüsselbeingefässe“ 1 ) möchte ich zur Vervollständigung der
Statistik einen von Dr. Füller, dirigirender Arzt des Knapp-
scliafts-Lazareths, behandelten und zur Heilung gebrachten Fall
mittheilen. .
Am 28. December 1891 wurde früh Morgens em 23 jähriger
Bergarbeiter in das Neunkirclmer Knappschaftslazareth gebracht,
welcher in der vorhergehenden Nacht bei einer Prügelei mehrere
Stichwunden erhalten hatte. Gleich nach der Verletzung war
Patient, infolge des starken Blutverlustes olmmächtig zusammen¬
gebrochen und hatte sich erst nach Anlegung eines Nothverbandes
etwas erholt. Bei der Aufnahme in’s Lazareth, sechs Stunden nach
der Verletzung, war sein Puls sehr klein und schwach, seine Haut¬
farbe tief blass. In der linken vorderen Axillarlinie, handbreit
unterhalb der Achselhöhle, befand sich eine 3 cm lange, annähernd
horizontal verlaufende, scharfrandige, durch Blutgerinnsel wenig
klaffende Wunde. Nach vorn und unten von derselben war die
Haut in der Grösse zweier Handteller bläulich verfärbt und vor¬
gewölbt. Durch Druck auf die Anschwellung floss geronnenes und
flüssiges Blut in ziemlicher Menge aus der Wunde. Der linke
Radialpuls war noch schwächer als rechts, aber immerhin deut¬
lich fühlbar. Die in die Wunde oingeführte Sonde dringt in der
Richtung nach dem Schlüsselbein in die Tiefe. Hierbei erfolgte
eine starke Blutung, von der sicli nicht genau feststellen liess, ob
sie arterieller oder venöser Art war. Nach Stillung der Blutung
durch Tamponade wurde die Wunde seitlich erweitert. Doch be¬
vor man bis zu dem blutenden Gefäss Vordringen konnte, colla-
birte Patient derartig, dass die Operation unterbrochen werden
musste. Es wurde deshalb die ganze Wunde tamponirt und unter
Festbindung des Oberarms am Rumpf und Einlegen von Watte¬
bäuschen in die Schlüsselbeingruben ein Druckverband angelegt.
Die übrigen Verletzungen waren nur oberflächliche Hautwunden.
— Da weder Fieber, noch Nachblutung erfolgte, und Patient sich
verhältnissmässig wohl befand, blieb der Verband sieben Tage
(4. Januar) liegen. Nach Entfernung des Tampons spritzte Blut
im Strahl aus der Wunde. Der Tampon wurde darauf wieder em-
gefiihrt, und Patient, chloroformirt. Weil die Quelle der Blutung
viel zu tief lag, um ihr von der Achselhöhle aus beikommon zu
können, und der Tampon, den man wegen der Blutung nicht ent¬
fernen konnte, die Operation sehr erschwert haben würde, wurde
parallel mit dem Schlüsselbein ein langer Einschnitt in der M ohren-
heim’schen Grube gemacht- Das Eindringen in die Tiefe war bei
dem muskelkräftigen Manne sehr erschwert; jedoch gelang es nun¬
mehr ziemlich leicht, das ganze Gefässbündel gegen die unter¬
liegende Rippe zu drücken und so die Blutung zu beherrschen.
Hierauf wurde durch combinirtes Vorgehen von oben. und von dei
Achselhöhle aus die Schliisselbeinarteric mit Ruhe isolirt und unter¬
bunden. Fast, gleichzeitig erfolgte eine starko eollateralc arterielle
Blutung aus dem distalen Artorienende: die bereits vorbereitete
Unterbindung machte keine weiteren Schwierigkeiten. Man konnte
jetzt die Stelle der Verletzung übersehen. Die Arterienwunde batte
ungefähr nebenstehende Gestalt; die Länge
des Schnitts betrug 2—3 cm. Die Vene war
unverletzt; ob Nervenstränge durchschnitten
waren, liess sich nicht feststellen, Patient.
9 Im Druck erschienen in der Sammlung klinischer Vorträge von
v. Volkmann, Neue Folge No. 72 (12. Heft der 3. Serie).
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8. März.
der gegen Ende der Operation etwas eollabirt war, erholte sich
sehr bald und auch die Schmerzen im Arm und das Kältegefühl
über welche er heim Erwachen klagte, schwanden gegen Abend’
Die Wundheilung wurde durch Eiterung etwas verzögert Bereits
am 6, Januar, beim ersten Verbandwechsel, war links ein rleni
licher Radialpuls zu fühlen. Am 15. Januar wurde mit passten
Bewegungen begonnen. Patient klagte dabei über starke Schmerzen
im Ellbogengelenk; im übrigen war die Sensibilität im ganzen Arm
herabgesetzt. Am 19. Januar wurde folgender Befund aufgenommen-
der linke Arm erscheint dem Au^e schwächer, als der rechte • der
Einfang des Oberarms beträgt it/s-2 cm, der des Unterarms
VI cm weniger, als rechts. Die Beweglichkeit im Schulter-
gelenk ist activ und passiv nach allen Richtungen frei, desgleichen
Beugung und Streckung im Ellbogengelenk, jedoch fehlt fm Ver¬
gleich mit. der gesunden Seite den Bewegungen ein gewisser Grad
von Sicherheit und Leichtigkeit. Pronation und Supination sind
nicht so ergiebig und kräftig wie rechts. Beugung und Streckung
ilcr Hand, Abdnction und Adduetion sind behindert. Beugung der
hnger im Grundgelenk erheblich beschränkt, Streckung normal
ßeugang im Mittclgclenk unmöglich, Streckung normal. EncL
gelenk activ unbeweglich. Am Daumen ist Opposition und Beu¬
gung möglich. Beim Ballen der Hand zur Faust bleiben die Finger-
spilzen 4 cm von der Grifffläche der Hand entfernt. Dio Sonrfhi-
ta ist, auf der Vorderseite der Schulter und des ganzen Armes
rtaas herabgesetzt, m der Hohlhand und auf der Greiffläche der
ringer ist sie fast ganz aufgehoben; ebenso bestellt in den vom
uiAeUmmT" 1 V f e -M rgt m Thoi,e,, dcs »““Rekens nur dumpfes,
unbestimmtes Gefühl. Temperaturunterschiede wurden gar nicht
hei höheren Graden pervers, als Stechen, empfunden. Patient klagt
DEUTS CHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
227
J.etu mulmeLsen lässt. Der Puls ist, immer nrwh dentliph iirmnn., i «Jetzige Erkrankung datirt seit fttw« vi<»»-
I m, • h ", elsen 1 l«sst. Der Puls ist immer noch deutlich dünner
WVf . rcobts - Die Behandlung des Patienten bestand in
iirwi'7-7i' iJecstandsgymnastik, kalten und warmen Behrausungen
eflveiw !'. ,SlrC '; ,mt . ? dden Stromarten. Am 26. März wurde das
11cm erfühlen abgeschlossen, und Patient zur Arbeit entlassen
Bei seiner Entlassung war der Befund wie folgt; Auf der
WuTVii- to » k ™ WBd,,t sioh P ara,,ei u,,d unter-
v om , Schlüsselbein eine 5 cm lange, strichförmige, verschicb-
iorLntTl be , ; , MBe , zwei V be , nso S^tältote Narbe verläuft ziemlich
Z R VOrderen Rand der Achselhöhle. Schultergelenk frei
lih Ob r ™hr eSU " g0n u lm DRkogengelenk möglich; jedoch sind
ai " ll)e,, ? ei so schwach, dass schon ein geringer Zug am
i-lihli- in» l f tl A i™ st T kt - ßesonders geschwächt ist der Bra-
sin,l hll il™“ 5 ' d0r Slch - k!lum fnh . lbar anspannt. An der Hand
j,.( f a ' st <! " es ' f m tP’ n möglich. Die active Beugung der Finger
rnnfitlt Z au V h 4 ° b,,n , ; lä . sst man si( -h die Hand drücken, so
Ä‘l,. vl 1" v / T° !eiclltp ßel 'ührung. Das Gefühl
Oder venL, V «f 61 . deS Armp ’ dcr Hand « ad d <“f Finger mehr
ist auch -n,f a . m nK ' lstPr ’ au den Fingern; an letzteren
'•fllli,'nni-malp e pmn« k i eit<> des z "’ eitl ' n und dritten Gliedes keine
aus Und fflb ^ P P, d ; mfr yorhand <®- Die Hand sieht blnuroth
gefüllt als rechts * * 01 aU a * S d * e rec ^ ,te - ^ er Puls ist, weniger
sich‘der*Mann’u-'i 1 ' ~ 2 ' /:l ' Jahr nach d «r Verletzung — stellte
eltenso ItS V d 'w V ° r n,. D<<r linke Arm war im Umfang fast
nicht, mehr B ,„i, e re, . ,ts - ß * Ile Herabsetzung der Sensibilität war
Hand , AU? Bewegungen des Armes und der
länger amhuermfe^Ti 'i"' d kraftl . !r - Aber trotzdem konnte man bei
die Ä^w* b PPEi W, , t f hweren Hanteln deutlich merken,
müduii«. Ä pP'V" Muskeln auch jetzt, noch schneller Er-
hing ,1 p,. HaPt h- t n* ?- Uhpr m, ' bt S'elähmten, so dass die Stcl- I
ähnelte Jj., ,le r '\f' r ' C v f d , r k . mzp '-eit der typischen Klauen hand i
mitzt %aube leb rnf «■ n d l^™ e ^massig zur Arbeit, be- ;
Zeit, eine vollste," VP-fP 1 * annelln > en z " dOrfen. dass mit der I
Der Full nd lt f 'Rfstitutm ad integi-um eintreten wird. '
seit» beweist cTlPV“? 2Wefer,ei Gl '«nden Beachtung. Einei-
der Schl," Pi den "iinstigen Ausgang, dass die Unter-
... hlnsselbeinarterie am Orte der Verletzung jeder
bedingten Ernährungsstörung der nervösen Elemente ansehen soll
; ~; n ThSt smä®
«ihmh. Am wenigsten, oder vielmehr fast garnicht war der Ra¬
diales ergnffen. Dies würde aus anatomischen Gründen sehr für
eine direkte Nervenverletzung sprechen: denn der Nervus modianus
und ulnans verlaufen an der vorderen und äusseren Seite der Ar-
tene, wllircnd der Nervus radialis von derselben ganz verdeckt
wnd. Höchst wahrscheinlich hat aber auch die seeundäre Ernäh¬
rungsstörung einiges dazu beigetragen.
VI. Aus der inneren Abteilung des städtischen Kranken-
hauses am Urban in Berlin.
Uebereigenartigverlaufeneseptikopyämische
Erkrankungen nebst Bemerkungen über acute
Dermatomyositis.
Von Professor A. Fraenkel.
(Fortsetzung aus No. 9.)
!nn 1 iV,?^ CO M l0ll i fcl V 1 f : Eitri ge Strumitis mit nachfolgenden
u 11 1 p 1 e n Muskel ab sc essen in beiden Oberoxtrem i tat en-
muskeln und Eitoransammlung im linken Schultergelenk.
•„ 3? o a - l f T / ep ^ W r 2 i 5 Ja ? r e» angenommen am 26. September 1893. Anam-
nce. Seit dem 18. Jahre kropfartige Anschwellung des Halses, welche in
slzten Zeit, namentlich m rlcn ia ... i .
hindune
. *3«-'UlUSSeiDl
iiwnd VelchM G? j St Z ",' llal v'R dies für s’otciie FäHe." diemis
werden können n; 'T , sofort nacb dpr Verletzung operirt
vorliegenden Falle a-leieb^ 6 ®? ,,at<>rale Blutung, wie sie auch im
Arterie eintrat n j° h T ( ei P roximaleT1 Unterbindung der
wnen Blutveriucjtn ^ as Eet)en durch die vorausgegan-
iiu.sserste, und der FrfT^j S ? r " escIlwä cbten Patienten' aufs
v °n der Schnellirrirfif ° i der Operation hängt einzig und allein
Bntorbindung X J& Blutotillui« ah. Dass eine doppelte
1 nterbindun^ 7 ™, S hnel e . r »usgeführt werden kann als je eine
Andererseits bkten'T'?^ BMn Ste,le t’ auf d,lr Hand -
vorliegenden Falle h»fn < \ ) dle uelTfisen Störungen, wie sie im
Sich ”h hoohaebtei wurden, einiges Interesse. Es fragt
■ y ieh,
oder ob
oh man wuruen, ei
man sie ak Fni auf die Verletzung zurückführen,
olge einer durch die verminderte Blutzufuhr
V 7 ’ , . ,u ucu lagen zugenommen hat.
L, in Erkrankung datirt seit etwa vier Wochen; Patientin hatte
jihmoifuindou Armen, die bisweilen auch etwas angesehwollen waren. Am
i°M^ ptWU i r f 11 ’* fl . ass ilu ’ beim Holzhauen der linke Arm
.xlilatt winde, zugleich bekam sie starke stechende Schmerzen in beiden
Armen, »-eit jenem Tage besteht stärkerer Husten und schweres Athmen
Am Jago der Aufnahme starker Schüttelfrost; auch sollen die Arme otwas
angesehwollen gewesen sein. Keine Bruststiche, kein blutiger Auswurf.
- . o r-- tU / S am -^September. Grosse kräftige Frau, mit starker,
labt _ auste grosser Struma, welche sich ziemlich hart anfülilt und nicht
puDirt. leinperatur 39,7, Puls 125. heisere Stimme, schleimig eitriges,
lucht rostfarbiges Sputum. Hinten links über den Vier untersten, rechts
über den drei untersten Rippen Dämpfung; im Interscapularraum rechts
bronchiales Athmen, Schnurren und mittelgrossblasiges klingendes Rasseln.
An allen anderen Stellen reichliches, das Athemgeräusch fast verdeckendes
Schnurren; ebenso vom. Herzdämpfung leicht vergrössert; percussorische
Milzvergrösserung. ' '
„besondere Schwellung der Anne fällt nicht- auf, doch ist der
rechte Ellbogen, desgleichen der linke und das linke Handgelenk ausser¬
ordentlich schmerzhaft: die Schmerzen scheinen nicht genau
aut die Gelenke beschränkt zu sein, sondern sich auf die'Mus-
kelnuuszu dehnen. Gelenke der unteren Extremitäten frei, kein Oedem
1 atellameflexe normal; ebenso das Verhalten der Pupillen. Urin enthält
reichlich Albumen, keine Piazoreaction. kein Sediment. Cvanose der Wamren
und Lippen. b
28. September. Temperatur 39,2, Puls 136. Status idem, nur
etwas geringere Cvanose und fast fehlende Dvspnoe. Seit vier Uhr
Morgens schwitzt Patientin stark.
Auf dem Rücken der rechten Hand, dicht unter dem Carpus, hat sich
mne zweimarkstückgrosse, prominente, gerttthete und leicht fluctuirende.
dabei sehr schmerzhafte Stelle entwickelt Während noch Morgens 7 Ulm
| von einer Röthung und Schwellung der Anne nichts bemerkt wurde, zeigt
j ?>ch um 11 Uhr Vonnittags eine beträchtliche Röthung und Schwellung
I in der Umgebung des rechten Ellbogens, welche sich nach abwärts über
| das obere Drittel des Unterarmes, nach aufwärts bis zur Hälfte des Ober-
j armes erstreckt. Im Bereiche desselben ist die Temperatur erhöht. Die
j Schwellung hat die Muskulatur ergriffen; wenigstens ist dieselbe
; im Bereich des Bieeps sehr empfindlich, und die Muskeln fühlen sich teigig
an. 1 loxiou im rechten Ellbogen gelingt mit mässigen, Extension nur
untei' starken Schmerzen. Fast genau ebenso sind die Verhältnisse an
der linken Oberextremität. _ Umfang des Oberarmes beträgl: hier 10 cm.
oberhalb dos Olecranon 28.25 cm, oberhalb desselben nur 24.5 cm. Rechts
sind die Maassc dio gleichen. Schulter- und Fingergelenke anscheinend
frei. Muskulatur und Gelenke der unteren Extremitäten intact.
An der Lunge ist das Verhalten wie früher, d. h. in der oberen
Hälfte des rechten Interscapularraumes schwach bronchiale Respiration, an
den übrigen Orten weiches, fast unbestimmtes, von Rhonchis begleitetes
Athmen. Sehr beschleunigter Puls, keine deutliche Milzvergrösserung.
Wangen stark geröthet, von bläulich rother Färbung.
Ohren normal, am Augenhintergrund beiderseits ältere choriorel!-
nitisehe Veränderungen.
Die Punction der fluetuirenden Geschwulst über dem
linken Handrücken ergiebt ziemlich dicken Eiter, in welchem
massenhaft Streptococcen (Deckglastrockenpräparat und
Züchtung) enthalten sind. Verordnung: Natron salicylicum (5.0)
150,0, zweistündlich.
29. November. Temperatur 38,2° 0, Puls 136. Die Schmerzen
haben nach dem Salicylgebraueh nicht wesentlich nachgelassen. Lippen
rissig, mit borkigem Belag, Gesiebt stark geröthet und ryanotisch. Die
Haut an den Oberarmen ist so infiltrirt, dass sie sich nicht in Falten ver-
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228
DEUTSCHE MEDICINISCHE W OCHENSCHRIFT.
No. 10
schieben lässt. Auch hat die Schwellung des linken Oberarmes zugenom¬
men, so dass derselbe jetzt im Bereiche des oberen Drittels einen Umfang
von 27,5 (statt 24,5 gestern) darbietet. Keine Drüsenschwellung in der
Achselhöhle, linkes Handgelenk frei beweglich und schmerzlos; desgleichen
scheinen Schulter- und Ellbogengelenk frei. Von der Muskulatur ist besonders
der Musculus triceps linkerseits schmerzhaft. Auf der Haut des linken Unter¬
armes macht sich eine unregelmässige, fleckige, blasse Röthung bemerkbai.
Am rechten Arm besteht jetzt fast totalo Schwellung mit Ausnahme
des unteren Drittels des Unterarms. Nur am Handrücken erscheint hier-
selbst die Haut stärker geröthet, sonst ist sie von fast normaler barbe.
Auch hier lässt sich eine Betheiligung der Gelenke mit Sicherheit nicht
nach weisen. Ueber den geschwollenen Partieen ist wie links die Haut¬
temperaturerhöht. Unterextremitäten frei. Leichter Icterus derConjunctiven.
Milz nicht palpirbar. . . .
Im Laufe des Tages nimmt die Dyspnoe zu. Punctionen des linken
Ellbogens und der heute etwas verminderten und weniger gerötheten ln-
tumescenz der rechten Hand sind ergebnislos. Gegen Abend tritt unter
den Erscheinungen des Lungenödems der Exitus ein.
Section: Rücken der rechten Hand stark geschwollen, desgleichen
der ganze rechte Unterarm bis zum Ellbogen. Diese letzteren Theile
ödematös. Das gleiche gilt vom Ellbogen des linken Armes, woselbst
sich die ödematöse Schwellung auf die Streckseite des Unterarms erstreckt.
Beim Einschneiden in den Handrücken zeigt sich das Unterhautzellgewebe
stark ödematös, während bei Vertiefung des Schnittes sich aus den
tiefen Schichten röthlich gelber, dünnflüssiger Eiter entleert. Beim Ein-
schneiden in die Aussenseite des rechten Oberarms werden ausgedehnte,
der Länge nach verlaufende, intramusculär belegene Abscesse erößnet.
Ein besonders grosser Abscess und eine grössere Anzahl kleinerer liegen
an der Aussenfläche des rechten Ellbogens. In den Muskeln (Supinator)
an der Innenseite des Oberarms sehr starkes Oedem. Die Gelenke
dieser Seite sind frei. An der Streckseite des linken Armes ebenso
starkes Oedem. Im linken Oberarmgelenk Eiter mit Schwellung und Hyper¬
ämie der Synovialmembran. In der Tiefe der Armmuskulatur zahlreiche
Muskelabscesse, am stärksten in der unteren Hälfte des Triceps und an
dem Ansatz der Bicepssehne.
Der Unterlappen der linken Lunge, ebenso der rechten zemt ver¬
mehrte Consistenz und entleert auf Druck trübe, graurothe dicke Flüssig¬
keit. Hier und dort über der Schnittfläche prominirende gelbröthliche
derbere Herde.
Im linken Sternocleido-raastoideus und in den über der linken Hälfte der
Struma und unter ihr befindlichen Muskeln Eiter; rechts fehlt derselbe.
Die Vergrösserung der Schilddrüse erstreckt sich nur auf den Isthmus
des rechten Lappens, welcher in eine grosse Cyste mit chokoladefarbigem
Inhalt verwandelt ist, dem grünlichgelbe Eiterflocken beigemengt sind.
Bacteriologische und mikroskopische Untersuchung. Es
wurde im vorliegenden Falle von Herrn Assistenzart Dr. Aschoff durch
mikroskopische Untersuchung und mittels gleichzeitiger Züchtung das
ausschliessliche Vorhandensein von Streptococcen an folgenden Orten
nachgewiesen: 1) in dem durch Punction aus dem Abscess am rechten
Handrücken erhaltenen Eiter, 2) in den pneunomischen Herden der Lun¬
gen, 3) in dem eitrigen Inhalt der Strumacyste, 4) in den Muskelabscessen
des rechten und linken Armes. Das Blut erwies sich als bacterienfrei.
Von den geimpften Thieren (eine Maus, zwei Meerschweinchen, zwei Ka¬
ninchen) starb die mit Punctionseiter inficirte Maus nach 24 Stunden; in
ihrem Herzblut fanden sich Streptococcen. Die Kaninchen und Meer¬
schweinchen, welche theils Injectionen von Muskeleiter, theils solche von
Aufschwemmungen der Reinculturen erhalten hatten, blieben am Leben.
Mikroskopische Schnittpräparate wurden von gehärteten Stücken
folgender Organtheile durch Herrn Dr. Aschoff untersucht: Haut des
rechten Ellbogens, Musculus biceps dexter, Triceps dexter et sinister,
Extensor digitorum communis dexter, Diaphragma, Intercostales,
Musculi pectorales. Die Färbimg geschah mit Pikrokarmin - Methyl¬
violett. In sämmtlichen Theilen, auch in den zuletzt genannten
Muskeln, wurden Streptococcen gefunden. Dieselben lagerten haupt¬
sächlich in dem intermuskulären Bindegewebe, und zwar besonders
reichlich in den ödematösen Partieen desselben, theils auch in den
Blutgefässen. Stellenweise umscheideten sie die einzelnen Muskel¬
fasern und erfüllten sogar das Innere einzelner Primitivfasern, deren
quergestreifte Substanz an solchen Stellen gänzlich zugrunde ge¬
gangen war und Lücken bildete, die von Coccenhaufen erfüllt waren.
Am geringsten war die Streptococceninvasion im Zwerchfell, den In-
tercostalmuskeln und den Pectorales. Hier fanden sie sich nur
in Gestalt spärlicher Häufchen, theils in Gefässen, theils aber auch im
interstitiellen Bindegewebe. Obwohl in diesen Muskeln die Querstreifung
vielfach verschwunden war, bemerkte man an ihnen doch keine weiteren
Veränderungen, namentlich keinen scholligen Zerfall der Primitivfasem und
keine interstitielle Rundzellenanhäufung. Gänzlich bacterienfrei und ohne
jeden sonstigen pathologischen Befund Ovaren die ausserdem noch unter¬
suchten Musculi quadriceps femoris und der sternocleido-mastoideus dextri.
An den am meisten ergriffenen Muskeln der Oberextremitäten wechselten
Partieen, die ausser einer ödematösen, stellenweise sehr beträchtlichen
Verbreiterung des interstitiellen Bindegewebes gar keine Veränderungen
darboten, mit solchen ab, in denen eine geradezu massenhafte Strepto¬
cocceninvasion nebst entsprechenden schwereren entzündlichen Gewebs-
läsionen vorlag. Letztere bestanden einerseits in Leukocyteninfiltration
und Wucherung der zelligen Bindegewebselemente (am reichlichsten im
M. triceps und biceps), andererseits im Verlust der Querstreifung der
Muskelfasern, scholligem und körnigem Zerfall derselben von verschieden¬
stem Grade bis zur völligen Auflösung und Lückenbildung des Inhalts
der Sarkolemmschläuche. Die Haut wies verschiedene Coccenmengen,
besonders im Unterhautbindegewebe, welches zugleich mit Rundzellen in-
filtrirt war, auf.
Wenn ich nunmehr zu einer kurzen Epikrise dieser 4:ei Krank¬
heitsfälle übergehe, welche ich mit der Besprechung des ersten
beginne, so sei es mir zuvörderst gestattet, nochmals auf die rela¬
tive Seltenheit der unter dem Bilde der Dermatomyositis
acuta verlaufenden Formen der Muskelerkrankungen hinzuweisen.
Trotzdem ich bereits seit geraumer Zeit mein besonderes Augen¬
merk auf die scheinbar primären entzündlichen Muskelaffectionen
richte, so ist der hier mitgetheilte Fall doch bisher der erste und
einzige von mir beobachtete geblieben, welcher in Bezug auf die klini¬
schen Symptome und die anatomischen Verhältnisse dem von Un ver¬
richt gezeichneten Krankheitsbilde zu entsprechen schien. Die Dauer
desselben betrug kaum sechs Tage. In neuerer Zeit hat sich
Herr B. Lewy 1 ) der dankenswerthen Mühe unterzogen, in einer
diesbezüglichen Arbeit die hauptsächlichsten bisher publicirten Fälle
dieser Erkrankungsform zusammenzustellen. Es fehlen zwar in der
von ihm entworfenen Uebersicht einige, wie z. B. der Winckel-
sche und die beiden vonWaetzoldt mitgetheilten Fälle; auch hat
erst kürzlich Herr Senator 2 ) über zwei neue Beobachtungen be¬
richtet, die in der früher erschienenen Abhandlung Lewy’s natur-
gemäss nicht Aufnahme finden konnten. Aber selbst diese Fälle
eingerechnet, dürfte die Zahl der bisher beobachteten sich kauin
auf mehr als einige zwanzig belaufen, wobei noch zu berücksich¬
tigen ist, dass es von einigen derselben mehr als zweifelhaft ist,
ob sie überhaupt der Kategorie der entzündlichen Muskelerkran¬
kungen zuzuzählen sind oder nicht. Unter den gesicherten Beob¬
achtungen befindet sich eine von Plehn mit zehntägiger Dauer;
im ersten Falle Senator’s betrug dieselbe 14 Tage. Der von mir hier
mitgetheilte gehört jedenfalls zu denen, welche die kürzeste Dauer unter
den bisher veröffentlichten gehabt haben, so dass wir es im wahren
Sinne des Wortes mit einer Myositis acutissima zu thun haben.
Die grob anatomischen Veränderungen glichen in jeder Beziehung
denjenigen, welche von Unverricht u. a. als charakteristisch für
die Erkrankung angegeben werden, d. h. es bestanden entzünd¬
liche Veränderungen der Haut über den befallenen zahlreichen
Muskeln, welche intra vitam geschwollen, schmerzhaft und von
eigenthümlich teigiger Consistenz waren. Corium sowie Unterhaut¬
zellgewebe boten einen Zustand entzündlichen Oedems dar, und aus
letzterem entleerte sich beim Einschneiden p. m. schmutzig trübe
Flüssigkeit. Ebenso wiesen die befallenen Muskeln ödematöse
Durchtränkung auf, welche ihnen eine eigenthümlicbe gallertartige
Beschaffenheit verlieh; ihre Substanz selbst war getrübt, von
blassem, grauröthlichem Aussehen und von zahlreichen Hämorrhagieen
durchsetzt. Von Eiter nahm man nirgends eine Spur wahr.
Ich bin im Eingänge meines Vortrages, wo ich Ihnen ein kurzes
Bild der klinischen Symptome entwarf, auf die grob anatomischen
Verhältnisse der Affection nicht eingegangen, da die Schilderung
des Befundes im vorliegenden Falle genügt, um diejenigen Beson¬
derheiten kennen zu lernen, auf welche von anderer Seite Gewicht
gelegt wird. . .
Es wird Ihnen aufgefallen sein, dass, trotzdem die Muskeln
zu Lebzeiten der Kranken unzweifelhafte Symptome der Entzündung
darboten und auch das bei der Section constatirte Oedem derselben
in anbetracht der massenhaften, die Muskulatur durchsetzenden
Hämorrhagieen als entzündliches aufzufassen ist, von einer leukocy-
tären Infiltration der Muskelinterstitien so gut wie nichts zu sehen
war. Das ist indess, wie ich betone, kein Grund, die Hinzuzählung
des Falles zur Krankheitsgruppe der acuten Dermatomyositis zu
beanstanden. Denn ein ähnliches Verhalten bestand auch in einem
Theil der anderen, in der Litteratur niedergelegten Beobachtungen.
In dem einen Falle Hepp’s, und zwar dem ersten von diesem Autor
mitgetheilten, dessen Dauer elf Wochen betrug, trat die Rundzellen¬
anhäufung gegenüber den anderweitigen Muskelveränderungen, der
wachsartigen Degeneration und dem Zerfall der Fasern, so in den
Hintergrund, dass Hepp den Process geradezu als acut verlaufende
und weit verbreitete „parenchymatöse“ Muskelentzündung bezeich-
nete. Ebenso vermisse ich in seinem zweiten Falle, welcher in
Heilung überging und bei dem behufs mikroskopischer Untersuchung
ein Stückchen aus dem erkrankten Glutaeus ausgeschnitten wurde,
eine besondere Notiz über etwa vorhanden gewesene Leukocyten¬
infiltration. Mit dem zur Section gelangten Falle Prinzing:s')
(Krankheitsdauer fünf Monate) verhält es sich ähnlich; mindestens
scheint auch hier die kleinzellige Infiltration gegenüber den ge¬
fundenen anderweitigen Veränderungen von mehr nebensächlichem
Umfange gewesen zu sein. Die erkrankten Muskeln bestanden zum
Theil aus auffallend breiten, zum Theil aus sehr schmalen Fasern, und
der Hauptbefund war neben umfangreichen Blutungen, sowohl im
l ) B. Lewy, Zur Lehre von der primären acuten Polymyositis. Ber¬
liner klin. Wochenschr. 1893, No. 18 u. ff. . .
*) Senator, Ueber acute Polymyositis und Neuromyositis. Diese
Wochenschr. 1893, No. 39. .
*) Prinzing, Ein Fall von Polymyositis acuta haemorrhagica. Mün¬
chener med. Wochenschr. 1890, No. 48, p. 846.
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8. März.
interstitiellen Bindegewebe wie zwischen den Muskelfasern sein«,»
Oedem und parenchymatöse Veränderungen, nämlich Veriusfder
Querstreifung, scholliger Zerfall der Muskelsubstanz und voi allem
- zumal m den breiten Fasern _ ausgedehnte Vacuolenbüdung
Auffallend erschienen besonders die massenhaften, offenbar aus zer¬
fallenem Blutfarbstoff hervorgegangenen Ablagerungen feinkörnigen
gelbgrunen Pigmentes welches sich theils zwischen den Fasern S
direkt innerhalb der Sarkolemmschläuche befand. Nur auf Längs
schnitten konnte Prmzing zwischen den schmalen Muskelfasern
ein kerareiches, interstitielles Gewebe constatiren, welches so be¬
schaffen war, dass, wie er sich ausdrückt, „an manchen Stellen
geradezu von kleinzelliger Infiltration“ zu reden war. Also auch
m diesem Falle tntt — bei unverhältnissmässig langer Dauer der
Erkrankung gegenüber der des unserigen — das entzündliche Oed«™
" B ' UtUn ? als Merkmal der Entzündung indetv.trgrtd
Erwägen wir dass der ganze Process bei unserer eigenen PifaS
m kaum sechs Tagen ablief, so hat es auch nichts überraschendes
dass die sogenannten parenchymatösen Veränderungen in denMuskefn
»eiche ja jedenfalls mehr secundärer Natur sind, nur angedeutet
waren. Bei längerer Dauer würde es zweifelsohne auch hier zu
cho hgem Zerfall, wachsartiger Degeneration, Yacuolenbüduig und
dergleichen mehr gekommen sein, ebenso wie eine Emigration von
Leukocyten Platz gegriffen hätte. Emigration von
von mir beobachteten Krankheitsfälle
betnfft, so habe ich Ihnen bereits die Gründe dargelegt, welche mich
Z^en ä^nbchA d-ff Wer r tZU ^ eiIen - bat schon manche!?
Iwi-i ? h , nllch ® dl f use oder multiple, über eine ganze Anzahl von
Sf ? v Ch K- e ^ trecke ? de Entzündu ngen eitrigen Charakters zu-
? k m Verbindung mit acuten Gelenkempyemen beobachtet ’ Sie
t eTsctiÄ im G i ef0l ^ e P»her P Infectionen^
kein vnr h Wac ^ ne - C1 ™ umsc npte Abscedirungen der Mus-
keln vor. Was mir jedoch die beiden obigen Fälle in gewissem
ersten G Patipni"[ era ^ e Rücksicht auf die Krankengeschichte der
i bemerkenswerth erscheinen lässt, sind folgende
dch wie Fairi S?,,'eitrige Muskelentzündung
MssknUhw™,«^? Eichholz) beweist, mit Veränderungen de“
atu r verbinden kann, die sich auf grossen Strecken, d h über
rj!^ u a skelgrup v? en nur aIs entzündliches Oedem darstellen-
2) dass dies 68 Vorstadium unter Umständen der eigen?-
liehcn Suppuration Wochen lang vorausffehen kann^ Tnii
Patientin ffrau T d ® m , VerIau £ e der Krankheit bei meiner dritten
Krantpi? T rept°y)> welche vier Wochen vor Eintritt in das
er£kte aU d1» ber u ltS - mit; Scl ? merzen ^ Schwellungen der Muskeln
Kranke wäh^nH H bWeiS V e ^ ttlrten ’ zeitweise exacerbirten. Da die
richtete M P r° e n ! ch sohwere körperliche Arbeit ver-
Zeitraum die FntzUn^ als . un J ahrsci| einli(:h, dass schon in diesem
schritt™ „ En * z öndung m den Muekeln bis zur Eiterung vor«-e-
Ä aut I I6 tZ S T “^öhichte hervorge g ht,° r bot
Zeichen entzfln«Ch Auftlah ? e ln 8 Hospital noch kein
„• oh “ entzündlicher Röthung und Schwellung dar- 3) fanden
eine Bedenken'’fita }l ? e “ Muskeln Mikrococcen, welche
Eiterung mantw^lich Entste . hun e. der Entzündung bezw. der
theilum? dersetam rt i-o h “ mache ? 81nd : ab «r die Menge und Ver¬
engen es uns b höeW e T„ du .7 h J aus verschiedene. Insbesondere
(ErauEichhoizTdbf^n ' dass ’ während in Beobachtung 2
ceccen wimmrite^ «Ä“*“/ Oedemfliissigkeit geradezu von Strepto-
internum sowohl’ win^n d"* Schnl l t Pr‘iP a raten in dem Perimysium
Primitivfasern n'ur L'p dam 8 P arbcben Bindegewebe zwischen den
umfangreicher Anhniif* Gestalt sehr wenig zahlreicher und wenig
lennt^man Uberitenn/nöriff nach "' e,sbar waren. In vielen Schnitte?
® langen Suchen e 1 ntdeeke n: in anderen bedurfte
Anzahl kettenförmiiAr^ e ! De ?? er dle andere > aa8 einer massigen
stiess. Und trotzLn" 660 ^!! 164 ^ ^°?? en zusammengesetzte Gruppe
linken Oberarms snwi» z ?. 1 ? te . fa3tdl « gesammte Muskulatur des
gieichmässige'sdematöto ? es rechten Unterschenkels eine
*0 die Entaüudnn?“ D “ rch «" k ung. Auch in Beobachtung 3,
lener Abseess/hf den V m 6 k Punkton bls zur Büdung umschrie-
Sicl die hier sehr betrantar 1 ? 6 !?. T0r S e8cbr itten war, beschränkte
schliesslich auf ,i;if tr ^ htJ i che Str eptococceneinwanderung fast aus-
iitedzelle„^tJ'! J : ni f“ St( : llea ' ia d enen zugleich mikroskopisch
Barschaft derselben^ ^ ar * 111 unmittelbarer Nach¬
zahlreichen Schnitten umfän f llclie Bezirke, in denen auf
Dieses streckenweise FeMp^ tZT« S P altpilzen wahrzunehmen war.
®>en verdient deswemn hl? ® ntzfl J duil & erregender Mikroorganis¬
mus mit welcher Snro*Qif S0nder8 , b ? tont zu werden, weil es dar-
Päüe Vorgehen muss^nm bei ^ Untersucb ung derartiger
^üch abwesend sind ™ S ? m ’ dass Mikr oorganismen
die sich auf di^miw d i - W ? m ^ beweisend ne ^ ative Befunde
nen oder nur einiger k ° pi ? che Du £ ch musterung eines einzel¬
ne entnommener Muskp^Ffrf’n- S v. 1 es u zu . Lebzeiten , sei es nach dem
Rücksicht auf dfn i ? n «^p Ckch ^, 1 beZie . hen - Hat ^ sich doch
Üen m andereD Bällen nicht gelungenen Bacterien-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
sstä sä 1 r£ =
SL SiÄ'ÄÄ
m allen Fällen Spaltpilze in den befallenen Muskeln ^efund^ 8 ^ 6 ”
ÄSCÄtdtS gteug de «m n besthnmt
Fä,te n r’, di t K r h f UigUng VOn serin “öSÄ
gÄrch^tÄrrÄ^ gewesen - ich komme ^
tungml^'und^S ^r^it^'ist^der'eigOTthümdich^Ausga^^p'unkt
der Erkrankung. In Fall 3 bildete .eine Strumacyfte dta^chV
bare Invasionsstätte der Streptococcen, in Fall 2 dagegen eine an
scheinend acut entstandene Otitis media. Auch fü/IL Fall
wS^rA oK“»? X) glaube ich die MiMelolu-eiterang,
„ chronischer Natur war, ohne wesentliches Bedenken
? r die p rimäraffection ansehen zu dürfen, welche die weitere Ver-
Sn?h«n g i? 6r ? tre P to ? occen im Kö rper vermittelte. Trotz eifrigsten
nfor^ ft- ko , nnt l. w , en . 1 ff stens bei der Section keine andere Eingangs¬
pforte für das Eindringen der Mikroben in den Organismus ermittelt
werden, und da wie ich später mittheilen werde ™orkTmr^n
schwerer septischer Infectionen auch ohne das Dazwischentreten
von 6 Oh 1 rni , tA thr0nib08e Und °i ne Caries des Belsenbeines im Gefote
von Ohreiterungen von anderer Seite beobachtet worden ist so
memen , drei Fallen die beid en ersten Beispiele für die
h ^ngsweme diffuser, tödtlich verlaufender Muskelentzündungen
b fJ- B^erungen nach derartigen Affectionen des Gehörorganes
Diese ätiologische Zusammengehörigkeit, sowie ferner der Umstand
da y V* trot . z n ! ch ^ ^erkennbarer Unterschiede in den Symptomen
n d d ^ D anat °mischen Verhältnissen des Leichenbefundes doch in
ui!« h dm - B ®° T bachfcu u ngen gioiehe Schädlichkeit als nächste
b^n lChTet r ra n , h? '- zur Zusammenfassung dersel-
ffl c b te S1 f al » n ^ ur üusserlich verschiedene
verursach tnr T SC f be *• dU u C - b I Streptococ ceneinwanderung
verursachter Infection, bei denen die Einwirkung der Spaltpilze
m^Rt,ii a t SSCh ^Imsshch (FaH i) auf einen grossen Theil derKörper-
miiskulatur und Ilaut, theils zugleich auf letztere Gewebe und die
Gelenke stattgefunden hat (Fall 2 und 3). (Schluss folgt)
VII. Referate und Kritiken.
Realencyclopädie der gesammten Heilkunde. Medicinisch-
chirurgtschcs Handwörterbuch für praktische Aerzte. Dritte
gänzlich umgearbeitete Auflage. Herausgegeben von Prof. Dr
A i b ^ t Ea lenburg. Mit zahlreichen Illustrationen in Holz¬
schnitt und Farbendrucktafeln. Erster Band. Wien und Leipzig,
Urban & Schwarzenberg, 1893/1894. Ref. Schwalbe (Berlin).
Past konnte es überflüssig erscheinen, die Eulenburg’sche
Realencyclopädie, die nach Ablauf von circa zehn Jahren zum
dritten male ihren Siegeslauf durch die medicinische Welt antritt
mit einer Empfehlung oder Erläuterung auszurüsten. Wenn je bei
emem Werke die nach den verschiedensten Gesichtspunkten rich¬
tende Kritik der Presse mit dem vorwiegend durch praktische
Interessen geleiteten Urtheil des ärztlichen Publikums in vollster
Uebereinstimmung sich befunden hat, so ist die Eulenburg’sche
oder die Realencyclopädie schlechthin mit dieser Anerkennung und
Auszeichnung gekrönt worden. Alle Vorzüge, welche einem der¬
artigen Sammelwerke nachgerühmt werden können, alle glänzenden
Eigenschaften, welche einer solchen Schöpfung den beliebten Ehren¬
titel eines „Standard work u zu verleihen vermögen, sie sind be¬
reits bei der Besprechung der ersten und zweiten Auflage der
Realencyclopädie nach Gebühr gewürdigt worden: des Heraus¬
gebers origineller, grossartig angelegter, die gesammte Materie
durchdringender Plan, die treffliche Auslese und Anordnung der
einzelnen Kapitel, die Wahl der geeigneten Mitarbeiter, die Voll¬
ständigkeit des behandelten Stoffes —- der Mitarbeiter klare,
auf eingehender Saclikenntmss beruhende, sämmtliche einschlägige
Fragen erschöpfende Darstellung — der Verlagshandlung vor¬
zügliche, dem hervorragenden Inhalt würdig sich anpassende, durch
Druck, Illustration und Papier den Leser bestechende Ausstattung.
Die dritte Auflage ist, soweit sich das nach dem bis jetzt vor¬
liegenden ersten Band beurtheilen lässt, ihren Vorgängern im all¬
gemeinen völlig ebenbürtig. Zwar ist sie von „Anachronismen“
nicht überall frei und erweist sich nicht an allen Punkten als
„gänzlich“ umgearbeitet — ich nenne hier nur den nach dem
plötzlichen Tode des Verfassers (Zülzer) in letzter Stunde vom
Referenten revidirten Artikel „Abdominaltyphus“, oder greife z. B.
aus dem Aufsatz „Abscess“ die wohl „nicht mehr“ richtige Be¬
hauptung: „Lungenabscesse sind bisher nur von K. Bell der chir-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHRIF T.
No. 10
230
urgisehen Behandlung durch Eröffnung mit dem Messer unter¬
worfen worden“ heraus —, allein diese und ähnliche kleine Un¬
vollkommenheiten treten gegenüber den Fortschritten des Werkes
völlig in den Hintergrund und vermögen das UrtheiR dass die
Realencyclopädie wiederum völlig auf der Höhe der W issenschaft
steht, ja im weitesten Sinne des Wortes den jetzigen Stand unseres
Wissens repräsentirt, nicht im mindesten zu trüben. Artikel wie
„Abortus“ (Kleinwächtor), „Accommodation“ (Schmidt-
Rimpier), „Actinomykosis“ (Uffelmann), Albuminstof to
(I. Münk), „Albuminurie“ (Senator), „Alkohol“ (Binz), „Amy¬
loidentartung“ (Birch-Hirschfeld), „Aneurysma“ (Vogt-
Löbker), „Angina pectoris“ (A. Fraenkel), „Antipyrin“
(L. Lewin), „Antisepsis“ (E. Küster) kann man nicht, nur zu
den besten Aufsätzen unserer deutschen, sondern sogar der Wolt-
litteratur rechnen.
Von äusseren Veränderungen ist hervorzuheben der tortlall
der Fussnoten und die Anfügung einer zusammenhängenden Litte-
raturübersieht an den Schluss eines jeden Artikels, ferner die Ver¬
besserung des Druckes, die Vermehrung der Illustrationen und die
Beigabe von farbigen Tafeln, deren erste, enthaltend die Abbil¬
dungen von Typhuspräparaten, als vortrefflich bezeichnet werden muss.
Friedländer, Mikroskopische Technik, zum Gebrauch bei
medicinisohen und pathologisch-anatomischen Untersuchun¬
gen. Fünfte vermehrte und verbesserte Auflage, bearbeitet von
Prof. Dr. 0. J. Eberth. Mit 86 Abildungen im Texte. Berlin,
Fischer’s medicinische Buchhandlung, 1894. Ref. Ribbert (Zürich).
Aus der ursprünglich kleinen von Friedländer herausge¬
gebenen mikroskopischen Technik ist unter Eberth’s Bearbeitung
ein stattliches Werk geworden, welches in der vorliegenden fünften
Auflage über 800 Seiten umfasst. Ein erster Theil bespricht das
Mikroskop und dessen Nebenapparate, ein zweiter die Herstellung
des mikroskopischen Präparates, das Zeichnen, Photographiren und
die Vervielfältigungsverfahren, ein dritter die Untersuchung patho¬
logischer Gewebsveränderungen, den Nachweis der Mikroorganismen
und, die Untersuchung der einzelnen Organe und Organsj T steme.
In der neuen Auflage sind, wie Verfasser hervorhebt, fast alle
Kapitel den neuesten Fortschritten der Technik entsprechend um¬
gearbeitet und erweitert. Die neu aufgenommene Mikrophoto¬
graphie würde von Herrn Privatdocenten Dr. Braun schweig be¬
arbeitet. Der Abschnitt über die Vervielfältigungsverfahren wird
gewiss manchem erwünscht sein. Die Abbildungen wurden ver¬
mehrt, und insbesondere wurden auch die wichtigsten Mikroorganis¬
men zur Darstellung gebracht.
So zeichnet sich in der That das Buch durch eine möglichst
grosse Vollständigkeit aus, und man wird für jeden Fall darin die
gewünschte Belehrung finden, da es nicht nur für Anfänger, son¬
dern auch für den in pathologisch-histologischen Untersuchungen
bereits Geübten geschrieben ist. Die einzelnen Methoden sind mit
möglichst grosser Genauigkeit wiedergegeben und in dankenswerther
Weise vielfach durch eigene Erfahrungen des Verfassers ergänzt.
So kann deshalb die Technik nur wann empfohlen werden. Wenn
Referent einem Wunsche Ausdruck geben soll, so wäre es der,
dass in künftigen Auflagen die Untersuchung frischer Präparate
noch • ausführlicher besprochen und ihre Bedeutung namentlich für
das Studium vieler pathologischer Objecte mehr betont würde.
J. Mannaberg, Die Malariaparasiten, auf Grund fremder und
eigener Beobachtungen dargestellt. 196 Seiten mit 4 litho-
graphirten Tafeln und 6 graphischen Darstellungen. Wien, Alfred
Holder. 1893. Ref. Bein (Berlin).
•Die Anregung zu der vorliegenden Monographie ging von der
medicinischen Facultät in Wien aus, die dem auf dem Gebiete der
Malariaforschung bekannten und geschätzten Autor einen Preis aus
der Oppolzer-Stiftung zuerkannte mit dem Aufträge, die bis dahin
beinahe ausschliesslich von französischen und italienischen Forschern
gepflegten: Malariastudien auch deutscherseits in grösserem Um¬
fange und systematischer Weise . aufzunehmen, wozu in den noto¬
rischen Fiebergegenden der österreichisch-ungarischen Monarchie
reichlich Gelegenheit geboten war. Verfasser hat seine Aufgabe
in ausgezeichneter Weise gelöst. An der Hand seiner reichen Er¬
fahrungen, die er innerhalb dreier Jahre in Istrien, Dalmatien,
Croatien und Slavonien sammeln konnte, giebt er uns ein über¬
sichtliches Bild von' dem heutigen Stande der Malariafrage. So
jung verhältnissmässig dieser Zweig der Wissenschaft noch ist,
so umfangreich ist bereits die Litteratur über diesen Gegenstand
geworden, und wenn auch über die Aetiologie der Malaria bei
sämmtlichen Forschern kein Zweifel mehr besteht, so gehen doch
die« Ansichten im einzelnen bei den verschiedenen Autoren so sehr
auseinander, dass besonders der Nichtforscher grosse Schwierig¬
keiten-hat, sich ein klares Bild von dem Wesen der Malariapara¬
siten, der Classificirung der. verschiedenen Formen etc. zu ver¬
schaffen. Der Mangel einer umfassenden und verständnisvollen
Bearbeitung dieses Gegenstandes, wie sie in der vorliegenden Mo¬
nographie gegeben ist, ist deshalb schon lange empfunden worden.
Wir empfehlen dieses Buch zum eingehenden Studium allen, die
sich über die ungemein interessante und wichtige Lehre von der
Parasitologie der Malaria informiren wollen, auf’s angelegentlichste.
Der Verfasser hat mit grossem Geschick und Verständnis«, wie
es nur bei eigener reicher Erfahrung möglich ist, das Wesentliche
und thatsächlieh Begründete aus dem umfangreichen Gebiete unter
Zugrundelegung der neuesten Entdeckungen zu einem klaren und
anschaulichen Bilde vereinigt. Uebersichtlichkeit der Darstellung
und knappe, präcise Form sind die Hauptvorzüge des Buches. Ein
ausführliches Litteraturverzeichniss am Schlüsse der Abhandlung
macht das kleine Werk auch für den Specialforscher zu einem
werthvollen Nachschlagebuch. Die reiche Ausstattung durch vier
Tafeln ausgezeichneter, naturgetreuer Abbildungen der Parasiten
in Buntdruck erhöhen das Verständnis und den Werth des Buches.
Carl Seitz, Grundriss der Kinderheilkunde. Gr. 8. 478 S.
Berlin, S. Karger, 1894. Ref. H. Neumann (Berlin).
Es muss anerkannt werden, dass trotz der bekannten Bücher
von Henoch und Baginsky bei dem ärztlichen Publikum ein
Bedürfnis vorhanden ist, die Kinderheilkunde auch in Form eines
Coinpendiums behandelt zu sehen. Die jetzt so beliebte zusammen¬
fassende Darstellung hat trotz ihrer wissenschaftlichen Nachtheile
ihre praktische Berechtigung; sie trägt, wenn auch nicht zur Ver¬
tiefung, so doch zur Verallgemeinerung der medicinischen Wissen¬
schaft bei. — Eine kurze Zusammenfassung der Kinderheilkunde hat
mit der Schwierigkeit zu kämpfen, dass die Abgrenzung weniger
scharf als bei anderen Specialfächern gegeben ist und dass der
klinische und therapeutische Theil stark individualisiren muss, wenn
er für den praktischen Fall zuverlässig berathen will. Im wesent¬
lichen hat Seitz die angedeuteten Schwierigkeiten geschickt über¬
wunden, wobei freilich Grösse und Preis des Werkes die Grenze
erreicht, die noch für ein Compendium zweckmässig ist. Der
Grundriss ist knapp und klar gehalten und liest sich angenehm.
Der allgemeine Theil, der dem Anfänger und Praktiker auch
manche praktisch wichtige Kleinigkeit nebenher giebt, umfasst
106 Seiten, und hierauf folgt mit 362 Seiten der specielle Theil, in
den auch die wichtigsten Krankheiten der Augen, Ohren und der
Haut eingefügt sind.
Wie zu erwarten, hat Seitz die neueren Anschauungen und
Ergebnisse möglichst berücksichtigt — freilich, wie es Referent
scheint, nicht unter ganz gleichmässiger Würdigung ihrer prakti¬
schen Bedeutung. So würde Referent zum Beispiel die Andeutung
über Prophylaxe des Tetanus und der croupösen Pneumonie mittels
Präventivimpfung gern vermissen, während er bei der Scrophulose
eine rückhaltlosere Anerkennung ihrer tuberkulösen Natur nicht
nur aus theoretischen, sondern auch aus sehr praktischen Gründen
lebhaft gewünscht hätte; insofern man bei der echten Scrophulose
bei einiger Sorgfalt die Veranlassung für eine bacilläre Infection
in der Regel nachweisen kann, kann die Prophylaxe der Scrophu¬
lose aus der Fernhaltung der Infectionsquellen sehr erheblichen
Vortheil ziehen. Auch manche praktisch wichtige Kleinigkeit Hesse
sich vielleicht später nachtragen oder ändern; beispielsweise wird
nicht erwähnt, dass als bleibende Zähne zuerst die ersten Molar¬
zähne (im fünften bis sechsten Jahre) kommen, obgleich sie bei
ihrer grossen Neigung zu frühzeitiger Caries sofortige Aufmerk¬
samkeit beanspruchen. Im übrigen kann man natürlich in diesen
und in vielen anderen Punkten seine abweichende Meinung haben,
ohne darum dem Werke als solchem seine Anerkennung zu ver¬
sagen. Wir stellen ihm eine gute Prognose.
VIII. Journalrevue.
Geburtshülfe und Gynäkologie.
F. Ahlfeld, Ueber Exantheme im Wochenbette, be¬
sonders über den sogenannten Wochenbettscharlach. Zeit¬
schrift für Geburtshülfe und Gynäkologie Bd. XXV, 1. Heft.
Vom December 1890 bis April 1892 kamen in der Marburger
Frauenklinik 14 Fälle von Scharlach- oder masernähnlichen Aus¬
schlägen zur Beobachtung, unter denen sich eine Laparatomirte,
sonst nur Wöchnerinnen befanden. Die Aehnlichkeit dieser Fälle
mit Scarlatina und Morbilli lag einerseits in der Art. des Haut-
ausschlages, während andererseits auch oft noch einige ihrer
sonstigen wichtigen objectiven Merkmale wenigstens zur Zeit des
Ausbruches des Exanthems zu constatiren möglich war. Trotzdem
sieht sich der Verfasser aus verschiedenen Gründen veranlasst,
diese Erkrankungen als septische und nur zufällig mit Exanthem
verbunden anzunehmen. Eine Ansteckungsquelle war für den ersten
Fall von scarlatinöBem Exanthem nicht zu ergründen, trotzdem qer-
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8. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
231
selbe schon 2Va Monate lang vor dem Ausbruch des Exanthems
unter Beobachtung stand. Ebenso wenig war die Uebertragung
von Scarlatina auf die übrigen Hausbewohner (Schwangere,
Schülerinnen, Kinder der Beamten) zu constatiren, obgleich die
Verhältnisse der dortigen Anstalt keine absolute Isolation ge¬
statteten. Der Ausbruch des Fiebers und des Exanthems stimmte
überein mit den sonstigen kritischen Tagen des Wochenbettes. Be¬
stimmte Anhaltspunkte für die Annahme des septischen Charakters
der Erkrankung wies nur ein Theil der Fälle auf, und unter diesen
wieder besonders deutlich zwei: Bauclideckenabscess einer Lapara-
tomirten und Lochiometra mit dem Nachweis von Streptococcen.
Auch dieselbe Ursache für die übrigen Fälle anzunehmen, hält sich
Verfasser um so mehr berechtigt, als doch oft bei fieberhaften
Wochenbetterkrankungen der Nachweis der localen Affection miss¬
lingt. Auch ist die Einreihung obiger Fälle in die septischen
Exantheme nach Ansicht des Verfassers um so eher angebracht,
als dieselbe ohne jede Annahme aussergew'öhnlicher Verhältnisse
für Gravidae und Puerperae möglich ist. — Bezüglich der Ursache
des Exanthems pflichtet Verfasser der Ansicht Renvers’ bei, die¬
selbe der Aufsaugung eines durch die Anwesenheit pathogener
Organismen im Lochialsecret erzeugten Ptomaines zuzuschreiben.
Und zwar handelt es sich um die Ptomaine bestimmter Arten dieser
Mikroorganismen, da ja die meisten Fälle septischer Erkrankungen
ohne Exanthem verlaufen. Zum Schluss giebt Verfasser der Ver-
muthung Ausdruck, dass in den bisher veröffentlichten Fällen
inodificirter Scarlatina des Puerperiums cs sich wohl meist um
spetische Fälle gehandelt haben kann. C. Keller (Berlin).
W. Schlajer, Ueber die Complication der Schwanger¬
schaft-, Geburt und dos Wochenbetts mit chronischen
Herzklappenfehlern. Zeitsehr. f. Geburtshülfe und Gvnäkologie
Bd. XXIII.
Bei der Beurtheilung der Prognose eines durch Schw angerschaft
complicirten Herzfehlers kommt es weniger auf den gestörten
Klappenmechanismus an, als auf den Zustand des Herzmuskels,
auf seine Fähigkeit, sich den erhöhten Anforderungen anzupassen.
Schlayer hat aus den Protokollen der Berliner Universitäts-
Frauenklinik 25 Fälle von mit chronischen Herzfehlern complicirten
Geburten zusammeng-estellt. Von den 25 Frauen kamen neun zu
früh nieder, ohne andere nachweisbare Schädlichkeit. I-parae tragen
trotz des Herzfehlers verhältnissmüssig leicht und häufig aus,
während der Procentsatz der Frühgeburten bei Mehrgebärenden
entschieden ein höherer ist. Im Wochenbett starben acht Wöchne¬
rinnen infolge ihres Herzfehlers, zwei während der Geburt und
zwei bald nach ihrer Entlassung, also 48 % Todesfälle. Die
Complication mit Herzfehler ist daher prognostisch sehr
ungünstig und gefährlich. Fast 29% der Kinder kamen todt
zur Veit, und nur 46,5% aller Geborenen waren ausgetragen.
Auf die Therapie übergehend betont Schlayer, dass die Be¬
handlung der schwangeren herzkranken Frauen hauptsächlich in
guter Pflege und Ruhe bestehen muss. Der künstliche Abort wird
nur sehr selten indicirt sein. Derselbe giebt keine gute Prognose.
V as die Leitung der Geburt bei Herzkranken betrifft, so be¬
steht die Hauptindication darin, die Kreissendo sobald als möglich
und so schonend als möglich zu entbinden. Nach dem Austritt,
des Kindes ist es zweckmässig, einen schweren Sandsack auf das
Abdomen zu legen, um dem sinkenden Abdominaldruek entgegen
zu wirken. Mit dem Verlassen des Wochenbettes soll möglichst
lange gewartet werden; wenn möglich drei bis vier Wochen.
Flaiselilen (Berlin).
F. Waschaur, Report of four hundred cases of infcu-
bation of the larynx with practical doductious. The Journal
of the Amer. med. Association 1892, 17. December.
Die vierhundert in der Privatpraxis ausgeführten Operat.iönen
sind bei allen Arten von Larynxstenose vorgenommen, und die Zu¬
sammenstellung ist ohne Rücksicht auf das Alter der Patienten,
die Malignität des Krankheitsprocesses und ungünstige äussere
Verhältnisse gemacht. Unter diesen Umständen muss das Gesammt-
resultat. — 34,74% Heilungen — als günstig bezeichnet, werden.
164 operirte Kinder waren noch nicht drei Jahre alt, die Zahl der
Erfolge betrug hier 25,37%. Nach der Ansicht des Verfassers
ist die Operation so schwierig, dass sie nur vom Specialisten aus¬
geführt w r erden kann, der auch am besten die richtige Grösse der
Caniile bestimmt. Dieselbe darf nicht zu weit gewählt werden,
da anderen Falles Erstickung durch Membranen, die sich darunter
festsetzen und nicht ausgehustot werden können, zu gewärtigen
ist. Deutet ein heiserer Husten auf eine solche Complication hin,
so muss die Canüle sofort entfernt werden. Einer ausreichenden
Ernährung werden sich bei genügender Geduld und richtiger
■ Lagerung des Kranken keine grossen Schwierigkeiten entgegen¬
stellen. Die bei der Diphtherie übliche Behandlung ist auch nach
der Intubation fortzusetzen. Reunert (Hamburg).
H. Hochsinger, Ueber Sondenfütterung saugschwacher
I und dysphagiseher Kinder. Allg. Wien. med. Zeitung 1893.
Hoch singer macht im Anschluss an die Publication
H. Neuinanu's (Mainummer 1893 der Therapeutischen Monats¬
hefte) Mittheilung über Sondenfütterung, die in vier Fällen geradezu
lebensrettend gewirkt hatte. Bei dem ersten, sechs Monate alten
Kinde handelte es sich um eine nach Soor auftretende Schlund-
lähmung, infolge welcher der Saug- und Schluckact vollständig
aufgehoben waren. — In der zweiten Beobachtung Hoch singer’s
war eine völlige Sistirung der Saug- und Schlingfunction als Folge
von Erschöpfung nach Brechdurchfall bei einem ebenfalls sechs
Monate alten Kinde aufgetreten. Ein weiterer Fall der mitge^
theilten Casuistik betrifft ein dreimonatliches kräftiges Brustkind,
bei welchem hochgradige Coryza eine schwere, Erschöpfung be¬
dingende Saugbehinderung hervorgerufen hatte. Endlich wurde
bei einer achtmonatlichen, saugschwachen Frühgeburt die Sonden¬
ernährung als einzige Möglichkeit der Nahrungs zu fuhr in An¬
wendung gezogen. In allen vier Fällen wurde vor Uebergang zur
Fütterung durch die Sonde die Ernährung der Kranken durch
Löffoleingiessungen versucht, aber es zeigte sich dieselbe als völlig
unzureichend für die zum Leben erforderliche Erhaltung der Kräfte.
Hoch singer weist im Anschluss an seine Beobachtungen be¬
sonders darauf hin, dass die systematische Anwendung der Sonden¬
fütterung sieh zur Zeit auf einen viel zu kleinen Kreis von Er¬
krankungen — meist nur bisher bei tracheotomirten, an Schlund¬
lähmungen leidenden Kindern vorgenommen — erstrecke. Die
Sondenfütterung ist demnach: 1) bei allen Formen von Scliling-
schwächc und Schlundlähmung, 2) bei Saugschwächo lebens¬
schwacher Neugeborenen oder durch schwere Krankheiten erschöpfter
oder atrophischer Säuglinge, 3) bei allen Formen erschwerter
Nahrungsaufnahme, welche durch Erkrankungen der Mund-, Rachen¬
oder Nasenhöhle bedingt sind anzuwenden.
| Silbermann (Breslau).
IX. Vereine und Congresse.
Berliner medicinisehe Gesellschaft.
Kinderheilkunde. I
Kosinski, Ueber gonorrhoische Erkrankung der Mund- j
Schleimhaut bei Neugeborenen. Zeitsckr. f. Geburtsliülfe !
'ind Gynäkologie Bd. XXII. ;
Kosinski hat in der Königsberger Frauenklinik fünf Fälle ;
hmi Gonorrhoe der Mundschleimhaut bei Neugeborenen beobachtet. !
ie Erkrankung charakterisirte sich makroskopisch durch anfangs !
'u*is>gelMiche. dann mehr schmutziggelbliche Verfärbung, welcho I
»cli besonders am Gaumen, zu beiden Seiten der Rhaphe und auf den {
'orderen Zweidritteln der Zunge localisirte. Um einen wirklichen j
elag handelte es sich nicht, sondern um eine oberflächliche eitrige
uichtrankung des Gew r ebes. Die Epithellagen sahen aus wie ge- ,
Quo len. In dem Secret. der erkrankten Pnrtieen wurden Gono- j
;.;; u r n m . grossen Mengen nachgewiesen. Bei der Untersuchung j
i exddirter Stückchen ergab sich, dass im Bindegewebe selbst
I oocen sich befanden, dass dieselben jedoch die Epithellage
in lWan( * ert hatten und dann zwischen Bindegewebe und Epithel
p-nn a , n ^. est *’ ec bf e n Rasen sich ausstreckten. Als Aetiologie der
dpr °f ,r , 01t,Caen Mund affection sind wohl meistens die Vorgänge bei
erci 6 v!^ . a, ! zus °ben. Die Heilung erfolgt spontan, w’enn auch
v pr . n f h eiI »gen Wochen. Eine dauernde Verfärbung oder narbige
'Erziehung tritt nicht ein. Flaischlen (Berlin).
(Originalbericht.)
Sitzung am 28. Februar 1894.
Vorsitzender: Herr Virchow. .
1. Herr Bergen grün aus Riga (als Gast): Lepra laryngis (Demon¬
stration). Der Herr Vortragende legt acht vortrefflich angeführte Photo-
graphieen verschiedener Falle von Lepra laryngis vor und giebt eine
Analvse der 'veranschaulichten leprösen Veränderungen. Bei letzteren
iibenvien-t bald die Form der allgemeinen diffusen Verdickung, bald nie¬
der Knötchenbildung. Oft ist die Degeneration so weit vorgeschritten, dass
nicht allein alle Theile des Kehlkopfes befallen, sondern last, bis zur Ln-
kenntlichkeit verändert und zerstört sind.
2 Herr Vogel: Zur Aethernarkose. In der Klinik des Herrn
Landau ist der Aether seit Herbst 1890 im Gebrauch. Vortragender
meint, dass, um mit der Aethernarkose gute Resultate zu erzielen, alles
auf die Technik des Actlierisirens ankommt. Die in Deutschland bis jetzt
fast allein geübte nsphyxirondo oder Juillard’scfee Methode hat dem
Aether nicht viele Anhänger verschaffen können; sie ist quälend und nie
ungefährlich für den Kranken, beunruhigend für den Narkotiseur in
den Zuschauer wegen der st finnischen Begleiterscheinungen. Viol fflattrio
und ruhigere Narkosen erzielt man mit der \\ an sc her sehen * •
die im Gegensatz zu der asphyxiremlen, bei welcher man d
den Sauerstoff entzieht und die Kohlensäure zur Unte " pi .
Narkose bonutzt, als die „einschleichende" bezeichnen ^
Methode verfahrt mau nach dem Princip, den Kranken allmahlicl . .
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Original fro-rri
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10
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die Schleimhaut der Respirationsorgane stark reizenden Aetherdampf zu
»•ewöhnen und stets für genügenden Luftzutritt zu sorgen. Vortragender
demonstrirt die Wanseher-Landau’sche Maske 1 ), welche das sehr gut
zulässt. Nach den Erfahrungen des Vortragenden ist auf folgende Punkte
besonders zu achten: Der Aether muss durchaus frei von Verunreini¬
gungen wie Essigsäure, Schwefelsäure, schweflige Säure, Fuselölen etc.,
das specifisclie Gewicht genau das von der Pharmacopoo vorgeschriebene
von 0,720 sein. Redner beschreibt hierauf eingehend das Narkosenverfahren
nach der Wanscher’schen Methode. 1 ) Die nach derselben erzielten
Narkosen unterscheiden sich, was Tiefe des Schlafes und Erschlaftung der
Muskulatur anlangt, in nichts von den mit Chloroform erzeugten. Die
Ansicht, dass hei der Aethernarkose die Patienten sofort erwachen, wenn
man die Aetherzufuhr unterbreche, ist unrichtig; richtig ist, dass die
Patienten leichter als aus dem Chloroformschlaf erwachen. — Das Haupt-
geheimniss, ruhige und glatte Aethemarkosen zu erzielen, scheint dann
zu gipfeln, die Athmung frei zu halten. Diese erheischt daher die volle
und stete Aufmerksamkeit des Narkotiseurs. Die gepriesene Ungefähr¬
lichkeit des Aethers lässt leicht ein zu grosses Gefühl der Sicherheit
aufkommen und wirkliche alarmironde Symptome übersehen, insbesondere
bei der Juillard’schen Methode, bei welcher derartige Erscheinungen nach
Füter „als zur Sache gehörig“ betrachtet werden. Die vermehrte Salivation
und Schleimabsonderung macht bei der nöthigen Aufmerksamkeit keine
ernstlicheren Störungen. Die Herzaction und der Puls werden nur günstig
beeinflusst. Die Beobachtung des Pulses ist daher nur soweit geboten, als
die Operation mit ihren Gefahren sie vorschreibt. Erbrechen kommt bei
der Aethernarkose weniger oft und in weniger anhaltendem Maasse vor.
Der Verbrauch an Aether ist sehr wechselnd; durchschnittlich wird auf
eine einstündige Narkose 120—150 g verwandt.
Nach den geschilderten Grundsätzen wurde seit 3 l /a Jahren aus¬
schliesslich Aether zu sämmtlichen Narkosen verwandt. Combinirte Nar¬
kosen wurden nicht gemacht. Dagegen ist früher l fi — 1 /a Stunde vor
Einleitung der Narkose meist eine subcutane Injection von 0.01 Morphium
gegeben worden, weil man glaubte, dadurch die Narkose gleichmässiger
zu machen etc. In letzter Zeit unterblieb die Injection, ohne dass da¬
durch eine wesentliche Abweichung von dem gewöhnlichen Verlauf zu
constatiren gewesen wäre. Die genaue Zahl sämmtlicher Narkosen ist
nicht mehr gut zu eruiren, übersteigt aber die Zahl 1200. Von grösseren
Operationen wurden ausgeführt: 258 Laparotomieen, darunter viele Myom¬
operationen, ferner Nierenexstirpationen, Echinococcus- und Darmopera¬
tionen; ferner wurden in Aethernarkose ausgeführt 111 Totalexstirpa¬
tionen des Uterus per vaginam, theils wegen Carcinom, theils wegen Fi-
broiden und Beckenabscessen. Andere gynäkologische Operationen wurden
665 mal in Aethernarkose ausgeführt, wobei Abrasionen, Dilatationen und
andere kleine Eingriffe mitgerechnet sind. Dazu kommen noch eine grosse
Zahl von Untersuchungen in Narkose etc., die in Journalen nicht notirt,
daher bei diesen Zahlen nicht mit berücksichtigt sind. Der Aether hat sich
dabei als ein durchaus zuverlässiges und ungefährliches Anaestheticum
bewährt. Todesfälle oder Asphyxieen, welche die Einleitung künstlicher
Athmung nöthig gemacht hätten, sind nicht vorgekommen. Leichtere
Respirationsstörungen sind einige male vorgekommen, aber bei entsprechen¬
der Behandlung stets rasch zu beseitigen gewesen. Instrumente zum
Vorziehen der Zunge etc. sind nie nöthig gewesen.
Als Folge der Aethernarkose sind die mitunter auftretenden Bronchi¬
tiden zu nennen, welche nach Laparotomieen in der That eine unange¬
nehme Zugabe bildeten; dauernder Schaden ist indess nie daraus er¬
wachsen, diese Complication vielmehr ausnahmslos nach 5—6 Tagen be¬
seitigt. In fünf Fällen, namentlich ältere Frauen betreffend, sind schwe¬
rere Lungenerkrankungen beobachtet; dieselben waren indess als Aspira-
tionspneumonieen aufzufassen. In einem Fall, dem schwersten überhaupt
beobachteten, war dieselbe auf die steile Beckenhochlagerung zurückzu¬
führen, welche das Freihalten der Athmung sehr erschwert. Schluck-
pneumonieen sind keine Eigentümlichkeit der Aethernarkose, sondern
kommen auch beim Chloroform vor; sie sind umso seltener, je geschulter
und geschickter der Narkotiseur ist. Bei schon vorhandenen patholo¬
gischen Zuständen der Respirationsorgane — einerlei ob frischen oder
alten — insbesondere älterer Frauen ist der Aether contraindicirt. Bei
Nephritis scheint der Aether ebenso wie das Chloroform nicht ungefähr¬
lich zu sein. Puls und Herzaction sind niemals ungünstig beeinflusst
worden; im Gegenteil ist ein vorher sehr kleiner, ja unfühlbarer Puls
während der Aetherisirung häufig voll und kräftig geworden. Selbst
bei Operationen an sehr ausgebluteten Personen (geplatzte Extrauterin¬
gravidität, Myome, achsengedrehte Ovarialtumoren mit Blutung) und bei
einer ganzen Reihe von Operationen, die über zwei Stunden dauerten,
blieb der Puls bis zu Ende der Operation gut. Vortragender führt eine
Anzahl besonders lange dauernder, schwerer Operationen an, bei denen
der Puls bis zu Ende gut blieb, ferner solche, bei denen zwar zu Ende
der Operation eine bedrohliche Herzschwäche auftrat, die aber auf die
Schwere des Eingriffs, Shok und Blutung zurückzuführen war und bei
denen im direkten Anschluss an die Aetherisirung paradoxer Weise durch
subcutane Injection von 8—10 g Aether camphorat. die Herzkraft wieder
hergestellt wurde. Wie unschädlich der Aether gerade bei sehr lang
dauernden (3—4stündigen) und bei sehr schweren Laparotomieen ist, be¬
weist der Umstand, dass sämmtliche erwähnten Fälle, die schwersten
vagino-abdominalen Operationen, complicirte Myomohysterectomieen und
drei circuläre Darmresectionen glatt genesen sind.
0 Herr Windler, Dorotheenstrasse 3, hat für die Landau’sche Klinik
die Modelle angefertigt, unter anderen eine ganz aus Gummi bestehende
Maske, welche sich wegen ihrer Handlichkeit und leichten Transporta¬
bilität ganz besonders eignet.
*) Vgl. den Aufsatz Grossmann’s über denselben Gegenstand in
No. 3/4 dieser Wochenschrift. D. Red.
Herr Landau ist des festen Glaubens, dass bei Anwendung des
Chloroforms nicht die gleichen Resultate erzielt wären.
Herr Karewski ist der Ansicht, dass dem Chloroform mehr Nach¬
theiliges zugeschrieben werde, als ihm zukomme, und der Aether über
Gebühr gepriesen werde. Auch lauten die Berichte der einzelnen Autoren
nicht gleich. So werde zum Beispiel von einigen Operateuren behauptet,
dass das Erbrechen nach der Aetherisirung eben so häufig vorkommo wie
nach derChloroformirung. Die Julliard’scheMaskewirke nichtasphyxirend,
denn sie werde nicht sofort fest aufgesetzt, sondern, wie beim Chlorotor-
miren, allmählich Mund und Nase genähert. Dass die Dosmrng beim
Aether leichter sei, sei doch erst zu beweisen, jedenfalls sei der bhJoro-
formverbrauch, nachdem die Methode der tropfenweisen Aufgiessung wohl
allgemein eingeführt sei, ein sehr geringer im Verhältniss zum Aether,
nämlich 10 bis höchstens 25 g gegenüber 120 bis 150 g. Im Gegensatz
zum Vortragenden behaupte er, dass die Aetherisirung nicht minutenlang
unterbrochen werden dürfe, da sehr rasches Erwachen emtrete. Bisweilen
trete nach dem Erwachen aus der Aethernarkose eine höchst unangenehme
Excitation der Patienten ein. Bei allen Respirationsaffectionen sei der
Aether zu verwerfen und daher bei allen scrophulösen Kindern, die so
sehr zu Bronchialkatarrhen neigen, zu vermeiden; Kinder unter sieben
Jahren dürfe man überhaupt nicht ätherisiren. Eine vorangehende Morphium-
iniection verwirft Herr Karewski wegen drohender Asphyxie. . Nach lang-
dauernder Aetherisation habe er eine sehr bedrohliche Respirationssynkope
beobachtet; die Äthemfrequenz ging auf acht herunter, und künsthche
Respiration wurde erforderlich. Es sei doch wirklich kein Unterschied,
ob die Patienten an Respirations- oder an Herzsynkope zugrunde gingen.
Denn es seien bis jetzt gar nicht so wenig Todesfälle bei der Aetherisirung
bekannt geworden. Gar re habe 45 Todesfälle zusammengestellt, davon
aber 25 als infolge von Complicationen erfolgt, ausgeschieden. Diese
Ausscheidung sei aber nicht zu rechtfertigen, dann müsse man dieselbe
Rechnungsart auch beim Chloroform anwenden. Rechne man sämmtliche
45 Todesfälle dem Aether zu, so bekomme man einen Todesfall auf 5000
Narkosen, wogegen sich die Zahlen beim Chloroform wie 1:3000 stellou.
Zu empfehlen sei der Aether bei Herzaffectionen und für kurzdauernde
Narkosen wegen des schnellen Erwachens der Patienten. Eine dritte Indr-
cation seien Potatoren, die durch Aether schneller betäubt würden, als durch
Chloroform. Dagegen sei der Aether nicht anzuwenden bei Laparatomieen,
wo längere Zeit m der Bauchhöhle zu arbeiten sei, weil die Kranken
nicht so tief narkotisirt würden, und durch Pressen leicht gewaltsames
Hinausdrängen der Därme und Schwierigkeiten beim Hineinbringen der¬
selben eintreten könnte. . ,
Herr E. Hahn. Er habe das Chloroform seit 1866 in 21000 Fällen
angewandt und sechs Todesfälle dabei zu beklagen gehabt; es waren
meistens kräftige Leute, die nach kleinen Dosen Chloroform zugrunde
gingen. Die Vertheilung dieser Todesfälle über die einzelnen Jahre war
eine sehr ungleiche: Bis zum Jahre 1880 ereignete sich keiner und ebenso
in den letzten vier Jahren. Aber bedrohliche Zufälle traten oft auf, so
dass Herr Hahn stets sehr ängstlich gewesen sei und sich gern dem
Aether zugewandt habe. Hier seieu seine Erfahrungen, allerdings noch
nicht sehr ausgedehnte, da sich die Zahl seiner seit Mai 1893 gemachten
Aethemarkosen erst auf 700 belaufe, darunter bei 40 Operationen von
mehrstündiger Dauer. Er habe dabei nie ein übles Ereigniss auftreten
sehen. Im Gegensatz zu Herrn Karewski müsse er betonen, dass
bei Laparatomieen von langer Dauer die Aetherisirung besonders günstig
verlaufen sei, so bei einer Magenresection und in einem Falle von
lebensgefährlicher Blutung bei einem Leberschusse, wo die Erforschung
des Blutheerdes eine beträchtliche Zeit erfordert habe. Contraindicationen
des Aethers seien Bronchitis, Operationen im Gesichte und am Halse (da
die dabei nothwendige Unterbrechung der Narkose ein rasches Erwachen
herbeiführe) und ein hohes Alter der Patienten, weil der starre Thorax
die Expectoration erschwere; dagegen habe er bei Aetherisirung kleiner
Kinder keine Unzuträglichkeiten beobachtet. Herr Hahn resümirt seine
Erfahrungen dahin, dass er — abgesehen von jenen Ausnahmen wohl
• - • J1 _ mi r _— 1 __Mnv SalnmOll.
Schlesische Gesellschaft für Vaterländische Cultor
in Breslan.
Medicinische Seotion.
Sitzung am 27. October 1893.
1. Herr Adler demonstrirt mikroskopische Nerven- und Muskel¬
präparate eines auf der Abtheilung des Herrn Primärarztes Buch¬
wald beobachteten Falles einer besonderen Form von Neuro-
myositis. T)
Der betreffende Patient, ein 36jähriger, kräftig gebauter Manu, i °-
tator strenuus, vor 10 Jahren luetisch inficirt, bot bei seiner Aufnahme
in das Allcrheiligenhospital am 23. Mai 1893 das Bild einer Herz-
insufficienz: Dyspnoe und Cyanose, Oedeme an Rumpf und Lxtremi-
täten, Ascites, Hydrothorax, starke Leber- und Milzschwellung, im tri
eine Spur Eiweiss und einige hyaline Cylinder; der Puls klein, besohlen
nigt, unregelmässig, der Herzshok matt, die Herzdämpfung nach recn
bis zum rechten Stemalrand verbreitert, die Herztöne leise, der erste l°n
an der Herzspitze unrein. Die Form der Oedeme an Armen und Deine
war indessen eigentümlich: Hände und Fllsse waren völlig frei davon,
die Arme hatten eine spindelförmige Gestalt, mit dem grössten Um¬
fang der Spindel im oberen Drittel der Unterarme. Auffallender wei
war ferner der Umfang des rechten Oberarms, der kein Oedem zeig ,
um 2,5 cm grösser als der des linken, und zwar war diese Volumenzu¬
nahme durch Schwellung der sich abnorm prall aniählenden Mubku-
latur bedingt; auch an den Unterarmen und Beinen erweist sich die
Digitized b'
Google
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
8. März.
Muskulatur nach Aufhebung einer Hautfalte erheblich^es^hwon^T Die
geschwollene Extremitätenmuskulatur ist auf Druck ausserordentlich
schmerzhaft während die Nervenstämme an den uiÄS
und die Nem ulnares keine, die Nervi radiales und niediani nur gcni.co
Druckschmerzhaftigkeit aufweisen. Die geschwollenen Muskeln sind fenmr
KJ Strecker an Armen und Beinen sind er"
hebheh mehr betroffen als die Beuger. Im Gebiete beider Nervi radiales
sind fast aUe Muskeln völlig gelähmt; rechts kann nur der Zeigefhiger
links der Zeige- und Mittelfinger gestreckt werden. Die Beugung und
Pronation der Hand und die I lngerbeugung zeigt erhebliche Kraftver-
minderung, im Gegensatz hierzu functioniren die kleinen Handmuskeln
gut Die Musculatur am linken Oberarm verhält sich normal rechts ist
die Obenirmmuskulatur paretisch, der Triceps weit mehrmals die Beu-er-
auch der M. deltoides ist rechts dnickempfindlich und schwach. Anoden
unteren Extremitäten ist beiderseits das Peroneusgebiet am meisten er“
\ die Ftlsse befinden sich in Equino-varus-Stellung und können nur
wenig dorsalflectirt werden, die Streckung der Zehen ist sehr gering-
s i nd auch Unterschenkelstrecker, während
die Beuger der Unterschenkel, der Ftlsse und Zehen nur wenig gelitten haben
Die elektrische Erregbarkeit der betroffenen Extremitäten-
muskulatur ist für beide Stromesarten bei indirekter und direkter Reizung
m . df? völll g gelähmten Muskeln im Gebiete der Nem
radiales und peronei (Mm. extens. digit. commun. long. und extens. halluc)
,n^L n C °r P f Iete Entartu . n P reaction > in der Beugemuskulatur
P f art } ell e Entartungsreaction, wobei die
für beide Stromesarten erhalten ist, bei di¬
rekter galvanischer Reizung eine träge Zuckung mit Yorwiegen der Ano-
denwirkimg resultirt. während der faradische Strom be" direkter
Application keine Zuckung hervorruft (nach Stintzing ist dies die
schwerste Form der partiellen Entartungsreaction).
roüov b . ebnenreflexe fehlen an .Armen und Beinen. Die Haut-
nWpnHc Sm i d hei ? b gesetzt; ob Jective Sensibilitätsstörungen sind
cK d „ U f p UWei \ e , n ’ doch wird über ein Taubheitsgefühl in den Hand¬
tellern und Fusssohlen geklagt. Bei völliger Ruhetage sind Muskel-
Ä,"S: ,taäe "' erheblich, sind dieselbe» bei activen und
fall w^ k AL St <? a K ti ™a J ? it ^, Apri , 1 1893 rait Erbrechen und Durch-
Erhrecle^hnrt? S™ de - g S. rahl ünd , " r09se Mattigkeit gesellten; das
Sten nf. P h “?/■ " i,hr ™ d die Durchfflle 14 Tage
cJe ge“teilt” 6 Teniorbencr ^Nahrungsmittel wird durchaus in Ab-
m 1.5 M SI i g ! s *S 3t * s * cb ’ unter Auftreten eines Spannun<'sseffthls
Mt b^u et’ eZwt* 1° ™, ™ bteI V ^ '^e^pTrlS iin
Ta«. “ Woche danach begann im rechten Arm, und wieder
«aige läge spater auch im linken Arm die Kraft abzunchmen.
»e„;r. T,:n;n.JL ( erSCh rö’o?^ hrei ‘ < ? die bis dabin normaI «der subfebril
«Iwnkel et^E t « U , r t aU a 38 D anstle? ’ an der Vorderfläche beider ünter-
nächsten „ '“hedeutendesPurpuraexanthom. welches innerhalb der
KctlÄd rt al ’ bli n„ Anfa "8 Jnni wurden die oberen
T Eehlhopfmuskeln druckschmerzhaft ; Schling-
'rato nkht tf t ^“gensduneram oder Augenmuskellühmungen
»«terzT L “,,H„ ;Pp !f“-, lU i- d 5? Extremitäten nahmen nicht
Md Kassen eJa^L,'? F: egentbe,i die Bewegungsfähigkeit an Händen
Fatient ober T.nMi.'t Sb o?ki ger ’. den ersten Tagen des Juni begann
klagen und Aussenflächen beider Unterschenkel zu
'ätsvermindA^ , T‘ bS - “ UCh ob d ectiv ei “ geringe Sensibili-
\rn t ff nach ^ ewi esen werden.
tonstatirt• enYwJrkfi t &m - Eerzen e * n pericar ditisches Reibegeräusch
dat. wahrend rW «11 elte ■ S1C V rö t ch em starkes pericardiales Exsu-
v «m 25/96 J U11 ; Kräftezustand erheblich sank; in der Nacht
Nachmittag des Ofi LnfV^ Dy ?f n ?f nnd blutiges S P utum auf > und am
KL.?- ,5 erfoI ^ e der Exitus letalis.
nosis m ulV^T° St % Ch k J? ien im vorliegenden Falle Tr ich i-
p °lymyositVqNeuritis, Nem-omyositis (Senator), acute
5 dl f " K * k “ ke der Ja P anerU in Betracht,
haftigkeit n E 1°^ T 1 we S en der Schwellung, Schmerz-
dazu der Beginn d6 u Musku ) atur denken, auch stimmte
gegen TrichfLsifl d ^ r Er l krai ? kun ^ mit Erbrechen und Durchfall;
Augenschmerzen Kan™ 011 , a ^® r das fehlen von Gesichtsödemen,
handensein wirklich* 11 " J! nd Schlingbeschwerden,' sowie das Vor-
|l| ekWschen EntertSngeSot^ mUngen und der Nachweis der
b °ehgiudfgen mialht-' rlClC< * ,m ? verbreiteter Muskellähmungen, die
der völlig 5? Aenderungen in der elektrischen Reaction
re «Mep^ el “ t mtan . Mu t® “ u ? d die Aufhebung der Sehnen-
h| ieb auffallendstas V*M Bl de der multiplen Neuritis, doch
ginn der Erkrank«* 6 “S n ei ^ eatIl cher Nervenschmerzen zu Be-
-Nervenstämme und di?’ -Druckschmerzhaftigkeit der
selbe Hess sTch^L« le ® rh ? bllcke Schwellung der Muskulatur; das-
nator) sagem gg die Annahme einer „Neuromyositis“ (Se-
es vo^Wa^nA? S“ 11 ® 0116 Eild der acuten Polymyositis,
brund der bish^ k V Unverricht zuerst aufgestellt, auf
zeichnet worden Falle zuletz t von Strümpell ge-
üche DruckemnfinHr Ji ie . Muskelschwellungen, die erheb-
Purpume^tTem ^Muskulatur, die Hautödeme, das
war aber das Auftreten dieser ungewöhnlich
^Störungen femep wi ? eutll 5! ler » wenn auch geringer Sensibili-
i rner wichen die bedeutenden oualitAi.ivnn Aandn.
DEUTSCH MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
- . __233
rungen in der elektrischen Reaction der völlig gelähmten Muskeln
von dem bisher bei der acuten Polymyositis erhobenen elek-
FaHtfso ffihr n in e v’ } d UUd eb f nS0 u 0nig ^ ehört die im vorliegenden
1 alle so sehr im Vordergrund stehende Herzschwäche und der all¬
gemeine Hydrops sowie die Complieation mit Pericarditis zu den
Symptomen der acuten Polymyositis.
Dagegen ist, bei der von Scheube beschriebenen hydro-
Sih . n e fi,” Kak ' ke der Japaner“, welche auch zu ausge-
Hvdrnn ^ uskelIäkman g® n ^hrt, Herzschwäche und allgemeiner
Hydrops die Regel, die Locabsation der Lähmungen, die Verände¬
rung der elektrischen Reaction wie im vorliegenden Fall aber es
STT m 1 u 6 i r ? ak n ke die Sensibili tätsstörungen erheblicher zu
aw; Mllskels ^ bwellun geu aber nur selten und dann einzig an
den Wadenmuskeln vorzukommen.
mit Obduction ergab am Herzen eine sehr starkePericarditis
dl! ^ 0 , s ® embä f.°/y ba g ls , cbem Exsudat im Herzbeutel, Erweiterung
des rechten \ entnkels, mehrere Infarcte in der rechten Lunge, eine
SIzscTwenlTag 8 ’ ’ H >' drothora *’ bedeutende lobor-
• Die u mikroskopische Untersuchung des Herzens zeigte ausser
entzündlichen, pericardialen Schwarte ausgedehnte und
hochgradige V e r f e 11 u n g der Muskelfasern. Die Extremitätenmuskeln
erschienen grösstentheils geschwollen und von abnorm blasser Farbe
Mn=i,ni ie f 1 ? 1 . krOSk0piS n he Untersuchung der Muskeln (es wurden
Muskelstuckcken aus allen erkrankten Gebieten untersucht) ergab an
frischen Präparateu n!rgen d s trübe SchweUung oder fettige Degenera¬
tion der Fasern; Trichinen wurden nicht gefunden.
d ? r in M bl . ler ’scher Flüssigkeit gehärteten und mit
in A' E °ui in - und Eicro-Carmin gefärbten Muskeln fielen
zunächst eine Anzahl interstitieller Veränderungen auf: die einzelnen
rinfn<W Sei ? y iel { ach durch abnorm grosse Zwischenräume von
emandei getrennt (Oedem); auf der Wand der kleinen intramuskulären
t«!! 11 befan d? n si ch hier und da Heerde von dichter kleinzelli¬
ger Infiltration, dieselben zeigten sich aber nirgends in dem Bindegewebe
zwischen den Primitivfasern, wie solches in so hohem Grade in dem ersten
Senator sehen Falle von Polymyositis statthatte [cf. die Abbildung 3 )
ia ? eaa t° r s Arbeit: „Ueber acute Polymyositis und Neuromvo-
sitis, Deutsche medicimsche Wochenschrift 1893, No. 891. An einzelnen
otcilen war es auch zu Blutaustritten in das intactitielle Bindegewebe
Die Muskelfasern selbst zeigten ein sehr verschiedenes Ver¬
halten; eine erhebliche Anzahl erwies sich sowohl hinsichtUch ihrer
urösse als m ihrer Querstreifung und im Kernreichthum als normal-
viele aber erschienen mehr oder weniger verbreitert (der Querdurchmesser
der breitesten maass 90 /Jt ), tingirten sich nur schwach mit Farb-
stofien, zeigten abnorm wenig Muskelkerne und hatten ihre Quer¬
streifung verloren, manche unter ihnen wiesen Spalten, andere
Vacuolen auf („ödematöse“ Fasern Wagner’s, breite Fasern
Prinzmg’s).
An anderen Stellen (insellörmig zwischen Gebieten mit normalen
und „breiten Muskelfasern angeordnet) zeigten sich die Primitivfasern
ausserordentlich verschmälert, sehr kernreich, mit welliger Con-
tour, mit tlberaU gut erhaltener Querstreifung; vielfach sind die
Muskelfasern ganz untergegangen und Fett oder kernreiches
Bindegewebe an ihre Stelle getreten.
Die Untersuchung der peripheren Nerven, welche an frischen
an mit Osmiumsäure und nach Marchi behandelten und an
gehärteten mit Hämatoxylin-Eosin und nach Weigert gefärbten
Präparaten vorgenommen wurde, ergab nur im Gebiete der feineren
Muskelästchen deutliche Veränderungen, bestehend in einem hoch¬
gradigen Schwund der Nervenfasern und deren Ersatz durch Binde¬
gewebe; vereinzelt wurden auch Nervenfasern mit scholligem Zer¬
fall der Markscheide angetroffen.
Das in Müller’scher Flüssigkeit gehärtete Rückenmark zeigte
im oberen Brustmark eine blässere Färbung der medialen Partieen
der Goll’schen Stränge, und an Weigert-Präparaten konnte man einen
massigen Faserausfall in diesen Abschnitten constatiren. Die Vor¬
derhorn-Ganglienzellen erschienen sowohl im Hals- als im Lenden-
mark normal.
Ein Theil der an den Muskelfasern gefundenen Veränderungen
dürfte als secundäre Degeneration infolge Erkrankung der
Muskelästelien aufzufassen sein; die im interstitiellen Gewebe
aber nachgewiesenen entzündlichen Processe und das Oedem
der Muskelfasern sind der Ausdruck einer primären Myositis.
Es liegt also eine Neurorayositis vor.
Im klinischen Bilde nun überwogen die durch die Muskel¬
entzündung hervorgerufenen Erscheinungen weit die auf die Er¬
krankung der Nerven zurückzuführenden.
Der von Senator beschriebenen Form von Neuromyositis
(cf. Zeitschrift für klinische Medicin 1888, XV), bei welcher die
Symptome der Nervenerkrankung dem Krankheitsbilde sein
Gepräge geben, würde also eine zweite anzureihen sein, bei welcher
die Zeichen der entzündlichen Muskelerkrankung klinisch
x ) Nur in einem FaUe Lewy’s war partielle Entartungsreaction an
den kleinen Handmuskeln vorhanden.
*) Die betreffenden Präparate hatte ich durch das Entgegenkommen
des Herrn Geheimrath Senator Gelegenheit zu sehen, wofür ich ihm
auch an dieser Stelle meinen besten Dank sage.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
234
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHR IFT.
No. 10
in den Vordergrund treten. Von der reinen, acuten Poly¬
myositis scheint sich dieselbe vorzüglich durch das Auftreten
von Entartungsreaction in den gelähmten Muskeln und Ver¬
minderung der Sensibilität zu unterscheiden.
Was die im vorliegenden Falle nachgewiesene Erkrankung der
Goll’schen Stränge im oberen Brustmark betrifft, so sind
bei Potatoren (Patient war Potator strenuus) zuweilen solche
Veränderungen gefunden worden.
Die Erweiterung des rechten Ventrikels und die hoch¬
gradige Verfettung des Herzmuskels werden bei der japani¬
schen Kak-ke regelmässig beobachtet, und auch die Compli-
cation mit Pericarditis kommt bei der Kak-ke zuweilen vor;
die in den Muskelästchen der Nerven und in den Muskeln gefun¬
denen Veränderungen weichen ferner nicht sehr von den Be¬
funden Scheube’s an Kak-ke-Leichen ab, welcher in den intra¬
muskulären Nervenstämmchen erhebliche degenerative
Processe und in den Muskeln degenerative und entzündliche
Veränderungen nachwies.
Der vorliegende Fall scheint mir daher eine Uebergangsform
zwischen der japanischen Kak-ke und der acuten Polymyositis
dar zu stellen.
2. Herr Koch stellt den Fall von multiplen Dermatomyomen,
den Jadassohn im Jahre 1890 in Virchow’s Archiv (an zweiter
Stelle) publicirt hat, vor. Das Krankheitsbild — es war für
die in letzter Zeit noch mehrfach beschriebene (Lukasiewicz,
Wolters) Afifection absolut charakteristisch und besonders durch
spontane Involution einzelner der histologisch als Leiomyome con-
statirteu Gebilde ausgezeichnet — ist in der Zwischenzeit im ganzen
unverändert geblieben; nur am oberen Rande der (von der vor drei
Jahren vorgenommenen Excision zurückgebliebenen) Narbe ist ein
in die Subcutis reichender, den Papillarkörper ganz freilassender,
über zelmpfennigstückgrosser, flacher und derber Knoten, über dem
die Narbe selbst verschieblich ist, zurückgeblieben, über dessen
Natur, da die Patientin eine Operation verweigerte, nichts Be¬
stimmtes ausgesagt werden kann. Schmerzanfälle, wie sie bei
einzelnen Fällen von Dermatomyomen in grosser Intensität Vor¬
kommen (z. B. in dem ersten Fall von Jadassohn), sind bei der
Patientin bisher niemals aufgetreten.
3. Herr Jadassohn demonstrirt ein Syphilid mit bemerkens-
werthem klinischem Verlauf und anatomischem Befund.
Di«; Patientin, eine Prostituirte, bei welcher der Zeitpunkt der In-
fection nicht genau festzustellen ist, kam Anfang Mai 1893 mit einer
typischen secundären Lues (Papeln an den Genitalien, Plaques an den Ton¬
sillen, multiple Seleradenitis, leichte diffuse Alopecie) auf die Abtheilung.
Sie erhielt Thymolquecksilber, und zwar eine Injection zu 0.1, drei zu 0,05;
dann musste die mercurielle Behandlung wegen Stomatitis ausgesetzt
werden. Während die bestehenden Symptome abgeheilt waren, trat schon
vor der letzten Injection zuerst am rechten Oberschenkel ein sehr eigen¬
artiges Exanthem auf: zuerst hellere, sehr bald aber dunkelbraunroth
werdende, schnell bis zu Daumennagelgrösse anwachsende, massig erhabene,
auffallend weiche, rundliche Efflorescenzen, denen dann an anderen
Stellen des Körpers kleinere, helle, derbe Knötchen zum Theil in gruppen¬
förmiger Vertheilung sich zugesellten. Zugleich zeigten sich bei der
Patientiu die Symptome einer tuberkulösen Lungenaffeetion. Auf Grund
dieser und wegen der grossen Neigung der Patientin zu Stomatitis konnte
eine regelrechte energische Schmiercur nicht durchgeführt werden. Die
Diagnose war wegen der eigenthümlichen Beschaffenheit der Efflorescenzen
an den Beinen zuerst in suspenso geblieben; als auch weiterhin die Er¬
krankung auf eine, allerdings immer nur sehr milde Hg-Behandlung nicht
heilte, wurde ein Stück der braunrothen Heerde excidirt; die histologische
Untersuchung ergab das Vorhandensein von starker rundzeiliger Infiltration
mit eingelagerten Heerden von Epithelioid- und typischen Langhans’schen
Riesenzellen; ein solches Stück wurde auch einem Meerschweinchen intra-
peritoneal inoculirt. Das Thier ist nach fünf Monaten wahrscheinlich durch
Erfrieren gestorben; bei der Section fand sich keine Spur von Tuberkulose.
Im klinischen Verlauf ist seither insofern eine Veränderung aufgetreten,
jils sich allmählich fast über den ganzen Körper ein aus hirsekorn- bis
linsengrossen Knötchen zusammengesetztes, überall in oft grossen Gruppen
localisirtes Exanthem schubweise ausgebreitet hat; die einzelnen Knötchen
heilen theils spontan, theils unter Hg-Einwirkung mit dunkelpigmentirten
narbenähnlichen Atrophieen ab, hier und da haben sich auf ihrer Höhe
auch Pusteln entwickelt. An einzelnen Stellen sind sowohl im Beginn
als auch im weiteren Verlauf der Erkrankung unter lebhafteren Ent¬
zündungserscheinungen tiefer in der Cutis sitzende, erbsen- bis kirschgrosse
sehr derbe Knoten aufgetreten, welche sich theils spontan involvirten,
theils nach Usur der Epidermis zu secerniren begannen und kleine granu-
lirende Ulcerationen bildeten. Ein grosser Theil der Efflorescenzen ist
spontan und ganz besonders auf Druck sehr empfindlich.
Der Fall, über den nach Abschluss der Beobachtung noch aus¬
führlicher berichtet werden wird, ist bemerkenswerth:
1) wegen der Eigenart der zuerst auftretenden sehr weichen,
lupusähnlichen Heerde, die sich aber spontan oder unter Mitwirkung
des Hg involvirten;
. 2) wegen der histologischen Beschaffenheit dieser Heerde —
typische Tuberkelstructur — und dem auch durch das Thierexperiment
erbrachten Nachweis der nicht tuberkulösen Natur, derselben;
3) wegen des ausserordentlich chronischen Verlaufes, der ge¬
ringen Rcaction gegen Hg, des Auftretens von derben cutanen
Knoten bei einer zweifellos „secundären* 4 Lues.
4. Herr Hamburger: Ein Fall von Insufflcienz der Tri-
cuspidalis. 56jähriger Mann, der im Jahre 1854 eine links¬
seitige Pleuritis überstanden, seit einem halben Jahre über Kurz-
athmigkeit, Husten, spannende Schmerzen über der Brust und im
Unterleib zu klagen hat. Status: Starker Venenpuls am Halse,
namentlich rechts. Die rechte Thoraxhälfte aufgetrieben, lauter
Schall, Vesiculärathmen mit trocknen Rhonchis, links zwischen der
8 und 12. Rippe Thorax eingezogen, kurzer Schall, undeutliches
Athmen, schwaches Reiben. Also links Schrumpfung (wohl im
Anschluss an die Pleuritis), rechts vieariirendes Emphysem. Herz:
mässige Hypertrophie des rechten \ entrikels bis zum rechten Ster-
nalrand nachweisbar, Herztöne laut, rein, kein distincter Spitzen-
stoss, diffuse Erschütterung zwischen 3. und 5. Rippe. Von dem durch
eine Trieuspidalinsufficienz bedingten Symptomencomplex ist ausser
der Hypertrophie des rechten Ventrikels nur noch der Venenpuls vor¬
handen, es fehlt das systolische Geräusch, die Abschwächung des
zweiten Pulmonaltons und das Pop off’sehe Zeichen (Verminderung
der Stärke des rechten Radialpulses). Trotzdem ist an der Diagnose
„Insufflcienz der Tricuspidalis“ festzuhalten und der Fall nicht den
von Fried reich beschriebenen an die Seite zu stellen.
5 Herr Hermann Cohn stellt zwei Kranke vor, denen er
aus der Tiefe des Auges Bisensplitter (einen 3 mg, den anderen
17 mg schwer) nach Einschnitt in die Sklera in der Nähe des
Sehnerven mit dem Elektromagneten extrahirt hat. Bei
einem derselben ist jetzt nach l l /-2 Jahren die Sehschärfe = 1.
Die Fälle werden ausführlich mit anderen ähnlichen, vom Vortra¬
genden operirten in der Deutschen medieinischen Wochenschrift dem¬
nächst beschrieben werden. Der Vortragende zieht aus seinen Beobach¬
tungen folgende Schlüsse: Man verzage nicht bei Cyclitis trauma¬
tica; denn sie schwindet w'ie mit einem Zauberschlage, sobald der
Fremdkörper herausgezogen ist; man verzage ferner nicht, w r enn
der Eisensplitter nach mehrmaliger Einführung des Elektromagneten
nicht erscheint : in einem Falle folgte das Eisenstück erst beim
achten Male der Einführung, ohne dass das Auge Schaden nahm.
Man verzage auch nicht bei dem tiefsten Collapsus bulbi: denn
der Glaskörper ersetzt sich doch wieder nach 2—3 Tagen. Man
stelle die Prognose nicht auf beginnenden Cataract, wenn die Linse
durchschlagen wurde; denn der zarte Duchsclilagscanal kann, ohne
dass sonst die Linse sich trübt, Jahre lang isolirt bestehen bleiben.
Man höre nicht auf, Schlossern und Schmieden die Nothw r endigkeit
des Tragens dicker Schutzbrillen zu predigen, und man ermahne
auch die Meister, einer Unfallversicherungsgesellschaft beizu¬
treten, da sie, die nicht gezwungen sind, sich zu versichern, bei
Verletzungen dann am schlimmsten daran sind.
6. Herr Schwarzschulz stellt einen 33jährigen Mann mit
beiderseitiger Radiaüslähmung vor. Patient ist seit 2 l /2 Jahren in
einer Metallfabrik thätig gewesen und hatte angeblich mit Blei-
glätte zu thuu. Er ist bereits dreimal an Bleikolik, das letzte Mal
verbunden mit Arthralgieen, mit Erfolg behandelt worden. Mitte
Juli erkrankte er mit heftigen reissenden Schmerzen in beiden
Unterarmen und Händen, besonders rechts. Zugleich bemerkte er
eine sich ziemlich schnell steigernde Schwäche der Extensoren
beiderseits. Zur Zeit besteht vollkommene Radialislähmung mit
Entartungsreaction in der Extensorenmuskulatur. Rechts ist auch
der M. s u p i n a t o r 1 o n g u s ergriffen. Die eingesclilagene Therapie.
Elektricität, Massage, Schw efelbäder, innerlich Jodkali ist ohne Er¬
folg geblieben.
7. Herr P. Stolper demonstrirt: a) die Brustorgane eines
Falles von primärem Bronchialkrebs. Der 73jährige Patient
war erst seit 6 Wochen erkrankt und hatte seitdem stärkeren,
nicht charakteristischen Auswurf, Die Erscheinungen der Recui-
renslälimung führten ihn ins Hospital, wo er an foetider Bronchitis
mit Bronehiectasen und Aspirationspneumonie starb. Das Garci-
nom, ein Cylinderzellenkrebs, sass im linken Hauptbronchus ha c
hinter der Bifurcation und hatte nur die nächstgelegenen Lymph-
drüsen mit ergriffen; sonst keine Metastasen.
b) Mikroskopische Präparate von Iritis tuberculosa. Nach
einem leichten, jedenfalls nicht perforirenden Trauma stellte sici
bei einem 6jährigen Knaben, der noch keinerlei Zeichen sonstigei
tuberkulöser Erkrankung zeigt, von dem aber ein älterer Bruder an
Meningitis (tuberculosa?) gestorben ist, eine Iritis ein. Enucleation.
Die vertiefte vordere Kammer völlig von Exsudat erfüllt, die Mem¬
brana Descemeti stellenweise durchbrochen, Iris und Ciliarkörpei
ganz eingeschmolzen. Typische Tuberkel, Verkäsung und Lang-
hans’sehe Riesenzellen machen die tuberkulöse Natur zweifellos,
obwohl Bacillen nicht dargestellt werden konnten, vielleicht weil
der Bulbus nicht entsprechend conservirt war. Die Leiche zeigt
die charakteristischen Veränderungen sowohl des Kapsel- wie de&
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8. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
235
Kernstaares: Wucherung der vorderen Linsenkapsel, des Kapsel¬
epithels, Auffaserung, Vacuolenbildung, Morgagni’sche Kugeln.
(Die ausführliche Veröffentlichung erfolgt anderweitig.)
8. Herr Fl. Meyerhold: Ein Fall von acuter Arsenikver-
giftung. Die Vergiftung (27. Juni 1893) erfolgte durch Genuss
von Fleisch, welches Arsen entliielt. Auf welche Weise letzteres
in das Fleisch gelangt war, konnte nicht eruirt werden. Wir
haben Gelegenheit gehabt, die Arsenikvergiftung in drei ver¬
schiedenen Stadien zu beobachten, nämlich unmittelbar nach
dem Genuss des vergifteten Fleisches, auf der Höhe der Symptome,
wie sie von seiten des Bewegungsapparates dargeboten wurden, und
drittens jetzt im Stadium des Schwindens letzterer Erscheinungen.
Die einzelnen Stadien gingen ganz allmählich in einander über.
Zuerst wurde das Bild der Arsenikvergiftung von einer schweren
Gastroenteritis beherrscht. Häufiges Erbrechen grüngefärbter
Flüssigkeit, zahlreiche diarrhoische Stühle, erst gelblich tingirt,
dann farblos, reiswasserähnlich. Dabei bestanden heftige Cardialgieen
und wehenart ige Schmerzen bei der Defäcation. Zusammenschnürung
des Schlundes. Collaps, wie bei Cholera. Diese Symptome hielten
drei bis vier Tage an, dann machten sich leichte Schmerzen in
den Extremitätenmuskeln bemerkbar, es traten leichte Parästhesieen
in Fingern und Zehen auf und ein unbeholfener, schwankender
Gang, wobei deutliches Schleudern des linken Fusses zu bemerken
war. Patellarreflexe waren nur schwach. Mit diesen zuletzt er¬
wähnten Symptomen verliess Patientin, nachdem sie vorher noch
einen ausgedehnten Herpes facialis durchgemacht hatte, das Hospital,
um sich zu Hause zu erholen. Das zweite Stadium der Ver¬
giftung konnten wir beobachton, als Patientin wegen der in¬
zwischen eingetretenen unerträglichen Schmerzen in beiden Waden
das Hospital wieder aufsuchte. Die Schmerzen waren so heftig,
dass Patientin Nachts nicht schlafen konnte, dabei bestand eine so
starke Hyperästhesio, dass die geringste Berührung der Waden-
muskulatur ihr die heftigsten Schmerzen verursachte. Parästhesieen
an Fingern, Zehen und Fusssohlen haben inzwischen zugenommen,
der Gang war sehr unbeholfen, schwankend, ausgesprochene Ataxie
der unteren Extremitäten, deutliches Romberg’sches Phänomen.
Keinerlei Lähmungen der Muskeln. Jetzt am Tage der Vor¬
stellung sehen wir Patientin im dritten Stadium der Arsenikver-
giftung, wo die oben erwähnten Symptome im Schwinden begriffen
sind. Schmerzen in den Waden haben ganz nachgelassen, Parästhe¬
sieen in Fingern und Zehen sind ganz verschwunden. Es bestehen
keinerlei Sensibilitätsstörungen. Dagegen sehen wir noch deutliche
Ataxie, ausgesprochenes Romberg’sches Phänomen,
Fehlen der Patellarreflexe, leichtes Schwanken beim
Gehen.
9. Herr Landmann demonstrirt ein sechsjähriges Mädchen
(Abheilung des Herrn Sanitätsrath Riegner). Anamnestisch nur
zu eruiren, dass die Mutter an Phthisis pulmonum leidet. Die
Schleimhaut des rechten oberen Lides ist bei freier Uebergangs-
tdte mit hahnenkammartigen Wucherungen besetzt: nahe der
äusseren Commissur ein speckiges Geschwür, welches bis in den
Tarsus reicht; letzterer stark verdickt. Das Lid hat mässige
ctosisstellung, und durch die Haut fühlt man einzelne Knötchen,
"raeaurieulardrüsen käsig zerfallen. Lungen frei. Mikroskopisch
hnden sich an einem excidirten Stückchen typische Riesenzellen¬
tuberkel; Bacülennachweis gelang bis jetzt nicht. Impfung in
<lie vordere Kammer eines Kaninchens ergiebt nach Verlauf von
ner Wochen tuberkulöse Iritis. Es handelt sich um eine (wahr-
■rtuunlicli primäre) Lidschleimhauttuberkulose. Therapie: intern
Kreosot, local Exeisionen und Galvanokaustik,
i ^ 0n ^°£ ner stellt vor a) den Enderfolg der vor einem
’t/J™ Jahre ausgeführten Dieffenbach’schen Operation einer
tre8ia ani vaginalis. Der After befindet sich an normaler Stelle,
' tT iJ\ \ kt< r ^ ct i°nirt gut, der Damm ist 2*/o cm breit.
b) Mehrere Fälle von Coxitis, welche ambulant mittels der nach
iOrenz schein Princip angefertigten Gyps- resp. Holzfournirhülse
nut bteigbügelschiene behandelt worden sind. Der Erfolg war zu¬
friedenstellend.
,"hi^ nen Knaben, dessen nach einer wiegen Diphtherie aus-
"j! > i i n Tracheotomie entstandene Trachealstenose zuerst ein
2'u* . ve H?eblieh mit Ausschabung, Larynxspaltung, Einlegung
* u P u is sehen Schorusteinfegercanüle etc. behandelt w’orden
t'. 1 llna Jessen schlicsslichc Heilung jetzt durch fünfmonatliches
»gen einer Mikulicz'ßchen Glascanfile gelungen ist.
I j ' tJ erT Hointze stellt zwei Frauen und einen Mann vor,
<'elprt ? i We £ en Carcinoma cardiae eine Gastrostomie an-
f'inp^ h w ® r den war. Di e drei Patienten zeigten bei der Aufnahme
(j r . 0l , glri *£ e Abmagerung, und die Speiseröhre war in der
cärnri, qx 1 . art ^ a Jurch eine selbst für dünne Sonden undurcli-
muuöri’ L tnct,ur ^ vollständig verlegt, dass jede Nahrungsaufnahme
dpr j AVar ‘ Operation wurde bei den beiden Frauen nach
ode von Witzei, bei dem Manne nach Frank_ ausgeführt.
Das Auffinden des Magens wurde dadurch sehr wesentlich er¬
leichtert, dass es in der Narkose gelang, eine feine Sonde durch
die Strictur durchzuführen und den Magen aufzublähon. Die
Patienten erholten sich nach der Operation sichtlich und nahmen
in fünf Wochen fünf resp. zehn Pfund an Körpergewicht zu. Das
Verfahren nach Witzei hat sich auch hier wieder als die beste
und einzig empfehlenswerthe Methodo erwiesen. Während bei der
ursprünglichen Operationsweise die Patienten durch das Auslliessen
von Mageninhalt und die damit verbundenen Qualen sehr belästigt
wurden, und während die Modifieationen von Hacker und Hahn
den ihnen nachgerühmten Verschluss in den von Herrn Dr. Riegner
früher danach operirten Fällen ebenfalls nicht gewährten, fanden
sich bei den beiden Frauen an der äusseren Fistelöffnung nicht die
geringsten Erscheinungen von Ekzem oder sonstiger Hautreizung,
und obgleich der Schlauch immer nur zum Zwecke der Nahrungs¬
zufuhr eingeführt und dann wieder entfernt wurde, üoss niemals
auch nur die geringste Menge von der eingegossenen Flüssigkeit
wieder zurück. Die bei dem Manne ausgeftihrte, neuerdings von
Frank (Wien) empfohlene Methode war nicht imstande, dieses
günstige Resultat aufzuw r eisen. Hier zeigte sich in der Umgebung
der Fistelöffnung ein lästiges Ekzem, und sobald das Drainrohr
entfernt wurde, entleerto sich bei Hustenstössen oder bei Be¬
wegungen. welche den abdominellen Druck steigerten, nach der
Nahrungsaufnahme Mageninhalt aus der Fistel.
12. Herr May: Zwei Fälle von Arthrodese des Fussgelenkes.
In dem ersten Falle handelt es sich um ein neunjähriges Mädchen,
welches im zweiten Lebensjahr eine spinale Kinderlähmung über¬
standen und davon eine Lähmung des linken Fusses mit Verkürzung
der unteren Extremität um 6 cm zurückbelialten hatte. Das Tibio-
tarsalgelenk schlotterte; der Fuss stand in hochgradiger Valgus-
stellung. Die Arthrodese wurde hier in der Weise ausgeführt,
dass nach Eröffnung des Sprunggelenkes durch einen von einem
Malleolus zum anderen reichenden Schnitt die Knorpel flächen der
Tibia, Fibula und des Talus mit einem starken Messer abgetragen
wurden, worauf Talus und Tibia durch Elfenbeinstifte zusammen-
genagelt wurden. Gyps verband in redressirter Stellung. Der
zweite Fall betrifft einen 21jährigen Mann mit hochgradigem, links¬
seitigem paralytischem Klumpfuss und einer Verkürzung der linken
Extremität um 8 cm. Hier wurde die Talusexstirpation ausgeführt.
Was dio Resultate dieser beiden Operationen anbelangt, so ist in
dem zweiten Falle eine vollständige knöcherne Ankylose im Sprung¬
gelenk eingetreten, während im ersten Falle noch eine ganz geringe
Beugung und Streckung passiv möglich ist. In beiden Fällen ist
die Gehfähigkeit der Patienten durch diese operativen Eingriffe eine
erheblich bessere geworden. Während sie früher nur mit Krücken
sich mühsam fortbewegen konnten, sind sie jetzt imstande, mit
Hülfe eines Schuhes mit Soitenschienen und erhöhter Sohle grössere
Strecken ohne Anstrengung zurückzulegen.
X. Oeffentliches Sanitätswesen.
Nochmals über die erste Versorgung der Leichtverwun¬
deten auf dem Schlachtfelde.
Von Prof. Dr. Langenbuch.
(Fortsetzung aus No. 9.)
Ic h komme jetzt zu einer Gruppe von kriogschirurgischou Erfahrungen,
lie an Knieschüssen gemacht sind und sich an die Namen Gustav
Union, Socin und v. Bergmann knüpfen. Ihre grössere Bedeutung
ür unsere Frage wird sich nicht so leicht von der Hand weisen lassen.
)ie perforirenden Kniegelenkschüsso haben von jeher durch die sich so
läufig daran knüpfenden entzündlichen Folgezuständo zu den gefürch-
etsten Verwundungen gezählt und namentlich bei gleichzeitigem ver¬
lacht auf Knochenläsion als absolute Indication zur Primäramputation ge¬
golten; sie sind also für die Behandlung ein wahres Testobject und deren
Resultate bilden nach jedem Kriege die Unterlage für die Controlle der
5 ur Zeit herrschenden kriegschirurgischen Anschauungen über die primäre
Lnfectiositüt der Schusswunden und der daraufhin einzuschlagenden Be-
landlung. Stromoyer (Maximen etc. 2. Aufl., p. 519) formulirte seine
Grundsätze Uber die Behandlung der Knieschüsse in folgenden Worten:
.Bei jeder Verletzung mit zurückbleibender Kugel, welche möglicher¬
weise* in's Kniegelenk eingedrungen sein könnte, darf man es n i® ra »l 8
unterlassen, die Wunde sofort mit dem Finger zu untersuchen; findet
man dann ein articulirendes Ende oder mehrere von der Kugel verletzt,
30 muss die Amputation gemacht werden. — Am besten ist es natürlich,
wenn diese Untersuchung schon auf dem Schlachtfelde stattfand. Der La-
aaretharzt. welcher die Amputation zu machen hat, kann dann zu seiner
Beruhigung die Untersuchung wiederholen, während der Verwundete be¬
reits in der Chloroformnarkose liegt. . Es genügt die Thatsache. dass die
Kugel durch das Kapselband tief eingedrungen und im Gelenke stecKen
geblieben ist. um die Amputation zu rechtfertigen“. Auf p. olo dess -
ben Werkes ist von den einfachen Kapselwunden des IJ 7
Rede: „Man muss vorzüglich die Richtung der Wunde ins , A “J • d ’
miias in frischem Zustande untersucht werden, und zwai m aei
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHEN SCHR IFT.
No. 10
Stellung, in welcher das Glied getroffen wurde, weil der Finger sonst
nicht auf denjenigen Theil der articulirenden Flächen geleitet wird, wel¬
cher verletztem konnte.“ P. 520 wird gesagt: »Jf®
neben der Patella eindringt, hat das Kapselband geöffnet, hat dasselbe
aber wieder verlassen, ausserhalb desselben eine Knochenverletzung ge
macht, der Finger erkennt die Verletzung der Kapsel, er erreicht aber
nicht inimer die eingedrückte Stellung am Femur. Hier erfolgt Vereite¬
rung des Kniegelenks, welche zur Amputation zwingt. — Ist eme Kugel
extrakapsulär in ein articulirendes Knochenende tief eingedrungen, so muss
man sofort amputiren, weil die Kapsel doch jedenfalls m Mitleidenschaft
gezogen würde Sitzt die Kugel mehr oberflächlich im Condylus so dass
eine ins Gelenk reichende Knochcnfractur nicht anzunehmen ist, kann die
Behandlung nach Extraction der Kugel eme abwartende sein. Bei der
grösseren Härte der Tibia in ihrem ganzen Umfange darf mani nicht das
Gleiche von diesem Knochen erwarten, welcher mehr zu Splitterungen
bis in die Kapsel geneigt ist. Leider lasst.sich die Entfernung nicht mit
Bestimmtheit angeben, bis zu welcher die Tibia von der Kugel „etroffen
sein müsste, um keine Spelten ins Gelenk mehr zu erwarten, weil dieses
zu sehr von individuellen Verhältnissen abhüngt Kann man bereits in
der Wunde mehr als ein cirkelrundes Loch im Knochen entdecken und
daraus auf Spalten schliessen, so muss man die Amputation vorziehen.
Nach dem. was ich Uber die Splitterung gesagt habe, kann man leicht an¬
nehmen, dass man bei Continuitätstrennungen derselben die Erhaltung des
Beines nicht versuchen sollte, wenn der Anschlagspunkt der Kugel sich
in der Nähe des Kniegelenks befindet. Nach meinen Präparaten zu ur-
theilen, würde ich nicht mehr unter dem Knie amputiren. wenn das
Proiectil nicht wenigstens vier Zoll vom oberen Ende der libia ent¬
fernt getroffen hat. Drang eine Kugel in die Kniekehle ein, und man
kann die verletzte Stelle der Kapsel mit dem eingeführten Finger
nachweisen, so ist die Amputation unvermeidlich, da die Eröffnung des
Kniegelenks von hinten nicht ohne Knochenverletzung stattfinden kann .
Diese kleine Blumenlese aus dem Hauptwerke des hochgefeierten
Altmeisters der Kriegscliirurgio zeigt uns die Maximen, welche die Köpfe
der Chirurgen beherrschten, als wir 1866 in den Krieg zogen .Maximen,
welche auch bei der grösseren Zahl der Collegen im Kriege 1870/71 noch
nicht überwunden sein konnten. Sie gipfelten darin, dass die Gewebs¬
verletzung an sich die Hauptschuld an der Wundentzttndung trage und
dass die Knochenverletzungen die grosse Gefährlichkeit der Gelenkwunden
bedingen. Von einer Primär infection (im modernen Sinne) durch den
Schuss war weniger die Rede, — man beschuldigte mehr den Zutritt der
Luft —, und das müssen wir dieser Epoche eigentlich zugute schreiben,
dagegen war Begriff und Würdigung der secundären Contactinfection
durch die sofortige meist nicht aseptische Untersuchung der Wunde
ebenso wenig ausgebildet. Freilich bereiteten Forscher wie v. Esmarch
(schon vor 1866) und Klebs (1870/71) die Grundlagen für eine neuere
heilsamere Anschauung vor, aber man hörte sie nicht überall, auch heute
noch nicht. Erst im russisch-türkischen Kriege von 1877 war es meh¬
reren Chirurgen, darunter in erster Linie v. Bergmann Vorbehalten,
ganz neue und viel heilvollere Wege zu gehen; wir werden bald darauf
zurückkommen. . .
Doch nun zurück zu unseren Knieschüssen, die wir ja als das wahre
Probeobject für die Leistungsfähigkeit der Kriegschirurgie bezeichneten.
Vereinzelte Heilungen solcher ohne eitrige Synovitis und Ankylose
sind wohl in allen Feldzügen beobachtet worden; so erwähnt schon
Stromeyer in seinen Maximen p. 517 drei solcher Fälle aus der Schlacht
von Idstedt; zwei davon hatte ein Dr. Schwartz und einen Dr. Dohrn
behandelt. Beide Herren waren schleswig-holsteinische Landsleute von
mir, deren ich mich aus meiner Kieler Knabenzeit her noch sehr gut er¬
innere, und aus denen, wenn ich nicht irre, später die beiden berühmten
Gynäkologen geworden sind. Ich nehme an, dass die drei Schüsse (wie
die meisten anderen) aseptische Wunden erzeugten und dass diese ent¬
gegen der herrschenden Sitte von einer Finger- oder Sondenuntersuchung
verschont geblieben waren. Stromeyer selbst scheint bis 1861 keine
glatte Heilung von Knieschüssen erlebt zu haben, was nach den obigen
Citaten aus seinem Werke nicht weiter wundern darf. Weitere Fälle von
ohne Eiterung und Entzündung geheilten Schussfracturen grösserer Ge¬
lenke wurden von Simon, Pirogoff, Lideil, Longmore, Cortese,
v. Langenbock, Lücke, Tamworth, Socin, v. Volkmann, v. Berg¬
mann, Reyher und auch wohl noch Änderen beobachtet. Ich will mich
liier nur an die Autoren halten, welche über eine grössere Anzahl von
Beobachtungen verfügen und aus deren Erfahrungen sich bedeutsamere
Schlüsse ziehen lassen.
Beschäftigen wir uns zunächst mit den Beobachtungen von Simon.
Schon Stromeyer spricht von sehr seltenen Kapselschüssen des Knie¬
gelenks ohne Knochenverletzung, kannte aber nur solche mit Eröffnung
der oberen Ausbuchtung x der Kapsel. Erst Simon machte die berühmte
Entdeckung, dass die Kugel das Kniegelenk eines flectirten Beines auch
von vorn nach hinten und umgekehrt zwischen den knöchernen Gelenk¬
enden, ohne diese zu verletzen, durchfliegen kann. Im Kriege von 1866
beobachtete er bereits 5—6 solche Schüsse, welche ohne oder mit sehr ge¬
ringer Eiterung geheilt waren. Im Kriege von 1870/71 sah er in den
badischen Lazarethen bereits 20—25 solcher glücklich verlaufenen Knie¬
schüsse, eine Zahl, die etwa ein Dritttheil aller beobachteten Kniever¬
letzungen ausmachto. Gleiche Wahrnehmungen machten die meisten
der in diesem Kriege beschäftigten Chirurgen, und Pirogoff wies bei
seinem Besuche in Heidelberg darauf hin, dass nach seinen Beobachtungen
besonders die von vom erhaltenen Schüsse in der angegeben Weise gut
geheilt wären. Simon giebt für diese auffällige Erscheinung eine sehr
gute Erklärung. Er sagt: „Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass
die so räthselhaften, schnell heilenden Knieschüsse als Wunden aufzu¬
fassen sind, bei welchen das Kniegelenk in Beugung ohne Knochenver¬
letzung von dem Geschoss durchbohrt ist und welche unmittelbar nach
der Verletzung bei Streckung des Gelenkes durch Hautverschiebung aus
offenen in subcutane Gelenk wunden verwandelt wurden. Ihre rasche und
reactionslose Heilung findet ein Analogon in dem Verlaufe der subcutaneu
Gelenkwunden bei nicht complicirten Luxationen oder der Schnittwunde
des Gelenkes nach Hautverschiebung, welche mit ausgezeichnetem Erfolge
zur Entfernung von Gelenkmäusen angewondet werden. Sio heilen
rascher als zufällige Schnitt- und Hiebwunden des Gelenkes, weil bei
diesen die Wunde häufig nicht durch Hautverschiebung geschlossen wird
so dass die Luft eindringen, die Synovia ausfliessen kann. Der \erlaul
der Knieschüsse ohne Knochenverletzung fand in der Mehrzahl der Fälle
in der Weise statt, dass eine Synovitis geringeren Grades mit unbedeu¬
tenden Schmerzen und Schwellung des Knies entstand. Die Hautwunden
eiterten (was bei der damaligen Behandlung ganz natürlich war und auch
heute noch nicht immer zu vermeiden sein wird), während sich aus der
Tiefe weder Wundflüssigkeit noch Eiter entleerten. In 3—4 Wochen
war die Synovitis (soll heissen: Synoviaansammlung) verschwunden und
auch die Hautöffnungen vernarbt.“ Simon giebt weiter an, dass bei
anderen nicht so häufigen Fällen die Synovialkapsel m Entzündung von
mehr oder minder heftigem Grade überging, vorzugsweise bei solchen
Schüssen welche das Gelenk von Seite zu Seite quer durchbohrt hatten
und bei welchen demzufolge die Hautverschiebung geringer, der Ver¬
schluss der Hautwunde nicht so genau ist, wie bei den sagittal verlaufenen
Schüssen; aber auch hier kam die Heilung in 8—10 Wochen mit verhält-
nissmässig guter Gebrauchsfähigkeit zustande. Nur in ganz vereinzelten
Fällen trat eine totale tödtlich wirkende Gelenkvereiterung ein. Die
Resultate der conservirenden Methode waren bei den penetrirenden Ge¬
lenkschüssen ohne Knochenverletzung (letztere wurde nur auf Grund
einer äusseren Untersuchung des Gelenks ausgeschlossen) ganz ausser¬
ordentlich günstig. Neben 20-25 Heilungen hatte Simon nur zwei Fälle
von tödtlicher Knievereiterung beobachtet, bei welchen die Knorpel und
Knochen durch die Kugel nicht nachweisbar verletzt waren.
Von den übrigen Knieschüssen, welchen nicht der merkwürdige
Mechanismus des Selbstverschlusses eigen war, die mit Knochenfracturen
complicirt waren und conservativ behandelt wurden, starb die überwiegende
Mehrzahl, selbst wenn die Verwundung des Knochens verhältmssmässig
unbedeutend war.“ (Wir können annehmen, dass bei diesen „offenstehen¬
den“ Knieschusswunden sowohl die innere Untersuchung, als die mclit
aseptische Verbandweise die Infection nothgedrungen herbeiftthren mussten.)
Aus den Mittheilungen Simon’s ist wohl ganz ungezwungen der
Schluss zu ziehen, dass zum mindesten 92°/o seiner Knieschüsse mit so¬
fortigem Selbstverschluss und ohne Verletzung der Knochen primär
aseptische waren, denn sonst wären sie nicht reactionslos geheilt.
Selbstverständlich können auch Uniformpartikelchen mit eingedrungen
sein, aber auch diese haben nichts geschadet, obwohl ein Abfluss von
nachweisbarem WAndsecret niemals stattfand, sondern letzteres der ^ elbst-
resorption überlassen ivurde. Was aber von Knieschusswunden
gilt, muss auch von jeder anderen einfachen Schusswunde
gelten’ Der ungünstigere Verlauf der Knieschussfracturen muss dagegen
auf die bei diesen unter der Herrschaft der damaligen kriegschirurgischen
Lehrmeinungen vorgenommenen inneren Untersuchung zur Stellung der
Amputationsindication, Extraction von Splittern etc. zurückgeführt werden.
Bemerkenswerth für unsere Frage erscheinen auch die von bocin
(Kriegschirurgische Erfahrungen. Gesammelt in Karlsruhe 1870/71. Leip¬
zig 1872) mit den Knieschüssen gemachten und vorzüglich geschilderten
Erfahrungen. Er nahm 32 Fälle m conservative Behandlung, konnte diese
aber nur an 25 Patienten durchführen. Von diesen starben 10, die an¬
deren 15 wurden geheilt. Schloss Socin von seiner KniegelenksstatistiK
secundär Resecirte und secundär Amputirte aus, so sind von den bis zu¬
letzt conservativ Behandelten 40% gestorben und 60% geheilt; fürwahr
ein den Autor ehrendes günstiges Resultat, welches mit Billrotns .Be¬
rechnung der Mortalität für Kniegelenkschüsse: Mortalität überhaupt
73,2°,'o und für die conservative Behandlung 83,0% in lebhaftem aber an¬
genehmem Contraste steht. Bei näherer Betrachtung der geheilten Kme-
schüsse So ein’s finden sich darunter nicht weniger als 11, welche last
ohne Eiterung, wenigstens ohne diffuse Gelenkeiterung ver¬
liefen. Vier von diesen können als Gelenkperforation. ohne Knochenver¬
letzung im Sinne Simon’s aufgefasst werden. Bei dreien handelte es sich
um Durchbohrungen in sagittaler Richtung mit bedeutender Hau ver
Schiebung; sie verliefen ohne irgend welche bedenklichen Erscheinungen,
ohne Fieber, mit nur mässiger Schwellung der Gelenkgegend und mit
Beibehaltung eines grossen Theils der Function. Der vierte hatte ein
Querdurchbohrung hinter der Patella mit nicht bedeutender -“.au -
Verschiebung. Der ganze Schusscanal kam zwar in Eiterung, und es
wurden sogar wiederholt grössere Tuchfetzen (wohl zu beachten!.) a
demselben entfernt, der übrige Theü des Gelenks aber schloss sich iran-
zeitig durch Adhärenzen davon ab, und die Heilung geschah mit Ern -
tung einer guten activen Beweglichkeit. Interessant ist n0 ®J l
erwähnen, dass diese Fälle erst am 17. August und 17 Tage nac
Verwundung zur Aufnahme und in Socin’s Behandlung gelangt wa
und dass demgemäss der sofort eingetretene selbstthätigo Naturversc
auch bei Anwesenheit grosser Tuchfetzen im Gelenk seine bchuidig _ _
gethan hatte. Nur im vierten JPalle war er mangelhaft gewesen, und -
leicht aus diesem Grunde waren die Tuchfetzen nicht wie m eu ^. m , s ? lnmr
noch zu erwähnenden Falle v. Bergmann’s zur aseptischen Emne fe
gelangt. Ueber die Tuchfetzen noch später! „Bezüglich der ‘
sehen Knieschüsse“, sagt Socin, „ist der Mangel der ^ochenverletzung
nur der eine Factor zur Erklärung der glücklichen Heilung; der
auf den ich nach dein früher Gesagten noch mehr Gewicht legen in ,
ist die unmittelbar nach der Verletzung durch Lageveränderung (btrec g
des Gelenkes) stattfindende sehr bedeutende Verschiebung der Ha- ,
welche Simon bei seinen Experimenten jedesmal nachweisen konnte,
ich bin der Ansicht, dass selbst bei vorhandener Knochenv
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
8. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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letzung eine solche Verschiebung die Heilung ohne Eiterung
durch völlige Abhaltung der Luft vermitteln kann“. Dieser
Ansicht bin auch ich, und zwar nicht nur für die Simon’schen Knie¬
schüsse, sondern für alle einfachen Schusswunden, an denen wir mög¬
lichst früh, d. h. schon auf dem Schlachtfelde bei der ersten Versor¬
gung das von Simon, So ein u. a. entdeckte und so bewährt gefundene
Geheinmiss der Natur, den sofortigen zuverlässigen Verschluss der Wunde
auf irgend eine Weise nachzumachen, gelernt haben.
Ich kann es mir nicht versagen, noch einige wahrhaft prophetische
Sätze So eins den vorhergehenden lose anzureihen. Sie finden sich als
Betrachtungen an einem ganz anderen Orte in seinem Buche (p. 149)
und sind ohne alle Tendenz in meinem Sinne gedacht, es ist einem aber
beim Lesen derselben, als wolle ein Frühlingswehen in der Kriegs¬
chirurgie anbrechen. Er sagt z. B.: „Fragen wir nun, worin eigent¬
lich die grosse Gefahr der Gelenkverletzungen liegt, so müssen wir ant¬
worten, dass sie durch nachfolgende diffuse eitrige oder jauchige Syno-
vitis bedingt wird. Kommt diese nicht hinzu, so kann die schwerste Ge-
lenkfractur fast symptomlos verlaufen und mit geringer Functionsstörung
zur Heilung kommen. Wenn solch’ glückliche Verläufe auch noch so
selten sein mögen, so beweisen doch thatsfichliche Beobachtungen, dass
sie möglich sind. d. h., dass selbst am Kniegelenk Schussfracturen nicht
nothwendig eitern müssen. Freilich gehören dazu besonders günstige Be¬
dingungen, und für die'.Behandlung kommt alles darauf an, dieselben ge¬
nau zu kennen, denn wenn sie sich wiederfinden. dürfen wir mit Recht
die Heilung auf gleichem Wege wieder erwarten; in anderen Fällen können
wir vielleicht dieselben künstlich hersteilen. (Ich bitte diesen Satz be¬
sonders zu beachten. Verf.) Es ist nun nicht schwer nachzuweisen,
dass die Abhaltung der Luft durch Verschiebung (also natürliche oder
künstliche Schliessung der Wundhöhle. Verf.) der Weichtheile im Moment
der Verletzung (oder sobald als möglich danach. Verf.) die Hauptursache
des unerwartet guten Verlaufes ist (oder mut. mut. immer sein wird. Verf.).
Wo also eine solche Verschiebung (resp. sofortige Verschliessung. Verf.)
constatirt worden, dürfen wir uns wohl zuwartend verhalten und erst
dann operativ eingreifen, w*enn die Gefahr, d. h. die suppurative Entzün¬
dung sich wirklich einstellt. Eine andere Frage ist es, ob wir imstande
sind, in den bei weitem häufigeren Fällen, in welchen bei der Verletzung
Luft eingetreten ist, die schädliche Wirkung derselben völlig zu anul-
liren und so das der Eiterung günstige Moment zu beseitigen. Was mich
betrifft, bin ich der vollen Ueberzeugung, dass eine allgemeinere An¬
wendung der antiseptischen (aseptischen. Verf.) Behandlung ganz
frischer Verletzungen die Frage bejahend zu beantworten erlauben
wird etc. etc.“
So So ein, der schon im Jahre 1872 auf Grund seiner Erfahrungen
ungefähr dasselbe aussprach und anstrebte, was ich jetzt vertrete: die
erste Wundversorgung provisorisch so zu bewirken, dass sie der j
natürlichen Hautverschiebung in deren Cardinaleffect, dem Wundabschluss j
von der Aussenwelt, gleicht, und das übrige abwarten. Von der Nothwen-
digkeit, zugleich für die Absaugung des aseptischen Wundsecrets Sorge
tragen zu müssen, wie es die augenblicklich herrschende Lehrmeinung ver¬
langt. wissen weder Simon noch So ein etwas zu vermelden, da dies |
äusseren Einflüssen blieben, diese — ich darf wohl sagen — Entdeckung
von Klebs war der Wendepunkt in der Beurtheilung der Gefahr sowohl,
als der Therapie der Schussverletzungen. Auf Grund dieser Errungen¬
schaft wurde das Resultat von v. Volk mann’s vergleichender Mortalitäts¬
statistik analoger Kriegs- und Friedensverletzungen begreiflich. Sie zeigte,
dass für die Mortalität einer complicirten Fractur der Zustand der Weich-
theile von viel grösserem Einfluss ist, als der der Knochen, und zwar
in einem bis dahin ungeahnten Maasse.“
Ich finde in dieser von Klebs herausgefundenen Thatsache eine
nachträgliche Rechtfertigung folgender von mir in der genannten Dis-
eussion des vorjährigen Chirurgeneongresses vorgebrachten Behauptung:
einem oinfach Schussverletzten mit kleiner Ein- und Ausschussöffnung
naht die Hülfe; wir haben jetzt einen schnell und leicht zu Versorgen¬
den vor uns, und das ist für mich das Kriterium eines Leichtverwundeten,
nicht die klinische resp. anatomische Diagnose, und es ist daher bei kleiner
Ein- und Ausschussöffhung auch ganz gleichgültig, ob zugleich ein
Knochen durchbohrt oder gar fracturirt wurde. Die kleinen Wunden —
welche ich als Vorbedingung für meine Vorschläge immer im Auge zu
behalten bitte — werden als solche mit dem hermetisch abschliessenden
Pflaster (vorläufig) versorgt, und wenn sich eine Extremität gebrochen er¬
weist, die übliche Schienung für den Transport hinzugefügt. Wie sehr
Klebs Recht hat, erhärtet v. Bergmann mit folgender geradezu ver¬
blüffender Angabe: „Obgleich die Schussfracturen in der Regel Splitter¬
brüche sind und die complicirten Friedensfracturen das nicht sind, starben
selbst unter den verrufenen Verhältnissen des Krimkrieges weniger Schuss¬
fracturen des Unterschenkels (25%) als in den Musterspitäiern Mittel¬
europas während des Friedens complicirte Unterschenkelbrüche zu sterbeu
| pflegen (32.5o/o). Die Arbeit des Chirurgen war im Einklang mit den
Funden des Anatomen. Weil die complicirten Civilfraeturen in ganz
anderer Weise offen sind, wie die Schussfracturen, so schloss Volkmann,
öffneten sie den einwirkenden Noxen in ungleich breiterer Weise das Thor
und die bequeme Bahn in die Tiefe, als die kleine Wunde der Weich-
theile bei einer Schussfractur es tliut. Nimmt man dazu, w r ie häufig nach
den Ludwigsburger Erfahrungen diese kleinen Wunden unter dem Schorf
sich schliessen, so liegt auf der Hand, dass es Schussfracturen geben
kann, die wie die subcutanen des Alltagslebens einfach und rasch verheilen.
Auch So ein betont schon, dass die bedeutende Verschiebung der Haut,
welche Simon bei seinen Experimenten jedesmal nachweisen konnte, zur
Erklärung des glücklichen Verlaufes herbeigezogeii werden müsse. Sie
eben verleiht, wie die Hautfaltung bei unseren Sehnenschnitten, der Wunde
den subcutanen Charakter. Ob dabei der Knochen mit verletzt ist oder
nicht, die Frage hat hinfort nur secundäre Bedeutung.“
v. Bergmann wohnte dem Donau Übergang der Russen bei Simnitza
bei und war, mit dem ganzen antiseptischen Apparate damaligen Stiles
sowie einem trefflich geschulten Assistentenpersonal ausgerüstet, bereit,
die Verwundungen nach dem Li st er - v. Volkmann’schen Arbeitspläne
— äussere Desinfection. Erweiterung der Wunde, Regulirung derselben.
Auswaschung mit Carbol, Drainage, grosser antiseptischer Verband —
anz ugreifen. Es handelte sich um 480 Verwundete, für die die helfenden
Hände in Fülle vorhanden waren. Trotzdem musste hauptsächlich des
irezen die Natur wäre, die nur für den Verschluss sorgt, damit von aussen
nichts hereinkomme, und das beispielsweise im Knie angesammelte Wund-
Uuidum der Natur zur Resorption überlässt. Ihnen erscheint der Ab¬
schluss von aussen das wichtigste, und sie warten dann ab, ob er sich
aufrecht erhalten lässt oder einer offenen Behandlung zu weichen hat.
komme nunmehr zu den Erfahrungen, welche v. Bergmann
18<7 im russisch-türkischen Kriege zu machen Gelegenheit hatte und die
er in einem kleinen Buche (Die Behandlung der Schusswunden des Knie¬
gelenks iin Kriege, von Ems t B ergmann, Stuttgart 1878) niedergelegt hat,
einer Arbeit, welche als ein wahres Juwel unserer neueren kriegschirur¬
gischen Litteratur betrachtet und immer wieder und wieder gelesen werden
kann.
Ehe ich auf seinen statistischen Inhalt eingehe, sei es mir gestattet,
einige v. Bergmann’s klare und glückliche Anschauungen kennzeich¬
nende Sätze aus demselben zu citiren. p. 9 heisst es: „Die Knieschüsse
sind zum Prüfstein unserer Behandlungsweisen besonders geeignet, weil,
*as man auch mit ihnen anfing, in zweifelhaften und ungenügenden Re¬
sultaten abschloss. In den grossen Zahlen des amerikanischen Bürger-
öneges findet dieses unheilvolle Verhältniss seinen Ausdruck. Von 1000
P?i u e ' er l etz teh starben 837!, während von der gleichen Summe der
Uenbogenschüsse nur 194 tödtlich abliefen.“ Bei der Besprechung der
imon sehen Knieschüsse heisst es: „ln der That schien es unvermeid-
d« ; ^° n dem fehlen der Knochenverletzung den glücklichen Ausgang
wenigen Schüsse abzuleiten, bei welchen ihrer Richtung nach nur die
ehf verletzt »ein dürfte. Allein seit dem Kriege 1870/71 hat man für
„ , e glückliche Heilung noch andere Gesichtspunkte kennen
srh« 1 l ^hwere der Verletzung an sich. Diese Reform der An-
dem interessanten Bericht der Württemberger
■iHrTtju -, m Ludwigsburger Reservehospital, in welchem sie 15%
Liept h- bthefischüsse unter dem Schorf, ohne Eiterung verheilen sahen.
wumiR 1116 . hwendigkeit einer Eiterung nicht im Wesen der Schuss-
( ]u r f ’ sie nicht ohne weiteres schlimmer beurtheilt werden
ihre snp'fi 6 o™ Messerstich. Nachdem einmal den Schusswunden
reichliph® 1 P-* Bösartigkeit, wie sie sich in der unvermeidlichen und
nd in-fl ♦ offenbaren sollte, genommen war, schuf den nächsten
suchS^u V^chritt in unserer Erkenntnis derselben Kleb[s’ Unter-
scImphJL* r lhre J? n . orma len Heilungsvorgang. Sein Fund, dass die ver-
U| ri Gehirn V °* n ^jectilen durchbohrten Organe, Lungen, Leber, Milz
Eeiz antw* ^ au ^Mlend geringen Reactionen auf den traumatischen
irfentio iri** ? en äderen Worten: ihre Wunden in eine der prima
irpsnprH j Wcte« dann sich schlossen, wenn sie entfernt und ab-
P von der Oberfläche (sic! Verf.) und den auf ihr waltenden
trüben reichlich sedimentären Wassers wegen die beabsichtigte Form der
Wundversorgung bald aufgegeben werden; sie erwies sich im Felde als
nicht durchführbar. Es blieb nichts weiter übrig, als die Verwundeten
einfach mit Lister’schen Stoffen zu verbinden und vermittels mehr¬
tägigen Transports auf offenen mit Stroh gefüllten Wagen nach einem in
Piätra gelegenen Lazareth zu schaffen. Schon nach einer halben Stunde
Fahrt waren die Verwundeten mit einer Centimeter dicken Schicht des
schweren und dunklen wallachischcn Steppenstaubes bedeckt. Erst nach
3 und 4 Tagen fand v. Bergmann seine „streng nach Listor“ Ver¬
bundenen wieder. Staub und Jauche hatte ihre Verbände in gleicher
Weise durchdrungen. Das Aussehen und der Verlauf mancher Fracturen
des Unterschenkels und einiger primären Resectionen befriedigten ihn
trotzdem und veranlassten ihn, diese Fälle in gedachter Art weiter zu
behandeln — seine Kniewunden aber mit primären Einschnitten,
Drainagirungen und Desinfectionen (offen behandelt!) verliefen
sehr schlecht.
In Bälde wurden v. Bergmann neben diesem Lazareth (No. 53)
noch zwei weitere, das Lazareth No. 57 und das baltische Lazareth des
rothen Kreuzes, welche letztere in dem von Piätra 5 Kilometer entfernten
Dorfe Simnitzelli otablirt waren, zugetheilt, In diesen drei Hospitälern
gelangten 59 Knieschüsse zu seiner Beobachtung, so dass über jeden Fall
genaue Notizen erlangt werden konnten. Von diesen 59 Fällen starben
15 ohne Amputation. 9 mit Amputation, der Verlauf von 5 Fällen ist
zweifelhaft geblieben, 28 Fälle heilten ohne Amputation und2Fälle
mit Amputation. Es ergiebt sich also mit Abzug der 5 Fälle unbe¬
kannten Ausganges, welche übrigens bei ihrer letzten Besichtigung eine
durchaus gute Prognose zuliessen, ein Heilungsprocent von 55,5, das, wie
es schien, überhaupt höchst erreichbare, zumal die sanitären Verhältnisse
in diesen überfüllten Lazarethen bqjammerungswürdige waren und eine
mörderische Dysenterie weder Kranke noch Aerzte verschonte. Von den
Geheilten waren wie schon gesagt 2 Amputirte; 8 andere Fälle wurden
in ihrer Heilung durch secundäre Eiterungen gestört, darunter zwei an
Dysenterie erkrankte; 21 Fälle von Knieschüssen heilten ohne
jede oder irgendwie erhebliche Eiterung! Unter den 28 (nach
Abzug von zwei mit Amputation Geheilten) Heilungen fand sich nur
1 mal eine verbreitete Eiterung! .
Unter den 23 raschen Heilungen ohne oder mit nur geringer bup-
puration ist 5 mal bloss die Kapsel verletzt gewesen, 7 mal handelte es
sich um eine Schussrichtung von vorn nach hinten, die mehr oaei
weniger der Simon’schen Perforation ohne Knochenverletzung entspricht.
Aber unter diesen 7 Beobachtungen ist eine Patellarfractur un em
zweite Kochenfractur an Veränderungen des Condylus extemus tibiae nachzu-
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Original frn-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
238
DEUTSCHE MEDICINISCHE W 0 CHEN SCHRIFT.
No. 10
weisen, in den übrigen hat sie möglicherweise gefehlt. In dem Rest von
11 Fällen ist die Richtung des Schusses an sich schon Beweis einer
Knochenverletzung, welche durch die Fractur der Patella einmal, sowie m
einem anderen Falle durch Splitterextraction ausser Zweifel gestellt ist.
Also: In der grösseren Hälfte der geheilten Knieschüsse lagen
Knochenverletzungen vor!
Zwei von den an Knieschüssen Geheilten starben später aus ander¬
weitigen Ursachen; beide Gelenke konnten secirt werden und gaben fol¬
gende beachtenswerthen Befunde: in dem einen Falle war ein Knochen¬
stück sichtlich aus dem Condylus extemus ausgesprengt worden, m die
Kreuzbandinsertion geschleudert und dort eingeheilt. Im zweiten Ge¬
lenk. und zwar an den Seiten der knorpeligen Menisken, lagen fest in
die Umschlagsstellen der Kapsel eingewachsen mehrere kleine
Tuchfetzen, die offenbar einem durch die Kugel mit hinemgetragenen
Stück von der Hose des Patienten angehörten. Hier hat also Heilung
ohne Entzündung und Eiterung stattgefunden, obgleich mehrere luch-
stücke — Stücke der schmutzigen Soldatenhose — im Gelenk zurückge¬
blieben waren und dort einheilten. (Fortsetzung folgt.)
— M. Pistor, Das Apothekenwesen ln Preussen, nach deutschem
Reichs- und preussischem Landrecht. 277 S. Berlin, Schütz, 1894.
Die Herausgabe eines, die sämmtlichen gesetzlichen und Verwal¬
tungsverhältnisse des preussischen Apothekenwesens umfassenden, auf
amtliche Quellen sich stützenden und daher in jeder Weise zuverlässigen
Werkes wird vom deutschen Apothekerstande mit Freuden begrüsst
werden. Im Abschnitt I des Buches sind die Bestimmungen über die
Anlage und Berechtigung zum Betriebe der Apotheke, sowie die Be¬
stimmungen der Reichsgewerbeordnung über die Ausbildung des Apo¬
thekers in übersichtlicher Weise zusammengestellt, während Abschnitt II
die Einrichtung und den Betrieb der Apotheken in reichsgesetzlicher Hinsicht j
sowohl, als auch die für Preussen allein gültigen Bestimmungen beleuchtet. |
Nachdem Verfasser die Entstehungsgeschichte des neuesten Ministerial- j
erlasses über die Einrichtung und den Betrieb der Apotheken mitgetheilt,
werden sehr zweckmässig die für das Deutsche Reich in dieser Beziehung
maassgebenden Vorschriften zunächst aufgeführt und im Anschluss hieran
die noch gültigen alten und sodann die neuen preussischen Vorschriften
erörtert. In sehr praktischer Weise sind die früheren, nicht mehr gül¬
tigen Bestimmungen mit Angabe des Datums am Rande zu dem ent¬
sprechenden Paragraphen erwähnt, wodurch die stattgehabten Abände¬
rungen und Zusätze leichter erkannt und übersehen werden können. Auch
im Abschnitt III, Beaufsichtigung des Apothekenbetriebes, sind die älteren
preussischen Vorschriften ausfürlich behandelt worden und bieten einen
werthvollen Commentar zu dem neuesten Erlass vom 16. December 1893
(Vorschriften über Einrichtung und Betrieb der Apotheken, — Anweisung
zur amtlichen Besichtigung der Apotheken).
Die chronologische Nachweisung erstreckt sich vom 27. September
1725 (Datum des Medicinaledicts) bis zum 1. Februar 1894. Die kritischen
Zeiten, wie sie für den Apothekenbesitz 1842 — mit vorübergehender
Einführung der rein personellen Concession, auch 1886 — mit dem Ver-
äusserungsverbot vor Ablauf von zehn Jahren und dem Verpachtungs¬
verbot sich bemerklich machten, sind besonders sorgsam behandelt.
Hervorzuheben ist auch die Behandlung der persönlichen Stellung des
Apothekers im Abschnitt IV, seiner Beziehungen im Gemeinde- und
Staatsleben, wobei sowohl der noch mangelnden Standesvertretung im
Vorgesetzten Ministerium, als der Instruction für die technische Commission
für pharmaceutische Angelegenheiten und der geschichtlichen Entwickelung
des Deutschen Apothekervereins gedacht wird. Durch Einsicht des
Actenmaterials ist es dem Verfasser ermöglicht worden, die nur in öffent¬
lichen und privaten Sammlungen (Eulenberg, Horn) im Preussischen
Med.-Kalender, dem Böttger’schen Kalender, den Veröffentlichungen des
Gesundheitsamtes publicirten Bestimmungen, Erlasse etc. auf die Richtig¬
keit der Zeitangaben und des Inhalts zu prüfen. Aus dieser Zuver¬
lässigkeit schon allein wird sich die Zustimmung herleiten lassen, deren
das Werk auch bei den Medicinalbeamten und Verwaltungsbehörden
sicher sein darf. _ W.
— J. Förster, Ueber Tapetenpapiere. Ein Beitrag zur Hygiene
der Wohnungen. Arch. f. Hyg. Bd. XVII.
Seit einigen Jahren ist in Amsterdam eine neue in Oeldruck mittels
Kupferplatten hergestellte Art Tapetenpapier, englischen Ursprungs, ein-
geführt worden, welches, abgesehen von seiner Glätte, gleichmässigon
Stärke und Haltbarkeit dadurch sich auszeichnet, dass es einerseits ohne
Beschädigung der Farbe oder des Musters mit den üblichen Desinfections-
mitteln, wie Sublimat- oder Carbolsäurelösungen, wiederholt abgewaschen
werden kann, andererseits vollständig staubdicht ist. Es ist also die bei
gewöhnlichen Tapeten vorhandene Gefahr ausgeschlossen, dass Infections-
erreger durch die Tapeten hindurch hinter die Wandbekleidung gelangen,
um dort ihr Dasein zu fristen und bei Gelegenheit wieder an die Ober¬
fläche auszutreten. Die Undurchlässigkeit der „sanitären Tapeten“ für
die in der Luft bezw. dem Luftstaube enthaltenen Bacterien hat Förster
experimentell erwiesen. Er empfiehlt diese Tapeten daher zur Wand¬
bekleidung speciell in Kranken-, Schlaf- und Kinderzimmem — eine
Empfehlung, die besonders für Amsterdam angezeigt ist, wo grundsätzlich
die Tapeten nicht direct auf die Mauer, sondern auf einem mit Leinwand
überspannten Lattenrahmen geklebt werden, welcher gleich den Zwischen¬
decken zur Ansammlung von Ungeziefer und Unrath Gelegenheit giebt.
(Die „Gesundheitstapeten“ werden inzwischen auch in Deutschland in
einer Elberfelder Fabrik angefertigt, eine allgemeinere Verbreitung jedoch
haben sie bei dem etwas höheren Preise (um 25°/o) und der weniger
warmen Farbengebung (im Vergleich zu den gewöhnlichen Leimfarben)
wohl noch nicht gefunden. — Ref.). 0. Riedel (Lübeck),
XI. Therapeutische Mittheilungen.
Ein neues Knochenbohrverfahren.
Von Dr Ludwig Loewe,
Ohren-, Nasen- und Halsarzt in Berlin.
Auf meiner Klinik hat sich eine Methode ausgebildet, mit der man
imstande ist, beliebig weite und lange Canäle in Knochen fast schmerz¬
los und fast ohne Blutung, dabei aber vollkommen sicher auszuführen.
Man hat mithin nicht nöthig, zu chloroformiren und bedarf keiner
Assistenz. Die Sache ist so einfach, dass jeder Arzt, auch wenn er gar
keine Uebung in chirurgischen Dingen hat, sofort die einschlägigen Opera¬
tionen ausführen kann. ... , ,
Da ich nur über Oliren-, Nasen- und Halsmatenal verfüge, so habe
ich die Methode bisher nur zur Eröffnung des Warzenfortsatzes (zwölfmal)
und der Stirnhöhle (zweimal) verwenden können. Es unterliegt aber
keinem Zweifel, dass sie sich ebenso für alle anderen Knochenbohrungen
resp. für die breite Eröffnung aller anderen von Knochen umschlossenen
Hohlräume eignet. ^ . , . - ... f _,
Die 14 von mir poliklinisch ausgefttkrten Operationen betrafen fünfmal
Erwachsene, alle übrigen waren halbwüchsige Individuen, das jüngste ein
TT- 1 1/» T 1_ T-I — TI. * -rrri.wla nhlnmfAfmipl.
Fig. 1. Fig. 2.
Fig. 3.
O
Grösse des durch das
von mir angewandte
Oirculirmesser ge¬
setzten Hantdefectes.
Rollin’sches Circulir-
messer (Vs uatürl. Grösse.)
Das Neue der Sache liegt in der Com-
bination zweier wenig bekannten Instrumente,
einer Art Trepan des sogenannten RoHin¬
sehen Circulirmessers (Fig. 1), womit der
Schnitt durch Haut und Weichtheile ge¬
macht wird und der StolTschen Rhykano-
Trephine (Fig. 3), womit die Bohrung im
Knochen ausgeführt wird.
Das von mir angewandte Oirculirmesser
(von denen es eine ganze Anzahl verschieden
weiter Nummern giebt) hat eine Lichtung
von l l /a cm, setzt also einen eben so grossen
kreisrunden Haut- und Weichtheildefect.
Das Instrument wird mittels einer Zahn¬
bohrmaschine in Bewegung gesetzt; verfügt Die Rhykano-Trephine ( l /$ natür-
man über eine solche nicht, so genügt ein licher Grösse), a die Löffelbohrer,
gewöhnlicher Drillbohrer, wie man ihn für b die Böhre > c der nop •
eine Mark in jeder Eisenhandlung erhält.
Die Rhykano-Trephine besteht aus zwei länglichen Löffelbonrern
(Fig. 3 a), die in eine Röhre (Fig. 3 b) gesteckt und mittels des Hand¬
griffes (Fig. 3 c) in Umdrehung gesetzt werden. Die Löffelbohrer decken
einander nicht vollständig, sondern lassen jederseits eine scharfe Kante
frei, mittels deren sie sich in den Knochen hineinarbeiten. Die Bewegung
ist so sanft, dass sie vom Patienten fast nicht verspürt wird. Der von
meinem Instrument gebohrte Canal hat ungefähr die Dimensionen der beiden
Endphalangen des Meinen Fingers einer Damenhand. Natürlich wird auch
dieses Instrument in grösseren und kleineren Nummern hergestellt.
Sämmtliche Warzenfortsatzeröffnungen, die in dieser Weise gemacht
wurden, sind mit Ausnahme eines Todesfalles innerhalb vier Wochen ge¬
heilt. Die kleine kreisrunde Narbe ist viel weniger auffallend wie die
nach der Schnitt- und Meisselungsmethode zurückbleibende, und merk¬
würdigerweise nicht eingezogen, der Knochen regenerirt sich also. Die
Technik des operativen Eingriffes bezüglich der Asepsis, Blutstillung, des
Verbandes etc. ist natürlich die übliche. Alle Patienten waren aus¬
nahmslos sofort nach der Operation vollkommen wohl, es war ihnen so,
als wenn gar nichts geschehen wäre. Die meisten gingen zu Fuss nach
ihren theilweise weitentfernten Wohnungen, ein paar Arbeiter gingen sogar
trotz des grossen Verbandes unmittelbar vom Operationstische weg an
Die Blutstillung während der Operation macht gar keine Schwierig¬
keiten. Der Knochencanal blutet überhaupt nicht; nur die kreisrunde
Haut- und Weichtheilwunde blutet etwas, aber bedeutend weniger als bei
der Schnittmethode. Bei der ganzen Eröffnung des Warzenfortsatzes messt
gewöhnlich noch nicht ein Viertel Fingerhut voll Blut. ,
Ein grosser Vortheil der Methode ist noch der, dass man bei dei
Rhykano-Trephine sicher vor unbeabsichtigten Neben Verletzungen ist Das
Instrument fasst nämlich nur am Knochen; so wie man auf nicht knöcherne
Gebilde stösst, merkt man dies sofort an der Führung des Instrumentes.
Es erübrigt noch, mit ein paar Worten den relativen Werth de
eben geschilderten Methode alten Aufmeisselungsverfahren gegenüber abzu¬
schätzen.
Digitized b'
Google
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
8. März.
A pnon leuchtet ein, dass von einer vollständigen Verdrängung des
letzteren durch die erstere nicht die Rede sein kann. Der Meissei wird
für viele Knochenoperationen immer imentbehrlich bleiben Aber es Hebt
doch eine sehr grosse Zahl von Fällen, bei denen man ihn durch die Rhv
kano-Trephine ersetzen kann. Z. B. schon bei allen einfachen Canalboh-
rungen. Da muss man doch sagen, dass, wenn ein Fall überhaupt für die
Rhykano-Trephme geeignet ist, man nicht unterlassen soll, sie anzuwenden
Denn mit der Rhykano-Trephme werden die Operationen soviel einfache?-
Eingriffe, die, mit dem Meissei gemacht, unzweifelhaft der Grosschirunrie
^gehören, lassen sich mit der Rhykano-Trephine so spielend leicht aus-
fflhren, dass man sie mm noch als Klemchirurgie betrachten kann. Und
dabei fallen sie technisch viel vollendeter aus, der Canal wird viel sauberer
und glattwandiger. e
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
- Ueber die therapeutische Bedeutung des Natrium benzolcum hat
Dr Ltegois eine ausführliche Arbeit geliefert. Er hebt zuvörderst den
Erf ° ^ h r.° r ^ welcb g r d urch das ^^1 in hohen Dosen bei
n Entzundung Schmerz und Schluckbeschwerden inner-
100 bk l^n^^tL^PVTf Ch - T Td '- P nder erllalten 5 A Erwachsene
10,0 bis 15,0 g täglich. Nicht minder wirksam ist das benzoßsaure Natron
bei Laryngitis und Bronchitis, während es bei Diphtheritis weder innerlich
noch äusserhch zu Insufflationen irgend einen Erfolg darbietet. In Ver-
Är Tamm ie, f p t ^,s ic gutc Dienste bei Bright ' schw
_ Tannin, ana 5,0
Extr Gent q s. ut f. pilul. No. 100, dreimal täglich 2 Pillen,
ln kleinen Gaben gereicht, verändert es bei Harnsäurebildune die
iTElSn UnlÖS i 1Che m SalZe in , Hippursäure und bewirkt auf diese Weise
Mitt?i^3 g n??f e T '■? aU3 d / m F nn * ünter den gallenausscheidenden
oin^ lr das XT be nzoösaure Natron den ersten Rang
Wgeoder Weise SaHCyliCUm ” d
Natr. saJicvl.
Pulv. rad. Rhei. ana 6,0
- , ,. . Pulv. Nuc. vom. 2,0
■M.f.pulv. div. m p. aeq. No. XX, zweimal täglich 1 !*illo zu nehmen.
h, S t< 1 henI 0 n r MmL r n? ril “in nC bchar,de,t ,iie eicht nach einer den bisher
folce Er ve«.dJft d n- entgegengesetzten Art mit gutem Er-
,, .verwirft d e Alkalien vollständig. da sie nur palliativ* schmerz-
il.vlfe?’ dafü ;, aber Urate nicht lösen, die löslichen vielmehr
*el?uäte löse?^»' Er T‘ d , et , ehensowenig solche Medicamente.
«olche wpIpIip l tv 11 '- *?•’ W I e An algetica oder Antirheumatica. sondera
das Jod in Vprlf li nUnatl0 v der , Harnsäure bewirken, und zwar vor allen
006 ft) S D 5 mit g< T7 en Alkalien - besonders Coffein in Dosen
Valetk?h,V ^ U n SSerdem empfiehlt er verschiedene Mineralsäuren, sowie
ca^nte 3 ’T 4g ‘ Eei ü A,lfa11 selbst Siebt er diese Medi-
Bouillon C ^’ dazu /Verwirft er den Patienten einer Diät aus
stündlich ein Gh« ”, nd ™ r . aUen Puigen Champagne diy; von letzterem
Har^aure Tn and besonders als Eliminationsmittel der
in -erin4-en T D^on - fre1 ^ Z ? lfc glfibt er die erwäb nten Medicamente
fbeßfalls"^? E . r uährungsvoi-schriften für diese Zeit sind
medicale 13. ^pteLbre lgöir^ ^ widers P rechend - (LaSemaine
wird von^PhilC?^ ew ^ s . e ^ Hautaffectionen, besondei-s im Gesicht,
^in LÜ vi n iP p S döS V^ U, Ä aufs wärmste empfohlen. Es ist dies
pinseln auf die Haut° ^ “ Methylalkohol und bildet beim Auf-
Jedoch viel heller h“ i?®? . Gol ¥ m ™ a J^mhes Häutchen, welches
01. Kicini und 50 PrÄn Sch ® ln l ei l der lst Durch Zusatz ™n 25 Procent
elasticum ähnlieh^^ p anadabalsam erzeugt man ein dem Collodium
01 . Ricini nnd 24 Prnn!! S t Ch 7 - S l C,7 ‘ st 1 all,a und durch Zusatz von 12 Procent
können noch andere 52?« Zmkox> ; d eu * en wissen Firniss. Ausserdem
f’hiysai-obin und SubfimaM^f^V b f sond ^ Pyrogallus- und Salicylsäure,
des Mittels eimet Sh k “ ChystiiHm aufgelöst werden. Die Anwendung
'narginatum. L?nus Ä bei + Herpes , ^mmrans, bei Warzen, bei Ekzema
Ganz besonders P emDfiH 0 f e ? a i O vT S ’ f el Ak ? e ’ Kerat °sis und Syphilomen.
Gesicht, und zwar in S1 ? w Anw ® ndun & bei confluirender Akne im
mit Lysollösung welche g m^ er — eiS ?i- E 7 t ' Be P insel ung- der Hautpartieen
Abtrocknung mit Sl! pr lmge Minuten lang einwirken lässt, hierauf
^Hfcutche^^.S^hf^r 1, UIld B e P^elung mit Ciystallin;
es nöthig ist dann nnphm i* f“ 8 , ai i{ der sitzen ’ T, m, wenn
m ,alige Application treSt * dle M i g f 1C 1 he Proced ur vorzunehmen; zwei-
l! 5emaine med. 1893 gowöbnbcb ’ um d m Heilung zu erzielen.
>’o-37) behandelt (Sem. raed. 1893
»Itenurend mit concciItHrf^ M P .k b f '°uT e , werdeI > nlit ChromsSure (1:5)
Jen Medikamenten dÄL™ ^ 1 ? 8 , 11 “ 8 (1:10) beba n d elt- Um
Krusten vorerst entfernt v Il.? gen f in dle . Ti0 fe zu ermöglichen, werden
stnehen. rat ’ verb <>rnte Partieen mit dem Galvanokauter be-
iZeltsohr*;. U^Med’ 1891 *^^ 1 ? n ? d T her *P le der »steomnlacie.
Eichung von Phosphorieberthm^^’ 26b ~^-) ^ Verf asser hat durch Dar¬
ren Kaffeelöffeljbei vW ™ ^^phor 0 , 0 o, Ol.Jecor.Aselli 50,0 täglich
erzieht und hält den PhosnhS-°?i. V011 - 0s | eo ? laJacie sebr günstige Resultate
dfr psteomalacie, das in Ä h f n direktes Ulld definitives Heilmittel
nicht. . m J ?u Fallen zu empfehlen ist, wo die Castration
239
XII. Kleine Mittheilungen.
—«uimacie (
fm möglich ist oder T;“ u " u l uut5 “ 7,1 empiemen ist, wo die Castration
früh zu beginnen und lamf'VüP'^ Wlrd ' Dle Behandlung ist möglichst
'Vechtelung mit AffectÄ JÄH 1 ”"' . Bei d » Diagnose ist eine Ver-
'vechseju^ mit Affecti i^zusetzen. Bei der Diagnose ist eine Vor¬
deren Knochenerkranknn trurf 8 ^ ervens y ste ms und der Gelenke und mit
“Zungen zu vermeiden. E. Sehrwald.
||Sfs
mH Hn 1 A n s . obald al ® möglich ausser den beiden ärztlichen Direktoren
K’nnHi ^ 11 Assiste uzär z ten, zunächst mit beiderseitiger dreimonatlicher
a T StelIt r rden: a > für ^ innere Abtheilung m ? n in de?
Krankenbehandlung vollkommen selbstständiger dirigirender Arzt mit
im Hrankenhause wohnt u?d b Bez^g
auf ärztliche Praxis nicht, beschränkt sein soll; dabei sind vorzugsweise
K™kmw!f M d 'r eino specialistische VorbUdung besitzt. Im
Krankenhause Moabit soll dieser dirigirende Arzt ein erprobter Bacterin-
loge sem; b) für die chirurgische Abtheilung ein dem ärztlichen Direktor
Bef dl?°/fhfiC 61 0berarzfc , mit , e 4 em jährlichen Gehalte von 3500 Mark
Bei der Abstimmung wurde der Ausschussantrag mit der Maassgabe an
«*öht"w£d. da “ ^ KündigUngsMst von drei ^ouaten auf sech S 8 Monate
• 4 ^r In ^ Sitz ung des Vereins für innere Medicin vom 5 Mär^
flhpf^ e ^°Jl rtm 4 ann ij de11 V S- reitz fübrte ’ wurde zuerst in die Discussion
über den Vortrag des Herrn Kossel „über Lymphzellen“ (vgl. No. 8
dieser Wochenschrift) eingetreten. Die Discussion, an der sich die Herren
K v S l el betb eüigten, drehte sich wesentlich um die in
dem Kossel sehen Voitrage berührten Fragen der Entstehung der Ham-
S T i de “ Nuclei'nstoffen, sowie der bactericiden Wirkungen der
UDd ^ A ^ passurig diesor Thatsachen an die Metschni-
,uT der Phagocytpse. Hierauf hielt Herr Fürbringer
einen nut lebhaftem Beifall aufgenommenen Vortrag „über die Gcwebs-
safttherapie in ihrer modernon Ausbildung, mit besonderer Be-
der . B r °/ 11 ; s .^q u a r d ’schen Injectionsflüssigkeiten, des
Ln«f,^i ' 11 ^ pe / mms? v der bR1 Ml?. oedem erfolgreich angewandten Sohild-
drüsensubstenz, ferner des gegen Diabetes mellitus empfohlenen Pankreas,
der Babes sehenInjectionen von Nen^ensubstanz, eudlich des sogenannten
ar xi 7 U ? d Ne P bl 3 n - (°er Vortrag wird in einer der nächsten Num¬
mern dieser Wochenschrift veröffentlicht werden.) Im Anschluss daran wies
M Uf seme I scho " beim vor jährigcn Balneologencongress ge¬
machten Mittheilungen über die m verschiedenen Formen (subcutan Der
os und per anum) versuchte Anwendung von Pankreas bei Diabetikern
tun wobei jedoch keine positiven Resultate erzielt wurden, und stellte
weitere Mittheiiungen über seine klinischen Erfahrungen bezüglich der
Gewebssafttherapie m Aussicht. Die Discussion über den Fürbringer , -
schen Vortrag vmrde auf die nächste Sitzung verschoben. A. E.
— Die Leitung des Berliner ärztlichen Auskunftsbureaiis,
welches sa-li damit beschäftigt,, vacante Arztstellen zu besetzen, sowie die
Stellvertretung behinderter Aerzte zu vermitteln, und an das man sich im
Bedarfsfälle schriftlich wenden kann, ist, von dem Geschäftsausschusse der
Berliner ärzthehen Standesvereine Herrn Dr. Merten übertragen worden.
Den betreffenden Gemeinden, die das Auskunftsbureau behufs Besetzung
vacanter Arztstellen benutzen, erwachsen daraus keinerlei Kosten. Adresse-
Dr. Merten, Aerztliches Auskunftsbureau, Berlin SW., Wartenburg-
strasse. ®
— In Preussen sind vor kurzem neue Bestimmungen über die
Immatriculation an den Universitäten erlassen worden. Durch
dieselben wird die wichtige Neuerung herbeigeführt, dass Nichtpreussen
nicht mehr, wie das früher der Fall war, ohne das für den Preussen er¬
forderliche Reifezeugniss immatriculirt werden können. Früher konnte es
Vorkommen, dass ein von der Prima abgegangener Angehöriger eines
anderen deutschen Staates in Berlin als Student der Medicin immatriculirt
wurde und auf Grund dieser Einschreibung nach achtsemestrigeni Studium
dort den medicinisehen Doctorgrad erwarb. Mit dem Doctordiplom aus¬
gerüstet, begann er alsbald die ärztliche Thätigkoit auszuüben. Es war
ihm durch geschickte Ausnutzung der Lücken in den amtlichen Be¬
stimmungen über das akademische Studium eine Gelegenheit gegeben, sich
für die Curpfuscheroi vorzubereiten und diese obenein noch mit einem
ganz gesetzlich envorbenen deutschen ärztlichen Titel versehen zu be¬
treiben.. Dies ist in Zukunft nicht mehr möglich, weil Deutsche in der
medicinisehen Facultfit einer preussischen Universität nur dann immatriculirt
werden, wenn sio das in ihrer Heimath dafür nothwendige Zeugniss, d. h.
das Reifezeugniss besitzen.
— Das preussische Kriegsministerium hat zur Theilnalime am
internationalen medicinisehen Congress in Rom den Generalstabs¬
arzt der Armee, Professor v. Coler, Oberstabsarzt Dr. Werner und
Stabsarzt Dr. Schjerning delegirt. — Zur Leitung der deutschen
Collectivausstellung, die unter Leitung des Reichsgesundheitsamtes statt¬
findet, begiebt sich Regierungsrath Dr. Petri nach Rom. — Die Billets
der italienischen Eisenbahn für die Besucher des Congresses sind im
Reisebureau von .Carl Stangen, Berlin, Mohrenstrasse 10 , zu entnehmen.
_— I m königl. Garnison - Lazareth No. 1 fand am 25. Febr. die Be¬
sichtigung einer neuen Construction der von der Firma Selberg & Schlüter,
Berlin, gelieferten Selberg-Döcker’schen Baracke seitens des Vor¬
sitzenden des Vereins vom Rothen Kreuz. Kammerherm Baron von dem
Knosebeck, Sr. Excellenz von Drigalski Pascha und verschiedener
Botschafter und Gesandter auswärtiger Mächte statt. Vorher hatte die
Aufstellung dieser Baracke auf Veranlassung des Kriegsministeriums
gleichzeitig mit einer der bisher verwandten stattgefunden, und hierbei
stellte es sich heraus, dass der Oberbau der Selberg’schen Baracke allein
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT,
Nö. 10
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um zwei Stunden, der Fussboden der gleichen Baracke um weitere 1
Stunden früher fertig war, als die bisher verwandte Baracke. Allgemeines
Interesse erregte der sinnreich erdachte Fuss, welcher es gestattet, die
Baracke auf unebenem Terrain ohne Unterbau und Plamrung des buss-
bodens aufzustellen. Die Verpackungskisten dieser Baracken bilden zu¬
gleich den Fussboden, und zeigte die Aneinanderfügung derselben eine
ausserordentliche Vereinfachung und Erleichterung des bisherigen Systems.
— Oeynhausen. Am 1. März feierte der durch seine vieüacheu
und zum Theil bahnbrechenden baineologischen Arbeiten bekannte Sanitäts¬
rath Dr. L. Lehmann in Oeynhausen seinen 70. Geburtstag in voller
körperlicher und geistiger Frische. , „, . ~ . , .. ,
— Budapest, Das Semmelweiss-Denkmal soll bei Gelegenheit des
in Budapest am 1.—9. September d. J. abzuhaltenden VIII. internationalen
hygienisch-demographischen Congresses enthüllt werden. Für dasselbe
sind bis jetzt durch internationale Sammlung im ganzen 8217 11. emge-
kommen. — Der IV. ungarische balneologische Congress wird am 12., 13.
und 14. März d. J. in Budapest abgehalten werden. Vorträge von all¬
gemeinem Interesse sind angemeldet u. a. von Prof. Stiller über die
Wirkung des Höhenklimas auf die Basedow’sche Krankheit.
— Paris. In dem Jahresberichte für 1892/93 der Pariser
Universität wird über den grossen Zulauf von Studenten geklagt, welcher
die Provinzialanstalten veröden lasse und in Paris zur UeberftÜlung aller
Fakultäten führe. Unter anderen seien die Räume der Pariser Lcole
sup6rieure de Pharmacie ganz unzureichend geworden, und die Zahl der
pharmaceutischen Prüfungen, welche im Jahre 1892/93 abgehalten wurden,
betrug 1887. Die Gesammtzahl der Studirenden betrug in diesem Jahre
11914, d. i. 1166 mehr als im vorausgegaugenen Jahre, und imter der
erstgenannten Zahl befanden sich wiederum nicht weniger als 1358 Nicht¬
franzosen, zu denen namentlich das weibliche Geschlecht einen verhältuiss-
mässig nicht geringen Procentsatz stellt. Die sechs studirenden Pharma-
ceutinnen waren jedoch sämnitlich Landesangehörige.
— Moskau. Die Moskauer hygienische Gesellschaft hat
Geheimrath Prof. Dr. v. Pettenkofer in München zum Ehrenmitgliede
ernannt.
— Dr. med. A. Steinbach’s Formulare zur Geschäfts- und
Buchführung des praktischen Arztes und Medicinalbeamten: 1) Journal
nebst Cassabucli und Anleitung zur Buchführung, 6. Aufl., 100 Seiten,
gebunden 4 Mk.; 2) Hauptbuch und Anleitung zur Buchführung, 5. Aull.,
200 Seiten, gebunden 6 Mk.; 3) Leitfaden für die Geschäfts- und Buch¬
führung des praktischen Arztes und Medicinalbeamten, 2. Aull., 0,80 Mk.,
herausgegeben von Sanitätsrath Dr. Kollm, königl. Physicus in Berlin.
G. T hie me. Leipzig 1894. Diese Formulare zeichnen sich wegen ihrer
grossen Handlichkeit, Einfachheit und Uebersichtlichkeit in hervorragen¬
der Weise vor anderen ähnlichen Formularen aus. Mit Rücksicht auf die
Bestimmungen des neuen Einkommensteuer-Gesetzes haben sie einige
Aenderungen erfahren, durch welche es den Aerzten ermöglicht wird,
jeder Zeit, vornehmlich nach Schluss des Jahres, eine Uebersicht über
die Einnahmen sowohl der Gesammtpraxis, als auch im einzelnen des
festen Einkommens aus Gehältern von staatlichen und privaten Stellungen
zu gewinnen, wobei auch besonders auf die eigenartige Stellung der
Medicinalbeamten Rücksicht genommen worden ist. Der Leitfaden ent¬
hält eine Tabelle zur Berechnung der Besuche, das Cassabuch diejenigeu
gesetzlichen Bestimmungen, welche für den Arzt von Interesse sind, so¬
weit sie sich auf das Gerichtsverfassungsgesetz, die Concursordnung, die
Strafprocessordnung, die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverstän¬
dige und das Verfahren vor den Amtsgerichten beziehen. Eine Anleitung
zur Steuerdeclaration der Aerzte auf Grund des preussischen Einkommen¬
steuer-Gesetzes mit vier beigegebenen ausführlichen Beispielen ist in der
neuen Auflage des Hauptbuches den gesetzlichen Bestimmungen zugefügt
worden. Als Anhang dienen Zinstabellen, sowie der Deutsche Wechsel-
Stempel-Tarif und die verschiedenen Stempelbeträge.
. — Das Werk von L. Pfeiffer „Ueber die Protozoen als Krankheits¬
erreger“ wurde von Dr. Salaro ins Italienische übersetzt und ist als
I. Band der „Bibliotheca medica contemporanea“ bei Dr. Francesco
Vallardi in Mailand erschienen.
— Das Lehrbuch der Hautkrankheiten von Dr. M. Joseph
(Verlag von Georg Thieme, Leipzig) ist von Dr. A. M. Goldberg, ordent¬
lichem Arzt des Kalinkinhospitales, und unter der Redaction des Privat-
docenten J. A. Majew, Oberarzt am Kalinkinhospitale und früheren
Assistenten des auch in Deutschland wohlbekannten Prof. Tarnovsky
ins Russische übersetzt.
— Der Selbstmord, eine kritische Studie von Dr.Rehfisch, mit
einem Vorworte von Prof. Dr. Mendel, ist in Fischer’s medicinischer
Buchhandlung (H. Kornfeld) in Berlin 1893 zur Ausgabe gelangt. Durch
dieses kleine Werkchen scheint manche streitige Frage über Ursache,
Ausdehnung und Zunahme des Selbstmordes der Erklärung näher geführt
zu werden.
— Der III. Band der Annalen des Instituts für Pathologie
und Bacteriologie in Bukarest ist erschienen. Derselbe enthält
Beiträge von Prof. V. Babes, Dr. A. Motoc, Dr. F. Tamassion,
Dr. V. Oprescu, Dr. V. Cornil, Dr. A. Babes, Dr. G. Stoicescu,
Dr. N. Kalindero und Dr. D. Gheorgin. Die Institutsleitung erbietet
sich, soweit der Vorrath reicht, Aerzten, welche sich mit Arbeiten be¬
schäftigen, die in den Annalen vertreten sind, dieselben sowie die früheren
Bände gratis zuzusenden.
— Universitäten. Bonn. Der Privatdocent Dr. Krukenberg
ist zum ausserordentlichen Professor für Geburtshülfe und Gynäkologie
ernannt. — Göttingen. Der Privatdocent und Prosector an der Anatomie
Dr. J. Disse ist zum ausserordentlichen Professor ernannt. — Würz-
burg. Dr. C. Arens hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt.
y-TTT Zur Recension eingegangene Blioher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines« Jahresberichte, Sammelwerke u. s.w. Bibliothek
der gesammten medicinischen Wissenschaften. Für praktische
Aerzte und Specialärzte. Herausgegeben von Hofrath Prof. Dr. A. Dräsche
in Wien. 21 und 22. Lieferung: L Abth. (Interne Medicm und Kinder¬
krankheiten), 12./13. Heft. 23. und 24. Lieferung: II. Abth. (Pharmakol.
und Toxikol.), 9./10. Heft. Wien, Max Merlin, 1893.
The Johns, Hopkins Hospital Reports. Vol. III. Report in
Gynaecology II. 762 S. Baltimore, The Johns Hopkins Press, 1894.
J. Hirschberg, Um die Erde. Eine Reisebeschreibung. 531 S.,
1 Karte. Leipzig, Georg Thieme, 1894. . .
M. Mendel sohn,Aerztliche Kunst und medicinische Wissen¬
schaft. Eine Untersuchung über die Ursachen der ärztlichen Misere.
II. Auflage. 44 S. 1,00 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. Professor
Dr. M. Perls’ Lehrbuch der allgemeinen Pathologie. Für Aerzte
und Studirende. HI. Auflage, herausgegeben von Prof. Dr.F. Ne eisen.
735 S. Mit 256 Abbildungen im Text und 2 Farbendrucktafeln. Stutt¬
gart, F. Enke, 1824. . ^ . . ,
Lukjanow, Grundzüge einer allgemeinen Pathologie des
Gefftsssystems. 428 S. 10 Mark. Leipzig, Veit & Co,1894.
Carpenter, Congenital affections of the heart. 103 S. 3 s 6 d.
London, John Bale & Sons, 1894. . .... .
Chirurgie. H. Fischer, Die Eiterungen im subumbilicalen
Stroma. Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge No. 89. Leipzig,
Breitkopf & Härtel, 1894. w ,
M. Jaffe, Principien und Technik der heutigen Wund¬
behandlung. Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 34—36.
151 S. 1,50 M. Leipzig, C. G. Naumann.
Terrier und Pöraire, Petit Manuel d’ Anesthesie Chirur¬
gie ale. 220 S. Paris, F. Alcan, 1894. Tr , t
Winkelmann, Die erste Hülfe bei schweren Verletzungen.
Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 27 und 28. 152 S.
1,00 M. Leipzig, C. G. Naumann.
J. H. Akerman, Ueber die operative Behandlung der Mikro-
cephalie. Volkmaun’s Sammlung klinischer Vorträge No. 90. Leipzig,
Breitkopf & Härtel, 1894. r , ,
Geburtshülfe und Gynäkologie« Runge, Lehrbuch der Geburts-
liülfe. 545 S. 9 M. Berlin, Jul. Springer, 1894.
Sänger und Odenthal, Asepsis in der Gynäkologie und
G e b urtshü 1 fe. Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 31—33.
128 S. 1,50 M. Leipzig, C. G. Naumann.
R. Müllerheim, Die Symphvseotomie. Volkmanns Sammlung
klinischer Vorträge No. 91. Leipzig, Breitkopf & Härtel 1894.
Hautkrankheiten und Syphilis« S. Jessner, Therapeutische
Neuigkeiten auf dem Gebiete der Hautkrankheiten und Sy¬
philis. 131 S. 2,00 M. Berlin, Fischer’s medicinische Buchhandlung
(H. Kornfeld), 1894. , J ^
Radestock, Die Inunctionscur, ihre Anwendung und Be¬
deutung gegenüber anderen antiluetischen Curen. Medicimscne
Bibliothek für praktische Aerzte No. 29 und 30. 128 S. 1,00 M. Leipzig.
C. G. Naumann. „ , .,
Hygiene und Sanitätswesen. Blass, Die Impfung und ihre
Technik. Medicinische Bibliothek für praktische Aerzte No. 2. /b. &.
0,50 M. Leipzig, C. G. Naumann.
Innere Medicin« v. Leube, Specielle Diagnose der inneren
Krankheiten. Ein Handbuch für Aerzte und Studirende, nach Vor¬
lesungen bearbeitet. H. Band: Nervensystem, Rückenmark, Hirn, bto ■
Wechsel, Infectionskrankheiten. 515 S. 12 M. Leipzig, F. C. W.^ ogel. 1°33.
Specielle Pathologie und Therapie. Herausgegeben von tloi-
rath Prof. Dr. H. Nothnagel. I. Band: Die Vergiftungen, von
Prof. Dr. R. v. Jaksch, 1.-Heft. Wien, Alfred Hölder, 1894. .
L. Krehl, Grundriss der allgemeinen klinischen Pathologie.
238 S. 6 Mark. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1893. . ...
W. Eysoldt, Kurzes Lehrbuch der inneren Krankheiten.
Mit besonderer Berücksichtigung ihrer Erkennung und Behandlung. 1* A
theilung. 336 S. 7,50 M. Merseburg, Paul Steffenhagen, 1894.
Kinderheilkunde. Verhandlungen der X. Versammlung üer
Gesellschaft für Kinderheilkunde, Nürnberg 1893. Im Aufträge
der Gesellschaft herausgegeben von San.-Rath Dr. Emil P^riier
Wiesbaden. 168 S. 4,60 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. .
Klimatologie und Balneologie. J. Glax, Aerztliche Mittnei-
hingen aus Abbazia. II. Heft: Abbazia als Terraincurorti ™
C. Rubbia. 28 S. mit einer Karte. Wien und Leipzig, Wilhelm tfrau-
müller, 1894. ,
Wagele, Die Wirkungsweise der Sool- und Seebäder, 1
IJndicationen und Anwendungsweise. Medicinische Bibliothek
praktische Aerzte. 240 S. 2,50 M. Leipzig, C. G. Naumann.
Psychiatrie und Neurologie. E. Kraepelin, Ueber geistig
Arbeit. 26 S. 0,60 M. Jena, Gustav Fischer, 1894.
Berichtigungen.
In dem Bericht über die Sitzung der Freien Vereinigung der Chiruigtü
Berlins in No. 8 dieser Wochenschrift, p. 185, 1. Spalte, 2. Zeile von un
ist statt 200 zu lesen: 12ÖO. 0 . ft . r
In No. 9, p. 195, ist zu lesen: erste Spalte, Zeüe 3 von unten tur
Cruralis: Snralis; ferner ebenda Zeile 38 von unten für innerer he
gang: äusserer Gehörgang. _ _ _
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag
•At 11 .
15. März 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Begründet Ton Br. Faul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. 1. Eulenburg und Dr. Jul. Scliwalbe, Berlin
LlcbtenstoInaUee 8. Potsdamers!,. U6.
Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
I. Aus der geburtshilflich - gynäkologischen Universitäts¬
klinik in Giessen.
Ueber Schwangerschaften im ventriflxirten
Uterus. 1 )
Von H. Löhlein.
liaüc ItÄ ol) darc h dle Anheftung des Corpus uteri an die
l S tt g6r EmfluSS auf die Conceptions- und
Bli<* MfÄ d T Frau a Sfg eül >t wird oder nicht, ist, wie ein
Uufe L ITiIT , d6S Faches lehrt - Besonders lebhaft im
folgenden rfhll Z®? 1 dlsei ! tl r t . worden. In den beiden darauf-
[„tmss? mt weleh T 6le r er , h . ebheh hi den Hintergrund vor dem
leütere Tw 7 “ Ind ' cat ‘“" 0n 11110 Technik - namentlich die
,“7ekJ* c ‘ > “ currirelld nn Operation, der vaginalen Antefixation
Olwrleieh ßelsgerten Gebärmutter, überall erörtert wurden.
Erfahrungen d^p 1 " ^achtens durch die zur Zeit vorliegenden
Einfluss ff.? ,?‘f ™ elsten der gegen die Ventrifixation 2 ) und ihren
«■iderl('fnimr d fff,‘?p t ? tUS 5 r , ay,duS ? oäussert ™ Bedenken bereits ihre
"ifrene zu rS ctu nden haben, möchte ich doch im folgenden zwei
Äbaehtunwn ■ 1 der T^. enannte . n °P erat ion sprechende
Pflichtet alf int ??’ ^ cb halte mich nm so mehr hierzu ver-
sobienawn P, hHnf? ^“sse einer vor etwas über Jahresfrist er-
diessenerPranp 1 t?f I *! 1 >rv U i! >e i r ^ FäUe TOn Ventrifixation aus der
in der LaJp ~!? kl i Illk ^. bet . ennen musste, dass ich bis dahin nicht
lief denvon mi>’n de "-^ lntritt Und Abla,,f Ton Schwangerschaften
aen von nur Openrten zu verzeichnen.
23 Owril/S uÄ/'?. freiUch hinzu, dass bei 15 von den
Frage kam fzehnmnf C1Der Oonception überhaupt nicht in
post climaetenW v- Ab - tra f Ung der beiderseitigen Anhänge, Status
ie Chancenund dass auch unter den übrigen 8
»eichen Schz itin" ^ f aren > da . 3 ™" ihnen! bei
sich im Alter von fll oder hfyomotomie ausgeführt war,
an Phthisis „„lTnIÜ' 4 ! Jahren , befanden und die vierte später
Kommen nur vmr SC ^ W f. r er k ran kte. So blieben streng ge-
Frage verwendbar ra V en die Beurtheilung der vorliegenden
« »SÄrLnÄ”" wMm ™‘ *■—
and zw^baw'^ps 6 ? letz ^ e “annton ist eine (Frau D.) inzwischen,
Worden, und Schwan ^ ener . ^dheren Veröffentlichung, schwanger ge-
r on uns genau verfnfT 80 ^^’ ^ ntk i ndun £ UQ d Wochenbett konnte
tritt und Ablauf p[Ä7 erden ‘ Ausserdem konnte ich den Ein-
tniheren Liste Tim>h • angersehaft beobachten bei einer in der I
im September 1899^», >‘cht aufgeführten Kranken, bei der sich die I
anschloss. Beide'Wrü? 6 i U , br e ^ cntrifixation an eine Myomektomie
=o dass ihre Mittho.i“ ac h tun S en bieten interessante Einzelheiten,
wird, der die im AnÄ?* demjenigen berechtigt erscheinen
«m 9 ausgetrLt^ i 8 ? 1 Von Sän S el ' 4 ) veröffentlichte TabeUe I
^ entrifixationen ^, 1T wi j- hwangorschaften nach 86 conservativen
falle von dle ln g'eicher Weise günstig verlaufenen
cntritixation geäussert™" rpH “‘l Sch ?? durch Sle die ? e S un die
TvoT rt Bedenken für genügend widerlegt hält.
^ n “a r 1894.^° n ^ der me ^ c i n ischen Gesellschaft zu Giessen am
" hno ZweifelVeutrifi^ation^riVVi ^päckig Ventrofixation. während doch
3 ?. höhlein P T t! s \r! Ch ^i 19t ;.,
' 228 .
) H I,nk • T 10n richtig ist.
4 ) Contralbl^t n iü^Si°f S ^ e HJ agesfragen p -
' ibid. p. Sn 10 ‘ äkolo ^ e 189 P p. 310.
Bevor ich meine Krankengeschichten berichte, möchte icli in¬
dessen bezüglich meiner Stellung zur Ventrifixation die Bemerkung
'vorausschicken dass sich dieselbe durch die inzwischen erreichten
Fortschritte in der Technik der vaginalen Antefixation gegen früher
mcht geändert hat. Die Ventrifixation hat sich als eine zuverlässige,
mit keinerlei lästigen Folgezuständen verknüpfte Methode den
retrodevnrten (und auch unter Umständen den prolabirten) Uterus
dauernd m \orwärtslagerung mit mässiger Elevation zu
eihaHen, hinlänglich bewährt. Die erwähnte Elevation, welche der
Methode vielfache Vorwürfe zugezogen hat, ist nicht grösser ja
meist sogar geringer als diejenige, welche wir hersteilen, wenn wil¬
den retrodevnrten Uterus mit der Sonde aufrichten oder den ante-
flectirten _ durch Einführung der Sonde strecken — wie man sich
■ leicht bei vergleichenden Untersuchungen überzeugen kann. Der
I Fundus uteri steht daher für gewöhnlich nicht oder doch nur ganz
unerheblich über der Ebene des Beckeneinganges. — Trotzdem wird
die Ventrifixation wie jede operative Fixation wegen Retro-
I versio-flexio uteri an sich nur selten, und immer nur dann
i an |f eze 4rt sein, wenn sehr erhebliche Beschwerden mit Sicherheit
; auf die Lageabweichung zurückzuführen sind und letztere durch
! die 01 'thopädische Behandlung von der Scheide aus nicht befriedigend
| corrigirt werden kann. 3
| Es mag auffallen, dass ich die operative Antefixation überhaupt
nur selten wegen der Retrodeviation angezeigt finde und im Gegen¬
satz zu der Mehrzahl der Fachgenossen nur ganz ausnahmsweise
ausführe, da ich auf die grosse Häufigkeit der Rückwärts¬
lagerungen und auf die beschränkte Zahl von Dauer-
heilungen durch Pessarbehandlung (Löhlein 18%, ebenso
Fritsch, Centralblatt für Gynäkologie 1893, p. 299) wiederholt
aufmerksam gemacht habe. Der Grund hierfür ist zunächst darin
zu suchen, dass ich in den durch Bildungsanomalieen (Kürze
der vorderen Scheiden wand, Hypoplasie des Uterus und anderes)
bedingten, resp. mit, solchen verbundenen Fällen sowie in allen
denjenigen, die im climacterischen und postclimacterischen Alter
constatirt, werden, auf jede Orthopädie gemeinhin verzichte.
Ferner, dass bei zahlreichen Frauen mit den gewöhnlichen, zumal
im Puerperium erworbenen Retrodeviationen nicht diese, sondern
die Inversion der Scheidenwände, der Dammdefect, die begleitende
Endometritis und Colpitis die wahre Ursache der Beschwerden und
der Angriffspunkt für die Therapie sind. Endlich, dass in den
Fällen, wo zweifellos die Lage rectificirt werden musste und durch
ein Pessar rectificirt wurde, sehr häufig eine dauernde Beseitigung
der Beschwerden auch da erzielt wird, wo wir den längere Zeit
aufgerichtet gewesenen Uterus später in die falsche Lage zurück¬
gesunken finden, eine „definitive Heilung“ also nicht erreicht war.
So habe ich denn die ventrale Fixation am häufigsten ausgeführt
und gedenke sie zur Lageverbesserung des retroflectirt oder pro-
labirt gefundenen Uterus auch ferner stets gebührend zu berück¬
sichtigen bei Gelegenheit anderweitig angezeigter Laparot.omieen:
Ovariotomieen, Castrationen, Myomotomieen.
Fall 1. Der erste Fall betraf eine 30jilhrige Bauernfrau P., die zweimal
geboren^ hatte, als sie im Sommer 1892 zur Operation aufgenonimen wurde.
Erste Entbindung 1886, dabei Dammriss, weiterhin Prolapsus uteri et
vaginae utriusque, dessentwegen 1887 von Jlofmcier die Oolpoperine-
orrhaphia ausgeführt wurde. Im Anschluss an das zw eite Wochenbett (1890)
bildete sich der Vorlall von neuem aus: Descensus uteri retroversi.
Inversion der Scheidenwände; grosse gemflthlicbe Depression. Am
27. JuH 1892 Ventrifixatio. Dritte Schwangerschaft: Letzte Menses in
der zweiten Hälfte des März 1893; in den ersten drei Monaten häufiges
Erbrechen, lästiger als in den beiden früheren Schwangerschaften. Vor-
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242
Stellung am 24. September 1893. Status gravidus VI mensium, starke
Varicositäten an den Labia majora und dem Introitus vaginae. Durch dio
Bauchdecken fühlt man bei tiefem Eingreifen Stränge, die von der vorderen
Wand des Fundus gegen den unteren Theil der Bauchsckmttnarbe lauten,
bei seitlicher Verschiebung des Uterus werden sie gespannt.
Bei der Entbindung, die in der Klinik am 21. December 1893 statt¬
fand und innerhalb sieben Stunden verlief (L. K. 2900 g), wurdefolgender
Befund notirt: die braunpigmentirte Operationsnarbe verläuft, der .Linea
alba entsprechend, vier Querfinger unterm Nabel beginnend bis nahe an
den oberen Symphysenrand; ihr unteres Ende erscheint verbreitert, aber
nicht hernienartig vorgedrängt. Etwa 3 cm unterhalb des oberen Endes
der Schnittnarbe zieht, von einer höckerigen Prominenz ausgehend, ein
rundlicher Strang in der Richtung nach rechts und oben gegen den Fundus.
Sein Lauf schneidet die linke Linea alba in sehr spitzem \Y inkel. Hinter
den dünnen Bauchdecken erscheint für das Auge wie für die palpirende
Hand das Corpus uteri namentlich während der Wehen m zwei „Cornua
getheilt durch jenen an der vorderen Körperwand sich an¬
spannenden, wie ein Ligamentum teres sich anfülilenden Att-
häsionsstrang. , _ , , ... .
Wochenbett: 21. December 1893, Abends. Fundus daumenbreit, untei
Nabelhöhe, an der vorderen Wand der beschriebene Strang, wenig ge¬
spannt. 27. December 1893. Portio kurz, aber deutlich formirt, Corpus
anteflectirt, kugelig; der runde Strang ist deutlich verkürzt gegen früher
und erscheint eher mässig gespannt als schlaff; ähnlich am 31. De¬
cember 1893. Am Anfang der dritten Woche (5. Januar 1894) wurde die
Wöchnerin auf ihren dringenden Wunsch entlassen. Das Kind hatte seit
der Geburt 700 g (!) zugenommen. Die Portio war gut formirt, das
Corpus in etwas weniger als R. anteflectirt, etwa noch aufs doppelte ver¬
dickt, der gegen das rechte Horn ziehende \ erbindungsstrang erscheint
weniger gespannt und glatter als früher.
Bei der acht Wochen später (2. März 1894) vorgenommenen Unter¬
suchung fand sich der völlig zurückgebildete Uterus in gleicher Weise
anteflectirt und in normaler Höhe beweglich lixirt. Die Frau stillte ihr Kind.
Das Interesse des Falles beruht zunächst darin, dass hier ein
durch die Scheiden- und Scheidendammnaht nur vorübergehend
beseitigter Prolapsus uteri et vaginae durch die Annähung des Fundus
uteri an die Bauch wand in befriedigender Weise geheilt wurde. So¬
dann in der bei den wiederholten Untersuchungen constatirten,
geradezu auffallenden Fähigkeit der fixirenden Adhäsion, nicht nur
dem Wachsthum des schwängern Uterus nachzugeben, son¬
dern auch der sehr prompt erfolgenden puerperalen Ver¬
kleinerung sich anzuschliessen, ja bis zu einem gewissen Grad
mit ihr Schritt zu halten. Da ich nicht die Kuppe des Uterus,
den Fundus im engeren Sinn, sondern die oberste Partie der vor¬
deren Fläche des Corpus uteri rechts wie links je mit zwei Catgut-
nähten oder jo mit einer Seiden- und einer Catgutnaht zu fixiren
pflege, konnte man durch den sich spannenden, derberen, nach rechts
oben verlaufenden Adhäsionsstrang während der Wehe, in der der
Längsdurchmesser des Uterus zunahm, der Fundus höher stieg, die
vordere Corpuswand gleichsam in zwei Abtheilungen getrennt fühlen.
Fall 2. Der zweite Fall betraf eine 35jährige Frau L. aus S., bei welcher
am 22. November 1892 die Myomektomie vorgenommen werden musste.
Der mehr als mannskopfgrosse Tumor, dessen Kuppel cystisch erweicht
war, war im zweiten Monat der ersten Gravidität bei der phthisischen
Patientin onucletrt worden. (Das Präparat wurde mit anderen ungewöhn¬
lichen Myomen in der Sitzung der Medicinischen Gesellschaft zu Giessen
vom 14. März 1893 vorgezeigt.) Das bereits vor der Operation in der
Entwickelung stehen gebliebene Ovulum wurde am Tage nach der Opera¬
tion, bei welcher das Cavum uteri uneröffnet blieb, ausgestossen. Nach
theilweiser Resection seiner Wände wurde das dem Fundus uteri angehö¬
rende Geschwulstbett etagenweise vernäht und der ursprünglich retrotlec-
tirte Uterus durch Fixirung des vereinigten Geschwulstbettes in der Bauch¬
wunde mittels einer oberen und einer unteren Seidennaht aufgerichtet.
Fünf Monate nach der Entlassung wurde ich von den die Kranke in
ihrer Heimath behandelnden Aerzten zu ihr gerufen, da eine Reihe von
bedenklichen Störungen, namentlich anhaltende Brechneigung und lästiges
Erbrechen, die mit den peritonealen Verwachsungen nach der Operation
in ätiologischen Zusammenhang gebracht wurden, ihre Kräfte zusehends
untergrüben. Es war leicht zu constatiren, dass eine Schwangerschaft
im dritten Monat bestand und dass das Erbrechen durch sie bedingt war.
Adhäsionen zwischen dem anteflectirten Uterus und der Bauchnarbe dessen
sich wohl fühlen, doch gestatteten sie dem Corpus uteri freie Beweglichkeit.
Hiervon konnte ich mich auch im sechsten Monat der Schwangerschaft
nochmals überzeugen, da die Kranke um diese Zeit nochmals einen kür¬
zeren Aufenthalt in der Klinik nahm, um gleichzeitig den Rath meines
Herrn Collegen Riegel einzuholen. Denn ebenso wie nach der Operation be¬
standen auch jetzt unverkennbare Erscheinungen von Phthisis pulmonum bei
ihr. Die Krankheit machte indessen in den letzten Monaten der Schwanger¬
schaft und — nach einer brieflichen Mittheilung — auch in dem sich an¬
schliessenden Wochenbett keine weiteren Fortschritte. Am 11. September
1893 wurde sie in ihrer Heimath von einem lebenden kräftigen Mädchen
entbunden (Forceps), das leider bald nach der Geburt starb.
Die Art. der Fixation des Uterus an der Bauchwand war in
diesem zweiten Fall nicht unwesentlich verschieden von derjenigen
im ersten. Sie war auch nicht lediglich zu dem Zweck vorge¬
nommen worden wie jene, nämlich zur Rectification der Lage der
Gebärmutter, sondern auch, und zwar in erster Linie, um gegen
Nachblutung sowohl wie gegen Infection des Peritoneums grössere
Sicherheit zu gewähren, ln letzterer Hinsicht hat mir das hier
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. .
eineeschlagene Verfahren, nach welchem die Seidennähte, die das
Geschwulstbett nach der Enucleation grosser Myomknoten vei-
einigten, durch die Bauchwunde nach aussen geleitet und das obere
und untere Ende der Uteruswunde im unteren Winkel der Bauch¬
wunde angenäht wurden, wiederholt zuverlässige Dienste geleistet. —
Bei einem jungen Mädchen (A. aus N.), bei dem wegen eines eben¬
falls über mannskopfgrossen Myoms im April 1892 die Enucleation
ohne Eröffnung der Gebärmutterhöhle vorgenommen und das etagen-
weise vernähte Geschwulstbett anfangs intraperitoneal versenkt
war wurde am zweiten Tage nach der Operation wegen bedrohlichen
Ansteigens von Puls und Temperatur die Einnähung des vernähten
Gesehwulstbettes in die Bauchwunde noch nachträglich ausge¬
führt. Die Symptome besserten sich danach sofort. Nach Jahres¬
frist fand sich der obere Abschnitt des Corpus uteri durch einen
Strang der indessen völlig freie Beweglichkeit gestattete, mit der
unteren Partie der Laparotomienarbe verbunden. Nach der oben
mitget.heilten Erfahrung zweifle ich nicht daran, dass auch für die
eben erwähnte jugendliche Operirte eine Beeinträchtigung der Ge-
Stationsfähigkeit durch die Art, wie die Myomenucleation nach
A. Martin von mir ausgeführt wurde, nicht geschaffen worden
ist — Darum bin ich auch bei einer Myomkranken (Frau Fr.),
die wesentlich ihrer Sterilität wegen im October 1893 hier Hülfe
suchte und bei der wir ein reichlich kindskopfgrosses subseroses
Fibroid des Fundus uteri enucleiren konnten, wiederum in der oben
beschriebenen Weise vorgegangen. Auch hier war vier Monate
später der jetzt normal grosse Uterus durch Adhäsionen, die nach
allen Richtungen genügende Beweglichkeit gestatteten, mit dem
untern Ende der Bauchnarbe verbunden.
Wenn ich gern zugebe, dass man gegen^ Fälle wie unser
zweiter einwenden kann, dass sie nicht den Aentrifixationen
im engsten Sinn zuzuzählen seien, so behaupte ich doch, dass
die Analogie bezüglich der hier intercssirenden Frage der Concep-
tions- und Gestationsfähigkeit eine vollständige ist, nur dass wegen
der derberen und ausgiebigeren Anheftung an die Bauchwand a priori
die Schwangerschaft in noch erhöhtem Maasse gefährdet erscheint.
Unsere Beobachtungen lehren, dass weder durch diejenigen Ante-
fixationen, die zur Lage Verbesserung, noch durch die, welche ge¬
legentlich der Myomektomie ausgefülirt werden, die spätere Gesta¬
tionsfähigkeit ungünstig beeinflusst wird. Durch Befürchtungen
in dieser Hinsicht wird demnach die Indication der Ven-
trifixation nicht eingeschränkt werden.
Es fragt sich indessen, ob in unseren beiden Fällen nicht, viel¬
leicht besonders günstige Verhältnisse obgewaltet haben, mit
denen nicht allgemein gerechnet werden kann. In dieser Hinsich
kommt namentlich in Betracht, dass in dem einen Fall bereits im
achten, in dem andern schon im dritten Monat nach der Operation
die neue Schwangerschaft eintrat. Es lässt sich annehmen, das*
um diese Zeit die frischen, gefässreichen Verbindungsbrücken, zumal
unter dem Einfluss der auch für sie mit dem Eintritt der Schwanger¬
schaft neu gesteigerten Blutzufuhr eine grössere Dehnbarkeit
und Nachgiebigkeit besitzen, als wenn Jahre lang bestehende
sehnig-derbe Pseudoligamente die Gebärmutter antetixirt halten.
Dass Verhältnisse der erstgenannten Art in dem ersten r all voi -
gelegen haben, dass es sich namentlich nicht etwa um grössere
Brüchigkeit und dadurch leichtere Trennung der neu gebildeten
Adhäsionen handelte, war ja in Schwangerschaft, Geburt und
Wochenbett leicht und bestimmt zu erhärten. .
Von besonderem Interesse war in diesem Fall, wie ich berei >
hervorgehoben habe, die nicht zu verkennende Theilnahme des yei-
bindungsstranges an der puerperalen Involution der Gebai-
mutter. Sie erfolgte, soweit man es beurtheilen konnte, in vollkommene^
Analogie mit derjenigen der Ligamenta lata und utero-sacralia. 1 iesei
Umstand lässt uns hoffen, dass die Fixation durch die Dehnung,
die sie in der Schwangerschaft erfahren hat, die Fähigkeit, t en
descendirten Uterus in Elevation zu erhalten, nicht eingebüsst ha.
Ob und wie weit hierauf bei den verschiedenen Arten der An
tixatio uteri retroflexi oder prolapsi überhaupt gerechnet werten
darf, wird dio Zukunft lehren. ...
Am Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass bei bei o
Operirten, w r enn auch keine Unterbrechung der Schwangei sc a
ein trat und wenn auch nicht einmal Erscheinungen des drohen eu
Abortus bemerkt wurden, doch sehr lästige Schwangersclia s-
beschwerden, namentlich Erbrechen in den ersten drei bis vie
Monaten bestanden. Wenn es sich nun auch beidemale um schwül
liehe, nervöse Frauen handelte und wenn auch der Nachlass o
Erscheinungen mit dem Ende des vierten Monats genügend beweis ,
dass wir es mit Schwangerschaftserbrechen, nicht etwa mi on
Erscheinungen peritonealer Reizung zu thun hatten, so bin ich •
weit entfernt, allen und jeden Einfluss der Antefixation auf üie 1
Vergleich mit den früheren Schwangerschaften vorhandene steige
rung der molimina graviditatis in Abrede zu stellen.
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15. Mürz.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
II. Zur Behandlung des Anasarka.
Von Prof. Dr. C. A. Ewald in Berlin.
In No. 8 dieser Wochenschrift bringt Herr Dr. Michael eine
kurze Mitteilung über ein Verfahren, Oedemflüssigkeiten mit Hülfe
dicker Troicarts abzulassen. Ich kann die Wirksamkeit und Zweck¬
mässigkeit dieses Vorgehens vollkommen bestätigen, denn in den
letzten Jahren verfahre ich überhaupt nicht anders und habe die
Punction mit den Pravaz’schen Nadeln, die ich übrigens stets von
der Dicke einer starken Stopfnadel an wen de, bei irgend stärkeren
Oedemen ganz aufgegeben.
Wir verwenden die dicksten Troicarts, die wir zur Punction der
Pleurahöhle gebrauchen, d. h. von etwa 2—2,5 mm Lichtung, deren
Einstechen übrigens kaum schmerzhafter als das einer stärkeren
Pravaz’schen Nadel ist. Ein Gummischlauch wird, falls der Troicart
keinen seitlichen Ansatz hat, über die Hülse gezogen, und das Stilet
durch den Gummi, der etwas angezogen wird, durchgestossen und
das so arinirte Instrument nach ausgiebiger Reinigung der Haut mit
Aether, Alkohol und Sublimat in das ödematöse Gewebe schräg
eingestochen. Das Stilet wird dann entfernt und die Einstichstelle
um dieCanule herum mit Jodoformcollodium bepinselt. Wir haben nie¬
mals, obwohl die Röhre oft Tage lang liegen blieb, eine Entzündung
oder gar ein Erysipel gesehen. Man hat nicht nöthig, den Schlauch,
der am Bett herimterhängt, erst mit Salicylsäurelösung oder einer
anderen Flüssigkeit zu füllen, denn dieOedemflüssigkeit, stellt bekannt¬
lich unter einem positiven Druck — ich habe ihn früher mehrfach ge¬
messen. er betrügt, meist zehn und mehr Centimeter Wasser — und
drängt die Luft aus dem Schlauch heraus. Das Verfahren, den Gummi-
schlauch mit der Nadel zu durchbohren, ist übrigens auch ein altes
und im Princip z. B. von Fräntzel bei Construction seines be¬
kannten Troicarts angewendet. In der Chirurgie findet, es eigent¬
lich bei jeder Befestigung eines Drains Anwendung, jedenfalls habe
ich dasselbe, ohne von der Mittheilung von Michael zu wissen,
Sf ‘it fahren angewendet, und so wird es wohl vielen Anderen auch
gegangen sein. Nach meinen Erfahrungen sind einfache gerade
Troicarts ohne seitlichen Ansatz besser als die mit einem solchen,
obgleich sich letztere leichterwieder durchgängig machen lassen, wenn
*1! verstopft sind. Bei seitlichem Ansatz zieht der Gummischlauch
mhnhch die cingestossene Röhre schräg nach unten und lockert sie: —
im anderen Falle pflegen wir den Schlauch in der Richtung der ein-
gc.stossenen Röhre eine kurze Strecke am Bein entlang zu führen
und dort durch einen angelegten Heftpflasterstreifen zu befestigen
und dann erst herunterliängen zu lassen. Dadurch wird jeder Zug
j ,n 1 em troicart vermieden, und er bleibt vollkommen in seiner
Lage,
Auf einen Uebelstand hat aber Herr Michael nicht, auf-
Jijorksam gemacht: das Nachsickern nach Entfernung der Röhre
(hf’ l ”l ,,ei ^ )si( ;htigtem Herausgleiten derselben. Dann kann die
flemflüssigkeit trotz Jodoform Verschlusses, Watteverband, Torf-
mu jl UIld Sehnlichem tagelang aussickern — einer unserer Patienten
'‘Tlor auf diese Weise an drei Tagen je 600—900 ccm —, und die
• a ! 1 . ' v J r( l > inaceiirt und ekzematös. Unter diesen Umständen bleibt
V S a ^ s eke durch die Stichöffnung zu stecken
,i!L cl- . mem Faden, der in Aektertouren herumgelegt wird,
den Stichcanal zu schlossen.
n ® U11 . s selten begegnet-, dass sich die Röhre verstopfte.
,, , . w ^ r entweder das Stilet wieder durch den Gummi-
. auc ' e |agestossen oder die Röhre herausgenommen, gereinigt
n<1 aut s Aeue eingelegt..
.• I üaben wir eine, in letzter Zeit oft auch zwei Röhren, in
t,n Plae ’ 0(kr eine in den Ober-, eine in den Unterschenkel
Stpfl* !!! i ' B ! nes ® ill g eIe gt- Einige Male traten in der betreffenden
rlip n; C 1 ,, ^ Berausnehmen der Canüle leichte Schmerzen auf,
die bis zu 24 Stunden anhielten.
StimüB 01 * ft ? uss p ^ n ausserordentlich reichlicher, in wenigen
den Po? ° ein Bit er und mehr betragend, und die Erleichterung für
sehr ( ‘J n en durc J l dle . Abnahme der ödematösen Schwellung eine
eiitfenif SS<? j 8 w * rd n * c ht nur die local angesammelte Flüssigkeit
teren Stpif 0D( u tIas Ze]1 g ewe üswasser fliesst auch von entfern-
Resorntm . deD / Bauchdecken ab, und es scheint auch eine
,lurr-h ... n . ln d * e sei ’ösen Höhlen ergossenen Flüssigkeit da-
r a angeregt, zu werden.
über 2„ ei S e S sc ^ ver en Nephritiker haben wir auf diese Weise
mehrerp Ti+ a ri- Ja . hr ! an ® beinahe alle vier Wochen jedesmal
l'tome wi Gr * lussi ffkeit entfernt und die gefahrdrohenden Svm-
/u n P a< ? lger .^ ta ; uun & beseitigt.
Riankeno-pJiTr.ff T* 11 ich a . us don k ‘ tzleu drei Jahren nur je eine
243
Eine zweite Punction
"•anken^schiebte kurz anführen
“• August enfl ^raesehke, 49 Jahre. Parenchymatöse Nephritis. Recipirt
Extremitäten af Sen , * September. Hochgradige Oedeme der unteren
-0. August mi/pt aSar m 4 scites - Punction im rechten Oberschenkel am
i leura-Troicart. An einem Vormittag 1500 ccm entleert.
Canüle bleibt »mÄÄIS
wcnd«ng e von fcS *** AU S" mMai ™ mtCT gleichzeitiger An-
1892. Barth 39 Jahre. Mitraliusufficienz und -Stenose, Stauung.
Ani }- October durch dicken Troicart 2100 ccm, am 13. October
1340 ccm entleert, am 14. bis 16. October jo 800—1000 ccm abgeflossen
Die Diurese hebt, sich nach der Punction unter Gebrauch vonDigitalis
?ctPsrs.f W6oo : uf 1200 ~ 1500 ccm - Vorhe ‘' hat,en Ä
.... 1 ^ 893, l Schiente, 25 Jahre. Nephritis parenchymatosa et inler-
Chr ioof* P!f S ° r A ? atie , nt war vo . m 10 - Januar 1893 bis zum
16. rebruar 1894 auf der Abtheilung und ging schliesslich im urämischen
Uma zugrunde Er wurde, wie oben bemerkt, zu wiederholten malen, in
den letzten fünf Monaten nahezu alle vier Wochen in der oben beschrie¬
benen VY eise in die Ober- und Unterschenkel punctirt. wobei die Nadeln
gewöhnlich 36 bis 48 Stunden liegen blieben. Die Gesammtmenge der
jedesmal entleerten II(lssigkeit wechselte, betrug aber mindestens zwischen
o und 6 1. so dass der Patient im ganzen wenigstens 30 1 auf diese Weise
verloren hat. Nur gegen Ende der Krankheit war der Abfluss geringer
und es wurde knapp 1 1 entleert. Der Erfolg war hei den ersten Func¬
tionen subjoctiv und objectiv ein ganz ausgezeichneter und geradezu über¬
raschender, weil Diurese und Diaphorese nicht ausgiebig genu«- wirkten,
opäter war er der Natur der Sache nach schwächer und schwächer doch
trat jedesmal eine merkbare Erleichterung des Kranken ein, der'selbst
immer wieder nach den Functionen verlangte.
Auch in diesem Falle haben wir, ausser dass einmal ein
leichtes Erythem auftrat, keine Complicationen gehabt.
Ich kann also auch nach meinen Erfahrungen das Einstechen
dicker Troicarts wohl empfehlen. Ich hatte geglaubt, dass dieses
so einfache Verfahren, welches schliesslich nur die weitere Aus¬
bildung der viel geübten Punction mit Pravaz’schen Nadeln ist,
weit verbreitet und angewendet wäre. Nach der Veröffentlichung
von Dr. Michael zu schlossen, scheint dies nicht der Fall zu
sein, und so möge auch diese meine Mittheilung der Sache zu gute
kommen.
III. Aus der Poliklinik für innere Krankheiten des Herrn
Prof. Dr. M. Litten in Berlin.
Ueber das Vorkommen und die Bedeutung
eigenartiger Figuren erweiterter Hautvenen
am unteren Tbeil des Thorax.
Von Dr. W. Hirsch]aff.
Die subeutanen Venenerweiterungen am Thorax haben von
jeher das Interesse des Diagnostikers in hohem Grade in Anspruch
nehmen müssen, weil sie schon beim Anblick eines Kranken sichere
Schlüsse auf pathologische Zustände der lebenswichtigen Organe
innerhalb der Thoraxhöhle gestatten. Es sind Veränderungen der
Lunge, des Herzens, der sie einschliessenden serösen Häute, der
Pleura und des Pericardium, ferner des Mediastinum und der
grossen Gefässe, die zu solchen Phlebektasieen führen können,
gewiss eine Menge von Organen, deren Krankheiten das Studium
der schon mit blossem Auge sichtbaren Erscheinungen der Mühe
für werth erachten lassen.
Sehen wir ab von den Fällen allgemeiner Stauung, wo es
zugleich zur Erweiterung des ganzen venösen Apparates kommt,
so dürften sieh für die Aetiologie des sich ausbiidenden Venen¬
netzes in der Haut des Thorax zwei Gesichtspunkte finden lassen:
es werden sich Zustände ergeben, bei denen einerseits durch Be¬
hinderung des Blutabflusses zum Herzen übermässige Füllung der
Hautvenen eintritt, andererseits solche, bei denen durch Verschluss
gewisser venöser Wege sich collaterale Bahnen in der Haut äus-
bilden, bei denen vielleicht vorher mit blossem Auge noch unsicht¬
bare Venen, weil von grossen Blutmengen durchflossen, sichtbar
werden. Natürlich lässt sich praktisch eine durchgreifende Unter¬
scheidung dieser der Entstehung und ihrer Bedeutung nach ver¬
schiedenen Phlebektasieen nicht durchführen, denn meist kommen
beide Erscheinungen zugleich vor.
Da nun die Venen der vorderen Thoraxwand sich vermittels der
Venae intercostales, mammariae internae, der Trunci brachiocephalici
in die Vena cava superior ergiessen, so wird aus den angeführten
Gründen der völlige oder theilweise Verschluss irgend eines dieser
grossen Gefässe schon ein subcutanes Venennetz am Thorax, sei
es durch Stauung, sei es durch Collateralen bilden müssen. Je
nach dem Sitze der Venenerweiterungen, ob auf der linken oder
rechten Brusthälfte, je nach ihrer Ausbreitung auf Arm und Hals,
je nach ihrer Füllung wird man den Ort des Hindernisses für den
venösen Abfluss, den Grad der Verengerung des Gefässhimens be¬
stimmen können.
Die Ursachen des Verschlusses dieser Gefässe können sein:
Compression, Thrombose oder beides. Die Compression findet ge-
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211
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No
wöhnlich durch primäre oder metastatische Neubildungen im Me-
diastinalraume: Lymphome, Lymphosarcome, substernale Strumen, —
oder solche der Lungen, Aneurysmen der Aorta oder verkäste
Bronchialdrüsen statt. Oft bilden die Venenausdehnungen die
ersten Merkmale des beginnenden Leidens und sind schon vorhanden,
lange bevor andere diagnostische Zeichen für diese Leiden gefunden
werden können. Eiue andere nicht zu seltene Ursache der Bildung
eines zuweilen recht ausgebreiteten Venennetzes am Thorax sind
die zuweilen erst viele Jahre nach vorangegangenen Exsudaten
auftretenden Schrumpfungen der Pleura und des Perieardium,
welche die grossen Gefässe fast vollständig zur Obliteration bringen
können und so zum Tode führen. Am interessantesten aber scheint
mir die Beobachtung der innerhalb weniger Stunden sich an der
Brust entwickelnden Pklebektasieen zu sein, welche bei Thrombose
der Venae jugulares, subclaviae oder anonymae auftreten können.
Da die Thrombose jener Venen — ich meine natürlich die nicht
durch Compression hervorgerufene — aus gewissen anatomischen
Gründen häufiger die linke Körperhälfte 1 ) betrifft als die rechte,
so werden auch die in der Haut sichtbar werdenden Collateralen
linkerseits häufiger gefunden werden.
Diese durch gröbere mechanische Störungen des Blutabflusses
entstehenden Phlebektasieen können eine beträchtliche Ausdehnung
erreichen, nicht zu selten bilden sich Venen von Kleinfingerdicke.
In einigen derartigen Fällen, die ich in der Poliklinik von Herrn
Prof. Litten zu sehen Gelegenheit hatte, zeigte sich in mehreren
Gefässen am Thorax eine so auffallende Pulsation, dass die Ver¬
suchung nahe lag, dieselben für Arterien zu halten. Jedoch über¬
zeugte man sich leicht von der venösen Natur der Gefässe, wenn
man den Kranken im Sinne der Exspiration zu pressen aufforderte,
wobei dann die Pulsation sofort auihörte und pralle Füllung der
Gefässe eintrat. Man wird annehmen müssen, dass hier infolge
der Rückstauung des venösen Blutes schon eine so hochgradige
Gapillarektasie bestand, dass sich der arterielle Puls durch die
(’apillaren in die Venen fortsetzte. Auch einen Fall von Thrombose
der erweiterten Gefässe 2 ) am Thorax fand ich beschrieben.
Eine andere Bedeutung als die beschriebenen, durch grobe
mechanische Vorgänge in der Thoraxhöhle entstandenen Erweite¬
rungen grösserer venöser Gefässe haben eine Art von Venen-
ektäsieen, die ungleich häufiger gefunden werden, deren Vorkommen
aber diagnostisch von nicht geringerer Wichtigkeit ist. Abgesehen
von den an allen Theilen des Thorax, am Rücken, Nacken etc.
nicht selten vorkommenden Ektasieen kleiner venöser Gefässe findet
man nämlich öfters zierliche Figuren von einer Reihe sich baum¬
artig verästelnder Venenstämmchen in der Nähe des unteren Rippen¬
randes, die, soweit ich in der Litteratur finden konnte, bisher nur
von Schw r eninger, 3 ) Th. Schmidt 4 ) und Sahli 5 ) Beschreibung
fanden. Ja zwischen dem erst- und letztgenannten der Autoren
kam es sogar zum Streit bezüglich der Priorität der Beschreibung
jener eigenthümlichen Venenerweiterungen, obwohl doch die An¬
nahme für berechtigt gelten konnte, dass jene Erscheinung schon
wegen ihrer Häufigkeit und der Leichtigkeit ihrer Beobachtung
auch anderorts keine überraschende Neuigkeit mehr sein durfte.
So ist das Vorkommen derselben auch seit vielen Jahren in der
Poliklinik von Herrn Prof. Litten bekannt und bezüglich ihres
diagnostischen Werthes gewürdigt worden. Jener Venenkranz
kleiner im Zickzack verlaufender, je nach ihrer höheren oder tie¬
feren Lage, der Füllung der Gefässschlingen bald dunkler oder
heller blauroth erscheinender kleinster Phlebektasieen findet sich
zumeist nur am unteren Theile des Thorax, gewöhnlich in einer
Linie, welche der Grenze des Ansatzes der Brust- und der des
Ursprunges der langen Bauchmuskeln an den Rippen entspricht.
Immer hört dieser Gefässkranz in der Gegend der Axillarlinie auf,
dort w'o die ersten Zacken von Rückenmuskeln an den Rippen
inseriren, ebenso bleibt in der Regel die Gegend des Sternum frei.
Was die Längenausdehnung der Venen betrifft, so schwankt die¬
selbe zwischen ein und drei Fingern Breite, die Dicke der einzelnen
Gefässstämmchen liegt zwischen der eines Spinnwebenfadens und
der einer Stecknadel. Die grösste Aehnlichkeit zeigen die Figuren
mit jenen, welche man bei Alkoholisten und mit Acne rosacea be¬
hafteten Individuen an Nase und Wange hinlänglich kennt. Schon
Schweninger und Sahli betonen, dass sie diesen Gefässkranz
\> Par montier, Archives goner. de m6dec. 1889, Juillet.
') Raniskill, Med. Tim. and Gaz. 1874, 28. November.
3 ) Schweninger, Vorläufige Mittheilung über bisher unberücksich¬
tigte Gefässoktasieen am unteren Rippenrando in ihrer Bedeutung für
Diagnose und Therapie gewisser Leiden. Char.-Ann. 1886.
• m idt. Üeber einen Gefässkranz am unteren Rippenrande
(.mit Abbildung). Mittheilungen aus der dermatologischen Klinik der kgl.
Oharitd, 1887, Heft I—II. 6 fe
ß ) Sahli, Ueber das Vorkommen und die diagnostische Bedeutung
einer Zone ektasirter Hautgefässe in der Nähe der unteren Lungengrenze.
< ’orresp. Bl. f. Schweizer Aerzte 1885, No. 6. ^ ’
zumeist bei Männern beobachteten, eine Thatsaehe, die ich vol
bestätigen kann. Unter den mehrere Hundert zählenden Patiei
mit den beschriebenen Erscheinungen, die ich in der Poliklinik
Hrn. Prof. Litten zu sehen Gelegenheit hatte, waren in über
gender Zahl Männer damit behaftet, und zwar jeden Lebensab
seltener allerdings des jugendlichen.
Was nun die Deutung dieses eigenthümlichen Befundes bet,
so fand Sahli dio Füllung jener kleinsten sichtbaren Hautgef
fast ausschliesslich bei hustenden Kranken und nimmt an, <
sie dadurch entstehen, dass durch Druck auf die Vena mamm
interna und die Intercostalvenen eine periphere Stauung bow
wird. Durch chronische endophlebitiseke Processe, glaubt er, k(
ten die so entstandenen Gefässerweiterungeu nicht mehr rück
dungsfähig sein. Schweninger fand die Venenentwickelung
sonders häufig bei Fettleibigen und glaubt, dass sie das Zeic-
einer allgemeinen Plethora sei, in den selteneren Fällen bei Mage
das einer lange bestehenden Abdominalplethora. Das über
häufigere Vorkommen bei Männern als bei Frauen will er da
erklären, dass er das Vielessen und -trinken und die daraus ree
tirenden Zustände bei Frauen seltener zu finden glaubt. A
führt er an, dass die Wirkung des Corsets vielleicht diese Geft
ektasie nicht zustande kommen lässt. Th. S chmidt’s Erklärung
für das Zustandekommen des Gefässkranzes decken sich im wese
liehen mit denen Schweninger’s; er macht einen ständigen o
doch häufig wiederkehrenden Druck im Abdomen verantwortl
sei es, dass derselbe von der Leber, dem Netz, den Nieren,
es von dem von Schweninger sogenannten Magenpolster
hängig ist.
Man wird zugeben müssen, dass die citirten, zum Theil rc
auseinander gehenden Auffassungen bezüglich der Aetiologie
eigenthümlichen Venenkranzes in keiner Weise eine befriedige:
Erklärung geben können. Für diese locale Erscheinung wert
sich auch genau loealisirte Ursachen auffinden lassen müssen,
wir anatomisch und klinisch begründen können. — Dieser Versi
soll im folgenden gemacht werden.
Das venöse Blut der Haut und der Muskeln der vordem
Brustwmnd sammelt sich grösstentheils in den Venae intereosta
anteriores und den sogenannten Rami perforantes, welche alle
Musculi intercostales durchbohren, um dann ihr Blut den Vei
mammariac internae und intercostales zuzuführen, die in die Vei
azygos und hemiazygos münden. Die Entleerung der vordei
Intercostalvenen und der Rami perforantes wird nun wesentlich a
durch die Action der Intercostalmuskeln bei der Athmung ;
schellen müssen, indem bei ihrer Contraction die Venenvanduu«.
abwechselnd genähert und auseinandergezogen werden. Ueber <
Einmündungen der Venae intercostales in die Vena azygos ist d
nach Ilenle 1 ) und Dybkowsky-) dio Pleura so fest von (
Rippen zu den Wirbelkörpern hinübergespannt, dass die an ihr ;
geheftete Intercostalvene ein stets offenes Lumen zeigt und s
angeschnitten nicht entleeren kann, so lange die Pleura über
unverletzt ist. Es ist also anzunehmen, dass die ausgespan
Vene bei der Rippenbewegung als Pumpe zum Vortheil des Bild¬
laufes wirksam ist. Es besteht demnach für den Abfluss des Venen¬
blutes am Thorax ein ähnlicher Saug- und Druckapparat, wie ihn
Herzog 3 ) für die Venen der oberen, Braune 4 ) für die der unteren
Extremität beschrieben haben, nur dass dieser Mechanismus am
Thorax eine noch vollkommenere Einrichtung darstellt: ist jener
von der Bewegung der Extremitäten abhängig, ist es dieser von
der Athmung, dem lebenswichtigsten Vorgänge.
Warum aber, wird man fragen, entwickeln sich jene Venener¬
weiterungen vorzugsweise am unteren Theile des Thorax? Auch
. diese Thatsaehe findet ihre anatomische Erklärung. Die Mündun¬
gen der unteren Intercostalvenen in die Venae azygos und hemi¬
azygos besitzen nach Henle 5 ) nie oder nur ganz ausnahms¬
weise Klappen, während sie bei den oberen selten fehlen. Ferner
wird am oberen Theile des Thorax die reichliche Muskelmasse den
Blutabfluss noch besonders befördern, w r as unten nicht in dem
Maasse geschehen kann. Diese Thatsaehe stimmt ja auch mit der
Beobachtung überein, dass sich der Gefässkranz zumeist an der
Grenze der Brust- und Bauchmiiskulatur entwickelt und lateral-
wärts, wo die Ansätze der kräftigen Rückenmuskeln beginnen, stets
aufhört. Auch das bei w r eitern häufigere Vorkommen bei Männern
erklärt sich so leicht, weil bei dem abdominalen Athmungstypus
des Mannes im Gegensätze zum costalen der Frau nicht eine so
prompte Entleerung der Venen der Brust stattfinden kann. V ir
*) Ilenle, Gefüsslehre 1868, p. 356.
-) Dybkowsky, Berichte d. sächs. Ges. d. Wissensch. 1866, p. 194-
’*) W. Herzog, Beiträge zum Mechanismus der Blutbewegung tui
der oberen Thoraxapertur beim Menschen.
4 ) W. Braune, Berichte d. sächs. Ges. d. Wissensch. 1870, XXII.
p. 261.
5 ) Honlo, Geffisslehre 1868, p. 355.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
245
15. März.
werden also jene Venen bei allen Zuständen 6ehen müssen, bei
denen eine nicht genügende Ausdehnung des Thorax bei der Ath-
mung stattfindet, wo keine genügende Contraction der Intercostal-
muskeln, keine genügende Spannung der Pleura für den Blutabfluss
sorgt. Dies wird besonders beim Emphysem der Lunge der Fall sein,
wo die inspiratorische Ausdehnung de9 Thorax nur gering ist. Die
meisten der in der Poliklinik zur Behandlung kommenden Emphyse-
matiker zeigten auch jene Varieenbildung mehr oder weniger stark
ausgebildet. Ueber vier Fünftel aller Fälle, wo der Gefässkranz
zur Beobachtung kam, waren Kranke mit diesem Lungenleiden, das
unter unserer arbeitenden Bevölkerung ja so überaus verbreitet ist.
Bei den anderen zeigte sich zumeist eine geringe Ausdehnungs¬
fähigkeit der Lungen, eine Erscheinung, die sich folgendermaassen
am besten documentirt; beobachtet man das von Prof. Litten be¬
schriebene Zwerchfellsphänomen 1 ) bei gesunden Individuen, so sieht
man etwa in der Höhe des sechsten Intercostalraumes einen
Schatten in Gestalt einer Wellenlinie oder seichten Furche bei
tiefster Inspiration zwei bis drei Intercostalräume oder selbst bis
zum Rippenbogen hinabsteigen, während er bei behinderter Athmung
kaum in der Ausdehnung von ein bis zwei Intercostalräumen sicht¬
bar ist. In solchen Fällen handelt es sich zumeist um chronische
Lungen- und Herzleiden. Nicht unrichtig ist also der Schluss, den
schon Sahli macht, dass die sichtbaren Varicen darauf hindeuten,
dass der damit Behaftete an Husten leidet, da die angeführten
Krankheiten ja mit diesem Symptom fast immer einhergehen. Auch
Schweninger’s und Schmidt’s Beobachtungen der Gefässektasieen
bei Herzkrankheiten, bei gehemmter Zwerchfellthätigkeit infolge
übermässiger Ausdehnung des Magens durch Gas oder Speise¬
massen etc. würden hier als bestätigend für die angeführte Er¬
klärung aufgezählt werden können. Jedoch wird aus dem Gesagten
hervorgehen, dass die weiteren von jenen Autoren angeführten
Thatsaehen, die eine Erklärung für die Entstehung des Gefäss-
kranzes geben sollten: wie allgemeine oder Abdominalplethora, von
Leber, Netz oder Nieren ausgehende abnorme Druckverhältnisse für
die Aetiologie der Phlebektasieen keine oder nur nebensächliche
Bedeutung haben, indem ja nicht bestritten werden kann, dass
solche Zustände bei Leuten, die mit dem Gefässkranz behaftet sind,
wohl Vorkommen können. Auch scheint mir ihr Schluss bezüglich
der Prognose, dass jene Phlebektasieen „später zu Erschwerung
der Herzarbeit, zu Ermüdung des Herzmuskels, zu seiner Entartung,
zu mehr oder minder ausgebreiteter Arteriosklerose führen müssen“,
zum mindesten für etwas sehr weitgehend.
Doch folgendes, glaube ich. wird aus den angeführten That-
sachen hervorgehen: dass die Entwickelung jener Zone ektasirter
Gefässe in der Nähe des unteren Rippenrandes eine nicht abzu¬
leugnende Bedeutung für die Erkennung gewisser Krankheits¬
zustände hat, ja dass man in manchen Fällen, wenn alle diagnosti¬
schen Methoden noch versagen, aus dem Anblick des zierlichen
Gefässkranzes schon wird gewisse Schlüsse bezüglich der Prognose
ziehen können, weil sich durch jene Erweiterungen kleinster Haut¬
venen bereits Veränderungen von Organen innerhalb der Thorax¬
höhle bemerkbar machen, die später zu schwerwiegenderen Er¬
scheinungen führen können.
Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Professor-
Litten für die Anregung zu dieser Mittheilung und für die mir
gütigst zu Theil gewordene Unterstützung meinen ehrerbietigsten
und aufrichtigsten Dank auszusprechen.
IV. Aus der inneren Abtheilung des städtischen Kranken¬
hauses am Urban in Berlin.
Uebereigenartigverlaufeneseptikopyämische
Erkrankungen nebstBemerkungen über acute
Dermatomyositis.
Von Professor A. Fraenkel.
(Schluss aus No. 10.)
Es fragt sich, ob man gegenüber der Unverricht’schen Der-
S a '®®y° s Ris, den durch bekannte Krankheitserreger bedingten
autrMuskelaffcctionen, die, wie der Fall unserer ersten Patientin
sonst sich in keinem wesentlichen Punkte von jener unter-
jc eiden, eine Sonderstellung einräumen soll? Sind beide gänzlich
da«- e I na ? ( I e f zu trennen, oder spricht die Wahrscheinlichkeit dafür,
reih ^ ätl0 ^°K lsc hes Bindeglied besteht, welches ihre Ein-
W* Ung m . e P e gemeinsame Krankheitsgruppe erwünscht bezw. ge-
öffe Vk eiüen ^ ässt ’ Geht man die in den letzten Jahren ver-
l)prm f eQ Kr&akcngeschichten von acuter Polymyositis oder
druck 5 -^ 8 ^ 8 au ^ mer ^ sam durch, so kann man sich des Ein-
—' e s nic " t erwehren, dass hier — ob mit einer gewissen Be-
*) Deutsche medicinische Wochenschrift 1892, No. 13.
rechtigung oder nicht, mag zuvörderst dahingestellt bleiben — der
Versuch gemacht wird, Beobachtungen, deren Zusammengehörigkeit
noch erst zu beweisen ist, unter einen Hut zu bringen. Der Fehler,
in den man verfallen ist, erklärt sich zum Theil daraus, dass in
einzelnen Fällen, namentlich in der Mehrzahl der geheilten, gar
keine anatomischen Untersuchungen der erkrankten Organe, der
Muskeln, vorgenommen worden sind; zum Theil ist er bei den
tödtlich verlaufenen durch die nicht mit genügender Sorgfalt aus¬
geführte Autopsie oder durch die unzureichende bacteriologische
Durchforschung der Fälle bedingt. Die Zahl der auf genaue
Sectionsergebnisse sich stützenden Beobachtungen ist überhaupt
eine geringe, sie beläuft sich kaum auf ein halbes Dutzend. Weder
bei Unverricht, noch bei Wagner und Hepp findet sich indess
eine Notiz, dass post mortem eingehend nach Bacterien gesucht
wurde; dagegen wurde mehrfach auf Trichinen oder, wie schon an¬
geführt, auf Gregarmen gefahndet, aber mit negativem Erfolge. Der
erste Unverrieht’sche Fall wurde überhaupt sieben Jahre vorder
Publication beobachtet und fällt somit in eine Zeit, in welcher die
bacteriologische Forschung noch nicht so sehr Gemeingut der
Aerzte war und mit annähernd gleicher Vollkommenheit der Me¬
thode geübt wurde wie jetzt. Selbst in der sonst so ausführlichen
Strümpell’schen 1 ) Mittheilung vermisse ich eine direkte Angabe
darüber, ob und nach welchen Methoden bacteriologisch untersucht
wurde. Beweisend für die Abwesenheit von Spaltpilzen ist auch der
zweite Fall Hepp’s und der jüngst veröffentlichte Senator’s nicht.
Bei Hepp’s Patienten wurde mittels Punction eine kleine Menge
blutiger Flüssigkeit aus dem erkrankten Triceps und Glutaeus
aspirirt, welche sich bei ihrer Aussaat als steril erwies. Aus
meinen obigen Auseinandersetzungen über die verschiedene Reich¬
lichkeit und variirende Vertheilung der Bacterien in Muskeln, die
thatsächlich solche enthielten, geht aber hervor, wie wenig Gewicht
auf einen derartigen negativen Befund gelegt werden darf. Den
gleichen Ein wand muss ich Senator gegenüber machen, in dessen
Fall post mortem serös-eitrige Flüssigkeit unter der Haut des
Ober- und Unterarmes gefunden wurde, die nicht einmal auf
Bacterien untersucht wurde, während die ganze übrige Section sich
auf Entnahme eines einzigen Stückchen Bioeps beschränkte! Ledig¬
lich Prinzing’s Angabe, der in der Epikrise zu seinem durch eine
fünfmonatliche Versuchsdauer ausgezeichneten Krankheitsfall be¬
merkt, dass bei Anwendung verschiedener Färboverfahren Bacterien
in den befallenen Muskeln vermisst wurden, scheint mir nach dieser
Richtung eine gewisse Beachtung zu verdienen. Doch berechtigt
das noch nicht zu der Annahme, dass sie nicht in einer früheren
Periode der verhältnissmässig protrahirten Krankheit vorhanden
gewesen sind oder dass ein verborgener Bacterienherd an anderer
Stelle des Körpers bestand. Wie leicht derartige Heerde übersehen
werden können, werde ich alsbald darlegen. So viel lässt sich allein
aus sämmtlichen bisher zur Section gelangten Beobachtungen ent¬
nehmen, dass die Muskelerkrankung nicht in Beziehung oder gar
in einem Abhängigkeitsverhältniss zu irgend einer Affection des
Nervensystems, sei es einer Poliomyelitis oder Neuritis, steht. Ins¬
besondere kann gar keine Rede davon sein, dass dieselbe ausser
der nicht einmal constant vorhandenen kleinzelligen Infiltration des
interstitiellen Bindegewebes irgend welche Verwandtschaft mit jener
Form der infectiösen Polyneuritis, welche unter dem Bilde einer
„Neuromyositis“ verläuft, aufweist.
Wenn also, wie aus dem Vorhergehenden sich ergiebt, die
bisherige Erforschung der Krankheit keine Veranlassung dazu
bietet, die Vermuthung Senator’s, „dass die acute Polymyositis
wohl nicht auf einer parasitären Infection beruht“, als eine be¬
gründete anzusprechen, so scheint mir der nächste Weg, um in
das ätiologische Dunkel der Dermatomyositis eine gewisse Klärung
hineinzubringen, der zu sein, dass man zuvörderst die acuten und
subacuten Fälle gesondert von den mehr chronisch verlaufenen be¬
trachtet. Die Verlaufsdauer erwies sich in den bisher gemachten
Beobachtungen als eine sehr verschiedene, so dass Krankengeschichten,
in denen der Process sich in einem ein- bis zweiwöchentlichen Zeit¬
raum abspielte, neben solchen stehen, in denen des Leiden sich
über viele Monate hinzog. So betrug die Dauer in dem ebenfalls
letal verlaufenen (aber nicht zur Section gelangten) Loewen-
feld’schen Falle 2 ) nicht weniger als 16 Monate; man ist daher
vollkommen berechtigt, denselben zur Kategorie der chronisch
verlaufenen zu zählen. Ob letztere den acuten ätiologisch als
gleichwertig an die Seite zu stellen sind, darüber könnte
ich mich, da mir einschlägige Beobachtungen nicht zu Gebote
stehen, höchstens vermuthungsweise äussern. Ich lasse die¬
selben daher hier ausser Betracht. Dagegen lässt sich mit Be¬
stimmtheit aussagen, dass unter den acuten Fällen sich eine
ifStrümpell, Zur Kenntniss der primären acuten Polymyositis.
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. I, p. 47?. ., .
•) Loewenfeld, Ueber einen Fall von Polymyositis acuta. Münchener
medicinische Wochenschrift 1890, No. 31 und 32.
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Original fro-rn
UNIVERSITY OF MICHIGAN
246
DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCHRIET.
No. 11
Anzahl von solchen Fällen befindet, die ihrem ganzen Wesen sowie
ihrer Entstehungsweise nach mit dem hier von mir mitgetheilten
zu identificiren sind. Es sind dies unter anderen der Winckel’sche
Fall, die beiden Waetzoldt’schen und der zweite Hepp’sche.
Der Winckel’sche Fall 1 ) betraf eine Ill.-para, bei der durch Wehen¬
schwäche die Geburt verzögert worden und Eihautreste im Uterus zurück¬
geblieben waren. Schon nach 24 Stunden erfolgte ein Schüttelfrost, der
sich an den beiden folgenden Tagen noch zweimal wiederholte. Es kam
zur Entstehung einer Metritis und Vulvitis sowie eines grossen Puerperal¬
geschwüres an dem einen Labium majus. Am vierten Tage post partum
traten die ersten Muskelschmerzen und Schwellungen an den Unter- und
den Oberextremitäten mit den auch in meinen beiden ersten Fällen vor¬
handen gewesenen bläulichen Flecken auf Beuge- und Streckseite auf.
Tod am fünften Tage, ca. 24 Stunden nach dem Bemerkbanverden dieser
Veränderungen.
Die Muskeln zeigten post mortem das bekannte, mit Hämorrhagieen
in der Muskelsubstanz verbundene gallertige Oedem; daneben aber fand
sich Metritis und Endometritis sowie eitrige Parametritis. In den Muskeln
konnten ausser parenchymatösen Veränderungen (Verlust der Querstreifung,
körnige Trübung, Quellung und Vermehrung der Kerne) Bacterien, wenn¬
gleich nur an wenigen Stellen nachgewiesen werden. Im Eiter der Para¬
metrien ebenfalls Streptococcen. Der Verfasser glaubt, dass die Muskel¬
erkrankung weniger auf einem massenhaften Transporte geformter Elemente
als Träger des Giftes beruhte, dass vielmehr das Gift flüssiger Natur ge¬
wesen sein dürfte. Das symmetrische Befallen werden der Extremitäten
spricht nach ihm für eine Miterkrankung der nervösen Centralorgane (!?).
In dem ersten Waetzoldt’schen Falle handelte es sich um eine
38jährige, zum elften Male entbundene Patientin, welche am sechsten Tage
nach der letzten Entbindung verstarb. Sectionsdiagnoso: Endometritis
diphtherica. Zwei Tage vor dem Tode Schwellung der Oberextremitäten mit
den Erscheinungen der diffusen Myositis, ebensolche der Unterschenkel.
Die Muskeln waren von Hämorrhagieen durchsetzt, daneben bestand klein¬
zeilige Infiltration des intorfibrilläron Bindegewebes und schwere degene-
rative Veränderungen in den Muskelfasern selbst. In mit Hämatoxylin
gefärbten Schnittpräparaten zeigten sich die Primitivbündel wie umrahmt
von einem Kranze feinster dunkelschwarzblauer Punkte (Mikrococcen).
Angesichts dieses Befundes erscheint die seitens des Verfassers geltend
gemachte Möglichkeit, dass es sich in diesem Falle um eine „Concurrenz
von Polymyositis (im Unverricht’schen Sinne) mit Sepsis puerperalis
ehandelt haben könne“ und erstere „eine gewisse Selbstständigkeit der
epsis gegenüber beanspruchen dürfe“, nicht verständlich.
Der zweite Fall desselben Autors betraf gleichfalls eine Puerpera.
Zwölf Tage post partum wurde bei übelriechendem Ausfluss aus den
Genitalien ein perimetritisches Exsudat entdeckt, und nun entwickelte sich
eine progrediente, mit Exacerbationen verbundene und die Extremitäten-
und Rumpfmuskulatur nach einander ergreifende Muskelentzündung. Die¬
selbe war dadurch noch besonders ausgezeichnet, dass sie in Form von
Anfällen, deren jeder 4 bis 14 Tage dauerte und deren Gesammtzahl
acht betrug, verlief. Im ganzen dauerte diese schliesslich in Genesung
übergehende Erkrankung sieben Monate.
Was endlich den Hepp’schen Fall anbelangt, so handelt es sich hier
um einen 21jährigen Gärtner, welcher fast unmittelbar nach einem epilep¬
tischen Anfall, der zu einer schweren Bisswunde der Zunge Veranlassung
gab, erkrankte. Das Geschwür nahm eine diphtherisch gangränöse Be¬
schaffenheit an. Schon nach 24 Stunden traten die Erscheinungen der
Myositis im Gebiete des rechten Triceps und Glutaeus auf. Am 10. Tage
Punction der rechten Hinterbacke, an welcher sich eine über faustgrosse
Geschwulst mit scheinbarer Fluctuation entwickelt hatte. Es wird nur
blutige Flüssigkeit entleert, über deren Untersuchungsergebniss ich schon
oben berichtet habe. Der Fall ging schliesslich ebenfalls in Heilung aus.
Ich glaube, Jeder, der die hier im kurzen Auszuge mitgetheilten
Krankengeschichten durchsieht, muss den Eindruck empfangen, dass
es sich bei allen vier Patienten um Muskelentzündungen im Gefolge
einer Infection von einer Wundfläche, beziehungsweise einem Ent- |
zündungs- oder Eiterungsheerde aus handelte. Sehen wir nun
einmal einige der anderen Veröffentlichungen durch, um festzu¬
stellen, ob dieselben nicht in ihren Erscheinungen Anhaltspunkte
für eine analoge Entstehungsweise darbieten. Da erscheint die
wiederholentlich auftauchende Bemerkung von Wichtigkeit, dass
entweder vor Beginn der Muskelaffection oder bald nach dem Ein¬
tritt derselben sich Erscheinungen einer Betheiligung der Rachen¬
organe, sei es einer Angina oder einer schweren Stomatitis
bemerkbar machten. Im ersten Fall Hepp’s, der eine 36jährige
Frau betraf, bei welcher der Tod nach elf Wochen langer Dauer
der Erkrankung erfolgte, begann die letztere nach voraufgegangenen
schweren Allgemeinsymptomen mit Angina und einem erythem¬
artigen Exanthem, welches aus dicht gedrängten, nicht erhabenen
und nicht juckenden Flecken bestand, die sich vom Gesicht aus
auf Hals und Rücken erstreckten. Daneben bestanden Schluck¬
beschwerden. Im weiteren Verlauf, als schon die Muskelaffection
völlig ausgebildet war, entwickelte sich eine Gaumensegellähmung
mit näselnder Stimme und Regurgitiren der Speisen und Flüssig¬
keiten durch die Nase, so dass das Schlucken gänzlich unmöglich
wurde und alle flüssigen und halbflüssigen Speisen wieder zur
Nase herauskamen. Sind das nicht Vorgänge, die es im höchsten
*) Cftirfc nach Waetzoldt, Beitrag zur Lehre von der Polvmvositis
acuta. Zeitschrift für klinische Medicin Bd. XXII, p. 612. * v
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Maasse wahrscheinlich machen, dass eine Rachendiphtherie den
primären Ausgangspunkt der Krankheit bildete? Hepp selbst giebt
zu, dass der Beginn des Leidens an Diphtherie denken liess, sucht
aber diese Möglichkeit damit von der Hand zu weisen, dass die
gleichzeitige Hauteruption einer solchen Annahme als seltsame
Erscheinung hindernd im Wege stehe, ebenso wie der Umstand,
dass keines der Kinder der Patientin vorher oder nacher an
Diphtherie erkrankte, dagegen spräche. Beide Einwände sind nicht
stichhaltig; der erstere um so weniger, als man gerade in neuerer
Zeit, wie ich in der Einleitung ausführlich mittheilte, auf das gar
nicht seltene Vorkommen von Erythemen sowohl im Gefolge von
Diphtherie wie von einfacher Angina mit Nachdruck verwiesen hat.
Auch bei dem Kranken Strümpell’s bestand eine starke allge¬
meine Stomatitis mit geringer Angina, und Strümpell führt ins¬
besondere an, dass die ganze Mundschleimhaut geröthet, das Zahn¬
fleisch gelockert und oin unangenehmer Foetor ex ore sowie be¬
ständige Salivation vorhanden waren. Die Zunge war im ganzen
angeschwollen und schwer beweglich, so dass die Sprache des
Kranken undeutlich und schwer verständlich erschien. Allerdings
sollen diese Erscheinungen erst aufgetreten sein, nachdem schon
zwei Wochen lang heftige Schmerzen in den Armen und Beinen,
besonders in den Gelenkgegenden, sowie Armanschwellung vorauf¬
gegangen waren. Da aber Patient während dieses Zeitraumes sich
noch ausserhalb des Krankenhauses befand, so fehlt der sichere
Beweis, dass die Halsorgane nicht gleich schon zu Anfang, wenn¬
gleich in einer für den Patienten wenig empfindlichen Weise, bo-
theiligt waren. Endlich hat Potain über einen Fall von Poly¬
myositis berichtet, der von ihm als ungewöhnlich verlaufende
Rotzerkrankung gedeutet wurde, jedenfalls aber wohl zu der hier
abgehandelten Krankheitsform gehört und bei dem das Leiden mit
wiederholter Angina einherging.
Es ist zur Genüge bekannt, dass voraufgegangene Affectionen
der Rachenorgane, und zwar nicht bloss Diphtherie, sondern auch
scheinbar einfache Anginen gar nicht selten zu Infectionen schwerster
Art Veranlassung geben. Hierbei können, wie ich aus eigener Er¬
fahrung auszusagen in der Lage bin, die Symptome seitens des Halses
so in den Hintergrund treten, dass sie nicht einmal zu subjectiven Be¬
schwerden der Patienten Veranlassung geben und infolge dessen leicht
übersehen werden. Verlaufen derartige Fälle tödtlich, so findet man
zwar öfter noch Ueberreste der Mandelentzündung in Gestalt eines
kleinen parenchymatösen Abscesses oder — was häufiger der Fall ist
— in Form eines peri- beziehungsweise retrotonsillären Eiterherdes,
welcher als die Quelle der allgemeinen Infection anzusehen ist.
Zuweilen aber fehlen auch jegliche anatomische Veränderungen,
ohne dass deshalb ein Zweifel über den Ausgangspunkt, gehegt
zu werden braucht. Die in der neueren Zeit mehrfach beschriebenen,
fast ausnahmslos letal endigenden Fälle sogenannter acuter infectiöser
Phlegmonen des Pharynx, welche sich als diffuse Eiterinfiltrationen,
vorwiegend des retropharyngealen, zwischen Schlundkopf und Oeso¬
phagus belegenen Zellgewebes darstellen, beruhen meines Dafür¬
haltens fast immer auf einem Eindringen der Infectionsträger von
den Mandeln aus. Mitunter bilden aber auch Ulcerationen tiefer
gelegener Theile der Halsorgane, beispielsweise eine Diphtherie,
.welche ihren ausschliesslichen Sitz im Laiynx hat, die Eingangs¬
pforten für die eine schwere Sepsis erzeugenden Mikroorganismen.
Wir wissen, dass die Verbreitung der hier in Betracht kommenden
Bacterien, welche meist zur Klasse der Streptococcen gehören, auf
dem Wege der Lymphbahnen erfolgt; trotzdem braucht ihr Vor¬
dringen sich nicht durch grob sichtbare Veränderungen der Gewebe
in der näheren und weiteren Umgebung der Invasionsstätte zu ver-
rathen, ebenso wie diese letztere selbst nach meinen oben gegebenen
Auseinandersetzungen zur Zeit des Todes bereits wieder zu schein¬
bar normalem Verhalten zurückgekehrt sein kann. Untersucht
man aber die betreffenden Gew r ebe, welche die vermuthliehen Zu¬
gangsstrassen zum Körperinneren bilden, mikroskopisch, so ist man
oft erstaunt über die massenhaft in den Lymphspalten enthaltenen
Bacterien. Ein anschauliches Beispiel hierfür liefert die folgende
Beobachtung:
E. S., 21 jähriges Dienstmädchen, wurde am 16. November in das
Krankenhaus am Urban aufgenommen. Sie war droi Tage zuvor mit
Halsschmerzen, Kopf- und Kreuzschmerzen, sowie allgemeiner Mattigkeit
erkrankt. Am Tage nach dem Auftreten dieser Erscheinungen stellte sich
mehrmaliges Erbrechen ein, zugleich begann Patientin zu husten und über
Schmerzen in der rechten Seite zu klagen. Angeblich sollen wiederholte
Schüttelfröste die Erkrankung begleitet haben.
Status praesens am 17. November: Temperatur 40,1° C, 144 Pulse,
28 Respirationen. Mittelgrosses, mässig kräftig gebautes, etwas cyanotisches
Mädchen, dessen Rachonorgane leicht geröthet erscheinen, während Beläge
nirgends wahrnehmbar sind. Normale Sprache; keine Schmerzen längs
des Kehlkopfes; leichte Schwellung der Halsdrüsen. Die Wadenmusku¬
latur ist auffallend schmerzhaft, ebenso die Betastung der Tibien; auch
die Muskeln des rechten Oberarms sind etwas empfindlich. Achseldrüsen
deutlich zu fühlen und sehr schmerzhaft,
Original from
UNIVERSITf OF MICHIGAN
15. Marz.
Lungenbefund: Vom beiderseits normal lauter Schall•
der rechten Achselhöhle Sehaliabschwächung, ebenso hinten rechte vfn de?
Spma Scapulae ab intensive Dämpfung, innerhalb deren das Athenisch
abgeschwächt ist, wahrend Nebengeräusche fehlen. Die übrigen iSeen
vo?de?“™ab. " e VerhiUtmsse ’ aucb ^ Horabefund weichSt
Keine Milzvergrflsserung. Die untere Lebergrenze überschreitet den
Rippenbogenrand in der MammiUarlinie um 1 cm. recnreitet aen
Es wird sofort eine Probepunction des 'rechtsseitigen Exsudates
vorgenommen, welche eme dünne eitrige Flüssigkeit niTm S
Dieselbe enthält eine Koincultur Ion 8tSp??e”oSf(AS!£«
- Verlegung auf die äussere Station, woselbst unter Resection deracHen
Rippe am 18. November die Radicaloperntion des Empyems ausgeführt
inrd. Entleerung re.cUichen, nicht foetiden trüben eitrigen Sdates
bei der Ausspülung entleeren sich zahlreiche Fibrinmembraueu ’
Am 22. November wird Patientin von höchster Athemnoth befallen
und zeigt ausser starker Cyanose inspiratorische Einziehungen des Thorax
Die laryngoskopische Untersuchung ergiebfc beträchtliohp ,l mot g '
Schwellung der Kehlkopfschleimhaul be?o„ders“d£ X orifflhS
MteEritt 86 Trache0t0mi6 ’ die momen tan ErleSerüng schafft.
Sectionsbefund: Die Pleura der collabirten rechten Lunge ist
rosenroth und an vielen Stellen mit eitrigen Belägen bedeckt. Am rechten
A^Ä en ™?a der - H i? he d f S .r Vei T t ? n lnt wcostalraums eine bandlömige
Adhäsion, welche sich nach dem Hilus zu erstreckt. Das lockere 7 p?]
P* ebe de l, 1 V0 ^ d 1 er ‘?f Mediastinums ist nicht infiltrirt. Herzbeutel ohne
f.nncflv? Flüssigkeitsanhäufung. Bei der Herausnahme der Halsorgane
mlet a Re«rhoff i da ? d f Zellgewebe von durchaus nor- I
Beschaffenheit ist. Beide Mandeln nicht unerheblich vergrößert 1
etwa pflaumenkerngross, von grau röthlicher Farbe, leicht hyperamisch-’
phne Eiteransammiuiig im Parenchym oder der Umgebung. Die Epi-lottis
verdat g Tben^o^t U d^? rÖthet ^ dlff01 ' m, na . m I entlich ihr oberer Rand sehr
deS veHiVH ,, 1 d Ll =. ament H m aryepiglotticum sinistrum sehr be-
X? d u ^ - d y on nussfarbiger Beschaffenheit; beide Aryknornel
olbiggeöchwollen, ihre Oberfläche mit schmutzig gelben Beläo-ec welche mit
ttn^ nd li C ^ haU J- fM \-—-gen uÄÄ
SS • ht °,, 1K gleichzeitiges Mitfolgcn jener fortnehmen lassen
glottis au?dp^pM 6 ’ m , cmbranöse Beläge finden sich auch unterhalb derEpi-
Taschenb'änder v« U , der G ^? rde *[ eri Kehlkopfwand, dicht oberhalb <fer
hi?r t" derStimmbändern ***>*- Dieselben hängen auch
Sas wenlr fl f T nekrot ^hen Schleimhaut, wenngleich
derXichKLft 8 Üb ? r deil rp Ar .V' k norpeJn, zusammen. Die Drüsen in
£frauröthlicW hl F V °, rdereri Frachoahyand sind etwas geschwollen, von
^Hgewebe welche^ ebe 1 nso J' em ^ Cltri £ infHtrirt wie das peritracheale
g Die \4hpnhnhfpn ff dl Q C . b fi ,s 1 no f m J aler Beschaffenheit zu sein scheint.
ie Nebenhöhlen des Schädels sind normal.
«ra bieten li,™ d °['. ,ink ™ . Lun S e snbseröse Ecchymosen. Im übri-
^t h ^^ e Xs m,U8,Se Zal " kn0t °” fflrmi =' T lnd '™-
l'acterio P Ioh m ?tf em Tr™ < n H «™ Asristeiuuirat Dr. Ascho f f vorgenommeno
sut "oÄlw h i U nt 1 ers 0 u «‘>“»K (Deckglastrockenprüparate und Aus-
te» Str^”c^ I,1S „ d® Schn ' ttC) d f s ,. FalIes er S ab das Vorhandensein
feUichi mit f *« r .us.chl.e..I,ch von diesen: 1) in dem
webssaft der iwhtaTr Instr '"". cnt 5 >[1 entnommenen Herzblut . 2) im Ge-
lockcrcn Zclhl?w I 'l lnSe ’ 3 \ \ n dcr M llz ' 4) in dem peritraekealen
durchaus normale*R« a d (r ^ e . lohe ?' wle erwähnt, makroskopisch eine
tration oder m8bes ® ndere kei “e Spur von Eiterinfll-
Aus AuwtX * ^ ^ erSnderungen (Hämorrhagieen etc.) aufwies. —
*JÄSrrA teni Welche mit SiÜckchen d ^ ^mbranösen Belages
loccen! b) vor f, eao “ men wurden, entwickelten sich a) Strepto-
bis zu einem' a -evi™ 6 r* 1 f ° °f le l ei1 äus 1 se i' licb deneu dei * Streptococcen
Muuse den D?nl G .? de f lcbeü und die ihrer . Form nacb io hohem
Erbten sich auch en a l?° * en> ^ ie wareü J edoc h beweglich und
von MembraneffiPlpn h ® bc . ns ® erzeugte weder die Ueberpflanzung
noch die ImnfnnJ^ die Vaginalschleimhaut von Meerschweinchen,
der Stäbchen nnr-ty 01 ^*? 6 - 1 * 611 • an d ? r £ le i cben Stelle mit der Reincultur
d» Bauchhaut di««pr tu- Injectl o n e j ner Stäbchenaufschwemmung unter
Bei Tr Lte Thl T 6 l0 T ? le oder “»««meine Erscheinungen,
me der in k °?Jf c ! ien Untersuchung gefärbter Schnittpräpa-
stückchen xt e \ SC ? ob{lrteten und weiter behandelten Organ-
f iewebsschichten g tW m acb .^ eis vo j} Streptococcen in den oberllächlichen
UQ d zwar in ohfirDi ^ onsi B en 5 die Anwesenheit derselben Spaltpilze,
Peritraehealen Gewfw T™ ser Menge, wurde in den Lymphspalten des
Je mit Belägen vpSaI fest ^tellt; endlich zeigten Durchschnitte durch
Streptococci h de^nT r te en d g r u A ^ knor P el gleichfalls' zahlreiche
Gewebe, während i nli l? , 011 Schleimhaut und dem submucösen
^nem von reichlicbpn \f berfläC j llcbsten Schichten der aufgelagerten Mem-
dea Sflibchen dmclf°etzt I1 (^scMeni Wa ^ mten, demDi P htheriebacillus ähne l Q -
_? e nach d f? T ? de im Kehlkopf ge.
DEUTSCHE ME DICINISCH E WOCHENSCHRIFT.
247
Un denen t Tr uie nacn aem T °de im Äeh_
Diphtherie“ ni Q s 5 ben Veränderungen solche, dass an der Diagnose
werden konnte Af g ?^ s P unkt der Erkrankung nicht gezweifelt
gerade hinsiehilinj hat bact ei'iologische Untersuchung
^ändigunfr „phr \ i lese l Punktes nicht die erwünschte Vervoll-
^■hichten' der Po!' y* , wurden zwar in den oberflächlichen
logisch den I)in?ff d °. Ia 'O 111 bl ' aae r 1 Stäbchen gefunden, welche morpho-
ooterschieden Li, ° 11 1 eha l cillen in hohom Maasse glichen; dieselben
durcb ihr cultnrin Jed w Ch L Von den Klebs-Löffler’schen Bacterien
"'«chsthttm ontwipf!i? erha , lten ’ indom sie auf A » ar Pin üppigeres
icKeit^n, als man es bei jenen für gewöhnlich be-
sind. Die weiter gemachte Wahrnehmung, dass weder die Ueher
tragung von Mombranstüekehen, noch die Impfung mit Reinculturen
em positives Ergebnies bei Thieren lieferte, fiel in AnSaeht de?
Umstandes, dass nach unseren heutigen Erfahrungen 1 ) auch die
£ o?i7 ege Iwf Dipl,thOTie “»•**“««« »rer Vi?nl"nzdl Lt
bai grössten Abstufungen darbieten, nicht in die Waagschale So
de ü /^batten Erfolg der bactenolog?S Unt£
im flbn^niht 61 '^ e T äh ; te ? Ri< ä tUng ^^«rten, so ist derSe
flbngen nicht imstande, das Hauptinteresse des Falles zu rer-
infSn vS' eS Q? eSt ? ht dem Se ,un S enen Nachweis einer Miscli-
infection von Streptococcen, welche, wie so oft in analogen Fällen
™" dei \ ne l5;otisirten Stellen der oberen Luftwege aus ihren Ein-
mittelhara n TT K8rP h 1 f ?“ habcn - Ihr Eindringen war die un-
STÜ f Empyems, welches seiner Beschaffenheit und
711 wirrt*,' J nac m ZUr G ™PP e J e,Ktr prognostisch meist ungünstig
d?n b F?R h eo ? d i e “ F °/ men , d6B , Em Py ema acutissimnm zählte Wal
hlilfnl r ch n bes0nders , bemcrk( ’ ns "’«rtli macht und mich zurMit-
heilun e desselben veranlasst, ist die vorhin erwähnte Thatsache
b?hL? aS ff Zel g * W ü ^ ’ n j er U c ! I ’ ffebun ? der Luftröhre, dessen Lymph-
d ™ “"dringenden Spaltpilzen von den erkrankten Hak¬
organen bis zur Pleura nachweislich als Verbreitungsweg dienten
keine gröberen anatomischen Veränderungen zeigte. In dieser Be-
ziehung kann »Iso die Beobachtung geradezu als Aufforderung
da d] enen in Fällen m denen auch nur der leiseste Verdacht
hX* Infectl0n rorliegt, bei der Untersuchung mit mög- .
lichster Sorgfalt vorzugehen und letztere nicht bloss auf Theile zu
lich tet^ 611 ’ dere " Erkrankun " bereits dem blossen Auge erkennt-
„ Eehr c en ™““ h dieser Abschweifung zur Dermatomyositis
zuruck. Sie werden, meine Herren, aus den bisherigen Auseinander-
setzung en bereits die Vorstellung gewonnen haben, dass ich gegen¬
über der vorher aufgeworfenen Frage, ob die durch Streptococcen¬
invasion erzeugte multiple, diffuse Muskelentzündung von der
Dermatomyositis Unverncht’s zu trennen sei, eine ablehnende
Stellung emzunehmen geneigt bin. In der That ist dies der Fall
und ich hege die Meinung, dass ein nicht unbeträchtlicher Theil’
ja sehr wahrscheinlich die Mehrzahl aller bisher unte^
diesem Namen beschriebenen Krankheitsfälle ihrer Ent-
Stellung nach zu den bacteriellen Infectionskrankheiten
zu J. ä J lle ' 1 1 \ st : Unter ihnen sind, wie ich dies an den vorher auf¬
geführten Beispielen wahrscheinlich zu machen versucht habe, gewiss
nicht wenige, bei denen das Eindringen der Keime von einer Wund¬
flache oder einem Eiterheerde aus stattgefunden hat. Dem üblichen
öprachgebrauche nach würde man sie als den Ausdruck einer
septischen Infection anzusehen haben. Nun stehe ich aber keines¬
wegs auf dem Standpunkte, dass ich zum Beweise für diese Auf¬
fassung den Nachweis von Spaltpilzen, sagen wir z. B. von Strepto¬
coccen, in den Muskeln selbst allemal für nothwendig erachte. Man
wird lediglich in Zukunft den Untersuchungen, die diesen Nach¬
weis bezwecken, eine vermehrte Aufmerksamkeit und noch grössere
Sorgfalt als bisher zuwenden müssen: sodann wird man sich, gleich¬
gültig, ob das Ergebniss in der eben erwähnten Richtung ein er¬
folgreiches ist oder nicht, zu bemühen haben, eine etwa vorhandene
Invasionsstätte von Krankheitskeimen, i. e. Bacterien im Körper
aufzudecken.
Was den ersten Punkt, den Nachweis der Mikroorga¬
nismen in den Muskeln selbst betrifft, so hebe ich unter noch¬
maliger Bezugnahme auf den mitgetheilten Fall II meiner Beob¬
achtungen hervor, dass die Menge der in die Muskeln eingedrun¬
genen Bacterien unter Umständen eine ausserordentlich geringe
sein kann. Für solche Fälle drängt sich unwillkürlich die Annahme
auf, dass die Entzündung wesentlich durch toxische Pro¬
duc te der Bacterien erzeugt sei; dieselbe wird ferner geradezu
geboten für diejenigen, in denen trotz eifrigsten Suchens Bacterien
in den Muskeln überhaupt nicht zu finden sind. Schon von ver¬
schiedenen Seiten, namentlich von Strümpell, ist mit vollem
Recht die Ansicht ausgesprochen worden, dass mindestens ein Theil
der zur Polymyositis gehörigen Muskelentzündungen toxischen Ur¬
sprungs sei. Das schliesst natürlich, wie ich schon einmal bemerkt
habe, nicht aus, dass an irgend einem anderen, und zwar von den
befallenen Muskeln entfernt gelegenen Punkte des Körpers sich ein
Bacterienherd befindet, der die Bildungsstätte jener Producte ist.
Wiederum komme ich bei dieser Gelegenheit auf die schon in der
Einleitung meines Vortrags angedeutete Beziehung der Dermato¬
myositis zu den infectiösen Erythemen zurück. Sie haben ge¬
hört, dass die letzteren sich zu den verschiedensten Infections-
*) Cf. C. Fraenkel, Ueber das Vorkommen der Löffler’schen
Diphtheriebacillen. Berliner klin. Wochenschrift 1893, No. 11, p. 252 u. fl’.
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248
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
krankheiten, Entzündungs-, insbesondere aber Eiterungsprocessen
kinzugesellen können. Man hat sie, wie ich mehrfach erwähnt
habe, im Gefolge von Angina und Tonsillarabscessen auftreten
sehen. Die Untersuchung der Haut nun in solchen Fällen,
die tödtlich verliefen, ergiebt ein sehr verschiedenes Resultat.
In der Mehrzahl der Fälle — ich stütze mich mit dieser Angabe
auf die neueste, den Gegenstand behandelnde grössere Abhandlung
von Hutinel — wurden keine Bacterien in der Haut gefunden;
ebenso negativ waren die Ergebnisse der Blutuntersuchung. Hu¬
tinel schliesst daraus, dass diese Erytheme toxischen Ursprungs
seien, sodass man sie hinsichtlich ihrer Pathogenese gewissermaassen
den Arzneiexanthemen an die Seite stellen kann, nur dass es sich
hier nicht um einen Import der Giftsubstanzen von aussen in
den Körper handelt, sondern dass erstere in letzterem selbst unter
der Mitwirkung von Bacterien gebildet werden. Bei der Angina
und Diphtherie ist der Nachweis dieser Bacterien auf und in der
Schleimhaut der erkrankten Rachenorgane leicht zu führen, und bei
den übrigen, gelegentlich mit dem Ausbruch von Erythemen ein¬
hergehenden Infectionskrankheiten mangelt es gleichfalls nicht an
Heerden von ihnen. Jedenfalls also sind auch unter so bewandten
Entstehungsbedingungen die Hautausschläge in letzter Instanz als
die Wirkung einer bacteriellen Infection anzusehen. In neuerer
Zeit hat man jedoch die Beobachtung gemacht, dass dieselben
Erytheme augenscheinlich auch durch die Ansiedelung von Spalt¬
pilzen in der Haut selbst hervorgerufen werden können, und zwar
derselben Spaltpilze, welche man in den übrigen, der Mehrzahl an¬
gehörenden Fällen nur an entfernter Stelle, z. B. in den Rachen¬
organen, gefunden hat. Hier kann man daher nicht gut von einer
toxischen Entstehungsweise in dem vorher geschilderten Sinne,
d. h. unter blosser Vermittelung der allgemeinen Circulation des
Blutes und der Lymphe sprechen. So hat Finger 1 ) einen Fall
von schwerer Diphtherie bei einem 26jährigen Mädchen beobachtet,
welches in soporösem Zustande in das Rudolfshospital aufgenommen
wurde und bei dem sich drei Tage vor dem Tode ein über Stamm
und Extremitäten ausgebreitetes Erythema papulatum entwickelt
hatte. Das Auftreten desselben bewirkte, dass die Diagnose auf
Typhus exanthematicus gestellt wurde. Bei der Untersuchung
p. m. fand sich an den von dem Exanthem befallenen Stellen Oedem
des Bindegewebes im Papillarkörper und im Stratum reticulare,
sowie Rundzellenanhäufung in der Umgebung der Gefässe sowohl
hier wie im Fettgewebe. Die Capillaren selbst aber waren zum
Theil dicht erfüllt von Streptococcenanhäufungen, welche auch im
Inhalt der grösseren Arterien und Venen des subepidermoidalen und
des Fettgewebes als wandständige Klumpen nachweisbar w r aren.
Eine ähnliche Beobachtung, bei welcher es sich um ein nach einem
Fliegenstich entstandenes lymphangitisches Oedem des einen Vorder¬
armes mit begleitendem Erythema nodosum, nicht bloss im Bereich
der geschwollenen Extremität, sondern jenseits der Grenzen der
Anschwellung bis zur Brust handelte, haben neuerdings Orillard
und Sabouraud' 2 ) gemacht. Auch hier fanden sich im Bereiche
der knotenförmigen Efflorescenzen die kleinen Gefässe (Venen) voll¬
gestopft mit Streptococcen, welche stellenweise die Wände derselben
durchbrochen und sich in das umliegende Zellgewebe verbreitet
hatten. Man braucht nun nicht so weit zu gehen, wie die franzö¬
sischen Autoren es zu beabsichtigen scheinen, und anzunehmen, dass
die Mehrzahl aller knotenförmigen Erytheme denselben Ursprung
habe. Aber jedenfalls geht aus den angeführten Beispielen hervor,
dass Entzündungen der Haut, über deren infectiöse Natur man keinerlei
Zweifel hegt, das eine Mal auf vorwiegend toxische Weise, das
andere Mal durch direkte Verschleppung von Bacterien in die Haut
entstehen. Und in diesem Punkte der Pathogenese besteht zwischen
den in Rede stehenden Formen der Exantheme und der acuten
Polymyositis allem Anschein nach eine Analogie, die hervorzuheben
mir nicht ohne Interesse zu sein scheint. Sie verdient um so
mehr Beachtung, als gerade bei der letzteren Affection die Haut
so häufig und in so mannigfacher W eise an den entzündlichen Ver¬
änderungen, die ihren Hauptsitz in den Muskeln haben, bethei¬
ligt ist.
Gestatten Sie mir noch ein Wort über die Invasionsstätte des
Krankheitserregers bei der Dermatomyositis, auf deren Feststellung
es meiner Meinung nach bei allen ferneren Beobachtungen mehr
ankommen muss, als auf die blosse casuistische Vermehrung des
klinischen Materials. Ich habe an der Hand der bisher vor¬
liegenden Fälle nachzuweisen versucht, dass schon jetzt für einige
derselben eine Erkrankung der Hals- bezw. Rachenorgane als der
vermuth liehe Ausgang anzusehen ist. Mein Fall 1 weist darauf
hm, dass man in Zukunft auch der Durchforschung der Nebenhöhlen
J E. Finger Beitrag zur Aetiologie und pathologischen Anatoml
des Erythema multiforme etc. Archiv für Dermatologie und Syphilis 1893
.. , / Orillard et Sabouraud, Erytheme noueux au cours d’une sep
Ucemie a streptocoques. M6d. moderne 1893, No. 11.
des Schädels, unter welcher Collectivbezeichnung ich der Kürze halber
hier die Paukenhöhle mit ihren Adnexen, die Oberkieferhöhlen, die
Stirn- und Keilbeinhöhle, das Siebbeinlabyrinth etc. zusammenfasse,
besonders Rechnung zu tragen haben wird. Gerade nach dieser Rich¬
tung hin wird gewöhnlich bei den Sectionen nicht mit einer der Wich¬
tigkeit des Gegenstandes entsprechenden Gründlichkeit vorgegangen.
Wir wissen, dass vom mittleren Ohr aus durch eine eiterige
Entzündung der Paukenhöhle zuweilen die schwersten und ge¬
fahrdrohendsten Erkrankungszustände des Gehirns und seiner Um¬
hüllungen hervorgerufen werden, indem beispielsweise auf dem
Wege der Lymphbahnen oder Blutgefässe die Entzündung und
Eiterung erregenden Mikroorganismen sich durch den Knochen
auf das Innere der Schädelkapsel fortpflanzen. Ebenso gehört
die Entstehung einer Sinusthrombose durch Uebergreifen ent¬
zündlicher Processe von den unter normalen Verhältnissen mit
Luft erfüllten Zellräumen des Processus mastoideus auf die Wan¬
dungen des Hirnblutleiters und der plötzliche Eintritt einer tödt-
lichen Pyämie infolge hiervon keineswegs zu den Seltenheiten.
Während der erstere Ausgang sich zuweilen an ganz acut entstandene
Entzündungen der Paukenhöhle im Gefolge verschiedener Infections¬
krankheiten, beispielsweise der Pneumonie, anschliesst, handelt es
sich im letzteren Falle in der Regel um chronische Processe. Weniger
bekannt, weil offenbar viel seltener, ist die Beobachtung, dass unter
Umständen auch ohne die Vermittelung einer Sinusthrombose, von einer
einfachen Otitis media aus, allgemeine Sepsis sich ent¬
wickelnkann. Nicht bloss der chronische eiterige Mittelohrkatarrh,
sondern auch die ganz acut entstandenen Entzündungen der
Paukenhöhle vermögen dadurch im einzelnen Falle eine ungeahnte
Bedeutung zu gewinnen. In der meinem Vortrage folgenden Discussion
wird Herr College Schwabach, dessen Rath ich, durch eigene
klinische Erfahrungen angeregt, wiederholentlich über diese Dinge
eingeholt habe und der mich durch Mittheilungen über ähnliche
Beobachtungen aus der Litteratur zu lebhaftem Danke verpflichtet
hat, noch genauer den für den internen Mediciner wie für den Ohrenarzt
gleich wichtigen Zusammenhang beider Erkrankungen beleuchten.
Als feststehend ist anzusehen, dass schwere, selbst tödtlich ver¬
laufende septische Infection im Gefolge eitriger Mittelohrentzündung
auch ohne jedwede Caries vorkommt. Wir dürfen wohl annehmen,
dass die sie verursachenden Bacterien, ebenso wie in dem Falle
einer hinzutretenden Meningitis, sich längs der Lymphbahnen vom
mittleren Ohr aus weiterverbreiten oder direkt in kleinere Blut¬
gefässe, sei es des Ueberzuges der knöchernen Theile desselben,
d. h. der Schleimhaut bezw. der unter ihr befindlichen periostealen
Gewebsschicht, sei es des Knochens selbst eindringen. 1 ) In dem
ersten Ihnen mitgetheilten Falle, welcher die mit Dermatomyositis
behaftete Patientin betraf, lag, wie Sie sich erinnern werden, eine seit
einem halben Jahre bestehende linksseitige Mittelohreiterung vor. Die
ganze Paukenhöhle, sowie dieCellulae mastoideae zeigten sich nach dem
Durchsägen des Felsenbeins von Eiter und graurothen Granulationen
erfüllt. Leider wurde die weitere mikroskopische Untersuchung
des Gehörorgans verabsäumt, so dass ich nicht ganz sicher bin, ob
zugleich Caries bestand oder nicht. In dem zweiten, die Patientin
Eichholz betreffenden Falle dagegen hatte sich die Otitis anscheinend
acut entwickelt, und Herr Schwabach, welcher das Felsenbein
gesehen hat, erklärte, hier von cariösen Veränderungen nichts wahr¬
nehmen zu können. Dass die Sinus bei beiden Patienten frei
waren, habe ich erwähnt. Unter den sonstigen Beobachtungen von
allgemeiner Sepsis nach Mittelohrentzündung ohne Sinusthrombose,
welche ich während der letzten Jahre zu machen Gelegenheit hatte,
schien mir ein Fall namentlich bemerkenswerth. Ich glaube ihn
daher, wenigstens anhangsweise hier erwähnen zu dürfen, trotzdem
die Beobachtung desselben noch in eine Zeit fällt, in der ich den
causalen Zusammenhang zwischen Erkrankungen des Gehörorganes
und septischer Infection — bei mangelnder Sinusthrombose —
noch nicht mit solcher Aufmerksamkeit verfolgte, wie jetzt:
Der Fall betraf einen 29jährigen Arbeiter, welcher einige Wochen
vor Eintritt/ in das Hospital unter Fieber ohne besondere Lokalsymptome
erkrankt war. Er hatte nie an Gelenkrheumatismus gelitten. Ich con-
statirte bei dem Patienten das Vorhandensein eines Herzklappenfehlers
(systolisches Geräusch an der Herzspitze, diastolisches auf dem Sternum),
wobei die mangelnde Verbreiterung der Herzdämpfung auffiel. Etwa vier
Wochen nach der Aufnahme begann er Über Stirnkopfschmerz und Ohren¬
sausen zu klagen, und es entstand nach voraufgegangener Schwerhörigkeit
erst eine Perforation des linken, bald darnach auch eine solche des
rechten Trommelfells. Von Anfang an bestand unregelmässiges, theils
remittirendes, theils intermittirendes Fieber, welches dann und wann auch
*) Eine kurze Zusammenstellung der hierher gehörigen Thatsachen
findet sich in der neuerdings erschienenen trefflichen Monographie
0. Koerner’s: Die otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute
und der Bliitleiter, Frankfurt a. M. 1894, p. 78ff., woselbst auch bereits
des Umstandes Erwähnung gethan ist, dass gerade bei der otitischen
Pyämie ohne Sinusphlebitis viel häufiger Gelenk- und Muskelmeta¬
stasen Vorkommen, als bei gleichzeitig vorliegender Sinusthrombose.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
15. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
durch einen kurzen Zeitraum völliger Apyrexie unterbrochen war. Da der
übrige Organbefund negativ war, so blieb nur die Annahme einer
schleichend verlaufenden, entweder frisch entstandenen oder recurrirenden
Endocarditis übrig. Dieser Zustand hatte bei leidlicher Beschaffenheit
der Körperkrüfte ca. 2V* Monate angedauert, als sich ziemlich plötzlich
eine Dampfung über der hinteren linken Thoraxhälfte mit lebhafter Druck¬
empfindlichkeit derselben entwickelte und Patient von Neuem zu fiebern be¬
gann. Eine besondere Vergrösserung der Milz konnte nicht nachgewiesen
werden, dagegen bestand auffallende Empfindlichkeit des Epigastriums
gegen Druck. Wenige Tage nach dem Auftreten der erwähnten Dämpfung
gesellte sich auch teigige Anschwellung der entsprechenden Haut partieen hin¬
zu. Es wurden nunmehr wiederholte Probepunetionen vorgenommen, welche
zunächst ergebnisslos waren, schliesslich aber zum Nachweis eines in der
Tiefe belegenen Eiterheerdes führten, indem es beim Einstechen der
Punctionsspritze im 10. Intercostalraum hinten links gelang, eine bräun¬
liche Flüssigkeit von jauchiger Beschaffenheit zu aspiriren. Dieselbe
enthielt neben kleinen senfkorngrossen Gewebszundem reichliche Mengen
von Haematoidin- und Fettsfiurecrystallen. Von wo die Eiterung ihren
Ausgang genommen, ob vom Darm oder der Milz, Hess sich mit Sicherheit
nicht uachweisen. In Folge dieser Wendung der Dinge übergab ich den
Patienten Herrn Collegen Koerte zur Operation. Dieselbe wurde in der
Weise ausgeführt, dass zunächst ein Stück der 9. linken Rippe resecirt,
hierauf durch Punction die genauere Lage der Abscesshöhle festgestellt
und dieselbe von der Wunde aus eröffnet wurde. Es zeigte sich, dass
cg sich um einen subdiaphragmatischen Eiterheerd handelte; Lunge und
Zwerchfell waren mit einander verwachsen; letzteres adhärirte zugleich
der Brustwand. Der Patient verstarb 10 Stunden nach der Operation, und
die Section ergab: 1) sowohl an dem lateralen Segel der Mitralklappe wie
auf sämmtlichen drei Semilunarklappen des Aortenostiums frische verru¬
köse endocarditische Auflagerungen, die auf älteren Verdickungen sassen;
ferner ein erbsengrosses Klappenaneurysma am lateralen Mitralsegel; 2) in der
mit dem Zwerchfell adhärenten. vergrösserten Milz einen scharf abge-
grenzten grossen nekrotischen Heerd von keilförmiger Gestalt, welcher
durch Erweichung bezw. Verjauchung die eröffneto Abscesshöhle erzeugt
hatte; 3) in beiden Paukenhöhlen Eiter, Hnks mit schwammigen Granu¬
lationen der auskleidenden Schleimhaut Ob zugleich Caries bestand, lässt
sich leider aus dem Sectionsprotokoll nicht entnehmen; doch kann die¬
selbe nur von geringer Ausdehnung gewesen sein. Keine Sinusthrombose.
Hier hatten wir es mit einem Falle von Endocarditis acuta zu
thun, in dessen Verlauf es zu einer Embolie der Milzarterie ge¬
kommen war. Der grosse keilförmige Infarct war nicht bloss in
Eiterung, sondern in Verjauchung übergegangen, und es scheint
mir nicht zweifelhaft, dass dieser Ausgang desselben durch die
(beiderseitige) Otitis media verursacht war. Ob nicht auch die
acute Endocarditis auf sie zurdekgeführt werden muss, liess sich
um so weniger entscheiden, als Patient in den ersten Wochen seines
Krankenhausaufenthaltes nicht über Ohrensymptome klagte und zu
dieser Zeit bedauerlicher Weise eine otoskopische Untersuchung
nicht vorgenommen worden war. Die Möglichkeit jedoch, dass auch
sie und mithin der ganze fieberhafte Krankheitsprocess von der
Otitis seinen Ausgang nahm, muss zugelassen werden und scheint
mir sogar in hohem Maasse wahrscheinlich.
Es versteht sich von selbst, dass man in allen analogen Fällen
infectiöser Allgemeinerkrankung, deren Entstehung unklar ist, nicht
bioss auf die Untersuchung des Gehörorgans, sondern auch auf die
der Nebenhöhlen der Nase bedacht sein muss. Ich betone dies
sowohl als allgemeine Forderung, wie speciell auch wiederum mit
jkziig auf die Dermatomyositis für diejenigen, welche zukünftig in
der Lage sein sollten, Beobachtungen über diese Affection anzu¬
stellen. Nachdem es einmal erwiesen ist, dass die krankheit¬
erregenden Organismen mit Vorliebe von den oberen Luftwegen
Jüs in den Körper eindringen, muss ein jeder Fall, in dem — bei
bestehender Unklarheit über den Invasionsort — die Durchforschung
jener Räume unterblieben ist, als eine unvoUständige Beobachtung
angesehen werden. Denn es bedarf keiner besonderen Auseinander-
setzung, dass gerade hier, wo es sich um zum Theil buchtige, zumTheil
Um durch ungünstig belegene Oeffnungen mit den Hauptluftcanälen
fommunieirende Hohlräume handelt, Secretstauungen überaus leicht
»lattfinden können und dadurch eine bevorzugte Ansiedelungsstätte
, ur Bacterien geschaffen wird. Wiederholentlich habe ich mich
avon überzeugt, dass bei infectiösen Erkrankungen, deren Verlauf
16 Au “üchung einer besonderen Eingangspforte des Krankheits-
rregers nahe legte, dieselbe in Gestalt eines Eiterungsprocesses
n diesen Stellen aufgedeckt wurde, nachdem an den verschiedensten
eren Orten des Körpers ohne Erfolg gesucht worden war. Unter
«neu hierhergehörigen Beobachtungen befindet sich eine Anzahl
Eh Sa i in denen me ärere Nebenhöhlen der Nase zugleich mit
waren; ja, ich habe noch vor kurzem bei einem im
ßach l eü .^“^nde fr die Anstalt verbrachten und 24 Stunden
einp« , Aefaahme verstorbenen Kranken den seltenen Befund
höM Ä j ^eitigen Empyems der Siebbeinzellen, beider Kiefer-
Pati^t der ,ailbeinhöhle und beider Warzenfortsätze erlebt! Der
wipdp™’ we lch«r nn r kurze Zeit vor dem Tode seine Besinnlichkeit
f hosknn* ’ kla K te lediglich über Kopfschmerzen, die
feiles piSc ? e Untersuchung hatte Perforation des einen Trommel-
ergeben, während das andere geröthet und geschwollen er-
schien; es war an eine Meningitis als Ursache des Zustandes ge¬
dacht worden. 6
Strümpell hat die Ansicht ausgesprochen, dass man zwischen
pnmärer und secundärer Polymyositis unterscheiden müsse.
Er zählt zu der letzteren die nach Puerperalerkrankungen auf-
tretenden diffusen Muskelentzündungen. Von dem Gesichtspunkte
einer solchen Trennung aus würde demnach auch der von mir hier
mitgetheilte Fall 1 gleich den Beobachtungen von Winckel
Waetzoldt u. a. eventuell zu der zweiten Gruppe, nämlich den
secundären Formen gerechnet werden müssen. Auch scheint
Strümpell einen principiellen Unterschied zwischen den eiterigen
und nicht eiterigen Myositiden, mögen auch die letzteren diffus
sein, machen zu wollen. In beiden Punkten vermag ich ihm nicht ganz
beizupflichten. Bereits Waetzoldt hat sieh in seiner ausführlichen
Abhandlung über die Unzweckmässigkeit der Trennung sogenannter
primärer und secundärer Muskelentzündungen ausgesprochen. Die
Bezeichnung „primär“ ist häufig nur eine Umschreibung dafür,
dass uns die Entstehungsweise einer Erkrankung unbekannt ist
und dass wir den eigentlichen Locus primae laesionis nicht auf¬
zufinden vermögen. Ich würde es als einen Gewinn betrachten,
wenn meine vorherigen, etwas ausführlichen Darlegungen, durch
welche ich Ihre Geduld vielleicht schon über die Gebühr in
Anspruch genommen habe, dazu beitrügen, dass man solchen
Classificirungsversuchen gegenüber eine gewisse Vorsicht übt. Was
die Neigung der diffusen Myositis, in Eiterung tiberzugehen, be¬
trifft, so ist dieselbe im Verhältniss zu den circumscripten Formen,
wie es scheint, in der That eine geringe. Dennoch scheint es mir
gewagt., daraufhin jeden Fall, der eine solche verräth, von vorn¬
herein aus der Gruppe der von Wagner. Hepp, Unverricht und
anderen charakterisirten acuten Polymyositis auszuscheiden. Ueber-
gänge dürften gelegentlich Vorkommen; dafür spricht der Umstand,
dass in den Muskeln zum Theil der typische Befund der nicht
eiterigen Entzündung vorliegen und gleichzeitig doch beispielsweise
bei demselben Kranken eine Vereiterung einzelner Gelenke bestehen
kann, wofür mein Fall 2 ein treffendes Beispiel liefert. Auch ist
es immerhin bemerkenswerth, dass derselbe Mikroorganismus, nämlich
der Streptococcus pyogenes, den wir sonst als typischen Eiter¬
erregerkennen, gelegentlich bloss die charakteristischenVeränderungen
der nicht suppurativen Myositis erzeugt. Möglicherweise beruhen
diese Unterschiede in der Erscheinungsweise und dem klinischen
wie anatomischen Bilde ausschliesslich darauf, dass in dem einen
FaUe ein massenhaftes, in dem anderen ein nur spärliches Ein¬
dringen der Bacterien in die Muskulatur stattfindet oder dieselben
in letzterer auch gänzlich fehlen und nur von einer entfernten
Stelle des Körpers aus, d. h. durch gelöste chemische Substanzen,
ihre entzündungerregende Wirkung ausüben. Wie unsicher die
Ansicht der Autoren, die sich mit unserem Gegenstände beschäftigt
haben, über die anatomische Bedeutung der Veränderungen ist,
mögen Sie zum Schluss aus einem Citate der einen Abhandlung
Unverricht’s 1 ) entnehmen. Hier heisst es wörtlich über das
mikroskopische Untersuchungsergebniss seines ersten Falles; „Es
fand sich in der That die vermuthete Myositis, bestehend in mole-
culärer Trübung und wachsartiger Degeneration der Muskelfibrülen
und Extravasation und Eiterung in den Interstitien, aber Trichinen
als Ursache derselben zu finden misslang“. Auch bei Senator’s
Patienten wurde, wie ich bereits einmal anführte, unter der Haut
des Ober- und Unterarmes „serös-eitrige Flüssigkeit“ gefunden,
während innerhalb der Muskelscheide des Biceps sich kein Eiter
befand.
V. Ueber otitische Pyämie ohne Sinus¬
phlebitis. 2 )
Von Sanitätsrath Dr. Schwabach in Berlin.
Unter den drei Fällen, welche Herrn Fraenkel’s Vortrag
über eigenartig verlaufene septico-pyämische Erkrankungen zu¬
grunde lagen, befanden sich zwei, bei denen die pyämisehen Er¬
scheinungen auf eine eitrige Mittelohrentzündung zurückgeführt
werden mussten. Nun gehört ja ein derartiger Zusammenhang
nicht zu den Seltenheiten, allein in der übergrossen Mehrzahl der
Fälle ist als das vermittelnde Glied zwischen Otitis und Pyämie
die Thrombophlobitis eines der Himblutleiter nachzuweisen, eine
solche bestand aber in Herrn Fraenkel’s Fällen, wie die Obductkm
ergab, nicht, und der Herr Vortragende glaubt deshalb annehmen
zu müssen, dass es sich hier um Aufnahme und Fortführung der
Infectionserreger durch die Lymphbahnen gehandelt habe. In der
Lifcteratur liegt bisher nur eine verhältnissmässig kleine Anzah
’) Münchener medicinische Wochenschrift 1887, No. 26.
*) Aus der Discussion über den vorstehenden Vortrag «es Herrn
A. Fraenkel.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
250
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
von Fällen vor, bei denen septico-pyämische Erscheinungen nach
Mittelohreiterungen ohne Sinusphlebitis zur Beobachtung kamen. So
veröffentlichte Schwartze im Jahre 1867 (Arch. f. Ohrenheilk. II.)
einen Fall von acuter Mittelohreiterung, der durch metastatische
Abscesse in den Lungen tödtlich endete und bei dem der Sinus
transversus frei von Erkrankung und auch sonst keine Veränderung
an der Dura über dem Felsenbein gefunden wurde. Schwartze
sieht als die Ursprungsstellen der embolischen Processe die mit
käsig eingedicktem Eiter gefüllten diploöti sehen Räume in der
Umgebung der Paukenhöhle an. Aus der Krankengeschichte möchte
ich noch hervorheben, dass der Patient über rheumatische Be¬
schwerden: Steifigkeit der Nackenmuskeln, Schmerzen im linken
Oberarm klagte, Erscheinungen, die wohl daran denken lassen, dass
hier ein entzündlicher Process in verschiedenen Muskeln bestanden
habe. Später (1882) hat auch Politzer (Lehrb. der Ohrenheilk.,
I. Auff, II. Bd.) sich dahin ausgesprochen, dass pyämische Er¬
scheinungen nach Mittelohreiterungen ohne Sinusthrombose und
zwar durch unmittelbare Aufnahme septischer Bestandtheile aus
den Räumen des Schläfenbeins in den Kreislauf Vorkommen können.
Als Beweis führt er einen Fall von Chimani an, bei welchem im
Anschluss an acute Mittelohreiterung pyämisches Fieber und
Metastasen im Sternoclaviculargelenk, Respirationsbeschwerden
und Icterus aufträten und der Tod nach 28 Tagen erfolgte. Bei
der Obduction fanden sich keine Veränderungen in den Blutleitern;
im Mittelohr übelriechender Eiter, in den Lungen erbsengrosse
käsige Infarcte. Eine weitere Beobachtung liegt von Dalby
(Brit. med. Journal 1874, 14. März) vor. Auch am Lebenden ist
der Beweis für das Vorkommen von otitischer Pyämie bei Intactheit
des Sinus transversus erbracht worden, und zwar von Schmiegelow
(Zeitschr. f. Ohrenheilk. XXTV, p. 127), der bei einem fünfjährigen
Knaben mit rechtsseitiger chronischer Mittelohreiterung wegen
wiederholter Schüttelfröste mit Temperaturschwankuugen zwischen
36,0—41,0° zunächst die Trepanation des Warzenfortsatzes aus¬
führte und stinkende Cholesteatommassen entfernte, dann aber, als
die Frostanfälle sich wiederholten und die Temperaturschwankungen
unverändert blieben, den Sinus transversus freilegte und eröffnete,
wobei sich nur flüssiges Blut entleerte. Auch jetzt wiederholten
sich die Frostanfälle täglich, und die Fiebercurve behielt noch
lange ihren pyämischen Charakter, auch nachdem ein Empyem der
rechten Pleurahöhle durch Resection der siebenten Rippe entleert
worden war. Heilung nach sechs Monaten. Ich selbst hatte Ge¬
legenheit, im hiesigen jüdischen Krankenhause der Operation eines
achtjährigen Mädchens durch Herrn Professor Israel beizuwohnen,
welches, an linksseitiger chronischer Mittelohreiterung leidend, mit
pyämischen Erscheinungen: Schüttelfrösten, jähen Temperatur¬
schwankungen, schmerzhafter Schwellung am rechten zweiten Carpo-
metacarpalgelenk, Röthung und fluctuirender Anschwellung an der
rechtenWade zur Aufnahme kam. Der Processus mastoideus erwies
sich auf Druck sehr empfindlich, ebenso die linke seitliche Hals¬
gegend im Verlaufe der Vena jugularis. Die Diagnose „Thrombo¬
phlebitis 4 des Sinus transversus schien somit durchaus berechtigt,
und es wurde daraufhin zunächst das Antrum mastoideum eröffnet,
aus dem reichliche Granulationsmassen mit dem scharfen Löffel
entfernt, aber kein Eiter entleert wurde. Alsdann wurde der in
grosser Ausdehnung freigelegte, keine Spur von Fluctuation zeigende
Sinus transversus eröffnet. Es entleerte sich flüssiges Blut in
breitern Strome. Nach Jodoformgazetamponade und Occlusivverband
wurde der Abscess in der rechten Wade durch breite Incision
entleert. Schüttelfröste und Temperaturschwankungen wiederholten
sich auch nach der Operation noch häufig. Exitus letalis nach
drei Wochen. L ~ *
Bei der Obduction fanden sich in keinem der verschiedenen
Hirnsinus krankhafte Veränderungen. Die Untersuchung des mir
freundlichst überlassenen Felsenbeins ergab das Vorhandensein eines
durch die vordere Fläche des Felsenbeins in der Gegend des
Tegmen antri mastoidei in die mittlere Schädelgrube durchge¬
brochenen Cholesteatoms des Mittelohres, von dem aus die bei der
Obduction gefundene Meningitis ihren Ausgang genommen hatte.
Die septico-pyämischen Erscheinungen waren in diesem Falle ebenso
wie in dem von Schmiegelow mitgetheilten zweifellos durch den
Zerfall des Cholesteatoms im Mittelohr bedingt. — Abgesehen von
diesen Fällen, bei denen der Nachweis der Intactheit der Hirnblut¬
leiter geführt werden konnte, liegen nun noch eine Anzahl von Be¬
obachtungen vor, bei denen ebenfalls im Anschluss an eitrige
Mittelohrentzündungen, und zwar acut verlaufende, ausgesprochene
Erscheinungen von Septicopyämie auftraten, bei denen dieser Nach¬
weis jedoch deshalb nicht möglich war, weil sie sämmtlich in Heilung
endeten. Die in diesen Fällen beobachteten Metastasen localisirten
sich im wesentlichen in den Gelenken, Muskeln und im Unterhaut¬
bindegewebe, während die Lungen frei blieben.
Als bemerkenswerth sind hervorzuheben zwei Fälle aus der
Ohrenklinik in Halle a. S. (Archiv für Ohrenheilkunde Bd. XXVH,
p. 288), in deren einem, einen 24jährigen Mann betreffend, nach
einer stürmisch beginnenden Otitis media acuta Schüttelfröste mit
Temperaturschwankungen zwischen 37,2 und 40,2 und ein isolirter
metastatischer Heerd im linken Glutaealmuskel auftraten. In dem
aus dem Abscess durch Incision entleerten Eiter wurden Strepto¬
coccen nachgewiesen. Die Paracentese des Trommelfelles war
wegen stets sich erneuernder Secretanhäufung in der Paukenhöhle
zehnmal vorgenommen worden. Im zweiten Falle (25jähriger Student)
traten ebenfalls während einer acuten eitrigen Mittelohrentzündung
Schüttelfröste und jähe Temperaturschwankungen auf, die auch nach
der Eröffnung des Antrum mastoideum sich noch häufig im Verlauf
der nächsten drei Monate wiederholten. Während dieser Zeit
magerte der Patient zum Skelett ab, und es traten Metastasen in
beiden Augen (septische Retinitis mit multiplen Netzhaut-
hämorrhagieen), eine Schleimbeutel Vereiterung, Abscedirung im
linken Schultergelenk und in der Muskulatur des Oberarmes ein.
Aehnliche Fälle sind von Moos, Hessler, Emerson, Hecke,
Eulenstein, Wild und anderen beschrieben worden. Einen Fall,
der bezüglich der Localisation der Metastasen, speciell den Muskel¬
apparat betreffend, den Beobachtungen des Herrn Fraenkel am
nächsten zu stehen scheint, fand ich in einer Mittheilung Chatellier’s
über Influenzaotitis (Annales des mal. de l’or. 1890, p. 169). Bei
dem 31jährigen Patienten traten im Verlaufe einer acuten Influenza¬
otitis wiederholte Schüttelfröste und Schmerzhaftigkeit des äusser-
lich unveränderten Warzenfortsatzes ein. Die Trepanation desselben
förderte keinen Eiter zu Tage, trotzdem Hessen die Schmerzen am
Ohr nach. Bald aber zeigte sich eine circumscripte schmerzhafte
Anschwellung an der vorderen äusseren Seite des rechten Unter¬
schenkels, die später sich über die ganze äussere Seite desselben,
vom Kopf des M. peroneus longus bis zum Malleolus externus aus¬
dehnte. Die Haut über dieser Anschwellung war geröthet. Im
Verlaufe der nächsten Tage traten an verschiedenen Stellen der
oberen Extremitäten schmerzhafte Anschwellungen auf, so am
rechten und linken Trieeps brachii und am linken Schultergelenk.
Die letzteren sowohl, als auch die Anschwellung am rechten Arm
ging allmählich zurück, dagegen kam es am Unken Arm zur
Bildung eines Abscesses, der durch Incision entleert wurde.
Weiterhin musste auch noch ein Abscess im M. deltoideus derselben
Seite incidirt werden. In einem Falle, den ich selbst im vorigen
Jahre zu beobachten Gelegenheit hatte, traten im Verlaufe einer
acuten eitrigen Mittelohrentzündung ebenfalls Erscheinungen auf,
welche an die von verschiedenen Seiten beschriebenen Fälle von
infectiöser Polymyositis erinnerten.
Es handelte sich um ein sechsjähriges Mädchen, welchem am 14. März
vorigen Jahres die Rachenmandel ausgekratzt worden war. Im Anschluss
an diese Operation traten Schmerzen in beiden Ohren und einige Tage
darauf eitriger Ausfluss aus denselben ein. Die vom ersten Tage an vor¬
handenen Fiebererscheinungen Hessen auch nach eingetretener Perforation
nicht nach und bestanden, als ich am 5. April das Kind zum ersten male
sah, noch fort. Die Temperatur schwankte zwischen 36,5 Morgens und
39,5 Abends. Auf dem rechten Ohr hatten die Schmerzen bedeutend zu¬
genommen, so dass das Kind in den letzten drei Nächten, trotz der
applicirten Eisumschläge, nicht geschlafen hatte. Bei der Untersuchung
fand ich das Kind sehr heruntergekommen, beiderseits eitrige Mittelohr¬
entzündung mit kleiner Perforation vorn unten; rechts hochgradige
Schmerzhaftigkeit des Warzenfortsatzes bei geringer Röthung und
Schwellung. In der wohl gerechtfertigten Voraussetzung, dass es sich
hier um eine Betheiligung der Zellräume des Warzenfortsatzes an der
eitrigen Entzündung handle, machte ich am nächsten Tage, als die Tem¬
peratur wieder auf 39,0 stieg, die Trepanation. Die Corticalis war sehr
dick, der Knochen im ganzen ziomlich fest, enthielt nur wenig pneuma¬
tische Zellen, und erst in der Tiefo von etwa 1,5 cm wurde das Antrum
eröffnet, das jedoch keinen Eiter enthielt. Um sicher zu sein, dass ich
wirklich das Antrum vor mir hatte, würde eine vorsichtige Durchspülung
mit Vs °/oo SubHmatlösung gemacht, wobei das Spülwasser durch den
äusseren Gehörgang und zum Theil durch die Nase abfloss. Nach der
Operation hörten zwar die Schmerzen im Ohr auf, allein die Fieber¬
erscheinungen bHeben unverändert, so dass am nächsten Mittag die lern*
peratur wieder auf 39,9 bei einem Pulse von 140 stieg, dabei war das
Kind apathisch, der Stuhl war retardirt; Pupillen beiderseits gleich,
reagirten gut auf Licht, Urin frei von Eiweiss. Während der nächsten
14 Tage gestaltete sich der Verlauf dann so, dass das Befinden des Endes
Morgens ziemlich gut, die Temperatur niedrig (zwischen 36,2 und ob,8)
war, während bereits in der Mittagsstunde es den Eltern auffiel, dass das
Kind unruhig wurde, über Hitze und Kopfschmerz klagte; Abends ver¬
schlimmerte sich der Zustand weiter, und die Temperatur stieg auf
bis 39,8. Schon am Tage nach der Operation klagte Patientin über
Schmerzen beim Schlingen, doch zeigte sich bei der objectiven Unter¬
suchung keinerlei Veränderung an der Pharynxschleimhaut, nur die Be¬
wegung des Velum palatinum war etwas mangelhaft. Einige Tage später
traten sehr heftige Schmerzen bei Bewegung des Unken Armes ein. Bie
Untersuchung ergab vollständig freie Beweglichkeit in allen Gelenken, da¬
gegen erwies sich Druck auf den M. pectoralis major sehr empfindlich.
Röthung und Schwellung der Haut bestand nicht. Nach weiteren zehn
Tagen traten ähnliche Schmerzen in der Muskulatur an der äusseren Seite
des linken Oberschenkels ein, auch hier war keine Veränderung an der
Haut zu sehen. Die Schmerzen hielten an [allen den genannten Stellen
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
15.. März.
nur einige Tage an, doch blieb auch nach der Entfieberung fl4 Taee nach
der Operation) eine leichte Beschränkung in der Beweglichkeit des linken
fünf*Wodien ßem6S ^ ^ ZUrÜck * Vollständige Heilung nach
, Ic , h S laabe nicht fehlzugehen, wenn ich die in den verschiedenen
Muskeln aufgetretenen Schmerzen auf eine vom Ohr ausgeo-angene
infectiöse Polymyositis zurückführe. Freüich kann es sfeh nur
um geringfügige entzündliche Veränderungen in der Muskulatur
gehandelt haben, da dieselben so schnell und ohne Folgen zu hinter¬
lassen verschwanden. -- Die Frage, auf welche Weise in diesen
acut verlaufenen und in Heilung übergegangenen Fällen die All-
gemeininfection stattgefunden habe, lässt sich natürlich mit Sicher¬
heit nicht beantworten. Dass es sich nicht um Thrombophlebitis
emes der grösseren Hirnblutleiter (Sinus transversus und cavernosus)
gehandelt habe, dafür spricht der Mangel aller darauf hindeutenden
localen Erscheinungen. Ob aber, wie Moos (Zeitschrift für Ohren¬
heilkunde Bd. XI, p. 238) glaubt, Phlebitis eines der kleineren
Himsmus (Petrosus superior und inferior), oder, wie Hessler
(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. XX, p. 223) und Körner ( Die
otitischen Erkrankungen des Hirns, der Hirnhäute und der Blut¬
leiter“ M. 1894, p. 79) annehmen, Osteophlebitis der
kleinen Venen des Schläfenbeins als Ursache der Septicopyämie anzu-
sehen sei, oder ob, nach Herrn Fraenkel’s Auffassung, eine direkte
Aufnahme der Infectionserreger durch die Lymphbahnen statt¬
gefunden habe, lässt sich auf Grund des vorliegenden Materials
schwerlich entscheiden. Für die Praxis ist nur die erste Frage
d. h. die eventuelle Annahme oder Ausschliessung einer Phlebitis
der grösseren Blutleiter, speciell des Sinus transversus, von Be¬
deutung weil wir danach unser therapeutisches Handeln ein-
nchten, d. h uns darüber entscheiden müssen, ob wir im gegebenen
halle nur die Paracentese des Trommelfelles oder die einfache
irepanation des Warzenfortsatzes vornehmen, oder ob wir der
letzteren die Eröffnung des Sinus und die Ausräumung des septischen
Materials aus demselben folgen lassen sollen
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
VL Wirkt Antitoxin giftzerstörend?
Von Prof. H. Büchner in München.
Die Darstellung Prof. Behring’s in No. 8 dieser Wochenschrift
muss bei Lesern, denen mein Aufsatz: „Beruht die Wirkung
, n D n ^ chen . Heilserums auf Giftzerstörung?“ in
\ ‘ -p. j r Berliner klin. Wochenschrift unbekannt geblieben ist,
dLw“'™ «wecken, als handle es sieh in letzterer nur um
j* rr lscbe Streitigkeiten, wobei Unklarheit und Missverständniss
mal, s P^ en - Keine Annahme könnte irriger sein. Viel-
* eS8ich ^ du rch ihren praktischen Ernst
dem p 0 S i Un ^ v ,fangende Frage: Dürfen wir bei einem Menschen,
npiitic*!, lri ?u 8c ? es Tetanus- oder Diphtherieheilserum in thera-
Sn^ AbS c. Cll i "5 idrt wird « erwarten, dass die einverleibten
r“ en das 1111 ? ör P er vorhandene, in den erkrankten
mifToi. H er * eitS WLr hsame Gift zerstören? Oder müssen wir uns
EmrLc c!“! ein 5 im munisirenden, schützenden Wir-
S !? Se a “ f die nocl1 nictlt to“ der specifischen Gift-
ergriffenen Organe und Organtheüe begnügen?
zweifelhaft 111 . ch ^ e u°® sen Wird die Bedeutung dieser Alternative
theranpnt;Lt em eb ® nsowem g die Nothwendigkeit, bei serum-
habftif \f ben Versuchen von vornherein hierüber Klarheit zu
zweit« T,® 111 ® Expenmente haben nun ergeben, dass nur die
habe «lg ngsa.rt der Wahrheit entspricht, und ich
genau 8 I eitere ?. Gewährsmann Tizzoni anführen können, der
dar^f gleicben Resultate kommt. Und zuletzt habe ich
darauf hi«—7— a-uiumu. uuu zuiclzl naoe len
Wochenqphlif^TöQQ da ® S Be hring’s eigene neueste, in No. 48 dieser
Denn wi«^^ 3 mit K etbeilte Erfahrungen das gleiche ergeben,
keit Z 7ZZ T lhm . geschilderte „Ueberempfindlich-
möglich ««a n d en Organismus“ gegen Tetanusgift überhaupt
Sernm’vü eiDe . s 0 ^ anism us, der gleichzeitig ein
wenn die An«+ °? b antitoxischen Eigenschaften besitzt,
möchten? ltoxine uu Körper giftzerstörend zu wirken ver-
nöthi^kf 0 ,,^ 6 j 6 let ^ er eu Ergebnisse beweisen, dass Vorsicht
Körper niohf Vorgänge bei der Antitoxinwirkung im
deuten suchte em * acb sin d wie man sich dieselben anfangs zu
Erwiderung auf vorstehende Bemerkungen.
Von E. Behring.
wiedenm^ein^ W»r von Prof ‘ H * Büchner lassen
auf deren * ar ® Stellungnahme zu derjenigen Frage vermissen,
Diese Fräs« iä CQ + 0r ^ g 68 . dem Praktischen Arzt allein ankommt. .
*6 asst sich iu die Worte zusammenfassen: „Kann die I
Antitoxinbehandlung bei diphtheriekranken und bei
tetanuskranken Individuen lebensrettend wirken?“
TW \ nehme d , aSS Prof ‘ H ' Bahner mit den experbnenteUen
Thatsachen genügend vertraut ist, durch welche dieseTriebe-
dingungslos mit „ja“ beantwortet wird ^ b
Wenn das aber der FaU ist, dann wird Bueliner auch nicht
umlim können, die Blutantitoxine als Heilmittel zu bezeichnen
und ich glaube, er wird dann bei näherer Ueberlegung die Forderung
nicht mehr aufrecht erhalten, dass vor der praktischen Anwendung
dieser Heilmittel die Gelehrten über das Zustandekommen der
Heilwirkung einig sein müssten. Wie wenig Theorie und Praxis
™Te™“n H n nd -ti n i der Madi ? i11 . e obcn . Iehrt ja auch die Geschichte
andern Heilmittel zum Beispiel des Quecksilbers für die Syphilis
und des Chinins für die Malaria.
Ganz unrichtig ist es, wenn Büchner dafür, dass wir uns
mit einer prophylaktischen Antitoxinwirkung begnügen müssten,
Tizzoni als Gewährsmann anführt. Tizzoni hat im Gegentheil
positiv für den Tetanus die lebensrettende Wirkung des Tetanus-
eilserums bei typischem Tetanus auf Grund eigener Beobachtungen
behauptet, und er ist meines Wissens auch weit entfernt sich aus
der biographisch interessanten, wissenschaftlich aber ganz ergebnis¬
losen Publication Buschke’s Belehrung über angebliche Neben¬
wirkungen des Tetanusantitoxins zu holen. Als experimentell
ei fahren er Mann ist Tizzoni weiterhin nicht so unvorsichtig wie
Büchner über die Heilbarkeit der Diphtherie negirende Urtheile
abzugeben, ohne das Diplitherieantitoxin in Händen gehabt zu
haben.
Es ist freilich richtig, dass in manchen Fragen Tizzoni immer
noch sich durch Buchner’sche Theorieen irreführen lässt. Dies
Schicksal theilt er mit manchen anderen Medicinern und das ist
eben auch der Grund, aus weichem ich mir die Mühe mache, die
rehlerquellen in Buchuer’s Auseinandersetzungen aufzudecken.
Ich habe schon früher erwähnt, dass dies in meinem noch in diesem
Monat erscheinenden Buche „Infection und Desinfection“ aus¬
führlicher geschehen ist. Hier will ich bloss noch auf einen be¬
stimmten Punkt die Aufmerksamkeit lenken.
Nach den Ausführungen Büchner’s muss der Leser glauben
dass irgend jemand das speeifische Tetanusgift in kranken Organen
antitoxinbehandelter Individuen nachgewiesen habe. Das ist aber
weiter nichts, als eine luftige Hypothese von Büchner, wovon
jedermann mit Leichtigkeit durch experimentelle Untersuchung
sich überzeugen kann. Gerade umgekehrt liegt in Wirklichkeit die
Sache. Nicht darin lag die Schwierigkeit des Verständnisses der
Antitoxinwirkung im tetanuskranken lebenden Organismus, dass
Giftreste in Organen gefunden wurden, sondern dass anscheinend
ein Antitoxinüberschuss im Blut und in den Organen solcher
Individuen vorhanden ist, die trotzdem an typischem Tetanus zu¬
grunde gehen. Diese zuerst von Metschnikoff zur Discussion
gestellte Thatsache ist für mich der Ausgangspunkt einer sehr
grossen Reihe von experimentellen Untersuchungen geworden, die
unwiderleglich beweisen, dass sowohl die immunisirende wie die
heilende Antitoxinwirkung einzig und allein auf der direkten Un¬
schädlichmachung des Tetanusgiftes, beziehungsweise des Diphtherie¬
giftes beruht.
Ich bin einigermaassen neugierig, was Prof. H. Büchner
sagen wird, wenn er nach Kenntnissnahme der in meinem oben
genannten Buche ausführlich dargestellten experimentellen Resultate
findet, wie einfach die Lösung des Problems ist, dass „das Blut
eines tetanusgiftüberempfindlichen Individuums zwar
genug Antitoxin enthalten kann, um für andere, weniger
giftempfindliche Individuen das Tetanusgift unschädlich
zu machen, aber nicht genug, um das Tetanusgift für sich
selber vollkommen wirkungslos zu machen.“ Soviel will
ich schon jetzt verrathen, dass der Schlüssel zum Verständniss
dieser auf den ersten Blick paradox aussehenden Thatsache ge¬
funden ist, wenn man sich die Relativität des Giftbegriffs
und die Relativität des Begriffs der Giftzerstörung recht
klar gemacht hat.
VII. Zur Geschichte der Myxödemfrage.
Von Prof. Dr. Otto Leich tenstern in Köln.
Herr Felix Semon (London) macht mich darauf aufmerksam,
dass wie fast in der gesammten deutschen Litteratur, so auch in
dem historischen Abschnitt meiner jüngsten Myxödemarbeit 1 ) der
Antheil, welchen er selbst an der Entwickelung der Myxödemfrage
genommen habe," mit Stillschweigen übergangen worden sei.
Nach Einsicht des Originales stehe ich nicht an, meiner ge¬
nannten Arbeit an der betreffenden Stelle der historischen Uober-
sicht den folgenden Satz hinzuzufügen:
') Diese Wochensckr. 1893, No. 49—51.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
252
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
„1883. Felix Semon (London) spricht in der Sitzung der
Clinical Society of London vom 23. November 1883 l ) zuerst klar
und bündig den Satz aus, dass Cretinismus, Myxödem und
„Cachexia strumipriva“ ihre gemeinsame Ursache in dem
Verlust der Schilddrüse, i. e. in dem Ausfall der Schild¬
drüsenfunction haben.
VIIL Referate und Kritiken.
J. Hirschberg, Um die Erde. Eine Reisebeschreibung. 531 S.,
gr. 8 U . Leipzig, Georg Thieme, 1894. Ref. Pagel (Berlin).
Einen kleinen Bruchtheil des Werks kennen die Leser dieser
Wochenschrift bereits in Gestalt der vortrefflichen und instructiven
Aufsätze über japanische und indische Heilkunde, welche der Ver¬
fasser, der üphtnalmologe Prof. Hirschberg, im vorigen Jahr¬
gange, zuletzt in No. 5 dieses Jahres publicirt und jeder Freund
der medicinischen Geschichte mit Freuden und Dank wie alles,
was Hirschberg schreibt, begrüsst hat. ln höherem Maasse
schulden und zollen wir an dieser Stelle dem Verfasser Dank da¬
für, dass er uns auch die ganze Reisebeschreibung, den Rahmen,
innerhalb dessen die früher veröffentlichten Fragmente sich be¬
finden, also gewissermaassen den Makrokosmos vom Mikrokosmos
nicht vorenthalten hat. Aber nicht bloss Dank für die wunder¬
bare Schilderung seiner mannigfachen Erlebnisse und für vielseitige
Belehrung, sondern auch Bewunderung für seine physische und
schriftstellerische Leistung gebührt dem Verfasser, ln 171 Tagen
48092 km, eine Weltreise in der Zeit vom 1. August 1892 bis
zum 19. Januar 1893 zurückzulegen und schon heute uns eine so
umfangreiche und gediegene Beschreibung, wie sie in dem statt¬
lichen Werke vorliegt, zu liefern, dazu war nur ein so grundge¬
lehrter und durch frühere Reisen (viermal nach Italien, zweimal
nach der Türkei und Griechenland, zweimal nach Nordafrika und
einmal nach Nordamerika) sowohl sprachlich wie sachlich nach
allen Richtungen hin präparirter und naturwissenschaftlich ge¬
schulter Arzt, wie Prof. Hirschberg einer ist, imstande. Mit
seiner Weltreisebeschreibung hat er uns ein universelles Quellen¬
werk von nicht geringem Werthe geliefert. Vollgepfropft mit reise-
litteratur- und anderen geschichtlichen Notizen, bietet es dem
Leser in der That eine ganze Welt von Beobachtungen und Be¬
merkungen und dazu zum Theil von solchen, welche sich, wie die¬
jenigen über japanischen Religionsculius, in keinem anderen ähn¬
lichen Werke hnden. Der Theologe, der Welt- und Culturhisto-
riker, der Mediciner so gut wie der Naturforscher, der Mathema¬
tiker — sie alle werden Hirschberg’s Buch mit Genuss und
Befriedigung lesen und eine Fülle von Belehrung daraus schöpfen
können. Aber auch das Herz des Philanthropen, die Phantasie
des Dichters und Natur Schwärmers fühlt sich an nicht wenigen
Stellen des Buches warm berührt, um nicht zu sagen tief gerührt
und sympathisch angeregt. Wir lernen den Verfasser als einen Mann
kennen und schätzen, bei dem Herz, Gemüth und mathematisch¬
naturwissenschaftliches Denken harmonisch mit einander gepaart
sind, der Patriotismus und Nationalstolz mit Kosmopolitismus und
Humanität in angemessenster Weise verbindet, und es muss zu
besonderer Genugthuung gerade den Vertretern des ärztlichen
Standes der Gedanke gereichen, dass es einer der ihrigen ist, der
deutsche Wissenschaft und Gelehrsamkeit, deutsches Können und
Wissen nach den fernsten Ländern hin vermittelt und dort in so
würdiger Form zur Geltung bringt. Die Einzelheiten, wie Hirsch¬
berg gereist ist, wo und wie lange er sich in jeder der von ihm
besuchten Städte und Länder aufgehalten, was er dort erlebt und
gesehen hat, welche Ovationen ihm von Collegen bereitet worden
sind u. a., müssen in dem glänzend durch Druck, Papier, photo¬
graphische Abbildungen, sowie eine Weltkarte (mit der durch eine
rothe Linie gekennzeichneten Reisetour) ausgestatteten Buch selbst
nachgelesen werden. Auch die hochgestelltesten Erwartungen, mit
denen man an die Lectüre Hirseliberg’scher Arbeiten heran¬
treten darf, werden keine Täuschung und Enttäuschung erfahren.
Im Geiste wird man mit dem Verfasser eine Weltreise durchleben
können ganz in derselben Weise, wie nach des Asklepiades Grund¬
sätzen eine Cur beschaffen sein soll: tuto, cito et jucunde.
C. Hose, Ueber Kieferbrüche und Kieferverbände. Jena,
G. Fischer, 1893. Ref. A. Köhler (Berlin).
Da bis jetzt noch keine zusammenfassende Darstellung der
Kieferbrüche und Kieferverbände besteht, wenigstens keine, welche
die modernen Errungenschaften der Technik bei den Verbänden
vollständig enthält, übergiebt C. Röse, Privatdocent an der Uni¬
versität Freiburg i. B., den betreffenden Abschnitt seines dem¬
nächst erscheinenden Lehrbuches der Zahnheilkunde schon jetzt
l ) Brit. med. Joura> 1883, vol. II, p. 1073»
der Oeffentlichkeit. Unter den 56 Abbildungen, besonders unter
den Gipsabgüssen, finden wir einige alte Bekannte, da
fasser gelungen ist, eine Zahl der von Sauer u. a. dargestellten
Abgüsse für seine Arbeit zu verwertlien Interessant und für
die Kriegschirurgie besonders wichtig sind die Besonderheiten der
Schussverletzungen der Kiefer, bei denen man von altersher mit
den Splittern sehr conservirend (nicht „conservativ, Ref.) verfuhr
und welche von Röse überall mit besonderer Sorgfalt berücksich¬
tigt werden. Bei der Besprechung der Therapie der Unterkieier-
brüche folgt auf die ausführliche historische Einleitung über die
zahlreichen früheren Methoden der Retention (Funda, Capistrum
duplex, BoyeFs Korkverband, Szymanowsky’s Holzstao Ver¬
band nach Rütenik, Bleichensteiner u. s. w.) die durch mstruc-
tive Abbildungen erläuterte Erklärung der neueren Methoden, bei
denen die jedesmal besonders angeiertigten Schienen ihre Be¬
festigung an dem gebrochenen Kieler seihst finden. Die vortefi-
lichen Sauer’schen Apparate, welche seiner Zeit wohl in den
meisten chirurgischen Kliniken Berlins von Sauer selbst und
seinen Schülern angelegt wurden, und besonders sein Nothverband,
welcher leicht zu erlernen ist und deshalb bei Kriegsverletzungen
von grossem Werthe sein kann, werden besonders ausführlich he-
sprochen. Sie werden nur übertroffen von den in jüngster Zeit
von Löhers angegebenen Ringmutterverbänden, deren nähere Be¬
schreibung im Original nachzusehen ist. (Sie besitzen übrigens
eine grosse Aehnlichkeit mit den von Angle (Journ. f. Zahnheilk.
Jahrg. V, Heft 1J empfohlenen „regulating and retaining appiiances".
Gibson, welcher ebenfalls über Kieferbrüche schrieb (Dental Cos-
mos 1890, No. 3] hat nur die Haun’schen Schienen Ls. Röse,
p. 17ff'J aufs neue erfunden. Von Schussverletzungen der
Kiefer handelt aus neuerer Zeit die Dissertation von L. Brandt,
A 1SU9. Rnf 1
B. Sachs, Die TTimiahwiiing en der Kinder. (Volkmann’s Samm¬
lung klinischer Vorträge No. 46 und 47. Ref. Eulen bürg (Berlin).
Eine sehr gute Monographie der cerebralen Kinderlähmung von
B. Sachs, dem wir schon mehrere schätzbare Arbeiten über den¬
selben Gegenstand (Journal of nervous and mental diseases 188/,
1890 und 1891) verdanken; auch nach* der neuerdings erschienenen
ausführlichen Studie von Freud und Rie (Wien i89l) noch in
hohem Grade beachtenswerth. — Sie unterscheidet drei Haupt-
gruppen: 1) vor der Geburt entstandene Lähmungen; 2) Lahmun¬
geninfolge von Geburtstraumen; 3) acute oder acquirirte -Lähmungen
— und theilt einzelne prägnante Beispiele jeder Gruppe mit. —-
Unter 225 zusammengestellten Fällen wurden 134 bei Enabeu, 91
bei Mädchen beobachtet; Hemiplegia dextra bestand 81 mal, sinistra
75 mal, Diplegie 39 mal, Paraplegie 30 mal. Von den erworbenen
Fällen scheinen wenigstens zwei Drittel im ersten Lebensjahre
ihren Anfang zu nehmen; vereinzelte Fälle stammen aber noch
aus dem achten, selbst aus dem fünfzehnten Jahre.
ln der Aetiologie der intrauterin entstandenen Läh¬
mungen sind von der Mutter erlittene Traumen hervorzuheben
(5 Fälle). Bei der Aetiologie der acuten Hirnlähmungen spielen
die verschiedenen lnfectionskrankheiten die wichtigste Rolle; auch
psychisches Trauma und noch mehr Schädeltrauma sind Momente
von grosser Bedeutung, ln der Frage, wie sich die Kinderläh¬
mung zu den so käuhg vorangehenden Convulsionen verhalte, er¬
klärt Sachs gegenüber Freud und Rie, welche die Convulsionen
nicht als ätiologisches Moment gelten lassen wollen, an seinem
eigenen früheren Standpunkte festnalten zu müssen; die Lähmung
kann nicht selten auf der Höhe eines Krampfanfalls, durch Häinor-
rhagie u. s. w. entstehen. Coma kann im Initialstadium ganz
fehlen, wenn der Process sich im Innern des Gehirns abspielt, ist
dagegen bei corticalem Ursprünge gewöhnlich vorhanden; wieder¬
holtes oder häufiges Eintreten von Coma und Convulsionen lassen
sicher auf einen corticalen Ausgangspunkt des Processes schliessen.
— Von besonderer Wichtigkeit ist die enge Association dieser
Erkrankungsformen mit Epilepsie; nach Sachs ist „ein nicht
geringer Procentsatz der sogenannten genuinen Epilep¬
sie infolge jener Gehirnläsionen entstanden, welche zu
den hier besprochenen Lähmungen führen." Nach der
eigenen Statistik von Sachs kommt Epilepsie in ungefähr 45 u / 0
aller Hirnlähmungen vor, und zwar häufiger im Zusammenhang
mit Hemiplegie als mit doppelseitiger Lähmung, last die Hälfte
der Fälle von cerebraler Hemiplegie bei Kindern lührt zur Epilepsie;
nur selten zeigt diese in solchen Fällen den rein corticalen Typus.
Von den Diplegieen waren 29 ü /o, von den Paraplegieen 36 u /o niit
Epilepsie verbunden. Die Epilepsie steht unzweiielhaft in enger
Beziehung zu den secundären Degenerationen, die sich im An¬
schlüsse an die Initialläsion entwickeln, und hat vollständig den
Werth einer traumatischen Epilepsie; in allen Fällen besteht an¬
fangs ein ganz localer Process, an den sich die secundären Ver¬
änderungen anschliessen, die mit dem Auftreten der Epilupsi®
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UNIVERSITf OF MICHIGAN
15. März.
• DEUTSCHE MEfrlClNlSCHE WOCHENSCHRIFT.
253
Hand in Hand gehen. An diese Verhältnisse knüpft sieh die
Möglichkeit, durcn operative Entfernung des Krankheitsheerdes die
Epilepsie zu beeinflussen (Horsley). Sachs theilt einzelne ein¬
schlägige Erfahrungen mit (zwei vorübergehende Erfolge, ein Todes¬
fall) und spricht sich einstweilen dahin aus, dass die Excision des
betreffenden Rindencentrums nur dann vollkommen rationell sei
wenn eine bedeutende secundäre Sclerose sich noch nicht ent¬
wickelt habe, ihre weitere Verbreitung aber von dem zu bezeich¬
nenden Hirntheile aus befürchtet werden müsse.
M. Bernhardt, Üeber Franklin’sche oder Spannungsströme
vom elektrodiagnostischen Standpunkt. Volkmann’s Samm¬
lung klinischer Vorträge N. F. No. 41. Referent Eulen bure:
(Berlin). 6
Nach einer historischen Uebersicht der bisher vorliegenden
Litteratur, soweit dieselbe für Elektrodiagnostik von Wichtigkeit
ist, geht Bernhardt zur Beschreibung seiner eigenen Versuche
über, wobei das Eulenburg-Hirschmann’sche Armamentarium
benutzt wurde; die Prüfungen geschahen stets sowohl mit dem
Funkenstrom, wie mit dunklen Entladungen bei Einschaltung
i ran klinischer Tafeln (Belegfläche 113 qcm). Strom und Muskel
wurden stets monopolar untersucht, der andere Pol entweder zum
Erdboden oder zu der isolirenden Fussplatte abgeleitet. Bei dem
Funkenstrom wirkt der positive Pol stärker zuckungerregend
während bei Einschaltung Franklin’scher Tafeln eine stärkere
\V irkung des einen Pols vor dem anderen nicht bemerkt w'erden
konnte.
ln einem Falle von traumatischer Radialislähmung mit
vollkommener Entartungsreaction ergab auch die Reizung mit ln-
üuenzelektricität nach beiderlei Methoden keine Reaction in der
gelähmten Muskulatur. — ln einem Falle von fast vollkommener
Lähmung des linken Arms nach Sehulterluxation war in
den Gebieten herabgesetzter, indirekter und direkter faradischer
Reizbarkeit auch die Franklin’sche Erregbarkeit vermindert,
aber deutlich vorhanden, die Zuckung dabei gleich der faradischen
prompt und blitzartig, trotz träger galvanischer Zuckung
bei direkter Reizung.
. ^ n, ier ^ ä ^ en von typischer B leilähra ung waren die Muskeln
mit vollkommener Entartungsreaction auch bei Franklin’scher
Reizung völlig reactionslos. linter fünf Fällen von Facial 1 ähmung
ist em schwerer Fall hervorzuheben, in dem nach 14 Tagen die
mraoische und galvanische, direkte und indirekte Erregbarkeit in
en gelähmten Partaeen erloschen war; hier konnte auch durch
unkenentladungen und dunkle Entladungen keine Reaction erzielt
wemen. ln einem anderen Falle war die faradische Erregbarkeit
. 6n i“ esten ?ür M. corrugator und M. levator menti erhalten,
vermindert, bei ausgesprochener galvanischer Entartungs-
l l ? a ’ D . er er 8P , b auf der gelähmten Seite auch die Frank-
n , s ? e Beizung in den genannten Muskeln deutliche, prompte
__ urze Zuckung, jedoch schwächer als auf der gesunden Seite,
taiö« einem - 7011 Zähmung an den unteren Extremi-
ri - > war im N. peroneus der kranken Seite die indirekte fara-
?lfiillfv 12bar i eit r, sehr schwach , die direkte ganz fehlend, bei
gleichzömger EaR; hier erhielt man auch bei Franklin’scher
„ 1 ^L 1 Ilur vom ^ ervei1 aus schwache Zuckung, vom Muskel aus
s»" nichts.
dßR + m von P er ipherischer Lähmung im Gebiete
.. . n , ulnaris un( * m ^dianus konnte mit voller
artun ln h> auni enballenmußkeln eine Franklin’sche Ent-
danffen gß ^ J h* tl j Il 4 ,VV ex( l uisit trä & e Zuckung bei Funkenentla-
^erden deutlich hei dunklen Entladungen) — beobachtet
zeitmpr At! m J al i e V011 lia hsseitiger Hemiplegie mit früh-
Muskeln, Herabsetzung der elek-
EaR erinnn^ baF ^? lt m . ^ er ! v en un( i Muskeln und einer an partielle
— wie an oh . 611 Reaction in einzelnen kleinen Handmuskeln waren
pberischfir T au der Mehrzahl der vorhergehenden FäUe von peri-
EucS" ^«nt partieller EaR - die Franklinschen
als auf^der gemmden^^te 2 ’ a ^ er Gütlich schwächer
der ,^ U8 heldystrophie mit Betheiligung
titative H«r 0 h muskulatur bestand theils Aufhebung, theils quan-
in ganz für faradisc he und galvanische Ströme, und
linW stl! r WeiS0 . au °h ^r die Funkenentladungen Frank-
herabgesetztflr fl’™*- ? ei ein ? r mul tiplen Neuritis mit enorm
Erregbarkeit ; ara( hacher und galvanischer, direkter und indirekter
düngen o-* r w zaW f eic hen Nervengebieten erzielten Funkenentla-
(promote nioh! 116 .’ ünuhle Entladungen theilweise noch deutliche
«chrie P ben 5 en? P.i, Zuckung. - In einem (schon 1885 be-
sowohl dl«.«*;,, TOn fhomsen’scher Krankheit endlich rief
oetzung nut Funkenströmen wie mit dunklen Entla¬
dungen kurze, prompte, nicht nachdauernde Zuckung hervor; selbst
bei sehr schneller Rotation und tetanusähnlicher Muskelerregung
wurde eine deutliche Nachdauer nicht beobachtet.
Im allgemeinen fand sonach Bernhardt, gleich dem Referenten
dass, wo der faradische Reiz auf Nerv und Muskel nicht mehr
wirkte, auch der Franklin’sche Reiz in der Regel erfolglos war;
träge Franklin’sche Zuckung constatirte Bernhardt nur in
einem einzigen Fall; bei partieller Entartungsreaction fand
sich stets ein vollkommener Parallelismus der Franklin’schen
und der faradischen Reaction, bei beiden stets prompte und kurze
Zuckung, während der direkte galvanische Reiz mit träger Zuckung
beantwortet wurde.
J. Grossmann, Die Erfolge der Suggestionstherapie (Hypnose)
bei Influenza. Berlin, Herrm. Brieger, 1892. Ref. K. Grubo
(London).
Verl, ist ein begeisterter Anhänger der Suggestionstherapie,
mit der er sich seit zwei Jahren beschäftigt und die er bei mehr als
351) Fällen mit den besten Resultaten angewandt hat. Dass die¬
selbe in der Hand des vorsichtigen und mit der Technik vollkom¬
men vertrauten Arztes gefährlich sein könne, bezeichnet Verf. als
ein Märchen. Ihm ist niemals ein unangenehmes Symptom danach
vorgekommen, niemals ein nervöser Mensch noch nervöser, oder ein
nicht Nervöser nervös geworden.
Die vorliegende Arbeit berichtet über die Wirkung der Hyp¬
nose bei Influenza; der erste Theil derselben behandelt im allge¬
meinen die Erfolge und die Technik, der zweite giebt die Kranken¬
geschichten.
Bei der Influenza treten eine Reihe von Symptomen auf, denen
gegenüber die medicamentöse Behandlung vollständig machtlos sei.
Hierzu gehören vor allem die Schmerzen, ferner eine andauernde
Appetitlosigkeit, profuse Transspiration, Schlaflosigkeit, Schwindel,
allgemeine Depressions- und Prostrationsgefühle. Gerade diesen subjec-
tiven Symptomen gegenüber hat nun die Suggestion dem Verf. so vor¬
zügliches geleistet, dass er nicht ansteht, zu behaupten, die Wirk¬
samkeit der als Speciflca gepriesenen Mittel beruhe hauptsächlich
auf ihrem suggestiven Einfluss, d. h. auf der von dem Kranken
sich selbst suggerirten Idee und der durch die versichernden
Worte des Arztes imputirten Suggestion, dass die Mittel helfen
würden.
Neben der Suggestion seien freilich auch andere Mittel nöthig,
so einmal zur Bekämpfung des Fiebers, sodann um „dem herrschen¬
den Vorurtheil“, dem Verlangen des Kranken nach einer Medicin
Rechnung zu tragen und somit den suggestiven Nutzen der letzteren
heranzuziehen. Ehe Verf. aber derartige Mittel verordnete, wurden
immer zuerst die oben skizzirten Symptome ganz oder theilweise
wegsuggerirt. In allen Fällen aber, in denen der Controlle wegen,
oder weil Verf. nicht imstande war, den Patienten zu hypnotisiren,
oder in denen abwechselnd die Suggestion und medicamentöse
Mittel angewandt wurden, konnte Verf. sich überzeugen, dass das
wesentlich wirkende Agens die Suggestion war. Wie Verf. in den
Fällen, in denen die Hypnose nicht gelang, zu dieser Ueberzeugung
kam, sagt er nicht. Die Suggestion ist daher in vielen Fällen der
medicamentösen Behänd!ungsweise, der Elektro- und Hydrotherapie,
ebenbürtig an die Seite zu stellen.
Die Krankengeschichten von 32 Fällen sind mehr oder weniger
ausführlich. Meistens war der Erfolg ein guter, und zwar trat
derselbe häufig schon nach wenigen Tagen (2—3) ein, nur in
wenigen Fällen war er weniger eclatant. Im 18. Fall handelte es
sich um ein 17 jähriges Mädchen, die ausser an den Folgen einer
durchgemachten Influenza nach Angabe der Krankengeschichte
auch an starker Anämie litt; sie kam am 27. Januar in Be¬
handlung und war am 4. Februar vollkommen gesund. Man weiss
nicht, ob sich dies vollständige Gesundsein auch auf den
anämischen Zustand beziehen soll oder nicht. Uebrigens ist der
Fall auch wegen des angegebenen Einflusses der Suggestion auf
die Menses interessant.
Zum Schluss fasst Verf. noch einmal die Vorzüge des Verfahrens
im Gegensatz zu der viel geringeren Wirkung der medicamentösen
Behandlung zusammen. Er warnt davor, den Kranken aus der
Hypnose zu erwecken, ohne ihm zuvor das Gefühl subjectiven Wohl¬
befindens zu suggeriren, und meint, dass, wenn dieses vom Hypno¬
tiseur unterlassen werde und die Patienten nachher über allerlei
Beschwerden, wie Benommenheit und Schwindel klagen, nicht
Hypnose und Suggestion, sondern die Ungeschicklichkeit und Un¬
kenntnis des Ausführenden zu beschuld.gen seien. Uebrigens
werde es manchem, der sich mit der Sache beschäftigen
werde, gehen wie ihm und aus dem Saulus ein Paulus werden.
Dass die Zahl dieser Bekehrten gross sein w ? ird, ist billig zu be¬
zweifeln.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
254
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
. NO..U
Menoke, Welche Aufgaben erfüllt das Krankenhaus der
kleinen Städte und wie ist es einzurichtenP 4. Aufl. Mit
6 Tafeln und 10 Holzschn. Berlin, R. Schoetz, 1894. Referent
Merke (Berlin)!
Verfasser giebt an der Hand der Erfahrungen, die er in dem
im Jahre 1869 nach seinen Angaben erbauten und 1879 durch
einen Anbau vergrösserten Krankenhause zu Wilster gesammelt,
seine Ansichten über Zweck, Bauart, innere Einrichtung und Ver¬
waltung von Krankenhäusern, wie sie ohne übermässigen Kosten¬
aufwand auch in kleineren Gemeinden durch Privatwohlthätigkeit
geschaffen werden könnten. Er empfiehlt das dem englischen
Cottagesystem nachgebildete Hütten-Hospital, das in der Haupt¬
sache aus einem eingeschossigen Gebäude besteht, in welchem sich
auf der einen Längsseite (nach Norden) der gut belichtete, geräu¬
mige Corridor, auf der anderen Seite (nach Süden gelegen) die mit
einander nicht eommunicirenden, auf diesen Corridor mündenden
Krankenzimmer für vier resp. zwei Betten befinden. Ausserdem
ist für ein Isolirzimmer, ein Aerztezimmer, Bad und Closetraum,
sowie für eine kleine Wohnung mit Küche für die Verwalterin des
Krankenhauses Sorge getragen.
Bezüglich des Baues und der Einrichtung bespricht Verfasser
nacheinander in grösstentheils ausführlicher Weise, und indem er
an geeigneten Punkten auch grössere Verhältnisse streift, den
Bauplatz, Baugrund, Fundamentirung, Eintheilung, Belegraum,
Oeconomie, Badeeinrichtung, Abfuhr, Betten und dergl., Aerzte¬
zimmer, Nebengebäude, Eishaus und Desinfoction — wie man
sieht, ein in jeder Hinsicht reichhaltiges und ausführliches
Programm.
Es ist hier nicht der Ort, auf die Besprechung der einzelnen
Abschnitte einzugehen, jedoch möchten wir wenigstens einige
Punkte, die uns aufgefallen sind, berühren. Zunächst würde wohl
bei dem Neubau eines Krankenhauses auch in einer kleineren Stadt
doch auf eine bessere Trennung der Geschlechter Rücksicht ge¬
nommen werden müssen, als sie bei dem besprochenen Hütten-Hospital
möglich ist. (Verf. bringt übrigens selbst auf Taf. VI den Grund¬
riss des Krankenhauses in Birkenfeld, in welchem diese Trennung
durchgeführt ist). Sodann berührt es etwas seltsam, wenn Verf.
auf S. 43 empfiehlt: in einem und demselben Gebäude das Leichen¬
zimmer, die Waschküche und — ein Zimmer für Krätzkranke
unterzubringen. Wenn es schon immer noch absolut nothwendig
erscheint, Krätzkranke zu isoliren, obgleich doch gerade bei dieser
Krankheit die Weiterverbreitung, wenigstens im Krankenhause,
mit Leichtigkeit und absoluter Sicherheit zu verhindern ist, so
sollte man doch stets bedenken, dass dies eben auch kranke Men¬
schen sind, denen man ebenso wenig wie anderen Kranken eine
derartige Nachbarschaft zumuthen kann. Auch mit der Empfehlung
der schwer zu reinigenden hölzernen Bettstellen seitens des Verf.’s
an Stelle der eisernen, „da die letzteren viel zu kalt seien“, dürften
sich nur Wenige einverstanden erklären.
Bei der Besprechung der Closeteinrichtungen in dem Capitel
„Abfuhr“ vermissen wir ferner die Erwähnung eines Raumes für
die Aufstellung von Kochapparaten zur Desinfection von Excre¬
menten, Sputa u. dergl. bei gewissen Infectionskrankheiten. Die
Beschaffung derartiger Apparate ist bei dem geringen Kosten-
aufwande, den sie verursachen, auch dem Krankenhause der kleinen
Städte recht wohl möglich.
Wünschens werth wären schliesslich auch genaue Vorschläge
über die Einrichtung von Desinfectionskammem, die am zweck-
mässigsten wohl mit der Waschküche und dem Leichenzimmer in
einemi Gebäude unterzubringen wären, wie dies beispielsweise in
dem Krankenhause der Stadt Grätz geschehen ist.
Verfasser bemerkt zwar, dass bei der Aufstellung des Desin-
fectionsapparates darauf zu achten ist, „dass sich die Thür zum
Einladen der Desinfectionsobjecte in einem anderen Raume befinde
als m welchem sich die Thür zum Ausladen befindet“, um eine
Neuinfection der desinficirten Gegenstände zu verhüten, beschreibt
aber gleichwohl ausführlicher nur solche Apparate, bei denen eine
derartige Scheidung m eine reine und eine unreine Seite nicht an¬
gängig ist.
Abgesehen von diesen und ähnlichen Einzelheiten, wie zu
Beispiel die Fussbodenfrage, in der wir uns persönlich mit de
Verfasser nicht m Einklang wissen, können wir auch die nei
Auflage von Mencke’s „Krankenhaus der kleinen Städte“ all«
denen auf das angelegentlichste empfehlen, die dazu berufen sii
o er die Pflicht m sich fühlen, dem in kleineren Ortschaften sowo
wie auf dem platten Lande mehr und mehr sich geltend machend«
Mangel an geeigneten, den Forderungen der Hygiene wie d
Humanität wenigstens einigermaassen entsprechenden Kranke
Unterkünften abzuhelfen.
IX. Journalrevue.
Chirurgie-
Zweifel, Die Bildung einer künstlichen Harnröhre
mit künstlichem Sphincter. Centralblatt für Chirurgie 1893,
No. 37.
0. Zuckerkandl, Zu Prof. Zweifel’s Bildung einer
künstlichen Harnröhre mit künstlichem Sphincter. Ebenda
1893, No. 42.
0. Witzei, Ueber die Operation der Sackniere mit
Anmerkungen über die Anlegung der Schrägfistel an
der Harn- und Gallenblase und am Darm.
E. Martin, Die Anlegung der Blasenbauchfistel nach
Witzei an Stelle dos hohen Blasenstiches. Ebenda 1893,
No. 47.
Die vier oben näher bezeiehneten Mittheilungen schliessen
sich an den von Witzei vor zwei Jahren gemachten Vorschlag
an, die Gastrostomie, abweichend von dem früheren Vorgehen, so
zu bilden, dass ein in den Magen geführtes Rohr (Nölaton) durch
zwei Längsfalten der Magenwand übernäht werde, und dass das
Rohr die Bauchmuskeln schräg durchsetzt, wodurch diese wegen
ihrer entgegengesetzt wirkenden Faserrichtungen das Rohr gleich¬
sam wasserdicht umschliessen. Die Grundidee des Witzel’schen
Vorschlages ist also die, durch Trennung der Bauchmuskeln, ent¬
sprechend und parallel ihrer Faserrichtung, für das umkleidete
Rohr eine Art Bauchmuskelklammer zu schaffen, um ein unbeab¬
sichtigtes Abfliessen von Mageninhalt auf diese Weise zu ver¬
hindern. (Centralblatt für Chirurgie 1891, No. 31.) Diese Idee
hat Zweifel in einem Falle von Carcinoma urethrae zur Bildung
einer künstlichen Harnröhre verwerthet. Da das Oarcinom sehr
weit in die Harnröhre bei einer 38 jährigen Frau hineingewuchert
war, wurde die Symphyseotomie gemacht. Unter starker Blutung
wird die ganze Harnröhre und der untere Theil der Blase resecirt.
Abschluss der Blase nach unten und Symphysennaht mittels Drill¬
bohrer. Sodann wird zwar nach der Witzel’schen Idee, aber in
der Linea alba über einem NGlaton durch zwei Parallelfalten der
hinteren intraperitonealen Blasenwand eine Blasenbauchfistel ge¬
bildet; schliesslich wird das grosse Netz hinten und das Peri¬
toneum parietale vorn zu einem Abschluss der Bauohhöhle ver¬
wandt. Ein Quetschhahn schliesst den N61aton, und so oft die
Kranke uriniren will, öffnet sie denselben.
Zuckerkandl bemerkt gegenüber Zweifel mit Recht,
dass derselbe gar keine „künstliche Harnröhre“ geschaffen habe,
welche den Begriff der Willkürlichkeit des Urinirens, des Zurück¬
haltens des Harns, also eine willkürliche Muskelwirkung involvirt,
sondern nur eine Blasenbauchdeckenfistel, bei welcher die Fixirung
des Katheters nur durch die Faltenbildung bewirkt werde* Von
einer angegebenen Sphincterbildung sei nichts zu merken. Endlich
warnt Zuckerkandl vor der intraperitonealen Blasenoperation,
welche besonders bei Prostatikern mit Cystitis sehr gefährlich
werden kann, und hebt die geringere Gefahrlosigkeit und gleiche
Sicherheit des alten extraperitonealen suprasymphysären Blasen¬
schnittes hervor: alles Bemerkungen, denen jeder Fachmann bei-
pflichten wird.
Während Zuckerkandl sich derartig gegen Zweifel aus-
spricht, beschreibt Martin die Operation einer Blasen-Bauch-
deckenfistel, nach der Witz ersehen Idee ausgeführt, aber von
Zweifel dadurch unterschieden, dass er extraperitoneal operirte.
Es handelte sich um einen 62 jährigen Prostatiker, der seit Jahren
spontan nicht uriniren konnte und wegen Harnretention mit einer
bis an den Nabel gefüllten Blase in’s Krankenhaus kam. Katheter¬
versuche vergeblich. Daher Operation: In einem ca, 5 cm langen
extraperitonealen Raume werden um einen N61aton zwei Blasen¬
wandfalten vernäht und der Nölaton in die Blase gesteckt. Vier
Wochen später floss kein Urin neben dem Katheter ab, und Patient
konnte die Blase durch Oeffnen einer Klemme an dem N61aton be¬
liebig entleeren. Martin empfiehlt auf Grund dieses einen Falles
die Witzel’sche Operation für alle Fälle an Stelle der Blasen-
punction. Referent möchte sich dieser Empfehlung nicht an-
schliessen, besonders nicht für Prostatiker, weil diesen seiner Mei¬
nung nach durch diese Modification kein Vortheil geleistet werden
dürfte. Nur dort, wo eine Harnretention durch ein dauerndes, die
natürlichen Wege verlegendes Hinderniss hervorgerufen wird: durch
inoperable Geschwülste etc., da könnte die Witzel’sche, an sich
ja sehr sinnreiche und erfolgreiche Idee discutabel sein. Ein
Punkt darf aber nicht vergessen werden: Martin ebenso wie
Zweifel haben nur eiuen Theil der Witzel’schen Operation aus¬
geführt; das aber, worauf Witzei ein grosses, vielleicht das
grösste Gewicht legt, die schräge Durchbohrung der Bauchmuskeln,
die vermöge ihrer entgegengesetzt wirkenden Muskelfaserrichtung
hauptsächlich die Klemme bilden, das haben beide nicht ausgeführt,
vielleicht weil es in ihren Fällen nicht thunlich war. ,0b für
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
15. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
einen Prostatiker, der wie der Martin’sche wohl sicherlich eine
Menge Residualharn beherbergte, eine permanente, wenn auch
noch so gut zu schliessende Fistel angebracht war, das möchte ich
zu bezweifeln mir erlauben. Was die dreitägige Blasenblutun«*
betrifft, so möchte ich auch nicht, wie Martin meint, eine Ve£
letzung durch die Katheterversuche als Ursache annehmen, sondern
eher die durch zu starke und vollständige Blasenentleerung ent¬
standene Haemorrhagia e vacuo aus der Blase. Was die Zweifel-
sche ebenso kühne wie schwierige Operation anlangt, welche
wenigstens für den praktischen Arzt hart an die Grenze der chirur¬
gischen Unmöglichkeit heranreicht, so wäre es höchst lehrreich zu
wissen, ob und wann ein Recidiv eingetreten?
Grossen Erfolg verspricht die Anwendung der Witzel’schen
Fisteloperation zur operativen Behandlung der Sackniere. Die
radicale Heilung der Hydronephrose ist zwar möglich durch Exstir¬
pation der betreffenden Niere, aber die Mortalität ist eine ab¬
schreckend grosse; eine Fistelanlegung hat für den Besitzer eine
grosse Qual durch die immerwährende Durchnässung der Haut und
die sich daran sehliessenden Störungen. Witzei führte deshalb
in einem Falle unterhalb des Rippenbogens einen Hautschnitt von
der Mammillarlinie bis zur vorderen Axillarlinie. Die drei Bauch¬
muskeln wurden stumpf durchtrennt; der Sack wird isolirt punc-
tirt und ein in den Sack gesteckter Katheter durch zwei Parallel¬
falten umnäht. Gleich nach beendeter Naht umfasste die Musku¬
latur den Katheter wie mit einer Klammer und bewirkte so eine
Wasserdichtigkeit. Seit fünf Monaten ist der Erfolg ein ganz
zufriedenstellender gewesen. Emil Senger (Crefeld).
& Eigenbrodt (Bonn), Ueber die Radicalbehandlung
der Prostatahypertrophie. Beitr. z. klin. Chir. Bd. YIH
Heft 1. ’
Obwohl die eigenen Erfahrungen der Bonner Klinik nicht eben
zu Gunsten der Radicalbehandlung der Prostatahypertrophie auf
operativem Wege sprechen, da bei fünf Fällen nur einmal ein „un¬
getrübter“ Erfolg zu verzeichnen war, während zweimal nur* ein*
„theil weiser“ Erfolg und zweimal direkter Misserfolg erzielt wurde
ist der Autor namentlich im Hinblick auf einige von anderer
Seite berichtete günstige Erfolge von derselben sehr eingenommen
Leider ist es ihm nicht möglich, zahlenmässige Angaben über die
Kesultate von circa 80 Prostatectomieen durch Sectio alta, noch
weniger von den vom Damm aus erfolgten Prostatectomieen zu
machen Der Autor kommt auch nicht dazu, bestimmte Indica-
tionen für die Operation aufzustellen, noch die gegen dieselbe er¬
hobenen Einwände zu widerlegen. Er begnügt sich mit der Fest¬
stellung, dass der Erfahrung nach in den allermeisten (?) Fällen
von obtunrender Prostatahypertrophie eine Radicaloperation mög-
Durch die Prostatectomia suprapubica sollen womög-
£ J 1 • jungen am Blasenhals, die durch die Prostata be¬
tätigt sind, beseitigt werden. Die Operation bietet umsomehr Er-
ioigaussichten je frühzeitiger sie vorgenommen wird, und sie
wurde m dem Anfangsstadium vor dem Eintritt einer Cystitis ohne
» allen Fällen empfohlen werden können, wenn man sicher
016 Entstehung einer Cystitis durch die Operation selbst aus-
scüiiessen zu können. Auch in weit vorgeschrittenen Fällen kann
7i Se . nt lche Besser ™S erreicht werden, andererseits ist
hSLSwi 1 S0 ^ enannter n Heilung“ auf die meist noch zurtick-
ZL™ i Bla . sensch wäcke zu achten, welche sich in Residualliarn-
KS nn ^ au88 Sr t und ßtändi £ e nachfolgende Controlle, resp.
entl!*in!n no ^ w ® n( ^ff macht. Das Hinderniss für die normale Urin-
versebli.cf 1 - 6gt mcht . so häufig, wie mau denkt, in dem Klappen-
stAtü q eines prominenten Mittel- oder Seitenlappens der Pro-
tmL« P^i a T ha i S ’ r iel ? her ist es dadurch bedingt, dass das
Innere <W tt d m Frostata ,m ganze» hypertrophirt, sich in das
den UoJT Ha^blase vorwölbt und dadurch die Ausflussstolle für
Stelle iW Tn m B ®. dei i die Höhe mit hinaufnimmt. Die tiefste
blindsaekfn?rlf 6 d ?? n hinter fiesem Berg und bildet eine
stens den V g6 A U8 ^ u ^tung. In diesem Fall muss man wenig-
toteren TT durch kea f«nnige, tiefe Exeision am
Sleemn^f g - , deS 0niclum intemnm urethrae eine freie Urin-
entieerungzu ernelen. Herrn. Frank (Berlin).
X. Vereine und Congresse.
Verein fflr innere Hedicin in Berlin.
Sitzung am 19. Februar 1894.
Dm P,Äii H j rr L ®y den ; Schriftfahrer: Herr Litten,
»warnen. d der TOn f>®» Sitzung wird verlesen und ange-
Worte verstorbenen Prof. Billroth warme
des genialen ^ le .) vese »d en erheben sich zum Andenken
genialen Uhirurgen von ihren Sitzen.
_ 255
t , G Klemperer (Demonstration vor der Tagesordnung-
a eine " Pat i 6nten aus der erste “ medicSen Sk
vorstellen, der wegen Verengerung der Speiseröhre zu uns kam
"" d 3 interessante Phänomene bei dieser Affection zeiZ. Bis
vor vier Jahren war Patient ganz gesund* seit dieser 7eit lni/W
er an Magenschmerzen, die regelmäßig nach dein Essen auftraten
und einige Stunden nach der Mahlzeit zu Taurem Erbrechen
führten. Die Schmerzen sollen bei Druck stärker geworden soin-
in Bauchlage fand er oft Erleichterung derselben. Fleisch Milch
vor ITT i “ g 6r gUt ’ ? r0d und Fett sehr schlecht. Schon
vor drei Jahren war er auf der Klinik des Herrn Geh Rath
Gerhiirdt woselbst Mageninhalt aspirirt und Hyperacidität con-
QtÜm 1 p Urd n I J ler , wurde di ® Diagnose auf Ulcus ventricuU ge-
EnH« ° dama J s T “ llkonune “ g»t schlucken. Erst nfeh
seiner Entlassung von der Gerhardt’schen Klinik _ er brachte
mehrere Wochen im Reconvaleseentenhause zu — begannen die
nahme kbe v.- hW6 - rde ü’ dle . - im L ,ä ufe eines Jahres allmählich Zu¬
nahmen, bis sie den jetzigen Grad erreichten. Seit zwei Jahren
der H«L n ä h % F i, .r m ! r . SChlUCken - Feste S P eisea Weib®» i»
der Hohe des Schwertfortsatzes stecken und werden nach einigen
Minuten unter Schmerz wieder herausgewürgt. Oft bleiben die
Speisen auch stundenlang in der Speiseröhre stecken und werden
mit schleimiger Flüssigkeit regurgitirt; es ist ihm auch begegnet
dass ein Stück Apfelsine erst am andern Tage zurückkam, nachdem
er mzwischen vielerlei anderes geschluckt hatte. Er musste ganz
auf feste Nahrung verzichten und nährt sich seit etwa zwei Jahren
Wem ’ Eler ?l ®°°illon, hat aber trotzdem immer
noch 115 Pfund gewogen. Er hat viele Aerzte aufgesueht, von
denen die einen die Diagnose auf Stenose des Oesophagus gestellt
haben, während die anderen zweifelhaft waren, weil die Sonde gut
m den Magen zu gehen schien. Auch ich kam nicht gleich bei
der ersten Sondirung zur Diagnose, weil die biegsame Sonde be¬
quem bis 43 cm passirte; erst als ich eine steife Sonde wählte
wurae mir klar, dass eine Stenose vorlag; dieselbe war nicht über
40 cm von den Schneidezähnen vorzuschieben. Für eine 5 mm-
Sonde ist die Strictur noch durchgängig. Es ist also eine mässige
Stenose gerade an der Stelle der Cardia zu diagnosticiren. Be-
merkenswerth sind die Folgeerscheinungen, die sich ausgebildet
haben. Der Patient hat im Laufe der Zeit dicht oberhalb der
Stenose eine sackartige Erweiterung der Speiseröhre davongetra"*en.
In diesem Divertikel können verschluckte Bissen sich stundenlang
aufhalten. Kommen sie wieder hoch, so sind sie von Schleim um¬
hüllt, den wir alkalisch reagirend fanden. Werden Brodstücko ver¬
schluckt, so zeigen sie sich nach der Regurgitation stark ver¬
zuckert. Der Divertikel fasst 10—15 ccm, so viel betrug öfters
die Menge des regurgitirten Schleims. Giesst man durch die Sonde
Wasser ein, so fliesst dasselbe anstandslos in den Magen. So tief
sitzende Divertikel sind nur sehr selten beobachtet ; die bisher
beobachteten sitzen fast alle in der Höhe des Halses.
In unserem Falle haben wir die Schluckgeräusche für die Prä-
cisirung der Diagnose mit Erfolg verwertliet. Bei Gesunden hört
man bekanntlich über dem Ripponbogenwinkel beim Schluckact ein
kurzes Durchpressgeräusch, oft auch nach wenigen Socundeu ein
zweites Geräusch, welches von ansteigenden Luftblasen herrührt.
Bei Stenose erscheinen die Schluckgeräusche verspätet oder fehlen
ganz. Wir konnten folgendes beobachten: Beim Schlucken von
Wasser hört man zuerst ein ungemein starkes, dröhnendes, erstes
Schluckgeräusch. Es vergehen dann 12 Secunden, und nun hört
man Geräusche, wie wenn Wasser in’s Wasser tropft, und dann
ein metallisches Plätschergeräusch; das ganze dauert nach einem
Schluck IV 2 —2 Minuten. Nimmt Patient feste Speisen, schluckt
er Brod, so dauert das Geräusch, oft von langen Pausen unterbrochen,
mehrere Minuten, man hört oft zwei Minuten gar nichts, dann
endlich das Pressgeräusch minutenlang. Hier muss also eine Er¬
weiterung sitzen, aus der die Speisen erst hinausgepresst werden.
Kaut Patient nun Brod und nimmt einen Mund voll Wasser und
schluckt das zusammen hinunter, so hört man zuerst wieder das
auffallend laute, erste Schluckgeräusch, ihm wird selber unbehaglich,
er windet und krümmt sich, weint vor Schmerzen, und erst nach
ein bis zwei Minuten beginnt ein leises Rauschen, das langsam
anschwillt und schliesslich in ein lautes Dröhnen übergeht, als
wenn eine Flüssigkeit in stürmischer Weise bewegt, wird, bis nach
weiteren ein bis zwei Minuten ein metallisches Plätschern das
Phänomen beendigt; in diesem Moment empfindet der Patient grosse
Erleichterung und giebt .an, nun sei alles hindurchgerutscht. Aus
diesen Thatsachen haben wir mit ziemlicher Sicherheit schliessen
zu können geglaubt, dass es sich hier um den seltenen Fall eines
tief stehenden Divertikels handelt, welches muskuläre Wandung
besitzt, denn wir hören ja, wie durch die Contraction des Sackes
die darin enthaltene Flüssigkeit agitirt wird; anders kann ich mir
wenigstens die dröhnend rollenden Geräusche nicht erklären. Herr
Geh. Rath Leyden kam schliesslich auf ein ^originelles Experi-
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256
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
ment, um das Vorhandensein der Dilatation ad oculos zu demon-
striren. Wir lassen den Patienten den ganzen Mund voll Brod
kauen und geben ihm dann reichlich Wasser zu trinken, mit dem
letzten Schluck muss er den Kopf möglichst tief zum Boden neigen
— und nun fliessen oft 15 ccm Flüssigkeit aus Mund und Nase
zurück. (Demonstration des Patienten.)
Herr Pariser: Die Ulcera cardiae sind in der That ziemlich
selten. Unter 40 Ulcusföllon des letzten Jahres sah Pariser sie
nur zwei mal. Tiefstehende Divertikel sind bis zur letzten Zeit fast
unbekannt gewesen, und erst eine Veröffentlichung von Mintz im vorigen
Jahre lenkte die Aufmerksamkeit darauf. Wesentlich bereichert aber ist
gleichfalls im letzten Jahre unsere Kenntniss über tiefstebende Divertikel
durch eine Arbeit von Reichmann in der Wiener klinischen Wochenschrift,
welcher schon drei selbstgesehene FiUlo von tiefstehenden Divertikeln mit-
tkeilt, darunter allerdings auch den Fall von Mintz. Er theilt auch mit, dass
an dem Warschauer pathologischen Institut bei den Sektionen der letzten
fünf Jahre siebenmal kleine tiefstehende Divertikel dicht vor dem Ein¬
gang dos Magens gefunden sind. Reichmann versichert nach sclbst-
gesehonen Präparaten, dass es sich in diesen Fällen nicht um Tractions-
divertikel, sondern um echte Pulsionsdivertikel handelt, und meint, dass
diese — wohl angeborenen — kleinen auch den Anlass zu wirklichen
grossen Divertikeln geben. Der Inhalt, boi den Reich mann sehen Diver¬
tikeln schwankte zwischen 100—300 ccm.
Herr Boas: In dem vorgestellten Falle dürfte es sich allerdings
wohl um ein tiefsitzendes Divertikel des Oesophagus handeln, allein
ich glaube, dass eine ganze Reihe der in den letzten Jahren als tief¬
sitzende Divertikel beschriebenen Fälle vielleicht einer ganz andern Gruppe
von Erkrankungen zugehöron, nämlich den spastischen Contracturen des
Oesophagus bezw. der Cardia. Ich sah vor einigen Jahren einen sehr
interessanten Fall'), der von mehreren hervorragenden Aerzten als Diver¬
tikel des Oesophagus gedeutet war. es wurde sogar erwogen, das Diver¬
tikel operativ zu beseitigen. Der Patient, in den Dreissigern, consultirte
mich wegen ausserordentlich starker Schluckbeschwerden, die Monate
lang bestanden, dann einmal sistirten und wiederkamen. Die Untersuchung
ergab, dass man etwa 36 cm von den Schneidezähnen entfernt auf einen
Widerstand stiess, der für die Sonde anscheinend schwer überwindlich
war. Ich ernährte ihn zuerst mit flüssigen Substanzen, die aber sehr
schnell regurgitirt wurden. Der Patient kam dabei ziemlich herunter
und nahm eines Tages gegen meine Weisung feste Nahrung zu sich, ass
ein ordentliches Diner, und es zeigte sich, dass die festen Substanzen
ohne Hinderniss passirten. Von diesem Augenblick an ernährte ich ihn
in anderer Weise, gab nur feste Substanzen, und diese wurden thatsäch-
lich ohne Hinderniss nach dem Magen befördert. Ich wandte nun
folgende therapeutische Methode an. Ich sondirte ihn mit immer dickeren
steifen Sonden und gab zugleich grössere Dosen Bromsalz, und danach
gingen die spastischen Contracturen schnell zurück. Trotzdem blieben
oberhalb der Cardia geringe Quantitäten namentlich flüssiger Substanzen
zurück, so dass ich mir die Ansicht bildete, dass die flüssigen Substanzen,
die sich in der Ausbuchtung der Cardia angesammelt hatten, Contrac-
tionen hervorriefen, durch welche der weitere Durchgang der Speisen
behindert wurde. Jedenfalls muss man diese spastischen Zustände
von den echten Divertikeln unterscheiden.
Herr Senator: Ich möchte nur auf den Umstand hinweisen, dass,
wenn der Kranke sehr grosse Bissen genommen hatte, er diese unter
heftigen Schmerzen und Würgebewegungen aus dem Divertikel in den
Magen hineinpresssen musste. Dieses ist vielleicht zu erklären durch
Contractionen des Zwerchfells. Der Sitz des Divertikels muss unmittel¬
bar ober- oder unterhalb des Zwerchfells oder gerade an der Durchtritts¬
stelle der Speiseröhre durch das Zwerchfell sein, und man kann denken,
dass, wenn das Divertikel ausgedehnt wird, das Zwerchfell zu heftigen
krampfartigen Contractionen angeregt wird, welche die Schmerzen des
Hinabpressens in den Magen erklären.
Herr A. Fraenkel: Ich muss sagen, dass auf mich der Fall mehr
den Eindruck machte, als wenn eine einfache sackförmige Dilatation des
Oesophagus vorliegt. Sonst würde ich nicht verstehen, wie überhaupt
feste Speisen den Oesophagus passiren können. Wirkliche Divertikel com-
primiren bekanntlich noch mehr den Oesophagus bei Genuss von festen
Speisen. Alle Symptome, einschliesslich des Abfliessens der Flüssigkeit
bei gebeugtem Rumpf, erklären sich sehr gut, wenn wir annehmen, dass
es sich um eine sehr hochgradige Verengerung handelt und dass ober¬
halb derselben eine sackförmige Dilatation des Oesophagus mit Hypertrophie
der Muskulatur besteht; vielleicht kommt Spasmus hinzu. Bei einem
vorliegenden Divertikel würde es auffällig sein, dass, selbst wenn der
Patient starke Anstrengungen macht, Speisen durch die Verengerung hin¬
durch in den Magen gelangen.
Herr G. Klemperer: Wir haben diese Frage auch sorgfältig über¬
legt, aber ich bin doch überzeugt, dass es sich wirklich um ein Divertikel
handelt, denn erstens biegt sich die weiche Sonde darin um und geht
bis auf 43 cm, und zweitens halten sich die Speisen lange Zeit über der
Stenose auf; bei einer blossen sackförmigen Erweiterung wäre es kaum
möglich, dass die eine Speise am andern Tage regurgitirte, nachdem in¬
zwischen andere Nahrung genossen war. Man müsste geradezu annehmen,
dass sich in der sackartigen Erweiterung eine excentrische Speisenschicht
bildete und durch dieselbe die Flüssigkeit hindurchginge. Man muss also
doch wohl eine seitliche Ausbuchtung diagnosticiren. Herrn Senator bin
ich für seine Anregung zur Deutung der lauten Geräusche verbunden,
es ist ja nicht ausgeschlossen, dass hier das Zwerchfell sich contrahirt,
aber ich möchte kaum glauben, dass man zu dieser Annahme berechtigt
ist; in der Litteratur ist nichts derartiges enthalten. Dass fast immer
l ) Der Fall ist in extenso in meiner Diagnostik und Therapie der
Magenkrankheiten Bd. II, p. 190 beschrieben.
in der Wand der Oesophagusdivertikel. die Muskelschicht vermisst wird,
habe ich hervorgehoben; aber trotzdem glaube ich in unserem Falle eine
Muskelhaut annehmen zu müssen. Unsere Kenntnisse auf diesem Gebiete
bedürfen noch der Vertiefung. Das Studium der Divertikel ist ja erst
seit der Ziemsscn-Zenker’schen Bearbeitung wissenschaftlich betrieben,
und nur sehr selten sind bisher tiefstehende Divertikel constatirt. Ob-
ductionsbefunde sind äusserst spärlich, so dass jeder Fall als neues
wissenschaftliches Material zu verwerthen ist. Trotzdem ich nur über
dio klinische Beobachtung verfüge, scheint mein Fall doch wohl dafür
zu sprechen, dass es Divertikel giebt, in welchen sich hypertrophische
Muskulatur befindet. Der interessante Fall von Herrn Boas steht zu
dem unseren nur iu sehr entfernter Beziehung, weil wir mit Sicherheit
voraufgegangenes Ulcus diagnosticiren dürfen.
Herr Litten: Gestatten Sie mir eine kurze Bemerkung, weil ich
vor längerer Zeit in der Lage gewesen bin, die Section eines solchen
Falles zu sehen. Der Fall stammte aus dem Allerheiligen-Hospital in
Breslau. Es fand sich bei dem ältlichen Kranken ein sogenannter „Vor¬
magen“, bei welchem etwas oberhalb des Eingangs zur Cardia sich eine
grosse sackförmige Dilatation des Oesophagus zeigte, zwischen denen der
Oesophagus sehr verengt und die Muskulatur in dem Vormagen enorm
hypertrophirt war.
Herr G. Lewin: Bei Blasenkatarrh kommt es bekanntlich auch zur
Divertikelbildung, und zwar an den Partieen der Blase, welche nicht von
dem in Septa ausstrahlenden Muskelbündel des Musculus detrusor vesicae
umfasst werden. Selbst in diesen Divertikeln der Blase, als auch in der
ganzen erweiterten Blase wird nicht selten die Blasenwand hvpertrophisch
befunden, und zwar sowohl durch wucherndes interstitielles Bindegewebe,
als auch durch wirkliche Hypertrophie der Muscularis. Aehnliches könnte
auch in dem vorgetragenen Falle der Divertikelbildung des Oesophagus
der Fall sein.
Herr Senator: Darf ich fragen, wovon die Schmerzen dann ab-
hängen?
Herr G. Klemperer: Es scheint, als ob die Schmerzen von der
Wand der Speiseröhre ausgelöst werden; sie treten nur auf. wenn grössere
feste Bissen stecken bleiben. Möglichenfalls handelt es sich auch schon
um entzündliche Reizung. Bei den Würgebewegungen sind die Schmerzen
oft äusserst lebhaft, dabei macht der Patient einen beunruhigenden Ein¬
druck. Ich habe oft an die bekannten Fälle von Oesophagusruptur denken
müssen; ich halte es wohl für möglich, dass bei diesen schmerzreichen
Contracturen einmal ein Unglück passirt.
2. Discussion über den Vortrag des Herrn A. Fraenkel: Eigen¬
artig verlaufene septieo-pyamisohe Erkrankungen nebst Be¬
merkungen über acute Dermatomyositis.
Herr G. Lewin: Herr Fraenkel hat diese septische Myositis genau
beschrieben: Rfithung. Schwellungen, Schmerzen. Uebergang in Eiterung
etc. Bis jetzt sind mir erst 23 Fälle bekannt. Ich glaube aber, dass die
Casuistik eine viel reichhaltigere wäre, wenn man auf die Krankheit auf¬
merksam gewesen wäre. Mir selbst sind zwei Fälle der Nichterkennung
passirt. Der Nachweis des Streptococcus durch HeiTn Fraenkel ist sehr
werthvoll; denn bisher ist kein Fall publicirt, wo ein Mikrobe gefunden worden
ist, nur Strümpell und Pfeiffer, glaube ich, haben Gregarinen gefunden.
Es sind auch andere Erklärungen für die Myositis gegeben worden; man
hat an eine Autoinfection vom Digestionskanal aus gedacht. So wies
Senator auf einen Fall hin, den er vor mehr als 20 Jahren publicirt
hat, wo Schwefelwasserstoffgas sich entwickelt hatte. Für solche Auto¬
infection kämen noch in Betracht Kohlenwassersfoff, Kohlensäure, Stickstoff,
Ammoniak, kohlensaures, buttersaures Ammoniak etc.; aber der Symptomen-
complex dieser Vergiftungen deckt sich nicht mit dem der Myositis. Gegen
solche Autoinfection sprechen auch die vorhandenen Complieationen. In
mehreren Fällen war Nephritis, Milztumor, Bronchopneumonie und Hydro-
thorax u. s. w. vorhanden. Ausserdem verlaufen solche Vergiftungen viel
rascher, während die Myositis acht Monate, ja über ein und zwei Jahre anhält.
Der schnellst verlaufende Fall ist wohl der des Herrn Senator, er dauerte
zwei Wochen. Von Bedeutung ist auch, dass unter den 23 Fällen neun¬
mal letaler Ausgang eintrat. Aber worauf ich besonders aufmerksam
mache, das sind die zugleich vorhandenen Exantheme. In 4 Fällen zeigte
sich Purpura, in 9 Fällen Erythem, in 2 Fällen Erythema nodosum, in
anderen Urticaria, Herpes. Aile diese Hautausschläge weisen auf einen im
Blute kreisenden fremden Körper hin, wie z. B. auf Parasiten. Man findet
solche Exantheme erstens bei K m.nkb piit.en, in welchen pathogene Mikroben
mit Sicherheit nachgewiesen sind, so bei Cholera, Influenza, Malana,
Milzbrand, Typhus, dann bei solchen Krankheiten, wo höchst wahrschein¬
lich Mikroben vorhanden sind, wie Syphilis, Scharlach, Masern.
Dass übrigens eine Myositis septica durch Verschleppung des Eiters von
entfernten He erden stattfinden kann, ergiebt folgender Fall: Vor längerer
Zeit erkrankte der 5—6jährige Knabe des Generals X. an Dyspnoe und zeit¬
weisen suffocatorischen Anfällen. Allmählich entwickelten sich eine An¬
schwellung des rechten Arms, namentlich des Oberarms, und zwei Pana-
ritien an den Fingern der linken Hand. Da die Gefahr der Erstickung zu¬
nahm, wurde die Tracheotomie beschlossen. Vor der Ausführung wurde ich
zu der laryngoskopischen Untersuchung hinzugezogen. Ich fand den Laryux
frei, und trotz der grossen Verantwortung rioth ich von der Tracheotomie
ab, — der Tod erfolgte bald. Die Section ergab gesunden Larynx, doch
eine ulceröse Spondylitis an der concaven hinteren Fläche des
fünften oder sechsten Halswirbels. Ein Einschnitt in die Muskeln
des rechten Halswirbels wies Muskelvereiterung nach. Es handelte sich
also um Transport des Eiters von dem erkrankten Rückenwirbel nach den
Armmuskeln. Wir hatten die für uns damals räthselhafte Myositis nicht
erkannt. •
Ich nehme hier Gelegenheit, um noch eine andere Er¬
klärungsweise zu versuchen, nicht allein für die septische
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5. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
257
'yositis, sondern auch für,eine Anzahl bisher unerklärter,
ft, tödtlich verlaufener Erkrankungen, so die von den Herren
.Fraenkel und Boas vorgetragenen. Ebenso könnte die Ver-
iftung, welche Herr Siegheim bei sechs oder acht Personen
ach Genuss von Gänseleber kürzlich boobachtet hat, viel¬
ächt aufgehollt werden. Hierher gehören auch die zeitweise vor-
jkommenen Intoxicationen nach Genuss von Würsten, in denen nie ein
enenum botulinum chemisch nachgewiesen worden ist. Meine Erklärung
eser Fälle ist folgende: Bekanntlich existirt bei Thieren eine Immunität
■gen ganze Gruppen von Krankheiten. Ich verweise auf die Syphilis, welche
sher Thieren nicht beigehracht werden konnte. Ebenso sind einzelno
liere immun sowohl gegen animalische, vegetabilische, als auch mine-
lische Gifte. Wenig empfindlich erscheinen z. B. Hunde, Tauben, Ham-
j], noch immuner Hühner gegen tetanische Infection. Dieselbe Immu-
Jt besteht bei Mäusen, Ratten. Pferden etc. gegon Diphtherie. Reb-
liner können ohne Schaden relativ grosse Dosen von Arsenik vertragen,
ese Vögel fressen namentlich den Arsenik, der gegen Brand des Ge¬
ldes, gegen Ratten und Mäuse auf dem Lande ausgestreut wird. Im
opfe eines Rebhuhnes wurde z. B. soviel Arsenik gefunden, dass eine
osse Anzahl Menschen damit hätte vergiftet werden können. Nach
irsuchen von Philippeau und Galippe können namentlich Hammel
osse Dosen von giftigem Kupferpräparat gut vertragen. Burg erzählt,
ss in einer Kupferfabrik ein daselbst gehaltener Hammel nicht allein
ipferstaub, sondern auch Kupfersalze mit Vorliebe frass, ohne einen
deren Schaden als Grünfärbung seines Felles davon zu tragen. Ziegen
issen Massen von Schierling. Auch bei Kühen wurde dies beob-
htet. Kaninchen und Hasen gemessen ohne irgend einen Nachtheil
le Atropin enthaltenden Solaneen. Aehnliches wird von Rebhühnern,
'achteln. Trappen und Krammetsvögeln berichtet. He ekel ernährte
176 Hasen und Kaninchen mit Belladonna. *) — Das eingenommene
ift speichert sich in den Muskeln auf, wie dies namentlich He ekel
ichgewiesen hat. Alle diese Thiere bleiben derartig gesund und
it aussehend, dass man sie ohne irgend einen Argwohn geniesst
id doch vergiftet werden kann. So erklären sich vielleicht die
iher von den Herren Boas und Fraenkel mitgetheilten Erkrankungen,
i will mir nicht in den Sinn, dass nur Diätfehler, d. h. unmässiger
'nass von gesunden Nahrungsmitteln, wie z. B. Gänsebraten, die
hwere Erkrankung veranlasst haben soll. Der von Herrn
raenkel angeführte Sectionsbcfund des Magens deutet deutlich
rauf hin, dass die vorhandene Magenerweiterung durch Paralyse der den
agen innervirenden Vagusfasern verursacht war. Solche Lähmungen des
igens und der Gedärme fand ich meist bei den experimentell ausge-
urten Quetschungen und Exstirpationen der sympathischen Darmganglien
1 des Ganglion semilunare, wie ich sie erst in jüngster Zeit mit Herrn
'er wiederholt beobachtet habe. Wie die traumatischen Einflüsse
•ken bekanntlich auch ähnlich giftige Alkaloide. Die häufigen Ver¬
engen nach Leber, wie in dem Siegheim’schen Falle, erklären sich
hrscheinlich dadurch, dass die meisten der oben genannten Narkotica
den Thieren namentlich in der Leber angehäuft werden, bei
* ..sehen in dem Rogen. Hierbei will ich auf die Untersuchungen hin-
■weisen, dass die verschiedenen Mollusken giftige Stoffe, ja selbst Aconit
enthalten sollen. Durch Anliegen von Austern und Miesmuscheln an solchen
Mollusken wäre dann eine Uebertragung von solchen Giften auf dieso möglich.
Herr Behring machte mich darauf aufmerksam, dass ein Theil der Pferde
an Tetanus stirbt, Hühner, die gelegentlich von den Abgängen solcher Pferde
etwas fressen, selbst aber gesund bleiben können, von Menschen verspeist,
Vergiftungen erzeugen. Infolge des Rath es von Herrn Behring stelle
uh jetzt schon seit einiger Zeit Versuche über die Wirkung injicirten
Strychnins auf Hühner an. Trotz relativ grösserer Gaben haben sich bei
denselben noch keine Intoxicationserscheinungen eingestellt.
Der Aufforderung, meine Erfahrungen über syphilitische Myositis,
namentlich über die diffuse gummöse mitzutheilen, komme ich im folgenden
nach: Die Myositis syphilitica ist viel früher als die septica bekannt. Astruc
hat sie schon 1728 angedeutet, Petit Rodel 1812 einige Symptome her¬
vorgehoben. Ricord sie später näher charakterisirt. Auch den grössten
Iheil der Casuistik verdanken wir französischen Autoren, so Nolla.
7^ s °n. Mauriac etc. Englische Autoren erwähnen die Krankheit nur
oberflächlich, der Amerikaner Bumstead giebt ein klares Bild derselben,
eigene Erfahrungen hat er nicht mitgetheilt. Die deutschen Lehrbücher
confundiren häufig die Gummata der Muskeln mit denen der diffusen
gummösen Myositis. In den letzten Jahren wurde die Casuistik und mikro-
skopische Untersuchung gefördert durch J. Neumann in Wien. Ich
selbst habe eine grössere Arbeit in den Charitdannalen Bd. XVI, 1891
geliefert und daselbst sechs Fälle aus meiner Praxis mitgetheilt. Diese
smd folgende:
Myositis des Musculus biceps bei einem 23jährigen Beamten mit
gaioppirendem Verlauf der Lues. Der Kranke hatte trotz Sklerose und
^xanthemen sich, keiner Behandlung unterzogen, führte eine 17 stündige
u*V^ n ^ hcizton C° u pee aus; zurückgekehrt fand ich bei ihm die.
des Musculus biceps, welche eine lähmungsartige Unbeweglich¬
in 1 H . ri? 0 * n ^ rmes hervorgerufen hatte. Der Kranke wurde von mir
^U^sellschaft 'vorgestellt. Bei der zweiten Kranken, einer
7 jl ^?£ en Huolla publica, handelte es sich um eine Myositis des Musculus
y y S ' der dritten, einer 39jährigen Puella publica, um eine
_ 113 oes Musculus gastroenemius, bei der vierten Kranken um Myositis
öfters^ ^ en Gegenden, wo viel giftige Solaneen wachsen, sind au
von ani’vv 6I ? "P^nHeen vorgekommen, bei denen weder ein Nachw'
mfliri.nf’ urst ^ ft n ° c h von Fischgift (Atlantiasis), noch von anderen Gift
benrpr ürü* nac ^ den Publicationen von Dann, Schlos
wo vi!l ^ ÖrnGr, .F I aber 1111(1 Bohn 1793-1827 in Württembei
aneen wild wachsen, 620 unerklärte Vergiftungen publicirt.
der Musculi gastroenemius und soleus, bei der fünften, einer 36jährigen
Frau, um Myositis der Musculi biceps und triceps. Der interessanteste
Kranke war ein SOjähriger Restaurateur. Er zeigte eine Myositis der
Musculi masseter, temporalis und pterygoideus. Hier bestand eino Kiefer¬
klemme, welche das Essen sehr erschwerte.
Die Symptome der Myositis syphilitica unterscheiden sich charakte¬
ristisch von der vulgären und septischen. Es fehlen von den vasomotori¬
schen Erscheinungen die Röthe, ebenso sind die spontanen sensiblen Erschei¬
nungen, welche wie boi den meisten syphilitischen Erkrankungen äusserst
gering sind. Der Ausgang ist nicht in Eiterung, sondern meist, wenn nicht
Resolution eintritt, in Atrophie oder Schwielenbildung. Als am meisten
hervortretend erwähne ich die scheinbare Lähmung infolge bei Bewegung
sich einstellender Schmerzen. Die Kranken halten den betroffenen Theil
deshalb permanent entweder in Flexion oder Extension. Dadurch werden
eigenthümliche Krankheitsbilder vorgetäuscht. Ein Kranker Ricord’s, ein
Schauspieler, schwang in einer Heldenrolle sein Schwert immer mit der
linken Hand. Ein Kranker Bramann’s, von Myositis des Musculus sterno-
cleidomastoideus befallen, hatte ein Caput obstipum, ein anderer Patient
mit Erkrankung des Musculus trapezius einen Torticollis. Einer meiner
Kranken mit Myositis der Musculi gastroenemius und soleus litt an Waden¬
krämpfen. Myositis des Musculus obliquus erzeugte Schielen, die des Con-
strietor pharyngis Schlingbeschwerden. Guyon’s Kranker hatte .eine der¬
artige Kieferklemme infolge des afficirten Musculus temporalis, dass kaum
der Stiel eines Löffels zwischen die Zähne eingebracht worden konnte.
— Die Aetiologie zeigt, dass unter 41 Kranken 26 Männer und 15 Frauen
befallen wurden; das Alter der Kranken schwankte zwischen 21 bis
40 Jahre. Das chronologische Auftreten war verschieden; in einem
Falle wenige Monate nach der Infection. in anderen Fällen zwischen 1
bis 15 Jahre. Die Complicationen bestanden in Exanthema maculosum.
papulosum, pustulosuin, in Pharynxgeschwüren und Knochenaffectionen. —
Die Casuistik wäre gewiss eine bedeutende, wenn die Krankheit erkannt
wäre. Dies geschieht meist deshalb nicht, weil die Kranken wegen der bei
Bewegung eintretenden Schmerzen sich für rheumatisch afficirt halten
und auch die consultirton Aerzte diesem Irrthum oft verfallen. Das
Corrigens dieses Irrthums ist die Verordnung von gegen Rheuma be¬
währtem Jodkalium, das natürlich auch bei Lues gute Wirkung entfaltet
Auf die Differentialdiagnose, mikroskopische Untersuchung, die sehr be-
achtenswerthe Resultate liefert, einzugehen, verbietet hier die vorge¬
schrittene Zeit.
Herr Schwabach (s. diese Nummer, p. 249).
Herr B. Lewy: Ich habe vier Fälle der von Herrn Fraenkel als Der¬
matomyositis bezeichneten Krankheit') beobachtet und in der Berliner klini¬
schen Wochenschrift veröffentlicht. Herr Lewin hat schon diese Bezeich¬
nung Dermatomyositis zurückgewiesen, weil die Hautaffection nicht charakte¬
ristisch genug sei. Ich sehliesse mich dem an und habe selbst die
Krankneit als Polymyositis bezeichnet Das Erythem ist im ganzen nur
in neun Fällen erwähnt; ich habe es nur einmal beobachtet, und hier be¬
stand es nur drei Tage und kam, trotzdem die ganze Krankheit 2Vt Jahre
dauerte, nicht wieder; ähnlich ist es mit den anderen Exanthemen.. Ich
habe die Krankheit ferner in meiner Veröffentlichung als eine primäre
bezeichnet. Herr Fränkel fasste seine Fälle als secundäro auf. In der
Veröffentlichung von Strümpell und mir bezog das primäre sich weniger
darauf, dass die Krankheit von einem anderen Orte des Körpors ausgehe,
als dass sie nicht einer Neuritis folge. Vor mehreren Jahren war
hier eine längere Discussion nach einem Vortrage von Herrn Senator,
der Fälle von Muskeldegeneration nach Neuritis vorstellte. Darauf bezog
sich das „primär“, dass nicht eine Neuritis voraufgegangen sei, die zu
einer Muskeldegeneration geführt, sondern dass zunächst die Muskehl
selbst erkrankten. Herr Fraenkel hielt os ferner für fraglich, ob die
Krankheit als acut zu bezeichneu sei. Man hat aber doch wohl ein Recht
dazu, da die Krankheit stets eine abgeschlossene ist; sie führt zum Tode,
oder die Genesung ist vollständig. Was die Symptome dieser Polymyositis
betrifft, so hat Herr Fraenkel schon das wesentliche angegeben. Nur
einige Punkte hebe ich hervor. Herr Fraenkel erwähnte, dass die
Schwellungen zu einer teigigen Consistenz der Muskeln führten. Das
habe ich nicht beobachtet, sondern die Schwellungen waren recht prall,
hart, der Fingerdruck hinterlioss keine Spuren, die Consistenz glich der
des physiologisch contrahirten Muskels. Auch Wätzoldt erwähnt ähnliches
von zwei Fällen. Sobald man merkt, dass der Muskel sich nicht mehr
hart anfühlt, kann man sagen, dass die Schwellung hier zurllckgehen wird,
wobei natürlich sowohl dieser Muskel zum zweiten male, als auch die
anderen Muskeln von der Erkrankung befallen werden können. Am
charakteristischsten erschien mir die ausserordentlich wechselnde Dauer,
von wenigen Tagen bis zu 2*/a Jahren. Der kürzeste Fall ist einer der
meinigen, von nur acht Tagen, wo allerdings gar keine Muskelaffection be¬
stand und dabei der Fall nur durch seine Zugehörigkeit zu »Beeren
zweifellosen Fällon als solcher erkennbar war, und ein anderer von PI eh n
beobachteter, auch nur von acht Tagen Dauer. Die meisten Fälle dauerten
acht Wochen bis eben so viele Monate, namentlich die tödtlich verlaufenen
dauerten 2—3 Monate. Es giebt wohl keine andere zur Heilung führende
Krankheit mit so wechselnder Dauer. Von Bedeutung ist ferner die Prognose
der Krankheit. Herr Lewin erwähnte, dass eine grosse Zahl von Fällen
tödtlich geendet sind. Die meisten derselben endeten tödtlich, , 10
Athem- und die Pharynxmuskulatur ergriffen wurden; in einigen tällen
trat der Tod durch Erschöpfung oder durch während der Krankheit »ui-
tretende Phthise ein. Wo die Schluck- und Athemmuskulatur verschont
blieb, ist fast stets Genesung eingetreten. Man kann also die Prognose mebt
so schlecht stellen; solange diese wichtigen Muskeln unberührt smd, Han
man sagen, der Patient kann durebkommen. Was nun die räll
») Vergl. Berliner klinische Wochenschr. 1893. No. 18. Anin. bei
der (’orrectur.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
Herrn Fraenkel betrifft, so irrt wohl Herr Lewin, wenn er meint, solche
Fälle seien noch nicht beobachtet worden. Zwei ganz ähnliche Fälle sind
schon beschrieben worden. Der eine derselben ist sogar in diesem Ver¬
eine 1 ) bereits besprochen, wenn auch damals seine Zugehörigkeit zurück¬
gewiesen wurde, nämlich ein Fall von Wätzoldt, der im vorigen Jahre
im Archiv für klinische Medicin ausführlich veröffentlicht ist: Eine Frau
erkrankte nach der Entbindung mit Schwellungen und Schmerzen in den
Extremitäten und wurde in die Charite aufgenommen; es bestand Schwel¬
lung der Arme, Empfindlichkeit bei Berührung des Unterschenkels; der
Tod erfolgte am fünften Tage, und es fanden sich Streptococcen in den
Muskeln (durch die Cultur nachgewiesen), Endometritis diphtherica und
Myositis hämorrhagica. Der zweite Fall, von Win ekel im gynäkologischen
Centralblatt I. Band berichtet, betraf auch eine Puerpera, wo drei Tage nach
der Entbindung Schüttelfrost, am vierten Tage Schmerzen im Unter¬
schenkel und Vorderarme auftraten; die Flexoren waren auf Druck em¬
pfindlich, die Glieder fühlten sich hart an, die Haut war bläulichroth.
Nach sieben Tagen trat der Tod ein. Die Section ergab Lymphangoitis
parametritica apostematosa und Myositis hämorrhagica multiplex; die
Wadenmuskeln zeigten hochgradige Degeneration; im Eiter der Parametrien
fanden sich Mikroorganismen, und zwar in Kettenanordnung; in den Muskeln
fanden sich nur vereinzelte Bacterien. Endlich gehört vielleicht der
zweite von Unverricht berichtete Fall hierher; es findet sich nämlich
die Angabe: die normale Muskelbeschaffonheit war fast überall verloren
gegangen, indem das Gewebe sich von zahlreichen weissen und rothen
Fleckchen, dem Ausdrucke der Eiterung und Extravasation, durchsetzt
zeigte. Die Stelle ist jedoch nicht ganz klar, und es muss dahingestellt
bleiben, ob der Fall hierher gehört; die beiden anderen aber gehören in
die Kategorie der Fraenkel’schen Fälle. Wätzoldt stellt für das Zu¬
standekommen der Affection folgende Theorie auf. Er meint, die Affection
falle ganz aus dem Rahmen der Pyämie heraus, bei welcher es sonst
nicht zu einer diffusen Vereiterung der Muskulatur kommt, es seien
darum verschiedene Krankheiten zusammengetroffen, die Kranken seien
schon an Polymyositis erkrankt gewesen, und die Eitererreger hätten sich
in den schon kranken Muskeln angesiedelt. Ich weiss nicht, ob Herr
Fraenkel für seine Fälle dieselbe Erklärung annehmen möchte, es ist
immerhin eine ganz annehmbare Theorie. Ich erwähne endlich, dass die
Zahl der Veröffentlichungen zuzunehmen scheint. Es sind ausser den
Fraenkel’schen nun schon 31 Fälle veröffentlicht. Auch Leube erwähnt in
der neuen Ausgabe seiner speciellen Diagnose der inneren Krankheiten
vier neue Fälle, aus denen er auf eine gemeinsame Infection schliessen
möchte; drei endeten mit Genesung, der vierte mit dem Tode. Warum
er diesen Fall hierzu rechnet, ist mir freilich nicht ganz klar; es fanden
sich nämlich ausgebreitete Thrombosen, die an sich ein ziemlich ähnliches
Bild geben können; aber er muss doch Gründe gehabt haben, um sich für
Polymyositis zu entscheiden. Was aber die von ihm angenommene ge¬
meinsame Infection betrifft, so ist das doch fraglich; es könnte sich
auch um ein toxisches Agens handeln.
Herr Litten: Ich habe zwei Fälle dieser Krankheit beobachtet; der
eine war ein Fall von Septicämie, der sehr acut verlief und zum Tode
führte. Hier war die angegebene teigige Schwellung der Muskeln und
Haut vorhanden, und ferner entwickelten sich während des Lebens diese
kolossalen Hämorrhagieen, welche Sie auf diesem Bilde sehr natur¬
getreu wiedergegeben finden. Es fand sich auf der ganzen Körperober¬
fläche nicht eine thalergrosse Stelle, welche frei von Blutungen gewesen
wäre. Ich glaube, unter der grossen Reihe der Fälle von Septicämie, die
ich damals in der Charite sah, mag mancher andere dieser Art noch ge¬
wesen sein, doch kannte man damals das Krankheitsbild noch nicht so
genau. Es wurden in der Muskulatur multiple Blutungen bei der Section
gefunden; die Querstreifung der Muskeln war grösstentheils unterge¬
gangen. Pathogene Bacterien konnte ich damals in den Muskeln nicht
nachweisen. Der andere Fall, von dem ich auch bestimmt glaube, dass
er hierher gehört — denn er entsprach dem Bilde von Herrn Fraenkel
genau — nahm auch einen ganz acuten Verlauf, führte aber zur Heilung.
Hier war die teigige Schwellung der Haut und Muskeln ebenfalls sehr
ausgesprochen, und die Extremitäten durch das pralle Oedem sehr ver¬
dickt. Was die Aetiologie anbetrifft, so handelte es sich um einen Fall
von Kohlenoxj^dvergiftung. Es wäre also daran zu denken, dass auch
solche Gifte die Krankheit erzeugen könnten.
Herr Senator: Wenn ich Herrn Lewin richtig verstanden habe
so meinte er, dass alle Fälle von acuter Polymyositis durch Parasiten
hervorgebracht werden und insbesondere auch meine Fälle. In dieser
Ausdehnung kann ich das nicht gelten lassen. Gewiss sind viele Fälle
von Myositis durch Parasiten hervorgebracht, wie eben septico-pyämische
lälle, und diese müssen meiner Meinung nach als secundäre abgetrennt
T° n anderen da© Hepp, Unverricht, Strümpell und ich als
pnmäre beschrieben haben. Als pnmär sind sie nicht deswegen bezeichnet,
™ der von mir beschriebenen „Neuromyositis“ zu trennen, wie
5 ?' d r/ UC £ hie . r . lst die M y° sitis P™är ^d tritt schon
3^1üi g ei< i h f e I tlg j de L Ne o ntl ? auf lnfol £ e derselben Schädlichkeit,
ff f- letzteren be v dmgt. Sondern sie gelten als primär, weil die
^iskelaffecüon von vornherein das Krankheitsbild beherrscht. Man kann
sie nach dem jetzigen Standpunkt auch nicht als „infectiös“ bezeichnen
weü bisher Parasiten irgend welcher Art in den erkrankten Muskeln
te StrTmfeTrf Fall 11 P Die des Herrn Lewin, dass L. Pfeiffer
l ?all Gregannon nachgewiesen hat, beruht auf einem
Irrthum. Weder in diesem noch in dem meinigen fanden sie sich und
ebenso wenig habe ich bei speciell darauf gerichteter Untersuchung Bac-
tenen gefunden. Darauf kommt es doch zur UnterscbAidnn^ S
fection“ und „Intoxication“ an. Bei den secundären Formen und hierher
g ehören auch **le von Wätzoldt und anderen, ™t ir^ndwo ein
*) Sitzung vom 18. Mai 1888. Anm. bei der Correctur.
primärer Infectionsheerd, von dem aus die Bacterien nach den ver¬
schiedenen Organen, darunter auch manchmal den Muskeln, verschleppt
werden, wie eben bei den septico-pyämischen Processen. Davon ist aber
in jenen Fällen primärer Polymyositis gar keine Rede. Das Krankheits¬
bild ist ein ganz anderes, so aass kein Beobachter, von Wagner und
Kussmaul an, auf den Gedanken einer Pyämio gekommen ist, auch fand
sich bei den Sectionen kein primärer Eiterungsheerd, und endlich ist in
einer Reihe von Fällen doch Heilung eingetreton, was wohl auch gegen
Septicopyämie spricht. Herr Lewin meinte, wenn ich recht gehört habe,
dass eine Intoxicatiou deswegen nicht anzunehmen wäre, weil auch
chronisch verlaufene Fälle beobachtet wären. Indessen, es giebt auch
chronisch verlaufende Intoxicationen im eigentlichen Sinne. Er führte
dann an, dass nur bei septischen Infectionen Exantheme der Haut Vor¬
kommen ; auch das kann man nicht gelten lassen, und ich brauche nur an
die Arzneiexantheme zu erinnern, dio doch niemand für „infectiös“ halten
wird und die in allen möglichen Formen bekanntlich Vorkommen. Nach alle¬
dem bin ich der Meinung, dass es sich bei der sogenannten „acuten primären
Polymyositis“ um eine Intoxication handelt, die von den septico-pyämi¬
schen Processen zu trennen ist. Natürlich muss auch bei dieser Intoxi¬
cation eine Eintrittspforte für das Gift, das Toxin, sein, oder irgend eine
Stelle im Körper, wo das Toxin entsteht und von wo aus es in die
Muskeln gelangt. Ich habe auf Grund des einen meiner Fälle, in dem
ein schwerer Diätfehler mit gastrischen Störungen vorangegangen war, die
Vermuthung ausgesprochen, dass in diesem und vielleicht noch in
manchem der anderen Fälle die Quelle des Toxins im Darmcanal zu
suchen sei, also eine von abnormen YerdauungsVorgängen ausgehende
Autointoxication Vorgelegen habe, eine Quelle, auf welche ich vor
mehr als 25 Jahren wohl als erster hingewiesen habe. Damals konnte
ich natürlich nicht von „Toxinen“ im heutigen Sinne, d. h. von Producten
des Bactorienstoffwechsols sprechen, sondern konnte nur auf die „Gifte“
im damaligen Sinne hinweisen, auf Schwefelwasserstoff, Sumpfgas, sodann
aber doch auch solche, welchen man heute wieder eine besondere Auf¬
merksamkeit schenkt, wie Leucin und Tyrosin, Buttersäure, kohlensaures
Ammoniak, Aceton, zu denen ich später noch Trimethylamin (bei Zer¬
setzungen in der Blase) gefügt habe.
Herr A. Fraenkel (Schlusswort): M. H.! Die Discussion ist, wie mir
scheint, insofern von dem Thema abgewichen, als ein Theil der Redner
nur noch von septischer Muskelentzündung im allgemeinen gesprochen
hat, während meine hauptsächlichsten Darlegungen sich lediglich mit
einer und zwar mit einer verhältnissmässig seltenen Form derselben be¬
schäftigten, nämlich mit der diffusen septischen (nicht eitrigen)
Myositis. Muskelabscesse kommen infolge von Pyämie bekanntlich
garnicht selten vor; aber die Affection, um die es sich hier handelt, ist
im Gegensätze zu ihnen eine diffuse Entzündung. Ich glaube, durch
meinen Vortrag wesentlich zwei Punkte angeregt zu haben, nämlich
erstens die Wahrscheinlichkeit, dass die Unverricht’sche Polymyositis in
der Mehrzahl der Fälle eine parasitäre Affection ist, und zweitens, dass
man in Zukunft die Section dieser Fälle mit grösserer Genauigkeit machen
wird als bisher. Bei dieser Krankheit ist bisher der Wunsch der Vater des
Gedankens geblieben. Man sucht auf Grund einiger wichtiger Beobach-
timgen eine neue Krankheit zu construiren, häuft eine Menge von Fällen,
die zum Theil nicht zur Section gekommen und unvollständig beobachtet
sind, zusammen und glaubt durch Aufstellung eines neuen Krankheits¬
schemas einen erheblichen Fortschritt gemacht zu haben. Da werden
natürlich eine Menge verschiedener Dinge zusammengeworfen. Ich meine
nicht, dass bei dieser Affection etwa, wie in meinen Fällen, immer Bac¬
terien in den Muskeln gefunden werden müssen; ich halte es aber für
sehr wahrscheinlich, dass irgendwo im Körper ein Bacterienheerd ist, von
dem die Affection ausgeht, also möglicher Weise in manchen Fällen durch
Vermittelung toxischer Substanzen. Herr Senator erwähnt den Strüm¬
pell’sehen Fall, der sich auf 8 Wochen belief. In diesem finde ich nir¬
gends eine präcise Angabe darüber, dass nach Bacterien überhaupt in den
Muskeln gesucht worden ist, was mir sehr befremdlich ist. Ferner hat
der Strümp eil’sehe Patient vom ersten Augenblick der Erkrankung an
eine ausserordentlich schwere Stomatitis gehabt. Wir müssen heute,
nachdem die Bacteriologie dahin geführt hat, dass wir für viele Erkran¬
kungen den Krankheitserreger kennen, uns befleissigen, im einzelnen
Falle die Invasionsstelle zu finden. Deshalb kann auch dem citirten Fall von
Herrn Senator keine volle Beweiskraft zuerkannt werden, weil die Section
eine unvollständige war; es wurde nur ein Muskelstückchen entnommen, und
was sonst im Körper vorhanden war, entzieht sich daher der Beurtheilung.
Wenn keine Bacterien in dem betreffenden Muskelstückchen gefunden
wurden, so beweist das nicht, dass dieselben nicht an anderer Stelle vor¬
handen waren und dass nicht die serös eitrige Flüssigkeit unter der Haut
Bacterien enthalten hat; häufig findet man gerade in den Muskeln keine
Bacterien. Ein Beispiel möchte ich noch anführen, das Ihnen zeigen soll,
mit welcher Gründlichkeit man bei der Section Vorgehen muss, um die
Pathogenese gewisser infectiöser Erkrankungen zu ergründen. Vor
14 Tagen kam auf meine Abtheilung ein 50jähriger Mann mit Fieber
und benommenem Sensorium, der eine Lungenaffection hatte (Dämpfung
hinten links mit Bronchialathmen und katarrhalischen Geräuschen), über
deren Aetiologie ich mir nicht ganz klar war; ich glaubte, möglicher
Weise es mit einer Influenza zu thun zu haben; es waren aber keine
Influenzabazillen im Sputum vorhanden. Nach einigen Tagen entwickelte
sich eine Verbreiterung der Herzdämpfung, sodass ich eine Pericarditis diag-
nosticirte. Unter zunehmender Herzschwäche und Fieber starb der Patient.
Die Pericarditis gehört bekanntlich zu denjenigen Affectionen. denen meist
eine infectiöse Ursache zugrunde liegt; entweder ist sie rheumatischer
oder tuberkulöser Natur, oder es handelt sich um eine andere Infections-
ursache. Bei der Section des erwähnten Pat. fand sich nun ein ziemlich
grosses eitriges Exsudat im Pericard, welches Staphylococcen enthielt.
Von Tuberkulose liess sich auf dem Pericard nichts entdecken; der pri-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
15. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
259
märe Heerd wurde au einer ganz unverniutheten Stelle gefunden; es er¬
gab sich nämlich, dass der Patient eine Gonorrhoe gehabt hatte, in deren
Folge eine eiterige Prostatitis entstanden war, welche zu einem zwischen
Prostata und Symphyse belegenen Abscesse geführt hatte. Von hier aus
hatte die Infection des Perioard stattgefunden. Dieser Zusammenhang
wäre nicht erkannt worden und der Fall wäre bezüglich seiner Entstehung
völlig unaufgeklärt geblieben, wenn man nicht bei der Section, von der
Ueberzeugung ausgehend, dass ein Invasionsheerd vorhanden sein müsse,
eifrig nach demselben gesucht hätte.
Dass Fälle Vorkommen, welche ihrem äusseren Verhalten nach sehr
leicht zur Verwechselung mit diffuser Myositis Veranlassung geben
können, hiervon kann ich Ihnen gleichfalls aus eigener Erfahrung berich¬
ten: Vor wenigen Wochen wurde ich zu einer 40jährigen Frau consultirt,
bei welcher im September vorigen Jahres die ersten Symptome der
Krankheit, an welcher sie gegenwärtig leidet, mit einer ganz leichten
Anschwellung des Gesichtes einsetzten. Im November gesellte sich dazu
eine Schwellung der linken Hand, die sich allmählich auf die ganze linke
Oberextremität ausbreitete. Darauf folgte im December Schwellung des
linken Fusses, ebenfalls allmählich sich auf die gesammte linke Unter¬
extremität erstreckend. Gegenwärtig bietet die Kranke ausser beträcht¬
licher Gesichtsschwellung die Erscheinungen eines geradezu colossalen
Oedems sämmtlicher vier Extremitäten. Das Schlucken ist beträchtlich
erschwert, so dass feste Speisen gar nicht, flüssige nur mit Anstrengung
genossen werden können; Drücken auf den Pharynx ist empfindlich. Es
besteht keine Struma. Die Pupillen reagiren gut, ausserordentlich leb¬
haftes Hautjucken, im übrigen Sensibilität völlig normal, Patellarreflexe
deutlich, ausgeprägter Fussclonus. Urin frei von abnormen Bestandteilen.
Kein Milztumor, kein Fieber. Keine Magenschmerzen, zeitweise Durch¬
falle. Bis vor wenigen Tagen war die Muskulatur nicht schmerzhaft, trotz¬
dem die Anschwellung der Extremitäten eine so beträchtliche ist, dass
Patientin vollkommen regungslos undunfähig, die leichteste Beugebewegung
im Knie oder im Ellbogen auszuführen, da liegt. Dass es sich hier nicht
um eine Polymyositis im gewöhnlichen Sinne des Wortes handelt, geht
aus dem Umstande hervor, dass Patientin nie über spontane Schmerzen
in den Muskeln zu klagen hatte und bis vor kurzem auch Druck auf die
Muskeln absolut unempfindlich war. Erst in den letzten Tagen ist letz¬
terer mit einer leichten Schmerzhaftigkeit verbunden, auf die jedoch in
Anbetracht des abnorm hohen Grades der Schwellungen kein allzu grosses
Gewicht zu legen sein dürfte. Auch die Abwesenheit von Fieber (mit
Ausnahme sehr geringfügiger, in der letzten Zeit aufgetretener Erhebungen
der Temperaturcurve) spricht gegen diffuse Myositis. Das Krankheitsbild
erinnert mich an einen im Neurologischen Centralblatt 1889 von R. Schulz
mitge theil ten Fall, der den Ausgang in Sklerodermie nahm und in welchem
neuritische Veränderungen sowohl im Bereiche der Extremitätennerven,
wie der vorderen Wurzeln des Rückenmarks gefunden wurden. Von der¬
artigen Hautveränderungen ist indess bis jetzt bei dieser Patientin nichts
wahrzunehmen.
3. Herr G. Lewin stellt einen Fall vor, der die Besonderheit
der toxischen Exantheme beweisen soll, nämlich ein ausgebrei¬
tetes Exanthem nach Quecksilber.
dünnt, geröthet, durchscheinend. Mitten in dieser Partie befindet sich die
ca. fünfpfennigstückgrosse, mit Gerinnseln angefüllte, von unregelmässigen
Rändern begrenzte Durchbrucbstelle. Diese führt direkt in den Unken
Bronchus unmittelbar unterhalb der Bifurcation. Der Knorpel ist daselbst
mitdurchbrochen. Die verhältnissmässig hohe Stelle der Perforation im
Bronchus erklärt sich dadurch, dass wegen der Verbreiterung des Aorten¬
bogens ein Theil der Trachea selbst noch der Aorten wand anliegt. Beide
Bronchien fanden sich mit Blut überfüllt, die Lungen, welche übrigens
alte phthisische Processe zeigten, boten ein eigentümlich geflecktes Bild
dar, indem die weissen käsigen Partieon mit rothem blutdurcktränktem
Lungengewebe ab wechselten. Oesophagus und Magen waren vollkommen
mit Blut vollgestopft; ein Theil des Blutstroms war also in die Verdauungs¬
wege hinabgeflossen. Ein zweites sackförmiges kleines Aneurysma zeigt
der absteigende Theil der Brustaorta. Die Section ergab noch doppel¬
seitige Hydronephrose mit starker Druckatrophie des Nierengewebes und
compensatorischer Hypertrophie des Hilusfettes.
Bei dem zweiten FaU handelt es sich um ein Aneurysma dissecans
des intrapericardialen Aortentheils mit Durchbruch in den Herzbeutel,
verbunden mit ausgedehnter Hirnblutung. Der 57jährige Mann, von dem
das Präparat stammt, wurde vor einer Destillation in soporösem Zustande
aufgefunden. Er hatte eine linksseitige Hemiplegie und starb 6 Stunden
nach seiner Auffindung im Krankenhause. Der Herzbeutel war stark
ausgedehnt und enthielt ca. 1 1 zum Theil geronnenen Blutes. Nach
Entfernung desselben fiol sofort eine blutige Unterlaufung mit
Abhebung der Adventitia in grosser Ausdehnung auf. Der linke
Ventrikel ist vergrössert, Aortenklappen an den Basen verkalkt. Anfangs-,
theil der Aorta und Bogen in leichtem Grade erweitert. Die Aorta
zeigt arteriosklerotische Erkrankung. Etwa 3 cm oberhalb der Klappen
liegt der winklige Riss, welcher ca. 3 /s des Aortenumfangs einnimmt und
Intima und Media durchzieht. An dieser Stelle zeigen sich nur uner¬
hebliche Veränderungen der Intima. Auffälliger Weise konnte selbst bei
genauerer Untersuchung keine Continuitätstrennung in der Adventitia
aufgefunden werden. Trotzdem muss man bei der Masse des im Herz¬
beutel befindlichen, theil weise geronnenen Blutes annehmen, dass eine
solche bestanden hat, wenn sie auch nur klein gewesen sein kann. Die
Gefässe der Hirabasis sind verkalkt. Alle Ventrikel sind mit flüssigem
Blut gefüllt. Die rechte Wand des rechten Ventrikels, ein grosser Theil
des Corpus striatum, Thalamus opticus, des Planum semiovale Vieussenii
rechts ist zerstört, mit kolossalem Blutgerinnsel gefüllt, weiches bei ober¬
flächlichem Einschneiden der Rinde herausquillt. Es fanden sich Stauungs-
nieren. Von Interesse ist in dem vorliegenden Falle das Vorhandensein
einer Aortenruptur mit Aneurysma dissecans neben einer grossen Hirn¬
blutung, welche aller 'Wahrscheinlichkeit nach zu gleicher Zeit zustande
ekommen sind. Der bemerkenswerthe Umstand, dass der Tod erst
Stunden später erfolgt ist, was immerhin bei einem zwischen Media
und Adventitia befindlichen Aneurysma dissecans selten ist, mag meines
Erachtens einmal mit der Blutdruckentlastung infolge der starken Hirn¬
blutung in Zusammenhang stehen, welche es ermöglichte, dass die Ad¬
ventitia längere Zeit dem andrängenden Blut Widerstand leistete, ein
anderes mal aber mit der Kleinheit der Continuitätstrennung in der Ad¬
ventitia, wodurch nur eine langsame Anfüllung des Herzbeutels mit Blut
zustande kommen konnte.
Berliner medicinisehe Gesellschaft.
(Origmalbericht.)
Sitzung am 7. März 1894.
Vorsitzender: Herr Virchow.
1. Herr Feilchenfeld (vor der Tagesordnung): Ich möchte Ihnen
cm Präparat von Aneurysma aortae abdominalis mit Ruptur der nicht
erweiterten Arterienwond zeigen. Es stammt von einer 80jährigen Frau,
welche seit mehreren Jahren im Charlottenburger Siechenhause war und,
abgesehen von einer leichten senilen Demenz, stets völlig gesund war.
Noch am Mittwoch voriger Woche holte sie sich selbst ihr Essen und
fühlte sich völlig wohl, Donnerstag des Morgens stand sie zwar auf, klagte
aber über Unbehagen, legte sich wieder und starb dann Vormittags. Bei
aer Section zeigte das Herz rechts sehr dünne Muskulatur, geringe Dila-
mtion, links starke Hypertrophie, keinen Tropfen Blut in den Ventrikeln,
bei der Eröffnung der Bauchhöhle zeigte sich im rechten Hypochondrium
cm über kindskopfgrosser Tumor, welcher die Darmschiingen zur Seite
drängte; er bestand aus frisch geronnenem Blute, welches sich um die
Aorta abdominalis umlegte. Diese selbst zeigte ein nach links liegendes
grosses Aneurysma mit völlig organisirton Fibringerinnseln; an der gegen-
uDeriiegenden Arterienwand bestand ein grosser Winkelriss um eine kleine
Aalkplatte in der Wand, durch den das Blut in die Bauchhöhle ausgetreten
war. Interessant an dem Falle ist, dass ein grosses Aneurysma lange be¬
standen, ohne irgend welche Beschwerden hervorzurufen, und dass an
er nicht erweiterten Arterien wand ohne jede Veranlassung, ohne Contu-
Hon etc eine Totalruptur auftrat, während die Frau ruhig im Bette lag.
. Herr Edel (vor der Tagesordnung): lm Anschluss an die eben
ttgefundene Demonstration erlaube ich mir. Ihnen zwei weitere Fälle
r? n Porten Aortenaneurysmen aus dem städtischen Krankenhause zu
erst ^Pr* UI ^ vorzuzeigen, welche nicht zu den häufigsten gehören. Das
T)i i,k '* ßt e * n . walires Aneurysma des Arcus aortae, bei dem ein
urctibruch m den linken Bronchus erfolgt ist. Der 47jährige Patient
T„j m P^tzuch einen gewaltigen Blutsturz, der seinen augenblicklichen
. , ZU1 ! * ol ffo hatte. Die Section der äussersfc blass erscheinenden Leiohe
eme völlige Ueberlagerung des Herzens durch die rechte sehr volu-
füllt U D A er rec ^^ Ventrikel fand sich mit flüssigem Blute ge-
dpn o« eber ri en Aortenklappen beginnend, erstreckt sich das Aneurysma
Innftnw Z . ^ en ent kmg bis zum Anfang des absteigenden Theiles. Die
lTpWrr an< * z . ei £b vorgeschrittene arteriosklerotische Veränderungen. Beim
gang m den Arcus an der hinteren Wand ist dieselbe stark ver¬
3. Herr Gottschalk (vor der Tagesordnung) giebt einen erklärenden
Nachtrag zu der Demonstration des Herrn Horst Brehm, Oedemkind.
An dem von Herrn Brehm gezeigten Neugeborenen fiel vor allem eine
starke, goradezu cystische Flüssigkeitsansammlung unter der Haut der
rechten Thoraxhälfte vom und hinten sowie unter der Kopfschwarte über
den Scheitelbeinen, besonders wieder rechts, auf. Die linke Thoraxh&lfte
zeigte mehr diffuses Hautödem; desgleichen war das Gesicht von einem
starken ödematöseu Hautwulst, der besonders die Unterkinngegend betraf,
umrahmt. Die von Gottschalk vorgenommene Section hat ergehen,
dass dieses Kind intrauterin an Hydrothorax, Hydropericard und Ascites
gelitten hatte infolge einer noch näher zu beschreibenden Erkrankung der
Choriongefksse. Lues ist nach dem Befunde ausgeschlossen. Das Kind
hatte sich, wie uns mitgetheilt, mit dem Steiss zur Geburt gestellt, die
Hebamme hatte an dem Steiss vorzeitig Extractionsversuche gemacht und
dadurch eine vollständige Zerreissung der Brustwirbelsäule
in Höhe des vierten Brustwirbels herbeigeführt. Die obere
Epiphyse hatte sich von dem vierten Brustwirbelkörper auf gut 3 cm
Entfernung getrennt, der Bandapparat war gleichfalls vollständig zerrissen,
ebenso natürlich das Rückenmark. Der Riss hatte sich beiderseits auf
den zugehörigen Zwischeurippenraum fortgesetzt, auf der rechten Seite
war es dabei zu einer Eröffnung des Pleuraraumes gekommen, so dass
jetzt die in diesem angesammelte Flüssigkeit mit dem durch die Ruptur
bedingten Bluterguss vermischt unter die äussere Haut in das subcutone
Fettgewebe nach allen Richtungen hin austreten konnte. Die Haut ist
entsprechend weit von ihrer Unterlage abgehoben, am Schädeldach sogar
auf 5 cm Höhendurchmesser. Offenbar ist die Flüssigkeit zunächst unter
die Haut der rechten Thoraxhälfte ausgetreten und erst bei der Extraction
von hinten her bis unter die Kopfsehwarte gepresst worden; wahrschein¬
lich beim Durchtritt des unförmig ausgedehnten Thorax durch die Scheide.
Die inneren Organe boten, abgesehen von einer etwas kümmerlichen Be¬
schaffenheit der Thymusdrüse und einer Retroversio uteri, nichts abnor¬
mes. Der Ductus Botalli war offen, Nieren und gesammter Harnapparat
normal; im Herzen kein Blut. Schädel normal gebildet; keinHydrocepha-
lus; Fontanellen normal. , ... T „
4. Herr v. Bergmann: Vorstellung eines Hermaphroditen. In
dem vorgestellten Falle von Pseudo-Hermaphroditismus handelt es ^ sic
um einen Hypospadiacus, also um ein männliches Individuum, das 8 '
wöhnlicho Vorkommen. Es sind aber mit dieser Verbildung der -
schlechtstheile in der Regel noch so viele andere ^ ® ril 5^ r ^®“| )0 ,. oucn
Genitalien verbunden, dass von Laien das Geschlecht des No g
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260
DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCH RIFT^
No. 11
nicht immer richtig bestimmt werden kann. So ging es auch mit diesem
Kinde, das als Mädchen den Namen Emma erhalten hat. Das nchtige
Geschlecht wurde erst erkannt, als der kleine Patient wegen schweien
Blasenkatarrhs der chirurgischen Klinik übergeben wurde. Was die Ent-
stehung der Hypospadie betrifft, so wird sie ja jetzt allgemein als eine
Entwickelungshemmung aufgefasst Der Befund bei dem Kinde istj fol¬
gender: Gut entwickelter, nach abwärs gebogener Penis an der unteien
Seite gespaltenes wulstiges Präputium, unperfonrte Eichel, an der unteren
Seite des Penis von der Eichel beginnend eine am Perineum endigende,
mit Schleimhaut austapezirte Rinne, keine Spur von Scrotum oder Labmm
maius. Die Mündung der Harnröhre am Perineum trichterförmig gel¬
tet, so dass diese Gegend einer Vagina ähnlich sieht. Hoden sind mch
zu fühlen. Die Capacität der Blase ist mcht gering; im hinteren Theil
der Harnröhre scheint sich ein Divertikel zu befinden; links unten im
Bauche ist ein kleiner fester Körper zu fühlen. Kryptorchismus mit
Atrophie der Hoden ist in diesen Fällen ein häufiger Befund. Die Folgen
sind Störungen in der Samenbereitung, verkümmertes Geschlechtsbewusst¬
sein, so dass eine ganze Reihe solcher Individuen als Weiber m glück¬
licher Ehe gelebt hat.
5. Discussion über die Vorträge der Herren Körte und Vogel:
Ueber Aethernarkose. _ , . , .
Herr B lasch ko sen. theilt in Bezug auf die Entdeckung der Aether¬
narkose mit, dass weder Morton, Warrens noch Jackson, die sich
um die Priorität gestritten haben, sondern Dr. Long m Jefferson (Georgia)
nach den neuesten Forschungen des Dr. Grandy in Atlanta der Entdecker
der Aethernarkose bei chirurgischen Operationen gewesen ist.
Herr P. Rosenberg giebt eine vorläufige Mitteilung über Versuche,
die er bezüglich der Aufhebung der Chloroformwirkung auf das Gehirn
im pharmakologischen Institut zu Berlin angestellt hat. Man ist in der
Lage, diese Chloroformwirkung in überraschend kurzer Zeit zu beseitigen,
und zwar derart, dass Thiere, welche sonst im Durchschnitt 25 bis
50 Minuten und länger gebrauchen, um sich nur einigermaasscn aus der
Narkose zu erholen, in zwei bis drei Minuten in einen so normalen Zu¬
stand gebracht werden können, dass sie sich durch nichts mehr von
einem nicht narkotisirten Thiero unterscheiden. Man erreicht das durch
Anwendung des stärksten Excitans, das wir überhaupt besitzen, durch
subcutane Anwendung des Cocains. Vortr. machte seine Versuche derart,
dass er immer zwei Thiero gleicher Rage (er benutzte Kaninchen) und
annähernd gleichen Körpergewichtes chloroformirte, eines ohne, das andere
mit nachfolgender Cocaininjection. Das Chloroform wurde mit Esmarch-
scher Maske gereicht, die für Kaninchen passend hergerichtet war,
und zwar in abgemessenen Mengen. Letzteres geschah haupt¬
sächlich, um nicht absichtslos etwa das zu cocainisirende Thier durch
weniger Chloroform zu bevorzugen. Auch wurden bei der grossen
Empfindlichkeit der Kaninchen für Chloroform und der grossen Ver¬
schiedenheit der individuellen Reaction der Thiere auf Cocain, um
Täuschungen zu vermeiden, die Thiere wechselweise benutzt. . Vortr. ist
sich sehr wohl bewusst, dass man im allgemeinen nicht vom Thierversuche
Schlüsse auf den menschlichen Organismus übertragen darf. In diesem
speciellen Falle aber steht er nicht an, die Cocaininjection bei Chloro¬
formnarkose auch beim Menschen zu empfehlen, und zwar erstens, weil
das Cocain nur in kleinen Dosen gegeben werden soll, in denen es
die Athmung durchaus nicht beeinträchtigt und durch Herabsetzung der
Reizbarkeit des Nervus vagus auf das Herz direkt günstig einwirkt;
zweitens aber auf Grund von Erfahrungen anderer, die, wie zum Beispiel
Professor Obalinski in Krakau, die Combination von Chloroform und
Cocain, welch letzteres sie zwecks localer Anästhesie benutzten, wegen
der günstigen Beeinflussung der Narkose durch Cocain die Cocaininjection
direkt empfehlen. So wird im „Lancet“ vom Jahre 1888 berichtet, dass
Obalinski bei dieser combinirten Methode Erbrechen nur in sehr
seltenen Fällen während der Narkose eintreten sah und dass namentlich
die Depression nach der Narkose fehle oder wenigstens viel geringer sei.
Was dieDosirung anbelangt, so hat Vortr. gefunden, dass kleine, höchstens
mittlere Dosen besser wirken als grosse, und er empfiehlt, unter Vor¬
behalt späterer Modificirung, von einer dreiprocentigen Cocainlösung
zu Beginn der Narkose '/« Pravazspritze und am Schluss l h bis 1 Spritze;
die erste Injection soll die Narkose selbst günstig beeinflussen, die zweite
soll die der Narkose sonst nachfolgende Depression und andere Nach¬
wehen des Chloroforms beseitigen.
Herr Schönheimer: Es sei eine übereinstimmende Erfahrung, dass
die unangenehmste Nebenwirkung bei der Aethernarkose die Reizung der
Schleimhäute der Athemwege sei, woraus sich die Contraindication bei
bestehender Bronchitis, Bronchiectasie, alten Leuten, die ja stets zu Bron¬
chialkatarrhen geneigt seien, ergebe. Diese Gefahren rufe aber haupt¬
sächlich der unreine Aether hervor, speeiell durch seinen Gehalt an Essig¬
säure. Die Anforderungen der Pharmakopoe an die Reinheit des Aethers
waren früher sehr gering, sind aber in neuerer Zeit strengere geworden,
sie lassen aber noch eine Verunreinigung ausser acht, die nach Vortra¬
gendem bei der Narkose schädlich einwirkt, nämlich die durch Aldehyd,
der sich im öfficinellen Aether stets vorfindet. Dagegen ist der Pictet-
•sche Aether purissimus völlig frei davon, wie eine Untersuchung mit
einem von der „Gesellschaft für Herstellung flüssiger Gase“ angegebenen
Reagens ergiebt. Dieser Aether wirkt fast gar nicht reizend auf die Re¬
spirationsschleimhäute.
Herr Silex: Ueber den Werth der Aethernarkose kann nur
die praktische Erfahrung entscheiden, und in dieser Hinsicht halte ich
mich für berechtigt, hier in der Discussion einige Worte zu sagen.
Geh. Rath Schweigger hat nämlich schon 1876 die Aethernarkose
auf der Universitäts-Augenklinik eingeführt, und dieselbe ist hier seit
dieser Zeit mit kurzen Unterbrechungen in Gebrauch. Den grössten Theil
der Narkosen habe ich selbst mit zu beobachten Gelegenheit gehabt.
Unsere Narkosen belaufen sich auf über 8000 Fälle und erstrecken sich
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auf alle Altersklassen vom Kind im zarten Alter von zwei Tagen bis zum
90iäC ff en Greis Manche von den Patienten hatten Nephritis, andere
Herzklappenfehler, andere Bronchitiden etc. Aber trotzdem hatten wir
das Glück niemals bedrohliche Erscheinungen von Seiten des Herzens
und der Respiration zu erleben. Gelegentlich setzte die Athmung auch
aus, der Mund wurde fest zusammengekniffen,und die
In solchen Fällen lüftet man die Maske auf eine halbe Minute, macht
einige Respirationsbewegungen und schüttelt den Unterkiefer, worauf das
Aussehen wieder normal ist. Ein Zurücksinken der Zunge wird äusserst
feiten beobachtet. Wird die Pupille weit, so kann doch weiter narkotisirt
werden wenigstens ist in unseren bezüglichen Fällen nichts passirt. Pneu¬
monieei sahen wir niemals auftreten wohl aber öfters
und einmal eine sehr unangenehme Mitteiohreiterung. Eine starke Schleim-
absonderung in den Bronchien und ein Rasseln und Schnauben findet sich
bisweilen bei ganz gesunden Luftwegen, häufiger eben bei vorher bestehen¬
den Bronchialkatarrhen; der vor den Mund tretende Schleim wird einfach
fortgewischt. Unsere Methode der Aethensrrung weicht insofern von der
hier angegebenen ab, als wir die sogenannte Erstieg
Die beste Maske ist meiner Ansicht nach eine einfache Dute aus Wachs¬
leinwand, die zur Hälfte mit Watte gefüllt wird. Auf letztere giessen
wir gewöhnlich 100 g Aether, und wenn die Narkose nicht bald erfolgt,
weitere 50 bis 100 g, so dass wir bei Erwachsenen ca. 200 g verbrauchen
Da wir die Luft durch festes Aufdrücken der Maskenränder fernzuhalten
suchen, hat der Patient ein unangenehmes Erstickungsgefühl. Oftmals
kommt es zu einer Kohlensäureüberladung, die aus dem cyanoüschen Aus¬
sehen erhellt und daraus, dass ein tief dunkelrothes Blut aus den durch¬
schnittenen Gefässen rinnt. Mehrere Athemzüge bei entfernter Maske
genügen, um wieder ein normales Aussehen herbeizuführen. Bei Potatoren
empfiehlt es sich, vorher eine Morphiuminjection zu machen, skrophulöse
Kinder bieten nicht, wie es hier hingestellt worden ist, em Contramdica-
tion. Richtet man sich nach unserer Vorschrift, so tritt die Narkose nur
um ein weniges langsamer ein als bei Chloroform. Die einmal erzielte
Narkose kann stundenlang unterhalten werden. Man giesst von zielt zu
Zeit nach und lüftet gelegentlich die Maske. Das Erbrechen nach der
Narkose und das Allgemeinbefinden gleichen im ganzen wohl dem Chloro¬
formgebrauch. Es ist schwer zu begreifen, weshalb seiner Zeit der Aether
vom Chloroform verdrängt wurde. Ich glaube, dass materielle Gründe
eine wesentliche Rolle dabei gespielt haben. 1876 kostete ein Kilo Aether
neun Mark, früher war er noch theuerer, so dass uns eine Narkose aut
1,65 Mark zu stehen kam. Die Chloroformnarkose kostete zu derselben
Zeit 35 Pfennige. Heutzutage ist der Aether so billig, dass ein Preis¬
unterschied zwischen beiden Narkosen kaum zu constatiren ist. Es wir
eingewendet, dass die Augenärzte nur kurze Narkosen gebrauchen. Das
ist richtig, aber die Narkosen sind tief, und gerade im Beginn der Narkose
treten ja die meisten Todesfälle ein. Bedenkt man, dass die Mortalität
in Wahrheit grösser ist als 1:3000,0, wie es die Gurit sche Statistik
hervorhebt, grösser deswegen, weil sie im ganzen die Zahlen grosser
Krankenhäuser wiedergeben, die über viele Assistenten etc. verfügen, ment
aber die Fälle der praktischen Aerzte, die kein Interesse daran haben,
etwaige Todesfälle zu publiciren, so kann man nicht umhin, die Aetber-
narkose auf Grund der günstigen Zahlenverhältnisse bestens zu empfehlen.
Herr Karewski betont, dass die Narkosen bei Augenoperationen nur
kurze Zeit währen, während sie bei chirurgischen Operationen oft stunden¬
lang fortgesetzt werden müssen. Gerade Aethernarkosen von langei
Dauer würden gefährlich.
HerrW. Körte: Im grossen und ganzen stimmen die Ansichten über
die Aethernarkose überein, wenn auch über einzelne Punkte noch Di e-
renzen bestehen. Mit den Erfahrungen des Herrn Hahn decken sich die
meinigen völlig. Die Wanscher’sche Maske habe ich mich versuc ,
jedoch noch in zu wenig Fällen, um ein Urtheil zu haben. Die sogenann
asphyktische Methode, die Julliard, Bruns u. a. ausüben s °
scheint mir Herr Vogel etwas zu schwarz geschildert zu haben,
kann mir nicht denken, dass die genannten erfahrenen Chirurgen in vie en
Tausenden von Fällen ihre Patienten in den Erstickungszustand versetzt
haben. Ein Assistent von Julliard, der Narkosen bei mir sah, con-
statirte, dass sie in Genf ähnlich verführen und ähnliche oder glm
Narkosen hätten; ich ersticke meine Kranken nicht. Herrn oilex mo
ich bemerken, dass ich Schwarzwerden des Blutes während der Nark
stets als etwas Ungünstiges ansehe und sofort durch Düften des Mas
und Freimachen der Athemwege dem abhelfe. Das möchte ich für
chirurgischen Operationen, die ja meist länger dauern als Augenoperatio ,
dringend anrathen. Das Cocain habe ich bei langdauerndem Nacherbrec
nach Chloroformnarkosen mit Nutzen verwendet. Herrn Kai sw
möchte ich, in Uebereinstimmung mit Herrn Hahn bemerken, dass
Kinder jeden Alters oft ohne Nachtheil ätherisirt habe. Ferner babe . _
die Aetherisirung gerade bei länger dauernden schwierigen Lapaiatomi
(Darm-, Magen-, Gallenblasenoperationen u. dergl.) besonders sc
gelernt. Ich kann mich der Meinung derer, die behaupten, die A
an Wendung werde sich immer mehr Freunde verschaffen, nur ansen ies •
Dass man genaue statistische Erhebungen fortsetzen müsse, erwann
schon in meinem Vortrage. . _ , . ,
Herr L. Landau: So schwer es ist, jetzt die Gründe aufzudecken,
welche fast die gesammte medicinische Welt vor etwa 50 Jahre,
anlasst haben, vom Aether zum Chloroform überzugehen, so leicht is ,
den Uebergang vom Chloroform zum Aether zu erklären. Vor alle g
aus statistischen Gründen unwiderleglich hervor, dass der A ® tber ,, ,
nicht so gefährlich ist. Die Sammelforschung der deutschen Gese
für Chirurgie ergiebt folgendes Resultat: 161800 Chloroformnar ,
52 Todesfälle, Mortalität 1:3111, 14644 Aethernarkosen 1 Todesfall, Mor¬
talität 1:14686. Eine in den Medical News 29. October 1892 publicirte
Statistik: 638461 Chloroformnarkosen 170 Todesfälle, MortMität
300157 Aethernarkosen, 18 Todesfälle, Mortalität 1:16675. Dr. Kaba
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15. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Erfahrungen lauten noch günstiger: auf 150000 Aethemarkosen kein
Iodesfall. Landau ist zu der Ueberzeugung gelangt, dass die Zahl
der Aethertodosfailo in einem erheblich grösseren Procontsatz vermeidbar
sind, die Chloroformtodesfälle aber nicht in analoger Weise ein
Umstand, der seinerseits zu Gunsten der Aethernarkose spricht ’ Die
Differenz in der Wirkung beider Mittel besteht darin, dass beim Chloro¬
form in den meisten Fällen das Herz angegriffen wird und erst Herz¬
lähmung eintritt. beim Aether aber das Respirationscentrum so dass
die betreffenden Kranken aufhören zu athmen, während das Herz noch
schlägt. — Nun ist es doch von Ertrunkenen, tiefasphyktisch ge¬
borenen Kindern, mit CO Vergifteten bekannt-, dass es mit rechtzeitig
angewendeten Mitteln (künstlicher Athmung etc., Svlvestermothode etc*5
gelingt, dieselben wieder zum Athmen und damit zum Leben zu bringen-
jedenfalls viel besser, wie wenn das Herz primär beim Chloroformtode
still steht. Faradisation, Wiederbelegungsversuche nach König lassen !
uns zu leicht im Stich. Dieser Umstand im Verein mit der Statistik
giebt jedem, der vom Chloroform zum Aether übergeht, namentlich bei
sehr schwierigen Operationen oder bei entkräfteten," ein erhöhtes Gefühl
der Sicherheit, von der sonst schädlichen Nachwirkung des Chloroforms
ganz abgesehen. Freilich muss man es verstehen, den Aether zweck¬
mässig anzuwenden. Nicht um die Julliard'sche oder Wanscher’sche
Maske handelt es sich, sondern um das Princip, ob man die Luft thun-
lichst abhält oder so viel wie möglich zulässt. Man kann unter Um¬
ständen, wenn man das richtige Princip befolgt, selbst mit der Julliard-
senen Maske gute und gefahrlose Narkosen erzielen, unter Umständen
jemanden mit der Wanscher’schen Maske ersticken — sogar wenn kein
Aether dann ist. Auf dem Coutinent aber wird leider ein schlechtes
1 rincip, das geeignet ist, den Aether zu discreditü-en, befolgt. Es ist das
von den Anhängern der Julliard’schen Maske befolgte 1‘rincip. die Luft
tliunlichst abzuschhossen. Landau fuhrt als klassische Zeugen die
aus seiner Klinik von Herrn Grossmanu sehon citirten, Butter
tuet er. Garre an. welche in derselben Weise, wie HerrSilcx eben aus
der bchweigger’scken Klinik es vortrefflich geschildert, beim Aetheri-
Mren die Maske so dicht aufsetzen, dass nur wenig Luft aspirirt werden
Kami. Bei Augenoperationen, die nur kurze Zeit dauern, ist dies gewiss
r zweckmässig; hei grösseren Operationen aber ist die Anwendung
(böses I nncipes nicht bloss für den Zuschauer beängstigend, sondern für
;ien Upenrtcn gefährlich, ja unter Umstünden tödtlicli. wie zwei hier in
Horlm erfolgte Todesfälle beweisen.
liarre und Herr Körte haben, um zu beweisen, dass bei der
261
l ir M i ■«/ iiuuuu, um zu ueweisen, <
• ulliardscheu Maske nicht asphyxirt wird, auf Versuche von Dreser
angewiesen, welcher den COa-Gehalt in der Exspirationsluft dermaassen
•Nai-kotisirter nicht vermehrt fand. Schon vor 20 Jahren haben übrigens
• lorgau und11 rof. Golloway dieselben Versuche mit demselben"Er-
»«sg'cftihrt. Allein diese Ergebnisse beweisen nicht das was sic
•joJlen. Denn UVAusscheidung geht mit COa-Bildung, wie schon
iermann und Lsindois zeigten, nicht parallel. Ja Horter und Fried-
nuer wmsen bei der Kohlensäurevergiftung sognr direkt nach, dass die
nispiratlonslult mit (’0 3 kemesges überladen war, und schliesslich Kt
Hill- r : J usst ; i ; Acht zu lassen, dass, je weniger Sauerstoff', wie bei der
•i iiiiarü sehen Maske, den Operirten zugeführt wird, desto weniger CO-
Ö ? ber i?. aui)t 1 bl,de “ kann. Offenbar wird der gebildete C0 2 im Blute I
jfn- e 'jV' bt ! n bl *‘J gebunden. Uebrigens sind zum Beweise, dass bei I
dii> . ia T d s eken Maske asphyxirt wird, keine Thierversuche nöthig: ■
tiiu , v re i Un " f Cr Aatoren ’ vor aHem der Anblick der lividen, cyano- ‘
Jf!L - deS , sc ^ warzen Mutes etc., lehrt dies evident. Blütgas-
«liSr Ll im . üb «gen schon von Oliver angestellt sind, dürften in
Y 7 '! e ^ehr Aufschluss geben, als Analysen der Exspii-ationsluft.
Herr i n n a*™ l e me fehlerhafte Anwendung der Aethernarkose kann sich
klären^ rm a i U - d i? S Brt , h . ei1 des Hcrrn Karewski über den Aether er-
,; übt h,tTf 1Ch er dle . -Aethernarkose bereits bei etwa 1400 Frauen
sehen, wie rie die Erscheinungen auftraten
heut 0 M ZnV Mn S auen von keinem einzigen der Herren Redner
* Schon Herr Vogel hat mitgetheilt. dass sich
paratomiePT! m a !‘f au . unter Aethernarkose ausgeführten 258 La¬
befand™ Snerlll IVa’^tarpaüonen sehr langdauornde Operationen
schwindend «Lrirm Laparatomicen handelte es sich in einer ver¬
um drei circnljirp^rf V“ & latte . Ovariotomieen. Unter anderen aber
lomieen Ä^J )armr P Set . 10nen mit Naht (Amtlich geheilt), Nephrek-
n manche Laparatomieen von 3 bis
untren dochrtS-, fl La ? dau meint ’ dass ™cli solchen Erfahr¬
dürfte. Herr K./ T 1 ' / Ur Laparatomieen nicht beanstandet werden
er gemeint hat ^ a ? C ^, Borrn ^ 7 °g e l missverstanden, wenn
es sich nicht" «nnripm önnt 5 aucb d ? s ^klorofonn dosiren. Darum handelt
ist. je ^e're danm \ das * «n Mittel um so ungefährlicher
die Ueberstei«run<r fiff 11 . raa !7 obne Lebensgefahr reichen kann. Also
^ebersteimm^vn! v Opium ist gefährlicher als die
maasses der ^ ^)a^reieh < m^S lllm, T* and< ?ren \Vorten: der Effect eines Ueber-
f eichung dos Uphpm, ne V ° D Aetbe ,[ ly t ni cht so gefährlich wie die Dar-
nicht überall indiriw™^ 6 ] V °? Chloroform. Natürlich ist der Aether
Weh bei NenhritK 1 • i? 61 bereits bestehender Bronchitis ete., vielleicht
weistauch darauf' hi« 1 ,u, an , V< ? m . Aetber Ahstand nehmen. Landau
’ueht in horizontaler iwv* bei ‘x 1 en , dea Operationen, wo die Trachea
auf treten können tw V-* 1011 gestreckt ist, leicht Unannehmlichkeiten
•Jbsolut horizontale itl i Hi“ T° n ih,n operirten Frauen konnte die
Uauer der Operation^ t > e , de ^ 0berk örpt-Ts und Kopfes durch die ganze
dc r Aethernarkose därfiT*^ werde “; . Für . eine . zukünftige Statistik
f. enau anzugeben in w-„i„u es zw eckmässig sein, hierauf zu achten und
' ‘‘fstorbenen operirtund'Ä 1 ! PoS l tl , on die bei Aethernarkose eventuell
ittels welcher Me thode sie uarkotisirt-worden sind.
Greifswalder mediciuischer Verein. *
Sitzung am 2. December 1898.
?- rr Muslel ' : Schriftführer: Herr Hoffmann.
1. Heu ü. Schirmer; Zur operativen Behandlung hoch-
gradiger Kurcsrchtigkeit. Die Correction hocligradigTr Kurz-
nnh! ^‘^.'•“^•"deConcavgläser stösst in dfn meisten
ha len auf unubenvmdliehe Schwierigkeiten, weil starke Concav-
giaser erheblich verkleinern. So ist ein grosser Theil dieser Mv-
open sehr in soiner Arbeitsfähigkeit beschränkt, denn ohne Corroc-
tronsg äsei; ist ihre Sehschärfe ausserordentlich schlecht. Es wurde
deshalb seit langer Zeit die Möglichkeit erwogen, durch Entfernung
der Krystalllinse aus dem Auge die Myopie zu beseitigen, aber die
mit der Operation verbundenen Gefahren hatten stets von dem
V ersuch ahgesehreckt. Erst die besseren Extractionsmethoden der
jüngsten Zeit und vor allem die heutige Antisepsis und Asepsis
Dessen den Eingriff gerechtfertigt erscheinen. Fukala ist der
erste, welcher ihn unternommen hat; um die Ausbildung der Me-
thode haben sich besonders Pflüger und Thier verdient gemacht.
W ir gehen gewöhnlich in der Weise vor, dass wir die vordere
Linsenkapsel discidiren und die dadurch entstandene traumatische
Lataract zum Theil der Spontanresorption überlassen, zum Theil
die quellenden, getrübten Linsenmassen durch einen Lanzenschnitt
aus dem Bulbus austreten lassen. Eine Iridectpmie mit dieser Linoar-
extraction zu verbinden, ist völlig unnöthig: die Entbindung der
gequollenen Massen über die Iris hinweg ist sehr wohl möglich.
Ist so die ganze Linse aus .lern Auge entfernt und vielleicht noch
die Kapsel discidirt, so haben wir also ein vollkommen normal
aussehendes Auge mit runder, beweglicher Pupille, dessen Ite-
fractionszustand annähernd emmetropisch und dessen Sehschärfe
meist erheblich besser ist, als die des corrigirten, myopischen
Auges vor der Operation war. Es liegt dies daran, dass ein linsen-
loses, emmetropisches Auge von gleichen Gegenständen wesentlich
grossere. Netzhautbildor erhält, als ein stark myopisches, nicht
aphakisches Auge mit Correctionslinsc.
Zur Operation geeignet sind nur höclistgradig myopische
Augen; 15—16 Dioptrieen bilden die untere Grenze. In diesen
Fällen resultirt nach der Extraction Emmetropie, die Patienten
sehen ohne Glas deutlich in der Ferne. Zum Sehen in der Nähe
benutzen sie entweder das nichtoperirte Auge, oder man giebt
ihnen für das aphakische Auge ein Convexglas zur Nahearbeit.
Ich habe die Operation bisher in zwei Fällen gemacht und
erlaube mir, Ihnen hier die Patienten vorzustellen. Die Kranken¬
geschichten sind kurz folgende:
Fall 1. Karl H., 24 Jahre alt, Schäfer, kommt mit der Klage,
seinen Beruf wegen Kurzsichtigkeit nicht mehr ausüben zu können; Gläser
habe er nie tragen können. Rechts mit -18 Ds- & / 2 s, links mit -18Ds
= °/ 2 o. Ophthalmoskopisch beiderseits kleines Stapbyloma posticum, geringe
Dehnuiigsatrophie der Aderhaut in der Maculagegend, keine Chorioiditis.
Am 5.^ Oetober wird am linken Auge die Vorderkapsel discidirt-, am 11.
und 25. Oetober werden die gequollenen Linsenmassen durch einen Linear¬
schnitt herausgelassen und am 24. November der zarte Nachstar disci¬
dirt. Am 30. November ist mit — 1 D s fast ‘/o. Weitere Bessemng zu
erwarten, doch habe ich den Patienten bisher nicht wiedergesehen. Er
wird ohne Brille entlassen, da zu seiner Arbeit das uueorrigirte linke
Auge völlig ausreicht und er sich nur wenig in der Nähe beschäftigt.
Fall 2. Robert J., 10 Jahre, Musiker, klagt, dass er weder mit
noch ohne Brille die Noten auf ] /a m Entfernung gut sehen könne. Rechts
— 20 I) s = V*, links — 18 D s l /z. Beiderseits kleines Staphvloma posticum.
geringer Schwund des Pigmentepithels in der Maculagegend. Am 17.
Oetober rechts Discision, am 26. Oetober und 6. November Herauslassen
der geqnollenen Linsemnasseu, am 28. November Discision des zarten
Nachstars. Am t. December mit — 1 D O 1 D cyl. A. h. s = '/*• Am
8. December entlassen.
Am 15. Januar kommt Patient wieder. Links E s = 2 /a- Mit 4-
0.75 D wird gewöhnliche Notenschrift auf Va m Entfernung bequem ge¬
lesen.
Herr Stöwer macht darauf aufmerksam, dass bisher gewöhnlich an¬
gegeben soi, dass das operirte Auge für die Ferne, das nicht operirtc
Auge für die Nähe verwendet würde. Da es sich aber um Augen handelt,
deren Fempunkt in 5—7 cm liegt, die auch durch Gläser nicht genügend
corrigirt werden können, so kann ein solches Auge eigentlich auch für
gewöhnliche Nahearbeit nicht als brauchbar angesehen werden. Man
müsste daher theoretisch annehmen, dass der operirte Myop nach gut ge¬
lungener Operation das operirte Auge auch für jede Nahearbeit zu ver¬
wenden vorziehen w T ürde, da er dann — mit Hülfe dos passenden schwachen
Convexglases — in der Entfernung des gewöhnlichen Nahepunktes seine
Arbeiten vornehmen könnte.
2. Herr Buschke stellt drei Kranke vor, bei denen er Haut -
defecte durch ungestielte fettlose Hautlappen gedeckt hat.
(Wolfe-Krausc):
Fall 1. In dem ersten Fall handelte es sich bei dom 53jährigen
Arbeiter D. um ein Ulcus cruris, welches die Vorder- und Aussenttüche
des linken Unterschenkels zu circa zwei Drittheilen einnahm. Nachdem
sich das Geschwür unter feuchten Verbänden gereinigt hatte, wurden die
Granulationen und die darunter liegenden fast 1 cm dicken Narben¬
schichten, der callöse Rand abgetragen und nun (las Contrum des De-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
262
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
fectes, vornehmlich der Knochen mit ungestielten fettlosen Hautlappen
bedeckt, welche aus der Haut der Beugefläche des rechten Oberarms
entnommen wurden. Die Lappen wurden ohne Nähte fixirt. Die Peri¬
pherie des Defectes wurde durch Thiorsch’schc Transplantationen gedeckt,
die vom rechten Oberschenkel entnommen wurden. Der Defeet am Ober¬
arm wurde durch Naht geschlossen. Die Lappen sind fast völlig, ohne
dass totale Nekrosen eintraten, augeheilt, nur an einzelnen Stellen ent¬
standen Epithelnekrosen. Jetzt ist alles geheilt, der Effect ist als ein
guter zu bezeichnen.
Fall 2. Im zweiten Fall handelte es sich um einen liefert im
1 nterostealraum zwischen rechtem Daumen und Zeigefinger bei einem
Förster, entstanden durch eine Schussverletzung: da bei einer Heilung
per granulationem auch event. unter einem Thiersch’schen Lappen durch
die eintretende Narbenschrumpfung die Function des Daumens (besonders
die Abduction) geschädigt worden wäre, so wird der Defeet durch eiuen
ungestielten Lappen, entnommen vom linken Oberarm, gedeckt. Er ist
völlig angeheilt. Patient ist mit guter Function im Daumen entlassen
worden. 1 )
Fall 3. Im dritten Fall, bei dem 64jährigen Arbeiter St., bestand
ein Angio.sarcom der linken Wange; dasselbe wurde radical exstirpirl,
oberflächliche Knochenschichten vom Oberkiefer mit abgetragen, hierbei
wurde die Highmorshöhle eröffnet. Die Wunde wurde zuerst der Grauu-
lation überlassen und dann nach Abtragung der Granulationen gedeckt.
Zuerst wurde durch einen kleinen gestielten Lappen das Loch in der
Wand der Highraorshöhle überdeckt: der Lappen wurde aus der Haut
unter dem linken Augenlide gebildet, sein Stiel war am vorderen Um¬
fang des Defectes. Der rechteckig gestaltete Lappen wurde dann umge¬
klappt. so dass seine ephitheliale Fläche das Loch bedeckte, während
seine Wundfläche nach aussen blickte, der Lappen durch zwei Catgut¬
nähte auf der Unterlage fixirt. Ueber diesen Lappen, die übrige Defeet-
fläche und den Defeet, welcher durch die Bildung des gestielten Läppens
entstanden war, wird ein ungestielter Lappen gelegt, entnommen von der
Beugefläche des linken Oberarms. Bis auf kleine Raudnekrosen ist alles
an geheilt; gerade da, wo der ungestielte Lappen den gestielten bedeckte,
sind auch nicht einmal Epithelnekrosen eingetreten. Patient ist geheilt
entlassen worden.
3. Herr Hei den lu* in demonstrit einige Fälle atypischer
Pussresectionen.
4. Herr v. Preusehen spricht über die Läsion der Central¬
organe bei der Geburt als Ursache der Melaena neonatorum.
(Der Vortrag wird in extenso im Centralblatt für Gynäkologie ver¬
öffentlicht werden.)
5. Herr Donat: Demonstration eines nicht ausgetragenen
Fötus von 42 cm Körperlänge. Der linke Fuss weist acht Zehen
auf, von denen die ersten vier wohl gebildet, die letzten vier an
Grösse untereinander sehr verschieden sind. Der Vermehrung der
Phalangen entspricht eine gleiche Vermehrung der Metatarsal¬
knochen. Die Stelle der äusseren Geschlechtsorgane nimmt ein
gerunzelter Hautwulst ein, nach Eröffnung der Bauchdecken fanden
sich die Hoden im Abdomen. Am Dünndarm sitzt ein Meckel-
sehes Divertikel 25 cm oberhalb der Ileocoecalklappe. Ferner be¬
stellt eine Imporforatio ani. Die Haut ist an dieser Stelle voll¬
ständig glatt und giebt für die Auffindung des Darmendes keinen
Anhaltspunkt. Nach Spaltung der Haut in der Anusgegend durch
einen Längsschnitt lässt sich der Dann nicht auffinden, erst nach
Eröffnung der Bauchdecken ergiebt sich, dass der Emldarm kolbig
stark aufgetrieben hoch im Abdomen blind endigt.
XI. Oeffentliclies Sanitätswesen.
Bemerkungen über die Desinfection nach ansteckenden
Krankheiten.
Von Dr. Henius in Berlin.
ln der Sitzung der Borliner medicinischen Gesellschaft vom 28 Februar
er. wurde der in No. 9 dieser Wochenschrift, p. 216, erwähnte Antra* des
Herrn Zadek, betreffend die unentgeltliche Ausführung der Desinfection
von Wohnungen und Effecten nach ansteckenden Krankheiten, durch Ueber-
gang zur Tagesordnung erledigt. Unserer Meinung nach mit Recht, denn
die medicinischo Gesellschaft, die sich hauptsächlich mit wissenschaft¬
lichen rragen, zuweilen auch mit Standesangelegenheiten beschäftigt, ist
nicht das Forum, vor welches eine nach der Formulirung des Antrages
nur als finanziell aufzufassende Sache gehört, Uebrigens ist diese An¬
gelegenheit vor nicht langer Zeit in Berliner und anderen ärztlichen
Kreisen behandelt worden. Bei den Berathungen, die im vergangenen
Jahre im Geschäftsausschusse der ärztlichen Standesvereine übe? das
1 eichsseiichengesetz gepflogen wurden, gelangte der Antrag zur An¬
nahme, dass die Desinfection kostenlos für dio Betroffenen ausgeführt
werden solle und in demselben Sinne lautete eine auf dem letzten Aerzte-
?^^ B r SlaU angenommene These: Die Desinfection soll auf öffent-
hche Kosten erfolgen. Die Gründe, welche für die Uebcrnahme der
- 03 v aat f, °. der d ^’ Stadt sprechen, liegen auf der Hand:
emtir Krankheit wird der Ausgabenetat einer Familie ohne-
!iLn i b rl! VC " ; d “ 18t es nur billig, dass für diejenigen Aus-
W ±Ü e J-° n ptaatswegon im Interesse der Allgemeinheit gefordert
w erden, auc h die Allgemeinheit eintntt, sonst wird es nur zu häufig
J (dl . lialj0 dan Patienten nach acht, Wochen wiedergeseben. und
' a Z01 gt e sich bereits eine geringe Narbenschrumpfung.
Vorkommen, dass dio Betroffenen, um die ihrer Ansicht nach unnöthigen
Kosten der Desinfection zu sparen, dieselbe entweder ganz zu umgehen
suchen oder sie nur im kleinsten, unzureichendsten Maassstabe ausführen
lassen. Bei Eintritt von Viehseuchen findet man es selbstverständlich,
dass die Besitzer für dasjenige Vieh, welches in Ausübung der Prophy¬
laxe getödtet wird, eine gut bemessene Entschädigung erhalten, ist es
also zu viel verlangt, dass auch bei menschliehen ansteckenden Krank¬
heiten die Maassregcln, welche zur Verhütung der Weiterverbreituni; un¬
geordnet werden, ohne Kosten für den Einzelnen ausgeführt werden?
Er kommt dabei immer noch schlecht genug fort, denn wer einmal Sachen
zurückbekommen hat, die er zum Zwecko der Vernichtung der lnfections-
keime dem strömenden, überhitzten Wasserdampfe hat überliefern müssen,
wird noch eine geraume Zeit mit Bedauern und mit Aerger an die Ver¬
änderungen denken, welche dieselben in Bezug auf Fagon, Farbe, Dauer¬
haftigkeit erlitten haben. Ebenso gereicht es Niemandem zum Vergnügen,
wenn er die Desinfectionscoloune anrüeken siebt, welche in seinen Wohn-
räumen den Krieg gegen die nichtsnutzigen Bacterien aufnehmen will.
Die Männer in ihren weissen. leinenen Kitteln, die mit verschiedenen Giften
in den Stuben herumhantiren. machen auf das Publicum meist einen un¬
heimlichen Eindruck, der natürlich dadurch nicht abgeschwächt wird, dass
noch mehrere Tage nach ihrem Abgänge ein unangenehmer Geruch in
der Wohnung sich bemerkbar macht. Indessen man würde sich das alles
gern gefallen lassen, wenn man nur die Sicherheit hätte, dass durch die
mannigfachen belästigenden Manipulationen in der Thal ein wirksamer
Schutz gegen das Fortschreiten der Krankheit geboten würde und dass
die vielerlei Schädigungen, welche der Einzelne infolge der Desinfection
erleidet, durch einen entsprechenden Nutzen für die Gesammtheit com-
pensirt würden. Bezüglich der Erörterung der Desinfectionsfrage von
diesem Gesichtspunkte aus ist es bedauerlich, dass der Antrag Zadek
ganz ohne Discussion zu Grabe getragen wurde, denn ein Austauschen
der Erfahrungen, welche die Berliner Aerzte in dieser Beziehung gemach 1
haben, ein Ausspreelien darüber, ob nach Einführung der amtlichen Des-
iufection die Ansteckungsgefahr sich vermindert habe, wäre ein der inedi-
ciuischen Gesellschaft würdiger Verhandlungsgegenstand gewesen. Wir
glauben in der Annahme nicht zu irren, dass eine grosse Anzahl sich
dahin ausgesprochen hätte, dass die Desinfection, wie sie in
Berlin durch polizeiliche Verordnung eingeführt ist, trotz
der grossen Kosten und Belästigungen und sonstiger Nach¬
theile, mit denen sie verbunden ist, ihren Zweck nicht
erfüllt und nicht erfüllen kann, da eine thatsächlich wirk¬
same Desinfection bei unseren jetzigen Wohnungs- und
Lebensverhältuissen geradezu unmöglich ist. Es muss doch
einmal auch öffentlich ausgesprochen werden, was die praktischen Aerzte
zum grössten Theil für unbestreitbar halten, dass durch die Desinfection
im allgemeinen nur für die Beruhigung des geängsteten Publikums etwas
gethaii wird, und dass der hierfür angewendete Apparat seinen eigent¬
lichen Zwecken nicht entspricht und einen zu bedeutenden Umfang ange¬
nommen hat. Natürlich liegt es uns fern, die wissenschaftliche Berechti¬
gung und Begründung der Desinfection zu bestreiten. Die grossen
Segnungen, welche durch die antiseptischen und aseptischen Behandlungs¬
methoden namentlich in der Chirurgie und Geburtshülfe der leidenden
Menschheit zu Theil geworden sind, liegen zu sehr vor aller Augen, als
dass man nicht wünschen sollte, es möchte sich die consequente Durch¬
führung dieser Methoden auf alle Krankheiten übertragen lassen. Indessen
was in der Klinik, was hei dem einzelnen Fall zur Verhütung der in-
foction möglich ist, das lässt sich nicht in jedem Privathause, hei weit
verbreiteten Epidemieeu. zwecks Verhinderung des Fortschreitens der
Kraiikheitskeime in Anwendung ziehen. Wie wird bei dem Bau von
klinischen Anstalten auf diese Verhältnisse Rücksicht genommen! Wie
wird gesorgt für die möglichst ausgedehnte Zuführung von Luft und Licht!
Da giebt es keine scharfen Ecken, in denen sich Keime festnisten können,
da giebt es keine Wandflächen, die nicht abseifbar und für jede andere
Art der Reinigung zugänglich sind, da ist kein überflüssiger Gegenstand
in den Räumen vorhanden, da stehen reichliche Mittel zur Verfügung, um
den Kranken selbst und alles, was mit ihm in Berührung kommt,
auf das gründlichste zu säubern, da sind Kräfte genug vorhanden, um ln-
fectionsstoffe dem Patienten fernzuhalten und solche, die von ihm aus-
gehen, sofort zu vernichten. Wie ist das alles anders in Privatwohnungen!
Nehmen wir an. es sei in einer wohlhabenden Familie ein Kind von
Scharlach oder Diphtheritis befallen 1 ). Die gesunden Kinder werden dann
ganz ferngehalten, um den Patienten soll sich nur die Wärterin kümmern,
aber Mutter und Vater können es sich doch nicht nehmen lassen, hin und
wieder das Krankenzimmer zu betreten. Sie glauben, alles nöthige zur
Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheit gethan zu haben, wenn
sie vor dem Besuche des Erkrankten über ihren Anzug einen leinenen
Mantel überziehen, dessen sie sich heim Fortgehen wieder entledigen; im
Anfänge werden sie sich wohl auch mit zweiprocentiger Carhollösung etwas
besprengen lassen, bevor sie sich wieder in die übrigen Wohnräume be¬
gehen. Von einem Waschen der von dem leinenen Umhange nicht be¬
deckt gewesenen Körpertheile ist keine Rede, noch weniger von einer
gründlichen Säuberung der Kopf- und Barthaare, Die Communication
zwischen Küche und Krankenzimmer wird zwar eingeschränkt, aber Dicht
ganz unterbrochen, denn der Kranke und seine Pflegerin müssen doch
auch essen, und dafür kann nur durch die Küche gesorgt werden, und
’) Bei unserer Betrachtung haben wir hauptsächlich diese beiden
Krankheiten im Auge, die in jedem Jahre so viele blühende Leben dahin¬
raffen. — Bei der Cholera ist ein Schutz vor Ansteckung eher möglich,
da die Keime nur in den Dejectionen der Kranken vorhanden sind, und
deren Vernichtung sowie die Zerstörung der damit beschmutzten Gegen¬
stände lässt sich bei grosser Aufmerksamkeit des Wartepersonals viel¬
leicht durchführen.
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15. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
263
wenn auch zunächst jede 15 er (Urning zwischen der Köchin und der
Fliegerin vermieden wird, so wird man in der Regel mit der Zeit gleich¬
gültiger und lässiger. Da ist es natürlich kein Wunder, dass die
Krankheitskeimo allmählich durch die ganze Wohnung verschleppt werden.
Kommt nun nach der Beendigung der Krankheit die Desinfections-
mannschaft an, so überweist man ihr ein, im besten Fallo zwei Zimmer,
bei Leibe nicht den Salon, denn er ist ja nur sehr selten von den Eltern
betreten worden, und um die schönen Polstermöbel wäre es schade, ob¬
wohl doch gerade sie unendlich viele Schlupfwinkel für die Keime’dar¬
bieten. Wir wollen aber einmal den seltenen Fall ins Auge fasson, dass
wirklich die ganze Wohnung von sechs bis acht Zimmern, Küche etc. der
Desinfection unterworfen und dass auch alle in der Wohnung vorhandenen
Effecten genau nach Vorschrift behandelt worden sind. Ist es denkbar,
dass in einem bis höchstens zwei Tagen alle Wände, alle Ecken, alle Fugen
in den Fussböden und unter den Scheuerleisten, alle Thttren, Schwellen
etc. in den Stuben und auf den meist finsteron Corridoren und Gelassen
so gründlich vorgenommen werden, dass an keiner Stelle mehr lebensfähige
Batterien vorhanden sind? Wir behaupten: nein, und jeder Arzt wird
uns beistimmen und mit Beweisen aus seiner Praxis aufwarten können,
denn nur zu oft kommt es vor, dass, wenn nach der unergründlichsten
Desinfection dio bisher lerngehaltenen Kinder wieder in die Wohnung
zurückkehren, eins oder mehrere von derselben Krankheit ergriffen werden
Um nur ein prägnantes Beispiel anzuführen, so erkrankte ein Kind eines
hiesigen sehr angesehenen Mediciners an Scharlach. Nach Ablauf dessel¬
ben wurde die Wohnung nach allen Regeln der Kunst desinficirt. aber
bald darauf legte sich das zweite Kind an derselben Kranheit. Abermalige
Desintection, und jetzt glaubte man vor neuer Ansteckung ganz sicher
zu sein, da wurde die Mutter der beiden Kinder ebenfalls von Scharlach
ergriffen. Aehnliche Beispiele könnte jeder beschäftigte Arzt zu Dutzen¬
den ani(ihren. — Und wenn bei den besser situirten Klassen die Desin-
Kvtion so häufig nicht den erwarteten Erfolg hat, wieviel weniger ist
darauf zu rechnen bei den unbemittelten Familien. Freilich wird sich eine
Wohnung, die nur aus einem bis zwei Zimmern und Küche besteht, leichter
bearbeiten lassen, aber wie viele elende Familien giebt es, in denen die
einzelnen Mitglieder, deren Absperrung von dem Kranken unmöglich ist,
nur diejenigen Sachen besitzen, welche sie gerade auf dem Körper haben,
so dass sie dem Desinfectionsofen weder Kleidungsstücke noch Leibwäsche
überliefern können. Da nützen die schönsten Verordnungen vom grünen
lisch aus nichts, in solchen Fällen lässt sich eben eine Desinfection nicht
durchführen, da bleibt alles beim alten, wie es vor der Einführung der
amtlichen Desinfection gewesen war.
Mit diesen Zeilen glaube ich nachgewiesen zu haben, dass die amt¬
liche Desinfection trotz des umständlichen und kostspieligen Verfahrens
mcht das zu leisten vermag, was man von ihr erwartet hat. Gegen die
. erbreitung der Infectionskrankheiten wird sich nur dann etwas ausrichten
lassen, wenn jeder Arzt in seinem Kreise für die Anwendung guter hy¬
gienischer Grundsätze zu wirken sucht. Strebt jeder dahin, dass den
Kranken neben zweckmässiger Ernährung recht viel gute Luft zugeführt
wird, dass in der Umgebung desselben die möglichst grösste Sauberkeit
errsclit, dass seine Excretionsstoffe durch Vermischung mit (den Armen
unentgeltlich zu überweisenden) bactcrientödtenden Mitteln unschädlich
gemacht werden, dass auch den untersten Klassen der Bevölkerung in
rkrankungsfällen (nötigenfalls durch öffentliche Mittel) die Fähigkeit
gegeben wird, die Wäsche öfter zu wechseln und die gebrauchte vordem
Waschen längere Zeit in eine Seifenlüsung zu legon. dass die Kranken
una ihre I Heger möglichst w'enig mit der Aussenwclt in Berührung kommen,
| ann wird sich durch die Durchführung solcher Maassregeln in jedem ein-
^.rankungslulle weit mehr ausrichten lassen, als durch die öffent-
c e Desmfectiou, und man wird grössere Erfolge mit geringeren Mitteln
und weniger Belästigung erreichen.
em solches zu empfehlen, so geschieht dies in der Ueberzougung, dass
wir eine brauchbare Bereicherung unseres Arznei Schatzes vor uns haben
Jm r ebruarheft der klinischen Monatsblätter für Augenheilkunde
erschien eine Arbeit von Rählmann über „Scopolaminum hydrochloricum
em neues Mydnaticum und seine Anwendung in der ophthalmologischen
rraxis. Kahlmann hatte das pupillenerweiternde Mittel von Professor
Kobert erhalten mit der Angabe, dass es bei innerlicher Darreichung
eine lteiho von Eigenschaften entfalte, die denen des Atropins entgegen^
gesetzt seien. Eine klinische Prüfung sei schon aus diesem Grunde
geboten.
Nach zahlreichen Versuchen kam Rählmann zu dem Resultate
„dass das Seopolamin als Mydriaticum und Antiphlogisticum alle anderen
IropeYno mit Einschluss des Atropins übertrifft“; ganz besonders em¬
pfehlenswert aber sei das Mittel, weil es eine Reihe von üblen Eio-en-
schaften des Atropins nicht besässe. Ich sah mich dadurch veranlasst,
das neue Mittel einer näheren Prüfung zu unterziehen,, und erhielt auf
mein Ersuchen von E. Merck in Darmstadt ein kleines Quantum zu
Versuchszwecken. Es war das auch von Rählmann benutzte chlor-
wassorstoffsaure Präparat. Ich verwandte es kurze Zeit, hindurch an
btelle des Atropins in einer Concentration von 0,02:10,0 viermal täglich
bei Erwachsenen und Kindern. Im grossen und ganzen fand ich die°An-
gaben von Rählmann bestätigt; üble Nebenwirkungen wurden nicht
beobachtet; dagegen fiel mir auf, dass die mydriatischo Wirkung eher
etwas schwächer war, als die des Atropin.
Nachdem mir von der obenonvähnten Firma das Scopolaminum hydro-
bromicum übersandt. worden war, bediente ich mich ausschliesslich des
letzteren, und ich bin nach zahlreichen Versuchen zu der LTeberzeugung
gelangt, dass das neue Präparat eine ausgiebigo Verwendung in der
Praxis verdient. Dio durch die Lösung von 0,02:10,0 hervorgerufene
Mydriasis tritt schon nach kurzer Zeit ein und ist ebenso ausgiebig, wio
nach Atropininstillation. Bei frischer Iritis z. B. konnte ich Zerreissung
von Synechieen und vollständige Mydriasis nach viermaliger Einträufelung
erziolen. Dagegen ist es zweifellos, dass die Dauer der mydriatischen
Wirkung nicht eine so lange ist wie bei Atropinanwendung, so dass zur
Erhaltung einer maximalen Mydriasis hin und wiedor öftere Anwendung
erforderlich ist. Die durch das Mittel hervorgerufene Accommodations-
lähmung verhält sich wie die Mydriasis. Sie tritt rasch ein, hält aber
nicht so lange an wie nach Atropinanwendung.
Diese Eigenschaften lassen sich mit Erfolg verwerthen, wenn My¬
driasis zu diagnostischen Zwecken erforderlich wird. Auch bei eitrigen
Entzündungen des vorderen Bulbusabschnittes habe ich volle Mydriasis
erzielen können, jedoch sind die Fälle nicht zahlreich genug, um eine
Aeusserung über den Einfluss auf die Entzündung selbst, wie ihn Rähl¬
mann annimmt, gestatten zu können.
Von grosser Wichtigkeit scheint mir der Umstand zu sein, dass
das Mittel keinen Einfluss auf die Druckverhältnisse im Auge hat und
dass es auch bei bestehender Drucksteigerung vertragen wird. So habe
ich in einem Fallo von abgelaufcncr Verletzung der Cornea mit Iris¬
einheilung und Catara et, in welchem es später zu Reizerscheinungen und
Drucksteigorung kam, nach mehrmaliger Anwendung von Scopolamiu
sofortigen Rückgang der bedrohlichen Symptome eintreten sehen. Ich
würde den Fall nicht besonders erwähnt haben, wenn nicht von Rähl¬
mann ähnliches mitgetheilt worden wäre.
Ein weiterer Vorzug des Mittels besteht darin, dass eine Reihe von
lästigen Nebenwirkungen, welche nach längerem Atropingebrauch auf-
treten, vermieden wird. So konnte ich in mehreren solcher Fälle ebonso-
wenig wie Rählmann irgend eine Wirkung auf das Allgemeinbefinden
wahrnehmen. Ich möchte diese Eigenschaft besonders dem Umstande zu¬
schreiben. dass das zweifellos giftige Mittel schon in so geringer Menge
wirksam ist. Demgemäss beobachtete ich auch nicht, dass über Trocken-
* ~7 ^ 1U ^ estverein zu Berlin gelangen am 20. März folgende vom
wi»n ° C t n ^ en „ Nßumann aufgestellte Thesen zur Discussion: Vor-
‘. 1; . ir ®' e . Maassregeln zum Schutze aruier Kinder. I. Von der
en j Ar ™ e ? v ^ waltun S ZU1U Schutze armer Kinder, und zwar
i t r 6 tt u ^ a H e kinder eine Centralstelle zu errichten. Ihre Aufgabe
*11 ! e v >ii erw . ac ^ un & der Haltepflege durch einen Arzt und durch be-
thfülnn ^S^innen. Ferner muss die Centralstelle enthalten a) eine Ab-
hrin v ® i , kranke Säuglinge, b) ein Asyl zur vorübergebenden ünter-
obdachloser Kinder (unter Aufhebung der Säuglingsstation im
S(Ur •, * H. Den Armenärzten sind die Haltekinder ihres Bezirks,
We : er orderlichzur Behandlung seitens der Armenvenvaltung zuzu-
schw-m , ' i lsl e * ne Zufluchtsstätte zur Aufnahme von Ledig-
m „ f .U :P le, K u , von obdachlosen Wöchnerinnen mit deren Kindern
i!! 1 j- un ^ aus den Gehüranstalten) einzurichten. IV. Ledigen
stQf % dle ersten 0—8 Wochen im Bedarfsfälle eine Geldunter-
Säurriirirr ■ b<riQöglichung des Stillens oder billige, bez. unentgeltliche
werden zu gewähren. Während der Dauer dieser Unterstützung
Haltefrauen üb^tShtP 0 “ 1 ™ 1810110 ““ “ der gleichen Weise wie die
XIL Therapeutische Mittheilungen.
XJeber die Wirkung des Scopolamins bei Angen¬
erkrankungen. 1 )
. ^ on Pnv.-Doc. Dr. Peters in. Bonn.
mit Recht *11 den Anpreisungen neuer Arzneimittel gegenüber
mit Recht skeptisch geworden. Wenn 4 es trotzdem wage. Ihnen heute
und HeUkiuide’’ ge ^^ ten * u der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur-
heit im Halse geklagt würde. Sehr wesentlich ist ferner, dass die so oft
eintretenden lästigen Symptome der beginnenden Atropin Vergiftung,
Röthung des Gesichtes, nervöse Unruhe und Pulsbeschleunigung bei An¬
wendung des Scopolamins nicht zu befürchten sind.
Vor allem aber möchte ich betonen, dass das Seopolamin reactionslos
vertragen wird in solchen Fällen, in denen eine Idiosynkrasie gegen
Atropin vorliegt, oder wo dieses Mittel nach längerem Gebrauche zu
Reizerscheinungen, Schmerzen etc. Veranlassung giebt. So konnte ich
beobachten, dass in einem Falle von schwerer parenchymatöser Keratitis,
wo Atropin absolut nicht vertragen wurde, von dem Augenblick an, als
das neue Präparat zur Anwendung kam, weder örtliche noch allgemeine
Nebenwirkungen jemals wieder auftraten.
Auch bei Kindern, bei denen das Mittel in der gleichen Concen¬
tration zur Anwendimg gelangte, konnte eine üble Nebenwirkung nicht
constatirt werden. Auf der anderen Seite aber habe ich mich nicht davon
überzeugen können, dass in Fällen von schweren sogenannten scrophu-
lösen Hornhautentzündungen eine Abkürzung der Krankhoitsdauer erfolgte.
Wir sehen also, dass dem Mittel die Vorzüge des Atropins im
grossen und ganzen in gleicher Weise zu Gebote stehen, dass aber dessen
Nachtheile vermisst werden, und so glaube ich, dass es für dio augen-
iirztlicho Praxis seine Bedeutung bowahren wird, selbst wenn weitere
Beobachtungen lehren sollten, dass unter Umständen unerwünschte Eigen¬
schaften zu Tage treten.
Die Angaben, welche Rählmann über die Herkunft und über die
chemische Zusammensetzung des Mittels macht, werden ergänzt in einer
ganz kürzlich erschienenen Dissertation von Ernst*), der unter Kobert's
Leitung dio Wirkungen des Scopolaminum hydrobromieum näher studirt hat.
Ich entnehme dieser Quelle folgendes: Schmidt erhielt aus der
Wurzel von Scopolia atropoldes einen Körper Seopolamin. dessen hrom-
wasserstoffsaures Salz sich als identisch mit dem schon früher bekannten
*) Jurjew (Dorpat) 1893.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11
Hyoscin um hydrobromicum erwies. Das Seopolamin ist nicht dem Hyoscin
Ladenburg’s gleich, sondern eine andere, in ihrer Zusammensetzung von
den bekannten Mydriaticis abweichende Basis. Die Hyoscinpräparate des
Handels bestehen wesentlich nur aus den Salzen der Base C 17 H 21 NO 4
(Seopolamin) und nicht, wie bisher angenommen wurde, aus denen einer
Isomere des Atropins und Hyoscyamins C 17 H 23 NO 3 . Zu den weiteren Unter¬
suchungen wurden daher nur reine Krystalle. welche durch einfaches U 111 -
krystallisiren des käuflichen Hyoscinhydrobromids gewonnen wurden, benutzt.
Am Schlüsse seiner eingehenden Untersuchungen kommt "Verfasser
zu dem Schlüsse, „dass die Hyoscin genannten Präparate nichts anderes
sind, als ein mehr oder weniger verunreinigtes Seopolamin. Wenngleich
diese Verunreinigungen chemisch nicht sehr bedeutend sind, ändern sie
doch die Wirkung des Präparates auf Menschen tiefgreifend.“ Hieraus
erklärt es sich wohl auch, dass von Seiten der Neurologen und Psychiater
nicht immer dieselben Wirkungen beim Gebrauche der Hyoscinpräparate
beobachtet wurden.
Die Wirkimg auf das Auge schildert Verfasser folgendermaassen:
das Seopolamin erweitert die Pupille, lähmt die Accommodation und ver¬
engert die Gefässe der Iris und der Conjunctiva bulbi. Es wirkt vier- bis
fünfmal so stark wie Atropin, besitzt, wenn rein dargestellt, nicht die
ungünstigen Nebenwirkungen desselben und ist deshalb in der Augenpraxis
von grösster praktischer Bedeutung.
Wir sehen also, dass auch hier die günstigen Wirkungen des Mittels
auf das Auge bestätigt werden, und ich erfahre aus der gleichen Quelle,
dass Bellarminoff‘) kürzlich ganz ähnliche Beobachtungen zusammen¬
gestellt hat. Die geringen Differenzen führt Ernst darauf zurück, dass
das Merck’sche Präparat (chlorwasserstoffsaures Seopolamin), mit welchem
dieser Autor ebenso wie Rählmann arbeitete, nicht so zuverlässig rein
sei, als das von Schmidt dargestellte. Wenn dem so ist, so ist die
Verbesserung des käuflichen Präparates ja nur eine Frage der Zeit. Ich
möchte jedoch nicht unterlassen, nochmals zu betonen, dass mir bei Be¬
nutzung des bromwasserstoffsauren Scopolamins Nebenwirkungen nicht
aufgefallen sind, und auch Ernst giebt zu. dass dieses Präparat weit
seltener zu solchen Veranlassung giebt.
XIII. Zu dem Aufsatz des llerru Dr. Albu: „Zur Kennt«iss der
Influenzapncnmonieen*, von Dr. Jacob Wolff, prakt. Arzt in Berlin.
Man sollte glauben, dass ein Autor, der es unternimmt, das Wesen dieser
gefährlichen Complication der Influenza durch Beobachtung oines reichen
Materials zu klären, mindestens die wenigen Monographieen, die über
die jüngste Influenzaepidemie veröffentlicht worden sind und selbstverständ¬
lich auch dieses Thema behandeln, eingesehen hätte. Würde dem Herrn
Verfasser z. B. meine Monographie Uber die Influenza bekannt gewesen
sein, so würde er schon dort (p. 106 ff.) die Unterschiede zwischen der
genuinen und der Influenzapneumonie im Zusammenhänge geschildert
linden und bemerken, dass in seinem Aufsatz in Bezug auf diesen
Punkt uns nichts neues gebracht wird.
XIY. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. ZurNouordnung des ärztlichen Dienstes in den
städtischen Krankenhäusern hat das Magistratscollegium beschlossen,
den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die leitenden Aerzte
der inneren Abtheilungen abzulehnen, dagegen dem Beschluss über die
Oberassistenzärzte der chirurgischen Abtheilungen beizutreton.
— ln der Sitzung des Vereins für innere Medicin vom 12. März
führte Herr A. Fraenkel den Vorsitz. Vor der Tagesordnung sprach
Herr Paul Rosenberg über einen Fall von Durchbruch eines Gallen¬
steins in den Darm und legte den betreffenden Stein vor. Ueber den
in der letzten Sitzung gehaltenen Vortrag des Herrn Fürbringer („Die
Gewebssafttherapie in ihrer modernen Ausbildung“) entspann
sich eine längere Discussion, an der sich die Herren Goldscheider,
P(osner, Senator, M. Rothmann und Für bring er betheiligten. Hier¬
auf folgte der Vortrag des Herrn Aronson: „Ueber die antiseptischen
Eigenschaften des polymerisirten Formaldehyds und die inner¬
liche Anwendung desselben“.
— XI. Internationaler medicinischer Congress in Rom. Das
Reich smarine amt wird auf dem Congress durch Generalarzt W enzel und
Stabsarzt Brunhoff vertreten sein. — Höchst unliebsam wird es für die
Congresstheilnehmer sein zu erfahren, dass die bisher allgemein verbreitete,
durch die Mittheilungen des Congressbureaus verschuldete Annahme, es sei
bei Lösung einer Rückfahrtkarte in Italien gestattet, auf dem Rückwege
eine andere Grenzstation als auf dem Hinwege zu passiven, nicht richtig
ist. Wer also die Hinreise über Ala (Brennertour) und die Rückreise
über Chiasso bezw. Luino (Gotthardtour) machen will, ist gezwungen, an
der italienischen Grenze eine Rundreisekarte zu lösen. .Uebrigens em¬
pfiehlt es sich wegen der Coursdiff'erenz des italienischen und deutschen
Geldes, das Billet erst an der Grenze und nicht schon in Deutschland zu
erwerben. Ein Extrazug kommt in Deutschland nicht zustande. — Ein
Wohnungsmangel in Rom ist, wie das Comitd mittheilt, nicht zu befürchten.
— Das Comite der internationalen Ausstellung für Hygiene
und Medicin, welche bekanntermaassen gelegentlich des Congresses in
Rom veranstaltet wird, richtet nochmals an die Vorsteher öffentlicher und
die Besitzer privater Sammlungen die Bitte um Einsendung von Objecten,
die sich auf die Geschichte der Medicin beziehen. Zu adressiren sind diese
Gegenstände an Dr. Sambon, medicinischo Ausstellung, Rom.
— nied. Sander, Direktor der städtischen Irrenanstalt zu Dall¬
dorf, ist zum Geheimen Medicinalrath ernannt worden.
*) Ueber die Wirkung des Scopolamins (eines neuen Mydriaticums)
auf das Auge. Wratsch 1893, p. 177.
— Prof. Eulenburg wolmt vom 17. d. M. ab L ich ton stein- Allee 3
(Berlin W) und verlegt seine Privatsprechstunde für Nervenkranke auf die
Zeit von 3 bis 4 Uhr. . _
—- Posen. Dem Sanitätsrath Dr. Wicherkiowicz ist das Prädikat
als Professor beigelegt worden.
— Budapest. Der VIII. Internationale Congress für Hygiene
und Demographie wird durch Se. Hoheit den Erzherzog Karl Lud¬
wig persönlich eröffnet werden. Der Begrüssungsabend wird im Garten
und Gebäude des Museums abgehalten werden. An einem Congresstage wird
die Haupt- und Residenzstadt in sämmtlichen Sälen der hauptstädtischen
Redoute einen Empfangsabend in grossem Stil veranstalten. Der 6. Sep¬
tember ist für kleinere Ausflüge reservirt; hierher gehören die systema¬
tische Besichtigung der öffentlichen Instituto, andererseits Ausflüge nach
Balatonfüred-Siöfok, auf Einladung des Grafen Nikolaus Eszterhäzy
nach Tatis, ferner auf den Schwabenberg, auf die Margareteninsel u. s. w.
Der Plan der nach dem Congress zu veranstaltenden Ausflüge ist er¬
weitert worden, indem ausser der Reise nach Konstantinopel und Belgrad
Ausflüge nach Schmecks, nach Agram-Fiume und nach Bosnien und der
Herzegowina in das Programm aufgenommen wurden.
— Tientsin. Die erste medicinische Unterrichtsanstalt, welche
diesen Namen verdient, ist von der Chinesischen Regierung in Tientsin
begründet. Die Leitung ist in die Hände eines Dubliner Gelehrten gelegt.
— Universitäten. Heidelberg. Dr. B. v. Beck hat sich als
Priv.-Doc. für Chirurgie habilitirt. — Zürich. Dr. med. Otto Roth ist
zum Professor für Hygiene und Bacteriologie am Polytechnicum ernannt
worden. — St. Petersburg. Dr. D. A. Ssokolow ist zum Privat-
docenten der Pädiatrie an der militär-medicinischen Akademie ernannt.
— Glasgow. Dr. Mur doch Cameron ist zum Professor der Geburtshülfe
ernannt. — Constantinopel. Dr. Djelal Mouktha ist zum Professor
der Dermatologie ernannt. — St. Louis. Dr. J. Grindon ist zum Professor
der Physiologie ernannt.
XV. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s.w. E. Wester¬
marek, Geschichte der menschlichen Ehe. Deutsch von L. Kät¬
scher und R. Grazer. Mit einem Vorwort von Alfred Rüssel Wallace.
589 S. 12,00 M. Jena, Hermann Costenoble, 1893.
Hygiene und feanitütswesen. Arbeiten aus dem Kaiserlichen
Gesundheitsamte. IX. Band, 2. Heft. 404 S., 11 Tafeln. 16,00 M.
Berlin, Julius Springer, 1894.
Inuere Medicin. J. Glax, Ueber die Wasserretention im
Fieber. Ein Beitrag zur Frage über die Bedeutung der Wasserzufuhr
und der Auswaschung des menschlichen Organismus in Infectionskrank-
heiten. Abdruck aus der Festschrift für Alexander Rollett zur Feier
seines dreissigjährigen Jubiläums als Professor. 44 S. Jena, Gustav
Fischer, 1893.
Klimatologie und Balneologie. A. Moeller, Les Sanatoria
pour le Traitement de la Phtisie. 113 S. 2 Fr. 50. Bruxelles.
Socidte Beige de Librairie, 1894.
Krankenpflege. Mencke, Welche Anfgaben erfüllt das
Krankenhaus der kleinen Städte und wie ist es einzurichtenV
IV. Auflage. 178 S. 5,00 M. Berlin, Richard Schoetz, 1894.
Mathilde Weber, Der Diakonissin- und Pflegerinberuf.
Ein wichtiger Theil der Frauenfrage. 120 S. 0,80 M. Berlin, L. Oehmigke's
Verlag, 1894.
Medicinnlstatistik. Medicinalstatistische Mittheilungen aus
dem Kaiserlichen Gesundheitsamte. II. Band 1. Heft. 116. S.
eine Tafel. Berlin, Jul. Springer, 1894.
Statistische Mittheilungen des Kantons Basel Stadt Be¬
richt über den Civilstand, die Todesursachen und die ansteckenden Krank¬
heiten im Jahre 1892. 65 S. Basel, Buchdruckerei von J. Frehner, 1893.
Mikroorganismen und Aeiiologie der Infectionskranklieiten.
Stoecklin, Recherches sur la mobilitd et les cils de quelques
roprosentants du groupe des coli-bacilles. Aus dem Laboratorium
von Prof. Tavel in Bern. Mittheilungen aus Kliniken und medicimschen
Instituten der Schweiz. I. Reihe, 6. Heft. Basel, Carl Sallmann, 1894.
W. Silberschmidt, Experimentelle Untersuchungen über
die bei der Entstehung der Perforationsperitonitis wirksamen
Factoren des Darminhalts. Aus dem bacteriologischen Institut von
Prof. Tavel in Bern. Mittheilungen aus Kliniken und medicinischen
Instituten der Schweiz. I. Reihe, 5. Heft. Basel, Carl Sallmann, 1894.
Psychiatrie und Neurologie. V. Magnan, Psychiatrische Vor¬
lesungen. Deutsch von F. J. Möbius.. VI. Heft. Leipzig, Georg
Thieme, 1893.
M. Benedikt, Hypnotismus und Suggestion. Eine klinisch¬
psychologische Studie. 90 S. Leipzig und Wien, M. Breitenstein, 1894.
Leop. Hirschberg, Ueber die Basedow’sche Krankheit.
Wiener Klinik 1894, 2. und 3. Heft. Wien, Urban & Schwarzenberg 1894.
0. Naegeli, Therapie von Neuralgieen und Neurosen durch
Handgriffe. 114 S. Basel und Leipzig, Carl Sallmann, 1894.
Tiiierisclie Parasiten. C. W. Stiles and Albert Hassall, A ro-
■ vision of the adult cestodes of cattle, sheep and allied ani-
j mals. 101S. XVI Tafeln. Washington, Government printing Office, 1893.
Vao&nte Stellen:
Das Physikat des Kreises Huenfeld. die Kreis-Wundarztsteile des
Kreises Johannisburg. (Dio übrigen Personalien siehe im Inseratentheil.)
Gedruckt bei Julius Sittcnfcld in Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Don nerstag' _ J# 22. März 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffent-
üchen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. 1. Eulenfourg und Dr. JuL Schwalbe, Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116.
— Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
I. Ans dem städtischen Krankenhause in Frankfurt a. M
lieber Morbus Basedowii. *)
Von Oberarzt Dr. Louis Rohn.
Die feste Ueberzeugung, dass die Chirurgie berufen ist, wcsent-
Ft-o ^. ^ u ^ i ^ un o des als Morbus Basedowii bezeichneten
Kranklieitsbildes und dessen Heilung mitzuwirken, veranlasst mich
m meinem heutigen Vortrag.
J rsc !i eint es mir nöthi & dass wir uns über den
u 5be f lff .. s , elb ^J ers tö nd igen. Was verstehen wir unter
^mnt Ba ; sedowil t früher hielt man sich nur an die bekannte
onhth 1 ? 111611 ^ 10 ^ o? m Patient ’ weicher an Herzpalpitationen, Ex-
7HwpilIn 1US Struma litt, war an Morbus Basedow erkrankt,
,,. en ’ sa S t ® man, fehlt das eine oder andere dieser Symptome.
S,l.il.lHwi, WOl r n i bler fc deich einschalten, ohne Veränderung der
imd vermehrte pT* ¥. or ^. u * Basedow möglich. Herzpalpitationen
tlial.nel =! rt Pulszahl sind ein constantes Symptom. Der Exoph-
^H e mr; .,™V ^ ankl f' tS U ScUeillun "’ welcb ® unter Umständen
schlafend•TO- 1 - 8 W- ', St \ aber meines Erachtens nicht die aus-
3£ b ‘ !ndl « Wichtigkeit hat, welche ihr bisher von vielen Seiten
ÄSne de - , E “T 1 giebt es ausser °rdentlich schwere Er-
.S™’ ve l cbe k< “ m ™ oder nur sehr geringen Exophthalmus
nach amireT if d , ere J I ‘ “a*® 1 "* er in den meisten Fällen erst
sind . Krankheit. Für eine frühe Diagnose
wht^ d m Erankheitszeichen wichtiger, wie z. B. der fein-
HitiSühT^h«, 46 U " ul 'f, un,i Reizbarkeit des Patienten, das
gefuhl Schwitzen, die Schlaflosigkeit etc
ihre C 0 mnl^t i aUSge v P !' 0e i enen FäUe von Morbus Basedow und
^icS tot h«? b ht r fT sind diese in der Z®it aus-
ten Mabifsn f„° baC ^ t “V Ich Terweise hier auf «*“ Arbeit
lieh« zimamm ’ ü + W fu Sh 2 r J dle Herren Fachgenossen alles wesent-
erosten Schwh,Tf^ ‘ Sie machen der Diagnose keine
fUäfo s sinn l , J eben Exophthalmus, Stellwag’s und
*r Anl„ mi k b v eme ^ ? an zuwei 'en mangelhafte Convergenz
'Ä ( * sicb Veränderungen der Haut,
fcuehtiieü «nd ^itmgo Haarausfall; als Folge der Haut-
i|c n elekfriRchpTi ® rmlndf ‘ rt f r Leitungswiderstand der Haut gegen
«JnÄ i U f er der Struma hört man sauieSde
Finger. Die Patte . p “ ls f en Iebbaf t und schwirren unter dem
Veränderuncron * su l d d 7 s P no i sc h- Sehr bemerkenswerthe
Durchfällen 0 stellt^- 2 er E ™ äh ™gszustand. Unter periodische-
Fälligkeit ein trete wahr™ 1 "?? ■ A , bma gerung, Schwäche und Hii
findet man WmnAr^ ahre ?!tL HeiSS1Un ? er der Patenten. Zuweile
letzter Zeit ist inau^ 11 ^■ meist ces siren die Menses. 1
Halse aufme^LriT^ ^ymphdillsenschwellungen ai
steigern sich die v°^ den ‘ ^ dem Fortschreiten der Krankhe
Hetfn Oedeme auf Ä\ VOn Seiten der Endlic
falls p er nicht an CempUcationen erUe^ 4 “ *****»«*»
Interesse a ist e im n j a h!n a isQn W £ S für uns von wesentliche!
basedowii hino-pwioen aU ^ ^ ene Erkrankungsfälle von Morbu
tome aufweS mlf’ 7 elcbe bei Weitem alIe ob ^ en Symj
Hh habe in meinem v dleselben als «formes frustes“ bezeichnei
- rtrage vor dem ärztlichen Verein zu Frank
snin m lUg 0 der g öeM l i& fl “‘s de , r Abtheilung für Chirurgie der 65. Ver
) deutsche ZcitJhr ft /\r Scher Naturf orscher und Aerzte.
/.ciUchr. f. Nervenheilkunde Bd. I. Heft 5 u. C.
a ' v ? m 2> JuIi 1883 *) bereits mit Bestimmtheit auf jene
^ alle aufmerksam gemacht und gezeigt, dass diese unvollständigen
Dörmen ganz gleichermaassen wie die ausgebildeten von der
öcmlddrüse aus hervorgerufen werden und durch Operation zu be¬
seitigen sind.
a/t- 44 ^ m erSChein .! i mir nichtig, mit wenigen Worten auf jene frühere
Mittheilung zuriiekzukommen, weil dieselbe nicht richtig gewürdigt
worden ist. Es wai’ zu einer Zeit, da das Interesse der Chirurgen
last ausschliesslich den rein mechanischen Störungen von Seiten des
Kropfes, also den Druckwirkungen desselben, zugewendet war. Die
lechnik der Kropfoperation war in rascher Entwicklung begriffen
Es waren in England und Frankreich einige Fälle von Morbus
Basedowii durch Operation an der Schilddrüse geheilt worden; allein
diese Fälle blieben in Deutschland unbeachtet oder sie wurden
sehr abfällig kritisirt. Mir waren diese Publicationen nicht be¬
kannt geworden. Ich hatte bei einem Patienten des Herrn Professor
Sanitätsrath Dr. Moritz Schmidt eine sehr grosse Kropfcvste in-
cidirt. Die Entfernung der Kapsel war wegen heftiger Blutung
mir unvollständig möglich, daher Tamponade mit Penghawar.
3 7-2 Wochen später wurde der Kranke mit einer kleinen Fistel
nahezu geheilt entlassen. Nach weiteren acht Tagen entwickelte
sich folgendes Krankheitsbiid. Zuerst trat anfallsweise Herz¬
klopfen ein, dann folgte ausserordentliche Unruhe und Beängstigung.
Die Anfälle steigerten sich rasch. Der Puls wurde dauernd und
hochgradig beschleunigt, Patient wurde schwindelig, bekam
Schwächezufälle, Todesangst bei ausgesprochener Blässe des Ge¬
sichtes und Dilatation der Pupillen. Bei diesem höchst besorgniss¬
erregenden Zustand war kein Fieber vorhanden. Der Hals war
inzwischen empfindlich geworden, sodass man an eine Retention
von Secret denken konnte. Ich erweiterte daher die Fistel und
entfernte mortificirte Kropfkapselreste. Sofort nahmen die stürmischen
Erscheinungen ab und waren binnen kurzem verschwunden.
Wie war diese Beobachtung zu deuten? Das war nicht das
Bild, wie man es bei Secretverhaltung nach Kropfoperationen sieht.
Es konnte sich nur um eine und zwar sehr acute Giftwirkung
von Schilddrüsensubstanz handeln. Das Bild hatte die grösste
Aehnliehkeit mit einem acuten Morbus Basedowii. Diese Be¬
obachtung veranlasste mich zu meinen weiteren Operationen, und
ich denke, dass man mir jetzt nach den Arbeiten von P. Mario
und Charcot zugestehen wird, dass ich jene weiteren, damals mit-
getheilten Fälle mit vollkommenem Recht als Morbus Basedowii be¬
zeichnen kann.
Es wird Sie interessiren, wenn ich Ihnen mittheile, dass die
Patienten II, HI und IV meiner damaligen Publication bis auf den
heutigen Tag gesund sind. Ueber den ersten Fall konnte ich
keine Erkundigungen mehr einziehen.
Die Ansicht der alten Aerzte über die Bedeutung der Struma
bei Morbus Basedowii war insofern der Wahrheit nahe gekommen,
als der Kropf thatsächlieh das Krankheitsbild beherrscht.
Unterdessen hatte Kocher auf dem Chirurgencongress
1884 seine hochbedeutsame Mittheilung über die Kachexie nacli
totaler Entfernung der Schilddrüse gemacht. Jetzt kam mehr Licht
in die Thätigkeit der Schilddrüse. Hatten doch viele von uns die¬
selben bitteren Erfahrungen machen müssen wie Kocher.
Es ist mir stets aufgefallen, dass der Beginn und die Ent¬
wickelung des Morbus Basedowii so wenig studirt worden sind.
J ) Ueber dio Exstirpation des Kropfes bei Morbus Basedowii. Ber¬
liner klin. Wochenschr. 1884, No. 11.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
266
Die Thatsaelie wird allerdings dadurch erklärlich, dass dio bis¬
herige Lehre die Anfangsstadien verkennen liess. Ich habe nun
seit jener Zeit mein Hauptinteresse jenen Formen zugewendet,
welche man als beginnende, leichte oder verwischte bezeichnen
muss. Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass diese Formen viel
häufiger sind, als man gewöhnlich annimmt. So bemerkt man
Kropfpatienten, welche nur anfallsweise Herzpalpitationen bekommen.
Allmählich treten diese Palpitationen häufiger auf, und schliesslich
wird der Puls dauernd beschleunigt. Es entwickelt sich ganz all¬
mählich unter zeitweiligen Remissionen das ausgesprochene Bild
des Morbus Basedowii. Die Herzpalpitationen und die beschleunigte
Herzaction sind nicht nur das constanteste, sie sind auch in der
grossen Mehrzahl der Fälle das früheste Zeichen des Morbus Base-
dqwii. Ausserordentlich frühzeitig ist ferner die psychische Altera¬
tion und ein leichter Tremor zu bemerken. In einem Falle war
als erstes Symptom der feinschlägige Tremor vorhanden. Recht
oft bleibt die Erkrankung auf ein ganz geringes Maass beschränkt
und entgeht der richtigen Erkennung, zuweilen bildet sie sich
zweifellos vollkommen zurück. Es erscheint mir von eminenter
Wichtigkeit, diese Formen richtig zu deuten, schon aus dem Grunde,
um zeitig bei fortschreitender Intoxication die nöthigen Maassregeln
treffen zu können. Gestatten Sie mir, nur ein Beispiel anzuführen.
Fräulein W., Klavierlehrerin, 19 Jahre alt, war seit einigen Mo¬
naten sehr aufgeregt und reizbar. Der Hausarzt meinte, Patientin
sei zu fett. Sie litt an Herzklopfen, dann trat Schlaflosigkeit ein.
Diese Erscheinungen wurden der Berufstätigkeit zur Last gelegt.
Vor kurzem consultirte mich die junge Dame, weil sie einen dicken
Hals bekam. Es handelte sich um ein blühendes Mädchen. Ich
constatirte eine Vergrösserung der Schilddrüse, welche von weicher
Consistenz war und sich auf alle drei Lappen erstreckte. Der
Herzstoss war verstärkt. Pulsfrequenz 110. Bei der Weisung,
die Finger auszustrecken, fiel sofort der feinschlägige Tremor auf.
Nehmen Sie noch hinzu, dass Patientin an quälendem Herzklopfen,
an Hitzegefühl und Schweissen litt, dass die Menses unregelmässig
waren, so werden Sie mir vielleicht Recht geben, wenn ich die
Diagnose auf beginnenden Morbus Basedowii stellte.
Was wissen wir also von dem Beginn und Verlauf des Morbus
Basedowii? In der Mehrzahl der Fälle entwickelt er sich schleichend
und erstreckt sich auf eine Reihe von Jahren. Zuweilen besteht
Jahre lang ein Kropf, bis sich die bekannten Zeichen des Morbus
Basedowii einstellen. In seltenen Fällen entwickelt sich die Er¬
krankung rapid und führt dann meist rasch zum Tode (acuter
Morbus Basedowii). Natürlich finden sich auch Formen, welche
mehr oder weniger acut oder chronisch verlaufen.
Was ist Morbus Basedowii? Der Morbus Basedowii beruht
auf einer krankhaften Thätigkeit der Schilddrüse. Es handelt sich
um eine Intoxication. In den schweren .Fällen kann man mit Recht
von einer Kachexie thyreoidienne sprechen. Allein der Name
Kachexie passt nicht für die zahlreichen leichten Erkrankungen.
„Wir haben immer festzuhalten, dass alle Stufen der Vergiftung
von den leichtesten bis zu den schwersten zu beobachten sind.“
Als Beweis dafür, dass diese Erkrankungen trotz ihres vielgestal¬
tigen Bildes nur quantitativ, nicht qualitativ verschieden sind,
möchte ich folgendes anführen.
Es giebt sehr acute Vergiftungen von der Schilddrüse aus,
wie ich s. Z. gezeigt habe. Es ist durchaus nicht angängig, die
Fälle von acutem Morbus Basedowii, wie deren vor kurzem noch
von Prof. Müller vortrefflich beschrieben worden sind, von dem
gewöhnlichen Morbus Basedowii als etwas qualitativ Verschiedenes
zu trennen. Was die gewöhnlichen Formen anbetrifft, so beweisen
die cliirurgischen Erfolge, welche sich mehr und mehr häufen, zur
Genüge, dass sie aus einer Ursache entstehen und zusammen¬
gehören.
Ich möchte noch hinzufügen, dass auch in den beginnenden
Formen, wo ich es für nöthig hielt, operativ einzugreifen, niemals
der heilsame Effect auf das Herz und die sonstigen Krankheits¬
zeichen ausgeblieben ist.
Zu allem Ueberfluss kann man die Entwickelung des vollstän¬
digen Morbus Basedowii aus jenen unscheinbaren Anfängen ver¬
folgen.
Wir sehen, dass der enge Rahmen, in welchen man den
Morbus Basedowii fassen wollte, nicht mehr passt. Manche Sym¬
ptome sind über Gebühr in den Vordergrund gestellt und als uner¬
lässlich für die Diagnose bezeichnet worden, wie der Exophthalmus
und in jüngster Zeit die arteriellen Geräusche in der Struma.
Eben dadurch, dass man aus einzelnen Symptomen das Gesammt-
bild der Erkrankung erklären wollte, entstanden auch die viel¬
fachen Theorieen über das Wesen derselben. Erfreulicherweise
bricht sich auch in der inneren Medicin immer mehr die Ansicht
Bahn, dass die Veränderungen in der Schilddrüse den gauzen
bymptomencomplex hervorrufen. Allein mit der Erkenntniss des
Krankheitssitzes sind wir noch lange nicht zur vollständigen Klar¬
heit über das Wesen der Krankheit vorgedruugen. Soviel er¬
scheint sicher, dass es sich um eine Giftwirkung handelt, welche
je nach der Intensität und Dauer sich in dem Zustand der Pa¬
tienten ausprägt. Es entsteht nun die Frage, finden sich in der
Schilddrüse bestimmte pathologische Veränderungen, welche con-
stant bei der Erkrankung wiederkehren? Bis jetzt hat uns die
Forschung noch keine Aufklärung hierüber gebracht. Wir wissen,
dass bei einer relativ unbedeutenden Schilddrüsenschwellung sehr
heftige Intoxication eintreten kann. Wir wissen ferner, dass bei
schwerem Morbus Basedowii durchaus nicht immer ein sogenannter
aneurysmatischer Kropf vorhanden sein muss. Freilich ist dies
oft genug der Fall. Vielmehr ist die Erkrankung bei den mannig¬
faltigsten Kropfformon gefunden worden. Tillaux hat das Leiden
sogar bei Sarkom der Schilddrüse gesehen. Ein Beweis, dass neben
den pathologisch nachweisbaren Veränderungen noch andere, uns
imbekannte Processe in der Schilddrüse vor sich gehen. Wichtig
erscheint mir die Thatsache, dass nach Entfernung einer Kropf¬
cyste, nach Enucleation eines Adenoms etc. der Morbus Basedowii
zur Heilung gebracht werden kann.
Ieh habe vor Jahren den Herren Doctoren Popp und Becker
in Frankfurt a. M. wegen ausgesprochenen Morbus Basedow exstirpirte
Strumen zur chemischen Untersuchung eingehändigt. Diese Unter¬
suchungen haben bei der Schwierigkeit der Sache zu keinem be¬
friedigenden Ergebniss geführt. Es wäre jedoch äusserst wünschens¬
wert!^ dass nach dieser Richtung weitere Versuche stattfänden.
Das Gift, welches in der Schilddrüse gebildet wird, ist offen¬
bar ein starkes Nervengift. Dafür sprechen alle Anzeichen. Ob
die häufigen Lähmungen, welche bei Morbus Basedow beobachtet
werden, als eine Folge der dauernden Einwirkung des Giftes
oder als Complicationen aufzufassen sind, bedarf noch der Auf¬
klärung.
Die neuen Erfahrungen über Verbitterung normaler Schild¬
drüsensubstanz von Thieren scheinen dafür zu sprechen, dass durch
das Ueberschreiten einer gewissen Dosis höchst bedenkliche Wir¬
kungen hervorgebracht werden können. Versuche, welche ich mit
Darreichen normaler Schilddrüsensubstanz vorgenommen habe, sind
noch nicht zum Abschluss gekommen.
Es wäre ja nicht unmöglich, dass eine Art von übermässiger
Production von Schilddrüsensubstanz, ein Reizungszustand der
Schilddrüse bei Morbus Basedow stattfände. Die scharfen Contrastc
im Bilde des Myxoedems und des Morbus Basedow, von Möbius
treffend hervorgehoben, lassen einen solchen Vorgang durchaus
möglich erscheinen. Gegen letztere Annahme spricht scheinbar,
dass Kowalewsky und Sollier Mischformen von Morbus Basedow
und Myxoedem gesehen haben wollen. Wie nun die Sache sich
aufklären mag, so können wir nach dem Standpunkt unseres
heutigen Wissens doch die anderen Theorieen über das Wesen des
Morbus Basedow zurückweisen, und ich will kurz durch ein Bei¬
spiel zeigen, wie der Fortschritt in dieser wichtigen Frage durch
falsche Voraussetzung gehemmt werden kann.
Wölfler, welchem wir die vortrefflichsten Arbeiten über die
Erkrankungen der Schilddrüse verdanken, verhält sich bekanntlich
völlig ablehnend gegen operative Eingriffe bei Morbus Basedow. 1 )
Erstens bezweifelt er bei den erfolgreichen Operationen die Richtig¬
keit mancher Diagnose, weil das wichtigste Symptom der
Exophthalmus gefehlt habe. Wir wissen jetzt, dass der Exophthal¬
mus wohl ein sehr in die Augen fallendes, aber gewiss nicht das
wichtigste Symptom der Krankheit ist. Zweitens, sagt er, muss
an der bisherigen Annahme, dass der Morbus Basedow eine Er¬
krankung des Sympathicus sei und die Anschwellung der Schild¬
drüse nur ein Symptom dieser Krankheit, festgehalten werden, und
fügt hinzu, wie soll nun die Kropfexstirpation nützen.
Ich denke, die Sympathicus-Theorie ist jetzt endgültig ad acta
gelegt. Nimmermehr lässt sich aus einer Affection des Sympathicus
das Krankheitsbild erklären, ganz abgesehen davon, dass zahlreiche
competente Forscher den Sympathicus intact gefunden haben. Die
Theorie kann nicht mehr ernstlich in Betracht kommen.
Beachtenswerther ist jene Ansicht, welche den Sitz der Er¬
krankung in die Medulla oblongata verlegt. Gestützt auf die
Experimente von Filehne, welcher an jungen Kaninchen durch
Verletzung der Corpora restiformia Herzklopfen, geringen Exoph¬
thalmus und Spuren von Schilddrüsenschwellung hervorrufen konnte,
von Durdufi und Bienfait behaupten manche Forscher, dass in der
Medulla das Centrum sei, von welchem die mannichfaltigen Sym¬
ptome hervorgerufen würden. In der That lassen viele Erscheinungen
auf eine Störung in der Medulla oblongata schliessen. Allein die
pathologische Untersuchung hat bisher keine sicheren Anhalts¬
punkte für diese Theorie ergeben, und wurden hier und da greif¬
bare Veränderungen gefunden, so sind dieselben durchaus inconstant.
*) Bei Morbus Basedow mit Trachealstenose wird natürlich jedci
Chirurg operiren.
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
22. März.
Es ist viel einleuchtender, wenn man die bulbären Symptome aus
einer besonderen Schädigung der Medulla durch das Gift erklärt.
Auf die Besprechung anderer Hypothesen wie der Neurosen¬
lehre Charcot’s verzichto ich.
Wer Kropfkranke mit oder ohne Trachealstenose aufmerksam
und öfter untersucht, wird mir beipflichten, dass man recht häufig
dio Symptome der Schilddrüsenvergiftung mehr oder weniger
deutlich ausgeprägt findet.
Wie hat sich die Therapie diesen Störungen gegenüber zu
verhalten? Es giebt Fälle, in welchen die Krankheitssymptome
so leichter Art sind, dass der Patient sich wenig belästigt fühlt.
Andere verlaufen so chronisch, dass erst ganz allmählich unange¬
nehme Erscheinungen auftreten. Remissionen und Heilungen werden
nicht selten beobachtet. So lange also keine Gefahr im Verzug
ist, kann man recht wohl nach M. Schmidt eine dauernde
Kälte vermittels Leiter’scher Kühlschlange einwirken lassen.
Auch der constanto Strom kann mit Nutzen angewandt werden.
Zuweilen sieht man von einer Masteur gute Erfolge. Ob freilich
diese Mittel wie so manche andere Curen den Verlauf der Er¬
krankung aufhalten können, muss ich dahin gestellt sein lassen,
da ja das Leiden zuweilen spontan Remissionen macht, ja sich
völlig zurückbilden kann. Sicherlich kann man in schweren Fällen
sehen, dass alle diese Maassnahmen vergeblich sind.
Hieraus ergiebt sich, dass die Morbus Basedow-Patienten auf
das aufmerksamste beobachtet werden müssen. Sobald unter
Remissionen die Erkrankung fortschreitet, sobald die Entwickelung
der Erkrankung in raschem Tempo erfolgt, sollte bei der Unsicher¬
heit des Verlaufes und Unzulänglichkeit der bisherigen Mittel die
chirurgische Hülfe in Anspruch genommen werden. Keinenfalls
darf ein Patient bis zu dem Stadium der Kachexie kommen. Bei
Morbus Basedow acutus mit seiner fast absolut schlechten Prognose
sollte meines Erachtens ebenfalls zeitig die Operation versucht
werden.
Ich denke, dass durch chirurgische Intervention ein ausser¬
ordentlich erfreulicher Fortschritt in der Behandlung des Morbus
Basedow gemacht worden ist. Nur darf man nichts Unmögliches
erwarten. Durch Virchow wissen wir, dass schon Flajani
Morbus Basedow durch äussere Einwirkung auf den Kropf geheilt
hat. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass man je nach der Art
des Kropfes verschieden Vorgehen muss. Sehr gefässreicho Kröpfe
operirt man am besten durch Ligatur der Arterien (Kocher).
Cysten und Balgkröpfe wird man ausschälen, derbe Strumen
rcaeciren müssen. In einigen leichten Fällen habe ich guten
Erfolg von Jodoforminjectionen gesehen. Je nach der Art des
Wgehens wird der Erfolg früher oder später eintreten. Am
schnellsten wird der gewünschte Effect erreicht werden, wenn man
resecirt. Die verschiedenen Operationen werden je nach der Lage
der Dinge sich einfacher oder complicirter gestalten. Der Eingriff
kann relativ gefahrlos und andererseits enorm gefährlich sein.
Letzteres gilt besonders für die weit vorgeschrittenen Fälle mit
Herzdegeneration. Ob man resecirt oder die Arterien ligirt, der
Herztod muss immer gefürchtet werden. Ich habe zwei Patienten auf
diese \\ eise verloren. Die eine starb nach glatter Operation plötzlich
heim Aufrichten im Bett am zweiten Tage post operationem, die an¬
dere (Ligatur der Arterien) einige Stunden post Operationen!. Der letz¬
tere lall war ein rein verzweifelter. Jahre waren mit nutzlosen Curen
jiDgegangen. Unter mannichfachen Schwankungen hatte das Leiden
jj 1 * Endstadium erreicht. Starke Oedeme waren aufgetreten. Die
peration war das ultimum refugium. Ich stellte von vornherein
( J. , 'j ) & I10 s6 schlecht, zog auch in Erwägung, dass die Patientin
möglicherweise den Operationstisch nicht lebend verlassen würde,
n iiDöicht auf den qualvollen Zustand und den zweifellosen Aus-
H.ang i Leidens entschloss ich mich, die Rettung wenigstens zu
ersuchen. Eine weitere Patientin verlor ich auf folgende Weise.
^ war gleichfalls ein ausserordentlich schwerer Fall. Die links-
r*« Kropfpartie war resecirt., und ich begann die rechte Hälfte
‘ ^obälen, als eine vehemente Blutung erfolgte. Sofort wurde
un( ^ e * n Schlauch um die Geschwulst gelegt. Mit dem
IpirW 6n • ^ 6S Sehlauches trat plötzlicher Tod ein. Damit sind
mit s | mei ? e un £ anst,, 'gen Fälle noch nicht erschöpft. Eine Patientin
Pnenrn l; ^ Iem ^ or ^ us Basedow ging einige Tage post operationem an
welrli °° le r zu £ rim de. Sämmtlicho Todesfälle betrafen Patienten,
kamen / us ^ ant ^ Loher und höchster Erschöpfung zur Operation
dröcklifl ea jnöchte rathen, mit grosser Reserve und nur mit aus-
zu schrfT üet u“ UDg der g ros8e a Gefahr zu derartigen Operationen
dem TWi* Cn ’ i er un( * Kann es freilich noch gelingen, einen
kein Fall 6 ' ei * a ^ enei1 Patienten zu retten. Meines Erachtens darf
Der F .f T 11 V, J . us Basedow' zu einer solchen Höhe kommen,
besitzen *in , so ^ei leidlichem Kräftezustand operirt werden. Wir
"der mind * ^ r . a ^ on e * n Mittel, welches die Krankheit heilen
bessern kn ^ star ^ er Vergiftung des Organismus enorm
267
Das führt mich zu der Frage, was kann billigerweise von einer
Operation verlangt werden? Kann man wirklich erwarten, dass
sich eine jahrelange Giftwirkung einige Wochen nach Verstopfen
ihrer Quelle nicht mehr bemerkbar machen sollte? Das wäre doch
höchst wunderbar! Es ist für jeden Beobachter erstaunlich genug,
wie rasch sich der Zustand der Patienten nach der Operation
ändert. Zuerst tritt meiner Beobachtung nach die Wirkung auf
das Herz ein. Die Palpitationen lassen nach, die Frequenz des
Pulses sinkt bedeutend. Nach mehreren Tagen vermindert sich die
Aufregung. Der wohlthätige Schlaf tritt ein. Damit sind die
Bedingungen zur Kräftigung und Erholung gegeben. Lange Zeit
aber ist oft nöthig, um alle Spuren der Erkrankung zu verwischen,
ja manche Patienten werden dauernd ihre Folgen verspüren. Am
hartnäckigsten scheint der Exophthalmus sich zu erhalten. Der
Tremor kann schon nach einigen Wochen verschwunden sein, des¬
gleichen das subjective Hitzegefühl und das Schwitzen. Dio
Menses w r erden in der Folge regelmässig.
In keinem meiner Fälle habe ich eine spätere Verschlimmerung
eintreten sehen, obwohl dies bei halbseitiger Resection nicht un¬
möglich erscheint.
Ich habe an der Hand meiner Beobachtungen die Ansichten
über Morbus Basedowii entwickelt., wie ich sie im grossen und
ganzen bereits vor zehn Jahren vorgetragen habe.* Die An¬
nahme, dass eino Giftbildung in der Schilddrüse der Erkrankung
zugrunde liege, hat durch die verdienstvollen Arbeiten auf dem
Gebiet der Pathologie der Schilddrüse bedeutend an Sicherheit ge¬
wonnen. Bald wird man hoffentlich in ärztlichen Kreisen darin
einig sein, dass es sich zwecks Heilung hartnäckiger Fälle nur
um eine Einwirkung auf die Schilddrüse handeln kann.
Damit wird der Chirurg öfter vor die Frage einer Operation
gestellt w r erden. Um Sie vor unerwarteten Unglücksfällen zu be¬
wahren, habe ich Ihnen über meine Misserfolge berichtet und be¬
tone nochmals erstens die Gefahr des Herztodes in vorgeschrittenen
Fällen, zweitens die Gefahr der Blutung bei den sehr gefässreichen
Strumen.
Zum Schluss möchte ich aus einer Anzahl glücklicher Opera¬
tionen nur eine Beobachtung herausgreifen.
Der Fall betrifft einen Patienten, welcher allo Symptome des
ausgesprochensten Morbus Basedowii aufwies. Es war bereits
jener bedenkliche Zustand eingetreten, welchen man als thyreogene
Kachexio bezeichnen muss. Der Exophthalmus war so hochgradig,
dass dio Augäpfel bei unvorsichtiger Berührung luxirt wurden.
Der Puls war excessiv beschleunigt. Die Aufregung und die
Schlaflosigkeit hatten den höchsten Grad erreicht. Es traten
Angstanfälle auf, in welchen sich Patient aus dem Fenster stürzen
w’ollte. Der Tremor, das subjective Hitzegefühl, die Schweisse
fehlten nicht. Daneben war Patient in seiner Ernährung enorm
zurückgegangen. Kurz, der Zustand war verzweifelt. Von der
Schilddrüse war hauptsächlich der linke Seitenlappen wie das
Mittelstück vergrössert. Ueber der Struma hörte man sausende
Geräusche. Ich beschränkte mich darauf, dio deutlich vergrösserten
Partieen der Schilddrüse zu entfernen. Der Erfolg w'ar zunächst
der, dass der Puls sich beruhigte und Schlaf eintrat. Patient er¬
holte sich sichtlich. Es blieben aber noch längere Zeit die Spuren
der Vergiftung zurück. Ganz allmählich nahm der Exophthalmus
ab. Doch ist noch heute, acht Jahre nach der Operation, eine deut¬
liche Prominenz der Bulbi vorhanden. Dagegen hat sich der Er¬
nährungszustand ganz ausserordentlich gehoben. Verschwunden
sind der Tremor, die Schweisse, dio Schlaflosigkeit und die Angst¬
anfälle. Der scheinbar verlorene Kranke ist heute ein gesunder,
arbeitsfähiger Mensch.
II. Ueber den Secretionsvorgang in der
Schilddrüse. 1 )
Von Dr. K. Hiirthlo, Privatdocentcn der Physiologie.
Von den vielen Hypothesen, welche über die Bodeutung
der Schilddrüse aufgestellt w r orden sind, ist heute diejenige am
meisten durch Thatsachen gestützt, welche annimmt, dass die
Schilddrüse im chemischen Haushalt des Körpers eine wesentliche
und specifische Rolle spielt, die durch kein anderes Organ ersetzt
werden kann, und zwar entweder in der Weise, dass sie einen Stofl
umw'andelt oder zerstört, welcher der Gesundheit gefährlich ist,
oder wahrscheinlicher in der Weise, dass sie oinen specifischen
Stoff erzeugt, welcher für die dauernde Erhaltung des Lebens un¬
entbehrlich ist.
Für diese Hypothese, die wir kurz die chemische nennen wollen,
sproehen folgende Thatsachen:
•) Vortrag, gehalten in der medieinisehen Section der schlesischen
Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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268
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
1. Die Krankheits erscheinungen, welche nach vollständiger Ent¬
fernung der Drüse beim Menschen und bei Thieren auftreten imd
nach einzelnen Symptomen als Myxödem oder Kachexia strumipriva
bezeichnet worden sind; dieselben sind Ihnen aus der Litteratur
der letzten Jahre so bekannt, dass es überflüssig ist, sie hier zu
schildern.
2. Noch mehr spricht für die chemische Hypothese die allseitig
festgestellte Thatsache, dass diese Krankbeitserscheinungen durch
innerliche Darreichung von Schilddrüsonsubstanz beseitigt werden
können, sei es, dass dem Kranken frische oder getrocknete Schild¬
drüsensubstanz mit der Nahrung verabreicht oder ein Schilddrüsen-
extract subcutan einverleibt wird. Daraus geht hervor, dass in der
Schilddrüse eine Substanz erzeugt wird und deponirt liegt, welche
für den normalen Stoffwechsel unentbehrlich ist.
Der chemische Nachweis des specifischen Stoffes, welcher
natürlich den wichtigsten Beweis für die chemische Hypothese er¬
bringen würde, steht leider noch aus. Dagegen sprechen 3) auch
die morphologischen Untersuchungen der Schilddrüse, denen wir
heute unsere Aufmerksamkeit zuwenden wollen, ganz zu Gunsten
der chemischen Hypothese. Durch dieselben ist in erster Linie
festgestellt, dass die Schilddrüse zu den sogenannten Drüsen ohne
Ausführungsgang gehört; sie ist ein Organ, welches mit dem
Körper nur durch Blut- und Lymphgefässe, sowie durch Nerven
in Verbindung steht. Die wesentlichen Bestandtheilo der Drüse,
die Epithelzellen, bilden die Wand allseitig geschlossener Bläschen
(Follikel), welche von einem eigenartigen gallertigen Stoffe, der
sogenannten Colloidsubstanz, ausgefüllt sind.
Zwischen diesen Bläschen verbreiten sich die Blut- und Lymph¬
gefässe und die Nerven der Drüse. Besonders reich ist die Drüse
an Lymphgefässen: die Spalträume nämlich, welche zwischen den
Follikeln übrig bleiben, sind mit einer Endothelhaut ausgekleidet
und müssen daher als Lymphspalten betrachtet werden. Diese
trifft man theils leer, theils durch einen Inhalt mehr oder weniger
ausgedehnt, welcher vom Inhalt der Bläschen meist nicht zu unter¬
scheiden ist und daher gleichfalls als Colloidsubstanz betrachtet
werden muss.
Ungewöhnlich gross ist ferner der Reichthum der Drüse an
Blutgefässen; diese verzweigen sich gleichfalls zwischen den Bläschen,
und ihre Capillaren treten in ganz nahe Berührung mit den Epithel¬
zellen, ja an manchen Stellen bohren sie sich förmlich in dieselben
ein, indem die Capillare von Fortsätzen der Zelle umfasst wird.
Das Blut soll anscheinend in möglichst nahe Berührung mit den
Zellen kommen. 1 )
Wenn nun die morphologische Untersuchung Stellung nehmen
soll zu der chemischen Hypothese über die Thätigkeit der Drüse,
so hat sie vor allem zwei Fragen zu entscheiden, nämlich: 1) lassen
sich an den wesentlichen Elementen der Drüse, den Epithelzellen,
Veränderungen nachweisen, welche dafür sprechen, dass diese Zellen
einen specifischen Stoff erzeugen? und 2) lassen sich die Wege
nachweisen, auf welchen der erzeugte Stoff in den Körper gelangt?
Beide Fragen sind schon in Angriff genommen worden, und es
liegen in dieser Beziehung folgende Angaben vor: Vor fünf Jahren
Lat Biondi in dieser Gesellschaft mikroskopische Präparate
von der Schilddrüse des Hundes demonstrirt, in welchen einerseits
eine Ansammlung von Colloid in den interfolliculären Lymphspalten
und andererseits an manchen Stellon hochgradige Verdünnung der
Epitholien der Drüsenbläschen zu sehen w r ar; auf Grund dieser
Befunde, die später durch weitere Beobachtungen vervollständigt
wurden, hat Biondi folgende Hypothese über die Entleerung
der Follikel aufgestellt: die Epithelien der Schilddrüse secerniren
die Colloidsubstanz und bilden dadurch die Follikel; das Wachs¬
thum derselben hat aber eine Grenze; hat der Follikel eine gewisse
Grösse erreicht, so werden die Epithelien an einer bestimmten
Stelle der Follikelwand, und zwar an der, welche einem Lymph-
raum zugekehrt ist, immer niedriger, bis sie schliesslich ganz
schwinden; wenn dies eintritt, ergiesst sich der Inhalt des Follikels
in den angrenzenden Lymphraum.
Was die Seeretbildung des Epithels betrifft, so hat Lan¬
gen dorff Veränderungen an diesen Zellen beschrieben, welche
als verschiedene Functionszustände der Zellen aufgefasst werden
müssen. Langendorff unterscheidet nämlich zwei Arten von
Zellen, die sich an der Bildung der Follikelwand betheiligen,
,y u lL'" lin ^ Colloidzellen; der Zellleib der letzteren zeichnet
sich durch seine mehr homogene Beschaffenheit und durch die
') Im .Vorträge folgte die Demonstration des normalen Schilddrüse
gewenes nnt Hülfe von Diapositiven, welche von Mikrophotogrammen c
fechilcldruse gewonnen und mittels eines Skioptikon projicirt wurden. D
jenigcn Leser, welche diese Bilder zu sehen und über die histologisch
Angaben genauer unterrichtet zu sein wünschen, verweise ich auf <
gloichbetitelte Abhandlung, welche oben in Pflüger’s Archiv Band
erschienen ist; desgleichen bezüglich der Litteraturangaben.
Eigenschaft aus, gerade diejenigen Farbstoffe intensiv aufzunehmen,
welche auch die Colloidsubstanz färben. Zwischen den ausge¬
sprochenen Formen dieser Zellen und den Hauptzellen kommt eine
Reihe von Zwischenformen vor, so dass man in den verschiedenen
Zellformen eine Stufenleiter von Umwandlungsvorgängen erkennen
kann, bei welchen die Colloidzellen aus den Hauptzellen durch all¬
mähliche Umwandlung ihres Protoplasma entstehen.
Langendorff hat sich ferner der Biondi’schen Hypothese
der Follikelentleerung angeschlossen und die Zellveränderungen, dio
zur Follikelruptur führen, unter dem Ausdruck „Schmelzung des
Epithels“ zusammengefasst; diese besteht nach Langendorff
1) in einer Abplattung und 2) in einer eigenartigen Degeneration
des Epithels, die mit Untergang des Zellkerns und colloider Um¬
wandlung des Zellleibes verbunden ist.
Die Ursache der Schmelzung sieht Langendorff in dem
steigenden Secretionsdruck in der Follikelhöhle, welcher die Epi¬
thelien zum Absterben bringen und die todten Zellen mit Colloid¬
substanz durchtränken soll.
Meine eigenen Untersuchungen über die oben aufgestellten
Fragen, die an den Schilddrüsen junger Hunde angestellt wurden,
konnten zum Theil die bisher gemachten Erfahrungen bestätigen,
in anderen Punkten aber weichen sie von denselben ab sowohl in
der Frage nach der Seeretbildung, als in der nach der Entleerung
der Follikel. Bei der Seeretbildung sind nach meinen Beobach¬
tungen zwei verschiedene Formen der Secretion zu unterscheiden,
nämlich 1) Seeretbildung des Follikelepithels mit Erhal¬
tung der Zellen und 2) Seeretbildung durch Untergang
von Zellen.
Bei der ersten Form der Secret- (Colloid-) Bildung sind die¬
jenigen Zellen betheiligt, welche Langendorff als Colloidzellen
bezeichnet; ausserdem aber scheinen mir noch die ganz niederen
Formen des Epithels hierher zu gehören, welche Langendorff
zur Schmelzung des Epithels zählt. Uebersieht man nämlich die
verschiedenen Zellformen, die sich durch colloide Reaction ihres
Protoplasma vor den anderen auszeichnen, so findet man einerseits
darunter solche, welche den Hauptzellen noch ganz nahe stehen
und sich nur durch grössere Dichte der färbbaren Substanz des
Zellleibs von ihnen unterscheiden; ferner aber findet man colloid-
artiges Aussehen des Zellleibs mit Veränderung der Zellform, die
wesentlich in einem Niedrigerwerden des Epithels besteht und so
weit gehen kann, dass die Zellen ganz platt werden; in diesem
Stadium verlieren auch die Kerne ihre runde Gestalt und werden
flach.
Die Berechtigung, diese verschiedenen Zellformen unter dem
Namen Colloidzellen zusammenzufassen und sie damit als die¬
jenigen hinzustellen, welche Colloidsubstanz erzeugen und secerniren,
scheint mir weniger in dem ähnlichen Aussehen ihres Zellleibes,
als vielmehr darin zu liegen, dass auch der Inhalt der Follikel,
deren Wand die eine oder andere Form der Colloidzellen in
grösserer Anzahl enthält, den Fixirungsmitteln und den Farb¬
stoffen gegenüber sich anders verhält, als der Inhalt von Follikeln,
die mit Hauptzellen besetzt sind. Der Inhalt der ersteren zeigt
nämlich geringere Neigung zur Schrumpfung und färbt sich
wesentlich stärker als der der letzteren. Dadurch scheint mir die
Annahme gerechtfertigt, dass die verschiedenen Formen der Colloid¬
zellen einem und demselben Prpcesse angehören, welcher den
Follikelinhalt in bestimmter Weise verändert. (Demonstration
der verschiedenen Formen von Colloidzellen.)
Ganz anders ist das Aussehen der Drüse bei der zweiten Art
von Seeretbildung, die mit Zerstörung von Zellen verbunden ist
und die wir als Schmelzung des Epithels bezeichnen wollen; diese
unterscheidet sich von Anfang an von der reinen Colloidbildung;
während nämlich bei dieser die erste Veränderung der Zelle im
Protoplasma zu sehen ist, welches sich durch stärkere Färbbarkeit
auszeichnet, ist es bei der Schmelzung des Epithels der Kern,
welcher die erste Veränderung zeigt: er verliert seine rundliche
Gestalt, wird unregelmässig, kleiner und nimmt begierig Farbstoff
auf, so dass er auffallend gegen seine Umgebung absticht. Später
gesellt sich dazu eine Veränderung des Zellleibes, gekennzeichnet
durch scholligen Zerfall und gleichfalls stärkere Färbbarkeit
des Protoplasma. Dann lockern die Zellen ihren gegenseitigen
Zusammenhang, lösen sich von der Follikelwand ab und mischen
sich mit dem Inhalt, in welchem man dann homogene Colloid¬
substanz untermischt mit geformten Bestandtheilen an trifft; letztere
sind theils die Trümmer der Epithelien, bisweilen sind es auch
rothe Blutkörperchen. Diese rühren ohne Zweifel von kleinen
Hämorrhagieen her; denn da die Capillaren den Epithelien unmittel¬
bar aufliegen, muss ihre äusserst dünne Wand beim Untergang
der Zellen einreissen.
Die Bilder, die als Folgen der Zellschmelzung auftreten, sind
sehr verschieden; häufig sieht man mehrere Follikel unter einander
oder mit den Lymphspalten communiciren, in welchen dann auch
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Original fro-rri
UMIVERSITY OF MICHIGAN
22. März.
DEUTSCHE MEDlClttlSCHE WOCHENSCHRIFT.
260
Colloid untermischt mit den Zelltrümmern angetroffen wird. In
den am weitesten vorgerückten Stadien ist von der normalen Ge-
websanordnung gar nichts mehr zu sehen, sondern man findet die
im Colloid zerstreuten Zelltrümmer in unregelmässig begrenzten
Hohlräumen, die durch Untergang einer grösseren Anzahl von
Follikeln entstanden sein müssen. (Demonstration von Schmelzungs¬
vorgängen.)
Es fragt sich nun, ob sich über die Ursache und das Wesen
der Schmelzung etwas näheres angeben lässt? Wie schon erwähnt,
hat Langendorff den Vorgang in den Zellen als einen mehr
passiven aufgefasst, indem er annimmt, dass das Absterben der
Zellen durch den steigenden Secretionsdruck veranlasst wird, welcher
eine Folge des Follikelwachsthums ist.
Dieser Ansicht kann ich mich aber aus folgenden Gründen
nicht anschliessen: 1) müsste man sich die Follikel als vollkommen
dichtschliessende Bläschen denken, deren Wand auch bei stei¬
gendem Innendruck undurchlässig bleibt, eine Anschauung, gegen
welche nachher Thatsachen vorgebracht werden; 2) findet Schmel¬
zung nicht nur in grossen Follikeln, sondern häufig in ganz kleinen
und bei ganz jungen Thieren statt. Diese Erscheinungen scheinen
mir nicht dafür zu sprechen, dass die Schmelzung eine Absterbe¬
erscheinung der Zellen darstellt, welche die Folge äusserer Kräfte
ist; es scheint mir vielmehr wahrscheinlicher, dass die Schmelzung
eine cigenthümliche, durch innere Vorgänge der Zelle bedingte
Degeneration ist, bei welcher die Zelle durch ihren Zerfall einen
besonderen, von der Colloidbildung verschiedenen Beitrag zum
Secret liefert.
Nachdem wir nun gesehen haben, dass an den Zellen Verän¬
derungen Vorkommen, welche als der morphologische Ausdruck der
Secretbildung aufgefasst werden können, wollen wir noch die
Frage aufwerfen, ob wir diese Zellveränderungen etwa
experimentell erzeugen und damit eine Vorstellung über
die natürlichen Reize der Drüse gewinnen können. Hier
ist zunächst die Möglichkeit zu prüfen, dass die Schilddrüse unter
dem Einfluss des Nervensystems steht und ähnlich wie die Speichel¬
drüsen durch Reizung der zuführenden Nerven in gesteigerte Thätig-
keit versetzt werden kann. Die Drüse erhält Zweige von den
beiden Nervi laryngei, und ich habe versucht, durch faradische
Erregung theils der isolirten Nerven, theils des Stammes des Vago-
s.vmpathicus, der in der Brusthöhle unterhalb des Abganges des
Recurrens durchschnitten war, die Drüse zu beeinflussen; allein
ohne Erfolg: die gereizte Drüse unterschied sich nicht oder nur
unwesentlich von der Drüse der anderen Seite, die vor der Reizung
exstirpirt war. Da aus diesen Versuchen geschlossen werden muss,
dass die Secretbildung der Drüse nicht unter dem Einflüsse des
Nervensystems steht, bleibt als Reiz für die Drüse nur eine be¬
stimmte Zusammensetzung des Blutes übrig, die in der Anwesen¬
heit oder in dem Mangel eines bestimmten Stoffes im Blute be¬
stehen kann. Thatsächlich liessen sich nun auch einige Erschei¬
nungen auffinden, w T elche sehr zu Gunsten dieser Annahme sprechen:
einigen Versuchstieren wurde der grösste Theil„ etwa 5 /c des
ganzen Schilddrüsengewebes, durch Operation aseptisch entfernt,
und die Thiere blieben nach der Operation noch acht bis zehn
Tage am Leben. Darauf wurden sie getödtet und der zurück¬
gebliebene Drüsenrest mit den zuvor entfernten Partieen verglichen,
ln diesen Versuchen zeigte nun der Drüsenrest stets die Zeichen
erhöhter Thätigkeit; nach der oben gemachten Annahme deshalb,
weil die im Blut vorhandenen Reize sich auf eine viel kleinere
Brüsenmasse concentrirten. Die Zeichen erhöhter Thätigkeit des
Brüsenrestes bestanden in stärkerer Tinctionsfähigkeit der Colloid-
substanz und des Follikelepithels, in zahlreich vorhandenen Schrnel-
zungsheerden und in einer Erscheinung, die wir bisher noch nicht
ennen ^ e ^ ernt haben, nämlich im Auftreten von Colloid-
ropfen in den Epithelzellen. Im Protoplasma derselben finden
P dämlich mehr oder weniger grosse homogene Kugeln, welche
lesejbe Tinctionsfähigkeit und Neigung zu Schrumpfung zeigen,
' u . e ^ Colloidinhalt der Follikel, so dass man nicht im Zweifel
sein kann, dass in beiden Fällen dieselbe Substanz vorliegt.. (De¬
monstration.)
• . ^. ra gJ i man nun, warum in diesem Falle die Colloidsubstanz
da- r' 1 (f ablagert, so lässt sich zunächst so viel sagen,
\it ?. |. * roduction grösser sein muss, als die gleichzeitige Abfuhr.
Brr! r Un nun Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass im
I S a?« es ^ durch eine mit der Operation verbundene Verletzung
kt ^j lllss wege des Secrets die normale Abfuhr behindert worden
and». 16 \r e Möglichkeit wird aber sehr unwahrscheinlich durch eine
Collnvu ^ e ™ Uc j ls reihe, in welcher gleichfalls das Auftreten von
das« !r r °r! • Epithel experimentell erzeugt wurde, allein ohne
griff , 16 Brüse direct vom Eiagriff getroffen wurde. Dieser Ein-
ei™ ^^at nämlich in der Unterbindung des Gallenganges,
die ich einem glücklichen Zufall verdanke: ich
1 d* e Schilddrüse zur Untersuchung einem Hunde, welchem
14 Tage zuvor der Gallengang und 8 Tage nach diesem Eingriff
auch der Ductus thoracicus vor seiner Einmündung in die Vena
subclavia unterbunden worden war. In der Schilddrüse dieses
Thieres fanden sich nun neben reichlicher Füllung der Lymphräume
an sehr vielen Stellen Colloidtropfen im Epithel. Es war mir nun
zunächst nicht zweifelhaft, dass diese Erscheinung der Abbindung
des Ductus thoracicus ihre Entstehung verdankte; denn da wir
wissen, dass die Lymphspalten der Drüse sehr häufig Colloidsub¬
stanz enthalten, so lag die Erklärung sehr nahe, dass mit dem
Aufhöien des normalen Lymphabflusses, welcher der Unterbindung
des Ductus thoracicus folgt, auch der Uebertritt der Colloidsubstanz
in die Lymphräume gehemmt sei und diese Substanz sich daher
innerhalb der Zellen anhäufen müsse. Allein ein darauf hin ge¬
richteter Versuch, bestehend in der Unterbindung des Ductus tho¬
racicus allein, bestätigte diese Annahme nicht. In der Schilddrüse
eines Thieres, dem acht Tage vor seinem Tode der Ductus thora¬
cicus unterbunden wurde, zeigten sich weder eine besonders reich¬
liche Ansammlung von Colloid in den Lymphräumen, noch Colloid¬
tropfen in den Epithelzellen, obgleich die Lymphgefässe des Halses
sehr stark angeschwollen waren. Darauf hin entschloss ich mich,
zu untersuchen, ob etwa die Unterbindung des Gallenganges einen
Einfluss auf die Thätigkeit der Schilddrüse ausübt, und war nicht,
wenig überrascht, zu finden, dass mit. dem Auftreten von Icterus
in der Schilddrüse regelmässig die Erscheinungen intensiver Col-
loidproduction zu beobachten sind, bestehend in reichlichem Auf¬
treten von Colloidzellen, von Colloidsubstanz innerhalb der Lymph¬
spalten und in den Epithelzellen. In diesen Versuchen liegt nun
kein Grund vor, anzunehmen, dass das Auftreten von Colloidtropfen
im Epithel durch Behinderung des Abflusses veranlasst ist, viel¬
mehr ist die nächstliegende Erklärung die, dass die bei der
Gallenstauung ins Blut übergegangeüen Bestandteile einen Reiz
für die Drüse bilden, der sie zu erhöhter Colloidprodnction ver¬
anlasst.
Nachdem wir nunmehr gesehen haben, dass die Epithelzellen
der Schilddrüse eine specifische Substanz erzeugen und ausschei-
den und hierzu höchst wahrscheinlich durch eine bestimmte Zu¬
sammensetzung des Blutes gereizt werden, bleibt noch die weitere
wichtige Frage zu beantworten: Wie und auf welchen Wegen
wird das Secret aus der Drüse entfernt? Auf diese Frage
kann man von vornherein antworten, dass nur zwei Wege möglich
sind, nämlich der Lymph- und der Blutweg; denn nur durch diese
ist die Drüse mit dem Körper verbunden. Das Vorkommen von
Colloidsubstanz in den Lymphräumen spricht zunächst dafür, dass
die Lymphgefässe die Fortschaffung des Secrets übernehmen, und
wir müssen daher erst untersuchen, wie das Secret aus den Fol¬
likeln in die Lymphräume der Drüse gelangt. Ueber diese Frage
besitzen wir die schon erwähnte ansprechende Hypothese von
Biondi, welche den Uebertritt des Follikelinhalts in den angren¬
zenden Lymphraum durch Schwund der Follikel wand erklärt, ln
meinen Präparaten fand sich nun reichlich Gelegenheit, die Richtig¬
keit dieser Hypothese zu bestätigen, insofern bei der Schmelzung-
des Epithels die Follikel wand häufig durchbricht und der Inhalt
durch das entstandene Loch in den angrenzenden Lymphraum Über¬
tritt. Nur in dem Punkt, kann ich mich der Ansicht Biondi’s
nicht anschliessen, dass der Follikelruptur'ein Niedrigerwerden des
Epithels vorausgeht; denn in meinen Präparaten finden sich häufig
die ausgesprochenen platten Formen des Epithels ohne jede Ruptur,
und letztere ist da, wo sie vorhanden, immer durch Zellschmelzung
So sicher nun auch eine Entleerung der Follikel durch Ruptur
der Wand vorkommt, so sprechen doch verschiedene Befunde da¬
gegen, dass diese Art der Entleerung die einzige, ja, dass sie die
gewöhnliche ist. Bei der Ruptur durch Zellschmelzung mischen sich
nämlich die Trümmer der Epithelien mit der Colloidsubstanz und
gehen mit in den Lymphraum über, ebenso die Blutkörperchen, die
durch capilläre Hämorrhagieen frei werden. Andererseits findet
man aber häufig (besonders reichlich nach Unterbindung des Gallen¬
ganges), reine Colloidsubstanz ohne geformte Elemente in den Lymph¬
spalten liegen und in der Umgebung auch keine Anzeichen von
Follikelruptur. Wollte man in solchen Fällen an der Annahme
festhalten, dass die Colloidsubstanz aus entfernteren Partieen der
Drüse stamme, so müsste man die weitere Annahme machen, dass
die geformten Elemente die Verschiebung nicht mitmachen. In
manchen Fällen findet man aber reichlich gefüllte Lymphräume
und in der ganzen Drüse nur wenige Schmelzungsheerde, und in
diesen Fällen kann man sich nicht gut vorstellen, dass die zah-
reichen Lymphspalten von wenigen Follikeln aus gefüllt worden
ein sollen. , , A ,r
Diese Befunde legen es sehr nahe, nach anderen Wege
ie Entleerung der Follikel zu suchen, und es haben f 1 “" 1 '
lehrere Untersucher bemüht, solche Wege durch d ® g
.vmDhsualten der Drüse zu finden; allem stets oh S-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
270
Hessen sich immer nur die interfolliculären Spalten, aber niemals
die Follikel selbst füllen. Ich habe diese Versuche mit besserem
Erfolg wiederholt, und zwar, wie ich glaube, durch den einfachen
Kunstgriff, dass ich bei der Injeetion einen geringen, aber nicht
gleichmässigen, sondern pulsatorisehen Druck anwandte. Dabei
drang die Injectionsmasse jeweils in eine allerdings nur kleine Zahl
von Follikeln ein und liess sich an manchen Stellen von der Lymph¬
spalte zwischen den Zellen der Follikel wand hindurch in die Höhle
verfolgen, so dass man nach diesen Präparaten die Intercellular¬
spalten als Verbindungswege zwischen Follikelhöhle und Lymph-
raum betrachten muss. Allein es fragt sich, ob diese Wege nicht
bloss Kunstproducte sind, oder ob sie wirklich im Leben vorhan¬
denen Oeffnungen für den Abfluss des Secretes entsprechen. Diese
Frage lässt sich natürlich nur an nicht injicirten Präparaten ent¬
scheiden. Eine daraufhin gerichtete Untersuchung der Intercellular¬
linien des Follikelepithels .hat nun folgendes ergeben: 1) In vielen
Fällen geht das Protoplasma einer Epithelzello ohne jede Grenz¬
linie in das der Nachbarzelle über, so dass von einem Zwischen¬
raum zwischen den Zellen nicht gesprochen werden kann. 2) In
der Mehrzahl der Fälle sieht man die Nachbarzellen durch eine
feine homogene Linie von einander getrennt, welche die Farbe der
Colloidsubstanz hat. 3) In selteneren Fällen findet man dicke,
homogene Stränge zwischen den Zellen liegen, welche von der
Follikelhöhle bis zum angrenzenden Lymphraum reichen, vollkommen
homogen und in ihrer Farbe von der Colloidsubstanz nicht zu
unterscheiden sind. (Demonstration.)
In diesem Falle kann man nicht zweifelhaft sein, dass man
dieselbe Substenz vor sich hat, welche den Inhalt der Follikel
bildet; für die Beurtheilung ihrer Bedeutung ist noch wichtig der
Zustand der Drüse, bei welchem diese Stränge Vorkommen; man
findet sie nämlich selten in normalen Drüsen, verhältnissmässig
reichlich dagegen in solchen, welche zu gesteigerter Thätigkeit ge¬
reizt worden sind, sei es durch Entfernung des grössten Theiles
der Drüsen, sei es durch Unterbindung des Gallenganges. Diese
Thatsache macht es sehr wahrscheinlich, dass die zwischen den
Zellen liegenden Colloidstränge dieVerbindungswege darstellen, durch
welche der Follikel mit dem angrenzenden Lymphraum communicirt,
und wir kommen auf Grund dieser Befunde, sowie der Ergebnisse
der Drüseninjection zu folgender Vorstellung von der Entleerung
der Follikel: zwischen der Follikelhöhle und dem angrenzenden
Lymphraum besteht ein Zusammenhang der Art, dass sich der
Follikelinhalt durch die zwischen den Epithelien vorhandenen Spalt¬
räume in den Lymphraum entleeren kann. Diese Intercellularspalten
sind aber keine selbstständigen und keine dauernd vorhandenen
Gebilde, sondern sie entstehen je nach Bedürfniss. Ist die Secretion
in einem Follikel und infolgedessen auch der Abfluss gering, so
sieht man keine Intercellularspalten oder nur sehr enge und ihren
Inhalt als feine homogene Linien: ist die Secretion dagegen reich¬
lich, so trifft man breite, mit Colloid gefüllte Spalten, welche die
Follikelhöhle mit dem Lymphraum verbinden.
Entsprechend den zwei verschiedenen Arten der Secretion haben
wir also in der Schilddrüse auch zwei verschiedene Arten der
Follikelentleerung, nämlich Entleerung durch Ruptur bei der
Secretbildung mit Untergang des Epithels, bei der reinen Colloid-
productien dagegen Entleerung durch Intercellularspalten.
Unsere Aufgabe sollte nun eigentlich darin bestehen, das
weitere Schicksal des in die Lymphräume ergossenen Secretes zu
verfolgen. Allein hierüber fehlen uns vorläufig sichere Thatsachen,
und so müssen wir uns darauf beschränken, die hier in Betracht
kommenden Möglichkeiten zu erörtern: Die in den Lymphspalten
liegende Substanz kann die Drüse entweder durch die abgehenden
Lympbgefässe verlassen und gelangt dann an der Einmündungs¬
stelle der letzteren in die Venen ins Blut, oder aber sie kann
noch innerhalb der Drüse von den Blutgefässen aufgenommen werden.
Was die letztere Möglichkeit betrifft, so ist vor kurzem ein Befund
beschrieben worden, welcher diesen Modus der Colloidresorption zu
bestätigen scheint; es ist nämlich die Angabe gemacht worden, dass
sich Colloidsubstanz in den Schilddrüsenvenen nachweisen lasse;
daraufhin habe ich die innerhalb der Schilddrüse liegenden Venen
in meinen Präparaten untersucht und thatsächlich Stellen gefunden,
in welchen ein Theil des Veneninhaltes grosse Aehnlichkeit mit
der Colloidsubstanz der Follikel hat. Da wir aber die Farben-
reaction der Colloidsubstanz nicht als eine ganz specifische be¬
trachten dürfen, habe ich einen Controllversuch gemacht und von
Mesenterialvenen genau nach derselben Methode Präparate an¬
gefertigt, wie von der Schilddrüse. In diesen Venen fanden sich
nun nicht selten Stellen, wo das Plasma von den Blutkörperchen
getrennt war, und das erstere war durch seine Farbenreaction der
Colloidsubstanz zehr ähnlich. Ich glaube daher, dass die Frage, ob
Colloidsubstanz in den Venen der Schilddrüse vorkommt, vorläufig
nicht mit Sicherheit beantwortet werden kann, so lange wir keine
specifische Reaction auf diese noch sehr wenig charakterisirto
Substanz besitzen. Allein selbst in diesem Falle dürfte ein Nach¬
weis von Colloidsubstanz in den Venen — ihren Uebertritt voraus¬
gesetzt — mit grossen Schwierigkeiten verbunden und nur bei sehr
grosser Empfindlichkeit der Reaction möglich sein; denn da die
Drüse ungewöhnlich reich mit Blut versorgt wird, muss die all¬
fällig ins Blut übertretende Substanz sehr verdünnt werden, und es
müssten von dieser Substanz in der Zeiteinheit sehr grosse Mengen
in die Capillaren übergehen, um in den Blutgefässen nachweisbar
zu werden.
Wenn nun auch vorläufig der sichere Nachweis, dass Colloid¬
substanz innerhalb der Drüse in die Blutgefässe übergeht, nicht zu
erbringen ist, so ist doch noch nicht unwahrscheinlich, dass dies
vorkommt; dafür spricht nämlich die oben erwähnte Thatsache,
dass nach Unterbindung des Ductus thoracicus keine auffallende
Anhäufung von Colloidsubstanz in den Lymphräumen stattfindet.
Jedenfalls müssen wir aber annehmen, dass das Secret überhaupt
in den Blutstrom gelangt, sei es nun, dass dies schon innerhalb
der Drüse geschieht oder auf dem längeren Wege durch die Lymph-
gefässe.
Damit reiht sich die Schilddrüse einer Gruppe von Drüsen an,
die von Claude Bernard als „glandes k s6crötion interne“ be¬
zeichnet worden sind, d. h. als Drüsen, welche ihr Secret direkt
ins Blut entleeren. Claude Bernard kam zu diesem Begriff,
indem er die „Glykogenbildung der Leber“ als Secretion dieser
Drüse auffasste und sie der Bildung von Galle, welche in den Darm
abfliesst, gegenüberstellte. Nach neueren Befunden gehören hierher
das Pankreas, welches in der Oekonomie der Kohlehydrate eine
hervorragende Rolle spielt, die Nebennieren, welche ein im Körper
sich bildendes Gift zerstören, und vielleicht auch die Hypophysis
cerebri. Bei keiner dieser Drüsen ist die Bezeichnung „glande k
s6cr6tion interne“ dadurch gerechtfertigt, dass der Uebertritt von
Secretbestandtheilen in das Blut durch das Auge constatirt worden
wäre, sondern bei allen führen physiologische Thatsachen mit Noth-
wendigkeit zu der Annahme, dass diese Organe in eigenartiger
Weise die chemische Zusammensetzung des Blutes verändern.
Die meiste Aussicht, den Weg des Secretes von den Drüsen¬
zellen zum Blut zu verfolgen, scheint die Schilddrüse zu bieten,
und so wollen w r ir hoffen, dass dieser Nachweis nicht mehr lange
auf sich warten lässt. _
III. Aus dem Laboratorium für allgemeine Pathologie
in Bologna, Direktor Prof. A. Tizzoni.
Untersuchungen über das Infectionsfleber.
Das Antitoxin des Bacterienflebers.
Von Dr. E. Centanni und Dr. A. Bniscliettini.
Bei dem Studium der Fieberfrage hatte der eine von uns
(Centanni) nachgewiesen, dass das Fieber durch ein besonderes
Gift (Pyrotoxina bacterica) verursacht wird, welches bei allen Arten
von Bacterien immer dasselbe ist, wobei er den Schluss zog, ebenso
allgemein müsse das neutralisirende, specifische Agens sein. Anderer¬
seits hatte der andere von uns (Brusehettini), als er sich mit
der Influenza beschäftigte, beobachtet, dass die Thiere, welche
vaccinirt wurden, sehr bald aufhörten, gegen starke Dosen von Vaccin
zu reagiren, und dass das von ihnen gelieferte, immunisirende Serum
nicht nur die Infection aufhielt, sondern auch imstande war, constant
eine schnelle bedeutende Temperaturerniedrigung herbeizuführen.
Da wir schon aus früheren Experimenten wussten, dass das
Fiebergift des Influenzabacillus dem der anderen Bacterien gleich
ist, so waren wir geneigt zu schliessen, das gegen diese. Krankheit
immunisirende Serum müsse in Bezug auf die antipyretische
Wirkung dieselbe Kraft gegen das von jedem anderen Bacterium
hervorgebrachte Fieber besitzen. Durch die folgenden Experimente
haben wir die Richtigkeit dieses Schlusses geprüft.
Sie sind in drei Abtheüungen gebracht, je nachdem die
Wirkungen unseres immunisirenden Serums an Fiebern studirt
wurden, welche hervorgebracht waren 1) durch das von den Bacterien
abgetrennte Pyrotoxin oder durch die betreffenden sterilisirten
Culturen; 2) durch Injeetion lebender Culturen von Bacterien von
örtlicher Wirkung; 3) durch Injeetion von Bacterien, welche bei
Kaninchen Septikämie erzeugen.
Das von uns angewendete immunisirende Serum kam von
einem gegen Influenza im Verhältniss von 1 : 400000 vaccinirten
Schafe.
1. Wirkung auf das durch Injeetion von Pyrotoxin
erzeugte Fieber.
Das Gift, dessen wir uns bedient haben, stammt von dem
Bacterium coli commune, dem Spirillum der Cholera, dem Bacterium
aörogenes meningitidis, dem Vibrio von Metschnikoff und dem
Tuberkelbacillus. Die Experimente wurden zu dem doppelten Zweck
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22. März.
DE UTSCHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Injection von
Injcction von
ausgeführt, eine schützende und eine heilende Wirkung des imimini-
sirenden Serums nachzuweisen.
Wir führen hier als Beispiel ein Experiment an, welches mit
dem von Bacterium coli commune stammenden Pyrotoxin aus¬
geführt wurde.
Kaninchen 1 (zum Schutz).
27. Juli 1893, 9 l /a Uhr vormittags Temperatur 39,8°,
5 ccm Serum
11 Uhr vormittags Temperatur 39,4°,
Pyrotoxin
l'/a Uhi* nachmittags Temperatur 40,0°
2 „ 39,8 0
L » * - 39,8»
3 7a ., „ „ 39,6°
U/a „ „ „ 39,6°
5 » » » 39,7°
r >A ., „ 39,2°
28. Juli 1893, 9 i ,2 „ vormittags .. 39.8°
11 Vs , I 39,6°
5 „ nachmittags „ 39.8 0
Bleibt neberlos.
Kaninchen 2 (zur Heilung).
27. Juli 1893, 11 Uhr vormittags Temperatur 39.2°.
Pyrotoxin
U/s Uhr nachmittags Temperatur 40.9 o,
5 ccm Serum
Uhr nachmittags Temperatur 39,0 o
„ „ 39,3 o
271
31. Juli 1893.
3. August 1893.
Kaninchen 5 (Cholera, Schutziujection).
n 4 Uhr nachmittags, Injcction von 5 ccm Serum.
2 vormittags,Temperatur 39.G<\ Injcction \
10
4. August 1893.
11
2
5
6
9 l /s
27*
™n 5 ccm Cultur in Fleischbrühe.
Augnst 1893.
6. August 1893.
Injection von
Injcction von
28. Juli 1893,
2
3
3 l /o
4 l /a
5
5'/s
97*
117.
5
vormittags
39,0o
39,lo
89,2o
39,0 0
39,5 o
39,5«
39,3 o
28. Juli 1893.
2
3
37*
47*
5
5V*
97*
117*
5
nachmittags
Bleibt fieberlos.
07 t r io™ Kaninchen 3 (Controllthier).
Juü 189d - 11 Uhr vormittags Temperatur 39,7°, Injection von
Pyrotoxin
17* Uhr nachmittags Temperatur 40.9°
" » „ 40.9°
„ . 40,7°
40,8 0
* „ 40.9 o
„ 40.5 o
: „ 40.8 o
vormittags „ 41.00
* „ 41.1 o
41.2o
n . D - J Rückkehr zur Apyrexie (am 31. Juli).
I le Re su Jlate haben in allen Fällen ohne Ausnahme bewiesen,
Turm, W ? nn ^ erum a ^ s Schutzmittel angewendet wurde, die
bliph* .n^^h^hting und die darauf folgende Intoxication ganz aus-
“ d da « Thier im Vergleich mit den Controllthieren ein ge-
w i * üssehen behielt, als wenn keine toxische Substanz injicirt
vcrmnr.iJ Vt j 6 *' J^ enn . d * e Eieberintoxication schon begonnen batte,
sic fa i € dle von immunlsirendem Serum fast immer
iren a fLn gen 5 Ilck i ich zum Stillstand zu bringen, und das Thier
henas bald und auf die Bauer vollkommen.
nicht a y f das durch Einspritzung lebender,
V e P tlkämisc hei- Bacterien erzeugte Fieber,
haben ?;. e ,- en(len C. ultureü von Bacterien mit örtlicher Wirkung
< ilhi« nrn 10 Von ^*krio aY i c i da , von dem Choleraspirillus, dem Ba-
Dio und dem Bacillus aörogenes meningitidis versucht,
vorigen i der Experimente dieser Reihe waren, wie die
Experimcntf nahmS ^los günstig, und wir führen als Beispiele zwei
und des rhA? 11 ’ i We ^? e mit tödtlichen Bosen des Bacillus pyocyaneus
des Cholerabacillus von Massaua ausgeführt wurden.
« August 18qq ni ?n h r?u n 4 ( Ba f ÜIus Pyogenes Heilinjection).
g 1893> 10 r ,Ub r vormittags, Temperatur 89,7o Inject, von 4 ccm
11 TTU des Bacillus pyocyaneus in Fleischbrühe,
ii Uhr vormittags, Temperatur 40,8o, Inject, von 3 ccm
herum m die Bauchhöhle.
II k Uhr vormittags Temperatur 39,3°
nachmittags
• August 1893.
August 1893.
G - August, 1893.
37*
5
6
9 7*
272
5
9
11
3
fi
r*
ti
Bleibt gesund.
vormittags
nachmittags
vormittags
nachmittags
vormittags
nachmittags
39,5°
39,5°
39.40
39,7°
39,0o
39.6"
39.40
39,0°
39,2°
39,3°
39.6°
39,2o
39,3°
39,6o
Uhr vormittags Temperatur 39,4o
nachmittags „ 39,2 o
n „ 39,5 u
* „ 39,3°
« „ 39,5o
vormittags „ 39,1°
nachmittags „ 39.1°
39.6°
39,2«
39,4o
39.00
39,3°
39,4°
39.2°
vormittags
nachmittags
vormittags
nachmittags
9
3
6
974
4
6
Bleibt gesund.
Wir müssen bemerken, dass der wohlthätige Einfluss des
♦Serums bei allen diesen Bacterien nicht blos gegen die Temperatur¬
erhöhung und die unmittelbaren krankmachenden Wirkungen des
Pyrotoxins, sondern auch gegen alle entfernteren, örtlichen oder
allgemeinen Einflüsse desselben ausgeübt wird; denn in der Folge
haben sich die Thiere immer bei vollkommener Gesundheit er¬
halten.
Zu der hier untersuchten Kategorie von Bacterien gehört auch
der Bacillus diphtheritidis, welcher nach unseren Experimenten
ausser seinem specifischen Gifte auch das allgemeine Bacteriengift
enthält, welches Fieber erzeugt. Wir inficirten zwei Meerschwein¬
chen mit 7,o Tropfen einer Cultur dieses Bacillus auf Blut und
machten dem einen derselben zugleich mit der Infection eine Ein¬
spritzung von 5 ccm unseres iramunisirenden Serums. Bie Krank¬
heit verlief folgendermaassen:
Meerschweinchen No. 1.
! 1. August 1893. 9 Vs Uhr vormittags, Temperatur 38,8«, Injection von
| Vio Tropfen von Diphtheritiseultur, zugleich mit 5 ccm
Serum.
I 2. August 1893. 3 3 /* Uhr nachmittags, Temperatur 39,0». Lebhaft, macht
j kräftige Bewegungen, auf den Rücken gelegt richtet es
1 sich sogleich auf.
2 Uhr nachmittags. Temperatur 38,8°. Etwas weniger
lebhaft.
9 Uhr vormittags, Temperatur 38,0. Haar struppig.
Die Lähmung beginnt.
4. August 1893. 2 Uhr nachmittags, Tod.
Meerschweinchen No. 2. (Controllthier.)
1. August 1893. 9 79 Uhr vormittags, Temperatur 38,5. Infection mit
Vio Tropfen der Diphtheritiseultur.
2. August 1893. 3 7g Uhr nachmittags, Temperatur 37,8. Struppiges
Haar, frist nicht, auf den Rücken gelegt, hat es Mühe,
sieh aufzurichten.
3. August 1893. 3 Uhr nachmittags, Tod.
Man sieht hieraus, dass bei dem behandelten Thiere die In¬
fection einen langsameren Verlauf mit abgeschwächten Symptomen
genommen hat. Dieser Versuch beweist, dass die antitoxische
Wirkung unseres Serums nicht allgemein ist, berechtigt uns aber
nicht zu speciellen Schlüssen, auch wissen wir nicht, ob die Wir¬
kung des Serums einfach auf das Pyrotoxin, und nicht auf das
specifische Gift erfolgt ist.
3. Wirkung gegen Fieber, hervorgebracht durch
Injection von septikämischen Bacterien.
Wir haben mit dem Pneumoeoccus und dem Milzbrandbacillus
experimentirt. Bie Versuche mit dem in Blut cultivirten Pneurno-
coccus sind folgende:
Kaninchen 6. (Gleichzeitig, schwache Dosis.)
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
2. August 1893.
2. August 1893.
2. August 1893.
August 1890.
August 1893.
9 79 Uhr vormittags. Injection mit ccm Pueumo-
coccus, zugleich mit 5 ccm. Serum unter die Haut.
11 LThr vormittags Temperatur 39,6°.
nachmittags
Pneumo-
2 1
4 7a
«
8 7a *
9 7a „ * „
H7a *
coccus im Kreislauf.
| 2. August 1893. 2 ’/a Uhr nachmittags
I 2. August 1893. 5 7a „ „
; 3. August 1893. 8 79 „ vormittags
j 3. August 1893. 11 7a n „ Tod.
I Kaninchen 7. (Gleichzeitig, starke Dosis.)
I 6. August 1893. 9 7a Uhr vormittags. Temperatur 40,o. Injection von
| V* ccm Pneumoeoccus, gleichzeitig 10 ccm Serum in
die Bauchhöhle.
| 6. August 1893. 4 Uhr nachmittags Temperatur 39,6°.
! 6. August 1893. 6 39,9°.
, 7. August 1898. 10 r vormittags .. 39.8°.
| 7. August 1893. 7 v nachmittags „ 39,20.
39,5«.
39,70.
40,3«.
39,7 0 .
39.30.
39.30.
39,4o.
39.6°.
39,00.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
272
No. 12
Temperatur 39,3°.
„ 39,2o.
„ 39.50.
„ 39,4°. Bleibt
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August .1893.
2. August 1893.
2. August 1893.
2. August 1893.
2. August 1893.
8 . August 1893. 9 „ vormittags
8 . August 1893. 11 ., „
8 . August 1893. 3 ., nachmittags
8 . August 1893. 6 „ „
gesund.
Kaninchen 8 . (Heilwirkung).
9 l /a Uhr vormittags Temperatur 39,2°. Injediou von
l ls ccm Cultur von Pneumococcus.
11 Uhr vormittags Temperatur 39,0°.
2 7a „ nachmittags „ 40,8".
4 l /2 „ „ . „ 40,8°. Injediou von
10 ccm Serum unter die Haut; Pneumococcus im Blut.
8 Uhr nachmittags Temperatur 39 , 8 '\
8 V 2 « vormittags *, 39, 6 °.
9 7, , „ „ 39,20.
11 3 /4 ^ „ , 39,40.
2 „ nachmittags Tod.
Kaninchen 9. (Controllthier.)
9 V *2 Uhr vormittags Temperatur 39,2°. Injection
unter die Haut von l k ccm Cultur von Pneumococcus.
11 Uhr vormittags Temperatur 39,1°.
2 72 „ nachmittags „ 41,2».
4 7 2 „ „ „ 41,lo.
8 „ 41.90.
Am Morgen todt gefunden.
Diese Experimente beweisen uns auf’s deutlichste, dass unser
immunisirendes Serum imstande ist, eine kräftige, dauernde Wir¬
kung auf die Fieberintoxication auszuüben, so dass bei Thieren, bei
denen man im Blute zahlreiche Bacterien auffand, die Temperatur
und das allgemeine Aussehen normal blieben, und dass auch, wenn
auf die Infection der Tod folgte, dieser unerwartet eintrat, ohne
dass irgend welche Erscheinungen ihn hätten voraussehen lassen.
Mit dem Milzbrände haben wir am zweiten Kaninchen der
ersten Reihe experimentirt, welches vier Tage vorher von der In-
toxication durch das Gift des Bacterium coli geheilt worden war, und
haben ihm die infectiöse Cultur eingespritzt, ohne die Injection des
Serums zu wiederholen. Hier folgt die Tabelle über den Verlauf
der Krankheit.
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
1. August 1893.
2. August 1893.
Kaninchen 10. (Heilwirkung.)
27. Juli 1893. 11 Uhr vormittags Temperatur 39.8°. Injection von
Pyrotoxin des Bacillus coli.
27. Juli 1893. 1 7, Uhr nachmittags Temperatur 40,9o. Injection von
5 ccm Serum.
31. Juli 1893. 10 74 Uhr vormittags Temperatur 38,8°. Injection von
1 ccm Milzbrandcultur in Fleischbrühe.
31. Juli 1893. 11 7i Uhr vormittags Temperatur 39,0°.
t..i: 4 0oo 4 a i _i onnn
31. Juli 1893.
174 „
nachmittags
39,0°.
31. Juli 1893.
374 *
38,9o.
31. Juli 1893.
5 7 2 „
39,0°.
1. August 1893. 8 7a Uhr vormittags Temperatur 38,4°. Ist lebhaft
und frisst.
1. August 1893. 10 7* Uhr vormittags Temperatur 38,5°.
1. August 1893. 2 7a „ nachmittags „ 39,Oo.
2. August 1893. 8 72 „ vormittags „ 39,5°.
2. August 1893. 11 Va „ ,, . Stirbt unversehens in einem
Erstickungsanfaile. Bacterien im Blute.
Kaninchen 11. (Controllthier.)
31. Juli 1893. 2 7a Uhr nachmittags Temperatur 38,8°. Injection von
1 ccm. Milzbrandcultur in Fleischbrühe.
31. Juli 1893. 3 Uhr nachmittags Temperatur 38,Oo.
31. Juli 1893. 4 74 „ „ „ 28,9o.
31. Juli 1893. 5 7a „ „ „ 40,0«.
31. Juli 1893. 6 3 /4 „ „ 40,2'\
1. August 1893. 8 7*2 Uhr vormittags Temperatur 39,9®. Niederge¬
schlagen, Durchfall. ,
1. August 1893. 2 7a Uhr nachmittags Temperatur 40,2°.
2 . August 1893. 8 7a „ vormittags „ 40,7°.
2. August 1893. 11 74 „ ,, „ ' 40,lo.
2. August 1893. 3 „ nachmittags Tod.
In diesem Falle bemerkt man, wie beim Pneumococcus, dass
bei dem behandelten Thierc die Krankheit apyretisch verläuft, ohne
irgend ein deutliches Zeichen von Intoxication, während sich im
Blute zahlreiche Bacillen nachweisen lassen.
Ob unser Serum in passender Dosis ausser seiner antitoxischen
Wirkung auf das Fiebergift auch eine antibaeterische gegen die
Ausbreitung der Infection selbst ausüben könne, wie die Ver¬
suche mit dem Pneumococcus anzudeuten scheinen, das ist eine
wichtige Frage, deren Ergründung wir uns für spätere Unter¬
suchungen Vorbehalten.
4. Apyretische Wirkung auf längere Zeit.
In Bezug auf die Art seiner Zubereitung und seiner Ab¬
stammung tritt unser Mittel aus der Reihe der gewöhnlichen
Antipyretica heraus und gehört zu der Klasse der immunisirenden
Producte. Es war daher interessant, zu untersuchen, ob es gelänge,
mit unserem Serum im Körper einen solchen Zustand der Immunität
hervorzurufen, dass er längere oder kürzere Zeit für das Fiebergift
unempfänglich würde, wie es mit anderen ähnlichen Substanzen
der Fall ist. Zu diesem Zwecke, können wir folgende Experimente
anführen: . ,_ M .
1. Ein Thier, bei welchem die Intoxication mit Vibrio avieida
durch unser Serum unterbrochen worden war, wurde vier Tage
später mit 5 ccm lebender Choleracultur von Massaua inficirt.
Sowohl der Temperatur, als allen übrigen Symptomen nach blieb
das Thier immer vollkommen 'gesund, während das Controllthier
nach 53 Stunden unter sehr auffallenden pyrotoxischen Erschei¬
nungen starb.
2. Wir müssen hier ein früher erwähntes Experiment (Kaninchen
10) anführen, wo es sich um den Milzbrandbacillus handelte. Das
Thier, welches, wie die Tabelle angiebt, im Gegensatz zu dem
Gontrollthiere niemals Fieber gehabt hat, hatte vier Tage vorher
eine Einspritzung von unserem Serum erhalten, um die durch
Bacterium coli hervorgebrachte Fieberintoxication anzuhalten.
3. Das Thier der zweiten Versuchsreihe (Kaninchen 4),
welches von der tödtlichen Intoxication durch lebenden Bacillus
pyocyaneus geheilt worden war, wurde sieben Tage später mit
einer doppelten Dosis derselben Cultur injicirt. Die Einspritzung
blieb ohne Wirkung.
Diese Experimente zeigen schon die Möglichkeit, durch nur
wenige immunisirende Injectionen das Fieber auf die Dauer hintan¬
zuhalten, selbst wenn der Infectionsheerd fortbesteht und fort¬
während Pyrotoxin in den Kreislauf gelangt.
5. Schluss.
Die Folgerungen, welche wir aus den bis jetzt ausgeführten
Untersuchungen ziehen können, haben eine doppelte Bedeutung,
eine praktische und eine wissenschaftliche.
1. Das Serum eines Thieres, welches gegen das von einer
bestimmten Bacillenart (Influenzabacillus) hervorgebrachte Fieber
vaccinirt worden ist, übt seinen antitoxischen Einfluss auch gegen
die Infectionsfieber der verschiedenartigsten Bacterien und ihres
Pyrotoxins aus.
2. Diese Wirkung ist constant, kräftig und dauerhaft und
erstreckt sich auf die Temperaturerhöhung, sowie auch auf alle
secundären toxischen Erscheinungen, sowohl als Schutzmittel wie
als Heilmittel. Im ersten Falle hindert es die Entwickelung, im
zweiten bringt es den Verlauf zu entschiedenem Stillstände.
3. Die Wirkung dieses Serums erstreckt sich auch auf die
Zukunft, indem es für eine gewisse Zeit nach seiner Injection die
Thiere gegen spätere Einspritzungen von Bacterien und ihr pyrogenes
Product unempfänglich macht.
4. Unsere Studien haben endlich noch eine andere, wissen¬
schaftliche Bedeutung, insofern als durch das, was wir über den
Mechanismus der Wirkung der antitoxischen Producte und über
ihre Specificität wissen, die von dem Einen von uns ausgesprochene
Idee a juvantibus immer mehr gestärkt wird, dass das Fiebergift
der verschiedenen Bacterienarten ein einziges, allen gemeinschaft¬
liches ist, wie auch die Substanz eine einzige, allen gemeinschaft¬
liche ist, welche den Complex der Krankheitssymptome neutralisirt.
Diese Resultate, wenn auch schon an sich sehr wichtig, bilden
erst den Anfang von Studien, welche wir weiter zu vertiefen be¬
absichtigen, indem wir zu diesem besonderen Zweck unter den
verschiedenen Bacterien das wirksamste Vaccin auswählen und
den Thieren den höchsten Grad von Immunität verleihen.
Unterdessen berechtigen uns die übereinstimmenden Resultate,
welche wir erhalten haben, sowie die erprobte Unschädlichkeit der
immunisirenden Producte, unser Serum am fieberkranken Menschen
zu versuchen.
IV. Aus der chirurgischen Abtheilung des Elisabeth¬
krankenhauses in Berlin.
Beiträge zur Kochsalzinfusion bei
Vergiftungen.
Von Max Gordon.
Die Geschichte der Kochsalzinfusion beginnt erst mit der
zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts. Und zwar waren es eng¬
lische Aerzte, welche dieses Verfahren — rein empirisch — in der
Praxis auszuüben begannen. Die einzige Indieation der Operation
war damals der Choleracollaps. Experimentelle Studien über die
physiologische Wirkung einer infundirten Kochsalzlösung auf den
thierisohen Organismus begannen erst 1869 durch Cohnheira. Es
folgten die Versuche von Kronecker und Sander, von Jolyet
und Laffond, von Schwarz, Pellacani* von .Ott, Sanquirico
und von Länderer.
Die Untersuchungen der genannten Forscher führten zu fol¬
genden Ergebnissen: 1) Die Infusion einer physiologischen Koch¬
salzlösung ist vollständig gefahrlos. 2) Die Infusion einer physio¬
logischen Kochsalzlösung hilft nach Sterken Blutverlusten den zur
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22. März.
Circulation notwendigen Blutdruck wiederherstellen und ermös
acht so die baldige und andauernde Versorgung der Centralorgane
mit zwar stark verdünntem, aber doch zur Unterhaltung der wich¬
tigsten Functionen hinlänglich geeignetem Blute. 3) Die Infusion
einer physiologischen Kochsalzlösung ruft eine Vermehrung der
Nierensecretion hervor und führt dadurch eine rasche Elimination
■" den Körper eingeführter Gifte herbei (Sanquirico’s Aus-
DEOTSCHE MEDICINISCBE WOCHENSCHRIFT
Waschung des Organismus“). Thiere," denen eüi depletorFs'cher
Aderlass und nachher eine Zuckerkochsalzinfusion gemacht wird
vertragen ganz unverhältnissmässig viel grössere Giftmengen als
nicht behandelte Controllthiere. • °
Infolge dieser Ergebnisse wurde die Ausführung der Koch-
salzinfusion zunächst bei plötzlichen starken Blutverlusten empfohlen
Bischof! in Basel führte 1881 zuerst diese Operation — intra-
arteriell — bei einem Falle acuter Anämie aus; der Erfolg war
ein günstiger. Seither ist eine grössere Anzahl acuter Anämieen
not Kochsalzinfusion behandelt worden. Der überaus günstige
Erfolg hat die Anhänger der Bluttransfusion widerlegt, die da be¬
haupteten, dass die Kochsalzinfusion den Tod zwar verzögern, nie-
mal^aber in Wirklichkeit eine „lebensrettende“ Operation sein
Ausser bei Verblutungen wurde die Bluttransfusion auch bei
gewissen Vergiftungen angewandt. Da die Kochsalzinfusion ihre
Stelle im ersteren Falte wirksam einnahm, ging man auch an die
Erprobung der neuen Operation im zweiten Falle. Kocher in
remiffo aCh r w in j icirt « 500 g — bei einer Jodoform-
Vergiftung die Kochsalzmfusion, erzielte durch sie sofortige Besse¬
rung des Pulses sowie des Collapses überhaupt und brachte den
Fall zur Heilung, während er einen zweiten gleichartigen Pa¬
tienten trotz Bluttransfusion — 200 g — verlor Bei Leuchtgas-
vergiftung füllte Wnkie zweimal, Jersey einmal die Kochsalz-
mfusion mit Erfolg aus. Schreiber bediente sich 1883 zuerst
salzinfusion Fal e T ° n Kohlenox y dver ^ iftun g mit Erfolg der Koch-
whtr^Ä 0f hi S0r R i niie .? lachte ™ Jahre 1890 bei zwei Fällen
JhwnS Kohlenoxydvergiftimg, im Jahre 1892 bei einem Falle
Le ^ ht ^ a svergiftung die depletorische intravenöse Koch-
StbZ'erhaZ ^ dUrCh dicses Verfahren
mir ich ! lie Krankengeschichten dieser drei Fälle gebe, sei
boi (lt klm SUCh u" de . m . ^Nachweis gestattet, mit welchem Rechte
6aIzinfiK^?„ h w t °K Jd " undbei der Leuchtgasvergiftung von der Koeh-
salzinfusion Hülfe erwartet werden darf.
Diese w!? wl . r H b daa Kohlenoxyd toxisch auf den Organismus?
Weise ^antwortet- 011 ^ Autoren T erschiedenartig, in dreifacher
sJsm ff aS J1 l6n0 c Xyd Terd r to g®. ins Blut auigenommen, den
Ä “ffeTiw m - SaU , e r rS i 0ffllälnoglobi n des Blut «s und gehe mit
welrhin ^ toff .T 0 Verbindung ein, die diesen unfähig mache,
stoffmM“el S T rSt °n- a “r‘J. nebmen - Daraus resultire ein Sauer-
. tonmangel, der schliesslich zur Erstickung führe
verarm,,™ K(, . hlen “J' d rufe - unabhängig von der Sauerstoff-
.le ri^ d r\? lne s Peeifische Einwirkung auf das Centrum
lieirir^irl lsch en Nervensystems eine Atonie der Gefässmuskeln
sistirt werde^ W ® Ch ® der Blutkreislauf gestört und schliesslich
Orgaim wirke n8oh Art eines Narcoticum auf die
der lehen^;X- tra en Nervensystems und führe durch Lähmung
"ervösen Centren den Tod herbei.
iregen teTr drM rft d * r Kobl enoxydvergiftung muss sich
sticliunv ale t„i ^fahren Wenden. Sie muss, falls die Er¬
streben^ rrjit, J° < i S ! lrs ? cbe feststeht, eine normale Athmung an-
eine gehörtee ^° w * ?. er Gefässmuskeln als bedrohlich, so ist
in der I ah™?, Blutclr e ula tion wierderherzustellen; liegt die Gefahr
^•ftX" h6g “ DerT8sen Centren s ° iateiner
»ärene 16 Dann’0^1" ^ gar a,Ie drei Thoorieen richtig
zwei oder alle dle + ? efahr Ton zwei oder drei Seiten, und
Die AnhL d i ndl J? tlonen wären zugleich zu erfüllen.
^eorie- 13 der Bluttransfusion stützen sich auf die erste
könne keinen Sauerqfnff 8 ^ 6 ^^ daS im ' Körper vorh »ndene Blut
Körper einverleihw 1 ? bmde , n ’ es müsse also neues Blut dem
Nun kommen afl v«n 6n ’ wel ^ hes wieder Sauerstoff zuführe,
öer Mängel an Sau w V °£ ^ oKlen . ox y dve rgiftung vor, in denen
eation ist n ÖT1T , A offenbar nicht die Ursache der Intoxi-
Ängen snectrofiirn 8 - B nicbt bei allen Kohlen oxydver¬
bin, selbst 2 P U J 1 ? die Reaction des Kohlenoxydhämoglo-
nnngen darbieten d i? Patienten schwere Erschei-
üonsfähiger Pi n A* s<dcheu Fällen ist eine Zuführung respira^
üche Situation offenbar . unnöthig, und die gefähr-
klären. urch eine der beiden anderen Theorieen zu er-
273
Mag man nun der einen oder der anderen Theorie anhängen
auch sie sJlTnmfHr.lt oln __
etVrL V j^denteUs °wtd tl'tefk?'
auf einmal bekämpft, jeder Partei willkommen sein müssen, “ünd
solch ein wirksames Mittel, das gleichzeitig diA TtVc+inL-i,«"
Centren fctelUt“ wiedei ' berstellt - <«« bedrohten nefvöZn
phÄÄttXörng" dCT dePlet0riSChea Infusi0 “ einer
Ad. 1 Durch den Aderlass, den wir bei einem mit Kohlen-
oxyd vergifteten Menschen vornehmen, befreien wir den Organis
mus von einem Theil der Materia peccans. Durch die tollende
J^? 11 wird de . r Re , sfc des GRtes verdünnt und eine Vermehrung
der Nierensecretion hervorgerufen, welche eine rasche Elimination
einer weiteren Portion Gift im Gefolge hat. Die Infusion bringt
ferner durch Wiederherstellung eines geordneten Kreislaufs alles
™ K 8 '' p er befindliche Blut zur Circulation. Wir dürfen wohi äm
dem GnuXhf 1 m I " toxlcatlon m!t Kohlenoxyd - entsprechend
de “ tz sehen Klopfversuch — em grösserer Theil noch nicht
mit Kohlenoxyd überladenen Blutes sich in einer dilatirten Gefäss-
partie ange.iauft, der Circulation entzogen, befindet. Das durch
Rlntm™™\ 8eW l rk ^ erne ü te Kreise >i dieser respirationstüchtigen
der Skungfu S Zde yerbeSSerte AthmU ® g “ d die Verhinderung
\ B |e Versuche von Schwarz haben unwiderleglich den
w«nü- S g pi l °^ rt ’ i daSS - j Ur 2 h d e Infusion der zur Circulation noth-
wenige Blutdruck wiederhergestellt und dadurch die Störung des
Blutkreislaufs aufgehoben wird.
Ad. 3. Dass schliesslich durch die Kochsalzinfusion eine
En-egung der lebenswichtigen nervösen Centren stattfindet haben
schon die günstigen Erfahrungen beim Choleracollaps gezeigt. Bei
den Versuchen an Hunden und Kaninchen, welche nach raschem
Verluste von y 3 bis 2 / 3 ihrer gesammten Blutmenge dem Tode
nahe waren, erschien diese Wirkung als eine geradezu über¬
raschende. 6
Was von der Kohlenoxyd Vergiftung und ihrer Behandlung
durch die depletorische Kochsalzinfusion gesagt worden ist, kommt
bei der Leuchtgasvergiftung wahrscheinlich in analoger Weise zur
Geltung.
Ein nicht gering anzuschlagender Vortheil der Kochsalzinfusion
gegenüber der Bluttransfusion — der Werth letzterer Operation
soll uns hier nicht weiter beschäftigen — ist der Umstand, dass
sie jederzeit mit Leichtigkeit, ohne besondere complicirto Apparate
auch ohne sachverständige Assistenz und ohne Aufschub vorge¬
nommen werden kann, dass sie nicht dazu bestimmt ist, nur „ein
brillantes Schaustück auf Kliniken“ abzugeben, sondern, dass”sie
von jedem praktischen Arzt überall ausgeführt werden kann.
Fall 1. Leo M., Hausdiener, 22 Jahre alt, wird am 19. December 1890
Vormittags 11 Uhr besinnungslos in das Berliner Elisabeth-Krankenhaus
gebracht. In diesem Zustande war er Morgens in seinem Bett aufae-
funden worden. In gleicher Situation befanden sich seine beiden Stuben¬
fliegen. Der herbeigerufene Arzt fand die Klappe des Ofens im Zimmer
der Patienten, welcher am vorhergehenden Tage geheizt worden war, ge¬
schlossen und konnte daher sogleich die Diagnose Kohlenoxydvergiftung
stellen. Er wandte die gebräuchlichen Mittel, auch die künstliche Ath-
mung, bei dem Patienten an, sah sich aber durch die Erfolglosigkeit
seiner Bemühungen gezwungen, die Ueberführung nach dem Krankenhaus
anzuordnen. Bei seiner Aufnahme ist Patient vollständig besinnungslos.
Die Athmung ist unregelmässig, stertorös; Patient athmet zeitweise lang¬
sam, zeitweise beschleunigt. Der Puls ist unregelmässig, schwach, di-
crot, 72 Schläge in der Minute! Die Temperatur beträgt 37.2 o C. Alle
Reflexe sind vollkommen erloschen. Die Masseteren sind krampfhaft zu-
sammenpzogen; Patient knirscht mit den Zähnen. Bei diesen bedroh¬
lichen Erscheinungen beschloss Herr Prof. Rinne die sofortige Vornahme
einer depletorischen intravenösen Kochsalzinfusion. Die Vena media sinistra
wird in der Ellenbeuge freipräparirt. Es werden 300 ccm Blut aus ihr
entleert. Dasselbe zeigt dunkle Farbe. Hierauf worden 400 ccm einer
0,6o/ o igen Kochsalzlösung von_37o Temperatur vermittels einer Spritze
ganz langsam in das Gefäss injicirt. Die ganze Operation geschah natür¬
lich unter strengster Beobachtung aller antisept-ischon Cautelen. Sogleich
nimh der Injection hebt sich der Puls, er wird voller und regelmässiger.
Die Athmung bleibt zunächst unverändert; später wird sie etwas freier,
auch lässt das Röcheln nach. Nach beendigter Operation wird Patient in
ein warmes. Bett gebracht. Die Beine werden mit warmen wollenen
Tüchern gerieben. In das Bett werden ihm einige Wärmflaschen mitge-
geben. Die Fenster des Krankenzimmers bleiben den grössten Theil des
Tages offen. Abends 9 Uhr erhält Patient ein warmes Bad (27°) und
darin eine kalte Uebergiessung. Dabei lässt er die erste Reaction er¬
kennen, er öffnet die Augen und stöhnt.
20. December. Patient ist noch immer besinnungslos. Nachmittags
1 Uhr erhält er ein Bad wie gestern. Auch nach diesem kehrt die Be¬
sinnung nicht zurück. Die Temperatur beträgt Nachmittags 1 Uhr 39,6 o C,
2 Uhr 38,5, 3 Uhr 38,8, 4 Uhr 38,3, 5 Uhr 38,2, 6 Uhr 37,8, 7 Uhr 36.8,
8 Ukr 37,0, 9 Uhr 36,7. Der Puls schwankt zwischen 100 und 130. Im
Urin ist weder Eiweiss noch Zucker, noch BItit nachzuweisen. Nach¬
mittags werden Hautreflexe wieder ausgelöst.
21. December. Patient ist heute etwas bei Besinnung. Er öffnet die
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
274
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
Augen, nennt seinen Namen, antwortet auf Fragen. Den grössten Theil
des Tages liegt er jedoch mit geschlossenen Augen da. Die Temperatur
beträgt Vormittags 6 Uhr 37,1° C, 8 Uhr 37,7, 10 Uhr 37,6, 12 Uhr
37,2. Nachmittags 2 Uhr 37,2, 4 Uhr 37,3, 6 Uhr 37,5, 8 Uhr 37,3,
10 UhF 37,6. Der Puls schwankt zwischen 96 und 100.
22. December. Die Temperatur schwankt heuto zwischen 36,5 und
38,2°. Der Puls zählt 100.
23, December. Patient ist heute den ganzen Tag bei voller Besin¬
nung. Das Allgemeinbefinden hat sich bedeutend gebessert. Patient ge-
niesst ihm dargereichte Speisen, Eiermilch, Wein. Bier. Die Temperatur
ist wieder normal. ‘ >
Am 25. December kann Patient schon für einige Stunden das Bett
verlassen. Am 26. ist er bereits den grössten Theil des Tages ausser
Bett. Die Operationswunde in der linken Ellenbeuge ist am 27. December
reactionslos und erhält einen Jodoformgazeverband. Am 29. ist das All¬
gemeinbefinden vollkommen gut. Am 15. Januar 1891 wird Patient aus
dem Krankenhaus entlassen.
Fall 2. Gustav B.. Hausdiener, 22 Jahre alt, gelangt am 19. De¬
cember 1890, Vormittags 11 Uhr, besinnunglos in das Berliner Elisabeth-
Krankenhaus zur Aufnahme. Er war wie sein Stubencollege Fall 1 in
diesem Zustande Morgens in seinem Bett aufgefunden worden. Der her¬
beigerufene Arzt stellte also auch hier sogleich die Diagnose Kohlenoxyd¬
vergiftung. Auch bei B. erwiesen sich die gebräuchlichen Mittel, selbst
die künstliche Athmung, als machtlos, und der behandelnde Arzt sah sich
deshalb veranlasst, diesen Patienten gleichfalls nach dem Krankenhaus
überzuführen. Patient liegt bei seiner Aufnahme besinnungslos da. Die
Augen sind geschlossen, die Athmung ist unregelmässig, etwas röchelnd,
der Puls ist unregelmässig, schwach, dicrot, zählt 120 Schläge in der
Minute, die Temperatur beträgt 37,2° C. Das Aussehen ist Hvid; die
Muskulatur des ganzen Körpers, besonders die der Extremitäten, ist von
convulsiven Zuckungen befallen: an den einzelnen Muskeln zeigen sich
fibrilläre Zuckungen. Patient reagirt nicht auf Anrufen. Der Coraeal-
reflex ist kaum wahrnehmbar. Herr Prof. Rinne machte wegen dieses
bedrohlichen Zustandes sofort eine depletorische intravenöse Kochsalz¬
infusion. In der linken Ellenbeuge wird die Vena media freipräparirt, aus
ihr werden 300 ccm Blut entleert. Dasselbe ist von kirschrother Farbe, und
verändert an der Luft nicht sein Aussehen. Mittels einer Spritze werden
dann 300 ccm einer 0,6%igen Kochsalzlösung von 37° Temperatur ganz
langsam in die Vene injicirt. Die ganze Operation geschah natürlich
auch bei diesem Falle unter strengster Beobachtung aller antiseptischen
Cautelen. Nach der Infusion wird der Puls voller und regelmässiger,
doch nur auf kurze Zeit; bald ist er wieder wie vordem. Die künstliche
Athmung wird von neuem vorgenommen. Das Röcheln lässt mehr und
mehr nach. Sobald die Operation beendet ist, wird Patient w r ie sein
Leidensgenosse in ein gewärmtes Bett gelegt. Auch seine Beine werden
mit warmen wollenen Tüchern gerieben. In das Bett werden ihm gleich¬
falls verschiedene Wärmflaschen mitgegebon. Er kommt in dasselbe
Krankenzimmer wie Fall 1, liegt also auch grösstentheils bei offenen
Fenstern. Abends 9 Uhr wird Patient warm (27°) gebadet. Im Bade er¬
hält er eine kalte Uebergiessung. Dabei bemerkt man die erste Reac-
tion seinerseits; er öffnet die Augen, stöhnt und schüttelt sich.
20. December. Patient ist noch völlig benommen. Die Temperatur
beträgt Morgens 39,7°, Mittags 39,6°. Nachmittags 1 Uhr erhält Patient
ein Bad. Nach diesem sinkt die Temperatur auf 38,5°. Der Puls
schwankt zwischen 104 und 140. Patient liegt den ganzen Tag mit ge¬
schlossenen Augen, völlig besinnungslos da. Nur im Bade hat er einmal
die Augen aufgeschlagen. Auf Anrufen erfolgt keine Reaction. Die
Athmung ist besser geworden, das Röcheln hat sich gelegt. Die Brust
erhält einen Priessnitz’schen Umschlag. Das Krankhoitsbild hat durch
unvorsichtiges Anlegen der Wärmflaschen eine Complication erfahren.
Patient zeigt am linken Oberschenkel, an der rechten Fusssohle und am
rechten Unterschenkel schwere Brandwunden; feuchter Verband.
21. December. Patient ist noch völlig benommen.
Temperatur Puls dicrot
Morgens 8 Uhr 39,4° 124
Nachmittags 2 „ 89,1° 116
„ 6 „ 40,0° 140
. n au „ 1ZU
Patient hält den ganzen Tag die Augen geschlossen. Es wird ihm voi
sichtig etwas Ungarwein eingeträufelt. Dabei zeigt sich bisweilen scho
regelrechtes Schlucken. Ein Bad wird heute nicht gegeben.
22. December. Patient reagirt heute zum erstenmal auf Anrufer
durch Aufschlagen der Augen, aber nur auf kurze Zeit. Wein und Eiei
milch nimmt er gut zu sich. Nachmittags 2 l / 2 Uhr erhält er ein warme
k r^ ter Douche - Der Puls ist dicrot, schwankt zwische;
100 und 112. Temperatur Morgens 8 Uhr 37,8°, 10 Uhr 39,1, 12 Uh
87,4, Nachmittags 2 Uhr 37,5, 4 Uhr 38,2, 6 Uhr 37,6. Die Priess
mtz’sche Einpackung der Brust wird erneuert.
... 23> December. Die Temperatur beträgt Vormittags 38,0°, Nach
mittags 39,10 Die Athmung ist regelmässig, 40 Athemzüge in de
Minute. Der Puls ist dicrot, voll, 110-120. Ueber beiden Lungen is
hmten unten etwa drei Finger breit hinaufreichend, feuchtes Rksselr
rechts auch bronchiales Athmen zu hören. Eine Dämpfung ist nich
nachweisbar. F 6
, December. Patient beantwortet heute zuerst einige Fragen, kur
undeutlich und langsam, fällt dann aber wieder in seinen lethargische
Zustand zurück. Beim Verbinden zeigt er sich noch völlig herrei
los über seine Glieder. Der Puls ist dicrot, voll, 120. Die Athmur
regelmässig. Temperatur Vormittags 8 Uhr 38,8°, 10 Uhr 39,1, 12 Ul
37,5, Nachmittags 4 Uhr 39,3, 8 Uhr 38,7, 10 Uhr 38,8.
25. December. Das Allgemeinbefinden hat sich wesentlich gebessei
Patient ist völlig unbesinnheh, was mit ihm vorgegangen ist, weiss nich
wo er sich befindet. Er verlangt Bier; und trinkt es. Die Zahl der
Athemzüge schwankt zwischen 30 und 40 in der Minute.
Am 26. December erkennt Patient seine Mutter. Ana 27. ist er
fieberfrei. Am 28. ist sein Aussehen bedeutend besser, die Athmung
ruhig. Am 29. hat er Nachmittags eine leichte Temperatursteigerung
(38 3o); Abends ist die Temperatur wieder normal (37,3°).
3. Januar 1891. Patient schläft noch immer sehr viel. Er ist m
Bezug auf das Geschehene völlig unbesinnlich und macht einen recht
stupiden Eindruck. Am 7. Januar giebt er schon schnellere Antworten.
Am 17. Januar ist das Allgemeinbefinden vollkommen gut. Die Operations¬
wunde in der linken Ellenbeuge ist am 20. Januar geheilt. Die schweren
Brandwunden verlangen- noch eine weitere Behandlung, so dass Patient
erst am 25. März aus dem Krankenhaus entlassen werden kann.
Durch den unseligen Ofen, welcher die Vergiftung von Fall 1
und 2 mit Kohlenoxyd veranlasst hatte, war gleichzeitig auch
noch ein dritter Hausdiener in denselben Zustand versetzt worden.
Dieser wurde aber nicht, wie seine Collegen, in das Krankenhaus
gebracht, sondern zu Haus von dem herbeigerufenen Arzte weiter
behandelt. Ein operatives Eingreifen fand bei ihm nicht statt. Er
ging an der Kohlenoxydvergiftung zugrunde.
Fall 3. Clara F., Lehrerin, 34 Jahre alt, wird am 9. November 1892
besinnungslos in das Berliner Elisabeth-Krankenhaus gebracht. Man hatte
sie. Morgens besinnungslos in ihrem Bett aufgefunden.. Der in ihrem
Zimmer wahrzunehmende Geruch nach Leuchtgas, das Offensein des Gas¬
hahns im Zimmer fuhren zur Diagnose Leuchtgasvergiftung. Das Gesicht
der Patientin bei ihrer Aufnahme ist gedunsen und cyanotisch gefärbt,
Inspiration und Exspiration sind krampfhaft, die Athmung setzt theilweise
aus, Arm- und Beinmuskulatur zeigen tetanoide Krämpfe, das Bewusst¬
sein ist vollständig entschwunden. Weder die reichliche Zuführung frischer
Luft, noch die künstliche Athmung, noch die subcutane Injection von
Kampheräther, noch Hautreize vermögen es zurückzubringen. Herr Prof.
Rinne führt daher sogleich bei der Patientin die depletorische intravenöse
Kochsalzinfusion aus. Die linke Vena media wird in der Ellbeu^e frei
präparirt. Es werden 165 ccm Blut aus ihr entleert. Das Blut ist dunkel-
roth und gerinnt bald nach dem Stehen. Ein Theil, der nicht gerinnt,
ist von kirschrother Farbe. Mikroskopisch zeigt es ausser vereinzelten
körnig zerfallenden rothen Blutkörperchen nichts charakteristisches. Hier¬
auf werden 300 ccm einer 0,6 % Kochsalzlösung von 37° Temperatur in
das Gefäss eingespritzt. Wie in den vorher beschriebenen Fällen wurden
natürlich auch hier im Verlaufe der ganzen Operation alte antiseptischen
Cautelen beobachtet. Der Puls wird nach der Injection ziemlich kräftig,
100 Schläge in der Minute. Im Laufe des Tages schwankt er zwischen
72 und 92, bleibt anhaltend ziemlich kräftig. Die Temperatur zeigt Abends
eine geringe Steigerung. # .
10. November. Patientin hat das Bewusstsein noch nicht wieder¬
erlangt. Die gesammte Muskulatur zeigt tetanoide Zusammenziehungen.
Keine Reaction. Mittels Schwammes wird etwas Wein eingeflösst.
11. November. Der Zustand ist nicht rperklich geändert. Patientin
hat etwas Milch und Wein zu sich genommen.
12. November. Patientin bleibt steif und starr auf einer Stelle liegen.
Die eigentümlichen tetanoiden Muskelcontractionen bestehen fort. Ueber
dem Kreuzbein macht sich ein leichter Decubitus bemerkbar.
13. November. Patientin vermag heute zu antworten. Dies geschieht
in leisem Ton und nur in abgebrochenen Wörtern. Mit Unterstützung
richtet sie sich im Bett auf.
14. November. Patientin hat mehrere Stunden aufgesessen. Sie
zeigt noch immer ein ganz apathisches, gestörtes Wesen.
18. November. Der Zustand hat sich nur wenig gebessert. Patientin
zeigt eine auffallende Neigung zum Durchliegen. Trotz sorgfältiger Lage¬
rung ist auch am rechten Hacken eine Decubitusstelle zustande gekommen;
feuchter Verband.
28. November. Patientin ist anscheinend noch schwach, steht aber
täglich auf. Sie ist vollständig apathisch und giebt auf Fragen nur ganz
zögernd Antworten. .
10. December. Patientin ist seit zwei Tagen geistig reger, nimmt
an den Vorgängen um sich her Antheil. Auf Fragen giebt sie klare Ant¬
worten, doch macht sie immer noch einen stupiden Eindruck. Der De¬
cubitus am Hacken ist ziemlich tief; am Rande bereits kräftige Granu¬
lationen.
22. December. Der geistige Zustand ist ziemlich unverändert. Pa¬
tientin giebt auf Fragen wohl richtige, aber nur langsame Antworten. Sie
hat noch wenig Trieb, sich selbst zu beschäftigen. Die Decubitusstelle
am Hacken zeigt gute Granulationen und ist zum Theil bereits geschlossen.
Zweitäglich Fussbäder; trockener Jodoformgazeverband.
Am 7. Januar 1893 wird Patientin geheilt aus dem Krankenhaus
entlassen. _
V. Todesfälle durch Pankreasapoplexie hei
Fettleibigen. 1 )
Von Dr. Georg Sticker.
M. H.! Erlauben Sie mir, Ihnen kurze Berichte über einen
Krankheitsverlauf, den ich jüngst beobachtete, und einen Sections-
befund, den ich vor drei Tagen erhob, zu geben. Beide scheinen
mir sich gegenseitig zu ergänzen und beide sind nicht so häufig,
dass sie Jedem der anwesenden Herren Collegen schon vorgekommen
sein werden.
l ) Vortrag, gehalten im allgemeinen ärztlichen Verein in Köln,
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22. März.
Im verflossenen Herbste klagte mir eine 78 Jahre alte comulente
im übrigen bis zum Eintritt der gleich zu nennenden Beschwerden durch¬
aus körperkräftige und geistesfrische Dame über abendliches Erbrechen
welches sich seit etwa 14 Tagen regelmässig nach dem Nachtessen ein¬
gestellt hatte und gewöhnlich von heftigen Schmerzen im Leibe begleitet
war. Dieselbe Dame hatte ich bereits während der letzten drei Jahre mehr
mals wegen häufiger schmerzloser, mehr lästiger als besorgnisserregender
Durchfälle behandelt. Diese waren namentlich nach Gemütsbewegungen
und Erregungen aufgetreten und von mir in Ermangelung irgend eines
anderen Anhaltspunktes auf eine Störung der regelrechten Darmfunction
durch die ausserordentliche Fettansammlung im Bauch zurückgeführt
worden. Ein halbes Jahr hindurch vor Eintritt der ersterwähnten Brech¬
anfälle hatte die Patientin infolge einer traumatischen Kniegelenkentzttn-
dung fast jeder körperlichen Bewegung entsagen müssen. Dadurch war
die Fettleibigkeit gestiegen. Die gewohnten Diarrhöen waren in den
Hintergrund getreten und hatten mit Wiederkehr des Gehvermögens dem
Erbrechen Platz gemacht, bei welchem die Kranke sichtlich an Kräften
und Körperfülle herunterkam; zum Erbrechen hatte sich von vornherein
hartnäckige Appetitlosigkeit, Unruhe im Schlaf, Athembeklemmung beim
Treppensteigen gesellt, was alles zum Verfall der Kräfte beitrug Die
C ßste Untersuchung des Körpers ergab ausser der wesentlich den
betreffenden Adiposität und ausser einer auffallenden Schmerz¬
haftigkeit bei Druck m beiden Hypochondrien keinen abnormen Befund-
Athmunporgane und Circulationsapparat fanden sich in ausserordentlich
gutem Zustand, Stuhlentleerungen und Urin durchaus ohne Fehler- das
Erbrochene, welches gut verdaute Speisereste aufwies, gab bei zweimaliger
Prüfung deutliche Bläuung des Congopapiers, so dass an eine wesentliche
Störung der secretonschen Thätigkeit des Magens nicht zu denken war
und auch em Carcinom des Magens mit grosser Wahrscheinlichkeit aus¬
geschlossen werden durfte; und dies um so eher, als das Alter der
Kranken die Annahme eines der seltenen Fälle von erhaltener Magensaft¬
absonderung bei bestehendem Magenkrebs deshalb nicht zuliess, weil
diese Ausnahmefälle, soviel ich sehe, bisher ausnahmslos weit jüngere In¬
dividuen betroffen haben.
Nach zweckmässiger Regelung der Diät derart, dass die Abendmahl¬
zeit, welcher bisher unmittelbar das Erbrechen gefolgt war, sehr verein-
fecht d. h auf ein Glas kräftigen Rheinweines zur Zeit des gewohnten
i J ! C K al ifi Und £ uf 01 ? en Teller Suppe vor der Nacht reducirt und dafür
as i rühstück nach Zahl und Menge der Speisen gesteigert wurde, und
unter Gebrauch eines Macerationsdecoctes der Condurangorinde, womit der
?. , n T, erden sollte ’ nahmen alle Beschwerden in drei Wochen
merkwürdig schneü und vollständig ab, hoben sich die Kräfte zunehmend,
na wurde das ganze Allgemeinbefinden dermaassen hergestellt, dass die
• 4 - C Sf i ch , blsh ? r auf ihrem Landgut besucht hatte, Ende No-
ember in die Stadt übersiedeln konnte und sich hier so wohl fühlte, dass
wp;iT n entb . ehren konnte. Am 8. December untersuchte ich,
Patientm z^ei Tagen über Schwäche und Augenflimmem
soÄ^ Ch ei ? m ! H ? rz ’ Pu ! s ’ H™ u : s - fand alles in Ordnung, in-
Ipfrt« 0lt aucb das Auge emschliesslich des Augenhintergrundes, und
JS T 80 'weniger Gewicht auf jene Klagen, als die Dame selbst
wX seP SCh ° n V ° r memer Ankunft eigentlich wieder alles vorüber ge-
»mA m i? ; D ?, comber de , ich nach Mitternacht eiligst zur Patientin
beSm ™ durch eine hef%e Kolik im Leibe geweckt worden.
l5ihcnd™°Pnil 1 . er j^ e, w Iel f hte Athemnoth; ihre Tochter fühlte den er-
Beschwer!™ 0 S ’,i dl6 Kranke sprach mit völligem Bewusstsein über ihre
verfloss wo Und ^ ar ' r n . ac kdeni seit dem Aufwachen kaum 10 Minuten
uniossen waren, eine Leiche.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
«■heiSl 0 - ? cct , ion _ <illrf ' te icl1 nicht ausführen. Auf den Todesschein
„ lch *l s Todesursache: Schlaganfall, dabei aber im Klaren,
folge ausTaschHe’ss^Twarim ^ Lungenschla e dem V«MK zu-
mütJ h T n n k0 ™ te icl1 mir 1110111 einmal eine bestimmte Ver¬
bilden ^ U ^ Cr ® rund uml Ursache des völlig unerwarteten Todes
Katastmn^ rde die schwere Dyspepsie im Herbste mit der letalen
und nnr-vf • we ^ig s b 0 n in direkten Zusammenhang gebracht
genden AufenH m dl ° Mö & lichkeit eines emigermaassen befriedi-
tticht ei^ ^• USS6S Ü ^ er ^ Todesursache gedacht haben, wenn
den Krankhpiw 01 ] ^ , le ! izte ? Freita & “ür & überraschender Weise
Begründnncr f- er dadurch erhellt hätte, dass sie die anatomische
eben erzählte ^p 1116 g£mZ ähnlicbe Krankengeschichte, wie die
<'iaer H r’Äf® f K8t 4 0hau bat mich ’ die Eröffnung der Leiche
Frau (24 Tah™ - Morgen 6 Uhr plötzlich verschiedenen jungen
CTossen Beschwerde 2U maohen - Diese hatte jahrelang unter den
litt*n eine Pwn . em . er ausserordentlichen Fettleibigkeit ge-
l«nuittZÄ eb ^V eine ". Ab0 . rt - ™ Vs Jahr eine Ge-
275
DännuttATnn ß .„4.-° 7 T . Auuri-, zuietzt, vor 72 Janr eine ue-
seit Wochen ob^v U11 - ter Chlorof °nnnarkose) überstanden, hatte
«Cur“ nach m 88611 ^ 68 Arztes einer strengen sogenannten
fiMirungen sich w PfaiTer Kn . ei PP einschliesslich reichlicher Ab-
und Anfälle vnn orzo &® n i W0 il zunehmende Athmungsbeschwerden
die letzten TaJ 0rz ^!°P fen sie belästigten, und hatte übrigens
gebracht Soif \r res A Gebens ohne bedrohliche Erscheinungen zu-
Jie besondersnÄ^h 11 sie öfter tiber * Magenkrämpfe“,
^ageukraniDfaTifnl i bt icber f ei10 auftraten, und in einem solchen
1 « mau war sie ganz,plötzlich und unvermuthet ver-
SÄ-ÄÄÄ -
und Himschlag°aw° m't°'WaSscheTnStit" fc eire n MafenbTu < tunf
oder eine innere Verblutung überhaupt. Der plötzliche und* am
scheinend ohne Zusammenhang mit den bisherigen Krankheits
Symptomen eingetretene Tod Hess denVerdacht auf Giftmord nicht
ganz abweisen Gelegentlich der Operation vor i/-> Jahre war der
werden von Zucber Und Eiweiss befunden
„„ Deichen Untersuchung wies an dem sehr corpnlenten, blas-
en Körper schon vorgeschrittene Verwesungserscheinungen auf-
rv.no? Ge p 0ht - un , d an den Gängigen Theilen des Rumpfes starko
Cyanose. Panmculus adiposus der Bauchdecken ca. 10 em dick
derart auf Kosten der Musculatur entwickelt, dass vom Rectus ab-
fnWw! k p?I J ln ölassröthlieher Streifen sich finden liess; das
subserdse Fett des parietalen Peritoneums von auflallend starker
zottiger Entwickelung. Appendices epiploicae des Dickdarms meist
bis zu Daumengrösse entwickelt; Netz mindestens 8_10 Pfund
S( T W -?r Lungen sehr hyperämisch, dunkelblauroth auf dem Durch¬
schnitt; Herzmuskel gelblich, ohne deutliche Grenze gegen das
subpeneardiale, stellenweise fingerbreite Specklager.
, ^ A rx f ^ er ® e £ osa des Ma S ens und des Colon fallen linsenförmige
festhaftende Auflagerungen oder vielmehr Einlagerungen auf die
ganz das Aussehen von Aetzschorfen haben. Sie erweisen ’ sich
unter dem Mikroskop als Conglomerate von erstarrtem, zum
grössten Theil structurlosem, zum kleinen Theil in Bläschenform
gesondertem Fett, in welches hier und da Kallmadeln eingesprengt
sind, die bei Essigsäurezusatz unter Gasbildung verschwinden.
Der Magen, dessen Wandung auffallend dünn, stellenweise fast
durchscheinend ist, dessen Inhaltsvolum aber nicht vergrössert er¬
scheint, ist von chocoladeähnlicher Flüssigkeit erfüllt; an der atro¬
phischen Schleimhaut des Fundus von zahlreichen capillären Hä-
morrliagieen durchsetzt, welche gegen die Cardia hin grösstentheils
im Centrum stecknadelkopfgrosse bis linsengrosse Defecte (hämor¬
rhagische Erosionen) aufweisen. — Die sehr grosse Leber, welche
bei normalem Stand des Zwerchfells den Rippenbogen um Hand¬
breite überragt, bietet genau das Aussehen einer gemästeten Gänse¬
leber; m der mässig gefüllten Gallenblase finden sich zwei eichel-
grosse Maulbeersteine, welche auf der reichlichen hellgelben Galle
schwimmen; Ductus cysticus und Choledochus sind durchgängig,
von entsprechendem Kaliber und überhaupt von gewöhnlichem Ver¬
halten. — Darminhalt und Darmrohr ohne auffallende Abwei¬
chungen.
Die braune weiche Milz, die hintere Magenwand, die Flexura
coli sinistra, Pankreas und oberer Theil der Gekröswurzel sind
durch einen massigen aber brüchigen braunen Mörtel verlöthet,
der, wie sich beim Auseinanderreissen ergiebt, stellenweise cysten¬
artige Hohlräume mit eingedicktem Blut, Blutpignient und nicht
organisirten Fibrinmassen einschliesst und die ganze Bursa omen-
talis bis zum Winslow’schen Loch ausfüllt, der gegen die hintere
Bauchwand als infiltrirte Masse direkt in die Gekröswurzel tief
bis auf die unversehrte Aorta eingeht, nach oben aber die Neben¬
nieren und die zwischen diesen und dem Truncus coeliacus ge¬
legenen Ganglien einpackt. Das Centrum der letztgenannten
Gegend ist Sitz eines frischen wall nussgrossen Blutheerdes.
Das Pankreas ist, wie Sie an dem vorliegenden Organ sehen,
durchaus in einen grossen frischen Blutheerd verwandelt, der das
Gewebe zum Theil ganz zertrümmert, zum Theil auseinander
gerissen hat. Das Gewebe des Wirsung’schen Ganges lässt sich
nur am Kopf und im Schwanzende des Pankreas erkennen: aber
sein Verlauf ist durch einen federspuldicken, langen, rotlien
Thrombus bezeichnet, der nahe bis zur Vater’schen Papille reicht.
Bei genauerer Untersuchung findet sich, dass das Parenchym des
Pankreas auch da, wo es in Fetzen scheinbar erhalten ist, grössten¬
theils von Fettgewebe verdrängt wurde, das sich als interstitielle
Wucherung präsentirt; hier und da sind kleinere Heerde von weissem
Fett, das keinen Gewebscharakter besitzt.
Die Nieren zeigen eine körnige, mit der dicken Fettkapsel
fest zusammenhaftende Oberfläche; die Schnittflächen sind dunkel¬
blauroth, von ihnen fliesst reichliches Fett. Auch in den Nieren
ist das Fett auf Kosten des Parenchyms, zumal in der Marksubstanz,
gewuchert; stellenweise erkennt man tiefe Fettdegeneration des
Parenchyms, vorzugsweise in der Rinde. Die grösseren Aeste der
Aorta zeigen ebenso wenig wie diese selbst sichtliche Verände¬
rungen. Das Blut ist schlecht geronnen, mit spärlichem Speck¬
gerinnsel.
An den durch Cervixamputation verstümmelten inneren Geni¬
talien fällt im übrigen nur ein schleimigeitriger Katarrh der Uterus-
liöhle auf.
Wir haben also neben einer durchaus allgemeinen hochgradigen
Fettsucht als wichtigsten und zunächst unerwarteten Befund an
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
der Leiche die Residuen eines grossen alten Blutinfarctes in der
Umgebung des Pankreas und eine frische Apoplexie im Centrum
desselben sowie einen kleineren frischen Blutheerd in der Mitte
zwischen den Nebennieren.
Zunächst entsteht die Frage, wie diese Blutheerde entstanden
seien. In Ermangelung irgend welcher erheblicher Veränderungen
an den Gefässen; in Ermangelung einer tieferen organischen Läsion
an den apoplektischen Stellen, welche als primäre im Verhältnis
zur secundären Blutung gedeutet werden könnte, kurz in Er¬
mangelung irgend einer anderen örtlichen Disposition für die Blu¬
tungen, erkläre ich mir das Zustandekommen der letzteren also,
dass infolge des stetigen Zuges, welcher in der Gegend der Gekrös-
wurzel und der oberhalb gelegenen Partieen durch das schwere
Netz und das ausserordentlich fettreiche Gekröse geübt wurde,
wiederholt kleine Trennungen des Zusammenhangs stattfanden, wie
solche in Form der subcutanen Einrisse an den Bauchdecken und
an den Hinterbacken Fettleibiger häufig gesehen werden; dass diese
anfangs kleineren Trennungen durch gröbere Zerrungen bei ange¬
strengten Körperbewegungen zu tieferen wurden, in welche anfangs
kleine Blutungen, später, mit dem Morschwerden des durchbluteten
und fettinfiltrirten Gewebes grössere Apoplexieen geschahen, die
dann wohl imstande waren, die in der Krankengeschichte erwähnten
Koliken herbeizuführen. Die frischesten und grössten Apoplexieen
im Pankreas sind oberhalb desselben entstanden auf dem genügend
vorbereiteten, so zu sagen unterminirten Boden sub mortem.
Es fragt sich nun weiter: Erklärt sich aus den zuletzt ent¬
standenen Blutungen etwa der unvermuthete Exitus letalis? Es
braucht nicht hervorgehoben zu werden, dass dieser keineswegs als
Verblutungstod durch die innerliche Hämorrhagie aufgefasst werden
kann: dafür ist der Blutverlust des Kreislaufs zu gering gewesen.
Die apoplektische Zerstörung des Pankreas als Todesursache
anzunehmen, legt der bekannte Goltz’sche Klopfversuch mit seiner
Sliokwirkung nahe. In der That ist diese Erklärung, wie ich sehe,
von Zenker, welcher im Jahre 1874 den Zusammenhang zwischen
plötzlichem Todeseintritt und umfangreichen Pankreasblutungen auf
Grund von Leichenbefunden erörtert hat, bereits versucht worden.
(Berliner klin. Wochenschrift 1874.)
Der Blutheerd zwischen den Nebennieren könnte noch direkter
für die Herbeiführung des plötzlichen Todes verantwortlich gemacht
werden, da er die grossen Ganglien direkt oder indirekt treffen
musste. Diesen Erklärungsversuch hat Friedreich in einem Falle
gemacht, in welchem auch Druck auf ein Ganglion semilunare und
den Plexus solaris angenommen werden durfte.
Die ausschliesslich mechanische Erklärung, welche ich nach
der Section mir für das Zustandekommen der Blutungen und
namentlich der ersten, ältesten Blutung zurechtlegte, scheint mir
für meinen Fall wenigstens zu genügen, wenn auch in anderen
Fällen, die in der Litteratur mitgetheilt wurden, die Verhältnisse
complicirter gewesen sein mögen. Ich denke hier vor allem an die
Fälle, welche Baiser 1882 als Fälle von Nekrose des Fettgewebes
im Pankreas und seiner Umgebung mit tödtlicher Blutung im
90. Bande des Virchow’schen Archivs veröffentlicht hat. 1 ) In
diesen wird gerade die Fettnekrose als das primäre Leiden und die
Blutung als secundärer Zufall infolge der partiellen Nekrose auf¬
gefasst. Ich hebe hier die auffallende Aehnlichkeit hervor, welche
zwischen der von Baiser beschriebenen Fettnekrose im Pankreas
und zwischen den von mir mitgetheilten schorfähnlichen Einlage¬
rungen in der Magenserosa und Dickdarmserosa besteht, kann aber
nicht umhin, in meinem Falle diesen Fettheerden, die sich ja auch
hier und da in der zertrümmerten Pankreassubstanz fanden, in
jedem Sinne nur secundäre Bedeutung zuzuschreiben, schon des¬
halb, weil ich nicht verstehe, warum nicht eher an den nekrotischen
Stellen der Darmserosa Blutungen eintraten als in dem Gewebe
des Pankreas und seiner Umgebung.
Auch vermag ich nicht einzusehen, warum die Fettdurch¬
wachsung des Pankreas, welche doch noch keine fettige Degene¬
ration ist, oder warum selbst die fettige Degeneration, wo sie vor¬
handen war, allein im Pankreas zu Blutungen disponiren sollte
und warum nicht in den Nieren und in anderen Organen. So
erscheint mir also die Betonung des mechanischen Momentes, der
Zerrung in der Gegend der abnorm belasteten Gekrös-
wurzel, für die Erklärung der Blutung unerlässlich.
oq M? m6 iono n ^ S e ,l < * er Correctur. — Da der Bericht über meinen
«am 28. März 1892 gehaltenen Vortrag schon vor dem XI. Congress für
innere Medicm (Leipzig, 20.-28 April 1892) abgegeben war, so konnte
ich die neuen Mitteilungen von Baiser über unseren Gegenstand auf
jenem Congress nicht berücksichtigen. Baiser und mit ihm Ponfick
und Curschmann vermuten Mikroben als Erreger der Fettnekrose und
mithin der ganzen Erkrankung. Auch ohne dieses moderne aetiologische
Moment lasst sich, wie ich oben gezeigt habe, eine befriedigende Erklärung
gel)e 5; ..Wichtig erscheint mir, dass auch Baiser das Zusammentreffen
von Fettsucht und Pankreasblutungen stark betont.
Zur weiteren Klärung des merkwürdigen Krankheitsbildes,
welches ich Ilmen heute an zwei Fällen zeigte, scheint mir gerade
der praktische Arzt aus der Privatpraxis das Material liefern zu
müssen, weil wohl in Krankenhäusern zur Beobachtung dieser an
sich äusserst seltenen Fälle die Gelegenheit aus denselben Gründen
selten sein mag, aus welchen hochgradige Fettsucht nur ausnahms¬
weise in ihnen zur Beobachtung kommt.
Dass es hier und da gelingen kann, vor der Section die
Diagnose einer Pankreashämorrhagie oder vielmehr einer retro-
peritonealen Hämorrhagie in der Gegend des Pankreas mit Wahr¬
scheinlichkeit zu stellen, unterliegt wohl keinem Zweifel. Sicher
darf man sagen, dass ein apoplektischer — von Hirnapoplexie,
Herzapoplexie, Lungenapoplexie durchaus verschiedener — Tod bei
hochgradiger Fettleibigkeit den Verdacht auf eine solche Hämor¬
rhagie um so mehr rechtfertigt, je zuverlässiger andere Verände¬
rungen im Bauche, welche latent verlaufen und dann einen
foudroyanten Tod herbeiführen können (Magenulcus, Carcinom,
Gallensteine u. s. w), auszuschliessen sind und je unverständlicher
früher aufgetretene Koliken, Diarrhöen, Brechanfälle, die in be¬
bestimm ter Beziehung zu der physiologischen Verdauungsplethora
zu stehen scheinen, trotz längerer Beobachtung geblieben sind.
Es bedarf zum Schluss der kurzen epikritischen Bemerkungen
kaum der Betonung, dass in dem von mir mitgetheilten Sections-
falle die Gallensteine gemäss dem negativen lokalen Befund an
Gallenblase und Gallengang mit dem klinischen Krankheitsbilde
nichts zu thun gehabt haben.
VI. Referate und Kritiken.
Elemensiewicz, Ueber Entzündung und Eiterung. Histologische
Untersuchungen an der Amphibienhornhaut. Mit vier Tafeln.
Festschrift für Alex. Rollett. Jena, Gustav Fischer, • 1893.
Ref. Ribbert (Zürich).
Die an der Cornea des Frosches nach Aetzung des Centrums
derselben durch ein Körnchen Argentum nitricum angestellten
Untersuchungen führten Verfasser zu folgenden Resultaten: An
der in der Umgebung des Aetzbezirkes entstehenden Eiterung sind
in Uebereinstimmung mit unseren sonstigen Kenntnissen haupt¬
sächlich die polynucleären resp. polymorphkernigen Leukocyten be¬
theiligt. Indem sie in die Hornhaut einwandern und sieh an¬
häufen, bilden sie den Eiter. Verfasser glaubt aber auch sehliessen
zu dürfen, dass die Eiterung durch eine lebhafte Vermehrung der
Zellen durch Theilung verstärkt wird. Er schliesst das aus den
Lagerungsverhältnissen der Eiterkörperchen und der Anordnung
ihrer Centrosomen. Die einkernigen Wanderzellen betheiligen sich
in weit geringerem Maasse, können sich aber auf mitotischem
Wege theilen. Da Verfasser die Hornhäute auch im überlebenden
Zustande untersuchte, so sah er auch Bewegungserscheinungen an
den Leukocyten, die auch sonst schon gesehene spiessförmige An¬
ordnung ihres Protoplasmas, ihr Fortkriechen in den Gewebsspalten
und durch den Leib der fixen Hornhautzellen. An letzteren beob¬
achtete er ausserordentlich reichliche, gut ausgeprägte Mitosen und
an dieselben anschliessende Zelltheilungen. Den neugebildeten Ele¬
menten kommt aber nur ein sehr geringer Grad der Beweglichkeit
zu, so dass sie niemals eigentliche Wanderzellen bilden sollen. Es
würde sich demnach der Process in der Amphibienhornhaut anders
verhalten als an Geweben von Säugethieren, an denen wir eine
Wanderfähigkeit neuer Zellen leicht beobachten können. Die jungen
Zellen behalten ausserdem durchaus den Charakter der fixen Ele¬
mente, sie werden also niemals zu Eiterkörperchen. Diese An¬
gaben bestätigen also unsere geläufigen Vorstellungen über die
Entstehung des Eiters und bilden einen Gegensatz zu den An¬
schauungen von Grawitz. Nur müssen wir nach den Unter¬
suchungen an höheren Thieren annehmen, dass sich wanderfähig
gewordene Abkömmlinge der fixen Gewebszellen dem aus Leuko¬
cyten bestehenden Eiter beimischen können.
A. Maassen, Zur bacteriologisohen Diagnose der asiatischen
Cholera. Ein neues Anreicherungsverfahren für Spirillen und
Vibrionen. Sonderabdruck aus: Arbeiten aus dem Kaiserl. Ge¬
sundheitsamt IX. Bd., 2. Heft. Berlin, Jul. Springer, 1894.
Ref. 0. Lubarsch (Rostock).
Während man bisher bei der Vorcultur für den Nachweis von
Choleravibrionen (Anreicherungsverfahren nennt es Verfasser, weil
auch bei Anwesenheit geringer Mengen von Choleravibrionen der
Nachweis gelingt) flüssige Nährböden (Bouillon, Peptonwasser) be¬
nutzte, schlägt Maassen zum ersten male den Gebrauch fester
Nähr Substrate, und zwar des schräg erstarrten Blutserums (Ham¬
mel, Kalb) vor. Die Choleraorganismen besitzen nämlich die Fähig¬
keit, festes Blutserum unter reichlicher Bildung von Schwefelwasser¬
stoff zu verflüssigen, während die meisten Darmbacterien, z. B.
Bacterium coli commune, nur spärlich darauf wachsen und weder
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22. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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verflüssigen, noch Schwefelwasserstoff bilden. Bringt man also
Faecestheile oder sonstiges choleraverdächtiges Material auf die
schräg erstarrte Serumoberfläche, so erscheinen die besäten Stellen
nach Ablauf von 6—12, spätestens nach 20 Stunden wie ange¬
fressen; es bilden sich Löoher und Rinnen, aus deren Tiefe man
die Vibrionen fast in Reincultur herausholen kann. Aehnlich wie
die Choleravibrionen verhalten sicli manche Bacillen und Coccen,
die im Darm jedoch nur selten Vorkommen, bei Bruttemperatur
und dann die bekannten choleraähnlichen Vibrionen. Leider sind
Angaben, ob deutlichere als die bekannten Unterscheidungsmerk¬
male zwischen den Choleravibrionen und ihren Doppelgängern auf
dem erstarrten Serum vorhanden sind, nicht gemacht. Als Haupt¬
vortheile des Verfahrens wird man dem Verfasser folgende Punkte
zugestehen können: 1) Man kann von solchem Material, das nur
wenige Cholerabacillen enthält, mehr Material zur Aussaat bringen
als in Peptonröhrchen. 2) Eine Ueberwucherung der Choleravibrionen
durch andere Bacterien findet auf dem Blutserum weniger leicht
statt. 8) Das Ausbleiben der Verflüssigung nach 24 Stunden ist
ein Zeichen, dass Choleravibrionen nicht vorhanden sind.
W. F. Loebisch, Anleitung zur Harnanalyse. Dritte, durchaus
umgearbeitete Auflage. 832 S. Wien und Leipzig, Urban und
Schwarzenberg, 1893. Ref. Leo (Bonn).
Das bewährte Werk des Verfassers hat in der vorliegenden,
nach elfjährigem Intervall erschienenen neuen Auflage entsprechend
den Fortschritten der Wissenschaft eine durchgreifende Umarbeitung
erfahren. Wenn trotzdem der Umfang des Buches nicht nur nicht
grösser, sondern sogar etwas geringer als früher erscheint, so kann
das nur als ein Vorzug angesehen werden. Im Gegensatz zu vielen
anderen Lehrbüchern der Harnanalyse sind im vorliegenden Werk
die Untersuchungsmethoden, die Eigenschaften der einzelnen Harn-
bestandtheile und die klinische Bedeutung derselben zusammen¬
hängend dargestellt. Nach Ansicht des Referenten ist dies ein
entschiedener Vorzug. Die Litteratur ist, wenn auch nicht in der
tadellosen Genauigkeit wie in dem viel umfangreicheren Huppert-
Thomas’schen Lehrbuche (dies bezieht sich z. B. auf die Be¬
stimmung der Phenole mittels Bromwasser und auf die Verdauungs¬
fennente), so doch im allgemeinen sehr eingehend berücksichtigt
worden. — Die Ausstattung ist so vorzüglich, wie man es bei der
Verlagshandlung gewohnt ist. Alles in allem muss das Lehrbuch
den besten seiner Art zugezählt werden.
A. Wolff, Lehrbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten,
Preis 15Mark. Stuttgart, Ferd. Enke, 1893. Ref. Joseph (Berlin).
In der von Enke herausgegebenen Sammlung medicinischer
Lehrbücher, welche die Bibliothek des Arztes ausmachen sollen,
hat Wolff ein umfangreiches Lehrbuch der Haut- und Geschlechts¬
krankheiten erscheinen lassen. Beide Gebiete sind in einem Bande
vereinigt. Eine kurze Inhaltsübersicht wird darüber Aufschluss
geben, eine wie sorgfältige Bearbeitung dem Stoffe hier zu Theil
geworden ist.
Nach einer kurzen Uebersicht über die Anatomie und Physio¬
logie der Haut geht Wolff zur Besprechung der einzelnen Haut¬
krankheiten über, welche er zur leichteren Uebersicht in gewisse
Kategorieen theilt, ohne sich an eines der bisherigen Systeme zu
binden. Auf die acuten Infoctionskrankheiten, zu welchen er auch
den Schweissfriesel, Miliaria, rechnet, folgen die chronischen In-
feetionskrankheiten. Hierzu zählt Wolff auch auflUlligerweise die
Impetigo herpetiformis und den Lupus erythematodes. Es ist ihm
zweifellos, dass es sich bei dem Lupus erythematodes um eine in-
fectiöse bacilläre Krankheit handelt, Beweise dafür besitzen wir
allerdings noch nicht. Nächst den localen Infectionskrankhciten,
unter welchen die Aufstellung eines besonderen Krankheitsbildes
des Ecthyma cachecticorum wohl nicht auf allseitige Billigung
rechnen dürfte, folgen dann die Anomalieen der Schweiss- und Talg-
rüsensecretion. Die entzündlichen Dermatosen, sowie die Angio¬
neurosen umfassen die bekannten Krankheitsbilder, als eine be¬
sondere Gruppe trennt aber Wolff noch die symptomatischen Angio¬
neurosen und die Stauungsdermatosen mit Bildung hypertrophischen
ewebes. Die übrigen Kapitel schliessen sich mit ihren Dermato-
eurosen, Neubildungen der Haut, parasitären Hautkrankheiten u. a.
bekannten Eintheilungen an. Als besonderes Kapitel kommen
TTj C dle Sporozoen bedingten Erkr ank ungen der Haut hinzu.
unHP es( y, e ^ W das Molluscum contagiosum, die Darier’sche
hamr S* S< p e Krankheit. Auch über den ätiologischen Zusammen-
hÜTtit- er Erkrankungen mit den vermeintlichen Sporozoen hat
lssenschaft noch nicht abgeschlossen.
avMw 1 dor Bearbeitung des den venerischen Krankheiten ge-
wa en . zw eiten Theiles dieses Lehrbuches hat Wolff erreicht,
ietziirAn Q* Se i n hinstellte, eine übersichtliche Darstellung des
wprtiL unseref Discipliii zu geben und alles Wissens-
möglichst vollständig zu bringen. Mit Recht hat er grossen
Werth auf die Beschreibung der Krankheitsbilder gelegt und die
der Diagnostik sowie der Therapie gewidmeten Abschnitte mit be¬
sonderer Sorgfalt behandelt. Ein grosser Vorzug dieses Lehrbuches
ist es, dass Wolff es verstanden hat, den sehr umfassenden Stoff
in knapper Form und mit grosser Anschaulichkeit zu bewältigen.
Sternfeld und Kellner, Zahnärztliche Büoherkunde, alphabe¬
tischer TheiL Karlsruhe, Carl Kellner, 1892. Ref. Miller (Berlin).
Die Verfasser haben sich die sehr mühevolle und zeitraubende
Aufgabe gestellt, ein bibliographisches Verzeichniss von Büchern,
akademischen und sonstigen Abhandlungen, sowie von den in medi-
cinischen und naturwissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlichten
Aufsätzen über das gesammte Gebiet der Zahuheilkunde zusammen¬
zustellen. Das Buch enthält auf 211 Seiten ca. 4000 alphabetisch
geordnete Litteraturangaben und ist damit das vollständigste
existirende Werk seiner Art. — Besonders jedem, der sich in irgend
welcher Weise mit schriftstellerischen Arbeiten auf zahnärztlichem
Gebiete beschäftigt, wird das vorliegende Werk unentbehrlich sein.
VIL Joumalrevue.
Geburtshülfe und Gynäkologie.
G. Leopold, Zwei Symphyseotomieen mit glücklichem
Ausgang für Mutter und Kind. Centralbl. f. Gyn. 1892, No. 30.
Rob. Mtillerheim, Ueber die Symphyseotomie. ibidem.
Desiderius von Velitz, Symphyseotomie mit glück¬
lichem Ausgang für Mutter und Kind, ibidem No. .40.
P. Zweifel, Ueber Symphyseotomie und Symphysen¬
ruptur. ibidem No. 44.
Die Symphyseotomie ist seit kurzer Zeit der Vergessenheit wieder
entrissen worden, und es scheint, als ob die damit erzielten Resultate
der Operation einen Platz in der geburtshülfliehen operativen Therapie
gewähren könnten und dass sie imstande ist, die Anzeige zum be¬
dingten Kaiserschnitt zu vermindern. Nach den von Morisani
in Neapel und Pinard in Paris veröffentlichten Fällen sah sich
Leopold veranlasst, bei zwei Mehrgebärenden die Operation vor¬
zunehmen. Er will die Symphyseotomie da anwenden, wo Perforation
des lebenden Kindes oder bedingter Kaiserschnitt bisher indicirt
waren. Namentlich den bedingten Kaiserschnitt glaubt er durch
die Operation bedeutend einzuscliränken und lediglich bei absoluter
Beckenengevon 6cm Conjugata vera abwärts anzuwenden. Morisani
verlor von 22 Symphyseotomirten keine. Alle Kinder waren lebend.
Pinard operirte dreimal mit Glück. — Die Operation ist leicht:
Man lagert die Gebärende mit vorstehendem Gesäss auf einen Tisch,
während alles zur Vollendung der Entbindung durch Zange oder
Wendung bereit sein muss. Zwei Assistenten halten die Beino
unter den Knieen, die Schenkel ein wenig gespreizt, und drücken
mit der freien anderen Hand die Troehanteren fest zusammen.
Hautschnitt von dem oberen Rand der Scham fuge bis circa 1 cm
oberhalb der Clitoris, Durchtrennen der Weichtheile bis zum Ge¬
lenk und quere Durchtrennung der Ansätze der Musculi recti nur so
breit, dass der linke Zeigefinger hinter die Scharafuge gelangen
kann. Er gleitet leicht an dieser Stelle hinten herunter bis zum
Ligamentum arcuatum, und nun durchtrennt man mit geknöpftem
sichelartigem Messer langsam das Gelenk. Sofort gehen die beiden
Knochenenden auf 3 cm bei vorsichtiger Spreizung der Kniee und
gering naehlassendem Trochanterendruck auf 7 cm auseinander, so
dass der grosse Kopf sofort in den Beckeneingang gedrängt und
mittels hoher Zange leicht entwickelt werden kann. Sofort
werden die Troehanteren wieder fest gegen die Mitte gedrängt,
so dass sich die Gelenkenden berühren, dann werden sie mit Silber¬
draht oder stärksten Seidenfäden gleichzeitig mit den Weichtheilen
aneinander gezogen und vernäht. Ein fester, mit Schnallen ver¬
sehener, sehr breiter Gurt hält in den nächsten drei Wochen das
Becken zusammen und wird je nach Bedürfniss fester angezogen.
In den beiden Fällen von Leopold handelte es sich einmal
um eine Viertgebärende, 135 cm lang, allgemein verengtes platt
rhachitisches Becken, Diagonalis 8 s /4- Wasserabfluss 1 Vs Stunden vor
Wehenanfang, der Kopf stand hoch und fest auf dem Beckenein¬
gang. Circa 7 Stunden nach Wehenbeginn Symphyseotomie. Zehn
Minuten später Geburt des Kindes mit hoher Zange. Die Symphyse
wich während der Extraction auf 7 cm auseinander. Bei
der Operation war auch das Ligamentum arcuatum durchtrennt.
Dabei entstand eine starke Blutung aus dem angerissenen Bulbus
cavernosus clitoridis, die durch Naht und Tamponade gestillt
wurde. Naht der Schamfuge mit drei, der Weichtheile mit vier
tiefen und mehreren oberflächlichen Seidennähten. Drei Wochen
lang Beckengurtverband. Das Kind war 49 cm lang, dbbO g
schwer, der quere Kopfdurchmesser 9% und 874 cm. Das Wochen¬
bett war normal, die Patientin konnte am dreissigsten Tage bequem
gehen. Im zweiten Falle betrug die Diagonale 8 Va cm, tlas A -
finanderweichen der Symphyse während der Extraction betrug
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
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6,5 cm; da das Ligamentum arcuatum nicht durchtrennt war, war
die Blutung sehr gering. Keine Störung der Harnentleerung, gute
Heilung. Leopold macht zum Schluss darauf aufmerksam, dass
es seiner Ansicht nach genügen dürfte, die Symphyse nur theil-
weise einzuschneiden und zu versuchen, oh die dadurch erzielte
Erweiterung genügt, um den Kopf iu das Becken hineinzudrticken.
In der Strassburger Umversitäts - Frauenklinik wurde von
Freund ebenfalls eine Symphyseotomie mit gutem Erfolge ausge¬
führt. Es handelte sich um eine Drittgebärende, bei der das zweite
Kind lebend durch eine Zangentraction gewonnen wurde, während
das erste Kind todt zur Welt kam. Die dritte Schwangerschaft
dauerte bereits drei Wochen über die Zeit. Nach sechstägiger Ge¬
burtsdauer, nachdem bereits vor zwei Tagen das Wasser abgeflossen
war, wurde die völlig erschöpfte Frau nach fünfstündiger Wagen¬
fahrt behufs Vornahme des Kaiserschnittes in die Klinik gebracht.
Conjugata diagonalis 10cm. Symphyseotomie am siebenten Tage nach
Wehenbeginn. Die Symphyse klafft nur 1 cm. Erst nach Durchschnei¬
dung des Ligamentum arcuatum tritt ein weites Klaffen ein. Sofort
nach der Spaltung wird die Symphysemvunde mit Gaze tamponirt
und ein Esmarch’scher Gummischlauch fest um das Becken ge¬
legt, um eine zu energische Dehnung des Beckens zu verhindern.
Der Kopf rückte sofort spontan bis auf den Beckenboden vor, wurde
hier durch den Ritgen’schen Handgriff entwickelt. Die Dauer
der Operation bis zur Beendigung der Geburt betrug kaum lo Mi¬
nuten. Das Kind wog 4000 g und war 51 cm lang, die Nähte
waren stark verknöchert, die Knochen nicht verschoben, D.bit. = 10
bip. = 11. Die Heilung erfolgte bis auf ein Hämatom der rechten
grossen Labie, welches vereiterte, gut. Für besonders wichtig hält
Müllerheim, der den Fall veröffentlicht, die Operation in diesem
Falle, weil einmal die Ausführung der Wendung infolge des lange
vorhergegangenen Wasserabflusses und der starken Cervixdehnung
contraindicirt war, w r eil ferner bei der Härte des Schädels zweifellos
eine Perforation des nachfolgenden Kopfes hätte vorgenommen
werden müssen, und endlich der Kaiserschnitt bei dem lange
dauernden Kreissen, dem häufigen Untersuchen, der fünfstündigen
Wagenfahrt zweifellos nicht mehr völlig aseptische Verhältnisse
vorgefunden hätte. Es ist demnach die Operation noch ausführbar
in Fällen, wo die Zeit für den Kaiserschnitt bereits versäumt ist.
Velitz (Pressburg) operirte an einer 21jährigen Drittgebären-
den. Erste Geburt: Perforation des lebenden Kindes; zweite Ge¬
burt: Perforation der abgestorbenen Frucht. Länge der Kreissenden
144 cm, Conjugata diagonalis 9,5. Kopf beweglich über dem Becken¬
eingang. querstehend, Muttermundslippen ödematös, Abgang von
Meconium. Da bei dem engen Becken keine Aussicht war, die bereits
asphyktische Frucht lebend durch Wendung oder hohe Zange zu
extrahiren, so wird die Symphyseotomie ausgeführt. Es wird das
Gelenk nur zu seinen oberen Dreivierteln durch geschnitten, nach
Anlegung der Breuss’schen Zange weicht indessen die Symphyse
unter einem hörbaren Ruck völlig auseinander und klafft bis auf 4 cm;
Extraction des Kopfes leicht, Naht der Weichtheile bis auf den
Knochen, elastische Gurtbinde. Gute Heilung, mächtige Callusbildung
in der Schamfuge; am 22ten Tage steht Patientin auf. Sicherer
Gang. Velitz meint, durch das nicht völlige Zerschneiden der
Symphyse die Verletzung des Ligamentum arcuatum, des Corpus
cavernosum und der Harnröhre besser vermeiden zu können, wenn
auch durch den Zug der Zange der untere Theil der Symphyse
ebenfalls zum Klaffen kommt.
Zweifel operirte in gleicher Weise eine Achtgebärende (nur
ein Kind — künstliche Frühgeburt — war lebend zur Welt ge¬
kommen). Conjugata diagonalis = 10. Wasserabfluss 36 Stunden vor¬
her. Kopf hoch, beweglich über dem Beckeneingang. Pfeilnaht quer.
Da die Wendung stets ungünstige Resultate ergeben hatte, so blieb
nur der Kaiserschnitt oder die Symphyseotomie übrig. Die Symphyse
klaffte so wenig, dass auch das Ligamentum arcuatum durchge¬
schnitten werden musste, worauf ein Klaffen von 6,5 cm unter den
Zangentractionen eintrat. Nach dem Durchschneiden des Ligamen¬
tum arcuatum entstand eine äusserst starke venöse Blutung, die zu¬
nächst durch Tamponade gestillt wurde. Das Kind kam tief asphyk-
tisch zur Welt, starb am vierten Tage an Pneumonie. Das Umlegen
des Gummischlauches, wie es Freund-Müllerheim empfohlen
hatten, war nicht durchführbar wegen fortwährenden Aufwärts¬
rutschens desselben. Während der Zangentraction mussten die
Assistenten die Trochanteren stützen. Zugleich standen die beiden
Symph. sacro-iliacae in höchster Gefahr, gesprengt zu werden. Sehr
schwierig war die Stillung der Blutung. Einige blutende Gefässe
hinter. dem unteren Symphysenrand waren nicht aufzufinden, so
dass eine tiefe Umstechung unter Leitung des in die Scheide ein¬
geführten Fingers und unter Gegendrücken desselben nöthig wurde;
ein in der Harnröhre beständig liegender Katheter schützte diese
vor dem Anstechen. Die Heilung erfolgte nach Umlegung eines
Beckengürtels in 19 Tagen. Besonders überraschend erschien
Zweifel die Thatsache, dass ein so enormes Auseinanderspannen
der beiden Ossa pubis möglich ist, ohne dass eine der beiden Symph.
sacro-iliacae zersprengt werde. Zweifel ist der Ansicht, dass, bei
starken Beckenverengungen und grossem Kinde eine Sprengung des
Hüft-Kreuzbeingelenks kaum zu vermeiden sein dürfte. Wie schwere
Verletzungen die Sprengung der Beckengelenke darstellen, zeigt
Zweifel an einem Fall seiner Klinik, bei welchem unter dem Zuge
der Tarnier’schen Zange die Symphysen zersprengt wurden und
bei dem erst nach langen Eiterungen nach circa sieben Monaten
Heilung und Gehfähigkeit wieder eintraten. Czempin (Berlin).
VUL Vereine und Congresse.
Den verehrl. Lesern unserer Wochenschrift beehren wir uns davon
Mütheilung m machen , dass die Vereinsberichte vom 1. April ab halb¬
monatlich in einer besonderen „ Vereinsbeilagc u veröffentlicht werden. Bed.
Berliner medicinische Gesellschaft.
(Originalbericht.)
Sitzung am 14. März 1894.
Vorsitzender: Herr Siegmund.
1. Herr Gluck (vor der Tagesordnung) demonstrirt ein Präparat von
Stroma bei perslstirender Thymusdrüse. Die 18jährige Patientin, die
vor einem Vierteljahre operirt wurde, litt an einem grossen Kropfe.
Pupillen leicht dilatirt, kräftige Herztöne, inspiratorischer Stridor, über
dem oberen Theile des Sternums deutliche Dämpfung. Es wurde die
Strumectomie gemacht, die rasch und ohne Zufälle von statten ging.
Acht Minuten nachher, nachdem Patientin schon den Operationstisch ver¬
lassen hatte, trat Cyanose mit starker Athemnoth auf, so dass zur
Tracheotomie geschritten werden musste. Einführung der langen König-
schen Canfile; nach sechs Stunden Exitus letalis. Die Section ergab, dass
durch die Operation keine Nebenverletzung gesetzt war; das Herz gesund,
linker Ventrikel etwas hypertrophirt, unter dem Sternum die persistirende
Thymusdrüse. Der tödtliche Ausgang ist in diesem Falle wohl auf eine
acute Schwellung der Thymusdrüse zurückzuführen, zu der die Operation
Veranlassung gegeben. Als Analogon ist auf einen Fall hinzuweisen, den
v. Recklinghausen publicirt hat. Ein Soldat starb suffocatorisch nach
dem Baden; die Section ergab in Bezug auf eine Organerkrankung ein
negatives Resultat, doch fand sich eine persistirende Thymus, die wahr¬
scheinlich infolge des Reizes durch das kalte Bad acut geschwellt und
dadurch zur Todesursche geworden war. Herr Gluck hatte unter dem
Mikroskope Präparate aufgestellt, die deutlich die Gewebsstructur der
Thymus, so besonders die geschichteten Körper, zeigen. Der Herr Vor¬
tragende meint, dass persistirende Thymus bei Kropf ein entgegen der
allgemeinen Annahme gar nicht so seltenes Vorkommniss sei; er stellt
eine Patientin vor, bei der nach der Strumectomie auch suffocatorische
Erscheinungen aufgetreten waren und wo die Persistenz der Thymus auch
sehr wahrscheinlich ist. Die Thymectomie ist eine an sich ganz gefahr¬
lose Operation ohne Nachtheile für das Allgemeinbefinden; ein vor einiger
Zeit derartig operirtes Kaninchen, das vorgeftthrt wird, befindet sich an¬
scheinend wohl.
Herr Mankiewicz: Ich fragte Herrn Prof. Gluck, ob er die üe-
bilde, welche er als geschichtete Körper der Thymusdrüse oben unter dem
Mikroskop aufgestellt hat, als Producte der regressiven Metamorphose
ohne jede weitere Bedeutung betrachtet, oder ob er denselben irgend
welche Rolle bei der Persistenz der Drüse zuweist. In der Prostata
finden sich bekanntlich sohr häufig solche geschichteten Concretionen, und
ich habe vor einigen Jahren an dieser Stelle bei Gelegenheit einer Dis-
cussion über die Prostatahypertrophie der Meinung Ausdruck gegeben,
dass es theoretisch wohl denkbar wäre, dass diese merkwürdigen Gebilde
— die zweifellos aus Zerfalisproducten der Zellen entstehen, über deren
physiologische Function und Bedeutung wir aber keine Kenntniss besitzen
— bei der Vergrösserung der Vorsteherdrüse eine Rolle spielen, Bei der
glandulären Form der Prostatahypertrophie finden sich diese Körper be¬
sonders zahlreich und gross, so dass der Gedanke nicht fern lieget, sie
wirken einestheils als Fremdkörper reizend und verlegen andemtheils die
Ausführungsgänge der Drüsenläppchen, so dass das Secret nicht entleert
werden kann; beide Wirkungen bedingen durch Secretretention und Ent¬
zündungserregung Reizzustände, Rundzellen und Plasmainfiltration, eigo
Vergrösserung des Organs. Ich frage nun, hat Herr Gluck bei dieser
Thymus irgend welche Momente gefunden, welche auf eine solche Wirkung
der Concretionen hinweisen, oder hält er dieselben nur für bedeutungslose
Gebilde der regressiven Metamorphose?
Herr Gluck ist nicht der Ansicht des Herrn Mankiewicz, er be¬
trachtet die geschichteten Körper als Producte der regressiven Meta¬
morphose und ohne Bedeutung für die Persistenz der Drüsen.
Herr Güterbock macht darauf aufmerksam, dass nach seinen
Sectionsresultaton die Persistenz der Thymusdrüse gar nicht eine so seltene
Erscheinung sei; er glaube sie in einem Viertel der Fälle constatirt zu haben.
— Herr Gluck stimmt dem zu. , . ,
2. Herr Sperling: Die therapeutische Bedeutung minimaler
galvanischer Ströme. Die Grundlage und Veranlassung zu seinem jetzi¬
gen Anschauungen gab dem Vortragenden folgender Fall: Ein Patient
mit ausgesprochener Tabes dorsalis, der schon längere Zeit mit starken
galvanischen Strömen erfolglos von Neurologen behandelt worden war,
trat vor drei Jahren in Herrn Sperling’s Behandlung. Es wurde eben¬
falls der galvanische Strom angewandt, aber von geringer Stärke, una
zwar wurde mit 3 Milliampere und 8 Minuten Sitzung begonnen, all¬
mählich aber auf 2 Milliampere bis schliesslich 0,5 Milliampere mit einer
Stromdichte von ^ und einer Dauer von nur 1 Minute heruntergegangen.
Mit letzterer Stärke wurden 21 Sitzungen abgehalten, die zu einer bedeutenden
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*22. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
subjectiven Besserung führten. Nach diesem günstigen Erfolge hat der Vor
tragende zahlreiche Patienten seiner Poliklinik mit dem genannten schwachen
Strome behandelt und ist, da augenscheinlich die Leistungsfälligkeit mit der
zunehmenden Schwäche des Stromes stieg, schliesslich bis auf 0 1 Milli
Ä e . he ™ 1 , to >««g“ 1 n g e “- Er verfügt jetzt über ein Material’ von 82
woMbeobachteten Fallen (über 57 sind in seinem Handbuche der Elektro-
therapie berichtet worden), Neurastheniker, Tabiker u s w bei denen
die Heilerfolge erstaunlich seien; bei einzelnen Krankheiten, so z B bei
Epilepsie, sei die Methode erfolglos. Herr Sperling versucht dann in
Utagerer Ausführung eine Theorie dieser durch die Praxis gewonnenen
Erfahrungen zu geben. Die sogenannten functioneilen Nervenkrankheiten
eine Bezeichnung, bei der man sich nichts denken könne, hält er für
krankhaft veränderte Molecularbewegungen, für die der schwache galva¬
nische Strom ein adäquater Reiz sei, der somit causal, nicht symptoma¬
tisch wirke, während starke Ströme einen oft schädlichen Reiz in den
Geweben hervomefen.
Herr Mendel: Wenn die Ausführungen des Herrn Sperling un¬
widersprochen m die medicinische Presse übergingen, würde es den An¬
schein erwecken, als ob sie in dieser Gesellschaft getheilt worden wären
Jur uni dem qui tacet, consentire videtur entgegenzutreten, ergreife ich
das Wort. Herrn Sperling’s Tabiker, welcher den Ausgangspunkt seiner
Beobachtungen bildete, ist etwas besser geworden, je schwächer dio
btröme wurden, welche hei ihm angewendet wurden. Vielleicht wäre sein
Zustand noch besser, wenn er gar nicht elektrisirt worden wäre Wir
wissen ja, dass die Tabes bei den verschiedensten Behandlungen und
auch ohne jede Behandlung Stillstand macht und Besserung de? subiec-
tiven Beschwerden zeigt. Die Beobachtungen des Herrn Sperling sind
durchaus nicht irgendwie beweisend. Wir haben an dieser Stelle im
Lanfe der Jahre so viele neue Heilmittel empfehlen hören, wie viel ist
davon ubng geblieben? Es scheint mir bei der Beobachtung der Erfolge
?V ft und za , seh F die Gcmüthsstimmung des Autors mitgewirkt zu
Znr B P£ r a rfi f n7 elC ^ e ? er S S ?T e r. r ! lng seIbst aufm erksam gemacht hat.
Zur Begründung der heilenden Wirkung solcher Mittel bedarf es anderer
Beweise, als sie Herr Sperling beigebracht hat.
fti,;„ Herr l Remak halt .^e Mittheilungen eigentlich nicht für discussions-
auch . wena sie m dem abgelesenen Elaborat mit mystischen Er-
Ä en ei n es , ? dae j* ua * en Reizes nur immer derselben minimalen Strom-
fljchte bei allerlei Affectionen versehen seien. Wenn Herr Sperling es
, 0 ° b S l in ,J rfolg der Su ggestion zugeschrieben wird,
tLll p - 7 die wissenschaftliche Betrachtung unzulässig und in prak-
Ü Th iehUDg , ZU befürchten ’ dass sie «ich für einen weniger über-
Sv e T ten , 6““ verflüchtigen werde. Gerade diese Angaben
alle ihr<» UI T( ,Z ? sehr den Angriffen auf die Elektrotherapie Vorschub, dass
über cif LrfoJge nur der Suggestion zuzuschreiben seien. Demgegen-
eine . fe , s . tzuha J ten v dass namentlich die Galvanotherapie sich
dureb StelI “g durch mehr als ein Menschenalter behauptet habe
refleefnS \ 1SSe r< UDmitte bare ’ name ntlich schmerzstillende, zur Lösung
JSfl Contracturen wirksame und hei geeigneter Anwendung
rR?u»; 1StDngen ’7 elche letztere er sich bemüht Babe, kürzlich
diesen Wirir Uähmi?I1 f eil L de £ N ' radialis wieder sicher zu stellen. Zu
sioloffisrb «SÄ 611 aber Stromdichten erforderlich, welche noch phy-
Fidlen nfltuntir bar h EffeCt6 i, her v eif cf iren ' Dass übri g ens in geeigneten
wSt hp= te J be i ÜS -° s ? hwacbe Ströme, wie sie Herr Sperling an-
Siimesn ®n°M erS bei ,schweren Neuralgieen, namentlich auch in den
vösen Frmf ^ CUS ^ 1CUS ) auch mit Differenzen der Polwirkung, bei ner-
IX^2? C ä ie " ei, ’^ Kop . fd,,u ^ Schwindel u. s. w. besser vertragen
samer sind au + C ^ ? leist mcbt causa1, 90 doch symptomatisch wirk-
dÄi; 1 ^ St bekarmt ,. uad , wie Herr Remak noch zum Schluss
seiner FloVfr n eiaer persönlichen Bemerkung hervorhebt, von ihm in
roreehoben wT Ple n d l ule “ bllr §,' 3 Encyklopädie ausdrücklich her-
Cumpendiiuü Jt tearbetaT Sperhng Gelegenheit hatt «. d:ls Pierson’sche
™. den therapeutischen Erfolgen des
MesSeetahln a, i cb dle Theorie von der Molecularbewegung für
die iIolecularbpw«m er au ^ emea Pnnht müsse er doch aufmerksam machen:
doch in dreifarh«?^? 6 - 11 kö ^ nte _ n bei iunctionellen Störungen im Nerven
tung oder in nmlv w 6 stattfinden, entweder in gewöhnlicher Rich-
Da sei doch Sf ekebrter ^Btung oder mit pathologischer Schwäche,
.pathologische^7, ein und derselbe Strom für alle jene
He 0 Z ^ de g 61ch heüsam sein könne.
sehwache'ffalvanic/!!, 6 ^ c*. « at * n £ ee iS net scheinenden Fällen ebenfalls sehr
friedensfcellendrRoc.V^ 111 ? an ^ e wandt und in den meisten Fällen zu-
wenn die Elektrndpn ^if erhalten. Die gleichen Erfolge traten aber auf,
Theorie, doch oh - ne Str01 ? 1 gesetzt wurden. Die Molecnlar-
Jahren von andorn^A 1 * * eme une jwiesene Hypothese, sei schon vor vielen
einer Abhandhinrr-T 61 ^ au ^ gesteRfc worden; so habe auch er selbst
lichunpn des Herrn Sperlfng^ bescbäfti&t '’ lan £ e vor den Veröffent-
sehanungen^Q-^ ^y uS8W0rt d f® Vortragenden, in dem er seine An-
Ät eini R^S^ 611 ^® nüber zu vertreten sucht.
e persönlicher Bemerkungen schliesst die Discussion.
• _ Max Salomon.
279
Oreifevralder medicinischer Verein.
Sitzung am 6. Januar 1894.
haiu. endar - Herr Strfibing; Schriftführer: Herr Heiden-
(Der VortolA?j!i : ■ Ue ! , . er Lebensdauer der DiphtheriebaciUen.
w Woohensohrift veröffentlicht werden.)
BehfnibZ, J b h - I h W,U 2“' wemge Worte üb6r die elektrische
k - g6 ™ ee ? Erkrankungen des Darmtraotus im
pr, 6UUgen V 1 h i esi S«>> Universitätskrankenlxaus be-
5“^“Jatmnten gemachte Erfahrungen gestatten. Von funda-
r l ^ #r , Bedeutung und weitgehendem Interesse für die Kenn tnis,
der Wirkung der Elektricitat auf den Vordauungstractus war “er
™“ Z '' em K a8 ®" ^penment am Hunde erbrachte Beweis
dass durch die Einleitung eines kräftigen faradischen oder oonstanl
,™ dur J b d >e Magenwand Secretion von Magensaft erfolgt
und dieselbe erheblich gesteigert werden kann. Im Jahre 1870
Z Finkt!nftof 6 “ Hcüerfoige bei Obstipation vermittels
der Elektricitat von Benedikt mitgetheilt, der mit einem starken
Inductionsstrom, dessen eine Elektrode auf der Lumbalgegend
dessen andere auf der Bauch wand ruhte, überraschende Erfolge
erzmlt haben woHte. Etwas anders verfuhr Mario Gommi der
eine Elektrode in’s Rectum einführte, die andere auf die äusseren
Hauchdecken aufsetzte; er erzielte so in einem besonders hart¬
näckigen Fälle von Obstipation Heilung, die durch innerliche Medi-
cation nicht erreicht werden konnte. Constadt empfahl die Gal¬
vanisation des Magens und führte dabei die eine Elektrode in den
Oesophagus, die andere setzte er auf die Magengegend. Dasselbe
versuchte Duchenne mit dem faradischen Strom. Später wurden
mehrfache Versuche, die Elektricitat zur Heilung von Magenerkran-
kungen, besonders bei Atonie und Gastrectasie, zu verwenden
von Fürstner, ferner von Oka und Harada vorgenommen. Die
Application w r ar äusserlich,
Förderer der sich allmählich ausbildenden inneren Applica-
tionen waren besonders v. Ziemssen und Kussmaul. Letzterer
wandte sie hauptsächlich bei Magenectasieen und bei der in ihrem
Gefolge auftretenden hartnäckigen Obstipation an. Er benutzte
den faradischen Strom in folgender Weise. Die eine Elektrode
wurde in den mit Wasser gefüllten Magen eingeführt, die andere
aussen auf die Bauchwand aufgesetzt. Trotzdem die Erfolge im
allgemeinen günstige waren, sah er in mehreren Fällen drei bis
vier Stunden nach der Faradisation Schwindelanfälle auftreten und
mahnt deshalb zur grössten Vorsicht. Die übrigen Arbeiten über
diesen Gegenstand will ich übergehen und nur noch die interessan¬
ten Versuche Schillbach’s (Virchow’s Archiv Bd. 109) über den
Einfluss der Elektricitat auf den Darm erwähnen. Er hält den
galvanischen Strom für wirksamer als den faradischen. Er führto
die eine Elektrode in das Rectum, die andere applicirte er auf das
Abdomen. Jede Sitzung dauerte 10—15 Minuten. Nach der fara¬
dischen Reizung erfolgte der Stuhlgang später als nach der gal¬
vanischen. Letztere wurde immer in der Weise ausgeführt, dass die
Kathode im Rectum, die Anode auf den Bauchdecken sich befand.
Er leitete bei 15 Personen, die mit hartnäckiger Obstipation be¬
haftet waren, das elektrische Verfahren ein. Seine Erfolge theilt
er in drei Gruppen. Die erste Gruppe bildeten zwei Kranke, bei
denen überhaupt kein Effect erzielt wurde, wahrscheinlich, weil die
Obstipation dureh schwere andere Erkrankungen bedingt war.
In die zweite Gruppe- fiel die Mehrzahl seiner Fälle. Die
Elektricitat lieferte einen durchschlagenden Erfolg ohne Gebrauch
von Abführmitteln, nur überdauerte dieses günstige Resultat die
Cur nur um einige Tage bis wenige Wochen, dann bildete sich allmäh¬
lich wieder die Obstipation heraus. In die dritte Gruppe endlich
mussten vier Kranke gezählt werden, bei denen sich nach herbei¬
geführtem Stuhlgang selbst Jahr nach Beendigung der Behand¬
lung die Obstipation nicht wieder eingestellt hatte, Fälle, die also
als geheilt angesehen werden konnten. Der Stuhlgang trat erst
nach der dritten bis vierten Sitzung ein, und zwar zu verschiedener
Zeit, 5—20 Stunden nach dem Elektrisiren; allmählich rückte dann
die Zeit des Stuhlgangs näher an die Zeit des Eiektrisirens heran,
und die Defäcation erfolgte dann meist zwei bis drei Stunden später.
Von Wichtigkeit ist hierbei die Consistenz des Stuhlganges; wäh¬
rend die Patienten geklagt hatten, dass selbst nach dem Gebrauch,
starker Abführmittel der Koth hart und trocken gewesen sei, zeigten
die durch Elektricitat herbeigeführten Stuhlgänge eine weichere
mehr breiige Beschaffenheit.
Dies sind in kurzen Zügen die hauptsächlichsten Arbeiten, die
ich über den betreffenden Gegenstand auffinden konnte. Ich bin
nicht etwa in der Lage, diesem wesentlich Neues hinzuzufügen,
sondern mein Zweck sollte sein, diese fast ganz in Vergessenheit
gerathene Behandlungsweise wieder in Erinnerung zu bringen.
Berichten kann ich über drei Fälle, in denen die intraventriculäre
Application des faradischen Stromes mit mehr oder weniger gün¬
stigem Erfolge vorgenommen wurde. Das Verfahren war dabei
folgendes: In einen gewöhnlichen Magenschlauch wurde eine Lei¬
tungsschnur so eingeführt, dass der das Ende bildende Kupferdraht
den Augen des Magenschlauches gegenüberstand. Um nun die
Leitung herzustellen, musste Patient stets vor Einführen des Magen-
schlauches ein Glas Wasser trinken. Die andere Elektrode wurde
auf den Damm, resp. auf die Bauchdecken gesetzt, in welchem letz-
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280
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
teren Falle die Entleerung der Fäcalien wohl auch noch durch
Erregung von Contractionen seitens der Bauchpresse begünstigt
wurde. Die Einführung des armirten Magenschlauches ist ja ein¬
fach. Bei Durchleiten des mittelstarken Stromes entstehen keine
grossen Beschwerden; zwei Patienten geben an, sie spürten wenig
oder gar nichts, einer behauptete Kneifen im Bauche zu bekommen.
Die Stuhlentleerung erfolgte nach Vornahme der Faradisation (ge¬
wöhnlich zwischen fünf bis sieben) Abends, in der Nacht oder
Morgens.
Fal 11. Im ersten Falle hatten wir es mit dem 54 Jahre alten Fleischer B.
zu thun, der seit einem Jahre an Druck in der Magengegend, Appetit¬
losigkeit und Stuhlverstopfung litt. Derselbe bot die Zeichen einer chro¬
nischen Gastritis mit Obstipation ohne nachweisbare Magenectasic. Nach¬
dem er 14 Tage mit Bismuth, Karlsbader Salz und entsprechender Diät
behandelt war, fühlte er sich so wohl, dass er das Krankenhaus verliess.
Doch schon nach noch nicht voll drei Wochen kam er mit seinen alten
Beschwerden wieder. Wir kamen nun auf den Gedanken, ob nicht eine
Atonie der Darmmuskulatur vielleicht die Ursache seiner Obstipation und
damit auch seiner hauptsächlichsten Beschwerden sei. Am ersten Tage
wurde die Faradisation nur äusscrlich vorgenommen, vom folgenden Tage
an wurde eine Elektrode auf die oben angegebene Weise in den Magen
eingeführt. Abends wurde faradisirt, Morgens erfolgte gewöhnlich Stuhl¬
gang. Am Abend des zweiten Tages wurde ein stärkerer Strom versucht.
Ob es nun hierin lag oder ob zufällig eine andere Ursache mitwirkte, in
der Nacht traten mehrere breiige Stuhlgänge auf. Patient befand sich
16 Tage im Krankenhause und wurde, da er die letzten Tage ohne Fara¬
disation spontan Stuhlang hatte, als geheilt entlassen. Ein halbes Jahr
später hatte ich Gelegenheit, ihn wiederzusehen. Er w*ar ganz gesund,
und bis dahin war die Obstipation nicht wiedergekehrt.
Fall 2. Der zweite Fall kam fast ein Jahr später zur Beobachtung. Es
handelte sich um denselben Befund, nur waren noch hochgradige nervöse
Symptome vorhanden. Die Behandlung dauerte in diesem Falle 28 Tage,
und musste in den ersten acht Tagen neben der Faradisation zweimal
Ricinus gegeben werden. Ob in diesem Falle die erzielte Heilung dauernd
geblieben ist, konnte nicht festgestellt werden.
Fall 3. Der dritte Fall betraf einen 20jährigen Maler, der ebenfalls
wegen chronischer Gastritis aufgenommen wurde. Die Obstipation hielt bis¬
weilen vier bis fünf Tage an. Derselbe wurde ebenfalls faradisirt, doch mit ge¬
ringem Erfolge. Während der Zeit, in welcher er faradisirt wurde, erfolgt«
auf kleinere Gaben von Karlsbader Salz Stuhlgang, was früher nicht der
Fall gewesen war. Ein vollständiger Erfolg konnte aber trotz nebenher
angewandter Faradisation und Massage der Bauchdecken nicht erzielt
werden.
Leider waren wir nicht in der Lage, die nöthige Anzahl von
Fällen zu bekommen, um diese Versuche in grösserem Maassstabe
fortzusetzen, immerhin sehen wir daraus doch, dass es Fälle von
Obstipation giebt, die mit Hülfe der Elektricität leicht zu beseiti¬
gen sind, während auf andere Art dies Ziel kaum zu erreichen ist.
3. Herr v. Preusehen setzt seinen in der vorigen Sitzung
begonnenen Vortrag über Läsion der Centralorgane bei der
Geburt als Ursache der Melaena neonatorum fort.
Schlesische Gesellschaft für Vaterländische Cultur
in Breslan.
Medicinische Section.
Sitzung am 24. November 1893.
1. Herr Methner stellt im Anschluss an die Veröffentlichun
gen von Ferdinand Bähr drei Fälle von Compressionsbrüchei
des Fersenbeines vor.
Fall 1. G. B. Vogt, 49 Jahre alt, verunglückte am 5. Februar 1891
durch Sturz, aufrecht auf die Füsse, aus einer Höhe von 10 Metern. Gegen
wärtiger Befund: Der rechte Fuss steht in leichter Supinationsstellung
der Ballen der grossen Zehe berührt nicht den Boden; die Ferse weicht
von hinten betrachtet, nach innen ab, und zwar in einem höheren Gradi
als es der leichten Supinationsstellung des Fusses entsprechen würde
Der Fersenbcmkörper unterhalb und vor den Malleolen ist stark verbrei
tert. Die Malleolen selbst sind gut conturirt und ihre Distanz kaum ver
grössert. {t /* cm rechts: 7 cm links.) Unter dem äusseren Knöche
fandet sich in der Längsrichtung des Fersenbeines eine durch Dislocatioi
von Knochenfragmenten und Callusmassen bedingte Knochenleiste. Ii
der Gegend zwischen den Malleolen und der Achillessehne sind Callus
bildungen vorhanden, welche dem Fersenbeine angehören. Die seitlichei
Bewegungen im Talocruralgelenk sind vollständig aufgehoben. Die Flexions
bewegungen nahezu in vollem Umfange möglich. B. klagt noch übei
Schmerzen unterhalb des Malleolus externus. Diagnose: Fractura calcauei
hallw. K. W., Aufseher, 60 Jahre alt, verunglückte am 28 . Juli 1893
indem er von einer Leiter, welche umfiel, aus einer Höho von 1—l‘/ a Motei
/jufrecht. auf die Füsse zu stehen. Gegenwärtige]
Befund: Die Knöcheldistanz ist am rechten Fusse 1 cm grösser als an
l^ n «c C ^f er n 6 £ US \ Qt ®T s ist > sagittaler Richtung um nahezu 1 cn
vergrössert. Das Fussskelet ist direkt vor den Malleolen und unterhall
n U ^ Ch Cd j U 5 mas f en verbrei tert. In der Gegend zwischen der
Srn Ma ?° A en n Und der Achülessehne > und zwar in Höhe der Malleolen
t n ,’ ? lnd Auf !^erungen von Callusmassen zu palpiren, welche den
1 f? eböron -, Der F ersenbeinhöcker hat normale Gestalt. Dei
- h /^ el n lst , I 1111 J. cm verkürzt. Massiger Plattfuss. Das Fussge.
ma l b eoli S inteS flaCht ' Diagnose: Fractura calcanoi, fractura tali, fractun
Fall 3. H. K., Maurer, 36 Jahre alt, verunglückte am 9. Mai 1893 durch
Sturz aus einer Höhe von 7 Metern und kam aufrecht auf beide Füsse
zu stehen. Die Knöcheldistanz ist an beiden Füssen vergrössert (rechts
7,6 cm, links 7,2 cm). Am rechten wie am linken Fusse sind beide
Malleolen aufgetrieben (rechtes Knöchelgelenk 29 cm, linkes 28 cm). Der
Körper des rechten Fersenbeines ist deutlich verbreitert. Es besteht ein
massiger Grad von Plattfuss mit Valgussteilung. Der Fussrücken ist ab¬
geflacht. Die seitlichen Bewegungen im Sprunggelenk sind völlig aufge¬
hoben. Die Flexionsbewegungen erheblich beschränkt. Diagnose: Frac¬
tura calcanei, fractura tali, fractura malleolorum.
Der linke Fuss ist besser gestellt; die Gruben zwischen den Malle¬
olen und der Achillessehne sind durch Knochenauflagerungen, welche dem
Fersenbeine angehöron, zum Theil ausgefüllt. Der Fersenbeinhöcker zeigt
normale Gestalt. Die seitlichen Bewegungen des Sprunggelenkes sind
gleichfalls völlig aufgehoben. Die Flexionsbewegungen etwas freier als
rechts. Diagnose: Fractura calcanei. fractura malleolorum.
Der Vortragende ist der Ansicht, dass diejenigen Fersenbein¬
brüche, welche durch einen Sturz aufrecht auf die Füsse zustande
kommen, wie in den demonstrirten Fällen, vorwiegend den Körper
des Fersenbeins betreffen und sich als Compressionsbrüche charak-
terisiren, während die Rissfracturen meist als Querbrüche des
Fersenbeinhöckers beschrieben worden sind. Bei dem Sturz auf¬
recht auf die Füsse wirkt die Gewalt zunächst als ein Druck von
oben, welcher das Fussgewölbe in der Weise einzubrechen sucht,
dass das Fussskelet gestreckt wird. Dies wird indessen durch die
Wirkung der starken Plantarfascie verhindert, so dass die von oben
wirkende Kraft in zwei Componenten zerlegt wird, von denen die
eine in die Richtung des Vorderfusses, die andere in die Richtung
des Fersenbeines fällt. Diejenige Componente, welche in der Rich¬
tung des Fersenbeines liegt, ist die steilere und daher wirksamere;
unter ihrem Einflüsse wird das Fersenbein in seiner Längsrichtung
zusammengedrückt, resp. der Körper gegen den Fersenbeinhöcker
verschoben.
Fracturen der Malleolen und des Talus sind häufige Begleit¬
erscheinungen der Fersenbeinbrüche. Die complicirte Luxation des
Fusses nach hinten hat der Vortragende in zwei Fällen mit Cal-
caneusfractur auftreten sehen.
2. Herr E. Fraenkel: Demonstration eines über mannes-
kopfgrossen, diffusen, interstitiellen Uterusmyoms nebst Be¬
merkungen über die Myomotomie mit intraperitonealer Stiel¬
behandlung.
Das Präparat stammt von einer 37jährigen Frau, die zwei Entbin¬
dungen durchgemacht hat, die letzte vor acht Jahren. Die Entwickelung
des Tumors wurde seit vier Jahren bemerkt; in der letzten Zeit wuchs
derselbe sehr rasch, reichte schliesslich bis ins Epigastriumi und machte
durch starke Blutungen und durch Druckerscheinungen die Operation
nöthig. Der Vortragende verfuhr hierbei genau nach der von Leopold
(Arch. f. Gynäk. Bd. 43, Heft I) geschilderten Methode und fand die da¬
selbst hervorgehobenen Vorzüge seiner Art der intraperitonealen Stiel¬
versorgung: sichere Blutstillung und Fernhaltung von etwa durch den
Stumpf in die Bauchhöhle eindringenden Mikroorganismen, vollinhaltlich
bestätigt. Zur Erreichung einer gesicherten Fernhaltung von Organismen
hat Vortragender bei dem Tumor, der die Ligamenta lata breit entfaltet und
sich tief ins kleine Becken hinein entwickelt hatte, nach Anlegung der
elastischen Ligatur und Absetzung der Geschwulst den alsdann noch
zwei Mannesarme dicken Collumstumpf durch Ausschälung von Mj T om-
knoten oberhalb und unterhalb des Gummischlauches derartig verkleinert,
dass er kaum zwei Daumen dick blieb und alsdann durch zwei Quer¬
ligaturen der erüffneto Cervicalcanal fest zusammengeschnürt werden konnte.
Die Querumstechung der Artemae uterinae erfolgte seitlich oberhalb der
elastischen Ligatur, alsdann die Ueberkleidung des Stumpfes mit vorher
abpräparirten Peritonealmanchetten und Vemähung derselben von vom
nach hinten unter leichtem Mitfassen des Collumstumpfes und Einkrem-
pelung der Serosariinder. Nach Entfernung des Schlauches waren nur noch
wenige Umstechungsnähte zur vollkommenen Blutstillung nöthig. Bei
der Besichtigung des versenkten Stumpfes zeigte sich derselbe so kurz
und wenig umfangreich, dass man ihn kaum mit der Portio vaginalis.
media Schröder’s bei einem normal grossen Uterus vergleichen konnte.
Dem Effect nach ist das Zurücklassen eines so minimalen Collumstumpfes
gleich zu setzen der Totalexstirpation des myomatösen Uterus. Dies be¬
wies auch der Heilungsverlauf, der ebenso ideal war, wie er es nur bei
der Totalexstirpation sein kann. Vom dritten Tage an wurde genau wie
bei normalem Wochcnbettverlauf eine physiologische Pulsverlangsamung
(52—60) beobachtet, w’ährend vor der Operation 70—80 Pulsschläge in
der Minute constatirt worden waren.
Der Vortragende bespricht die Theorieen der physiologischen
Pulsverlangsamung im Wochenbett, die sich auch auf diesen Fall
der Exstirpation eines sehr grossen und schweren Unterleibstumors
anwenden lassen. Er schildert ferner die Wandlungen, welche die
Stielbehandlung bei Myomotomieen gleich derjenigen bei Ovario-
tomieen durchgemacht hat, und weist darauf hin, dass schon 1879
auf der Badener Naturforscherversammlung* Czerny die intraperi¬
toneale Stielversorgung als die anzustrebende ideale Methode auch
bei Myomotomieen proclamirt habe. Wenn man nun auch indivi-
dualisiren müsse und für manche Fälle die Totalexstirpation, va¬
ginal oder per laparotomiam, das richtige, für andere wieder die
extraperitoneale Stielversorgung geboten sei, so sei die allgemeine
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
22. März.
Anwendung der letzteren doch nur ein jetzt überwundenes Ueber-
gangsstadium gewesen. Der Vortragende demonstrirt schliesslich
das noch einfachere von Hunter Kobb beschriebene Abschnfl-
nings- und Versenkungsverfahren, welches unter Weglassung des
Gummischlauches und ohne Schonung des Ccrvicalcanals denselben
aut zwei starken Seidenfädon quer umsticht und den CoUumcanal
mit einer auf und in den Stumpf verlaufenden Circular- oder
Quadraugularnaht zusammenschnürt, ein Verfahren das ganz
analog ist der jetzt bei Ovariotomieen üblichen Stielbehandlung
Der Vortragende bezweifelt jedoch, ob dieses, allerdings sehr einfache
\ erfahreni bei so grossen Myomen, wie dem von ihm demoiistrirten,
welches die Beckenhohle und das Ligamentum latum ausfüllte
anwendbar sein würde. Jedenfalls hat sich ihm das Leopold’sche
Verfahren bei diesem schwierigen Falle ausserordentlich bewährt
<i. Herr Müller: a) Demonstration eines Falles (aus dem
Augusts-Hospital des Herrn Sanitäts-Rath Janicke) von anee-
borenem Hoohstand der rechten Sohulter bei einem acht-
jähngen Mädchen. Die Verschiebung nach oben beträgt fast 6 cm
so dass die rechte Spina scapulae in der Hohe des sechsten Hals-
wirbels steht. Damit ist auch das ganze Schultergelenk nach
oben disloeirt Am Schulterblatt selbst keine Veränderung. Musculus
trapezius und levator scapulae sind entsprechend verkürzt, iedoch
so gut entwickelt, dass ihre Function gleich gut wie linkerseits
ist, ebenso kein Unterschied m der Gebrauchsfähigkeit der Arme
Die Wirbelsäule ist nicht verkrümmt, auch lässt sich keine Asvm-
metne der beiden Gesichtshälften constatircn.
b) Demonstration eines Falles von Saroom der Diploe der
Schadelknoohen, der durch den langsamen, relativ gutartigen
verlauf interessant ist und dadurch, dass mit der Zeit der Schädel-
K“ 1 V ehr »“gedehntem Maasse geschwunden ist. Dem
Thff 1 !“ 1 M \? e fehl J t dla grdssere HäIfte des Stirnbeines und
1 heile des rechten und hnken Scheitelbeines: daselbst ist das Ge-
hm lediglich von WeichtheUen bedeckt. Vor zehn Jahren wurde
Sw T ü mor T Reichte Pulsation) operativ entfernt: in den
p Se -^ S J ? T hr< l n 111 , regelmässigen Zwischenräumen vier-
WnZ ,m7 dl I' * Nach “f hr a l? dreijährigem Wohlbefinden ein
muftes und jetzt em sechstes Recidiv. Die Heilung ging stets
in wenigen Wochen prompt vor sich. Einziges Symptom f Kopf-
kroskorisnhe 1 TT t d ° r T J™ 0r gTösser a]s hühnereigross wurde. Mi¬
kroskopische Untersuchung: gross-rundzelliges Alveolarsarcom.
farbit' n w;JL aU J erB ” er (Berlin) aIs Gast: Demonstration
OewS 1 ^^ ^ a ? hbü dungen von Präparaten ans dem
Stote ^ BChen Anatoml e. Chirurgie und Laryn-
mtSt!'i?a em der Vortragende die Bedeutung des Ansehauungs-
dio^rechiede^ r il?^ra SChen Wissenscba ft hervorgehoben lid
awreeehe? w der , 0 . u “ an sich 2U diesem Zwecke bedient,
hat ’ b ! t u onfc er die Vorzüge der farbig-plastischen Re-
Gemn S ttnde g rt g T b?r . fläohenhaf ‘« a Abbildung körperlicher
wif z B Hnr d n r n , eme , der vielen graphischen Vorstellungsmethoden,
Plastischen Bolz f bmtt ' Photographie, Buntdruck. Die farbig^
Ausführung ein werth-
Ersatz fflr h;„ ^?J ur , den Unterricht dar und bieten geradezu einen
ife\u d p„™ h ! 0nde “ üjitiii'üchen Präparate, soweit es sich um
steht der nmlrtie , und Darben Verhältnisse handelt. Allgemein be-
viel w „i„Z abtlsC j. e . Vor | icl derselben darin, dass sie — gleich-
GcgensaU ra dm'T*^ w t Speoialgebiet s!e entstammen - im
ßcheiuunrren am^h ll *f er < ? atur Dacb sc hnell vergänglichen Er-
weniger l 0bje ® t ®’ die immer nur einen mehr oder
darbieten Sie rwi" b lC a- ge f f tetten ’ stabile und « b jective Bilder
und demselben m?*?® dl ® Mögllchkeit . etwaige später an ein
fortschrStei „ n de ? b Ä ““gefetene Veränderungen, das Weiter-
gleiche zwischen daS Zuruckgehen eines Krankheitsprocesses, Ver-
S» und späteren Stadium der Er-
Im weitfren hebt Vn S i tatlreil s Jf;derzeit demonstriren zu können,
matisch d ?e tv„is!i tr T, nder . herTOr - dass er strebt «i. syste-
*. B. des Kehlkonfes en dS'M ankUnge “ ® in und desselben Organs,
solche Modelle zum’ v .“-T" 8 t u ' 8 ; darzustellen, insofern
gezeichnetes Lehrmitf l T i nebeneinander gehalten ein aus-
minder wichtig nnd inter -
zubilden, und es emnf»w e ° baC i. hte ^ ^heinungen plastisch nach-
man die Orivinalnro b ®* S1 °h, allmählich in gleicher Weise, wie
iuvbig-plastischen Nsnhh-fa® aufbewabrt , auch Sammlungen von
charakteristische 1 s , olcber Objecte, bei denen es auf
legen. onn " und Farben Verhältnisse ankommt, anzu-
ßemonstratio^szw^ntß^"^^ 8 ^ 86 ! 161 * Präparate für Unterrichts- und
gesetzten Bemühnn^l ^ erde Ar In \ raer mehr anerkannt. Den fort-
dem gesammten Gebfeto derarti £° Modelle aus
weitere medicinischfi^r^ Pat j 10 J. 0 ^ ie darzustellen, sei es gelungen,
Methode von fräna«? V uf dle farbi g-plastische Nachbildungs-
2 ahl klinischer ? aufme F ksam zu machen, so dass eine An-
BUtute, sowie Krankenhäuser und Privatärzte,
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
__281
welche das ihnen zu Gebote stehende Krankenmaterial wissenschaft-
Uch verwerthen geeignete Fälle Vortragendem zur plastischen Dar-
Stellung übergeben. Eine Collection solcher von demselben im
pathologisch-anatomischen Institut zu Berlin angefertigter XstL
sehen Präparate wurde auch seitens der Regierung auf die vom
^ n rhT^ lltSmlniSte rTw gele f €ntlich der diesjährigen Weltausstellung
weseÄchf“ Ausstellung des deutschen Unterrichts-
? ierauf S ^dert der Vortragende die Herstellungsweise der
von ihm \ orgelegten Präparate und demonstrirt zum Schluss die¬
selben unter eingehender Besprechung der Krankheitserscheinungen
welche an ihnen zu beobachten sind. Es waren folgende Präparate:
a _ Pvzi« ag0 r« eiaer El ? u faustgrossem, eiterig zerfallenem Carcinom
am Pylonis. Carcinomatös infiltnrte Mesenterialdrüsen
2. Mast dar m carcinom eines 56 jährigen Mannes
Tnfnl™ ,u h6 jl f 6me xT 5 , 2j i h , n > n ? rau mifc syphilitischer Erkrankung.
e ^* ^?r b ®ubddiing ist der ganze rechte Theil des rechten
eme einzige Narbe zusammengezogen, so dass die Gallon-
T pW P 016 rGCh J e rücken musste. Sie sitzt gleichsam neben der
Leber. Compensatonsch ist eine Hyperplasie des medialen Theiles des
rechten und des ganzen hnken Leberlappens eingetreten.
Constitution^” 11 flockiger fibrin9sw Verdickung der Kapsel infolge Syphilis
5. Kehlkopf einer 52jährigen Frau (vergl. No. 3). Totaler Verlust
der Epi^ottis infolge von Syphilis. Zungengrund atrophisch und glatt,
^ 6 “*k 0 p f mit Phlegmone des Larynxeinganges. Die eitrige In-
filtraüon grenzt sich scharf unterhalb der Stimmbänder ab.
* n5! hl a° P t Luftröhre mit Ulcerationen infolge Tuberku-
Manne° d der E P^ lottls und der Stimmbänder. Von einem 69 jährigen
• ,, 8- v?? blk ?P* Ulcerationen infolge von Tuberkulose. Defect der
halben Epiglottis. Die L lcerationen greifen auf den Oesophagus über.
Von emem 32jährigen Manne. ^
FnJrrWf^ 6 ^ 1 ! 011 / iH nd El jf trö . hre - Vereinzelte Ulcerationen auf der
Taschenbandes berkU ÖSe Infiltratlon der TrÄ chea. Oedem des recliten
10. Kehlkopf mit Polyp am rechten Stimmband.
n - Hand eines vier Wochen alten Kindes mit Fibroma pendulum
an der Grundphalanx des kleinen Fingers.
■ ^ aad eines sechsjährigen Knaben. Der Ringfinger ist im Gelenk
zwischen erster und zweiter Phalange infolge von Narbencontraction, die
nach Operation wegen Knochentuberkulose eingetreten war, vollkommen
rechtwinklig abgeknickt, so dass er quer über der Dorsalseite der Grund¬
phalanx des kleinen Fingers liegt, welcho er um ca. 1 cm über den Rand
der Jüand hinaus nach aussen überragt.
5. Herr Jadassohn stellt a) den Fall von Tuberculosis
verrucosa cutis vor, den er schon einmal gezeigt hat.
Es handelte sich um multiple, disseminirte. sehr oberflächliche und
unscheinbare Heerde dieser Erkrankung, welche damals — im Früli-
jahr 1893 — bereits zum grössten Theil spontan involvirt waren. Die
weitere Beobachtung hat ergeben, dass die einzelnen Stellen ohne jede
Behandlung ganz glatt und flach geworden sind, so dass bei der Ent¬
lassung der Patientin im Monat April nur noch weisse, wenig vertiefte
Narben vorhanden waren. Jetzt kam die Patientin wieder zur Vorstellung
und Aufnahme. Sie giebt an, dass sich seit Mitte October in diesem
wieder wie m allen verflossenen (sie glaubt etwa 16) Jahren die Erkrankung
mit der beginnenden rauheren Witterung eingestellt habe. Die Unter¬
suchung ergiebt bei der Patientin auch jetzt einen ganz negativen Befund
in Bezug auf tuberkulöse Erkrankungen der inneren Organe. Die Haut
wies bei der Aufnahme speciell am Rücken eine ganze Anzahl von nicht
irgendwie charakteristischen Kratzeffecton auf, welche auf die zahlreich
vorhandenen Pediculi vestimentorum zurückzuführen waren. Daneben sind
an den oberen Partieen des Rückens dieselben flachen Narben vorhanden
wie im Vorjahre. Ausserdem aber finden sich zwischen diesen Stollen
fünf bis sechs linsen- bis über zehnpfennigstückgrosse Heerde, welche
dasselbe Bild darstellen wie früher: flache, unregelmässig rundliche,
scharfrandige Erhebungen mit sehr unbedeutender, nur in den ober¬
flächlichsten Schichten der Cutis localisirter Infiltration, ohne entzünd¬
lichen Hof, mit einer feinwarzigen verhornten Oberfläche. Eine solche
Stelle findet sich auch in der Kreuzbeingegend neben einem noch frischen
Kratzeflect. Nur an einer der von früher bestehenden Narben ist der
Beginn der Bildung einer solchen Efflorescenz mit leichter Röthung und
warziger Wucherung der Epidermis zu constatiren. Die unteron Extremi¬
täten und die Hände sind in diesem Jahre frei; dagegen finden sich am
linken Arm an der Innenseite des Ellbogens zwei dicht bei einander¬
liegende Heerde von Zehnpfennigstückgrösse, welche durch ihre viel be¬
trächtlichere Erhebung über das Niveau der umgebenden Haut, durch ihre
starke warzige Zerklüftung, durch den leicht hyperämisehen Saum ein so
charakteristisches Bild der Tuberculosis verrucosa cutis darbieten, wie es
bisher bei dieser Patientin noch nicht beobachtet worden ist.
An dieser Stelle kann die klinische Diagnose der Erkrankung
mit voller Sicherheit gestellt werden. Histologisch ist das Vor¬
handensein von typischen Riesenzellentuberkeln im Papillarkörper
im Vorjahre festgestellt worden; ein mit einem erkrankten Haut-
|) Das Originalpräparat dieser Leber wurde von Geheimrath Virchow
als ein sehr merkwürdiger Fall von visceraler Syphilis in der Berliner
medicinischen Gesellschaft am 11. Januar 1893 demonstrirt nnd später
der Sammlung des pathologisch-anatomischen Instituts der Charite ein¬
verleibt.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
282
stück intraperitoneal inoculirtes Meerschweinchen ist an einer
chronisch verlaufenden Tuberkulose speciell der Leber gestorben.
Während also die Diagnose ausser allem Zweifel steht, lässt
sich über die Pathogenese dieser eigenartigen Erkrankung etwas
Bestimmtes nicht sagen. Die spontane Heilung so oberflächlich
gelegener Heerde von Hauttuberkulose ist zwar auffallend, aber
steht doch nicht analogielos da; die Multiplicität der Heerde kommt
auch beim Lupus vor. Dagegen ist das Entstehen der Erkrankung
immer beim Beginn des Winters seit vielen Jahren — wovon wir
uns jetzt durch die Beobachtung überzeugt haben — zunächst
noch nicht erklärlich. Von den drei Möglichkeiten, wie eine Tuber¬
kulose der Haut entstehen kann: Inoculation von aussen, hämatogene
Infection der Haut, Einbrechen des tuberkulösen Processes von
einem unter der Haut gelegenen Organ (Lymphgefäss, Lymphdrüse,
Knochen) in die Haut, liegt gerade bei der Tuberculosis verrucosa
cutis die erste am nächsten.
Die gewöhnlich beobachteten Fälle dieser Erkrankung beruhen
zweifellos auf einer direkten Impfung der Tuberkulose, wofür schon
die ganz vorzugsweise Localisation an den Händen spricht. Trotz¬
dem ist natürlich die Möglichkeit vorhanden, dass auch diese Form
von Hauttuberkulose von innen her entsteht; ein jetzt in der
dermatologischen Klinik beobachteter Fall von verrucöser Haut¬
erkrankung am Fuss mit beginnender verrucöser Erkrankung im
Verlaufe der Lymphgefässe am Oborsehenkel beweist wohl diese
Möglichkeit. In dem vorgestellten Falle aber spricht gerade das
jetzt so deutlich hervortretende Zusammenvorkommen mit Kratz-
eflecten und die ausserordentlich oberflächliche Lage der Heerde für
die Inoculationshypothese. Es liegt natürlich am nächsten, an der
Patientin selbst das Depot zu suchen, von dem aus sie das Material
zur Infection bezieht. Bisher ist es nicht gelungen, irgend etwas
Tuberkulöses an ihr zu finden: ein negatives Resultat ist aber
gewiss nicht beweisend. Vielleicht orgiebt eine Tuberkulininjection,
die im Vorjahr wegen des schlechten Kräftezustandes der Patientin
nur einmal* und in sehr geringer Dosis gemacht wurde, jetzt nach
dieser Richtung hin einen Aufschluss. 1 ) — In der Beschäftigung der
Patientin ist ein Anhaltspunkt für die Infection mit Tuberkel¬
bacillen, wie er bei der Tuberculosis verrucosa der Hände von
Fleischern, Anatomiedienern etc. gegeben ist, nicht zu finden.
b) Herr Jadassohn demonstrirt einen Fall von Pityriasis
rosea (Gibert) bei einem 10jährigen Mädchen, welcher durch das
Vorhandensein der Initialplaque dieser Erkrankung ausgezeich¬
net ist. Brust und Rücken des Kindes sind übersät mit charak¬
teristischen, linsen- bis fünfpfennigstückgrossen, flachen, hellrothen,
unregelmässig begrenzten, leicht schuppenden Efflorescenzen von
Pityriasis rosea, welche meist noch auf der Höhe der Entwickelung
stehen, zum Theil aber in der Mitte schon abgeblasst sind und
somit der von Vidal zuerst beschriebenen Pityriasis circinata und
marginata entsprechen. Während die letzteren aber die erwähnte
Grösse nicht überschreiten, fällt am linken Oberschenkel dicht
unter dem Poupart’schen Bande eine ca. 5 cm im Durch¬
messer haltende unregelmässig rundliche Plaque auf,
welche im Centrum mit leichter bräunlicher Pigmentirung abgeheilt
ist, während der Rand noch hellroth, leicht erhaben und leicht
schuppend ist. Das Kind und seine Mutter geben übereinstimmend
an, dass diese letztere Plaque schon seit ca. 14 Tagen besteht,
ohne irgend welche Beschwerden zu machen, dass dagegen der disse-
minirte Ausschlag am Körper erst vor drei Tagen plötzlich auf-
gotreten ist und in mässigem Grade juckt. Man ist also wohl
berechtigt, diesen auffallend grossen Heerd als primäre Plaque
(„plaque primitive“) zu bezeichnen. Auf diese Art der Entwicke¬
lung des Pityriasis rosea hat zuerst Brocq (Annales de Derma¬
tologie et de Syphiligraphie 1887, p. 615) aufmerksam gemacht;
sie ist bisher sehr wenig beachtet worden. Der Vortragende hat
sie ausser in dem vorgestellten noch in einem anderen Falle be¬
obachten können, in welchem die etwa fünfmarkstückgrosse, der
oben beschriebenen ganz analoge erste Plaque der Erkrankung an
der Brust eines Soldaten oberhalb der Mammilla sass. Es ist wohl
zweifellos, dass in der Mehrzahl der Fälle von Pityriasis rosea eine
Initialplaque in diesem Sinne nicht besteht, denn die Efflorescenzen
eines Exanthems sind im grossen und ganzen meist von ungefähr
gleicher Grösse. Brocq hat besonders hervorgehoben, dass zwischen
dem Auftreten der primären Plaque und dem Ausbruch der disse-
minirten Efflorescenzen eine Pause von circa einer Woche besteht,
während deren die erstere peripherisch wächst, und dass das Exan¬
them sich nicht allmählich über den Körper ausbreitet, sondern
*) Anmerkung bei der Correctur: Tuberkulininjectionen sind ohne
Resultat verlaufen; selbst eine locale Reaction ist — wie auch in anderen
hüllen von Tuberculosa verrucosa — ausgeblieben. Dagegen ist auch
diesmal in relativ kurzer Zeit eine spontane Abheilung der Efflorescenzen
zu beobachten gewesen. Die Annahme liegt in der That sehr nahe, dass
die gleichmässig warme Zimmertemperatur während des Hospitalaufent¬
haltes einen curativen Einfluss ausgetlbt hat.
plötzlich an verschiedenen Punkten ausbricht. Brocq ist auf
Grund dieser Erfahrung der allerdings nur sehr hypothetisch aus¬
gesprochenen Meinung, dass hier ein analoges Verhältniss wie bei
der Lues — Primäraffect und Roseola — vorliege. Wenn man die
Pityriasis rosea als eine den Dermatomykosen anzureihende Er¬
krankung auffasst, wofür vor allem die grosse Aehnlichkeit mit der
Tricliophytia tonsurans spricht, so wird man allerdings dem Brocq-
schen Gedankengange kaum folgen können, sondern vielmehr an¬
nehmen müssen, dass durch irgend eine Gelegenheitsursache die
an der primären Infectionsstelle entwickelte Cultur über die Haut¬
oberfläche ausgesät wird und es so zu einer grossen Anzahl
seeundärer Infectionen kommt. In einzelnen Fällen scheint eine
solche Primärefflorescenz auch isolirt bleiben zu. können oder nur
eine sehr geringe Anzahl von weiteren Infectionen einzutreten.
In anderen wieder — und diese muss man nach der klinischen
Beobachtung als die bei weitem überwiegende Mehrzahl bezeichnen —
kommt es von vornherein oder jedenfalls ehe sich eine Initialplaque
in für die klinische Beobachtung erkennbarer Weise ausbilden kann,
zu einer reichlichen Aussaat über den Körper. Auffallend ist jeden¬
falls, dass in den von Brocq publicirten Fällen, wie in dem vor¬
gestellten, diese primären Heerde zu einer weit stattlicheren Grösse
anwachsen, als es die gewöhnlich beobachteten Efflorescenzen .der
Pityriasis rosea, selbst wenn sie längere Zeit therapeutisch nicht
beeinflusst werden, zu thun pflegen. Die supponirten Mikroorga¬
nismen der Pityriasis rosea scheinen dem menschlichen Organismus
gegenüber eine besonders starke Energie nicht zu besitzen — da¬
für spricht die ausserordentlich schnelle Wirkung einer geeigneten
Therapie — sie scheinen sich auch nicht für die Dauer in der
Haut acclimatisireu zu können — dafür spricht das spontane Ab-
lieilen in einigen Wochen, auch wenn eine äussere Behandlung
nicht eingeleitet wird. Vielleicht ist das auffallend energische
Wachsthum der Initialplaque darauf zurückzuführen, dass an dieser
ersten Stelle der Invasion die Mikroorganismen noch eine grössere
Wachsthumsenergie auf dem ihnen neuen Nährboden besitzen. Wie
dem auch sei, die Initialplaque hat praktisch eine Bedeutung, weil
sie die Diagnose der Pityriasis rosea in dubiösen Fällen zu stützen
vermag und weil sie die grösste Aehnlichkeit mit der Trichophytia
tonsurans der unbehaarten Haut hat, mit welcher die Pityriasis
rosea von der Wiener Schule ja bekanntlich auch heute noch idon-
tificirt wird. Trotzdem ist, wie auch Brocq zweifellos mit Recht
hervorhebt, selbst klinisch die Trichophytia tonsurans von dieser
„plaque primitive“ der Pityriasis rosea zu dififerenziren. Auch an
dem vorgestellten Falle ist zu constatiren, dass die letztere weniger
regelmässig rund („moins g6om6trique“), dass ihr Rand weniger
scharf, dass die Schuppung unbedeutender, fester anhaftend, weniger
lamellös ist, als bei der Trchophytie.
6 . Herr Kader stellt einen Fall von im Juni 1898 von Ge¬
heimrath Mikulicz ausgeftihrter Pylorusreseotion infolge von
Pyloruscarcinom vor und demonstrirt den Tumor.
M. H., 31 Jahre alt, Bauersfrau, bis vor vier Jahren durchaus gesund
und kräftig. Vor vier Jahren erkrankte Patientin plötzlich unter Ei-
scheinungen eiuos Ulcus ventriculi. Seitdem dauernd dyspeptische
Symptome. ,
Im März 1893 bemerkt Patientin zum ersten mal in der Nabelgegend
eine höckerige, etwa wallnussgrosse, nach allen Richtungen ein wenig ver¬
schiebbare, spontan und auf Druck schmerzhafte Geschwulst. Ungelahr
seit derselben Zeit muss Patientin besondere oft aufstossen und erbrechen
und nimmt rasch an Körper und Kräften ab. Die letzten drei bis vier
Wochen bricht Patientin alles, was sie zu sich nimmt, aus und ist lntolge
der Schwäche dauernd bettlägerig. . . .
Am 2. Juni 1893 erfolgt die Aufnahme der Patientin in die chirur¬
gische Klinik. Patientin ist so schwach, dass sie in das Aufnahmezimmer
der Poliklinik hineingebracht werden muss, und macht einen derartigen
Eindruck, dass man ihr ursprünglich ohne weiteres die medicinische Klinik
empfehlen w ? ollte. Die Untersuchung der Patientin ergab im wesentlichen
folgendes. Sehr stark abgemagerte, mit matter, tonloser Stimme sprechende
Frau, ist nicht imstande allein ohne Unterstützung auch nur wenige
Minuten aufrecht zu stehen. Haut graugelblich, ausgetrocknet; erhoben
bleibt sie in Falten stehen. Die Lippen von einer Farbe, wie man sie bei
höchsten Graden von clilorotischen Mädchen sieht. An inneren Organen
nichts von Wichtigkeit (Leber nicht vergrössert). Puls in der Kadialis
schwach, -weich. Patientin stösst oft übelriechend auf, hat sofort nach
der Aufnahme erbrochen. Zwei Querfingerbreit nach oben rechts vom
Nabel ein über wallnussgrosser, höckeriger, nach allen Richtungen etwas
verschiebbarer Tumor. Auch auf mechanischen Reiz Peristaltik weder
seitens des Magens noch des Darms zu constatiren. Vorläufig 24 otunde
lang per Os keine Nahrungszufuhr. Alle vier Stunden ein Nährklystier (gn
vertragen, behalten). Absolute Bettruhe. Nach 24 ständigem hasten
Ausheberung (Aspiration und Expression) des Mageninhaltes, befördert übe
3 /i Liter meist gar nicht verdauter Speisereste. Im filtrirten Magoninhal
keine freie Salzsäure (Methylviolett, Congopapier, Günzburg s Reagens;.
Verdauungsthätigkeit minimal. Magen sehr stark dilatirt. Die .grosse
Curvatur des aufgeblähten Magens steht- kaum zwei Querfinger breit über
der Symphyse, die kleine handbreit über dem Nabel. ..
Den 4. Juni bei nüchternem, rein gespültem Magen Probemahlzen
nach Leube-Riegel. Ausheberung kleiner Portionen nach zwei, vier, sechs
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22. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
und acht Stunden. In keiner Portion freie HCl, dagegen in letzteren recht
viel Milch- und Buttersäure. Ausspülung des Magens acht Stunden nach
der Mahlzeit befördert die fast gänzlich unverdaute Probemahlzeit zu
Tage.
Bis zum 13. Juni wird Patientin mit Nährkly stieren und auch mit
Milch und Wein per os ernährt. Jeden Abend Magenausspttlung
Subjectives Befinden bessert sich, Körpergewicht nimmt jedoch ab. Kräfte¬
zustand schlecht.
Am 13. Juni 1893 Operation. (Chloroforwnarkose. Aseptisches Ver¬
fahren.) Am Abend vorher und zwei Stunden vor der Operation gründ¬
liche Ausspülung des Magens zunächst mit gewöhnlichem Wasser dann
mit Borsäure; 15 Tropfen IIC1 per os und ein Nährklystier mit
25 Tropfen Tinctura Opii. Eröffnung der Bauchhöhle in der Mittellinie
Befund: Tumor des Pylorus, mit benachbarten Organen nicht verwachsen,
nach allen Richtungen gut, wenn auch nicht ausgiebig, verschieblich. Liga¬
mentum gastro-colicum ziemlich geschrumpft. Im letzteren dicht am Pylorus
ein paar verdächtige Drüsen. Sonst nirgends Zeichen einer Metastase.
Isolirungdes Tumors durch Resection der Ligamenta gastro-colicum. hepato-
gastricum, hepato-duodenale. Die Drüsen bleiben im Zusammenhänge mit
dem Tumor. — Vorziehen des Tumors vor die Bauch wunde. Abschluss
der Bauchhöhle durch dazwischen geschobene Jodofonngaze. Fixation
und Verschluss der Lumina des Magens und Duodenums durch Assistenten¬
hände. Ausschneidung der erkrankten Partie. Schräger Schnitt von der
kleinen zur grossen (Jurvatur von oben links nach unten rechts, lässt
zunächst eine Brücke an der grossen Curvatur unberührt. Sofortige Ver¬
kleinerung der Magenwunde nach Billroth-Wölfler durch die typische
doppelreihige Naht (nach Wölfler-Lembert) von der kleinen Curvatur
an beginnend. Erst dann Durchtrennung der Brücke und Abtragung des
Tumors vom Duodenum (schräg). Annähen des Duodenums an die ver-
klemerte Magenwunde (an die grosse Curvatur) nach den Regeln der
vV ölfler-Lembert’schen circulären Darmnaht, wobei vor allem mehrere
Serosanähte an der hinteren Fläche angelegt werden. Naht der Bauch-
decken. Jedes blutende Gefass sofort abgeklemmt und unterbunden.
Aaht und Unterbindungsmatenal war Seide. Blut von äusserst hydrämischer
Beschaffenheit. Dauer der Operation 1 Stunde 25 Minuten. Puls in der
Kadialis während der ganzen Operation kaum fühlbar. Nach der Operation
tollapszustand bis zum nächsten Tage. Ernährung zunächst nur per roctum
bchon am neunten Tage per os 1 1 Milch, 150 ccm Bouillon und 2 Eier.
k ni ftea , Tage Fleisch. Am 31. Tage nach der Operation Patientin als
geheilt, entlassen, hat bis dahin seit der Operation 7 Pfund zugenommen.
Der exstirpirte Theil ist 12 cm lang, 10 cm hoch und 6 cm dick.
as Lumen kaum für dünne Sonde durchgängig. Makro- und mikrosko¬
pische Untersuchung des Tumors ergab ein Carcinoma gelatinosum, ent¬
standen wahrscheinlich auf dem Boden einer Narbe nach Ulcus ventriculi.
in Drusen nichts vnn Unreinnm
nach
i Drüsen nichts Yon Carcinom.
Heute (den 25. November 1893) etwas über fünf Monate
Operation ist die Frau kaum zu erkennen, so wohl sieht sie a US . 0 iu
at m dieser Zeit 33 Pfund zugenommen, fühlt sich durchaus gesund und
wattig, verrichtet ohne irgend welche Ermüdung die Arbeit oiner
i- 1 ?' Keinerlei Magenbeschwerden, trotzdem sie auf die wenig
• ™ pT.. Kost einer Bäuerin angewiesen ist. Nirgends Zeichen
• eciaivs. Magen bedeutend kleiner als vor der Operation, aber
Magensafte auch jetzt keine freie HCl. Motorische
i 1 ' • ‘ )es ® er als vorher. Sechs Stunden nach der Probemahlzeit im
sc&aurverCg S d aSt. l0tZteren ' D “ Resol 'P tionsfiüli e keit der
i A m se ^en Tage mit dieser Patientin wurde eine andere operirt,
für CÜ6 f ^i^rgisöhen Klinik seitens der medicinischen als ein
poii even .Ile Resection des Pylorus wegen Carcinoms geeigneter
rau zugewiesen wurde.
zwnlfU'™i! r e ? ne .^j^hrige Arbeiterfrau, subjectiv kaum seit zehn bis
7 iuti»nri v £ nu £’ sonsti von durchaus gutem Ernährungs- und Kräfte-
warh« ß n Q ^ aC u Eröffnung der Bauchhöhle wurde ein mit dem Pankreas ver-
menhim s , ve ^ zu mobilisirender Pylorustumor vorgefunden. Im Liga-
fixirte rinJ!, 0 P °'k 6pa , tlcum eine über kirschgrosse mit der Leber ziemlich
lieimrath vr n? ? kwidst , ; retr °peritoneal mehrere harte Knoten. Herr Ge-
Gastropnw U - cz nakn L von der Resection Abstand und machte eine
mit der m ;f S T ie nack . ^ ac k er - Diese Patientin wurde gleichzeitig
vor der rw +• m r f. secirten Pylorus in durchaus besserem Zustand als
lh ™ ^ Tagen -
ein der Pylorusreseetion ist bei der ersten Patientin
fähieW tu aus £ eze i c hneter. Ihre frühere körperliche Leistungs-
“undzurück, sie fühlt sich subjectiv ganz |e-
iichen ^ Re ^ en w > e zu ihrer besten Zeit, kommt stimmt-
worden 1611 nack ‘ ^ ist sozusagen das Leben wiedergegeben
OperatimwL e * ner technisch zu den schwierigsten zählenden
mehr an nn*;? 1 ei ?? r * ast mor ibunden Person, die immerhin immer
eine zunLh c + 1Ve + m Boden gewinnende Anschauung, dass das Carcinom
beruhenH p lvi , n g l°calisirte auf Inoculation eines fremden Agens
Fall SDrpchpn ? nkun f ist ’ sowie der Vergleich mit dem anderen
Pylorusc a rpinp abermal8 . sehr stark zu Gunsten der Behandlung der
ja jede auf v? 16 mitl Exstirpation des Tumors. Jeder Magenttimor,
allem in dia p Vf gent . ull J or _ v - er dächtige Magenkrankheit gehört vor
dieser eventnpii™ 1 ^ 1 Klinik und erst nach Begutachtung seitens
nöthige Prohpio« m x^ 16 . me dicinische Klinik. Lieber mehrere un¬
spät“. Und ? a ^ omieei1 als sich einmal sagen zu müssen: „zu
ist kaum anzunehmen, dass es nicht zu spät wäre,
, . __ 283
wenn die Patientin acht Tage später in die Klinik- tsmn i?.
braucht leider kaum der Erwähnung, dass die vorgestellte Patientin
Fall r6 m/ 61n T a C hrB d0Ch >! h p 7 Grundleiden erliegen wird. (Billroth's
Pylorusreseetion ging zugrunde an Recidiv.)
f rh .?.® nfa s k °™ mt es darauf an, die Pyloruscarcinome möglichst
frühzeitig dem Chirurgen zuzuführen resp. zu operiren. Wieselten
man für die Behandlung mit Resection geeignete Fälle von Pylorus-
earemom bekommt, dafür mag der Umstand beweisend sein, dass Ge-
heimrath Mikulicz seit der Eröffnung der neuen chfrurgischen
mik J f n u ? res ( de . n April 1891) bei durchaus regem und
Sh 66 ? Krankenverkohr bis heute wegen Carcinoms nur
dreimal l ) den Pylorus resecirt hat. Alle drei Fällo geheilt ent¬
lassen. Davon einer ein Jahr nach der Operation an Recidiv ge¬
storben. fe
Operirt wurde stets, sobald die Operation technisch (wenn
auch noch so complieirt) ausfahrbar war und wenn man auch
nur dre geringste Aussicht hatte, durch (Uesen Eingriff dem Kranken
mehr Nutzen als durch ein anderweitiges Verfahren (Gastro-
enterostomie etc.) bringen zu können.
. • 7* S 6 , 1 ?* Eraem stellt, anschliessend an den soeben demou-
strirten Fall a) einen Patienten mit Pylorusstenose vor, deren Er¬
scheinungen durch Ausführung der Gastroenterostomie vöBig be¬
seitigt smd. 6
Der 33 jährige Kranke litt seit drei Jahren vor der Operation an
Magenbeschwerden und Erbrochen das meist mehrere Stunden nach der
Mahlzeit omtrat. In den letzten Monaten erhebliche Steigerung der Bo-
qtX u.-.T Entwickelung dos typischen Bildes der Pylorusstenose.
Starke Abnahme der Kräfte und des Körpergewichtes bis auf 95 Pfund.
Der Magen ist massig stark dilatirt, von einem Tumor in der Regio pylorica
nichts zu fühlen. Mageninhalt sauer, ohne freio Salzsäure. Verdauende
Jvralt nicht wesentlich, motorische Function in hohem Grade herabgesetzt.
An den Brust- und übrigen Bauchorganen keine Abnormitäten. Die
Diagnose wird auf Pylorusstenose, wahrscheinlich durch narbige Schruni-
piung nach Ulceration veranlasst, gestellt. Carcinom konnte wogen der
langen Dauer der Erkrankung ausgeschlossen werden. Höchstens konnte
es sich um ein auf dem Boden einer alten Narbe entstandenes Carcinom
handeln. Am 27. Apnl 1893 führt Herr Gehcimrath Mikulicz die Ope¬
ration aus. Magen mässig erweitert. Fundus tiefstehend, Cardial- uud
Pylorustheil steil aufsteigend, so dass der mittlere Theil geknickt erscheint.
Derbe, geschwulstartigo Verhärtung am Pylorus, der durch feste Ver¬
wachsungen mit der Umgebung verlüthet ist. Wegen der dadurch beding¬
ten technischen Schwierigkeiten wird von der Pylorusreseetion Abstand
genommen und die Gastroenterostomie nach Hacker’scher Methode aus-
geführt. Nach Eröffnung des Magens wird dessen Inneres anspalpirt.
Dabei zeigt sich dicht vor der Verhärtung eine von unten ansteigende,
halbmondförmige, das Lumen dos Pylorus zu mehr als ' 3 jz abschliessende
häutige Klappe, hinter der eine derbe, wie es scheint, ulcerirte Fläche
liegt. Glatte Heilung. Patient nach drei Wochen entlassen. Seither
sind die früheren Beschwerden völlig fortgeblieben,
gänzlich normal. Vorzüglicher Kräftezustand. Körpe:
— also um 50 Pfund
normale Verhältnisse. ^ ____
vollkommene, als die Ulceration, die die Stenosirung und Klappenbildung
veranlasste, du ch die Ableitung der reizenden Mageningesta wohl sicher
im Laufe der Monate vernarbt sein dürfte.
b) Herr Braem demonstrirt an drei Patienten die Resultate
der Transplantation von ungestielten Hautlappen nach der
Krause’sohen Methode. Sämmtliche Kranke wurden wegen Ulcus
cruris operirt. Zwei davon, Männer von 55 resp. 62 Jahren sind
vor 11 Wochen, die dritte, ein Mädchen von 30 Jahren, vor acht
Wochen operirt. Die beiden ersteren sind einige Wochen nach der
Operation bereits von Herrn Geheimrath Mikulicz vorgestellt
worden. Bei dem einen Kranken, dem 62jährigen Manne, sind an
mehreren Stellen tiefergehende, jedoch nicht die ganze Dicke des
Lappens durchsetzende Nekrosen aufgetreten. Dieser Fall war
sowohl bezüglich des Allgemeinbefindens als wegen der weithin
narbig veränderten Umgebung der zwei grossen Geschwüre der am
wenigsten günstige. Bei den beiden anderen Patienten waren dio
Heilungsbedingungen bessere. Hier sind nur oberflächliche Ne¬
krosen in kleiner Ausdehnung eingetreten. Nach sieben resp. acht
Wochen war hier völlige Heilung erzielt; im dritten Falle erst nacli
10'/2 Wochen. Die Resultate sind durchweg ausserordentlich be¬
friedigende. Selbst bei dem ungünstigsten Falle erscheint die
transplantirte Haut resistent, zum grössten Theil von normaler
Färbung und Oberfläche. Nur an den Stellen der tieferen Nekro¬
sen ist die Epidermis dünn, glatt und leicht schuppend. Sogar
eine gewisse Beweglichkeit gegen die Unterlage ist schon jetzt zu
constatiren. Bei den anderen Patienten haben die Lappen in ganzer
Ausdehnung das Ansehen fast normaler Haut, sind deutlich ver¬
schieblich, gegen die Umgebung durch ganz feine lineare Narben
abgegrenzt. Diese Kranken gehen nach Einwickelung des erkrankten
l ) Zur Zeit, den 18. Februar 1894, bereits im ganzen sechs Pylorns-
resectionen infolge von Pyloruscarcinom. Fünf geheilt, entlassen, das
sechste wird demnächst ebenfalls als geheilt entlassen. Davon, wio obon
orwähnt, ein Fall an Recidiv ein Jahr nach der Operation gestorben.
Appetit, Verdauung
Körpergewicht bis 145 Pfund
gestiegen. Am Abdomen fiir die Palpation ganz
Die Heilung ist voraussichtlich auch insofern eine
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
284
Unterschenkels mit elastischer Binde ohne irgend welche Beschwer¬
den. Der dritte ist noch nicht aufgestanden.
Die derzeitigen Resultate sind so gut, dass mit Sicherheit zu
erwarten ist, dass sie bei einigermaassen zweckentsprechender Be¬
handlung auch definitive sein werden.
IX. Oeffentliclies Sanitätswesen.
Nochmals über die erste Versorgung der Leichtverwun¬
deten auf dem Schlachtfelde.
Von Prof. Dr. Langenbuch.
(Schluss aus No. 10.)
Diese schönen, unter den ungünstigsten Umstünden erzielten Resul¬
tate v. Bergmann’s werden heute noch so gut wie damals Bewunderung
erregen, Verwunderung weniger, wenigstens nicht bei denen, die v. Berg¬
mann’s erklärende Aufschlüsse über den Weg, auf dem sie erlangt sind,
kennen gelernt und nicht vergessen haben. Ich lasse v. Bergmann’s
Betrachtung hier wiederum wörtlich folgen: „Sieht man sich die Bemer¬
kungen zu den geheilten Fällen an, so wird Keinem entgehen, wie oft
hier angeführt worden ist, dass sofort auf dem Schlachtfelde oder dem
Hauptverbandplatz in den ersten Stunden nach erhaltener Verletzung der
Verwundete mit einem Gipsverbande versehen wurde. Unter den 23
Heilungen gehören 14 hierher, 6 Kapselschüsse und 8 Complicationen mit
Knochenverletzungen. Von 13 Knieschüssen mit mehr oder weniger
schweren Läsionen der Gelenkkörper, die genesen sind, wurden demnach
8 möglichst früh, schon auf den ersten Verbandplätzen mit einem
Gipsverbande versehen. Mehrfach ist dieser Gipsverband ein fensterloser
gewesen und lange liegen geblieben, ehe er gewechselt wurde. Ja einige
male waren, als man diesen ersten und einzigen Verband entfernte, die
Wunden unter ihm complet geheilt. Dies gilt auch von den beiden
Heilungen, die hinterher starben und von deren Präparaten (Einheilung
eines Knochensplitters sowie verschiedener Tuchfetzen) oben die Rede
war, sie waren im möglichst zeitig angelegten und lange liegen gelassenen
Gipsverbande erfolgt. Wenn es möglich wäre, eine medicinische Ge¬
schichte des russisch-türkischen Krieges zu schreiben, so würde das Ver¬
dienst der russischen Militärärzte im frühen Anlegen der Gipsverbände
entschieden gewürdigt werden“.
Dieses sofortige Eingipsen, welches zunächst wohl nur im Interesse
des Transportes, auf dem die Verwundeten infolge der schlechten Wege
und Fahrzeuge entsetzlich leiden mussten, unternommen wurde, fand auch
seine weitere vielfache Anwendung vor Plewna und ermangelte ebenfalls
nicht der guten Resultate. Als v. Bergmann Anfang September von
Plewna in dife Donauspitäler zurückkehrte, konnte er hiervon vielfach die
erfreulichsten Beweise sehen und fand z. B. allein im evangelischen
Hospital in Sistowa 7 Kniegelenkschüsse ohne oder nur nach kurzer
Eiterung geheilt. „Ich habe durchweg gesehen und hundertfältig consta-
tirt, dass diejenigen Schussfracturen und Wunden der grossen Gelenke
am besten gefahren sind, welchen ohne weitere Untersuchung die Ver-
bandwatte hoch aufgepackt wurde und die dann mit dem ungefensterten
Gipsverbande die lange beschwerliche Fahrt in die Kriegslazarethe ange¬
treten hatten. In anderem Sinne, als es oft heutzutage vom
antiseptischen Curverfahren behauptet wird, hatte ich an
meinen Verwundeten erfahren, dass in derThat der erste Ver¬
band ihr Schicksal entscheidet.“
Auch die von v. Bergmann über die Blutungen bei Kniegelenks¬
schüssen gemachten Bemerkungen müssen wir hier wiedergeben. Er be¬
tont, dass infolge von Kapselrissspannungen das in ihre Höhle ergossene
Blut nicht herauskommen kann. „So nur erklärt es sich, dass man
bei frischen Gelenkperforationen auf den Verbandplätzen die mächtigsten
intraarticul i : .ren Ansammlungen findet, Hämarthronformationen mit innerer
Spannung des Bandapparates ohne Ausfluss von Blut und Synovia. —
Drückt man die aufgetretenen Blutwülste auch noch so kräftig nieder
oder die ganze Gelenkgegend zusammen, man entleert doch weder ein
Coagulum noch einen Tropfen Synovia aus dem abgeschlossenen Binnen¬
raum der Kapselhöhle.“
Weiter heisst es: „Die Bedeutung der Blutinfiltrate für den Ver¬
lauf der Schusswunden hat man gewiss unterschätzt. Das Blut ist der
Zersetzung bestes Substrat. Es verfällt ihr zuerst und zunächst. Die
Schicht Blut zwischen den Geweben steht mit dem Coagulum im Wund-
canale und durch dieses mit der Aussenfläche des Körpers in Contact.
So ist die Bahn zu den Noxen der Aussenwelt hergestellt. Die ganze
Blutmasse in der Wunde und den Geweben zerfällt prirho loco und bringt
die oberflächlichen wie tiefen Bindegewebslagen dergestalt mit Zersetzungs-
producten in Contact, sie mit diesen ebenso weit imprägnirend, als es sie
vorher infiltrirte. Die Panphlegmone ist so auf das beste angelegt, ein¬
geleitet und unaufhaltsam fortgeftihrt.“
.v. Bergmann verzichtet auf die Entleerung dieser Blutmassen, ihm
scheinen alle darauf hinzielenden Maassnahmen unter den obwaltenden
äusseren Verhältnissen als unzulässig, und ihm lag es daher vor allen
Dingen mehr daran, seinen Patienten die Vortheile zu wahren, welche
sie in der Kleinheit ihrer äusseren Wunde besassen (!1 Verf.). „Sollte
dieses Substrat der Zersetzung, das in die Gewebe ergossene Blut fort¬
geschafft werden, so konnte höchstens der Versuch einer rascheren Re¬
sorption desselben erlaubt sein. Es verfällt bekanntlich jedes Extravasat
unter allen Umständen einem verhältnissmässig schnellen Schwunde. Be¬
fördert man diesen z. B. noch durch comprimirende Verbände, so ist an¬
zunehmen, dass mit dem rascheren Verschwinden des die Zersetzung vor¬
zugsweise begünstigenden und weiter leitenden Materiales, auch das Auf¬
treten und die Wirkungen dieser selbst gehemmt und gemildert werden.
Ich wollte m den frischen Fällen die antiseptischen Verbandstoffe, mit
denen ich die Wunden zu verpacken gedachte, nicht bloss fest andrücken,
sondern auch das ganze verletzte Glied einer circulären Compression durch
den geplanten Verband aussetzen.“
So überaus glücklich sich auch die Ausführung dieses Verbandplanes,
wie wir weiterhin sehen werden, erwies und immer erweisen wird, so
kann ich doch seine Nebenmotivirung durch die BlutungsVerhältnisse in
der von v. Bergmann dargelegten Weise nicht so ganz zutreffend finden.
Meiner Meinung nach enthält das ergossene Blut entweder schon Infec-
tionskeime, die durch den Schuss selbst in die Wunde gelangten, und
dann würde, namentlich bei bestehender blutiger Gewebsinfiltration, wohl
nichts die secundäre Entzündung hintanhalten — oder Wuudhöhle und Blut
blieben bis zum abschliessenden Verbände aseptisch, und dann kann uns
die Anwesenheit des Blutes ziemlich gleichgültig sein. Es wird nicht
zerfallen, aber sich über kurz oder lang, vielleicht erst, nachdem die
Wunden schon längst verheilt sind, vollständig resorbiren. Eine behufs
Hintanhaltung der Zersetzung des Blutes die Resorption desselben fördern
sollende mechanische Aufgabe und Wirkung des Verbandes vormag ich
nur als ganz seeundär bedeutsam anzuerkennen; hier scheinen sich An¬
schauungswege zu scheiden, und ich mache nur darauf aufmerksam, dass
es also anerkanntermaassen Wunden giebt, bei denen ebenso wenig, wie
bei den subcutanen Fracturen von einer Ableitung des Blutes und der
Wundflüssigkeit in den Verband die Rede sein kann und dass sie gleich¬
wohl, selbst am Kniegelenk zur ungestörten Ausheilung gelangen können.
Uebrigens ist die Arbeit von v. Bergmann vor 15 Jahren geschrieben;
zwar prangt sie noch in unvergänglich erscheinender jugendlicher Frische,
doch legt der Autor vielleicht auf den soeben beregten Satz kein Gewicht
mehr, wie ich seiner auch gar nicht erwähnt hätte, wenn er mir nicht
die Gelegenheit zur Hervorhebung einer von mir gehegten andersartigen
fundamentalen Anschauungsweise darböte.
v. Bergmann’s Wunsch, frische Knieschüsse nach dem gefassten
Plane behandeln zu können, ging bald in Erfüllung, und zwar gelegentlich
von Gefechten, die südwestlich von Plewna auf der auch mir gelegentlich
eines Kriegszuges bekannt gewordenen Chaussee nach Sophia stattfanden.
Freilich gelangten die Soldaten erst 24 Stunden nach der Verwundung in
seine Hände und hatten alle schon eine „erste Wundbedeckung“ mit feld-
mässig umhergetragenen und anscheinend nichts weniger als aseptischen
Verbandstoffen erhalten. Ob sie deshalb schon eine secundäre, also vom
Schüsse unabhängige Contactinfection erlitten hatten? v. Bergmann
scheint diese Befürchtung gehegt zu haben, und wer hätte das damals
nicht ebenfalls gethan? Erst ganz neue Untersuchungen lassen diese
Dinge in einem neuen und weit minder grellen Lichte erscheinen;
doch davon später, v. Bergmann äusserte seine Besorgniss in folgenden
Worten: „Ich darf also leider nicht sagen, dass ich Wunden aus einer
Zeit, wo äussere Schädlichkeiten sie noch nicht getroffen, in Behandlung
bekommen hätte.“ Die Gelegenheit zu einem ganz reinen Versuch mit
seinem Verbände war also schon so ziemlich verpasst, und nur ausser-
gewöhnlich gute Resultate konnten für seinen Werth sprechen, während
mittelgute oder unbefriedigende Ergebnisse nichts gegen denselben be¬
wiesen. Es konnten nun 15 Knieschüsse, sämmtlich mit Knochenfracturen
complicirt, in der angegebenen Weise verbunden, dann auf Wagen ge¬
laden und nach einer ununterbrochenen fünftägigen Fahrt in einem vor¬
züglichen Lazareth in Sistowa untergebracht werden.
Wie waren die Resultate? Unvergleichliche, bis dahin nie gesehene!
„von den 15 Knieschussfracturen sind 14, also alle bis auf einen mit dem
Leben davongekommen (macht nur 6,6 °/o Letalität). In acht Fällen er¬
folgte die Heilung ohne oder so gut wie ohne Eiterung, unter ihnen be¬
fanden sich drei Fälle mit steckengebliebener Kugel, einer mit Splitter-
fractur der Patella und einer mit grosser seitlicher Beweglichkeit im ver¬
wundeten Gelenke. In den übrigen sieben Fällen trat Eiterung auf, zwei¬
mal in geringerer, die übrigen male in grösserer Hartnäckigkeit. Dennoch
erstreckten sich die Eiterungen, wie das sonst so gewöhnlich, nicht längs
des Femurs hinauf und zwischen der Wadenmuskulatur hinab, sie be¬
schränkten sich auf die Gegend des Gelenkes selbst. Das ist wohl auch
der Grund für das Gelingen der beiden hohen Oberschenkelamputationen.
Eine Ausnahme hinsichtlich der Eiterverbreitung machte allein em un¬
glücklicher Amputationsfall, welcher einen, aber auch den einzigen Pyämi¬
schen betraf.“
v. Bergmann sagt weiter: „Ich habe mich nicht entschhessen
können, die Vortheile der kleinen Wunde, wie sie die Schussöffnungen
repräsentiren, aufzugeben.“ Ein, wie mich angesichts der neuen weit
kleineren Projectile bedäucht, enorm wichtiger Satz und von der grössten
Tragweite für die weitere Ausgestaltung der Kriegschirurgie, auf den wir
noch eingehend zurückkommen werden. Er schliesst das methodische
sofortige D6bridement und die ebenso schädliche als ohnmächtige chemi¬
sche Desinfection des Wundinneren aus. > .
Auch einer in den Bemerkungen zum Verlaufe der einzelnen hallo
(p. 47 Fall 5) enthaltenen, an unscheinbarer Stelle wie versteckten Notiz
muss ich Erwähnung thun. Sie enthält in wenig Worten viel, giebt zu
denken und lautet: „Erster Verbandwechsel am 25. November, also 44 lag®
nach der Verwundung. Eintrittsöffnung geheilt (Kugel steckt im Gelenk).
Patient war während der Schlacht vom Regimentsarzte mit einer Tampo¬
nade (blutstillende Watte) seiner Wunde bedacht worden, die ich mit
vieler Mühe lösen musste. Die Temperatur überstieg keinmal *>«>••
Kugel eingeheilt. Hier war die Wunde also sofort quasi hermetisch ge¬
schlossen und heilte ohne Fieber und Eiterung! 1“ Ja, der sofortige
hermetische Verschluss! ,
Dann: „Von der Hülfe auf dem ersten Verbandplätze wird heute
wie immer eins an erster Stelle gefordert: die schnelle Bereitung und
Zurichtung der Verwundeten für den Transport. Der immobilisirende
Verband (bei Gelenkschüssen und Knochenfracturen) muss einer sein,
der lange unangetastet - liegen bleiben kann.“ — Ich darf wohl, ohne
Widerspruch zu erfahren, diesen Satz dahin erweitern, dass jede
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22. März.
erste Versorgung, also auch die der zahllosen Leichtverwundungen wenn
irgend möglich schon auf dem ersten Verbandplatz so angelegt sein sollte
dass auch sie bei Ausbleiben von Fieber und entzündlicher Schwellung
bis zur Heilung unangetastet bleiben kann. 6
Von grosser Bedeutung erscheinen mir schliesslich auch folgende
Worte: „Offenbar sind nicht alle meine Fälle schon von der Ein- oder
Ausgangsöffnung her mficirt gewesen, als ich sie verband. Die Tabelle
zeigt, dass je früher verbunden wurde, desto besser meine Patienten
fuhren und dass die schlimmen Fälle der Verbandapplication des dritten
Tages angehören. Hier darf freilich angenommen werden, dass die
Störung schon angelegt und eingeleitet war, die sich später (!) o- anz
regelmässig und pnmo loco durch das Fieber verrieth“.
Ja das Fieber! Wie interessant und lehrreich sind hierüber die Be¬
obachtungen an den 15 Fällen v. Bergmanns. Der Leser wird sich
der Fischer sehen Beobachtungen nach der Schlacht von Spichem er-
mnern, denen zufolge die Verwundeten in der Regel erst am 4. bis
6. Tage Temperaturerhöhungen zeigten. Wir machten hierzu die Be¬
merkung, dass das fnedenschirurgische classische Wundfieber der voranti¬
septischen Zeit sich ebenso regelmässig nach Ablauf von 24 Stunden ein¬
zustellen pflegte, und zogen hieraus den Schluss, dass die bezüglichen
Friedenswunden entweder sogleich in statu nascendi et materia laedente
impura mficirt oder secundär mit emer mit der Behandlung verknüpften
Contactinfection unterworfen waren, dass dagegen die Schusswunden in
der grossen Ueberzahl offenbar nicht primär inficirt sind, denn sonst
würden sie früher Fieber zeigen, sondern erat secundär, da sie mehr
oder weniger vor äusseren Schädlichkeiten unbeschützt blieben, inficirt
p mächtlg ? S v tutz £, ( ör die Richtigkeit dieser Annahme bieten
nun die v. Bergmann’schen Fälle.
, , In l FUton t»t überhaupt kein Fieber auf, hierunter auch der mit
der styptischen Watte Versiegelung; bei vier von diesen konnte v. Berg-
g acb3 ° Stunden seinen Verband anlegen, bei den übrigen drei
dm Stu “ den : Im Durchschnitt wurde jeder erat nach 37,7 Stun-
7 w»r Ä lg l GTh iT a en *T- B * 61 den «brigen 8 Fällen trat Fieber auf, und
4^ 30 12 8 Ta 15 d f I J St l nach % ezmt: am 14., 25., 13.,
ttXv' f ’ l 2 - T ^ e : durchschnittlich aber erst am 20. Tage und meistens
ectJ^lab? n V h l eln ’a ** W ° W die Gelegenheit zu dieser kleinen Im
59 X£n3 rbaade n waren diese 8 Fälle durachschnittlich erat nach
’ / • circa 15 Stunden später als die anderen. Einzeln be-
“ Urde Gmer nach ^ drei nach 48 ’ und y ier erst nach 60 Stunden
fällt geschossen wird, zumal bei Verletzung der Knochen, I
riJJr ld f b ’f {0Tt T H en '^ eine Wunde erl?eut sicb a, so
band Irmli emtret ® Ilde ? mechanischen Ruhe. Auch der erste Deckver-
V Bprvimfn Sei ^.'V: e e J "' o le ’ M ' 5lbt ruhi ? 1 legen und wurde in den
Es Uevfn «ünfn he 5 F w e - n d , urch emcn feinenden Gipsverband abgelOst,
günstige Süssere Um-
mmeLu i. S K h dl6 T Leichtverwundeten nicht in gleichem Maasse
Estrmdst dT» Spt n en u , LeUte T 1 J e,chtOTen Schüssen durch die obere
SÄJ“]'^fe'sgegeud durch die Lendenmuskulatur, mit
\S» , ler . Art s ehen umher, verhalten sich bezüglich ihrer
ans^luenpr^Tni^ 1 ”. 581 ^ komme . n theiIs a » s Mangol an Platz, theils
| m |t „L , nst entweder gar nicht odor erst später, wenn sie fleber-
eni “er Ä ’„ n H U ? , L, ? grCn ’ l bT ° Wmdoa babea in der ersten Zeit
vergfeich^Pkp ^ ? t ch 1 u ‘ z ™ r der Aussenwelt gehabt und sie werden sich
'■ Berirman n '«Phfn t r '. eichte 5 s , ec ™dfe inficircn, wie ein durch den
Äff Gipsverband geschützter und geschienter Knieschuss.
Verlauf . he S b wohl ebenfalls ein Factor für den guten
ment bleiht fh ?1Se iiefeudelten Knieschüssen. Das maassgebonde Mo-
eintretende endgültige®Schutz vor
v.^Berumanl’s f“,t ?”, d , auch J b,cr erfre ? ten si ch die Knieschüsse unter
brauchten erst i besonders günstiger Verhältnisse. Die Vorhände
und schützten .wT 48 S ! Undon nach dor Verwundung angelegt zu werden
l^das ^Es liet L n ° Ch 73 r s ^ lmdär f. Entzündung und Fieber. Woran
inficirt worden ^ Hand ‘ Sl ° waren weder durch den Schuss
band. Und du l| C ^ * den erst . en überaus schmutzigen Dcckver-
Infectionskeime enthielt”* ! etztereri nicbt? Weil er offenbar selber keine
bei den stillD^/ r" d ’ a™ nu ? von £ rosser Wichtigkeit wurde,
Dienste eines t^ enden ™ d sich nicht Umhertreibenden die
der Wunde versah. Auf
Verbandstoffe werde . St eri litat der zunächst angewandten schmutzigen
alles sebe Grenzen V ni , W6lter " nten ™ s P rechei1 kon “nen. Wie ater
des definitiv absehliWn a° v< ?r tra a ea die Wunden wohl einen Aufschub
denn bis dahin S f w \ erbandes von durchschnittlich 37 Stunden,
D a tient aber noch^län^ llüde f ^berülirt und gut gedeckt, musste de»^
eigentliche AseS niHa 60 &tunde ? ( 4 mal ) warten, dann schien
wohl walteten w E u h “ ebr consemrbar gewesen zu sein. Gleich-
Material entstammte on T J*- 06 ] 1 günstige Umstände, denn das inficirende
sich züchtenden vmiW^ Ch Q? ei \ nicht 1,611611 in den Hospitälern so schnell
Darasitenspecies wie en . ten Streptococcen, sondern einer weit harmloseren
v : Bergmann’s 816 Z ‘ ^ den Staphylococcusarten kennen,
die BehandlunL»- (rpimm ^ egann6 , n 1111 ^ -A- usn ahme eines schon fiebernd in
^tui-steigerunin ?n ^? enen ^«chnittlich erst am 20. Tage Tempe-
der Reihe nach " ezä hH gen ' f Es waren deren ja 7 Fälle; sie fieberten
1 yiimiseh würfe S T 14 ’ 25 v 42.. 39. und 12. Tage.
Wucherung entsclnPflon” 1 !? starb , und bei ihm hatte die Staphyloeoccen-
,10Iaa ien. V 0 H e Tn!?i . d “r We » “ die Venen ge-
mckzubeziehenden Q««*- 1 d,e ^virkung virulenter Streptococcen zu-
Ich hat von fl. K r urdo kein ^ befallen!
»lüssen, aber die vir7,ii V ,* llergmann ’ s ein ärmliches Referat bringen
die ihrer Zeit nur Zn ' UDg ^ ^ nabe » diese hervorragende Publication,
W01 ’den sein map «, I# 5r ftngeren Fachgenossen eingehender bekannt ge-
1 emem grösseren Leserkreise wieder einmal nahe
DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
__ 285
zu bringen. Es giebt kein Bestreben nach Fortschritt für die erste und
rnLZiZr w m °H StellS daS Wohl , und Wehe-des Verwundeten schnell'
Anri ä d Wundversorgung, welches nicht auch aus dieser Arbeit dio
SCl,ÖPf0,1 m “ SSte ’ UDd ife 0 Consequeuzeu
Uebrigens stütze ich mich nur auf das in dieser Arbeit Gesagte und
berufe mtch in keiner V eise auf die Anschauungen, welcho de/Autor
vXsÄ g er beW U s n M erba " d Z " r St “ nde hegeD mag UDd di0 ”’ ir
• i .Pf 1 * Leser wird sich gütigst erinnern, dass ich mit allem dem. was
ich bisher aus den Autoron schöpfte, ihm ein Material Vorfahren wollte
zum Beweise für die Berechtigung der Ansicht, dass es vor allem darauf
ankomme, die Wunden möglichst sofort definitiv und „hermetisch“, wie
auch schon y. Bergmann sagte, von der Aussenwelt abzuschHessen
und sie mcht der oftenen“ Behandlung unter irgend einer Form zu
überlassen. Ich selber hatte in meinen früheren Ausführungen den
sofortigen hermetischen Abschluss gefordert und die Anwendung von
I flaster und Naht vorgeschlagen. Zur Stützung dieses Vorschlages berief
ich mich aut einige klinische Erfahrungen an Schusswunden und compli-
cirten bracturen. In der Discussion verlangte Horr Trondolenburg die
Veröffentlichung der bezüglichen Fällo. Ich hätte dieso gleich nach dem
Longresso vornehmen können, doch lag mir zunächst noch daran eine
andere wichtige und fundamentale Frage bezüglich der ganzen Materie
zur Lösung zu bringen und danach erat meine Anschauungen noch ein¬
mal pubhcistisch zu vertreten. Ueber die „andere“, jetzt gelösto Frien,
werde ich weiter unten eine Mitteilung machen und jetzt erst an die
Berichterstattung meiner Fälle gehen.
o a P oi 011 ™^ 0 ; R ' Kaufmann, 19 Jahre, aufgenommen
24. März 1888. Perfonrende Schusswunde der Brust in der
Herzgegend. Schusswunde des linken Zeigefingers mit Bruch
der Phalanx. Behandlung: Desinfection und Naht der Wunden. Geheilt
entlassen am 14. April.
Fall 2. No. 828. R. Kr., 20 Jahre, aufgenommen 15. April 1889.
Revolverschuss in den linken Vorderarm. Behandlung: Incision
und Entfernung der Kugel. Naht. Geheilt entlassen am 23. April.
F a, f 8. No. 288. H. Gr., Handelsmann, 47 Jahre, aufgenommen
10. Februar 1891. Schuss in den linken Oberschenkel. Breite
Incision, ohne dass das Geschoss gefunden wird. Naht. Geheilt entlassen
am 12. März.
Fall 4. No. 669. Knabe O. M., 5 Jahre, aufgenommen 19. April 1893.
Fractura tibiae dextrae complicata. 6 cm lange Hautwunde, quer
zur Achse des Gliedes durch Austritt des Knochenendes entstanden.
Zackige Ränder. Viel Schmutz aus der Wunde durch den scharfen
Löffel entfernt. Ausspülung mit Sublimat. Vollständiger Nahtverschluss
(also keine Drainage). Gypsverband. Es ist weniger anzunehmen, dass
der Schmutz absolut entfernt wurde, als dass er eben keine Entzündungs¬
keime enthielt. Der Heilungsverlauf war absolut fieberlos.
Die folgenden Verletzungen sind sämmtlich ohne Desinfection
der Haut und Wunden sofort vernäht, gepflastert und fieber¬
frei geheilt.
Fall 5. X., aufgenommen 20. Februar 1893. Schuss in den
unteren Winkel der Scapula. Geschoss in der Tiefe belassen.
Fall 6. Aufgenommen 28. Februar 1893. Messerstich in die
linke Pleurahöhle durch den zweiten Intercostalraum. Naht und
Pflaster. Bluterguss in die Pleurahöhle. Am 7. März Entleerung von
800 ccm Blut durch Aspiration.
Fa 11 7. 0. H., 30 Jahre, aufgenommen 19. December 1892. Pistolen¬
schuss in die rechte Lendengegend. Excision der Kugel. Naht.
Pflaster. Polikinische Behandlung.
Fall 8. Mario K., 33 Jahre, aufgenommen 1. Juni 1892. Hy¬
drops gen u dextri. Incision, Entleerung, Naht, Pflaster. Da die vor¬
gängige Desinfection der Haut unterlassen war, wurde der weitere Ver¬
lauf scharf bewacht. Es traten aber weder Fieber noch sonstige Störungen
auf. Dass die Wiederansammlung von Flüssigkeit nicht ausblieb, ist
natürlich eine Sache für sich.
Fall 9._ M. Z., 34 Jahre, aufgenommen 3. Juni 1892. Fractura
humeri sinistri, complicirt durch Hufschlag. Sutur, Pflaster und
Stärkeverband.
Fall 10. Q., 45 Jahre, aufgenommen 10. Juni 1892. Vulnus oc-
cipitis. Entfernung der Haare auf trockenem Wege durch Schneiden
und Rasiren. Sutur. Pflaster.
Fall 11. J. W., 32 Jahre, aufgenommen 11. Juni 1892. Vulnus
contusum dorsi pedis, 5 cm lang. Sutur, Pflaster.
Fall 12. A. H., 35 Jahre, aufgenommen 1892. Hydrocele testis
sinistri. Incision. Entleerung, Sutur, Pflaster. Hier blieb die Wieder¬
ansammlung von Flüssigkeit aus.
Fall 13. E. Dr., 25 Jahre, aufgenommen 14. Juni 1892. Vulnus
permagnum scroti dextri. Spiesste sich beim Ueberklettern einer
Umzäunung auf einen spitzen Gegenstand auf, wodurch die Scrotalhaut.
sowie die Tunica vaginalis in einer Ausdehnung von 10 cm durchschnitten
wurden. Die Tunica wurde ohne alle Desinfection mit Catgut, dio
Scrotalhaut mit Seide genäht. Pflaster, schnelle ungestörte Heilung ohne
Erguss.
Fall 14. I. G., 41 Jahre, aufgeuommen 20. Juni 1892. Mehrere
Schnittwunden im Gesicht. Naht. Pflaster.
Fall 15. W. S., 46 Jahre, aufgenommen 27. Juni 1892. Mehrere
grössere Schnittwunden am Unterschenkel. Naht. Pflaster.
Fall 16. M. B., 18 Jahre, aufgenommen am 25. Juni 1892. Brust¬
stich in der Herzgegend. Naht. Pflaster.
Fall 17. X., aufgenommen.31. Juli 1892. Pistolenschuss durch
„ie linke Hand, Fractur des zweiten Metacarpalknochens. Naht.
Pflaster. Poliklinisch behandelt.
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286
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCH RIFT.
No. 12
Fall 18. Aufgenommen 25. Juli 1892. Pistolenschuss in den
rechten Oberschenkel. Der Schuss hatte zugleich ein Stück vom
HausschlUsselbart abgetrennt und mit in die Tiefe getrieben. Naht und
Pflaster. Da der Patient nicht im Hospital bleiben wollte, musste er po¬
liklinisch behandelt werden. Wie in allen Fällen so auch hier ungestörte
^ e ^Fall 19. Sch., 40 Jahre, aufgenommen 23. October 1892. Fractura
crurissinistri complicata. Tibiale Durchstichfractur. Naht. Pflaster.
Fall 20. W., 47 Jahre, aufgenomrnen 1. September 1892. neie
Schnittwunde am Halse (Conamen suicidii). Naht. Pflaster.
Fall 21. J., 34 Jahre, aufgenommen 4. November 1892. Lorup U-
cirter Bruch des rechten Oberschenkels. Hautwunde, aus der das
obere Fragment herausragte, 2—3 cm gross. Reposition, Naht, Pflaster,
Streckverband. _ . . 0rt0 ^ _
Fall 22. 0. H., 23 Jahre, aufgenommen 3. Mai 1893. Revolver¬
schuss in die Herzgegend. Allem Anschein nach zum mindesten der
Herzbeutel perforirt. Sofort Naht und Pflaster. Die ersten zwei Tage
Fieber von 39°. Dann allmählicher Abfall bis zur am fünften Tage er¬
reichten Norm. „ .. „ . , ono rv •
Fall 23. Maurer A. S., 19 Jahre, aufgenommen 14. Mai 1893. Drei
tiefgehende Messerstichwunden, je eine in der Mohrenheim-
schen Grube, in den rechten Oberarm und den rechten Unterarm. Naht.
Pflaster. Fieberfreier Verlauf.
Wir hätten somit 11 Schusswunden (an einem Individuum deren
zwei), von denen 4 den Thorax perforirt hatten. Das mindeste Ca-
liber der Geschosse waren Revolverkugeln, deron Durchmesser dem neuen
Infanterieprojectil entweder gleich kommt oder nur um wenigo Millimeter
nachsteht. Einmal fand eine starke Pleurablutung statt. Von Stich¬
wunden sind drei Fälle notirt; eine war ebenfalls mit starker Pleura¬
blutung complicirt, und eine andere hatte den linksseitigen serösen Scro-
talraum weit geöffnet. Vier complicirte Fracturen betrafen jo einen
Oberarm, einen Oberschenkel und zwei Unterschenkel. Einmal wurde ein
Hydrops mit dem Messer operativ verletzt und ohne vorherige Desinfec-
tion der Haut genäht, und wiederum einmal geschah dasselbe an einem
bedeutend perforirenden Trauma der linken Hodensackhälfte. An drei
Personen wurden sechs Stichwunden, davon ein perforirender Bruststich
mit Hämorrhagie in die Pleura sofort vernäht und gepflastert. Ausser¬
dem wurden noch fünf Wunden ohne vorherige Desinfectionen der Fläche
und umgebenden Haut vernäht und gepflastert. Ueber das Pflaster wurde
kein weiterer Verband gelegt; es ist mit Kautschuckmasse präparirt und
besitzt eine enorme Klebekraft, so dass es, wie ich durch Versuche fest¬
stellte, selbst bei schwer arbeitenden, corpulenten und stark zum Schwitzen
neigenden Personen viele Wochen lang festhaftet und auch nach mehreren
warmen Vollbädern sich nicht lockerte. Ausser den angegebenen Indivi¬
duen konnten mangelnder Gelegenheit wegen bisher keine weiteren dieser
Methode der sofortigen festen Wundverscliliessung unterworfen worden;
es ist also auch kein einziger Misserfolg zu verzeichnen ge¬
wesen. Die Versuche werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit fort¬
gesetzt werden. 1 )
Die Desinfection der Wunde selbst sowie der umliegenden Haut
wurde absichlich unterlassen, um möglichst die im Felde herrschenden
Verhältnisse nachzuahmen. Uebrigens halte ich dieWunddesinfection ebenso
wio v. Bergmann für machtlos und überflüssig und die nasse Desin-
fection der Hautumgebung für nicht ungefährlich 2 ), da doch einmal
virulente Keime, wenn sie an Fingern und Instrumenten vorhanden sein
sollten, in noch nicht abgetödtetem Zustande durch den Flüssigkeits¬
strom in die Wundo eingeschwemmt werden könnten. Zudem ist die
Desinfection im Felde zeitraubend und bei weitem nicht immer durch¬
führbar, und es werden wohl weder in unseren Wunden, noch in deren
Umgebung, selbst am Sero tum, virulente Mikroorganismen vorhanden ge¬
wesen sein, denn bemerklich haben sie sich nirgends und niemals gemacht.
Alle Verletzungen heilten genau in der Weise, wie die subcutanen dies
zu thun pflegen. Nur an den Hauträndern der Schusswunden, welche
namentlich am Einschuss etwas gequetscht waren, zeigte sich, wenn wir
nach ca. 8 Tagen das Pflaster lüfteten, ein Minimum von eiterartiger
Flüssigkeit, die auf Verflüssigung des ausser Leben gesetzten Gewebes
zurückzuführen ist; denn weder hei uns, noch im Institut für Infeetions-
krankheiten konnten pathogene Organismen darin nachgewiesen werden.
Einige feuchte Umschläge genügten nunmehr, die kleinen Granulations¬
flächen baldigst zur Vernarbung zu bringen. Unser Nähmaterial: Nadel,
Nadelhalter und Catgut, sowie auch unsere Hände waren natürlich voll¬
kommen aseptisch, doch kamen weder Hände noch Nadelhalter mit der
Wunde in Berührung, was ganz überflüssig und für das Feld von grosser
Bedeutung ist.
Es leidet natürlich keinen Zweifel, dass der hermetische Verschluss
bei Wunden mit ausgedehnten Quetschungen der oberflächlichen Weich-
theile versagen kann und wieder geöflnot werden muss. Man soll niemals
zü viel verlangen und ein Princip nicht zu Tode hetzen. Auch machten
wir diese Versuche ja nur, um über die eventuelle Bedeutung des primären
Verschlusses bei leichten Schusswunden Aufklärung zu erhalten.
Ich würde mich sehr freuen, wenn auch Andere meine Versuche
wiederholten, sie bekommen vielleicht noch mehr Muth dazu, wenn sie
sich die Resultate der ganz neuerdings erst bekannt gewordenen Unter¬
suchungen von Pfuhl (Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten
1893, Bd. XIII) vergegenwärtigen, welche die von mir vorhin erwähnte
Frage lösen.
') Nachträgliche Bemerkung bei der Correctur: Diese Fälle haben
sich mittlerweile nach der vor Monaten erfolgten Manuscriptabgabe wohl
um das Doppelte in gleichem Sinne vennehrt.
2 ) Vergleiche die neuesten einschlägigen Experimente Schimmel-
busch’s.
Solche Versuche sind natürlich nur im Interesse der Wissenschaft
bezw der Kriegschirurgie zu unternehmen und nach erlangten genügenden
Resultaten abzubrechen. Es liegt mir wenigstens ganz fern, an unserer
heutigen Civilchirurgie etwas reformiren zu wollen. . ,
Es hatte sich bei mir schon aus Erfahrungen von 1870/71 her, uud
zwar gemacht an einigen Patienten, deren allerdings eiternde Wunden
unter meinen Augen geheilt waren, bei denen aber nach Jahren noch sich
plötzlich Uniformfetzen als wandernde Fremdkörper aus der Wundstelle
oder deren Umgebung ausstiesson, Erfahrungen, die, wie ich weiss, auch
mehrfach von anderer Seite gemacht wurden, dann durch die Lectüre
weiterer solcher Fälle, so z. B. der v. Bergmann’s, und endheh durch dio
Ergebnisse meiner klinischen Versuche die Ansicht ausgebildet, dass eines-
theils das Miteindringen von Uniformfetzen ein nicht allzu häufiges Vor¬
kommen sei und dass andererseits solche Fetzen wohl nur ganz ausnahms¬
weise als inficirend anzusehen wären. Auch v. Bergmann konnte wohl
einen Fall von vollständiger Einheilung mehrerer Uniformfotzen in das ge¬
heilte Kniegelenk demonstriren, thut aber, so weit mir bewusst ist, weder
iu der Schilderung der Fälle, noch in seinen Betrachtungen dieser Zugaben
zu den Schusswunden irgend einer Erwähnung. Auffallend war mir daher
die Aeusserung eines so hervorragenden Chirurgen, wie König es ist,
dass das Geschoss von jeder Hose, die es durchdrmge, Mikroben mit¬
nehmen könne und diese sehr häufig mitnehme, und dass auf Grund dieser
Umstände durch eine sofortige Vernähung der Wunden mindestens m
50% enorm rasch Phlegmonen gross gezogen werden, und dass nament¬
lich bei enormen Diaphysenzertrümmerungen dann eine acute Phlegmone
und Sepsis die unvermeidliche Folge seien. Meine Vorschläge waren nur
auf die erste Versorgung von leichten Verwundungen gerichtet, und ich
muss dahingestellt sein lassen, ob die „enormenDiaphysenzertrümmerungen“,
die wir haben worden, immer als leichte Verwundungen gelten dürfen;
zum mindesten wenigstens nicht, wenn der Ausschuss durch heraus¬
gesprengte Knochensplitter zu einer weit aufgerissenen Wunde geworden
ist. Denn dann haben wir doch wohl eine schwerere Verwundung, und
ich erscheine mit meinen Vorschlägen vorläufig noch aussen vor.
Immerhin war der Einwurf König’s, dass mindestens die Hälfte der
Schüsse als inficirt durch Kleiderpartikel resp. hereingerissene Mikroben
zu betrachten sei, ein solcher, mit dem schon der öffentlichen Meinung
gegenüber zu rechnen war, und ich befragte daraufhin die Litteratur. Sie
gab keine Antwort. Ich ging dann zu Herrn R. Koch und fragte ihn, ob er
etwas über die Anwesenheit von virulenten Mikroorganismen in den ge¬
tragenen Soldatenkleidem wisse. Er meinte nein, war aber auf meino
Bitte, ob sich diese wichtige Frage in seinem Institute nicht bacteriologisch
lösen liesse, so liebenswürdig, seinen Mitarbeiter Herrn Pfuhl mit den
desfälligen Untersuchungen zu beauftragen. Die Ergebnisse der Pfuhl-
schen Arbeit sind erst kürzlich erschienen und dürften noch nicht überall
bekannt sein.
Ausgehend von der jetzt wohl ganz feststehenden Thatsache, dass
für den Menschen die Gruppe der pathogenen Streptococcen der gefährlichste
Wunderreger ist, da gerade diese Erysipele, Lymphangitiden, progressive
Eiterungen und schliesslich Septikämie bedingen, während die virulenten
Staphylococcen nur örtliche Entzündungen hervorrufen und erst auf dem
Wege metastatischer Verschleppung durch die Venencirculation zur Pyämie
führen, und auf die Thatsachen weiter fussend, dass die weissen Mäuse
und Kaninchen in der Empfänglichkeit für diese Entzündungserreger dem
Menschen sehr ähnlich sich verhalten, benutzte er diese Thiere für seino
Versuche. Er entnahm nun getragenen, noch im Gebrauch befindlichen
Soldatenhosen, -Unterhosen und -Röcken Partikelchen verschiedener Grösse
und namentlich von solchen Gegenden, die für die Ansammlung von
Schweiss und Staub die günstigsten Bedingungen boten. Die kleineren
Partikelchen verimpfte er den Thieren in die Ohren, Körpertheile, welche
bekanntlich auf jeden Entzündungsreiz heftig und augenfälligst zu reagiren
pflegen. Grössere Tuchstreifen von 3 cm Länge und 0,3 bis 0,5 cm Breite
brachte er den Thieren in die Pleura- oder Bauchhöhle. Es ergab sich
„die sehr bemerkenswerthe Thatsache, dass sich unter 46 kleinen und
5 grossen Zeugstücken, die direkt vom Körper der Soldaten entnommen
und ohne Verzug auf empfängliche Thiere verimpft wurden, auch nicht
eine einzige Probe befand, die eine Entzündung, eine Eiterung oder eine
noch schwerere Wundinfectionskrankheit hervorgerufen hätte. Alle heilten
vielmehr im Thierkörper ein. Die sämmtlichen untersuchten^öl
proben enthielten also keine virulenten Wundinfectionserreger“. Einige
Parallelversucho mit Partikelchen, die mit virulenter Strepto- und Staphylo-
coccusbouilloncultur benetzt und verimpft wurden, führten zum septi-
kämischen Tode resp. zu einer localen Entzündung am Impfort, also m
der Pleurahöhle. Hiermit war der Beweis erbracht, dass die Thiere wohl
an der Einimpfung von mit virulenten Organismen imprägmrten Uniform-
theilen erkranken resp. zugrunde gehen, dass aber die nicht imprägmrten
Kleidungspartikel sammt und sonders solche pathogenen Organismen nicht
enthielten. Die grosse Bedeutung dieser Versuche, welche ihrer Wichtig¬
keit wegen vielfach nachgemacht werden müssten, liegt auf der Hand.
Einimpfung von schmierigen Kleidungsfetzen, sofortiger Verschluss der
penetrirenden Wunden und doch keine Spur von örtlicher und allgemeiner
Erkrankung, und dasselbe Resultat in 51 Fällen, ohne alle Ausnahme..
Aehnliche Versuche waren schon 1888 von Fraenkel in Wien mit voll¬
ständig gleichem Resultat vorgenommen worden.
Aus diesen Versuchen ist noch eine weitere von Pfuhl nicht ins
Auge gefasste Consequenz zu ziehen: wenn lange getragene, verstaubte
und verschwitzte Uniformen frei sind von virulenten Organismen, so wei¬
den es auch die ihnen eingenähten Verbandpäckchen sein müssen. Ja es
ist sogar nicht unwahrscheinlich, dass dio fabrikmässig hergestellten btono
auch ohne vorherige Sterilisation sich nicht schädlicher als die Unitorm-
stoffe selbst erweisen werden, v. Bergmann schildert die Unanseim-
lichkeit und in die Augen fallende Unreinlichkeit, in welche die zu¬
nächst von den russischen Feldärzten auf die Kniewunden gelegten N ei-
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287
22. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
bandstoffe, durch die Märsche in den staubigen Steppen irerathen waren,
und sah doch nicht soviel Unheil von ihneu, wie zu erwarten war. Sie
lagen in den gut verlaufenen Fällen 33 bis 48 Stunden den Wundflächen
an, und erst die Wunden, deren Secrct, wohl durch eine längere Vorent¬
haltung des Luftabschlusses in Fäulniss gerathen war, verliefen fieberhaft,
wenn auch mit Ausnahme eines Falles nie letal und nur ganz vereinzelt
zur Amputation auffordernd. Also an dem Verbandstoff liegt es auch
nicht in erster Linie, sondern an dem schnellen Abschluss der Luft, die
auch in den bestventilirten Palästen das Secret einer einzigen Wunde
erst zu oberflächlicher, dann zu tieferer Fäulniss bringen wird.
Diese Fäulniss an sich ist noch relativ harmlos, aber auf den fauligen
Materien gewinnen die hinzutretenden Streptococcen erst ihre Virulenz
oder erfahren eine deutliche Steigerung derselben ('s. Goldscheider,
(’entralbl. f. klin. Med. 1893. No. 33).
Für das Freisein der Hautdecken von virulenten Organis¬
men dürften meine klinischen Versuche, die auch nicht ein einziges mal
ein ungünstiges Resultat herbeiführten, von ziemlicher Beweiskraft sein.
Ich habe dem Leser nun eine ganze Kette von Thatsachen vorge¬
führt und glaube hiernach, dass auch der grösste bisherige Skeptiker
sich dem Gedanken, dass die Schusswunden vielfach durch mithineinge¬
rissene virulente Potenzen inficirt werden, nicht so sehr mehr wird hin¬
geben können. Ich hoffe sogar, dass man zur Ueberzeugung gelangen wird,
dass die Primärinfection immer nur die Ausnahme ist und dass die
Wundinfection, wo sie vorkommt, fast immer eine secundäre Contact-
oder Luftinfection ist, dio wir hintanhalten können und müssen.
Wäre die Ansicht König’s richtig und ganz zutreffend, dann
siihe es mit der Zukunft der Kriegschirurgie recht trübe aus, und
wesentliche Fortschritte in der Rettung des Lebens oder der Glieder
unserer Verwundeten erschienen ziemlich ausgeschlossen, zumal wenn
schon die Hälfte der Wunden durch mit dem Schüsse eingedrungene
virulente Mikroorganismen inficirt wäre. Aber dieser Ansicht wird
schon seit Jahrzehnten nicht mehr allgemein beigepflichtet. Schon
Klebs, welcher 1870/71 die sorgfältigste Obduction von 115 Wunden
vornehmen konnte, kam auf Grund seiner Befunde zur Ansicht, dass die
Wundinfection zur Schwere der Gewebsläsion in gar keiner Parallele
stände und dass jene unabhängig von dieser etwas zufälliges, nachträglich
von aussen her stammendes Secundäres sein müsse, einer Ansicht, der
sich auch v. Bergmann wenigstens bezüglich der anatomischen Seite
der Frage offen anschloss.
Klebs ging sogar als Theoretiker soweit, den sofortigen hermetischen
Wundverschluss anzurathen. Fruchtbar, wenn auch nicht durchgreifend
und erschöpfend wirkte die einzig mögliche Deutung des guten Verlaufes
‘1er Simon’schen Knieschüsse, welcher auf den sofort eingetretenen her¬
metischen Abschluss der Gelenkhöhle durch die Haut- und Kapselränder-
verschiebung von allen Seiten zurückgeführt wurde. So ein sagt (1. c.
p. 115) ganz frank und frei: „Ich bin der festen Ueberzeugung. dass,
wenn es möglich wäre, vom Moment der Verletzung an den deletären
Einfluss der Luft abzuhalten, die meisten, zur Conservation sich eignen¬
den Schussfracturen ohne weitere Störung heilen würden.“ v. Berg¬
mann sagte (1. c. p. 55): „Offenbar sind nicht alle meine Fälle schon von
der Ein- oder Ausgangsöffnung (sic!) her inficirt gewesen, als ich sie
verband. Die Tabelle zeigt, dass, je früher verbunden wurde, desto besser
meine Patienten fuhren, und dass die schlimmen Fälle der Verbandappli-
cation des dritten Tages angehören.“ Es ist wohl anzunehmen, dass
v - Bergmann’s an sich schon glänzenden Resultate noch grossartiger
missefallen wären, wenn er, der sich vornehmlich mit den Schwerver¬
letzten beschäftigen musste und nur zwischendurch die schon vorher ge¬
planten Knieverbände anlegen konnte, einen geschickten, mit seinen Ideen
vertrauten Assistenten hätte veranlassen können, sofort und zunächst einzig
und allein nichts anderes zu tliun, als die Knieknochenfracturen zu ver¬
binden. Vielleicht wären zwei Drittel und noch mehr der Fälle roactions-
" s . verlaufen — v. Bergmann wird dies« 1 Möglichkeit zugeben —.
und um wie viel wuchtiger hätto ein solches Heureka! auf die Weiter¬
nd Wickelung der Kriegschirurgie eingewirkt. Wir hätten nicht nur das
Morgenroth. sondern auch den schönsten Sonnenaufgang gemessen können!
fa» Studium der v. Bergmann’schen Arbeit ist ernst, aber erhebend, und
muten darin tritt auch ein Quentchen Komik auf: ich meine dio mit der
* ■'P tlS( -'heö Watte versiegelte Kniefractur, deren Heilung untadelig verlief.
Wir würden also sicherlich vieles, wenn nicht alles für den nächsten
neg gewonnen haben, wenn wir uns von vornherein in die Lage ver-
se zen könnten, alle Wunden, an denen dies möglich, nach v. Berg¬
mann zu verbinden. Also eine die Wundo sehr breit überragende Watte¬
packung und sorgfältige Befestigung derselben durch Binden. Bei Schuss-
«r?- käme dann noch der für die Transportirbarkeit des Patienten
(1 C „, C . Gipsverband darüber. Die Watte würde sich schnell mit
. " Endflächen verkleben, und wir hätten daim einen auf viele Tage
I)-, en r hermetischen Wundabschluss ganz nach meinem Geschmack.
ban^ ef ' i an( * müssto aber möglichst sofort, und zwar als erster Ver-
weni^t ‘ e gt werden. Dies sind Conditiones sine quibus non! für mich
j- oStens. In diesem Verfahren läge Einfachheit, Einheitlichkeit und
Ueales 61 e - n ? S ^ e - ^ Ursor S e - Es wäre die endliche Erreichung des
schnei u- j un d Weise las, w r ie v. Bergmann seine Knie-
ivßrlir} 6 fT? konnte und welchen Erfolg er hatte, kam mir Unwill¬
en rlf n ^ ,e “ ai B ce * m öchte es doch in den zukünftigen Feldzügen ausser
v U aüenen nur noch Knieschussfracturen geben, die wir sofort nach
^ raan .j '' ers °rgen könnten, dann gäbe es nur mehr eine tragische
Schrei-,« i— to( * cs ' a ^ er Btr die Verwundeten keine eigentlichen
sehnplio* v 8 ^ ne S es . m ehr. Indessen — wird eine solche erste und
nöthim.n ? rs ° r £ung ini Kriege durchführbar sein? Werden wir die
ins Fplri v S0 ^hweren, als fast wolkengrossen Watteballen mit
dort L'ehnrt me>n * s * e den 0I *sten Verbandplätzen — denn
fc en sie hin — zur ungeschmälerten Verwendung bereit zu
halten? Ich kann das nicht ganz heurtheilen, hege aber ernste Zweifel.
Sollten sie begründet, und der bezügliche Verband nicht durchführbar
sein, dann wären wir leider wieder ebenso weit, wie vorher oder wenig¬
stens beinahe soweit. Freilich könnten wir den v. Bergmann’schen Ver¬
band für eine spätere Zeit immer im Auge behalten, er liefert ja auch
dann noch ansehnliche Resultate, aber für "zunächst müssten wir auf einen
guten interimistischen Luftabschluss von der Wunde bedacht sein. Hier¬
für ist vorläufig nur das bekannte Verbandpäckchen vorgesehen. Würde
dies einen zuverlässigen Luftabschluss auf Tage hinaus gewähren? Viele
Collegen zweifeln schon jetzt daran, obenan v. Esmarch, der in der be¬
wussten Discussion des Chirurgencongresses von 1892 sagte, dass man mit
der in dem Päckchen vorhandenen Mullbinde schwerlich imstande sein
würde, die Compresse so sicher zu befestigen, dass sie sich nicht beim
Transport verschiebt. Auch er ist für einen sicheren, hermetisch luftab¬
schliessenden Verband, denn: „Was aber den Vorschlag betrifft, die Wunde
mit einem Pflaster zu bedecken, so scheint es mir wohl möglich, dem¬
selben beizustiinmen. Ich würde das Pflaster aber nicht unmittelbar auf
die Wunde legen, sondern nur die in dem Verbandpäcken befindliche an¬
tiseptische Mullcompresse damit auf die Wunde festkleben. Wenn aber
das Pflaster gut klebt, so ist es gewiss imstande, die aufgelegte Com¬
presse tagelang auch bei längerem Transport auf der Wunde festzu¬
halten“.
v. Esmarch wünscht zum hermetischen Verschluss noch eine Zu¬
gabe, die uuterzulegende Mullcompresse, gegen die ich theoretisch nicht
das mindeste einzuwenden hätte und die in Hinsicht auf das Praktische
nur das Erforderniss eines weit grösseren Pflasterstttckes gegen sich hätte.
Dies v. Esmarsch’sche Begehren könnte auf den ersten Blick als etwas
Unscheinbares gelten, und doch birgt es melir in sich; es ist wiederum
ein Ausdruck „der Furcht, dass mit dem Projectil Infectionsstoffe hinein¬
gelangt sein können“, und eine Zustimmung zur Ivönig’schen Ansicht,
dass die Wunden aus diesem Grunde nicht hermetisch verschlossen wer¬
den dürften. Soweit wie König geht v. Esmarch allerdings nicht. Er
will zwischen Pflaster und Wunde nur noch die Mullcompresse einge¬
schoben wissen, damit diese Wundsecrete in sich aufsauge. Was von
der primären Wundinfection durch den Schuss zu halten ist, haben wir
schon im vorhergehenden genügend erörtert, und es bleibt nur übrig, uns
jetzt ein wenig mit der Aufsaugung des Wundsecretes zu beschäftigen.
Unter den Begriff der Wundsecretion fällt nicht die primäre Wund¬
blutung. Entstammt diese nur den Parcuchymcapillaren, so wird sie ent¬
weder minimal sein und kaum aus den engen Ein- und Ausschuss¬
öffnungen zum Vorschein kommen oder doch bald versiegen; ist aber ein
grösseres Gefäss getroffen, dann ist sie vor Anlegung eines Verbandes
zum Schweigen zu bringen. Dies kann auf dem Schlachtlelde oder dem
ersten Verbandplätze nur vermittels der v. Esmarch’schen Constriction
bewirkt werden. Steht die Blutung, dann bildet sich sowohl im Schuss-
canal, ganz besonders sichtlich aber in den Wundöffnungen ein Coagulum,
das die Wunde nach aussen vorläufig versehliesst. Erst viele Stunden
später tritt eine seröse Absonderung von den Wundflächen ein, welche
bei den civilen subc-utanen Fracturen, die ja meistens mit grösserer Weich-
theilszertrüminerung (v. Volk mann) als die einfacheren Schussfracturen
einhergehen, von der Aussenwelt abgeschlossen bleibt und bald wieder
resorbirt wird. Bei den subcutanen Fracturen ist das Serum aseptisch; wenn
dies nun auch bei den Schusswunden der Fall ist? Waren es wenigstens nicht
die Simon’schen Knieschüsse ohne Abfluss, war es nicht das Serum der so¬
gleich mit styptischcr Watte geschlossenen Knieschussfractur des Falles von
v.Bergmann, sowie das seiner vielen schönenFälle? War es nicht das Serum
aller meiner klinischen Fälle? War es nicht das Serum der Thierpleuren
und Bauchhöhlen der PfuhTschen Versuchsthiere? v. Bergmann zwei¬
felt daran, dass seine gut verlaufenen Kniefraeturcn vor der Anlegung
seines Verbandes „von aussen“ inficirt gewesen sein könnten, und schliesst
damit doch eine Primärinfection derselben gänzlich aus. Setzen wir aber
einmal den Fall, dass eine Schusswunde primär inficirt sei, können wir
es ihr ansehen? Würde da wirklich der mühsame Austritt von Serum
etwas nützen? Müssten nicht überhaupt erst die Blutpfropfen in den
Wundöffnungen zuvor zerfallen, und würde bis dahin nicht die Infection der
Wundhöhle bis zur Irreparabilität vorgeschritten sein? Wird überhaupt
mit etwas Wundserum wirklich die eigentliche Materia pcccans in toto
ausgestossen? Machen das Panaritium oder der Carbunkel nicht doch
unentwegt ihre Fortschritte, wenn sie nur oino kleine Ausgangsöffnung
erhalten, statt breit gespalten zu werden? Und sind die kleinen Oeff-
nimgen der Sckusswundo nicht wirklich zu klein, um die Wunde ohne
Kunsthülfe zu drainiren, und doch gross genug, um die faulnisserregende
Luftwirkung sich allmählich von den faulenden Blutpfropfen aus auf
das Wundinnere erstrecken zu lassen? Und ist hiernach ein herme¬
tischer Verschluss der Wunde durch Pflaster im Falle, dass Wundfieber
Schwellung, Schmerz und Unbehagen auftreten, nicht ebenso schnell und
noch schneller von der Wunde zu entfernen, als ein faulig durchtränkter
stinkender Mullbindenverband, der vielfach gar nicht mal melir auf, son¬
dern neben der Wunde liegt? Soll überhaupt der Pflasterverband nicht
nur ein provisorischer Nothbehelf sein, bis wir an die Wattemassen des
v. Bergmann’scben Idealverbandes herankommen können, vorausgesetzt,
dass wir sie noch gebrauchen und die aseptisch gewesene Wunde auch
aseptisch geblieben"ist? Jetzt komme ich wieder zu meiner anfangs dieser
Arbeit gemachten Bemerkung, dass ich total missverstanden worden bin.
Meine vorige Arbeit hatte nicht die Absicht, unsere geheiligten und auch
mir wohl bekannten Principien der Wundbehandlung zu ändern, sie wollte
bloss Vorschläge machen, die den Schutz der wundöffnungen vor nei
schädlichen äusseren Luftwirkung etwas mehr ins Auge fassten, als der
vorgesehene reglementirte Mullverband.
Nun noch einiges über die Wundnaht, und zwar zunächst historisch«*,*.
Es war mir offen gesagt, unbekannt, dass diese schon früher, und zwar
von mehreren Seiten aus empfohlen war,
und ich bin sowohl Herrn
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Thiersch als Herrn v. Bardelebon für den Hinweis darauf dankbar
dass schon Dieffenback (Brustschüsse und -Stiche) und kurz darauf
Simon den sofortigen Wundverschluss durch die blutige Naht empfohlen
hatten. Ich befinde mich mit meinen Ideen also in psgezeichnetei Ge¬
sellschaft und will den berühmten Vorgängern gern die Priorität in dieser
Sache lassen. Auch andere Chirurgen, wie om Dr. Chiskolm in Noid
Amerika, sind auf diese Idee verfallen und haben \ ersuche angestellt
Sie würden gewiss, was nicht der Fall gewesen zu sein scheint, e ute
Resultate davon gezogen haben, wenn die Wunden nicht joiher
unreinen Fingern, Sonden und Kugelzangen tractirt worden wären. Line
Wundnaht dieses Decenniums kann aber bezüglich ihrer chirurgischen
Würdigung mit einer solchen aus der vorantiseptischen Zeit niemals aut
den gleichen Fuss gestellt werden! Ich habe jedenfalls von meinen m
den oben aufgeführten Füllen angelegten Nähten ausnahmslos nur gutes
gesehen. «
Das Hauptbedenken der Opposition gegen die Naht stützt sich aut
meinen Vorschlag, ein wenn auch darauf geschultes so doch ausserärzt-
liches Personal zum Wundnähen zu verwenden. Diese Idee konnte ich
natürlich nur in der Voraussetzung fassen, dass schon die ersten
Schlachten eines zukünftigen Krieges eine überaus grosse Menge von
Verwundeten liefern und dass die eigentlichen Aerzte schon mit der Ver¬
sorgung der Schwerverletzten derart überbürdet sein würden, dass sie
sich der Leichtverwundeten nicht mit der diesen principiell zustehenden
gleich grossen Sorgfalt würden annehmen können. Den Schwervorletzten
hilft aber die Kunst im Anfänge nur verhültnissmässig wenig, und bei ihnen
liegt neben etwaiger Blutstillung zunächst nur die Sorge eines schonen¬
den Transportes ob. Die Leichtverwundeten bilden aber durch ihre grosse
Menge einen nicht zu unterschätzenden Factor, und gerade von diesen
kann sich durch eine mangelhafte erste Versorgung ein grosser rheil
alsbald in schwerere und schwer Verwundete verwandeln. Will man aber
keine ausserärztlichen Personen zur Naht zulassen, so überlasse man diese
den Aerzten, vorausgesetzt, dass sie in genügender Anzahl vorhanden
sein können. Uebrigens will ich die Frage von der Naht und den Nähern
nicht weiter discutiren. Mir wird es wohl nicht gelingen, Vorurtlieile zu
brechen, vielleicht thut es die Zeit oder der Drang der Zeiten.
Mein Bestreben liegt auf der Hand. Auch ich will zunächst das
non nocere, ein Grundsatz der bis jetzt die Warnung und das \ erbot ent¬
hielt, die Wunden nicht unnöthig mit Fingern und Instrumenten, zumal
nicht sterilisirten, zu insultiren. Soweit können wir schaden, aber sicher
schadet auch das Unbedecktbleiben der Wunde in dem Sinne, dass sie
längero Zeit den Einwirkungen der Aussenwelt ausgesetzt bleibt, und da¬
vor ist sio durch einen provisorisch luftdicht absclüiessondon \erband zu
schützen. Dieser verhütet ganz sicher die Secundärinfoction und greift
dem eigentlichen Verlaufe einer primär inficirten 'Wunde, falls. er recht¬
zeitig wieder entfernt wird, in keiner V r eise vor. Meistens wird er bis
zur Ausheilung der 'Wunde liegen bleiben können, kann aber bei ein¬
tretender Wundcomplication in demselben Augenblicke und ebenso schnell
wie jeder andere Verband entfernt werden, um einer operativen und offe¬
nen Wundbehandlung Platz zu machen. Ich sehe in der Application eines
entsprechend grossen und gut klebenden Pflasterstuckes das einfachste
und vollkommenste Mittel, die Wunde vorläufig zu schützen, halte es
aber auch nicht für ausgeschlossen, dass man zur Erreichung dieses
Zweckes auch andere, wenn auch kaum kürzere Wege finden kann, wie
ich auch gegen das Bedecken der verpflasterten Wunde mit der Mullbinde
nichts einzuwenden habe. Ein einfacher Watteverband, falls er nicht
weitbedeckende Dimensionen erreicht, erscheint viel zu unsicher, zumal
eine genügende Verklebung mit Wundsecret sich nicht immer genügend
ausbilden und eine schon zustande gekommene zu leicht durch mechanische
Insulte wieder getrennt resp. zerrissen werden kann. Uebrigens kämen
wir damit ja auch nur auf den wohl ziemlich allgemein als ungenügend
erkannten Verband des reglementirten Päckchens zurück. Weitreichende
Watteverbände nebst garantirter Ruhehaltung des verwundeten Körper-
theils, wie sie uns v. Bergmann lehrte, wären allerdings immer das
Idealste. Als die Hauptsache erscheint mir immer die Erkenntniss, dass
es nicht der Schuss ist, welcher inficirt, sondern die mannichfachen
Schädlichkeiten, welche die Aussenwelt einer ihr offenstehenden Wunde
so regelmässig zuzuführen pflegt, und die auf eine oder die andere W r eise
streng und einheitlich durchgeführte Beschtttzung der Wundöffnungen
durch eine festliegende, hermetisch abschliessende Bodeckung.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ __
XI. Kleine Mitteilungen.
No. 12
— Berlin. Die Berliner medicinische Gesellschaft hat. in
der Sitzung am 14. März ihren früheren stellvertretenden Vorsitzenden,
den Geheimen Medicinalrath Prof. Dr. Ilenoch, einstimmig zum Ehren¬
mitglied gewählt. _ . , . ,
_ Der Rechtsschutzverein Berliner Aerzte hat seinen
24. Rechnungsabschluss pro 1893 heraus|8geben dem wir folgendes ent¬
nehmen: die Einnahmen des Vereinsbureaus pro 1893 betrugen 15391.94 M.,
die Ausgaben 11960 M„ so dass ein Gewinn von 3431,94 M. erzielt wurde.
Die Activa betragen 33 097,65 M., denen 10 232.69 M. Passiva gegenüber-
stehen so dass der Ueberschuss der Activa 22 8G4,86 M. beträgt. Im
Jahre 1893 waren einzuziehen 15 017 Liquidationen im Betrage von
201352 65 M. Davon sind bis 31. December 1893 eingegangen 7322
Liquidationen 111111,52 M. In geschäftlicher Behandlung verblieben
5145 Liquidationen im Betrage von 35 223,08 M.
— Breslau. Der Geheime Sanitätsrath Dr. Moritz Neisser
feiert am 28. März sein öOjähriges Doctorjubiläum. Er promovirte
in Berlin auf Grund der Dissertation „de epidemia morbillosa in suburbio
Berolinensi hieme anni h. s. XL, III/IV observata.“ Neisser ist nicht
nur durch seine vieljährige hadeärztliche Thätigkeit in Charlottenbrunn
(die er auch jetzt während des Sommers noch ausübt) allen Besuchern
und Freunden dieses Curortes auf das vortheilhafteste bekannt, sondern
hat sich auch ein nicht geringes litterarisches Verdienst erworben durch
die in mehreren Auflagen erschienene Uebersetzung und Commentirung des
berühmten Beard’schen Werkes über Neurasthenie. Wir bringen dem
Jubilar (dem \ 7 ater des hervorragenden Dermatologen Albert Neisser
in Breslan) unseren herzlichen Glückwunsch.
_ Bonn. Die im Jahre 1892 gegründete Deutsche otologische
Gesellschaft, deren Ausschuss zurZeit aus den Herren Prof. Bürkn er
(Güttingen), Prof. Kessel (Jena) (erster Vorsitzender), Prof. Kuhn
(Strassburg), Prof. Lucae (Berlin), Prof. Moos (Heidelberg), Prof. Sieben¬
mann (Basel), Prof. Walb (Bonn), Dr. Oscar Wolf (Frankfurt), Prof.
Zaufal (Prag) besteht, wird ihre diesjährige Versammlung am 12. und
13. Mai in Bonn abhalten. Bewerbungen um Aufnahme in die Gesell¬
schaft sowio Anmeldungen von Vorträgen etc. sind _ an den ständigen
Secretär, Prof. Dr. K. Bürkn er in Göttingen, zu richten Die Zusen¬
dung des Programms wird in einigen Wochen erfolgen.
— Im Verlag von Ferdinand Enke in Stuttgart ist im Laufe der
beiden letzten Jahre eine Sammlung kurzgefasster Compendien er¬
schienen, die bis jetzt folgende Erscheinungen umfasst: Borchardt,
Grundriss der Physik; J. Disse, Grundriss der Gewebelehre; Eisler,
Grundriss der Anatomie des Menschen; H. Frank, Grundriss der Chiiurgie;
E. Gerdes, Grundriss der pathologischen Anatomie; G. Gutmann,
Grundriss der Augenheilkunde; Fr. Hersing, Compendium der Augen¬
heilkunde; Kobert, Compendium der Arzneiverordnungslehre; A. Kramer,
Grundriss der Geburtshülfe; Jul. Schwalbe, Grundriss der speciellen
Pathologie und Therapie.
— Universitäten. Berlin. Der Lehrer der Zahnheilkunde am
zahnärztlichen Institut der Universität, Prof. Dr. Miller ist zum ausser¬
ordentlichen Professor in der medicinischen Facultät ernannt. — An Stelle
des verstorbenen Professor Aug. Hirsch ist Professor Rubner mit der
Vorlesung über Geschichte der Medicin betraut. — Wien. Regiments¬
arzt Dr. J. Habart hat sich als Privatdocent für Chirurgie habihtirt.
X. Zar Kcimtniss der Inflaenzapneumonleen. Erwiderung von
Dr. Alb. Albu. In No. 11 dieser Wochenschrift führt Herr Dr. Jacob
Wolff darüber Klage, dass ich in meinem Aufsatz „Zur Kenntniss der
Influenzapneumonieen“ (No. 7 dieser Wochenschrift) seiner Monographie
über die Influenza nicht Erwähnung gethau habe, aus der ich hätte er¬
sehen können, dass die von mir gegebene Schilderung der Unterschiede
zwischen genuiner und Influenzapneumonie nichts neues gebracht hätte.
Ich habe darauf zu erwidern, dass für mich keine Veranlassung .vorlag*
die Schrift des Herrn Wolff zu erwähnen, da dieselbe lediglich eine Zu¬
sammenstellung der Arbeiten anderer Autoren enthält, während der Zweck
meiner Mittheilung war, durch eigene Beobachtungen am Krankenbett die
Erfahrungen der früheren, von mir genannten Autoren zu bestätigen und
zu erweitern. Wie weit man übrigens imstande ist, aus der Darstellung
des Herrn Wolff eine klare Vorstellung über den Unterschied zwischen
der genuinen und der Influenzapneumonie zu gewinnen, kann ich getrost
dem Urtheil derjenigen überlassen, welehe ausser mir die Monographie
wirklich gelesen haben.
XII. Zur Recension eingegangene Büclier.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Bibliothek
der gesammten medicinischen Wissenschaften. Pttr praktisc e
Aerzte und Specialärzte. Herausgegeben von Hofrath Prof. Dr. A. Dräsche
in Wien. Erste Abtheilung: Interne Medicin und Kinderlo-ankheiten
14. Heft; Geburthtilfe und Gynäkologie zweites und drittes Heft. Wien
und Leipzig, Max Merlin, 1993. „ .
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. P. Hertz,
Abnormitäten in der Lage und Form der Bauchorgane bei dem
erwachsenen Weibe infolge des Schnürens und Hängebauches.
Eine pathologisch-anatomische Untersuchung. 55 S., 9 Tafeln. ivi.
Berlin, S. Karger, 1894. 1 , • •,
J. Jackson Clarke, Cancer, Sarcoma and other
Growths considered in relation to the Sporozoa. 97 o. & s.
6 d. London, Bailltere, Tindall & Cox, 1893.
Anatomie. K. v. Bardeleben und H. Haeckel, Atlas de
topographischen Anatomie des Menschen. Für Studirendo un
Aerzte. 15 M. Jena, Gustav Fischer, 1894.
Anthropologie. J. Ranke, Der Mensch. Zweite gänzlich neu
bearbeitete Auflage. I. Bd.: Entwickelung. Bau und Leben des mensen-
lichen Körpers. 639 S. Leipzig und Wien, Bibliographisches Institut, •
Lombroso, Der Antisemitismus und die Juden im Licni
der modernen Wissenschaft. Autorisirte deutsche Ausgabe vo
H. Kurella. 114 S. 2,00 M. Leipzig, Georg H. Wigand’s Verlag, iw».
Chirurgie. Senn, Syllabus of lectures on the practice
surgery. Arranged in conforraity with the American text-book ol sur e y
221 S. Philadelphia, W. B. Saunders, 1894. t ..
Jahresbericht über die chirurgische Abtheilung tL
Spitals zu Basel für 1892. Erstattet von Prof. Dr. A. Soci , h' •
A. Christ und Dr. C. Hägler. 177 S. Basel, M. Werner-Riehm, 18J*-
Vaoante Stellen:
Die Kreis-Wundarztstellen der Kreise Gross -Wartenberg
Wcissenfcls. (Die übrigen Personalien siehe im Inseratent heil.) _
und
Gedruckt bei Julius Sitteufeld iu Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag M 13 . 29. März 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISOHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtenstetn&Uee 3. Potsdamcratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
Zum 29. März 1894.
Der Tag, an dem wir diese einen internationalen Charakter tragende Festnummer der Oeffentlichkeit übergeben,
ist auch der Eröffnungstag des internationalen ärztlichen Congresses in Rom. Dieser Congress ist der elfte
seiner Art, und so lohnt es sich wohl, einen kurzen Rückblick aut die stattliche Reihe seiner Vorgänger zu werfen
und den verschlungenen Weg zu verfolgen, der vom ersten Ausgangspunkte des Congressgedankens im Zickzack über
viele Länder und Städte, über das Weltmeer selbst, endlich doch, wie bekanntlich alle Wege, nach Rom geführt hat.
..Tantae molis erat Romanam condere gentem.“
Der Congressgedanke selbst ist romanischen Ursprungs. Frankreich darf den Ruhm beanspruchen, eine solche inter¬
nationale Aerztevereinigung zuerst geplant und verwirklicht zu haben — nachdem freilich internationale Versammlungen
für einzelne Disciplinen (Hygiene, Augenheilkunde) längst voraufgegangen waren. Bei einer Jahresversammlung fran¬
zösischer Aerzte in Bordeaux (1865) stellte Gintrac den Antrag, bei Gelegenheit der für das Jahr 1867 projectirten
Weltausstellung in Paris daselbst auch eine internationale Aerzte-Zusammenkunft zu veranstalten. Der Antrag wurde
zum Beschluss erhoben — und so durfte denn, unter lebhafter einheimischer und auswärtiger Betheiligung, der ehr¬
würdige Bouillaud — für die lebende Generation schon längst zu einer „überwundenen“ geschichtlichen Erinnerung
geworden — den ersten internationalen Aerzte-Congress am 23. August 1867 eröffnen. Der Verfasser dieser
Zeilen, der bei der Eröffnung zugegen war, vergegenwärtigt sich noch den zündenden Eindruck jener denkwürdigen
Apostrophe: „nous cdldbrons aujourd’hui la fete la plus magnifique de toutes eelles dont Fhistoire de la
medecine nous ait conservö le Souvenir.“ Es konnte nicht fehlen, dass auf der erfolgreich betretenen Balm weiter
geschritten wurde. Bereits in der zweiten Abendsitzung des Congresses hatte ein italienischer Arzt, Pantaleoni, dem
allgemeinen Wunsche Ausdruck verliehen, dass diese Zusammenkunft nur die erste einer langen Reihe von Nach¬
folgerinnen sein möge: und so lag eine natürliche Gerechtigkeit darin, dass die damalige provisorische Hauptstadt des
noch nicht völlig geeinten Italiens, die anmuthige Arnostadt, „Firenze la bella“, zum nächsten Congresssitze für das Jahr
1869 auserkoren wurde. Seitdem folgten diese allmählich zu einer festen internationalen Einrichtung umgeschaffenen Con-
gresse einander, anfangs in zweijähriger, dann in dreijähriger, nur gleich im Beginne einmal durch die Kriegsereignisse
unterbrochener Ordnung. Wien (1873), Brüssel (1875), Genf (1877), Amsterdam (1879), London (1881), Kopenhagen (1884),
Washington (1887), zuletzt Berlin (1890) sahen die internationale Vertretung der Aerzteschaft bei sich zu Gaste.
Lrosse,in der Wissenschaft gefeierte Forscher, ein Rokitansky, Warlomont, Carl Vogt, Donders, Paget, Panum, Davis
und \irchow standen an der Spitze und erhöhten durch den Glanz ihres Namens und die Macht ihrer Persönlichkeit
d« n Einfluss und die Wirksamkeit dieser Congresse. Die Beteiligung der Aerzteschaft selbst freilich wuchs langsam
und keineswegs stetig. Auf die aufänglichen 1200 Theilnehmer in Paris folgten nur 357 in Florenz, 671 in Wien,
112 in Brüssel, 365 in Genf, 630 in Amsterdam: dann aber mit mächtigem Aufschwünge 3161 bei dem, auch nach seiner
innerlichen Bedeutung einen Markstein bildenden Londoner Congresse, und selbst 1258 in Kopenhagen; und die beiden
letzten Congresse zeichneten sich durch ausserordentliche Besucherzahlen aus (5000 — worunter 2000 Ausländer
in Washington; 5526 in Berlin). Gewiss, rein äusserliche Verhältnisse, die mehr oder minder günstigen Zeitumstände,
ui‘‘ grössere oder geringere Anziehungskraft des Congressortes spielten bei den wechselnden Besuchszahlen eine unver¬
kennbare Rolle, doch schwerlich sie allein. Auch die Einrichtungen mussten nach und nach den internationalen
Anforderungen angepasst, die Organisation musste vervollkommnet werden (ich erwähne nur die seit Brüssel durch¬
geführte Scheidung in Sectionen, die erst allmählich durchgedrungene Mehrsprachigkeit der Verhandlungen). Vor allem
‘Uei musste ein gewisses Misstrauen, die Theilnahmlosigkeit oder — sagen wir es gerade heraus die Trägheit weiter
zthehur Kreise selbst überwunden werden, bis die Aerzte mehr und mehr zu begreifen anfingen, welche Kräftigung
1 V es Standesgefühls, welche Erhöhung der universellen Werthschätzung ihres Standes von der wissen¬
schaftlichen Förderung ganz abgesehen — aus diesen successiv in den Hauptstädten der gebildeten Welt tagenden
Zusammenkünften nothwendig hervorging. Alle diese Schwierigkeiten sind überwunden; die internationalen Aerztecongresse
! a ihren festen Platz, ihre Anerkennung und Geltung innerhalb wie ausserhalb der Aerzteschaft erobert; und so
<ar wiederum Italien, das am meisten dazu beigetragen hat, den Congress aus einem vereinzelten erfreulichen
?} cigniss zum Range einer dauernden Institution zu erheben, nun mit dem elften Congresse zur Einleitung
iner neuen, hoffentlich nicht minder stolzen und stattlichen Reihe die Führung übernehmen. Diesmal aber versammelt
n ien die aus allen Erdtheilen herbeiströmenden Congressgäste in den alten aurelianischen Mauern der Stadt, le seii-
‘Jahrhunderten das universelle Wallfahrtziel, die zumal für uns Deutsche stets der Gegenstand ehrfurchtsvolleruna
*,,? SU j ^. er Bewunderung— die uns selbst in noch höherem Grade als Florenz und
Ucl VJOgOUOl-dUVi wiuuivu™.—-
Athen zu einer geistigen Heimatn
,i -"'“•UUUUK lllc 11 Iln «CJUÖU 111 IlWl/Il IHllieicm Uiuuu ----—— ^
,st - Diese Versammlung tagt am Fusse des Capitols, auf dessen Hügel die Stadt Rom ihre G.lste
" 1 ,)p rfi*ussen sich amarOn’nH rU™ QoinVmn cf orten befreundeten Reerierung — und untei uei
festlich
Leitung
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDIOINTSOHE WOC HENSCHR IFT. _
No. 13
290_ __ _ .
von Männern, deren ausdauernde Energie alle unvermntliel nJISSnwSSlNr^fe'iicliter’wissen-
arssiasarÄ lwmsää- —* * - -
römischen Segenspruch „quod bonum felix faustumquc si ■ ö & g Albert Eulenburg.
Guido Baccelli.
„Spero fore ut eum yideamus jn Capitolio^Lrum ^^nÄSründ
diese Worte richtete Virchow in
te fi £ g 17 a,s er **“* ist wine
Hoffnung in Erfüllung gegangen. (li „ tv des Aesculap in die Thore der Roma aeterna eingezogen
wir Tn öpn lpf. 7 ten Taliren hat Baccelli sich wieder vorwiegend der inneren Klinik zugewanat. uie gl( A ^ ,
wissenschaftlicher Abhandlungen, welche er in mehreren Decennien veröffe»^lif GÄn“ ^ “
arheit der scharfen Auffassungsgabe, der trefflichen Darstellungskraft des genialen Gelehrt n. , .
U Ba c c*e 1 ü s po 1 iUsche Laufbahn ist nicht minder glänzend als seine wissenschaftliche. Im Jahre 1875 erlangte ei¬
ern Mandat'flir das italienische Parlament, und dank seiner hinreissenden Beredtsamkmt V ‘
ständnisses für die socialen und politischen Interessen seines V aterlandes wurde er bald dei h uhier seiner rarte .
Jahre 1881 nahm er das - aus mancherlei Gründen im Jahre 1876 abgelehnte - Portefeuille des Ministeriums für
öffentlichen Unterricht an und entfaltete des weiteren auf dem Gebiete des Unterrichtswesens eine umfassende, segensreiche
Wirksamkeit. Als hervorragendste Reform gilt die Durchführung seines Plans, die Universitäten von der beschrankenden
Staatsaufsicht zu entlasten und ihnen eine grössere administrative Selbstständigkeit zu gewähren. Lebhafte Anregung
undDÄlTng B« er Ä« Seiten B «ir Ausgrabung, Erhaltung und Wiederherstellung römischer A terthumcr
angedeihen; so wurde auf seine Initiative die Reconstruction des Forum Romanum, des Pantheon u. a, anMrer
Nicht zum mindesten endlich erheischt Baccelli’s schöpferische Kraft auf communalem Gebiete, nameuthch in samtarei
Hinsicht rühmende Anerkennung. Als wesentliches Verdienst sind an dieser Stelle seine Bestrebungen um die Assaniri ö
der Campagna Romana hervorzuheben. ,. . , , pnl . Hlr fiir
Mit rastloser Thätigkeit und jugendMscher Schaffenslust ist Baccelli im Dienste der Median und dei Poht k fm
die idealen Güter der Menschheit und für das Wohl seines eigenen herrlichen Vaterlandes bemüht. Und wenn uns m
diesen Tagen auf dem Capitol weithin sichtbar das Banner entgegenweht, auf dem mit goldenen Lettern die u out
„Humanität und Wissenschaft« geschrieben sind, so gehört zu den vornehmsten Trägern desselben Guido Baccem.
T 1 •_C1„T-.«Ihn
L Klinik und Laboratorium. 1 }
Von Prof. Guido Baccelli.
Jeder, der als Forscher den Zenith des Lebens überschritten
hat, ist Zeuge des Kampfes gewesen, welcher einige Zeit hindurch
zwischen dem alten Nosographismus und den experimentellen Unter¬
suchungen des Laboratoriums ausgefochten wurde. Die alten
Aerzte, welche hartnäckig ihre Augen gegen das aufgehende Licht
des Experimentalismus verschlossen, riefen eine Reaction hervor
die in den ersten Zeiten durch den ungerechten Widerstand gerecht¬
fertigt, war.
Die Reaction ging jedoch zu weit, wie das bei allen mensch¬
lichen Dingen geschieht, und seitdem wir uns überzeugt haben,
dass die Wahrheit den Absagen der alten Schule wie den über¬
triebenen Anforderungen des Laboratoriums entging, mussten wir
gestehen, dass die Wahrheit ein Preis sei, der denjenigen ertheilt
werden würde, welche die medicinische Klinik und das Laboratorium
auf zwei parallele und befreundete Pfade lenkten. Als begeisterter
Apostel dieser Wahrheit hatte ich die ersehnte Genugthuung, den
Lohn dafür auf mehreren Gebieten der medicinischen Forschung,
besonders aber auf dem der Malaria zu finden.
Es ist ungefähr ein Vierteljahrhundert her, seitdem ich durch
eine Fülle klinischer Beweise gezeigt habe, dass das pathogene Agens
der Malaria direkt das rothe Blutkörperchen treffe, dass ihr noso-
genischer Process auf zwei constanten Stützen, der Hämodyskrasie
und der Neuroparalysis der Gangliengegenden ruhe, dass die
Malaria pyrogenische, aber keine phlogogenische Processe erwecke
und dass endlich die Malariahämodyskrasie morphologisch und
chemisch sei.
Als uns das Laboratorium in jüngster Zeit durch zwei aus¬
gezeichnete Beobachter, Klebs und Tommasi-Crudeli, die Be¬
hauptung von der Existenz eines specifischen Bacillus der Malaria
lieferte, vermochte die Klinik nicht, sich der Nachprüfung zu ent-
l ) Aus dem italienischen Original von Dr. Zori, Assistenten der Clinica
medica zu Rom, ins Deutsche übertragen.
ziehen; ich selbst that es persönlich, indem ich das Blut von mehr
als 200 Individuen untersuchte, und ich kam sehr bald zu dei
Ueberzeugung, dass jener Bacillus nichts anderes als das Resultat
fragmentarischer Blutkörperchen sei. , ,
In diesem Falle hatte die Klinik das Laboratorium verbessert.
Als Laveran bei den Forschungen, welche er in Algier an¬
stellte, auf das Hämatozoon hinwies, folgte die Klinik mit grossem
Interesse der Behauptung des französischen Pathologen, und as
andere die Bedeutung leugneten, bestätigte sie die Klinik. Hm
weiterem Fortschritt der Forschung ward nach der Entdeckung
Laveran’s die wichtigste Arbeit von Golgi vollbracht.
Dieser erwies durch seine genialen Untersuchungen über 10
Sporulation den biologischen Cyklus, den der infectiöse Mikro¬
organismus innerhalb des rothen Blutkörperchens durchläuft, unt
erklärte die solange unverstandenen Gesetze der Periode.
Die Klinik folgte dieser Beweisführung mit grösster Achtsam¬
keit, und nach einigen Experimenten Gerhardt’s und anderer, die
nur das intermittirende Fieber durch Inoculirung des Malariablu es
in den gesunden Menschen hatten erwecken können, war uns die
Genugthuung Vorbehalten, nicht nur das Fieber, sondern die hervoi-
ragendsten Fiebertypen zu reproduciren. Golgi’s Entdeckung er¬
hielt somit durch die Klinik den unanfechtbaren Beweis der Wahrhei .
Doch nicht genug damit!
Die klinischen Experimente, welche der genannten otrass
folgten, hatten nämlich auch zwei neue hochwichtige Thatsachen
erwiesen: .
1. Dass das Malariainfectionsfieber in manchem der schwers
Fälle mit so geringer Menge von Parasiten im circulirenden n u
auftreten konnte, dass kein Urtheil über die Proportionalität zwi
sehen Ursache und Wirkung erlaubt war, und die Klinik bewies
auf diese Weise, dass der Anspruch derjenigen übertrieben wai,
welche behaupteten, zwischen einer typhösen Infeetion und der 1 a-
laria müsse das Mikroskop einziger Richter sein. Das Laboia
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UNIVERSiTY OF MICHIGAN
20. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
291
torium wurde somit ein anderesmal durch die Strenge der klini¬
schen Studien berichtigt.
2. Die andere hochwichtige Thatsashe bestand darin, dass
wenn das Malariablut von einem Fieberkranken mit sicherem Ty¬
pus auf ein immunes Subject inoculirt wurde, das auftretendc
Fieber atypisch werden uncl schnell den Ernst eines subcontinuir-
lichen und deshalb perniciösen Typus annehmen konnte.
Durch diese Thatsaehe gelangte dio Klinik zu zwingenden Be¬
weisen, auf Grund deren man, ausser dem Vorhandensein des
Hämatozoons, die toxische Action seiner Producte annehmen
musste. Und sie bewies es andererseits durch dio Beobachtung,
dass in den Fieberintervallen manchmal viele rothe Blutkörperchen
vom Parasiten invadirt sein konnten, ohne durch ihr Vorhanden¬
sein den Fieberanfall hervorzurufen; dass man, sobald man bei
fortschreitender Apyrexie die Parasiten ins Sporulations- oder Spal¬
tungsstadium treten sah, den Paroxysmus mit hoher Sicherheit als
nahe bevorstehend Voraussagen konnte, während sich beim anheben¬
den Paroxysmus nicht selten die Parasiten in geringerer Anzahl vor¬
fanden, als die, welche man während der Apyrexie gesehen hatte.
Diese Thatsachen beweisen sonnenklar .die Wichtigkeit der
glücklichen Verbindung zwischen Laboratorium und Klinik, und
wie sie sich gegenseitig im Wunsch nach dem Wahren unter¬
stützen.
Es war meine Klinik, welche mit triumphirenden Erfolgen die
Einführung der Chininsalze ins Blut bei den schwersten Fällen von '
JÜTm w Un ? hlerdurch dea Beweis führte, dass sich einer
mI deutschen Kliniker geirrt hatte, als er an dio
Identität der therapeutischen Wirkungen sowohl bei subcutaner
Iiyection des ausgezeichneten Heilmittels als bei endovenöscr In-
jecüon glaubte. Und hierbei blieben wir nicht stehen
Wir haben die Physiologie aufgefordert, den Untersuchungen
beizuwohnen die wir an den Herzkranken vorgenommen halmn
bot ul CU1 lk am Kra f nl f e nbett ein viel sichereres Beobaebtungsfehi
bot als die experimentelle Physiologie mit den Vivisectionon um
die Herzteleologie zu bestimmen. ’
r/ .. M . art ius machte in der Gerhardt’schen Klinik vor nicht langer
Zeit eine wichtige Arbeit, um zu beweisen, dass der Spitzenstoß
des Herzens bei vollen Ventrikeln erfolge. Lange vor Martins
war dies’ unser klinischer Glaube, wie ich 1859 in meinem Werk
gezeigt habe.
Auch hier wird, falls sich die Kräfte der Physiologen und der
Kliniker im Wunsche nach dem Wahren vereinen, leicht be¬
wiesen werden, wie grosser Vortheil daraus auch bei Erforschung
der einzelnen Thatsachen und besonders bei denen, die a priori am
wenigsten zulässig erscheinen, erwachsen kann, wie ich in der „gegen¬
seitigen Compensation“ zeigte, die bei manchen gleichartigen Ver¬
änderungen an den Herzostien stattfindet (zwei Stenosen, mitralis
und aortica, zwei Insufficienzen), eine Untersuchung, die in letzter
Zeit in denselben Blättern 1 ) veröflentlicht wurde, in denen diese
Worte das Licht sehen werden.
II. Ueber die römischen Sommer-Herbst-Malariafleber. 1 )
Brief an Guido Baceelli, Professor der Medicinischen Klinik an der Universität Rom.
Von Camillo Golgi, Professor der Allgemeinen Pathologie und Histologie an der Universität Pavia
Werther College'
Nachdem
icli reichlichen Gebrauch von der Gastfreundschaft
gemacht habe, welche Du mir, von jener tiefen wissenschaftlichen
Einsicht durchdrungen, aus der heraus Du so beharrlich die Noth-
wendigkeit einer immer engeren Verbindung zwischen Klinik und
Laboratorium^ betontest, in Deinem Institut gewährt hast, damit
ich meinen Wunsch, aus eigener Erfahrung die speciellen Formen
von Malariainfection, die im Sommer in Rom herrschen, kennen zu
lernen, befriedigen könnte, wäre es meine Pflicht, Dir von dem,
was ich in eben Deinem Institut gesehen und erforscht habe, ein
Nenig Rechenschaft zu geben. Da nun aber, als ich Deine wissen¬
schaftliche Gastfreundschaft in Anspruch nahm, meine einzige Ab¬
sicht war, solche klinische Formen zu sehen und unter die Hand
zu bekommen, die ich zu studiren niemals Gelegenheit gehabt hatte,
"ährend sie Gegenstand tiefer Studien und meisterhafter Beschrei¬
bungen Deinerseits gewesen sind; da ich ferner in der verhältniss-
jnässig sehr kurzen Zeit, die ich in Deiner Klinik zubrachte, mich
besonders mit solchen Untersuchungen zu beschäftigen hatte, so
hegt sicherlich keine Veranlassung vor, dass ich, in klinischer
Hinsicht, den delieaten Gegenstand zu berühren wage.
Deshalb könnte ich mit der Erklärung, dass ich das mir ge-
> eckte Ziel erreicht, nämlich am Krankenbett die Processe und
^rsc lemungen, welche die sogenannte Sommermalaria charakteri-
l'ireu, gesehen habe, indem ich so noch einmal die Genauigkeit
^ uner lieschreibungen constatirte, ohne weiteres meinen Bericht
m.- lessen. . . . Dabei hätte ich aber den einen Umstand ausser
i- £ e j a sseu, dass, als ich zur Klärung meiner Ansichten über
k spe , 011 Formen dieser Gruppe von Malariafiebern nach Rom
p ’ se 1011 _ na ch dem, was sich in den Berichten der medicinischen
igreshe medergelegt, findet, recht wohl wissen musste, dass unter
übe/ ? r T n .lehrten wissenschaftliche Meinungsverschiedenheiten
i, i . 16 , ’ d /° Erscheinungen und die Pathogenese der Sommer-
I, nJ a ’ >eson ders in parasitologischer Hinsicht zu erklären, vor-
o U - ld V0ldlaildei1 sind; dass die Klinik durch Deine
setze -f °l> n lmme zwar me i ne Beschreibungen und meine Ge-
stätip-t *1 r; ei . au fgeuommen und in ausgedehntem Maasse be-
h latte, indem sie die letzteren sogar durch die wichtigste
unter den
tinn a ex Pe n mentellcn Thatsachen,
Parasäl..!?!!' 6116 " Malariafiebertypi
uämlich die der Reproduc-
Parasiten« ^aiarianebertypen durch die entsprechenden
strirte q H1 i en an . & esunden Individuen mittels der Inoculation illu-
lorischp. r n I,? rer ‘ Se1 ^ al)er vei ‘kündigt hatte, dass sie die parasito-
Anwendnn re . nic ^^ aune hmbar fände, wie solche, durch einfache
Grunn e C'a] , m f ner Besetze, bezüglich der Sommermalaria von einer
wohl die Kv'ti entwickelt worden war; auch musste ich endlich
Lehre entrm 1 lken un< * d * e gegebenen Thatsachen, welche Du dieser
Lei d' geng f tellt hattest ’ kenüen -
ich die , D( ^ e der Binge ist es natürlich, dass, während
meinem j I der klinischen Bilder verfolgte, schon von
_ a s Beobachter und durch die Art meiner gewohn-
Lobcisetzt von Dr. phil. Loevinson in Koni.
ten Studien dazu geführt wurde, meine Aufmerksamkeit auch auf
einige ganz speeielle Punkte, die aber hinsichtlich der Lehre doch
von grundlegender Bedeutung sind und sich auf die Entwickelung
der hämatologischen Befunde im Verhältniss zu eben dem klinischen
Bilde beziehen, zu richten, um mir auch über diese Punkte, ausser¬
halb jeder vorgefassten Meinung, eine persönliche Ueberzeugung
zu schaffen. Nach dieser Erklärung glaube ich wirklich nicht um”
hin zu können, Dir die Ueberzeugungen klarzulegen, welche sicli
nach dem, was ich beobachtet habe, in mir allmählich bezüglich
der umstrittensten Fragen gebildet haben. Es handelt sich um
Eindrücke, und da ich für den Augenblick keine analytische
Auseinandersetzung machen könnte, so gestatte mir, dass ich eben
unter dem Titel Eindrücke auf den folgenden Seiten meine Art.
die Sommer-Herbstfieber zu betrachten, Deinem Urtheil unterbreite.
Pavia, Oetober 1893. C. Golgi.
I.
In meinen früheren Arbeiten über die classischen Typen inter-
mittirender Malariafieber, hatte ich das Glück, u. a. folgende grund¬
legende Thatsachen festzustellen:
1. Die graduell fortschreitende, ja cyklische Entwickelung
(von den kleinsten, pigmentlosen Amöben bis zur Reproduction
durch Segmentirung) der bereits als charakteristisch bekannten
Formen der Malariainfection, womit ich das überzeugendste Argu¬
ment für die parasitäre Natur jener Formen lieferte.
2. Den Zusammenhang der cyklischen Entwickelung der Ma¬
lariaparasiten mit der periodischen Aufeinanderfolge der Fieber¬
anfälle.
3. Die constanto Beziehung der einzelnen Anfälle zu der Ent¬
wickelung, Reife und Reproduction einer parasitären Generation,
womit ich die Lösung des Problems, der Quelle so vieler Hypo¬
thesen, nämlich des Intermittirens der Malariafieberanfälle, gab.
4. Die Thatsaehe, dass den verschiedenen classischen Grund-
typen von intermittirendem Fieber verschiedene (sowohl nach
morphologischen als nach biologischen Anzeichen) Arten oder Va¬
rietäten von Malariaparasiten entsprechen, was, mit Hülfe der vor¬
angehenden Thatsachen, eine rationelle Gruppirung vieler der be¬
schriebenen Varietäten der classischen Typen von intermittirendem
Fieber möglich machte. 2 ) Solche Gruppirung ward von mir in dem
Sinne entworfen, dass mehrere unter eben diesen Typen, auf Grund
des parasitologischen Kriteriums, auf einen Grundtypus bezogen
werden können, wobei sich z. B., wie ich seit meinen ersten
Studien hervorgehoben habe, ergiebt, dass viele Quotidianon
nur verdreifachteQuartanen oder auch verdoppelte Tertianen sind, etc.
*) Deutsche med. Wochenschrift 1894. No. 2.
*) In Beziehung auf diesen Punkt scheint es mir nicht überflüssig,
zu bemerken, dass, wenn ich bei meinen Untersuchungen von verschiedenen
Arten oder Varietäten der Malariaparasiten wiederholend sprach, in be¬
stimmter Weise von der Frage von dem Ursprung der genannten Varie¬
täten (oder Arten) und über ihre mögliche enge Verwandtschaft in auf¬
steigender Linie, immer mich fern halten wollte. Meiner Meinung nach
verlangen solche Fragen neue eingehende Studien und Untersuchungen.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
292
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
Andererseits jedoch erfuhr ich, dass während meine Beobach¬
tungen und Gesetze von der grossen Mehrzahl der Pathologen und
Kliniker als exact anerkannt wurden und die umfassendsten Be¬
stätigungen erhielten, sie umgekehrt von Seiten einiger der be¬
währtesten Beobachter, welche die römische Malaria zum speciellen
Felde ihrer sondergleichen ausdauernden und genauen Unter¬
suchungen gemacht hatten, nicht nur lebhaftem Widerstand 1 ) be¬
gegneten, sondern auch geradezu für nicht der Wirklichkeit ent¬
sprechend erklärt wurden.
Hiera ach musste ich eine grosse und berechtigte Gonugthuung
empfinden, als ich vernahm, dass meine Gesetze und Beobach¬
tungen von den eben genannten Gegnern nicht nur vollkommen
bestätigt worden waren, sondern auch eine umfassendere Anwen¬
dung erhalten hatten. .
Mittels ausdauernder Untersuchungen war man in der Iliat
dahin gelangt, festzustellen, dass das Gesetz des parasitären Cy-
klus eine genaue Anwendung auch auf die römischen sogenannten
Sommer-Herbstfieber fand, deren specielle Art zu verlaufen gerade
in Beziehung zu der eigenthümlichen Biologie (Cyklus innerhalb
24 Stunden) der bekannten kleinen endoglobulären Amöben
(Marchiafava’s und Celli’s Plasmodien), welche zuerst als chark-
teristisch für die Malariainfection im allgemeinen gehalten worden
waren, hatte gesetzt werden können.
Gern sah ich ebenfalls die, wenn auch hypothetische, zuerst
von Dir in genialer Weise formulirte Vorstellung angenommen,
dass der Malariafieberaccess als Folge einer chemischen Alteration
der rothen Blutkörperchen anhebt, einer Alteration „derjenigen
vergleichbar, welche die rothen Blutkörperchen durch die Kohlen¬
säure erleiden“ (Bacelli, La perniciositä). Diese Vorstellung
habe ich mit Unterstützung einiger Thatsachen, doch ohne ihr
den Charakter einer Hypothese zu nehmen, an etwas concretere
Grenzen zu beschränken gesucht, indem ich zugab, das vermuthete
Gift „mache sich von den Parasiten gleichzeitig mit der Segmentation
und durch dieselbe frei.“
In der speciellen Frage über die behauptete ausschliessliche
Abhängigkeit der Sommer-Herbstfieber „von der kleinen amöboiden
Form mit ihrem Cyklus in Verbindung mit den Fieberaccessen“
musste ich als übertrieben, ja — auf Grund der besten wissen¬
schaftlichen Kriterien — als nicht genügend gerechtfertigt be-
urtheilen, dass man in bündigster Weise hatte erklären wollen:
„Wie man für die Hervorbringung einer gegebenen Wirkung nicht
mehr Wesenheiten annehmen darf, wenn nur eine als genügend
bewiesen ist, so darf man bei den genannten (Sommer-Herbst)-
fiebera den kleinen amöboiden Formen die grösste Bedeutung bei¬
messen. . . , 2 ) Doch da ja dieses im Grunde genommen Rigorismus
bei Anwendung des Cyklusgesetzes bedeutete, von dem Augen¬
blicke an, da der rascheste Cyklus der kleinen Amöben erwiesen
erschien, so dünkte mir, als könne der beschriebene mehr oder
weniger active Theil anderer Formen (der Halbmondformen) für eine
bis zu einem gewissen Punkte unabhängige Frage angesehen werden.
Bevor man übrigens zu dieser neuen Phase von Untersuchungen
gelangte, fand ich leicht die Erklärung für den Widerstand gegen
meine Thatsachen durch die Erwägung, dass die Gelehrten, welche
meine Beobachtungen unannehmbar gefunden hatten, nothwendiger-
weise vorwiegend unter dem Eindrücke der ganz besonderen Be¬
funde stehen mussten, welche von den Fiebern geboten werden,
die in einigen Jahreszeiten in Rom vorwiegen; Befunde, welche
notorisch einen grossen Unterschied im Verhältniss zu denen der
gewöhnlichen typischen, von mir betrachteten Formen intermit-
tirender Fieber aufweisen.
Die neue Reihe von Beobachtungen derjenigen Forscher, welche
sich hauptsächlich vom parasitologischen Gesichtspunkte aus mit
der römischen Malaria befassten, hat inzwischen ein klare Scheidung
der gewöhnlichen und classischen Formen intermittirender Malaria¬
fieber von den viel häufiger unregelmässigen und schweren hervor¬
gerufen, die in den heissesten Monaten dort herrschen, wo die
Malaria sehr intensiv ist. Während man jene Frühlingsfieber
benannte, wurden diese allmählich in einer immer klarer hervor¬
tretenden Gruppe unter dem Namen Sommer-Herb st fieber unter¬
schieden.
Ohne zu leugnen, dass vielleicht die Benennung nach dem
Frühling, auf die Tertiana und Quartana im eigentlichen Sinne
*) Während ich einige frühere und auch spätere kurze Widersprüche
beiseite lasse, muss ich daran erinnern, wie noch im Jahre 1889 (auf
dem XIII. Congress der „ Associazione Medica Italiana“, September 1889)
Prof. Celli erklären zu müssen geglaubt hat, dass die Beziehung zwischen
der cyklischen Entwickelung des Malariaparasiten und dem Fiebercyklus,
eine von mir seit November 1885 sowohl für die Quartana als für die
Tertiana bewiesene Beziehung „in so absoluter Weise nicht angenommen
werden kann“ und deshalb „noch untersucht werden muss.“
*) A. Celli und J. Sanfelice, Sui parasiti del globulo rosso.
Annali dellTstitutodi Igiene nella R.Universitn di Roma. Vol.T., fase. I., p. 57.
genannten Fieber und auf die entsprechenden Parasiten angewandt,
einen gewissen praktischen Werth für Rom haben mag, kann ich
mich nicht allzusehr in eben die Benennung finden, gerade wegen
ihres zu lokalen Werthes. Denn bekanntlich zeigen sich in den
meisten Malarialändern diejenigen Formen, die man Frühlingsfiober
nennen möchte, in allen Jahreszeiten.
Diese nämlichen Formen, und besonders die Tertiana, liefern
übrigens auch in Rom, weit entfernt davon, ausschliesslich dem
Frühling eigentümlich zu sein, ein nicht unbedeutendes Contingent
von Kranken selbst in den wärmsten Sommer- und Herbstmonaten:
von der Totalsummo der Kranken an primitiver Malariainfection,
an denen ich während der zweiten Hälfte des Juli im Hospital
St. Spirito die Blutuntersuchung vorgenommen habe, litt ungefähr
die Hälfte an wirklicher oder „Frühlings“tertiana (10 oder 12 unter
22 oder 24). Auch im September gehörte über die Hälfte der be¬
obachteten Fälle ebenfalls zu den sogenannten Frühlings- oder ge¬
mischten Formen. Doch ist, meinem Erachten nach, diese Namen¬
frage keine solche, die eine längere Erörterung verdiente, während
die Untersuchungen über die Art des Verlaufes der Sommer-Herbst-
fieber und die über die Biologie der entsprechenden Parasiten sehr
grosses Interesse erregen.
Es handelt sich um Dinge, die wir wiederholt gehört haben;
deswegen ist hier nicht der Ort dazu, den Antheil zu erwähnen,
den die einzelnen Beobachter an der Entwickelung dieser neuesten
Phase der Malariastudien gehabt haben, um so mehr, als man bei
einem rein zusammenfassenden Hinweis allzu leicht in manche Uu-
genauigkeit verfallen könnte. Es wird deshalb genügen, wenn ich
daran erinnere, wie durch diese neuen Forschungen zuerst unter
Hinzufügung zu den Amöben mit Cyklus von zwei (Tertianen) und
drei Tagen (Quartanen), die Existenz von Amöben ans Licht kam,
mit so beschleunigter oder schneller Entwickelung, dass sie den
respectiven Cyklus in der Periode von 24 Stunden vollenden können
und deshalb fähig sind, gerade alle 24 Stunden einen Fieberaccess
hervorzubringen. So ist denn die Existenz der wirklichen
Quotidianfieber bewiesen, welche denjenigen Quotidianen, die
Combinationen der Quartana (verdreifachte Quartana) oder der
Tertiana (verdoppelte Tertiana) zugeschrieben werden müssen, an
die Seite zu setzen sind. — Es ist überflüssig, zu sagen, wie es
sich ergab, dass der Parasit, der dieses so wesentliche biologische
Merkmal hat, seinen Cyklus innerhalb 24 Stunden zu vollenden,
durch die bekannten kleinen endoglobulären Amöben vertreten war,
die am häufigsten nicht pigmentirt oder in einer fortgeschrittenen
Periode ihrer Entwickelung mit wenigen Pigmentkörachen versehen
sind, welche eine mehr oder weniger lebhafte amöboide Bewegung
zeigen. Es sind das jene kleinen Amöben, welche den Gegenstand
so vieler ausführlicher und genauer Beschreibungen sowie ge¬
zeichneter Reproductionen seitens Marchiafava’s und Celli’s ge¬
bildet haben.
Nach der Entdeckung des Cyklus, welcher sich in drei (Quar¬
tana) und zwei Tagen (Tertiana) vollendet, drängte sich den
Forschern, welche die Entwickelung der jüngsten Kenntnisse über
die Malaria verfolgt hatten, kein Gedanke so gebieterisch auf, wie
der des möglichen Vorhandenseins anderer Varietäten oder Arten
von Malariaparasiten, die fällig sind, ihren Cyklus in einer kürzeren
Periode zu vollenden; ja man kann sagen, die fehlende Kenntniss
eines Parasiten, der fällig wäre, mit seinem beschleunigten Cyklus
wirkliche Quotidianen hervorzubringen, erschien wie eine Lücke m
dieser speciellen Reihe von Untersuchungen; diese Lücke machte
sich um so mehr bemerkbar, als sich die römischen Sommer- und
Herbstfieber mit ihrem ganz vorwiegenden Charakter von Quotidianen
(wenn auch mehr oder weniger typenlos, unregelmässig und sich ver¬
längernd), wrie es schien, zur Anwendung meiner Gesetze nicht eigneten.
Eine sehr glückliche Constatirung schien daher diejenige, auf
welche eben hingewiesen wurde, die des regulären Cyklus, der
ebenfalls von den bekannten kleinen, den Sommer-Herbst-Malaria-
fiebern Roms und der anderen Gegenden, wo intensive Malaria
vorhanden ist, eigenthümlichen Amöben vollendet wird.
Wie die kleinen, durch eine so schnelle Entwickelung charak-
terisirten Amöben von den verschiedenen Beobachtern mit den
Namen AmOeba praecox, Amoeba immaculata, Amöbe mit
schneller oder beschleunigter Entwickelung, Amöbe der Sommer-
Herbstfieber, Amoeba febris quotidianae getauft wurden, weiss
man ebenfalls; und nicht minder bekannt ist, wie weitere Beob¬
achtungen zur Annahme einer anderen Art oder Varietät mit
48 stündiger Entwickelung, die daher einen anderen speciellen Typus
von Tertianfieber (Sommer-Herbst- oder malignes Tertianfieber
Marchiafava’s und Bignami’s) hervorbringt, geführt haben.
Es war eine ganze Reihe von Arbeiten, die, mit grösster Sorg¬
falt ausgeführt, nicht wenig zur Befestigung und Verbreitung der
Kenntnisse von der Pathogenesis der Malariainfection beigetragen
haben und die mit Recht unter den werthvollen Urkunden, welche
die schwierige Frage beleuchten, erscheinen. (Fortsetzung folgt )
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29. Mürz.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
29:5
HI. Ueber die moderne Behandlung von Krankheiten mit Gewebsflüssigkeiten. 1 )
(Hoden-, Schilddrüsen-, Pankreas-, Nerven-, Herz- und Nierensafb.)
Von Prof. Fürbringer in Berlin.
Wenn ich es unternehme, Ihnen ein der Kritik nicht entbehrendes
Referat über das im Laufe der jüngsten Jahre in verschiedenen
Culturländern mit Einschluss des Deutschen Reiches geübte Ver¬
fahren der Einverleibung von Gewebsflüssigkeiten zum Zwecke
der Heilung von Krankheiten zu bieten, so entspreche ich damit
einer liebenswürdigen Aufforderung unseres Herrn Vorsitzenden.
Wer wollte zweifeln, dass dieses Thema zu den actuellsten
zählte? Ich selbst kenne kaum ein zweites, das der Hinweise in
der älteren Litteratur in gleichem Maasse entbehrte.
Um dasselbe gleich hier abzugrenzen, darf ich vor allem auf
den Wortlaut des Titels verweisen. Es handelt sich lediglich um
die mit den Gewebsflüssigkeiten im engeren Sinne, d. i. mit den
Organextracten geübte Therapie. Somit entfällt ohne weiteres
die Abhandlung der Heil versuche durch die Ipjection mit Bacterien-
producten, vor allem das ja wiederholt in unseren Sitzungen er¬
örterte ganze grosso Gebiet dos Koch’schen Tuberkulincurverfahrens
mit seinen der allerneuesten Zeit angehörigen Fortsetzungen, unter
denen ich die nach dem Vorgänge von Klebs unternommenen Ein¬
spritzungen mitTuberkulocidin, diejenigen mit Antidiphtherin, MalleYn
und Anticholerin nenne. Es liegt mir aber auch fern, das ausgedehnte
neue Arbeitsfeld der Blutserumtherapie heut zu betröten, Ihnen
Bericht zu erstatten über die vorwiegend an den Namen Behring
anknupfenden, in dem vorvorjährigen Congress für innere Medicin so
lebhaft ventilirten Fragen der Wirkung der Schutz- und Heilstoffe
des Serums immunisirter Thiere bei Infectionskrankheiten. Sie alle
haben mit der Biologie der Mikroorganismen zu thun, mit dem
Begriffe eines keimtödtenden Effects, der Thätigkeit des „Bacterio-
toxins“, eines von den Bacterien producirten, für sie selbst giftigen
Stoffes.
Ganz anders die Theorie der Wirkung unserer Organextracte,
die mit bacteriologischen Gesichtspunkten nichts zu schaffen hat
und auch als Angriffspunkte keine Infectionskrankheiten kennt,
wenigstens keinen durch Mikroorganismen vermittelten specifischen
Infeet. Bei unseren Gewebsflüssigkeiten steht, so weit es über¬
haupt möglich ist, ihre Anwendung unter einem einheitlichen Ge¬
sichtspunkte zu betrachten, in allererster Linie eine specifische,
lösliche chemische Verbindung, meist ein Drüsenstoff in Frage,
dessen Unentbehrlichkeit für den Organismus, um einen Brown-
St'quard’schen Collectivbegriff zu gebrauchen, „dynamogene“
und in weiterer Instanz heilende Eigenschaften begründet. Speciell
giebt man sich der Vorstellung hin, dass die Drüsen Entgiftungs¬
organe vorstellen, deren Secrete solche giftige Stoffwechsel pro-
duetc unschädlich machen, deren Einwirkung eine Autointoxi-
cation des Körpers zulässt.
Zwei Hauptrepräsentanten unserer Gewebssaftthcrapie sind es
bislang, um nunmehr in mediam rem zu treten, welche in den
letzten Jahren die Gemüther im Aus- und Inlande intensiv be¬
schäftigt und, wie ich mit einem gewissen Staunen, um nicht zu
>agen mit Schrecken, entdecke, bereits eine sehr stattliche Litteratur
geschaffen haben: das Hodenextract mit seinem specifischen ,
-Spermin“ und der Schilddrüsensaft. Nächstdem hat man ,
zum Pankreassecret sowie zur Nervensubstanz gegriffen und ,
letzterer sich von der Gruppe der Driisensecrete omancipirt.
auch noch andere Organstoffe folgen werden, erhellt aus !
einigen, wenn schon mit einiger Schüchternheit proclamirten Cur- :
versuchen mit „Nephrin“ und „Kardin“.
und nun zur Sache. Um mit dem Spermin zu beginuen.
*i -u ^ unflc ^ lst Ihre Aufmerksamkeit auf meinen Vortrag lenken,
( en uh die Ehre hatte, vor Ihnen im Sommer 1891 über die Brown- ,
■ -quard’sehe Behandlung der Impotenz 2 ) zu halten. In diesem
üb T ,| l . a ^ e .^b sich ein Theil von Ihnen entsinnen wird,
fJ Pr dle historische Entwickelung des neuen eigenartigen Heilver-
! rens JS* es französischen Forschers berichtet, welcher durch sub-
KliW l tl . nVL * rlp jl )U ng einer aus frischen Thierhoden gewonnenen
Preise veijüngt und Geschlechtsinvaliden wieder potent
Macht haben wollte. ~ ‘
mit
Dass
Wenn nun auch meiner Hoffnung, es würde der so eindoutige
Ausfall meiner experimentellen Untersuchungen in negativer Rich¬
tung der üppig emporsprossenden Heilmethode zu Nutz und From¬
men einer kritiklosen Klientel ein Grab bereiten, mancherlei werth¬
volle Nahrung gegeben worden, so darf ich doch gleichwohl nicht
verschweigen, dass weitere Bestrebungen 1 ) meinen Glauben an den
schnellen Tod der ganzen Brown-Söquard’sehen Lehre und der
„Ipjections söquardiennes“ als einen verfrühten gekennzeichnet
haben. Ich denke hier an die bunte Reihe weiterer Veröffent¬
lichungen des Entdeckers und seiner Anhänger über wunderbare
Erfolge der Spermincur bei allem möglichen Kreuz und Leid der
Sterblichen; noch viel mehr aber habe ich die ernster zu nehmende
Ausbildung der Sperminlehre in Bezug auf die Isolirung des wirk¬
samen Princips und seine Einwirkung auf den Stoffhaushalt unseres
Organismus im Sinne. Diese neue Bewegung, welche wir in
erster Linie dem russischen Chemiker Po eh 1 verdanken, hat unser
Thema in beachtenswerthe Bahnen gelenkt.
Zwei Centren sind es also, von denen bis in die neueste Zeit
Kundgebungen ausgestrahlt; das eine operirt in unserem westlichen
Nachbarlande mit dem Brown-Söquard’schen „Suc testiculaire“,
das andere im östlichen mit dem „Spermin Poehl“, und es ist
wunderbar, wie die einschlägigen Publicationen sich fast aus¬
schliesslich auf die Ursprungsländer beschränkt haben. Indem ich
Ihnen nunmehr einen gesonderten kurzen, von allem Neben werk
freien Bericht gebe, muss ich gleich hier bemerken, dass von einem
principiellen Gegensatz in Bezug auf die Natur des Heilkörpers
und die Indicationen seiner Verwendung nicht wohl die Rede
sein kann.
Ich kann, was die Fülle zunächst der neuesten Erzeugnisse
der eigenen Feder Brown-Söquard’s anlangt, direkt an den Inhalt
meines Vortrages anknüpfen, insoweit er als letzte Berichte des
französischen Gelehrten die Bekanntgabe erstaunlicher Erfolge seiner
Heilmethode u. a. bei Tabes dorsalis, Lepra, Malariakachexie, lebens¬
gefährlichen Anämieen nach Metrorrhagieen brachte. Es wäre gefehlt,
anzunehmen, dass meine eigenen Ausführungen zu einer Mässigung
der Anschauungen und ihres Ausdrucks geführt. Im Gegentheil:
Brown-Söquard beklagt offenbar aus Ueberzeugung meine An¬
griffe als die seines ärgsten Gegners in Deutschland und glaubt
meine negativen Resultate durch die „Antipathie des Experimen¬
tators“, durch eine Modification der Injectionsflüssigkeit infolge des
antiseptischen Zusatzes erklären zu sollen. Sollte es wirklich der
besonderen Versicherung bedürfen, dass eine Spur relativ indifferen¬
ten Thymols, die der Flüssigkeit sogar den vollen Spermageruch
wahrt, ihrer Wirkung nicht den mindesten Abbruch zu thun ver¬
mag? Aber unbekümmert um solche Erwägungen, unbeirrt durch
mannigfache warnende Kritik von anderer Seite (s. unten) schiessen
die Kundgebungen neuer sensationeller Heilerfolge üppig in’s Kraut.
Nicht weniger als 1200 Aerzte haben seinen Succus testicularis
200000 mal ohne Unfall injicirt und bei organischen Krankheiten
des Nervensystems, bei der Zuckerruhr, selbst bei Tuberkulose-)
und Krebs der leidenden Menschheit zu den grössten Segnungen
verholten. In 120 Fällen speciell von Tabes dorsalis 8 ) ist der Er-
') Hier darf ich vielleicht zweier kleiner, meine eigene Person be¬
treffender Zwischenfälle nebenher gedenken. Der erste besteht in einer
ausführlichen und lebhafton Interpellation der nordamerikanischen Firma
Parke Davis and Company in Detroit, welche einige Wochen nach
dom Termin meines Vortrages an mich gelangte und bittere Klage über
die Ungerechtigkeit führte, mit welcher ich die Herren lächerlich bezw.
als amerikanische Reclamesucher hingestellt hätte. Wer meinen Vortrag
gehört, wird sich keines Schattens derartiger Incriminationen bewusst
geworden sein, und, um es kurz zu sagen, meine weitere Correspondenz
mit der (wie mich erst wieder der in den letzten Tagen in Berlin an¬
wesende College Haass aus Detroit persönlich versichert) in der Ihat.
achtbaren Firma, die zu dem friedfertigsten Abschluss geführt, deckte
auf, dass ein unseliges Referat meines Vortrages in einem österreichischen
v . . Dann hatte ich den heutigen Standpunkt
dem q" ^ ei, . n fr llss voni wirksamen Princip jener Testikelflüssigkeit.
nidliH PermiI t ^ ezw - ^ en Sperminkrystallen beleuchtet und war
mit Dr i? ,- er ^ an(l eines Berichtes • über eigene Nachprüfungen
], a j n ’ {o binson an 18 Männern im Krankenhause Friedrichs-
""<i gelang dass es mit der erregenden , * 5er Stellungnahme «ehrlich kSne Aufmunterung *u einer Fori-
:iuf.rehaiitm«o der neuen > auf irrigen Voraussetzungen J etzun „ der einschlägigen Versuche. Nur deshalb sei der \ orlall berührt.
n, af mchts~ ;P0WI1 '^^ward’schen Behandlung ein- und für alle- • * ^ - tmr ni« fitacittcum die
gOgCIl tlULU ui«tuvuv « --- r-» - -
gi&len Bestrebungen gelang, das Absurde eines solchen Protestes darzn-
thuu und das Hineintrairen von Beunruhigungen in die Presse und in das
Publicum im Keime zu ersticken, so lag doeh für mich damals in der
- - . ‘ " ‘ .mor hort¬
sei.
in Berlin Rieten m der Sitzung des Vereins für innere Medicin
Tni ™ Mans 1894 -
) uiese Wochenschrift 1891, No. 85.
h Uspensky spricht den Hodensatt gar als Speciticum gegen die
Phthise an; andere sahen beträchtliche Besserungen bei dieser Krankheit
(Cassanello, Duinontpallior, Goizet, lienocque. Seuioiiie).
*) Ataxie und Lähmung figuren neben der Neurasthenie a s öo>o,i-
ders günstig beeinflusste Krankheitsbegriffe auch in den 1 erifflentlicliungm
von Brainard, Mairet. Szikszai, Labarriöre.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE W 0 CHEN SCH Ri ll.
No. 13
294 _ _____ .
lol st nur viermal ausgeblieben. Wenn auch die Patellarreflexe nicht
wiederkehren, so hat das nichts zu bedeuten die Heilung der Krank¬
heit ist nahezu constant. Ein sterbender Malariakachectiker ) wird
durch die Injectionen kräftiger denn zuvor; er selbst der Meister,
der durch Keuchhusten, Enteritis, Schluckkrampf und Contraetui
der Respirationsmuskulatur nahezu zur Agonie gekommen, ^ist
wenige Stunden nach der ersten Injection aller krankhaften Sym¬
ptome von Seiten der Medulla oblongata baar. Durch ihn und
d’Arsonval erfahren wir von 20 „notablen“ Besserungen bei dei
Behandlung 21 Krebskranker. Ja selbst ein Choleraheilmittel ist
die Hodenemulsion, denn wie Brown-Söquard in der Choleradis-
cussion des letzten Winters berichtet, hat Uspensky von zehn
schwersten Opfern der Seuche acht durch die Injectionen dem Tode
Auch\n experimentellen Belegen fehlt es nicht. Die frag¬
los sinnreiche Behandlung omes Hundes vor arteriellem todtlichem
Aderlass mit dem Succus testicularis führte dazu dass die ton-
vulsionen des Controlhundes ausfielen und der Tod spater als bei
letzterem eintrat (Brown-S6quard).
Die Theorie der Wirkung anlangend, constatirt Brown-öö-
quard eine dreifache Function der Hoden (und der Ovarien) die
Geschlechtsfunction, die Resorptionswirkung ihrer specifischen Pro-
ducte unter der Form eines Reizes für die Nervencentren welcher
den dem Geschlecht eigentümlichen Charakter bedingt, endlich die
Erhöhung der Energie der Nervencentren, wie sie bei Eunuchen
und Masturbanten darniederliegt. Das wirksame Princip des Succus
testicularis findet sich in allen Geweben des männlichen 1 hie res
eine Annahme, der, wie wir sehen werden, auch Poehl in gewissem
Sinne huldigt —, und somit nähern wir uns, meine ich, nicht un¬
deutlich den alten mystischen Anschauungen von der Lebenskraft,
die im Sperma schlummert. Bei dieser Gelegenheit darf ich erwäli-
non dass, wie ich einer Notiz F6r6’s (s. unten) entnehme, bereits
im Jahre 1878 Mattoi als „Vorläufer“ von Brown-S6quard
ganz ähnliche Principien im allgemeinen in seiner Schrift über die
tonische und excitirende Resorptionswirkung der Samenflüssigkeit
und ihre Folgen für Physiologie und Hygiene ausgesprochen hat.
Der Ton, mit welchem die Führer in’s Horn gestossen, klingt
in den Kundgebungen derer getreulich wieder, "welche Brown-
S6quard die Heeresfolge nicht zu versagen vermocht. Es liegt
mir fern, Sie mit den Berichten der begeisterten, fast ausschliess¬
lich der französischen Nation angehörigen Anhänger zu ermüden.
Es genüge, den oben erwähnten Berichten hinzufügen, dass in den
Veröffentlichungen von Depoux, Kahn, Megnin, Vitzou,
Montanöu. a. wunderbare Heilerfolge bei Tabes, Lähmung, Chloro-
neurasthenie, Tuberkulose und seniler Demenz eine Rolle spielen.
Selbst der Fötus im Mutterleibe erfuhr eine Kräftigung durch die
Injectionen, mit welcher man eine Gravida bedachte. Das Heil- ,
object Megnin’s ist ein paraplegischer Hund mit Sarkomatose, die¬
jenigen Vitzou’s zwei gelähmte Affen. Mont an 6 steht nicht an,
den Hodensaft per os zu appliciren und damit ist der Schritt ge-
than, den ich nicht ohne eine gewisse Horripilation in meinem Vor¬
trage angedeutet, die Brücke zu den Spermaschluckern 3 ) geschlagen.
Ein wichtiges Moment aber hat sich aus meiner Kenntniss-
nahmo von der einschlägigen französischen Litteratur ergeben: der
von mir so intensiv bekämpfte Glauben an die Heilerfolge bei der
Impotenz zeigt selbst bei den Parteigängern eine sichtliche Kraft¬
einbusse, letztere werden überhaupt spärlicher und an ihre Stelle
sind mehr und mehr die Skeptiker getreten.
So erfahren wir von Loomis von nicht wenigen Misserfolgen,
von Bo uff 6, dass seine, übrigens der Nebenwirkung — Respirations¬
störungen und Präcordialangst — nicht ganz entbehrenden Injec¬
tionen zwar bei seniler Schwäche eine gewisse Wirkung gcäussert,
indess bei Neurasthenie sich als unsicher erwiesen, und bei Herz-
und Gefässkrankheiten, Diabetes, Tuberkulose und Krebs so gut
wie ganz versagt hätten. Negel, Mossö, Venträ undFronda,
Aievoli, d’Amore, Rossi, Rivano, Marco, Capriati, Massa-
longo hatten geringe oder keine Erfolge. Allenfalls wird eine
leichte und vorübergehende Aufbesserung der gesunkenen Potenz auf
indirektem Wege durch Hebung der allgemeinen Schwäche zugegeben;
‘) Auch Suzor auf der Insel Mauritius sah grossartige Erfolge bei
Malaria (und Lepra)!
*) Eine bedauerliche Verirrung trat mir vor etwa Jahresfrist in einem
Sendschreiben der Verlagsbuchhandlung Minde in Leipzig entgegen, in
welchem Goizot’s „Force et Santo“ angeboten und für die Goizet’sche
Versandtanstalt des Brown-Sequard’schenLiquor testiculorum („alleiniges
Verkaufsdebit in Leipzig“) Reclame gemacht wird: „Brown-Sdquard steht
auf dem Höhepunkt des Ruhms, Frankreich kann stolz auf ihn sein etc.“
3 ) Wir möchten hierbei nicht unerwähnt lassen, dass, wie Leyden
jüngst nachgewiesen, diese anscheinend so neue und überraschende Idee
bereits dem Alterthum angehört. Impotente Griechen und Römer haben
nach Berichten von Plinius nicht Anstand genommen, Sperma und Hoden
* vom Esel zu verspeisen.
es bewies aber das Eintreten gleichsinniger Besserungen zumal bei
Tabes und Neurasthenie unter subcutanen Glycerin- und Wasser-
injectionen, welche selbst die Muskelkraft und den Puls zu heben
vormocht, die nicht zu unterschätzende Rolle, welche die Auto¬
suggestion gespielt. Massalongo, der Direktor des grossen Vero¬
neser Hospitals, welcher seine Publication mit dem Titel buggestions-
therapie belegt., bezeichnet trotzdem die „eigentlichen therapeuti¬
schen Resultate als „absolut negativ.“ Weiter weisen Baudin
aus Besancon, welcher 200 Nervenkranke, Kachectiker etc. mit
4500 Injectionen nur selten mit annehmbarem Erfolg behandelt,
und der bekannte Nervenarzt F6r6 an der Hand sehr beachtens-
werther Berichte mit aller Entschiedenheit zurück, dass die Tes-
tikelemulsion irgend einen Einfluss auf die Epilepsie mit ihren
physischen und psychischen Depressionszuständen habe. Ern l a-
tient Föite’s suchte in eigener Auffassung der Brown-Sdquard-
schen Lehre eine gesteigerte Samenproduction durch eine Art von
Masturbation — tägliche geschlechtliche Aufregung, ohne dass es
bis zur Ejaculat.ion kam — herbeizuführen und wurde — ganz im¬
potent. Wir sind aber Brown - Söquard schuldig, zu registriren,
dass er in öffentlicher Sitzung sich dagegen verwahrt, als ob er
diese Methode empfohlen; er habe nur Excitation durch Berührung
und Küssen junger Frauen gemeint.
Damit schliesse ich meinen Bericht über die augenblickliche
Gestaltung der Lehre von den „Injections sGquardiennes“ m des
Urhebers eigenem Vaterland, um ihr noch einige Worte der Kritik
am Ende des nunmehr folgenden Referats über den Standpunkt
der Erfahrungen über das Wesen und die Wirkung des „Spermin
Poehl“ zu widmon. ^ , J „ . .
Es erscheint mir aber unerlässlich, dem Berichte selbst einen
kurzen chemischen Excurs über die Herkunft, Zusammen¬
setzung und Kry st all form des Spermins vorauszuschicken.
Die Vorführung complicirter chemischer Formeln soll Ihnen als ein
wenig hierher gehöriges Beiwerk erspart bleiben. Es ist, meine
Herren, das „Spermin Pöhl“, falls es nothwendig sein sollte, das
noch einmal mit Nachdruck hervorzuheben, durchaus nichts anderes,
als das Material der längst bekannten Böttcher’schen Sperma-
krystalle, also das phosphorsaure Salz der Schreiner’schen
Basis bezw. derselbe Körper, den ich vor nunmehr zwölf Jahren
an der Hand zahlreicher Eigenuntersuchungen, zumal an Leichen,
als den specifischen Hauptbestandteil des Prostatasecrets erkannt
habe. Weiter habe ich gefunden, dass diese selbe Schreiner sehe
Basis der Träger des specifischen Geruchs des ejaculirten Samens
ist, während das Hodensecret und das Product der Samenblasen,
dieses Geruches baar, nichts oder höchstens Spuren von Spermin
enthalten. Konnte ich Ihnen bereits bei Gelegenheit meines Vor¬
trages berichten, dass fast alle unsere einschlägigen Lehrwerke
nach langem Zögern und Sträuben diese meine Lehre — ihre Be¬
gründung und Details hier zu entwickeln widersteht mir — aus¬
genommen und anerkannt, so freut es mich, einer vorjährigen
Publication Poehl’s zu entnehmen, dass nun endlich auch diesei
russische Chemiker als Specialist Einsicht von und Stellung zu
meinen Untersuchungen genommen. Ist eine Differenz in unseren
Anschauungen zu beklagen, dann liegt sie in der Angabe Io en s,
dass er in den Testikeln mehr Spermin als in der diesen Organen
zunächst kommenden Vorsteherdrüse gefunden. Ich muss diesen
Befund auf sich beruhen lassen, um so mehr, als er sich ledig ic 1
auf den jungen Bullen bezieht, während mein Untersuchungsmate¬
rial vom Menschen stammt. .
Aber nicht nur aus der Prostata und den Hoden junge r 1
sondern auch aus der Schilddrüse, dem Pankreas und der A , z j
selbst aus den Eierstöcken der weiblichen Thiere vermochte 1 oe
sein Spermin zu gewinnen und folgert, dass der Körper wa 1 -
scheinlich im ganzen Organismus circulire, mit welcher Anna m
er wiedor mit den gleichsinnigen Anschauungen Brown-Sequai
(s. o.) zusammentrifft. .
Dass das Spermin nicht identisch ist mit dem vor wenig •
Jahren von Schering dargestellten „Piperazin , muss naci
manchen Irrfahrten in der Beurtheilung dieser Verbindung a &
Thatsache gelten, nachdem A. v. Hofmann den Nachweis ei rac ,
dass Piperazin nichts anderes ist, als das Ladenburg s
„ Aethylenimin“ und diese Verbindung mit „D iäthylendram .
identisch ist. Piperazin, Aethylenimin und Diäthylendiamin sin
also dieselben Begriffe und, nicht identisch mit unserm ope _ i
dem Phospat der Schreiner’schen Basis. Diese Nichtiden. »
die auch Mendelejeff vertritt, bekundet sich in sehr sinntMUgei
Weise in einem von Poehl arrangirten Versuche, den e J u * t .
persönlich vor mir mit unzweideutigem Resultat angestei •
Trägt man nämlich in eine Lösung von Goldchlorid Magnesi
pulver ein und fügt der Mischung Spermin zu, so e V*
sich unter eigentümlichem Aufblähen und Wogen der sch
Masse der charakteristische Spermageruch, den Diäthylemcuamm
zulösen nicht imstande ist. Genug, die mit Piperazin (dem
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29. März.__ DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
295
die Formel GiHioN-j giebt) angestellten klinischen Versuche scheiden
für unser Thema aus, wobei es, wie Lassar-Cohn gezeigt, dahin¬
gestellt bleiben muss, ob dem Spermin die ursprüngliche
Schreiner’sehe Formel C 2 H 5 N oder, wie Poe hl will, die Formel
C 10 H 20 N 4 zukommt. Nach der neuesten Anschauung von Armand
Gautier ist das Spermin ein LeukomaTn, also ein Product der
regressiven Metamorphose der Eiweisskörper.
Und nun noch ein Wort zur aetuellen Streitfrage der Identität
der Bött eher'sehen Sperminkrystalle mit den Zenker-
Charcot’scbenKrystallen, den Asthmakrystallen Leyden’s. Nach¬
dem ich bei meinen ersten Studien die Identität mit Schreiner
annehmen zu sollen geglaubt, habe ich vor drei Jahren vor Ihnen
selbst wieder Zweifel an derselben aussprechen müssen. Diese
Zweifel gründeten sich in erster Linie auf den Umstand, dass wir
es bei den Sperminkrystallen im wesentlichen mit den gewölbt¬
flächigen Spindel- und S- (Diatomeen-) Formen der monoklinen
Doppelpyramide zu thun haben, während ich bei den Charcot’schen
Krystallen bislang nur gerade Flächen in stumpfwinkliger Be¬
grenzung angetroffen hatte und es mir nicht gelungen war, aus
dem Material der Spermakrystalle die Form der Asthmakrystalle
zu gewinnen. Ich habe also mit dem Votum schliessen müssen, dass
wohl eine Isomerie, aber zugleich eine Heteromorphie vorliege,
einem Urtheil, dem auch unser verstorbener College Paul Gutt-
mann bei Gelegenheit der Demonstration von Po eh l’schen Präparaten
in unserem Verein beitrat. Demgegenüber verficht wieder Poehl
auf Grund eigener Untersuchungen meine ursprüngliche Ansicht
von der Identität der Krystalle, indem er sämmtliche Uebergangs-
forinen und beim schnellen Umkrystallisiren besonders in Gegen¬
wart von Alkohol in der Regel geradflächige Krystalle erhalten
zu haben angiebt; ja er bedient sich auf seinen mikroskopischen
Objecten direkt des Synonyms „Cristaux Chareot-Leyden“.
lu der That finden Sie hier unter den schönen Photogrammen, die
ich seiner Freundlichkeit verdanke, eines (das letzte), welches im
wesentlichen gerade Krystallflächen ganz ähnlich denen der Asthma-
kiy stalle aufweist. Auch Benno Lewy hält die Charcot’schen
und Prostatakrystalle für identisch und leitet die Unterschiede
in der Form von den Differenzen der Menstruen ab, aus welchen
sieh die Krystalle abscheiden. Ich darf auch nicht verschweigen,
dass es Grawitz gelungen ist, im pleuritisohen Eiter Krystalle
mit gewölbten Flächen aufzufinden, und dass mir endlich selbst
vor wenigen Wochen von Herrn Dr. Freyhan ein Präparat aus
dem Auswurf eines Asthmatikers im Krankenhause Friedrichshain
vorgelegt worden ist, in welchem sich neben den gewöhnlichen
Asthmakrystallen grosse gewölbtflächige Böttcher’sche und Ueber-
gangsformen gefunden haben.
Die Isomorphie kommt also, w r ie ich gern einräume, vor, und
wenn ich mich noch immer nicht ganz entschlossen kann, die
früher von mir vertretene Identität anzuerkennen — auch Lewy
sind in letzter Zeit, wie er mir mittheilt, wieder „Zweifel an der
Identität aufgestiegen“ — so liegt das an der unleugbaren That-
sache, dass in der Regel Heteromorphie besteht mit Eindrücken,
die dem Geübten und Erfahrenen beim ersten Blick ins Mikroskop
als fremde entgegentreten. Ich darf endlich nicht verschweigen,
dass nach einer jüngsten Mittheilung von Th. Cohn im Königs¬
berger Verein für wissenschaftliche Heilkunde dieser Autor und
der Mineraloge Hecht die Charcot’schen Krystalle als hexa¬
gonale Pyramiden (mit sechseckigem, nicht tetragonalem Quer¬
schnitt) ansprechen. Die Untersuchungen über Prostatakrystalle
stehen noch aus.
Die jetzige Gestalt in welcher sich das Spermin Poehl
präsentirt, ist eine farblose krystallklare zweiprocentige Flüssigkeit,
Reiche sich in einer Menge von circa 1 ccm in, wie Sie hier sehen,
kleinen^ dickwandigen durch Abbrechen des Stiels zu öffnenden
tlaskkölbchen findet. Diese Flüssigkeit wird direkt injieirt, selbst
zwei mal am Tage.
Mras leistet nun das Poehl’sche Spermin in klinischer Be¬
ziehung? Einige Beiträge zur Beantwortung dieser Cardinalfrage
a «e ich bereits in meinem Vortrage gestreift und will zunächst
im Anschluss an diese Andeutungen zusammenfassend erwähnen,
, , P° e hPsche Mittel sehr bald von einer grossen Zahl
“ er Gelehrten und Aerzte (darunter Tarchanoff,
v ai ew ’ Weljaminoff, Roschtschinin, Wictorow,
_ benot, Sawitsch 1 ) in Arbeit genommen worden ist. Als
th,iiii De V Q “ ^ es Dochts zeigt lebhafte Anklänge an die Mit-
Serma??' 1 fo* nzös ischen Autoren über die Wirkung des Brown-
t <>n L, j 8 Ch(m .H odenex tractes. So betont Shicharew den energischen
«»msirenden und • . - ™ e -
bei iW/'T - u £ lt>lc “ er Weise Koschtschinin die Zunahme der Enorgic
unter Rn reizbarer Nervenschwäche, Diabetes mellitus, hier sogar
einflusat SW« des Zuckergehaltes des Harns, während Phthisiker unbe-
leben. Von Wictorow, Hübbenet und Sawitsch wird der
Resumd dieser Versuche und Betrachtungen vermochte bereits im
Jahre 1891 der Präsident der Petersburger medicinischen Gesell¬
schaft, Wolowsky eine mehr oder minder radicale Veränderung
der krankhaften Symptome nach der Anwendung des Poehl’schen
Mittels hinzustellen. Insbesondere figurirt beim Ausbleiben jeder
localen Reaction an der Injectionsstelle Besserung des Allgemein¬
befindens und Schlafes, Hebung der Muskelkraft und des Appetits,
Regulirung der Temperatur, Athmung und Herzthätigkeit selbst
mit Einfluss auf die Oedeme, Beeinflussung des Ataxie. Auch
eine Erhöhung der Geschlechtsthätigkeit wird erwähnt, doch
möchte ich mit Nachdruck darauf verweiseu, dass eine solche von
Tarchanoff, Roschtschinin, in gewissem Sinne auch von
Shicharew abgelehnt wird. Poehl selbst spricht es offen aus,
dass sein Spermin Aphrodisiacum im engeren Sinne nicht sei, ein
etwaiger Einfluss auf den Geschlechtstrieb nur die Folge einer
Besserung des Allgemeinbefindens darstellen könne.
Bei den gleichzeitigen Bestrebungen im Osten und Westen
unter Verwendung zweier immerhin nur partiell übereinstimmender
Präparate, konnte naturgemäss die Frage nach der Vergleichbarkeit
der pharmakodynamischen Wirkung nicht ausbleiben, und in der
That ist es Brown-Söquard gewesen, der nicht gesäumt, die
letztere in Zweifel zu ziehen. Hatte' aber schon Wictorow be¬
hauptet, dass die physiologischen und therapeutischen Effecte des
Poehl’schen Spermins sich mit denjenigen der Testikelemulsion
des französischen Gelehrten vollkommen deckten — ein Angesichts
der noch nicht erwiesenen Wirkungen mehr als gewagter Schluss,
— so wies Poehl selbst mit grösserem Recht auf das Verhftltniss
der Wirkungen wie derjenigen des Morphiums und Opiums hin. Wir
w ürden dieser Ansicht als klärenden ohne weiteres beitreten, wenn
nicht die Anschauung, dass als wirksames Princip des Hodensaftes
beziehungsweise des Spermas lediglich das Spermin zu gelten habe,
des endgültigen Nachweises noch bedürfte. Ich sehe dabei ganz
davon ab, dass nach meinen Nachweisen (siehe oben) der Prostata
ein ungleich höherer Gehalt von Spermin zukommt, als den Hoden,
ein Umstand, der mich veranlasst hatte, das ganze Ejaculat zu
verwenden. Im übrigen wird von principiellen Differenzen in der
Wirkung der Muttersubstanz, wie sie Brown-Söquard verwendet,
und des reinen Sperminextractes, wie es Poehl gewinnt, nicht
gut die Rede sein können.
Nicht weniger bemerkenswert!! als die Uebereinstimmung des
Inhalts der klinischen Berichte der französischen und russischen
Forscher und Aerzte ist die weitgehende Congruenz in den unab¬
hängig von einander gewonnenen Anschauungen der beiden Führer
über die Theorie der Wirkung. Das Spermin, meint Poehl, ist
ein normaler Bestandteil des tierischen Organismus, es wirkt da,
wo der Spermingehalt ein subnormaler geworden. Hier führt das
Leukomatn specifisclie Functionen im Sinne der Erhaltung der
Lebenstliätigkeit aus. Die dasselbe spendenden Genitalien spielen
die Rolle einer Hausapotheke für unseren Körper. Mit dieser An¬
schauung geht Poehl w r eiter als Brown-Sequard, indem er das
Hodensecret mit dem Schilddrüsen- und Pankreassaft parallelisirt, ja
nicht zögert, das Spermin selbst als die wirksame Substanz im
Schilddrüsenproduct anzusprechen und die bekannten Minkowski-
schen Pankreasexperimento bei Diabetes als wahrscheinlich auf der
Gegenwart von Spermin beruhend hinzustellen. Damit schiesst
er weit übers Ziel.
Durchaus originell und sinnreich lässt sich der neueste Aus¬
bau seiner Theorie an. Eine unleugbare Eigenschaft des Spermins,
selbst in kleinsten Mengen, metallisches Magnesium in Gegenwart
von Metallchloriden unter Auftreten von Spermageruch in Magnesium¬
oxyd zu verwandeln, lässt den Entdecker seinem LeukomaTfn
die Fähigkeit beilegen, auf dem Wege der katalytischen Wirkung
die durch verschiedene Momente herabgesetzte Oxydationsfähig¬
keit des Blutes wieder herzustellen. Poehl spricht es direkt
aus, dass ein Blut, welches durch Gifte, wie Chloroform, Kohlen¬
oxyd, Strychnin, freie Säuren, pathologische Harnbestandtheile,
seine’ Fälligkeit, Sauerstoff zu übertragen, eingebüsst, durch den
Zusatz von Spermin in kleinsten Mengen sein früheres Oxydations¬
vermögen wieder erhält. Und diese Eigenschaft des Spermins wird
ohne weiteres zur „intraorganen Oxydation“ im lebenden Körper
bei bestimmten Krankheiten. Es sind das Krankheiten, welche nach
seiner und Gautier’s Auffassung im wesentlichen mit einer Herab¬
setzung der Oxydationsfähigkeit des Blutes und Nervengewebes zu
thun haben, vornehmlich die Autoin toxi cation bezw. Anhäufung der
Producte der regressiven Metamorphose der Eiweisskörper, die
Anämie, der Scorbut, der Diabetes, die Neurasthenie, endlich die
Kachexie als solche. Bei allen diesen Processen soll sich weiter
naa Thiere mit durchschnittenem
liectionen leben, als Controlthiere.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
296
iiuf dem Wege der Harnanalysen das Darniederliegeu dei j
intraorganen Oxydationsprocesse in einer relativen Verminderung
des Stickstoffes des Harnstoffes (im Gegensatz zum Ge-
sammtstickstoff des Harnes) ergeben haben, sowie eine Er¬
höhung des Harnstoff-N nach den Spermininjectionen selbst
über die Norm. Als letztere spricht Po eh 1 ein Verhältnis von
1 00 ; 85— 90 an. In einem Falle stieg das Verhältnis von 100 : 73
nach andauernder Sperminbehandlung auf 100:97. Mit der Er¬
höhung des Harnstoff-N pflegt eine Verminderung der angehäuften, i
durch Phosphorwolframsäure bestimmbaren Leukomalne einherzu¬
gehen, besonders wenn für eine Erhöhung der Alkalescenz des
Blutes — je saurer das Blut, um so unlöslicher bezw. unwirksamer
das Spermin — Sorge getragen wird.
Dies, um von einer Reihe nebenbei abfallender Betrachtungen
abzusehen, der Kerninhalt der Poelil’schen Theorie der Spermin-
therapie, die er nicht ohne dringende Bitte um Prüfung durch
klinische Beobachtungen bekannt giebt.
Von letzteren erfahren wir leider gerade in der neuesten Zeit
wenig. Einem Bericht von Pantschenko über 182 von ver- |
sehiedenen Aerzten mit Spermin behandelte Kranke entnehmen wir,
dass besonders bei Neurasthenie, Tabes, Diabetes und kachectischen j
Zuständen ein günstiger Einfluss unter der Form einos tonisirenden
Effectes der Injectionen beobachtet worden sei. Fast ganz in Still¬
schweigen und Skepsis hüllt sich aber Deutschland. Abgesehen I
von beiläufigen Bemerkungen von Posner, der mit seinem durch
eigene Erfahrungen gewonnenenUrthoil „zurückhält“, indess dringend
weitere Versuche empfiehlt, und von Eulenburg, der einmal eine !
auffallend roborirende Wirkung bei Tabes, in anderen Fällen keinen
so bemerkbaren Nutzen sah, figuriren in den Spalten der deutschen
Litteratur keine einschlägigen Berichte.
Unter solchen Umständen habe ich mich denn, nicht zum ge¬
ringsten unter dem lebhaften persönlichen Druck des Herrn
Staatsrath Prof. Poehl, der mich mehrfach selbst aufgesucht und
ein notables Quantum seiner Sperminampullen zur Verfügung ge¬
stellt, entschlossen, in Gemeinschaft mit Herrn Dr. Freyhan im
Krankenhause Friedrichshain einschlägige systematische Unter¬
suchungen anzustellen, über welche wir seiner Zeit Ihnen noch Be¬
richt erstatten zu können hoffen.
Bis dahin möchte ich meinem vorläufigen Urtheil dahin Aus¬
druck geben, dass bei aller Anerkennung des inneren Kernes
der Poehl’schen Theorie die bislang erreichte Grenze der erwiesenen
Thatsachen durch dieselbe bereits weit überschritten scheint und
vor allem Vorversuche dringend noththun, die über die Berechtigung
der Poehl-Gautier’schen Anschauungen über die Rolle der Leuko-
malne, der Oxydationsfähigkeit und des Stickstoffes im Harn bei
den genannten Krankheiten Aufschluss geben. Handelt es sich bei
ihnen wirklich um ein Darniederliegen der intraorganen Oxydation
als ein wesentliches Moment? Drückt sich dasselbe in der That
durch ein bestimmtes und nachweisbares Verhalten des Stickstoffes
und der Leukomaüne im Harn aus? Darf überhaupt die katalytische
Wirkung im Laboratorium ohne weiteres auf den lebenden Körper
Überträgen werden? Alles das sind meiner Meinung wohlbercehtigte
Fragen, deren Beantwortung wir anzustreben im Begriffe sind und
sein müssen, wollen wir anders bei der Bekanntgabe der thera¬
peutischen Resultate am Krankenbett vor dem Vorwurf des Mysti-
cismus geschützt sein. (Schluss folgt.)
IV. Ueber Guajacolvergiftung.
Von Prof. Dr. Oscai
Vergiftungen durch Guajacol scheinen bis jetzt nur sehr selten 1
beobachtet worden zu sein. Kobert giebt p. 228 seines Lehrbuchs
der Intoxicationen, Stuttgart 1893, Enke, an, dass nach Dosen von
über 1,0 g bereits leichte Intoxicationserscheinungen ein treten j
können, welche in Brennen im Magen, Uebelkeit und Eingenommen¬
sein des Kopfes bestehen; aber auch nach 15,0g erfolgte in einem j
Falle auf der Dorpater medicinischen Klinik Dank baldiger Magen- j
ausspiilung nicht der Tod, wohl aber Schwund des Bewusstseins, j
Pupillenverengerung, unregelmässige Athmung und intensive Dunkel¬
färbung des eiweissfreien Harnes. Der Harn verhält sich also [
ähnlich wie Carbolharn.
Da ich im letzten Frühling einen schweren Fall von Guajacol- j
intoxication zu beobachten Gelegenheit hatte, der trotz Magen- |
{lusspülung tödtlich endete, und da es mir hierbei nicht nur gelang, j
im Urin noch wesentlich andere Veränderungen zu constatiren, als
sie von Kobert beschrieben wurden, sondern auch bedeutende
Veränderungen in den inneren Organen, besonders den Nieren, der
Milz, im Blute und anderen Organen, so scheint mir die Mittheilung
dieser Erfahrung geboten zu sein. I
Die betreffende Patientin war ein gut constituirtes, anämisches, sonst
normal entwickeltes, neun Jahre altes Mädchen von einem Körpergewicht
von 21750 g. Wegen rheumatischer Schmerzen war ihr eine Lösung von
salicylsaurem Natron ordinirt. Statt dessen gab ihr irrthümlicherweise
eines Tages, am 28. März 1893, ein zwölfjähriges Mädchen etwa 5 ccm
Guajacol. Die durchaus intelligente Patientin bemerkte sofort den Irr¬
thum; die kleine Uebolthäterin aber bewog jene, nichts von dem Irrthum
vorlauten zu lassen, wodurch letzterer erst l l /a Stunden nach Einnahme
des Medicamentes zur Kenntniss der Pflegerin und des Arztes gelangte.
Etwa 15 Minuten nach Einnahme des Guajacols, die Vormittags um
10 */a Uhr, nachdem Patientin ausser dem Frühstück zwischen 7 und 8 Uhr
Vormittags um */2l0 Uhr Bouillon mit Ei als zweites Frühstück verzehrt
hatte, erfolgte, bokam sie ziemlich plötzlich einen Anfall von hochgradiger
Benommenheit und Apathie. Der hinzugeholte Hausarzt fand: dunkel-
blaurothes. gedunsenes Gesicht, ebenso die Conjunctivae palpebrarum et
bulbi blauroth injicirt; beinahe aufgehobener Corncalreflex, mittelweite,
nicht oder kaum reagirende Pupillen; häufige Brechbewegungen mit Ab- j
fliessen von Speichel aus dem Munde. Keine Krämpfe. Der Puls war
regelmässig, voll, beschleunigt, 134. Die Sensibilität der Haut war deutlich
und stark abgeschwächt, aber vorhanden. Weil der Vater der Patientin
wiederholt schon an epileptoiden Anfällen gelitten hatte, wurde vom Arzte
ein solcher diagnosticirt und der Patientin kalte Umschläge auf den Kopf
ordinirt.
Die Benommenheit und der geschilderte Zustand dauerte Va bis
3 U Stunden und nahm dann allmählich ab. Drei bis vier mal erfolgte Er¬
brechen der am Morgen genossenen Speisen, vermischt mit braunem und
gallig gefärbtem Schleim. Als 1 l /s Stunden nach Einnahme des Medica¬
mentes der Arzt wiederkam und er das Erbrochene untersuchte, fiel ihm
der Geruch nach Guajacol auf, und da nunmehr erst auf Nachforschung
hin der Sachverhalt bekannt wurde, so machte er nun sofort eine Magen¬
ausspülung, die^ bis zum klaren Ausfliessen des Spülwassers wiederholt
wurde. Da die Kleine immer noch grosse Apathie zeigte, bekam sie noch
eine Pravazspritze (1,0) voll Campheräther subcutan.
1 Wyss in Zürich.
Nach drei bis vier Stunden war die Cyanose verschwunden, an ihre
Stelle war leichenhafte Blässe getreten. Die Respiration war beschleunigt.
30—40, regelmässig. 3 l /a Stunden post intoxicationem entleert Patientin
einige hundert Cubikcentimeter braunrothen, klaren Urins ohne Be¬
schwerde. Derselbe ist frei von Eiweiss, Pepton, Zucker, Gallenfarb¬
stoffen. Der Puls wird nach und nach kleiner, bleibt aber regelmässig.
Der schlafsüchtige Zustand dauert an, doch giebt Patientin auf Fragen
Antwort. Sie bricht häufig wenig gallige Massen und klagt über Brennen
im Munde. Nach und nach entwickelt sich eine Anschwellung der Unter¬
kiefergegend. es schwillt die Zunge an, so dass die Kleine aus diesem
Grunde nur schwer und unverständlich spricht. Daher die weitere Ordi¬
nation: Eisstückchen in den Mund und dort zerfliessen lassen; Eiscravatte.
— Die blasse Haut ist trocken, Gänsehautbildung. Die Leber ist durch
Percussion und Palpation schon 4 l /s Stunden nach der Intoxication als
vergrüssert nachweisbar; die Milz ebenso, letztere jedoch nur durch Per¬
cussion. Beide Drüsen wie auch die übrigen Körperorgane waren früher
genau untersucht (es liegt ein Protokoll, datirt vom 20. Februar 1893,
über beide vor) und nicht vergrössert gefunden worden.
Am Abend desselben Tages war schwache Cyanose und Leichenblässe
der Haut immer noch vorhanden, die Temperatur war im Rectum bloss
35,5, Puls 104, Respiration 32. Auf der Haut der Arme und Beine fand
sich eine Anzahl stecknadelkopfgrosser, blaurother Flecken (Ecchymosen).
Keine Oedeme. Die Leber überragte um zwei Querfinger breit den
Rippenbogen, war resistent, etwas hart und etwas empfindlich. Milz mcht
palpabel. Patientin klagte über Schmerzen im Halse beim Schlucken.
Urin wurde nicht gelassen. Ordination: warme, feuchte Einwickelungen
des ganzen Leibes in Berücksichtigung der niedrigen Körpertemperatur
29. März. Patientin schlief in der Nacht bis 12 Uhr unruhig, öfters
aufgeweckt durch Brechreiz; nach 12 Uhr weniger häufig Erbrechen. Um
Mitternacht wurde wieder Urin gelassen, derstark saure Reaction zeigte
und im übrigen die nämlichen Eigenschaften besass, wie derjenige vom
Tage vorher. Am Morgen sah Patientin weniger collabirt aus, klagte über
starken Durst; obwohl sie um 6 Uhr früh eine halbe Tasse Milch ge¬
trunken hatte, erbrach sie bis 8 Uhr nicht. Die Temperatur war au f r ” ..
gestiegen. Die Ecchymosen an den Armen und Beinen sind zum Iheii
grösser geworden, bis erbsengross. Die fahle Blässe mit Livor dauert an;
das Aussehen der Patientin erinnert an die Färbung, die bei chronischer
Bleiintoxieation beobachtet wird. Die Schwellung der Zunge und der
Unterkiefergegend ist bedeutend zurück^egangen; die Schleimhaut des
Mundes zeigt immer noch die blaurothe Verfärbung und einzelne punkt¬
förmige Ecchymosen. Puls 112, weich, regelmässig. Das Blut — durch
einen Nadelstich behufs mikroskopischer Untersuchung (siehe weiter unten)
entleert — ist dunkel, sehr flüssig. Die Conjunctiva des Auges ist eigen-
thümlich graubläulich verfärbt, an Argyrosisfärbung erinnernd. Ordination:
zweistündlich 100 g mit Eis gekühlter Milch.
Am Abend des 29. März ist das Aussehen noch viel mehr normal
geworden. Der Livor beinahe völlig verschwunden, die starke Blässe per-
sistirt. Schleimhaut des Mundes wieder von normaler Farbe. Puls noc * 1
weich, 132, regelmässig. Temperatur 37,7 (ebenso Mittags). Mittags
12Y2 Uhr wurde ein Spitzglas voll Urin (75 ccm) von grauschwarzer r arbe
gelassen, der massig starke Eiweissreaction zeigt, stark sauer rea-
fifirt, viel hamsaurcs Nätron als Sediment enthält. Im Sediment wenige
Nierenepithelien und Cylinder, die stark bräunlich pigmentirt sind. Kein
Blut im Harn, ebenso kein Gallenfarbstoff.
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Original fro-rri
UNIVERSETY OF MICHIGAN
29. März.
Es wird heute erst deutlich, dass Patientin noch bis heute Morgen
verlangsamte geistige Function zeigte. Sie antwortete oft lange nicht
wenn sie etwas gefragt wurde, wie wenn sie sich auf die Antwort lantre
besinnen müsste. 6
Abends 4‘A Uhr entleerte sie wieder IVa Spitzgläser voll (110 ccm)
dunkelbraunen Urins, der wie deijenige vom Mittag eiweisshaltig war
30. März, Morgens. Ueber Nacht hat sich der Zustand bedeutend
verschlimmert. Es hat sich leichter Icterus der Skleren und der Haut
eingestellt; Patientin klagt über Bangigkeit und über Schmerzen in der
rechten Bauchgegend, sieht verfallen aus und ist wieder sehr anathisr-h
Die Temperatur ist 39.1°, der Puls 160, dicrot, regelmässig. Es bestehen
starke Hcrzpalpitationen, die bis drei Finger breit über die linke Papillar¬
linie hinaus fühlbar smd. Die Herzdämpfung reicht bis l‘/ 3 cm über
den rochten Sternalrand nach rechts, nach links drei Querfinger"breit von
der linken Mammillarlinie, nach unten bis zur fünften Rippe. Die Herztöne
sind laut, paukend. Die Leber reicht von der sechsten Rippe bis zwei
Finger breit über den Brustkorbrand, ist palpabel, resistent. Die Milz
reicht von der achten Rippe bis zum Rippenbogen und ist resistent
fühlbar.
Ordination: Hohes Wasserklysma. Eine Spritze Campheräther sub-
cutan. Eisbeutel aufs Herz. Intern Infus, fol. Digital. 0,3 auf 100 Kali
acetic. 2,0, Syr. spl. 20, zweistündlich einen Theelöffel.
Im Laufe des Vormittags steigerte sich die Somnolenz wieder zeit¬
weise reagirte Patientin gar nicht mehr auf Anfragen, ist verwirrt' lässt
die Entleerungen unter sich. Pupillen mittelweit, auf Licht schwach rea-
girend. Blick leer. Puls wird kleiner, weniger frequent 140
Mittags ist die Temperatur 38,7. Patientin delirirt ’ stark, und zwar
smd es Verfolgungsdelirien. Der Gesichtsausdruck ist angstvoll es be¬
steht Flockenlesen; Patientin strampelt zeitweise mit den Beinen, um
darauf wieder in tiefe Somnolenz zu versinken; die Cornea kann berührt
werden ohne dass Reflex eintritt, auch schluckt Patientin nicht mehr
ordentlich.
Abends ist die Temperatur 38,8, der Puls 120. Ueber dem Herzen
hört man jetzt em dem ersten Mitralton und dem ersten Pulmonalton be¬
gleitendes kurzes, pfeifendes Geräusch. Auf ein Wasserklvstier erfolgt
ein reichlicher, übelriechender, schwarzer Stuhl. Abends lässt Patientin
wieder Inn, der noch dunkel aussieht. Der ophthalmoskopische Befund
zeigt ausser starker Füllung und Schlängelung der Venen nichts ab¬
normes. Pupillarreflex sehr schwach.
Am 31 Mäi’z dauert die Somnolenz ohne Unterbrechung an; es be-
steht seit Morgens 5 Uhr heftige Dyspnoe; 56 Respirationen in der
v Pnls “ cllt r melir fühIbar ’ kohrt auch auf Campherinjectionen
nicht mehr zurück. Icterus der Skleren stärker geworden, Pupillen weit,
u-2 n ÖCX erlo J sch , e , n - Fatientin schluckt nichts mehr. Zweimal noch
wurde Urin von dunkler Farbe entleert.
Der Tod erfolgte am 31. März 1893, Morgens 7 Uhr.
• . 1Jer Ha ™ vom 29. März Mittags, halb 12 und P/ 4 Uhr, sowie der-
HLI 0n T d f \ acbt vom 30 - auf den 31 - März 1893 wurde an das
S he Laboratorium der hiesigen medicinischen Klinik des Herrn
rroiessor iachhorst zur genauen Untersuchung geschickt, Herr Dr.
, oraczewski hatte die Güte, darüber folgendes zu berichten:
neutral p b ?i Tu? 7 ; Farbe dunkel. Geruch aromatisch, Reaction
Xp' Gallenfarbstoff weder durch Gmelin’sche noch durch Mareschall-
nachzuweisen; auch war der Schaum nicht gelb. Blut war
cürhnLüS SCh U ° C t b s P ectr oskopisch zu finden. Die Elirlich'sche Diazo-
Proh, S Ur 7 eaCtl °^ p0Sltlv ' deu tliche Grünfärbung. Die Millon sehe
vermehrt % abn0I ™ e Färbung, Indicangehalt ist nicht deutlich
Ei^äentfe^ng) Harnsäure = 0,0371 %. Harnstoff 3.85 <% (ohne
Blut T 1 er ^ a ? bt vom 30 - auf den 31 - M ä^: Spec. Gew. 1019.
reaction . ® H ^. tr , osko P Iscb und ch emisch nachgewiesen. Gallenfarbstoff-
GaÄ,,,J„ eatli ch wegen der Färbung. Mareschall-Probe etwas grün. -
vorhanden «-nm*, Pette 1 nkofer sehr deutlich erkennbar. Zucker nicht
satiousebeie ntht aber reducireilde Subst anz. Der Harn dreht die Polari-
0.04%SulfetP^nir7fi0? 1W "rr S n! iUantltatlv auf 2 °-« ^stimmt. Chloride
vermehrt^ u® n (öH0 4 vermehrt). Phosphate 0.1466% (P 2 Os
Ä^* , "V^ 4 Ä- Han,8toff 2 - 92% - «w**
^Harnsäure ~~ Deutllcbe Vermehrung der Sulfate, Phosphate und
vorgenommene^A oT' ^P rd ^fbmittags 4 Uhr. 33 Stunden post mortem
gut genährt*» T«,v.i Ctl ü? er ^# b T-/° gendes: Gut gebaute, normal entwickelte,
deutliche icteri die ™? u ? Haut und Skleren sehr schwache, aber doch
Streckfläche der wa Färbung zeigt. Blasse Senkungsflecke; an der
mosen) der Hm,t ei ^ en Oberextremitäten bläuliche Verfärbungen (Ecchy-
polster; dünkt Ausdeb nung eines 5 Fr.-Stückes. Mittleres Fett-
gleichmässie nirrrAna Ulatl J, r an Brust und Bauch; ihre Färbung ist überall
DiVefr S ds gelbes Aussehen.
ein weisser Ia der Mitte des Zungenrflekens befindet sich
Belag. Der 7 im„ eichtcs Schaben leicht und vollständig entfernbarer
geschwellte P'ininÜ« &rand lsfc ,f roi V0Q jedem Belag; etwas vergrösserte,
weisse Pfrönfe^m t, oircumvallatae. In den Nischen der Mandeln kleine
nie. mph, -. . . liuken Das Velum
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
weisse Pfrönfe tti n ^ rcamvad atae. In den Nischen
zeigt SchleLhof ehr m 1 er retdlte n, weniger in der _ _ __
Schleimhaut n ach rechts hin Abschilferung des Epithels; die
hintern PharvnTwota ^ f^^tkümlich bräunlich vorfärbt. Auch an der
drtlsen. Unter dar r , t( ; bt ziemlich starke Schwellung der Schleim-
schwellto Lvmnhdrnc *Mandibularhälfte eine bohnengrosse, frisch ge-
keine Veränderung 6 ^ ie recbte Speicheldrüse zeigt makroskopisch
vielfach letht° eS *° e , Sopbagus ist im gmizen blass: das Epithel
Oesophagusmucosa S ^^ geschwellte Schleimdrüsen sichtbar.
f altet, ^icirt Uf der Rückseit ° des Larynx stark geschwellt,
Die
ge-
297
und geTbe M X n im\l S M,l:sscn SS0 Dt n 9 f c F Che Milchgerinnsel
zähem 8 festsfeenS^elm UbeXn^^ ÄndutV? 80 “ 8 J*. ^
etwas stärker injicirte Steifen pkL,i' iu 1 4 .'ä I1 j bnden sich einige
Magenschleimhaut blass und makroskopisch unverändert 1 a 1 dl °
1 sä fff Ä ‘SSSZM ’£EBB -,5
j Q ^ cble % b aut des Jejunums ist sehr stark gallig o- e färbt Auf
den Schleimhautfalten, sowie dazwischen treten sehr zahlreiche stark aj
Ifehe t C S ° lt:l p e - F° lllkuI als hirsekorngrosso Knötchen hervor Die näm"
liehe intensive Färbung und Schwellung der * •’ 1 0 r .
unteren Thci.e des Jejunums. Z? ^^““do^olSe 1 '^tikthrtÄn”
t,allig gef.libten Inhalt enthält. Auch im Ileum findet sich der nändiehe
schwarzgrUne Inhalt und dieselbe gallige Färbung der Mucosa Im TIenm
s S ehen d pi n H I, “ re ?- ^ ™|*r ge.chwemf ebenfowedg d W
sehen Piatten; dies ist aber der Fall in den untersten 30 cm des Ileum
und namentlich stark dicht oberhalb der Bauhin’schen Klappe woselbst
mm'bin'Lfdiefst&kste^chwel^ng^oc^^u ^mf^boro^Theüen^des^banu"
XVÄM Ä“ 80 Pro — vermiß, Ä
caris lumbriedfeim D°a;m beSiton n ° rma ' e bkSSe Ein As-
n aS F ank r eas ist makroskopisch nicht verändert.
.. u Uie . M, 1 ., lst k ? lo ^. sal vergrössert. Ihre Länge beträgt 13 cm
die Breite 6 /2 cm, die Dicke 3 l /a cm. Ihro Kapsel ist sehr stark ge¬
spannt; dio Schnittfläche hat eine überall gleichmässige, fast schwarz-
lifwtof W SL d ?SM G t eWe - b ° S, ( i^ e?U V S n d6r Bescbaffenk e R eines frischen
vnn iffefefe kbät J^S^d S eine Spur von sichtbarem Gerüste oder
erbseug^jo N^Lnz.' 1 ’ 6 ^ beMhrf “ ist oine
Heber besitzt völlig glatte Kapsel: ihre Breite beträgt 17 l a cm
u'Tink« ife/ den mk0n L ä?F en h 0 ““ 1 ® 11 - Ibre ^sste Höhe ist rechts
rl feti!* 1 h ' ? /a C ! n a r, dle Lin ^ llla - Die g latte Oberfläche
zeigt leichte Rippenemdrucke; ihre larbe ist braunroth und gleichmässig.
Dm bchnittfladie ist braun, ziemlich gleichmässig, eigenthümlich glänzend.
Aiakroskopisch ist eine leichte icterische Verfärbung des Organs erkenn-
b.u gelbliche, rundliche und eckige Punkte sind von mehr durchscheinend
gelatinös aussehenden Theilen umgeben. Ein wesentlicher Unterschied in
der Besehaflenhei des rechten und linken Leberlappens besteht nicht
nu Gallenblase ist mit sehr dunkler, vollständig flüssiger Galle
gefuHt, Die Gallengängo frei; iu der Papilla duodenalis kein Schleim-
pfropf, auch ist die Schleimhaut der grossen Gallenwege in normaler
Weise gallig gefärbt.
Das Peritoneum ist unverändert. Im Omentum majus und minus
m einzelnen I ettläppchen verstrout-e Ecchymosen. Keine Veränderung des
serösen Leberzuges des Magens.
r>, ] V‘spirati 011 sorgaue. Beide Lungen liegen völlig frei in den
1 laurahohlen, ln beiden Plourasäcken eine geringe Menge 10—15 ccm
>tark blutig gefärbte Flüssigkeit. Die Schleimhaut des Larynxeingant'es
insbesondere des Ary- und Wrisbergschen Knorpels geschwellt. Sonst
Laijnx und Trachea blass und unverändert. In den Bronchien sehr
reichlicher zäher farbloser Schleim. Bronchialschleimhaut blass,
makroskopisch nicht verändert. Die Bronchialdrüsen sind nicht ge¬
schwellt, ganz schwach pigmentirt; eine derselben zeigt einige weisse
knötchenförmige Einlagerungen. Die Lungen sind voluminös, zeigen
nur äusserst schwache, punkt- und linienförmige Pigmentablagerungen,
sind überall lufthaltig, etwas blutreicher als normal, leicht ödematös durch¬
feuchtet, Die Pleura pulmonalis der Lingula zeigt eine Anzahl punkt¬
förmiger sehr kleiner Ecchymosen; auch am linken Unterlappen naho
dem unteren Rande eine Anzahl Ecchymosen und ausserdem einige wenigo
bis 2 mm grosse schwarze punktförmige, snbpleurale Pigmentablagerungen.
Ain unteren Rande des linken LUiterlappcns findet sich nach aussen,
etwa entsprechend der vorderen Axillarlinie ein quer durch die Zwerch¬
fellsfläche des Unterlappens hindurchgehender Einschnitt in jenen, der
nach aussen ca. 4 cm tief, nach hinten bis zur Lungenwurzel hinauf
reicht: eino unvollständige Dreilappenbildun», analog wie rechterseits.
2 cm nach aussen und vorn von diesem Einschnitt findet sich eine
- 1 '•“» uovu uxiu »um vuli uitsseiu rjiuscnaiiu nna
1 Dem grosse verdickte Stelle des Pleura, in deren Mitte ein kleines,
weisses Knötchen sitzt: ein kleiner, alter Heerd mit umschriebener.
Rechte Lunge im übrigen wie die linke.
narbiger Pleuraverdickung.
Uebcrall guter Luftgehalt.
Thymusdrüse ziemlich klein, bräunlich verfärbt, namentlich das
Ahn Änrfn fhnr<l/>ir»<* rl IninLf klnft/w i.^ki
JUVUIU3UIUM1 zaumuun kiüih, oraumicn venarot, namentncü das
periaciuöse Bindegewebe. Aorta thoracica descendens leicht blutig imbi-
birt. Im Herzbeutel eine geringe Quantität dunkler, bräunlicher, völlig
klarer Flüssigkeit,
Circulationsorgano. Das Herz ist voluminös; seine grösste
Breite beträgt 7% cm; seine Länge vom Ursprung der grossen Gefässe
bis zur Spitze 8% cm; seine grösste Länge von der rechten Grenze des
rechten Vorhofes bis zur Spitze 11 cm. Das Epicard zeigt nur über
der Pulmonalarterie zwei frische punktförmige Ecchymosen. Im rechten
Herzen derbe, speckhäutigo Gerinnsel, an denen sehr auffallend ist, dass
die Speckhaut nicht weiss, sondern blassbraun ist. Im Herzen fast kein
flüssiges Blut. Das Endocard ist leicht bräunlich verfärbt. Die Klappen
sind zart, die Pulmonalklappon etwas imbibirt. Auch im linken Herzen
ist die Menge der Gerinnselbildung reichlich, und sind dieselben sehr
derb und fest; die sehr reichliche Speckhaut ist von chocohidobrauuer
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298
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
Farbe, und zwar ist diese Färbung ebensowohl in den Spockhautgerimiseln.
welche in der Herzhöhle, als auch denen, die in den grossen Gefässen
liegen, vorhanden. Namentlich das linke Herz ist abnorm stark aus¬
gedehnt. Die Klappen sind durchaus unverändert. Die Muskulatur ist
sehr derb, fest, von praller Consistenz, etwas brüchig. Ihre Farbe ist
etwas dunkler als normal, mattglänzend. Die Dicke des linken Ven¬
trikels in der Mitte zwischen Basis und Spitze beträgt S'/a mm. Die
Dicke der rechten Ventrikelwand im Conus 2 S ,U mm. Die Farbe der letz¬
teren dunkelbraunroth, und wie links gleichmässig in der Färbung. An
einer Stelle über dem Septum ventriculorum schwache Eechymosirung in
geringer Ausdehnung unter dem Endocard.
Harnbereitende Organe. Die rechte Niere ist ausserordentlich
stark hyperämisch und vergrössert. Ihre Länge ist 8,G cm, Breite 3,4,
Dicke 2,3 cm. Die Oberfläche dunkelrothbraun, ungefähr von Milzfarbe.
Die Oberfläche glatt, sehr blutreich. Kapsel leicht abtrennbar. Die
Schnittfläche ist enorm hyperämisch. namentlich die Rinde, doch auch
die Pyramiden. Auch die Beschaffenheit der Schnittfläche der Niere hat
mehr Aehulichkeit mit Milzgewebe als mit Xiorengowobe. Die Rinde
zeigt sehr deutliche trübe Schwellung des Gewebes, weniger auffällig, j
aber doch auch, in den Pyramiden. Die Schleimhaut des Nierenbeckens
ist blutig imbibirt, sonst makroskopisch unverändert.
Die linke Niere ist 8,2 cm lang, 4 cm breit, 3.6 ein dick. Sie ver¬
hält sich in jeder Hinsicht wie die rechte.
In der Blase fanden sich ca. 100 ccm Urin von dunkler, trüber
Beschaffenheit. Er war sorgfältig mit dem Katheter entleert worden, ehe
die Blase eröffnet wurde. Auch beim Incidiren der letzteren vormied ich
sorgfältigst jedeu Bluteintritt in die Blase; im unteren und hinteren Theile
der Blase lag ein hellrothes Sediment des Urins, das nach makro¬
skopischer Betrachtung schon von jedem Beobachter als Blut taxirt wurde.
(Genauere Untersuchung des durch den Katheter entleerten Harns siehe
unten.) Die Schleimhaut der Blase ist blass und unverändert.
Die Section des Gehirns und Rückenmarkes musste leider unterbleiben.
Während und unmittelbar nach der Section untersuchte ich folgende
Theile mikroskopisch und constatirte: In der Flüssigkeit in den
Pleurahöhlen fanden sich zerstreute rothe Blutkörperchen und seltene
Leukocyten. In der Pericardialflüssigkeit reichliche Leukocyteu
und rothe Blutkörperchen. — Im Herzblut fanden sich auffallend viele
weisse Blutkörperchen und die rothen zeigten Poikilocytose. — Die
Herzmuskulatur zeigt undeutliche Querstreifung und sehr feinkörnige
Trübung.
Die Leberzellen enthalten sehr reichliche feine Fetttröpfchen, die
meistens ungefähr die gleiche Grösse wie der Kern haben, nämlich etwa
l ls —’/* des Durchmessers des Kernes besitzen. Letzteres ist meist deut¬
lich sichtbar. Im Gewebssaft der Leber findet sich auch viel freies Fett.
In der trüben Flüssigkeit, die aus den Nierenpapillen sich aus-
drücken liess, fanden sich reichliche, ganz normale Nierencanülchenepi-
thelien; daneben auch einzelne mit deutlicher Fettinfiltration. Ausser¬
dem fallen da schon öfter längliche unregelmässig gestaltete Körperchen
auf, dio durch ihren bläulichen Schimmer, ihren eigenthümlichen Glanz
und ihre äusserst inconstaute Form sich auszeichneten. (S. u. bei der Be.
Schreibung des Urinsediments.)
Dio Muskulatur des Musculus psoas zeigt ganz schöne normale
Querstreifung, mikroskopisch gar keine Veränderung und ebensowenig
makroskopisch.
Es lautet daher die anatomische Diagnose: Gujacolvergiftuug.
Glossitis superficialis Pharyngitis. Gastritis acuta follicu¬
laris mit kleinen Excoriationen. Enteritis des Dünndarms.
Sehr grosser Milztumor. Beginnende parenchymatöse Ent¬
artung der Leber. Icterus. Nephritis acuta haemorhagica
mit Haematurie und Haemoglobinurie. Dilatatio cordis mit
parenchymatöser Entartung des Herzens. Ecchymosen in
Pleura, Pericard, Endocard, Peritoneum. (Schluss folgt.)
V. Ueber einen Fall von Magenkrebs mit emer colossalen linksseitigen snpraclaviculären
Drüsenanschwellung. 1 )
Von R. Lupine, Professor der medicinischen Klinik in Lyon.
Wir wissen, dass man in einzelnen Fällen von Magenkrebs in ]
der linken Supraelaviculargegend eine meistens kleine, aber harte ;
Drüsenanschwellung beobachten kann, die sich bei der Section als
eareinomatös-) erweist. Obwohl dies Symptom sehr selten vor¬
kommt 3 ), kann es doch, wenigstens in gewissen Fällen, zur Siche¬
rung der Diagnose auf Careinom beitragen, besonders wenn dieselbe
zwischen Cardnom und Magengeschwür schwankt. In der That
kann es, obwohl in der Regel nicht frühzeitig auftretend, ausnahms¬
weise vor dem Erscheinen der für Magenkrebs charakteristischen
Symptome sich zeigen. Dies gilt auch von dem folgenden Falle, j
Ausserdem w T ar in diesem Falle die eareinomatös erkrankte Drüse
sehr gross geworden und adhärirte an der Haut. Schliesslich hatte
das Carcinom — eine, so viel mir bekannt, einzige Ausnahme — die
Grenzen der Drüse überschritten und die Haut selbst ergriffen!
Wegen diesen ungewöhnlichen Besonderheiten schien mir der Fall '
einer Veröffentlichung w’erth zu sein: j
Ein 48jähriger Handlungsreisender, früher zu alkoholischen Excessen j
geneigt, kommt am 18. Mai 1892 in meine Klinik; er klagt über Dys¬
pepsie und Erbrechen seit gerade einem Monate. Das Erbrechen tritt in
der Regel gut zwei Stunden nach der Mahlzeit ein; die erbrochenen
Massen sind manchmal schwarz gefärbt; geringe Magenschmerzen; Ab¬
magerung, kachektisches Aussehen; durch einen Stich aus dem Fiuger
entnommenes Blut hat eine ziemlich blasse Farbe und zeigt eine recht
beträchtliche Verminderung der rothen Blutkörperchen. 4 ) Die Palpation
der Magengegend ergiebt nicht mit Sicherheit einen Tumor, allein es be¬
steht dort ein sonorer Schall in grösserer Ausdehnung als Zeichen einer
Dilatation des Organs. Die Conjunctiven leicht icterisch gefärbt. Links¬
seitiger subclaviculärer Tumor von dem Umfange eines sehr grossen i
Hühnereies durch eine Drüsenmasse gebildet-, wenig beweglich, wenig
schmerzhaft und mit der Haut eben oberhalb der Clavicula verwachsen, j
Der Kranke erklärt mit voller Bestimmtheit, dass dieser Tumor sich
zuerst im letzten November gezeigt habe, also ca. 5 Monate vor dem
ersten Auftreten des Erbrechens. Bis dahin war seine Verdauung eine
recht gute, und er fühlte sich nicht ernstlich krank. Der Tumor ist dann
allmählich gewachsen, ohne heftige Schmerzen zu verursachen, doch
g enirte er hei Drehbewegungen des Halses, war aber einer Ausübung des
ewerbcs nicht hinderlich.
Sonst sind nirgend am Körper Drüsenschwellungen zu constatireu,
mit Ausnahme in der linkon Achselhöhle; hier sind sie aber nicht hart
und scheinen nicht eareinomatös entartet zu sein.
Ein geringer Grad von Ascites. Die Untersuchung der anderen
Organe ergiebt nichts bemerkenswerthes. Zusatz von Salpetersäure zum
Harn zeigt einen Gallenfarbstoffring; kein Eiweiss im Urin. Nach einigen
Tagen Exitus letalis.
Section: Carcinom des Pylorustheiles des Magens, zum Theil
ulcerirt, das auf den anliegenden Theil des Pankreaskopfes und
eine grosse Zahl der dortigen Drüsen übergegriffen hat, deren
Masse den Hilus der Leber comprimirt. Einzelne careinoma-
töse Drüsen von kleinem Umfange im Mediastinum. Der supra-
claviculäre Tumor besteht aus einer Gruppe mit einander ver¬
schmolzener Drüsen. Abgesehen von der Verbreitung des Car-
cinoms auf Duodenum und Pankreas und auf die Lyifiphbahnen
findet sich in keinem Organe eine krebsige Entartung.
Eine derartig ausgesprochene Infection der Supraclavicular-
drüsen wie in diesem Falle ist sicher eine ganz seltene Erscheinung.
Wären die Zeichen des Magencarcinoms nicht so deutlich gewesen,
man hätte an dessen Vorhandensein zweifeln und vielmehr ein
Carcinom des Mediastinum vermuthen können; allein es fehlte jedes
physikalische Zeichen eines Mediastinaltumors, und die gastrischen
Symptome Hessen gar keinen Zweifel aufkommen.
Der Vorschlag, einer altbekannten Krankheit einen neuen
Namen zu geben, legt dem Autor eine beträchtliche Verantwort-
') Aus dem französischen Manuscript von Dr. M. Salomon ins
Deutsche übertragen.
, ^ Die Infection dieser Drüse erklärt sich ziemlich leicht durch die
Annahme, dass bei emer starken Exspiration die durch die Affection des
Magens inficirte Lymphe des Ductus thoracicus in das zuführende lym¬
phatische Gefäss dieser Drüse zurückfliesst, vornehmlich wenn dessen
\ erlauf em sehr kurzer ist. (S. Lesnes, these de Lyon 1893. p. 27 ff.)
. > ., r 40 ™ e n von Magencarcinom, dio in den letzten Jahren in
meiner Klinik zur Section kamen, habe ich es nur dreimal gesehen.
) b. über dies Zeichen, das meiner Ansicht nach nicht ohne Werth für
die Diagnose des Magenkrebses ist, die Revue de mddecine 1891, p. 885.
J Aus dem en £kschen Manuscript von Dr. Ranson in’s Deutsche
übertragen.
VI. Ueber Encephalasthenia. 5 )
Von Dr. Jul. Althaus in London.
lichkeit auf, w T elche man nicht ohne weiteres übernehmen sollte.
Jedoch in diesem Falle scheint mir dies gerechtfertigt zu sein, da
der Ausdruck, den ich abschaffen möchte — Neurasthenia — un¬
klar lind unbeliebt ist. Neurasthenia heisst Schwäche der Nerven.
Nun haben die Nerven mit der in Frage stehenden Krankheit nichts
zu thun; dieselbe ist vielmehr, wie ich schon an anderer Stelle ge¬
zeigthabe 1 ), eine definitive Affection des Gehirns, charakterisirt durch
Ueberreizbarkeit und Abnahme der Kräfte. Es giebt kein einziges
Symptom der Krankheit, welches nicht dadurch zu erklären wäre,
dass man es auf Störung des Gleichgewichts der Kräfte in be¬
stimmten Gegenden des Gehirns zurückführen könnte. Andererseits
ist die Annahme von anderen Formen der Krankheit, z. B. einer
l ) Althaus, On failure of brain power (encephalasthenia) its nature
and treatment. IV. Ed. London, 1894.
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29. März.
spinalen, geschlechtlichen, dyspeptischen u. s. w., unbefriedigend
weil in allen Fällen, neben den Symptomen, welche auf das Rücken¬
mark etc. hindeuten, auch andere Erscheinungen, die unzweifelhaft
dem Gehirn zuzuschreiben sind, Vorkommen; diese letzteren können
nicht durch die erwähnte Theorie genügend erklärt werden.
So viel über die Unklarheit des Ausdruckes „Neurasthenia“
Dass derselbe unbeliebt ist bei den Aerzten und für unpassend ge¬
halten wird, ersieht man unter anderem aus den neuesten Schriften
über diesen Gegenstand von Dr. Playfair und Dr. Goodhart.
Dr. Playfair, der die in Frage stehende Krankheit „Nervous
exhaustion or neurasthenia“ nennt, sagt in einem Artikel über
Functional Neuroses in Hack Tuke’s dictionary *): „Wir empfinden
sehr den Mangel eines neuen Namens für dieselbe. Einige nennen
sie „Nervous exhaustion“, andere „Neurasthenia“. Von beiden Namen
nimmt man wegen der damit verbundenen Vorstellungen nicht ohne
Grund Abstand; doch ist bis jetzt kein besserer vorgeschlagen
worden . . . Den Lauf und die Symptome der "genannten
functionellen Neurosen zu beschreiben, würde ein ganzes Buch in
Anspruch nehmen — eines solchen Buches bedürfen wir sehr da
wir überzeugt sind, dass kein Bezirk der Medicin so wenig Ver¬
standen wird und so vieler Forschung bedarf.“ fe
Goodhart 2 ) in seinem Buche über Common neuroses drückt
sich über diesen Punkt folgendermaassen aus: „Neurasthenia wäre
glaube ich, der beste Titel (für diese Vorlesungen) gewesen hätte 1
ich mich nicht gefürchtet, dadurch ihre Aufmerksamkeit nur auf
Massage und Mästung zu lenken, was ich nicht thun wollte ....
Dann dachte ich an „The common neuroses of modern life“- aber
einige meiner Freunde sagten, dass ein derartiger Titel zu sehr an
ein Theaterbillet erinnerte. So enstand endlich die obige Ueber-
schrift und wenn sie etwas unbestimmt sein sollte, so lässt sie !
doch dem Vortragenden freie Hand.“ Im Einklang mit der Un¬
bestimmtheit dieses Titels hat Goodhart in seinen Vorträgen
keinen Versuch gemacht, die verschiedenen Symptome, welche er ,
erörtert, auf ihren Ursprung in bestimmten Gegenden des Gehirns '
zuruckzuführen. 1
... ,V m dem Mangel eines bestimmten und einwandfreien Namens
für diese Neurose abzuhelfen, schlage ich jetzt neben dem englischen
Ausdruck „failure of brain power“, welchen ich seit 1882 ge-
braucht habe, den internationalen Ausdruck Encephalasthenia vor
Rieses Wort ist sicherlich etwas lang, aber nicht länger wie viele
andere, welche ein Heim in der medicinischen Nomenclatur gefunden
naben So hat z. B. der Name Erythromelalgie trotz seiner Länge
Aufnahme gefunden, und ich hoffe, dass der von mir gewählte
.Name für diese wichtige und bis dahin wenig verstandene Krank¬
heit allgemeine Aufnahme finden werde.
So viel über die Benennung dieser Krankheit. Nun gehe ich
weiter, um ihre eigentliche Natur zu erörtern, worüber selbst unter
davon gesehen haben, beträchtliche Meinungs¬
verschiedenheiten herrschen.
irpl Es , scheiat keine physikalische Basis für diese Krankheit zu
mii ' ^enigstens keine solche, welche man pathologisch-anatomisch
barm £ e S? nwär <4 r en Untersuchungsmitteln demonstriren
Ohdnr.Hnn dle u eiSten genesen, kommen Gelegenheiten zu
Tichvcar^ 11 f ten 7 or - Selbst wo der Tod durch Anfälle von
ändernn<rp! e -° de £ ^ deren Zufällen eingetreten ist, sind keine Ver-
pS if V m Gehlrn 2 efunden word ™- Ueberdies schliesst die
und SCbnelle Genesun & welche in mehreren
der Lebensvprha^ Se * nder Behandlun £ oder infol S G eines Wechsels
misohen K n ^f Se J° rk T mt ’ den Gedanken eines groben anato-
heit h a t ™ beider Encephalasthenia aus. Das Wesen der Krank-
^crvenzellen^dpf^V- 111 einer Herabsetzun g der Ernährung der
erbumr oder d i Gebl f ns zu suche n, hervorgebracht durch Ver-
^•eiter^einlaLp t ere irsa £ hen ' auf welche wir uns jetzt nicht
jetzt nicht ™ ko J nen - Diese Ernährungsveränderungen sind bis
z4efL ge s T b “ geworden, aber es unterliegt keinem
zellen des CoV der Eint- und Sauerstoffzufuhr zu den Nerven¬
den des Gehirns in engem Zusammenhang stehen.
ständen SielW 6 v Met ?™ or Pj losen können unter gewissen Um-
^chädigten (ipvr*h geben ’ 415 das Wiederaufbauen der ge-
mieen Sv D hin' b A e ‘ + ?! k ? nn( p Veränderungen im Blute bei Anä-
Stoffe’ vorhanden oder Vergiftung durch chemische
fuhr fehlerhaft sein 111 )! ^ ei ^ r kann die Vertheilung der Blutzu-
durch Paresis d 8 at?\k durch Kram P f der Arterien vermindert, oder
M aresis derselben vergrössert werden.
und Schrecken * Si< ? bemöbt , das Gefühl von Furcht, Angst
urecten dadurch zu erklären, dass er eine Anämie der
DEUTSCHE MEDIC INISCHE WOCHENSCHRIFT.
_299
din d 6 Ä St t nZ und darauffolgende Hyperämie der darunterliegen-
ThAiiln l« voraussetzt. Eine übergrosse Blutzufuhr zu diesen
Theilen könnte nach demselben Autor eine abnorme Reizuno- der
cardialen, mpiratorisclien und vasomotorisch™ Centren verursachen
Kesteven 1 ) hat unsere Aufmerksamkeit kürzlich auf einen
Zustand, welcher in Dementia endet, von ihm „nerve dulness“ ge¬
nannt, gelenkt und hat gefunden, dass das specifische Gewicht dos
Si n- Unter der Gurc ‘h sc hnittsziffer
befand — 1,033 gegen 1,038,30. Dieses schreibt er einem ver-
“ en »der beschädigten Zustand der Nervenzellen der ffinden-
Substanz durch herabgesetzte Ernährung zu. Seine Beobachtungen
über diesen Punkt sind interessant, und cs ist möglich, dass "ein
ähnlicher Zustand der Gehirngewebe in schweren und hartnäckigen
FäHen von Encephalasthenia bestehen kann. Allen diesen Um¬
standen Rechnung tragend, bleibt doch eine beträchtliche Anzahl
von Fällen übrig auf welche solche Erklärungen nicht passen und
es erscheint mir höchst wahrscheinlich, dass eine andere Ursache
In der Production von mehreren Formen dieser Krankheit thätig
ist. Es ist wohl bekannt, dass elektrische Ströme in jeder leben
den Gehirnzelle sowohl, wie in jeder Muskelfaser bestehen, und ich
halte es für wahrscheinlich, dass krankhafte Störungen dieser Ge¬
hirnstorungen zukünftig sich als Grundursache vieler der fast
zahllosen Symptome von „failure of brain power“ zeigen werden
Unglücklicherweise stehen wir bis jetzt noch in dieser Hin-
ailf emer terra incognita, wo aber der Pathologe ein weites
Feld für fruchtbare Untersuchungen finden möchte,
o giebt zwei Hauptgründe, weshalb ich denke, dass der
| fcchliissel zu diesem Gehcimniss in der Richtung, welche ich hier
angedeutet habe, zu finden sein wird. Der erste ist die nahe Ana-
| Jogie, welche unzweifelhaft existirt, zwischen der Thätigkeit der
I lebenden Gehirnzelle und der einer elektrischen Batterie.
In den Zellen der grauen Substanz wird die Kraft entwickelt
und gesammelt; von den Zellen nach verschiedenen Richtungen
hm laufen die Nervenröhren, die Kraft dahin leitend, wo sie sich
zeigen soll. Also die Gehirnzelle ist der elektrischen Batterie die
Nervenröhren sind den Drähten derselben analog. Die Gesetze der
elektrischen Arbeit sind analog den Regeln, nach welchen die Ge¬
hirnzellen ihre Thätigkeit ausüben.
Nach dem Hauptgesetz der Elektricität von Ohm gleicht die
Kraft des Stromes (C) der elektromotorischen Kraft (e), getheilt
durch den Widerstand in der Batterie selbst (r). Also die Formel
ist 0=-. Die Thätigkeit der Gehirnzelle (B) könnte durch eine
ähnliche Formel ausgedrückt werden, indem man sagt, dass die
Energie der Zelle gleicht der entwickelten Kraft (F), getheilt
durch den Widerstand (R), welcher ihr in der Zelle selbst entgegen¬
tritt, B^ r . Die Energie der elektrischen Batterie sowohl, wie
die der Gehirnzelle hängt daher entweder von zunehmender Kraft¬
erzeugung oder von vermindertem Widerstand, oder aber von beiden
ab. Unthätigkeit kann entweder von verminderter Krafterzeugung,
oder von vermehrtem Widerstand herrühren. Gerade so wie der
elektrische Strom beeinflusst werden kann durch Veränderungen
e oder in r oder in beiden, so können solche Abänderungen in
Tukes Dictionarv If ! s ^ stema ^ c treatment of functional neuroses. Hack
'0 Goodhart n P ych ° l0glCal medicine Fol. II., p. 850. London 1892
art ’ On common neuroses. II. Ed. London, 1894.
der Energie der Nervenzellen, wie wir sie bei der in Frage stellenden
Neurose treffen, durch Veränderungen in der Erzeugung von F oder
R oder beiden erklärt werden. Man kann die Analogie noch
weiter ausführen, indem man den äusserlichen oder nicht essentiellen
Widerstand, welcher dem elektrischen Strom in den Drähten be¬
gegnet — im Gegensatz zu dem innerlichen oder essentiellen
Widerstand, welcher dem Strom in der Batterie selbst entgegen¬
tritt — mit dem äusserlichen oder nichtessentiellen Widerstand
vergleicht, welchen die Energie in ihrem Lauf von den Nerven¬
zellen durch das Gehirn, das Rückenmark und die peripherischen
Nerven zu irgend einem Punkt findet.
Es ist allgemein angenommen worden, dass bei der „failure of
brain power“ nur die Erzeugung der Nervenenergie vermindert wird,
man hat wenig an Widerstand gedacht; doch in mehreren Fällen
deuten die Symptome, mehr auf übergrossen Widerstand, als auf
verminderte Krafterzeugung hin. Die Kraft scheint oft gegen¬
wärtig zu sein, nur kann der Patient von ihr nicht Gebrauch
machen, weil er den Widerstand gegen das Freiwerden der Energio
nicht überwinden kann.
Mir scheinen die vorhergegangenen Erwägungen jene Form
der Neurose zu erklären, in welcher die Hauptsymptome einen
eigentlich paralytischen Charakter annehmen.
Andererseits können die ebenso zahlreichen Beispiele, in denen
wir es mit Ueberreizbarkeit und mit den verschiedenen Formen von
’) Kosteven. A spreading varietv of nervo dulness. The Lancet,
9. Dec. 1893.
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
No. 13
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT
300
Hyperästhesie zu thun haben, ihre Erklärung darin finden, dass
man diese Theorie weiter ausbreitet und einen verminderten Wider¬
stand annimmt, wie wir es an dem ausgeschnittenen, nach wieder¬
holtem Reiz müde gewordenen Nerven eines Frosches sehen (Wundt,
Pflüger). In solchen Fällen ist der Widerstand so sehr ver¬
mindert, dass die Leitung ungebührlich leicht wird; infolge dessen
ruft der geringste Reiz eine heftige Erwiderung hervor, die nicht
im Yerhältniss steht zu dem angewendeten Reiz und der nach
einiger Zeit eine vollständige Erschöpfung folgt. Wie der elektrische
Strom doch schliesslich zu fliessen aufhören muss, wenn nicht die
verschiedenen Elemente erneuert und verbrauchte Stoffe entfernt
werden, gerade so kann die lebende Gehirnzelle ihre Thätigkeit
nicht so unbeschränkt fortsetzen, wenn nicht die ausgenützten
Stoffe fortgeschafft und frische Nahrung, mit einer. Fülle von
Sauerstoff ihr zugeführt werden. Ist solche Nahrungszufuhr von
der Gehirnzelle vollständig abgeschnitten, so entsteht sicherlich
Erweichung und Arbeitsunfähigkeit, ebenso wie in einer Batterie
der Strom aufhören wird, wenn die Elemente verbraucht sind. Ist
die Blutzufuhr zu der Gehirnzelle nur vermindert, so entsteht Er¬
müdung und herabgesetzte Thätigkeit, gleich wie in einer fast ab¬
genutzten Batterie der Strom nicht gänzlich verschwindet, sondern
sich sehr abgeschwächt zeigt.
Der zweite Grund, weshalb ich einen engen Zusammenhang
zwischen „Failure of brain power“ und mangelhafter Erzeugung
von thierischer Elektricität annehme, ist das merkwürdige Resultat,
welches in einer, grossen Anzahl von Fällen dieser Neurose dem
Gebrauch von Elektricität an den leidenden Theilen folgt. Nach
dem, was ich während einer langjährigen Praxis beobachtet habe,
bin ich geneigt, zu denken, dass da, wo Elektricität keine Hülfe
leistet (in Fällen wo sie angedeutet zu sein scheint), dies haupt¬
sächlich von ungenauer Diagnose des Krankheitssitzes herrührt.
Genaue Localisation ist unbedingt für den Erfolg dieser Behandlung
nöthig. In mehreren von meinen Fällen habe ich gesehen, dass, so
lange ich die Elektricität an einer bestimmten Gegend des Gehirns
anwandte, welche ich als erkrankt ansah, ich keine Besserung er¬
reichen konnte, aber sobald ich nach weiterer Ueberlegung eine
andere Stelle in Behandlung nahm, eine schnelle Heilung eintrat.
Nicht nur wird meine Theorie, dass einem mangelhaften Zustand
der Gehirnströme (brain currents) durch den Gebrauch von Elcktri-
cität abzuhelfen ist, durch solche Vorfälle kräftig unterstützt, sondern
sie beweisen auch, dass „Suggestion“, welche man heut zu Tage
als alles in allem in der Therapie ansieht, doch nicht solche Be¬
deutung für die Elektrotherapie hat. Wäre „Suggestion“ die Haupt¬
sache, so würde sie nicht dann erst ihre Heilwirkung auszuüben
anfangen, wenn die Behandlung schon eine Zeit lang ohne Erfolg
fortgesetzt worden ist und die Kraft der „Suggestion“ eher vermindert
als vermehrt sein müsste.
Die meisten Aerzte, die viel von dieser Neurose gesehen haben,
stimmen in der Meinung überein, dass sie eine Krankheit für sich
ist, welche eine eigene Stelle in der Nosologie beanspruchen kann
und von der Hysterie, der Hypochondrie und anderen Nerven¬
krankheiten zu unterscheiden ist.
Anderer Meinung ist Arndt 1 ) der diese Krankheit für eine
Vorstufe von Ataxie, Myelitis, Neuritis, Encephalitis,Epilepsie etc. etc.
hält, deren eigentlicher Charakter nur erst nach vielen Jahren er¬
kannt wird, weil die Symptome im Anfang begreiflicherweise nur
für funetionelle Störungen angesehen werden. Also nach diesem
Autor ist die in Frage stehende Neurose, obschon keine eigentliche
Krankheit, doch der Ausgangspunkt von vielen der allerschwersten
Nervenkrankheiten. Vielleicht ist in unserer Zeit keine grössere
pathologische Paradoxie zu Tage gefördert und mit einer so grossen
Verachtung für die Thatsachen und die Ansichten anderer be¬
fürwortet worden, wie diese Theorie von Arndt. Man kann zwar
Arndt’s Behauptungen kaum erklären, wenn man nicht annimmt,
dass er eine geringe Erfahrung in Nervenkrankheiten gehabt hat.
Die Krankheitsgeschichten von tausenden von Fällen, welche ich
veröffentlichen könnte, würden diese Theorie widerlegen und sie als
irrthümlich und unhaltbar darstellen. Zunächst habe ich den ein¬
fachen asthenischen Zustand 20—30 Jahre lang unverändert an-
halten sehen und, ohne dass eine organische Krankheit des
Nervensystems eingetreten wäre, sind die Patienten schliesslich an
irgend einem hinzutretenden Leiden gestorben, welches in gar keinem
Zusammenhang mit der Neurose stand.
Von viel grösserer Bedeutung ist jedoch die Thatsache, dass
im aHgemeinen die organischen Krankheiten des Nervensystems
mit besonderen, definitiven Symptomen anfangen, wie z. B. vor¬
übergehender Aphasie, epileptischen Anfällen, Enuresis, kindischem
Benehmen u. s. w., welche mit einemmal inmitten der augenschein-
*) Arndt, Artikel „Neurasthenie“ in Tuke’s Dictionary Fol. II. p. 890.
lieh besten Gesundheit erscheinen; so etwas kommt bei schweren
und langwierigen Fällen von Encephalasthenia garnicht vor. Gewiss
weiss ich, dass die Symptome einer heruntergekommenen Gesund¬
heit zuweilen auf den Anfang einer groben Veränderung des Ge¬
hirns oder des Rückenmarks hindeuten. Ja, ich selbst habe solche
Fälle beschrieben 1 ); doch gegen Arndt’s Behauptung, dass dies
die Regel ist, erhebe ich entschieden Einspruch. Wie falsch Arndt’s
Begriff von dem Wesen der Encephalasthenia ist, zeigt weiter seine
Bemerkung, dass die Eigenschaften der Krankheit mehr negativ
als positiv sind. Aerzte, welche viel von dieser Krankheit ge¬
sehen haben, müssen zugeben, dass sie in Wirklichkeit eine ganze
Reihe von positiven Eigenschaften zeigt.
Im Gegensatz zu Arndt giebt es viele praktische Aerzte,
welche die Klagen solcher Patienten Unsinn nennen und glauben,
dass, wenn die Klagenden sich zusammenrafften, sie bald „all right“
sein würden. Sogar der grosse Kliniker Sir Andrew Clark 2 )
hielt diese Ansicht fest und war gewöhnt dem Kranken mitzu-
theilen, „Sie sind vielleicht leidend, aber nicht krank im gewöhn¬
lichen Sinne“. Was der verstorbene Professor Fechner gelitten
hat, in dem Versuch sich nach dieser Theorie zu richten, ist wohl
bekannt 3 ). Wahrscheinlich hätte eine elektrische Behandlung
secundum altem diesem berühmten Gelehrten jahrelanges Leiden
erspart. Ganz kürzlich hat Goodhart diesen Zustand mit wenig
Achtung behandelt. Er scheint die ganze Klasse dieser Patienten
mehr für harmlose Irre, die sich einbilden, dass sie krank sind, zu
halten. Leute, die viel gelitten haben und jahrelang ihre Beschäfti¬
gung nicht haben ausfüllen können, die alle Art Curen durchge¬
macht und viel Arzenei haben zu sich nehmen müssen, könnten
wohl erstaunen, wenn sie erfahren, dass ihnen nichts fehlt.
Play fair zeigt viel mehr Einsicht, denn er schreibt, „Sie
ist eine wahre und wichtige Krankheit, die bis jetzt in unseren
Lehrbüchern keine genügende Anerkennung gefunden hat.“
Meines Erachtens sollte der Arzt, wenn ihn solche Kranke um
Rath fragen, ihre Mittheilungen aufrichtig und vertrauensvoll an¬
nehmen, besonders da, wo keine Absicht zu täuschen vorzuliegen
scheint. Um so bereiter wird der praktische Arzt sein dies zu
thun, wenn er erfährt, dass Hunderte von Patienten, von denen es
Thorheit wäre zu denken, dass sie sich vereinigt hätten den Arzt
zii betrügen, ihm ähnlicho Klagen vortragen. Weiter ist zu er¬
forschen, ob nicht vielleicht jene Dreiheit von objectiven Symptomen
vorhanden ist, welche ich oft, wenn nicht immer, bei dieser Krank¬
heit gefunden habe, nämlich niedriges specifisches Gewicht und
neutrale Reaction des Harns mit einem Ueberfluss von Phosphaten;
auch findet man häufig eine Steigerung der Sehnenreflexe ohno
gleichzeitigen Muskelkrampf.
Ich halte es für unrecht und grausam, einem Kranken, der, wie
einer mir kürzlich sagte „die Hölle auf Erden“ hat, einzureden,
dass er in Wirklichkeit nicht krank ist. Glücklicher Weise ist
die Prognoso in der grossen Mehrzahl der Encephalastheniafälle
günstig, und der Arzt kann seinem Patienten ruhig die besten Aus¬
sichten auf Genesung machen.
Es bedarf nur weniger Worte, um die Ansichten derjenigen
Autoren zu widerlegen, die darauf ausgehen zu beweisen, dass in
einigen Fällen dieser Neurose das Gehirn, in anderen das Rücken¬
mark und in noch anderen der Nervus sympathicus angegriffen ist.
Es giebt kein einziges Symptom, welches nicht durch einen krank¬
haften Zustand irgend einer Gehirngegend erklärt werden kann.
In Anbetracht gewisser scheinbar spinaler Symptome, sollte
man sich dessen erinnern, dass Russell 4 ) das Innerviren des
Rückenmarkes für eine Function des Kleinhirns hält. Russell’s
Theorie wird durch einen sehr interessanten Fall von Kleinhirn¬
krankheit unterstützt, welcher kürzlich von R. W. Campbell )
veröffentlicht worden ist. Hier hat eine Erweichung des Klein¬
hirns, infolge einer Thrombose, Zerstörung an verschiedenen Stellen
des Rückenmarks hervorgerufen.
Andererseits ist es jetzt anerkannt, dass der Nervus sympathicus
abhängig von dem Gehirn ist, und in allen Fällen von „Spinal
neurasthenia“ kommen Symptome vor, welche nur durch mangel¬
hafte Thätigkeit des Gehirns zu erklären sind.
') Althaus, Ou Sclerosis of the spinal cord, its diagnosis, pro-
gnosis and treatment. London 1884. . ,
*) Andrew Clark, Work as a thcrapeutic agont. Brit. Mod.
Journal, 9. Dec. 1893.
^ Kuntze, Gustav Theodor Fechner. Ein deutsches GelehrtenlebcD.
Leipzig, 1892.
4 ) Russell, Experimental investigations into the function of the
cerebollum. British Medical Journal, 23. Sept. 1893.
5 ) Campbell, Case of thrombosis of the left c-erebellar artery witli
cord lesion. The Liverpool Medico-Chirargical for January. Liver¬
pool, 1894, p. 40.
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Gck igle
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
'29. Mte
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VII. Zur Lehre von. den Schmerzen sogenannten vascuiSren Ursprunges.
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''‘•‘t'-f’u'd» -vii.l.vlnr fUn^CMli. d< uPtr'uft i'-irlif zu .Autu,, {.;<• uüvp wfij»v.
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irr, 'r.'v 1 *; ‘ ^ kb jmm BrsckviH indufiv^j vt.JE'iuilliu nnrnhd BuiiKt. zu \*uf,*e i»ui» Ihm* kdßiif.öii .
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(i A5 r -? IUw Vui^iHnn ,»u dnh V0ufilMd.8iü.f»htV-
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DEUTSCHE MläüH'iNiSOHli- WOCHKNSCHUItT,
in vro-r nuu mehrere .lalmr luudim-b umehciDeiut volli,o«n;m.«u gesund
bj* IHK?, wo ertf.0 Um ne KrsoltwmmöTe ahl'lmtun, dir«. voö
OMüb&ft kitv?,oü. PuUmdeü df>s VVtd\ihnif?i.J< 4 .n>!- bis Xttffl AOufc
j tii• wiebfjgs'l.: dofsndbrii w-tl* um bH mmnierbnfl.ene-
■ -g/iüÄi'U Körper hurum. on«^ i t:- ■■Ana- im '^phcii»•(... *{>•
fudt« gea BrnstkofW^. kr de rjbb‘4 tum\ stk£P0?t i d* v T \ os biotfdr-;
i>\ kd.rhu». Artnmu wo v-• „in dun •. A.ttwrii JJopilü'S k| den
fcrron* übet' bestlUrdisbs .Fit buh «Jüfm (io*? Wtffi P&- tiüiu
Erhöhung der Jvfti'itet’RTiii/^aTur üudjw'ejskit f;ön.tke<
itr miv nuuhf man dtk/m* kneten omeVofyt.AUnio; durch den vom
c-ioici, mit. emm-ti mit kleinen Ritzen St einen, ^m\U-n tka*vm<-
schkmrb, I>vr Maun war nie ^pkiUtiseh mul starb. tiiv«
ucfüiu- KO nü. --ui InmKensUnnnd^H’kr.
^ TsU> ohnBehrr, nbonJails mit fpboyfctihirfc »id-mhmüw f+ilJ
wurde neumlinyp? im Spital heoteotel'
PjvH Sy IfikfteiH*« meUi t ti^ — N e unU-trieen..
AI. 13 . tO|,>l,ui;(}i EiKi>nh;*bnvnt^ikltt*r Ant _ tut t November i*V: n
du? inmbmotffebc Abfhfcihw&f lt du« Bi u $hüf».Pt Bdt» .ein. Lt lud tu ZAvri *abn
nu H»ubotee ; .»» e i I M rvlilseu, V»n U*«j Bwhfr«».*. .mi .>•>: mm nur
JfÄfe d,.** of -fit: k-Mier Srb.uurrw.u -m K-in.i» nnjvl.cruM £<:•
■ likb!; diA aber- iii fiep let/lrn /f« »1 w-murr ti-'TVorh*etend ivium —
lh-r Kfiinin) hfcouid >Hi übrigens in» imimsii sehen .SUidtmo d«r 4»sk»
bSnklt.it/ •Der Dum (u;vUud? : i - iT'A« Sjfuimn-von Alfcitmtf; in
Men Lnu^u weir voui/r -v.lt rit.lnun Tiü^rbtk^e. tSfdf .lullaUund bm doc
hosie-nur lifrieiHmdome waren die jioftr’kliu'urcllen : sicditlmti-n ^ äüpHeryn :
ArtoHeu. '.Von dein EusUwuf. »1 4 • r Nutbr.irs gicht die bejgefhsto : 'J -
J4'$W kJVi .deiitikdi^ Vf^r.dlkn^,: • ^ . , '. ; _ • S
/•rm;d>u»eiuli?!t> Manifin-us «turb der Kruike me 'dt). Noveml-rr.
,» Ki I ,k<bbit:< ii:?fi^vorcik(?il .(l 1 j ; otV:seor- ii. IJVftbvrgj buii-t.o: Ta'i.u rr >i'u-z 1 r
P*>l *p !'«ii'.?f;i. ' i •!<•!' r,i hv}ipreuiUS:n »lei. js.cior.orj;- a«»! tnr. Ifinbet^
initH.» 3 il k.
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Fke ulijut-tive UnlersiivMoUit ergab immer ein uegntjvi*s Kesnlu
Uhi* ilb- tlodmi c*fcwn£ drupkimipüncirich uinb in ^pftviu :uhkbe
V’.r^rJisst'rf; !U r li »rn jf»tne \ nur. kure vor deoj Tode dum re
Albumin Hutkallend., )<h eah ilu> ab eiru.-u itnve?'l)tSM:?' I .i i :bu’!
ßViinkrt tiu.
‘ . üDft ' nTk?iidbj??t ^'pdrcunmtl.'o nüd'.:KctW»>tV- gniv^. ./uni. ;
•utftx ki Amv,,n(l!>»vu bezogen wurdmi. ist nberdüsS:; Mn>uz,u.mgc.tt
Hu verlud flt.r Zusrrt}d inug»' ?V>kr Smnucr mit durtrelben
w»i‘ ihm dnvni nirnkt j.ökiü Avoit^ru ^Hdltü^ A>$\
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rd^./iÖSi'Q4b^ i k’ il)l ■ V-H , VdK;. .. - .- ... ^ .
utii 4 i<» Äfipuiii'. sekui# •
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sieh in fhe- \Vm. rhm*k l:'fh:ujgtu; ^v'
das i.ubej) üemutiunUt hü/Ue. '. ’•
Suctiün tim bdgf-mlee •• -•
<leltirnttrVei’ieu mtsm^prochen < : .- j ;
?»fhemmaw*s. numuUtlu'k dk Ari.evnt •" • ' *
r.oVfOK* S,vis ii tinu die Arterui e.biiuris. ■:'* ■
Au «lfr ieteiertm. nTigefuhr iii der /]. / /, '-rd
Mit'>■. sie?!! man linkersnis-t;m uHwen-
'^o:^rtgv AuAkbbrä kC >
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‘‘uuMt ^vigfe kdh das i^ehkn bonji Ibv/A slr Vi
JnnvfeHtlHi^iduri.ilivirkll'imkTftskopi'-i».']»' f \f »1
*#i»W iVkI. Aiv• ijehi linket» il'ächiij^tÄiiuii v ¥ 4 ,i ;
h'kni c .}Ku.*iyH Kel'ße AlUtt*nmtHten r /M . ;iS: k
voll riueken. -: ..t ■ ’V.A
!>i* Nr^.t'rfi mit uinieuu u|. t ‘c- i ' • S
ibUblirlu-n Xcrkm. ;' ^ "
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I ko Am *jfvrine*). reup dir > " •• • ( * 1 ' ■■*•*'-• A
Tlrr'om.kk?«ii kev . Bnsijnryrtebn Uuua-mU,
ftif* stark wsfi'muiklut »ijtivr Jimbl A tkiOdmAl.S-
itlubtni! ,üd«ni)lt„ ,rtr.n luV.Vut. -o? UmMM ^»lu .«.Uo ouU, _
fitUS auutus. Anbot:: -Mau. . 0 . ■ I -
tuHirfem eine AAi’scliiimmar.uny* Tltub jitfii. Yklnm curkb auigütivtgn y^br.
imtor: S f b n: ■'* r /, e ü zuerst in der linken K vM'perlt n P : ‘in) ftebl
mt.eLher in .dom linken .Arm (flank, Blllu.umni und Bein {l-eoM). ktez
iü der jjVui/i-n linken Ivui'perhiUftn ;uii. •• v ; ■'
Aie 1^.. Alhrz, 8 I Tbr Vorruiüug«, unter tidlbrHHu o)H r vb.tii f t Z; 1,1
d»r nvtlto ICupfhiilke. munnnkludi m der Stbcinkb'getifl, aW «Ime Vm.-
lusi. dt?s liuwtusst.sBins, wurde «kr? ruUnntan raiyu;b r
uuuzwt linken Kut-pe?’b;iite u?tf;i dos (Ao« nie./i. ,i»:v Snlinmrzen m
Mw und Bein flioutrien fort , 'wetiii auch mellt in so inf« nsivor vV{u-e. .«!«.•
von Anfang iui. ._.
Bvd dov {.Int<-i‘kUeiiuitg, die? wegen dm grffifbfrii OobiUtAt dm ivt^ükcti
out Ltisst rst «d.« 4 rtr»rld'..li ' •'/ J, u-unmen wenb-ji kunnft' wmiif* f ‘unaeu,tr
diu tiuksfeekige .1 !otni.f»)ngie- <;«.mu' f-Tl.Urt. \mb dn> ;*. Uaibilnnt
m dna ^ubdbmiHU ^liudonL+,tar.k atignscil^a^btA da^'LwaK^ufiofiSYbföiigttk
aii der br.anktm Seite fast t^axz a??fgehüben, wjihrböd Ob B ; Hd d/ir
linken Untm* '.Ui-enutbi iur lt*i« hie iienit.^nu zelim -1 /.h dt Hivm-r»ub-’it Mi 1
ist- nkrzthlmpkJJtg vergrbs^ort, %stoHseb«>- und dueftulMiliOd
Uci'Syseht das: lct?»Vero am UuteAen hörbar on du* Mitilu dui JhatÄt.bvm^;.
rde imitorrlAiopfiipg Asm» Fingeu' bts\t untPi? dom 1 1 b?biA 1 »',TfipI } wdrugo*y
JTi?iu TOn später j$t lonler ^fiu
'Bvmi Werdern Temperatür.. normal. JAio JTnmkf klag- sr-e'-ioji m-t-r
mW« 1 !, «n ’b’r liiikeci Hiiftt- uas-tinbUn?«! na« u aiHvili;hm w fl"» 1 ’
Nm\h ®n^r W.tidbtB troA 4«w Tfjd ümter daqEittep^s^L
Hüid svhr holnU pMiniorlniUr Tmuberaiurstei^eriuig '-Aii- <it. Mbrz. len-j;.
MS« 37A A l./April: Tomm/:&.2* Morgens. 'XMhtnUt*& f UcgM n ;b;'
Teuiphrötan' rar,cb 311 steigen:’uoi 5 Uhr- 4l,fi 0 . 7 Vhr t J T;.-hr
Al TJbt' 43A v emo Amertels.tnnde. liftcbiier StHfin ätsARropktu ^ .
. l > j;A" v oiihit»r. Atlas de AmoHujiiu patliobumme. Livrai
Hi '•. I'i.f t ‘Mus Vn< U’UM„ IliM- i;u ; ,«1. .«du^- o, t u u sA
rmlUen Atderbv wrtebrdj-, in ibjvni Vollauf /«> d,v Al.uinlb ubü
V \yi'Vh ü:~, L'f»ti«?r den UxubettMi, Ifepftu iÖSi t jl. 5^1.. - .
.’■) Kd, . 81111 . Veilt tljmue-An«uri>?mu, — Ovulimi.k.uriüs-P
~. ’Aiai|dexi._ ^ AcnoA Magor/.iu iur IaiegeTideiiötabon
it. h:a*—«SPc». -'•■ •. \ •>{. iibngons lieber*, Uohc»r Afuniry.snjvMt de?'
uriunon. AViunm* DiKl. i’u^e . 1860/Xo. 1 ; n?mm* dersolbm Aldn
M W- Fr 0 fi t* hü in dur * UarÜB«*' bha. AAoeliwi/«';hrk
p m, üai-, yr-t. /jn. m, ^ 402 .
k t : , r % «. Mober Thrombo^m al^r XmiinhrV
.»InuifMi \ , IHtjV, |». .JUh.lH.o. — M arc.liuQri,. 7j\v jCenjitnisf 5 / der 1
und TUfgmbn«n dar Oelur/uirtfetion, .Bor), 1^)4, ft
A & H, Bora U1 ,>dAu du?-. Kn vom Mm* 1S84.
/•S- *) U. VpYykrt.i *djhh«4üut Arulu Hab
1$8)I OerirHlW. t kUa- MndKtui Xo, Hb A,
29. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
303
Der Erweichungsheerd ziemlich gross, umfasst die beiden Centralgyri und
erstreckt sich in die Tiefe bis an den Linsenkern, der jedoch selbst nur
in sehr kleiner Ausdehnung tangirt ist. Die innere Kapsel bei makroskopi¬
scher Untersuchung frei. *
Auch hier zeigte sich die Basilararterie nicht frei, resp. ver¬
stopft, ohne dass die klinischen Erscheinungen damit’in sicheren
Zusammenhang zu bringen sind.
Die in den gelähmten Extremitäten vorhandenen Schmerzen sind
bei Hirnleiden übrigens nicht häufig. Es sind wahrscheinlich die¬
selben, die von James Ross 1 ) als „wandering pains“ erwähnt
werden. Selbst habe ich seinerzeit einen derartigen ausgesprochenen
Fall eines Hirntumors (Gliom am linken Temporallappen) bei einem
jungen Mädchen, wo die Schmerzen in den Gliedern eine Weile
das am meisten hervortretende Symptom darstellten, beobachten
können.' 2 ) Dieselben sind wohl hier wie dort (Fall IV) im Sinne
Edinger’s» 3 ) als centrale Schmerzen zu deuten. Mit diesem
centralen Urspruug derselben uns näher zu beschäftigen, lie<rt je¬
doch ausserhalb der Grenzen meiner Aufgabe. r
Nothnagel erwähnt die Schmerzen bei beginnender Aneu¬
rysmabildung. Naheliegend wäre es ferner, mit dem Autor die
oft so prägnanten fixen Präcordialschmerzen bei alten Leuten
mit einer vorhandenen Kranzarterienerkrankung in direkten
Zusammenhang zu bringen. 4 ) Beiläufig sei darauf kurz hingewiesen,
dass nach den neuesten physiologischen und embryologischen Unter¬
suchungen die Herzganglien aller Wahrscheinlichkeit nach nicht
motorischer, sondern sensitiver Natur sind, wodurch unsere An¬
schauungen über die Thätigkeit des Herzmuskels ja bedeutend ge¬
ändert werden müssen/*)
Wir haben bis jetzt nur der Arterien gedacht. Die Venen
dürfen aber in dieser Verbindung auch nicht ausser Acht gelassen
werden. Wer kennt nicht die heftigen Schmerzen („isehiadische“
werden sie in der Praxis mitunter genannt), mit welchen eine
Ihlegmasia alba dolens vor dem Erscheinen des Oedems ein-
;>et z en kann? Einen derartigen Fall, nach einer Perityphlitis
entstanden, habe ich neuerdings kurz erwähnt. 6 ) Mit dem Ein¬
treten des Oedems lassen die eigentlichen Schmerzen gewöhnlich
h hi 1 « m n d - r P? 1 P® ndun S de . r -Schwere“ Platz zu machen.
vorflhere-^onSÖ el % h 8nnen slohei ‘ llch n »ch vermehrt werdeu. Die,
vorübergehenden Schmerzen an den in der Kälte weiss werdmidAn
Fingern und Zehen und mehr noch die oft unerträglichen Schmerzen
bei der Raynaud sehen localen Asphyxie lassen sich vielleicht
unter demselben Gesichtspunkt betrachten.
Was nun die eigentliche Pathogenese betrifft, so kann ,1 p,.
Ausgangspunkt der „Gefässsehmemn“ in letzter Instanz natür-
fttLT-f nUr -M d ™ Nerven zu suchen sein. Sind nun die Ge-
fässe mit sensiblen Nerven versehen? Dies ist allerdings bisher
der schwächste Punkt der Lehre. Zu erwähnen ist jedoch dass
Tnni^ a J V °V? 0t ? nageI Clt, y. Pacini’sche Körperchen in der
lumca adventitia der grossen Gefässe gefunden haben soll
Dass Schmerzen in der Weise von den Adern ausgehen können
dass bei Verengerung des Gefäselumens die Nerven weniger mit
Glut versehen werden und darauf mit Schmerzen reagiren, ist eine
ganz andere Seite der Frage, die gewiss auch von altersher venti-
lirt worden ist.
Natürlich lässt sich noch manches anfiihren. Die meisten
hierher gehörigen Falle sind ja früher in verschiedener Weise auf¬
gefasst worden und werden wohl auch künftig eine lau-e Weile
anders gedeutet werden. Dass speciell die vasculären „Koliken“
auf gleicher Stufe mit den intestinalen, biliären und nephritischen
Koliken stehend ohne jeden Widerspruch anerkannt werden sollen
ist mehr zu hoffen als zu erwarten. ’
Die ganze Frage hat jedoch unzweifelhaft eine grosse Trag¬
weite Namentlich werden die Schmerzen sich hoffentlich als legi¬
time Erscheinung der Arteriosklerose einreihen lassen, und wir
werden nicht mehr nöthig haben, stets und immer auf die land¬
läufige „rheumatoide“ Deutung derselben zu recitrriren
Aber selbst wenn die vorliegende Frage noch niclit endgültig
gelöst ist, hat Nothnagel uns immerhin ein Arbeitsfeld geschaffen
von welchem aus neues Licht auf manche dunkle Seite der inneren
und äusseren Klinik fallen wird.
VIII. Ueber die Behandlung des
t Von Prof. Dr. A. D,
}or zwei Jahren habe ich zwei an Rhinosklerom leidende Pa-
iieutumen mit chemischen Extracten aus Reinculturen von
icninosklerombacillen behandelt und bin jetzt, nachdem ich die
kranken und deren Schicksal nahezu zwei Jahre beobachtet habe,
zutheüen ^ ä ^ eres ül)er dle von mir gewonnenen Resultate mit-
Das Rhinosklerom ist. ein chronisches, infectiöses Granulom,
-uhngt durch dm Fritsch’schen Bacillen. Bis in die letzte Zeit
. ie Pathogene Rolledieser Bacillen beim Rhinosklerom experi-
inir^mTcu uac hgewiesen und deswegen bezweifelt, es ist jedoch
Rhinncl-io ^tepaiiow 8 ) gelungen, die pathogenen Eigenschaften der
(In ÄT? b8CUl0n d " rch die Ffihi g kcit derselben, die Elemente
~‘ t i t S *leromgranuloms hervorzurufen, nachzuweisen; anderer-
culturpn Jrf gingen, durch Einspritzen von Rhinosklerom-
dielriw/, t k o Sl em A £ ar 'Agar in das Peritoneum von Kaninchen
bei iIpt, Schmarotze 11 im Organismus zu bringen und dadurch
zurufen Clr ^ 611 Kaninchen eine tödtliche Peritonitis hervor-
äus^T^ ni i Uich Siüd T f r Ür das R WnoskIerom charakteristisch der
breitunp* in H Dg \T ail i? ^ erlauf des Leidens, die progressive Aus-
Infiltrat«; ^^dibarscliaft und die ungewöhnliche Derbheit des
heit von hvnu? 6 i auptsäc ^ licil bedin &t wird durch die Anwesen-
und unter’’dpm e p- K fl rpern J ^ als De ^ enerations Product der Parasiten
nu jmter^dem Einfluss der letzteren auch eines Theils des Zell-
2 J ^• a , Se L°t the nervous System. London 1881.
i Edin^r f r- P [ aktlsk Medicm, Christiania 1882. p. 305-319.
sanimW zu ILrlpn 68 iS ? 611 C( ^ traIen Schmerz? Neurologenver-
kunde 1^1 t n n ß ö ~ Deutsche Zeitschrift f. Nervenhcil-
sehrift 1892 Nn auch Mann, Berliner klm. Wochen-
1893, Xo. 52 ’ erner Biernacki, Deutsche med. Wochenschrift
Discussion über ^ erkaiJ dlung des Congresses für innere Medicin 1891.
i, y , ? ? er Qle «Angina pectoris“.
^ochenschn 1893 No g ’ 12^3 BeWegUng des Herzens. Berliner Win.
med. ^ochenschr? 1893 1P No rC 3 ^ iiromboseri bßi inneren Krankheiten. Deut.
^erhandl. d x'Ynti™ F Ur * Ätiologie et pathologie de la rhinosclerome.
und Tagebl d tv r atl0D ' med * ^ongr. 411 Berlin 1891, Bd. 2 , p. 209,
^MklerompohninAerzte in Moskau 1891 und Ueber
v *> StepfJJCObQzwnie (russ.) 1891, No. 8 , p. 749.
-V 9 p. 893 Medicmskoje Obozreme 1892, No. 20 , p. 776 und 1893,
Rhinoskleroms mit „Rhinosklerin“.
. Pawlowsky in Kiew.
Protoplasmas). Das Rhinosklerom ist ferner, wie bekannt, eine un¬
heilbare Krankheit, welche langsam aber stetig fortschreitet, sie
geht von der Nasenschleim haut auf die Scheidewand, auf die Öber-
Uppe, auf den harten und weichen Gaumen, auf den Schlund und
: Kehlkopf über. Als einzige Metamorphose der Krankheit tritt nach
1 Wolkowitsch 1 ) Narbenbildung auf. Alle therapeutischen Versuche,
die Krankheit zu heilen oder auch nur in ihrem Fortschreiten auf-
zuhalten, mit Hülfe der verschiedensten medicamentösen Substanzen
und localen Injectionen sind bis jetzt erfolglos geblieben. Bis zu
den Untersuchungen der letzten Zeit — Fritsch, Chiari, Mi¬
kulicz, Cornil, Alvarez, Paltauf, v. Eiseisberg, Wol-
kowitsch, Nikiforoff, Pawlowsky und Stepanow —’ durch
welche die Aetiologie und Pathogenese der Krankheit aufgeklärt
wurde, bestand die Therapie hauptsächlich in der operativen Ent¬
fernung der Infiltrate. Aber auch nach der Operation pflegen
Recidivo aufzutreten, jedenfalls wird durch die Operation die
progressive Entwickelung des Kranheitsprocesses nicht gehemmt,
und nach den verschiedenartigsten localen Injectionen ist in der
Litteratur kein einziger Fall von completer Heilung bekannt.
Aus Obigem geht hervor, dass es unmöglich ist, die sein-
derben Infiltrate des Rhinoskleroms mit den Hyalinmassen und Ba¬
cillen einer regressiven Metamorphose, dem Zerfall und der Re¬
sorption zu unterwerfen; wohl ist es aber denkbar und möglich,
die Gewebe des Organismus mit den Toxinen der Fritsch’schen
Kapselbacillen selbst zu durchtränken, die Bildung von Antitoxinen
im Organismus zu fördern, die locale Phagocytose zu steigern, einen
„Etat bactöricide“ zu schaffen und auf diese Weise die weitere Ent¬
wickelung der Krankheit und deren progressiven Gang zu hemmen
und zum Stillstand zu bringen.
Bevor ich mich daran wagte, die Culturen von Rhinosklerom-
bacillen und deren chemische Producte zu curativen Zwecken am
Menschen anzuwenden, habe ich eine Reihe von Versuchen im La¬
boratorium angestellt. Wenn die Producte der Lebensthätigkeit
der Rhinosklerombacillen auf das Wachsthum der Bacillen selbst
wirklich einen hemmenden Einfluss ausüben, so müssen die Bacillen
zu wachsen aufhören, sobald zu diesen Lebensproducten Culturen
hinzugesetzt werden. Meine Versuche haben diesen Satz in den
Hauptzügen bestätigt.
Versuch 1. Drei- oder viertägige Culturen wurden auf Agar-Agar
gebracht. Von sechs grossen Cy lindem mit Agar-Agar wurden die Culturen
l ) Wolkowitsch, Rhinoscleroma. Dissert. Kiew 1888, p. 75 und 77.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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Kiuvtn"l)<*n nntnc 4 h* Jlftut ipifjr/u b X vAdmi tblt zeiuT«*, dass ftiusw
(mpiu?‘4rvfi tob timt Yorkm hstbjeren nluie ; siebtMre allirormnio: und
bmale ErecHuinmigfotr g’uf v«\rtrd»Rm wrikdi. *\ »ich- in dem PiwitOH
UHiiti t*iiig»*f5))fi<ÄtV ‘Y£ri»»*HU Ih*d Otltftnm' l/r*t dr-o. VoKlUftk*-:
1hibrcn keln> mehtharbh 'JVejftmi ifml \* p cdtöbbij04;ou.-
Zuyldoli !>ui di.^-oi wutii»- t;iho Voisindnou-jh-;-. niii dio-.-ji
liindampUiu do-r AA ein^- 4 [«<kiun (’nUaron un^idoüt oas 'ivolt 0- *;
4io. Toxine 11 »fHoU ■ 5ü °/o dlv.<- o.)4us . fünf Tft^c Imu; im ToerniOYTi)
rxtuudjir.t Vvurdöy,' nvöruo J< dd Wtt^or^U r e)y ’iHtnrt und
dn.s rOtraf in Mt n^un fk i n 2,0 ]4y IUP K/UHTo-hnf) untyn dl« ‘
\tu^4o .Vuvh, 4idef.- Tnj'^'ki 0 ifm \Viiiuidn vnu dou .Ti)iiU'on
oirmr homorkktir«' Stöj'.iiug; dd ‘:i»»Kuadh*4t v . \d)>}.d ;T.<uni»e!äbui-<>rjuih ujj? j;-.
ojul «kno ir^nnd wd-du* Vorgjuinroii^on vottra^^n Ik>
Kaiiiuolion ital>on nü<-b thva U;0 Wa^soreAn ofbu^tmt, ins Iktrir.o-
inu-m. und 1H tw.xn I «nH:-=. K]4ritn'doulthonoohön'Kxl7-tsrU
tu ik oU i! .., «■ijvt:»u*in. oMtur HuU*' oudnuo'ltt, ^ic iiunfi kaMi-
diodi P.i»zi.|Jap »iifjofi LoM!J.‘m u oliio hosond» ro SoliUdi^m'.g’ tllttf-..
< ^orl.outroT«; •
Mark tifcuffm TOi'boroil.OluiDn \ r of’suu.hfm bid.oi ö;U
fmi sJd Moiwvhoti zu bij|V;]r^n ÄüfMnjdlrü Wiifdon
biK zojiuiH^Tgr* tkuiiilon- tufof A^9i'Pdlt&Vuft tifjvdvia*.
nmdi Abs:■hijl.om^ und .\us\vi»-'-ln*u «rot .-.i* «'Ul:A 11«-m W’ussc-v) oinr
ItHlb« Stand., duu; ’io *i rdTioMiiU«»» tdun'fd donu u\i| dou,
W.-työiö-DoUo -.ui! ‘.4 ihir-D k du*)'' «•:»»».*t-d nnpft, \uu.mi tun«* Uhu
Vöhrm- naoh tSnitvlH Mono»> t-iiyooriD himu^nstd./t rmd bdiufs Kr-
kuuAnns Uljoo? inoKlruot* lünl : hi«»x bu TKu joosi ;:(•
udifbonahK hi.huPt D*c^p I^feigkdk miwk*' auf dom Wm^i-bmio
bd zur ^dionnrn CdnsistYüv. dui-feli ‘stcrilisirr.üs i-npn.-r-
dUor tiHuün und 1 .f .i \ mn } ofiioc* j.j->< !v<*n(w Sli'riHsiruüo;
bd C0° m !/i,|fctlnxj<m bm' MApsdum ani>PW)*mUd. Es. nt jodm-b
Idar, dass" dfh «opIhhi basdnvbpncut (\ VyooTifibTd^ci.on
o-! f V, if.-'iuiA<- vbnadsi'lw Sui'.->sui'/.*M‘ D-üitor ; , v:urd(*D brshoji)
bubl mu SCuUn ful^iuub t Mütimde bm^ostditr
Extract«* Torvu-mioi, Ich wVA da Idee ut>; MHdioda
zur iciljuug üm* fbY^U’holt *iö:^t<biyidi(Pigdk»o KMuöafelOfWfc
111it^i»♦». OuLtuvon vi.m. •Hhimixkit’rontbfu-iljTn in Kdkmi mit
200. iv n, injOu)u0,1 oti vwüm in zw«i IWiUbab ^eibnilk.
t>io * (ilyro VV^üu wirft durch dneu Pa,s touv- K\i'.v*% f 0 n
■ 1 !'■ ‘ 1 ■ Idfrlt i find ftus kuHn l ,, i]f!vd. ilbm* ftor» 'E^siunai'.or-
xur hü-lorei) ■Purtiun wird «ünf* bcaoutimdc Mc u yc Pudui-Bi» von Kbiinv
dcf’ .Logun^ nml von da« ;Laibnru, det* Mikroben; ftor xwmfa IHitril
!4 h< zweite V-ici'tol) wirft bis uof >m\ Dritto). mw* VbJunmns mti-
ccuioinjoi.. im! kuiler u . ftauu mil hüissem Alk(d ( o| bc-ärbeiidv Eit
snd» *oor*t eine dann Um rmidj^liigK
bddtT. wird flnm. *uif 24 Shuidon nftuV gohtoJlt-, foUf der AlouoV-
u Pmbn, irvbulioi» um] ihinti ijltvivt: das dutohr
^rdftig.o Eil trat' oinjbi.s Mv l'ao^lsHais enter ^sAuni'dnuon synip* •
ftbftliolio/i r lösKi*rkrd, nnft {»Aden; in slrctJidricm
VVaKser autgol«Ar, i)k i'iussi^kd^u werdan grmisthl und {ilivirt,
io llomu sind die Tu-sifjf- der RhinoddcronibäCjÜen in Goslalt cluos
wässerig öu GiyaeHnalkuboinaszooüialtmi,
Wir hubmi ^ IdiissinbrU vnu >u* •'otupiidrlor Zösurniß%-
seUtioir AcNVilltb, w.üJ in der LAdioloiAu ftnr Kbinonldnrom^ iuent-be¬
kannt int. Toftio wu-’khnmsüm und o>u immirnisironckm Buh*
Atanvion enxlmitftn Khui: ro> Protoplitsina clor jdiinor-kitoommikiöbr*:
Siftbsr oder -in, ibrnnv N;»h?voi^trnt iji onun wftsscn^mi oftnr spiVi-
tiöseti ExtMjjt Ikwupifieij, Piu^b bftbtm wirftiö
I;fdi'irxiAU^'Hnii’ gujWoDJtiVi), ftas$- >'{)’• rit uusj.* nml ;i]Koboli c .«>hdi< hcri-udu*
Exü-m-h'- -viel scl)vvMn»r üui ftir .Tbiftro ein wirk imu. &\£- vvä^eHgo
: Ol>narimiXtmfttui ujhh UÜtftr. .somft «leiben Ik'Vöben, <lao» mau von
der Anw'ouduuo Ivstun H äbsnlirn kftnrfto; c»a »‘nischcidtsitSr,-'
Pnsullai koniiU'j*Mluch «*csi niicb iojmftioncD i»oitn ÄjensrltMi tw/iAi
weVfttiD. ' ’ -.
Ihts Ubiri<)Skie|‘nm i»t- ; dinr srlu* snUc-Uu tv.ru. so d:t»
mau kn um bim' r rds-ci 0 Airzab) sobdifr Ibpiwit/on tiiobm !-.ooi
niu oii tiiDtvu- fton ijiftir-Hpr.il! i^cheu Worth dos MȆ<4.- erproben /a\
kftnnon. tob hatte zwei >olchm Fftilr zu nieimft- VeH’ii^umr.
Ea]l ,.i ; A'f.aiiusOi -T a,wdyk, jörusunftt ki'ätlj'd. Jahre Mt,. wuiMc
;i(iV ji'dirttiir A-H i inh> Kninkcnlui.!!:.. il».:«- Ibo.lmij i\J'eU/>cSi Zll ;nt|-
‘•j*ßftollt.T»Ujnv 0Us Krnukhcör, »rir do* PoiieDtur iotdci,'. ;,Ä keb;f
J-Uu't-ii out. ei man. s<:u.k ; jiifki.-fu.h.,ii Ktiftl cbe;- c.m n-» ht+:n NAspiilorh; au.
j$&0 Kn*>i«*]t<‘l> ■«:• Sieb oUm.ihb'.tr bit :»H ■ »ly» ’ffööza H-eiuT
^^^UoVb i<n.A«Öfr<-,- lirtCl» w«>»* Ks .hdu'i* M:!»uc S»-il eine kleine Hot'kr iHi
lhtktj? ivnstouot'h. svidcbe einuvidib rumto». \V SUtruml der Im rann
drei -führe iidlten Ah ilOeki n i r O'u Wueijm«io^Vuc beide. .N(i<!iviif.Öid»i»r. .nüs
; nnft Hdtcn u«k dmi-sv.{l;Qo jimftt bft«ms Vuv einem J.-du-r 'vmie
ftu- iiii AinierhituruiOi drw IhHlii e Armlzes ftte 'Koubihtm.^; imUemt. die
( b'Yvhvi uWi :*r>.:)fti'yiVle [' doch. : ft- w-e ■’Ar 1 *-. Ü'it 1-iChloi». h»‘ui**r Na-m
■ei/ieo- \4.>n ;i>>n iVei"D K cmifoi. Yv«>fehe noch ol sve i J 2 uHi- aus dm) AuSyU
L'tei-.'ojsire'cu. aiJ'stroiötK. In «k*V AtiMt: der Hheclippi:. unter uor
ACbT'ifteWund iaißiifteö s:irli eiiefftajU' zwok Cd:Vt r n e, dtAbv
K r iOl I:»J. ohne dCutiiche Grenz«. 1.1 Ui <k-? !-e.r'ipb>o-ir. J ÜC 'v«Ve. A*. THtQiljft-'
ii;Ovh'ii.-sSer heib-ut onu Vej'Hfnsk'/i'-,- d.i-C A.-e-r MZUtHC' don.dl die MeuOiHrnw
Pas Inbbr.ii- »-ftnrnt. den kimrprJi'tfHi Tbeti der Nnse.
iiih AAs>U , Öftg»?l l»Ud die arhb \dewVuhi ein ; ftre derben PtOpkor dn«
-Grnnelnnis (iurehwuthstm und t'tillou üjit THehU' Aa?et)Jorl>. uue.. m dev
.FJltU jjv imkpl* --XkfemcMißhY? Imtifldöö> bißh £Wd JJ^öC’ß.ü. von wnifeb^ai
«ko: mui der •SbhVi'heO'Oi’!, d«*»: nmlecc uns d&ju. N/AnnÜttii'et b» ruus-
WhrjiSt -. uidt -lies«’. KihU-tm D>1’<W Am pi.Uu'e Nl.v.-euiorli «liul kiOim
vuie ebne .A Di de idruleicb. Boid«> N'i^im^iiuuo .sind. lUt'-die Luu'UtMturob-
. evOirdp;, Ihn .djf< f -uom.'.i Ih t k* o dm ?ki • mul »ol ik x-i \hi-t rwiu kwi det-lc
die l|fint jj.i«Hriin!.. diu MuStwIlOurl wf! der ,\«-ubiIdmiH in)ftu‘ifi ulmto--
vH-imrirsseut, und tlerie Lbc- Mmidhbide .— liarUu’huKl -wruhW Uaüf-
.in«ü ..und. &&Kuul — woikI ' knum V ^je^tü^iogisA. auf. Aufthfo- Ortxre'
eksonij. Ah BviddUs hol pnttoftin- nie mtUUon, Ersifttonuoinnc- ec-.-j«.
BpUreu .do<" r f.y!lH'Ti. »ftr^oKioc zu hndcui \*on ninoin der nt» dör uhwhiipe
purülhd Mw dt\ss^]in3a oiit klfetna^BiHck'
dme ivbeeHamen. ;uid bnctenidotk-fOh untersucht. , Es w>vdon ‘..•ulturt'ti
Vau .Hbinci^kU-romluwilieri und hui kSebuitden »Ins iyoische HV!«1 von Kltim«-
rkier«)tr.gr«iKtiom<‘i: mdiaüeii.
Ae* di. •"•k'vdji'iiiit* > v-m.de die >os*hv Jniection mit -Knch-
seiiKit 1.uli* i ; kt*|in (UylOOi eeiüurhk Kcinc Ri'iVcldm..
A «1 ;2Jd.: Febiunir l*S‘d t Hui P2 ‘ifevAVtn’db xötn ersicu mul' 0A fftn.nn;
hUmiu {\Vitssy?glyn;oriins.itt;JCiV mfter dlo ntb-kenimiU., r.wieHiou dcu
SchläfterhbiUcni ^ennbihk : AIR drei Siunden wurden PuA. die<i>n-.ite*-u
'lAOrpUmHir und muh r- Ihre-;« h. I'V.schemtui^Mi u.*'irt. vec Ze-r /»» yeu
wurde eins EiMniiit ;h;c rh-n istmi.eu .«fftkrosk-opit-vcb und der brm '-he-
•noM'li uni ersucht . ‘Drei Slundou luu b der iVijecttmi stellte sinh 'Kefft-
wfoii'-o: mul '.(vuiper.-o.nr-.'V'jiftstmu <-iii e mmit aie.hej; kluedcn Kopi- uu'l
kf'i :i-:.l.;iii U'-Ui U,ei i.nvt-e*- ,'Uik, dm i , n;j Huu. A,i>«- hun •* , l.m« j n. *
ijc^tmdr.tv. i.f -1 vi.’C ]’ui{; Ihm«, in dm ü.-ih l ft^-ndouGuiiuUnt 1 -
uns: «J«n Knoten.
24. P* bi u,%t A Mir* mem.' Henrdlon., -Hjtr-e, bn'leinusi. L\ (fipoutui*
Pift^Ttkjucuz vuftonud drei fetundöu R«\-*pb"e&oo ^ iP ‘Fv
Aftnn)^. ueubeiu- R*;:u t,io>. l*C't«'b. ml •& 4H SAnidcu jan^ m deDornuoii
Aeiuiieczeii m der Ad.?-«:, fbMhm-ü. w.si tivy.'llcne und ßorkcnbildm*^- ÖOt-
dei iiui imdio'un r lAk v-or^eimtmneodu nnkmäkeiHynben UnUirauclnoh? _ der
mfter den Borken htdinftliefmo FftGsi^kp’ft wurde viel Sckloftu, E»tet-
körpcrc.lwn und Ivhiiioft.lermnb.e ?i.!*:r; gefuiulcii
2ö. FelirniiT. i|.*i*iüj.mvat:tu* äkunmh KuscmAcken und -Fihiml wmcher,
der w;iftf'im.ftj*ejtngh AftiftlUÄi daum't A,ri. Afld dun .v«u* liegirnj der B«**
luoidhuig MitsgescLmiitcjiDii Üüolen Süibea sid* aift piuUob ivpisdie Kimiu-
stch'-rVunhariibiu eutwirkeit. .
^0. PobrUiif. Ztveif«' Jtlie.ctiou oftid. K l-ifie u'llg'uD« MUI Hi’iH.cion, K'Citi.
Sduutoz jn der Aasvu
ST. krhru.iv Ih-fti.c. luji.r.{,i(/n 0.2 hi<Sih in diu Kirntet! snjbsk IKh
S tuirlm Hfdcli-a.'b ,i;U*/hi( in. Ift'U: Amt 'lYmpenftiir ftlii). Knsjur.-ii'vm .10,
Pnif JH. Lucid ; Bciftncrzioi-Di ftet K.i?.m AuwoliWeÜüüv; 4'«r \ b^m*
«Wütig oin«:»- sclilciiimnm Kln.-^igki-ij, weiolu* imt»w «km Mikiuskop v»ti
k 4 ..*:•«t-.i« j«>»j»l*,M iltt’Ji Zob'i.
- • 4..AtUcä tU I ihr infttne^, yinrtft Ipjectjon 0,3 InCttl, iu die Kupb'.n.
bi'"'!- suift jel/.t bofteulMlitl vv* Jeln-t jftfj \ «♦}' der Bchareilung. (h’-i
don nach dor byuntinu tftitrke aHgemeiu»* mm lnctfte luu«ct)on, tv>;4-
Sc|ftHtdAkb. HCell B St-iUtidOH HHtilf (ine litJftKJtiiiU Fnm{ie.J’idoH‘
lijkS, TAiM ifrsidratvon 34 A}..e«J«1s 9 Ehr Ttini.pcriftue '13.4. dkl?
!12. {'.nspirni i«*J; 2?h Sct:w{;is.:<. StdiUlOfZtOt :«t. «lei* N&SC. ItGtinftik- At ? *
.stdiWfdjtijig -$&;. lirhlt Mfijt kalt-ruh EeWnitw.
Ptipülwö. AiigoiT'.mDbeßftt.lmi «rnl. Schmerzen in-«kn Muakein der h'my-
mit-iUeu. StihirmxjHai'drUü^u A-dmu>rkihai't und ultgöschwollen Kein Eiw*Jtss
im IJrijj . ..
Co gle
39 - - ysrz - :.. JÜ ECTSOBE MEfllCiNJSCUE
<i.jann. Ffluife iU>i. Äüii'' iWutiii. t'.ife. so. liuiiii.
rutioij 2u.. 1
y. Marx- Sbclw.lt* 0,0;r iorat, Keine Rt-aclioii
Ü.-Mote» biclma^-'f^cuon, A0&. ivadiumr/uh?
.föwluui, i^Uurqm 7k Uo^.xriüoü. 22. <WUuumU :
10. AI»«. \ciiu_ In.i.c-noo Ahemk KuUuX -U
.;rüvm
*hvko xorniemm m der hn^^Am <hn Ai^ok^iui vtm
jtdiieiu'u^f mmjfrw M xmtrtty ziM üKt mmv K
fir,,tW>dm;u 1( r^t , vl N;;,, oUh:. weU n } ,1. r * er’ n }'.
licsteMii. iveiti .-uhwnaa im Ijrin. '~
i r. %hirm NfcüöU IfijrrctioK. ?XU7, keine KoneUon
ti. M;n;: Z-dmK Jnu lhO'7. leieo ’ Rmieücm
irr. GlfrH lnje,tion U,t. Scfinw iu Je«- Niu*. mveiterte i^'
|)iiN;. imupcfaUir Keine aiig<«iuame ItMctieri.
iß, Mtite r A*miv Kyeeiiuh 0.15, TeinD^raKn- JJ7.4. erweitert** Mi».
WOCHEN SCHFiI FT.
pionen duft-b ilmi Massier um! Mij,j t . m< }><
KÄ f ulierkulin lifiSftrt. « iu ,i eni
Keut'üou* 4»b obigem- gehlhervor, 4m flu? k.
! ri ”‘ l ; ' , " r ■"• 1 No. i.t Mi kepKdnii.-.r:-
l I,J ? ^1/eßU^rnRHtdui^ruuj: mdiur_ rvrm,
!" M’C Akme. i),r Toiv^nant «m.«
Ury*. 'Ami. drei Stunden :iuf der !{(*,. i;m
m—6 -StÄiwfea 4-swPü wder xnr iNom". 1)
, .? ta £ fU ' i ' j,,T0T3I A i e ur.kh TuflerkuIraioinctiotmii
, £;** ^rnpmttir vurbJwi! jedoch A '*o%um Z$k
* lut^külic uafl ilel ternär zur Nfirm' ab. Sehr seil
j «M4r„dpr :öeta»Mlh.* ¥ , enmhii
I kjm*- 6 von TU nud idiii^e Zehntel, meist bewegte «
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^tii>u v h.wtelmn.i !D Wiiw:nm in der K^o
i; { l^^,^*; >ft ! l?n \^ V01 ' AUS (len lnH]lrai,.n. Vivteelu.to
lnX.ui.a iU3. kerne heactl^i. InjecUonsiitelk- ist tduuorzihrft:
~ l Mt * Pönfedinte Inj.-cinm 0 ; :>. Keine Romdiou. ; ' .
ssta.... .toi KU..Ä fl«« .» Ä r » .fei SV.,J,„ U. Ui« AtUmMH^.r,««..,,/
is- mK*i;.ikulJömi««»;• .Äu«a,äherüt-i^• tit> hqwSÖ in <\&t
^0U,<> «lind siher Wok die fio^Mvlenm^intr sehr mfete. 22—24 in der
vMnatti ii-u^ijtfinn wurden wiß.v:jbedh:-Tnh«;fculIii ; - so auth hier--Schmu»«--
?.t«n in iDco_ morhi, «j der X:mK: M Ittihutshicnn. m
’i ! 1 f V() >l 1 ^ ' 11 g A <' i i 0. hivatUiiüi
^ciölmna der Kuotefi. Die Ä«Miogje hegtfwid'.-feräsf in (Ikr illhrübl*?^
m 1 Äi ;f f 0;IM* leU*.vfsmfcnfr jvm. andeten tm ml
’htmtr m liwm ;i ftbei#4m mü ittmmM mn^;tenj- Mitf-ei hiuitp^««>hMi
m de» L'xtrcimtiifon ioccduurtr, •’
Kmtu Mörx 18i)r wurden ,\< n üendivh ur^Uum Kam; lord«
M ucjfeiVe» zur; Juikro^kojdS^hfeik und bncttfrinU^i^ni^ Döl^r*lu|sJ{uMk her*
«nu^eehuitteu. Au£ Plnitea out-wfoknltß«, Vfth ifpsnie-» lUdtutnft Dei
•f H ' a U r 1U1 ^ r ^ ' U ^ ^ C ‘ lAi gohdilelCb SchttiUe
IX, .Am dem Institut für Infectionskraukheiten in Berlin,
lieber die Specificität der Choleraininiunisiruiig’»
' *f It Pfeiffer und ür. Jss^eir
.U/ii’Wj- 4cl( durch dio miuigchide Hutikksiciiti^iih;
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306
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
immunisirt sind, nicht geschützt gegen die krankmachende Wir¬
kung des Vibrio Metschnikowi und verwandter Vibrionenarten,
andererseits vermögen Meerschweinchen, welche eine starke Im¬
munität gegen den Vibrio Metschnikowi erworben haben, der intra¬
peritonealen Injection der Choleraerreger nicht zu widerstehen.
Sehr scharfe specifische Unterschiede treten hervor, wenn man
mit dem Serum von choleraimmunen Thieren gegen eine andere
Vibrionenart zu schützen versucht und umgekehrt.
Auf diese Weise haben sich ganz sicher von der Cholera diffe-
renziren lassen alle diejenigen Vibrionen, welche durch ihre Patho¬
genität für Tauben schon längst verdächtig waren. Es gehört
hierher der Vibrio Metschnikoff selbst, eine vor einem Jahre aus
Paris uns zugesandte angebliche Choleracultur, die bekannte von
Weichselbaum gezüchtete Cultur 1 ), der Vibrio danubicus und
andere mehr. .
Nicht zur Cholera gehörig erwiesen sich ferner die von Dun¬
bar aus Elbwasser gezüchteten leuchtenden Vibrionen.
Dagegen verhielten sich nach jeder Richtung wie echte Cholera-
bacterien beispielsweise die in Nietleben aus der Wasserleitung
während der bekannten Choleraepidemie gewonnenen Vibrionen,
ferner Culturen, die aus am 15. October 1893 entnommenen Proben
des Rohwassers auf Filter C. und D. in Stettin gezüchtet sind.
X. Feuilleton.
Ueber das medicinische Leben in Japan.
Von Prof. M. Ogata in Tokio.
Einer brieflichen Aufforderung des Herrn Redaeteurs 1 ) dieser
Wochenschrift entsprechend, gestatte ich mir, im Folgenden einige
kurze Mittheilungen über das medicinische Leben in Japan zu
machen, die vielleicht für die Leser derselben in Europa von
einigem Interesse sind.
In Japan giebt es drei verschiedene Arten von Aerzten.
Erstens solche, welche japanische medicinische Wissenschaft stu-
diren, zweitens Aerzte der chinesischen Schule, und drittens solche
der europäischen medicinischen Schule. Daneben giebt es auch
solche, welche mehrere dieser Systeme verbinden.
Ueber den Anfang der medicinischen Wissenschaft in Japan
ist nichts Genaues bekannt; schon vor 2500 Jahren soll ein kaiser¬
licher Leibarzt angestellt gewesen sein. Jedenfalls wurden im
Alterthum nur wenige Arzneimittel gebraucht, ausser pflanzlichen
Stoffen, wie Rhabarber, Ingwer, u. a. auch Alaun, Glaubersalz,
Schwefel. Auch werden Badecuren häufig erwähnt, was bei dem
grossen Reichthum des Landes an warmen Quellen sehr natürlich
ist, ferner Massage, Moxen und Acupunctur (s. unten) angewendet.
Vor 1500 Jahren wurde die chinesische medicinische Wissen¬
schaft eingeführt, die gegenwärtig nur mit der eben erwähnten
gemischt existirt und ebenfalls Massage, Acupunctur und Moxen
anwendet.
Die Nadeln, welche man zur Acupunctur verwendet, werden
aus drei verschiedenen Metallen angefertigt, die feinsten aus Gold¬
draht (so fein wie eine Borste), die mittelfeinen aus Silberdraht,
die grossen von der Dicke einer Nähnadel aus Stahl. Gold und
Silbernadeln sind mit einem kleinen cylindrischen Griff versehen
und haben eine Länge von ungefähr 8 cm.
Bei der Behandlung (rheumatischer Schmerzen, Kolik, Cardial-
gie, Neuralgie u. a.) knetet man zuerst die zu behandelnden Theile,
danach drückt man da, wo man stechen will, mit der Spitze des
Zeigefinger einige Zeit kräftig, indem man auf den Nagel des Zeige¬
fingers die plantare, Seite des Mittelfingers zur Verstärkung des
Druckes anlegt, um durch den Druck Anästhesie zu erzeugen.
Hierauf bringt man die Nadel in ein Metall- oder Bambusrohr,
welches einige Centimeter kürzer als die Nadel ist, hält das Rohr
resp. die Nadel senkrecht auf die anästhesirte Stelle mit linkem
Daumen und Zeigefinger und schlägt nun leise mit der Spitze des
rechten Zeigerfingers, periodisch, mit gewisser Geschwindigkeit auf
dieselbe. Wenn die Nadel etwas in das Gewebe eingedrungen ist,
nimmt man die Hülse weg, fasst die Nadel dicht an der Haut
und drückt drehend von Zeit zu Zeit, so dass die Nadel noch
einige Centimeter eindringt. Beim Herausnehmen wird sie eben
so allmählich entfernt. Unmittelbar nach der Herausnahme drückt
man die gestochene Stelle wieder einige Zeit mit dem Zeigefinger.
Die Behandlung ist auf diese Weise fast schmerzlos. Man sticht
z. B. bei Cardialgie in gewissen Entfernungen 5- oder 6 mal in
die Bauchwand. So verschwinden in vielen Fällen heftige Schmerzen,
wobei man auch Massage zu Hülfe nehmen kann. Wenn man die
Nadel ohne diese Maassregeln einsticht, so ist dies natürlich mit
ziemlichem Schmerz verbunden. Sehr selten kommt es vor, dass
die Nadel im Gewebe abbricht oder sich eingeklemmt und schwer
herauszuziehen ist. Man schneidet sie dann dicht an der Haut mit
der Scheere ab. Danach kann die Nadel lange, ohne Eiterung zu
erregen, liegen bleiben, oder es bildet sich ein Eiterherd. In neuerer
Zeit sind in medicinischen Zeitungen mehrere Fälle veröffentlicht,
m denen nach obiger Behandlung üble Störungen eintraten. Einer
meiner Schüler hat mit Gold- und Silbernadeln Versuche angestellt,
indem er zuerst die Spitze der Nadel in eine Vaccinepustel einstiess,
und dann in die Oberarmhaut eines Kindes Stiche machte Es
entwickelte sich dort wieder Vaccine, also ist die Uebertragungs-
gefahr des Infectionskeims vorhanden, wenn man nach Gebrauch
der Nadel ni cht gründlich reinigt resp. desinficirt. Die Behandlung
l ) weil. Geh. Sanitätsrath Dr. Guttmann.
wird vom „Nadelkünstler“ oder von chinesisch studirten Aerzten
ausgeführt. Die Behandlungsdauer beträgt im Mittel ca. 1 Stunde
und kostet 20—40 d.
Die Massage (jap. Amma) wird von blinden, besonders
ausgebildeten Leuten ausgeführt. Die Behandlung geschieht im
Hause des Blinden oder des Patienten. Die Kneter gehen abends
auf die Strasse und bieten sich durch lautes Ausrufen an, oder sie
blasen eine Bambusrohrpfeife.
Sowohl Gesunde als kranke Leute lassen sich kneten. Gesunde
nach starker Muskelanstrengung, weil das Gefühl der Ermüdung
dadurch erleichtert wird. Von Krankheiten behandelt man u. a.
rheumatischen Schmerz, Kolik, Neuralgie u. s. w.
Man gewöhnt sich sehr an die Massage, z. B. lassen sich auf
der Reise viele Leute jeden Abend kneten. Wer sich aber zum
ersten mal kneten lässt, dem bleibt einige Tage Ermüdungsgefühl
zurück, während bei Leuten, die daran gewöhnt sind, gerade das
Gegentheil stattfindet.
Die Massage besteht in Kneten, Drücken, Reiben, Klopfen
und Stossen mit Fingern und Händen. Beim Klopfen und Stossen
mit Fingern und Händen folgen die Stösse so rasch auf einander,
dass man es mit der Schwingung einer gespannten Saite vergleichen
kann. Es schlagen zuerst die vier Fingerspitzen auf, dann die
vier anderen Finger, dann folgen vier Stösse mit der Hand, mit
einer Hand werden also zwölf rasch auf einander folgende Einzel-
stösse, mit beiden Händen also 24 Einzelstösse (die Daumen werden
nicht verwendet) ausgeführt. Der Amma drückt oft auch auf
Nervenstamm oder Muskel mit dem Finger oder selbst mit der
Faust. Eine einmalige Behandlung dauert 2 / 3 —1 Stunde und kostet
20—30 d. Während der Procedur unterhält man sich sehr ge-
müthlich mit den Knetern.
Die chinesische Medicin gelangte über Corea nach Japan. Schon
vor 1528 Jahren liess der damalige Kaiser, der erkrankt war, einen
Arzt aus Corea rufen. Vor 1338 Jahren liess man Professoren der
Medicin, Astronomie u. a. von Corea kommen. Vor 1381 Jahren
sandte die Regierung Schüler der Medicin nach China. Nach
ihrer Rückkehr erhielten sie hohe Stellungen am kaiserlichen Hofe.
Früher studirte man Medicin fast nur in Privatschulen oder
bei praktischen Aerzten. Wer Arzt werden wollte, den liess man
zuerst Droguen zerkleinern, Pillen bereiten u. s. w. In den Privat¬
schulen hörte man ferner die Erklärung chinesischer und medi-
cinischer Bücher. Weiterhin sah man bei der Krankenuntersuchung
dem Lehrer zu, und schliesslich durfte der Student selbst Kranke
untersuchen.
« Fast alle Aerzte mit guter Praxis hatten mehrere Schüler m
ihrem Hause, die berühmtesten Aerzte unterrichteten meist viele
Schüler in ihrer Privatschule.
Es gab früher kein allgemein gütiges Approbationsexamen für
Aerzte, nur in einzelnen Provinzen gab es bestimmte Normen fui
ein solches.
Die einzelnen Factoren der Untersuchung bestehen in Erheben
der Anamnese, Inspection, Fühlen des beiderseitigen Radialpulses,
Messen der Temperatur, Besichtigung der Zunge, Palpation der
Brust und des Bauches; Auscultation und Percussion giebt es nicht.
Berühmte Aerzte stellten oft Diagnose und Prognose sehr richtig,
obwohl die Kenntniss von Anatomie, Physiologie, Pathologie fast
gänzlich fehlte und beim Studium kein systematischer Unterricht
bestand. Die Aerzte geben dem Kranken die Arzneimittel in fein¬
geschnittener Form in einzelnen Dosen mit Papier umwickelt. Mau
macht Abkochungen, und diese trinkt der Patient. Während einer
Krankheit ungekochtes Wasser zu trinken, war allgemein verboten.
Die europäische medicinische Wissenschaft gelangte zuerst voi
350 Jahren von Portugal und Spanien hierher und zwar durch die
9 Vergl. R. Pfeiffer, Studien zur'Cholera&tiologie. Zeitschrift füi
Hygiene u. Infectionskr, Bd. XVI, Heft 2, p. 282.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
29. März.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
307
Jesuiten, Bateren (Padres) genannt. Vor 250 Jahren erlaubte die
Regierung nur den holländischen Kaufleuten und Aerzten den
Zutritt zu bestimmten Häfen. Die Aerzte behandelten die Kranken
mit Hülfe eines japanischen Uebersetzers, der dann allmählich selbst
Arzt wurde. Man bezeichnet« deshalb bis vor kurzem die euro¬
päische Medicin als holländische; sie war besonders berühmt wegen
ihrer chirurgischen Leistungen.
Vor 130 Jahren übersetzte R. Maino (Japaner) zuerst hol¬
ländische Bücher über Astronomie, Mathematik, Medicin etc. ins
Japanische, später haben dann seine Schüler Ohzutei, Sugita,
Udagawa u. a. Medicin studirt und ebenfalls Uebersetzungen ge¬
liefert., wodurch für das Studium der Medicin grosse Erleichte¬
rungen geschaffen wurden.
Vor 50 Jahren (nach anderer Angabe vor 70 Jahren) kam
v. Sieb old nach Nagasaki, und es gingen viele Aerzte dorthin,
um bei ihm zu lernen.
Vor 36 Jahren (nach anderer Angabe vor 56 Jahren) rief
die Regierung den holländischen Militärarzt Dr. Pompfe nach Na¬
gasaki und liess denselben Unterricht in der Medicin ertheilen.
Damals studirten der frühere Generalstabsarzt R. Mazumoto,
S. Satoh, T. Lasaki u. a. in Nagasaki. Man richtete daselbst
ein Krankenhaus ein. in welchem viele Kranke behandelt wurden.
Vor 32 Jahren kam Dr. Bodwin nach Nagasaki. Derselbe
ertheilte zuerst systematischen Unterricht in der Medicin, indem
er, mit Physik, Chemie, Anatomie anfangend, Physiologie, Materia
medica, Klinik, Chirurgie und Augenheikunde lehrte.
Vor 34 Jahren errichteten Ito, Takenonzi, Hayashin'a
eine Impfanstalt in Tokio, mit der drei Jahre später eine medici-
nische Unterrichtsanstalt verbunden wurde. K. Ogata und
R. Mazumoto waren als Direktoren an derselben thätig. Vor
25 Jahren wirkten T. Zuboi, K. Schimamura u. a. als Lehrer
an der Anstalt. Im Jahre des Restaurationskrieges (1868) richtete
man in Yokohama ein Militärhospital ein. Nachher verlegte man
dieses Spital nach Tokio und verschmolz es mit der medicinischen
Schule, der man den Namen Hochschule gab. Der englische Arzt
Willis lehrte an derselben, dann kam auch Dr. Bodwin nach
Tokio, nachdem er einige Zeit im Hospital in Osaka thätig ge¬
wesen war.
Vor 21 Jahren wies der damalige Direktor der medicinischen
Facultät der Universität K. Sagara darauf hin, dass die medi-
cinische Wissenschaft in Deutschland weiter fortgeschritten sei als
in anderen Ländern, und dass man daher Lehrer für die medi¬
zinische Schule aus diesem Lande berufen solle. So kamen
l)r. Müller und Dr. Hof mann als Lehrer der Chirurgie und
inneren Medicin nach Tokio. Von der Zeit an wurde medicinischer
Unterricht ausschliesslich in deutscher Sprache eingeführt, ebenso
Naturwissenschaften; an die Vorbereitungsschule wurden Dr. Sie-
mons und Dr. Wagner berufen. Von jener Zeit an sandte die
Regierung andererseits viele Schüler nach Europa, besonders nach
Deutschland.
Vor 20 Jahren kamen Dr. Funk, Dr. Kocliius, Dr. Hil¬
gendorf, Apotheker Nievort, später Professor Döniz als Anatom
und Dr. Wernich, an Dr. Hofmann’s Stelle, als innerer Kliniker
und Dr. Schulte als Chirurg nach Tokio.
Vor 17 Jahren wurde zuerst ein medicinisches Staatsexamen,
analog dem in Deutschland, vorbereitet. In demselben Jahre kam
Dr. Baelz als Wornich’s Nachfolger und nach einigen Jahren
Dr. Tiegel, Dr. Gierke, Dr. Scriba u. a.
Vor 15 Jahren wurden die früher getrennten Facultäten der
Medicin, Jurisprudenz, Philosophie, Naturwissenschaften zur Uni¬
versität vereinigt. Vor 13 Jahren machten die Studenten, welche
acht Jahre an der Universität studirt hatten, zuerst das Doctor-
examen. Von der Zeit an promovireu jährlich 20—40 Aerzte (Iga-
kuski), und beträgt bis zum vorigem Jahre (1891) die Zahl der
proinovirten Doctores medicinae 384. An den anderen Facultäten
promovirten Juristen 308, Techniker 342, Philosophen 75, Natur¬
wissenschaftler 75, Landwirthe 190, Forstwirthe 94, Thierärzte 17,
rharmaceuten (zur medicinischen Facultät gehörig) 40 u. s. w.
. Von den befähigtsten Doctoren werden von der Regierung
jährlich einige nach Deutschland geschickt, um sich für specielle
Fächer weiter auszubilden. Nach ihrer Rückkehr werden die meisten
derselben als Professoren an der Universität angestellt, so dass
fast alle Fächer durch japanische Professoren vertreten sind. Nur in
der Klinik und Chirurgie sind Professoren Baelz und Scriba thätig.
Vor 13 Jahren wurde in der medicinischen Facultät noch
eine andere Art des medicinischen Unterrichts eingefflhrt mit drei¬
jährigem leichterem Cursus. Die Zahl der jungen Leute, die an
diesem Unterricht theilgenommen haben, beträgt ca. 1200. Diese
sowie die Studirenden von Medicinschulen erster Classe (d h. mit
Krankenhaus und mehr als drei medicinischen Doctoren als Lehrern)
machen kein besonderes Approbationsexamen.
Vor 7 Jahren wurden an der medicinischen Facultät einjährige
Curse in allen Fächern behufs specialistischer Ausbildung für
approbirte Aerzte eingeführt. Ausserdem werden seit drei Jahren
jährlich zweimal Curse für praktische Aerzte (Bezirksärzte) ab¬
gehalten, in welchen besonders Hygiene, gerichtliche Medicin,
Psychiatrie und Medicinalgesetzgebung sowohl theoretisch als auch
praktisch unterrichtet werden, ähnlich den Cursen für Bezirksärzte
in München. Die Zahl der Aerzte, welche diese Curse absolvirt
haben, beträgt bis jetzt (1892) ca. 279.
Ausser der kaiserlichen Universität bestehen sechs medicinische
Schulen, welche von der Regierung oder von Städten unterhalten
werden.
Ferner giebt es sowohl in Städten als auf dem Lande viele
medicinische Privatschulen und Krankenhäuser. Nach dem Bericht
des statistischen Bureaus (1889) existiren im ganzen 573 Kranken¬
häuser, davon 351 Privatkrankenhäuser, 220 öffentliche, 2 von der
Regierung unterstützte, abgesehen von den oben genannten medi¬
cinischen Schulen, Militärkrankenhäusern und der Universität.
Die Zahl der Aerzte in Japan betrug (1889) 41305, davon
hat der vierte Theil mehr oder weniger europäische Medicin studirt,
die anderen drei Viertel chinesische oder chinesische und euro¬
päische Medicin. Was das Verhältniss der Bevölkerung zu clor
Zahl der Aerzte betrifft, so betrug dasselbe 1000:1,2. Arznei-
händler inclusive Apotheker gab es 12773.
Die Bestimmungen für die Approbation als Aerzte sind seit
13 Jahren streng durchgeführt. Vor 10 Jahren bekamen alle Aerzte,
welche schon prakticirt hatten, das Zeugniss der Approbation.
Seither darf niemand den ärztlichen Beruf betreiben, der nicht
seine Approbation durch das Exämen erlialtou hat.
Das ärztliche Examen wird jährlich zweimal abgehalten und
zerfällt in zwei Abschnitte, wie in Deutschland das Tentamen
physicum und das Schlussexamen. Dasselbe wird von einer Exami-
nationscommission abgenommen, die aus Professoren oder ausser¬
ordentlichen Professoren derUniversität, Privatärzten (meist Doctoren
der Medicin), Militärärzten, Marineärzten, sowie aus Leibärzten des
Kaisers besteht. Gegenwärtig wird dieses Examen in Tokio, Naga¬
saki und Kioto abgehalten und melden sich dazu jährlich 5000 bis
6000 Candidaten, aber es besteht davon kaum ein Zehntel.
Was die Ausübung der ärztlichen Praxis betrifft, so sind in
Japan Arzt und Apotheker eins, insofern die meisten Aerzte selbst
die Arzneien bereiten und dem Kranken geben, wie es seit alters
Sitte. Deshalb haben fast alle Aerzte ihre eigene Hausapotheke.
Man bezahlt im allgemeinen nicht für die ärztliche Untersuchung,
sondern nur für die verorduete Arznei, diu durchschnittlich pro
Tag 20 d. kostet. Man kann im allgemeinen sagen, dass die japa¬
nischen Aerzte vom Verkauf der Arzneien leben. Wer also Praxis
treibt, hat zwei, drei oder mehrere Schüler, welcho dio Arznei be¬
reiten, und einige Assistenzärzte. Nur berühmten Aerzten bezahlen
Leute der mittleren und höheren Stände für die ärztliche Unter¬
suchung selbst. Es existirt bis jetzt keine bestimmte Taxe für
ärztliche Untersuchungen.
Viele Aerzte, welche grosse Privatpraxis in Tokio ausübeu, haben
auch eigene Privatkrankenhäuser mit 40—100 Betten; in Tokio
giebt es deren 6, in Kioto 1, in Osaka 4 u. s. w
In letzter Zeit ist angestrebt worden, das Apöthekergeschäft
ganz vom ärztlichen Berufe zu trennen, die meisten Aerzte sind
aber dagegen. Auch ist dem japanischen Reichstag eine Petition
um Einführung besonderer Schulen und einer Approbation für
Aerzte der chinesischen Schule zugegangen.
XI. Referate
Paul Grawitz, Atlas der pathologischen Gewebelehre. Fünf
Lieferungen mit ca. 80 Photogrammen auf 30 Tafeln. Berlin,
Kich. Schoetz 1893. Ref. Ribbert (Zürich).
, ~ ie T °nI J . Grawitz vertretenen, dem Atlas zu Grunde liegen-
n Anschauungen über die Art der Zellenvermehrung in patholo-
jnseben Geweben, insbesondere bei der Entzündung, sind so be-
nlk g ™2 rden un( l zudem in dieser Wochenschrift von Weigert
rg- 1893, No. 29—31), Grawitz selbst (ibid. No. 31) und
md Kritiken.
Marchand (ibid. No. 33) so ausführlich erörtert worden, dass cs
ausreicht, hier kurz daran zu erinnern, dass die Grundsubstaiiz
der Gewebe sich in die Zellen, durch deren Umwandlung sie ent¬
standen sein soll und die in ihr in einem „Schlummerzustand sich
befinden, zurückverwandeln soll. Der vorliegende Atlas ist be¬
stimmt, der Theorie eine sichere Stütze zu verleihen, soweit das
eben durch bildliche Reproducirung der Präparate und du re i zu¬
gehörige Beschreibung möglich ist. Er umfasst 30 Tafe n
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
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zwei oder meist drei Photogrammen, die in technischer Öinsicht
alles bieten, was von solch einem Verfahren zu erwarten ist, und
die, zumal in Anbetracht der starken Vergrösserung, die in vielen
Fällen zur Anwendung kam, vorzüglich genannt werden können.
Sie geben Abbildungen aus den verschiedensten Gebieten der
Histologie, den regressiven Processen mehrerer Gewebe, den Wund¬
regenerationen, der Impftuberkulose, den verschiedenen Entzün-
zündungen etc. Die Mannichfaltigkeit der dargestellten Bilder hat
den Verfasser veranlasst, das Buch einen Atlas der pathologischen
Gewebelehre zu nennen. Dieser Titel ist indessen zu weit gefasst,
da doch zahlreiche histologische Objecte gar nicht vertreten sind.
Der Text umfasst eine Einleitung, einen Schluss, zu vielen Tafeln
eine allgemeine Uebersicht und zu jedem Photogramm eine genauo
Beschreibung. Ob der Atlas geeignet ist, Grawitz neue Anhänger
zuzuführen, darf bezweifelt werden. Er enthält nur Bilder, die in der
Hauptsache allgemein bekannt und tausendfach untersucht worden
sind. Nun bietet aber freilich ein noch so oft wiederholtes Stu¬
dium keine Garantie, dass nicht doch noch neues in den Objecten
zu sehen sein sollte, und Graw r itz glaubt eben, solches neue ge¬
funden zu haben. Das sind, wenn wir hier nur von der in erster
Linie behandelton Entzündung reden, vor allen Dingen Kernformen
(resp. Zellformen), die nach seiner Meinung weder als die von
Leukocyten, noch von fixen Gewebszellen, noch deren Abkömm¬
lingen anzusehen sind. Er findet an ihnen mehrere Eigenthiim-
lichkeiten. Erstens sind sie sehr klein, oft bacillenähnlich schmal
und daher leicht zu übersehen, zweitens besitzen sie kein Proto¬
plasma, und drittens liegen sie in der Intercellularsubstanz so ein¬
gebettet, dass man sie ihr zurechnen muss. Dazu kommt, dass
um diese Kerne bei dem Erwachen der Zelle sich Protoplasma
an sammelt, welches man in die Grundsubstanz übergehen sehen
kann. Nun ist es keine Frage, dass man diese Dinge in
den Photogrammen so sieht, wie Grawitz sie beschreibt, aber
man wird seiner Deutung desshalb doch nicht zustimmen
müssen. Die theoretischen Bedenken, die sich erheben lassen, sind
von mehreren, u. a. den genannten Seiten hervorgehoben worden,
aber Graw r itz kann gewiss verlangen, dass man ihn auf Grund
seiner Abbildungen widerlegt und auseinandersetzt, wie man denn
seine Befunde deuten will. Da scheint es mir denn, dass erstens
nicht alle jene kleinen als erwachende Kerne angesprochene Dinge
wirklich Kerne sind, da ja doch nicht alles das Chromatin ist,
was mit Kernfärbemitteln deutlich wird; zweitens, dass viele nur
Theilo grösserer Kerne darstellen, die durch das Messer abge¬
trennt wurden, und drittens, dass theilweise wirkliche Kerne vor¬
liegen, die aber aussergewöhnlich klein sind. Mit Bezug auf
letzteren Punkt ist aber zu betonen, dass auch die normalen Binde-
gewebskerne oft schwer nachzu weisen, klein, vor allem aber lang und
schmal und, wie ich noch hinzufügen will, oft chromatinarm sind.
Nun ist es bekannt, dass bei der Entzündung die fixen Gewebs¬
zellen anschwellen, und so werden auch die Kerne chromatinreicher
und leichter erkennbar. Dadurch wird aber eine, freilich nur
scheinbare Kern- und Zell Vermehrung entzündeter Gewebe schon
in den ersten Stunden und in vielen Fällen vor Beginn der Emi¬
gration bedingt, und darauf lassen sich meiner Ansicht nach die
von Grawitz abgebildeten Verhältnisse zurückfüllren. Zu dieser
Ansicht haben mich Untersuchungen geführt, die ich bei experi¬
mentell erzeugter Entzündung lediglich zur Nachprüfung der von
Grawitz gemachten Angaben anstellte. Dabei habe ich aber
ferner auch nichts gesehen, was geeignet wäre, den Uebergang des
Protoplasmas schon etwas vergrösserter Zellen in die Substanz der
Bindegewebsfasern zu beweisen. Ich halte solche Beobachtungen
für Täuschungen, die bei dem engen Aneinanderliegen beider
Bestandtheile leicht möglich sind. Die Mikrophotographie ist aber,
wie in so mancher anderen Richtung, so auch hier durchaus un¬
geeignet, klare Bilder der wirklichen Verhältnisse zu geben, da
sie die oft ohnehin schon schwierige Differenzirung der beiden
Elemente bei dem verschwommenen Charakter der mit ihrer Hülfe
wiedergegebenen Bilder nur noch mehr erschwert. Die späteren
Stadien der Entzündung aber, in denen die Gewebe durch grossen
Zellreichthum ausgezeichnet sind, anders zu deuten, als man es
bisher gethan hat, anders nämlich, als durch Vermehrung der
fixen Elemente und durch Eindringen wanderfähiger Zellen, sehe ich
auch auf Grund der Photogramme keine Veranlassung. Hier giebt
auch Grawitz die Möglichkeit einer Betheiligung der beiden Vor¬
gänge zu und zwar vielleicht in grösserer Ausdehnung, als es den
Anschein hatte, insofern er nämlich in den Schlussworten aus¬
drücklich betont, dass die Proliferations- und Emigrationstheorie
seiner Meinung nach bei den ersten Anfangsstadien der Ent¬
zündung nicht ausreicht, um die Bilder in befriedigenderWeise zu
deuten.
Hermann Munk, Ueber die Fühlsphären der Grosshimrinde.
Sitzungsberichte der königlich preussischen Akademie der Wissen¬
schaften zu Berlin, physikalisch mathematische Klasse 1892,
Bd. 36, p. 679 und 1893, Bd. 39, p. 759. Ref. P. Grützner
(Tübingen).
Der wesentliche Inhalt dieser ungemein umfangreichen Ab¬
handlungen dürfte wohl folgender sein. Wie bekannt, haben ein¬
seitige Entfernungen der sogenannten motorischen Regionen in dem
Vorderhim der Hunde Störungen der Motilität und Sensibilität
auf der entgegengesetzten Körperseite zur Folge, die von den ver¬
schiedenen Forschern verschieden gedeutet werden. Diese Störun¬
gen sind um so auffälliger und betreffen um so mehr Körpertheile,
je grösser die Exstirpationen der Hirnsubstanz waren. Doch zeigt
sich, dass bestimmte Regionen der Hirnrinde bestimmte Körper¬
theile derart beherrschen, dass ihre Zerstörung immer und aus¬
nahmslos Störungen an den zugehörigen Körpertheilen, wie an dem
Kopf, dem Hals, den Vorder- oder Hinterbeinen nach sich zieht.
Nach Munk benimmt sich nun ein beispielsweise linksseitig
der „Extremitätenregionen“ beraubter Hund im einzelnen, was
Sensibilität anlangt, folgendermaassen. Wird ein normaler Hund
oder der operirte an dem linken Fuss unversehens mit einem weichen
Pinsel bestrichen oder mit einem Stabe leicht berührt, so sieht
der Hund sofort hin und er hebt zugleich etwas das Bein, wenn
die Berührung nicht ganz zart war. Drückt man ein wenig den
Fuss, so zieht ihn der Hund, das Bein kräftiger hebend, fort und
läuft davon oder führt den Kopf gegen den Fuss, um zu beissen.
Behandelt man dagegen die rechte Extremität in gleicher Weise,
immer vorausgesetzt, dass er den Angriff nicht sieht, so sind obige
leise Berührungen zu allen Zeiten wirkungslos. Um einen Erfolg
zu sehen, muss man den Fuss drücken, in der ersten Zeit äusserst
stark, dann immer weniger stark, bis endlich ein massiger Druck
genügt. Und immer besteht der Erfolg darin, dass unter sehr
kräftiger Bewegung der Glieder des betroffenen Beines der Fuss
fortgezogen wird. Der Hund sieht nicht hin, noch führt er den
Kopf dahin, er setzt sich nur öfters in Gang. Wird, wenn die
Reaction begonnen hat, der Druck noch fortgesetzt und das Bein
in seiner Bewegung gehemmt, so kommt es zu ausgedehnteren und
schliesslich allgemeinen Strampelbewegungen des Hundes, der zu¬
gleich winselt, knurrt, um sich beisst. Das Benehmen des Hundes
macht also den Eindruck, als sei rechterseits die Empfindlichkeit
der Extremität herabgesetzt. Das trifft aber nicht den Kern der
Sache, sondern es zeigt sich vielmehr, dass wenn man das rechte
oder linke Bein schmerzhaft reizt, der Hund in beiden Fällen den
Schmerz fühlt. Im ersteren Falle weiss er nur nicht, wo es ihn
schmerzt, weil ihm durch die Exstirpation der linken Extremitäten¬
region die mit Localzeichen versehenen Sinnesempfindungen der
rechten Extremitäten abhanden gekommen sind. Rechterseits sind
demnach die „Berührungsreflexe“, für deren Zustandekommen
Orts- und Druckempfindung nothwendig ist, auf die Dauer verloren
gegangen; geblieben sind nur die „Gemeinreflexe“, wie wir sie
z. B. bei schwach narkotisirten Thieren oder bei solchen finden,
die nur das Rückenmark als Reflexapparat besitzen. So entspricht
jenen beiden Reflexen der Sehreflex einerseits, welcher nur unter Mit¬
wirkung der Sehsphäre im Occipitalhirn durch eine Sehwahrnehmung
zustande kommt und der Retina- oder Optieusreflex andererseits,
welcher ohne das Grosshirn lediglich unter Vermittelung niederer
Centralorgane ausgelöst wird. Auch die des Grosshirns beraubten
Hunde von Goltz, welche sich z.B. eine Fliege, die sich auf ihren
Kopf gesetzt, durch Schütteln des Kopfes verjagten oder beim Abheben
einer auf ihnen liegenden Decke erwachten und den Kopf hoben,
hatten nach Munk keinen Tastsinn; es fehlten ihnen die mit Lo¬
calzeichen verbundenen Berührungsempfindungen und Berührungs¬
reflexe durchaus, erhalten war bloss die Gemeinempfindlichkeit, so
weit sie zu Gemeinreflexen führt; und für diese Reflexe war, wie
gleich zu erwähnen, die Reflexerregbarkeit nach dem Verluste
beider Hemisphären erhöht. Des weiteren polemisirt Munk gegen
Goltz über das Wesen jener Reflexbewegungen, die Munk, weil
sie von den isolirten niederen Centren ausgehen, Isolirungsver-
änderungen zu nennen vorschlägt. Die sehr geringe Grösse der
Reflexerregbarkeit unmittelbar nach den Verstümmelungen des
Grosshirns, so wie ihre allmähliche Zunahme mit der Zeit er¬
klärt nämlich Goltz in der Weise, dass die niederen Reflcx-
centren eine Hemmung erfahren und mit deren allmählichem Ab¬
klingen ihre normale Function wiedergewinnen, während Munk
eine Erhöhung der Reflexerregbarkeit jener niederen Apparate
annimmt, wenn sie eine längere Zeit isolirt und abgetrennt
von den höheren und sie beherrschenden Centren des Gehirns
arbeiten. Im Wesen ganz ähnliche Erscheinungen wie bei den
Hunden werden, entgegen den früheren Angaben von Ferner,
Horsley, Schäfer und anderen, von Munk auch an Affen be¬
obachtet, denen man die Extremitätenregionen exstirpirt hat. Hier
wie dort kommen in jenen Regionen die Berührungs- oder Druck-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
29. März.
empfindungen und die Berührungs- oder Druekwahrnchniungen der
zugehörigen Extremitäten zustande, und an sie sind auch die Be-
rührungsreflexe dieser Extremitäten gebunden, so dass mit dem !
völligen Untergänge der Regionen jene Empfindungen und Wahr¬
nehmungen wie diese Reflexe für immer verloren sind. Von den
Extremitätenregionen ist ferner die Schinerzempfindlichkeit der
zugehörigen Extremitäten abhängig, wahrscheinlich ausschliesslich,
so lango der Schmerz nicht eine gewisse Grösse überschreitet.
Sind sie zugrunde gegangen, so sinkt die Schmerzempfindlichkeit |
bedeutend und erreicht erst allmählich und unvollkommen ihre
frühere Höhe, indem andere Rindenpartieen als Ersatz der unter- !
gegangenen eintreten. In der zweiten oben erwähnten Abhand¬
lung behandelt Munk das motorische Verhalten von Affen, I
denen die Extremitätenregionen einseitig und doppelseitig entfernt
sind und kommt zu ganz ähnlichen Ergebnissen. Es wird scharf !
unterschieden zwischen sogenannten Principalbewegungen, wie |
309
Gehen, Laufen, Aufrichten, Klettern, Springen u. s. w., die von
niederen Principalcentren beherrscht werden oder allein beherrscht,
werden können und mit dem Verluste der Rindencentren nicht mit,
zu Verluste gehen, und Sonderbewegungen, die ein entgegen¬
gesetztes Verhalten zeigen. Nichts desto weniger haben die Ex¬
tremitätenregionen doch auf alle Bewegungen der gegenseitigen
Extremitäten mit Ausnahme der Gemeinreflexe oder Rückonmark-
reflexe Einfluss und sind für sie von Bedeutung. Ein z. B. links¬
seitig operirter Affe macht daher mit den rechten Extremitäten,
welche unmittelbar nach der Operation nahezu bewegungslos sind,
eine Menge Gemeinschaftsbewogungen, welche zusammen in Ver¬
bindung oder in der Reihe mit Bewegungen anderer Körpertheile
erfolgen und zwar mit der Zeit immer besser und geschickter; die
ungemein vielfachen, oft sehr geschickten und zierlichen Sonder¬
bewegungen der rechten Extremitäten sind aber ein für alle Malo
verloren.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
XII. Journalrevue.
Innere Medicin.
G. See, Oes möprises entre les maladies de l’estomac
et celles de l’intestin. Bulletin de l’Acadömie de mödicine.
Dec. 1893.
In dem vorliegenden Artikel nimmt S6e Gelegenheit, einen
Syniptomencomplex ins rechte Licht zu setzen, der zu argen Irr-
thümem häufig genug Veranlassung giebt. Wir halten eine solche
Aufklärung für sehr verdienstlich; und die Ausführungen von so
berufener Seite sind interessant und werthvoll genug, um ein¬
gehender gewürdigt zu werden, wenn wir auch nicht ganz die
Ansicht des Autors theilen. Es handelt sich hier um jene
grosse Gruppe von Kranken — fast ausschliesslich Frauen —,
welche mit gastrischen Beschwerden zu uns kommen und bei
denen man dann einen Tiefstand des Magens findet, der dem
Unkundigen als Ectasie imponirt, eine falsche Auffassung der
Sachlage, die eine verkehrte Behandlungsmethode zur Folge hat.
Uutersucht man den Magen dieser Patienten gewissenhaft mit den
modernen Hülfsmitteln, so vermag man meist keine functionelle
Anomalie festzustellen; dagegen ergiebt eine gewissenhafte Prüfung
des Stuhlgangs, der immer verhalten ist, dass mucinös-
membranöse Beimengungen vorhanden sind: Enterite mucino-
meinbraneuse, die S6e als keinen entzündlichen Process, der mit
Fibrinausschwitzung einhorgeht, sondern als einen hypersecre-
torischen Zustand der Schleimhaut auffasst, wie dies auch ge¬
meinhin in Deutschland geschieht. Der Dünndarm ist gesund, die
Symptome von Seiten des Dickdarms. der allein erkrankt ist, sind,
abgesehen von der Ausscheidung der erwähnten Massen, schmerz¬
hafte Sensationen im Verlaufe des Colon, namentlich auch
<le>’ Quercolon, abnorme Bildung und Ansammlung von Gasen,
bisweilen Erweiterung des Organs. In einer beträchtlichen Zahl
von Fällen sind Hämorrhoiden, Hernien, Genitalaffectionen vor¬
handen. Soweit nun Symptome in die Magengegend verlegt wer¬
den, sind sie secundär, zunächst rein nervöser Natur, doch kann
in einem gewissen Stadium die Magenfunction Abweichungen von
der Norm zeigen. Einmal entsteht so nachträglich nicht, selten
'' lne Supcrsecretion, andere Male werden auch, indem zu wenig
Salzsäure abgesondert wird, fermentative Processe begünstigt:
allein die symptomatische Behandlung dieser secundären Erschei¬
nungen schafft höchstens vorübergehend Erleichterung. Die Wurzel
des Lehels ist nach Sfie der Dickdann, und die wahren Hülfs-
mittel sind folgende: 1) Man hat durch mechanisch wirkende Stoffe,
| 3. Olivenöl, den Darm zu reinigen, Purgantien sind verpönt.
Die Beruhigung der Schmerzen erfolgt durch Brompräpa¬
rate event. Cannabis indica (kein Opium). 3) Zur Beseitigung
. r Gase und Desinfection des Darms ist in erster Reihe
‘‘ine Combination von Natriumphosphat (3—4 g pro die) mit Natrium-
•'alieylat (0,4 pro dosi) empfelilenswerth; auch das Natrium biboraci-
• tim leistet gute Dienste, während das Benzonaphtol nicht indicirt
v , Fleisch, Milch, Eier, Kartoffeln, Reis sind die wichtigsten
• •ihrungsmittel, der Genuss von Compots und Früchten gewährt
^ es °öderen Vortheile, Wasser und Thee sind die geeignetsten
Roth- und Weisswein sind zu untersagen, concentrirtero
1 °'U ) ‘ 1 sche Gemische sind gelegentlich zu gestatten.
. zweifellos richtig, dass bei Enteritis membranacea häufig
rische Beschwerden mannigfacher Art vorhanden sind, die leicht
«i annt werden, ganz besonders wenn nervöse Subacidität oder
• tperacidität die Annahme einer selbstständigen Magenaffection
oft tvf i ^ UD< * ( ^ ass * n diesen Fällen das Vorgehen, wie es See räth,
P - <rtol E haben wird, ist von vornherein plausibel. Ref. hat selbst
Krant* genommen, in seiner „Pathologie und Therapie der
Stell ^ eite ? ( ! es IW, Wien und Leipzig 1893“ an verschiedenen
nincrpn i n ie Abhängigkeit gastrischer Erscheinungen von Stö-
° der Darmfunction nachdrücklichst hinzirweisen und ist des¬
halb gern geneigt, die interessanten Ausführungen des Verfassers
über die hier möglichen Verwechselungen gebührend zu würdigen.
Nur möchte er nicht so weit gehen, der Enteritis membranacea
eine so selbstständige Stellung in der Pathologie einzuräumen, wie
es Söe zu thun scheint. Es muss doch hervorgeboben werden,
I dass die in Rede stehende Störung der Darmfunction, auch w r o sie,
durch Lagoveränderung und anderweitige Anoinalieen der Bauch¬
organe unterstützt und hervorgerufen wird, sich im wesentlichen
als eine nervöse Affection darstellt; gemeinhin ist sie Theil-
erscheinung einer Neurasthenia gastro-intestinalis mit,
mannigfachen Magendarmsymptomen, und da kann der Zustand dos
Darms, der die Ausscheidung der membranösen Massen zuwege
bringt, doch nicht als Grundkrankheit gelten. Hier wird man
auch oft von einem Vorgehen mit besonderer Berücksichtigung
der Hydrotherapie, der Elektricität und anderer Heilpotenzen
ganz ausserordentlich günstige Resultate sehen.
Rosenheim (Berlin).
Chirurgie.
! R. Sievers, Ueber Incision und Drainage bei Pyuperi-
j cardium. Zeitschr. f. klin. Med. 1893, XXI I I , p. 25—49.
I Sievers konnte aus der Litteratur elf Fälle von eitriger
Pericarditis zusammenstellen, die operativ behandelt wurden, und
fügt noch einen eigenen Fall hinzu. Von diesen zwölf Fällen
kamen fünf zur Genesung; in der Mehrzahl, die meist durch
j pyämische Affectionen complicirt waren, wurde wenigstens eine
i Besserung und eine Verlängerung des Lebons erzielt. In der Regel
| genügt eine Incision im vierten oder fünften Rippeninterstitium
I einige Centimeter links vom Sternum mit folgender Drainage. Aus-
i Spülungen der Pericardialhöhle werden besser unterlassen. Gleich-
I zeitige Rippenrescction kam nur zw r eimal zur Ausführung. Eine
störende Einwirkung auf die Arbeit des Herzens übt die Eröffnung
1 der Pericardialhöhle nicht aus. E. Sehrwald (Freiburg).
L. Curtis, Remarkablo sequenoe of Operation for ne-
crosis at base of skull: a now method of resecting the
third branch of the fifth nerve. Journal of the Amor. Med.
j Associat. 1893, 14. Jan.
Ein 25jähriges Mädchen, welches von Jugend an auf dem linken
i Auge vollständig blind war, erkrankte unter Erscheinungen, die
I auf Eiteransammlung im Antrum Highinori dextrum deuteten. Bei
der vom Munde aus vorgeuommenen Operation fand sich die Höh¬
lung mit Eiter, Schleimcysten und Granulationsgewebe ausgefüllt.
: die hintere Wand fehlte vollständig, der Knochen w ar zum grössten
! Theil nekrotisch. Beim weiteren Vorgehen zeigte es sieh, dass
I das Os sphenoidale, das Os temporale und der Arcus zygomatieus
I in ziemlicher Ausdehnung gleichfalls erkrankt waren und dass hier-
i durch ein ähnlicher Eiter und Granulationsgewehe enthaltender
1 Heerd gebildet war. Die in ausgiebigster Weise vollführte Opera-
l tion erzielte nicht nur Heilung des Krankheitsprocesses, sondern
j bewirkte auch eine allmähliche Wiederherstellung des Sehver-
I mögens des linken Auges. Curtis nimmt daher an, dass die Er-
I krankung bereits in früher Kindheit begonnen hat, dass es sieh
I vielleicht um einen angeborenen Tumor in der Gegend des Tractus
opticus dext. handelte, welcher durch die Fissura spheno - nmxil-
laris hindurch wucherte und durch seinen Druck die umliegenden
Gewebe zerstörte. Bei der Operation wmrde der dritte Ast des
, Trigeminus deutlich sichtbar, so dass er, weun nöthig, hätte durch¬
schnitten werden können. Der Verfasser macht daher darauf anl-
i merksam, dass die Möglichkeit gegeben ist, die Resection dieses
i Nervenastes auch vom Munde aus vorzunehmen. Die Operation
; bietet keine grösseren Schwierigkeiten als die jetzt üblichen Me-
1 thoden, und es wird dadurch die sonst nicht zu umgehende Ent¬
stellung des Gesichte vermieden. Reunert (Hamburg).
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BIO
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13
Verein für innere Medicin in Berlin.
Sitzung am 5. März 1894
Vorsitzender: Herr Ohrtmann; Schriftführer: Herr Litten.
Das Protokoll der vorigen Sitzung wird verlesen und ange¬
nommen.
1. Discussion über den Vortrag des Herrn Kossel: üeber
Lymphzellen.
Herr G. Kl e mp er er: Ich möchte den Herrn Vortragenden bitten,
seinen interessanten Darlegungen in zwei Richtungen einiges hinzuzufügen.
Meine erste Frage betrifft das Verhältnis zwischen den Lymphzellen
und der Harnsäure, das er in seinem Vortrage nur andeutungsweise
streifte. Herr Kossel legte dar, dsss in den Lymphzellen phosphor-
haltige Eiweisskörper vorhanden sind, die als Nucleine bezeichnet werden,
weil sie im Kern enthalten sind, und welche die Eigenschaft haben, sich
unter verschiedenen Einwirkungen in phosphorfreic Eiweisskörper und
Nucleinsäuren zu zerlegen. Wenn die Nucleinsäure sich noch, weiter
zersetzt, so entstehen neben Phosphorsäure die sogenannten Xanthinbasen.
Diese haben in ihrem chemischen Bau die grösste Aehnlichkeit mit der
Harnsäure, so dass die Möglichkeit naheliegt, dass auch diese ein Ab¬
kömmling der Zellkemstoflfe ist. Herr Kossel berichtete, dass diese Idee
von Stadthagen und später von Horbaczewski weiter verfolgt worden
sei. Es wäre nun sehr dankenswerth, wenn Herr Kossel sich nicht auf
diese aphoristischen Bemerkungen beschränkte. Denn das praktisch
ärztliche Interesse inbetreff des Zusammenhangs der Kernsubstanzen mit
biologischen Vorgängen richtet sich wesentlich auf diesen Punkt, ob die
Harnsäure zu dem Nuclein in bestimmter Beziehung steht. An dieser
Frage hängt gewissermaassen das Wohl und Wehe der zahlreichen Kranken,
die an Harnsäurediathase, Gicht u. s. w. leiden; je tiefer unser Einblick
in die Entstehung der Harnsäure, desto eher wird ihnen zu helfen sein.
Früher schien der Zusammenhang zwischen der Harnsäure und der
Eiweisszersetzung ein ausserordentlich gut gekannter. Man war allgemein
der Meinung, die Harnsäure gehöre zu den Zersetzungsproducten des
Eiweisses, so zwar, dass sie eine Stufe der Oxydation unmittelbar über
dem Endproduet Harnstoff darstelle; konnte man doch durch direkte
chemische Einwirkung aus der Harnsäure — mittels Salpetersäure auf
dem Umwege über Alloxan — Harnstoff und Kohlensäure darstellen.
Jeder erinnert sich wohl der berühmten Versuche von Wöhler und
Frerichs, nach denen harnsaure Salze in die Blutbahn von Säuge-
thieren eingeführt, in Harnstoff übergehen. Hielten wir also die Harn¬
säure für eine Vorstufe des Harnstoffs, so mussten wir auch die An¬
sammlung dieser Substanz als ein Zeichen darniederliegender Oxydation
ansehen, und so galt uns die Gicht als eine der Krankheiten des gestörten
Stoffwechsels, welche „par raleutissement de la nutrition“, um mit
Bouchard zu sprechen, verursacht werden. Garrod [nahm bekanntlich
an, dass die angestaute Harnsäure in den Geweben auskrystallisire, Eb¬
stein brachte den Beweis, dass entzündliche und nekrobiotische Processe
in den Geweben der Hamsäureablagerung vorausgehen, aber die primäre
Gewebsnekrose lässt er durch die Harnsäureübersättigung der Säfte zu¬
stande kommen. In diese Theorieen nun, welche die Gicht zur allge¬
meinen Stoffwechselstörung stempeln und welche für die Therapie der
Gicht sich fruchtbar und nützlich erwiesen haben, ist in letzter Zeit ein
ganz merkwürdiges Schwanken gekommen, wesentlich durch die
Arbeiten, welche Herr Kossel so kurz erwähnt hat. Wenn
wirklich die Harnsäure ein Nucleinabkömmling ist, wenn sie also vom
allgemeinen Stoffwechsel gänzlich losgelöst, Bildungsbedingungen unter¬
liegt, die uns noch völlig unbekannt sind, so schweben alle unsere
Anschauungen von der Entstehung der Gicht völlig in der Luft und
auch unser therapeutisches Vorgehen entbehrt der wissenschaftlichen
Begründung. In der That hat ein neuerer Bearbeiter dieses Kapitels
— v. Noorden in seiner Pathologie des Stoffwechsels — von der herr¬
schenden Theorie sich völlig losgesagt. Er folgt zwar Ebstein, indem
er den primären Charackter der gichtischen Gewebsnekrose anerkennt —
die Ursache der Nekrosen aber erklärt er für unbekannt. Dem Process
selbst sei „ein chemischer Stempel aufgeprägt, welcher die örtliche Ent¬
stehung von Harnsäure aus dem Eiweiss der erkrankten Gewebszellen er¬
möglicht“. Ich weiss nicht, ob diese Hypothese, welche die Entstehung
der Gicht vollkommen von allgemeinen Stoffwechselstörungen loslöst, sich
grossen Anklanges erfreuen wird. Jedenfalls zeigt sie, dass die Meinung
von den besonderen Bildungsgesetzen der Harnsäure, auf die Herr Kossel
hinwies, auch in die Pathologie Einzug gehalten. Um so wünschens-
werther, meine ich, wäre es, wenn Herr Kossel den jetzigen Stand der
physiologischen Frage genauer auseinandersetzte. Denn es darf wohl be¬
tont werden, dass der sichere Beweis für die Entstehung der Harnsäure
aus Nuclein noch nicht erbracht ist. Horbaczewski hat zwar ange¬
geben, dass faulender Milzsaft aus Nuclein Harnstoff büde und dass Nuclein,
Kaninchen und Menschen dargereicht, die Hamsäureausseheidung vennehre.
Aber diese Angaben sind theils unbestätigt, theils durch Stadthagen
direkt widerlegt, und Herr Kossel selbst hat uns vor einiger Zeit in
der physiologischen Gesellschaft (14. October 1892) auf wesentliche Lücken
in Horbaczewski’s Versuchsanordnung hingewiesen. Es wäre für uns
gewiss von grösstem Interesse zu erfahren, ob jetzt die besprochene
Harnsäurethcorio auf festerem Boden steht als bisher, oder ob wir vorläufig
noch an unseren alten durch Frerichs sanctionirten Anschauungen und
ihren therapeutischen Consequenzen festhalten dürfen.
Eine zweite Frage möchte ich an die sehr bemerkenswerthe Thatsache
anknüpfen, die der Herr Vortragende uns berichtet hat, dass die Nucleinsäure
Bacterien abzutödten vermag. Diese Entdeckung ist ohne Zweifel von ausser¬
ordentlicher Tragweite für die Erforschung der Ursachen der Immunität und
XIII. Vereine und Congresse.
Heilung; denn hier ist zum erstenmal die bactericideWirksamkeit eines in den
Körperzellen enthaltenen Stoffes erwiesen. Anläufe zu ähnlichen Fest¬
stellungen sind ja schon von anderen früher gemacht worden, aber in den
Kossel’schen Versuchen ist doch zum erstenmal ein woklckaraktensirter
chemischer Körper angewandt worden. So hoch ich also diese Beobachtungen
stelle und so grosse Anregungen für die weitere Forschung ich davon er¬
warte, so sehr war ich verwundert, dass Herr Kossel sie gerade zu der
Me'tschnikoff’schen Pliagocytentheorie in Beziehungen brachte Ich
möchte glauben, dass der Entdecker seine schöne Thatsache damit un-
nöthig theoretisch engagirt. Herr Kossel sagt zwar, die Leukocyten
enthielten ihre NucleYnsäure doch wohl nicht zum Schmuck; aber einer¬
seits hat er ja selbst berichtet, dass die Leukocyten gewöhnlich gar keine
freie NucleYnsäure enthielten, sondern nur unter besonderen Bedingungen,
deren Vorhandensein in Infectionskrankheiten bisher nicht festgestcllt ist.
Und andererseits möchte ich ihn fragen, ob nicht Nucleinsäure auch m
anderen Körperzellen — ausser den Leukocyten oder im Blutserum
enthalten ist. Denn in vielen Fällen wirkt doch das Blutserum bedeu¬
tend energischer bactericid als die Leukocyten. Und schliesslich möchte
ich darauf hinweisen, dass diese Forschungon doch erst im Anfang sind,
und dass wir vielleicht neben der NucleYnsäure noch eine ganze Reihe
anderer Stoffe in Zellen und Säften kennen lernen werden, die auch bac¬
tericid wirken können. Ich möchte also don Hei-rn Vortagenden fragen,
ob er besondere Gründe hatte, seine Beobachtungen gerade zur Stütze
der Metschnikoff’schen Theorie zu verworthen? . ,
Herr A. Kossel (Schlusswort): Es ist hauptsächlich em Grund, der
mich veranlasst, eine Entstehung der Harnsäure aus den NucleYnstoffen
anzunehmen, das ist die Aehnlichkeit in der chemischen Constitution der
Harnsäure und der aus den NucleYnstoffen hervorgehenden .Spaltungs-
producte. Wenn man die Entstehung eines Stoffwechselproductes am
Thierkörper erforschen will, so muss man sich zunächst danach umsehen,
ob in den Geweben Substanzen aufzufinden sind, welche in ihrer chemischen
Constitution diesem Product nahestehen. Auf diese Weise gelangt man
eher zu sicheren Schlüssen, als bei Versuchen an überlebenden Organen,
bei denen man Bedingungen hervorruft, die sich von den natürlichen
wesentlich unterscheiden, und bei denen man auch zu Trugschlüssen
kommen kann, wenn das Zugrundegehen der einen Substanz zufällig mit
der Entstehimg der anderen coincidirt.
Die Spaltungsproducte der NucleYne haben, ich möchte sagen, den¬
selben Grundriss in ihrem Molecül, wie ihn die Harnsäure besitzt. Die
Harnsäure zerfällt bei der Oxydation in zwei Bestandtheile, welche durch
folgende Constitutionsformeln erläutert werden:
/NH-CO
/ ' NH«r.
CO< CO "CO
I
NHj/
\ NH-CO . .
Der eine dieser Bestandtheile hat den Namen Alloxan, der zweite ist der
Harnstoff. Dieselben Zersetzungsproducte entstehen auch aus dem Xanthin.
Neben dem Xanthin sind unter den Zersetzungsproducten der Nuclein-
körper noch andere Stoffe vorhanden, das Guanin, das Hypoxanthin und
das Adenin. Alle diese Stoffe enthalten die beiden genannten Atom-
complexe. Ausser diesen aber kennen wir keine Stoffe im thierischen
Organismus, welche in ihrer Constitution der Harnsäure so nahe stehen.
Also muss sich der Gedanke aufdrängen, dass die Harnsäure in einer
genetischen Beziehung zu diesen Stoffen steht. Ob nun bei der Zersetzung
der NucleYnsäure im thierischen Organismus zunächst diese Basen entstehen
und weiter aus Oxydation dieser Basen die Harnsäure gebildet wird, oder
ob — wie Herr Stadthagen dies in seiner Arbeit über die Entstehung dei
Harnsäure eingehender erörtert hat — ein Nucleinstoff von vornherein
vorhanden ist, der unter gewissen Bedingungen die Harnsäure bilden Kann,
unter anderen Verhältnissen die NucleYnbasen, das will ich nicht entscheiden.
Die Ansicht, dass aller Harnstoff, der den Körper verlässt, aus Ha™-
säure hervorgeht, dass also die Harnsäure eine Vorstufe des Harnstone
ist, lässt sich heute wohl kaum noch vertheidigen. Die Untersuchungen
von Drechsel haben gezeigt, dass bei der künstlichen Zersetzung der
Eiweissstoffe ein Körper entsteht, der durch weitere Spaltung m Harn¬
stoff übergehen kann. Wir sehen also die Möglichkeit der Entstehung
von Harnstoff im thierischen Organismus, ohne dass er durch die Harn*
säure als A r orstufe hindurchgeht. Fernerhin lässt sich auch die MögnchKei
der Entstehung des Harnstoffes aus Kohlensäure und Ammoniak für ge¬
wisse Fälle nicht von der Hand weisen, auch in diesem Falle würde oei
Harnstoff nicht die Vorstufe der Harnsäure passirt haben. Wenn ma
also die Bildung der Harnsäure mit einer Oxydationshemmung in Be¬
ziehung bringt, so ist dies wohl eher in der Weise aufzufassen, dass b
abnorm grossem und anhaltendem Sauerstoffmangel, solche Stoffe in reic i-
lichenMengen zugrunde gehen, welche bei ihrer Zersetzung Harnsäure lieter.
Herr Klemperer fragte mich dann, ob ich glaube, dass durch dies
Untersuchungen die Pliagocytentheorie von Metschnikoff gestützt wur
und weshalb ich glaube, dass diese Thatsachen besonders gut mit diese
Theorie vereinbar sind. Ich habe in meinem Vorträge hierüber folgen e
gesagt: „Diese Betrachtungen sind der Lehre Metschnikoff s von
Phagocytose leicht anzupassen.“ Ich glaube, diese Worte involviren nie
etwa den Sinn, dass die Lehre von der bactericiden Wirkung der Muciei
säure mit der Lehre von der Phagocytose steht und fällt. Was mic
veranlasst hat, die Phagocytose zu erwähnen, war besonders das eine, aaSw
wir uns die Wirkung der NucleYnsäure viol leichter in der Zelle vorsteilen
können als ausserhalb derselben. Die Wirkung der Nuclofnsäure atii ( 1
Mikroorganismen findet — soweit unsere Versuche bisher erkennen lass i
— am besten dann statt, wenn diese Säure im freien Zustande vorhan en
ist. In den alkalischen reagirenden Säften liegen also die Bedingungen
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29. März.
für diesen baetericideu Proccss weniger günstig. Wenn wir nun in der
Zelle selbst ein Zugrundegeheu von Bacterien annebraen, so gelangen wir
zu Vorstellungen, welche der Metschnikoffachen Theorie mindestens
sehr naho stehen. ’ "
2 . Herr Fürbringer: Ueber die Gewebssafttherapie in
ihrer modernen Ausbildnng. (Der Vortrag wird in dieser
Wochenschrift veröffentlicht werden.)
Der Vorsitzende schlägt vor, die Discussion auf die nächste
Sitzung zu vertagen.
Herr Leyden: Ich halte diese Vertagung auch für zweck¬
mässig, insofern es uns wünschenswerth ist, uns auf die Discussion
vorzubereiten. Auf meiner Klinik sind eine ganze Reihe von Ver¬
suchen und Untersuchungen über die „Gewebssafttherapie“ gemacht
worden, welche wir Ihnen im Anschluss an den eben gehörten
interessanten Vortrag vorlegen wollen. Herr Goldscheider,
welcher die meisten dieser Untersuchungen angestellt hat, hat es
übernommen, darüber zu berichten, ist aber bis heute noch nicht
mit der Zusammenstellung fertig geworden.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ich
311
a "! dio l JHuk| eassaftbebaudlung bei Diabetes möchte
damit »LÄ da f ich K,aube ’ dio «»fm Versucht*
damit angestellt zu habeu, aber leider ohne Erfolg. Ich habe
über diese -Versuche eine kurze Mittheiluug gemacht in oinom
Vorträge über Diabetes mellitus,!) welchen ich im vorigen Jahr auf
dem Balneologencongress gehalten habe. Im Anschluss habe ich die
analogen Versuche englischer Aerzte die mir die wichtigsten schienen,
citirt. Später nahm ich meine Versuche wieder auf, habe Pan¬
kreasdrüse und Pankreassaft essen lassen, den Saft subcutan injicirt,
und auch als Clysma gegeben, ohne erkennbare Einwirkung auf
die Diabetes. Ganz neuerdings habe ich eine Mittheilung gelesen
welche für sich in Anspruch nimmt, positive Erfolge erzielt zu
habeu. Battistini berichtet in den Therap. Monatsheften 1893
No. 10 über zwei schwere Fälle von Diabetes mellitus, welche auf
der Klinik von Bozzolo behandelt wurden: trotz absoluter Fleisch-
wa 1 r . d , ei ‘ Mucker im Harn niemals verschwunden. In beiden
hällen leistete die subcutane Pankressinjection gute Dienste, indem
die Zuckerausseheidung abnahm.
Verausgabt wurden für das gesammte Armenwesen in Berlin für das
Rechnungsjahr 1 . April 1892/98:
XIV. Oeffentliches Sanitätswesen.
Die städtische Armenpflege in Berlin.
Titel
Armenwesen (ausgeschl. städti¬
sche Anstalten).
Waisen Verwaltung.
Arbeitshaus in Rummelsburg
Städtisches Obdach.
Friedrich Wilhelms-Hospital und
Siechenanstalten.
Städtisches Krankenhaus im Frie¬
drichshain .
Städtisches Krankenhaus in Moa¬
bit .
Städtisches Krankenhaus am
Urban.
Städtische Irren- und ldioten-
Anstalt zu Dalldorf ....
Summa
Ausgabe
n
Davon sind
durch
Einnahme
gedeckt
M. |Pfj
6 538 374,82
1 028 287 86
585 72621
182 855j 66
439 272 46
629 895145
602 594
547 353
2 149 123
92l
12 703 484 57
547 085 (32]
210 303 ,60
199 380
26 048
55 234
252 907
163 170
217 784
252 889 |46|
Mithin
Kommunal-
Zuschuss
M.
5 991 289
817 984 26
Pf
50
Handarbeiter . 2 934 Personen = 13,01 „
ohne Angabe des Standes 90 „ = 0.40 „
unverehelichte Frauenspersonen 2 543 ” =1128”
Ehefrauen. 169 „ = 075 ”
eheverlassene Frauen .... 621 ” = 2 76 ”
geschiedene Frauen .... 349 ” = 155 ”
Wittwen. 13 383 ” = 59’,35 ”
Hinsichtlich der allgemeinen Ursachen der Unterstützungsbedürftig¬
keit ergeben die Almosenlisten, dass von den 22 546 Almosenempfängern:
12 006 oder 53,25 % wegen hohen Alters (Uber 65 Jahre)
386 346
156 806
19 i
70 !
6 396
4144
384 038 1 37 I untertützt wurden.
1
376 987 82 j
28.37 „ „ andauernder Krankheit oder’ Siech¬
thums,
18.38 „ ., nicht zureichenden Erwerbes oder
nicht genügender bezw. mangelnder
Erwerbsfähigkeit
439 424;
329 569
1 896 234|
|46
1 924 803 7410 778 680 83
waren am
I* Offene Armenpflege.
3 | Mto ,t geS Ä he ., offe . ue Annonpflege in Berlin ...
• *iarz ioy .1 — 243 Bezirks-Armencommissionen in Thätigkeit.
Denselben gehörten:
235 unbesoldete Vorsteher (8 je 2 Commissionen verwaltend).
23b Vorsteherstellvertreter,
117 Stadtverordnete und
- 2015 Mitglieder einschliesslich der Bezirksvorsteher,
zusammen 2 603 Personen, an.
und zahlen die Unterstützungen selbst aus
Vorstehp»*« ,ZU ^ sem Zweck aus der Stadthauptkasse zu Händen des
DuSal 116 ! Vorschuss in Höhe des einmonatlichen Bedarfs. Recli-
^Ianfpnf Un f ^. rst,attuil S’ der Ausgaben erfolgen monatlich.
Almosenempfänger StötZt WUrden durch schnittlich monatlich:
Pflegekinder ‘ ‘ ‘ [. 2 g 399
Cr schnittbV*? f« er Unterstützung betrug monatlich durch-
Flir ein Pflegekind ^ Almosenem P^ger.12,81 M.
*lenen N 22 \u? r Af JmOSenlist ^ standen von den am 81. März 1893 vorhan-
Ä04b Almosenempfänger in einem Alter:
unter 20 Jahren
von 20-40 Jahren
über 40-50 Jahr
» 50-60 „
» 60-70 „
» 70—80 „
» 80—90 _
90-100
80 Personen = 0,35 0/0
1113 „ = 4,94 „
1686 „ = 7,48 „
3 687 „ = 16,35 „
9 052 „ == 30,15 „
6 024 „ = 26,72 „
864 „ = 3.83 „
40 „ = 0,10 „
V . ‘ —~ n • . .
v "u denen l, ud Beruf sondern sich die 22 546 Almosenempfänger,
folgende Klassen. männ lchen und 17 065 weiblichen Geschlechts waren, in
Könctf U “ d Lehrer
KOnstlrT, Gelehrte, Literaten
treibende Personen
»'»•erbetreibende Personen
34 Personen =
63 „ —
288 , -
2 072 „ =
0,15<>/o
0,28
1,28%
9.19 „
Armenkrankenpflege.
Für die offene Armenkrankenpflege waren in dem Berichtsjahre 70
besoldete Armenärzte thätig.
Unentgeltlich wirkten noch: zwei Aerzte des Königlichen Universi¬
tätsklinikums auf Grund eines mit diesem Institute getroffenen Abkom¬
mens in den Medicinalbezirken No. 3 und 52, die Königliche Universitäts-
Poliklinik für orthopädische Chirurgie „Am Circus No. 9 , NW.“, je sieben
Aerzte für Frauenkrankheiten, Augenkrankheiten und Ausübung der chi¬
rurgischen Praxis, zwei für Hautkrankheiten, drei für Ohrenkrankheiten,
vier für Hals- und Nasenkrankheiten, zwei für Erkrankung der Harn-
wege, neun für unentgeltliche Geburtshülfe und ein Arzt für Nervenkrank¬
heiten.
Zur Ausübung der niederen chirurgischen Geschäfte, wie Aderlass,
Schröpfen u. s. w., sind die Armenärzte berechtigt, sich der für jeden
einzelnen Medicinalbezirk zugewiesenen Heilgehülfen und Hebeammen zu
bedienen.
Den Specialärzten werden die armen Kranken grösstentheils durch
die Armenärzte zugewiesen.
Den armenärztlichen Jahresberichten entnehmen wir kurz folgendes:
Die meisten der Armenkranken waren Frauen (Wittwen, Ehever¬
lassene, Geschiedene) und Kinder. In dritter Reihe kommen erst die
Männer, meist ältere, welche aus ihren Kassen ausscheiden mussten. Als
Segen des Krankenkassengesetzes ist eine Verminderung der jüngeren
Individuen in der Armenpflege bemerkbar. Die meisten waren Älniosen-
empfänger.
Von den 61166 Armenkranken waren 17 % Männer, 51 % Weiber
und 32% Kinder.
Die Civileinwohnerzahl betrug 1 625 677, somit kommen auf je 1000
Civil einwohner 37,5 Armenkranke.
Aus 68 Medicinalbezirken ist über die Höhenlage von 54988 Woh¬
nungen berichtet. Danach wohnten:
im Keller. 6 239 mithin 11%
Halbstock
Erdgeschoss
I. Stock
II. „
III. „
IV. „
V. „
VI. „
313
6 477
8009
9 593
11233
12135
977
12
1
12
15
17 .
20 ;
22 ,
2 ,
Wenn auch viele schlechte Wohnungen, besonders durch Niederreissen
alter Häuser, verschwunden sind, so stehen doch auch in neueren Gfabiiu-
*) Bemerkungen über Diabetes mellitus. Vortrag auf dom Baineolog
Congress. Deut. Med.-Ztg. 1893, No. 45 46, p. 14 des Sep.-Abdr.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT. No. US
den oft die Hinterhäuser in tragischem Gegensätze zu den eleganten, meist
sauberen Vorderhäusern. Viele Keller sind noch feucht, dunkel, schwer
zugänglich, zumal von Hofwohnungen (selbst im Innern der Stadt); im
Halbstock können oft Erwachsene nicht gerade stehen und in noch nicht
canalisirten Strassen lässt die Sauberkeit der Wohnungen noch mehr zu
wünschen übrig als anderswo. Auf armenärztlicken Antrag wurden vier
Wohnungen geschlossen.
Die Brunnen waren ohne ärztlichen Antrag polizeilich untersucht
worden und mehrere ausser Gebrauch gesetzt oder mit der Aufschrift
„Kein Trinkwasser“ bezeichnet.
Armenkranke wurden behandelt:
im L Vierteljahre 15 225
,. II. 15 307
., III. „ 14 308
„ V. ,. 16 326
Unter den Krankheiten kamen wieder, wie in jedem Jahre, vorzugs¬
weise Krankheiten der Luftwege und besonders Lungenschwindsucht in
Behandlung, Magen- und Darmerkrankungen weniger, weil die Cholera-
furcht auch die Armen vorsichtiger in der Diät machte und dieselben
früher die ärztliche Hülfe in Anspruch nahmen.
Epidemieen sind in den meisten Bezirken kaum notirt oder als ge¬
ring bezeichnet.
Als Grund der Verminderung der Sommer-Brechdurchfälle wird die
Verbesserung der Milch, das jedesmalige Auf kochen derselben, die grössere
Sauberhaltung der Gefässo und auch die Vermehrung der Kinderkliniken
bezeichnet. Doch sind Brechdurchfälle bei Erwachsenen notirt, selbst
mit dem Tode endigend, und Choleraverdacht brachte manche Person ins
Krankenhaus.
Eine Keuchhustenepidemie mit zum Theil bösartigem Charakter trat
vom November 1892 bis Januar 1893 auf. InfluenzafäUe sind in geringe¬
rem Grade als im vorigen Jahre beobachtet.
Im März 1893 herrschte in der Brunnenstrasse eine Typhusepidemie:
in einem Keller, in welchem zehn Jahre eine Familie in gesundem Zu¬
stande ein Milchgeschäft betrieben, zog eine andere höchst unsaubere Fa¬
milie ein (feuchte Wäsche hing zum Trocknen auf, durch schlechte Heizung
lief Wasser von den Wänden); vier Kinder von 8—16 Jahren erkrankten
an schwerem Typhus und genasen sämmtlich im Krankenhause. Die Er¬
wachsenen erkrankten nicht. Nach Desinfection kam kein neuer Fall vor.
Typhus ist nur in 19 von 72 Medicinalbezirken, und zwar in zu¬
sammen 30 Fällen — bei sechs Männern, sechs Weibern und 18 Kindern
— vorgekommen. Davon sind genesen 5, Krankenhäusern überwiesen 21.
gestorben 1, und im Bestände geblieben 3 Personen.
Von Alkoholismus sind 150 Fälle bemerkt, meist mit chronischem
Verlauf — und zwar bei 127 Männern, 23 Frauen —, von denen 55 in
Krankenhäuser geschickt werden mussten. Ein Mann kam zweimal in
! demselben Jahre in die Charite — bei einem andern wiederholt sich die
Aufnahme schon seit Jahren.
Syphilis kam in 305 Fällen — bei 90 Männern, 171 Weibern und
44 Kindern — zur Behandlung. Genesen sind 71, Krankenhäusern über-
I wiesen 90, gestorben 3 und im Bestände geblieben 141 Personen.
Von chronischen Krankheiten sind ferner genannt: Rheumatismus
I meist mit chronischem Verlauf, immer Rückfälle machende Unterschenkel-
| geschwüre, schwere Fälle von Hysterie, von Blutmangel. In einzelnen
j Bezirken sind Geisteskrankheiten (und zwar häufiger als früher eintretend)
vorgekommen.
Fälle von asiatischer Cholera, Flecktyphus, Rotz, Trichinose, ächten
Pocken, Rückfallfieber kamen nicht vor.
Desinfectionen sind aus 49 Medicinalbezirken 248 gemeldet, und
zwar bei Diphtherie, Typhus, Scharlach, Masern Lungenschwindsucht,
Brechdurchfall (bei Vorkommen von sporadischen Fällen von Cholera in
Berlin) und bei grösster Unsauberkeit, um Seuchenheerde zu verhüten.
Nicht jedesmal war weitere Ansteckung zu vermeiden.
Uebertragungen von Tuberkulose waren schwer nachzuweisen. Bei
der angeblichen Gesundheit von Eltern und Grosseitem und bei früherem
Gesundsein war eine Uebertragung wahrscheinlich bei 18 Personen (und
zwar zwölf Male bei Eheleuten, vier Male auf die Eltern, zwei Male auf
| die Geschwister).
( Aus zehn Medicinalbezirken wurden 13 Genesende in die Heimstätten
geschickt, stets mit grossem, wenn auch oft nicht anhaltendem Erfolge,
aus den Krankenhäusern kamen in die Heimstätten 123 Armenkranke;
! demnach zusammen 136.
Scrophulöse augenkranke arme Kinder wurden vom St. Hedwigs-
, Krankenhause in der Reconvalescenz in die Foriencolonieen geschickt.
Aus zwölf Medicinalbezirken ist gemeldet, dass oft mit dankens-
| werther Hülfe unserer Specialärzte, der Diaconissinnen und der Schwestern
! des Victoriahauses grössere Operationen in den Wohnungen der Armen-
| kranken meist mit Glück vollzogen wurden.
| II. Geschlossene Armenkrankenpflege.
j Die Cur- und Verpflegungskostensätze, welche der hiesige Armen-
j verband den Krankenhäusern für körperlich kranke Arme zu zahlen ver-
| pflichtet ist, sind unverändert geblieben. Dieselben betrugen für Tag und
I Kopf für Erwachsene 2 M., für Kinder unter 12 bezw. 14 Jahren 1,50 M.
(im Augusta-Hospital und dem Elisabeth-Kinderhospital nur 1,25 M.
Für Geisteskranke wurden in der Königl. Charitd 3 M. für Tag und
Kopf vergütet; für die heilbaren hier ortsangehörigen armen Geistes¬
kranken hat die Königl. Charitd auf eigene Kosten zu sorgen. Ausserdem
, hat dieselbe nach der Allerhöchsten Cabinetsordre vom 6 . Juni 1835 der
; hiesigen Commune 100 000 freie Verpflegungstage zu gewähret!.
In den Krankenhäusern wurden für Rechnung der Berliner Stadtgemeinde pro 1 . April 1892/93 verpflegt:
Lau¬
fende
No.
N a in e
des
Krankenhauses
Zahl der Kranken
Bestand
aus dem
Vorjahre
1892/93
neu aufge
nommen
Zahl der
Ver-
|pflegungs-
tage
Zahl derVer-
pflegungstage|
nach Ab¬
rechnung der
100 000 freien
Verflegungs-
tage
Durch¬
schnitt¬
liche
Kranken¬
zahl
täglich
Durch¬
schnitt¬
liche
Verpfle-
emes
Kranken
An Cur- und
Verpfle¬
gungskosten
sind baar
gezahlt
Mark
Bemerkungen
2
3
4
5
6
7
8 .
9
10
11
12
13
14
15
16
17
Königliche Charite, Männer
Weiber
Knaben
Mädchen
Geisteskranke
Königliche Universitätsklinik . . .
Diakonissenhaus Bethanien ....
St. Hedwigs-Krankenhaus ....
Augenkliniken.
Elisabeth-Kinderkospital.
Elisabeth-Krankenhaus.
Lazarus-Krankenhaus.
Augusta-Hospital .
Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinder¬
krankenhaus .
Sonstige Heilanstalten einschliesslich
der Heimstätten für Genesende . .
mithin zusammen pro 1892/93
Ausserdem:
Städtische Krankenverpflegungs¬
anstalten.
Städtisches allgemeines Krankenhaus
am Friedriehshain . ......
Städtisches Krankenhaus in Moabit .
Städtisches Krankenhaus am Urban .
Krankenstation beim' ArbeitShause in
Rummelsburg .... . . *.
Städtische Siechenanstalt für Männer
Städtische Siechenanstalt für Frauen
mithin zusammen pro 1892/93
440
590
52
49
94
4799
6981
776
714
1220
165 849
220 275
14 634
16 354
31 983
126 246
168100
10 751
12 015
31983
454
604
40
45
87
31.66
29,09
17.67
21,43
24,34
1225
22
58
92
12
55
26
49
15
86
33
14 490
470
497
644
141
188
265
712
133
1370
217
449 095
13 860
20170
28 921
3 916
19 293
9 423
18 796
6 442
34 550
8 720
349 095
1230
38
55
79
11
53
26
51
18
95
24
28,71
20,82
36,35
39,21
25,60
79.40
32.40
24,70
43,53
20,77
34,88
1673 I 19127
611 9 291
662 5 401
535 j 6 507
94
130
170
1264
52
146
613186
220 849
200 690
186 135
52 580
48 337
58 759
1680
605
550
509
144
132
161
2202
29,48
23,77
33,10
26,43
38,72
265,00
186,00
252 492,00
336 200,00
16 126,50
18 022,50
95 949,00
*) 718,790,00
25 050,00
36 962.00
54 176,50
7 285,00
24 116,25
17 673,50
33 917,50
11 335,75
51 825,00
-*) 16,831,97
997 963,67
22 661
767 350
2101
30.86
■) Der Betrag, wel¬
cher den kosten¬
frei zu gewähren¬
den 100000 Ver-
. pflegungstagen
entspricht, ist
ausser Ansatz ge-
gelassen.
*) Die von der
Armendirektion
für Pfleglinge in
den Heimstätten
für Genesende ge¬
zahlten Kosten
betragen 8719,25
Mark.
J. S.
Gedruckt bei Julius Sittonfeld iu Berlin W.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
JV 14 .
5. April 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Sit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prot Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LichtensUinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 31.
L Kupfer im Auge.
Von J. Hirschberg.
„Wenn aber Kupfer im Auge ist, was nützt Dir dann dein
Magnet?“ So sprach zu mir der kleine Sohn eines unsrer hervor¬
ragenden Fachgenossen.
Das Eindringen von Kupfersplittem in die Tiefe des Auges
gehört in der That zu den schlimmsten Verletzungen. Das Auge
ist fast immer verloren.
Leider geben die Sonderschriften über Verletzung des Auges
(White-Cooper, Zander und Geissler, Yvert) keine brauch¬
bare Belehrung. Weit mehr lernt man aus den neueren Thier¬
versuchen, namentlich von Leber (Die Entstehung der Entzündung,
Leipzig 1891), nämlich das folgende: Kupfer bewirkt in der Vorder¬
kammer Eiterung; im Glaskörper Netzhautablösung, oder Eiterung,
wenn der Splitter dem Augengrund aufliegt; in der Linse wird es
lange gut vertragen. Aber entscheidend ist für den Kliniker erst
die genaue Beobachtung einer grösseren Reihe von Fällen. Binnen
24 Jahren sind 16 Fälle von Eindringen eines Kupfer- (oder
Messing-) Splitters ins Innere des Auges zur Aufnahme in meine
Privataugenheilanstalt gelangt. Sie lehren folgendes:
A) Bezüglich der Ursachen sind hauptsächlich 1) Abfeuem
von schlechtgebauten Kindergewehren und 2) Aufschlagen oder
anderweitige Entzündung von Kupferhütchen anzuschuldigen.
3) Nur selten dringen bei der gewerblichen Arbeit Kupfer- oder
Messingsplitter ins Auge hinein.
Wenn in den letzten Jahren derartige Verletzungen seltener
vorkamen, so hängt dies wohl davon ab, dass Kupferhütchen nicht
mehr so häufig verwendet werden, also dummen Kindern seltener
in die Hände fallen. Kindergewehre, die nach alter Art mit Zünd¬
hütchen abgefeuert werden, sind ein wahres Danaer-Geschenk. Die
betroffenen Eltern haben es nach dem Unglück bitter bereut.
Sorgsame Hausärzte sollten diesem Unfug steuern, wo sie können.
Ich selber habe schon in den mir bekannten Familien mehrfach
schlechte Kindergewehre mit Beschlag belegt und dulde nur
Remington-Verschluss, wo die Zündhutpatrone in geschlossener
Kammer liegt, und Schiessübungen unter Aufsicht von Erwachsenen.
Unter den gewerblichen Verletzungen war eine, wo die auf¬
gesetzte Drahtmaske das Eindringen des Splitters nicht gehindert
«m; die Maske muss also verbessert, beziehungsweise durch Auf-
setzen von Krystallglasschutzbrillen vervollständigt werden.
. . Bezüglich der Folgen der Verletzung kommt es bei Kupfer
ment, wie bei Eisen, 1 ) so wesentlich auf aseptische Beschaffenheit
es Splitters an, da Kupfer in blutgefässhaitigen Theilen des
, , ast iromer eitererregend wirkt; auch nicht so auf die Grösse,
.ini Auge meist klein sind: sondern hauptsächlich
auf diejinpflansungsstelle.
I ~* B Kupfersplitter in der Bindehaut und den oberflächlichen
werden kanii un ^ e ^ r ^ c ^» zumal er leicht entfernt
Hornhaut sah ich nur kleine Splitter, die leicht
wurden und nicht in der folgenden Reihe meiner Beob¬
achtungen erwähnt werden.
von Cr} n A e r ^ e £enbogenhaut kommt es zu einem Knoten
nnr m .^wtionagewebe, wenn der Splitter aus der Linse auch
einer Spitze hervorreicht. Die Entfernung ist einfach.
_• n de r Linse wird ein kleiner Kupfersplitter Monate lang;
Vgl. meine Arbeit im Arch. f. 0. XXXVI, 3.
und selbst über Jahr und Tag, ganz gut vertragen. Es braucht
nicht einmal eine störende Linsentrübung aufzutreten; das Auge
liest feinste Schrift und braucht also nicht operirt zu werden.
Schliesslich kann es aber zu einer stürmischen Quellung der
Linse kommen, so dass Beseitigung der letzteren unaufschiebbar
wird. Der Erfolg des Eingriffs ist zufriedenstellend.
5. Im Glaskörper bedingt ein Kupfersplitter meist acute
Vereiterung, selten chronische Entzündung mit Bindegewebs¬
bildung. Das Auge ist verloren, da die Entfernung des Splitters
nicht gelingt. Ausschälung des Augapfels wird nothwendig, sei
es dass man einen Versuch der Ausziehung gemacht hat oder
nicht.
Immerhin ist es nicht unmöglich, da wir in Glaskörper¬
operationen heutzutage mehr Uebung und Sicherheit erlangt haben,
gelegentlich ein solches Auge zu retten. Doch ist mir bis jetzt
kein Fall bekannt, wo dies gelungen und dauernd war.
6. Im Augenhintergrund festsitzend, bewirkt der Kupfersplitter
meist Vereiterung, wie im Glaskörper, seltener Bindegowebsbildung
mit Schrumpfung und vollständiger Nezthautablösung.
Das gefährliche und tückische der Verletzung liegt darin, dass
selbst nach Jahr und Tag, nachdem die Beseitigung der Linse
Verbesserung der Sehkraft bewirkt hatte, noch eine Vereiterung
erfolgen und Entfernung des Augapfels nothwendig machen kann.
A Zündhutsplitter unter der Bindehaut.
Fall 1. Der 12jährige A. K. verletzte am 29. April 1890 sein
echtes Auge beim Abfeuern eines Kindergewehres. Ein kleines Kupfer-
plitterchen sitzt unter der Bindehaut zwischen Carunkel und Hornhaut-
and. Sehkraft und Augenspiegelbefund normal.
Am 8. Mai 1890 wird unter Cocain die Bindehautfalte mitsammt
em Fremdkörper erfasst, emporgehoben und abgeschnitten, eine Naht
ngelegt; reizlose Heilung.
B. Zündhutstückchen in Regenbogenhaut und Linse.
Fall 2. Am 27. Jan. 1879 kam der 18jährige N. wegen einer seit
2 Wochen bestehenden, wiederkehronden Entzündung des rechten Auges.
L Sn, Oii. L. Finger auf 3 Fuss, Röthung um die Hornhaut, Regen¬
ogenhaut grün und gelockert; Pupille eng und unregelmässig, trotz
Ltropineinträuflung. Nach unten-innen sitzt in der Iris ein röthlicher,
ervorragender Knoten wie — ein Gummi- Aber Lues bestand nicht.
)er Augenspiegel zeigt hintere Rindenstroifen, die seitliche Beleuchtung
her eine strichförmige kleine Narbe der Hornhaut, im wagerechten
lurchmesser, vor dem medialen Rand der Pupille. Jetzt stand fest, dass
in Fremdkörper im Auge sitzen müsse; jetzt erfuhr ich auch, dass N.
or 9 Jahren dicht hinter seinem Bruder gestanden, als dieser ein Zünd-
lütchen aufschlug, und dass seitdem sein rechtes Auge nicht mehr
esen kann. , , _ , T •
Schnitt von 3"' am unteren Hornhautrand und Entfernung des 1ns-
mötchens. Ein messinggelbes Splitterchen sitzt auf der Vorderkapsel
md wird mit dem stumpfen Häkchen leicht herausbefördert. Reizlose
Teilung. .
C. Kupfersplitter in der Linse.
Fall 3. Der 14jährige 0. L. kommt am 14. Mai 1893, unmittelbar
tachdem er durch Zerschlagen eines Zündhütchens sein linkes Auge ver-
etzt In der Homhautmitte besteht eine frisch verharschte Wunde von
! mm Länge, in der Vorderkammer sind ein paar Luftbläschen und m
ier Linse, nicht sehr weit hinter ihrer Vorderfläche, ein rothglänzender
Cupfersplitter sichtbar. Sehkraft gut . _ „
Abends sind die Luftblasen fort; em wenig Quellung um die Horn-
lautnar lgg3 Die Li nsen k a p Se lwunde hat sich gut geschlossen.
)ie Linsentrübung um den Splitter bleibt umschrieben, bn . . .
ln 1 ‘/a in 6" mit + 6 D, G. F. n.
in Tut»; 1RQ3 r»i7.1nR entlassen.
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Original frn-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. U
11. September 1893. Sehkraft wie zuvor. Die rothglänzende Kantfr
des Splitters ist neben der Linsentrübung sichtbar, einzelne grössere Bläs-
chen unter der Vorderkapsel. '
Februar, 1894 derselbe Zustand. .* .
Fall 4. Dem 46jährigen Herrn S. flog am 21. Novbr. 1882 beim
Abschiessen seines Gewehrs t ein Zündhutsplitter ins rechte Auge. Lr i
kommt am 29. Novbr.‘1882 fciit mässijj gereiztem Auge und einer ver¬
heilten Homhautwunde, die nach unten innen zieht. In; den Oberflächlichen
Schichten der sonst’ ganz durchsichtigen Linse sitzt ein 5—6 mm langer |
Kupferepiitter; nur eine zartgraue Trübung der Linsenkapsel dicht über i.
der Mitte des Fremdkörpers ist sichtbar. Atropin, Verband.
Am 14. Decbr. 1882 ist die Linse noch ,immer-, ungetrübt, das Auge
sieht Sn C: 15'. ' ■ ' ‘ ’" v ' , t ' ' ' '
Am 17. Jan. 1883, also nach zwei Monaten, derselbe Zustand. (
Fall 5. Einem jungen Arbeiter war ein Kupferapliiter in die Lmse j
gedrungen. Auge reizlos, Sehkraft befriedigend. Monate lang blieb der- I
selbe Zustand. — Nach etwa l 1; a Jahren kehrte er wieder mit heftigsten :
Kopfschmerzen, geblähter Linsentrübung. Lappenschnitt unter Chloro- -
formnarkose und Entfernung der Linse mitsammt dem Fremdkörper. Er¬
folg befriedigend. 1 ) ‘
Di Kupfersplitter im Glaskörper, [
Fall 6 . Ein Lehrling kam mit geblähtem Verletzung-Star, der
durch Lanzenschnitt ausgezogen wurde. Ganz unerwartet erfolgte innere
Vereiterung. In dem Glaskörper des herausgeschftlten Augapfels fand
ich ein Messingsttick. 3 )
Fall 7. Der elfjährige Otto L. erlitt am 29. October 1877 eine
Verletzung des rechten Auges beim Abfeuem eines Terzerols. Bald
danach Thränen und Schmerzen, die immer heftiger wurden. Er kommt
am 6 . November mit unerträglichen Schmerzen, Röthung um die Horn¬
haut, in der eine grosse Narbe mit dachziegelförmig gelagerten Wund¬
lefzen sichtbar ist. Pupille eng, durch eitergelbe Massen verschlossen.
Regenbogenhaut grünlich und verdickt. Der Augapfel ist stockblind und
auf Berührung sehr empfindlich, wird daher ausgeschält. Von der
Hornhautnarbe ziehen weisse Häutchen durch den Glaskörper bis zur An¬
prallstelle in der Nähe des Sehnerveneintritts: daselbst ist Glaskörper ^
mit Netzhaut verwachsen, Aderhaut verdickt. Die grössere untere Hälfte |
des Glaskörpers stellt einen weissgelben Eiterstock dar, in seiner Mitte |
liegt ein Zündhutstück von 10 mm Länge, 5 mm Breite. Hierselbst ist
mit dem vereiterten Glaskörper sowohl Netz- als auch Aderhaut ver- ,
wachsen und von der Lederhaut abgehoben.
Fall 8 . Am 22. December 1877 flog dem 18jährigen Z. beim Ar¬
beiten an der Drehbank ein Stück Messing in das linke Auge. — 11. Ja¬
nuar 1878. Das rechte Auge ist normal. Das linke ist blind und gereizt,
zeigt durchbohrende Narbe der Hornhaut und des Lederhautsaumes
von 2 x 2 = 4 mm Längo, dahinter ein Loch in der Iris, Trübung des
Glaskörpers, der an umschriebener Stelle hinter der Linse gelb aussieht und ■
neugebildete Blutgefässe enthält. Der Rath, den verletzten Augapfel
entfernen zu lassen, wird zurückgewiesen.
Am 13. April 1885, also nach 7 Jahren, kehrt Z. wieder und erklärte, i
die Entzündung sei von selber geschwunden und nicht wiedergekehrt. I
Nur röthe sich das Auge, wenn er Schnaps getrunken. Das rechte Auge
ist gesund geblieben; das linke ist blind, aber reizlos. Von der Hinter- j
fläche der Regenbogenhaut geht ein Schwarzes Fädchen zu dem l 1 /« bis j
2 mm abstehenden Linsenreste. Glaskörper bindegewebig.
Am 8 . Juli 1887: derselbe Zustand. — Allerdings kann man hier nicht
mit Sicherheit nachweisen, dass der eingedrungene Splitter Messing war.
Fall 9. Der 17jährige CarlS. verletzte, am 5. März 1888, beim Zer¬
schlagen eines Rothgusslagers, trotzdem er eine Maske aus Drahtgeflecht
aufhatte, sein linkes Auge, so dass es erblindete.
6 . März 1888. Eine Wunde von 8 mm, die beiderseits in die Ci¬
liargegend hineinragt, theilt ein oberes Segment der Hornhaut ab. Ver¬
band.
12. März 1888. Ein geringer Irisvorfall und Linsentrübung, — weiter
lässt sich nichts nachweisen.
26, März 1888. Das Auge ist zwar reizlos, aber stockblind, seine
Spannung herabgesetzt.
Am 27. März 1888 klagt er'zuerst über Flimmern, dashalb Ausschä¬
lung des verletzten Augapfels. Glaskörper grünlich, in seinem unteren
Theil liegt ein grosses Stück Messing (8x4x2 mm). Das andere Auge
ist gesund geblieben.
Fall 10. Herr G., 40 Jahre alt, kam am 10. Januar 1877, eine halbe
Stunde nachdem er durch das Abfeuem eines Kindergewehres sein linkes
Auge mittels eines Zündhutsplitters verletzt hatte.
Das rechte Auge ist normal. Das linke liest noch Buchstaben von
Sn VII in 8 Zoll mühsam, ist reizlos, zeigt nasenwärts vom Hornhautrand
eine ganz kleine, linienförmige Durchbohrung des Augapfels und bereits
ausgedehnte Glaskörpertrübung.
11. Januar. Spannung herabgesetzt, Hornhaut leicht faltig, aber voll¬
kommen klar, bläuliche Glaskörpertrübung.
13. Januar. Bild der inneren Vereiterung: Augapfelbindehaut geröthet
und stark geschwollen, Pupille dabei vollständig erweitert, heller Reflex
aus der Tiefe.
16. Januar. Dicke Ausschwitzung deckt die untere Hälfte der Pupille.
Die Ausschwitzung löste sich auf, während die Pupille weit blieb. Im
Glaskörper bildete sich Bindegewebe, mit Blutgefässen. Nachdem die Aug-
*) Diesen Fall, auf den ich mich genau besinne, konnte ich in den
Krankentagebüchern nicht gleich auffinden; er ereignete sich vor nahezu
20 Jahren.
T ) Vgl. die Anmerkung zu Fall 5.
apfelbindehaut abgeschwollen, wurde am 3. Februar 1877 der Augapfel aus¬
geschält. Das rechte Auge ist gesund geblieben,
f Fall 11. Die zehnjährige J. S. erlitt am 6. October 1874 eine Ver¬
letzung ihres rechten Auges durch Zerplatzen eines Zündhütchens, welches
ihr Bruder in das Feuer des Küchenheerdes gelegt. Am 14. October 1874
i fand ich das lipke, Auge gesund. Rechts Thränen; Röthung um die Hom-
1 haut; 2 mm lahge, linienförmigp Narbe in der Hornhaut, nicht weit vom
,RandS, radiäri an der Grenze ;zvusphen oberem und Schläfenviertel; hinter
] der Homhautnarbe eine Ausbuchtung (Defect) des Pupillenrandes; Linse
! im ganzen klar, aber mit Trübungsschlauch und mit Jdaffendem Rissiger
! Hmterkäpsel und bläulicher Unterlaufung der Umgebung; bläulich weisse
1 Trübung des Glaskörpers dicht hinter, dem. hinteren Linsenscheitel, bei
I Bewegungen des Auges stank'beweglich und nach unten zu dichter.
| Spannung des Augapfels herabgesetzt. S = Rothen Glanz erhält man
I aus der Pupille mittels des Augenspiegels, wenn das Auge nach oben
I blickt; bläulichen, wenn geradeaus; weissbläulichen, wenn nach unten.
^Atropineinträuflung, Schonung. , .
Am 2. November 1874 hat die Lichtung des Glaskörpers Fortschritte
gemacht, das Bündel der zur Hinterkapselwunde ziehenden Häutchen ist
• zusammengezogen, sein Stiel verschmälert. Am 28. November 1874 giebt
schon bei geradeaus gerichteter Blieka.chse * des verletzten Auges der
1 grössere Theil des Pupillenfeldes rotheh Glänz. Blickt' das Auge nach
innen unten, so sieht der Arzt schon vom blossen Auge, deutlicher bei
seitlicher Beleuchtung oder bei der Durchleuchtung mit dem Augenspiegel,
einen kleinen, ‘viereckigen rothglänzenden Kupfersplitter, der an Fäden auf¬
gehängt ist, im vorderen Theil des Glaskörpers,, während nach unten, in
der Tiefe des letzteren, noch die bläulichen Massen nachweisbar bleiben.
Das Auge zählte jetzt Finger auf 6 Fuss. Aber nicht lange war der
Fremdkörper frei zu sehen. Schon am 11. Januar 1875, drei Monate nach
der Verletzung, begann die Einkapselung in eine weisse Masse; am
19. März 1875 war dahinter der Kupferglanz verschwunden. Ain 19. Mai
1875 war der Ort des Fremdkörpers durch die zunehmende Linsentrübung
völlig verdeckt, die Sehkraft wieder bis auf Lichtwahmehmung ge¬
schwunden, das Auge reizlos, Spannung normal.
Am 13. Juli 1875 Operation, unter Chloroformbetäubung. Oberer flacher
Lappenschnitt, ganz in der Hornhaut, <■$■, 2 mm vom Rande; die geriefte
I Kapselpincette vorsichtig in den Glaskörper vorgeschoben und beim sechsten
; Eingehen der Fremdkörper glücklich herausbefördert. Es ist ein flacher
; Metallsplitter von etwa fünfeckiger Begrenzung, seine beiden grössten Dürch-
, messer betragen 1,5 mm, sein Gewicht 6 mg. Beide Oberflächen sind
durchaus schwarz, nur an einer Ecke der schmalen Kante sieht man
Kupferglanz. — Es folgte innen Entzündung mit Schwellung der Aug¬
apfelbindehaut.
Am 17. August 1875 musste doch die Ausschälung des geschrumpften
Augapfels erfolgen. Das andere Auge ist gesund geblieben.
E. Kupfersplitter, im Augengrunde festhaftend.
Fall 12. Dem 15jährigen Emil B. flog am 9. April 1882 beim Ab¬
feuern eines Tesching-Gewehres etwas in’s rechte Auge. Er kommt nach
einigen Tagen. Das Auge zählt noch Finger excentrisch nach innen unten.
Die Eingangsöffnung ist auf der Lederhaut nach innen unten. Nach künst¬
licher Erweiterung der Pupille erscheint der ganze Glaskörper getrübt,
nur nach oben ist ein schmaler Streifen rothen Glanzes geblieben. Am
16. April ist die Pupille eng, aber rund; kein Schmerz, nur Röthung und
Thränen. Am 29. April Versuch, den Fremdkörper aus einem Lederhaut¬
schnitt (aussen-unten) herauszuziehen. Da der Löffel nichts aus dem
grünlich-eitrigen Glaskörper herausbefördert, wird der Augapfel aus¬
geschält. — In der Aequatorialgegend nach unten sitzt fest eingekeilt em
Zündhutsplitter.
Fall 13. Am 24. September 1889 musste ich den rechten Augapfel
eines 10jährigen Knaben entfernen, dessen Leidensgeschichte in fünf Acte
eingetheüt werden kann. .
I. Im Mai 1887 verletzte der Knabe sein rechtes Auge beim Ab-
schiessen eines Kindergewehres. College du Bois-Reymond fand eine
Stunde später eine ganz kleine Wunde der Augapfelbindehaut, schläien-
wärts nicht weit vom Homhautrande, S = l f& und Glaskörpertrübung, und
schickte den Kranken in die Anstalt. Doch kam er nicht. Die Verletzung
heilte mit guter Sehkraft.
II. Im Herbst 1888, also nach 5 /< Jahren, kam plötzüch Sehstörung
des verletzten Auges. Ich fand reizlosen Zustand, normale Spannung,
keine Narbe, beginnende Linsen- und deutliche Glaskörpertrübung. Fremd¬
körper im Augeninnem angenommen, aber nicht nachgewiesen; S ment
ganz der Linsentrübung entsprechend; Gesichtsfeld frei. Das Auge bliöb
reizlos bei längerer Beobachtung und Reifung des Stars. Die Eltern
baten dringend um die Entfernung des Stars, da ihnen der Gedanke der
Entstellung und einseitige Erblindung ihres Sohnes unerträglich war. Ich
verhehlte mir das bedenkliche eines Eingriffes nicht, da ich einen Fremd¬
körper im Augeninnern annahm. Andrerseits war, wenigstens bei
Eisensplittem im Augengrunde, die Discission des Stars mir bereits
wiederholt gelungen.
So gab ich den Bitten der Eltern nach, mit dem ausdrücklichen
Vorbehalt, dass , trotz gelungener Wundheilung später von dem Fremd¬
körper eine ernste Reizung ausgehen könne.
III. Im December 1888 wurde unter Chloroformnarkose der Lmsen-
kapsel ein einziger Nadelstich beigebracht. Es erfolgte, ganz reizlose
Auflösung der Linse, allerdings sehr langsam, namentlich im. Anfang, und
im ganzen 2 l /a Monate dauernd. Bemerkenswerth ist, dass die ganz runde
Pupille niemals, weder vor noch nach der Operation, durch Atropm-
einträuflung ganz vollständig erweitert werden konnte.
IV. Das Auge ist reizlos, erfreut die Eltern durch sein völlig ge-
! sundes Aussehen und leidliche Sehkraft. S V*—V*. Der Glaskörper is
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
5. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
nicht ganz klar, ein befriedigender Anblick der Peripherie des Autren-
grundes ist nicht zu gewinnen. So verbleibt das Auge sechs
Monate. 8
V- . Ganz plötzlich, ohne bekannte Ursache, trat am 12 . September
1889 Reizung des Auges ein, Röthung und Thränen, während noch Seh¬
kraft vorhanden war. Binnen zwei Tagen war die Sehkraft geschwunden
das Auge roth, thränend, lichtscheu, schmerzhaft. Eine zarte gelbliche
Trübung, nicht so gesättigt wie Eiter, durchsetzt den Glaskörper bis zu
den Resten der Linsenkapsel. Einträuflung von Atropin mit Cocain
vermochte kaum eine mittlere Erweiterung der Pupille zustande zu
bringen, während Verwachsungen des Randes nicht nachgewiesen
werden konnten. Es handelte sich um eine echte Entzündung des
Ciliarkörpers. Die Einträuflungen waren dom Knaben sehr peinlich. Es
trat heftiges Nasenbluten ein und chorea-ähnliche Bewegungen des ganzen
Körpers. (Schnalzen mit der Zunge, Schütteln des Kopfes und der Hände)
Der Appetit ging verloren. Ein Fremdkörper (Kupfersplitterchen) musste
im verletzten Auge angenommen werden, an Erhaltung desselben war
nicht zu denken. Das zweite war gefährdet. Es wurde stets nach oben
gedreht und konnte nur mühsam untersucht werden, war aber noch ganz
gesund. Geh. Rath A Graefe, der auf meinen Wunsch den Knaben sah,
war ebenfalls für die Entfernung des Augapfels.
Am 24. September 1889 führte ich unter Chloroformnarkose die
hnucleation aus. Hiermit waren natürlich alle reflectorischen Krankheits-
erschemungen abgeschnitten. Der Knabe sieht bis heute mit dem linken Auge
überaus vortrefflich und trägt rechts ein vorzügliches künstliches Auge
Der herausgenommene Augapfel wurde sofort, noch in Gegenwart
von treh.Kath A. Graefe, aufgeschnitten. Derselbe enthielt einen kleinen,
intensiv weissen Abscess im Strahlenkörper, in der Nähe der
bmgangsöffnung, schläfenwärts, von der Grösse einer kleinen Kochlinse,
ganz scharf abgegrenzt, fast wie eine Geschwulst, und darin ein winziges
Kupferhutsplitterchen. Der Glaskörper war ganz und gar, aber zart
getrübt; die Netzhaut sah noch ziemlich zart aus, so dass man aus dem
öefund vom blossen Auge die vorher nachgewiesene Erblindung des ver¬
letzten Augapfels kaum erschliessen kann.
Fall 14. HerrP., 20 Jahre.alt, kam am 25. November 1879 zur Auf-
nahme. Im Jahre 1866 hat er sein rechtes Auge durch Aufschlagen
eines Zündhütchens verletzt. Angeblich wurde der eingedrungene Fremd-
körper einige Tage später von einem Arzte herausgezogen, und im Jahre
von einem anderen Arzte eine zweite Operation (Iridotomie) an dem-
en verrichtet. Seit l*/a Jahren leidet P. an hartnäckigem Flim-
raern des linken, stets kurzsichtigen Auges, so dass er seiner Thätigkeit
a^s Kaufmann kaum genügen kann. Das linke Auge hat My 4 D, Sn? On.
7 IK reC r, lst K Gl von äusserlich sichtbarer Entzündung, aber blind. Das-
seioe schielt nach aussen und zeigt eine wagercchte, weit klaffende, künst-
tüe 1 upilie mit entsprechender Oeffimng in der Linsenkapsel, während
üil i! DSe , hlt (Indocapsulotomie.) Mit dem Augenspiegel erkennt man
. * f 1 ?! 1 lamm und unten stark hervortretende Netzhautab-
si hln£, Un j ia ^ vor ^ em Hauptbuckel derselben einen bläulich
inw m 0 I T den ’ ! e 5 ten Körper, der für das eingekapselte Metallsplitterchen
i ^espiochen w, rd. Der verletzte Augapfel wird ausgeschält. Die Netz-
nb.f i t o tnC Crfö Tf abgelöst. In der medialen Hälfte des Augapfels
'°i? Sehnerven e * n ziemlich grosser Kupfersplitter, der ge-
STn , h .ier Netzhaut au Ader- und Lederhaut festnagelt. Das
Auge ist bis heute gesund geblieben.
315
E. Kupfersplitter in der Tiefe des Auges sitzend.
Kinrlir™! . Rerrn . K-« 39 Jahre alt, war 5 Jahre zuvor von einem
das roXi* a das sein Söhnchen abgeschossen, ein Zündhutstückchen in
des !u f Aug f eingedrungen. Entzündung trat ein, das Sehvermögen
erst f 1 R 7 ^ t€n " ln § : verloren. Die Entzündung hörte auf und ist
Erkennen Jnf Pagen "dedergekehrt, gleichzeitig das linke Auge im
Tir iiT r - G c?- eils Ä de behindert. Links Sn XX in 15', + seid.,
Auge tlvränt ^ /™- Rechts bängt das Oberlid herab, das
bhaft - ft I mf ! fcle ( e Hötbung besteht rings um die Hornhaut- Die
Rande ein? ^ lhr em wagerechten Durchmesser, nahe dem
lieh und venlickt ^ ,gC - Narb6 nr 3 "i™ \ ydn ^. e - Regenbogenhaut grtln-
Papille e,nem kleinen Loch hinter der Hornhautnarbe,
handen T&u “ • f/ tr ?r Pin * Linse & etrübt - Lichtschein noch vor-
Am 22 M b 187 ?T?J T ers . uch den Augapfel zu erhalten,
körper nicht Mectonue nach aussen-unten, wobei der Fremd¬
sich, Lichtsthei^nn^ P ird ‘ ,- Aber V orderkammer und Irisspalt verengen
DeshilK ? d Rr °J e ction werden mangelhaft,
rieht über diiTnw A ^st 1873 Ausschälung des Augapfels. Der Be-
Krankentagebuch^richt'jsu^finden! 61 ^ 110 ^ 1111 ^ ** AUgap,elS iSt leider im
sein Bnider^mi ’? 6 /? 1 ^.fabHgen Albert G. war im December 1876, als
Entfernung Ilam ] aer ein Zündhütchen aufschlug, auf 4 Fuss
13 Mai 1877 ^ m das ' rechte Auge geflogen:
Ausfall nach nW t“■ ? orm . al - Rechts Finger auf 2 Fuss, Gesichtsfeld-
nach aussen moü,' u “ enf örmige Hornhautnarbe von 2 mm Länge, radiär.
sehlauchförmio-A t ine* 6 -u e,n ^de; dahinter Riss des Pupillenrandesi
Am rinn? i«72 trubu ? g - X" Wdectomie nach unten,
kommt ein weni<* Cu Zweit t Operation. Die Linse wird entleert, es
Am 26. Juni l« 7 ö ? e /- l ber mcbt der Fremdkörper. Reizlose Heilung.
ma l; näch unten im Rin » er in 10 '. Sehnerv gut sichtbar und nor-
Am 7 . o2hT ?Q 1 S? körper w eissliche Masse.
Ebiger in in' 107 *’ ^ Monate nach der zweiten Operation, + 4 "
u * Lndausgang unbekannt.
n. Ueber Begleitvenen.
Von Karl r. Bardeleben in Jena.
von g t hrt ’ k dass Mltt ! lelluI 'gen in Sitzungsberichten
tm«f Wn 5 d “^“ 1 abgesehen von einigen Akademieen, wenig be-
hAtnmrnl erd K- D ’ k , a “ m d , le Fachl ® uto . geschweige denn weitere Kreise
bekommen Kenntmss änvon. So sind meine Untersuchungen über
nnH^ g ^ n enen d ®A Ar i erien ’ Nerven, Drüsonausführungsgftnge
ölii ^ S n e n ?. z ? d ™ Hautvenen (Sitzungsberichte derjena-
s!hrin G iS S n? tt i/f J ' Medmin und Naturwissenschaft, Jen. Zeit-
senntt 1880 , Bd. 14), wie es scheint, ziemlich unbekannt geblieben
—vielleicht auch wieder vergessen. Das Erscheinen des mit
L>r. H. Haeekel zusammen bearbeiteten Atlas der topographischen
Anatomie (Jena G. Fischer, 1894), in dem mehrere von den 1880
beschriebenen Venen dargestellt sind, veranlasst mich, einige voft
den damals veröffentlichten oder „vergrabenen“ Mittheilungen an
dieser stelle mit einigen Zusätzen kurz wiederzugeben.
L grösseren Nerven werden von einer oder zwei Venen
begleitet, so der Oculomotorius, Troclüearis, Trigeminus, Abducens,
1 acialis, Vagus, Hypoglossus (v. Luschka), Cervicalnerven, Inter-
costalnerven, Extremitätennerven.
2. Die Ausführungsgänge von grösseren Drüsen werden
von zwei Venen begleitet, so Ductus parotideus (s. Stenonianus)
Ureter, Ductus hepaticus und choledochus.
• j 3, Arfcerien — mifc Ausnahme sehr kleiner und solcher
m den ,Kmgew ei den etc. — werden von zwei Venen begleitet.
(Heim Menschen werden meist oder grossentheils die Venen des
Herzens, ferner Venae intercostajes, vertebrales u. a. einfach.)
Die doppelten Begleitvenen der Arterien vereinigen sich vor der
Einmündung in die nächst höhere Vene in eine, d. h. also die
beiden Venen eines Arterienastes werden zu einer, ehe sie in eine
der beiden Begleitvenen des Arterienstammes einraünden. Die Be¬
zeichnungen „Ast“ und „Stamm“ sind relativ zu verstehen — die
Stämme sind ja schliesslich, abgesehen von der Aorta, auch Aeste.
Die besonderen, nur entwickelungsgeschichtlich verständlichen Ver¬
hältnisse von Aorta und Venae azygos und hemiazygos, Vena cava
inferior, Arteria und Vena anonyma sollen hier nicht erörtert werden.
Die Stellen, an denen die doppelten Begleitvenen einfach
werden, liegen an den grossen, praktisch wichtigen Arterien viel
weiter proximal, dem Herzen näher, als man früher, wie es
scheint, vielfach auch noch heute, glaubt. Da dieses Verhalten von
erheblicher Bedeutung für Arterienunterbindungen oder Operationen
an oder in der Nähe ton Arterien werden kann, möchte ich einige
genauere Angaben machen.
a) Die Arteria brachialis hat ebenso wie die Unterarm¬
arterien zwei Begleitvenen; die grosse Haut- und Hauptvene.
Vena capitalis brachii mihi (Jenaer Zeitschrift 1880), bestehend aus
der sogenannten Vena cephalica des Unterarmes, der Vena mediana
cubiti (Waldeyer) und der Vena basilica des Oberarmes, hat mit
der Arteria brachialis nichts zu thun. Die Begleitvenen der Arterie
gehen nun entweder in der Achselhöhle, oder aber die eine von
ihnen erst weiter oben, in die grosse Hautvene hinein, die weiter
oben dann als Vena axillaris und Vena subclavia bezeichnet wird
und wie alle Hautvenen und primitiven Venen einfach ist. Wir
können somit in der Achselhöhle eine, zwei oder drei Venen finden,
je nachdem die Einmündung der hier relativ kleinen Begleitvenen
in die grosse Hauptvene oder ihre Vereinigung früher oder später
erfolgt. Wir finden ferner häufig ausser der grossen typischen
„Vena subclavia“ vor dem Musculus scalenus anticus eine kleinere,
manchmal jedoch stark entwickelte Vene dicht an der Arterie, also
hinter dem Scalenus anticus. Gelegentlich kann letztere sogar
stärker werden als die typische.
b) Dass an der Arteria poplitea zwei oder drei und am
unteren Ende der Arteria femoralis superficialis zwei Venen vor¬
handen sind, hat schon Langer (Wiener med. Wochenschrift 1867)
angegeben. Ich habe diese Verhältnisse vor 15 Jahren und bei
allen Gelegenheiten seitdem untersucht und gefunden, dass die
Femoralis am Oberschenkel nicht eine, sondern immer zwei Be-
gleitvenen' hat. Diese beiden Venen vereinigen sich
frühestens an der Grenze des oberen und mittleren
Drittels des Oberschenkels, oft erst weiter oben (vergl. meine
Anleitung zum Präpariren, 2. Auflage, 1884).
Die beiden Begleitvenen einer Arterie sind ursprünglich gleich
stark; später pflegt eine von beiden zu überwiegen; welche, ist
nicht constant. So ist gewöhnlich in der Femoralis die hintere
Begleitvene die stärkere; die vordere ist oft so schwach, dass
sie nur bei genauer Präparation oder bei natürlicher oder künst¬
licher Injection sichtbar ist. Wird nun die vordere aus irgend einem
Grunde die stärkere, dann sagt man: die „Vena femoralis“ liegt
vor der Arterie, statt dahinter. Solche Abweichungen von der
Norm sind hier wie anderswo aus dem ursprünglichen Verhalten
leicht zu erklären.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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von «M* ßiiifaohnn' Veiut fVnHHiiis *‘i»dii«»i» aus der Welt zu seHlim
dmiR"gcdnM 'l»{i.Mi-,. . Kiu muH HhunH RüH «virft■ .vit’i mm mul HeM
•Hik’cwr. nus 5 ". iVtH.C im. IR /; Jninv \mikpRdHk Ri Cil»>f K ‘inna*. Eit»
"'''ft 1 Ir-Ifjt-* ,UI \!.*i*t'Hs."* < Kv 1 I 1 Iii » 1 ‘d 1 .»! :-if iitu.i.i'. Lungpiiont-
'/dtniJuTjfi. «eiinbt; J v «(i»nl war in ivmum- Tu^mt ui« knittk. H*i kein ro-
totäiV .frei xmt Lars. .RkI • ■ {Koldfd ln jb^tr Zeit/ ftvlikt er ('hin
Fnidttr (i.»i .Mij»*n K i»im »in.* ,vd :«mi ;/ lau- 'v.m n» einen
Pein, b*'^ai.it’rs l j i H .'Mi* 1 Si“jnvtrt-i- vwni'k-
;ifebbnhen KReni-iRi kranl; .-i-i» J 880 .. l'-r l> f-R .»p , HnumHiMueHr
/«d:nujrx.eu, <!i«* iw. liuliüij JRn iw>v;i‘iHrwn »iud mR Rld auf *lj!* rwhR
HUsrf«'hi»r«-i!. -H\e .-.IfzfT. r<HrM u; Km**. IlHR und «H Üru?i. iji>
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u.o’lwit'm er- sr.it : Hsb «»>*. •*. !_ | 4 ,w di;i?r!.mn*v««:lif t -niw Mn'Vl u/.M «xu-
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Emu VcriUubji ung der Nd^rl jiuf &> mditc Wubll r ou.>n|rnai. Svit «.unigon
dnfo-r ist ein ^iüKfnnd uingetruiun. dubni ist Rin RmsJutn.rnr,g von 1.05
nni 1 li 5 grkninmpir. die Kri.r}w*Rmgr bnt nuH m*, 4 d« g*n«dert t AÜinabliub
effnluTi; :un'b du ScJi «i.i r/.nn r .-stw 5 m r.nj.lln ).«* Ziu-..t!i: »<\ es kaMwn
iviloTtiudige fb'öGk^düft g mm um den IndU ImiüStL dir* uudt üRr die SdinlRv-
bHdtey in djo Unbu TydpMute rnisR-rahlfefi: sib i^Uid off von , 5 *1 gro.^ur
'U«?ft%]>uU,-.djiss 'Pniif-m h »in.,-nj wJmi M.( d. m \\ U'-UtMT.. Ikimf in
lluöd ging oTfvß seiljidiTiiiund« Brbwfn fioj so «lass ov i«it/d imr gan?. Icjrlite
Arbeit vefrieid^i Omi nur Karaö ZZ\: gdinr« kann. Aisbald lilugt »ir dimn
burb Ktark, i?«'S.dwitzfm an. Er Helot. vH m Kmbnln in dun ^mg&ra.
Ap^eit. wodbsdwl. fttbhl veiutopfk utintlife» Viel, Dui'&t.
(Ouiwl- Ftpr
pttiüftiDi •p)Kd- i
rwddv i»M%
«H %*
5. April.
Umfang der Phalangen:
Giund-
phnlaux
erste Zohe.
zweite Zehe.6,5
dritte Zehe.6,1
vierte Zehe.6*0
fünfte Zehe.6^9
N&gel: Breite
erste Zehe.2,0
zweite Zehe. 1,3
fünfte Zehe.l’o
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
End-
phalaux
11,8
7,6
7,1
6.5
7.6
Länge
1.4
0,5
0,7
IV. Ueber die römischen Sommer-Herbst-
Malariafieber.
Brief an Guido Baocelli Professor der Medicinischen Klinik
an der Universität Rom.
Von Camillo Golgi, Professor der Allgemeinen Pathologie
und Histologie an der Universität Pavia.
(Fortsetzung aus No. 13.)
II.
Ich habe vorher erklärt, dass, wenn es unter den gegebenen,
in den früheren Kenntnissen betreffend die Beziehungen zwischen
den Anfällen von intermittirendem Malariafieber und den Lebens¬
phasen der Parasiten, welche sich im circulironden Blute bewegen und
in eben diesem Blute die verschiedenen Phasen ihres Cyclus durch¬
messen, inbegriffenen Prämissen ein beinahe einer wissenschaft¬
lichen Nothwendigkeit entsprechendes Resultat gab, es gerade das
der festgestellten Existenz einer anderen oder anderer parasitären
Arten oder Varietäten war, die, unter Vollendung ihres Cyclus
innerhalb 24 Stunden, die wirklichen Quotidianen hervor¬
bringen.
Nun wohl! Warum soll ich jetzt nicht gestehen, dass ich der
ich in dieser Gedankenfolge lebte, ein fast schmerzliches Gefühl
empfand, als ich vernahm, dass die Klinik, und es versteht sich,
jene Klinik, welche die Nothwendigkeit proclamirt, beim Studium
der Kranken alle nur möglichen Hülfsmittel, auch die des Labora-
tenums, anzuwenden, und welche sich dieser Hülfsmittel jederzeit
zu bedienen versteht, die pathogenische, durch die neue Anwendung
der besetze des Cyclus dargestellte Erklärung der Sommer-Herbst-
heber mit ausgesprochenem Misstrauen aufnahm und ihr dann
nach und nach eine scharfe Kritik entgegensetzte, um in der Folge
zu Schlüssen zu gelangen, die eine hinreichende bündige Leugnung
implicirten! Und ich war um so mehr erregt, als die Kritik, durch
einen reichen Schatz von Beobachtungen unterstützt, gerade von
r ausgmg, der Du meine Gesetze angenommen und zu ihrer
utze auch den grundlegendsten unter den Beweisen, die von
hattest ,Un ^ Laboratorium geliefert werden konnten, vorgelegt
In der That, Behauptungen von erdrückendem Gewicht schienen
... ie ’ ^Iche in Deiner jüngsten Veröffentlichung über nicht
paroxysmale Hämoglobinurie erscheinen. 1 )
dip e ?l r !' ^t. Du wolltest in jene Schlussfolgerungen
dpi* i-r . ^ orstellung von der Malariainfection, wie sie aus
für Erfahrung hervorgeht, aufnehmen, so halte ich es
kier wenigstens die hauptsächlichsten unter jenen
ynthetischen Merkmalen wiederzugeben, z. B. folgende:
oh ” * SS .® ls weilen schwere Fieber mit Malarianatur eintreten,
wärfl a ^ ererst © n Tagen irgend Jemand in der Lage
festzustellen* **** * or k an dönsein der pathogenen Mikroorganismen
Anzahl
Anzahl q ® ie > weiln mau sie endlich gefunden hat, in so geringer
der Mpim-n re j können, dass jeglicher Zusammenhang zwischen
desEtoJL en ^°^°k^lärer Parasiten einerseits und der Schwere
rs andererseits ausgeschlossen ist;
trotzdpm & rif IC n m ? lute vie i® Malariaamöben finden können und
dem Vnrhanü ^ r ^. ani . sraus .fr® 1 vom Fieber ist, welches nicht von
dficc . eas ® In J ener innerhalb der Blutkörperchen abhängt;
der rothun^pi n ® e ^ inn ® des Anfalles nicht mehr innerhalb
junee Amni> 0 u ^orperchen weder Amöben in Spprulation, noch
fortgeschritten ®nden: nichts! Letztere beginnen sich erst beim
^escünttenen Paroxysmus bemerkbar zu machen:
* b ln (ea Fällen von experimentellem Malariafieber, welche
v on mir
Formen manc h e i die sich selbst mit schweren
globulärer Pnw» e -*’ k. eim ® e &i nne des Fiebers keine Form endo-
iicher Anzahl auf zeigten; diese traten erst s Pät und in spär-
uurie etc. VprfinVäi’ ^ C ’ UÜI e,uen rau n,cnt paroxysmaler üämoglc
Leipzig 1892. lun g en des XI. Congresses für innere Medicin
G. Baccelü
Ueber einen Fall nicht paroxysmaler Hämoglobi-
317
„dass der Tod durch Malariainfection möglich ist, ohne dass
vorfln“en CI “ reU lren<leD B1 “ te ^ bokannten Fo ™*en des Hämatozoons
t, .,»onöthig hier hervorzuheben, dass, während diese
? Igerunge . n m . lt Gesetzen, welche, was die gewöhnlichen
Fprmeli mtermittirender Malariafieber anlangt, im allgemeinen als
genau anerkannt sind, m vollkommener Disharmonie stehen, sio
gleichzeitig einen bündigen Widerspruch zu denjenigen Thatsachen in
sieh sohhessen, welche die Grundmerkmale der Lehre darstollen
H^riir^°-^ Z . Ugl “ h , der parasiUr °n Pathogenese der Sommer-
Herbst-Malariaheber m diesen letzten Jahren in so vielen Veröfifent-
Uchungen entwickelt worden ist. (Schneller und schnellster Cyklus
dor Sojnmer-Herbst-Ainöben.) **
Wenn ich mich, so fundamentalen Widersprüchen gegenüber
mancher Bedenken nicht erwehren konnte, so geschah das wie ich
meine, wenigstens nicht ohne den Anschein eines Grundes.
In der That hatte bisher den Werth einer unbestreitbaren
lhatsache dl e, dass die klinischen Kundgebungen ein constantes
Gegenstück m den Vorgängen haben, welche sich im circulirenden
Blut entwickeln, so dass aus der Untersuchung dieses ein Schluss
auf die Entwicklung jener Kundgebungen möglich ist, wie sollte
ich da nicht die aus einem jeden der vorgenannten Schlüsse fol¬
gende und in dem letzten genau formuiirte Behauptung äussorst
schwerwiegend finden, dass die schwersten klinischen Kundgebun¬
gen der Malariainfection, die intensivsten Anfälle von intermit-
tirendem Fieber und auch „der Tod durch Malariainfection möglich
sind, ohne dass sich im Blute die bekannten Formen des Hämato-
zoons vorfinden?“
Die Frage war sowohl für die medicinische Wissenschaft als
für die medicinische Praxis allzu schwerwiegend, als dass sie
mich nicht ernstlich hätte beschäftigen sollen, und folgender Doppel¬
schluss schien sich mir aufzudrängen: entweder das Gesetz der
Ueberemstimmung des parasitären Cyklus mit dem klinischen Ver¬
lauf der intermittirenden Malariafieber ist nicht richtig, oder die
gegebenen Thatsachen, welche jenem Gesetz so offenkundig wider¬
sprechen, sind irrig . . da nun aber das Gesetz als richtig aner¬
kannt ist, so ist anzunehmen, der Irrthum liegt im zweiten Theile
des Schlusses. Das ist nun gerade ein Falk in welchem das, was
man logische Strenge nennen würde, direkt auf eine falsche Strasse
führte! Denn hier lag der Fehler nicht iu den im Doppelschlusse
enthaltenen thatsächlichen Elementen, die alle richtig w r aren, son¬
dern in der Form des Schlusses. Es war au Stelle des zweiten
Theiles zu setzeu: „. . . oder in der Kette unserer Kenntnisse
existirt eine Lücke, welche dadurch, dass sie verhindert, die ganze
Continuität der Thatsachen wahrzunohmen, einen Widerspruch da
erblickt, wo vielleicht kein Widerspruch vorhanden ist.“
Und iu der That ist es gerade ein dunkler Punkt, der Ursache
des schweren Abirrens war, auf das ich in diesen Zeilen hinge-
wieson habe!
Ein neues Beispiel, welches bew*eist, w*ie man bei den wissen¬
schaftlichen Folgerungen vielmehr als auf das, was als scrupulöses
logisches Gesetz erscheint, auf die streng constatirten That¬
sachen Werth zu legen hat. Diese sollen in Klinik oder Labora¬
torium festgestellt werden und unerschütterlich solche bleiben, wie
sehr sie auch vielleicht gegen das, w r as man ipi allgemeinen für
wissenschaftliche Logik hält, verstossen mögen.
Ein identischer Gedanke ward von Dir geäussert, als Du be¬
hauptetest, man müsse bei den Injectionen vom Bekannten zum Un¬
bekannten fortschreiten, und dann dem Versuche, in das durch die
Autorität unserer erleuchtetsten Vorgänger geweihte Krankheitsbild
Veränderungen einzuführen, Deine Weigerung entgegensetztest,
weil noch nicht mit genügender Genauigkeit eines der fundamentalen
Verhältnisse der Frage bestimmt ist. — Ebenso könnte ich mich
Dir anschliessen, als Du, gorade bei Gelegenheit der sogenannten
Sommer-Herbst-Quotidian- und Tertianfieber, die man in das Krank¬
heitsbild einführen w r ollte, folgendemaassen die Frage stelltest:
„Könnte man von dem Studium der Phasen einer bestimmten
Hämatozoonart ausgehen und die Klinik einigen Phasen der para¬
sitären Entwicklung, die nicht vollkommen bekannt sind, unterzu¬
ordnen und ihr so neue Formen von Fiebertypen aufzudrängen?
.**. . oder können wir, von mehr oder weniger bewiesenen
Sporulationen und von dem mehr vermutheten als demon^
strirten Zeitabschnitt ausgehend, Tertianen oder Quotidianen
Fieber nennen, die es nicht sind oder die sich von diesem Typus
entfernen? . . Nur die Logik möge darauf antworten: So w ürde
man vom Unbekannten zum Unbekannten vorschreiten, die Klinik
dem Laboratorium unterwerfen, es würden sich die Rollen durch
übertriebene Anforderungen umkehren . . . Deshalb müssen die
Kliniker diese Methode durchaus ablehnen!“
In Wahrheit jedoch w r ürde es sich hier nicht um eine Unter¬
werfung der Klinik unter das Laboratorium oder dieses unter jene,
w r ohl aber um wissenschaftliche Methode handeln. Niemand wird
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318
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14
es wagen, zur Methode zu erheben, dem Kliniker oder dem Labora-
toriumsforseher ein neues Gesetz auferlegen zu wollen, wenn die
Thatsachen, von denen das Gesetz ein natürlicher Ausfluss sein
müsste, „mehi* oder weniger bewiesen . . . oder mehr vermuthet
als demonstrirt“ wären.
Was in Betracht gezogen werden muss, ist vielmehr das, ob
der gewünschte Charakter von Genauigkeit Thatsachen eigen ist,
die bisher die Grundlage der parasitären Lehre der Somraer-Herbst-
fieber (Cyklus der Sommer-Herbst-Amöben in 24 bis 48 Stunden)
dargestellt haben, und ob dementsprechend eben diese Lehre an¬
nehmbar ist, oder ob sie zum Theil abgeändert werden muss, da
irgend ein bisher nicht beachtetes Verhältnis oder ein solcher
Coöfficient vorhanden ist.
Wie aus den bisherigen Hinweisen hervorgeht, wurden nicht
nur von Dir und Deiner Schule Erklärungen gemacht, die der
Zulässigkeit der Lehre entgegen standen, sondern es ging auch von
Dir eine Lehre aus, welche Dein individuelles Gepräge trug; das
musste auch nothwendigerweise von Seiten eines Mannes geschehen,
der, nach langer Untersuchung der Frage, sich von derselben eine
klare Vorstellung hatte machen können und sie, so zu sagen, nach
ihren vielfachen Seiten hin beherrschte.
Mit der zwingenden Logik der erwiesenen Thatsache bist Du
von der einfachen Kritik zur doctrinären Reconstruction fortge¬
schritten, Kritik und Reconstruction, die nicht nur die klinische
Seite, sondern auch die parasitäre Krankheitsentstehung betrafen.
Betreff dieses Punktes muss ich Dir das Wort lassen: „Die
Fieber, welche Marchiafava, Celli und Bignami Sommer-
Herbst-Quotidianen und Tertianen genannt haben, sind — so
finde ich in einer Deiner jüngsten Mittheilungen geschrieben —
unregelmässige Fieber. Die Klinik, dem nosographischen und
besonders thermoskopischen Kriterium huldigend, vermag den
Namen Quotidianen für Fieber, welche nicht Quotidianen und den
von Tertianen für Fieber, welche nicht Tertianen sind, nicht an-
zunohmen.
Es handelt sich vielmehr meistens um verlängerte Anfälle,
welche in ihren thermographischen Curven nicht unbedeutende An¬
zeichen von Schwächer- und von Stärkerwerden zeigen; und da
der apyretische Zwischenraum, welcher einen Anfall vom anderen
trennt, im Verhältniss zu dem langen Fiebern kurz ist, so haben
sie nicht den Quotidian- und noch viel weniger den Tertian-
typus.
Deshalb hält der Versuch, neue Typen, nämlich die Sommer-
Herbst oder maligne Quotidiana und Tertiana zu schaffen, vor der
Kritik nicht stand, so lange nicht jede Classification auf Grund¬
lage der Nosographie und Thermoskopie abgeschafft ist, um durch
eine neue, auf die Parasitologie gegründete, ersetzt zu werden.
Aber dies ist für jetzt verfrüht. Verlangte man aus Neuheits¬
drang, aber ohne nothwendige Veranlassung nach einem approximativ
Ausdruck verleihenden und weniger ungenauen Namen, so könnte
man jene Fieber Sommerbiduen nennen.
Es giebt keinen Schriftsteller der römischen Fieber, der nicht
an der Thatsache festgehalten hätte, „dass während des Sommers
und beim Beginn des Herbstes die intermittirenden Fieber fast
stets eine grössere Schwere annehmen.“
An dieser Stelle ist es, wo Du den Gedanken vorbringst,
„dass die pathogenen Mikroorganismen der Malaria, unter be¬
stimmten autochthonen Bedingungen, auch in der Winter- und
Frühlingssaison, grössere Giftigkeit annehmen können, eine Giftig¬
keit, die durch das blosse morphologische Kennzeichen
des Parasiten angedeutet, aber nicht bewiesen werden
kann . . .“
Hier wird schon ausdrücklich ein specieller und ziemlich
wichtiger Coöfficient ins Feld geführt, dessen Bedeutung hinsichtlich
anderer Parasitenklassen und anderer infectiöser Krankheiten wir
wohl zu schätzen gewohnt sind, der aber bisher hinsichtlich der
Malaria nicht in Betracht gezogen worden ist.
Doch ich fahre mit den Ausführungen fort, da ich auch über
die nosogenetischen Gesetze berichten muss, wie sie, bei Behandlung
des Mechanismus der Malariainfection, von Dir formulirt wurden:
„Nachdem wir wiederholt die klinische Erfahrung zu der
mikroskopischen Beobachtung in Beziehung gesetzt haben, haben
wir uns überzeugt, dass die Lehre des nosogenetischen Processes
noch nicht völlig bekannt ist.
„Nichtsdestoweniger, wenn wir die Schäden betrachten, welche
im menschlichen Organismus durch das Causalelement oder die
Malariaamöbe und durch seine toxischen Producte hervorgebracht
werden, so können wir sie auf zwei verschiedene Processe zurück¬
führen, nämlich.
a) die stufenweise Zerstörung der rothen Blutkörperchen in¬
folge des Vorhandenseins eines Parasiten, welcher auf ihre Kosten
lebt: Dieser Vorgang stellt bei der Infection die morphologische
Hämodyskrasie dar;
b) das Sichverbreiten der Sporen und ihrer toxischen Pro¬
ducte (Nucleoalbumine ?) im Plasma, ein Vorgang, welcher die
chemische Hämodyskrasie darstellt.
„Die morphologische Hämodyskrasie vergrössert sich in mehr
oder weniger bedeutenden und verschiedenen Proportionen durch
Zerstörung der rothen Blutkörperchen, durch Umwandlung des
Hämglobins in Tigment, durch Zerstreuung der Residuen dieser
rothen Blutkörperchen im Plasma, durch den gehinderten Ueber-
gang des Hämoglobins in Oxyhämoglobin in den invadirten Blut¬
körperchen, und ihre Schäden schreiten von den noch gut zu
machenden Läsionen in der Richtung der systematischen Hypo-
globulie und progressiven Anämie bis zur ausgesprochenen Kachexie
fort.
„Umgekehrt wirkt die durch die chemische Vergiftung des
Plasmas hervorgerufene Vergiftung (Nucleoalbuminhämotoxino?).
Im Augenblick der Sporulation der Malariaamöben trifft das ver¬
giftete Plasma das Nervensystem im allgemeinen und das Geflecht
des Sympathicus im besonderen, und folglich dio Drüsenepi-
thele etc.“
Folgendes sind ny.n die von Dir formulirten nosogeniscken
Gesetze, den Mechanismus der Malariainfection betreffend:
I. „Die junge endoglobuläre Malariaamöbe ist nicht Ur¬
sache des Fiebers. In der That beginnt man die jungen endoglo-
bulären Amöben erst am Ende des Fieberparoxysmus und in den
ersten Stunden der Apyrexie zu beobachten.
II. „Die erwachsenen, endoglobulären, pigmentirten oder nicht
pigmentirten Amöben erregen nicht durch sich selbst das Fieber.
Sie finden sich nämlich nur in der Endperiode der Apyrexie.
IH. „Das Fieber ist das ausschliessliche Product der chemi¬
schen Vergiftung des Plasmas, welches gerade in jenem Momente
durch die bei der Sporulation der Parasiten hervorgebrachten
Toxine vergiftet wird.
IV. „Die Dauer des Fieberparoxysmus steht sehr wahrschein¬
lich in Beziehung zur Zeit, welche nöthig ist, damit die toxischen
Producte der Parasiten durch Nieren, Haut, Leber, Lunge abge¬
sondert werden.“
„Die Nosogenie des Malariafiebers ist wesentlich
und einzig chemischerNatur“, das ist das synthetische Grund¬
merkmal, welches Du, wie einen Folgesatz, aus den früher forrnu-
lirten Gesetzen hast hervorgehen lassen, und es ist überflüssig zu
sagen, dass diese chemische Anschauung auch nach meinem Ur-
theil sich als die der Erklärung der Thatsachen entsprechendste
darstellt. Und nicht weniger befriedigend, wegen der logischen
Erläuterung der mit den mikroskopischen verglichenen klinischen
Thatsachen, ist die entsprechende Hypothese, dass die grössere
Schwere, welche die Sommer-Herbstfieber mit aussergewöhnlicher
Heftigkeit anzunehmen neigen, mit einer grösseren Giftigkeit, die
event. von den Malariaamöben angenommen wird, verbunden ist.
Nur dass weder diese noch jene Ansicht, auch vereint, uns bei
dem gegenwärtigen Zustand der Kenntnisse dio vollkommene Lö¬
sung des Problems, welches uns beschäftigt, zu liefern vermögen.
Es mag genügen zu erwägen, dass der Gedanke an das Erscheinen
eines Giftes fty* uus unauflösbar mit dem der Segmentation in
Wirklichkeit verbunden ist; wie könnten wir uns nun ohne weiteres
inbetreff dessen, was die Sommer-Herbstfieber klinisch und para¬
sitär an Aussergewöhnlichem bieten, beruhigen, wenn man sich
nur erinnert, dass für die sogenannten, im Blute circulirenden
Sommer-Herbstamöben die Segmentation mit dem wohlbestimmten
Ablauf von 24 oder 48 Stunden bisher eher eine Hypothese als
eine streg bewiesene Thatsache ist; und wenn sogar die schwersten
Fieberanfälle anheben können, während der parasitäre Befund im
circulirenden Blut durchaus negativ ist?
Das ist der Grund, weshalb für den Augenblick, wie mir
scheint, Deine andere Behauptung deutlicher hervorgehoben werden
muss „dass die Lehre des nosogenetischen Processes der Malaria¬
fieber noch nicht völlig bekannt ist.“ (Fortsetzung folgt.)
V. lieber die moderne Behandlung von
Krankheiten mit Gewebsflüssigkeiten.
(Hoden-, Schilddrüsen-, Pankreas-, Herren-, Herz- nnd
Nierensaft.)
Von Prof. Fürbringer in Berlin.
(Schluss aus No. 13.)
Damit schliesst mein Bericht über die gegenwärtige Gestaltung
der Testikelsaft- und Spermintherapie. Zähle auch ich zu denjeni¬
gen, welche in derselben eine Aufforderung zu weiteren systema¬
tischen klinischen Versuchen erblicken, so darf ich doch keineswegs
verhehlen, dass gerade meine früheren Versuche mit einer Flüssig¬
keit, welche durch Einschluss von Prostatasaft alle möglicherweise
wirksamen Bestandtheile im Sinne Brown-Söquard’s und Poehl’s
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5. Ap ril.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
vereinigte, in ihrem fast völlig negativen Resultat der ganzen Lehre
nicht sonderlich günstig sind. Ich meine hier weniger den Miss¬
erfolg in Bezug auf den Begriff der Verjüngungscur und Heilung
der Impotenz — hier hat mir die jüngste Litteratur trotz einiger
krampfhafter agonaler Bewegungen endgültig zugestimmt — als
vielmehr die Seltenheit, mit welcher ein „tonischer Effect“ auf das
Allgemeingefühl und das Herz überhaupt auffällig wurde. Und
was wäre dem erfahrenen und unbefangenen Arzte geläufiger, als
die Leichtigkeit, mit welcher gerade Neurastheniker und Phthisiker
der Autosuggestion zugänglich sind. Sie pflegen, wie Posner
mit Recht bemerkt, auf jede neue Cur im Anfang günstig zu
reagiren. — ^
Wenden wir uns nunmehr zur Schilddrüsencur bei Myx¬
ödem, so begegnen wir, gleich hier sei’s gesagt, einer Lehre welche
auf ein zwar kürzeres, aber offenbar kraftvolleres Leben ’zurück-
schaut. Hier sind die rationellsten und gediegensten wissenschaft¬
lichen Grundlagen gegeben. Was den bekannten, noch immer mit
Recht viel gefeierten Zusammenhang der Krankheit mit der Schild¬
drüsenfunction anbelangt, so lassen Sie mich, meine Herren, vor
allem an die einschlägigen Verhandlungen im letzten internatio¬
nalen medicinischen Congress vor vier Jahren erinnern. Hier schloss
der Referent Ord mit einem Hinweis auf die Behandlung des Myx¬
ödems bezw. derKachexia strumipriva mit Implantationen von
Schilddrüsengewebe, verwies Mosler als Correferent auf den
Weckruf Virchow’s, durch welchen sich in Deutschland das Inter¬
esse der internen Kliniker und Chirurgen dem Studium der eigen¬
artigen Erkrankung zugewandt, gedachte endlich Horsley in der
Discussion der neuen Drüsentransplantation „first performed by
Kocher and Bireher.“ Die befruchtende Entdeckung der Iden¬
tität der operativen Entkropfungskachexie mit dem spontanen Myx¬
ödem danken wir Reverdin und Kocher. Hier setzen die grund¬
legenden Untersuchungen ein. Neben den wichtigen, theilweise
mit Erfolg gekrönten Versuchen der letztgenannten Autoren (die¬
jenigen Kocher’s liegen rund zehn Jahre zurück) und neben den
Bemühungen Horsley’s, an Stelle der sckwerbeschaffbaren Schild¬
drüse des Affen, die mit der menschlichen noch die meiste Ana-
Iojpe zeigende des Hammels in den Dienst der menschlichen
lherapie zu stellen, ist vor allem der Thierexperiraente Schiff’s
und v. Eiselberg’s zu gedenken. Letzterer vermochte die durch
q 6 Experimentalversuche gewonnenen Anschauungen
hc um ZU ^tätigen, dass man den Gefahren der Exstirpation
aer .“ rilse be g e gnen konnte, wenn man die Schilddrüse eines
zweiten Thieres aus derselben Species in die Bauchhöhle implan-
tirte und in lebensfähigem Zustande zur Anheilung brachte.
Unter solchen werthvollen Motivirungen durch das rationelle
Experiment blieb der Mahnruf Horsley’s, die Methode bei dem
perativen Myxödem und dem sporadischen Kretinismus zu erproben,
ic ohne nachdrücklichsten Nachhall. Ja es drängten sich trotz
aer relativen Seltenheit der Krankheit die klinischen Berichte über
u i Politischen Erfolge des neuen Curverfahrens. Selbstverständ¬
lich! mied man die Einführung des Drüsenparenchyms in die Bauch-
üie und benutzte den Unterhautraum. so Bettencourt und
riips n( \r ? nnelon g ue , Maepherson, Merkleji und Walter
theilen ^ ausgesprochene Besserungen der Behandelten mit-
assa ^ e b 01 Hunden nach vorgenommener Thyreoid-
o aur , intravenöse Injection von Schilddrüsensaft eine
wahr-p 1 ? 1 ^ ; m u d se ^b s ^ Verhütung der Entwickelung der Kachexie
tatiou P n? 1C K h ^“’ lsfc es Murray gewesen, der die Implan¬
saft pr^f^u 1 ? su b cu tanenInjectionen von Schilddrüsen-
DrikPtinf“ 1 u hat ‘ Letzteren gewann er durch Extrahiren des
vorsich^? ChymS o lfc carbolisirt em Glycerin. Er selbst, etwas
Bessern™ ? s ?l nen Schlüssen aus Anlass der bisweilen spontanen
°esmung der Krankheit, i-i - * •
berichten
. glaubte gleichwohl von bemerkenswerthen
von klimSßn vr-^u 61 - 1 ! ZU sollen ’ und nun fol gf eine lange Suite
White 1 '! mnH^ ac b ihnen führte die (später von
jungen fR ar ? lficiI l5 Murray’sche Methode ausgesprochene Besse-
wick de Bocels, Carter, Davies, Fen-
Bramweli^ pV ^obin, Shaw, Vermehren, Wichmann,
Davis q ! i^S. 8 * 0 ®» Lundie > Affleck, Bruce, Dunlop,
Baterson tun* 0U T !} S ’ T ho m son, Starr, Carmichael, Ord,
kommene Wii 11 er ’ ^ irk ) selbst fast vollständige bis voll-
Church p*‘ angen (?, e . att y- Chopinet, Lundie Laache,
erinnerlich co ;„ nai ^ , 1 AIi 11 er) herbei. Wie den Herren noch
«fiesem Verein . aucdl ^ err College Mendel uns in
an die Behamii» 6 18 ? 1 emen bemerkenswerthen, in Anschluss
ich durch ^^b^ verbesserten Fäll vorgestellt, von dem
gehalten. ^ lche Mltt beilung erfahren, dass die Besserung an-
Schafe 250' £ ewiIln t aus vier Schilddrüsen vom
1 ccm einvarleibt w i I J 8 ^® 881 S k eit, welche in täglichen Dosen von 0,5 bis
___ 31 9
, En u Il( i h mac T llt . e a . uch das oaturgemässe Bestreben, an Stelle
die Schild^ 11 Inje f 10n die A PPÜcatio per os zu setzen, Schule:
genossen roh, gekocht, als Extract, als
Fulver (in White s compnmirten Tabletten) als „Sandwich“ und
von iT* de w ne ™ ste * Mittheilungen von Mackenzie und Fox’
von Bugs, Howitz-Vermehren, Kocher, Laache, Rehn u a'
entnehmen wirkte der Drüsenschmaus im Princip nicht anders wie
die Einspritzung des Saftes in den Unterhautraum,
ivo. lie g t , mi L. fei ‘ n ’ hier einen Auszug der trotz mannigfacher
Differenzen des Einzelfalles eintönigen klinischen Berichte über
den Status der Krankheit vor und nach der Behandlung zu geben
Nur das glaube ich herausheben zu sollen, dass in der Besserung
der Krankheitserscheinungen, welche die Opfer des Schilddrüsen-
mangels dargeboten folgende mehr weniger gemeinsame Momente
gegeben sind: Abnahme des Myxödems an sich und damit des
Körpergewichts, Hebung des Pulses und der Temperatur, wohl auch
der Respirationsfrequenz, Zunahme der Harnausscheidung 1 ) und
der Harnstoffausfuhr, Förderung des Waehsthums (bei Kindern)-
was vor allem sinnfällig, der Kranken blöder Ausdruck schwand
sie wurden redseliger und ihrer physischen Verstimmung ledig, und
selbst die Intelligenz kehrte wieder.
Die Theorie der Wirkung des Heilverfahrens hängt selbst¬
verständlich mmg mit derjenigen der Pathogenese des Myxödems
zusammen. Wenn auch den in dieser Beziehung geäußserten zahl-
reichen zum Tlieil geistvollen Anschauungen (Bruns, Horsley
rühr, Munk, Ewald u. a.) mannigfache Widersprüche zur Seite
gehen, so viel scheint gesichert: Es handelt sich um den Mangel
einer specifischen Substanz, welche, von der Sohilddrüse er¬
zeugt, zur Erhaltung der Gesundheit nothwendig, insbesondere für
die Himfunctionen von grösster Bedeutung ist. Diesem Mangel
von „Thyreoidin“ hilft die Zufuhr der Drüse oder ihres Saftes
ab. Also kommt in erster Linie eine chemische Substitutions¬
wirkung in Frage. Das illustriren auch die Thierexperimente
Eoucbards, der bei 13 Hunden die Schilddrüse exstirpirte und
alle 13 Organe in die Bauchhöhle eines gesunden Hundes implan-
tirte. Dieser überlebte seine 13 Gefährten, welche in vier bis fünf
Tagen der Cachexia thyreopriva erlagen, um Wochenfrist, ohne dass
die Schilddrüse zur Einheilung gelangt wäre. Aus seinen Doppel¬
exstirpationen von Milz und Schilddrüse, denen keine Cachexia
folgte, schliesst Zanda auf ein giftiges Stoffwechselproduct der
Milz, das Myxödem deshalb nicht erzeuge, weil es durch die Function
der Schilddrüse unschädlich gemacht werde. Also wieder eine
richtige Entgiftungstheorie.
Das der Hauptinhalt der einschlägigen Litteratur, 2 ) die aus
eigener Erfahrung zu bereichern mir nicht vergönnt ist. Die Selten¬
heit des Myxödems in unserem Vaterlande rechtfertigt das ohne
weiteres.
Wir würden, das ist meine vorläufige Meinung, schon jetzt
mit unbedingter Genugthuung auf den Triumph dieser neuen, wirk¬
lich rationellen, viele gewichtige Lobredner zählenden Therapie
blicken können, wenn nicht die kurze Zeit ihrer Existenz und das
unvermeidliche Princip der Wandelungen der Anschauungen über
neue, auch noch so gediegen fundirte Curen zur Vorsicht in Bezug
auf praktisch-klinische Folgerungen mahnte. Und da scheint sich
schon jetzt, wie dem aufmerksamen Späher in der Litteratur nicht
entgehen kann, der hinkende Bote in den Glanz der Versammlung
der Gesinnungsgenossen drängen zu wollen. Nicht dass die ver¬
einzelten Angaben von der schmerzhaften Application der In-
jectionen bezw. lokalen Abscessbildung, Exanthemen, Kopf¬
beschwerden, Magen- und Darmstörungen viel auf sich hätten, aber
Clarke lehnt überhaupt für seine Fälle einen Erfolg ab, Thomson,
Stewart, Laache, Rehn, Bruce und Vermehren berichten von
l ) Die starke diuretische Wirkung imponirte Fenwick dermaassen.
dass er einen wesentlichen ätiologischen Zusammenhang des Myxödems
mit einer Nierenerkrankung aunahm. Wie neuerdings Napier und Ver¬
mehren durch Stoff wechsel Untersuchungen an drei Myxödemkranken
ausfindig machten, bewirkte das „Thyreoidin“ einen ausgesprochen ver¬
mehrten Umsatz der X-haltigen Bestandteile. Die Resultate führten
zur Annahme eines Parallelismus mit der Senilität.
*) Nachträglich finde ich noch eine sehr bemerkenswerte Mitteilung
neuesten Datums von Leichtenstern über einen mittels (Hammel-)
Schilddrüseninjection und Fütterung erfolgreich behandelten Fall von
Myxoedema operativum. Es ist das der erste derart behandelte Fall von
Entkropfungskachexie; er betrifft eine 38jährige Patientin und ist auf das
denkbar eingehendste, mustergiltig erschlossen. Man kann, von der per-
sistirenden Anämie abgesehen, geradezu von Heilung sprechen: „Vergleiche
ich ihren heutigen Zustand mit dem traurigen Siechtum zur Zeit des
(zehnjährig m) Myxödems, so kann ich, wie Howtrey-Benson in seinem
Falle, so auch von meiner Kranken sagen: The is now a new erraturo!“
Der Autor giebt in dieser Abhandlung zugleich einen dankenswerten, die
Schritte von Erkenntniss zu Erkenntniss vollständig aufdeckendon
Litteraturbericht, der bis ins Jahr 1873 zurückdath’t. auf den hiermit
besonders verwiesen sei.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WO CHENSCHRIFT.
stenocardischen Anfällen, Albuminurie, Schwächezuständen, bedenk¬
licher Anämie und selbst plötzlichem Tode nach Beginn der Be¬
handlung, und Hoffmann vermochte von dem Leichter- und Leb¬
hafterwerden seines Kindes nicht den Eindruck einer Besserung zu
gewinnen, wurde im Gegentheil durch einen eigentümlichen
kachektischen Zustand im Anschluss an die Behandlung beunruhigt
und „möchte noch nicht für definitiv festgestellt halten, dass die
Anwendung sich überhaupt empfiehlt“. Hierzu kommen nicht
wenige Kundgebungen eines Nichfortschrittes anfänglicher erfreu¬
licher Besserungen, die Meldung einer Reihe von Todesfällen
während der Cur bei der vorjährigen Discussion in der Edinburgher
Medico-chirurgical Society (Murray, Foulis, Thompson) mit
warnenden Mahnungen zur Vorsicht, Grund genug, abzuwarten
und vorderhand überschwängliche Hoffnungen zu zügeln. Vollends
scheint das dringend geboten gegenüber den Nachrichten von einer
günstigen Beeinflussung von Krankheiten, welche mit dem Myx¬
ödem in mehr oder weniger lockerem Zusammenhänge stehen. Wir
meinen die Erfolge der Schilddrüsensaftbehandlung, welche Putnam
und Dill bei Akromegalie, Morbus Basedowii, Adipositas dolorosa
upd Psoriasis erzielt haben wollen. Man denke, wie schnell man
auch hier bei den heterogensten Krankheiten angelangt ist!
Noch wesentlich jüngeren Datums als die Schilddrüsensaft¬
behandlung des Myxödems ist die mittels Pankreassaftzufuhr
geleitete Therapie des Zuckerdiabetes. Sie folgt denselben
rationellen, vor allem an die Minkowski’sche Lehre vom Zu¬
sammenhang der Krankheit mit der Functionsstörung der Bauch¬
speicheldrüse anknüpfenden Principien, wie die erstere, entbehrt
indess der Grundlagen des Thierexperimentes fast völlig. Nur
Thiroloix sah, dass zwei Hunde, denen er Bauchspeicheldrüsen
transplantirt, nach der Exstirpation ihres Pankreas nicht glyko-
surisch wurden, freilich aber recht bald starben. Auch die klinische
dem Auslande angehörende Ausbeute ist einstweilen mager genug
und nicht dazu angethan, einem auch nur vorläufigen Urtheile über
Werth und Unwerth der ganzen Methode Vorschub zu leisten.
Auch hier hat man einen Liquor pancreaticus in Gebrauch gezogen
und die Drüse selbst genossen. Ueber zwei Fälle mit günstigem
Erfolge berichtet, nachdem Comby kein Resultat gesehen,
Mackenzie, insofern sich das Allgemeinbefinden hob, die Ham¬
menge verminderte, während die Zuckerausfuhr ihre frühere Höhe
behauptete. Eine Abnahme zugleich dieser sahen Sibley, Römond
und Rispal, sowie Battistini (mit fieberhafter Abscessbildung!),
weniger ausgesprochene Veränderungen bezw. nur vorübergehende
Hebungen des Körpergewichtes Wood, Haie und White. Leyden
hat seine wenig ermuthigenden Versuche wieder eingestellt. Wood
traf in einem Falle das Pankreas bei der Section normal an, ein wich¬
tiger — auch durch unsere Diabetikersectionen im Krankenhause
Friedrichshain lebhaft begründeter — Fingerzeig auf die nicht selten
unterlaufende Irrationellität des Verfahrens. Ob, wie Mackenzie
will, die Behandlung auch wegen des Gehaltes des Pankreas an
glykollösendem Ferment den im Blute vorhandenen Zucker' zu zer¬
stören geeignet ist, muss dahingestellt bleiben.
Wir selbst haben zwei Diabetesfälle die neue Behandlung
mittels eines von Riedel bezogenen Glycerinextractes (das Sie
hier nebst Substanz sehen) Theil werden zu lassen begonnen,
bislang ohne deutlichen Erfolg. Doch wurden die Injectionen relativ
gut vertragen. Wie ich höre, hat auch Herr College Renvers im
Krankenhause Moabit kein annehmbares Resultat erzielt.
So weit die Drüsensäfte, denen sich noch einige andere Organ-
exträcte anschliessen. In erster Reihe ist hier die ebenfalls der
allerneuesten Zeit angehörende Einverleibung von Nerven Substanz
zu therapeutischen Zwecken zu nennen, eine Heilmethode, der man
die Vorzüge einer rationellen und einwandfreien Vorbereitung auf dem
Wege des begründenden Experimentes meiner Meinung nach nicht
vindiciren kann. V. Babes in Bukarest und Constantin Paul in
Paris sind dieNamen, an welche sich das „neue therapeutische Wunder“
um einen Ausdruck Leyden’s zu wiederholen, anknüpft. Babes
ging von seiner Beobachtung aus, dass gegen die Hundswuth ge¬
impfte gebissene Personen durch die Impfung nicht selten dieser
oder jener älteren nervösen Erscheinungen ledig wurden, vermuthete
als wirksames Agens die bei dieser Impfung zur Verwendung
kommende Nervensubstanz und injicirte demnach mit Tomascu
Nervenkranken ein nach dem Vorgang von Paul gewonnenes
Extract der grauen Substanz von Kaninchen- und Schafhim.
Während fünf Neurastheniker durch die mit Kohlensäure imprägnirten
Glycerin-Bouillon-Emulsionen erheblich gebessert bis geheilt wurden,
auch von neun Melancholikern fünf eine wesentliche Besserung er¬
fuhren, blieben nur bei einem von 11 Epileptikern die Anfälle
längere Zeit aus. Die Injectionen scheinen, wenn auch nur in
fremden Händen, keine geringe Zahl von Abscessen 1 ) verschuldet
zu haben.
Günstige Erfolge bei Epilepsie und Pseudohypertrophie der
Muskeln meldet Felkin, bei Chorea Montagnon, bei Neurasthenie,
allenfalls auch Tabes Althaus. Doch negirt dieser Autor jede
Wirkung bei Epilepsie und Gehimlähmung. Erfolge bei den ver¬
schiedensten chronischen Krankheiten glaubt Moncorvo gesehen
zu haben.
Bei Tabes, Myelitis und allgemeiner Schwäche rühmt Onimus
in Monaco nach seinen Beobachtungen die Einverleibung eines
Extractes aus dem Rückenmarksgewebe, und Hammond, welcher
auf dem Wege einer langdauernden Maceration von Ochsenhirn
mit Glycerin, Borsäure und Alkohol ein „Cerebrin“ gewinnt, meldet
von der Heilwirkung dieses Mittels bei verschiedenen Nervenkrank¬
heiten ganz ähnliche Resultate wie Brown-Söquard von seinem
Hodenextract.
Keinerlei objective Veränderungen bei Lähmungen und neur-
asthenischen Zuständen sah Nege 1 bei Befolgung der Paul’sehen
Methode. Gewisse subjective Besserungen traten auch bei Injec-
tionen von Aqua destillata auf. Also „Autosuggestion“!
Für mich ist es keinem Zweifel unterlegen, da6S hier bereits
ein Mysticismus untergelaufen, welcher der Behauptung, Ochsenhirn
belebe die atrophischen Nerven, mit gewissem Rechte die Frage
entgegenstellen lässt, ob nicht auch die Gefahr vorhanden, dass
Eigenschaften des Denkorgans des Wiederkäuers auf die Behandelten
übergingen. Ich kenne in der That Existenzen, welche sich aus
diesem Grunde weigerten, Kalbshirn zu gemessen.
In den allerersten Anfängen schwebt die mit „Kurdin“ und
„Nephrin“ geleitete Heilmethode, weshalb ich mich sehr kurz zu
fassen vermag. Erstere Substanz gewinnen die bereits genannten
Onimus und Hammond aus dem Myocard, insbesondere des
Rindes, das nach der Methode des letzteren — unglaublich — acht
ganze Monate lang maceriren muss. Um so erstaunlicher die
Heilwirkungen des subcutan injicirten und genossenen Extracts
bei Herzschwäche, Orthopnoe, Herzneurose etc., denn „Kardin“
ernährt die Herzsubstanz, der es infolge der Erkrankung am noth-
wendigen Princip gebricht!
Mit „Nephrin“ — Sie wissen bereits, was das Mittel darstellt,
ohne dass ich es nenne — erzielte Dieulafoy eine vorübergehende
Besserung bei einem Urämiker, der gleichwohl starb. Brown-
Söquard, der auch schon die Behandlung von Leberkrankheiten
und Muskelschwäche mit, sagen wir „Hepatin“ und „Muscu-
lin“ andeutet, hat der Nephrintherapie eine experimentelle Grund¬
lage zu geben nicht gezögert: Thiere mit exstirpirten Nieren er¬
hielt er bei gleichzeitiger Injection von Nierensaft länger am Leben.
So muss es ja auch sein, denn bei Nierenkrankheiten ist die
„innere Secretion“ („äussere Secretion“: Harnabsonderung) gestört
und das Nephrin schafft für dieselbe einen Ersatz. Die Urämie
beruht auf einem Mangel der durch diese innere Secretion normaler
Weise dem Blute gelieferten Bestandteile.
Die Methode anlangend steht endlich der heute schon so oft
genannte Forscher nach seinen jüngsten Aeusserungen zur Sache
nicht an, der Application unserer Organextracte per rectum, und
sogar per pulmones durch den Kehlkopf als einem bei dem
nöthigen Geschick für den Patienten weder gefährlichen noch unan¬
genehmen, schnell und sicher wirkenden Verfahren das Wort zu reden.
Ich bin am Ende und bitte Sie, m. H., mich der bereits ge¬
übten Kritik im einzelnen noch einige Worte meines allgemeinen
Urtheils über die aetuelle Therapie mit Gewebsflüssigkeiten zufügen
zu lassen.
Ist es auch keinem Zweifel unterworfen, dass die Wiege dieser
oder jener „Heilmethode“ zugleich zu ihrem Grabe geworden, so
handelt es sich doch im grossen und ganzen um Darbietungen,
deren inneren wissenschaftlichen Kern wir respectiren
müssen. Dies gilt insbesondere von der Myxödembehandlung durch
Schilddrüsensaft, und es ist lebhaft zu bedauern, dass gerade diese
Krankheit in unserem Vaterlande so selten auftritt. Auch die
Poehl’sehe Sperminlehre darf, wenn auch die „Söquardin-Therapie
über die erklärbare physiologische Wirkung hinausgeht (Kahane),
nicht ohne Weiteres von der Hand gewiesen werden. Aber, um mich
des Naunyn’sehen Schlusswortes über die Koch’sehe Tuberkulin¬
behandlung auf dem X. Congresse für innere Medicin zu erinnern,
„was die Erfolge der Behandlung anlangt, so liegt die Sache für
uns Aerzte enorm schwierig. Es will mir scheinen, dass dies
eine Sache des Eindrucks sei.“ Galt das für die Phthise, um wie
viel höheren Werth muss es für die Neurasthenie beanspruchen,
wo die unheimliche Macht der Suggestion den kritischsten Blick
zu trüben vermag! Nichts desto weniger dürfen wir, unbeschadet
meiner Ueberzeugung, dass so manches Organextract ins Labo-
blätter ein russischer Würdenträger durch Pyämie zum Opfer fiel. So
viel ich den lückenhaften Berichten der Tagespresse aus meiner Erinnerung
entnehmen kann, wurde in diesem Lebenselixire Gatschkowsky’s Borax
A
. l ) An dieser Stelle möchte ich auch des berüchtigten Geheimmittels und Glycerin mit Bestimmtheit, Bullenhodenextract, Gehirnsubstanz und
„vitalin gedenken, dem vor einigen Jahren laut Inhalts hiesiger Tages- einige rflanzenalkaloide mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
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Go gle
ide mit Wahrscheinlichkeit nachgewiesen.
Original frn-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
. April.
ratorium zuritekwandem wird, wohin es gehört, die Gewebssaft-
therapie nimmer, wie dies geschehen, als eine „neue Phase der
Suggestivbehandlung“ schlicht abthun, vielmehr nicht rasten durch
weitere rationelle klinische Beobachtungen danach zu streben das
Danke zu lichten, an Stelle des Fraglichen das ThatsAchliche, des
Fragwürdigen das Würdige zu setzen.
Litteratur.
(Die in meinem Vortrag - Deut. med. Wochenschr. 1891 No 35 - an
geführten Belege erscheinen hier nicht wieder)
Alt haus. Lancet, Dec. 1898. — Anderson, Practit Tan irqq
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Brit. med. journ. 1892; Dublin journ. of med. sc., MaM893. _ Benso^’
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Mai 1893 __ y';'. 'p. -Murray, Brit. med. journ., Oct. 1891; Lancet,
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Monatfh f nr 'lwi a * 8 ? C V,r,“9 d J e Jasf - r 1892 ' No - Iv - *• - Nielsen,
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Woch. 1891 Nu 2 ll !:i 5 5 sl,er? 1892 - — Poehl. Berlin, klin.
Compt. Rend. AiÜ?i^r r 3 ’^ 893 ;? 0 ' 36; Deut. med.Woch. 1892. No. 49;
Ljou 1893 ru ^' ? ct - ® 92 ;, M»ra «93. - Porte, Thdse de
"9»*. - Pntn.h ? f ’ Bcolomykl., 2. Aufl. (1892) Bd. 24; Artikel „Sper-
d - 12-Congr f in„’ °[ B 16 ra - Aug. 1893. - Rehn. Verh.
Pal, Compt. Rend” W « *"c 1893 \P' - Romond u. Ris-
’• 13. Sent. 1883 ’ A ?T .^ 893 ; — Beverdin. Genf. med. Ges.. Sitzung
m6d. etc 1899 \ T n Qt) 0 ^ 1 ^o Lyon med., Aug. 1892; Gaz. hebdom. de
?o USni'sse Yö* im 1 7 5° 8 A c \ t6 , chini n of. Poehl. - Schiff, Rev.
Jand, Bnt „Ha ; , Nc |- 3 : Arch - f - exper. Path. etc. XVIII. — Shap-
1892. — Shichörp^ nL f Shaw, Brit. med. journ., Aug.
Stewart. Practit T r f Yono ehP r^T Bfcarr ’ Med. Rec. 1893, No. 23. —
Edinb. nie d. iourn*’ m - ioöo ~ Ta rchanoff cf. Poehl. — Thomson,
nVermehreTriJ ^ T Y asale ’ Cntbl - f - d - med. Wiss. 1891.
Rend., April 1898 med. W 0 c]j ig 93 , j^o. 11 u. 43. —Vitzou. Compt.
joum., I 892 u lftoa '^ a ?J a minoff cf. Poehl. — White. Brit. med.
f 8 - - Wikto-Tw'n ^ichmann.Deut. med.Woch. 1893, No. 2, 11 u.
Moskau 1891. - w VRru^u- S^quard’sche Injectionsverfahren etc.,
m entale 1893* p. 14 ° 0d ‘ ßnt * med * i°urn., Jan. 1893. — Zanda. Speri-
DEUTSCHE MEDIC INISCHE WOCHENSCHRIFT.
321
VI. Ueber Guaj acolVergiftung.
Von Prof. Dr. Oscar Wyss in Zürich.
(Schluss aus No. 13.)
._iuntersuchte gleich nach der Section den aus der Blase
U J lT ! g enaue ^ 1 und zwar in gewisser Richtung be¬
sonders genau deshalb, weil mir damals das Resultat der Unter-
vnn h Pr?h d i r N , 0 '. 2 . noch nicht i sondern nur diejenige
von Probe 1 Torlag und in letzterem kein Blut gefunden worden
war, wägend der Ham aus der Blase einen Blutgehalt nicht ver¬
kennen liess Der am 1. Aprü 1893 aus der Blase entleerte Urin
bestand fast zu Vs aus einem in durchscheinendem Licht grauen
flockigen Sediment, das im auffallenden Lichte rothbraun erschien
Der Harn reagirte schwach sauer. Beim Kochen, namentlich
schön benn Erhitzen des klar filtrirten Harns im Wasserbad
scheidet sich ein reichliches Coagulum von schwarzbrauner Farbe
a üüu 8ic ? ? uf Zusatz einer Spur Essigsäure nicht auflöst und
abhltnrt auf dem Filtrum zu einem geringen schwarzen Rückstand
eintrocknet. Das Filtrat besitzt blassbräunliche Farbe. Der Urin
giebt bei Zusatz von Pikrinsäure mit Citronensäure nach Esbach’s
Vorschrift einen sehr massenhaften Niederschlag; der so erhaltene
Niederschlag stbht quantitativ in gar keinem Verhältniss zn dem
durch Kochen erhaltenen Coagulum, da er mindestens das 20fache
von dem Volum des letzteren beträgt. Gekochter und filtrirter
so genau als möglich enteiweisster Urin giebt mit Pikrinsäure ein
nur um weniges geringeres Coagulum als ungekochter. Jener
starke Niederschlag auf Pikrinsäure muss also durch
einen anderen Körper als blos durch dasEiweiss hervor¬
gerufen worden sein.
Mit Natronhydrat versetzt giebt der filtrirte klare Urin einen
reichlichen Phosphatniederschlag, der im auffallenden Licht gran-
braunroth, im durchfallenden Licht ganz dunkel, fast schwarz aus¬
sieht, und die darüber stehende Flüssigkeit ist im durchfallenden
Lichte blutroth. (Heller’s Blutprobe positiv.) Wird filtrirter
Urin mit altem Terpentinöl und Tinctura Guajaci versetzt und ge¬
schüttelt, so färbt sich die ganze Flüssigkeit prachtvoll blau. Der
filtrirte und mit Wasser verdünnte Urin zeigt in durchaus typischer
Weise die beiden Absorptionsbänder des Hämoglobins.* Diese
werden durch Zusatz von verdünnter Ammoniakflüssigkeit nicht
verändert; dagegen auf nachherigen Zusatz von Schwefelammonium
verschwinden sie und werden ersetzt durch das charakteristische
Absorptionsband des reducirten Hämoglobins. Somit; spektro¬
skopische Bestätigung der Anwesenheit von Hämoglobin. Der
Urin ist somit sicher hämoglobinhaltig. Filtrirter und ent¬
eiweisster Urin giebt die Trommer’sche Zuckerprobe nicht; der
Ham ist somit frei von Zucker.
Das Sediment löst sich beim langsamen Erwärmen des Urins
nicht oder nur theilweise in unmerldicher Weise auf. Mikro¬
skopisch stellt es der Hauptsache nach eine körnige Masße dal*,
die im ganzen grobkörniger als ein Uratsediment erscheint. Beim
Erwärmen des Sedimentes auf dem Objectträger mit vorheriger und
nachheriger Controlle ist es zweifellos, dass ein Theil des Sedimentes
sich löst, also w*ohl aus Uraten besteht, denn namentlich die
mehr feinkörnigen Partikelchen lösen sich beim Erwärmen auf.
Der reichliche Rest aber verändert sich nicht. Die nicht sich
lösenden Körner stellen glänzende, in ihrem Lichtbrechungsver-
mögen etwas an Fettpartikelchen erinnernde, mehr matt schimmernde
Kügelchen, oder Kügelchen mit einer Ecke, einer Spitze, oder einem
länglichen, an einem oder an beiden Enden rundlich sich absetzenden
Gebilden, oder aus mehreren unregelmässig kugligen Körperchen
zusammengesetzte Stäbchen, in Form und Glanz auch an Myelin
erinnernde Dinge und Figuren, nur sehr viel kleiner als diese dar.
Diese Körperchen werden nicht gelöst und nicht verändert durch
Wasser, Natronhydrat, Essigsäure, Alkohol, Aether, Salpetersäure,
Chloroform Xylol. In concentrirter Schwefelsäure (englischer)
verschwinden sie rasch, werden sie also wohl, und zwar ohne
jegliche mikro- oder makroskopische Färbung gelöst; ebenso ver¬
schwinden sie auf Zusatz von Guajacol oder Kreosot. Ausserdem
finden sich in dem Sedimente theils grob-, theils feinkörnige Harn-
cylinder, welche in ihrem Innern Körperchen der eben beschriebenen
Art und da und dort auch rothe Blutkörperchen enthalten. Doch
sind die letztem nicht von der Beschaffenheit frischer Hämocyten,
sondern sie sind, wie in der Form, so auch in der Farbe alterirt.
Daneben enthalten manche Cylinder auch Epithelien aus den Harn-
canälchen. Auch sonst finden sich Epithelzellen verschiedener
Art, sowie veränderte rothe Blutkörperchen im Sediment; letztere
werden namentlich deutlich sichtbar, wenn man dem mikroskopischen
Präparat etwas Glycerin zusetzt, worauf sie zwar in ihrer Form
etwas verändert, aber doch durch ihre Farbe und Form
von einem geübten Beobachter sicher als rothe Blutkörperchen
erkannt werden. Beim Behandeln mit Natronhydrat zeichnen sie
sich gleichfalls durch ihre charakteristische Färbung, Gestalt und
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Original ffom
UNIVERSETY OF MICHIGAN
322
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14
Grösse aus. Ich fertigte ferner Trockendeckgläser mit dem
Sedimente an, die ick nach Fixation über der Flamme mit Eosin
und Methylenblau tingirte, und ich bekam auch hierbei die Ge¬
wissheit, dass die betreffenden Körperchen als rothe Blutkörperchen
angesprochen werden durften. Und behandelte ich endlich mit
Sediment beschickte getrocknete Deckgläser mit Eisessig und Na CI
in bekannter Weise, so bekam ich die schönsten T eichmann’schen
Häminkrystalle.
Damit ist ersichtlich, dass bei schwerer GuajacolVergiftung im
Urin vorkommt: Hämoglobin, Albumin. Gallensäuren,
Cylinder, rothe Blutkörperchen und ein für diese Krank¬
heit unzweifelhaft eigenthümliches Sediment, das aus
einer Guajacolverbindung besteht. Der Urin enthält ferner in
Lösung einen dunklen Farbstoff, der nicht Gallenfarbstoff, sondern
analog der „Carboifärbung“ bei Carbolintoxication zu sein scheint.
Er giebt mit Pikrinsäurelösung einen sehr reichlichen, durch einen
andern Körper als nur durch Eiweiss bedingten Niederschlag.
Im übrigen kann es kommen zur Entwickelung von Icterus,
Stomatitis, Gastro-enteritis, parenchymatöser Entartung der Leber,
der Herzmuskulatur, acuter hämorrhagischer Nephritis, colossalem
Milztumor und bedeutenden Veränderungen des Blutes.
Herr Dr. Carl Egli, Professor der Chemie an der hiesigen
Cantonsschule, hatte die grosse Güte, das abfiltrirte, mit destillirtem
Wasser gewaschene und getrocknete Sediment des Urins, das ich
bei der Section aus der Blase entleerte, einer chemischen Unter¬
suchung zu unterwerfen, so weit das bei der geringen Quantität
dieses in Frage kommenden Körpers möglich war. Es war mir
von vornherein sehr wahrscheinlich, dass dieses in so vielen Be¬
ziehungen eigenartige Sediment durch die Nieren aus dem Körper
ausgeschiedenes Guajacol in irgend einer unbekannten Form darstelle,
und es ist Herrn Collegen Egli gelungen, diese meine Auffassung
zu bestätigen. Er schreibt mir hierüber folgendes:
Vermuthlich verlässt das Guajacol den Körper hauptsächlich
als Kaliumsalz des (sauren) Guajacolschwefelsäureesters:
/OCHa 1)
C 6 H 4 ; Guajacolschwefeisaures Kalium
0—S0 2 —OK2)
ähnlich, wie sich das Phenol als CgHs—0 — SO 3 K ausscheidet.
Das erhaltene Harnsediment war nach dem Abfiltriren mit
Wasser gewaschen worden, und so war nicht zu erwarten, diese
Verbindung im Rückstand noch anzutreffen.
Da das zur Untersuchung erhaltene Sediment nur einen kleinen
Bruchtheil eines Grammes ausmachte, war an eine vollständige
Analyse nicht zu denken. Ich musste mich auf folgende Reactionen
beschränken.
Aussehen: In einem glatten Filter eingeschlagen einige harte,
braunschwarze Bröckel ohne Geruch.
1. Die fein pulverisirte Substanz wurde im Soxhlet’schen
Apparat mit Aether extrahirt. Der Aetherextract verdunstet,
Rückstand, in Alkohol aufgenommen, zeigt keine Phenolreaction,
2. Rückstand von 1) mit kochendem Alkohol behandelt. Der
Alkoholauszug giebt mit einer 6°' 0 Lösung von KN 0 2 in concentrirter
H 2 SO 4 eine prächtige Violetfärbung (Reaction von Liebermann).
Gontrollversuch mit Guajacol giebt dieselbe, desgleichen mit
Phenol eine verschiedene Färbung. Mit Millon’schem Reagens:
Rothfärbung.
Ein Thoil der alkoholischen Lösung verdunstet, Rückstand in
Wasser aufgenommen, Lösung mit Bromwasser versetzt; Kein
Niederschlag. (Phenol giebt Ce^BrgOH). MitFe 2 Cl 6 schmutzige,
nicht grüne Verfärbung.
8 . Der Rückstand vom Alkoholauszug wird mit Wasser und
einigen Gramm HCl im Rückflusskühler mehrere Stunden gekocht,
um eventuell vorhandene complicirte Phenol- respective Guajacolver-
bindungen zu spalten. Die Lösung färbt sich intensiv braunschwarz,
giebt aber im Spectrum keine Absorptionsstreifen, die auf Hämatin
oder, dergleichen deuten. Die Lösung wird zu 1/4 abdestillirt.
Destillat giebt schwach die Phenolreactionen. (Phenole aus
Eiweiss?)
Schlussfolgerung: Das Harnsediment enthält Substanzen
die die Phenolreactionen zeigen. Carbolsäure ist nicht vor
handen aber auch unverändertes Guajacol liess sich mi
Sicherheit nicht nach weisen. (Fehlen der Bromwasserreaction um
JN ich teintreten einer smaragdgrünen Färbung mit FeaCle.)
. . He .7 Dr - J- Bernheim in Zürich hatte die Güte, wiederhol
Ultra vitam das Blut der kleinen Patientin zu untersuchen und mi
im folgenden das Resultat seiner Untersuchung zusammenzufasser
•p, ,? a ^ B1 , ufc in Trockenpräparaten, die nach der Vorschril
Ehrlich s hergesteirt wurden, untersucht. Nach Reinigung des Finger
Sonfen mir^A t n r ^ 1 1 d in ? ie , Ku PP e eingestochen, ein kleiner Bluts
tropfen mit einem Deckglas aufgefangen und sofort durch Auflegen eine
Su D n- g r! und Auseinanderziehen möglichst gleichmäßig vei
stnchen. Die Deckgliischen werden stets mit Pincetten, nie direkt mi
dem Finger gehandhabt. Nachdem die Präparate getrocknet, werden sie
ein bis zwei Stunden auf einem Kupferblech erhitzt und dann mit dem
von Ehrlich angegebenen Aurantia - Eosin - Nigrosin - Glyceringemisch
gefärbt.
An diesen Präparaten fallen schon am zweiten Tage, mehr noch am
dritten, namentlich an den rothen Blutkörperchen hochgradige Verände¬
rungen auf. Das Hämoglobin zieht sich an einer oder mehreren Stellen
von”der Wand des Blutkörperchens zurück, so dass in dem letzteren un¬
regelmässig geformte, nicht färbbare, grössere und kleinere Vacuolen ent¬
stehen. Bei starker Vergrösserung lässt sich in einzelnen derselben noch
eine zarte, netzartige Stromazeichnung erkennen, die sich schwach mit
Eosin färbt.
Auch die Form der rothen Blutkörperchen verändert sich; am dritten
Tage sieht man selten noch normale Zellon. Es finden sich statt .der¬
selben die mannigfaltigen Gestaltungen der mit Poikilocytose bezeichneten-
Blutkörperchenveränderung, daneben zahlreiche Trümmer gänzlich zer¬
störter Blutkörperchen: ovale und eckige Hämoglobinkörner von wechselnder
Grösse, oft in ein Netz von Stroma oder homogen gefärbtem Plasma ein¬
gelagert, oft ganz frei, und Stromafäden, die hier und da noch die Ge¬
stalt der, zugrunde gegangenen Blutkörperchen erkennen lassen. Endlich
ist noch zu erwähnen, dass am dritten Tage viele Makrocyten auffallen,
die ebenfalls zum grössten Theil die oben beschriebenen Veränderungen
aufweisen.
Was die weissen Blutkörperchen anbetrifft, so ist hervorzuheben,
dass das numerische Verhältniss derselben zu einander wechselt. Am
ersten und zweiten Tage lässt sich wie im normalen Blute ein Ueber-
wiegen der neutrophilen Lymphocyten (Ehrlich) mit polymorphen oder
mehrfachen Kernen constatiren; an Zahl folgen dann die kleinen Lympho¬
cyten mit relativ grossem Kern und wenig Protoplasma, hierauf die
grossen Lymphocyten mit neutrophil gekörntem Protoplasma und meist
nur schwach gefärbtem grossen Kern, endlich vereinzelte eosinophile
Zellen. Schon am zweiten Tage sind mehr grosse Lymphocyten als
am orsten nachzuweisen, bis am dritten sie das Uebergewicht gewinnen.
Einige Zählungen mögen dies illustriren. Am ersten Tage sind yon
51 weissen Blutkörperchen: 31 Zellen mit polymorphen oder mehrfachen
Kernen, 16 kleine Lymphocyten, 3 grosse Lymphocyten und eine eosino¬
phile Zelle. Am zweiten Tage, wo überhaupt eine Zunahme der Leuko-
eyten im ganzen sich findet, zählte ich unter 116Lymphocyten: 86 poly-
nucleäre und polymorphe Formen, 13 kleine, 15 grosse Leukoeyten,
2 eosinophile Zellen. Am dritten Tage ergiebt die Zählung unter 119
weissen Blutkörperchen: 62 grosse Lymphocyten, 51 polynucleäre und poly¬
morphe Formen und 6 kleine Lymphocyten. Endlich wurden noch Zäh¬
lungen gemacht über das Verhalten der weissen Blutkörperchen zu den
rothen. Mit einer Hartnack-Immersionslinse No. 2 und Ocular 3 wurden
in jedem Präparat zehn Gesichtsfelder durchgezählt. Es fanden sich dabei
am ersten Tage im Durchschnitt 1,2 weisse Blutkörperchen auf 223 rothe,
am zweiten Tage 5,7 auf 176, am dritten 5,1 auf 137, also eine bedeu¬
tende Zunahme der weissen Blutkörperchen im Laufe der Krankheit. —
Die Blutproben wurden entnommen am ersten Tage Nachmittags 4 Uhr,
am zweiten und dritten Morgens um 7 Uhr.
Soweit die Mittheilung von Herrn Dr. Bernheim, der diese
Untersuchungen auf meine Veranlassung hin sowie auch andere
mikroskopische Blutuntersuchungen im hiesigen Kinderspital machte
und sich schon vor dieser Untersuchung mit der Technik der Blut-
tinctionen nach Ehrlich vertraut gemacht hatte.
Die wichtigen Körperorgane unterwarf ich sodann einer ge¬
naueren Untersuchung, nachdem kleinere Stücke ffxirt, erhärtet,
geschnitten und die Schnitte gefärbt "worden waren. Ich benutzte
als Fixationsmittel meist vierprocentige wässrige Sublimatlösung,
und als Erhärtungsmittel absoluten Alkohol. Zur Controllunter-
suchung besonders der Niere benutzte ich auch in Müller’scher
Flüssigkeit gehärtete Organstücke.
An Schnitten durch den Zungengrund war keine Verätzung
oder Verschorfung der Oberfläche, auch keine deutliche reactive
Entzündung nachweisbar, entsprechend den ante mortem völlig
zurückgegangenen Symptomen der Stomatitis. Lymphdrüsen am
Hälse unter dem Kieferwinkel boten mikroskopisch das einfache Bild
der entzündlichen Schwellung und Infiltration. Ebensowenig fand
ich Veränderungen an der Zungenmuskulatur.
An Schnitten durch den Herzmuskel ist weder an den Ge-
fässen des letzteren noch in deren Umgebung, noch an der Mus¬
kulatur irgend eine tiefere Veränderung zu constatiren. Nament¬
lich an Hämatoxylincarminpräparaten sieht man Quer- und Längs¬
streifung der Muskulatur und die Muskelkerne ganz prachtvoll.
Auch andere Tinctionen, z. B. mit Boraxcarmin, Alauneärmin bieten
keine Alteration des normalen Bildes.
. Ganz ähnlich verhält sich das Gewebe der Leber. An den
Zellen des Leberparenchyms — abgesehen von den am frischen
Präparat constatirten Veränderungen — durchaus keine Ver¬
änderung. Die Kerne sind überall normal, gut erhalten; das Binde¬
gewebe, die Gallengänge und deren Epithel, sowie die Gefässe
durchaus nicht älterirt.
An den Nieren sind die Veränderungen, die wir constatirten,
durchaus nicht überall gleichmässig diffus. vorhanden, sondern
hauptsächlich an umschriebenen Stellen; immerhin sind diese er¬
krankten Stellen zahlreich und verbreitet. Schon bei schwacher
Vergrösserung sieht man in einzelnen Blutgefässen der Mark-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
, April.
DEUTSCHE JVEEDIC1NTSCHE WOCHENSCHRIFT.
Substanz der Niere, sowohl in Capillaren, als auch in kleinsten
Arterien eine braune feinkörnige Substanz, die die grösste Aehn-
lichkeit mit einer das Gefäss stellenweise völlig, stellenweise wenig
und an anderen Stellen nur einer Gefässwand anliegenden, fein¬
körnigen Injectionsmasse hat-. Auch in den zwischen°den gewun¬
denen Harncanälehen liegenden Capillaren ist hie und da solche
braune körnige Substanz vorhanden, aber nie in erheblicher Aus¬
dehnung, sondern nur an kleinen umschriebenen Stellen Niemals
sah ich solche Masse in Gefässen der Glomeruli, wohl aber zu¬
weilen in solchen an der Oberfläche resp. in der Nachbarschaft
der Bowman’schen Kapsel.
An den Epithelien der Harncanälehen, abgesehen von den
früher geschilderten Veränderungen, keine Anomalieen; nirgends
sind dieselben zerstört oder verschwunden, überall schön erhalten.
Xur dort, wo das Lumen der Harnkanälchen durch Faserstoffcylinder
eingenommen wird, erscheinen die Hamcanälchenepithelien etwas ab¬
geflacht; aber ihr Kern, ihre regelmässige Anordnung ist vor¬
handen. An einzelnen umschriebenen Stellen stärker, an anderen
weniger und an noch anderen Stellen gar nicht, sieht man das
Lumen des Harncanälchens durch einen typischen hyalinen Faser¬
stoffcylinder eingenommen, der sich durch seine etwas bräunliche
Färbung, durch seinen matten Glanz, seine scharfe Begränzung
die an vielen Stellen deutliche Eindrücke oder Abdrücke der Epi¬
thelien der Harncanälehen erkennen lässt, seine homogene Structur
gut charakterisirt.
An im Längsschnitt getroffenen Cylindern sieht man hie und
da mehrfach rundliche scharf umschriebene hellere Stellen von der
Grösse eines rothen Blutkörperchens, die, wie genauere Untersuchung
ergiebt, wirklich solche darstellen. Am häufigsten liegen die Cv-
hnder m den geraden Harncanälehen.
Ausser diesen offenbar frischen Fibrincylindern finden sich in
einzelnen, aber wenigen Harncanälehen lockere, leicht gefaltete
bchleimgermnseln ähnliche Gebilde, unzweifelhaft sogenannte Cy-
lrodroide. Sie schliessen sich, wie man an im Längsschnitt ge¬
troffenen Harncanälehen sieht, direkt an das Ende von Faserstoff-
cylindern an.
Ausserdem finden sich im Lumen einzelner Harncanälehen ganze
Laufen rother Blutkörperchen, oder richtiger cylindrische Gebüde
(ne nur aus veränderten rothen Blutkörperchen gebildet sind; der
Art, dass man sich zuweilen ernsthaft die Frage vorlegen musste
°b man auch wirklich Harncanälehen und nicht Blutgefässe vor
sicn habe. Aber m letzteren sind, abgesehen von jenen, in denen
üie beschriebene körnige, braune Injectionsmasse liegt, die vor-
nandenen Blutkörperchen normal; in den Harncanälehen dagegen
Form und Farbe verändert, ganz analog wie die Bliit-
Korpcrchen m Urinsediment und das Epithel und die Wan-
vorhanden Harncanälcbens in durchaus charakteristischer Weise
???? im Lumen sehr vieler Harncanälehen eine sehr
«;irh L ttrcbsi ®htige Masse, die in ihrem mikroskopischen Verhalten
obe » bes °hriebene Urinsediment verhält und
ZU p . lfel damit identisch ist. Die nämlichen glänzenden,
oder abgerundeten,
vief kipin G - b ^ de ; dle vi elfach an Myelinformen erinnern, aber
^erbindun^ faxten S dürfen. letZter8n *** ^ ^ &1S ^ Guajcol ‘
„ebr^f^f 6 Raderungen der Harncanälehen in Verbindung
ist uns mit den Veränderungen der Nierengefässe,
Grade eifelhaft, doch noch nicht ganz klar, bis zu welchem
die wir in l wP nd die Annahme, jene theerähnliche Masse,
änderte«: tu ® ren S e fÄssen beobachteten, sei durch das Guajacol ver-
gauze\iprp^nV daS i e * nen der Nierengefässe obstruirt. Die
gische* Xpnh . ran h un g wäre alsdann als eine embolische hämorrha-
artieen FmiTr 8 au / zu ^ assen - Wir haben aber bis jetzt jene theer-
nicht in Hdi. ° t T m an d eren Organen nicht gefunden, namentlich
wohl Schnitt« ', un ? aucb nicbfc im Milzgewebe, von dem wir
eiteren nnoh a ?? afer . tlgt haben, auf deren Deutung wir aber im
Die A h nicht . ergehen wollen.
canälchpn n .^® sen h e it jenen Guajacolverbindung im Lumen der Harn-
scheidunp- ri«,. p Ur ? baas nicht überall constatirbar. Ob die Aus-
hatte oder o Uua J a ^ olver bindung nur an gewissen Stellen statt-
bald nach t \ . das uns we it wahrscheinlicher, ob sie
Harncanälehen im Bereicb der ganzen Niere in allen
änderten Stell«« ^ ^?tte. und späterhin an den sonst nicht ver-
we ggeschwpmmt ÜU j die si °h wieder etablirende Urinsecretion
der zuführenden p U ^ den ’ an ( J 0T1 Stellen dagegen, wo Verstopfungen
Bolieen — statt ht+ 86 — ^ ene Schilderten theerähnlichen Em-
vis a tertro di« n • n ’ in . foI £ 0 der mangelnden oder geringeren
unterblieb und c n J 8ecret i° n stockte, die Ausschwemmung daher
den Lumina d«r°u ler dle aus g 0 schiedene Guajacolverbindung in
Harncanälehen liegen blieb — sind Fragen, die
.. _ m
nur durch eine längere Versuchsreihe au Thieren sicher hemt
wortet werden können. Das allerdings hat uns die mikroskopisch«?
Untersuchung gezeigt dass da, wo Embolieen in der Tiefe vorhan-
r g i gen dl l 0b ^ fläcbe hin und in der Nachbarschaft viele
ribrincylinder m den Harncanälehen sich finden. Nicht immer
combiniri Cy inder UDd Gua J ftco1 verbin(fu'ng in den Harncanälehen
Obwohl ich. mir vollkommen bewusst bin, dass ich durch die
mikroskopische Untersuchung nur eines Theils der Organe unseres
1 alles noch nicht zu einem endgültigen Abschluss der Guaiacolver-
giftungsfrage gekommen bin, und ich die Ueberzeugting habe dass
weitere Fragen erst durch eine experimentelle Untersuchung ent¬
schieden werden können, so habe ich doch nicht Entstanden
diesen einzelnen Fall von Vergiftung und die sich anschliessenden
Beobachtungen der Oeffentlichkeit zu übergeben, deshalb, weil man
im Enthusiasmus über die Wirkungen und Unschädlichkeit des
.Kreosots und insbesondere des Guajaeols auch zu weit gehen kann
und das um so mehr, wenn man diese Therapie der Lungenschwind¬
sucht des Erwachsenen mit nicht genügender Vorsicht auf die
iherapie der tuberculösen Erkrankungen des Kindesalters, der so¬
genannten Scrophulose übertragen würde. Erfahrungen, wie die
eben initgetheilte* lehren, dass das Guajacol ein intensives Gift ist
dass dasselbe schwere Störungen im Organismus hörvorrüft und
somit Grund genug vorliegt, mit diesem Mittel vorsichtig zu Sein
Dies bestätigt eine mir eben (18. Februar) zu Gesichte kom-
mende Notiz von v. Mosetig-Moorhof in dieser Wochenschrift
p. loo.
VII. Ueber die Behandlung des
Rhinoskleroms mit „Rhinosklerin“.
Von Prof. Dr. A. D. Pawlowsky in Kiew.
(Schluss aus No. 13.).
In Anbetracht der erwähnten auffallenden Analogieen ‘ mit den
Lrsckeinimgen nach Tuberkulininjectjonen und da zur gleichen Zeit
im Hospital des Rothen Kreuzes viele Kranke lagen, die wegen
chirurgischer tuberkulöser Leiden mit Koch’s<?hem Tuberkulin be-
handelt wurden, gab ich drei Lupuskranken Controllinjeetjönen zu
je 0,1 Rhinosklerin in die Rückenhaut zwischen den Schulterblättern.
Zwei von diesen Kranken zeigten keine Reaction bei dem dritten
stieg die Temperatur auf 40 o, hielt sich auf dieser Höhe- drei
Stunden lang und fiel nach drei Stunden wieder zur Norm; ein¬
mal hatte er Erbrechen.
In obigen Versuchen wurden der Patientin Jawdyk durch
Papier filtrirte wässrige Glycerinauszüge Tnjicirt; durch das Filtrir-
wasser gingen natürlich viele Körper und abgestorbene Mikrobien
mit. Es musste also oruirt werden, Welchem von den Bestand¬
teilen des Rhinosklerins hauptsächlich die Fähigkeit innewohnt,
die oben geschilderten allgemeinen und besonders localen Erschei¬
nungen hervorzurufen: den Leibern, der Mikrobien und deren Mikrö-
proteYnen, oder den von ihnen im, Substrat producirten Toxinen.
Um dies festzustellen, wurde bei den folgenden Injectionen
nicht gleich die ganze Mischung der Substanz : in Gestalt eines
wässrigen Glycerinauszuges unter die Haut gespritzt, .sondern zu¬
erst kalte Filtrate (durch Pasteur-Chamberland'sche Filter),
am anderen Tage spirituös-ätherische Extracte, und dann wässrige
Glycerinauszüge zu den Einspritzungen verwandt Es ergab sich
dabei nach einigen Injectionen, dass durch kalte Filtrate die ineistbn
Erscheinungen in gleicherweise wie durch wässrige Glycerinextracte.
jedoch in bedeutend geringerem Grade hervorgerufen werden. Die
in gelindem Schmerz bestehenden localen Erscheinungen zeichnen
sich nicht durch die Schwellung, Röthung und schleimig-eitrige
Absonderung aus, welche man bei der Iiyection wässriger Glycerin¬
extracte beobachtet; Muskelschmerzeh treten nicht auf. Spirituös-
ätherische Extracte bedingen weder die Erscheinungen einer all¬
gemeinen, noch die einer localen Reactioh, sie rufen nur eine un¬
bedeutende Temperaturerhöhung um Bruehtheile eines Grades und
eine geringe, kurz andauernde Pulsbeschleunigung hervor. Es ist
klar, dass die wirksamen Substanzen hauptsächlich in den wässrigen
Glycerinextracten enthalten und mit den Leibern der Mikrobien
verbunden sein müssen: es wurde deshalb zu den folgenden Injec¬
tionen eine Flüssigkeit aus eingedickten.kalten Filtraten zu¬
sammen mit wässrigem Glycerinextracte von Bacillen, ohne spiri-
tuöse und ätherische Extracte, zu den Einspritzungen verwendet.
Diese Flüssigkeit nenne ich Rhinosklerin.
Der weitere Verlauf der Krankheit bei der Patientin Ja wdyk
war folgender:
. 24. März. Sechszehnte Injection, 0,1 eines spirituös-ätherischen Ex-
tracts. Keine Reaction.
25. März. Siebzehnte Injection, 0,2 derselben Flüssigkeit. Tempera¬
tur 37,6, Puls 84, Respiration 20. Pupillenerweiterung.
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ü<> die enfspreblumdp Zeit d*m fojgemlmt Jnlsr^», Im guimtm bblifpo die
A& . .ZwüftKi^tf ’^njcH’.tinn DA. ’T^inpWnit.MT 37,7h Put?' '84?..
Pfcspirätkvn i*;j.
Ik»dr MHrx wurden wr üukr^kopWhoi» Ihijmrvufdiue-g tkdg<*, Stttefc«
eh»-n bmü^R^bWiUm feuVtaf.- 3 »iffun«*- »'imnnlntbnisiufitet und fettige
Ernam?«# dnr ZfdkAöAgs itt&traK
- ’lfts»* fteit&tin' l&aseifiotiesk- Jte»p*dnn. «um i Tag hm nß^e^ uiiii
Kranke also 70 IryeetioimiK
7, Mkrv. AHt -einem Crnlmd wmdnu diu KnoOrh v«Urrncki.für-Nwmn-
DOgnl titu’j die diu 3fo*«ftMäta¥ verachliessemfon Narbe« entfernt* durch
w.-b ht. di.” U(»?i>!rsjfi.!]] h.-hi«ii{«*n w..r Di. JnbPrm« in d* j n N'asiwitUuwh*. in
der Nus<uv«Ucmh'waud und Huf dnu Nu-murimkep wurden windet- aurtjek-
EMArnmg- der ^r:J.«n .«♦_*«• in.dtrats.. | evbismm .Der Knoten uiT der'Oberlippe blieb nnreriindert, er wurde- mn-
Dm weiteren U v funUön^ w.mbue .unuu Tag Hm.kl««•';ntidet-on, 'und ’ ja-nilier kTm^m. heb hK wni umef Rtkdmekni im,-. Drei Tag.; mud* djesei
xggvr m immer .gr«fj*s«‘Ft'a Düsen hi» iimt J.V.. Mm ,'i^J gerächt. Die < ipmütkm. wurde« die Inject innen wieder • Es stellten 5 ir.i 1
M*1m 3 fotM-w fytiu Iud)ßi>,flö»Ule)ui vmwnhl »wl.iv • typische, wenn •utit-U milssig« Rmtctumiru om mit Tomperatm' voa 37,7,
iir.diM. «is incAie. ftbaetionerf. borvorg<wufent Trinjmratur bis zu dH.;«, I'.uls ; Tup 100 (V«i««). geu-ui.idi. k 01—Hs, allgemeines Crtbehair»»»« Muskel* uw!
!M» i uä:-;e 4,- Ji«4iUt1ijl£rfiöt-r*. «UiU» Öxul '.M-U^kidaclimerzen und flarkn t i P b^impf «r.d»; Kopfseliuttwzn.n. döi.iu mm‘ vorsUlfkO- Abtu.mdnrtl?*??.
»••’ihtii-ud*? SrtOi.u'rzen in di-rNayn. Im tifanznü bekam dm hrnukr im dann, - nrn/. . {• Itiai.fgkeil am I { loriokklemmhouiUnu. Borkmilniduni* untl sUmähU.th
^lÄUTig Vouufn» uad Na&ö «itAvus abgklbtcljt wtird«- iTbw
"u-uimi bibwiii'l.iJsiPfi Dank Ms:;prcrbe . rtnsg^tt^taud' (lei- JCraukei» lMieb WJllirund .. der .gatisxm D>umr tlfer UeluWitT
!n. Ahu 't-su{ war der 7/u^tand d«T Patientin folgender. Die Khctr-ii hmg ein a-i-ihf- gi»Un% diu Patinuiui u«» i/ni/. der 7(f It.jcmojvnn und *ro(?
\ft ilur N'ii^nJj^Ütr Iiüd mU dvr Oberlippe ^ind bodtvmnml wen*b«T ge- deA {angen A ufeni.kAltt’-* Im Hospilftl fdIoudiüt ?5 {ms j?ehf yaOm 1 DOegn
wur.b'n rr^t.'ro z* rlVdien nhr.-lOiridd-h,. Kein einziger yru) d S tt Knoten | und unter sehr onimiigor. liygiomgeh«»!.. ikdiiig wngVa ^ wflvrend der
v. Ar h - f '.Vf.jfMr', uuoti ■ sind in dm iVripberin kein« «tum«» Kuntou er- ; gunzutt Ibmor der ..Üpliundlung' n i;u b i . ä- k g u m ag«r i. Die- lk*obMditung
dv h. at?e ivnankbeC. broHel *ii:h n'icbkwu^ Einige Tage
vetr dam d raf^pwil <ht ,Krwukon in duy Hospilal des Llerrn Tomwsebew-skh
httbu sVh die m di« Nasriiltöfale Imioinragruden Knote.n, und InHltrate boraus-
gerwloulO-i,. und.{£Wkt witid. dei SelnuUotiisprr'vhend den nonmiUm Cetil euren
akTOSa^e. ’nul *hyr }fo‘bk der mmthutuassliclmn! SrkkinjUunt der N;meiv
fttjk.'d und Nekk'w?rid geführt Dir iivminnkni Cdfit.ntiten der Xusr
feind cfhaltfm, ggbUkkep. f% djttksets Kbmnskiinoininttk.THte in der Nasen-
uitd Ibdurndjubg db'K^r Kau/ikeu wurde »ilöß -äf^öi Siudii^higbao ktftduröb
ÜhOO/1 Urul IhOl/hi tongeseizk
hUe-uIfavre .i 0 j; j<Muni dI u«g: 'Wrsbhwiuddn {rielleiiTO nm-l!
nur zütttvejeer Nitill^taatl i\\ der Knhvjekpiung) der dikuseh RMno-
rikluröiiihiHlt.raio tu d&ti NhrHeßilH^dn und du mp NäHmrseh^dtOv'ttud
and Ersoig -i.-fseihen durtdi in^is Nnrböiu Vorkleinertmg Vier Narfe;
-eheid(*ff:iad und den l l:ig. .n wurdet* id»sv}u.k. u ,idit “ntt-.'O Zn ■ ' 5t 1 .Knoten uni der M 0t eiipp. ..hat VhmÄrjdgrnng, ICoiiio \ er-
Anfang <kc inivm ttobäiuiKckou-daUreä in> Xovemlmr 180} wuttjo kf»ntm;g KiU«o»d£tevomü Huf di? Nnehbkr^rhHft, feOrm Ihhiuug
<11h PatimjUn f swii/k wjjeder my lu'HukenjniOA T^ 'HfThenKimv/.et. i.auj!” 1 nmtrr Knoten auf der Lippe oder ÄU>c, aut dem kurten oder
$b‘ P 4 .tie 15 U.it. wifdox- i3^ib6ÄKj«m«as iratjs-
pottirl... WfüttiiiijJl doo gkitauu Sommers Imi diu Kmuklndt gar keine
Fomehvitle gonmeivt.. im November waren die BrrCveiuungen ioigentlfc.
t)m Nftseitilfiger sied ninhb umltr sn vetwogun wm jftih.df* amr der ‘Qner-
dtn^hioes^or -der N«se Hberhbripf kUdnsr; die Ngsendkgel «««} der Nmosw
tMleken vku! u weh er gewOrdno. Din (.Seikiiuump d.-f Nascnikidmi- aitid
dortsh eiuo glatt«,-loste NcrbA vevseklosseu,.das linke Km tuloeh abor- kb;
.Luft durrikgHngig, Auf 'Aima auu-ren nnd unteren äusseren Kaöde
| Tweidhen (launnm ȟtl Nekhind, 4, k. ImiitsuJtiU. Uj.empbiuglukkeit
! -k-r dein kihiioolvleroni lo;im’’hbiirien Gorvosm und somit Fm Auf-
j IlAlfeoUv «um P^sekrhrikung de-« Pitieflg«o5 uutf <k*&.. Fortsdudtl^
•: <k*r Ki ütiklmO .
ouie-it ciuu iotrte vwMouwsem vuiif uuüe 4’iiuieiuoeu ivuir.wu: ; rt , . « r „. t t T , .. . , , ,
Jjufl VJaraligitngis Auf #-»i -»il«wa ium-rp« ».-i-i uiitwa Swew» HaiuU- , ■ .. i, ! . ?! r. Lflifc'iwa. -phre alt. \v.U'Ai‘'!«)« - "fl •■
ii''s ■•••!''■.. ..'••ii'-. c 1 Ii. *.i "M |.- ,.|« , 1 ,'. 1 iM.iii^n-.M-i, vidier ! “«vn.^-»lmnw^ iW^Uitiref.Mm*toMB.«uniWi.s«b5».s».«w>.^'.'•«•
Kiiii;«, V.M. !n,;m ) 3 kt-:."i"i:i!;iln,x. Ai.;ii'h.if ,i,„"], soiM i.iifii,’ l:’.,rl;,. vnn 1 .. . »'••*' «■• m- Rillten. ■• 1 '^;-.'
.Uewt-W *..••••, V . .stirtil Hi. K... >. i ..:.] \*.. ir5i”i i •»’' - 1 • • »•t“«ii«te ..
M, Auf dem Kufe*» Xw»»i!a»»! h-Dwid. rM, «in wcirluu- Ku>.i™. *»•« -Idv,! -enc «aera V-hnuirf..» an. dem »«W. w ku'ün-
rbwiM* mn d«r finisss aint-r Erlä» 11,11 w5>W«w!ilc'»!«W, «n>! i'»<!ln:h bililot-n sn* lvnok-n. wmdir MMr
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17 7, T\7 Zf \V, rG nut, «#Ö - Hl, iliirtsfu: *rber lü.ot"„. Z„i- iMmuckm,.' v.nl, ,-i» Stihikut,« toi-
jttfß :: ä ■ - * ^ ‘ ^ m d«>j Rk.i.n.oBkloronis pickt ge- -lös .w«rd«utwiH. rea-TOn.
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K ;,,Tv;, 7 kaf’ M ' «* te «^«W. M «au» ewUHeitndm käimFiRim - • ö . Märe 1891 orstu Jiycctiou. 0,01 RküiosklMiu. ohne
^ h,V r, . r/ - r . . , Dk> Öm folgenden Inj^t tioneD von 0,04 bis tl(k> gaben «ltnol’ulk kt-mr
Ä. Ctwendm^ Zweit«-InjwTiüSK O.o Rkitm.skierut, Almud» Tcm-pot^ : Keueficu. Nn<k dpr fOnften .lnp>rtioe. von 0.07 in-di«'.Rae.keBliaiit'. 3 «vmrkei‘ ;
lur.Aj,^, KopMtmerwu, MoÄkdsclmio-rÄen in ;l(-n Ammn bis zu (füll die FeluiltrihliiUm- war die Tompoi-Htur 37 , 4 , ihil* b'K KespiraUon 18.
l,iiu>mgrn. Dkr »erkstf' iüjK-Umi 0.1 verlief ohrm Cmutinu, Das Auskkdbeu d«n.
Lko disjeciktneu -wurden m Dosen bi.- zu 3.5 m und in • ikmttioi»- wur hier •:hm:)i die snluvwih« Coneofttrnl.mu der Flüssigkeit .
Jatpmlleft von i. -$ To^eiv.• foMgoseUh JfkCE^dioinmigen wamn sehr bedingt.
knohie. ! W Tzrnmuv m% momitls nkm- B 8 Or»d mit »m%m lkeck 10 . Mkti Injeelian O.t einas-knlfo» FiRmrd -mit; wlk^ngeirt
1 - jrar-mirynw oder zwemial 100, «pugf/ «Ung er nickt %orriiir*xlr;tcr; Die Tempera Mir Ztk-i? auf 30,8. Pnl^ 120. drei Stumkif
rf v 7 fttspirotma* Diu al^em.tsipfrn. Erseh.aiD'ungeii fmshuiilnp- •Ibp^/K^pifktipn 34Zui>nh dr^i StuitÄ- iküM.-iiÖ;. Rgypirktiön' 24. St««‘lw*
in >. {uiutipmiiAeTi. UB.hnltosfk'^ Kopf^^bki^OÄ.-' Mugkölscbiant’zen ••ui dg« T ScliVa«irzuti in deü fkdnhii imd iu der i^bhfefi Söite, SclidttedA^st kkd,
■ und am Koykit Jkeken und Kmpöudlichkait am 3Avge Sckmehjett m dnr Nase; w« a^tjrdo anek Äiri'alif dar Koofmrsi und fdno
naee tleo lnj»H-Uoneu_ und-in wOuken Sebnterzen in 1 mm morbi - in der sÄim»n. ( ,itvige \tean%xm* beöbarktet luv aUgewbiimu bpi dies«'
mit. 0 .t«r«r Akmndum^ ei„.-r «atrig-schkdtnigtm Fikssigkeit ü»it. zweite K»*nukK nib- (ni.mfmwm mit Aq^akmv Iknüm 1 5 >ebeineu ßtif vev-
ithmosklenmiimeiliön m dUu KüdD?n; dm aecfcmiromlon FUleken warmj ! D^p, .»UK ..dl^Mneimtii wie diu Joeakm Ei-scboinungea waimu
Keine Ak^dietL
. 21k D^eniK<t, Zweit« -Ittjwtkn, 0,3 Rkinusklerin. Almud» Tmup-n:^
lur,3i,3, ICnpfeebmerz««. Alujilcolsekmerjstm' in -den Armtm bis j?n den
* Ellenbogen.
Die disjeetionnii wurden kt sk*igh»idt*». -Dosen bis zu 3.5 g und in
Int^iPnHeft .vnn 1 -2 fügen b-slgnsetzt, Di« Erjsclmiftmigen waren sehr
If.dbhjk, Die Tf5p\|}öT>däiv itiBg R3CpiuL dbei; 38 Otrbd mit eiiibgen
}'; xl On.tfnw- Ab^idinnlng «Hier enrm seidmiuinvn t'H-smpkmt, mit. i zsveite Kranke olle «ei.a-bonun. mit Aqanoluue <W»> .
•Khumsklenrndmcihar» ans den knoten; ;dk>. ae ? emirnndou EUteken waren i; D W: o, Au- .nllge.iudimu m.WU! wie din Joeufen Ers
5 April
UKPTSCftR teEWpiNISCHE WOCHESSCHUIfT
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- ¥ n L:-^; ib .^-'- v s - k \ JcÄ di.; iZ ; dur-h das nhinomkiodn er*i«lu- bnirtuiiitst. un.
k-ii.f lau.,.;:" ■ """ .. ’•*«* »»s-.«>v W»«i™ wissen xvü- nn-ht. d«^. wng»»r.htH I..U unser MO,, i
1 . , oiieli fhe IjwJmui.uhs »incs immmiisirMolon MiHejls. Die Htdlnfii.'
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Oi-Hrüm-tf'•', -f ^ AVÖI . iv3 U1( ^^ TGid»pdd-Mj. 1 >»[ Irioftn auf ikf : l'»djniui!.un^ fujt.•c.bjB».%dsrh«m Kir^rito uömldnirt., Wir dilrWi
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Nitm ra'f. Hf r<, ‘ ’'‘ il,nM " ,Jl - '■ ’ ''nm.MK, iu ( ,(,! Xatmi.tr- C ’ ,J ’ 3 ' w ni( '° *dmbi man dio KhoIpu auf <hv Oböflimm uxcidirf-
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'*'' ' ; r ‘ n,u}JÜJu1f;Ls DmwBlTG Kind immunWrf. ; dou »n/i)trntf uw'fcn Kr««mhftii)r.fi oiüftt-if, um] oWIMid; die BhUr
. .Aaftinind desOhi^u kdmien wir »a»vn, <k*s itn KkimisJcbna : ^ InßhrH'te. iind von JXiiridmi in den GcW-brn ?.n riUk^
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und Knatßn gezrjfi, ^dd der firirrb dus lildnasUerin bhi^ftiifmddV.ne
.^orß>!l rfft miete iles lüfUfr.äte dauert iort, (Uf
nt^TüR Erarikeii heilte .Iininuriii^if Hir'li als ?ob?Piit?h, TiBtleleUt.
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vielleicht, werden die’ pAhildeten Antitoxine fieiitmliairt
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KunfechLr? ' nUl R ^P‘^'tiousfrequeiiz, MuKkudseluiieTzeh
l-;../ V* "« r Ulh " »m« Ke« l rirut-.ioüslreäuenz, ^u>-l^rhn m -,^ h ‘ ^ - , ‘ ,,u ' ,irv ' ,;u,v «Tweis»*n : - irumeap wir nin>r ^OfühivhzrR:
tMiK 1 ‘T-^’ U ^Wl<ßUeii, Schürti-ifiYist-. also Krsuneiiiu'üWn sei- : Vi f k) f ht wr ' nlcn il ^ ^büdBtw Antitoxine iivntvaYmrt mi au^W
mVQwml** 1 ***' Unti ^■•^eö&Vsfei'.W weivirn sehr .vViofj foxinoa Hrjl i ,0, !? rt '^^ 4 . ^vleliejeitf wird die PjmgorYtose sebwiioirer werden
otnnujti. ; uiüf an* bvonkheit wieder das Urherp'wieht Itekommen -und tbrf-
1"Sä.>'« er*. . . Sehreilen • lii*r: rnji^s. .rdieh Uon fhon«inf^:k A «i „ki-
KraBit.4mS^*4^ , ^ mi ? Wltlkltet jstloeh «las- Hliinosklerin jm
"^„.v.'„.".;:;;. .;■; • ,H '•* i,,: ' ■<■■' '••o..»t,t.« st.-ü.. i„ ,i«„
Inn« .. ■' ,w ’. «»!••«• »s m <l»-yn. Kill» ntto Schwcl-
Infiltrat». Bätbiuig PlDssiakriU-
fenu'gäeiii ü ■■ B.drkrtilRidVfng tiwd gtiiriöJ i .‘^N‘?l]ev2eri
ruft, d H « Rkn^wSüi’ ^Mntreä EfsetoiiiutiA'ei} i.m Kifmkiteir^meM.
M u W- urui. u.tiximwmu 11 na .lurf-
Neljieil(*n; hiei iiUiss eben den theofet'reeJfeti Bo8t.r«4iu'ng'e.n die <dtl-
ruvgiseiie K-uusf. xu Hübe knmmen,. 'Hier hat letztere ihr- völlig«*
Blir^f-rferj.ir, denn wir »iotTmi nie.ht, die mi^emein festen Ma«wen dev
Hyalitdcm’pi'r, wefeint (mm fihfiioshlei'mu eigen sind uild dessen lu-
hitnfim dm Festigtmt im-leHien, mittels iles Khnioskirwiiis ei>r
dem (h'gimHimm zu e?ii.fernen.
Es Hebt !:.o7\Vi:ii'dhnt<. fest, da.-.K die progrediente Ent-
futt ru , ^ ^ im Krnnkheit^wni. t T , * X
.ls«i -I ""’!, kl,;r!,f . '1.-0 < l !>aiuktHiis('i»,.)i«n PifTopiunu-rtroibiilc-tt 1 . , Iv ’ «OM nii.z*,:jmllmjt f«st, iliis» <|j« progredinute- Ent'-
bwuMi'aw.ir, wiAJii: der EuWilndimc Ji- . « ‘itosor wliii.i:U,oli«n iiihI nti!i«iHt*ren Krank
«irkliei, .J 1 IJutersonhuBg «»iai.. ii<wo wir os lit.i, : 'i','/ 1 * ,"“ frank»" t .st ?.«,'■ .laftr«. lau« '.«{er dom,
Ion» mILTr, A ' : 1 I ! CU r«'-*»«'.«•*«!; d^msiuoskiorr, mierwu,- ! f J ‘“ l . , r s ' emioskl.'Hns k» in» Forlxoliril t« gjun
n! At,6 '»di>ru"ir «inbs^ teWirwi TiaussudaU. mit. • 'Vl'*’ ' llv " <•(« bwiocblKimo (lewsh« immu» gomaibl wmilen
h ««joivpr t»«ireupraf.M« iW-t. «. • sind.
r,i gres8iv6f [»„,»«*•• ^dvoßonuerndg emi* Üüsmuori TfunHsmlat?;' inft-':
mziWhVi;'^ Pr f tl,> l 11 de& Jfiiiitrut^ und mit <m r i amrüesj.toebe
>i» ilcui Rbinn-'l-ti* U . k0f ^. t0i?ß ' :m ' hnü t!H<: ^ n Wir nahen somit
WlBj.:^ f ^ ta em Jl m der Medidn ganz neun BubHunz vor
Öl.hrt,. ei»«: in den Orgauiemus ’ singe*
^Kdeteii i܄r emo? bereits infici rten und bnt*
!((,n„ (r ? l»ervur?.uruf<m, d, b. in letzterem neue (Ijumi- ,
{ dieniiitueUM«.h uf. , ä * u ^ iht ' wedehe eihe starke positive ;
• ^ Hkiißg auf 4ie^ Ije.ukoc 4 yt'feß dm B:Uit>-W {-■
v b» awoifijlMffou, in vep SbhiiupiWt. Kkinrfctem dos
‘Sehlande?» und des KejiDvOpfes Huttr»tentinu Fällioi von iv-iiinosklejbm
dev Gheaneti, dos JxeUikt^pfe km] besuurtetv in dereu Anikngsbtadlen
kann «las ftliinnsklerin auxdt »Hagn u Fi?i^ l! k en Wertk liHliprii
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14
326
VIII. Feuilleton.
Rund um den medicinischen Congress.
(Von unserem Correspondenten.)
. t . , Rom, 30. März.
, Nur. einmal schon seit vielleicht zehn Jahren hat Rom eine
solche Völkerwanderung über sich ergehen lassen: vor 57*2 Jahren,
als Kaiser Wilhelm II. seine erste Romfahrt kurz nach der Thron¬
besteigung unternahm. Wer wie ich jene römischen Kaisertage
miterlebt hat, erinnert sich noch schaudernd der grauenvollen Kopf¬
losigkeit alles dessen, was in Italien zur amtlichen Welt gehört:
vom Ministerium bis zum Carabiniere, vom Generaldirektor der
Eisenbahnen bis zum Bahnhopfspförtner. Ordre-eontreordre-dösordre.
Alle Bande gelockert, Zeitbegriff ein leerer Wahn, Züge .zwischen
Neapel und Rom, „Blitzzüge“!, die statt 4V2 Stunden sechzehn
Stunden brauchten, und was zur südeuropäischen Gemüthlichkeit
nun mal gehört. Er erinnert sich aber auch mit dankbarer Rührung
der Liebenswürdigkeit, Zuvorkommenheit, Hilfsbereitschaft der
ganzen nichtamtlichen italienischen Welt für die Fremden, der
divinatorischen Findigkeit gegenüber dem Radebrechen des
Italienischen im Munde der Deutschen und Engländer — und der
-Gesammteindruck ist jedem Augenzeugen jener Tage dauernd ein¬
geprägt geblieben: greuliche Unordnung, aber ungeheurer Spass —
es war;zum Todtärgern, aber es war himmlisch.
. Ganz ähnlich wird das Urtheil über diesen sogenannten
^ Congress“ lauten. Dies ist nämlich gar kein Congress, dies ist
ein wirrer Haufen, eine wüste Ansammlung von klugen, auch be¬
deutenden. Menschen, die in den ersten Stunden, oft noch nach
Tagen, einer durcheinander gescheuchten Hammelheerde zum Ver¬
zweifeln ähnlich sahen, die meisten der Sitten, der Sprache un¬
kundig, vielfach obdachlos, fast alle hülflos.
\ Nein, dies ist kein Gongress mehr. Hier ist ein Gipfel, ein
„comble“ erreicht und überschritten. Der vortreffliche General-
secretür Prof. Maragliano, der feste Felsen in diesem wirbelnden
Meer, der geplagteste Mensch Italiens seit Monaten, dessen Humor
und dessen Nerven, wenn er die überhaupt hat, von Erz oder
-Kupferdraht sein müssen, hat in . der gestrigen höchst feierlichen,
d. li. unglaublich turbulenten Eröffnungssitzung folgende nüchterne
Ziffern mitgetheilt, die des Congresses beste Charakteristik liefern.
: .1867 in Paris waren, 1822 Congressisten, in Florenz 737, in
.Wien 1200, in Amsterdam 700, ebenso, viele in Kopenhagen, in
, London schon 3000, in Brüssel nur 342, in Washington über 3000.
Schon in Berlin stieg die Ziffer auf 5727, und man erinnert sich,
wie schon damals trotz des unleugbaren Organisationstalentes des
Berliner Comitös von einer Uebersiehtlichkeit und Einheit der
Verhandlungen und der Feste nur nothdürftig die Rede war. In
Rom erreichte bis zum Tage der Eröffnung des Congresses die Zahl
der wirklichen Anmeldungen, d. h. der bezahlten Theilnehmerkarten
(allerdings Herren und Damen) die schwindelige Höhe von 7612!
Das ist so ziemlich ein italienisches Armeecorps auf dem Friedens-
fusse. Solchen Horden gegenüber vermag vielleicht noch der
praktische kalte Ordnungsverstand von Engländern und Nord¬
amerikanern durchzudringen — ein italienisches Görnitz ist dazu
völlig ausser Stande.
. Das soll keinen. Vorwurf enthalten. Jedes der Mitglieder, vor
allen Herr Maragliano* hat gearbeitet wie — man verzeihe den
. derben aber bezeichnenden Ausdruck — wie ein römisches Droschken¬
pferd. Aber über die Kraft kann Keiner, und gegen das nationale
Ingenium, Im Guten wie im weuiger Guten, auch nicht. Schliess¬
lich muss in solchen Fällen doch immer die Selbsthülfe das Beste
thun, und der gute Wille muss ergänzen, was lückenhaft ge¬
blieben.
Und vor allem haben die Herren vom Comitö einen wunder¬
baren Alliirten gehabt! Man erinnert sich der Scherzfrage: „Wer
lacht über Italien?“ und der Scherzantwort; „Der unbewölkte
Zeus.“ Nun dieser liebenswürdige Mitarbeiter des Congresses hat
über alles Verdienst seine Schuldigkeit gethan und hat mehr zur
Beschwichtigung der empörtesten Klagen, zur Besänftigung all der
unzähligen grossen und kleinen Eitelkeiten beigetragen, als alle
Organisationstalente der herrlichsten Comitös vermocht hätten.
Ein Wort noch über die Vorbereitungen zum Congress. .Da
sind zuvörderst die italienischen Eisenbahnen. Wer sie kennt,
wird unsern Schmerz zu. würdigen wissen. Aus . dem Munde eines
der Congressisten hörte ich den Stossseufzer: „Könnt ich doch,
eh ich sterbe, noch einen italienischen Eisenbahnzug sehen, der
pünktlich von irgend einer Station abfährt oder pünktlich auf ihr
ankommt!“ Nein, du grundgelehrter Nervenpatholog, der du in
deiner deutschen Heimath bist, du wirst sterben, ohne einen solchen
italienischen Zug zu sehen. Vielleicht kann man sich mit dem
schönen Trostwort helfen: „Es geht ‘auch so“. Ein Eisenbahn¬
unglück ist nicht geschehen, und am Ende ist das noch besser
als die schönste preussische Eisenbahnpünktlichkeit.
Dann die Wohnungsfrage! Das Wohnungscomitö, das über
eine Woche vor dem Beginn des Congresses in Permanenz auf dem
Centralbahnhof in Rom tagte, hat sich bewundernswerthe Mühe um
die sorgsame Unterbringung der mindestens 6000 Nichtrömer mit
ihren so mannigfaltigen, zum Theil querköpfigen Wünschen gegeben,
und es ist ihm ja auch gelungen, Jedem „ein Hüsung“ zu ver¬
schaffen. Aber die Angst und Noth auf beiden Seiten vorher!
Und wer einen italienischen grossen Bahnhof mit seinem wahn-
sinnigmachenden Lärm in friedlichen Normalzeiten kennt, mag sich
vorstellen, wie es in dem lieben Gemüthe eines sprachunkunäigen
Fremdlings bei der Ankunft in Rom ausgesehen hat! Der erste
Eindruck wird wohl meist der gewesen sein: ein Irrenhaus, Ab¬
theilung der Gummizellen, von seinen Insassen beherrscht und’ los¬
gelassen gegen die vernünftige Menschheit.
Scene: Centralbureau des Congresses in derViaGenova.
Der schüchterne Congressist naht sich dem Brettergebäude, wird aber
unterwegs von einer ganzen Bande ambulanter Händler jeder Art
umbrüllt, aufgehalten, verwirrt. Jetzt ist er in dem ungeheuren
Vorraum, in dem ihn, ohne jede Ueb er treib ung, im mildesten Falle
vier bis fünf Sprachen umschwirren. Ha, da schlagen auch be¬
freundete Stimmen an sein Ohr, — mitten durchs Heulen und
Toben der Hölle vernimmt er den lieben, den heimischen Ton.
Darin hat das Comitö wirklich famos vorgesorgt; man kann in
vier Sprachen — confus gemacht w r erden.
Jetzt ist die Mitgliedskarte gelöst. Der Römer, überhaupt
der Italiener, ist — noch von Alters her — ein erstaunlich bureau-
kratischer Mensch. Was in Italien an „Stempelei“ bei jeder mög¬
lichen und unmöglichen Gelegenheit geleistet wird, das geht auf
keinen Stempelbogen. Mit den Eisenbahnkarten zu ermässigten
Preisen fing die Stempelei an, an jedem Schalter unterwegs wieder¬
holte sie sich, dann kam die Stempelei mit Formularen bei dem
Empfang der Mitgliedskarten und damit fing das Vergnügen erst
an. Besondere Karten zum Theaterabend, besondere Karten zur
Eröffnungssitzung, besondere Karten zum Empfang auf dem Ca¬
pitol u. s. w., u, s. w. mit sehr wenig Grazie, aber mit immer¬
währender Stempelei in infinitum.
Nun geht’s an’s Fragen! 0 du heilige Geduld verlass unsere
Congressisten nicht. Das Comitö hat es ja so himmlisch gut ge¬
meint, indem es ein Correspondenzbureau im Congressbureau ein¬
gerichtet hat, durch das — angeblich, alles angeblich — Jeder
mit Jedem ohne weitere Vermittelung der Königlichen Post sich
in Verbindung setzen könnte. Vortrefflich ausgesonnen und jedem
folgenden Congresscomite zur Nachahmung empfohlen, — «nur
ganz anders“. Dieses Correspondenzbureau, das den schriftlichen
Verkehr von über 7000 mittheil ungswiithigen Menschen mit ein¬
ander vermitteln sollte, wird geleitet von einem einzigen Menschen.
Dieser und Professor Maragliano sollten zusammen eine Ab¬
handlung schreiben „über die Grenzen der Leistungsfähigkeit
menschlicher Geduld“.
Eröffnungssitzung. Dem gemeinen Sprachgebrauch zufolge
denkt sich der Leser, dass man in einer Sitzung unter anderm auch
— sitzt, nicht w r ahr? Unmöglich wäre es ja gerade nicht ge¬
wesen, die Eröffnungssitzung sitzend abzuhalten. Die Aedilen des
Congresses der Aerzte und Hygieniker in Rom hatten die Sache
anders verstanden, und man muss sagen: origineller hätten sie es
nicht anfangen können. Dass sie das grösste und schönste Theater
Roms dazu wählten, wmr löblich; dass sie die drei ersten Ränge,
in denen man so zu sagen sitzen konnte, d. h. halb, für die Damen
einräumten, war galant. Vielleicht war es auch zweckmässig, das
riesige Parquet ganz von Sitzen zu entblössen, um mehr Raum zu
gewinnen, denn das Theater ist zwar colossal im Vergleich mit
den grössten deutschen Theatern, aber es ist doch eben nicht das
Colosseum. Es fasst in Friedenszeiten 3—4000 Menschen, es sollte
gestern 8000 Menschen aufnehmen, und es wäre auch alles leidlich
gegangen, wenn die Patres conscripti, die diese Eröffnungssitzung
vorzubereiten hatten, nicht einen unglaublichen — sprechen wir
mit classischer Färbung .— Abderitenstreich begangen hätten: das
entblösste Parquet fällt nämlich nach dem Eingang zu ab, und da
die ganze Eröffnungsfeierlichkeit mit König, Königin, Ministerium
und allem sonstigen Apparat auf der Bühne stattfand, so hat, mit
Ausnahme vielleicht der 3—400 Menschen, die vorn an der Bühne
standen, von den mindestens 3000 Congressmitgliedern, die
2 V 2 Stunden eingedrückt in qualvoll fürchterlicher Enge
im Parquetraum schwitzten und. schnauften und die
Hälse reckten, keine sterbliche Seele ein Wort gehört
oder einen Saum vom Gewände, des, Köüigthums odeX
von einem Orden der amtirenden Minister, gesehen. Nur
aus nebelhaften Fernen drang zuweilen durch das Brausen . der
empörten * Menge ein Ton, .der wie von menschlicher Rede hoch
vom Olymp, d. h. von der Bühne herab, klang und: Kunde davon
gab, dass noch immer „Eröffnungssitzung gehalten wurde“,. Man
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
5. April.
muss an den Frühstflckstischen nach der „Feierlichkeit“ die Ui-
theile der Congressisten gehört haben, um zu wissen was 1 ,i„„h
för schiechte Menschen giebt, die verlangen, dass m’an womögl“£
die m einer Erofinungssitzung gehaltenen Reden hören soT Ein
Gemuthsmensch, wie Ihr Corresponde.it, kauft sich wenige Stunden
später um emen Solde die neueste „Tribuna“ und liest darin in
Müsse die schönen Reden-ohne Ironie-, die Baccelli Crisni
der Suidaco von Rom, Fürst Ruspoli und Virchow’gehalten
haben, Baccelli lateinisch, Virchow italienisch Für die Zu
hausegebliebenen - aber auch für die Dabeigewesenen, die ke“n
Sterbenswort verstanden haben -, mögen heide Reden hier folge“
Baccelli: Postquam Italia univorsa in unum corpus iterum
coaluit et sui Juris fuit, praeclaris benevolentiae atque honoris testi-
momis idemtidem gaudet, vel in maximis difficultatibus quae no-
vam exordientis vitae civilis rationem necessario comitantur.
Anno supenore, in festis genuensibus, totius pene orbis gen¬
es loncatas naves miserunt, quae Christophorum Columbum ita-
D ! ento hono r, e . decorarent. Hodie viros Romam mittunt
biologicae doctrinae pentissimos ut vincula arctius constrigant
fnriL« mmUn - S utllltatls causa nos jungunt. Hic Romam petunt
fortasse non immemores, spectatissimos olim cives politica medi-
rwiSr e ?“ I . msse ’ « uam reipublicae rectores tanquam
tetant™ Tlrtutem exoptarent: d ® 9“® TuUius et Cato abunde
Salvete igitur, clarissimi viri!
Classica haec regio libens Vos excipit ubi divinus libertatis
hahtus veterem gentis magnitudinem reducet. Hic nemo habetur
Sernfh“ 8 '- H ' C “ bl 0nml8 terrae pars sua monumenta invenit
,„ rr Ke “; S Unam tantumm ® d ® famüiam constituat. Unus-’
E ? onslll °. ?* op ® r «. populorum incolumitati, hominumque
w|“ d “n„ P v SplClat: • Tunc , memorabilcs patruD > latinorum sen-
ef cste P et^m,n° T1SSlma -'T nitobunt - Salus P° puli suprema
luteXÄlms dando“ 8S1S h ° mineS ad De ° S a ° Ce<lore « uara sa '
Hospites doctissimi, iterumque iterumque salvete
causa vdlls teL^,,“ argarita ’ regke vWu ‘ ta eXemp,aiia - h ®”°™
,!?“ adstan * supremi rerum italicarum moderateres; adstant
di«- allsten? M Dtar ^ eilat,IS et Oratorum popularium legibus foren-
ude ^ v^ ? 10r , U ?' c “ ratoros; tote civites conspectu vestro
Ä t !. P ( laU(l,L E «° ver » si ®K“ b ‘ri laetitia pcrfundor
<'numr Lthm f° ao ,. I1 ? mmo mibi liceat «««»re. - Undecimum
gmtium de medicina conventum, hodie, Roma auspicatur.
Virchow: Sire,
Graziosissima Regina,
T f Signor Presidente,
hi parolp i» 0 0n T. di . 0ssere ü primo dei meinl, ri a prendere
quäl presidon^f^ ^ duta ^ inau £ ui ' ale ’ alla circonstanza che io,
brato il ^A del A u tlm ® Co . 11 F esso medico internazionale, sono
indussero c. r^ 0 a , 4ar . mi int ?rprete dei sentimenti i quali lo
Tutti rammend lere H a C1 * ti di Koma pel Congresso attuale.
tutto ^ a ora che Ttetero Occidente di Europa e poi
rinascimento D dell« 1TI *’ debb T °“ 0rare ‘’ Itelia « paes? 53
per la nuale l’Ti ?? ,en . ze ®, che fra lescienze, la medicina 6 quella
insegnamento f “’ durante « principale centro di
Y n ™’ e i asd o delle scoperte progressive.
sia pei contrasti ,!!/* le Ji°. t4e . che . si avvicendarono in questo paese,
rnai vi marn-arm 1 ln . tern ^ ß i a P er la cupidigia straniera,
luancarono uonuni vin-nrci Q a: - - .• _i-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
327
vigorosi e pieni di sperauza, i quali
* • - Wül
‘•''hero 1 ,™,,"™™' 0 - ? 0mbli ••6“— - F— ui „p,
E co„ P r m 1 grandi sc °P i della scienza.
dell'uuitA Jn« Uta . a novella ’ Ja quäle ha condotto alla vittoria
alla moltii,lir*H 7 inn deI ? rande Stato italiano, ma inoltre
italiani nella d f Istlt , U , t 1 1 sclentifici ed all’ingresso dei medici
L’uSn r d6 lega . della medicina universale,
nuovo Con<>Tpc!«A^ eSS n-i n ^ rnaz ^ ona ^ e ne ^ ^esignare a sede dei
kapitale di ® utta eterna i divenuta ancora una volta
aü’anüea tradmmin ^ r , egno ’ 1x14656 reildere omaggio insieme, e
Io sono - 1 ed aI . nu ? vo s Plendore.
menti dei m S CUr0 n C ^f. C1 ^ dicendo, non esprimo soltanto i senti-
'Pnendo q u i i n i C a 0l . egl11 tedeschi i quali hanno voluto attestarli,
(he l’antica bramno 1 ;! 0 , nume ^°- Questo concorso prova agli italiani
paesi dei Sud x a < l ua l e utörae l’uomo dei Nord verso ridenti
I non 6 ß penta.
frnsori na 11°H^ on .° ad esso come amici, come fratelli sono i di-
narp le proorio peilslei ? umanitari; abituati come sono a subordi-
J eercare il proCTecJ^ 1 m Ze a ^ x a PP e ^* dellamore dei prossimo ed
Essi Piü dei cul+An-a • 6l i! iraan . ltä . in . una coo Perazione disinfceressata.
n u*ssagg er i della na 01 a , r , e , discipline sono destinati ad essere i
aazionalft rinfor 7 n P ;i C ° e i de a car ^- Ggni nuovo Congresso inter-
sentimento di solidarietä. in tutti i membri
della
corpora/inno j? nwme uto di solidarietä, in
medica ed aumenta lo zelo nella
ricerca di una
S Pf°f“ nda arraon 1 ia , d « mezzi destinati a rimuovere gli ostacoli
che si oppongono al henessere della societe umana.
„„n„^° SSa a i’ C , he l attllale Congresso contribuire a rafforzare la
conoseenza dei vero, la intensitü delle aspirazioni morali ed il
vincolo d, fratemitä fra i colleghi di tutti i paes”! PoZ L!
SoTSe^aztemte C ° nsiderevole alle ^ d ®> P a - d ™ ®om-
Virchow, der schon bei seinem Eintritt in den Festsaal mit
3? eurem Ju ? el ( ? ach italienischer Sitte mit Händeklatschen)
worden > batte kallm die ersten Worte seiner italieni-
dte W„h e , i f?eS cF r ° C, ; en ’ a l s ei ” soIcher Donner des Beifalls für
Y ah , d Sprache ausbrach, dass er minutenlang nicht weiter
sprechen konnte Ueberhaupt ist es rührend und erhebend zu-
gleioh, mit welcher Begeisterung Virchow auf Schritt und Tritt
mmkt St ;odI? d 'sfl> Er t i? , l de \? ach d T a % emeinen Urtheil den Mittel¬
punkt jeder öffentlichen Veranstaltung, und bis jetzt scheint ihm
das keinen körperlichen Schaden gethan zu haben
. In den Sektionen, 19 an der Zahl! hat man sich gleich am
eisten Tage mit guter Ordnung zusammongefunden und dio wirk¬
liche Arbeit begonnen. Für die heutige erste Plenarsitzung wird
noch un grossen Festsaal gezimmert und gehämmert, dass man in
den Nebenraumen sein eigen Wort nicht versteht. Unser erster
Uerieht hat unter diesem Lärm natürlich auch gelitten, und wir
bitten ihn zu betrachten wie einen unter den erschwerendsten Ver-
nältnissen geschriebenen Bericht „vom Kriegsschauplatz“. E. E.
IX. Referate und Kritiken.
O. Rosenbach, Die Entstehung und hygienische Behandlung
Bleichsucht. Medicinische Bibliothek f. prakt. Aerzte No 1
117 S. Leipzig, C. G. Neumann, 1898. Ref. Sehrwald
(Freiburg).
Rosenbach hält die Chlorose nicht für den Ausdruck einer
Erkrankung des Blutes oder speeifischer, blutbereitender Apparate,
sondern für eine Ernährungsstörung des gesammten Organismus,’
die durch em dauerndes Missverhältnis zwischen Einnahme und
Leistung hervorgerufen wird. Die Ursachen dieses Missverhält¬
nisses liegen theils in einer angeborenen anämischen Constitution
oder einer hereditären Schwäche, häufig in unzweckmässiger Lebens¬
weise und namentlich in ungenügender Sorgfalt für die Ausbildung
des Athmungsapparates, dann in ungünstigen Lebensbedingungen
in Bezug auf Wohnungs-, Nahrungs- und Wärmeverhältnisse. Die
Chlorose äussert sich vorwiegend in einer funetionellen Schwäche
des ganzen Körpers oder verschiedener Organe und bietet daher
viele Analogi een mit der Neurasthenie. Häufig besteht eine
Schwäche der Verdauung; entweder weil das Gehirn zu erschöpft
ist um das Hungergefühl noch zu vermitteln — es fehlt dann völlig
das Bedürfniss nach Ersatz des Verbrauchten — oder anderemale
weil das Protoplasma aller Gewebe insufficient geworden ist in seiner
plastischen Fähigkeit und daher zur Resorption und Assimilation
und zur Anregung der Secretion der Verdauungsdrüsen ungeeignet.
Die verminderte Salzsäureabsonderung im Magen bedingt dann
eine höhere Alkalescenz des Blutes und das auffällige Säurebe-
dürfniss vieler Chlorotischen. Manchmal ist aber auch eine direkte
motorische Schwäche der Magenmuskulatur die Ursache der Ver¬
dauungsbeschwerden. Schon hieraus erhellt, wie sehr verschieden
die Therapie sich in den einzelnen Fällen zu gestalten hat, wie
genau individualisirt werden muss und wie ungeeignet oft die
übliche Therapie sein muss, wenn sie schablonenmässig ange¬
wandt wird. In sehr anregender Weise werden auch die übrigen
Hauptsymptome, die Muskelschwäche, die Anämie und die mannig¬
fachen schmerzhaften Erscheinungen in ihren verschiedenen Formen
gezeichnet, auf ihre Ursachen zurückgeführt und daraus eine
rationelle und vom Verfasser selbst erprobte Therapie abgeleitet.
A. A. Liebeault, Der künstliche Schlaf und die ihm ähnlichen
Zustände. Autorisirte deutsche Ausgabe von Dr. Otto Dorn-
blüth. Leipzig und Wien, Fr. Deuticke, 1892. 203 S. Ref.
Pelm an (Bonn).
Faciendi plures libros nullus est finis, dieser Stossseufzer eines
alten Leidensgefährten auf dem Gebiete des Referirens wollte mir
beim Durchleseu des vorstehenden Buches nicht aus dem Sinn.
Nicht, als ob das Buch an sich so schlecht sei, es enthält im
Gegentheil manches Interessante, aber ich bin der Meinung, dass
wir in der letzten Zeit von diesen Dingen gerade genug und jeden¬
falls schon zu viel hätten, um eine Uebersetzung aus dem französischen
zu rechtfertigen.
Im Grunde genommen sollte man doch nur solche Werke in
das Deutsche übertragen, denen wir in unserer Litteratur nichts
ähnliches zur Seite zu setzen haben, die somit- etwas Neues und
eine wirkliche Bereicherung unseres Wissens bedeuten. Und diese
Bedeutung muss ich dem vorliegenden Werke absprechen. L i 6 b e a u 11
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14
328
sagt selbst, dass es aus dem Jahre 1866 stamme und er so wenig
wie möglich daran gerührt habe, um ihm seine Ursprünglichkeit
zu bewahren.
In dieser Zeit hatte doch wahrhaftig jeder, der Lust dazu
hatte. Müsse und Gelegenheit genug, um es zu lesen, und wenn
Liebault es für zeitgemäss erachtete, eine neue Ausgabe zu ver¬
anstalten. so folgt daraus noch keineswegs, dass auch eine Ueber-
setzung in's Deutsche am Platze war.
Jetzt, wie vor 20 Jahren wird Liebeault kaum auf unbe¬
dingte Zustimmung zu rechnen haben, und wenn es ihm darum zu
thun war, den Widerspruch herauszufordern, so bietet er hierzu in
seinem Buche Gelegenheit genug.
Der gewöhnliche Schlaf ist ihm gleich dem künstlichen das
Ergebniss eines geistigen Vorganges, der sich durch die Fixirung
der Aufmerksamkeit auf eine Vorstellung, und zwar gewöhnlich
auf die der Ruhe kennzeichnet. Beim Fehlen einer Hauptvorstellung,
welche die Aufmerksamkeit gefangen nimmt, ist keine Möglichkeit
zu schlafen vorhanden. Dabei sind Geisteskrankheit und Schlaf
ähnliche Zustände, nur ist erstem krankhaft, letztere in’s Gebiet
des Gesunden gehörig. Das auf geistigen Ursachen beruhende Irr¬
sein entsteht ebenso wie der künstliche Schlaf aus einer Anspannung
der geistigen Kräfte, zumal wenn diese Geistesthätigkeit mit Auf¬
regungen und lebhaften Leidenschaften einhergeht. „Wenn Schlafen
(p. 143) im strengsten Sinne des Wortes soviel ist, wie seine ganze
Aufmerksamkeit auf die beim Einschlafen gefasste Vorstellung des
Schlafens richten, so heisst Träumen: sofern die Aufmerksamkeit
auf diese Vorstellung gerichtet ist, entweder mit einem von der
letzteren abgelenkten Theil der am passiven Pol angesammelten
Aufmerksamkeit oder mit der noch am activen Pol frei vorhandenen
Aufmerksamkeit Gedanken in Bewegung setzen und Empfindungen
wahrnehmen. Der Schlaf mit oder ohne Träume wird also end-
giltig gekennzeichnet durch die Ansammlung der ganzen Aufmerk¬
samkeit oder eines Theils davon auf die fest gewordene Vorstellung,
mit der man eingeschlafen ist, und da jede Ansammlung von Auf¬
merksamkeit Mangel an eigenem Antrieb verursacht, so heisst
Schlafen auch: infolge dieser Ansammlung nicht nur an der be¬
stimmten Vorstellung haften, sondern auch zu Aeusserungen freien
Willens unfähig sein.“ Und p. 144 steht zu lesen: „Vorzugsweise
in seinen geistigen Erscheinungen betrachtet ist der Schlaf nur
ein physiologisches Irrsein.“ Das mag nun sehr geistreich klingen,
ist aber doch baarer Unsinn. Wir wenigstens verstehen unter
Irresein etwas krankhaftes, einen pathologischen Zustand, nach
Liebeault aber ist es ein physiologisches pathologisches oder ein
pathologisches physiologisches, ein kaltes warmes, ein helles dunkles,
und um dies zu versteheu, dazu reicht unser deutsches Verständniss
vorläufig nicht aus. Nach diesen Proben hat es wirklich keinen
Zweck, sich mit Liebeault überall da auseinanderzusetzen, wo
wir anderer Meinung sind. Nur auf einen Punkt möchte ich noch
eiugehen, weil er für seine ganze Anschauungsweise bezeichnend
ist. Liebeault hält die Zauberer, Besessenen und Hexen für
geistesgesund; p. 175 sagt- er: „Sämmtliehe Besessene, sowohl
die Frommen wie die Zauberer und Hexen, sind als Träumer mit
somnambulismusähnlichen Zuständen trotz der Irrthümer, denen sie
anheimfallen, nach dem Erwachen ebenso geistesgesund wie die
Somnambulen. Das ist unsere feste. Ueberzeugung. Und dennoch
hatten, um von den Hexen und Zauberern zu sprechen, diese Geister¬
seher Wahnvorstellungen, von denen sie überzeugt blieben, und
feste Vorstellungen, vermöge deren sie mit unwiderstehlichem Antriebe
handelten, und ihre Ueberzeugungen blieben völlig unerschütterlich,
denn sie gestanden ihre Theilnahme am Hexensabbat und ihren
Verkehr mit den Dämonen sowohl auf der Folter, als in den Fesseln
des Scheiterhaufens.“
Insofern als sie den allgemeinen Aberglauben ihrer Zeit theilten
und Dinge für möglich hielten, denen wir heutzutage keinen Glauben
mehr schenken, stimme ich Liöbeault bei, weiche aber insofern
von ihm ab, als ich diejenigen von ihnen, die auch ohne Folter
von ihren Orgien und den Sabbatsfeiern erzählten, auf Besenstielen
geritten waren und noch lebende Personen ermordet hatten, denn
doch nicht für geistesgesund erklären kann.
Liebeault meint- (p. 176), um sie für geisteskrank erklären zu
können, müsste ihr Unthätigkeitszustand dauernd und ihre Aufmerksam¬
keit- gewöhnlich erschlafft- sein, und er giebt zu, dass sie, wenn auch
nicht geisteskrank dann doch im Begriffe seien, es durch die zu
oft wiederholte Wirkung des Zustandes zu werden; durch die
dauernde Spannung lasse schliesslich die Federkraft der Aufmerk¬
samkeit nach, die Erschlaffung werde dauernd, und sie gingen vom
physiologischen zum krankhaften Irresein über. Was wir von dieser
letzten scharfsinnigen Unterscheidung halten, haben wir schon vor¬
hin unzweideutig gesagt.
Auch manche der praktischen Schlussfolgerungen sind danach
angethan, unser Kopfschütteln hervorzurufen. Liöbeault. will
den Müttern vor der Entbindung suggeriren, was aus den Kindern
werden soll, und er zweifelt nicht an dem Uebertragen schöner und
erhabener Gedanken von Mutter auf Kind. Nun sollte man eigent¬
lich annehmen, dass sich die Sache leicht, beweisen Hesse. Un¬
glücklicherweise (p. 124) sind in den drei Fällen, wo er schwangeren
Somnambulen die von ihnen für ihre Kinder gewünschten Eigen¬
schaften suggerirte, zwei Kinder gestorben, was ihn um so mehr
berührte, weil er für beide den Müttern mehrfach ganz besondere
Anlagen suggerirt hatte.
Ich würde meiner Pflicht als Referent nur schlecht genügen,
wenn ich den Eindruck hinterlassen wollte, als ob das ganze Buch
nur aus derartigen Sonderbarkeiten bestehe. Ich bestätige daher
ausdrücklich, dass dies nicht der Fall ist, und ich gebe gern zu,
dass der Nanziger Professor in seinem Werke eine ganze Menge
von Beobachtungen und Gedanken niedergelegt hat, die wohl ge¬
eignet, sind, befruchtend und anregend zu wirken. Nichts desto-
weniger muss ich bei meiner Ansicht beharren, dass ich cs für
kein Unglück gehalten hätte, wenn das Buch ruhig bei seiner
ersten Auflage verblieben oder zum mindesten nicht in das Deutsche
übertragen worden wäre. __
X. Jouraalrevue.
Haut-krankheiton und Syphilis.
P. G. Unna, Der Streptobacillus des weichen Schan¬
kers. Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XIV, No. 12,
1892.
Unna hat bei fünf diagnostisch zweifellosen, noch nicht, be¬
handelten Fällen in excidirton weichen Schankern stets denselben
Bacillus gefunden und spricht die Hoffnung aus, jeder Leser werde
den Schluss ziehen, dass dieser der Bacillus des weichen Schankers
sei, obwohl Culturen noch nicht gemacht worden sind. Es ver¬
steht sich von selbst, dass dieses Resultat nur mittels eines vom
Verfasser selbst bereits früher erfundenen Färbungsverfahrens ge¬
lang: Die Schnitte kommen aus Alkohol in alte alkalische Me¬
thylenblaulösung, am besten: Methylenblau, Kalii carbonici ana 1,0,
Aq. dest. 100,0, Spirit. 20,0, M. coque ad reman. 100,0. Addo
Methylenblau, Boracis ana 1,0, Aq. dest. 100,0. Die stark über¬
färbten Schnitte "werden dann auf den Object träger gelegt, mit
Löschpapier rasch abgetrocknet und mit einen Tropfen von Unna’s
Glycorinäthermischung (bei Schuchardt in Görlitz erhältlich) oder
auch mit Styron entfärbt, was in wenigen Secunden geschehen
ist. Darauf trocknet man nochmals mit Löschpapier und behan¬
delt mit Alkohol, Bergamotöl und Balsam. Man sieht alsdann in
frischen Fällen die obero nekrobiotische Zone, in älteren auch die
in die Tiefe des Gewebes dringenden Spalten, ganz erfüllt von
einer Bacillenart, die überall nur wenig über die Grenze des ab¬
sterbenden in das noch lebende Gewebe hineinreicht. Der Bacillus
selbst ist klein und kurz: 1 1 / 4 —2 /« : V 3 h und liegt in kurzen ge¬
wellten Ketten angeordnet, manchmal auch in mehreren Ketten
nebeneinander, also ähnlich den Streptococcen. In den Spalten zer¬
klüfteter Ulcera sind diese Ketten weit deutlicher sichtbar und
länger. Sie liegen stets in den Lymphspalten, nie dazwischen oder
in Zellen oder Blutgefässen. Durch Alkohol allein sowie durch
Jod und Säuren wird der Bacillus entfärbt. Bei andersartigen
Geschwüren wurde der Bacillus nicht gefunden. Ob der ähnliche,
bereits 1889 von Ducrey im Schankereiter gefundene Bacillus
mit dem von Unna identisch ist, bleibt unentschieden.
F. Block (Hannover).
A. Hogge, Gonocoques et- pseudogonocoques. Ann. des
mal. des organ. gönito-urin. April 1893.
Verfasser kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem
Schlüsse, dass man bei der chronischen Gonorrhoe mit der bacterio-
logischen Diagnose der Gonococcen sehr vorsichtig sein muss, weil
sich im Secret zahlreiche dem Gonococcus ähnliche Mikroben vor¬
finden und die bekannten Charaktere des letzteren nur selten alle
zusammen vereinigt sind. In solchen Fällen muss man die
Gram’sehe Methode anwenden oder die Urethra mit Höllenstein
(1 :1000) resp. Sublimatlösung (1:10000) auswaschen. Hierdurch
vertieren sich die Mikroorganismen der einfachen Urethritis bald.
Schliesslich muss man zu der Reincultur seine Zuflucht nehmen.
G. T. Elliot, Syphilitic nodes of the hyoid bonc.
Journal of cutan. and genito-urinary diseases. Januar 1893.
Verfasser beobachtete fünf Syphilitische, welche über starke
Schmerzen beim Schlucken, beim Sprechen oder bei bestimmten
Bewegungen des Kopfes und Nackens klagten. Als Ursache hier¬
von konnte er einen oder mehrere periostale Knoten des Os hyoideum
finden, welche entweder isolirt oder zusammen mit einer Chondntis
resp. Epichondritis der Cartilago thyroidea bestanden. Diese
Localisation von periostalen Auftreibungen gehört jedenfalls zu den
ungewöhnlichen Vorkommnissen. Joseph (Berlin).
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5. April.
XI. Oeffentliches Sanitätswesen.
Unsere Anst<en für Idioten und Kpileptische.
- Hochgeehrter Herr! In No. 8 Ihrer geschätzten Wochenschrift ver¬
öffentlicht Herr Dr. Schliop in Stettin einen Artikel, überschrieben
„Noch einmal unsere Anstalten für Idioten und Epileptiker“ Der Unwille
über dm in demselben enthaltenen Uebertreibungen und Unrichtigkeiten
drückt mir die Jeder zur Abwehr m die Hand. Ich fühle mich zu einer
solchen auch ganz besonders durch den beständigen Hinweis auf die
Kückenmühler Anstalton (Kückenmühle-Tabor) und meine ärztliche Thätiff-
keit an denselben verpflichtet und bitte Sio daher sehr ergebenst, meiner
Entgegegnung in einer der nächsten Nummern Ihrer Wochenschrift einen
Platz verstatten zu wollen.
Diejenigen Leser, welche die Anstalten für Idioten und Epileptiker
nicht keimen, und das sind, wie ich richtig zu schätzen glaube, 95%
sämmtheher Aerzte, werden durch den Aufsatz des Herrn Dr Schlien
den Eindruck erhalten haben, als ob in den genannten Anstalten himmel¬
schreiende Zustände herrschten, die Zöglinge und Pfleglinge derselben mit
empörender Gewissenlosigkeit und Unmcifschlicbkeit behandelt und die
Anstaltsärzte zu einer höchst unwürdigen Rollo hcrabgedrückt. würden
Ich gebe mich der Hoffnung hin, dass mir der Nachweis gclino-en wird'
dass die Behauptungen des Herrn Dr. Schlicp und die daran geknüpften
Schlussfolgerungen den tkatsächlicben Verhältnissen in keinerWoise ent-
sprechen Bei meinen Ausführungen beschränke ich mich auf die Kücken-
mühlei Anstalten, was jA auch genügen wird, sogar Herrn Dr. Schliep
gegenüber da ich Grund zu der Annahme habe, dass er von seinen an¬
geführten 42 Anstalten nur sehr wenige, ausser der Kückenmühle vielleicht
*ogar keine aus eigener Anschauung kennt.
Wenn man in dem Aufsatze des Herrn Dr. Schliep liest, dass in
der letzteren Anstalt sich 600 Insassen befinden und „jedesmal die Visite
rSfirr^n ? ~ einer Stu Pn e becndefc ist “ ( w *s nobenbei bemerkt un-
k JV 0 mu ? s , ” ia ?\. fallsinian von der lrrthümlichen Voraussetzung
t t, . ] daSb e . s v b , lcli b . cl deu b0 ° ^sassen um obenso viele Kranke handelt,
in a I - d K' r t f z JI. lchen ’ m spccic psychiatrischen Hülfe beständig bedürftig
•j d. such allerdings über dieses schreiende Missvcrhältniss stark entrüsten.
M g # abcr f -“ z ‘? nde . rs - , We 411 Zöglinge der Kückenmühlo
.nSf^ h ' ki dM!>te “ an8ta,t ) smd 1,1 dt ’ci fast gleich starken Abtheilungen
h W U1, a ZW ? 1 ’ M lcI n n für Erhöhung und Unterricht, für Be-
(Handwerke Peld-, Garten-, Hof- und häusliche Arbeit) und
df-m P &m. 1 l de ft A i Stalt 1 md a l u Stuf o n der Idiotie vertreten von dem,
Biödrinn k . au J u . bemerkbaren Schwachsinn an bis zum tiefsten
die “ Iosi g keifc herab * Gewiss bieten alle Abtheüungen für
DPiificpL p- h M 1Chö Beobachtung em reiches Material, für die thera-
Feld F? jl S^ g - e i me n^ rZ n S res P ecti ve Psychiaters aber ein steriles
r®. sandelt sich bei allen um angeborene oder infolge irgend
/u erSSiffl 611 od ? r körperlichen Krankheit erworbene und niemals wieder
MwSldSf g r eiS 5 ge n? efeC t e ; M ft neben kör PeHichen Gebrechen und
tSfÄdfrj- de J’ Hflegeabtheilung befinden sich ausschliesslich ganz
hadtunEr Äu # Idloten * für welche die Hauptaufgabe der Anstalt in Rein-
lwp r n UIlg 7 Abwehr äusserer Schädlichkeiten besteht. Aber
soweit ps musteren Abthcilungen sind der ärztlichen Behandlung,
mehr der roI g h ei!stl ^ cs beiden botofft, wenig zugänglich. Sie bedürfen
im eigenen Inter« Abrichtu ! , ^. Aut sicht und gewisser Schutzmaassregeln
ebenen Interesse und demjenigen der Aussenwelt.
Anstalt'ein und , Erfahrung nach gehört zur Leitung einer solchen
gutem' v!rwaU.mL V ? n * huxna ! cr Besinnung, einsichtsvoller Energie und
KctoPsSÄ es ein Hichtarzt ist. Ein eigent-
din« s unheilbiw p Ü - rf f° , llier | ka V ni am Platz « sein. Werden doch neuer-
land 7 b m 111 England, Amerika, aber auch Deutsch-
Irrem^taiten ". Dalldorf (193), Bunzlau, Kortau und anderen
an geoimie o P«r!’ m ° direk {° Psychiatrische Aufsicht der Privatpflege
sollten si! nirh ° Ä 1 ÄC ” treu . t ,le " enden Dörfern abgegeben. Warum
eines Lei^lichon 77 4 nst f lL rni , t 440 Morgen Eand unter der Leitung
Herr Dr Schn \ or ™ ul/ we,den - den auch gewiss seiu Schwager,
kennen wird . P ’ als umen gebildeten und einsichtsvollen Mann aner¬
den irjlM n I i l “ 1 J 1 T ! C A Anst ;J lL ^Epileptische (Tabor) anbetrifft, so sind von
ühriyoii mein. ders,j |ben % ebenfalls bereits verblödet, während die
kh-iner Thcil (ro; *« " e f n p 01 ‘ geistig geschwächt sind und nur ein sehr
Einwirkung et wo * £ in ac H'er also ist noch von einer ärztlichen
tjis jetzt■ bekannten 2 « ^[' va, ‘ t( j n \ beider ist es aber ThatSache, dass die
als maclitlos'erwo.-o-™ mitte sicb bei einem grossen Theil der Epileptiker
Heftigkeit der AnPili"’ i*' 01 ? 1 ÄUch boi vie,en gelingt, die Zahl und
Potenzen zu l.pu,, ‘ e herabzusetzen und dadurch zugleich die geistigen
(, °r medicamentüsen" h! 7 • 01 baI *Es sind auch unter der Einwirkung
günstigen EinfliKco * dlll tetisclien und sonstigen Mittel im Verein mit dem
Heilungen und «in« t Anbtal( sdiseiplin und Anstaltsbescliäftigung einzelne ;
"eiche wahrsch< mrT r< - U 1C i H ' ^ ;l d vou Besserungen zu erzielen gewesen, I
kommen wämi pX m „ der eigenen Häuslichkeit nicht zustande ge¬
reiche sich themnmi!- ? <db! * lver stündlich, dass allen denjenigen Kranken,
Sorgfalt haben, besondere ärztliche
Rankheiten meiner qI 1 *!- ui ? Ja . aucb Erregungszustände und Geistes-
DEUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Rankheiten meiner ' Vl< ? J Ä . auch Erregungszustände und Geistes-
"oifen sind. Tel, u.,, 6 :lrztb( ' ken Gon trolle und Behandlung unter-
Hirektion „nd dem \v 1 b,nend bervorliehen. dass ich dabei von der
tlit'/i . 01 '' artepersonal in iwW mMviincnUn,, _
Direktion „nd dem ü‘ V n,nend ««^Vorlieben, dass ich dabei von de
s tlitzt werde und ftir j) rte P or ^onal in jeder gewünschten Weise unter-
'ortreiTliehe Einri< ) J t ,hm g und Wartung dienenden Zwecke
nur), erlaubt, hinzimifn,^ smd - Zur Vervollständigung sei mir
haus besteht, in weleTfe’“'j- daSS för die ö esan,m, e Anstalt ein Kranken-
"'•‘Ichem eigonthüniliel,» S i Erkrankten aufgenommen worden, in
pachtet und von welehe, Un< scb V ere Formen. von Epilepsie genauer be-
lvl ' können auch d;„; n - aus die am bulanten Kranken behandelt werden.
jenigen Anstalt.sänge 1 1 örigen. welche ausser der
- •. - 329
eigentlichen Visite das Bodürfniss nach ärztlichem Rntli und i i
d.™ et Erla^m^ SPrCChen - "" d ^ m, ' Cl,0n auch roich,ich Gebrauch“ vou
Einn^h^mi > dl I ra^.^rden^en, II ^rdche 1 Z ht g t WeisfafÄ"
Anstalt eigeuthümlichen und von den Kranken nnd t,S .• d d f l
weichenden Ziele und Zwecke derselben stellen kann Rechnun^^Saffen
Geboten"!«? 11 ' -"f Uüd Aufsicht a ^ r oichend & e GaSie
^eüoten ist, Begitlndete Klagen smd uns daher auch nicht zu Ohmn
hfin«Arn' Cn ’d T U unbe p’ flnde ^ i11 wird es freilich, wie in allen Krankcn-
ftSS l . 1IldIr, : enaa stalten, besonders dann, wenn von aussen her Unzu¬
friedenheit hmeingetragen ist, nicht fehlen.
, oao Icb . ba H° e ? f Qr J ueine Pflicht, bei dieser Gelegenheit, hervorznhehen
ass meine ärztlichen Intentionen von der Verwaltung oder dem Pflefre-
WM 00 '; nic ' naIs du rcEkreuzt worden sind, dass im Gegentheil mit
meine Wunsche stets bereitwdhgst cingegangen und dass in allen die
Se?n n cÄhf eh ^ UIIg - Un ? BflegedorZöglingo betreffenden Maassregeln
niem Gutachten stets eingeholt wird. Es scheint mir daher, als ob die
ß°fT e,ch f He,r Dr - Schliep während seiner
/ijahr^en Ihatigkeit m der Anstalt gemacht hat, nicht auf Rechnung
des Curatonums zu setzen sind. nun »
i6S a H« emeiaen zul ' Orientiruug. Uober die einzelnen unrichtigen
Angaben des Herrn Dr. Schliep will ich mich möglichst kurz fassen
Seine Forderung „ungehinderter Krankenbehantllung“ ist, wenigstens
soweit cs die Kuckcumühle betrifft, nach dem soeben Gesagten erfüllt,
•f d ? r e^PHessUchen Thätigkeit“ ist nicht
w.-a n- e ‘ T? me » A, I h Wg ke it des Arztes“ findet eben so wenig statt,
wie eine „Unumschränktheit des Curatoriuins.“ Meine von einom Laien-
curatonum mir gegebeno Dienstanweisung und Unterweisung“ enthält.
»J°“ geistlichen Direktor redigirt“. durchaus nichts Unwürdiges,
br auch keiiie Aeranlassung, sie jenem „zur'Verfügung zu
üfm» tv J. cb . habe . autdl überhaupt noch niemals gehört, dass die Aerzte
f i deswegen zurückweisen, weil sie von einem Nicht-
1St ‘ Sc j bsfc H eiT Br. Schliep wird sich in seiner Eigcn-
Nirht .r^« Iv ^ sen ‘ ode ^ Versicherungsarzt eine Instruction von einem
Nichtaizte müssen gefallen lassen, wenn es in diesem Falle auch nicht,
gerade ein Geistlicher ist, den er ganz besonders zu perhorresciren scheint.
Die Bemerkung des Herrn Dr. Schliep, dass die Dienstanweisung des
Lollegen in Kraschnitz „zu allem, fast zum Schuhputzen“ verpflichtet,
überlassen ^ memG PerSon über £ elien und dem betreffenden Collegen
Herr Dr. Schliep sagt ferner: „Dasjenige wenige, was von den
Idiotenanstalten (soll heissen Kückenmühle) in die Oeffentlichkeit durch¬
sickert, ist Grundwasser.“ Er geht dabei von der Voraussetzung aus,
dass Grundwasser das schlechteste Wasser ist. Unsere Anstalt steht
aber jedem ollen, auch ihm. Das, was er erfahren will, braucht er nicht
bloss dem Durchsickerungsprocess zu verdanken. Allerdings ist nach
einem solchen das ursprüngliche Wasser oft kaum wiederzuerkennen. So
ist z. B. seme Mittheilung, dass „eine Brom Vergiftung“ — er meint wahr-
schemlich eme tödtliche — „während einer Vertretung vorgekommen sei“,
mit dem Zusatz: „ob diese wohl zur Kenutniss der Behörden kommen?“
falsch. Er meint wahrscheinlich einen Fall von Meningitis, davon
j ZUr rk- 1t r k des Hw-rn Dr. Schliep auch einigo tödtlich verlaufen
smd. Die Denunciation beim Staatsanwalt war daher unnüthig. Dass
„Bromvergiftungen in der Anstalt niemals aufhören“, ist aber richtig.
Leider können wir derselben, wie auch anderer, z. B. durch Atropin,
Arsenik, Opium u. s. f., wenn auch in mässigem Grade, zur Behandlung
der Epuepsie nicht entbehren, wie alle Aerzte wissen. Auch Herr
Dr. Schliep, welcher reichlich Brom spendete, hat sich vor ihnen nicht ge¬
scheut. Ich habe wenigstens von ihm eine hübsche Zahl recht erheblicher
Bromgeschwttre übernommen. Im übrigen kann ich versichern, dass ohne
meine \ erordnung in der Anstalt kein GrammBrom zu viel oder zu wenig ver¬
abreicht wird. Was Herr Dr. Schliep von der Verabreichung von Esels¬
blut, Elstcrascho u. s. w. erzählt, ist wohl nur ein Scherz, ebenso wie die
Teufelsaustreibung. Wir möchten lieber manche Teufelei austreiben, wenn
es in unserer Macht stände.
Die Vermuthung des Herrn Dr. Schliep, dass mein „Gehalt erhöht
und die Zahl meiner Besuche vermehrt“ ist, trifft zu. Es war das seit
Vergrösserung der Anstalt eine Nothwendigkeit. Ich mache meine Be¬
suche täglich und bin überdies mit der Anstalt von meiner etwa 25 Mi¬
nuten entfernten Wohnung aus telephonisch verbunden, so dass ich über
jeden mich iutercssirenden \ orgaug sofort unterrichtet werden kann. Eine
Vermehrung der ärztlichen Klüfte luibe ich daher vorläufig nicht in Vor¬
schlag bringen zu sollen geglaubt, ebensowenig wie die Erbauung des
Wohnhauses für mich, was ja aber später noch vielleicht geschieht. Un¬
richtig ist indessen die Angabe, dass ich früher es verlangt und davon
mein Bleiben abhängig gemacht habe. Die Niederlegung meines Amtes
in der Kückenmühle vor acht Jahren geschah aus Gesundheitsrücksichten.
Manches sickert aber aus der KUckenmülile doch nicht bis zu Herrn
Dr. Schliep durch, z. B. die Thatsaclie, dass ich Mitglied des Curato-
toriums bin. In Anschauung meiner sonstigen Position hat diese Eigen¬
schaft aber mehr decorativen als praktischen Werth.
Unrichtig ist auch die Angabe des Herrn Dr. Schliep, dass die
Anstalt keiner Revision unterworfen sei. Der Herr Oberpräsident hat so¬
gar in eigener Person die Anstalt wiederholt und unvennuthet besucht
und einer stundenlangen Besichtigung unterworfen. Vor zwei Jahren, wenn
ich nicht irre, fand auch eine Revision seitens des Direktors der Medieinal-
abtheilung unter Begleitung eines Geheimen Raths aus dem Ministerium
und des hiesigen Regierungsmedicinalrathes statt. Auch der Kreisphysi-
kus hat oft mit der Anstalt zu thun. Bei allen stattgehabten Revisionen
hat sich die Anstalt des uneingeschränkten Lobes zu erfreuen gehabt.
Doch genug! Der Leser wird sich unschwer ein Urtheil über
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330
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14
den Werth der in lapidarem Stile vorgetrageueii Angriffe des Herrn
Dr. Schliep gebildet haben. Nur eines Punktes muss ich noch erwähnen,
bevor ich die Feder aus der Hand lege. Herr Dr. Schliep meint, dass
es schwer sei, in dieser Frage reinen Wein zu erhalten., „Clericus (manch¬
mal auch doctor) clericum non decimat. Wess Brod ich esse, dess Lied
ich singe.“ In diesem Passus liegt eine Unterstellung, welche sonst unter
gebildeten Leuten nicht gebräuchlich ist. Ich bin daher vor den Lesern
dieser Wochenschrift auch wohl einer Erwiderung darauf enthoben.
Stettin, den 27. Februar 1894. Dr. Sauerhering, Sanitätsrath.
Im Anschluss an die vorstehende Replik bemerken wir noch folgendes:
Der Vorsitzende des Verwaltungsrathes des Deutschen Samariter-
Ordensstiftes Kraschnitz, Rerr Graf von der Recke Volmerstein,
hat die Freundlichkeit gehabt, uns eine Abschrift der für den Anstalts-
arzt des Stiftes ausgefertigten Berufungsurkunde, welche die Dienst-
instructionen enthält, zu übersenden. Wir können nach genauer
Durchsicht dieses Schriftstückes absolut nichts Ungehöriges, und nament¬
lich nichts davon entdecken, was den in dem Schliep’schen Aufsatz
citirten Passus (p. 189): „zu allem, fast zum Schuhputzen, sei der Arzt
durch sein Laiendirektorium verpflichtet worden“, irgendwie rechtfertigte,
und wir müssen bedauern, dass Herr College Schliep sich in seinem
gewiss wohlgemeinten Eifer zur Aufnahme dieser wohl einem individuellen
Missvergnügen entsprungenen Aeusserung verstanden hat. Die Angabe
in Betreff der zweimal täglich vorzunehmendon ärztlichen
Visiten erscheint nach der uns vorliegenden Dienstanweisung insofern
nicht ganz zutreffend, als es darin nur heisst: „Die Visite am Kranken¬
hause findet Wochentags Vormittags von neun bis zehn, Nachmittags,
wenn erforderlich, zwischen sechs bis sieben Uhr statt.“ D. Red.
XII. Therapeutische Mittheilungen.
Vorläufige Mittheilung zur Behandlung der
Lungentuberkulose.
Von Dr. Moritz Cohn in Hamburg.
Nach den schlimmen Erfahrungen, welche wir in den letzten Jahren
auf dem Gebiete der Behandlung der Lungentuberkulose gemacht haben,
entschliesse ich mich nur sehr zaghaft zur Publication einer Behandlungs¬
methode, mit welcher ich gerade in der Behandlung der arbeitenden und
und ärmeren Bevölkerung gute Erfolge erzielt habe. Diese Leute können
nicht ins Hochgebirge, nicht an die See geschickt werden. Selbst der
lange fortgesetzte Creosotgebrauch ist zu kostspielig und wird vor allen
Dingen in den grössten Dosen oft schlecht vertragen. Der Leherthran
verursacht oft Darmbeschwerden und Appetitlosigkeit, besonders im Sommer.
Ich kam daher auf den Gedanken, das Ammonium sulfoichthyolicum wegen
seiner antibacteriellen Wirksamkeit und seines günstigen Einflusses aut
die Verdauungsthätigkeit zu versuchen, und war von seiner Wirkung im
höchsten Grade überrascht. Nachdem ich jetzt wohl über 100 Fälle damit
behandelt und während der ganzen Zeit (etwas über zwei Jahre) bei
richtiger Diät und Lebensweise keine üblen Folgen gesehen habe, möchte
ich die Collegen bitten, in geeigneten Fällen im Interesse der leidenden
Menschheit auch ihrerseits Versuche anzustellon. Ich will hier gleich
bemerken, dass in den Fällen, in welchen nach der Behandlung, die sich min¬
destens über ein Jahr erstrecken muss, keine Anzeichen der Krankheit mehr
nachzuweisen waren, ich dieses nicht für eine Folgo des Ichthyolgebrauches
halte, sondern für eine Folge der durch den Gebrauch des Medicamentes
unglaublich gesteigerten Ernährung. Der Billigkeit und der leichteren
Resorption halber verordnete ich das Medicament folgendermaassen:
Ichthyol
Aqua destillata ana 20,0
und liess mit dreimal täglich 4 Tropfen beginnen und bis zu 40 Tropfen
dreimal am Tage ansteigen, bei Kindern im Alter von fünf bis zwölf
Jahren etwa die Hälfte. Das Einnehmen geschieht am besten vor den
Mahlzeiten, und lässt man wegen des schlechten Geschmackes etwas
schwarzen Kaffee nachtrinken. Ein Theil der Patienten konnte das Medi¬
cament morgens erst nach dem Frühstück vertragen, und liess ich diese
ruhig gewähren. An den schlechten Geschmack gewöhnen sie sich bald,
man muss nur etwas zureden. Die Steigerung geschieht derart, dass man
den Patienten täglich einen Tropfen mehr nehmen lässt, bis die höchst¬
gewünschte Tropfenzahl erreicht ist, boi welcher derselbe stehen bleibt.
Als besonders wichtig muss ich noch hervorheben, dass die Tropfen nur
in einer grösseren Quantität Wasser genommen werden können, etwa in
einem Weinglase bis zu einem halben Wasserglase je nach der Quantität.
Für die bessere Praxis kämen allerdings Pillen und Inhalationen in Frage,
doch muss ich dabei bemerken, dass die Wirksamkeit der ersteren eine
viel geringere ist. Das Aufstossen, über welches die Patienten im An¬
fänge klagen, tritt nach Pillen ebenso stark wie nach der wässerigen
Lösung auf. Die Veröffentlichung ausführlicher Krankengeschichten-muss
ich auf später verschieben, hoffe aber, dass inzwischen einige - der Collegen
sich in geeigneten Fällen, welche sie nicht in die- Curorte schicken können,
von der Wirkung des Ichthyols überzeugen werden.
Ueber Hämalbnmin, ein neues diätetisches Präparat und
seine Wirkung bei Chlorose.
Von Dr. Max Dahmen in Crefeld.
Im allgemeinen werden Eisenpräparate als Specifica gegen Chlorose
betrachtet. Sehr oft jedoch ist die Darreichung von Eisen ohne jeden
Erfolg Dies legt den Gedanken nahe, ob diese Krankheit des Blutes nicht
auch durch Mangel anderer für ein gesundes Blut nothwendiger Stoffe
hervorgerufen werden kann. Es müsste alsdann die Chlorose mit absoluter
Sicherheit geheilt werden, wenn allo im Blute vorhandenen Stoffe dem
Körper, und zwar in resorbirbarer Form zugeführt werden. Verf. ist es
nach langer, vergeblicher Arbeit gelungen, ein haltbares, in heissem Wasser
wie auch in alkoholhaltigen Flüssigkeiten leicht lösliches Pulver herzustellen,
welches sämmtliche im Blute vorhandenen Salze und Eiweissstoffe enthält
— also Hämoglobulin nebst Hämatin, sowie Serumalbumin und Paraglobu¬
lin (mit Ausnahme von Fibrin). Es sind mit diesem Pulver bis jetzt
relativ wenige Versuche (seit vier Wochen) gemacht worden, jedoch ist
eine auffallend günstige Wirkung bei Chlorose und allgemeiner Schwäche
ausnahmslos eingetreten. Im hiesigen städtischen Krankenhause nahm
bei dem ersten Versuch eine seit sechs Monaten behandelte Patientin in
14 Tagen drei Pfund zu (Dosis fünfmal täglich 1 g). Bei einer anderen
Patientin konnte in 14 Tagen fünf Pfund Zunahme constatirt werden (Dosis
dreimal täglich 1 g) etc. Ueberall trat schnell Appetit ein bei. vor allem
gebesserter Gemüthsstimmung.
Das Pulver, dem Verf. des überwiegenden Eiweissgehaltes wegen den
Namen Hämalbumin geben möchte, enthält die Eiweissarten als saure,
nicht coagulirbare Albuminate, die auch von einem Organismus resorbirt
werden können, dessen Magen keine verdauungsfahigen Säfte secernirt.
Das Hämalbumin wird von der chemischen Fabrik F. W. Klever, Köln a. Rh.
hergestellt. Der Preis ist nur halb so hoch wie der des Liquor Ferri al-
buminati, dieser als vierprocentige Lösung aufgefasst. Verf. möchte nicht
unterlassen, zu erwähnen, dass Calcium- und Magnesium-Di- und Triphos-
pliat von dem Hämalbumin in lösliche Eiweissverbindungen übergeführt
werden, und dürfte die gute Wirkung derselben bei Rhachitis ausser
Zweifel stehen.
XIII. Elfter internationaler medicinischer
Congress in Rom.
Kein Punkt der Welt konnte mit grösserem, keiner mit ge¬
ringerem Erfolge zum Sitz eines internationalen medicinischen Con-
gresses jetziger Gestalt gewählt werden, als die unvergängliche
Stadt des heiligen Petrus. Die leuchtenden Ziele derartiger Ver¬
sammlungen, welche in allen Festreden gerühmt werden, sind
in dieser Metropole mit leichter Mühe erreichbar. Das Standes¬
bewusstsein jedes Einzelnen wird durch die Empfindung, Ehrengast
der „Herrin des Erdballs“ zu sein, nicht wenig gesteigert und ver¬
klärt, die Auflösung politischer und nationaler Sonderschaften in
ein Gefühl ideeller Zusammengehörigkeit wird in dieser geistigen
Heimstätte fast aller Culturvölker auf’s wirksamste gefördert, die
Wissenschaft, welche ihre Diener aus allen Ländern der Erde in
diesen stolzen Palästen, auf dem geweihten Boden des classischen
Alterthums und der mehrtausendjährigen, sturmbewegten Welt¬
historie zu gemeinsamer Arbeit vereinigt, erstrahlt hier für die
Augen der Laien in besonderem Glanze. %
Allein bei der nicht genug zu schätzenden Verwirklichung
solcher hehren Aufgaben eines internationalen medicinischen Con-
gresses wird ein Hauptzweck desselben in Rom mehr oder weniger
zurückgedräugt und erdrückt: nämlich die wissenschaftliche Thätig-
keit, der unmittelbare persönliche Austausch von Gedanken und
Erfahrungen auf dem Felde gleichgerichteter Bestrebungen, der
belebende Wettstreit ernst und ehrlich nach Wahrheit ringender
Kräfte. Viel lieber als dem trockenen Vortrag des — mehr oder
minder — gelehrten Collegen lauscht man hier der gewaltigen
Sprache von Jahrtausenden, in glücklicher Vergessenheit einer
nüchternen Gegenwart wandelt man den Spuren und Pfaden einer
wunderbaren, zum Theil noch im Tode überwältigend schönen und
erhabenen Vergangenheit nach, vor den starren Formeln der \Vis-
senschaft rettet man sich in die lichten Hallen gottgeweihter
Kunst, flüchtet man hinaus in die Gefilde einer paradiesischen
Natur. Heute, am ersten Verhandlungstage sind die Säle der
wissenschaftlichen Sectionen noch zu einem Theil gefüllt: sehr
bald aber werden, wenn mich nicht alles trügt, die Besucher der¬
selben einem Häuflein glaubensstarker, opferfreudiger Märtyrer
gleichen, die Museen, Kirchen etc. werden 5000 Bädeker mehr
zählen, der medieinische Congress wird bereits vor seinem offiziellen
Schluss de facto nur der äusseren Form nach existiren.
Niemals ist die Unnatur der Einrichtung mancher .medicinischen
Congresse mehr hervorgetreten als in diesen Tagen, als an diesem
Widerstreit der die „ Congressisteh“ Rom r s leitenden Interessen;
statt an drei oder vier Tagen in jeder Disciplin einige grosse, die
medicinisöhe Welt bewegende Fragen den in der Wissenschaft und
Praxis erfahrenen Männern zur Discussion zu stellen', statt den.
Gelehrten aller Länder hier Gelegenheit zu geben, in persönlicher
Rede und Gegenrede, eventuell mit Unterstützung von erläuternden
— auf den Wegen der Litteratur noch höchst unvollkommen er¬
setzbaren — Demonstrationen, Missverständnisse zu beseitigen,
Unklarheiten zu erleuchten, Probleme ihrer Lösung näher zu
bringen, versucht man die Aerzteschaft sechs Tage lang in sechs- bis
achtstündigen Sitzungen zu quälen, stellt ihnen ein Menu von sage
und schreibe 2700 „wissenschaftlichen Mittheilungen“ auf urid er¬
öffnet Vortragenden und Zuhörern freundliehst die Möglichkeit,
sich gegenseitig zu Tode zu hetzen.
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5. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Glücklicherweise hetzen sie sich nicht soweit. Ein grosser
Theil der Vorträge wird schon jetzt nicht mehr gehalten, und
unter den „restirenden“ Rednern erblickt man nur selten einen
unserer hervorragenden Männer: sie möchten, wie mir ein be¬
rühmter Kliniker sagte, den Jüngeren, unter denen viele sind die
sich ausschütten wollen, bescheiden das Feld überlassen. *
Müssen aber diese „Ausschüttungen“ vorgenommen werden?
Muss jede Beobachtung, jede Hypothese, jede Demonstration die
oft sogar schon in zwei oder drei „nationalen“ Vereinen vorge¬
führt ist, auf internationaler Bühne in Scene gesetzt werden?
Können solche Monstrositäten, wie die Ankündigung von 30 Vor¬
trägen seitens eines „Congressisten“ in einer Section nicht ver¬
mieden werden?-Man wird hoffentlich auf diesem Wege Halt
zu machen wissen und der progressiven Verflachung der Congresse
entgegenwirken. Bei der jetzigen Lage der Dinge steuern wir
darauf los, den internationalen Congress zu einer Versammlung zu
gestalten, die sich lediglich aus Vortragenden und — Vergnügungs¬
reisenden zusammensetzt. ö
Die Eröffnung der im Palast der schönen Künste eingerichteten
internationalen Ausstellung für Medicin und Hygiene bildete die
Introduction des XI. Congresses. Bei dem am Abend des 28.
veranstalteten „Empfang der Congressmitglieder und ihrer Damen
im Ausstellungspalais“ — NB. die Mitglieder empfingen sich
gegenseitig — zeigte sich bereits ein Uebelstand, der sich weiter¬
hin noch fühlbarer machen sollte: das Vers amml ungslokal war für
die grosse Menschenmenge etwas zu klein; man hatte offenbar auf
eme so beträchtliche Zahl von Theilnehmern — sprach man doch
bereits am 29. von über 6000 Mitgliedern — nicht gerechnet.
Die Eröffnung des eigentlichen Congresses am 29. im Costanzi-
Theater vollzog sich in glanzvoller Weise. Mit besonderer Genug-
!? u ^?.. Y . erdient . hervorgehöben zu werden, dass der König und
die Königin es nicht verschmäht haben, der Feier von Anfang bis
zu Ende beizuwohnen.. Indem das erlauchte Herrscherpaar die
Versammlpg durch seine Anwesenheit ehrte und den Glanz der¬
selben steigerte, empfing es seinerseits in brausenden Hurrahrufen
den Dank der Congressmitglieder für den sichtbaren Ausdruck des
Verständnisses und der Theilnahme an den hohen culturellen Auf¬
gaben dieser nationalen Vereinigung. Unter den Festreden sind
diejenige von Crispi, Baccelli (in lateinischer Sprache), Virchow
(italienisch), Ruspoli (Bürgermeister von Rom), hervorzuheben.
Deute Morgen um 8 Uhr haben die Sitzungen der einzelnen
oectionen begonnen, nachdem gestern Nachmittag die Präsidenten,
oecretäre etc. derselben gewählt worden sind. Die Sitzungen wer-
en in dem unter der Aegide Baccelli’s erbauten, jedoch infolge
des chronischen Geldmangels noch nicht vollendeten „Policlinico“
HrT A n nd £ e g enöber den mannigfachen Mängeln der Institu-
uonen des Congresses verdienen diese, weiten Platzanforderungen
nm U ^ enden Räumlichkeiten der einzelnen zweistöckigen Pavillons
5 f™ ssere Anerkennung. -Leider ist der Weg vom Centrum
. , z .n m Policlinico etwas weit, und die früher arigekündigten
TmSlnf 011111 !! 311 ? Se o nd Tramways, welche den Verkehr zwischen dem
2!? 7 , “5 der Stadt vermitteln sollten, ist uns das Comit‘6 eben-
RannJi U Ji ^ b Ü eben ’ man ist infolgedessen auf seines Schusters
Kappen oder auf Droschken angewiesen.
dt« alt* waren heute y wie schon oben bemerkt, trotz
ist natfirr 6 ? y et ^ rs . leidlich besucht. Unter den Vortragenden
vertreten 10 a » italienische Element in überwältigender Majorität
(bis iftt 7 t o/vi^j. eDd namentlich im Verhältniss zu ihrer Zahl
1 n! dle Zurü ?khaltung der Deutschen.
einzfilTiß? q 1 * 1 ™ nacb * st nicht viel Bemerkenswerthes aus den
Medieir zu v ? rme ^den. In der Abtheilung für innere
Krankenhai? raC ^ ^ ar ^ w ^ n & e (Stockholm) über die im Sabbatsberg-
arCn Ä ™ Stockholm mit Arsenik behandelten Fälle von bös-
i? ern) über ^ Wirkun £ des BlvLt ~
verursachte^ ’ Murne Öber *** dÜrch die Kälte
einen'Bericht 0 «? 011 ß? F TnR! lirurgie S* b Championniöre (Paris)
die guten Frf V ber ,?^ Fälle von Schädeltrepanation und erwähnte
Tonnen mn * 6 d le . ser Operation bei wahrer Epilepsie, gewissen
gow) gnrarh «£ aui r?*i B . cber Meningoencephalitis; Macewen (Glas-
Behandlunp. __ 61 ^ ebirna bscesse, deren Entstehung und operative
lediglich L semen Vortrag schloss sich eine ausgedehntere,
für Kindf>rhn-u ene J n ^ e P d °gene Discussion.—In der Section
Diphtherie auf l ^ kU 5 d 6 Stand d * e Pathologie und Therapie der
der Vortrag n tr Aa S esor( lnung. Besonders bemerkenswerth war
DiphtheriA mu n {“f r ’ 8 (Berlin) über die Behandlung der
Dichtigkeit r r Bebrin ^ ,scbem Heilserum, von dem ich, der
Der npno n 6 ? en . s ^ ai l des halber ein Autorreferat folgen lasse.
Thieren die in - c e B ehrin g’s, durch das Blutserum von
inunun zu maph ^ e * se vdrbereitet waren, andere Thiere
zu heilen 8 .°^ ar na ch bereits ausgebrochener Krankheit
te nicht verfehlen, auch das Interesse des
331
Klinikers in hohem Grade zu erregen, besonders da der Diphtherie
HfuoPh^nnS solches Serum zur Verfügung war. Nachdem durch
™ 0(1 Behring die Unschädlichkeit des Diphtherieheil-
serums festgestellt war, wandte sich der Vortragende an Professor
S e 7 iemlfrh We ' C H* h tZt M er die ^ hatte ’ ihm Diptherieheilserum
in ziemlich reichlicher Menge während eines Zeitraumes von sieben
Monaten zukommen zu lassen, so dass 79. Fälle damit behandelt
werden konnten.
Verfasser ist es nicht möglich, die Fälle einzeln zu beschreiben-
es muss vor der Hand genügen, die Zahlen in ihrer Gesammtheit
sprechen zu lassen.
Das Beobachtungsfeld des Vortragenden gestattet nun zunächst
die Vergleichung von drei zeitlich auf einander folgenden Perioden
in deren Mitte die Heilserumperiode lag und die jede etwa gleich¬
viel, nämlich über 100 Fälle umfasste. Die erste Periode (I) reicht
vom December 1891 bis November 1892 und umfasst 113 Fälle
dle z ^ite (H) reicht vom November 1892 bis Mai 1893 und um¬
fasst 129 Fälle — von dieser werden 79 mit Heilserum behandelt.
Die dritte (HI) geht von Anfang Mai bis Ende December 1893
und umfasst wieder 118 Fälle.
_ Vergleichen wir beide Perioden zunächst ganz ohne weiteres
Eingehen, so erhalten wir
Tabelle I.
Periode aufgenommen gestorben Mortalität
I- 113 73 64,6%
H. 129 56 42,6%
III. 118 54 45,7%
A; us diesen Zahlen geht hervor, dass die Heilserumperiode
die günstigste Mortalität aufwies; ganz bedeutend günstiger als
die erste, auch noch deutlich günstiger, um 3 %, als die folgende.
Noch eclatanter wird die Differenz, wenn man nur diejenigen
Fälle aus Periode H, welche, während Heilserum zur Verfügung
stand, zur Beobachtung kamen, mit gleichviel kurz vor oder nach¬
her vergleicht. Denn auch im Verlaufe von Periode II kamen
Zeiten, wo Prof. Behring nicht imstande war, Serum zu liefern
und wo daher auch die schweren Fälle nach früheren Methoden
behandelt werden mussten. Diese Fälle müssen eigentlich von
der Rechnung ausgeschlossen bleiben. — Es fielen während der
Periode H 96 Fälle in diejenigen Zeiten, in denen Heilserum zur
Verfügung stand. Von diesen 96 Fällen wurden alle mittelschweren
und schweren Fälle mit Heilserum behandelt, im ganzen, wie gesagt,
79. Vergleichen wir nun mit diesen 96 Fällen ebenso viel vorher
und nachher, so ergiebt sich:
Tabelle II.
Periode äufge- ge- Mortalität
nommen storben
I (15. Januar bis 15. November 1892) ... 96 60 62,5%
II (15. November 1892 bis 5. Juni 1893) . . 96 37 38,5 „
HI (5. Juni bis 4. December 1893) .... 9 47 49,0 „
Auf Grund dieser Zahlen könnte man sehr leicht zu dem
Schluss kommen, dass sie einen eklatanten Beweis für den Nutzen
des während der Periode H angewandten Heilmittels darbieten, und
doch ist dieser Schluss noch keineswegs ohne weiteres berechtigt.
Denn man erfährt ja aus diesen Zahlen nichts über den aprioristi-
schen Charakter der Diphtherie in der zweiten Periode. Zweifel¬
los ist, dass die Periode I einen ungewöhnlich bösartigen, die Pe¬
riode IH einen etwas milderen, dem an anderen Orten ähnlichen
Charakter trug. Aber es könnte ja auch schon Periode H einen
ganz erheblich milderen Charakter als Periode I gehabt haben, warum
nicht sogar einen milderen als Periode IH? Und dann würde nur
soviel zu schliessen sein, dass die Anwendung des Heilserums zwar
nicht geschadet hat, es würden’ die obigen Zahlen aber auch
keinen Beweis für den Nutzen der angewandten Behandlung bei-
bringen. Nun war glücklicherweise die Möglichkeit vorhanden,
der Entscheidung über die aufgeworfene Frage etwas näher zu
treten. Ganz aus denselben Bevölkerungsklassen aus allen Stadt-
theilen wie das Kinderkrankenhaus bekommt nämlich auch das
Leipziger Jacobshospital ein ziemlich grosses Contingent vön diph¬
theriekranken Kindern. Da nun in diesem Krankenhauso kein Heil¬
serum angewendet worden war, vielmehr die früher üblichen Me¬
thoden benutzt wurden (etwa analog denen, wie im Kinderkranken¬
hause während Periode I und IH), so bietet sich hier eine parallele
Beobachtungsreihe, die sehr wohl zum Vergleiche benutzt werden
kann. Aus der im Jacobs-Hospital beobachteten Mortalität gewinnt
man ein annäherndes Bild, davon, wie etwa dje Diphtherie auch im
Kinderkrankenhause sich würde gestaltet haben, wenn einfach nach
früheren Grundsätzen behandelt worden wäre.
Die von Herrn Prof. Thiersch gelieferten Zahlen betreffen
lediglich die Mortalität der operirten Fälle, können also nicht
absolut, sondern nur relativ mit den Beobachtungen im Kinder¬
krankenhause verglichen werden. Vertheilen wir die betreffenden
Zahlen genau in die gleichen Zeitperioden wie oben, so ergiebt
sich daraus folgende Tabelle:
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14
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Tabelle III.
Im. Jacobshospitale wurden wegen Kehlkopfdiphtherie
Periode operirt gestorben Mortalität
I 128 91 71,09%
II 69 39 65,22 %
III 53 32 64,75 °/o
Aus dieser Tabelle geht nun in der That hervor, dass auch
bei nichtspecifischer Behandlung die Diphtherie in Leipzig in der
Periode II einen ganz erheblich milderen Charakter dargeboten
hat als in der Periode I, auch im Jacobshospital war diese letztere
eine ganz ungewöhnlich ungünstige. Der Abfall der Mortalität im
Kinderkrankenhause während Periode II kann also ganz gewiss
nioht allein auf eine etwaige günstige Beeinflussung durch das
Heilserum bezogen werden. Aber es findet sich doch ein kleiner
Unterschied: während nämlich Periode HI im Jacobshospital eine
weitere Verbesserung gegen Periode H erkennen lässt — was
auch dem allgemeinen Eindrücke entsprach, den die Krankheit im
Verlaufe der Beobachtungszeit sowohl auf Prof. Thiersch wie
auf den Vortr. machte —, so zeigte im Kinderkrankenhause Pe¬
riode H einen noch günstigeren Charakter als Priode III. Dort
verläuft die Curve in geradlinigem Abfall, hier zeigt sich eine (vgl.
besonders Tabelle n 1 ) erhebliche Einknickung. — Wenn nicht ein
ganz eigenthümlicher Zufall im Spiele sein sollte — kann diese
Abweichung des Krankheitscharakters kaum auf etwas anderes be¬
zogen werden, als auf die angewandte Behandlung, und Vortr. ist
deshalb geneigt anzunehmen, dass die Heilserumbehandlung nicht
ganz ohne Einfluss auf den Krankheitsverlauf sich erwiesen hat.
— Irgend einen Schaden hat er von der Behandlung ebensowenig
wie He noch gesehen. —
Am Nachmittag fand die erste Plenarsitzung des Congresses
in dem — kaum für den sechsten Theil der Mitglieder ausreichenden —
Saal des Eldorado statt. Virchow, wie überall von frenetischem
Beifall empfangen, hielt einen Vortrag über „Morgagni und das
anatomische Denken in welchem er die historische Entwickelung
unserer Wissenschaft bis Morgagni und die Bedeutung des
letzteren als des Begründers der modernen, naturwissenschaftlichen
Medicin beleuchtete. Nach Virchow ergriff Bouchard (Paris)
das Wort zu einem jVortrag über „Natur und einige Ent¬
stehungsursachen des Fiebers.“ Unter anderem betonte er die
Möglichkeit eines Muskelfiebers; die Temperaturerhöhung scheint
dabei mehr mit der Intensität der Muskelcontraction als mit ihrer
Dauer in Verbindung zu stehen. Den dritten und letzten Vortrag
hielt Babes (Bukarest) über die „Stellung des Staates zu den
Resultaten der modernen Bacterienforschung.“ Vortragen¬
der spricht die Hoffnung aus, dass mit gut angewendeten Mitteln
die Hygiene wirklich zu einer wohlbegründeten Wissenschaft empor¬
komme und der Staat so seinem eigentlichen Zweck entspreche,
ein hygienischer Staat zu sein.
Auf dem Programm der morgigen chirurgischen Abtheilung
stehen 77, auf demjenigen der inneren Section 88 Vorträge!!
Sapienti sat?-
Rom, den 30. März 1894. J. Schwalbe.
XIV. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Der Preussische Medicinalbeamtenverein wird am
23. und 24. April seine XI. Hauptversammlung in Berlin abhalten. Auf der
Tagesordnung des wissenschaftlichen Theils stehen folgende Themata: Bau
und innere Einrichtung ländlicher Schulgebäude vom gesundheitlichen Stand¬
punkt betrachtet. Ref. Kreisphysikus Dr. Langerhans in Celle. Welche
hygienischen Untersuchungen sind den Physikern von Amts wegen zu
übertragen? Ref. Kreisphysikus Dr. Nauck in Bredstedt. Blödsinn und
Wahnsinn unter Berücksichtigung der Entscheidung des Reichsgerichts
vom 13. März 1893, Ref. Gerichtlicher Stadtphysikus, Sanitätsrath Dr.
Mittenzweig in Berlin. Betheiligung der Kreismedicinalbeamten bei der
Controlle der Trichinenschau. Ref. Medicinalrath Dr. Kunau in Posen.
Ueber die Untersuchung und hygienische Beurtheilung von Brunnen¬
anlagen in kleineren Städten und auf dem Lande. Ref. Kreisphysikus
Dr. Schröder in Wollstein. Revisionen der Krankenanstalten. Ref.
Kreisphysikus Sanitätsrath Dr. Philipp in Berlin.
— Breslau. Zu dem vom 14. bis 16. Mai dieses Jahres in Breslau
stattfindenden IV. Congress der Deutschen Dermatologischen
Gesellschaft sind bislang folgende Referate, Vorträge und Demon¬
strationen angemeldet: Hauptthemata: 1) Die modernen Systemati-
sirungsv ersuche in der Dermatologie. Referent: Kaposi (Wien), Discussion:
Schwimmer (Pest). 2) Der augenblickliche Stand der Dermatomycosen-
lehre. Referent: Pick (Prag). — Demonstration von Culturen:
Winternitz, Kroesing. — Ferner sind angemeldet: Vorträge und
Demonstrationen über Gonorrhoe, Endoskopie etc. von Grünfeld,
Jacobi, Jadassohn, Koch, Kollmann, Loewenhardt, Lohnstein,
A. Neisser, Putzier, Schäffer, Steinschneider etc. — Dermato-
logische Vorträge: Caspary (Erythema exsudativum), Doutrelepont
(Zur Hauttuberkulose), Friedheim (Einwirkung von Säuren auf die Haut),
van Hoorn (Thema Vorbehalten), Joseph (Ungewöhnliche Ichthyosis-
formen), Lasch (Urticaria factitia), Ledermann (Resorbin), Lesser
(Herpes Zoster), Mracek (Aetiologie der toxischen Erytheme), Neu-
berger (Lichen ruber), Riehl (Hauttuberkulose), Rosenthal (Blasen¬
bildende Affecte der Mundschleimhaut). Saalfeld (Phaneroskopie und
Glasdruck), Schwimmer (hysterische Hautgangrän), v. Sehlen (Ekzem
und Schleimhauterkrankung), Staub (Erythromelalgie, Therapie der Haut-
aktinomykose), Winternitz (Allgememwirkung hautreizender Stoffe).
Syphilidologische Vorträge und Demonstrationen: Block
(Bubonenbehandlung), Lues und Tuberkulose (Hochsinger, Jadassohn,
A. Neisser), Marschalk o (Spätlues), J. Neumann (Syphilis der Speichel¬
drüsen). Dermatologische Vorträge mit Demonstrationen:
Arning (viscerale Lepra), Dreysel und Oppler (Eleidin), Ehr mann
(Lymphgefässe der männlichen Genitalien), Fabry (Urticaria pigmentosa),
Galewski (Lepröse Trophoneurose), Halle (Hautmodelle), Kroesing
(Zur Lupusbehandlung), Mikulicz (Angiombehandlung), Münchheimer
(Herpes zoster), A. Neisser (Molluscum contagiosum), Ruffer (Carcinom-
psorospermien), Touton (Molluscum contagiosum). Krankendemon¬
strationen von Chotzen, Jadassohn, A. Neisser.
— Magdeburg. Der Deutsche Verein für öffentliche Ge¬
sundheitspflege wird seine XIX. Versammlung in Magdeburg in den
Tagen vom 19. bis 21. September 1894 abhalten. Tagesordnung: Mittwoch
den 19. September: 1. Hygienische Beurtheilung von Trink- und Nutz¬
wasser, Referent: Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Flügge (Breslau). 2. Be¬
seitigung des Kehrichts und anderer städtischer Abfälle, besonders durch
Verbrennung, Referenten: Oberingenieur F. Andreas Meyer (Hamburg),
Med.-Rath Dr. J. J. Reineke (Hamburg). — Donnerstag den 20. Sep¬
tember: 3. Die Nothwendigkeit einer extensiveren städtischen Bebauung
und die rechtlichen und technischen Mittel zu ihrer Ausführung, Referenten:
Oberbürgermeister Adiükes (Frankfurt a. M.), Geh. Baurath Hinckel-
deyn (Berlin), Baupolizeiinspector Classen (Hamburg). 4. Technische
Einrichtungen für Wasserversorgung und Canalisation in Wohnhäusern,
Referent: Ingenieur H. AlfredRoechling (Leicester). — Freitag den
21. September; 5. Die Maassregeln zur Bekämpfung der Cholera, Refe¬
renten Geheimrath Dr. v. Kerschensteiner (München), Prof. Dr. Gaffky
(Giessen).
— London. Zur Unterbringung armer Familien, deren
Wohnungen nach Infectionskrankheiten desinficirt werden müssen, wurde
in London ein grosses Haus eingerichtet. Die Londoner Sanitätsbehörde
ist nach dem Gesetz vom Jahre 1891 verpflichtet, mittellose Familien
während der zur Desinfeetion nothwendigen Zeit unentgeltlich unterzu¬
bringen.
— Zur medicinischen Publicistik. Die bisher von Dr. Schwalbe
redigirten „Fortschritte der Krankenpflege“ werden vom 1. Mfira
ab von Dr. Martin Mendelsohn (Berlin) unter dem Titel „Zeitschrift
für Krankenpflege“ geleitet.
— Universitäten. Halle. Dem Privatdocenten an der medici¬
nischen Facultät Dr. Edm. Leser ist das Prädicat Professor verliehen.
— Freiburg i. B. Der Privatdocent der gerichtlichen Medicin, Dr. J.
Fritschi, ist gestorben. — Basel. Dr. E. Feer hat sich als Privat¬
docent für Pädiatrie und innere Medicin habilitirt. — Dorpat. Der emeri-
tirte Professor der Chemie an der Universität Dorpat, Dr. Carl Schmidt,,
ist gestorben. — Charkow. Die Doctoren J. Tschujewski, M. Trach¬
tenberg und E. W. Braunstein haben sich als Privatdocenten für
Physiologie, beziehungsweise innere Medicin und Ophthalmologie habilitirt.
XV. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Realency-
clopädie der gesammten Heilkunde. Medicinisch-chirurgischeS'
Handwörterbuch für praktische Aerzte. Herausgegeben von. Professor
Dr. A. Eulenburg, Berlin. HI. Auflage. H. Band. Antiseptica-Bauche.
Lex. 8 . 704 S. 15 M. Wien und Leipzig, Urban & Schwarzenberg, 1894.
Index medicus. A monthly classified record of the current medical
literature of the world. Compiled under the Superrevision of Dr. Job* 1
S. Billings, Surgeon U. S. Anny, and Dr. Robert. Fletcher, M. K.
C. S. Eng. Vol. XVI, No. 2, Boston and Detroit, George S. Davis, 1894.
G. Pizzighelli, Anleitung zur Photographie für Anfänger.
VI. Aufl. 267 S. 3,00 M. Halle a. S., Wilh. Knapp, 1894.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. Studies
from the department of pathology of the College of physicians
and surgeons Columbia College, N.-Y. Vol. HI. New- 1 ork,
D. Appleton & Co., 1892/1894.
Krankenpflege. Sir Douglas Galton, Healthy Hospitals.
Observations on some points connected with hospital cpnstruction, 287 B.,
nebst einer Literaturzusammenstellung von 72 S. Oxford, Clarendon
Press, 1893,
Psychiatrie und Neurologie. Th. Ziehen, Psychiatrie für
Aerzte und Studirende. Wreden’s Sammlung medicinischer Lehr¬
bücher Bd. XVH. 470 S. 9,60 M. Berlin, Friedrich Wreden, 1894.
K. Mayer, Ueber die combinirten systematischen
kungen der Rückenmarksstränge der Erwachsenen. 4. Heit
der Beiträge zur klinischen Medicin und Chirurgie. 53 S. 2 Talern.
2 M. Wien und Leipzig, Wilhelm Braumüller, 1894.
A. Giletti, Cheratodermite simmetrica palmare e pl antar , e
da trofoneurosi. 8 S. 3 Tafeln. Torino, V. Fodratti &E. Lecco, 1094-
Urologle. Klinisches Handbuch der Harn- und Sexual¬
organe. Herausgegeben von weiland Prof. Dr. W. Zuelzer, redigiry
von F. M. Oberländer in Dresden. I. Abtheilung. 436 S. 10 M.
Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894. .
Z&hnheilkunde* J. Scheff jun., Die Extraction derZähne.
Für praktische Aerzte und Studirende. 130 S. Wien, Alfred Holder, 1894.
Gedruckt bei Julias Sittenfeld in Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag
M 15 .
DEUTSCHE
12. April 1894.
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Enlenburg und Dr. Jul. Schwalbe. Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116.
— Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31 .
L Ueber Megalogaatrie und Gastrectasie. 1 )
Von Prof. F. Riegel.
^ enn " ian die ' m den letzten Jahren auf dem Gebiete der
Magenkrankheiten erschienenen Publicationen überblickt, so könnte
man danach zunächst den Eindruck gewinnen, als ob das Endziel
aller Forschung im Gebiete der Magenkrankheiten wäre, möglichst
exacte Methoden zum Nachweis auch der feinsten Spuren von
balzsaure zu finden: so sehr hat die Frage des Salzsäurenachweises
m den letzten Jahren alle übrigen Fragen der Magenpathologie in
den Hintergrund gedrängt. Es Hegt mir fern, hier die Frage zu
discutiren, inwieweit aus diesen Bestrebungen der letzten Jahre
eine wesentliche Förderung des klinischen Verständnisses der
einzelnen Magenkrankheiten erwachsen ist. Meiner Meinung nach
ist dies nur m sehr geringem Maasse der Fall gewesen, so
interessant und werthvoll an sich auch die gewonnenen Resultate
and Aber mag man hierüber wie immer urtheilen, so kann doch
darüber kein Zweifel bestehen, dass das Studium des Chemismus
_iein uns m keiner Weise einen ausreichenden Einblick in das
wesen der einzelnen Störung giebt, dass dasselbe vielmehr nur in
usaminenhang mit den Resultaten der sonstigen Untersuchungs-
methoden eine sichere Diagnose ermöglicht. Auch der Fall, den
r, ,f n “ eut ° vorzustellen mir erlaube und der den Anlass zu
aen folgenden Bemerkungen gab, zeigt, dass das Zusammenfassen
ein imbedingtes Erforderniss bei
l^Äem^erba” ^ ^ iSt * fa 39iähriger Maurer Von
Seine einzige Klage
bezieht sich darauf,
dass er bei etwas
stärkeren Anstren¬
gungen an Herzklopfen
und Athemnoth leidet.
Ich wül Sie mit der
detaillirten Beschrei¬
bung des objectiven
Befundes nicht be-
J?%en; es genüge
uier zu erwähnen
uass der Kranke die
Symptome einer leich¬
ten Insufficienz und
otenose der Aorta
«larbietet.
,. Ab er nicht um
«neser Affection wülen
zeige ich Ihnen den
Franken, sondern
u -.^vouuxueoen-
,, C1 "hobenen Befim-
das ist des Be-
fundes eines sehr
r- , Magens -
von v^T ke - gleich
.- ere * n ’ daßs der Kranke in keiner Weise über Magen-
Mfirz gehalten^ Vortrag med « < '* n i sc i |eD Gesellschaft in Giessen am
beschwerden zu klagen hat. Sein Appetit, seine Verdauung sind
! dllr <*aus normal. Wenn Sie sich die Magengegend des Kranken
nachdem wir ihm die bekannte Brausemischung in der üblichen
Menge zu trinken gegeben haben, ansehen (cfr. Abbildung) so
nnden bie, dass der Magen eine viel grössere Ausdehnung als normal
Iiat ; deine untere Grenze überschreitet die Nabelhöhe um nahezu
drei Querfinger: ehe obere Grenze findet sich an normaler SteUe
ihe gleiche Ausdehnung und Form zeigt sich beim Aufblähen mit
i-i v, enn e I nen Menschen, dessen Magen normal ist, die
, gleiche Brausemischung trinken lassen, so finden Sie niemals auch
j nur annähernd eine solche Ausdehnung des Magens wie hier. Wie
Ihnen schon die Inspection der Magengegend zeigt, handelt es sich
, nicht um einen abnormen Tiefstand des Magens, eine Gastroptose
auch nicht um eine mehr senkrechte Stellung des Magens, sondern
schlechtweg um einen grossen Magen.
Was nun das chemische und motorische Verhalten des Magens
betrifft, so ergaben sich durchaus normale Verhältnisse. Die Aus¬
heberung Morgens nüchtern ergab einen vollkommen leeren Magen ;
nach einer Probemittagsmahlzeit erwies sich bereits vier Stunden
| nachher der Magen als fast vollkommen leer.
i M eiche Bedeutung hat nun diese Grössenzunahme des Magens,
ist das Ectasie? °
I Dass hier nicht das gewöhnliche Bild einer ausgesprochenen
I Ectasie vorliegt, ist klar. Das beweist schon das Fehlen aller
dyspeptischen Beschwerden. Der Zustand, den wir klinisch als
Ectasie bezeichnen, geht immer mit mehr oder minder hochgradigen
dyspeptischen Beschwerden, mit Symptomen einer Störung der
Magenthätigkeit einher. Der Name „Ectasie“ bezeichnet aber zu¬
nächst nur eine Grössenänderung, eine anatomische Veränderung
des Magens. Klinisch gehört aber zum Bilde der Ectasie nicht
blos die Grössenzunahme, sondern auch eine functioneile Störung.
Hochgradige Eetasieen des Magens, seien sie primäre oder secundäre,
sind in der Regel leicht zu diagnosticiren. Schwieriger ist die
Entscheidung, wenn es sich um geringergradige Eetasieen handelt.
Man hat vielfach darüber gestritten, von welcher Grenze ab man
von einer Ectasie reden soll und im aUgemeinen als Regel aufge¬
stellt, dass ein normaler Magen, vorausgesetzt dass er auch normal
gelagert ist, die Nabelhöhe nicht überschreiten soU. Selbstver¬
ständlich darf man einen abnormen Tiefstand des Magens, eine
Gastroptose oder eine Senkrechtstellung des Magens nicht mit einer
Ectasie verwechseln. Alle Methoden, die nur die untere Grenze
des Magens, nicht die Gesammtausdehnung desselben bestimmen,
wie zum Beispiel das Fühlbarsein der Sondenspitze durch die Bauch¬
decken, das Einnehmen oder Eingiessen von Flüssigkeit in den
Magen und. die Bestimmung, bis zu welcher Tiefe nachher die
dadurch- erzeugte Schalldämpfung reicht, bringen die Gefahr einer
Verwechselung mit abnormen Lagerungen des Magens mit sich.
Als viel zuverlässiger muss darum die Methode der Aufblähung
mit Kohlensäure oder Luft bezeichnet werden, da diese die ge¬
summte Grösse und Form des Magens genau wiedergiebt.
Aber alle diese und weitere Methoden gestatten uns wohl ein
Urtheil über die Grösse und Ausdehnung des Magens, sie lassen
uns die Frage beantworten, ob der Magen das normale Grössen-
maass überschreitet, ob er also erweitert ist; aber mit diesem
Nachweis allein ist zunächst nichts oder doch nur sehr wenig
erreicht. Der Magen kann das normale Grössenmaass weit über¬
schreiten und doch recht functionstüchtig sein, und umgekehrt
kann ein Magen sogar relativ klein und doch fanctionsuntüchtig
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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Aufemu wfe zifm Beürii^l F>*A»^ von Fftlhm vtm Mogwoktsm
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al.er nichl. vou einer Erweiterung bereite d.-mh, iVöim der Magen
-Tö;<;-.,*r ist, soinjoiav wfiiui damit Fufnrtiifisstoruß^o riniior^elnai.
Wir vrrbindpn Msj> :r^; ; $fesüfe mnlit Wo* eia* imakmUsehn
Vorstellung, so:u^ru ^f#n Migdoifewwamky te? Mamfe #%o ^
störte Ku/fet-in/fe *w>? V«;«mdcrtinfi: der motercM hen Kraft,- .«td üme
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i Mü^eni: »«* iku;dmu* Wmfld: ‘ denn, wfe d:>
Anrdieheru*-^ erhöben ..hat enUeert sich dursotek tm-fc Amor Pivm:.-
mahlzeit Vollkommen innerhalb der imrmHkn YmdHimngszeiL IW
kann nmn mit, Sicherheit aüf *uu«> gute mt%.iaqbb Kraft
-ijhHeSSeti.
Sn vielfach. töitfi auch bemithh gefehlte igt. bhusef p - Mcttfvpdei»
*tir Bcskiutnifttg. di»? - motorischm» K-Nft .#b Sndori. so-flivBK doch
eVufyffete"* tttul don nntürihdiwi VerhMteis*f»u sieh «jol Mj$V,n
uüsÄfeseiide Methode. der Rot-tnnmUug der nmteiischon Kraft.
mi üßvMmtidteMWW. wqsrttfidfe als; #> AbvoTjlt^igste bi^mcUfiet
worden. Auch di*' SahA- und *U<? Oolmtfthode stehen ho ••
litedpkeit und Sb-herMt des ferAtfetoteS wtui' hmtor ihr zurück.
Ikumeh kann man bei mtittwtn Kranken -wohl von einem uu-
ga-össorfen .Magen, nicht ntter vou olnor phABkte cm kUiffeolum
•n-«len. Den Zonfeud. den wie hier vor b-m* haben• ufifjLdef schaff’
rem der otgetrifedfeh DastmM^dc getrennt wm'dwi -hest^hji^t
men ein Me^nlftjSJ^trj'p. ünsor Faü htidifc aten mehr «>ine wwr-
tombnlin Anomalie, dotü» öinnö ej^Äflkihvjti pat.liolu^jAa. her -Zn*
.'tnnd 'Dti*.
prüft mau unter ^Umdwoiuurr Borucksi'elitkrtij^ Aör DeO^en-
v.eHtfi.lt'umjie - die motonuehe KjcUI <i««. Ma^univ In |mtito!o^mnieu
FallenV kan« nmo dvöi0rloi AbwtdoKtmgon benhacbfon.:
1) ilicb! e- »■;«!«*, je «l»*ntm der Maren dir normalen 0 rossen vor*
IdiltnUsi? dürrbonk ldelif id.'r> -chreitet v in itennn ab* r : >*»t/*!e»i. dm In¬
halt länger als' iiurnuU Im- Ma.e.na ^uMudA»nU;iltön wird, in. d«*n*m also
trotfc nornudor fddsse »lio- motorische- Lvraft bernb^esefat \<i. I'^h- ist
die eihUieUe- Atonie, die 1 n-uffintenz des Ai ahm- ein*:
iofewtdVi*mx des Ma^ms. die uinfd ./n einer KrwidteFunn pe*
idhrb bab; LmVi?vfet^C> Jii^uäeiettjicm kdumm »lmr, wk Ro^t-ubänb
zui^t in iUu?t7,eu^!}tnkt Woise nmdi^Avinstm, bat, trUhor.. #or
das frhdo
^vird. Meiner Frfabrnne 0,»eh stolmf* dm.«nf Atooie bvnthoude»n
Bof AStemi' otf fiÄorkKktt Wwii tän%&\ iftn- tlttBcb- he-
dlogtou 7oUttck. Mag das koifcmtdiältmj t& indw wir .iiainer
ko k, praktiseli niusnon beide IMvme.u scharf ^osehiedon worden. .
Dm ä,U jjiiiöv Shmosittntg dos Korfwore hovvorgogaogemnt Gastrot-
tasifföTi e'ohCH’i'it io tpid Ötirurgt? • hier 'Vepiniig- ulleio
morn |hhh| * ~ w - v ■*“ 4 '" ■ Vi pp$pgm{- ߣr
Erfoigo :/m erzi»don, tmd unf so mobt. ,|o h iMr/mUner du 1 Behanu*
Inner 'dniritt. . , , ;
os aber rield.ie', wie wir oben •äUaeiüOödnr g«HvUt.. Uhoou,
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»V.VvXrX^
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.^ mü . Eotas^eiil',JÄhrenA Kie j
Sradium hjer beäinnnnakn Fetmsio,
• v>öer- horabgosr> 171 , 01 » inotorim bou K.Vul'f. olusteUen. . Aderdlügs- £<♦-.
•{•ingt- es tdi am h in sjKtVwn Shidieu iu«eh, diese atordschon U K
t.aedem) AVO.seiitUch zu bessern. .To frähor aber die:• Atojiiö ovkaoid
AdrdP IpiUier ük geljhgP das die Atimie voraviassomk Moment ;
zu, h«^#tt 5 ^ 3 ü 4 ^tn an öy^wnn* wird auiiU do> ‘Eiitstehung oinev K?v
hm? vm-gnbrnigt, ln» Eiiizeilhilo unis« natuHich • d»«t jkluiadltmg
VArit’fem sie wird oim aiidsrc sein müssen bei dom AIoniern! and
KelAshmu, *iic iMi.-e oiimr i'-o.ütmüiriictieu Suifsocretieii bf>n togv-
gfiügeu sind, oinn uoder*' d*i, wo abnorme Qiibrüdgou die Milden*
vvUndo Vortiberg‘dimul siorker o.üs.döhixm und eine reidd/ztotke
Austnubuhu »tos Ir-baltn Vorbindhrin ln .jhdem Palle aber ist öiho
dem; Ku^eUalie yor^fdlüg ooe>n>os.Ac Diät. ortArdorlicb. es Dt Armd
»iie FluHAgheHsAmibr * (Oibsehrankcu, rvontuol!' cbm i-lUssigkeo-c
kufiihr; duteii det» Dar ui an Steife' dbr iWth »fefe Mdgeu «0 »
bei. Odb r tHigscmgäugon w wfe&C Aütpd am I w#'
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“ <ü-,A- * A-A. • A
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*!)■ Siebt maa F^He, in tiaum gliHoh.fall? dio. A «t^treilmutA' w~
erfrdgt^ ln dehou »ktc (lk ißot(>ft^cdH’ , Rraft ist, r „>, vrrv .„. h ,.„v ^ — ----- -
in denen aber- 'vuglöich.. 'Hhn*. dooertuio ViU-etoKs* :Uo 5 ^ de- Mä'öAus ] gönAdd Jtfes n>n^S boi-ückfeiehf igt.'•wtu’üfen ‘iiichi*' Irl nu he Hells wt*
bf‘:-ioht Dos sind die pvi !l schen Falle vom * i 0 st? e <-t hm v d.h* j ZeirjMKikre': etwa imthigep Aimsjjniimgüii, • sorulurn »»oeb Im-j uer
Aogonanr.ton atuüfeöbon Ko» asinen j •.aAMtcue» VcrüioHting der MnldxoJhcn.
BpBivHt than • F'lfto' -fm l^woitotubg,. aber (dtM fede- %#!im'er f /Vu^ser don
«ler iimtovise-lnn) Kid ft,. Trotx ^jbsserer Ansdobmmg des Magens »ilojenigc«) Metbndoo, ..... ..... -.* -- .
ist, hier dir mptcfaisdi^ Kraft nonttaJ. ’Dtrs sind dfe [ ^op»^ gclhm, wie 1 U 1 « Tragen etnüt ciasHHidfeu Bimie t dfe .Aa.-
gr«»?.sn« Magen, die M ogodoguptrio. di*> angeboren .«ioc or- | woodnog dos elektrischen Stromes, d»o ; Massage 'uod dorgimuhCJi.
w-}>c|«un ßoiu kann. :Eei diesnu Formen lirstnbt die tlfAahr, tku& i Mittel mebf a-n» iMaiÄo sein. Je iniber im T “ '
sieh üa .Laufe d«r Zeiten eine Atome •ubvirkeit nml dass sc* ms ■ eiir* ?.wookunr.»pr«a’.hon«l>» Iwd.aodtuug oliigeloitoi
dpk Aiegnlng&etrin oTm* atnuisphe BrlaKia enfetoht. \*j gelingt bs\ eiunr höhetgVHdfgpn ^t.unwohrn v ■'
Wäht-end ilin iWAfegPhäuMte .Farm,, dia kvpkbhe EotaMfe: Jfe
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mit- Af.oute, mH- mehr odör ndudor lorcbgradiger möitprcstthüv Ia-
K.u’b.-in*?, < , -inlir'rü>.i.Ut, sclinn seit langem UekHiint. und ullgemeii»
gewürdigt (st Imt -ninn sowobt die öimhebv Atome., ds die Megaio-
früher v-UAffteh tvnd^ar wy» deswillen,
weil beide keine; oder doo.li nur-wenig Bosgo^proebnnr Sympkum*
Sie sehen, m. JJ.. nu diesöm ’BoiS}>iclo £ dasK, Om r.m v«u.'>
'V.ersDißdiiiss der im funÄciaea Fiilic corliogeutloü Stönrog ^ k
W’innen, nicht .oiiiO einzelne V ntersuidvmrgsmol-ioe-b.* genügt. >=■
wichtig .dn,s - Afö4fel n ,se«‘j , etofiä>:liea Stmrtiag «&• M* .
doch niemals ?nr Klar.sieUutig das KrJokboAsbihies aus. VVu ; l . v ‘
hei inner X}creimrkr:j.nkung ui< bt genügt, dae t v )rniOt.nn) <bv OU'-
12. April.
nach vorgenommener genauer äusserer Untersuchung den ausge¬
heberten Inhalt nach Menge, Aussehen, Farbe, nach seinen einzelnen
Bestandteilen, auf die Grösse, Form der einzelnen Rückstände
und erst in zweiter Reihe nach seinem chemischen Verhalten zu
untersuchen. Nur so gelingt es, jede Abweichung rechtzeitig zu
erkennen, nur so wird es auch gelingen, der Entwicklung hoch¬
gradiger atomscher Ectasieen vorzubeugen.
II. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Königsberg.
Ueber die Züchtung der Gonococcen bei
einem Falle von Arthritis gonorrhoica. 1 )
Von Dr. Ernst Neisser, Privatdocenten und I. Assistenten.
n , r , n i en . Ansch auungen über die Pathogenese der gonorrhoischen
(je!enkaffectionen ist bis heute eine Einigung nicht erzielt worden.
Zwar können jene Hypothesen älteren Datums von arthritischer
Disposition oder Diathese, von der nervösen oder sympathischen
Natur dieser Erkrankung als endgültig beseitigt gelten, und auch
darüber dass die Annahme einer Mischinfection für die Mehrzahl
aller Hälle nicht zutrifft, dürfte bei der leichten Möglichkeit des
bactenellen Nachweises und bei der Seltenheit eines solchen posi¬
tiven Befundes ein Zweifel kaum mehr bestehen. Ob aber die
fraghehen Gelenkaffectionen auf das Eindringen der Gonococcen
selbst bezogen werden müssen, oder ob die vermutheten Stoff-
wechselproducte dieser Mikroorganismen für die Erkrankung ver¬
antwortlich zu machen seien, oder ob schliesslich beide Möglich¬
keiten anerkannt werden müssen, darüber lauten die Ansichten der
neueren Autoren völlig verschieden.
So viel scheint thatsächlich festzustehen, dass im Exsudat der
eikrankten Gelenke bei zweifellosen Fällen von Arthritis gonor-
riioica Gonococcen nicht vorhanden zu sein brauchen. Der nega¬
tive Ausfall der mikroskopischen Untersuchung würde ja selbst
bei der überaus grossen Anzahl mitgetheilter Fälle vielleicht nicht
aasreichen um eine solche Annahme zu erhärten, aber Fälle, wie
ae von Jadassohn 2 ) und von Stanziale 3 ) beschrieben sind, in
denen mcht bioss das Wertheim’sche Culturverfahren, sondern
aucn die Uebenmpfung auf die menschliche Urethra völlig erfolglos
las f ei ! doch an Beweiskraft nichts zu wünschen übrig. Ob-
c mit der Abwesenheit der Gonococcen im Exsudat auch be-
• ? 1S ^» dass sie i n die erkrankten Gelenke überhaupt nicht
vial, un ^ e ?. sind, oder ob nicht die Möglichkeit einer anderen Er¬
klärung vorhegt, davon soll später die Rede sein.
y nn . le verhält es sich nun aber mit den positiven Gonococcen-
miwf • der gonorrhoischen Arthritis? Soweit es sich um den
immArhi 0 ^ 180 ^ 61 } .^ a °hweis allein handelt, dessen Beweiskraft ja
mVht n verscbi eden hoch eingeschätzt wird, so kennen wir eine
mpri.T 2 # 6nnge A “ aM solcher Fälle von Petrone«), Käm-
DpntoJii Bous J u ot 6 ), Bergmann 7 ), Smirnoff 8 ), Sahli 9 ),
e aip. 11fJ i 3 ^ a ? n Jacquet 11 ), Stern 12 ), Tollemer und Ma-
vfiHflhmn ’ da ? e £ en . s °äeint das sichere Beweismittel des Cultur-
Zöohtunrrc 8eit dem Bokanntwerden der Wertheim’schen
wemVct £ m ßtä°de noch nicht mit Erfolg angewendet zu sein;
hierfür^L fi ? d V ch ^ der Litteratu r ™r einen Fall, der wohl
GelpTiVp»L. eC ü. net w ? rden muss > obwohl es sich um eine eigentliche
Paltanfi 4 '> an J Un f ? lctlt gehandelt hat, nämlich den von Lang und
rücken beschriebenen Fall von Gonococcenabscess am Hand-
FaJlfts^'n diesen Umständen dürfte die Mittheilung des folgenden
Mann dpp teress ® se in. Es handelt sich um einen 46jährigen
die Kindt n»* nter dem eines acuten Gelenkrheumatismus in
erste IntflmhJP 110111 ? 1611 WUI *d e - Has rechte Sprunggelenk und das
_jemeirb alanffealgelenk deg rpchten Mittelfin | e ö rs waren gehr
1894 gehaltnen^i“ *** wissenschaftliche Heilkunde am 22. Januar
3 {® D ruck befisch.
gonorroica 6 etc 6 ^lano°1^3^ e ° 8 P er * meü ^ a ^ su di un caso di arthrite
2 fvnHt!' ^argie 1883.
6 C . eQ tralbl. f. Chirurgie 1884.
7 PetwnsH de Dermat - et Syphilig. 1887, Tome VIII.
8 ThÄl er i^ d \> Vochaa8 c hr 1885, No. 35.
i filr ce , fc 1886 ’ No - HC. Vol. II.
,0 ) f * Schw eizer Aerzte 1887.
11 Anii! J Ar ^ hlv 189 °i Bd. XXXVI, Heft 1.
,s ) Münchener JTw 1 } q S JP hili g[- Juni 1892.
»j SocS l , med -Wochenschr. 1892, No. 49.
Mj Lanff ^ Qatom * Paris, 21. Juli 1893.
Der m.u.Syphl89q7 ene ^? SC ? e Katarrh - Wiesbaden 1893 (auch Archiv f.
n, ann (Beiträge m T Nac b t räg 1 ich werde ich auf einen Fall von Linde -
^ welchem die CnitiJi? eidied ^ u ^? e Heft V, 1892) aufmerksam gemacht,
gelungen zu sein acheiut 11 ^ V ° D ^ onococt en aus e 'nem Gelenk ebenfalls
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
_ 335
au7Dr« e ek hW n‘ e V ^ schm *»- Z haft bei Bewegungen Imd
? u fOruek. Die Krankheit hatte mit Schüttelfrost vor vier Taae
g nen, die genannten Gelenke, übrigens auch beide Schulter
und mehrere Fingergelenke, sollen anfangs schmerzhaft gewesen
den in^tenG fieberte bel ( ! er Auftia lime ziemlich hoch, 38,8; an
den inneren Organen war nichts pathologisches zu finden das All
gemembefinden war ziemlich gut ’
l.,o 0 - D ™; t er " te ’ was " un au “ e ‘. dass die ehigeleitete Behand-
dlef v«n; grosse “ Dosen Salicyl (12 g Natrium salicyticum pro
üüig unwirksam blieb, ohne dass etwa eine Idiosynkrasie
in^rhebHoh “w bfitte - Nicllt “"mal das Fieber
wli. p erheblicher Weise beeinflusst, vor allem aber nahm der
loton c ;Mt° 0eSS J“ de “ ? elenien im Daufe der nächsten Tage au
rS IüL“.“! ZU; - i n ^ S1 ' ,e , S< * wellun S. Röthung, undeutliche
fber dem FingSgelenk de m Sprunggelenk, livide Verfärbung
t • FmeProbepunction ins Sprunggelenk seitens des Herrn Prof.
lchthem ergab eme spärliche, dünne, weisslichtrübe Flüssigkeit
die mikroskopisch massenhaft Eiterkörperchen aufwies. Methylen-
0SI J!" räparate zeigten das klassische Bild rein gonorrhoischen
Hüters. Fast ausschliesslich innerhalb der Eiterzellen gelegen hier
aber m grosser Anzahl vorhanden, zeigten die ausschliesslich Vor¬
gefundenen Mikroorganismen alle Merkmale der Gonococcen in
typischer Weise, sowohl was ihre genugsam bekannte Form und An-
ordnung, als vor allem was ihre rasche und vollständige Entfärbung
nach Gram betrifft. Auf Glycerinagar vorläufig angelegte Culturen
blieben stenl. Wenn schon hiernach die gonorrhoische Natur
der Gelenkentzündungen kaum mehr zweifelhaft war, so haben die
nach der Wertheim’schen Methode angelegten Culturen diese
Diagnose vollständig bestätigt. Exsudatflüssigkeit, die durch eine
zweite Probepunction ins Sprunggelenk gewonnen wurde und die
übrigens dem Aussehen nach und mikroskopisch sich genau wie
die frühere verhielt, wurde auf Platten und schrägerstarrten Röhr¬
chen von Blutserumagar (Wertheim) verimpft; das benutzte Serum
stammte von einem Aderlass her, die Nährböden wurden fractionirt
stenhsirt und im Brütschrank auf ihre Sterilität hin geprüft. Es
ging, auf den Platten reichlicher als auf den Röhrchen, ausschliess¬
lich eine Art von Mikroorganismen auf; nach ca. 30 Stunden er¬
schienen die Colonieen als matt weisslich graue Pünktchen von
rundlicher nicht sehr regelmässiger Gestalt mit hier und da vor¬
tretenden halbkugeligen Vorwölbungen und zartem, fein gezähntem
Rande. Ein Plattenguss von einer solchen Colonie wies neben den
beschriebenen oberflächlichen auch die tiefliegenden schärfer um¬
schriebenen „Brombeeren“ auf. Aeltere oberflächliche Colonieen,
die eine Grösse von fast 2 mm erreichten, zeigten ab und zu ein
segmentirtes Aussehen, makroskopisch ein dunkleres, im durch¬
fallenden Licht bräunliches Centrum, das bei Lupenvergrösserung
aus vielen körnigen Punkten bestand mit einem breiten, hellen,
leicht gefälteten Hof. Der gleiche Hof bildete sich auf schrägem
Serumagar um die dunklere Impflinie aus. Daneben schossen in
charakteristischer Weise schon nach kurzem Wachsthum überall
auf der Oberfläche einzelne punktförmige Colonieen gewissermaassen
metastatisch auf; wo diese Zusammenflüssen, entstand ein gleicli-
mässiger, leicht grauweisslicher, stets sehr durchsichtiger Ueber-
zug. Im Condenswasser schwammen feine Bröckchen von Gono-
coceenverbänden, ohne dass sich dasselbe trübte; Hautbildung auf
seiner Oberfläche wurde nicht beobachtet.
Das mikroskopische Präparat aller Culturen zeigte die charak¬
teristische Form und Anordnung der Gonococcen, völlige und
rasche Entfärbung nach Gram.
Es war nun bei der Aussaat der ursprünglichen Exsudat¬
flüssigkeit neben den Röhrchen mit Serumagar auch ein solches
mit blossem Glycerinagar geimpft worden. Dieses schien in den
ersten 48 Stunden völlig steril zu bleiben, am dritten Tage aber
erschien die beimpfte Fläche nicht mehr so vollkommen durch¬
sichtig wie zuvor, und bei Lupenbesichtigung zeigte es sich, dass sie
mit dichtgedrängten allerfeinsten durchsichtigen Colonieen besetzt
war, die sich bei der Untersuchung als vollkommen identisch mit
den* Gonococcencolonieen auf Serumagar erwiesen. Nun hat zwar
Wertheim selbst Gonococcen auf gewöhnlichem Agar wachsen
sehen, immerhin war das nicht eben spärliche Wachsthum auf dem
beschriebenen Röhrchen sowie die Erfahrung, dass fast alle An¬
gaben anderer Autoren über Gonococcenwachsthum auf gewöhn¬
lichen Nährböden sich als irrthümlich erwiesen haben, geeignet ge¬
nug, Bedenken gegen die wahre Gonococcennatur unserer Culturen
zu erregen.
Es stellte sich aber bald heraus, dass es durchaus unmöglich
war, die Colonieen des fraglichen Röhrchens auf gewöhnlichem
Glycerinagar fortzuzüchten, während sie auf Senimagar allemal
ausgezeichnet angingen. Wir haben auf die sichere Feststellung
dieser Thatsache den grössten Werth gelegt, und Herr Prof.
Lichtheim war so freundlich, ganz besonders diese Versuche im
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOC HENSCHR IFT.
No. 15
336
Einzelnen zu controlliren. Hiernach muss nochmals auf das Be- j
stimmteste gesagt werden, dass unsere Gonococcen niemals aut |
Glycerinagar wuchsen und auch jetzt nach mehrwöchentlicher r ort-
ziichtung nicht angehen. Man wird wohl nicht fehlgelieu, wenn man
das Wachsthum auf dem Ausgangsröhrchen damit erklärt, dass wir
es ja nicht mit Glycerinagar allein zu thun hatten, dass vielmehr
die darauf verimpfte Gelenkflüssigkeit den sonst nothwendigen
Serumgehalt offenbar bis zu einem gewissen Grade zu ersetzen
vermochte; für diese Annahme kann auch der Umstand geltend
gemacht werden, dass sich das Gonococcenwachsthum genau an
Umfang und Grenzen der vcrimpften Flüssigkeit hielt.
Wenn wir somit für das Bestehen einer reinen Gelenkgonorrhoe
die sichersten Beweise in Händen haben, so muss eine empfind¬
liche Lücke in der klinischen Beobchtung um so unangenehmer
überraschen. Nicht allein nämlich, dass der Patient durchaus in
Abrede stellte, an Gonorrhoe zu leiden oder jemals sich eine solche
zugezogen zu haben — er war verheirathet und hatte vielleicht
bestimmte Gründe zur Verheimlichung —, sondern es war auch
objectiv nichts davon festzustellen. Ausfluss bestand nicht, und
was die Untersuchung auf Tripperfäden betrifft, so wurde diese
zwar oft und sorgfältig, aber stets vergeblich ausgeführt, der Harn
wurde in gesonderten Portionen untersucht, centrifugirt etc.: frei¬
lich wurden alle diese Nachforschungen sehr erheblich dadurch er¬
schwert, dass der Patient eine enge starre Phimose hatte, die
übrigens seit vier Jahren bestand und die es unmöglich machte, die
Harnröhrenöffnung zu Gesicht zu bekommen. Dadurch wurde dem
Harn stets ein reichliches Sediment von Smegmapartikeln und
Epithelfädchen beigemischt, unter denen echte Tripperfäden leicht
übersehen werden konnten. Nun hätten wir ja die Phimose spalten
können, um besser zu untersuchen, der Patient litt aber zu allem
Unglück noch an einem nicht unerheblichen Diabetes mellitus, so
dass dieses diagnostische Hülfsmittel nicht so ohne weiteres an¬
wendbar war; im übrigen hat sich der Patient diesen sowie allen
weiteren Versuchen durch Verlassen der Klinik entzogen.
Es wäre gewiss völlig verfehlt, irgend welche Vermuthungen
darüber anstellen zu wollen, wie etwa die Gonococcen auf einem
andern als dem gewöhnlichen Wege Eingang beim Patienten ge¬
funden hätten, vielmehr wird man mit der Annahme w r ohl kaum
fehl gehen, dass trotz alledem eine latente Gonorrhoe bestand und
dass die diesbezüglichen Untersuchungen aus den angegebenen
Gründen insufficient gewesen sind.
Wer übrigens noch an der gonorrhoischen Natur der Gelenk -
affectionen gezweifelt hätte, den konnte der weitere klinische Ver¬
lauf allein davon überzeugen.
Nachdem nämlich die Gelenkschwellungen eine Zeit lang ziem¬
lich stabil geblieben waren, bildete sich circa drei Wochen nach
Beginn der Erkrankung über dem erwähnten Interphalangealgelenk
des rechten Mittelfingers eine stärkere lividrothe Schwellung mit
deutlicher Fluotuation, so dass eine spontane Eröffnung in kurzem
zu erwarten war. Bei der Incision entleerten sich neben duuklem
Blut nur einige Tröpfchen Eiter. Im Grunde der Wunde lagen
üppige Granulationen, deren unmittelbarer Zusammenhang mit dem
Gelenk nicht zu Tage trat, doch war ja nach Beginn und Verlauf
das Gelenk selbst zweifellos Sitz und Ausgangspunkt, der Entzün¬
dung gewesen. Die Incisionswunde heilte ziemlich bald, auch das
Sprunggelenk fing an abzuschwellen, doch musste Patient, wie
schon erwähnt, die Klinik vor völliger Heilung verlassen.
Die Impfung des erhaltenen Eiters auf Serumagar ergab inso¬
fern ein bemerkenswertlies Resultat, als auf allen Röhrchen und
Platten überhaupt nur drei feine Colonieen angingen, die wiederum
aus Gonococcen bestanden und sich bei Weiterzüchtung genau wie
die früher beschriebenen verhielten. Auch mikroskopisch liess
sich im Eiter nur äusserst spärlich hier und da ein Gonococcen-
paar nachweisen, während sie im Granulationsgewebe, von dem ein
Stückchen excidirt w r orden war, recht reichlich vorhanden waren.
Vielleicht ist dieser Befund geeignet, ein gewisses Licht auf
die Häufigkeit der negativen Befunde bei Arthritis gonorrhoica zu
werfen.
Jadassohn 1 ) hat mehrfach die Vermuthung ausgesprochen,
es möchte das Wachsthum der Gonococcen im Gelenk sich in der
Kegel auf die Synovialmembran beschränken und nur bei stärkerer
Exsudation zu einem Uebergeken in’s Exsudat selbst führen. Ein
solches Verhalten scheint in der That bei unserem Fall unver¬
kennbar vorhanden zu sein: Im reichlichen Exsudat des Sprung¬
gelenks waren auch Gonococcen in grosser Zahl vorhanden, am
Fingergelenk, wo es sich mehr um die Entwickelung üppiger Gra-
nulationen mit ganz geringer Exsudatbildung handelte, war auch
der Nachweis der Gonococcen äusserst schwierig; ja es ist nicht
unwahrscheinlich, dass wir die erwähnten drei kleinen Colonieen
*) ?*“ m £ artou ' Jahresberichte 1889, Bd. V, p. 111, 1890, Bd. VI,
p. 139, 1892, Bd. VIII, p. 86. ’
übersehen haben würden, wenn uns nur dies eine Gelenk zur
Impfung zur Verfügung gestanden hätte.
Wenn nun auch die Beweiskraft eines einzelnen Falles immer
nur eine beschränkte sein kann, so dürfte doch jeder neue An¬
haltspunkt nicht unwillkommen sein, der eine derartige Auffassung
der negativen Befunde bei der Arthritis gonorrhoica gegenüber der
wenig wahrscheinlichen Toxintheorie zu unterstützen geeignet ist.
Herrn Professor Lichtheim, meinem sehr verehrten Chef,
danke ich bestens für die Ueberlassung des Falles und seine Unter¬
stützung bei der Arbeit; ebenso Herrn Gand. med. Symanski für
die freundliche Anfertigung einer Zeichnung.
HI. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in
Berlin, Abtheilung des Herrn Prof. Dr. A. Fraenkel.
Der diagnostisclie Werth der hemiopischen
Pupillarreaction.
Von Dr. Max Rothmann, Arzt in Berlin.
Zu den vielen Bereicherungen, die in neuester Zeit die Lehre
der Hirnlocalisationen erfahren hat, gehört auch die Differential¬
diagnose zwischen den durch Tractusläsionen und den durch mehr
hirnrindenwärts gelegene Heerde bedingten Hemianopsieen. Nach¬
dem bereits Heddaeus 1 ) die Möglichkeit der hemiopischenPupillar¬
reaction erwogen hatte, waren es vor allem Wernicke 2 ) und Wil¬
li ran d, welche dieses Symptom als ein diagnostisch wichtiges
Zeichen der Tractusläsionen hinstellten. Trotzdem dasselbe nun
wiederholt klinisch beobachtet wurde, gelang es ihm nicht, sich
wissenschaftliches Bürgerrecht zu erwerben. Obwohl die Wer-
nicke’sche Arbeit bereits 1883 erschienen war, nimmt das 1888
von H. Magnus 3 ) aufgestellte „Schema für die topische Diagnostik
der Störungen der reflectorischen Pupillenbewegungen“ auf das
Symptom der hemiopischen Pupillarreaction keine Rücksicht, wenn¬
gleich dieser Autor die Kreuzung der Pupillarfasern unbedingt zu-
giebt. Nun gelang es aber Leyden, 4 ) bei einem klinisch beobach¬
teten Falle von Hemianopsie mit hemiopischer Pupillarreaction die
entsprechende Tractusläsion anatomisch nachzuweisen. Früher
hatte bereits Ferrier 5 ) beim Affen gezeigt, dass bei Durchschnei¬
dung des Tractus opticus stets hemiopische Pupillarreaction eintrat,
während dieselbe bei Hemisphärenverletzungen fehlte.
Erschien derart dieses Symptom als differential-diagnostisches
Moment vollkommen gesichert, so musste es Erstaunen erregen,
als gerade von demjenigen, der zuerst die Aufmerksamkeit darauf
gelenkt hatte, von Heddaeus 6 ), die Bedeutung desselben auch
jetzt noch angezweifelt wurde. Derselbe stellt die Behauptung
auf, dass „es vorläufig gewagt erscheinen muss, die Differential¬
diagnose zwischen Tractus- und cerebraler Hemianopsie einzig auf
das Vorhandensein oder Fehlen jenes Symptomes zu gründen.“
Worauf basirt dieser Zweifel? Erstens auf einer eigenen
Krankenbeobachtung, zweitens auf Widersprüchen anderer Beob¬
achter.
1. Die bereits 1880 gemachte Beobachtung von Heddaeus
ist kurz folgende: Bei totaler Erblindung eines Auges infolge von
Bluterguss in die Sehnervenscheide wird das Auge vollkommen
reflextaub. Nachdem sich wieder excentrisches Sehen eingestellt
hat, hält die Reflextaubheit an. Der Verfasser suchte diese Er¬
scheinung zuerst dadurch zu erklären, dass er annahm, > nu ^. 6ie
Netzhautmitte sei reflexempfindlich. Wenn er auch jetzt die Mög¬
lichkeit einer anderen Erklärung auf Grund der Trennung der
Seh- und Reflexfasern des Opticus zulässt, so hält er doch die von
ihm aufgestellte Theorie noch immer für discutirbar. Ein einziger
Fall von Reflextaubheit bei centralem Skotom aus retinaler Ur¬
sache, statt, wie in dem obigen Falle, infolge einer Erkrankung des
Opticusstammes, würde, seiner Ansicht nach, die hemiopische Pu¬
pillarreaction umwerfen.
Nun ist es aber klar, dass die Theorie von der ausschliess¬
lichen Reflexempfindlichkeit der Netzhautmifcte mit dem Moment,
umgestossen ist, in dem es gelingt, einen Fall von centralem Skotom
mit erhaltener Reflexempfindlichkeit aufzuführen. Einen solchen
habe ich nun beobachtet. 7 ) Es handelte sich um einen Krebs der
*) Heddaeus, Klinische Studien über die Beziehungen zwischen
Pupillarreaction und Sehvermögen. Inaug. Diss. Halle 1880.
2 ) Wernicke, Zeitschr. für klin. Medicin. 1883.
3 ) Magnus, Schema für die topische Diagnostik der Störungen der
reflectorischen Pupillenbewegungen. Klin. Monatsbl. für Augenheilkunde.
XXVI Bd., 1888.
4 ) Leyden, Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 1.
5 ) Ferrier, Vorlesungen über Hirnlocalisationen. Uebersetzt von
Weiss. Wien, Deuticke, 1892. ,
6 ) Heddaeus, Ueber hemiopische Pupillarreaction. Deutsche me«.
Wochenschr. 1893, No, 81. r/
*) M.Rothmann, Ueber multiple Hirnnervenlähmungen etc. Zeit¬
schrift für klin. Med. Bd. XXUI, p. 826.
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1 2. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
337
Schädelbasis, der die Optici comprimirte; es kam verhältnissmässig
frühzeitig zu centralen Skotomen von circa 10° in Verbindung mit
rascher Abnahme der Sehschärfe. Trotzdem war die Reaction der
Pupillen auf Lichteinfall erhalten, allerdings infolge der Compression
schwächer als normal. Der Fall war dadurch complicirt, dass
auch die Oculomotorii ergriffen waren; da aber die Pupillarfasem
derselben ziemlich lange intact blieben, so war der Lichtreflex gut
zu beobachten. Während nun auf dem rechten Auge ungefähr
gleichzeitig mit der totalen Erblindung auch Pupillenstarre eintrat,
Hessen sich auf dem linken Auge noch fast einen Monat
über den Eintritt der totalen Erblindung hinaus leichte
Zuckungen des Pupillarrandes auf Lichteinfall consta-
tiren.
Ist also in dem einen Fall (Heddaeus) die Pupillarreaction
bei centralem Skotom erloschen, in dem anderen aber erhalten, so
kann man daraus nur den Schluss ziehen, dass die ganze Netzhaut
und nicht nur ihre Mitte mit diesem Reflex in Beziehung steht.
Das Erhaltensein der Pupillarreaction bei totaler Erblindung lässt
zwei Erklärungen zu. Entweder es genügen zur Auslösung des
Reflexes minimale Lichtquantitäten, die nicht zur Perception ge¬
langen, oder die Pupillarfasem leisten der Compression länger
Widerstand als die Sehfasern. Die erstere Annahme, der ich mich
anfangs zuneigto, ist kaum aufrecht zy. erhalten; denn erstens
werden die minimalsten Lichtquantitäten vom normalen Auge mit
grosser Schärfe percipirt, zweitens müsste bei allmählicher Erblin¬
dung eines Auges alsdann der Pupillarreflex stets den Eintritt der
totalen Blindheit überdauern, was thatsächlich nicht der Fall ist.
Wir müssen also annehmen, dass die Pupillarfasem bei der Com¬
pression ihre Function in einzelnen Fällen länger als die Sehfasern
bewahren können.
Was nun diese, auch von Heddaeus in Betracht gezogene
Frage betrifft, ob die Reflexfasern des Opticus mit den Sehfasern
identisch seien oder nicht, so muss man nach solchen Beobachtun¬
gen die Identität entschieden bestreiten. Wir können allerdings
anatomisch den Unterschied zwischen den beiden Arten von Nerven¬
fasern kaum erkennen, aber nur die Annahme einer Trennung er¬
klärt, dass in dem einen Falle trotz theilweiser Functionirung der
Sehfasern die Reflexfasera nicht leiten (Fall von Heddaeus), in
dem anderen wiederum die Reflexfasern länger in Thätigkeit sind
aL die Sehfasern. In den meisten Fällen allerdings gehen
beide Fasergruppen gleichzeitig bei Affectionen der Nervi optici
oder der Tractus optici zu Grunde; die beiden oben erwähnten
Fälle sind als Ausnahmen aufzufassen. Hierher gehören auch
die beiden von Jessop beobachteten Fälle von totaler Blind¬
heit mit beiderseitiger Sehnervenatrophie, bei denen einmal 2 l /z
Jahre, das andere mal l /2 Jahr nach der Erblindung die Pupillar¬
reaction völlig normal war. 1 )
Soviel geht aus diesen Ausführungen jedenfalls hervor, dass
ein Fall von Reflextaubheit infolge eines centralen Skotoms aus
retinaler Ursache nicht Vorkommen kann, das Gebäude der hemi-
opischen Pupillarreaction durch eine solche Beobachtung daher
nicht zu erschüttern ist.
2. Sind nun die Reflexfasera von den Sehfasern zu trennen,
so fragt es sich, ob die bei den letzteren sichergestellte partielle
Kreuzung im Chiasma auch den ersteren zukomint, und fernerhin,
ob bei dieser Kreuzung ebenfalls nur die nasal gelegenen Fasern
betheiligt sind. .
Heddaeus hält die Semidecussation der centripetalen Pupillar-
asern für kein „physiologisches oder pathologisches Postulat.“
u 1 .® ^^^nclle Pupillarreaction kann nach ihm ohne dieselbe mit
Ulfe der Verbindung der beiderseitigen Oculomotoriuskerae zu-
* q T men - d em von ihm als Beweis angeführten Fall
Jr ”eir Mitchell 2 ) war durch Compression des Chiasma
■^ emian . 0 Psiß bedingt, die Iris aber sollte trotzdem
um i? ^ sein. Diese Angabe allein genügt nun aber nicht,
ia Ir/ 6 h , emi0 P lsc h e Pupillenreaction auszuschliessen. Denn es ist
hein/o ? SS ,aan l>ei einfachem Lichteinfall in das Auge, ohne
bei A . 1 Malhälften besondere Aufmerksamkeit zu schenken, selbst
™ vvese ßb | eit hemiopischer Pupillarreaction eine anscheinend
den J| 01 !? a le, prompte Pupillarreaction erzielen wird. Gerade bei
Prüfun* 1 f i~ ae . us . mit Hecht betonten Schwierigkeiten bei der
und mR " emi0 P 18c * le Pupillarreaction können wir nur bewusst
y erwerthen 6n ^ ante * en vorgenommene Prüfungen pro et contra
"'orden^lf^a S * D< * n . un e * ne ^ ei ^ ie sicherer Beobachtungen gemacht
werden’ kn 1 * eae . lne hemiopische Pupillarreaction nachgewiosen
__ nnfce - Wie man auch über den diagnostischen Werth
light re/fltn 8 °Su. ^ T wo Cllses 01 complete blindness with good ptipillary
« Aüe 11 \7TTT
, «Ä ftrjji. r
'• net. m r ,
Pag.
uwurn - ox nervous and mental disease 1889,
W1, m Sohmidt’s Jahrb. Bd. 224, pag. 261.
XIV,
derselben urtheilen mag, das eine scheinen mir diese Beoabach-
tungen zu beweisen, dass die Reflexfasern wie die Sehfasern sich
im Chiasma partiell kreuzen, und zwar nur die von den nasalen
Hälften kommenden Fasern. Damit fällt das Magnus’scho Schema
von 1888, das zwar eine Kreuzung annimmt, aber trotzdem an
Stelle der hemiopischen Pupillarreaction stets nur von einer
schwachen spricht, in der Voraussetzung, dass Fasern von allen
Punkten der Netzhaut sich theils kreuzen, theils im gleichseitigen
Tractus verlaufen. Auf demselben Standpunkt steht auch Red¬
lich 1 ), wenn er den von ihm erhobenen Befund, Starre der einen,
normale Reaction der anderen Pupille auf Lichteinfall, durch eine
Unterbrechung der centripetalen Pupillarfasem zwischen Vierhfigcl
und Kern des Sphineter iridis zu erklären sucht. Unterbrechung der
Reflexbahn an dieser Stelle muss aber hemiopische Pupillarreaction
ohne Sehstörungen hervorrufen, ein Befund, der wie Knies 2 ) richtig
bemerkt, bis jetzt nicht erhoben ist, weil er zu leicht übersehen
werden kann. Der Redlich’scho Fall dagegen, Starre der oinen
Pupille bei Lichteinfall mit massiger Erweiterung derselben, muss
auf einer isolirten Lähmung des den Pupillarreflex auf Lichteinfall
vermittelnden Theiles des Oeulomotoriuskerns (Sphincterkern) be¬
ruhen. .
Es ist hier, wie immer, daran festzuhalten, dass ein positivor
Befund weit schwerer wiegt, als ein negativer. Bis jetzt steht
dem Leydon’schen Falle (homonyme Hemianopsie mit hemiopischer
Pupillarreaction, bei der Autopsie Geschwulst des entsprechenden
Tractus) kein negativer gegenüber, d. h. entweder totale und iso-
lirte Zerstörung des Tractus ohne hemiopische Pupillarreaction
oder intra vitani beobachtete hemiopische Pupillarreaction mit
bei der Autopsie gefundenem, reinem Rindenheerd. Denn die Fälle
von Peters 3 ) und vor allem von Schmidt-Rimpler 4 ), bei denen
zu einem Rindenheerd secundär sich Degeneration der Tractus-
fasern gesellte und zu dieser Zeit eine Andeutung himiopischcr
Pupillarreaction auftrat, sprechen ja gerade für den diagnostischen
Werth der Reaction. Allerdings ist eine befriedigende Erklärung
dieser Fälle kaum zu geben. Denn bei der vollkommenen Tren¬
nung der Soh- und Pupillarfasem ist es schwer einzusehen, wie
eine absteigende Degeneration der ersteren die letzteren in ihrer
Function schädigen soll. Da die hemiopische Pupillarreaction in
diesen Fällen nur angedeutet war, so Hesse sich vielleicht an¬
nehmen, dass die degenerirenden, gequollenen Sehfasern, vorbundon
mit Verdickungen des Perineurium, die zwischen ihnen verlaufen¬
den Pupillarfasem leicht comprimirten und so deren Functions¬
fähigkeit herabsetzten. 5 )
Da, wie wir oben an mehreren Fällen gezeigt haben, die Sch¬
und Reflexfasern im Opticusstamm unabhängig von einander er¬
kranken können, so ist es im Ausnahmefalle auch wohl denkbar,
dass die Reflexfasern bei Affectionen des Tractus allein functions¬
tüchtig bleiben. Andererseits kann ein dom Tractus nahe ge¬
legener grösserer Bluterguss eventuell durch Druckwirkung die
Reflexfasera vorübergehend functionsuntüchtig machen.
Hierher gehört ein auf der inneren Abtheilung des städtischen
Krankenhauses am Urban zur Beobachtung gelangter Fall, für
dessen Ueborlassung ich Herrn Professor A. Fraenkel an dieser
Stelle meinen besten Dank ausspreche.
Eine 54jährige, bisher gesunde Frau, die sechs normale Partus ge¬
habt. hat, bekommt nach voraufgegangenem Kriebeln im linken Arm und
linker Gesichtshälfto plötzlich am 23. Februar 1892 einen apoplektischen
Anfall ohne totalen Bewusstseinsvorlust. Patientin kommt in das städtische
Krankenhaus am Urban. Hier wird linksseitige Lähmung von Bein, Arm
und Facialis, Hemianopsie nach links, starke Deviation conjugueo der
\ugen nach rechts constatirt. Keine Sensibilitätsstörungen. Die Pupillar¬
reaction war anfangs wegen der starken Ablenkung der Augen nicht genau
zu prüfen; es liess sich nur festellen, dass dieselbe vorhanden war. Erst
14 Tage nach dem Anfall wird auf dem rechten Auge typische hemi¬
opische Pupillarreaction constatirt, bei Beleuchtung der rechten
Retinalhälfte Starre, bei Beleuchtung der linken prompte Reaction der
Pupille. Auf dem linken Auge ist der Befund anfangs nicht ganz sicher,
wegen der ungemein schwachen Contraction des Pupillarrandes. Doch
wird wenige Tage später auch hier die hemiopische Pupillar¬
reaction ungemein deutlich. Es kehrt nun im weiteren Verlauf
oine, wenn auch sehr geringe, active Beweglichkeit des linken Arms und
Beins zurück. Zugleich beginnt auch die hemiopische Pupillar¬
reaction zuerst an Deutlichkeit abzunehmen, um schliess ich
ganz zu verschwinden. Nachdem die Patientin am 26. April 18JJ
auf eigenen Wunsch die Anstalt verlassen hat, bekommt sie am 16. Juli
1893 einen erneuten Schlaganfall, der wiederum mit totaler Lähmung der
linken Seite einhergeht. Die Hemianopsie nach links unverändert, dm
*) Redlich. Zur Charakteristik der reflectorisehen Pupülenstarre
i progressiver Paralyse. Neurol. Centralbl. 1892.
a ) Knies, Das Sehorgan und seine Erkrankungen. 189 4 . p. <> .
a ) Petors, Deutsche med. Wochenschr. 1891, ^o. 38.
4 ) Schmidt-Rimpler, Arch. f. Augenheilkunde XLX, 1»«.
5 Neuerdings ist wieder ein derartiger Fall von Sa me Iso hn beobachtet
irden. Deutsche med. Wochenschr. 1894, pag. 91.
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ln füesfiin Pall dk*. Vlmojdm-h* l'Hpiilsrroatiüou
ÄUisHflv mit der dihVfr die Wirderkoin der tffrvuü Kevogii.ohMt-
in V|.>n KäfcJ'bOVl'tWft TutÄseiiWl. feörp&OU- trcK iir Oar Gcgwwl der
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Blntor»'n,-s<-v ftw <l'*r erwuteu Blutung an Stolle traf-
„in weuigniom SHuruh-utm wieder out. lüfl mittler Bossmmg te
vo(>(d»windor..
• So li;vt. d(?mi H»öh LöjAleu- sehen-mit iitmht- den ho-seUnmkitw
diagnoMHehwi Wert!, dm heiujopisdbeu Pupiilameaitbrn hervor-
gehoben. r ..
\vjr iniw r»öii, welebbH imnktisehenW *ft h ngti
Hei «Win heutig^] Slmidpüuiifc der Bimdiirnrgio $md mr zur Vor-
tuflu«^ emer Erifdir vw .pi* vhwulen Opnrnh-i» m»«*h immer au dir.
rtouveyitiU' der Htvmls]»b;ir(Ui ■gnbaufd-, So itu-hrn • \V«k mm dwm bei
Tmnordumnwv* imrw-r dm Hage v*t>rzute£im: Sitot diu [Word
nt' -der nirurihde oder de .Irr TVie resm Ho der I>a.si$d Und
kommt Ixm fU«r i.emnipiätlo Bttjullarrenetufn ?m Hbltw
i gbi.m). *,!.•!» ilu^elh.- hoi ri/iew amB smlgei n d-iom Pot* von
HomiAiiO|VBK , •' , h .um! U ;1 will UauOr, so sitzt d<>r Pmens*nn
der BuW Mi *,|er id-mw dös 'IV-ieBw Dlibimw
2. Tritt dir hnm'-inv-lw BujiiUec» wmtiwi bei .eilen mit
Ibeiuifmop^H' riubrr^-lmiulHi ‘Ajmfdnxm arihittgs auf, um idiywriiiek
z „ vmmr-hwhKb'w SH mt -hü ]uiliglit,!i «in PrmJuri. de» Kemwiikong
Der Fruöosa xftzi oberhalb ilfcs Abgangs der- Hefb^eWat, jedoeh
ho kam) man mit sgft^ter* Wahr.Het^iiiliebkVjt auf >11100 ftWhaili emel
ft# KoBexhfigelid Mtxweieo. Id’önedd äohli essen. Ob Vtel’selbo die
Kinde i*..hr hin »am-?0 J\ nt-el i‘U.,».mmj mihsh man nun mit Hülfe wc |,t
(h*r andi-mn, wn'ha'uh'.nö.n .Sinipttmir a>» ■•nt^.-hrideu^ 6 uuii»*i».
■1 ibi- A.iüi"t',i on-'Mi- b.‘miu|/ifceher .'•
hoi imrnite längte 'Ävit Tufei^fpittlvr JHumä«o t w spricht für
hnwnnUrr dingwumbUm dfr Tra^udfoseru infolge mfc hoher, \
silzoudmi, priroi’Mn D.mrtbm.
• •' >V )[?niib'nü^ ! ho fbifiilhv!n-rnfioi) »;hue ..iIwi4auo.i»«Kv h«»or.-»t. |
woori /.wr^liOTr VicibUM-rl ui»l gt>Tnge|ion If^rrt« j
S<. ist. if]\s ;m: : h n, »ihr limbiopthrbmi ThiiiHla-m'ftötion iimnbidiin i
ein 'Wichtig»^, diogooshs'pss HoStbrnittbl an di*- li.mrl gngelmii.' ;
>hie. «iifnön.Uhdi >0 Verbindung mit’ «mhn T 0if Byiitpt.-nRvoü, oft go- .
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IV. Aus dfiin Sf Marien-HospiM in Köln.
EmelHeraia uteri bei I^eufJoherma-
pbroditiamus femii3.is.us.
Von Dts 8roM, Obew?d.
Ini Vorigen Jahn- wn.-de vtns Or. Kurz in Vemhlig in dieser
'Wöcbenselirift (1803, No. 40) ein Ifait von P.sbud*ahonnaidiri)dxtis-
mns femininus extern ,ub verütfeulliebt, -der bia dabin wohl einzig
m .-‘Uinm Art. war. leb bin nun in dev Lagm oinwi »ihnliehen FnÜ
imeb opcvaUvcr B'-iiandinnu vnvdifenKiohen zu können:
l'irwm .'I'.dtif 45 •> -v-Ar ; n - hfl;wer 3maib, Vom 1B. Jahre
bi» vor ü Momdcn be.t »idi stete aäs' Mtiduhen
•gefiiült, dnrh. \if»e »k- imt Bobugun widUH, nie yf düngt zu 1udrftftioiK' ;
Vmn rofnudirbe« .*--hna U^siS/i sie aiww tnehf gut ♦mtwick.eUen,
freilirji d«dorHbbobfU>n cl?ig- if> diw »m njjiliftn ^tsfeiite- 6>6 etn,
'A'rjiVciitlgfor Eri-ötiojr 11 em lang asi/, HuASerdeia efücn ieiüiiteii Hart, einen
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Ü ‘ n 'h-*’ Kuninnhenk'lra m- luufiV vurkmumai und Jnu vm
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• rtfei* l'ort{ifiaüzui4;‘ eiukupruhl, d. !*, mit «ram ^efomdou
: ! , 'M*l»d! ■.md.nrirtrii M«_mluaii, einer S, U.O(- .k-.j/Mt- n, S ti *. dann
I -‘M dient*:; tluKd» i’ffi\>.Kudum* ibs 1 ‘i ottml* an.t > iidt i» imtmu
-■]•.■ i».u /;ahi. b-i n. ». KaujKH'iju'nn-eadien /. 1! 4 .u k,», ,
‘ bild.-n, dl.' umu ^snru'-inn-muiu neunr um! i ( t hu.i-uu v •-'.n-
I si;'fu ^Jnn'duiiiu.;.)^ «».»jonute. hii , ii.t»(i«jrmi«>' (»uöjniu eniudududi.
diu, ind «e.«;urit»uf bikii wi?da» Y,\\ CueenHeii eMavakuru.. ,1'W
s \urg‘ap.« i4 ii> oliei) sejäen Abs»dddlNm ki’dTier
kviibrdi. Wie .i'üiü^i^mas.si^ *ät%U.4^i- dm
\\ ösier ha iiav bd'eratimi, noch («ei der an.iku Tsi«e v>u l]ee in
der W«e vm^m.mamGfteij tlnim ^uclikakku 4c k .Hüde«,
ösäi^fihiasuhär iiu«l Frastain tiab'luverafek kss$fe
DeikttacTi handelt oä iAdi jm vbAÜü^ntid«u Falle iwd wtw Herum
Uteri .-hicoriliÄ, ifj’upoHilHfis latdati& bei IVeu'ioiiGf u«»]'*Ur«idiU'smu^i
iamiftiiiüa. »^oniu^ ein F;di, wie ei: dis jeur iabii nkld, bnvh-
ucutet ijDu operirt *etu - *
T. Die aeuerea Itetersaehmigeix über ICrebS-
parasiten. k ■;■ V-/‘ ; ■
Von Prof. i>. Eibt>«rt in- Ätiriidi,
In einer Lrn Jahi^akA 1WH p 1179 difvrr Wn,.}nms»dirifi 'M
Sf-hiourmm Abhandlung Intbe k}\ miuh dyrzuimKä .dass dk
m 1 umrannm Wrlirinhaieu uuü mir gvüwxtt odAr' aeriu«m-* a -
JiöstimmUiyit ab Furafsifcn spd?utefeu. EteäftirlHf»e' a’J» i%cmftra
Ronjpr'iaucte Veraobiedenur Art rit;r?nfasJ$»>Ti Süt^r. KniHlVm -rlhd
wMennii sehr znliinaniuv w d zum Tlud! urnfaoutun-h- Artmileu
ea'.lnenri.. dureji l-b»adi:«tu mö^liahst bbi-irsiuljtlab ■.< »nununaa
d i i n t! r ' 1 - ^ er WjVkti^^it ;dr& iV:«'euntajjdes wohl m-lol »um
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die .Uruskn vnd HjdtT.nbnijun. untiAsuhetilen «kh nba •» nti "/buuir
du »••di iulon4vme konit’Urbuuir, diiukjm'e» i'rutdjdasntA und maucia
uuitd.i dureli iumdaid»* Faidstlbva 1 : M>hi \vt»ia^r ri'wHi'A.inelir. fn'üiAWidP'
vli? sein 1 «H:lmrmiiiwf , iu , |i I-dnurnu di. -i I 'ni.au't iü.-.l!- einidi« ;-\u-
5 * H®ite SU»M«I!U »\in <num »dM'J'hnUUt »iie «;i''n-j| ( . Kiu-fu, du.ft an» k
aiinr übsi^ai Akbüdiiug-en UiM: BuweinkrsiR, uu» Ir rd.}^»se)»^:i .Tun
den etmsi umdt i\i a'J^bnpffen.ipiasriüUleu, run FörHkur»i§*in
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[Mutiger situI- dki . i n\ rjUf;‘lInlaiM?n
wurden »?mnud zwmiöliu«;* /iellmi mb J'
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und Wulkordi kui uHicN. ('altin u?id X
tmJnke xdai'gßjsidll. -Sfe stiriiiußjr
dc.v■■ iliiujuaudif* iji-aaiu, üabl ’KUfit^cdjeulen sie- Skb Von ihnen
du"»’!! »h< lh‘K. li.-Hf nb.JI ili!'.^ bj.,>,,|U:,s*n.i- Ulf. ^ k*‘i'{i-: und durch
•hi*» briVv. di»* r,:>s; ;«f a i.- iin t iM«. mi-imm nur ü‘iuH »i*mJ»uiah-
a:l»u» j Uuiüiawc dm K :■» .■ um-i.'-ive.u ka*m AaUl dio Ul})*
Ktdillrssauir- Zeih: ui u In» 0.cwoi)»db1»(: < 11 **-* * ..na i lj( vor
aiteiu. wenn k'j.v.nnzdi»m vnnnuA-'u. Audi s*dk>u 4 hd f.aud
ilei* teiiiguuTi^tiroäwnÖÄ Zeiinn- vm« iiUsgcsprUjd.ionc • ru dbl A * Hi re düng,
ilie entweder uk iin ProbAdä-snu) Ungau] anigeiussb .A-ifd, .uder von
ijeniKcdben anFguiiyml »lun vnouM!tt&. ftaHifi tUnt-ksot-zt- und so die
Zeile mit; dem vmuxebaulfut PcotOjiiar*u.>i verbindet: Bo hat- ->.um
l3»‘is|)jei Hin-rv-J die S;u. u: ; »iurgnvbdtt, wilhriMid' L. 'Pfe-i i’inr•'''.» Uk
Sireuuf)« hH Kiiustpiuduct iHfoigi*. der Hartung ansüdit.' iMU
Vacuokireu }>:kuo (moftdu tvnVo vtu-urftiudf-f;. Riilfoi' und HUnvofiu
lu»nvudi>idnj; ihn uis Iby.jijj'i der KrciisZ‘db.m, die sich durch .<<duu :
Hibiunp- uegeu dr*n Ibirn-iicu jm schu-tzai suciifen. Kf/ruiu-ii
fneifilA';- er oci coii der mjiger» hio^scucu Zelle erzeugt, und
;Sa w t.-sebenko Spruch sich ia gDii;ii«lrt--Sinue aus 1 >m- Xbicuöle
wird das Protofdasnia' KiuHbdzellc hiehi selten (iurc.h
A.B'uh^r zue | J ndn^t)»tolor?t huwg, Berlin. 189^1.
: b Hpoi u'M-mt »US. ik'uMnd^hr^j-. iliidu. Fi*iu» s Uib«]er. iWi
’•) Mabdie ilu Ar.d) du liwih cvjifels lt<90 r N.o i,
. ■*■) Hvelmiuu- ruHnlsbu >; j;ai-:tr.ik'sniu d.'»ir;. repilhidumiii tSdg .
i ) .b».uiu»! i-i' kitludoAV ;iud ßeeKe-jtdoyy, l h. üibrU* tHÖH. . .
' '*> ib. Qritkbc-r t.8^. ...-•••'•:■■• ■ - -
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■ y i.Pie ZHUerkrnnkuiiguu n»«l die < i»».-< tittiduundaigä; davi;.
Icüii. bischer,-
340
eine Art doppeltconturirter Membran begrenzt, so dass man, wie
es vielfach geschieht, von einer Kapsel reden kann. Die intra¬
protoplasmatischen und intravacuolären Dinge haben nun keines¬
wegs immer das Aussehen einer Zelle. In den Vacuolen findet
man homogene glänzende Kugeln verschiedener Grösse bis herab
zum Umfange eines punktförmigen Körpers, ferner rundliche,
protoplasmatische, körnige, oft unregelmässig zackig begrenzte,
peripher gleichsam aufgelöste Massen, sodann Haufen glänzender
Kügelchen und mancherlei Combinationen aller dieser Dinge. Im
einzelnen finden sich hier bei den verschiedenen Beobachtern viele
Differenzen, die aber lediglich geeignet sind zu zeigen, wie wenig
typisch sich die intravacuolären Gebilde verhalten. Sawtschenko
spricht auch von froschlarvenähnlichen Körpern und zeichnet runde
Protoplasmakörper mit eigenartigen sichelförmigen Figuren, von
denen unten noch die Rede sein muss.
Sehen wir uns nun nach der Bedeutung der bisher genannten
Dinge um, so werden sie von den angeführten und anderen Autoren
für Parasiten gehalten. So redet Burchardt 1 ) kurzweg von
Coccidien. Die kleineren intravacuolären Körper, insbesondere die
runden homogenen Kugeln werden als Entwickelungsstufen der¬
selben, vielfach als Sporen bezeichnet, die grösseren zelligcn
Elemente als die ausgebildeten Organismen angesehen. Freilich
betonen Einzelne, zum Beispiel Borrel, dass manches auch auf
Invagination einer Zelle in eine andere oder auf endogene Zell¬
bildung zu beziehen sei. Korotneff und andere fassen aber
gerade solche Objecte als Parasiten auf. Dieser Meinung kann
man sich indessen unmöglich anschliessen. Gewiss kann man zu¬
geben, dass die bis jetzt besprochenen und die später zu erörternden
Dinge vielfach auf den ersten Blick fremdartig aussehen, und man
begreift es sehr wohl, dass so viele Beobachter in ihnen Parasiten
sehen zu müssen glaubten. Wenn man aber nicht nur die auf¬
fallendsten Dinge betrachtet, also nicht nur die, welche gewöhnlich
abgebildet werden, sondern auch die weniger prägnanten, und
wenn man sie vergleicht mit den Epithelien und den sonst im
Carcinom vorkommenden Zellen und sie aus Veränderungen der¬
selben abzuleiten sucht, wird man zu anderen Schlüssen kommen
müssen.
Was zunächst die intercellularen Elemente angeht, so hat
Steinhaus 2 ) bereits daraufhingewiesen, wie einzelne Epithelzellen
Modifieationen, Degenerationen erleiden, mehr oder weniger homogen
werden können und dann ein anderes Färbungsverhalten zeigen.
Solche Bilder kann man besonders in Hautcarcinomen unschwer
auffinden. Die modificirten Zellen sind oft durch einen Zwischen¬
raum von den Epithelzellen getrennt, liegen in grösseren Hohl¬
räumen. Sie zeigen nicht selten eine ausgesprochene radiäre
Randausstrahlung, die als der Ausdruck der Protoplasmafaserung
oder einer aussergewöhnlich entwickelten Bildung der Intercellular¬
brücken auzusehen ist. Zuweilen findet man in der Mitte von
Alveolen mehrere in dieser Weise hervortretende Zellen, und bei
Vergleichung vieler Einzelstellen kann man sich ohne Mühe über¬
zeugen, dass alle die auffallenden Gebilde modificirte Epithelzellen
darstellen, die nicht selten so weitgehende Umwandlungen erleiden,
dass sie ihren Zellcharakter fast ganz einbüssen. Dahin gehören
nun zweifellos die von Korotneff beschriebenen intercellulären
Körper, die er in bezeichnender Weise besonders im Innern der
Hornperlen antriflft. Er hat solche degenerirten Zellen für be¬
sondere Entwicklungsstadien des Parasiten gehalten. Davon wird
unten noch zu reden sein. Die Möglichkeit einer derartigen Ent¬
artung von Epithelien geht auch aus der Mittheilung von Petersen 3 )
hervor, der nachweisen konnte, dass bei der Darier’schen Krank¬
heit die als Psorospermien aufgefassten Dinge in Wirklichkeit
degenerirte Epidermiszellen sind, da er zwischen beiden alle
wünschenswerthen Uebergänge auffinden konnte. Durch Fabry 4 )
wurden diese Angaben bestätigt.
Nicht weniger klar ist die Deutung bei den intraepithelialen
Zellen. Für ihr Vorkommen hat man verschiedene Erklärungen.
Erstens denkt man an Invagination und zweitens an endogene
Zellbildung. Erstere Erscheinung ist schon lange bekannt und
wurde durch Steudener 5 ) genauer untersucht. Eine Epithelzelle
kann sich in eine andere hineinsenken und von ihr mehr oder
weniger umschlossen werden. Die endogene Zellbildung wurde von
Virchow angenommen, und auch jetzt kommt man noch hier und
da auf sie zurück. Jedenfalls besitzen wir ausreichende Erklärungen
für ein intraprotoplasmatisches Vorkommen von Epithelien. Be¬
schränkt man nun sein Studium nicht nur auf die auffallendsten
und durch ihre Färbung am meisten abweichenden Dinge, so wird
man in jede m Carcinom, in Avelchem sie reichlich genug vorkom-
*) Virchow’s Archiv Bd. 131, p. 121.
*) Virchow’s Archiv Bd. 127.
3 ) Centralbl. für Bact. Bd. XIV, No. 15.
4 ) Archiv für Dermatologie und Syphilis 1894.
5 ) Archiv für mikroskop. Anat. Bd. XIV, No. 15.
No. 15
men, leicht alle nur denkbaren Uebergänge einerseits zu wohl er¬
haltenen Epithelzellen, andererseits zu den.unklaren, nicht mehr
deutlich zelligen, intravacuolären, körnigen und homogenen Gebilden
auffinden können. Man sieht zerfallende Zellen, undeutlich färbbare,
zerbröckelte Kerne und andere, die im Gegentheil eine intensivere
Tinction annehmen. Die homogenen Kugeln sind theils degenerirte
Zellen, theils ebensolche Kerne, deren Protoplasma verschwunden
ist. Der höchste Grad der Entartung ist dann gegeben, wenn die
invaginirte Zelle ganz aufgelöst ist. Die dann entstehenden leeren
Alveolen erklärt allerdings u. a. Sawtschenko damit, dass er sie
als von den Parasiten verlassen ansieht.
Nun ward aber zur Stütze der parasitären Theorie nicht selten
hervorgehoben, dass die Färbung der Einschlüsse eine ganz andere
sei als die der Epithelzellen, so dass beide nicht wohl gleicher
Natur sein könnten. Aber dass sich degenerirende Zellen und
Kerne abweichend färben, ist .doch wohl nicht merkwürdig. Man
: kann auch leicht alle Uebergänge der Färbung wie der Form nach¬
weisen. Besonders auffallende Tinct.ionsresultate erhält man, wenn
i sich ausser den intravaciiolären Körpern auch die Vacuole selbst
I färbt, was natürlich nur möglich ist, wenn nicht wirklich ein leerer
Raum vorliegt, sondern nur durch eine ungefärbt bleibende homo¬
gene Substanz vorgetäuscht wird. In diesem Sinne aber haben
wir ja die Vacuole aufzufassen. In den von Foä 1 ) gegebenen Ab¬
bildungen ist nun aber die ganze Substanz der Vacuole sammt
eingeschlossenen, intensiver tingirten Körpern gefärbt, und dadurch
heben sich natürlich die fraglichen Gebilde noch besser ab, als
es sonst der Fall ist. Ich habe ganz die gleiche Erscheinung nach
Gentianaviolettüberfärbung in einem Mammacarcinom beobachtet,
in welchem schon bei schwacher Vergrösserung die blau ge¬
färbten Vacuolen als glänzende, sehr verschieden grosse Tropfen
hervortraten.
Die Abweichung in der Färbung spricht übrigens, wie Hanse¬
mann 2 ) jüngst mit Recht betont hat, eher gegen als für den
parasitären Charakter der Einschlüsse. Denn alle bekannten
zweifellosen Parasiten färben sich eben nicht anders als die Ge¬
webszellen.
Was aber die Vaeuolenbildung im allgemeinen angeht, so
darf man nicht vergessen, dass sie insofern nichts besonderes dar¬
stellt, als wir um die verschiedensten in das Protoplasma einge¬
lagerten Körper solche Räume sich bilden sehen, und zwar offenbar
als Producte des Zellprotoplasmas. Sie entstehen besonders gern
in Riesenzellen, und zwar um Bestandtheile verschiedener Fremd¬
körper, um eingedrungene Leukocyten und auch um parasitäre
Dinge, z. B. um Schimmelpilzsporen.
Die Veränderung und Degeneration intraepithelialer Zellen
allein erklärt uns aber nicht alle bisher aufgeführten Bilder. Es
giebt indessen noch verschiedene andere Entstehungsweisen. Wie
ich früher bereits hervorhob, dass in den Zellleib einwandernde
und vacuolär aufquellende Leukocyten einen Theil jener Figuren
erzeugen können, so hat auch Claessen 3 ) wieder betont, dass die
intravacuolären Körper die Kerne eingedrungener Wanderzellen
sein können. .
Ferner kommen Veränderungen an den Kernen der Epithelien
selbst in Betracht. In meinem citirten Artikel habe ich angeführt,
dass Quellungen des Kerns, in welchem Theile des Chromatins als
körnige Masse oder homogene Körper Zurückbleiben, in Betracht
kommen. Torök 4 ) hat diese Genese ebenfalls betont. Ferner wies
ich darauf hin, dass auch homogene Umwandlungen und Verklei¬
nerungen der ganzen Kerne bei gleichzeitiger Vaeuolenbildung um
dieselben zu Täuschungen führen können. Auch Hansemann )
hatte schon auf die Verklumpungen des Chromatins als eine Quelle
von Irrthümern aufmerksam gemacht. Das Zustandekommen der
abnormen Figuren hat ferner Vitalis Müller 6 ) in besondere Be¬
ziehung zur indirekten Frag men tirung gebracht, indem kleinere
oder grössere von den Hauptkernen abgesprengte Theilstücke im
Protoplasma liegend und von Vacuolen umgeben jene Gebilde er¬
zeugen können. Auch unregelmässig sich entwickelnde und ver¬
sprengte Mitosen können, wie ich anführte, Verwechselungen ver¬
anlassen. Darauf verweist auch neuerdings wieder Hansemann
für gleich noch zu besprechende Dinge.
Bisher war nur ausschliesslich von einzelnen oder wenigstens
einzeln für sich im Protoplasma gelegenen Einschlüssen die Rede.
Besonderes Interesse haben aber stets multiple Dinge erregt. Es
giebt nur wenige der genannten und noch zu nennenden Arbeiten,
in denen sie nicht erwähnt werden. Man findet zwei und mehrere
l ) Archives italiennes de Biologie Bd. 20.
а ) Berl. klin. Wochenschr. 1894, No. 1.
3 ) Zieglers Beiträge Bd. XIV, p. 1.
*) Monatshefte für prakt. Dermatologie 1893, No. 5.
5 ) Virchow’s Archiv Bd. 123, p. 369.
б ) ib. Bd. 130, p. 512.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIF T.
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12. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
341
oder viele, nach Kürsteiner 1 ) zuweilen mehrere Hundert solcher
Gebilde dicht zusammengedrängt liegen. Es handelt sich hier aus¬
schliesslich um vacuoläre Bildungen mit vorwiegend rundlichen,
aber auch anders geformten, meist central gelegenen Körpern. Jede
dieser Vacuolen stimmt mit den oben erörterten einzelnen Hohl¬
räumen, abgesehen von den Grössenunterschieden, überein. Diese
letzteren müssen aber natürlich ausserordentlich beträchtlich sein,
und um so bedeutender, je zahlreicher die Dinge sind. Denn wenn
in einer, auch erheblich vergrösserten Epithelzelle „mehrere Hundert
Vacuolen vorhanden sein Zöllen, so müssen sie nur einen geringen
Durchmesser besitzen. Sie drücken sich meist gegenseitig platt und
liegen gelegentlich, wenn auch selten, ganz regelmässig rosetten¬
förmig angeordnet. Es ist nicht zu leugnen, dass solche Vacuolen-
gruppen ganz eigenartige Bilder darbieten und zur Annahme der
parasitären Natur verleiten konnten. Da lag denn natürlich nichts
näher, als anzunehmen, dass es sich um Theilungsvorgänge handelte,
die im allgemeinen nach Ruffer und Flimmer, Sawtschenko
und anderen Autoren so vor sich gehen, dass die intravacuolären
Körper sich theilen und dass jeder Theil eine eigene Kapsel be¬
kommt. Auf diese Weise sollen die grossen Gruppen entstehen, die
man als Sporoeysten bezeichnet, w r obei man also die intravacuolären
Körper als eine Art Sporen auffasst. Von manchen z. B. von
Nepveu 2 ) werden sie geradezu so genannt. Finden sich dann
leere Vacuolen, so sollen sie von den Parasiten verlassen sein.
Gegen die parasitäre Natur dieser multiplen Dinge spricht zu¬
nächst der Umstand, dass jede einzelne Vacuole mit den zuerst
besprochenen solitären Körpern, abgesehen von der Grösse, überein¬
stimmt. Muss man daher jene als Degenerationsproducte auflassen,
so ist das gleiche auch hier der Fall. Sodann muss die erwähnte
ausserordentlich verschiedene Grösse stutzig machen. Bei typischen
Gebilden, wie es Parasiten sind, wäre es nicht denkbar, dass so
enorme Differenzen Vorkommen, und zwar innerhalb derselben
Vacuolengruppen. Das gilt auch für den Inhalt der Vacuolen, der
oft nur punktförmig angedeutet ist, oft ganz fehlt, der aber auch
nach seiner sonstigen Beschaffenheit gegen die parasitäre Auffassung
spricht. Sein unregelmässiges und innerhalb der einzelnen Alveolen
meist ungleichmässiges Aussehen wäre bei der Annahme seiner
parasitären Natur nicht verständlich.
Andererseits werden aber die Dinge oft so typisch dargestellt,
dass man versucht sein könnte, zu glauben, sie müssten alle durch
einen und denselben Vorgang entstanden sein. Indessen werden
die weniger klaren Bilder, die man eben auch antrifft, nicht immer
wiedergegeben, weil man sie nicht für charakteristisch hält. Zieht man
alle die verschiedenen Befunde in Betracht, so ergeben sich mehrere
Möglichkeiten, um auch die vielfachen Bildungen aus degenerativen
Processen abzuleiten. Einmal handelt es sich darum, dass die oben
besprochenen einzelnen Degenerationsvorgänge zu vielen in einer
Zelle oder in einer Alveole Vorkommen. Ferner giebt es multiple
vacuoläre Protoplasmaquellungen, auf die auch Boyce und Giles 3 )
hinwiesen. Auch habe ich gesehen, dass der homogene Inhalt einer
\acuole in zahlreiche hyaline Tropfen zerfällt. Kürsteiner machte
darauf aufmerksam, dass sich das Protoplasma grobkörnig um¬
wandeln kann und dass sich um jedes Korn ein heller Hof, eine
\ acuole bildet. Weiterhin aber kann es sich um Kernentartung
handeln, und zwar entweder um einen Zerfall eines Kernes in viele
Theile, von denen jeder eine vacuoläre Umhüllung erhält, wie das
Torök andeutete, wie ich es in Figur 6 h meiner früheren Mit¬
theilung gezeichnet und seitdem wieder vielfach gesehen habe, oder
um einen Zerfall einer Mitose mit ähnlichen Folgen. Auch multiple
Aufquellung der Kerne kann in Frage kommen, insbesondere, wie
ich mich überzeugt habe, an den Riesenkernen von Riesenzellen.
Ueber scheinbar ganz besondere Dinge haben Podwyssozki
und Sawtschenko 4 ) berichtet. Sie beschrieben direkt, d. h. ohne
Vacuole im Protoplasma liegende Körper, die meist kleiner, oft
Mel kleiner als die Zellkerne, sich durch die in ihrem Innern ent¬
haltenen kolbenförmigen, vor allem aber sichelförmigen Gebilde
auszeichneten. Sie hielten die Körper für Sporozoen und die
Eicheln für Embryonen derselben, welche, frei werdend, im Proto-
P asma sich wieder zu Sporozoen entwickeln könnten. In erster
lnie charakteristisch sollten aber als „reife Individuen“ bezeichnet«,
mi bicheln gefüllte, die Grösse einer Epithelzelle erreichende Dinge
~ on sichelförmigen Körpern hat ferner, wie bereits erwähnt,
auch bawtschenko (1. c.) gesprochen. Er fand sie in intra-
acuolären protoplasmatischen Körpern.
mat* 16 u un( * verwan dten Dinge färben sich wie das Chro-
h - , an wir d sie daher aus einer Kernveränderung abzuleiten
en ’ falls man ihre Bedeutung als Parasiten in Frage stellt.
2 yirchow’s Archiv Bd. 130.
) Archives de medecine expörim. 1894, No. 1.
p^ sa . C L. l0n8 pathological society 1893.
) Centralbl. für Bacteriol. Bd XI.
Dazu ist man aber doch genöthigt, wenn man sieht, dass es sich
hier durchaus nicht um typische Dinge handelt, dass vielmehr
streng genommen kein einziges mit dem anderen übereinstimmt,
dass die „Sporozoen“ stets verschiedene Grösse haben, dass die
einen runde Körper von wechselndem Umfange und in’ungleicher
Zahl, die anderen unregelmässige, wieder andere sichelförmige
Gebilde enthalten, die sich ebenfalls in Form, Grösse und Zahl
nicht decken. So haben sich denn auch viele Beobachter gegen
diese „Parasiten“ ausgesprochen. Stroebe 1 ) freilich drückte sich
vorsichtig aus, indem er die Möglichkeit offen liess, dass Sporozoen
vorliegen könnten. Andererseits aber weist er darauf hin, dass
Kernveränderungen und Kernwauddegenerationen nach Arnold die
Bilder ebenfalls zu erklären geeignet seien. In gleicher Weise
versuchten Ruffer und Walker, Torök, Foä die Deutung.
Letzterer betonte, dass ganz ähnliche Veränderungen von Kernen
auch in normalen Geweben Vorkommen, und bildete zum Beweis
Kerne aus embryonalen Theilen ab. Auch Steinhaus konnte
solche sichelförmigen Einschlüsse auffinden und vermuthete, dass
sie aus Kerndegeneration und aus Modificationen eingewanderter
Leukocyten entständen. Stroebe fand ferner in Krebsalveolen
runde, scharf durch das Epithel begrenzte Räume, die durch Zellen
mit zerfallenen Kernen ausgefüllt waren. Er meinte, dass diese
Dinge identisch seien mit den von Podwyssozki und Saw¬
tschenko beschriebenen Sporozoencyten. Mit letzteren stimmt
auch eine Abbildung von Cornil 2 ) überein, der die Sicheln etc.
aus Kernzerfall ableitete. Ich schliesse mich dem durchaus an.
Die Haufen sichelförmiger und sonstwie gestalteter Körper sind
| meist nichts anderes als die modificirten Keime in Gruppen an¬
geordneter Leukocyten. Auch Claessen liess die fraglichen Ge¬
bilde von Kernen abstammen und wies darauf hin, dass diese
in kleine Stücke zerfallen, nach Auflösung der Zelle von anderen
Epithelien aufgenommen werden und in ihnen dann jene Körper
erzeugen könnten. Er betonte ferner, dass man auch in gallertig
zerfallenden Careinomen ähnliche Gebilde antreffe und dass er hier
auch Dinge gefunden habe, die den von Podwyssozki und Saw¬
tschenko beschriebenen entsprächen. Endlich muss noch betont
w'erden, dass aus dem Zerfall von Mitosen analoge Bilder hervor¬
gehen können. Insbesondere hat Hansemann hervorgehoben, dass
die sichelförmigen Körper sehr wohl versprengten Chromosomen
entsprechen könnten.
Eine ganz andere Erklärung haben dann noch Eberth und
Müller gegeben. Sie zeigten, dass die von Nuss bäum als Neben¬
kerne beschriebenen, von Steinhaus als Parasiten angesproche¬
nen Gebilde in den Pankreaszellen verschiedener Thiere keine Para¬
siten sind, sondern in einer Abhängigkeit von der Drüsenthätig-
keit stehen, also sogenannten Secretkörpern analog sind. Sie
meinen, dass ähnliche Dinge auch anderweitig vorkämen und dass
sie innerhalb der Carcinome zu Verwechselungen geführt haben
können.
Wir haben nun aber noch zu erwähnen, dass man sich mit
der einfachen Schilderung der gefundenen Dinge nicht begnügt hat.
Man findet immer wieder Beschreibungen von Vorgängen, von einer
Wanderung der Parasiten aus den Zellen heraus und in die Zellen
hinein, man redet davon, dass ein Leukoeyt, der in einer Vacuole
liegt, den früher dort vorhandenen Parasiten aufgefressen habe etc.
Man suchte ferner die einzelnen gefundenen Formen in eine Ent¬
wickelungsreihe zusammenzustellen. Dabei ging man von einer
Vermehrung der Parasiten aus und dachte sie sich nach Analogie
der bei sonstigen Protozoen vorkommenden Erscheinungen, indem
man, wie wir sahen, vor allem die intravacuolären Dingo für Spo¬
ren oder verwandte Gebilde erklärte. Es ist aber selbstverständ¬
lich, dass- bei dem Fehlen jeder Beobachtung des vorausgesetzten
Lebensvorganges die Zusammenstellung lediglich nach Willkür vor¬
genommen werden konnte. Es ist auch begreiflich, dass die ein¬
zelnen Beobachter in der Deutung ihrer Befunde nicht immer über¬
einstimmten. Im grossen und ganzen lässt sich also nur sagen,
dass man die doppelten und mehrfachen Formen als Ausdruck einer
Theilung und die kleinen rundlichen und sichelförmigen Körper als
Sporen betrachtete. Im übrigen aber ergaben sich viele Variatio¬
nen, die nicht wohl alle hier angeführt werden können. Es seien
nur, einige besonders prägnante Beispiele herausgegriffon. Saw¬
tschenko hat in den Epithelien intravacuoläre froschlarvenähnliche
! Körper gefunden, deren verschiedene Gestalt er als den Ausdruck
| ihres Lebens betrachtete. Sie kapseln sich zu rundlichen Räumen
i ab und in ihrer nächsten Umgebung treten dann im Protoplasma
i kleine runde, vacuolenähnliche Dinge auf, die im Innern ein punkt-
I förmiges Körperchen enthalten. Das sind die Eierchen der P roseh-
I larven. Sie vergrössern sich bei Zerfall der letzteren und liegen
dann allein ira Protoplasma. Die so entstehenden Bilder gehören
l ) Ziegler’s Beiträge Bd. XI, p. 1.
*) Archives de physiol. 1886.
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342
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15
in die Kategorie der oben besprochenen multiplen \acuolen. Die
Körperchen in den einzelnen Räumen können sich nun zu „r roseh-
larven“ entwickeln, oder sie gehen zugrunde oder wandern aus und
gelangen in andere Epithelien, leere Vacuolen zurücklassend. Viel¬
leicht gehen aus den Froschlarven auch jene grösseren oben be¬
sprochenen protoplasmatischen Dinge hervor, w r elche die sichel¬
förmigen Embryonen enthalten, die ihrerseits ebenfalls m andere
Zellen eindringen können. Damit hätten wir also einen ziemlich
vollständigen Lebenslauf der angenommenen Parasiten.
Viel complicirter aber gestaltet sich der Zusammenhang bei
Korotneff, von dessen Befunden man vielleicht insofern mehr
hätte erwarten können, als er Zoologe ist. Aber gerade in dieser
Eigenschaft hat ihm offenbar eine genügende Kenntmss der in
Carcinomen sich findenden Degenerationsprocesse und der sonstigen
cellulären Vorgänge gefehlt. Das kommt wohl zum Theil auch bei
Metschnikoff in Betracht, der die ihm von Soudakewitsch )
vorgelegten Gebilde für Parasiten erklärte. Korotneff, dessen
Figuren, wie erwähnt, schon deshalb nicht geeignet sind, seine
Darstellung zu stützen, weil sie durchweg schematisirt sind, nennt
den Parasiten „Rhopalocephalus“ und findet ihn in zwei Entwick¬
lungsstufen vertreten, als Amöbe und Coccidie. Erstere hat die
Eigenschaft der Amöben überhaupt, ist also selbstständig beweg¬
lich, während die Coccidie passiv im Körper umhergetrieben wird.
In beiden Formen können sich Larven bilden, und zwar sogenannte
Zooiten, die hüllenlose ovale Körper darstellen, und Sporozooiten,
die eine eigene Hülle besitzen. In einer Coccidie bildet sich meist
nur eine Larve, in einer Amöbe mehrere. Die Larven wandern
aus, dringen in die Krebszellen ein und entwickeln sich hier wie¬
derum, der Zooit zur Coccidie, der Sporozooit zur Amöbe. Aus
der Coccidie entsteht nun zuweilen der nicht weiter vermehrungs¬
fähige „Rhopalocephalus u , der sich als keulenförmiger homogener
verhältnissmässig grosser Körper zwischen den Epithelzellen findet.
Er ist aber zweifellos nichts anderes als eine homogen degenerirte
Epithelzelle. Es ist nicht schwer, solche Dinge in Carcinomen, vor
allen denen der Haut, im Inneren der Alveolen aufzufinden. Sie liegen
hier oft gruppenweise, heben sich durch leuchtende Färbung ab,
bieten aber alle Uebergänge zu unveränderten Epithelzellen.
Noeggerath-') hat bereits dieselben Körper abgebildet und aus
einer Degeneration abgeleitet, ebenso hat Unna*) alle verschie¬
denen Stadien des hyalinen UmwandlungsVorganges in einer Reihe
von Figuren zur Darstellung gebracht. Die anderen Formen, Cocci-
dien, Amöben, Larven, sind in Wirklichkeit modificirte oder völlig
degenerirte Epithelien und Kerne oder Leukocyten.
Weniger vielgestaltig, aber ebensowenig begründet sind die
Anschauungen, die L. Pfeiffer vorgetragen hat. In einem um¬
fangreichen Werke mit grossem, aus Mikrophotographien zusammen¬
gesetzten Atlas hat er die bisher bekannten Zellerkrankungen durch
Sporozoen besprochen und darin auch den Krebs abgehandelt. Die
Photographieen theilen aber das Schicksal fast aller derartigen Ab¬
bildungen, d. h. sie sind so unklar, dass man an ihnen nichts er¬
kennen kann. Aus dem Text erfahren wir, dass der in die primär
erkrankten Epithelien eingedrungene Parasit Jugendformen bilden
soll, die dann in das umgebende Gewebe gelangen und die Erkran¬
kung weiter verbreiten. Sie bilden allein die Metastasen, wie
Pfeiffer insbesondere für die Muskelcarcinose nachzuweisen sucht,
in welcher überhaupt keine Epithelien mehr Vorkommen, sondern
nur noch die Parasiten, die jenen freilich zum Verwechseln ähn¬
lich sind.
Zu ähnlichen Anschauungen war auch Adamkiewicz 4 ) ge¬
kommen, indem er aus einer von ihm, wie er glaubte, nachgewie¬
senen Giftbildung in Carcinomen auf die parasitäre Natur der
Krebszellen schloss. Da er dies aber histologisch nicht weiter zu
begründen suchte, so brauchen wir auf die Arbeit um so weniger
einzugehen, als die experimentell gewonnene Vorstellung, dass das
Carcinomgewebe giftig wirke, durch Geissler 5 ) und Kopfstein 6 )
als irrthümlich nachgewiesen wurde. Die Resultate von Adam¬
kiewicz beruhten darauf, dass er unreine Gewebsstückchen übertrug
und so Sepsis erzeugte. Die in der Umgebung der implantirten
Massen auftretenden Zellen, die er für auswandernde Krebsparasiten
hielt, waren Leukocyten. Uebrigens würde auch eine wirklich
oonstatirte Giftwirkung ja nichts für die parasitäre Natur der
Krebsepithelien bewiesen haben.
Die zuletzt genannten Arbeiten zeigen nun deutlich, wie weit
die Bemühungen, Parasiten zu finden, bereits auf Abwege geführt
') Annales de l’institut Pasteur 1892.
*) Beiträge zur Structur und Entwicklung des Carcinoms. Wiesbaden.
J. F. Bergmann.
*) Dermatologische Zeitschrift Bd. I, p. 28.
*) Untersuchungen über den Krebs. Wien 1893.
b ) Arbeiten aus der chirurgischen Klinik zu Berlin 1893.
Aus dem pathologischen Institut der ezechischen Universität zu
Prag 1893.
haben. Freilich könnte man in den Anschauungen von Pfeiffer
und Adamkiewicz nur die consequente Ausgestaltung der para¬
sitären Theorie erblicken, insofern nämlich, als sie am einfachsten
die Schwierigkeiten beseitigen, welche sich aus der ätiologischen
Beziehung der Parasiten zur krebsigen Gewebswucherung ergeben
würden. Die Einen halten nämlich die angenommenen Organis¬
men nur für secundäre Ansiedler im Epithel, jedoch ist Korotneff
der Meinung, dass sie erst den an sich gutartigen Krebs zur bös¬
artigen Neubildung machen. Die anderen, und wohl die meisten,
denken sich die Carcinomentwickelung durch die Parasiten bedingt,
wobei sie dann allerdings angesichts der verschiedenartigen Be¬
funde genöthigt sind, für die einzelnen Arten der Carcinome diffe¬
rente Erreger anzunehmen. Wie die Protozoen freilich die Epi¬
thelwucherung erzeugen sollen, da wir ähnliches als Parasiten¬
wirkung nicht kennen und da wir gerade im Gegentheil bei den
Coccidienwucherungen der Kaninchenleber keinen Krebs entstehen
sehen, wie sich ferner die Metastasen erklären lassen, die ja von
allen anderen infectiösen Metastasen dadurch abweichen, dass sie
nicht aus dem Organgewebe, sondern durch Wucherung ver¬
schleppter Epithelien entstehen, darüber hat man sich nicht klar
werden können, darüber hat man meist auch garnicht weiter nach¬
gedacht. Und insofern wäre es dann möglich, von einem con-
sequenten Ausbau der parasitären Theorie zu reden, wenn man
die Krebsepithelien selbst als Parasiten betrachtet. Aber die
Arbeiten von Pfeiffer und Adamkiewicz sind nicht geeignet,
unsere bisher geltenden Anschauungen irgendwie zu erschüttern.
Wir kommen also im ganzen zu dem Schluss, dass die Vor¬
stellungen über die parasitäre Genese des Carcinoms durch die an¬
geführten Beobachtungen nicht gestützt werden. Man sollte doch,
ehe man in einer so wichtigen Frage mit Bestimmtheit, wie es ja
von vielen Seiten geschieht, von Parasiten redet, feste Grundlagen
zu gewinnen suchen, aber man hat sich mit dem unsicheren Kri¬
terium der äusseren Formähnlichkeit und den durchaus nicht
maassgebenden Färbungsverhältnissen zufrieden gegeben. Und wie
wenig charakteristisch ist das morphologische Verhalten! Und
doch sieht man kein Bedenken darin, die grössten und die kleinsten
einander ähnlichen Dinge, regelmässig und unregelmässig gestaltete,
homogene, körnige, trübe, glänzende, zackige und sonstwie aus¬
sehende Körper, runde, längliche und sichelförmige Gebilde unter
einander für gleichwerthig zu halten. Aber kein Beobachter stimmt
mit dem anderen überein. Sollte das alles wirklich möglich sein,
wenn es sich um Parasiten handelte? Für die parasitäre Theorie
war aber nicht wenig auch die durch U eberlegUng gewonnene An¬
schauung maassgebend, dass das Carcinom doch wohl durch Para¬
siten hervorgerufen sein müsste, und so suchte man immer wieder
von neuem und glaubte schliesslich auch zu finden, was man
suchte. Aber wir haben gesehen, dass den beschriebenen
Dingen alles Typische fehlt und dass sie sehr wohl aus
Zell- und Kerndegenerationen erklärt werden können.
Im übrigen folgt daraus nun noch nicht, dass bei der Entstehung
des Krebses Parasiten überhaupt keine Rolle spielten. Es wäre
das immer noch in der einen oder änderen Form denkbar, und ich
habe eine solche Möglichkeit in meinen Beiträgen zur Histogenese
des Carcinoms 1 ) angedeutet.
Es sei aber schliesslich noch erwähnt, dass sich viele der be¬
sprochenen Gebilde auch in zweifellos nicht carcinomatösen Epithel¬
wucherungen finden. In der stellenweise erheblich verdickten Epi¬
dermis über einer efephantiastischen Neubildung der Haut habe
ich die oben erwähnten homogenen Degenerationen ganzer Zellen
in verschiedenen Formen, u. a. auch in der des wohl ausgebildeten
„Rhopalocephalus“ gefunden. Auch intravaeuolär kamen die hya¬
linen Dinge vor. lieber analoge Befunde in der Epidermis aut
einem Fibrom hat schon Firket 2 ) berichtet.
Wollte man nun aber sagen, dass die offenbaren Irrthümer
in der Deutung der erörterten Befunde sich nicht lange mehr
halten können und dass es daher zwecklos sei, sie ausführlich zu¬
rückzuweisen, so darf man doch wohl die grosse Zahl der über
diesen Gegenstand zu Gunsten der parasitären Theorie -erschienenen
Arbeiten hervorheben, denen gegenüber die Gegner nur wenig und
nicht energisch genug zu Wort gekommen sind, so dass es scheinen
könnte, als seien in iler That die Krebsparasiten in weiten Kremen
anerkannt. Das ist indess gewiss nicht der Fäll, aber -es ist be¬
greiflich, dass keine grosse Neigung besteht, immer wieder aut
begangene Irrthümer hinzuweisen. Trotzdem haben wir oben be¬
reits eine Reihe von Autoren als Oegner der Parasiten kennen ge¬
lernt, denen sich weitere Namen, wie Karg 3 ), -Schütz 4 ), Firket),
‘) Virchow’s Archiv Bd. 135, H. 3.
*) X. internationaler Congress, Sefction fflr patholog. Anat.
3 ) Deutsche Zeitschr. für Chir. Bd. 34.
4 ) Mikroskopische Carcinombefunde 1890.
ö ) L’origine du cancer. Annales de la soci&e beige 1891.
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Original fro-rri
UNIVERSETY OF MICHIGAN
12. A pril.
0. Israel«) himufügen lassen. Zuletzt hat sich ausführlich
Hansemann 2 ) gegen die Parasiten gewendet, und im Anschluß
daran haben sich in Kürze Ziegler») und Langerhaus») in
gleichem Sinne ausgesprochen. '
Anhang. Nach Fertigstellung des obigen Aufsatzes sind noch
zwei Arbeiten erschienen, die eine von Jackson Clarke 4 ) der
sich für die parasitäre Anschauung, die andere von Keser 5 ) der
sich gegen sie aussprach. Der erstere bringt im Text zahlreiche
Figuren, ohne aber in ihnen ausser unwesentlichen Variationen der
so oft beschriebenen Bilder etwas neues zu bieten. Es wäre daher
überflüssig, nochmals genauer darauf einzugehen. Die fraglichen
Parasiten sollen Sporozoen und die Ursache des Carcinoms sein
Erwähnung verdient nur noch, dass Verfasser ähnliche Einschlüsse
auch in Sarkomen fand, nachdem vor ihm bereits Steinhaus 6 ) in
den Kernen dieser Geschwülste Einschlüsse beschrieben hatte deren
Bedeutung er indess nicht festzustellen vermochte, undPawlowsky 7 )
ein Protoplasma der Sarkomzellengebilde gesehen hatte die er als
Protozoen ansprach. Im Gegensatz zu Clarke hält nun Keser
die fraglichen Coccidien für Degenerationsproducte epithelialer
Zellen. Er stützt sich darauf, dass er weder Sporen, noch Sporen¬
cysten, noch sonstige parasitenähnliche Dinge fand, dass er alle
Uebergänge von normalen zu degenerirten Zellen nachweisen konnte
und dass er die gleichen Gebilde auch in normalen Geweben und
zwar in der Präputialfalte des Embryo antraf. 5
DEUTSCHE MEDICINTSCHE WOCHENSCHRIFT.
343
“•so^moitf iertfd b e 1 'r r n^t r ei? 8 * U'T" ^ benutzen
beiden Körper nicht dem zuletzt angewandten Trionit der
Einfluss beizuni essen, sondern musste 7 i, n .vi „ ! den , deIetär en
nacheinander die gleichen verderblichen ? ass beide
Section wurde nicht gestattet, kungen geaussert haben. Die
Eine genauere Beschreibung des Falles befindpt «inh • •
VI. Zur DipMherieheüungsfrage.
Von Behring.
In einem seitens der chemischen Fabrik auf Actien (vormals
E Schenng) versendeten Prospect, betreffend eine in den Handel
n!w Ch ^w D k Pht o eri f e_Antltoxi “ lösung Schering“ werden
ter mehrfacher Berufung auf meinen Namen irreführende An-
gaben gemacht, die geeignet sind, meine Entdeckung eines specifischen
Inphtlienekeilmittels zu discreditiren.
Ich habe zu dem Prospect folgende Bemerkungen zu machen:
von Lfk A ?S e ’ dass . das Schering’sche Präparat nach der
Nnlfoio ,? br . llch . u nd mir eingeführten Berechnung ein 20faches
a rmalantitoxin sei, ist unwahr. Nach einer von Prof. Ehrlich
S ?, em , käuflichen Präparat vorgenommenen Prüfung bleibt der
zurück deSSelben um om mehrfaches hinter der Angabe der Fabrik
c 2 ' 2 er , in «lem Prospect enthaltene Satz: „Diese Losung
sie naeh'RMf™ ^ gIeIC *J dem 20fachen Normalserum), dass
fökedesl , ”n n /n aUCh fflr HeiIz l'-ecke ausreicht, ist in-
toigedessen gleichfalls unwahr.
sehen I f'ähritT t ü ara f ’ daSS bei deD1 Vor S ehen der Sehering-
o“ r ‘ k d« 6 Berufung auf meinen Namen eine illegitime ist.
gehandtfL P ^ dl ' ,:h ” eh “ e an ’ dass dip Fabrikbona Öde
cinischen Rerptt" 1 B r> r dl ! rcb den ln dem Prospect genannten medi-
unberechtigten Angaben gekommen ist. 0b<m charakterisirten
Bemerkungen zu dem Aufsatz von
• Schnitze (Bonn): Hämatoporphyrin im
Harn nach Trional. 8 )
* .. Von Dr. Herfing,
istenzarzt der Provinzialirrenanstalt Rittergut Altscherbitz.
dass ich Geleffpnhpft^ - Art ? el £ estatte ich mir die Mittheilung,
Machten Kr h^^f Januar 1893 einen ähnlichen Fall zu
von 63 g Tetronal inn uM ^jährige Franke, bei der nach Verwendung
»aittelbsJen Anschln^ J b emes ? eitraames ™>n 60 Tagen und im un-
Tagen innerhalb VOn 0 g Sulfonal + 22 g Trional an 24
Färbung des Urins ^ eit £?: umes V011 51 Tagen eine abnorm dunkle
die Herr GeheimrntW^-' ? 16 spectroskopische Untersuchung des Harns,
batte, ergab das ^ vorzunehmen die Liebenswürdigkeit
®®hr ähnlichen KnrT» 0 7 n ^A nSei11 v< ? n Hämatoporphyrin oder einem diesem
übereinstimmend mit • sonstl / en klinischen Erscheinungen wäre als
Appetits und der woe? 6111 ! 611 des ob *£ en Falles die Herabsetzung des
Theben. Meine aaaafhaltsame Verfall der Kräfte heivor-
abnornien Hamfärbim^ 6 £ 6 ra S° nach dem ersten Auftreten der
Trional. Die Gesummt UDd nacb der letzten Verordnung von
stimmt fast wm? T nge de J von mir verwendeten Trional (22 g)
| p - g UZ mit der von Schnitze benutzten Menge (24—25 g)
Jj Festschrift für Virchow 189L
elc'Ä'-Ä' as .
;j vSÄ Areh? a “°i^ c p e 4M tomie 1893 - p - 593 -
1 7 d,esw Wochenschrift. 9 '
VIII. Feuilleton.
Bund nm den medicinischen Congress.
(Von unserem Coirespondenten.)
r. n Rom, 1. April.
C ° n . 8Tess , gestaltet sich immer tragikomischer, und wer
De le trirtor^mW^'p ei “ 6 Verp f' oll J tun "’ sei 68 als Vortragender oder
uelegirter oder Pressmensch, durchaus gehalten k
semen Weg zur Porta Pia hinaus, durch dfe berThmtfßrel^ zu
nehmen, durch die am 20. September 1870 die Armee Victor
Emanuels m die päpstliche Stadt einmarscliirte, der lässt es
ganz gewiss bleiben. Wir werden noch in einem Schlussbericht
unsere kritische Abrechnung mit den Veranstaltern dieses wunder-
chsten aller internationalen Congresse, denen wir je beigewohnt
denn ’hlntfb 11 ? 115 wo, i? n wir es machen alle anderen,
denn heute ist vollständiger Schontag für die Congressisten
wenigstens in Bezug auf das CongressHche: alles isfüS^SS«^
wnhi ^ m u? ebunff V nach TivoJ G nac h Frascati, nach Albano und
wohin nicht sonst, natürlich mit dem unvermeidlichen Cook, an
nf^ errIlche Comit6 die Veranstaltung aller Ausflüge ver¬
nehmen hab ’ a " statfc . selbst die Sache collegiaiisch in die Hand zu
kl h au , (h 1 hiervon s P äter - Ihr Berichterstatter ist in
T?W geblieb fr K nd hat . Slch hl6r wieder einmal » schon vor
e “’,® tllch umgeselien nach den Fortschritten, die in neuester
Zeit mit Bezug auf die Wohnlichkeit, die Gesundheit, auf alles das
was ein moderner Civilisationsmensch nun einmal zu seinem Wohl¬
behagen verlangt, in Rom geleistet worden. Davon giebt auch die
CwLJt«' 3 p z ® lchn ®? 10 Ausstellung, das einzige, was auf diesem
Oongress Lob verdient, keinen Begriff, so viel auch die Stadtver-
waltung Roms an Zeichnungen und Abhandlungen dazu beigesteuert
.4. lerdl ”? s ^ re ® s zur Schöpfung eines richtigen Urtheils
vielleicht nöthig, das alte, das ganz alte Rom gekannt zu haben,
jenes Rom, für das Herr Hermann Grimm sich vor einigen
Jahren so entrüstet ins Zeug gelegt hat. Indessen, auch wer, ^ie
der bchreiber dieser Zeilen. Rom erst seit zwölf Jahren durch
wiederholten Besuch kennt, und vielleicht gerade ein solcher wird
ein Urtheil aussprechen dürfen über die geradezu wunderbaren
b orfschritte, die sich von Jahr zu Jahr in diesem alten Schmutz¬
pfuhl vollzogen haben. Was hätte unter diesem Gesichtspunkte
einem internationalen medicinischen Congress in Rom in seiner
hygienischen Abtheilung nicht alles an Wissenswerthem vorgeführt
werden können, wenn nur ein Funke von Verständniss für seine
Aufgabe m dem Comitö geglimmt hätte! Vergebens habe ich mich
z. B. auf der Ausstellung der Stadt Rom umgesehen und erkundigt
nach einer Statistik der Mortalität etwa in den letzten 25 Jahren
Und das Comitö hatte auch unterlassen, für einen Vortrag über
diesen, doch gerade in Rom so sehr angebrachten Gegenstand zu
sorgen.
Angeblich stehen sich in der neueren Entwickelung Roms aus
der Papststadt zur modernen Hauptstadt eines Grosstaates zwei
Bedürfnisse feindselig gegenüber: das ästhetische und das Wohl-
fahrtsbedrtrfniss. Die Vertreter der Aesthetik, das heisst nur
einige, oder vielmehr die Vertreter einer gewissen gefühlsdusligen
Gemtithlichkeits- und Schönheitsauffassung schwärmen für die Patina
des Drecks, für die lieben alten stinkenden schmutzigen Winkel,
für die verfallenden Häuser, für die duftenden Nachtstühle in den
Zimmern oder Corridoren, für die sumpfigen, pestbrüfcenden Tiber¬
ufer und was dazu gehört. Von diesem Standpunkt aus erscheint
ihnen die ganze moderne Entwickelung Roms ein Greuel, eine
schnöde Versündigung gegen die Schönheit, gegen alles das, was
Rom den Fremden lieb und hold machto. Den „Fremden“, das
ist es! Es ist aber doch eigentlich grotesk, von einer Hauptstadt
wie Rom, von einer Stadt mit 400000 Einwohnern zu verlangen,
dass sie sich in Bezug auf ihre Behaglichkeit und Gesundheit
richten soll nach den, übrigens meist auch nur nach geschwätzten,
Forderungen der Schönheitssimpler oder gar der „Familie Buchholz“.
Der Fremde ist dem Römer im besten Fall ein angenehmer Gast,
eigentlich doch nur ein Ausbeutungsobject, und es ist eine Ver¬
letzung des Gastrechts auf Seiten des Fremden, wenn er seine
Forderungen als die einzigen geltend machen will, auch da, wo
Leben und Gesundheit der überwältigenden Mehrheit der dauern¬
den Bewohner einer Stadt in Frage kommen.
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n^TTTROHE?MEDICINISCHE W OCHENSCHRIF T.
No. 15
344_____
Aber es ist auch gar nicht wahr, was Hermann ürimm
nnrl Qpinp Nachbeter von der Verwüstung des schonen alten Roms
in die Welt hinausgeschrieen haben. Ro “ is \ ^el"
Veränderungen noch immer eine der schönsten sudt ® v ’
wenn nicht “die schönste Stadt geblieben. Jene ungelVei-
änderumren haben den eigentlichen Kern dei Stadt, haben aas,
was dem Fremden besonders am Herzen liegt, nur an sehr wenigen
Stellen betroffen. Hörte man Herrn Grimm, so meinte man, die
Vandalen der modernen römisehen Stadtverwaltung kummm en sic
weder um die Erhaltung der Reste der antiken Bauten noch um
die der mittelalterlichen Schönheitszeugen. Genau das ^egentheil
St der Fall Mit einer viel zu weitgehenden, viel zu peinlichen
Sauberkeit ist alles zierlich erhalten geblieben und ™n “Umn
Wust und Schutt wohl gar gereinigt worden. Wie ein
Schmuckkästchen stellt sich heute das ganz ausgegrabene römische
Forum dem Beschauer dar. Die haushohen Erdmassen, die e& noch
vor zehn Jahren in zwei unzusammenhängende Theile schieden und
dadurch ein ganz falsches Bild jenes Mittelpunktes des alten
römischen Lebens erzeugten, sind verschwunden bis auf das letzte
Bröckchen. Aber vielleicht wird auch über diese sorgsame Hutung
der antiken Stätten der ästhetische Simpler die Hände zu den
zwölf Göttern erheben und die Aedilen anklagen, d e nicht den
alten lieben Schmutz mitten in der Stadt ruhig haben liegen lassen.
Aehnlich steht es mit den Cäsarenpalästen, die sich auf dem
Palatin und dem Forum erheben. Auch hier hat der moderne
Sinn sagen wir richtiger die moderne Gelehrsamkeit dafür gesorgt,
dass die gewaltigen Reste der Cäsarenbauten jetzt bis zu den
Grundmauern biosgelegt worden sind, ähnlich wie das schon vor längerer
Zeit mit den Caracallathermen geschehen war. Der zauberische
Reiz eines Spaziergangs durch die Orti Farnesiam, die zwischen
den Cäsarenpalästen grünen und duften, hat sich dadurch gar
nicht vermindert; im Gegentheil, es entsteht dadurch etwas wie
ein wunderliches Spiel der Phantasie, die sich bei dem Anblicc
der scharf und klar in die Luft ragenden Säulen und Mauern aus
der Gegenwart flatternd verirrt ins Alterthum. Eine Traum¬
stimmung umfängt den Geist, die ganz gewiss ebenso poetisch und
gemüthlich ist, wie das Gemisch von Freude und Unbehagen, das
man sonst an diesen Stätten empfand.
Vor allem aber ist den Aesthetikern von einer gewissen Sorte
die Tiberregulirung, dieses grossartigste Bauwerk des modernen
Roms, die schönste Hinterlassenschaft Garibaldi’s, ihres Haupt¬
förderers, ein Dorn im Auge. Auf einer Fahrt nach Sanct Peter
kann man die alte und die neue Zeit vortrefflich mit einander ver¬
gleichen und die schönsten comparativ-ästhetischen Studien treiben.
Schon erheben sich auf weiten Strecken zu beiden Seiten des Tiber
die hochragenden Ufermauern mit ihrer Sandsteinbekleidung, die
der Ueberschwemmung und Versumpfung wehren. Dazwischen be¬
stehen aber noch immer einige Glanzstücke der Freunde des male¬
rischen Drecks und der poetischen Unordnung: nämlich Ufer, wie
wir sie aus schlecht verwalteten deutschen Flussstädtchen auch
kennen, bewachsen mit spärlichem Gras, eine Abladestätte für jeden
nennbaren und unnennbaren Unrath, allenfalls aus weiter Ferne
gesehen und für die entsprechend gestimmte Seele eines Aesthetikers
„malerisch“, jedem andern aber ein Greuel und Scheuei.
Selbstverständlich ist ja gar nicht ausgeschlossen, dass, wenn
erst die Tiberregulirung fertig ist, durch Baumpflanzungen und
Blumenanlagen die Ufer in ganz anderer Weise, als es früher mög¬
lich w-ar, geschmückt werden. Auch die Bebauung der Flussufer
wird eine andere werden müssen: wahrscheinlich wird hier etwas
Aehnliches entstehen wie am Meeresufer in Neapel in der Villa
Nazionale. Auch diese war ja nicht seit dem Anfänge der Zeiten
da. Auch hier hat vorher, noch am Ende des vorigen Jahrhunderts,
ein öder Strand sich entlang gezogen, wie wir ihn noch heute an
gewissen Stellen unterhalb der Strasse Santa Lucia sehen.
Und drängt sich einem nicht gerade in Rom auf Schritt und
Tritt die Erwägung auf, die alle diese ästhetische Simpelei platt
zu Boden schlägt: in Rom ist ja zu allen Zeiten, unter den Kai¬
sern, wie unter den Päpsten, in der schonungslosesten Weise mo-
dernisirt w r orden! Was hat Nero, w'as hat Caligula, was hat
Caracalla und wie sie alle heissen, die grossen Bauherren, die
colossalen Verwüster und Erneuerer, was haben sie nicht alles ein¬
gerissen, dem Erdboden gleich gemacht, pietätlos beseitigt und
neu hergestellt? Du lieber Gott, da jammert man über die ver¬
schwundene Herrlichkeit der Villa Ludovisi, und es ist schon wahr:
schöner als das jetzige, zwar nicht üble aber doch eben „nur“ ge¬
sunde, wohnliche, luftige Bauviertel Ludovisi war schon die von
Nachtigallen durchsungene Waldesherrlichkeit, die sich an die An¬
lagen auf dem Pincio und an die Villa Borghese anschloss. Aber
bis in dieses Jahrhundert hinein sind noch ganz andere Umgestal¬
tungen in Rom vorgenommen worden, ohne dass Rom aufgehört
hat, eine Stadt zu sein, in der es sich gut leben und auch, wenn
das durchaus gewünscht wird, gut träumen lässt. Vergessen darf
| man aber auch nicht, dass es mit diesen schönen „Villen“, das
I heisst mit ihren Gartenanlagen, in Rom so eine Sache war und
! i e ider noch ist. Wieviele gerade der schönsten Parks sind dem
I Publikum dauernd verschlossen oder doch nur sehr spärlich geöff-
! net! Was nützt z. B. die Villa Albani der Stadt oder den Frem¬
den^ da sie seit zwei Jahren vollständig unzugänglich geworden
ist? Und mit der Villa Doria Pamfili, gewiss einer noch schöneren
Anlage als die Villa Ludovisi, steht es kläglich genug in Bezug
auf die dem Publikum gewährte Zeit des Besuchs.
Dazu kommt, dass die städtische Verwaltung ihre Pflicht,
Ersatz für das von ihr im Interesse der Gesundheit und Wohn¬
lichkeit Vernichtete zu schaffen, fühlt und nach Möglichkeit zu er¬
füllen bestrebt ist, fast über ihre finanziellen Kräfte hinaus. Wer
den wunderherrlichen Spaziergang an den Abhängen des Mons
Janiculus gemacht hat, einen Weg, der sich durchaus mit dem
auf Pincio messen kann, ihn an Pracht der Fernsichten noch über¬
trifft, der vergesse nicht, der Stadt zu danken für die erst in
neuester Zeit hergerichtete Passegiata Margherita, durch die der
Janiculus bis zu dem Kloster von S. Onofrio eigentlich erst ein
bequemer Spaziergang geworden ist, ohne von seiner Schönheit
etwas eingebüsst zu haben.
Das neue Bauviertel, das auf der Stelle der ehemaligen Villa
Ludovisi entstanden ist, hat den Ton angegeben für die häusliche
Einrichtung Roms, und in dem Maasse, wie die dortigen Einrich¬
tungen allgemeiner nachgeahmt werden, wird Rom eine saubere Stadt
und eine gesunde Stadt werden. Die stetig sinkende Mortalitätsziffer
’ beweist schlagend, dass vom Standpunkt desHygienikers überhaupt gar
kein Zweifel bestehen kann: Rom tritt ein in die Reihe der gesunden
Städte. Den Mittelpunkt jenes Viertels bildet das imposante Palazzo
Piombino, in dem sich jetzt die früher unter dem Namen Ludovisi
bekannte unvergleichliche Statuensammlung befindet.
Der grosse Reichthum Roms an prächtigem Quellwasser kam
früher, zu der Zeit, als die Aesthetiker noch allein ihre Freude
an der Stadt hatten, eigentlich nur für das Auge zur Geltung. Ja,
sie waren schön und sind heute noch ebenso schön; 1 denn an
sie hat niemand die Hand gelegt, die Fontana Trevi, die
Acqua Paola auf dem Janiculus, die vielen herrlichen Brunnen
auf Piazza Barberini, Navona, Termini u. s. w. Aber wie stand
es früher mit der Wasserherrlichkeit im Innern der Häuser?!
Wo gab eseineWasserleitung, wo ein Wassercloset, diesesWahrzeichen
der modernen Cultur und ganz gewiss nicht ihr schlechtestes? Es
war vielleicht sehr idyllisch, als der Nachtstuhl noch die römische
Welt im innersten regierte, und es liest sich ja sehr belustigend,
was Vis eher in „Auch Einer“ darüber erzählt; aber ich möchte
fast meinen, auch der eingefleischteste Gemütlichkeitssimpel und
Aesthetikfex zieht für den allerpersönlichsten Gebrauch das Wasser¬
closet mit seiner Prosa der Poesie des Nachtstuhls vor. Das
Wassercloset aber ist jetzt in Rom fast zur Alleinherrschaft ge¬
langt, auch in den Quartieren der ärmeren und ärmsten
rung. Es geht damit genau so wie zum Beispiel in Berlin: Woh¬
nungen ohne Wasserleitung bleiben einfach unvermiethbar, und die
Wirthe werden durch den Eigennutz gezwungen, oft mit grossen
Opfern die neue Anlage zu machen. Freilich, das Badezimmer
ist in Rom noch eine sehr seltene Erscheinung. Aber in dieser
Beziehung wird gerade das Quartier Ludovisi bahnbrechend wirken.
In den dort errichteten „hochherrschaftlichen“ Häusern giebt es
durchweg Badezimmer, und auch in der. neu erstandenen Via
Nazionale rührt es sich schon tüchtig in dieser Beziehung. I ur
den wahren Schönheitsfreund, der sich keine echte Schönheit vor¬
stellen kann ohne Reinlichkeit, wie es denn keine schmutzige
Schönheit giebt, die auch in der Nähe sich als Schönheit bewährt,
wird die Entscheidung über die Frage leicht sein, ob es besser
war, die Villa Ludovisi zu erhalten oder durch ihre Aufopferung
in Rom die Aera der Badezimmer einzuführen?
In Rom sollte einmal ein Hygienikercongress, nur ein
solcher, stattfinden! Freilich mit einem ganz, ganz andern Oomi
als diesem unaussprechlichen. Ich wüsste keine einzige Stadt, ie
dem Hygieniker so viel an staunenswerten Gesundungseinrichtunge
vorzeigen könnte, wie gerade Rom. Und wie interessant muss e
das Studium der Maremmen-Frage, der Gesundheitsverhältnisse
der Campagna di Roma für den Fachmann sein! Aber dazu ge¬
hörte vor allem eine Gesundung der amtlichen römischen VVe ,
die in diesen Tagen eine Unfähigkeit, eine Zerfahrenheit und noc
viel Aergeres aufweist, die sich dreist mit der ehemaligen paps -
liehen Misswirtschaft in die Schranken stellen könnte. Doch a^
von und noch von einigem Andern, was diesen Congress so schaimer
haft interessant machte, das nächste Mal. K •“*
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12. April.
DEU TSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
345
IX. Referate und Kritiken.
K. V. Bardeleben und H Haeokel, Atlas der topographischen
Anatomie des Menschen Für Studirende und Amte. 128
grösstentheils mehrfarbige Holzschnitte und eine lithographische
Doppeltafel mit erläuterndem Text. Gr. 8 . Jena, G. Fischer, 1894
Ref. Waldeyer (Berlin).
Der von K. v. Bardeleben und Dr. Heinr. Haeekel heraus-
gegebene Atlas der topographischen Anatomie wird, wenn verstän-
d.g benutzt sehr vortheilhaft wirken und eine Lücke in unseren
f U r den Unterricht bestimmten Veröffentlichungen in anerkennens
werther Weise ausfullen. Wie die Verfasser selbst in der Vorrede
hervorheben, wollen sie mit ihrem Werke nicht die Stelle eines
Lehrbuches der topographischen Anatomie vertreten Es fehlte
aber m der deutschen medicinisehen Litteratur ein topographisch-
anatomischer Atlas m handlichem Format, welcher wesentlich die
Bedürfnisse der Praxis berücksichtigt und durch die Art und Weise
semer Ausführung eine rasche und sichere Orientirung gestattet
Vollen Nutzen, ohne Schaden, wird der vorliegende Atlas daher
dem Praktiker und dem klinisch geschulten Studirenden höherer
Semester bringen, der seine topographisch-chirurgische Anatomie
m den betreffenden Vorlesungen, im Fräparirsaale und aus richtigen,
umfassenden Lehrbüchern schon gelernt hat, aber einer Auffrischung
semer Kenntnisse durch Anschauung bedarf, die er sich doch nicht
i ede L A “ g ? nbllck ,. an Präparaten verschaffen kann. Hierfür ist in
der That der vorliegende Atlas recht geeignet. Die grösste Zahl
der Figuren, welche meistens nach Originalpräparaten gezeichnet
^l°^ Tef A 1C T g f lu ?^ en und wirkt s <*r gut orientirend.
.Thprcühtii f Ue w e I eX giehtin seiner knappen klaren Fassung
ßn!! h | L daS Wichtigste. Verkehrt wäre es aber, wenn An-
daraus riiA U ?™n’ S1 °n* d A ieSem Buche be £ nü £ en zu können, um
daraus die topographische Anatomie zu erlernen, und deshalb ver-
Ifrtn 1 r^ eh f ndere Stl,diei1 bei Seite Hessen, das Buch als
auch ^hprl?h H e Tr be r nutzend ; Dies begünstigen wollten aber
Sn h d A 6 Ver f asser mch L wie sie es ausdrücklich hervor-
a- bas ® ndei !S gelungen möchten wir die meisten der Figuren
HefertL d ^Rliiff XfcreTnita ! 0T1 betreffen ’ und die ™n Prof. Ziehen ge-
~ zur ^P^aphischen Anatomie des Centralnerven-
^stems beze chnen Wir dürfen indessen nicht verschweigen, dass.
Ml Abbl] du n gep, d i? zum ersten male erscheinen, der
mir mtp? P flegt ’ aucb bler .Lapsus“ verblieben sind. So will
die Slw a ^ eren - l lg ‘ 2 nicht 8onderlicb gefallen; es sind z. B.
g6 , trennt ’ die Genioglossi scheinen mitten im I
fich zu g ? 7 l ZU e . nden ’ di . e Mylohyoidei verdünnen 1
HorizontaUtpii na<dl de ~ Fi .g- 9 hätten wir in der
be S se r weSnrl Ung f/ unscht ; in Fig - 11 hätte das Labyrinth
klärune- Ä ? können. Nicht richtig ist es, wenn in der Er-
t dfr Arfjrt 16 f S ^ ZF d ’ dass die Vena facialis anterior
sondera mH %*' 17 zeigt das z - B - auch aicht,
Vene unr^w . rlchtlg> ® Verhältnis zwischen der genannten
das ManubriL A ^ ena ® axillaris externa - Li Figg. 31 und 32 ist
springe dort «in nf etwas seltsamer Weise gezeichnet, als
SflSus Ar f Blase 7 0r - In Fi &- 58 verläuft der Ramus
weichend de / den tiefen Bo ^ en ^den hilft, ab-
profundus nervPT 0 ^ 1 ^ 611 . ^ erba i ten und nicht mit dem Ramus
Erläuterung dAr fl U ,^ a p« S, i lm Text gesagfc ist; es häfcte in der
z. B in dem T« Bö( r ksi ? bt genommen werden müssen, wie es
H D?et;i !!f SChe Buche J’ P-.121, bei Fig. 38 geschehen
hätte besser we^lf * S m f 1 .^ 99 mit der Vena fe moralis darin
semimembmnnlf k?m ? en -, kbnnen ’. und die Sehne des Musculus
der Muskeln Hph p* b l e * bx wob l zu lange in Begleitung
weiteren AufWpTi ä ?. seXu ? se8 - Hun, dieses und anderes kann bei
leicht verbessert wdem tre ffüchen Buche gern wünschen,
Werke das vorD-« B t ganzen haben die Verfasser mit ihrem
gehen wenn iVh Zlel erreicht ’ und denke ich nicht fehl zu
Theilnahme än ZI dayoa auch einen günstigen Einfluss auf regere
df™ Studium der topographischen Anatomie bei
unserem ärztlichen PubHkum\erspreZ
G U * 8 ® r ® Kör Perform i
Rpriir, 7'TTTT, liJDUUim im Lichte der modernen
lm ’ Carl Habel. Ref. Eugen Dreher (Berlin).
und 8 iharfZr,iS S 4 n ? eil J Rr0 , chure S eisselt der ästhetisch geschulte
in ebenso herber „H Ut ° r ^ le 'Ausgeburten der „modernen“ Malerei
daran gelegen garecbter Weise. HauptsächHch ist ihm aber
nicht, wm sie zu liefern, dass die modernen Maler,
Hapten, naturo-At™ beso 1 nd eren Lobe ihrer Werke beständig he¬
rbster Weise t? sondern dass sie sogar vielfach in
“dt krankhafter u besetze der Natur verstossen, weü sie
u “d Widerliche f»r ix® gerade das Hässliche, das Abstossende
Wir nrüel f l. W ^. a ? s S eben -
dem Verfasser so gut gelungen ist, dass alle Kenner von Kunst
und Natur, die noch nicht dem Zeitgeschmäcke ihr gesundes Urtheil
geopfert haben, den Deductionen des künstlerisch gebildeten Natur¬
forschers beipflichten müssen, der namentlich an den Gesetzen der
menschlichen Gestalt die Abgeschmacktheiten aufweist, zu denen
die modernen Maler greifen und greifen müssen, wenn sie in ihren
Gemälden die menschlichen Körperformen interessant zu machen
glauben.
Es würde hier zu weit führen, wollten wir auf alle die an¬
regenden Einzelheiten eingehen, welche die Brochure in klarer
Sprache und lichtvoller Darstellung enthält. Wir müssen uns
bei Mangel an Raum darauf beschränken, hervorzuheben, dass u. a.
physikalische, physiologische und psychophysiologische Probleme
der Malerei ventilirt werden, um an ihnen zu zeigen, wie wenig
die modernen Maler die Natur beobachten, um ihre Er schoinungs-
seite — denn diese hat der Maler allein zu berücksichtigen —
wahrheitsgetreu wiederzugeben. Besonders wird an der mensch¬
lichen Gestalt erörtert, wie sehr die heutige Malerei sich an
derselben versündigt, indem sie von den Gesetzen nichts wissen
will, die den menschlichen Körper mit den Reizen der Schönheit
schmücken, sondern nach Missgestalten sucht, um diese Ab¬
weichungen vom Gesetzmässigen als charaktervoll und naturwahr
liinzustellen.
In der modernen Malerei finden wir so keinen eigentlichen
„Naturalismus“, sondern, wie ich es nennen möchte, eine
„Kakomanie“, d. h. die krankhafte Sucht, das Hässliche, das
Widerwärtige für allein natürlich und charakteristisch zu halten
und es zum Gegenstände ästhetischer Anschauung und Betrachtung
zu machen.
Aber die Brochure ist auch reich an feinsinnigen, wie an
scharfsinnigen Bemerkungen über Gegenstände, die nicht in un¬
mittelbarem Zusammenhänge mit der Malerei stehen. Auch in be¬
treff der modernen Dichtung und Philosophie finden wir manches
kritische Urtheil, das um so angenehmer berührt, als es das
selbstständige Denken des Autors in einer Zeit beweist, wo der
Autoritätsglaube fast auf allen Gebieten seine schlimmsten Blüthen
treibt.
Als Menschenkenner offenbart sich der Autor dadurch, dass
er sich unumwunden dazu bekennt, der modernen Malerei eine
Zukunft zuzusprechen, da der gute Geschmack und das scharfe
Urtheil auf den meisten Gebieten so gesunken ist, dass an eine
schnelle Hebung dieses Verfalles keineswegs zu denken ist. So
erklärt denn auch der Autor: „Die Zeit wird sich erfüllen —
und in einer Generation, die sich für Ibsen, Björnson, Strind-
berg begeistert und Nietzsche’s an Wahnsinn streifender Philo¬
sophie das wärmste Interesse entgegenbringt, ist ein allgemeiner,
zeitweiliger Triumph der secessionistischen Malerei keineswegs aus¬
geschlossen.“
Nur das Endurtheil, demzufolge Fritsch sowohl Gabriel
Max, wie vor allem Böcklin viel zu hoch über die „Modernen“
(Franz Stuck, Heine, Uhde, Skarbina u. s. w.) stellt, nach¬
dem er diesen Künstlern im Anfänge seiner Brochure ihren rich¬
tigen Platz in der Kunstgeschichte angewiesen hat, können wir
nicht unbedingt unterschreiben. Dieso Ueberschätzung trübt unseres
Erachtens ein wenig das sonst so freie Urtheil des Verfassers, der
im übrigen im echt Schiller’schen Geiste der Wahrheit und der
Schönheit das Wort redet, unbekümmert darum, ob seine freie
Sprache nicht hier und da Anstoss erregte — wie es ja auch
nach den ihm zu theil gewordenen zahlreichen Erwiderungen be¬
sonders aus Künstlerkreisen thatsächlicli der Fall war.
Otto Binswanger, Die pathologische Histologie der Qross-
hirnrinden-Erkrankung bei der allgemeinen progressiven
Paralyse mit besonderer Berücksichtigung der acuten und
Frühformen. Jena, Gustav Fischer, 1893. Ref. Lewald (Lich¬
tenberg b. Berlin).
An der Hand von 21 klinisch und anatomisch sehr genau
untersuchten Fällen kommt Binswanger zu Schlussfolgerungen,
die auszugsweise im Nachstehenden wiedergegeben werden: Die
typischen Fälle der allgemeinen progressiven Paralyse beruhen
anatomisch betrachtet auf chronischen, diffusen, atrophisch-degene-
rativen Veränderungen der functionstragenden Rindensubstanz.
Dieselben betreffen wahrscheinlich in erster Linie die feinsten, mit
unseren jetzigen Hülfsmitteln an den pathologischen Objecten nicht
mit genügender Deutlichkeit darstellbaren markhaltigen und mark¬
losen Nervenendausbreitungen, gehen aber schon im Anfaugsstadium
der Erkrankung auf die mittels der Markscheidenfärbung nach¬
weisbaren markhaltigen Nervenfasern und auf die Ganglienzellen
über. Schon in den Frühstadien der Erkrankung finden sich die
Folgeerscheinungen dieser Gewebsschädigungen an den Blutgefässen
deutlich ausgeprägt. Die venöse Blutgefässbahn ist überall hoch-
IWUm , . uouwitu vcnuiso .1
wunden eingestehen, dass dieser Nachweis | gradig erweitert und prall mit rothen Blutzellen gefüllt. Line
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15
346
wesentliche Vermehrung der weissen Blutzellen ist innerhalb dieser
Gefässe nicht vorhanden. Die Gefässwand unterliegt ebenfalls schon
frühzeitig regressiven Veränderungen, welche besonders die Arte-
riolen und Capillaren betreffen und den Charakter der hyalinen
Degeneration besitzen. Zu gleicher Zeit spielen sich active repa-
ratorische Vorgänge an der Endotheladventitia der Gefässe und
zwar in erster Linie an den Venen ab, welche in einer Verdickung
dieser Häute und Wucherung der endothelialen Kerne bestehen.
Ein Theil dieser Gewebsneubildungen unterliegt im weiteren Ver¬
laufe der Erkrankung ebenfalls der hyalinen Degeneration. An
anderen Gefässen greifen späterhin die Proliferationsvorgänge auf
die eigentliche Gefässwand über und führen zu streifigen Ver¬
dickungen und Kernvermehrungen dieser letzteren. Das Lumen
der Gefässe wird dadurch verengt; völlige Obliterationen der Ge¬
fässe, wie sie an alten, im terminalen Stadium verstorbenen Fällen
zahlreich beobachtet werden, sind in den Frühstadien nicht nach¬
weisbar. Eine Neubildung von Gefässen konnte weder an frischen,
noch an alten Fällen mit genügender Sicherheit festgestellt werden.
Das intra- und extraadventitielle Saftbahnsystem ist schon in
frühen Stadien der Erkrankung in ausgedehntem Maasse erweitert.
Bei weiterem Bestände des Leidens treten zu den genannten Ver¬
änderungen wahre entzündliche, d. i. exsudative Vorgänge hinzu,
welche sich klinisch nicht selten durch Fioberbewegungen, Zustände
von Somnolenz, cortico-motorische Reiz- und Lähmungserscheinungen
(paralytische Anfälle) auszeichnen. Erfolgt der Tod in einem solchen
acuten Schube, so finden sich im intra- und extraadventitiellen
Saftbahnsystem kleinzellige Anhäufungen in ausgedehntem Maasse.
Doch muss hier bemerkt werden, dass keineswegs alle sogenannten
paralytischen Anfälle in dieser Weise anatomisch begründet sind;
vielmehr muss angenommen werden, dass auch Hirndrucksehwan-
kungen allein, welche durch den behinderten Abfluss der im ver¬
mehrten Maasse die Saftbahn des Gehirns erfüllenden lymphatischen
Flüssigkeit hervorgerufen werden, die Ursache paralytischer An¬
fälle darstellen. Es wird dies um so leichter geschehen, je inten¬
siver die cortiealen Functionen durch den diffusen Gewobssehwund
geschädigt sind. Eine wichtige Rolle bei der Weiterontwickelung
des Leidens spielt die Betheiligung der Leptoineninx an dem
Krankheitsprocesse. In den Früh formen ist die Pia mater über
der Convexität nur in geringem Maasse (und nur auf vereinzelte
Stellen des Stirnhirns beschränkt) verdickt und mit zahlreichen
endothelialen Kernen besetzt. Regelmässig aber zeigt sich die oben
erörterte Verdickung und Kernvermehrung der Endotheladventitia
an den in die Rinde einstrahlenden Gefässen. Die hyperplastischen
Vorgänge an der Pia sind mit grösster Wahrscheinlichkeit als eine
Fortpflanzung der endothelialen Wucherung von der Gefässscheide
auf die Endothelmembran aufzufassen. — Die sog. acuten gallopi-
renden Formen der Paralyse unterscheiden sich nicht durch einen
besonderen Befund von der typischen Form der Paralyse. Sie
zeichnen sich nur durch ein rascheres Fortschreiten der Krankheits¬
vorgänge aus. Sowohl die degenerativen, als auch die reparatori-
schen Vorgänge gewinnen eine raschere und diffusere Ausbreitung.
In einem Theil der Fälle erfolgt, der Tod auf Grund der durch den
stürmischen Krankheitsverlauf bedingten klinischen Erscheinungen,
bei welchen heftigste motorische Erregung, mangelnde Nahrungs¬
aufnahme, Entkräftung, Bronchopneumonie, Intestinalkatarrh u. s. w.
die Hauptrolle spielen. Ausgebreitete exsudative, d. i. wahre ent¬
zündliche Erscheinungen können dann ganz fehlen. In einer an¬
deren Reihe von Fällen sind dieselben aber in ausgeprägtem Maasse
vorhanden. Sowohl bei den typischen, chronisch verlaufenden, als
auch bei den gallopirendon Fällen betrifft der diffuse Krankheits-
process in erster Linie das Stirn- (einschliesslich der Insel) und
Scheitelhirn und greift dann auf den Schläfen- und Hinterhaupts¬
lappen über. Eine frühzeitige, ausgedehntere Betheiligung des
Hinterhauptslappens ist von dem Autor nicht beobachtet worden.
X. Journalrevue.
Mikroorganismen und Aetiologio der Infeetions-
krankheiten.
Roux et Vaillard, Contribution ä l’6tude du tötanos.
Annales de l’institut Pasteur 1898, H. 2.
In den einleitenden Bemerkungen zu ihrer Abhandlung referiren
"Verfasser zunächst kurz über die vor allem von Behring und
Kitasato gemachten Beobachtungen und betonen die Wichtigkeit
ihrer Versuche ^ über die Möglichkeit einer Immunisirung von
Thieren gegen Tetanus, über die antitoxische und immunisirende
Wirkung des Serums solcher Thiere und über den heilenden Ein¬
fluss desselben bei bereits ausgebrochener Erkrankung. Ihre eige¬
nen, auf alle diese Fragen sich erstreckenden sorgfältigen und ein¬
gehenden Untersuchungen liefern manche Ergänzung der von jenen
erhaltenen Resultate. Zur Immunisirung der Thiere wenden sie
eine andere Methode an als Behring. Sie filtriren 4—5 Wochen
alte Bouillonculturen durch Thonfilter und benutzen das klare bac-
terienfreie Filtrat zu Injectionen, nachdem sie ihm durch Zusatz
von etwas Jod seine schädlichen Eigenschaften genommen haben.
Die Wirkungsweise des Jod ist dabei unaufgeklärt. Durch Injection
steigender Dosen erzielen sie hohe Grade von Immunität und Heil¬
kraft des Serums. Die antitoxische Eigenschaft des Blutserums
immunisirter Thiere macht sich dadurch geltend, dass es die Toxine
filtrirter Culturen unwirksam macht. Es scheint, als ob beide Sub¬
stanzen sich gegenseitig zerstören. : Die Menge der Toxine, die
durch das Serum vernichtet werden, ist eine beschränkte. Die
antitoxische Eigenschaft des Serums kann schon ausgesprochen sein,
während seine immunisirende noch gering ist, so dass es zwar die
gleiche Quantität der Toxine im Reagenzglas vernichtet, aber gegen
dieselbe Menge ein Thier noch nicht immun macht. Die durch das
Serum immunisirter Thiere bei anderen hervorgerufene Immunität
bezeichnen Verfasser im Gegensatz zu Behring als vergänglich,
während die durch Toxine hervorgerufene dauernd ist. Die anti¬
toxische Eigenschaft ist vor allem gebunden an die flüssigen
Bestandtheile des Blutes und der Gewebe, die zeitigen Elemente
der Organe kommen jedenfalls weit weniger m Betracht. Wird
durch Aderlass Blut entzogen, so stellt sich in dem regenenrten
Blut die antitoxische Eigenschaft auch wieder her. Ueber die
schützende Fähigkeit des Serums stellten Verfasser an solchen
Thieren Versuche an, denen Toxine injicirt wurden, und an solchen,
denen Tetanusculturen oder bacillenhaltige Holzsplitter beigebracht
worden waren. Die Resultate sind in beiden Versuchsreihen nicht
gleich. Am günstigsten fielen sie in der ersten Gruppe aus. Es
gelingt mit dem Serum, wenn es vor den Toxinen injicirt wurde,
auch bei Anwendung geringer Mengen sehr leicht, Thiere gegen
das Gift zu schützen. Auch die gleichzeitige Injection hat Erfolg,
insofern zwar ein lokaler Tetanus sich einstellt, das Thier aber im
übrigen nicht erkrankt. Wird die Behandlung erst nach der
Vergiftung eingeleitet, so ist für das Resultat die inzwischen ver¬
flossene Zeit maassgebend. Je rascher also die Injection der In-
toxication folgt, desto besser sind die Aussichten. Die Mengen
des zur Anwendung gelangenden Serums müssen aber grösser sein
als in jenen Fällen. Ueber einen nach der Individualität der Thiere
und nach dem Ort der Injection wechselnden Zeitpunkt hinaus kann
eine Heilung nicht mehr erzielt werden. Noch weniger günstig
sind die Ergebnisse bei Anwendung lebender Bacillen und Sporen,
die entweder unter Hinzufügung der die Keimung begünstigenden
Milchsäure oder eines in gleicher Weise wirkenden Coccus sub-
cutan, oder an Holzsplittern haftend intermusculär applicirt
wurden. Auch hier hängt das Resultat von der Menge des Serums
und der Zeitdauer nach der Infection ab. Rasch verlaufender
Tetanus giebt schlechte Erfolge, langsam verlaufender bessere, aber
die Heilung ist, insbesondere bei Anwendung von Holzspittern, mch
immer dauernd, der Tetanus kann nach scheinbarer Beseitigung
wieder ausbrechen. Durch Entfernung des localen Proce-sses
mittels Beseitigung des Holzstückchens kann aber die Heilung
dauernd werden. In einer weiteren Versuchsreihe prüften Vertasser
die heilende Wirkung des Serums bei bereits ausgebrochenem, durc
Toxine oder Bacillen hervorgerufenem Tetanus an Mäusen, Meer¬
schweinchen, Kaninchen und Hammeln. Die Resultate sind
zufriedenstellend. Von 43 nicht behandelten Thieren starben o ,
von 83 behandelten 73. Der Unterschied ist also se ^ r ,.£ erlIl ^j
Das Tetanusgift hat den Organismus schon zu sehr geschädigt, un
so verläuft die Krankheit meist letal, obgleich sich das Serum e
erkrankten Thiere schon wenige Minuten nach intraperitoneal ^
Einverleibung des Heilserums antitoxisch und immunisirend er¬
wies. In weniger schweren Fällen hatte die Injection eine
Leben verlängernde Wirkung. In einem letzten Abschnitt bene n
Verfasser über sieben eigene Beobachtungen von menschlichem m
Serum behandeltem Tetanus. Es gelangte sehr wirksames ^f iu
in Mengen bis zu 400 ccm im einzelnen Falle zur Anwendung.
Erfolge wurden aber nicht erzielt. Zwar blieben von den sl , e
Kranken zwei am Leben, aber hier handelte es sich um . c .
Fälle, die, wie Verfasser angeben, auch ohne Serum bei J®
anderen Behandlung geheilt sein würden. Aber diese Kesu a
dürfen nicht als entscheidend angesehen werden, da die oerum
behandlung zweifellos eine rationelle Therapie darstelle. > ei 7 as .
meinen daher, dass es vor allem auch beim Menschen aut ei
möglichst frühzeitige Einleitung der Behandlung ankommt, a "
die auch bei ihm festgestellte und sehr rasch nach den Inj ec o
eintretende antitoxische Eigenschaft des Serums zur Wirkung g
langen kann. Die Beseitigung des primären Krankheitsheer
darf dabei nicht versäumt werden. Verfasser betonen schliess ,
dass man grosse Mengen injiciren und dass man vor allem J
danach trachten soll, möglichst kräftiges Serum zu
Sie schlagen vor, in Fällen von Verwundungen, an die sich le
anschliessen könnte, als Präventivmaassregel einige Cubikcentim
Serum zu injiciren, da diese zur Immunisirung genügen, wanr
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12. April.
nach ausgebrochener Krankheit auch grosso Mengen nicht mehr aus
reichen - -- Ribbert (Zürich).
XI. Standesangelegenheiten.
Ueber das Yerhältniss der Aerzte za den Lebens-
versicherongsgesellschaften.
Von Dr. Henius in Berlin.
Auf dem Aerztetage in Eisenach im Jahre 1874 wurden auf Grund
v°n Verhandlungen, die zwischen den damaligen ärztlichen Delegirten und
den Vertretern ron 20 Lebensversicherungsgesellschaften gepflogen worden
waren, nach sehr lebhaften Debatten r folgende Thesen angenommen die bis
jetzt ziemlich allgemein als Normen für den Verkehr zwischen den Ver
Sicherungsgesellschaften und den Aerzten gegolten haben*
Der deutsche Aerztevereinsbund empfiehlt den ' Aerztevereinen
folgende, nnt dem Verein Deutscher Lebensversicherungsgesellschaften in
gemeinschaftlicher Versammlung zu Eisenach am 10. Juni 1874 verein
barten Beschlüsse: '
„I. Die Ausstellung von hausfirztlichen Attesten für Lebens¬
versicherungsanstalten wird nicht verweigert, dieselbe erfolgt vielmehr
wenn den nachstehenden Bedingungen entsprochen wird* ’
, 1 V D u er Versichemngscandidat muss die Erklärung schriftlich abge¬
geben haben dass er die Aerzte, welche ihn behandeln oder behandelt
haben, ermächtigt, der Vereicherungsanstalt über alle Punkte, deren Er-
örtarung mit Bezug auf seinen Gesundheitszustand der Anstalt wtinschens-
werth erscheint, volle und rücksichtslos offene Auskunft zu geben dass
er auch die Versicherungsanstalt ermächtigt, diese Auskunft selbst und
direkt von den Aerzten beizuziehen.
. , 2 • Dem /'*£> welcher um ein hausärztliches Attest angegangen
mrd, muss die Zusicherung gegeben werden, dass der Versicherungs-
candidat die unter 1 erwähnte Ermächtigung ertheilt hat 8
r Das des häusärztlichen Attestes soll hauptsächlich auf
bezügliche Fragen enthalten. Die Ausstellung eines solchen
erfordert keme vorgangige Untersuchung des Clienten
4 Die hausärztlichen Atteste dürfen nicht durch die Agenten der
J on . de “ Arzte eingefordert werden, sondern sind
8e i ) l t ei ? T zufo r de m und werden von dem Arzte direkt
über8 ® ndet - h 1 ? die von den Anstalten zu beobachtende
Wtal, 011 « Zl i a Wahr A n, d durfe n ^ bausärztlichen Atteste weder den
j 6m Antragsteller, noch dem Vertrauensärzte der Anstalt
d . e s Arztes mitgetheilt werden. Indiscretionen von Seiten
^n L l b n w rS1Cher ^ gSg€>Sel ? chaft beziehentlich von Agenten derselben
«erden zur Warnung des ärztlichen Publicums veröffentlicht.
direkt*’nnTi ^ die Atteste bezahlt die Versicherungsanstalt
rondere LÜ a“”- S .\? U 1 t *? koine,n FaUe dem Versicherten he-
SÄ' J Atteste in Rechnung. Das Honorar be-
V^inlLng ü“en "*“* ** Reichsmark ° der wird der freien
des Verti e a^!f U ? g d " B<5<1 ‘ n i[ UI1 &™ filr die Erfüllung der Functiooen
freien Sl ^ einer Lebensversicherungsanstalt unterliegt der
ärztlichenTflä tZ6n i iSt ; wie J man sieht > das Hauptgewicht auf die haus-
T°i rde ^ und zwar waren Versicherungs-
weilmekem die sol "ber Beschlüsse hinzuwirkfn,
stellen hansärsrtiÜÜ 116 1 ereiae S1 ^b dahm entschieden hatten, das Aus-
GeseUschafte^ T^ 1, U b erh aupt abzulehnen, während für die
Atteste eine übera^? 1 ? 0 * deS Rl | 1C0S der Aufnahmen ohne solche
der Aerzte wL wnifi S(ihm ? n % 6 * ar - Für den ablehnenden Standpunkt
Beziehungen dL ZUmei . s 1 t Erwägung maassgebend, dass sie in allen
nicht die g Hand h,-lt^ r !i S tt!r. lllrer CIl . ente J, wahrzunehmen hätten und daher
etwaigen Hlehnnno- , dür ^f n zu em ® r Schädigung derselben, die in einer
Angaben «ÄS .f Antragstellers auf Grund der hausärztlichen
die Art dfs kantL k ?? n { e \ VleIen Aerzten widerstrebte auch
zwischen den ^ ^kehrs me sie sich, wenn auch nicht
zwischen den H 8 so chen und den Aerzten, so doch
fiel auch no?h iÄw Und den , Aerzten herausgebildet hatte. Ausserdem
Städten der Ant ! Waagschale diö Schädigung, der besonders in kleinen
oder auf dem Wotr« wai*, falls durch irgend eine Indiscretion
Attestes ein CS . Exclusion sich heransstellte, dass infolge seines
Von ärztlicher oSL ^ ZU J ^nschten Erledigung gekommen war.
volkswirthschaftlifhö « dab ? x niemals die ausserordentlich grosse
unterschätzt wurda nd humanitäre Wirksamkeit der Lebensversicherung
ßorgfölüge WbS, " IC ? mc . ht u dm hohe Bedeutung verkannt, die eint
sa nunelnden zu verlas«?»^ 68 .^b m den Archiven der Gesellschaften an-
mit sich bringt Wa« lgen plastischen Materials für die Wissenschaft
breitung der Lahano!! 111 a ? 8 dlesen Gründen die möglichst grosse Ver¬
ankerung genTC;Cl Slch T ng m immer weitere Schichten der Be-
die GeseUschSten Hif? P” 1 ?’ war man sich andererseits klar, dass
unfgabe betrachten ^ÜL lded ® n Zwecke durchaus nicht als ihre Haupt¬
gehen, gute Geschäfte dern ’ Wl t das begreiflich ist, vor allem darauf aus-
Gividenden zu n- machen nnd ihren Actionären möglichst hohe
gelungen, und man hL *? s lst ihnen auch iu überraschender Weise
Prosperität nicht übe! 8 ;!^ v™ , eme , r & ut geleiteten Gesellschaft, deren
auf deren sorgfälti^ar ,fj en » Zweifel erhaben dastände. Und die Aerzte,
deihen der Gesell«!?gewissenhafter Mitarbeit das gute Ge-
ju dieselben bis heuta^C ^ e ü ullt ’ , “» ihren materiellen Ansprüchen
f °ud« und die Vertat! P? 11 das Ansammeln grosser lieserve-
»chwden geblieben so wfi, beträchtlicher Dividenden bekannt sind, be-
m Stuttgart im Jahr« iMK lden ’ d . asa beispielsweise auf dem Aerztetage
BB5 ein Antrag des ärztlichen Bezirksvereins
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
347
ÄSi ä s »"ä tr-ES r?
äss ä sä* ä-sc Ä: a äs
sich aber mehr und mehr das Bedürfnis herausgesteUt r
f n Rreslau eine Commission ernannt, welche in Verbindung mit
Hi!?!^ 11 de A F Eebensversicherungsgesellschaften eine Vorlage für g den
d !?fJ? lm ^ r V Aorztetag m Eisenach (am 29. und 30. Juni) ^arbeiten
sollte. Diese Commission, welche ausser dem Vorsitzenden des Geschäfts
ansschusses Graf aus den Herren Professor Krabler (G«ifÄs'
? Mk ten ’ ? e i nz , G Leipzig) und Pi za (Hamburg) besteht hat am
März er. in Berlin getagt und zu der Verhandlung seitens der Ver-
Sicherungsgesellschaften die Herren Dr. Amelung-Stettin (Germanin)
Genkrath-Berhn (Nordstern), Heyl-Berlin (Preussischo Lebensvcr-
sicherungsactiengesellschaft) und Sydow-Lübeck (Deutsche Lebensver-
sicherungsgeseHschaft) zugezogen. Der Bericht über diese Sitzung ist
In FSLnflüm n ^ ZnUmmer deS , ä ^ tlich en Vereiusblattes veröffentlicht,
d 7 0l l en , WU * UnS , erIauben * die Beschlüsse der Commission
anzuführen und mit kurzen erläuternden und kritischen Bemerkungen zu
Ä en ' SoIlte Les ® r infolge dieses Referats sich veranlasst fühlen
Ä!?p erU f g8VOr i ch ^ 0 od ? r bezügliche Wünsche vorzubringen, so wird
Herr Professor Krabler dieselben gern entgegennehmen und wenn an¬
gängig, in semem Berichte an den lerztetag verarbeiten.
„1. Anstellung der Vertrauensärzte. Die Vertrauensärzte
den - Dir , ekti T\f g - eSte Ut’ nicht von den Agenten. Wird
rWpph«? de nT g dem L von Gesellschaft und Vertrauensarzt
(Wechsel oder Nebenanstellung anderer Aerzte'i beabsichtigt, so ist der
V ertrauensarzt seitens der Direktion zu benachrichtigen. Der Aerzteta<'
spricht die Voraussetzung aus, dass die Gesellschaften, so weit angängig, mir
Angehönge der ärztlichen Standesvereine als Vertrauensärzte anstellen ki
Eie Anstellung seitens der Direktion selbst liegt sowohl im Interesse
der Gesellschaften als auch entspricht sie allein der Würde des ärztlichen
btandes. Bisher ist es oft vorgekommen, dass Agenten aus ihrem Be¬
kanntenkreise Vertrauensärzte für die von ihnen vertretene Gesellschaft
äussuchten. Deu Agenten liegt natürlich hauptsächlich darau, möglichst
viele Versicherungen vollständig abzuschliessen. Hatten sie infolge der
gewissenhaften Untersuchung des Arztes eine oder mehrere Ablehnungen
von Candidaten erfahren, so trugen sie oft kein Bedenken, sich einen
mideren v ertrauensarzt zu erwählen, von dem sie annahmen. dass er bei
Beurtheilung der Aufnahmen weniger scrupulös Vorgehen würde. So
konnten die Aerzte in eino gewisse Abhängigkeit von Agenten gerathen
von denen manche nicht in jeder Beziehung reinlicli und zweifelsohne da¬
stehen. Em solches unwürdiges Verhältnis muss auf hören. — Bezüglich
eines Wechsels des Vertrauensarztes oder einer Nobe.nanstellung hegen
wir den Wunsch, dass die betreffende Mittheilung von der Diroktion
vorher geschehen soll. Uns ist ein Fall bekannt, dass einem Vertrauens-
arzte erst dann Mittheilung von seiner Absetzung gemacht wurde, als sein
Nachfolger bereits fest angestellt war. Abgesehen davon, dass die dem
Arzte schuldige Rücksicht bei solchem Vorgehen aus den Augen gesetzt
wird, ist ein Ankämpfen gegen den Beschluss der Direktion oder eine
etwa nothwendige Aufklärung derselben unmöglich oder ohne praktischen
Erfolg. — Nicht recht begreiflich ist es uns, warum nur Mitglieder der
ärztlichen Standesvereine als Vertrauensärzte angestellt werden sollen.
Wir wollen hierbei nur im Vorbeigehen erwähnen, dass einzelne Gesell¬
schaften überhaupt keine Vertrauensärzte anstellen, sondern den Candi¬
daten behufs Untersuchung die völlige freie Arztwahl zugestehen und
dass sie bei diesem Vorgehen gar keine schlechten Erfahrungon machen.
Es sprechen^ jedoch viele Gründe dafür, dass die Gesellschaften sich au
bestimmte Vertrauensärzte halten, aber warum sollen diese nur aus den
Staudesvereinen ausgewählt werden? Wenn man auch, wie Schreiber
dieses, ein grosser Anhänger des ärztlichen Vereinswesens ist, und wenn
man den Einfluss, welchen die Vereine in erziehlicher Hinsicht, in der
Beförderung der Collegialität, in der Belebung des Interesses an den
Standesfragen, zum Theil auch in wissenschaftlichen Anregungen ausüben,
nicht unterschätzt, so kennen wir doch eine ganze Reihe durchaus ehren-
werther und in höchster Achtung stehender Collegen, die theils aus per¬
sönlichen, theils aus principiellen Gründen, wegen Verstimmungen oder
wegen Meinungsverschiedenheiten in einzelnen Kleinigkeiten einem Ver¬
eine nicht beitreten oder aus einem solchen ausschoiden. Was geht das
aber die Lebensversicherungsgesellschaften an, und warum sollen diese ge-
nöthigt sein, eine Controlle über die Mitgliederlisten der Vereine auszu-
Uben, um zu sehen, ob ihre Vertrauensärzte, mit deren Thätigkeit sie
sonst allen Grund zur Zufriedenheit haben, oder solche Aerzte, die Ver¬
trauensärzte werden sollen, auch in diesen Listen aufgeführt sind? Wenn
sonst nichts gegen die betreffenden Aerzte vorliegt, so werden die Gesell¬
schaften lediglich aus diesem Grunde sich in ihren Entschliessungen kaum
beeinflussen lassen.
„2. Untersuchung im Hause. Da eine genaue ärztliche Unter¬
suchung (Kehlkopf-, Ohrenleiden, Urinuntersuchung etc.) nur im Hause
des Arztes möglich ist, muss, den Agenten gegenüber in viel schärferem
Maasse als bisher betont worden, dass die Untersuchung ausser dem Hause
des Arztes nur iu dringenden Fällen erlaubt ist.“
Gegen diesen Vorschlag wird sich kaum ein Widerspruch erheben,
doch würden wir einen Zusatz für angemessen halten, wonach in den¬
jenigen Fällen, in denen doch die Untersuchung in der Wohnung des
Aufzunehmenden oder des Agenten stattfindet, eine angemessene Erhöhung
des Honorars stattzufinden hat.
Die folgende These entspricht mehreren als dringend anerkannten
Wünschen:
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
348
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15
3. Formulare. Im Interesso der ärztlichen Untersuchung liegt es,
einheitliche Formulare herzustellen. Dieselben zerfallen in „Declaration
und vertrauensärztliches Attest, und zwar ist diese Trennung aus ver-
sicherungsteclmischen und juristischen Gründen geboten.
Im einzelnen zu fordern ist: a) Beseitigung alles überflüssigen bchreib-
werkes. — b) Alle die äusseren Verhältnisse des Antragstellers betreffenden
Fragen sind in dem eigentlichen Versicherungsanträge (Declaration 1) zu
erledigen. Derselbe ist dem Vertrauensärzte vor der Untersuchung vor¬
zulegen. - c) In der durch den Arzt aufzunehmendon Erklärung (Decla¬
ration II) sollen (abgesehen von der Feststellung der Identität) lediglich
solche Fragen beantwortet werden, welche sich auf die hereditären, sowie
auf die früheren und jetzigen Gesundheitsverhältnisse des Antragstellers
beziehen. — d) Die Untersuchung dos in Gegenwart des Arztes zu ent¬
leerenden Urins auf Zucker und Eiweiss ist m allen Fällen obligatorisch.
— e) Dem vom Vertrauensarzt am Schlüsse des Zeugnisses ausgesprochenen
Urtheil: „vollkommen günstig, günstig, zweifelhaft, ungünstig ist; in jedem
Falle eine kurze Motivirang beizufügen. — f) Bei einer vom Urtheil des
Vertrauensarztes abweichenden Entscheidung seitens der Gesellschalt ist
dem Vertrauensarzt mit kurzer Motivirang Mittheilung zu machen.—
g) Die am Schlüsse der Zeugnisse vorgedruckte Versicherung des Ver¬
trauensarztes, dass er nach Pflicht und Gewissen gehandelt etc., hat fortan
wegzufallen.“
Eine grössere Mannichfaltigkeit als diejenige, welche in den jetzigen
Fragebogen der verschiedenen Anstalten zu finden ist, lässt sich kaum
denken. Fast eine jede hat oin eigenes Formular, und in einzelnen derselben
erreichen die Fragen die Zahl 65. Wenn man eine solche Menge Ant¬
worten zu geben hat, so wird das Gcsammturtheil dadurch nicht geklärt,
sondern weit mehr verwirrt und unsicher gemacht. Alle Fragen können
in solchem Falle auch nicht mit der nöthigen gleichmässigen Gründlich¬
keit erledigt werden, bei manchen (z. B. nach dem Quantum der täglich
eingenommenen Getränke) ist eine richtige Beantwortung seitens des
Arztes überhaupt unmöglich. Manche Punkte kommen nur deshalb zur
Erörterung, damit vom Arzte in gewissem Sinne eine Controlle ausgeübt
wird über die Richtigkeit der vom Agenten geschehenen Ausfüllung der
Declaration I, welche dem Arzte vorgeiegt werden muss. Eine solche
Belästigung wird überflüssig, wenn die Gesellschaften nur solche Agenten
anstellen, die wirklich imstande sind, die von ihnen verlangte Declaration I
sachgemäss zu erledigen resp. deren Ausfüllung zu überwachen. — Es
wäre von grossem Vortheile, wenn es sich ermöglichen Hesse, ein einheit¬
liches Formular für sämmtliche Versicherungsgesellschaften einzuftthren,
und bei einigem ernsten Wollen und Nachdenken wird sich das durchführen
lassen. Wir halten es für selbstverständlich, dass an den betreffenden
Berathungen neben Vertretern der Lebensversicherungsanstalten auch
mehrere im Versicherungswesen erfahrene Aerzte theilnehmen. — Dass
der Vertrauensarzt sein Endurtheil kurz motivire, scheint uns im Inter¬
esse der Anstaltsdirektionen gerechtfertigt, da sie einem solchen kurzen
Endurtheil vielfach mehr werden entnehmen können, als der detaillirten
Beantwortung der einzelnen Fragen, die im allgemeinen eher für den Fach¬
mann berechnet ist; ebenso ist es von grossem Werthe, dass die Direktionen
ihre abweichende Entscheidung mit oinigen Worten begründen, da dadurch
manche Verstimmung im Keime erstickt, manches Missverständniss und
mancher Irrthum noch rechtzeitig aufgeklärt worden kann. — Endlich
sind wir auch damit einverstanden, dass die Schluss Versicherung vom
„besten Wissen und Gewissen“ fortfiült. Dieselbe stammt noch aus der
Zeit, als bei allen amtlichen Schriftstücken der geschraubte Curialstil ge¬
bräuchlich war; sie hat jetzt gar keinen Werth, zumal es selbstverständ¬
lich ist, dass jeder Arzt, ebenso wie jeder andere anständige Mensch, der
mit seiner Namensunterschrift etwas bezeugt, dabei nur nach seinem besten
Wissen handelt.
„4. Es ist den Agenten strengstens zu untersagen, von den ihnen
zwecks Uebermittelung an die Direktion übersandten Attesten Einsicht
zu nehmen. — Andererseits sind die Vertrauensärzte verpflichtet, von
dem Ergebniss der Untersuchung weder dem Untersuchten, noch dem
Agenten Mittheilung zu machen. — Auch von der Direktion dürfen Mit-
theilungen Uber den Inhalt der vertrauensärztlichen Zeugnisse weder dem
Agenten, noch dem Untersuchten gemacht werden.“
Dass vollständige Discretion über das ausgestellte Attest gewahrt
werden muss, ist eine alte, wohlbegründete Forderung, über deren Nicht¬
befolgung namentHch in früheren Zeiten mehrfach geklagt worden ist.
Der Arzt wird um so unbefangener sein Urtheil abgeben, je sicherer er
wciss, dass dasselbe nicht zur Kenntniss des Aufzunehmenden kommt,
dass er also auch bei einer Ablehnung Gehässigkeiten und Verläumdungen
und sonstigen Schädigungen in seinem Erwerbe nicht ausgesetzt ist, und
auch für den Abgelehnten ist es in vielen Fällen gut, wenn er nicht er¬
fährt; warum sein Antrag nicht angenommen ist. Bei der neuesten Art
der Lebensversicherung, der sogenannten Volksversicherung, ist in dieser
Beziehung recht viel gesündigt worden. Da führten oft die Agenten ihre
Clienten zu jungen Aerzten, bei denen sie eine mangelnde Vertrautheit
mit den bezüglichen Verhältnissen voraussahen, Hessen in ihrer Gegen¬
wart die Untersuchung vornehmen und nahmen die Atteste unverschlossen
mit, um sie den Directionen zu übergeben — vielleicht auch um bei un¬
günstigem Ausfall der Untersuchung noch bei einem anderen Arzte ihr
Heil zu versuchen. Solchen Missbräuchen wird bei Annahme der vierten
These und bei dem guten Willen der Gesellschaften, an dem zu zweifeln
wir keinen Grund haben, für die Zukunft vorgebeugt werden. Denjenigen
Agenten, die ausschliesslich ihre eigenen geschäftlichen Vortheile im Auge
haben und denen jede Rücksichtnahme auf die Gesellschaften und die
Aerzte gleichgültig ist, muss von beiden Theilen ganz scharf auf die
Finger gesehen werden.
„5. In Zukunft werden die Lebensversicherungsgesellschaften die
hausärztlichen Atteste Uber Abgelehnte (abgesehen von den Fällen, in
welchen der Aussteller des hausärztHchen Attestes verstorben ist) nicht
mehr austauschen, sondern im Bedarfsfälle die Namen der betreffenden
Aerzte aufgeben, um dio Wiedereinforderung emes hausärztlichen Attestes
zu er ^ gl ggg^ geitlg0 Mittheilung der vertrauensftrztlichen Atteste
kann nicht beanstandet werden.“
Es war bisher allgemeine Sitte bei den Versicherungsgesellschaften,
dass sie die ärztHchen Atteste über einen abgelehnten Candidaten, falls
dieser in späterer Zeit bei einer anderen Gesellschaft den Antrag auf
Aufnahme stellte, dieser letzteren auf Erfordern mittheilten. Mau vergass
dabei einerseits, dass der Antragsteller m dem Aufnahmeformulare nur
die zuerst angegangene Gesellschaft ermächtigt hatte, über seinen Ge¬
sundheitszustand Erkundigungen bei den Aerzten, die ihn behandelt
hatten oinzuziehen, und dass die Verbreitung von Thatsachen, die der
Arzt kraft seines Berufes erfahren hatte und zu deren Geheimhaltung er
allen übrigen gegenüber verpflichtet war, ausser der Gesellschaft, bei der
er zu der Mittheilung ermächtigt worden ist, einen Conflict mit dem
Strafgesetze herbeifahren konnte. Man vergass aber auch andererseits,
dass der Arzt sein Attest nur zum Gebrauche für die eine Gesellschaft
ausgestellt hatte und dass es ebenso ein unentschuldbarer Missbrauch ist,
wenn solche Atteste ohne Wissen oder selbst gegen den Willen des
Ausstellers von einer Hand in die andere wandern, wie wenn Recepte,
die ein Arzt verschrieben hat, von den Patienten ohne weiteres an andere
zur beliebigen Benutzung abgegeben werden. Diesem Missbrauche, durch
welchen sowohl die Antragsteller als auch die Aerzte geschädigt werden,
muss unter allen Umständen ein Ende gemacht werden, und wir können
uns deshalb auch nicht mit den beiden Ausnahmen befreunden, die
in der These erwähnt sind. Ist ein behandelnder Arzt gestorben,
so muss sich die Gesellschaft ohne sein Attest zn behelfen suchen,
wie sie es in gleicher Weise wird thun müssen, wenn ersterer infolge
Verzugs nicht auffindbar ist, oder wenn er es verweigert, überhaupt
ein Attest auszustellen. Und ebenso wenig wie über irgend em anderes
hinterlassenos Manuscript eines Arztes ohne weiteres verfügt werden
darf, ebenso wenig ist es gestattet, seine Atteste zu einem anderen
Zwecke zu benutzen, als für den sie bestimmt waren. — Auch da¬
mit sind wir nicht einverstanden, dass ein Austauschen der vertrauens-
ärztlichen Atteste in jedem Falle gestattet sein soll, da unseres Erachtens
nach auch für deren Geheimhaltung dieselben angeführten Gründe sprechen.
Welche Unzuträglichkeiten ein derartiger Austausch der Atteste mit sich
bringen kann, erhellt aus dem Schreiben, das der Verein der Aerzte
Düsseldorfs an den Geschäftsausschuss des deutschen Aerztevereinsbundes
gerichtet hat (cf. Vereinsblatt, Januar II pro 1893): Ein junger Mann war
von einer Gesellschaft abgelehnt worden, weü sein Vater an einem chro¬
nischen Lungenleiden gestorben war. Der langjährige Hausarzt der ra-
milie veranlasste den Candidaten, sein Heil bei einer anderen Anstalt zu
versuchen und theilte derselben mit, dass der Vater, was dem Sonne
natürlich unbekannt geblieben war, infolge von LungensyphiUs verstorben
sei, welche er viele Jahre nach der Geburt des Sohnes acqumrt hatte.
Trotzdem verweigerte auch die zweite Gesellschaft die Aufnahme, nach¬
dem sie von den ihr von der ersten übermittelten Attesten Kenntniss
genommen hatte. . . n
„6. Honorarsätze. Für das vertrauensärztHche Attest inclusive De¬
claration wird im allgemeinen ein Honorarsatz von 10 Mark als ange¬
messen erachtet. Derselbe kann bei sogenannten Volks- oder Arbeiter¬
versicherungen oder kleinen Versicherungen bis zu 1500 Mark nach
Maassgabe der örtlichen Verhältnisse und bei abgekürztem Formular aurcii
Uebereinkunft ermässigt werden.“ . 7
Mit dieser These können wir ebenfalls nicht übereinstunmen.
nächst vermissen wir eine neue Festsetzung des Honorarsatzes für die
hausärztHchen Atteste. In Eisenach im Jahre 1874 wurde (s. oben) oe-
stimmt, dass für diese Atteste 5 Mark gezahlt werden, oder fr®!® Ver¬
einbarungen eintreten sollen. Seitdem ist wohl beiden^ Theilen klar Q e-
worden, dass die hausärztliohen Atteste dieselbe Wichtigkeit haben, wie
die Zeugnisse des Vertrauensarztes, oft noch mehr, und die Aerzte liaeen,
wenn auch eine neue Untersuchung nicht erfordorlich ist, doch die grp 88 ®
und viole Zeit und Aufmerksamkeit beanspruchende Mühe, aus inre
Büchern festzustellen, wie oft, wie lange und mit welchen rolgen ae
Candidat krank gewesen ist. Für diese Mühewaltung dürfte ein A^Ü 111 "
valent von 10 Mark angemessen sein. Für ein vertrauensärzüickes Attes
würden wir den Satz von 12 Mark in Vorschlag bringen. Und was en -
Hch die sogenannten Volksversicherungen betrifft, die sich dadurch an -
zeichnen, dass die kleinen Leute für geringe Versicherungssummen v -
hältnissmässig sehr hohe Prämien zsdilen müssen, so dass die Ucse ’
schäften mit ihnen nebenbei gesagt ein ganz gutes Geschäft machen,
wurde bereits auf dem Aerztetage in Leipzig im Jahre 1892 der p-
schluss gefasst, dass die Aerzte nicht auf den ihnen für diese Versic -
rangen offerirten Honorarsatz von 2 Mark eingehen sollen. Da auch m
Untersuchungen genau gemacht werden müssen und, abgesehen vieuei
von der fortbleibenden eingehenderen Beschäftigung mit dem Unn
Candidaten, die Mühe dieselbe ist. wie bei anderen Untersuchung .
würden wir in Berücksichtigung der geringeren Schreibarbeit für
etwas abgekürzten Formulare den Satz von 4—5 Mark beantragen.
Wir kommen zum letzten Vorschläge, welcher lautet:
„7. Entgegen den Eisenacher Beschlüssen unter I N<3* *, al. u ••
Indiscretionen der Oeffentlichkeit zu übergeben, wird von Seiten des
schäftsausschusses des Aerztevereinsbundes eine ständige Lommiss
niedergesetzt, welche alle streitigen Punkte zwischen Aerzten und beo
Versicherungsgesellschaften zu behandeln hat.“ . . , ^
Es dürfte sich vielleicht empfehlen, in diese Commission
legirte der Lebensversicherungsgesellschaften mit gleicher HerecnugB
hineinwählen zu lassen, damit auch der Anschein einer nicht un P. , n
ischen Beurtheilung etwaiger Streitsachen von vornherein verau
wird.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
12. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Deutsches Waarenhaus för Aerzte.
Der Au sschus8 des Comics zur Errichtung eines deutschen Waaren-
hauses für Aerzte etc. (Dr. Julius Becher, Dr. Arthur Hartman.,
Dr. C°nr ad Küster) versendet folgendes Rundschreiben: Als vor zwei
Jahren das erste Project zur Gründung eines medicinischen Waarenhauses
an uns herantrat, scheiterte dasselbe hauptsächlich daran, dass von den
zur Gründung zusammengerufenen Collegen keiner die Verantwortung
übernehmen wollte, die Gesammtheit der Aerzte zur finanziellen Betheili?
gimg aufzufordern Ein Jahr später sollte die Gründung nach dem kauf-
männ,sehen Vorschlag mit einer Million Actiencapital vor sich gehe™ doch
sollten die Aerzte möglichst betheiligt werden. Eine vorlüufige Umfraee
ergab, dass sich mehr als 3000 Aerzte bereit erklärten, als kaufberechtigte
Mitglieder beizutreten und mehr als 100 000 Mark Actiencapital gezeichnet
wurden, ohne dass die Ziele des Unternehmens genauer bekannt waren
We C , he ? ör ^ scbaft gelben wurde. Während dieser
Umfrage wurden die von kaufmännischer Seite in Aussicht genommenen
und m Aussicht gestellten Beiträge immer kleiner
• von . Seiten der Händler und von einigen durch
s.e bedrängten Fabrikanten eme Agitation gegen die Gründung eines
medicinischen Waarenhauses eingeleitet, da sich dieselben auf Grund un¬
nötiger \ oraussetzungen in ihrer Existenz bedroht fühlten. Von ärzt-
fL?iXn W ^ e i ki f rZÜCh ebenfalls ü auf ^und falscher Voraussetzungen
j Centralanzeiger von Herrn Dr. Lesshaft in Görlitz er¬
klärt, dass das Unternehmen nur wenigen Interessenten und Beamten
Nuteen bringe, aber für den ärztlichen Stand weder erspriesslich noch
auch seiner würdig sein würde. Herr Dr. Bornträger erwiderte in der
Ähchen TTn? er f® 8 «Wenn wir bei diesem wirt¬
schaftlichen Unternehmen überhaupt ethische Gesichtspunkte gelten lassen
^A"\ mein ? St e ?, gekehrt geradezu eine EhrenpflkM für
j?den deutschen Arzt, dasselbe zu fördern als ein Zeichen dass die
v bIen - in wirtschaftlichen Interessen und thätig
’ nrihT k< f m ,T- er sel bststendigen Gründung Ausdruck zu gebend
refreln wiR^c^r^T dei ; Wemen Gewerbtreibenden wird sich durch Maass-
Le / S p aft m Ansicht nimmt, durch Verbot von Actien-
U f d Konsumvereinen nicht erreichen lassen. Wenn auch
dw “T,» des Handwerkerstandes gemütlicher und befriedigen-
raaa^Sn LT? 81C TT d ° ch sa S en raÜ8sen < dass trotz aller Schutz-
sÄ «ein wkd ^ Unterstützung der Handwerkerstand nicht im-
gegen den Fabnkbetrieb durchzuführen. Die
(^o^^rrenzkam '! ;ir ? ,hscb ? f ^ 1 che Entwicklung und der mit ihr verbundene
ArhSi^ Pf eigenen Lande und auf dem Weltmärkte verlangt
r d ^Bildung grosser Associationen; wer versuch!
unterliegen. St ^ Zeit zu 8chwimmen » wird geschädigt oder wird
cmischl Ch w d oa e p0litiscb \ Presse hat sick mit der Gründung des medi-
Oigaae welchft 61 ^^ 68 !, befass . t ’ *? nd waren es besonders conservative
Koh^r’ der ll r sehr ungünstig darüber aussprachen. Während die
Officier« m,#? £ vatl ^ en Parteien, aus deren Reihen die Waarenhäuser
Re£ v fl !f dBeainte hervorgingen, im Reichstag und Landtag von der
lern zu kaufon ang ^2’ nur J° n dßn Prod ucenten und nicht von den Händ¬
en r der en ^gengesetzte Rat ertheilt. Wenn man
zu kaufen o f ob er es vorzieb t. beim Fabrikanten oder beim Händler
aus dem ekfarhYn r maastet ? *>. Ant " ort erkalten: beim Fabrikanten,
der Waare ^nH f" Grajde, da dieser die meiste Garantie für die Güte
Nebeajaenschen dm R^th' bi#t * t - , Jeder ^ ebt aber seinem
ZU heben. e ° d6D ^ atb ’ beim Kodier zu kaufen, um den Mittelstand
hausest*“*• ?** in Aussicht genommene Grfindung des Waaren-
,S, i ! J .r n,cbt ta?licliar Seite grossere Beihfllfl nur dann zu
die von ärztlich^ 0nt5 P re J hend0 Vortheile geboten werden, dass aber
nagende ölt V n Ausßlcht gestellte Unterstützung als eine ge¬
lange in’fi 1 Ah» n * , W0rden kann, um das Unternehmen in kleinem Um-
von Anderen ™ ^ se ? T " werden als Aerzte unabhängig
Gelegenheit auf f i A ? lndui1 ^ m . dl . e U and nehmen und damit die ganze An-
Selbsthülfe stellAn lIDSe J er Ansicht nach allein richtigen Standpunkt der
Aerzten die iw/i, der ^ u , gründenden Actiengesellschaft soll den
8 ' c h der schweren ^rbehäten bleiben. Die Unteraehmer werden
Verfügung gestellte e ^ nt w°rtung bewusst bleiben müssen, mit dem zur
dasselbe möfltw Capit ?, le 80 zu wirthschaften, dass eine Gefahr für
In einf v au8 g es chlossen ist
bildet, der für dÜT'^ mlun f Be rüner Collegen wurde ein Ausschuss ge¬
ll die An. . Waare , nbaus legende Ziele festeteilte:
Wirksamkeit ^,_ e j na . cb Jeder Richtung in ihrer medicinischen
löng zu beratä*»« kbrer wirtschaftlichen und socialen Sfcel-
2 ) den A tb ? Und za unterstützen;
währen, stetst, Un ? den ? Publi cum die Möglichkeit zu ge-
Gegenstände i An preiswerthe medicinische Gebrauchs-
2) di F h eraad ben;
brauchsgeffA//] 1 «^ 011 V nd d0 n Handel mit medicinischen Ge-
^richtuug ?iVT5? en deut8cher Herkunft zu fördern durch
Station und ei?l'‘£° n ß a ? k ^er»tändigen gebildeten Controll-
ia nde und naoh «? ^ U8terla gers für den Verkauf nach dem In-
ad 1 ) re! “ d0 ® Auslande.
^en dadurch dfaf!? 18 ™? Wirksamkeit der Aerzte kann unterstützt
•\u8kunft8bureai, wirUf S Waarenhaus als medicinisches und litterarisches
^b’ges Mitwirkftn I* Was durc b ein bereits in Aussicht gestelltes frei-
gtechehen kann in^ Blaer grösseren Anzahl insbesondere Berliner Collegen
soll diw w« rb i n duug mit einer buchhändlerischen Abtheilung,
^phnrnm^jj^fenhaus eme Untersuchungsstelle bilden für chemi-
d,e a, d Wunsch^ 6 ’ bact ^ no i 0 gische undmikroskopische Untersuchungen,
u ma881 gem Preise vorgenommen werden. Die Ein-
349
Verwaltung in den Dienst der Aerzte gestellt werden. °
Um die Aerzte in die Lage zu versetzen, auch nichtmedicinische Ge-
Ite !nfT tände zl ‘ blU .!g e u Weisen und sonstige Vortheile zu erhalten
ue Anlehnung an das Waarenhaus fnr Baninfn a _ ’
brauchs^egenstänae zu billigen Freisen und sonstig,
ist die .Anlehnung an das Waarenhaus für Beamte in Aussicht genömllmn’
ad 2) Duich das Mitwirken von sachverstitodigon Aerzton hei der
w W Z "i ,ühr ™ de " und . zum Verkauf kommenden GegensWndo
wd das Waarenhaus die Garantie für die preiswertho Güte der Waaren
übernehmen und dadurch sowohl den Händlern, insbesondere in der Pre-
vinz, als auch dem Publicum von Vortheil sein, da das Waarenhaus es
ArnlT 6 v U g - be b L tra , ChteU Wird ’ m,r zweckmässige und preiswerthe
Artikel mit seiner Marke zu versehen. Für Artikel, die eine 1 besondere
Garantie der Güte bieten sollen, kann eine Primamarke eingeführt werden
j J, keines ™^ m Aussicht genommen, die berechtigten Interessen
der Händler zu schädigen, es soll denselben im Gegentheil Gelegenheit
gegeben werden durch Vermittelung des Waarenhauses zweckmässige
und gute Verkaufsgegenstände zu erhalten unter Wahrung der Interessen
der kaufberechtigten Mitglieder des Waarenhauses.
Die Redaktion des ärztlichen Centralanzeigers leitet eine ihr von
emenii Instrumentenmacher zugegangene Einsendung über die Gründune-
des Waarenhauses mit der Anschauung ein, dass die Entwicklung der
chirurgischen mstrumentellen und maschinellen Technik, die bei dom
heutigen \ erliältniss zwischen Arzt und Techniker einen so hohen Auf¬
schwung genommen habe, bei der Neuordnung der Dinge durch das
Waarenhaus zweifellos in Gefahr sei, ins Stocken zu gerathen, was vom
ärztlichen Standpunkte bezüglich der Heilerfolge ganz besonders lebhaft
zu bedauern wäre.
Wiir bedauern, dieser Anschauung nicht beitreten zu können. Ein
grosser Theil unserer medicinischen Bedarfsartikel wird nicht von den
Instrumentenmachern angefertigt, sondern in Specialfabriken. Mit der
fabnkmässigen Herstellung wurden die meisten Artikel gleiehmässiger
und besser, einzelne auch schlechter hergestellt als früher von den Instru¬
mentenmachern, jedenfalls wurden sie bedeutend billiger. Die Instru¬
mentenmacher vermitteln den Verkehr zwischen den ärztlichen Anfor¬
derungen und den Fabrikanten. Wenn wir imstande wären, mit den
Fabrikanten direkt zu verkehren, würden manche unserer Instrumente
besser und vollkommener fabricirt werden können, und würde dadurch
die deutsche Industrie gefördert. Durch den Verband der chirurgischen
Instrumentenmacher wurde den Fabrikanten der Verkehr mit uns Aerzten
unmöglich gemacht und wurde dadurch „das segensreiche Zusammen¬
wirken zwischen Wissenschaft und Technik“ von Seiten der Instrumenten¬
macher gestört.
Als eine ungesunde Grundlage unseres Instrumentenhandeis ist es
zu betrachten, dass die Händler stets bestrebt sind, bei uns Aerzten den
Anschein zu erwecken, als ob sic die mit ihrem Stempel versehenen
Waaren selbst angefertigt hätten und dass sie die Fabrikanten dadurch
hindern, mit eigenen Fabrikaten vor uns zu treten. So enthält das
Correspondenzblatt des Universalvereins der Verfertiger chirurgischer In¬
strumente die einem Fabrikanten gegenüber von Seiten des General¬
sekretärs des Vereins Herrn Tascb gethane Aousserung: „Wenn Sie
mir Sachen schicken, auf denen Ihr Stempel steht, so schicke ich sie
Ihnen wieder, ich verlange die Sachen ohne Stempel“.
Dass auch die Instrumentenmacher manche Artikel selbst herstellen.
manches Neue und Werthvolle liefere durch ihre Verbindung mit Aerzten,
liegt uns fern zu bezweifeln, der Bezug aus Fabriken ist aber für sie
billiger und bequemer. Es wurde auf dem Congress der Instrumenten¬
macher (1892) auch der Vorschlag gemacht, die Instrumentenmachor
möchten sich wieder selbst mehr mit der Herstellung befassen, es möchte
jeder einzelne Artikel unfertigen und jeder den andern unterstützen. Es
wurde allerdings auch erwähnt, dass keiner dem andern etwas gönne und
dass daran die Sache scheitern werde. Durch die Verbindung derjenigen
Instrumentenmacher, welche selbst arbeiten und selbst Werkstätten be¬
sitzen, mit dem medicinischen Waarenhaus, würde denselben ein grösserer
Absatz gesichert werden, und könnte gerade dadurch der Stand der
produzirenden Instrumentenmacher gefördert werden. Der einzelne kleine
Instrumentenmacher dürfte mir mit grossen Kosten in der Lage sein,
mit neuen Artikeln einen grossen Absatz zu erzielen. Das medicinische
Waarenhaus könnte bei gegenseitigem Entgegenkommen als Centralstelle
für die Instrumentenmacher dienen, nachdem dieselben nicht imstande
gewesen sind, sich eine solche selbst zu schaßen.
Da das Waarenhaus keine Erwerbsgesellschaft darstellt, die aul Er¬
reichung eines möglichst hohen Gewinnes ausgeht, sondern als gemein¬
nütziges Unternehmen zu betrachten ist, dürften die Vermittelungskosten
geringer werden, als bei anderen kaufmännischen Unternehmungen.
ad 3) Was die Förderung der Fabrikation und des Handels mit
medicinischen Gebrauchsgegenständen deutscher Herkunft betrifft, so ist
bekannt, dass in Deutschland noch recht viele medicinische Gehrauchsgegen¬
stände vom Auslande bezogen werden. Wir führen als Beispiel nur an;
anatomische Präparate aus Frankreich, die theilweise nicht einmal in
Frankreich selbst hergestellt sind, Augeninstrumente aus Paris, die dort,
meist von Deutschen angefertigt werden, Bougieartikel, gleichfalls aus
Frankreich, chirurgische Instrumente, Messer, Instrumente zur Stein-
zerfcrtimmerung, Spritzen, auch Gummiartikel aus England. Znhuinstrumente
aus Amerika und England.
Sollten sich diese Gegenstände nicht auch in Deutschland in der¬
selben Güte anfertigen lassen? Mit Hülfe einer fortgesetzten Controlh“
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350
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15
an die Produ-
vor-
unterstützt
durch Sachverständige, durch Mittheilung der Ansprüche
yZ ten dürfte sich die nöthige VoUkommenheit nicht allzusc ^
reichen lassen. Wenn wir nicht mehr genöthigt sind, unsere Gebiauchs-
«reuenstände aus dom Auslande zu beziehen, wird auch das Ansehen dei
Tn Deutschland verfertigten Artikel steigen und dadurch der Export günstig
beeinfluss darauf ausgehen, durch Verbmdimg mit den
Erlindern und mit Sachverständigen unter semen Yerkaufsgegenständen
und in seinem Musterlager nur die brauchbarsten Artikel v?n guter Be¬
schaffenheit zu führen. Die Herstellung derselben wird Sache der In¬
dustrie sein, in deren eigenem Interesse die Verbindung mit dem W^ren-
hause liegen dürfte. Was den Export betrifft, so stehen dem zu grün¬
denden Waarenhause bereits zuverlässige Verbindungen m Aussicht.
Unter solchen Verhältnissen glaubt das Waarenhaus auf che Unter¬
stützung von solchen Industriellen und Händlern rechnen zu dürfen denen
es um die Herstellung und den Verkauf von besten Waaren zu thun ist
' Wann und in welchem Umfang die vorstehend geschilderten Ziele
zu erreichen sind, hängt in erster Linie von dem Mitwirken und von der
Unterstützung der deutschen Aerzte und der Gewerbetreibenden ab. Da s
Waarenhaus erwartet von den deutschen Aerzten Unterstützung durch
Betheiligung an der Gründung, durch Betheihgung am direkten «nd in¬
direkt^ Verkauf, durch Beaufsichtigung und Rathertheilung, durch Mit¬
theilung von neuen Ideen und Erfindungen, und wird seinerseits bemüht
sein nach Kräften alle ärztlichen Interessen zu wahren und zu fördern.
’ Unter den kaufberechtigten Mitgliedern, welche sich bereits auf das
vorjährige Rundschreiben gemeldet haben, befindet sich eine grosse An¬
zahl von Universitätsprofessoren und Krankenhausärzten, ebenso haben
mit Gewerbetreibenden erfolgreiche Unterhandlungen stattgefunden, so
dass das Gelingen des Unternehmens gesichert erschemt. Mit dem
Universal-Verein der Verfertiger chirurgischer Instrumente etc. wurden
Verhandlungen eingeleitet. . , . _ . , . . , ,,
Die für Anfang dieses Jahres beabsichtigte Gründung hat sich wohl
nicht zum Nachtheil des Unternehmens verzögert, dieselbe wird nunmehr
Ende April stattfinden. Die Einzahlungen, 25% des gezeichneten Aktien¬
betrages, werden dann stattfinden müssen. Mittheiiungen aller Art werden
an das Bureau des medicinischen Waarenhauses, Brüderstrasse 5, schon
jetzt erbeten. Am 1. Juli soll das Unternehmen ins Leben treten,
erst in kleinem Umfange; sobald sich zeigt, dass es allseitig
wird, wird die Erweiterung eintreten.
_ Gemeinhin nimmt man an, dass vor Gericht die Ausübiing des
ärztlichen Berufes als gewerbliche Thätigkeit betrachtet wird, weil
die staatliche Ordnung der ärztlichen Dinge in der Gewerbeordnung Platz ge¬
funden hat. Dieser Anschauung widerspricht eine Entscheidung des ersten
Senates des Ober-Verwaltungsgerichtes in Berlin, die im Aerztlichen
Centralanzeiger raitgetheilt wird. Ein Arzt, der seinen Wohnsitz in einem
Vororte von Berlin hat, in Berlin aber eine Klinik unterhält, wurde in
Berlin zur Gewerbesteuer herangezogen. Auf seinen Einspruch kam die
Angelegenheit vor das Ober-Verwaltungsgericht. In dem Erkenntnisse
dieses heisst es: „die ärztliche Thätigkeit sei eine gewinnbringende, aber
nicht gewerbliche“. _
— Der Verein zur Einführung freier Arztwahl in Berlin hat
folgende Anträge angenommen: Es ist unstatthaft, dass Aerzte den
Hebammen dafür, dass sie von ihnen zu Geburten gerufen werden, Geld¬
geschenke machen.“ Ferner: „Die Aerztekammer ist aufzufordem, zu
untersuchen, oh es zweckmässig und der Würde des ärztlichen Standes
entsprechend sei, wenn die unter staatlicher Aufsicht stehenden Universitäts¬
kliniken den Hebammen für Nachweis einer Geburt eine Prämie von drei
Mark zahlen.“ -
— Aus den Verhandlungen der am 6. dieses Monats stattgehabten
ersten ausserordentlichen Hauptversammlung der durch den Rechts-
schutzverein Berliner Aerzte neu begründeten Sterbekasse Berliner
Aerzte dürften folgende Daten von allgemeinem Interesse für die be¬
theiligten Kreise sein. Der Rechtsschutzverein Berliner Aerzte hat als
Grundstock für die Sterbekasse 8000 Mark bewilligt. Die Satzungen
haben die Genehmigung des Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg
gefunden. Die Sterbekasse wird mit circa 160 Mitgliedern ins Leben
treten. Der Geheime Sanitätsrath Dr. Slawezynski hat als erstes
Ehrenmitglied einen einmaligen Beitrag von 500 Mark gespendet. In den
Vorstand gewählt wurden die Herren Dr. Reinsdorf (I. Vorsitzender),
Dr. S. Davidsohn (II. Vorsitzender), Dr. Vogelreuter (Schriftführer),
Dr. Solger (Rendant), Dr. Sand, Dr. Lissa und Dr. Brussatis. Das
Bureau der Sterbekasse befindet sich Adlerstrasse 12, I. Mitglied der
Sterbekasse kann jeder Arzt in Berlin oder in den benachbarten Vororten
werden, welcher das 60. Lebensjahr nicht überschritten hat und mit keinem
Leiden behaftet ist, welches ein baldiges Ableben erwarten lässt. Ehren¬
mitglieder werden diejenighn Aerzte, welche einen einmaligen Beitrag von
mindestens 300 Mark zahlen. Die Verwaltung der Kasse unterliegt der
Oberaufsicht des Staates. Die Beiträge sind feststehend und erhöhen sich
nicht im Laufe der Jahre, sie betragen je nach den Altersstufen von 30
bis 60 Jahren 8 bis 25 Mark.
— Die Frage der Blutvergiftung, die besonders für Aerzte infolge
ihres Berufs von grösster Bedeutung ist, hat bei den Unfallversicherungs¬
gesellschaften hinsichtlich des Einschlusses derselben in die Unfall¬
versicherung bisher recht verschiedene Auffassung gefunden. Während
die meisten Gesellschaften Blutvergiftungen nur dann als entschädigungs¬
pflichtig ansehen, wenn sie infolge solcher äusseren Verletzungen
entstanden sind, dio an sich als Unfall angesehen werden müssen (zum
Beispiel unfreiwilliger Schnitt mit einem Instrument und daraus folgender
Blutvergiftung), haben die beiden grössten deutschen Unfallversicherungs-
Gesellschaften, die Victoria zu Berlin und die Kölnische Unfall-Ver-
sicherungs-Actien-Gosellschaft zu Köln, schon längst Blutvergiftungeu
infolge äusserer Verletzungen schlechthin als entschädigungspflichtig
angesehen. Hiermit sind auch die durchaus nicht seltenen Blutver¬
giftungen als Unfälle anerkannt, welche zum Beispiel infolge aufge¬
sprungener Hände eintreten. Um jeden Zweifel über diese Frage auszu-
schliessen, haben sich beide Gesellschaften neuerdings bereit erklärt, ihren
Aerzteunfallversicherungspolicen noch eine besondere Klausel anzufügen,
welche besagt, dass unter der fraglichen „äusseren Verletzung jede unbe¬
deutende Hautverletzung, Schramme oder Schrunde, gleichviel aus welcher
Ursache dieselbe entstanden sein möge“, verstanden sein soll. Damit ist
dem Bedürfnisse des ärztlichen Standes in der ^r fraglichen Richtung
durchaus Genüge geleistet.__
XII. Therapeutisclie Mittheiiungen.
Die ResorptionsfÄhigkeit der Haut für Lösungen von
Jodoform und Kreosot in Vasogen.
Von Dr. Max Dahmen in Crefeld.
In seinem Aufsatze über die Resorption von Jodoform (No. 48, 1893
dieser Wochenschrift) kommt Müller auf Grund seiner Versuche zu dem
Resultat, die Behauptung Harnack’s, dass die zur Untersuchung des
Harns verwendeten Reagentien das Jod nur aus den Jodsalzen frei machen,
während das in organischen Verbindungen im Ham enthaltene Jod erst
durch Veraschung nachweisbar gemacht werden könne, sei hinfällig, über¬
sieht aber dabei, dass der Versuch, den er machte, indem er rauchende
Salpetersäure auf mit Wasser angefeuchtetes Jodoform giesst, mit der
Untersuchung eines Harns auf Jodverbindungen, worauf sich Harnack s
Behauptung bezieht, nicht verglichen werden kann. Von der Richtigkeit
derselben kann man sich leicht durch folgenden Versuch überzeugen.
Man schüttelt 10 oder 15 ccm Urin oder Wasser im Reagensglase mit
einer kleinen Messerspitze Jodoformpulvers, so dass dieses fein ver¬
theilt ist, setzt 1 ccm Chlorwasser oder 10 Tropfen rauchender Sal¬
petersäure zu und schüttelt mit Chloroform aus. Man erhält keine bpur
einer Jodreaction. Dann setzt man einige Tropfen einer Jodkahumlösung
zu den Gemischen und schüttelt wieder. Alsdann zeigt das Chloroform
sofort die charakteristische Färbung. Wenn ich dagegen wie Müller
rauchende Salpetersäure auf mit Wasser angefeuchtetes Jodoform giesse,
so wird natürlich sofort das ganze Jodoformmolekül zerstört wie jede
organische Substanz, selbst Cellulose. Es zerfällt in Wasser, Ivo e
(Kohlensäure) und Jod. Die gleiche Zersetzung tritt ein durch Einwirkung
von starkem Chlorwasser oder Chlorgas. — Ich hatte bei den Unter¬
suchungen über das Resorptionsvermögen der Haut für die von Dr. Bayer
(Brüssel) in No. 39, 1893 dieser Wochenschrift besprochenen Vasogene
Gelegenheit, den Harnack’sehen Satz nach allen Richtungen hm zu
^ Wenn nämlich, wie angenommen wird, die Klever’sehen Vasogene
durch Einreiben in die äussere Haut in den Körper dringen, so muss sich
z. B. nach dem Einreiben mit Jodoformvasogen das Jod im Ham nacn-
weisen lassen. Um dies festzustellen, habe ich am eigenen Körper den
Versuch gemacht und den Urin innerhalb 30 Stunden aufgefangen. Jede
Urinmenge wurde für sich zur Trockene abgedampft, der Rückstand ge¬
glüht, dann mit wenig Wasser ausgekocht, dieses Filtrat im Reagensglase
mit einigenTropfen rauchender Salpetersäure versetzt und mit °ro*
form ausgeschüttelt. Die Einreibungen erfolgten morgens um ujd *n
selben Tage um 3 Uhr nachmittags. Eingerieben wurde Brust und wa >
mit zweimal 20 g des lV» 0 / 0 igen Jodoformvasogens. Das Resuitat ge¬
staltete sich folgendermaassen: Der um 3 Uhr an dem betreffenden lag
gelassene Urin war noch frei von Jod. Der um 7 Uhr gelassene
rHfl Arsfp.n SmirfiTi_ Ferner war iodhaltisr der Urin von 8 , /a und li
die ersten Spuren. Ferner war jodhaltig der Urin von
abends sowie derjenige von 10 Uhr am folgenden Morgen. Dagegen
der vom zweiten Abend 9 Uhr wieder jodfrei. Es war also das J< >a
folgenden Morgen bis 10 Uhr, also innerhalb 22 Stunden ausgescni
worden. Bemerkt sei noch, dass das subjective Allgemeinbefinden
sehr schlechtes war. . , . ..
Bei einem Falle einer tuberkulösen Fistel, die nach einmaliger
spritzung mit Jodoformvasogen vollständig zuheilte, liess sich ene
nach genannter Methode Jod reichlich im Harn nach weisen. Alle eure
Untersuchungen des Urins verliefen resultatlos. _ ol . ,
Bayer behandelt hochgradige Phthisiker mit (20°/oigen) .
vasogeneinreibungen mit grossem Erfolg, und da auch <ue im tu S
Krankenhause mit Kreosotvasogen extern behandelten Phthisixer
stimmig behaupteten, dass bald nach dem Einreiben die Schmerzen
Brust verschwänden, so musste, wenn man nicht gezwungen sein s i
dem Kreosot jede Bedeutung hierbei von vornherein abzusprechen,
selbe in den Körper eindringen und sich im Harn nachweisen lassen,
nicht getäuscht zu werden, säuerte ich den Harn mit Salzsäure an,
stillirte 20 ccm ab und nahm erst mit dem Destillat die Reactaone. •
Da sich im Ham von Phthisikern Phenole als pathologische Bestan
vorfinden können, so wurde der Ham nach den Einreibungen n
untersucht, wenn er vor denselben frei von Phenolen war. j^s
sich jedoch regelmässig reichlich Phenole schon nach zweimalige
reibungen vor. Nachdem dieselben etwa 14 Tage fortgesetzt ,
waren, untersuchte ich einen Harn wieder und fand ihn nunmehr g ,.
frei von Phenolen. Dieser Befund ist deshalh von Bedeutung, V . . ,, ..
durch der eventuelle Einwurf übermässiger Skeptiker und pnn P
Opponenten, dass bei den ersten Untersuchungen das Kreosot _ „
reiben stark verdunstet und durch die Respirationsorgane m den , J Äun
der Säfte gelangt sein könne, hinfällig wird — es hätten sich ja
nach 14 Tagen auch wieder Phenole im Harn voxfinden müssen
feraer beweist die Thatsache, dass das continuirliohe Einreiben mit jvt
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12. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
351
vasogen zwecklos ist. Die Haut wird durch das Kreosot, wie man sich
leicht überzeugen kann, vollständig pergaraentartig. Es ist also noth-
wendig. das Kreosotvasogen nach dem jedesmaligen Einroiben sorgsam
mit Wasser wieder abzuwaschen. Jedenfalls ist die externe Be-
iiandlungsweise in den Fällen von Phthise, in denen von jeder inneren
Medication abgesehen werden muss, von grosser Bedeutung. Ob nun
durch das Einreiben entstandene Continuitätstrennungen der Haut den
Durchtritt des Medicaments gestatten, oder die intacto Haut für die Vaso-
gene permeabel ist, kommt für die Praxis nicht in Betracht. Es liegt
eben die Thatsache vor. dass das Yasogen mit den Medikamenten durch
Einreiben in die Haut dem Körper einverleibt werden kann, woraus die
überaus günstigen Erfolge erklärt werden können, ln weitaus grösserem
Maasse wirken natürlich die Vasogene, wenn sie auf Schleimhäute oder
Wunden applicirt werden. Es möge hierüber ein Bericht des Herrn
Dr. Hollstein (Porz n. Rh.) folgen.
Das Kleverische Jodoformvasogen ist ein ausgezeichnetes Ver¬
narbungsmittel sowohl bei oberflächlichen Wunden, als auch bei tieferen Ul-
oerationen, und scheint insbesondere eine geradezu specifische Wirkung auf
Unterschenkelgeschwiire zu haben. Bei vier Fällen von Ulcera cruris
trat Heilung innerhalb eines Zeitraumes ein, in welchem durch andere ge¬
bräuchliche Mittel wohl kaum eine wesentliche Besserung erzielt wird.
Ausserdem gestattet die Anwendung des Vasogens bei leichten und mittel-
schweren Fällen das Umhergehen. Die Wundfläche wird in ganzer Aus¬
dehnung mit diesem Oel bedeckt, auf diese mit Oel getränkte Jodoform¬
gaze und darüber Guttaperchapapier und Watte, oder diese allein gelegt.
Der Verband wird zwei- bis dreimal täglich erneuert. Das Vasogen
reinigt schnell die Wundflfiche. bildet schöne Granulationen und baldige
Ueberhäutung. Die Narbe ist fest und dauerhaft. Es vereinigt alle Vor¬
züge des Jodoforms und Ubertrifft es noch durch seine Granulation be¬
fördernde Eigenschaft und fast völlige Geruchlosigkeit. Ausserdem kann
ich noch seine ausserordentlich günstige Beeinflussung auf Fisteln (siehe
oben) hervorheben. Es ist ein Vernarbungsmittel ersten Ranges.
Das Kleverische Kreosotvasogen wirkte sehr günstig bei einer
Anzahl geschwollener, meist tuberkulöser Lymphdrüsen. Während die¬
selben bei Anwendung von Unguentum cinereum oder Jodoformsalbe
durckzubrecheu pflegen oder einen chirurgischen Eingriff nöthig machen,
ging in mehreren Fällen, selbst mit ausgesprochener Tendenz zur Eiterung,
der Process durch mehrmalige tägliche Einreibung mit dem Kreosotvasogen
völlig zurück, durch welche Behandlung manches Kind vor entstellenden
Narben bewahrt bleiben kann.
Weiteres über meine Sonde zur Behandlnng von
Oesophogusstenosen.
Von Dr. Ed. Reich mann in Elberfeld.
sie besser durchging). In der Zwischenzeit zwischen den angegebenen Tagen
war nicht sondirt worden. — Kurz nachher verreiste ich für einige Zeit, und
nach meiner Rückkehr hat sich Patient leider nicht wieder vorgestellt.
Also bei der vierten Sitzung konnte eine Sonde angewandt werden
mit IV 2 mm stärkerem Durchmesser, nach weiterer neunmaliger An¬
wendung, immer in Zwischenräumen von einigen (zwei bis sechs) Tagen,
abermals eine um l'/a mm stärkere Sonde. Bedenkt man weiter, dass
Patient bereits vorher mit Sondirungen behandelt worden war, ohne
nennenswerten Erfolg, so glaube ich, dass doch gerade dieser Fall deut¬
lich beweist, dass meine Sonde das leistet, was man füglich von ihr ver¬
langen kann. Der von Schreiber gemachte Vorwurf der „durchaus un¬
zweckmässigen Verwerthung von comprimirter Luft“ dürfte damit wohl
widerlegt sein; und wenn Schreiber sagt: „dass derlei nicht zum Ziele
führe, davon habe er sich vielfach überzeugen können“, so kann sich
diesor Ausspruch nur dadurch erklären, dass er comprimirte Luft nicht in
der Weise angewandt hat, wie ich es für richtig erprobt und in meiner
früheren Abhandlung 1 ) beschrieben habe.
Ich möchte daher über diese Anwendung nochmals einige kurze An¬
gaben machen: Die Sonde wird wie eine gewöhnliche in den Oesophagus
eingeführt, wobei man den Beginn der Stenose bekanntlich deutlich fühlt;
man führt sie nun so weit ein, dass der Kautschukmantel sich gRnz in
der stenosirten Stelle befindet. Bei auch nur geringer Uebung wird man
das leicht bewirken können, worauf dann nicht zu befürchten ist, dass,
wie Schreiber tadelt, „die Blähung der elastischen Membran eventuell
lediglich über, nicht iu der Stenose erfolgt“. 3 ) Ich habe übrigens darauf
selbst schon 1. c. hingewiesen. Zu beachten ist. dass vor der Einführung
die Sonde, speciell der Kautschukmantel, gut geölt wird, da das Einführen
in die Stenose sonst durch Faltenbildung im Kautschuk etc. erschwert,
wenn nicht ganz unmöglich wird. Der notwendige Druck erfolgt dann
durch Compression des mit Netz umgebenen Ballons des Gebläses, der
zu dem Zwecke vorher ein wenig aufgebläht wurde. Eine vollständige
Aufblähung dieses Ballons ist nicht notwendig (wie ich zuerst an¬
nahm), ist eher sogar hinderlich, da alsdann der Ballon nicht so gut zu
umfassen ist.
Man wird auf diese Weise mehr oder weniger stark einwirken, je
nach Bedarf; jedenfalls hat man es in der Hand, einen doch recht starken
Druck ausüben zu können. Von letzterem kann man sich leicht über¬
zeugen, wenn man den Kautschukmantel der Sonde mit einer Hand fest
umschliesst und mit der anderen Hand kräftig den Ballon comprimirt.
Auf das Verhältnis meiner Sonde zu der von Schreiber ange¬
gebenen gehe ich nicht weiter ein, jedenfalls glaube ich das sagen zu
dürfen, dass für die Zwecke des praktischen Arztes meine Sonde, weil
sehr einfach zu handhaben, mehr passen dürfte und, wie ich oben aus¬
geführt habe, auch vollkommen genügen wird.
In hinein in Königsberg gehaltenen Vortrage „Zur Behandlung der
Oesophagusstenosen“, referirt in der Deutschen medicinischen Wochen¬
schrift No. 7, bespricht Schreiber auch die von mir angegebene Dilatations¬
sonde. und zwar in sehr abfälliger Weise. Ich gestatte mir, hierauf
einige Worte zu erwidern:
Zunächst spricht Schreib er von „constructiven Fehlern“, ohne
(wenigstens im Referat) näher anzugeben, was damit gemeint ist; ich kann
infolgedessen auch nicht darauf antworten. Weiterhin behauptet er. die
: erwerthung comprimirter Luft sei durchaus unzweckmässig, und schliess¬
lich wirft er mir vor, ich „hätte mich begnügt, meine Sonde zu empfehlen
nach mehrfacher Anwendung bei einem einzigen Krankim“. Was nun
zunächst das letztere angeht, so halte ich den" hierin liegenden Vorwurf
der ungenügenden Prüfung für nicht berechtigt. Wenn ich auch damals
allerdings keine Gelegenheit hatte, an weiteren Kranken die Sonde anzu¬
wenden. so brauchte ich es doch nicht für voreilig zu halten, wenn ich
die rublication schon sogleich folgen liess. Die Sonde sollte und soll eben
nur den Zweck haben, auf Stenosen allmählich und in schonender Weise
dilatirend einzuwirken, was erreicht werden soll durch Aufblähung des
unteren Theilos nach (vollständigem) Einführen desselben in die Stenose.
- lusste dies nach theoretischer Ueberlegung durch die angegebene einfache
onstmetion erreicht werden können, so sah ich meine Ansicht bestätigt,
und zwar hinlänglich bestätigt bei der praktischen Anwendung: Die durch
'-arcinom verursachte Stenose erwies sich nach Anwendung der Dilatations-
a e * ne gewöhnliche starre Sonde deutlich besser durchgängig als
n ° n r . der Anwendung, eine dilatirende Einwirkung war also zu constatiren,
mehr erwartete ich ja nicht von meiner Sonde,
üh 1 wurde ich später von der Richtigkeit meiner Ansicht
erzeugt bei der Behandlung eines Falles von Narbenstenose, den ich
kurz hier mittheilen will:
sehen '"^ ätlrige Arbeiter Anton W. trank im Januar 1893 aus Ver¬
kam ' em o ,f ^ zen( ^ e Flüssigkeit“ (genaueres kann er nicht angeben) und
handli am September mit ziemlich enger Narbenstenosc in meine Be¬
warb ,nac ^ em ® r vorher schon mit Sondirungen behandelt worden
eine 13 £ e wöhnliche starre Sonde von 5 mm Durchmesser ging durch,
tation«« Aus ^ usser ßü Gründen konnte ich mit meiner Dila-
von o ® rst am 24- September beginnen, und zwar mit einer solchen
Am 1 Tw , Selbige wandte ich an am 24.. 27. und 29. September,
eine d.| fr konnte ich auch, wenngleich erst nach einigen Versuchen,
braue)«» C o° n - 7 i3 mm Stärke durchbringen. Letztere wurde jetzt ge-
Am 29 (ui ü '\ 7 '* 9,1 24 Gctober (stete je eine Sitzung),
zuerst nicht a ^ onQte ^ notiren: „Dilatationssonde von 9 mm geht
nochmal« 01 w* 1 ’ nac ) 1 Anwendung derjenigen von 7 l / 2 nun wird sie
sofort dn'h r k UCht i UT1 ^.j etz ^ durchgebracht.“ Letzteres gelang zwar nicht
phagus zii ?r üehte S° n do nicht vorher wieder aus dem Oeso-
3. Kovemi en i fem ® n etwa dann zum zweiten male einzuführen. Am
zuerst inrrnL ich die stärkere Sonde durch, ohne die schwächere
® ancl t zu haben, ebenso am 11. November (an welchem Tage
— Antiseptische Mundperlen. Dr. Alexander Szana in Temesvar
empfiehlt als eine neue Methode, die Mund- und Rachenhöhle
zu desinficiren, an Stello des Gurgelns das Desinficiens in eine con-
sistente. jedoch im Speichel sich lösende Masse gebracht, in die Mund¬
höhle zu geben. Dabei kommen die in der Grimdmasse gleiehmässig
vertheilten Partikelchen des Desinficiens nur succcssiv in allerkleinster
Menge und längere Zeit hindurch in Berühruug mit der zu desinficirenden
Fläche der Mundhöhle, und wirken gelegentlich des Hinabschluckens auch
desinfieirend auf die Schleimhaut des Rachens. Diesen Anforderungen
entsprechen die von P. Radlauer in Berlin hergestellten antiseptischen
Mundperlen, eine Combination von Thymol, Saccharin. Menthol. Euca-
lyptol. Vanillin und ätherischen Gelen, die durch ein besonderes Ver¬
fahren in Zuckerkügelchenform gebracht werden. Man nimmt mehrere
(2—4) dieser Kügelchen in den Mund, lässt sie langsam zergehen und
schluckt sie herunter. Die Kügelchen erscheinen durch ihre leichte An¬
wendbarkeit und den angenehmen Geschmack besonders auch für die
Kinderprnxis geeignet. -
— Wflrfeleis. Trennt man ein Eisstück in zwei Hälften und legt
beide wieder aneinander, so frieren sie bei einer Temperatur unter 0° so¬
fort zusammen, so dass eine Trennung an derselben Stelle unmöglich ist.
Bringt man das Eisstück aber auf kurze Zeit wieder in Wärme, so gelingt
jetzt die Spaltung in der früheren Trennungsfläche mit der allergrüsston
Leichtigkeit, Diese Thatsache hat van der Weyde benutzt, um grosse
Würfel chemisch reinen Kunsteises maschinell in zahlreiche kleine Würfel
zu zerlegen und wieder zusammenfriereu zu lassen. Bringt man einen
solchen grossen Würfel ins Wasser, so lassen sich mit der Spitze eines
Federmessers auf das leichteste und reinlichste die einzelnen kleinen
Würfel abtrennen. Die kleinen Würfel haben ein sehr appetitliches und
elegantes Aussehen. Jeder Eisverlust durch Splitterung und unbequeme
Form der Stücke fällt weg. Die Eismenge lässt sich sehr leicht und
sicher dosiren, zugleich bietet jedes einzelne Eisstückchen durch seine
vollkommene Würfelgestalt die Garantie, dass es aus reinem Kunsteis
besteht. Um diese Garantie noch zu erhöhen, ward jedem kleinsten
Würfel ein Fabrikzeichen, z. B. ein Stern eingepresst, und man sieht
jedem grossen Würfel sehon an seinen Trennungslinien und den dureh-
schimmemden Sternen an, dass er durchweg aus garantirt reinem Kunst¬
eis besteht. Es werden grosse Würfel von 15—30 Pfund hergestellt, von
denen jeder sich in 512 kleine von etwa 15—30 g zerlegen lässt, (The
Lancet 1894, No. 3676, p. 366, 367.)
») Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 33.
3 ) Wenn bei nicht genügender Einführung eine solche Blähung über
,r Stenose, also an mehr nachgiebiger Stelle erfolgt, so fühlt die eompri-
irende Hand dieses sofort. Das Kautschuk erleidet nämlich alsdann
i C en des mangelnden Widerstandes bei versuchter stärkerer Compression
ötzlich Ueberaehnung, die sich als plötzliche Druckschwankung dem
hl« kund riebt.
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352
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15
vttt Kleine Mittheilungen.
Rrnwn.tiitaiiiird + Einer der letzten ruhmreichen Veteranen
der alten französischen Physiologenschule Magendie'sistmdmam
?•* M -
Eltern stemmend (1818 auf der Insel M » uritiu . s . S e fc >re 1 n) ’ d st ^ r 'pränkreFch
lebte in Tr Folge abwechselnd in Nordamerika England ™ d
GlautTe ITernard ÄÄTÄ
College de France. Die zahllosen, sich über ein halbes Jahrhimderter
steeckenden Arbeiten des Verstorbenen,
und wichtigeren Werke, die theils in kM«.
Sprache erschienen, namhaft zu machen ist an dieser Stelle ^
auch seiner ausgebreiteten journalistischen Thatigkeit für das iöoö
ihm begründete Journal de la Physiologie, die seit 18 f
Charcot und Yulpian herausgegebenen Archives de phjsiologie normale
efc lX oäque und die Archives" of scientific and practical medicme and
surgery m^ nur andeutungsweise gedacht werden. Brown-Sequard s
Verdienste auf dem Gebiete der Nervenplivsiolo^ie und 1 atholope. wenn
auch im Einzelnen vielfach nicht unbestritten, sind sicherlich ^ross und
bleibend genug, um auch über die ein unerfreuliches Aufsehen erregenden
Dinae dfe sich in den letzten Jahren mit seinem Namen verknüpften,
ein "schonendes Urtheil zu gestatten. Die Nervenpathoiogie zuraal wird dem
um die Lehre von den Lähmungen und Krämpfen, von der Epüep^o,
Addison’sehen Krankheit u. s. w. verdienten Forscher, dem Entdecker
der „Brown-Sequard’sehen Lähmung — untei welchem Na
wir bekanntlich den klinischen Symptomeneomplex der spin^
läsion zu begreifen pflegen — ein ehrendes und dankerfülltes Andmiken
bewahrei^^ riin ^ ^ erstell Sitzung des Vereins für innere Me-
dicin im Sommersemester, welche zugleich eine Generalversammlung war,
wurden zu Vorsitzenden die Herren Leyden Gerhardt, Ohrtmann
und A. Fraenkel. zu Schriftführern die Herren Jastrowitz, Fürbringer
und Litten gewählt, ferner nach Erstattung der Bibhotheks- und Cassen-
berichte als Cassirer Herr M. Marcuse, als Bibliothekar Herr Max Meyer
wiedergewählt. Zu Cassenrevisoren wurden die Herren Werner und Boas
ernannt, letzterer für Herrn Reich, der eine Wiederwahl aus Gesundheits¬
rücksichten abgelehnt hatte. Zum Vorsitzenden der Ge Schafts Commission
wurde wieder Herr Becher, zu Mitgliedern der Geschäftscommission an
Stelle der theils durch den Tod, theils ordnungsmässig ausgeschiedenen
Herren S. Guttmann, Kalischer, Badt. Lehfeld, Rothmann, Fur-
bringer. Schwabach. Baer, gewählt die Herren Boas, Remak, Gold¬
seh eid er, Lazarus, Mondei, Eulenburg, Renvers, Bessel. Vor
der Tagesordnung demonstrirte Herr Oe streich das Präparat einer syphi¬
litischen Trachealstenose von einer mit allgemeiner Trichinose behafteten
Frau, woran sich klinische Mittheilungen über den Fall seitens der Herren
Leyden und Goldscheider anschlossen, und darauf zur Tagesordnung
Herr Lohnstein einen neuen Apparat zur Urethroskopie.
— Hamburg. Der Bürgerschaft ist der Entwurf einer Aerzte-
ordnung zugegangen, der die Einrichtung einer Aerztekammer für
den Hamburgischen Staat in Aussicht stellt. . .
— Danzig. Der Sanitätsrath Dr. J. Semon hat die Feier seines
fünfzigjährigen Jubiläums begangen. ,
— Paris. Die Internationale Sanitätsconferenz hat ihre
Arbeiten beendet. Die beschlossene Convention ist von den Bevoll¬
mächtigten Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, Frankreichs. Russlands,
Spaniens, der Niederlande, Italiens. Griechenlands, Dänemarks, Persiens,
Portugals unterzeichnet. Die Türkei und Schweden-Norwegen haben die¬
selbe ad referendum genommen. England hat, wie verlautet, einige Re¬
servationen bezüglich des Pilgerwesens gemacht. .
_ Rom. In der Schlusssitzung des Internationalen medici-
nischen Congresses wurde Russland als Land für den nächsten
Congress proklamirt. Die Wahl des Congressortes wurde der russischen Re¬
gierung überlassen.— Zu Ehrenmitgliedern derSocieta freniatrica
Ttaliana wurden ernannt: Professor Dr. Meschede (Königsberg i. Pr.),
Director Dr. Rothe (Warschau), Professor Dr. Benedikt (Wien), zum
correspondirenden Mitglied: Dr. Kurella (Brieg).
— Wie in früheren Jahren, stellt sich unter den Boten der heran¬
nahenden Saison auch der Bericht über die Verhandlungen des
schlesischen Bädertags (der 22., für 1893) pünktliehst ein, wie
immer bearbeitet und herausgegeben von dem verdienstvollen Vorsitzenden
des Bädertages, Bürgermeister und Badecommissar D engl er in Reinerz.
Aus dem reichhaltigen Inhalte seien die auch ärztlich interessanten Be¬
richte und Vorträge von Scholz (Cudowa), Kratzert (Goczalkowitz),
Schubert (Reinerz), Moses (Warmbrunn) besonders hervorgehoben.
— Universitäten. Giessen. Der a. o. Professor der Geburts¬
hülfe Dr. Friedrich Birnbaum ist gestorben. — Greifswald. Der
Privatdocent Dr. Ballowitz ist zum a. o. Professor ernannt. — Heidel¬
berg. Der Senior der medicinischen Facultät Prof. F. W. H. Dellfs ist
gestorben. — Rostock. Dr. L. Pfeiffer, Assistent am hygienischen
Institut und Privatdocent an der Universität München ist als a. o. Pro¬
fessor der Hygiene nach Rostock berufen.— Tübingen. Dr. Hofmeister
hat sich als Privatdocent für Chirurgie habilitirt. — Wien. Die Do-
centen für Chirurgie Dr. v. Hacker und Dr. Höchen egg sind zu a. o.
Professoren ernannt. Dr. 0. v. Weiss ist zum Docenten der Gynäko¬
logie und Geburtshülfe ernannt. — Lille. Der Professor der Hygiene
Dr. Arno ul d ist gestorben. Der Verstorbene hat durch eine umfassende
Beschäftigung mit der deutschen hygienischen Litteratur und durch
seine reforirende Thätigkeit an den maassgebenden französischen Journalen
viel zur Verbreitung der Kenntniss der deutschen Erscheinungen auf dem
Gebiete der Hygiene in Frankreich beigetragen. — Stockholm. Der a. o.
Professor der Chirurgie Dr. J. W. Berg ist zum ord Professor ernannt. -
Helsingfors. Dr. R. Kolster ist zum Docenten für pathologische Ana¬
tomie ernannt. - Dorpat. Der ord. Professor der allgemeinen Patho-
lorie u™d pathologischen Anatomie Dr. R. Thema hat seine Professur
nifdergelegt Zu seinem Nachfolger ist der Prosector an der Moskauer
Universität Dr. M. Nikiforow ernannt. Der a. o. Professor der Gynä¬
kologie Dr. Gubarew ist zum ord. Professor ernannt. — St. Petersburg.
Dr NG. Uschinski ist zum Privat.locenten ftti• gerichtliche Medicinanider
miiitar-medicinischen Akademie ernannt. - Dr ' , M A AJ?“?'
kessenski ist zum Privatdocenten der Geburtshülfe und Gynäkologie
ernannt. _
XIV. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte. Sammelwerke u. s. w. Jadroo,
Disease and Race. 121 S. London, Swan Sonnenschein k Co.. 1894.
Akademisches Taschenbuch für Mediciner Sommersemester
1894 Zusammengestellt unter Benutzung amtlicher Quellen und hand¬
schriftlicher Mittheilungen. Leipzig, Georg Thierne, 1894.
Augenheilkunde. Fuchs. Lehrbuch der Augenheilkunde.
IV Auflage. 832 S. 14 M. Leipzig und Wien, Franz Deuticke. 1894.
H Salomonsohn, Ueber die sogenannte pathologische
Netzhautermttdung. Berliner Klinik Heft 70. 22 S. 0,b0M. Berlin,
Fischers med. Buchhandlung, 1894 . v
Chirurgie. C. Lauenstein, Die Torsion des Hodens, \olk-
mann’s Sammlung klinischer Vorträge. Neue Folge No. 92. Leipzig,
Breitkopf & Härtel, 1894. „ oi *
Gehurtshlilfe und Gynäkologie. S. Chazan. Ueber Placentar-
retention nach rechtzeitiger Geburt. Volkmanns Sa^hrng
klinischer Vorträge. Neue Folge No. 93. Leipzig, Breitkopf & Hartei, 1894.
R. Dohrn, Ueber Leistung von Kunsthülfe in der geburts-
hülflichen Praxis. Volkmanns Sammlung klinischer Vorträge. Neue
Folge No. 94. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1894.
Infectionskrankheiten. Behring, Bekämpfung der Intections-
krankheiten. Infection und Desinfection. Versuch einer systematischen
Darstellung der Lehre von den Infectionsstoffen und Desinfectionsmittem.
251 S. Leipzig, Georg Thierne, 1894. . .
Innere Äedicin. Handbuch der speciellen Therapie innerer
Krankheiten. Herausgegeben von Prof. Dr. E. Penzoldt in Erlangen
und Professor Dr. R. Stintzing in Jena. I. und II. Lieferung. Jena,
Gustav Fischer, 1894. . . ,
Kinderheilkunde. Le Gendre and Broca, Traite de^theia-
peutique infantile medico-chirurgicale. 664 S. Paris, G. btein-
heil, £j|^ atolog j e nn ä Balneologie. Thomann und Heusser. Sonnen-
berg-Seelisberg. Ein Eldorado am. Vierwaldstädter bee. loa »•
ZüriC Krankenpflege!* R. Behrends-Wirth. Frauenarbeit im Kriege.
Selbsterlebtes aus den Jahren 1870-1871. 170 S. 2,00 M. Berlin,
F. Fontane, 1894. . •
Laryngo-Rhinologie. Klinischer Atlas der Laryngologie
und Rhinologie. Herausgegeben von weiland Prof. Dr. Joh. Schnitzler,
unter Mitwirkung von Dr. M. Hajek und Dr. A. Schnitzler. M-
rang. 4 M. Wien und Leipzig, Wilhelm Braumüller, 1894.
L. Linkenheld, Die lokale Anwendung des Wiesbadener
Kochbrunnenwassers in Form von Inhalationen, Gurgeiu g
und Nasenspülungen bei den Erkrankungen des Halses
der Nase. 24 S. Wiesbaden, H. Lützenkirchen, 1894. . ,
Medicinalstatistik. Verwaltungsbericht der königHc
Hauptstadt Prag und der Vororte Karolinenthal, Smiehow,
Königliche Weinberge und Zizkow für das Jahr 1890 leröffenG
licht von der statistischen Commission der königlichen HauptsUidt r g
unter der Redaction des Direktors des städtischen statistischen Bureaus
Jos. Erben. 373 S. Prag, Verlag der statistischeni Commissioii, 1WA
Statistisches Handbuch der königlichen Hauptstadt Br 0
und der Vororte für die Jahre 1890 und 1891. 384 und 331 b.
Ibidem 1892 und 1894. . lnn£r
Militärmedicinalwesen. Dienstanweisung zur Beurtneiiung
der Militärdienstfähigkeit und zur Ausstellung von milita
ärztlichen Zeugnissen vom 1. Februar 1894. 176 b. ’
E. S. Mittler & Sohn, 1894. . , „ • _ deS
Pharmakologie. E. Grätzer, Die therapeutische Praxis oe»
Arztes bei 455 Krankheitsformen. Ein Repeütonum und Naen
schlagebuch für Aerzte und Studirende. III. Auflage. 223 b.
und Neuwied, Heuser’s Verlag, 1894. Q«Ynal-
Urologie. Klinisches Handbuch der Harn- und
Organe. Herausgegeben von weil. Prof. Dr. W. Zuelzer, redigir
F. M. Oberländer. II. Abtheüung. 406 S. 10 M. Leipzig. F. G. w-
g Vcterinärwesen. Schneidemühl, Das Thierarzneiwesen
Deutschlands und dessen Einzelstaaten in . ®® ine ® ®
wärtigen Gestalt. 506 S. Leipzig, Arthur Felix, 1893. 7shne
zSlinheilknnde. L. Hollaender, Die Extraction dei
Für Aerzte und Studirende. IV. Auflage. 97 S. Leipz g.
Felix, 1894. __
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
Vaoante Stellen: ,
Das Physikat des Kreises Rinteln, die Kreis - Wundarztstelle
Kreises Oletzko. (Die übrigen Personal ien siehe im I nserat entueu.j
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstae Jt? 16 *
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Hedicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Br. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtenstaln&llee S. Potsdam erstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
19. April 1894.
1. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Herrn i
Geheimrath B. Koch in Berlin. |
TJeber Gtewinnung und Verwendung des
Diphtherieheüserums.
Von P. Ehrlich, H. Kossel und A. Wassermann.
Die Möglichkeit, durch das Serum gegen Diphtherie künstlich ,
inwumisirter Thiere andere Individuen gegen diese Affection zu
schützen und die bereits ausgebrochene Krankheit günstig zu be- |
einflussen, hat ihre Grundlage in den aus dem Koeh’schen Institut
liervorgegaugenen Arbeiten Behring’s. Ein näheres Eingehen auf
die ganze historische Entwickelung dieser Frage halten wir an j
dieser Stelle für überflüssig, da dieselbe wohl heute als Gemeingut 1
der ärztlichen Welt betrachtet werden darf. I
Die folgenden Untersuchungen stellen eine Fortsetzung dar der
bisher aus dem Institut hervorgegangenen Arbeiten über diesen
Gegenstand, welche allein die Basis für die wissenschaftliche Auf¬
fassung und die praktische Anwendung der Antitoxine am Menschen
abgaben.
In dem gesammten Verlaufe unserer im Einverständniss mit !
Behring angestellten und über Jahre sich erstreckenden Unter¬
suchungen haben wir uns des wärmsten Interesses und des maass-
gebenden Rathes unseres hochverehrten Chefs, des Herrn Geheim-
rathR. Koch, zu erfreuen gehabt, wofür wir ihm an dieser Stelle i
unseren ergebensten Dank aussprechen. i
Als \ ersuchsthiere für die Gewinnung der Blutantitoxine haben
wir hauptsächlich Ziegen gewählt. Gerade diese Thierart ist nach
unseren Erfahrungen besonders zu Immunisirungsversuchen im
Laboratorium geeignet. Denn einerseits sind diese Thiere sehr I
empfänglich für Diphtheriegift und andererseits besitzen sie eine :
grosse Widerstandsfähigkeit, welche sie selbst sehr starke Immuni- i
Mrungseingriffe überstehen lässt. Nicht unwichtig ist auch die Ge¬
winnung von Milch, welche nach den Untersuchungen des Einen I
'on uns (Ehrlich) die specifischen Schutzkörper in erheblichen l
Quantitäten enthält.
der Inununisirung unserer Versuchsthiere schloss sich j.
lm allgemeinen eng den jetzt wohl allseits angewendeten Methoden
^n, indem wir eine Grundimmunität durch Einverleibung steigender
- engen abgetödteter Diphtherieculturen erzielten und diese Grund-
Immunität dann durch eine Serie von immer steigenden Mengen j
eender höchst virulenter Culturen der Diphtheriebacillen in die *
Hoho trieben.
im dt u ^ 18erer experimentellen Thätigkeit war natürlich
. t!i f auf die praktische Verwerthbarkeit am Menschen der,
1mm • • Unc * ^fileh unserer Versuchsthiere im Verlaufe der
flAr rv 1 ? 1 !’ 1 unK mö gLehst gehaltreich an dem specifischen Gegengift
er i^fhene zu gestalten.
in i e( i m S q C ^ ^ uu ü ^er die Höhe .des erreichten Immunitätsgrades
könnpn 111 -+ ^ um der Immunisirungsperiode Rechenschaft geben zu
Antil-r' ISt eme Methode erforderlich, welche die Bestimmung der
irflnai, rper , V 1 UQ d MUch möglichst schnell und quantitativ
Könau ermöglicht.
die Von T uns an gewendete Methode beruht auf der schon durch
f «-eßtRll ntersuc li^ I1 g e n von Behring und Kitasato fest-
acenKcrioc« ' latsaß he, dass Gift und spezifisches Gegengift, im Re-
geo-eniLit;« aU88 ® r ^^ des thierischen Organismus gemischt, sich
* ^ neu trahsiren. Wir haben uns davon überzeugt, dass
diese Neutralisirung sofort beim Zusammenmischen entsteht und
nach den einfachen Gesetzen der Proportionalität geschieht.
Der Unterschied dieser Methode von den bisher angewendeten
besteht darin, dass bei den letzteren das Gift den Versuchstieren
getrennt von den Antikörpern injicirt wurde, so dass beide Stoffe
auf einander erst innerhalb des Thierkörpers einwirkten. Die
Schnelligkeit, mit der dies geschah, war natürlich von individuellen
Resorptionsverhältnissen in hohem Grade abhängig und man er¬
reichte so keine hinreichend genauen Resultate. Im Gegensatz
hierzu ist bei der Mischung beider Substanzen im Reagensglase
und nachheriger Injection des Gemisches eine stets gleichmässige
Einwirkung beider Körper gewährleistet.
Was die praktische Ausführung dieser Methode anbetrifft, so
benutzt man am besten ein schon länger conservirtes und auf seine
Constanz geprüftes Testgift, das wir wie Behring aus älteren
Bouillonculturen der Diphtheriebacillen durch Zusatz von V 2 0 /0
Phenol gewannen und von dem man stets ein grösseres Quantum
vorräthig haben muss. Für unsere jetzigen Versuche dient ein
Gift, von dem 0,3:1000 g Körpergewicht die sicher tödtliche Minimal¬
dosis darstellt. Wir gehen nun in der Weise vor, dass wir (für
Thiere von 2—300 g) 0,8 ccm Gift, also das zehnfache Multiplum der
Dosis letalis nehmen und dazu die auf ihre antitoxische Kraft
zu prüfenden Substanzen resp. Flüssigkeiten in abgestuften
Mengenverhältnissen, z. B. 0,4, 0,3, 0,2 g etc., zumisclien. Die
Mischungen, deren Volumina wir der Gleichmässigkeit halber
durch Zusatz von physiologischer Kochsalzlösung gewöhnlich
auf 4 ccm bringen, werden sofort den Meerschweinchen in der
betreffenden Reihenfolge subcutan injicirt. Schon am nächsten Tage
lässt sich dann, wenn die Abstufungen richtig bemessen waren,
aus dem Fehlen oder Vorhandensein localer Infiltrationen, sowie
mit Berücksichtigung des veränderten Körpergewichtes der Thiere
ein annäherndes, am zweiten Tage ein definitives Urtlieil gewinnen.
Je nach dem Grade des Gehaltes an Antikörpern schwanken die
zur Neutralisirung der genannten Giftmenge nöthigen Volumina.
Während z. B. im Beginne der Immunisirung 5 ccm Milch noch nicht
zur Neutralisirung ausreichten, genügten später 0,1 ccm, vom Blut¬
serum derselben Thiere natürlich cntsprrjchend weniger, z.B. 0,005ccm.
Wir können dafür einstehen, dass diese Methode auch im weitesten
Spielraum stets absolut zuverlässige Prüfungsresultate liefert. 1 )
Was die von uns im Laufe der Immunisirung erreichten End¬
resultate betrifft, so haben wir Thiere, von deren Serum 1,5 mg
und von deren Milch 0,075 g genügen, um 0,8 unseres Giftes zu
neutralisiren. In Uebereinstimmung mit Behring 2 ) sagen wir,
dass den Werth von einfach Normalantitoxin oder einer Irnmuni-
sirungseinheit das Serum besitzt, von dem 0,1 ccm genügt, um
unsere oben genannte Giftdose von 0,8 (= 1,0 ccm Behring’s
Normalgift) vollständig zu neutralisiren. Demnach entsprechen diese
Serumsorten dem Werthe von 60fachem Normalantitoxin oder ent¬
halten in einem Cubikcentimeter 60 Immunisirungseinheiten (gleich
I. E. im weiteren Verlaufe der Arbeit). Es ist das eine Höhe, die
sämmtliche bisher auch in der allerjüngsten Zeit über Diphthene-
i) Für die Zweckmässigkeit der Methode spricht der Umstand, dass
ich Behring sie jetzt ausschliesslich zur Feststellung der ImmumtAts-
ihe anwendet. Wegen einer unsererseits 1 erfolgten. 6
rbeit ist dieselbe inzwischen bereits von Behring im Einklang mi
lW i^Cfr° : Behring, a) Sonderabdruck aus den Benchten dör pharma-
utisdien GesellschSt (Sitzung vom 7 Dcc e mber l893) ^ 3 u 4 bM -
ction und Desinfection (Vorl. v. Georg Th.eme. Leipzig 189*. P- “•
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354
DEUTSCHE MEDICINISGHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16
immunisirung publicirten Resultate' hinter sich lässt. Durch die Güte
des Herrn Professor Dr. Dieckerhoff, dem wir dafür unseren besten
Dank sagen, waren wir in die Lage versetzt, in der hiesigen könig¬
lichen thierärztlichen Hochschule eine Kuh gegen Diphtherie zu im-
munisiren. Dieselbe ist ebenfalls zu hohen Immunitätsgraden gelangt.
Mit den besten unserer Serumsorten haben wir nun nach Ver- .
abredung mit Herrn Prof. Behring Versuche an kranken Kindern
angestellt in folgenden Krankenhäusern: \
Elisabeth-Krankenhaus (Abtheilung des Herrn Prof. Dr Rinne),
Städtisches Krankenhaus am Friedrichshain (Abtheilung des Herrn
Geheimrath Hahn), Lazaruskrankenhaus (Geheimrath Prof. Langen¬
buch), Städtisches Krankenhaus Moabit (Abtheilung des Herrn
Prof Sonnenburg), Städtisches Krankenhaus am Urban (Ab¬
theilung des Horm Direktor Dr. Körte) und auf der Kranken¬
abtheilung unseres Instituts. . ,
Allen den genannten Herren Direktoren sagen wir für das
bereitwillige Entgegenkommen, sowie ihren Assistenten, Herren
DDr. Schubert, Weibgen, Stabei, Canon, Voswinckel, für
die mühevolle Behandlung und Beobachtung der Kranken unseren
besten Dank. ’ ,
Die Gesammtzahl der behandelten Fälle beträgt 220; es wurden
ausschliesslich Kinder behandelt. Eine Auswahl der Fälle fand
nicht statt, sondern es wurden alle in die betreffenden Kranken¬
häuser eingelieferten, an Diphtherie erkrankten Kinder injicirt.
In Bestätigung der früheren Beobachtungen erwiesen sich die
Injectionen von Diphtherieheilserum als völlig unschädlich.
Im Anfänge unserer Versuche begnügten wir uns mit der ein¬
maligen Injection einer bestimmtenDoseunseresDiphtherieheilserums,
welche 130—200 Immunisirungseinheiten repräsentirt, wurden aber
dann durch die Erfahrungen mit der Behandlung von schweren
Fällen veranlasst, an einzelnen Krankenhäusern wiederholte In¬
jectionen vorzunehmen. In den folgenden Tabellen sind die Ge-
sammtresultate übersichtlich zusammengestellt.
Tabelle 1. _
Summa
der
Behan¬
delten
Geheilt
Ge¬
storben
Heilung
in %
Davon waren tracheotomirt
Summa geheilt
ge- Heilung
storben in %
220 | 168 j 52 | 76,4 j 67 | 37 | 30 | 55.1
Es wurde also ein recht günstiges Gesammtresultat erzielt, indem
nur 23,6 °/o überhaupt, und von den Tracheotomirten 44,9% starben. 1 )
Einen wahren Einblick in den Nutzeffect der Injectionen er¬
hält man aber erst dann, wenn man die Fälle nach den Krankheits¬
tagen gruppirt, an welchen die Behandlung begonnen w r urde.
Tabelle 2. 2 )
Krankheitstag j
Behandelt |
Geheilt i
Gestorben I
Heilung in %
I.
6 !
6
0 1
100 0 o
II.
66 (9)
64 (7)
2(2)
97 %
III.
29 (8) 1
25 (7)
1 4 (1) 1
80 %
IV.
39 (14) 1
30 (10)
9 (4)
77 °/o
V.
23 (10) !
! 13(4)
10 (6)
56,6%
Diese Erscheinung, dass bei der Serumbehandlung mit der
Zahl der Krankheitstage ein Anschwellen der Mortalität statt¬
findet lässt sich in besten Einklang bringen mit den experimen¬
tellen’Thatsachen. Je länger das Diphtheriegift auf den Körper ein-
gewirkt hat, je weiter die mechanische‘Behinderung der Athmung
ausgebildet und je schwerer die Miseliinfection ist, desto weniger
können wir hoffen, durch die Zerstörung des frei kreisenden Di¬
phtheriegiftes und durch Aufhalten der Membranbildung den kranken
Körper günstig zu beeinflussen. .
Aus der Schwere der zu spät emgeheferten lalle ist es aber
auch gestattet, einen Rückschluss zu ziehen auf die Schwere der
Gesammtepidemie, und da ist uns die hohe Mortalität dieser in
den späteren Krankheitstagen eingelieferten Fälle der beste Beweis
dafür dass wir es nicht mit einer leichten Epidemie zu thun
hatten und demgemäss die hohe Heilungsziffer in den ersten
Krankheitstagen dem Serum zuzuschreiben ist; ganz abgesehen
davon, dass sich unsere Beobachtungen über einen Zeitraum von
fast sechs Monaten erstrecken.
Was nun die Todesfälle angeht, so starben von den Kindern
mit Rachendiphtherie 22; von Tracheotomirten 30
und zwar an Sepsis . 8
an Pneumonie .... 7
an Nachkrankheiten . 6
an Miliartuberkulose_1
22
4
23
2
1
30
Man sieht aus dieser Tabelle, dass die Sicherheit des
Erfolges der Serumbehandlung wesentlich abhängig ist
von dem Zeitpunkt nach der Erkrankung, an dem die
Kinder zur Behandlung mit Serum kommen, und dass
in den ersten Tagen Resultate erreicht wurden, wie sie
bisher noch nicht beobachtet sind.
An einer Vergleichsstatistik von Diphtheriefällen ohne Be¬
handlung mit Serum haben wir uns überzeugt, dass eine gleiche
Abhängigkeit des Erfolges von der Dauer der Erkrankung bei der
gewöhnlichen Krankenhausbehandlung nicht existirt. Von solchen
Kindern stirbt ein immerhin hoher Procentsatz, gleichgültig ob sie
am ersten Tage in ärztliche Behandlung genommen werden oder
nicht, eine Thatsache, welche trotz der sorgfältigsten äusseren oder
inneren symptomatischen Behandlung nicht aus der Welt zu schaffen
ist. Während bei unserer Behandlung von 72 an den
ersten beiden Tagen eingelieferten Kindern nur 2 star¬
ben, so verliefen von 72 Fällen ohne Serumbehandlung
nach einer über 7 Jahre sich erstreckenden Statistik
durchschnittlich 25 = 34,7 % tödtlich. _
l ) Gelegentlich des XL internationalen Congrosses in Rom hat Herr
Professor Heubner eine den Werth der Serumtherapie noch nicht be¬
weisende Statistik mitgetheilt. Es ist vielleicht nicht überflüssig, darauf auf¬
merksam zu machen, dass die Beobachtungen des Herrn Professor Heubner
aus einer Zeit stammen, wo die Antitoxinlösungen noch sehr viel
schwächer waren als die jetzt benutzten. Uebrigens sind die Heubner 1 -
sehen Resultate schon durch die vor einem Jahr durch Kossel aus dem
Institut für Infectionskrankheiten mitgetheilten Beobachtungen überholt.
*) Die Zahlen in ,Klammem geben die j in der Gesammtzahl enthal¬
tenen Tracheotomieen an.
Wenn man die Zeit nach Beginn der Behandlung in Betracht
zieht in welcher die Kinder starben, so gewinnt man.die Ueber-
zeugung, dass bei der Hälfte der gestorbenen Kinder die Krank¬
heit schon soweit vorgeschritten war, dass eine Heilung auch mit
Serum kaum noch erhofft werden konnte. Es starben nämlich:
noch an dem Tage der Einlieferung 6
am 1. Tage nach der Einlieferung . 12
2 .8
Von den übrigen 26 Kindern hätten wir wahrscheinlich noch
eine bedeutende Zahl retten können, wenn uns genug Serum zur
Verfügung gestanden hätte, um bei jedem einigermaassen zweifel¬
haften Verlauf nicht eine einmalige Dosis Heilserum, sondern deren
mehrere zu injiciren. Wenn man auch durch eine einmalige In¬
jection (v. 160—200 I. E.) bei einer grossen Zahl der früh ern-
gelieferten Fälle auskommen dürfte, so haben uns die folgenden
Beobachtungen bestimmt, doch eine mehrmalige Injection von Serum
für wünschenswerth zu halten.
Der Zustand einzelner Kinder, welche in den ersten lag© 11
nach der Injection eine auffallende Besserung zeigten, verschlech¬
terte sich zuweilen langsam, und die Kinder starben noch nac
10—14 Tagen unter Erscheinungen von Nephritis und besonders von
Herzschwäche. Es sind dies die Fälle, welche in den vorstehenden
Tabellen als an Nachkrankheiten gestorben in Rechnung ge¬
bracht sind. „.
Ferner konnten wir meist nur bei stärkerer Serumzufuhr (dis
4. injectionen von je 160—200 I. E. am ersten Tage) eine Be¬
einflussung der Körpertemperatur und des Pulses beobachten,
ein sofortiger Temperaturabfall nach den Injectionen für gewonwi
nicht stattfindet, mag seinen Grund darin haben, dass wir nur
den im allerersten Stadium der Diphtherie eingelieferten lun e
und auch bei diesen nur verhältnissmässig selten reine Diphtheneen
vor uns haben. In späteren Tagen und Krankheitsstadien a ß
sich schon andere fiebererregende Bacterien den Diphthenebaci
zugesellt, deren Stoffwechselproducte durch das allein g e o® n
Diphtheriegift gerichtete Antitoxin nicht neutralisirt werden könn -
In einzelnen ganz frischen Fällen aber haben wir in der
ein fast kritisches Sinken der Körpertemperatur und der sehr e
höhten Pulsfrequenz am Tage nach einer reichlichen Serumz
beobachten können. • . +Al
Wir hoffen nun nach den Erfahrungen im Elisabetnnosp
und auf der Krankenabtheilung unseres Instituts, wo wir i
wiederholten Injectionen durchgeführt haben, dass die ziahl
Nephritiden und Lähmungen, sowie die oben genannten -‘• od ® s 11
durch Herzschwäche bei frisch in Behandlung genommenen
sich noch wird reduciren lassen. In den beiden genannten Kra
häusem gelangten bisher von SO Fällen, von denen 16 traeheo
wurden, nur 4 zum Exitus, und zwar innerhalb der ers _
36 Stunden. Bei diesen Kindern, welche sämmtlieh tracheotonur
waren, hatte die Operation keine oder nur vorübergehen ©
leichterung der Athmungsbeschwerden zur Folge gehabt, in
dieser Fälle fanden sich bei der Obduction ausgedehnte
Stopfungen der tieferen Bronchen mit diphtherischen Memor
in dem vierten multiple durch Streptococcen bedingte Hepatisations-
heerde in den .Lungen mit Infeetion des Blutes durch Streptoco •
Dagegen ist der Verlauf bei den anderen 26 Fällen ein aus
ordentlich günstiger , gewesen, trotzdem sich unter ihnen eine
I zahl sehr schwerer Fälle mit infauster Prognose befanden.
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Original frorri
UNIVERSETY OF MICHIGAN
19. April.
JDEU TSCHE MEDI CINISCHE WOCHENSCHRIFT.
W r ir wollen daher als Cardinalpunkte für die Behandlung von
diphtheriekranken Kindern mit Heilserum folgende aufstellen f
1. Das Schicksal der zu behandelnden Kinder w r ird entschieden
durch das Vorgehen in den ersten drei Tagen der Krankheit Da¬
her ist das Serum so bald als möglich nach dem Beginn der
Krankheit zu iiyiciren.
2 . Da ein Ueberschuss von Antitoxinen im Körper des kranken
Kindes erzielt werden soll, so muss nach unseren Erfahrungen die
Anfangsdosis betragen bei leichten Fällen mindestens 200 Immuni¬
tätseinheiten, bei schwereren Fällen und bei allen tracheotomirten
400 Immunitätseinheiten.
3. Die Behandlung mit Serum ist noch an demselben oder am
nächsten Tage fortzusetzen, entsprechend dem Verlauf des Fiebers
Pulses und der lokalen Erscheinungen. Die Gesammtmengen können
je nach der Schwere des Falles 500 — 1000—1500 Immunitäts-
einheiten betragen.
Wir heben hier ausdrücklich hervor, dass sich diese Zahlen¬
angaben nur auf unser Serum -beziehen und dass Heilungsversuche
mit anderen Antitoxinlösungen mit den unsrigen nur dann verglichen
werden können, wenn ihr Werth den unserer Lösungen erreicht
Die ausführliche Publication der. experimentellen Ergebnisse
und der klinischen Beobachtungen wird in der Zeitschrift für Hy¬
giene und Iufectionskrankheiten unsererseits demnächst erfolgen.
n. Ueber die Methode des klinischen Unter¬
richts an der Heidelberger chirurgischen
K linik nebst Bemerkungen zur neuen
Prüfungsordnung.
Von Prof. Dr. Czerny.
\Vohl mag eine möglichst gründliche Ausbildung der Aerzte
uas beste Mittel zur Bekämpfung der Curpfuscherei sein, aber wir
dürfen nicht erwarten, dass die Curpfuscherei auf hören würde, wenn
« .. f rz ^ e dle höchste Stufe der Ausbildung, welche heutzutage
möglich ist, erklommen hätten. Dazu ist der Wunderglaube zu tief
m die menschliche Seele eingewurzelt, und gerade die obersten
Stande, welche sich doch leicht die besten Aerzte schaffen könnten,
naen am schwersten die Resignation, zu glauben, dass für sie
™ * J~ 0 ®h ein Extrakräutlein gewachsen sei, wenn das unerbitt¬
liche Ende, welches allem Organischen beschieden ist, in irgend
einer lorm an die Thür des alternden Hauses klopft. Also nicht,
das mächtig wuchernde Unkraut der Curpfuscherei einzudämmen,
bonaem wdl es unsere Pflicht und Schuldigkeit ist, müssen wir
on Z,cit zu Zeit Umschau halten, ob unsere Unterrichtsmethoden
Z; den Fortschritten der Wissenschaft und den Methoden, welche
T- Kulturvölker anwenden, gleichen Schritt gehalten haben.
„ ;o _ . IS a Zwe ?^l°. s der gegenwärtige Moment ganz besonders ge-
Prfifn'n a , wir Sei ^ ba * d drei Jahren auf dem Sprunge stehen, die
nZc!f 0 r ü U ¥ zum zweiten male seit der Neubegründung des
deutschen Reiches umzuändern.
beeinflusst die Prüfungsordnung den Studiengang
behannJ nge ?i ^ erzte ausserordentlich, und es wird niemand
erst« 4 n . W0 ^ en ’ dass die Ausbildung unserer Aerzte durch die
fümmZ j 0 r S n &.& ewo nnen habe. Das Examen ist durch die Ein-
vorhef/ glene n . och langstieliger geworden, als es schon
Prfifnnn- ^ * - gemeinsame Schlussexamen, welches der ganzen
wie vor w. nen ^ ei . erl j che n Abschluss gab, ist weggefallen, und nach
nur ij 1C ^ der ^ andid at die Approbation ersitzen, wenn er
Statinnon^ Ue • ? eit und Unverfrorenheit dazu hat, die einzelnen
Station po a?, \ leder j 10 i len - Mancher fällt in einer oder mehreren
fleissieen ,i Und acht schlie sslich mit der Note „gut“ einen
ist wenn PO ad ~ n aus ’ der auch das Exam en erledigt hat, und froh
dass mit rW ”# en f ?? endU befunden worden ist. Es ist zu fürchten,
als besonn™« p ~? runff der Ps J clliatrle und anderer Specialitäten
trödelt unrl rin , rufungsgegenstandes das Examen noch mehr ver-
aUgemeinp unn, ^ eei ^ let wird » einen Maassstab für die
Bedeutung die^S dGS . Candldaten abzugeben. Damit will ich die
nicht trerhur Clal ^ äten für die Ausbildung der Aerzte sicher
die SpSL' 26h -, Etwas anderes ist es aber - w«n gerade
welchen die mL- S ° Vlel als mö £ llch den praktischen Unterricht,
lands bishfir nTf Cln ? r auf den »zunftmässigen“ Faeultäten Deutsch¬
gesammelten AKk nd ji Q baben ’ schlecht machen. Wenn man die
Unterrichtes a ^ du J , » en öber die Reform des medicinischen
m an staunen hL - thur Hartmann 1 ) durchhlättert, so muss
Deutschen Rp^ 8 W ! r überhaupt noch ganz leidliche Aerzte im
Aerzte selbst im z ? st ^ nde gebracht haben und dass die deutschen
französischen Auslande die Concurrenz mit englischen und
Selbst in Ieg ? n 80 Peinlich aufnehmen können.
“-— m Vl0 lgeschmähten Berlin, dessen Zustände offenbar
Sehers medicinische Buchhandlung, Berlin 1894.
- . ... _ = _355
Hartmann vor Augen schweben, scheinen die Nachtheile welche
haben^thenwtrsp^n 1611 ?^? foUo8 für den Praktischen Unterricht
naben, theüweise ausgeglichen zu werden durch die riesige Zahl
M?nn D °r n h“’ WelCh6 i, Ja 6if 3 ffGnUg ihre Wissenschaft an den
Stufen \em^.ht ü . Wer A m ® iner grossen Schule seine
qSS“ l hat F we A lss ’ dass dl ese grossen Collegien für
Schüler und Lehrer etwas Anregendes haben und bei dem modernen
Zug nach der Grossstadt unentbehrlich sind. Wer beharrlich und
mit ernstem Wi len danach strebt, findet auch in der Grossstadt
Gelegenheit, sich praktisch auszubilden. Es verhält sich damit
ähnlich wie mit den Corpsstudenten an den kleinen Universitäten
Die haben es so ziemlich zum Princip erhoben, sich mit der Wissen¬
schaft möglichst wenig zu belästigen. Wenn aber einmal ein
Corpsstudent es fertig bringt, das Princip zu durchbrechen und
wirklich etwas zu lernen, so wird ganz gewiss etwas Rechtes aus
ihm. lur den Durschschnittsmenschen kann freilich sowohl die
Crossstadt wie auch das Corpsleben leicht zum Ruin werden.
Aber neben den grossen Emporien der Medicin: Berlin, München
Leipzig Würzburg, wirken weit hinten in der Provinz noch
lb mittlere und klemo Faeultäten unentwegt an der Ausbildung
der Aerzte, und den Studenten stellt es frei, diese Schulen zu be-
suchen, wo sie dem Lehrer persönlich näher treten und bei gutem
Willen reichlich lernen können. °
Was die von jenen Docenten, welche noch nicht das Glück haben
darinnen zu sitzen, viel geschmähte „Zunft der Faeultäten“ betrifft
so haben es die deutschen Faeultäten bisher meisterhaft verstanden,'
ihre Selbstständigkeit zu wahren, wenn ihnen auch manchmal etwas
am Zeuge geflickt wird. Dass unter der Herrschaft dieser Zünfte
die deutsche wissenschaftliche Medicin nicht zu kurz gekommen
ist, wird selbst von Hartmann zugegeben. Eine solche Körper¬
schaft hat auch in ihrer historischen Entwickelung etwas Achtung¬
gebietendes, wenn sie gerade so gross ist, dass jedes Mitglied mit
dem anderen Fühlung gewinnt und persönlich darüber wacht, dass
alle Beschlüsse im Interesse des Ganzen gefasst werden. Wenn
diese Corporationcn so gross wären, dass das Individuum ver¬
schwindet, dann fühlt sich jeder weniger verantwortlich für das
Ganze und jagt leicht persönlichen Interessen nach.
Eine andere Frage ist die, ob es auch im geeinigten Deutsch¬
land noch zeitgemäss ist, dass die 20 Faeultäten in allen ihren
Angelegenheiten die letzte Instanz bilden, oder ob nicht vielleicht
ein Reichsmedicinalausschuss namentlich über die einheitliche Durch¬
führung und zeitgemässe Aenderung der Prüfungs- und Promotions¬
ordnungen im deutschen Reiche wachen sollte. Bis zu einem ge¬
wissen Grade geschieht ja das schon jetzt vom Bundesrathe aus,
allein niemand wird läugnen wollen, dass es bisher in allzu buroau-
kratischer Weise und herzlich unpraktisch geschehen ist. Der
Hinweis, welchen Hartmann auf den englischen General Council
of medical edueation and registration macht, ist deshalb zeitgemäss
und sollte reiflich überlegt und den deutschen Verhältnissen an¬
gepasst werden. Wenn man das im allgemeinen bewährte Self¬
government der Faeultäten genügend nennen will, müssten diese
wenigstens die Hälfte der Delogirten stellen, während die andere
Hälfte vom Bundesrath und den praktischen Aerzten zu w r ählen wäre.
Im allgemeinen haben die Angriffe auf die Erziehungsmethode
unserer medicinischen Faeultäten von diesen keine ausreichende
Abwehr gefunden. Namentlich sind mir von den chirurgischen
blos die Aeusserungen von v. Bergmann und Mikulicz bekannt.
Die erste konnte sich schon wegen der Gelegenheit, bei welcher
sie gehalten wurde 1 ), nur in höflichen Formen bewegen, und die
zweite* 2 ) scheint mir bei aller Anerkennung der tiefen Durch¬
dringung des Gegenstandes etwas zu resignirt bezüglich der Ziele,
welche wir Chirurgen uns für die praktische Ausbildung unserer
Schüler stecken sollen.
Wenn wir auch nicht alle unsere Schüler zu Chirurgen aus¬
bilden sollen und wollen, so soll ihnen doch schon während ihrer
Studienzeit die Möglichkeit geboten sein, sich praktisch aus¬
zubilden. Ich erlebe nicht selten die Freude, dass mir ein ehe¬
maliger Schüler schreibt, dass er mit bestem Erfolge chirurgisch
thätig ist und den besten Theil seiner Ausbildung seiner Thätig-
keit als Famulus (Amanuensis) an meiner Klinik verdankt.
Ich glaube deshalb, dass es weder Eigenlob, noch überflüssig
ist, wenn ich kurz darstelle, in welcher Weise meine Schüler zur
praktischen Thätigkeit herangezogen werden.
Ich zweifle nicht, dass es andere Collegen ebenso machen, und
wenn Hartmann in meiner Darstellung vielleicht viele seiner
Wünsche schon verwirklicht findet, so kann das daher kommen,
dass er, ohne es selbst mehr zu wissen, manche Anregung für die¬
selben in meiner Klinik erhalten hat, da er, wenn mich nicht alles
täuscht, vor vielen Jahren einmal mein Schüler gewesen ist.
M Kaisers Geburtstag.
a ) Klinische Jahrbücher 4. Bd., p. 24.
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356
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ _ - No. 16
Um einen Einblick in das Krankenmaterial zu geben, welches
uns in Heidelberg für den chirurgischen Unterricht zur Verfügung
steht, möchte ich Folgendes bemerken:
Die chirurgische Klinik besitzt 160 Krankenbetten, welche 189d mit
2002 Personen durch 45 799 Verpflegstage belegt waren. Die durch¬
schnittliche Verpflegsdauer betrug somit 22,87 Tage, und jedes Bett war
271 Tage im Jahre belegt. 30 Betten sind für Privatpatienten resemrt
Mit Tod abgegangen sind 93 (4,7 %). Um zu zeigen, wie gross die Zahl
der nothwendigen Operationen ist, möchte ich die Operationsstatistik des
Sommersemesters (29. April bis 1. August) 1893 und Wintersemesters
1893 94 (24. October bis 1. März), also von 7Va Monaten vorlegen: _
'Schädeltrepanationen (Epilepsie 3. Gehirntumor 1 (t)< mtracramelle
Neurectomie des Trigeminus 2, Wiederaufklappen des osteoplastischen
Schädellappens wegen Blutungen 3, wegen Meningitis purulenta 1, Lmeüre
Craniectomie wegen Mikrocephalie 2, zur Ventrikelpunction 2, des Warzen¬
fortsatzes bei Otitis 11 (2 tb bei Stirnschusswunde 1, der Stirnhöhle 2,
Highmorshöhle 3) 31. Plastische Deckung eines Sckädeldefectes durch
ein Tibiaknochenstück 2, Kugelextraction bei Kopfschuss 3, Exstirpation
einer Meningocele 1 (f), Gesichtskrebse 15, Plastiken 4, sonstige Ge¬
schwülste 5, Thermokauterisation wegen Lupus und Angiom 7, Doppellippe 1,
Hasenscharte 10, Gaumenspalte 7, Zungenexstirpation wegen Carcinom 3,
Canüle 3, Halsdermoide 4, Tonsülarcarcinom 1 (+), Kelilkopfresection bei
Tuberkulose 1, Neurectomieen 3. Strumectoinieen (bösartige 5 (3 Tb
gutartige 15 (1 f) 20, Punction 1 (f), Tracheotomieen (Diphtherie 19
(12 j), Struma maligna 3, Narbenstenose 1, Asphyxie infolge von Rachen-
blutungen 1) 24, Halsdrüsenexstirpationen (Tuberkulose 39, Carcinom 6)
45, Achseldrüsenexstirpationen (Tuberkulose 8, Carcinom 1) 9, Inguinal¬
drüsenexstirpation (Tuberkulose 3, Carcinom 2, Sarkom 2) 7, Thoracotomie
bei Empyem 12 (1 +), Mammaamputationen (Carcinom 15, Fibrom 1, Milch¬
cyste 1) 17, Tuberkulöse Abscesse der Mamma 2.
Laparotomioen 88. Pylorectomie 2 (1 f), Gastroenterostomie 8,
Gallengangoperationen 7 (1 f), Resection des Processus vermiformis 8,
Darmresectionen bei Gangrän (davon 2 bei Ileus mit Anastomosenbildung)
3 (3 f), Probelaparotomieen bei Ileus 3 (2 tb bei Carcinoma hepatis 2
(1 tb Darmresectionen bei Carcinom 2 (1 tb Darmanastomosen bei Stenose
des Coecum 2, Incision bei Peritonitis purulenta 1, Enterorhaphieen bei
Kothfistel 3, Punction bei epigastrischem Hämatom 11, Naht einer ge¬
platzten Bauchnarbe 1, Colostomieen bei Carcinoma recti 7 (1 f an Me-
tastasen). Ovariotomieen (Tumoren 18 (2 f, einer Carcinom mit
Metastasen, einer mit allgemeiner Tuberkulose), Peritonitis tub. 1, Pyo-
salpinx 2, Hämatosalpinx mit Extrauterinschwangerschaft 1) 22. Uterus¬
exstirpationen durch Bauchschnitt 8 (2 tb durch die Scheide 11, Ventro-
üxatio uteri 1. Nephrotomieen 5, Nephrectomieen 2, Nephropexia 4.
Hemiotomieen 42 (nicht incarcenirt 30 (1tb incarcerirt 12 (2 tb Uterus-
excochleationen 25 (Endometritis 18, Carcinom 7), Uteruspolypen 3, Portio¬
amputationen 8. Discissionen 2, Colpoperineorhaphieen 6, Blasenscheiden¬
fisteloperation 1, Papillom der Scheide 1, Hydrocelenoperationen 13,
Spermatocele 1, Varicocele 1, Castratio testis tub. 5, Orchidopexie 1,
Phimosenoperationen 9, Amputatio penis carc. 3, Operation des Papilloma
penis 1, scroti 1, Operationen der Hypospadie und Harnröhrenfistel,
Epispadie 12, Urethrotomia externa 4 (1 tb Dilatation der Strictur 1,
Sectio alta bei Papillom 1, Excochleation der Blase 1, Aspirationsaus¬
spülung der Blase bei Blasenpolyp 1, Lithothripsie 1, Urethroskopie 4,
Vaginaler Blasensteinschnitt 1. Mastdarmfistel 8, Hämorrhoiden 7, Pa¬
pillome im After 1, Mastdarmexstirpationen bei Carcinom (3 nach Lisfranc,
3 sarcal) 6. Sacrale osteoplastische Resectionen (1 zur Freilegung eines
parametralen Exsudates, 2 zur Freilegung einer Blasenmastdarmfistel) 3.
Resectionen der Kiefer 12, der Clavicula 1, der Rippen 6, des Sternums 2
(1 tb des Ellbogengelenks 15, Hüfte 8, Knie 24 (2 tb Fuss und Mittel-
fuss 14, Hand 2, Mittelhand 2, Fingerexarticulationen 8, an den Becken¬
knochen 2. Osteoplastische Resection des Kreuzbeines (Sacralgeschwulst)
1. Exarticulation der Hüfte wegen Sarcom 1. Amputationen (Humerus 3
(1 t Tetanus), Vorderarm 4, Oberschenkel 9 (1 tb Unterschenkel 7,
Pirogoff 2) 25. Sequestrotomieen 30. Osteotomie des Femur bei Genu
valgum 4. Osteoklase (Brisement, Modellement) 33, Tenotomie und
Sehnennaht 9, Reposition von Luxationen 4. Geschwülste an den Ex¬
tremitäten 10. Plastiken 2, Secundärnähte 2, Knochennaht bei Pseudar-
throse 2, Ligatur der Vena saphena 3, der Arteria profunda femoris 1,
Transplantationen nach Thiersch 13. Entfernung von Fremdkörpern 5,
Sehnenscheidenfungus 2, Geleukpunetionen und Jodoforminjectionen 6.
Gipsverbände in Narkose 15. Abscessspaltungen 88, Fistelausschabungen
92. Also 944 operative Eingriffe mit 52 Todesfällen (5,5 °/o). *
Für die 907 notirten Narkosen wurde gebraucht Chlorofoim 572 (187
mit Morphium), Aether 171 (2 mit Morphium), Chloroform und Aether
109 (37 mit Morphium begonnen), Bromäthyl 56 (7 mal mit Aether, 2 mal
mit Chloroform fortgesetzt). 2 Asphyxieen wurden durch künstliche
Athmung beseitigt.
Die Ambulanz stieg rapid von 1120 (1876) auf 5083 (1884) und
hält sich seitdem zwischen 5000 und 6000 Patienten.
Die Zahl von kleinen Operationen (incl. Zahnextractionen) betrug im
Jahre 1893 2235. Die seit Neujahr 1893 abgetrennte orthopädische
Ambulanz wurde im ersten Jahre von 322 Patienten besucht. Es wurden
daselbst 3000 Massagen ausgeführt, 250 Gipsverbände angelegt und 250
orthopädische Apparate angefertigt.
Wie überall in der Welt lernen auch in der Heidelberger
Klinik diejenigen am meisten, welche am meisten Talent und guten
Willen mitbringen und welche am besten vorbereitet sind. Die
gute Vorbereitung unserer Studenten, das harmonische Zusammen¬
arbeiten der Facultätsmitglieder für den gleichen Zweck ist zweifellos
der Hauptvortheil der deutschen Erziehungsmethode und ermöglicht
es, dass unsere Studenten es in acht bis neun Semestern meistens
weiter bringen, als ihre Collegen in England und Frankreich in
10 bis 14 Semestern. Freilich gilt das blos für diejenigen, welche
die knapp bemessene Zeit fleissig ausnützen. Man hat doch nicht
allzuselten als Examinator seine Freude, was die jungen Leute
alles wissen und wie sie das Wissen auch lebendig zu verwerthen
wissen. Leider verdirbt einem dann wieder ein Missrathener die
Freude über ein Dutzend Gerechter, namentlich da man weiss, dass
er nicht zu retten ist und da man ihn bei wiederholten Prüfungen
doch endlich durchkommen lassen muss. Man soll nun ja nicht
glauben, dass es leichter wäre, einen untauglichen Candidaten
durchfallen zu lassen, wenn zwei Examinatoren prüfen,
Die Studenten sollten also in die Klinik ausser ihrer Anatomie
und Physiologie schon Kenntnisse in der pathologischen Anatomie,
allgemeinen Pathologie und Chirurgie, in Auscultation und Per¬
cussion mitbringen. Für die Praktikanten der höheren Semester
wünsche ich, dass sie schon einen Verband- und Operationscurs
mitgemacht haben, damit man ihnen schon einen leichten Dienst
in der Klinik oder eine kleine Operation an vertrauen kann. In den
ersten Jahren meiner Thätigkeit in Heidelberg, als mir das opera¬
tive Material noch nicht so sehr über den Kopf gewachsen war,
stellte ich aus der Ambulanz kleine Chirurgie vor und konnte die
Grundzüge der allgemeinen Chirurgie an der Hand passender Fälle
erörtern. Jetzt reicht die Zeit dazu nicht mehr. Ich habe deshalb
seit 1886 den Assistenten, welcher die Ambulanz besorgt, beauf¬
tragt, zweimal in der Woche propädeutische Klinik zu halten.
Er darf daselbst alle Operationen machen, welche sich leicht
ambulatorisch behandeln lassen, zeigt mir aber gewöhnlich vorher,
was er vorstellen will. Dadurch bin ich imstande, ihm von der
stationären Kl inik auszuhelfen, wenn gerade kein passender Fall
zur Hand ist. Ueberhaupt darf sich wohl kein Kliniker einer
kleineren Universität die Aufsicht über die Ambulanz aus der
Hand nehmen lassen, wenn die Klinik selbst nicht bald darunter
leiden soll.
Die propädeutische Klinik wird von den Studenten sehr gern
besucht, namentlich seit sie da oft Gelegenheit haben, Abscesse
aufzuschneiden, Atherome oder Drüsen zu exstirpiren, Angiome
oder Lupus zu thermokauterisiren etc. Im Anschluss an diese Vor¬
lesung helfen sie in der Regel in der Ambulanz durch ein bis zwei
Monate als Famuli (Amanuenses). Sie machen die Voruntersuchung
der Kranken, verbinden dieselben, helfen bei den kleinen Operationen,
ziehen Zähne und üben sich in den Hülfeleistungen der kleinen
Chirurgie. Seit October 1890 bis Ostern 1894 wurden nicht weniger
als 93 Amanuenses in dieser Weise beschäftigt. Das wären etwas
mehr als zwei pro Monat. Mehr als vier können schon wegen
Platzmangel in der jetzigen Ambulanz nicht untergebracht werden.
Erst im Mai 1894 wird ein neues grösseres Lokal bezogen.
Es mag für den Unterricht zu beklagen sein, dass in den
chirurgischen stationären Kliniken die operative Thätigkeit so
sehr überhand genommen hat. Allein es wird dadurch auch viel
Gutes geleistet, und manche Operation, die heute wie Zukunfts¬
musik klingt, wird in zehn Jahren ihr wohlerworbenes Bürgerrecht
haben. Wir erziehen aber die jungen Aerzte nicht blos für die
Gegenwart, sondern auch für die Zukunft. Ich glaube deshalb,
dass es die Pflicht des Lehrers ist, seinen Schülern auch noch nicht
allgemein eingebürgerte Operationen zu zeigen, wenn sie durch die
Natur des Leidens begründet und durch die anatomischen Ver¬
hältnisse gestattet sind.
Manche Kliniker bewältigen eine grosse Zahl von Operationen
auf die Weise, dass sie alle Vorbereitungen, die Narkose, das
Rasiren, Waschen und Desinficiren draussen erledigen lassen. Dann
wird der Patient in die Arena gebracht, rasch operirt und zum
Verband wieder hinausgeschoben. Als ich vor vielen Jahren diese
Methode in einem grossen Londoner Spital sah, machte es auf
mich den Eindruck einer richtigen Schlachtbank. Die Studenten
lernen bei dieser Methode am wenigsten. Jetzt, wo der Operateur
die ganze Verantwortung für den Verlauf tragen muss, ist st®
meines Erachtens unerlaubt, da er wenigstens beaufsichtigen muss,
wie die Vorbereitung und Behandlung der Wunde bis zum Verband®
geführt wird.
Viel belebender ist die Methode, wie Olshausen, Mikulicz,
Kocher und Andere Klinik halten: Es werden in jeder Vor* 6811 ®#
drei bis vier Fälle vorgestellt, genau untersucht, Diagnose, Prognose
besprochen und die Operation kurz beschrieben. Die Ausführung
derselben folgt aber erst nach der Klinik in Gegenwart von sechs
bis sieben besonders geladenen Zuschauern in einem besonderen
Raume. Zweifellos wird die Fähigkeit zu diagnosticiren dadwen
am besten gefördert, und die Aseptik lässt sich streng dnron-
führen. Ich fürchte nur, dass die Therapie der Lernenden dabei
zu kurz kommt. Wenn man sich zum Tröste auf den Aphorismus
beruft: qui bene diagnoscit, bene medebitur, so scheint um* der
Autor desselben mit Vorbedacht das Futurum gewählt zu haben
und wollte offenbar damit ausdrüeken, dass zum guten Curiren
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19. April.
DEUTSCHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
doch noch etwas anderes-gehört, als die blosse Diagnose So
hervorragende Lehrer, wie die eben Genannten, werden aber sicher
diese Klippe zu vermeiden wissen. Ich legte von jeher Gewicht
darauf, dass die Studenten auch die Vorbereitung zur Operation
die Besprechung des Falles, die Operation selbst und den Verband
bis zum Schlüsse sehen. Ja auch der weitere Verlauf und der
Ausgang muss den Studenten bekannt werden, wenn sie schon
während ihrer Studien eine gewisse Erfahrung sammeln sollen
welche sie befähigt, ihren zukünftigen Clienten den wahrscheinlichen
verlauf und Ausgang ihres Leidens vorauszusagen. Diese ärzt¬
liche Prophetengabe, welche auf wissenschaftlicher Diagnose reifer
Erfahrung und sachgemässem Können beruht, ist es aber doch
welche den wissenschaftlichen Arzt hoch über alles Gekläffe der
Curpfuscher und ihrer Helfershelfer hinaushebt und sollte deshalb
schon auf der Schule möglichst gefördert und ausgebildet werden
Das Diplom ohne diese Fähigkeit, aber mit der Venia prac-ti-
candi, d. h. mit dem Recht Gift zu verschreiben und Operationen
anzuwenden, während die anderen Rechte freigegeben sind, schadet
uns beim grossen Publicum, das vermöge seiner ganzen Erziehung
dem Wunderthäter nach läuft, und das ist in seinen Augen der <*■&■
scluckte Curpfuscher und Schwindler, nicht aber der gelernte Arzt.
Das ist der Hauptgrund, dass jetzt, wie wohl niemals zuvor, diplo-
mirte Aerzte in hellen Haufen den Curpfuschern zulaufen ihr
akademisches Diplom in den Papierkorb werfen und mit der Firma
Kneipp oder Schlofer gestempelt nach Broderwerb gehen.
Doch der Wahn wird kurz, die Reue aber lang sein. Denn zum
Wunderthäter sind diese Leute durch ihre akademische Bildung
verdorben, und die ärztliche „Zunft“ sollte sich hüten, solche
räudige Schafe wieder in ihren Stall aufzunehmen, da sonst die
Selbstachtung und damit das Ansehen des Standes verloren geht.
Eine gewisse Entschuldigung mag in der Ueberfüllung der
ärztlichen Stände und in der Herabdrückung der ärztlichen Löhne
(Honorare kann man sie leider nicht mehr nennen) liegen, an
welcher unsere Gesetzgebung ja tapfer mitarbeitet. Schon lange
und vergeblich ertönt deshalb aus ärztlichen Kreisen der Ruf:
viüeant Unsules. Die moderne Antwort darauf lautet: lielp your seif.
Her Mensch kann sich bloss dann selbst helfen, wenn er wirk-
c etwas kann. Darum geht es in England und Amerika besser
damit als bei uns in Deutschland, weil bei unserer Erziehung noch
I ? eh f Gewicht auf das Wissen als auf das Können gelegt
, ,. Au . b 01 der Erziehung unserer Aerzte müsste noch mehr
*1 e ei *r Arbeit des Studenten im Laboratorium und der
moht . J?. legt werden als bisher. Im Secirsaal wird ja
/ sten ? ZW01 Wintersemester hindurch gearbeitet. Wer Chirurg
cjti.rif 11 i • ’ ™ uss nocb e ^ n drittes Semester nach Beendigung der
Aiiw> e e , n unzufü £ en * Ein Curssemester im chemischen Laboratorium,
m Un > s J rßtema tischer Anleitung im physiologischen Labora-
\ u k üd zwar durch wenigstens zwei bis drei Stunden täglich,
lmriß/»iiA C a Zl ! verlangt. Dann sollte zwei Semester in patho-
PathAin • n ‘d’ OIÜ10 u | ld Histologie, ein Semester in experimenteller
ze jfj .f 16 °dcr physiologischer Chemie gearbeitet werden Gleich-
zwpf^ äme * der Y erband " und °Perationscurs, und dann blieben noch
T J für d ? 8 Practi ciren als Externer (Famulus, Ama-
wichtio- tY 1 fr T er . sc ^ uedene n Kliniken — wenig genug für diese
sol 1 Pn lgb Tr 0 , J ^j )8( d mi tte, welche schliesslich ihren Mann ernäliren
derati» doch sind wir noch weit entfernt von diesem Desi-
und wonü? D ? ehr wird gelegt auf recht viele Vorlesungen
besser wäre G1 ^ ene a ^ ß au t das Umgekehrte, was zweifellos
PrakHoirp^ e n^ r ^ eduD ^ des Pra ^tikantenscheines, das sogenannte
Praktikant - U k US a • non lucen do), verlange ich wie überall, dass der
beurtheilt nnTti 61IU ? e . mftle aufrufen läsß t, den Fall untersucht,
aber für Hi* fr?. fr der Operation assistirt. Wichtiger ist mir
Praktikant» Praktische Ausbildung die Thätigkeit der älteren
ThätiXit ; als . Amanuenses (Famuli) auf der Abtheilung. Die
von demtniln “5® fl fr im g 0 - Das hat den Vortheil, dass ich
Dienst verl anfl-An fr 81ch ‘meldet, auch volle Hingebung für den
Monate nnfr Y ifr n ‘ Eer Dienst dauert durchschnittlich zwei
bleiben manrhmai Ch ^ e t ßeclls “ lal im Jahr- Eifrige Amanuenses
assistenten (Hr • uf ? anzes Semester. Jedem der fünf Abtheilungs-
ein bis zwei F 61 v 1IUSC ^ e und zwe * Volontärassistenten) werden
zugetheilt Fcfrfr ~~ im ganzen höchstens zehn auf einmal —
werden. Tn s«,. fr 6 ? *d ß0 P er Jahr 60 Amanuenses beschäftigt
der ExaminATiH«« gG * S1 ? d 68 nur ^ was der Durchschnittszahl
di« Stellen hAsarüi entspr J c ht- Aus naheliegenden Gründen sind
nicht wünso.h'pnow' 6 ^. während, der Ferien gesucht, was insofern
Oberaufsicht L n ^ ls ^ weil die doch nicht zu unterschätzende
stand ein klein*,. Pro 1 fessorß °ft fehlt und weil auch der Kranken-
ßagt, die Thätio-k Weniger lehrreicher ist. Obgleich, wie ge-
einer meiner «Sri eiöe ganz freiwillige ist, wird mir nicht leicht
haben, und wenn V0 ? Heidelberg fortgehen, ohne famulirt zu
uwine Schüler im allgemeinen Anerkennung finden,
_ 357
so verdanke ich das wesentlich dieser Einrichtung Der Amanu-
vLTte 5 mi 7 frfr y ? r ^ e8et . zte “ Assistenten täglich die Abend-
wlwJ V fr . n . immt dichtere Krankengeschichten auf
während ihm die complicirteren dictirt werden, hilft beim Unter-
tlfpilnno*(Y^ rb ^?fr** 1 bei fr Verschreib ungen «ad lernt so den Ab-
pfrfr g sdienst kennen. Bei der klinischen Vorlesung hat er das
der ^. re ? a / U sem ’ und Mft bei der Narkose und den
werden wnhl n El frfr ere ; W*** Operationen, z. B. Amputationen,
werden wohl auch dem Amanuensis anvertraut.
Regelmässig am Sonnabend, wo mir 2 Stunden zur Verfügung
stehen (an den anderen Wochentagen D/ 2 , Mittwoch 1 Stunde)
mache ich mit ß ämmtlichen Zuhörern klinische Visite auf allen
Abheilungen Mit 50—80 Zuhörern, von denen immer einigen das
“r f Ri d ^ W, ' chtigk ® it de S Visite feh| t- lässt sfeh das
durchführen Bloss in den Jahren Lister’scher Wundbehandlung
strengster Observanz, wo unter dem Carbolregen kaum der Professor
etwas zu sehen bekam, musste ich die klinische Visite unterlassen
bie ist eine ausserordentlich wichtige Ergänzung des klinischen
Unterrmhts. Alle Wochen werden die Zuhörer an die wichtigsten
hälle erinnert, sehen den Wundverlauf und seine Anomalieen
lernen den Unterschied zwischen glatter aseptischer Wundheilung
und Entzündung mit ihren Ursachen kennen, sehen den Verband¬
wechsel eme Menge kleiner atypischer Fälle, zu deren Vorstellung
m der Klinik keine Zeit bleibt, sehen die conservative Behandlung
der Gelenkerkrankungen und Fracturen, die Nachbehandlung mit
Massage und passiven Bewegungen, die ersten Gehversuche, die
Kauchfuss sehe Schwebe, die Lagerung des Patienten auf dem
Wasserbett, die Behandlung des Decubitus, die Behandlung der
Prostatahypertrophie, der Stricturen und des Blasenkatarrhs mit
Ausspülungen, endlich chronische Fälle und Simulanten, sie sehen
auf der septischen Abtheilung zum Schluss Diphtherie, unheilbare
Oarcinome und eine Collection accidenteUer Wundkrankheiten,
welche immer von aussen zugehen. Ich verstehe es nicht, wie man
ohne klinische Visite seine Schüler mit dieson und vielen anderen
für die Praxis wichtigsten Dingen vertraut machen kann. Die
Aseptiker strenger Observanz werden die Hände über dom
Kopf zusammenschlagen und fragen, wie sich das alles mit den
strengen Anforderungen der modernen Wundbehandlung vereinbaren
lasse. . Es mag ja leichter sein, vollkommen reizlose Wundheilungen
zu erzielen, wenn man in einem glatten Raume mit wenigen auf
Bacterienreinheit geprüften Zuschauern nur wenige aseptische
Operationen auszufüliren hat, aber wie die oben angeführten Zahlen
zeigen, geht es auch ohne diese strengen Vorsichtsmaassregeln.
Seitdem wir wissen, wie sehr die Gefahr der Luftinfection gegen
die der Contactinfection zurücktritt und seitdem wir uns gegen
diese durch physikalische Desinfectionsmethoden mit grösster
Sicherheit zu schützen wissen, sind die alten mystischen Regeln
für Bauchschnitte als veraltet zu betrachten.
Kein vernünftiger Mensch wird mehr behaupten wollen, dass
man zu einem Bauchschnitte andere aseptische Vorsichtsmaassregeln
brauche, als zu jeder Amputation oder Arthrotomie, wenn man
auch zugeben kann, dass sich Fehler in der Technik im ersten
Falle schwerer rächen. Wir machen deshalb mit wenigen Aus¬
nahmen (den Privatpatienten) fast alle Bauch schnitte in Gegenwart
sämmtlicher Zuhörer, ohne diesen eine andere Carenz aufzulegon,
als dass sie in ihren Bänken bleiben und die Instrumente und
Verbandstoffe nicht angreifen dürfen. Wenn die oben angeführte
Operationsmortalität (5 ‘/-2 %) vielleicht zu hoch erscheinen sollte,
so würde es mir leicht sein, nachzuweisen, dass bis auf oin oder
zwei Fälle, in denen man zweifelhaft sein kann, der Tod nicht
durch die Operation, sondern durch die Schwere des ursprünglichen
Leidens, das man unterschätzt hatte, oder durch das leider noch
immer vorkoramende „Zu spät“ bedingt war. So lange die Weichen
bei den Eisenbahnen durch Menschen gestellt werden müssen, wird
es immer noch manchmal Zusammenstösse geben. Bei unseren
chirurgischen Unglücksfällen haben wir es jetzt selten mit falscher
Weichenstellung, viel häufiger mit schlechtem rollenden Material
zu thun, das verlottert auf unsere Geleise gerathen ist.
Vor der klinischen Visite werden von dem Assistenten die
interessanten Fälle aufgebunden, provisorisch mit aseptischer Gaze
bedeckt und, nachdem sie den Zuhörern gezeigt worden sind, sofort
von einem zweiten Assistenten wieder verbunden.
Wie gestaltet sich nun die Aufgabe in der Klinik? Von den
ca. 280 Stunden Klinik, welche im Jahre abgehalten werden, fallen
noch 50—60 auf die klinische Visite weg. In den übrig bleibenden
230 Stunden können nicht 999 Operationen erledigt werden. loh
bin auch mit meinen Assistenten jeden Wochentag von l /a9 —7*2
angestrengt mit Operationen und der Visite beschäftigt. Wir
operiren fast stets an zwei Operationstischen, nur wenn schwere
Laparotomieen oder seltene Operationen die Aufmerksamkeit aller
in Anspruch nehmen, wird allein an einem Tische gearbeitet.
Zunächst fallen etwa 200 Privatoperationen in die Zeit ausser
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358
DEUTSCHE MEDICINISCHE W0CHEN S CHR1I T^
No. 16
den
der Klinik. Beiläufig ebenso viele Operationen werden von
Assistenten nach der Klinik ausgeführt. Es Waben somit noch
ca. 500 Operationen, also etwa 2 Operationen auf die btunue
während der Klinik zu erledigen. Es werden anch während der
li/a Stunden durchschnittlich 3 Patienten vorgestellt. 1 ) In der
Regel wird am Nebentisch zuerst ein Fall von mir demonstrirt
während ein zweiter Patient am Haupttisch narkotisirt, rasir
gewaschen wird. Dann übernimmt der Assistenzarzt die Operation
am. Nebentisch, während ich den Fall am Haupttisch klinisch be¬
spreche und dann zur Operation übergehe. Der Vortheil dieser
Methode liegt darin, dass die Studenten sehen, wie richtig und
peinlich die Vorbereitungen durchgeführt werden kio sehen den
Fall von der Vorbereitung bis zum Schlüsse des \erbandes Wenn
sie die Operation an dem einen Tische nicht recht sehen können,
so können sie die andere Operation beobachten.
Andererseits erfordert es eine gewisse Uebung, zwei neben
einander getrennt verlaufende Vorgänge mit Erfolg zu beobachten.
Die Geräusche bei der Narkose, beim Waschen, Vorbereiten der
Instrumente etc. stören und machen den klinischen Vortrag oft zu
einer recht anstrengenden Aufgabe, die viel Uebung und Umsicht
voraussetzt, damit wenigstens das wichtigste der klinischen Be¬
sprechung gerade erledigt ist, wenn der Patient aseptisch vor¬
bereitet und narkotisirt zur Operation bereit liegt. .
Endlich ist es bei dem besten Willen nicht immer möglich,
dem einen Patienten den Anblick der Operation bei seinem Leidens¬
gefährten ganz zu ersparen, wenn auch das mehr die Aufmerk¬
samkeit schult und tröstet, da er sieht, dass derselbe keine
Schmerzen spürt, als dass es Schrecken erregt. Unangenehm ist
es. wenn noch junge übereifrige Assistenten auf den einen Tisch
z. B. einen Mann zur Amputation und auf den anderen eine Frau
zu einer Operation legen. Wenn auch derartige Vorkommnisse
durch die Narkose gemildert und durch strenge Aufsicht möglichst
vermieden "werden, so kann, wie ich leider zugeben muss, der An¬
blick manchmal ein degoutanter werden.
So hat jedes Ding in der Welt seine zwei Seiten, und es ist
nur gut, dass jeder klinische Lehrer den Unterricht so einrichten
kann, wie es für seine Individualität und die lokalen Verhältnisse
am besten passt und dass es dem Studenten freisteht, dorthin zu
gehen, wo er am meisten zu lernen hoffen kann. Freilich spielen
bei der Wahl der Universitätsstadt bei der Mehrzahl ganz andere
Dinge mit.
Da der Aerztetag in Breslau den Beschluss gefasst hat, dass
„dio Dienstzeit eines Assistenzarztes sich in der Regel nicht über
\—2 Jahre ausdehnen soll“, so möchte ich auch über die Erziehung
der Assistenten einige Worte hinzufügen.
In der Regel wird der junge Arzt erst durch seine Thätigkeit
als Assistent zum Chirurgen ausgebildet.
Er tritt bei mir zunächst als Volontärassistent mit freier
Wohnung aber ohne Besoldung für ein Jahr ein, hat eine Baracke
mit 20 Kranken zu besorgen, nimmt aber nicht am Jourdienst des
Krankenhauses theil. Er steht unter täglicher Aufsicht des
Direktors oder seines Stellvertreters und darf erhebliche Eingriffe
blos mit dessen Assistenz vornehmen.
Von den zwei Volontärassistenten rückt einer in die klinische
Stelle, sobald eine frei wird, was gewöhnlich alle Jahre geschieht.
Durch diese Einrichtung bekommen alle Jahre wenigstens zwei
junge Aerztc eine chirurgische Erziehung, und der Direktor kann
aus den zwei Volontärassistenten den talentvollsten wählen. Wenn
einer schon klinischer Assistent ist und sich nicht bewährt, so
wird cs mir wenigstens recht sauer, vor dem üblichen Turnus zu
kündigen. Die klinischen Assistenten haben durchschnittlich 40
Kranke zu besorgen und haben im ersten Jahre den sogenannten
septischen (II.) Pavillon zu besorgen. Derselbe enthält 2 Zimmer
zu 9 Betten und 6 Zimmer zu 2—3 Betten, dann das bacterio-
logische und Mikroskopirzimmer und die Präparaten Sammlung. Er
hat oft mehrere Phlegmonen, Erysipele, profuse Eiterungen, un¬
heilbare Krebse zu pflegen und muss die Tracheotomie bei Diph¬
therie ausführen.
Zu den bacteriologisclien und mikroskopischen Arbeiten bleibt
keine Zeit, weshalb für diese Arbeiten ein eigener wissenschaft¬
licher Assistent von mir beantragt wurde. Diese Einrichtung hat
sich an verschiedenen chirurgischen Kliniken (Basel, Bern, Tü¬
bingen) ausserordentlich bewährt und wird sich voraussichtlich an
allen deutschen chirurgischen Kliniken förderlich erweisen und ein-
burgern^a j a b res frist tritt der Assistent in den ersten chirur¬
gischen Pavillon über. Da dieser den Operationssaal und das In¬
strumentarium enthält, so liegen hier die schwersten (24) Kranken:
Schwere Verletzungen, Laparotomieen etc. und 7 Zimmer zweiter
Classe mit 14 Betten. .
Wenn er diese hohe Schule der operativen Technik durch¬
gemacht hat, so übernimmt er mit grösserer Selbstständigkeit als
erster klinischer Assistent die Frauen- und Kinderbaracke und die
Patienten erster Classe.
Im ganzen möchte ich also einen vierjährigen Cursus für die
vollkommene Ausbildung als Chirurg nöthig erachten, wenn ich
auch zugebe, dass es mancher schneller erlernt und andere wieder
Jahre lang vortreffliche Assistenten sind und sich doch nicht be¬
währen, wenn sie auf eigenen Füssen stehen müssen.
Jedenfalls muss ein Assistent so lange im Dienst und erfahren
genug sein, um den Chef zeitweise vertreten zu können, und da
ich auch von den übrigen Assistenten eine, ich möchte sagen,
seminaristische Mithülfe bei der Erziehung der jungen Medieiner
verlange, wird man auch deren Dienstzeit nicht allzu knapp be¬
messen dürfen. Am besten wäre es vielleicht, wenn die klinischen
Assistenten für zwei Jahre angestellt und dann noch auf Antrag
des Direktors, der für die Zweckmässigkeit allein competent sein
kann, noch für zwei bis drei Jahre Verlängerung bekommen
könnten. Dann halte ich eine kleine Zahl von Volontärassistenteu
mit einjähriger Dienstzeit für wünschenswerth:
Wir kommen damit auf die Fragen, soll ein obligatorisches
Externat an Stelle der jetzigen Praktikanten scheine eingeführt
werden, soll der junge Arzt ein Annuum practicum durchmachen,
bevor er die Venia practicandi erhält, und soll das Annuum practicum
vor oder nach dem Staatsexamen absolvirt werden?
ihre
J ) Ich pflege meine Zuhörer zu Beginn des Semesters zu ermahnen,
dass sie sich die in der Klinik vorgestellten Fälle kurz notiren und die
betreffenden Kapitel zur Ergänzung des klinischon Vortrages zu Hause
nachlesen mögen. Einer meiner fleissigston Zuhörer, den ich um seine
Notizen bat, schreibt mir, dass er in den ersten 30 Vorlesungen des
Sommersemesters 1893 91 Fälle, welche ich ausführlich besprochen und
operirt habe, notirt habe. Davon betrafen: Bildungsfehler 6, Wunden,
Narben 6, Brüche 10, Neoplasmen 19, Tuberkulose 15 (Lupus 3, Gelenk¬
tuberkulose 7, Hoden- und Peritonealtuberkulose je 1, Knochentuber¬
kulose 3), Knochenentzündungen 6, Fracturen, Luxationen 4, Trepanationen
3, Dermoide 2, Struma 4, Uterusexstirpationen 2, Ovarialkystome und
Entzündungen 4, Schüsse 5, Gallenwege 1, Niere, Blase, Erysipel, Ar¬
thritis deformans je 1. (Macht zusammen 105 Fälle.)
Ich glaube, dass die jungen Medieiner schon während
sr Studienzeit an den Kliniken obligatorisch als Ex¬
terne (Amanuenses) thätig sein sollten.
Wie ich oben auseinandergesetzt habe, halte ich die freiwillige
Thätigkeit entsprechend den Prineipien unserer Studienfreiheit für
besser als eine erzwungene. Indessen ist eine gesetzliche Regelung
der Sache zweckmässig, weil durchaus nicht alle Kliniker bisher
die Einrichtung der Amanuenses für empfehlensw r erth oder durch¬
führbar halten. Da man mit allen solchen Neuerungen nur langsam
vorgehen kann, bis man sieht, wie sie sich bewähren, dürfte es
genügen, wenn den Examinanden aufgegeben würde, ausser den
bisherigen Praktikantenscheinen noch den Nachweis zu Hetero, dass
sie je zwei Monate an der inneren und chirurgischen und je einen
Monat an einer Augen- und Frauenklinik als Amanuenses (Externe,
Famuli) thätig gewesen sind. Ich glaube, dass sich dieser praktische
Dienst an den mit den Universitäten im Zusammenhänge stehenden
Anstalten durchführen lässt. .
Damit will ich auch aussprechen, dass ich ein eigentliches
Annuum practicum erst nach Ablegung des Staatsexamens
für zweckmässig halte Wenn die jungen Aerzte nach An¬
legung des Staatsexamens als Praktikanten in die Spitäler Ein¬
treten, so dürfte der Widerstand der städtischen Behörden, ihre
Krankenhäuser zu öffnen, bald wegfallen. Sie würden bald sehen,
dass mit den jungen Praktikanten geschulte Arbeitskräfte un
frisches Blut in die Krankensäle kommen und dass diese Au-
frisehung dem Krankendienst zum Nutzen gereicht. Wenn äer
Staat Bedenken trägt, Geld und Gut den Juristen gleich nach dem
Examen anzuvertrauen, so ist für die Medieiner, denen Leib un
Seele anvertraut werden soll, ein Annuum practicum als Uebergang
von der Klinik sicher zweckmässig.
Die Verhältnisse in der Klinik sind wesentlich andere als in
der Privatpraxis. Das Verhältniss zwischen alten und
Aerzten würde sich vielleicht collegialischer gestalten, wenn die jung
erst die Schwierigkeiten kennen lernen, mit denen die alten drausse
zu kämpfen haben. #
Ich glaube deshalb, dass man nicht zu engherzig das Annui
practicum auf die Spitäler beschränken sollte. Die Kliniker dur <
mit der Erziehung der Amanuenses genug zu thun haben u
könnten höchstens einige Praktikanten als Volontärassistenten a
stellen, obgleich ich dafür schon mit Diplom versehene Aer i
welche also das Annuum practicum schon erledigt haben, ™*j zie ,,
würde. Der oben erwähnte Reichsmedicinalausschuss würde
jährlich die Krankenanstalten, welche durch Jahresbericht o
wissenschaftliche Arbeiten Zeugniss von ihrer Thätigkeit an« ’
bestimmen, in welchen und in welcher Zahl Praktikanten
nähme finden. Der Oberbehörde müsste es freistehend auch her
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
19. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
359
ragende praktische Aerzte zu bezeichnen, welche ein bis zwei junge
Aerzte jährlich ausbilden können.
Das im Militärlazareth zugebrachte halbe Dienstjahr, die
Assistentenzeit bei theoretischen Fächern, wie Anatomie, Physiologie,
pathologische Anatomie etc., ja selbst ein halbes Jahr auf wissen¬
schaftlichen Reisen müsste ebenfalls gelten. Der Candidat müsste
nach Ablauf des Jahres einen mit Zeugnissen belegten schriftlichen
Bericht über seine Verwendung bei der Oberbehörde einreichen,
welche daun die Venia practicandi ertheilt, sobald diese Thätigkeit
ihren Anforderungen entsprechend war.
Das Annuum practicum sollte in der Regel auch zur Er¬
langung des Doctorgrades benutzt werden, welchen Inländer
ausschliesslich nach dem Staatsexamen erhalten sollten, nach¬
dem sie einer medicinischen Facultät eine-wissenschaftliche Arbeit
eingereicht und nach deren Drucklegung ein mündliches Examen
bestanden haben. Ich bin dieser Meinung, weil bloss jener den
medicinischen Doctortitel tragen sollte, welcher auch in den praktisch
wichtigen Disciplinen, namentlich der inneren Medicin und Chirurgie,
geprüft ist. Dafür geben aber die Promotionsordnungen der
Facultäten keine genügende Garantie.
Für die Erlangung des Doctordiploms für Ausländer sollten vom
oben erwähnten „Reiclismedicinalausschuss“ an allen Facultäten
geltende Bestimmungen, welche möglichst den für die Inländer
geltenden entsprechen, getroffen werden, da die Bemühungen, die
Facultäten freiwillig unter einen Hut zu bringen, nach den bis¬
herigen Erfahrungen vergeblich sein dürften.
Zum Schlüsse möchte ich die Gedanken zu einer Aende-
rung der medicinischen Staatsprüfungsordnung kurz
skizziren, welche sich mir aufgedrängt haben, da ich seit 22 Jahren
examinire und drei Jahre den Vorsitz der Prüfungscommission ge¬
führt habe. Da die mit der Aenderung der Prüfungsordnung be¬
traute Commission noch mit keinen Vorschlägen hervorgetreten ist,
so halte ich es für die Pflicht der Betheiligten, welche sich ein
Urtheil über diesen für die Entwickelung unseres Standes so
wichtigen Gegenstand gebildet haben, ihre Meinung zu äussern.
Da ich mich oben für die Zweckmässigkeit eines Annuum
practicum ausgesprochen habe, so sollte man bei den bisheri¬
gen neun Semestern Universitätsstudium bleiben, da die
Fleissigen bisher die Materie bewältigt, haben und da die Be¬
stimmungen blos das Minimum dessen, was verlangt werden muss,
festzusetzen haben.
Mit dem jetzigen r Trödelexamen u , das aus Vorexamen und
sieben Abschnitten besteht und durch neue Specialitäten ins
Unendliche verlängert zu werden droht, muss gebrochen werden.
Das Examen muss in wenige Hauptabschnitte, deren jeder für
sich ein Ganzes bildet, zerfallen, und die alten Hauptfächer, die
innere Medicin, die Chirurgie und Geburtshülfe, müssen wieder den
ihnen gebührenden Vorrang erhalten, wenn man auch den mächtig
eiuporstrebenden Specialitäten ein Plätzchen daneben gönnen kann.
Dies vorausgeschickt, glaube ich, dass man das Vor ex amen,
welches Physik, Chemie und Biologie 1 ) umfasst, schon nach dem
zweiten Semester ablegen dürfte.
j Das erste Examen rigorosum umfasst Anatomie und
I'liysiolngie und könnte nach dem fünften Semester gestattet
werden. Vor Erledigung dieser Prüfung dürften die Candidaten
meht prakticiren, wodurch sie immerhin einen Spielraum von zwei
Semestern für das Examen gewinnen würden.
Wenn behauptet wird, man müsse diese wichtigen Fächer
zweimal prüfen, so halte ich das für einen Unsinn. Andererseits
'st es gewiss richtig, dass diese Gegenstände fest sitzen sollen,
wenn die Studenten in die Klinik kommen. Ausserdem haben der
Chirurg, der pathologische Anatom, der innere Kliniker, der
harinakologe und andere so viele Gelegenheiten, auf diese Fächer
zurüekzukommen, dass durch die Verlegung der Anatomie und
.jjysiologie au f einen früheren Termin die wissenschaftliche Aus¬
bildung; der Mediciner sicher nicht zu kurz kommt. Ich würde es
pi r ^' nsc ^ eas werth halten, dass dem mündlichen Examen in
iiysiologie ein praktisches Examen im Laboratorium vorausgeht,
" lfi ^ ^ei der Anatomie längst eingeführt ist.
1 r -,j S ZWe ife Staatsexamen umfasst als Hauptsachen: Patho-
ogi&cUf. Anatomie (und allgemeine Pathologie), innere Medicin,
i> ,! a mp dica uud Hygiene (und Impfwesen). Als Nebensachen;
\Hhiatrie und Kinderheilkunde.
mrrri afc n ( ^ rit te Staatsexamen umfasst als Hauptsachen: Chi-
K Geburtshülfe (und Gynäkologie) und Augenheilkunde. Als
Ohren- (Nasen- und Kehlkopfkrankheiten), dann Der-
matolope (Syphilis).
Sohl . ^ ail Ptsachen werden jedenfalls beim mündlichen
ussexamen geprüft, während von den zwei Nebenfächern blos
Bodenln! 8 }* 1 ? e * nem Dafürhalten sollte der Mediciner auch etwas vo
Bodenkunde, also wohl Geologie, verstehen.
je eines vom Candidaten durch das Loos gezogen wird. Die
pathologische Anatomie, innere Medicin, Chirurgie und Geburts¬
hülfe haben zuerst einen praktischen Theil, welcher vor der münd¬
lichen Hauptprüfung im Laboratorium oder der Klinik erledigt
wird. Für das klinische Examen würde es genügen, wenn der
Candidat einen grossen Fall übernehmen und denselben drei Tage
lang beobachten würde, und wenn er noch ein zweites mal an
kleinen Fällen praktisch geprüft würde. Für die Chirurgie käme
noch ein zweites Practicum hinzu: die Prüfung in Operation«-,
Verband- und Instrumentenlehre.
Der Chirurg kommt somit mit drei Noten zur Schlussab¬
stimmung, der innere Kliniker, der Geburtshelfor und pathologische
Anatom mit je zwei. Beim mündlichen Schl ussexamen müsste
deshalb der innere Kliniker mindestens 20 Minuten prüfen, während
für die anderen Fächer 15 Minuten genügen dürften, und das Votum
der inneren Kliniker müsste doppelt zählen.
In Augenheilkunde sollte auch eine praktische Prüfung an
einem Falle vorgenommen werden, welcher in einem Termin erledigt
wird, jedoch zählt die Note bloss mit dem mündlichen Examen
zusammen einmal.
Die praktischen Prüfungen brauchen nicht öffentlich zu sein,
während die mündliche Schlussprüfung öffentlich abzuhalten wäre.
Für diese müsste nebst dein Examinator stets noch ein Mitglied
der Prüfungscominission gegenwärtig sein, welches das Protokoll
führt und hei der Note sein Votum ebenfalls abgiebt. Bei Mei¬
nungsverschiedenheiten entscheidet das Votum des Examinators,
jedoch wird auch das andore Votum zu Protokoll gegeben. Bei
der zweiten (letzten) Wiederholung des Examens müsste ausserdem
auch der Vorsitzende gegenwärtig sein und mit abstimmen. Nach
dieser Aufstellung bekäme der Candidat :
1. Anatomie und Physiologie je 2 Noten, macht 4 Noten.
2. Innere Medicin 8 Noten (da das mündliche doppelt zählt),
pathologische Anatomie 2 Noten, Materia medica 1, Hygiene 1,
Nebenfach 1, macht 8 Noten.
3. Chirurgie 3, Geburtshülfe 2, Augenheilkunde 1, Nebenfach
1, macht 7 Noten.
Anatomie, Physiologie, innore Medicin, pathologische Anatomie,
Chirurgie und Geburtshülfe sind so wichtig, dass sie jedenfalls
wiederholt werden müssten, wenn in einem dieser Fächer die Note
ungenügend wäre.
Sonst gilt das Examen als bestanden, wenn der Durchschnitt
mindestens gleich 2 (gut) ist, auch wenn eine Note ungenügend
ist. Wenn mehre Noten ungenügend sind, können diese einzeln
nachgeholt werden. Bei 2 l /o (oder weniger) kann ein ungenügendes
Fach repetirt werden. Wenn zwei oder mehr Fächer ungenügend
sind, muss der ganze Abschnitt wiederholt werden.
Wenn der Durchschnitt unter 3 (genügend) liegt, so muss
das ganze Examen wiederholt werden, auch wenn nur eine Note
ungenügend ist.
Für jede Prüfungscommission müssten so viele Examinatoren
ernannt werden, dass kein Examinator mehr als 50 Prüfungen im
Jahre abzuhalten hat. Die Prüfer wechseln ah, so dass der Can¬
didat nicht weiss, von wem er geprüft wird, oder wenn z. B. für
innere Medicin zwei Examinatoren vorhanden sind, prüft der eine
im klinischen, der andere im mündlichen Examen. Die Oherhehördo
hat ja jetzt schon das Recht, einen Examinator zu verwerfen, den
sie nicht für passend hält, und wenn in einer Prüfungscommission
nicht der Zahl der Candidaten entsprechend genügende Examina¬
toren präsentirt werden, so wird sie die Pflicht haben, diese Can¬
didaten an eine andere Prüfungsoommission zu weisen.
Diese und manche andere Detailfragen werden bei genauer
Kenntniss dor Statistik erst regulirt werden können, aber viel¬
leicht geben diese Grundzüge, welche sich an verschiedene ältere
Prüfungsvorschriften bis zu einem gewissen Grade anschliessen,
doch einen Anstoss, das Examen wieder mehr zusammenzudrängen
und den Hauptfächern wieder zu ihrer alten Bedeutung, welche sie
heute noch in der Praxis besitzen, auch im Examen zu verhelfen.
III. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn.
Die Gefahren der Narkose für den
Diabetiker. 1 )
Von Dr. Ernst Becker, I. Assistenzarzt der Klinik.
Unsere Kenntnisse über die chirurgisch wichtigen Erkran¬
kungen der Diabetiker sind erst verhältnissmässig junge, bie
stammen aus Frankreich. Dem französischen Militärärzte I rofessoi
Marchal de Calvi gebührt das Verdienst, zuerst im Jahre löoö
0 Auszugsweise vorgetragen in der Sitzung der ^Ta¬
lon der Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- u. Heilkunde
tuar 1894.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16
360 _ _ __
auf die Thatsaehe hingewiesen zu haben, dass bei der Zuckerkrank¬
heit septische Entzündungen und gangränöse Zerstörungen, zumal
an den Extremitäten, gamicht selten Vorkommen. Und als er im
Jahre 1864 sein Buch „Recherclies sur les accidents diabetiques
schrieb, konnte er bereits weit über 100 Fälle namhaft machen, in
denen sich Diabetes mit carbunkulösen und fauligen Entzündungs¬
processen complicirt hatte. Seine Lehre fand in Frankreich bald
allgemeine Anerkennung und seine Forderung, bei allen entzündlich-
brandigen Processen, deren Ursache unbekannt erscheint, den Urin
sofort auf Zucker zu untersuchen und, falls diese Untersuchung
positiv ausfällt, den Kranken unverzüglich auf antidiabetiscne Diät
zu setzen, wurde aller Orts von seinen Collegen befolg. Die nam¬
haftesten Chirurgen Frankreichs brachten bald weitere Bestätigungen
für die Marchal’sche Lehre, und es ist ganz besonders em Ver¬
dienst Verneuil’s, dieselbe durch Mittheilung vieler eigener, sorg¬
fältig beobachteter Fälle weiter ausgebaut zu haben. Die Diabetes¬
frage beschäftigte in den folgenden Jahren wiederholt die Pariser
Sociötd de Chirurgie, wobei sich die Frage dahin zuspitzte, ob es
überhaupt erlaubt sei. einen Diabetiker zu operiren und welche
Indicationen beziehungsweise Contraindicationen zu berücksichtigen
seien. ,
In der Folgezeit wurde nun auch m Deutschland von den
Chirurgen vielfach die Richtigkeit der March al’schen Lehre be¬
stätigt und dem Zusammenhänge zwischen Gangrän und Diabetes
die Aufmerksamkeit zugewandt, wenn man auch vielleicht
W. Roser 1 ) das Verdienst nicht absprechen darf, zuerst in einer
kurzen Arbeit über „Diabetes und Sepsis“ für die weitere Ver¬
breitung dieser Lehre gesorgt zu haben. „Wenn ein sonst gesund
erscheinender Mann eine progressive, brandige oder ulceröse Zer¬
störung, z. B. an Fuss oder Hand, wahrnehmen lässt, wenn man
sich keine inficirende Ursache dabei denken kann, wenn alle Irri¬
gationen mit Carbolsäure u. s. w. vergeblich sind, so ist es hohe
Zeit, an Diabetes zu denken.“ Diese Worte Roser’s, mit
welchen er seinen Aufsatz einleitete, sind Mahnworte, die nicht
vergeblich erklungen sind. t
Mit wenigen markigen Zügen hat dann im Jahre 1887 König-)
die Grundsätze gezeichnet, nach denen wir noch heute unser prak¬
tisches Handeln bei den chirurgischen Erkrankungen der Diabetiker,
speciell beim diabetischen Brande, zu bestimmen pflegen. Ich ver¬
zichte darauf, an dieser Stelle auf Einzelheiten einzugehen, möchte
indessen besonders hervorheben, dass König zumal auf zwei
Punkte der Diabetikertherapie Werth legt, nämlich:
1. Auf streng antiseptische Localbehandlung und
2. Einleitung der antidiabetischen Diät.
Ermuthigt durch die eclatanten Erfolge, welche König 3 )
durch rechtzeitige Amputation in zwei sehr schweren Fällen von
brandiger Extremitätenphlegmone bei ausgesprochenem Diabetes
hatte, ist die Zahl der Zaghaften, welche von jeder eingreifenden
Operation bei Zuckerkranken dringend abriethen, immer kleiner
geworden; die Mehrzahl der Chirurgen wird, wenn das Leben des
Kranken auf dem Spiele steht, zum Messer greifen, wenn auch in
einem grossen Procentsatze der Fälle nicht zu verhüten ist, dass
die brandige Phlegmone am Amputationsstumpf unaufhaltsam weiter
kriecht und schliesslich doch ihr Opfer fordert. Es ist wenigstens
der Versuch gemacht, den Kranken zu retten, wenn auch ohne
Erfolg.
Indessen droht dem Zuckerkranken ein viel heimtückischerer
Feind, eine ganz versteckte Gefahr, auf welche ich in den nach¬
folgenden Blättern die Aufmerksamkeit lenken möchte: das Coma
diabeticum im Anschluss an die Narkose.
Zweimal im Laufe des letzten Jahres habe ich an der Bonner
chirurgischen Klinik die Beobachtung machen können, dass Dia¬
betiker, welche bei ihrer Stoffwechselerkrankung weder die Schul¬
symptome der Polyurie, Polydipsie und Polyphagie in hervorragendem
Maasse zeigten, noch eine in die Augen fallende Kachexie darboten,
welche tagelang theils bei antidiabetischer Diät, theils bei ge-
gemischter Kost sich des besten Wohlseins erfreuten und sich bei
oberflächlicher Betrachtung von einem Gesunden nicht untorschieden,
— dass diese Kranken im Anschluss an eine in Narkose aus¬
geführte Operation nach einigen Stunden comatös wurden und nach
längerer oder kürzerer Zeit zugrunde gingen. Dazu kommt ein
Kranker der medicinischen Klinik, welcher ebenfalls nach einem
operativen Eingriff starb. Eine Umschau in der Litteratur lehrte
mich zweierlei: einmal, dass derartige Zufälle zwar auch anderen
Operateuren und offenbar verhältnissmässig garnicht selten passirt
sind, dass aber andererseits ihnen bislang weder eine Bedeutung
beigelegt, noch ein Erklärungsversuch gemacht worden ist. Es er¬
schien mir daher geboten, unsere Beobachtungen zu veröffentlichen
*) W. Roser, Deutsche med. Wochenschrift 1880, No. 1.
*) König, Centrlbl. f. Chir. 1887, p. 225 ff.
^ König, Centrlbl. f. Chir.' 1887, p. 228.
und unter Berücksichtigung ähnlicher, in der Litteratur verstreuter,
meist nur kurzer Mittheilungen den Versuch zu machen, diese
eigenthümliche Erscheinung in ihren klinischen und pathologischen
Symptomen zu schildern.
Fall 1. Am 10. August 1892 wurde der 61jährige Ackerer. Johann
M in die chirurgische Klinik aufgenommen mit einer seit fünf Wochen
bestehenden diabetischen Gangrän des rechten Fusses. Sämmtliche Zehen
und der vordere Theil des Fusses waren bis zum Lisfranc sehen Gelenke
dunkel schwarz-roth verfärbt. Der Kranke, welcher durch die Erkran¬
kung seines Fusses keine erheblichen Beschwerden hatte, sah im allge¬
meinen für sein Alter rüstig und kräftig aus, war geistig frisch und bot,
keinerlei Zeichen, welche auf eine schwere Form der Zuckerharnruhr
hätten schliessen lassen. Der Urin enthielt 4°o Zucker, kein Eiweiss.
Leider ist eine Untersuchung des Harnes auf Aceton und Acetessigsäure
unterblieben. Das brandige Glied wurde hoch gelagert und antiseptisch
verbunden. Gleich vom Tage der Aufnahme ab bekam der Patient anta-
diabetische Diät. Dabei befand er sich andauernd wohl. Indessen Hess
sich ein Fortschreiten der Gangrän nicht verhindern. Am 16. August
wurde zuerst eine bis zum Kniegelenke sich erstreckende Lymphangitis
bemerkt und ausserdem der erste Beginn einer bläulichen Verfärbung an
den Zehen des linken Fusses. Es wurde daher beschlossen, die Ampu¬
tation des rechten Oberschenkels zu machen.
Am 18. August vormittags wurde diese Operation ausgeführt. Dabei
ist besonders hervorzuheben, dass der Kranke bislang nicht die gering¬
sten Zeichen einer allgemeinen Sepsis, noch eines diabetischen Gomas
hatte. Er befand sich vollkommen wohl, hatte einen kräftigen Puls und
normale Respiration. (Fehlen des Kussmaul’schen Athemsymptoms!)
Die Amputation wurde ohne Blutleere in Chloroformnarkose aus¬
geführt und dauerte 35 Minuten, ohne durch irgend welche übelen
Zwischenfälle gestört zu sein. Der Kranke erwachte bald aus der
Narkose, verlangte gelegentlich zu trinken und klagte nur wenig über
Schmerzen. Die Nacht verlief ungestört. Am andern Morgen nahm der
Kranke etwas Kaffee und Brödchen zu sich, machte aber bereits einen
etwas apathischen Eindruck. Im Laufe des Vormittags schlief er viel,
Hess sich aber durch Anrufen leicht wecken. Da zu fürchten war, dass
ein diabetisches Coma sich auszubilden drohe, so wurde sofort die anti-
diabetische Diät mit gemischter Kost vertauscht. Patient genoss davon
mittags allerdings nur sehr wenig und verfiel im Laufe des Nachmittags
(etwa zwischen 4 und 5 Uhr) in ein tiefes Coma, aus dem er auch durch
Anrufen und Rütteln nicht mehr erweckt werden konnte. Unter all¬
mählich eintretendem Lungenödem erfolgte um 8 1 /* Uhr abends der lod
unter Temperatursteigerung.
Sectionsbefund. Dilatatio cordis. Atherom der Aorta und der
meisten Arterien. Lungenödem. Chronischer Milztumor. Hirnsection
wurde nicht gemacht.
Fall 2. Am 6. November 1893 wurde der 64jührige Gastwirth
Heinrich II. aus Jüchem mit einem grossen Aneurysma der rechten Ar-
teria poplitea, über dessen Entstehung er keine ganz glaubhaften An¬
gaben machen konnte, in die Klinik aufgenommen. Die Untersuchung
des übrigen Körpers ergab hochgradiges Emphysema pulmonum, Dilatatio
cordis und Atherom der fühlbaren Arterien. Der Urin war frei von
Eiweiss. Eine Untersuchung desselben auf Zucker unterblieb, weil Patient
angab, früher stets gesund gewesen zu sein, und speciell keinerlei Zeichen
darbot, welche auf einen bestehenden Diabetes hätten hindeuten können.
Bei gemischter Kost erfreute er sich des besten Wohlseins.
Am 8. November (also 2 Tage nach der Aufnahme) wurde der Kran e
vormittags von Herrn Gohcimrath Trendelenburg in der Kumk vo -
gestellt , genau untersucht und operirt. In Aethernarkose wurde in ae
rechten Kniekehle der blutleer gemachten Extremität ein Längsscnm
geführt und das Aneurysma, welches weit unter die Wadenmuskula
herunter reichte, blossgelegt, doppelt unterbunden und oxstirpirt. JN&
Lösung der Constriction entstand aus der zuführenden Arterie eine se
heftige Blutung, die nur mit den grössten Schwierigkeiten gestillt wer
konnte. Naht der Wunde ohne Drainage. Compressiwerband. üo -
lagerung. Dauer der Operation 60 Minuten. Patient erwacht bald a
der Narkose und klagt über Schmerzen im Beine, die auch in der
den Nacht noch andauerten und ihn trotz 0,01 Morphin subcutan we g
sdilBifoii lies^ön «
9. November. Temperatur Morgens 38,2°, Abends 38,9°. J 1 ? .^ a !V e
des Tages lassen die Schmerzen nach, am Fusse selbst ist , *
normes zu constatiren. Patient ist bei der Abendvisite ganz zumc »
freut sich über den günstigen Ausgang der Operation und hofft, die
gende Nacht besser schlafen zu können; bekommt kein Morphin.
10. November. Patient hat die ganze Nacht ruhig gelegen und
geschlafen, ist heute Morgen merkwürdig unklar, spricht undeutlicn,
aber im Beine keinerlei Schmerzen. Temp. 39,6. Leichte Parese
rechten Levator palpebrae super., sonst aber keine periphere Lähmung ,
so dass die anfängliche Vermuthung, dass Patient eine Apoplexie ern
habe, nicht gestützt werden konnte. Bei dem vorgenommenen V
Wechsel war die Wunde vollständig reactionslos. Im Laufe des ia »
nahm die Benommenheit immer mehr zu und steigerte sich bis zur
wusstlosigkeit. Urin ging unwillkürlich ab. Eine geringe, aufgefang
Quantität enthielt eine grosse Menge Zucker. (schätzungsweise b /<w-
Leider war die Menge zu gering, als dass eine genaue quantitative^
Stimmung des Zuckers, sowie eine Untersuchung auf Aceton und ,
essigsäure hätte vorgenommen werden können. Die Athemluft hat
gegen einen deuthehen obstartigen Geruch. Abends Temp. 40/ .
Kranke reagirt selbst auf lautes Anrufen und Rütteln nicht menr.
entwickelt sich allmählich Lungenödem.
11. November, Morgens 9 Uhr. Tod.
Nachträglich eingezogene Erkundigungen ergaben,
dass weder der
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19. April.
Kranke noch dessen Angehörige eine Ahnung davon gehabt hatten dass
er zuckerkrank war. ’
Aus dem Sectionsbefunde hebe ich hervor: Hyperämie der ße-
ffläse der Hirnhäute und des Gehirns. Consistenz des Gehirns sehr fest
keine Heerderkrankungen. Dilatatio cordis, zumal des rechten Ventrikels’
Emphysem» pulmonum et Bronchitis; Spitzoninduration. Nieren anämisch'
Milztumor. Pankreas klein, blass. Atherom der meisten Arterien. In
der Artena femoralis dextra oberhalb der Unterbindungssteile ein 6 cm
langer Thrombus.
£ a . H 3 *. l) A “ 26, Aprü 1892 wurde der 40jährige Kaufmann Leo¬
pold M. m die hiesige medicimsche Klinik aufgenommen wegen Schmerzen
im Bauche, die bei Druck auf die Gegend der rechten Niere sich steiger-
t ° n 'oü ,o mperatur 1 . zeigt0 - gelegentlich Abends eine leichte Steigerung bis
zu 38,4° war aber meistens normal. Seit einem Vierteljahre war der
Kranke abgemagert; sein Hausarzt hatte vor einem Monat 5% Zucker
mi Urin nachgewiesen. Dazu litt der Kranke an unstillbaren Durch-
Ä o dl0 L° fiC ? bar “ f J “ ner n? den ^ pen ac( l uirirt en Dysenterie beruhten.
iÄt iS/ p« m n en n F ? C ?f A nic ^ nachgewiesen werden. Körper-
gewicht 156 /a Pfd. Der Gehalt des Harns an Zucker wurde am 27. April
am auf . 30/0 bestimmt, bei einer Urinmenge von
durchschnittlich zwei Litern. Aceton hess sich wiederholt nachweisen
, die Sch ^ e 2 e ?. m J der Abteil Seite nicht nachliessen, so wurde
^ “ m der chirurgischen Klinik in Narkose untersucht.
Dieselbe wurde 15 Minuten lang mit Chloroform und dann 5 Minuten
lang mit Aether unterhalten. Diese Narkose hatte keine Übelen
Nachwirkungen (abgesehen von Uebelkeit und Erbrechen) für den
nfi i Um 13 ‘ Ma V b nabmen die Durchfälle sehr zu, so dass
des . ™rbundenon
^DEUTSCHE MEDICINIS CHE WOCHENSCHRHT.
361
n . - j ciiuigtou. mioige aes damit verbundenen
^ o!f T d .f vermehrten l’lüssiVkeitsaufnahme stieg die Urinmenge
f “ 3 V d ('' bei G1 ? em ’"P CC - Gewichte von 1025—1032; am 20 Mai
betrug die Innmenge 6 Liter und am 23. sogar 13 Liter! Dabei blieb
J A em g eJ 'f tu T stets , uafc ? r 38 • Inzwischen waren die Schmerzen in der
rechten Seite immer heftiger geworden, und man konnte jetzt daselbst
deutlich eine Resistenz mit undeutlicher Fluctuation constitiren. Bis¬
lang bestanden keinerlei Zeichen von Coma diabeticum.
..Jf w urde daher am 25. Mai, Vormittags um 12 Uhr, in Chloroform-
uarkose unter dem Rippenbogen in der Axillarlinie eine Incision gemacht
Lreirfn t V* ¥ ter Eiter entiieIt - Ke Kose
10 , Mln j te ?- P? r Kranke erwachte zwar wieder aus der
Bctäabiing war aber doch nicht ganz klar. Nachmittags 2'/ a Uhr ent-
raÄen l ’V m ( d,abetlS 5 heS . P 0ma mit d en«ich ausgesprochenem Kuss-
“ Symptom und nicht unbeträchtlicher Cyanose. Unter zu¬
nehmender Bewusstlosigkeit trat der Tod Abends UV, Uhr ein.
ae . r önttion fand sich, abgesehen von unwesentlichen Neben-
«lre d Untrdem P P ? ntoneale J AbSCe ?, Shöl ' le z,vischen Leber “"<1 rechter
entert imd °° ™ f C “ d t ns - Der Abscess war durch die Incision
CXrUcW n “umcirte nicht mit dem Darm; er musste als ein
«ich dST^Lo bSC n 8 aU / gefaSSt . werden - Im S^mm Dickdarm fand
Nieren P? senten ®. Mit zahlreichen Geschworen. In beiden
tumor “ “ tU " Degenera tion. Prostataabscesso. Lungenödem. Milz-
__ (Fortsetzung folgt.)
IV. Ans der chirurgischen Klinik des Herrn Geheimrath
not Dr. v. Bardeleben am Charitekrankenhause in Berlin.
Ein Fall von Aetüertod. 2 )
1° n Stabsarzt Dr. Herhold, Assistenten der Klinik.
Station m d?Ch3db! it eS T S i, Jabr f. S ? ur ? e Abends auf die °birurgische
eingeklemmten Hpmip V da ^ re ® üc ^ senmac hersfrau L. wegen einer
^apke gab an, dass sie seit Jahren
mehr so wie sonst^nr-n^ G1 j 6; se /. t vier Tagen ginge der Bruch nicht
iL* grosse Besch Ä sondei ? sichtbar draussen und mache
snehung erwb S : Ausserd ? m s . ei sio . herzleidend. Die Unter-
femoralis hatte’ Di« 16 m F J? U , ei ? T e linksseitige eingeklemmte Hernia
aber über dem Hn,,a Physikalische Untersuchung ergab gesunde Lungen,
sehr deutliches diaBt 0 ]- 6 ”! bes °^ ders i m zweiten rechten Intercostalraum
Mammillaräi h pr^ 0 IS K heS , GGrä ? sch und eine 4 cm über die linke
Da somit P |n o T ä e - nde \ er hreiterung der Herzdämpfung,
dringend erforderlich^ 1 !!* 16 ^ de ^ Aorte J kla PP en bestand, wurde für die
Narkotisiren vorgezoffen He T r P lot ,? mi< t Aether statt des Chloroforms zum
d . er ersten concentrir?!«' aH? der K r ankon <h e unangenehme Empfindung
hschen Methode der ? n Aet h e r da “pfe — welche sich bei jeder asphyk-
zanächst 10 tr 1 , ose £ eBend ma cht — zu ersparen, wurden
v °n 30 g auf die T„ii- geben. Darauf wurde Aether in einer Menge
die Maske mit ai , d J che ¥ aske K e ? ossen und dann nach Bedarf
(Asphyktisehe Methode V S- ?? * Men gen de ?. Narcoticums befeuchtet,
überwachte den Puls ^^rarzt hielt Kinn und Maske, ein anderer
ihrem Ende zu ^^ ^f^ DU j. en verflossen sein — die Operation ging
Es waren bis dahin w urde, der Puls werde schlechter.
Lssen, nach etwa e l ke - r -»verbraucht, die Maske wurde fortge-
gehessert, dass di« blS - d j ei ^D nuten hatte sich der Puls wieder so
kat te kaum drei Mim,!?« T eder auf S ele & t werden konnte. Die Maske
haehte und nach eUr** ? e J®^ ei V plötzlich die Athmung sich ver-
-—— a drei bis vier flachen Athemzügen ganz aufhörte.
Herrn Professor §c ]?»l Yeberlassung der Krankengeschichte spreche ich
*) Vortrag jrehftHÜ 2 ® “ eman verbindlichsten Dank aus.
1 L December 1893 ^ dör ^ re * en Vereinigung der Chirurgen Berlins
am
w!^ aSl ?J? r - be \ m Flacherwerden der Athemzüge fortgenommbn es
wurde sofort beim Aufhören der Athmuno- kflnstlinL A 'r*"& öuommon » es
17i Stunde wurde abwechselnd von Herrn Stabsarzt ThieU
Unterärzten und mir Herzmassage und künstliche '\thmunrr Vwia de ü
Zusammendrücken des Thorax, theUs duMSkte’SSS ^'Z n£Ü
e ■ ( aUSgef ? hrt ’ trotzdem gelang es nicht, die Lungen® wioder in
JhS^ Z Ilr b r"T,? en Pul3 ' dcr boim Anssetzen°der Athmung
ebenfalls fortblieb, glaubten wir zeitweise an der Carotis und Radialis
mit Sichei-heit wieder zu fühlen - eine Folge der Herzmassage.
Die nach Ablauf von 24 Stunden im pathologischen Institut «w
Charite ausgeführto Obduction ergab folgenden Befund ■
. „ Y»™«. goba “ te . weibliche Leiche. In der linken Inguinalgegend
t,„ d l S|l !“ a antenor supenor eine an der Längsachse des Körpfrs S ge-
legene Vt unde von 12 cm Länge. Zwerchfellsstand rechts 4, links 5 R
Herz grösser als die Faust. Linker Ventrikel hart mit
ZfrÄr- Chte rI, T ei }, trike i scblaff ; im linken Ventrikel etwL Tei
Esslöffel flüssiges Blut. Der rechte Ventrikel leer und weit. Die Aorte n-
uid P ™t n r h 1 - 0 ^ , s . chlus f^hig Die hintere Klappe stark verdickt
und retrahnt, die rechte und linke sind zu einer etwa kirsch-
Vp°n S t S ^v verkalkten warzigen Masse verwandelt. Linker
Ventrikel stark hypertrophisch, leicht braun.
,i ei T 3 ^ ua ? en blutreich, Broncliialschleimhaut geröthet,
1“ d ®“ Bronc hien wenig Schleim. Rachentheile stark cyanotisch.
\ T d T u rac . h ? a gf rö thet, frei von Schleim. Herzmuskel
r e > s ; Dd ?, re AbA ;: G 1 1 1 cbu, i !L r (mikroskopische), keine Fragmentation. Venen
der Arachnoides gefüllt. Gehirn mässsg blutreich, sonst ohne Abweichung
Peritoneum glatt glänzend. Der Uterus misst 15 cm, das Collum
4 cm. Placenta an der vorderen Wand. Milz derb, vergrössert. Nieren
blutreich, besonders die Markkegel. Leber blutreich, gross? Magenschleim¬
haut mit zähem Schleim bedeckt. ° magenscmeim
Diagnose: Aethervergiftung; Tod durch Herzlähmung. Starke
neivöse Hyperämie sämmtlicber Organe. Graviditns mensis IV Endo-
carditis fibrosa calculosa aortica. Dilatatio et Hypertrophia ventriculi
smistn. Kerne Fragmentation.
Der Einwurf, dass in dem vorliegenden Falle der Tod nicht
durch die Einwirkung des Aethers, sondern durch die der 10 g
Bromäthyl bedingt sei, erscheint hinfällig, wenn man erwägt
dass die Einwirkung des Bromäthyls nach festgestellten Versuchen
nur eine vorübergehende, höchstens fünf Minuten betragende ist
und nach Ablauf von 53 Minuten infolge dessen eine Wirkung
• l r ! mätllyls nicht raehr erklärbar wäre. Die bei der Narkose
in 53 Minuten zur Anwendung gekommenen 250 g _ nach den
vorher erwähnten 240 g hatte die Kranke etwa noch 10 g einge-
athmet bedeuten ja eine ziemlich erhebliche Menge des Gases,
doch ist diese nicht eine so grosse, dass man auf sie allein den
Tod zurückführen könnte. Der gebrauchte Aether war von guter
Beschaffenheit, er wird regelmässig in der Charitcapotheke auf
seine Reinheit untersucht. Trotzdem muss der während der
Operation erfolgte Tod durch die Einwirkung des Aethers
auf das bereits kranke Herz erklärt werden. Erscheinungen,
die für Erstickung sprechen könnten, wie Anfüllung dos
rechten Ventrikels mit Blut, Ecchymosen der Pleura,
Sohle im absonderung in den Lungen etc, sind durch die
Obduction nicht nachgewiesen.
Seitdem man während der letzten fünf Jahre in verschiedenen
Kliniken Deutschlands den Aether zur Narkose statt des Chloro¬
forms wieder angewandt hat, sind fast nur günstige Berichte über
die Aethernarkose eingelaufen und haben ihr immer mehr Anhänger
verschafft. Es soll mir fern liegen, mich hier als Widersacher
gegen alle diese günstigen Berichte aufzuwerfen, auch ich habe
hier in der Charitö recht viele gute Aethernarkosen gesehen. Nur
in Bezug auf einen Punkt giebt der soeben geschilderte Todesfall
zu denken, das ist die Einwirkung des Aethers auf das Herz, die
in fast allen Berichten bisher nur als eine günstig und niemals
ungünstig wirkende hingestellt wurde. So sagt Butter 1 ) in seiner
Arbeit: „Hier sei kurz erwähnt, dass im Gegensatz zur
Chloroformnarkose die Herzthätigkeit vom Aether nicht
beeinflusst wird; die Pulsfrequenz bleibt unverändert,
ein Aussetzen des Pulses haben wir nie beobachtet.“
Man hat dann hieraus den Schluss gezogen, dass der Puls während
der Aethernarkose überhaupt nicht überwacht zu werden brauchte.
So sagt Silex: 2 ) „Wir stehen auch nicht an, zu behaupten,
dass man bei Mangel sachgemässer Assistenz die Narkose
ohne weiteres jemand übergeben kann, ohne dass man
damit den Vorwurf der Gewissenlosigkeit auf sich laden
würde.“ Füter 3 ) sagt: „Dieses ist auch der Grund, weshalb
wir den Puls nicht unausgesetzt nachfühlten, sondern
nur ab und zu einmal in der Narkose.“ Am Anfang einer
jüngst erschienenen Arbeit sagt Grossmann: 4 ) „Im Gegensatz
zu dem Chloroform muss der Aether als ein absolut unge-
*) Archiv für klin. Chirurgie Bd. 40, p. 68.
7 Berliner klin. Wochenschrift 1890, Bd. 27, p. 171.
3 ) Zeitschrift für Chirugie 1889, Bd. 29, p. 6.
4 ) Anfangsseite des Separatabdrucks.
5 ) Anmerkung 2 der letzten Seite des Separatabdrucks dor Arbeit.
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362
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16
fälirliches Mittel zur Erzeugung der Narkose bezeichnet
werden.“ Am Schluss seiner Arbeit sagt Grossmann: „Collaps
oder Kleinwerden des Pulses kommt wohl beim Chloro¬
form, aber niemals beim Aether vor.“ Dieser letzte Aus¬
spruch wird nur in Bezug auf die berauschende Methode der
Aethemarkose, welcher Grossmann in seiner Arbeit das Wort
redet, gethan. und setzt sich der Verfasser hiermit in einen Wider¬
spruch zu Professor Wanscher, dem Erfinder der berauschenden
Methode. Nach Grossmann’s eigener Angabe sagt Wan sch er
selbst, dass der Puls ebenso wie die Respiration in dor Aether-
narkose überwacht werden müsse. Gerade bezüglich dieses in
der neuesten Zeit häufig gethauen Ausspruches, dass eine Con-
ti'olle des Pulses bei der Aethemarkose unnöthig sei, giebt, wie
schon einmal erwähnt, der Ihnen von mir vorgetragene Fall zu
denken. Denn es wurde hier während der Narkose einmal ein
deutliches Schlechterwerden des Pulses beobachtet, und es trat
später der Tod durch Herzlähmung ein. Ich schliesse daher
meinen Vortrag mit der Bemerkung, dass ein sachgemässes Ueber-
wachen des Pulses in der Aethornarkose ebenso nothwendig sei
wie in der Chloroformnarkose.
V. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau.
Zur Therapie der narbigen Speiseröhren¬
verengerungen.
Von Dr. A. Tietze, Assistenzarzt der Klinik.
Lage und Beschaffenheit der Speiseröhre, welche in gleicher
Weise sowohl eine exacte Diagnose als ein operatives Eingreifen
im hohen Maasse erschweren, haben es bewirkt, dass die chirur¬
gischen Leistungen auf dem Gebiete der Oesophaguserkrankungen
geringer sind, als auf irgend einem anderen; für die Lösung mancher
Aufgaben, so für die Untersuchung der Speiseröhre mittels des
Auges (Oesophagoskop) für die Entfernung von Geschwülsten aus
der Continuität derselben u. s. w. ist durch den Vorgang von
Billroth, Czerny, Mikulicz, Hacker, Schüller 1 ) u. a. wohl
der Anfang gemacht, doch haben es scheinbar die wenigsten
Chirurgen versucht, die gleichen Methoden in Anwendung zu
bringen, obwohl dieselben zum Tlieil zu höchst interessanten und
beachtenswerten Resultaten geführt hatten. Am besten gekannt
ist das Kapitel der Verätzungen des Ösophagus, doch auch dieses
ist noch nicht abgeschlossen, so dass die Mittheilung weiterer Er¬
fahrungen auf diesem Gebiete nur erwünscht sein kann.
I. Unsere Aufgaben und die Art, wie wir dieselben zu lösen
suchen, sind je nach dem Alter und dem Grad des krankhaften
Processes verschieden: wir werden dies vielleicht am besten an
der Hand unserer Krankengeschichten erläutern können, die wir
im folgenden mittheilen und an deren Spitze wir einen Fall stellen,
welcher uns wenige Wochen nach der Verletzung, also in einem
relativ frühen Stadium zur Behandlung überwiesen wurde.
Ich bemerke hier gleich, dass die einfachen Fälle von Narben-
stricturen, welche in der allgemein üblichen Weise durch regel¬
rechte Sondirung hehandelt werden konnten, hier nicht angeführt
werden.
Fall 1. Carl M., 26 Jahre, aufgenommen am 30. Mai 1892. Patient
am Abend des Aufnahmetages in der Nähe der medicmischen Klinik be¬
wusstlos gefunden worden; in seiner Nähe angeblich eine grössere Blut¬
lache; wird nach des medicinischen Klinik getragen. Patient ist völlig
comatös, reagirt nicht auf Anrufen. Bald nach seiner Ankunft traten
leicht krampfartige Zuckungen in den Extremitäten auf. Unter heftigem
Würgen giebt er ein wenig, stark fadenziehendes Blut von sich, das
dunkelbraune Farbe hat. (Durch chemische Untersuchung noch weiter
bestätigt, ausserdem reichlich Mucin.) Aeussere Verletzungen sind nicht
zu finden. Pupillen reagiren, Patellarreflexe schwach vorhanden. An den
inneren Organen — so weit dies möglish — schwerere Veränderungen
nicht nachweisbar. Bauchdecken etwas gespannt, Abdomen nicht aufge¬
trieben, bei Betastung werden keine Zeichen von Schmerz ausgelöst.
Temperatur normal, Puls 72 voll, Respirationsfrequenz normal. Nach
etwa zwei Stunden ist das Bewusstsein noch nicht ganz zurückgekehrt,
Patient erlangt zu trinken, hat ein wenig erbrochen; das Erbrochene
von derselben Beschaffenheit wie das vorige. Aus den Papieren erhellt,
dass es sich um ein Gonamcn suicidii handelt. Magenausspülun^. Spül¬
flüssigkeit reagiert alkalisch. In der Mundhöhle starke Röthung der
Schleimhaut, Uvula stark geschwollen und succulent. Nach dor Magen¬
ausspülung Sensonum freier. Patient giebt an, tür fünf Pfennige Natron¬
lauge getrunken zu haben Ordo: Eis, Wasser, schwach säuerliche Ge¬
tränke. V\ eiterer \ erlauf folgender: die Beschwerden des Patienten
gehen langsam zurück, bchmerzen lassen allmählich nach, die Röthung
und Schwellung mi Gaumen und Rachen verschwindet, Patient vermag
nach einer \\oche etwa halbfeste Speisen zu gemessen, Temperatur bis-
0 In Bezug auf Litterat,urangaben verweise ich aussor auf die Ai
gaben im 1 ext besonders au : König, Die Krankheiten des unteren Ph;
U™* und Oesophagus. Dtsch. Chirurgie, Lief. 35. Hacker, Ueber d
nach V erätzung. entstehenden Speiseröhrenstricturen. Wien 1889.
her normal. Nach etwa 14 Tagen jedoch bekommt er zunehmende
Schmerzen im Halse, in der Höhe des Ringknorpels, daneben schnell
zunehmende Schlingbeschwerden, die ihm etwa drei Wochen nach dem
Unfall nur noch den Genuss flüssiger Speisen gestatten, sehr starke Sali-
vation, häufig Blutbeimengungen. Am Endo der vierten Woche, nachdem
Patient stark heruntergekommen ist, entloert er eines Morgens durch
Würgen reichlich Eiter und Blut, ein Ereigniss, das sich von nun ab
häufiger, wenn auch in geringerem Grade wiederholt. Temperatur mässig
erhöht. Da gleichzeitig das Sehlingen immer beschwerlicher wird, so
wird Patient am 5. Juli, also fünf Wochen nach dem Tentamen suicidii
mit der Diagnose: periösophogealer Abscess der chirurgischen K l i n i k zu-
geführt. Patient ist — nach der erstmaligen Magenausspülung — nicht
sondirt worden, in der chirurgischen Klinik wird gleichfalls davon abge¬
sehen. Am 8. Juli Gastrostomie nach Witzei. Darauf bessern sich
Schmerzen und Schlingbeschwerden sehr schnell, Eiter wird nicht mehr
hervorgewürgt, Blutspuren verlieren sich bis Anfang August vollständig,
Patient erholt sich. Mitte August gelingt ein vorsichtiger Versuch der
Sondirung von oben her, mit dünnen Bougies. Von da ab systematische
Bougirung ohne Zwischenfälle. Am 1. August Drain aus dem Magen
entfernt, am 16. August hat sich die Magenfistel spontan geschlossen.
Bei dem Bougiren werden jetzt zwei Stricturen constatirt, eine — mehrere
Centimeter lang — dicht unter dem Ringknorpel beginnend, eine zweite,
kürzere, in der Höhe der Bifurcation. Patient anfang October geheilt
entlassen. Es passirt eine kleinfingerdicke Schlundsonde (No. XI.). Pa¬
tient kann, gehörig gekaut, alles geniessen. Bougiren bis jetst von ihm
täglich fortgesetzt, der Bestand ist unverändert geblieben, 1 )
Hervorheben möchte ich aus dieser Krankengeschichte zu¬
nächst die Thatsache, dass man sich innerhalb der ersten Wochen
nach der Verletzung darauf beschränkt hat, den Kranken sympto¬
matisch zu behandeln, ohne den Versuch zu wagen, der drohenden
Stric-tur durch Bougiren vorzubeugen. — Es ist dies ein Princip,
welches wir, wohl im Einverständniss mit den meisten Chirurgen,
unter allen Umständen gewahrt wissen möchten, d. h. wir halten
das Sondiren des Oesophagus innerhalb der ersten drei oder vier
Wochen nach einer Verätzung, jedenfalls aber so lange, als noch
Blutspuren im Speichel oder im Erbrochenen das Bestehen frischer
Ulcerationen anzeigen, wegen der Gefahr der Perforation für absolut
verboten. Der Zeitpunkt, wann man mit der Sondirung anzufangen
hat, wird in der Regel durch die Symptome der Krankheit
selbst gegeben. Allmählich schwinden die acuten Erscheinungen,
Schlingbeschwerden, Speichelfluss werden geringer oder hören
ebenso wie die Blutbeimengungen auf, Temperatursteigerungen
gehen in normale Temperaturen über, kurz, man gewinnt den Ein¬
druck, dass das Stadium der entzündlichen Reizung nun vorüber
sei. Jetzt hat die Sondenbehandlung einzusetzen, welche nun, auch
bei deutlich ausgebildeter Strictur, eonsequent durchgeführt, sehr
häufig ohne weiteren Zwischenfall zur definitiven Heilung führt.
Nun ist aber in vielen Fällen der Verlauf nicht so glatt, ja, es
treten schon in diesem frühen Stadium nicht so selten Ereignisse
ein, welche doch zu einem schnelleren und energischen Handeln
auffordern. Nicht sowohl durch den Zug der neugebildeten und
sich contrahirenden Narbe, als vielmehr durch entzündliche Schwel¬
lung um die durch Speisen und Mundsecret fortwährend gereizten
Schleimhautgeschwüre herum kann es schon in dieser ersten Zeit
zur völligen Verlegung der Speiseröhre kommen.
Man sollte in einem solchen Zustande nicht lange auf Grund
der Erfahrung abwarten, dass diese Erscheinungen häufig wieder
von selbst vorübergehen; oft ist das eben auch nicht der Fall, und
man verliert durch zu langes Zögern leicht den Moment zum
Handeln, die Zeit, wo der Patient noch imstande ist, die rettende
Operation, die Gastrostomie, auszuhalten. Dieselbe ist, sobald
flüssige Nahrung den Oesophagus nur mit Mühe passirt, sofort
auszuführen; wir werden uns zu derselben um so eher entschlossen,
als sie bei leidlichem Kräftezustand des Patienten einen relativ
ungefährlichen Eingriff darstellt und ausserdem für die direkte
Behandlung einer etwa entstehenden schweren Strictur wesentlich
fördern kann.
Die Oesophagotomie dürfte für solche Fälle nicht in Frage
kommen, da man nach dem Vorhergehenden keinen Anhaltspunkt
für Sitz und Länge der Strictur gewinnen und demnach nie vor¬
her bestimmen kann, ob es gelingen wird, von der Halswunde aus
in den Magen zu gelangen. Auch wird man nicht ohne Notli
mitten in einem so schwer inficirten Gewebe eine Wunde anlegen,
welche mit ihren weiten Bindegewebsspalten der Weiterverbreitung
der Infection Thür und Thor öffnet. Daran ändert es auch nichts, wenn
man, wie in unserem Fall, auf das Vorhandensein eines tiefer liegenden
periösophagealen Abscesses schliessen muss. Man kann ja einen
solchen nur diagnosticiren, wenn der Eiter durchgebrochen ist und
sich in grösserer Menge im Sputum findet. Dann dürfte aber für
die Entleerung gesorgt und es nur nöthig sein, durch die Gastro¬
stomie die erkrankte Partie der Speiseröhre vor weiteren Schäd-
*) Ueber diesen Fall hat seiner Zeit schon Herr Dr. v. Noorden
berichtet. (Beitrag zur Technik der Gastrostomie bei Oesophagusstenosen.
Berliner klin. Wochensehr. 1893, No. 1, Fall 4.)
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19 . April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
lichkeiten zu bewahren. Nur wenn sich die Erscheinungen einer
periösophagealen Phlegmone am Halse zeigen, wird die Indication
zur Oesophagotomie gegeben sein; aber auch in diesem Falle wird
es in der Regel am zweckmässigsten sein, die Gastrostomie noch
hinzuzufügen.
In vielen Fällen gelingt es einige Zeit nach Anlegung
der Magenfistel, die vorher impermeable Strictur anstandslos mit
einer Sonde zu passiren, ein Beweis, dass nur entzündliche Schwel¬
lung die Ursache des Hindernisses gewesen ist. So gestaltete sich
auch der Krankheitsverlauf bei unserem Kranken M. Nachdem
derselbe mehrere Wochen blos durch die Fistel ernährt worden
war, machte man den Versuch, ihn vom Munde aus zu sondiren
und es gelaDg in der That, ihm mit einiger Vorsicht eine dünne
Sonde einzuführen, die nun in schneller Aufeinanderfolge mit
dickeren Nummern vertauscht werden konnte. Die Magenfistel
schloss sich nach Entfernung des Drainrohres innerhalb von 16
lagen spontan, so dass Patient schliesslich nach annähernd einem
halben Jahre geheilt, mit fast normal weiter Speiseröhre entlassen
werden konnte.
Ausserdem waren in diesem Falle noch zwei Erscheinungen
bemerkenswerth. Einmal zeigte sich, als erst die Strictur °im
Halstheil passirt war, noch eine zweite im unteren Brusttheil
eine nach Hacker 1 ) sehr häufige Combination von zweisitzigen
Strieturen; von beiden war aber, entgegen der Regel, die obere
die entschieden längere. Sodann fiel uns, was ich in dem Krank¬
heitsbericht unerwähnt gelassen habe, in den letzten Wochen das
\ erhalten des Mageus auf, welcher deutlich die Zeichen der Py¬
lorusstenose darbot. Wahrscheinlich handelte es sich um narbige
\ erziehungen in der Gegend des Pförtners, die ebenfalls auf jene
Verätzung zurückzufübren waren; es sind, namentlich durch die
Beobachtungen Lesser’s, zahlreiche Fälle bekannt., in denen eine
Verätzung der Speiseröhre von solchen des Magens, die oft an
Ausdehnung sogar überwogen, begleitet war.
H. Stellen nun Fälle von frischen Oesophagusverätzungen dem
Ulrurgen relativ einfache und klare Aufgaben, so mehren sich
die Schwierigkeiten ganz bedeutend in Fällen, welche spät,
nach langem Bestehen, nachdem es sich also immer um
Husgebildete Strieturen handelt, in Behandlung kommen,
ln diesen Fällen wird, wenn möglich, zunächst eine Sonden-
Jphandlung emgeleitet, aber nicht immer mit Erfolg. Die Schwierig-
Keiten liegen in den schweren secundären Veränderungen des
»esophagus; durch den Vernarbungsprocess hat sich ein enges
* arrwandiges Rohr gebildet, das dem Eindringen von Instru¬
menten ausserordentliche Schwierigkeiten entgegensetzt, dabei
wnn das Lumen der Speiseröhre verzogen, excentrisch gelagert
jmn oder es haben sich Klappen und Wülste gebildet; in°der
tegel ist auch oberhalb der Strictur ein Divertikel entstanden,
rnf ß n! SSe o zabIreicben ’ durcb gesch würige Processe hervorge-
vprirron ] UCht o n HJ “ 1 Aussackungen das Instrument sich leicht
7 nmn; t? k ?? n -) Es können aber ausserdem noch durch ent-
irree-nla™ p 0 r f^ ge 111 der Nachbarschaft eigenthümliche ganz
stehen 6 , ® stal . ts - und Lageveränderungen der Speiseröhre ent-
maehfin r h ° eu 5? ® r l ol f reic ^ e Sondenbehandlung ganz unmöglich
(vH v* iT DSer ? a ^ T ° lst ein ganz exquisites Beispiel der Art
wiüint tTo n i Ung n" 1 Nranheitsbericht). Zwei ähnliche Fälle er-
war Pin* aus den ^ iener Krankenhäusern: in beiden
Wälirend ^! )ble ^ u ^g des Oesophagus nach links eingetreten,
den Thmin - a ^ db ' ek l ,e Fortsetzung des oberen normal verlaufen-
«ne Art gaMgir n Theihing lgang ** 0es0phagus erfuhr 80
so Verhältnisse ist nicht selten die Passage
Flügelirb-o*♦ 1 dass es den Patienten nicht einmal gelingt,
Sondei n l f u scbluc L en , geschweige denn, dass eine I
muss sobald i Uh n \ erden ka ™- In allen Fällen dieser Art, 1
bar wird und dir 2 eS ?P hagus für flüssi g e Nahrung schwer passir-
ffeht fl in n Q1!f Ernährungszustand des Kranken sichtlich zurück-
ausgeführt wwti^ 0mie möglichst bald als lehensrettende Operation
Punkt ^zu^rSI? 11zu * an £ e ’ 80 wird leicht der günstige Zeit-
tion wird Ä pk 1?I1 versäumt - In den letzten Stadien der Inani-
Art war' der folgend^ mehr dieselbe ausführen - Ein Fall dieser
stricturen. aC Wien 1 1889 r ^ ^ Verätzun £ en entstehenden Speiseröhren-
das beweist 8 ebl . er Strictur Divertikel entstehen können,
Üin. Wochenschr ISfto x S®?* eiu Fal1 von Ewald (Berliner
111 der Mitte dn« OncT t JNo ‘ Unterhalb einer careinomatösen Strictur
(Ohre, welche in <w P r» agUS fin ., det sicb cine starke Dilatation der Speise¬
nd verloren gemm™ a?* n 2 c , m missfc * Muskeln und Schleimhaut
messen daselbst IS:' Als Orund wird langes Stagniren der Schluck-
ge mangelnder Contraction9fahigkeit angesehen.
, 363
cr^K 0 ^ all Tvr 2 '** ße i5 tha D- ’. 12 ‘ Eecember 1892, l 3 / 4 Jahr alt Nach An-
Mbe der Mutter bis vor einem Vierteljahr gesund und kräftig entwickelt
m September trank Patientin aus Versehen aus einer Tasse einen Schluck
Aetzlauge, erhielt sofort Milch und erbrach heftig. Iu der FoÄt:mehr
fach Erbrechen, dem herbeigerufenen Arzt wird der Vorgang verschwiegen-
nach und nach Schlingbeschwerden, seit Anfang Decmbtr (eifvÄ
jahr nach dom Unfall) von einem zweiten Arzt bougirt, der nach acht
Tilgen die Sonde nicht mehr hindurch führen kann. Seitdom fast völliges
Unvermögen zu schlucken Das Kind ist bei der Aufnahme im Zustande
höchster Inamtiom bringt keine Spur Nahrung herunter, alles wird Ser
herausgewürgt, Oesophagus zeigt anscheinend in der Höhe der Bifurca-
tion eine impermeable Strictur. Wegen des elenden Zustandes wird von
jfe,: 4 'qnLT ei V VI ^ eafls . te i abgesehen. Zweistündlich Nährklystiere.
i\ach -4 Stunden Tod. Bei der Section findet sich eine 2 cm‘ lange
centra! gelagerte, für eine feine Knopfsonde eben durchgängige Strictur
waiicielt U C1 d ° r Blfurcatlon » Schleimhaut in derbes Narbengewebe ver-
Dem fast verhungerten Kinde hätte die Operation nicht mehr
geholfen. Es bestand die Absicht, die Patientin durch Nährklystiere
zu kräftigen, um später eventuell die Gastrostomie auszuführen.
(Fortsetzung folgt.)
VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Marburg.
Zu meiner Methode der hohen Castration.
Von Dr. 0. v. Büngner.
Auf der 65. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte
zu Nürnberg (11.-15. September 1893) empfahl ich eine neue Me¬
thode der Castration, die ich als C-astration mit Evulsion des
Vas deferens oder kurz als hohe Castration bezeichnete In
kurzer Wiederholung der Hauptpunkte des damals Gesagten (v*ri
Referat im Centralblatt für Chirurgie 1893, No. 46) bemerke ich
an dieser Stelle Folgendes:
Ich kam zu dieser Methode der Castration im Juni 1891
durch einen Fall von Nebenhodentuberculose, bei welchem sechs
Wochen nach einer typischen Castration am Stumpfende des Samen¬
stranges ein Recidiv aufgetreten war. Da die Prostata und die
Samenblase der afficirten Seite intact schienen, konnte es sich nur
darum handeln, das \ as deferens in grösserer Ausdehnung zu ent¬
fernen. Ueberraschenderweise gelang es, letzteres nach Isolirung
von den übrigen Gebilden des Samenstranges durch einen allmählich
sich steigernden Zug fast in ganzer Länge zu entwickeln. Als es
schliesslich abriss, hatte ich mehr als Vierfünftel desselben in der
Hand. Bei der mikroskopischen Durchmusterung der Querschnitte
des Samenstranges in verschiedener Höhe fand sich die Schleim¬
haut im Hodenabschnitt desselben von Tuberkeln durchsetzt, wäh¬
rend der nach der Prostata zu gelegene Theil gesund war. Dem¬
nach konnte eine Radicalheilung des Patienten erwartet werden,
was sich im weiteren Verlauf bestätigte. Patient ist (seit nunmehr
2 3 / 4 Jahren) recidivfrei geblieben.
30 Leichenversuche zeigten, dass sich durch genannte Evul-
sionsmethode in jedem Falle und in jedem Lebensalter ca. Vier¬
fünftel des Samenganges herausbefördern lassen. Es kommt für ein
vollständiges Gelingen des sehr leicht auszuführenden Eingriffs,
der, abgesehen von der Evulsion des Vas deferens, mit der ge¬
wöhnlichen Castration übereinstimmt (insbesondere werden auch die
Gefässe unter dem äussseren Leistenringe unterbunden) lediglich
darauf an, dass man 1) das Vas deferens von den übrigen Gebil¬
den des Samenstranges exact isolirt und dass man 2 ) keinen plötz¬
lichen, wie immer ruckweise gearteten, sondern stets nur einen all¬
mählich sich steigernden Zug einwirken lässt.
Unsere klinischen Erfahrungen bezogen sich auf sieben Fälle
von Genitaltuberkulose. Von diesen ging ein Fall an einem inter¬
currenten Erysipel zugrunde. In zwei Fällen trat nur eine vor¬
übergehende Besserung ein, weil in dem einen die Tuberkulose doppel¬
seitig und im anderen bereits die Samenblase ergriffen war. Ein
vierter Fall konnte nicht weiter beobachtet werden. Die drei übrigen
Fälle sind radical geheilt, und zwar ist in denselben der Heil¬
erfolg um so höher anzuschlagen, als er nach Ausweis der mikro¬
skopischen Unersuchung mittels der bisherigen Methode der Castra¬
tion nicht hätte erreicht werden können. Es zeigte sich nämlich,
dass die Tuberkulose über die übliche Durchschneidungsstelle des
Samenstranges bereits centralwärts hinaufreichte, während durch
die hohe Castration dergesammte tuberkulöse Theil aus¬
geschaltet und die Continuitätstrennung im Gesunden
zu stände gekommen war. In der Marburger chirurgischen
Klinik wird seit 2 3 / 4 Jahren die hohe Castration prineipiell in jedem
Falle von Genitaltuberkulose vorgenommen, weil unseren Erfahrun¬
gen zufolge die Grenzen der Erkrankung am Vas deferens sich
makroskopisch nicht genau bestimmen lassen, und ein der äusseren
Form und dem Palpationsbefunde nach noch intact erscheinender
Samengang bereits von Tuberkulose ergriffen sein kann.
Für die ungünstigeren Fälle, wo die Tuberkulose, vom Neben-
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364 DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. _ No. 1 6
hpden aufsteigend, sich bereits über das ganze Vas deferens, die
Samenblase und Prostata verbreitet hat, empfahl ich: 1) die Aus¬
führung der hohen Castration in der eben geschilderten Weise,
2) die Freilegung der Prostata und Samenblase vom Damm aus
(nach Dittel oder Zuckerkandl), die Entfernung der Samenblase
sämmt dem kurzen centralen Reste des Samenganges und die Aus¬
räumung etwaiger tuberkulöser Heerde aus der Prostata. Ueber die
Erfolge dieses combinirten Eingriffs versprach ich später zu be¬
richten.
Soweit meine damaligen Mittheilungen. Nun finde ich in dem
Referat über einen von M. Schede am 9. Januar a. c. im ärzt¬
lichen Verein zu Hamburg gehaltenen Vortrag: „Demonstration
eines wegen Tuberkulose exstirpirten Hodens mit zu¬
gehörigem Samenstrang nebst Samenblase“ (Dtsch. med.
Woehenschr. 1894, No. 7, p. 161) zu meinem grössten Erstaunen
nachstehende Bemerkung: „Herr Schede sehliesst eine Kritik des
v. Büngner’schen Verfahrens an, der das Vas deferens durch
langsamen Zug am centralen Ende abreisst und es immer im Ge¬
sunden abzutrennen vorgiebt. Tuberkulös erkrankte Samenstränge
bieten dabei nach seinen Erfahrungen die Gefahr, an fungösen Stellen
abzureissen.“
.Wie in aller Welt kommt. Schede zu der Behauptung, dass
ich durch die hohe Castration in allen Fällen eine Heilung er¬
zielt haben wolle? Jeder, der meine obige Darlegung verfolgt,
ersieht ohne weiteres, dass mir auf diese Weise nicht in allen,
sondern unter sieben Fällen nur dreimal die Heilung gelungen ist.
Wäre Schede bei der Durchmusterung der Litteratur genauer
vorgegangen, so hätte ihm das nicht entgehen können.
Schede's Erfahrung, dass tuberkulös erkrankte Samensträngo
(os soll wohl heissen „Samengänge“) die Gefahr bieten, bei An¬
wendung der Evulsionsmethode an fungösen Stellen abzureissen,
können wir nicht bestätigen. In dieser Beziehung sind die drei
Fälle, in denen wir durch die hohe Castration eine vollstän¬
dige Heilung erzielten, von grossem Interesse, weil auch nach
Ausweis der mikroskopischen Untersuchung der gesammte tuber¬
kulöse Th eil ausgeschaltet und die Trennung im Gesunden zu¬
stande gekommen war. Allerdings mögen tuberkulöse Samengänge
an fungösen Stellen abreissen, wenn man die beiden angegebenen
Regeln für die Technik der Operation ausser acht lässt und des¬
halb nur einen kleineren Th eil des Vas deferens horausbefördert,
doch wäre niemand berechtigt, die solcher Art gewonnenen „Er¬
fahrungen“ zu verallgemeinern, wenn es sich um die Würdigung
einer bestimmten Operationsmethode handelt.
Von Wichtigkeit ist, vielmehr — und darin liegt der ent¬
schiedene Vorzug der hohen Castration vor der bisherigen Castra-
tionsmethode —, dass uns erstere in einer Reihe von Fällen die
Möglichkeit dpr Heilung bietet, wo sie bei letzterer vollkommen
ausgeschlossen ist, weil die Tuberkulose über die übliche Dureh-
schneidungsstelie des Samenstrangos bereits centralwärts hinauf¬
reicht. Makroskopisch lassen sich dabei die Grenzen der Er¬
krankung aip Vas deferens nicht immer genau bestimmen. So er¬
wies sich auch in unseren erwähnten drei Fällen der Samengang
der äusseren Form und dem Palpationsbefunde nach intact, wäh¬
rend er mikroskopisch in seiner -Hodenhälfte bereits von der Tuber¬
kulose ergriffen war.
, Ob Schede eine mikroskopische Untersuchung seines Materials
vorgenommen hat, ist aus seinem Vortrag nicht ersichtlich. In den
keineswegs seltenen Fällen, wo der Samengang makroskopisch noch
nipht verändert erscheint, wird man sich aber nach dem eben Ge¬
sagten nur auf Grund einer sorgfältigen mikroskopischen Unter¬
suchung des Vas deferens .in verschiedener Höhe ein Urtheil er¬
lauben dürfen.
Schede’s irrthümliche Angabe, dass ich mit der hohen Castra-
tipu in allen Fällen eine Heilung erzielt haben wolle, muss ferner
bei dem Unkundigen den Eindruck her vorrufen, als ob ich die Ex¬
stirpation der Samenblase in allen Fällen für unnöthig erachte.
Statt dessen habe ich- dieselbe bei nachgewiesener Miterkrankung
der letzteren gerade a us dr ü ck 1 ich e mp f oh 1 en. Das hätte Schede,
wo er mein Operationsverfahren in die Besprechung zog und gleich¬
falls die Exstirpation der Samenblase vo^schlug, natürlich erwähnen
müssen. Selbstverständlich wird die Exstirpation der Samenblase
nui dann in Frage kommen, wenn ihre Erkrankung mittels Pal¬
pation vom Rectum aus nachgewiesen werden kann, oder wenn
die mikroskopische Untersuchung ergeben hat, dass bei der hohen
Lastration das Vas deferens thatsächlich im Erkrankten abriss.
1 • i! 11 ? 11 ^ er überhaupt der Exstirpation zweekmässiger-
wpise die hoffe Castration vorauszuschicken habe, wird wohl kein
Einsichtiger bezweifeln. Einmal nämlich erleichtert man sich da¬
durch die Nachoperation, weil mit der Samenblase nur noch ein
sebr kurzer Rest des Vas deferens zu entfernen bleibt, sodann aber
ist es in allen Fällen,, wo eine Erkrankung der Samenblasen pal-
Patorisch nicht festgestellt werden kann, von Wichtigkeit einen
möglichst grossen Theil des Vas deferens der mikroskopischen
Untersuchung zugänglich zu machen, um entscheiden zu können,
ob eine Exstirpation der Samenblase nothwendig ist. Bei dieser
Untersuchung zeigt sich, dass in einem Theil der Fälle der
Prostataabschnitt des Vas deferens intact ist, und dann ist die
Exstirpation der Samenblase überflüssig; oder aber dieser Theil
des Samenganges ist bereits erkrankt, dann wird man auch bei
palpatorisch nicht wahrnehmbarer Veränderung die Samenblase ex-
stirpiren müssen. Die hohe Castration ist also häufig auch in
diagnostischer Beziehung von Bedeutung, weil sie uns über
das weiter einzuschlagende Operationsverfahren Aufschluss zu
geben vermag, wo andere Anhaltspunkte für die Indicationsstellung
zur Exstirpation der Samenblase noch fehlen.
Ob man schliesslich für die Exstirpation der Samenblase den von
mir vorgeschlagenen Weg der Freilassung der Prostata und Sameu-
blase vom Damm aus (Dittel, Zuckerkandl) oder den von Schede
empfohlenen Weg vom Kreuzbein aus (Rydygier) vorzuziehen habe,
darüber kann erst eine breitere Erfahrung entscheiden. Schede
empfiehlt den Rydygier’schen sacralen Schnitt gegenüber dem
Dittel’schen, weil der Eingriff leichter ausführbar sei, ein über¬
sichtlicheres Operationsfeld schaffe, einen guten Beckenboden bilde
und herniöse Vorstülpungen des Mastdarmes vermeide. Wiewohl
eine genauere Abwägung der beiden Operationsmethoden gegen ein¬
ander zur Zeit verfrüht ist, so dürfen doch die angeblichen Vor¬
züge der Rydygier’schen Methode gegenüber der Dittel’schen
insofern schon jetzt beanstandet werden, als 1) keineswegs be¬
wiesen ist, dass die Dittel’sche Methode die Festigkeit des
Beckenbodens beeinträchtigt und Vorstülpungen des Mastdarms be¬
günstigt und als 2) die Exstirpation der Samenblase und des
Samengangrestes vom Damm aus nach vorgängiger holier Castra¬
tion sich wenigstens an der Leiche, wo ich sie mehrmals erprobte,
unschwer ausführen lässt und eine sehr gute Uebersicht gewährt.
Dazu kommt, dass der Weg vom Perineum aus, den Dittel,
Zuckerkandl, Ultzmann, Czerny, Küster, Trendelenburg
u. a. zur Erreichung der Prostata oder Samenblasen mit Erfolg
eingeschlagen haben, der kürzere und anatomisch gleichsam ge¬
gebene ist.
Um der praktischen Wichtigkeit des Gegenstandes willen
wäre es erwünscht, wenn bald auch andere Fachgenossen in die
Lage kämen, ihre einschlägigen Erfahrungen mitzutheilen.
VII. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Würzburg.
Zur Frage der Narbencontraction bei
Transplantationen nach. Thierscb.
Von Ad. Meyer, I. Assistenten der Klinik.
In seinem Vortrage: Ueber die Hauttransplantation nach
Thiersch, veröffentlicht in der Deutschen medicinischen Wochen¬
schrift 1894, No. 1, spricht Helfe rieh an mehreren Stellen die
Ansicht aus, dass bei dieser Methode der Ueberhäutung grosser
Defecte das Ausbleiben nachheriger fataler Narben¬
schrumpfungen entgegen den früheren Methoden als besonderer
Vortheil hervorgehoben zu werden verdiene.
Er bespricht zunächst einen Fall von schwerer Verbrennung
der Hilft- und Beckengegend, bei welcher die grosse Granulations¬
fläche mit Hülfe der Thiersch’schen Methode rasch zur Ueber-
liäutung gebracht und die vorhandene Flexionscontractur im Hüft¬
gelenk ausgeglichen wurde. Er sagt, dass jetzt, bei der bevor¬
stehenden Entlassung des Kindes, was besonders hervorzuheben
sei, keine Atrophie der Muskulatur an dem kranken Beine und
keine bemerkbare Narbencontractur vorhanden sei.
Es liegt mir nun durchaus fern, die Bedeutung des in einiger-
maassen geübter Hand absolut sicheren Verfahrens der Ueberhäutung
grosser Defecte nach Thiersch herabsetzen zu wollen, jedoch da
auch an hiesiger Klinik eine sehr grosse Erfahrung über die ge¬
nannte Methode gesammelt worden ist und wir nach exaeter Be¬
obachtung zu etwas anderen Anschauungen wie Helferieh ge¬
kommen sind, halte ich es für wichtig, die Resultate der hiesigen
Beobachtungen in Kürze mitzutheilen und an einigen Fällen zu
illustriren.
Wir gewannen den Eindruck, dass trotz der raschen Ueber¬
häutung, die nach Thiersch bei Flächenwunden erzielt werden
kann, doch die Narbenschrumpfung durchaus nicht ausbliebe. Wenn
wir nämlich Patienten, an denen Transplantationen vorgenommen
waren, nach einiger Zeit wiedersahen, erschienen uns die künstlich
überhäuteten Stellen bedeutend kleiner als zur Zeit der Operation.
Ich unterzog mich daher der Mühe, die Defecte, die nach der
genannten Methode gedeckt wurden, zur Zeit der Operation und
in verschiedenen Zwischenräumen später genau zu messen, um auf
diesem Wege über die Stärke der Narbencontraetion unter den
implantirten Streifen ein Urtheil zu gewinnen, besonders mit Rück-
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19. April.
DE UTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
sicht auf die Yerwerthbarkeit der Methode für plastische Operationen
im Gesicht. Wir sind mit Helferich durchaus der Ansicht dass
Defecte, die durch Exstirpation von Tumoren entstanden’sind
direkt, also ohne Bildung von gestielten Lappen, durch Hautüber-
pflanzungen rasch und sicher geschlossen werden können, jedoch
glauben wir, dass da, wo eine Narbenretraction schlimme Folgen
haben könnte, wie z. B. bei Entfernung einer Neubildung in der
Nähe des Auges, die Methode nicht verwertbar ist, sondern hier
das Verfahren der Einpflanzung gestielter Lappen seinen Platz be¬
hauptet.
Ich führe zum Belege im folgenden kurz die genauen Messungen
an, welche ich an einigen, durch Transplantation nach Thiersch
gedeckten Wunden vorgenommen habe. Es sind hierbei nicht
nur solche Fälle ins Bereich der Beobachtung gezogen, bei denen
eben gesetzte Defecte gedeckt wurden, sondern auch’solche bei
denen die Deckung erst erfolgte, nachdem die Wunden lange vorher
granulirt hatten. Auch in diesen letzteren Fällen trat nachher
noch eine bedeutende Narbensehrumpfung ein.
Ich führe zunächst einen Fall von Mammacarcinom an, bei dem
wegen der starken Verjauchung des Tumors ein palliativer Eingriff
vorgenommen werden musste. Es wurde am 8. August 1898 die
Amputatio mammae links mit Ausräumung der Achselhöhle aus¬
geführt ohne Rücksicht auf die weitero Drüsenerkrankung in der
Fossa supraclavicularis. Die Wunde in der Achselhöhle konnte
genäht werden. An Stelle der Mamma blieb ein Defect von 20,5 cm
Bieite und 15,5 cm Höhe. Der Grund des Defectes wurde ge¬
bildet von den Rippen und den Intercostalmuskeln, da der Pecto-
ralis ganz mit entfernt werden musste. Die Transplantation wurde
am vierten Tage nach der Operation vorgenommen. Die implan-
* . ea • re ^ en heilten an, jedoch als sich Anfangs November 1893
die 1 atientin wieder vorstellte, war eine sehr hochgradige Re¬
traction eingetreten. Die Maasse betrugen jetzt 15 cm ln der
Breite und 10,5 cm in der Höhe. Die Retraction betrug also in
jeder Richtung etwa 5 cm.
Bei einer zweiten Mamniaainputation am 21. Juli 1893 war
der primär durch Transplantation gedeckte Defect 90 mm lang und
mm breit. Die Streifen wurden auf den Musculus peetoralis
r v Vollständige Heilung. Bereits am 10. August 1893 war
me Mrbenretraction so deutlich, dass die implantirte Stelle nur
noch 70 mm lang und 40 mm breit war. Die Retraction betrug
*,,7*^ CDl ‘ P a ti ei Ri n hat sich später nicht wieder vor¬
gestellt.
In einem dritten Falle von Mammacarcinom konnte nach der
Operation die Wunde bis auf einen Defect von 14 cm Länge und
i cm Breite geschlossen werden. Primäre Transplantation direkt
cuu me Rippen und Intercostalmuskeln mit vollem Erfolg Die
2 tl0 " ge f.chah am 10. August 1893. Am 6. October 1893
die Pätißntiih die 14 Tage nach der Operation ent-
n " wor d e n war, wieder. Der durch Transplantation gedeckte
iiptrn J etzt , Cm UR d 7 Vs Cm breit. Die Schrumpfung
der nriJS 8 . 0 n f h , alle ° Richtungen 3 bis 4 cm. Die Messungen
bei Jom r ^deckten Wunde bei einem weiteren Mammacarcinom,
emhon Q die ?- rei / e I I ! , a “ f die Fascie des Peetoralis aufgelegt wurden,
P L r !' JuU 1893 bei del ' Operation eine Länge von 12 cm
9 enr an "> 1,e von 9 cm: am 27. Juli 1893 Länge 9 cm, Breite
her hat =L 14 a Se J’^ rabe . r 1893 Län « e 7 cra - Breite 6 cm - Seit-
beträgt a ic die Patlentm nicht wieder gezeigt. Die Retraction
«»etiagt also_in der Länge 5 cm, in der Breite l cm.
uns nooh Inö ^® aus e iner grösseren Zahl von Beobachtungen, die
mit A 11 Rnaml er tpgung stehen, für die primären Implantationen
1T ^nahine derjenigen im Gesicht genügen.
soeundtorT f ° lg f den . Falle lässt sich die Narbencontraction bei
bei einer ,.. ] rans ld anta ^i°n, d. h. nach Abschabung der Granulationen
sipel Je* ? ? U f de ’ verfol Scn. Es handelt sich um ein Ery-
Spitals vot*' 1 Cn Unterschenkels, bei dem durch ausserhalb des
gangrän ein?r!* 01 ? mene Far h°Iumschläge eine ausgedehnte Haut-
Wunde am ^ono 61 ' 118 Wochen nach der Reinigung der
und die Trane i e ] M ?? ar wurden die Granulationen abgeschabt
deckte. Fläche V?^ 011 n V t vollem Erfolg vorgenommen. Die ge-
hatte sie n„l , 25 lan S und 20 cm breit. Am 8. April 1893
16 cm AlJ., n0 ?' ei ?. e Län £ e von 21 cm und eine Breite von
ein langes r!', ? diesen ] Falle > hei dem der Transplantation
ziemheh hochß-raH^n \r nS f adlUm voraus gegangen war, trat eine
Nooh in;PT. ge Rarbenretraction ein.
Fälle von Tranün/^TA 18 die bisherigen sind die nun folgenden
Im erste ^ P n n atlonen 1x11 Gesicht.
de r Wange der * A andelt es sic h um einen Lupus exulcerans
getragen wurde xu , nuar 1892 A ac h mit dem Rasirmesser ab-
fectes erst zwei T We ^ en der Blutung wurde die Deckung des De-
gewebe war mir Q ag ® Spä , t , er . vor genommen. Das ünterhautzell-
a ‘chien später dir k einen Stelle blossgelegt. Nur hier er-
F Ie Retra ction, was aus der an dieser Stelle auf- .
m
tretenden Runzelung der aufgelegten Hautstreifen ersichtlich war
Die Grosse des fast runden Defectes betrug in der grössten Länge
6 l/ 2 cm, in der grössten Breite 5 cm. Die Hautstroifim .KaIi L
g latfc % ll Aj «i/ 19 ' Ma ]. 18 ^ 2 befcru £ die gisste Länge der implan-
tirten Stelle 6 h : cm, die Breite 5 cm. An der oben erwähnten
Stelle, wo das Unterhautfettgewebe blossgelegen hatte war eine
genüge Runzelung sichtbar, sonst war die ganze Fläche absolut
glatt. Die Patientin hat sich ein Jahr später, im Juni 1893
wieder vorgestellt Die durch Transplantation gedeckte Stelle war
G anz glatt und schneeweiss; die zarte Haut verschieblich Sie
unterschied sich von der Umgebung nur durch ihren grösseren
Glanz. Die Maasse waren dieselben geblieben. Der Fall
ist einmal wegen des guten Heilresultates, dann aber besonders
deshalb interessant, weil hier keine Narbencontraction eingetreten
ist mit Ausnahme der kleinen oben erwähnten Stelle Es geht
hieraus also, hervor, dass eine narbige Retraction bei Transplanta¬
tion nicht eintntt, wenn der Defect die Cutis nicht durchgreift
blosslag traCtl0n tritt erSt aUf ’ W<3ün daS üntorhautze %ewebe
Ein zweiter Fall, der diese Verhältnisse gut illustrirt, ist
ebenfalls ein Lupus des Gesichtes, und zwar eine hypertrophische
borm Es war die Glabella, die ganze rechte Wange, die rechte
Schläfengegend, die Stirnhaut oberhalb des linken Auges sowie
das linke untere Augenlid bis herab zur Mitte der Wange von der
Erkrankung ergriffen. 6 ’
An der rechten Wange konnte die Abtragung des Lupus ohne
Blosslegung des Unterhautzellgewebes geschehen. An dieser Stolle
hat sich auch nach der Implantation oine Narbenretraction nicht
entwickelt. Um so stärker machte sie sich auf der linken Seite
geltend, wo besonders am unteren Augenlide das Unterhäutzell¬
gewebe blossgelegt wurde.
Bei der Operation am 22. Juni 1893 betrug hier der Defect.
5; cm. Am 6 . Juli 1893 war die Stelle nur Hoch 4 cm lang
und l,o cm breit. Am 1 . August 1893. wo Patientin die Klinik
verliess, betrug die Länge des durch Transplantation gedeckten
Defectes nur noch 3,2 cm. die Breite 1,2 cm. Die Retraction war
also hier eine recht bedeutende, und es hatte sich ein geringes
Ectropion entwickelt.
Bei einem ähnlichen Falle von Lupus betrug bei der Opera¬
tion am 6 . Juli 1893 die Länge der Wunde 80 mm. die Breite
68 mm. Nach drei Wochen ergab die Messung 72:45 mm, welche
Maasse nach drei Monaten constant geh liehen waren.
Gestützt auf alle die vorstehenden Beobachtungen sind wir
jetzt bei der Deckung von Defecten, bei denen die Narbenretraction
eine schädliche Wirkung ausüben könnte, äusserst vorsichtig. Es
ist augenblicklich beispielsweise ein junger Mensch in der Klinik,
der in Folge einer schweren, in früher Jugend erlittenen Verbren¬
nung der Bauchhaut und der Streckseite des rechten Oberschenkels
eine Flexionscontractur des rechten Hüftgelenkes bekommen hatte.
Die Contractur liess sich nach einer Narbenverlagerung ausgleichen.
Der entstehende Defect, der durch Transplantation gedeckt wurde,
war 36 cm lang und umfasste die ganze Breite des Oberschenkels.
Der Fall ist noch nicht abgeschlossen, und füge ich deshalb keine
weiteren Maasse bei. Jedenfalls werden wir den fixirenden Ver¬
band, der die Flexion des Hüftgelenkes unmöglich macht, nicht
eher fortlassen, bis nach Maassgabo unserer Beobachtungen die
Retraction abgeschlossen und damit dem Recidiv vorgebeugt ist.
Wir können also nach unseren Erfahrungen die Beobachtungen
Helferich’s, dass nach der Transplantation nach Thiersch
keine, oder wenigstens keine wesentliche Narbenretraction eintrete,
durchaus nicht bestätigen. Denn wie aus den oben kurz be¬
schriebenen Fällen ersichtlich ist, tritt nur unter ganz bestimmten
Bedingungen, nämlich nur, wenn cs sich um Wunden handelt,
welche die Cutis nicht durchgreifen, keine Schrumpfung ein, wäh¬
rend bei tiefer greifenden Defecten die Narbenretraction eine recht
bedeutende ist. Was ferner die Deckung von Flächen wunden nach
schweren septischen Lokalinfoctionen anlangt, so sind wir hier
nach zahlreichen Versuchen zu der Ueberzeugung gekommen!, dass,
nachdem die Wunde gut granulirt, eine Vorbereitung derselben durch
feuchte desinficirende Verbände unnöthig erscheint, sondern dass
nach Entfernung der weichen Granulationsschicht mit dem scharfen
Löffel eine einmalige gründliche Dosinfection der Wundfläche durch¬
aus genügt, um den Erfolg vollständig sieherzustellon. Es hat
sich hierbei auch gezeigt, dass sowohl die Berührung der Wund¬
fläche mit einem Antisepticum (Sublimat 1 :1000) als auch das
Befeuchten der Hautstreifen mit einer 2 o / 0 jgon Carbollösung den
Erfolg absolut nicht in Frage stellt.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16
VIII. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Greifswald.
Zur Behandlung der Hydrocele testis.
Von Dr. Buschke, I. klinischem Assistenzarzt.
Die Methode, welche zur radikalen Heilung der Hydrocele
vaginalis neuerdings vorzugsweise angewandt wird, ist die Radikal¬
operation mit Schnitt; die Punction mit nachfolgender Injection
reizender Flüssigkeiten wird von den meisten Chirurgen nicht mehr
bevorzugt, weil immerhin die Behandlung vermittels der Incision
grössere Chancen einer dauernden, recidivlosen Heilung bietet als
das Injection sv er fahren. Die Operation mittels des Schnittes läuft
im wesentlichen darauf hinaus, dass der Hydrocelensack breit er¬
öffnet und mit Carbollösung oder anderen reizenden Flüssigkeiten
in den Zustand leichter entzündlicher Reizung versetzt wird; es
wird eine adhäsive Entzündung der serösen Flächen erstrebt, und
je vollkommener dieselbe erreicht wird, um so sicherer stellt die
recidivlose Heilung in Aussicht. Ob nun bei dieser Operation der
Schnitt bis auf eine oder zwei Drainstellen wieder vernäht wird
(Thiersch 1875) oder ob die Ränder des Schnittes jederseits durch
Vernähung der Tunica* vaginalis mit der Haut umsäumt werden
(Volkmann 1876), ist von geringerer Wichtigkeit. Die Exstirpation
eines Theiles der Tunica vaginalis (v. Bergmann) erscheint für
die einfachen, nicht veralteten Fälle unnöthig.
Wenn es sich demnach zur Heilung der Hydrocele darum
handelt, das vorhandene Exsudat zu entfernen, die Innenwände des
Sackes durch Injection reizender Flüssigkeit zur Verklebung geeignet
zu machen, danach dem bei der hierauf eintretenden Reaction sich
bildenden flüssigen Exsudat einen Ausweg resp. Abfluss zu ver¬
schaffen, so liegt der Gedanke nahe, das ältere Verfahren der
Punction und nachfolgender Injection mit der Drainage des Sackes
zu verbinden und auf den Schnitt zu verzichten. Es würden hier¬
durch Verhältnisse geschaffen wie bei der Operation von Thiersch,
nur mit Wegfall des Schnittes und damit eines in der Regel die
Narkose erheischenden Eingriffes.
Nach dieser, in ähnlicher Weise übrigens schon angewandten
Modification habe ich an der Greifswalder Klinik seit mehr als Jahres¬
frist eine Reihe geeigneter Fälle behandelt, und zwar in Bezug auf die
Schnelligkeit und, soweit sich jetzt überhaupt schon beurtlieilen lässt,
in Bezug auf die Dauer der Heilung mit gutem Erfolge, so dass es
angebracht erscheint, in geeigneten Fällen von einfacher nicht
complicirter Hydrocele das Verfahren der Punction, Ausspülung
der Höhle mit reizender Flüssigkeit und nachfolgender Drainage
und Compression noch ferner zu versuchen.
In ähnlicher Weise ist ja schon die Hydrocele behandelt wor¬
den. Erfreulich war es mir, zu sehen, dass erst neuerdings eine
kurze Mittheilung von Dr. Neumann 1 ) denselben Gedanken ver¬
folgt. Derselbe punctirt mit einem Troikart, lässt die Troikarthülse
einige Tage liegen und erzielt auf diese Weise in sieben bis neun
Tagen Heilung.
Wir haben folgendes Verfahren bevorzugt und für nützlich
befunden. Nachdem das Operationsfeld in gewöhnlicher Weise des-
inficirt worden ist, wird mit einem Troikart von 7—8 mm Durch¬
messer am unteren Pol des Scrotums punctirt, das Stilet entfernt
und nun, nachdem die Flüssigkeit abgelaufen ist, die Serotalhökle
mit 8—5°/oiger Carbolsäure ausgespült. Wenn dann wiederum
auch die Spülflüssigkeit herausgeflossen ist, wird das Stilet wieder
in die Hülse geschoben und am oberen Pol des Scrotums eine
Gegenpunctionsöffnung gemacht. Durch die Troikarthülse wird dann
ein mehrfach durchlöchertes Drain gezogen (ca. 7 mm Durchmesser)
und in gewöhnlicher Weise mit Stecknadeln fixirt. Aseptischer
comprimirender Verband. Die Operation wird ohne Narkose gemacht.
Der Patient kann vom ersten Tage an umhergehen. Der Ver¬
band bleibt vier bis sechs Tage liegen. Am vierten bis sechsten
Tage Entfernung des Drains, wiederum wird ein aseptischer com¬
primirender Verband angelegt. Nach drei bis vier Tagen wird
dieser entfernt, und dann ist meistens bis auf oberflächliche Granu¬
lationsknöpfe alles geheilt. Patient wird dann mit einem compri-
mirenden Suspensorium entlassen. 2 )
In einigen Fällen ist in etwas modificirter Weise operirt
worden, indem nur eine Punctionsöffnung angelegt, und in diese ein
Drain eingelegt wurde; indess ergab sich hierbei, dass der Abfluss
der flüssigen Entzündungsproducte kein vollständiger v r ar und so
der Nutzen des Verfahrens ganz in Frage gestellt wurde.
Um einen starken plastischen Entzündungsreiz auszuüben, habe
ich in zwei weiteren Fällen anstatt des Drains einen Jodoformgaze-
*) Neumann. Fortschritte der Medicin 1893, No. 20. Zur Behand¬
lung der Hydrocele.
a ) Damit das Suspensorium kräftig comprimirend wirke, laufen über
die convexe Fläche des Suspensoriums von rechts nach links zwei circa
1—2 cm breite Gummibänder, die an den Leibgurt des Suspensoriums an¬
geknöpft werden.
streifen durch die Punctionsöffnungen gezogen; allem auoh Her
ergab sich dass dass flüssige Secret der in Entzündung versetzten
Tunica keinen Abfluss hatte und hinter dem wie ein Propf wirkenden
Streifen zurückgehalten wurde. Wir kehrten deshalb zu dem ersten
Verfahren zurück. , , .
Im ganzen sind 13 Fälle in dieser Weise behandelt worden,
thoils von Herrn Prof. Helferieh selbst, theils überliess er sie mir
zur Behandlung, wofür ich ihm auch hier meinen Dank ausspreche.
Ich lasse zur genaueren Orientirung einige Krankengeschichten in
ihren Hauptpunkten folgen: * T , _ .,. . , .
Fall 1 Brockmann, 49 Jahre alt. Linksseitige, etwas über faust¬
grosse Hydrocele mit mässiger Spannung; Perlucidität ist vorhanden.
1 Februar 1894. Ohne Narkose Punction, Ausspülung mit 5°/oiger
Carbolsäure, Gegenpunction und Drainage, comprimirender, trockener \ er-
band 7. Februar. Entfernung des Drains; es entleert sich keine Flüssig¬
keit mehr; das Drain ist nicht verstopft. Trockener comprimirender Ver-
^ aild 9 Februar. An den Punctionsöffnungen bestehen oberflächliche
Granuiationsknöpfe. Die linke Scrotalhälfte erscheint um weniges an
Umfang vergrössert gegenüber der rechten. Eine Flttssigkeitsansammlung
in der Scrotalhöhle lässt sich nicht constatiren. Salbenverbände, com-
primirendes Suspensorium. .
15. Patient wird völlig geheilt entlassen. Die linke Scrotalhälfte
ist nur wenig vergrössert, die Tunica fühlt sich etwas verdickt an.
Schmerzen bei der Palpation sind nicht vorhanden. Während der Dauer
der Behandlung befand sich Patient ausser Bett, Patient ist bis jetzt
frei von Recidiv. Er trägt seit einem halben Jahr kein Suspensorium,
ohne dass er Beschwerden empfindet.
Fall 2. Wiedenhöft, Kutscher, 21 Jahre. Bei dem kräftigen Manne
besteht eine rechtsseitige Hydrocele. Die rechte Scrotalhälfte erscheint
um das 4—5 fache grösser als die linke. Hoden ist nicht palpabel.
Massige Spannung besteht, die Hydrocele ist durchscheinend.
15. April 1898. Ohne Narkose Punction, Ausspülung mit 3 °/ 0 iger
Carbolsäure, Gegenpunction, Drainage. Trockener Compressionsverband.
Patient bleibt ausser Bett. , TT .
20. April. Entfernung des Drains. Trockener comprimirender Verband.
24. April. Verband entfernt. Bis auf zwei circa stecknadelkopf¬
grosse Granulationsknöpfe an den Punctionsöffnungen geheilt. Die Tunica
vaginalis erscheint nur wenig vordickt. Patient wird mit einem compn-
mirenden Suspensorium entlassen. Er ist bis jetzt frei von Recidiv.
Fall 3. Zieske, Arbeiter, 62 Jahre. Doppelseitige Hydrocele, jede
Scrotalhälfte ist ungefähr so gross wie zwei Fäuste. Es besteht ein
ziemlich ausgedehntes Ekzem der Skrotalhaut, welches erst mit Bor-
salbenverbänden zur Heilung gebracht wird, darauf am 12. Mai 1893 Punc¬
tion, Ausspülung, Gegenpunction, Drainage, Compressionsverband.
14. Mai. Da Patient über Schmerzen klagt, Verbandwechsel. Ls
zeigt sich ein massig starkes Oedern der Sero talhaut, ohne dass die Um¬
gebung der Drainöffnungen entzündlich geröthet ist. Wahrscheinlich ist
etwas Carbolsäure zwischen die Scrotalhftllen eingedrungen. Die Verband¬
stoffe sind reichlich mit seröser Flüssigkeit durchtränkt. Feuchter ver¬
band mit Salicylborlösung, Hochlagerung des Scrotums, Bettruhe. Patient
hat des Abends 38,3. Schon am nächsten Tage sind die Schwellung und
die Schmerzen verringert, Temperatur normal.
Unter feuchten Verbänden ist am 17. Mai die Schwellung fast ganz
und Schmerzhaftigkeit ganz geschwunden. Trockener, leicht compri¬
mirender Verband. Bettruhe.
21. Mai. Entfernung des Drains. Trockener Verband.
24. Mai. Das Scrotum ist noch wenig geschwollen. Compressions-
suspensorium. .,
Patient bleibt noch bis zum 3. Juni zur Beobachtung in der
Es ist bei seiner Entlassung alles geheilt, das Oedern der Scrotalhaut
geschwunden, Schmerzen sind nicht vorhanden. Nach dem Bericht des
Patienten ist er jetzt frei von Beschwerden, hat kein Recidiv.
Bei diesem Fall ist eine leichte Störung im Heilungsverlaute
eingetreten dadurch, dass die Carbolausspülung nicht ganz in ge¬
wünschter Weise verlief. Indess wie uns die Erfahrung bei dei
Behandlung der übrigen Fälle gelehrt hat, ist diese Complication
leicht zu vermeiden.
Der folgende Fall von doppelseitiger Hydrocele erscheint lehr¬
reich deshalb, weil wir des Vergleichs halber auf einer Seite nie
Radicaloperation mit Schnitt, auf der anderen Seite die Punction
und Drainage ausgeführt haben.
Fall 4. Seile, Musiker, 22 Jahre alt. Kräftiger Mann. Doppelseitige
Hydrocele tunicae vaginalis propriae testis. Jede Scrotalhälfte entsprich
an Grösse ungefähr einer grossen Mannsfaust. Der Hoden ist nicht tun -
bar, die Durchleuchtung fällt positiv aus. Die Hydrocele besteht sei
circa 7 Jahren. ,. ,
26. April. Operation in Narkose (Narkose wurde wegen der Kadica -
Operation mit Schnitt gemacht). Links Incision ca. 5 cm lang, prapa-
ratorische Durchtrennung der Scrotalhüllen. Nach Entleerung der r Bissig¬
keit wird ein Theil der nur wenig verdickten Tunica parietalis exstirpm»
die Höhle mit 3%iger Carbolsäure ausgewaschen, mit Jodoformgaze
tamponirt. Eine Situationsnaht. Rechts Punction, Ausspülung mit 3 /oige r
Carbolsäure, Drainage. Trockener Compressivverband.
29. April. Entfernung des Drains rechts. Secimdärnaht links, m
den oberen und unteren Wundwinkel wird jo ein Drain eingelegt. Trockener
Verband.
1. Mai. Entfernung des Drains. Trockener Verband.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
19. April.
DEUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
5. Mai. Entfernung der Nähte. Rechts ist alles geheilt. Links
balbenverbande.
11. Mai. Patient stellt auf.
15. Mai. Patient wird mit einem comprimirenden Suspensorium ent¬
lassen. Links bestellt ein schmaler ca. Vs cm langer Granulationsstreifen,
am oberen Ende der Narbe. Die linke Scrotalhälfte ist etwas dicker als
die rechte. Patient hat bis jetzt kein Recidiv. ' 1
Wie aus dieser Krankengeschichte ersichtlich, ist die Radikal¬
heilung mit Schnitt jedenfalls umständlicher, sie erfordert eine
Operation, welche ohne Narkose kaum aiisgeführt werden kann
die Heilungsdauer ist länger als bei dem anderen Verfahren und
der Patient muss längere Zeit im Bett zubringen.
Im Folgenden citire ich zwei Krankengeschichten kurz in
denen sich der Verlauf der Heilung als ein ganz typischer dar¬
stellt.
• F - a11 5 - Buntrock, Eigenthümersohn, 21 Jahre alt. Bei dem kräf¬
tigen jungen Manne besteht seit ca. 2 Jahren , eine rechtsseitige Hydrocele.
Die rechte Scrotalhälfte ist circa um das Vierfache grösser als die liuke
„ L Juni. Ohne Narkose Punction, Ausspülung mit 3 °/ n iger Carbol-
saure, Drainage, Compressivverband. Patient geht umher.
8. Juni. Entfernung des Drains. Compressivverband.
11. Juni. Entsprechend der oberen und unteren Punctionsöffnuntr
bestehen circa stecknadelkopfgrosse Granulationsknöpfe. Im übrigen ist
die Tunica leicht verdickt, in der Scrotalhöhle ist keine Flüssigkeit nach¬
weisbar, es besteht kein Oedem des Scrotums. Die Granulationsstellen
werden mit Zinkpflaster bedeckt, Patient mit einem Compressionssusnen-
sonum entlassen. Er ist bis jetzt gesund geblieben.
_ _367
facher, nicht complicirter Hydrocele empfiehlt, und zwar gegenüber der
Operation mit Schnitt deshalb, weil einerseits die Operation einen
B fl e t l trfh mge f re, !i E vl r] i ? + da J. ste Jj t ’ weil sich schneller, ohne dass
- 1S ^- d ! e Heilun S vollzieht, während anderer¬
seits m Bezug auf Gründlichkeit das Drainageverfahren der Schnitt¬
operation nahe kommt Gegenüber der Injectionsmethode hat das
Verfahren entschieden den Vortheil, dass die flüssigen Entzündungs-
producte abgeleitet und damit eine möglichst vollständige Ver¬
klebung der Wunde der Scrotalhöhle ermöglicht wird.
Jedenfalls ist die Anwendung des Verfahrens nur auf die Fälle
einfacher Hydrocele zu beschränken, bei allen anderen Hydrocelen
aU /Ai S °! ehe J °’ r ei d ? nen die Tunica in erheblicher Weise verdickt
ist, bleibt die Incision die einzig rationelle Operation eventuell mit
Exstirpation der verdickten Tunica parietalis. Ob nun die ge¬
schilderte Behandlungsweise absolute Sicherheit vor Recidiven giebt
kann ich bis jetzt nicht entscheiden; anzunehmen ist es nicht, denn
warum sollte sie sich hierin von den viel eingreifenderen Methoden
der Radikaloperation unterscheiden, die ja auch keine sichere
Garantie dauernder Heilung bieten. Jedenfalls scheint es mir aus
theoretischen Gründen, die oben auseinandergesetzt sind, dass die
Chancen für eine dauernde Heilung bei diesem Verfahren grössere
sind als bei der einfachen Punction und Injection, bei der immer¬
hin durch das flüssige Exsudat eine exacte Verklebung der Wunde
der Tunica leicht verhindert werden kann.
. 6 ; Steffen Arbeiter, 35 Jahre. Bei dem kräftigen Manne be¬
steht seit circa vier Monaten im Anschluss an eine Contusion des Scrotum
eine Hydrocele, welche in den letzten Wochen sich schnell vergrössert
hat, so dass che rechte Scrotalhälfte jetzt um das fünf- bis sechsfache
gegenüber der linken vergrössert ist. Spannung ist ziemlich stark, die
taShuÄ dSTidSÄ dtch lüssigkcit rcspective die rccUc
3. Octobcr 1893. Ohne Narkose Operation in derselben Weise wio
mi vorigen Falle. Compressivverband.
Io Entfernung der Drains. Compressivverband.
„.N'n- mi Anlegung eines comprimirenden Suspensoriums. Bis
"‘Vp® .P 1ramste Men geheilt. Während der ganzen Dauer der Behandlung
war Patient ausser Bett.
j 14 -., 0c . tob 5- P “ tieI ! t wird entlassen. Auch die Granulationsstellcn
«Jf PramdUnungcn sind epithelisirt, Die röchle Scrotalhälfte ist ein
»etug rergrössert; Kein Erguss, kein Oedem der Scrotalhant. keine
schmerzen beim Gehen und Stehen und bei der Palpation. Patient trügt
• w ; 5 c r c j Se,n Suspensorium, ist frei von Recidiv. In derselben normalen
aUCh die « bl ?g cn «ieben Fälle verlaufen, in deren einem er
dipsm- ™ ei " e Hydrocele handelte von über Kindskopfgrösse; auch
dieser Patient (Foth, 54 Jahre, Bahnwärter) ist frei von Recidiv.
- nn Wir bei den bisllor geschilderten Fällen mit dem Ver-
S™ ,n . Pacher und glatter Weise (bis auf das Oedem des
| P h* ? , , Fa11 Zieske ) Heilung der Hydrocele erzielt haben, so
-•ji , er ^°i& en de Krankheitsfall, den ich ausführlich schildern
bpi ;«T S m ? n auch bei dicser Methode, wie allerdings wohl auch
vfilli\™« r v- ^ schwere Störungen und Complicationcn und einen
hnndfm . s (3rfolg erlebt, wenn die Operation und ihre Nachbc-
verläuft.^ unber dem Schutze der Anti- respect.ive Asepsis
rpchtfseäiJör ff 5 ande 1 lt si ? r h UI P r e i nen 40jährigen Mann mit miissig grosser
undiSfo Hj ; droce i e - Vo„ Herrn Prof. Helferich wurde die Punction
behandelt' ^ \ 1Q V eise ausgeführt, der Patient in seiner Wohnung
ständig Po/;j T n f *! ntt ~ ^ a £°, nac b. der Operation nahm sich der unver-
Am nächslpn \f den ^ erb and ab. die Drainöffnungen lagen frei zu Tage.
sÜÄkS°T n £ ntwickelte sich bereits Starke Schwellung und
steigerten nfccfp + dos * Scrotum, welche sich im Laufe des Tages so
werden musst« am TT fo, ^ enden Morgen in die Klinik aufgeuommen
h&lfte stark ä n 1 1 f Cr Untersuchung zeigte sich die rechte Scrotal-
stark ödematöf w W a e p f faS - zu Kindskopfgrösse, die Scrotalhaut
Abends gK S, ? de f Palpation mtensiv schmerzhaft. Temperatur 38,5;
Temperatur w Q7o« clieelhöh 1 e). Am folgenden Abend sank zwar die
Am nächsten Mo J! ’ q^? SS Ä ie Schwellung und Schmerzhaftigkeit wuchs,
und nun "deutliVh die Schwellung noch zugenominen hatte
gemacht: es uc zu fühlen war, wurde in Narkose die Incision
Flüssigkeit n; 0 to \ir-, S j Ck j die Scrotalhöhle angefüllt mit dünner eitriger
massen bedeekt i v e - der Höhle waren mit fast 1 cm dicken Fibrin¬
zellen durchsetzt ■ * ^J^^rofkopisehon Bilde sich reichlich mit Rund-
dic Höhle mit «w? i r le Eibrinmassen wurden mechanisch entfernt,
gaze tamnonirt P .,na°^ 1S T?^ Kochsalzlösung ausgespült, mit Jodoform¬
ist — bis auf der Heilung per granulationem überlassen. Patient
heilt nach drei WoÜ scbl nalen oberflächlichen Granulationstreifen — ge-
der Infection W ei i ® n passen worden; immerhin haben wir infolge
Eß geht ZI Wo £ hen zur H^üng gebraucht,
und nach der n n les .® m Uall hervor, dass peinliche Asepsis während
lingen auch doc p -S ra P on eine wesentliche Bedingung für das Ge-
dings auch für raina & eyerf ahrens ist, ein Umstand, der ja aller-
Nach alledem va andere ° Methoden besteht.
Eebandlunc dabi« können Wlr Unsere Erfahrungen über diese Art der
zwsaminenfassen, dass sich ihre Anwendung bei ein¬
j IX. Aus der chirurgischen Universitätsklinik
| in Königsberg i. Pr.
1 Zur Casuistik der irreponiblen Daumen-
und Fingerluxationen.
Von Dr. Borchard, Secundärarzt.
Schon lange hat clie unverhältnissmässig grosse Zahl irre-
ponibler Daumen- und Fingerluxationen das Interesse in hohem
Maasse in Anspruch genommen, und zahlreich sind die Versuche,
sowohl eine erfolgreiche Therapie als eine genügende Erklärung
für diese auffallende Thatsache zu finden. Die einen suchten in
der schlechten Handhabe, die der Daumen bei den Einrenkungs¬
versuchen bietet, den Grund, die anderen sahen in dem Widerstand
der kurzen Daumenmuskeln (Bullingall), andere in der festen Um¬
schnürung des Metacarpalknochens durch die Köpfe des Flexor
pollicis brevis das Repositionshinderniss. Faraboeuf, der die
Daumenluxationen in incomplete, complete und complexe eintheiltc,
weist auf die Wichtigkeit der Interposition der Kapsel und der
Sesambeine hin. Diese Ansicht fand nach Einführung der Anti¬
sepsis in den zahlreichen Operationsbefunden noch mehr Stütze.
Rose 1 ) stellte zuerst für die verschiedenen Arten des Kapselrisses
verschiedene klinische Bilder auf in Berücksichtigung ihres Worthes
für die Leichtigkeit oder Schwierigkeit der Reposition. Da or je¬
doch einen sicheren Beweis für seine Annahme noch nicht erbringen
konnte, derselbe auch, soweit meine Kenntniss der diesbezüglichen
Littoratur reicht, noch nicht erbracht ist, so glaube ich die Ver¬
öffentlichung nachfolgender mir von meinem hochverehrten Chef
Herrn Prof. Braun gütigst üherlassenen Krankengeschichten für
angebracht erachten zu dürfen. Dieselben sind geeignet, nicht
allein jene Hypothese zu festigen, sondern sie in einzelnen Details
noch weiter auszubauen.
Vergegenwärtigt man sich das Zustandekommen der Daumen-
und Fingerluxationen, so zeigt sich, dass im grossen und ganzen
zwei Möglichkeiten ihres Entstehens vorliegen. In erster Linie
steht durch ihre absolute Majorität die Hyperextension und als
Paradigma dafür das Fallen auf die ausgestreckte Hand oder das
Ueberbiegen der Finger beim Ringen. Hierbei reisst das Gelenk¬
ende der Grundphalanx die volare Kapsel dicht am Metacarpalansatz
querüber ab. Eine Betheiligung der Seitenligamente braucht nicht
einzutreten. Dieselben sind einmal viel stärker als der erwähnte
Kapscltheil, zum andern werden sie nicht direkt von der einwir¬
kenden Gew r alt getroffen. Ist der volare Querriss entstanden, so
kommt secundär die Phalanx .auf das Dorsum des Metacarpus zu
liegen, und zwar mehr oder weniger parallel zur Längsaxe. Der
vom Mittelhandknochen abgerissene Kapseltheil hängt über die
Gelenkfläche der Phalanx herab und kann so fest gegen dieselbe
angedrückt werden, dass er sie wie eine Haube glatt überdeckt.
In seiner abnormen Stellung ist der Finger nicht fest fixirt. Die
Repositition scheint leicht gelingen zu wollen, man fühlt nur einen
weichen federnden Widerstand zwischen den Gelenkflüchen, und
beim Nachlassen des reponirenden Zugos kehrt die Phalanx meist
*) Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. 31.
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
nm
BÄUCHE MEDiCIKISCHE WOCtiKMS ÜHR 1 FT.
No. W
ihren brübhörou OiT zurüidc. Würde man die 3£ä^el
{J041 IMonktlächcn wegHchiebon können,. daun gelänge'-ajir.h. die ‘Dy
i)f>sifc&m. Xhm ittejft X^nm-ogUehkeit; alUTn. sehcm jeden l
voreibott., zeigt am basten dm LftSätiftn -des zweiten, hva lüntBiu
Fing«»*,. da \m ihr die •durch •'/wtselmnlaüvrung dar Sc^mledue gfc*-.
fcfitzkv* Cnmpiimtibm IVhlt mul d«. boi «iw* ev.em.ntdb'm Opettitim». : u(ter.
sich die VVghültjiisae hier riel einfacher und übeeidefthittdJör g*f-
L^idiuR: 3*un Br weis dunm folgend m’ Kall :
König 1 ), der in ähniloher Welse das VerMten der Äpeel und
der Äatnbeine beschreibt fügt, noch iim.zu, dass die SeKne dm.
■ Bfn-ov poHicis lotigus dazu beiftrsseii kann, die K&psol in der go*
Wfeis# zwischen die Gr lenk enden hinein ttCKWätigwi. in der
l)is*w
JjBscrUtt.ion von Bo«n\i h£'U»us 0 ist die AwiseUcrilagciang ewis
ider beider Besainhcuic mir ah Unterebtheihmg bei dem durdi da
j£äpsel bedingten Tiijjrmsitlößshindetaiss erwähnt, ^ma-
dbä hem>r£ülvt, dass letzteres eigeaUiehe Ürsftöhb- Äeres
imi* als oinr5 (>mpli<mtida4n?.usßKöi ist.. 1)48 ist wumgsteos siehde.
• ^ wenigmr FkUftii
uöfc ein unblutig niidU
HVV{«VMI"4 •»«>:>, uiw«‘»nfVJ •«»'*»’*•- - '•'J'* -* *- - •.* . * . t, ». ,» <J#.k .» «II WWer'WUHitnmTOB ZU bOhZtU.
des M^ju-j.rpus Mhllmr. Bei IB^iaaiiuiOhvtTSueiJen er Stenose ^.:- n i K'.>w»n»t die Lu Mit IM) nicht durch Hjnöivxte.asum *X\m\\ >Ul-
ä!äi,x :jSA;; ,*«,£ W>r »w, b. m f-h .«r '*«*»***
„..„ ,,.-.,'in, I,,i .,..i ;.„ '.H.'.ii, ,'s.u-!. \.»l."’."'- •-'<«* »"t *1"' volme s-n-es lioum.'ii:, wm-l.n, Jiif ..(“.-.«n l..hi,al-
v"B? ,...«.• «!.-r r,»,..•( r ,,,„, i,M-llm.? R-i ■)., o,„. m, kann n« Kommen, nass (Iw knpsol »vW «jueruber, «-oder«.
,jiih>fi i'ivtkj.'j Sifh nimh }<)<)'~ ir.v des BeuMikos vorr ccv V <«h« uns d.e i«rhr IfuigB, und zw uv am .Ligftniß'of.u m. ex tarn tun rsiirl dafü Äic
KVpW dicht m Metmwquhujsfdx /pujruVr ehigefisstvn und thst tilhr die ; TVii der vorderen öelenJr.mridndung reiBSt, Barcli den
GetVinkOnfl.e »Br urnftdpfodiUuc g« sdiiagcn, so dass m i'*» der Mdtc m>* ; g r ,{} «ml nämlich dtc erste und zweite Tlmlaarc üinu-rwärts gt>-
l&Bß tfid vnrg-^n;-eo werden u.u?.< hfitn gr : i.f»g!. d>c vc-udit, ?ir ; i , i; , t AV ;Uirom! der MitteliiandknwiheTi in der Failrifihfrtmg verharrt.
Nmvt dir iCcje^i 1 . 1 » i rtc* n.t d. lleihmg |H*r j»runam, 1 n 'f [ij»diVh wird die Kap?el tm^üirt Am stärksten sp amu sic
1, h,.i..r Boto.m«»g iw ha»l>«saetilwfc a«wn >h« Mntc d«». Mrttfltioradke^Mri*. wi
1 \ ii orwatrU , j oniion »*d den 1 mmmmluvatinnen <B- mehr oder aimdor öclii%e A.erlauf des Knp-mn^es naixgt wv der
Vrvliiiln.msv ducrh fut-rpesi« im» des cusm.iovi oder hehkn Sesam- , Richtung der ehiwirkendMi Gewalt und dem Grade der Torsion ^n.
böüu.. v:ojm.dh:irt werdet;. Dieselben folgen wegen der Festen ver- j Unter Umständen .kann auch elfte mehr oder weniger starke Ver¬
bindung mit dev Fimhnix immer den Bewegungen detsclhen. mul j lo^ung des Ligamentum nxterhum einta'etßn. Ist das Loch nnD
zwar gewbiifdi. U so, dnsts das äussere lnterpcu?rt wiUirmid. ih* :i stnudem St; zwangt sich Mgtai arpalküpfchea duj ch und wu*d
bncnc mit der .Seime des Flexor |iuUicD lougu-. rmrh innen \er*
Srlmhru wird. Ihcdi biwulit nuch denn timfz der crluddirhcn ( ‘om-
tdh^tWt das eigwtBudtn KnposB.ianshinticnris^ wohl ln den meisten
Kfdjen m dem Votimittm Jor Kapsel, win auoli iolgnmlc Kn«nkoöB ;
rcisdficbfc zeigt: :
aii .Hatao vofi don gcBpamitao Baudmaasen fest 'umgftlmwH,
Oin. -ftrste und zweite Plialan.x «•toHf sieh aßt de?i itttckefi dns
MfikfÄdknefchens, indem dessen Gebnkesde gcwiss6rrma«fi8tai
rmt^r tivm Imtge^ehobmi wird. Fnirdi die Spahmmg d«t noch er-
haltmum KapgeltlmÜe wird der Finger m mwr mditwinkelikrn
, ^tclluup'' Tom Metacatpalknödiea jiiemlltdi fest uftd tmhewo^Uch
■ XDll U-. Durch ' Fci!: auf-die Ao^e<trockto Hand z<£ Mdx ■:?:« D ; ;, rh - iH , va> p» aüuh die Endohalaux durch Aftsmiummg der FDxcl'nn-
JhhUD-s Ffinjcin e?nc buv.Bo iolhns dom. deun zuv nrotz d«r euer- ; V neWr*'*W« dc< iirt wird kommt ~mm f -Ktmm ku*
.,c.o-:vn Br,«w, pdaim rfii Kinrcokimg nirtht, sddÄwv sich • ' du,c vo,iar^a t f> Ueturi nud, so Komim oim.
vitV..'-■ W.itd'tun narb di-r 'Vm'h'Mii-uii in dir üchjunUemg tl.es Bcm» l''rok:Hsnr ! slande . r>
Braun iccrub. .Der iHumm erschien vnikürzt, mg md d.co IPmrni eins ; Bet dieser Art der \ cnvi.knng muss mc Ref>omt.ion
^JcUtrüqn’is, die Jvndfdi'jlntfx war leicht flccdn. TD BoposiBerns?ersuche , carp u lieftph hon durch dfdt Schlitz JUirÜnkzuroangeu mi.mtrfi-, i»
injNrukdhiH meid. ^hBc/v j^o winde durch einen vtdm'cft. Jdinfrs'- j derselbe.DWcdt. ho wird äiair mif keiiie. b^siöüdoWin '.Söi^iengkeit'ffn-: •
rcimiU das Gelenk 'freleelegU Es' -Kcigtc sieh die 'Dtdunkbnpsrl dicht am , st . ;SSw)I na d nach Vülarflexirm dw Band»h<tfft»5 mit m\m ^ugDh
" v ‘ 5 ‘ '•“*■• ’ ‘ ^ " 11 rt “ •'•' ^ T aL.1 T. iU, *,\ (£t;
Aösaiz an doii abg^ri^ü und «ut dom O#
sfrijmmidouru oxtvrmnm um die-GehrnkfUmhe der('frundphtdanx gesrldagon.
wfhVeöd d« Seime des Flexor pw.llteta hmgijs »nit dm» Os scs»um>idmmr
mUtODrtm idnarwhy'tü. verhnmrl Wät. Nach Kxgiir'pution des OfstKOJiuuuteu
KnftcheJi'hmu. gelingt die l<^Position nicht, smidorn mt muh {Hricwüm und
VoBuohuni? ifus interporurU.rj KapscTBudD. Tbe Kapsfd und Bunt wurden
genäht und iDr Dnuimm durrh ohmii festen Verband m llneBifer StvUnug
. Ipirt. Am Abend dns^elheri IDges- htdcam Thttioiithn. die ymbblatjorigcli
IrPu.iTuhit wnrdc,- befiige Sehmerxcn, und sir suchte dcshidh eme« i'rcmd^n
ArV.f uttf, 1 %r?nlhc mdun hi. wenig vorsichtiger Wei^o den gnuzi-n T>.r-
Imtid f»h und legte tmr hadern eine MuUhind© an. )h> Folge davor« war.
dass mich viel’Tage«, ap F&tientm zittn Vcrhandwoihscl kam. der Damnou
Avindor Atlu s&d!b<h aaghwaufeu hli^bdtr « ^ — ...
mibkdoft, so ä*,bX sadiHesshAjR d^lVImferapimUnplrhfto jvy» cmi worden TBmeh «nlo- deV flaut lag Kftpfchon dus MotacHrpuS, ned *W » m
l»et Butoncn «»udi m Df p'i.'it».*«* vom ' t*/«rcä 4h e grstcUl . uru.l so durch. dmrhgeth'äügi; diimi cVobh Behlitz in der Kftpml, OöV hdnag
de« Verband irrjrt. Bio FinHung' iuou per pvimam xusiamtc. die Fnnctio«
der LfUigsnrh.timg auskonmmtt; ist daa Loch aber klein, so »'/t
d.ißMÜ- ftotälimi xiaeJ] ays8eri lind iiavbFolgeiido AhducLoji. zu vet-
fvirehe», die Xhoife Sietluug: Tmi’ßoksfufüUi^h; tiic -sje hoim
Xvist[t.ndekoiüDiofi der Ltisxatuwi emrmhineii. 2u 4uh»n«ftd darl nmu
nicht vorgohuti, du eio weiteres Einrnssea der Kapsel 'W V( »fi
. \ ? orthoil seift kann. Oft lässt- abbr auch blor uile Gewalt «utd uup\
äiktllddo Int. .Stich,
Full 3. Sw wurmt die VArsuohe hei öinem slsbuü'iüktigQö
den durch Fall auf die rechte. .Ilohlhaud luxirtnn Drtimmn zu
•erfolglos. (Tohevvoglich hhob er in Öoi'sulflexioü aut dam ( IBHkuiv fm* ,
MiDolhaiidlirnonhcTis stolioR. Es nmsste auv fmcrutimv goschdt*cr» werueu.
'diii 5 jd*.ö-edrä'ügt; durch SdditÄ in dor Kaps^h def schräg rus ^vun
Umwmntam e\U-mm vovfiftf: L‘ht dio Schuo .dus Flexor uwj
•w«Ks vorsd.i.'»hor. war, so wurde ein Vm^uch gnmacut. nmch
dorsphöi) den Oiiorne« xu ropmiireu Der «u'Wn^e^ TAiclc olmk im?,
und cs rmissteH deshalb die des Rhplclnm ummdUiessnüduft Bsiinwi^ri
mnwegohoirbm vcDch. Jetzt, gdar-.g die IClurcoktm?/ hv;U ihn Kjipi,
und Hunt wurdeu djtrch die Käit gcgehlo^em ^0 mnenfl rjftüfcmhwwt
Wnndverlmif Ummub <Ls. Mhdchen mmh cKTnuco cof Wunsch t.U»s Vn,oi&
eutiussmi wor«lou. üohor die Fmuftiouslähigkeit des Datimtms ist mein?
üihboros wwitef hekunftt, . . * .
dtm JUmtnoua bii>*h «h*»r Tfustuit-Hch hchmdurt.
Wwm auch diö-so Lnxution äituroi) Dutums war, so glaube ich
Ihr dm-h IPweLkrail für die ubmijgrüüSiUft tft AesiVuit (Hn>r dm
St«ijuhg des glon hzmffg iiit««x ,4 >Ui|*Bui tShsambmm'K .als Fepivitjnus-
: zusjjrneh.uii f.tvrzumal mmh vorHiulit whixio,
durch'cm fesoHtci di?r Eimeukuug m mnögHeltfm, doeh
musafo oimh hior df4 ' ^spalten und vopt»ftzogen werden.
Ifti ju dieser Logerftn& der übgerisHeneu Kapsel das I!Union»iss
UcgrhftdcJv ko muB» man hoi Bmpositicmsmaiiän'rp das ffiVuptaugeft-
miiVlt^ tJarain’ rieliton, dinKon (h^cttmASrnk frei zu fnäc.knu urul von
der (UdouklKluhe ,Dr Phalanx nbsustdufdmu. Ein Zu^ h» dur Löhgs-
ejiilituHg ©tollt die beide« ^Kaufen der il^lpnkÜäftlihtr aufoinamkr,
oxtrenie Iftirsalhö'xUm der Phabinx sucht den ubgoH^koftob KüpsoV-
':; P D:i"i: r ‘vVl'lV; B “'• , T‘ * **uvb“ °&& s 8! e »»w tim miM. Nova v
ru .l,u,,„,.fl\.« M ,,,M TM.>»Uux ,im! »••£ Mf.tacarpiis «Ciron mml, a.,U. hier ia rtWiehar Weise auf *= Copie!)® <te?
iijftandoi mit, b^FfhdD.ftnrr yDtartluxion die IbdonkllärlHm lia'iidksieelwnjs Angeschnitten. Derselbe zeigte sich bucht: -• ^ v
mm -7 zwar, dass sein radialer Rand hftlrvr stand nod durch ßjösn ÄnpRaUvbüv
dcu. ^ itin'ditrGhgetrei-eti war, während die Sehne dosFbxor potlidfl_i(m|Ui5
hringon ’ ? ^värtk verschoben lag, Xu eifter^t.en fibrösen Massß. fliiö dto^;Ur
um sie boityv folgftjubm Ae4.)taeh abwFm auhi^jou zu könmn. Bs : Lmgeirang vettod. l&t das äixssere •Sesamheift ^ W
a«.w *W Doisaii'Bflexirm itüjntt jtw Ws m einem '«ettt» Gwde : «*4 m* *****
^:a "Är^.
tr\ * iV^V^k• Wt ' n ' s 4n tA 'h dmso.bd! T;«“■«..<lc/ ;u, • .. 1 • • :kr»f?fclte>ns mit FixirUög livn Bmitnens in oppoinftwr. -Stallung, von 4t>. .
i.ebu»Kb:»mic n(b>r gar über »bm.seUmi tiimms •::.•■:• >■'■•. k*.ü« hlelluag per prlmam
Bi {jm-ertigHft hVvfUui, 4Ü? ohne CVpöVation Diclu ,v.x/.i. : ..Df_:
•■»*« S»PV< ’■': 1 ■ 1 ■• ■ Kiinij!. I,,.hH>ucli (!.«■ ßktmsioUM. JU,
ijrclcuküöwffe iw 1 halanx andrücko» und Vr*«ud>fi , n . a ) Bneinin^haft^, ligiugmfaldiasoictsdä 1 ^' Boun 1^Ü3.
Boi folgoiulögTutxykio« älterft!« .VMhums varou die \ orhiilttiiflSP.
ui ehr so klar zu «horchen, wir bm de» ftbrUreu.
• Fall 4 Es-ImuilolW Drh mir» eiuen ^jSivngcu d^n Ommm-
coj vier Wachen durej; Füll mil die ilafui hixivv war. The iiriiv.iipmuw-'-
s&n/t. seftkrecht . tmX dem Blicke», de.« Mciacnrpus. di* Endphalmix ^™
vöLrwttrt« ÜBBtirl Bin der Afdl»idnmg de*> Datunenhallony tvff ™* ^V,
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19. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Da sich nicht allein in diesen beiden letzterwähnten Fällen
sondern auch im zweiten Falle der ersten Kategorie die Sehne des
Flexor pollicis longus ulnarwärts verschoben zeigte, so möchte ich
dies nicht als charakteristische Begleiterscheinung für die letzt¬
erwähnte Art des Kapselrisses betrachten. Ebenso wenig lässt sich
die Häufigkeit ihres Vorkommens bei dem einen oder anderen
Kapselriss entscheiden. Nur der Schluss ist nach unseren Beob¬
achtungen berechtigt, dass bei irreponiblen Daumenluxationen eine
Verschiebung der Sehne des Flexor pollicis longus aioh finden kann
ohne dass durch sie die Irreponibilität bedingt ist. 8
Bemerkenswerther erscheint mir folgende Uebereinstimmung in
Fall B und 4, so dass sie zur Sicherung des klinischen Bildes und
der Diagnose dieser letzterwähnten Art des Kapselrisses verwandt
werden dürfte, natürlich immer im Zusammenhang mit den anderen
Erscheinungen. Das Metacarpalköpfchen liegt so dicht unter der
Haut des Daumenballens wie in keinem anderen Falle Einige Zeit
nach der Verietzung wird wegen Schwellung der umgebenden
Weichtheile dieses Symptom undeutlicher werden, um später, wenn
nicht allein diese geschwunden ist, sondern auch noch Abmagerung
der Muskulatur sich eingestellt hat, noch mehr hervorzutreten.
Wenn Lauenstein in seiner Veröffentlichung: Beiträge zum
Kapitel der Luxationen (Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. 28
p. 578) sagt: „ich möchte glauben, dass in allen denjenigen Fällen
von irreponiblen Daumenluxationen, wo das Hervorragen des Meta-
carpusköpfchens unter die Haut des Daumenballens besonders
hervorgehoben wird und wo man sich zur Abtragung desselben
entschlossen hat, wohl die abgeglittene Sehne des Flexor longus
das ßepositionshinderniss war“ —, so scheint mir das etwas zu
weit gegangen, und ich möchte dem entgegen auf unseren Fall 3
verweisen. Hier war wohl das Caput metacarpi I dicht unter der
Haut gelegen, hier war auch die Sehne des Flexor longus ulnar-
wans verschoben, aber sie war nicht das Repositionshinderniss
bonst wäre doch die Einrenkung nach Vorziehen der Sehne ge¬
lungen, und es hätte keines Einschneidens der das Köpfchen um-
schnürenden Bandmassen bedurft. Auf der anderen Seite war bei
• * Versch iebung der Sehne des Flexor polHcis das Köpfchen
nicht auffallend dicht unter der Haut gelegen, so dass aus dem
von Lauenstem angegebenen Symptom nicht in allen Fällen ein
sicüerer Schluss auf das Verhalten der Sehne zu ziehen ist. Unter
umständen kann diese Verschiebung der Sehne alle Repositions¬
versuche vereiteln, wie in allerneuester Zeit Bergmanni) wieder
ne^wgehoben hat. Jedoch glaube ich, dass die Häufigkeit dieser
un&cbe gegenüber dem durch die Kapsel bedingten Reductions-
mnrtPm.c S zurücktritt.
369
ihre charakteristischen Einzelheiten völlig getrennte
5™ 10 /T» er lassen sich denm ach für beide Arten des Kapsel-
, a 8 ^ en ’ denen jedes seinen besonderen Mechanismus,
P- /2 sond f' ei1 Symptome hat und seine besondere Methode der
nkung fordert Einmal die durch reine Hyperextension ent-
volwpm 8 n" 16 « od J er weni ger bewegliche Bayonettstellung bei
flexinn r e T S i’ ^ le am besten durch Extension, extreme Dorsal-
Vnljirfln»- erSC ^ ll6 ^ >ei ? der Gelenkflächen an einander bei gleichzeitiger
und ulnaJÜV 111 ^?^ wird; zweitens die durch Hyperextension
—> q. ..J 1ersc h 1 ^b uo ff der Phalangen erzeugte und unbewegliche
ExtemriAn v? M Schrägriss, die am besten durch
ponirfc ^ ota ^ 011 nac * 1 aussen oder Abduction re-
«JS 4 aT J c h diese Einrenknngsversuche vergeblich, so ist
DaumenlnYa+f 1 ^ 11611 .’ da eine auffallend schnelle Veraltung der
SÄ ^ ? ach vier Wochen musste bei
greifen Hör tr C ’ T « n < * enen einer vielleicht mehr dem thätigen Ein-
Metacari«^ 11 Coile " en m verdanken ist, die Reseetion des
werden sriuJ? ä 6nS & emac fr fc werden, und ähnliche Beobachtungen
«nein ähnlichftrTffa gemacht sein. So konnte Ranke* 2 ) zwar in
reponirpTi a u Ton . Duxation nach Eröffnung des Gelenkes
verkürzten Pvt ^ con ^ ra hirten Weich tiieile, besonders die trophisch
PaöhUoeiseJho S^° ren ZOffen Phalanx immer wieder in ihre
sich durah s«rü*k. Bei frischen Luxationen bessern
deshalb «dl «ff il A *y rte * 1 . Verhältnisse auf keinen Fall, und
nicht ^ch erfolglosen Eeposilionsversuchen
er ™‘ So wird ntefat allein das Endresultat ein
__aueto dar Ero griff eia leiefaterer.
!) Berün
*) Berfe wiS 8C 5 e Wochenschrift 1877, No. 36.
r ^mische Wochenschrift 1*877, No. 36.
X, Teuilleton.
Kund am den medicinischen Congress.
(Von unserom Coirespondonten.)
. 1 . Uff! J - ?°. h ? t “denn sein Ende gefunden, ^e/wandeminsto
aHer n ? ed i c.mschen Congresse, die je stattgehabt, wenn man ein
„Ende nennen will diesen Lunch in den Thermen des Caracalla
bei dem es so zuging wie bei allen geselligen Vereinigungen des
Kongresses: die Römer und Römerinnen waren reichlich mit Zu¬
lassungskarten ausgestattet und thaten sich bene, und die paar
hundert Congressmitglieder, die stundenlanges Drängen und Stossen
und Balgen uin die peinlich gehüteten Karten nicht gescheut
hatten, um die Gastfreundschaft Roms auf dem Wege über dieses
glorreiche Comite zu gemessen, waren auch dabei. Tausende aber
natten längst ,dem Congress oder Rom den Rücken gekehrt wie
V0 V hunderten der „Theilnehmer“, das heisst derer, die* für
* r -. lhre Mitgliedskarte gelöst hatten, gesagt werden muss
dass sie an keiner einzigen „gemeinsamen“ Veranstaltung
a,es Kongresses theilgenommen haben, weil ihnen das
Komitö das absolut unmöglich gemacht hatte.
Die halb zornige, halb spasshafte Beurtheilung, die ich noch
am ersten Tage der Congressleitung gewidmet hatte, war liervor-
gegangen aus dem natürlichen Gefühl: warten weinmal die Ent¬
wickelung ab, vielleicht ordnet sich das Chaos noch, und der Con¬
gress wird lebensfähig, sobald nur der erste ungeheure Anprall
der Eröffnung vorübergegangen. Aber nein, mit jedem Tage wurden
die Zustände toller, das Comite schien es geradezu darauf angelegt
zu haben, auch bei den lammherzigsten, nachsichtigsten Besuchern
die Zornesader hoch anschwellen zu lassen, und so muss als das
Ergebniss dieser Woche ehrlich bezeichnet werden: ein Gefühl der
tiefsten Empörung darüber, dass man 66 gewagt hat, tausende
von Männern der Wissenschaft, die man mit einem bombastischen
Schwulst von Versprechungen nach Rom gelockt, in dieser schmäh¬
lichen Weise zu hintergehen.
Die Worte sind hart, aber es wird nicht viele Theilnehmer
geben, die sie zu hart finden werden. Vorweg sei allerdings ge¬
sagt: wer zu dem Dutzend Auserwählter gehörte, also zum Beispiel
ein Virchow war, der bedurfte keiner Karten, der brauchte
sich nicht Tag für Tag zu drängen und treten zu lassen, um
vor einem Schalter sich die nothwendigsten Eintrittskarten zu
erraufen. Für neunundneunzig von hundert aber der Besucher
des Congresses war absolut nichts ohne eine gelinde Prügelei zu
erreichen.
Es hatte schon recht nett angefangen, dieses Comite, dessen
erste Sorge doch hätte sein müssen, den Gästen eine möglichst
billige, gute Wohnung zu sichern. Das ist in Rom selbst bei
einem Besuch von 8000 Menschen gar keine Kunst, denn Rom ist
an die Beherbergung noch viel grösserer Fremdemnassen gewöhnt,
und um sie anständig und ohne Schröpfung unterzubringen, dazu
hätte ein wenig schlichter Verstand, Ordnungssinn und Rechtlich¬
keit ausgereicht. Was aber that das Comite? Es gab die ganze
Unterbringung der Gäste in die Hände eines ausbeutungslustigen
Spec ul an ton. des Herrn Cook, der sämmtliche Hotels und alle
erreichbaren Privatzimmer mit Beschlag belegte, einen Phantasie¬
preis, der um mehr als hundert Procent höher war als der in ge¬
wöhnlichen Zeiten, ohne irgend welche Veranlassung festsetzte,
sich natürlich den Löwenantheil davon ausbedang und, dies ist des
Pudels Kern, dem Comite zehn Procent der Einnahme auslieferte!
Daher ist auch das Verfahren, dass das Comite jedem Mitglieder
das vorher bei ihm wegen einer Wohnung aufragte, ausweichend
antwortete und auf erneutes Fragen an Mister Cook (genannt
Ufficio degli Al logg i) verwies, der alles bestens besorgen
würde. Wer sich auf dieses Wohnungsamt verliess, kam fidel auf
dem Bahnhof an, sicher, dass ihm ein anständiges Zimmer reservirt
sei, und musste sich dann mit hunderten gleichzeitig Angekommeaer
herumzanken, um ein Zimmer, das Herrr Cook zu dem von ihm
festgesetzten Doppelpreise hergab, irgendwo im vierten oder fünften
Stock. Wohl denen, die, wie der Schreiber dieser Zeilen, von
Anfang an das tiefste Misstrauen in das Comite gesetzt und sich
deshalb auf .eigene Faust ein gutes billiges Quartier besorgt
halten, das den „Ring 4 "-Manövern des Herrn Cook entgangen war.
Dann kam die Local frage. Nicht übel im Anfang, dieser
Bretterbau in der Via Genova, leicht zu erreichen, mit Pferdebalm
und Omnibus zugänglich und innerhalb des Mauerringes der Stadt
gelegen, also schnell und billig auch mit einer Droschke aufzu-
suehen. Aher in unerhörter Confusion wurde dieses Local, das
jedem Congressmitgliede als das dauernde Stammquartier galt,
naeh einigen Tagen gesclilossen, ohne Sinn und Verstand die Post
gleichfalls verlegt, und nun begann die Völkerwanderung weit
hinaus vor die Porta Pia, eine Fahrt von jedesmal einer halben
Stunde und ebensoviel zurück, eine Fahrt von nicht .unter .drei
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
370
DEUTSCHE MED1CINISOHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16
Lire, und vor allem eine Fahrt, die unerlässlich für jeden war,
der auch nur seine Briefe, geschweige denn seine Karten für die
täglichen Veranstaltungen haben wollte! Das Conntö hatte vor¬
her die prahlerische Versprechung in die Welt posaunt, es wur e
für eine Pferdebahnverbindung nach dem Policlinico gesorgt werden;
aber diese an einem Tage herzustellende Verlängerung der Pferde¬
bahn durch die Via Nazionale ist nicht einmal begonnen worden.
Die Congressisten, die sich im Vertrauen auf die Schwindeleien
des Programms zum Beispiel ihre Briefe „der Einfachheit wegen
nach dem Postbureau des Congresses hatten schicken lassen, sassen
nun in der Falle, und in was für einer Falle! Denn cs handelte
sich nicht allein darum, täglich nach dem Policlinico zu fahren,
sondern dort angelangt, begann der Kampf, das Geraufe, das Hand¬
gemenge, um die Briefe aus dem von tausenden von Menschen
umlagerten, primitiveu, schlecht bedienten Postbureau nach stunden¬
langem Warten zu bekommen. — oder auch nicht! Dass es zu
den bedenklichsten Verwechselungen bei der Auslieferung der Briefe
kam, versteht sich von selbst.
Auch für eine „Wechselstube“ hatte das Comitü gesorgt; ach,
es hatte ja so rührend für alles gesorgt. Die Wechselstube hat
in den paar Tagen dem Speculanten, den das Comitö ohne die ge¬
ringste Ueberwachung, ohne irgend eine vorgeschriebene feste Norm
zur Ausplünderung der Fremden eingesetzt hatte, viele tausend
Franken unredlichen Gewinn gebracht. Es gab im Durchschnitt
für 100 Mark 2 Lire Aveniger als man bei jedem Winkelwochsler
in der Stadt bekam! Eine Räuberhöhle, nicht ein unter der Ver¬
antwortung des Comitß’s stehendes Wechselgeschäft!
Und wie grossartig und vielversprechend sich zuerst das
„Bureau“ in der Via Genova anliess! Da wurde man, nach der
richtigen italienischen Art, die ohne unzählige Unterschriften und
Stempeleien nun einmal nicht auskommen kann, beim Lösen der
sogenannten Mitgliedskarte, nämlich jener Karte, die zu gar nichts
berechtigte, gezwungen, einen ganzen Haufen von Formularen auszu¬
füllen mit Namen, Stand, Adresse, und dabei wurde einem mystisch
versichert, das geschehe zur Bequemlichkeit der Tkeilnehmer, da¬
mit das väterlich sorgende Comitö ihnen allen die sämmtlichen
Karten, über die es verfügte, bequem zustellen könne. Schwindel,
nichts als SchAvindel! All jene Formularschmiererei hatte nicht
den geringsten Zweck, es sei denn den, einer Anzahl unnützer Sub-
jecte, die sich mit der Schmiererei zu schaffen machten, eine gute
Bezahlung während einer Woche zu verschaffen. Keinem Theil-
nehmer ist das geringste in die Wohnung geschickt worden; jeder
musste täglich in den Männerkampf hinaus vor die Porta Pia,
musste drängen und gedrängt Averden, und, um ganz sicher irgend
etwas zu erreichen, raufen.
Die reichste Quelle des Aergers war die völlig unverständ¬
liche, ganz verkehrte Einrichtung, dass nicht die Mitgliedskarte
zugleich die Eintrittskarte für die gemeinsamen Zusammenkünfte
bildete, sondern dass jeder Theilnehmer für jede einzelne Ver¬
anstaltung gezwungen war, vor’s Thor zu fahren, sich mit tausenden
von ungeduldigen empörten Collegen zu drängen und zu zanken,
um was? Um das, was auf allen Kongressen der Welt einem jeden
Theilnehmer ganz von selbst zusteht, eben auf Grund seiner Mit¬
gliedskarte. Das Comitd hat sich zu entschuldigen versucht mit
der albernen Ausrede: wie hätte man anders als durch Austheilung
von besonderen Karten aus 7—8000 Menschen die Zahl derer aus-
scheiden können, die nach Maassgabe der verfügbaren Räume zu¬
lässig waren? Als ob es nicht das einfachste von der Welt gewesen
wäre, zu sagen: Alle haben zu allem Zutritt, und Avenn die Räume
gefüllt sind, so werden sie geschlossen, und die spät Gekommenen
bleiben draussen. Durch das anders beliebte Aussonderungsverfahren
des römischen Comitö’s wurden die Theilnehmer des Congresses
von vornherein in drei Gattungen getheilt: erstens in die, Avelche
unter der Hand ohne jede Mühe jede beliebige Zahl von Karten
erhielten. Das waren besonders die Herren Römer mitsammt ihren
Damen. Sie waren überall dabei, waren überall in erster Reihe
und fanden den Congress zweifellos ebenso bequem wie angenehm.
— Zweitens in die, welche wirklich die Hälfte jedes Tages damit
zubrachten, sich mit dem Comitö herumzuzanken und sich die
Karten halb zu erprügeln, halb zu erbetteln. Ihre Zahl war, zur
Ehre der medicinischen Welt sei es gesagt, keine sehr grosse.
Endlich in die, welche gleich nach dem ersten Tage dem Congress
endgültig den Rücken kehrten und trotz ihrer 25 Fr. für die Mit¬
gliedskarte vom Congress nicht das mindeste gesehen haben. Diese
Gattung allein ist es, die sich Heiterkeit der Seele, Gesundheit
aller Gliedmaassen und ungetrübte Genussfreudigkeit für die Herr¬
lichkeiten Roms bis zum Schlüsse bewahrt hat. Nach dem ersten
Verblüffungsausbruch über die Art, wie man in Rom Congresse
zu veranstalten beliebt, haben sie den berühmten englischen
Weisheitsspruch angewendet: „Alle Dinge gewinnen durch eine
gewisse Entfernung“, und haben neidlos zugesehen, wie das Comitö
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und seine speciellen Freunde und Freundinnen sich wahrscheinlich
ausgezeichnet amüsirt hat. Denn zum Glück blieb Rom immer
Rom, und keine Trottelei und Nichtsnutzigkeit von Menschen ver¬
mochte den sonnigen Glanz, der alles vergoldete, zu trüben.
Dazwischen passirten wiederholt solche Scherze, dass denen,
die nach langem Ringen und Preiskämpfen für sich und die theure
Gattin irgend ein Kärtchen erobert hatten, erklärt wurde, sie
müssten ganz von vorn anfangen, die ausgegebenen Karten hätten
sämmtlich annullirt werden müssen, weil — einige Packete Karten
gestohlen oder gefälscht worden seien! Einmal hiess es sogar,
irgend ein verrückter Verbrecher habe sogar die Mitgliedskarten
gefälscht, und man werde nun wohl dazu schreiten müssen, auch
den Umtausch dieser Karten zu fordern. Aber so verrückt war
kein Fälscher, dass er die absolut Averthlosen und doch mit schönen
25 Franken bezahlten Mitgliedskarten zu fälschen unternommen
hätte.
Als endlich der wüste Unfug, die sich täglich wiederholenden
Raufereien vor den Schaltern, wo die Specialkarten nach Laune
oder Gnade oder Gevatterschaft vergeben wurden, selbst dem
Comitö, oder vielmehr den Sectionsvorständen, doch so einiger-
maassen eines wissenschaftlichen Congresses so ziemlich erwachsener
Männer als zu unwürdig schienen, verfiel das in solchen Dingen be-
wunderswerth erfinderische Gehirn der Comitömitglieder auf folgenden
Streich. Ihr habt euch bisher nur an einer Barre täglich gedrängt
und gestossen; das ist schon etAvas, aber die Sache lässt sich noch
malerischer gestalten. Wie wäre es, wenn man die Zahl der
Kämpfer, die durch das widenvärtige Schauspiel sich von Tag zu
Tage verminderte, jetzt dadurch wieder vermehrte, dass man die
trügerische Hoffnung enveckte, die Karten könnten an mehreren
Stellen ohne Lebensgefahr erlangt werden? Richtig, und so er¬
schien denn eine Bekanntmachung: von heute ab sind die Sections-
vorstände damit betraut, die kostbaren Karten auszugeben. Natür¬
lich strömte nun alles in die Sectionssitzungen, nicht um die
Vorträge zu hören, sondern um sich dort um die Karten zu raufen.
Es gab noch immer einige wissensdurstige Seelen, die da glaubten,
die Sectionen seien zur wissenschaftlichen Erörterung eingerichtet;
aber sie wurden bald eines Besseren belehrt; die Sectionen dienten
zur Kartenvertheilung, das heisst aus dem früheren einzigen Kampf¬
schauplatz waren nun neunzehn geworden, und beim Durchwandern
der Hallen des Policlinico erscholl aus jedem Saal der männer¬
erfreuende Kampflärm dem sinnigen Correspondenten entgegen, der
unter gänzlichem Verzicht auf irgendwelche Karten sein Vergnügen
im Schlachtenbummeln suchte und fand. Dass sich kein Mensch
im Corait6 um die Presse kümmerte, Aveder um die römische, noch
um die fremde, natürlich auch nicht um die Avissenschaftliche Presse,
versteht sich ganz von selbst.
Eine sehr erhebende Kampfscene entspann sich jeden Tag um
die Erlangung des von dem Comitö in seinem Programm vei-
sprochenen „Führers durch Rom in Prachteinband“ von der Firma
Luksch in Wien. Man hatte ja seinen Bädeker oder Meyer, aber
selbstverständlich nahm man an, dass dieser eigens für den Kon¬
gress hergestellte allerneueste Führer nun auch die allerneuesten,
richtigsten Angaben über die Besuchszeiten von Sammlungen un
dergleichen enthalten würde, die in den doch mehr oder minder
veralteten grösseren W r erken nicht mit solcher Genauigkeit ver¬
zeichnet sein konnten, —. und was war nun. dieser „Führei im
Prachteinband“? Ein ganz elender Wisch, der mit 2 Soldi schon
zu theuer bezahlt geAvesen Aväre, auch Avieder eine Speculan n-
unternehmung, zu der (las Comitö sich helfend oder duldend ha
missbrauchen lassen. Die Firma Luksch in Wien hatte sich m g
liehst, viele Annoncen zu verschaffen gewusst und hatte dann ein
paar Seiten fast durchweg falscher Angaben aus irgend eine ^
alten Reiseschmöker abgeschrieben. Dies Avar der Romführer,
das Comitö den Congressmitgliedern als besonders glänzende ü es
gäbe zu bieten wagte! Er war würdig der Erinnerungsmedai ,
eines plumpen Stückes Blech oder Blei, werthloser als das Papp
schächtelchen, in dem sie einem überreicht wurde.
Bisher verstand es sich für derartige Congresse von selbst,
dass das sogenannte „Tageblatt“, das officielle Vermitt<dungsorg
zAvischen Comitö und Mitgliedern, das sowohl zur Veröffentlic &
der Protokolle über den wissenschaftlichen Theil des Gongresseb
Avie zur Mittheilung alles sonstigen Wissenswerthen .unentbehr
ist, unentgeltlich in Empfang genommen werden konnte. Ich
noch niemals einem Congresse beigewohnt, auf dem es anders g
handhabt worden wäre. Das römische Comitd hat auch in
Beziehung eine originelle Neuerung eingeführt: wer das Giorna
ufficiale del Congresso, das der Annoncen sehr T 16 * 6 ’ der • i.
verlässigen Mittheilungen so gut wie gar keine brachte,
während der Dauer des Congresses täglich verschaffen wollte,
dafür abermals einen Franken opfern müssen; denn das ko
hatte, Wie alle, so auch diese nothwendige Einrichtung einem
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university of michigan
19. April.
triebsamen Speculanten zur Ausbeutung überlassen und der ver
kaufte das Exemplar für 10 Centesimi, was ihm auch gar nicht
Übel zu nehmen ist.
Wenn man erwägt, dass das Comite nicht eine einzige Fest¬
lichkeit selbst und mit dem von ihm eingenommenen Gelde ver¬
anstaltet hat, dass entweder der Hof oder die Stadt Rom es
waren, die die wirklichen Gastgeber spielten, so ist der Wunsch
gerechtfertigt, einmal die Schlussabrechnung über die grossen
vom Comitö vereinnahmten Summen und über die ihnen gegen¬
überstehenden Ausgaben zu sehen. Man beruhige sich aber- diese
Abrechnung wird nie ein sterbliches Auge zu sehen bekommen¬
es wird wohl ebenso wenig abgerechnet werden, wie — ein
amtlicher Bericht über den Congress erscheinen wird. Sollte er
aber erscheinen, so sei schon jetzt davor gewarnt: ein Comit6
das sich in allem übrigen mit solcher Ehre bedeckt hat, wird auch
einen erstaunlichen Bericht zustande bringen. Und damit das
Kopfschütteln und Fragen aufhöre: wozu in aller Welt mögen denn
wohl die 25 Franken gedient haben, die man tausenden von Leuten
dafür abnahm, dass sie sich an einem Congress betheiligen sollten
der ihnen in der Mehrzahl unzugänglich blieb? theile ich jetzt
schon mit, dass man sich beileibe nicht dem kindlichen Glauben
hiügeben solle, für jene 25 Franken nun auch so eine Art von
Recht auf die unentgeltliche Zusendung der Verhandlungen er¬
worben zu haben. Ach nein, dafür werden abermals 8 Franken
extra verlangt. Seelig sind die, welche sie bezahlen werden denn
sie gehören zu denen, die nicht alle werden!
Im übrigen soll der Congress sehr schön gewesen sein; das
Lomite wenigstens ist davon durchdrungen. Eine geistreiche Zei-
tui^ aber in Rom fasst heute am Schluss des Congresses ihr Ur-
theil dahin zusammen, dass sie hoffe, die Fremden würden nicht
das römische oder gar das italienische Volk entgelten lassen, was
einige unfähige Menschen verschuldet hätten. Nein, gewiss werden
wir das nicht tliun. Wir wissen nach wie vor sehr wohl zu unter-
ßcheiden zwischen, dem liebenswürdigen, freundlichen, selbst ge-
müthhclien italienischen \ r olk und dem unglaublichen ComitA Es
mag auch etwas Wahres in der Aeusserung einer anderen Zeitung
stecken: die Römer verstehen überhaupt nichts zu organisiren
am wenigsten festliche Veranstaltungen. Unter einem Fest ver-
hÜhirfi- ? 1 as ./ iesige Ver gnügen, das entsteht, wenn jeder sich
nac/i Möghchkeit zu amüsiren sucht, ungehindert durch andere.
■ D™ ü n x Fe S H raus ’ dagegen verunglückten organisirte
co f; e T ln "°? 1 f te ^ s - -Der Verfasser des betreffenden Artikels kennt
!SL J 3 lsl . eute 1l b esse r als wir; aber so arg kann es unmöglich
S™ dem ? Iangel an Organisationstalent in Rom. Nein, es
hmin an d ere ^ : die Leitung des Congresses von vorn-
eS Z und durch verfehlt, die Personen waren unge-
nhhfUn Vf braucbte ^ckt zu sein. Für alle Theilnehmer, die
Stadt ö-öd ^ ren Tr° st i 11 dem Genuss der zauberischen
8 c ha W1 £ d . der medicinische Congress in Rom zu den
Erinnerungen ihres Lebens gehören, und schwer-
italiplfol S1 ° J® mals Wled er einem Congress beiwohnen, der auf
wir ^ ä em T? 0den . stattfind et. Es ist nicht zu bezweifeln, dass
»erden beriet™ können" 16 “" Behagen Über de “ nächsten ^ ess
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Jahrb.
XL Oeffentliches Sanitätswesen.
f. NatiönRl*^tr?7! llnai1 ? l S nne beliclien Kinder nnd ihr Schutz
anonalökononne und Statistik III. Folge, VH. Bd.
bekannten^eriinpf^ 8 / 116 T , heÜ der l ehr beachtenswerthen Arbeit des
borenen unter es .’ die La S e der ^ehelich Ge-
iestzustdlen ’R«7nf*i- 1 f. en ^bhckhch in Berhn bestehenden Verhältnissen
Berbnln der fcÄ h Zahl der unehelichen Geburten nimmt
«n. Dangen steht der deutschen Städte keinen ungünstigen Platz
lieh Geborenen A r ^ •«*! Sterbli chkeitsverhältniss der unehe-
eten Stufe der abstZvpn^ llCh c? e . bore ? en anlan ^ t ' fast auf der äusser-
Dresden einnehmen ^ ala - deren obersten Platz Leipzig und
Rinder am besten ’ on +’ .V 16 die Fürsorge für die unehelichen
in Berlin in Wirksam^ 0 1 ,° r E ™. e ein g ebend e Schilderung der
ausserehelich Gernn^Sf«it hefindhehen Einrichtungen zum Schutze der
Maassnahmen beziehen den ,. zweit e n Theil der Darstellung. Solche
Wochenbett der aussnnXar k’p di ? Schwan i? ersc baft, Entbindung und
K mdes nach der SS h n h geschwängerten und auf die Pflege des
? lr(i dadurch nicht vprdpd t ^ ÄIangel . e if er Fürsorge für Schwangere
Ledigschwangere mit , kt ’ dass es m Berlin zwei Zufluchtsstätten für
mustergültigen öffentlicher' 7 ° Pl ? tzen ^ ebt Von.den medicinisch
derselben Öebrauch \ Gebäranstalten macht nur ein kleiner Theil
»Icke handelt « lieh ® ancbe ® erstmals gefallene Mädchen -. und um
& ^erwerthung ihrer ~ s ? e ¥ Sltt i icb nocb z u hoch, um nicht
^ege der Kinder finrint • aa & er schaft zu Lehrzwpcken-zu scheuen. Die
tatiön keinen ausreich darcb den Vater zu. leistenden Älimen-
die Alimentationsklm*« ^ückhait, .weil das Vormundschaftsverfahren
für die meistgefährdeterP1 UB J st J I1 diich und zeitraubend sind. Gerade,
rucht. Für alle dieiemo-pn^u? Lebensmonate kommen sie moht ih Se- *
^ n Mütter, welche das Kind aus socialen Gründen
371
® bSt ver 5? e f? n können, kommt also, da die öffentlichen und privaten
; U ^f e + n ’ d {,° f bl j r be l f ® n könnten, nicht ausroichen, wesentlich dieHalte-
Be . t f cb \ deren behördliche Beaufsichtigung mangelsgeeignet^
Organe unzulänglich ist. Für den Erkrankun^f-ilf fphit geeigneter
geeigneten Anstaltehehandlung für die Kinderln den ereten LcbonsmOTate"
Aus allen diesen Thatsachen abstrahirt der Verfasser im letzten Ah
t C r/ 0rdC r gCn ,:. die cr ’ Theil in“nnng t te d"e A ta
Leipzig getroffenen Einrichtungen, wie folgt, formulirt- S
, , Dea Ledigschwangeren sollte eine Zufluchtsstätte offen stehen in
welche diejenigen, die ihrer bedürfen, schon vor der Entbindung eintreten
EntbtedunS so . llto m ög llcb st begünstigt werden, dass die ausserehelichen
Entbindungen m Gebäranstalten stattfinden. Nach der Entlasmmo- «nii
Mutter und Kind für den Fall der Noth eine vor.äTfige'untarwK“
Der Unverheirateten sollte es thunlichst erleichtert werden, ihr Kind
?® c A, s f echs bl ® “ht Wochen zu Süllen — am besten durch eine Geld-
Z ™, Stl "» n - . Flr ™e eheliche und uneheliche Kinder sollte
zu einem billigen Preis gute Sänglmgsmilch - besonders in den Sommer-
monaten — verabreicht werden.
w8 J e fe ™ er wünschenswerte die Vormundschaftsverhältnisse so
nn/ thÄ da « ^eheliche Kind m dem Vormunde einen rechtzeitigen
und thatkräftigen Förderer seiner Interessen hätte; der Vormund hätte
durch Heranziehung des ausserehelichen Vaters zur Alimentirung dem
Kmde reichlichere Mittel zum Leben zu verschaffen und späterhin unter
anderem für einen engen Familienanschluss Sorge zu tragen
1,* ,.fJ rdi e. Hal tekinder wäre besser als bisher, und zwar durch eine be¬
hördliche Einrichtung, die in Abhängigkeit von der Armenverwaltung
stände, zu sorgen. Sie müssen ärztlich und durch besoldete Pflegerinnen
überwacht werden: es wäre ihnen armenärztliche Behandlung und freie
Arzenei ohne weiteres zu gewähren.
Die Ueberwachung durch einen angestellten Arzt und durch Pflege¬
rinnen hat sich auch auf diejenigen unehelichen Kinder zu erstrecken,
weiche nicht m entgeltlicher Pflege sind, aber eine Säugungäbeihülfe oder
öäuglmgsmilch erhalten.
Die Möglichkeit, auch Säuglingen eine Krankenhausbehandlung zu
gewähren, muss unbedingt vorhanden, sein.
... Es könnten in der gleichen Anstalt vereinigt werden:’ 1) die Ab-
thedung für kranke Säuglinge, 2) ein Asyl für vorübergehend obdachlose
Kinder, 3) die Centralstelle für Ueberwachung der Haltekinder.
XII. Therapeutische Mittheiluugen.
Aus dem Städtischen Krankenhause Moabit,
Abtheilung (chirurgische) des Herrn Professor Sonnenburg.
Ein Kettensägenführer.
Von Dr. Sarfert, Assistenzart.
Das nebenstehend abgebildete Instrument wurde von Dr. Sarfert
construirt zur Unterführung der Jeffray’schen Kettensfige unter abzu¬
setzende Knochenpartieen. Die Vortheile desselben bestehen darin, dass es
a damit ausserordentlich
bequem und rasch ge¬
lingt. die Kettensäge zu
applicircn. im Gegensatz
zu der bisher geübten
umständlichen Methode
mittels der Döchamp-
schen mit einem Seiden¬
faden arinirten Umstech-
ungsnadel (resp. des Fer-
gusson, der Jeffray’schen
Nadel oder der Bellocq-
schen Röhre). Ausser¬
dem dient es dann, ohne
abgenommen zu werden,
zugleich als ein Hand¬
griff, und wird das so
leicht eintretende unan¬
genehme Sichwerfen der
»m« ' Kettensiige vermieden,
da es gleichsam eine Verlängerung derselben in einen massiven Stab darstellt.
Es ist am Platze in allen den Fällen, in denen auch sonst die Ketten*
säge verwendet wird (Resectionen, u. a. auch Symphvseotoraie, falls die
Symphyse synostosirt etc.), und hat sich in zahlreichen Fällen, in denen
es bereits benützt wurde, als sehr brauchbar erwiesen. Es wird angefertigt
bei Lutters Nachf. (Schmidt) Berlin N.. Ziegelstrasse No. 3.
— R. Lepine, Dok avantages de Ja vole rectale ponr l’absorption
de certain mldicameiits. (La Semaine mödieale, 12. April 1893). Con-
damin empfiehlt, das Morphium nicht subcutan, sondern per rectum zu
iiyiciren. Er bedient sich dazu einer von ihm angegebenen Spritze, mittels
deren es gelingt, auch kleine Quantitäten in genauer Dosirung zu injiciren.
L6pine empfiehlt nun, dieses Verfahren auch auf andere Arzneimittel
auszudehnen, insbesondere auf solche, die vom Magen aus schlecht ver¬
tragen werden, wie Digitalis, Antipyrin, Jod und Bromkalium. Es soll
damit keineswegs eine Beschleunigung der Absorption erzielt werden.
Die letztere lässt sich sogar viel besser bei der Injection per rectum re-
guliren, indem man die Flüssigkeit, wünscht man eine schnello Absorption,
warm, wünscht man eine langsamere, kalt injicirt. Verfasser warnt jedoch
davor, diese Injectionen auf alle Medicamente ausdehnen zu wollen; solche
: Mittel z. B., die. in Wasser nur wenig löslich sind, werden nur unvoll¬
ständig absorbirt. Bei alten Leuten geschieht die Absorption langsamer
als hei jungen Individuen.
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372
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT
No. 16
XIII. Kleine Mitteilungen.
_Berlin. In derSitzung desGeschäftsausschusses der Berlinei
ärztlichen Standesvereine vom 13. April gelangte ein A ^t'vort¬
sehreiben des Magistrats zur Verlesung, welches derselbe aufeme >.oi
mehreren Monaten an ihn gerichtete Eingabe der Hygiene-Commissioni des;Ge-
sehäftsausschusses erlassen hat. Letztere hatte den V unsch ausge:
da^s zur Beschaffung billiger stenlisirter Milch in den Sommei
monaten für die Säuglinge armer Familien 5° 000 Mark bewilligt würden.
Magistrat lehnt es ab, darauf einzugehen, da sich die städtische Arme
depuitation augenblicklich mit der Frage der Beschaffung guter stenhairter
Milch sowohl für Säuglinge als auch für kranke . Er "' ach sene ^schüft .
Bezüglich der Verhandlungen, welche der \ er ein der Hulfskasse
ärzte mit dem Vorstande der freien Ilülfskassen über den neuen \ erüag
gepflogen hat, wurde allseitig die Meinung kundgegeben, dass <lie be¬
treffenden Aerzte, falls die Berichte, welche darüber ®? t ed Ä® h n e
als auch in politische Zeitungen gelangt sind, auf V ahrheit•
sich cremen die Würde des ärztlichen Standes vergangen hatten. Nicht
Sowohl der Vertrag selbst wurde bemängelt, als rie mehr d,e Art und
Weise, in welcher derselbe zustande gekommen ist. Um diese An
gelegenheit, welche die Aerzteschaft Berlins lange und e . 1 ^ e en ‘
schäftigt hat, völlig aufzuklären und zu einem gerechten Abschlüsse zu
bringen, wurde einstimmig beschlossen, dieselbe dem gemeinsamen Ehren¬
rath zur Aburteilung zu übergeben. Am 18. März er. hatte der Vor-
stand des Geschäftsausschusses einen Brief an den V er ein ü er Ver¬
trauensärzte der Berufsgenossenschaften gerichtet, in welchem
er letzteren ersuchte, durch gemeinsame Berathungen zu überlegen, wie
am besten Zwistigkeiten zwischen den behandelnden und den v ertrauens-
ärzten vermieden werden könnten. Als Antwort hierauf wurde m itge-
theilt, dass der Verein ter Vertrauensärzte einstimmig beschlossen habe,
an den Normen festzuhalten, welche er im Februar festgesetzt und dem
Geschäftsausschuss mitgetheilt habe. Da diese in vielen Beziehungen
nicht den Ansichten entsprechen, welche bei den Verhandlungen über
diese wichtige Frage im Geschäftsausschuss zur Geltung gekommen
sind so wurde bestimmt, dass eine Besprechung über die Antwort des
Vereins der Vertrauensärzte auf die nächste Tagesordnung gesetzt werden
soll. Die Berathung über die Veröffentlichung der \ erhandlungen des
Geschäftsausschusses und der Standesvereine beziehungsweise über die
Gründling eines eigenen Blattes des Geschäftsausschusses gelangte
trotz sehr lebhafter und eingehender Verhandlungen noch nicht zum Ab¬
schluss. Es soll eine nochmalige Berathung hierüber in den einzelnen
Standesveroinen stattfinden. Bereits im Jahre 1891 hatte der damalige
Centralausschuss auf Antrag des Westvereins beschlossen, bei dem
Polizeipräsidium dahin vorstellig zu werden, dass den Aerzten rassir-
s cheine ausgestellt würden, damit sie bei Strassenabsperrungen, wie
sie bei grossen militärischen Schauspielen, allerhöchsten Besuchen u. s^w.
Vorkommen, in der Ausübung ihres Berufes nicht gehindert würden. Die
Beseitigung solcher Behinderung liegt noch weit mehr im allgemeinen
Interesse als in dem der Aerzte, und daher ist zu erhoffen, dass dieser
Wunsch in Erfüllung gehen wird. Merkwürdiger Weise ist über das
endgültige Schicksal genannten Antrages nichts bekannt geworden, woher
jetzt auf Antrag des Nordclubs eine erneute Eingabe um Ausstellung von
Passirscheinen an das Polizeipräsidium beschlossen wurde. Schliess¬
lich gelangten die Thesen zur Verhandlung, welche die Commission des
Aerztevereinsbundes bezüglich des Verhältnisses der Aerzte zu
den Lebensversicherungsgesellschaften aufgestellt hat (cf. No. 15
dieses Blattes pag. 347). Wegen der vorgerückten Zeit konnte nur die
erste derselben, welche von der Anstellung der "V ertrauensärzte handelt,
zur Berathung kommen. Es wurde beschlossen, dass die Vertrauensärzte
nur Seitens der Direction und durch einen schriftlichen Vertrag angestellt
werden sollen, dass ferner die angestellten Vertrauensärzte möglichst
gleichmässig beschäftigt werden, dass die Lösung des vertrauensärztlichen
Verhältnisses nur durch schriftliche vierteljährliche Kündigung erfolge,
dass die Vertrauensärzte von einem Wechsel oder einer Nebenanstellung
vorher benachrichtigt werden. Endlich sprach sich der Geschäftsaus¬
schuss. wie auch der Referent in No. 15, für die Streichung der Be¬
stimmung aus, wonach möglichst nur Mitglieder von Standesvereinen zu
Vertrauensärzten ernannt werden sollen.
— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 16. April
demonstrirte Herr Kl e mp er er zugleich im Namen des Herrn Leon
Lilienfeld einen aus den Kernen des Darmepithels dargestellten sauer
reagirenden neuen Körper, welchen die Entdecker Darmnudein nennen.
Er beleuchtet den Werth dieses Fundes für die Immunität bei Cholera
asiatica. Sodann demonstrirte Herr Lazarus einen Fall von Aneurysma
der Aorta descendens mitUsur des Wirbelkörpers. Herr Lohnstein hielt
schliesslich den angekündigten Vortrag: Ueber die neueren Methoden
der Urethroskopie.
— Dresden. Der Prosector am Stadtkrankenhause Professor Dr.
Xeolsen ist gestorben.
— Heringsdorf. Der durch seine langjährige Thätigkeit als Bade¬
arzt in Norderney bekannte Geheime Sanitätsrath Dr. Fromm ist in die
Badedirection des Ostseebades Heringsdorf eingetreten und wird von diesem
Sommer an daselbst prakticiren.
— Wien. Mit der 66, Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte, welche Ende September 1894 in Wien stattfindet, wird eine
Ausstellung von Gegenständen aus allen Gebieten der Naturwissen¬
schaften und der Medicin verbunden sein. Anmeldungen sind bis zum
20. Juni an das Ausstellungscomite der Naturforscherversammlung, Wien, (
I. Universität, zu richten, von welchem die Anmeldungsscheine, Aus¬
stellungsbestimmungen und alle Auskünfte zu erhalten sind.
- London. Dr. Henry Smith, einer der horvorragendsten
Operateure Londons, Schüler von Sir Wm. Fergusson ist gestorben
0pt _ Universitäten. Leipzig Prof. Ir. Eschenchm Graz ist
als Nachfolger Heubner’s nach Leipzig berufen. - Zur ch Dr.
A. Schaper, Assistent der anatomischen Anstalt, hat sich als Privat-
docent für Anatomie liahilitirt.
XIV. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke u. s. w. Specielle
Pathologie und Therapie, herausgegeben von Hofrath Professor Dr.
H Nothnagel, I. Bd.: Die Vergiftungen, von Prof. Dr. R. v. Jaksch.
2 Heft. Wien, Alfred Hölder, 1894. . . , , tr . ,
Bibliothek der gesammten medicinischen Wissenschaften.
Herausgegeben von Hofrath Professor Dr. A. Dräsche m Wien. I. Ab¬
theilung: Interne Medicin und Kinderkrankheiten, 15. Heft; II. Ahtheilung:
Pharmakologie und Toxikologie, 11. und 12. Heft. Wien und Leipzig,
MaX Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. R. Tho^a,
Lehrbuch der pathologischen Anatomie. I. Theil: Allgemeine pathologische
Anatomie mit Berücksichtigung der allgemeinen Pathologie. 742 b.
S tUtt Anthropologie. Georg Klebs, .V eb ® r d . as Verhältnis des
männlichen und weiblichen Geschlechts m der Natur. 30 S.,
0,80 M. Jena, Gustav Fischer, 1894.
Chirurgie. C. Langenbuch, Chirurgie der Leber und Gallen¬
blase. I. Theil. Deutsche Chirurgie, Lieferung 45c, 1. Heft, ölo b.
Stuttgart, Ferd. Enke, 1894. . , r .
Hautkrankheiten und Syphilis. Alfred Fourmer. Vorlesungen
über Syphilis hereditaria tarda. Bearbeitet von Dr. Karl Körbl
und Dr Max v. Zeissl. 1. Lieferung. Leipzig und Wien, Franz
Deuticke. 1894. , v ,
E. Lang, Ueber Vorbauung der venerischen Krankheiten.
Wiener Klinik 1894, 1. Heft. Wien, Urban & Schwarzenberg, 1894.
Hygiene nnd Sanitätswesen. Th. Weyl, Handbuch der Hygiene.
VI Bd 1. Heft: Markthallen, Schlachthöfe und Viehmärkte, vonRegierungs-
baumeister G. Osthoff; VI. Bd., 2. Heft: Volks- imd Hausb&der, von
Stadtbauinspector Th. Schultze und: Die Sicherheit in Theatern und
in grösseren Versammlungsräumen, von Prof. Fr. W. Büsing. Jena,
Gust. Fischer, 1894. . .
Th. Weyl, Die Einwirkung hygienischer Werke aut aie
Gesundheit der Städte mit besonderer Rücksicht auf Berlin.
70 S., 2,00 M. Jena. Gustav Fischer, 1893.
R Sendtner, Das Grundwasser in den einzelnen btaai-
theilen Münchens. 244 S. 12 M. München, M. Rieger’sche Um-
vorsitätsbuchhandlung, 1894. T
Infectionskrankheiten. Behring, Die Bekämpfung der In-
fectionskrankheiten. Hygienischer Theil, von Obermgenieur Brix,
Prof. Dr. Pfuhl und Hafenarzt Dr. Nocht. 493 S. Leipzig, Georg
Thieme, 1894. .
A. Dräsche, Ueber den gegenwärtigen Stand der baciliaren
Cholerafrage und über diesbezügliche Selbstinfectionsver-
suche. 70 S. Wien, Moritz Perles. 1894.
Innere Medicin. Thorner, Zur Behandlung der '
tuberculose mittels Koch’scher Injeetionen. 36 S. 1 M. Be ,
S. Karger, 1894. .
H. Vehsemeyer, Die Behandlung der Leukämie. 40b.
Berlin, S. Karger, 1894. v 1a _
Klimatologie un« Balneologie. P. Dengler, Der aaIL sc "
sische Bädertag. Nebst dem medicinischen. dem statistiscnen vt-
waltungs- und dem 'Witterungsberichte für die Saison 189o. ’
Commissions-Verlag der L. Schirmer’schen Buchhandlung, 189*-.
Krankenpflege. II. Jahresbericht des Ver eins zur Erricnt g
und Erhaltung einer klimatischen Heilanstalt für Brustkra
in Wien für das Jahr 1893. 16 S. Wien, Selbstverlag des Vereins,
Militarmedieinal wesen. Schumburg, Die C bo 4 ler * e
kungen in der Armee 1892—1898 und die gegen die
und zur Verhütung der Cholera in der Armee gßtrot
Maassnahmen. Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Min
sanitätswesens, herausgegeben von der Medicinalabthcilung des Jvonig
Preussischen Kriegsministeriums. Heft 8. 54 S. Berlin, Aug. nirs
Wald, 1894. ._, T er
Pharmakologie. Therapeutisches Jahrbuch. IV. Janrg ->•
Leipzig und Wien, Franz Deuticke, 1894. . •
Bocquillon-Limousin, Formulaire des medicament
veaux et des mddications nouvelles pour 1894. 314 o. »
I.B. Bailltere et Fils, 1894. „ .
Psychiatrie und Neurologie, v. Schrenck-Notzing. Ein
trag zur psychischen und suggestiven Behandlung
Neurasthenie. v 48 S. Berlin, Hermann Brieger, 1894. ~ « fir
Buschan, Die Basedow’sche Krankheit. Von d er n
Hufelandgesellschaft preisgekrönte Arbeit. 184 S. Leipzig und
Franz Deuticke, 1894. , , ,
Leopold Hirschberg, Ueber die Basedow sehe Kranküei *
Historisch-kritische Studie. Wiener Klinik, 1894, 2. und 3. Heft. - . •
Urban & Schwarzenberg, 1894. ' , . U '
Standesaugelegenkelten. XXVIH. Rechenschaftsberic
Vereins zur Unterstützung invalider hilfsbedürftiger
in Bayern für 1893. Nürnberg, 1894. __
Gedrückt bei Julias Sittenfeld in Berlin W.
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Donnerstag
^ 17 .
26. April 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet Ton Dr. Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin.
Llchtenst«Inallee 8. Potsdamerstr. 116.
— Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 81 .
I Aus d er chirurgischen Klinik der Charite in Berlin.
Ueber die frühzeitige Bewegung gebrochener
Gheder, mit besonderer Rücksicht auf die
untere Extremität 1 ).
Von Geheimrath v. Bardeleben.
Es sind mehrere Monate vergangen, seit ich unserem ver-
einten Vorsitzenden meine Bereitwilligkeit erklärte, auf diesem
Ungress eme Discussion „Ueber die frühzeitige Bewegung
gebrochener Glieder, mit besonderer Rücksicht auf die
untere Extremität“ durch einen Vortrag einzuleiten
Jr ,i m ., sind . ü , be !' diesea Gegenstand so viele Veräffentliehun-
erfolgt dass ich Ihre Geduld auf eine harte Probe stellen und
ur die Mehrzahl memer hochgeehrten Herren Collegen Bekanntes
mederholen wurde, wenn ich die bezügliche Litteratur Ihnen auch
.. m' to e( ^ r ^ n oter Kürze vorführen wollte. Andererseits scheint
fm..L! ngemeS , S . en ’ dass eine Tagesfrage, welche so allgemeines
fitem» Se e ™ ec bt ’ auf unserem Congress nicht mit Stillschweigen
tefnS^w * erde ’ UDd lcb boffe > dem Vorwurf, dass ich mich un-
hS B .^ e,Se - 7 rge ?' ängt habe ' zu «“‘gehen, wenn ich darauf
rnweisc, dass ich während eines halben Jahrhunderts Gelegenheit
tem,i.I aS ? Ung „£ ebabt babe - der Behandlung von Knochen-
und das- m et« a 8000 Fällen meine Aufmerksamkeit zu widmen,
unteren let ^ e “, Handlungen der Methode, Brüche der
letzte an’s X n e « ltät . ZUr Hel un ? zu bringen, ohne dass der Ver-
Aucen nnd i t gefcssel ‘ wird - a nf meiner Klinik, unter meinen
Augen und nicht ganz ohne meine Theilnahme sich vollzogen haben
letzten % chirurgischen Klinik der Charite sind während der
Charite a!« 5 I J zeIl n Jahre, über welche gedruckte Berichte in dei
kommen nie ? V T lle t gen ’ 4058 Knochenbrüche zur Behandlung ge
vier Wes! durchschnittlich 238 im Jahre. Im Laufe der letztei
U 6 ^ Brüche d r . (V 0 n .° 8 te™ 1892 , bis 1- April 1894) sind daselbsi
und geheilt worden 11 * 6 ™ 11 ® xbreDl1 *®* mlt Gehverbänden beiiandelt
bänderten V f? ucbe ’ Unterschenkelbrüche mit Gehver-
Korsch h t^ de1 ^’ - ha ^ im Sommer 1891 Herr Stabsarzt Dr
Beh^dlunf ^. P Seit Ostern 1892 ist bei diesen Brüchen die
In den Berhi t • ^ eb verbänden allgemein durchgeführt worden
34 1892 / 93 UDd 1893/94 sind behandelt worden:
ein Bruch eom^p 1 ic^rt 16 ' darunter ^ 3 Hrtiche beider Knöchel, wovon
16 Brüch^ heinfr Un ^f re ? drittel des Unterschenkels, darunter
18 BrürhA "^jscbenkelknochen, von denen 5 complicirt waren,
des Ünterschftnhpuf a * en , z ~ des mitt leren und unteren Drittels
Wochen stbrnoitl' daruntei ; 16 Fäl H in denen beide Unterschenkel-
12 Bn-ih h - Waren ’ davon ehl Fali offen -
Drittel) danint o m d ? r des Unterschenkels (im mittleren
bei einem dill iÄS® so ^ enannte Flötenschnabelbrüche. Nur
F äUen handebf Q 12 war die ™isi allein gebrochen. In 5
dl® Tibia zweimal 8 ® IC \ um °. ffeüe Fractur. In einem Falle war
des Oberschenkel e l nma l bestand gleichzeitig ein Bruch
4 Brüche k an\i Un n deS 0berarms derselben Seite.
Fnterschenkek \j, er • ren . ze des mittleren und oberen Drittels des
gebrochen. ln emem dieser Fälle war die Tibia allein
gresses am dritten Tage des XXIII. Con-
scüen Gesellschaft für Chirurgie.
TT . 4 ? r K ; ‘" lm oberel1 Drittel. Bei 3 dieser Fälle waren beide
Uiterschenkelknochen, bei einem nur das Schienbein gebrochen.
Es sind demnach im ganzen 89 Fälle von Brüchen des Unter¬
schenkels mit Gehverbänden behandelt und geheilt worden, unter
denen sich 12 complicirte Brüche befanden.
Die Behandlung von Oberschenkelbrüchen mit Geh ver¬
banden wurde auf meiner Klinik im Sommersemester 1892 von
Herrn Stabsarzt Dr. Kor sch begonnen. Es sind seitdem behandelt
und geheilt worden:
i 1 Bi uch im unteren Drittel und 3 diesem gleichwerthige
j Osteotomieen: 1 nach Macewen, 2 nach Ogston; letztere sind noch
m der Klinik anwesend.
, 5 ßHiche an der Grenze des mittleren und unteren Drittels
darunter ein offener Bruch.
4 Brüche in der Mitte des Oberschenkels,
j 5 Brüche an der Grenze des mittleren und oberen Drittels,
j 2 Brüche dicht unter dem kleinen Trochanter.
2 Schenkelhalsbrüche.
Im Ganzen also 22 Brüche des Oberschenkels, darunter, wenn
wir die Oesteotomieen hinzuzählen, 5 oflene.
Die Behandlung der Patellarbrüche mit Gehverbänden ist im
Sommer 1893 begonnen worden. Bisher sind 5 Kranke in dieser
Weise behandelt und geheilt.
Dies ergiebt also 116 Patienten mit Brüchen der unteren
Gliedmaassen. Hierzu kommen noch 7 Fälle aus dem Berichts¬
jahre 1891/92, in welchem jedoch die ambulante Behandlung noch
nicht bei allen Fracturen der unteren Extremität durchgeführt wurde.
Ich glaube auf Grund dieses Beobachtungsmaterials in der
Lage zu sein, mir ein praktiscli begründetes Urtheil bilden zu
können. Auf die Technik der Methode will ich nicht eingehen, da
ich voraussetzen darf, dass dieselbe von den Herren, welche sich
um die Verbesserung derselben besondere Verdienste erworben
haben, erläutert werden wird. Praktische Demonstrationen soUen
morgen früh vor unserer Sitzung in meiner Klinik stattfinden.
Zwei Fragen möchte ich in der nachfolgenden Discussion be¬
sonders berücksichtigt sehen:
1. Welche Vortheile gewährt die frühzeitige Be¬
wegung gebrochener Glieder, namentlich also das Um¬
hergehen auf zerbrochenen Beinen, wenige Tage nach
der Verletzung? und
2. Welche Gefahren sind mit solchen frühzeitigen
Bewegungen verbunden?
Bis vor wenigen Jahren war der Grundsatz allgemein aner¬
kannt und wurde allgemein befolgt, dass man zerbrochene Glieder
bis zur Heilung des Bruches in möglichst vollständiger Unbeweg¬
lichkeit erhalten solle. Selbst Seutin, der Erfinder des Kleister¬
verbandes, hat daran festgehalten; seine Patienten trugen das ge¬
schädigte Bein in einer besonderen Schlinge. Einer seiner be¬
geisterten Lobredner hat zwar behauptet, die Vorzüge der neuen
Methode seien so gross, dass man dieselben, nämlich die Inamo-
vibilitö, die Amovibilitö und die Döambulation, mit der heiligen
Dreieinigkeit vergleichen müsse; aber diese Döambulation hat
niemals in einem wirklichen Auftreten mit dem zerbrochenen Bein
bestanden. Ebenso wenig hat Astley Cooper, als er, viel früher
schon und in ganz anderer Absicht den Rath gab, bei Brüchen des
Schenkelhalses das Bein bewegen zu lassen, daran gedacht, dass
mit demselben aufgetreten werden sollte.
Jedoch hatte man gelegentlich Erfahrungen genug bei Brüchen
der Kiefer, des Schlüsselbeines und manchen Fracturen der oberen
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17
374
Extremität gemacht, welche zeigten, dass keine absolute Unbeweg¬
lichkeit zur Heilung erforderlich sei. Der Vorschlag Cooper’s,
hei verzögerter Callusbildung die Patienten mit dom verletzten
Bein auftreten zu lassen, um eine lebhaftere Knochenneubildung
hervorzurufen, lässt deutlich erkennen, dass man in einem solchen
Unternehmen, freilich in einem viel späteren Stadium der Be¬
handlung, kein besonderes Wagniss erblickte. Häufiger, als es der
Arzt erfuhr, mag es auch seit Einführung des Gypsverbandes vor-
gekommen sein, dass der Patient auf eigene Gefahr schon in der
ersten Woche nach der Fractur in seinem Gypsstiefel herumgehinkt
ist. Es ist mir noch lebhaft in der Erinnerung, wie ich selbst vor
mehr als 30 Jahren, als ich einen Knöchelbruch mit Luxation des
Fusses erlitten hatte, schon am ersten Tage umhergegangen bin
und weiterhin eigentlich nie dauernd stillgelegen habe. Aber ein
solches Verfahren zu einer allgemein anzuwendenden Methode zu
erheben, hat man erst in den letzten Jahren unternommen. Und
doch sind die Vortheile so überaus grosse. Ich sehe ab von den
grossen Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten, welche dem
Patienten in Betreff der Befriedigung seiner körperlichen Bedürf¬
nisse, in Betreff seiner Erwerbs- und Berufstätigkeit und in seinem
Familienleben durch die Freiheit der Ortsbewegung gewährt
werden. Ich will nur das hervorheben, was speciell den Arzt
interessirt.
Dass ein Patient, der nicht mehr zu liegen braucht, als er
mag, sich nicht durchliegt, ist klar. Dass die Muskeln, welche
täglich geübt werden, nicht schwinden, ist selbstverständlich. Aber
der günstige Einfluss, welchen die Bewegung auf die Ernährung
des Gliedes ausübt, geht noch weiter: der zerbrochene Knochen
heilt in dem Gehverbande nicht bloss ebenso schnell, sondern
schneller als bei andauernder Ruhe. Und der ganze Organismus
empfindet diesen günstigen Einfluss: Appetit, Verdauung und Schlaf
verhalten sich wie bei einem gesunden Menschen.
Von besonderer Bedeutung ist der Ausschluss des absoluten
Stillliegens für zwei Gruppen von Verletzten: für alte Leute und
für Säufer. Erstere haben keine Verschlimmerung des meist schon
bestehenden, chronischen Bronchialkatarrhs, keine hypostatische
Pneumonie zu befürchten; im Gegentheil, mancher alte Katarrh
schwindet bei ambulanter Behandlung während des Aufenthaltes
im Krankenhause. Der Potator aber scheint, wenn er sich täglich
Bewegung machen kann, der Gefahr des Delirium tremens regel¬
mässig zu entgehen. Dies Uebel ist in meinen Sälen bei nur
irgend erheblich verletzten Männern so überaus häufig, dass es
kein blosser Zufall sein kann, wenn ich es bei den mit Gehver¬
bänden behandelten Beinbrüchigen bisher noch nicht ein einziges
Mal habe auftreten sehen.
Endlich darf ich nicht unerwähnt lassen, dass die Verletzten
beiderlei Geschlechts selbst sehr schnell die Vorzüge der neuen
Methode schätzen lernen. Kein einziger ist auf meiner Klinik ge-
nöthigt worden, gegen seinen Willen Gehversuche zu machen.
Findet sich in dem Saale bereits Einer, der mit seinem zer¬
brochenen Beine umherläuft, so wollen Alle frisch hinzugekommenen
es ihm nachmachen oder gar zuvorthun. Nur wo zufällig einmal
ein solcher Führer nicht vorhanden war, bedurfte es bei Aengst-
lichen einiges Zuredens für den ersten Versuch. Selbstverständlich
wird hierbei immer vorausgesetzt, dass der Verband seine Schuldig¬
keit thut: bei Brüchen des Oberschenkels muss er am Tuber ischii,
bei Unterschenkelbrüchen an den Condylen der Tibia seine Haupt¬
stütze finden, bei letzteren, wenn sie hochsitzen, auch das untere
Drittel des Oberschenkels umfassen.
Ich wende mich zu der zweiten Frage: Welche Gefahren
birgt die neue Methode? Hier sei vor Allem bemerkt, dass
der Gehverband nicht etwa ein Faullenzer in der Chirurgie werden
soll, wie Stromeyer bekanntlich den Gypsverband nannte. Er
bedarf sorgfältiger Ueberwachung, wie jeder Verband, vielleicht
noch mehr als mancher andere.
„Schwillt denn der Fuss nicht gewaltig an, wenn die Ver¬
letzten in solchem Verbände umhergehen?“
Das ist die Frage, die mir von Collegen, welche die neue
Behandlungsweise in meiner Klinik kennen lernen wollten, immer
wieder vorgelegt worden ist. Ich kann darauf, nach den bisherigen
Erfahrungen, nur „nein antworten. Legt man den Verband an
bevor noch eine erhebliche Anschwellung sich gebildet hat, so ent¬
steht eine solche in der Regel auch nicht, selbst wenn man schon
am nächsten Tage Gehversuche machen lässt. Vorsichtiger ist es
•? 7 b I-n ZUm dritten oder vierten Tage zu warten, obgleich wir
üble Zufälle nach den frühzeitigen Versuchen nicht gesehen haben.
Ist die Geschwulst bereits erheblich, bevor man den Verband an-
legen konnte, so kommt man gewöhnlich in die Lage, denselben
bald erneuern zu müssen, nicht weil die Anschwellung stiege, son¬
dern weil sie, wie bei der Behandlung in ruhiger Lage, allmählich
sinkt und der Verband also zu weit wird. Es ist aber während
der ganzen Behaudlungszeit wenigstens bei den Gvps- und bei den
Gypsleimverbänden, w r ünschenswerth, dass der Verband genau an-
licge. Nothwendig ist es nicht immer; denn auch diese Verbände
wirken nicht bloss durch gleiehmässiges Umfassen und Um-
schliessen der Extremität, sondern ebenso sehr und oft ausschliess¬
lich (z. B. bei hohen Oberschenkel- und bei Schenkelhalsbrüchen)
durch Extension, indem sie sich an alle Vorsprünge und Ver¬
tiefungen am oberen und unteren Ende des geschädigten Extremi¬
tätenabschnittes genau anschmiegen. Jedenfalls wird man während
der ganzen Heilungsfrist einerseits die Klagen der Patienten über
irgend welchen localen Druck und andererseits den Zustand der
absichtlich vom Verband freigelassenen Zehen zu berücksichtigen
haben und lieber zehnmal zu oft, als einmal zu wenig, Verband¬
wechsel und Revision des verletzten Gliedes vornehmen.
Es scheint mir hier, wo wir von den Gefahren der neuen
Methode reden, der Ort zu sein, die Behandlung der eom-
plicirten, d. h. offenen Fracturen, mit Gehverbänden
besonders zu erörtern. Wir alle wissen, dass die complicirten
Brüche nicht blos von Alters her als ein Prüfstein chirurgischer
Leistungsfähigkeit angesehen worden sind, sondern auch noch
nach der Einführung der antiseptischen Methode hohe Anforderun¬
gen an die Sorgfalt und Geschicklichkeit des Arztes stellen.
Selbstverständlich darf durch die Anwendung von Gehverbänden
die Sorge für den aseptischen Zustand der Verletzung keinen
Augenblick in den Hintergrund gedrängt werden. Wird diese
Vorsicht streng beachtet, so vermag ich, nach den bisherigen Er¬
fahrungen, in der That nicht einzusehen, dass bei der ambulanten
Behandlung eomplicirter Fracturen besondere Gefahren zu erwarten
sein sollten. Meine Erfahrungen beziehen sich freilich erst auf
16 Fälle, -wenn ich die drei Osteotomieen am Oberschenkel mit
einrechne. Von diesen betrafen 12 den Unterschenkel; einmal
war die Tibia an zwei Stellen gebrochen, doch nur die eine Bruch¬
stelle offen. Sicherlich giebt es viele complicirte Fracturen, bei
denen man eher an die Amputation, als an den Gehverband denken
wird. Aber die Mehrzahl sind doch solche, bei denen, wenn der
Verlauf in den ersten Tagen die Ueberzeugung gefestigt hat, dass
Wundinfection ausgeschlossen sei, der Versuch gemacht werden
darf, den Patienten mit einem Gehverbande auf die Beine zu
bringen. Mag er dann nicht gehen, oder stellen sich dabei irgend
welche Uebelstände heraus, so hindert nichts, dass er mit dem
Gehverbande auch dauernd im Bett liege. Ein Schaden wird ihm
daraus, wenn der Verband gut gemacht ist, sicherlich nicht er¬
wachsen; nur geht er der Eingangs erwähnten Vortheile ver¬
lustig.
Das, hoffe ich, wird überhaupt das Ergebniss unserer heutigen
Verhandlung sein: „es ist von grossem Vortheil für die Ver¬
letzten, wenn man sie mit solchen Verbänden versieht,
welche ihnen gestatten, schon nach wenigen Tagen mit
dem zerbrochenen Bein aufzustehen, aufzutreten und um¬
herzugehen; aber diese Behandlungsweise darf nur unter
ärztlicher Aufsicht und mit sorgfältiger Berücksichtigung
aller vorhandenen oder hinzutretenden Complicationeu
eingeleitet und durchgeführt werden“.
II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen
Ueber die Ausgänge der tuberkulösen Coxitis
bei conservativer Behandlung. 1 )
Von Prof. Dr. P. Brnns.
Ich habe in Gemeinschaft mit meinem Assistenzarzt Herrn
Dr. Wagner den Versuch gemacht, das Material der Tübinger
Klinik, das seit 40 Jahren in sorgfältig geführten Krankengeschichten
gesammelt ist, zu einer möglichst zuverlässigen Statistik der tuber¬
kulösen Coxitis zu verwerthen. Die Bevölkerung auf dem Lande
und in den kleinen Städten Württemberg^ ist recht sesshaft, und
es gelingt deshalb mit Hülfe der Behörden meistens, die früheren
Kranken der Klinik zu ermitteln. Die Nachforschungen haben sich
zu einer umfassenden Enquöte über sämmtliche Coxitis-
kranke der Klinik aus einem Zeitraum von 40 Jahren,
d. h. über 600 Fälle ausgestaltet. Dadurch, dass sowohl die
ambulatorisch als die stationär Behandelten einbegriffen wurden,
sollte die Gesammtheit der leichten und schweren Formen von
Coxitis zusammengefasst werden, wie sie in einem grossen Bezirk
und während eines langen Zeitraumes Vorkommen. Der wichtigste
Erfolg unserer Bemühungen war der, dass die Mehrzahl der
Ueberlebenden, über 200 Personen, sich zur Nachunter¬
suchung gestellt haben. Ueber die anderen sind mittels Frage¬
bogen Nachrichten eingezogen, wobei uns vielfach die Unterstützung
von Collegen zu Theil wurde.
*) Nach dem einleitenden Vortrag, gehalten am ersten Tage des
XXIII. Consresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (iS. his
21. April 1894).
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
6. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Dio zahlreichen Nachuntersuchungen boten für mich ein
geradezu spannendes Interesse. Sie erwiesen sich als unerlässlich
um die zum Theil im Boginn der Krankheit unrichtig o- GS t e lIteii
Diagnosen zu berichtigen. Hierbei ergaben sich auch überraschende
Ergebnisse bezüglich einiger anderer Affectionen, welche mit der
tuberkulösen Coxitis verwechselt werden können.
Die eine Erfahrung ist die, dass eine ansehnliche Zahl der in
den Listen unter der Bezeichnung „beginnende Coxitis“ oder
„chronische Coxitis“ eingetragenen Fällo vielmehr diejenige Affoction
aufwies, welche unter dem Namen „Schenkelhalsverbiegun«-“
zuerst von Ernst Müller aus meiner Klinik beschrieben worden
ist. Während wir dieselbe bisher als eine Seltenheit betrachteten
haben uns die Nachuntersuchungen belehrt, dass sie nichts weniger
als selten ist und daher ein unmittelbares praktisches Interesse
bietet. Dazu ist das Krankheitsbild ein ganz charakteristisches
wie wir aus der Vergleichung von mehr als 30 Fällen entnehmen
konnten. Es unterliegt also wohl keinem Zweifel, dass die Affection
welche vielleicht mit dem Namen Coxavara belegt werden könnte,’
unter die typischen Belastungsdeformitäten des Waehs-
thumsalters eingereiht zu werden verdient, ebenso wie das
Genu valgum: bei jener ist der Sitz der Wachsthumsstörung das
obere, bei diesem das untere Ende der Femurdiaphyse. Da die
Affection mit einem mehr oder weniger ausgesprochenen Stadium
der Schmerzhaftigkeit und Functionsstörung, also unter dem Bilde
der Coxitis einsetzt, so gehören hierher so manche sogenannten
„dunkelen“ Coxitisfälle, welche man nicht recht
genannten Coxitis rheumatica adolescentium. Des weiteren brauche
ich auf den Gegenstand nicht einzugehen, da Herr Dr. Hofmoister
an einem der nächsten Sitzungstage ausführlicher hierüber be¬
richten wird.
Noch eine andere Errungenschaft verdanken wir der Gelegen¬
heit, eine so überaus grosse Zahl ausgeheilter Coxitisfälle Revue
pas&iren lassen zu können. Ich meine die Erfahrung, dass die
alle von Coxitis im Gefolge infectiöser Osteomyelitis
des oberen Femurendes viel häufiger sind, als man bis-
ner annahm. Das Hüftgelenk nimmt ja dadurch eine Sonder¬
stellung ein, dass das obere Diaphyseneude des Femurs, der Schenkel-
nals, zun i grössten Theil intraarticulär gelegen ist. König hat
aut diese Fähe und auf ihre Unterscheidung von der tuberkulösen
coxitis langst aufmerksam gemacht; sie beruht hauptsächlich auf
em acuten oder subacuten Beginn der Gelenkentzündung im Gegen-
satz. zu dem schleichenden Beginn der Hüftgelenkstuberkulose.
aake jetzt die bestimmte Ueberzeugung gewonnen, dass
auch die osteomyelitische Form der Coxitis einen eminent
TT„+ 0ni f c .*l en ® e &i nn Ufl d Verlauf haben kann, so dass die
Unterscheidung von der tuberkulösen Form in der That die grössten
* leriökeiten bietet. Der Verlauf kann leicht oder schwer sein,
|.V °, Pr ohne Eiterung und Fistelbildung einhergehen und nameut-
i cr Aufbruch zuweilen erst nach Jahr und Tag zustande
aber der weitere Verlauf und Ausgang die
. 1 Leidens auf: das eine mal ist es, wenn auch erst
kn™™ an ® P1 zur Ausstossung eines corticalen Sequesters ge-
i; , en ’ an( lere mal haben sich acute Nachschübe oder Reei-
einlr 1 ’ L ° Xltls . ein ff es tellt, oder man findet nach der Heilung tief
pinf *°ff ene . mit dem Knochen verwachsene Narben, oder es ist
Wapiicfi^ eWü x! 1U1C ^ s ^ arke Verkürzung des Oberschenkels durch
Thpil nw D ! Shemn l UI ? g zurückgeblieben — Merkmale, die eben zum
schein um* treSn na °^ der klinischen Beobachtung in die Er-
achtiui 0 n-n^ eSSeri j aus unseren abgeschlossen vorliegenden Beob-
etwa Rr? evm? uamentlich mit Hülfe der Nachuntersuchungen
und phrnni. t lle osteomyelitischer Coxitis mit subacutem
weit jriin C <- ei ^ Zulauf ausscheiden. Da die Prognose derselben
Aus8rLi ( imf r i. St als die der . tuberkulösen Coxitis, so fällt ilire
das ein Pi\f Ur j uns . ere Statistik schwer ins Gewicht. Es ist
namentlich S* i/? r , üi^^ukunft mehr- Beachtung verdient und
sichtigt werden 1 muss^ er der Hüftgelenksresection berück-
w orden ^in^ TP J? ock erwähnen, dass alle Fälle ausgeschieden
betiT Ä deren Krankheitsdauer weniger als-1^-2 Jahre
beeinträchtigt* ^ eni ffen, welche mit normaler oder nicht wesentlich
die Möo-iir.hf«it , nctlon ausgeheilt sind. Wenn damit auch nicht
gelegentlich^^^t ^leugnet werden soll, dass die tuberkulöse Coxitis
gelangen kam/ ^ reie . r Beweglichkeit des Gelenks zur Heilung ge-
Anzahl zwAifJw*. Wlrd durck diese Einschränkung jedenfalls eine
schlossen wie «! 0r .,. u ? d nicht hierher gehöriger Fälle ausge-
toiden Form liamen olich solche der rheumatischen oder rheuma-
deripni^/f 6 sorgfältige Auswahl der Fälle sowie nach Abzug
375
Irn v l, d ; 321 2? nsp rrativ, b9 mit Resection behandelt. Ich
J.iU v . eisl oben, ohne Sie allzusehr mit Zahlen zu ermüden zunächst
die wichtigsten Ergebnisse hinsichtlich der Proo-nose beTton
Se Tni« H l e | ha l dl , UUff n“ Sätze zusamnienzufassen!* 1 )
die h. H rkUl ? Se C T°T tis befflllt fast au sschlicss-
die beiden ersten Jahrzehnte. Das erste Deeennium
Drittel m p älffce dei ‘ F ‘ U , le . ( 48 Procent), das zweite mit einem
Dntte! (37 Procent), das dritte nur noch mit >/ig (6 Procent) der
lieh
Gesamintzahl betheiligt.
derlälU i w^ b0I 'a U - I . ÖSe Coxitis , bleibt in einem Drittol
der Falle während ihres ganzen Verlaufes frei von mani-
fester Eiterung, während in zwei Dritteln der Fälle
koramt Sbl dUDg ’ Aufbruch und Fisteleiterung zustande
8. Die tuberkulöse Coxitis wird bei conservativer
Behandlung in 55 Procent der Fälle geheilt. Die Heiluno-
erfolgt nach einer durchschnittlichen Krankheitsdauer von vier
Jahren.
P i 4 : Bor tödtüche Ausgang, 2 ) in 40 Procent der Fälle,
erfolgt gewöhnlich an Tuberkulose anderer Organe, namentlich der
Lungen und Hirnhäute, 3 ) sowie an allgemeiner Miliartuberkulose
bei der fungös - eitrigen Form auch an Amyloid, erschöpfender
Eiterung und septischer InfectionJ) Der Tod erfolgt nach durch¬
schnittlich dreijähriger Krankheitsdauer.
linfnpvnK • i .i Im Einzelncn wird die Prognose wesentlich beeinflusst durch
wusste, und gewiss auch die meisten Fälle derTon Billro” | Zm
a, ler derjenigen.
t'Hangeu
M| o - v " ***** ovvtxv ltaiyU il-U/,
über welche keine genügenden Nachrichten
Wftrpn w v &vuu ft ouuou nawuiuuwa au
aren ’ lbfc unse1 ' Material von 600 Fällen auf 390 reducirt.
. . J ^ Hüftgelenkstuberkulose gelangen 77 Procent der Fälle
bei der fungos-eitrigen nur 42 Procent zur Heilung. Das Auf¬
treten von Gelenkeiterung verschlechtert also die Prog¬
nose um mehr als das zweifache (23:58 Procent Mortalität).
. tu ° n wesentlichem Einfluss auf die Prognose ist ausserdem
das Lebensalter bei Beginn der Erkrankung. Im Allgemeinen
verschlechtert sich die Prognose mit dem zunehmenden
Lebensalter: Das erste Jahrzehnt weist 65 Procent Heilungen
das zweite 56, das dritte bis vierte nur noch 28 und das fünfte
bis sechste Jahrzehnt Null Procont Heilungen auf. Speciell für
die fungös-eitrige Form ergeben sich vom 20. Lebensjahr an nur
verschwindend wenige Heilungsfälle.
7. Die von der tuberkulösen Coxitis Geheilten erliegen zum
Theil noch nachträglich der Tuberkulose anderer Organe. Inner¬
halb des ersten Jahrzehnts sterben Null Procent, inner¬
halb des zweiten Jahrzehnts 9 Procent, nach 20 bis 40
Jahren noch 7 Procent der Geheilten an Phthisis.
Lassen Sie uns nun von diesen Leichenfeldern hinweg einen
Blick werfen auf die Ueberlebenden und Geheilten. Der Anblick
ist ein recht erfreulicher. Die als elende, schwerkranko Kinder in
Behandlung gestanden hatten, sind jetzt, nach 10, 20 und 30 Jah¬
ren zumeist gesund aussehende, oft sogar ganz kräftige Gestalten:
nicht viele verdienen eigentlich den Namen Krüppel. Ich muss
gestehen, dass mir dio vielen Nachuntersuchungen dadurch grossen
Eindruck gemacht haben, dass die meisten der Geheilten eine auf¬
fallend gute Gebrauehsfähigkeit des Gliedes und selbst nach
schweren Zerstörungsprocessen die volle Arbeitsfähigkeit für
mancherlei leichtere Berufsarten erlangt hatten. Bei Allen ist
zwar der Gang mehr oder weniger stark hinkend, das Bein in ver¬
schieden hohem Grade atrophisch und fast immer verkürzt, das
Hüftgelenk theilweise oder ganz steif in dieser oder jener Contrac-
turstellung — und doch gehen die Meisten recht behende ohne
Stütze und können sogar stundenweite Entfernungen zurücklegen.
Die functioneilen Endresultate sind also im ganzen
über Erwarten günstig. Nur auf einige Punkte von besonderem
Interesse muss ich noch etwas näher eingehen.
Die Beweglichkeit im Hüftgelenk ist in allen Fällen
ohne Ausnahme wesentlich beschränkt oder ganz aufgehoben. Im
ganzen kann man sagen, dass ein Drittel der Fälle mit theilweiser,
zwei Drittel mit vollständiger oder annähernd vollständiger Ankylose
zur Ausheilung kommen. Es versteht sich aber, dass hierbei das
Eintreten oder Ausbleiben der Gelenkeiterung den Ausschlag giebt,
indem bei der nichteitrigen Form die Hälfte, bei der eitrigen vier
Fünftel der Fälle mit totaler Ankylose heilt.
Mit ziemlich seltenen Ausnahmen besteht eine typische Con-
tracturstellung in geringerem oder höherem Grade: fast immer
in Flexion, dabei gewöhnlich (in zwei Drittel der Fälle) in Ad-
duetions-, seltener (in ein Drittel der Fälle) in Abductionsstellung.
r ) Die ausführliche Mittheilung der Ergebnisse wird Herr Dr. W agner
in den „Beiträgen zur klinischen Chirurgie“ veröffentlichen.
’) Die ungcheilten Fälle machen nur vier Procent der Gesammt-
zalil aus.
®) Unter den hu Alter bis zu 15 Jahren an Tuberkulose Gestorbenen
ist ein Drittel der Meningealtuberkulose erlegen.
*) Dio Mortalität an PyHniie beträgt fünf Procent der Fälle mit
Eiterung (aus der vorantiseptischeu Zeit).
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
376
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT^
No. 17
Die Contractursteilung wird natürlich durch Beckenverschiebung
so gut wie möglich compensirt, allein nicht so gar selten erreich
die Flexion beinahe einen rechten Winkel, die Adduction einen
halben rechten, so dass die scheinbare Verkürzung recht bedeutend
und daher das Gehen ziemlich mühsam ist. Gerade diese Winkel¬
stellung ist das schlimmste Gehhinderniss, nicht die Ver¬
kürzung — das kann mit Rücksicht auf die Behandlung nicht
genug betont werden.
Bezüglich der Verkürzung sind in allen I Ul len genaue
Messungen angestellt, um die verschiedenen Ursachen derselben
festzustellen, da die Ansichten hierüber zum Theil noch nicht ganz
geklärt sind.
Da ist zuerst die absolute Verkürzung, bedingt durch ein
Zurückbleiben des Oberschenkels im Wachsthum. Sie wird kaum
jemals vennisst, wenn die Coxitis aus der Kindheit stammt, aber
sie beträgt auch nach Vollendung des Wachsthums nur 1 2 cm,
ausnahmsweise 8 cm. Dass die Ursache der Wachsthumshemmung
nur in der Inactivität, nicht in der Läsion des Epiphysenknorpels
zu suchen ist, scheint mir dadurch bewiesen, dass in der Mehrzahl
der Fälle auch am Unterschenkel und zuweilen sogar am Fuss
sich eine Verkrüppelung geringeren Grades findet. Ich halte sogar
bei absoluter Verkürzung höheren Grades den Verdacht für be¬
gründet, dass die vorausgegangene Coxitis nicht auf Tuberkulose,
sondern auf infectiöser Osteomyelitis beruht, bei welcher eine
Schädigung des Epiphysenknorpels nichts Ungewöhnliches ist.
Eine andere Art der reellen Verkürzung, welche durch den
Höherstand des grossen Trochanter am Becken ausgedrückt
wird, ist in etwa 4 /s der Fälle vorhanden und erreicht oft recht
hohe Grade: im Durchschnitt beträgt sie 4 cm. Die Ursache ist
gewöhnlich in vorausgegangener Zerstörung am Schenkelkopt und
der Pfanne zu suchen. Bei beträchtlichem Hochstand des Trochanter
findet man an der Aussenfläche des Darmbeins einen oft recht
voluminösen knöchernen Wall, ohne daselbst den Schenkelkopf
durchtasten zu können; nur in einigen Fällen war der in seinem
Umfange verkleinerte Kopf nach hinten oder vorn oder gerade
nach oben luxirt zu fühlen. Es bestätigt sich also, dass bei der
tuberkulösen Coxitis die Pfannenwanderung viel häufi¬
ger ist, als die eigentliche Spontanluxation. Die erstere
bietet den functioneilen Vortheil, dass' die typische Stellung des
Gliedes nicht so ausgeprägt und starr ist wie bei der Luxation,
so dass die Gebrauchsfähigkeit weit günstiger ist.
Zu der reellen kommt nun aber noch die scheinbare Verkürzung
durch Beckenhebung, welche dieselben oder noch höhere Grade er¬
reichen kann. Fasson wir beide, die reelle und scheinbare Ver¬
kürzung als functioneile Verkürzung zusammen, wie sie eben
beim Auftreten thatsäehlich in Wirkung tritt, so erreicht diese
durchschnittlich 7 cm, oft aber auch 10—12 cm. Die Mehrzahl
der Untersuchten bedient sich, um die Verkürzung theilweiso aus¬
zugleichen, einer erhöhten Sohle, Viele erklären aber ohne eine
solche besser zu gehen.
Das sind in aller Kürze die wichtigsten Ergebnisse unserer
Nachforschungen. Sie halten zwischen den weit auseinander
gehenden Ziffern anderer statistischer Erhebungen etwa die Mitte
ein, wohl aus dem Grunde, weil unser Material nicht blos einzelne
Kategorieen, sondern die Gesammtheit der tuberkulösen Coxitisfälle
aus einem langen Zeitraum umfasst. Die Zahlen dürften daher
den thatsächlichen Verhältnissen ziemlich nahe kommen. Es ist
dies insofern immerhin erfreulich, als hierdurch die früheren pessi¬
mistischen Anschauungen, wie der Hueter’sche Satz: „Die Eite¬
rung des Hüftgelenks ist ein fast absolut tödtlicher Process“, nun
endgiltig beseitigt sind. Und doch haben diese Anschauungen
dazu geführt, in der Frühresection des Hüftgelenks das einzige
Heil der Coxitis zu erblicken.
Aber nun der Schlüssel zu diesen Resultaten! Durch welche
Behandlungsmethoden sind sie erzielt? Ich habe diesen Punkt ab¬
sichtlich nicht vorangestellt, um nicht den Anschein zu erwecken,
als ob die Resultate zu Gunsten oder Ungunsten irgend einer Be¬
handlungsmethode vorgeführt werden sollten. Die Beobachtungen
stammen aus einem langen Zeitraum, innerhalb dessen mehrfache
fundamentale Wandlungen in der Therapie der Coxitis sich voll¬
zogen haben: Zuerst die Periode der Behandlung mit ableitenden
Mitteln, mit Blasenpflastern, Moxen, Blutentaiehungen und Glüh¬
eisen; dann die Periode der mechanischen Behandlung, zuerst mit
Streckapparaten, dann mit Gewichtszug und daneben die Anwen¬
dung erhärtender Verbände; endlich die neueste Periode der Jodo-
’formbehandlung, welche besonders günstige Aussichten zu ver¬
sprechen scheint.
Eine sehr mannigfaltige Behandlung ist also in unseren Fällen
Zur Anwendung gekommen — aber noch mehr, die Ermittelungen
haben ergeben, dass von den ambulatorischen Fällen manche in Folge
der Indolenz der Landbevölkerung so gut wie gar keine ärztliche
Behandlung gehabt haben, während von den stationären viele nur
während ihres Aufenthalts in der Klinik einige Wochen oder
Monate lang in regelrechter Behandlung gestanden haben. Jeden¬
falls ist bei der Mehrzahl der Kranken von einer consequenten Be¬
handlung nicht die Rede gewesen; speciell die Jofoformbehandlung
ist nur in wenigen Fällen durchgeführt worden, dä die Coxitis-
kranken aus den letzten drei Jahren überhaupt aus unserer Statistik
ausgeschlossen sind.
Unsere Resultate sind also die einer nicht specifischen con-
servativen bezw. exspectativen Behandlung, welche auch auf
die schwersten Fälle ausgedehnt worden ist. Denn der Einwaml,
als ob ein wesentlicher Theil der schwersten Fälle der Resection
anheimgefallen wäre, ist deshalb hinfällig, weil die Beobachtungen
zum grossen Theil aus einer Zeit stammen, in welcher gar nicht
oder sehr wenig resecirt worden ist.
So bilden denn diese Ergebnisse erst die nothwendige
Grundlage, um hieran die Resultate der specifischen
Behandlungsmethode zu messen, wie namentlich die der
Jodoformbehandlung und Resection. Ueber die Erfolge der Jodo¬
formbehandlung liegen noch keine ausgedehnteren Erfahrungen
vor. Was die Resection betrifft, so werden ihre Aussichten von
vornherein dadurch getrübt, dass nach unseren Ermittelungen etwa
2 / 3 der Todesfälle der Tuberkulose anderer Organe und der allge¬
meinen Tuberkulose zur Last fallen, nur Vs der Gelenkeiterung
selbst mit ihren Folgen (Amyloid, Erschöpfung, septische Infection).
Die Ausschneidung des tuberkulösen Gelenks ist aber nicht im
Stande, jene Hauptgefahr für das Leben wesentlich herabzusetzen.
In der That ergiebt eine Vergleichung unserer Resultate mit denen
der Resection, dass letztere keine geringere Mortalität und be¬
züglich der Function entschieden weniger günstige Erfolge auf¬
zuweisen hat. Allerdings haben die umfassenderen Resections-
statistiken, über die wir bisher verfügen, heutzutage keine volle
Gültigkeit mehr, weil sie zum Theil in die vorantiseptische Zeit
zurückreichen: es bedarf erst der Zusammenstellung einer hin¬
reichend grossen Anzahl von Resectionen, welche nach modernen
Grundsätzen und mit moderner Technik behandelt ^ sind,
um die Bedeutung der Resection bei der tuberkulösen Coxitis
richtig zu beurtheilen. Soviel steht aber fest, die Resection
tritt erst dann in ihr Recht, wenn eine consequentc
Conscrvativbehandlung nicht zum Ziele führt.
III. Aus der I. medicinischen Universitätsklinik in Berlin.
Zur Gewebssafttherapie. 1 )
Von Dr. Goldseheider,
Stabsarzt und Privatdocenten, Assistenten der Klinik.
Wenn ich zur Discussion über den interessanten Vortrag des
Herrn Fürbringer das Wort nehme, so geschieht es darum,
weil wir uns auf der medicinischen Klinik mit einer Prüfung der
Wirkung solcher Organsaftsubstanzen schon seit l l /s Jahren be¬
schäftigt. haben und ich spociell mein Interesse auf diese Dingo
gelenkt hatte. Es handelt sich hierbei um eine bedeutungsvolle
Bewegung in der wissenschaftlichen Medicin, welche zwar nicn
neu in der Geschichte unserer Wissenschaft ist, vielmehr eine
Wiederholung von uralten, mehrfach wieder aufgetauchten Be¬
strebungen — deren Bedeutung Sie aber nach dein Referat von
Herrn Fürbringer nicht vorkennon werden: es handelt sic \
um eine so wichtige, einflussreiche und wio es scheint, auch so
gefährliche Richtung der Medicin, dass es eine unumgänglicie
Aufgabe der Klinik ist, die Dinge, die hier behauptet werden,
und die vielleicht noch behauptet werden sollen, einer Prüfung zu
unterziehen.
Wir haben voll gewürdigt, wie es auch Herr Fürbringei
ausgedrückt hat, dass in dieser Bewegung der Organsaftbehandlung
ein wissenschaftlicher Kern steckt. Brown-Sßquard war von dei
Thatsache ausgegangen, dass die Entfernung des Hodens ungemein
grosse Veränderungen am Körper bewirkt. Dazu kamen die Eria i-
rüngen über das Myxödem und seine Beziehungen zur Cachexia stru-
mipriva. Das sind Dinge, die mit Sicherheit darauf deuten, dass m
der That gewissen Drüsen und Drtisensecreten eine besondere Be¬
deutung im Haushalt des Organismus zukommt. Vielleicht ist am
Bewegung gefördert durch die Vermehrung unserer Kenntnisse
über den intermediären Stoffwechsel, welche gezeigt haben, dass
gewissen Organen eine giftzerstörende Wirkung ^ zuzukommen
scheint. Ich darf hier vielleicht an die Versuche von Eck in Peters¬
burg erinnern, welcher nachwies, dass, wenn man das Blut aer
Vena portarum in die Hohlvene leitet, sehr merkwürdige Erschei¬
nungen von Intoxication im Thierkörper auftreten.
! ) Vortrag bei der Discussion über das Referat dos Hern 1 .! ^
bring er. Ueber die Gewebssafttherapie in ihrer modernen AusbiUtun-,.
im Verein fllr innere Medicin vom 18. März 1894.
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26. April
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
377
Endlich steckt in der Bewegung wohl ein guter Theil der
alten Krasenlehre; durch den Ausfall eines Organs, welches einen
bestimmten Saft bereitet, ist die Mischung der Säfte verändert;
man will nun eben diesen Saft künstlich bereiten und dem Körper
zuführen, um die richtige Mischung wieder herzustellen.
Etwas anderes ist es, inwieweit sich diese physiologischen
und biologischen Thatsachen therapeutisch verwenden lassen. Hier¬
über will ich die von uns auf der I. medicinischen Klinik ge¬
machten Erfahrungen vortragen.
Wir haben zunächst Gelegenheit gehabt, einen allerdings un¬
sicheren Fall von Myxödem zu behandeln. Ich hoffe, Gelegenheit
zu haben, die Patientin später hier zu zeigen. Augenblicklich ist
es nicht möglich, weil sie zur Zeit nicht in unserer Beobachtung
ist. 1 ) Es war ein Fall, den wir als ein beginnendes Myxödem dia-
gnosticiren zu dürfen glaubten. Ueber beginnendes Myxödem wissen
wir noch sehr wenig, und man kann deshalb nicht ganz sicher in
der Beurtheilung sein. Die Patientin ist 6 Monate lang mit
Schilddrüsensaft behandelt worden, ohne irgend einen nachweis¬
baren Eflect. Wir haben zunächst das Schilddrüsenextract ver¬
wendet, wie es Herr Prof. Mendel hier in der Simon’schen Apo¬
theke hat herstellen lassen (Glycerin-Thymol-Extract), haben uns
ferner selbst Extracte hergestellt; hierbei bin ich in aufopfernder
Weise von Herrn Paul Jacob unterstützt worden, der seit l l />
Jahren auf der Klinik die verschiedensten Drüsenoxtracte herge¬
stellt und sich an der Beobachtung der Kranken betheiligt hat.
Wir haben dio Schilddrüsen auch per os gegeben, theils in der
Suppe, theils mit Fleisch zusammen, theils als Glycerinextract
mit Wein. Allein ein deutlicher Effect ist nicht eingetreten. Ich
will indess diesen Fall nicht benutzen, um gegen die Myxödemtherapie
zu sprechen, dazu ist der Fall nicht sicher genug, und es liegen doch
Fälle von erfolgreicher Myxödembehandlung vor, die man nicht ein¬
fach übergehen kann. Dass gewisse Fälle von Myxödem durch die
Schilddrüscnbehandlung günstig beeinflusst werden, kann kaum
zweifelhaft sein, wenn auch entgegenstellende Behauptungen vor¬
liegen. Man wird hier wohl wieder sagen müssen, dass in der
Pathologie und Therapie keine Schablone möglich ist, dass dio
Fälle sich eben verschieden verhalten und manche reagirt haben,
andere nicht. Es wäre immerhin möglich, dass gerade im Beginn
der Erkrankung — unsere Patientin ist seit l l /> Jahren erkrankt
— ein bessernder Einfluss sich weniger geltend macht als später
nach voller Ausprägung aller Symptome. Ich schliesse mich Herrn
Fürbringer an, dass dio Therapie des Myxödems den wahren
wissenschaftlichen Kern der ganzen Bewegung darstellt.
Auf Anregung von Herrn Leyden haben wir dann Fälle von
Diabetes mit Pankreassaft behandelt. Diese Idee der Behand¬
lung des Diabetes ist gewiss berechtigt mit Rücksicht auf die Ent¬
deckung von Minkowski und v. Mering über die Beziehungen
des Diabetes zum Pankreas. Wir haben 6 Fälle von Diabetes mit
Pankreasextract, mit Injectionen per os, per elysma behandelt,
einen 8 Wochen lang: es ist nicht der geringste Erfolg erzielt«
Der am längsten behandelte Fall betraf eine 39jährige Frau B., rec.
30. Mai 1893, mit 5,6 % Zucker, von 91‘/a Pfund Körpergewicht. Da
wir bei den früher schon mit Injectionen behandelten Diabetikern keinen
Erfolg gesehen hatten, wurde das Pankreasextract per elysma einver¬
leibt: das Rectum wurde vorher durch eine Eingiessung entleert; das
Pankreasklystier — jedesmal das Extract eines Kalhspankrcas enthaltend
- verursachte heftiges Drängen, das nach 1—l 1 /* Stunden nachliess. Die
l atientin erhielt bis zum i7. Juni täglich Pankreas • roh gehackt, mit
Schabefleisch in welcher Form es sehr gern genommen wurde —, vom
u : *f'"i Ls 15. Juli Pankrcas-Glyceriri-Extract mit Sherry, täglich von
einem Pankreas, sodann bis zum 29. Juli keralinirte Pankreaspillen. Am
‘.chlusse der Behandlung betrug der Zuckergehalt 6,5 °/o. Er hatte stets
Jä r n# ? ,R 'l S0Ils f vorkommenden Schwankungen gezeigt. Körpergewicht
Sodann haben wir einen Fall von Basedow’scher Krankheit
)ehandelt. Es ist bekannt, dass man für die Genese des Morbus
Basedow» gleichfalls den intermediären Stoffwechsel herangezogen
jjat, so hat namentlich Möbius neuerdings die Theorie aufgestellt,
ur welche ich persönlich sehr eingenommen bin, dass der Morbus
asedowü auf gewisse functioneile Veränderungen in der Secretion
er . , dddrüse zuröc kzuführen sei. Es war daher gewiss ge-
rec ltfeiUgt, auch die Basedowsche Krankheit mit Sehilddrüsen-
P paraten zu behandeln. Wir haben dies auch in verschiedener
rm der Application gethan, ohne dass der geringste Eflect her-
orgetreten ist, wenigstens ein Effect, der sich spcciell auf diese
erapm zurückführen Hesse. Dio Kranke hat infolge der glcich-
( l ^ e ^ sc ^ en Behandlung 8 Pfund während der Cur zu-
scha r??’»» 80 ^ a8S Schilddrüsenbehandlung jedenfalls nicht ge-
. f e haben kann, wie ich überhaupt allgemein bemerke, dass wir
nehmen i* 6 ^ ran ]Pr sich soeben wieder auf unsere Abtheilung auf-
mehr yu-otf S it n V t • Erscheinungen sind fortgeschritten, und es kann nicht
Mvxödem hand \ t Sem ’ < * ass es 8R h um ein in der Entwickelung begriffenes
bei keiner einzigen Injection bei den verschiedenen Patienten irgend
welche üblen Zufälle gesehen haben, dass wir nie die Wahrnehmung
gemacht haben, dass irgend ein übler Einfluss der Behandlung in
der von uns geübten Form hervortrat. Ich hebe dies specioll her¬
vor gegenüber den mannigfachen Angaben der Autoren, dass steno-
cardisebe Anfälle, Ohnmächten, Anämieen bei der specifisehen Be¬
handlung des Myxödems sich eingestellt haben.
Ich glaube, dass, wenn auch nicht alles, so doch der wesent¬
liche Theil dieser üblen Zufälle auf eine zu schnelle Einverleibung
der Stoffe zurückzuführen ist. Wir haben auch viel an Tlüeren
experimentirt und haben gefunden, dass diese üblen Zufälle bei
sehr schnellem Ii\jiciren Vorkommen, was übrigens auch schon von
anderen Autoren angegeben ist.
Es lag nahe, auch die pernieiöse Anämie in den Bereich
dieser Versuche zu ziehen. Wir wissen, dass es sich hier um eine
Krankheit der hämatopoötischen Organe handelt. Was war also
näher liegend, als Knochenmark, Milz u. s. w. zu Heilzwecken zu
versuchen? Wir haben einen Fall von peraieiöser Anämie mit In¬
jectionen von Knochenmarkextract (die Organe, welche zu Extracten
benutzt wurden, waren fast durchweg vom Kalb) behandelt (17 an
Zahl); der Fall hat weder im Allgemeinbefinden noch im Blut¬
befund irgend welche Besserung gezeigt und ist letal geendigt.
Mit Spermin haben wir uns so gut wie garnicht beschäftigt,
mit Injectionen von Nervenmasse gleichfalls nicht.
Im Ganzen sind, also die gefundenen Resultate gewiss nicht
sehr ermuthigend für die Organsafttherapie.
Wir, Herr Jacob und ich, haben uns nun aber auch sonst mit
den Eigenschaften der Organsäfte viel beschäftigt und haben die
Ansicht gewonnen, dass es eine durchaus irrige Annahme ist, wenn
man die Gewebssaftbehandlung nur von dem Standpunkt aus be¬
trachtet, als ob es sich lediglich um die Einverleibung speci-
fischer Substanzen handelt. Man spritzt da ein Mixtum compo¬
situm ein, Extracte, in welchen die verschiedenartigsten Dinge sein
mögen, Wirksames und Unwirksames. Sie haben durch einen Vor¬
trag von Herrn Kossel kürzlich gehört, wie viele Substanzen in
einer einzigen Zelle vorhanden sind: was für verschiedene che¬
mische Körper mögen da in einem Extract aus Nervenmasse oder
aus dem Herzmuskel oder aus der Schilddrüse oder aus Pankreas
sein? Wir wissen aus den Untersuchungen von Heidenhain,
dass gewisse Gewebssäfte eine ausgesprochen lymphtreibendo Wir¬
kung haben. Das ist schon etwas ganz anderes als diese speci-
fische Wirkung. Wir wissen ferner, und ich habe diesen Punkt
ganz speciell mit Herrn Jacob zusammen studirt, dass die Ge¬
webssäfte auf die Leukocyten wirken. Herr Jacob hatto unab¬
hängig von Horbaczewski die Beobachtung gemacht, dass
Milzextract in sehr erheblicher Weise die Leukoeytenzabl ver¬
mehrt, ebenso Thymuscxtract, Knochenmarkextract, während
andere Organextracto diese Wirkung nicht haben, zum Bei¬
spiel Extract von der Leber, der Niere, dem Pankreas. 1 ) Kurz,
wenn wir ein solches Extract Kranken einverleiben, bringen wii
eine ganze Summe der verschiedensten V irkungen im Körpei
hervor, die sich zum Theil kreuzen, jedenfalls in ihrem Verlauf
und ihrer gegenseitigen Beeinflussung unübersehbar sind. Wir
haben speciell mit Rücksicht darauf, dass dem Milzextract und
Knochenmarkextract eine so ausgesprochene Wirkung auf die weissen
Blutkörperchen zukommt, diese Substanzen bei einem mfauston
Falle von Leukämie angewendet (sieben Injectionen). Wu
haben gesehen, dass in der Tliat die Zahl der weissen Blut¬
körperchen dabei zurückging, ja es schien sogar, dass die Milz
sich verkleinerte; der Kranke fühlte sich übrigens nach den In¬
jectionen immer sehr wohl und nahm dieselben gern entgegen.
Wenn man darauf Werth legen wollte, dass das subjective Be¬
finden gebessert wird, so könnte ich fast bei allen Injectionen be¬
richten dass dio Kranken sich wohl befinden und bei vielen
Appetit, Körpergewicht, Schlaf u. s. w. Zunahmen, worauf aber
eben kein entscheidendes Gewicht zu legen ist. Auch bei diesem
Falle war trotz der symptomatischen Besserung kemo kpur yon
wirklicher wesentlicher Besserung vorfanden, der Kranke ist viel¬
mehr gestorben. Ich bin überzeugt, dass es sich bei sehr vielen
Krankheitsfällen, mit denen Parade gemacht wird, ebenso verhalten
würde, wenn sie nicht so schnell publicirt wären. Wenn man von
den Besserungen subjectiver Art , die nach einigen Einspritzungen
eintreten, gleich viel Aufhebens macht, so wird man sehr viel in¬
folge berichten können. Man möge die Leute länger beobachten, un
die Erfolge werden dann schlechter werden. Bei dieser Gclogonhe t
möchte ich noch einen anderen Punkt berücksichtigen, der mir voll¬
kommen in den Rahmen der Betrachtungen zu lallen scheint Ls ist
angegeben worden von Germain S6e,^) zuerstvoii Horba ^ 1
i) Vergleiche Verhandl. d. physiolog. Gesellsch. zu Berlin 1893.
*) Semaine möd. 1893, p. 227. , -rn-- nlC( i
3) Allgem. Wiener med. Zeit. 1892. Ferner Mourek, Vien, me .
| Wochenschr, 1893, No. 35.
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378
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17
dass Nudelnd, deren Wirkung auf die Zunahme der Leukocyten
durch letztgenannten Forscher bekannt geworden ist, auch für die
Therapie verwendbar seien: wenn man sie per os giebt oder
einspritzt, so sollen bei Tuberkulose dieselben Wirkungen
eintreten wie nach Tuberkulin, aber mit geringerer Reaction
und ohne Gefahr. Schon H. Kos sei 1 ) hatte sich dagegen
ausgesprochen. Wir haben nun unser Milzextract benutzt, um auch
in dieser Beziehung uns zu vergewissern, und ich kann in der
That sagen: es ist eigenartig, dass bei Tuberkulose eine ausge¬
sprochene Fieberreaction eintritt, wenn man Milzextract einspritzt.
Allein ebenso wie H. Kosel muss ich mich entschieden dagegen
aussprechen, dass die Wirkung dem Tuberkulin zu vergleichen ist;
die lokale Reaction fehlt. Wir haben speciell einen Fall von
Lupus damit behandelt, ohne dass eine Reaction an der lupösen
Stelle eingetroten ist; der Fall wurde in die Koeh’sche Baracke
verlegt, wo sich auf Tuberkulin eine lokale Reaction heraus¬
stellte. Auch bei Kehlkopftuberkulose habe ich nach Milzextract-
injeetion keine lokale Reaction gesehen. Ich führe hier nur als
Curiosität an, dass wir bei einer Phthisiskranken eine ausgesprochene
Besserung nach Milzextractinjectionen erzielt haben, ein Beweis,
wie fragwürdig die Verwendung solcher einzelner Fälle für die Be¬
urteilung ist.
Dass die Hyperleukocytose eine Bedeutung als schützende
Reaction gegen die eindringenden Bacterien hat, ist behauptet, wenn
auch noch nicht genügend bewiesen worden, und der Gedanke, eine
künstliche Vermehrung der Leukocyten bei Infectionskrankheiten zu
erzeugen, liegt also nahe. Wir haben uns speciell auch mit dieser
Frage beschäftigt; unsere Erfahrungen sind noch nicht abgeschlossen,
weisen aber schon darauf hin, dass hier ebenfalls wahrscheinlich
ein non liquet vorliegt: auch mit der Erzeugung künstlicher Hyper-
loukocytose werden wir, wie es den Anschein hat, nichts erreichen.
Auch der Morbus Addisonii wird in den Kreis der Organ-
saftbehandlüng gezogen. Ich möchte bei dieser Gelegenheit über
einen Fall berichten, den wir schon vor zwei Jahren auf der Klinik
behandelt, aber nicht veröffentlicht, haben, der höchst eigonartig ist.
Anna Adler, 18jährige Köchin, rec. 18. November 1891. Hat als
Kind an Ohrenfluss gelitten; seit einigen Tagen ist das rechte Ohr wie
taub. Seit mehreren Wochen mit zunehmender Mattigkeit erkrankt.
Blassos, wenig gut genährtes Mädchen von 87 Pfd. Körpergewicht; grosse
Schwäche, apathisches Wesen. Die inneren Organe zeigen ausser einem
leichten systolischen Geräusch am Herzen keine nachweisbaren krank¬
haften V eränderungen. An der rechten Halsseite mehrere bohnengrosse,
auf Druck leicht empfindliche Drüsen. Am linken Trommelfell alte Per¬
foration; das rechte ist etwas getrübt. Mässige Schwellung der Rachen¬
tonsille. Gynäkologisch nichts. Geringe abendliche Fieberbewegungen
(38,2—38,9°). In der Folge wird hauptsächlich über Rückenschmerzen ge¬
klagt. Druckempfindlichkeit im Epigastrium. Der mikroskopische Blufc-
befund zeigt nichts besonderes; ebenso wenig die Untersuchung der Fäces.
Am 18. December, als sich während der vierwöchentlichen Beobachtung
nichts wesentliches geändert hatte und auch die abendlichen Temperatur¬
erhöhungen immer noch stattfanden, Tuberkulininjection (0,001) Morgens.
Die Temperatur stieg zwar an demselben Tage nur bis 38,4 °, betrug aber
am nächsten Morgen 38,3°: das erste mal, dass eine fieberhafte Morgen¬
temperatur auftrat; auch wurden am 21. December einige feine Rassel¬
geräusche über der linken Lungenspitze wahrgenommen; kein Auswurf.
Am 14. Januar 1892 wurde die diagnostische Tuberkulininjection mit
0,003 g wiederholt: ausgesprochene Fieberreaction bis 39,9°, während in
den Tagen vorher die Temperatur 38,0 0 nicht überschritten hatte. In der
Folge blieb das abendliche Fieber in der Höhe wie früher bestehen, ge¬
legentlich traten Muskelschmerzen in den Unterschenkeln auf. Ende
Januar Vortreibung des rechten Trommelfelles. Paracentese. Entleerung
eines serös-eitrigen Exsudats. Schon seit Mitte Januar war bemerkt
worden, dass die Haut der Patientin ein dunkleres Colorit annahm. Am
4. Februar 1892 wurde notirt, dass die Haut, besonders des Rückens, der
Brust und der Aussenflächen der Oberschenkel einen broncefarbenen Ton
angenommen hatte. Eine am 29. Januar vorgenommeno Blutuntersuchung
hatte nur 2400000 rothe Blutkörperchen ergeben. Die Pigmentirung
wurde immer stärker. Auch die Arme wurden graubraun; die tiefsto Ver¬
färbung nahmen Unterleib und Lendengegend an. Keino Flecken an der
Mundschleimhaut. Periode ziemlich regelmässig. Am 22. Februar ergab
die Blutuntersuchung 3240000 rothe, ca. 20000 weisse Blutkörperchen.
An diesem Tage wurde mit der Tuberkulinbehandlung begonnen. Die
Verfärbung war noch tiefer geworden, so dass nunmehr thatsäcklich mit
der Möglichkeit eines Morbus Addisonii gerechnet wurde. Am 18. März
wurde notirt, dass die Pigmentirung in der letzten Zeit jedenfalls nicht
mehr zugenommen habe. Fast regelmässig war am zweiten (übernächsten)
läge nach der Tuberkulininjection die Temperatur auffallend niedrig, ja
"■ V om 15 - ^ erhob sich die Temperatur nicht mehr über
37,8 , ausgenommen nach Tuberkulininjection. Vom 29. März ab (letzte
Injection) bestand überhaupt kein Fieber mehr. Indessen hatte in der
des März die Pl gmentirung sich mehr und mohr aufgehellt,
die Kräfte nahmen zu, und im April konnte die Patientin mit ziemlich
weisser Haut und ohne dass noch irgend welche Beschwerden bestanden,
entlassen werden (13 Tuborkuhninjectionen); sie schrieb uns nach längerer
Zeit aus ihrer' Hoimath m Mecklenburg, dass es ihr ausgezeichnet gel
und dass sie blühend und blendend w r eiss aussehe.
') Dermatol. Zeitschr, 1893.
Ich bin weit entfernt, diesen Fall als einen sicheren Morbus
Addisonii anzusehen; es kommen ja sehr verschiedene Pigmen-
tirungen vor, und wenn auch das Aussehen ähnlich wie bei Morbus
Addisonii war, so ist es doch nicht ganz bestimmt so zu bezeichnen.
Auffallend ist immerhin, dass der Fall ganz und gar den Ein¬
druck einer latenten Tuberkulose macht«. Beobachter von mehr
sanguinischem Temperament würden vielleicht einen solchen Fall
als sehr „eclatant“ befunden haben, und manche Wunderfälle
mögen nicht besser sein; wer aber die Fallstricke der Pathologie
und Therapie einigermaassen kennt, wird sich auch hier zunächst
„exspectativ“ verhalten.
Ich bitte um Entschuldigung, dass ich Ihre Geduld so lange
in Anspruch genommen habe. Allein ich glaube, dass die Organ¬
safttherapie, von der jetzt so viel Aufhebens gemacht wird, in der
That eine grosse Gefahr für unsere medicinische Wissenschaft dar¬
stellt. Es hat sich bereits die Industrie der Sache bemächtigt, und
eine grosse Anzahl von — nicht ganz kritischen — Autoren ver¬
öffentlichen hier die wunderbarsten Dinge. Wenn man z. B. liest,
dass das Cardin, also Herzmuskelextract, beinahe ein Jahr zur
Zubereitung gebraucht, so wird man fast an die Kunstgriffe der
früheren klugen Männer und weisen Frauen erinnert, welche bei
ihrer Therapie unerfüllbare bezw. uncontrollirbare Bedingungen
stellten, z. B. den Harn einer reinen Jungfrau zu trinken u. dgl.,
so dass bei ausbleibendem Erfolge leicht der Einwand möglich war,
dass vielleicht bei der Herstellung des Mittels ein Versehen vorge¬
kommen sei.
Dass die Gewebssafttherapie generell eine Zukunft habe, dürfte
somit ernstlich zu bezweifeln sein. Der Weg aber, welcher allein
dazu führen kann, das vielleicht in der Spreu verborgene Körnchen
Wahrheit aufzufinden, ist derjenige der ernsten Forschung und
führt durch das Laboratorium. Es wird die Aufgabe biologischer
und physiologisch-chemischer Forschung sein, die in den Organ¬
säften vorhandenen Stoffe zu isoliren und ihre Wirkungen zu be¬
stimmen. Gegen die Methode aber, aus rein symptomatologisehen
Veränderungen, noch dazu, wenn sie vorwiegend der subjectiven
Sphäre, dein Krankheitsgefühle, entstammen, specifische Wirksam¬
keit abzuleiten und damit den Anpreisungen einer unlauteren In¬
dustrie Vorschub zu leisten, können wir nicht energisch genug
Front machen.
IV. Aus dem Städtischen Krankenhause am Urban in Berlin,
Abtheilung des Herrn Director Dr. Körte.
Ueber traumatische Schädeldefecte und ihre
Deckung. 1 )
Von Dr. Adolf Brentano, Assistenzarzt.
Wir verstehen unter traumatischen Schädeldefecten solche,
welche im Anschluss an Verletzungen und offene Brüche ent¬
stehen und ihre Entstehung theils direkt dem Trauma, theils in¬
direkt dem durch das Trauma nöthig gemachten operativen Eingriff
verdanken. Im Folgenden werden uns ausschliesslich solche trau¬
matische Defecte beschäftigen, w r elche auf offene Brüche des
Schädeldaches zurückzuführen sind. Sie verdienen einmal deshalb
besonderes Interesse, weil sie am häufigsten Gegenstand chirurgi¬
scher Behandlung w r erden, und dann weil sie oft wegen ihrer
grossen Ausdehnung einem sicheren knöchernen Verschlüsse, wie
er im Interesse dos Kranken zu fordern ist, Schwierigkeiten
machen.
Direkte Substanzverluste erleidet der knöcherne Schädel nicht
selten dadurch, dass Theile von ihm durch den verletzenden
Gegenstand aus ihrem Zusammenhang mit der Umgebung heraus¬
gerissen werden und dabei entweder ganz verloren gehen oder
nur noch durch die erhaltenen Weichtheile an Ort und Stelle zu¬
rückgehalten werden. Manchmal fehlt aber auch jegliche Verbin¬
dung mit den Weichtheilen, und die gebrochenen Stücke liegen
lose in der Wunde. Die Grösse des so entstandenen Defectes ist
allein von den Zufälligkeiten des ursächlichen Traumas abhängig.
Sehr verschieden bezüglich ihrer Grösse verhalten sich die
Defecte, w r elche erst den operativen Eingriffen nach complieirten
Schädelbrüchen ihre Entstehung verdanken. Sie wechseln in
ihrem Umfange je nach der Form und der Ausdehnung der nöthig
gewordenen Operation. Da nun die letztere sich nach der Art des
vorliegenden Bruches und dem Zustande richten soll, in dem sich
der Verletzte befindet, so erscheint es verständlich, dass ein grosser
Theil von complieirten Fracturen überhaupt keinen nennenswerthen
Defect im Schädeldache hinterlässt, nämlich alle die, hei denen
man sieh auf die Desinfection der Bruchstelle, die Elevation einer
! ) Nach einem Vortrage, gehalten in der Sitzung der freien Ver¬
einigung der Chirurgen Berlins.
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26. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
eingedrückten Knochenpartie oder die Ausineisselung einer Fissur
behufs Entfernung eines in ihr festgehaltenen Fremdkörpers be¬
schränken kann. In anderen Fällen freilich erfordert es die Rück¬
sicht auf den Verletzten oder die Besonderheit des Bruches, dass
man eine breite Eröffnung des Schädeldaches an der Stelle der
Verletzung vornimmt. Dazu kann man in jedem Falle von offener
Schädelfractur gezwungen werden:
1. Mit Rücksicht auf die Desinfection,
2. Zum Zwecko der Blutstillung,
3. Um in das Gehirn eingedrungone Fremdkörper entfernen
zu können,
4. Um das Gehirn von dem schädlichen Einflüsse raumbe¬
engender odor seine Oberflächo reizender Momente zu befreien.
Die Form des Eingriffes wechselt dabei von der einfachen
Wegräumung zertrümmerter Theile bei Splittorbrüchen bis zur
eigentlichen Trepanation bei Spaltbrüchen mit Zerreissung intra-
cranieller Gefässe. °
Die Operationen, welche aus den genannten Indicationen nöthig
werden, hintorlasscn fast ausnahmslos grössere Defocte, die sich
nur selten wieder völlig mit Knochensubstanz ausfüllen, sondern
meist nur mit einer mehr oder minder feston bindegewebigen Narbe
bedecken. Es liegen freilich Beobachtungen 1 ) vor, welche beweisen,
dass sich selbst grössere Substanzverluste im Schädel, namentlich
bei jugendlichen Individuen, durch Regeneration von Knochenge¬
webe im Laufe der Jahre erheblich verkleinern oder selbst ganz
schliessen können, aber man wird solche Fälle umsomehr als Aus¬
nahmen betrachten müssen, als es nach den Untersuchungen von
Ol Her, Wolff und vielen anderen feststeht, dass den Schädel¬
knochen, wegen der geringen Stärke der Diploö und der mangel¬
haften Gefässverbindung zwischen dieser und dem Pericranium so¬
wie der Dura mater, nur wenig Fähigkeit zur Knochonneubildung
innewohnt. Namentlich die Knochenhaut spielt bei den regenera¬
tiven Vorgängen am Schädel eine verhältnissmässig geringe Rolle,
und die Callusbildung fällt daher fast ausschliesslich der Diploö
zu. Da die Knochenneubildung der letzteren bald zum Stillstand
kommt, so ist es eine gewöhnliche Erscheinung, dass ausgedehn¬
tere Defeete des knöchernen Schädels sich zwar von der erhaltenen
Randzone aus etwas verkleinern, im übrigen aber nur durch eine
bindegewebige Narbe von wechselnder Stärke und Widerstands¬
fähigkeit überbrückt werden.
Aus dem Vorhandensein eines derartig mangelhaften Ver¬
schlusses der Schädelkapsel erwächst nun den Kranken eine ganze
Reihe von Gefahren und Unbequemlichkeiten. Zunächst ist das
Gehirn nicht ausreichend gegen äussere Insulte geschützt, und eine
an sich nur leichte Verletzung kann deshalb schon lebensgefähr¬
liche Bedeutung für den Verletzten gewinnen. Dann begünstigt die
nachgiebige Weichtheilsnarbe das häufige Zustandekommen von
Blutdruckschwankungen im Gehirn besonders bei Lagewechsel, und
ist deshalb die Ursache mannigfacher Beschwerden, und drittens
pflegt die Narbe mehr oder minder ausgedehnte Verwachsungen
mit dem Gehirn und seinen Häuten einzugehen und wird infolge
der dabei unvermeidlichen Zerrungen oder des steten Druckes zur
Quelle weiterer Störungen. Ohnmachtsanfälle, Schwindel, Kopf¬
schmerz, Sensibilitäts- und Motilitätsstörungen der verschiedensten
Art, die sich bis zu ausgesprochenen epileptischen Krämpfen
s ® , ^ ern können, sind eine häufige Folge der genannten Uebel-
S . äD bi p * nen Theil derselben kann man freilich durch das Tragen
' 0I J Platten wid Prothesen, die aus Leder, Kautschuk oder
an eieni Material gefertigt werden, mehr oder weniger erfolgreich
m ampfen. Da aber derartige Schutzapparate aus Vergesslichkeit
(er wegen der mit dem Tragen verbundenen Unbequemlichkeit
nii»h* rUn ^ S ^ IIl ^ ,ss s ^ e ^ s bald weggelassen werden, sich auch
h i an «illen Stellen des Schädelgewölbes mit derselben Sicher-
ci anbnngen lassen, so erscheint es begreiflich, dass man stets
8 v eUG versuc bhe, Schädeldefecte, die einen spontanen knöcher-
ersc j SS nicht erwarten Hessen, wenn nicht durch Knochen
. docR durch eingeheilte Fremdkörper auf eine wirk-
allc v , i? e - ZU 7 ersc bliessen. Es würde hier zu weit führen,
ihnen ersuche 111 dieser Richtung aufzuzählen, zumal, da viele von
Inferac ^ Ur , noci1 historisches Interesse haben; die sich dafür
und rna r - en -n J erweisen ydr auf die Arbeiten von Moisson 2 )
Fäll« lvllla )» die alle in dieser Beziehung in Frage kommenden
* ä e zueaminengestellt haben.
—— ao bedient sich zum Verschlüsse von Schädeldefecten, mögen
13. Juli ißQi c+ ur £’ ^tzung der freien Vereinigung der Chirurgen am
de vino-f «««,* a 0 e b en d ft - Lucas-Championniere, Sur une Serie
de Paris T Y ?,trepanation du eräne. Bull, et mein, de la soc. de chir.
2, Mnin 'P 5 ,! 2 ' Ref - im Centralblatt f. Chirur. 1889, No. 22.
substance du Ces difförentes methodes d obliteration des pertes de
?CodivTn 116 ' n h6se de . Paris im - G - Steinheil.
Arch. di ortoped *1892 1 m6ZZ * d * ^parazi 0116 delle seontinita craniche.
379
dieselben nun traumatischer Herkunft sein oder auf andere Weiso
entstanden sein, der Osteoplastik in ihren verschiedenen Formen-
als Homo-, Hetero- und Autoplastik.
h ' die Uebortragung von Knochentheilen
innerhalb der Individuen derselben Species, ist zur Ausfüllung von
menschlichen Schädeldefecten bisher aus begreiflichen Gründen am
wenigsten in Anwendung gezogen worden, obschon die Erfahrungen
die Mac E wen 1 ), Olli ei- 3 ) und Poncet 3 ) mit dieser Methode beim
Ersätze anderer Knochentheile machten, die Verwendbarkeit der¬
selben auch am Schädel wahrscheinlich machen.
Als Material dienten den genannten Autoren Knochonstücke
die von Osteotomirten stammten oder bei frisch Amputirten ge¬
wonnen wurden. Poncet benutzte einmal die Knochen eines in
Asphyxie gestorbenen Neugeborenen, ohne indess Einlieilung der¬
selben zu erzielen. 4 )
Weit häufiger als die Homoplastik ist in letzter Zeit die
Heteroplastik am menschlichen Schädel versucht worden, d. h. die
Ausfüllung von Defecten entweder mit frischem Knochen, der von
einer anderen Species stammt, oder mit todtem Material.
Von letzterem hat hauptsächlich decalcinirter Thierknochen
und Colluloid Anwendung gefunden. Decalcinirter Knochen wurde
von Senn 5 ) zu diesem Zwecke zuerst eingeführt; er benutzte
Knochenstücke, die der Tibia eines frisch getödteten Ochsen ent¬
nommen, in millimeterdicke Streifen geschnitten, in Salzsäure ent¬
kalkt und in 2 % Sublimatalkohol aseptisch gemacht waren. Mit
derartig präparirtem Knochen verschloss er mit Erfolg Trepanations-
defeete bei jungen Hunden, und Knochenhöhlen, die als Folge von
Nekrotomieen beim Menschen entstanden waren. Künnnell 6 ) ver¬
schloss zuerst Schädeldefecte beim Menschen mit decalcinirtem
Knochen.
Das Material wurde von ihm in der Weise hergestellt, dass
er die Tibia des Ochsen oder des Rindes vom Periost und Mark
befreite, in verschieden grosse Stücke zersägte und dieselben in
einer Salzsäurelösung entkalkte. Je nach der Schnelligkeit, mit
der die Entkalkung vor sich gehen soll, schwankte die Salzsäure¬
lösung in ihrer Concentration zwischen 10 und 15 °/ 0 . Der so ent¬
kalkte Knochen wurde durch Auswässern von etwa ihm noch an¬
haftender Säure befreit, mit Sublimatlösung abgewasehen und in
Jodoformätherspiritus aufbewabrt. Je nach dem Zwecke, den der
decalcinirte Knochen erfüllen soll, pflegte Kümmel 1 denselben ent¬
weder ganz zu entkalken oder einen inneren festen Knochenkern,
umgeben von weichem Material, zu erhalten. Zum Verschlüsse
von Schädellücken verwandte er nur vollständig entkalkten Knochen.
In drei Fällen, in denen wegen Epilepsie trepanirt worden war,
heilt« das in die Trepanationsdefecte eingelegte, etwa Zweimark¬
stück grosse Stück von so präparirtem Knochen anstandslos ein.
Neben Kftmmell haben Le Dentu 7 ) und Keen 8 ) die Senn’sche
Methode mit Erfolg zum Ersätze menschlicher Knochendefecto an¬
gewandt.
Das Celluloid ist zuerst von A. Fraenkel 9 ) in Anwendung
gezogen worden, um Trepanationsdefecte am thierischen Schädel zu
verschliessen. Es hat sich zu diesem Zwecke wegen der Leichtig¬
keit, mit der es sich desinficiren lässt, und weil es auch für un¬
regelmässig gestaltete Defeete bequem mittels starker Scheeren
zurechtgeschnitten werden kann, als besonders geeignet erwiesen.
Der erste, der es in der menschlichen Chirurgie erprobte, war
Hinterstoisser 10 ), der einen 4 l /2 cm langen und 3,3 cm breiten
Schädeldefect auf diesem Wege deckte. Hinterstoisser benutzte
Celluloid von gelber Farbe und grösserer Durchsichtigkeit wie das,
welches A. Fraenkel versuchte; er glaubt es dadurch ermöglichen
zu können, etwaige Ansammlungen von Blut und Eiter hinter der
Platte zu erkennen, in den Fällen, in denen, aus Furcht vor etwa
auftretenden Störungen in der Wundheilung, erst secundär Haut
*) Mac Ewen, Observations concerning transplantation of bone.
Proceedings of the Royal Society 1881, No. 213.
-) 01 Her, Traite des resections, T. I, p. 383.
3) Poncet, Des greffes osseux. Congrös fran^ais de Chirurgie 1886.
4 ) Cfr. Schmidt, lieber Osteoplastik in klinischer und experimenteller
Beziehung. Arch. f. klin. Chirurgie 1893.
5 ) H. Senn, On the healing of aseptic bone cavities by implan tation
of antiseptic doealcified bone. Amer. Journ. of med. Sciences 1889,
September.
®) H. Ktimmell, Ueber Knochenimplantation. Deutsche medicin.
Wochenschr. 1891, No. 11.
7 )Le Dentu, Sur l’implantation de fragments volumineux d’os
decalcifiös pour combler les pertes de substance du squelette. Gazotto
des höpit. 1891.
®) W. W. Keen, Five cases of cerebral surgery. Amer. Journ. of
med. Sciences 1891, September.
S) A. Fraenkel, Ueber Deckung von Trepanationsdefectcn am
Schädel durch Heteroplastik. Wiener klin. Wochenschr. 1890, No. 25.
,0 ) Hinterstoisser, Wiener klin. Wochenschr. 1890, No. 43 und
1891, No. 16.
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380
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17
und Periost voreinigt werden soll. Dio Präparation dos Materials
geschieht durch sorgfältiges Abwaschen mit Seife und Einlegen in
weinsäurefreie l°/oige Sublimatlösung durch mindestens 24 Stunden,
darauf empfiehlt Hinterstoisser, es trocken aufzubewahren.
Alkohol, Carbolsäure und warmes Wasser sind bei der Zubereitung
der Platten zu meiden, da sie das Celluloid angreifen.
Dio Cclluloidplatte wird in einen mit dem Meissei gebildeten
Falz der Diploe eingefügt, und, wenn möglich, Haut und Periost
über derselben vereinigt. In dem Falle von Hinterstoisser
handelte es sich um einen Defect, der durch Trepanation wegen
Rindenepilepsie entstanden war. Die Einlegung der Celluloidplatte
erfolgte drei Tage nach der Trepanation und bewirkte einen voll¬
kommenen Verschluss der Lücke, da sie reactionslos einheilte.
An derselben Stelle (1. c.) berichtet Hinterstoisser über zwei
andere Fälle von Schädeldefecten, wo sich die von v. Fillenbaum
vorgenommene Heteroplastik mit Celluloid bewährte.
Weitere Mittheilungen über diese Methode liegen vor von
v. Eiseisberg 1 ), der bei einem 17jährigen Mädchen damit einen
Substanzverlust des linken Stirnbeins nach Caries deckte. In einem
zweiten Falle musste der genannte Autor die Celluloidplatte, die
er zum Verschluss eines Trepanationsdefectes (Epilepsie) bei einem
40jährigen Manne eingesetzt hatte, am vierten Tage entfernen, weil
ein neuer epileptischer Anfall eingetreten war. Als Grund für
diesen fand sich ein Bluterguss unter der Celluloidplatte. 14 Tage
später setzte er sie wieder ein, und es erfolgte vollkommene Heilung
und keine Wiederkehr dor epileptischen Anfälle.
Die Versuche, die Leser-) mit Kork und Kautschuk bei
Hunden zur Ausfüllung artificieller Schädeldefecte machte, können
zur Nachahmung beim Menschen nicht ermuthigen. Dagegen
scheinen sich Elfenbeinplatten zu unserem Zwecke insofern zn
eignen, als sie leicht einzuheilen pflegen und dann einen wirksamen
mechanischen Verschluss der Schädellücken abgeben.
Ueber Heteroplastik mit lebendem thierischem Knochen zur
Dockung menschlicher Schädeldefecte liegen Veröffentlichungen vor
von v. Jak sch 3 ), der Gänseknochen zur Einheilung brachte, und
Kecn (1. c.), der frische Stücke aus einem Schafschädel in derselben
Absicht verwandte, aber keinen Erfolg damit erzielte. Mac E wen
benutzte zu demselben Zwecke Hunde-, Gerstein Kaninchen¬
knochen.
Die Autoplastik hat bei menschlichen Schädeldefecten in den
letzten Jahren wohl am meisten Verwendung gefunden und auch
die grössten Erfolge zu verzeichnen. Namentlich sind es zwei Me¬
thoden, welche hier in Frage kommen: die Wolff-Wagnerische
der temporären Resection und die Müller-König’sche des osteo¬
plastischen Ersatzes grösserer Schädeldefecte. Das Verfahren, das
Wagner 4 ) zuerst am Menschen versuchte und vor ihm Wolff 5 б )
bei Thieren erprobt hatte, wird bei offenen Brüchen des Schädels
wohl nur selten in Anwendung kommen. Höchstens bei Spalt¬
brüchen mit intracranieller Blutung wäre es denkbar, dass man
sich auf diesem Wege das Schädelinnere zugängig machte. Die
Methode besteht darin, dass ein .U-förmiger Hautperiostlappen Um¬
schnitten wird; dann wird die Schädeldecke im Umfange des retra-
liirten Weichtheillappens durchmeisselt und der so gebildete Haut¬
periostknochenlappen schliesslich durch subperiostale Durclimeisse-
lung der Knochenbrücke nach aussen umgeklappt. Am Schlüsse
der Operation wird der Lappen wieder an Ort und Stelle gebracht,
und Periost sowohl wie Haut durch Naht, soweit wie thunlich, ver¬
einigt. Dieses Verfahren ist inzwischen in zahlreichen Fällen ver¬
sucht worden. Da es aber bei Schädelverletzungen doch nur
äusserst selten zur Anwendung kommen kann, so übergehen wir
die umfangreiche Casuistik (cfr. Moisson 1. c.) über diese Methode
und begnügen uns mit dem Hinweise darauf, dass sie sich voll¬
kommen bewährt hat. (Fortsetzung folgt.)
Y. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn.
Die Gefahren der Narkose für den
Diabetiker.
Von Dr. Ernst Becker, I. Assistenzarzt der Klinik.
(Fortsetzung aus No. 16.)
Diese Beobachtungen hatten, wie man ohne weiteres zugeben
wird, in ihrem Auftreten und Verlaufe eine so grosse Aehnlich-
keit, dass man fast versucht war, eine Art von Gesetzmässigkeit
l ) v. Eiseisberg,. Ueber Schädelchirurgie. Internationale klinische
Rundschau 1891, No. 24.
а ) Arch. f. pathol. Anatomie u. Physiologie Bd. 95, 1884, p. 282
3 ) v.Jaksch, Wiener med. Woehenschr. 1889, No. 38.
4 ) W. Wagner, Die temporäre Resection des Schädeldaches an
Stelle der Trepanation. Centralbl. f. Chirurgie 1889, No. 47.
б ) J. Wolff, Die Osteoplastik in ihren Beziehungen zur Chirurgie
und Physiologie, v. Langenbeck’s Arch. Bd. IV, 1863.
dahinter zu vermuthen. Indessen fand ich in den gebräuchlichsten
Lehrbüchern und Handbüchern der Chirurgie und inneren Medicin
keine Andeutungen; auch die umfangreichen und grundlegenden
Monographicen von Frerichs 1 ) und Ebstein 2 ) erwähnen dio
Thatsache nicht, dass Diabetiker im Anschluss an eine Narkoso in
ein tödtliohes Coma verfallen können.
Mein hochverehrter früherer Chef, Herr Geheimrath Ebstein,
war so liebenswürdig, auf meine briefliche Anfrage mir dahin¬
gehend Auskunft zu geben, dass seines Wissens ausgedehntere Er¬
fahrungen über diese überaus wichtige Seite der Diabetesfrage bis¬
lang nicht vorlägen.
Es erschien daher geboten, Umschau in der casuistischen
Litteratur zu halten, um möglicherweise unter den Kapiteln „Am¬
putationsstatistik“, „diabetische Gangrän“, „Narkotica“ u. s. w. in
Dissertationen, Jahresberichten von Kliniken und Krankenhäusern
einzelne hierher gehörige Beobachtungen zu sammeln. Die Aus¬
beute w r ar nicht so gering, wie ich von vornherein erwartet hatte.
Denn wenn man einmal bedenkt, dass doch nur ein verschwendend
geringer Bruchtheil unserer Operirten zuckerkrank ist, zweitens
unsere Kenntnisse der diabetischen Gangrän der Extremitäten noch
verhältnissmässig jungen Datums sind und endlich derartige Un¬
glücksfälle meistens lieber verschwiegen, als veröffentlicht werden,
so lange man sich über die w'ahre Todesursache nicht vollständig
klar geworden ist, — w r enn man alles dieses berücksichtigt, ist
eine Gesammtzahl von 12 Fällen (einschliesslich der drei mitge-
theilten Bonner Beobachtungen) immerhin schon ein Material, mit
dem man rechnen darf. Ich wrill daher zunächst die in der mir
zugängigen Litteratur Vorgefundenen Krankheitsgeschichten mit¬
theilen, um dann aus dem gesammten Material Schlüsse ziehen zu
können.
Fall 4. Landow 3 ) (Göttinger Klinik). Zur operativen Behandlung
der senilen und diabetischen Gangrän der unteren Extremität. Fall No. 11.
Wilhelm Wiesmann, 40 Jahre alt, Kaufmann. Aufnahme am
10. October 1889. Diabetische Gangrän des Fusses und Unterschenkels
bis zur Höhe des unteren Drittels. Ueber der rechten Lungenspitze
Dämpfung und abgeschwächtes Athraen; hinten Rasseln. Grosser Durst.
Urinmenge 3140 ccm. Speeifisches Gewicht 1027. Deutliche Zuckcrreac-
tion (V Procent). Vorbehandlung: Antidiabetische Kost. Sublimat,
Comprossen und Hochlagerung des Fusses und Unterschenkels. Am
14. October Amputatio femoris nach Gritti unter Blutleere. Im
Laufe des Nachmittags stellte sich Coma ein, das bis zu dem am
15. October, morgens 4 Uhr, erfolgten Tode anhielt.
Sectionsergebniss: Starkes Oedem der Pia, Hyperämie und Er¬
weiterung der Lymphräume in den Hemisphären; ulceröse Endocarditis
aortica, Erweiterung des linken Ventrikels, Verfettung der gesammten
Herzmuskulatur; miliare Abscesse im Myocard und in den Nieren. Ver-
grösserung der Milz und der Nieren, die stark verfottet sind. Cirrhotische
Fettleber. Phthisischer Heerd in der rechten Lunge, adhäsivo Pleuritis
dextra. Lungenödem beiderseits.
Fall 5. Heidenhain 4 ) (Augusta-Hospital in Berlin). Ueber die
Behandlung der senilen Gangrän der unteren Extremität, insbesondere bei
Diabetikern. Fall No. 9. Tabelle p. 1124.
49jähriger Mann, aufgenommen am 25. Juli 1884. Diabetische Gan¬
grän des linken Fusses und Unterschenkels. Kräftiger Mann, hohes Fieber.
Zucker = 5%. Vorbehandlung: Abtragung der brandigen Fetzen. Zucker¬
gehalt steigt auf 6%, Allgemeinbefinden verschlechtert sich. Wunden
reinigen sich nicht. Fieber. In den letzten Tagen ist Patient öfters un¬
klar, schläft viel, doch keine septischen Erscheinungen. Athem des Pa¬
tienten hat stets auffallend süss gerochen.
8. August. Amputatio femoris subcondylica. Patient bleibt in
einem vollständigen Coma liegen und stirbt nach 24 Stunden.
Sectionsbefund fehlt.
Fall 6. Faber 5 ) (Fälle von Israel in Berlin). Fall No. 4. 65jährigcr
Mann, hat seit mehreren Jahren Blasenbeschwerden. Untersuchung cr-
giebt Carcinom der Blase, Cystitis. Allgemeine Arteriosklerose. Mehr¬
fache Untersuchungen ergaben keinen Zucker.
Sectio alta. Carcinom inoperabel. Blase wird drainirt. Am näch¬
sten Tage enthält der Urin 7 o/ 0 Zucker. Coma diabeticum. Exitus.
Fall 7. Faber 1. c. Fall No. 9. — 65jähriger Mann bemerkte vor
drei Wochen an der kleinen Zehe des linken Fusses eine blaurothe Stelle.
Jetzt: Gangrän des Fusses bis zum Chopart’schen Gelenk. Urin enthält
4,7 % Zucker, wenig Eiweiss. Ablatio cruris dicht unterhalb dor Tubero-
sitas tibiae. Am Tage nach der Operation ist Patient sehr un¬
ruhig. Zuckergehalt 4,8%. Am zweiten Tage nach der Operation
ist der Puls irregulär, Patient benommen. Gangrän schreitet dorsal
über das Knie fort. Abends treten Collapserscheinungen ein, denen Pa¬
tient erliegt. Sectionsbefund belanglos.
J) Frerichs, Ueber den Diabetes. Berlin 1884.
a ) Ebstein, Die Zuckerharnruhr, ihre Theorie und Praxis. Wies¬
baden 1887.
3 ) Landow, Dtsch. Ztschr. f. Chir. Bd. 36, p. 170.
4 ) Heidenhain, Dtsch. med. Woehenschr. 1891, No. 38—41.
5 ) Fajber, Beitrag zur Lehre über grössere Operationen bei Diabetes
mellitus. Bissert. Berlin 1891.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
2 6. Ap ril.
DEUT SCHE M EDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
381
Fall 8. Verneuil 1 ). Not-o sur une serie de 27 grandes amputa-
tions. Fall No. 24. — Ch. A.. ein 52jähriger, kräftiger Mann von
guter Constitution, der sich offenbar einer guten Gesundheit erfreut, wird
am Morgen des 13. März 1876 in das Höpital de la Pitie wegen einer
in der verflossenen Nacht durch ein Wagenrad hervorgerufenen Zer¬
schmetterung des linken Fusses eingebracht. Die Verletzungen waren
derartig, dass sie die Amputation erforderlich machten. Uebrigens schien
auch nichts dagegen zu sprechen. Der Kranke hatte sich von dem Un¬
fälle erholt, war sehr entschlossen und fieberlos (37,2°).
So machte ich denn um 10 Uhr Morgens die Exarticulation im
Sprunggelenke nach J. Roux. Abgesehen von einer etwas langdauem-
den und schwer zu stillenden Blutung aus den kleineren Gefässen verlief
die Operation ohne Zwischenfälle. Watteverband.
Tag und folgende Nacht sehr gut. Kein Fieber. Am andern
Morgen betrug die Temp. 37,1°. Patient war ganz ruhig. Gegen
10 Uhr verfällt der Kranke in eine Art von Stupor und liegt
mit halbgeöffneten Augen, zurtlckgesunkenem Kopfe, kalten und cyano-
tischen Extremitäten da; beträchtliche Beklemmung (Oppression), Ver¬
wirrtheit (Subdelirium) und unzusammenhängendo Worte. Puls 118,’ Resp.
28, Temp. 36,8°; mit einem Worte beginnende Agone. Man erfährt jetzt,
dass der Mann seit langer Zeit Diabetiker ist. Die sofort vorgenommene
Urinuntersuchung ergiebt die charakteristische Reaction.
Mittags steigt die Pulsfrequenz auf 140, sinkt später wieder auf 130.
Resp. 32. Der Tod erfolgte in der Nacht. Der Amputationsstumpf
war in vorzüglichem Zustande; keine Schwellung, keine Gangrän; der
Lappen hatte ein frisches Aussehen.
Fall 9. Landau ,J ) (Berlin). Carcinoma uteri und Coma diabeticum,
nebst Bemerkungen über die Vornahme grosser Operationen bei gleich¬
zeitig bestehender Zuckerhamruhr. — 47jährige Frau, wegen Carcinoma
uteri am 7. Juli 1888 aufgenommen. Seit einem Jahre Polydipsie und
Kräfteverfall. Zucker damals nachgewiesen. Bei der Aufnahmo kein
Zucker, keine Polyurie.
11, Juli 1888. Amputatio uteri nach Ri che lot's Verfahren. Dauer
der Operation 22 Minuten. Die Patientin versinkt, nach der Opera-
tion ins Bett gebracht, sofort in ruhigen Schlaf, bricht garnicht und
liegt den ganzen Vor- und Nachmittag ohne Morphin ruhig mit aus¬
gezeichnetem Pulse und guter Respiration da, während ihre Nachbarin,
welcher ebenfalls am nämlichen Tage wegen Carcinoma uteri die Gebär¬
mutter vaginal exstirpirt wurde, sofort nach der Operation über heftige
öchmerzen im Leibe klagte. Eine grössere Differenz im Verhalten zweier
r« en denkbar, sodass das ruhige Verhalten der Diabetica und
ihre Euphorie etwas unheimliches hatte. Auf Befragen verständige Ant-
worten, kern Fieber. Im Laufe der Nacht häufig Durst; Nachts 3 Uhr
über 1 I Urin durch den Katheter entleert. Grosser Durst, sonst ruhig.
Gegen Morgen war die Athmung der Kranken inzwischen tiefer und
tiefer geworden. Temperatur Morgens 6 Uhr 37,2°. Zunge trocken,
nssig Athemzüge sehr tief, eigenartig ätherischer Geruch. Theilnahm-
los daliegend, offenbar sehr durch Dyspnoe belästigt, reagirt sie auf Be-
ragen durch Oeffnen der Augen, Wenden des Kopfes zum Sprechenden
and giebt nach einiger Zeit auf die Fragen nach ihren Klagen und
wünschen an, dass sie es vor Durst nicht aushalten könne. Der mittels
Katheter entleerte Urin enthält deutlich Zucker.
2 Uhr Mittags wird die Kranke unbesinnlich, das Coma nimmt zu.
iemperatur normal. 3»/* Uhr Nachts erfolgte der Tod.
Tonnen bürg 3 ). Ueber die Zellgewebsentzündungen bei
Bo ®teskranken. — Diabetiker in den 40er Jahren, der sich selber beim
beschneiden emes Hühnerauges eine kleine Verletzung an der Zehe zu-
? *°K e ? , te - Beginnende Gangrän des Fusses. Acht Tage nach Beginn
der Erkrankung Amputatio femoris.
j s stellte sich bei dem Kranken sehr bald nach der Operation
Ho— ,, eJia j ln te Coma diabeticum ein, so dass er wenige Tage nach
derselben der Krankheit erlag.
m.o ,9?h sn er 4 ). The treatment of gangrene due to diabetes.
une Chicago climcal Review, Juni 1893.) Fall No. 2. - 48jähriger, den
vu 11 ?. ta ^ d i n »“gehöriger Mann mit diabetischer Gangrän der
anHsonfi k 6 b ! s 2 ??** di 0 Planta pedis reichend, wurde anfangs
K k° b »“^diabetisch behandelt. Hoher Zuckergehalt.
Amnnt *• i Wochen unter den besten Bedingungen für Asepsis
Comn h 10a des Knies gemacht; wenige Stunden danach
Loma, das in 36 Stunden zum Tode führte
—• Ein a h 1 P' Dreschfeld 5 ). The Bradshawo lecture on diabetic coma.
Hamvoi-kou ' ve * c ^ er an einer Harnröhrenstrictur litt, kam wegen
Charakter;c» Un f rösehfeld’s Behandlung. Die Athemluft hatte den
säur« ni« l u heil uP erucb ’ der Urin enthielt Aceton, aber keine Acetessig-
Einfßhrnn , jf ani Tr , e war se b r stark ausgedehnt und machte dahor die
Ansteicron^ a GS Katheters nöthig. Die Folge davon war ein plötzliches
Kat,hote,;«k f Temperatur von der Norm auf 39,4° (Urethralfieber,
des w "i UQ dTod im Collaps innerhalb 10 Stunden nach Einführung
eine auso-oH e , nt f s ‘ 1 der Section fand sich eine Strictur der Urethra,
Hydronenhr h U n hypertrophische Blase und ein geringer Grad von
Das ose > d ®r Kest der Nierensubstanz zeigte keine Veränderungen.
I? fettiger Degeneration.
-mitg etheilten Beobachtungen der Autoren sind sehr ver-
p. 563. ^ erneu ^’ Arch. g6ndr. de medec. VH. Serie, Tome I, 1878,
2 Borl hün. Woch. 1888, No. 43, p. 863.
Och«n nburg ’ Berlin - klin - Woch. 1885 > P- fe 48 -
mir zugängig 61 ÜUr 101 Referat im Centralbl. f. Chirurgie 1894, p. 48,
) Dreschfeld, British med. Journal 1886, 21. Aug., p. 358.
schieclenwerthig, da sie nicht alle mit der gleichen Ausführlichkeit
veröffentlicht sind. Indessen habe ich kein Bedenken getragen
auch die kurzen Krankengeschichten mit heranzuziehen, weil sie in
Verbindung mit den ausführlicheren MitthoUungen das klinische
Bild zu vervollständigen imstande sind und dadurch das Beweis-
material vervollkommnen.
io Zunächst ist . es bemerkenswert**, dass sich unter den citirten
12 hAllen nur eine Frau befindet, wie ja überhaupt bekanntlich
die Zuckerharnruhr bei weitem häufiger beim männlichen, als beim
weiblichen Geschleckte angetroffen wird. Das Lebensalter schwankte
zwischen 40 und 64 Jahren.
Was die Diabetesform — ob leichte oder schwere — an¬
langt, so kann ich darüber nur unbestimmte Angaben machen.
Diejenigen Fälle, bei denen es sich um eine diabetische Gangrän
der Extremitäten handelte, wird man wohl zweifellos zu den schwe¬
ren Formen rechnen müssen, da doch sicher eine grosse Zahl
Zuckerkranker in der Welt herumlaufen, die an keinerlei gangrä¬
nösen . und phlegmonösen Processen leiden. Indessen muss aus¬
drücklich hervorgehoben werden, dass die Kranken vor der Opera¬
tion keinerlei Zeichen einer allgemeinen Sepsis oder gar eines be¬
reits beginnenden Comas zeigten. Bei den drei Bonner Pa¬
tienten ist dies mit absoluter Sicherheit auszuschliessen;
in den mitgetheilten Krankengeschichten anderer Operateure ist
dasselbe theils direkt hervorgehoben, theils das Gegentheil nicht
erwähnt. Sicher sind in früherer Zeit, in der man noch keine
Kenntniss von der Existenz einer diabetischen Gangrän hatte, eine
Menge Fälle als sogenannte Spontangangrän beschrieben, die that-
sächlich auf diabetischer Grundlage beruhten, und von diesen Fällen
sind zweifellos auch einige im Anschluss an die Amputation comatös
zugrunde gegangen, ohne dass man — zumal in vorantiseptischer
Zeit — die richtige Diagnose gestellt hat. Sepsis, Shok, Herz¬
lähmung — das sind die Erklärungen, die man sich über die Todes¬
ursache der Kranken machte.
Nun finden sich aber auf der- anderen Seite eine Reihe von
Fällen, die man ohne Bedenken zu' den leichten Diabetesformen
rechnen darf. Unser Kranker (Fall 2) mit dem Aneurysma popli-
teum hatte keine Ahnung, dass er zuckerkrank war; er litt nicht
an den klassischen Schulsymptomen der Polyurie, Polydipsie und
Polyphagie, welche bei ihm, seinen Verwandten oder dem behan¬
delnden Arzte den Verdacht auf Diabetes hätton erwecken können.
Er wird operirt, wird comatös und stirbt. Landau’s Kranke
(Fall 9) hatte vor Jahren Zucker im Harn gehabt. Trotz mehr¬
facher Untersuchungen mit den verschiedensten Methoden liess
sich aber in den Tagen unmittelbar vor der Uterusexstirpation
kein Zucker nackweisen, sondern erst in dem einige Stunden nach
der Operation mit dem Katheter entleerten Urin. Ebenso war
Verneuirs Patient (Fall 8) ein gesunder, kräftiger Mann, bei dem
kein Mensch an die Möglichkeit einer vorhandenen Zuckerharnruhr
gedacht hatte. Dreschfeld’s Hülfe suchte der Diabetiker (Fall 12)
nicht wegen der Zuckerkrankheit, sondern wegen einer imper-
meabeln Strictur auf. In vielen Krankengeschichten finden sich
leider keine genaueren Angaben über das Allgemeinbefinden der
Kranken und den Procentgehalt des Harnes an Zucker. Dort wo
letzterer mitgetheilt ist, schwankt er zwischen 3 und 6 Procent.
Einmal fand sich wenig Eiweiss im Urin, zweimal Aceton; der
Geruch der Athemluft nach Aceton war etwas häufiger zu be¬
merken. Im allgemeinen sind aber die Angaben ziemlich unbestimmt.
Was das Nareoticum aulangt, so haben wir zwei Fälle
(No. 1 und 3) nach Anwendung von Chloroform, einen nach der
Aethernarkose verloren; von den anderen Autoren ist das Narco-
ticum nicht erwähnt. Man wird, wie ich glaube, der Wahrheit
am nächsten kommen, wenn man annimmt, dass es sich in der
überwiegenden Mehrzahl um Chloroformnarkosen gehandelt hat.
Die Dauer der Narkose betrug im ersten Falle 35, im zweiten
60 Minuten, im dritten etwa 10 Minuten. Landau’s Uterus¬
exstirpation war in 22 Minuten vollendet. Wenn man ferner be¬
denkt, dass bei der diabetischen Gangrän der Unterextremität in
der Mehrzahl der Fälle eine Thrombosirung der Gefässe vorhanden
ist, so ist es wahrscheinlich, dass die erforderlichen Amputationen
wegen der geringen Zahl der vorzunelnnenden Unterbindungen
meist schnell ausgeführt werden konnten, so dass die Dauer der
Narkose in der Regel keine übermässig lange war. Uebele Zufälle
während der Narkose haben wir bei unseren drei Krankon nicht
erlebt; in den übrigen Berichten ist nichts davon erwähnt.
Die klinischen Symptome und der Verlauf der Erkrankung
bieten höchst interessante Eigenthümliehkeiten. Ich habe bereits
hervorgehoben, dass in sämmtlichen Fällen der Kranke bis zum
Augenblick der Operation keinerlei Symptome darbot, welche ein
in der Entwickelung begriffenes Coma hätten vermuthen lassen.
Der Kranke wird narkotisirt; die Operation verläuft ohne irgend
welche Zwischenfälle. In’s Bett gebracht, erwacht er zur gewöhn¬
lichen Zeit und unterscheidet sich zunächst durch nichts von einem
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
382 DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT._ ____No. 1/7
Nichtdiabetiker. Wenn er indessen nach einigen Stunden völlig
klar geworden ist, tritt — wie es scheint regelmässig — ein be-
merkenswerther Unterschied auf, nämlich eine aulfällige Euphorie.
Während die meisten Operirteu zu dieser Zeit über Schmerzen an
der Operationsstelle klagen, fühlt sich der Diabetiker unverhältniss-
mässig wohl, ein Symptom, das bei unseren Kranken (Fall 1 u. 2)
mit Gangrän bezw. dem Kniekehlenaneurysma in sehr deutlicher
Weise hervortrat. Landau ist das Gleiche aufgefallen. Er hatte
am selben Morgen zwei Frauen wegen Carcinoma uteri nach der
Ri chelot’sehen Methode von der Scheide aus den Uterus total
exstirpirt. Während die eine sofort nach dem Erwachen aus der
Narkose über sehr heftige Schmerzen im ganzen Unterleibe klagte,
sich hin- und herwarf und kaum zu boruhigeu war, lag die Diabe¬
tica ganz ruhig und zufrieden im Bette, ohne zu klagen. Während
die erstere nur nach Morphindosen Linderung verspürte, schlief die
Diabetica abends ohne Morphin ein. Ihr Zustand hatte geradezu
etwas „unheimliches.“
Nach wenigen bis zu 24, 48 Stunden tritt nun wiederum eine
Aenderung des Allgemeinbetindens ein. Die Euphorie geht in einen
Zustand von Theilnahmlosigkeit und Stupor über. In sel¬
tenen Fällen schliesst sich dieser Zustand direkt an das Erwachen
aus der Narkose an (z. B. Fall 8). Der Kranke redet aus eigenem
Antriebe überhaupt nicht, auf Befragen giebt er nur unwillig und
kurze Antworten, dreht sich im Bette auf die andere Seite und er¬
klärt, er sei müde, er wolle schlafen. Man muss ihn zu den Mahl¬
zeiten wecken, man muss ihn füttern, da er aus eigenem Antriebe
nicht zum Löffel greift, er verschluckt sich leicht, ist nach wenigen
Bissen gesättigt und legt sich wieder zum Schlafen hin — um in den
tödtlichen Schlummer zu versinken. In einigen Fällen kann man jetzt
deutlich das Symptom des tiefen Athemholens, des Lufthungers,
auf welches K u s s m a u 1 seiner Zeit zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt
hat, beobachten. Der Kranke holt in regelmässigen Zwischenräumen
ganz tief Luft, dabei dehnt sich der Thorax ad maximum aus;
aber eine Cyanose besteht nicht. Das Herz arbeitet kräftig weiter.
Inzwischen ist die Benommenheit in vollständige Bewusstlosig¬
keit übergegangen; Urin und Koth gehen unwillkürlich ab.
Wusste man vorher nicht, dass der Patient zuckerkrank war, so
wird man bei diesem Symptomencomplex wohl stets auf die rich¬
tige Diagnose geleitet. Die Harnuntersuchung ergiebt meist einen
hohen Gehalt (6—7 u /o) an Zucker. Unter den Erscheinungen des
Lungenödems und der Herzparalyse geht der Kranke nach kürzerer
oder längerer Zeit zugrunde, ohne dass man in der Lage wäre,
durch therapeutische Maassnahmen den Ausgang zu verhüten.
Der Sectionsbefund bietet nichts typisches und ist für die
Beurtheilung der Frage offenbar von nur untergeordneter Bedeutung.
Vergegenwärtigt man sich das geschilderte klinische Bild, so
kann man sich der Ueberzeugung nicht verschliessen, dass ein
ursächlicher Zusammenhang zwischen dem diabetischen Coma
und dem operativen Eingriffe bestehen muss. Denn wenn ein Kran¬
ker bis zum Augenblicke der Operation vollständig gesund ist und
nicht die geringsten Symptome zeigt, welche ein Coma vermuthen
liessen, und wenn dann dieser Kranko in unmittelbarem Anschluss
an die Narkose das Bild eines schwer kranken Mannes zeigt und
in wenigen Stunden eomatös zugrunde geht, so ist es höchst unwahr¬
scheinlich, dass diese beiden Momente völlig unabhängig von ein¬
ander sein sollen.
Ein ursächlicher Zusammenhang besteht zweifellos. Es ist
nur die Frage: haben wir den Grund in einem der bislang bekann¬
ten Agentien, welche ein Coma diabeticum auszulösen imstande
sind, zu suchen? Frerichs macht in seiner Monographie darauf
aufmerksam, und ebenso theilt Cyr 1 ) in seiner sehr lesenswerthen
Arbeit „De la mort subite ou tr6s-rapide dans le diab&te“ Beob¬
achtungen mit, aus denen hervorgeht, dass Zuckerkranke nach
grossen psychischen Erregungen und körperlichen An¬
strengungen in einen comatöseu Zustand verfielen.
W oder das eine noch das andere Moment lässt sich auf unsere
Kianken auwenden. Sehr aufgeregt waren sie nicht vor der Ope¬
ration. Der Alte mit der diabetischen Gangrän (No. 1) sowohl,
wie der Gastwirth mit dem Poplitealaneurysma (No. 2) waren beide
ihrem Arzte zur Operation geschickt, sie hatten sich in
die Nothwendigkeit derselben bereits gefunden. Beide hatten
längere Zeit (zwei bis neun Tage) Gelegenheit zu beobachten, dass
die anderen Operirten der Klinik nicht viel unter Schmerzen zu
leiden hatten und sich verhältnissmässig ganz wohl fühlten. Der
dritte Kranke (No. 3) war bereits einmal 14 Tage vorher narkoti-
sirt, kannte also den Zustand bereits und wusste, dass er nach
Eröffnung des Abscesses Linderung seiner Schmerzen verspüren
würde. Ausdrücklich hebt auch Verne ui 1 hervor dass sein Kran¬
ker mit zerschmettertem Fusse (No. 8) ohne weiteres die Einwilli-
gung zur O peration gab und „sehr entschlossen“ war.
*) -'L-chives generales de medecine Der. 1877 et Jan. 1878.
Andererseits kann aber auch von einer grossen körperlichen
Anstrengung nicht die Rede sein, da nicht einmal das Excitations-
stadium in der Narkose bei unseren Kranken sehr hochgradig war,
so dass man die damit verbundenen Bewegungen der Extremitäten
möglicherweise für die Auslösung des Coma hätte beschuldigen
können.
Ferner ist bekannt, dass durch stärkere sensibele Reize
refleetorisch ein Coma beim Zuckerkranken ausgelöst werden kann;
man könnte also versucht sein, die Operation als solche zu be¬
schuldigen. Indessen hat meines Erachtens diese Hypothese nicht
viel anziehendes. Die einzelnen operativen Eingriffe waren zu ver¬
schiedener Art, theils ganz harmloser Natur, wie die Incision eines
Abscesses, als dass man in dem damit verbundenen sensibeln Reiz
die eigentliche Ursache finden dürfte. Ich kann daher auch den
ganz unbestimmten Andeutungen der anderen Beobachter über diesen
Punkt keinen grossen Werth beimessen. So sagt z. B. Dresch¬
feld 1 ): „Im Anschluss an chirurgische Operationen an Diabetikern
entwickelt sich gelegentlich ein Coma. Es scheint, als ob dazu
der nervöse Sliok den Anlass giebt; es würde indessen interessant
sein, zu untersuchen, in wie weit die Anwendung der Anästhetica
dabei zu beschuldigen ist.“ Dies ist die einzige Erwähnung, die
ich in der mir zugängigen Litteratur habe auffinden können. Wenn
aber dabei der sensibele Reiz eine bedeutende Rolle spielt, so
müssten doch die Ophthalmologen gelegentlich einmal die Beobach¬
tung gemacht haben, dass im Gefolge einer unter localor Anästhesie
ausgeführten Extraction einef diabetischen Katarakt sich ein eoma-
töser Zustand entwickelt hätte. Mir ist darüber nichts bekannt
geworden. _ (Schluss folgt.)
VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau.
Zur Therapie der narbigen Speiseröhren-
verengerungen.
Von Dr. A. Tietze, Assistenzarzt der Klinik.
(Schluss aus No. 16.)
2. Aber auch in den schwierigen Fällen, in welchen Flüssig¬
keiten noch anstandslos den Oesophagus passiren und
selbst dünne Sonden sich hindurchführen lassen, wo also
keine Indicatio vitalis besteht, kann oft genug nur auf dein Wege
der Gastrostomie eine erfolgreiche Behandlung durchgeführt werden.
In allen derartigen Fällen war bisher die allmähliche Dila¬
tation durch Sondenbehandlung die souveräne Methode; man hat
es auch verstanden, die Schwierigkeiten des Sondirens in vielen
Fällen auf verschiedene Weise und oft mit Erfolg zu überwinden.
So besteht eine häutig gebrauchte Methode darin, ein mit Darm¬
saiten gefülltes Rohr bis an die Strictur heranzuführen, während
man nun versucht, durch wechselweises Vorschieben der Saiten die
obere Oeflhung der Strictur zu treffen und die Sonde hindurch-
z ul eiten.
Hacker erwähnt in seiner bereits citirten Monographie, dass
es ihm gelungen sei, unter Leitung des Panelektroskopes eine vorher
impermeable Strictur zu sondiren, und auch in unserem Fall 4
konnte man das obere Ende der Strictur mit dem Oesophagoskop
von Mikulicz sehen, doch gelang es nicht, die Sonde einzuführen.
Bekannt ist auch die Erfahrung, dass es häufig gelingt, nach
grossen Morphiumgaben eine vorher unwegsame Strictur zu passiren.
Nun haften dieser Methode der allmählichen Sondendilatation aber
ausserordentliche Uebelstände an. Einmal erfordert diese ganze
Behandlungsweise eine ausserordentliche Uebung und Ausdauer
seitens des Arztes und des Patienten. Die Narbenmassen sind
häufig so fest, dass man in der Behandlung nur ungeheuer schwer
weiter kommt; unterlässt man das Bougiren nur eine kurze Zeit
lang, so treten bald die schwersten Recidive auf. Um nun schneller
und nachhaltiger zu dilatiren, hat Hacker vorgeschlageu, ein über
einer dünnen Sonde oder einem Fischbeinstab ausgozogenes Drain¬
rohr durch die verengte Stelle hindurchzuführen, welches durch
seinen elastischen Druck stark erweiternd wirkt.
Es haften aber dem Bougiren unter solchen Verhältnissen noch
grosse Gefahren an; es ist ein besonderes Verdienst Hack er’s, an
der Hand einer sorgfältig geführten Statistik 5 *) auf’s neue auf diese
Thatsache hingewiesen zu haben. Danach geht von den Patienten,
welche Verätzungsstricturen des Oesophagus davongetragen haben,
mindestens noch der dritte Teil an den Folgen derselben zugrunde,
und zwar verhält sich die Mortalität der Nichtoperirten zu den
Operirten w f ie 55 : 40.
Es wird dies um so verständlicher, wenn wir uns der oben
geschilderten Formveränderungen der Speiseröhre erinnern: viele
0 Dreschfeld 1. c. p. 361.
a ) v. Hacker, Zur Statistik und Prognose der Verätzungen ( h' b
Oesophagus und der im Gefolge derselben entstehenden Stricturcn. Langen-
beek’s Archiv Bd. 45, p. 605
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6 L April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Patienten gehen an septischen Processen, die sich in der Nachbar¬
schaft der Strictur entwickeln und von hier aus weitergreifen, zu¬
grunde, und in leider recht zahlreichen Fällen schliesst sich die
letale Erkrankung direkt an eine hastige oder ungeschickte oft
auch an eine ganz vorsichtig ausgeführte Sondirung an; eine’Ver¬
letzung oder Perforation des Oesophagus ist die verhängnisvolle
Folge derselben. Es dürfte wohl kaum einen Chirurgen geben der
nicht aus eigener Erfahrung über ein solch’ trauriges Ereigniss
berichten könnte. Angesichts dieser Erfahrungen halten wir es für
richtig, in solchen Fällen häufiger operativ vorzugehen, als dies
bisher Usus war.
Prineipiell zu verwerfen sind hierbei alle Methoden, welche
ohne Leitung des Fingers, des Auges, also im „Dunkeln“
vorgehen. Dahin gehört neben den alten Methoden der Aetzung
der Durchstossung, der Erweiterung mittels federnder Instrumente^
vor allen Dingen die Oesophagotomia interna, die wir als äusserst
gefährlich absolut aus dem Kreise unserer therapeutischen Maass¬
nahmen verbannt wissen möchten, und dahin möchte ich auch,
trotz des ihr ertheilten Lobes, die neuerdings scheinbar wieder
mehr geübte elektrolytische Behandlung rechnen. Will man schon
die Strictur direkt in Angriff nehmen, so hat man unter allen Um¬
ständen die Oesophagotomia externa auszuführen, um von hier aus
die Strictur zu sondiren oder zu discidiren (combinirte Oesopha-
gotomie von Güssen bau er). Für das erste Verfahren tritt be¬
sonders Graser 1 ) auf Grund von Erfahrungen in der Erlanger
Klinik ein, ich glaube jedoch, dass diese Methode ebenso wie die
combinirte Oesophagotomie ihre Hauptbedeutung für Stricturen im
Hals- oder höchstens oberen Brusttheil hat; tiefer gelegene sind
von der Halswunde ebenso wenig mit absoluter Sicherheit zu
erreichen wie vom Munde aus. 2 )
Wir sind in unseren Fällen, als deren Prototyp der folgende
anzusehen ist, etwas anders verfahren und glauben die Methode
zur Nachahmung empfehlen zu dürfen.
Fall 3. Bei diesem Patienten, einem 16jährigen, kräftigen Knaben,
. welchem seit fünf Jahren eine sehr lange Verätzungsstrictur am Be¬
ginn des oberen Brusttheiles bestand, welche vergeblich bisher mit Bou-
giren behandelt, inrnior wieder recidivirt und jetzt für die feinsten Schlund-
sonden gerade noch durchgängig war, wurde bald nach der Aufnahme
eine Alagenfistel angelegt; nach zwölf Tagen wurde eine mit einem Faden
ui der neben bezeichnten Weise (Fig. 1) armirte Sonde vom Munde aus
eingemhrt, es gelang, den Faden zu fassen und die Sonde
zurückzustreiien. Jetzt wurde der Faden, welcher, recht lang,
zur ristel und zum Munde herausschaute, später zur Nase
neriuisgeiührt wurde, noch einmal recht weit zur Fistel heraus-
gezogeu und mit seiner Hülfe ein seitlich an ihr angeschlun-
P n ^iw ® es ’ dünnos Hrain, welches den ganzen Oesophagus
uustüllte und ebenfalls bis zur Nasenöffnung herausreichte, in
um. f, ezo ® eiL . Das untere Ende des Fadens blieb ausser-
am der Jbistel liegen und wurde mit Heftpflaster befestigt.
ie Absicht, das starre Oesophagusrohr dadurch zu dehnen,
wurde m so vollkommener Weise erreicht, dass schon nach
rei agon statt des ersten Drains von 5‘/a mm Durchmesser ein
so cües von 9'/a mni an dem Faden in ähnlicher Weise wie
icr durch die Strictur hindurchgezogen werden konnte. Dies-
iiia wurde es so lang gelassen, dass es neben dem Faden zur
„ ly«nd, an der Seite mit einer Oeffnung versehen,
® W als Fntterangsschlauch dienen konnte. Im ganzen
dor 1 r rC1 o 0C J len , wurde das Drain ganz fortgelassen, statt
.ml« ° i mDW 0Q d e ,eim Heginn der Behandlung, welche nur
Ulln r . aen grössten Schmerzen des Patienten eingeführt werden
wi P assi yte jetzt anstandslos eine solche von 5 mm Stärke,
T w . ren d der ganzen fünfjährigen Dauer des
j t f s niemals hatte hindurchgeführt werden können.
■, \ e d' er . e11 vier Wochen, nachdem man von nun an
Uefahron lSCh 1 bou fp rt bat ’ was *? ei der weiteren Passage keine
Schlauch m? 1 * t b0t ’ 1S i “«?■ bis , zu einer 11 mm - Sond e gelangt, der
worden die l'J»] m an Ä gten Ma S enfistel ist entfernt
i e histel hat sich innerhalb 14 Tagen spontan geschlossen.
einer be , öt £ ht also im Princi P darin, nach Anlegung
strirt.,1 S ßst tf durch Emzieh en von Drainröhren die Oesophagus^
handlumr^n' 61 ^ Z i U deh " en ’ dass man uun eine consequente Be¬
reichen S , tflrk ® reu Sondennummern beginnen kann; wir er-
Strictnp 1 nur eine sehr schnelle Erweiterung der
oinctur - dies hat sowohl dieser ”
Fig. i.
wie die späteren Fälle und
deutschc’iff’o^n B ® han dl un g der Oesophagusstenosen. Verhandlungen
* wLt 8sell8c l ha . ffc J för Chirurgie Bd. XIX, p. 136.
) -'nmerktincr a«- n_ Tr ’ v ^ . ..
der
Arbeit ft".«*»»« bei "<üi CÖrrectur
- 1 hat ; Slcl1 Bayer auf Grund
Kurz vor dem Druck dieser
ten OesoDhrnV^ er aul Uru ud eines Falles zu Gunsten der combinir-
ßied. Wochenschr ^ Ga ® t I rosfcomie ausgesprochen (Prager
fieobachtumren v™ u ’ i^°‘ Angesichts der beiden oben mitgethoilteu
trotzdem dL, po „ aCk ?-„ Und . un8erer Er fahrungen im Fall 5 glaube ich
tomie im’Sinn« r ,® euu £ P alle giebt, welche der combinirten Oesophago-
haupt, u ur durrh n :^ Se r , ftaer . s Hiu^t zugänglich, sondern, wenn über-
— i n e i n „ P , e U°mbmation von Gastrostomie und Oesophagotomie
einer noch zu erörternden Weise - heilbar sind. Der Verf.
___ 383
auch unsere Erfahrung bei Mastdarmstricturen gezeigt - sondern
wir entkleiden vor allen Dingen dadurch die Sündenbehandlun-
ihrer Hauptgefahren, indem wir dieselbe erst dann oinleiten wenn
wir bei einer relativ weiten Passage des Weges sicher sind’
d. Hatten wir es nun, wie solche Fälle häufig genug Vorkommen
mit einem Patienten zu thun gehabt, bei welchem trotz er¬
haltener Fähigkeit zu schlucken, jeder Versuch der
Sondirung misslungen wäre, so würde man ihm ebenfalls eine
Magennstel angelegt haben, und nun hätten wir den Versuch ge¬
macht, ihn nach dem Vorgänge von Socin 1 ) ein mit einem Faden
armirtes Schrotkoni schlucken zu lassen, um ihm daran nach
unserer Methode wieder ein Drain durch die Strictur zu ziehen-
oder wäre dies nicht gelungen, so hätten wir uns vorläufig darauf
beschränkt, einige Zeit nach Anlegung der Magenfistel die retro¬
grade Bougirung des Oesophagus zu versuchen. In mehreren
Fällen, die aus der Arbeit von Gissler 2 ). zu ersehen sind und
die ich noch um einen in der Dissertation von Vollradt (1889)
beschriebenen Fall aus der Fischer’schen Klinik vermehren kann
ist es gelungen, auf diese Weise die Durchgängigkeit der Speise¬
röhre wieder herzustellen.
Auch in den nächsten beiden Fällen ist es gelungen, von der
Magenfistel aus eine Sonde in den Oesophagus vorzuschieben, doch
konnte man die Strictur selbst nicht passiren.
Es waren dies beides Fälle, in denen, wenigstens zur Zeit der
Operation, eine absolut undurchgängige Strictur bestand, von deren
Länge man also absolut keine Vorstellung hatte, bei deren Be¬
stände ausserdem die Patienten so heruntergekommen waren, dass
aus diesen beiden Gründen gemäss den oben entwickelten’Prin-
cipien zuerst die Magenfistel angelegt werden musste. Die Kran¬
kengeschichten sind in Kürze folgende:
Fall 4. Gustav G., I 3 /* Jahr, 12. September 1891. Am 1. Juni
hat der Knabe etwa einen Theelöffel voll Natronlauge getrunken; lang¬
same Entwickelung einer Strictur; von der vierten Woche an täglich
bougirt, doch nimmt das Leiden stetig zu. Seit zwei Tagen soll Patient
überhaupt nichts mehr schlucken können. Kräftig entwickelter Knabe,
jetzt jedoch stark abgemagert, innere Organe gesund, impermeable Oeso-
phagusstrictur beginnend in der Höhe der oberen Brustapertur. Schlucken
unmöglich. Bald nach der Aufnahme Gastrostomie nach der alten Me¬
thode, einzeitig. Heilung ohne Zwischenfall. Nach annähernd 14 Tagen
wird der Versuch gemacht, von der Magentistel aus den Oesophagus zu
sondiren und die stricturirto Stelle zu dilatiren. Es gelingt nach viel¬
fachen vergeblichen Versuchen, eine Metallsonde durch die" Cardia hin¬
durch nach oben zu führen, doch bleibt dieselbe jetzt, imd in späterer
Zeit immer in der Höhe der oberen Brustapertur stecken an einer Stelle,
bis zu welcher auch die vom Mundo aus eingeführte Sonde reicht. Es
wird also auf diese Weise eine nicht allzulange Strictur in der Höhe der
Brustapertur festgestellt; nachdem alle anderen Versuche, dieselbe zu be¬
seitigen, gescheitert sind, wird am 15. März 1892, also fast ein halbes
Jahr nach der Gastrostomie die Oesophagotomia externa mit tief nach
unten gelegtem Schnitt ausgeführt. Der Patient konnte übrigens um
diese Zeit wieder Flüssigkeiten zu sieh nehmen. Bei der Operation nun
wölbte sich zwischen den frcigclegten Muskeln ein bauchiger Sack vor,
der sich bei der Incision als Divertikel der Speiseröhre dicht über der
Strictur erweist. Dasselbe ist innen mit einer vielfach geschwürig zer¬
fallenen Schleimhaut ausgekleidet, an seinem unteren Ende entdeckt man,
ziemlich central gelegen, einen feinen, für eine Myrthenblattsoudo gerade
noch durchgängigen Canal; ohne denselben zu discidiren, gelingt es, durch
denselben eine lange dünne geöhrte Metallsondo in den Magen hinabzu-
stossen; an ihr wird dann ein langer Seidenfaden und später mit desson Hülfe
ein langes dünnes Drain hindurchgezogen, welch letzteres nun zur Magen¬
öffnung und zur Halswunde herausragt und nach achttägigem Verweilen
durch ein dickeres ersetzt werden kann. Im ganzen nach 14 Tagen ist
die Strictur soweit gedehnt, dass man mit regelmässigen Bougirungen (mit
Blei gefüllte Hamröhrenbougies) beginnen kann; die Oesophagotomie-
wunde schliesst sich langsam und ist vier Wochen nach der Operation
geheilt. Vier Monate nach der Oesophagotomie ist die Speiseröhre für
eino 10 mm starke Sonde durchgängig, die Magenfistel wird jetzt, drei¬
viertel Jahre nach ihrer Anlogung, geschlossen. Acht Wochen später
wird Patient in blühendem Zustande und fähig, alles zu sich zu nehmen,
entlassen.
Fall 5. (22 Jahre alte Patientin der Kölligsberger Kliuik, aufge-
genommen 8. Oetober 1888). Patientin, sonst immer gesund gewesen,
verschluckte vor drei Jahren einen Theelöffel voll Schwefelsäure; lang¬
sam entwickelte sich eine hochgradige Strictur. Patientin ist jahrelang
nur auf den Genuss von Milch angewiesen, angeblich geht seit drei
Wochen gar nichts mehr herunter. Patientin erhält von ihrem Arzte
Nährklystiere. Höchst abgemagertes Mädchen, unfähig irgend etwas zu
schlucken, bei der Sondirung des Oesophagus gelingt es selbst mit den
feinsten Sonden nicht, über eine Stelle an der oberen Brustapertur zu
kommen. Zwei Tago nach der Aufnahme Anlegung einer Magenfistel
nach der alten Methode, einzeitig. Nach gutem Verlauf wird nach drei
Wochen der Versuch gemacht, von der Fistel aus zu sondiren, die Sonde
dringt etwa 10 cm über die Cardia hinauf. Von da ab wird Patientin
l ) Vgl. Gissler, Ueber die retrograde Dilatation von Oesopbagus-
strieturen. Bruns’ Beiträge Bd. VIII, p. 109 (daselbst siehe auch die
Beschreibung der Methode von Kraske: es wird an einem Faden eine
Elfenbeinolive retrograd durch die Strictur gezogen),
*) Gissler 1. c.
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384
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17
täglich vom Magen aus bougirt, doch dringen die Sonden nicht höher
als bis in die Höhe des Manubrium sterni vor. Verschluss der Magen¬
fistel durch einen Glasstöpsel. Patientin nach fünf Wochen vorläufig
entlassen. (Schon drei Tage nach der Gastostromic hatte sie wieder
Flüssigkeiten per os nehmen können.) Nach fünf Monaten Wiederauf¬
nahme; in der Zwischenzeit ist sie täglich in der Poliklinik mit elasti¬
schen Sonden von der Magenfistel aus sondirt worden. Man ist jedoch
auch jetzt nie über die früher bezeichneto Stelle hinausgekommen. Auch
die Versuche, durch Einführung mehrerer feinster elastischer Sonden zu¬
gleich den Weg zu finden, misslingen, ebenso blieben alle Versuche, vom
Munde aus die Strictur zu durchdringen, erfolglos. Das Einfuhren der
Sonden in die Cardia gelingt ohne Mühe, am besten bei vollständig wage¬
rechter Lage der Patientin und bei Schluckversuchen. Ernährung voll¬
ständig durch die Magenfistel, Patientin nimmt nur flüssige Speisen.
In den letzten 14 Tagen ist Patientin wiederholt ösophagoskopirt worden
(Mikulicz’sches Ocsophagoskop). Das ösophagoskopischc Bild zeigte
bereits entsprechend dem Manubrium sterni den Oesophagus blind endi¬
gend erweitert, wandständig findet sich am blindsackartigen Ende oine
feine Oeffnung, deren Umgebung stark geröthot und oberflächlich ulcorirt.
Alle Versuche, in diese Oeffnung mit feinen Sonden oinzudringen, waren
rosultatlos. 5. März 1889 Oesophagotomio. Nach Einstellung des Oeso¬
phagus wird constatirt, dass derselbe dicht beim Eintritt
in den Thoraxraum blindsackartig endet; an der früher
beschriebenen Stelle dieses Blindsackes findet sich eine
feine Oeffnung, in welche eine dünne Sonde gerade noch
eindringt. Alle Versuche, mit elastischen und festen
Sonden die Strictur nach der Cardia hin zu durchdringen,
scheitern. Auch Versuche, vom Magen aus durch dio
Strictur zu dringen, sind resultatlos. Schliesslich lässt
sich durch Bougiren mit gekrümmten Sonden gleich¬
zeitig von der Wunde und der Magenfistel aus fest¬
stellen, dass der Oesophagus nebenstehende Verziehung
zeigt. Es wird darauf bei i eine Communication angelegt
und die darüber liegende Zwischenwand durchtrennt; nun
gelingt es, eine geöhrte Sonde in den Magen zu führen
und an dioser ein dünnes Kautschukdrain nachzuziehen.
Die Weiterbehandlung wie im vorigen Falle. Patientin
fiebert in den ersten Tagen, starke Schwellung der Um¬
gebung der Wunde, starke Bronchitis. Allmählich schwin¬
den dio Erscheinungen. Nach 17 Tagen wird das Drain
durch ein dickeres ersetzt. Nach fünf Wochen wird das
Dauerdrain fortgelassen, und Patientin täglich zweimal mit dicken Schlund-
sonden bougirt. Gleichzeitig geschieht dieErnährung per os. Schmerzen beim
Bougiren, Temperatursteigerung und starke Rückenschmerzen veranlassen
noch einmal mit dem Bougiren aufzuhören und dafür wieder ein etwas
dünneres Drain einzuziehon. Es entwickeln sich Zeichen der Infiltration
beider Unterlappen der Lunge. Die ganze Affection dauert etwa zehn Tage,
während deren Patientin stark fieberte. Von da ab macht die Heilung
langsame Fortschritte. Das Drain wurde wieder aus dem Oesophagus
entfernt und die Strictur bougirt. Mehrfach gelang es dabei nicht, von
oben her in den Magen zu gelangen, während ein von unten eingeführtes
Bougie dio Strictur passirte. Es wurde dann regelmässig wieder an dem¬
selben ein Drain nachgezogen und für einige Tage liegon gelassen. End¬
lich macht das Bougiren auch mit dicken Schlundbougies keine Schwierig¬
keiten mehr, die Halswunde hat sich spontan geschlossen, und so kann
fünf Monate nach ihrer Anlegung die Magenfistel durch Anfrischung der
Magenwand und Naht geschlossen werden. Nach einem weiteren Monat
wird Patientin geheilt entlassen. Sie stellt sich nach einem Vierteljahr
wieder vor. Sie sieht sehr wohl aus, kann alles schlucken, hat 36 Pfund
zugenommen, bougirt sich selbst mit Bougie No. 16, während noch No. 20
mühelos hindurchgeftthrt wird.
. In beiden Fällen also war die im obersten Brusttheil gelegen
Stiictur für eine Sonde nicht passirbar; es lag dies das eine ma
an der eigenthümlichen Abknickung der verengten Stelle, das an
dere mal daran, dass man bei dem zarten Alter des Patientei
sich zu doppelter Vorsicht genöthigt gesehen und nichts hatt
nskiren wollen. Da beide Patienten bei der Aufnahme gar nicht!
mehr hatten schlucken können, so blieb, wie in allen Fällen im
permeabler Stricturen, nichts als die Gastrostomie übrig, die un
vorzüglich angelegt wurde. In beiden Fällen stellte sich nachlie
das Schluckvermögen wieder spontan ein; da indess alle Versuche
diesen günstigen Umstand nach den Methoden von So ein ode
von Kraske 1 ) zu benutzen, vollständig scheiterten, so musste]
die Stricturen weiter als völlig impermeable behandelt werden, d. h
Lr;;' 0 ‘,° r n C ; rSUCh gemacht - ,Ji0 Stricturen durch retrograde:
Bougiren zu dilatiren; aber auch dies misslang, und nun bliel
ei “ l ® tzfce , ti Mlttel übrig, nämlich nach Eröffnung de
Speiseröhre die Strictur aufzusuchen und zu beseitigen. Dass die:
ersi^tlkT, ZUm Z ‘ el “ U ' te ’ ist aus den Krankengeschichte,
• , Nu !i könnte man, auf diese Befunde gestützt, dazu kommen
in der Gastrostomie eine überflüssige Operation zu erblicken ode
falls zurück reten W f a e i ntel ' ‘‘7 Oesophagotoroia externa jeden
falls zurucktreten müsste; gerade dor zuletzt mitgetheilte Fal
spricht aber zu Gunsten der Gastrostomie resp. des eombinirtei
l ) Vrgl. Gissler, 1. c.
Verfahrens, denn durch die Oesophagotomie allein wäre es nie ge¬
lungen, die Hindernisse zu erkenuen und zu beseitigen. Ausser¬
dem haben wir ja aber, und das ist auch noch ein ganz besonders
wichtiger Grund, in allen diesen Fällen noch eine zweite Indication
zu erfüllen, d. i. den Ernährungszustand der Patienten zu heben,
eine Rücksicht, welche in unseren letzten Fällen uns die Richtung
unseres Handelns gebioterisch vorschrieb, in allen anderen aber
gleichfalls ein schweres Gewicht zugunsten der präliminaren Gastro¬
stomie in die Wagschale fallen lässt.
Aus dem vorhergehenden ist ersichtlich, einen wie breiten
Raum wir der Gastrostomie bei der Behandlung des Verätzungen
der Speiseröhre einräumten; trotzdem möchten wir nicht so weit
gehen wie May dl, welcher bei jeder frischen Oesophagus Verbren¬
nung die Magenfistel anzulegen gerathen hat.
Was die Technik der Magenfistel anbetrifft, so möchte ich
noch hervorheben, dass w r ir in der letzten Zeit in der Klinik aus¬
schliesslich die Methode von Witzei angewandt haben. Herr Ge¬
heimrath Mikulicz hat schon an anderer Stelle 1 ) darauf hinge-
wiesen, dass diesem Operationsverfahren gerade für Zwecke temporär
anzulegender Fisteln, wie also in den uns hier interessirenden
Fällen von narbiger Stenose der Speiseröhre, eine ganz besondere
Bedeutung zukommt, weil dasselbe neben eiuem ausserordentlich
guten Verschluss der Fistel auch eine spontane Heilung derselben
zu garantiren scheint; wenigstens hat sich bei unseren beiden Pa¬
tienten die Fistel nach Entfernung des Drainrohres thatsäohlich
innerhalb von etwas mehr als 14 Tagen definitiv von selbst ge¬
schlossen. Damit dürfte aber auch ein weiteres Bedenken gegen
die Gastrostomie fortfallen. Nun könnte man gegen diese Modifi-
cation freilich noch eins einwendon: es fragt sich nämlich, ob der
eigenthümlich schiefe Verlauf des Canales in der Magenwand bei
dieser Operation den späterhin vorzunehmenden Manipulationen bei
der retrograden Dilatation etc. nicht hinderlich sein kann. Infolge
dieser Erwägungen habe ich in dem einen der oben mitgetheilten
Fälle (Fall 3), den mir Herr Geheimrath Mikulicz zur Operation
überliess, auf den Vorschlag des Herrn Dr. Kader die typische
Richtung des Canales geändert und ihn radiär so angelegt, dass
er gewissermaassen die Fortsetzung des unteren Endes des Oeso¬
phagus auf die vordere Magenwand projicirt darstellte. Es gelang
mir dann später ohne grosse Mühe, von hier aus die Spitze der
von oben eingeführten Schlundsonde zu fassen.
Schliesslich möchte ich dann noch auf das Verfahren der Deh¬
nung der Stricturen durch Drainröhren aufmerksam machen, das
sich in unseren Fällen ausgezeichnet bewährt hat; ich muss aber
ausdrücklich hervorheben, dass Hacker in einem Theil seiner Fälle
gauz ähnlich verfahren ist und dass das Verfahren, so viel wir
wissen, zum ersten mal von ihm geübt wurde. 2 )
Als Hauptergebniss unserer Erfahrungen über die Behandlung
von Oesophagusstrieturen möchte ich folgendes hervorheben:
1. Die Gastrostomie ist in schweren Fällen von Ver-
ätzungsstricturen des Oesophagus häufiger zu üben, als
es bisher fast allgemein geschehen ist; durch sie werden
einerseits die Gefahren des Leidens verringert, anderer¬
seits die Behandlung der Strictur, sowohl in frischen
als auch in veralteten Fällen, wesentlich erleichtert.
Manche Fälle sind nur durch vorangehende Gastrostomie
zu heilon.
2. Dio continuirliche Dilatation des Oesophagus mit¬
tels Drainröhren nach dor in den letzten drei Fällen
angewandten Methode führt ungleich rascher und gefahr¬
loser zum Ziel als die gewöhnliche Bougirung.
3. Es giebt Fälle, in welchen nur die Combination
von Gastrostomie und Oesophagotomie zum Ziele führen
kann. 3 )
VII. Zur DipMherieheilungsfrage.
Entgegnung auf den Artikel des Herrn Prof. Behring.
Von Dr. Hans Aronson.
Zu einem Circular der Chemischen Fabrik Schering, betreffend
das Diphtherieantitoxin, hat Herr Prof. Behring in der No. Io
dieser Wochenschrift einige Bemerkungen gemacht, auf welche ich
hier kurz erwidere, da die Angaben in diesem Circular, wie Herr
Behring richtig vermuthet, auf mich zurückzuführen sind.
*) Berliner klin. Wochenschr. 1893, No. 1.
*) Wiener med. Wochenschr. 1886, No. 31 und 32, Nachtrag p. IUI-
0 Nach Abschluss des Manuscriptes habe ich Einsicht in die Arbeit
von Thiele, „Ueber die Verbrennung des Mundes, Schlundes, der Speise¬
röhre und des Magens“ erhalten (Veröffentlichungen aus dem Gebiete des
Militärsanitätswesens, Heft 6, Berlin 1892). Ich möchte an dieser Stelle
auf die Lectüro dieser ausführlichen, sehr lesenswerthen Monographie ver¬
weisen, wenn sich auch die therapeutischen Vorschläge des Verfassers
nicht in allen Punkten mit unseren Anschauungen docken.
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26. April.
DEU TSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ich brauche nur auf No. 1 dieser Bemerkungen einzugehen
dass die Diphtherieantitoxinlösung Schering nicht den Werth des
zwanzigfachen Normalantitoxins hat, da No. 2 in anderen Worten
nur dasselbe besagt.
Der Pröfungsmodus des Diphtherieantitoxins ist in dem Cir¬
cular genau beschrieben und scheint mir den Angaben im Vortrage
Behring’s, gehalten in der pharmaceutischon Gesellschaft am
7. December 1893, völlig zu entsprechen. Der Gehalt der Diphtherie¬
antitoxinlösung ist, wie ich mich durch mehrfache Versuche über¬
zeugt habe, mindestens derart, dass bei Prüfung 1 ) an Meer¬
schweinchen im Gewicht zwischen 300 und 400 Gramm Mischungen
von 0,005 ccm mit einer Diphtheriegiftdosis, an der gleich «rosse
Controllthiere in 38 bis 46, und grössere Thiere in 48 bis 60 Stunden
ohne Ausnahme starben, anstandslos, d. h. auch ohne locale Er¬
scheinungen zu verursachen, vertragen werden. Ich sehe einer
Nachprüfung dieser Angabe von competenten, nicht persönlich
bei der Sache interessirten Autoren (zu diesen kann ich —
was den letzteren Punkt anbelangt — die Herren Behring und
Ehrlich nicht rechnen) mit der grössten Ruhe entgegen.
Das, was Herr Behring unter Normalantitoxinlösung versteht,
J hat schon mehrmals geschwankt, und es ist ja möglich, dass er
jetzt schon -wieder andere Anforderungen stellt. Die Differenz ist
wohl nur so zu erklären, dass die von Herrn Ehrlich zur Prüfung
benutzte Giftdosis eine grössere gewesen ist. Dass trotzdem das
Resultat dieser Prüfung kein -wesentlich abweichendes gewesen
sein kann (Fehler bis zu 10% können hier, — da es sich ja um
eine physiologische Methode handelt, — schon wegen der nicht
absolut gleichen Empfänglichkeit der Thiere kaum in Betracht
kommen), ersehe ich daraus, dass Herr Behring bei der nicht
gerade von grossem Wohlwollen zeugenden Besprechung sonst
wohl irgendwelche positive Angaben über den Grad der von
Ehrlich festgestellten Min der werth igkeit der Antitoxinlösung ge¬
macht hätte. Das, was Herr Behring thatsächlich vorzubringen
vermag, steht also in dem denkbar schroffsten Gegensatz zu der
gewählten Form, indem Herr Behring sogar den Anschein zu er-
wecken sucht, als ob hier eine bewusste Unwahrheit vorliegt.
v\ ie aus dem Circular hervorgeht, soll diese Lösung in erster
Lime zu Immunisirungszwecken Verwendung finden, — für Heil-
zwecke stehen viel concentrirtore in ausreichenden Mengen zur
Verfügung, — und Herr Behring dürfte gewiss der letzte sein
der etwa die Diphtherieantitoxinlösung Schering, — selbst wenn
sie nach Ehrlich z. B. etwa einer 17fachen Normallösung ent¬
spricht,—zu diesem Zweck für ungeeignet hält, nachdem er dafür
sogar seine Normallösung für ausreichend erklärt hat.
Inwiefern hier also eine Discreditirung der Behring’schen Ent¬
deckung eines specifischen Diphtherieheilmittels vorliegt, ist mir
unverständlich. Wenn Herr Professor Behring ferner die Be-
u ung auf seinen Namen für illegitim erklärt, so glaube ich. dass
r meir Grund gehabt hätte, sich zu beklagen, wenn sein Name
w 61I ? e L , e ' in der er unzweifelhaft ausserordentliche Verdienste
hat, mcht gebührend genannt wäre.
Bemerkungen zn vorstehender Entgegnung.
Von Prof. Behring.
i n d , as Biphtherieantitoxin-Schering, welches Herr Aronson
inir . “"/ ache Normallösung nach der von Prof. Ehrlich und
lirU-!o • lr ^ n , Berechnung im Circular bezeichnet hat, in Wirk-
kftin« eme +v wäre i so würde diese Differenz in der That
das ks,,fr e i nt t? 1 ? sein * * cb babe abor ausdrücklich erklärt, dass
mpnpri p 1 "# 6 Präparat „nach der von Prof. Ehrlich vorgenom-
brik 61 “ Mehrfaches hinter der Angabe der Fa-
würdp Hätte ich gesagt „um ein Zweifaches“, dann
ahpr v 8 . r ^P am t eine 10fache Normallösung sein; wenn ich
meine iph eine . ai Zurückbleiben „um ein Mehrfaches“ spreche, so
Herr Am ami ^ dass dasselbe noch weit mehr minderwerthig ist.
1893 in ason beruft sich auf meinen Vortrag vom 7. December
in den 6r p “ ar ! naceut ischen Gesellschaft. Dieser Vortrag ist
druckt n ^ un £ sberic hten der pharmaceutischon Gesellschaft abge-
von AnHw ? thält 811 der SteUe ’ wo ich von der zur Prüfung
diese Pndf 1 ^n SUn IS en ^wählten Giftdosis rede, die Angabe, dass
der töHtiLw Meerschweine mindestens das Zehnfache
Herrn Am „ en Minimaldosis repräsentirt. Ich muss es
die von ihnf 011 assen ’ .den Beweis dafür zu liefern, dass
nutzte Uift^ ? Ur ,. We rtkbestimmung seiner Antitoxinlösung be-
citirten Vnrt^ S1S 0168611 Anforderung entspricht. Die in dem
im Wortlaut £? g6 . nai L besc hriebene Werthbestimmung habe ich
genommen i me ! n Bach „Infection und Desinfection“ hinüber-
———_1_ nü a cgesehen von diesen beiden Stellen existirt
verweise Ich" nlf ^ 6naue and Weise, wie ich diese Prüfung ausführe,
klinischen Wochenschrift in ^ er nftc h sten Nummer der Berliner
__385
von eZ-hA" Kl.!!, to Ä tSChe ” medicinischen Wochenschrift
Aon Ehi lieh Kossel und Wassermann eine Beschreibung dar¬
über, was Ehrlich und ich unter einer Normallösung verstehen
naoh h T ? errn Ar6nS ° n ohne fügende Sachkenntnis«
nachgoahmten) Mischungsmethode auf ihren Antitoxingehalt geprüft
WAn’n S 10 eb A en Cltlrten i . dr , ei Stellen enthalten identische Angaben.
Wenn HeTr Aronson die Möglichkeit in Erwägung zieht, dass ich
„jetzt schon wieder andere Anforderungen an eine Normallösung
stelle so ist das als eine gänzlich verunglückte Ausflucht und als
eine durch nichts begründete Unterstellung zu charakterisiron
Fast noch schlimmer als diese Unterstellung ist die Rede¬
wendung, m welcher Herr Aronson an Autoren appellirt die
nicht bei der Sacho interossirt sind.“ Ich bin allerdings
bei dieser Sache mteressirt, sogar sehr interessirt, denn ich habe
diese Sache zu meiner Lebensaufgabe gemacht; aber mein Interesse
ist himmelweit von dem verschieden, wie Herr Aronson es ver¬
steht; mein Interesse an der Sache ist von der Art, dass ich rück¬
sichtslos gegen mich, aber auch rücksichtslos gegen andere auf
eine klare Darstellung des Thatsächlichen halten und jeden Com-
promiss mit solchen Mediciuern ablehnen muss, denen die wissen¬
schaftliche Wahrheit nicht obenansteht. Ich habe rückhaltlos
meine experimentellen Ergebnisse so publicirt, dass jeder nicht
gar zu unfällige Mediciner dieselben jetzt nachmachen kann und
ich werdo das nach wie vor so halten, weil nur auf’diese
Weise em schneller wissenschaftlicher Fortschritt ermöglicht wird.
Es ist ja nicht zu leugnen, dass damit auf dem von mir er¬
schlossenen therapeutischen Gebiet eine gewisse Gefahr verbunden
ist. Ich selbst gedenke die neuen Heilmittel, insbesondere das
Diphtherieheilmittel, erst dann der Oeffentlichkeit zu übergeben,
nachdem vorher alles gethan ist, was nach menschlichem Wissen’
einen Misserfolg unmöglich macht. Da habe ich denn freilich ein
Interesse daran, dass nicht Leute, welche finden, dass es sich hier
um Dinge handelt, die man in Geldeswerth umsetzen kann, vor¬
zeitig meine Mittel zu einem Handelsartikel machen. Aber nur
vorübergehend habe ich gelegentlich des von Herrn Aronson
unternommenen Versuchs einer vorzeitigen geschäftlichen Aus¬
beutung meiner experimentellen Ergebnisse bedauert, dass ich auch
unberufenen Medicinern das Arbeiten auf diesem Gebiete durch die
Art meiner Mittheilungen ermöglicht habe, und ich sehe mich reich¬
lich für die unangenehmen Erfahrungen dadurch entschädigt, dass
durch die Mitarbeit vieler, von reinem wissenschaftlichem Streben
geleiteter Männer die Diphtherieheil ung mit meinem Mittel schon
jetzt so weit gediehen ist, dass für den Kundigen über den Werth
desselben kein Zweifel mein- existirt, 1 ) Man darf wohl hoffen, dass
in der medicinischen Wissenschaft das Vorgehen des Herrn Aron¬
son, welcher auf meinem ureigensten Gebiet sogar durch die In¬
anspruchnahme von Patenten die weiteren Studien zu beschränken
versucht, eine Ausnahme bleiben wird.
Soviel von meinom persönlichen Interesse an der Sache.
Ich muss nun aber noch auf den viel wichtigeren Theil des¬
jenigen eingehon, was ich zu vorstehender Entgegnung zu sagen
habe, nämlich auf die Gefahr der Discreditirung meines Mittels
durch die Angaben des Herrn Aronson. Ich halte es für sehr
wahrscheinlich, dass es Leute giebt, welche durch die unwahre
Behauptung, ich hätte eine Antitoxinlösung von derjenigen Con-
centration, wie die durch die Schering’sche Fabrik in den Handel ge¬
brachte, für therapeutische Zwecko als ausreichend erklärt, sich
verleiten lassen, diphtheriekranke Individuen damit zu behandeln.
Wenn dann das eintritt, was bei der Minderwerthigkeit des Diph-
therinantitoxins-Schering nothwendig eintreten muss, dass bei der
von sachkundigen Klinikern an gestellten Probe der Erfolg ausbleibt,
so wird, wenn ich nicht rechtzeitig die Berufung auf meinen Namen
für eine illegitime erkläre, nicht blos das Aronson’scho Präparat,
sondern das neue Heilverfahren überhaupt, für lange Zeit discreditirt.
Es spricht nicht sehr für den Scharfsinn des Herrn Aronson,
wenn er das unverständlich findet.
Endlich bleibt mir noch übrig (damit nicht aus meinem
Schweigen falsche Schlussfolgerungen gezogen werden), in Bezug
auf die Immunisirungsfrage Folgendes zu erklären:
Prof. Ehrlich hat für Immunisirungszwecke unter anderem
auch eine Antitoxinlösung von zufällig ganz genau der gleichen
Concentration, wie die des käuflichen Präparates, zur Anwendung
gebracht. Eine solche Lösung erwies sich aber noch nicht als
ausreichend, um in der Dosis von 1 ccm eine sichere Immuni-
sirung beim Menschen zu gewährleisten. Es wäre mir sehr er¬
wünscht, zu erfahren, wie in diphtheriedurchseucliten Orten
mehrere Wochen und Monate nach der Anwendung des Aronson-
schen Präparates die Resultate sind. Ein bestimmtes positives
Urtheil ist ja selbstverständlich erst nach längerer Zeit und auf
*) So erfahre ich aus Pasteur’s Institut von den „sehr günstigen“
Heilresultaten in Paris.
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386
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17
Grund von Erfahrungen an sehr vielen Einzelfällen möglich, während
auch schon wenige Erkrankungen an Diphtlierio beweisen, dass die
angewendetc Dosis nicht genügt. 1 ) Wenn Herr Aronson behauptet,
dass ich eine bestimmte Antitoxindosis für ausreichend zur sicheren
Immunisirung erklärt habe, so zeigt das nur von neuem, dass ei
sich nicht sorgfältig genug an meine thatsächlichen Angaben halt.
Ich will ja gern glauben, dass Herr Arons o n nicht bewusst,
sondern bloss wegen ungenügender Sachkenntnis« die Dinge anders
darstellt als sie sind; nichtsdestoweniger aber habe ich in einer
nicht nur für mich, sondern für die diphtheriegefährdete Menschheit
so wichtigen Sache die Pflicht, sein Vorgehen als das zu cliarakteri-
siren, was es ist, nämlich als eine vorzeitige, zur Dis-
creditirung meines Heilverfahrens geeignete, auf un¬
begründeten Voraussetzungen und dem wirklichen Sach¬
verhalt nicht entsprechenden Angaben beruhende ge¬
schäftliche Ausbeutung meiner Entdeckung.
VIII. Feuilleton.
Die medicinisch-hygieuisclie Ausstellung in Rom.
Im Zusammenhang mit dem XI. Internationalen mcdiciuischen
Congress wurde am 28. März in den Räumen und Höfen des Kunst¬
ausstellungspalastes (Via Nazionale) eine internationale Ausstellung
feierlichst eröffnet, deren Gegenstände den heutigen Stand der
medicinisch-hygienischen Wissenschaft und Technik zu veranschau¬
lichen bestimmt sind. Dem um das italienische Gesundheitswesen
hochverdienten Professor Pagliani, welcher die Leitung dieses
für die 7000 Congressbesucher sehr willkommenen Unternehmens
übernommen hatte, wurde dabei seitens der deutschen Behörden und
Fachwelt eine so ausgiebige Unterstützung zutheil, dass die auf¬
fallende Zurückhaltung der französischen und englischen Inter¬
essenten dadurch reichlich ausgeglichen wurde.
Die Direction des italienischen Gesundheitsdienstes
hatte es sich zur Aufgabe gemacht, von den praktischen Fort¬
schritten auf ihrem Gebiete in Italien durch Modelle und Wand¬
tafeln ein anschauliches Bild zu gewähren, und das Studium dieser
Darstellungen war in der That lehrreich. Vor allem erregte
grosses Intoresse, das dem Ministerium des Innern zugehörige
hygienische Laboratorium mit seiner vollständigen Einrich¬
tung für bacteriologische und chemische Untersuchungen und für
Gewinnung animaler Impflymphe, das in Fertigstellung begriffene
„Policlinico“ Roms mit seinen sehr sinnig, ohne Beeinträchti¬
gung der übersichtlichen Controlle decentralisirten Pavillonbauten
für jode Specialabtheilung, das neue, mustorhaft eingerichtete
städtische Schlachthaus, die Tiborregulirung, städtische
Canalisation und Wasserleitungen, letztere einschliesslich
der in Ausführung begriffenen Soewasserleitung von Prattica
nach Rom, nach deren Herstellung man vor dem Thore der Stadt
in grossen Seewasserbecken baden wird. Auch die in Angriff ge¬
nommene „Bonification“ der römischen Campagna findet
sich unter kartographischer Darstellung der Malariaverbreitung
ringsum die Metropole in vollständigen, für Arzt und Techniker
gleich lehrreichen Plänen dargestellt. Die Häufigkeit der Malaria-
erkrankungen im „Agro Romano“ variirt, aufs Jahr und 100 Ein¬
wohner berechnet, von 15 bis zu 80. Den höchsten Procentsatz
(von 70—80) hat die östliche und südöstliche Umgebung der Stadt,
namentlich die Nachbarschaft der S. Paolo-Kirche, aufzuwoisen —
eine Thatsache, nach deren Kenntnissnahme die jeden Besucher
frappirende Verödung dieses landschaftlich schön am Tiberufer ge¬
legenen und mit dem Stadtinnern durch Tramway verbundenen Punktes
nicht mehr verwundert.
Dem Beispiele der Stadt und Provinz Rom streben die meisten
unter ähnlicher Calamität leidenden Gegenden des italienischen
Festlandes und Siciliens eifrig nach, wie die ausgestellten Meliora¬
tionspläne für Caserta (Liri-Thal), Verona, Bologna, Foggia,
Bari, Reggio-Calabra, Palermo und Siracusa beweisen.
Eine im grossen Maassstabe ausgeführte kartographische Darstel¬
lung der Malariaverbreitung in Süd Italien unter Vergleich¬
stellung mit den geologischen und orographischen Verhältnissen
lässt erkennen, dass die Bodeninfection überall ausschliesslich
auf den quaternären Alluvial- und den Pliocenschichten,
vornehmlich den Flussthälern folgend, und zwar stellenweise bis
zur Höhe von 500 m, meist aber nicht über 300 m über Seehöhe
sich entwickelt.
Allgemeine Aufmerksamkeit zogen die auf das „Risanimento
di Napoli“ bezüglichen Darstellungen auf sich, ein zur Ausgleichung
*) In Uebereinstimmung mit Prof. Ehrlich ist aus diesem Grunde
die Freigabe des Diphtherieantitoxins für Immunisirungszwecke seitens
der Farbwerke in Höchst für solange Zeit hinausgeschoben worden, bis
wir auf Grund von zahlreichen weiteren Beobachtungen diejenige Dosis
ausfindig gemacht haben, die allen berechtigten Anforderungen entspricht.
iahrhundortelangor schwerer Sünden mit gebieterischer Nothwendig-
keit erzwungenes Werk von einer Ausdehnung und Schwierigkeit,
wie sie bei keiner anderen sanitären Neuanlage der Jetztzeit sich wieder¬
holen dürften. Die wolilthätige Wirkung der gleichzeitigen Ver¬
sorgung der Stadt mit dem vorzüglichen Wasser der Sirio-Leitung,
der methodischen Canalisirung und der Durchbrechung der un-
o-esunden Viertel hat sich bereits bei der jüngsten Choleraepidemie
bewährt, wie ein gleichfalls ausgestelltes Bild der Kranheits-
verbreitung nach Strassen und Häusern erweist. Die bereits nach
dem Risanimento neu construirten Häuserviertel blieben im Gegen¬
satz zu ihrer starken Heimsuchung in den Jahren 1884 und 1887
bei der vorigjährigen Epidemie fast gänzlich verschont,
während ihre noch im alten Zustande verbliebene Umgebung eine
starke Verseuchung erlitt. .
Von den vielen ausgestellten Modellen und Plänen italienischer
Krankenhäuser verdienen besondere Erwähnung die originelle
neue Universitätsklinik zu Neapel, welche aus neun in
Strahlenform das Administrationsgobäude umgebenden, nur ein
Drittel des Kreisumfanges als Garten offen lassenden Pavillons be¬
steht; ferner das neue, zur Aufnahme infectiöser Kranke bestimmte,
musterhafte Ospedale Amadeo di Savoia zu Turin, und unter
den Irrenanstalten das nach dem Princip möglichster De-
centralisirung construirte neue Manicomio di Reggio Emilia.
Die italienische Kriegsmarine ist vertreten durch eine
Darstellung ihres auf der Höhe aller Ansprüche stehenden bacterio-
logischen Laboratoriums nebst einer Sammlung von Culturen.
° Auf einem besonderen, in der Nähe des zu den Congress-
berathungen benutzten neuen „Policlinico“ gelegenen Grundstücke
hat die italienische Abtheilung des Malteserordens ein voll¬
ständiges Barackenlazareth mit 80 Betten ausgestellt; ein aus¬
einandernehmbarer leichter Bau in | -Form, dessen beide Seiten¬
flügel für je 40 Betten, Roservezimmer für Officiere und Baderaum,
der Mittelflügel gegenüber dem Eingänge für Verwaltung, Operations¬
zimmer, Apotheke, Verbandmagazin, Esszimmer, Küche eingerichtet
sind. An den religiösen Charakter des Ordens erinnert ein mitten
im Eingangsraum angebrachtes Möbel, welches bei religiösen
Ceremonieen in einen Altar verwandelt wird. Von drei besonderen
Zelten neben der Baracke dient eines zur Aufbewahrung der bei
Errichtung und Unterhaltung der Lazarethbaracke erforderlichen
Geräthschaften, eines zur Aufnahme von Infectionskranken und das
dritte als Leichenkammer. Alle Betten sind gleichzeitig als Trag¬
bahren benutzbar. Die ganze Anlage, welche von Ordensrittern
bereitwilligst demonstrirt wurde, fand namentlich wegen ihres
comfortablen und eleganten Aussehens vielen Beifall, wurde aber
ungeachtet ihrer schon bei den grossen Manövern von 1880 be¬
währten praktischen Brauchbarkeit beim Vergleich mit der vom
preussischen Kriegsministorium aufgestellten Lazareth¬
baracke als zu schwerfällig und zu centralistisch beurtheilt. Ein¬
stimmig war dagegen die Anerkennung, welche der letzteren, unter
Leitung des Generalarztes Dr. L ommer aufgestellten und von
Stabsarzt Dr. Müller (beim Friedrich Wilhelms-Institut zu Berlin)
den Besuchern mit grosser Sachkunde demonstrirten Anlage zutheil
wurde. Dieselbe giebt im kleinen ein gedrängtes, aber vollständiges
Bild der vielen bedeutungsvollen Verbesserungen, welche unsere
jetzige Militärsanitätsleitung unter sinnreicher Wahrnehmung aller
neueren Fortschritte der Wissenschaft und der Technik der Pflege
unserer kranken und verwundeten Krieger hat angedeihen lassen.
Aus dem „Die Militärlazarethbaracke“ beschreibenden Buche
v. Coler’s und Werner’s sind die wesentlichen Einrichtungen des
bezüglichen Dienstes der deutschen Fachwelt hinreichend bekannt;
den ausländischen und namentlich den zu Tausenden anwesenden
italienischen Aerzten dagegen bildet diese kleine Musterausstellung
eine sehr anerkannte Belehrungsquelle und einen erneuten Anlass
zur Hochachtung vor der Organisation des „Militärstaates“ aue
in humanitärer Richtung. u
Sowohl die „Lazarethbaracke“ wie die „WirthschaftsbaracKe
sind nach dem System Do eck er mit Pappbekleidung und mit einem
auf kurzen Pfeilern ruhenden hölzernen Fussboden construirt, welcher
letzterer zugleich zu Verpackungsbehältern beim Ortswechsel zu¬
sammenlegbar ist. Die für 18 Kranke dienende, 15 m lange, 5 di
breite und im Durchschnitt 3 m hohe Lazarethbaracke wiegt ver¬
packt in 11 Kisten 4200 kg einschliesslich Fussboden und nijnn 1
alsdann einen Raum von 20 l /2 cbm ein, die gleichgeräumige «Wirt -
schaftsbaracke“ 4700 kg bezw. 24 cbm. Es ist dies nach dem Ein-
geständniss der ausländischen Militärärzte die höchste Leistung
an Leichtbeweglichkeit in Verbindung mit genügender Festigkei ^
Wärmehaltung und Geräumigkeit, welche bis jetzt überhaupt er¬
reicht wurde.
Die Betten in der ausgestellten Lazarethbaracke sind tnei •
Normalbetten der preussischen Sanitätsverwaltung, theils Mode
neuer, in Probe genommener Systeme, darunter Bettstellen aus
vernickelten Mannesmann’schen Röhren mit Drahtmatratzen nae 1
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26. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Westphal & Reinholt, welche mit grösster Festigkeit, leichtester
Reinigung und gefälligstem Aussehen ein Gewicht von nur 54 5 kir
verbinden, deren Preis (Gestell 60, Matratze 85 Mark) aber ’ eine
Einführung in den Lazarethdienst einstweilen unmöglich erscheinen
lässt.
DieWirthschaftsbaracke enthält ein Operationszimmer ( 5 x 5 m)
ein Wohnzimmer (5x5 m), Wärterzimmer (4x2 m), Badezimmer
3x2 m) und Theeküche (2x2 m). In den beiden erstgenannten
Räumen sind alle für preussische Sanitätsformationen und Garnison-
lazarethe etatsmässigen Verbandmittel und Instrumente ausgestellt
von deren ersteren ihre gebrauchsfertige Herstellung grössten-
theils durch das dienstthuende Personal selbst unter Benutzung
besonderer dazu construirter technischer Hiilfsmittel ausgeführt
wird. Ausser einer vollständigen Ausrüstung zu bacteriologischen
und mikroskopischen Untersuchungen für die Lazarethstation ist
für Fälle ambulanter dringender Untersuchungen dieser Art ein
tragbares Etui von sehr sinnreich compacter Einrichtung vor¬
handen (Cholera- oder Trinkwasseruntersuchungen auf Märschen!)
Grossen Beifall fand endlich auch ein neben der vorbeschriebenen
Baracke aufgeschlagenes Verwundetenzelt von 672 m Länge
und 4 V 2 m Breite, hergestellt aus 22 Zeltbahren der gegenwärtig
eingeführten tragbaren Zeltausrüstung der preussischen Truppen
mittels 5 von den Sanitätsdetachements mitgeführten Stangen.
Der Ausstellung der preussischen Armeesanitätsleitung schliesst
sich würdig an die von dem „Deutschen Reichscomitö“ (Vorsitzende
Virchow und Spinola) mit Unterstützung des Kaiserlichen Gesund¬
heitsamts veranstaltete Sammelausstellung deutscher Be¬
hörden, Anstalten und Privatpersonen, für welche zwei
besondere Säle eingeräumt sind. Hier findet man unter der ebenso
bereitwilligen wie sachkundigen Führung des mit der örtlichen
beschäftslührung betrauten Regierungsraths Dr. Petri eine Fülle
vornehmlich wissenschaftlicher, aber auch praktischer Ausstellungs¬
gegenstände, deren Inaugenscheinnehmen allein den Besuch der
Ausstellung in hohem Grade lohnend machte und deren wissen¬
schaftliche Bedeutsamkeit selbst von französischen Congressisten
rückhaltlos anerkannt wurde.
In erster Reihe steht, wie nicht anders zu erwarten war, eine
reiche Ausstellung von Culturen, Mikrophotogrammen
Ulld y s . 10 l°gisch-chemischen Präparaten, welche den
augenblicklichen Stand der bacteriologischen Forschung und ihrer
Ziele veranschaulichen. Die esterbildenden Bacterien sind durch
Mikrophotogramme von Dr. Maassen (Berlin), die Beeinflussbar¬
en pathogener Bacterien durch Licht mittels fixirter Agarplatten
von Ir. Dieudonnö (Berlin), die Malariaplasmodien durch Photo¬
gramme von Dr. Neuhaus (Berlin). die Entwickelung der Blut¬
zöllen durch Dr. Engel’s lehrreiche Darstellungen, die Stoff-
vvecnseJproducte der Bacterien und die Eiweissgiftc durch eine
^'interessante Präparaten reihe von Prof. Brieger (Berlin), auch
urch einige Beiträge der chemischen Fabrik E. Merck in Darm-
jtadt das Tuberkulin und Diphtherieantitoxin durch Proben von
Meister & Lucius (Frankfurt) vertreten.
Pr f vr ^ S ^ UC ^ V un( l Ton vollendeter Ausführung sind die von
rror. ms (Leipzig) ausgestellten Wachs- und Gypsmodelle über
mtwickelung und inneren Bau des menschlichen Gehirns. Reich-
fori^i 1S .^ le au ®£ es tellte Auswahl von Apparaten für bac-
,].• p.®£ lsc “ e Djitersucliungen, bezüglich deren Berlin durch
WoitmlT / 1 1 R , ohrbeck 1 Muencke und Lautenschläger den
h L beber rscht. Von der erstgenannten Firma sind die
«(•hon v ^ lvi sani ^tsbeamte sehr empfehlenswerthen bacteriologi-
(lor Z A Um ^brauche auf Reisen für die Sanitätsofficiere
. , n Armee geliefert. Die Lautenschläger’sehen Ap-
höhonan^ßichnpn sich durch eine vorzügliche, den Preis wenig er-
bindlioho ^ lcke l u ng aus, während die Firma Muencke besonders
\ r7t v kterilisirungsapparate für das Bedürfniss des praktischen
Zweck ne. ,£ uch die von Prof. Schüller (Berlin) für diesen
ck ausgestellten Apparate finden Beifall.
nharmÜo»^ hochentwickelte deutsche Industrie chemisch-
AntifchriUo 11 u SC ^ e ^ Präparate durch AussteUung der Heere von
ist bedarf ’ • i R 1 > ü 0tlc Ä Antise P tica u. S. w. vollständig vertreten
1 bedarf nicht der Versicherung.
os -ihpr o?, die ? en biologischen und chemischen Gegenständen fehlt
Beiträo-or. o, *!! der , de . utsc hen Ausstellung nicht an wuchtigen
unseren T fl 8 der Praktischen öffentlichen Gesundheitspflege. Die
Berlin or p!™ bekannten mustergültigen Einrichtungen der
sehen alisation und Berieselung und die städti-
sind in vniiot« Jjptioiisanstalten Berlin’s, die Wasserwerke
den in ® ddern und Modellen veranschaulicht, und von
v erBorn*i?nn.i 81 * !? er freulich entwickelten Instituten zurMilch-
BeschreibunLnM S i ä n ^tischen Bevölkerung, sind vollständige
namentlich dielen^ 6 d* ' U £r d . Plän . e -S* 8 ‘ w ‘ aus S estellfc > von denen
und Vollknmmoik ^ 11 -1 er ^ 61erei Dolle durch die Grossartigkeit
mmenheit ihrer zum Theil ganz eigenartigen Einrich¬
387
tungen alle Aufmerksamkeit
tägliche Milchzufuhr von 60-70*0^ Lite^^Sr nach'Beiiin aus
1 fohor 1 p t 'b scha | tll( jbon Betrieben, welche unter ständiger thierärzt-
hcher ControHe stehen. Der Tagesverkauf beträgt täglich 4500 Liter
Snhno r ft^n h f -f 2940 R Bitor Voll milch, 22000 Liter Magermilch,
bahne 850 Liter, Butter 80 O kg, Käse 8000 Stück. Di? Anstalt
beschäftigt 950 Personen und unterhält 170 Wagen. Die vom
Lande kommende Milch wird nach chemischer und bacteriologischer
Prüfung durch feinen Kies filtrirt und darauf pasteurisirt Von
der reinigenden Wirkung der Filtration geben die mit ausgestellten
Proben des m den Filtern zurückbleibenden filzartigon Milch¬
schmutzes“ Zeugniss, dessen Anwesenheit die Zorsetzungs Vorgang
m der Milch beschleunigt. Auch in socialer Hinsicht scheinen
die Einrichtungen der Anstalt, die Organisation der Arbeiterfür¬
sorge u. s. w. musterhaft zu sein.
Auch die „Milchcuranstalt“ am Victoriapark von
Oeconomierath Grub, welche nur für Kinder und Kranke und
ausschliesslich aus eigenen Stallungen Milch liefert, und die An¬
stalt für trink fertige sterilisirte Säuglingsnahrung von
Oeconomierath Dr. Hartmann sind in der deutschen Aus¬
stellung vertreten. Letztgenannte Anstalt bietet den Familien die
Erleichterung, durch Lieferung von acht Arten sterilisirter Milch
für die verschiedenen Altersstufen innerhalb des ersten Lebens¬
jahres in fertigen Tagesportionen jede Verdünnung, Zuckorzusatz
und dergleichen unnöthig zu machen und für eine absolut unschäd¬
liche, dem Alter entsprechende Milchbeschaffenheit namentlich im
Sommer zur Zeit der Brechdurchfälle die denkbar sicherste Go-
währ zu leisten. Die Anstalt setzt monatlich im Durchschnitt
4000 Flaschen von 100—200 g ab, zum Preise von 7—18 Pf.
Unter den deutschen Krankenhäusern, deren Pläne und
Modelle ausgestellt waren, zogen das neue allgemeine Kranken¬
haus zu Hamburg-Eppendorf mit seinen 54 Pavillons, das
städtische Krankonhaus zu Moabit, und besonders das Modell
der neuen sächsischen Landes-Irronanstalt zu Unter-
göltsch die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich. Letztere An¬
stalt ist nach dom colonialen System angelegt und gewährt auf
einem Areal von 97 ha die Gelegenheit, die Kranken in ausge¬
dehntem Maasse landwirtschaftlich zu beschäftigen. Dio Ver¬
teilung über 29 Gebäude ermöglicht zugleich eine Vermeidung
aller gegenseitig störenden Einflüsse innerhalb der Bewohnerschaft
und sichert allen Räumen den reichlichsten Zutritt von Luft und
Licht.
Die Abteilung für chirurgische Instrumente, Opera¬
tionstische u. s. w. gewährt das Bild eines grossen Wettkampf¬
marktes ohne Darbietung wesentlich neuer Leistungen. Auch hier
stehen die deutschen Arbeiten durchweg voran, besonders hinsicht¬
lich der für das Bedürfniss des ärztlichen Arbeitszimmers berech¬
neten Sterilisirungs- und anderer Ausstattungsgegenstände,
unter denen der einfache Operationstisch nach Prof. Sonnenburg
(Berlin-Moabit) — Glastisch auf vernickeltem Eisengestell — Er¬
wähnung verdient.
In der Abtheilung für hygienische Bautechnik begegnet
man durchweg alten Bekannten, und nur hinsichtlich der Her¬
stellung dauerhafter, absolut impermeabler und porenfreier Boden-
und Wandbekleidungen ist ein Vorsprung der italienischen Technik
zu constatiren, welche auf dem Gebiete der Stückarbeiten von
jeher vorzügliches leistete. Erwähnung verdienen indessen auch dio
von Rosen zweig & Baumann (Kassel) ausgestellten Porcellan-
emailfarben, welche eine für Krankensäle, Operationszimmer, Bac-
teriallaboratorien und dergleichen empfehlenswerthe spiegelglatte
Wandbekleidung ohne grosse Kosten herstellbar machen. Unter
den italienischen Fabriken, welche schon seit längerer Zeit ähn¬
liche Schmelzfirnisse hersteilen, ist diejenige von Tremont in
Turin eine der bekanntesten, deren Ausstellungsmuster allseitig
Beachtung fanden.
Die Nahrungs- und Genussmittel endlich sind einschliess¬
lich ihrer Surrogat« und Verfälschungsmittel in dichten Pyramiden
jeder Form und Grösse vertreten, begleitet von den einladendsten
Reclameprospecten, auch zu Gunsten des Kneipp’schen Malz¬
kaffees und ähnlicher Reformgenussmittel. Eines durchschlagenden
Erfolges hatte sich indess hier nur der Münchener Bürgerbräu
zu erfreuen, in dessen freundlichem Pavillon sich auch die „lati-
nische“ Raee gern von den beiden unverfälschten Münchener
Kindern das schäumende germanische Volksgetränk credenzen liess,
— ein würziger Schluss des Rundganges durch eine Ausstellung
in welcher deutsche Wissenschaft und deutscher Gew 7 erbefleiss von
neuem einen hervorragenden Triumph vor dem gesammten Aus¬
lande gefeiert haben! Finkelnburg (Godesberg).
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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wenig i»f J »K K nO |,l int wir -io -.))!'< i« •!'• n «"t *«‘ V.i;«ii,inir d*n
Ai^'HoinMf. von «kt: »•tuvüiiioiioti /.«'llrn- und <m"»*b« b k.*r {i “ ,|: ' h
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Ikotcl. bofmUilrH, nuJa Wlf in (‘{HiliVliVoiv /iHvl mH Kpit«»r‘j bv--
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Ausiiihnwi^ üef mei.-'t .tu«;:■!.! Opi/!iuM|M4»puKitcdi !.<wW‘wnd!U:n UM*-.
mUl vQü G>Qhn<*vf} \i?lfa«h iiu'iifc g&Ü dwr Hglft* houUgvt Am
xiü&u. &m- KoimtüHoii fflr Sy»ühviuie und 2 m XftbmdbP
UtfbrpiTnw die mit (fou <^rt»Uwftoit ffer -Hjj&fcowgi^
Kühluliir lud« j» «1 rli wollen, *« , i tiars BR-kbu v. kV:pbjld VII.
J; trßkljnsrüi, &tirzgßtfts«t6e HandfeueU der -KiödotffaeillHiAäe
ynlf besonderer Rückslöfit auf AfdPologiö* uiid
' - i^!BAle^diül4i$sohe 'TResapte. Wien tifä-Ij«nv/a^ Mum &
s!jl’\v;»rv , .i'n»»vru*. MTi. KP SiibrMnmnn (HrMnu). • -
TMfzdwrf fft »ifUf Mxtnn kibmi tm<> Reihe \tm RfOw v
!}i. ]1 iTiiU.uilumn det Ksntlerkoilkumle »nw bmumi Pud, * hd.
'Werk-'TA'i'r-tirtan.n'n- »n tmbmnmut.'» Iw Kreisen t-viir wi'lUmummi
m;, nj-ti /war di-su.ntb, u»bl io demselben I»i O.tnl
•^{''ii iioi’it.'--; v.-ij i m lljk-ht-» Woi'.os di*- für tliis- L*'osa«f«l*’ \Vu> kranUo
’K’nii svirli.i iKAlju'-'Jithviakt if.oli'-M! wio t }»■!’, i p(M)l Unlj-s]i’, Lvi'.-n*-' lo-o
»j« *i,uti|.*ii woni?-,v Ik.> H«*rii iitjorumt \M\i «nnvr »;v-
ch'A-Viüft-ö.Ti tiai' f Ki^uU^v. ttaiik »>ijicai
AUrjw* »kr rkf? liVifkrtiUnn imd wub rUiv <'•»»«' t?f büif^rxmc
,(. S Vrt'h:ii<tm~ Hr- Klonkm Kimks, <b>v [n.
hi.Maiii ntid Tiiorii».’. Hv'Kia s-!iii«*."t >r k ili«’ 1 »kr
Kr-.tokho I t.sk* ri»}»{».*ii, \«rl< »m n« k* J ialitai. »uni /AVt*L’
ii, »«IJ.'II .l l f !i-> .MMi.-.'i K«.'»iiK-.n^ (■. !- k, j,tli’i- Vr^l.umnt-s-
»tV.^MKi (Sk * a:4[iii th hii\U jkär;itß> fä), fitv, .Ki‘rkIitTif.- {4),' »tpa
lira/.H’isitaiawimivi- toj rl>* N«a vf*n^v*t.füi« («i) v tior iniVftiovs-
k}.i»,kf.t k. ti 1 7J. «kl Haut iM '«*■,! u-itiii- h Hrr Sv.huiki , :uikli*-itvn t*}
]*'» U-u tkv W'r-fkrs >u;h hi «üo {uuWmiirJtr*. rridir
»itjj; »lc*o Nator-' ovIIpjh! mul «kitiup-ii sriupu .Ä»lö-, -
HUvrviirvpi; mmi k»W«<tor^ itolioa Warth. Am gvianj^äti^Wn er- :
sttjtakf iwts Ka/tifi*) ünn <4io It^/riV.no Kinue^ Hn»i (Kk
ifilwi-ndv i'dtvr (k«s \ <»’}«««h”n U?- krank«-ii Kimhw Jm atl^-antaiton.
,;ut>-ii'rHcni akH' thitkn si«4j aut h in dv.n andv «*rn Abat iini! i«.‘H Ub
Uu'.-liv-s-<S* uulkV;u>k 4 »* iH-i», i:'‘»s»n r.y.-!j»'l} {r ; **i/;h•.» Iktrm.h«
dir, aükiv für doii täiaitvaniai S'iakük«'» - , v<»r ulkaii a’bwr. Hrn K>n.<lnr~
,-uvH s«mh‘ bi-lanu’«-!--b -adji difi/ü.-it. Kn’ kam» driiu sius Uftnl-
,n\ati n 'stil-ir. Wnpfc # aätfö‘bifMb-n fiivö fttankrhbrnn”’ Ut ^ibliu-
tfl>rh»'ii f;Ti(.‘i‘Miui mH, Hm-ht :\ermn. mul Simlinnuiwi
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C. Flügge GOi'Uiidiiäa der Hygiene für iS» •niii-ömi*' und {aaktiFciir
.V»*r/t f ' MtaJiiMTuil- und Vvnvitli-um^ftb-vamU', C vvrbi'ssot?*' im«i
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In »inr kttr/vti Uli n rM .laiireii ist- vm« dem Grufm'ri^j-:
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Ai*/-» hui 11 ub»*i lutminul.lt 4 ‘M‘-in « a iv. iJph
Fnrf j-t.lirilWiv da»' WigatuifiVdi® fH't'Hprükb'f nd vaUkcn»meii- mfti.rpm -
liiVif.hr ' H■ih'.li - 'tulilvphiii.V''. tVifc iil-tü-liVt-fv 'l liA’lIV v i i ,f .Jt, h«VifvAVi/kh
he-dti}«; vEkauoj-iiv'lHd« uy#iV».U!r» 4 l>ai' JLMjterfjti^nut
prdkUyoiit?»} i kehr unwjf iMvrltriidikif xvmdoB ?i;i ,
iumpfdiiUiue desr'WiiiAry vmiuaüi ubkrtlTi^ig-
Port-, Anleituog b,r( ärztlichen PaaprovientioiiSiWbeiteß, Un .AüJ-
iW liiinigüoh Bb-.v fifthr.br n RriegKmbtkrdi hi* u i\ib rrl'bihsf.
H A HK Stuti«>,ut, lli-kt* IM Sniiill ihiuMteui.
unmmuxrzf, i'Jüiyt gieitr, m uor onyßgenatKöiim Wmmtueg tneiit mir
für KanitHtsyfii^itM'u.- KpU'lnrn Ittr ,ir 4 &n Arzt, -wetdirr xmter Ulm-
uWlAu fun ,-wlik.', i.^n U,*' V"arlefcz-Icii die r.rs-tB IHUle
"\ip'r Kwakuiog ultör ibfo pr&kti^bt?
AVy.t 't" i rjL'u •'.< XMnv : Utä& ai ;ir-i}tiiofu*h Impf'ayitfafbiheu,
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v , .HUM*hV Klinik in a. b» PaUnn von nvutvr Plu-hpbuwm*gufMng
gvnuiin HunniBmiu» Bt^tüfimmue» n üvv amxelnC*n. 8 tK'kr 4 ofUK»n«i-
i'.hvi»»'' cif* ^ orgcimmim'u nrui »labri ujlgian!«-* Rv vulmf.H »»v-
Imva. T>iu »ier Tod ibfnige- « 1 er Intoxiuntiim binm-n fviirxögtn
kVbt ,b»v»*.b [lrfdäbm»mg »ne« li»^k «mHf.ivuhemi « 1 «'» allgvnmimm
1 M*iVu ])onr»Mri»«n Ui Urgnni-<imtS m»»Ji der total uaf-
,tM.,.»••)-. oft'l «Hr Kfuitke sobeiäet wc-tM^ref K «luir-it den IWv au.-,
„*y ii.M- Mvosci» ita ]iin}gr? 7 .uoKi?j»b\ Iku^iile! dumer \ ermur
d, n*«i^ Uv r.A-;»unnr-N-Ai.'*“tn’ui«iog lumtcUi- mMi rnv- Heralioelz-
uiiw >kr uhsolnHiv ] 1 ;‘n«steÜMönge: UMU' je«b)vii (il.Hk tm Vor-
. Ic&lFiiigh zur i «egnmi»«k-S-A.usiselit’idunbcauäit 4in üiiriiHoifim«-
: Minidonu h, «lipMin Slu.Imm »H-bi Minug-r»
» ktHH< bi,- Vtl { % «U-h Uosiimmt.» K- bftfkgen. Uo‘mrk.|if ; . do.r.,
1 iliostKs Stadium, ivoimul *v am »Wurm um 1 ulmnrmm;
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Uolü» Wöiihe UO . -l.w g pro dm)-. Bakci b?t. dar Hnrnstoif- ^ver-
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von »b-r CnKtTS soU in .den linken Ventrikel vtn yad f ks
rlir-^e dnr»Ht f>im*n Kütkvi <»r auf. dßh» Blptdru» k
nvr.U Mb' X\\,rakbiiHa^ogung mit. oinvm PfipbuMi ^ne'V'm-n-
äV'i. dar -i-'U ton Pt Ikm« kbühlr lu-*v im di»’ Pnteeikb'lm »mjU /rt pr ^
iniP unieet» Ubtuimfiun des lliikkn Vkusri-ikelr twr»*h A.»itd;??eii
d»‘r Ibuk.n- v-i »rt /-i Mm K. m Kink-oti d«^ Biipnum'«- uim
infolge m BliUspmung in Un zur Vargrös^rvuü »
Lungo'örobifimxm (Ir uni e n * 1 nv ei 11 »f» g) nnd 2 ue VerldclnermH-* ^ ^ e
Atbmbngkw:uP?infiVT* (iuingiTsUrrkaiti, <ütion v!i i e
Vojiuip bewirkt >;\var an« li Kinken »Ivs r ;,»'.»!k^lni< i kfs aber
dar llinlirf ve (W 1 jUDgen vinnn Pliugeiu'oUai'S mit. V otmmmvm
üürimg dar Lungen, ;i!>m A r » , rgr*»KK**i‘n«i«; »iot* öinzvlmm rUn«noi.»^
dvhvvanknugen Mbturatiou ( 1 »ik rechten Vevirikvls hai'wbse’ ^
Wdftvn d‘k! gleielicp -.Eifert,, wie «Im »leb- Jinkwn, sirn vavu ! '»^
:ms ninor \ ? or».U-iti!gbng der iletws« heida wand uaek Hnks »u»u b«u»‘ !
fwengung in» Ünkeu \ r r-ot.vikid orkiüren klsf-i., .
E. Kvkrw al «MPn-ibuiwi
I/ W P i..<■ lein v , T w a rn.ses o» ü n bphreni»; j>,yoiH» { 'UUU
UtonvA. Thn Brit nun». J'-Mim. 1894 , Pebeu£r. t .
Cia&ÜivlBgJi -ÄbKve^o. üß. P^lonöiuW du; iunP Utkn \ Ofg
von iicwdofi den eebi- bozoieliufttidoifi Namen ^l'yuin>ouomfH :■■ .
hubplironirus" BUij-eö. vmdanken i'Urv Pk«t-stob‘.ioK n'Jwuk»nm^
L^kmfeö ' hifthalBgof: Dcgänn v $H Libto ; xv ’
Go
26. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
des Magens und des Duodenums. Dickinson verfügt über zwei
dieser seltenen Krankheitsform zugehörige Beobachtungen. Dio
eine betrifft einen Mann, der nach vorausgegangenen, nicht ganz
eindeutigen Unterleibsbeschwerden plötzlich unter Fiebererschei¬
nungen und Lungensymptomen erkrankte und bei der Untersuchung
eine eigenthümliche Schwellung im rechten Hypochondrium darbot,
über welcher der Percussionsschall exquisit tympanitisch klang’
ohne von amphorischen Phänomenen begleitet zu sein. Die tym-
panitische Zone wurde nach unten von der Leber, nach oben von
der Brustwarze begrenzt. Im Bereich des rechten Unterlappens
waren Compressionserscheinungen zu constatiren. Bei der Opera¬
tion entleerte sich Luft und Eiter aus einer vom Zwerchfell und
dom rechten Leberlappen eingeschlossenen Höhle; von dort aus
liess sich ein nach der Gegend des Processus vermiformis hin¬
ziehender Strang verfolgen, der dem Verfasser, da alle übrigen
Organe intact gefunden wurden, den Gedanken nahe legte, dass
eine Alteration des Wurmfortsatzes den primären Krankheitsanlass
gebildet habe. Im zweiten Falle handelte es sich um ein Mädchen,
bei dem sich, nachdem es schon längere Zeit die Symptome eines
Magengeschwürs dargeboten hatte, unter peritomtischen Erschei¬
nungen ein lufthaltiger Abscess in der Oberbauchgegend etablirte
und per eontiguitatem eine linksseitige Pleuritis entwickelte. Auch
hier gelang es, die Eiteransammlung operativ zu entleeren; trotz¬
dem ging die Patientin nach einigen Wochen an Sepsis zugrunde.
_ Freyhan (Berlin).
XI. Oeffentliclies Sanitätswesen.
— Gast- Beek (Bern), Zur Frage der unentgeltlichen Kranken¬
pflege. Negationen und Positionen. Bern, Schmidt Franke & Co., 1894.
Hof. Henius (Berlin).
Für die unentgeltliche, staatliche Krankenpflege, die auch im deutschen
Reichstage als erstrebenswert!» von socialdemokratischer Seite hingestellt
■wurde, wird von derselben Partei in der Schweiz eifrige Propaganda ge¬
macht. Der Schweizerische Arbeiterbund hat das Verlangen ausgesprochen,
j S ^ er aus öffentlichen Mitteln für ärztliche Behandlung, Arznei
und Krankenpflege zu sorgen habe und dass zu diesem Zwecke unter
anderem von den 1792 Schweizer Aerzten 1225 als Staatsbeamte mit eiuem
Inhalte von 4000—8000 Fr. angestellt werden, während zur Herstellung
der Medicnmentc Staatsfabriken eingerichtet werden sollen. Die bedeutenden
Kosten dieser Einrichtung sollen durch das neu einzuführende Tabaks¬
monopol gedeckt werden. Seitens des Vorstandes des Arbeiterbundes ist
nir diese Frage die Volksinitiative in Gang gebracht worden, so dass,
wenn oOOOO Schweizer Staatsbürger sich für dieselbe erklären, die Bundes¬
regierunggezwungenist, die allgemeine Volksabstimmung darüber einzuleiten,
jfigen diese dem grösseren Theile der Aerzte drohende Verstaatlichung
wendet sich Beck mit scharfen Worten im ersten Theil der oben ge¬
nannten Broschüre und kommt zu dem Faeit, dass die Erhaltung der
Volksgesundheit eine logisch und rationell wohl begründete Anforderung
an den 8taat sei, dass dagegen die Wiederherstellung der Gesund-
10 Ai •aatskosten grundsätzlich zu verwerfen sei, weil die Verant¬
wortlichkeit des Bürgers für Erhaltung seiner Gesundheit nicht in An-
spruch genommen wird, dass sie ferner praktisch undurchführbar sei, weil
je nanzumen Folgen der zweckentsprechenden Maassregeln auch nicht
düAAf zu Gerochncn sind. Mit besonderem Nachdruck spricht sich
Km l 01 „ r d * e Zusammenbringung des Tabakmonopols mit der
aenpflege m einen Antrag aus, indem er annimmt, dass die letztere
i* 8 1 , e Mäntelchen sei. unter dessen Schutze das erstere ein-
gex kmuggelt werden solle.
Ai A 01 ! 1 z weiten Abschnitt des immerliin lesenswerthen Werkeheus
Ilflm ‘ iie< ? , sribst \ orschläge zur allgemeinen Durchführung der Kranken-
LMtViT * ö . r europäische Verhältnisse allerdings den Reiz der Neu-
Vf-vciü! dle S 1 C ^ ^ber ebenso wenig werden durchführen lassen wio die
der Aerzte. Wenn ich nicht irre, haben die Chinesen die
l*ihp ii| R !-i rC Ar , lzto ? nui dann erkenntlich zu zeigen, wenn sie das
lieh.... r u ' , *dcht in Anspruch genommen haben. Einen ähn-
"ecimHi, i UC r> nach Europa til>ertragen. Da die Volks-
hciicnfl 1 das Resultat der Functionen „der zur Ausübung der Gesund-
sollTr SS r 0n rf' 0nirten Gesundheitserhalter, d. h. der Aerzte“ sei, so
v, nte die Gesundheits- und nicht die Krankheitstuge
Wirkmuf-L- ■ " lrd d r m ^ rztc eine Bevölkerung von je 2fX)0 Seelen als
riener WieS r C i n ' we ^ c bem jedes Individuum eine Gesundheits¬
wird mVhf „ zu entrichten hat. Aus diesen Einnahmen
daraus in-l U r f P n vatärztliche Thätigkeit bezahlt, sondern es werden
üffentlich^n* \ A ^ os ^ n * ü . r a ^ e tür die ambulante Praxis nothwendigen
«jäjnnitHriw, i Gestritten. „In die Hände der Aerzte werden für
Namen blK a - n ? eSemW0hl ^ r ’ vom Jüngsten bis zum ältesten, mit deren
gelebt. Vnn A ebl ‘ ne un< l r J e mit 52 Woehencoupons verseheue Scheine
der Behandlung Krankheitswoche hinweg bis zur Entlassung aus
Heliand 1 nder I atient oder dessen Vertreter die Coupons seiner
Ende des Tob* 60 \ on dea i^m behandelnden Arzte verlangen. Am
Händen der \ 03 ' ve j Cn ^mit die Coupons der Gesundheitswochen in den
heitsWochen ‘a!*™ od< ? r e i noß Vertreters derselben, diejenigen der Krank-
nun werden 111 den Händen der Patienten verbleiben. Erstere
sfimmtliclien croon. i 0U .?- e ? Merzten behandelten Patienten sowie auch
per (Jounm, ««« • geliehenen Einwohnern zur Einlösung mit je 15 Cts.
dessen IJuivhfnh* I”* 86 “ lautet der Grundgedanke des neuen Systems,
Aerzte i/lmr-bmi .^-j 1 °7 abcil dann kanm ermöglichen Hesse, wenn alle
massig ideal und collegialisch veranlagt wären und das Be¬
_ 380
streben hätten in ganz gleicher Weise tliätig und pflichteifrig zu sein
Da jedoch die Einnahmen unter sämmtliehe zu der Association verbundenen
Acizte zu gleichen Dicilen vertheilt werden sollen, da ferner nicht alle
^cGalton sind, der grossen collegialen Vereinigung beizutreten da
A r rZtCn mcht T enVohrt sein soU ’ ™ besser situirtmi Patienten
Extragratificationen anzunehmen, so fürchten wir sehr, dass das dein Ver-
asser vorschwebende Bild von der gleich sorgsamen und aufmerksamen
“ 11Dg • dei \vK 1 i a , n - k fA . seien sie arra oder i’cich. hoch oder niedrig
nicht lange m V irklichkeit vorhanden sein wird. Denn die Aerzte sind
m ,r Menschen, auch sie folgen dem allgemeinen Gesetze der Trübheit
und des Streben* nach leichtem Erwerb, und ein nicht unbeträchtlicher
ein l«!r i lh ?° n wirdsa ? hen > dl,rch ein möglichst geringes Arbcitsquantuni
ein möglichst grosses Einkommen zu erlangen. Wenn schon einmal das
Couponssystem für ärztliche Leistungen angowendet werden soll, so kann
es nur in der Weise zur Durchführung gelangen, wie es im Verein der
Berliner frei gewählten Kassenärzte eingeführt ist, dass nämlich für jede
Ein zell eis tu ng ein Coupon ausgestellt und später honorirt wird so dass
Jeder mit. dem seiner Thätigkeit entsprechenden Entgelt belohnt wird. -
f. ur Durchführung seines Planes macht Verfasser verschiedene Vorschläge
die manches interessante Streiflicht auf die heutigen Zustände werfen und
m einigen Punkten auch Richtiges treffen, die aber durchaus nicht durch¬
führbar sind So sollen die Aerzte eine vollkommene theoretische und
praktische Vorbildung im gesummten Gebiete der Medicin und Hygiene
imt Inbegriff aller Speciahtäten gemessen; damit auch die entlegenen
Ortschaften was das m der Schweiz bedeutet, kann sich jeder seihst sa«en)
guter ärztlicher \ ersorgung theilhaftig werden, soll eine quasi militärische
Organisation eingefflhrt werden, wonach die jüngsten Aerzte zunächst,
bevor sie zu einem bevölkerten Gebiete zugelassen werden, als Vorposten-
ärzte in abgelegenen Gegenden eine Zeit lang thätig sein müssen: es sollen
zu bestimmten Stunden diejenigen Patienten, über die der behandelnde
Arzt eine Berathung wünscht, allen im Bezirkshauptort befindlichen
Aerzten. die zu solcher täglichen Consultation zu erscheinen verpflichtet
sind, m einem gemeinsamen poliklinischen Institute vorgestellt werden¬
de gewisser Charaktereigenschaften wegen für die Privatpraxis weniger
geeigneten Mitglieder (wer will darüber die Entscheidung treffen?) sollen
hauptsächlich genchtsärztliche und hygienische Functionen ausüben. Man
sieht also auch hier Zwang auf allen Ecken und Enden, und von der
schönen freien Stellung des Arztes, die wir als einen der grössten Vor¬
züge unseres Standes fest- und hochhalten wollen, soll uns fast eben so
viel genommen werden, als wenn in der That die merkwürdige Idee der
Verstaatlichung der Aerzte in die Wirklichkeit umgesetzt werden würde.
Ich übergehe alles andere und will nur noch anführen, dass Verfasser das
Einschreiten der Behörden für nöthig hält, damit die Zahl der jährlich
emtretenden medicinischen Prttfungseandidaten limitirt werde; es dürfte
also nicht mehr jeder Student,' der Neigung und Anlagen dazu verspürt,
sich dem Studium der Medicin widmen, da er befürchten müsste, seiner
Zeit nicht zum Examen zugelassen zu werden.
Trotz aller Klagen, die jetzt mit Recht von seiten der Aerzte über
das Schwierige ihrer Stellung ausgestossen werden, meinen wir doch, dass
es sowohl für das leidende Publicum als auch für uns selbst noch
besser ist, wenn alles auf dem alten Standpunkte verbleibt, als w enn die
von dem Verfasser gewünschten „Gesundheit fahricirenden Compagnie¬
geschäfte“ ins Leben gerufen werden.
XII. Standesangelegenheiten.
Offener Brief an Herrn Prof. Dr. Czerny.
Von Dr. Arthur Hartmann.
Sehr geehrter Herr College! -
In Ihrer in No.’ 16 dieser Wochenschrift enthaltenen Abhandlung
„Leber die Methode des klinischen Unterrichts an der Heidelberger chirur¬
gischen Klinik nebst Bemerkungen zur neuen Prüfungsordnung“ schreiben
Sie nach oinigen Bemerkungen" Uber die Bedeutung "dm* Spezialitäten für
die Ausbildung der Aerzte: „Etwas anderes ist es aber, w-enn gerade die
Specialisten so viel als möglich den praktischen Unterricht, welchen die
Mediciner auf den „rechtmässigen“ Facultäten Deutschlands bisher ge¬
funden haben, schlecht machen. Wenn man die gesammelten Abhandlungen
über die Reform des medicinischen Unterrichts von Arthur Hartmann 1 )
durch blättert, so muss man staunen, dass wir überhaupt noch ganz leid¬
liche Aerzte im Deutschen Reiche zustande gebracht haben und dass die
deutschen Aerzte selbst im Auslande die Concurrenz mit englischen und
französischen Collegen so ziemlich aufnehmen können.“
Ich gestatte mir dagegen zu bemerken, dass ich die Verhältnisse so
gescliildert habe, wie ich sie auf Grund der allgemeinen Erfahrung fest-
steilen konnte. Ich habe alle meine Mittheilungen Uber den medicinischen
Unterricht zuerst iu Vereinen vorgetragen. Meine erste Veröffentlichung,
in welcher ich alle Unterrichts fragen zur Sprache gebracht habe, erschien
als Commissionsbe-richt des Ceutralausschusses der ärztlichen Bezirks¬
vereine in Berlin, welcher dem Deutschen Aerzte tage erstattet wurde.
Meine Ausführungen fanden die einstimmige Billigung des damaligen
Centralausschusses. Auch meine späteren Veröffentlichungen sind alle
zuerst als Vorträge in Vereinen gehalten worden, und haben entweder
diese oder der Deutsche Aorztetag darauf bezügliche Beschlüsse gefasst.
Ich erwähne hier nur den Beschluss des Aerztetages in München (J890J:
„Der medicinische Unterricht bedarf einer Orgauisationsänderung nach der
Richtung, dass eine gründlichere praktische Ausbildung des angehenden
Arztes stattfindet“, und den Abschnitt aus einem Beschlüsse des Aerzte-
tages in Weimar (1891): „Da sich die Universitätskliniken als unzu¬
reichend erwiesen haben, eine genügende praktische Ausbildung zu ge¬
währen etc.“
*) Fischer’s medicinische Buchhandlung, Berlin 1894.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
890
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 17
Wenn Sie nun aus meinen Abhandlungen den Schluss gezogen
haben, dass ich den praktischen Unterricht soviel als möglich schlecht
mache, so erweisen Sie mir zu viel Ehre, wenn Sie meine 1 erson in den
Vordergrund stellen. Meine ganzen Ausführungen ruhou auf einer breiten
Grundlage der Mitarbeit einer grossen Anzahl erfahrener Collcgcn und
auf Beschlüssen verschiedener ärztlicher Körperschaften, die meist in Ge¬
meinschaft mit akademischen Lehrern gefasst wurden. Ich glaube einen
andern als den von mir eingeschlagenen Weg, um ein allgemeines Urtheil
herboizuführen und festzustellen, giebt es nicht.
Sie haben sich nicht getäuscht, hochgeehrter Herr Professor, wenn
Sie annehmen, dass ich Yor vielen Jahren einmal Ihr Schüler gewesen
bin. Ich verdanko Ihrem Unterricht mancherlei Anregung und habe die
Zeit, wo ich in Freiburg studirto, wo neben Ihnen Kussmaul und Hegar
unterrichteten, in dankbarster Erinnerung. Ich gebe Ihnen sogar die aus¬
drückliche Versicherung, dass ich und meine Freunde, mit denen ich
Freiburg aufgesucht hatte, stets die Ueberzougung hatten, dass Sie aufs
redlichste und eifrigste darauf bedacht waren, Ihren Schülern etwas bei¬
zubringen. Von Freiburg ging ich damals an eine andere viel grössere
Universität. Es war dort für die sehr grosse Anzahl der Studenten nur
ein Vertreter Ihres Faches vorhanden, das Prakticiren bestand darin, dass
man einige male während des Semesters aufgerufon wurde und dass dann
einige wenige Fragen an uns gerichtet wurden. Fielen die Antworten
nicht ganz nach dem Sinne des Lehrers aus, so erfolgte eine witzige Be¬
merkung von Seite desselben zur Freude der übrigen Zuhörer. Man
suchte sich deshalb vom Prakticiren, das nur eine Farce war, wie Bill -
roth sich ausdrückt, zu drücken. Im ganzen hüllte sich unser Lehrer
recht häufig in Stillschweigen uud operirte, er stand aber im Renomme,
dass wenn er etwas sagte, dies gut war. Von den Operationen selbst
haben wir herzlich wenig gesehen; die Kranken auf der Abtheilung be¬
kamen wir nicht zu sehen, die Einrichtung von Unterärzten, Amanuenses,
wie Sie sie nennen, bestand nicht. Als wir im Examen auf die Kranken¬
abtheilung kamen, waren wir erstaunt zu sehen, ein wie reiches Unter¬
richtsmaterial unserem Lehrer zur Verfügung stand. Wie mir Eingeweihte
versichern, sind diesem Lehrer höchstens 10 % der auf seiner Abtheilung
befindlichen Kranken überhaupt bekannt.
Ich war ein ziemlich fleissiger, allerdings nicht strebsamer Student,
hatte, nachdem ich bereits als Student den Feldzug bei einem Feldlazareth
raitgemaebt hatte, das Bostreben, mit meinen Studien rasch zu Ende zu
kommen. Wenn ich Abends aus den Kliniken nach Hause kam, fragte ich
mich, was hast du heute gelernt, wäre es nicht besser gewesen, dich zu
Hause aufs Examen vorzubereiten. Ich kam fast stets zur Ueberzeugung,
dass das letztere das bessere gewesen wäre. Ich besuchte aber den Unter¬
richt, da ich es für nöthig hielt, mich vor dem Examen meinen Exami¬
natoren zu zeigen. Ich hatte die Gelegenheit, die Wahrheit des Aus¬
spruches des von uns hochverehrten klinischen Lehrers Roser an mir
selbst zu erfahren, wenn er sagt, „will man warten bis die Studenten so
klug werden und aus den Collegion wegbleiben! Da hat es freilich keine
grosse Noth, denn die einen treibt die Angst vor dem Examinator ins
Collegium, die anderen gehen aus Phlegma hinein, und bis einer so auf¬
geklärt wird, um den geringen Werth der Studienmethode einzusehen,
hat er in der Regel sein siebentes und achtes Semester erreicht und ver¬
lässt die Universität, hinter ihm kommt eine frische Generation, der es
ebenso ergeht etc.“ Gerade in den letzten Tagen hatte ich wieder Ge¬
legenheit, mich durch mündliche Rücksprache mit einer grossen Anzahl
von Collegen aus allen Theilen des Deutschen Reiches davon zu über¬
zeugen, dass meine Anschauungen über unseren medicinischen Unterricht
allgemein getheilt werden. Ich erlaube mir, Sie, was die Chirurgie be¬
trifft, auf das Urtheil Von Mikulicz (Klinisches Jahrbuch Bd. IV, p. 29)
zu verweisen, das wohl auch von Ihnen als maassgebend anerkannt werden
wird: „Die Methode des chirurgischen Unterrichts in der Klinik stammt
noch aus der vorantiseptischen Zeit und ich glaube nicht, dass eine grössere
Anzahl meiner Amtsgenossen an dem alten System gründlich geändert
haben -4 .
„Täuschen wir uns nur nicht“, sagt Mikulicz, „selbst der fleissigste
Klinicist ist unfähig, die einfachsten technischen Hülfsmittel der heutigen
Chirurgie praktisch anzuwenden, falls er nicht Gelegenheit gehabt hat,
selbst mitzuarbeiten“. Es freut mich aufrichtig, dass an Ihrer Klinik
diese Gelegenheit gegeben wird, ich weiss, dass dies auch an anderen
Kliniken, wenn auch in beschränkterem Maasse der Fall ist, leider nicht
an allen, und wird insbesondere durch die Prüfungsordnung keinerlei Ge¬
währ gegeben, dass die jungen Mediciuer die für den künftigen Beruf
erforderliche technische Ausbildung erhalten.
Aus Ihren Ausführungen und aus der Schilderung des von Ihnen er-
theilten Unternchtes geht hervor:
1. dass viele der von örtlichen Vereinigungen bezüglich des medicini¬
schen Unterrichts ausgesprochenen Wünsche bereits verwirklicht sind;
2. dass Sie den übrigen Reformvorschlägen ausdrücklich beistimmen.
ad 1. Sie geben den Studirenden schon während der Studienzeit
Gelegenheit zur praktischen Ausbildung. Sie lassen in der propädeuti¬
schen Klinik durch die Studirenden kleine Operationen ausführen. Sie
geben durch die wohlorganisirte Einrichtung der Amanuensis- (Famulus-,
Unterärzte-) Stellung den Studirenden Gelegenheit zu direkter Beobach¬
tung und Untersuchung. Sie vertrauen auch in der Klinik einfachere
typische Operationen z. B. Amputationen wohl auch dem Amanuensis an.
ad 2. Sie glauben, dass die jungen Medieiner schon während ihrer
Studienzeit an den Kliniken obligatorisch als Externe thätig sein
sollen. Sie halten das Annum practicum für zweckmässig. Die Doctor-
promotion soll erst nach dem Staatsexamen stattfinden dürfen. Bezüglich
der jetzt bestehenden Prüfungsordnung acceptiren Sie meine Bezeichnung
als Trödelexamen und stimmen auch meinem Vorschläge bei, eine ähn¬
liche Einrichtung, wie der General Council in England ist, bei uns ein¬
zuführen.
Im ganzen glaube ich aus den bisherigen Verhandlungen und Ver¬
öffentlichungen den Schluss ziehen zu dürfen, dass allgemeine Uebereiu-
stimmung darüber herrscht, dass unser mcdicinischer Unterricht insbe¬
sondere bezüglich der praktischen Ausbildung ein ungenügender ist und
dass für den Fall eines Krieges unsere jungen Medieiner im allgemeinen
nicht ausreichend vorgebildet sind, um den Verwundeten des Schlacht¬
feldes die möglichst beste Hülfe zu gewähren.
Es ist hohe Zeit, dass die Unterrichtsverwaltungen und die oberen
Militärbehörden sich mit den Verhältnissen beschäftigen.
Videant consules, ne quid res publica detrimenti capiat.
xttt. Ein Rückblick auf den elften inter¬
nationalen medicinischen Congress in Rom,
29 . März bis 5. April 1894.
Drei Wochen sind verflossen, seitdem die sonnigen Römertage
ihren Abschluss gefunden haben — Zeit genug, um in unserem
schnelllebigen Decennium den elften internationalen Congress in
das Reich der Geschichte zu verweisen, Zeit genug, auch für
jeden Theilnehmer, dessen Interesse an dieser gewaltigen Versamm¬
lung nicht unmittelbar nach der letzten wissenschaftlichen Sitzung
oder nach dem letzten Feste verflüchtigt ist, sich ein Urtheil über
den Gesammtverlauf und über das Ergebniss des Congresses zu
bilden. Ein anderes ist es mit derartigen mussevollen Betrachtungen
über ein Ereigniss der Vergangenheit daheim im stillen Kämmerlein,
ein anderes mit der momentanen Auffassung und Wiedergabe der
eben erst gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen.
Inmitten des Strudels sich überhastender Geschehnisse, be¬
drängt von der bunten Fülle flüchtiger Erscheinungen vermag selbst
der geübte Beobachter sich bisweilen nur mit Mühe die Ruhe der An¬
schauung zu bewahren, welche zur klaren Uebersicht und objectiven
Prüfung der Einzeldinge, namentlich aber der Gesammtsituation
erforderlich ist. Gar zu leicht wird hier das Urtheil ein Spielball
der von tausend Kleinigkeiten, vom Wetter sowohl wie von der
Speisekarte, abhängigen Laune und Stimmung, über verdriessliche
Unebenheiten des Weges gelangt man nicht zum, Genuss des be¬
deutungsvollen Zieles, der Missmuth über die mangelhafte Form
lässt auch den Inhalt im trüben Lichte erscheinen.
Den schwankenden Einflüssen der Gegenwart entrückt, gewinnt
die Betrachtung an Sicherheit und Einheitlichkeit, klarer sondern
sich im Rückblick die Haupt- und Nebendinge, die Kritik löst sich
los von den Fesseln momentaner Neigung und Abneigung, und sic
fällt das Urtheil — sine ira et studio.
Wenn wir nun auch von diesem Standpunkte leider zu dem
Ergebniss gelangen, dass der elfte internationale Congress seinen
Aufgaben nicht völlig gerecht geworden ist, so sind wir doch weit
entfernt, für diesen lückenhaften Erfolg einzig und allein das Comitfi
des Congresses verantwortlich zu machen. Wo so viele Factoren
gegeben waren, um den Verlauf dieses internationalen Aerztotages
zu einem bedeutungsvollen zu gestalten, da müsssen auch ver¬
schiedene Umstände wirksam gewesen sein, um einen rechten
und allseitig befriedigenden Ausgang zu vereiteln. Gar zu natür¬
lich und durch langjährige Gewohnheit geheiligt ist ja der Brauch,
dass man bei dem Misslingen eines Unternehmens vor allem, ja
mehr oder weniger ausschliesslich den Leitern desselben die volle
Schuld auf bürdet und auf ihr unglückliches Haupt die ganze
Schaale seines heissenden Zornes entleert. Die Gerechtigkeit ver¬
langt eine eingehendere Prüfung der Verhältnisse und eine Be¬
rücksichtigung aller Momente.
Gewiss werden wir nicht leugnen — und das werden wohl
auch die Mitglieder des Comitös nicht thun —, dass die Organi¬
sation des Congresses sowohl bezüglich der Vorbereitungen wie der
Ausführungen mit zahlreichen Mängeln behaftet war. Die unge¬
nügende Controlle des „Wohnungsbureaus“ und der Wechselstube,
der Vertrieb des officiellen Journals durch einen Speculanten, die
Kartenvertheilung für die einzelnen Festlichkeiten — diese und
manche anderen mehr oder minder stark fühlbaren Unvollkommen¬
heiten hätten vermieden werden können und müssen.
Indess nicht einmal hierfür trifft das Comitö allein die
Schuld. Um diese Misshelligkeiten zu verhüten, dazu war weder
die umsichtige Fürsorge Baccelli’s, noch die angestrengte und
aufreibende Thätigkeit Maragliano’s und Lucatello’s, noch der
gute Wille der übrigen Comitömitglieder ausreichend. In erster
Linie muss man hier, wie ein Mitglied der römischen Presse selbst
hervorhebt, den allgemeinen Mangel an Organisationstalent bei
dem italienischen Volke als erklärende Ursache heranziehen. Die
ungenügende Ausbildung dieser, für die Ordnung und Leitung so
gewaltiger Einrichtungen unerlässlichen Eigenschaft trat dem Theil-
nehmer bei hundert Gelegenheiten entgegen. Wir wollen z. 1>*
ganz absehen davon, dass die dem Coniitö direkt zur Verfügung
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26. April.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
stehenden Kräfte nicht zweckmässig ausgenutzt wurden: ein prinzi¬
pieller Fehler lag in der ungenügenden Decentralisation, in der Auf¬
häufung der ganzen Arbeitslast auf die Schultern von zwei oder
drei Männern. So war auch von einer Wirksamkeit der National-
comit6s auf dem Congress nur wenig zu spüren. Ist doch selbst
die erste Vorbedingung für einen leichten Verkehr zwischen den
Mitgliedern der Nationalcomites und ihren Staatsangehörigen, näm¬
lich die deutliche Kennzeichnung der ersteren, nicht erfüllt worden;
denn anstatt z. B. die Secretäre der Nationalcomites durch eine
Decoration in den Farben ihres Landes für jeden Hülfesuchenden
leicht auffindbar zu machen, trugen alle Secretäre, ob sie nun
Deutsche oder Franzosen oder Engländer waren, Rosetten mit den
italienischen Farben, und um selbst diese wenigstens einigermaassen
nützliche Einrichtung völlig illusorisch zu machen, waren dieselben
Rosetten (theilweise mit kaum merklicher Veränderung ihres For¬
mats) an Deputirte, Delegirte und sonstige Persönlichkeiten ver¬
geben worden. Die Nichtberücksichtigung derartiger kleiner und
doch für die Leitung der Geschäfte, für die Orientirung des Publi-
cums sehr wichtigen Anordnungen zeigte sich im Polielinico wie
im Costanzitheater, im Eldorado wie im Ausstellungspalast, bei
den wissenschaftlichen Sitzungen wie bei den vielgeschmähten
Festen.
Der Sinn für eine möglichst zweckmässige und umfassende
Organisation, wie er namentlich bei den Engländern zu finden ist,
ist eben dem italienischen Volke nicht zu eigen. Ein gut Theil
der Vorwürfe, die man in dieser Hinsicht den Leitern des Con-
gresses gemacht hat, entbehrt daher eines persönlichen Cha¬
rakters.
Eine weitere Entlastung des Comites bedingt die Berücksichti¬
gung der geringeren Anforderungen, welche man in Italien an die
Beamten zu stellen pflegt. Wir Deutsche sind im allgemeinen an ein
trefflich geschultes Dienstpersonal gewöhnt, und wir haben in Italien
wohl am meisten die gut geölte Maschine des Bureaukratismus ver¬
misst. Darum können wir aber auch dem Comitö die völlig unzuläng¬
liche Aust iihrung mancher an sich ganz trefflichen Anordnungen nicht
aufbürden, wir können ihm nicht die durch den Diebstahl von Ein¬
lasskarten, durch die Einschmuggelung fremder Personen in die
Caracallathermen verursachte Confusion, nicht das fürchterliche Ge¬
dränge vor dem Buffet und vor einer Garderobe auf dem Capitol,
die unzureichende Versorgung des Postbureaus im Polielinico etc.
etc. zur Last legen.
Allein — selbst mit diesem unvollkommen arbeitenden Beamten¬
apparat hätte das Comitö vielleicht ein brauchbareres Arrangement
getroffen und wäre nicht so weit hinter den Vorbildern von London,
Kopenhagen und Berlin zurückgeblieben, wenn nicht zu allerletzt
seine Kräfte einem doppelten embarras de richesse erlegen wären:
der überreichen Menge von „Congressisten“ und der grossen Zahl
i on X orträgen. Die Geister, die das römische Comitö so inständig
gerufen hatte, für sie fand sich nicht der Meister mit dem Zauber¬
wort, um sie zu beschwichtigen. Dass die Zahl der Congress-
theilnehmer derartige Dimensionen annehmen würde, kann das
Uonut6 nicht vermuthet haben, sonst hätte es nicht in der Zeit der
Norbereitungen zu dem Verlegenheitsmittel gegriffen, auch Nicht-
arzten die Theilnehmerschaft für 10 Franken zu ermöglichen, es
Y de JÜ 48 ^fficio de gü alloggi anders eingerichtet, es würde vor
a em für die allgemeinen Sitzungen ein anderes Local als das
orado besorgt haben. Die gewaltige Anziehungskraft Roms,
anens war eben vom Comitö unterschätzt worden. Sicherlich war
ie buinme der Anmeldungen zum ursprünglichen Termin des Con-
gTesst« im September vorigen Jahres nicht so gross gewesen,
tV-Jr 1C * der ^ assenan drang auch erst kurze Zeit vor der
Han^ 1111 ^ .Ingresses erfolgt. Und wenn auch die letzte
an öS * nnere Einrichtung der Sitzungsräume erst in der
Iiipn V01 f **' ZUDl ^ ärz g ele £t wurde — neue, der Menschen-
mn .^ e ent fprechende Loealitäten konnten in letzter Stunde nicht
mehr geschaffen werden.
dip n er wundes ^ Punkt des eigentlichen Congresses war zweifellos
niobt p°f gaill f a ^ on des wissenschaftlichen Programms. Wer
schipHo 6 s * c k an den kostbaren Schätzen der ver-
M&riinilifV s . grat * s zu erlaben, der hatte immer noch die
. 1 n i c ht allzuviel Geld mit voller Müsse italienische
in impn!» 1 ’ . eng * 1S0 h 0S Roastbeef, Schweizerkäse und Münchener Bier
. emem Restaurant zu vertilgen. Und wer nicht an den
mochtf^J ,! n °P^?. e ^ en Festlichkeiten theilnehmen konnte, der ver-
der Natnin 1 *?■ i(dl genu £ an den Kunstschätzen Roms und an
liehen \rK .f Ilen ® zu outschädigen. Wer aber an den wissenschaft-
desselhpn 61 ? es , 9? llgr088es — immerhin dem Hauptzweck
kgenheit m 8 • w °Bte, für den war allerdings die Ge-
Pülie an Vnrf 1 ? unv °^ omm ouem Maasse gegeben. Die ungeheure
gesnrnphoTi u rä ? en ’ von der ich bereits in meinem ersten Artikel
’ ra(dlte es nothwendiger Weise mit sich, dass jede
391
für , ih , ve Sitzungen die ganze verfügbare Zeit des Tages
ausfüllte und dass für alle diejenigen, die an einem Tage gern den
\ orträgen zweier Sectionen beigewohnt hätten, die Möglichkeit
nur selten vorhanden war. Da aber andererseits in vielen Sectionen
das jedesmalige Programm nicht im entferntesten erledigt werden
konnte — von den 124 Vorträgen, die für die letzte Sitzung der
inneren Section angekündigt waren, wurden nur 34 gehalten! —.
da man nicht mehr wusste, welche Herren zum Wort gelangen
würden, da endlich die Vortragsreihe in Form einer Gebetmühle ab¬
gehaspelt wurde, was war es Wunder, dass die Zahl der Zuhörer,
ganz wie ich es seiner Zeit prophezeit, immer mehr zusammen¬
schrumpfte und am 4. April (nach einer Mittheilung des Wolffschen
Telegraphenbureaus) sich nur noch in Summa auf 450 belief! Dass
dieser Fülle des Gebotenen gegenüber der schüchterne, an sich
gewiss sehr lobenswerthe Versuch des Congresssecretärs, im Giornale
ufficiale del congresso medico eine kurze Uebersicht über den Inhalt
der täglichen Sectionsverhandlungen zu liefern, nicht über den
allerersten Anfang hinausgelangte, kann man gewiss begreiflich
finden — zumal da auch hier eine Unterstützung durch die National-
comitös anscheinend nicht erfolgt ist.
Aber auch die ganzen „primären“ Unzuträglichkeiten des wissen¬
schaftlichen Programms sind gewiss nicht ausschliesslich in die
Sündenliste des Comitöes einzutragen, sondern stellen sich in der
Hauptsache als Consequenzen der früheren internationalen Congresse
dar. Und was ich in meinem ersten Artikel beim Beginn des Römer-
congresses schon angedeutet, das will ich jetzt nach Schluss des¬
selben nochmals hervorheben. Die grundlegende Organisation
des wissenschaftlichen Programms des internationalen
Aerztecongresses muss verändert werden, soll derselbe
nicht seinem Verfall entgegengehen.
Eine Hauptaufgabe des internationalen Congresses soll darin
bestehen, in den Aerzten aller Nationen durch gemeinsame wissen¬
schaftliche Thätigkeit sowohl das Gefühl der collegialen Gemein¬
schaft zu fördern, als auch besonders den Gedanken an die Noth-
wendigkeit der Verbindung aller Zweige der Medicin wachzu¬
halten und zu stärken. Die immer mehr sich spaltenden und
zersplitternden Specialfächer der Medicin finden bereits zu einem
grossen Theil ihre internationale Pflege auf periodischen Einzel-
congressen: sei es auf dem hygienischen, dermatologischen, gynäko¬
logischen, otiatrischen oder ophtkalmologischen. Diesen an sich
gewiss berechtigten Sonderbestrebungen gegenüber soll der inter¬
nationale Aerztecongress den Boden bereiten, wo der orga¬
nische Zusammenhang aller Specialitäten einen sichtbaren Aus¬
druck erhält, wo jeder Arzt in greifbarer Form aufs' neue die
Ueberzeugung gewinnt, dass alle Fortschritte der Specialfächer
in letzter Linie dazu dieneu, die Aufgaben der praktischen
Medicin ihrer Lösung näher zu bringen. Um dieser Tendenz ge¬
recht zu werden, soll der internationale Aerztecongress nicht wie
bisher nur einen Complex von Specialitätencongressen darstelleu;
vielmehr muss der Schwerpunkt desselben auf die all¬
gemeinen Sitzungen verlegt werden und durch Vorträge
universellen Inhalts, durch die Behandlung wichtiger Fragen aus
dem Gebiete einzelner Specialfäeher seitens namhafter Referenten
und Correferenten vor dem Plenum der Aerzte das Interesse aller
Praktiker geweckt und befriedigt werden.
Sollen freiwillig angemeldete Vorträge überhaupt zugelassen
werden, so hat ein ad hoc eingesetztes Comitö über die Annahme
derselben durch sorgfältige Prüfung zu entscheiden.
Ob man endlich an dem bisherigen Usus, mehrere Gongress¬
sprachen als officiell zu betrachten, festhalten soll, diese Frage
wird für den russischen Congress besonders dringlich werden.
Nicht viele Ausländer dürften sich finden, die die schwierige russi¬
sche Sprache soweit beherrschen werden, um an einer Discussion
theilneinnen zu können. Ohne Beeinträchtigung des Nationalgefühls
könnte man deshalb gerade bei dieser Gelegenheit dahin gelangen,
eine einzige Sprache als officiell zu proclamiren, und zwar dürfte
sich hierzu wohl besonders resp. allein die französische eignen. Hat
man doch schon auf dem italienischen Congress — namentlich bei
uns Deutschen — die Beobachtung machen können, dass man hier,
wo ein officieller Zwang nicht vorlag, sich der eigenen Landes¬
sprache begab und im französischen Idiom seinen Vortrag oder
„Speech“ zur allgemeinen Kenntniss brachte.
Durch die Verhandlungen in einer einzigen Sprache wird
sicherlich der internationale Charakter des Congresses verstärkt
werden und das Gefühl neue Nahrung erhalten, dass vor der
Wissenschaft auch die Schranken der Nationen zusammenfallen.
J. Schwalbe.
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
P£CPS<'HE: !tfEDlClMSGHiv WOCHEXSOiHKT.
XIV. Drelundzwaiizigster Oongress der
Deutschen GeseUschaftfiir Chirurgie in Berlin,
18.—21. April 1894.
Hof. Harm. Kran'k (BeiTiiih -
Minwoch il«a DA April 1^4. VormU-tii^s 10 Ghr,
ln seiner Eröffniuigsi’orte gedenkt Aiur \AaKvmii<]o des «Her-
^etzlioln'n YnrluMes, wlelU«» die (uTtdladüift durch den Tod
iHUiOthA mm LüMa-A öHiUai LA . mich Ja fort. welcher mm,
.nuf m»>ein ( .ir.L-vos-: zun» EincaniUoI unI proHmmrl werden sollte,
nt herein um 40. GnRHar vm%eu Hilmes geiRorbeti-
• V©/vtd t st&frIfcn^n#s treten HeiT 43 i"U *18. .»1&" .
Tieoprlbdihm’t und Herr Schede mi die St" He der* ahwa-aHdcij iMrrca
i Aei'ü.p und Tre. uri»Ae*) b u t ß. .IW ÄoTi'ny. die «roheren Präsuleutett
der i'^nvi-nM: -Au. AäbdiiMnMuHWh-n) des Aüsg bussou zu enjominr
Wir*.j. anßvnoniruon: <m >i«*Uo des . 1.1 e wo v Htr"JOJ*Jiii Dill Uri!'
G nsseuhn uol <00.
BWr Eiijritdit.ujtii' oifH-r .eigafiyr, ;H\Mhd.be-fc Mir die LKaeUsfib.äi'U
vnpd. «itne Cöuiitiis.'Wu* lr&Rtekfvu»l -am-i Heb HVf'mV'» Ge/£dfip n
UiUnrhotk und tfisfUDw, RmgojHMH Tür die Ui findim& Ami
,-<il lern nOrlmthrk 1 » iitaen. vH- H“.r l I ■*• ! i p 'U u ’•» »* iuwlÜhtt, ulk
H ho m- mci. ? gdrmtigva PuHi mb dm Es im bereits ein »oster
«itunü^lfi-ic dwfh nahrim'hn Zu*«■«dungei» einmal d»m.h
die MMonoiiiAnnh verton»; hl*» L;> nt* eci h *-e k ‘sehr HiiModiuic tVrm-.r
dmTiii Htm BWtesa«)mbm£ des Hnm« B»r. d&W/eotbal (Berlin h
M fdolK- \ orzü^lirli öliw* etm-m'gW'he 'Werke dtiHWm';. Hufumv MlciT»
ihn- Ga* huik di-- Hoi»'» V-. »‘nl«*! wvU'lmr «Vm DupHaiB» dm*
IhWiiofiü-lvda Krioilnsdi-Willifljiim-Iiislituts hi.(-rwh^m> Int. mul d«->
llnriii v. (} «mfl/T, weh h m .io- »hm nölitond -«iqa Ajor Aina’ouft
hU- Minister : y.u^ib|^i)etrtn Aoluilten ^heifmmdnnllor''
a«r snHtt. Klttt fej’ijnrn w&e&tlgp F6.rtbn>ö" wurde dih
Tieij zu in'diult nd»- Biidiolhok erjuhrondw» no die müi doh iSIdg^fodoon
d& Oes(dl«i.'hat\ nndirtuTi Zmf^ hrU’icm rp^Miudssih: in tiimnn EAvinpInr
würden.
Im wisstiis« hiifljiciitni Theil der Tasit^ordminji* riprii-lii
4. >Jm* Bruns (Tdhiiigmu: Ocbor diö Annghri^c dor iriben
Itulöseo B tiftgHleuksetit,3imdu.ng bei epusör.'zativar Behnndlmig,
(1 >or \ 0 j 1 j;ia ict i„ ,!it,vf Auomio.i. p, H7-1 rernücnrlivht s .K
.biscuHHioiK Herr Heinde (HnmhsirM A r A r,< dii in der Uv,-*', in
.adeiehH- \V>isc wr« Ifiur Brüfi - „»lu ALiU-mi durch Nu*;l»iit«i<;»s'udiuitn -'U
Vulfen : iude?r; witU dieHei» AAiditlicil durch dem und vrmderfmiteu
Ki'atikfM.li.in't.'iTcnl iudt ^ri'icr p.ari.'idi c \w i i s *"• 'Oa )'»; syi r^'hmur
wtaSlkij 2*iU Ekllo tspd JHBü vuü lleirji Ö ch e d e l«?öhnuTitg4j g'y.SÖgaft*-
wdebo in den vferseMftdnnoU Zeiteli vei*s«lhiedeu hehömlelfc \*ordjm find.
Von IWÜ bis 1800 aptlsopii^ch, von JBPO an speriHä'-le im Aniuaii mit
Tiihürkuliu tdleiu. -e-piitür tüib;?uui^r1it und dann ausscldio^hci; mH, Jodrdorm.
ln >b-r Zh.it Öre ifpfuiiisclitift Bohandhuuv ist cno. tirnj»})* man
•i.»»'■!I.«uc; »da,t dtuvliv.anS.rcu. mul hier find aud-.dif? hindero;«huissc noch
zu kiuv. b*»r»bin Inet. ru*m-rh«?j su hl doe.h jeiy.t .-»•}*..:u Oer Eindruck hat/
•üres h.a der riotioformhehiuiclhm^ dir. IHscriionon ctitschUmoji' «eltenur
fiÖ&S um ^nvorden sind. " Unter »Ion HnnhaolmaigeTi boAadon sieh
Wefiigalpn8 soohsHwAr-hü i’rijhor \vogöH der Eiterung .siehe»' da? lVuspntmii
h ulici«it-eihiien.- fturen. wo db«*r da- doduforJi dieselbeAicsAti^t■ hm. Avutb
i\*m Tod üuveh Tnhui'kulose htrnfVt 20 kommt derselbe in dor nrsUü
Gmppn m 4»OA/ 0f m der zweiten m 75 °/i., in der dritten m 2d u n vor
Hm r Ht-Hnriou (GreiiswAd}: Der Hbndpurikr. dürfte .wdhj.
V'HfiripiMi Uhnmü fpst^tdialton -'werirAnV tUis ,Fr$mÄjoljonio> zu- ^fNTbritm
Gm! find dm ItehftödlvnT^ ci/nsmvAüv sein solt Hel dar Umirtlmihmg der
Besultute 'm die b’chv.'ieHgkeil., (ha HaGruteii Iren« cenutf <v oi,.-,
Oiohcm iiiinfi» ■mui>erwuid!trb. l ud dm.ii mössc-ii die hJ-iuikw iah'i'ehmg
nojUToilni; \venten. da V->.rsrhl»-fIiiurungei. hiuthg noch lisch Jühnu- ein-
bAon. in tnnlmul. wo >.:.s ein ejgmias Haspiis)! ihr eocitisch*} .Kiiidor jmit
i'UiüHfaitonnn auh deor L.indi: and ,\u da- Hoc gvi»t. ia di.j VeroOtynnei
tict Küttlur besser gpEB^lt. Hjna plöirvolle der Kaßlje a.Wit m
V rrbifsuuiig iiiit Secltospiznilege w?Lro nuoJb. hei ans zu heiür-
WOVfpil.,
Herr G uss» oltiiuer (Prag). 4ind«vt Hie heui.- vr>.<»a»-.i^euen Ansehm»-
uue; c 1 m l ‘0 -nunsbimnmi'; uiii den zc.hun )mu -' '• ■■> ib*.n -- 1 m ?o>ne| lc
' v Gehc ,m.'- dar Et M nn< u> -t J, 1 vV«\.»e.s «n*. ,,( ,Jse< h.«h.,.‘
OiOa. lohrrojeliste« m . 1 . )• u i3«xi. lun,^ du 1 iJjt :’>n i'aiIi,., welche
ofino jo'lü' Bohrtiidluitg • ausk-ihm. also die" Möglichkeit sjTOjHAtmr üctinug
'ler Adeetiu-n vrihUrgnin Ade _ fc'-Mik- mH. EitAnihg sind ja «m. Ach nu
günstiger, .aber auch iüaa Wciiaui'en ■ unter grmsinza« ALtom o sj h\giV-
lueehon H.dinguugeü zum Güten, wie «Aon jede TuhcrkAJ<*?ea 11 sbeilu««r
öbhÄueig. i»t' vöä deji räubr oder w-migef* guten J:lvn RhruitgA>edingutignii.
Im ungeroeruan gehen die Itesocfiwrmn keine gnthn Ifeujtyun iveü dm.
Uiu^tum y.hbn wegen Aidieuren ansgefuhrt- werden musste.
Auch Har v, Üergaann UhHinj w»11 keine Mut.aiu gehen, souderu
nur ilm Aftthwenfbgkeit sebi! hinter IvuchlMiliaiidluiig betanon. die uttcli
die Hp;itcr . mrnttrHdeü ttugonsiigeu VerAnderuögtm in. Ol.aub.t nimmt.
Mit der \\ imdausljfjlung ia die llehundiung ju. 'noch lange nicbt abge-
Kfiiio.Aseii. Jöör (vnluer hat. -R! KiiTher im Ni.-he.nrof.im Vevaamioelh'Aa
') Gcjen l')HSQmhi;g A'W^iW darin bgstjinde. Mie in Dc-niscltbuid ?ir-
scncitiettinen Hibritttm tdururgisehöi) Ißhßlts in VuUfetÖödiglp-iti aii vereiö|gäüi
be* JaJja**.
; Nv|: .17
daubp inan selmn k?um. wie- (öin *mK mic-lr .te BWIä^uh^
mau vcRindort! liinn. FreiJich wirkt <lio UpecoGon selbst• bei dem, din‘4
die Eiterung beriiotbrgökmnmonsd im- r»sc>r
gtinstig dm Kinder orbhioc sinh ziikibendü, niigr iu widgUer \>r
fasuunu' sicht, niaü dH Kinder ÄUWöilAi .-pf!ter wieder' Mit Pistotn,. . ’
| hinkend,, die Glieder- in eeblttöbTottlut ünh.vlotimi. .Djn' teedii?«
! ist nicht der Sol'ltt-ssoct dar Belrnndlmig. Wir A.r aun aber mAovahis
; die Staljung b«A -den Nie1Ho^rirtetfv J »aeb da boobgrrtd^ AAr-;
’ Kid'nm-jrnn vi.rkonnuefl. geht «ms dem 1G J » «uTRehen BeriOlt iiorvoi .i;G
i Zeigt, jrutdi cm «imncTistriricr Patient-.
1 Har v. !Hm mafu» (Hidle'r Witt gleiehtajls an «bw ?.tew«g t-oiacrvstiv.-u
tbdUm'liuög '%t V r 011 1-17 -Hülm) smd. Hl gefiAltvorn-
■ >Hid ■! goiArlum. Bei U Bock'-ttcrhnuA'mam «w drmd Pür'ihittlioü ,.jr>-
y-ojcrisi (h» ijtt->«ii F.'db-m ist djo reos'f sU-ts Ks-Ihlgi'oi^ötti dittluhnus
A-hiinAimc 7 <-rgchiic:i\; ztMgt si«-h. «/«.im ,-Vutlvefuuttg da 1 PlAnmimttücful.
■c-.-. G 1 !*■•-•* < (tim du »in/, m M(.jm »ttttt lo’ H« »Jung.
IG usnet {Bar». sic hl. um Bmri-cdigittJg das.- ?hm schau
Vor V»rA Jäiorn v.orgoiii.^HV/ik, aber niii. w<.ni*,' Beilall jmliMMiommtamn Am
:i‘h:»u»fi*u(tti j‘-lvt rjtv.rhcfuirangim -mhI Ihc Ning'iug 2 iir lJepcd.mn at
A.iitbl-dmihü aus Her SehwicBgAttt dir Jaitiehuu! hmgo Am terattkedeua
.". m •••vVH»l I ^g*’h4 ln Burnum Ihüttm in dmscr B< ziAiui!g dufoltHtifhmg'en t-tc.
Amsssrc Acrhiiltnisa' voa Aiiadma. ittiissrn »voch nirbt aliu tfo'rmeir
.bttudtti«iiHdVeidbd)aiidliu»:g v5u.s?.»mimaogaW‘»rihn werh. -natttth hier Hl. diellch-t--
'-•■iu'i.hine' i-h-'r Ar; da BA-AA’»acAA»' witbBg.i■■oh h« im .GofOsu «.mUt
L iiaru ’-t:\i 1 IijoK B ist »»M" AA- httUhr’. i »1 K iiidui «;ignai •.n:i« !•-■-
somh-rs die »ulpht* «]«m s Trimsport -da Kinder in dm Bult im«l
Ariddh«!)^ ohjdiöri wb? • aui'-idie*. •b^ib.bbeböOÄweliisiift^. Mjv?'.
GiwG.’tit. ü« h*gi- «\er«lew muss Am \\ndit.tg>u;n ist die reiahiicJiRc Er-
iiiUuurtg. wi-j.Jn dir. j|».n Erwarhsenrn sugm'esseno Menge WouibghcU;
ttöeb plertA;-dGtt -$oil ■ Malt loMagtiFe ÜBi?oTtatß hubon v imVs» ibiiU' übgiG ,
not*h s/dbs'BdniiilH arhebm- wlt $A(h* nml Uamipa umzugnhai verPteJi'u),
XV. Kleine Mittheilungen.
-- Bur! in. i>»-m Veinrltiiji«}.«. p»/b so-lj iiir dm ^« r uohiru d**? pbrarite
! bt;V‘ 1**11 ' u l'.tnl Flii jtfOö !,*»> .um <'-*( « n» < i B-'hl m im Ibmado aug sdclif
; waä'-u. Zur Zerf, wird ni T VeHmttdUin?mi; zGissium der AG-rvaUtttg. d.-s
! Krank, iileuu.*!- uud Vaia-dan d«a Cmn-. : H,-. .Vii'Ats- m;d dm Kinn«.*.
iiuiifstMiiuva ■!«•- Ibaipfm. gamu taH;f-G‘i'i, Ahm Isi dnrbhcr sbic. da-
t dar NGttilsttj Jini rh-m jutzigCu Gnuid>tm;h rfo? i’hantd. da? auf dfis t AG.-t
: df-s'. rsifen i jttinGAiGsAAs urmdtai waAeo wird, voinr-.ii Platz, limita mi!..
■ Einig ist Hum sieii far.cr da» ; itha‘ «hi'rs da Bon äaGAiavH. on g -
\ f'uhrr. wa-dai ibuss. um den Betrieb . der- AnstaltanAld z" Mambru b* s.
Zuerst wird der aita KireKhuf hehaui wadem »mi IHa Hvr iUtgweiferV-
biHiiicbw Nouges^itung :vx gtahmai. AIOgikAsl soibtd-oA .nah .};«»- Bc-
hi..) i'iim- K ii{.hfm-‘'-hau-h-s U» A oerilt' gnsamae»* '«a-den. da dir
Köchruaniagmu sehr nnzufoirbaud sind. Die YormbGit-f t» >uid hw^itä. iM
‘ A rat’.
A- Prot', Pr. Heu hu er ist zum Geheimen Medidmdmtb munnB
— Ais -Naehfoitrer- vcui IMof. Aug Hirsch ist, Prof. r. Nva’dai
xutn Lehrer für Bpaiclle Pathcdugic iiikI Thcmpi^Aai deji üttlHdr^at-'i'dsen
BildungsiuisiaUttti ’m-Kttlli worden»
-. Da Direktor des ttuysdiauabütt ipstUiitu, Prof. Dr'Kuodt. A
für das Sf*iumtT,sai»,oAja. baiHiinht Seine A'ertreittttg :A den Brfi'G»
ProL Or. Planck und .PiivATAc-,' Pr, HAaAus überln>^d)i;.
—- Zur Frago der oßdeiaveitvii R.a.dmig der Frlü 0 büGa d,..••
0 T Öhren.« dos [ioetorfitols wordtm- xwiscb«'n M-ud A»» A"D
den Heben Staate« Vethmtdlütigaü gepftöoen, in wie W'Ait- es mdglAh ^ f V n
Uüinlxv ' ^u ebiofc Einiguu^ dai'Obev zu. kommen, das* oicu*
J>?üanditmg da- Iniaher Aino; uümiorw»i'Üiigcp portbiHteVs in» a
Karbe PAu greift, " ....
. — Strass; hur". Ptmi'. ] Ga >M uqj n ttuat Tod, Bot'Au ‘‘»-s
•ittGtaG Di n r.»d V. v. 0 n v. \ gj li k f'i i*e JrGü-iuu Vs umlettGAh
Prr ;c r - ' ’ :
Y*- Gu-Udttüivu, 1 rttlj4?iruM«* MtAbAwlraü !’nd. Hu HA?g.'aG r U
>iy dicsa» Teuer aä, fiin fu n dx »eü»a;i gjdhrdges J libiddltn* Gis. l ei-
s 0 GAGDm pi-oG-sso c.
— Yl-ieß. Dev in Warn he Geben de Yer.tmi ?ur Kfriidiplug
‘Auf,’-- Tnbcrkuloycülifims bat iAiiio Gtia^.L•ö*g«foiHtv
Der dohn-vhomd't 0ouKi;;dkB da?«« dag AVre.iu6?‘*nttöeen berAH nu-hv -oh
UOOOUA ll hxirVLd.- ■ . ;
-- Ht Pol i'i’shor«, Wie w'ü* lihryo haf d«*r tV:tt’ Ihr da» n ; tt u
stwv mSt TNteidj i b^tBtaltendgn-Jniwra iionk loo ö
Om»gross dio SuminA vor 50000 kohAAawiHAG
Ilü Verlage von Georg Tbie.mo m LmpAg \sX -oebei! der v-waG- -
ThaLdes Lnbibuchud- der liuur-. und Gesclih/clit^kraaUbtiH-eü. 'für A/wztu
und Htittlu’mjdo -von -Pr. Mas Joüöpb. ni Boriiu zu? Ausgabe gumngB
i-A werden hier di« G escivB-odi t-skrm h U.h »A 1 en in mogiieiist kniippur
Pom> u»H bo-sondfrer Po; ürksidüigiiug d.>r Tbufapie Losproebau. Dns
W*irk ist verzttgKä- tttt^eslaitet ttiul kiilbHIt Vttssersi. sürsh'Ktti aisgGUbrts
•: i .»-.. ■• 'tu ‘G: ■ | ;:t,d ciitt- farliiüe Tuld. IG ne Attgolmmh- BogprtfCruuig
v. u d ,’bueu' ,• • ••■. . . .
> G . r - • ;; • r -, jt.»/},.. Pr«.t* lisrwr m .'HoimorKr bat einen
Km ,(& W-oiii'nGvw 4-/ru H, Hertz erhalton — IvAnigsborg L En pf.
; Av -i■ . -i. j, .Hs Doccui .Otf piithokaiG’b« AimU»jiii(* huliiiftin-.,
: —- Graz. Dor Docent I>r. L. Ho£ler von' .SuHutliiil ist z;um
Jirben ProlosHHr für iuuetre Medicni ornbtvQB
Vaoante Stellen;
ErvispbyKikat Strasburg W.-Pr, und Bö’ftbüuib,, (Die übriguii rf^V
>• mWü siube im InsoratentheiLJ
Sitffnifchi ln Berlin W.
Goc»gle
Donnerstag M 18. 3. Mai 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinaiwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulentmrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtenstoinalloe 3. Potsd&merstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31.
I. Aus der Universitäts-Augenklinik in Greifswald.
Kleinere ophthalmologisehe Mitteilungen.
Von Prof. Otto Schirmer.
I. Ist die extraoculare Anwendung des Elektromagneten
ungefährlich P x )
Mehr und mehr hat in neuerer Zeit die Ueberzeugung in
Ophthalmologenkreisen Platz gegriffen, dass aseptische Fremdkörper
mir ganz ausnahmsweise auf die Dauer unschädlich im Bulbus-
innem ruhen können. Selbst eine vollzogene Einkapselung ver¬
hindert nicht, dass fort und fort Theilehen des Corpus alienum in
den Augenflüssigkeiten gelöst werden, durch Diffusion überallhin
gelangen und liier Vorgänge nuslösen, die wir, besonders durch die
Untersuchungen Leber’s (Die Entstehung der Entzündung. Leipzig
1891), im wesentlichen als entzündliche Processe kennen gelernt
haben. Die Intensität derselben ist von der chemischen Natur des
Fremdkörpers abhängig. Sie sind ausserordentlich gering, wo es
sich um Stein- oder Glassplitter handelt, und sie steigern sich bis
zur Eiterung bei Kupl'ersplittern. Etwa in der Mitte steht die sehr
langsam auftretende Wirkung von Eisen- und Bleipartikelrhen:
doch hat die Erfahrung gelehrt, dass Eisensplitter — ausgenommen
vielleicht ganz minimal kleine — wohl kaum jemals auf die Dauer
im Auge vertragen werden, wenn sie auch viele Monate lang das
Sehvermögen garnicht zu schädigen scheinen. Schliesslich aber
kommt es in den meisten Fällen doch zu Netzhautablösung oder
zu primärer Degeneration der nervösen Xetzhautelemente und
damit zum Verlust des Sehvermögens.
M ir haben deshalb die Aufgabe, jeden Splitter, wenn irgend
möglich, aus dem Auge zu entfernen, und da sind wir bei den
Eisensplittern bei weitem am günstigsten gestellt. Unsere Methoden
zur Extraction derselben aus dem Glaskörper haben im vorigen
•Jahre durch Haab eine werthvolle Bereicherung erfahren. Während
die Einführung eines kleinen Magneten in den Glaskörper, wie wir
bisher nach dem Beispiel von Mac Keown und Hirsch borg
«wandten, stets mit mehr oder minder grosser Zerstörung und
\ erlust von Corpus vitreum verbunden war und die Gefahr einer
liilection wohl nicht immer hat vermeiden lassen, gestattet die
iaab sehe Methode in manchen Fällen, selbst bei tiefem Sitz des
• plitters. denselben direct wieder aus der Wunde liervorzuziehen.
?" ,p fi ' ü Instrument in den Bulbus einzuführen: in anderen
allen gelang es wenigstens, ihn in die vordere oder hintere
ammer zu dislociren, also an einen Ort, von wo er mit relativ
geringer.Gefahr entfernt werden konnte. Vor allem aber, und
' a r. mir das wesentlichste, ermöglicht sie es uns, Eisen-
;P hter zu extrahiron, ohne dass wir von ihrem Sitz im Bulbus
rgend welche Kenntniss haben, und sie könnte versuchsweise
angewandt werden in Fällen, wo die Diagnose .auf Fremdkörper
«ne unsichere ist,
• so vielen Vorzügen ausgestattete Methode bestellt
i.j . Anwendung sehr starker Elektromagnete, welche selbst
lnste Lisensplitter durch die Länge des ganzen Bulbus hindurch
UU( 1 durch den intakten Glaskörper hindurch fort-
din e v5T u vermö gen. Die bisher vorliegenden Mittheilungen über
• mo] &' d »eser Methode [Haab*"), Schlösser»), Hürzeler«),
-eliiilteneu^Vortr 111 • ,U ^ 1^94 im Greifswalder medicinisuhen Verein
) Die \ envemhing sehr starker Magnete, zur Entfernung von Eisen-
Haab Ä ), Deutsch man n (, )| sprechen alle durchaus für ihre Vor¬
züglichkeit, wenngleich natürlich nur in einem Theil der Fälle der
verletzte Bulbus erhalten werden konnte. Mängel, die in der
Methode begründet sind, wurden in keiner der citirten Mitthei¬
lungen erwähnt. Es scheint mir deshalb von Interesse, eine Beob¬
achtung aus der Greifswalder Universitätsaugenklinik zu veröffent¬
lichen, welche zeigt, dass die extraoculare Application eines
Elektromagneten doch nicht ganz gleichgültig für das Auge ist.
sondern unter Umständen schwere Gefahren für dasselbe in sieh
birgt. Die Krankengeschichte ist kurz folgeudo (ausführlicher habe
ich sie in einer Dissertation von Herrn K. Hager: „lieber die
Gefahren der extraoeularen MagnetapplieatioiU publiciren lassen):
Dem Schlosser Albert Z. aus Greifswald. 19 Jahre alt. flog am
8. August 1893 ein Stück abgesprengten Eisens in das linke Auge. Kr
kam sofort in die hiesige Augenklinik, wo eine .Stunde später folgender
Befund aufgenommen wurde. Links minimale episklerale Injoction:
Kammer normal tief; in dem oberen < ’orneaviertel kleinste perforirende
Wunde: ihr entsprechend dreieckiger Defoct in der Iris; Linse völlig
transparent, nur in der Gegend des Jrisclefeetes eine zarte Trübung:
Fundus normal; T 1: s — ö /|-,; vom Fremdkörper ist nichts zu sehen.
Derselbe wird erst zwei Tage später bei maximaler Mydriasis im
Glaskörper mitdeckt. Ein Extractionsversuch wurde uicht gemacht. Das
Auge blasste allmählich völlig ab, die Kapselwunde schloss sich, aber die
Linse trübte sieh mehr und mehr, so dass am 4. November nur noeh
Finger auf kurze Entfernung gezählt wurden.
Am 13. November kommt Patient wegen eines in der Cornea sitzenden
Eisensplitters wieder in die Klinik. Hei der Untersuchung zeigt, sieh die
Linsentrübung so gering, dass der Augenhintergrund leidlich scharf ge¬
sehen werden kann: gröbere pathologische Veränderungen können jeden¬
falls ausgeschlossen werden. Da trotzdem kaum Finger in nächster Nähe
gezählt werden, legt dies die Vermutluing nahe, dass durch die chemische
Einwirkung des Eisens degenerative Vorgänge in der Netzhaut ein¬
geleitet. sind, wie sie Leber' 7 ) bei seinen experimentellen Untersuchungen
am Kaninchen regelmässig gefunden hat, und wie sie Bunge 8 ) uml
E. v. Hippel 9 ) auch für das menschliche Auge beschreiben. Im Glaskörper
sieht man - - am besten hei foealer Beleucht ung — einen kleinen, beweg¬
lichen Fremdkörper von weissgrauer Farbe, der sich etwas unter dem
Mittelpunkt des Auge# nahe der hinteren Linsenlläche betindet.
Da ich bei längerem Verweilen desselben im Auge sehliessliche Er¬
blindung durch Ablösung oder Atrophie* der Netzhaut befürchtete und die
versuchsweise Anwendung des Elektromagneten für völlig ungefährlich
hielt, begab ich mich am 17. November mit dem Patienten in das benach¬
barte physikalische Institut, wo mir Herr Professor Overheck in liebens¬
würdigster Weise seine Magneten zur Verfügung gestellt hatte. Ich
spreche ihm hier meinen besten Dank dafür aus.
Der Patient wurde zunächst an einen kleinen, immerhin recht starken
Magneten gebracht, dessen Einwirkung aber weder subjeetive noch
splittern aus dem Auge. Bericht der Heidelberger Oplith. Oesellseli. 1892.
p. 103.
;: l Bedingungen zur Entfernung von Eisensplittern durch den Magneten.
Ibid. 1893. p. 153.
4 ) lieber die Anwendung des Elektromagneten hei den Eisensphlter-
verletzungen des Auges. Beiträge zur Augenheilkunde, 1894. XIII. lieft,
j). 2().
°) Ein neuer Elektromagnet zur Entfernung von Eisensplittern aus
dem Auge. Ibid. p. 08
c ) Extraction eines Eisensplitters aus dem Glaskörper mit Anwendung
eines starken Elektromagneten. Ibid. p. 97.
7 ) loc. cit, .
9 ) Bunge, lieber Siderosis bulbi. Verhaudl. d. intern, med. on-
gresses zu Berlin, 1890, Bd. III. . ,
9 ) E. von. Hippel. Ueber Siderosis bulbi und die Beziehungen
zwischen siderotischer und hämatogener Pigmentirung. Archiv t. Ophtha -
mologie 1894, Bd. XL, Abthl. 1.
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Go^ 'gle
, rtftfrgfMi l l i 1T i T I —
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSOHRIFL
No. 18
394 _ _ _ _
Ä der durcWU^zahW Drahtwindungeri hindiirchgele^tcte Strom
t eine Starke vou 8 Ampere. Auf dem einen Arm lag honi«ontd in
Mannshöhe eine Eisenplatte, die in eine stumpfe Spitze auMicf. AnAlilese
ca tfiz ääskst “ää.
ünr Kranke kto'e Schmerzen, die allmählich an Intensität zunehmen
Zuglrich" 1 tritt cUiarc In.ieetion auf. und die ^ d»«h Atropm
u .i P Punille verengert sieh etwa bis zu mittlerer Weite, /^eiieno.
eine Reizungsmyosis; die pnpill.nycrengerndcn. Fasen. wurden^‘"weiso
stark gereizten.. sensiblen Tngem, nusfasern nuten cg In le.che ■
hpttierp Coniunctivitiden gereizt werden. .\aui tmei p** ■ .
der Versuch abgebrochen und in kurzen Zwischenräumen nodiscdisnml
iederholt D«?h ohne jeden Erfolg. Das Corpus allen...n Me bU wie n
jeder Pause mit. den Spiegel constatirt wirf, an seiner alten Stolle.
\ erband. f^ ^ Nachmittags bildete sich ein rentabler, heftiger Ciliui-
komanfall aus. Die Schmerzen nahmen zu. der Tonus stieg erheblich, die
Cornea war'leicht- diffus getrübt, ihr Epithel gestippt, Eserin blieb ohne
Wirk mm Auch eine Morphiuminjection vermochte nicht, dem Iviaukeu
eine nilnge Nacht zu verschaffen. - Ich schritt deshalb am Morgen zur
Mamietcxtraction nach alter Methode. Zwischen Rectus mtei nus un
inferior bildete ich einen dreieckigen Conjunctivallappen. mcidirto mendional
dieTklera und führte den Magneten ein. . Beim er^ ci-such wunk
der Splitter herausbefördert. Nabt der Conjunctiva. \ erband. Betti uh
Der entfernte Eiscnsplitter ist 1- ,4 nun lang, etwa 2
und «mnz ausserordentlich dünn, so dass sein Gewicht nur ein ™ ni, ™Jcs
gewesen sein kann. Wahrscheinlich ist er durch den ttlnf Monate langen
Aufenthalt im Glaskörper sehr arrodirt worden. Jedenfalls vertrug ei
das Anlassen nicht mehr; nach der Demonstration in der Klinik erhielt
Kh 1 Der Wundverlauf war völlig normal. Fünf Wochen nach der Operation
.•iner icli daran, die inzwischen matur gewordene Katarakt durch Extraction
zu entfernen. Der Patient hat jetzt ein völlig klares ITipillargebict seine
Sehschärfe hat. sich nach und nach aut Va gehoben; das Gesichtsfeld, das
anfangs eine leichte Einengung von oben her zeigte, ist normal geworden,
so dass man auf einen dauernden Erfolg hoffen kann, wenngleich die
Möglichkeit, dass doch noch Ablatio retinae eintritt. als ausgeschlossen
noch nicht bezeichnet werden kann.
Das Interessante an dieser Krankengeschichte ist die Erzeu¬
gung eines Glaukomanfalles lediglich durch äusserliohe Application
eines Elektromagneten, und zwar war es ein schwerer Glaukom¬
anfall, wie die Renitenz der Pupille und des intraoeularen Druckes
gegen Eserin bewiesen, ein Anfall, der vielleicht den Verlust des
Auges zur Folge gehabt hätte, wenn nicht die nachträgliche Ent¬
fernung des Splitters durch Einführung des Magneten gelungen ,
wäre. Höchst wahrscheinlich wurde er durch Zerrung an der
Aderhaut und dem Corpus ciliare hervorgerufen, au welchen der
Eisensplitter durch Glaskörperstränge befestigt gewesen sein wird. !
Man kann der Beobachtung zum Vorwurf machen, dass kein ;
für ophthalmologiselie Zwecke construirter Magnet angewandt
Avurde, dass vielleicht die magnetischen Kraftlinien eine ungünstige
Lage iiatten und nicht stark genug auf den Splitter eingewirkt I
wurde. Dem ist entgegenzuhalten, dass vielleicht dies Eisenstück¬
chen durch besser construirte Polschuhe noch hätte extrahirt
werden können, dass aber jedenfalls noch minimalere oder noch
besser iixirte Stahlfragmente im Auge Vorkommen, welche auch
dem stärksten Elektromagneten Widerstand leisten. Zerrung an
ihnen durch magnetische Einwirkung könnte ähnliche glaukomatöso
Erscheinungen hervorrufen, wie in dem obigen Falle. Jedenfalls
ist durch diese Beobachtung der Beweis erbracht, dass die Haab-
st he Methode unter Umständen kein gleichgültiger Eingriff ist.
Die gleiche Erfahrung hat übrigens auch schon Haab selbst
gemacht (Heidelb. oplith. Gesellsch. 1892, Fall 4, p. 166). Auch bei
ihm handelte es sich um einen schon längere Zeit — l l /2 Monate —
im Auge befindlichen Eisensplitter, der sich in der Retina einge¬
bettet hatte. Die anfangs vorhandene Iritis mit Hypopyon war
bald zurückgegangen und das Auge seit mehreren Wochen völlig
reizlos. Auf die Magnetanwendung reagirte dasselbe nicht mit
Glaukom, aber mit einem Recidiv der Iritis, welches spontan nicht
zurückgegangen zu sein scheint, da 10 Tage später die Extraction
mittels des kleinen Magneten nachgeschickt wurde. Haab schiebt
dieses Recidiv darauf, dass er zugleich in der Gegend des Fremd¬
körpers einen massirenden Druck auf die Sklera ausgeübt habe.
Der hier berichtete Fall lehrt, dass auch die einfache Magnet-
application bei aseptischem Fremdkörper in vollkommen reizlosem
Auge, das nie merkliche Entzündungserscheinungen dargeboten
hatte, von schädlichen Folgen begleitet sein kann.
So sehr also die Ha ab’sehe Methode als ein wesentlicher
Fortschritt in der Behandlung von frisch eingedrungenen Eisen¬
splittern zu bezeichnen ist, so wird man sie doch zunächst nur
mit grösster Vorsicht auch in älteren Fällen anwenden können,
in welchen die Fixiruntr des Fremdkörpers durch neugebildetes
Bindegewebe wahrscheinlich ist. Weitere Erfahrungen müssen
zeigen, ob sie hier überhaupt contraindicirt ist, oder welche Grenzen
ihr gezogen sind.
n. Höhendistante Doppelbilder bei einfacher
Abducensparese.
Die Schulansicht, dass bei Lähmung des Rectus externus
lediglich neben einander stehende Doppelbilder ohne Höhenunter¬
schied und ohne Schiefstellung wahrgenommon werden - eine An¬
sicht die auch noch in den älteren Monographien Alfred Graefe sj
und Albreoht von GracfeV-') ausgesprochen wird — ist durch
weitere Erfahrungen dahin berichtigt worden, dass neben einander
stehende Doppelbilder zwar die Regel bilden, dass aber 111 nicht
einmal ausserordentlich seltenen Fällen nebenbei eine Höhendistanz
angegeben wird. So sagt Alfred Graefe im Handbuch der ge-
sammten Augenheilkunde von Graefe und Saemisch (Bd. \ ,
p 46), kleine Höhenablenkungen fände man nicht selten, doch
seien dieselben gewöhnlich nur bei grösserer Entfernung der Seh-
obiocte bemerkbar und verschwänden meist mit Ausgleichung der
seitlichen Distanzen der Doppelbilder durch horizontal wirkende
Prismen. Und Mauthnor (Die Lehre von den Augenmuskellah¬
mungen, Wiesbaden 1889, p. 568) behauptet dass in 3 von 100
Fällen Höhenunterschiede auftreten, welche beim Blick nach auf-
i wärts und abwärts sich nicht ändern, beim Blick nach, der beite
des gelähmten Abdiicens „nicht verschwinden", während beim
Blick in entgegengesetzter Richtung entweder Emfaelisehen vor¬
handen ist. oder Doppelbilder auftreten, welche nur Höhenunter¬
schiede zeigen. . ’ ,
Ucher die Wirkungsweise des Internus m solchen fallen ab¬
normer Zugrichtung des Externus habe ieh nähere Angaben 111 der
Litteratur nicht finden können, doch gewann ich aus Mauthner &
Schilderung den Eindruck, dass er eine abnorm© Lage auch des
Internus für das Gewöhnliche hält, und zwar in dem Sinne dass
die Muskelebenen beider Seitenwender zusammenfallen. Geraae
über diesen Punkt gaben mir 2 Fälle aus der hiesigen Poliklinik
näheren Aufschluss, und es ist deshalb vielleicht eine Mitteilung
derselben nicht ohne Interesse. Vorweg sei bemerkt, dass natür¬
lich alle Fehlerquellen, wie z. R. schiefe Kopfhaltung u dgl durch
sorgfältige Fixation des Kopfes mul mehrfache Gontrolle aller An¬
gaben ausgeschlossen wurden.
Fall 1. Karl S., 32 Jahre alt, Gorichtsschroibcrgehilfe. Links Läh¬
mung des Rectus extornus. In Betreff der Aetiologie sind keine Anhalts¬
punkte zu gewinnen. Die Störung soll plötzlich vor wenigen lagen aut-
getreten ©sein- Blick nacb links ein erhebliches Zurück-
bleiben des linken Auges gegenüber dem rechten nach weisen. Wird
j Fixation nach links in der Horizontalen abwechselnd das rechte u
| das linke Auge verdeckt, so geht die Einstellungsdrehling des linken
Auges nach links und oben, die des rechten Auges nach rechts
I llntell i)ic Prüfung der Doppelbilder ergiebt folgendes Resultat: Beim Blick
’ auf ein in der Medianlinie der Blickebenc 3 111 vor dem Auge ge . '
| Licht sieht der Patient gleichnamige Doppelbilder etwa /a m von ein-
| ander entfernt. Das Bild des linken Auges steht um 2-3 cm höher
1 Wird das Licht in der Horizontalen nach links getührt. so nimm
. Seiten- wie Höhenabstand zu. Etwa 30° links von der Medianlim
| trägt letzterer 10 cm. Beim Blick nach rechts nimmt die Hähendism ^
schnell ab. langsamer der Seitenbestand, bis etwa 4o ™. n . ‘ T : r u
linie Einfachsehen Auftritt, Bewegt man in der Mittellinie das ,
I gerade nach oben, so nimmt der Seiteuabstand der Doppelbi ,
I zu (entgegen der Regel), beim Blick nach abwärts soll er annahem
1 „mini, kifijhon in rl av TfuliATirliRtnnz tritt dabei keine Aendeiu
?r negeij. uenu jjuv-n. ^ .- - .r
gleich bleiben, ln der Höllendistanz tritt dabei keine Aenderuiu b * j
Führt man aus der Mittellinie bei beliebiger Höhenstellung der- o-
das Licht nach links, so nehmen sofort Seiten- und Höhenabst -
beim Blick nach rechts nimmt der Seitenunterschicd ab, und aei
abstand verschwindet bald gänzlich. . . , , Vc , 00 ;Hirer
Wir haben hier also einen Fall, wo bei einfacher, linksseitig ^
Abdueenslähmung neben dem Convergentsclüelen noch ein ® .
unterschied vorhanden war. Auf Lähmung eines der Au "
oder Abwärts wen der konnte derselbe nicht bezogen werden,
weder bei Hebung noch bei Senkung der Blickebenc sicn >
grösserte. Zunahme der Höhendistanz liess sich vielmehr nu _
Blick nach links, wo der gelähmte Externus in Action tra ,
weisen und hier in ziemlich erheblichem Maasse ('öii j
10 cm). Da das dem linken Auge zugehörige Bild höher s •
das Unke Auge also tiefer, musste eine Kraft ausge a 0 '
welche das linke Auge nach oben zog, d. h. der Externus k , t
linke Auge nach aussen und oben, seine Muskelebene g :
horizontal, sondeni war von links oben nach rechts unten g ’
eine Annahme, die auch durch die Resultate der objective
suchung, durch die Einstellungsdrehlingen bei abwechseln
9 Klinische Analyse der Motilitätsstörungen des Auges.
a ) Symptomenlehre dor Augenmuskellähmungen. Berlin
Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
3. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
395
decken beider Augen bestätigt wird und die alle eben geschil¬
derten Erscheinungen auf das befriedigendste erklärt. Wie aber
verläuft die Muskelebene des Rectus internus? Ehe ich darauf
eingehe, möchte ich über den zweiten Fall berichten;
Fall 2. Heinrich E., 43 Jahre alt, Schmied. Keine Lues, häufige
rheumatische Anfälle. Urin normal. Fehlen der Patellarreflexe. Beider¬
seits Reflextaubheit der Pupillen, links absolute Starre. Rechts Pupille
weiter als links. Ophthalmoskopisch linke Papille leicht abgeblasst, sonst
alles normal. Rechts E s = 1, links Es = 7«. Gesichtsfefdgrenzen und
Farbenfelder normal. Seit */» Jahr Doppelsehen. Augenscheinlich war
es immer eine einfache linksseitige Abducensparese, da der Patient, wenn
er den Kopf nach links drehte, einfach sah und so arbeiten konnte. In
letzter Zeit ist auch bei dieser Kopfhaltung die Arbeit nicht mehr recht
möglich.
Status praesens: Links Abducenslähmung; das linke Auge geht
nicht über die Mittellinie hinaus. Höhenunterschiede sind objectiv nicht
wahrnehmbar. Gleichnamige Doppelbilder mit Distanzzunahme nach links,
-Abnahme nach rechts, -Abnahme nach oben, -Zunahme nach unten. In
der Höhe der Augen tritt selbst an der äussersten Grenze des Blick¬
feldes nach rechts kein Einfachsehen auf, nur rechts oben wird einfach
gesehen. Wird das Licht in der Medianlinie der Blickebene etwa 2 m
vom Auge entfernt gehalten, so steht das Bild des linken Auges knapp
einen Zoll tiefer, als das des rechten. Dieser Höhenunterschied nimmt
nach oben und unten hin allmählich ab und wird an den Grenzen des
Blickfeldes überhaupt nicht mehr wahrgenommen. Drehung der Augen
nach links lässt den Seitenabstand sehr schnell grösser werden, eine Acn-
derang der Höhendistanz bemerkt Patient nicht. Bei Drehung nach
rechts nimmt, der Höhenabstand zunächst schnell ab, bald treten beide
Bilder in gleiche Höhe, und schliesslich haben wir bei immer gleich¬
namigen Doppelbildern Höherstehen des dem linken Auge gehörigen
Auch in diesem Falle kann der Höhenunterschied der Doppel¬
bilder nur auf den Rectus extemus bezogen werden, da die Höhen¬
distanz weder nach oben noch nach unten zunahm, wie es bei
Lähmung eines der Aufwärts- oder Abwärtswender hätte der Fall
sein müssen. Allerdings gab der Patient keine Zunahme der
Höhendistanz an beim Blick nach links, wo der gelähmte Externus
in Action treten sollte, doch nahm hier der Seitenabstand so
schnell zu, dass eine richtige Abschätzung der ohnehin geringen
Höhenunterschiede gewiss schwierig war; vielleicht war auch das
lange Bestehen der Lähmung nicht ohne Einfluss.
Auflallend ist dagegen die Angabe, dass beim Blick nach
rechts zunächst gleiche Höhe der Doppelbilder und dann Höher¬
stand des dem linken Auge gehörigen Bildes eintrat. Während
riso beim Blick nach links das linke Auge höher stand, also eine
Kraft ausgefallen war, die es nach unten zog — d. h. die Zug¬
richtung des gelähmten Externus ging nach aussen und unten —,
trat das Auge beim Blick nach rechts allmählich tiefer und tiefer.
Es ist deshalb unmöglich anzunehmen, dass die Muskelebene des
Rectus internus hier mit der des Extemus zusammenfällt; in
diesem Falle würde, wie Mauthner ganz richtig ausführt, der
Internus beim Blick nach rechts das linke Auge höher und höher
ziehen. Um das thatsächliche Verhalten der Doppelbilder in meinem
r alle zu erklären, können wir nur annehmen, dass der Internus
das Auge ebenfalls nach unteu zieht und diese Componente seiner
eistung jetzt bei gelähmtem Externus energischer zum Ausdruck
ringen kann. Eine compensatorische Aufwärtswendung des Auges,
e jedenfalls früher stattgefunden hat, wird um so mehr ausbleiben,als
urch keine derartige Bewegung Einfachsehen erzielt werden kann,
c wurde also annehmen, dass in diesem Falle beide Seitenwender
e leichte Senkung der Hornhaut bewirkten. Dass es kein phy-
o ogisches Postulat ist, dass die beiden die gleiche Muskelebene
a en, beweisen die Arbeiten Volkmann’s, welcher ihnen auf Grund
? er Untersuchungen durchweg einen hebenden Einfluss
aui die Cornea zuschreiben wollte.
dAiv a ^ er ^mal davon abstrahiren, dass beide Muskeln in
Iln . e "bene liegen müssen, so erklärt sich der abnehmende Höhen-
l^terschied in Fall 1 beim Blick nach rechts _ fort vom ge-
hier Hif 7 " am ungezwungensten durch die Annahme, dass
EinflncJ vT 8 ^ T nternus genau horizontal lag, also gar keinen
auf die Höhenstellung des linken Auges hatte.
kun»«wa^ 0m ? e zu dem Schluss, dass eine abnorme Wir-
kun*Tw 1Se - i es . ct P s extemus — neben der abducirenden Wir-
beweist 18 P le , e * se eine Abwärtsdrehung des Auges — uns nicht
also t\L p 88 ** er Antagonist in entgegengesetztem Sinne wirkt,
eennn h n • Drn , ea , na °E aufwärts drehen würde, sondern dass er
Sinne wif 17 a° nt ^. ver ^ au ^ en kann — Fall 1 — oder auch in gleichem
kann — F \\ Externus auf die Höhenstelhing der Cornea wirken
Uopnelbilrin • a ^ ne sorgsame und wiederholte Prüfung der
Fällen wohl* j e * ne exacte Diagnosenstellung in diesen
II. Aus der medicinischen üniversitätspoliklinik in
Königsberg i. Pr.
Ueber den continuirlicben Magensaftfluss.
Von Professor Dr. Julius Schreiber. 1 )
Secernirt die Magenschleimhaut auch normalerweise unabhängig
von der Nahrungsaufnahme specifischen Magensaft? Stellt die von
den Autoren sog. chronische Hypersecretion wirklich ein selbst¬
ständiges, primäres Leiden dar? Diese, ersichtlich in engster Be¬
ziehung zueinander stehenden Fragen, deren erstere durch die
Lehre von der chronischen Hypersecretion in klinischer Hinsicht
eine grössere Bedeutung gewonnen hat, habe ich in einer früheren
Arbeit 2 ) zu beantworten gesucht. Die erstere glaubte ich auf Grund
eigener, durch Thierversuch und klinische Beobachtung ergänzter,
1888 pubHcirter Untersuchungen 8 ) bejahen, die zweite in patho¬
genetischer Beziehung, mindestens in Beziehung auf die Häufigkeit
des Vorkommnisses, als noch nicht bewiesen bezeichnen zu müssen.
Manche Erscheinungen in der Litteratur legten mir den Verdacht
nahe, dass man unter der sog. chronischen Hypersecretion ihrem
Wesen nach nicht überall dasselbe verstehe. Dies war vornehm¬
lich der Grund, weshalb ich den wissenschaftlich wie praktisch
nicht unwichtigen Gegenstand aus seinem allmählich immer festeren,
klinischen Niederschlage aufzurütteln und zur Discussion zu stellen
unternahm.
Hierauf ist von Riegel 4 ), dem eifrigsten Verfechter der sog.
chronischen Hypersecretion, eine Erwiderung erfolgt, welche, soweit
sie mit dem Gegenstände des Interesses in Beziehung steht, es
erforderlich erscheinen lässt, noch einmal das Wort in dieser Sache
zu ergreifen.
Giebt es eine physiologische, continuirliche Saftabscheidung
im Magen, d. h. scheidet der Magen auch normalerweise unabhängig
von der Speiseaufnahme, im Nüchternen, Magensaft ab?
Indem ich im Gegensatz zu den früheren Annahmen dies be¬
jahte (1888), lag mir der Nachweis ob, dass regelmässig, bezw.
quia nuUa regula sine exceptione, bei der überwiegenden Mehrzahl
gesunder Menschen die Magenschleimhaut sauer reagire, und zwar
infolge Salzsäure. Also: nicht ob ein oder hundert Cubikcentimeter
Salzsäure im nüchternen Magen vorhanden sei, galt es bei dieser
physiologischen Frage zu erweisen, sondern, wie gesagt, ob die
Schleimhautoberfläche überhaupt sauer reagire infolge Salzsäure:
genau wie für die Frage der physiologischen Albuminurie oder Gly-
kosurie nicht die Menge, sondern zunächst allein die Reaction
auf Zucker oder Eiweiss als entscheidend angesehen wird. Es scheint
mir daher nicht erlaubt, bei Discussion dieser ersten Frage, z. B.
wie Riegel, immer und immer wieder den wenigen Cubikcentimetern
Magensaft einzelner Fälle nachzugehen und noch weniger, diese,
zum Beweise ihrer Bedeutungslosigkeit, den grossen Mengen bei
der sog. chronischen, krankhaften Hypersecretion gegenüberzu-
steHen. Um so weniger, als selbst bei dieser, bei der chronischen
Hypersecretion es nicht selten sich um Quantitäten handelt, welche,
wie wir noch sehen werden, hinter den von mir u. a. normaler¬
weise nachgewiesenen erheblich Zurückbleiben. Einstweilen haben
wir es stricte mit der generellen Frage zu thun, scheidet der
nüchterne, speisefreie Magen überhaupt Salzsäure ab oder nicht:
Nein! sagt Riegel, und zwar auf Grund der bekannten Beobachtun¬
gen an Magenfisteln bei Menschen und Hunden, sowie von bald
näher zu beleuchtenden [klinischen Untersuchungen von Riegel,
Ewald u. a.
Die ersteren wollen wir hier nicht noch einmal erörtern, nach¬
dem Riegel selbst die Unübertragbarkeit der an Magenfistel¬
hunden gefundenen Resultate auf den Menschen zum Theil aner¬
kennt. Selbst auf die Verwerthung des, wie es scheint, von
Riegel übersehenen Befundes an hungernden Hunden ohne
Fistel, an deren einem ich unter allen denkbaren Cautelen die
Spontansecretion der Schleimhaut bei leerem Magen zweifellos
nachgewiesen, will ich an dieser Stelle verzichten. Aber die kli¬
nischen Untersuchungen seit Einführung der Magensonde zu
diagnostischen Zwecken und die Beobachtungen an Menschen
mit Magenfisteln! Wie kommt es, sagt Riegel, dass, obschon den
Aerzten mit der Magensondirung oft genug Gelegenheit ge¬
geben war, sich in dieser Frage ein Urtheil zu bildon, Niemand
ausser mir eine spontane Saftabscheidung im nüchteren Magen
hat beobachten können. Nicht Leube, nicht Ewald, Edinger
noch Riegel selbst bei seinen täglichen Ausheberungen von Magen¬
kranken? Nun, diese Frage habe ich bisher nicht eingehender er-
') Das Manuskript dieser Arbeit ist am 2. December v. J. bei der
Redaction eingelaufen.
*) Deutsche medicinische Wochenschrift 1893, No. 29/30.
3) Archiv für Experimental-Pathologie und Pharmokologie.
4 ) Deutsche medicinische Wochenschrift 1893, No. 31/32.
Digitized by
Gck igle
Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
örtert, weil mir ihre Beantwortung so nahe zu liegen schien, wie
sm s ^ st mit Ri0gel zu beginnen, so konnte er die physiologische“
Saftabscheidung nicht beobachten, weil er eben Magenkranke )
untersuchte, welche zur Entscheidung physiologischer Verdauungs¬
fragen naturgemäss nicht geeignet sind. Und so selbstverständlich
dieses ist, es scheint trotzdem besonderer Betonung bedürftig,
denn in einer jüngst erschienenen Arbeit von Dr. Johnson und
Dr. Behm 2 ) mit mehr als S000 Untersuchten kommen die Autoren
wiederum zu folgendem Schlüsse: „In einer grossen Anzahl Fällen
ist die Untersuchung am nüchternen Magen ausgeführt worden,
wobei der Magen sich entweder als leer erwiesen, oder auch spar¬
same, klare Reste enthalten hat, welche keine Salzsäurereaction
ergehen haben. Sicher ist dieses bei 76 Patienten . . . . der
Fall gewesen .... Dieses streitet also gegen Schreiber s oben
angeführte Behauptung. 3 ) Und ob ich gleich diesen Punkt nebst
anderen groben Missgriffen im modus procedendi z. B. inbezug aul
die Untersuchungen von Pick in meiner letzten Arbeit scharf zu¬
rückgewiesen habe, so hindert dies Riegel nicht, die Pick’schen
Folgerungen von neuem anstandslos gegen mich in’s Feld zu führen
Dasselbe gilt Ewald gegenüber. Denn die von Riegel
gegen meine Behauptung angezogenen Untersuchungen Ewald s
„bei fünf an die Einführung der Sonde gewöhnten Patienten“ waren
eben wiederum Patienten und dies noch Magenkranke. Aber
Ewald selbst beruft sich in dieser Sache noch auf seine eigenen
mit Boas ausgeführten Untersuchungen, und zwar? — an einer
jungen Person aus der Berliner Frauen-Siechenanstalt „mit einer |
eigentümlichen auf hysterischer Basis beruhenden Magenneurose.“
Diese Kranke erbrach seit sechs Jahren Flüssiges sofort, feste
Nahrung nach zwei bis vier Stunden. In solchem, nüchtern, nach
Aufnahme von im Mittel 50 bis 100 ccm Wasser erbrochenen
Mageninhalts vermissten Ewald und Boas constant die Anwesen¬
heit von freier Salzsäure, folglich finde sich im nüchternen Magen
unter normalen Verhältnissen kein Magensaft.
Wirklich? haben denn Ewald und Boas sich überzeugt, dass
ihre Hysterica die 50 bis 100 ccm Wasser bis in den Magen ver¬
schluckt hatte? Bestand nicht vielleicht ein auf Flüssigkeiten er¬
folgender Oesophagospasmus? Und wenn das auch nicht der Fall
gewesen sein sollte, sollte es wirklich erlaubt sein, eine so subtile
Frage, wie die vorliegende, nach dem Erbrochenen und bei einer
langjährigen Kranken mit Magenneurose zu entscheiden! Hierauf
könnte ich, von anderem abgesehen, mindestens mit Riegel ein¬
wenden, „dass der während des Brechactes aus Nase, Mund,
Larynx und Trachea herzuströmende Schleim eine Veränderung
der chemischen Zusammensetzung des ursprünglichen Magensaftes
und besonders der Quantität desselben zur Folge hat.“ Und also
muss ich für die vorliegende Frage „Erbrochenes als für unsere
Zwecke ungeeignet bezeichnen.“ Auf Ewald’s weiteren Einwand
komme ich noch später zurück.
Edinger (aus Riegel’s Klinik) suchte durch verschluckte
Schwammstückchen sich über die Secretionsverhältnisse im Magen
zu orientiren. Riegel hebt aus dieser Arbeit hervor: „Unter
15 Versuchen fand sich indessen in 13 keine Spur von Salzsäure,
nur zwei mal eine Andeutung von Salzsäurereaction, jedoch auch
in keinem dieser Fälle 3 ) ganz sicher ausgesprochen“. Anscheinend
ein sehr auffallendes, beweiskräftiges Ergebniss und doch wiederum
genau das Gegentheil, weil dasselbe gar nicht das beweisen kann,
was es beweisen soll.
Edinger liess bekanntlich die gepressten Schwämmchen in
einer mit Butter bedeckten Gelatinekapsel schlucken, einen „Bissen
Brod“ nachnehmen und zuweilen auch noch einen Schluck Wasser.
Nach 15 (—25) Minuten zog er das Schwammstückchen mittels
Seidenfaden aus dem Magen und fand den aufgesogenen Inhalt
constant sauer. Also doch mindestens constant sauer! Welcher
Art war diese Säure? Edinger giebt nur an, dass es zwei mal
Salzsäure gewesen. Vermuthungsweise aber lässt sich noch nach¬
träglich sagen, welcher Art diese Säure die übrigen male gewesen.
Denn nach Maly 4 ) kann man viel sicherer (sc. als mechanisch!)
*) Soweit Riegel früher auch Gesunde untersucht hat, hat er sehr
wohl zuweilen Salzsüuresecretion im nüchternen Magen beobachten können;
diese Erscheinung glaubte er jedoch zum Theil auf den Sondenreiz —
wozu er durch die Art des Sondirens gewiss Veranlassung gehabt haben
wird — zum Theil auf den Einfluss der eingegossenen geringen Menge
Wassers — woran ich noch zu erinnern haben werde — beziehen zu
müssen. (Vergl. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin Bd. 36, 1885.)
*) Beiträge zur Kenntniss der krankhaft gesteigerten Absonderung
von Magensaft. Zeitschrift für klinische Medicin, Bd. 12, 1893.
^ „Unter 15 Versuchen“ und „in keinem dieser Fälle“ soll doch
wohl nur heissen: in einem einzigen, 15 male untersuchten Falle?
(Vergl. Zur Physiologie und Pathologie des Magens von Dr. L. Edinger,
Deutsch. Archiv, f. klin. Med., Bd. aXIX, 1881.)
4 ) Handbuch der Physiologie von L. Hermann Bd. V. Th. n,
Leipzig 1881.
reiche Saftabsonderung durch einen Bissen Nahrung anregen,
wobei dann freilich, wenn man länger mit der Entnahme des
Saftes wartet, dieser eine beträchtliche Verunreinigung
durch Verdauungsproducte erleiden kann“, und nach Ewald
und Boas: schon zehn Minuten nach Einverleibung einer kleinen
Menge etwa 60 g Weissbrod tritt im Magen nachweislich Milch¬
säure’ 1 ) auf. Edinger’s Versuch war hiernach einfach ein unvoll¬
kommener Verdauungsversuch, jene Säure vermuthlich Milchsäure;
ein unvollkommener und anomaler Verdauungsversuch, der über
die normalen Vorgänge im speisefreien, nüchternen Magen um
so weniger brauchbares lehren konnte, als Edinger mit der ab¬
sichtlichen Eliminirung des Speichelzuflusses zum Magen hierbei
nicht nur von der Norm abweichende Versuchsbedingungen gesetzt,
sondern auch mit diesen, wie wir später sehen werden, die Elimi¬
nirung einer normalen Verdauungscomponente und der vielleicht
wesentlichsten Ursache, der „nüchternen“ Saftsecretion bewirkt
hatte.
Dass endlich Leube, dem zweifellos Verdienstvollsten um
die wissenschaftliche Entwickelung der Magenkrankheiten, die in
Rede stehende Erscheinung entgehen konnte, ist nach manchen
seiner eigenen Aeusserungen allerdings auffallend, vielleicht aber
damit ungezwungen zu erklären, dass Leube, 2 ) wie es scheint,
stets nach grösseren, mit dem Trichterapparat entleerbaren Mengen
Magensaft suchte, der für die vorliegenden Zwecke allein brauch¬
baren einfachsten Methode, nämlich der „Expressionsmethode“ da¬
mals noch entbehrte. 3 ) .
Den früheren Untersuchern ist somit — in Kürze gesagt —
die continuirliche normale Saftabscheidung im Magen entgangen,
weil man normale Processe an Kranken zu erkennen versuchte
oder sich unvollkommener, das Resultat direkt trübender Metho¬
den bediente. Und merkwürdig: während niemand bisher das ne¬
gative, zum Theil auf naheliegenden Versuchsfehlern beruhende Re¬
sultat anzweifelte, erheben mit einem male gewichtige Stimmen
sich gegen das von mir gefundene positive Resultat, ob es gleich
strengerer Auswahl der Versuchsobjecte wie verbesserter Unter¬
suchungsmethode seine Gewinnung verdankt; einer Methode, von
der niemand bisher nachgewiesen, dass sie in der That in der von
Riegel, Ewald, Hoffmann, Pick u. a. urgirten Weise — nach
Zeit und Menge — die Saftabscheidung im Magen zu beein¬
flussen vermöge; von der vielmehr Riegel selbst, wie wir sehen
werden, früher das gerade Gegentheil angenommen hat.
Und auch dies sei hiermit festgestellt; während bis zu meinen
Publicationen die blosse Anwesenheit von Salzäure im nüchternen
Magen Gesunder als Ausnahme, selbst als unmögliches. Ereigniss
galt, müssen alle mir nachfolgenden Untersucher bestätigen, dass
jene Ausnahme die weit überwiegende Mehrzahl, d. h. die Regel
bildet. ..
Zähle ich zu meinen Untersuchten die von Rosin, Hof* -
mann, Pick und von Riegel, so ist bisher unter ca. 129 Per¬
sonen bei 102 bezw. unter 397 Einzelsondirungen 279 mal, d. h.
über 70°/ 0 , die Anwesenheit von HCl zweifellos nachgewiesen worden.
Das Fehlen von Salzsäure im nüchternen Magen Gesunder ge¬
hört somit zur Ausnahme, das wenigstens wolle man zu¬
nächst anerkennen.
Freilich scheint diese Ausnahme immer noch eine häufigere
(27—29%) zu sein, aber sie scheint es nur so. Denn soweit
nähere Angaben von einzelnen Autoren über die auf HCl unter¬
suchten Gesunden vorliegen, können sie im Sinne des hier zu
Fordernden durchaus nicht alle als Gesunde angesehen werden,
wenn sie auch über Magensymptome gerade nicht zu klagen genab
haben; z. B. nicht Kranke mit Phthisis pulmonum, Vitium cordis,
Lebercirrhose, Anämie u. s. w. Erst die gleichmässige Unter¬
suchung möglichst oder wirklich Gesunder, deren Anzahl dämm
auch an sich kleiner sein mag, wird erweisen, wie gross diese
Ausnahme ist und ob mich hierin der Zufall vielleicht begünstigt
hat. Dabei wolle man bedenken, dass im secundenkurzen hx-
pressionsversuche die für das Eindringen von Magensaft geeignete
Lagerung der Sonde vielleicht nicht immer getroffen wird; woie
man beachten, dass die äussere Sondenöffnung unmittelbar nac
x ) Anmerkung vor der Drucklegung der Arbeit: nach der soeben er
schienenen Mittheilung von Dr. I. Boas könnte die Milchsäure auch dara
zu beziehen sein, „dass sämmtliche im Handel vorkommenden txeb
arten mehr oder minder grosse Milchsäuremengen präformirt entnane
(Vergl. Münchener Med. Wochenschr. No. 43, 1893.)
^) Cfr. Deutsch. Archiv f. klin. Med. Bd. XXXHI. .
*) Darum musste Leube wohl auch den nüchternen Magen »
400 cm lauwarmem Wasser“ ausspülen; hierdurch verdünnte er aber __
fraglichen Mageninhalt bis zu einem Grade, dass die ReactJonsnUug
der angewandten Lackmustinctur — und sicher mancher Salzsäurereag
tien — möglicherweise! überschritten wurde. Derlei kann wenigsten
Frage kommen, wenn man die Lackmusprobe wie z. B. Riegel m
Weise gestellt, dass man einige Tropfen Magensaft zur Lackmustanc
hinzusetzt.
p üttEftte Goi 'gle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
8. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
397
dem Expressionsversuche fest zugekniffen und die Sonde fest ge¬
kniffen aus dem Oesophagus entfernt werden muss, damit nicht
bei ihrer Extraction der ca. 20 ccm betragende Sondeninhalt in
den Magen zurückfliesse und für die vorliegende Untersuchung
fälschlicherweise ausser Rechnung falle. Und wenn auch auf all’
derlei geachtet sein sollte, so wird trotzdem mancher negative
Fall nicht befremden können, weil es gewiss nicht jedermanns
Sache ist, geschickt zu exprimiren. 1 )
Schliesslich sei noch folgendes an sich sowie in Bezug auf
die Feststellung der Ausnahmszahl erwogen: in den Magen ge¬
sunder Menschen fliessen in kurzen Intervallen alle Secrete der
Mundrachenhöhle (nebst abgestossenen Epithelien, Fremdbestand-
theilen an Bacterien und Staub) ab; die zelligen Bestandteile
fallen dem Verdauungsprocess anheim. Von alkalischer Reaction,
können die Secrete geringen Saftvorräthen im Magen neutrale,
vorübergehend selbst alkalische Reaction verleihen. Wird die Ex¬
pression gerade in solchen Schluckmomenten ausgeführt, dann kann
freilich das exprimirte Secret alkalisch oder neutral erscheinen
oder salzsäurefrei, ähnlich wie im ersten Stadium eigentlicher Ver¬
dauung. Zu einem sicheren Urtheil über die An- oder Abwesen¬
heit freier Salzsäure im nüchternen Magen genügt daher, wie ich
schon einmal nach dem Vorgänge Riegel’s gesagt habe, „nicht
eine einmalige, sondern .... nur eine öfter und mit völlig ein¬
wandsfreier Methode unternommene Untersuchung“.
Aber die an Menschen mit Magenfisteln gewonnenen Re¬
sultate! Sprechen diese nicht mit zwingender Klarheit gegen
Schreiber’s Behauptung? „Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“
und immer wieder „Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“.
Als ob diese Beobachtungen, wie Riegel meint, wirklich auch
nur annähernd so uncomplicirt lägen wie im einfachen Ex¬
pressionsversuch; ja als ob sie alle auch nur von gleichem
und auf gesunde Menschen übertragbarem Inhalte wären. Fast
scheinen diese Namen zum geflügelten Citate geworden, deren
Grundlage im Original einzusehen, auch wenn es darauf ankommt,
manche nicht mehr für nothwendig zu erachten; sonst wäre es un¬
denkbar, dass sie in solcher Gleichmässigkeit in der Litteratur
figuriren könnten.
Zum Beispiel St. Martin, Beaumont’s berühmter Canadier; 2 )
von allen zweifellos der reinste, längstens und sorgfältig beob¬
achtete Fall von Magenfistel. Ueber dieselbe berichtet Beaumont
1883, d. h. elf Jahre nach ihrer Entstehung folgendes: „Ist der
Magen ganz leer, so zieht er sich in sich selbst zusammen und
drängt zuweilen die (sc. künstlich zustande gekommene) Klappe
durch die Mündung hervor, zugleich mit einer Portion der
Schleimmembran, welche sich völlig umstülpt und eine Ge¬
schwulst von der Grösse eines Hühnereies bildet. Liegt
er ein paar Stunden auf der linken Seite und schläft, so zwängt
sich eine noch grössere Portion hervor und breitet sich über
den äusseren Bedeckungen in einem Umfange von fünf bis sechs
Zoll aus, die natürlichen Rugae, zottige Membran und Schleimhaut,
die die Magenhöhle überziehen, deutlich darstellend. Diese Er¬
scheinungen zeigen sich ohne Ausnahme fast jeden Morgen vor
dem Aufstehen.“ Mit anderen Worten: ein faustgrosser Prolapsus
ventriculi, der über Nacht von der Schwere des Körpers gedrückt
wurde. Und weiter: „dieser randige Zwischenraum (sc. an der
Oeffnung des Magens bezw. Berührungsstelle von Magen und
Intercostalmuskeln) ist ungefähr eine Linie breit, und da die Cutis
und Nervenwärzchen hier unbeschützt sind, so ist er auch so
empfindlich und reizbar, wie eine Stelle, von der nach einer
gezogenen Blase das Oberhäutchen weggenommen worden.
So ist die Beschaffenheit der Oeffnung noch jetzt (sc. 1833)
der Haupt- und fast einzige Gegenstand, der dem Kranken als
Holge der Oeffnung beim Einbringen von Instrumenten und der-
gleichen, bei den Versuchen oder beim Austreten von
Hlüssigkeiten aus der Magenhöhle Schmerzen und Unan¬
nehmlichkeiten bereitet.“
N iP er Leser mag entscheiden, ob solche an einem über
acht comprimirt gewesenen, dann zurückgedrängten, an der Ein¬
gangspforte schmerzhaften Prolapsus ventriculi angestellten „Ver-
suehe für unsere Frage reiner sind, als wenn man einem nicht an
hnH 6 8 ew öhnten Menschen eine Magensonde einführt.“ Ich
__ 16 dlese V orsuche in Bezug auf die vorliegende Frage jeden-
auwmfli^ 888 F 1011 k 0 * Magenektatikem, die seit Jahren I täglich sich selbst
versm* 6 * 1 a ^ so uu di ß Sondirang gewöhnt sind, beim Expressions¬
zweifell zuwe “? n ka u m ein paar Tropfen in die Sonde bekommt, während
sind d° 8 f n °vi re i c Lliche Flüssigkeitsmengen im Magen vorhanden
veroUa J^ 8 bekannt vorausgesetzt werden. Auch ist nicht zu
weRATw» en ’ * s ^^ ss igkeiten den Magen rasch verlassen; vorhanden ge-
können grös8ere Saftquantitäten den Pylorus eben Überschritten haben
Dr w ^T? ae ^ er8ll che und Beobachtungen über den Magensaft (w. von
eaumont, dtsch. von Dr. B. Luden, Leipzig 1B34).
falls für höchst unrein, und müsste ich dies nach Lage der Dinge
nicht, wie kein Mensch die normale Secretion der Rectalschleimhaut
nach dem Verhalten eines wunden Prolapsus recti erschlossen
möchte, so könnte ich gerade Beaumont’s Funde zu Gunsten
meiner Ansicht anführen; freilich unter der Voraussetzung, dass
man die Beaumont’schen Untersuchungen unter voller Berück¬
sichtigung der Zeit, Verhältnisse, der allgemeinen und persönlichen
Kenntnisse und wissenschaftlichen Hülfsmitteln liest, unter denen
sie entstanden. Nicht alles ist daher wörtlich zu nehmen und nur
manches, später zu Erwähnende, bis zu einem gewissen Grade noch
verwerthbar. _ (Fortsetzung folgt).
m. Zur Beurtheilung therapeutischer Maasa-
uahmen. Ein Beitrag zur Antidiphtherin-
behandlung.
Von Edwin Klebs.
Wenn wir die Einwirkung irgend einer Substanz auf einen
pathologischen Vorgang ermitteln wollen, so stehen uns dafür zwei
verschiedene Wege offen, indem man einmal aus einer grossen
Reihe von Einzelfällen Schlussfolgerungen zieht nach den gewöhn¬
lichen arithmetischen Regeln, oder indem man die gesammte Masse der
Fälle in einzelne Gruppen von ähnlicher Art zerlegt, schliesslich
auch die einzelnen Fälle in Betracht zieht. Der erste Weg, die
statistische Massenzählung, ergiebt nur dann brauchbare Resultate,
wenn es sich um so grosse Zahlen handelt, dass alle möglichen
Verschiedenheiten der einzelnen Fälle dagegen verschwinden. Bei
pathologischen Processen, in denen kaum ein Fall dem anderen
gleicht, ist dieses Verfahren äusserst bedenklich, und wird man
nothwendiger Weise versuchen müssen, durch Eintheilung des vor¬
handenen Beobachtungsmaterials in einzelne Gruppen von möglichst
übereinstimmender Beschaffenheit und Bewerthung des Erfolges
innerhalb derselben der Wahrheit näher zu kommen. In sehr vielen
Fällen aber wird der einzelne Fall mehr leisten, als eine noch so
grosse Anzahl ganz verschiedenartiger Fälle, die in einen Topf zu¬
sammengeworfen werden.
Diese Erwägungen traten mir wieder einmal lebhaft entgegen
bei Durchlesung einer Arbeit von Vulpius, welcher die Resultate
der Diphtheriebehandlung mittels Antidiphtherin in der chirur¬
gischen Klinik zu Heidelberg wiedergeben will (Deutsche medici-
nische Wochenschrift 1894, No. 6). Bei einem 19 Fälle umfassen¬
den Material kommt Verfasser zu dem Schlüsse, dass diese Re¬
sultate „in den Rahmen unserer allgemeinen Statistik passen und
dass nach wie vor die schweren Fälle sterben, die leichten heilen.“
Er fühlt sich enttäuscht, dass seine Versuche nicht dieselben Re¬
sultate ergeben haben, wie die von mir mitgetheilten. Dass eine
solche Differenz vielleicht auch von der Art der Behandlung ab-
hängen könnte, wird nicht in Betracht gezogen, obwohl dies doch
das am nächsten liegende Erklärungsmittel sein dürfte, auf welches
wir weiterhin an dieser Stelle eingehen werden. Hier zunächst
soll ermittelt werden, ob denn die Heidelberger Ergebnisse der
Antidiphtherinbehandlung wirklich so schlechte seien, wie der Ver¬
fasser annimmt. Nur scheinbar ist sein Verfahren, allgemein sta¬
tistische Ergebnisse aus seinem Material abzuleiten, ein billiges,
trotzdem er durch Fortlassung eines an secundärer Blutung Ge¬
storbenen einer günstigeren Auffassung entgegenzukommen scheint.
Mit diesem Falle ergiebt sich eine Mortalität von 52,6 %, ohne
denselben eine solche von 47,3 °/o, nicht 50 %, wie Verfasser an-
limmt. n .
Da Sattler (nach Vulpius) eine Sterblichkeit von 48,7 u / 0
iU8 einem grossen klinischen Material berechnete, so sei kein Fort¬
schritt bemerkbar. Auch ich will gern zugestehen, dass der in
ier TTiat vorhandene kleine Fortschritt von 1,4 ®/o noch keineswegs
len Hoffnungen entspricht, welche ich von der Anwendung meines
Mittels glaube erwarten zu können, eine Hoffnung, die, wie gleich
tiier bemerkt sei, durch die Vulpius’sche Arbeit keinen Augen¬
blick erschüttert ist. Es ist im Gegentheil nicht schwer, an der
gegnerischen Arbeit selbst zu zeigen, weshalb ich trotz derselben
eu diesem Vertrauen mich vollständig berechtigt halten darf.
Lassen wir diese allgemeine, pauschalirende Statistik bei Seite,
die ohnedies wenig lehren kann, da die Zahlen für dieselbe zu Mein
3 ind, so wollen wir nunmehr sehen, welche Resultate sich bei einer
gruppenweisen Betrachtung der Heidelberger Fälle ergeben. Die
natürlichste Eintheilung der letzteren wird durch die Nothwendig-
keit der Tracheotomie gegeben, welche zugleich ein Hinabsteigen
des Processes auf die luftführenden Wege und damit eine jeden¬
falls gesteigerte pathologische Bedeutung der Krankheit in den
betreffenden Fällen anzeigt. Freilich sind die^ beiden Gruppen mit
und ohne Tracheotomie sehr verschieden an Anzahl der *ä ,
erste umfasst 16 von 19 Fällen, und nur drei gehören zweiten
an. Sohon in dieser Beziehung unterscheidet sieh das Material der
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398
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT^
No. 18
Heidelberger Klinik sehr wesentlich Von dem von mir gelieferten,
welches zumeist der Privatpraxis entnommen ist und unter Id
Fällen nur 2 Tracheotomieen aufweist (Fall 4 und 12, kausale He
handlung der Diphtherie, Wien 1893, Perles,p. 22 und 25)
Die nicht tracheotomirten Fälle der Heidelberger Klinik sind
sämmtlich geheüt, welchen Umstand wir freilich nicht nach Art
des Heidelberger Assistenten verwerthen wollen, der beeilen so¬
gar geneigt scheint, dem Antidiphtherin eine schädliche, diphtherie¬
befördernde Wirkung zuzutrauen, weil nach seiner Anwendung ein
oder ein paar mal das Fieber noch gestiegen sei oder der Process
sich ausgebreitet habe (!). Die Tracheotomie hat natürlich keine
Wirkung auf die Diphtherie an sich, sondern nur auf die Larynx-
stenose; sie hindert die drohende Erstickung und gewährt Kaum
für den natürlichen oder künstlich beeinflussten Verlauf der Krank¬
heit Die nicht tracheotomirten Fälle haben sich nur zufällig aut
die Klinik verirrt; doch lässt sich annehmen, dass sie zu Besorg¬
nissen bezüglich drohender Larynxstenose Veranlassung gegeben
haben. Namentlich gilt dies für Fall 10, in welchem seit acht
Tagen vor der Aufnahme neben Schluckbeschwerden Heiserkeit ,
bestanden hatte. Auf den Tonsillen des sieben Jahre alten Knaben
befanden sich am Aufnahmetage mehrere bis erbsengrosse Beläge,
die Stimme war heiser, leichter Stridor. Auffallender Weise be¬
ginnt die specifische Behandlung erst am vierten Tage des Spital¬
aufenthaltes, am elften der Krankheit, mit zwei Pinselungen an
diesem Tage, je einer an den beiden folgenden Tagen. „Unter
Zurücklassung von Geschwüren tritt Heilung ein.“ Ver¬
fasser fügt indess den sonderbaren Schluss hinzu, dass der Fall
nichts beweise, als dass die Anwendung des Mittels nichts schadete.
Da muss man doch billig fragen: ja, weshalb ist sie denn ver¬
sucht worden? Doch wohl nur, weil in den drei Tagen, in denen
nichts geschah, der Process sich nicht bessern wollte. Temperatur¬
angaben und bacteriologische Untersuchungen werden nicht ge¬
macht, was doch in der Klinik leichter möglich gewesen wäre, als
dem Arzte in der Privatpraxis. Verfasser mag sich daher bezüg¬
lich mancher seiner Aeusserungen über meine Fälle an das Gleich-
niss vom Splitter im Auge erinnern.
Ebenso schnell, aber in einer ganz frühen Periode der Krank¬
heit heilte der Fall 7 unter specifischer Behandlung. Mädchen,
48/ 4 Jahre alt, der Process beginnt mit Heiserkeit und Athem-
beschwerden am Tage vor dem Spitaleintritt. Hier findet sich:
Keine Cyanose, keine wesentliche Dyspnoö, aber doch: ganz geringe
Einziehung der Intercostalräume. Lungen frei, Stimme heiser,
Tonsillen stark geschwellt, auf der linken ein halberbsengrosser
Belag. Erste Pinselung gegen Abend, dann noch zunehmende
Dyspnoö; am anderen Tage Athmung freier, Stimme reiner, Mittags
„Belag noch eben zu sehen“, also verringert. Am dritten Tage I
Athmung ruhig, Stimme rein, Tonsillen abgeschwollen. Auch hier
wieder macht der Verfasser den verfehlten Versuch, die Wirkung
des Antidiphtherin zu verdächtigen, indem er bemerkt, dass nur am
Abend des ersten Tages etwas Besorgniss vorhanden war, als nach
der ersten und einzigen Pinselung sich die Dyspnoö verschlimmerte.
Es genügt mir vollkommen dieses Zugeständnis der eingetretenen
Besorgniss, um den Fall nicht zu den ganz leichten zu rechnen
und seiner schnellen Heilung Werth beizulegen. Auch hier fehlt
wieder jede Temperaturangabe, jede bacteriologische Untersuchung.
Diese beiden Patienten waren in die Klinik aufgenommen
worden wegen der durch die Symptome nahegelegten Befürchtung,
dass es zum Larynxcroup kommen könnte. Der erste, sehr spät
in die Antidiphtherinbehandlung genommen, heilte nach drei, der
zweite, der schon am Aufnahmetag gepinselt war, heilte nach dieser
einzigen Pinselung, trotzdem zuerst die Erscheinungen von Seiten
des Larynx etwas Zunahmen. Herr Vulpius denkt doch wohl
nicht an eine unmittelbar der Pinselung folgende Wirkung. Er
theilt nur mit, dass auch der Larynx gepinselt wurde, wahrend
dies bei Fall 10 nicht angeführt wird. Es erklärt durch diese, wie
es scheint, rechtzeitige und gelungene Pinselung den Unterschied
im Verlauf beider Fälle.
Der dritte, nicht tracheotomirte Fall No. 4 ist derjenige der
19jährigen Wärterin, deren Geduld der Verfasser so rühmt, indem
er von den Schwierigkeiten der Pinselungen bei Kin dern spricht.
Ein erfahrener Kinderarzt lernt diese Schwierigkeit umgehen, Ver¬
fasser scheint sie noch nicht überwunden zu haben. Ich kann ihn
versichern, dass manche der kleinen Burschen, die ich und meine
Freunde zu behandeln hatten, uns ihre Hälschen freiwillig und
gern hinstreckten, wenn sie erst einmal die Wohlthat der ersten
Pinselung verspürt hatten. Für die ersten male bedarf es aller¬
dings oft freundlichen und ernsten Zuredens, im schlimmsten Falle
auch milder Gewalt. Nun, in diesem Falle hat das Mädchen, das
sich bei der Pflege des ersten Patienten angesteckt hatte, ruhig
sich dem Eingriff unterzogen, obwohl doch dieser Patient erlegen
war. Wie wurde die Pinselung ausgeftihrt? Der Behandelnde be¬
diente sich in diesen, wie den übrigen Fällen eines Haarpinsels, wie
sie sich in jedem laryngoskopischen Besteck finden, und setzte
damit eine Vorschrift ausser Auge, die ich ausdrücklich
und mit gutem Grunde gegeben habe. Weshalb habe ich
jenes so weit verbreitete Instrument, das zur Application von Salz¬
lösungen ganz zweckmässig sein mag, aber sicher nicht unseren
modernen Vorstellungen von Antisepsis entspricht, verworfen? Ich
habe wirklich nicht gedacht, dass es nöthig sei, dies einem Arzt
und Privatdocenten auseinanderzusetzen, muss es aber hier thun,
da meine wohlbedachte Absicht so gründlich missachtet .wurde, wo
ich es am wenigsten erwartet hätte. Ein Haarpinsel nimmt aller¬
dings recht ansehnliche Mengen Flüssigkeit auf, giebt^ sie aber
ebenso leicht schon bei dem geringsten Drucke ab, weil erstlich
die Flüssigkeit der glatten Haaroberfläche nicht sehr fest anhaftet
und zweitens die Capillarräume zwischen den Haaren sich gegen
die Pinseloberfläche hin mehr und mehr erweitern, bis die Capillar-
attraction gleich Null wird. Kommt der Arzt mit einem so ge¬
füllten Pinsel auch nur etwas mit den Lippen oder der Zunge in
Berührung, so verliert derselbe die grössere Menge der aufge¬
nommenen Flüssigkeit, bevor dieselbe an den Ort ihrer Wirksam¬
keit gelangt ist. An dieser Stelle angelangt und nun ausgedrückt,
verliert er seinen Inhalt fast augenblicklich und wirkt dann nur
als ein ausgebreiteter, fast gar nicht mehr Capillarräume besitzender
Haarbüschel; die Flüssigkeit hat auch hier sofort, dem Gesetz der
Schwere folgend, ihren Weg nach den abhängigen Theilen der Rachen¬
höhle genommen. Es ist also sehr überflüssig, dass der Herr Dr.
ihn zweimal nach einander, frisch gefüllt, je eine Minute lang „fest
auf den Belag drückte“. t #
Soll ich noch auseinandersetzen, weshalb ich im Gegensatz
hierzu den Wattebausch ganz besonders empfohlen habe? Nachdem
meine Absicht, wie das vorliegende Beispiel zeigt, so vollkommen
missverstanden ist, kann ich wohl nicht anders. Auch ist es
zweckmässig, anderen die Sache zu erklären; ich muss mich selbst
vielleicht sogar anschuldigen, dass ich nicht ausführlicher gewesen
bin und anderen zu viel zugetraut habe. 1 ) Also, ich habe den
Wattebausch gewählt, um eine intensivere, weil mehr andauernde
Benetzung der erkrankten Fläche zu erzielen. Dazu dient natürlich
nicht ein lockerer Wattebausch, sondern ein fest auf das Ende
einer geriffelten Sonde oder, wie ich es später vorzog, einer Rachen¬
oder Kehlkopfpincette gedrehter Bausch. Ein solcher besteht aus
einem dichten Filz, zwischen dessen Fasern sehr enge capiuare
Räume die aufgenommene Flüssigkeit relativ gut festkalten. Druckt
man einen so gefüllten Bausch auf die Fläche auf, so wird nur die
oberste Schicht entleert, soweit sie zusammengepresst wird. Es
kommt dann sofort die folgende Schicht in Wirksamkeit, welche,
indem sie zusammengepresst wird, ihrerseits wieder ihren Inhal
abgiebt oder, wenn sie nicht mehr zusammengedrückt wird, so
bleibt diese ruhende Schicht in Berührung mit der Membran. Nach
einander können in dieser Weise die verschiedenen Seiten des
länglich ovalen, eine feste Grundlage besitzenden Bausches ausge¬
nutzt werden. Die Federfahne, deren sich, wie ich in meiner Arbei
mittheilte, Herr Medieinalrath Baer bediente, ist auch nicht übel,
doch bedarf es hier einer häufigeren Wiederholung der Pinselung,
da eine solche Fahne nur wenig Flüssigkeit aufnimmt. Ich empla
sie nichtsdestoweniger als ein leicht beschaffbares Material f
solche Fälle, in denen besorgte Hausmütter, welche entfernt von
ärztlicher Hülfe wohnen, mich um ein Mittel angingen, die ersten
Pinselungen vor der Ankunft des Arztes selbst vorzunehmen. Ac
würde sehr dankbar sein, über den Erfolg auch von dieser bei
etwas zu erfahren. Selbstverständlich habe ich in solchen balle
stets betont, dass die Krankheit in jedem Falle die Herbeirutung
eines Arztes erfordert. Freilich muss aber der Arzt dann auc
meine Vorschriften befolgen, wenn er den rechten Erfolg ©"
zielen will. . ,
Was nun den Fall 4, Karoline P., angeht, so ist er, Bank
Energie der Patientin und des Arztes, trotz der mangelnat e
Applicationsweise als ein Muster erfolgreicher Behandlung mit An -
diphtherin zu bezeichnen. Ich führe die gegebenen Daten in
gleichen Weise in möglichst abgekürzter Form an, wobei P. Pinselung,
E. Einträufelung in die Trachea bedeutet. . \
Fall 4. 19 Jahre, weiblich, zweiter Tag (der Erkrank gl
39,7 0 2 P. 39,4<>. _ Dritter Tag Morgens 37,8° 1 P ; , Ebenes
37,3°. — Vierter Tag. Geheüt. Die ausgedehnten Membranen
waren am zweiten Tage verkleinert, am dritten verschwunden,
ist wohl kaum möglich, eine promptere Wirkung des Mittels so
mit Bezug auf Entfieberung, wie auf den Schwund der Memor
zu finden, die in diesem Falle sehr ausgebreitet waren. Was
dagegen der Befund noch lebensfähiger Bacillen nach der zwo
Sitzung besagen, welcher den Verfasser veranlasst, die Bew ^
kräftigkeit selbst dieses Falles in Abrede zu stellen?
Sind solche
*) Ein Wiener Arzt, Dr. Zappert, hat sogar ein Holzstöokchen he
nutzt und will damit die Membranen gründlich benetzt haben!
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
8 . Mai
DEUTSCHE MEDICTNISCHE WOCHENSCHRIFT.
wirklich Vorhanden gewesen, liegt keine Täuschung durch Pseudo-
diphfhertebäcllleä tot, so sind sie, wie der Verlauf zeigt, so ab-
gischwftcht ge'fcft'söfl, dass ihre Anwesenheit eine prompte Heilung
nfcirt gehemmt hat.
Öiö übrigen 16 Fälle sind sämmtlicb schwere Tracheotomieen,
von denen neufl unter Zunahme der diphtherischen Erscheinungen
gestorben sind, während sieben Heilung der Diphtherie zeigten,
ton denen aber einer, Fall 11, än Nachblutung aus der Trachea
gestorben ist. Das sind 56,3% Todesfälle an Diphtherie
bei Tracheotomirten. Betrachten wir nun die Sterblichkeit
solcher Fälle an andere« Orten, so ergiebt sich keineswegs, dass
dieses Resultat so überaus ungünstig erscheint, wie dieses der
Verfasser herausrechnen will, indem er alle nicht vergleichbaren
Fälle zusammenrechnet. Indem er die wenigen nichttracheotomirten
Fälle mit den zahlreichen tracheotomirten zusammen wirft, ver¬
schlechtert er unberechtigter Weise das Resultat. Die Arbeit
Sattler’s ist mir nicht zugänglich. Doch wird wohl auch der
Verfasser die sehr sorgfältige Statistik von Neukomm 1 ) gelten
lassen, welche die schweren Epidemieen im Canton Zürich aus den
Jahren 1881 bis 1884 in seltener Vollständigkeit bearbeitet. Von
Tracheotomieen hat derselbe (S. 65) 872 Fälle sammeln können,
foA denen 208 in der chirurgischen Klinik operirt wurden, 101 im
KinderspitaJ Zürich, 84 im Spital Winterthur und 34 in der Privat-
ftfaxis. Die Mortalität betragt bei den ersten 60, bei den zweiten
66,3, bei den dritten 55,8, bei den vierten 70,5, im Mittel 62%.
Zieht man es vor, nur eine Anstalt wegen der grösseren Gleich¬
artigkeit in der Auswahl der Fälle und in der Ausführung der
Operation zu vergleichen, so erhält man für die chirurgische Klinik
im Jahre 1881/1882 60,3, für 1882/1883 60,7 und für 1883/1884
58,1 % Mortalität, also selbst in dem letzten günstigsten Jahr, in
welchem sowohl Anzahl, wie Intensität der Fälle bedeutend abge¬
nommen hatte, ein um 1,8 o/o schlechteres Ergebniss als in der
Heidelberger Klinik bei Antidiphtherinbehandlung. Nimmt man
aber alle Züricher Fälle zusammen, so ergiebt sich für Heidelberg
ein um 5,7 o/ 0 besseres Resultat. Ich habe damals die Sectionen
in Zürich gemacht und kann versichern, dass kein wesentlicher
Unterschied in der Schwere der tödtlichen Fälle gegenüber Heidel¬
berg anzunehmen ist. In einer Beziehung schienen mir sogar die
Züricher Fälle weniger schwer zu sein, indem ich die im Fall 14
(Vulplus) beobachtete colossale Magendiphtherie nur in zwei
Fällen gesehen habe, aber in sehr viel geringerem Grade ausge¬
prägt. Ich habe diese Fälle in meiner allgemeinen Pathologie be¬
sprochen. Soweit sich dies beurtheilen lässt, liegt demnach gar
kein Grund vor, die Heidelberger Fälle für leichter anzusehen, als
die Züricher. Eher das Gegentheil dürfte zutreffen. In diesem
Falle erhöht sich noch die Bedeutung eines um fast 6% besseren
Resultates der Tracheotomie und Antidiphtherinbehandlung gegen¬
über den reinen Tracheotomieen.
Nun aber kommt noch ein anderes Moment dazu, welches ganz
wesentlich die Schuld trägt, dass in Heidelberg nicht bessere Re¬
sultate mit der Antidiphtherinbehandlung gemacht sind. Das ist
die Art der Behandlung. Einen hier in Betracht kommenden Punkt,
die Anwendung des Pinsels habe ich bereits berührt. Viel wichtiger
aber ist noch die viel zu wenig energische Behandlung gerade der
schwersten Fälle. Der Verfasser scheint dies selbst gefühlt zu
•h?’ “dem. er sic R wegen mangelnder Energie entschuldigt, was
ich bereitwilligst anerkenne. Ich habe in meiner Schrift: Die cau-
sale Behandlung der Diphtherie auf p. 18 ausdrücklich bemerkt,
dass die Einträufelungen mehrmals des Tages zu ge¬
schehen haben, um so häufiger, als noch Membranen aus¬
gehustet werden“. Meist habe ich sogar stündlich kleine Mengen
emträufeln lassen. Herr Vulpius scheint dagegen gewöhnUch
nur einmal, selten zweimal am Tage eingeträufelt zu haben, wie¬
viel wird nicht angegeben. Er hat dabei einen Trichter angewendet,
Jim den ausgehusteten Schleim wieder in die Canüle fliessen zu
assen; ich kann auch diese Maassregel nicht für zweckmässig
a ten sondern hätte bei den schwereren Fällen gern eine grössere
rschwendung von Antidiphtherin gesehen. Der Preis kann wohl
di« q ÜL Betracht . kommen, zumal ich mich bereit erklärt hatte,
sein ™ zu liefern. Ich bedaure auch, nicht hinzugezogen zu
7 n S1 °k Schwierigkeiten herausstellten; ich war jederzeit bereit,
w * e *°h zu dem ersten Falle von Prof. Czerny tele-
Anrh 18C ** . fe ? wur( le. Leider war derselbe bereits gestorben.
Sfiltpn einmaligen täglichen Pinselungen kommt man nicht aus;
einmal ^. er Heidelberger chirurgischen Klinik mehr als
? ow °hl gepinselt, wie eingeträufelt. In beiden Beziehungen
wurtoalso ungenügend behandelt
zehn Än“* dis Heilung der Diphtherie glücklichen
__üe^fmit Einschluss von No. 11) ergeben im Durchschnitt
und dl™ 5®?homm, Die epidemische Diphtherie im Canton Zürich
©Ziehungen znm Luftröhrenschnitt. Leipzig, Vogel, 1886.
1,26 Pinselungen und 1,12 Einträufelungen (siehe
die unglücklichen 1,4 und 1,3 im Tage.
399
Tabelle) im Tage,
Diphtherie geheilt in 10 Fällen.
4. Fall. 3 Pinselungen in 2 Tagen.
5. Fall. 5 Pinselungen in 4 Tagen.
7. Fall. 1 Pinselung in 1 Tage.
8. Fall.
10. Fall. 4 Pinselungen in 3 Tagen.
11. Fall. 2 Pinselungen in 2 Tagen.
13. Fall. 2 Pinselungen in 2 Tagen.
15. Fall. 5 Pinselungen in 3 Tagen.
17. Fall. 1 Pinselung in 1 Tage.
18. Fal l. 1 Pinsel ung in 1 Tage.
4 Eintr. in 3 Tagen. Tracheotomie.
2 Eintr. in 2 Tagen. Tracheotomie.
Tracheotomie. 1 )
1 Eintr. in 1 Tage. Tracheotomie.
Tracheotomie.
1 Eintr. in 1 Tage. Tracheotomie.
1 Eintr. in 1 Tage. Tracheotomie.
24 Pinselungen in 19 Tagen. 9 Eintr. in 8 Tagen.
1,26 Pinselungen in 1 Tage. 1,12 Einträufelungen in 1 Tage.
1. Fall.
2. Fall.
3. Fall.
6. Fall.
9. Fall.
12. Fall.
14. Fall.
16. Fall.
19. Fall.
Diphtherie
7 Pinselungen in
3 Pinselungen in
2 Pinselungen in
2 Pinselungen in
2 Pinselungen in
2 Pinselungen in
3 Pinselungen in
2 Pinselungen in
5 Pinselungen in
nicht geheilt i
4 Tagen. 3 Eintr.
2 Tagen. 3 Eintr.
2 Tagen. 2 Eintr.
2 Tagen. 2 Eintr.
2 Tagen.
2 Tagen. 7 Eintr.
3 Tagen. 1 Eintr.
1 Tage. 2 Eintr.
2 Tagen. 2 Eintr.
n 9 Fällen,
in 2 Tagen,
in 2 Tagen,
in 2 Tagen,
in 2 Tagen.
in 6 Tagen,
in 1 Tage,
in 1 Tage,
in 1 Tage.
Tracheotomie*
Tracheotomie-
Tracheotomie.
Tracheotomie.
Tracheotomie.
Tracheotomie.
Tracheotomie.
Tracheotomie.
Tracheotomie.
28 Pinselungen in 20 Tagen. 22 Eintr. in 17 Tagen.
1,4 Pinselungen in 1 Tage. 1,3 Einträufelungen in 1 Tage.
Ich will aus dieser viel zu wenig energischen Anwendung des
Mittels dem Behandelnden keinen Vorwurf machen; aber es ist
klar, dass, wenn es sich um eine direkte Wirkung des Antidiph-
therins handelt, wie ich sicher glaube annehmen zu dürfen, dann
nur eine sehr genaue und vollkommene Berührung des Heilmittels
mit den Diphtheriebacillen Aussicht auf Zerstörung der letzteren
darbietet. Sehen wir doch in den Culturen der Bacillen in flüssigen
Medien schon nach 24 Stunden eine sehr beträchtliche Entwickelung
der Organismen, welche als feinste Pünktchen die ganze Flüssig¬
keit durchsetzen und sich theilweise schon auf dem Boden des
Gefässes in ansehnlicher Schicht abgelagert haben. So lange also
als Membranen oder gar Zeichen von Weiterverbreitung des Pro-
cesses vorhanden sind, muss man nicht 12 oder gar 24 Stunden
warten, bis man demselben wieder zu Leibe geht. Ausser den
häufigen Einträufelungen in die Trachealcanüle (ein- oder zwei¬
stündlich) sollten dann noch bei sehr schwerer Diphtherie der Luft¬
wege Einspritzungen in die Trachea gemacht werden, wozu man
nach meinen neueren Erfahrungen bei der laryngealen Injection von
Antidiphtherin ganz erhebliche Mengen verwenden kann, bei Kindern
gewiss bis zu 1 ccm. Ich bin überzeugt, dass in dieser Weise viel
bessere Resultate hätten erreicht werden können. Auf keinen Fall
aber berechtigen die diesmal in Heidelberg gewonnenen ungünstigeren
Resultate dazu, dem Mittel die behauptete Wirkung abzusprechen.
Ich könnte noch manches über die einzelnen Fälle hinzufügen, doch
verzichte ich darauf und bitte die Collegen, die Krankengeschichten
genauer zu studiren. Sie werden dann Anhaltspunkte genug finden,
wie die Anwendung des Mittels zu verbessern sei. Die Stärke und
Leistungsfähigkeit des Antidiphtherin halte ich für ausreichend,
doch will ich gern für besonders schwere Fälle stärkere Lösungen
(zehnfache Concentration) hersteilen lassen.
Noch einen Punkt will ich hier berühren, welcher auch von
dem Verfasser wieder hervorgehoben wird, ob nämlich der Zusatz
von 0,2 % Orthokresol nicht die Ursache der allerdings stark in
Frage gestellten Wirkung sei. Ich habe dahin gehende Versuche
in der Weise angestellt, dass ich das Antidiphtherin in verschie¬
dener Menge, von 1—5 ccm in sterile Kölbchen von 50 ccm Innen¬
raum einführte, in . denselben mit der fünffachen Menge absoluten
Alkohols niederschlug, mit grossen Mengen des letzteren nach¬
wusch, diesen filtrirte, dann den Alkoholrest im warmen Raume
bei 40—45° C aus dem Kölbchen und Filter abdunsten liess und
schliesslich 10 oder 20 ccm Glyceriuagar auf das Filter goss. Es
wurden somit auch die geringen Mengen der Albumose, welche
nicht dem Boden der Kölbchen anhafteten, zur Lösung gebracht.
Selbst bei wochenlangem Aufenthalt dieser mit Wattepfropfen ver¬
sehenen Flaschen im Thermostaten bei 38° C und wiederholter
Impfung mit Diphtheriebacillen ist es mir nicht gelungen, auch
nur einmal ein Wachsthum solcher zu beobachten. Andere Orga¬
nismen, namentlich Coccen und Colonbacillen, wuchsen dagegen auf
diesem Agar in trefflichster Weise. Es war so der Beweis ge¬
liefert, dass nicht etwa Alkoholreste die Ursache der Sterilität
desselben für Diphtheriebacillen seien. Denselben Versuch habe
ich auch an flüssigen Nährmedien mit gleichem Ergebnisse wieder¬
holt durchgeführt. Mit einer genauen Bestimmung der unteren
Grenze des Antidiphtheringehalts in einem guten Nährmedium, bei
') Gestorben an Nachblutung.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
400
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 18
welcher Diphtheriebacillen noch wachsen, bin ich gerade jetzt be¬
schäftigt. Jedenfalls kann ich schon gegenwärtig be¬
haupten, dass 1 ccm der doppelten Concentration des
Antidiphtherins vollkommen genügt, um 20 ccm Agar¬
glycerin oder Glycerinpeptonbouillon dauernd immun zu
machen gegen ein ferneres Wachsthum von Diphtherie¬
bacillen.
Ich glaube genügend dargethan zu haben, dass die, wenn auch
nicht fehlende, doch auch meinen Ansprüchen nicht genügende
Wirkung in den Fällen der Heidelberger Klinik auf unzureichen¬
der Anwendung des Mittels beruht. Wenn der Verfasser sich
allerlei Redensarten erlaubt, welche, nach einem Ausspruche
Göthe’s, theilweise zu den geschmacklosesten gehören, so mag er
dies selbst mit sich ausmachen. Es ist bedauerlich, wenn die in
guter Gesellschaft gemeinhin angenommenen Regeln in Arbeiten,
welche wissenschaftlich sein wollen, ausser Acht gelassen werden.
Indem dieses aber nur eine persönliche Angelegenheit ist, lege ich
derselben kein Gewicht bei, dagegen möchte ich aber den Wunsch
aussprechen, dass auch in den so schweren therapeutischen Ver¬
suchen die Grundsätze exacter Naturforschung angewendet werden,
deren oberster ist, dass bei Nachversuchen genau nach den Vor¬
schriften des ersten Beobachters verfahren werde. Der zweite Wunsch,
den ich mir auszusprechen erlaube, iet der, dass der Beobachter sich
ganz auf den Standpunkt desjenigen stelle, dessen Werke beurtheilt
und nachgeprüft werden sollen. Geschieht dieses nicht, so ist es
freilich leicht, negative Resultate zu erhalten, und oft recht schwer,
schwerer als im vorliegenden Falle, die Fehlerquelle nachzuweisen.
Es erinnert die Art der Vulpius’schen Nachprüfung an jene Zeit, in
welcher die ersten bacteriologischen Arbeiten einer Nachprüfung unter¬
zogen wurden. Auch damals glaubte man, durch negative Resultate,
welche leichter zu erzielen sind als positive, der bacteriologischen
Grundlage der Infectionskrankheiten den Todesstoss versetzen zu
können. Indem jetzt die Frage der Besiegung dieser Organismen
und der Heilung der durch sie hervorgerufenen Krankheiten in den
Vordergrund tritt, dürfen wir wohl erwarten, dass die deutsche
Klinik sich der Frage annimmt mit dem vollen Emst, welchen die
Lösung erfordert. Verderblich ist der aprioristische Wahn, dass
von dieser Richtung nichts zu erwarten sei, welcher auch den
jungen Forscher, dessen Arbeit ich hier zu meinem Bedauern be¬
kämpfen muss, ergriffen zu haben scheint. Indem ich glaube, dass
wir in dem Antidiphtherin ein causales Heilmittel für die Diph¬
therie besitzen, ohne dabei etwa die eitle Hoffnung zu hegen, dass
nunmehr alle Fälle mit demselben geheilt werden können, erbiete
ich mich, jeder Klinik beliebige Mengen der Substanz zur Dis¬
position zu stellen, wenn mir die Leitung der Behandlung oder
wenigstens ein entscheidender Einfluss auf dieselbe in irgend einer
Weise ermöglicht wird, sei es dass man an Ort und Stelle den
Verlauf einer Anzahl von Fällen beobachtet, sei es dass brieflich
über die einzelnen Fälle verhandelt wird. Ich kann nur mein leb¬
haftes Bedauern aussprechen, dass mir gerade in dem für mich
leicht zu erreichenden Heidelberg nicht dazu Gelegenheit geboten
wurde,^ trotzdem ich mich dazu erboten. Auch diese Unterlassung
fasse ich übrigens keineswegs als eine durch mala fides entstan¬
dene auf; aber, wo es sich um eine so ernste Sache handelt, von
deren Entscheidung das Wohl und Wehe so vieler Menschen ab¬
hängt, hätte doch wohl mein Anerbieten Berücksichtigung finden
können. Ich hoffe, dass dieses später geschieht. 1 )
IV. Die Mundseuche des Menschen mid Maul¬
und Klauenseuche der Rinder. 4 )
Von Dr. Siegel in Britz.
Ler von Herrn Gehoimrath Rose soeben besprochene Fall von
Glossitis") gehört zu einer Kategorie von Zungenentzündungen, wie
sie regelmässig bei einer Krankheit Vorkommen, welche im all¬
gemeinen ziemlich unbekannt und selten, z. Th. unter anderem Namen
beschrieben im Gebiete meiner Praxis in einem Vororte Berlins im
Laufe der letzten Jahre sich zeitweise zu einer grossen Epidemie
entwickelt hatte. Es ist die Aphthensouche oder Maul- und Klauen¬
seuche beim Menschen. Bei dieser Krankheit ist die Zunge regel¬
mässig geschwollen. Eine so monströse Schwellung wie in dem
eben besprochenen Falle, in welchem die Erscheinungen von seiten
*) Bas Manuskript dieser Arbeit ist am 12. März 1894 bei der R
daction eingelaufen.
Juli Vereinigung der Chirurgen Berlins i
, , *) j. s handelte sich um eine Frau aus meiner Praxis, welche, n
hochgradiger Zungenschwellung in das Krankenhaus Bethanien gebkcl
“ l“;; 11 bei welcher die Diagnose erst durch Nachweis der Mun
seuchenbacillen m der Leiche gestellt werden konnte.
der Zunge so erheblich waren, dass sie das Gesainmtbild der
Krankheit auszumachen schienen, habe ich im ganzen sechsmal
beobachtet. Von diesen seohs. Patienten sind zwei gestorben, nicht
infolge von Erstickung durch die Zungenschwellung, sondern unter
denselben Erscheinungen einer allgemeinen Septikämie, wie auch
der vorliegende Fall. Von den vier genesenen Kranken haben, drei
die Krankheit überstanden, ohne dass die Zungenentzündung specielle
Folgen im Munde hinterlassen hätte. Ein Mann jedoch, welchen
ich Ihnen sofort zeigen werde, hat derartige Veränderungen davon-
getragen, die ihn zu einem Unicum in dieser Beziehung machen.
Sie sehen von der Zunge nur noch einen schwer beweglichen
Stumpf, der übrige Tkeil ist während der Krankheit durch den
dauernden Druck der Zähne, über welche er etwa 2 cm hervor¬
ragte, nekrotisch geworden und eines Tages abgefallen. Ausserdem
finden Sie eine sehr auffällige Retraction des Zahnfleisches, so dass
die Zähne bis auf die Spitzen der Wurzeln entblösst sind. Das
Zahnfleisch war während der Krankheit wie beim Scorbut derartig
geschwollen, dass es die Zähne vollständig überdeckte, und hat
sich schliesslich wie eine Narbe retrahirt. Schliesslich ist noch
eine Ankylose des Kiefers übriggeblieben, sei es infolge von re¬
gressiven Veränderungen im Gelenkapparat oder narbiger Retraction
im Unterhautbinde- oder Muskelgewebe.
So weit, m. H., glaube ich, werden Sie als Chirurgen mir Ihr
Interesse entgegengebracht haben; ich glaube aber, dass Sie sich auch
für die ätiologischen Forschungen einer Krankheit interessiren
werden, welche in ihren Symptomen nicht so selten, wie Sie sehen,
chirurgische Eingriffe erforderlich machen kann.
Ich habe im Jahre 1891 in der Deutschen medicinischen
Wochenschrift eine Arbeit erscheinen lassen unter dem Titel: Die
Mundseuche des Menschen, deren Identität mit der Maul- und
Klauenseuche der Hausthiere und beider Krankheiten gemeinsamer
Erreger. Den Inhalt dieser Arbeit werde ich Ihnen kurz recapitu-
liren. Ich beschrieb das Vorkommen einer grossen Epidemie im
Gebiete meiner Praxis, in welcher eine typhusartige Erkrankung
mit eigentümlichen, bisher noch nicht beschriebenen, zum Theil
an Scorbut erinnernden Symptomen. Es zeigten sich Bläschen an
den Lippen, an den Nasenöffhungen, im Munde, an der Zunge,
überhaupt eine Entzündung der ganzen Mundschleimhaut, ver¬
bunden mit hochgradiger Prostration, sehr heftigen Schwindel¬
anfällen, Obstipation und Magen-Leberschmerzen. Ausserdem kamen
Blutungen aus Nase, Mund, Darm, Blase und Nieren vor; in der
Haut Blutungen von Petechien bis zu faustgrossen Hämatomen.
Der Gesammteindruck erinnerte stark an Typhus abdominalis, nur
dass das Fieber verhältnissmässig niedrig, immer atypisch oder gar
nicht vorhanden war. Ausserdem war charakteristisch eine in sehr
vielen Fällen äusserst lange Dauer der Krankheit und eine ver¬
hältnissmässig hohe Mortalität. Alle Versuche, eine Diagnose zu
stellen, scheiterten, auch andere zu Hülfe gerufene Aerzte konnten
das Krankheitsbild nicht deuten, bis es mir gelang, durch bacterio-
logische Arbeit die Diagnose auf eine überraschende Art zu lösen.
Ich hatte nämlich bei einer Reihe von Sectionen in sämmtlichen
Organen, besonders in Niere und Leber ein Bacterium von speci-
fischer Morphologie gefunden, welches, auf die gebräuchlichen
kleinen Thierarten verimpft, keine Reaction hervorrief. Erst als
ich Schweine und Kälber impfte, erhielt ich Bläschenausschlag am
Maule, und wurde diese Krankheit von Sachverständigen als Maul¬
und Klauenseuche erklärt. In den Organen der Thiere fanden sich
dieselben Bacterien. Nun war das menschliche Krankheitsbild klar-
Die Maul- und Klauenseuche hatte um dieselbe Zeit bei den Rindern
in Deutschland eine enorme Ausdehnung erreicht, und gerade in
meiner Ortschaft befanden sich grosse Molkereien, so dass der
Uebergang von Thier zu Mensch und bei den äusserst ungünstigen
hygienischen Verhältnissen des Ortes die weitere Uebertragung von
Mensch zu Mensch erklärt war. Bei dieser letzteren Uebertragung
muss sich die Virulenz bedeutend gesteigert haben. Soweit hatte
ich meine Beobachtungen bis zum Jahre 1891 veröffentlicht.
Seitdem ist es mir gelungen, meine Beobachtungen zu er¬
weitern, als auch meine damals über die Aetiologie aufgestellten
Behauptungen durch eine Reihe von unanfechtbaren Beweisen fest-
zustellen. Eine grosse allgemeine Epidemie, wie Pocken und Cholera,
erlischt niemals plötzlich. Eine ganze Zeit lang tritt hier und da
im Gebiete derselben ein mehr oder minder schwerer Fall derselben
Krankheit hervor; so auch bei der von mir beobachteten Aphthen¬
seuche. Meine Statistik für das Jahr 1892 zeigt für Januar und
Februar nur sehr wenige Fälle. Im März jedoch behandelte ich
von denen 5 starben.
Im April waren 21 Personen erkrankt mit zwei Todesfällen,
im Mai 20 mit drei Todten, im Juni 30 und ein Todesfall, im Juli
25 Kranke, im August 17 Patienten mit einem Todesfall, im Söp -
tember 19 Kranke und ein Todter, im October 16 mit drei Todes¬
fällen, im November und Decembcr beobachtete ich keine a us £ e ‘
sprochenen Krankheitsfälle, Von diesen Krankheitsfällen kam ziem-
[ M!M bv Google
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
3. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
401
lieh die Hälfte auf Erwachsene, die andere auf Kinder. Männer
und Frauen waren in gleicher Zahl erkrankt. Von den 16 Todes¬
fällen waren elf Kinder, drei Männer und zwei Frauen. Es starben
also von 192 schwer erkrankten Personen 16, d. h. 8,5%, ein
Procentsatz, welcher, wenn er auch nicht gerade eine gefährliche
Höhe erreicht, so dennoch dem Procentsatz einer leichten Pocken¬
epidemie, wie sie z. B. im Jahre 1881 in Berlin vorkam, mit
13,5% ziemlich nahe kommt. Im Jahre 1893 beobachtete ich im
Mai und Juni ein leichtes Aufflackern der Epidemie. Es kamen
aber im ganzen nur sechs Todesfälle zu meiner Kenntniss, von
denen vier secirt wurden. In den Organen der Secirten fanden
sich wiederum dieselben schon früher beschriebenen Bacterien.
Die in meiner ersten Arbeit aufgestellte Symptomatologie hätte
ich im grossen und ganzen aufrecht zu halten. Als besondere
Localisation sind mir in letzter Zeit noch aufgefallen der Ausbruch
der Aphthenbläsehen an den Brüsten stillender Frauen, sowie an
den Präputien und Schamlippen Erwachsener sowohl wie Kinder.
Da diese Bläschen gewöhnlich in Geschwüre übergehen, so können
sie sehr bedenkliche Verwechselungen mit Syphilis hervorrufen.
Diese Localisation kann ein Primäraffect sein wie bei Lues; häu¬
figer jedoch bilden diese Orte den Locus praedilectionis, was mir
bei solchen Fällen klar wurde, in denen nach wochenlanger Dauer
der Krankheit die Bläschenbildung an diesen Stellen sich den
übrigen Erscheinungen hinzugesellte. Einige male fand ich die
Bläschenbildung ausser am Munde an Conjunctiva und Cornea.
Diese Compli cationen hatten gewöhnlich eine für das Auge sehr
ungünstige Prognose. Diese Complicationen stehen übrigens im
allgemeinen in Uebereinstimmung mit denjenigen, welche bei den
mit dieser Krankheit behafteten Thieren schon längst beobachtet
worden sind. Bildeten sich auf dem weichen Gaumen und den
Tonsillen die Bläschen resp. Geschwüre, so konnte leicht eine Ver¬
wechselung mit Diphtherie Vorkommen. Jedoch fanden sich Diph¬
theriebacillen niemals bei dieser Affection. Sind die Exantheme
nicht allein auf Gesicht und Mund beschränkt, sondern über den
ganzen Körper verbreitet, wie es in einigen Fällen beobachtet
wurde, so können leicht Verwechselungen mit Masern, Scharlach,
Flecktyphus etc. Vorkommen. Jedoch giebt in diesen Fällen immer
das Verhalten der Temperatur Aufschluss über das Wesen dieses
Ausschlages. Wenn es äuch eigentlich selbstverständlich ist, so
möchte ich doch noch anführen, dass in manchen Fällen eine
Doppelinfection stattfindet, indem grosse Geschwüre im Munde die
Eingangspforte für Streptococcen bilden, welche eine starke Schwellung
der zugehörigen Halslymphdrüsen bedingen. Das Bild erinnert,
dann stark an die bekannte Angina Ludowici. Bei einer Section
dieser Art wurden in den Drüsen am Halse mehrere Streptococcen¬
arten gefunden, während in Leber und Niere das specifisehe Bac-
terium sich in Reincultur befand. Man kann die Hauptsymptome
dieser Krankheit in drei grosse Gruppen theilen: intestinale, eutane
und pectorale Form. Die intestinale Form ist bei weitem die
häufigste. Bei einer sehr grossen Anzahl von Kranken, besonders
bei Erwachsenen, imponirt das ganze Krankheitsbild wie ein sich
wochenlang hinziehender Magendarmkatarrh mit erheblicher Pro-
stration, dessen Aetiologie stets dunkel bleibt, wenn man nicht
zufällig den Fall schon in den ersten Tagen in Behandlung bekam
und Bläschenbildung im oder am Munde beobachten konnte.
Meistentheils verräth die fast stets vorhandene Schwellung der
Zunge (die Zahneindrücke sind stark ausgeprägt) die Mitbetheili¬
gung der Mundschleimhaut. Ich habe mich des Gedankens nicht
erwehren können, dass gewiss auch an anderen Orten manche Fälle
von Aphthenseuche zur Behandlung gekommen sind, welche als
Magendarmkatarrhe oder kryptogene Sepsis registrirt wurden. Ver¬
wechselungen mit Typhus abdominalis und Influenza in Ermange¬
lung einer anderen Diagnose habe ich sowohl in der Privatpraxis
Ms auch bei Kranken, welche in Anstalten aufgenommen werden
mussten, beobachtet.
. die Therapie dieser Krankheit bin ich in der ersten Arbeit
nicht eingegangen. Ich hatte mich damals darauf beschränkt,
ganze Reihen von Krankheitsfällen mit je einem bestimmten Medi-
cament zu behandeln, um auf diese Weise ein specifisches Mittel
zu finden. So probirte ich ausser den neueren Antifebrilen auch
e gegen Scorbut in alten und neuen Werken empfohlenen Medi¬
kamente von der Citronensäure bis zum Decoctum cochleariae.
| ach consequentein Suchen fand ich, dass salicylsaures Natron als
nneies Mittel gegeben, fast eine gleiche specifisehe Wirkung wie
v ‘^“eumatismus ausübt, auch das mir von der Firma
fü * e ^n in Radebeul bei Dresden in grossen Mengen zur Ver-
^gung gestellte Natrium dithiosalicylicum hatte ein sehr günstiges
8 t«t a u laterem Mittel wirkte der Schwefelgehalt bei der
Mitf i V ° raan ^ ene . n Obstipation ausserdem abführend. Als äusseres
a„ . sege ? .^ e Aphthengeschwüre im Munde bewährte sich
Blut , UI ? ] Mfricum am besten. In letzter Zeit habe ich vielfach
n ziellu, igen unternommen mit sehr günstigem Resultat. Ob
nicht dieses Mittel allein gerade bei infectiösen Erkrankungen des
Blutes in grösserem Maasse wieder einzuführen wäre, erscheint mir
sehr discutabel. Steht es doch mit unseren modernen Anschauungen
über Blutinfection und Regeneration durchaus im Einklang.
Bei der grossen Ausdehnung, welche die Maul- und Klauen¬
seuche auch im Jahre 18Ö2 in Deutschland und Europa gefunden
hatte, glaubte ich mich der Hoffnung hingeben zu können, dass
im Laufe der Zeit auch von anderer Seite ähnliche Beobachtungen
wie die meinigen zur Meldung kommen würden. Dies ist nicht
der Fall gewesen, wenigstens nur in sehr bescheidenem Maasse.
Hierfür kann man zweierlei Erklärungen annehmen. Auch in
früheren Zeiten sind grössere locale Epidemieen von Aphthenseuche
mit schwerem Verlaufe vorgekommen. Z. B. erwähnt Roll in seinem
Lehrbuche: „Die Thierseuchen“, eine von Huslin beschriebene
Epidemie, in der von 1000 Einwohnern eines Ortes während der
gleichzeitig bestehenden Maul- und Klauenseuche beim Rindvieh 23 Per¬
sonen infolge dieser Krankheit starben. Trotzdem blieben solche
Beschreibungen nur selten, so dass man annehmen könnte, die
Krankheit habe die Eigentümlichkeit, sich von Zeit zu Zeit in
besonders disponirten Orten zu local beschränkten Epidemieon aus¬
zubilden, ohne auf die Nachbarschaft überzugreifen. Andererseits
ist der Gedanke nicht abzuweisen, dass thatsächlich in manchen
Orten ähnliches gesehen, jedoch nicht hinreichend aufgeklärt und
deswegen nicht zur schriftlichen Fixirung gekommen ist. Die von
mir gefundenen, aus den letzten Jahren stammenden Mittheilungen
lassen sich in zwei Abtheilungen bringen, erstens eine direkte
Uebertragung von leichteren Erscheinungen direkt von Kühen.
Auch hier ist, obgleich solche Fälle doch gewiss während der
letzten Epidemie sehr häufig waren, die Ausbeute sohr gering. In
der Zeitschrift für Milch- und Fleischhygiene 1892 beschreibt
Prof. Fröhner einen Fall, in dem ein Patient durch Genuss von
inficirter Butter leichte Aphthenerscheinungen davontrug. Im
Juni 1892 stellte Dr. W. Levy in der dermatologischen Ver¬
einigung einen durch Umgang mit durchseuchtem Vieh inficirten
Arbeiter vor. In der Greifswalder medicinischen Gesellschaft er¬
wähnte im November 1892 Oll mann eine Dame, welche durch
Milchgenuss erkrankt war, und in derselben Sitzung berichtete
Prof. Mosler die Erkrankungen einer Schlächterfrau sowie eines
Schlächterlehrlinges, welche der Infection durch Rindviehfleisch
höchst verdächtig waren. Eine zweite Reihe von Krankheits¬
beschreibungen des letzten Jahres, welche nach meiner Ansicht
hierher gehören, sind die als Scorbut bezeichneten. Wie ich schon
in meiner ersten Arbeit ausführte, fanden sich unter den schweren
Fällen von Aphthenseuche eine grosse Reihe, welche sich mit dem
bis jetzt Scorbut genannten Symptoinencomplex durchaus deckten
und dennoch bei der Section den bestimmten bacteriologischen
Nachweis ihrer Entstehung durch Aphthcninfection ergaben. So
soll nach einer Zeitungsnotiz im Juli 1892 in Ssamara, einem
russischen Nothstandsbezirke, der Scorbut einen ungeheuren Um¬
fang genommen haben. Dass in denselben Gebieten die Maul- und
Klauenseuche beim Vieh herrschte, war bekannt. Ferner beschreibt
Heubner in den Jahrbüchern für Kinderheilkunde 1892 eine
scorbutartige Erkrankung der Säuglinge, welche mit deutlichen
scorbutartigen Munderscheinungen einherging. Schliesslich soll
nach einer Zeitungsnotiz im Juni 1892 in der Charitö ein 70jähriger
Mann mit sehr deutlichem Scorbut von Geheimrath Gerhardt vor¬
gestellt soin, hei dem die Ursache dieser Erkrankung vollständig
räthselhaft blieb. Von Sectionsbefunden und bacteriologischen
Untersuchungen der Leichen derartig Erkrankter habe ich nirgends
etwas gefunden. Schliesslich möchte ich noch die nach meiner
Ansicht hierher gehörige Beobachtung des Zahnarztes Dr. Ritter
in der allgemeinen medicinischen Centralzeitung erwähnen. Es
wird von ihm eine in der Zeit von 1891 bis 1892 vielfat'h beob¬
achtete auffällige Erkrankung des Zahnfleisches mit influenzaartigen
Allgemeinsymptomen beschrieben. Im Juni 1893 berichtet« Herr
Dr. Boas im Verein für innere Medicin von einer kleinen von ihm
beobachteten Epidemie in Berlin, und bei derselben Gelegenheit
konnte Herr Geheimrath Lewin bestätigen, dass er mehrere Fälle
von schankerartigen Aphthenaffectionen an den Geschleohtstheilen
in letzter Zeit behandelt habe. Ich bin überhaupt der Ueber-
zeugung, dass in Berlin eine nicht geringe Anzahl von Aphthen-
orkrankungen vorgekommen sind, welche zum Theil, besonders die
chronischen Formen, nicht erkannt sind.
In derselben Sitzung der chirurgischen Gesellschaft, m der
dieser Vortrag gehalten wurde, berichtete im Anschluss an den¬
selben Herr Prof. Lindner, dass er im Augustahospital vor
kurzem auf einer Station eine ganze Reihe einer infectiösen Mund-
entztindung beobachtet habe. Die Krankheit sei durch
Patienten hereingebracht und habe sich auf die benachbarten
Betten fortgepflanzt. Die Diagnose sei damals unWargewwen,
jetzt glaube er bestimmt, es habe sich auch hier um Mun
gehandelt.
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werde yiirti cirrn Mmmsreg.d autovm *e:m die Am-Rte m UdvY^w
ihrer .PatuüvCöfi »delit mi« der Idtlr.t’iai* dun«;; «Irr MiU n ihd iHreir .
FtÄßiöJi' auf •dam- -Äi4tö:eÄiifwik^• :
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der knöchernen Sr hä^ ei denke diireii-
_ st timt, öondH 1 »TOittei^ dhcB
-harten Md^dR nur die fübula exlerftu im TTrefan^e « Hautd
pcnivstiappcux nbpundswit mui an *dr.u-rÄi?k dngebrodwsi wird
Ihnaai wtnl der ^bildete HantpertoÄtkutbibenlHppeti, .m f nJ^u
nur diu Tabula-extertm enOOtft + uuufeWappt, b»ö der Ibst m -
SrhiulCidarbcs' .MiUernt-. Von Könii; 1 ) wurde diesf^- Vemd^n
u oimr anwMldot , so ^ m\i ?.nm toiu-' «H'ssrrw SulnWrt-
drieetn eignete, XönUv bnite einen R cm lan^n und :v «•». breit#
Kn<u Inuulefeet dev linken Si-WüFcr»- und SebelteilHniige^cnd^ b«
eiuem BOiiibn^u Matme /.u de« ktm, der mn;b ; einer coin$iciftw
Sri.iUbdtViwtue entstanden und för den Patienten dm Quenc
-ÄÄt?T;^iÄ; me. .iMy«Wscfwjt:-.^.rnS fv
'^uru Zwecke der Declvune umsebnitt -er die w oiejitheUf.
am mm Ms . knöchernen pofeotes bin . rtbc I. 1 /-; cm hroitc
stelle, die spater zur Krnuhnin;-; des \Vm<dif h*tl*ü.ppüns tlinnen .tJoiltc.
*Ü
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wap als dje uww w. * l,ä ; , -y*—* ;*•
t u rfcv- Raut- von dn^»-v gctrrdiiit blieb. Nach erfolgter Kotrantwn
der Raut und des l’ctotos «chiUtc er iin ganzen. Umfange
WAhditUeitl ^juins mittels ejncB schar fr« Meisseis eiuc ienuenerne
S. balo vd> und nräpart?’# dann die Hmwdmittene Narbe .von deti«,
fnvhiv-ü fiftn mnvminteTi itä m \nwUi\ Btlcl ;# Ä
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iblüo vej’suoht nunten, Sn stellte »Sri*dnbüf u'i dem IbirutgeV'
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langen und 2 -4 e’m g'rossen, uuj-egelmäs:sigen imfV-cR A
' w.,r,K'-<m «ß'fSlWe'in ,W)Art?,'iU-ii v>« iroWHi«*ir«»: Mi* «.hji J»Hw»l(awiiM.|a|.t>w>s w ; wt»n < l<;n«»'fHe-'t
mm gilii*ti{! «üw uiiasUisvie ob« ^iw*- ’#«*» rtean>Hb«ap ttert«w v ! }‘ aeh J «uorsch. ite üci- ^ «b So ta««oliw> wiu
in aiesnni Äite kau».' 0'.«srffr>ü^!s mVbWw« komm.* i k»m. ater <io m tehawte» h.optn <mti.o«,mm, «.itk .^ a! ^ „
im. 1!..,. :- s .!..i,«„ Uinv», woiobc dio Kn.nM.o.t. Hlmimnidc« ! eihw n.a^t CipefatfMi mm kofimt^lum .^j-Jiüflen ik
JtaiwH. *n *i niolt« »B|öU«i«, weil mm» vW zu $mse PW« -Ha U4vuÄtprffBl(,n-cimir Knochen ra»t*.melim?4i. »«W«
MwUrnn l.ram li.'ii wüi-de. Somm ■■«.«■ .■hotiemn slmhvm-n* .ioreb ■ ife jioc.aotob iße ..hnnsptonteWm grt^ckto
Tobrrktiliie dedueh ddrttcp^iMc diese Impfuugen Wühl muUr m
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ntcr Pi$J&■>rtiuch ./Vrt -des Mfillötft ülf« wum I
Atsibeilvuig des Hnrn Dtrectw Ö!'. Körte.
Ueber traaxnatiscb.e ScbädeMefecte und ibre ;
Deckung.
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'• SvabönjiUjngni* Knabe -'Rpinricb Sclv, imfgemmimeu_ 4 ’p 1 ! 1 - rt ' •
rtiit oiflur edmplieirtcu^^ Splittörfnieiiif fe $tim' mid yoebten ^cHä«rt ».
\\ F. König, per .knöebornp ßr-iat^ großer- Scbädehlc#^ Cmval
blml Idr iibirurg)«!-l$Kb- -^v.- ^7. . .. _ ,^ ( . u
,J ) Selidulurrn, Kin Pull reu U'nöi:b6roe«l. 'toftUe oiu^a
mmdMfivm mclx der M«ghpdi; von Koaig.- Vßrbandlungon dos un
gres^es der deuts-dma ‘.’rfc'fcH^bVÄ fUi‘ f'birufgie. 1801. rinnt-
S Ti. Braun. .'feBrnaiio?« ebd-.s 'den _ Srlubtet pcifoiareßdeU ^
camnomö kü •nmofiV l4)ak%^ü Mtbkbon. V ; ei‘baiuUtmgcn Mb tffSgf ~
Äfesr IÖÜ% '. ... \ Vpf .
1} Tiutzc. ^ykcr.dktrkHl^n lüifc osttiojihä^tikab?#
srtdus^ von 8cbiwkddoto»;V-«. 'ibi4om v ;;’: ,.,;;
/,% (V Biegner' Trnjamatuw wegen KubdmMen UutergMS^ • •- ^
syditwem oHteoßla^i^ebeui Kt-eitfcÄ« des SebUdrtdejectos nöub vi >
:r-
i ; .
B. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIF.
die von einem Sturz von einer Leiter herrührte. Die Splitter stark unter¬
einandergeschoben, theilweise ganz ausser Zusammenhang mit dem Perioste
Von der Bruchstelle gehen Fissuren namentlich nach hinten Völlige
Bewusstlosigkeit, 136 regelmässige Pulse. Temperatur im Rectum 371
In Chlorofornmarkose (Operateur: Dr. Siegmuud) Erweiterung der strahlen¬
förmigen Wunde. Entfernung eines dreieckigen, ganz isolirten Knochen¬
stückes von 4'/*. cm Länge und 3 cm Breite und mehrerer kleinerer
Stücke nach Lösung derselben durch Randabmeisselung. Dura an einer
erbsengrossen Stelle verletzt. Dcsinfection. Tamponade der ganzen
Wunde mit Jodoformgaze. Durawunde mit einem Jodoformgazestreifen
drainirt. Alsbald nach der Operation Wiederkehr des Bewusstseins Keine
nachweisbaren Störungen der Sensibilität oder Motilität.
, Am nächsten Tage höchste Temperatur 38,9, Puls 172 (Jodoform¬
wirkung?). Allmähliches Sinken der Pulsfrequenz und der Temperatur
Bei reactionsloscm Wundverlaufe am 9. Juli Secundärnaht. des Periostes
und der Haut. Die hähte halten nur zum Theil und müssen theilweise
am 14. Juli entfernt werden.
Am 21. Juli, als die Wunde gut granulirte, neue Naht, die eine er¬
hebliche Verkleinerung bewirkt. Der Knochendefect bleibt deutlich fühlbar
hat eme leicht S-förmige Gestalt, misst in seiner grössten Länge 8, in seiner
grössten Breite 3 cm und nimmt das Stirnbein und einen kleinen Theil
des rechten Scheitelbeines ein. Deutliche Gehirnpulsationen an der Stelle
u6s JJeiectcs.
Am 16. September in Chloroformnarkose (Operateur: Direktor
Dr. Körte) osteoplastischer Verschluss des Defectes nach König. Uin-
schneidung der Weichtheilnarbe, die den Knochendefect ausfüllt. Ab-
präpanrung derselben von der Dura, ohne dass diese dabei eröffnet wird,
ran nach dem Gesichte zu liegender Stiel wird erhalten. Oborhalb und
nach innen zu von dem so gebildeten Lappen wird der Ersatzlappen mit
nach hinten zu gelegener Basis Umschnitten, so dass er an Grösse all¬
seitig den Schädeldefect übertrifft und von letzterem durch einen Sporn
unvereehrter Haut getrennt bleibt. Der umschnittene Ersatzlappen wird
nach Ketraction der Haut und des Periostes mittels eines scharfen Meisseis
innerhalb der Tabula externa abgetrennt, dann beide Lappen vertauscht
und an dem Orte, wo sie einheilen sollen, durch Seidennähte fixirt. Da
? n m Lap i )Cn, 7 el ? h ^ die Narbe cnthielt > nicht vollständig den Defect aus- 1
füllte, der durch Wegnahme des Hautperiostknochenlappens entstanden
war, so wird ein dritter Lappen medianwärts von letzterem mit nach oben
und hinten gerichtetem Stiel gebildet und zur Bedeckung des noch bloss-
hegenden Knochens verwendet. Die durch Bildung des dritten Lappens
gebildete Wunde wird mit Thiersch’schen Transplantationen bedeckt.
Keactionsloser Verlauf.
A m 29. September 1891 werden sämmtliche Nähte entfernt. Prima
mtentio erfolgt. Früherer Schädeldefect fest verschlossen. Nur die
usserste Spitze des übergepflanzten Hautperiostknochenlappens ist nekro-
:! ßc “ geworden und infolgedessen an einer circumscripten, etwa fünfpfennig¬
stuckgrossen Stelle noch Pulsation wahrzunehmen.
Am 15. October wird Patient entlassen, da die Erlaubniss zu einer
uperation behufs Deckung des kleinen Defectes von den Eltern ver¬
weigert wurde.
p, j bruar , 1893 stellt sich Patient wieder vor, und es konnte
3f ellt werden, dass der frühere Defect fast mit Knochensubstanz aus-
\ ar- .ur emen Finger breit über dem Margo supraorbitalis fühlt
j 1 ? er . ? ben d * e Fmgerkuppe aufnehmenden Stelle Pulsation,
ca 9 m m u -i®! nocb am oberen Rande des früheren Defectes eine
«bir nicht b Än F w’ W ° “““ bei genauerefi Hinsehen Pulsation sieht,
Eine besondere Methode der Autoplastik hat Sevdel 1 ) ange-
wandt, um einen -- ^ ’ - — - —
,, ' r— grossen Knochendefect des Schädels zum Ver-
• e w u . b r ingen ’ zu einer Zeit als Verfahren nach König
Defepf 110 ? 4 b ® ka . nnt ^, ar - . Um einen 5,5 cm langen, 4 cm breiten
Tinn* • - * n k en Scheitelbeines, der nach einer complicirten
9 i»v<?^ 1 ° nS ^? C m llr zur öckgeblieben war, zu decken, meisseite
,ijp v* ■ Pa ^ e nac b dem Trauma, als die Gehirnerscheinungen,
dahin hp.Ktnmi<m hatten, verschwunden waren und der
infnltw» bestanden naccmi, verscnwunaen waren und der
lanJfo 6 ^ ~; raumas entstandene Querriss verklebt war, ein 5,5 cm
ansX* n ,. breites Stück sämmt dem zugehörigen Perioste
lösuntr 7 pJk 1C -u 1S de ü aus » es * n schwache Kochsalz-
damirX^-v!!^ da 5 n in 8—8 gleichmässige Stücke und füllte
theilA den Schädeldefect aus, ohne zunächst die Weich-
ÜberzAnw* Za Ternäben - ® rst ze bn Tage später, als er sich
mit d P r n atte ’ dass d * e Stücke lebensfähig geblieben und fest
dem verwac bsen waren, deckte er dieselben durch einen
Stück« Wf 411 ^ 6 ® ntnammenen gestielten Lappen. Die implantirten
^unde rlnruv, 6r m - d ? r Zwischenzeit mit Silk bedeckt und die
Verbände bedeckt geh a j^ doforingaze und trockenem aseptischem
machen^I^Ki 11 -!* 11 M nem der bisher geschilderten Verfahren Gebrauch
Schädeldpf«,.f! lbt ^^als letzte Möglichkeit, ausgedehntere traumatische
lösten und i. ZUm ^ er8chlus8e zu bringen, die Implantation der ge-
T Sgen0I ? m . enen S P litter «brig. Der erste, der auf
Fussend w , traumatlsc be Defecte ausfüllte, war Mac Ewen.
beraustrepanirtßr 11 «?«! 1 ^ 11 k R ® S m? atei1 ’ welche das Wiedereinheilen
in mehreren Fall St * ck ? , be f Thieren ergeben hatte und die er
— _ len auch beim Menschen bestätigen konnte, schlug
‘) i
Schädels
,S " iSTp l^° ChendefeCte
des
405
N v ^eiioblich vermehrt
\ '% ^ht ohne die
\ dies
\VWS»
\ w?
.ces
wache
elnh .pflanzen,
um es für
er vor, bei complicirtek
Ausfüllung des Defectes uL
Im Jahre 1888 ^ berichtete
nach Schädelverletzungen sowl
nationen in der Regel durch
Knochenstückchen zwischen Hau'
ungestörter Asepsis damit schlier,-
knöcherung im Bereiche der Lücke el
So gross nun die Zahl der Fälle
vorher intacten Schädel, sei es mit Ham™
mit der Trepankrone ausgelösten Knoche!
wieder eingesetzt wurden, so selten sind bei
brüchen die zertrümmerten Knochentheile zuF
des Defectes benutzt worden. Es liegen nur
von Gerstein 2 ), welcher ein 4 cm langes und ^
Knochenstück, das er entfernen musste, vorübergehen!
Sublimatlösung legte, um es schliesslich wieder ^
Er war dabei genöthigt, Theile desselben abzutragen,
die Lücke passend zu machen. Es heilte ein, und bei dem wenige
Monate später an Pneumonie erfolgten Tode des Patienten konnte
festgestellt werden, dass das Stück überall da, wo es mit Knochen
in unmittelbarer Berührung gestanden hatte, knöchern ver¬
bunden war.
Von v. Bramann, 3 ) der der chirurgischen Seetion der 64.
Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte drei Kranke
mit complicirten Schädelbrüchen vorstellte, bei denen er vollständig
gelöste Knochenstücke zur Einheilung brachte. &
Von Jones. 4 ) Er hatte die Knochenstücke in Carbolsäure-
lösung 1:30 aufbewahrt. In zwei Fällen reactionslose Einheilung,
in einem Falle Ausstossuug der Knochenstücke unter Eiterung.
Die Wunde war in allen Fällen nach der Implantation völlig
geschlossen worden.
Von Möller, 5 ) der im ärztlichen Verein zu Hamburg einen
achtjährigen Knaben vorstellte, bei dem ein ca. thalergrosses, durch
Meisseitrepanation gelöstes Stück in den Defect wieder eingelegt
wurde, während ein zweites etwa eben so grosses wegblieb. Das
eingelegte Stück heilte reactionslos ein, obschon die Wunde infolge
der Eröffnung der Stirnhöhle mit der Nasenhöhle in Verbindung
stand.
Justo 6 ) erzielte die Einheilung eines 6—7 cm langen und
4— 4 V 2 cm breiten Knochenstückes des rechten Scheitelbeines bei
complicirter Fractur.
Ferner berichtete in der sich an den Vortrag des Verfassers
(in d. fr. chir. Vereinig, am 13. März 1893) anschliessenden
Discussion Thieme (Cottbus) über mehrere Fälle glücklich ver¬
laufener frischer Implantationen.
Da die im städtischen Krankenhause am Urban bisher zur
Behandlung gekommenen Fälle von traumatischen Schädeldefecten
— mit Ausnahme des schon geschilderten Falles — sämmtlicli
durch Implantation der gelösten und herausgenommenen Trümmer
mit bestem Erfolge zum Verschlüsse gebracht wurden, so sind wir
in der Lage, uns gerade über diese Methode, bezüglich ihrer
Brauchbarkeit vom klinischen Standpunkte aus, ausführlicher
äussern zu können. Es handelte sich in allen Fällen, die im
folgenden geschildert werden, um complicirte Brüche des Schädel¬
daches mit Splitterung und Depression der Fragmente. Die
Indication zum operativen Eingreifen war nicht in allen Fällen
dieselbe, dagegen bot das Vorgehen bei der Ausfüllung des
Defectes durch Implantation so wenig verschiedenes, dass wir eine
Beschreibung derselben vorausschicken wollen, um spätere Wieder¬
holungen zu vermeiden. Nach sorgfältiger Desinfeetion der Haut
des rasirten Schädels wurde die Bruchstelle durch grosse Er¬
weiterungsschnitte freigelegt, das Periost soweit als nöthig zurück¬
geschoben, und dann mit Hülfe von Hammer und Meissei die ein¬
gedrückten Stücke gelöst und herausgenommen (also ohne Periost¬
bekleidung!), die einzelnen Stücke wurden dann in l%o Sublimat¬
lösung durch Abreiben mit den Händen gereinigt und in warmer
0,75 °/o Kochsalzlösung bis zu ihrer Wiedereinlegung aufbewahrt.
Zeigten einzelne der Knochenstücke, was selten der Fall war,
*) William Macewen, Ueber Chirurgie des Hirn und Rücken¬
marks. Adresse gelesen auf der 56. Jahresversammlung der British, ined.
Association zu Glasgow am 9. August 1888. Referat im Centralblatt für
Chirurgie 1888, No. 43.
а ) Gerstein, Ueber Verschluss von Defecten am Schädel. Ver¬
handlungen des Chirurgencongresses 1889.
*) v. Bramann, Centralblatt f. Chirurgie 1891, No. 48, p. 944.
4 ) Jones, Three cases of compound depressed fracture of the skull
in which the bones were replaced affcer beeing temporaly removed. Med.
Chronicle 1890, December.
5 ) Möller, Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 48, p. 1285.
б ) Justo, Sobre alginos casos de lesiones traumaticas de la böveda
del craneo y del cerebro. Rev. de la soc. mdd. Argentina, Buenos-Aires
1893, März und April. Ref. im Centralbl. f. Chir. 1893, No. 41.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
402
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 18
Bei den
^Tiessei
sowohl der
auch
dem
eitert
die sich auf die geschilderte Weise
Hessen, so wurde die betreffende Stelle mit der
^ange abgekniffen.
Fawunden wurden zum Zwecke besserer Desinfection er-
und danach entweder vollkommen mit Catgut vernäht,
oder an einer kleinen Stelle offen gelassen, von der aus Jodoform¬
gaze unter die Nahtlinie lind die Nachbarschaft der Wunde ge¬
schoben wurde.
Lagen Gehirnverletzungen vor, so wurden dieselben zunächst
mittels kleiner Gazestückchen, die mit 1 ü /oo Sublimat getränkt
waren, ausgerieben, dann mit Jodoformgaze ausgetrocknet und
stets drainirt. Zur Drainage dienten uns anfangs schmale Jodo¬
formgaze-, später Silk protectif-Streiten, die bis auf den Grund
der Wunde eingeführt wurden, ohne jemals dabei eine nennens¬
werte Reaction hervorzurufen. Selbstverständlich blieb die Dura
über der Gehirnwunde stets offen, und auch bei der Implantation
der Knochenstücke wurde die verletzte Gehimpartie wenigstens
soweit frei gelassen, dass die Wirkung der Drainage nicht beein¬
trächtigt wurde.
Ganz besondere Sorgfalt wurde stets auf die Stillung der Blu¬
tung verwandt. Gefässe der Dura wurden umstehen und unter¬
bunden, Blutungen aus der Diploß durch vorübergehende Tampo¬
nade mit Jodoformgaze meist rasch zum Stehen gebracht, event.
durch Anwendung von Glühhitze (Paquelin) gestillt.
Waren Dura- und Gehirn-wunden auf diese Weise versorgt,
so wurden die Knochenstücke ans der Kochsalzlösung heraus an
den Ort ihrer Bestimmung gebracht, indem sie lose neben ein¬
ander auf die Dura aufgelegt wurden. Sie wurden dabei nicht
weiter verkleinert, sondern behielten die Grösse, die sie nach der
Herausnahme aus der Bruchstelle hatten, bei, d. h. ungefähr die
Grösse eines Daumennagels, manche etwas grösser, andere kleiner,
wie das Trauma sie geformt hatte. Nach beendigter Implantation
wurden die Weichtheile (Haut und Periost zusammen) über der¬
selben durch weitläufige Seidennaht vereinigt bis auf einen oder
zwei Wundwinkel, die event. zur Drainage dienten.
Es verdient hervorgehoben zu werden < dass es nach unseren
Erfahrungen vollkommen gleichgültig für den definitiven Erfolg ist,
ob die Knochenstücke jedesmal der ganzen Dicke der Schädeldecke
oder nur der Tabula externa oder interna allein angehören, ferner
erscheint auch die Grösse der eingelegten Stücke ohne Belang,
da wir solche von 1—2 cm Breite und andererseits selbst Meissel-
spähne benutzten und einheilen sahen. Auch die Art der Ein¬
legung der einzelnen Stücke beeinträchtigt nicht das gute End¬
resultat, es ist daher nicht nöthig, dieselben so zu lagern, dass
die Dura jedesmal mit der glatten Innenseite der Tabula vitrea
in Berührung kommt. Wir haben wiederholt auch rauhe, kantige
Theile der Diploß direkt der Dura aufgelegt.
A on Wichtigkeit für das Gelingen der Implantation scheint
dagegen eine streng durchgeführte Asepsis, eine möglichst exaote
Blutstillung und eine sorgfältige Naht der • Weichtheile über den
eingepflanzten Knoehenstücken zu sein. (Fortsetzung folgt.)
VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn.
Die Gefahren der Narkose für den
Diabetiker.
Von Dr. Ernst Becker, I. Assistenzarzt der Klinik.
(Schluss aus No. 17.)
Wir haben also gesehen, dass man gegen die bislang bekann¬
ten ursächlichen Factoren des Coma diabetieum berechtigte Zweifel
und Bedenken in’s Feld führen und dass man in ihnen nicht den
wahren Grund für das nach operativen Eingriffen auftre¬
tende tödtliche Coma erblicken kann.
Dagegen scheint mir alles dafür zu sprechen, dass die Nar¬
kose als solche imstande ist, bei einem Zuckerkranken ein
Coma aus-zulösen. Die Annahme hat allein schon deshalb viel
Wahrscheinlichkeit für sich, als beide — Narkose und Coma _
in ihrem ganzen physiologischen Bilde und klinischen \ T erlaufe
grosse Aehnlichkeiten ipit einander haben.
Die AVTrkung des Narcöticum auf den Organismus des
Zuckerkranken kann man sich auf zweierlei Art vorstellen: mecha¬
nisch oder chemisch.
Es ist eine anerkannte Thats&che, dass während und nach einer
.Narkose die Blutdruck-, die Blutvertheilungsverhältnisse und Strö¬
mungsgeschwindigkeiten mannigfachen bedeutsamen Schwankungen
unterworfen sind. Versuche am Thier und klinische Beobachtun¬
gen haben erwiesen, dass 1) unter dem Einflüsse der Chloroform-
Inhalation der Tonus der Hirngefässe progressiv abnimmt und
eine Vertangsamung des Blutkreislaufes im «Gehirne (vorzugsweise
venöse Hyperämie) eintritt, dass 2) diese Veränderungen eontinuir-
lich zunehmen, bis sie wenige Stunden vor Eiutritt des Erregungs-
stadiums ihr Maximum erreichen, und 8) im Stadium der völligen
Narkose der Tonus ebenso wie die Strömungsgeschwindigkeit ver¬
mindert, aber statt der Hyperämie Anämie vorhanden ist.*) Mögen
dabei nun mehr oder minder grosse Differenzen bestehen, je nach¬
dem man den Aether oder das Chloroform als Narcöticum bevor¬
zugt, mag immerhin der Aether in der zur vollständigen Anästhesie
nöthigen Menge gewöhnlich eine Steigerung der Stromgeschwindig-
keit und der Pulsgrösse bewirken, während das Chloroform nur
ausnahmsweise diese Wirkung hat und bei ihm Pulsgrösse und
Stromgeschwindigkeit meistens unverändert bleiben oder sogar
abnehmen. 2 ) — Mag dem sein, wie ihm wolle, auf jeden Fall muss
man in der Narkose eine sehr schwere (wenn auch in der Regel
ohne bleibenden Nachtheil vorübergehende) Alteration in der Func¬
tion des edelsten und lebenswichtigsten Organes des menschlichen
Körpers sehen. Ist dies aber schon beim gesunden Menschen zu
beobachten, wie viel grösser müssen die mit einem solchen Ein¬
griffe verbundenen Gefahren für den Zuckerkranken sein, dessen
gesammter Stoffwechsel ohnehin schon schwer geschä¬
digt ist, der oft schon auf geringe psychische Reize, körperliche
Anstrengungen oder Aenderungen der Diät in höchst bedenklicher
AVeise mit den schwersten klinischen Symptomen reagirt! Wie
wir uns im einzelnen den A r organg vorzustellen haben, lässt sich
schwer sagen. Man könnte versucht sein, in der Gehirnanämie,
welche während der Narkose besteht, die eigentliche Ursache zu
erblicken, weil dieselbe wahrscheinlich auch den comatösen Zustand
des Zuckerkranken bedingt. 3 ) Beweisen lässt sich das aber nicht,
um so weniger, als es, worauf Ebstein 4 ) besonders aufmerksam
gemacht hat, durchaus unstatthaft ist, aus Befunden bei der Au¬
topsie Rückschlüsse auf den Zustand des Gehirns intra vitam zu
machen.
Da die Zuckerharnruhr eine Erkrankung des Stoffwechsels
ist, bei welcher unter bestimmten, noch näher zu bezeichnenden
Bedingungen gewisse chemische Stoffe im Blute kreisen und zmn
Theil mit dem Urin ausgeschieden werden, Stoffe, welche nach
unseren heutigen Anschauungen eine „diabetische Intoxieation“
(Frerichs), einen comatösen Zustand hervorzurufen imstande sind,
so ist es naheliegend anzunehmen, dass die Entstehung dieser
Körper im Organismus durch Inhalation von Chloroform oder Aether
begünstigt oder hervorgerufen wird — kurz, dass das Coma
diabetieum im Gefolge einer Narkose auf chemischem
A\ r ege aus gelöst wird. Man kann sich dies wie eine Art „An-
stossWirkung“ vorstellen. Aehnlich wie man Wasser, welches auf
0° abgekühlt ist, durch einen leisen Stoss an das Gefäss zum
plötzlichen Erstarren, zum Gefrieren bringen kann, ebenso könnten
unter dem Einflüsse der Inhalationsanaesthetica, die bis dahin la¬
tent gebliebenen toxischen Stoffe zur massenhaften Entwickelung
gelangen, den gesammten Kreislauf überschwemmen und dadurch
das Bild des diabetischen Comas hervorrufen.
Trotz vieler Bemühungen ist man nun aber bislang noch nicht
darüber in’s Klare gekommen, welches schädliche Product des ab¬
normen Stoffwechsels es eigentlich ist, welches für das Auftreten
des diabetischen Comas verantwortlich zu machen ist. Ohne mich
im einzelnen auf die verschiedenen Theorieen einzulassen, will ich
nur kurz erwähnen, dass man nacheinander die übermässige Er¬
zeugung oder Aufstapelung von Aceton, Acetessigsäure (Diacet-
säure) oder anderer Säuren im Blute beschuldigt und danach die
Theorieen der Acetonämie, der Diacetämie und der Säure¬
in toxication aufgestellt hat. 5 )
Leider finden sich in den Krankengeschichten operirter Dia¬
betiker nur ganz vereinzelte und kurze Notizen über in dieser Rich¬
tung angestellte Harnuntersuchungen, sodass man aus denselben
keinerlei bindende Schlüsse ziehen darf.
Dagegen war es naheliegend, den nach einer Narkose gelassenen
Urin gesunder Menschen auf das etwaige Vorkommen von Ace¬
ton und Acetessigsäure zu untersuchen. Es wurde in jedem
einzelnen Falle vor der Narkose der Urin auf Eiweiss und Zucker
geprüft, um mit Sicherheit gröbere Stoffwechselanomalieen aus-
schliessen zu können. Da hat sich nun gezeigt, dass etwa
in der Hälfte der Fälle (unter 70 Fällen bislang 86 mal)
Aceton im Urin nach der Narkose schon beim gesunden
Menschen auftritt; Acetessigsäure war nicht so häufig nach*
zuweisen. Es wurde dabei die Legal’sche beziehungsweise Ger-
hardt’sche Reaction angestellt. Der Acetongehalt trat in- der
ersten Urinprobe am stärksten auf und nahm dann im Laufe der
nächsten Stunden bis selbst drei Tage ganz allmählich ab. Ich
behalte mir vor, über die Untersuchungsresultate ausführlicher
0 Holz in Bruns’ Beiträgen zur klinischen Chirurgie, VII. Bd., p. 53.
3 ) Holz 1. c. p. 68.
3 ) Cyr 1. c. Jan. 1878, p. 53 u. 54, No. 5.
4 ) Ebstein, Deutsch. Archiv für klin. Medicin Bd. 28, p. 159 fl.
5 ) Huchard, Internationale klinische Rundschau 1894, p. 83.
.Digitizea by
Go« igle
Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
3. Mai.
zu berichten, bin abor der Ueberzeugung, dass durch dieselben
eine Basis geschaffen worden ist, auf der man die Lehre vom
Coma diabetieum im Gefolge der Narkose weiter studiren kann.
Nun sind aber auch im Jahre 1891 von Käst und Mester 1 )
höchst interessante Beobachtungen über die Stoffwechselstörungen
Gesunder nach länger dauernder Chloroformnarkose veröffentlicht,
welche möglicher Weise imstande sind, die angeregte Frage, so¬
weit sie den Diabetiker betrifft, weiter zu fördern. Allerdings
handelt es sich hier stets um Narkosen von 1 1 /- 2 - und mehrstündiger
Dauer. Von den mehrfachen Versuchsergebnisseu hebe ich nur
zwei hervor, da sie mir für die Diabetesfrage von Bedeutung zu
sein scheinen, nämlich:
1. „dass unter dem Einflüsse länger dauernder
Chjoroformnarkosen eine mehrere Tage andauernde
Störung des Eiweissumsatzes statthat, wie sie bisher
nur bei schweren toxischen Läsionen dos Organismus,
wie bei der Phosphorvergiftung, beobachtet wurde“ 2 ) und
2. „dass constant eine meist beträchtliche Zunahme
der Acidität des Harns nach der Narkose auftrat, w elche
oft noch mehrere Tage nach derselben anhielt. 3 )
Was zunächst den letzteren Punkt anlangt, so haben Käst
und Mester den Grad der Acidität des Harnes quantitativ durch
Titriren mit Normalnatronlauge bestimmt und sind der Ansicht,
dass „in Anbetracht der erheblichen Mengen von Chlor, welche
in Form von Salzsäure aus dem Chloroform durch den Stoff¬
wechsel abgespalten werden, dadurch allein schon eine genügende
Erklärung der Zunahme der Acidität der Chloroformharne gegeben
ist.“ In wie weit organische Säuren dabei betheiligt sind,
konnten sie nicht ermitteln; die Untersuchung auf Milchsäure
und Oxybuttersäure ergab ein negatives Resultat.
Wie steht es nun mit dem diabetischen Coma? Die For¬
schungen der letzten Jahre neigen sich immer mehr der Auffassung
zu, dass dasselbe nicht durch eine einzige, sondern durch meh¬
rere toxisch wirkende Substanzen herbeigeführt wird und
dass diese hauptsächlich in einer Reihe von Säuren, Crotonsäure
(Stadelmann), Oxybuttersäure (Külz), ausserdem noch Ameisen-
Essig-Propionsäure u. s. w. bestehen. 4 )
Nach Kirstein 5 ) kommt es im Beginne des Diabetes deshalb
nicht zum Ausbruche toxischer Symptome, w’eil sich die über¬
schüssige Säure mit Ammoniak sättigen und so als leicht eliminir-
bares neutrales Salz den Körper verlassen kann. Später, w r enn
nicht mehr genug Ammoniak vorhanden ist, um die Säure zu neu-
tralisiren, bemächtigt sich diese der im Organismus befindlichen
und für seinen Bestand unentbehrlichen Kalium- und Natriumver¬
bindungen. Dadurch werden toxische Zufälle veranlasst und ver¬
ursacht. Vom klinischen Standpunkte also ergiebt sich daraus,
dass die diabetische Intoxication, das Coma, mit dem Augenblicke
einsetzt, wo bei Mangel von Ammoniak die fixen Alkalien den Ge¬
weben zur Säuresättigung entzogen werden. Die Toxicität des
Blutes steht demnach in einem umgekehrten Verhältnisse zu seiner
Alkalescenz.
Wendet man auf diese Lehre die Versuchsergebnisse an, welche
Käst und Mester durch die Stofifwechseluntersuchungen gewannen,
«o ist es ohne weiteres einleuchtend, dass man in der von ihnen
nachgewiesenen Säurezunahme des Blutes nach Chloroformnarkösen
— welche ihren Ausdruck in der Zunahme der Harnacidität findet —
möglicherweise dasjenige Agens zu suchen hat, welches die toxi¬
schen Zufälle, d. li. das Coma, bei dem Zuckerkranken auslöst.
Ich habe bereits hervorgehoben, dass Käst und Mester nur den
Urin nach langdauernden Narkosen untersuchten. Indesseu
kommen aber sicher im Verlaufe der Zuckerharnruhr Zustände
vor, die wir bislang klinisch w T ohl noch nicht diagnosticiren können,
bei denen aber nur ein ganz minimaler Anstoss, ein nur geringer
Säureüberschuss, wie er sich offenbar schon bei Narkosen unter
einer Stunde Dauer bilden wird, genügt, um eine diabetische In¬
toxication hervorzurufen. Ob nach Aethernarkosen ebenfalls eine
Zunahme des Säuregrades sich im Harne nachweisen lässt, ist
meht bekannt; Käst und Mester arbeiteten nur mit Chloroform¬
harn.
Von niindestens ebenso grossem, vielleicht noch verderblicherem
Einflüsse ist für den Diabetiker die von den beiden Forschern
nachgewiesene, mehrere Tage andauernde Störung des Eiweiss¬
umsatzes, „wiesie bisher nur bei schweren toxischen Läsionen
des Organismus, wie bei der Phosphorvergiftung, beobachtet wurde.“
berade der gesteigerte Eiweisszerfall ist nun aber — neben
er blykosurie — ein „ Cardinalsy m ptom u des Diabetes mellitus! 6 )
) Käst und Mester, Zeitschrift für klin. Mcdicin 18. Bd., p. 469 ff.
') 1. c. p. 476.
*) 1. c. p. 478.
J X?*- StrümpelTs Lehrbuch und Huchard 1. c. p. 117 ff.
6 Kirstein, Dtsch. mod. Wochonschr. 1889, p. 289.
) Ebstein, Zuckerharnruhr p. 2 u. 155 ff.
40§
Wird derselbe nun durch eine Narkose noch erheblich vennehrt
und beschleunigt, so kann dies selbstverständlich nicht ohne die
schwersten Folgen für den Patienten bieiben. Wir erkennen dies
einmal daraus, dass anscheinend garnicht selten nach einer Narkose
der Procentgehalt des Harnes an Zucker mehr oder minder zunimmt.
Landau 1 ) hebt dies ausdrücklich bei seiner Kranken hervor, wo
eine wiederholte Urinuntersuchung nach verschiedenen Methoden
vor der Narkose keinen Zucker nachweisen liess, wohl aber nachher.
Andererseits muss man aber das Auftreten von Aceton, Aeetessig-
säure etc. im Urin als den Ausdruck eines gesteigerten Zerfalles
von Organeiweiss auffassen,-) ein Symptom das sowohl Landau,
w r ie ich bei einem meiner Kranken beobachten konnte. Dio Athein-
luft des Patienten, dejn ein Poplitealaneurysma operativ entfernt
war, hatte einen deutlichen Geruch nach Aceton.
Es ergiebt sich also hieraus, dass man sow r ohl auf Grund der
von mir nachgewiesenen Acetonurje und Diaeeturie nach
Narkotisiren Gesunder, wie mit Hülfe der von Käst und Mester
gefundenen Versuchsergebnisse sich die durch klinische Erfahrung
bestätigte Thatsache vollauf erklären kann, dass gelegentlich ein
Zuckerkranker im Anschluss an eine Narkose comatös zugrunde
geht. Welche besonderen Bedingungen dazu erforderlich sind,
welche klinisch oder chemisch nachweisbaren Stoffwechselanomalieen
des Kranken, welche Abnormitäten in Qualität und Dosirung des
Narcoticums dabei im Spiele sind, ist bislang noch völlig unauf¬
geklärt. Es wäre sehr zu wünschen, dass in dieser Richtung aus¬
gedehntere Stoffwechsoluntersuchungen gemacht würden, bei deren
Ausführung die Chirurgie allerdings der Hülfe der inneren, Kliniker
und physiologischen Chemiker nicht entratheu kann. Nur so kann
es hoffentlich gelingen, noch viele unbekannte und in ihren Ursachen
dunkle Momente aufzyklären.
Von den vielen Fragen möchte ich nur einige an dieser Stelle
kurz anregen: Wie kommt es, dass derselbe Kranke (No. 3)
einmal die Narkose ohne irgend welche üble Nachwirkung verträgt
und 14 Tage später einer Narkose, die unter den ganz gleichen Be¬
dingungen verläuft und sogar noch in kürzerer Zeit beendigt war,
zum Opfer fällt? Wie. ist es zu erklären, dass eine grosse Zahl
von Diabetikern die Narkose gut übersteben ugd ein andrer, dessen
Zuekerharnruhr nur gajiz leichte oder gar keine manifesten Symptome
darbietet, bei dem man nicht, im entferntesten an die Möglichkeit
eines schlimmen Ausgangs gedacht hatte, comatüs zugrunde geht?
Es liegt nahe, den Grund hierfür in zeitlichen oder individuellen
Anomaliecn des Stoffwechsels zu suchen.
Die Häufigkeit des Vorkommens ist daher mit einigen
Worten zu streifen. Bestimmt« Zahlenangaben lassen sich leider
nicht beibringen, da die Zahl der zur Operation kommenden
Diabetiker überhaupt nür gering ist. Erst dann, wenn man den
Urin jedes (auch für'-Diabetes- unverdächtigen) Kranken vor Ein¬
leitung der Narkose auf Zucker untersucht, wird man erst über
Jahr und Tag, sobald ein grösseres Beobachtungsmaterial vorliegt,
ein annähernd richtiges Urtheil abgeben können. Indessen will
ich doch nicht, unterlassen zu erwähnen, däss Landow (Göttinger
Klinik) von elf Diabetikern einen, Ifaber (Dr. Israel in Berlin)
von 14 Kranken zwei, und Heidenhäin (Augustahospital in
Berlin) von elf Zuckerkranken einen nach der Narkose im Coma
diabetieum sterben sab. Es handelt sich aber bei diesen insge-
sammt 36 Kranken mit. vier Todesfällen ausschliesslich um Fälle
von diabetischer Gangrän. Wie viel Diabetiker aus anderen
Gründen ausserdem noch operirt, wurden, geht aus den Statistiken
nicht hervor.
Ich habe es absichtlich unterlassen, bei der Mittheilung der von
mir in der Litteratur Vorgefundenen Fälle von diabetischem Coma
im Gefolge einer Narkose einige zu erwähnen, die in ihrem
Symplomeneomplex einen etwas abweichenden Verlauf darboten, um
den Gesammteindruck des von mir geschilderten klinischem Bildes
nicht zu verwischen. Ich stehe indess nicht an, dieselben an dieser
Stelle kurz zu besprechen* Sie illustriren eine Thatsache, welche
ich an die Spitze der Betrachtungen stellen möchte, nämlich : dass bei
Diabetikern, welche bereits vor der Narkose Anzeichen eines sich
entwickelnden Comas (grosse Unruhe, Mattigkeit, zeitweise auf¬
tretende Somnolenz) darbieten, dio diabetische Intoxication rasch
verschlimmert werden und binnen kurzem zum Tode führen kann.
In LandowV) Statistik finden sich zwei derartige Fälle.
Beide malo handelte es sich um eine fortschreitende diabetische
Gangrän der Unterextremität; beide Kranke waren in den Tagen
vor der Operation elend und zeitweise somnolent. Dem ersten
wurden mehrfache, ausgedehnte Ineisionen auf Fussrüeken und
Sohle gemacht. Es entleerte sich stinkende Jauche: das subcntano
Gewebe war in grosser Ausdehnung gangränös. Der Kranke
*) Land «au 1. c.
a ) Ebstein 1. c. p. 177.
3 ) Landow, 1. c. Fall No. 10 und 14.
DEUTSCHE MEDICINISCHE -WOCHENSCHRIFT.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Sbutscö ifeiciNisdtiE
verfiel sofort in ein tiefes Coma, dem er nach Stunden
erlag. Bei dem andern, Krk^ei^wuj-de clie.Mp4ati6 feflipr^
mittleren prittel gemacht. Det Kränke erholte sich nicht hiehf
näch cler Operation und starb am folgenden Tage im Coma.
Dass gerade das Umgekehrte nicht selten eintritt, dass ein bereits
comatöser Kranker sich nach der Amputation schnell erholt und
gesundet, ist seit der Mittheilung König’s 1 ) allbekannt und öfter
von den Chirurgen beobachtet worden.
Weshalb nun in dem einen Falle ein in der Entwickelung be¬
griffenes Coma durch eihen operativen Eingriff in Narkose ver¬
schlimmert Vird, so däss der Krahke kinheh kurzein demselben er¬
liegt., in einem ahderen Fälle dagegeh durch die Öpörätioil direkt
beS^iii^t Mrd; dafür hrdrdeh MT 2ur &eit Wohl nöch keine äus«
reichende Erklärung ähgeben köhndü.. . ,
Fasse ich nun kürz das Ergebniss der vorstehenden Be¬
trachtungen zusammen, so lässt sich dasselbe etwa folgender-
inaassen formuliren: , . ■ , , . •
. Dürbh klihikche Beobachtungen ist es hinreichend
bestätigt, dass bei Diabetikern, welche keinerlei bedroh¬
liche Symptome dar bieten, unter bislang noch unbe¬
kannten Vorbedingungen, welche wahrscheinlich zum
Theil in dem gestörten Stoffwechsel derselben beruhen,
durch eine Narkose ein Coma ausgelöst werden kann,
welches den Tod oft in sehr kurzer Zeit herbeiführt.
Daraus ergiebt sich die praktische Schlussfolgerung, dass man
Diabetiker nicht unnöthig narkotisiren soll: nämlich nur zum
Zwecke einer Untersuchung, z. B. in Unfallversicherungsangelegen¬
heiten, oder bei der Ausführung kleinerer Operationen, die hiah
ebenso gut ohne Narkose oder hiit lokaler Anästhesie Vornehmen
kann,, Wie z. B. Spaltuhg Voh Flirunkeln und ÖärbUnkeln, lücisiohen
von Äbscfesseh, Cirbuhieisioh Oiiier Phimose etc;
Ich bin mir wohl bewusst, dass das von mir zusainhiengestfeÜte
Material noch nicht ausreichend ist, um ein abschliessendes Urtheii
zu gestatten. Indessen schienen mir unsere Erfahrungen wichtig
genug, um durch Mittheilung derselben eine Präge änzuregen, die
für den Diabetiker Voh einschneidender Bedeutung sein dürfte.
Bei der verhältnissmässig kleinen Zahl von Zuckerkranken, welche
ein einzelner Chirurg zur Behandlung bekommt, ist ein gemein¬
sames Arbeiten nur erwünscht. Der Zweck dieser Zeilen wäre
vollauf erreicht, wenn es mir gelungen wäre, bei den Fachgenossen
für das Coma diabeticum im Anschluss an eine Narkose
Interesse zu erregen und dadurch Rede und Gegenrede zu er¬
zeugen.
VH. Ein FaU von schwerer Asphyxie
der Neugeborenen.
Von 1)1\ E. Neuhaus in Hagen i. W.
Folgender Fall yon schwerer Asphyxie, der sich vor einiger
Zeit in meiner Praxis ereignete, dürfte einer kurzen Berichterstat-
sung werth erscheinen.
Nachts werde ich zu einer Wöchnerin gebeten wegen Beckenendlage.
Die Hebamme hatte den Muttermund schon verstrichen gefunden und
beide Füsse vorliegend. V.-Para. Die früheren Geburten waren normal
verlaufen. Der Geburtsact war so beschleunigt, dass derselbe in noch
nicht 3 /< Stunden beendigt war. Das Kind wurde tief asphyktisch ge¬
boren. Die Hebamme hatte deshalb dasselbe sofort abgenabelt und Wieder¬
belebungsversuche durch Reiben und warmes Bad angestellt.
Etwa fünf Minuten nach Austreibung des Kindes kam ich im Hause
der Wöchnerin an und übernahm sofort die Wiederbelebungsversuche.
Das kräftig entwickelte und ausgetragene Kind schien völlig leblos.
Mittels Katheters konnten zunächst etwa zwei Theelöffel zähen Schleimes
aus der Trachea entfernt s werden. Darauf begann ich Schwingungen nach
Schultze vorzunehmen, abwechselnd mit einem kurzen warmen Bad,
kalten Uebergiessungen etc. Eine Stunde lang waren diese Bemühungen
ergebnisslos, die Lippen cyanotisch. Nach dieser Zeit konnte ich zuerst
ganz schwache Herztöne constatiren. Nach einer weiteren halben Stunde
begannen sich Lippen und Haut roth zu färben, erblassten jedoch sofort
wieder mit Auf hören der künstlichen Afchmung. Die Herztöne waren
um ein geringes kräftiger geworden. Nach einer weiteren Viertelstunde
erster Athemzug des Kindes, der also nach circa 1 a /i Stunden vergeb¬
lichen Bemühens erfolgte. Hierauf warmes Bad, in dem sich das Kind
allmählich erholt. Die Athemzüge erfolgten jedoch immer noch ober¬
flächlich und unregelmässig. Nach wiederum »/* Stunde abermaliges Aus¬
setzen der Athmung. Warmes Bad und kalt« Uebergiessungen machen
auch diesen Anfall vorübergehen. Das Kind athmet nun kräftig und
schreit. °
Nicht so sehr die Seltenheit des Falles veranlasst mich zu
dieser Mittheilung als vielmehr die Absicht, darauf hinzuweisen,
dass man auch bei anfangs ergebnislosen Wiederbelebungsver¬
suchen noch nicht die Hoffnung aufgeben darf, durch längeres
Fortsetzen derselben zum Ziele zu gelangen.
*) König, Centralblatt für Chirurgie 1887, No. 18, Fall No. 11.
VIII. Zur Krebsparasitenfräge;
.Von. Pröf.,Dr. Adamkiewicz in Wieii.
In No. 15 dieser Wocieüsckrift hat Hj?rr «Professor.Dr. Ribbert
(Zürich) die neueren Untersuchungen über deif Krebsparasiten epier Be¬
sprechung unterzogen, die, soweit sie meine Arbeiten betrifft* in' allen
Punkten der Richtigstellung bedarf. .
1. Nachdem er die Anschauungen über die Rolle des Parasiten im
Krebs bis zu der Zeit, da meine Arbeit in diese Frage eingriff, besprochen
hat, fährt er fort: „Weniger vielgestaltig sind die Anschauungen, die
L. Pfeiffer vorgetragen hat.“ Er bespricht dann den Befund Pfeiffers
Fei der Mtiskelcal'cinöse, wo der Parasit sich entwickelt ohne Epitheliej,
dieseü aüet züm Verwechseln ähnlich sieht* uüd fahrt Jort: „Zu
ähnlichem Resultaten war auch Adamkiewicz gekommen . . .
Wenn auch das Plusquainperfectutn in dem mir gewidmeten Satz
den Fehlor gut zu machen bestimmt zu sein scheint, dessen sich Herr
Ribbert gegen die ,historische Treue' hat zu Schulden kommen lassen,
indem er die Arbeit. Pfeiffer’s def meimg’ön Vöfaöste 11t, so sehe ich
öiieh dennoch.genöthigt,. auf das richtige Einhalten de# Zfeitfdlge'üfiserer
Arbeiteti in klart# uüd Meist* Form um so mehr dfen Nachdruck ää
legen, — als ich die von mir zif&rät föstgeftelltö ThätSache, das?
die Krebszelle trotz ihrer Epithelähnlichkeit. keine Epithel¬
zelle, sondern der Parasit des Krebses, eine Coccidiej sei—
für eine ebenso wichtige, als für die Carcinomfrage entscheidende
halte, — auch wenn sie zur Zeit noch Gegner findet.
2. „Es wäre möglich“, sagt Ribbert weiter, „von einem consequenten
Ausbau der parasitären Theorie zu reden, wenn man die Krebs-
epithelien selbst als Parasiten betrachtet.. Aber die Arbeiten
von Pfeiffer und Adamkiewicz sind nicht geeignet, unsere bisher
geltenden Anschauungen irgendwie zu erschüttern“.
Nachdem ich nachgewiesen habe, dass Krebszellen im lebenden
Kanincheugehlm ihr Nest verlassen und Lücken in demselben zurück-
lassöh, dass ihr Kefn ein Sporenbehälter ist, Ihre Substanz (RR
bildet* und sie selbst durch Cancfoiü getödtet werden; nachdem
Pfeiffer gezeigt hat* dass Krebszellen auch dort wuchern, wo es gar
keine Epithelien giebt, in der iüficirten Muskelsubstanz, sind die
bisher geltenden Anschauungen von dem Wesen des Krebses und seinen
„Epitheliön“ iiieht nur erschüttert, sondern von Grund aus Widerlegt,
Will Herr Ribbert trotzdem söiü.en Satz für die Zukunft aufrecht
erhalten, so wird es an ihin sein, zu böweiSeii, dass alle Epithelien
unter denselben Verhältnissen, wie die Krebszellen, wäfidern, Sporen
bilden, Gift produciren und getödtet werden.
3. „Dass das Carcinomgewebe giftig wirke,“ meint weiter KibberT
„sei durch Geissler und Kopfstein als irrthümlich nachgewiesen worden.
Obgleich Herr Ribbert das Ungeheuerliche dieses Satzes in ähnlicher
Weise, wie oben durch das Plusquamperfectum, hier durch den Nachsatz
corrigirt: „Uebrigens würde auch eine wirklich constatirte Giftwirkung
ja nichts für die parasitäre Natur der Krebsepithelien bewiesen haben ,
so mnss ich doch constatiren, dass es ebenso Sache der Ansicht ist, die
Herren Geissler und Kopfstein als Autoritäten anzuführen, als
Sache der Logik, dafür zu plaidiren, dass Krebszellen „Epithelien ‘ seien,
und doch ohne Träger der Sepsis „Sepsis“ erzeugen. . n
4. Denn die Behauptung Herrn Bibbert’s ich hätte „unreine toe-
websstückchen übertragen, ist ebenso irrig, als seine Ansicht ünnchtig
ist, ich hätte Leukocyten für auswandemde Krebszellen gehalten. Hatte
Herr Ribbert sich die Mühe genommen, die Arbeit, über die e
spricht, auch zu lesen, so würde er darin gefunden haben, dass ich z
den Versuchen nur reines, coccenfreies Krebsgewebe benutzt und bei
der Entwickelung des Parasiten aus den Sporen Uebergangsforme
angenommen habe, die von den Leukocyten schwer zu unterscheiden seien.
*5. Herr Ribbert kommt endlich zu dem Schluss, dass die Vor¬
stellungen über die parasitäre Genese des Carcinoms durch meine tfe
achtungen nicht gestürzt worden seien, und fügt daran die ^ .°ung,
man sollte doch, ehe man in einer so wichtigen Frage mit Bestimmtheit v
Parasiten redet, feste Grundlagen zu gewinnen suchen. Man habe sich st
dessen mit dem unsicheren Kriterium der „äusseren Formähnlichkeit e
zufrieden gegeben.“ A .
Erwägt man, dass dieser Satz aus der Feder desselben Auto
stammt, der einige Zeilen vorher der Meinung Ausdruck giebt,
die Metastasen des Krebses durch Wucherung verschleppt
Epithelien entstehen, — erinnert man sich daran, dass es gerade ^^
Verhängniss der alten Krebslehre war, die Elemente des “- reD ,
aus Rücksicht auf ihre Form für Epithelien zu erklären,
gerade ich und nach mir Pfeiffer es waren, welche nachwiesen, a
hier nicht die Form maassgebend sei, sondern das Wesen der hmg ’
dass die Krebselemente trotz ihrer Epithelähnlichkeit m
Epithelien, sondern Parasiten seien: so wird man aus diesen Thatsac
wieder einmal klar erkennen, wie leicht es ist, feste Grundlagen, die m
selbst nicht besitzt, anderen, die sie haben, abzusprechen, und me lei
sich unter dem Druck einer vergewaltigten Argumentation die Wanr
in ihr strictes Gegentheil verwandelt. . j pn
6. Wenn daher endlich Herr Ribbert zugiebt, „man könnte 111
Anschauungen von Pfeiffer und Adamkiewicz nur die consequ
Ausgestaltung der parasitären Theorie erblicken, insofern, als sie
einfachsten die Schwierigkeiten beseitigen, welche sicn
der ätiologischen Beziehung der Parasiten zur krebsigen
webswucherung ergeben würden“: so ist es nicht abzusehen,
halb Herr Ribbert sich soviel Mühe giebt, die natürliche * ort ,, _
Wickelung einer als richtig erkannten und bedeutungsvoll
Wahrheit durch Argumente zu stören, welche.auch nicht
Schimmer einer Wahrscheinlichkeit, geschweige denn irg
welche Beweiskraft besitzen.
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3. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
IX. Referate und Kritiken.
Otto Ammon, Die natürliche Auslese des Menschen. Auf
Grand der anthropologischen Untersuchungen der Wehrpflich¬
tigen in Baden und anderer Materialien dargestellt. 326 Seiten
gr. 8°. Jena, Gustav Fischer, 1893. Ref. Bartels (Berlin)
Die Resultate, zu welchen Ammon in diesem ungemein
fleissigen und vielseitigen Buche gelangt, sind in hohem Grade
interessant und überraschend. Seine anthropometrischen Unter¬
suchungen lehren, dass die heutige Bevölkerung des Grossherzog¬
thums Baden sehr verschiedene Abstufungen eines Mischtypus dar¬
stellt, aus einer kleinen rundköpfigen Rasse von dunkler und einer
grossen, schmalköpfigen Rasse von heller Complexion. Die erstere
hält er für eine in uralter Vorzeit aus Asien eingewanderte,
während er die letztere als die später hinzugetretene, eigentliche
germanische Rasse betrachtet. Die anthropologischen Merkmale
der rundköpfigen Rasse finden sieh in überwiegender Zahl bei der
Landbevölkerung, diejenigen der schmalköpfigen Rasse sind in
den grossen Städten häufiger. Vom Lande her zu den grossen
Städten findet ein dauernder Zuzug statt. Diese Zuzügler reeru-
tiren sich, wie die Untersuchungen ergeben, vorwiegend aus solchen
Individuen der Landbevölkerung, welche sich am allermeisten dem
sehmalköpfigen und grossen Typus annähern. Unter den Städtern
trägt der erwerbende und begüterte Mittelstand am meisten die
Merkmale des rundköpfigen Typus, während die Gelehrten und die
höheren Beamten vorwiegend diejenigen des schmalköpfigen Typus
zeigen, das Proletariat stellt die höchsten Grade des Mischtypus
dar. Die Sonderung in Stände ist dem Verfasser eine anthropo¬
logische Nothwendigkeit, welche sich immer wieder von neuem
durch die natürliche Auslese im Sinne Darwin’s vollzieht. Auch
in Bezug auf den zeitlichen Eintritt der körperlichen Entwickelungs¬
erscheinungen lassen sich beträchtliche Unterschiede zwischen Stadt
und Land erkennen, und zwar übt das Grosswerden in der Stadt
einen deutlich beschleunigenden Einfluss aus. Das Vorauseilen der
Städter berechnet Ammon in Bezug auf den Stimmwechsel und
auf das Hervorsprossen der Schamhaare auf 1 Jahr, in Bezug auf
das Auftreten der Körperbehaarung und der Achselhaare auf
11 / t ^ r ' Auch «ine Wachsthumsbeschleunigung um 1 bis
1 < Jahre konnte in Bezug auf die Körpergrösse durch den Ein¬
fluss des Stadtlebens nachgewiesen werden.
I. Behring, Bekämpftmg der Infectionskrankheiten. Infection
und Desinfection. Versuch einer systematischen Darstellung
o e J lre von d en Infectionsstoffen und Desinfectionsmitteln.
251 Seiten.
Bekämpfung der Infectionskrankheiten. Hygienischer
ntJ* T>iT 011 Okeringenieur J. Brix (Wiesbaden), Professor
Dr. k. Pfuhl (Berlin) und Hafenarzt Dr. Nocht (Hamburg). Her-
ausgegeben von Behring. 493 Seiten. Mit 14 Abbildungen
jmd d Tafeln. Leipzig, Georg Thieme, 1894. Ref. Carl Günther
(Berlin).
I. Wie der Autor in dem Vorwort angiebt, beabsichtigt er in
em vorliegenden Buche eine einheitliche Darstellung von den
teln zu geben, die uns zur Bekämpfung der Infectionskrank-
neiten zur Verfügung stehen. Den Inhalt des Buches will der
uior als einleitenden und allgemeinen Theil zu einer Reihe von
if ****** ^ 88en > welche die Lehre von der Bekämpfung
r inlectionskrankheiten zum Gegenstände haben werden. Von
esen Arbeiten sind unter dem Titel „Hygienischer Theil“ bereits
ewige erschienen (siehe das folgende Referat). Unter dem Titel
-^eil“ wird, wie der Autor ausführt, die medi-
TW* n 6 Bekämpfung der Infectionskrankheiten sachverständige
n x z 6 . g finden. Der Autor beginnt sein Buch mit „einleitenden
tv n ideologischen Bemerkungen“ über Infection und Desinfection.
dass der Autor — im Gegensatz zu dem
. m t glichen Gebrauche, der einen strengen Unterschied
Tnfw* en ^ ec ^°. n un d Intoxication macht und den Begriff der
erretror au ^ 8c ^esslich für das Eindringen belebter Krankheits-
ma g i ln i y r S aais mus reservirt — jedes materielle Agens,
faH« hi Jele * oder nwht belebt sein, als Infectionsstoff bezeichnet,
bekannt 6Se ? Ag® ns imstande ist, das klinische Bild einer von den
weis« ; dr r 5 ectl0ns ^ rankIieiteü hervorzurufen.“ „Wenn beispiels-
Starrkna ' L ! uerex P er iment der durch den Tetanusbacillus erzeugte
werHon gena ! 1 «henso auch durch das . Tetanusgift erzeugt
gut ein Ww- 80 mic h“ (den Autor) „das letztere ebenso
entsurAPhn«^ 0 wie der i e i )ende Parasit.“ Dieser Terminologie
Desmfppt; d ® r Autor auch die Begriffe „Desinfection“ und
modi ficirt wissen. Ein weiterer Abschnitt
^methoriianU« n - in ausserordentlich eingehender Weise
da zunäehct ^.^ n ^ ec ^ ons Prüfungen im Laboratorium“. Es werden
DesinfectionRmi+t 11 !« 0 ^ 61 ^ r,esinfect ionsmittel tt , dann „antitoxische
mittel abgehandelt. Unter den ersteren bespricht
407
! U , 6 , rSt aa organischen (Quecksilberprfiparate, Präparate
- ^ r ? d ^“ren), dann ^ organischen (Jodo¬
form und jodoformähnhche Mittel, Phenole, ätherische Oele
orgänische Basen, Farbstoffe, Mittel unbekannter chemischer Con¬
stitution). Unter den „antitoxischen Desinfectionsmitteln“ werden
zuerst die tetanusgiftwidrigen Mittel“, dann die „diphtheriegift-
7 ,ld "f®“ M 1 « 0 ! abgehandelt. Ein dritter Abschnitt des Buches
beschäftigt sich mit der „Lehre von den Infectionskrankheiten“
ein vierter mit Desmfeetionspraxis und Desinfectionsmethoden“!
In dem letzten Abschnitt geht der Verfasser genauer auf die von
ihm inaugurirte Blutserumtherapie ein. Was speciell das Diphtherie-
^ eautzt /er Autor zur Gewinnung desselben
jetzt Pferde, Kühe, Schafe und Ziegen. Die Behandlungsmethode
dl ® de J Autor bei diesen Thieren zu dem genannten Zwecke ein¬
schlägt, „beschränkt sich jetzt ausschliesslich auf die Erzeugung
von spezifischen Fieberreactionen mittels des gelösten bacterien-
treien Diphtheriegiftes, und zwar ohne Rücksicht darauf ob
Immunität dabei eintritt oder nicht“. Im allgemeinen sucht der
Al ! toi L 80 ga f, die letzfcere zu vermeiden, da (wie bereits bekannt)
„die Möglichkeit aufhört, im Thierkörper die Antitoxinproduction
zu steigern, sobald wir kein genügend starkes Gift mehr haben
um Keactionen damit hervorzubringen“. Der Autor berichtet dann
genaueres über die allgemeinen Gesichtspunkte, welche bei der
Anwendung des Diphtherieantitoxins beim Menschen nach soinen
Erfahrungen und denen seiner Mitarbeiter in Frage kommen
(Vergl. hierzu den Aufsatz von Ehrlich, Kossel und Wasser¬
mann in No. 16 dieser Wochenschrift. Ref.) Die von Büchner
gefundene Thatsache, 1 ) dass eine Mischung von Tetanusgift und
Tetanusantitoxin, welche für Mäuso unschädlich ist, für Meer¬
schweinchen noch giftige, tetanuserzeugende Eigenschaften haben
kann, diese Thatsache, die von Büchner als unvereinbar mit der
Annahme einer Giftzerstörung durch das Antitoxin angesehen wird,
ist für Behring durchaus nicht mit dieser Annahme unvereinbar
da der „Giftbegriff“ sowohl wie der „Begriff der Giftzerstörung“
für ihn durchaus relative — je nach den Eigenschaften der vor¬
liegenden Thierindividuen wechselnde — Begriffe sind.
Referent muss es sich leider versagen, ausführlicher auf den
ausserordentlich reichen Inhalt des Buches, welches die vielseitigen
Erfahrungen des Autors auf dem behandelten Gebiete zum Aus¬
druck bringt, einzugehen.
II. Das vorliegende, R. Koch gewidmete Buch stellt den hy¬
gienischen Theil eines „Lehrbuches über hygienische und
therapeutische Maassnahmen zur Bekämpfung der In¬
fectionskrankheiten“ dar. Es gliedert sich in vier Abschnitte.
Der erste Abschnitt behandelt die „Verhütung von ansteckenden
Krankheiten, die mit dem Wasser in Zusammenhang stehen, durch
zweckentsprechende Wasserversorgung“, der zweite die hygienisch¬
technischen Maassnahmen zur Verhütung von ansteckenden Krank¬
heiten, die mit dem Boden in Zusammenhang stehen. Beide
Abschnitte zusammen, 408 Seiten umfassend, sind von Ober¬
ingenieur J. Brix bearbeitet. Im dritten Abschnitt (60 Seiten)
behandelt Prof. Pfuhl „Desinfectionsanstalten und Des-
infectionsapparate“; im vierten Abschnitt (25 Seiten) wird die
Schiffsdesinfection von Dr. Nocht abgehandelt.
Auf den Inhalt des Buches auch nur einigermaassen im
Speciellen einzugehen, ist an dieser Stelle völlig unmöglich; um¬
fasst doch das dem Buche vorangestellte Inhaltsverzeichniss allein
25 Druckseiten. Was den ersten Abschnitt betrifft, so sind in ein¬
gehendster Weise die verschiedenen Arten der Wasserversorgung
abgehandelt; im zweiten Abschnitt, dem ausgedehntesten des Buches,
sind die Entstehung der Boden Verunreinigungen und ihre Ver¬
hütung und Beseitigung besprochen; ganz besonders ausführlich
ist hier die Beseitigung der Abfallstoffe durch Abfluss (Canalisation)
behandelt. Im dritten Abschnitt findet man in eingehender Weise
die Einrichtung und den Betrieb von Desinfectionsanstalten für
Krankenhäuser und von öffentlichen Desinfectionsanstalten be¬
schrieben, wobei die Desinfectionsanstalt im Institut für Infections¬
krankheiten und die öffentliche Desinfectionsanstalt der Stadt
Berlin als Musteranstalten im Speciellen herangezogen werden;
ferner werden in diesem Abschnitt die verschiedenen Constructionen
der Dampfdesinfectionsapparate besprochen. Im vierten Abschnitt,
dem über Schiffsdesinfectionen handelnden, werden die besonderen
Verhältnisse des Schiffsbaues und die daraus resultirende Noth¬
wendigkeit eines besonderen, nur den Schiffen eigentümlichen
Vorgehens bei der Desinfection, erörtert.
9 Prof. Büchner hat sich (Berl. klin. Wochenschr. 1894, No. 4)
darüber beklagt, dass ich in meinem in dieser Wochenschrift 1893, No. 46
abgedruckten Referate über die Blutserumtherapie die obige Thatsache
nicht erwähnt habe. Zur Erklärung dieser Unterlassung habe ich anzu¬
führen, dass das Manuscript meines Referates bereits um die Mitte des
vorigen Jahres abgeschlossen wurde zu einer Zeit, wo mir die Buchner’sche
Arbeit noch unbekannt war. Günther.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 18
408
Das Buch, welchem eine Anzahl vortrefflicher Abbildungen im
Text und drei lithographische Tafeln (Grundriss des Erdgeschosses
der Garnison-Desinfectionsanstalt zu Thorn, Quer- und Längs¬
schnitte durch Schiffe) beigegeben sind, wird für Jeden, der sich
über die abgehandelten Gebiete unterrichten will, eine Quelle an¬
regendster Belehrung sein. Es sei namentlich den Aerzten auf das
Wärmste empfohlen. _
R. Krieg, Atlas der Kehlkopfkranklieiten, enthaltend 345 Fi¬
guren auf 37 Taieln in Farbendruck und 25 Zeichnungen. Nach
der Natur gemalt, gezeichnet und erläutert. Stuttgart, Ferd.
Enke, 1892. Ref. Schaeffer (Bremen).
Dieses Werk steht einzig in seiner Art da; denn bisher war
kein Atlas in solcher Ausfühlichkeit erschienen. Die früher heraus¬
gegebenen Atlanten gaben nur Einzelbilder verschiedener Erkran¬
kungsformen. Hier aber bietet der Verfasser unendlich viel mehr.
Der ganze Krankheitsverlauf, ich möchte behaupten, fast aller in
der Litteratur verzeichneten Kehlkopfkrankheiten, wird uns in meist
vorzüglich gemalten und naturgetreuen Bildern vorgeführt. Ja
sogar die Sectionsbefunde und die mikroskopischen Befunde werden
uns im Bilde wiedergegeben. — In knapper prägnanter Weise sind
ausserdem die Krankengeschichten den betreffenden Bildern beigefügt,
so dass man den einzelnen Krankheitsfall durch die verschiedenen
Stadien genau verfolgen kann. — Wenn vielleicht der Eine oder
Andere die Farbennuancen bekritteln wollte, so möchte demselben
entgegengehalten werden, dass Jeder eben bis zu einem gewissen
Grade anders sieht — geht es doch bei der Beurtheilung von Ge¬
mälden ebenso. Welchen Genuss gewährt dem erfahrenen Laryn-
gologen die Durchsicht dieser Blätter, welche Belehrung, welche
Orientirung muss der Anfänger aus ihnen schöpfen können. —
Für den Referenten steht es wenigstens fest, dass so Hervorragendes
auf diesem Gebiete noch nicht geleistet worden ist, und müssen
nach seiner Ansicht alle Laryngologen dem Verfasser das höchste
Lob und den grössten Dank für sein Werk spenden, sowie dem
Verleger für die schöne und gute Ausführung.
Hermann Piper, Zur Aetiologie der Idiotie. Mit einem Vor¬
wort von Medicinalrath Dr. W. Sander. Berlin, Fischer’s
medicinische Buchhandlung, 1893. Ref. Seeligmüller (Halle).
Der Verfasser hat sich der mühsamen Arbeit unterzogen, das
grosse Idiotenmaterial der Anstalt zu Dalldorf einer sorgfältigen
Untersuchung auf die Ursachen der Idiotie zu unterwerfen. Er
unterscheidet Idiotie mit Krämpfen und ohne Krämpfe, und jeder
dieser beiden Abschnitte zerfällt wieder in zwei Unterabtheilungen:
„angeboren“ und „erworben“. Das Verhältniss der idiotischen
Knaben zu den Mädchen stellt sich durchweg wie 2:1, das der
angeborenen zur erworbenen Idiotie wie 3:1. Bei der erworbenen
tritt der Einfluss der Infectionskrankheiten stark hervor. Das be¬
arbeitete Material erreicht der Zahl nach fast ein Drittel des
Materials, mit dem vor zehn Jahren eine Statistik der sämmtlichen
in Deutschland vorhandenen Idiotenanstalten bearbeitet wurde.
Dies möge genügen, um das gut ausgestattete Werkchen den
interessirten Kreisen bestens zu empfehlen.
Parreidt, Die prothetische Behandlung der Kiefer- und G-au-
mendefecte. Leipzig, Arthur Felix, 1893. Ref. Miller (Berlin).
Verfasser giebt in einem etwa drei Bogen starken Schriftehen
(einem Separatabdrucke aus seinem Handbuch der Zahnersatzkunde)
eine knappgehaltene, aber doch ziemlich erschöpfende Uebersicht
über die chirurgisch-zahnärztlichen Prothesen, speciell über Kiefer-
und Gaumenersatz. An der Hand zahlreicher, gut ausgeführter
Abbildungen werden die Ersatzstücke nach Kieferresectionen, ohne
und mit Wangen- und Nasenstützen, sowie auch die „Prothöse im-
m§diate“ (sofortiger Ersatz reseclrter Kiefertheile unmittelbar nach
der Operation) besprochen, ohne auf technische Details mehr als
nöthig einzugehen. Hieran schliesst sich die Besprechung des
Verschlusses angeborener und erworbener Gaumendefecte, ein Kapi¬
tel, in welchem die prothetische Behandlung die chirurgische ja
nicht nur unterstützt und vervollkommnet, sondern direkt mit ihr
concurrirt. Die „Obturatoren“ nach Sürssen, Schiltzsky,
Brandt sind namentlich in Bezug auf ihre physiologische Grund¬
lage und ihre Action klar und fasslich erklärt, so dass, wenn der
erste Theil der Schrift vielleicht mehr den Chirurgen von Fach
interessirt, der zweite einen belehrenden Stoff für jeden praktischen
Arzt bieten wird.
X. Joumalrevue.
Innere Medicin.
Maragliano, Ulcera perforantia des Magens; Pyo-
pneumothorax subphrenicus sinister. — Lobuläre Pneu¬
monie; Pleuritis; Lungenfistel; Pyopneumothorax. La
Riforma medica 1894, No. 44.
I. Patient ist 55 Jahre alt, Koch, ohne Hereditärerscheinungen.
Seit sechs Monaten mit acuten Schmerzen im Epigastrium und
Diarrhoe erkrankt. Patient zeigte intensive Cachexie, Vergrösse-
rung der Leberdämpfung, die bis zur Milz ging, und ein Dämpfungs¬
gebiet am linken Rippenbogen, das resistent und auf Berührung
schmerzhaft ist, sich aber nicht mit den Respirationsbewegungen
verschob. Es bestand Fieber, Puls 120 und Respiration 30—34 in
der Minute. Der Magensaft enthielt keine Salzsäure. Die Blut-
untersuchung liess eine Leukocytose erkennen. Gegen ein Magen-
carcinom sprach die Abwesenheit einer Veränderung der rothen
Blutkörperchen, ferner die grosse Milz; auch war die Cachexie
des Patienten anders geartet wie bei einem Carcinomatösen. Das
beständige Fieber, das sich beim Lebercarcinom nicht einzustellen
pflegt, liess an die Existenz eines Eiterheerdes denken. Eine Ex-
plorationspunction in der Lebergegend ergab kein Resultat, das für
eine Eiteransammlung zu verwerthen gewesen wäre, zumal Schmer¬
zen und Erscheinungen seitens der Pleura, die die Leberabscesse
nicht selten zu begleiten pflegen, nicht vorhanden waren. Dagegen
deuteten die Symptome der Pleura links auf eine Eiteransammlung
im Pleuraraum und die Punction in der Scapularlinie im achten
Zwischeririppenratfrti ergab die Anwesenheit einer rothlichen serösen
Flüssigkeit. Bei ’thöf Wiederaufnahme der Thoraxuntersuchung traf
man in der vorderen Axillarlinie unterhalb der sechsten Rippe eine
kleine Zone mit tympanitischem Schall, die unten von einer
Dämpfung, die bis zum Rippenbogen reichte, begrenzt war; in
gleicher Höhe befand sich auch in der Papillarlinie eine zweite
Zone tympanitischen Schalles. Diese beiden Zonen Hessen sich
gut von einander abtrennen, da bei Einführung von einer Flüssig¬
keit in den Magen die zweite verschwand, während die zuerst er¬
wähnte tympanitische Area bestehen blieb. Dieser Befund liess an
einen subphrenischen Abscess, der zugleich Luft enthielt, denken.
Die Punction in der hinteren Axillarlinie förderte eine eiterige
Flüssigkeit, die fötide war und alle Eigenschaften hatte, die die
Diagnose auf subphrenischen Abscess bestätigten. Nach Erwägung
aller Umstände musste man als Ursache eine Perforation des
Magens ansehen. Die Section bestätigte die Diagnose.
H. Patientin ist eine Frau von 34 Jahren, hereditär nicht
belastet. Die Krankheit begann mit Kopfschmerzen, Coryza,
linksseitigen Schmerzen am Thorax und hohem Fieber. Patientin
wurde in einem schweren Zustande vier Tage nach Ausbruch
der Krankheit in die Klinik gebracht. Es bestand Decubitus auf
der Unken Seite; Puls 124, Respiration 48, Temperatur 40,7°;
physikalische Symptome einer lobulären Pneumonie am linken
Unterlappen. Im späteren Verlauf Bildung eines serös-fibrinösen
Exsudates. Von Seiten des Urins nichts Bemerkenswerthes. Später
spärliche schleimig-eitrige Sputa. Die Dyspnoe wurde geringer,
aber das Fieber blieb hoch. Am 20. Krankheitstage wurde die
Patientin plötzHch in der Nacht von einem heftigen Hustenanfälle
ergriffen und expectorirte in kurzer Zeit ca. 200 ccm eines flüssigen,
leicht fötiden Eiters, mit geringem, münzenförmigem Sputum. Aus
den physikaHschen Zeichen, die jetzt am Thorax auftraten, koiinte
man einen linksseitigen Pyopneumothorax erkennen, der am folgen¬
den Tage durch eine Pleurotomie, die zwischen der Scapular- und
mittleren AxiUarlinie am achten Zwischenrippenraum gemacht
wurde, operirt wurde. Es wurden ca. 1200 ccm eines sehr übel¬
riechenden Eiters entleert. Nach der Operation hörte jede Ex-
pectoration auf. In diesem Falle hatte man es ohne Zweifel mit
einer Influenza zu thun, die von den oberen Luftwegen auf die
Lunge und dann auf die Pleura übergegangen war. Was den
Fötor des Eiters anbelangt, so ist anzunehmen, dass er init dem
Unken Unterlappen in Verbindung stand; hier hatte sich ein nekro¬
tischer Heerd wahrscheinHch mit Ansiedelung von Fäulnissbacterien
gebildet, der durch Propagation das eiterige Exsudat inficirt hatte.
Nach Erweichung des nekrotischen Heerdes hatte sich eine Ver¬
bindung zwischen Pleuraraum und dem zugehörigen Bronchus ge¬
bildet, worauf es zur Aushustung von den erwähnten 200 ccm
Eiters gekommen war. Patientin wurde geheilt, nachdem noch eine
Rippenresection gemacht worden war. Bock (Charlottenburg).
A. Jolles, Ueber den Nachweis von Gallenfarbstoffeu
im Harn. Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. XVHI, p. 545.
Verfasser theilt zunächst Versuche mit, in denen er die Em¬
pfindlichkeit der zahlreichen in Vorschlag gebrachten Gallenfarbstoff¬
proben geprüft hat, indem er zu abgemessenen Mengen normalen
Harnes abgemessene Mengen Ochsengalle zufügte. Danach liegt
die unterste Grenze der Gmelin’sehen Probe bei 5% Galle, wäh-
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3. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
rend die meisten anderen Proben und Modificationen der Gmelin-
schen Probe sogar noch weniger empfindlich befunden wurden
Als schärfste Proben ergaben sich die von Huppert und Ton
Ros in. Nach der Tabelle fallen beide bei 2% Galle noch posi¬
tiv aus.
Im zweiten Theile seiner Arbeit berichtet Verfasser über eine
von ihm ausgearbeitete Methode, welche noch 0,2 resp. 0,1 % Galle
anzeigen soll. In einem Glascylinder fügt man zu 50 ccm Harn
einige Tropfen verdünnter HCl, Chlorbaryum im Ueberchuss und
5 ccm reines Chloroform und schüttelt mehrere Minuten kräftig
durch. Nachdem Chloroform und Niederschlag sich abgesetzt, wer¬
den sie in ein Reagensglas abpipettirt, welch’ letzteres hierauf be¬
hufs Abdampfung des Chloroforms 5—10 Minuten lang im Wasser-
bade auf ca. 80° erhitzt wird. Nachdem die noch überstehende
Flüssigkeit der abgekühlten Mischung abgegossen, lässt man drei
Tropfen einer concentrirten Salpetersäure herunter fliessen. Es
entstehen dann sofort oder nach einer Minute am Boden des Ge-
fässes, und zwar noch bei 0,2 % Galle, die charakteristischen
Farbenringe. Bei Verwendung von 100 ccm Harn soll die Reaction
noch bei 0,1% Galle positiv ausfallen. Leo (Bonn).
Militärsanitätswesen.
Haase, Ueber den Nutzen der Verpflegungsfeldbahnen
für den Krankentransport im Kriege. Militärarzt 1893 No
19 u. 20. *
Verfasser hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass in
einem künftigen Kriege die zum Zwecke des Verpflegungstransports
zu erbauenden schmalspurigen Feldeisenbahnen eine besonders wich¬
tige Rolle spielen werden und man deshalb bestrebt sein müsse
die Vortheile dieser Feldeisenbahnen möglichst auch für den Sani¬
tätsdienst, speciell für den Krankentransport auszuntitzen. Für
letzteren werden lediglich die vom Verpflegungstransporte leer
zurückgehenden Wagen in Anspruch genommen. Verfasser unter¬
suchte nun, ob diese sicher zur Verfügung stehenden Wagen auch
zur rechten Zeit zur Verfügung sein werden. Von schmalspuri¬
gen Feldbahnen können im Mittel täglich 15 km Geleise gestreckt
werden. Bei einer 60 km langen schmalspurigen Feldbahn würde
der Verpflegungstransport am achten, der Verwundetentransport
am neunten Tage beginnen können. Bei Anwendung schwereren
beleismatenals wird man täglich nicht viel mehr als 10 km bauen
können; eine 60 km lange Bahn dieser Art würde erst am 11. Tage
in Betrieb übernommen werden können. Verfasser führt nun des
weitern aus, dass die Feldbahnen zur genannten Zeit dem Sanitäts¬
dienst ganz wesentlich von Nutzen sein können. Sie werden eine
baldige Evacuation aus den Feldlazarethen bezw. stehenden Kriegs-
lazarethen in die Heimath beschleunigen und das Wohlbefinden
der Verwundeten fordern. _ Schill (Dresden).
XL Oeffentliches Sanitätswesen.
IW via TrilI,8portniittel & ewi88er Infectionsstoffe nnd Vor-
sciüiige zur ^Vernichtung derselben am Krankenbette, im
Haushalt, im Verkehr. 1 )
p . Von Stabsarzt Dr. H. Jaeger,
rrnratdocenten für Hygiene und Bacteriologie an der Königl. technischen
Hochschule in Stuttgart.
di«* Tnf?/ff, ,n0C | 1 kis in.die jüngste Zeit herein gebräuchliche Unterscheidung
PftfronJ^oaslpankheiten hat dieselben in miasmatische und contagiöse
^ manck ® Krankheiten in keine dieser beiden Gruppen
einirAap. l 6n W( dRen, noch eine Zwischenstufe der miasmatisch-contagiösen
r!rp en * Unter den contagiösen Krankheiten, welche von Person
»l.:., ^ anstecken sollten, erhielten dann manche noch gewisse „Grad-
eleichßn wie »besonders contagiös“ oder „höchst contagiös“ und der-
mittelbarA« iT 0 t ^ m , an aus drücken, dass sie nicht nur beim un-
sondflm d„ca “V', dem Kranken selbst acquirirt werden könnten,
IehlosA nki’f * B Verschleppung durch gesunde Personen, ja selbst durch
die Natur iL?!. 61 ?*!®? 11 könnle - Waren auch die Anschauungen über
bacterinlnJotv. kl J nkh ® ltserr egenden Potenzen unrichtige, so hat doch die
gewissen rwJ 6 £ or ®°J lun ff diesem Unterscheidungsversuch bis zu einem
Parasitären gegeben ’ indem sie — in die Lebensvorgänge der
derselben siri, ^kbeitserreger emdringend — feststellte, dass manche
sagen wir o-i«; i? Urcli die Eigenschaft auszeichneten, in getrocknetem —
Monate l»JL 1 ? -stenbförmigem Zustande unter günstigen Umständen
war ia u ?d infectionstüchtig bleiben zu können. Damit
ja leicht vorätAiia? co ? ta §[ lös ‘‘ schon gegeben, denn so konnten wir uns
Wirthes“ bedurff 111 Wle , em ln ^ ec tionsstoff gar nicht eines „menschlichen
gut einen imhnifk* Um übertragen zu werden, wie er vielmehr sich ganz
Aber immerhin w* 6 ? ^ e £® Dsta nd zum Transportmittel wählen konnte,
sich auf so We^P^v diese Fähigkeit gewisser pathogener Bacterien,
ihre Grenze ei ^ hinein mfectionstüchtig zu halten, offenbar wieder
“Xjomlen ^cnusÄ Cong4sse 9 S
409
^ der Section für Hygiene des XI. inter-
i in Rom.
Rr.WW 4 , k S t n ^ dl ° ti 1 ' 6 ™? Hansepidemieen von Diphtherie, Mesern,
nnrt^n ^ dw6n sich meiet aber viele Monate erstrecken
Zl . ' » blS • a y e em P»?8lichen Personen durchseucht sind
und dann könnte erst wieder, wenigstens bei denjenigen Krankheiten
KflflPV hinterlassen die Epidemie von g neuem beginnen!
? ft a a l^ 8Ch . ieht , a ^ er n . lc y* sondern die allgemeine Regel ist
dass die einmal in ein Haus, in eine Famifie eingedrungene
k T nrz f r Folge die Familiengliode/be¬
fällt und dann erlischt Ist das anders zu erklären als damit dass
die Infectionsstoffe unmittelbar vom Kranken in besonders reichlicher
Menge und im mfectionstüchtigsten Zustande der Umgebung mitgetheilt
werden?^ Während nun aber zum Beispiel die Bacterien der Cholera und
des Typhus, nachdem sie den Körper verlassen haben, ausserhalb desselben
unter geeigneten Bedingungen eine Anreicherung ins Unermessliche im
Wasser, auf Nahrungsmitteln, in irgend welchem Schmutz erfahren können
ist andererseits die Mehrzahl derjenigen Erreger von Infectionskrankheiten
weiche vermittels unserer Athmungswerkzeuge aspirirt in unseren Körper
gelangen darauf angewiesen, sich in getrocknetem Zustande lebens- und
mfectionsfahig zu halten; sie können also an Zahl und Qualität
Sr i* v? 1 * Ü son<1 ern nur noch abnehmen, und damit ist die
Möglichkeit des Erlöschens einer derartigen Infectionskrankheit gegeben,
W0 / 6r ü nur m( £ fc frühzeitig, das heisst kurz nach dem Ersterkrankten
aufgetretenen Fälle für Nachschub von Infectionsmaterial sorgen
Betrachten wir also die Möglichkeiten, welche einem derartigen,
soeben vom Kranken ausgeschiedenen Infectionsstoffe gegeben sind zum
Beispiel den mit dem Sputum entleerten Tuberkelbacillen oder den in
einem ausgehusteten Membranstückchen vorhandenen Diphtheriebacillen:
Dieses Material trocknet ein; dabei geht schon eine grosse von Tag zu
Tag zunehmende Zahl der Parasiten zugrunde, denn je später wir solch
emgetrocknetes Material wieder untersuchen, um so weniger Colonieen
der gesuchten Bacterienart sehen wir aufgehen. Eine andere Zahl über¬
dauert zwar noch das Eintrocknen, zeigt sich aber bei Verimpfung auf
Versuchsthiere in seiner Wirkung abgeschwächt.
Einige der später noch mitzutheilenden, von Stabsarzt Dr. Scherer
m Stuttgart und mir gemeinschaftlich ausgeftthrten Untersuchungen haben
unsere Aufmerksamkeit auf diesen Punkt gelenkt und in dieser Richtung
bemerkenswerthe Thatsachen ergeben, welche dafür sprechen, dass in
längere Zeit eingetrocknetem Material nicht bloss die Zahl, sondern auch
die Wirkung der lebensfähig gebliebenen Bacterien abnimmt, eine Er¬
scheinung, welche ja ohne weiteres verständlich ist, wenn man erwägt,
wie die beim Eintrocknen übrig gebliebenen Individuen der Einwirkung
von Licht, Temperaturwechsel und ähnlichen Insulten ausgesetzt waren.
Nur ein dritter, vielleicht kleinster Theil bleibt sodann auch noch für
längere Zeit lebensfähig und voll virulent. Aus diesen Erwägungen er-
giebt sich also der zwingende Schluss, dass die Verschleppung aer die
Infectionsstoffe bergenden Objecte gerade während des Verlaufs des
Krankheitsfalles und unmittelbar vom Kranken weg am gefähr¬
lichsten ist.
Nun hat man bei denjenigen Krankheiten, deren Erreger sich ausser¬
halb des Körpers noch zu multipliciren vermögen, bei Cholera und Typhus,
schon längst die Consequenz gezogen, dass ihre Verbreitung durch Auf¬
fangen und sofortige Desinfection der Dejecta verhindert werden muss,
um so erstaunlicher ist es aber, wie wenig noch geschehen ist, auch die¬
jenigen Infectionsstoffe schon unmittelbar vom Kranken wog
abzufangen, welche in staubförmigen Zustand übergeführt, weitere
Krankheitsübertragongen vermitteln, und doch wäre gerade hier der Kampt
ein viel leichterer, weil nicht noch mit einer Vermehrung ausserhalb des
Körpers gerechnet werden muss, sondern wir bloss die aus dem Körper
entleerten Krankheitskeime zu vernichten brauchen. Es handelt sich hier
um Infectionsstoffe, welche den Körper mittels der Auswurfsstoffe aus
Mund und Nase verlassen.
Man hat bisher versucht, die Grenze, über welche der Infectionsstoff
nicht hinaus gelangen soll, auf der Schwelle des Krankenzimmers aufzu¬
richten. Man sucht diesen Zweck zu erreichen durch Absperrung des
Kranken und gleichzeitige Mitabsperrung des Pflegepersonals. Diese Ab¬
sperrung ist schon im Krankenhause überaus schwierig, mit aller Consequenz
durchzuführen, im Privathaushalt ist sie überhaupt nicht möglich! Ich
schweige dabei von dem Unterschlupf des Proletariers, wo zwei kinder¬
reiche Familien sich in den Besitz einer einzigen Stube theilen, ich
schweige auch von den Wohnungen schon wesentlich besser situirter
Familien, welche einen Wohnraum, einen Schlafraum und eine Küche für
sich imd ihre Familie disponibel haben, ich behaupte aber, dass selbst in
den wohlhabenden Ständen eine so strenge Absperrung, wie sie z. B. bei
Diphtherie und Scharlach unbedingt gefordert werden müsste, einfach
nicht durchführbar ist. Welcher Pflegende — bleiben wir beim Privat¬
haushalt stehen — ist imstande, sich mit dem Kranken über die ganze
Däner der Krankheit im Krankenzimmer abzusperren? Kann das die
Mutter, an welche gerade um ihres kranken Kindes willen vermehrte Auf-
E iben in der Hauswirthschaft herantreten: Sorge für frische Bett- und
eibwäsche und für Beseitigung der gebrauchten aus dem Krankenzimmer,
ferner Sorge für Speise und Trank? Diese Arbeit bringt sie in fort¬
währenden unvermeidlichen Verkehr mit den übrigen Hausgenossen!
Schon eher möglich ist diese Art der Absperrung, wenn die Pflege nicht
der Hausfrau, sondern einer Pflegerin obliegt. Aber auch hier bleibt immer
noch eine Stelle, wo gleichzeitig für den Bedarf des Kranken und der
Gesunden gesorgt werden muss, diese ist die Küche. Wenn auch die
vom Kranken gebrauchten Essgeschirre im Krankenzimmer gereinigt
werden, so können sie nicht daselbst desinficirt werden, denn noch be¬
sitzen die Krankenzimmer keinen Dampfsterilisator und keine hinreichend
grossen Kochvorrichtnngen, welche ein Auskochen der Speisogeräthe er¬
möglichen; mit Sublimat oder Carbolsäure können wir aber keine Ess¬
geschirre reinigen! Es bleiben^ also selbst im günstigsten Falle diese
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leblosen Objecte immer noch die Träger eines regen Verkehrs zwischen
dem „abgesperrten“ Krankenzimmer und dem Aufenthaltsraum der Ge¬
sunden: die auf irgendeine (selbst bei bester Pflege unvermeidbare) Weise
in Staubform umgewandelten Infectionsstoffe (man denke an das sich ab¬
schuppende Erysipel, an die Hautabschilferungen bei Scharlach!) legen
sich auf den Öbjecten nieder, hängen sich an die Kleidungstücke der
Pflegenden, die auf den Boden gefallenen werden von den Kleidern weib¬
lichen Pflegepersonals hin- und hergefegt und aufgewirbelt und finden so
tausend Möglichkeiten, trotz pflichttreuester, aufopferndster Pflege und
möglichst sachgemässer Durchführung der Absperrung, sich in der ganzen
Wohnung zu verbreiten und weitere Familienglieder zu inficiren.
Kann uns die zuerst in Berlin mustergültig eingerichtete und jetzt
in vielen Städten acceptirte städtische Wohnungsdesinfection über diese
Infectionsgefahren hinweghelfen? Keineswegs! Ich bin weit entfernt,
ihren Werth zu unterschätzen; im Gegentheil, ich halte sie für unent¬
behrlich und für einen grossen Segen, wo sie eingeftthrt wird; aber wir
können dieselbe doch nicht vornehmen, so lange der Schwer¬
kranke im Bette liegt. Sie kann erst dann einsetsen, wenn die Krank¬
heit durch Tod oder Genesung ihren Abschluss gefunden hat.
Wir sehen also, mit der Absperrung und nachfolgenden Wohnungs¬
desinfection allein kommen wir nicht aus. Aber haben wir denn alles
versucht, was möglich ist, die Krankheitsstoffe so wie sie vom Kranken
ausgeschieden werden, zu vernichten? Ich glaube nicht! Ich habe schon
vorhin auf zwei Punkte hingewiesen, welche meines Erachtens der sorg¬
fältigsten Erwägung werth sind: 1) wir brauchen im Krankenzimmer
einen kleinen Dampfsterilisator, welcher ermöglicht, vom
Kranken kommendes infectionsverdächtiges Material (Sputum,
Verbandstoffe, Umschläge, Schlundpinsel, Spatel, Schwämme, Zahnbürsten
und dergleichen) zu sterilisiren; 2) wir müsssen das Kranken¬
zimmer unabhängig von der gemeinsamen Küche stellen durch
Aufnahme eines kleinen Kochapparates, welcher zur Be¬
reitung der für die Kranken erforderlichen Speisen ausreicht.
Diese Apparate sollten, wo thunlich, in einem Nebenzimmer Platz finden.
In der Abtheilung des Kaiserlich deutschen Gesundheitsamtes der Hygiene-
Ausstellung finden Sie einen derartigen Apparat, welcher versucht, diese
beiden Zwecke zu vereinigen*).
Im übrigen aber haben wir zum sofortigen Abfangen und Unschäd-
lichmachen der' vom Kranken ausgeschiedenen Excrete bis auf den heutigen
Tag noch lediglich nichts als den durch Cornet’s Arbeiten wieder in
seine alten Rechte eingesetzten Spucknapf! Aber, m. H., wer kennt nicht
das klägliche Bild, wenn der Phthisiker im letzten Stadium seine zähen
eiterigen Schleimmassen zu entleeren versucht, wenn er zu schwach ist,
mit einer letzten kräftigen Bewegung dieselben in das dargereichte Spuck¬
glas zu befördern?! Was thut er dann? Er greift zu dem Taschentuch,
welches er unter sein Kopfkissen gesteckt hat oder welches er bei dem
unaufhörlichen Bedarf fortwährend in den mageren Händen hin- und her¬
zupft! Mit diesem Tuche wird der Schleim aus dem Munde genommen.
Aber auch der Pneumoniker wischt sich den an den Lippen und Bart¬
haaren klebenden Rest seines zähen Sputums ab, der Influenzakranke ent¬
leert seine von Krankheitserregern wimmelnden Schleimmassen in sein
Taschentuch! Und nun der ambulant Kranke — denken wir nur an den
mit Schnupfen Behafteten, ja selbst an den Gesunden, welcher ja, wie wir
wissen, häufig genug pathogene Bacterien nicht bloss in der Mundhöhle,
sondern auch im Nasenschleim beherbergt! Wir alle haben dieses Secret
der Nasenschleimhaut bis auf den heutigen Tag conservirt, seine Insassen
künstlich grossgezogen, indem wir sie im Taschentuche deponirten, ja
es dient — eine Sitte, die Cornet mit mehr Recht als Erfolg gegeisselt
hat — gerade den Gebildeten häufig genug als Spucknapf! Und nun die
weiteren Schicksale dieses bedenklichsten aller Gebrauchsgegenstände:
nun wird es nicht wie die Typhus- oder Cholerawäsche in Carbollösung
geworfen, sondern es wird fein säuberlich zusammengefaltet und sorgfältig
aufbewahrt, bis es durch mehrtägigen Gebrauch eine Kloake im kleinen,
eine Fundgrube der zahlreichsten und gefährlichsten Keime geworden ist.
Nachdem es dann endlich ausgebraucht ist, wird es wiederum nicht sofort
desinficirt oder wenigstens gereinigt, sondern dann hebt die sorgsame
Hausfrau das kostbare Gewebe, das spitzenbesetzte Linontüchlein noch
für Wochen auf, bis sie die — Wäsche zählt. Da werden die ver¬
trockneten Tücher aufgerissen, Staub wirbelt umher und mit dem Staube
die der Eintrocknung trotzenden Infectionskeime!
Und nun die Taschen, in welchen die Taschentücher getragen
werden von Hoch und Niedrig, so weit nicht das alte Räthsel gilt: „Der
Bauer wirft es weg, der Herr steckt es ein!“
Cornet hat die Phthisiker, welche ins Taschentuch spucken, als
unreinliche bezeichnet und auf die Gefahr, welche gerade sie durch ihre
üble Gewohnheit uns bringen, aufmerksam gemacht. Wir gehen noch einen
Schritt weiter als Cornet; wir behaupten, die Gefährlichkeit des Taschen¬
tuches ist auch boi reinlichen Phthisikern vorhanden und nicht nur bei
diesen, sondern bei all’ den Kranken, welche Krankheitserreger in ihrer
Nasen- oder Mundhöhle haben, bei all’ denen, welche Nasensecret und
Sputum entleeren!
Von diesen Gesichtspunkten ausgehend haben wir, mein schon ge¬
nannter Mitarbeiter Stabsarzt Dr. Scherer und ich, eine Reihe bacterio-
logischer Untersuchungen angestellt, welche den Zweck hatten, die von
uns angenommene Gefährlichkeit der von Kranken benutzten Taschen¬
tücher durch den Nachweis verschiedenartiger pathogener Bacterien in
denselben zu bestätigen.
Vorausschicken möchten wir noch, dass wir zuerst unabhängig von
*) Die nach meinen Angaben gefertigte „Miniaturküche für Haushalt
und Krankenpflege“ mit Warmwasserheizung, Spiritusfeuerung und in
Verbindung mit einem Dampfsterilisator wird geliefert von der Firma
Gebr. Märklin in Göppingen (Württemberg).
einander den leitenden Gedanken ergriffen, dann aber uns zu gemeinsamer
Arbeit verbunden haben. . .
Unser Untersuchungsplan ging dahin,. ausschliesslich in solchen
Taschentüchern auf specifische Krankheitskeime zu fahnden, welche nur
zum Schnäuzen der Nase und zum Abwischen des Mundes, nicht aber
zum Hineinspucken benutzt waren. Wir haben deshalb unseren Patienten
als Taschentücher Mulllappen verabreicht und denselben die Anweisung
gegeben, diese Lappen nur zu genannten Zwecken zu verwenden, zum
Ausspucken jedoch sich der Spuckgläser zu bedienen.
Die erste Krankheit, welcher wir in dieser Richtung unsere Auf¬
merksamkeit zuwandten, war das Gesichtserysipel. Pflegt doch das¬
selbe von der Nase seinen Ausgang zu nehmen, auch sprechen die Unter¬
suchungen von Garr6 und von Schimmelbusch über die Möglichkeit,
durch Einreiben von Staphylococcen in die unverletzte Haut Infectionen
zu erzielen, entschieden dafür, dass auch der Streptococcus erysipelatos
bei dem Gebrauche des Taschentuches in die Haut und Schleimhaut der
Nase eingerieben werde; ja die Thatsache, dass das von der Nase aus¬
gehende Gesichtserysipel so gern recidivirt, lässt vermuthen, dass man es
hier mit wiederholten, durch das Taschentuch vermittelten
Selbstinfectionen zu thun habe. In der That gelang es uns, in
allen vier Fällen, welche wir zu untersuchen Gelegenheit hatten, durch
Verbringung von Stückchen der als Taschentücher gebrauchten Lappen
in sterile Bouillon und Aufbewahrung der so beschickten Röhren im Brut¬
schrank, den Streptococcus longus, der zuvor in unmittelbar aus dem
Material hergestellten Präparaten nachweisbar war, in schönen Ketten¬
exemplaren zu züchten, ln dreien dieser Fälle war das Material am Tage
nach dem Gebrauch bacteriologisch verarbeitet worden, im vierten Falle
gelang der Nachweis sogar noch, nachdem das Taschentuch drei Wochen
unbenutzt und ausgetrocknet liegen geblieben war.
Ganz besonders interessantes Material gewährte uns ferner eine
kleine Epidemie von Meningitis cerebrospinalis, welche in den Monaten
November vorigen bis März dieses Jahres in Stuttgart und Ludwigsburg
geherrscht hat. Ich muss es mir wegen der kurz bemessenen Zeit ver¬
sagen, hier auf das Resultat meiner ätiologischen Untersuchungen in be¬
treff dieser Epidemie einzugehen und muss mir deren baldige Publication
an anderem Orte Vorbehalten; nur so viel muss ich schon jetzt mittheilen,
dass ich in acht von neun tödtlich verlaufenen Fällen., welche mir zur
bacteriologischen Untersuchung zu Gebot standen, diejenigen Diplococcen
aufgefunden habe, welche Weichselbaum 1887 unter dem Namen Di-
plococcus intracellularis beschrieben und als eine vom Diplococcus pneu¬
moniae Fraenkel verschiedene Art bezeichnet hat. Dieser Diplococcus
intracellularis, welcher ja auch von anderen Forschern, so von Gold¬
schmidt, Leichtenstern, Edler bei Meningitis epidemica gesehen
wurde, ist, wie ich glaube nachweisen zu können, eine vom Pneumococcus
Fraenkel deutlich unterscheidbare Art. . .
Ausgehend nun von der allgemeinen Annahme, dass die Meningitis
epidemica durch Einwanderung des Infectionsstoffes von der Nase aus
durch die Lamina cribrosa in die Meningen stattfindet, sind wir zu der
Erwägung gelangt, dass wenn der primäre Heerd der Meningitis in der
Nasenhöhle zu suchen ist, wohl auch das Secret dieser Höhle den ln-
fectionsstoff von den Meningitiskranken auf die Umgebung werde über¬
tragen können. Und wie könnte eine derartige Uebertragung leichter
stattfinden, als mittels des Taschentuchs? Wir haben also, nachdem die
Untersuchung der weichen Hirnhäute in mehreren Fällen die .Anwesenheit
des Diplococcus intracellularis ergeben hatte, mehrere Meningitiskranke
mit Mulllappen versehen und angewiesen, dieselben zum Schnäuzen der
Nase im Bedarfsfälle zu gebrauchen und da fanden wir in diesen Taschen¬
tüchern viermal in fünf Fällen mit aller Sicherheit den auch in Aus¬
strichen aus den Gehirnhäuten aufgefundenen Diplococcus intracellularis.
(Im fünften Falle wurde das Taschentuch erst sechs Wochen nach dem
Gebrauche untersucht.) Es gelang, diese Diplococcen aus dem Taschen¬
tuch in Reincultur zu züchten und mittels derselben beim Meerschweinchen
durch intrapleurale Infection eine tödtliche fibrinöse Pleuritis zu erzeugen.
Die Diplococcen fanden sich in den Leukocyten des Exsudats eingeschlossen
massenhaft vor. ,
Zur Controlle haben wir sodann das Nasensecret von acht Gesunden
untersucht, jedoch niemals den Diplococcus intracellularis gefunden; or-
wähnenswerth bleibt jedoch hier noch der mich selbst betreffende r ai •
ich hatte, als die Krankheit in Stuttgart ausbrach, in einem Mannschaits-
zimmer die Leitung der Desinfection übernommen; einige Tage dar 8 ,
entwickelte sich bei mir ein ausserordentlich heftiger Schnupfen mit se
reichlichem, dickem, eitrigem Secret und in diesem Secret fand sich au
der Höhe der Krankheit — gleichfalls der Diplococcus mtra-
cellularis! Derselbe verschwand allmählich mit Rückgang des Katarrhs.
Schliesslich haben unsere Versuche mit Diphtherie interessante rv -
sultate ergeben. Wir haben das uns zu Gebote stehende Material ebens
wie bei den bisher mitgetheilten Untersuchungen in zwei Gruppen ge-
theilt: in der einen haben wir die von diphtheriekranken Kindern a^
Taschentücher benutzten Mulllappen schon am Ta^e nach der Benutzung
verarbeitet, in der zweiten Gruppe wurde die Untersuchung erst *
gönnen, nachdem die Tücher drei Wochen aufbewahrt waren. P 1 ® ers
Gruppe betraf zwei tödtlich verlaufene Diphtheriefälle; aus beiden e -
hielten wir reichliche Culturen von Diphtheriebacillen, welche bei su
cutaner Verimpfung auf Meerschweinchen diese tödteten.
Auch in der zweiten Gruppe, welche vier Fälle umfasst,
der Nachweis von Diphtheriebacillen mikroskopisch und durch das t/uiti *
verfahren dreimal; aber nur in einem dieser drei Fälle waren die Cultur
noch imstande ein Meerschweinchen zu tödten, und zwar starb das m r *
peritoneal mit Bouilloncultur geimpfte Thier erst nach 14 Tagen, nach e
sich bei demselben einige Tage zuvor deutliche diphtherische Lanm b
der Hinterextremitäten entwickelt hatte. In dem serösen Exsudat
Bauchhöhle fanden sich Diphtheriebacterien. Es hat sich also hier
Original from
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3. Mai.
erhebliche Abnahme der Virulenz derjenigen Diphtheriebacillen, welche das
dreiwöchige Eintrocknen «berstenden, deutlich herausgestellt, aber immer¬
hin wären diese abgeschwächten Diphtheriebaeillen ohne Zweifel imstande
gewesen, auf der Rachenschleimhaut eines empfänglichen Kindes eine
diphthentische Erkrankung hervorzubringen.
Die Erwägungen, welche ich Ihnen vorzutragen die Ehre hatte
und welche sich stützen auf eine Anzahl doch ganz unzweideutiger
experimenteller Beobachtungen, zwingen uns zu dem Schlüsse- unsere
Taschentücher sind Transportmittel für 1 nfectionsstoffe par
excellencc! Sie müssen abgeschafft werden und zwar vor allem in den
Krankenzimmern sowohl im öffentlichen Krankenhaus als <mnz be¬
sonders auch bei den Kranken in ihrer Privatwohnung; so°dann bei
allen chronisch Nasen- und Lungenkranken und endlich — nicht zu ver-
gessen - bei an Schnupfen Erkrankten. Dass hier ein wirkliches
Bedürfmss vorliegt, geht auch daraus hervor, dass schon seit geraumer
Zeit m vielen Spitälern bei Tuberkulösen und Diphtheriekrauken anstatt
des laschentuches Stücke von Verbandmull verabreicht werden Dieses
Material ist aber nichts weniger als geeignet; es ist zu dünn, zu durch¬
lässig, und man ist deshalb genöthigt. eine solche Menge solchen Verbands¬
materials zu verschwenden, dass der Verbrauch eines Phthisikers pro Tag
den Bedarf für den Verband bei einer Oberschenkelamputation erreichen
oder gar übersteigen kann.
Einen Ersatz für das Taschentuch kann ich Ihnen hier vorlegen Das
1 nncip muss sein, ein billiges Material in kleinen Stücken zu gebrauchen,
so dass jedes Stück nach einmaligem Gebrauche sofort beseitigt wird, sei
es durch V erbrennen, sei es dass es in den Spucknapf wandert oder sonst
dahm, wohin auch die anderen mehr oder minder infectionsverdächtigen
oder doch ekelhaften Excrete gelangen. Dieser Ersatz, welcher, wie ich
glaube al e Eigenschaften in sich vereinigt, welche wir von unserem Ge¬
sichtspunkte aus von ihm verlangen können, besteht ans einer von einer
grossen doutschen Fabrik’) hergestellten Combination von Papier mit ge¬
wobenem Stoffe. Derselbe saugt auf. ist weich und geschmeidig, reisst
beim Gebrauch nicht durch und wird bei Einführung so billig zu stehen
kommen, dass die Ausgabe, welche für die Beschaffung und das Waschen
der bisherigen Taschentücher gemacht wurde, ungefähr genügen wird, den
bedarf an solchen zu einmaligem Gebrauch und dann sofortiger Ver¬
nichtung bestimmter Läppchen zu decken.
Hier in dem Lande, in welchem eine frühzeitige hohe Cultur
as erste historische Taschentuch hervorgebracht hat — das
lascnentuch, welches, zwar rein und kostbar doch schon so verhängniss-
'oll geworden ist — das Taschentuch der Desdemona — hier lassen
‘~ le uns über das Taschentuch den Stab brechen! Unterstützen Sic
unser Bemühen und ich bin überzeugt, wir werden in der Prophylaxe der
Jmeetionskrankheiten einen bedeutenden Schritt nach vorwärts thun!
XII. Therapeutische Mitteilungen.
Ein I" all von Idiosynkrasie gegen Tannin bei ftusserliclier
Anwendung desselben.
Von Dr. Bruno Krüger (Rostock).
Im .Jahre 1890 sind in dieser Zeitschrift drei Fülle von Idiosynkrasie
gegen Tannin bei äusserlicher Anwendung desselben veröffentlicht'wordcn.
gierst brachte Dr. Victor Lange in Kopenhagen eine kurze Abhandlung
über dieselbe; im Anschluss daran und angeregt durch dieselbe veröffent-
icJiten zwei andere Collegen ihre Beobachtungen an je einem Patienten,
aer mit. Jannm äusserlich behandelt worden war und fast dieselben Er¬
scheinungen zeigte, wie sie von Dr. Lange beschrieben waren.
ffl Ca t? J. c ^ ]n der Lage, diesen drei Fällen einen weiteren hinzu-
zu ngen. Irttient. ein junger Kaufmann G.. ‘28 Jahre alt. leidet seit
' T ren . a . n Rhinitis catarrhalis. Ich verordnete ihm Nasendouehen init
| l -\.?p sc her Kochsalzlösung (ö“'«») und Alaunstäbchen zum Einschieben
D A , aSG j r araut wurden Pinselungen mit Argentum nitrieum gemacht,
ihm jUS des Patienten hatte sich bedeutend gebessert, ich verordnete
p um £ chluss noch eine einprocentige Tanninlösuug zur Xasendouche.
aar lE 5n n , ach der zweiten Mouche kam Patient zu mir und klsgte,
lif.-c L1 na . Gebrauch der neuen Medicin sehr viel aushalten müsse. Ich
, p 11 , wl . edtT gewöhnliche Kochsalzdouchen machen, nach welchen
Keine Erscheinungen eintrateu. Dann gab ich ihm solhst eine Douche
n unprocentiger Tanninlösung, nach welcher sofort folgende Beob-
sich i‘'^ n r ,^ e . ülac ^ werden konnten: Das Gesicht des Patienten röthete
war ml "u n : 1UI !- ;ti xt lc kulbi wurden stark injicirt. die Thränensecretion
trpriwt.»? u , Easenschleimhaut sonderte stark ab, der Raehen war
intensiv» p;u? S ° der weicte Daumen bis zur Mitte des harten Gaumens,
merken . "y am Kehlkopfcingang und an der Epiglottis zu be-
suhieeti,r n ? ln Tj ' ^ rän derung der Stimmbänder war nicht vorhanden. An
starke k" u C UVerde . n s * nd Rügende anzuführen: Patient klagte über
8nannnn« pfsc n erzen * m Binterkopf, Ohrensausen. Druck in den Augen.
ir4nd !£i‘T G ? umen und das Gefühl von Athemnoth. Ein Exanthem
betrug' 1 * bf s 9St W d nac h we >sbar. Die Dauer der Erscheinungen
lieber dl , ese Mittheilung dazu dienen. ('ollegen, welche bei äusser-
eiue ve'rh 'S ndUn T g i- Von Tannin derartige Erscheinungen beobachten, an
bin dnrpü a; GD j Idiosynkrasie gegen Tannin zu erinnern. Ich wenigstens
f Jrund iW 1 damals gelesenen Beobachtungen gleich auf den richtigen
HchunffPn v«/ m - pt01 r e , gekommen. Da die oben genannten Veröffent-
eines neuen S emacllt sind, so halte ich die Mittheilung
Itöosvnkrfl«*;^ 6 « 6ne ^^.^ a H es zur Auffrischung der Thatsache. dass es eine
rechtfertigt ge ^ en Tannin bei äusserlicher Anwendung gieht. für ge-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
411
') Göppinger Papierfabrik G. Krum.
XIII. Alexander Schmidt f.
rhn 3 U ‘ Wochen nach seinem hochberühmten Lehrer, dem
Ft BGU Carl r S v hl U ldt ’ dcr im Verein mit dem Physiologen
r j . Biddei „die \ erdauungssäfte und den Stoffwechsel“ funda¬
mental und geradezu classiscli bearbeitet hat (1852), ist auch einer
ihrer namhaftesten Schüler, Al. Schmidt, heimgogangen, der seit
j Jalu-en den physiologischen Lehrstuhl an der, bis vor kurzem
deutsch-russischen, Hochschule Dorpat iune hatte
l H ,., A ! n 1 J / . 27 ' Mai 1831 auf der Insel Oesel geboren, bezog er
1850 die Universität Dorpat, der er bis an sein Lebensende treu
bleiben sollte. Nachdem er 1858 mit einer entwicklungsgeschicht-
hehen Studie promovirt, ging er, durch das vorbildliche Wirken
von Bnider und C Schmidt für die Physiologie gewonnen, auf
Studienreisen nach Wien, Berlin, Jena und Tübingen. Hier in
Berlin wurde er ein Schüler von R. Virchow und von Hoppe-
Seyler, der damals das chemische Laboratorium des pathologischen
Instituts leitete, und hier war es, wo Schmidt 1861 seine grund¬
legende Entdeckung über die Blutgerinnung gelang, die mit
einem Schlage seinen wissenschaftlichen Ruf begründet, bekannt
gemacht und deren weiterer Ausarbeitung er sich durch mehr als
drei Dezennien gewidmet hat.
Die Lehre von der Blutgerinnung war, insbesondere durch
die glänzenden Arbeiten von Virchow über Embolie und Throm¬
bose, m den Vordergrund der Physiologie und Pathologie gerückt
worden: allein das Wesen des Vorganges war noch dunkel. Man
nahm an, dass in dem lebenden Blute ein Eiweisskörper im ge¬
lösten Zustande kreise, der sich nach der Entleerung des Blutes
aus der Ader in eine unlösliche Modifikation, Faserstoff oder
Fibrin, verwandle. Schmidt fand nun. dass gewissen, freiwillig
nicht gerinnenden Transsudaten (Hydrocele-, Hydrothoraxflüssigkeit
u. a.) die Fähigkeit zu gerinnen ertheilt werden kann, sobald man
ihnen einen Tropfen defibrinirten Blutes oder Blutserums hinzufügt.
Etwas Aehnliches hatte schon Buchanan (1845) angegeben, allein
seine Beobachtung war unbeachtet geblieben und im Laufe der
Zeit so völlig vergessen worden, dass Schmidt als ihr selbst¬
ständiger Entdecker anzusehen ist. Entfernt man aus jenen
Transsudaten einen globulinartigen Eiweisskörper, das sogenannte
Fibrinogen, so sind die Flüssigkeiten nunmehr gerinnungsun-
fähig. In weiterer Verfolgung dieser Beobachtung schloss Schmidt,
j d f iss das in jenen Flüssigkeiten, gleichwie im Blutplasma, gelöste
Fibrinogeu, sobald es mit einem zweiten globulinartigen Stoffe, der
auch im Blutserum uachweisbar ist, zusammen trifft, Fibrin bildet,
und nannte deshalb diesen letzteren Körper fibrinoplastische
Substanz: sie soll mit dem Serumglobulin, Kühne’s Paraglobulin,
identisch sein.
Das weitere Studium der Frage führte zu dem Ergehn iss, dass
die Vereinigung von fibrinogener und fibrinoplastischer Substanz
zur Fibrinbildung den fermentativen oder Gährungserscheinungen
sich anreiht und durch ein chemisches oder lösliches Ferment, das
sogenannte Fibrin ferm ent, bewirkt wird: beide, das Ferment und
die fibrinoplastische Substanz, werden aus den weissen Blutkörper¬
chen frei, welche in dem aus der Ader entleerten Blut einem
schnellen Zerfall unterliegen.
An dieser Lehre hat dann Schmidt im wesentlichen fostge-
halten, sie im Verein mit seinen Schülern stetig ausbauend und
eitrigst bestrebt, neuere, seiner Theorie nicht einfach unter-
zuordnende Beobachtungen mit seiner Lehre, die er nur wenig zu
modificiron sich entschliessen konnte, in Einklang, so gut es eben
ging, zu setzen. Von Zeit zu Zeit hat er seine und seiner Schüler
fleissige Arbeiten monographisch zusammengefasst, so 1876 als
„die Lehre von den fermentativen Gerinnungserscheinungen“, so
noch 1892 in seiner letzten Schrift „Zur Blutlehre“ (Leipzig.
270 S.) 1 ) Darin fasst er seine endgültige Stellung zur Frage der
Blutgerinnung dahin zusammen: „Die farblosen Blutkörperchen
sind nicht die alleinige Ursache der Blutgerinnung, sondern sie
beschleunigen in eminentem Grade durch eine, erst extra corpus
von ihnen ausgehende Wirkung einen bereite im Gange befindlichen
Process, welcher auch ohne sie in dem vom Organismus getrennten
Blute mit der Faserstoffausscheidung absehliessen würde“. Die
Frage, warum die Leukocyten nicht schon innerhalb der Gefäss-
bahn die Gerinnung einleiten oder den im Gange befindlichen
Prozess beschleunigen, kann Schmidt nur dahin beantworten:
„Das macht der Zusammenhang des Blutes mit dem Organismus“.
Kurz nach der Veröffentlichung seines ersten wichtigen Fundes
nach Dorpat zurückgekehrt, habilitirte er sich dort, 1862 als
Privatdocent, wurde 1864 etatsmässiger Docent, 1865 übernahm er
als Professor-Adjunct den physiologischen Lehrvortrag an der
9 Ueber diese Schrift vergleiche meine kritische Besprechung: Borl.
klin. Wochenschr. 1893, No. 15. Dort sind auch die neuesten An¬
schauungen von der Gerinnungsfrage angegeben.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
412
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT._ _ _No. 18
Veterinäranstalt. 1866 wurde er beurlaubt, um im Laboratorium
des vor kurzem nach Leipzig berufenen Carl Ludwig sich in der
Lehre vom Kreislauf, von der Athmung und den Blutgasen praktisch
auszubilden. Die Frucht seiner Leipziger Thätigkeit bildet eine
werthvolle Abhandlung (Berichte d. Sächs. Ges. d. Wiss. XIX),
die u. a. auch eine schöne Beobachtung über die Gase des Lr-
stickungsblutes und darin vorhandene leicht oxydable, sogenannte
reducirende Stoffe enthält, wenngleich der daraus gezogene Schluss,
dass die Oxydation der Hauptsache nach im Blute vor sich gehe,
sich nicht hat halten lassen.
Als 1869 Bidder nach 34jähriger Lehrthätigkeit zurücktrat,
wurde Schmidt sein berufener Nachfolger. Nun begann für ihn
eine noch emsigere Thätigkeit, gleichsam als wollte er hinter seinen
Vorgängern auf dem Dorpater physiologischen Lehrstuhl, A. W. Volk¬
mann und Bidder, nicht zurückstehen. Alljährlich kamen aus
seinem Laboratorium eine Reihe von Dissertationen heraus, in denen
seine Schüler zumeist Einzelheiten zur Gerinnungsfrage, über die
Eiweisskörper u. a. bearbeiteten; auch die Zusammensetzung des
Blutes von Mensch und Thieren unter gesunden und pathologischen
Verhältnissen, insbesondere bei Fieber, wurden in den Kreis der
Untersuchungen gezogen.
Die Beziehung der Eiweisskörper zur Gerinnung gab weiterhin
den Anstoss, auch andere fermentative Gerinnungsvorgänge, so die
Labgerinnung der Milch, genauer zu studiren und ihre Analogie
mit der Blutgerinnung zu ermitteln. Die darauf bezüglichen Arbeiten
sind in der Schrift „Beitrag zur Kenntniss der Milch" (1874) zu-
sammengefasst.
Es ist nicht möglich, an dieser Stelle die umfangreiche Lebens¬
arbeit des rastlosen Forschers im einzelnen kritisch zu würdigen;
es konnten nur die hervorstechendsten Gebiete seiner wissenschaft¬
lichen Thätigkeit knapp skizzirt werden. Leider ist es Schmidt,
wie schon so manchem vor ihm, dem in jungen Jahren ein hoch¬
bedeutsamer Fund geglückt ist, ergangen; in den darauf folgenden
drei Jahrzehnten ist ihm keine Entdeckung gelungen, die auch nur
entfernt mit jener ersten zu vergleichen gewesen wäre: ja der
weitere Ausbau seines ersten Fundes hat nicht die Resultate ge¬
zeitigt, welche der mühevollen, darauf verwendeten Arbeit ent¬
sprochen hätten. Um so grössere Anerkennung verdient es, dass
Schmidt sich dadurch nicht hat entmuthigen lassen, auf der ein¬
mal betretenen Bahn auszuharren, und erst in seiner letzten Mono¬
graphie, gleichsam seinem Schwanengesang, klagt er resignirt, „der
Weg der Blutuntorsuckung ist nicht mit Rosen bepflanzt“.
In Anerkennung seiner grossen Verdienste um die Hochschule
wurde er für 1885—1889 mit der höchsten academischen Würde
des Rectorates betraut. Als in neuester Zeit die energische Russi-
iicirung der bisher stets das Dcutschthum vertretenden Hochschule
staatlicherseits betrieben wurde, da sank ihm mehr und mehr der
Muth; erkannte er doch nur allzuscharf, dass das Ansehen und die
Avissenschältliche Stellung seines über alles geliebten Dorpats mehr
und mehl- herunterging in dem Maasse, als auf neu zu besetzende
Lehrstühle nur Nationalrussen berufen wurden, deren wissenschaft¬
liche Bedeutung zum Theil nicht entfernt an die ihrer Vorgänger
heranreichte. Und als nun gar, um den ehrbaren deutschen
Namen Dorpat zu vertilgen, die Umtaufung in Jurjew kurzer Hand
angeordnet wurde, verliess ein deutscher Lehrer nach dem anderen
die gemassregelte Hochschule. Schmidt ist es erspart geblieben,
den weiteren Niedergang mit ansehen zu müssen - ein sanfter Tod’
hat den arbeitsamen Forscher den heimischen Wirren entzogen.
LiebensAviirdig im "Verkehr, frei von anmassendem Dünkel —
diesen Eindruck habe ich von Schmidt gewonnen schon 1876, als
er im Laboratorium von Salkowski und im Verein mit diesem
den Fund von Hüfner, dass das lufttrockene Trypsin auf 100»
erwärmt werden könne, ohne seine Wirksamkeit einzubüsson,
controllirend bestätigte und dasselbe auch für das Pepsin fest¬
stellte. Dann habe ich 1890 gelegentlich des internationalen
medicinischen Congresses seine Bekanntschaft erneuert; freilich
waien die dazwischen liegenden 14 Jahre nicht spurlos an ihm \ r or-
übergegangen: er war sehr still geworden, und man musste schon
som Lieblingsproblem, die Gerinnung, anschlagen, wenn er wieder
w r arm werden sollte.
Mit wahrem Enthusiasmus für classische Musik verband er
ein seltenes musikalisches Verständniss, kraft dessen sein Urthcil
in Dorpat stets als maassgebend galt.
Möge es der schwergeprüften Hochschule Dorpat-Jurjew ver¬
gönnt sein, in der Zukunft zwei so würdige Vertreter nach ein-
ander auf dem Lehrstuhl der Physiologie aufzuweisen wie Fr Bidder
und Alex. Schmidt. r
Gedruckt bei Julius
XIV. Kleine Mittheilungen.
- - Berlin. Die Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäko¬
logie zu Berlin sieht uni 9. Mai d. J. auf eine 50jährige Thätigkeit
zurück. Dieses feierliche Jubiläum wird laut Beschluss der Gesellschaft
den Vorschlägen dos Vorstandes und des Festcomites entsprechend in
j folgender Weise begaugen werden: Am Dienstag, den 8. Mai. Abends 9 Uhr.
! findet eine Vorversammlung im Pschorrbräu, Karlstrasse 29 statt. Am
• 9. Mai, dem Stiftungstage, findet am Vormittag von 10—11 Uhr eine
| Festsitzung im Langenbeckhaus, am Nachmittag von 3—5 Uhr eine
i Arbeitssitzung in der Frauenklinik statt; Abends 7 Ulir Festessen im
Hotel Reichshof. Am Donnerstag Vormittag von 9—12 Uhr wird eine
| Arbeitssitzung in dem Auditorium der gynäkologischen Abtheilung der
Charite abgehalten werden und für den Nachmittag 4 Uhr ein Ausflug
mit Damen auf den Havelseen vorbereitet.
— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 30. April
(Vorsitzender A. Fraenkel) demonstrirte vor der Tagesordnung Herr
Leyden eine geheilte Patientin seiner Klinik, die vor ungefähr drei Mo¬
naten einen mehrfachen Selbstmordversuch unter eigentümlichen Um¬
ständen gemacht hatte. Im Einverständnisse mit ihr hatte ihr „Bräutigam"
damals, bevor er sich selbst erschoss, zwei Schüsse in die Schläfe und
Herzgegend bei ihr abgegeben und dazAvischen eine Vergiftung mit offen-
! bar stark phosphorbaltiger Flüssigkeit bei ihr vorgenomraen. Von den
| Folgen der Vergiftung war sie durch reichliche Magenausspülungen un¬
gefähr 45 1 Flüssigkeit) und Brechmittel befreit worden; der Schuss in
der Schläfe war wirkungslos geblieben, der zAveite Schuss (ein Streifschuss
des Herzens, nach Leyden’s Meinung) — von dem die Kugel noch
steckt — hatte eine Herzbeutelentzündung zur Folge gehabt, die auch
glücklich heilte. — Auf diese Demonstration folgte zunächt dio Discussion
über den L o h n s te i n'schen Vortrag („neuere Methoden der Urethroskopie“),
woran sich die Herren Mankiewicz, L. Casper und Lohnstein be-
; theiligton. — Hierauf hielt Herr Eulen bürg einen längeren Vortrag über
Sklerodermie, dem sich Demonstrationen einiger bezüglicher Wachs¬
präparate der Lassarscben Sammlung durch Prof. Lassar anschlossen.
— Der Deutsche Verein gegen den Missbrauch geistiger
Getränke hatte im Juni vorigen Jahres oinen Preis ausgeschrieben für
die beste Arbeit über die Frage: Was kann die Schule und besonders der
Lehrer zur Förderung der Mässigkeitssache tkun? Es sind daraufhin
112 Arbeiten eingegangen. Der Preis, der 300 M. beträgt, ist dein Lehrer
Heinrich Droste in Meschede zugefallen; derselbe erhält ausserdem
den von der Müssigkeitscommission des westfälischen Städtetages für die
beste westfälische Arbeit gestifteten Nebenpreis von 100 M.
— Medicinalrath Prof. Dr. Fürbringer tritt am 5. Mai einen fünf¬
wöchigen Diensturlaub an.
— Wien. Das Ministerium für Cultus und Unterricht hat für die
| CG. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte eine
| Subvention von 10 000 fl. in seinen Etat eingestellt. — Die ausserordent-
; liehen Professoren der Ohrenheilkunde Dr. Politzer und Dr. J. Gruber
j und der ausserordentliche Professor der Laryngologie Dr. K. Störk sind
I zu ordentlichen Professoren ernannt.
— Universitäten. Marburg. Der a. o. Professor iu der medi-
1 cinischen Facultüt der Universität Marburg Med.-Rath Dr. Tuczck ist
I zum ordentlichen Professor ernannt. — Bern. Der Proscctor au der
| Universität Giessen Dr. W. Zimmer mann ist in gleicher Eigenschaft
: nach Bern berufen. — Paris. Der durch Charcot’s Tod erledigte Lehr¬
stuhl der pathologischen Anatomio an der medicinischen Facultüt ist
! Prof. Malassez übertragen. — Helsingfors. Zu ausserordentliche»
; Professoren sind ernannt worden die Docenten Sucks dorf für Hygiene
; und Smirnoff für Syphilidologie und Hautkrankheiten. Dr. R. Kolstcr
1 ist zum Docenten für pathologische Anatomie ernannt. — St. Peters-
! bürg. Dr. J. F. Sole new hat sich als Privatdocent für Syphilis und
Hautkrankheiten an der militär-medicinischeu Akademie habilitirt. D»*r
! Professor an der militiir-inedicinisehen Akademie Dr. Sokolow ist ge-
i storben.
XV. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Hautkrankheiten und Syphilis. Transactions of the American
Dermatological Association at its XVII. aimual meeting held on
the 5. and 6. of September 1893. Offieial report of the proceedings by
; George Thomas Jackson, M. D. 82 S. New-S'ork, 1894.
Hygiene und Siiniliitswrscn. V. Generalbericht über das
öffentliche Gesundheitswesen im Regierungsbezirk Königs-
; berg für die Jahre 1889—1891. Erstattet von Dr. R. Nath, König¬
lichem Regierungs- und Geheimen Medicinalrath. 169 S. Königsberg i. Pr-
Gräfe & Ünzer, 1894.
I Th, Wevl, Handbuch der Hygiene. I. Band. I. Abtheilung.
! 3. Lieferung: lt. Assmann, Das Klima, und O. Schellong, Akkli-
j matisation und Tropenhygiene. — I. Band, I. Abtheilung, 4. Liefc-
! zung: F. Kratschmor. Die Bekleidung. — III. Band, 1. Abtheilung.
2. Lieferung: A. Stutzer, Nahrungs- und Genussmittel. Jena. Gust.
Fischer, 1894.
Psychiatrie und Neurologie. R. Sommer, Diagnostik der
Geisteskrankheiten. Für praktische Aerzte und Studirende. 302 fei
; Wien und Leipzig,'Ufrban & Schwarzenberg. 1894.
, Utologie. J. Englisch, Ueber Taschen und Zellen der Hani'
I blase. Wiener Klinik 1894. 4. Heft, Wien, Urban & Schwarzenberg, loj*.
j Zalinheiikuiide. de Terra. Repetitorium der Znhnheilkundc.
! 516 S. Stuttgart, Ford. Enke. 1894.
Sittcufcld in nenn* W.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag M IO, _ 10. Mai 1894.
DEUTSCHE ~
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Eedaction: Prof. Br. A. Enlenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LichtensUln&llae 3. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 81.
Zum 50jährigen Stiftungsfest der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie
zu Berlin, 9. Mai 1894.
Am 13. Februar 1844 vereinigte sieh Carl Mayer, seinerzeit
einer der ersten Berliner Aerzte, mit neun gleichgesinnten Collegen
zu einer „geburtshilflichen Gesellschaft“.
Die Pflege der wissenschaftlichen Geburtshülfe in der weitesten
Bedeutung des Wortes soUte die hohe Aufgabe der Vereinigung
sein; eine aufrichtige Collegialität sollte die Mitglieder unter ein¬
ander verbinden, „damit eine collegiale Genossenschaft entstehe ge¬
bildeter, erfahrener, zuverlässiger Frauenärzte, die in gegenseitiger
Berathung und Besprechung wissenschaftliche Anregung und Be¬
lehrung tauschen.“ — Aus diesem Samenkorn ist ein Baum heraus¬
gewachsen, der heute in voller Kraft weithin sichtbar als ein
Merkzeichen im Gebiete wissenschaftlicher Vereinsbestrebungen
grünt und blüht. Er berechtigt zu der Erwartung, dass er, wie
seither 50 Jahre lang, auch auf eine weite Zukunft hinaus Blütlien
und Früchte tragen wird!
Neben dem Stifter, der der Gesellschaft wie ein väterlicher
Freund 24 Jahre hindurch, bis an sein Lebensende, treu geblieben,
gebührt das Verdienst, diesen Verein auf so lebenskräftige Grund¬
lage gestellt zu haben, Rudolph Virchow. Freundschaftliche
nnd verwandtschaftliche Beziehungen führten ihn. den pathologischen
Anatomen, 1846 in diesen Kreis. Er hat bis zu seiner Uebersiedelung
nach Würzburg und auch lange Jahre nach seiner Rückkehr nach
Berlin als einer der eifrigsten an den .Arbeiten der Gesellschaft
Theil genommen. Ihm verdankt dieselbe die Vertiefung.ihrer wissen¬
schaftlichen Arbeiten, die Anregung, in inniger Beziehung zur Ent¬
wickelung der gesammten Medicin dieses specielle Gebiet zu pflegen
und zu bearbeiten. Aber auch auf collegialem Gebiet hat Virchow
das Banner der Gesellschaft vorangetragen. In der Einleitung zu
dem dritten Band der Verhandlungen 1848 bezeichnet er als das
Ziel der Gesellschaft, „dass sich in ihr freie Männer zu einer freien
Gesellschaft zusammenschaaren, eine Sparkasse zu bilden aus ihren
Erfahrungen, zu ihrem Frommen und zum Nutzen ihrer Brüder!“
J^ er diesen Führern ist die Gesellschaft gewachsen, sie hat
die Stürme der Zeiten überstanden, die neuen Generationen sind
den Traditionen der alten treu geblieben. Die Gesellschaft begeht
ihren 50. Geburtstag mit 176 ordentlichen Mitgliedern,
p vf S ? er Carl Mayer der Gesellschaft entriss, übernahm
E. Martin die Leitung; ihm folgte Carl Schröder. Mit ihm
hat A. Gusserow, mit diesem dann R. Olshausen die Gesell¬
schaft geführt.
Die zehn Begründer standen alle inmitten einer allgemeinen
vi X1S ’ ^ e . damaligen Vertreter des Faches an der Universität
schlossen sieh erst nach und nach ihnen an. Wie aber mit
otaat und Stadt die Universität wuchs, so strömten auch von
. Universitätsinstituten der Gesellschaft von Jahr zu Jahr
junge Kräfte in zunehmender Zahl zu, von denen ein grosser Theil
m Berlin sich ausschliesslich mit der Geburtshülfe und mit der
m dieser Zeit und unter lebhafter Mitwirkung unserer Gesell-
fn a ? o Ch - entw ickelnden Gynäkologie beschäftigte. Es wurde
ur die Schüler der Berliner gynäkologischen Schule zur Gepflogen-
mt, in unserer Mitte zuerst ihre Arbeiten zu veröffentlichen; die
hier ihrer harrende Kritik wurde der Prüfstein auf ihren Werth,
o naben in langer Reihe deutsche akademische Lehrer, von denen
wir heute noch viele in der Vollkraft ihres Lebens wirken sehen,
un neben ihnen ihre Schüler unserer Gesellschaft als eifrige Mit¬
arbeiter angehört: Credö, Schöller, G. v. Veit, Hecker,
B. S. Schnitze, die Schüler Busch’s — Frankeuhäuser, Ols¬
hausen, Gusserow, von Winckel, Fasbender, Löhlein,
die Schüler E. Martin’s — Frommei, Hofmeier, die Schüler
Schröder’s — Runge und Wyder, die Schüler Gusserow’s.
Um diese heranwachsenden Priester Lucinens und um die
Schaar ihrer in Berlin theils akademisch thätigen, theils in der
Praxis stehenden speciellen Fachgenossen hat sich ein stetig wach¬
sender Kreis praktischer Aerzte gebildet, der die Entwickelung
unseres Faches mit lebhaftem Interesse verfolgt, und wie er Be¬
lehrung empfängt, es an Anregung zu weiteren Forschungen
nicht fehlen lässt.
Gerade diese natürliche Entwickelungsphase hat 1873 zu einer
Scheidung im Kreise der Gesellschaft geführt, die Mehrzahl der
specialistisch thätigen Gynäkologen trat unter E. Martin zu einer
gynäkologischen Gesellschaft zusammen. Nach E. Martin’s
Tod vereinigten sich beide gleichstrebenden Vereine am 9. Mai 1876
zu der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologio,
welche unter C. Schröder sich rasch zu ihrer jetzigen Stellung
entwickelte und diesen Tag als den Stiftungstag festhielt.
Ist dabei der Kreis zu gross geworden, als dass Allo das enge
Freundschaftsband, welches die zehn Gründer umschloss, umfangen
konnte, so ist an dessen Stelle eine gegenseitige Werthschätzung
getreten, welche in den Arbeiten der Gesellschaft zum Ausdruck
gelangt und ihren Verhandlungen ein charakteristisches Gepräge
aufdrückt.
Für den Eifer, welcher die Arbeiter erfüUte, den Geist, der
die Debatte durchdrang — zeugen die Berichte der Gesellschaft,
welche in den ersten 25 Jahren als „Verhandlungen der ge-
burtshülflichen Gesellschaft“ herausgegeben wurden. Für
weitere sechs Jahre bildeten die Verhandlungen den Grundstock
der „Beiträge zur Geburtshülfe und Gynäkologie“, welche
die Gesellschaft herausgab. Von da an sind sio in der „Zeitschrift
für Geburtshülfe und Frauenkrankheiten“, in deren Fort¬
setzung der „Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie^,
welche die Gesellschaft auf ihrem Titelblatt als ihre Mitarbeiterin
bezeichnet, zum Abdruck gekommen.
Auch weiteren Kreisen machen Berichte in der Berliner klini¬
schen Wochenschrift und in dem Centralblatt für Gynäkologie die
Verhandlungen zugänglich. , .
Die Berliner Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie
ist die älteste unter ihren continentalen Schwestern; nur die Edin-
burgher Gesellschaft ist vier Jahre vor ihr entstanden. Von
allen Seiten kommen zu ihrer Jubelfeier die Fachgenossen nach
Berlin, um ihr die Beweise ihrer Anerkennung, Werth Schätzung
und Freundschaft darzubringen. Die grossen deutschen und Ber¬
liner medieinischen Vereine nehmen lebhaften An theil an diesem
50 jährigen Jubiläum; ist doch ein solches auch den wissenschaft¬
lichen Gesellschaften nur selten beschieden.
50 Jahre hindurch in steter jugendlicher Frische, auf gleicher
Grundlage, den gleichen Zielen nachgestrebt zu haben, das muss
heute um so grösser erscheinen, als wohl niemals in einem solchen
Zeitraum eine ähnliche Umwälzung auf wissenschaftlichem e le
erfolgt ist wie in der Medicin des letzten halben Säeulums.
Es beweist,
i aer meinem uea ; T p
dass die Gesellschaft für Geburtshulfe und by-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19
414
näkologie mit ihren Führern allzeit auf der Hochwart gestanden,
dass sie verstanden hat, die Zeichen der kommenden Zeit zu ver¬
stehen und mit rüstiger, nie versagender Kraft die Anregungen,
welche in dieser Zeit, sei es aus ihrer Mitte, sei es von den Nach-
bargebieten her ihr entgegengetreten, zu verstehen, in sich zu ver¬
arbeiten und bleibende Früchte daraus zu zeitigen.
Möge der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie zu
Berlin es beschieden sein, in gleichem Sinne ihre Bahn weiter zu
verfolgen: dann wird sie mit ihrer Arbeit ohne Hast, aber ohne
Rast bleiben ein Brennpunkt der gynäkologischen Forschung und
Praxis, ein leuchtendes Beispiel collegialer Vereinsthätigkeit!
A. Martin.
I. Aus der Königlichen Frauenklinik in Breslau.
Die Principien der ProlapsbeMndlung. 1 )
Von Professor Dr. Otto Küstner.
Die Behandlung des Prolapses ist durchaus abhängig von der
Form des Leidens. Diese absolute Selbstverständlichkeit bedarf
dennoch einer ausdrücklichen Betonung. Die grosse Popularität,
welcher sich die Simon-Hegar’sche Prolapsoperation erfreut, die
vollendete Durchbildung, welche sie auf Hegar’s Klinik erfahren
hat, hat ebenso wenig wie Hegar’s Autorität verhindern können,
dass sich auf dem Gebiete der operativen Behandlung des Vor-
falles ein gewisser Schematismus ausgebildet hat, welcher meiner
Ueberzeugung nickt zur Vielgestaltigkeit des Leidens passt und
welchem entgegengetreten werden muss. Das ist die Aufgabe der
folgenden Erörterungen.
Vorfällen, d. h. vor die Vulva treten können verschiedene
Theile der inneren Genitalien. Es kann die vordere, die hintere,
es können beide Scheidenwände vorfallen, vorfallen kann ein Theil
des Uterus, kann das ganze Organ. Betheiligt sich der Uterus
am Vorfall, so liegt zum mindesten die vordere, häufig auch ein
grösserer Theil der hinteren Scheiden wand vor; ist die ganze Ge¬
bärmutter vorgefallen, so participirt meist auch die ganze Scheide am
Vorfall. Bekannt ist, dass wir ebenso wie vom Uterus Vorfall, so
auch vom Scheidenvorfall reden. Correcter wäre die Bezeichnung
Scheideninversion.
Der Scheidenvorfall hat verschiedene Bedeutung, verschiedene
Ursachen.
Isolirtem Vorfall eines meist nicht umfänglichen Theiles der
hinteren Sch ei den wand begegnen wir häufig als Folge des in-
completen Dammdefectes; dabei ragt der charakteristische drei¬
eckige, untere Zipfel der Columna rugarum posterior in die Vulva
hinein und zum Theil aus ihr heraus. Diese Dislocation kommt durch
die Eigenthümlichkeiten der secunda intentio bei partiellen Damm¬
rissen zustande: Die Narbenschrumpfung in der Richtung von innen
nach aussen lässt den unteren Zipfel der hinteren Scheiden wand tiefer
und allmählich heraustreten. Sehr häufig stülpt sich in diesen
Zipfel der entsprechende Theil der Rectumwand hinein, Rectocele.
Wegen der Länge und Dehnungsfähigkeit der hinteren Scheiden¬
wand hat diese Form des Schoidenprolapses eine Dislocation tiefer
gelegener Theile der inneren Genitalien, also des Uterus, nicht zur
Folge: dieser bleibt in seiner Normallage im Becken. Aus diesem
Grunde deckt sich die Correctur dieses Prolapses meist mit der
des Dammdefectes. Eine rationell ausgeführte Perineoplastik, in
vielen Fällen am besten nach der von mir Episioplastik genannten
Methode, beseitigt diese Form des Scheidenprolapses. Bestand der¬
selbe längere Zeit und infolge dessen durch Circulationsstörungen
bedingte Hypertrophie der prolabirten Wandpartieen, so ist die
Perineoplastik zweckmässig mit einer Resection von überflüssigem
Scheidenwandmaterial zu verbinden.
Meist nicht so einfach liegen die Verhältnisse bei isolirtem
Vorfall der vorderen Scheidenwand. Dieser kann Folge des
partiellen Dammdefectes sein; seltener ist er Folge des totalen,
weil hier die Narbe straffer zu sein pflegt. Unter normalen Ver¬
hältnissen stützt sich die vordere Vaginal wand, wenigstens die
untere Partie derselben, auf den vorderen Theil des Dammes: geht
sie dieser Stütze verlustig, so prominirt sie frei in die Vulva,
wölbt sich bei stärkeren Acten der Bauchpresse noch weiter vor
und kann schliesslich denjenigen Tiefstand constant beibehalten,
welchen sie früher nur bei den Acten verstärkter Bauchpresse ein¬
nahm. In dem Scheidenvorfall liegt ein entsprechender Abschnitt
der Blase.
Erreicht der so entstandene Prolapsus vaginae anterior keinen
hohen Grad, so bleibt er ohne Einfluss auf die Stellung des Uterus.
Andererseits lässt es seine Entstehungsursache aus Dammdefect
erklärlich erscheinen, weshalb er sich häufig mit Prolapsus vaginae
posterior vergesellschaftet.
Die sonst nicht weiter complicirte Form des Vaginalprolapses
wird häufig durch die Beseitigung der Ursache, durch die Cor¬
rectur des Dammdefectes gehoben. Ist die secundäre Hypertrophie
*) Nach einem Vortrage, gehalten im Verein Breslauer Aerzte am
8. März 1894.
der vorderen Vaginal wand zu gross, so ist eine entsprechende
Colporrhaphia anterior am Platze.
Häufiger als diese einfache Form des Prolapses der vorderen
Scheidenwand ist die mit einer Lageveränderung des Uterus com¬
plicirte, mit der häufigsten Lageveränderung, mit der Retroversio-
flexio. Wenn nicht bezweifelt werden kann, dass in diesem Falle
beide Leiden unabhängig von einander entstehen können, so ist es
ungleich häufiger, dass sie in einem ursächlichen Verhältniss zu
einander stehen. Und zwar ist dann fast stets die Retroversio-
flexio das primäre, der Prolaps der vorderen Scheidenwand das
secundäre Leiden. Die Retroversio-flexio des Uterus ist gleich¬
bedeutend mit Tiefstand des Organs; steht so die Portio vaginalis
einige Centimeter der Vulva näher, so wird die Vagina verkürzt,
von der Vaginal wand, welche vorher einen Canal von 7—8 cm
Länge auskleidete, jetzt nur einen solchen von 4—5 cm Länge zu
bekleiden hat, wird ein Theil überflüssig, schlägt eine Falte, und
diese Falte kommt in Gestalt des Prolapsus vaginae anterior in
die Vulva zu liegen.
Eine andere Anschauung über die gegenseitigen ursächlichen
Beziehungen zwischen Vorfall der vorderen Wand und Retroversio-
flexio lässt die Lageveränderung des Uterus das secundäre sein,
die vordere Scheiden wand zerre den Uterus nach unten und zwinge
ihn, sich in die fehlerhafte Stellung zu begeben. Dieser Mechanismus
trifft nur ganz ausnahmsweise zu, in der Regel ist die Retroversio-
flexio primär.
Diese Combination von pathologischen Affectionen: partiellem
Dammdefect, Descensus vaginae anterior, eventuell auch posterior,
Retroversio-flexio ist ganz ausserordentlich häufig, stellt ein ganz
typisches Krankheitsbild in der Gynäkologie dar. Sehr häufig
findet man dabei noch einen oder zwei tiefere Cervixspalten und
als Consequenz dieses Lacerationsectropiums und des Cervixkatarrhes
noch Endometritis corporis uteri. Auch kann letztere die Folge
der durch die Retroflexion bedingten Stauungsverhältnisse sein.
Nach der Erörterung über die ätiologischen Verhältnisse ist
ohne weiteres ersichtlich, dass ohne Lagecorrectur des Uterus die
Behandlung dieser Form des Vorfalles völlig illusorisch ist. Und
doch begegnet man derartigen Bestrebungen oder ihren proble¬
matischen Resultaten recht häufig. Ich sehe nicht selten Kranke,
bei welchen wegen dieser Form des Vorfalles vordere, eventuell
auch hintere Colporrhaphie gemacht und die Retroflexion unbe¬
rücksichtigt geblieben ist; gegen das sichtbare, selbst Laien Be¬
merkbare, gegen das an die Oberfläche Tretende des Leidens hat
sich die Therapie gekehrt; die Hauptsache, die Ursache hat sie
unberührt gelassen, die fehlerhafte Lage des Uterus. Das ist einer
von den Punkten, welche ich Eingangs dieser Erörterung andeutete,
v'enn ich von allzu schematischer chirurgischer Behandlung des
Vorfalles sprach. In vielen Fällen w r äre mit der Behandlung der
Retroversio-flexio das ganze Leiden auf viel einfachere Weise m
Angriff genommen worden, hätte allein die Reposition des Uterus
und die Einführung eines gut passenden Pessars genügt, una
vorderer wie hinterer Scheidenprolaps wären geheilt gewesen; die
hypertrophische vordere Scheidenwmnd hätte sich unter dem Eni'
fluss der wiederhergestellten Normallage des Uterus zurückgebildet,
die Endometritis ebenso.
So einfach liegen nun die Verhältnisse nicht immer. Ist es
die Endometritis hyperplastica, welche, weil zu bedeutend, einer
besonderen Behandlung bedürftig ist, so ist mit einer Auskratzung
des Uterus derselben zur Genüge Rechnung getragen; in derselben
Sitzung wird der Uterus reponirt und ein Pessar eingelegt.
Ist aber der Prolapsus vaginae anterior zu bedeutend, als dass
man auf eine ausreichende spontane Rückbildung nach der Reposition
des Uterus rechnen könnte, ist der Dammdefect zu gross oder die
entsprechende Narbe zu starr, als dass das consecutive Klanen
der Vulva sich mit einem Scheidenpessar vertrüge, dann sind
Scheidenoperationen nöthig. Will man in einem derartigen I alle
die Hauptsache, das ist die Lagecorrectur des Uterus, auf die
übliche Weise durch Reposition und Pessar vornehmen, so kann
die Behandlung einigemaassen complicirt werden.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCH E MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
10. Mai.
Nehmen wir den positiven Fall, es handele sich, wie so häufig,
um bedeutendere Endometritis hyperplastica, um Lacerations-
ectropium, um Dammdefect, Descensus vaginae anterior und um
Retroflexion, so lassen sich recht gut folgende Operationen in einer
Sitzung machen: Ausschabung, Emmet, Perineoplastik, eventuell
vordere Colporrhaphie. Die Hauptsache aber bleibt Vorbehalten,
das ist die Reposition des Uterus und die Einlegung eines Pessars!
Diese kann man nicht einmal unmittelbar im Anschluss an die
Heilung der Scheidenoperationswunden, das heisst etwa schon nach
acht Tagen vornehmen; die noch zu junge, um diese Zeit noch zu
leicht verletzliche Narbe an der Portio, am Damm verträgt weder
den Act der Reposition, noch die nothwendige Dehnung durch das
Pessar, am allerwenigsten die Einführung desselben. Reposition
wie Pessareinführung sind erst nach genügender Erstarkung dieser
Narben vorzunehmen, das heisst also nicht vor Ablauf einiger
Monate. Bis dahin haben sich die Kranken noch mit ihren Retro-
flexionsbeschwerden abzufinden, das heisst, obwohl operirt, ver¬
spüren sie von ihrer Cur nicht den geringsten Nutzen. Das ist
also zum mindesten recht unpraktisch.
Derartigen Fällen gegenüber verfuhr ich daher früher häufig
so, dass ich den Uterus ausschabte, den Emmet unterliess, dafür
das entsprechende Lacerationsectropium mit dem Glüheisen eauteri-
sirte, den Uterus reponirte, ein passendes Pessar einlegte und dann
vor dem Pessar die entsprechende Perineoplastik machte. So war
das Nothwendigste in einer Sitzung beendet. Nach der Heilung
der Plastik konnten die Kranken definitiv entlassen werden,
brauchten nicht zur Reposition und Pessarbehandlung wiederzu-
kommen. Derartiges Verfahren machte der Fernzügigkeit der
Kranken, welche in Russland ja keine Grenzen kennt, die genügenden
Concessionen. Dem Uebelstand, dass man vielleicht prima vista
nicht das richtige Pessar traf, war leicht dadurch abzuhelfen, dass
man die Behandlung mit dem Ausprobiren des Pessars begann
und erst operirte, wenn das zweifellos passende gefunden war.
Aber selbst trotz grosser Sorgfalt, selbst wenn das Pessar noch
so gut gewählt war, habe ich gelegentlich beobachtet, dass sein
unteres Ende die noch frische Episioplastikwunde insultirte. Also
immer wieder eine Collision zwischen dem operativen und dem
orthopädischen Theil der Therapie.
Dieser empfindlichen Collision ist nur auf eine Weise abzu¬
helfen. Man muss für die Orthopädie, d. h. für die Pessarbehandlung
eine Operation substituiren! Und gerade darin sehe ich den Haupt¬
vortheil der operativen Behandlung der Retroflexion, dass man
neben ihr einer Reihe von anderen operativen Indicationen, welche,
zufällig oder durch die Lageveränderung des Uterus bedingt, im
Bereiche des Genitaltractus bestehen, genügen kann, dass so die
missliche, zeitraubende, unter Umständen das ärztliche Können
geradezu compromittirende Collision zwischen Scheidenoperationen
und Pessai’therapie ausgeschaltet wird. Wenn diejenige Operation,
welche ich im Auge habe, sich in gleicher Weise bewähren wird wie
bisher, so kann sie in den Händen eines operirenden Gynäkologen
das Gebiet der Pessartherapie bedeutend einengen; die Pessar¬
therapie aus der Welt schaffen wohl nicht. Man wird also beide
Gebiete gegen einander abgrenzen und wird Indicationen für
Operation einerseits und für Pessartherapie auf der anderen
Seite fonnuliren müssen. Sollten bei dieser Abgrenzung Lieb¬
habereien der Kranken ganz ausser Acht und nur objective Mo¬
mente gelten gelassen werden, so würde ich sagen: Von den be¬
weglichen Retroversion-flexionen kann man die ganz uncomplicirten
mittels Reposition und Pessar behandeln. Sind neben der Retro-
ilexion Defecte an der Portio und an der Vulva zu corrigiren, so
ist es am einfachsten, die Pessartherapie fallen zu lassen und für
sie die Operation zu substituiren. Alsdann macht man alles in
einer Sitzung resp. während einer Narkose, also z. B. bei erheb¬
licher Endometritis hyperplastica, Lacerationsectropium, Perineal-
netect: Ausschabung, Emmet, Retroflexionsoperation, Episio- resp.
"enneoplastik.
Von allen den Operationen, welche bisher erdacht sind, den
retrovertirt-fleetirten Uterus normal gelagert in Normallage oder
«nnahernd in derselben zu erhalten, ist nach meiner Erfahrung
n chst der Ventrifixation die Mackenrodt’sche bei weitem am
leistungsfähigsten.. Dieses Bekenntniss ist das Resultat von vielem
erumprobiren mit eigenen Plänen und fremden Methoden, die
J l J 1 ®'-^ ( i ai ä , ßphe Operation eingeschlossen. Die Macken-
soi Operation ist auch der Dührssen’schen vorzuziehen, sie
^• ii ln klareres, übersichtlicheres Operationsfeld; und das ist
r viel werth. Ich habe bis jetzt einige 60 Mackenrodt’sche
DnrÜ+i! 1611 gemacht i auch ich habe, wie die aus meiner Klinik in
erfni * le ^ vor Kegangene Publication v. Knorre’s ausweist, Miss-
Es it • wogegen ich jetzt ein wandsfreie Resultate erziele,
von S iT ü S 0 - e ^ enso gegangen wie den anderen Operateuren,
weichen Berichte über diese Operation vorliegen, wie Winter,
415
wie Mackenrodt selbst. Dieser Umstand rechtfertigt eine kurze
Abschweifung auf das Gebiet der speciellen Technik.
Nachdem ich auch mit Modificationen, welche später in der
bekannten Discussion zwischen Mackenrodt und Winter aus¬
führlich zur Sprache gekommen und als verlässlich dargestellt
worden sind, nicht immer ganz den gewünschten Erfolg hatte
änderte ich weiter in einem Punkte, und das war entscheidend!
Nach dom üblichen Längsschnitt zwischen Urethral willst und Portio
nach Abtrennung der Blase von der vorderen Scheidenwand, dem
Uterus und der Plica vesicouterina führe ich die Nadel nicht durch
die letztere, sondern ich eröffne das Peritoneum breit, fasse das
Corpus uteri mit oiner feinen Hakenzange, ziehe es in die Wunde
und lege durch das Corpus uteri zwei oder drei Silkwormgutsuturen,
diese durch den vorderen Winkel der Vaginalwunde und knüpfe sie
in der Vagina. Der übrige Theil der Wunde wird mit Catgut ge¬
schlossen, und zwar werden von diesen Nähten auch noch drei oder
vier durch den Uterus selbst geführt. Die Silkwormgutnähte
werden nach fünf bis sechs Wochen entfernt, eine kleine Operation,
welche keine specialistische Gewandtheit erfordert und jedem Arzte
zugemuthet werden kann. Andernfalls kann man dem Winter¬
ten Vorschläge folgen, wie ich es jetzt häufig thue, und die
Silkwormgutfäden versenkt legen. Von diesen Nähten lege ich die
oberste in die Mitte der vorderen Wand des Corpus uteri, nicht
höher, oder, um Missverständnissen vorzubougen, welche aus mangel¬
hafter Kenntniss über das Verhältnis der Peritonealanheftung am
Corpus uteri zur Lage des inneren Muttermundes erwachsen, ich
lege die oberste dieser Nähte l l /- 2 —2 cm unterhalb des Fundus
uteri. auf der Peritonealseite gemessen. So lässt man im Heilungs¬
falle dem Uterus eine geringe, aber immerhin einige Beweglichkeit
und schafft für das Resultat günstigere Chancen, als wenn man das
Corpus uteri zu nahe dem Fundus fasst und so den fixirenden
Nähten durch die dem Uterus aufgezwungene stärkere Biegung
nach vorn resp. unten eine zu starke Spannung zumuthet. Nur
wenn der Descensus resp. Prolapsus vaginae anterior mit zu be¬
deutender Wandhypertrophie einhergeht, verbinde ich die Macken¬
rodt’sche Operation zugleich mit einer Resection der vorderen
Vaginalwand. Das eo ipso zu thun, wie Winter vorschlägt, ist
zur Sicherung der Rechtstellung des Uterus nicht nöthig.
Diese Andeutungen über die Mackenrodt’sche Operation, wie
sich dieselbe bei mir gestaltet hat, werden dem Leser und be¬
sonders demjenigen genügen, welcher an der Entwickelung dieser
Operation dasselbe Interesse genommen hat wie ich selbst und
wie es diese Operation meiner Ansicht nach unbedingt verdient.
Auf angegebene Weise operire ich seit August vorigen Jahres,
d. h. es fallen die ersten Operationen nach dem angegebenen Ver¬
fahren noch in meine Dorpater Zeit, jedoch sind dieselben von
Dr. v. Knorre nicht mit publieirt. In Breslau habe ich seit An¬
fang November 27 Mackenrodt’sche Operationen gemacht; nur
in einem Falle habe ich die Plica vesicouterina nicht breit er¬
öffnet, und das ist der einzige, welcher im Resultat zu wünschen
übrig lässt, wenn er auch keinen eclatanten Misserfolg darstellt;
hier habe ich die Nadel durch die Plica vesicouterina durchgeführt,
habe den Uterus blind fixirt, bin nach der allgemein geltenden
Vorschrift verfahren. Alle anderen Fälle haben in der Lagecorrectur
des Uterus tadelloses Resultat ergeben. Hoffen wir, dass es nach
Jahresfrist noch ebenso ist!
Eine wesentlich andere Beurtheilung müssen diejenigen Pro¬
lapse erfahren, bei welchen ein Theil des Uterus oder das ganze
Organ vor der Vulva liegt; eine wesentlich andere Beurtheilung,
soweit es sich um die Detailfragen der Therapie handelt. Der
Kernpunkt aber einer rationellen Therapie bleibt meiner Ueber-
zeugung und Erfahrung nach derselbe, das ist: Ebenso wie bei
den Scheidenprolapsen, wolcho mit Retroflexion complicirt sind,
eine nachhaltige Lagecorrectur des Uterus die Hauptsache ist,
müssen wir uns bei den Uterusprolapsen in allererster Linie die
Aufgabe stellen, den Uterus nicht nur im Becken, bezugsweise
im Leibe, sondern ausserdem noch in normaler Anteversio-flcxio
zu halten.
Alle Uterusprolapse entstehen aus Retroversion-flexionen:
d. h. allen Uterusprolapsen geht ein Stadium voraus, wo der Uterus
zwar noch im Becken liegt, aber bereits in seinen normalen Be¬
festigungen gelockert ist; diejenige Stellung, welche der Uterus
dann einnimmt, wenn ilm seine normalen Befestigungen, d. h. die
Muskulatur des Mesometriums, fallen lassen, ist eben die Retro-
versio eventuell Retroversio-flexio. Jeder Praktiker kennt aus
seiner Erfahrung Beweisfälle für diesen Grundsatz; jeder kennt
Frauen, besonders aus dem Proletariat, aus der arbeitenden Klasse
mit Prolaps, an welchen er vor Jahren Retroversio-flexio con-
statirte, welche aber einer Pessarbehandlung von vornherein unzu¬
gänglich waren oder eine solche eigenmächtig durch Entfernen
des Pessars illusorisch machten und so das gelockerte Organ einer
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416
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19
weiteren schädlichen Einwirkung des ahdeminalen Druckes aus-
setzten. Die Rückwärtslagerung ist die einzig mögliche ?’
aus welcher heraus der Uterus das Becken verlassen kann,
normaler Stellung kann er nicht aus dem B ®* 6I !p®J^! 10 J“’ vor .
Da die Retroversio-flexio nicht selten mit Prolaps der vor
deren Scheidenwand complicirt ist, denselben zur Folge hat so ist
die vordere Scheidenwand dasjenige, was zuerst vor der Vul
erscheint und so bei oberflächlicher Betrachtung der D nge die
Anschauung erweckt, als ob sie unabhängig von einer fehlerhaften
Deviation den Uterus nach sich heraus zöge.
Dass andererseits ein derartiger Mechanismus stattfindeni kann,
ist nicht zu leugnen; aber er ist selten. Und wenn er sich ab¬
spielt, auch dann zieht die vordere Scheidenwand die Vagmalpor-
tion nach der Vulva zu tiefer und den Uterus erst “ e1 “®
welche zum mindesten Retroversion ist, welche der Bauchpresse
den Fundus und die vordere Wand preisgiebt und dieser Kraft
gestattet, das Organ in der Axe der Vagina aus dem Becken her-
UUSZ n“' leugnen ist ferner, dass in wenigen seltenen Fällen
das Primäre des Prolapses eine Hypertrophie der Portio oder der
Portio supravaginalis ist. Dieso ist es dann, welche, wegen ihrer
Länge von der Lage der Vagina abhängig, das Corpus uteri zwingt,
sich ihr anzupassen; dasselbo legt sich nach hinten, biegt sich bei
normaler Flexibilität nach hinten um, es entsteht ebenfalls Ketro-
versio, äussersten Falles Retroflexio. ,
Auch muss bei den ganz vereinzelten Fällen von acut ent¬
stehendem Prolaps, hei welchen vorher nachgewiesenermaassen und
zweifelsohne die Stellung des Uterus normal war, dieser, bevor er
das Becken verliess, sich in Retroversion gestellt haben; allerdings
geschah dies hier plötzlich, nicht wie gewöhnlich allmählich.
In den Fällen endlich von Totalprolaps, in welchen wir —
auch das ist recht selten — das völlig ausserhalb des Beckens
im Prolaps liegende Organ in Anteflexion antreffen, ist der Uterus
in Retroversionsstellung dem Becken entwichen und hat sich erst
unten im Prolaps angekommen, von jeder Zwangslage befreit, in
Anteflexion gestellt. ,. . ...
Alle diese Verhältnisse sind zuerst und bisher in unuber-
troffen klarer Weise von B. S. Schultze in seiner Pathologe
und Therapie der Lageveränderungen des Uterus dargestellt (o. loZn.)
worden. In einer Zeit, in welcher die Lageveränderungen des Uterus
dank der Möglichkeit, ihnen in ausgiebigerer Weise operativ nahe
zu troten, an Interesse gewinnen, scheint es geboten, dieses classi-
sclie Buch ganz besonders zum Studium principiell wichtiger Ver¬
hältnisse zu empfehlen. , T
Also nochmals zu betonen: Die Retroversio-flexio ist das Vor¬
stadium des Prolaps; begnügt sich die Therapie nur mit dem Zu¬
rückhalten des Vorgefallenen, so verweilt der Uterus zunächst in
Retroversio-flexio im Becken; aus dieser gefährlichen Stellung aber
tendirt das Organ immer wieder zum Prolabiren. Man darf also
mit der Therapie nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern
muss den Uterus reponiren und zugleich in normale Anteversion-
flexion bringen und in dieser Stellung erhalten.
In einer Reihe von Fällen ist dies mit Hülfe von Pessaren
möglich. Meist muss man dieselben aber recht voluminös gestalten,
oder man muss ihnen eine Form geben, welche ein Aneinanderliegen
der Vaginalwände verhindert, ein permanentes Einstreichen von
Luft in die Vagina zur Folge hat; Unzuträglichkeiten, welche mit
anderen bekannten zusammen der relativ geringen Anzahl von
Prolapsen gegenüber, welche einer ausschliesslichen Pessarbehand¬
lung zugänglich sind, die Leistungen der operativen Behandlung
in noch glänzenderem Lichte erscheinen lassen.
Diejenigen Methoden der Prolapsoperation, welche man bis
zum heutigen Tage als die herrschenden bezeichnen kann, sind auf
der ursprünglichen Simon’schen Operation aufgebaut; sie machen
sich zur Aufgabe, die Vagina denkbarst zu verengen, ausserdem
den Uterus von unten her durch Resection eines mehr oder weniger
umfänglichen Stückes zu verkleinern. Das grösste Verdienst um
die Ausbildung der Methode gebührt unstreitig He gar. Diejenige
Modification, welche am ausgiebigsten und consequentesten die an¬
gestrebten Formen Veränderungen der Genitalien — Verengung der
Vagina und Verkürzung desUterus — erzeugt, rührt vonFritsch her.
Darüber, dass mit der Verfolgung dieser Principien Erfolge erzielt
worden sind, kann keinen Augenblick Zweifel bestehen. Publicationen
ausser anderen aus Hegar’s undFritsch’s Klinik dienen als Be¬
lege. Ebenso wenig aber kann es zweifelhaft sein, dass diese Erfolge
wesentlich in einem Zurückhalten der vorher prolabirten Genitalien
hinter der Vulva bestanden. Wie, in welcher Stellung der Uterus
hinter dem künstlich verengten Scheidenrohr verharrte, kann eben¬
falls nicht zweifelhaft sein; er hat retrovertirt-flectirt im Becken
gelegen, wenn nicht irgend welche Zufallskräfte ihn daran ver¬
hinderten. Jedenfalls schafft eine Operation, welche in Portio-
reseetion, vorderer und hinterer Colporrhaphie besteht, kein Moment,
welches den Uterus zwänge, sich in normale Anteversio-flexio zu
stellen in dieser Stellung zu verbleiben. Ja von der Portioresection
könnte man sogar eher den gegenteiligen Effect erwarten.
Hat man so durch gedachte Operation den Prolaps m eine
Retroversion verwandelt, so bleibt diese weiter bestehende Lage¬
veränderung der schwache Punkt der eingeschlagenen Therapie.
Rein theoretisch betrachtet, kann eine Rückwärtslagerung ein
schwereres Leiden darstellen als ein Prolaps. Es schlossen sich
an dieselbe nachgewiesenermaassen leichter pelveoperitonitischo,
perisalpingitische, perioophoritische Processe an eis an den Pro¬
laps. Diese sind es, welche in empfindlicherer Weise das Wohl¬
befinden zu stören vermögen als die Unbequemlichkeit des Vor¬
falls. Darüber, dass das gerade bei derartigen, nach Prolaps¬
operationen entstandenen, bezugsweise zurtickbleibenden Rückwärts¬
lagerungen häufiger der Fall gewesen wäre, ist nichts bekannt.
Bekannter sind die mechanischen Störungen. Der retrovertirte
Uterus liegt in der Richtung der, wenn auch noch so sehr durch
die Colporrhaphie verengten Scheide; der constante wie der
durch die Willkür verstärkte intraabdominale Druck treibt das
Organ stets in der Richtung, in welcher es leicht oder, wie aus¬
einandergesetzt, allein die Scheide, bezugsweise das Becken ver¬
lassen kann, und droht so früher oder später dasRecidiv des Pro¬
lapses zu erzeugen. . , „
Es lie^t mir fern, an die Resultate, welche aus Hegars,
Fritsch’s und anderen Kliniken über Prolapsoperationen berichtet
sind, kritisch heranzutreten. Thatsache ist, dass danach Recidive
aufgetreten sind, denn wenn es nicht so wäre, so müssten die Be¬
strebungen, an derartigen Methoden zu ändern und zu bessern,
unterblieben sein. Man hätte sich mit ihnen absolut zufrieden er¬
klären müssen. Eine Umschau in der Litteratur erweist das
Gegenth ^ Uterus aus dieser gefährlichen, das Dauerresultat
bedrohenden Stellung zu befreien, wäre das einfachste Mittel, nach
Colporraphie und Portioresection die Behandlung der Retroversio-
flexio in üblicher Weise vorzunehmen, d. h. das normal gelagerte
Organ durch ein Pessar zu stützen. Das Pessar könnte man dann
allerdings wieder nicht vor genügender Erstarkung der Operations¬
narben appliciren. Diesen Vorschlag hat Schultze gemacht, ich
habe früher nach demselben gehandelt.
Ein Mangel dieses Verfahrens ist angedeutet. Die Behandlung
dauert recht lange. Das wäre zu verschmerzen. Weiter aber ist
evident, dass das Pessar auch nach genügender Erstarkung der
Operationsnarben dieselben immer wieder dehnt und die durch
die Colporrhaphieen erzeugte vortheilhafte Verengung der Vagina
allmählich wieder illusorisch macht.
Diese Uebelstände bewogen mich im Jahre 1888 zuerst mit
den Colporrhaphieen diejenige Operation zu verbinden, durch welc e
ich dem Uterus eine dauernde Anteversions-flexionsstellung geben
konnte, das heisst ich machte bei Uterusprolaps zuerst die Ventri-
fixation und in derselben Sitzung eine ausgiebige vordere un
hintere Colporrhaphie. Schon die ersten Resultate waren im
höchsten Maasse ermuthigend, und so ist es gekommen, dass iese
Methode für mich die fast ausschliesslich bevorzugte Prolaps¬
operation wurde. Nur ganz ausnahmsweise griff ich einmal au
ein anderes Verfahren zurück, seltener in der Ueberzeugung grossere
Leistungsfähigkeit, meist nur um meiner Stellung als khmsener
Lehrer gerecht zu werden. Meine Dorpater Erfahrungen besenne
ich vor zwei Jahren in einem in dieser Zeitschrift erschienenen
Artikel, ausserdem in meinen Grundzügen der Gynäkologie; S1 ® lie ^ 1 !
jetzt detaillirt in der Dissertation von Dr. Baron v. ^. n £. , ar , r
vor. In Dorpat sowohl, wie an dem überreichen Material
Breslauer Klinik hat sich bisher bestätigt, was die Resultate e
ersten Operationen vor sechs Jahren versprachen: ich habe, sow
ich die Fälle weiter controlliren konnte, keinen Misserfolg au z ■
weisen. An und für sich ist dies auch nicht weiter zu verwun er ,
ebenso wie der retrovertirt-flectirte Uterus um seiner ote ug
willen schliesslich prolabiren muss, so ist der antevertirte um sei
Stellung willen definitiv vor dem Prolabiren geschützt. U er 111
abdominale Druck verkleinert, d. i. verschärft mit jederverstar
den Phase den Winkel, welcher zwischen Scheiden- und Uteru *
besteht und wirkt so auf das Organ nicht hinausdrängend, son .
geradezu befestigend. Das ist ein statisches Grundgesetz, we
keine Ausnahme erleidet. • u*
Die blosse Ventrifixation aber ohne Colporrhaphie ist
ausreichend. Das haben schon die Versuche anderer Opera • »
als deren erster P. Müller zu nennen ist, erwiesen. Die Va £J
wände sind, wenn der Prolaps lange Zeit in ausgedehnterer
bestanden hat, zu voluminös, die Vulva ist zu weit, der “. e
boden zu schlaff, als dass nicht ohne diese Operation em gro® ^
oder geringerer Vaginalprolaps weiter bestehen könnte,
müssen verengende Operationen vorgenommen werden. 1° ^
die Colporrhaphie an der vorderen Wand nach Hegar, an
Dijjitized hy Gck igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
10. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
hinteren promiscue nach Hogar oder Freund gemacht, selten
nach Simpson-Tait; dabei bleibt zuviel Gewebe zurück.*
Für absolut überflüssig halte ich jede verkürzende Operation
am Uterus in den Fällen, wo die Hypertrophie der Portio die Folge
des Prolapses ist; das heisst in den weitaus meisten. In der ganz
überwiegenden Mehrzahl ist die Hypertrophie der Cervix Folge
des Prolapses, Folge der Circulationsstörung durch Dehnung und
Drehung des Mesometriums, mit einem Worte Oedem, welches nur,
weil chronisch und hart geworden, als solches palpatorisch nicht
oder schwer zu erkennen ist. Zum Theil ist die Elongatio cervicis
auch Folge der Zerrung des prolabirten Organs auf der einen, der
Ligamente im Becken auf der anderen Seite. Jedenfalls ist soviel
sicher, dass diese Verlängerung der Cervix nach der Reposition
und Rechtlagerung des Uterus in kürzester Zeit verschwindet oder
jedenfalls auf ein Minimum reducirt wird. Von dieser Thatsache
kann man sich sehr leicht überzeugen, wenn man mit der Sonde
den Uterus misst, das Organ reponirt in normale Antevereio-flexio
bringt, in dieser durch Pessar oder Tampon erhält und dann nach
acht Tagen wieder misst. Der vorher 12 bis 15 cm lange Uterus
ist auf 9 bis 10 cm, also fast zur Norm veijüngt. Wozu also
eine Resection vornehmen, eine unschöne Verstümmelung, wenn
allein durch die Rechtlagerung eine gleich grosse Verkürzung in
kürzerer Zeit erzeugt wird als die Resectionswunde zu ihrer
Heilung bedarf? Die Veijüngung des oft ja unförmigen cervicalen
Theiles des Uterus erfolgt nach der Reposition in allen Dimen¬
sionen, die oft auch in der Breite und Dicke ganz erheblich
vergrösserte Portio bildet sich in kurzer Zeit zu der normalen
gracilen Form zurück.
Ebenso passiv kann man sich den Geschwüren an der Portio
gegenüber verhalten. Diese sind entweder Decubitus oder, und
auch das ist nicht selten, sie sind Risse, entstanden infolge der
Zerrung, welche die harte unnachgiebige Haut der Portio durch
das Gewicht des Prolapses erfährt. Ihre EntstehungsUrsache macht
es verständlich, wenn sie nach der Reposition sehr schnell spontan
abheilen und somit ein Cauterisiren oder Operiren zum mindesten
als überflüssige Heilbestrebungen erscheinen lassen.
Auch die vielfach geübte Ausschabung mache ich beim Prolaps
nicht eo ipso und habe weder stärkere Blutungen noch schleimige
Secretion später beobachtet.
Was die specielle Technik betrifft, so beginne ich mit der
Ventrifixation. Ich führe die fixirenden Nähte durch Fascie, Muskel
und Peritoneum der Bauch wand und durch die vordere Wand des
Uterus, versenke diese und schliesse darüber den Rest der Bauch¬
wunde. Zu allen Bauchnähten, besonders aber zu den ventri-
fixirenden, verwende ich Silkwormgut. Nur wenn wegen der Dicke
der Bauchdecken Etagennaht indicirt ist, nehme ich, dann aber
nur zur Vereinigung der Bauchwunde Catgut. Zur grösseren Be¬
quemlichkeit fasse ich den Uterus mit einer eigens dazu construirten
stumpfen Zange, welche eine schmale, ungefensterte und eine breite,
gefensterte Branche besitzt. Die schmale ungefensterte Branche
kommt an die vordere Wand zu liegen, um sie herum lassen sich
leicht die Uterusnähte führen.
Nach der Ventrifixation wird die Kranke an den Rand des
Operationstisches gerückt oder auf einen Operationsstuhl placirt
und dann die vordere und hintere Colporrhaphie ausgeführt. Dazu
verwende ich nur Catgut. Die Kranken verlassen nach etwa drei
«ochen das Bett bezugsweise die Anstalt.
?* esen Principien verfahre ich jetzt dem Prolaps gegen-
F M /fiterem Studium lasse ich es Vorbehalten bleiben, ob das
rold für die Mackenrodt’sche Operation zusammen mit vorderer
und hinterer Colporrhaphie zu Ungunsten der Ventrifixation mit
vorderer und hinterer Colporrhaphie erweitert werden kann. Das
aber muss nochmals betont werden, die Resultate, welche mit
entnfixation und vorderer und hinterer Colporrhaphie erzielt
werden, lassen eine Aenderung des Verfahrens nicht nöthig, also
oni auch kaum erwünscht erscheinen.
I Ausführlicher kritisch auf andere operative Verfahren gegen
en rrolaps einzugehen, liegt nicht in meiner Absicht. Nicht vef-
ägen kann ich mir jedoch, meiner Genugthuung darüber Ausdruck
dass ’ ' w * e *** ^ er ersten Nummer dieses Jahrganges dieser
d p ™ zu lesen ist, ein um das Studium und die Verbesserung
r rrolapsoperationen so verdienter Autor wie Frits ch zu Gunsten
Vo . n mir . über ein Lustrum geübten und vertretenen Prolaps-
P rauon sein Verfahren, besonders die Totalexstirpation, nur auf
jenjgen Ausnahmefälle einzuschränken gedenkt, wo der Prolaps
tion TT Leiden com PÜcirt ist, welches allein schon diese Opera-
daas TT ^ 8e lbst bin, wie gesagt, dessen bereits sicher,
tion J*A der _p°lP 01 Thaphie zusammen Olshausen’s Ventrifixa-
feiert ^ ^ em ^b^te der Prolapstherapie die grössten Triumphe
417
II. Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik
in Berlin.
Zwei Fälle von centralem Dammriss.
Von Dr. Friedrich Matthaei, Assistenzarzt.
Die Zeit, in der eine Controverse über die Möglichkeit eines
centralen Dammrisses unter der Geburt stattfinden konnte, ist seit
der Polemik zwischen Moreau und Capuron vorüber. Das Vor¬
kommen einer solchen Verletzung wird heute nicht mehr bezweifelt.
Dass aber ein derartiges Geburtstrauma, verbunden mit der Aus-
stossung der Frucht durch den Riss, ein immerhin seltenes Er¬
eigniss ist, geht aus einer von Hohl 1 ) in seinem Lehrbuch der
Geburtshülfe gemachten Bemerkung hervor. Er sagt dort p. 629;
„Wir selbst haben einen centralen Dammriss mit dem Durchgehen
des Kindes durch denselben nie beobachtet und würden die Mög¬
lichkeit in Zweifel ziehen, wenn nicht glaubhafte Autoritäten selbst¬
beobachtete Fälle mittheilten.“
Die ersten Fälle dieser Art sind nach den Angaben, -welche
Birnbaum 2 ) in seiner sehr ausführlichen Arbeit macht, mitgetheilt
von Bianchi 3 ) und Violet 4 ), aber erst die Beobachtungen von
Nedey in Besan^on und Coutouly 6 ) zogen die Aufmerksamkeit
der Fachgenossen in höherem Grade auf sich.
Den ersten Fall von Centralruptur des Dammes mit Durch¬
tritt des Kindes durch den Riss verdanken wir Luroth. 6 )
Seitdem haben sich die in der Litteratur mitgetheilten Fälle
dieser Art auf eine stattliche Anzahl vermehrt, welche aber doch
noch als klein bezeichnet werden muss im Verhältniss zu der von
Aerzten überhaupt beobachteten Zahl von Geburten.
In den letzten Jahren machte Charpentier die Frage der
centralen Dammruptur auf Grund von vier eigenen Beobachtungen
zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung und stellte aus
der gesammten Litteratur 56 authentische Fälle zusammen. 7 )
Diesen Mittheilungen fügte Delcroix 8 ) noch weitere 18 ein¬
schlägige Beobachtungen hinzu, so dass eine Gesammtzahl von
74 gut beobachteten Fällen zusammengetragen ist. Unter diesen
wurde eine centrale Ruptur des Perineums neunmal bewirkt durch
den Ellenbogen oder den Fuss des Kindes, 24 mal entstand der
Dammriss durch den vorangehenden Kopf oder Steiss. In allen diesen
Fällen konnte die Geburt auf natürlichem Wege beendigt werden.
Dagegen trat 38 mal die ganze Frucht durch die Dammöffnung
aus. In drei Fällen muss die Art der Beendigung der Geburt
als nicht genau festzustellen bezeichnet werden.
Ausser den soeben angeführten Fällen fand ich in der ein¬
schlägigen Litteratur der letzten Jahre Beobachtungen über centrale
Dammrissse mitgetheilt von; Bigelow,9) Coe, 10 ) Ashton, 11 )
Marta. 12 )
Die von Kaltenbach 13 ) gemachte Mittheilung kann man
streng genommen nicht zu den centralen Dammrissen rechnen,
sondern muss sie als eine der selten vorkommenden Rupturen des
Septum recto-vaginale bezeichnen, da der eine Fuss des in Steiss-
lage geborenen Kindes aus dem Anus heraustrat. Doch ist der
Mechanismus der Geburt in Kaltenbach’s Fall sicher ein be¬
sonderer, analog den Verhältnissen, welche beim Zustandekommen
einer Centralruptur des Dammes eine Rolle spielen, und es ist daher
diese Beobachtung von Werth für das Verständniss der Aetiologie
der centralen Dammrisse im engeren Sinne.
Die erwähnte Seltenheit des Vorkommens einer Ruptura
perinei centralis mit Austritt des Kindes durch den Riss mag die
Vermehrung der Casuistik um zwei Fälle rechtfertigen, welche
kurz nach einander in der Universitäts-Frauenklinik zur Beob¬
achtung kamen.
*) Hohl, Geburtshülfe 1862.
а ) Birnbaum, Ueber die Verhältnisse des Dammes in Bezug auf
seine Verletzbarkeit in der vierten Geburtsperiode und die centrale Zer-
reissung im Besonderen. Schmidt’s Jahrb. 1843, p. 49.
3 ) Citirt von Birnbaum: Bianchi, De naturali humani corporis
morbosaque generatione, p. 107.
4 ) Citirt von Birnbaum aus: Pouteau, M61anges de Chirurgie.
5 ) cf. Baudelocque, Anleitung zur Entbindungskunst, übersetzt
von Meckel. Leipzig, 1786, Theil 1, p. 138.
б ) cf. Birnbaum 1. c. p. 50.
9 Charpentier, De la rupture centrale du perin^e. Arch. de tocol.
1885, p. 963 und ff.
8) Delcroix, Etüde surlarupture centrale duperiinÜe enaccouchements.
These de Paris 1891.
») Centralbl. f. Gvnäk. 1878, p. 287.
,0 ) Centralbl. f. Gynäk. 1889, p. 84.
ll ) Lancet 1889, 28. September.
,a ) Frommei, Jahresber. 1889, p. 532, Rottura centrale del perineo;
episiotomia ed episio-perineo-plastica-rafia. Riv. venet. di scienz. med.
Venezia 1889, Bd. XI, p. 268.
l3 ) Centralbl. f. Gynäk, 1883, p. 457.
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418
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Erwähnen muss ich hierbei, dass ich allerdings persönlich den
Geburtsverlauf nicht zu sehen Gelegenheit gehabt habe, doch waren
die Mittheilungen der Augenzeugen so exacte 1 ) und der Befund
an den Genitalien so unzweideutig, dass an der Richtigkeit der
Diagnose, centraler Dammriss und Geburt des Kindes durch den¬
selben, in keinem der beiden Fälle gezweifelt werden kann.
Ich lasse kurz die beiden Krankengeschichten folgen, deren
Veröffentlichung mein hochverehrter Lehrer, Herr Geheimer Rath
Professor Dr. Olshausen mir gütigst gestattete:
Fall 1. Frau F., 34 Jahre alt, hatte zweimal (1881 und 1885) aus¬
getragen normal geboren. Im Anschluss an das erste Wochenbett hatte
sich ein geringer Descensus der Vagina ausgebildet, welcher nach dem
zweiten Puerperium zu einem erhebliche Beschwerden verursachenden
Scheidenvorfall wurde. Patientin unterzog sich daher in einem hiesigen
Krankenhaus im Jahre 1888 einer Prolapsoperation, welche alle Beschwerden
beseitigte. Nach dieser Operation kam Patientin zum ersten mal wieder am
4. Februar 1894 nieder. Der zur Geburt hinzugerufene Arzt fand die
Frau in ausserordentlich heftigen Wehen und constatirto einen kleinen
Einriss in der Mitte des Dammes, in welchem ein Fuss des in Steisslage
befindlichen Kindes sichtbar wurde. Noch bevor eine Untersuchung mög¬
lich war, zerriss der Damm in grosser Ausdehnung, und das Kind wurde
aus dem Riss heraus bis zum Nabel geboren. Eine weitere kräftige
Wehe trieb die Frucht vollends aus bis auf den Kopf. Der kindliche
Rücken war nach der Symphyse gerichtet, aus der engen unverletzten
Vulva sah das Hinterhaupt hervor, unter welchem ein Stück Damm¬
gewebe den Nacken des Kindes bedeckte. Die Nabelschnur pulsirte
nicht mehr, es wurde daher schonend und langsam der Kopf ebenfalls
durch den Riss extrahirt ohne Verletzung der zwischen hinterer Com-
missur und vorderem Wundwinkel stehen gebliebenen Gewebsbrücke.
Maasse und Gewicht des gut entwickelten Mädchens entsprachen den
Durchschnittszahlen eines ausgetragenen Kindes.
Die Untersuchung der sofort uns zugeschickten Frau ergiebt folgen¬
den Befund: 3 cm hinter der vollkommen intacten hinteren Commissur
beginnt ein weit klaffender, 9 cm langer, bis zum Sphincter ani reichender
Riss. Die Ränder desselben sehen zerfetzt und gequetscht aus und klaffen
nach rechts und links soweit, dass die ganze Hand bequem eingoführt
werden kann. Man gelangt, mit der Hand eindringend, unter einer 3 cm
langen, 1 cm dicken, hinter der hinteren Commissur stehen gebliebenen
Brüeko in die Vagina, deren Introitus vollkommen intact, sehr eng und
straff ist und keinerlei Spuren einer kürzlich stattgefundenen Geburt auf¬
weist. Ebenso ist der Sphincter ani unverletzt. Auf dem intact ge¬
bliebenen Daramrest findet sich an Stelle der Rapho eine glatte, derbe
weisse Narbe. Eine zweite, weisso, circa markstückgrosse Narbe von
strahliger Ausdehnung findet sich an dem untersten Theil der hintoren, an
der Grenze gegen die Dammhaut abgesprengten Scheidenwand. Die
hintere Scheidenwand selbst zeigt zwei tiefe Einrisse; einen kurzen circa
3 cm langen rechtsseitigen und einen circa 7 cm langen links gegen die
Symphyse zu etwa bis zur Mitte der Basis des Labium minus sinistrum hinauf
reichenden. An der Vaginalwand ist ausser der erwähnten Narbe keine
Spur einer früheren Verletzung zu entdecken. Die Beschaffenheit der
beiden Vorgefundenen Narben, welche wohl zweifellos von der vor sechs
Jahren vorgenommenen plastischen Operation herrühren, lässt die Ver-
muthung zu, dass die damals gesetzte Dammwunde per primam, der
unterste Theil der Scheidenwunde per secundam intentionem geheilt ist.
Die Behandlung bestand in Schluss der Wunden theils durch Catgut¬
knopfnähte, theils durch fortlaufende Etagencatgutnaht nach Entfernung
der mortificirt aussehenden Gewebsfetzen. Vier tiefgreifende Silkworm-
nähte dienten zur Entspannung der Wunde. Patientin machte eine fieber¬
lose Reconvalescenz durch; die Wunde heilte per primam bis auf eine
für einen Bleistift noch sechs Wochen nach der Verletzung durchgängige
Pcrineovaginalfistel, welche vom vorderen Wundwinkel ausgehend unter
der stehen gebliebenen Dammbrücke in die Vagina führte. Die nach
Ablauf des Wochenbettes vorgenommeno Messung des Dammes liess eine
Länge von 7,5 cm constatiren. Die Maasse des Beckens ergaben folgende
Zahlen: D. sp. 24 cm, D. ver. 27 cm, D. tr. 32,5 cm, Conj. ext. 18 cm.
Der bchambogen ist weit, die Kreuzbeinaushöhlung zeigt keine Besonder-
beiten, Promontorium tief stehend eben mit zwei Fingern erreichbar. Die
Neigung des Beckens in aufrechter, ungezwungener Haltung, die Füsse
parallel neben einander gestellt, nach dem Vorgang von Prochownick 2 )
gemessen, liess einen Winkel gegen den Horizont von nur 34° erkennen.
Also eine bedeutend geringere Neigung als die für eine normale Becken¬
neigung berechneten Durchschnittszahlen angeben.
F a H 2. Der zweite Fall betrifft eine 25 jährige gesunde Frau T
llJ.-para. Die beiden ersten Geburten normal, ohne Kunsthülfe. Ii
siebenten Monat der zweiten Gravidität zog sich Patientin eine Verletzun
der beneide zu durch einen Fall auf das Perineum. Nach den Angaboi
welche der Arzt damals der Patientin gemacht hat, soll es sich um „ein
j-joslosung der m ihrem unteren Theil zerrissenen Scheide von der Un
gebung gehandelt haben. Die Wunde heilte unter Beobachtung von Beti
ruhe m einigen Tagen ohne Naht. Am normalen Schwangorschaftsend
ertolgto spontan die Geburt eines lebenden reifen Kindes. Die dritt
Geburt, bei welcher die uns interessirende Verletzung erfolgte, soll rapid
verlaufen sein. Unter zwei kräftigen Presswehen wurde der Kopf de
Kin( M?L ai1 < J Gn Damm getrieben. Der Damm wurde ungemein weit voi
gewölbt und stark verdünnt, so dass er dem Kopf „kappenartig“ au:
crntiJ irm^i 3rren , D< °F ei \ Da ! mer ™d Zimmer bin ich für c
gütige Mitthoilung der Geburtsnotizen zu grossem Danke verpflichtet.
) Arch. f. Gyn. Bd. 19, Heft 1, p. 1 u. ff.
No. 19
sass. Bevor es gelang, den Kopf stärker in die Vulva hineinzudrüeken
und die hintere Commissur zurückzuschieben, platzte der ausgezogene
Damm in seiner Mitte unter einer dritten kräftigen Wehe, welche bei
heftigem Mitpressen der Kreissenden das Kind in Hinterhauptlage durch
den Riss austrieb.
Bei der an demselben Tage in die Klinik aufgenommenen Frau
lässt sich folgender Status constatiren: Vulva eng, Haut und Schleim¬
haut derselben vollkommen unverletzt. An der hinteren Commissur be¬
findet sich eine kleine Narbe, herrührend wahrscheinlich von dem Fall
auf das Perineum. Auf dem Damm findet sich, ca. 2 cm hinter der
hinteren Commissur beginnend und bis zum Anus reichend, ein Riss,
von welchem aus die ganze Hand in die Vagina eingeführt werden
kann. Links neben der Vulva setzt sich der Riss auf der äusseren Haut
nach aufwärts bis zum Präputium clitoridis fort derart, dass das Labium
majus sinistrum bis auf einen schmalen Gewebsstreifen an der hinteren Com¬
missur und eine ca. daumendicke Brücke in der Gegend des absteigen¬
den linken Schambeinastes, von seiner Umgebung abgesprengt, wie
ein dickes Septum zwischen rechtem Vulvarand und linksseitigem
äusseren Wundrand herabhängt. In der Vagina finden sich zwei Risse;
ein kleinerer rechtsseitiger und ein langer linksseitiger. Letzterer ver¬
läuft in seiner ganzen Ausdehnung parallel mit dem links neben der
linken grossen Schamlippe befindlichen Hautriss, vollkommen mit diesem
communicirend, so dass das linke Labium majus von seiner Unterlage in
einer Ausdehnung von ca. 7 cm abgehoben ist. Sofortige Vereinigung
der Risse mit fortlaufender Etagencatgutnaht. Heilung erfolgte per pri¬
mam mit glatter derber Narbenbildung.
Die Untersuchung des Beckens liess keine Anomalieen erkennon. Es
handelte sich um ein in allen Dimensionen durchaus normales Becken.
Die Beschaffenheit der Weichtheile nach erfolgter Heilung wies ebenso
wenig ein abnormes Verhalten auf. Die Neigung des Beckens, auf die¬
selbe Weise wio beim ersten Fall bestimmt, zeigte einen Winkel von
55 0 gegen den Horizont.
Was nun die Aetiologie dieser eigenthümlichen Geburtsver¬
letzung betrifft, so erscheint gerade im ersten Falle diese Seite
der Beobachtung von besonderem Interesse, insofern, als sich hier
mehrere Momente vereinigt finden, welche von den Autoren als
disponirend für centrale Dammrupturen angegeben werden. Es
liess sich ausser einer erheblich unter die Norm herabgehenden
Neigung des Beckens (34°) eine sehr bedeutende Länge des
Dammes nachweisen (12 cm unmittelbar nach der Geburt, 7,5 cm
nach Ablauf des Wochenbettes); dazu kam ein sehr enger Introitus
vaginae, das Vorhandensein von Narben am Damm, eine ausser¬
ordentlich stürmische Wehenthätigkeit und die Stellung des Kindes
zur Geburt in Steisslage. Alles Momente, welche schon bei ver¬
einzeltem Vorkommen bei derselben Person als disponirend für
centrale Dammrisse angesehen zu werden pflegen.
Wenn Charpentier sich in Gegensatz stellt zu der Ansicht
der meisten anderen Autoren und als ätiologisches Moment für
das Zustandekommen einer centralen Dammruptur eine geringe
Beckenneigung nicht gelten lassen will, sondern statt dessen „die
übermässige Höhe der Symphyse mit der daraus resultirenden
fehlerhaften Lage der Vulva nach vorn und oben“ beschuldigt, so
erscheint der Causalnexus hierbei nicht richtig. Die abnorme
Lage der Vulva nach vorn und oben ist nicht abhängig von der
abnormen Höhe der Symphyse, sondern von der geringen Neigung
des Beckens gegen den Horizont. Liegt eine Person, bei der man
einen geringeren Beckenneigungswinkel constatirt hat, als die
Norm ist, mit geschlossenen Schenkeln in horizontaler Rückenlage,
so ist von der Vulva ein grösserer Theil sichtbar als bei ganz
normal gebauten Individuen, die Symphyse mag in solchem Falle
hoch oder niedrig sein. Kommt zu einer solchen fehlerhaften
Beckenneigung noch eine abnorme Höho der Symphyse hinzu, so
wird diese einen weiteren prädisponirenden Factor für eine centrale
Dammruptur dadurch abgeben, dass die Rotation des voran¬
gehenden Kindestheiles unter dem Schambogen hervor schwerer
und später zustande kommt und daher der Druck auf den Becken¬
boden längere Zeit dauert. Es wirken also beide Momente zu¬
sammen in demselben Sinne. Dieses Abhängigkeit sverhältniss der
Lage der Vulva von der Neigung des Beckens war auch in un¬
serem ersten Fall deutlich erkennbar, während eine abnorme Höhe
der Symphyse nicht nachgewiesen werden konnte.
Einen unserer Beobachtung fast vollkommen analogen Fall
theilte Kaltenbach mit, wie schon oben erwähnt. Die von ihm
dort gegebene Erklärung für das Entstehen der Ruptur ist ausser¬
ordentlich plausibel und lässt sich wörtlich auf Frau F.’s Verletzung
anwenden. Er sagt 1 ): „Ist der Damm sehr breit, die Neigung des
Beckens eine geringe — so bildet zweifellos das Bestehen einer
Beckenendlage an sich ein weiteres begünstigendes Moment für
das Zustandekommen einer Centralruptur.“ „Die Drehung des
Steisses gegen die Vulva hin geht schon unter normalen Verhält¬
nissen bei der geringen seitlichen Beweglichkeit der kindlichen
Lendenwirbelsäule nur langsam vor sich.“ Je weiter daher dm
Vulva nach vorn und oben gerichtet ist, desto schwerer wird
1 ) 1. c. p. 458.
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10. Mai. .. . DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT.
419
unter sonst gleichen Bedingungen der Steiss in die Scliamspalte
eintret.cn können. Dauert nun der Druck des Steissos länger«'
Zeit an, oder ist die Wehenthütigkeit eine so stürmische wieT in
unserem Fall, so kann auch bei einem intactcn und widerstands¬
fähigen langen Damm eino Perforation des Perineums zustande
kommen. Dass es sich im Fall 1 um einen abnorm langen Damm
und einen besonders engen Seheidenoingang handelte, geht aus
dom oben Mitgetheilten hervor. Der (Irund für dieses abnorme
Verhalten ist leicht ersichtlich, wenn man bedenkt, dass bei
plastischen Stdieideiidammoperationen wegen Vorfalls der läuteren
Scheidenwand der Operateur, in dem Bestreben, der Patientin eine
möglichst grosse Sicherheit gegen ein Becidiv zu schallen, einen
extrem hohen und langen Damm mit möglichst engem Introitus
vaginae zu bilden sucht. Ich selbst beobachtete einmal, als ich
hei einer Frau, welche eine Prolapsoperation dmvhgemnclit hatte,
eine Geburt mit der Zange beendigte, eine Ausdehnung dos Dammes
während der Zangentractionen auf 17 cm: eine Länge, welche wohl
hei einem natürlichen Damm nicht leicht erreicht werden dürfte.
Wie weit die Narben, welche durch die Prolapsoperation
gesetzt waren, im vorliegenden Fall eine Rolle gespielt haben,
lässt sich schwer entscheiden; doch liegt die Yermuthung nahe'
dass an derjenigen Stelle, an welcher 61-1311™^^™$$$^ häufig
trotz exaeter Naht kleine Deliiscenzen der Operationswunde ein¬
zutreten pflegen, — an der Ueborgangsstelle zwischen Vaginal-
srhleiinhaut und Dammhaut. - auch bei Frau F. eine prima
i ideal io nicht erzielt ward. Diese Annahme erscheint gerechtfertigt
wegen der an dem untersten Th eil der hinteren Vaginalwand Vor¬
gefundenen Hachen Narbe. Hatte sieb an dieser Stelle eine Ver¬
tiefung im Gewebe gebildet, so war es leicht möglich, dass der
schnell verrückende Steiss sieh hier wie in einer Art Tasche fing,
einen Theil des Narbenbindegewehes sprengte und sieh dann einen
Veg quer durch den Damm bahnte unter den üusserst heftigen,
von starkem Mitpressen der Kreissenden begleiteten Wehen.
Im Gegensatz zu der im ersten Fall klaren und durchsichtigen
Aetiologie sehen wir uns im zweiten Fall einer gewissen Schwierig¬
keit gegenüber bei dem Versuch, eine genügende Erklärung für
das Zustandekommen der Verletzung zu gehen.
Regelwidrige Verhältnisse von seiten der knöchernen Geburts-
wege konnten nach keiner Richtung hin festgestellt werden: es
killt somit dasjenige Causalmomont fort, welchem ich die grösste
Bedeutung beizumessen geneigt bin: die geringe Neigung des
Beckens. Die Beschaffenheit der W eichtheile, spoeiell des Dammes,
war vor der Ruptur nicht untersucht worden und licss auch, als
der hall in unsere Beobachtung kam. ein Abweichen von der Norm,
welches einen genügenden Grund für die Deutung des Ereignisses
altgehen könnte, nicht erkennen.
. Es Bleibt demnach nur übrig, vcmiuthungswebe die prädispo-
mrende Ursache in den durch den Fall auf das Perineum ge¬
setzten Veränderungen am Damm und am S< heideneingang zu
•Riehen. Möglicherweise handelte es sieh bei der seinerzeit er-
tolg-fen „Loslösung der Scheide von ihrer Umgebung“ um eine
A «Sprengung der hinteren Scheidenwand von der Dämm haut in
der Gegend der hinteren Commissur. eine Verletzung, welche häufiger
a-i iraumen durch stumpfe Gewalteinwirkung am Perineum vor-
■omnit. Begünstigend kam jedenfalls auch hier wie im erstell Falle
1 m auftscrordentliel 1 stürmische Wehenthatigkeit hinzu, welche mit
< ui 1 les.swehen das Kind zu Tage förderte. Es muss angenommen
J'.'-nLn, dass der mit grosser Gewalt, gegen den Damm getriebene
, 11 Stelle das Narbengewebe auseinandertrieb. hier sich
! m »ohrte und hierdurch, sowie durch den üusserst schnellen Gc-
jui sverlauf an der Rotation unter der Symphyse hervor gehindert,
|ien Damm in seinem hinteren Abschnitt perlnrirte. Per'kindliche
U 1 • dessen Araasse leider nicht zur Verfügung stehen, soll eine
■ 11 'imrinalo Grösse gehabt haben. Demgemäss erfolgte jedenfalls
jj U j ! p .' ° 1T ücken des Kindes nicht entsprechend dem gewöhn-
< n.n Gehurtsmecdianisnius. Dass diesem Umstand zusammen mit
\ s , llI ’ In . ls< ‘h ( ' n AVehenthätigkeit wohl der ITauptantheil zuzu-
j] ( ' n 1 J^geht mit A\ ahrscheiiilichkeit daraus hervor, dass bei
i zweiten Gehurt bei einem normalen langsamen (Jebiirtsverlauf
'noi mal grossem Kindeskopf eine Ontralniptur nicht, zustande
\ nnnen var, während doch schon damals die durch den Fall
- ( ‘>'*tzte Narbe bestand.
von lI(M1 ^ s * ier t>r ' v äJiiiten ätiologisdien Albumntcn werden
,1 e' lN du(Hlenen Autoren die Verse hie (lensten Verhältnisse für
fr esi»i- iM .i ' C UT 'i. °* D( * S i-^nHalen Dammrisses als begünstigend an-
Gno s 0 V' n - Scanzoni, 1 ) dass prädisponirend wirken:
Kreuzbeinkrümmung und starkes Zurüekweiclien
Aohnf ■] naf '^ hinten, Vorderhauptslage, enger Sehambogen.
" 1 s P r ^chen sich mit einigen Afodificationen Lange,-)
Zweitel,') Birnbaum, 2 ) u. a. aus. Delcroix*) erwähnt die Er¬
haltung eines straffen Hymens und führt ausser einem eigenen Fall
einen von Sla viansky-Grenstrand') und einen von Beverly
1 ° t\ au ’ in ,lonen 1)oi iidactheit des Hymens die Geburt durch
den Damm erfolgte. Mckcrttschia ntz G ) glaubt, dass auch ein zu
weiter resp. zu niedriger Scham bogen denselben Effect haben könne.
Bei Berücksichtigung der angeführten ätiologischen Momente
ergiebt sieb derjenige Theil der Therapie, welcher sich mit der Pro¬
phylaxe beschäftigt, von selbst. Das Bestreben des Geburtshelfers
wird sieh darauf richten, den vorliegenden Kindestheil so bald als
möglich durch die Vulva zu entwickeln unter möglichster Ent¬
lastung der gefährdeten Dammgegend. Dass hierzu die von Ols-
hausen empfohlene Expression dos Kopfes vom Rectum aus ein
besonders _ geeignetes Verfahre« sein dürfte, besonders wegen der
Alöglichkeit, cs ohne Zeitverlust in Anwendung zu bringen, er¬
scheint plausibel. Ist genügend Zeit vorhanden, so glaube'"ich mit
I Dl .sh a usen, Charpentier, Delcroix u. a. a., dass in diesem Falle
I die Zange als gutes Dammsohutzmittel ausnahmsweise betrachtet
werden muss. Allerdings beweisen zwei Fälle von Charpentier,
sowie einzelne Beobachtungen anderer Autoren, dass auch die Zange
nicht immer imstande sein wird, die Centralruptur zu verhüten.
Charpentier erwähnt,') dass, während er den Kopf mit der Zange
zu entwickeln suchte, eine sehr kräftige Wehe, begleitet von Mit¬
pressen der Kreissenden den Kopf direct durch die Mitte des
Dammes trieb, derart, dass die Zangengriffe fast seiner Hand ent¬
glitten wären. In seinem zweiten Falle entstand ein centraler
| Dammriss beim Aufbiegen der Griffe, Beide Male konnte die Ge¬
burt durch die Vulva beendet werden.
Handelt es sieh um eine Steisslage, so wird man durch einen
energischen Zug an der vornliegonden Hüftbeuge gegen die Sym¬
physe hin mit dem Finger oder der RungoCschen Schlinge hei
lebendem Kinde, event, mit dem stumpfen Haken bei todtein Kirnte
den Damm zu entlasten suchen.
Um die etwa vorhandene fehlerhafte Beckenneigung so viel
wie möglich auszuschalten, dürfte cs sich empfehlen, bei herab-
hängeudon Beinen der Kreissenden zu operiren. Man bringt hier¬
durch die Vulva mehr nach hinten und unten in die Gegend, auf
welcher bis dahin der Druck dos vorangehenden Kindestheilos
lastete, und wird in dem Bestreben, diesen in die Vuli« zu bringen,
unterstützt.
Rationell erscheint es, nach dem Amrschlage von Delcroix
zur Ausschaltung des gefährlichen Alitpressens der Kreissendeu
eine möglichst tiefe Narkose einzuleiten.
Sieht man trotz aller Bemühungen den Damm in seiner Mitte
auseinanderweichen, so muss das von Charpentier angeratheno
Verfahren der rücksichtslosen Durehtrennung der vorderen Gewebs-
brüoke als allein zweckmässig befolgt werden. Alan wird auf
diese Weise vielleicht ein Weiterreissen des Risses durch den
Sphiiicter ani noch verhindern können. Zu dieser Maassregel wird
man sieh um so leichter entschlossen bei der Ueberlegung, dass nach
erfolgter Ceutralruptur es sieh für alle Fälle empfiehlt, die stehen
gebliebene Dammbrüeke zu durehselmeiden, wenn man an die An¬
legung der Nabt geht. Die blutige Naht wird wie für die ge¬
wöhnlichen Dammrisse auch für diese A’eihdzungen das allein in
Betracht kommende therapeutische Verfahren bilden. Je exaeter
diese angelegt wird, desto grösser wird die AValirscheinliehkeit
einer primären Heilung werden; die Exacthc.it der Naht hängt mit
der bequemen Orientirung auf dem meist flicht zerfetzten und un¬
übersichtlichen Operalionsfeld eng zusammen. Diese Orientirung
wird nach Spaltung der Gewehshrüeke sicherlich erleichtert, und
ich halte daher diese Maassregel auch in jenen Fällen für indicirt,
in denen Yeit s ) anrätli, das stehen geblichene Erenulum, wenn es
dick und fleischig ist. zur Naht zu benutzen. Nach der in meinem
ersten Fall gemachten Erfahrung habe ich bedauert, mich nicht an
die von Charpentier gegebene Regel gehalten zu haben, und
halte den Mangel eines totalen Schlusses der Wunde durch prima
intonfio für bedingt dundi eine unrichtige Adaptirung zusammen¬
gehöriger Flächen: ein Fehler, welcher sieh bei genauer Orientirung
mit Sicherheit leicht hätte vermeiden lassen.
') Zweifel. Lehib. d. Geburt sh.. 1880. p. 108.
-) 1. c. p. 40 u. ff.
3 ) 1. c. p. 50.
‘) Arch. de toeol.. 1888, p. 245.
ä Bost, med. Jmim.. 1874. No. 5.
ß ) Zerreissumren und Schutzmittel des Hammes. Arch. f. Gyn.. Bd. 20,
11. 2. p. 85.
7 ) 1. e. p. 082.
G 1\ Al iillcr. Geburtshülfe. Bd. II. p. 100.
' ‘^ennzoni. Ucl.rb. d. Gcburlshülfc 1807. Bd. II. pau. 827.
J Uehrb. d. Geburth.. 180s. p. 854.
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Fnf'iun i.in vrscUiuui np>i rm :t>. JAnnn-t wktkr und kiagt iöt/it ti«w
>iwb»fHi^hebn Kf)rr{tuu>sdbitjarx*'ij. »n»d ^jl^i!T«scliwd(v>» Es
yai (olölnr_ Vorfuil’ des iHnr»!#;: aik iuM(*rt:n:'-:TjWiöj>'U<:ul^bw*5?i f .-stö«
pei'utiiviit, fvvndii^er Hihyimkul«:r.rli..ihit,jpr»rK^%- r -1 hüt>utiovn**iij' uniific-•_.
Nnbet .1 rtiigennVtmjv mul /)r111rher B* f biA»#1 u»*a des BUsfniknUu'Tivs wir»!
sin HeiiV'bVrPsui>l» d\jnj:ty uueh" Tfiöi'A ^
ajrtfiUl; vrut^go .'hjnjjir 1. Hsjfg vtrü def ) ? i olftps tikditde niossirtu
t-’ i^virt^ti nvjifiiim-1.;. , . -. ^ ; >*tid $V(£v ^ftüufvder <mH 0/*^
W ejttrn, 'iiesnf- C<I{‘ä *^3.1. F 1 «'j«rH- T ir ISK8 Vr^jU'tilKatTojri Vr»r|’kii üine. Sliiü;j'% nneVi 1 dei* ^'eilun, dass vier Bt-tfßddP ?iiFbw-
\)hm tW rtöraw tenpi
eine büs>tjrf; v i.md nt-
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Bur .!iuii;.i»ysvcr>aiU uiu ^buii'r; die |‘uhe«tfe.
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|d.!R .su »iuctivcii PuMdiW^-iiin wurm» vurscjiwendmi sie knmik 'be-liHatr '; vuriuv-n tvnr. Am-P Mn 'iftSO Wu-b irnf.?.-.Uu.-den Ht;d y.innjHub sei»^;^K
. hingt v-.shr.iyvu tuul ^vb'Mi tirrf] jti ^v}rn\4stdf- Skd&ynft ^i.-hWfav Fldi}- ABwar d»'r Vni
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niai Utck.. #4/-an der 'vv»rtn*nm
• wAirJibdi: .Äuii| ävrU^,^. ^ui- 1 m m W. i . HÜPI-. .... .....
» uiiretH hMdt', (In- J J oru»v rtir-kl '-.narli-vni*!U die BiuSn Jbli'ddik4lHU^ v -yi‘ni. • wiöd^r berehunn: nbar die .Kjra-nlav b)t«b ''büid-'&u€"-»iH4 :
und ZU jauduu ^Jtwi.dbs Glrrus !Wiuk {)iY»>fUkei. uHi ; -ini .Tum .lNf.0 Mie..ki-, nunmehr zur Opundidn hu«MÜ. Vier FrüUjjS
_ t|Oi'M>ih, : univ Zu.stmid linrkd -sic.h n».?ii hoi rin» W*f«:IJu„ü am :.v.< ^|. da. id,rni, uneun .udinns^ud nnd vn.r-.iielik wio )b ••
U.mMdum üen Id. Jnmud In, r,, !U i,^ t Ä»
AuhuHbere besubyerduitei- nnil lourn dh»*;,?»cMif-grmt Arhuitei
' l ' lS,,, * nW! '«rmtom: S1/: munnruhH • ü)jlj ^
•': ;.. , .p -' -■ "' 1 ^re n'hsFit( und/dhltö Bid r l™ü' Ii^<wieh.cm1; Udebk (vystilis Am lü. •niU. lHiiie V’wgtnr ' 1 ; f ,
‘»•• VSt^tV'* .-i- , * ... , .. .. . , ; l Irr;. (i<»», in il. - * lAir-nr Ivesortiuit d.-r biolnr-w .._
..... ,. . M,n,l,, .. | Srh. ,, 1 Hf .„.um I . r,,.; „•|„.0 „„.„Uan M ,l, 1 ’ri... , 1 , . A„ „k
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10. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
421
zum 12. Tage. Sechs Wochen später Colporrhaphia anterior
mit breiter ovaler Exeision und Damrnplastik. Patientin kann
nunmehr längere Strecken gehen, obwohl eine inzwischen hinzugekommene
Tabes (auf luetischer Basis) die Bewegungsfähigkeit wesentlich herabsetzt;
sie kann auch leichte häusliche und Handarbeiten machen und hat vor
allem vollständige Hamcontinenz, während früher der urinöse Geruch
den sie um sich verbreitete, sie allen Anderen unerträglich und ihr das’
Auffinden von Arbeit last unmöglich machte. Seit 1892 tritt hei stärkerem
Pressen die vordere Scheidenwand hühnereigross hervor; jedoch stört
dies die Patientin nicht wesentlich.
Fall 4. Pauline P. Totaler Prolaps beider Scheidenwände
Dicker bandförmiger Strang an der linken Seite der Scheide
(Abreissung bei einer Entbindung). Hochgradige Retroversio-
flexio uteri infarcti. Starke Cystocele, geringe Rectocelc
Vollständige Arbeitsunfähigkeit, Vaginofixatio uteri nach
Mackenrodt. Dabei ausgiebige ovale Resection der vorderen
Scheidenwand. 14 Tage später Colporrhaphia posterior mit
Resection der hinteren Scheidenwand und Dammplastik.
Glatte Heilung und vollständige Wiederherstellunff der
Arbeitsfähigkeit.
Frau P., 42 Jahre alt, hat drei Entbindungen und vier Aborte durch¬
gemacht. Der Prolaps trat zum ersten male vor zwei Jahren, nach
einem Fall mit einer schweren Last, hervor; er vergrösserte sich seitdem
derart und machte solche Beschwerden, dass die Frau, eine ländliche
Tagearbeiterfrau, seit ’/a Jahr erwerbs- und arbeitsunfähig war. Der
klinische Befund war der in der Ueberschrift geschilderte. Am 18. August
1893 wurde die Vaginofixatio uteri und Colporrhaphia anterior genau nach
Mackenrodt’s Angaben (Centralbl. f. Gynaek. 1893, No. 29) gemacht;
14 Tage später die Colporrhaphia posterior und Dammplastik. Als Patientin
acht Wochen nach der ersten Operation zwecks Entfernung der beiden,
den Uterus fixirenden Seidenfäden sich wieder vorstellte, war sie beim
besten Wohlbefinden und hatte schon seit drei Wochen ihre ländliche
Arbeit (auch Jäten, Graben etc. in gebückter Stellung) ohne Beschwerden
wieder aufgenommen. Der Uterus, erheblich verkleinert, lag antevertirt-
flectirt, die Menstruation war pünktlich und ohne Abnormität eingetreten,
kein Blasentenesmus. Bei der Vorstellung, ca. sechs Monate nach
der Operation, lag der Uterus gleichfalls noch antevertirt-
llectirt und zeigte eine gute Beweglichkeit. Füllung der
Blase mit l'/a Liter Wasser verstärkte die Anteflexion, ver¬
mochte aber in keiner Weise den Uterus zu retroponiren oder
retrov ertiren. Von der stark hypertrophisch gewesenen hinteren
bcheidenwand war bei der zweiten Operation zu wenig resecirt worden;
es ragte deshalb ein etwa taubeneigrosses Bürtzel aus der Vulva heraus,
ohne jedoch Frau P. hei Bewegungen oder bei der Arbeit im geringsten
zu stören.
Ich habe seit diesem ersten Falle, den ich nach Macken¬
rodt’s Methode operirte, dieselbe wiederholt angewendet und keine
\eranlassung gefunden, sein Verfahren zu modificiren. Der
Heilungsverlauf und der Erfolg waren immer gleich gut; ob der
letztere auch ein dauernder bleiben wird, muss eine länger fort¬
gesetzte Beobachtung lehren. Die Bedenken, die Fritsch (Ventro-
fixation und Vaginofixation, Deutsch, medic. Wochenschrift 1894,
k £ e £ ei1 ^ ese Methode ausspricht, sind zunächst nur rein
theoretische, durch klinische Thatsachen nicht gestützte. Die
Druck- und Zerrungsbeschwerden bei allen von mir durch Vagino-
nxation operirten Patientinnen Hessen von dem Augenblicke an
nach, wo der Uterus richtig gelagert und ein etwa compHcirender
bcheidenvorfall beseitigt war. Die Füllung der Blase vermag, wie
ich experimentell nach wies, den vaginofixirten Uterus wohl stärker
zu antevertiren-flectiren, aber ihn nicht wieder in Retroversions¬
öder Prolapsstellung herunterzudrücken. Aehnliche theoretische
Bedenken machte vor Jahren in einer Sitzung der medicinischen
ction der Schlesischen Gesellschaft Herr Geh.-R. Fritsch geltend,
as ich gegenüber der von ihm damals warm befürworteten vagi¬
nalen Totalexstirpation und Resection der Scheide wegen Scheiden-
terusvorfall die Ventrofixation des Uterus mit nachfolgender
ocneidendammplastik als schonender empfahl. Herr Fritsch
meinte damals, die Ventrofixation sei in solchen Fällen unthunlich,
ei bei der hier meist vorhandenen erheblichen Verlängerung der
ortio supravaginalis der Uterus unnatürlich hoch, zuweilen „nahe
-' wer ‘chfell“ an der vorderen Bauchwand angenäht werden
müsse. Heute ist Herr Geh. Rath Fritsch (cf. 1. c. pag. 7.) von
%„^ e ? re ^ sc h en Erwägung zurückgekommen und hält es
VWf p . richtiger, statt der Totalexstirpation bei Vorfall die
F.i« mit Excision der Scheide, die in ihrer Form und
unction erhalten bleibt, zu machen.
für Fan 6 ^ ac k en rodt’sche Vaginofixation halte ich besonders
verirr- 6 V f° n ^ ie ^ eny örfall, Vorfall mit Retroflexion des secundär
Win w- SS6 r 6n V^ 1 ’ 118 un( f grösserem oder geringerem Dammdefect,
es ^,^ U8 ^ än< ^ e c °mbinirt so häufig gerade bei Frauen der
armpn p 6n ^ a ^ sen Anden, für indicirt. Wir geben dadurch diesen
wenn m raUen möglichst kurzer Zeit (längstens drei Wochen,
und n an T .* c ^ j e ^ immer — Vaginofixation. Kolporrhaphie
ErwprW*IÜ* ^ einer Sitzung macht) ihre volle Arbeits- und
änigkeit wieder, ohne sio in die geringste Gefahr zu
bringen. Die Ventrofixation ist immer mit einer Laparotomie ver¬
bunden, und wenn auch — bei der heutigen aseptischen Technik -_
em so leichter Eingriff als ganz ungefährlich gilt und ich selbst
bei zahlreichen Ventrofixationen noch keine Kranke verloren habe,
so ist doch diese Ungefährlichkeit immer nur eine relative Her¬
vorragende Operateure wie Fehling und Mund6 haben übrigens
Todesfälle nach Ventrofixation gehabt, und noch mehr solcher
Fälle sind nicht veröffentlicht worden (cf. Bull, et möra soc obst
et gyn. de Paris, 1892, pag. 85-104), wo Petit drei tödtlich
verlaufene, nicht publicirte Fälle, zwei von Marque in Paris und
einen von Mangin in Marseille, anführt.
Die schlechten Dauererfolge der bisher üblichen plastischen
Prolapsoperationsmethoden rührten daher, dass man entweder die
gewöhnlich coinplicirende Retrodeviation des Uterus ganz unbe¬
rücksichtigt Hess, oder sich darauf beschränkte, ein kleineres oder
grösseres Stück der Portio vaginalis resp. supravaginalis zu am-
putiren. Besonders bei ausgiebiger Resection des supravaginalen
Theiles der hypertrophirten Cervix nach Kaltenbach’s Methode
sah ich zuweilen den Uteruskörper derartig schrumpfen, dass er
entweder spontan in Normallage blieb oder, auch wenn er sich
später wieder retrovertirte, bei seinem geringen Umfange und Ge¬
wicht keinen wesentlichen Nachtheil mehr verursachte. Wenn
aber, wie meist früher, nach der vagino-perinealen Prolapsoperation
der Uterus sich wieder retroflectirte, so war dies entweder der
erste Schritt zur Wiederkehr des Vorfalls, oder die zwingende
Veranlassung, wegen der begleitenden Druck- und Zerrungs-
schmerzen ein Pessar in die Scheide einzulegen, die man soeben
erst durch die plastische Operation verengt hatte. So wurde der
Erfolg der Plastik durch die Dehnung durch das Pessar allmählich
wieder zu nichte gemacht, ganz abgesehen davon, dass — wie
Fritsch (1. c.) sehr richtig hervorhebt — Frauen, die sich
„operiren“ Hessen, um die Crux eines Pessars los zu werden, sehr
wenig über die Noth Wendigkeit, ein solches auch nach der, an¬
geblich gelungenen Operation zu tragen, erbaut sind. Diesem
Circulus vitiosus entgehen wir durch die ungefährUche — und
wie die Zeit noch lehren muss — dauernd wirksame Macken-
rodt’sche Vaginofixation, verbunden mit Scheidendammplastik.
Die Ventrofixation tritt zunächst in ihr Recht bei allen
Fällen von fixirter Retroflexio; die Zahl dieser absolut oder
relativ irreponiblen Retrodeviationen wird in dem Maasso geringer,
als mit den Jahren unsere Uebung in der combinirten Unter¬
suchung und combinirten ventro-vagino-rectalen, brüsken oder
allmählichen Reposition des Uterus (nach B. S. Schultze) steigt.
Die Sicherheit der Wirkung und die Dauerheilung der Retrodevia¬
tionen und auch der Prolapse durch Vontrofixation kann nach den
Veröffentlichungen von Leopold, Sänger u. a., deren zahlreiche
Fälle durch 6—7 Jahre (ebenso wie mein Fall 1) beobachtet sind,
als bewiesen gelten. Wenn auch die Herstellung eines dem
physiologischen entsprechenden oder nahekommenden Zustandes
durch die Ventrofixation nicht erreicht wird, so hat doch anderer¬
seits die klinische Erfahrung gelehrt, dass die Fixirung des Uterus
an der vorderen Bauchwand keine derartigen Beschwerden ver¬
ursacht, wie man theoretisch a priori angenommen hat. Auch die
Functionsstörung, die man in Bezug auf Conception, Schwanger¬
schaftsverlauf und Geburt voraussetzen sollte, hat sich als nur in
sehr geringem Maasse vorhanden herausgestellt. Nach Sänger
trafen schon 1891 auf 100 veröffentlichte conservative Ventro¬
fixationen 13 rechtzeitige Geburten, einschliesslich eines Falles von
Geburt eines lebenden Kindes im achten Monat. Die Zahl der¬
selben ist seitdem erheblich gestiegen, und auch die bekannt ge¬
wordenen Störungen der Schwangerschaft (Aborte) und Geburt
(Anomalieen der Wehen und der Nachgeburtsperioden durch die
utero-ventralen Adhäsionen) sind nicht von Bedeutung.
Eines aber können wir bisher bei der Ventrofixation mit
Sicherheit noch nicht vermeiden: die Bildung eines Bauch¬
bruches nach der Laparotomie!
Mag man die Bauchnaht nach der Schede'schen, mag man
sie — wie in meinen Fällen, die bisher zufällig ohne Hernia ven-
tralis blieben — nach der alten Methode anlegen, mit absoluter
Sicherheit wird man diesen störenden Folgezustand nicht vermeiden
können. Wenn eine Frau, die bisher immer ein Pessar tragen
musste, nach der Ventrofixation zeitlebens eine Leibbinde tragen
muss, so hat sie meiner Meinung nach einen schlechten Tausch
gemacht. Darum, und weil diese Krankheiten und Operationen
meist Frauen der armen, schwer arbeitenden Klasse betreffen, für
die das permanente Tragen einer Leibbinde wegen Bauehbruchs
ein weit schlimmeres Uebel als Retroflexion und Prolaps ist,
möchte ich die Mackenrodt’sche Vaginofixation, falls ihr Dauer¬
erfolg durch fortgesetzte Beobachtung erwiesen wird, der Ventro¬
fixation vorziehen. Auch die inneren Incarcerationen und die
nachträglichen Verklebungen der Därme mit dem Bauchfell, die
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
422
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19
zuweilen nach Laparotomicen erlielilielie Stürim.u'ou verursachen. J
fallen bei der Yaginofixation aus.
Hiugegen möchte ich mit Fehliiig-W olf (I chor \entialc
Fixation bei Lageveränderungen des Uterus, Basel 1892) bei den- |
jenigen Prolapsen des Uterus, wo gleichzeitig patho- |
logische Veränderungen der Ovarien oder schwere Me- j
tritis oder fibroi'de Veränderungen des Uterus bestehen,
die Castration mit der Yentrofixation verbinden. So würde
ich unzweifelhaft im Fall 3 (Hedwig Soli.) heute nicht mehr die
vaginale Totalexstirpation des in der That, w T ie das fast vier Jahre
alte Spirituspräparat noch zeigt, colossal vergrüsserten Uterus mit
Resection der Scheide und nachträglicher Dammplastik, wie damals
(1890) machen, sondern die Yentrofixation nebst Castration und in
derselben Sitzung die plastische Verengerung der hypertrophischen,
ausgeweiteten Scheide nebst der Verstärkung des Beckenbodens,
So blieben denn für die vaginale Totalexstirpation des Uterus nebst
Scheidenresection nur noch diejenigen Fälle übrig, wo eine maligne
Degeneration des Uterus neben Prolaps die gänzliche Entfernung
desselben uothwendig machen.
Schliesslich möchte ich, um Missverständnissen vorzubeugen,
ausdrücklich hervorlieben, dass ich durchaus nicht einer kritiklosen
Operation jeder Retrodeviation des Uterus das Wort reden will.
Die Zahl derjenigen Fälle von Rückwärtsneigung mul Beugung der
Gebärmutter, die durch eine consequente und zweckmässig geleitete
Possartherapio und Massage geheilt werden können, ist verhältniss-
mässig gross; seitdem ich zuerst 188b (\ erb. d. deutsch. Xaturt.-
Vers. Berlin) auf die Möglichkeit einer Dauerheilung der Rotro-
flexionen durch orthopädische Behandlung des Uterus hingewiesen
habe, hat sich der Prozentsatz der möglichen Heilungen nach
meinen Erfahrungen, die ich demnächst veröffentlichen werde, er¬
heblich gesteigert. Aber es ist nicht Jedermanns Sache, drei bis
vier Jahre lang und darüber, mindestens vierteljährlich den Arzt
aufzusuchen und auch sonst die täglichen Manipulationen, die das
Tragen eines Pessars erfordert, an sich vorzunehmen. Arme Ar¬
beiterfrauen, Dienstmädchen oder Patientinnen, die sehr weit vom
Wohnorte des Arztes domieiliren, können dies nicht, und für solche
ist die operative Behandlung der Lageveräiideningeii des Ufer ,s
eine Nothwendigkeit.
IV. Ueber die Behandlung der Placenta
praevia mittels intrauteriner Kolpeuryse.
Von A. Diihrsson in Berlin.
In der Behandlung (1er Placenta praevia sind unzweifelhaft
durch die Einführung der comhiuirteii Wendung nach Braxton
Kicks grosse Fortschritte erzielt worden, soweit es sieh um die
Herabsetzung der Mortalität der Mütter handelt. Hierfür geben
die aus verschiedenen geburtsliiilfliclieii Kliniken veröffentlichten
Statistiken vollgültige Beweise. Ich habe selbst unter circa 50
Fällen von Placenta praevia, die ich beobachtet habe, nur einen
Fall verloren. In diesem Fall hatte die Hebamme nach dem
Blasensprung tamponirt, und die Kreissende sich buchstäblich in
ihren Uterus hinein verblutet. Der Uterus war prall mit Blut
ausgespritzt, wegen seiner Spannung war eine eombinirte Wendung
nicht möglich, die innere Wendung wegen des engen Muttermundes
ebenfalls untkunlich — ich perforirte daher rasch und extrahirte
mit dem Kranioklasten. Die Placenta wurde schnellstens heraus-
befördert, die Tamponade des Uterovaginalcanals ausgeführt und
eine subcutane Kochsalzinfusion gemacht. Trotzdem die Frau nach
ihrer Entbindung keinen Tropfen Blutes mehr verloren, ging sie
circa V 2 Stunde nach der Geburt an den Folgen des erlittenen
Blutverlustes zugrunde.
Was somit die für die Mütter erzielten Resultate anlangt, so
habe ich alle Ursache mit denselben zufrieden zu sein. Dagegen
habe ich schon bei einer früheren Gelegenheit 1 ) betont, dass die
von mir für die Kinder mittels der combinirten Wendung erreichten
Resultate sehr viel zu wünschen übrig lassen. Ich berichtete
damals über 22 Fälle von Placenta praevia, von denen ich 18
mittels combinirter Wendung behandelt hatte. Von den 22 Kindern
kamen nur drei lebend zur Welt. Allerdings war eine Anzahl der
Kinder schon vor der Wendung abgestorben, und ausserdem waren
nur zehn Kinder ausgetragen. Endlich musste ich vielfach, da ich
noch andere gehurtsliülfliehe Fälle zu erledigen hätte, die weitere
Leitung der Geburt dein Praktikanten überlassen, und infolgedessen
sind manche Kinder gestorben, die bei gewandter Lösung der
Arme und des Kopfes hätten gerettet werden können.
Immerhin beträgt auch nach den günstigsten Statistiken die
9 Der Einfluss der Antisepsis auf geburtshdlfliche Operationen etc.
Berl. klin. Wochenschr. 1890, No. 23.
Mortalität der Kinder nach combinirter Wendung bei Placenta
praevia circa 60%.
Die grosse Mortalität, der Kinder ist also der eine Nachtheil
der Behandlung der Placenta praevia mittels combinirter Wendung
_ der andere Nachtheil besteht darin, dass, wie ich in meinen
Aerztceiirscn oft beobachtet, gerade die eombinirte Wendung dem
Praktiker die meisten Schwierigkeiten verursacht.
Diese beiden Nachtheile lassen sich nun durch die intra¬
uterine Kolpeuryse gänzlich vermeiden: Wir haben in derselben
ein leicht auszuführendes Verfahren, welches die Blutung sicher
stillt und das kindliche Leben nicht gefährdet. Das Verfahren ist
auch quand septische Infection für die Mutter ungefährlich, da der
Kolpeurynter sich durch Sublimat, schnell und sicher desinficiren
lässt.
Ich habe in den 26 Fällen, wo ich überhaupt die intrauterine
Kolpeuryse angewandt, stets einen und denselben Kolpeurynter
gebraucht und denselben durch Abbürsten mit einer 0,lo/ 0 igen
Sublimati^sung desinficirt. In derselben Lösung Hess ich dann
den Kolpeurynter noch circa zehn Minuten lang liegen, um ihn
unmittelbar vor der Einführung noch in eine l*fpige Lysollösung
zu tauchen. Von den 26 Müttern starb mir eine infolge von
E dam p sie.
Ich lasse mm zunächst die sechs Fälle von Placenta praevia
folgen, welche ich mit. intrauteriner Kolpeuryse behandelt, habe.
Sämmtliche sechs Mütter machten ein normales Wochenbett, durch,
von den Kindern kamen fünf lebend zur Welt.
Fall 1. Frau K.. Jl.-para. Die erste Geburt (1891), welche ich eben*
iulls geleitet, war ganz normal verlaufen. Auffällig war bei derselben mir
der kaum fühlbare Puls, der auf Fettherz zurückzuführen war, und im
Wochenbett das Auftreten häufiger Ohnmächten. Petzte Menstruation
Ende October 1891. ln den letzten Woeben mehrfache .Blutungen.
Am 27. Juli 1892, Morgens 3 Uhr, eine sehr starke Blutung. Fm
6 Uhr finde ich bei Frau K." keine Zeichens von Anämie, Puls in der 11a-
dialis allerdings kaum zu fühlen (100). Temp. 37. 1. Sehädelläge, Kind
lebt. Kopf hoch und beweglich stehend. Muttermund für einen Finger
durchgängig, völlig mit Placent arge.webe bedeckt, keine Blutung. Schciden-
l amponndo. Abends 10 Uhr Entfernung der Tampons, von denen, nur der
oberste etwas blutig ist, Muttermund jetzt, nachdem am Nachmittag auf
heisse Umschläge kurze Weben dagewesen, für zwei Finger durchgängig;
nach links hin gelangt der Finger zur Blase, die mittels Stricknadel
gesprengt wird. Infolge der hierbei verursacht eil weiteren Ablösung der
Placenta starke Blutung, keine Wehen. Daher Einführung eines Kolpen-
rvnters in den Uterus, derselbe wird mit einem Liter Wasser gefüllt und
an seinem Schlauch ein permanenter elastischer Zug dadurch ausgeübt,
dass der Schlauch durch eine am Bettende angebrachte Schlinge liindurch-
gezogen und. nachdem er eine gewisse Spannung erlangt, durch eine
Klemme die beiden Schenkel des Schlauch,s zusannnengeklemint werden.
3 Stunden später wird der Kolpeurynter in die Scheide ausgetrieben; Starke
Blutung. Beschleunigung der kindlichen Herztöne. Daher schleunigst
Ei'gotininjection und in leichter Narkose, rasche Wendung und Extraction
eines aspiiyktischen aber rasch wieder belebten Kindes. Exeitantien wogen
Ohnmachtsamvandlungen. Keine weitere Blutung. Expressio placentae
3 /4 Stunden post partum. Utcrusausspülung. Die Placenta batte last zu
ihrer Hälfte den Muttermund bedeckt.
28. Juli. Patientin hat schon wieder Farbe. Blutung gering, Uterus
gut contraliirt. Temperatur und Puls normal. Weiterer "Verlaut liii
Mutter und Kind normal.
Fall 2. Am 11. März 1893 wurde ich von Herrn Collegen Dr. Js.
Rosenthal zu der 30jährigen 1 l.-para Frau B. gerufen, die einmal abor-
tirt batte. Letzte Menstruation 1. Juni. Vor 4 Tagen starke Blutung.
Dieselbe wiederholte sich heute und führte zu mehreren Ohnmächten.
Abends um S Uhr linde ich eine gracile Frau von sehr blasser (resichU-
farbe mit gutem Puls von 60 Schlägen. 1. Sehädelläge, Kopf hoch¬
stehend, Herztöne ab und zu zu hören, aber nicht zu zählen, das -hint
macht zuckende Bewegungen. Nach Entfernung einiger im unteren ^chei-
| dendrittcl liegender Tampons werden zunächst grosse Blutklumpen aus
| der Scheide entfernt. Der Cervicaleanal ist für den Finger durchgängig
der innere Muttermund überall vom Placentargewebc bedeckt. In Narkosf
wird die Placenta durchbohrt, hierbei wird die resistente Decklamelle ucs
Chorion in grösserer Ausdehnung abgelöst, ehe die Durchbohrung derselben
und des Amnion gelingt. Es ergicsst sich hierauf eine grössere Menge au -
fallend dunklen Blutes. Nun wird in die oröffneto Eihöhle ein Kolpeu¬
rynter eingeführt und bis zu Kindskopfgrösse mit Wasser gefüllt, oem
Schlauch wird am Ende des Bettes so befestigt, dass ein steter Zug «’in
Kolpeurynter ausgeübt wird. Es sistirt jetzt jede weitere Blutung«
Herztöne werden nach der Einführung nicht mehr gehört. Um 1 I*
! Abends wird, nachdem von 10 ab kräftige Wehen eingetreten, der ivo -
peurynter langsam durch den Muttermund hindureligezogen und mr
Ergotininjection die Wendung und Extraction gemacht. Der Kopf IT '
nur schwer durch das Becken hindurch (allgemeinverengtes Becken 0- ^
Kind war todt. Die welke, grün imbibirte Nabelschnur wies darauf u •
dass der Tod schon vor einiger Zeit eingetreten war. Uebrigcns
schon bei der Wendung constatirt, dass die Nabelschnur nicht mehr pulsn e*
V 4 Stunde post partum bei gut contrahirtcm Uterus Expressio placen m.
Knitre weitere Blutung. Allgemeinbefinden gut. Die Besichtigung ''
Placenta zeigte, dass die Durchbohrung nahe der Peripherie staltgoluiH
hatte und dass die Umgebung der marginal inserirlen Nabelschnur D -
Decklamelle dos Chorion und Amnion) und diese selbst von dem Zo ■
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10. Mai.
DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT.
gcweho und der Perforatiousstelle in irrixseivr Ausdelmumr abmdöst wnr.
Hierdurch waren mehrere grössere Gefasse nnlie an der Nabelsclmnr-
insertion durchrissen, aus denen sicher die oben erwähnte Blutung er-
iulgt war. ’*' r?
U. März. Wohlbefinden. — 4. April. Nach Bericht des Mannes
l'illdt Patientin sich noch sehr schwach, sonst aber wohl.
Fall 3. 23. Marz 1893. Geb urtsh übliche Poliklinik der Charite.
(Operateur Dr. Schäfer. In diesem Fall handelte es sieh nm eine Pbi-
centa praevia lateralis bei einer Multipara. Die Hebamme hatte nur be¬
ringe Blutung gefunden, die aber mit jeder Woche stärker wurde. Mutter¬
mund 3 cm im Durchmesser. Blase steht, rechts hinten Plaecntarirewebe
Blasensprcng.ung. Kopf tritt nieht ein, die Blutung hei den zwei beob¬
achteten Wehen wird stärker. Einlegung des Kolpeurvnters. Derselbe
wird ohne weitere Blutung innerhalb '/i Stunde spontan'geboren, die seit
Einlegung des Kolpeurvnters sehr kräftigen Wehen treiben innerhalb
weiterer 5 Minuten den Kopf aus. Lebendes Kind. Expressio placentae.
Wochenbett normal.
Fall 4. Frau A.. I.-para. 28 Jahre. Die Menstruation war imnmr
stark, von 8 tägiger Dauer, in 3 wöchentlichem Intervall, .Patientin litt viel
an Kmizschmerzen und weissem Fluss. Seit 3 Jahren verheirat hol, hatte
sie am 24. November 1892 die letzte Menstruation.
Am 3. September 1893 Nachmittags trat eine stärkere Blutung ein.
die hinzugezogfme Hebamme constatirte Placenta praevia und Hess die
Patientin in meine Klinik transportiren. wo ich um (*» 1 3 [Mir Abends fol¬
genden Status aulnabm: Drosse, sehr kräftige Person mit normaler Tem¬
peratur und kräftigem, langsamem Puls. Leibesumfang HK) cm. 1. Schädel¬
lage. Kopf schwer beweglich auf dem Beekeneingang. Herztöne U58.
>p;iter 12b. Die innere t ntersuchung ergiebt die Cervix erhallen,
auitallend weich, ltir einen Finger durchgängig, innerer Muttermund ganz
vom Placent-argewehe bedeckt, keine Blutung. Es Hisst sich weiter durch
coinbinirfe Untersuchung teststellen, dass das PlacentarpoDtor zwischen
Finger und Kopf nach der vorderen Fteniswand hin dünner wird. Darauf
löst der Finger nach vorn hin den dünnen, den Muttermund bedeckenden
rla< eularziptel ab, und mit Hülfe einer Kugelzange t \\ird die dem Kopf
uieht anliegende Blase zerrissen, was ziemlich schwierig ist. da der Kopf
sich nicht wesentlich nach oben vordrängen Hisst. Die ziemlich starke
Blutung steht sofort, nachdem ein Kolpe.iirynter in die Eihühle cingelührl.
mit 1 1 \\ asser gefüllt und sein Sehlauch in starker Spannnpg am Beti-
'■mle befestigt ist. Der Kolpeurvnter erzeugte ausserdem ein Empor-
driingen des ganzen Kimles. so dass die Herztöne, die früher vier Finger
hivit unten und links vom Nabel gehört wurden, einen Finger breit rechts
wun Nabel zu constatiren waren. Auch war. da wenig Fruchtwasser ab-
ge.flossen, die E’teruswand stark gespannt. Es treten bald nach Einlegung
ues Kolpeurynters Weben auf. die aber nach einigen Stunden wieder
aut hörten.
, J ^ IU L September Morgens 8 V 4 1 dir, nachdem der Kolpeurvnter ca.
14^Stunden gelogen, fand ich die Herztöne normal, Muttermund fünfmark-
ftuekgross. Es wird nunmehr mit Leichtigkeit der Kolpeurvnter extrabirt
und sofort die Wendung und Extraction angesehlpfsen, die leicht gelingt
und ein lebendes ausgetrageues Madehen ergiebt. Ergot ininjeetion. Massage, j
da der Uterus Neigung zur Afonie zeigt, “ Die 3 i4 Kiiimle später versuchte
hxpre.ssion fördert nur grosse Blutcoagula heraus. Da Patientin imim-r-
1 1 fJ|n |‘ beträchtliche Menge Blutes verloren, blass aussali. der Puls be-
' outend kleiner war. so wird die manuelle Lösung der (bis auf den
seien vor der Geburt gelösten Lappen) adhärenteii Placenta von der
ninteren Lteruswand vorgenommen. Die nochmals oingefiihrte Hand con-
statirt. ein Septum, welches, von der Milte des Fundus sieb ca. b cm weit
jmcli abwärts erstreckend, denselben in einen tieferen linksseitigen und ,
at irren rechten Beeessus theilt, und ent lernt grosse Blutcoagula aus
' ‘‘in scldnticn l terns. D.jlfer Tamponade des l.Tero-Vaginaleanals mit
• Ofooinigaze und Salicylwatte. worauf der Uterus sich gut ziisamniin-
• u {, . 10 Phitung steht. Pas Kind zeigt eine Abplattung dos rechten
'■ ; imlelbeins. otfenbar durch den Druck des Kolpeurvnters bedingt. Auf-
öinemt war ferner die starke Schwellung der Augenlider und des Mundes,
«»chentjett normal. W’öclmcrin nährt. Kind gedeiht.
U September. Uterus antctlectirt, Muttermund klein, nach rechts
', ' ’bm ‘ ine Narbe in das Scheidengewölbe aus. Geheilt mit gut
Reihendem Kind entlassen.
lvi;L-r a, j^ A Af 11 September 1893 kam in meine gvmikologische
mm 1, ^ rau ^ - N.-para. die im Vorigen Jahr zum ersten mal
normal geboren, mit der Klage, dass
423
Aacii zwei Stunden wird der Kolpeurvnter spontan unter geringer
Blutung geboren, 10 Minuten später (S'/i Morgens) folgt das lebende, nur
1400 g schwere Kind, dessen linke Sehädelseite platt gedrückt ist. O'/a: Der
I terns. der bisher nicht gerieben war, steht gut contrabirt, zwei Eiliger
breit über dem Nabel, auf Reiben erhärtet er und stösst eine grössere
zum
Ihr-. EUr W“' ,,UL T' 1 ' JV,a k r <*- fl!i ss sie seit.8 Tagen sehr stark blute.
' ezo -Menstruation habe sic Ende December 1802 gehabt. Patientin
r" •, u ' a ' lanil . S( ' h Ulld Mwas icteriscb. der Puls klein. Der Umfang des
dark blute.
Scheide
entspricht dem Anfang des 10. Schwangerschaftsmoiiais. Die
, ln . > st ganz mit übelriechenden Blutmassen gelullt. Patientin wird
inittai »" 1 ö l n . m . cin0 Klinik geschickt. Nachdem Patientin Nach-
Fntpr- > T ° 2 o 1 * n lne hier Klinik angelangt ist. ergiebt. die äussere
Vinn j Schädellage, Herztöne wurden nicht gehört und wegen
“min der 1 atientin auch nicht lange gesucht, da die Tampons bis in
‘ , .' , p‘ 1 IJ eT m g heruntergetriehen waren. Patientin blutete und die
Miittoi-m (i i' e • r ,^' gefüllt war. Bei für 2 Finger durchgängigem
1 1 \V- n 'V o ^ 1<! Klmse gesprengt, der Kolpeurvnter cingeführt. mit
und in starker Spannung am Bettende befestigt. Nach
sr>fnr-f \ er lMani l )U * adon verliert Patientin keinen Tropfen Blut mehr. 1 >ie
dem \m}! r f en T- mniene ^ uscult ation ergiebt die Herztöne links dicht neben
der Knirwf * * trateu kräftige Wehen auf. Um 10 Uhr Abends wird
I> dwi L\\? h - C , V , mit Leichtigkeit exlrahirt und zur Wendung eingegangen,
linke ■T lu ‘ rau . s ' dass da * Kind jetzt in t. Fusslage liegt. Per
Hduttermmwi" 1 U,’g r *tt°n und die Extraction vorgenommen, wobei der
der Entwickelung des Kopfes noch Widerstand leistete. Das
Kind ein Mädchen, kam asphyktisch zur Welt, wurde aber durch Hautreize
und ts c h 1111 z e sehe hehwmguugen völlig wieder belebt. Die Placenta von
i';n;;u,WKhb«'"!!:nu,r ho " vuri,,,p
(. Soptrml».,' AIh.,i<1s Temperatur 3 ü. Puls lös. Pationliu klacl Uber
fliehe 111 dei Biu.G und Husten, die seit Beginn der Blutung, seit acht
lagen bestehen. Lochia serosä. geruchlos. Der Vorsicht halber Uterus-
ausspülung und Ricinus. Morphium.
8. September. Fieber.
( 9. September Abends Temperatur noch 38.7, Uterusaussnülum'
Späterhin normale Temperatur.
15. September. Uterus anteflectirt. noch circa laust gross. Lochia
scrosa. Muttermund nach links hin bis zum Scheidengewölbe lacerirt
auch 111 die vordere Lippe reicht ein Einriss hinein, geringes Ectropium.’
* "‘heilt mit an der Brust gut gedeihendem Kind entlassen.
Fall G. Frau G.. 21jährige Il.-para, suchte mich am 14. Octobor 1893
in meiner Sprechstunde auf. Die Anamnese ergab folgendes:
Erster Partus 2. Uctoher 1892, normal, lebendes Kind. Hat acht
Monate genährt, von Mitte Mai 1893 ab aelitwüchentliche Blutung. Seit
o. August Bewegungen. Vor vier Wochen Blutung, die zwei Tage'anliiolt,
dann 14 Tage pausirte. dann wieder Blutung, die bis jetzt mit Pausen
an lullt..
Status: Uterus zwei Finger breit über dem Nabel, lebhafte Kinds¬
bewegungen. Kopf tief im Scheidengewölbe, nach hinten über dem inneren
Muümmuwl I > ];iC(*ntm , £ro\vobc iühlf>;ir. nachdem der Finder durch den
inneren Muttermund durchgezwängt ist.
24. October 1893. Nachdem noch mehrfach geringe Blutungen dage¬
wesen. bekam Frau (i. Nachts 1 Uhr Wehen und Biutung. worauf die
Hebamme tamponirte. Als ich um iP 4 l hr Morgens hinzu kam, land
ich er&tc hcliädcllage. 11 erztöne beschleunigt, zwei Tampons hinter
dem Introitus, dahinter grosse Blutklumpen; Muttermund 3 cm weit, in
seine hinten' Hälfte ragt ein Placentarlappen hinein. Kopf beweglich.
Allgemeinbefinden gut. blasse Gesichtsfarbe, kleiner, aber nicht" be¬
schleunigter Puls.
Nach Desinfection wird die Blase gesprengt, ohne dass der Kopf fest
ins Becken tritt und die Blutung aufliört. Es wird daher olino Narkose
der Kolpeurvnter in den Uterus geschoben, mit */a Täter Wasser gefüllt
und an seinem Schlauch ein permanenter Zug angebracht. Alsbald stellen
sieh kräftigere Wehen ein. Herztöne langsamer und kräftig.
Nach zwei Stunden wird der Kolpeurvnter spontan unter geringer
Blutung geboren. A,: ' — •'*=' » r ’ . •
1400 L “
U
breit
Menge von 500 g geronnenen und lliissigen Blutes aus. ohne dass die
nachfolgende Expression gelingt. Ergotininjection, Massage. J 4 :: / 4 gelingt
durch starken Druck die Expression. Patientin ist nunmehr recht anämisch,
so dass sie heim Umlagern eine Ohnmachtsanwandlung bekommt, und der
Puls kaum fühlbar wird. Ma st darin cingi essung von 3 / 4 Liter Wasser, da
Kaffee etc. ausgehrochcn werden. Die Eingirssung behielt Patientin ganz
hei >ich. Placenta zeigt einen reichlich fiinfmnrkstückgrosson. hluldurch-
tränkteu Lappen, an den der Eihautriss unmittelbar heranreicht. Decidua
dick. Kind Nachmittags 4 Uhr gestorben.
24. Oetoher Nachmittags. Temperatur und Puls normal; letzterer
relativ kräftig. Gesichtsfarbe allerdings leichenblass. Wochenbett verlief
ganz normal.
Anmerkung. Hinsichtlich der Aetiologic der Placenta praevia
weise ich auf den Umstand hin, dass unter den sechs Fällen nur eiue
Ei st gebärende war. welche offenbar an Endometritis gelitten hatte und
ausserdem einen Uterus suhseptus aufwies. Von den fünf Mehrgebärenden
sind vier Il.-parac. bei denen sämmtlicb dio erste Geburt nur ein Jahr
vorher, in Fall sechs sogar nur zehn Monate vorher erfolgt war. Sämmt-
liclie Fälle repräsentiren somit sehr schön die für die Entstehung der
Placent a praevia bekannten Momente, nämlich Endometritis. Missbildungen
des Uterus und rasch aufeinander folgende Geburten.
Aus der Betrachtung der sechs Fälle geht hervor, dass durch
das eingesehlagene Verfahren die Blutung in allen Fällen prompt
gestillt wurde, dass ferner fünf Kinder lebend geboren wurden,
und von diesen nur ein Kind, das, zu früh geboren, blos 1400 g
wog. zugrunde ging.
Das einzige Kind, welches intra partum abstarb, hätte bei
meinem Hinzukommen nur durch sofortige Wendung und Extraction
vielleicht gerettet werden können. Diese Operation war jedoch
wegen der mangelhaften Erweiterung der Cervix in dem Moment,
wo das Kind schon vorzeitige Atheinbewegungen machte, nicht
durchführbar.
Was den Woehenbettverlauf aiigebt, so fieberte nur Fall 5.
Hier war aber gleich bei der ersten Untersuchung eine Zersetzung
der in der Scheide aiigehäuften Blutinassen eonstatirt worden.
Trotzdem es sich also um recht eomplieirle Fälle handelte
dreimal war Placenta praevia letalis vorhanden und war auch die
manuelle Lösung der iTacenta nöthig. vier Kinder waren ganz,
eins nahezu ausgetragen - so ist das Resultat sowohl für die
Mütter als auch für die Kinder als ein recht günstiges zu be¬
zeichnen.
Die angewandte Methode unterscheidet sich in zwei
Punkten von ihren Vorläufern, nämlich erstens darin,
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h, f, Fulinu xU< eiabedm /inle-a; de, Kölpm)ryiti«jy« /arn-wm | m^düd. Indian =w*r aii ib .khhW vm\h» ?u
,h.,<v]MO|, n | apm'-e «l.tv 'rUmbe und I/ten.sw,'ti.ri zu * o^tve ; ms aut eonseeulmi . hrni.ai.mpmaym W 1 ii t .nvw. 11.1,11'^.^
k mlH.-iiHii- i Vit-,* f >MV.t!.tt hon .!!• . 1.1 koü.Mi KiU t i ' en K dl 4 ^ *
,.\ VI . W(l .. ut .,rv iv.-vii' t,d.> » d-. - .»i-.'M r/mu, li >üc iik.-'». - lmil- e.m/ re-ia-lmh-Mumi 1 I.M^( H...I A/umuh::, kiump.- mim
,,^ ll ,:„ iiSr ' MViiehUnt, durch /TUd/nre/m rii.w.\. m-Jh^ku- : -tV-hl-kn - m:- emhn'H an JaH>e t i:wmhwmhu
',} AT< *fi,,•;/•' dl- H!tU»m*r -.bann lud: nwin <iied> w/mutA se über- j Aim/ak Abidnt,t,i:ti//n mH\ [;/ bei sw/ uwnntrfmi
!tn*jni uiMA iiiAAii«. 1 '. " i Lhlübsw zwischen kmdliehmo *S*ritiüiu., und iioekou- ’mi empraiiimi.
J '\\ l. <Hj v u : ;tli . Koli.ouivni< v onlun»! *-n iM dnvudhe in ! 'dum dass- sie «km Kim) rf« imjh'M brin^n
,h.r7.uVu.,i r Form ain/W w-P ZuW der K«.l|.ruryi,kr die ! Was die Technik dn- ird-ruu/emmn kuI|HMrv,vse aWmgi, w
,.! M iVhf „M.M- y<- L I'I. NHii »OHIOM ln .. 1 du-mibe «m orms.n und -*,.«^1. -M or *1- '»«« •>'«' •
„IKm meinen Kulten WM*- J ** ftu.fh Kmi^inin jv-tpsurynl.n^ ; iuniHn W^IV«.?- !ii " !.-riyrk«ni ( dU' nuAlr M Uu
Mr i, tiiM! .li.« l’.ir.imt'» tn-Hf **«-.< -Mit’ na< Ina m\ di«* I'j-A. unu -nti-r- : . omlilniil*'U W rmjunü: tibn.'wwurden n:nss, U^*uh\ lu- dH
luyerl: inniWi'-r Koii^uy n.h-i^'hionri. dut-r.k die • an/ik-Urndn ai,- 1 \vnm-vd.mix üii marn ji.- l' uli-e, wo »hn HUu- drin
avhe-Aiir risjdin-n. ’hinduretnyeXie'rU .und tm^nsjm.ünf- wHi\ . !\rmf- i/.u. ni-ins-L öfter wü man zum Zweck •Iec btaseiisj'A'üymy
j/usj:'.iuM-b di- Harn! uuswUm) -/ic ju^.n. a.U mmmd üi»* dsc Piaccuta \v. .Wamm urm.s i^j dm Pda-e-imncmijiünt^ nudu <•
; U( .,.y. ( wi.. und dfti tmnm.sbflm. recld. iiiuf l’iif,r P^CWt Ln dir.Vm {• allen kruiü mun mim diH^nehte-^tdck^tleL
■ v ^ ' v Hin Hwi^t» AnV OPi^ehfc?pruu&’ur föt,. aichf oftViitfd«*!!, Jpr
MöAMelikVit das Kh\\i yai ve^ioten -* binr >»>\sst milwefiAP (änj;
A. , ‘ } P _*_ ■ V ^ 1 - 1..! ' - , «•
utidmifrxrjb' 1 ,?ji ninci‘ Vei’stüii kuun d.ftfr tb'^h ca
a. \ oif-r Limioa km/m Zent, in m».er JmJb*-U Suu/.r Mwm. -tim l‘
d'm (V.^k diurUä^znami.' vZr'd. Pinc lw : h!enni-n;u- /er
t+l4uti‘t : isL imr -Mfduidijcl^ da su-li au ntAr d/rftiti^o rü^/h^ Plr c -
wt/K'vanu dr.v Cervix ff dort. !!)«• Pnithindnnir mtzu.-i* hü essen ha/
uiti i-me vreiler-i Plutifua. \mNiiini, und dir- br* f^mnlc nind^e
.IrSo.vi) k'i'im M/ellddivd im! f fli ii van »tau i.Vhnj-n •!-•:•: ertith tun
l’ltii\crlust-y vm ariif.leh und m.ä ^ 1^0 dm, iiid.iirttMidi.mm Hhd-
ynPixi du \.t« i»aelmt/jM mnli /U ibdu:
■. WA'ndan ,n,;iii ilay’-unn ;Iim< -a-)h;Ai h/Prefi Zuu‘ ;u*. Sx* wie icir
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peuryniwtv van 10'^/ä und vinen bnifatie - f.gji dt um, sv«s a^fl- J
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10. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
425
1 V 2 ra über der Vulva, zu welchem Zweck die Hebamme am be¬
quemsten auf einen Stulil steigt, ist es mir stets gelungen, 1 Liter
Flüssigkeit in den Kolpeurynter einzutreiben, für eine geringere
Füllung genügt auch ein geringeres Erheben des Irrigators. Ist
die abgemessene Flüssigkeit abgelaufen, so schliesst man den Halm
des Kolpeurjmters und führt den linken Zeigefinger zur Vagina
heraus. Die Kreissende wird darauf umgelagert, und falls die
Schlinge am Bettende noch nicht angebracht ist, hält der Operateur
den Kolpeurynterschlauch so lange angespannt, damit es nicht
weiter blutet. Ist die Schlinge, die aus einem beliebigen stärkeren
Bindfaden besteht, um das Bettende herumgedreht, so zieht man
das Schlauchende des Kolpeurynters durch die Schlinge, spannt
den Schlauch so stark an, als es die Patientin ohne Schmerzen
aushält, und erhält den Schlauch in dieser Spannung dadurch dass
man seine beiden Schenkel dicht an der Schlinge mit einer Kiemm-
pincette fasst.
Was die Zugrichtung anlangt, so hat dieselbe möglichst ab¬
wärts stattzufinden — wo daher der Kolpeurynter zu stark gegen
die Symphyse gezogen wird, muss man das Becken durch einige
untergeschobene feste Polster erhöhen.
Dass der Kolpeurynter spontan durch den Muttermund durch¬
getrieben wird, erkennt man an dem stärkeren Mitpressen der
Kreissenden und weiter durch die innere Untersuchung. Bei
Placenta praevia empfiehlt es sich, den in die Scheide getriebenen
Kolpeurynter sofort zu extrahiren: Blutet es dann nicht, ist der
vorliegende Theil in das Becken getreten, so wartet man ruhig ab
— blutet es dagegen, so nehme man die innere Wendung und Ex¬
traction vor. Beachten muss man in jedem Falle die Möglichkeit,
dass sich unter dem Druck des Kolpeurynters die Kindeslage ge¬
ändert haben kann, besonders wenn es sich um Frühgeburten
handelt.
Ensteht, wie in Fall 5, aus der Schädellage eine Beckenendlage,
so ist dieser Lagewechsel ja für die Fälle von Placenta praevia nur
von Vortheil, weil man eine bequeme Handhabe für die Extraction
gewinnt.
Erscheint die Extraction des Kolpeurynters nothwendig, so
legt man die Kreissende auf das Querbett, um an die Extraction
sofort die entbindende Operation anscliliessen zu können, setzt nach
sorgfältiger Desinfection den linken Zeige- und Mittelfinger von unten,
den rechten Zeige- und eventuell auch Mittelfinger von oben her
an den Kolpeurynter und zieht den Kolpeurynter langsam heraus.
Die Extraction des Kolpeurynters darf also nicht am Schlauch,
sondern muss am Kolpeurynter selbst vorgenommen werden, da im
ersteren Falle der Schlauch abreissen würde.
Da ein Platzen des Kolpeurynters selbst ebenfalls nicht zu
den Unmöglichkeiten gehört, so ist es aus diesem Grunde auf das
allerentschiedenste zu widerrathen, den Kolpeurynter mit Luft zu
füllen. Denn bei einem Platzen des Kolpeurynters könnte sehr
leicht eine Luftembolie erfolgen, deren Vorkommen bei Placenta
praevia von Olshausen 1 ) nachgewiesen ist. Die Füllung mit Luft
ist ausserdem deswegen unpraktisch, weil man den Grad der Füllung
nicht controlliren kann.
Bemerkenswerth ist übrigens noch die Thatsache, dass der von
dem gefüllten Kolpeurynter auf die Placenta ausgeiibte elastische
dem Kinde gar nichts schadet, während man nach combi-
nirter Wendung die Beobachtung gemacht hat, dass der Steiss des
Kindes durch Druck auf den vorliegenden Theil der Placenta die
Dirculation * n demselben derart beeinträchtigte, dass ein Absterben
des Kindes die Folge war.
Ich habe schon früher 2 ) darauf aufmerksam gemacht, dass die
m rauterinc Kolpeuryse ohne Beihülfe von Wehen die Cervix nicht
zum v erstreichen bringt, sondern ihn nur auseinandertreibt. Es
> eibt also vielfach ein weicher Muttermundsaum (siehe Figur) be-
s hen, der durch eine etwa nothwendige Extraction des Kindes
einen Einriss erleiden kann. Diese Einrisse reichen jedoch höchstens
>is an den Scheidenansatz, da der erweichte Muttermundsaum
men grossen Widerstand bietet. Die Extraction des Kolpeurynters
erzeugt kleine Sprünge der Cervixschleimhaut.
Auf die übrigen Indicationen für die intrauterine Kolpeuryse,
.• le lc q? 1 ?- * n dem angezogenen Vortrage geschildert, gehe ich an
III stelle nicht weiter ein, um nur noch einen kurzen Ueber-
h ' l r er d * e Literatur der intrauterinen Anwendung des Kol¬
peurynters zu geben.
intrauterine Kolpeuryse ist zuerst von Schauta 3 ) ange-
7 en - Indessen übt Schau ta durchaus keinen Zug an
Kolpeurynter aus. Infolgedessen hätte die Methode von
d 2 La v r? Zeitsc Mift für Geburtehülfe und Gynäkologie Bd.
*Tv k j, ausen ’ Monatsschrift für Geburtskundo Bd. 24.
Berlin ißoo d J U A gen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie
«e.hn 1893 und Centralblatt für Gynäkologie 1893.
) tentralblatt für die gesammte Therapie 1883.
Sch au ta bei Placenta praevia auch keinen Erfolg erzielen können,
da ich stets die Beobachtung gemacht, dass das einfache Einlegen
des Kolpeurynters die Blutung nicht stillte, sondern dass die Blut¬
stillung erst durch Anziehen des Kolpeurynterschlauches bewirkt
wurde.
In dem genannten Artikel empfiehlt Schauta die intrauterino
Kolpeuryse bei Placenta praevia nur in den Fällen von vorzeitigem
Blasensprung und Blutung, wo die combinirte Wendung ohne Er¬
folg versucht sei. Es handelt sich hier nur um eine theoretische
Empfehlung, da Schauta wohl andere Fälle von mangelhaft er¬
weitertem Muttermund anführt, wo er durch intrauterine Kolpeu¬
ryse Wehen erzeugt, aber keinen auf diese Weise behandelten Fall
von Placenta praevia.
In seinem Grundriss der operativen Goburtshülfe ! ) spricht
Schauta von der intrautorinen Kolpeuryse bei Placenta praevia
gar nicht mehr, so dass ich wohl annehmen darf, dass er keinen
Fall von Placenta praevia mit der Methode behandelt, resp. keine
Erfolge der Methode bei Placenta praevia gesehen hat — eine That¬
sache, die sich durch das Fehlen des permanenten Zuges bei der
Methode von Schauta erklären würde.
1887 berichtete Mäurer-) über einen Fall von Placenta praevia,
den er mit intrauteriner Kolpeuryse behandelt hatte. Es handelte
sich um eine Frühgeburt im achten Monat und Placenta praevia
totalis bei dreimarkstückgrossem Muttermund. Der Kolpeurynter
sollte zur Hälfte in der Scheide liegen bleiben, rutschte aber ganz
in den Uterus hinein. Mäurer füllte nun den Kolpeurynter
bis zu Kindskopfgrösse mit Wasser und zog andauernd an seinem
Schlauch, bis er nach etwa 20 Minuten unter stürmischen Wehen
geboren wurde. Darauf wurde die Placenta perforirt, die Zauge
an den vorliegenden Kopf angelegt und ein lebendes Kind extrahirt.
In ähnlicher Weise hat nach Mittheilung von Stanislaus
Braun 3 ) Madurowicz bereite im Jahre 1861 einen Fall von
Placenta praevia mit gutem Erfolg für Mutter und Kind behandelt.
Auf die Unwirksamkeit der Methode von Schauta für die
Fälle von Placenta praevia habe ich bereits hingewieseu und eben¬
falls die Nachtheile des Mäurer’schen Verfahrens hervorgehoben.
Dieselben bestehen in der Einführung des Kolpeurynters ohne vor¬
herige Blasensprengnng und in der raschen Extraction. Erzeugt
der Kolpeurynter bei stehender Blase Wehen, so bewirken diese
eine immer weitere Ablösung der Placenta. Eine solche weitere
Ablösung kann vielleicht auch schon allein durch den starken
Druck erzeugt werden, welchen der Kolpeurynter von unten her
gegen den schon losgelösten Zipfel der Placenta ausübt. Mit einer
fortschreitenden Ablösung der Placenta steigt aber die Gefahr für
das Kind. An die rasche Extraction des Kolpeurynters muss sich
— und das ist der zweite Nachtheil des Mäurer’schen Ver¬
fahrens — wegen Wiederbeginns der Blutung die sofortige Ent¬
leerung des Uterus anscliliessen, während es gerade bei Placenta
praevia wichtig ist, dass die Entbindung nicht übereilt wird, dass
zunächst nur die Blutung sicher gestillt wird und man bis zur
Entbindung einige Stunden verstreichen lässt, die man dazu benutzt,
um durch Excitantien die Kräfte der Kreissenden zu heben und
sie so gegen den physiologischen Blutverlust der Nachgeburtszeit
zu wappnen.
In der letzten Zeit hat Rosenstein 4 ) in Breslau einen Fall
mit Erfolg behandelt, in welchem es sich um eine Placenta praevia
marginalis in der Mitte des achten Monats und einen für zwei
Finger durchgängigen Muttermund handelte. Der Kolpeurynter
wurde mit dem Finger eingeführt und mit Luft gefüllt. Unter
massigem und zeitweisem Zug wurde der Kolpeurynter nach X J 4 Stunde
durch die kräftig einsetzonden Wehen geboren, worauf die Blutung
wieder eintrat. Nunmehr Blasensprengung, Wendung und Extraction.
Lebendes Kind, dem die Placenta sofort folgte.
Auf die Methoden von Baraes, Tarnier und ähnliche Methoden
gehe ich nicht ein, weil ich sie für principiell verschieden von der
beschriebenen intrauterinen Kolpeuryse halte. Der Unterschied
liegt in der sofortigen stärkeren Füllung meines Kolpeurynters
(bis zu Kindskopfgrösse), in seiner Einführung in die eröffnete
Eihöhle und in der Anwendung dos permanenten Zuges. Die
successive Einführung grösserer Blasen und das häufige Manipulircn
am Muttermund, wie es bei den genannten Methoden nöthig ist,
fällt hei der meinigen fort, die ausserdem in Nachahmung des
physiologischen Geburtvorganges nicht von unten, sondern von oben
her den Cervix auseinandertreibt.
’) Zweite Auflage Wien, 1892.
Neue Methode zur schnellen Eröffnung des Muttermundes bei der
Geburt. Centralbl. f. Gynäk. 1887. No. 25.
*) Centralbl. f. Gynäk. 1888, No. 41. . _ ,
4 ) Zur mechanischen Dilatation des Muttermundes in der Gebuil?-
httlfe nach Dfthrsscn. Therapeutische Monatshefte 1893, October.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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Wii'jKH- vrTjvf , -«fei 4CfF‘t‘*[i Utudn: tfi dkm b-fzlru latirrii
Die Munclseuche des Mensclien and Maul-
und ‘Klauenseuche der Rinder.
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U r-i VV m i.'.T ; Ä Qn MICHIGAM
m \TISCHE MEDICI^ISCHE WOCHENTSCHKIFT.
gbfrntgeh »ferm noch langst, nicht ein Gt’ntid rurgifee.u hätte.
in Anbelrntiht vier übrigen Gruß fl e* tu v der H^n-ifinfät «lieger Ba en¬
teisen zu zweifeluV Kiyo so kitrze Ifölta'wm. .Xnj{>tkhfe«u -würde
immer ui.ioh, Wemb jtHv Versuch« negativ lUJRfaÜbtt, jreg'ftu die
Bedeutung fe Iku'i» r-mün> >i>iv: Job feinere an die Bnoteife
des Hotldäufes; an deren fe« iiMtül luem-uud zvveiMG obgleich
runßlötelüfe fe $fohW6frn* Tfijf iieiKetilfcilr^i fet nra}jf go-
liugt f siehe Loren?-., ivf«fc).ii; m| i«/;in iVnnralbi. t Ba uterin-
jpjrie 1S9Ö); zum TUcii suui e.> Hm-fhi <-igoni hUm liehkc i». >h i, wnlr.he
(iitvUfetluij yßi'iiifadniii,, iti$t Thoii eine Altfetjua fe .t&iflvaitium.
im Shum einer \*irulmza^r.|».\V}i«*.hung. mani bvrja! ohne Nanirweitr
il*it i
Mit diesen lfeiftgßD und Versuchen je-lftithe leb rem den Ohm
■Meter dßf Votr mte..gWYmdeii£i3 -Baetfeeu Hls, 3ftr d^vMiUii-
urnl Klammem ich« imj Munrvlton oa«l bei Lhionm ims we»Mbaff,'-nfe-
irewiexen zu luiben.
WViiH ie.lv mir dir Gründe nbmtege, wfeoth nie Hl aiidV-voii-
:iuilnfi Srifji wbülnifli fej- viH d:oin«A gecatcht ward»», «itwav
positive bj.v j«Ui gidumlmi wat, ündn i* li hdo-« mir Gern* htsiuiulae
mbm*sgohfmi}* Die j'>:b,tfe*i> >im.i. VUitiJi<r)» w«Y> n«h der Gbnlrru mit
Smlmrlü d nur in »b*n erste« zehn 'iügw. dev Frkrriilkuug in so
Vtesfe Mfee zu ti'fldnn, fes- man im AuYMru-h praparat. mit He-
•annrntfe üi«*srii.!« , n nmhWifen kann Sp-iter »jud dji^ellmu uur-
ilm-Gt Anlegen von Kul-toirön, uod omds fehswfeenUtehnm.B<>
stemm vier Krawklyeii ilimrlvvtupt dieht meiri’ TifeveteMc. Ffenc -
.bähen «ä,nriä(3ibhn Furaohtfr, weteho bin .jetzt uncb dem Kvreger .gv>
-mdu. haben, rinn Fuliler feHnfej in den Bläschen ilni ErnmcP
2u kudjtVfj; .'•;pbg , h%).i .misuvviffjlmft-• tw-, Wer ■'vorUanÄci» -ipt;,>iv
fpi.it. er feh .hiev mit rio vinlnu andetmi) iirdmnlhviuiisnndun Ibü*-
5 -örUru zusammeü aut, tüi^$ ein l^olirun des svicblajarrn
u-fii nnigiiV.lj ist. j uiffpn.s ft*]ilau kleine. Viirsnu’-htsHiion*. Ti«Vln*i>
simi ttjte i't ; U hier nmvdrüt'kiiüh liotoneu. trjU* not UH
grofiH* Mjnurnti * n;cr \U iuniJturau^i-.Mveinmimg unkpidngUidj, ned
kiödaf zu ^nrsunhszwftcUcm aidztic-lelieji, i^t nhht jodunnimns
5?4ftha. tritt Hnd iiiüvirtign Jß^idnjDi« in
i’ftUahgB ynb settbu ut>d Ilaim jhib nuhnifegniilcm Gründen
anf dinn Tjande auf.
Hßk^nnt drtdtn es- Jtutb, \vio yeh-wer auf dem hamfo -tife &r~
'Ifthhöias uififtV Urtöiidd, wird, Audi ic h hab«v vücüe Ü.r-
iaidmis» TMi. in FaHo e.diauten tviü>soii Ausseninm hat der
lanirlarzt im uüi^niuihen .-wohl RelUm: dm %h |t n»d . ftu>d> dh; ßiu«
riclifnagen, um bapierioJogi.-eli ärhmtmv zu ivminmi Hei dar Tliirv-
MVK !),• lifgeo »üe VeridifTn^n* dhnlüdi. jaitf fWiri-irr, t-uumsn
au» h j.jor ,nnr. in den osf-nn Tugnn ddp iJidSeFitjfcitng: in *itUsueror
iixt. (iiitdür Rtanhuu. aber .iiv-fe Itel.zFiVf» BpUtüiuiu
ß ht i« wehr Springern Pi-unamisaw, spnutai« in den ersten Tngeu;
pur ;u; } f dißf5fi w(mignu Fitiln hatte siu-.it die- Aitinun’lvsamkeir jtu
’i (t u*:n (sieiu* den Fuü ; voh Hr. d •brist muunl. F>eheu die Xfere.
-i|i.iter *81 Hara^mos zugrunde, su i^t es. wjd ii-L. mu h de.- rdiere.u
'dnut.eugte, nv li( nudir mi'vgin iiu ein. JBaeierium. 7 ,n ^ejieu oder zu
zOeluen, Khenyo wird man hui- gesiihUdifetum \ icii nur trlir
Mdten * - tn e iuiet eri edv >g i Be h e AnslnuiVe erwart.on kduneü, Fetiu yvirk-
h'Ir seit wer. aeut erkrankte Thiuffi dürftet' nidtt.' offen ge-snülaehtet
uerdmi j Mgiidii kümmln:. d^iUe- W,dU’t iffe/öu'r s;a)ü' grUltda, wiu in
<h;m vnti mir; nngidtihrten Faih‘ v .zur Buüboohtung. lim .iiin-igens
['inen derartigem F»dl •rechtzeitig zur henntnisp zu erhalten, habe
" '• ;* {, ‘u .sehe liuhe i'Hlmic . m diejenige Hemm zahlen müssen.
mii* rßcbtzeitig die Meldung lnaehte Uhrouigeh krankd
Jliienj werfe häufig guarhl.’jehHvF bjeten' wi<t i< ii liiielt du
^' iihn-hthause (ibergttugte keine hm-HiritilugvV.lu* Anshßutü. St-hliess-
‘ :,f - ist ünt»*r den präktlssviten Thiotritrzten. nach imee der
•'idMussr noch die. einzigen, welche derartige- stdumu .braueJthürc
t di» aufHeihen kannten, dir hm tnnidngiscba Aushltduug eine uoeh
*Hlem*iv, -Jtla hei }»t;tktiV.HiMn Aerzten, und ;.ut Hochs« iudiusiitulen
Wohl nur selteo. zur Heol**
orscheint knüin. aulKUtig) gewachsen .sein. V(m positH^*«. Impfuiigeu
mit diesen F.nJ t.urnn wird .nichts hxnmilitct . Die ganze At beit brivun.
dbehhaüpt ig«.dir e^.-BetracktarigdJbitr iii<i mügdieiiun f/r^iblinn der
Aphtlieiiseucim :üs nnm-isdr ‘Timisaehcti, welche unsere .Keuni
fötöcrn könutdtu in den Atniales et BuhetiU ihclu s'K'Vet
18D8 »n-seUbnv -ftiue Aidvert vw Dv. Lcf ui:»isüu
v«)U e-itier HjddrmW von Aphtjum:
20 P(irsüßhij st'hwcr erkshitikt w'nnm.
| dhnliülie ddehiltie AActblpui imhmt i
| si» gJ'ümÜifdm fJnkcinvtnibs In tim*
j; ? %hn [' ,A
1 .Proi. F» e h ilfez vot*
anssp
itv derselbeu wird
tot* in dei\ ct^ a
HnnTJ ii^ n u - will auch eoecnr^
v ga.hz«v Arbeit howerst aber
, v . . .... dauU "man niff.
von einer U-iltik alusidten kann. Am 10 Fobim-nr i,ed(
WKmmmm mne-r V !;rsnmmiunv. Um Landwirt!*«-» in Her!in
G men Vortrag über Maul und K)jn.m>i»Hud»c', der cd. zufällig .beb
- mdmir. fteduce widmel.c meijmr Arhcil. .*i!«e >ohr ningeiirndr lh>-
s]>ree/uutg, kam jedoch zu* dum Schluss, dass die von nur gcfm>-
doyen Bhoiojfe uitdit dio' FM'i-'ger -der Kraiikiieit .spien, und z\\ßr
au? itdgeiuicm (vmud* 5 ; Na«dp moinm- i){di;uij«i.ung saden TaubfUi
ein{?fäuglirh für ,.kl«‘i«ibh thöeir der Uarn-Huo }*■». hülle nun
Tauben mit durrhseuchLor Mfit Ii gniuinft nod.- keum Lvh.Wem der-
%*g4D»> mtohm kü»xn«jiu A<dgliöh ubiyn iihdil* dir
Kn cger d«s» S«*uvUe, Jii^n DedmAhm fvliöiut richtig -za sinn, wenn
die Voraussetzung np-hr. -iruiiümilch warn, ich . hule leider nur
coustatimi kennen, das« Taubctr nur üiv grossem Möfige.u v.u«
Ibt.jitullihmt ruipiM.jjilii f| sind, und l.nl,«* Srin.U. «ie*s* Lrkhijn y
•fiir die Mihdiversudu? angidilhrt Icimit i;».]!f die Kritik von ?j
Zum Senilis.} eui.-Ma ich pm h i««)tnpeu. dass vir «-s nt drr
AphHe-.c-noclte init emm Ki*:»nWi«‘it zu thui« hahmt, vcjclu« suweh]
ceg,.;! der nahen llezitdiiing Zu einoi Thim'snue.llfj, als auch v s eg.-c
<lr.r be-eiclei-b iii «l< li « hrojwßi her, Foime» iiuffrotenden, ,-*.nr
iunnnigfalfigcn Oomidi« r atiC*ncn von Seiten fust süiumtin-lmi Urg^qin
titH einer großem mnniS'iiHr-hXiö Inf^ilioÄ^tavikhait' ztt tküu haben,
wei-bo g«>wi:-y. ein :U!gofnci ; mces : .Iivt«*resse beanspnichen icentd.:
V\>»HV au« ! h vurliluhg scheint, als oh diese F.jUil<*mio .«ich nur
auf he,«und.ws günstig«} Drt^eltäff-m imsehrdukr haMc, .so Dt doch
mveii -Anaiogi«; anderer Seuche«- der Gedanke nicht von. der- Hand
zu Wj isco, dass üißsöJbe Kpankbpit bei «dner WifujecJrohr auch über
grossere GeMete sieh äiihdetmen konnte uu«i iii die Klasse der
grossen VoUv^s« v U'-irHti • gen^hmd» hwnrden müsst«Im Jahre ;lS‘di
sein int die- Maul- nmr Klauenseuehe in Deutschb»mi beim Vidi sn
ziem lieh eilm-ehim zu seit«. Ob .nun naeJi dem Auflnimi vimvs rV-il-
W'ah.t-Hvihiii ImportoK- trischc-n. Ajisteekungsstofles von Seiten dfe
VleHcs hei Menst heu die Filhigkoit der fortgesetzten Ijnhcnra^viug
ücut «juhwtT
« |, hiuiig kommeiii .s... HP ^ I
Jem Krsrbeinnu ituiuer ersten Arboit über AfibMiensemdtc
en«l dftige Arboiveu ersuhimmn, weicho die bae.tcnologik-he Seite
«iiuKoi- Krankheit lx>rü.ksicl t ligen
Im Ofiitr-iiibläti für Bncterinlb0«}. I8O2 busehrbibt Sehotleli us
woU'Un..an* ApItMunddH^'hOi gezib-htot winden, Dmi lh-
.' Vi ’ ! ‘ : - ha.»« diese Guee-fm die Er reger der Krankheit siinj, b.lciM-
-chotteiGis sdiobiig. IG- sagt, «.li- ftift RmmüMtiir goiuijiftmi
-'..h-twg.MtttiB- niHlg«} 'fuge Fieber imkoniTnon und sei«m jo->M«k. «-'?••
Ric Tb;mn* wurden uk-ht getodtcr und ytarfe uim-Ii
deg Imphpag, cbciym w/yöjt er«5bliittn ein ßtsuithntii-
^••a««r»<nib£fe(b. - ln ..iiinurou fehlen demnach auch. Somit
gössen die angcblichcxi l>Jci-Uüktingi‘tt wohl auf Thloxb-utiuu uöd
^'7 ! wf M-rth« züriiekgOulirt 'werfe.. Buhla « tudralh!. I.
Merfoloiiic 18bK) wU] iimühoidc Korpoiehon in* Ijb.it erkraiikGm
jUUGre gösefe haben. Oms.dbcn solien auch auf iobehdur Sehhüiu-
aut ^ LtMtac8n,.^diQ 4l)eir4ifigg fßüj wai’en'' (letztiiroß
Veit, Zxit Technik oömpl'ioirfcej? I»apaeatö«iieeiL Berliner Klinik
Heft 50. Ed. E. Fra e oktri (BnÄvk
Veriansor (iotraohfcct .im Siium der Asoptili iilg cöiuplioMtv
u «t dh^aöi^etr, TnÄs
irgmul w?:[f h, r Art aus üot)i wendig: oder WiilUig eroifrWeü Ot-
^iiii ;k'-u Eintritt. Wüonlu'ichvf' Ürgapiämsh '. : io die Uaocidiöidij.
SüJ'k WeM-ütfe uml blonder* auch jA (tun nftcli&ten tagen n&rif
; der Upär$tu»n erwarten läöSfm. - ilisrWfÄtm4ü&$fc die,in *
1 ] er U\Hm Eritr füllt an gen der Tube. tlÄf M BalpmgotüiuWfl
1 hkf hf chini t* Eintritt vvoti/Ual^udter it* dir BauChhfddn Dt AdW
hm.' mom&iwmsunem < Udmit «0 Mikrfmrgumsmmii in ilw? MohrzyM
FiyVnhii'- EitdUi.^ auf dm Verlaut' der Operation; das Bjrcvh-
toif vorträgt KwO.leVofc vioi Mikroorganismen, ohne andere ah
luitr inc&W jhAzhhdnpg daraufzu rnagdiÄ Ifia meiste. BeneUtiürg
■verdient diu Virulenz der Keime, und damit stimmt die ktiuWiie
Efktlinmg, dass zwm Arien <W i ; ‘ypsaiptuX' lieber .als boKocriers
beü-nn%iaü cr^äliohKu: .F.H'bArUafttf BWcosse, dm von der
Pyosalpms ubd t)ui f chbyuoh döf Pyosatjuim
Aussen.; DiecefatW’ Kaibgorio er&nWmt; muck VnjtD n^lnveu
EriWhruwgmi nicht mehr so Imdenk lieh wie. frriBrr; riiMimil esstir*
pirte er in Aon letztou VfHlu'Oi? • Wt. 8eliMid6iit''BVaut!ü/ PyViSaipijtf'
m«! Boitritt des Fliiefs in die BdUüUlvöbln. und mit Gemsm.g der
EutWvUiiWA iuid 'jfrxv Ahne- AAwddlbiig Wies bdsmulurei! Vor-
Mrrte gpgen tiiesor lüfbjAions<fue}lfc. @M f $iTe I- wlöv vdii^U 'Sah
pip^oV/mlftW n ur eine; sotoeres Fld>Br beetatul i u oinz$Bwi Fällen
.yn^' ; -te--'0^h>.tioü rund vemhwaml iiömifct^ilba? ; Weh rturi#6i|.
Et> t i nirrsdiied der Fälle je imeli (Wo spetdäsekhu löüsU- dl
MiK.d.u’gunismen besteht nicht und Ul. ganz gloOhgiUHg.. Verriß
ist folgU'bdi.U^ am'b ge^jüti jrda l’oKuttef des Perifhhmift4 ^nxüi >?olßEea
hrstöfiaDegätr ata Mdgliebkßit,
: (mit öa«H mW BgiiwämmUtiiiafkcAißs*?..sm.. v^iteoitiatr »uri
2 w»?üens. wegen der scbnelleren Beendigung der Operation, >vas
lud cbmden Kranken Meid gkdehghitig erscheint. Wirk lieb
uotfiplldin sind out di<« Operationen von Eyp^ipinx m!«
Ddi elilumdi o:udi ausseft. aiudi die^ 'OoiiWtadion; aoub'
göluvilt wurden kann, beweisen diu Fälle töii AViniiar (Dis-
bansen) und Vöxzi: ä&k urndn/mt hmt dem Atprftssnr g^o
wie Pnztj ilie ikal?iage Ab>tlxweu4i;!^ Den . 1 VÄäfemjöTßWnm
mdilins&’öit sieb am .'m.bi&l;tm vliu 'Eingriffe, bni Äb$$üS9tn| in
titijv' p:ctigkgbn.d. d<>U ft-eü Hrndöftti ftl-s Hö. : impardtomieoa bei .ujttl
. WK-gm parametritimdier oder tUuilidmr ^
VprfussUt' nur düruto ><• ungiluPtig,. weil l>0 de: EnranjFCrifci? niifck
der Ekölfinmfig aus fei nm^eWöden E^TnpHbäKWb Idi^ ^
Mnngtm vöti - MikföofKnbbvbf'fctui, wäHrond der iWryl ui?fv
k*Mt#Uu ftei Pyoealpin^Pf^Baii gatiz rurtfuSlt' ^. : ^i i: ' r .
rechnet Verfasser zu den oompiieirteu LapueHtoioieei;
3«"ttlW lifti d e OK ö d er if a.Vtti c r ii ff riet ist; trfi£ f Avitmi öueji lakk
so Summeen MoUnumn der jlaimnaht Xi^bun W dtbBeiaiUv
das?j Äk> bvdeokiifbe.ti' Keime des 1 umuInnern vor dM NnlU- '■&'
UmgolMM.n der le(zt.i>)-UH inlirirten. Voriotznngnn o f, r
de it Ktuso iouofieü Uh riehaiie frogn om- der Laparaloim^
ub&bp .bufeuueiurä; ^iiwii^ömd aber vom BtändpHfi^te der.|fiföetl<®.‘. ,
• •* ’dbü*». ‘feterikun: Mur* bei ; delidb^; Y<}rliuUdpimw
neiär wiitiii ein iufpotUisvr HuurdAu die Bluw
die. lieselottb niiejt des Blase?.imudts fÜ!’ (bi^ PorRommU».
Tlei der Ib^pr^Kb.ung frn* ug Mir die lljperaMQm ^
.epmplt'Ärte U Filjeu sind bnäöndoriäJUb 'UBfiterfcHUg.e3i;4^ Avp
dmsers filmr diu B v n h/ir KItt^ fl U r ^fetisrWf Wfctbff*
kab: das dagegen oft gcltuml ggjnfmbtö-Wä<oiU#u, flinftut’Öies^B,
' ...IV..' .. in die obörim Xlmik iler
Bauchln’/hlti tut nmdi Vorf durch eine derartige Itagerung der 1 k'
tiKtitin zu vermmtien^ dass diu KreHizbniuau^UCddtmg ak ge\vMük
; ^Vtuid bestellen bWbt, dass «l§o das f ruiamjtoriuia, liötor :
: als dar Kniek im tlriMtm Ivmizboinwirbol; 'loiÄter«r ist- d^r Ak^uf
'■ ;-.P;ufiit.-iib.BotVkftnV'ÖöU. 'Älfei yfüg i)V# Buckau böi kleinen 'Idtiiö^
austritt., blöibt an iirgnr Btellu stehnt). -BO grossem l-uniorcn kkbb
die gnnzÄDberö ' Bauobböliln dmvli mtditfaeho Lagen A'^r
Ga-xfetHojkim;:^egün don Eintritt jnfoetidsur Produtdo
A rierionklKi-osö“ BölruTde.ru-Dg- der AUimung in '.Bockbß-ho'cU : lH ; .cöruug^ U5 t
dann, wonit hei sehr starker ErbolHiug des Backcti^
fVilhri et) ii^ ^ vermögen eine $&t> rdßbtwinWfgB Abknlokuüg* des Kopfes gegen <Wv EW
lid**' oiatratfitipr bruueht nur der Grad der Bft.Uk^lioßbl{igni*flA^' et.»
Värvdüg’uvt.xu werden, um die Trachea weniger zu compnimf^
und die Atbmung wieder frei zu nmeheiii Dasselbe Atlunu«^'
.. hindeimiss, A bknickung des Kuide^ grgfm den Rumpk Kdirt w-
w BftKkeiihQvM^gei'ung #n der imbefjninnexi Ätlimuugsurt, tUs«.
flufclie 'frbudR^Wf / jeder Esrsi^b'ation durch umviliklirliehe Actiou der BauehimmkauR
mit Aorlmv Coinpression. des BauchinluiUos die ganzen DarmeAnn v
|PMMMRR|MR|HHH|^^ie aussefi vofgodrilngt, worden. Auch hier hilft -eine geringe
-.- voit g-o«*/: * 'tW niitcrpn Bumpninifte -sowie -».fct8 Einschieben einer Bolle w J
htjgsten BatReriehj boi^egebeiL die •Bch-nft-em und dadimdt Vnrrijugmtfig das Knieks zwischt Ha
•* --' - - • -and Kiniipf, Ünter dftu hei complicirten Flilien empföhlehöP. ^
Uliiiu ArtjhWdiuug erbalteu blpihen wird,
via nd'iV^;uUi=;- l'rubkun ZU weich
iicliiLUig m hisem.- htiÖC.
. 'Knrnhftng;'^AVhVmir vpa- vielen So
;-s -nivh der nicht; ‘ionnio sohavf;ausi
granvtf'S der UnineiiUdis wie sie
war, nicht. mUgafcb', ȧn chnriiktmi:
dfkhtimm “
vif>lj'AWgUag OhBfUmHOf
terisUsnWn 'MorifrunlK de*
iiv-u uHipt'cv Ot-giunu:, UKsbWurj
Minikehevv und ;KiuWr
6i‘iUm Im ii
Dtu .IWtnriu.n. Kind |
Mt.\va fl;h jir 'LHHgc
. -sgj _. : .
htfu'km - lüuitetihxen
dfvn .mitgHhcilf w)u*di\, int
geifihl’tru Ckurii* ilca Bhotor^
in' iiO:‘ ersten \Äi:i>oit dargfs^töHt.
., . . . V : ^U;
ielu bafc? : WswWAn-; uit äB?pr^ S|hW <w 'Vnr-
ifitri wiHdhrhhtöAJiurZ ' dhr^vWA^-k"
. T)$h B:WÄU m : hudet sieh m
.. A v , X > - -fchf?fd’ Uiul;.ISiüi’e:,'^ geHweT orkratikLm
r mit Bc^riiumtiiKit ip Acti mstuu. zehn *bugun,
iiot Wer : es; -*ou v ittisshrkt ftelfpu. imuhwpi&lgtr.
khrvm Btilmihcfi ve>p, ^estreekte Ooecun von
■ -> .in der Mitte devWWn ti £ üdet sink. rugM U
diwmdi "gchnbiK PaOitg wUlumul fe; Bob Eari^tuHe
.. Dtos^Oict W.Fkubd?ig l^st~<kcbio Vunren.ll??'
fung mit aiH^fen, tfifeiöcie» 'w Mdnhhnuul wWWnu ilic^lböit m
SehVdnWUm kW- Be^iiohlWt hdvlt. Das .Bycterium rvduhA .in
/^Iftrindmluuv\Wfiß^juigung, ;V?£ t’lHttep io iWiti rdo kkdnen, «ehnri-
rkudin-pur bfähfeKAw/tfeftii, Aldrix- in gclbl|lä) ^ohitii'morndmL CohK
hireu; >}e Aiirlr Cs nicht umi Zeigt nn dor < H.tufku Im
f fefuch’ MtHür bUfhhriicij: i»ivg, .A^öfilfjn ^ auf Aw,.
BlnWmum- KXMafWu und FtuUiUon, Dä 3- AYnrimthuTO
lüiHmdahi^ ./XQio. Qrn^: Ver- :
irüpthar Sil- *dft« Bncthrinm : in MeWe.n iuif junge TnubÜÖ»
welche tank wWdcji: rsnfl hfruihf >\(grtmdc> gtlmm, Au^e.Fdhm mU
l.viudmv BehwOmf £ingpn* -ii?Upi,h iii'.r in gioSscu Mengcfi •cfiH'er-
’WW: lW; dW A uWeten Von ^soren Aphtheu-
tiföelmintmgeu mehr iogclmiig^ig *-
VI. Referate und Kritiken.
&, Eulenburig, Rohlencyclopkäie der gt'eamndeii Ä^ilfeinde.- !
MmljCipiuri-»’ohirr»i’gmAb.C^ Handwörhiriuich fiVr pfinktmcho AiUvttü/
Mit ,?.fU»lremWn lllusiratnuum in Holzschnitt und EuilKTUtlruck-
taidUi. Dvi ttij, gJtnzl ich umveurifcitcte A nfinge.
BauO. A nFk<o|cHA*a — eil tv AVimi und Leiibzig, ^-'-tWau■■'&■*
•BfÄAvurzmibfvrg, JBR4. Kcf/ B C (4W;fhAL ..
ih no.fh hihmem* .(Ir^dc; -hI.a dnr oriflrt Baud (vgj, unser Jio-
Inrut 'ul $(h 10 vVbclouiRidifilt) lehrt ihu' in rd^rJrec Folge
n-imgpgrbcuc z-tvelfK Bmid die : ghtuz#.dnfl Em‘W\hrittu oim uent-n
A uüuio* sdur K ü 1 rrivb.U‘f gV v hcü KeAWu^uhipddifr MO- anablä^fgox
Sui*e'i\dt und iijnii.rtv.fitnhuo' 'VArs!iirulniys v<-vlol?it 4ev jW&Ü^feJ.W’
ihm Atikbau der gf'KhmotCOii njcdjcnnschKn Xyi/Ueltcschuft und Dduf
jKdoni Ave^vUtliclmü Ö.h\yUuV, hilf |»rokt.i“vdmrn. uVkI IhtVfH^AWd.umi
‘/♦olMeic d ümh . jUid lAnig^t:0,tui%r spifiKS Jhfkhdwt»ti>5ll.ni'.uhcu ! M
\uiWom Mnnsso lWd>H{yi%.
IHc l»rA!^htiir»^^vui)efi;^Erruii^m<diafteir >dcr Bätdhrluhigim f X’-.^’lh
ErwWiurmdXtm Wiirarglki;hen npd Kdumms, dW üj /tun
1 cf-zikn dafmch vm'KOvvkH'U h uiiönih är<ui. HftstrehuTigmx . Y>r>
bn^sKHing der «hcialKn Ifvgumc tiumm ui dem vorling^hUfUf Baude
\\hMt imdiiTfE iveuh A rtJkeV y ciü ; e
Efdila^^ (iDor (hu: fröhoimiv ‘Aft$agu tndfe üinc vdOigd
ViPdritmtuHgi ^uö> Tiiri) 4ru'cU andopn Auhueü ejXühmi. --
'Wied« um un sind (UHdi- oiingv Artikel ntisgmnorzt: woRrui, thciD wvil
*k» wohl als- bhurtluksl^v UaThgu erbiönt wOjhD.ö iE 'Biä-
riatik der A ugf* j ikp k.lcAte n), theilp. um z wd:»idririgenv ciöc H]dUer
in luciirurc WaüD dfczc^-jVgCiofhvf (ml BK Au^UgW.htvhlsißi w ,
und -so lU-m IcxikhiUdmu t-ha/aktdr ■■iUi Eucyrlb^Miu uorh Dasscr j do.s Elterk- - uml .nVWAiSuU^ .EhisuigWiteit
nng«-passt yn -
■ Die !ho,ci;:r M-jEivCidic ur,d godiegfun Afhiut dev ■Autoren
jcuehtihf' tiamentlichUirdbu^CpSScnT die .llhujpt.thturitfta mo?iogrö.ph.isf.h
nVxnMpfgfcnhui AuDklüun iter^r. Artikel wia „Afterieif‘ iMar-
rh auUJv <f ABt(hjiu M (A. Erärt-h-knl) -« &. f web'ho dandr Ahihii^k 0
der iidüjiihru/cn LRfj-v^tu«- um diu ILlUXr erweitert bezv nahezu
um l r mfiuu> TonhmpeJt wimh’ü .-imL fetvet ülu Artikel ^BariHas“
VA Gflnkkov}. ^AphiisifR (2Hfthrbk «vA^juV liokttrwe§^n’
muiKO,-, / v A:rbcitMth'jgibbtV tiw^ujdth »A -1
tA ; #j‘AehKel), „Aug6man?kulid hin ti ngen* (Mö urthu er), , 4 Atw
cuU.:nVi«jn { * (V, NhoriDiiX Bopachf; ~ ;
•such d«n abSpi iWiVüiiktpn. Leser durch Iülmlt üThL Fom m
A'rmd.lghn... ** . ■ . '
lifd^ueu verdienen auch viele anilmo Ärlmifen, z. D AutD
s-cptica. tk XjKwrinV, Aorta (>, JSFjnuipjd^^A Apuoc (LftnrfKi^
Arhclirröchivtz (Oiduudorff), A rmnu k cankhn;pf) «>gje
hinh), AkniW^ ^itOvhftt^tv) nJtß.-'Cte, ab
UduHmg’ bcauhvinro Ania-hcrniuiig,
Erv,^ints>swcrtli üt; phiUich, ti*m auch ctiekbtA Baadö
'EurluMub-tiölvtaiVü, enthaltend diu
iW/ v? To
'■d'jf-alifi iiwV
10. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
thoden hält Verfasser die zweizeitige Operation nur sehr selten
bei elendem Zustande der Patienten (um inzwischen die Kräfte zu
heben) oder bei grossen verjauchten Extrauterinschwangerschaften
nach dem Tode der Frucht für indicirt oder endlich, wenn man
nach der Eröffnung der Bauchhöhle erkennt, dass der zu entfer¬
nende Tumor ein parametritisches oder anderweitiges Exsudat ist
Unter Umständen empfehlenswerth ist die von Mikulicz für
parenchymatöse Blutungen aus der Bauchhöhle angegebene feste
Tamponade des Beckens mit Jodoformgaze in einem Beutel auch
für complicirte Laparatomieen; der Zweck der Methode besteht nach
Verfasser hier darin, dass man die aus der eröflfneten Höhle mög¬
licherweise nachrückenden Mikroorganismen durch recht viele Lagen
Gaze von der freien Bauchhöhle trennt, so dass die Adhäsions¬
bildung in der Umgebung des Tampons schon völlig zustande ge¬
kommen ist, bevor die Keime bis hierher gelangt sind Die
Drainage nach aussen hält Verfasser bei allen perforirenden
Verletzungen des Darmes nach der Naht für geboten oder bei der
Eröffnung eines ähnlichen eiterhaltigen Tumors und ferner nach
der Exstirpation einer Pyosalpinx, welche in den Darm oder in die
Blase durchgebrochen ist; bei Durchbruch einer solchen nach der
Scheide, ist die Drainage nach der letzteren angebracht Die
ausschliessHche Wirkung der Drainage erblickt Verfasser
m der Bildung von Adhäsionen um das Drain durch eine localisirt
bleibende adhäsive Peritonitis: die Ableitung der Secrete durch
den Drain ist nur nebensächlich. Verfasser leitet also von dem
verletzten, genau oder annähernd vereinigten Darm oder Blase
sterile Gaze oder Jodoformgaze nach aussen. Liegt die zweifel¬
hafte Stelle der Bauchwunde sehr nahe und ist sie unbeweglich,
so genügt es, die Gaze an die betreffende Stelle hinzulegen und
nach aussen zu leiten. Ist die Verletzung weiter entfernt, ist der
Darmabschnitt sehr beweglich, so wird die Gaze durch einen Cat-
ptstich befestigt.. Jedenfalls muss man die Vorstellung fallen
lassen, dass man jemals imstande ist, die ganze Peritoneal¬
hohle zu drainiren; man kann nur eine Stelle oder bei mehr-
faehen Drams auch mehrere davor bewahren, mit der freien Bauch¬
höhle m Verbindung zu treten; gerade dies kommt aber bei den
als complicirt charakterisirten Operationen der Pyosalpinx mit
1 erforation nach aussen in Betracht, und so ist hier die Drainage
em allerdings nur selten nothwendiges, aber dann doch segens-
Zideführt 161 ’ ^ Wesentlich durch die Adhäsionsbildung zum
VII. Joumalrevue.
Geburtshülfe und Gynäkologie.
_ G. Mandry (Tübingen), Die Tuberkulose der Brust¬
drüse. Beiträge f. klin. Chirurgie Bd. VIII, Heft 1.
Die Mammatuberkulose ist erst seit zehn Jahren genauer ge-
pnt und studirt worden und gehört jedenfalls zu den verhältniss-
massig selteneren Localisationen der Tuberkulose, wenn sie auch nicht
so extrem selten beobachtet wird, wie von Manchen angenommen
0 « e n 47 ! n der .Eitteratur beschriebenen Fällen halten nur
auf Grund histologischer Sicherstellung der Kritik Stand; davon
re Jl 27 dem . weiblichen Geschlecht und über 80% dem Ge¬
schlechtsreifen Alter an. Ein Einfluss der Gravidität und Lacta-
tion ist wohl zu erkennen, aber kein auffälliger; nur in Vs der
rau e ist die Erkrankung innerhalb zweier Jahre nach der Ent-
, un £ ^getreten. Sie tritt in zwei Formen auf, als confluirende
j seltener — als umschriebener intramammärer kalter Abscess;
• ^tomische Substrat, der Tuberkel, kennzeichnet sich durch
me Zusammensetzung aus vorwiegend Epithelioidzellen mit sehr
g ingem Gehalt von Bacillen und reichlicher Riesenzellenbildüng,
esem, nach Baumgarten auf eine verhältnissmässig gutartigere
! n ^ eis ?pden, anatomischen Grundcharakter entspricht auch
. , lmsc be Verlauf. Das Leiden beginnt schleichend und kann
. zie hen. Die Prognose ist vor allen Dingen dadurch
^emibt, dass m mehr als der Hälfte aller Fälle auch andere Or-
S? J? n d f Tuberkulose befallen sind und das locale Leiden zu
dionintf ^ rd- Aufgabe der Behandlung besteht in der ra-
b P f al , der £ anzen Drüse mit Ausräumung der mit-
lektAf e xi*'Achseldrüsen, welche allein volle Ausheilung gewähr-
Anhan .* ac * le . Auskratzungen etc. schützen nicht vor Recidiven.
sowift ffJoQ e ü S ,i nd sieben Beobachtungen der Tübinger Klinik
sowie die 28 Fälle aus der Litteratur aufgeführt.
Herrn. Frank (Berlin).
iDTofflfl V ;5 6 / er, T^ e operative Behandlung der Uterus-
Universität 6 -u da ^ e .? 1878—1892. Aus der chirurgischen
Bd 27 , m B eidel b er g. Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol.
’ n ® IC Bd. 28, Heft 1.
3 rathm 0 n.k e *£- eatllält n0 ben ganz eingehender Schilderung der
tfations^PWn^ dem Verlaufe der einzelnen Fälle und ge-
429
Sf. U T.i e ®v 01 !f berichte ü. s , 6hr Hare epikritische Bemerkungen über
die Technik der verschiedenen operativen Methoden, ihr! Indien-
tionen und Contraindicationen, ihre Vortheile und Nachtheile Kei¬
nem der vielfachen Operationsverfahren, welche in der Reihe der
vielen Jahre von Prof. Czerny geübt worden sind, wird in vor¬
eingenommener Weise das Wort gesprochen, alle wurden eingehend
geprüft, und über ihre Vorwerthbarkeit wird in sachlicher Weise
geurtheilt. Im ganzen kamen 119 Myomfälle zur Operation Fast
immer waren es schwere Fälle, welche von den Hausärzten’iahre-
lang beobachtet und behandelt worden waren. Die meisten Myom¬
fälle gab das Alter von 40—45 Jahren (35), zwischen 35—40 waren
Zo, zwischen 45—50 waren 29 Frauen, 5 waren zwischen 20_30
je eine zwischen 55—60 und 60—65 Jahren. Von den 44 Frauen’
welche über 45 Jahre alt waren, warnurbei sieben die Menopause
eingetreten, und auch bei diesen erst sehr spät. Letzteres sieht
v. Meyer als Beweis dafür an, dass die Aussicht auf Stillstand des
Wachsthums und der profusen Blutungen nach dem 45. Jahre eine
geringe ist. Letzteres erscheint indessen dem Referenten als ein zu
weit gehender Schluss, da ja naturgemäss einer chirurgischen Klinik
eben nur diejenigen Fälle zugehen, in welchen die schweren Sym¬
ptome der Myome auch in dem höheren Alter bestehen blieben
während ihr ein Ueberblick über die Zahl der mit dem Alter
günstig sich gestaltenden Fälle abgeht.
Degenerationsvorgänge an Myomen wurden häufig be¬
obachtet. Neben den Nekrosen der in die Scheide geborenen sub¬
mukösen Myome fanden sich 15mal cystische und lymphangiekta-
tische Veränderungen, 4mal myxosarkomatöse Degeneration, 2 mal
sarkomatöse Entartung. Die Indication zum operativen Eingrei¬
fen gaben 51 mal Blutungen, 14mal rasches Wachsthum, 18mal
Raumbeengung, 12mal Blutung und Wachsthum, 9mal Blutung
und Raumbeengung zugleich, 11 mal Schmerzen; 4mal wurde ohne
strenge Indication der Grösse des Tumors wegen operirt. In kei¬
nem Falle fehlten die Blutungen vollständig. Die Mortalitäts¬
statistik ist naturgemäss, da sich die Operationen auf einen Zeit¬
raum von 14 Jahren erstrecken, eine getrübte, der Entwicke¬
lungszeit der Technik und der Anti- und Asepsis entsprechend.
Weiterhin handelte es sich sehr häufig um schwerste Fälle mit
Herzatrophie. Von allen 119 Fällen starben 23 = 19,32 °/o. Die
Zahlen der letzten Jahre geben indessen eine zunehmende Besserung
der Operationserfolge, sodass v. Meyer für die neueste Zeit bei supra-
vaginaler Amputation des myomatösen Uterus sowohl für die intra-
wie für die extraperitoneale Methode nur 8,3 % Mortalität berech¬
net. Von den einzelnen Operationsmethoden kamen in Anwendung:
Castration 8 Fälle mit 3 Todesfällen, vaginale Enucleation 15 ge¬
heilte Fälle, Myomektomie ohne Eröffnung der Uterushöhle 33 Fälle
mit 7 Todesfällen. Davon waren per laparotomiam 30 (7), per vagi-
nam 2 (0), sacral 1 (0), Myomektomieen mit Eröffnung der Uterus¬
höhle 3 (1), supravaginale Amputation mit extraperitonealer Stiel¬
behandlung 30 (7), mit intraperitonealer Stielbehandlung 21 (4),
Totalexstirpation per vaginam 4 (0), Totalexstirpation per laparo¬
tomiam 5 (1). Das spätere Befinden der Ueberlebenden war bei allen,
über welche Nachrichten erhalten werden konnten, ein gutes. In
Bezug auf die einzelnen Operationsmethoden, speciell in Bezug auf
die Frage der Stielbehandlung nach supravaginaler Amputation
und die Totalexstirpation des Uterus von der Bauchhöhle aus (Bar¬
denheuer, Martin, Chrobak), räth v. Meyer zur sorgfältigen
Individualisirung je nach der Beschaffenheit des Falles, besonders der
Beweglichkeit des Stumpfes und der Lebensfähigkeit seines Gewebes.
Czempin (Berlin).
Vin. Oeffentliclies Sanitätswesen.
Stand der Cholera.
Seit dem letzten Bericht in No. 9 dieser Wochenschrift liegen Cholera¬
nachrichten aus Frankreich und Belgien nicht vor. In Namur und
Umgegend scheinen ausser den früher gemeldeten Cholcrafallen weitere
nicht beobachtet zu sein, wenigstens sind die seitens verschiedener Länder
gegen Provenienzen von dort getroffenen Sperrmaassrogeln grösstonthoils
schon seit dem März wieder aufgehoben worden. Die Gesammtzahl der
in Belgien während des Jahres 1893 beobachteten Choleraerkrankungen
(Sterbefiille) wird amtlich auf 615 (372) gegen 1861 (953) im Jahre 1892
angegeben. Dieselben vertheilen sich auf 97 Gemeinden. Von den Pro¬
vinzen war Antwerpen mit 223 (145). Hennegau mit 224 (131), Ost¬
flandern mit 89 (47), Brabant mit 42 (28) Fällen, Westflandern,
Lüttich, Limburg, Namur in geringerem Grade betheiligt.
In den Niederlanden sind nach amtlicher Angabe im December
vorigen Jahres drei Personen an asiatischer, drei an Cholera nostras ge¬
storben. Seitdem liegen Nachrichten nicht vor.
In Russland ist die Cholera während des Winters nicht überall
völlig erloschen, neuerdings hat sie an mehreren Orten wieder mehr um
sich gegriffen. In der Stadt Petersburg kamen in der ersten Hälfte des
Februar noch 34 (21) Cholerafälle vor, seitdem keine weiteren, das Gu-
bernium Petersburg ist seit Anfang Februar cholerafrei. In den Gu-
bernien Wolhynien, Tambow, Tula, Stawropol, Tschernigow,
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISQBU^
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^ Januar »nid Februar noch Obolen«* dti : j ab.ten.
d RpätttV ■ Hieltfe' mehr. in’Wa^ßbftd Wyrop pia
’.ltie'ChbierHmde b««t# wördcu, $nft. 8Ä
bis svit MiUfi wieder vpi& '«em br r
~v.;vi; autoXm, Vom 1b. bis Slylte • (^riwubW-
XbafrWawJuvu ö ii), vom 22. Mte bis 4. April 'lAiMSA
Vilrli itd önlmraium .Rftddtnv wxHn# Ä.öfftpg. Fwrm*? ftö M*v T ^!y
äSÄW i^wÄ vorgÄummen warn., -.^icir Mfm;,;A|ni. .«vb'.,i ,
y-wPHftdnatUi’ber Puiisn■ Seimbe mrfe - Ttmiü". vom ü- hw. i-.- ♦ fX der
vn-n V? bis 10 April Sid (ü. BUln; .F,nldm«d 8eü; dom J^ma. 1
au^jQj-oi.ti^u G».d»r.ri,ioh Ivo.wna mui Hock jor
Ifilt) irt dbr gmÄ^fAUoh t bo? jl}^ ?/ 4 U»;.. 4- bV-
ifr; feiit-uar iO jüK- ll. » t7:J^bfuar irr ;vr . v -
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0 füb -1. t>ib 7. Ai»rd X -'8 )m M Ak?I V>
Im «ulmrf.iöTu P.ioek orkranUor. («i.-jw-Vti) ■y»>i») 'Jfojwi*! bn-^d-bebrnyf
I» tiv yöm i. bis HHFcbnmr i M, vom ^
<0 hi$ - : i£\ i’Vbriiaf 0 |4)»'"vbsd Fobront^'-Ms Hb b 1.^)5 X’4 *rj&
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10. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Der zweite Gegenstand, über den Referate erstattet wurden war
die Stielbebandlung nach der Myomoperation A Martin
(Berlin), der erste Referent, hat bekanntlich 1888 den damals be¬
sonders lebhaft geführten Streit zwischen den Anhängern der
supravaginalen Amputation und der intraperitonealen Stielbehandlung
dadurch endgültig zu beiseitigen gesucht, dass er den Stumpf des
Collum, von dem die Wundinfection wie die Nachblutungen drohen
mitentfernte, die Totalexstirpation des myomatösen Uterus aus¬
führte. Seine erste Veröffentlichung wies eine recht hohe Mortali¬
tätsziffer (30,23 %) auf, und dies liess von vornherein die Methode
als eine schwierige und gefahrvolle nur mit Zurückhaltung auf¬
nehmen. Die Methode ist inzwischen in zweifacher Weise ver¬
bessert. Zunächst wurde die Drainage der Bauchhöhle aufgeo-eben
und das Peritoneum durch die Naht abgeschlossen, wobei die Cat¬
gutligaturen der Ligamenta lata und des Scheidengewölbes in die
Scheide geleitet wurden. Diese Modification hatte nach Martin
ein Herabgehen der Mortalität auf 9,5 % zur Folge. Nachdem in
einer letzten, dritten Gruppe von Operationen noch der prophy-
lactische Nahtverschluss des Collum und Sublimatgazetamponade
der Scheide ausgeführt wurde, ist die Mortalität auf 3 8 o/ 0 (l von
26 Operirten) gesunken. Die Methode hat sich damit das Bürger¬
recht erworben.
Der zweite Referent, Mangiagalli (Mailand), besprach in
kritischer \Y eise die verschiedenen Formen der Myomoperation und
die über die Vorzüge der einen vor der andern publicirten Sta¬
tistiken. Er kam zu dem Resultate, dass man der Frao-e nach
der Versorgung des Stiels eine zu grosse Bedeutung für die Pro¬
gnose der Operation beigemessen habe, während diese von einer
Reihe von allgemeinen Bedingungen (Kräftezustand u. s w) und
der Grösse und intraligamentären oder nichtintraligamentären Ent¬
wickelung der Tumoren im wesentlichen abhänge. Scheidet man
die intraligamentär entwickelten Myome aus, so ergiebt sich sowohl
für extra- wie für intraperitoneale Stielbehandlung eine Mortalität
von o /o, die schwerlich durch die abdominale oder abdomino-
vagmale Totalexstirpation verbessert werden kann. Mangiagalli
selbst bevorzugt die intraperitoneale Methode, und zwar in der
von Zweifel angegebenen Form. Mangiagalli bedeckt dabei
die elastische Schnur mit den abgelösten Peritoneallappen, ohne
sie, wie Zweifel es thut, zu entfernen.
v. Ott (Petersburg) empfiehlt als dritter Referent in einer
kurzen Abhandlung, die zur Vertheilung gelangt, seine Operations-
metnoae, die er als eine „Hystero-myomectomie sous-vaginale simpli-
nee bezeichnet und die in besonderem Maasse eine Hystero-myomec-
tomie nach dem Typus der Ovariotomie repräsentiren soll. 1
Au: ? der Discussion, die durch einen Bericht Bantoc-k’s über die von !
T f Resultate eingeleitet wurde, sei nur hervorgehoben, dass I
Jacobs (Brüssel) und Landau die Totalexstirpation für die ideale 1
Operation erklärten — beide bedienen sich dabei der Klenmizangen. Jacobs i
eines von ihm eonstruirten, sehr praktisch erscheinenden Modells, — ferner,
thrfi Z r^ n ^ ean Doyen (Rheims) über die Vorzüge oder Nach- I
“^ zan ? e 5, ein kurzes Wortgefecht geführt wurde, und dass
BpwJi 0 1 (P T S) ? Dd Foveau de Courmelles (Paris) für die elektrische
Ä der letztere für die elektrische Curettage an Stelle der
cmrurgischen, »eintraten.
imni?v- i ! 1 , ein r,?! esonderen Vortra ge behandelte Pöan noch gewisse j
r ■ . S 1® Fll)rome der hinteren Wand des Uterus, die, gegen das
rnntere bcheidengewölbe herabsteigend, dieses und die Vagina der-
„■ß aui sfüllen, dass es unmöglich ist, sie zu erreichen, herabzu-
d mfif ü . zerstückeln - ^ diesen Fällen soll die Incision quer
p. öas Rermeum und die Rectovaginalwand bis hinauf zum
ge ? lacl m werden - Es sind dies Fälle, wo auf vaginalem
DtJL- em der Tumor nicht zu erreichen ist. Der Gang der
p ^L“® 11 "wurde genau beschrieben.
T,hnn ei rr? as . d f itte allgemeine Thema: Die Eklampsie, berichtete
herrcrhü (™ unn )- Fr gab e in en Ueberblick über die zur Zeit
seinATi • 6n Anschauungen bezüglich der Aetiologie und legte
tMnri OQ ei ^ en >? Standpunkt dar. Die Discussion drehte sich
um Hin "lanfflagalli, Krönig) indessen fast ausschliesslich
im Ano-n handlang, namentlich die Frage des Accouchement forcö,
na engeren und weitereren Sinne.
eehnW S ^ er j ^ß® 11 Eeihe der Vorträge können nur einige hervor-
Verfahror^vf^^n‘ ^ u Hlet (Genf): Ueber conservativ-chirurgisches
mit Drain« bei Pjr ?T and Hydrosalpinxsäcken (Punction oder Incision
schaff s« ag l an der Exstirpation; zwei Fälle von Schwanger-
AbortsTÄ;, Sän ^ er: Ueber active Behandlung des tubaren
der RptrATT • e ’ von . denen 15 genasen). Köberlö: Behandlung
Becken a 0 ! r61 \r U M 6rk He Ita: Vergleichende Studie über das
(Bukarests . und der Europäerin. Draghiesco
RuDtnn L plötzlicher Tod in der Austreibungsperiode infolge von
Rehen nnH^ 8 * (Genua): Ueber Acetonurie in geburtshülf-
Missbilrfnrl ^näkologischen Fällen. P. Müller (Bern): Ueber
sehend ;„ g6n Ja Uterus (besonders geringgradige, häufig über-
geburtshülflicher Beziehung, v. Winckel (München):
431
Ueber angeborene solide Geschwülste des Nabelstranges unter Vor-
sarfnm g / meS Fal . les J on angeborenem teleangiektatischem Myxo-
sarkom des perenmrenden Theiles der Nabelschnur. B S Schultze
TTphnr " U H e - be [ X e S hrale lacontinenz beim Weibe. Rein (Kiew)-
Ueber ladicale Heilung von Ektropium der Blase. Beschreibung
einer von Rein ausgeführten Operation einer 20jährigen KrankeiT
Amann jun. (München): Ueber die Histogenese der Endometritis
Trank (Köln): Zur Frage der Bauchhöhlendrainage. L. Landau
Behandelte das wichtige Thema der complicirten Becken-
behe ioh COTaphe Jf ten Pyosalpinxsäcke. Aus den Schlusssätzen
hebe ich den ersten hervor: In allen Fällen von coinplicirter Pyo-
nJtnml “ eXtra ." > tr aperitonealen Abscessen
mit und ohne Fistelbildung nach dem Darm, der Blase u s w in
welchen die Incision der Abscesse von der Scheide aus'oder’die
Exstirpation der Adnexa von der Bauchhöhle aus unmöglich oder
zu gefährlich ist, bietet die Exstirpation des Uterus sammt
der erkrankten Adnexa durch die Scheide die Möglichkeit, man
kann fast sagen, die Sicherheit einer vollkommenen Heilung Die
Operation soll am besten mit Klemmen (Pöan, Segond) aus¬
geführt werden. Landau hat in 30 einschlägigen Fällen aus¬
nahmslos Genesung eintreten sehen.
, n P?,, der discussion hob Jacobs die Erfolge der totalen Castration in
den bällen von Beckeneiterungen unter Berufung auf 184 eigene Beob¬
achtungen hervor Leopold räth, auch hier scharf zu individualisiren.
Die l otalexstirpation ist nur in ausnahmsweise schwierigen und hart¬
näckigen Fällen zu machen. Er hat sie seit 1886 30mal (1 Todesfall)
ausgeführt, stets unter Anlegung von Ligaturen, ohne Foreipressur
Von den Demonstrationen sind zwei sehr werthvolle hervor¬
zuheben: 1) Zweifel: Zwei neue Gefrierdurchschnitte Gebärender
™ ^°. h # elungenen Gipsabgüssen. Während hierdurch einerseits
der Einfluss des Beckencanals auf die Drehungen des kindlichen
Kopfes eine scharfe Illustration erhielt, fand nach Zweifel die
brage vom unteren Uterinsegment durch die beiden Gefrierdurch¬
schnitte ihre Lösung in dem Sinne, dass eine passive, gedehnte
untere Partie des Corpus uteri (Schröder) nicht anzunehmen ist.
2) A. Mars (Krakau) hatte eine Sammlung von 108 plastischen
Modellen für die verschiedensten Operationen an Damm, Hymen, Cervix
und Vagina angefertigt 1 ), durch welche dieselben dem Anfängerin aus¬
gezeichneter Weise beim Unterricht veranschaulicht werden können.
Alle Theilnehmer an den Sectionssitzungen gewannen den
besten Eindruck von der Hingebung und dem Ernst, mit dem
die italienischen Collegen an den Aufgaben der Geburtshülfe und
Gynäkologie mitarbeiten. Die uns vorgeschriebene Kürze gestattet
es nicht, den Antheil, den ausser den oben genannten Italienern
namentlich auch Calderini (Parma), Pestalozza (Florenz), La
Torre. Marocco (Rom) u. a. an den Arbeiten der Section nahmen,
gebührend im einzelnen hervorzuheben. Doch soll ihrer hier
wenigstens dankend gedacht sein.
X. Ueber Diphtherieantitoxinlösung zu
Immunisirungszwecken.
Von Dr. Hans Aronson.
Herr Prof. Behring hat in No. 15 dieser Wochenschrift auf Grund
einer Differenz zwischen der von mir und von Herrn Prof. Ehrlich zur
Prüfung der Diphtherieantitoxinlösungen benutzten Diphtheriegiftmenge
"V eranlassung genommen, mich persönlich anzugreifen, indem er erklärte,
dass die von mir als zwanziglache Behring’sche Normallösung bczeich-
nete. in der Sehering'schen Fabrik hergestellte Antitoxinlösung „um ein
Mehrfaches“ geringwerthiger wäre. Um Herrn Behring fernerhin jeden
Schimmer eines Grundes zu einer sachlichen Gegnerschaft gegen das
Circular und das Präparat der chemischen Fabrik vormals Schering ab¬
zuschneiden, hat die Fabrik Schering auf meine Veranlassung sich ent¬
schlossen, die Antitoxinlösung unter denselben Bedingungen wie bisher
in fünffacher Concentration zu liefern. Vom Tage des Erscheinens
dieser Wochenschrift ab (10. Mai 1894) wird also ausschliesslich eine Lö¬
sung abgegeben werden, von der 0,001 ccm zur völligen Paralysirung der
von mir zur Prüfung benutzten Diphtheriogiftmeuge genügen, an der 300
bis 400 g schwere Meerschweinchen in 38—44 Stunden und selbst die
grössten Thiero in 48—60 Stunden sterben. Da die von Herrn Ehrlich
angewandte Diphtheriedosis etwas grösser zu sein scheint, so wird auch
diese neue Lösung vielleicht „um ein Mehrfaches“ geringer sein als die
lOOfache, minde stens jedoch einer 40fachen Normallösung im Behring-
EhrHch’schen Sinne entsprechen. 9 ) Diese Lösung wird stets in Mengen
von 5 Litern auf einmal hergestellt und von mir aufs sorgfältigste an
Thieren geprüft, so dass jede nur denkbare Garantie für eine gleichmässige
Beschaffenheit vorhanden ist.
Auch diese neue, fünfmal so starke Lösung soll in erster Linie
zur Immunisirung (Dosis 1 ccm) Verwendung finden, da die jetzt von mir
zu Heilzwecken benutzten Lösungen noch circa 4—5 mal wirksamer sind.
') Einen Apparatus plasticus operationes gvnaecologicas illustrans.
Cracov, 1893.
s ) Wir bemerken hierzu, dass nach einer uns von Herrn Prof. Behring
mündlich gemachten Eröffnung auch diese Angabe der thntsfichliehon Be¬
gründung ermangelt. D. Red.
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Go*, igle
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
432
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19
XL Achter internationaler Congress
für Hygiene und Demographie zu Budapest
(1.—9. September 1894).
In anerkennenswerther Weise hat das Executivcomitd (Fodor-
Koloman Müller) des im September zu Budapest tagenden achten inter¬
nationalen Hygienecongresses bereits in voriger Woche ein vorläufiges
Programm versandt, um der Aerztewolt einen Ueberblick über die bis¬
herigen wissenschaftlichen Vorbereitungen, über die geplanten Vergnügun¬
gen, die an den Congress anzuschliessende Hygieneausstellung, Reise-,
Wohnungsverhältnisse etc. etc. zu gewähren. Die letzteren Angelegen¬
heiten beanspruchen — abgesehen vielleicht von der Notiz, dass alle A*n-
meldungen für die Ausstellung spätestens bis zum 15. Mai
dem Generalsecretär erstattet sein müssen — einstweilen kein Interesse,
um so weniger, als dieselben zum Theil nur in Bruchstücken mitgetheilt
werden und für die Haupttendenz des Congresses nur eine secundäre Be¬
deutung gemessen sollen. Dagegen verdienen die Nachrichten über den
wissenschaftlichen Theil des Programms unsere Aufmerksamkeit schon jetzt
in hohem Grade. Die Eindrücke, die wir von gewissen unvollkommenen
und misslichen Institutionen des Römercongresses empfangen haben, sind
in unserem Gedächtnisse noch gar zu frisch, als dass wir nicht den Ver¬
such machen sollten, eine Wiederholung dieser Erlebnisse abzuwenden,
sofern oder so lange es noch Zeit ist. ln der vorletzten Nummer unserer
Wochenschrift habe ich über das geistige Riesenfutter geklagt, mit dem
man den Theilnehmern am elften internationalen Aerzteeongress den Magen
verdorben hat, und nun lesen wir in dem Programm des Hygienecongresses
schon heute, wo die Anmeldungen der Themata eigentlich noch gar
nicht recht im Zuge ist, von 437 Vorträgen in der hygienischen und von
98 in der demographischen Gruppe, wir finden die hygienische Gruppe
in 19, die demographische in 7 Sectionen gespalten! — Wir können nicht
umhin, die Ausführungen, die wir in unserem „Rückblick“ auf den Römer-
congress gemacht haben, mutatis mutandis auf den Hygienecongress zu
übertragen und unsere schweren Bedenken gegenüber dieser Uebcrlastung
seines wissenschaftlichen Programms zu äussern. Wir glauben befürchten
zu müssen, dass auch in Budapest die inhaltliche Bedeutung der einzelnen
oder vielmehr einzelner Vorträge erdrückt werden wird von der grossen Masse
der Mittheilungen, dass die lange Kette der Sectionen eine freie Bewegung
ihrer Glieder nicht unerheblich beeinträchtigen wird. Was die Spaltung des
Congresses in zahlreiche Sectionen betrifft, so scheint man hier wie anderswo
von dem Grundsätze „divido et impera“ geleitet zu werden. Eine bessere
Beherrschung des Menschen- und Saclimnterials mag für das Executiv-
comite durch eine derartige Methode ermöglicht werden — ob zum Vortheil
der Theilnekmer und des wissenschaftlichen Ergebnisses selbst, halten wir
kaum noch für discutabel. Es wäre ausserordentlich zu beklagen, wenn
die inhaltlich offenbar vorzügliche Zusammensetzung des wissenschaftlichen
Programms von diesen äusseren Missständen geschädigt werden sollte,
wenn die Aufstellung bedeutungsvoller Themata (z. B. Diphteriedebatte),
wie sie Dank der trefflichen Arbeit des Comitds erfolgt ist, von weniger
wesentlichen oder — wie schon aus der publicirten Liste hervorgeht — über¬
flüssigen Vorträgen in eine glänzende Unordnung gebracht werden möchte.
Vielleicht liegt es für das Gönnte nicht ausserhalb des Bereiches
der Möglickeit, noch rechtzeitig die Verhältnisse zu modificiren. Unserer
Meinung nach könnten Sectionen wie „Hygiene des Kindesalters“ (V)
und Schulhygiene“ (VI); ferner „Hygiene der Städte“ (VIII), „Hygiene
der öffentlichen Gebäude“ (IX) und „Hygiene der Wohnungen“ (X)
ganz gut in je eine einzige Section zusammengezogen werden —
andere Sectionen wie „Rettungswesen“ (XIII) in „Samariterwesen“
(XIX) völlig aufgehen. Durch eine derartige Reduction der Zahl der
Sectionen würde die im anderen Falle unvermeidliche Anordnung gleich¬
zeitiger Sitzungen aufs üusserste beschränkt werden, die Congresstheil-
nehmer wären nicht in die unangenehme Lage versetzt, sich entweder
für diese oder für jene Section entscheiden zu müssen, und es könnte,
um nur ein Beispiel anzuführen, jemand in der IX. Section den Vortrag
von Wolffhügel „Die Wahrung der Reinheit der eingeleiteten Luft und
die Assanirung der Luft bei Centralventilation“ anhören, ohne deshalb auf
den in der X. Section angemeldeten Re.cknagel’sehen Vortrag über
zweckmässige Ventilation der Privatwohnungen ganz verzichten zu müssen.
Immerhin wäre mit dieser Umgestaltung des wissenschaftlichen
Programms nur ein Missstand, wenn auch der wesentlichste, beseitigt.
Nicht minder dringlich erscheint uns das Postulat, eine Auswahl unter
den angemeldeten — oder wenigstens unter den anzumeldenden — Vor¬
trägen zu treffen und die Annahme derselben von einer „gewissen“ Kritik
abhängen zu lassen. Wollte das Comite fortfahren, die annoncirten
Themata wie bisher auch weiterhin einfach zu registriren, so dürfte der
Umfang des wissenschaftlichen Programms sehr bald die „vierte“ Di¬
mension erreichen. Nicht immer thut es die Masse!
Auch mit diesem Punkte ist die Reihe unserer Bedenken gegen die
Organisation des Hygienecongresses nicht erschöpft. Um alle haupt¬
sächlichen Hindernisse für einen bedingungslosen inneren Erfolg aus dem
Wege zu räumen und die wissenschaftliche Thätigkeit wirklich — wie es
in dem Programm heisst — auf breitester Grundlage zu sichern, ist es
nothwendig, in den Verhandlungen den Gebrauch der ungarischen Sprache
als officieller Congresssprache nach Möglichkeit einzuschränken. Das
ungarische Idiom entbehrt nun einmal noch des internationalen Charakters,
und diejenigen Collegen, -welche sich des Ungarischen zu einer wissen¬
schaftlichen Mittheilung bedienen, berauben sich selbst damit der Mög¬
lichkeit, von der Majorität der Zuhörer verstanden zu werden. Damit
entschwindet aber in diesem Falle die principielle Aufgabe des inter¬
nationalen Congresses dem Gesichtskreise vollkommen.
Wenn man überh aupt den internationalen Aerztecongressen eine
Existenzberechtigung noch zuerkennt — und wir stehen nicht an, diese
Berechtigung gegenüber den neuerdings sich erhebenden Zweifeln voll
und warm zu vertheidigen —, dann muss man sich nothwendig ent-
sckliesson, alle Grundbedingungen für eine erspriessliche gemeinsame
Arbeit zu erfüllen. Dazu gehört in erster Linie die Sorge für die Mög¬
lichkeit einer leichten gegenseitigen sprachlichen Verständigung. Nach
den Erfahrungen des letzten internationalen medicinischen Congresses
giebt es wohl Niemand mehr, der nicht über das Sprachengewirr unserer
mternationalen Versammlungen bittere Klage führte, der nicht der An¬
sicht wäre, dass in dieser Calamität nur Wände geschaffen werden kann
durch die Aufstellung einer einzigen offiziellen Congresssprache;
Welche Sprache für diese Aufgabe die geeignetste ist, darüber ist
es zu einem ausgedehnteren Meinungsaustausch noch nicht gekommen.
Mein eigener, in No. 17 dieser Wochenschrift gegebener Vorschlag, für
den russischen internationalen medicinischen Congress die französische
Sprache zu dem Zweck zu wählen, ist von einigen chauvinistischen Collegen,
wie zu erwarten war, in politischen Tageszeitungen bekrittelt worden,
und man hat mich wegen meines „unpatriotischen“ Gedankens quasi des
Landesverrats verdächtigt. Es giebt eben bei uns auch unter den Männern
der Wissenschaft noch Leute genug, die es als Charakteristicum des
„echten deutschen Mannes“ ansehen, keinen Franzen leiden zu dürfen,
die jeden kosmopolitischen Gedanken, jeden Versuch nach der Richtung
der Völkerverbrüderung und des Völkerfriedens als ein antinationales
Unternehmen „brandmarken“ müssen. Diese Kategorie von Leuten möchte
sich am liebsten in ihrem Vaterland „Kyritz“ oder „Krähwinkel“ mit
einer chinesischen Mauer umgeben, um sich vor jeder „Infection“ durch
alles, was fremdländisch heisst, peinlichst zu schützen. Und namentlich
und ganz besonders gegen das Französische!
Dass es sich bei meinem Vorschlag lediglich darum handelt, die
französische Sprache, die unter allen fremden Sprachen von den Russen
und von der Mehrzahl der europäischen Völker überhaupt am meisten
gesprochen und verstanden wird, als geeignetstes Mittel zum Zweck
der gegenseitigen Verständigung auf dem nächsten internationalen Gon¬
gress zur officiellen zu erheben, das übersehen diese Herren Chauvinisten.
Sie übersehen auch, dass wir Deutsche der Geltung des Französischen als
der verbreitetsten internationalen Umgangssprache soweit Rechnung tragen,
dass es auf unseren Gymnasien von allen modernen Sprachen allein obli-
atorisch gelehrt wird. Sie ignoriren den Umstand, dass die französische
prache auch allein officiell im diplomatischen Verkehr gebraucht wird
u. a. m. Indess — alle diese Momente werden die Herren Chauvinisten
nicht als Entschuldigung für mein „Vergehen“ gelten lassen. Und so
will ich ihnen denn schliesslich noch wenigstens zu ihrer Beruhigung
mittheilen, dass nicht nur von mir, sondern auch in einem Leitartikel des
British med. Journal (am 14. April 1894, p. 814) und des Correspondenz-
blatts für schweizer Aerzte (am 1. Mai 1894, p. 291) die französische
Sprache als einzige Congresssprache in Vorschlag gebracht worden ist. Und
es wird wohl auch von den „strengnationalen“ Collegen nicht im Emst
behauptet werden, dass ein Deutscher der französischen Sprache gegen¬
über weniger tolerant sein müsse, als ein Engländer oder Schweizer.
Nun — für den internationalen Hygienecongress in Budapest kommen
solche Einheitsbestrebungen zu spät. Möge denn wenigstens jede über¬
flüssige Steigerung der verwirrenden Polyglottie vermieden werden. Es
könnte sich sonst leicht wieder der Fall ereignen, dass die einzige inter¬
nationale Verständigung bei den Vergnügungen zu constatiren ist und
dass man Gelegenheit erhält, das boshafte Wort des österreichischen
Feldmarschalls v. Ligne zu citiren: „Le congres danse beaucoup. mais
il ne marche pas.“ J. Schwalbe.
XII. Kleine Mittheilungen/
— Berlin. In der Sitzung des Vereins für innere Medicia
vom 7. Mai d. J. (Vorsitzender Geheimrath Leyden) stellte Dr. Ka¬
re wski eine 75jährige Kranke vor, bei der er die Ausreissung aller drei
Aeste des ersten Trigeminus wegen Neuralgie mit glücklichem Erfolge
vorgenommen hatte, und legte das betreffende Präparat vor. Es wurden
sodann im Anschluss an den in der vorigen Sitzung gehaltenen Vortrag
von Prof. Eulenburg über Sklerodermie von Dr. George Meyer ein
Fall von Elephantiasis cruris mit Symptomen symmetrischer Asphyxie
und Erythromelalgie, von Prof. Lassar mehrere Fälle von Sklerodermie
vorgestellt. Prof. Eulenburg erhielt das Schlusswort zur Discussion
Uber Sklerodermie. Schliesslich sprach Prof. Ewald über mehrere kürz¬
lich von ihm besuchte Curorte des südlichen Tyrols (Levico, Roncegno)
und das Curetablissement Leysin in der Nähe des Genfer Sees.
— Es geht uns das Programm und die Tagesordnung des vierten
Congresses der deutschen dermatologischen Gesellschalt
(der am 14., 15. und 16. Mai 1894 in Breslau stattfinden wird) zu. Wir
machen darauf um so lieber aufmerksam, als dieses Programm in geradezu
musterhafter Weise ausgearbeitet ist und dadurch vortheilhaft von
gewissen anderen, namentlich internationalen Congressprogrammen, ab¬
sticht. Es sind „Schlussfolgerungen“ der Referate über fast alle zur
Verhandlung kommenden Gegenstände beigefügt, worunter sich solche von
Kaposi, Finger, Grtinfeld, Jadassohn, Caspary, Lesser,
A. Saalfeld, Ehlers, Neumann, Arning und Anderen befinden. Das
kleine Programmbüchlein ist auch äusserlich sehr geschmackvoll aus¬
gestattet; als besonders werthvolle Gabe ist ihm ausserdem eine Schn
über die neue dermatologische Klinik in Breslau (nebst Bemer¬
kungen über den Unterricht in Dermatologie und Syphilidologie an den
deutschen Universitäten) von A. Neisscr beigegeben. Das Ganze er Y® c ,
— das ist wohl das Beste was man von ihm sagen kann — ernsthci^
Lust zur Betheiligung an den Verhandlungen dieses offenbar ernstlich g
meinten und in nachahmenswürdiger Weise organisirten Congresses. j-
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in .Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag
M SO.
17. Mai 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilnngen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. JL. Eulenburg und Dr. JuL Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LlchtenstalnalUe 3. Potsd&mentr. 116. Postadresse: Leipzig. Seebnrgstr. 31.
I. Aus der III. medicinischen Klinik und Universitäts- 1
Poliklinik in Berlin.
Ein Fall von sogenannter amyotrophischer
Lateralsklerose 1 ).
Von Professor H. Senator.
M. H.! Die Berechtigung, Ihnen über einen einzelnen Fall einen
Vortrag zu halten, finde ich darin, dass dieser Fall meiner Meinung
nach eine fast principielle Bedeutung hat und geeignet ist, in
einer Streitfrage, die seit langer Zeit zwischen Leyden einerseits
und Charcot bezw. der Charcot’schen Schule andererseits
schwebt, etwas zur Klärung beizutragen.
Ich darf als bekannt voraussetzeu, dass Charcot vor Jahren
ein Krankheitsbild unter dem Namen der „amyotrophischen Lateral¬
sklerose“ von anderen, mit denen man die Krankheit bis dahin
nach seiner Meinung unrechtmässig zusammengeworfen hat, nament¬
lich aus der Gruppe der atrophischen Muskellähmungen abgesondert
hat, das sich charakterisirt durch eine allmählich zur Lähmung sich
steigernde Schwäche in den oberen und unteren Extremitäten, zu
welcher dann eine Atrophie von dem Charakter der progressiven j
spinalen Muskelatrophie, namentlich in den oberen Extremitäten, i
hinzutritt. Im Gegensatz aber zur Mehrzahl der letzteren bestehen '
Contracturen, Steifigkeit der Glieder und, wie man später nach
Entdeckung der Sehnenreflexe erkannt hat, Erhöhung dieser 1
letzteren. Dabei Freibleiben der Sensibilität und der Sinnesorgane,
Freibleiben der Functionen von Blase und Mastdarm.
Die Affection schreitet im Laufe der Zeit, d. h. von Jahren,
auf die von den Bulbärnerven versorgten Muskeln fort und führt,
wenn nicht eine intercurrente Krankheit den Patienten vorher hin¬
weggerafft hat, infolge der Bulbärlähmung zum Tode durch
Schluckpneumonie oder durch Lähmung des Respirationsapparats
u. dergl. j
Als anatomisches Substrat dieser Krankheit hat man in vielen '
Fällen eine Atrophie der grauen Substanz der Vorderhörner, ins- j
besondere der Ganglienzellen in ihnen, und eine Sklerose der Seiten¬
stränge, hauptsächlich, wenn auch nicht ausschliesslich der Pyra-
midenstränge gefunden, ferner ähnliche Veränderungen in der |
Medulla oblongata. In einigen Fällen hat mau uoeh weiter hinauf
bis zur Hirnrinde und zwar, wie es scheint, nur im Verlauf der
sogenannten cortieo-museulären Bahn Veränderungen gefunden, in
anderen aber auch vermisst.
Charcot betrachtete dieSeitenstrangsklero.se als das Primäre,
dagegen die Affection der grauen Substanz als von jener bedingt,
also als „deuteropathisch“. Die wesentlichen Erscheinungen des |
Krankheitsbildes, die spastisch-paralytischen Erscheinungen und die
Muskelatrophie, w r urden durch den anatomischen Befund, die Seiten¬
strangsklerose und die Atrophie der Vorderhörner erklärt, und diese
schöne Harmonie zwischen anatomischen Befund lind klinischen
Erscheinungen hat gewiss viel dazu beigetragen, dass Charcot’s
Kehre sehr bald Eingang und fast allgemeine Anerkennung fand, |
obgleich die Fälle nicht immer dem Schema entsprechend sich ver- j
hielten. Das einzige, worin Charcot’s Lehre modificirt wurde, |
war, dass man die Vorderhornatrophie nicht als deuteropathisch, ,
sondern auch als selbstständig betrachtete und je nach dem klini- |
sehen Verlauf bald diese, bald die Seitenstrangsklerose zuerst auf- i
treten und Ü berwiegen liess. In der Deutung der Symptome aber, j
) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin am 19. März 1894. I
insbesondere der Herleitung der spastischen Erscheinungen von
der Seitenstrangskleroso blieb Charcot’s Lehre fast unange¬
fochten.
Einzig und allein Leyden hat sich seit Jahren entschieden
gegen diese Auffassung und gegen die Lehre, dass die „amyo-
trophische Lateralsklerose“ eine scharf abzugrenzende Krankheit
sei, ausgesprochen. Nach ihm ist sie von der progressiven Bulbär-
paralyse nicht zu trennen, das Symptom, auf das so viel Werth
gelegt wird, die spastischen Erscheinungen, hält er für mehr neben¬
sächlich und meint, wenn ich ihn recht verstehe, dass sie nicht an
eine bestimmte Erkrankung gewisser Fasersysteme in der weissen
Rückenmarkssubstanz gebunden sind.
Hierin liegt ein principieller Unterschied in der beider¬
seitigen Auffassung und gerade in dieser Beziehung ist der Fall,
über den ich Ihnen berichten will, von höchstem Interesse.
Er betrifft eine 57jährige Arbeiterwittwe, die im Mai vorigen Jahres
auf meine Klinik in der Charite aufgenommen wurde. Mit allen Einzel¬
heiten des Befundes und der Anamnese will ich Sie nicht behelligen, da
die Krankengeschichte ausführlich in der vor kurzem erschienenen Disser¬
tation von Max Wolff mitgetheilt ist und auch in der Zeitschrift für
klinische Medicin veröffentlicht werden wird. Patientin bot bei der Aufnahme
das ausgeprägte Bild der von Charcot geschilderten amyotrophischen
Lateralsclerose, und als solche habe ich sie in der Klinik und auch sonst
verschiedentlich vorgestellt. Sie zeigte also Lähmung in den unteren und
oberen Extremitäten, links mehr als rechts, dabei Contracturen. Steifig¬
keit und Erhöhung der Sehnenreflexe, Fussclonus, ausgesprochene Atrophie
an den Händen mit Klauenstellung derselben. Daneben bestanden anfangs
geringe, später immer deutlicher sich entwickelnde Biilbärersdieinungen:
Schwerbeweglichkeit und Atrophie der Zunge mit fibrillären Zuckungen,
Parese und Atrophie der Lippenmuskulatur. Sprache lallend und leise,
endlich Schlingbeschwerden. Die Patientin zeigte schliesslich die charak¬
teristische Haltung mit gebeugten, an den Rumpf gepressten Armen, über
den Leib gekreuzten Händen und den charakteristischen Gesichtsausdruck
mit halbgeschlossenem, in die Breite gezogenem Munde ohne Mienen¬
spiel was mit den lebhaft alles verfolgenden Augenbewegungen einen
eigenthümliehen Contrast bildete. Masseterreflex deutlich Psychische
Functionen ungestört, ebenso die Sensibilität und die Function der
Sphincteren. Fibrilläre Zuckungen an den Muskeln der Extremitäten
wurden nicht bemerkt, dagegen anfangs Neigung zum Zittern heim Ver¬
such, active Bewegungen zu machen. Die Untersuchung der elektrischen
Erregbarkeit, die nur einige male gemacht, werden konnte, ergab an ein¬
zelnen Muskeln eine leichte Herabsetzung der Erregbarkeit sowohl bei
direkter wie bei indirekter Reizung durch den faradischen und galvani¬
schen Strom, besonders links. Ausgesprochene Entartungsreaction wurde
nicht beobachtet, nur eine Andeutung davon am linken Pectoralis und
'eltoideus.
Das Leiden sollte nach Angabe der Patientin vor fünf Jahren mit
eh wache im linken Bein begonnen haben, dann wurde der linke Arm
hwach und magerte deutlich ab. es folgte das rechte Bern und der
»chto Arm. Seit etwa l'.'a Jahren konnte sie die Arme nicht mehr
eben und seit einem Jahre auch nicht mehr gehen.
Bei späterer Nachforschung ergab sich, dass sie im December 1888
d,on in der Mendel’schen Poliklinik wegen Schwäche und laubheit dei
uken Extremitäten mit Contracturen („Hemiparesis simstra ), die vor
wei Jahren begonnen hatten, behandelt wurde. Nach weiteren zwei
ahron stellte sie sich wieder dort vor mit Erscheinungen, welche au
Paralvsis agitans“ hinzudeuten schienen.
Nnch dreimonatlichem Aufenthalt in der Klinik starb die Pattenun
ii 4. August infolge von Schluckpneumonie.
Die am folgenden Tage gemachte Section
»mischen Diagnose: Degeneratio gnsea medullae spnali^ multiplex .. .
ecubitus multiplex. pLropnoumonia fibrinosa ob. m er.or,> dexlr,.
♦ ,-nnhin fnsoft cordis et hepatis. Atrophia granularib len .
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
434
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20
Gehirn und Rückenmark wurden behufs genauerer Untersuchung zu-
rückgelegt und in Müllerscher Flüssigkeit aufbewahrt. Leider ist das
erstere abhanden gekommen, so das nur das Rückenmark zur Unter¬
suchung gelangte. 1 ) Es ist dies ein Mangel, den ich aufs lebhafteste be-
daure, da mindestens in der Medulla oblongata sicher Veränderungen zu
erwarten waren, aber für diejenige Frage, um die allein es sich hier
handelt, ist er ohne Belang. _
Das gut gehärtete Rückenmark wurde von Herrn Dr. H. Ko sin
theils nach der von ihm angegebenen Färbung mit Triacid, theils nach
Weigert-Pal gefärbt und zeigt, wie Sie an den hier vorliegenden Prä¬
paraten sich überzeugen können, folgende Veränderungen:
A. Ausgesprochene Atrophie der Ganglienzellen in den
Vorderhörnern des Cervical- und Dorsalmarks.
Die Atrophie ist im obersten Halstheil links im allgemeinen stärker
als rechts. Am stärksten verändert sind die „mediale hintere Gruppe“,
die „laterale hintere Gruppe“ und die „Mittelzellen“ (Waldeyer), aber
auch die anderen Gruppen („mediale und laterale vordere Gruppe“) sind
nicht verschont. In der Halsanschwellung ist das Gewebe durch Blutungen
(s. B.) stellenweise zerstört und ausgefallen, rechts etwas mehr als links.
In den gut erhaltenen Partieen zeigen alle Gruppen beiderseits mehr oder
weniger atrophische Zellen, am meisten auch wieder die „mediale hintere
Gruppe“ und die ..Mittelzellen“.
Im unteren Ilalstheil und Beginn des Dorsaltheils ist die Atrophie
in beiden Hälften ziemlich gleichmässig stärker als in den höheren Ab¬
schnitten und betrifft die sämmtlichen Gruppen. Um die Clarke’schen
Säulen, die keine Veränderung der Zellen erkennen lassen, befinden sich
beiderseits grössere runde Lücken durch ausgefallenes Gewebe, in deren
Umgebung die Gliafasern etwas dichter und reichlicher erscheinen.
Die Zellen atroph ie ist noch weiter abwärts im Dorsalmark deutlich
ausgesprochen und wird erst unterhalb der Mitto desselben geringer, um
nach dem Lendenmark hin ganz zu verschwinden. Im letzteren sind die
Zellen von normaler Grösse und Zahl.
B. Im ganzen Rückenmark sind die Gefässe strotzend mit Blut
gefüllt, ihre Wandungen aber normal. Keine Verdickung derselben,
keine Zellenhäufung in ihrer Umgebung. Dagegen zeigt das ganze
Rückenmark zahlreiche grössere und kleinere frische Blutungen
fast auf jedem Querschnitt in der grauen, wie in der weissen Substanz,
besonders aber die Umgebung der Clarke’schen Säulen. Die meisten
und grössten Blutungen sind im oberen Dorsalmark, einige wenige im
Lendeutheil. Eine besondere Bevorzugung einzelner Stränge, wie etwa
der Seitensträuge. lässt sich nicht erkennen. An einigen Stellen sind die
Blutungen offenbar nicht mehr ganz frisch, indem statt der an den
anderen Stellen gut erkennbaren rothen Blutkörperchen nur noch Blut¬
farbstoff in kleinen Schollen vorhanden ist.
C. Wie schon erwähnt, finden sich an einzelnen Stellen Er¬
weichungsheerde. in denen das Gewebe mehr oder weniger ausge¬
fallen ist.. Sie betreffen nur die graue Substanz. Eine grössere solche
Lücke befindet sich in der grauen Substanz der Halsanschwellung (s. A.)
und eine andere in der grauen Substanz der Lendenanschwellung jeder-
seits neben dem Centralkanal, wodurch eine Höhlenbildung ent¬
standen ist. die sich in der Länge von 1.5—2 mm erstreckt und nach
oben und unten hin sich allmählich verliert. Das Gewebe in der Um¬
gebung der Höhle zeigt keine Veränderung. Nur an einer kleinen Partie
der hinteren Wurzelfasern im Lendenmark, rechts etwas mehr als links,
erscheint die Markscheide undeutlich, wie gequollen, während die Aehsen-
cylindcr gut erhalten sind.
Der Centralkanal lässt im ganzen Verlauf keine Veränderung er¬
kennen, ebenso wenig ist (mit Ausnahme der eben genannten hinteren
Lendenwurzeln) au den hinteren oder vorderen Wurzeln und austretenden
Fasern eine deutlich ausgesprochene Veränderung vorhanden, insbesondere
auch nicht an den vorderen Wurzeln des Cervical- und Dorsalmarks, in
welchem die Atrophie der Ganglienzellen sich findet. Auch das Nerven-
fasemetz in der grauen Substanz dieser Partieen ist, wenn überhaupt,
jedenfalls nur sehr wenig verändert.
ä Das Wesentliche ist also eine einfache, nicht entzündliche
Atrophie der Ganglienzellen in den Vorderhörnern des Cervical-
und Dorsalmarks, frische Blutungen im ganzen Mark und Er¬
weichungsheerde. welche wohl als die Folge der Blutungen aufzu¬
fassen sind.
Wie erklärt sieh nun das Krankheitsbild aus diesem anato¬
mischen Befund?
Am einfachsten liegt die Sache für die Muskelatrophie der
oberen Extremitäten. Sie erklärt sich aus der Atrophie der Vorder¬
hornzellen, wie die Atrophie der Zungen- und Lippenmuskeln wohl
aus einer entsprechenden Veränderung im verlängerten Mark zu
erklären sein wird. Dass dabei die vorderen Wurzeln nicht
atrophisch waren, wenigstens nicht in bemerkenswerther Weise,
ist angesichts verschiedener in neuerer Zeit gemachter ähnlicher
Beobachtungen nicht auffallend.
Schwieriger ist die Bedeutung der Blutungen zu beurtheilen.
Da sie theils ganz frisch, theils nur höchstens einige Wochen alt
sein konnten, so kann man sie für die charakteristischen Symptome
welche Jahre lang bestanden, nicht verantwortlich machen, sondern
muss sie al s terminale Erscheinungen betrachten, die vielleicht
') Die Section fiel in den Beginn der Ferien, während welcher
Laboratorium der Klinik verlegt und neu eingerichtet wurde, wobei
zelue rräparate abhanden gekommen sind.
das
ein-
durch die zunehmende Kachexie und die fortschreitende Ver¬
schlechterung des Ernährungszustandes bedingt worden sind. Denn
irgend welche andere Ursachen, etwa eine hämorrhagische Diathese
anzunehmen, liegt kein Grund vor, da weder im Leben ander¬
weitige Blutungen stattgefunden haben, noch nach dem Tode in
anderen Organen Zeichen von solchen gefunden worden sind. Dass
diese, wie wir annehmen, terminalen Blutungen nur im Rücken¬
mark (vielleicht auch im Gehirn) stattgefunden haben, dazu mag
vielleicht die schon bestehende ältere Erkrankung disponirt haben.
Vollends auffallend und im höchsten Grade überraschend ist
aber, dass die mit Sicherheit erwartete Seiten Strangsklerose,
auf welche wir die spastischen Erscheinungen, die Contracturen,
die Steifigkeit und erhöhten Sehnenreflexe bezogen hatten, ganz
fehlt und auch nicht einmal andeutungsweise an irgend einer Stelle
vorhanden ist. Und hierin finde ich die principielle Be¬
deutung dieses Falles.
Wir sind gewohnt, bei spastischen Erscheinungen die von
centralen Erkrankungen des Nervensystems abhängen und längere
Zeit bestanden haben, eine Sklerose der Seitenstränge, insbesondere
der Pyramidenbahnen anzunehmen. Diese hat sich ja auch in allen
solchen Fällen mit sehr seltenen Ausnahmen gefunden und ist meiner
Meinung nach immer secundär. Eine primäre (nicht hereditäre)
Seitenstrangsklerose ist bisher nicht nachgewiesen. Darin muss
man Leyden Recht geben, der sich bekanntlich von Anfang an gegen
diese theoretisch construirte Krankheit ausgesprochen und behauptet
hat, dass die Seitenstrangsklerose in solchen Fällen eine seeundäre,
von anderen Veränderungen im Rückenmark oder Gehirn ab¬
hängige sei.
Aber gleichviel, ob primär oder nicht, jedenfalls hätte man in
unserem Fall die Seitenstrangsklerose erwarten sollen, und soviel
ich weiss, ist sie bisher in allen Fällen, welche als „amyotrophische
Lateralsklerose“ diagnosticirt wurden, auch gefunden worden, wenn
auch keineswegs immer in strenger Abgrenzung. Dass sie sich in
unserem Fall nicht fand, obgleich die Erscheinungen, welche von
ihr abgeleitet wurden, vorhanden waren, das macht eben den Fall
merkwürdig und lässt ihn auf den ersten Blick räthselhaft er¬
scheinen. Die Sache wird auch nicht klarer, wenn wir annehmen,
dass ausser dem Rückenmarksleiden noch anderweitige Erkrankungen,
etwa im Gehirn, vorhanden gewesen seien, was ich ja nicht in
Abrede stellen kann und auch nicht einmal als unwahrscheinlich
bezeichnen will. Denn wenn eine solche, übrigens symptomenlos
verlaufene Affeetion vorlag, die sogar doppelseitig gewesen sein
muss, da ja die beiderseitigen Extremitäten ergriffen waren, so
bleibt es immer noch auffallend, dass sich nicht eine seeundäre
absteigende Pyramidenstrangsklerose in der langen Krankheitszeit
entwickelt hat, wie es doch bei Heerden in der corfcicomuskulären
Bahn auch wieder mit verschwindenden Ausnahmen zur Regel
gehört.
So viel also beweist unser Fall unumstösslich, dass
das Bild der sogenannten „amyotrophischen Lateral¬
sklerose“ vorhanden sein kann ohne Lateralsklerose.
Und damit ist-die Berechtigung, sie als eine besondere scharf von
anderen abgrenzende Krankheitsform anzuerkennen, doch erheblich
erschüttert. Wieder einmal muss man anerkennen, dass Leyden
mit seinem auf objective, kritische Beobachtung gestützten Wider¬
spruch gegen eine geistreiche und blendende, aber doch über das
Thatsächliche hinausgehende Schematisirung im Rechte war. Das
auszusprechen halte ich um so mehr für nothwendig, als er mit
seinem Widerspruch lange Zeit hindurch ganz isolirt geblieben ist.)
Unser Fall mahnt also zur Vorsicht in der Diagnose einer
sogenannten amyotrophischen Lateralsklerose. Wenn auch die
Dinge hier nicht ganz so liegen wie bei der sogenannten „primären
Seitenstrangsklerose“, so wird man doch auf Grund der mitgetheilten
Erfahrung gut thun, vorläufig auch hier nicht zu weit über die
sichere klinische Diagnose hinauszugehen, anstatt eine rein ana¬
tomische, oder eine halb anatomische, halb klinische Diagnose zu
stellen, die dann auch nur zur Hälfte bestätigt wird. Es empfiehlt
sich also, von atrophisch-spastischen Lähmungen, insbeson¬
dere Paraplegieen, zu sprechen und diese ihrem Charakter nach
noch näher als spinale oder bulbäre oder bulbär-spinale zu
bezeichnen. Dass dabei eine Seitenstrangsklerose bestehe, wird
man als möglich, ja vielleicht als nicht imwahrscheinlich, W> er
keineswegs als sicher hinstellen dürfen.
*) So viel ich sehe, hat in neuester Zeit auch Gowers (Handbnch
der Nervenkrankheiten, Deutsch von Gruber, 1892. p. 478) Leyden 5
Widerspruch für begründet erklärt.
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17. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
435
II. Aus der I. medicinischen Klinik des Herrn Geheimrath
Prof. Leyden in Berlin.
Zur Kenntniss der natürlichen Immunität
gegen asiatische Cholera. 1 )
Von Dr. G. Klemperer, Privatdocent und Assistent der Klinik.
Es ist bekannt, dass viele Menschen einen natürlichen Schutz
gegen die Cholerainfection besitzen; auch in den schwersten Epi-
demieen bleibt eine sehr grosse Zahl Solcher verschont, welche sich
jeder Ansteckungsgefahr aussetzen; nach Ko]ch ist die Hälfte
der Menschen gegen Cholera asiatica immun.
Man war geneigt, diese auffallende Thatsache dadurch zu er¬
klären, dass die Cholerabacillen im Magensaft schnell zugrunde
gingen. Bekanntlich enveist sich Salzsäure in der im Magen vor¬
handenen Concentration als ein energisches Abtödtungsmittel der
Kommabacillen. Freilich wird diese Concentration nur auf der
Höhe des Verdauungsactes erreicht und die meist gleichzeitig an¬
wesenden Eiweissstoffe verringern sicherlich die bactericide Fähigkeit
des Magensaftes.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben aber ganz zweifellos
erwiesen, dass der Schutz des Menschen gegen die Cholerainfection
nicht allein im Magen gelegen sein kann. Bekanntlich wurden bei
einer Reihe von Menschen, welche sich in der Umgebung Cholera¬
kranker befanden, in den Stuhlgängen reichlich lebende Komma¬
bacillen gefunden, sie hatten den Magen anstandslos passirt und
waren nun durch den Dann gewandert, ohne Krankheitserscheinungen
auszulösen. In vielen Fällen hatten sich die Kommabacillen im
Darm ins Ungeheuere vermehrt — kaum anders wie bei wirklicher
Cholera — und doch war es nur zu unerheblicher Diarrhoe gekommen,
während jede beunruhigende Allgemeinerscheinung fehlte. Solche
Fälle hat bekanntlich P. Guttmann beschrieben; in frischer Er¬
innerung ist namentlich der Versuch von Pettenkofer, der be¬
kanntlich nach Abstumpfung der Magensäure 1 ccm frischer
Vibrionencultur einnahm und danach tagelang Reinculturen von
Kommabacillen in diarrhoisehen Dejectionen entleerte, ohne an
ernstlicher Cholera zu erkranken.
Aus diesen Erfahrungen am Menschen ist der Schluss zu
ziehen, dass im Darme selbst Schutzvorrichtungen vorhanden sein
müssen, welche das Eindringen der Kommabacillen beziehungsweise
ihrer Gifte in den Organismus verhüten. Oft erhobene pathologisch¬
anatomische Befunde gestatten sogar, diese Vorstellung noch etwas
näher zu präcisiren. Jedes Obductionsprotokoll von Cholera asiatica
meldet: Darmepithel in grösserer Ausdehnung in Verlust gerathen.
Oft löst sich das Epithel in Lamellenform vom Darm ab, oft
erfüllen die Trümmer der Epithelialdecke den schwappend gefüllten
Darm. So bildet sich die Vorstellung, dass, das Epithel, dessen
Zugrundegehen ein charakteristisches Merkmal des Choleraanfalls
darstellt, die schützende Function gegenüber den Kommabacillen
ausüben könnte.
Experimentelle Erfahrungen, an verschiedenen Thiereil ge¬
wonnen, dienen dieser Vorstellung zur Stütze. Man weiss wie schwer
es ist, Meerschweinchen vom Darm aus mit Cholerabacillen zu
vergiften; nicht nur dass der Magensaft neutralisirt und die Darm¬
bewegung mit grossen Dosen Opium aufgehoben werden muss,
man bedarf bekanntlich sehr grosser Mengen giftiger Cultur, um
oi der Zufuhr per os die Meerschweinchen zu tödten. Giebt man
a er nac h der genannten Vorbereitung 2—4 ccm der Gifteultur,
D' ta 6n ^ ere Kaum ernstlich krank, und man kann im
iCKdarm die Kommabacillen nachweisen, die den Dünndarm ohne
zu schaden passirt haben. Es ist eine ausserordentliche Menge
on Bacillen nothwendig, um die Schutzvorrichtung des Darmes zu
P raiysiren. Von Interesse ist es auch, dass der umgekehrte Weg
rcn den Darm, vom Peritoneum oder der Blutbahn aus, für die
da«? 00 ? 0 - 11 - ^ un ? an ff^ ar kt- Sobernheim' 2 ) hat zwar behauptet,
? ^ ei ujtraperitonealer Injection von Kommabacillen dieselben
r> c !ui' 0( * e ^ er Versuchthiere regelmässig und massenhaft im
nachzuweisen seien; aber die Nachprüfung durch Ko Ile 8 )
cni, f, .f se Angaben bedeutend ein und macht Fehler der Ver¬
suchstechnik wahrscheinlich.
d»«s *° m der Kaninchen ist mit Sicherheit zu behaupten,
solchi> r Kommabacillen geschützt ist; ich habe oft das Multiplum
durph V * e ™. we ! c ^ ie von * Peritoneum aus sicher tödtlich wirken,
Kanin i lefen ,™ s ^ c h der Canüle direct in den Darm gespritzt; die
Theil d Vf™ ^ avon Keinen Schaden genommen; im oberen
Eine fr 6S H^darms waren die Kommabacillen lebend nachzuweisen,
der J; os se Reihe von Versuchen habe ich über das Uebergehen
___ mm abacillen von der Blutbahn in den Darm bei Kaninchen
sj ^onstraticia im Verein für innere Medicin am 16. April 1894.
3 J- Hygiene XIV.
) ^tsciir. f. Hygiene XVI.
angestollt. Ihomas 1 ) giebt au, dass nach intravenöser Injection
„virulenter Mengen“ regelmässig Vibrionen im Darminhalt nach-
wmsbar waren; Wyssokowitsch hatte entgegengesetzte Resultate.
Ich habe m vielen Fällen, in welchen Kaninchen nach intravenöser
injection von Lholeraagaraufschwemmung unter profusen Diarrhöen
zugrunde gingen, sowohl diese Diarrhöen als auch post mortem den
Dunndarnnnhalt kommabacillenfrei gefunden. Jedenfalls zeigen
meine Befunde, dass zwischen Blutbahn und Darminhalt eine
Barrtere besteht, die die Bacillen schwer oder gamicht überschreiten
können.
Dieselbe schützende Function übt die Darmwand des Hundes
gegenüber den Vibrionen der asiatischen Cholera aus. Ich habe im
vergangenen V inter zusammen mit Dr. N. Lilien an einer grossen
Zahl von Hunden oxperimentirt, um dies Verhältnis klarer zu be¬
leuchten. Gossen wir Hunden nach Abstumpfung des Magensaftes
50 ccm Cholerabacillenaufschwemmung durch die Sonde in den
Magen, so wurde dieser Eingriff von der grossen Mehrzahl ohne
jede Reaction vertragen. Der nächste Stuhlgang war hart wie ge¬
wöhnlich, und es ist uns nicht gelungen, aus solchem Koth Komma¬
bacillen wieder zu gewinnen. In einzelnen Fällen kommt es freilich
zu Diarrhöen, in welchen Kommabacillen enthalten sind. Aber
jedenfalls bin ich nach meinen Versuchen zu der Behauptung be¬
rechtigt, dass im Darm der meisten Hunde Kommabacillen schnell
zugrunde gehen.
Denys und Sluyts 2 ) haben bei der Cholerabacillenzufuhr vom
Magen und Darm aus gänzlich negative Resultate orlialten; selbst
sechs Stunden in eine Darmschlinge eingeschlossen, machten die
Kommabacillen keine Erscheinungen. Es stellt also zweifellos die
Darmwand des Hundes einen sehr wirksamen Schutz dar; freilich
auch keinen absoluten, wie ich an anderer Stelle berichten werde.
Auch von der Blutbahn des Hundes vermögen die Kommabacillen nur
schwer in das Darmlumen vorzudringen. Gamaleia 3 ), der durch
intravenöse Injectionen Hunde getödtet hat, berichtet, dass sie
Kommabacillen in den Dejectionen gehabt hätten. Ich habe eben¬
falls Hunden intravenöse Injectionen gemacht. Drei haben die¬
selben überlebt, nachdem sie reichlich schleimige Entleerungen ge¬
habt haben. Die Entleerungen waren frei von Vibrionen. Nur die¬
jenigen Hunde, welche der intravenösen Injection von Kommabacillen
erlagen, enthielten dieselben im Danninhalt.
Nach diesen Erfahrungen an Menschen und Thieren kann ich
sagen: Die Darmschleimhaut selbst ist gegen das Gift der Bacillen
geschützt; nur durch ein Uebermaass des Giftes wird die Schutz¬
wand durchbrochen, und das Gift dringt ein, seine tödtlichen Wir¬
kungen entfaltend.
Worin bestehen die Einrichtungen, mittels deren die Darm¬
wand so energischen Widerstand gegen die Vibrionen und ihre
Gifte zu leisten vermag? Es liegt nahe, zuerst an die bactericiden
und antitoxischen Eigenschaften zu denken, welche das Blut des
Menschen wie der Vcrsuclisthiere gegenüber den Kommabacillen in
nicht geringfügiger Weise besitzt. Dies Moment kann aber doch
erst in zweiter Linie in Betracht kommen. Beim Menschen ist die
antitoxische Fähigkeit gering, die bactericide zwar kräftiger, aber,
wie ich feststellen konnte, auch nur mässigen Bacterienmengen
gegenüber ausreichend; beim Hund ist die Bactericidie nach meinen
Versuchen zwar sehr ausgesprochen, aber sie ist keinesfalls so aus¬
giebig, um die ganz enorme Abtödtung der Bacillen im Darm zu
erklären; und beim Meerschweinchen, in dessen Darm die Bacillen
ebenfalls bis zu einem gewissen Grade machtlos sind, ist die bacte-
rientödtende Kraft des Blutes äusserst gering.
Es können also die Eigenschaften des Blutes für die Erklärung
der natürlichen Immunität nur in beschränktem Maasse heran¬
gezogen werden. Das Hauptaugenmerk ist vielmehr auf das
Epithel der Darmschleimhaut zu richten. Es ist wahrscheinlich,
dass es die besondere chemische Zusammensetzung der Epithelzellen
ist, welche den Schutz des Darms gewährleistet.
Für die chemische Orientirung auf diesem noch ganz uner¬
forschten Gebiet habe ich diejenigen Thatsachen verwerthet,
welche sich aus der Affinität gewisser chemischer Farbstoffe zu
bestimmten chemischen Substanzen ergeben. Es ist allgemein be¬
kannt, dass Ehrlich die chemische Electivkraft der Farbstoffe
für biologische Zwecke in ausgiebiger Weise verwerthet hat. Er
zeigte, dass aus einem Gemisch verschiedener Farben bestimmte
Gewebselemente immer denselben Farbstoff ausziehen; so aus der
sogenannten Dreifarbenmischung eine gewisse Körnung der Leu-
cocyten stets den sauren Farbstoff Fuchsin, der Kern dagegen stets
den basischen Farbstoff Methylgrün.
Es ist gleichzeitig von Lilienfeld 4 ) und Posner 5 ) nacligo-
*) Archiv f. experiment. Pathologie Bd. XXXII.
*) La cellule Bd. X.
3) Semaine möd. 1892.
4 ) Verhdlg. der physiol. Gesellsch. 1893.
5 ) Congress f. innere Medicin 1893.
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imiiinügefi zu grossem Dank vnf}dthbtet bin,
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ih'Y EFtlmiico.^riiükUiu ttiigiHn und -• wio Imkmmt ^
^'otfetdu, 4. To Ktugfcfr” an S\Viai§s g'öbunto,, felaTi^l^tt» 'Ärbmig
amnUiutWif, so fouitt k\\ mit grosser dio Bok;m]»kme
iioFr.jdi*Mi f dass doö-FurfuntiöltUti b. dov KiHÜo-jzrtF iu iVcmüi re^r
uü^piV«ri-ö.u« Znstantio. 'y.nHVaii<3on ist. Iviiü'n itruoroö s.tv
-iriHomu Ffiokhuit für dm^o■:■iteimuptunft : ßmlo iuH. aurk <Umn,
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bloihk: Pur NiodorurJji;^; »vijü uaf aöruoh Filtor ^esannatflt.,.
mit KrH. ya U'U mohr?yro Wuak'v tm^^vasehöJi, :vu/ti FiUvr ^
poniHota, fiUt vet<iti?iHto»-'Hai/Kniiri- mi^.i’ioiiou uud 'kurz«* Zod, bo~
üamb'l« Hh*rJv : .« .geht CM.-F »*t' laisuu^, iv;i.i>»mu«i eins Nucjtöu tio-
^urüebbt^jht. Pavsclbu wird ilui’rl» | 4 (5sti}>g in
Ai^aU./öiiWlißn mit >K f t - Käch AusVvasoUtib
ntit. kaltoni iVt\<i kt«iiem^in Aik«4u»t übd Kmiiöpteii niit A-eil^r
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Tmj’umieu, wob iie dutVh tlje 'Utomisoho Analyse Li)iunf«AdA itr-
knhti-rt wmalun. die fdr dto idlgunudne PsUhtdogio der ZelF ihulU
M-fi« esonUFIm TbaksncHo, dass' dnssoHm Fönndfirmeihtbek woi^cs
dou ajkoj.srl. reagiia/mjen Darmsnit at*.ytrbt»>n uha-i. io .ktiöru.t
iiuiarn eine tibeiniscbfi Eidaslauz vH>jU• otuugrsoti. saurer iifekebnljfiy'
boit birgt.
Kaoh iliosov FesUtolHmg erscheint die TfuiUmd»«? ton der
C!?ol(4-awidr) > s 5 t4ndigkc\t dos Horm.qHthu3s T -zu rloimn Krforgojjmig
rlicsr Arbeit, uotonjoumicn 'wurde, lu enter ileuott Beleuchtyug-
Ilntm cs ist bekannt, wj.O ausßeroriie.utlioh mnpöndiioi^ die Kornnui-
baoiilon g«';gnu freie .Säure sind. Sterben sic doch in einer 0)»»*
!'; r.; n t i 1 i i genS n I. zi' du re bereits in einer Stunde vullkoinjä-t ill ‘‘ und
Hat dotdi E>»»s§ßl Y&ß kuvS-nui 'Mu •• gaföttyb. .
■Ama JSfuölmAläart' in freiem Zpstaru! imk vrt^i^
gerade auf Koimoahanllnn «-inwirkt.
Idötmucb ist mir dem Funde des suurrtj DartniPmieiuy «i«s
gestellte Piohlem nitbt■'■gelöst. Es bleibt die Frage Übrig, wie.
Hohn »ins Haoillea in deik ifcbHmhmtih 'gölangtou j
\ndehpa dmdr ln ..Tieft». (i4r,Zcl-km ;=oitt^«oÖö.sj(m- riiJF. p, y
liieitd nuhii riet 4 Fi«\vimd tu j>t*avt*’rn ob die Itnc.bvficidc A nki’äYr f
keil
SfSp
.b.4S|idyk. ^4r: F0l^BJ<iU-Og dibseiFiFi^gö
ütudtiVr*, welches Herr Li 1 ienfeid mir übergab, fdlgumb FbrsnebW .
| angestfdit: _
Jy i & ce«i einer zwoi(>roeentigpja gomut neutt'aUsirteu Losung »le?
t)4Yibnucioa%ti ^urdnn mit ChoterabähiJlefl iiiA r 5rkülrtt4hinm
ttüdiö rci. hlich. HiciF S|kirliofL Imiüifrft, di«* Lläser m dotj Bntifehw^K
gy^telit und- in boHirfmiuWu Zwiaufenräußie« von «jeÄUfeit Plauen
mr F/wt'stebttog der E.fttmwn.bi g ’tsgpüsm. E«f zeigte skh m *Mg'-
sames "Waebstbmti der Vibrumtit in dnu ois.tfu) zehn Stunden, da¬
nach eine zuneitmendr Venn in dorn, nac, nach 24 $tu«4pjt \n\? eir
neu Wido Lösung des I);>rimtuclei?xs stuHt.
Nun w unb'*-diö Lösmig rvteyrschx\ mnclten intfap«mtocwal n\| 1 '
idrt*,. üebti kurzem Krank seilt nrlroitm) sich du; VursuehiAbier.e,
•ThtgK. spiltur wurden sic mit- dßr tödlichen Mungo, vivuleutcr Kouitmi-
hmülcu iiy icirt. Sic erwiesen sich säiftuit.ilcb. als iiauiöß y l ‘
^fönWbaeill^n. . MeBrsehw^öiftelm«;^ycletu'
dasmen tri&lianhx» itciohbi4tBg Brillen T#sy«;hsTA0^ mJuijWnbattmi.
Diese starben ohne Ausnahme -unch der tddni.chsn flosoy^velc.hei uiß
i»Ut (Uun fudiMpftcn .Suckdn vorb«dumd**)ic4‘ Tbierf» wuRusiumlwi.
Fs cigub sicJj nlsu, dass eioc neu trade -Lösung des ^W 10 "
itßlyins 0&. Obbltv)va;bad|llut» äbtdFlFt't dnu '»bra
\Bf4e derart ArtrAndert, da>;« die toAifdbe Wirkuug ' ,pl ‘
sotberi uüfg.öböbet! wird, Wahi’eHd die immnoiaireudr n-
battcn DS eiLt .in
AlkfiJisohc Lösung des Darimidrjcitis hatfo dläee Ligen seien
nicht; die ViltikdMUi wivcliscn Hclir virulent in 2 ( % Le^nng; iV ’F|!^
tecbAcibodHm wurdwi ditfcdt alkaimebe Euebdukiitung, hui 4*4 »k.
KöTr$n«aljacHbvn gowachßor» waren, so} um II getödtut.. .. .. {j „
Dur<b dies* 1 Festste)kuig glaub«» fOb dorn Vorst»indivi^v f* 0 *
natürlic.hcii ImmuiuTät gogon Chulera näher giikumnmn M ^- in ',,
i>jö Komniabiioiben vöW»>iim» AioJi im Dtinndunu n ' ir! i' n ’, ; .J r
17. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
die immunisirende, gerade so wie es ausserhalb des Körpers die
Wärme, das Licht, die Elektricität zu thun vermögen.
Mit dieser Feststellung harmonirt in ausgezeichneter Weise
die Thatsache, dass diejenigen Menschen, durch deren Darm
Cholerabacillen hindurchgegangen sind, ohne wesentliche Krank¬
heitserscheinungen hervorzurufen, choleraimmunisirende Substanzen
in grosser Menge in ihrem Blutserum enthalten. Diese Thatsache
habe ich zuerst im Jahre 1892 an zwei Menschen festgestellt, die
zur Zeit der Epidemie von Hamburg in hiesigen Krankenhäusern
wegen diarrhoischer Entleerungen beobachtet wurden. Die Dejee-
tionen enthielten beinahe Reinculturen von Kommabacillen, ohne
dass die Patienten sonstige Zeichen von Cholera darboten.’ Vier
bis sechs Wochen nach dem Anfall wies ich nach, dass 0,01
bezw. 0,5 ccm des Blutserums dieser Patienten Meerschweinchen
gegen die Choleravergiftung zu schützen vermochte. 1 ) Der gleiche
Befund hoher immunisirender Fähigkeit des Blutserums nach
symptomloser Cholerabacilleninfection ist später von Lazarus 2 ) u. a.
erhoben worden. Ich kann schliesslich durch eine grosse Reihe
von Untersuchungen an Hunden die Beobachtungen am Menschen
ergänzen. Diejenigen Hunde, in deren Darmcanal grössere Mengen
(20—60 ccm) Choleracultur anscheinend spurlos verschwanden,
zeigten zwei bis drei Wochen nach diesem Ereigniss eine um das
zehnfache erhöhte immunisirende Fähigkeit ihres Blutserums.
Durch diese Feststellung scheint mir der Kreis des Beweises
geschlossen.
Die natürliche Immunität der Menschen und der
Thiere gegen asiatische Cholera beruht zu einem wesent¬
lichen Theil darauf, dass das Gift der im Darmlumen
wachsenden Kommabacillen während der Resorption vom
Nuclein des Darmepithels zu immunisirender Substanz
umgewandelt wird. Jedes Individuum, durch dessen Darmcanal
Kommabacillen hindurch passirt sind, erwirbt dadurch einen ver-
hältnissmässig hohen Grad von Choleraimmunität. Mit Absicht
sage ich: Zu einem wesentlichen Theil beruhe die natürliche
Immunität auf der Wirkung des Darmnucleins. Denn einerseits
will ich nach wie vor die antitoxische und die bactericide
Fähigkeit des Blutserums als ein wirksames Moment des Schutzes
betrachtet wissen; andererseits halte ich es für durchaus wahr¬
scheinlich, dass die Weiterarbeit noch andere Factoren kennen
lehren wird, welche sich am Zustandekommen der Immunität be¬
theiligen. Ich denke hierbei besonders an die ätherlöslichen Be¬
standteile der Schleimhaut. Ausser Fetten und Cholesterin hat
Herr Lilienfeld eine eigenthümliche, in kaltem Alkohol lösliche,
augenscheinlich aromatische Substanz im Aetherextract angetroffen,
welche nach meinen Versuchen sehr stark bactericid wirkt. Auch
das Monokaliumphosphat, welches nach meiner Feststellung nicht
weniger energisch als Salzsäure die Kommabacillen abtödtet, mag
einen Theil der Schutzkraft darstellen. Weiterer Arbeit bleibe die
Würdigung dieser Factoren Vorbehalten.
Zum Schluss möchte ich noch die Frage streifen, wodurch bei
so wirksamen Schutzmitteln nun doch die Cholerainfection zustande
kommen kann. Die Beantwortung dieser Frage folgt aus der Funda¬
mentalbeobachtung, dass das Darmnuclein, welches ich als einen
Hanptfactor der natürlichen Immunität erkannt habe, seine Wirk¬
samkeit einbüsst in alkalischer Lösung. Es ist aber ein Vor¬
recht der lebend en Zelle, das Nuclein in der alkalischenUmgebung in
saurer Reaction zu erhalten. Wird durch Eintreten der Nekrobiose
tue Zelle den geheimnissvollen Gesetzen des Lebens entrückt, treten
nach dem Absterben der Zelle die Gesetze chemischer Bindung für
huj* 1 * n ^ e ^ un £i 80 nimmt das Nuclein, vom alkalischen
jnhalt des Blutes und des Darms gleichsam überflutet, alkalische
fveaction an, und die Schutzmauer gegen die Infection ist gefallen.
as Leben der Epithelzelle, welches die Vorbedingung saurer
j ac i I( J“ ( \ es Nucleins bildet, ist der Hauptfactor der Immunität,
r Zelltod des Epithels ist der Vorläufer der Infection. Alles
Fr 8 .^P^el nekrotisirt, bahnt dem Vibrionengift den Weg.
hiß 80 qu? • ^ ass ^ as Vibrionengift selbst, in grosser Menge auf
mebchleimhautfläche gebracht, das Epithel zu nekrotisiren ver-
. W ^ rt ^ an a °derer Stelle sich Gelegenheit bieten, die Vor-
lntri Q U ^? en Li. We ^ c ^ e 81 ans diesen Betrachtungen für die Patho-
gie der Cholera ergeben, weiter auszuführen.
t J 6 * 1 w ^. zum Schluss nicht unterlassen, Herrn Geheimrath
er di 611 an ^ eser Stelle für das fördernde Interesse, das
danke S6n Untersuc bnngen unausgesetzt gewidmet, verbindlichst zu
h JH' H! n - Wochenschr. 1892, No. 50.
) öorl. klm. Wochenschr. 1893, No. 51.
437
III. Zur DipMherieimmunisirungs- und
Heilungsfrage.
Von Prof. Behring und Prof. Ehrlich.
Die zahlreichen Anfragen, welche uns in Bezug auf das von
Behring entdeckte Diphtherieantitoxin zugehen, sind wir nicht
immer in der Lage, brieflich zu beantworten. Wir haben uns
daher entschlossen, von dieser Stelle aus zu erklären:
1. Das Diphtherieantitoxin wird von uns sowohl a) zur
Immunisirung, wie b) zur Heilung ausschliesslich an schon jetzt
designirte Aerzte und Krankenhäuser abgegeben.
2. Was das Diphtherieantitoxin Schering betrifft, so enthalten
wir uns jedes privaten Urtheils über dasselbe und verweisen statt
dessen auf das, was von uns in dieser Wochenschrift darüber mit-
getheilt wird.
Zur Begründung dieser unserer Stellungnahme haben wir
Folgendes zu sagen.
ad 1. a) Die zur sicheren nachhaltigen Immunisirung des
Menschen erforderliche Antitoxindosis haben wir noch nicht aus¬
findig gemacht. Wenn Aronson in No. 17 dieser Wochenschr.
sagt, dass Behring hierfür in seinem Vortrage vom 7. December
1893 das einfache Normalserum für ausreichend erklärt habe, so
ist das ein Irrthum. Dieser Vortrag ist in den Sitzungsberichten
der Pharmaceutischen Gesellschaft abgedruckt, und man kann da-
»elbst lesen (Sep. Abdr. S. 7), dass Behring im Text die „Er¬
wartung“ ausspricht, es werde 1 ccm von dem einfachen Normal¬
serum zur Immunisirung ausreichen; in einer Anmerkung (1. c. S. 7)
ist jedoch ausdrücklich hervorgehoben worden, dass diese Erwartung
sich nicht erfüllt hat, und dass wir deswegen stärkere Antitoxin¬
lösungen abgeben würden. Das ist in vielen hundert Fällen ge¬
schehen und zwar unentgeltlich. Bis 'jetzt sind unsere Erfahrungen
über die zur Immunisirung ausreichende Dosis noch nicht ab¬
geschlossen; bevor das aber der Fall ist, wollen wir den Vertrieb
des Mittels zu Immunisirungszwecken noch nicht gestatten, damit
nicht etwaige unbefriedigende Erfahrungen auf Kosten des Publikums
gemacht werden.
Ad 1. b) Die zur Heilung acut verlaufender Diphtheriefälle
beim Menschen erforderliche Dosis glauben wir jetzt zu kennen,
auf Grund von zahlreichen Beobachtungen beim Menschen, für
welche das Diphtherieheilmittel unentgeltlich hergegeben worden
ist. Aus mehreren Gründen kann jedoch von uns gegenwärtig
dasselbe für Heilzwecke noch nicht freigegeben werden. Einer
dieser Gründe ist der, dass vorläufig sich noch nicht übersehen
lässt, zu welchem billigsten Preise bei fabrikmässiger Herstellung
das Mittel abgegeben werden kann. Man kann sich von der
Wichtigkeit dieser Frage ungefähr eine Vorstellung machen, wenn
man berücksichtigt, dass unter Zugrundelegung des von der
Sehe ring'sehen Fabrik zuerst gewählten Verkaufspreises eine
mittlere heilende Antitoxindosis über 100 M. kostet.
ad 2. In dem schon von Behring (No. 15 dieser Wochenschr.)
citirten Circular der Sehe ring'sehen Fabrik ist nach unserer
Berechnung das Schering’sche Präparat als ein 20faches Normal¬
antitoxin bezeichnet werden. In No. 17 dieser Wochenschrift gesteht
dann Aronson (infolge der Beanstandung dieser Zahl durch
Behring) die Möglichkeit zu, dass das Präparat bloss ein 17faches
Normalantitoxin sei. In No. 18 dieser Wochenschrift sieht er sich
veranlasst, weitere Concessionen zu machen, indem er 60o/ 0 als
äusserste Grenze angiebt, bis zu welcher sein Präparat minder-
werthig sein könne. Wir müssen dazu die Erklärung abgeben,
dass er sich auch da noch zu gunsten seines Präparates täuscht. 1 )
In einer Originalarbeit von Behring und Bo er, welche in
der nächsten Nummer dieser Wochenschrift erscheinen wird, soll
nachgewiesen werden, dass Niemand, der nicht im legalen Besitz
des für unseren Privatgebrauch reservirten Titers ist, das Recht
hat, sich auf denselben zu beziehen. Wer trotzdem für sein Prä¬
parat von unserem Titer Gebrauch macht, setzt sich der Gefahr
aus, in unangenehmer Weise desavouirt zu werden. A priori ist
es ja möglich, dass ein solcher Untersucher seine Präparate nicht
blos überschätzt, sondern auch unterschätzt. Aronson hat das
Sehe ring'sehe Präparat so sehr überschätzt, dass ein öffentliches
Interesse vorlag, dies auszusprechen.
Man wird es verständlich finden, wenn wir es für geboten er¬
achten, den Angaben des Herrn Aronson gegenüber diejenige
*) Herr Aronson hat wohl das Richtige getroffen, wenn er annimmt,
dass die Ursache seiner Täuschung darin gelegen ist, dass die von ihm
zur Antitoxinbestimmung gewählte Giftdosis eine andere sei, als die
unselige. Er drückt sich aber nicht correct aus, wenn er sagt, dass
Prof. Ehrlich eine grössere Dosis genommen habe. Wir würden es
richtiger finden, wenn er die Ursache der Ueberschätzung seiner Präparate
darin suchte, dass er aus mangelnder Sachkenntniss eine zu kleine uiit-
dosis irrthümlich gewählt habe.
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438
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20
Vorsicht entgegenzubringen, welche durch die Sachlage und durch
die bisherigen Erfahrungen geboten ist.
IV. Aus Dr. Boas’ Poliklinik für Magen- und Darm-
krankheiten in Berlin.
Zur Frühdiagnose des Magencarcinoms.
Von Dr. Paul Cohnheim, prakt. Arzt in Berlin.
Wenn heute unsere Behandlung des Magencarcinoms so wenig
dauernde Erfolge aufzuweisen hat, so liegt die Schuld zum grössten
Theil daran, dass diese Krankheit vom inneren Kliniker zu spät
mit Sicherheit diagnosticirt, vom Chirurgen zu spät in Angriff ge¬
nommen werden kann. „Das kurze Charakteristicum Brinton s,
sagt Ewald, 1 ) vom Magenkrebs, obscure in its Symptoms, frequent
in its recurrenco, fatal in its event, besteht trotz mehrfacher Be¬
reicherung unserer Diagnostik und Therapie auch heute noch zu
Recht.“
Was uns also zur wirksamen und aussichtsvollen Therapie
der Krankheit fehlt, ist die Möglichkeit, die Diagnose zu einer
Zeit zu stellen, in der ein Eingriff ein dauernd gutes Resultat ver¬
spricht. Sind zwar Fälle mitgetlieilt, in denen auch bei bereits
vorgeschrittener Krankheit, nachdem sie der Diagnose keine
Schwierigkeit mehr bot, die Ergebnisse der Operation glänzende
waren, so gehören diese Fälle doch zu den Seltenheiten. Man hat
sich bisher leider bei dem Mangel an frühzeitigen Kriterien einer
malignen Neubildung am Magen nicht eher zu einem Eingriff ent-
schliessen können, als bis das Auftreten eines Tumors zwar die
Diagnose sicher stellte, die Chancen einer Heilung aber sehr ver¬
minderte.
Ist es aber nicht möglich, auch ohne nachweisbaren Tu¬
mor eine sichere Entscheidung zu treffen, d. h. nicht allein auf
Grund des allgemeinen Krankheitsverlaufs eine Wahrscheinlichkeits¬
diagnose zu stellen, sondern den positiven Beweis für das Vor¬
liegen eines Carcinoms zu liefern?
Auf diese Möglichkeit hat zuerst Boas 2 ) mit den Worten:
„Starke U ffelmann’sche Reaction involvirt. nach meinen Erfahrungen
einen Verdacht auf Vorhandensein eines Magencarcinoms“; und
später 3 ) in einer Arbeit in der Deutsch, med. Wochenschr. hinge-
gewiesen.
War auch früher schon allgemein das Vorkommen von Milch¬
säure im Magensaft Krebskranker, bei denen Anacidität bestand, con-
statirt, so war doch, weil man noch der Anschauung huldigte,
dass überall, wo Salzsäuremangel war, sich reichlich Milchsäure
bilden sollte, auf diesen Umstand viel zu wenig Gewicht gelegt
worden.
Boas bekämpft zunächst die alte Ansicht, dass die chronische
Gastritis mit Milch- und Fettsäuregährung einhergehe, und weist
dann nach, dass man bei jedem careinomatös degenerirten Magen
mitUffelmann’s Reagens eine intensiv zeisig- oder canarien-
gelbe 4 ) Färbung erhält, während in jedem anderen Mageninhalt
zwar gleichfalls Milchsäure bei dem bisher üblichen Probefrühstück
resp. -mahlzeit vorhanden ist, aber nicht hinreichend, um Uffel-
mann’s Probe positiv ausfallen zu lassen.
Wie Ewald 5 ) sagt, liegt eben der Vorzug des Uffelmann’schen
Reagens in diesen Fällen in seiner allzu geringen Empfindlichkeit,
weil nur die reichliche Anwesenheit von Milchsäure bei der Diffe¬
rentialdiagnose in Betracht kommt.
Zum Zustandekommen einer solchen intensiven Milchsäure-
reaetion sind zum mindesten Stagnation des Mageninhalts und
dauernder Mangel an freier Salzsäure nothwendig; ist nur eine
dieser Bedingungen erfüllt, wie bei der Gastritis chronica oder der
Magendilatation, so vermissen wir das Auftreten der Reaction. Ob
beim Carcinom noch specifische, die Milchsäurebildung befördernde
Momente mit im Spiele sind, mag an dieser Stelle unerörtert bleiben.
Ich möchte also den Satz aufstellen: Findet man bei einem
auf Carcinom verdächtigen Fall Stagnation des Mageninhalts und
constant intensive Milchsäurereaction bei dauerndem Mangel an
freier Salzsäure, so kann man mit ziemlicher Sicherheit die
Diagnose auf eine maligne Neubildung stellen.
*) Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten, I. Aufl. p. 153.
*) Boas, Diagnostik der Magenkrankheiten. Theil I, 2. Aufl., p. 159
und Theil II, p. 145 u. 146.
3) Boas, Beiträge zur Diagnostik der Magenkrankheiten. Deutsche
med. Wochenschr. 1892, No. 17.
4 ) Man findet in der Litteratur häufig Angaben über das Vorkommen
mehr oder weniger reichlicher Mengen von Milchsäure auf Grund der
Uffelmann’schen Reaction. Nach zahlreichen in der Poliklinik angestellten
Beobachtungen ist eine andere, als zeisig- (citronen-, canarien-) gelbe
Farbenreaction absolut unzulässig. Nur jene Farbennuance, diese aber
mit Sicherheit, ist für das Vorkommen von Milchsäure beweisend.
s ) Ewald, Klinik der Verdauungskrankheiten. III. Aufl. p. 22.
Der nachstehende Fall wird dies näher illustriren:
Albert R., Former, hereditär nicht belastet, bisher magengesund, er¬
krankte im November 1891 mit dyspeptischon Beschwerden, die in krampf¬
artigem, zusammenziehendem Gofühl in der Magengrube, meist kurz nach
dem Essen, Sodbrennen, Appetitlosigkeit und Verstopfung bestanden.
Einmal trat Erbrechen auf, nie war Blut im Erbrochenen oder Stuhl be¬
obachtet worden. Die Beschwerden steigerten sich angeblich bei linker
Seitenlago und waren bei Fleischkost stärker, als bei Pflanzennahrung.
Vom November 1891 bis April 1892 verlor er 14 Pfd. an Körpergewicht.
Da jede Therapie erfolglos blieb, wird er vom behandelnden Arzt in die
Poliklinik geschickt.
Am 6. April 1892 wird folgender Befund erhoben: Patient unter¬
setzt, von blasser Farbe, Muskulatur kräftig, Fettpolster gut entwickelt,
Abdomen mässig aufgetrieben, vorn 2 Querfinger unter dem Schwertfort¬
satz in der Mittellinie ein umschriebener Schmerzpunkt von 3 kgr (be¬
stimmt nach dem von Boas angegebenen Algesimeter), hinten links neben
der Wirbelsäule zwischen XI. und XII. Brustwirbel gleichfalls ein um¬
schriebener Schmorzpunkt von 3 kgr; Magen nicht atonisch, nirgends im
Abdomen eine Resistenz fühlbar.
Die Diagnose wird zunächst auf ein Ulcus ventriculi gestellt, für das
namentlich die typisch nach dem Essen auftretenden Schmerzen und die
gut localisirten Druckpunkte sprechen. Von einer Sondirung wird des¬
halb vorläufig abgesehen.
Der Erfolg der angewandten Therapie, heisse Breiumschläge und
Argentum nitricum in Lösung (0,3:120,0), schien uns zunächst eine Be¬
stätigung der Diagnose zu geben, insofern nach zwei Wochen der vordere
Schmerzpunkt nicht mehr nachweisbar, der hintere bis auf 9 kgr herab-
gomindert war. Als die Beschwerden aber wieder Zunahmen, wird Patient
am 24. April 1892 mit dem gewöhnlichen Probefrühstück (1 Brödchen und
2 Glas Wasser) untersucht.
Wider alles Erwarten wird ein Mageninhalt gewonnen, der keine
freie HCl enthält, nur schwach sauer roagirt (Gesammtacidität 14) und
ganz unverdaute Weissbrodbrocken, entsprechend dem Inhalt bei einer
chronischen Gastritis, enthält. Die Milchsäureprobe mit.Uffol-
mann’s Reagens fällt intensiv aus; man erhält eine zeisiggelbe
Farbennuance.
Die an den nächstfolgenden Tagen wiederholte Magensaftunter¬
suchung ergiebt stets das gleiche Resultat, keine freie HCl, intensive
Milchsäurereaction. Die Fermentuntersuchung weist einen Mangel an
Pepsin und Lab nach, während die Vorstufen beider Fermente vorhanden
sind. Pepsinogen ist bis zur 10., Labzymogen bis zur 50. Verdtinuung
wirksam.
Das Krankheitsbild gewinnt durch diesen Befund sofort ein
anderes Aussehen. Jetzt konnte nicht mehr an der Diagnose
Ulcus festgehalten, sondern die Möglichkeit einer ernsteren Magen-
affection musste ins Auge gefasst werden. Von einem Tumor war
jetzt ebensowenig als früher etwas zu constatiren.
In Hinsicht auf den HCl-Mangel kamen differential-dia¬
gnostisch drei Möglichkeiten in Betracht. Es konnte sich handeln
um eine einfache nervöse Anacidität, um eine chronische Gastritis
oder um eine, in der Entwickelung begriffene, maligne Neubildung.
Allerdings sprach von vornherein die reichliche Anwesenheit von
Milchsäure gegen die ersten beiden Möglichkeiten. Eine absolut
sichere Entscheidung liess sich damals noch nicht treffen.
Am 1. Mai 1892 w p ird Patient nüchtern untersucht, w f obei sieb reich¬
liche Mengen von Speiseresten, etwa ein Wasserglas voll, vorfinden. Sie
riechen nicht zersetzt, enthalten keine freio HCl, reichlich Milchsäure
(zeisiggelbe Farbe), aber keine Hefe oder Sarcine. Derselbe Befund wird
an den folgenden Tagen wiederholt erhoben, so dass das Vorhegen einer
ausgesprochenen Mageninsufficienz bewiesen war. _ .
Hiermit war ein neues Symptom zu dem bisherigen Krankheitsbilde
hinzugetreten, das uns eine greifbare Handhabe zu einer entscheidenden
Differentialdiagnose bieten zu können schien.
Das Allgemeinbefinden des Patienten hatte sich inzwischen erheblich
verschlechtert, Patient klagt über Schlaflosigkeit, Schwindel, Schwäche
und öfteres Erbrechen. Auch an Körpergewicht hat er wieder verloren.
Wir konnten eine Gastrectasie, bedingt durch eine gutartige
Pylorusstenose, ausschliessen. Sprachen ,;schon der Mangel an
freier HCl und Sarcine gegen diese Erkrankung, so wurde sie
durch den Befund bei der Aufblähung des Magens gänzlich aus¬
geschlossen. Die Grenzen des Organs überschritten die Nabcllinie
nicht, Plätschergeräuscho waren niemals nachweisbar.
Die * Stagnation des Mageninhalts sprach auch direkt gegen
eine genuine, chronische Gastritis, denn gerade bei dieser erfolgt
erfahrungsgemäss in der Regel eine ebenso prompte Beförderung
der Speisen in den Darm als in der Norm, in vielen Fällen ist die
motorische Function des Magens sogar gesteigert, nur ausnahms¬
weise verringert, allerdings niemals in ähnlich hohem Grade, wie
bei Carcinom oder gutartiger Ectasie.
Die einzige Erkrankung, welche alle bisherigen Symptome zu
erklären imstande w f ar, blieb eine maligne Neubildung. Mochte sie
ihren Sitz in der Nähe des Pylorus haben und dadurch eine Stenose
verursachen, oder mochte sie an anderer Stelle des Magens sich ent¬
wickelt und durch Hineinwuchern in die Muscularis diese functions¬
untüchtig gemacht haben, immer erklärte sie alle vorliegenden
Symptome.
Ende Mai 1892 wird Patient, trotzdem von einem Tumor nicht
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
_ DE UTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
17. Mai._ _
das Geringste nachweisbar ist, von Dr. Boas im Aerztecurs mit
der Diagnose eines beginnenden Carcinoms vorgestellt, für das
folgende Symptome sprachen:
1. Auftreten von hartnäckigen Magenbeschwerden ohne nach¬
weisbare Ursache bei einem 40 Jahre alten Manne, der frülior stets
magengesund war.
2. Der zunehmende körperliche Verfall des Kranken.
3. Das wiederholte Erbrechen.
4. Das Fehlen freier HCl.
5. Stagnation des Mageninhalts.
6. Exquisite Milchsäurereaotion.
Es fehlte nur der Nachweis eines Tumors, um die Kette der
Beweise zu schliessen.
Patient wird jetzt mit. regelmassigen Mngenausspülungen behandelt
wonach er sich soweit erholt, dass er am 15. Juni 1892, also nach
2 7a monatlicher Behandlung, als gebessert aus der Behandlung entlassen
wird.
Nach einem Zeitraum von 2 Monaten, also Ende August 1892, stellt
sich Patient wieder vor. Er hat in der Zwischenzeit gearbeitet.’fühlte
sich aber sehr matt dabei. Er erbrach öftere nüchtern und am Tage
Schleim und Speisen, trotzdem er die Ausspülungen regelmässig zweimal
wöchentlich zu Hause fortgesetzt hatte. “
Die Abmagerung hat weiter zugenommen, dio Haut ist welk die
Leber wird etwas vergrössert gefunden, ein Tumor ist nicht nachweisbar
Die intensive Milchsäurereaction und der übrige Befund am Mageninhalt
ist gegen früher unverändert. ” &
Nach einmonatlicher Behandlung wird Patient einem Krankenhaus
uberwiesen. Das Erbrechen hatte zwar an Häufigkeit nachgelassen die
subjectiven Beschwerden sich dagegen gesteigert. Patient klagt’über
8c hin erzen am Proc. xiph., grosse Schwäche und Schwindelgefühl. Als
er Ende September 1892 zum zweiten mal unsere Behandlung verlässt
bietet er das Bild einer zunehmenden Cachexie. ’
Als wir den Patienten nach etwa 2 Monaten, Anfang December 1892
m seiner Wohnung aufsuchten, bot er einen traurigen Anblick. Der
früher robuste Mann war fast zum Skelett abgemagert. Nach seinen An¬
gaben erging cs ihm im Krankenhaus sehr schlecht, er erbrach zuletzt
ooDf. c “ jtu ? T ter auch kaffeesatzartige Massen und magerte bis auf
WTfd. ab. Zu Hause, wo er eine sorgfältigere Auswahl der Speisen traf
ging es ihm etwas besser.
Am 8. December 1892 wird folgender Befund erhoben: Ausge¬
sprochene Cachexie, Oedeme an den Knöcheln. Inguinaldrüsen beiderseits
stark geschwollen, Zunge etwas rissig, nicht belegt. Puls 90. schwach
leicht unterdrückbar. Zwischen rechter Stemal- und Parastemallinie in
flor ALtte zwischen Proc. xiphoideus und Nabel fühlt man einen harten, auf
ruck schmerzhaften, respiratorisch verschieblichen, exspiratorisch nicht,
nxirbaren rumor, der der Leber anzugehören scheint. Die Magenwand
M “J^erordentlich aufgetriebon, der Magen der Inspektion nach nicht
Nabelhöhe ^ PliUschera ’ die grosse Curvatur der Percussion nach in
: Am 16. December 1892 erfolgt Exitus; die Section. welche pich aus
äusseren Gründen auf das Abdomen beschränken musste, ergab folgendes-
otark abgemagerte männliche Leiche; Abdomen eingesunken. Magen
* 1 ™ nuu g der Bauchhöhle sofort frei, ist frei beweglich, nir-
genos verwachsen, etwas vergrössert, Serosa überall spiegelnd;' die Pars
kL°JÜ C r f rÖ ! Stent ' 1<,iIs von der Leber überdeckt, zu einem äpfelgrossen.
iniÄf^T Tumor umgewandelt, der zu einem kleinen Thcil noch
Tlw.ii ' ^ (CS E e bejTandes sicht- und fühlbar ist lind zum allrrirrüssten
licUrn dor rechte Banchhftlfte Hegt; Leber und Netz mptat.Wifrei;
S*,™* 1 ."«» durchgängig, seine InnendiU'lie ulccrirt, nidi!
1- o* "i”’«? Ma 6 0n nicht «•griff™, Neubildung ist scharf
gegen das Gesunde abgegrenzt,
al« „in ! h L d( | r “ ikrosko I )ischftn Untersuchung erweist sich dio Neubildung
hanfflL hr i 1 •“degewobsreiches Adenocarciuom, das nach der Sehleim-
4t7t ilin ^ n enid; ISt ' Aluscularis ist von Geschwulstelemonten durcli-
lzt ’ dl ° kubserosa und Serosa frei.
Sect j on bestätigte also unsere Diagnose, welche nach
reih fi M g ?° S C0nstant0ü ’ hohen Milchsäuregehalts be-
(Nrr-inATi 0na !fi, a . nte mor t ,eil i ohne nachweisbaren Tumor auf
Palm tim! g ® s , t ? llt war > vollkommen. Ein Tumor war deshalb der
Leber zugän ^ lic h, weil er anfangs vollständig von der
"eiche wir War V ^ ie ^esisteJKB in der Gallenblasengegend,
dem Pvin»M wne Lebermetastasc gehalten hatten, gehörte also
Irrthum ¥1: ,. Dle un g«wölmliche Lage des Tumors lässt diesen
irrtnum verzeihlich erscheinen.
der Eall noch eine Anzahl ganz ähnlicher, in
des Mmmn Glt - beachteter, die klinisch unter den Symptomen
so glückS m0ms zu 8 Tund e gingen, anreihen, wenn wir
Seetion J e ' vesen , wäreu » die betreffenden Diagnosen durch die
klinischen p™V U köl } nen - Leider war dies, wie so oft bei poli-
keine Schwierig?!!* 1 ’ I P- ÖgUch ’ Sowohl die der Diagnostik
als auch die .feiten me br bietenden Fälle mit fühlbarem Tumor,
zeigten ZUm . Pode °^ ne P a lpabeln Tumor verlaufenden
ristische Miinn?’ mifc ? iner Ausnahme, die genannte charakte-
1. April 1892 ^ Ure r ea w lon - Zur Beobahtung kamen seit dem
«ircinom, ausserdem 1 ! J, 893 10 • 6i< here PalI ° von Magcn '
falls die • A Uesophaguscarcmome, von denen eins eben-
tenstische Reaction zeigte. Im Gegensatz dazu
__ _ _439
möchte ich ausdrücklich hervorhebon, dass weder hei den Pallen
,.Tt' Sri M f ( - 6 , m d *, reelbc " Zoia - noch von echter, chronischer
nut HCl-Mangel cmhergehomler Gastritis (14 in derselben Zeit) je¬
mals cm positiver Ausfall der Uffclmann’schen Reaction beobachtet
worden ist Zu behaupten, dass bei diesen Fallen überhaupt
keine Milchsäure vorkomme, liegt mir fern. 1
In dem hior mitgothciltcn Falle hat uns also das
constante Auftreten der Milchsäure eine Frühdiagnose
ermöglicht, und zwar ermöglicht zu einer Zeit, in wefcheV
mit Rücksicht auf das bei der Section gefundene Fehlen
jeglicher Metastasen oder Verwachsungen, auf einen
dauernden Erfolg von einem verhältnissmässig geringen
Eingriff hätte gerechnet werden können. 43
Sollte sich die hier gemachte Erfahrung allgemein bestätigen
so hätten wir damit einen bedeutenden Schritt vorwärts in der
Diagnostik und Therapie des Magencarcinoms gethan.
Zum Schlüsse ist es mir eine angenehmo Pflicht, Herrn Dr.
Boas auch an dieser Stelle für die Ueberlassung des Materials
und die liebenswürdige Unterstützung bei der Bearbeitung des¬
selben meinen verbindlichsten Dank auszusprechen.
Nachschrift bei der Correctur: Seitdem diese Arbeit ge¬
schrieben war, ist es Herrn Dr. Boas gelungen, das Vorkommen
abundanter Mengen von Milchsäure beim Magencarcinom an der
Hand einer neuen, chemisch zuverlässigen Methode zu erweisen. 1 )
V. Aus dem Städtischen Krankenhause am Urban in Berlin,
Abtheilung des Herrn Director Dr. Körte.
Ueber traumatische Schädeldefecte und ihre
Deckung.
Von Dr. Adolf Brentano, Assistenzarzt.
(Schluss aus No. 18.)
Die Fälle, die auf die geschilderte Weise behandelt wurden,
waren folgende:
Fal1 19 J ähri £ er Arbeiter A. H., aufgenommen 17. Octobor 1891.
Wurde am Tage der Aufnahme durch einen Schlag mifc einem spitzen
Stein über dem linken Auge verletzt. Danach heftige Schmerzen, starke
Blutung, aber keine Bewusstlosigkeit oder Lähmungen. Kommt zu Fuss
in’s Krankenhaus. LTeber dem linken Orbitalrand nahe der Mittellinie
eine dreieckige klaffende Wunde, von der aus man in eine mit Blut er¬
füllte Höhle gelangt.
Diagnose: complicirte Fractur der Vorderwand des Sinus frontalis.
Operation in Chloroformnarkose (Dr. Körte). Freilegung der Bruch¬
stelle unter Zurückschiebung des Periostes. Die vordere Wand des Si-
■ nus frontalis zeigt mehrfache Fissuren, ein Knochenstück ist aus seinen
! Verbindungen vollkommen gelöst und liegt in der Stirnhöhle; andere
J Knochenstücke sind mit ihren Bändern in dio Höhle eingedrückt; die-
1 seihen werden mit dem Elevatoriuin in ihre normale Lage zurückgebracht,
das ganz gelöste Knochenstück wird aus der Stirnhöhle herausgehebclt
und nach erfolgter Desiufectiou in den Defect implantirt, Einlegen eines
Schmalen Drains in den Sinus, Periostnnht. Hautwunde zum grössten
Theile durch Seidennähtc vereinigt. Reaet ionsloset Verlauf.
Am 28. November geheilt entlassen, ohne nachweisbaren Defect an
dem Orte der Fractur.
(Der Patient wurde von Herrn Dr. Körte in der freien Vereinigung
der Chirurgen Berlins, Sitzung vom 12. Juni 1893 vorgestellt.)
Fall 2. 3G Jahre alter Kutscher Gustav Sch., 3 ) aufgenommen
8. März 1892. Durch Hufschlag am Kopfe verletzt. Wird unmittelbar
nach dem Unglücksfall mittelst Trage in das Krankenhaus gebracht. Ltih-
A ...._1_• L.
aus aer vv unae quillt Uelimunasse. Mit dem cmgclührtcn ringer wird
eine ausgedehnte complicirte Fractur des rechten Scheitelbeins mit De¬
pression der Trümmer festgestellt. Operation in Chloroformnarkoso
(Dr. Körte).
Reinigung der Wunde. Entfernung von Sand, Pferdedünger und
zahlreichen Haaren. Nach Erweiterung der Hautwunde zeigen sich von
der Fracturstello ausgehend mehrere Fissuren, in einer derselben sind
Haare eingeklemmt, die durch Ausnieisselung entfernt werden. Meissel-
trepanation behufs Lösung und Entfernung der zahlreichen Splitter,
zwischen denen sich gleichfalls noch viele Schmutzpartikel befinden. Der
dabei geschaffene Defect misst 7: 3*/□ cm. Dura eingerisseu. Gehirn-
oberlläche in markstückgrosser Ausdehnung zertrümmert. Die zertrüm¬
merte Gohimmasse wird durch Abwäschen mifc Jodofomigazo entfernt.
Blutung aus zwei Duraarterien durch Umstechung gestillt. Durawundo
durch Catgutnähte verkleinert. Drainage der Gehirnwundo mit Jodo¬
formgaze, Implantation. Die implantirten Knochenstücko mit Silk pro-
9 cf. Boas, Eino neue Methode der qualitativen und quantitativen
Milchsäurebestimmung im Mageninhalt, Deutsch, ined. Wochcnsehr. 1893,
No. 39. und Ueber das Vorkommen und die diagnostische Bedeutung
der Milchsäure im Mageninhalt, Münchener med. Wochenschr. 1893,
No. 43.
3 ) Vorgestcllt der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins am
13. März 1893 vom Verfasser.
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
440
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20
tectif bedeckt. Darüber noch ein Jodoformgazestroifen gelegt boidon-
naht der Hautwunde. Puls bei Beginn der Narkose 52, steigt nach Er¬
hebung der Knochenstücke auf 60. Am Nachmittage desselben Inges
Puls bereits 76. Sensorium völlig klar, Erbrechen. Klagen nher Kopf¬
schmerzen. Deutliche Parese der linken Seite mit Steigerung dei Ketlex-
erregbarkeit. , . Tr /• i
8. Mürz. Noch Erbrechen. Puls 72, regelmässig. Kopfschmerzen.
Parese besteht fort. . ... ,. ,
12. Mürz 1892. Erster Verbandwechsel. Wunde völlig reactionslos.
Entfernung der zur Drainage eingelegten Silk proteetif- und Jodoiorm-
gazestreifen. In der Tiefe der DrainageÖflnung sieht, man die linphin-
tirten Knochenstttcke. die bei dem Versuche, sie zu bewegen, nicht
nachgeben. In die Wundwinkcl lose und oberflächlich Jodoformgaze em-
geführt. Aseptischer Verband. Parese der linken Seite besteht noch.
Kopfschmerzen. T ,
16. März. Parese verschwunden. Verbandswechsel, .Jodoformgaze
ganz weggolassen. Drainageöffnungen durch beidennähle zusammenge-
/0=,0l 22. März. Entfernung sämmtlicher Nähte. Wunde fast geheilt,
Patient steht auf. Kopfschmerzen haben nachgelassen.
19. April. Allgemeinbefinden sehr gut. Keinerlei Beschwerden.
Wunde verheilt bis auf eine erbsengrosse Stelle am Orto der früheren
Drainage. Hier besteht eino kleine Fistel, von wo aus man mit der
Sonde auf rauhen Knochen kommt.
Die Heilung dieser kleinen Fistel verzögerte sich und erfolgte erst,
als am 4. August der ca. erbsengrosse nekrotische Thcil eines der einge¬
pflanzten Stücke mit dem Elevatorium entfernt wurde.
Am 24. August 1803. Entlassung. Defect im knöchernen Schädel
nicht mehl* nachweisbar. Patient klagt über Kopfschmerzen und abnorme
Gefühle in der Umgebung der Narbe, die tief eingezogen^ und an ihrer
tiefsten Stelle mit dem Knochen adhürent ist. An der Stelle, wo das
nekrotische Knochenstückchcu entfernt worden ist, besteht noch etwas
Secretion in der noch nicht ganz geschlossenen Wunde.
Circa zehn Wochen später, am 9. November 1892, wurde Patient
von der Berufsgcnosscnschalt zur Beobachtung in’s Krankenhaus zurück-
geschickt, da er sich mit der ihm zugesprochenen Pente nicht zufrieden
geben wollte. Seine Beschwerden waren rein subjectivcr Natur (Kopf¬
schmerz, Flimmern vor den Augen, Sehwindelgefübl). und wir glaubten
deshalb ernstlich an Simulation. Da sich indess sein Zustand während
mehrwöchentlicher Beobachtung nicht besserte und immerhin die Möglich¬
keit vorlag, dass die Erscheinungen durch Druck eines der implantirten
Knochonsttteko oder durch einen Absccss oder eine Cyste an der ver¬
letzten Gehirnpartie hervorgerufen wurden, wurde beschlossen, die da¬
mals verletzte Stelle aufs neue durch temporäre Resection nach Wagner
freizulegon.
Am 30. November 1892. Operation in Chloroformnarkose (Dr. Körte).
Bildung eines Hautperiostknochenlappens mit Brücke nach aussen, Schä¬
delknochen sehr hart. Beim Aufheben brach der Knochenlappen an meh¬
reren Stellen, entsprechend den noch sichtbaren Zwischenräumen zwischen
den implantirten Stücken ein und man konnte die letzteren in ihren Um¬
rissen noch erkennen, obschon sie fest mit einander verkittet waren.
Dura mit dem Gehirn an der tiefsten Stelle verwachsen, losgelöst und
durchtrennt. Ziemlich starke Blutung. Etwa dem mittleren Drittel der
vorderen Centralwindung entsprechend, liegt eine gelblichrothe Masse
vor, von der cs nicht klar ist, ob sie ein altes Blutcoaguluin oder zer¬
trümmertes Gehirn darstellt. Die Masse wird herauspräparirt und er¬
weist sich hei der mikroskopischen Untersuchung als veränderte Geliirn-
substanz. Punction des Gehirns nach drei verschiedenen Richtungen ohne
Resultat. Keino wesentliche Prominenz der eingepflanzten Stücke gegen
die Dura, die die Gehirnerschoinungcn hätte erklären können. Drainage
der Gehimwunde, Naht der Dura, Reposition des Knochenlappens, der
innerhalb der nächsten 12 Tage einheilt. In den ersten sechs Tagen
nach der Operation traten wiederholt klonische Krämpfe der linksseitigen
Hals-, Nacken- und Armmusciilatur auf, die mit Bewusstlosigkeit und
starker Schweisssecretion einhergingen und ohne Zweifel auf die bei der
Operation gesetzte Hirnverletzung bezogen werden müssen.
Bei der Entlassung am 29. Januar 1893 bestand ein vollkommen
fester, knöcherner Verschluss an der Stelle der früheren Fractur. Die
Weichtheilsnarbe ist am Knochen nicht mehr adhürent, aber tief einge¬
zogen. Druck auf dieselbe verursacht heftige Schmerzen. Patient klagt
über Flimmern vor den Augen, Ohrensausen, Taubheit in den Fingern der
linken Hand und Schwäche in den Beinen. Wieweit diese seine Klagen
berechtigt waren, konnte mit Sicherheit nicht festgestellt worden, aber es
lag die Vermuthung nabe, dass er, um eine Erhöhung seiner Unfallsrente
zu erzielen, stark übertreibe. (Diese Vermuthung scheint ihre Bestäti¬
gung darin zu finden, dass cs ihm wesentlich besser geht, seitdem er in
den Besitz der vollen Rente gelangt ist. Ende August 1893 konnte dies
festgestellt werden und gleichzeitig das Fortbestehen des festen Ver¬
schlusses des früheren Defectes.)
Fall 3. 17jäliriger Mechaniker Otto B. 1 ), aufgenommen am 17. Mai
1892. Patient soll am Abende des 15. Mai einen Schlag mit einem
Stocke über den Kopf bekommen haben. Danach sei er nach Aussage
seiner Begleiter sofort zu Boden gestürzt. Er konnte sich jedoch wieder
erheben und mit Unterstützung seiner Begleiter seine Behausung auf¬
suchen. Am nächsten Tage blieb er im Bett, war thcilnahmlos, antwortete
seinen Eltern jedoch. Am 17. Mai veranlasste zunehmende Bewusstlosig¬
keit und schweres, schnarchendes Athmen seine Ueberführung in’s Kranken¬
haus am Urban. Bei der Aufnahme besteht völlige Bewusstlosigkeit, laut
schnarchende Athmung, kleiner, kaum fühlbarer, unregelmässiger Puls
*) Vorgestellt in der Sitzung der Freien chirurgischen Vereinigung
vom 13. März 1893 vom Verfasser.
(60 in der Minute). Rechter Arm und rechtes Bein gelähmt, setzen
passiven Bewegungen einen gewissen spastischen Widerstand entgegen.
Auf der linken Seite ab und zu Zuckungen. Im Gebiete der Himnerven
keine Lähmungon. Gesteigerte Itefloxerregbarkeit rechts. Ausfluss von
blutigem Serum aus dem linken Ohr. Erst beim Rasiren wird eine kleine
Hautwunde über dem Tuber parietalo sinistrum bemerkt.
Operation in Chloroformnarkose (Dr. Kürte). Bogenförmiger Haut¬
schnitt mit seiner Basis hinter und etwas oberhalb des linken Ohransatzes
durch die Hautwunde gehend, legt ein grosses Blutextravasat frei. Ein
zweiter Schnitt von 8 cm Länge gegen die Mitte der Stirn, von der
Wunde beginnend. Nach Ausräumung des Blutergusses wird eine De-
pressionsfractur des linken Scheitelbeines von etwa 5 cm im Quadrat fest¬
gestellt. Meisseltrepanation behufs Lösung der Splitter. Unter und
zwischen denselben Blutgerinnsel. Ausräumung eines Blutextravasates,
dessen Menge etwa dor Grösse eines mittleren Apfels entspricht und das
zwischen Dura und Schädel lag. Dura selbst unverletzt. Auf der Dura
wird ein spritzendes Gefäss umstochen, ein anderes, der DiploS angc-
hörend, mit dein Paquelin behandelt. Fast unmittelbar nach Ausräumung
der Blutgerinnsel wird die Athmung ruhiger und weniger geräuschvoll,
der Puls regelmässiger und voller. Implantation der Splitter. Jodoform¬
gazedrainage nach der Stelle des ausgeräumten Blutergusses hin, durch
eine mit der Lu ersehen Zange geschaffene Lücke des Bruchrandes zur
Wunde herausgoleitet, Seidennaht der Weichtheile. Aseptischer Ver¬
band. Nach der Operation ist Patient zeitweise etwas unruhig, Puls ist
auf 116 gestiegen.
19. Mai. Deutliche Reaction auf Anrufen; Athmung ruhig und regel¬
mässig; rechter Arm wird etwas bewegt, rechtes Bein noch imbeweglich.
Freie Beweglichkeit der linken Extremitäten. Keine Augenmuskel-
lähmungen, dagegen leichte Parese des rechten Facialis. Sensibilität an¬
scheinend intact. Reflexerregbarkeit nicht mehr gesteigert. Puls regel¬
mässig, 92. Verbandwechsel. Wunde völlig reactionslos. Entfernung des
Jodoformgazestreifens ohne nennenswerthe Blutung, dafür ein kleines
Stück Silk proteetif eingeführt.
20. Mai. Es besteht eine amnestische Aphasie. Rechter Arm noch
pare tisch.
23. Mai. Völlige Wiederkehr des Sensorium. Die Aphasie hat sich
zurückgebildet, so dass ihm nur noch einige Worte fehlen. Der rechte
Arm wird ausgiebiger bewegt. Verbandwechsel. Entfernung der Nähte. —
Allmähliche Zurückbildung der Aphasie und der rechtsseitigen Parese.
10. Juli. Patient wird geheilt entlassen. Wunde ganz vernarbt.
An einer etwa fttnfpfennigstückgrossen Stelle am Orte der Drainage ist
noch Pulsation zu sehen, im übrigen der Defect vollkommen knöchern
geschlossen. Keinerlei Motilitäts- oder Sensibilitätsstörungen.
Am 26. Februar 1893 konnte festgestellt werden, dass eine Verän¬
derung in dem guten Befinden nicht eingetreten ist. Patient geht seit
langem seinem früheren Berufe als Mechaniker wieder nach, ohne bei der
Ausübung derselben Störungen irgend welcher Art zu empfinden.
Fall 4. 27jähriger Knecht Jakob D. 1 ), aufgenommen 7. Mai 1893.
Schlag mit einer Mistgabel über den Kopf. Kräftiger Mann. Sensorium
frei, giebt auf Fragen etwas langsam Antwort. Keinerlei Lähmungen.
w r eder im Gebiete der Gehirnnerven, noch an den Gliedern. An der
rechten Seite des Schädels eine 10 cm lange, stark verunreinigte Wunde,
fingerbreit vor dem rechten Ohre beginnend und nach der Mittellinie hin
verlaufend; Splitterbruch des rechten Scheitelbeins mit Depression der
Fragmente. Zwischen denselben sitzen an mehreren Stellen Haare und
Schmutzpartikel. Deshalb Operation in Chloroformnarkose (Dr. KörteJ.
Lösung und Herausnahme der gebrochenen Theile nach Abmeisselung der
Knochenränder. Es entsteht dadurch ein Defect von 6,5 cm Länge una
3,5 cm Breite. Lebhafte Blutung aus der Diploö der Knochenränder und
den Gefässen der Dura. Letztere macht drei Umstechungen nötnig.
Dura unverletzt. Implantation der Knochenstttcke. Drainage mit einem
Silk protectif-Streifen, der am unteren Wundwinkel herausgeleitet- wird.
Seidennaht der Weichtheile. Vollkommen reactionsloser, fieberfreier ver¬
lauf bis zum Abende des 12. Mai, wo ein 3 /4 Stunden dauernder, e P 1 *®P ft l ‘
form er Krampfanfall auftritt, dor ausschliesslich die linke Körpermuite
betrifft. Dabei Bewusstlosigkeit. Nach dem Anfalle bleibt eine iare
der Streckmuskulatur des linken Armes zurück. . .
14. Mai. Es traten wieder zwei Krampfanfälle der beschriebenen a
kurz nach einander und von je */■» sttindiger Dauer auf. Puls und len -
peratur sind dabei völlig normal. Nach dem Anfalle liegt Patient Be¬
wusstlos mit laut schnarchender Athmung und stark cyanotischem *
sichte im Bett und erinnert in seinem Aussehen stark an einen Ap -
piektischen. Deshalb Entfernung mehrerer Nähte aus der ganz reactionslos
Wunde. Mit der Pincette werden die schon verklebten Wundränaer
einer circumscripten Stelle wieder eröffnet und die implantirte Stelle 1 -
gelegt. Um die Dura und das Gehirn zugängig zu machen, werden z
der implantirten Knochenstücke mit dem Elevatorium herausgehebelt.
eingepflanzten Theile sind schon durch sehr gefässreiches, junges
gewebe miteinander verbunden und bluten bei der Herausnahme,
stark gespannte Dura wird incidirt, wobei ein ziemlich starkes tx e •
angeschnitten wird und unterbunden werden muss. Das Gehirn h°o^ ,
prall gespannt vor, wird ebenfalls incidirt und dabei ein kleiner
zertrümmerter Hirnsubstanz entdeckt. Die beiden herausgenonim
Stücke, die zusammen vielleicht die Grösse eines halben Marks
hatten, werden nicht wieder eingelegt, sondern die Wunde ganz one b
lassen und nur lose mit Jodoformgaze tamponirt. Im Laute des
liehen und des folgenden Tages traten noch mehrere Krampfanlaii
aber von kürzerer Dauer wie die früheren.
Vom 16. März 1893 ab hören dio Krämpfe auf und die Wundlieiiun 3
x ) Vorgestelltivon Dr. Körte [in der SitzungMer Berliner medicini
sehen Gesellschaft am 28.„Juni 1893.
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17- Mai.__ _DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
441
nimmt eineu normalen Verlauf. Die offen gelassene Stelle heilte ohne
Eiterung unter dem Blutschorfe, die implantirten Knochenstücke heilton
ein. In der Streckmuskulatur des linken Vorderarmes bestand anfangs
eine Parese, die langsam zurückging. D
Bei der Entlassung am 8 . Juli 1893 bestanden keinerlei cercbralo
Störungen mehr, und derDefect im Schädel war bis auf eine kleine Stelle,
wo man noch Pulsation wahrnehraen konnte, knöchern geschlossen.
Fall 5. Der 32jährige Arbeiter Rudolf K., aufgenommen am
3. Juli 1893, fiel beim Tragen eines schweren Ambosses die Treppe her¬
unter, wobei sich die Spitze des Ambosses dicht oberhalb des linken Ohres
in den Schädel einbolirte.
Kräftiger Mann, starke Benommenheit, Reaction auf Anrufen aber
noch zu erzielen. Keine nachweisbaren Lähmungen. Thalei-gros.se. stern¬
förmige Wunde mit unregelmässigen und stark gequetschten Rändern
4 cm über dem linken Ohr. Schon bei oberflächlicher Untersuchung fühlt
man zertrümmerten Knochen, der an einzelnen Stellen tief eingedrückt
erscheint. Massige Blutung. Starke Verunreinigung der ganzen%Vunde.
Aus dem Ohr fliesst kein Blut aus. In Aethernarkose (Operateur: Ver¬
fasser) wird zunächst die Haut bis zum Orbitalrande nach vorn und etwa
6 cm weit nach oben von der bestehenden Wimde aus gespalten, dann
der ganze Musculus temporalis linkerseits zu 3 / 4 seiner Breite quer durch¬
trennt und sammt dem Perioste zurückgeschoben. Es liegt nun eine
Splitterfractur fast des ganzen Planum temporale mit Depression der
Splitter vor. Randabmeisselung und Entfernung einer Anzahl Stücke von
verschiedener Grösse. Defect im Schädel beträgt 10 1 / 3 cm von vorn nach
hinten und 57a cm von unten nach oben. Dura au zwei Stellen ein¬
gerissen, die trennende Brücke wird mit der Scheere gespalten. An einer
Stelle, die etwa der untersten Temporalwindung entspricht, ist das Gehirn
im Umfange eines Einmarkstückes bis zu einer Tiefe von 2 cm zer¬
trümmert. Subduraler Raum und die Gehimwunde selbst mit feuchter
Sublimatgaze ausgerieben und in letztere ein schmaler Streifen Silk pro-
tectif eingeführt. Die gespaltene Dura wird wieder mit Catgut vernäht
bis auf einen ca. 2 cm langen Spalt über der Gehimwunde, aus dem ein
unter die Nahtlinie geschobenes Stück Jodoformgaze herausgeleitet wurde.
Implantation der Knochensplitter, wobei eine etwa markstückgrosse Stelle
über der Gekirnwunde frei gelassen wird. Naht des Musculus temporalis
mit versenktem Catgut. Seidennähte der Haut. Von zwei Wundwinkeln
aus werden schmale Jodolormgazcstreifen bis zu den implantirten Knochen¬
stücken vorgeschoben. Patient schläft in den ersten Tagen nach der
Verletzung viel. Es besteht eine motorische Aphasie, aber sonst keine
Lähmung. Puls bleibt dauernd normal. Höchste Temperatur am Abende
des 7. Juli 1893 38,2.
8 . Juli. Verbandwechsel. Wunde vollkommen reaetionslos. Silk-
und Jodoformgazedrainage entfernt.
• Die Aphasie bildet sich allmählich zurück. Mau sicht
eme über die ganze Wunde sich erstreckende Pulsation der Hautdecken,
010 1 ?jP^ ant * rten Knochen sind also noch nicht fest eingewachsen.
22 . August. Patient wird geheilt entlassen. An der Stelle, die bei
der Implantation offen gelassen wurde, besteht eine deutliche kleine Grube,
aber keine Pulsation. Der ganze frühere Defect scheint mit Knochen aus-
geiüllt zu sein. Irgend welche Erscheinungen, die auf die bestandene
crehirn Verletzung hingewiesen hätten, sind nicht vorhanden.
Um nun die ausführlich wiedergegebenen Krankengeschichten
hier noch einmal kurz zusammenzufassen, so handelte es sich in
aUeafünf ^ ä Ben um complicirte Splitterfracturen des Schädel¬
gewölbes mit Depression der Fragmente.
i ,J n .. } war der Bruch auf die vordere Wand der Stirnhöhle
* n ^ en Trigen Fällen waren die seitlichen Tlieile des
bchädels von der Fractur betroffen. Als Entstehungsursaehe kam
überall die Einwirkung einer stumpfen Gewalt in Frage, und je
nach der Kraft, mit der diese zur Geltung kam, blieb die Ver¬
letzung auf Weichtheile und Knochen beschränkt (Fall 1 und 3 ),
ffiMi o S wur( * en au °h das Gehirn und seine Häute verwundet
' i Ufl d 5). Entsprechend der Schwere der Gewalteinwirkung
wur en mehr oder weniger ausgesprochene Allgemeinerseheinungcn
i ns des Gehirns (Bewusstlosigkeit, Erbrechen, Somnolenz, Puls-
'er angsamung) in allen Fällen, ausgenommen Fall 1, beobachtet.
e benirnwunden charakterisirten sieh in beiden Fällen als breite
er rummerungen der Rindensubstanz, wodurch die betreffende
Lilien - e ■ na i Ürlich ausser Function gesetzt wurde. Deshalb
Pa Wl,r ^ alsbald nach der Operation eine rechtsseitige
auftnd m ^ Erscheinungen einer motorischen Aphasie
Ißt 7 t , eS i n ? er f Beachtung verdient Fall 4, wo die Dura nicht ver¬
trat n f f? a b Primär auch nicht eröffnet ^worden war. Hier
Hßiiitn am ^ende des fünften Tages bei bis dahin völlig normalem
sieben fl"“»*. linksseitige klonische Krämpfe auf, und bei der
öffnumr der Verletzung vorgenommenen secundären Er¬
funden r- t 1 / 1 wur d° ein Heerd zertrümmerter Hirnsubstanz ge-
Dnm 7 . ^ ^ er letzung des Gehirnes war also hier bei intacter
unverfrt Rommen. Ob in Fall 3 eine Gehirnläsion bei
und diß 2 er ^7 U, a k edtan den hat, oder ob die anamnestische Aphasie
erens«? re cm ss e lt ig-e Parese nur eine Folge der durch den Blut-
schien Kompression des Gehirns darstellte, muss unent-
fassen werden.
mi n2 . ^ , ua d 5 waren ausgezeichnet durch starke Verunreini-
oichtheils- und Knochenwunde, und dieser Umstand
machte in diesen drei Fällen das Debridement zur Pfliclit, in
ball 3 waren es Erscheinungen einer zunehmendenHirncompression
n Z j r K'dsung der Splitter zwangen, in Fall 1 nicht nur kosmetische
Gründe — der Knochensplitter war tief in die Stirnhöhle ein¬
gedruckt — sondern auch die Rücksicht auf die hohe Infections-
gofahr der verletzten Partie wegen ihrer Communication mit dem
Nasenraum.
Es wurden nur solche Splitter entfernt, die gar keinen Zu¬
sammenhang mit den Weichtlieilon mehr hatten und auch ihres
periostalen Ueberzuges verlustig gegangen waren. Von Meissei
und Hammer wurde nur da Gebrauch gemacht, wo sich die inein¬
ander gekeilten Splitter mit Hülfe der Kornzange nicht entfernen
Hessen. Die Grösse des Defectes, der nach der Entfernung der
Splitter zurückblieb, war recht beträchtlich, am grössten in Fall 5
10V 2 : 5 l /_> cm, am kleinsten in Fall 1 etwa markstückgross.
Das Heilungsresultat muss, was die Festigkeit des erzielten
Verschlusses angeht, als ein glänzendes bezeichnet werden: nur in
Fall 3 und 4 waren an kleinen Stellen noch Pulsationen wahr¬
zunehmen, doch hatten diese kleine Lücken keinerlei Einfluss auf
die Arbeitsfähigkeit der betreffenden Patienten.
Wir haben im Vorhergehenden unter Zugrundelegung der
Casuistik die verschiedenen Methoden zusammengestellt, die bisher
zur Deckung von Schädeldefecten benutzt worden sind, und es er¬
übrigt nun noch, dieselben auf ihre klinische Brauchbarkeit zu
prüfen.
Von dem Standpunkte der heutigen Chirurgie aus wird man
zunächst der Heteroplastik mit lebendem thierischem Knochen wohl
kaum noch Berechtigung zusprechen können, weil sie, abgesehen
von der Schwierigkeit der Beschaffung geeigneten Materials, durch
andere einfachere und auch in ihrem Erfolge sicherere Methoden er¬
setzt werden kann.
Aus den gleichen Gründen wird auch die Homoplastik und die
Form der Autoplastik, die Seydel zur Anwendung brachte, auf
einige seltene Ausnahmefälle beschränkt bleiben.
Es bleiben dann zur Deckung traumatischer Schädeldefecte
übrig:
1. die Heteroplastik mit Celluloid oder einem anderen, diesem
ähnlichen Fremdkörper,
2 . die Heteroplastik mit decalcinirtem Knochen,
3. die Autoplastik nach Müller-König und
4. die Autoplastik durch Implantation der gelösten Knochen¬
stücke.
Von diesen vier Methoden osteoplastischen Verschlusses sind
die beiden ersten (mit Celluloid oder decalcinirtem Knochen) un¬
seres Wissens bisher nur zur Deckung von Dofoeten benutzt wor¬
den, die nach Eröffnung des vorher intacten Schädels entstanden
sind und werden jetzt dabei wohl zweckmässig durch die beschrie¬
bene Methode der temporären Resection nach Wolff-Wagner er¬
setzt. Nur nach Trepanationen wegen Epilepsie kann ihre Ver¬
wendung als Verschlussmittel noch in Frage kommen, da viele
Autoren dabei vor einem primären Verschlüsse des Schädels, wie
ihn die Wolf f-Wagnerische Methode bezweckt, warnen (A. Fraen-
kel, 1 ) Lucas Clianipionniöre). 2 ) Auch bei traumatischen Schä¬
deldefecten könnten Celluloid sowohl wie decalcinirter Knochen
benutzt werden; ihrer häufigeren Anwendung bei solchen steht
jedoch das Bedenken entgegen, dass Celluloid und todtes Material
nur einen rein mechanischen Verschluss der Schädellücke bewirkt,
indem es wie jeder Fremdkörper an Ort und Stelle eingekapselt
wird. Irgend einen anregenden Einfluss auf die Knochenneu-
hildung bat seine Anwesenheit jedenfalls niemals zur Folge, und
somit liegt die Celluloidmothode weit ab von dem Ziele, das die
Osteoplastik am Schädel doch in erster Linie erstrebt, nämlich
den knöchernen Ersatz. Nicht dasselbe gilt von dom decaleinirten
Knochen; zwar ist seine Verwendung bei Ausfüllung von Schädel¬
lücken ebenso einfach wie die des Celluloid, doch unterscheidet es
sich von diesem dadurch, dass häufig mit ihm ein knöcherner Ver¬
schluss der Defecte erzielt wird. Wie dieser zustande kommt, ist
noch nicht sicher festgostellt. Nach den Untersuchungen von
Barth 3 ), die sich mit- denen von Darksehewitsch und Wei-
ilenliammer 1 ) zu decken scheinen, ist anzunehmen, dass da, wo
die eingelegten Stücke nicht bindegewebig eingekapselt werden,
’) A. Fraenkel, Zur Frage der Sehüdeloperationen bei Epilepsie.
Beiträge zur Chirurgie. Festschrift gewidmet Th. Billroth.
2 j Lucas Championnerc, Sur la trepanation dans l’^pilepsie jack-
sonienno. Bull, et mein, de la soc. de Chirurgie de Paris. T. XVII,
p. 414.
3 ) A. Barth, lieber histologische Befunde nach Knochenimplanta¬
tionen. Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Chirurgie 22. Con-
gress 1893.
4 ) Darksehewitsch und Weidenhammer, lieber den Ersatz von
Trepanationslücken des Schädels durch entkalkten Knochen. Wratscli
1892, No. 28 und 29. Ref. Centralblatt für Chirurgie 1892, No. 41.
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442
sondern einen knöchernen Verschluss zustande bringen, dieser ent¬
steht aus dem erhaltenen Perioste und der Dura unter Benutzung
der durch die implantirten Stücke gelieferten Knochengewebsele-
monto. Eine einfache Einheilung findet jedenfalls ebensowenig
statt wie eine einfache Resorption, denn im letzteren Falle konnte
kein knöcherner Versclduss zustande kommen. Es muss also der
decalcinirte Knochen irgendwie die Knochenneubildung unter¬
stützen oder anregen, weil es sonst nicht zu erklären wäre, warum
die so versorgten Schädellücken sich knöchern schliessen, während
diejenigen ohne eingelegte Knochenstücko sich in der Mehrzahl der
Fälle nur mit Bindegewebe ausfüllen.
Schmitt (1. c.) ist zu wesentlich anderen Resultaten ge¬
kommen; er glaubt, dass decalcinirter Knochen resorbirt werde
und seine Einpflanzung nicht dazu beitrage, die Schädellücken
knöchern zu verschliessen. Dem widersprechen jedenfalls die Er¬
fahrungen, die am Menschen mit dieser Methode gemacht sind.
Andererseits muss aber betont werden, dass die Heteroplastik mit
decalcinirtem Knochen ein besonders vorbereitetes Material erfor¬
dert, welches man nicht immer zur Hand hat., und dass es von
Vortheil ist, wie Darkschewitsch und Weidenhammer fest¬
gestellt haben, wenn das zu implantirende Material derselben Spe-
cies entnommen ist, wie der, bei dem der Defect besteht. Diese
Gründe dürften eine allgemeine Anwendung dieses Verfahrens hin¬
dern und ceteris paribus der Autoplastik durch Implantation eine
grössere Verbreitung sichern.
Genau ebenso wie bei der Einlagerung von decalcinirten
Knochen muss man sich nach den Untersuchungen Barth’s den
Heilungsvorgang bei Sehädeldefccten vorstellen, die durch Implan¬
tation der herausgenommenen Schädeltheile ausgefüllt worden sind.
Die implantirten Stücke heilen zwar ein, behalten aber nicht ihre
Lebensfähigkeit in dem Sinne, dass sie weiterwachsen und da¬
durch selbstständig zur Ausfüllung des Sehädeldefectes beitragen,
sondern sie werden wie decalcinirter Knochen durch neuen Kno¬
chen ersetzt, indem sie das Material für das neu zu bildende
Knochengewebe liefern. Schmitt und vor ihm 0liier, Wolff,
Adamkiewicz, Jakimowitsch halten dagegen dio Einheilung
dor Knochenstücke unter Bewahrung ihrer Lebensfähigkeit für
wahrscheinlich.
Die Beobachtungen, die wir bei unseren Fällen in dieser Frage
machen konnten, sind für keine der beiden Anschauungen be¬
weisend. Wir konnten lediglich fest stellen:
1. dass die implantirten Knochen schon nach vier Tagen un¬
beweglich mit der Dura verbunden sind (Fall II);
2. dass sie nach ca. acht Monaten noch nicht ganz durch
normalen Knochen ersetzt sind, denn an dem um diese Zeit tem¬
porär resecirten Knochcnlappen, der der implantirten Stelle ent¬
sprach, sah man noch deutlich die Umrisse der einzelnen Stücke.
Auch die Zwischenräume zwischen denselben besassen noch nicht
die Festigkeit normalen Knochengewebes, da der Lappen beim
Aufhebeln gerade an diesen Stellen einbrach (Fall H);
3. dass nach sieben Tagen die eingepflanzten Stücke schon
durch sehr gefässreiches junges Bindegewebe mit einander ver¬
bunden sind und nicht ohne stärkere Blutung aus ihrer Verbin¬
dung gelöst werden können (Fall IV). Ueber die histologischen
Veränderungen der in Fall IV am siebenten Tage herausgenom¬
menen Implantationsstücke verdanken jjyir der Liebenswürdigkeit
des Herrn Dr. Barth, der die Stücke untersuchte, folgende Mit¬
theilungen, die ich auszugsweise mit dem Bemerken wiedergebe,
dass es wohl die ersten mikroskopischen Befunde sind, die vom
Menschen in dieser Beziehung erhoben worden sind.
„An den beiden Knochenstücken sind schon makroskopisch
zahlreiche Fibrinauflagerungen sichtbar, die sich durch die Kno¬
chencanäle ohne Unterbrechung in das Innere fortsetzen. Aeliiu
liehe Fibrinmassen füllen auch die Markräume der Diploö und die'
Ha versuchen Canälchen aus und zwar besonders reichlich am
freien Rande des Fragmentes. Hier besteht ausserdem eine sehr
reichliche Leukocyteninvasion, welche sich in der ganzen Diploö
verbreitet hat und nach den centralen Markräumen der Compacta
hin abnimmt. Einige Markräume in der Nähe des Bruchrandes
sind von frischem Blutextravasat prall ausgefüllt. In anderen
Markräumen sind dickwandige Gefässe (Arterien) im Querschnitte
vorhanden, ihr Lumen ist entweder leer oder mit Fibrinmassen
ausgefüllt. Es handelt sich dabei zweifellos um alte thrombosirte
Gefässe.
Die Kerne der Knochenkörperchen sind entweder schon unter¬
gegangen, wie am Fracturrando und in den Markräumen der
Diploö, oder in deutlichem Zerfall begriffen, wie in den centralen
Partieen der Compacta.
Eine Resorption des Knochengewebes ist nirgends sichtbar,
ebensowenig wie eine Anlagerung neuen Knochengewebes an den
alten Knochen.“
Der geschilderte Befund scheint für die Annahme Barth’s zu
No. 20
sprechen, dass die eingepflanzten Stücke einer modificirten Nekrose
mit nachfolgender Resorption unterliegen.
Wie sich nun aber der Heilungsprocess abspielen mag, die
Thatsache wird wohl kaum bestritten werden können, dass ein
knöcherner Verschluss der Schädellücken durch die implantirten
Stücke, seien diese nun mit Periost bekleidet oder nicht, in weit¬
aus der Mehrzahl der Fälle zustande gebracht wird, und dieses ist
vom Standpunkte des Klinikers das wichtigste. Zahlreiche Thier-
experimonte und die am Menschen bisher gemachten Erfahrungen
beweisen dies. Auch in unseren Fällen hat uns die Methode in
dieser Beziehung nicht im Stiche gelassen, wir erzielten nach
relativ kurzer Zeit einen knöchernen Verschluss, der nicht etwa
nur vorübergehend bestand, sondern, wie wir in Fall 2 und in Fall 3
beobachten konnten, auch nach 17 resp. nach 10 Monaten nichts
von seiner Festigkeit eingebüsst hatte. Nur da scheint mitunter
der knöcherne Ersatz auszubleiben, wo die Drainage eine völlige
Ausfüllung des Defectes mit Knochenstückchen unmöglich macht
(Fall 3 und 4), und zwar, wie es scheint, unabhängig davon, ob
auch die Dura an der betreffenden Stelle offengeblieben war (Fall 4)
oder ob die Drainage nur durch das Periost geführt wurde (Fall 3).
Die kleinen noch pulsirenden Stellen pflegen sich in der Regel im
Laufe der Zeit noch zu verkleinern (Fall 3).
Eine Ausstossung der ein gepflanzten Stücke haben wir in
keinem Falle erlebt; die partielle Nekrose eines der Implantations¬
stücke des Falles 2 verdankt ohne Zweifel dem Umstande ihre
Entstehung, dass hier die betreffende Stelle durch längere Zeit der
Weichtheilsbcdeckung entbehrte.
Neben der Autoplastik durch Implantation ergiebt nur die
Mü 11 e r- K ö n ig’sche Methode einen sicheren knöchernen Verschluss
grösserer Schädeldefecte und ist deshalb seit der ersten Veröffent¬
lichung König’s im Jahre 1890 relativ häufig benutzt worden.
Sie stellt für viele Fälle sogar das einzig mögliche Verfahren dar,
um Defecte des knöchernen Schädels zu schliessen, nämlich
1. bei frischen Traumen, wenn die Knochenstücko nicht mehr
vorhanden sind;
2. bei Resectionen am Schädel wegen Knochenerkrankungen, da
sich die herausgenommenen Theile dann nicht zur Implantation ver¬
wenden lassen;
3. bei angeborenen Defecten (Meningo- und Encephalocelen);
4. bei alten Schädeldefeeten, die aus den verschiedensten
Gründen entstanden sein können und deren nachträgliche Beseitigung
nöthig wird.
In den Fällen hingegen, wo das nöthige Material zu Gebote
steht, und zwar besonders bei frischen traumatischen Schädel-
defecten, ist die Autoplastik durch Implantation das einfachere
Verfahren, denn sie ermöglicht einen primären festen Versclduss,
der sich auf die leichteste Art bewerkstelligen lässt und erfordert
keinen zweiten, grösseren operativen Eingriff, wie die osteoplastische
Methode von Müller-König. Auch die der Implantationsmethode
vorgeworfenen Nachtheile haben wir in unseren Fällen nicht be¬
stätigt gefunden. Dieselben sollen bestehen:
1. in der Schwierigkeit einer sicheren Desinfection der einzelnen
Stücke;
2. in der Behinderung des Secretabflusses nach dem Einlegen
derselben;
3. in der Ausübung von Druck seitens der implantirten Theile
auf das Cerebrum, und
4. darin, dass der freie Zugaug zum Gehirn und seinen Häuten
behufs Vornahme eines nöthig gewordenen nachträglichen Eingriffes
durch die Implantation erschwert oder ganz verlegt wird.
Von all diesen Bedenken hat sich keines in den von uns be¬
obachteten fünf Fällen als begründet erwiesen. Die Desinfection
der Stücke und deren reactionslose Einheilung ist uns jedesmal
gelungen, obschon in mehreren Fällen (2, 4, 5) die Weichtbeils-
wunde sowohl wie die Knochentrümmer sehr stark verunreinigt
waren und ausserdem Complicationen mit Gehirnverletzungen Vor¬
lagen. In Fall 1 heilte ein in die vordere Wand der Stirnhöhle
eingesetztes Stück ohne Zwischenfälle ein, obwohl gerade hier,
wegen der Communieation mit der Nasenhöhle, die Infectionsgefahr
eine grosse war.
Eine Secretverhaltung hinter den eingepflanzten Stücken ist
bei sorgfältiger Blutstillung und geeigneter Drainage ebenfalls
sicher zu vermeiden.
Auch die Furcht, es könnte durch die Implantation ein schäd¬
licher Druck auf das Gehirn zustande kommen, scheint nach
unseren Beobachtungen eino unberechtigte zu sein. Es wurden
vielmehr in denjenigen von unseren Fällen (2 und 4), wo nach¬
träglich Gehirnerscheinungen auftraten, als Grund für dieselben
partielle Erkrankungen der Hirnsubstanz am Orte der Verletzung
nachgewiesen und an der Innenfläche des in Fall 2 temporär ro-
secirten Knochenlappens waren keinerlei Prominenzen wahrzimehmen,
die auf das Gehirn hätten drücken können. Durch die Unter-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
suchungen Barth s (1. c.) wird es wahrscheinlich gemacht dass
diejenigen Theile der implantirten Stücke, die sich für die Aus¬
füllung des Schädeldefectes als ungeeignet oder unnöthig erweisen
durch Resorption entfernt werden. " ’
Wie wenig das Oehirn durch die Implantation in seinen
Functionen beeinträchtigt wird, geht namentlich aus den Fallen 2
und 5 hervor, wo keine ausgedehnte Hirnverletzung bestand und
die eingepilanzten Knochenstücke fast unmittelbar an die verletzten
Iheile des Gehirnes stiessen.
Das vierte Bedenken hat eine gewisse Berechtigung Treten
(xehirnerschemungen bald nach der Implantation auf, wie in Fall 4
so ist es ein leichtes, die eingepflanzten Stücke wieder horauszu-
nelunen, folgen sie aber der ersten Operation erst nach einer Reihe
von Monaten, so muss die Wiedereröffnung der Schädelhöhle nach
der eingreifenderen Methode von Wolff-Wagner vorgenommen
werden. Vielleicht empfiehlt es sich, um etwa vorhandene Gehirn-
lasionen vor der Implantation festzustellen, auch in den Fällen die
Dura breit zu spalten, wo diese intact geblieben ist. Da übrigens
bedenkliche Hirnsymptome, selbst nach schweren Verletzungen der
Hirnsubstanz (Fall 5) durchaus nicht immer aufzutreten scheinen
so durfte es gerechtfertigt sein, wenn man in allen Fällen von
traumatischen Schädeldefecten wenigstens den Versuch macht
durch Implantation den Defect zu schliessen. Gelingt dieser Ver-
such nicht, so kann em secundärer Verschluss nach der Methode
von Muller-König immer noch vorgenommen werden, ohne dass
dadurch der Patient geschädigt worden wäre, gelingt er aber so
hat man ihn vor den Gefahren einer zweiten Operation bewahrt
Bevor ich schliesse, danke ich Herrn Direktor Dr Körte
meinem verehrten Lehrer und Chef, für das lebhafte Interesse’
das er an der vorliegenden Arbeit genommen hat, auf das verbind¬
lichste.
VI. Aus der medicinisclien Universitätspoliklinik in
Königsberg i. Pr.
Ueber den continuirlicben Magensaftfluss.
Von Professor Dr. Jnlius Schreibor.
(Fortsetzung aus No. 18.)
Auch Beaumont scheint nämlich von der Vorstellung aus-
gegangen zu sein, dass im nüchternen Magen grössere Saft-
mengen zu finden wären. Sein erster Versuch lautet daher wört-
10 h of°V S - 1829 > 8 u kr Morgens. Nachdem das Individuum
iz stunden weder gegessen noch getrunken hatte, brachte ich eine
Röhre von Gummi elasticum in den Magen, und konnte blos ein
Rehmen Magensaftes daraus entnehmen. Es fand sich
Keine Anhäufung desselben vor.
„..r! ™ m zweiten Versuche an gebraucht er Redewendungen,
rftijio darthun, dass er J etzt absichtlich den Magen mit der Sonde
‘™I ™ grössere Saftmengen zu erhalten u. s. w. Aber, wie
fe Mgt, tur diese Seite unserer Frage muss ich selbst die Unter-
RUfhnJ 111 ^ Be J a, J m . 0nt,s zur kckweisen, denn diese seine Unter-
ngen sind keineswegs widerspruchsfrei.
oroKe= ,1™ J'* 11 ! Kretschy•) bestand ein Schleimhaut¬
blutend“’ ” dle Fl f te ’ ränder stark gerötliet, auf Fingerdruck leicht
wekW ok* * • »Auffallend war die reichliche Menge von Schleim,
Gewinnet 6r den t slch «Jaren Theil der Magenschleimhaut wie ein
jenes aus S e broitot war.“ Aber von diesen, die Normalität
sehen hesnh^ T?*„ rae ’ lr a,s in Frage stellenden Angaben abge-
lase kn» dl p- k ^. Kr<!tSchy lcdi " lich sich da rauf. die bei Links-
tiffpn imH r l 1Ste \ s P° ntan ausfliessenden Mengen zu beriicksich-
jrehendf>r Q le y T e ^ ctl0n an 4er Ausgangspforte zu prüfen; eine ein-
Kretsuhv fl r 1 J tersu . c kung des nüchternen Mageninhalts hat
führt ^ offenbar nicht beabsichtigt und jedenfalls nicht ausge-
ihn JaIw,. 1 “® Uutersuehungen und der Fall Ri eh et’s 2 ): sie und
stellen }i P ; OC! * VOa kretschy und von Beaumont auf eine Linie zu
schaffliHiftn v meiDes Trachtens auf jede strengere Kritik in wissen-
beansprucht fe- ve ™ chten - Denn le jenne M.Ch. Richet’s
SonderstPllnnrr a S - ei ^? Ve v Werthung in der vorliegenden Frage eine
keineswegs n?* i dlm , der ^- ufcor vollster Schärfe zuzuweisen
essantes r ^ a s sen hat: „Ce qui rend ees observations inter¬
ne les lim,,vi 9 , Ue * oesophage est absolument impermeable, en Sorte
stomacaux ^ S , 1Yaires ne . se m&angent pas avec les liquides
de salive '„«„jv 0n P®}}*' avoir 4u suc gastrique pur et döpourvu
_J^condition quil est dejä difficile de röaliser sur les ani-
bcutsches Arph;t U f« eU i Untersuchungen an einer Magenfistelkranken.
h RecWK f kl ;, ms che Mcdicin Bd. XV11I.
tions sur la dio-«^L SUr * suc gastrique de l’homme et observa-
r eudus. B. LxYy iy 8 j^cale^faites sur une fistule gastrique. Comptes
443
maux et que 1 on n a yraisemblablement jamais pu rencontrer oncore
sur 1 homme . Mit anderen Worten, lo jeune M.Richet’s hatte
emo absolut impermeable Oesophagusstrictur, so dass nach Her¬
stellung der Magenfistel die Secrotion des Magens sowie das Magen-
secret unbeeinflusst von und ungemischt mit den Seereton
untersucht werden konnten, welche sonst beim Gesunden, wie der
bpeichel, Mund- und Rachenschleim, nach dem Magen abfliessen
L 011 ?- ü ’, i l . md welche in den Fällen Beaumont’s und Krotschv’s
thatsachlich dahin abgeflossen bezw. verschluckt worden sind. Für
(bis Studium der normalen Magenfunction, der normalen Ver-
dauuugsvorgänge kommt es aber, wie ich bereits in meinen ersten
Mittheilungen scharf betonte, gerade darauf an, die Vorgänge im
Magen unter froiem Zutritt von Schleim, Speichel u. s. w. kennen
zu lernen, deren specielle Bedeutung für den continuiriichen Saft¬
fluss wir noch mit einigen Worten zu berühren haben werden. Wir
werden sehen, dass der im Falle Richet’s vom Magen fern gehal¬
tene Speichel vielleicht die vornehmste Ursache der normalen
„continuiriichen Saftsecretion“ repräsentirt, und obschoii daher der
ball Ri cli et’s meinen Behauptungen besonders widersprechende
Resultate hätte ergeben müssen, kommt Riebet ganz im
Gegen theil u. a. zu folgender Schlussfolgerung: „En dcliors de la
digestion, le suc gastrique est moins acide que pendant la digestion“
also: ausserhalb der Verdauung d. h. im spoisefreien Magen ist der
Magensaft weniger sauer als während der Verdauung — weniger
sauer somit und nicht säure- bezw. saftfrei!
„Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“ Diese und Andere
sind z. B. noch Helm, v. Grünewaldt, Uffelmann. Helin’s,
aus dem Jahre 1803 stammende Beobachtungen, die der Autor mit
mehreren anderen Fällen von Magenfistoln aus der älteren Littera-
tur einleitet, sind ernstlich kaum zu verwerthen. Anders die¬
jenigen von v. Grünewaldt und von Uffelmann. v. Grünewaldt
(und v. Schröder) machte seine Untersuchungen an einer, wahr¬
scheinlich in Folge von Ulcus veutriculi zu stände gekommenen
Magenfistel bei einer estbnischen Bauersfrau. Legten das hervor-
gehobene ätiologische Momeut in Rücksicht auf seine allgemeiner
aceeptirten Beziehungen zu den Secretionsvorgängen im Magen, die
wiederholt constatirte „Anwesenheit von Sarcinebündeln in dem Boden¬
satz der aufgefangenen Flüssigkeit“, sowie „die oft in so reichlichem
Maasse im Magen a.ngetroffene Flüssigkeit“, welche „nicht zum
grössten Theil aus Getränk bestand“, nicht den Verdacht nahe,
dass der Magen dieser Esthländerin durchaus anormal war, so
würde ich auch aus den v. Grünewaldt’schen Beobachtungen
Beläge für die Spontanthätigkcit des speisefreien Magens in die
Wagschale werfen können, v. Grünewaldt kommt nämlich, ähn¬
lich wie Richet, zu dem für die hier noch immer erörterte Frage
der qualitativen Reaction des speisefreien Magens zu dem Schluss,
„dass der Magensaft 1 ) des Menschen .... von saurer Reaction ist:
wenn aber der Magen nicht thätig ist, tritt die Secrotion des
Magensaftes sehr zurück, und zwar so sehr, dass die hinab-
geschluckten Speichelmengen das Magensccret neutralisiren“. Also
nicht, dass der nüchterne Magen unthätig ist, keinen sa-uron Saft
abscheidet, sondern — was ich bezüglich der Ausnahmen zuvor in
Erwägung stellte — „jene nicht saure Reaction beruht ganz allein
auf der Beimischung des Speichels“.
Dem Uffei mann’schen Knaben 2 ) ist wiederum eine besondere
Position in der Reihe der „Magenfisteln bei Menschen“ zuzuweisen.
Denn einerseits steht er dicht neben dem Rieb et’schen, mit dem
er die Impenneabilität des Oesophagus gemein hat, andererseits
entfernt er sich von allen übrigen durch das fortdauernd begleitende
Fieber, welches eben die Secretionsvorgängo im Magen an sich
störte. Uffelmann spricht demgemäss auch nur von seinen Be¬
obachtungen als solchen „an einem gastrotomirten fiebernden
Knaben“.
Ich lege keinen Werth darauf, dass in allen diesen Fällen kein
zwingender Beweis gegen die continuirliche Thätigkeit des nor¬
malen, speisefreien Magens zu finden ist, dass vielmehr mancher¬
lei für dieselbe angeführt werden konnte; aber einen grösseren
Werth messe ich der kurzen Ckarakterisirung der einzelnen Fistel¬
individuen bei, insofern sie die w’ahre Bedeutung des immer
wiederkehrenden Citates „Beaumont, Kretschy, Richet u. a.“
einigemaassen deutlich hervortreten lässt. Vielleicht wird man
jetzt nicht mehr den empfindlichen Magenprolaps, auf dem der
junge Kanadier über Nacht ruhte, einfach ignoriren und auch nicht
die sonstigen Zeichen von Krankheit und Anomalieen in diesem
wie in den übrigen Fällen; wird man, wenn es darauf ankommt,
vielleicht auch strenger scheiden zwischen den, für die Seeretion
im Magen durchaus unterschiedlichen Magenfisteln mit freier
für
’) Untersuchungen über den Magensaft, des Menschen. Archiv
physiologische Heilkunde Jahrg. XIII, 1854.
8 ) Beobachtungen und Untersuchungen an einem gastrotomirten fie¬
bernden Knaben, Deutsches Archiv für klinische Modicin Bd. XX 1877.
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Original fram
UNIVERSETY OF MICHIGAN
444
Durchgängigkeit der Speiseröhre (13eaumont, Kretschy, v. Grün-
waldt) und ohne diese (Richet, Uffolmann).
Wir wenden uns jetzt der Ursache der im Nüchternen zu ge¬
winnenden Saftmengen zu. Ewald sagt’s und Riegel citirt: „Ich
kann den Versuchen Schreibor’s eine genügende Beweiskraft
nicht zuerkennen und zugeben, dass die Magendrüsen . . . ohne
speeifischen Reiz, wie etwa eine Dampfmaschine mit todtem Dang,
absomlern. Vielmehr halte ich nach wie vor dafür, dass der Reiz
der Schlaucheiiiführuug schon allein durch einen reflectorischen
Act vom Munde aus bei den meisten Personen, wenn sie nicht
durch längeres Einüben vollkommen gleichgültig dagegen geworden
sind, genügt, eine mehr minder starke Seeretion von Magensaft
hervorzurufen und dies um so leichter stattfindet, je länger die
Personen von der gewohnten Zeit ihrer Mahlzeit ab nüchtern ge¬
blieben sind, gerade so, wie die Speicheldrüsen bei einem Hunde,
dem man ein Stück Fleisch vorhält, desto stärker secerniren, je
länger das Thier vorher gefastet hat.“
Die Sonde soll also reflectorisch oder wie von andern, so
von Riegel nach Pick behauptet wird, durch den mechanischen
Reiz im Magen die von mir zuerst nachgewiesene Saftsecretion
anrogen. Merkwürdig freilich, dass vor mir die Sonde derlei
Wirkungen niemals oder nur ausnahmsweise zu entfalten vermocht
zu haben scheint. Und wenn sie wirklich diese Fähigkeit besitzt,
warum macht man von ihr bei Secretionsschwäche im Magen nicht
Gebrauch? Oder ist es Ewald schon geglückt, durch Einschieben
des Magen schlau chs bis zur Cardia auf Secretionsschwäche be¬
ruhende Dyspepsieen zu verbessern, überhaupt in dieser Weise eine
Vermehrung der Saftsecretion im Magen wissenschaftlich darzu-
thun? Wenn je die Procedur der Sondirung etwas constant. zur
Folge hat, so ist es m. W. nicht Esslust noch sonst ein magenan¬
regendes Gefühl, sondern Uebelkeit und reflectorisches Erbrechen,
namentlich bei nicht an die Sondeneinführung Gewöhnten. Und
höchstens dies könnte man also fragen, welchen Einfluss hat die
Uebelkeit, die Brechneigung, das beginnende Erbrechen auf die
Saftsecretion im Magen. Darauf antwortet C. Ludwig 1 ): „wenn
man den Cardialtheil des Magens durch elektrische Schläge dahin
bringt, dass er Erbrechen einleitet, so hört augenblicklich
eine bis dahin bestandene Absonderung des Magensaftes auf.“
Von einer reflectorischen Anregung der Seeretion durch die
Sondirung kann somit in solchen Momenten keine Rede sein; um
so plausibler, als um bei Ewald’s Vergleich zu bleiben, dem
hungernden Menschen die Einführung einer Schlundsonde kaum
so „appetitlich“ erscheinen mag, als dem fastenden Hunde das vor¬
gehaltene Stück Fleisch. Aber vielleicht lässt sich etwas ähnliches
„um so leichter nachweisen, je länger die Personen von der ge¬
wohnten Zeit ihrer Mahlzeit ab nüchtern geblieben sind?“ Mit
nichten. Aus meinen, von Ewald offenbar übersehenen Versuchen
über die Saftsecretion des Magens im Fasten an 11 Personen,
die mir zur Gefälligkeit 16 bis 24 Stunden ohne Nahrung und
unter meiner Aufsicht verblieben waren, ergab sich vielmehr, dass
„mit der Dauer der Hungerperiode der Säuregehalt bis zur Un¬
möglichkeit seines Nachweises durch die üblichen Reagentien häufig
abnimmt.“
Es bleibt also nur noch die direkte Sondenberührung der
Magenschleimhaut als Secretionsreiz. Das für und wider dieser
Behauptung habe ich in jeder meiner früheren Mittheilungen, wie
ich glaube, ausreichend berücksichtigt. Ich habe besonders zu
erweisen gesucht, dass die in Rede stehende Seeretion von der
Sondenberührung nicht abhängig sein kann; wenn Riegel das
Gegentheil behauptet, so ist es jetzt an ihm, diese gegentheilige
Behauptung zu beweisen.
Die Berufung auf Versuchsresultate, deren Unhaltbarkeit ich
klargelegt, genügt nicht, muss sogar überraschen, wenn nicht ein¬
mal der Versuch gemacht wird, meine gegen sie gerichteten Ein¬
wände zu widerlegen. Ich wiederhole daher, die Pick’schen Ver¬
suche beweisen in ihren Folgen nicht den Einfluss der Gewöhnung
an das Sondiren, sondern sie lehren, die Schädlichkeit langdau¬
ernder Sondenreize auf die nüchterne Magenschleimhaut u. s. w r .
Hierfür sprechen nicht nur die von mir angezogenen Erfahrungen
Jaworski’s, dass das Experimentiren am Magen nicht selten zur
Verminderung, selbst zur Vernichtung der Salzsäureproduction
führe, sondern andere mehr, z. B. die Beaumont’s an seinem
berühmten Kanadier St. Martin: denn so lange Beau mont nicht
täglich, sondern in grossen Zeitabschnitten von Tagen bis Wochen
bis Monaten durch Sondenreizung den nüchternen Magen zur
Saftabscheidung auzuregen versuchte, verhielt der Magen St.
Martin’s sich normal; als Beaumont jedoch begann, diese
Reizungen (ähnlich wie Pick) täglich 15 Minuten fortzusetzen,
versagte die Salzsäuresecretion, und Herr St. Martin wurde krank.
l ) Lehrbuch der Physiologie des Menschen, Bd. II, 2. Aufl. Leinzia
und Heidelberg 1861. * B
No. 20
Es ist daher vermuthlich nicht Zufall gewesen, dass Beaumont
nach dieser Erfahrung mit langdauernden Sondirungen am
nüchternen Magen die entsprechenden Versuche abbrach!
Und auf diese Erfahrung bezieht sich vermuthlich C. Ludwig’s
Bemerkung und Citat der Be au mont’sehen Versuche, „wenn man
dagegen statt der sanften mechanischen Erregung (sc. der Magen¬
schleimhaut) eine heftigere eintreten lässt (Beaumont) oder noch
mehr, wenn man .... Erbrechen einleitet, so hört augenblicklich
oine bis dahin bestandene Absonderung des Magensaftes auf . . . .“
Dass im Ucbrigen die Sondenberührung an sich die Magensecretion
trotzdem anzuregen vermöge, habe ich niemals angezweifelt, nur
dass sie dies in der Art und Dauer eines vorsichtigen Ex¬
pressionsversuches bis zu dem Grade zu Wege bringen könne,
dass messbare Quantitäten in und selbst durch die Sonde sofort
sich orgiessen, das habe ich bestritten und bestreite ich, bis von
denen der Gegenbeweis erbracht ist, welche dies behaupten.
Einstweilen nehme ich mit Riegel’s früherer Aeusserung an.
der Erguss von Saftmengen in den von mir u. a. beobachteten
Quantitäten geschieht infolge Sondenreizes „nicht sofort bei vor¬
sichtiger Einführung einer weichen elastischen Sonde,“ was an der
betreffenden Stelle so viel heissen soll, als dass die vorsichtige
Einführung einer elastischen Sonde an sich nicht imstande sei,
sofort die Saftsecretion und zumal bis zu messbaren Quantitäten
anzuregen. In diesem Sinne acceptire ich auch eventuell seine
letzte Aeusserung, es wolle ihm scheinen, „dass, wenn dabei
1_4_10 Tropfen und ausnahmsweise selbst mehr Tropfen einer
sauren Flüssigkeit sich im Sondenende finden, die Sonde einen
Reiz ausgeübt hat“ — nur muss ich feststellen, dass Riegel da¬
mit nicht, wie er den Anschein erweckt, meine Ergebnisse im Auge
gehabt haben kann. Und um noch diese relativen Zeitbestimmun¬
gen, wie „sofort“, „bald“, „augenblicklich“, für die Zukunft fest¬
zulegen, welche allein Riegel u. a. den Schein der Berechtigung
geben, sich auf manche Angaben in den physiologischen Lehr¬
büchern zu stützen, bemerke ich, dass ich von Bruchtheilen einer
Minute, von 5 bis 10 bis 80 Secunden spreche als Dauer der frag¬
lichen Sondenberührung im Expressionsversuch.
Spricht somit keine Thatsache bisher dafür, dass die Magen¬
schleimhaut in wenigen, 5—30 Secunden durch Sondenberükrung
zu relativ grösseren Secretionsmengen veranlasst werden könne,
spricht vielmehr die klinische wie die physiologische Erfahrung
dafür, dass einerseits die intensivere Sondenberührung die Saft¬
secretion vernichtet, die vorsichtigere durch den consecutiven
Brechreiz die Saftsecretion momentan sogar aufhebt, so können
die von mir dem nüchternen Magen entnommenen Saftmengen nicht
von der Sondenberührung herrühren, sondern sie müssen bereits
vorher im Magen anwesend, sie müssen dort vorräthig gewesen
sein. Um jedoch den Einwurf des Ungewohnten an die vorsichtige,
kurzdauernde Sondirung auf seinen wahren Werth noch einmal
(vergl. meine ersten Versuche im nüchternen L. und im Fasten
AC.) zu prüfen, veranlasste ich einen, in jeder Beziehung gesunden,
nach den üblichen Proben auch magengesunden, kräftigen Medi-
ciner zu täglichen Schlaucheinführungen bis zur „Gewöhnung •
In täglichen bis mehrtägigen Zwischenräumen nahm ich dann im
nüchternen Expressionsversuche vor; folgendes ist das (mit Aus¬
schluss der Vorübungen wie der nach den üblichen Probemahlzeiten)
gewonnene Resultat: sondirt wurde am 26., 27., 29. September, am
5., 6., 7., 8 ., 9. Octobor, am 15., 17., 18. October, sowie am
16. November d. h. im ganzen 13 mal; 11 mal ist die Menge
notirt worden: 13 ccm, 14, 12, 2, 4, 13, „wenig Gehalt“, 7,^,
2,5 und 8 ccm. Acidität normal; im enteiweissten Magensaft —
nach wiederholter Prüfung — Biuretreaction (Pepton).
Wenn ich somit der einen Hysterica Ewald’s, dom einen,
unter anormalen Versuchsbedingungen Untersuchten Edingei s
diesen einen gesunden jungen Mann 1 ) vollwerthig gegenüberstellen
darf, so lautet das Resultat: auch unter der Voraussetzug
der Gewöhnung an die Sondeneinführung liefert de 1
nüchterne Magen messbare Mengen von salzsaurem ba .
Was nun diese, die Menge betrifft, welche normalerweise uu
speisefreien, nüchternen Magen gefunden wird, so hat an ihr®
Feststellung die Physiologie ein geringeres Interesse als die Klm Ki
diese Frage soll daher später noch erörtert werden, zuvor lie £'
mir ob, die Ursache der Saftsecretion auch nach ihrer positive
Seite zu erledigen. # *
In meinen ersten Mittheilungen über den vorliegenden Lege
*) Herrn P. E. danke ich für die freundliche Gefiüligkeit, mit doi ci
die Sondirung an sich gestattete, sowie für seine sonstige Unterstütz s?
bei den vorliegenden Untersuchungen. In meiner Absicht lag es, jui ei
grösseren Anzahl absolut Gesunder Sondirungen und dann Exprossio ^
versuche auszuführen; zu meinem Bedauern konnte ich nur zwei p® ,
dazu bewegen; bei dem zweiten, C. Sch., war der nüchterne Magenin n
stets mit frischer Galle gemengt. Trotzdem war die Flüssigkeit •
deutlich, selbst stark salzsauer (Congopapier).
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIF T.
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17. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
445
stand der Discussion habe ich bereits durchblicken lassen, dass ich
als Quelle der Secretionsthätigkeit im speisefreien Magen den Speichel,
sowie alle mit ihm verschluckten Mund rachensecrete (nebst Frcmd-
bestandtheilen, Micrococcen etc.) ansche. Und dass dem so ist.
scheint mir zweifellos. Zu den dort bereits angeführten Belegen
für einen ersichtlichen Zusammenhang von Speichel und Saftseore-
tion im Magen von L. Hermann, Grünhagen, Rollet, Sticker
sei noch die Angabe Leube’s hinzugefügt: die Secretion von
Magensaft überdauert den sie verursachenden Reiz „so also z. B.
nachdem der verschluckte alkalische Speichel neutralisirt ist“ und
weiter: „Begünstigend auf die Saftproduction wirken.
alkalische Flüssigkeiten, der Speichel.“ Und W. Kühne*):
„Schwach alkalische Flüssigkeiten, wie der Speichel des Hundes
oder gemischter Speichel vom Menschen, werden fast momentan
neutralisirt, und erregen eine noch lange anhaltende Secretion.
Das ist der Grund, warum die Schleimhaut des nüchternen Magens
sich bisweilen ohne gleich nachweisbare Veranlassung mit Tröpfchen
bedeckt, denn Schluckbewegungen, bei welchen nur kleine Mengen
Speichel in den Magen gelangen, erweisen sich bald als die Ursache.“
Halten wir dieser schlichten Thatsaehe die andere gegenüber,
dass nach Beaumont zur Gewinnung von 30 bis 60 ccm Magen¬
saft von der leeren Schleimhautflache eine Irritirung derselben mit
der Sonde von 10 bis 15 Minuten (!) Dauer erforderlich ist, so¬
wie die bereits erwähnte (C. Ludwig), dass Brechneigung, wie sie
der Regel nach die Sondeneinführung begleitet, die Saftsocretion
augenblicklich hemmt, so bleibt — wie ich sehe — nichts übrig,
als die im Nüchternen nach einer seeundenwährenden Sondirung
nachweisbaren Saftmengen auf nichts anderes, als auf Erregungen
durch den verschluckten Speichel zurückzuführen. Mindestens durch
den verschluckten Speichel, da die mit ihm gleichzeitig in den
Magen gelangenden sonstigen Secrete, Epithelien und Fremdbestand-
theile, Staub, Micrococcen die Speichelerregungen gewiss noch un¬
terstützen. Wir können die Verhältnisse im speisefreien nüchter¬
nen Magen jetzt vielleicht dahin formuliren: der nüchterne, speise¬
freie Magen ist normalerweise selten oder niemals aller Erregungs¬
mittel so baar, dass seine Schleimhaut zu länger dauernder, völliger
Unthätigkeit gelange; oder noch anders: der Magen Gesunder ist
im „Nüchternen“ oder „Fasten“ zwar speisefrei, aber nicht wirklich
leer und darum nicht im Secretionsstillstand. (Schluss folgt.)
VII. Kurze Bemerkung zu dem Artikel
des Herrn Professor Dr. Klebs in No. 18
dieser Wochenschrift.
Von Privatdocent Dr. Vnlpins in Heidelberg.
. Herr Professor Klebs hat meine Arbeit Ober das Antidiphtherin
einer sehr umfangreichen und ausführlichen Erörterung gewürdigt. Er
wiederholt in derselben einen grossen Theil der von mir veröffentlichten
Krankengeschichten mit der einzigen Variante, dass er dieselben mit grossem
Optimismus zu seinen Gunsten zurechtzudrehen sich bemüht.
Auffallen muss es, dass er unterlässt, den Werth seines Anti¬
diphtherin durch eine neue und bedeutende Serie geheilter
Diphtherie fälle zu beweisen. Dies wäre doch der einfachste und
säuberlichste Weg, um alle Zweifel und Zweifler zu vertreiben.
Meiner Arbeit kurzer Sinn war der, dass unsere Heilungsresultato
«nter Ant idiphtherinbehandlung ganz die gleichen blieben wie sie
battler aus dem langjährigen Material der hiesigen Klinik festgestellt hat
(Beiträge zur klinischen Chirurgie 1892, Bd. 8, Heft 1). Warum Klebs
statt dieser Statistik eine auswärtige, insbesondere diejenige der Züricher
Klinik, filr beweisender und zum Vergleich geeigneter hält, ist und bleibt
unverständlich.
.. übrigen beschränke ich mich darauf, diejenigen, welche sich ernst¬
lich für die moderne Diphtheriebehandlung und speciell für die Antidiph-
t nenn frage interessiren, auf dio in dieser Nummer (p. 449) kurz roferirte
Arbeit von Zapport hinzuweisen, welche mir von der Redaction kürzlich
zur Besprechung übersandt wurde.
VlLL lieber Lepra anaesthetica.
Zur Bichtigstellung der in der Sitzung vom 14. Juni 1892 des
Aerztliohen Vereins zu Hamburg stattgefundenen Wiedergabe
meiner Arbeit.
Von Dr. Wold. Gerlach,
Prosector am Gouvernementslandschaftshospitale in Poltava.
find *- n ,k T °: ^2 der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1893, p. 533,
rinnU-i P 1 * 10 . Wiedergabe des Inhaltes meiner Dissertation: Ueber dio
ziiimi ” • * ^ er Bildung anästhetischer Hautflecke von der Erkrankung
pinv ^ erven bei der Lepra anaesthetica, mit welcher ich mich nicht
wirft 'a p^läi’ßu kann, weil sie ein falsches Licht auf meine Arbeit
llnf 1 H1 “ cra s -| 0 erstens Ungenauigkeiten in Bezug auf den Umfang des
Wt ölK , , n Materiales enthält und zweitens mir Ausdrücke in den Mund
in di"»« 6 ' p 1C1 Form des Referates nie gebraucht habe und welche
__°^ m auf mich das Licht grosser Leichtfertigkeit werfen könnep.
) Lehrbuch der physiologischen Chemie/ Leipzig 1868.
Zunächst findet sich daselbst die Behauptung. „Gerlach hat durch
ötucliura von Sclmittserien durch einen anästhetischen Haut fleck gemeint
den Nachweis führen zu können“ etc. Sie entspricht nicht dem wahren
bach verhalte, denn os ist untersucht worden nicht „ein“, sondern „mehrere“
Haut flecke, und zwar: zwei aus der Rückenhaut und ein erkranktes Haut¬
stück vom vierten rechten Finger, fünf Dorsalnervon, der N. ulnaris mit seinen
Zweigen zum M. abductor digiti miuimi, zum vierten und fünften Finder
und zu den Mm. interossei der rechten Hand, und aus den Ergebnissen
dieser Untersuchungen, welche durchaus übereinstimmend waren” zog ich
erst meine Schlüsse. Dieses ist aber sehr wichtig, weil auf solclio Weise
ein Material herbeigeschafft worden ist, welches man nicht auf Zufällig¬
keiten zurückführen kann. e
Ferner wird, und zwar mit Anführungszeichen, behauptet, ich hätte
gesagt: „die kleinzellige Wucherung bei der Lepra anaesthetica unter¬
scheide sich in nichts von der bei der tuberösen Form auftretenden Neu¬
bildung“. Das habe ich nicht gesagt, denn ich habe nur dio Anl'angs-
stadien boider Aussatzformen verglichen, dann aber die Meinung geäussert.
dass die Differenz zwischen beiden darin zu suchen sei, dass bei der Lepra
anaesthetica die Granulationen in „Narbengewebe“ üborgelien, bei der Lepra
tuberosa dagegen in Wucherung.
Wie wonig „kunstvoll“ übrigens mein Aufbau ist, wird man am besten
beurtheilen können, wenn man die von mir gefundenen Befunde mit meinen
Schlussfolgerungen vergleicht.
I. a) In den jüngeren Stadien der Hautflockenbildung hei der Lepra
anaesthetica findet man leprüso Wucherungen als constanten Befund nur
an den peripheren Enden des zugehörigen Nervonzweiges. Seine centralere»
Partieen sind also in der Regel verschont, der Stamm selbst ist aber
immer frei von leprösen Infiltrationen angetroffon worden.
b) Liegt ausnahmsweise ein lepröser Heerd auch an den etwas gröberen
Verzweigungen, so gelingt leicht der Nachweis, dass derselbe jünger ist
als der peripherer gelegene.
c) Bilder, bei denen die periphersten Aesto frei von lopröser Granu¬
lationsbildung waren, während der Stamm von ihr ergriffen war, sind
überhaupt nicht angetroffon worden.
d) Wonn ein diffus, sei os leprös, sei es nicht leprös degenorirtor
Nerv sich in seine Endiisto auflöst, so sieht man, dass die letzteren nicht
genau ebenso wie der Mutterstamm, sondern zum Theil besser, zum Theil
bedeutend schlechter erhalten sind als dieser, und man kann, wofern nur
die Schnitte häufig genug aufoinanderfolgen, dio Mischung solcher in ver¬
schiedenen Stadien der Degeneration befindlichen Aeste zu einem gleich-
mässig entarteten Stamme direkt verfolgen.
Aus diesen Thatsachen schloss ich nun, dass zu einem
anästhetischen Hautflecken ziehendo Nerven bei der Lepra
anaesthetica zuert peripher erkranken.
II. a) So lange die Nerven — es gilt das Gesagte immer nur für
jüngere Erkrankungsstadien — noch im Unterhautgewebe verlaufen, sind
sie frei von leprösen Erkrankungen. Desgleichen in der oberflächlichen
Fascie, obschon die letzteren ausnahmsweise schon hier auftroten können.
In solchen Fällen ist die Affection aber unbedeutend und viel jünger als
die Erkrankung desselben Nervenastos im Gebiete der Lederhaut selbst.
b) Wenn die Nerven jedoch bis zum Corium emporgestiegen sind
und letzteres infiltrirt ist, so werden dieselben mit grosser Sicherheit von
der leprösen Wucherung ergriffen: besonders stark da, wo sie mit einer
erkrankten Schweissdrüse in Berührung kommen.
c) Nerven, welche aus gesundem oder doch annähernd unafficirtem
Gewebe kommen und sich in verschiedene Aesto theilon, zeigon nur an
denjenigen Zweigen eine Degeneration, welche sich zur inficirton, d. h.
leprös erkrankten Haut begoben, und zwar am stärksten in derselben
selbst.
DieseBefundo verworthete ich, um den Satz aufzustellen,
dass die Nerven zuerst in der Haut erkranken.
III. a) Die bei der Lepra anaesthetica erkrankende Haut zeigt, analogen
Bau und Beginn, wie die letzteren als Anfangsstadien der tuberösen Lepra
bereits beschrieben sind.
b) Die kleinzellige Infiltration der Lederhaut tritt zu oiner Zeit auf,
wo die allerfeinsten Nerven noch wohlerhalten sind.
Daraufhin erklärte ich die Hauterkrankung bei der Lepra
nervorum für ebenso selbstständig wio bei der Lepra tuberosa.
Bacillen habe ich allerdings nirgend nachweiscn können, was bei mir in
Virchow’s Archiv 1891, Bd. 125, ausdrücklich hervorgehoben ist, und dio
daselbst erwähnten Körner in den Schweissdrüsen halte ich heute auch
nicht mehr für Involutionsformen der Leprabacillen, trotz der specifischen
Färbung: ich fand sie auch bei nicht Leprösen und sammle eben weiteres
Material, um sie irgendwie zu deuten. Nichtsdestoweniger halte ich es
für unlogisch, die ganze Krankheit trotz des Fehlens von Leprabacillen
für Lepra zu erklären und den einzig bei der bacillenlosen Krankheit ge¬
fundenen anatomischen Veränderungen die Specificitilt abzusprechen, weil
daselbst Bacillen fehlen. Ich glaube den Grund dafür darin zu findon,
dass die Lepra anaesthetica einen localen Aushoilungsprocess darstellt,
habe dieses auch indirekt in meiner Dissertation, direkt im Virchow’schcn
Archiv ausgesprochen, woraus ersichtlich ist, in welcher Art meine Identi-
ficirung der kleinzelligen Infiltration mit lepröser Granulationswucherung
aufgefasst werden muss.
Endlich habe ich am Ulnamerven nachweiscn können, dass unterhalb
seiner stärksten Veränderungen ein unvergleichlich stärkerer Schwund der
Nervenfasern aufgetreten war, als oberhalb derselben, und deute diese
Erscheinung als Waller’sche Degeneration. Diese Thatsaehe wird
im Referate einfach ignorirt., die Ergebnisse der Nonne’schen Unter¬
suchungen bei der Lepra tuberosa werden auf die Verhältnisse bei der
Lepra anaesthetica übertragen und dann die Behauptung aufgestellt, „dass
also eine eigentlich typisch aufsteigondo und absteigende Degeneration
fehlt“. Und dieses auf den Vordersatz hin: „Es hat sich durch (i
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446
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20
Untersuchungen von Nonne wiederum gezeigt: Erstens, dass schwere,
ja allerschwersto pathologische Vorgänge im Laufe der grossen Nerven-
’stämme hei Lepra existiren können, ohne die zu erwartenden Störungen
im Ausbreitungsbezirke dieser Nerven. Zweitens, dass dio peripheren
kleinen Nervenstämmc anatomisch normal erscheinen können bei aus¬
gedehnten Veränderungen in den grossen Stämmen“. Meines Ermessens
gestattet dieser Vordersatz, selbst wenn man seine Berechtigung anerkennen
wollte, bloss zum Nachsatze, dass eine absteigende Degeneration fehlen
kann, und nicht fehlt. Von einer ansteigenden Degeneration kann hier¬
bei überhaupt nicht die Rede sein. Dass aber eine absteigende Degene¬
ration fehlen kann, ist leicht begreiflich, denn wenn oben in einem Nerven
bloss die Markscheiden geschwunden sind, dio Achsencylindor aber noch
nicht, so seho ich nicht ein, warum unten eine mikroskopisch nachweis¬
bare Degeneration auftreten sollte. Wie schwer es aber ist, die Achsen-
cy linder in einem Tumor aufzufinden, beweist unter anderem noch eine
Dissertation von Gcrnet’s: Das plexiforme Fibrom der Nerven und der
Haut. Dorpat 1892. Zum Schluss mag noch erwähnt werden, dass ich
sowohl am Ulnarnerven als auch an den Dorsalnerven Bilder beobachtet,
welche bloss als Metastasen, und solche, welche nur als das continuirliche
Fortkrioehen der Granulationszellen im Pori- oder Endoneurium aufgefasst
werden konnten.
Alles das fasste ich zusammen zu folgendem Satze: Es
giebt bei der Lepra (anacsthetica) drei Arten von Nerven¬
erkrankung: 1) eino aufsteigende, 2) eine absteigende Neu¬
ritis simplex degenerativa und 3) eino sowohl continuirlich
als auch metastatisch sich ausbreitende spccifiscli lepröse
Nervonaffection. Hieraus ergeben sich abor zwei Formen von
Sensibilitätsstörungen: eine an Ort und Stelle entstandene,
durch die Hauterkrankung bedingto und zweitens eine von
jenen unabhängige am entfernten Orte durch absteigende De¬
generation hervorgerufene. Dass sie auf jeden Fall vorhanden sein
müssen, habe ich nirgend behauptet und verwahre mich ausdrücklich vor
einer solchen Auslegung meiner Worte. In meiner Dissertation habe ich
direkt darauf hingedeutot, dass letztere Form nicht direkt nachgewiesen
ist. Im Virchow’schcn Archiv 125, aus welchem ich soeben meine
Schlussfolgerungen citirt habe, habe ich diesen Satz weggelassen, weil
jeder, der mit der Lepra klinisch vertraut ist, weiss, dass die Nerven-
aftection der grossen Stämme erst dann auftritt, wenn man gesunde Haut
von der kranken im Gebiete jener nicht mehr unterscheiden kann. Das
Wort „anacsthetica“ ist im Virchow'schen Archiv aus Versehen weg¬
gelassen worden: es ist mir nie eingefallen, meine Befunde an der Lepra
maculosa auch auf die Lepra tuberosa auszudehnen.
Es sei mir zum Schluss noch gestattet, in Bezug auf die Behauptung,
mein Aufbau stimme nicht mit dem klinischen Verlaufe überein, folgende
klinische Beobachtungen mitzutheilen, welche ich als verwaltender Arzt
des Lcprosorium Muhli bei Dorpat zu machen Gelegenheit hatte, welche
bereits in meiner Dissertation aufgenommen sind, d. h. zum Theil, und
welche klar beweisen, dass mein Aufbau direkt auf dem klinischen Ver¬
laufe hisst. So hielt zum Beispiel fast kein einziger Fleck die Grenzen
irgend eines Nerven ein, dagegen gingen sio häufig von einer Körperhälfte
continuirlich auf die andere über, und zwar wuchsen sio peripher um sich
greifend. Manche Flecke entstanden dadurch, dass eine weisso Stello,
welche alle Zeichen der Hautatrophie bot, von einem Kranze flacher
Knoten umgeben war, welche central ausheilten, peripher dagegen auf¬
schossen. Schliesslich schwanden die Knoten gänzlich, und es blieb ein
typischer Flecken mit der charakteristischen Sensibilitätslähmung nach. 1 )
Die Anamnese ergab nie die Thatsache, dass Muskelatrophieen vor oder
gleichzeitig mit der Hautatfection aufgetreten wären: letztere waren immer
den ersteren vorangegangen. Die Bildung anästhetischer Hautflecko aus
Erythem fl ecken bildet eine Ausnahme, und man kann, wenn ein solches
Erythem aufgetreten ist, nie Vorhersagen, was aus ihm wird, denn cs
giebt drei Ausgänge: 1) völliges Schwinden, 2) Fleckenbildung und 3) Auf¬
schlüssen von Knötchen. Die Hauptflecken bevorzugten mit grosser Vor¬
liebe die Stellen, wo die Haut dem Drucke ausgesetzt war. so dass man
an mehreren Patienten Hautverfärbungen beobachten konnte, welche längs
den beiden Spinae scapulae und am vertebralen Rande des Schulterblattes
sich entwickelt hatten etc.
IX. Referate und Kritiken.
w - v - -keube, Specielle Diagnose der inneren Krankheiten.
ü. Band: Nervensystem, Rückenmark, Hirn, Stoffwechsel In-
fectionskrankheiten. Erste bis dritte Auflage. Leipzig 1898
P. G. W. Vogel. Ref. Fürbringer (Berlin).
r n Wir begrüssen in dem vorliegenden, 515 Seiten füllenden und
ol Abbildungen im Texte einschliessenden Bande das Werk eines
gereiften Klinikers, der dio Marterie selbstständig geformt hat und
dem die Gepflogenheit mehr oder weniger junger Autoren, die ein¬
schlägigen Lehrwerke für das eigene Elaborat zu consultiron, fast
fremd geworden Ein „nach Vorlesungen bearbeitetes“ Handbuch
tur Aerzte und Studirende nennt es der Autor selbst. Das ist
cum grano salis aufzufassen; denn der Leser ist sich bald bewusst,
(lass dem Gebotenen eben nicht die Nachtheile der „Vorlesungen“
innewohnen, vielmehr ein wohl gegliedertes und abgerundetes, sorg-
TnhoiK? n ° lg a nS w d - 6 n Druck ^gearbeitetes Ganzes vorliegt.
[t Z° n r? sub l st . an V e11 I st eine fern6re integrirende Eigenschaft.
Was dem Autor bei der Abfassung der Diagnose der Nerven
krank hei teil (294 Seiten) als Ziel vorschweMe war nadisliner
*) Lucs ausgeschlossen.
eigenen Ankündigung, dem Leser in präciser, systematischer Form
die klinischen Bilder vorzuführen und zugleich eine Uebersicht
über den modernen Standpunkt der Anatomie und Physiologie des
Nervensystems zu geben. Das ist durchaus geglückt. Wir ver¬
weisen besonders auf dio Artikel Tabes (man beachte hier zumal
die Erörterung der Initialsymptome und Coordinationsstörungen
überhaupt), dio Krankheiten des Vorderhirns mit den anatomisch-
physiologischen Vorbemerkungen und klinisch-diagnostischen Ge¬
sichtspunkten; sie können ohne weiteros als mustergiltig bezeichnet
werden. Wohlthuend berührt gegenüber so manchen selbstbe¬
wussten Anschauungen über das Maass unseres diagnostischen
Könnens die offen und objectiv formulirte Wahrheit rücksichtlich
der engen Grenzen, die wir in dor That bei der Differenzirung uns
stecken müssen, so z. B. dio Verneinung der Möglichkeit, eine
Hirnembolie und -Erweichung von einer Gehirnblutung sicher zu
unterscheiden. Zu rügen hingegen ist die stiefmütterliche Behand¬
lung der Abschnitte Neurasthenie, traumatische Neurose und Myx¬
ödem. Rücksichtlich der beiden ersten so actuellen Begriffe, die
zusammen auf drei Seiten erledigt werden, darf selbst der Studi¬
rende eine umfassendere Belehrung beanspruchen.
Dio Diagnose der Constitutions- und Infectionskrank-
heiten ist auf 193 Seiten untergebracht und berücksichtigt sowohl
die Grundlehren der Stoffwechselphysiologie als die notwendigen
bacteriologischen und chemischen Voraussetzungen. Warum Verfasser
sich auch über die ätiologischen Momente (so namentlich des Typhus
und der Cholera) eingehend in seiner „Diagnose“ verbreitet, ist uns
nicht recht deutlich geworden. Auch in diesem Thoile verleugnen sich
nicht die für den ersten angeführten Vorzüge. In ausgezeichneter
Weise ist die Differenzirung des Darmtyphus gegen die acute Miliar¬
tuberkulose sowie die kryptogenetischen, septischen und pyämi¬
schen Processe erörtert; sie räumt zugleich mit früheren und noch
heutigen Irrthfimern (Milztumor, Diazoreaction, Durchfälle etc.)
auf. In trefflicher Darstellung sind auch die acuten Exantheme
erschlossen. Selbstverständlich vermögen wir nicht allem unbedingt
beizutreten, so nicht dor Angabe, dass die Himbeerzunge für
Scharlach höchst charakteristisch, bei voller Entwickelung geradezu
pathognostisch sei, auch nicht dor Behauptung, dass wir imstande
seien, die Milzvergrösserung boim Typhus „fast immer, sicher in
90 °/o der Fälle percussorisch und palpatorisch“ nachzuweisen. Für
die Leukämie fehlen, zumal nach den neueren Aufschlüssen, nutz¬
bare Grenzzahlen für das Verhältniss der Leukocyten zu den rothen
Blutkörperchen.
Die Abbildungen, theils entlehnt, theils original bezw. vor¬
wiegend der „Künstlerhand“ Landerer’s entstammend, sind eine
bedeutsame, das Verständnis« in sympathischster Art erleichternde
Beigabe. Fast dasselbo kann man von dem ungewöhnlich voll¬
ständigen und rationell Ungeordneten Register behaupten. Die
Ausstattung ist bereits mit der Bekanntgabe des Verlages ge¬
nügend gekennzeichnet. Alles in allem ist das Werk, aus welchem
auch der hervorragendste Kliniker und der erfahrenste Praktiker
Belehrung in Hülle und Fülle schöpfen kann, eine glänzende Be¬
reicherung unserer Litteratur. Es wird, auch unter der Voraus¬
setzung, dass der Arzt von heute immer noch mehr nach thera¬
peutischen Lehren als diagnostischen Grundsätzen streben sollte,
seinen Weg finden.
Hermann Schwartze, Handbuch der Ohrenheilkunde. Bear¬
beitet von Berthold (Königsberg), Bezold (München), Bürkner
(Göttingen), Gad (Berlin), Gradenigo (Turin), Habermann
(Graz), Ilertwig (Berlin), Hessler (Halle), Kessol (Jena),
Kiesselbach (Erlangen), Kirchner (Wiirzburg), Kuhn (Strass¬
burg), Magnus (Königsberg), Meyer (Kopenhagen), Molden¬
hauer (Leipzig), Moos (Heidelberg), Mygind (Kopenhagen),
Schwartze (Halle), Steinbrügge (Giessen), Trautmann
(Berlin), Urbantschitsch (Wien), Wagenhäuser (Tübingen),
Walb (Bonn), Zuekcrkandl (Wien). Zweiter Band. VIII upd
915 Seiten Lex.-8°, mit 177 Abbildungen im Text. Leipzig,
F. C. W. Vogel, 1898. 30 Mk. Ref. Hauptmann (Cassel).
Die Wiedergabe dieses weitläufigen, für vorliegenden Zweck
noch wesentlich verkürzten Titels, soll nur übersichtlich zeigen,
welch hervorragende Mitarbeiter Hermann Schwartze für sein
Handbuch der Ohrenheilkunde zu gewinnen wusste. Es ist daraus
zugleich ersichtlich, dass neben 18 Deutschen und 3 Oesterreichern
Dänemark mit 2 und Italien mit 1 Fachgenossen vertreten sind. —
Nachdem in der vorjährigen No. 25 dieser Wochenschrift nach dem
Erscheinen des ersten Bandes auf die hohe wissenschaftliche Be¬
deutung dieses umfangreichen Sammelwerkes näher eingegangen
und sein Werth für den Forscher sowohl, als für den Praktiker
begründet w r urde, erübrigt es, über den Inhalt des jetzt vorliegenden
zweiten, das ganze Werk abschliessenden Bandes zu berichten.
Während der erste den allgemeinen Theil der Ohrenheilkunde in
einer bisher nie dagewesenen Vollständigkeit behandelte, umfasst
iqj-yzed by
Gck igle
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
in gleicher Weise der zweite Band in zwölf Kapiteln das weite
Gebiet des specieUen Theiles. Die Eintheilung weicht Ton der sonst
m Lehrbüchern üblichen dadurch mehrfach ab, dass die einzelnen
Stoffgebiete schärfer von einander abgegrenzt sind und damit ihre
besondere ausführliche Bearbeitung gefunden haben. — Den Anfang
des vorliegenden Bandes bilden die Krankheiten der Ohrmuschel
und des äusseren Gehörganges, sowie diejenigen des Trommelfelles
beide Abschnitte von Kirchner. Es schliessen sich daran an die
Erkrankungen des Nasenrachenraumes von Tr aut mann der
Paukenhöhle und der Tuba Eustachii von Walb und des Warzen-
theiles von Bezold bearbeitet. Besonders umfangreich ist die dar¬
auf folgende Darstellung der Krankheiten des Labyrinths und des
Nervus acusticus von Gradenigo. In drei besonderen Kapiteln
werden behandelt die Fremdkörper im Ohr von Kiesselbach die
Neubildungen des Ohres von Kuhn und die letalen Folgeerkrankun¬
gen bei Ohraffectionen von Hessler. Die Taubstummheit hat in
Mygind, Prothese und Correctionsapparate haben in Berthold
ihren Bearbeiter gefunden. Den Schluss dieses speciellen Theiles
bildet die von Sch wart ze verfasste Operationslehre — ein Gebiet
welches er bereits in seinen „chirurgischen Krankheitendes Ohres“
m klassischer Weise bearbeitet hat. Dem Ganzen ist noch ein
13 Kapitel angefügt, in welchem W. Meyer die geschichtliche
Entwickelung der Ohrenheilkunde schildert. Ein ausführliches Re¬
gister schliesst das Werk ab. — Von der Ausstattung dieses zweiten
Bandes ist dasselbe zu sagen, wie beim ersten: neben ganz aus¬
gezeichneten Abbildungen, namentlich denen zu Trautmann’s Arbeit
und denen der Corrosionspräparate Bezold’s, finden sich im dritten
Kapitel eine Anzahl Trommelfellbilder, die in ihrer schematischen
Art kaum noch etwas mit der Natur gemein haben. Die wenigst
guten Abbildungen enthält der inhaltlich bedeutendste Abschnitt
nämmlich die Operationslehre von Schwartze. — Der im ersten
Band zu tadelnde hässliche Gurswdruck mitten im Text ist im
fehrung als zweckmässig und empfehlenswerth erkannt sind.
^ dt n 6gnÜ f fc S1Ch ü ? n S ens nie mit ^r Angabe, was gemacht
werden soll, sondern er beschreibt auf das genaueste und für den
Praktiker berechnet, wie es gemacht werden muss
P' ese subjektive selbstständige Auffassung und Darstellung
bildet die Hauptstärke des Buches, die es aus der grossen Zahl
der m letzter Zeit erschienenen Lehr- und Handbücher auf
das vortheilhafteste hervorhebt. Es ist nicht zu leugnen, dass in
diesen selben Momenten aber auch die freilich sehr zurücktretendo
Schwäche des Buches liegt. Manche empfehlenswerthe Methode
ist ment erwähnt, weil sie Schmidt eben nicht selbst an wendet
andere Methoden und Anschauungen sind ganz besonders gepriesen'
die sich wohl kaum der allgemeinen Anerkennung erfreuen dürften.
Ich exemplificire hier ganz besonders auf das Kapitel von der
Schwindsuchtsbehandlung und andere mehr. Eine so eigenartige
durch und durch selbstständig denkende und auffassendo Persön¬
lichkeit konnte und wollte nicht auf alle die Methoden und Auf¬
fassungen die möglich und berechtigt sind, des näheren eingehen,
er hat nur angegeben, was er selbst glaubt und anwendet, was
von ihm selbst als erprobt gefunden ist. „Ich will nicht sagon,“
sagt er „dass man die Krankheit nur auf meine Weise behandeln
muss, glaube indessen, dass es für den praktischen Arzt erwünscht
sein würde zu wissen, wie er eine Krankheit behandeln „kann“.
In oinem Punkte aber irrt sich der Verfasser entschieden. Er
hat das Buch in erster Linie für den praktischen Arzt ge¬
schrieben, seine Bedürfnisse hat er besonders im Auge gehabt.
Aber so grossen Nutzen der praktische Arzt auch aus demselben
ziehen wird, so sehr es demselben auch empfohlen werden muss,
den wesentlichsten und ersten Vortheil werden die Specialisten
von dem Werke haben, die sich an den Anschauungen des Meisters
schulen werden, auch wenn sie in vielen Punkten abweichender
Ansicht- sind — und nicht bloss die jüngeren, sondern besonders
Äf e ü UUCherWeiSe 5 - Nochmals sei an dTÜ4^"„7d'die 6 “2
Herma^n e s ch^TrTzT^durch 1 di^Sfiliaffnntr 61 ^■ >rge * 10 * )en ’ das , s j ch Schmidt’sohen zu setzen haben. Recht häufig wird die Ansicht
der erfahrenen Fachgenossen nicht vollständig den vorgetragenen
II T , , , -- Uioooo IIIUmillieULtUÜIl
Werkes erworben hat: es wird ihm für alle Zeiten gedankt
werden, und das nicht nur von den Fachgenossen.
M. Schmidt, Die Krankheiten der oberen Luftwege. Berlin
w- S ? pril ! ger ’ 18 ? 4 * Ref - p - Heymann (Berlin).
Wir heutigen Rhinolaryngologen scheiden uns in zwei Theile.
ie jüngeren von uns sind schon „geleimte“ Laiyngologen, haben
meist eme regelmässige Laufbahn als Assistenten hinter sich und
ftaben das Gebäude der Laryngologie als ein im wesentlichen
iertiges Ganzes überkommen, und die grosse Zahl der alljährlich von
innen erscheinenden Arbeiten und Abhandlungen — nach der Zu-
sammenstellung von Semon waren es 1895 im Jahre 1892 und
4/öi im vorhergehenden Jahre — dient im wesentlichen nur zum
Ausbau im Einzelnen und zur weiteren Ausführung und Befestigung
senon früher gewonnener Grundsätze und Methoden. Die älteren
mehr oder weni £ er Autodidacten. Wenn sie
leicht auch die erste Untersuchungstechnik von Türck oder
; n ?® rma k Persönlich übernommen haben, so haben sie sich doch
nbetrefl alles weiteren, inbetreflf der Erkenntniss der pathologischen
wSr u inbet f eff des Ausbaues der therapeutischen Technik im
f»hn D r hen ai ! f die eigene Kraft und auf ihre subjective Er-
*a .y orlas ® en gehabt; sie haben das Gebäude ihrer Wissen-
ZZ and J hrer Kunst, um bei dem Bilde zu bleiben, sich im
sirh «Iiw S ? lb ® t aufzu richten und in dem aufgerichteten Hause
eh selbst wohnlich einzurichten gehabt.
, lncp f a ^ de ? vornehm sten und erfahrensten älteren Forschern
mehr JS gehört Moritz Schmidt in Frankfurt a. M. Nach
dem ä^fr d ? Jäh £ g v e , r , Thät }g keit als Spocialist unterbreitet derselbe
lichftti u a I( i en pahhkum jetzt seine Erfahrungen in einem umfäng-
einpr? if andbucbe »Die Krankheiten der oberen Luftwege.“ Von
dieMpinn^ 1118 wie , er ’ konnte man kein Schulbuch erwarten, das
Gehra,,^ 5 Cn ande ,™ r sor gfältig sammelt und sichtet und für den
, der . studirenden Jugend zurecht schneidet, sondern er
»ad ^lb s n tg e rchaffenen. biefcen V ° U des Besonderen ’ Selbsterlebten
lichkeit d w n 1 auch in dem vorliegenden Buche die Persön-
AuffasEnr« geistvollen Autors überall in den Vordergrund, seine
Sinne w * e se l ne Darstellungsweise sind im besten
alleemeinPTi durcbaus subjectiv. Es sind zahlreiche von den
aber ai! i abweichende Ansichten und Methoden, die er vertritt,
arbeiteno- 0 oiw eT \ ^rklicher Erfahrung und ernstester Ver-
Rechte Lst e rlebter Thatsachen. Demnach hat er mit vollem
er will auch 61 f -? etzen können »aus der Praxis.“ Aber
Theil seine« Brax * sM schreiben. Einen sehr erheblichen
Lehren beipflichten können, aber gerade in der wohl begründeten
Differenz wird man eine Fülle der Anregung und Belehrung finden.
Eigenartig und, soweit Referent die Litteratur kennt, durchaus
neu ist die Eintheilung des ganzen Buches. Schmidt schreibt
kein Lehrbuch der Krankheiten der Nase, des Rachens, des Kehl¬
kopfes etc. Der Titel seines Buches lautet: „Die Krankheiten
der oberen Luftwege.“ Es behandelt die oberen Luftwege —
Nase, Nasenrachenraum, Rachen, Kehlkopf, Luftröhre u. s. w. — als
ein einheitliches Ganzes und bemüht sich, uns ein Bild zu geben,
wie die verschiedenen Erkrankungen, Katarrh, eitrige Entzündungen,
Tuberculose, Lues etc. sich in diesem Organcomplex darstellen.
Ein sehr interessanter und sehr lehrreicher Versuch. Die Folge
davon ist allerdings manchmal ein gewisser Zwang in der Ein¬
theilung — so werden z. B. die Oedeme des Larynx und die Er¬
krankungen der Nebenhöhlen nach einander unter dem Kapitel der
eitrigen Entzündungen abgeharidelt und dergleichen mehr, so wer¬
den manche in engem Zusammenhänge stehende Affectionen der
einzelnen Abschnitte an verschiedenen Orten besprochen, so werden
manche Wiederholungen und auffallend viele Verweisungen auf
andere Stellen nothwendig, aber jede Eintheilung hat ihre Nach¬
theile, und dem Referenten will es scheinen, als ob der neue, von
Schmidt begangene Weg doch der naturgemässere und folgerich¬
tigere und dem bisher üblichen vorzuziehen sei. Sicherlich wird
eine zweite Auflage manche Unebenheit, die durch die Neuheit der
Eintheilung hervorgerufen ist, auszugleichen vermögen.
Vorangeschickt ist dem Werke eine ausserordentlich klare
und lehrreiche Darstellung der Anatomie und Physiologie. Die
Kenntniss der systematischen Anatomie wird vorausgesetzt und
das Hauptgewicht auf die topographischen Verhältnisse gelegt..
Als ganz charakteristisch für das Buch möchte ich die Darstellung
der Anatomie der Tonsille und ihrer Umgebung hervorheben, welche
auch durch zwei vortreffliche Abbildungen, die Merkel entnommen
sind, illustrirt ist. Ganz besonders ausführlich aber ist die Ana¬
tomie und Physiologie der Nerven dargestellt, ein Kapitel, das wir
sonst in solchem Umfange und in solcher Klarheit in unseren
Lehrbüchern nicht behandelt zu finden pflegen. Der Vertheilung
der einzelnen Nervengebiete in den oberen Luftwegen widmet
Schmidt sehr lehrreiche bildliche Darstellungen, in denen die Ver¬
zweigungen der verschiedenen Nerven in verschiedenen Farben ge¬
zeichnet sind.
Die Physiologie des Gesanges findet bei ihm sorgfältige Berück¬
sichtigung, und es muss ganz besonders auf ein Schema aufmerksam
gemacht werden, aus dem sowohl der Umfang der verschiedenen
Stimmen als auch die musikalische Lage der einzelnen Register
AH0i] gairipc W u .- wumuu/uu. Milieu oua ci ucuiiuiiuu kJuimuicM aio auioj. vaui
Regeln für ,. ei f T es ^mmt die Darstellung eminent praktischer ersehen werden kann. Dieses sehr interessante Schema ist inVer-
Therapie ein p , ^ ersucbun £’ für die Diagnostik und für die bindung mit dem berühmten Gesanglehrer Prof. Stock hausen
, Kegeln, welche alle selbst erprobt und in eigener Er- ausgearbeitet. Der Physiologie des Gesanges schliesst sich ein auf
Digitized fr.
Gck igle
Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
.ivirlh !' KH’ahrunp- herubomicm KniHtel „ärzt-limmiMm.ndiUh .2 der
Singstimnunr am
aut die Phjfiiohirxiu foltfftudi? Abseknitb botHolt sWfe p ftU v
BtftLaähiönghßA Ui dp'iisolbeu finden #14* duju gmnstv, :
Anzahl' BcmbuebtuupHi uhd AiuxaUeii yojroitikiH.
pdesattouTimils Jt^bv, die tu 4<4b Teuoi' d$r :
ttutedptn iJarsteUüiig niebt AwIcWibriiijceu waren. l'is iyk»i «mvu;
pjsprneheu Uber den -iiiigemcimU’
Aldimin. Horzieidon, £ymiko!o£Le)u* W«km ote, rte:), Uber «kn tfih'
Jb^s^ler Klidibtev öber frkhjtung im<l AhMHorvg;. dbtf; Tab-Hlp
iröd vjeife andere nähr.
lörätaflen TlioU iviöditp ich. als IwsimdurHiTtlevessant
das Kapitel utmr X«U'H'Urfkmukn n^m sirwie (Uudau^‘
* [^e v til»e»- (ieirui Ittduvndinnä: <bw Yadiwae'r mb-- jrrtJkser
hs SHiU « unbmtAL; : j^6f|idb in
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deiL gi'o^ert VorxUpui düs v orln^ii.ioii Puchos, in «km. sieb reiehsMv (Aihälirfatlön, die jNjede.rk'^un^ y.eim
itpvmak'isiiaekk FHahrun£\ ftenatßfes der LifiPr&tw und zeigen die zum r Mipü au ißffV’Mewb zum l
Ijiidkt Ivdc rdleouW'iinv?;)* du jisisehr; ikkiUup; venaiviuch. Ysiühi. btago. gejdauUai und in ^nsiOb» ung Impiftunen mm*
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]>m AusHtaUung ih«s fiuclirs <st wztfgJkd«, so guLAvtewir * _
oh ioklor bei umfiifiiniHvbftü Buchen kisbmviiiaht ok /?;*'•■««'ben haben; X« JÖ11T318ÜT6-VU@
.die /aikdiumtpm im Tort, wie mieb die aogidiilit^tui! Tafeln, sind i ni . t ,,, (! tUkdiei«
von (rixm bpSQtülpi'd Au.Srtülil'kn^ , . r ' * ’ /
VYm panzeu.* Herzen Ikmiien .;wic das 'Werk sowohl dom. pmk-. kd. W ifsnip it A.*;»ko ^.olbH Lekeratoo
tistilmu Arzte, als auch dom .Spmaifakb^ttöS5?eti aut das wärmste Ausganp (bpjK-Abd ; aus dmj V H'h, «; {>.»
omi)b:hieu. Wftnbwg- N y. XXM. iki., H K, L«V>
VürfasHE»’!' stellt ma der Littoratur 15 fl
Hob. Woipert (Nürnbork}, Bins einfache Ltiftprüfitngamothode Lebern In o ob ie zusanrmon, die ünHnabtMSwmso
auf Kohl.CÄnkujrc mit wissenschsfilictier Grundlage. 104-8. und lokselmotbi scik.4 einen neuen fkil ni
•Mit nndfre-reth IheHweibe hiitigm AMdldunmm. Luij^ii*’ 1802,' Wiirzhnr^. ititmt betraf om«v 2HjHhngo P«
Jk«tinjpivftu'fs • Btn?iibnudiüi,% Uet. Th, Weyl (IkHiut dritten •Mbm«t «ier t.dr:*vi*Htfit., wdlirend die
V«ntasser ulnvnit d.ib UÜi^HieHtiuniuiißi in eipiyiv grssdulrtvii rekrtiv HHtiltg'O Krankheit prrnde die ersl
< >iimb;r' vor, in weleheih 4;di eino hosümretü Meu^O idims durch i ^«‘.bwnngerseliafi zu vrrschoneu pfiepi, was I
einen Indkatov gordrbtön, AikeUs bebndok lu-lmn nv di«. Likm- für'.tttu■.■Auwahmn pdimnd pinaekt wurde, i
^uohkk-sluri so {iin^e iu Litis UtrjeU« Alkali hnuiinsaup., bis der .Rtrnplii«v- kt eis : äut .f]n)s(»homr^jftbu}r berühr
itkd|<M*cr ^iRc;ifaHK«* A r eHUi#^ Äui04^uü^; d.#--A^t4hto0^'ö'tckiThr -i
der Punkt «uToTC'bt-, m lie.'sf. jmüv dM <;U ;r Ocluik an der «lass Wb die nimston Gifte, so auch «Ho
Theiiunjr d«s- Cy-ittid«#« ab. pr^dmirten Mo.sauv die Ursache abgeben k«;»tü
,. ^ „AHUiH dieiuai 2 ecm .einer V: ( o Q hkon K..daiosmi^ au diesem im pmxru tynisehon Fall ist einr
t.Va-iUL T■ LOH^O), als ,,Lnd>eatov ! \ fiih i'«)tbAefdrbt4 Ldscmg dos Lolmr, die wähmid -Hin webjiur und kleiner
Katriömsftlxps (fps l%P#bfpktbatpms T aVetchi^ itUfeh Säbtou oujttebt adtfHU^dr Kiiefbarkcit seieHy sc düs? v. L
\\ud. ih>r — hbripms pafemiHo — Apparat lässt sieb heipmru Sfehoubbdb« f rt dö§ Fm^oreiödruPks naclhwevsl
17. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
449
Munro, Embolism of the mesenteric vessels, with
Symptoms of obstruction; abdominal section. The Lancet
1894, No. 3678 p. 147, 148.
Ein Mann von 51 Jahren empfand beim Heben einer schweren
Metallstange plötzlich ein eigenthümliches Gefühl im Unterleib. Es
traten kolikartige Schmerzen dazu. Am Abend stellten sich blu¬
tige Stuhlausleerungen ein, die gegen einen halben Liter Blut zu
Tage förderten, am nächsten Morgen wurde noch einmal etwa <yn
viertel Liter Blut entleert. Von da ab bestand völlige Verstopfung,
die keinem Abführmittel wich. Als nach drei Wochen auch noch
fäculentes Erbrechen hinzutrat, Hess der Patient sich in das
Krankenhaus aufnehmen. Die Temperatur war subnormal, der Leib
aufgetrieben. Das Coecum zeigte sich extrem ausgedehnt, in der
linken Iliacalgrube war eine orangengrosse Resistenz zu fühlen.
Eine Hernie war nicht nachzuweisen. Zwei Tage später wurde
die Laparatomie ausgeführt. Der Tumor in der linken Iliacalgrube
war bedingt durch einen schon etwas entfärbten und mit der Um¬
gebung verwachsenen Infarct im Mesenterium der Flexura sigmoidea.
Der ganze Dickdarm war enorm ausgedehnt und dunkel gefärbt.
Zwei weitere Infarcte fanden sich im Gekröse des Dünndarms, der
stark roth injicirt war. Der Kranke starb 20 Stunden nach der
Operation. Es waren somit hier die von Gerhardt und Kuss-
raau 1 aufgestellten typischen Zeichen fast alle vorhanden. Auf¬
fallend war die Härte und Unbeweglichkeit der Geschwulst, die
zeitweüig den Verdacht eines malignen Tumors entstehen liess.
E. Sehrwald (Freiburg).
Julius Zappert, Ueber die Heilwirkung des Anti-
diphtherin (Klebs). Wiener medicinische Wochenschrift 1894,
No. 13-17.
Die Veröffentlichung der günstigen Resultate, welche Klebs
bei Anwendung seines Antidiphtherin erzielte, veranlasste Zappert,
das Mittel ebenfalls zu erproben.
Wenn Zappert sich auch grosser Objectivität zu befleissigen
strebt, so verschweigt er doch von vornherein nicht, „dass Klebs
in der Auswahl seiner Fälle nicht sehr glücklich gewesen ist und
dass ein einziges geheiltes diphtheriekrankes Kind unter zwei
Jahren für die Wirksamkeit des Antidiphtherin mehr bewiesen
hätte, als fünf Fälle Erwachsener und sogar „kräftiger gesunder
Männer“.
Zappert wählte nur solche Kinder für seine Versuche aus,
bei denen der diphtherische Process auf den Rachen lokalisirt, eine
CompHcation nicht vorhanden war. Nur bei einem Fall liess sich
beginnende Stenose nach weisen. Ferner wurden mit ebenfalls einer
vereinzelten Ausnahme nur Patienten verwendet, bei denen die
Diagnose durch den Nachweis von Klebs-Löffler’schen Bacillen
im Deckglaspräparat gelang.
Von 15 so ausgesuchten und nach der Klebs’schen Vor¬
schrift behandelten Kindern wurden elf geheilt, vier starben.
Dieser günstige Heilungsprocentsatz wird entschieden durch den
Charakter der Epidemie bedingt, da nur zweimal descendirender
Croup zur Tracheotomie zwang. Im übrigen verliefen die Er¬
krankungen trotz der specifischen Behandlung zum Theil recht
schwer, es entstanden bisweilen ausgedehnt« neue Rachenbeläge,
so dass man geradezu an eine Dissemination des lokalen Diphtherie¬
effectes als Folge der Pinselung dachte; es trat Albuminurie,
bepsis, absteigender Croup und Herztod während der Cur ein, so
dass Zappert auf Grund seiner Beobachtungen ausspricht „es sei
das Klebs’sche Mittel nicht imstande, irgend eine dieser Com-
pheationen zu verhüten“.
Um zu entscheiden, ob bei den geheilten Fällen sich in der
Art des Krankheitsverlaufs Unterschiede ergaben zwischen solchen
Patienten, welche mit Antidiphtherin behandelt wurden, und
anderen, bei denen die bisher übliche mehr exspectative Therapie
m Anwendung kam, stellt Zappert den 11 unter Antidiphtherin-
pinseiungen geheilten Kindern zehn ohne dieselben durchgekommene
atienten — ohne Auswahl — gegenüber. „Der Vergleich der
emen Tabellen ergiebt keinen Beweis dafür, dass unter Anti-
Qipntherinbehandlung das Abstossen der Beläge oder der Abfall
Üer \?f n P €ra ^ ur rascher vor sich gehe.
Nirgends ergiebt sich unter den mit Antidiphtherin gepinselten
Franken ein Verhalten, welches auf der anderen Tabelle nicht auch
finden wäre“
Zappert’s Hoffnung, mit dem Mittel, wenn auch nicht Com-
picationen zu verhüten, doch wenigstens rasch und günstig den
ankneiteverlauf beeinflussen zu können, wurde somit nicht erfüllt,
ei ere Versuche mit dem Antidiphtherin wurden deshalb aufgegeben.
Zappert kommt also zum gleichen Resultat, wie Referent
th«;H 1I 5? I ? eits j n ^.°* Jahrgang 1894 dieser Zeitschrift mitge-
h . s l nd d * e Misserfolge Zappert’s vielleicht noch
t> * ls ?, r ’ sie durchweg bei relativ leichten, am Beginn der
udlung uncomplicirten Fällen erzielt wurden.
j_ Oscar Vulpius.
XI. Oeffentliclies Sanitätswesen.
' 7 ”Uie hygienischen Einrichtungen in amerikanischen Schalen“
behandelte Stadtschulrath Bertram in einem längeren in der Deutschen
Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege (27. April 1894)
gehaltenen Vorträge. In Amerika besitzt die oberste Regierung den
Einrichtungen des Schulwesens gegenüber keinerlei Befugnisse- da¬
gegen besteht seit 1867 daselbst ein vorzüglich geleitetes „Bureau
of Education“, welches nur nebenher Verwaltungszwocke erfüllt, im
wesentlichen aber durch Bearbeitung der wichtigsten Themata’ auf
dem Gebiete des Unterrichtswesens der ganzen Welt die Entwickelung
der Schule fördert. In den meisten Anstalten, mit Ausnahme derer von
zehn Staaten, ist der Unterricht in der Hygiene obligatorisch bis
in die untersten Klassen hinein; meist ist derselbe von Associationen ein¬
geführt, welche mit diesem Unterricht Temporenzzwecko verbinden,
um schon in der Jugend Abscheu gegen Alkohol, Tabak und andere Reiz¬
mittel gross zu ziehen und als wirksamstes Mittel völlige Abstinenz zu
lehren. Ganz abgesehen von diesem mit dem Unterrichte verknüpften
Zweck wirkt derselbe segensreich durch Verbreitung der Kenntnisse über
den Bau des Körpers, Uber Gesundheitspflege und durch die Vermehrung
naturwissenschaftlicher Erfahrung. Für die Ausbildung der Lehrer auf
diesem Gebiete bestehen vorzüglich ausgerüstete Laboratorien, indess fehlt
es doch thoihveise an genügend vorbereiteten Lehrkräften.
Die Pflege der Leibesübungon in den Schulen besteht seit kürzerer
Zeit als bei uns, etwa seit 1861. In den verschiedenen Colleges sind
die Uebungen obligatorisch, nicht blos auf das Turnen in unserem Sinne
beschränkt, sondern umfassen jegliche Art der Gymnastik, einschliesslich
Uebungen nach Art der schwedischen. Es sind grossartige Anstalten
vorhanden, welche im Erdgeschoss sämmtliche Arten Bäder und eine
Kegelbahn, im ersten und zweiten Stockwerk Geräthe aller Art, eine als
Rennbahn benutzte Galerie, Rudereinrichtungen und Apparate zu anthro-
pometrischen Messungen für die Individualisirung der Uebungen enthalten,
deren Ergebnisse rogistrirt und alljährlich in den Berichten veröffentlicht
werden. Besonders gut sind diese Einrichtungen in den höheren Mädchen¬
lehranstalten, deren Leitung einem weiblichen Arzte untersteht. Schon
weniger gut ist der Betrieb der Leibesübungen an den Anstalten, die
unseren Gymnasien und Realschulen entsprechen; und vollends an den
Elementarschulen beschränken sich dieselben auf schwedische Körper¬
bewegungen im Schulraum selbst nach Leitfäden.
Die Schulhäuser sind sehr reinlich gebaut, hygienisch eingerichtet,
meist fehlt es an einem Hofe zu Bewegungen während der Pausen. Die
Subsellien sind zweckmässig, verhindern aber auch nicht durchweg die
schlechte Körperhaltung.
Ein grosser Vorzug ist die geringere Stundenzahl; nur am fünften
Tage ist jo fünfstündiger Unterricht, doch ist von diesem eine Stunde
der selbstständigen Beschäftigung der Schüler im Bibliotheksraum frei¬
gegeben; der Sonnabend fällt aus. Die geringere Stundenzahl ist ausser
anderen Gründen pädagogischer Art auch dadurch ermöglicht, dass der
Religionsunterricht nicht in der Schule ertheilt wird. Charakteristisch
ist nach jeder Richtung die besondere Bevorzugung des Mädchenschul¬
wesens. Im ganzen lehren die Ergebnisse, dass in den Amerikanern
ein mächtiges, eine grosse Zukunft verheissendes Culturvolk heranwächst.
An den Vortrag knüpfte sich eine sehr weitgehende Besprechung,
welche eine grosse ZahUiygieniseher und pädagogischer Fragen streifte und
in welcher eine Reihe *Keressanter Einzelheiten vorgebracht wurden. Aus
denselben sei hervorgehoben, dass die in Deutschland mit so vielen guten
Gründen geforderte Einrichtung der Schulärzte, denen ja auch der hygieni¬
sche Unterricht überwiesen werden könnte, anscheinend auch in Amerika
nicht existirt. Von besonderem Interesse waren die Ausführungen des
Herrn Baer über die Aufgaben der Schule im Kampf gegen den Alkoho¬
lismus. Thatsächlich habe sich nicht blos in Amerika, sondern auch in
verschiedenen europäischen Staaten die Belehrung der Schüler über die
Entbehrlichkeit des Alkohols als Nahrungs- und Genussmittel, sowie über
die grossen Gefahren, die sein Missbrauch herbeiführe, als ein äusserst
werthvolles Mittel erwiesen; die deutsche Vereinigung gegen den Miss¬
brauch geistiger Getränke habe daher Schritte gethan, um zu erreichen,
dass auch in den Schulen Deutschlands in demselben Sinne aufklärend
gewirkt werde. __ A. G.
— Die XI. Hauptversammlung des Prensslsclien Medicinal-
beauitenvcreins fand am 23. und 24. April d. J. zu Berlin statt. An der¬
selben nahm der Cultusminister Herr Bosse, der Direktor der Medicinal-
abtheilung Herr v. Bartsch, die Vortragenden Räthe Herren Skrzeczka,
Schönfeld, Pi stör, im Aufträge des Ministers Horr Höpker, ferner
Herr v. Pilgrim (Minden) und der Abgeordnete Herr Kruse theil. Nach
einer Ansprache des Ministers, welche vom Vorsitzenden Horm Rapmund
erwidert wurde, folgte der Vortrag des Herrn Langerhans (Celle):
Ueber den Bau und die innere Einrichtung ländlicher Volks¬
schulhäuser, in welchem besonders die „fünf Entwürfe für einfache
ländliche SchuLhäuser vom 18. November 1887“ der Nachachtung empfohlen
wurden. Die Versammlung nahm folgenden Antrag an: „Die Versammlung
erklärt sich mit den Leitsätzen des Referenten einverstanden und hält
insbesondere eine grössere Mitwirkung der Medicinalbeamten auf dem Ge¬
biete der Schulhygiene für dringend erforderlich.“ Herr Nauck (Bred-
stadt) sprach überdas Thema: Welche hygionischen Untersuchungen
sind den Physikern von Amtswegen zu übertragen? Solche sind
bactcriologisch-chemischer Natur (Wasser, Milch, Luft etc.); das für die
Untersuchungen erforderliche Rüstzeug ist auf öffentliche Kosten anzu¬
schaffen, für die Untersuchungen sind besondere Gebühren zu beanspruchen.
Die Versammlung beschloss, die endgültige Entscheidung dieser frage
nach Erledigung der Medicinalreform vorzunehmon. Herr Mittenzweij,
(Berlin) erörterte: Blödsinn und Wahnsinn unter Berücksichti-
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450
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20
gung der Entscheidung des Reichsgerichts vom 13. März 1893.
Auf Antrag des Herrn Ascher (Bomst) wurde dann die Frage berathen,
die „Tuberkulose“ als Thema für die nächste Hauptversammlung zu be¬
stimmen, und eine diesbezügliche Entscheidung dem Vorstande überlassen.
Herr Rapmund vertrat dann den von den Medicinalbeamten des Re¬
gierungsbezirks Minden gestellten Antrag, die Satzungen der Hu fei an ri¬
schen Stiftungen besonders nach der Richtung hin abzuändern, „dass
in denselben die Mitwirkung der Aerztekammem vorgesehen wird“. Herr
Schröder (Wollstein): Ueber die Untersuchung und hygienische
Beurtheilung von Brunnenanlagen in kleineren Städten und
auf dem Lande, Herr Philipp (Berlin): Ueber Revision der
Krankenhäuser. Der Gesammtvorstand wurde durch Zuruf wieder¬
gewählt. Die Versammlung besichtigte dann noch die städtische Irren¬
anstalt Herzberge, deren Leiter, Herr Moeli, daselbst noch einen
Vortrag: Ueber psychische Schwächezustände mit Vorstellung von
Kranken hielt. _ George Meyer (Berlin).
— Die Selbstmorde in der Preusslsclien Armee. Berlin, 1894,
Mittler & Sohn. Ref. George Meyer (Berlin).
Mit der fortschreitenden Cultureutwickelung geht fast stets eine
Zunahme der Selbstmorde Hand in Hand. In Preussen starben von 1871
bis 1875 von 10000 Einwohnern 1,2, im Jahre 1891 hingegen 2,1 Menschen
durch Selbstmord, ln Deutschland starben von den verschiedenen Staaten
Europas jährlich am meisten Menschen, nämlich 2,71, durch Selbstmord.
Er folgt Dänemark mit 2.58, Schweiz mit 2,30, am geringsten, 0,35, ist
die Zahl in Spanion. In Deutschland ist im Königreich Sachsen und den
sächsischen Herzogtümern der Gipfelpunkt der Selbstmordbewegung.
Slavischo Abstammung verringert die Neigung zu Selbstmorden. Bei den
Protestanten ist der Selbstmord häufiger als bei den Katholiken, bei
diesen häufiger als bei Juden, am häufigsten bei Personen, welche keinem
dieser drei Bekenntnisse angehören. In den Wintermonaten kommen die
wenigsten Selbstmorde vor, in der warmen Jahreszeit, besonders im Juni,
die meisten.
Von den Armeen erleiden die österreichische und deutsche die
meisten Verluste durch Selbstmord. Im Durchschnitt der Jahre 1876
bis 1890 hat das IV. Armeecorps mit 9,13 u /ooo die meisten, das XVII.
mit 2,27 %oo die wenigsten Selbstmorde. Auch beim Heere haben die¬
jenigen Armeecorps die höchsten Zahlen für Selbsttödtungen, zu deren
Territorial- und Ersatzbezirken die als Gipfelpunkt der Selbstmordhäufig¬
keit bekannten Landestheile gehören. Auch betreffs der Jahreszeit zeigt
sich das gleiche Verhalten wie bei der Civilbevölkerung. Die meisten
Selbstmorde der Unterofficiere geschehen im August, der Einjährig-Frei¬
willigen im März und August, wo über Capitulation und Beförderung
entschieden wird. Es kommt hinzu, dass das Militär in Städten unter¬
gebracht ist, wo das Leben das Zustandekommen von Selbstmorden be¬
günstigt, dass die Mannschaften und Unterofficiere unverheirathet sind,
also des Schutzes der Ehe gegen den Selbstmord entbehren. Die Ur¬
sachen zum Selbstmorde, die beim Heore häufiger und genauer zur Kennt-
niss gelangen als bei der Civilbevölkerung, sind am meisten Furcht vor
Strafe; vielfach auch gekränktes Ergefühl, verletzter Ehrgeiz. In der
Selbstmordziffer überwiegen die Unterofficiere ganz erheblich. Das erste,
zweite und dritte Dienstjahr zeigt ein Verhältnis von 3:1,5:1. Ganz
vereinzelte der Eingestellten versagen den neuen an sie gestellten An¬
forderungen; diejenigen, welche dies befürchtei^assen, sind rechtzeitig
aus dem Dienst zu entfernen. Unberechtigt ist mR den Selbstmord beim
Heer häufig auf unangemessene Behandlung oder Misshandlung zurück¬
zuführen, wie aus den geschehenen Erörterungen erhellt. Der militärische
Beruf und Dienst bringt noch besondere Einflüsse hervor, welche beim
Vergleich der Selbstmordzahl bei der Armee mit der gleichaltrigen männ¬
lichen Bevölkerung zu berücksichtigen sind. Die Militärverwaltung ist
beständig und erfolgreich bemüht, ein Sinken der Selbstmordziffer zu be¬
wirken. Ein Unterstützungsmittel, um die Selbstmordziffer herabzu-
drttcken, wäre in der Bekämpfung der zersetzenden Richtung der mo¬
dernen Lebensanschauung und der Enthaltung des Urtheils über den
Beruf des Soldaten seitens Unberufener zu finden.
— Rudolf Schultze, Bau und Betrieb von Yolksbadeanstalten.
Mit einem Vorwort von Dr. E. Lent, Geh. Sanitätsrath und Secretär
des Niederrheinischen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege. Gr. 8°,
68 Seiten. Mit 45 Abildungen im Text. Bonn, E. Strauss, 1893. Ref.
Oscar Lassar (Berlin).
Mehr und mehr dringt das Bewusstsein in alle maassgebonden Kreise,
dass der weiteren Ausgestaltung des Badewesens ein hervorragender An¬
spruch auf Berücksichtigung in der praktischen Gesundheitspflege des
Volkes zukommt. Aber während niemand bestreitet, dass Mehrung der
Badegelegenheiten und Erziehung zur Badegewohnheit von segensreichem
Einfluss tür Stadt- und Landbevölkerung sein würden, sind die treibenden
Kräfte zur Förderung dieser Culturfrage doch im Verhältniss nur ver¬
einzelte geblieben. Millionen von Deutschen fehlt jede Möglichkeit, eine
Badeanstalt zu benutzen, und es muss auf diesem Gebiete noch viel
Thatsächliches geschehen, um den misslichen Zustand auch nur. einiger-
maassen zu bessern. In diesem Sinne erscheint ein Schreiben des Ober¬
präsidenten der Rheinprovinz sehr bemerkenswerth, welches derselbe vor
einiger Zeit an die Aerztekammer der Rheinprovinz und der Hohen-
zollernschon Lande gerichtet. In dieser Zuschrift wird ausgeführt, dass
aus den amtlichen Berichten, betreffend die den weniger bemittelten
Volksclassen zur Verfügung stehenden Badeanstalten, hervorgeht, wie
weit die vorhandenen Einrichtungen hinter denjenigen Anforderungen
zurückbieiben, die im gesundheitlichen Interesse der Bevölkerung uner¬
lässlich sind. „Die Schwierigkeiten — heisst es weiter — welche sich
der Vermehrung der Volksbadeeinrichtungen und ihrer stärkeren Benutzung
entgegenstellen, entspringen vorwiegend der Gleichgültigkeit oder Ab¬
neigung breiter Volksschichten gegen das Baden überhaupt. In der Be¬
kämpfung dieser Schwierigkeiten kann den staatlichen Behörden seitens
der practicirenden Aerzte ohne Zweifel wirksame Unterstützung geleistet
werden.“ Die Aerztekammer setzte sich hierauf mit dem Nioderrheinischen
Verein für öffentliche Gesundheitspflege in Verbindung, und derselbe be¬
schloss, eine Zusammenstellung von Badeanstalten für mittelgrosse Ge¬
meinden anfertigen zu lassen, um gerade bei diesen letzteren Interesse
zu wecken und der Ueberzeugung Bahn zu brechen, dass die Kosten
onschwingliche sind. Diese Arbeit hat ein bewährter Fachmann, der Stadt¬
bauinspector von Köln, Herr Rudolph Schultze übernommen und dabei
in sehr klarer Weise alles Wissenswerthe berücksichtigt. Dersolbe hat
als Vorlagen für zukünftige Anlagen die Typen der neuordings in Deutsch¬
land zur Ausführung gelangten Anstalten und alles dazu gehörige Material
gesammelt. Diese Zusammenstellung ist um so werthvoller, als bis jetzt
nur wenige und in den Einzelberichten zerstreute Erfahrungen bekannt
waren. Jeder, der sich für die Einrichtung einer neuen Anstalt interessirte,
musste sich die erforderlichen Unterlagen durch Umfragen mühsam ver¬
schaffen. Jetzt liegen sie wohlgeordnet zur Benutzung bereit. Dies er¬
scheint gerade für Aerzte von Nutzen, welche für die Einrichtung von
Volksbädem anregend und thatkräftig eintreten wollen. Durch die vor¬
liegende Schrift über Bau und Einrichtung von Volksbadeanstalten ge¬
winnt man — ohne sich in ferner liegende technische Vorfragen zu ver¬
lieren — genügende Uebersicht, um gegebenen Falles die Sache praktisch
anzugreifeu oder doch von hygienischer Seite auf die Factoren des öffent¬
lichen Lebens einzuwirken. Dies wird mit um so grösserer Zuversicht
geschehen dürfen, als auch nach den Ermittelungen Schultze’s überall
da, wo Volksbäder errichtet worden sind, die Benutzung derselben mit
der steigenden Gewöhnung der Bevölkerung vom Anfänge an eine stets
wachsende Tendenz erwiesen hat. Dementsprechend haben viele der neu
eingeführten Volksbäder recht befriedigende wirthschaftliche Ergebnisse
orreicht, und wo Zuschüsse zu leisten waren, sind dieselben so gering
ausgefallen, dass sie für den Gemeindehaushalt nur eine verschwindende
Bedeutung besitzen. In dieser ökonomischen Unterlage wurzelt die Mög¬
lichkeit, durch kleine bescheidene, aber ausreichende und einladende Bade¬
anstalten die öffentliche Reinlichkeitspflege allmählich zu verallgemeinern,
und hierfür tritt auch der Verfasser, auf sein umfassendes Material ge¬
stützt, in überzeugender Weise ein. Seine Schrift ist für niemand ent¬
behrlich, der in der Frage der Volksbäder mitarbeiten will.
XII. Standesangelegenheiten.
Aus der Sitzung des Geschäftsausschusses der Berliner
ärztlichen Standesyereine.
In der Sitzung am 4. Mai er. theilte zunächst Herr Liebreich nach
einer bezüglichen Anfrage des Vorsitzenden Herrn Becher mit, dass eine
Eismaschine fertiggestellt sei, deren leichte Handhabung es jedem
Apotheker ermögliche, innerhalb zehn Minuten ein halbes Kilo sterilisirten
Eises zu fabriciren. Die Maschine beruhe auf dem Principe der Ver¬
dunstung von salpetersaurem Ammoniak, welches immer wieder von neuem
bei geringem Verluste gebraucht werden könne, so dass die Materialien
zur Herstellung des Eises keine nennenswerthen Kosten verursachen; und
da die Maschine selbst für 15 Mark bei Warmbrunn, Quilitz & Co. zu
haben sein würde, so stehe dom nichts entgegen, dass jeder Apotheker
veranlasst werde, eine solche oder eine grössere Maschine anzuschaffen.
Herr Liebreich beabsichtigt, demnächst eine solche Maschine in prak¬
tischster Ausführung den Mitgliedern des Geschäftsausschusses vorzuführen.
Finde sie deren Beifall, so könne über die Angelegenheit weiter au den
Minister berichtet werden.
Der Vorsitzende regte dann auf Grund einer Besprechung im Vor¬
stande die Frage an, ob nicht die Standesvereine ihre diesjährigen Sommer¬
feste zu Gunsten einer gemeinsamen Sommerfahrt sämmtlicher Vereine
aufgeben wollten. Der Vorschlag fand Beifall und soll in den Vereinen
zur Verhandlung gebracht werden.
Da der Magistrat bezüglich der Neuordnung des ärztlichen
Dienstes an den Krankenhäusern die Wünsche der Stadtverordneten¬
versammlung nicht genügend berücksichtigt hat, wird auf Antrag des
Herrn L. Landau beschlossen, folgende Eingabe an die städtischen Be¬
hörden zu richten: Nachdem der Magistrat im Widerspruch mit den Be¬
schlüssen der Stadtverordnetenversammlung und den mehrfach geäusserten
dringenden Wünschen der Berliner Aerzteschaft beschlossen hat, die Re¬
form des ärztlichen Dienstes in den städtischen Krankenhäusern im
wesentlichen auf die Anstellung eines Oberarztes in der äusseren Station
zu beschränken, wendet sich der Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen
Standesvereine an die Stadtverordnetenversammlung mit der Erklärung,
dass er in den von dem Magistrat geplanten Maassnahmen nur eine Stabi-
lisirung des gegenwärtigen unvollkommenen Zustandes erblickt, und giebt
von neuem dem dringenden Wunsche Ausdruck, dass die Stadtverordneten¬
versammlung die Reform des ärztlichen Dienstes in den Krankenhäusern
in dem den humanitären, wissenschaftlichen und communalen Interessen
entsprechenden, von den früheren Eingaben seitens der Aerzteschaft an
die Stadt bereits bekannten Umfange vorzunehmen suche und an ihren
früheren Beschlüssen festhalte.
Zu der Besprechung über das Verhältniss der behandelnden
.Aerzte zu den Vertrauensärzten der Berufsgenossenschaften
war der Vorsitzende des Vereins der Unfallversicherungsärzto in Berlin,
Herr Blasius, erschienen, und es ergab sich auch bei dieser Gelegen¬
heit wieder, dass ein mündlicher Meinungsaustausch schneller zu einer
Einigung über strittige Punkte führt, als eine längere Correspondenz.
Herr Blasius erläuterte die von seinem Vereine in Gemeinschaft mit
dem bahnärztlichen und dem gewerksärztlichen Vereine aufgestellten
Normen, welche folgendermaassen lauten: „1. Ein Benachrichtigen des
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17. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
behandelnden Arztes wird bei einfachen Controllbesuchen nicht erfolgen._
2 . Liegt nach Ansicht des Vertrauensarztes der Berufsgenossenschaft die
Nothwendigkeit vor: a) das eingeschlagene Heilverfahren zu ändern, b) die
Aufnahme des Verletzten in ein Krankenhaus anzuordnen, c) in die Be¬
stimmung über die Erklärung der Arbeitsfähigkeit einzugreifen, so wird
der betreffende Vertrauensarzt den behandelnden Arzt schriftlich oder
mündlich von seinem Vorhaben vor Ausführung der Maassregel in Kennt-
niss setzen. Es liegt im gegenseitigen Interesse, dass alsdann der be¬
handelnde Arzt sofort in Verhandlungen eintrete. Sonst ist der Ver¬
trauensarzt seiner Berufsgenossenschaft gegenüber verpflichtet, die
Bestimmung ohne Zuziehung des behandelnden Arztes zu treffen.“ Nach¬
dem sich Herr Blasius ferner bereit erklärt hatte, falls wirklich einmal
Zwistigkeiten zwischen den Aerzten Vorkommen sollten, in seinem Ver¬
eine für Einsetzung eines Schiedsgerichtes nach Kräften zu wirken, kam
man nach längerer Verhandlung zu der Ansicht, dass bedeutende grund¬
sätzliche Meinungsverschiedenheiten nicht bestehen, uud nahm folgende
zwei Anträge an. die Herrn Blasius zur weiteren Veranlassung zuge¬
stellt werden sollen: 1. Von vorzunohmenden Controllbesuchen in der Be¬
hausung des Kranken, bei denen eine genaue Untersuchung des Ver¬
letzten beabsichtigt ist, hat der behandelnde Arzt den Vertrauensarzt
mit Angabe der Besuchszeit so frühzeitig zu benachrichtigen, dass eine
gemeinsame Berathung möglich ist. — 2. Der Vertrauensarzt ist ver¬
pflichtet. von einem der ersten Besuche bei dem Verletzten den behan¬
delnden Arzt zu verständigen.
Der letzte Punkt der verhandelten Gegenstände betraf die Schluss-
berathung über die für den Acrztetag aufgestellten Thesen über das
Verhältniss dorAerzte der Lebensversicherungsgesellschaften
(cf. No. 15 dieser Wochenschrift), worüber namens der wirtschaftlichen
Commission Herr Davidsohn berichtete: Als Ergebniss der Verhand¬
lung führe ich die folgenden wesentlichen Abänderungsvorschläge an:
Die Nothwendigkeit der Untersuchung im Hause des Arztes soll nicht
besonders betont werden. Bezüglich der hereditären Verhältnisse seiner
Familienangehörigen soll der Antragsteller selbst veranlasst werden, für
die vom Arzte aufzunehmende Declaration II die nötigen Aufklärungen
zu geben, damit nicht der Vertrauensarzt genötigt ist, gegen die Be¬
stimmung des Strafgesetzbuches Angelegenheiten, die ihm in" seinem Be¬
rufe bekannnt geworden sind, anderen mitzutheilen. — Die am Schlüsse
des Zeugnisses ausgesprochenen Urteile „vollkommen günstig, günstig,
zweifelhaft, ungünstig“ sollen fortfallen, ebenso die Versicherung, dass
der Vertrauens- oder Hausarzt nach Pflicht und Gewissen gehandelt
habe. — Die vcrlrauensärztlichon Atteste sind verschlossen nur an die
Direktionen (nicht an die Agenten) einzusenden: ihr Inhalt ist weder den
Untersuchten noch den Agenten noch anderen Versicherungsgesellschaften
bekannt zu geben. Auch die hausärztlichen Atteste sollen in keinem
Falle mehr ausgetauscht werden. — Das Honorar für die hausfirztlichen
Atteste, in denen in Rücksicht auf das Strafgesetzbuch die Fragen nach
den Gesundheitsverhältnissen der Angehörigen des Antragstellers fort-
aUen soHrn, unterliegt der freien Vereinbarung, beträgt aber mindestens
r liri fÜr Nachuntersuchungen einschliesslich eines Berichtes werden
5 Mk., für erfolglose Besuche 3 Mk., für sogenannte Volksversicherungen
n an = emessen erachtet. — Endlich wird gewünscht, dass zur
Durchführung der auf dem Aerztetage zu vereinbarenden Beschlüsse eine
tommission zu gleichen Theilen von den Versicherungsgesellschaften und
aem Aerztevereinsverbande gewählt -werde und eine ständige in gleicher
'V eise aus beiden Parteien gewählte Commission zur Behandlung etwaiger
streitiger Punkte. H? I
XIII. Therapeutische Mitteilungen.
Zur Behandlung der Ozaena (Rhinitis atrophicans foetida).
Von Dr. A. Musehold in Berlin.
• , der Behandlung der genuinen Ozaena drängte sich mir besonders
ci poliklinischen Praxis der Wunsch auf nach einer Methode, welche
Jj, , eia ^ a Ufl d unschädlich ist, dass sie auch von den Kranken selbst ge-
tip . w<? ™ en kann un d dabei die Beschwerden der hedauernswerthen Pa-
di ° 6n “^ lich .st bald aufhebt. Bekanntlich richtet sich die Behandlung
stlnt r Krankheit zunächst auf die Beseitigung des ekelerregenden Ge-
t> , eS gründliche Reinigung der Nase von den übelriechenden
fj«. - en UQ d dann auf die Verhinderung der Borkenbildung durch Ver-
v ^ ecre ^ es - Hierzu genügt aber nicht ein täglich einmaliger
Krank* , e " den Arzt, es ist vielmehr durchaus nothwendig. dass die
i u f n \ n ^ er ^ w i sc henzeit durch weitere Manipulationen die Bchand-
Mitfpi CS ^ rz ^ e f unterstützen. Die bisher auch den Kranken anvertrauten
mrisi ? amen tlich die Spülungen und Spritzungen sind jedoch an sich
unwhaAv u und zudem in den Händen der Patienten nicht
dip v;k *• ^ le £ ew * ss 8e br wirksamo Gottstein’sche Tamponade und
schwier^ 10QSmÄSSa ^ e ^ Ujr me ^ s ^ en Kranken zu belästigend und
handl!^ 6 Erwägung brachte mich zu der an sich sehr einfachen Be-
ppKra„nk Sme 3 ich nun seit etwa einem Jahre ausschliesslich
tim enrk un< * , im .folgenden zu empfehlen mir erlaube. Ich thue das
Prfif.in« 1 j er ’ ^ ese Methode auch von den Collegen. welche ich um
rniiung derselben hat. bereits aeeeptirt worden ist.
setze JeDU ! z f e j? e Glycerinboraxlösung, welcher ich soviel Wasser zu-
zersnrfikÜ SS i~ sic r a i° se ibe eben mit dem Trautmann’schen Nasenspray
des (rtepft 11 * aSS u’ - ? er Beweggrund zu diesem Mittel war die Wirkung
schlftTT^« r i llS ‘' 61 . ^PPHcati 011 seihst weniger Tropfen auf die Nasen¬
zeitirr e i U ? r e,c Miche wässerige Secretion hervorzurufen. Gleich¬
wie bei Hai. • 61 r?- 116 -^Schwellung der Muscheln ein, fast ebenso schnell,
schien .se zur Secretion reizende Eigenschaft des Glycerins
sehr geeignet, die Borkenbildung, gleich der Gottstein’schen
451
Verhiüd /-T U “ j° doc h au ch weiterhin der Zersetzung des
Secietes entgegen zu treten, hielt ich es für angemessen, den als fäulniss-
widrig bekannten und völlig unschädlichen Borax. 20 g auf 100 g Flüssig-
nach folgende 2611 * Dl ° Zusammensetzun g der Sprühflüssigkeit ist dera-
Glycerin pur. 70
Borax 20
Aqu. dostill. 30.
Bei der Wahl des Borax war ich mir dessen wohl bewusst, dass wir
vorläufig einen bestimmten, das Secret zersetzenden Mikroorganismus
nicht kennen. Es ist überhaupt sehr fraglich, ob wir berechtigt sind, nur
ein Bacterium für die Zersetzung verantwortlich zu machen. Bekanntlich
wird m dieser Hinsicht dem Ozaenacoccus (Pneumoniecoccus von Fried-
laender) von Loe-wcnberg, dem Bacillus ozaenae foetidus von Hajek
und jüngst dem Bacillus ozaenae von Abel eine wichtige Rolle zuge¬
schrieben. Ich selber finde seit bereits vier Jahren regelmässig in dem
unter den Borken befindlichen gelben dicken Secrete fast in Roincultur
einen dicken Bacillus, welchen ich für den Bacillus sputigenus crassus
von Kreibohm halte. Wahrscheinlich sind alle diese genannten Mikro¬
organismen und noch mehr an der Erzeugung des Gestankes betheiligt.
e Anwendung dpr ernnnnnfpn FliiccirrL-oi’f go hielt
in die
« ’ ---—- ——MH**—***' ucauiiders an
den Nischen und Buchten der oberen Region benetzt werde. Ich wählte
dazu den Trautmann’sehen Nasenspray von Glas, weil derselbe auch
dickere Flüssigkeiten zerstäubt. Die sonst gebräuchlichen Apparate mit
den engen Metall- oder Hartgummiröhren erfordern dagegen eine relativ
starke Verdünnung des Glycerins mit Wasser. — Ich sprühe zuerst etwa
jte 1 ccm der Flüssigkeit in jede Nasenhälfte, um nach einigen Minuten
die inzwischen weicher und leicht entfernbar gewordenen Borken mit der
Zange oder Pincetto sorgfältig abzuheben. Hierauf wird die Schleimhaut
mit Matte noch vollends abgewischt, so dass dieselbe in der Nase und
im Nasenrachenraum ganz frei und rein erscheint. Nun besprüht man
nochmals energisch die Nasenhöhle nach allen Richtungen und führt den
Spray allmählig tiefer ein, um auch die Schleimhaut des Nasenrachen¬
raums genügend zu benetzen. Die Aufgabe des Kranken besteht jetzt
lediglich darin, dass er die Sprühung 2—3 mal täglich ausführt. Für
diesen Zweck existiren im Handel billigere Modelle des Trautmann-
schen Apparates, welche den Anforderungen durchaus entsprechen.
Bei dieser Behandlung schwinden die Beschwerden, vor allem der
Gestank, schon in wenigen Tagen, und die Kranken unterziehen sich um
diesen Preis gern der kleinen Mühe, ihre Nasensprühungen fortzusetzen.
Die Borkenbildung nimmt bereits nach den ersten Sprühungen erheblich
ab, das Sccret wird flüssig erhalten, so dass die Reinigung der Nase
durch den Arzt bald ausgesetzt werden kann. Ich pflege die Kranken in
der ersten Woche täglich, dann etwa zweimal zur Reinigung zu bestellen,
um sie später nur in grossen Zwischenräumen zu controlliren.
Dieselbe Behandlung wende ich selbstverständlich auch bei der Rhi¬
nitis atrophicans simplex und bei der Pharyngitis sicca an.
XIV. Kleine Mittheilungen.
— Berlin, 15. Mai. Einer der Männer, die zu den hervorragendsten
Zierden des medicinischen Lehrkörpers unserer Hochschule gehören —
Hermann Munk — begeht am heutigen Tage sein 25jähriges Professor¬
jubiläum. Dem Leserkreise dieses Blattes dürfen wir wohl nicht erst
sagen, was der Name H. Munk für die experimentelle Physiologie und
die von ihr befruchteten Gebiete physiologischer Pathologie bedeutet
— welche Stellung dieser geniale Schüler eines genialen Meisters in den
Reihen der physiologischen Forscher der Gegenwart einnimmt. War es
doch Munk beschieden, weit über die engeren Fachgrenzen hinaus einen
M r eltruf zu erwerben durch seine seit zwei Decennien mit unermüdlicher
Ausdauer fortgeführten Untersuchungen zur Grosshirnphysiologie,
die in dem Nachweis der sensoriellen Rindencentra gipfelten:
Untersuchungen, deren unerhört glückliche Ergebnisse wesentlich auf der
Munk eigenen sorgsamsten und peinlichsten Durchbildung der Versuchs¬
technik im Verein mit scharfsinniger Fragestellung und ungetrübter Ob-
jectivität in der Auffassung des Wahrgenommenen beruhen! Ueber diesen
zu universeller Anerkennung gelangten Früchten von Munk’s späterer
Forschung mögen aber auch frühere Arbeiten von ihm nicht vergessen
werden, wie die Versuche über Erregung der automatischen Herz¬
ganglien durch mechanische und chemische Reize, und besonders die
wichtigen Untersuchungen über das Wesen der Nervenerregung,
wobei Munk u. a. die Wasserabnahme in Verbindung mit der Wider¬
standszunahme in der Umgebung der Anode, das entgegengesetzte Ver¬
halten an den anderen Stellen des polarisirten Nerven im Momente der
Stronischliessungnachzuweisen vermochte. An diese Untersuchungen knüpfte
später eine auch für die Therapie indirekt belangreiche Arbeit von Munk
an, über die kataphorischen Stromwirkungen, wobei durch Ver¬
suche an Thieren und Menschen der Nachweis des Eindringens arzneilicher
und toxischer Substanzen (Strychnin, Chinin, Jodkalium) auf dem Wege
der Kataphorese erbracht und die dafür zweckmässige Methodik festgestellt
wurde. Von grosser Bedeutung für einzelne Gebiete der Pathologie und
Therapie, namentlich für die jetzt so lebhaft discutirte Frage des Mjx-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ödems, sind auch die seit Jahren fortgesetzten Untersuchungen über die
Schilddrüse, wobei Munk’s Ergebnisse allerdings mit denen anderer
Forscher, namentlich Horsley’s, zum Theil im Widerspruch stehen, aber
umsomehr vom klinischen Standpunkte aus erhöhte Beachtung verdienen.
A. E.
— Zur Feier des 50jährigen Jubiläums des AerzteVereines
des Regierungsbezirks Düsseldorf ist von Graf eine kleine, die
Geschichte des Vereins behandelnde Festschrift (Verlag von Bergmann
in Wiesbaden) erschienen. Ausser vielen anderen interessanten Einzel¬
heiten ersehen wir daraus, dass von den 56 ärztlichen Begründern des
Vereins heute noch zwei leben: der Geheime Ober-Mediciualrath Eulen¬
berg (in Bonn) und Geheimer Sanitätsrath Märklin (in Cronberg).
Mooren gehört seit 1859 (seit 1880 als Ehrenmitglied), Graf seit 1863
dem Vorstande des Vereins an. A. E.
— Der Ausschuss der Preussischen Aerztekammer, der
am 15. April in Berlin tagte, hat sich, einer Aufforderung des Herrn
Cultusministers gemäss, wesentlich mit der Frage seiner eigenen Organi¬
sation und Competenzen beschäftigt, und folgende Thesen der Kammern
zur Annahme empfohlen: ..1) Die Thätigkeit des Aerztekammeraussehusses
erstreckt sich auf alle diejenigen Gegenstände, welche ein gemeinsames
Interesse aller Aerzte oder die öffentliche Gesundheitspflege in der Ge-
sammtmonarchie betreffen. Die Selbstständigkeit der einzelnen Aerzte-
kammern wird dadurch nicht beschränkt. 2) Diese Thätigkeit wird zu¬
nächst sein: a) Vorberathimg der von dem Minister der Medicin alange-
legenheiten überwiesenen Vorlagen. Ueberweisung dieser an die einzelnen
Aerztekammem zur Berathung und Beschlussfassung. Zusammenstellung
der Berathungsergebnisse und Beschlüsse der einzelnen Aerztekammem
und Berichterstattung an den Minister, b) Vorberathung der von einzelnen
Aerztekammem oder von Mitgliedern des Aerztekammeraussehusses an
den letzteren gerichteten Vorschläge und Anträge, insofern solche zur
Thätigkeit des Aerztekammeraussehusses gehören. Ueberweisung dieser
Vorschläge und Anträge an die einzelnen Aerztekammem zur Berathung
und Beschlussfassung. Zusammenstellung der Beschlüsse der Aerzte¬
kammem und Bericht an alle Aerztekammem beziehungsweise Erledigung
im Sinne der Beschlüsse der Mehrheit der Aerztekammem. 3) Der Aerzte-
kammerausschuss tritt jährlich im Frühjahr und Herbst zusammen, ausser¬
dem wenn der Vorsitzende solches für nothwendig erachtet.“
— Mit dem demnächst zu eröffnenden medicinischen Waaren-
hause soll eine Auskunftsstelle über Badeorte und Heil an st alten
verbunden werden. Dieselbe wird an Aerzte und auch an das nichtärzt¬
liche Publikum Auskunft über die allgemeinen und zeitigen Verhältnisse
in diesen Orten und Anstalten, sowie passende Reiseverbindungen u. s. w.
ertheilen. Auch wird für Nachsuchende in den Curorten und beregten
Anstalten Unterkunft vermittelt werden.
— Am 2. und 3. Juni dieses Jahres findet in Baden-Baden die XIX. Ve r-
sammlung der südwestdeutschen Neurologen und Irrenärzte
statt. Geschäftsführer sind Professor Naunyn (Strassburg i. E.) und
Direktor Fischer (Pforzheim).
— Dr. M. Benda hat sein öOjähriges Doctorjubiläum gefeiert.
— Die durch den Tod von Theodor Billroth und A. Luecke
verwaiste Redaction der im Verlage von Ferdinand Enke in Stuttgart
erscheinenden „Deutschen Chirurgie“ haben die Herren Geheimrath
Prof. Dr. E. v. Bergmann (Berlin) und Prof. Dr. P. Bruns (Tübingen)
übernommen.
— Frankfurt a. M. Der von dem Senkenberg’schen Institute
alle vier Jahre für die beste Arbeit auf dem Gebiete der Kinderheilkunde
zu verleihende Stiebel-Preis wurde Dr. A. Hoffa, Privatdocenten an
der Universität Würzburg, zuerkannt.
— Nie heim. Dr. F. W. Weber, bekannt durch seine Gedichte
„Dreizehnlinden“, „Goliath“ u. a. ist im Alter von 80 Jahren gestorben.
— Strassburg (Eisass). Prof. Lücke hat der hiesigen Universität
seine chirurgischen Instrumente und ein Capital von 10 000 Mark, über
dessen Zinsen die medicinisehe Facultät frei verfügen darf, testamentarisch
vermacht.
— Wien. Für die Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte, welche in den letzten Septembertagen dieses Jahres in
Wien abgehalten werden wird, giebt sich schon, jetzt rege Theilnahme
kund. Die allgemeinen Versammlungen werden im grossen Musikvereins-
same stattfinden. Es sind im ganzen drei allgemeine Versammlungen geplant
und für jede derselben sind zwei Vorträge in Aussicht genonömen. Ausser¬
dem werden fachwissenschaftliche Vorträge in jeder der 40 (!!) Sectionen
gehalten werden. Viele derselben sind bereits angemeldet. Für diese
Vorträge ferner für die Sectionssitzungen hat der Rector der Universität
ehmigun ^, des T Unterrichtsministers das Universitätsgebäude zur
Verfügung gestellt. Im Universitätsgebäude werden auch die natur¬
wissenschaftliche und medicinisehe Ausstellung untergebracht
werden. Auch eine besondere Ausstellung von Lehrmitteln für
Mittelschulen ist m das Programm aufgenommen worden, und nach
den bereits vorhandenen Zusicherungen wird dieselbe nicht bloss aus
2! s p te Ä sondern auch aus dem Deutschen Reiche beschickt werden.
E* Fa l T irf daS Ve f^ U g en der Theilnehmer wird durch Aus-
fluge auf den Kahlenberg, nach Greifenstein und durch eine Gesammttour
aui aen bemmermg gesorgt werden.
w . ~ Für Neubesetzung des Billroth’schen Lehrstuhles hat die
Wiener medicinisehe I'acultät die Professoren Czernv (Heidelberg
?nri S . e u l bttUer(I L- ag) und Mikulicz (Breslau) dem Unterri?hteZisSm
vorgeschlagen. Neu zu besetzen ist ausserdem noch an der Wiener
R.fti^ r t° feSSU Tf ttr .. Au g™ h eUkunde, die durch Stellwag von
Lanon s Rücktritt zur Erledigung kommt. 6
— Rom. Auf der internationalen Ausstellung für Medicin und
Hygiene sind ausgezeichnet worden: Das Kaiserlich Deutsche Gesundheits¬
amt mit dem grossen Ehrendiplom (dem höchsten Preise) — der
Magistrat von Berlin und München, der Senat von Hamburg, das
Preussische und Sächsische Kriegsministerium, dos Ministerium des Innern
von Baiern, Sachsen etc. etc., ferner die Professoren Salkowski, Brieger,
Kossel (Berlin), Jaffe (Königsberg) u. a. mit Ehrendiplomen. Ausser¬
dem haben viele deutsche Aussteller (Aerzte und Geschäftsfirmen) goldene,
silberne und broncene Medaillen erhalten.
— Universitäten. Göttingen. Dr. Friedrich Merkel,
Professor der Anatomie, feierte am 4. Mai sein 25jähriges Doctoijubilaum.
— Professor Orth ist zum ordentlichen Mitglied der mathematisch-
physikalischen Classe der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften
ernannt worden. — Halle a. S. Der Professor der Hygiene Dr. Renk
ist nach Dresden als Director der chemischen Centralstelle für öffentliche
Gesundheitspflege, Mitglied des Landesmedicinalcollegiums und ordent¬
licher Professor am Polytechnicum (Nahrungsmittelchemie, Gewerbe-
und Wohnungshygiene) berufen worden. — Königsberg i. Pr. Dr.
E. Czaplewski hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt. —
Rostock. Privatdocent Dr. Lübarsch ist zum ausserordentlichen
Professor der pathologischen Anatomie ernannt worden. — Lemberg.
Der Professor an der Thierarzneischule in Lemberg, Dr. H. Kadyi, wurde
zum ordentlichen Professor der Anatomie an der medicinischen Facultät in
Lemberg ernannt. — Wien. Dr. Maximilian Sternberg hat sich als
Docent für innere Medicin habilitirt. — Budapest. Dr. Julius Donath
hat sich für Nervenheilkunde, Dr. Paul Terray für innere Medicin
habilitirt. — Bologna. Dr. G. Brugnoli, Professor der Pathologie, ist
gestorben. — Charkow. Dr. A. Tscherewkow hat sich als Privat¬
docent für Physiologie habilitirt.
Die Herren Collegeu, die Curdirectionen etc« werden ergebenst
ersucht, die für die nächste Ausgabe des Belcbsmedicinalknlenders
(1895) nötliigen Mittheilnugen schleimigst an die Redaetlon, Potsdamer«
Strasse 116, einznsenden. _
XV. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeines, Jahresberichte, Sammelwerke n. s. w. Index
me die us. A. monthly classified record of the current medical literature
of the world. Compiled under the Superrevision of Dr. John S. Billings,
Surg. U. S. Arniy, and Dr. Robert Fletcher, M. R. C. S. Eng. Vol. XVI,
No. 3. Boston und Detroit, George S. Davis, 1894.
Sitzungsberichte der Niederrheinischen Gesellschaft für
Natur- und Heilkunde in Bonn, 1893. Bonn, in Commission bei
Friedrich Cohen. 1893.
Sammlung pädagogischer Vorträge. Herausgegeben von
Wilhelm Mefer-Markan. VI. Bd., 12. Heft: Stimpfl, Physiologie
und Pädagogik, ein Aufruf an die Physiologen, Psychologen und Hygieniker.
— Hamm, Die Hinaufrückung der Strafmündigkeit vom 12. auf das
14. Lebensjahr. Bielefeld, A. Helmich, 1894.
M. Wormser, Pfarrer Kneipp im Lichte der Wissenschaft.
29 S. 0,75 M. Berlin und Neuwied, Heuser’s Verlag, 1894. ....
Fünfzig Beiträge aus dem Gebiete der gesummten Medicin.
Festschrift zur Feier des 50jährigen Jubiläums des Vereins der Aerzto
des Regierungsbezirks Düsseldorf. 580 S. Wiesbaden, J. F. Berg¬
mann, 1894.
Anatomie« N. Rüdinger, Cursus der topographischen
Anatomie. III. Auflage, 221 S. 9 Mark. München und Leipzig,
J. F. Lehmann, 1894. , '
Ergebnisse der Anatomie und Entwickelungsgeschicnte.
Unter Mitwirkung von K. v. Bardeleben, D. Barfurth. R. Bonnet,
G. Born. J. Disse, C. Eberth, W. Fl emmin g, C. Golgi, F. Hermann,
C. v. Kupffer, F. Merkel, W. Roux, H. Strahl, M. Strasser,
W. Waldeyer, E. Zuckerkandl, herausgegeben von Fr. Merkel unfl
R. Bonnet. II. Bd., 1892. 669 S. 25 M. Wiesbaden, J. F. Berg¬
mann, 1893. ,
Angenheilkunde. Schmidt-Rimpler, Augenheilkunde una
Ophthalmoskopie. Für Aerzte und Studirende. Wreden’s Sammlung
medicinischer Lehrbücher Bd.X. VI. Auflage: 646 S. 14 M. Berlin, Fnedncn
Wrcdßn 1894
A. Nieden, Der Nystagmus der Bergleute. 140 S., 10 Tafeln.
8,60 M. Wiesbaden, J. E. Bergmann, 1894. . ,
Chirurgie. F. J. Rosenbach, Ueber die tieferen eiternden
Schimmelerkrankungen der Haut und über deren Ursacne.
Beobachtungen und Untersuchungen aus der Göttinger chirurgisc en
Poliklinik. 43 S. 4,60 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. ,
Epidemiologie. B. Boucek. Die Cholera im Podebrader BezirK.
Eine epidemiologische Studie. Aus dem Böhmischen übersetzt v0I } Qü j'’
K. Maade. 48 S. 2 Mark. München und Leipzig, J. F. Lehmann, 1«9±-
Geburtshilfe und Gynäkologie. R. v. Steinbüchel, Ueber Ge¬
sichts- und Stirnlagen. 98 S. Wien, Alfred Hölder, 1894.
H. Fritsche, Die Krankheiten der Frauen. Für Merzte un
Studirende. Wreden’s Sammlung medicinischer Lehrbücher. Band
VI. Auflage. 554 S. 11,40 M. Berlin, Friedrich Wreden, 1894.
Berichtigung.
In Np. 17, p. 380, Zeile 27 von oben liess: von Lesser statt Leser.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag_ __ ^ 81. 24. Mai 1894.
DEUTSCHE
MELICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Ber&eksichtigong des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet tob Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Br. A. Enlenbnrg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Liehtonsteinallne 8. Potsdamentr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 3L
I. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Herrn
Prof. R. Koch.
Ueber die quantitative Bestimmung von
Dipbtherieantitoxin-Lösungen.
Von Stabsarzt Professor Dr. Behring und Sanitätsrath
“ Dr. 0. Boer.
Unter den verschiedenen serumtherapeutisehen Aufgaben,
welche durch Laboratoriumsarbeit zu erledigen sind, nimmt
die zahlenmässige Bestimmung des Antitoxinwerthes eine der wich¬
tigsten Stellen ein. Wir haben in gemeinsamer Arbeit jahrelang
uns dieser Aufgabe unterzogen. In Folgendem wollen wir zunächst
eine historische Darstellung des Entwickelungsganges der quanti¬
tativen Antitoxinbestimmung geben und dann die experimentellen
Resultate einer Werthbestimmung nach der gegenwärtig geübten
Methode mittheilen. Eine ausführliche Beschreibung der einzelnen
Versuche soll später in der Zeitschrift für Hygiene erfolgen.
In der allerersten Zeit nach der Entdeckung specifischer Blut-
antitoxine wurde sofort auch das gegenwärtig geltende Princip der
Werthbestimmung angewendet. Dasselbe besteht darin, dass anti¬
toxinhaltiges Serum ijdt demjenigen Gift gemischt wird, gegenüber
welchem das in Frage kommende Antitoxin zerstörende Wirkung
hat. Die Giftmischung wird dann einem Thiere incorporirt, für
welches das in der Mischung enthaltene Gift vor dem Serum¬
zusatz eine sicher tödtliche Dosis repräsentirte. Man erkennt ohne
Schwierigkeit, dass dieses Princip der Werthbestimmung, welches
für alle Antitoxine Giltigkeit hat, mit der Titrirungsmethode
Aehnliehkeit besitzt.
Eine präcise Durcharbeitung hat die quantitative Antitoxin¬
bestimmung für das Tetanusantitoxin durch Behring und
Knorr erfahren. In seinem Buche „Infection und Desinfection“ hat
sich Behring hierüber Seite 163 und 164 und an anderen Stellen
eingehend ausgesprochen. Man findet dort die Begriffe Normalanti¬
toxin und Normalgift genau definirt. Es ist daselbst aber auch schon
darauf aufmerksam gemacht worden, dass im Princip es ganz will¬
kürlich und auch ganz gleichgiltig ist, was man als Normalmaass
umunt. Gleichwie die Längenmaasseinheiten, die „Handbreite“, die
„Fusslänge“, die „Mannslänge“ für verschiedene Personen sehr
schwankende Grössen sind, so ist auch die Normallösung des Anti¬
toxins nur für die Inhaber derselben eine constante Grösse, und nur
solche Personen sind legitimirt nach Behring-Knorr’scher Be¬
rechnung ihre Tetanusantitoxinlösungen zu bezeichnen, welche von
dem Anerbieten dieser Autoren, die von anderer Seite herstammen¬
den Lösungen auf die im Institut für Infectionskrankheiten auf¬
bewahrte Normallösung einzustellen, Gebrauch machen.
Für dass Diphtherieantitoxin ist die endgiltige Durch¬
arbeitung der gleichen Methode erst im Jahre 1893 erfolgt, nach¬
dem Behring sich mit Ehrlich zu gemeinsamer Thätigkeit ver¬
einigt hatte. Bis dahin war die Werthbestimmung des Diphtherie-
VOn nnd Wernicke einerseits, von Behring
und Boer andererseits, nach wesentlich verschiedenen Gesichts¬
punkten ausgeftihrt worden.
Nach der Entdeckung des Diphtherieantitoxins kam zunächst
zwar die Mischungsmethode zur Anwendung, bei welcher Diphthe-
egift und Diphtherieantitoxin zusammen unter die Haut oder in
e Bauchhöhle, von Meerschweinen eingespritzt wurde. Wenn
dann eine tödtliche Giftdosis durch den Serumzusatz unschädlich
geworden war, so wurde daraus auf die Anwesenheit von Anti¬
toxin im Serum geschlossen. Je geringer die Serummenge
war, die zur Giftzerstörung ausreichte, um so grösser war der
Antitoxingehalt des Serums. Aus mehrfachen Gründen wurde
dann aber diese Methode für längere Zeit verlassen. Einer dieser
Gründe war der, dass dio Beschaffung von so starkem Diphtherie¬
gift, welches auch schon in kleinen Dosen für Meerschweine ein
sicher tödtliches Gift ist, in früherer Zeit (1891) auf grosse
Schwierigkeiten stiess. Ein anderer Grund war dadurch gegeben,
dass die Beziehungen zwischen dem Grade der erworbenen Im¬
munität und dem Antitoxingehalt der immunisirten Thiere ein be¬
quemeres Werthbestimmungsprincip in Aussicht stellten. Es hatte
sich nämlich gezeigt, dass mit der Steigerung der Immunität eines
vorbehandelten Thieres auch der Antitoxingehalt. im Blute steigt.
Gesetzt den Fall nun, dass diese Beziehungen ganz constante und
in gesetzmässigen Proportionen sich bewegende wären, so hätte
man gar nicht nöthig gehabt, unter Verbrauch von Gift, Antitoxin
und Thiermaterial die Werthbestimmungen auszuführen, sondern
man hätte aus der Immunitätszunahme den Antitoxingehalt durch
Rechnung herausfinden können. Das wurde in der That zeitweise ver¬
sucht, aber schon in der Arbeit von Behring und Wernicke
im XI. Bande der Zeitschrift für Hygiene (Ueber Immunisirung
und Heilung von Versuchsthieren bei der Diphtherie) wurde ge¬
zeigt, dass ein gesetzmässiges Verhältnis zwischen dem Grade
der erworbenen Immunität und dem Antitoxingehalt des Blutes
nicht besteht. Es blieb daher nichts übrig, als dass wir wieder
zur direkten Antitoxinbestimmung zurückkehrten.
Behring und Wernicke, später Behring und Boer arbei¬
teten dann eine Methode aus, welche auf der Thatsache beruht,
dass das Diphtherieantitoxin auch gegenüber der Infection mit
lebenden Diphtheriobacillen einen Krankheitsschutz gewährt. In
unserer Arbeit, „Die Werthbestimmung des Diphtherieheilserums
von Behring und Boer“ (Behring, Gesammelte Abhand¬
lungen Theil II, Seite 335) haben wir eingehend die hierauf be¬
ruhende quantitative Antitoxinbestimmung beschrieben. Gelegent¬
lich der Anwendung dieser Methode wurde auch der Begriff des
Diphtherienormalheilserums eingeführt (Behring, Ges. Abh. Th. H,
S. 118). Das Normalserum wurde damals als ein solches definirt,
welches eine sichere lebensrettende Wirkung hat, wenn es. in der
Menge von 1:5000 lebend Gewicht Meerschweinen unter die Haut
gespritzt wird, die mit dem Zehnfachen der für sie tödtlichen
Minimaldosis von einer zweitägigen lebenden Diphtheriecultur in-
ficirt sind. Die Wahl dieser Methode wurde u. a. aus folgenden
Erwägungen als sehr zweckentsprechend von uns betrachtet. Das,
was wir von den Eigenschaften des Diphtherieantitoxins erfahren
wollen, ist zuletzt immer seine Wirkung gegenüber der Diphthe-
rieinfection des Menschen. Nun hat man ja zweifellos den Act
der Infection beim Menschen nach Analogie derjenigen experi¬
mentellen Infection aufzufassen, welche durch lebende Bacterien
effectuirt wird, und so lag die Deduction nahe, dass für die Dosi-
rung des Antitoxins zum Zweck der Schutzwirkung und Heil¬
wirkung beim Menschen diejenigen quantitativen Verhältnisse
maassgebend sein müssten, welche bei solchen Thieren gefunden
werden, die nicht mit dem fertigen Gift, sondern die mit lebenden
Bacterien inficirt sind. Diese Schlussfolgerung hat sich aber nicht
bewahrheitet, vielmehr haben die fortgesetzten Beobachtungen am
Menschen ergeben, dass der Antitoxinbedarf für den &P h ™ e " 8 '
gefährdeten und diphtheriekranken Menschen erst daun annähernd
aus den Resultaten der Thierversuche erschlossen werden kann,
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DEltSCHE mmomSCME WOCHEiS t SC:HBIFT :
de$ Körper gewichkos, der
Ko. 21
do^ts vom THphtberjA^fL In aiir.uJB-t»ej|a»n a»um*n a um«-»
*m%*n shc diVVeth&ttS&s* demjenigen prWvh '<i}.P- A
o-if-jfIi'i'ji, sep)t ili hei. eil» ein j^ri.ti kqu i» I»cbaudfetat t Mtnu?*hßti in. Kn>ü;<
kommet r ln düm Z-AW-fc. durften wir itfohf die Misch Tiiig$m*thtJtl<
vkdttf a^Mi unter Berflfck&iebtiguife, , . ,„. r ~ .. . >-,.
Rt*FUnm«&* die. ineorparatmu von fertigem (mH brnüQQ 1%P
Vir- ju*U«n-'fjnAwegfm lumpufelmfe vvmtejri) VersuohsreibfO darüber
»nm»sieUf welch.i der Werth deöv oben db&urtcA Nonnafeernms
i’sT wenn ' man als Ausgang für die Uütor^ehui.g diphteim
vergiftete Memschweiim nftumL Hierbei. stände« mehrere * ega
offen' einmal in Bezug mit die GrWse der zu wjihfendim (.hMvw>
daun in Bezug aal die Appiication^vn^e der-mlbeu; und endlmh in
ß,, ZU 6- auf die Frage, ob man als Eofemfeiöi» dir Yferbütungfedm
alloem«nuHi mul looalan Giftv/ivVung anfxu&tsfiou bat, otlör
den 1obeTi3wH‘.#eir Effech Ww den ersten Fimkt betrifft, «0
wühlten wir das zehnfache der ganz. F.mjufe UhHIfehen - Miuimar-
,{.wi: vom tJiniaiVei-iogid, Tn Bezug auf die- fe-hfen Linderen Punkto
: - k. - - . * " jjjäp“*-** gfeluh «ü ge-
‘ "Aäge
Äiiselniiig^nd.iiode
ab^eudrn sonder)», wir mussten Gilt, und Antitmdli veräcln«-
nenun Kfepmc-iiFlteu omsprfezfes und uis Eiülrew'timt wdhftyn W
,ii,. srMioi.de Wirkung, auf ‘.vfebe v* .ja auch Mrn Meusmhen.
Io 5 ,k! Aiiiir.oxinh‘d!A)öfIi!«^ -.immer ankn-nimi,;
•-. JisOJosMiat aiisserunimiffuHi mfelmrlmr vnrftUdchowtor Ver-
fotriw [mfe -Ach m die vmmen Wurfe zusamineniaason (Aus. Abh
Tli fl; p if'Ü). d?fes wlf'ötfml mehr vwVlltuXh» zw LebbimreHmig,
eines mit der /eüofefevm sicher fefe fernen Minimaidosis v er gifteten
Meej'Sidnvtia^ brauchten, äfe H*r Erfofebunp des gick-Höft Effectes
orfoiHerlirU war. wem* ein Meerschwein .mit der zehnfach todtlidum
-Ä&iö Vmi üiner IvUenden Gölte Hdfeirf worden war.
Vir hulmo dann, weiterhin noch Angaben darüber gemacht
((fe*. Aldi. Th. 11. p 833—344\ wo) eben Hm Uw er th unser Kor mal- ,
senim bei vergift «‘Um. und mit fefemdffe Gülte mheirfetGThfercm |
betet. Wir verweisen hi dieser Beziehung an! dio OriginalyTlmit I
und Welfen jetzt üfewcWHO, zu iferjenfern Wcjtbbmd immune i
metUode, wehdie gteHteVrtig. von u.ui angpwö'fobd. wird Biese ;
VVerrMjoytiminuoii-tirfcMhod«* ist die erxft*rW;itmto Miarhna^s’rudhorfOe {
weldiu auf den Jufn.eViotj;?uu‘>diis beim■ Airuseüöu. keine Bib kaiebt j
nimmt, dir trobrdmir «buP adtciö jdtn Bodenlrnn an^uwfjndöt werden •]
kVm> 'vin foigendo Erwögmfi»nü V»oWeisen werden/ j
Es Bl seldsiA’vTstflndiicii, dn^s die Eenntniäs davon, was eine j
Auti(oÄti:bVuug . b*d)u sBjrhtheriebmb'ohieii uud rtifMberntkrruiknu
Meusrfo.ü iomtrt. liiosjs durch «lirekt-e Versuoim am Mensclien er-
r*biid-»t wordöfi kami, Allo es;per jmenfelieji Autito^i.&hnstiörmntig»?.«.
sjjid nur ab Halfernittd für die Krreielmug jener Rimatutöö
trachtetj die stets der EnLfeweßk: auoh bei unserer Laboratoriums-
:uiH;it ^ehlirbeii ist., piirch die veremigton Arbeiteü; zuerst von
Behring und v\>tiii-ke. dana von Bohriug and Ehrlinh, m
(Löfeeinsrbafv mit vielen Klinikern um! pmktisrlMm Aerzton, sind
Wir jetzt über die LeistungsfäliiA’krU. des Dipktöerieantitoxjue beim
Menschen aus fr feilend iinterncbtot. Nachdem durch die .oben ge-
bildert «11 '' n <■ is 3" i rvmgs versueho ah Thißren io Inende ThateA'.-bm«
f^stgjfe't.öllt- w.uren:
1, das-s dafe Antitoxin unschadlirh ist,
. Ak dass das J>ipbkheri^ü.tit^>s.jti sowohl SebiUzwiikuug wie
Heilwirkung bei Thieren ausübl, mügen dieHoiben, mit jebo-uder
CHdtur oder tnit DipUHreribglft ♦afioirfr seih,
duritr an den Vbrsüejt herongegaiigen werdmi.ahcli bamMensehe«
über den fmhnuüsirvmg^werth und tilier. den H : eid\vortdi Krmiuungeri
zu sannufeu. ' i).i«w;o Erfabrimghi: worden in Bezug auf den Immuni-
«irUngewoi'Hr Sjditei whiüdbo^ciit viordfefi, io Bozug aut dmr HfeL
• Werth lasse siuij das KnsnlUt kurz■ dahit» zusn.ro nion^sscw, ditse die
Cdphilwie dos Mnhsdhen Im acut eh ßtadinm erfulgroirh in.it dmn
DifddAork*aotitoAm bekaciidl worden kiauu wenn. 50t> bis l'pÖO Anti-
tösinaormalibnhei tm umurfmlb v>ü kurzer Zeit dyn Kranket) unter
die flaut geSpHtzt werden. .
Für die yorantwortuogßvoUan Versuche an Monsolten war dir
Kemitdirs von dem diffurßntr« A<i^fei^hfesd«rf ühte Ver^chiödnneu
WrsuchsbetHhgtmgm v-.on.. der •••3J]«rgrö»stvii Bedoutimg; jn 'f»ah
kann jetzt geradezu sagen, dass ohne die vorher gesoliildyrten
Thiervvrsu« lie die Schütz Wirkung und die Heil Wirkung des Dipli*
UmrieauHtimiis uborhrnipt iiiolit Ttir dun Menschen hUti* nutzbar
gemacht wmdeö U«»imen. Nur durch (juAntitnt.i ve (intersuehuic
gen der rdrerAvAiititcn Art konnte die irrige Meinung aus der Welt
geHfiiafff.'wurden, dass das liiphthurieautiioxin ein fermentartiger
Stoff sei. bol weifema es keinen, grossen Unler^ebied jmeiioicbt. ob
wir viel oder wenig davon anweuden, Mit ui<* aliu.an U h iiarucr
hübet gcfife’dmuen Iloüwirkuugcu im ExpHnnmnt konnten, trotz
mäi)nigf-«o-!*•'<' \fi.vse* fidg!-. die Zuversicht aufrecht, »■rhalt-en. <ht&& mit
lb-otrnjig nueh beim MVnrajicm unzwokfeoLge
ioige sinh gdmd.feinn- würden.. Nur dio durch jene absolut beweis-
iDliltigoo Thfervmfeunhr geKdmffone w iHScnsc h ft ft) ich o' Grundlage
komifc dazu führen., dass das onJmsicgbnr orschimimm Mn^träueii
der itrztiieben Weit üliorwuiufeu wurde und du^s iiervomigemio
Kljhikes wf ofdcciiv^i Prüfninr de*.* rrnwi Mitiofe sich borcit finden
Hessen. Jetzt, aber haben alle jene Thierversuche, welche jahrelange
Arbeit mehrerer intensiv fbätiger Expetiiböntatotöii und viele bm-
send Meer^'hweiüb erforderten., keine aetuöDe Bedeutung mehr. Was
interesfjrt uns jetzt noch, wie viel Antitoxin ein Moers oh wein
braucht, um b>H dar Infeution mit der «jm&rben öder- z^Jmferh
tüdHieben Miöiwaldnsfe von ieheoder Gulrur gesfAditzl öder gekeilt
.zu worden! Was. hat m für mm praktische Bedmnuug,
zu wissen, wofehöH Verhältnis^: für Meerschweine ho«
£<tcht. zwfefeion der Wirksamkeit des Antitoxins gegenüber den
leben »len T>iplitheriid.»agfibui um! gegenüber dem Diphthoricgfft’
Weichen Zusammenhang hat mit der actus 11 geward'muö DiphthöPie-
beUnogstrago dio suuh'lc iUtts» hfednrig darüber. ob dm Li‘h»«iss- .
rettung oder die jede lokale ReacUcm verhütende AntlMxmwb'feang
bei der quahUtativMi A nnrnxmbestimmiwg nfe KudreaeMuti anzu-
sehen feil Was- wir jetzt einzig und allein über »He physiol^k
schon Eigen schäften des Antitoxins ?.o wissen nöth ig 'haben,' ist ’
die Antwort auf die Ei-ngt*; „Reicht fehe gegebene Antitoxmlösung
aus, um BeHwirkung oder Schutz Wirkung- bei der iHplithene
das Mense.lioi) zu guvWihrleistonN' 1
Hüter ZugTandeh^gnug nn ^ ni e r Kurndilninlioit Ist >s jetzt -
,gabz glon'hgüRig, svciehe Methode mw anwendot, mn den' fioib
woril* cii»40' AnUtoxiahfemk? zu Uuechuen. Am mdomltetea bud
siidüfestCf* urbmict nurn .über mit dev 'Mischnngsiriethade».:-. 'ßm ..
du; Ausarbeitung. derselben hat aktv Feof, Ebrliüh die.
fen.Vci-flhmsio ei^orhüh; sie wird im Institiif für li>fectio»jskmik'
hcjten jofe.i uussebüesslkdi üngoWendet mül grubt viel guoHuere
Roshft^i), fdA alle irhMr äüfgezähftcn Mbihu««fv. ^ fet gar kein
Zvyidthl, dass' sie -bald Geiheiügdt aller HuLtrsKüher auf diesem
Gohiöf werdau wird. Aber aueh rtttüh dfteser ist es tdclfe
jftftgiichv die von ua« gewithfte Nom<xlciu}jcii %mm zu freth-n. .oime
iöv'wirkli»d>on BesiU des Bchriirg-Ehrlich ^cboit Titers zu sein.
W y cf aubti -nur weuig Erfahrung auf <.Üo«em .'Qcidotff haj&i' muss-Bioii
.sageu das^ man schon »lern einen D^ujferat, da*A näflifteh das
mt Mfenbtiög rbrwötidötg ÜlphtheHegitt „ miudcafce'aA ?efer^
fiudja &0 . tödtl&hcu Mjiiijmaldosiö reprüs^ßtirt^, thutgitehlM ^ nuf
fw?hf voeMCiiiCdcoie Wau* ggfO(*ht werden .iräiin, Vt er heisfpiöfe*
svofe.,% um gan? sicher zu.- gsh'eu, da« 20iV.hc der- tüdUichtm M'mi-
maldoais' zur AntRoxinl.msttnimuug wählt, owt-spnebt zweifellos
doch ebenso jcnctii l)esub*ra.t ; wio dorjmti^e, weicher ->Ws ftlfmdu .
det fMtlichnn. MinimAldosis . kinitnE K* tn ussto uns daher anfs
höchste vofwuiidern, dn^s die Rühe rin gfeclxo Fabrik, ohne \mm^
TiteivreUung zw kennen, ein rHphthoriwtitöxin in den Haadei'
hradito, weMt#. sie al^tS^fffOGüö KomalUvmii^ nnchBühf.ing v
EhrUcli bezmdnmü» Koch vw wunderlicher und Zu nimrgifieliAr
Abwehr iV.itfordmirf wurde die Sache. »I« die jvac.hprüffmg düteb
Prot, Ehflieb ergab, dass dir Tikrsteliurigi deb Sc-herlogbscheö '.
Präparates sehr bedeutend hinter der uuorigen zurürkhheb. Für
die interespirton Aetzto und für weitere Krcfee mnsütr daher die
Erklärt)ug ffbgegeh&n werden, dass d»A Siherthg^ofe) Präparat
den Anforderungm^ wehihe wir öd eine 20f<ichA KerrtutUdsnög
steifen, nicht eittsprioht. Vom wfesensdudtHchch Btamifevnjtf m$:
war es urig aber von iuteresse zu effehrcu, worin der inedicimsi-he •
Keraibor der Fu)>rik. gefehlt, haheu mag, als er »ich in en Vtedeu-
temien» Gnulc über das 'VeHjältiife& zwischen seinem und wnserem
Tityr täuschte.
Aus' diesem Grunde, liabmi wir die. zwar mübevoUe, aber «ehr
lehneche Prüf wog des- Erdutvi ng'scbetj Präparate.« m der Meist
vorgetimnm«n dass wir- dir Cot ersuch ung ohne rille Rihk^mbt tun
I den für unsern Privälgoltmiuh reservirteu Titer Vornahmen. Ba
i diöjif:- IlntfirKurbuiig in dm» H-dtmou eiu»o- ;r)u.u längst begoeueoon,
■weit -ansse 1'.luirmd m .:Prfw•feionsbest'invm»mg- Inoempasste, so ist sjc
mit b'r*<H5sirier Hr{im!lfej»k*ot. on^geiührt worden, wie du * spätere
genaue Mlttheilung unserer Experftömrce orgebeu wird.
Der Anoi dnuhg unserer Tei-sucfesreihea war dadurch m« 6 be¬
stimmte tlichhiug vm'goBfemebmb dAss wir üü> an fmsere; eigfiBöii
ii'uher publieirten• Angjihoii. Uber die Aftforduruiigcü: an ein KofWäI’
sernm halten inusstcß. IJnscre. .Augfthnn sind folgouJei
l l eem Nm niuliArum luti bei g;e.Hc-uoter EiüHpciteuüg tmj»
Gift mul Antitoxilv lebeusrett.emle Wirkung gög^nüber der l-0i»*5£
tötHtHölfeiL Dosis v»m» ölhöV. ^ ,.J5Wßi^^ , öt)' ; Dipliibhetieho.uilh^^i|hr »h
uiuer so grossen Zahl von Meerseliwminen, dass doeert
gö^idlit 5 000 g beträgt. ' .
% I emu KaimeöÄum, g: ioheüd
gowicht, g^genülmu dem zchn^öl)^ der t$dtHöben. (rii'tdo®e u«
gpetr 6.« n 16,r - Ei asprt-kz u fi & von Gift und Antitoxin. .•
A 0,1 nem Norumlseimm nontralimH iß* Reagea)?gia«6_
dest/outr i\m zeMmlie der ^dHiehOft Miiifamldosfe vom? LdpUtnwrfe-
gilt für Mnwä^'bwfeiiH Im? zu -UKi g •Sirzi»>ig^mriid^ di 5 ^ pl^ öl x
eouidsylmn Ges«llsohttft), ta w. bis' zu dOO g (Bi»hi ! iitg, ^wot-u)
und PesiaföQlion* S, 234). , ...
Wir beganoeu mit der ml §): gcuaiiöteh: Metiuufe. &&
1L
aÜfegt e
24. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
455
II. Ueber Sklerodermie. 1 )
theriegift wählten wir ein neuerdings gewonnenes, von welchem
durch Vorversuche festgestellt war, dass einzelne kleine Meer¬
schweine danach noch starben, wenn sie 0,05 bis 0,1 ccm subcutan
eingespritzt erhielten. Wir kamen infolgedessen zu dem Schluss,
dass von diesem Gift 0,05 ccm für Meerschweine bis zu 400 g an¬
nähernd die tödtliche Minimaldosis repräsentiren. Um jedoch sicher
zu sein, dass dem wirklich so ist,, mussten wir vorerst eine grössere
Zahl von Meerschweinen daraufhin prüfen. Wir spritzten an dem¬
selben Tage 6 Meerschweinen von 200 g bis zu 520 g die Dosis von
0,05 ccm unter die Haut. Ein Meerschwein von 200 g starb am
fünften Tage an Diphtherievergiftung, ebenso eins von 230 g.
Die übrigen aber, darunter 2 von weit unter 400 g. sind nach
stärkerem oder geringerem Kranksein am Leben geblieben. Ob¬
wohl nun 0,05 ccm den Anforderungen an eine sicher tödtliche
Minimal dosis in unserm Sinne nicht ganz entspricht, so könnte
doch jemand, der nicht so viel Thiere in den Versuch hineinnimmt,
wie wir es gethan haben, zu dem Ergebniss kommen, dass das der
Fall ist, und wir haben mit Rücksicht hierauf 0,5 ccm als das
zehnfache der tödtlichen Dosis supponirt, um dem Einwand zu
entgehen, dass wir sehr hohe Anforderungen stellten. In seinem
Buche „Infcction und Desinfection“ hat Behring noch eine andere
Grenzbestimmung für das Diphtheriegift angegeben. Seite 176
sagt er daselbst, dass von seinem Normalgift, von welchem 1 ccm
das zehnfache der tödtlichen Minimaldosis repräsentirt, 0,6 ccm
genügen, um Meerschweine bis zu 600 g in spätestens vier Tagen
zu tödten. Das hier von uns untersuchte Diphtheriegift würde,
entsprechend der vorgenannten Voraussetzung, in 1 ccm 20 tödt¬
liche Minimaldosen enthalten, also ein zweifaches Normalgift sein
und müsste demnach Meerschweine bis zu 600 g in der Dosis von
0,3 ccm pro Kilo spätestens in vier Tagen tödten. Wir haben
uns durch mehrere Experimente davon überzeugt, dass auch dieser
Anforderung nicht mit Sicherheit Genüge geleistet wird, da bei¬
spielsweise ein Meerschwein von 510 g uach Einspritzung von
0,15 ccm Diphtheriegift zwar krank geworden, aber nicht gestorben
ist. Ein Meerschwein von 570 g ist nach 0,185 ccm nur leicht
erkrankt, und eines von über 600 g hat nach 0,2 ccm zwar lokal
reagirt, ist im übrigen aber gesund geblieben.
Man erkennt also, dass bei der Anwendung von 0,5 ccm
unseres Diphtheriegiftes die quantitative Bestimmung einer Anti¬
toxinlösung zu hohe Werthe ergeben muss. Die im Folgenden
mitzutheilenden Ergebnisse der Antitoxinbestimmung des Schering’
sehen Präparates, bei welchem wir 0,5 ccm Diphtheriegift gemischt
mit demselben einspritzten, sind daher als die höchsten Werthe
zu betrachten, welche ein sachverständiger Untersucher für das¬
selbe im günstigsten Fall herausrechnen kann. '«
Wir haben nun zunächst angenommen, das Sch'ering’sche
Präparat würde bei diesen sehr niedrigen Ansprüchen statt einer
20 fachen eine 10 fache Normallösung sein. Das ist sie aber
nicht. Die Versuchsthiere unter 300 g bekamen starke In¬
filtrate und sind nach 5—7 Tagen an Diphtherievergiftung ge¬
storben. Erst unter der Voraussetzung, dass das Scherin g-
sche Präparat eine sechseinhalbfache Normallösung sei, hatten
wir die Dosirung so getroffen, dess die Thiere mit geringen Infil¬
traten noch am Leben blieben. Also auch bei der nachsichtigsten
Beurtheilung des käuflichen Präparates muss man zu dem Schluss
kommen, dass die Schering’sche Fabrik sich um mehr als 60°/ 0
zugunsten ihres Präparates verrechnet hat. Wir fügen hinzu, dass
im Vergleich zu der Behring-Ehrlich’schen Normallösung der
Werth des Schering’schen Präparates noch geringer ist, und wir
können uns bei den so bedeutenden Differenzen nicht recht er¬
klären, wie man auf die Angabe gekommen sein kann, dass wir
es bei dem käuflichen Präparat mit einem 20 fachen Normal-Diph¬
therieantitoxin nach Behring-Ehrlich zu thun haben. Wir
haben dann noch nach der Methode ad 1 die Leistungsfähigkeit
des Präparates untersucht, und wir haben gefunden, dass gegen¬
über dem zehnfachen der tödtlichen Minimaldosis einer zweitägigen
Diphtheriebouilloncultur das Schering’sche Präparat noch viel
weniger leistete, als von einer 6 1 /> fachen Normallösung zu for¬
dern ist, womit die Behauptung hinfällig wird, dass Behring früher
Gm s ^“. wäc ^ er wirksames Normalserum benutzt habe.
Wir begnügen uns hier, das negative Resultat anzuführen, mit
dem bemerken, dass die vergleichenden Antitoxinbestimmungen
dach der Methode ad 1 und 2 noch fortgesetzt werden und in der
eitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten später mitgetheilt
werden sollen.
Es ergiebt sich, wie wir glauben, aus den vorstehenden Aus¬
einandersetzungen und Experimenten die Lehre, dass andere Unter-
efter, solange sie nicht im legalen Besitz desBehring-Ehrlich-
frihffl 81n t!’ an Sachkenntnis verrathen, wenn sie trotzdem
vÜ j berechtigt halten, ihre eigenen Antitoxinlösungen unter
grundelegung jenes Titers zu bezeichnen.
Von A. Eulenburg.
M. H.! Wenn ich mir gestatte, die Sklerodermie zum
Gegenstand eines Vortrages zu wählen, so geschieht es in dem
Bewusstsein, dass diese dermatologisch und neurologisch so inter¬
essante, seltene Erkrankung in den weiteren Kreisen der Fach¬
genossen recht herzlich wenig gekannt ist und ihre richtige Auf¬
fassung und Würdigung im einzelnen Falle daher mannichfachen
Schwierigkeiten begegnet. Ich kann mich dafür unter anderen auf
zwei schlagende Beispiele aus eigener Erfahrung berufen. In
einem Falle handelte es sich um eine zum Militärdienst einge-
zogene Person, wegen deren ich von dem mir befreundeten Militär¬
arzt befragt wurde. Hier bestand eine zunächst in Plaques auf¬
getretene Sklerodermie bereits in ansehnlicher Ausdehnung an
beiden oberen und unteren Gliedmaassen; das locale Leiden hatte
sich seit nahezu drei Jahren allmählich entwickelt und war in dieser
Zeit offenbar stetig fortgeschritten, was aber nicht verhindert
hatte, dass der Mann als zum Dienste brauchbar eingestellt worden
war und dann allerdings der Schmerzen und immer zunehmenden
Bewegungsstörung halber sehr bald im Lazareth hatte unter¬
gebracht werden müssen. — In einem anderen Falle, den ich im
vorigen Jahre zu beobachten Gelegenheit hatte, handelte es
sich um sehr schweres, universelles Sklerem, das tödtlich endete;
das zumal am ganzen Oberkörper diffus entwickelte Leiden
war jedoch zuvor nicht als solches erkannt worden; wegen der
reissenden Schmerzen und Parästhesieen war anfangs eine Tabes
vermuthet, später wegen Anschwellung an den Augenlidern
und auf die Muskulatur bezogener Schmerzen ein Verdacht auf
Trichinose gehegt, endlich wiederum wegen der schmerzhaften
Spannungsgefühle und symmetrisch an den oberen Extremitäten
auftretenden Bewegungsstörung die Diagnose einer Polyneuritis
gestellt worden. Derartige Irrthtimer sind zumal dann erklärbar,
wenn das Leiden nicht — wie es allerdings häufiger der Fall
zu sein pflegt — an dendistalen Gliedabschnitten und überhaupt
nicht an den dem Blicke ohne weiteres zugänglichen Körpertheilen
(Hände, Gesicht), sondern vielmehr an bedeckten Theilen, an
proximalen Gliedabschnitten (Oberarm, Oberschenkel) oder am
Rumpfe beginnt, wobei die vom Kranken angegebenen unbestimmten
Symptome, die Schmerzen und manniehfaltigen Parästhesieen,
Spannungsgefühle, Jucken, Kältegefühle, die zunehmende Steifig¬
keit u. s. w. allzuleicht übersehen oder als „nervöse“ Störungen,
als neuralgische und paretische Erscheinungen gedeutet werden.
Klagen dieser Art sollten daher stets zu einer Untersuchung des
völlig entkleideten Körpers Veranlassung geben. Es würde dann
mindestens die Veränderung des Integuments sofort in die Augen
springen, und es könnte bei einiger Kenntniss der Sache wenigstens
in den charakteristischen Fällen von diflus entwickeltem (univer¬
sellem) Sklerem die Diagnose wohl kaum irgend welchen Zweifeln
begegnen. Die brettharte, leichenkalte Haut, die über die Gelenke
straff hingespannt ist, diese (namentlich an den Phalangen) viel¬
fach in difformen Stellungen befestigt, bald ein glattes und livid
glänzendes Aussehen zeigt, bald weiss entfärbt, an anderen Stellen
gelbbräunlich pigmentirt ist, weder in Falten abgehoben noch vom
Finger eingedrückt werden kann — diese ganze Art der Haut¬
verdichtung ist so eigenartig und pathognomonisch, dass man sie
nur einmal gesehen und gefühlt zu haben braucht, um die Sklero¬
dermie bei typischer diffuser Verbreitung mit nichts Anderem zu
verwechseln. Beim diffusen Sklerem des Gesichts ist schon in den
Anfängen die eigenthümliche krampfartige Spannung und gleich¬
zeitige Starrheit der Gesichtszüge, beim Sklerem der Hände die
deforme Fingerstellung auffallend, wie Sie dies hier an zwei vor
und nach Beginn des Skierems aufgenommenen Photographieen
eines meiner Kranken sehr deutlich wahrnehmen. Ich kann Ihnen
leider einen solchen Fall von typischer Sklerodermie augenblicklich
nicht vorführen; um so mehr bin ich Herrn Prof. Lassar dankbar,
dass er mir Gelegenheit gab, Ihnen aus dem reichen Schatze seiner
Sammlungen einige mit ausserordentlicher Treue nach den Originalen
angefertigte Wachspräparate hier vorlegen zu dürfen. Wenn Sie auf
diese Collection einen Blick werfen, so finden Sie vor allem Präparate
der oberen und unteren Extremitäten mit diffusem universellem
Sklerem, die ein ganz ausgezeichnetes Bild des Hautbefundes
sowohl im sogenannten Stadium elevatum, wie im sogenannten
atrophischen Stadium der Sklerodermie darbieten. Sie finden
ferner mehrere Nachbildungen von Händen mit den durch das
Sklerem bedingten charakteristischen Fingerverkrümmungen,
an die sich weiterhin auch Verdickung der Gelenkenden und ulce-
rative Vorgänge, besonders an den Streckseiten der Phalangen an-
schliessen können: Zustände, die man als Sklerodaktylie (Ball),
als cicatrisirendes Hautsklerem (Wernicke), auch als
l ) Vorgetragen im Verein für innere Medicin am 30. April 1894.
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oioi? i£::ii\t uok> Irb , f kuo •(.!:-ou*)int* zwkv^vn »iou»v ?S^ (
j’ohü /ddtmfe ;tls „S k i ♦*!■’fi'u . Sfk'jofodovm»/ und u»an als :
’jiopra" ijfrxt^>Inkb 'b>t ; s'-kiK in xkböi?, tt* ink
.Itftud^tbru vor» ',!«.•]«, Wa^lrtQüß dis {ia J-I iod \aS Hp- tUHS'M’» p!“s
Skior-on. (A Ub't‘V.1), als «I «• nn •» t ‘^rlAroso e u .)il *q\ii‘9 Uü^om-5*,.
■ lo^Uio Moi*pjüi.o:kb^i3idind bat — und \v;is \o*j aij«!• •»<■ i» r-vuh-n
vklkddi Titk hOgoUHfVfk^u nmoiilidsei) Ikunoui iidf fepxd
ivud» uik dt*r „j\*k‘ni. a)b#‘j'iii^äiüni«d^eAy.öcfeti’ Und
. lil^AfÄlrt ^urdfs IjekaiitiMklt liUrrsvUt a-udk
(o.wui 'nr«di Ä^Hlkud'to flät3Ä'ävaHd)i«d<*öliuit darikier, .vi'k
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üBiPpmü PBupi... i RHpinpip .... ppppi^.,...... Hup....-....... „........... _pp mp i
dUs \ki 7 )ultni>:^.dm- mai uldson m dv» * u i»o!•<»><:.o ki>[U'öl(Uiueu : sio hiiniri Auch, \viff sch-u, vta-biu bochln t. v'urdo. mk dov .syptt*-
anlVdjin.sso. 1 , und ob w.ivii.i. bividmi filfuHsidir iuM.:iliriJ*o Ki'lcra..uknn*;:«.n \ uiaHstduoi ktcllimo- und AuH.i^suna dor S-kiidr.fä.leruiMi• ~- nd«; änv
ZI! erldicikUh oder oll Vf\y - '!:«' .:*Air;-M. AtdiHli^kek • n;;)ii.;v*ob- ’ IMgstrny v>-v, i>M-r .juM'i ieiloJ HkUTomforUum niufr ^u^miikn;
lieh der als ,. Lt>{u ;i nlba <v droy.okditudAn Vonu iinziHHksüoeo habou; ^ Auch *hr die- votdiU^^kkcm Ik^ifdumgrdi miu:.. ctuiU-ulou «cu*-v peri-
j'iljoriMdioh Nerfon^v-slem M tdu 'jdo' ki<kttfgor Paukt •.MwiKva
, vvlr utir m ilib A*{4^Mu^Kb'UU, dui SVlu; --- iMt
. UUt (irundlagc jü^ftijiiVf^öJikr V aft #|i; bf?|
lioid-Pori uuil bei l^ptva TiVtdiktfbkur. Ich orwHlutte voVw* wiVfiu
vlidtairb diö Au^alui ÄÜiU Ib)dot,-daÄd l^tdiu»
B‘Ö: ,äbit ; ;'iVo^i.:di(tni)l.r' aoftnp.rksajn mndti;m v . dnd> sich j Indien'-. di--*kxveisu uuki-Homlon SUevwn di-‘ durch eclhikho inhu-
uni.-r (ico. fi^^n-siin n \\ u.c'!^nrüuimiti*ü Auch inHifcm miK !. ■wss.o' PdrlKmg. (k;iU<\ PiudastieUiH ohai’iikki-isii-tou Haui^ilieiv“
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uiniH' .ab ritce btö^ zbldliigö idiaxijdinäUoir auliiifUssaii fet;- iub | wai^r rki^bliku will, - vh mit 4cf
fiubo die Zd«jm.oii*!-n.ifu<a;o Und' •j>n»!>oi?t\ar.ÜMd|v.u BczTolLan^hn j ueiidi »ki'konlöcndgon A ussanfanJL der iC'iMnt m; ;.Cuiosa — wo-
bol ov, hokanntlhh zur Hüdung lo^nit-in t.o>tn- veiSMU* jM'kruukmigs-
•li'o loa koumooi kamt, ohne dnf^ dio -IS t*k rank trüg früher cd«
- djukor aus ibvr ^küken- iu diu •JCuul^blW'U l|ltu?&n£<dtpn ‘bhkiuhi
O^ouautitr Lnptui ufbü' mono ding* Wohl mit Köidit mir. als
tdaiu;. Äbufd' 4iu’ iN^numlejvra und; ö.lg ’’ KeihntstSiidiga
Iddo afobn.i von N e i n v r ;Id04 it H(dt. aiidm-bu i*0lßiiäfc ded^i*
| im* iijdn, \vffj }«4 dor h^pry ruin^thMfü- «uolit
; riyiis'-hr- \;nrüUdoni!)goi) Ml den pmiuhörknhou Nerven \>ü\ die. .
/wüf.ebuu iv >*3joh > tu* .fatoi
lu rjta^r m i*er ZninAnJinft iür Üinmr'M yorirütontilcbfo
Ahlum»il«Bjj' aiTskkMkdr - «'tvHpffcj*). ' feb ' aUmalitfdü#^
di^ü l^lk'- Yutl parjii^tiin Vtnv
Xloruidkvu“ 'yofe.' ^ k)>vir a> fJ*äuiif>»c »»ls krth>t*
Erkriinkimgiibrm. ^vfi-eio})! diua
'T>/‘iuru.ßg jnor]>hologiäid) schwer iktrclkührUar &ü}d mag,
Wiäl 4X11% itSt* s'piiU^' tlkfujg wurdomle , l*kki'i*{l<>nidv. Äffbuh^S, Üu
‘-Wöjjilrit üikfreton kann um]!.uebmr d}jh{?ni; VtK:ln’.ö!> ] whvfkikömlkc^ W^old. Cdkrlncliv iikhßkiüiii ^54 cti^ilud — Tie!
HU>&. ; ß-n ek?T(’h)t'ti HM\m Üeckweise. EdtwKiknlUn^ ; ‘h ««inPuny fhü'fc ii« d«i' Hnul sniksi zoerst, ntul dann amHrigend, «ie-
Sieiirii .«dnlwirgnbt. Aber <•- giabt doch hier idn. wie ich glaubt», e-'imn mn. 1 ) V(»n solchi:n hin'gt-Ü: kann bei der cch'rn
wooigcioic. rür oiim geci^c H«dH0 sm Pallen eufeoluuijxHMbv^ Kidk- : S h 11 md ci in ir- gc» : ls niim dvn.i,. gein> j ••}« habe immer h«'
rditu ; • -wellt*. uSnrlif h liicOn s»i ; g6iiftnn{«n Moi-phaca-PImdv-ii.. wiv. *vU‘P | fundou, dass die r*k 1 orod nr{uj <•, Hiag^sio nun vorem •
tm*‘h ‘ liehaufUid, wird, in.' der Mhat uniVs-i hdl c4«*h siiid odur im y.cll: t'inck w 0 .i-he öder v : g»ir Toniliorbin'’«« • ine-hv ' «Slliu^cr'
VVlaüi'c aniisiicdisi■!» Avcrdof), <(* habe)) sic Uiit der i’igoid- TukbrcifÜng anämtcj* selbst in ihrer lu.ch.graihger.
litlroi. .Skierodi-rmie xvöhl m. kor nioMs m (hgu ronl dürften tiusvm j Kimv|rk«;.husg bd-'h^fens zu sehr unl;cdein endhn odef v< ;
Uidutucn xnm I heil hark »{pn I ciu^ForUirm mit | .%hk kcum«h morkJhrhvn Vorn ndernngen ■ der Bant-sensk
iierncmigdng wf*r<iMn. i IrilitUt führt; und lvS Ist dje^r {egdmäftMg kchmdr
Jie'göiivn Bnfmjtr^'m!üd«’/ui elöb sgbK'l|A^fm%Bde Thafgaebe nt..
Abgö^fmh Äuk ^bl'dmiv in. Hirvr- HfdT\v;äbiki,mden
(•“nw'-n., ist {Uo cigoHUifdiiv Skjnrodermic cntstdvicdnn als okto viü:?
öyltffeiiti AKjrfcröril^ivö^' iiri-z u^tÄ^ri. ' Irfi flikfiT
md cimii Nannu) von dmn Ocwmhl. KajuwsiV bm/sikrt j^oi:
»H. KikJo^ bHfil)Hi:jd,e.t.e; luküV'rljiu Tüä.ije iclf }5i4b mmum'’ vovei’T'ahutun
P)ih)i>:.uifuk Ou 1 ugon 1 1 fdxu«)in Bfüle ftyft. exhuMV f^idseji^ diffu»
abflTnimulk-t! .•§y , ^uJt , nnip geiiau zii 'und jdifti ^ri»ol!
oicil Wunhidi K‘iimuübu-tir ts.dliioriMi - • juivU’ hindern Zeit zu. b.o-
J‘<Rw^h^ ^ ^ituTitlicli iii‘tn jligefklkdluAv 4ml öirtBorou
)f ClavoxT <kmi
Uiir
•Äutöraii d%:
(nach Kaposi roll.
im MngeidboiJ iliirku ilc*m Pnic.v.cuohet' bei Anwmuii*ng der mi*
br'lior! ]'riiluiigMrjct ho.dot) (Ins ik'>i ‘•Iw'.u ei 11 er gcwiSMUi • ifope
%$ wutdg’ßfuUS idh^Oliwm lildlVtiiUgefi !dü und in elnrnv
d'iu i! . dm- Fälle Kcliworiich i\nf«gaht*-i». - Ps gilt das; wo- ich ghw n
berndfkeu wiO, UHfiuiTitlkjjv/br f iKPriitau^ : ii d^i ; vHatk«f»u?^b«)kftt‘ imf
dem I'lnki,rischen (fanulisehon und gaivanisi h»Mt} Sn'ituo
wofür jdl oiuo g-mz entrohicdmjc Ucberi'OipUndbnhkek vorhiiüd^ 1
isi, wodurch Sowohl die rb:‘.sHiu'muäg; .d«>r i>h4x1 v ro«-.utenen SmistüdidU
’W - au n h die rumh: äh orÄ-tm-üdo öleik^laeivS. WulnrstaniVuiesitana
iibdri impfjmbllhb ■ cvstdiweid, wird - . feli : halte ß*- üinht fW* ^hspr*
«»* MdtsVn, da^ >man diese jedunfaUd (tiin%e : «flttl > U4cht»’*w
siaUVendu Ivrahheumüg mit 'dar nach^ei&liAi'du lirWihng ; hea V-)'
tungswidei^leadim 4ti tii|fti4oTi ^kfPrtvfjiö'teiif^i in niueh gnv^d.Aseiv " ll •
»iiin niliexog^n kaiiti. ixidöu? idiinlkdi tliuHS' «hivcli die KÄjfe
der Baui, t-beiB durclt die kkim> \%rS-MituTig; Om’hnn uotl des
suhbutafpiii OowehoK daB-Pinilringen dt« Stromes, iij d|o Tiefh cpohwnn.
und vi.Mxogort w ird, umso dir errognude. Wjrtumir .d«u* Sti’UirilHilAii •aüf
db: scn.-ihlov: i 1 autruwvwnomJtai.sici» g'femdo wie heiBcmti/ung irorknnr
wirk! tudcu, bei di*r Ihimciung ü. t?. w; in stürkdrßid Maassi'geifouu
hNVobi (inrifich, tJrtitH'Sudiöiigen Äther dir l?nähKKu.ci^kßif-^'5
anfts.tia?ti^hnr ■ Xfaitfcfl.eeko von dev
hjd 4er anägiheälea. Böfhftt. 1^®? -A V^l- h»r i 1? dputätdiii inwt , ‘- '- ( ,
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24. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
457
machen, weil der Strom in grösserer Dichte an seiner unmittelbaren
Applicationsstelle auf das Hautorgan einwirkt. — Erhebliche Her¬
absetzungen der specifischen Tastsinnsqualitäten, des Raumsinns,
der tactilen und thermalen Empfindungen habe ich, wie gesagt,
niemals nachweisen können. Nur in einem Falle, bei einem von
mir noch in Greifswald untersuchten Patienten, begegnete ich einer
an sich interessanten, aber für die in Rede stehende Frage,
wie ich glaube, ziemlich belanglosen Veränderung. Bei einer
Prüfung der Empfindlichkeit für Druckdifferenzen näm¬
lich mit der von L. Landois angegebenen Quecksilberdruck¬
waage zeigte sich, dass an den sklerematösen Hautflecken erst
sehr bedeutende Zusatzgewichte zu dem ursprünglichen Gewicht
als solche percipirt wurden, so dass also für diese Stellen 4as
Weber-Fechner’scho Gesotz nicht zutreffend schien, das bekannt¬
lich die Reizstärke dem Verhältnisse des Reizzuwachses zum
Schwellenwerthe als proportional setzt. Hier waren entschieden weit
stärkere als die diesem Gesetze entsprechenden Belastungszusätze
nöthig, während übrigens sonst der Drucksinn, sowie auch die
sämmtlichen Empfindungsqualitäten sich im wesentlichen normal
verhielten. 1 ) Ich bin überzeugt, dass diese anscheinende Anomalie
keineswegs auf functionelle oder materielle Veränderungen in dem
sensiblen Nervenapparate der Haut bezogen zu werden braucht,
sondern dass es sich dabei nur um eine den veränderten
mechanisch-physikalischen Verhältnissen (namentlich
der starren Verdichtung) des Integuments entsprechende
Erschwerung der Reizaufnahme und consecutive Ab¬
änderung der Reaction handelt.
Auf die zweite Frage, die Veränderungen des elektri¬
schen Leitungswiderstandes bei Sklerodermie, will ich hier
nur ganz kurz eingehen, da ich den Gegenstand schon in Fach¬
zeitschriften ausführlicher zur Sprache gebracht habe.* 2 ) Es wird
Ihnen erinnerlich sein, dass die semiotisch-diagnostische Prüfung
des LeitungsWiderstandes ein gewisses Interesse zu erregen begann,
als Romain Vigouroux (zuerst 1887) auf die bei Basedow¬
scher Krankheit stattfindende Abnahme des galvanischen Leitungs¬
widerstandes aufmerksam gemacht hatte. Diese Angabe wurde
in der darauffolgenden Zeit von Martius, mir und Kahler so¬
wohl bestätigt, wie auch schärfer umgrenzt, und das den genauen
Nachweis ermöglichende Verfahren präciser ausgebildet. Es stellte
sich dabei heraus, dass es sich bei diesem — übrigens keineswegs
constanten und für Basedow’sche Krankheit pathognomischen —
Befunde wesentlich um eine mehr oder weniger bedeutende Herab¬
setzung der „relativen Widerstandsminima“ und um ein
rascheres Absinken des anfänglichen Widerstandes (rascheren Ab¬
lauf der Widerstandscurve) handelte. Als Ursache dieser Erschei¬
nung wurde von mir die bei Basedow 7 'scher Krankheit ja sehr
häufige Hyperidrosis nebst der dünnen, zarten Beschaffen¬
heit des Integuments und der bei Basedow-Kranken über¬
haupt nachweisbaren Labilität des vasomotorischen Nerven¬
systems (erleichterte Erweiterung und Füllung der Haut- und
tieferen Gefässe) bezeichnet. Nach Kahl er’s Meinung sollte es sich
dagegen bei diesem Vorgänge gar nicht um physiologische, son¬
dern um einfach physikalische Verhältnisse handeln, die in ent¬
sprechenden noch unbekannten Veränderungen der Hautbeschafifen-
heit jhre Ursache finden. Ich wurde dadurch veranlasst, dem
Verhalten des Leitungswiderstandes auch in solchen Fällen näher¬
zutreten, wo es sich um exquisit krankhafte Veränderungen
der Haut, und zwar in entgegengesetzter Richtung mit
Abkühlung, Blutleere, Verdichtung und starrer Infiltration der
Haut, wie gerade bei diffusem Sklerem, handelte. Es hat sich
mir wenigstens in drei Untersuchungsfällen als übereinstimmender
Befund herausgestellt, dass an Hautbezirken mit diffusem vorge¬
schrittenem Sklerem, mit Livor, Eiseskälte etc. eine sehr be¬
trächtliche Zunahme des galvanischen Leitungswider¬
standes insofern constatirt wurde, als die auf bekannte Weise er¬
mittelten Werthe für die „relativen Widerstandsminima“ an diesen
Hautstellen zum Theil ganz ausserordentlich hoch waren — weit
höher als bei gesunden Controllpersonen und an nicht erkrankten
oder erst in beginnender Erkrankung begriffenen Hautstellen der
Versuchsperson selbst. Ein ganz dem meinigen entsprechender
Befund ist in letzter Zeit auch von Herzog 3 ) mitgetheilt worden.
Ich möchte dabei besonders hervorheben, dass zwei meiner Fälle
dagegen sprechen, der Schweisssecretion der Haut einen allzu her¬
vorragenden Antheil bei den beobachteten Veränderungen des gal-
valnischen Leitungswiderstandes zuzusprechen, wie das erst neuer¬
dings wieder — auf Grund von Versuchen und in Uebereinstimmung
mit meiner eigenen früheren Annahme, durch L. Rosenthal 1 ) (unter
Unverricht) geschehen ist. In zwei von mir untersuchten Skiero¬
dermiofällen war nämlich die Schweisssecretion keineswegs (wie
dies irrthümlich als Regel hingestellt wird) erloschen oder auch nur
vermindert, sondern im Gegen theil ziemlich copiös und sogar zeit¬
weise profus gesteigert (besonders an den Händen). Trotzdem war
aber eine beträchtliche Zunahme des galvanischen Leitungswidev-
standes zu eonstatiren. Diese muss also auf noch andere Factoren
bezogen werden, wobei wohl ausser der Verdichtung des C-utis-
gewebes auch die verminderte Blutfüllo und die oft ganz enorme
Abkühlung der Hautoberfläche als die Leitung erschwerende oder
die Wegschaffung der Polarisationsproducte verzögernde Mo¬
mente wesentlich in Betracht kommen. In diesem längere Zeit
beobachteten Falle habe ich ausser dem galvanischen Leitungs¬
widerstande auch, nach dem Vorgänge von v. Frey und Wind¬
scheid 2 ) den faradischen Leitungswiderstand der erkrankten
Hautstcllen mit Wechselströmen zu messen und mit den Verhält¬
nissen am Gesunden zu vergleichen gesucht, weil diese Methode
praktische Vortheile zu versprechen schien, die namentlich in der
ungleich grösseren Constanz des Widerstandes, in der Vermeidung
von Polarisation infolge des beständigen Stromwechsels bestehen.
Ich habe anfangs das von v. Frey und Windscheid beschriebene
Verfahren genau befolgt, das eine Modification der Ko hl rausch¬
sehen Methode zur Bestimmung von Leitungswuderständen im
Elektrolyten (mit Benutzung des Telephons als Indicator) darstellt.
Später bin ich, da die mit dieser Methode erhaltenen Ergeb¬
nisse nicht ganz befriedigten, zu einem anderen Verfahren über¬
gegangen; ich habe mich mit gütiger Unterstützung des Herrn
Hirsch mann eines Instrumentes bedient, das ich Ihnen hier vor¬
lege, des von Bellati angegebenen und von Giltay (Firma T. d.
Kipp & Söhne in Delft) modificirten Elektrodynamometers zur
Messung telephonischer Ströme: eines Instrumentes, das
wegen seiner ungemeinen Empfindlichkeit als Messinstrument
äusserst schwacher Wechselströme (telephonischer Ströme) ver¬
wertet werden kann und bei Einschaltung in die soc.undäre
Kette die mittlere Intensität dieser Ströme — unabhängig von
der Stärke des primären Stromes — direkt abzulesen gestattet.
Durch die gewöhnliche Substitution kann man also hier, gerade
wie bei den galvanischen Widerstandsprüfungen, den Kürperwider-
stand ziemlich genau bestimmen. So interessant die Sache nun
auch ist, so neu ist sie auch, und ich wage deshalb noch nicht,
auf den bisherigen Befund ein grosses Gewicht zu legen; nur das
möchte ich bemerken (wobei ich mich auch in Uebereinstimmung
mit anderweitigen pathologischen Ergebnissen von Windscheid
zu befinden glaube), dass bei dieser faradischen W ider-
standsprüfung so bedeutende, den Anomalieen des galva¬
nischen Widerstandes vergleichbare Normabweichungen
durchaus nicht hervortraten, was eben auf das Wegfallen
des durch die stärkere Polarisation gesetzten Widerstandszuwachses
zurückzuführen sein mag. (Schluss folgt.)
III. Eine neue Operationsmetliode der Retro-
flexio uteri (Ventrofixation des Uterus oline
Eröffnung der Bauchhöhle).
Von Dr. A. Czempin in Berlin. 3 )
Dio operativen Heilbestrebungen der modernen Gynäkologie
haben in dem letzten Jahrzehnt auch die Retrofloxio uteri in ihren
Kreis hineingezogen. Für die Indicationsstellung der operativen
Behandlung dieser Lageveränderungen gelten auch heute noch die
strengen Einschränkungen, welche vor vier Jahren in dieser Ge¬
sellschaft von Herrn Veit 4 ) aufgestellt und in der sich daran an¬
schliessenden Discussion allgemein gebilligt wurden. Auch bei
sorgsamer Prüfung und Beobachtung der einschlägigen Krankheits¬
fälle bleibt eine Anzahl übrig, für welche die Operation die ein-
- s P^ €ron i m it weniger empfindlichen Instrumenten (meinem Bar-
asthesiometer) angestellten Versuchen habe ich die in Rede stehende Er-
S fi mich weisen können. Im Gegentheil erschien die Em¬
pfindlichkeit für Druckdifferenzen zuweilen eher etwas gesteigert.
) Ueber das Verhalten des galvanischen Leitungswiderstandes bei
Sklerodermie. Neurologisches Centralblatt 1892, No. 1. — Ueber faradi-
scüen und galvanischen Leitungs widerstand der Haut bei Sklerodermie
nd emo modificirte Methode der faradischen Widerstandsbestimmung,
dermatologische Zeitschrift Band I, Heft 4, p. 315.
qli j ' Herzog, Neurologische casuistische Mittheilung. Ein Fall von
okierodcrmie. Deutscho med. Wochenschrift 1894, No. 9.
i) Ludwig Rosenthal, Ein Beitrag zum Verhalten des galva-
schon Leitungswiderstandes der Haut, Diss., Freiburg i. B. 1894.
•■*) v. Frey und Windscheid, Dor faradische Leitungswiderstand
ss menschlichen Körpers. Neurolog. Ccntralbl. 1891, No. 10. 111 "
iheid, Der faradische Leitungswiderstand des menschlichen Köipera.
eutsehe Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. II, p. 42 ^
») Vortrag, gehalten in der Arbeitssitzung zum 50jährigen btiftungs
st der Berliner Gesellschaft für Gcburtsliülfo und C..yn ikoleg.c .
<) Die Indicationsstellung filr die Behandlung der
eitschr. f. Gebnrtsh. u. Grnilkol. 1890, XX, Discussion, Bd. X\IU.
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Zur VqrkindtfPiJilg von ikufcdudtfbltäs v „^
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drf d-td'Al.’.Ue i r i udf I* 1 und h Ulli (i’t. 0; ~
Oüizmwsa und i>mi de* Mdvn auf dun ulohWu'W uimF
S nJt-iKMö# WjdiiJäitjdur^kGoir.t,
p&ßh Ffithm ilhiy fi; <’Tfi'
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jwilaaf »-eriauf 'ddf WihOU-*'
üb kotmut- jdtvüs jr*WiOTiü;tv?ß, duiiHier «>{« tfkrFidfkfi*
K htfU&H bsMott SAtep j t v tritt enndn dlnn
nW» ^v.tid, -Ui«vh i des eil* W&jSfitoripn-
^•uwV^lttiA -‘i&inßt ; und ^fjoindy’/ji« 'E'rii'U dmn.e Ate’*■
r*H |» *yfi n tiß ßtg fcm iijd a 1 i irrte t . n i c b t «i ft i % }:ua
MinutoG liid V<*rljiüli •ol)ne.;jM.’ .iBu(u«'r. Am
ili<i 1 um k #1 *jA< 1 .Vwimndj.f;hi< ht ernnff-ri. ßai .»vveiU'U
•«U»v.l.j-ft^;dföiaagp .«ntfernf, •
Ättfili •dJ(vx^liüöB|5\<(4iJ
vu<f'<*« : fii etvv»iK dt.dn}V.jy.i-oUv.dn>jif »nF die WuVdu juiisvU;
jHu iAUiunjiti d^iT «idf ftftV Ta'i^ v *J>wf sie aufs^lH^T'- ;öiü
J/m> wM* •dr>ijrt.i« : .e Ujuifuiioii habe ich am 2. r > Jarniai dies««*»•
Jahres uii££»jtülirt, Ihi haJiö ich bt-s jvi?t;' eJ» rnaj
si;ci^ iüir. (duck iY\)0rh 'i ruior dc-rti dji fcWm Immidt-n «Vs'
virh cimmä} mit FiPt.roflcxhi aicti hei (dm-r \ ; irce Btit starken Ce-
u hwerdeiu viermal .nid l*eir.in.-\ic pi.w.-rr-Tiild nadi iiri.M.iUiT-n vor-
«(.liig'e.tiniigCjicit A'imjj.en tuit .kJ’M.'hlniVuoL:' ;rh>; (•ir<ii- ond mv
Sr,!rtJJe, m» dne- durch f’u^inf keine Udadla'j'^ des rhoMis c).Si<;lf
^( rden koiuitc. vieiiim! hui Kffroilexio ut.-n imi «irhr odt i nn ni-
-f'f iim*l:g;ro;ii^('>i l^rObtjjd'UriliiMJ idoriuiüi'j' jnii «innr j^ü"iii|H*ra) t • iis-
huf rille fi \ieti• Umütif^U*, dir m-d Hi'vmüifi'jl fhivirf o.diist
Vrhirdd, in», irixico mcJriidU- A liemm 1 >r U n>.ou .■«’»: n
n[H v riäf:fmi) i%f|o uii> fhdroilhxio uteri dii.i’r juug'en hrau, Jjd; der
iühiV’tfH'üern Tvwirn oii'c^ J'-’-s-üi>: jvatrsmai narli dem Chn
hom u di» Kdi'kw:?i-1 .-si>ni<• k h 11»• v/d'flf'j- mtraf. Mit Aüsm»hVm> dm
'h r.i K ; UlMi) unter «iou ciolmü lili» 1', Ui welcliqn (l|irr.h Knol-'ui' <irr
I , 'iS8iiHHr'thdfiH- iibdr der Wum köiiye Vorkirimn^ tlnr. JJutrt*''
wurnh« riidrat, sind ofle FiHic »|;,U »ohmir. di» WumJc ochnNl
vci-lUidtt. [q H>loa »* 1 i Füllen 15 <• **; t der U trrus !.»•<«• heute in
eiiiöf hi*traten iui d f.roh/rdr.tn bcvv r^dtchmi AhiatriKKitni.
»iifcr der Ha iir?i w u n de, Hnk/trro* y.wot kaum äni1;iil»nj T
dd »w sieb je inrt v^iUig* reii>« 'i^rt4MAU(rö6ii. Ihwjtbt;
iiml dir Abknickumr des Reck mb« liid I?hfse Fjbb»* dm. Y
Dir Kutiefetui wird in dit v ifrf^unlHrfbhrmciiinc 5 ?vbr'nglVi
niiCjist. üuf die b«tgh dos Oferus und dw Bdirje in) f.
AVcrl!) irtdect winl Kadi KesirJoeli<iri <1t-i Baurhdcckr
i^tojtörirhfnn«^ lu der Kinne rdbji-1 ent' vati tjchi
cutJVrnf oirt jusk - 4 )? V qm Jo;
ihr Bmididocken üdgflFq^t
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: <i * »v-.is fiv-Ju' ..!•; i'hdtfi.'ii k.->ih'-A^T«.s-.ri .-VtH-’h-iouind (As
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-fascw idnfniiJavidiJHKmiin.
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hc’i'hr'i utis-j-Jiriiijvi; nick» m Hct.varld, da ;-*c It-iti
5 mtü*A^r/«nto>u ist.’. Jic Xhiiymc SY.cddvd'- 'duti-i;
•_! “i f ü 1'iprii' v.-rinmief-u d.-h .hu llhic.-iuvv.nd /.ft n,.
v-.iMi-i CiTdicrit^lj oijuc jctlt. C »iah» (’ia*’T A-?' IrriM »f'let a nn
kef!fi unTfjjfr.ctij..n-frvfA/'fi werd.{)«;• f hrmubi«?' -stieifl Ihv ni'n ‘sn»»di
\-an mjr"* r Aöindsjukci *Mtif ■.ciinc.-u« srmAn: nid ciinm
»ch»i rtc NadiM 'drin-li Ji’.v Ihvim nn.d- Hon Mimmdns rr; nis dnr 'rr.chicH Beit.
V-i< ifdfti u die iN.^itd dunfud^Jii ! -u. vtlr'F .dnr<'h ciit.^rcriicudr Brnkmi
•iTi'i hftj)n»a§ der uu Iderün Aikmuhm “Sidyift dir rerldn Tut'ndrckc m
1 ,,r <- ni lil \\ uufh '.■< hi’n.-rn . di> A.'.j.'i )\.rd vor dm ThSü-uinscrMi)
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Jned de* i nndu*. i.i'-.f Faden .liech .iUno AcliFm v.ii'i« der Btrllo yur d«
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tk'fi ih die Withfk, hin An
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IV. Heber, hysterisclie Enskelatroptde.
VuJi IW. l>r. L. Hti’U
Ks im im ne atjUAlhonfr, WH) nw-.iit, \\r»v.d!mii.;in-mlr -‘llifit.-.
,f<v»nr>f»i v rrtusi iIbbr;^t>i^yv«v 4 *i{riffj 11 ie r*t‘t»eit♦ »K Pmi; > 1 «Kii
die mn/mimu LMailJ vcriird, iiuHfcl iifujo Hrduidf-jiHuklf’ cM!ho'H.
woirho dir hirj’tUT ^n>uiriu6a V* vbgf.il" zw.ai; strd.y n|.;u-
♦ v L*^4njTu\n lassen. <;{»(-/ lUtrnhmit. Jacht sitol, flttW
stkridTiitV - dafür m u'lidh^; KsThpi»tdiij.iF .'in^e]iir Xhmktr h»bAn .ib
■jtrji^Sttr Zpit uH imtri von Tirucm m?tjm<rnohtm, -miir •e«t5aütilta»
andm 4 Brut'fheVImig uK< K-iihnr, und ck irt vm dbdd z\h
-{iMtf'-rsdiHt^nider’BododhiiHjr, däss mnu <rRivi^sc rh.rdrin Dir nljm'enuiiri- •
miftiji jT/iiaUmto A ti s« 1 li ah mi n^*M t tm JKbirt-ri. r^fr giuiz htllon
tnuc-M-: sh wird iu/iii. iim-lv dcii (öucsii o von Ktritnr-
pr!l und von Hofi'n! u n u (I H-uiorlio JCt.yr.hr, t- NVrVrhheÜk. JMtkh Üt.i
jVrndWiiu kantu io- tl«-r l^e seid, Jir shUhik IJiiKTrsrtittidOtd;
,7,\vmcli0ii -jiiimlrr und mvojml !|irid,n*r A?usk>*hiti <>}dirr utifrit ld /.u
erhaltao. Uäi tdchdrUcH CutflbjjiaitödAd iicddc*r JArrrm'H vmkdHtüddi,
r ‘-
In der («etVGn^nw]
iIlmi nr V.oiUidcf nie*
ftmichWiiftchi crscHetuf vor. Fertkr
. TfyMus* ucnliiV ScHt-imt dqi d>i) a*i
r&mlDE Jffi'döc.
DEUTSf-fTE WOCHENSCHRIFT
iöfö PubH^ii^v
mt vm^bhie ich ? 4 iii&opR
tmv den IclCrn miithi'ilün- bei >v
11|> iViiil ffe; Äsfe* v*fl
k>fi.U ........... .. ..... ....... . . ..
ja ihn Ihnltnu' kUttlgelten. Wi‘< j cus<• JsriSt. 1882, .XXIX, 50,. hafc
ich über IMHO Epidemie -von hyat&i iseheö Krhotpieii in einet* Xjort-
. i, n m i«wi< htet. Welche ohiio mm ivw eis baren GruTtd au%^iröt(y[ utid
tiatft einfgbn Mmiatwii
Hie Mädchen, -Rji
IhüdUhHeng heKomome waren
mit traten* p^iwötu
W\V fj,d)$i «machi; liiitljSu, a\
?jkh ein* 7 w ölfjiih. M ■ 'II*
durch««'&. go sÄ»icu.. -
litten, üijjSn vfürnktyb - __ - ,«. , ... . ^ ~
$u\ im SpädunhM t&I2, <h Moh -wert«* dns besten
tn iHi: und liavh Lt-i«u^r -’iiin irgend eiü£
iie&iC AMbcg
.gbiHöi&riii ^di pßrö.oh^li^ia'i
v* r a r,
von Ö 1»U ?& weicho ich clnbßi; In
iijJativ Hclihcj) ^miijhßg, und ich fcownte
.i xlUdUlichtjü'fcUcn^eutiMrheft Erfolgen, welche
iin^cüo«. Uhtpr dos .mliiMii ktou Kmdtira Ä jrf
wclriic«, varfu 1 )' iimiitaiä krank- uad am> waw
Peru »h o Cmnuieod. ebrrdalh &cinver an 'Kriimnfen gc-
i Mmntien *de-f ^clidiibar völlig ge«i‘«cn -war, kk sah
■Hl IriM Ü I ' | ’ Üi I :Wfi{tkeltt0-v«r<"':
HPHPPI ... TVJr Abnm^itiitkyTl^itfjett-
iK'.M Hrkmikt*} «te,. *«' scheint, au ein«- alk
anü'-^^fepi^d'jie wurde; mürrisch nüö
■ - - V *1V' - *' - roizbar wollt« das
- Bott isj'cift Vbjfeeu.
- v '' v*>rwin£ßfte ■die NäV
v; - , j’fing und mussk &s
; v - ' ’ sich gefallcu Ittsäm*
s|||. ' ’ daHr mru sie,- mu-
m. : - . . Mwngrd %and
•• nacIi Wbbin^i-Cß (>r
geunntvankuag, . ^;k
.j9^ :''••< ’v.vv i':- Bifnnhmtiij ,
hki 'veicl'fr
• Khcrgic und Siren^fe
'^k■’*.' - \v..-‘.h.r. ;-; ’^Tj- Wj?kiigcu rinWÄ
.Wkihj.- dftiff jS.fjt;
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Iv-ir-r Xj-.iir v.uiZiuder jiü .lh»a». l.jchm\ Abtg«ü' mul ü.cr'^ganze.DisfeiittohF-
tracto Ifesfc-TjiGbts , wurauf f(!s .Afmabmt' akf Rö^ji^rgcwicHes •
/?ei st* h/.ui'Olttvn wikc. Ihn eJit.kt.mchc- (Tuhtr*m‘*Jiiutx der MuHkeire^ft "bb*-
^vk*ö diV-^hav«seah[ti\t der Ejtliv -kaüin wöhrft^dditbarcii vSl-idi^surg»* und
t «i.rh.nnig-^iiekuti^n v.dl;-.i^-u Hieb Mn^rh-edl b'thr j]^- /‘u'kn^er! wm^i!
i*irgend-' ^-uiti^uncdftrmri. P«v Hiugiio<e wurde per' excluHknnmi üüfJh^Pt^
nmnlfü M iT$kid^tfttg»hie jSt^lelSd-i • -.Üi« mn^vs’elilngoaä Thörapie. Wdic^die
ihkiMig de! jOkpeikriUfr 'ver : ?;ttobUn erwies? f.iel? ohyruRditig. der foitns
!/at etyvn xolui .Tug«.* nach «b>r in Brcrnlaii vorgeudnjmcnvjt UM-orsucbuag -m
.drUf- H'duiiitriäilhifte d«*.;? E.infibö PiTt.
« H f and in wekber WoiHd hier ein* Ik'kriUikinjg- der trop!ikrl*ei!
Nerve?! t?jrlie<n. iiv^rietveil eif-h rtahri das (-»rinn, in wieweit das
und övcutiicU die grossen; Crf0^lS^?.eBfltL d*s Vorder-
bnni« io Betracht ktinrrnea, bin ich. für. Jotast xu mtSßhöUieii nieht
hn- Staruie. Die PublknUon den Falles wird -sich Ober, 'wie-s ich
V T . Am der K-oiiigiichen Universitäts-Pcdikünik für
orthüpadiseJie Chirurgie zü Berliii,
fföt)Br Knoekeadefarmitatea bei hereditärer
Lues. 3 )
Won lir ft. .JoäcbiwästliÄt, Assi.sk‘fnM.r2;t Her PciJUdinik-
,M. H. 1 Wen«, fch tnir heute Ihr^ 4uteerkgaiakeit) so
■gßstdiiebt djes, «iin Ihnea. Äeü Pali vem- K n neli envefä nderung^'.
hei augrhoroncr L«os ä»i demenstrireth der. nbg*?stdjru von
’;■ Mit (bninlanigung der Hcnen Yerloger ans der zweiten Anüflgtt
onatavr J/utboVu^ie i(j)d Tbertfpth d«t Ner v c*tskraakbeibtt» onlnowiinnit^
y v ; - -^kch thuoti «ijj* t4-.Noveodn:r iüM$ la derBeidnior dcrmuhdögföcben
• Yerdiiiig'iiag '••gdhdieiieä;: ; Y«^^'6..' — - • •
24. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
461
seinem sonstigen interessanten Verlaufe, auch zur Bildung
von Deformitäten Veranlassung gegeben hat, die, so viel ich
weiss, in Verbindung mit diesem Leiden bisher nicht bekannt ge¬
worden sind.
Der Ihnen vorzustellende Knabe ist acht Jahre alt und das vierte
und letzte Kind seiner Eltern. Der Vater starb, 41 Jahre alt, an pro¬
gressiver Paralyse, die Mutter ist gesund, will an Ausschlagserkrankungen
nicht gelitten imd Fehlgeburten nicht durchgemacht haben. Eine ältere
Schwester des Knaben ist taubstumm, eine zweite fast blind. Die augen¬
ärztliche Untersuchung ergiebt bei ihr eine hochgradige angeborene
Schwachsichtigkeit, für die auf Grund der ophthalmoskopischen Beob¬
achtung eine Ursache nicht angegeben werden kann. Unser kleiner Patient
selbst erkrankte nach der Angabe der Mutter kurze Zeit nach der Geburt
an einem Ausschlage; doch sind die Angaben über diesen in Bezug auf
seine Ausdehnung, seine Dauer und seine Beschaffenheit keine präcisen.
Gleichzeitig stellte sich eine Nasenaffection, die sich durch ständigen
Schnupfen und zeitweilige Ausstossung übelriechender Massen aus der Nase
äusserte, sowie eitriger Ohrenfluss ein. Drüsenschwellungen sollen öfters
constatirt worden sein. Ganz allmählich entwickelten sich dann an ver¬
schiedenen Steilen des Skelets, besonders am Unterschenkel und Vorder¬
arm, mit starken Schmerzen einhergehende Anschwellungen, die nament¬
lich zu Beginn dieses Jahres Zunahmen und die Ueberweisung des
Patienten an die Universitätspoliklinik für orthopädische Chirurgie ver¬
anlasst^!.
Als ich hier im März den Knaben zum ersten male sah, befand sich
derselbe in einem äusserst elenden Zustande. Es handelte sich um einen
überaus blassen Knaben mit geringem Fettpolster und schlaffer Muskulatur.
Die Untersuchung der inneren Organe ergab, abgesehen von einer geringen
Schwellung der Milz, keine Veränderungen; speciell waren Zeichen von
Tuberkulose nicht vorhanden. Was die Lymphdrüsen anbetrifft, so waren
beiderseits die Cubitaldrtisen deutlich geschwollen, ausserdem war eine
Vergrösserung der Hals-, Nacken-, und Inguinaldrllsen nachweisbar. Eine
Anzahl von Zähnen fehlte, andere waren cariös, doch vermisste man die
von Hutchinson als für Lues congenita pathognomonisch beschriebenen
Deformitäten der oberen mittleren Schneidezähne. Die hintere Pharynxwand
zeigte hirsekorngrosse Granula; die rhinoskopische Untersuchung, zu der
Klagen über Schnupfen und Verstopftsein der Nase aufforderten, ergab nur
eine starke Schwellung der unteren Muschel, besonders auf der rechten
Seite. Den linken äusseren Gehörgang füllte Übelriechender Eiter, nach
dessen Entfernung im vorderen unteren Quadranten eine Perforation dos
Trommelfells sichtbar wurde. Der Augenbefund war beiderseits normal.
Ueberaus auffallend war nun eine Reihe von Veränderungen
des Skelets, namentlich an beiden Vorderarmen und Unter¬
schenkeln. Am Kopf fiel ein starkes Prominiren der Tubera frontalia,
sowie eine voluminöse Entwickelung des Schädels auf. Die Circurn-
ferenz betrug 1 cm oberhalb der Glabella 51,5 cm. Die Intelligenz
des Knaben war dabei nur eine mässige. Rechterscits fand sich dann in
der Mitte der Tibia auf eine Strecke von 3 cm, mehr dom oberen als dem
unteren Abschnitt des Knochens genähert, eine schmerzhafte Auftreibung
und Verbreiterung der inneren Fläche. Linkerseits handelte es sich an
derselben Stelle des Schienbeins um Andeutung einer ähnlichen Auf-
Leibung, ausserdem war an dieser Seite dio ganze untere Hälfte der
Fibula stark verdickt und auf Druck überaus schmerzhaft. Auch die
Ulna zeigte rechts in der Mitte ihrer Diaphyse eine starke, höchst empfind¬
liche Auftreibung. Ihr Verlauf war im übrigen ein geradliniger. Dagegen
erwies sich der Radius hier in seinemunteren und einem Theil
des mittleren Drittels nicht nur stark verdickt und bei Be¬
rührung äusserst schmerzhaft, sondern es war zu einer radial-
wärts convexen Verkrümmung dieses Theiles des Knochens
und zu einer Verlängerung desselben im Vergleich zu der zu¬
gehörigen Ulna gekommen, derart, dass der Processus
styloideus radii den Processus styloideus ulnae um reichlich
'* , cm uueh unten überragte. Durch dieses anormale Verhalten
wurde weiterhin eine Ulnarabductions- oder Varusstellung der
Hand bedingt, indem bei
gewöhnlicher Haltung
die durch denMittelfinger
gezogen gedachte Achse
der Hand von der Ver¬
längerung der Vorder¬
armachse um ca. 30 0
.- «uawooiWJ
von einer stark auf Druck
empfindlichen Schwel¬
(cfr. Figur). Aeh
> erhältnisse,
verstärkt, lai
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Auch hier besl
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w ar noch beträc
und auffallender
der entgegeng(
keite. Daneben v
auch das centrale
deB Rftdil1K lin
lung ergriffen, durch die die Bewegungen im Ellbogengelenk derartig
eingeschränkt wurden, dass Pro- und Supination in nur ganz geringem
Grade und unter grossen Schmerzen passiv ausführbar waren. Die
Beugung gelang bis zu einem Winkel von 70°, die Streckung bis 150°.
An der Muskulatur w r ar ausser einer hochgradigen Atroyjhie nichts abnormes
nachweisbar. Die Schmerzen an den unteren Extremitäten steigerten sich
besonders beim Gehen, während dieselben an den Vorderarmen bei Be¬
wegungen in der Weise Zunahmen, dass der Kranke dieselben möglichst
vermied und so in der That hier einen pseudoparalytischen Zustand
darbot.
Der Kranke wurde hauptsächlich unter Anwendung von Jodkalium
einer energischen antiluetischen Cur unterworfen. Einige Zeit orhielt er
Sublimatbäder, deren weiterem Gebrauch sich jedoch im Hause Schwierig¬
keiten entgegensetzton. Obgleich die Behandlung von Seiten der An¬
gehörigen häufig unterbrochen wurde, bin ich heute in der Lage, Ihnen
den Kranken in wesentlich gebessertem Zustande zu zeigen. Beiderseits
besteht noch die Verdickung der Diaphyse der Ulna und des unteren
Radiusantheils, die jedoch wesentlich vermindert und völlig schmerzlos ist.
Die Krümmung beider Radii hat sich verringert, und in Verbindung damit
ist die Varusstellung der Hände weniger auffallend geworden. Am linken
Ellbogen gelenk ist die Beweglichkeit eine völlig normale. An den Unter¬
schenkeln fühlt man noch rechterseits die Auftreibung der Mitte der
inneren Tibiafläche. Links ist die Verdickung der Fibula im unteren und
mittleren Abschnitt noch sehr auffällig. In Verbindung mit dieser
Besserung und dem Nachlass der Schmerzen ist auch das Allgemein¬
befinden wesentlich gehoben. Der kleine Patient besucht wieder die
Schule und ist hier sogar seit einiger Zeit imstande, am Turnunterricht
theilzunehmen.
Was die Beurtheilung dieses Falles anbetrifft, für dessen freund¬
liche Ueberlassung ich Herrn Prof. Jul. Wolff bestens danke, so
boten sich mir bei der ersten Untersuchung, so klar das Krank¬
heitsbild nach dem Erfolge der Therapie jetzt auch erscheint, doch
bei dem Mangel sicherer anamnestischer Daten und sonstiger
Zeichen manifester Lues differentialdiagnostisch einige Schwierig¬
keiten. Zunächst war daran zu denken, ob nicht tuberkulöse
Veränderungen Vorlagen.
Gegen Tuberkulose sprach einmal das Fehlen von tuberkulösen
Alterationen der inneren Organe, ausserdem der Sitz der Knochenver¬
änderungen hauptsächlich an den Diaphysen und das lange Bestehen
derselben, ohne dass es zu cariösen Processen gekommen war. Die
von Paget 1 ) 1876 unter dem Namen der Ostitis deforinans be¬
schriebene Form von chronischer Knochenentzündung, die zu Ver-
grösserung und Verkrümmung der Knochen führt, konnte nicht in
Betracht kommen, da sie nur Erwachsene betrifft und gleichzeitig
mit den Extremitäten Schädel, Becken und Wirbelsäule befällt.
Dagegen musste bei dem überaus blassen Aussehen des Knaben in
Verbindung mit der geringen Vergrösserung der Milz und der
Schwellung der Lymphdrüsen jedenfalls daran gedacht werden, ob
nicht eine allgemeine Bluterkrankung vorliege. Dieser Ge¬
danke lag um so näher, als vor kurzem Nothnagel 2 ) unter der
Bezeichnung Lymphadenia ossiuin über eine eigenthümliche perni-
ciöse Knochenerkrankung berichtet hat, die in der Weise verlief,
dass unter allmählich sich einstellenden Schmerzparoxysmen, und
während der Kranke sehr blass wurde und stark abmagerte, viele
Knochen und besonders das Sternum und die Extremitäten sich
stark verdickten. Die Untersuchung ergab im Blute einen Befund,
welcher einer bedeutenden Oligocythämie und Oligochromämie ent¬
sprach, eine mässige Vergrösserung der Milz und eine allerdings
verbreitete, aber nur leichte Schwellung der Lymphdrüsen. Die
Autopsie zeigte in den Knochen die Entwickelung eines lymph-
adenoiden Gewebes mitgleichzeitigerNeubildungvonKnochensubstanz.
Herr Dr. Engel war auf meine Bitte so liebenswürdig, eine Blut¬
untersuchung bei unserem Kranken vorzunehmen. Sie ergab keine
schwerere Bluterkrankung, so dass also auch diese Möglichkeit der
Entstehung der Knochenveränderungen ausgeschlossen werden
konnte. Wenn ich trotzdem die Resultate der am 27. Juni vorge¬
nommenen Blutuntersuchung mittheile, so geschieht dies deshalb,
weil gerade augenblicklich die Frage der Blut.untersuchung bei
Syphilis und namentlich bei hereditär syphilitischen Kindern eine
besonders rege geworden ist und auf diesem noch zum Theil
strittigen Gebiete jeder weitere Beitrag erwünscht erscheint. Der
Blutbefund w r ar folgender:
Farbe hellroth
Hämoglobingehalt.
Zahl der rothen Blutkörperchen . .
Verhältniss der weissen zu den rothen
Blutkörperchen.
Unter 1000 weissen Blutkörperchen
waren polynucleäre Zellen ....
70%
41/4 Mill.
1:300
61 % (normal 72 %)
') Lancet 1876, No. 16. . . . __ .
a ) H. Nothnagel, Ueber eino eigenthümliche permciöse Knochen¬
erkrankung (Lymphadenia ossiuin). Wiener medicinische Blätter 10 JJ,
No. 10 und 11.
□ igitized b'
Google
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
bfiumiulo* MEwriwaftä* ytmsmütorr.
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AAdobe -‘bpi hmmdUUfor Syphilis in nimmmr '/mit ♦ijim b.>,m»|cr/‘ AnN
merksainkrit. zugt \vendid !>;it, hat. im :vl 1 gerne i mm de» Km druek ge-
AVUimffli i»Ni - ■«U^*^Sh.iQ}i!H^i) teilen uiil so i’oifhifcJttiv iua
Bilde vorhanden je [iTiBgedohnter hei Vjuji bpiWunthm Knmkeü
ln* %pe» dt-> lc »e ÜX.1H 1 i,* in« -*»« l« ungern*» iii unserem fmdk*'
iUd Wrttlo^[C.H|9j* diese» %A Leu «dine das YuHuilidensoi» eirnV
Ivxnjtitiftma wahrend der gwifljfcfü iMtier der PnolMofttitmir {?j>ric,Uf.
Ihr di,«gtinsliso he imbeuiuug; dieser Ejeujrnt«*, die • .schien durch die
t a;! - i L -' ’.t' h n ? oo»; Voll . ülhHIer n ml f< i e U er") . teniH duvh die
< la!Vi-ii srl»«'vAki’.- : 5 kOu k- rmehnD'irl worMm war. ist n»ch mehr
iu Kragt: ivkulisjiitiii uuc*.h di-H Ikmbmhhinten von r A>\ ji poH B. der
nenftrd’fugH gwungl h»ti v da*s; liier Ivtbjie voii Idslier nielit im-
id:;H iilrt: :* Mono nie» mit in KVehit'ui*,- ktmm>L JM dass überhaupt
led kind.eeji vice hohe Xä.hi der evisifiopidlen. ZeHen zur Ueael
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Biite WnriJi^u.i!» VCi'diciH cdslkuUi Jwieh die (Ui dp.II
1.11M.-,. Ji a?i d v fi ii licV V < s ] 1 ;r! i cd feil der > * I» e |i d v ]) n H' »ü i’t ä t.
Ol <ldv Veridn^eniiix des •vcdins, die Anlass k*j der Yer,sciiir'him^
allein dute.lj pwiasBilf' Pvdr^v {ijj dieser" Ktau-kcn pj
i-rdi:i)vh.-ist, < im i"-id 'm»")• Muiif • v iehiM.dii: md.sHvn \Or ivodl nu> h
SCI -iin* Ij*dli’ ii!aiihc ds«. Cfdjd.i, ^".dini" reeuemvd/ ladift. doch ‘de
id Oiu Mdi:. dass d»» k’jiipliypvnkpnrijal bpi Jn'fndflUMT faids aejbsi
*irt ?1 hedeiif« ;d« n Xei-Klornn^'-U UH h in JV/Ue; Mül seine. }diysi<v
r*«i.i Bon rcstiiuitl /u werden pl)pi?i, ja dass die Br.
kt’Mdkdti^ in rmze In cn f’MU»di ^-.«‘rndezif ulö ßüfe dii die \VkH intim ms-
rivaifie iuupirt. Stil sa erkddreil Stell die V»»iK eitliu'eti AnBiCeM.
vind imdvmB VcMdii^cimk^nii der
1 dda her- Liner l5e : sMj.der:- viel An-n-fnüie ruit d'iiMe desd/d
«ine frn -Jakre Jft?7 dwu Cbinn’tvmicmidTc»^ xon .spbnde 7 } mit-
iLret-fmdtn Bmduiebiam^ 14 h IjumipHc -sieb um (dm>'f*btXmlse)jn $ifZ-
nsu.Ms der j'»*ebtrn ’1 n»ia iniofue "ne tiennfirTji"r Ry|'»hilts. die UA
damäis 15j;ibei-en M bk Iteu 9 Lihtr ; bme besiaiMlAi; imdtf
.Uiusdi Wut* M l.rli!" he '\\di( li-tlMmjM^Liievnim' des peft;üjnSe? :
K uneitena wnv -.die k._ran-kk''TUdk s m.o -P eni fiin^nr als; die irevunde
dei Milderen Bede, und da :B ■ k inübt an tlif SCv W.'ieint uüms-
vnnntdmtny uiej«! Miidl^riummien ImMr-. sn wai eine seiie !*ed<mieude
)K-»"-mrmfnr:>rt \"i kriinuinnce .der Tilda -mit der Bnnttd itdt u:hO
innen einu’idivieu. IhnlttrMt WMI dnun wiedm- eine i".el;urndi>d
BebiijfsteliuHrr Ililce HiUcrea OelanUllitriie brtding-t,. vcelciie nun ideht
' f debr juirji unfmi, Sutnlerti; Uytru uriit ko^Sün p'.wddjiiex
war; Ine Medye «ltH’nn w'nr eine ko a,n>j \ r al<UKs}e|[u»"! des
BasBes, dase des Klaub’ heim «.»d.rn mit dem Mnldadns ich'« me
den Baden UrHihrtn: pmj dip Irmereb Sfdimibttnrl^r Xn gatdr-
wnirn!ie];m- V. ed-e <s< dc-Siut und ei seMafl'i waren.
Imsere ' "edenldinte Hefc-ld den Bewoin. duss-, soieb-e. niiy.eit ior.'
V.ndnn^etmiie Uns Knneiums nicht imi um Üntcrselmnke], sondern
aceh am Vorderarm.' durch i-mm nedinpr. vmkom.ueit k;n.n Ls ist
hior rnii bosöudöroTTi bitf?CBHry daHB-mir ‘?)em dm*
KrMPlvfifdtsorsebpirmaft'tui nrj+m T dm» Btnltüsn der Tlusrnfim iyjeu die
'-;' 3 ' 1 ’ 1 ' 1 il j'[ ' itme der ibi.iis «Ii-dm-ji. Wirn"e1<dl»»p ihm
llcindP• SPHI -arludmeli j'i*-a;ii, lliil, ;f;ti dass opi'rtUjve Kinajid-y
te de eine» sniv-bmt. !;n.srrl,end »n der 'UeiunenialruH' eitlen
XmJos. hVis der Tdda dtnl m>r Jinnit^-u Vkmcbtrumun.s: def- Film]«
. iin- nbüdg o{i,di(‘fiy rn mmvreoi : Au u dhefdü^}. «r-
wmsön. •
<'*obf?AVi JiOU?, Ute A^kmie bei bp>«dit8.rer SynbiUs. Wmüur
i,u^tr X\vii teXnr ixiK No. 20 , p. ' ' .
l4 .{ Ai und hn Ceie I. t*bir. (ia- \ orivonmu-p und die fbnJejitHil^
.omiUwöndou Mm dW MmÄw Döutnste
Arefav limMmiäCh/“ Atedidit Bd XLVljt, -
m uiibmeiebcn-y.k! ,. KiriiisclidtruuirrdojksOie Kotigen. Anddv für
VeUmlci^m und Pbarina-kelotde- Jid. XXV'iL UAz 1
*1 L d/n, ; Voricemmon doi .joginophiloß ZAlvn ist
mtiüdcUbfbvji ilbmv, Zaita^in^; für dtlthteebo Mediein 'iKtHj }5 ( 1 dgdf.-
mMwA * n,,,i "- r evn.iB
| ^crmmdlmi^on dev Jmols. üon Gesdlscindt i‘ür Chirurgie 1877,
VI Aus der mecliciniscUen Univeisitäts:poiiklitnk in
.Königsberg T/Pr.'
lieber den eoritimtirliclien MagensaftfluBs.
\ r on JuHü^lStöbreibet'.
-(Schluss aus Nm 20.)
P i v ft o g. e r» ix ii ü t e '« Ii v onts i ii e 11 y p e rs.61 re t! o n
! Bim die j.Hscnssiou der obigem Kt\tnkln.d1.sspece*$, in die iidi.;
| jut-xt einlreie.-auf^HttJtiiiortu werden koüntc, »tUMsie ersi die Brenza
I ie^gesf,?dU- - iv«>rdli*H/ bi^ pj Vvelcbed" »Jto •di^gm»M.}^cJi i'U'äatbnlniitdg
Bmidcä'udidübfHug dns pii 5 fti»i«pii?elK‘ um* durm imtiirlteb nurdt üftft
oatindogisehc linkAftmnmügHvnsuJtitt zu beelnbuBHeu verouige Dean
! n priori wi\v »ml im ub-hr :msgt^ebto'r-«*n, das- weil ‘dow uL Ak
]diyHio1ogischc, di" uitgaldiab X ra n !> Ii ad'hot iv c i s (i cmiiftluttideü Sntf-
; inv.A^eTv fm nf^'bt^r'nOU' Mxgjen jmjfglieb Skb'bAfrP w s
seien Thiss sie usscblir+sstieb auf Mc/tynm z\x bexieljen riint;
wlx»l uüib rmeii Mtiem, 'vy.tft wir 'jot/.i 'i.btrübet: vy?.sst\ r n im ailgenwi-' .
agiT tih iif geUhu ls»pftftn diii-b’U, »bftvbon. im Oe^ensnt?, >Jir uonH»‘detj
i BabocoreBöii il» NXicitlufitend. bin T Inn j AWettVdios dondi Bgnt»ujwd?.
iMMÜugl. int l jiiMiiifOuiM; ich meine "inen Theil der Swu'äimi-agci.
in den .fttdlenercu dioltercn idraden sogen an o Cer \;b.rof)ic«dn 4 i: Ipjwr-
Mua-idioTt und vioibdi ht die Oesiimmtliicngc fl() las iOB cam;Nnnn--- :
(iier der haufigerony ipKtloren mn] oiodarec Ormb 1 ,
AVms nun lifcsc^ die Menge heB-UiX, so soll sia lir* de« sng.-uttnMen
Piro tu sehen I l. ) vpc,r.six. ; K>i : i?o\' in «!>;=[ reman FäUc.n. Imiiüih mo OOtl cCff
i Upjßgep bfdrujieu bduQeu: oft ist ,iedocfi fnthb dem ÄfitthfAtapgru
ifi der Liti«r»iuV wirbt vtiMenu ' so yxd m tüubut; *-s ia
dieser Beziehu»g nur ili-v-1 iljn\ Ata md d« "i c it.ln m » n N /wei'Ö Vd-
r-heihuue tihvr *-o:thmurHp!r Bo-retiop mit 50, H. HO nod4b : hui
I nlmit. im Nlichivrium oder Mul' die jfltigBieri Ihddicalimifm v.rn
dohnson uud b»-m 10‘i SopeiM'creUoiiim, unter Herum um
ein Kranker etwas mehv nis HOB ecm Mügerrsuffe duthm;; i;e) .-»ehr
m.n zehn dagegen .nur }0 Ms 20 a m. ied über iS nur 21 bA HO n w-
bei 24 Ida fal echt - m!.-o Mengen, welche zum ’J heil hinter den
■nonn.-ili:v\v.*j>o,-(jiifUai;itMiL>iisi»titiMcf> »hdu otuaheidi-di zurüik-
b!*’ib'M t Dp m,i» judde dit ia h i.Pliert-ri »»nindcu yuanLe
täten Mdge-usnlt. Und die rmderen, die sogetmnnten lü’arilibftft«].
gdurch Sondirmg dien Mag"» em.uomnimi wci'ien, allord.i'ngs .mit-
dem LOiterschinde, iImkk Imi {et^ti-reu auf die vd rsifhii^;e bdrz
daunnide Soudieung im aljgt u„ hu.» \orzh btrt wird, a» l/büht du«
Vl-i'fcrcterji der ehronis<‘l»eti fTypcrseerolioii ice.dt zu. bewi M j-'-
leDd.ci’c »ich! djm oondeuH-iz -ondmi tlwifcsjo b!)Pi :».r «‘im r
krankhaften V• uAndcri)jig in? MäU'-n il»'r*- ..je* : n * o u *. • ur
die Ccsandf'u gbiuhe i.irdi erwiesen ?a) leiben, da.-u iirei" Birn.Inodz
uii hf, ui Betracht kommt.
Wenn aber weiterhin die Menge-0 midi lern i*evv**iiiwam» Oegee-
c;u'ii^ sogai- noch iiisofem von IMoWe iA , «biv., wir. r. >ngL wb"»
Wf ygm., ünier keinen iiesonderen Caufeleii gewmaiiHC so genngc
1 res.>i itaHt» als kr.an k hafte inueg angesehen wm-m w tbmu
U»ns> ieh i?e-.fimier(«ii AVortli darauf liwen, fastznetedH}, dasK ans
ketiiciMiiciner' hisherigen Mitthoibing»« (ibor ihm i f.rlivt'Miili'n
-Bttuh wh« Hjcyoj im Anschluss an letztv.vft in Miiffaliimdcr Ae•,-•«.* au*
i-Oeht. he? ynrgeiit. i( i. hatte nur l--.4—-.10 Tropten und n neu ahm.-
e V tsc. S» ifiva mehr Tropfe», Biiit sMurmi Kiflssigkeil u im mViitfiimm
Mact-u tXeSruoijev cunHliitirL • Ans mcii.eo Mihlu'ilitugrn ist ve-*-
Miehi klar /u orcf|»»,i, u?gs u h imln M Liit'-iMi'-tiowiiA tym
Male 1 Tm 5 cetn KiVbf-u lnijlr 6 bis >V kchi Aufdo hjs 2fk
vmA - niub) Ms HO, tjVAi in nie 40 bp (itl er ml getumlen M%fy
Lud pick, mif de» sieb Biegei ber-nfr, i&mj bei sechs nur cP
mal iwrtncstii'hieR drm Liilji* ruit Ib er m, HO « cm und di eern sab*
sMuie» Ben; Selbst .in OiegoB'- Klinik ivnrd»* dmvn ilofDiiaue 3
coitBiMfiil, alesh unter 2.5 üiMgeügpBniul“!; Bcvoiumn In ymb^ Meirgen
von 8-- 1 ) 0 . u< 2 ui expriinii f. wenden konnte», and voilöuctk Boas ghTt
Min , } ee können nuter (jinsttlndon lmA\ bei AUgengesundeA
.Mengen von 50 bis. 1-00 ccWt tVlMgensfiO, eKprimisd WerdenA Alse
’) h e.
J i HimMelit.lieli dm- AeidUilt in ihrer Bedeut,uog Mi: die yorh^,m)t
T»/ige {lletf’mahiii sdieipt, IBogel meine Auffassimgeii zu nrerpiirein
Wfctrfp ifij'' • \0iö- - LMfeergehrii' dteiü>s: Puftklos m- deuten dntL .
'■) Wie es kmnmb, <kss Riegel iß seimm Ivrwnionujg Ne- 3.1 $2 »beW
Wnehensdir. *» einem weniger gliustigen OesidtMte grlangl i: t- vemitd
ieJw tlu nlüiero AAtfuhCm Uber die IIP n uiijißWu#riul üottmuuii MwäPm^b.
hddejn niebi .zu öhnrsdhien. Au-ub verstehe ich nuoh den oben viiiHen
JlntursußhiMgun Eö-tTutaiiuT nlehl, Jten* Vt. uei
4L* yguTsoMn Kjihik) in swumr Arbeit «hov vhe AIuhdvnÄubng n.5>- p.
(Zeitseiu-, für klinische Mediein 18d2) mit dem folgenden Spz* 5 sarn-e
wifi: „wHnn aueh du> Ke«unu>o Schreiber*«,, der hantig !wi g*;
,sündan .Tjodivtduen ZKurdedn vitd Magcüsaft üiie denr nßebkumm i^dagtm
lipuusbcdördofih, uaeb den m. dar niigesMlilöu Ye^udwA.
HnffTunnuV nls eicht, st iobbRlitg Acli erweHim r» ■< T Moinoe;Wb«#y
hat Hoffmann inobm lieftuLt^tninä ^jw^n mul gansyec nur
köunün.
24. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
463
nicht, wie der verehrte Giessener Kliniker offenbar irrthümlich
meint, ein bis zehn und ausnahmsweise mehr Tropfen, sondern bis
100 Cubikcentimeter können im nüchternen Magen Gesunder
gefunden werden.
In der von Riegel beantworteten Arbeit habe ich weiterhin
die Ansicht vertreten, die im Nüchternen gefundenen Secretmengen
hei sogenannter typischer, d.' h. mit Gastrektasie einhergehender
Hypersecretion könnten, müssten vielleicht als weitere Folge der
Gastrektasie Und ndefat als selbständiges Leiden angesehen werden.
Darauf erwidert Riegel, diese Auffassung, w^enn sie sich Geltung
verschaffte, würde einen Rückschritt der Therapie zur Folge haben
können. Denn würde man bei der Gastrektasie die Hypersecretion
nicht berücksichtigen, so möchte die lediglich' gegen die Gastrektasie
gerichtete Therapie von geringem Nutzen, selbst die hemmende Ur¬
sache dafür sein, dass „iu:> reinen Fällen auch die Ektasie zuin
Schwinden“ gebracht werde. Nun habe ich freilich mit keinem
Worte durchblicken lassen, noch gar direkt es gesagt, der restirende
saure Mageninhalt bei Ektasie sei therapeutisch zu vernachlässigen;
noch ist aus meiner Auseinandersetzung mit einem Worte zu ent¬
nehmen, dass wir unsere Kranken hier anders als in Giessen be¬
handeln. Indessen, da Riegel dies vorauszusetzen scheint, so will ich
jn Kürze auf diesen Punkt eingehen, indem ich vorausschicke, dass
ich für die Behandlung der in Rede stehenden krankhaften Processe
„die lediglich gegen die Gastrektasie gericlitete Therapie“, i. e. in
erster Reihe die methodische Ausspülung des Magens, in der That
als das allerwichtigste Hüllsmittel ansehe. Nach Riegel scheint
dies in der möglichsten Fernhaltung der Amylaceen zu liegen, da
eine Amylolyse bei der sogenannten continuirliehen Saftsecrction
im Magen nicht stattfände, der ausgeheberte Inhalt zeige, dass sie
unverdünnt im Magen rückständig verbleiben. Auch im nicht
ektasirten, motorisch nicht insufficienten, sogenannten hypersecre-
torischen Magen? Doch wohl nicht. Demi der motorisch nicht
insufficiente Magen entleert sich vollkommen, im Magen nicht ver¬
daute Amylaceen können dann im Dünndarm nachträglich verdaut
werden.
Also hätte die Riegel’sche Forderung ernstere Beachtung zu
beanspruchen bei sogenannter Hypersecretion mit Ektasie? Denn
hier zeige ja, wie gesagt, das Mikroskop deutlich die noch er¬
haltenen Amvlaceenreste, während die Fleischfasern zerstört sind.
Gesetzt, es wäre dem wirklich ganz so und es Hesse sich jene
exclusive Diät (Fleisch, Eier, Leimstoffe, keine Amylaceen) aus¬
nahmslos durchführen und auf die Dauer festhalten. Was beweist
dann für deren Nothw T endigkeit jener mikroskopische Befund? Etwa
die normale, endgültige und ausschliessliche Verwerthung der Ei¬
weisssubstanzen im Stoffwechsel, für die Ernährung des Kranken?
Keineswegs — denn es müsste dann noch erst bewiesen sein, dass
jene gelösten Eiw'eisssubstanzen, die Peptone, im Magen vollkommen
resorbirt oder für sich allein in den Dünndarm befördert werden.
Leider nur, dass bekanntlich Resorption und Motilität hier oft
schwer darniederliegeh und dass überdies die Resorption von Pepton¬
losungen seitens der Magenschleimhaut an und für sich, d. h. schon
unter normalen Verhältnissen, nach v. Mering 1 ) eine nur sehr
geringe sein soll.
Es müssen also in der Hauptsache auch die gelösten Eiweiss¬
substanzen, die Peptonlösungen — sollen sie der Ernährung zugute
ommen —- in der. Dünndarm befördert werden, wobei freilich an-
zunehmen ist, dass in ihnen suspendirte Amylaceen mit übertreten
UIld nac ^ lträ sEchen Verdauungsproeess anheimfallen.
Mit anderen Worten: Kann* der cktasirte Magen den Brei bei
gemischter Kost noch in den Dünndarm abführen, so schadet es
icnts, wenn in der Peptonlösung Amylaceen ungelöst suspendirt
und, und kann er dies nicht, so ist der Nutzen nicht gar so gross,
fi aS \f lm ^ a ^ en s ^t Muskelfasern Peptonlösungen verbleiben;
er Magen hat seine chemische Aufgabe an den Eiweisskörpern ver¬
geblich geleistet.
Pie Dinge liegen hier also keineswegs so einfach, wie Riegel
anzunehmen scheint, und um die Grenzen dieser vielleicht extremen
eduetion festzustellen, wolle man an einem Falle sogenannter
ypischer, clironischer Hypersecretion das Verhalten des bis zum
^ orgen restirenden, sauren Mageninhaltes beachten: nach fast aus-
‘ lesslicher Fleisch-, wie nach gemischter Kost, beide male
l/h man re E ft Gv reiohHchen Peptongehalt, um so reich-
c er, so weit dies aus colorimetrischen Vergleichen zu erschliessen
je ausschliesslicher die Fleischkost gewesen; d. h. es ist Fleisch
au ch in chemisch veränderter Form — im Magen zurück-
annh wor< * en - Und die Amylaceen? Nach Riegel sollte man
.. e men i dass sie hier unverdaut bleiben, unverdaut bleiben
• P* e mikroskopische wie die chemische Betrachtung sprechen
datur f Denn ein Theil der Zellmassen bleibt nach inniger
f , r *l Function des Magens. Verhandlungen, des XU. Con-
b - lur innere Medicin zu Wiesbaden. Verlag J. F. Bergmann 1893.
Durchmischung mit Jodjodkalium ungebläut, ein anderer ist schwach
roth bis rothviolett oder nur zartblau gefärbt, andere tiefblau; vor
allen Dingen lässt aber der flüssige Brei bei Jodjodkaliumzusatz
keine andere Farbenanderung als Jodbräunung erkennen; d. h. trotz
eventuell höherer Acidität findet bei sogenannter typischer chroni¬
scher Hypersecretion im Magen auch eine sehr ergiebige Amylolyse
statt. So ist es hei gemischter Kost. Je ausschliesslicher jedoch
Amylaceen genossen werden, um so mehr prävaliren deren nicht
gelöste Reste, um so intensiver und unvermittelter tritt alsdann
die reine Amylumreaction nach Jodzusatz hervor.
Aber auch bei reiner Fleischkost kann man gelegentlich un¬
verdaute Muskelfasern mikroskopisch finden. Letzteres beides
namentlich dann, wenn „die lediglich gegen die Gastrektasie ge¬
richtete Therapie“ vernachlässigt worden ist, d. h. wenn man die
methodische Ausspülung ausgesetzt hat.
Ich will nun keineswegs behaupten, dass dies allemal so ist;
die denkbaren Variationen auszuführen, würde zu weit führen.
Hier kam es nur darauf an, mit Rücksicht aufRiegePs Bedenken
seine Begründung der exclusiven antidiabetischen Diät bei soge¬
nannter chronischer Hypersecretion des Magens etwas näher zu
beleuchten, welche nun, soweit ich sehe, nicht viel zwingender er¬
scheint, als diejenige in Bezug auf das Carlsbader Wasser als
säure verminderndes Mittel.
Und so stelle ich schliesslich nicht an, sogar die Zweckmässig¬
keit einer vorübergehenden antidiabetiselien Diät für manche
der hierhergehörigen Krankheitszustände anzuerkennen, selbst sogar
für alle, wenn wirklich, wie Riegel behauptet, hierdurch mit der
sogenannten Hypersecretion aucli die Ektasie zum Schwinden ge¬
bracht werden kann. Ob aber solche definitive Heilungen öfter
beobachtet sind? Hierüber genaueres zu erfahren, wäre allerdings
von hohem praktischem wie wissenschaftlichem Interesse!
Meine der Riegel’schen Erwiderung zugrunde liegende Ab¬
handlung enthält folgende präcise Fragen:
Wodurch unterscheidet sich eine sogenannte typische
chronische Hypersecretion nach Symptomenbild und Verlauf von
der „früher allgemein Gastrektasie, Dilatatio ventriculi genannten
Krankheit“?
Hat man chronische Hypersecrotionen zunächst ohne
Gastrektasie beobachtet, welche im weiteren Verlaufe in Gastrektasie
.übergegangen sind?
Woher kommt es, dass die chronische Hypersecretion ver¬
schiedener Orten numerisch so verschieden verbreitet ist, dass zum
Beispiel Reichmann, der Entdecker des eigenartigen Leidens, es
als ein relativ seltenes, Riegel als ein ungemein häufiges, in
wenigen. Jahren nach Hunderten zählendes zu bezeichnen Ver¬
anlassung haben?
Ist es nicht denkbar, dass in den Fällen sogenannter chronischer
Hypersecretion ohne Ektasie mit nicht mehr als circa 10 bis 100 ccm
Magensaft im nüchternen, d. h. mit nicht mehr als zweifellos auch
schon bei ganz gesunden Menschen gefunden werden kann, diese
Saftmengen gar nicht als krankhafterweise secernirt angesehen zu
werden brauchen? Wie etwa Stuhlträgheit noch nicht den Beginn,
mehrtägige Verstopfung noch nicht die definitive Entwickelung
einer bedro hohen Darmocclusion allemal anzeigen?
Da ich aus der Riegel’schen Erwiderung eine unzweideutige
Antwort auf diese Fragen nicht zu entnehmen vermag, so liegt
dies vielleicht daran, dass ich nicht, präcise genügt gefragt habe.
Auch muss ich mancherlei als bekannt vorausgesetzt haben, was
Riegel nicht dafür hält. Anders kann ich es nicht verstehen,
dass Riegel in seiner Erwiderung Dinge discutirt, über die ich
hier ohne weiteres wiederum hinweggegangon wäre, wenn nicht die
Rücksicht auf die Sache das Gegentheil erforderte.
Um mit der letzten der vorgenannten Fragen zu beginnen,
so werden wir auf eine befriedigende Antwort, scheint mir, einst¬
weilen verzichten müssen, solange die von verschiedenen
Seiten bestätigte Thatsache, dass 10, 80, 50 bis 100 ccm Saft im
nüchternen Magen Gesunder gefunden werden, mit der Bemerkung
abgethan wird 1, 4, 10 und ausnahmsweise mehr Tropfen
saurer Flüssigkeit seien auf den Reiz der eingeführten Sonde zu
beziehen, während zugleich für die Differentialdiagnose jener
normalerweise constatirten und der fraglich krankhaft ge¬
steigerten Saftmengen die Methode, das Einführen der Sonde
mindestens die gleiche Bedeutung hat.
Weiter! statt die Merkmale der sogenannten chronischen Hyper-
Secretion von der mit Salzsäure verlaufenden, früher allgemein so ge¬
nannten Gastrektasie zii nennen, führt Riegel eine längere Erörte¬
rung über den Begriff Gastrektasie, von welcher übrigens schlechtweg
kein Mensch heutzutage mehr spreche, wenn es sich um eine
Erweiterung infolge Carcinom pylori oder einer narbigen Pylorus¬
stenose handelt. Als ob ich an der erforderlichen Stelle nicht
ausdrücklich von der früher allgemein. [Gastrectasie genannten
Krankheit gesprochen und ich nicht rüher als Riegel und selbst
Original fro-m
UNIVERSITf OF MICHIGAN
m
DEUTSCHE MEDKJJN'lSFDfc WoCHV;?iSn<K[FT.
■mM
als der in diesem Sinne siete eitirta Altmeister -klinischer Be¬
obachtung’ KüssmiuL. wmdicb vor IG JriUrea bereife davor ge¬
warnt kiute, aus der Tfefetellüag der aroBsdn GurnAuc, Oberhaupt
eas der «Gtjräjgfö? dt.4Aphs- dem physikalischen Bsvfemdd
die Oftötriiktiasi« att 'diä^rostijöka ^ ] ) -ludßm- ich aut diese kiefern*
vierfach ObevsohduFH Arhidl hferwei-se, halte fe-b mich der FllleflFüber-
bohvn, vor dein gt}i>?fgi.o?v !&&& ««d Forscher zu febseulirai.,
die teil 4fe GKiuoiPgirt der Lach erd iefun amMim:-y-tt dilrMi glüuV.
TI ml ehe*! weil feli »oFlie IWnntnit* auch vordem v uim.i sw« ? .V: fc.
svitleu mir «Ile KiieivHl.elit eriajubi., -d^fe dlögmjKkiseh nmrkaatoetf’.a
Fehler ?fe} dotfe ersten Fidle vofe •öO^mmmttor chronischer TIvper-
>e-uu ihm muht. \iwAi besonders bötenen ?.\] sollen. Goafete die von
iltegkl • H<^dckGiigh : ft : .«.;r''tf.b üvauivfe fcp decken, vpn mfey
abHp'ifetTioii ^tfefe WiedHi^b^'dbeurii Ji ng&frn 4tü Statut prabj#elüs
dos ersten Kaltes, def Magen reiche- ruij der grossen Curvufur ein
bis zwei Fingr-r bre.it ühev da« NiilM, „.dies, spricht für mummle
Ui^uzeü dev MagouxF - vm-f teilt inir die (jurbc, Run der feeteh-
mneufe sowie srioei V.c hioieii Müoc-iufete uöitesüiig über das
: \Ve>en jenes bemerkt ucwrrMKüi S\ mptums ,fh;*o: K iGt h man n
siimd oben teil uw ZMl nübubaf iUtejffc auf ifesrji v$» für
diesen Kall wie es xeteunt wieder auiUrueteuR'h Standpunkt' den
Begriff dar Gntertevteste üiil dem phv ui kalT;uh omfei^a.%‘efeeudo>t
ÜTnssiM} Maxell f.n »dte«! ifu'iivn.
lim aber nicht ihm .Etedrmdv m sin ob lob altes
öUri^fo, wate; ilregt*! ünut 1 Am ;tergfe Upt öpsi*h'riAfav,
mochte i< Jt mn te^fet-elteu, dass j, !i ci<-i» so- *-!• hm •klimon l ch*ii \u~
Spruch, als i»1 * hcutzülngo f{*■ i i 1 Measeh .mehr v-m Ga'trcki.nste
Seide* i'lwoi'' :?|M‘aene, Wnun ii.mt weil di. , sejbe v<*i» vets« bi«-d»men
pVfeüarett febfeiiiigfe,, nrnfit;- vnemag. ) o b,
y:h\ maii mii v.u beheoneo gestaüeir inoen 1 , SfiiSHdei • >moh imm>>r
voll dei* (iitstr : nktü.si» v fett nHg»i»ueiö»>U und vomien» 1 . wie gewiss dir
meimsng die Trsim-lu.* a\\ erkeuiiea yiuj m\ moninireu, imi‘ dass i >.■ li
vmweileu tbe- Ufsddhe ufallt, •m ei'grfimdom- vmu.mi i'-li sie
iHieh vonniithm, Mir hitgegimri noefe JiifUlbr QjiSfrftktHSißiui scldiMdit-
weg, die Mi nielil auf feiuvimun des j’vlonu- öder not’ ij|« usmubo
Äi? bpyaebei] Svögth weil d»:i*;iiit liidWeisimd«« JSftnirtmme, wie' -^uveiv
ITssig*' idieniisehf Zeioiifvii lefelen und der ViPlonf üiobi danu
Sjin’riif. und dt- ,»ic auf Atonjo. br.iiigbnr Votmu^frum^ -udev' Vonoil
•sonst bei \dirn / wer will es immer HnfeeiUydbm, wemi mit miiem
jrnn!« Ktfe ÖCmtn>klinsu ; da M umi «lien ihren H)cH‘aül'öi , fetbi < theii
Erst Imimingofi ? , 1.*. um auoh lau dom .•brlmi>te?i. Var^loietm mit
d'Ui V'li'Oviscii äiu idorv.ofi■ y;u- bjei.!»Hio selbst liier jia>H>jt öS .intr
ooeb geji^etnlbdn eine „idijatatifUf'' sehitHditWeg V.ii diamjij'Stii Ii uür
.weil die Auhhvtung einer fneehaois! liou i b-sm Im? Uabir im
}lei'7.en ober .1« den gfossoo. Gefesselt mir pfeentUeh iiient,
glüelviT. will
Bin! da'fedi din ITp&u^sh.o
Kaüo zu erKArttmi mumi »i.» so unferbisse lei- nun bidcacmton Grün¬
den Heil v .1, VT*iden ’s mnmdlugmufe.n ilitlli.-ilnsi-.vo eyonrn #, U es
tu prüteu, ob der ekisd.iseho Maeen S:d/saure mmhtb, ob
ident, ajmi wie aiart dlü AGdifär dn m^bernm-Fafee fet, ’-'Wik
man. b*u IterzalteeUoüvf! den Harn nur Eiwmss. uietersuebt, am in
ZrWöiieijmifen Fit]Jon klarer /u sehenmM die tlierajmntas!feen Gonsn-
quottüoit. ’/,n ziehen
Hiorau.,, M'H' Itiegel m Uiut, ui»m Iitbon«^r|Uf 5 n» jn inojuen
Anscbaufengoti abüis.ifdttiii 4 kJipgt etwa. so 4 ajä mb ich fei dar Eionfe
sheUunm gegen den ntwiM^cn Versmdm ntifc einem male jede dubii-
miiriirje bei 1 lerzklappeub blnni als Ei wefesbitninn mnl ais ftnlMt-,
ntflmUgos;, primäres Leiden m lmzejchric«, vbn wekdretn dp'r tlmrz-
kbippenibideixmumbir übhänge. ibi irnnrnsrnp^nt erkllirt’ würde,
\venti und weil hdi anerkenne, dass r-s Uer^mbfeo gfebt, welche mit’
nud rtfrdprn;; w'iilmfeu ttlVm«* Albuiniputte lauge Ä^if*verlauten. *
i<i, !• fe-#' meines diese ' ean/. präcUm
bebaodoH. und bchaapbw, dnv 'Tndl:i»i% seit biiiger"'nis Ji'ieWo]
-nümlndi.'seit v. d. Vddoö und K.usfemaul bekannte
^iintsÄbhtb dji^feoi Gastreklashmn Imlii dm ^iilksliuro dblüf, bald
Nicht nhvv utngulmlirt, wir K^, hmuom IHngel ’u\. e„ ooHmm
(fen AciditÄr. rofzurfmken uiul : von nimm Tl^pocstn-retib aefda. zn
SpreehKn, vou der die (ry striktes jo (aus. wokdwm V'r^udio nun?)
aldoiTivei. jn ItA- 1 iij;. _o. . ,i* .-Sf . U r/
abhanden solltor Lies .nonfuridlro diiv Vcrli«it,»tss« nur und nichts
weder.
Hat denn nunjemaoO, frage ich mmb -einmal, die Gastrnktasio
: ] V u '‘•i‘ l T>?! ü j-f Ul, ! n ^J l S(} $- ^krmiigehnallyperaocretion hommg-ehan
sdhou. fe H>gML der himdcrte Vno IIjKji*irseeriü»>eil beobaehtet hat,
Anjm 1^. 8wh *^ ^ *» *****
■ -V- %hh*v:$asx Wö -v^Ui ‘•■•ufegpd^döe; ; •' • •'■■
litfti et aüßfi hunderte, fünfzig,, «eH»». sßlbst aiiir einige Fälle goV
sehen, weiche aus der chronischen Tlyporsocfetioß ohae Gasfeek-
tfisie in den • „typischenKustand mit .'hochgradiger Gastrukfesie
zfeifedlo.e, üoorgogangöti, und srdohe wiederum, di« Hank s^hcr
spaefeisöherx Behänd! tmgsmethorlo von der Gastre]d>$lfc goimiit
wonten sind?
: Das jst es, 'w orauf es hier meines Brachtens pnncipiGl <-n-
Uommt, und -dom gegenüber manches dos zuvor gcswnogoii ErO?-
terteuv wjö das noch zu. Bagetrdo yox\ unterg»r 3 fdjiatöt‘
rung bt,
Z B. folgert feicgci aus meiner; Abhandlung in Nm Mß\
vte^ißT W^KbHsohritt r : jite Bnfea\t|»tuhg* , 4 Ü? : r- ,Magbn zehrt'
eju’nnisvdic Hypersocrctinn- well er ektiifeseh-ist;** In dieser Form
ist die Folgerung jodemblls undehtig, mihilestefm utigonaa.; Ibuin,
da ich Selbst y<u> Giistrpktahioun mit und ohne Aeiditüt dca
Müi-hterm>« iBichsj Mml.es spre<'be, sO kßijfe ich dio Ekfemib an "nick
U Fb, als ;d^ .'düss.eKües^iufeö irrsHcbfi' deh «
angesehen amdi baimobfeetAiab#n r sagtWT d-io fei eÄRi £ktu,-,
Gsvimn Mugnh rnsferentlen Spnj.somas,sfjn scieü ns, wohTk gm
wiösorm-.j.;n-:son einrnb cifTitifiiorlichoU Verdnuimgspro*-css uöferhiolfeH
und u. o- -die LTPwuefeo ih>r rög;, chrö.ntsehen tiypnr^ehretinn ikiv
vfoiiieu,. voraus,gesetzt, dass die Magemmhlejmhaut des. GcfeslrfOD.
-Magens nicht utro]diisch ib‘geiiord o oder bereits (fegooerbi; , 8 «?); üd.
dies ?0 r einer Yovmiruleruug Inww. zur Vatmchiung deriiog,.Byper-
Atw*^t!ui.i'-BiUrefe B'iltesm.. ^ ^
Ebensowenig' geht uys hteicmn Au^fühcuttgen hervor, dassdu^ h«ü
der Autispüliiag „y.urückgehaHhne 'Wasäur 0 die 1 .^fteucreUoh'
l*iv zur Diagnose erforderliche abendliche WifschpTocrdür;
I.F I«. die eine. Viertelstunde und langer «lUinltonde Tfantirung.,
"•mit der Sonde Ku Magen u. s. \v. n, s, w.» sagte ich,; rege die
FtoTteßcretkn* rin. und das' so gebfedoie BübroF^ttsäiUniöir irlit dt)n
hn bt ybllig wieder entleeTterL ülhe
sVlzRäure Flüssigkeit, w-clclie njohi pesorlurt ~ Htmideif lang
im Magen vorbbTbo und als saixsabru Flüssigkeit irr.hühcjibJ)
(leado als dust.tlO.tdbs Wässer die He**retiou Jm Magen unterhdte
.,Gescliloht, itenö/. das beim nocmtjfen Mcnscbe«i“ irugf .1 * iege 1 .
Itabe i* h denn das für den nurmaieji Menscheri imbaaptefe tfriit
mcht vielmehr aus meinen Angofeen hervor, beim nonnabn Äfe.fl-
scinüi wurde alcts Wasser, wie das spontan secnrmrte MagonsecrG
zum Thmi rosofldrt, zum Thßil zum Ffetiner entleert, >o dass gsfä*h r
der normale - Magen T G. iiur wenig Flüssigkeit im Nüehtenien •;
•epümlLm .könne, oligfedch er eventuell *ehr viel mehr io einer gc-
gobcnejj Zeit» seeeniirt habe? Wenn also Riegel' die iimmfüing*
vcrdFculliciiteu Versuche v. MoringfeHi nach jlciuiR der iocre
MiVgeo v ,k(dno in Betracht kommende Menge Wassers" rcäoibu’f.
gügctc mich unfülut; so übersieht, wie mir scheint, Kicg'ol, dass
de---,-*; Vorhalten der MagetiöehJein)haut nur nor.h gugüüstfm rriorner
A ccebrtMüüg spricht; denn je weniger' der Magen Wasser zu pesor-
Fifcn ybtühäg, üiil gm gTüsser miu?s f hm gesciiwiindeäcr Mötdität,
die ^rüßtu;»swle** Wfisyormeugo bezw., nach meinen Ausfühnuigeu,
diu r^feUfcndtf sjdz&äüve Fltissigkeilsmougo ausfallcu.
Fufj wenn «rii nu/h ;itiI die saizsaaroaurügende W«fkung
ramm W<ihx«u-b cingchen soli, ob sie gleich von mir i'uebT .eüfe
scheidend hfugcsKelji wordnu ist, po darf loh Coustä-Urup,
allcrtiiirgs für s]n »ifunohe Angufero smyerfeiHpiger BoolütGitef aus ‘
-der Ijjfctetatur sich Atiffthron fesseu, mul zwar gorädo, wie l(>ege!
zwei fei »ul (rügt;, bei G f 'M'itdeu. Z. B. die Angabo von feiegol
sclüsf. die. b<ü i'i/Bundcii ct.iva im Nüchternen- 'siu-.Imohaebtoudv
Ha-fiscerction wohl zum Th ml. durch den Amdcnrofe, zum Theil
duroh d t e gürrit|io Meugo de^ eTiig‘i-gö?snnnp \V.^»SfS/?i vor-
a ; ülax?t‘); mim die von K, Fref'ieh s J ): „brim H»i.mlo -wip beite
‘d'Oc-t-’iM m ist gcwöUnUd: .mcIum; 10 - 1 f» Minuten nach Eiutuhrung
von ‘Ic.sGUirtan Wa^er Bal&viurn paoitweishtuc diu m\ch tK )~-40
Minuten ihr klaxiinimi ermcbtfe
' HiPniacb Lküii Jcfe jäoJfeö^BliFh. wühl nhtu- die v«)p UB'l?ßTiiech
UHgHi^u'^ejjpu WerSpohn XiOUhiFg, itacii wefedfpn trotz Zufuhr von
Eiäaynsoor dio SafiscereUon „bei allen Hcbworep Djfepepsiern' äi J -
zurügen muht gelang, kurz binwcggcluac .sowohl weil ff iegei sGbtT
dm von mir bnrnife su'iüiiuüo, wahrsnUainliehe Fehferquidlo hiuslrht-
Ueh .dieser Versnchn ti. %, richtig erkännt und niifcgötheUVbä.B),-
als auch wdil feej ,,llyfiphptlsbhntiV meines Flachten» Bp Gegfeß*
eafz zu Gesimdmi dio ^sp' 0 !itnsir* K Hccr^fiovj im Nüchternen oftse.hr
liejrahgesctKt ist oder fehlt; davun afegaseJiOu, dass diese Versuche
an, »h'fe in kölner direkten BözicJiung zu der hier luteressirejaden
Frjige, hämlifii dop Ursache <J«r salzsaurmi Magcnniste im Nüch-
termm bei Magem'kiaHiefin F e, der sogaoattRinu ehtrouisefieu Hyper-
sbCroUou. stehen
.;< i, c. '
, t*. Vergk Beiträge zur Pathologie und Diagnostik der Mogwilcrouk'
j holten,' Dentsoheo aWchiv für klir*. Medfefej B»T NNXV1,. 1S85.
i , “)'UeW il^ .zaUieho Auftreten na Magensaft. Central-
; hlatt j, d. modic. WiSäenseisafCen 1 &S 5 . — *TT c.
24. Mai.
DEUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
465
Die weiteren Bemerkungen Riegel’s, wie z. B. die in Bezug
auf die regionär unterschiedliche Verbreitung des discutirten
Leidens u. a. m. noch, wenn auch nur kurz, zu erörtern, würde zu
weit, selbst vom Thema zu weit abführen. Das Wesentlichste der
Riegel’schen Erwiderung glaube ich im Voranstehenden berück¬
sichtigt zu haben.
Dies aber möchte ich zum Schluss noch betonen, dass ich in
der hier geführten Discussion zur Klärung der strittigen Punkte
immer nur die sogenannte chronische Hyperseeretion im Auge
gehabt habe und nur diese zunächst behandelt sehen möchte, nicht
aber die acute, oder wie ich sie lieber nennen würde, die paroxys¬
male, periodische; es sei denn, dass Riegel über zweifellose Beob¬
achtungen verfügt von paroxysmalen, periodischen, recidivirenden
Hypersecretionen mit Uebergang in chronische ohne und dann in
chronische „typische“ Hypersecretionen mit Erweiterung des
Magens.
VII. Feuilleton.
Bericht über die Feier des 50jährigen Stiftungsfestes
der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie in
Berlin am 9. und 10. Mai 1894.
Von Dr. E. G. Orth mann in Berlin.
Die Feier des 50jährigen Stiftungsfestes der Gesellschaft für
Geburtshülfe und Gynäkologie zu Berlin begann am Mittwoch den
9. Mai kurz nach 10 Uhr Vormittags mit einer Festsitzung im
Langenbeckhause, zu welcher sich eine ausserordentlich zahlreiche
und glänzende Versammlung der hervorragendsten Vertreter des
Faches aus dem In- und Auslande eingefunden hatte. Der prächtige
grosse Saal des Langenbeckhauses war festlich geschmückt, über
dem Rednerpult hing das bekränzte Oelgemälde von Carl Mayer,
dem Stifter der Gesellschaft; zu beiden Seiten waren, umgeben
von Blattpflanzen, die Büsten von E. Martin und Carl Schroe-
der, den langjährigen, verdienstvollen Leitern der Gesellschaft,
aufgestellt.
Eröffnet wurde die Sitzung durch eine Rede des Ehrenpräsi¬
denten Herrn Gusserow, der zunächst lebhaft bedauerte, dass
Herr Olshausen durch Krankheit verhindert sei, zu erscheinen,
und infolge dessen die Glückwünsche desselben der Gesellschaft
überbrachte;
Das 50jährige Stiftungsfest der Gesellschaft erinnert einer¬
seits an die Vergänglichkeit alles Irdischen und andererseits an
die Lebenskraft und -Fähigkeit derartiger auf gesunder Grund¬
lage entstandener Einrichtungen, welche durch stete ernste Arbeit
auf ihre Fortentwickelung und ihren weiteren Aufbau bedacht
sind.
Der Beschluss, das 50jährige Stiftungsfest feierlich zu begehen,
ist nicht etwa als eine Selbsthuldigung aufzufassen, sondern es
soll hierdurch gleichsam zu einem Ausruhepunkt die Veranlassung
gegeben werden, von dem man auf das zurückblickt, was bisher
geleistet worden ist; und vor allen Dingen soll es ein Dankfest
sein für die früheren Generationen, namentlich die Stifter, von
denen nur noch einer, L. Rüge, unter den Lebenden weilt, aber
auch dieser ist leider wegen Altersbeschwerden am Erscheinen
verhindert.
Die Geburtshülfe als Kunst und Wissenschaft zu heben und
zu fördern, war der ursprüngliche Zweck der Gesellschaft. Bei
einem Vergleich zwischen dem jetzigen Standpunkte der Gesell¬
schaft mit dem früheren ergiebt sich, dass anfangs mehr ein aka¬
demischer Charakter derselben hervorgekehrt wurde, während die¬
selbe jetzt mehr einer modernen medicinischen Gesellschaft ent¬
spricht, die auf der Arbeit geistig freier Männer beruht.
P - ^kurtshülfe gab wohl zunächst die Veranlassung zur
urundung einer derartigen Gesellschaft, wegen ihrer grossen Ver¬
antwortlichkeit und weil sie oft ein schnelles, thatkräftiges Ein¬
greifen erforderlich macht; es lag das Bedürfniss vor, einen ge-
anlas 1 ^ 611 '^ us ^ ausc ^ 1 ^ er hierbei gemachten Erfahrungen zu ver-
Allgemeinere Gründe lagen auch in der Entwickelung des
aches selbst; die Geburtshülfe ist die erste Specialität; sie hat
smü ursprünglich ausserhalb der übrigen medicinischen Wissen-
cnaften entwickelt. Anfangs wurde sie nur von Frauen ausge-
; nur im Nothfall wandte man sich an die Chirurgen, welche
amals noch zu der untersten Klasse der Aerzte gehörten; all-
manlich löste sich dann erst die Geburtshülfe aus den Händen
er Unrurgen los. Von letzterer hat sich dann erst als eine Er-
gezweigt* 1 ^ ^ 6r ^ euze ^ di 0 Gynäkologie als neue Richtung ab-
,, ^Jd 0111 S0 allmählich der Boden für die zu gründende Ge-
scnaft durch die Zcitumstände und die fortschreitende Ent-
icxelung des Faches vorbereitet war, fand sich auch im richtigen
Augenblicke der richtige Mann in Carl Mayer, der, ohne eigent¬
lich ein genialer Denker und Erfinder zu sein, durch seine Per¬
sönlichkeit allein einen ausserordentlichen Einfluss ausübte.
Vor allem ist es heute eine Pflicht der Dankbarkeit, seiner
sowohl wie seiner damaligen Gesinnungsgenossen und Mitstifter —
Bartels, Erbkam, Hammer, Münnich, Nagel, Paetsch,
L. Rüge, H. Schmidt, Gierse, Wegscheider, der erst vor
kurzem gestorben ist, rühmend zu gedenken; mit fast allen den¬
selben war es dem Redner vergönnt, noch in persönliche Be¬
ziehungen zu treten.
Nach Carl Mayer übernahm E. Martin die Führung der
Gesellschaft, und diesem folgte Carl Schroeder, dessen Haupt¬
verdienst auf dem Gebiete der operativen Gynäkologie liegt.
Der Dank soll sich heute aber nicht nur auf die Vergangen¬
heit erstrecken, sondern auch auf die Lebenden, welche durch ihre
rege Mitarbeit auf wissenschaftlichem Gebiete zu dem Wachsen
und Blühen der Gesellschaft so wesentlich beigetragen haben; als
Zeichen eifrigen Strebens liegt eine aus dem Kreise ihrer Mit¬
glieder hervorgegangene Festschrift vor, welche der Gesellschaft
zur heutigen Jubelfeier gewidmet ist.
Die Gesellschaft hat am heutigen Tage Gelegenheit genommen,
einige hervorragende Vertreter des Faches zu Ehrenmitgliedern zu
ernennen; den Anwesenden derselben wurde das Ehrendiplom zum
Schlüsse überreicht, und zwar: Fritsch-Bonn, v. Winckel-
München, Chrobak-Wien, v. Slawiansky-St. Petersburg, Stad¬
fel dt-Kopenhagen, Pozzi-Paris, Pasquali-Rom.
Ferner wurden zu Ehrenmitgliedern ernannt: B. S. Schultze-
Jena, Hegar-Freiburg i./B., Dohrn-Königsberg, Czerny-Heidel¬
berg, W. Priestley-London, J. Williams-London, A.R. Simpson-
Edinburgh, Porro-Mailand, v. Krassowski - St. Petersburg,
Gaillard Thomas-New-York, Emmet-New-York, Parvin-Phila-
delphia.
Hierauf erstattete A. Martin den Bericht über die abge¬
laufenen 50 Jahre der Gesellschaft:
Am 13. Februar 1844 gründete Carl Mayer mit noch neun
anderen Collegen die „geburtshilfliche Gesellschaft“, deren Zweck
war die Pflege der wissenschaftlichen Geburtshülfe, verbunden mit
aufrichtiger Collegialität, damit eine collegiale Genossenschaft ent¬
stehe gebildeter, erfahrener, zuverlässiger Frauenärzte, die in
gegenseitiger Berathung und Besprechung wissenschaftliche An¬
regung und Belehrung tauschten. Neben Carl Mayer hat sich
besonders in der ersten Zeit Rudolph Virchow um die Gesellschaft
ausserordentlich verdient gemacht.
Nach dem Tode Carl Mayer’s trat E. Martin an die Spitze
der Gesellschaft, welcher am 9. December 1873 mit noch 20 anderen
Aerzten neben der Gesellschaft für Geburtshülfe die Gesellschaft
für Gynäkologie gründete; am 9. Mai 1876 wurden sodann nach
E. Martin’s Tode die beiden Gesellschaften zu der „Gesellschaft
für Geburtshülfe und Gynäkologie“ vereinigt, deren Leitung Carl
Schroeder übernahm; nach ihm wechselten in dem Vorsitz
Gusserow, Olshausen und Jaquet.
Von ursprünglich 10 ist die Mitgliederzahl auf 181 gestiegen,
von denen die meisten zur Zahl der praktischen Geburtshelfer ge¬
hören und in der Mitte einer allgemeinen ärztlichen Thätigkeit
stehen. Die rege Betheiligung an den Sitzungen und die grosse
Zahl eifriger Mitarbeiter an den hohen Aufgaben der Gesellschaft
bürgt dafür, dass die Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie
zu Berlin denselben auch für die Zukunft gerecht werden wird.
Mit vollem Einverständniss der Versammlung verliest sodann
J. Veit die für das Fest bestimmte Rede Olshausen’s, in welcher
in grossen Zügen diejenigen Punkte aus der Geburtshülfe und
Gynäkologie hervorgehoben werden, die für die nächste Zeit noch
der Lösung harren.
Aus der Geburtshülfe sei nur erwähnt: die Cervixfrage, der
Geburtsmechanismus; die ektopische Schwangerschaft und deren
Zusammenhang mit den Tubenerkrankungen; die Pathologie der
Schwangerschaft bei perniciöser Anämie, Nephritis, Eelampsie etc.
Aus der operativen Geburtshülfe: das Verhältniss zw r ischen Kaiser¬
schnitt, Symphyseotomie, resp. Pelveotomie; augenblicklich scheint
ersterer durch letztere etwas zurückgedrängt zu werden, nach
Olshausen’s Ansicht aber wohl nur vorübergehend.
Auf dem Gebiet der Puerperalerkrankungen bedarf auch noch
manche Frage der Aufklärung; während die Infectionstheorieen
(Streptococcen, Staphylococcen, Gonococcen, Bacterium coli
commune) wohl allgemein anerkannt sind, wissen wdr noch nicht,
warum in einem Fall eine Allgemeinerkrankung (Septicämie),
im anderen nur eine locale (Parametritis exsudativa) auftritt; ebenso
ist die Frage der Selbstinfection noch nicht endgültig entschieden.
— Olshausen verwirft die Polypragmasie in der Geburtshülfe und
betont in erster Linie das non nocere.
Aus der Gynäkologie werden berührt die Geschwülste und ihre
Entstehungstheorieen (Myom; Carcinom und seine Contactinfection),
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
4.68
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I : >'i der Kim-? 5 oi> Antisepsis oder iVriepsisr; di»cM»>: letztere
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•;.‘V¥a$ ;;g;hia*sslkii. «Mo ij|ü:i ;ifio 11 st<*i hi l ik JUid Jinlicmjohsstcilung
itiyi»vtn'ü*M -hu dürfte -dim Dahro : v»m der (hotritdonvie wohl kaum '.in
»öeU etwas neue« bring'iUPR ' die Imli*i»t iöiiv-
ytöüoüx' Vmj der BMfdbgotT.rtöh* bmhffi Mo«di .•godähnrcf Besfcstidlm»!:'.
{}11' (»; ris/.rli: •■ njjZll 1 'l'iSv llO JA»]K S‘db*n hiebt (i}>uri| t \rOf(!Oti-; - ;
für die tOi'-'i kohto ihniguney erzielt* bei
Mt sehirdouGen AIHfiiotkoi koKuU'ui ganze Reihen guloc . t;Go.Lc;s
XUtvh eUouujm; wir: hhrw sind YjtdhjKdtf finefi pur muh genüge yiiL*
btiSSerUrtireri tin<;.iioh.. ■■ ■
■ r J To Lai ton ,uGo '0iiiHvycVfti-: gi»o x- he«K«ite>«do khrfSiditiBe auf dem
(ioliioii* de; GnburisMHlL* umi Gynkkulopie umhi m verkennen sind.
I AJ ! d jmcie) geuoninmu. Bin in geihHGihglgrr Anz&H vurliaiiüGtiyi
• Abbildungmi mi sfhvruatis-rlu.* Skizzon, : Trotz- des eng, Ijvgrg-nfctÖD
1 zBvnolrife iio4 Bimbleivm mdmült d«uu Kyf. das Gchoten-c- weder «juair-
! titufiv hheb qualitativ auyi’CRdu ud 1 nilns*. sind .ja an vcr&wlWHUMieu
db: Armebauungen -ii hur-his
in O'fvl'Ia.' I -Audlrnüie
af/m
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Bei, äaii'yojinatftii:
der, AnafufiuH
,,w i.ssp!»s \v nrt il Ä
VKdhutht abßf TVH : d das» -was n ioht iw d } >»>
iBüdie -Lebt, - bis bökiihhfc v o r» u 4ge* nt % t {vgl oben)?
ßFÜihv
ruhgsgetiüts-s darf inan ahor "weder bei den iGfiparaten, noch Liej
f 'jibdidafeen fFtfs, •'Ktaa 4 seijpa.ütiJkt.*Ä<• o)nj* .feiob ? ,i'MiÄU]iaukwn f '
iieeinn''iv, iuoüiausweff’h^ annt.infLi.4rhw Ivemtfiitfese vovaus^« fe* n -
oder innn wird in (HeH'nw Rail lin-.h.si- traurige t'hil-tUnS'dnnygßa^^g
iGifvfi. ;Klne mi'iir litiiin 2(>jiihr!^<v'in (V)iriiu^ auf tlant l;’ri»(ninvsf\yj
.arjiil yen (fen ,„p}iA«f , inveu''' lief b'efknhtfAt' i}eiY,
fpßswTfnf>>tb\0h ; ){}>nfrwitdon Aens
ANiti ’M l*n GuGileih, \v«um ns-
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hiilfIi«• 11 hIm> 1 o*^isiIieit tR.W'iijKid.arj Ri \Vn*«.i. .VdJHe.t (Grui')
stTraeh für die intorifntaoHHie.pdsojifeebftft .füv■pvnJ : &£ti6gjf^J^yV'vl : i ! .v'l
fijeipzig). hiitimn'Ultte im NHinen Dürt^h»Xbriiiöieti HtosnÜsjvlia^b
Zu la'tfzia < • i 'f *' I .(iiuj.i M!;i, _ S.lwlidt' (1 \ '.t UituHÜ i in* 0 ..n.-j'
der ^n HUdfldii'g fntib ’feRÜün
siiii intu Adrns'fe 1 '- y.. W j tMuitrlien) {il.'feVTuind'tn Ou, (iiu rU; .
w»iu-.< Re -cif*r ^oburirdiulHi'.uirn Ursejlsf liatt in Mihn hon und diy
FJriioidnjT.L' tief ’RuTru i )&b au M n , vv-und Mari in v<u
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S<>oiut,v:; lidtiis) für die Snen-rf du rJiinii^n .ü- i* 1 . i
IK* *:>-jua'U (iidtn) Ufr. die Soeietn di ost*dn' ia <> di ^ 4 'ii 1 e«• 01 e l»'\i 1
itiilmmi: .j ;• <■ 11 i»,-• ( Idr0s.se!) für die M.M'tf' u‘ itiisf eWii'iUC et du
wyiwo-dugiw de Bnixrllwy; R.uliO < ( N-tuii^vijhd iür die American
Ajisornt*.mij et and yyviewfd^dfe.f.fe .uu'i jiir die (*yu«*-
cel»e:ut ai Huriidy of f»a)t innirc.
liierÄtrf Jö^rtwjlg der hiHU^r-tfTf? (firsse.ro w,
den VüVrdi?. a»l liturn ja-.o«); es fu);-teh, rj-iän noeh die Rr-
41 'ü^fedi^^redefj der fj«ureu Waideyer füb dir Deutsehe (desetl-
s(diaM. dür. .Anatomie, llurlb für -dnv^ (KaadJ.wiiiUr,'(iir Jü'ntur- und
Heilkunde ym Beitiii; Key.ien für den rOnirries,. RA iumme Medi'in
und den Vdieüt lur iitfSe-n* Alwhoiu i?M Brndin; « l'a rd«‘leben
fiir iiiw ipjffsKiin {iw^idlsidnfü (6/ fJhjrurgür in A^ertriAnif^ von
v. I 1 ,•?:tuare 1] und für die iroi* • A ej’einfc'unc, der ( hirurciut tdceJin--;
1 iaehu'w tur dm Bertiuev iiiedi<:inisri.u- f.,e,s<«j!>ehaft üj)«i die
d.nit-.mio NaUrriof scher- und Aöfv.te v etynm in ln u :■ H< .i)U p.or für die
i doadieidfait dciM.;iraidtiduuci'!.Miüd La u d irr n f für di.- Lnr.yhgtriV^ ^ ^
' Polt ywi donj
d<*4 v Thiftk duj- On^i4|!*ühü|i UUsgKsproöfjeit turd sjut ipdUEertiitg.'n.ü •
den Tag die fo-ytpchfdjtt iitievreieht
liegen l l A Bb.r wuedo vdn dein Vorsitzendfin Herrrt dauuet
bin gimhlbfe'fierr, n>toh AjferlüHpö. |UA/j für dit. Klinm-
jiiifglieder und (Riste dor' ('rftfeeltSeiiHfl- ein- .t'Vdh^tfu.k suiif.
- -.- -<S‘- him-s. i'niuD
VIII. Referate and Kritifeen,
A. V°1J l\N lu-/.lmt{y, Cdjupendium dar Baror.r.ton. Anatomie,
hur btudjvnnde und Aerzie, Kit und IU\ & kMü SA. Mit,
26 AbbUduagen. Bopfin, §.;uKiipgeYf I 8 $L lief' K. V Barde-
toberi ijena).
Lies aut Änruniii?KUni» der VmLxgyljuehhandluiiv ent^taniJeirr
t oinpenUiUTii „sollen mOgii MM Ur^T !Lms W r, vv issuue -
jvcrthp aus der AnMbnJo bnnwen Es i> t. hrdqdvä.Jjjmli. für Mn
Gebräu eh iui JYiimirirsaut um! Rebu Btniiinm dür d^s Pilaafsevamei.
berechnet. Den.^iMuüss ^t ä i das Rm l, bi-j eü - Vüato-
miselie Kennt nus« vora us * i;e,,m ( lcfe Uüc^hiir M M M
Anaionuc und \b«h,unk M u (J.-lruko. ferner :„,f du mmcsien
f..V*-»‘‘.ruqkOVl wu Lyu 1 >‘ü • u,.yyiüuoll der ii.nlgi'Kthmt
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tvt'feeits ist (hu ddieji der In- d}iJv eiigere (iubiel <ler BIh^
leti A fitmfl {iqe.fi dui'idi Gi>iithtrünai'iieid ungp-ii Hhdei ei
dti’äeiifnnmcii, ,-u Lrxsijiel. Syphilis, YeiHwmjmingrm und.
sowie 'J'heüe aus dj-tn {rölwde. der a)lt , ‘iHm'in> , o Iddfii'-
feind itnej} diefew Tu Atio iLusrwbvldibdoq* -Maafese in uyii '
•l HtrfsM.olllitig ge^Oürfi. drtfeL d;f-ettidivld ei.nrr Lnekr
nt. Her Stofr ist *{4.' iVVfg^VpittlY:• 4 H l F'
der 1 iKeil und" itry• yhleoitüheui ViuNv-ehes; AhoiK/dh'en
in der Hiuji•; die ßeöHm LuUnudimäch def ,
b*r Limit lind - 11 *^ HdbwUföngcvyqlnfs > LKif^n.'
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PvthgtdnO AornnH dii
dr-fe SuiieutiUigtdvH , ei‘
tijptl Ki?tehi dßp IbtUt, diß EtrpbaÜtiu’f'j? Arviblint,
S‘.;t:‘i*iwliM'Miia : auf imleruüs.em iiotbHi; fjU(mfe, TuImvkulest*, Srmhhnlo
doriua, funirüMlWii':.- • flic-*-* 'KiHthUtlnugßa M J lfidt luid dm?
lifinbiehel lyperpitiSföGTi; Srh\vii*bT,.Lrtirhdi»rtH ttAüL
hont, Uiust hi iehi'.ne KeVWto.syu, V eiTUUtl, Naevus. Cbu4y-Ti>TO, Kcleid,
iUjd cUiHc.li ijio echten Gfesuhwülstu dci’ Hnuf und des HrHrrhauL
Pein Ibeytm Vtmdjrgnht die ilhUrbv 4 . :
1 AfieruAui'uix.t-.i; i.vjo pid allen UutidbiirhOf'U -der «Jcutr-u-hs M
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j 4^r- Ängo:Klj©ilktj.tido, 7* wnrn\ch)*tt h ] 'Ü
, XjK, ■■11b Stdtcü« LiVipÄig 1 üLuI Wibri,
• ; . . ^-0:. iMiyg'hu'if (BrnslAui« - • - , .. . o*. •
Wi11(L.tärt'Ht Vos&j'ü# dio brsto 1^88 . sfßö)^-
Vv yrkes uns «ix ..Grundriss dnr Aueuuibeiikun.de“ bozoirh/tot«,
: c: ]ci'/t den Nwl'iefi id?ie 4 .J.rhLbnuls.cy’* göWühlt und ifdi Ktul'G,
I fiytin «ty hyt die wweifr „Audayt* ?u oinKiu 'vnHrßö : ji<J|j4tf
! erweitert Lüisü hiige Bcnht zifun der Littnrutuv sowie imrgevrtdHilc
i "tu'euc- }Um 1 L.-* he h i talirir e sjnd in den« V\ t »»k iu so wu/.oM 1, G'
I A\ iHsc voreinr utul t\\ r-inen* .(•a|r/i , u a eraf-Hcitiu. dass \ n>- sl,i ^
I rin Hüitr bruai'hKaj'te P 0 tyhnri> .wc.ürji^b bru-, da^ yeinwv Lhdy
aaüL
24. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
467
iiu augenärztlichen Unterricht voll ausfüllt und sich denselben
voraussichtlich auch auf lange Zeit zu wahren wissen wird.
Bock, Die angeborenen Kolobome des Augapfels. Eine
anatomische und klinische Studie. 212 S. 8°. Mit 37 Ab¬
bildungen auf 6 Tafeln und 6 Figuren im Texte. Preis 8 M.
Wien, Josef Safdr, 1893. Ref. Magnus (Breslau).
Die Grundlage des vortrefflichen Werkes bildet die genaue
anatomische Untersuchung von 22 einschlägigen Fällen, von denen
10 den Menschen- und 16 Thieraugen entstammten. Dazu kommt
die erschöpfende klinische Beschreibung von 24 beobachteten an¬
geborenen Spaltbildungen. An der Hand dieses vortrefflichen ana¬
tomisch-klinischen Materials und unter Heranziehung der einschlä¬
gigen Litteratur zeichnet der Verfasser das Bild einer jeden Ano¬
malie in erschöpfender Weise. Die Benutzung der Litteratur ist
eine so gründliche, dass in den citirten 355 Litteratumummem
wohl der grösste Theil der einschlägigen Publicationen enthalten
sein dürfte. In einem sehr gründlich gearbeitenen Schlusskapitel
erörtert Verfasser sodann die Entstehung der Kolobome; er be¬
spricht hier die verschiedenen Theorieen, beleuchtet dieselben
kritisch und bringt seine eigenen Ansichten, die bei dem Unter¬
suchungsmaterial des Autors eine grosse Bedeutung zu bean¬
spruchen berufen sein dürften. Die Arbeit von Bock ist in
klinischer wie in anatomischer Beziehung gleich werthvoll und für
den behandelten Gegenstand von hervorragendster Bedeutung.
Knies, Die Beziehungen des Sehorgans und seiner Erkran¬
kungen zu den übrigen Krankheiten des Körpers und
seiner Organe. 484 Seiten. 8°. Wiesbaden, J. F. Bergmann,
1893. Ref. Magnus (Breslau).
Ein vortreffliches Buch, ausgezeichnet durch Schärfe der Auf¬
fassung, kritische Verwerthung und Beurtheilung der Beobachtungen,
sowie gründliche Litteraturkenntniss. Die Krankheiten des Nerven¬
systems nehmen über die Hälfte des ausgezeichneten Werkes ein,
und die Lectüre dieses Abschnittes hat uns mit ganz besonderer
Befriedigung erfüllt. Selbst der über grosse eigene Beobachtungen
verfügende Praktiker wird in dem Knies’schen Buch eine werth¬
volle Gabe willig anerkennen.
Nieden, Der Nystagmus der Bergleute. 140 S. 80 . Mit 10 Ta¬
feln. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. Ref. Magnus (Breslau).
Unter Benutzung eines umfangreichen sehr genau beobachteten
eigenen Materials, sowie unter erschöpfender Benutzung der ein¬
schlägigen Litteratur, hat Nieden über den Nystagmus der Berg¬
leute eine nach jeder Richtung hin ausgezeichnete Monographie
geschaffen. Auf einer Reihe von Lichtdrucken, welche nach
Magnesium-Moment-Photographieen angefertigt sind, werden die
verschiedenen Stellungen abgebildet, welche bei der Arbeit in der
Grube als ätiologisches Moment bei der Entstehung des Nystagmus
in Frage kommen. Diese Bilder müssen bei jedem der Frage
unparteiisch Gegenüberstehenden die Ueberzeugung hervorrufen,
dass Nieden vollkommen mit seiner Ansicht im Recht ist, nach
der der Nystagmus hervorgerufen wird durch Ueberanstrengung
der Elevatoren des Augapfels. Die Hauerarbeit der Bergleute in
Kohlenbergwerken verlangt durch angestrengtes und dauerndes Er¬
heben und Fixiren des Blickes nach oben eine ganz besondere
Arbeitsleistung gerade von den Elevatoren, und diese Ueberlastung
der genannten Augenmuskeln giebt den wichtigsten und ersten
Anstoss zur Entwickelung des Nystagmus. Dass alle die Momente,
welche die in Frage kommende Arbeitsleistung der Elevatoren
erschweren, das Auftreten des Nystagmus begünstigen, ist selbst¬
verständlich. In einer so gründlichen Weise wie die Aetiologie
werden auch die Symptomatologie undTherapie des Leidens bearbeitet.
Das Nieden’sche Werk ist für die Kenntniss des Nystagmus der
Bergleute von grundlegender Bedeutung und wird darum in den
betheiligten Kreisen das verdiente Interesse im reichsten Maasse
finden.
Schön, Die Fnnotionskrankheiten des Auges. Ursache und
Verhütung des grauen und grünen Staares. 307 Seiten.
Mit eingeheftetem Atlas von 24 Tafeln. Wiesbaden, J. F. Berg¬
mann, 1893. Ref. Magnus (Breslau).
Grauer und grüner Staar sind nach Schön Functionserkran-
knngen, weil sie lediglich nur durch zu starke Inanspruchnahme
der Accommodation hervorgerufen werden sollen. Da aber die
gegenwärtig herrschende Theorie der Accommodation von Helm-
noltz in diese Schön’sche Anschauung absolut nicht passt, so
nat Schön eine eigene Aecommodationstheorie erfunden, die er aller¬
dings nicht zu beweisen vermag; auch besondere anatomische Ver¬
hältnisse setzt die Schön’sche Theorie voraus, deren Beweis auch
noch ein recht zweifelhafter ist. Die zum weiteren Beweis der
ochön sehen Ansichten beigebrachten klinischen Verhältnisse aus
der Entwickelung des Staars und des Glaukoms stehen zum Theil
mit den Beobachtungen und Erfahrungen nicht bloss einzelner,
sondern der meisten anderen Autoren im Widerspruch, zum Theii
sind sie unvollständig, indem nur die für die Schön’schen An¬
sichten maassgebenden Factoren Berücksichtigung gefunden haben.
IX. Joumalrevue.
Physiologie.
P. M. Chapman, Abstract of the Goulstonian Lecturos
on the physics of circulation. British medical Journal 1894
No. 1732—1734.
In drei Vorlesungen versucht Chapman zu besprechen, was
man in Deutschland die „Mechanik des Kreislaufs“ zu nennen
pflegt. Es sind zum grössten Theil nicht eigene Ansichten, die
der Redner vorbringt, sondern eine Auslese aus der neueren Litte¬
ratur des Gegenstandes. Die Aufgabe ist eine dornenvolle; die
Meinungen der Autoren sind, wie bekannt, wenig im Einklang und
so ist es schwer „den falschen Weg zu meiden“. In der That
können mancherlei Behauptungen vor der Kritik nicht Stand halten.
Anerkannt müssen aber werden das warme Interesse, welches
Redner dem Gegenstand entgegenbringt, und die von ihm verfolgten
Ziele. Er macht darauf aufmerksam, dass es sich sehr wohl lohnt,
die Circulationsverhältnisse an Kranken sorgfältiger, insbesondere
auch mit graphischen Hülfsmitteln, zu studiren, als dies gegen¬
wärtig bei der klinischen Untersuchung üblich ist. In dieser
Richtung stehen dem Redner vielfache Erfahrungen und zum Theil
auch eine eigenartige Methodik zu Verfügung. Erwähnung ver¬
dient ein einfacher und zweckmässiger Chronograph. Sehr gut
sind die Ausführungen über den Werth der gleichzeitigen Beob¬
achtung des Pulses an verschiedenen Körperstellen, die Bestim¬
mung des „prespliygmic interval“, der Fortpflanzungsgeschwindigkeit
des Pulses und dergleichen mehr. Bemerkenswerth ist die bisher
kaum beachtete, vom Redner aber wiederholt constatirte Thatsache,
dass das präsphygmische Intervall fehlen kann, d. h. dass der
Aortenpuls gleichzeitig mit dem Cardiogramm beginnt.
M. v. Frey (Leipzig).
Gerichtliche Medicin.
J. Kratter (Graz), Ueber den Tod durch Elektricität. Vor¬
trag, gehalten in der Section für gerichtliche Medicin auf dem elften,
internationalen medicinischen Congress in Rom. (Eigenbericht.)
Im Mai 1892 ist einMonteurgehülfe des Innsbrucker Elektricitäts-
werkes dadurch getödtet worden, dass er mit dem Zeigefinger der
linken Hand den blanken Verbindungsdraht zweier concentrischer
Kabel der Beleuchtungsanlage berührte, welche primären Wechsel¬
strom von circa 1800 V. Spannung führten, während er zugleich
mit dem Rücken an einer eingemauerten eisernen Traverse lehnte.
Verbrennungen charakteristischer Art kennzeichnen die Contact-
stellen. Zu beiden Seiten der Wirbelsäule sind entsprechend
den Wirbelrippengelenken symmetrische Blutaustritte vorhan¬
den, welche den Weg kennzeichnen, den der Strom genommen hat.
Der Tod war erst einige Zeit nach der Einwirkung (circa zehn bis
fünfzehn Minuten) durch acutes Lungenödem erfolgt. Da dieses
auf mangelhafter Blutcirculation in den Lungen beruht, so muss
eine Störung der Herzthätigkeit (Shok) als die primäre Affoction
angesehen werden. Interessant ist in dem Falle der Nachweis von
Blutaustretungen in der Vagusscheide, welche die Annahme
eines primären, reflectorischen Herzstillstandes objectiv begründen.
Im Anschlüsse an diesen Fall wurden zahlreiche Thier¬
experimente zur Erforschung des Wesens der elektrischen Tödtung
ausgeführt, welche Folgendes ergeben haben:
I. Meist erfolgt der Tod durch die bei Experimenten an Thieren
allzeit auftretende plötzliche Hemmung derAthmung (primären
Respirationsstillstand), eine Functionsstömng, die in einem Theil
der Fälle auch nach dem Aufhören des Reizes so lange Zeit
andauert, bis definitiver Tod durch Erstickung (Asphyxie) ein¬
getreten ist. Während der Asphyxie ist die Herzbewegung noch
erhalten. Dauert der Respirationsstillstand über eine gewisse Zeit
(circa zwei Minuten) an, so tritt, wie bei der mechanischen Er¬
stickung, secundär Herzstillstand ein. Nicht selten jedoch beginnt
das Thier wieder spontan zu athmen und erholt sich in einiger
Zeit völlig. Es werden überhaupt Thiere auch durch Ströme von
hoher Spannung (1500—2000 V.) nicht sicher und leicht getödtet.
Die Gefährlichkeit des elektrischen Stromes für eine Thierspecies
scheint von der Organisation des Centralnervensystems abzuhängen
und mit der höheren Entwicklung des Gehirnes in gleichem Maasse
zuzunehmen. Dadurch würde die Thatsache ihre Erklärung finden,
dass Menschen fast ausnahmslos durch Ströme getödtet werden,
welche Meerschweinchen und Kaninchen auch dann nicht sichei
tödten, wenn die Elektroden am Kopfe angelegt werden.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
468
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
‘ No. 21
II. Manchmal tritt der Tod blitzähnlich durch augenblickliche
Hemmung der Herzbewegung, somit durch primären Herz¬
stillstand ein, ein Vorgang, der als Shok (reflectorischer Herz¬
stillstand) bezeichnet zu werden pflegt. Eine allmähliche Erlahmung
der Herzthätigkeit (protrahirter Herztod), wie er in dem mitgetheilten
Falle beim Menschen beobachtet worden ist, konnte experimentell
nie erzeugt werden. In keinem dieser Fälle ist eine anatomische
Veränderung, die den Tod zu erklären vermochte, aufgefunden
worden. Unzweifelhaft handelt es sich um feine, wahrscheinlich
nur moleculare und morphologisch gar nicht erkennbare Ver¬
änderungen in den Ganglienzellen des Itespirations- und Circulations-
centrums. Untersuchungen, auch diese feinsten Störungen nach¬
zuweisen, sind noch im Gange.
TTT In einzelnen Fällen kommt es zu mechanischen Lä¬
sionen in Form von Zerreissungen der Blutgefässe der Dura oder
Pia mater und zur Quetschung der Gehirn Oberfläche; es bilden sich
subdurale Hämatome und intermeningeale Hämorrhagieen. Das
Thier geht am Hirndruck meist erst nach vielen Stunden zu¬
grunde.
IV. Die anatomische Diagnose wird gesichert durch eigen-
thömliche Verbrennungen an den Contactstellen, mitunter durch
Blutungen, welche den Weg bezeichnen, den der Strom durch den
Körper genommen hat. Diese oft nur capillaren Blutaustretungen
finden sich insbesondere längs der Gefässscheiden.
Bei dem Umstande, dass deutsche Forscher sich bisher noch
gar nicht mit eigenen Untersuchungen über den elektrischen Tod
befasst haben und die Beobachtungen der amerikanischen Aerzte
bei den Hinrichtungen durch Elektricität nur dem Erfolge und den
äusseren Wirkungen, nicht aber der Erforschung des Wesens der
den Tod bewirkenden Veränderungen des Organismus zugewendet
waren, dürfen die vorliegenden exacten Untersuchungen, welche
demnächst in einer besonderen Publication in extenso veröffentlicht
werden, ein besonderes Interesse beanspruchen, umsomehr, als die
mitgetheilten Ergebnisse theilweise auch wesentlich von den Resul¬
taten der ausgezeichneten Forschungen Bro wn-S6quard’s,
d'Arsonval’s, Brouardel’s und Francis Biraud’s abweichen.
Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie.
Kantorowicz, Thioninfärbung für Balsampräparate
von amyloiden Organen. Ccntralblatt für allgemeine Pathologie
und pathologische Anatomie 1894, No. 8.
Verfasser fand im Th ionin einen Stoff, welcher (ausser auf
Schleim, was schon durch Hoyer bekannt war) auch auf Amyloid
ein sehr promptes Reagens ist. Derselbe wird am besten in ge¬
sättigter wässeriger Lösung angewendet, der Schnitt drei bis fünf
Minuten in derselben gefärbt, dann mit Wasser abgespült. Eine
weitere Differenzirung ist nicht nöthig. Thionin färbt das Amyloid
hellblau bis lila, während das Mucin roth, das übrige Gewebe blau
bis violett wird. Ein besonderer Vortheil des Farbstoffes besteht
darin, dass man die mit ihm behandelten Präparate in Balsam
conserviren kann, was bei bisherigen Amyloidfärbungen nicht gelang.
Man braucht nur die Präparate statt mit Alkohol mit der be¬
kannten Weigert’schen Anilinöl-Xylolmischung zu entwässern.
Dmochowski und Janowski, Zwei Fälle von eiteriger
Entzündung der Gallengänge (Angiocholitis suppurativa),
hervorgorufen durch das Bacterium coli commune. Central¬
blatt für allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie 1894,
No. 4.
In beiden Fällen waren neben der Angiocholitis multiple
Leberabscesse und eine leichte cirrhotische Induration der Leber
vorhanden. Der Nachweis der genannten Bacillenart wurde mikro¬
skopisch und durch das Culturverfahren geliefert. Mit den ge-
gewonnenen Culturen stellten Verfasser verschiedene Versuchsreihen
an. Einmal wurde versucht, an Hunden durch Injection von
Bacterium coli commune in den Ductus choledochus Eiterung zu er¬
zeugen; diese Versuche fielen negativ aus. In einer zweiten Ver¬
suchsreihe wurden Culturen der genannten Bacillenart Kaninchen
in die Pleurahöhle injicirt; diese Thiere starben unter septikämischen
Erscheinungen. Bei subcutaner Injection von Culturen an Hunden
onstanden bei einem Theü der Thiere vorübergehende, nicht eitrige
Entzündungen an der Injectionsstelle, bei anderen dagegen eine
Eiterung im subcutanen Gewebe. Nachdem hierdurch der positive
Nachweis geliefert ist, dass das Bacterium coli commune als Eiter¬
erreger wirken kann und in den beiden beschriebenen Fällen andere
Mikroorganismen nicht zu finden waren, nehmen Dmochowski
und Janowski wohl mit Recht an, dass in jenen Fällen die
eitrige. Entzündung der Gallenwege durch die Anwesenheit des
Bacterium coli commune verursacht sei. Der Aufsatz enthält auch
eine ausführliche Zusammenstellung der auf das Bacterium coli
commune bezüglichen Litteratur. Schmaus (München)
X. O öffentliches Sanitätswesen.
Aus dem medico-mechanischen Institut in Karlsruhe.
Bruchschaden und Unfallyersicherungsgesetz.
Von Dr. Ferd. Bähr, dirigirendem Arzt.
Der Unfug, welcher seit Einführung des Unfallversichorungsgesetzes
mit Bruchschäden im Interesse einer Rente getrieben wird, macht es
dringend nothwendig, diesem Uebel gegenüber energisch Front zu machen.
Denn trotz mancher warnenden Stimme geschieht dies leider immer noch
nicht in genügendem Maasse. Es sei hier ganz abgesehen von theoretischen
Erwägungen Uber das Entstehen eines Bruches, es soll vielmehr die so
häufig angegebene Ursache desselben als Betriebsunfall erörtert werden.
Hernien sind ausserordentlich häufig. Wir haben die Gewohnheit,
jeden Unfallverletzten hierauf zu untersuchen, und man ist geradezu über¬
rascht., in welcher grossen Zahl dieselben angetroffen werden. Es ist uns
vorgekommen, dass von vier hinter einander untorsuchten Patienten zwei
doppelte Leistenbrttehe, der dritte einen einseitigen hatte, der vierte aber
frei war. Nur der dritte wusste vom Vorhandensein eines Leibschadens.
Es ist überhaupt kein seltenes Vorkommniss, dass Leute von der Existenz
vorhandener Hernien nichts wissen, und dies gilt für kleinere Nabelbrüche
nach unserer Erfahrung fast durchweg. 1 ) Mitunter wird auch das Vor¬
handensein eines Bruches geleugnet. Ich habe wiederholt Leute nach
dem Vorhandensein eines Bruches gefragt und absichtlich eine verneinende
Antwort erhalten. Warum? Einmal, erinnere ich mich, war der Verletzte
der Ansicht, er würde dadurch in seiner Rente, welche er wegen einer
verstümmelten Hand bezog, geschmälert werden, wenn er gleichzeitig
einen Bruch habe.
Das Entstehen eines Bruches in Form eines Betriebsunfalles ist in
vielen Fällen so zu erklären, dass ein-vorhandener Bruch unter irgend
welchen begünstigenden Umständen dem Träger bei der Arbeit Schmerzen
verursacht, gerade so wie Bruchschmerzen bei irgend einer anderen Ge¬
legenheit auftreten können. Giebt es doch Patienten, welche das Wetter
spüren an ihren Brüchen! Mitunter hat der Patient schon vorher leichtere
Beschwerden gehabt, dieselben aber nicht geachtet. Nun fühlt er plötzlich
einmal bei der Arbeit einen heftigen Schmerz, er geht zum Arzt, erfährt,
er habe einen Leibschaden, und der Betriebsunfall ist fertig. Die plötzliche
starke Anstrengung und, was sonst noch dazu gehört, ist leicht construirt.
So werden eine Reihe theils unabsichtlicher — bei solchen, welche von
der Existenz des Bruches nichts wissen —, theils aber auch absichtlicher
Täuschungen bewirkt. Eclatante Beispiele hierfür sind: Ich habe bei der
Aufnahme von Unfallverletzten Brüche constatirt, ohne ihnen hiervon
Mittheilung zu machen. Nach einiger Zeit verspürten dieselben bei irgend
einer harmlosen gymnastischen Uebung — moist war dieselbe noch recht
ungeschickt ausgewählt — Schmerzen in der Leistengegend. Sie be¬
haupteten nun, sich einen Leibschaden in dor Anstalt zugezogen zu haben.
An dem Bruch war eine objective Veränderung nicht nachzuweisen. Sie
hatten unterdessen von anderen Verletzten mit Brüchen gehört, von den
Vortheilen, welche daraus zu ziehen waren, und deshalb die Täuschung
versucht.
Oder ein anderer Fall: Einem 65jährigen Arbeiter fällt ein Stein
auf die rechte Schulter, er erleidet eine Contusion derselben und hat von
diosem Moment ab angeblich einen rechtsseitigen, kindskopfgrosson Leisten¬
bruch, die Bruchpforte bequem für vier Finger durchgängig. Er wird später¬
hin wegen einer schweren (übertriebenen) Beweglichkeitshemmung im
Schultergelenk der Anstalt überwiesen, die ungeschickte Uebertroibung
wird erwiesen, und von dem Moment ab wird der Schweipunkt auf den
Leistenbruch gelegt. Schon die begleitenden Nebenumständo machen die
Aussagen des Verletzten bezüglich des Bruches nicht besonders glaub¬
würdig. Dazu kommt noch, dass der Verletzte erst vier Wochen nach
dem Unfall dem Arzt Mittheilung von dem Leistenbruch machte, stets
jedoch behauptete, er sei in dieser Grösse gleich bei der Verletzung vor¬
handen gewesen. Zudem hat er noch einen linksseitigen Bruch.
In einem weiteren Fall behauptete ein 40jähriger Mann, sich durch
einen Betriebsunfall einen Leibschaden zugezogen zu haben, während
amtlich festgestellt werden konnte, dass der Betreffende wegen eben dieses
Uebels militärfrei geworden war.
Bei vielen Verletzten ist es schliesslich die „Unfallkrankheit“ selbst,
welche solche Leiden mit sich bringt. Wie oft kommt es doch vor, dass
Patienten mit einer schwereren Krankheit eine Reihe kleinerer Makel in
Zusammenhang bringen, welche früher schon bestanden haben müssen.
In erhöhtem Maasse ist dies bei Unfallverletzten der Fall. Die Leute
beschäftigen sich mehr denn je mit ihrem Gesundheitszustand, sie kommen
mit anderen Patienten zusammen, erfahren dadurch manches, sie werden
auf Dinge aufmerksam, welchen sie bislang keine Beachtung geschenkt
haben, und vor allem haben sie einen materiellen Vortheil davon, möglichst
krank zu erscheinen. Wie leicht ist es da, zu sagen, den Leibschaden
habe ich seit dem Unfälle, zumal der Gegenbeweis in den seltensten
Fällen zu erbringen ist.
Das Reichs-Versicherungsamt verlangt mit Recht neuerdings etwas
zwingendere Beweise für die Annahme eines Betriebsunfalles. Indess aucn
das jetzige Verfahren ist noch zu milde. Es werden hierbei noch viel
zu viel Fälle übrig bleiben, welche unklar bleiben und deshalb zu Gunsten
des Verletzten entschieden werden müssen. Es ist darauf hin zu wirken,
solche Fälle nach Möglichkeit auszuschliessen. Ein Mittel hierzu wäre
*) Ich habe unlängst einen Güterhallenarbeiter — eine Beschäftigung,
bei welcher das Hantiren mit Zentnerlasten die Durchschnittsleistung ist T"
gesehen, welcher nach seiner Aussage seit zwanzig Jahren einen Nabei-
bruch von Mannskopfgrösse hatte, ohne in seinem Berufe gestört zu sein.
Er verstauchte das rechte Handgelenk. „Seit dem Unfall“ verursach
ihm der Nabelbruch Schmerzen.
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24. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
469
die Verpflichtung jedes Arbeitgebers, den Arbeiter einer gewissenhaften
ärztlichen Untersuchung auf das eventuelle Vorhandensein von Hernien
resp. deren Anlagen zu untersuchen. Es könnte den Berufsgenossen¬
schaften hierdurch viel Geld erspart werden, und dem Arbeiter würde die
Gelegenheit genommen, auf unlauterem Wege sich pecuniäre Vortheile
zu schaffen, der hierdurch bedingte „demoralisirendo Einfluss“ des Unfall¬
versicherungsgesetzes wäre wenn vielleicht nicht ganz, aber doch grössten-
theils beseitigt. Ich sagte „gewissenhaft“, weil crfahrungsgemäss noch
mitunter Verwechslungen von ausgetretenen Brüchen mit Leistendrüsen
etc. Vorkommen.
Zum Schluss möchte ich noch kurz auf die Frage eingehen: Ist
jeder Arbeiter, welcher mit einem Bruch behaftet ist und eventuell ein
Bruchband tragen muss, erwerbsbeeinträchtigt? Bekanntlich werden in
der Regel für einen einseitigen Leistenbruch 10 % bewilligt. Ich bin der
Ansicht, dass der weitaus grösste Theil solcher Leuto nicht im Erwerb
geschädigt ist; ein Bruch ist immer nur untor ganz bestimmten, aus¬
nahmsweise vorhandenen Umstünden zu entschädigen. Wie viele sind
überhaupt erst durch das Gesetz auf diese bequeme Erwerbsquelle auf¬
merksam gemacht worden! Man erkundige sich doch auch einmal bei
Leuten, welche ihren Bruch schon vor dem Unfallversicherungsgesetz
hatten. Ich habe Maurer, Steinbrucharbeiter, Grobschlossor, Bierbrauer etc.
' gesehen, welche trotz ihrer Hernien ohne Beschwerden ohne Bruchband
ihrem Beruf bis in das höchste Alter nachkommen konnten. Das Unfall¬
versicherungsgesetz hat uns nicht allein hierin, sondern auch in vielen
anderen Beziehungen eine grosso Anzahl von Faullenzern gross gezogen
und wird dies weiterhin thun, so lange unsere Begriffe über Erwerbs¬
beeinträchtigung in dieser speciellen Frage so weitherzige, so allzu „hu¬
mane“ sind. _______
— Abänderungen der Bestimmungen über die Concesslons-
ertheilang sjur Errichtung von Privat-Kranken-, Entbindungs- und
Irrenanstalten. Dem Bundesrath ist eine von Preussen beantragte
Novelle zur Gewerbeordnung vorgelegt, welche hauptsächlich die Aen-
derung des § 35 betrifft. In einem Nachtrag zu dieser Novelle wird
ausserdem die Concessionspflicht von Privat-Kranken- u. s. w. Anstalten
geregelt (§ 30 der Gewerbeordnung). Die an einzelnen Stellen bei Er¬
richtung von derartigen Krankenanstalten gemachten Erfahrungen haben
Anlass gegeben, auf eine Erweiterung der Vorschriften, betreffend die
Versagung der Concession für Privat-Kranken-, Privat-Entbindungs- und
Privat-Irrcnanstalten, dahin zu dringen, dass aus der Errichtung dieser
Anstalten keine Belästigung oder Störung für die nächste Umgebung er¬
wächst. Es wird deshalb vorgeschlagen, den § 30 dahin zu ändern, dass
auch dann die Concession von der höheren Verwaltungsbehörde zu ver¬
sagen ist, wenn die Anstalten durch ihre örtliche Lage für die Besitzer
oder Bewohner der benachbarten Grundstücke oder für das Publikum er¬
hebliche Nachtheile, Gefahren oder Belästigungen herbeiführen können.
Vor Ertheilung der Genehmigung sollen die Ortspolizei- und Gemeinde¬
behörden gehört werden. Die Verhältnisse dieser Anstalten liegen ver¬
schieden, je nachdem dieselben zur Aufnahme von mit ansteckonden Krank¬
heiten oder entstellenden Leiden behafteten, unruhigen Geistes- u. s. w.
Kranken bestimmt sind oder nicht. Man glaubt, dass dio Ortspolizei-
und Gemeindebehörden dio im einzelnen Falle zu erhebenden Bedenken
zur Kenntniss gelangen lassen werden, ohne dass zu befürchten wäre, dass
die Errichtung von Krankenanstalten der verschiedenen Art in einer un¬
zulässigen Art befördert oder erschwert würde.
— In allernächster Zeit wird, und* zwar womöglich in noch wei¬
terem Umfange als im vorigen Jahre, die gesuudheitspollzeillche
ieberwachung der verschiedenen Stromgebiete ln den östlichen
Provinzen wieder eröffnet werden. Die Stationen werden wieder mit Militär¬
ärzten besetzt werden, und die Handhabung des Ueberwachungsdienstes wird
genau wie im vorigen Jahre erfolgen. Die bisherigen Maassnahmen haben
sich gut bewährt und, wie man annimmt, dazu beigetragen, das Auftreten
der Cholera in Preussen und Deutschland auf einen möglichst geringen
Umfang zu beschränken._
XL Standesangelegenheiten.
Der X. Oesterreichisehe Aerztevereinstag
wurde am 27. und 28. April er. in Wien abgehalten. Die sehr reich¬
haltige Tagesordnung ist geeignet, auch bei den deutschen Aerzton ein
lebhaftes Interesse zu erregen, da aus den gepflogenen \ erhandlungen
hervorgeht, dass dieselben Wünsche, dieselben Klagen, dieselben leider
von wenig Erfolg gekrönten Bemühungen, die Lage der Aerzte zu ver¬
bessern und ihnen bei Erlass hygienischer gesetzlicher Maassnahmen den
für das allgemeine Beste erforderlichen Einfluss zu sichern, hier wie dort
in die Erscheinung treten. Ist es nun einerseits ein (ziemlich unerquick¬
licher) Trost, dass die Verhältnisse der deutschen und österreichischen
Aerzte in gleicher Weise gedrückt und verbesserungsbedürftig sind, so
muss andererseits das Hinarbeiten nach gleichen Zielen, wie es sich in
den ganz unabhängig von einander dastehenden Aerztevereinsbunden
Deutschlands und Oesterreichs kund giebt, als ein Beweis dafür gelten,
dass sich die Aerzte auf rechtem Wege befinden, und uns von neuem an¬
feuern, trotz aller Hindernisse unentwegt die Erreichung der Aufgaben
zu erstreben, welche wir seit langem als erspriesslich nicht nur für uns,
sondern weit mehr für Staat und Gesellschaft anerkannt haben.
Von den gefassten Beschlüssen heben wir die folgenden hervor,
welche die wichtigsten sind und welche zugleich den Beweis für obige
Angaben liefern:
I. Betreffend die Ausgestaltung des ärztlichen Voreins¬
wesens wurden folgende Sätze angenommen: 1) Die ärztlichen Vereine
sind bei Bestand der Aerztekammem nicht nur nicht überflüssig, sondern
unbedingt nothwendig, und zwar nicht hlos die Lokal- und Bezirksvereine,
sondern auch die Landesvoreine; sio sind notlnvendig, abgesehen von der
gegenseitigen medicinisch-wissenschaftlichen Förderung der Mitglieder in
Bezug auf die Standesinteressen und auf Förderung der öffentlichen Ge¬
sundheitspflege, sie sind berufen, die Einzel Verhältnisse, die Bedürfnisse
der Aerzte und der Gesundheitspflege zu besprechen, klarzustellen und
die Ansichten und Wünsche der Aerzte den Kammern zur Kenntniss zu
bringen, die öffentliche Meinung für die berechtigten Forderungen der
Aerzto zu gewinnen, die Aerztekammem in dieser Richtung anzuregen
und zu unterstützen, den ärztlichen Delegirten die Anschauungon und
Wünsche der Aerzto zu vermitteln u. s. w. — 2) Es ist dies um so molir
nothwendig, als dio Aerztekammem nicht aus sämmtlichon Aerzten, son¬
dern nur aus deren Abgeordneten bestehen, Aerzteversammlungon der
Karamersprengel aber nur in Ausnahmefällen zustande kommen werden.
— 3) Die ärztlichen Vereino haben die Vorbereitungen zu den Wahlen
der Vortreter in dio Kammern in die Hand zu nehmen, die geeigneten
Candidaten aufzustellcn und für doren Wahl energisch zu wirken. Sind
in einem Kammerbezirko mehrere Vereine, so erscheint es im Interesse
der Sache geboten, dass nicht gegenseitige Strömungen einander lähmen,
dass die Vereine sich verständigen, gemeinsame Comites einsotzen und
im gegenseitigen Einvorständniss die sachlichen Intoresson bei der
Wahl zur Geltung zu bringen suchen. — 4) Die bestehenden ärztlichen
Vereino haben dahin zu wirken, dass sämmtliche Aerzte eines Voreins-
sprengels dem Verein beitreten. In Bezirken, wo keine Vereino be¬
stehen, ist dahin zu wirken, dass solcho gebildet werden. — Die folgen¬
den Thesen 5 und 6 übergehe ich als unwesentlich.
II. Fast noch dringlicher als auf unseren Aerztetagon wurde das Ver¬
langen ausgesprochen, eine für alle Aerzte Oesterreichs verbindliche gemein¬
same Aerzteordnung zu schaffen, welche Vorschriften enthalten soll
über die Berechtigung zur Ausübung der Praxis, über dio Pflichten des
praktischen Arztes, über dio Rechte der Aerzte und endlich über den Aus¬
tritt aus der Praxis und den Verlust des Praxisrechtes. Der Geschäfts¬
ausschuss wurde beauftragt, eine bezügliche Verordnung auszuarbeiten
und den einzelnen Vereinen zur Berathung zu unterbreiten, damit im
nächsten Jahro über die Angelegenheit beschlossen worden kann.
III. In Bezug auf die Sanitätsgesotzgebung erfreuen wir uns in
manchen Beziehungen eines Vorsprunges vor Oesterreich, namentlich sind
wir glücklich, dass bei uns das Impfgesotz vorhanden ist und trotz aller
feindlichen Vorstösso noch immer seine segensreichen Folgen ausüben kann.
Anders in Oesterreich, wo noch mehr als bei nns hygienische Vorschriften
das Ergebniss von Gelegenheitsgesetzgebungen zu sein scheinen^und sich
daher in vielfacher Beziehung als unzulänglich erweisen. Zur Frage der
Impfung führt der Referent, Herr Dr. Heinrich Adler (Wien), aus: „Es
ist sonderbar, dass die Staatsgewalt mit allen — man kann natürlich nicht
sagen: erlaubten — Mitteln auf grossen und mühsamen Umwegen das
Impfgeschäft zu propagiren sucht, ohne dass sie den Muth hätte, den Impf¬
zwang einzuführen. Man fordert die Eltern der schulpflichtigen Kindei
zur Beibringung von Impfzeugnissen auf, man rovidirt die Kinder in den
Schulen in Bezug auf ihren Impfzustand, alljährlich wird von Haus zu
aus<'oiibt, aber das erzielte Resultat steht nicht im Einklänge zu der auf¬
gewendeten Mühe und Arbeit. Der oberste Sanitätsrath hat sich für den
Impfzwang ausgesprochen, der Entwurf eines Impfgosetzes liegt bereit,
eine Staatsanstalt zur Erzeugung animaler Lymphe wurde errichtet, aber
den Impfzwang einzuführen, kann man sich nicht entschliessen, obgleich
alle Welt weiss. welche Erfolge in anderen Staaten mit dem Imptzwange
erzielt worden sind“. - Welche Übereinstimmung sonst in Bezug aut
Sanitätsvorschriften in beiden Ländern herrscht, geht aus der Annahme
des Antrages hervor, wonach der Geschältsausschuss beauftragt wird, emo
Petition an die Regierung zu richten, in welcher folgende Gesetze verlangt
werden’ a) zur Abwehr ansteckender Krankheiten, b) betreffend die arz -
liehe Ueberwachung der Schulen und der Schulkinder, e) normative Be¬
stimmungen für Bauordnungen, d) betreffend die Wfidsobung
rungs- und Genussmitteln, e) betreffend den Missbrauch a koho ^l.cr
Getränke (diese werden bereits in den Parlamenten behandelt), f )htU ■
flmd die Bestellung von Sanitätsinspertoren. g) \ erbot der Ausübun (lei
Massage durch Niehtärzte. h) Verbot der Ankündigung von Heilmethoden
durch Niehtärzte und durch Ausländer überhaupt, — Ausserdem erklärt,
es der Aerztcvcreinstag für dringend nothwendig, dass seitens dm Le¬
gierung eino authentische Sammlung der gültigen Samtatsgesotze und
Verordnungen veranstaltet werde.
pfehtigen'Personell das Hecht des Beitrittes zu Kranlienbissen «..ge¬
räumt sei. Die. in diesem Jahre angenommenen.Thesen, mit denen «m
unsere vollste LVliereinstinimiing ausspreelien können, lauten (# t> •
,„missen: 1) Ks ist im legalen Wege dureil wiederholte 1 eUtionen an die
gesetzgebenden Körperschaften und die, Regierung eine Ael.de. ling _■
Krmkeiikasscngesetzes, der Rurclifiihrungsinstruction und des Muat. r
Statutes an zustre bcn. 2) ln der Petition an dasAbgrerdueta^is «M»
Bitte um Abänderung des • Krankenkassengesetzes in 1 - U-beiter
streben, dass die Krankenversicherungspflicht sieh nui auf •>' d
und Betriebsbeamte^zu erstrecken habe, deren jlhri
Betrag von 800 Gulden nicht übersteigt. 3) r der froion
Aerztevereinstag spricht sich entschieden föi das P Aorzto
Aerztewahl aus. 4) Eiuo Mindesthatation von Seiten der
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Frs-km* wenn h!’ «agt: Dm weil - Afei hudt», die U< r m.u. 1 .
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Find ivmtor: «lak (.rwhoi.mulH* ••iun -um; A uthui ti-aH, ose Ih^f
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. uw!- Luit :hati . Vf rnur .m»H dib Uodiumt* do«\ Pittamilen Kiuiel
Aeltuo xvui /Ti'Oükeh ?.nl'Öhroiv-..
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a>t diu jaln.hiy kjf in* OeiTniniu ini Trit-bi i r uinufsHis *\m.
AuUu.-viÜiftipiV' ?M den Ri'spiniiaonKur^amHi 4?.-r Put ienhu. ulmiis'ii abm*
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*h<!' liK-Jv! sehr T< > i't!WVt U«»t. dm \\ a in r-h ei* s< ! ti.r?i Alaskc ’s‘» ',vird. . i*r
reji i M tnd«e, {rot 7 d“.r .Vnv^nithm^ der^sthf^
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lDirkufam w? und #f un Uw ^mstimdtiu recht uua%kiu*im
i. uut. u/Muiu ». d i-r- mh ie nur »di 1 !*m *<n'0>«> A‘hijU-iv k “‘C'iin ar A
sr'ivr in»)'■»»>»\.u Z.wc>s• ?;[c{1 idhu»ane avitntt., i»»<*• r.naichchvh^Hiidci'iitur u.ni
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wurden. d.i-Ar. eh uuld w n» d*out \u.»vr /u <*ri' M t( u -•*- ■' ! ‘ l i 11
' »nnlio • I" :* t»^» N »dl*'«O'j «•'.»’* >• v.* „U 'in .-.Ul' Crmidc d» • A< 'ln!
• »i;«sfc‘i‘-e Midi »lein ln r, und n.d-.„-i znlö «'ijl..r’.d‘<nu i’-"v ilicn ^ 'A «i ü-dom
: _ Die Ikejtionseuiamisyu'u «h^ jlmeh?tagas hat eitttiii ■ s?e-DHlVHr‘hcn
J^h)t-ht-dti #r FroneniVnj/e :6rsiii : t:j t?»i.'‘'ÄktiMe)h.f..-ymi'-'.dpn» 4 - V4 *h
d^ut^chen FtwmnverövQa“ in; Lnij(Wig''^iagbWH*‘hio Pc.-fltkittfih
hUhf], <Ws Ami fliMii'i» d!M ZuiassUliü srmn iiiarit»chcij Stuaiüoi *m
dm duutrchfui PnivorssiUiteiT und die Frrjgeh»in^ dev 1‘fnM? all apprm
hüte Aommvärjy -0»>wdhrr Werde, fho Cniiindastnu behellig <durMniui%
’fj ober f: an»’ /ui Tatrav^u rdn «nir- Madss^i'Cfid fOr.di^en Ilesobiü^S.'Vfijt:'
besonders cuui Ci'kijiMm^ das RQi>ibin»ii tm '.-oftfotm**?, <1«K Pdd'Hz: „l'ic Ai-
■l.ossimk der Frauen zun» P-?itvcrMitbtsst udium riohn uniAiruaii» du
tfyiWvA di‘H■ Ruiehdtk dre Krucümsr TJulomrd!tswa>s cü^ si.r ibdi^lich
Sach* 3 dirr eiös/Anoi^ Da«b ^c.genwnn ii," Frrtuuu u*> kh'hunn
(junts«4j*in jQymi^fppi «u.it R»dhiprfiiirijt/f und in kebmv dkutA'hten. Ul»)f
n>ii.tC; /a.ii uu'dhMiJ.schuii Siuuiiua zugeh'^ett vvitv<hm isiudere *«« ltichi,
die. Hmtjiundc Mi^zuilheu. da dm B^gdisP hit^'Äy durtU- dio Oc'Vcrho-
or’dnmig nliUe Rhi k-irSd aut' das Oadidilcohl oder eine vorher abgeh*gti\
Prltfufig iVeigogencrv wai; Allardingri. ,tle»c franvi: die Approhaiidn. idfe
..Ar/i" Acr^ddu^uu. so lange sic den m der pcnfuiig^ordunog voin 2. dtmi
1 v:x;-i atiigcvtrjlten ;VofhiMiihgvmg# Pu dhc ^uhi-ssmig' zur iii ; /Mic)tcri VriU
l'img; tdciit gofvagrii: küimt'-n Eine Abänderung- dar i*«• iifungstu.-dhling"-.da-•
.hin,' dass Praucc go^iuiühui äu'f die Erfüihmg dicsm V'ochmhiapingmi ver-
zii-htu! werde, s».i oi*ac-•hhtss<-n, da d.mif jw-Ii «1», Alrtnnor niii Ihfbt
<mu- gleiche Hrrahnididoruiig der AiifonUrnKgm ' himu*fn;u.dbbn'. kOnntnm*'
M-ttw Minder* \m
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4., die Fiasko gidbl ihfolge dor Te-rgrOsscrl'
Oeftming .so** reü
24. Mai.
DEUTSCHE MEDlCIffiSCHE WOCHENSCHRIFT.
Hl
Aether ab, da» dieselbe nicht oder nnr ganz selten einmal bei Solchen
Personen, die sehr viel Aether brauchen, geschüttelt werden muss.
Herr Dr. Czempin, der früher die Wan sch er’sehe Maske benutzte,
erkennt diese Vorzüge in jeder Weise an und benutzt deshalb zur
Aethemarkose ausschliesslich meine Maske.
Schliesslich möchte ich noch erwähnen, dass Herr Geheimrath Hahn
im Krankenhause Friedrichshain die Liebenswürdigkeit hatte, mir die Er¬
laubnis zu einer Narkose bei einer Laparatomie zu geben.
Es handelte sich um eine anämische Frau mit starkem Emphysem
und Bronchitis, bei welcher wegen Pyloruscarcinom die Magenresection
gemacht werden sollte. Herr Geheimrath Hahn trug zuerst wegen des
Emphysems und der Bronchitis Bedenken, der Frau Aether zu geben, ge¬
stattete es jedoch, als ich im Vertrauen auf meine Maske, welche jedes
Asphyxiren und damit nach meiner Meinung jeden ungünstigen Ehft nw
auf bestehende Lungenaffectionen vermeidet, darum bat.
Die Narkose dauerte zwei Stunden, der Aetherverbrauch betrug 125 g.
Die Patientin ist (es sind seitdem 3 Wochen verflossen) reactionslos ge¬
nesen. Die Bronchitis hatte nach der Narkose in keiner Weise zugenommen.
Herr Geheimrath Hahn war mit der rasch eingetretenen ruhigen,
gleichmässigen Narkose durchaus zufrieden und gestattete mir auf Grund
dieses ersten, äusserst günstig verlaufenen Falles, weitere Narkosen zu
machen. Leider konnte ich bis jetzt dieser gütigen Erlaubniss wegen
Mangel an Zeit nicht nachkommen. Ich hoffe jedoch, dass nach diesen
Mittbeilungen sich der eine oder der andere College bereit finden wird,
mit meiner Maske die Aethemarkose zu versuchen. Dieselbe ist von Herrn
Instrumentenmacher Schmidt Berlin N., Ziegelstrasse Nr. 3, zn beziehen.
lieber die Technik der Thoracocenteais.
Von Dr. Luigi Zoja,
Assistenten an der K linik der Universität Parma.
In der Deutschen medicinischen Wochenschrift 1893, No. 10 sind
zwei Abhandlungen 1 ) erschienen, welche neue Modificationen von Punc-
tionsapparaten vorschlagen. — Das Princip dieser Modificationen ist das¬
selbe, von welchem Prof. Riva 9 ) bei der Construction seines „Aspiratore
Lavatore“ (Heberwaschapparates) schon im Jahre 1883 ausging. Die be¬
treffenden Arbeiten von Riva sind aber in Deutschland, wie es scheint, un¬
bekannt geblieben. Was die Aspiration betrifft, so ist der Apparat auf die
bekannte ThatSache gegründet, dass, um die Flüssigkeit aus der Pleura
oder Peritonealhöhle zu entleeren, eine starke Aspiration unnöthig ist,
weil der auf die Flüssigkeit wirkende Druck zur Entleerung der Höhle
genügt und wir nur in ganz specieüen Fällen einer Aspiration bedürfen,
und zwar einer viel schwächeren als es die gewöhnlichen Saugapparate
gestatten. 6
Die beigefügte Zeichnung
soll das Princip des Apparates
därstellen.
Zwei graduirte Flaschen A
und B, von 1500—2000 ccm,
gleiten auf einer vertikalen
etwa 2 m hohen, mit Meter-
maassstab Versehenen Eisen¬
stange. Jede Flasche hat nahe
sm Boden eine Oeffnung. in
welcher ein Kautschukzapfen
nnt einem kurzen Glasrohr
rtecfct; die Verbindung mit
dem Troifcart geschieht durch
Kautschukrohre (Ä f B 7 ), in wel¬
che vor den Mundstücken ein
“Urzes Glasrohr V eingeschal-
DerTroikartträger ist
drei Schrauben (/, 2, 3)
versehen, welchen- drei Hähne
(M,e) entsprechen. Die Schrau¬
be» dienen dazu, die Mund¬
stücke der Flaschenrohre (Ä.
.* »nd die Troifcarthohlnadel
einzuschrauben; die Hähne ha-
wL d . en Zweck ' den Fl'üssig-
KeitSströmen verschiedene Rich¬
tigen zu geben. VorderOpe-
^fi der Apparat steri-
wobei die Flaschen mit
^hmatlösüng und sterilisir-
asser behandelt und der
der durch d
Punctionsnadel
in VAT - «MVWUUÖUÄUÜ1
Di« tff 15er . aus gek° c ht werden,
daß 6 wird mit warmem (37°—40°) s sterilisirtem Wasser gefüllt
Hahn 8 uss rohr Al der Flasche Ä an die Schraube 1 geschraubt, de
seih«, ? &® s< ?bl°ssen und der Punotionssrtich unter den gewöhnlichen asepti
—... Laut elen gemacht. — Die Troikartüadel wird dann herausgenommen
-^exander, Ueber eine zweckmässige Mbdificätion de
Ptmctfonsa* P arätes. — M Moritz, Zur Technik de
Ün a '’ aspirfttori-iniettiatori. La Ri Vista cliüica 1SÖ3. -
atica . ijüracione def liquidi pafologie e dblla lavaturtt aptidc
maH™ 4 ii . “»P^oioue aer nquiai patöiogie e oeiia lavatura- j
^ a l46 Ue CÄVlta ' AUi deir ^ Con « resso dell’ assoc. med. ital
**#**?• Abechrauben von d wird das
^ 6 ? ^ Schraube •? geschraubt. - Bei geöfiheten
Hähnen a und b lässt sich, durch aus der Flasche A in die Flasche B
hmunterfliessende Wasserströme, die Luft vollständig aus den mit dem
stenhsirten Wasser gefüllten Rohren entfernen. Wenn dann der Hahn a
geschlossen und der Hahn c geöflnet wird, fliesst die Punctionsflüssigkeit
m die Flasche B heraus.
Wenn man darauf die Höhle auswaschen (oder in dieselbe eine Des-
mfectionsflussigkeit einspritzen) will, braucht man nur den Hahn b zu
schliessen und den Hahn a zu öffnen, worauf das sterilisirte Wasser
oder die betreffende Desinfectionslösung) in die Höhle hineinfliesst. Durch
Schliessen des Hahnes a und Oeffnen des Hahnes t kann die hineinge-
brachte Flüssigkeit wieder herausgehoben werden.
DieVortheile dieses Apparates können sowohl bezüglich der Heraus-
ziehnng der Flüssigkeit als der Auswaschung der Höhle in Betracht
kommen. Als Aspirationsheber angewendet, bietet er folgende Vortheile:
1) Zuverlässigkeit der Sterilisirung; 2) Feinheit der Graduirüng der Aspi¬
ration; 3) Möglichkeit, dieselbe schnellstens zu unterbrechen; 4) das Vor¬
handensein der Flasche A , was dem als Aspirator betrachteten Apparat
einen ganz speciellen Charakter giebt: die Möglichkeit, eine stets bereite
sterilisirte Flüssigkeit injiciren Zu können, hat in vielen während der
Operation sich möglich ereignenden Zwischenfällen grosse Vortheile, wie
z. B., wenn Husten oder Athemnoth (wegen Herausziehung einer zu
grossen Fltissigkeitsmenge) u. s. W. eintreten, oder der Flüssigkeitsaus-
fluss aufhört. In diesem Fall ist es viel besser und viel leichter, beson¬
ders bei Empyem, das Hinderniss dttreh einen von der Flasche A beim
Drehen des Hahnes a binunterfliessendeu Flüssigkeitssfcrom zurüchzu-
stossen. als zu versuchen, dasselbe mit einer Sonde zu entfernen oder
mittels starker Aspiration dureh die engen Canäle zu aspiriretn, was nicht
immer gelingt und die Gefahr einer plötzlieh zu starken Aspira¬
tion mit sich zieht. Beim Gebrauch des Apparates ist man niefnafe
genöthigt, die Flasche B weiter als 25, 30 em unter die Punctlonsstelle
hinunterzuschieben. Eine Flössigkeitseinspritzung ist beim Riva’schen
Apparat selbstverständlich möglich ohne irgend eine Veränderung in der
Apparatsanordnung und mit Ausschluss von irgend welcher Zurückein-
spritzung der herausgenommenen Flüssigkeit. Bei der einflaschigen Aspi¬
ration ist die Vermischung der Emspritzungsflüssigkeit mit der heratrsgezo-
genen Flüssigkeit und demzufolge das Zurückspritzen eines Theiles der
letzteren in die Höhle nicht anders zu vermeiden als durch Auswaschen der
Flaschen, was einen grossen Zeitverlust und schädliche Unterbrechungen
der Operation mit sich führt.
Zum Einspritzen und Auswaschen gebraucht, bietet der Apparat fol¬
gende Vortbeile: 1) das Vorhandensein der nur für die Einspritzurtgs-
flüssigkeit bestimmten Flasche Ä, welches die vollkommene Zuverlässigkeit
der Sterilisirung gestattet, and wie gesagt, die Operation beschleunigt hnd
eine Wiedereinführung herausgezogener Flüssigkeit vermeidet; 2) die feine
Graduirüng des Injectionsdrucks; 3) die vollständige Unmöglichkeit, in die
Punctionshöhle Luft einzuführen; 4) die Schnelligkeit, mit Welcher Äan
die Injeetion unterbrechen kann und die Schnelligkeit und Leichtigkeit
der Auswechselung der Injecfion mit der Extraction der Flüssigkeit. —
Der Operateur versorgt selbst alles, indem er die geringeren Veränderungen
durch die Glasröhrchen ( V ) überwacht nnd mittels der drei in dem Tiorkart
eingeschobenen Hähne (a, b, c) die ganze Operation beherrscht.
Bei jeder Thoracocentesis und Paracentesis, sowie bei den Auswaschun¬
gen des Bauchfells bei Peritonitis tuberculosa (Riva) und der Pleuren
in einigen Empyemfällen wird dieser Apparat in der medicinischen Klinik
in Parma seit Jahren mit günstigsten technischen Resultaten gebraucht.
Seine Leistungen lernte ich besonders bei Entleerung von eitrigen Flüssig¬
keiten schätzen, in welchen Fällen durch Wechseln der Extraction mit
kleinen und wiederholten Injectionen man den Eiter rasch verdünnen und
leichter entleeren kann; ferner bei den Peritonealauswaschungen, bei welchen
es leicht gelingt, in die Bauchhöhle bis lö Liter und mehr sterilisirfes
Wasser verhältnissmässig rasch umlaufen zu lassen, fast ohne dass die
Patienten während der Operation leiden. — Wegen der durch den Apparat
bedingten Sicherheit könnte man, z. B. in einem Empyemfall von Pleuritis
tuberculosa suppurativa eine 3T'oo Sublimatlösung einspritzen; bei’ reich¬
lichen Auswaschen mit Wasser erfolgte nicht die geringste fntoxicatiotis-
erscheinung. — Die einzigen Nachtheile des Apparates, auch in Vergleich riait
den von Conrad Alexander und M. Moritz vorgeschlagenen, sind die
bedeutende Grösse und ein höherer Preis; es sind dies aber kleine Rück¬
sichten, worüber man hinweggehen kann, wehn der Vorgesetzte Zwdck
zuverlässig zu erreichen ist, und das ist beim Riva’schen HöberWasch-
apparat der Fall. . . _
— Das von Immer mann warm empfohlene, von-Jaquet an , einem
grösseren Material erprobte neue Salicylderivat (p-Phenetidin-Salicyl-
aldehyd) lffalkhin wurde von Merkel bei 18 Patienten (zweimal Typhus,
einmal Neuralgie. 15 mal Gelenkrheumatismus, davon sechsmal Endocar-
dit-is) versucht. Er rühmt ebenfalls die milde und. dabei, wenigstens bei
Gelenkrheumatismus, zuverlässige Wirkung. Auffallend war der günstige
Einfluss auf die mit Endocarditis complicirten Fälle. Als Antipyreticum und
Anodynuw wirkt Malakin lauggam uud'milde; mit Antipyrin und Phenacetin
hält es zwar keinen Vergleich aus. doch fehlen die unangenehmen Neben*-
Wirkungen; Ohrensausen, Schwindel, Delirien kamen nicht zur Beob¬
achtung. Da Malakin nur 50°/o Salicyl-Aldehyd enthält, so lag es nahe,
auch grössere Dosen (gewöhnlich wurden 4f—5 g pro die verabfolgt) zu
versuchen. Dem entgegen steht der hohe Preis des Mittels., aas vorläufig
noch viermal so theuer als Salicylsäure ist. (Münch, med. Wocfienschr.
1894. No. 17.) H. Citron (Berlin).
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Gck igle
Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
472
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21
XTTT Kleine Mittheilimgen.
— Berlin. Soeben geht uns die Nachricht von dem Tode des Prof.
August Kundt, Direktors des physikalischen Instituts an der Universität
Berlin, zu (geb. am 18. November 1839; als Nachfolger von Helmholtz
nach Berlin berufen 1888).
— Dem Privatdocenten Dr. Posner ist das Prädikat Professor bei¬
gelegt. Wir bringen dem verehrten Collegen zu dieser Auszeichnung
unseren Glückwunsch dar. .
— Im Verein für innere Medicin (Sitzung vom 21. Mai, unter
dem Vorsitz von Geh. Rath Leyden) stellte vor der Tagesordnung Herr
Krön eine Frau mit Narkosenlähmung (durch Hochhalten des Arms bei
Laparatomie) im Gebiete des rechtenPlexus brachialis vor. HerrA.Fraenkel
sprach über die Influenza-Epidemie dieses Winters und das neuerdings,
im April und Mai, beobachtete Wiederauftreten von Influenza, unter De¬
monstration von Präparaten des den Pfeiffer’schen Bacillus enthaltenden
Sputums und mit Formalindämpfen hergestellter Plattenculturen, woran
sich einige Bemerkungen des Herrn Leyden anschlossen. Herr Gold-
8 ch ei der erstattete hierauf das angekündigte Referat über „Chirurgie
der Rückenmarkskrankheiten“. Der ein sehr reichhaltiges Material
in interessanter Weise verarbeitende Vortrag wird in dieser Wochen¬
schrift vollständig abgedruckt werden. .
— Der XXIII. Congress der Deutschen Gesellschaft für Chi¬
rurgie hat beschlossen, die Sammelforschung über die Narkoti-
sirungsstatistik fortzusetzen, um ein noch grösseres Zahlenmaterial zu
gewinnen. Die Mitglieder der Gesellschaft werden daher ersucht, die Auf¬
zeichnungen der von ihnen beobachteten Narkosen da wieder aufzunehmen,
wo sie in ihren früheren Berichten aufgehört haben, sie bis Ende Februar
1895 fortzuführen und den Bericht sodann bis spätestens zum 15. März 1895,
wie früher, dem ständigen Schriftführer, Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Gurlt,
Berlin W., Keithstrasse No. 6, zu übersenden. Falls einzelne Mitglieder
sichere Aufzeichnungen besitzen, die sich über längere Zeiträume erstrecken,
so würde auch deren Mittheilung sehr willkommen sein, jedoch mit Aus¬
schluss derjenigen Fälle, die bereits in den 1891, 1892, 1893 und 1894
erstatteten Berichten verzeichnet sind. In den Berichten ist die Beachtung
folgender Punkte erforderlich resp. erwünscht: 1) Angabe der Beobachtungs¬
zeit. 2) Angaben, welche Betäubungsmittel resp. deren Präparate (Chloro¬
form, Aether, Mischungen derselben u. s. w.) und wie oft die einzelnen
derselben angewendet worden sind. 3) Bezugsquellen derselben. 4) An¬
gewendete Apparate u. s. w. 5) Angabe der Zeitdauer ungewöhnlich lange
(1 Stunde und darüber) fortgesetzter Narkosen. 6) Verbrauch der Betäu¬
bungsmittel pro Minute, oder im Durchschnitt für jede Narkose, oder
Maximalverbrauch bei ungewöhnlich lange dauernden Narkosen. 7) Angaben,
ob und in w r elcher Zahl von gleichzeitigen Morphium- oder anderen In-
jectionen Gebrauch gemacht wurde. 8) Uebole Zufälle bei und nach den
Narkosen: a) Asphyxieen (Behandlung derselben, Tracheotomie u. s. w.);
b) Todesfälle (Ursachen, Sectionsorgebnisse u. s. w.); c) etwaige übele
Nachwirkungen, besonders nach der Aethernarkose.
— Auf Anregung des Cultusministers hat vor kurzem im Reichstags¬
gebäude die erste Serie einer Reihe von Vorträgen über Themata aus
dem Gebiete der Hygiene vor einem geladenen, vornehmlich aus höheren
Beamten und Mitgliedern des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses
bestehenden Publicum stattgefunden. Es sprachen Prof. Finkler (Bonn)
über die Bedeutung der Hygiene für die sociale Oeconomie; Prof. Fränkel
(Marburg) über die Bacteriologie und ihre praktische Bedeutung; Prof.
Rubner (Berlin) über Bau und Einrichtung von Krankenhäusern. An
diesen letzteren Vortrag schloss sich eine Besichtigung des Krankenhauses
am Urban und der Charite an.
— Wir theilten neulich mit, dass Herr Geh. Sanitätsrath Fromm
(bisher in Norderney) neuerdings in die Direktion des Ostseebades Herings¬
dorf eingetreten sei. Wir bemerken dazu nachträglich, dass dieser Direktion
auch Herr Dr. Schlayer angehört, der nach wie vor die badeärztliche
Praxis in Heringsdorf ausübt.
— In der Augusta-Kranken-Anstalt zu Bochum (Chefarzt
Dr. A. v. Bardeleben) wurden, wie wir einem bezüglichen Berichte
entnehmen, im Jahre 1893 2108 Personen an 42735 Pflegetagen (gegen
1856 Personen an 41117 Pflegetagen im Jahre 1892) verpflegt,; darunter
waren: Chirurgisch-Kranke resp. Verletzte 950, Gynäkologisch-Kranke 224,
Ophthalmologisch-Kranke 287, Innerlich-Kranke 608. Es wurden geheilt
resp. gebessert 1851, ungeheilt. resp. auf Wunsch entlassen 5, starben 105.
Die Anstalt ist den modernen hygienischen Anforderungen entsprechend
eingerichtet,
•— Wien. Wie wir von authentischerSeite erfahren, steht dieEmennung
Czerny’s als Nachfolger Billroth’s in Aussicht. — In der Reihe der
für die Nachfolgerschaft Vorgeschlagenen befand sich übrigens Mikulicz
an zweiter und Gussenbauer an dritter Stelle.
— Der Congress der österreichischen Nahrungsmittel¬
chemiker hat ein Comitee eingesetzt, welches mit den Vorarbeiten des
im September stattfindenden internationalen Congresses der Nahrungsmittel¬
chemiker und Mikroskopiker betraut ist. Die Aufgabe des Congresses
besteht darin, einen Codex alimentarius internationalis gemäss den Grund¬
sätzen des österreichischen Codex auszuarbeiten.
— St. Petersburg. Der bekannte Dermatolog und Syphilidolog
i ®duard Sperk (geb. 1837 zu Mohilew) ist gestorben. — In Russ-
land soll noch in diesem Jahre das Decimalsystem für Gewichte in
die Praxis der Medicin und Pharmakologie eingeführt werden.
Universitäten. Breslau. Prof. Dr. Grosser, ehemal. Pro-
sector am anatomischen Institut, ist gestorben. — Lyon Prof Glänard
ist gestorben.
XIV. Zur Recension eingegangene Bücher.
(Eingehendere Besprechung Vorbehalten.)
Allgemeine Pathologie nnd pathologische Anatomie. G. Hayem
Legons de thdrapeutique. Les agents physiques et naturels
Pr. 12 fr. Paris, G. Masson, 1894.
Anatomie. R. S. Bergh, Vorlesungen über die Zelle und
die einfachen Gewebe des thierischen Körpers. Mit einem An¬
hang: Technische Anleitung zu einfachen histologischen Untersuchungen.
Mit 138 Figuren im Texte. 7,00 M. Wiesbaden, C. W. Kreidel’s Ver¬
lag, 1894.
Augenheilkunde. M. Tscherning. Oeuvres ophtalmolo-
giques de Thomas Young. Traduites et annötees. Copenhague. Höst
6 Sön, 1894.
Bacteriologie. L. Heim, Lehrbuch der bacteriologischen
Untersuchung und Diagnostik. Eine Anleitung zur Ausführung
bacteriologischer Arbeiten und zur Einrichtung bacteriologischer Arbeits¬
stätten. 528 S. Stuttgart, F. Enke, 1894.
Chirurgie. E. Sonnenburg, Pathologie und Therapie der
Perityphlitis (Appendicitis simplex und Appendicitis perforativa). Mit
7 Abbildungen. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894.
C. Bayer, Grundriss der chirurgischen Operationstechnik.
4,80 M. Berlin, Fischer’s medicinische Buchhandlung, 1894.
H. Lossen, Die Resectionen der Knochen und Gelenke.
Deutsche Chirurgie. Lieferung 29 b. 338 S. Stuttgart, F. Enke, 1894.
F. Karewski, Die chirurgischen Krankheiten des Kindes¬
alters. 780 S. Stuttgart, F. Enke, 1894.
GebnrtshUlfe und Gynäkologie. L. Fürst, Die Hygiene der
Menstruation im normalen und krankhaften Zustande. Mit
2 Abbildungen. Leipzig, A. Langkammer, 1894.
Hautkrankheiten und Syphilis. M. Joseph, Lehrbuch der
Haut- und Geschlechtskrankheiten. Für Aerzte und Studirende.
II. Theil: Geschlechtskrankheiten. 401 S., 6 Mark. Leipzig, Georg
Thieme, 1894.
Hygiene und Sanitätswesen. E. Roth, Armenfürsorge und
Armenkrankenpflege. Mit besonderer Berücksichtigung der heutigen
Stellung des Armenarztes und Vorschlägen zu ihrer Reform. 90 S. 2 M.
Berlin, Richard Schoetz, 1893.
A. Schmitz, Massigkeit oder Enthaltsamkeit? Neue Beiträge
zur Alkoholfrage. 58 S. Bonn, P. Hanstein’s Verlag, 1894.
Infectionskrankheiten. E. Klebs, Die causale Behandlung
der Tuberkulose. Experimentelle und klinische Studien. 629 S. 30M.
Hamburg und Leipzig, Leop. Voss, 1894.
J. Reineke, Die Cholera in Hamburg und ihre Be¬
ziehungen zum Wasser. Mit 5 Abbildungen im Text und 7 Tafeln.
Separatabdruck aus dem Jahrbuch der Hamburgischen wissenschaftlichen
Aristalten. XI. Hamburg, Gräfe & Sillem, 1894.
A. Dräsche, Ueber den gegenwärtigen Stand der bacillären
Cholerafrage und über diesbezügliche Selbstinfectionsver-
suche. Wien, M. Perles, 1894.
Innere Medicin. E. Leyden, Die neuesten Untersuchungen
über die pathologische Anatomie und Physiologie der Tabes
dorsalis. Zwei Vorträge. 40 S. Berlin, A. Hirschwald, 1894.
H. Hughes, Allgemeine Percussionslehre. 140 S. 3 M.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894.
H. Müllner, Ueber das Stethoskop. 27 S. München, Seitz &
Schauer, 1894.
S. Goldschmidt, Die Tuberkulose und Lungenschwind¬
sucht, ihre Entstehung und eine kritische Uebersicht ihrer
neuesten Behandlungsmethoden. Nebst Anhang über Famihen-
erkrankungen an Schwindsucht. 112 S. 2,20 M. Leipzig, Verlag des
Reichs-Medicinalanzeigers, 1894.
H. Weber, Die Heilung der chronischen Lungenschwind¬
sucht durch Entwickelung von Kohlensäure im Magen, 54 d.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894.
Klimatologie nna Balneologie. L. Wiek, Ueber die physio¬
logischen Wirkungen verschieden wärmerBäder und über das
Verhalten der Eigenwärme im allgemeinen. Beitrag zur klinischen
Medicin und Chirurgie, Heft 6. Wien und Leipzig, Wilhelm Brau-
müller, 1894.
C. Preysz, The effects of sea-baths with a special view to
Lake Balaton. 37 S. 0,50 M. Wien und Leipzig, Wilhelm Brau¬
müller, 1894. .,
A. Winckler, Geschichte des Bades Stehen. 83 S. 1,00 JU.
Leipzig, Verlag des Reichs-Medicinalanzeigers, 1893.
Hahnkampff, Führer durch Bad Elster und Umgebung.
145 S. 1,00 M. Leipzig, Verlag des Reichs-Medicinalanzeigers, 1894,
Pharmakologie. R. Kobert, Arbeiten des pharmakologischen
Instituts zu Dorpat. X. 180 S. mit 5 farbigen Tafeln. Stuttgart,
F. Enke, 1894.
A. Pollatschek, Die therapeutischen Leistungen des J a “ r ® s
1893. Ein Jahrbuch für praktische Aerzte. V. Jahrgang. 328 S. o M.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894. ,
Bhinologie. M. Bresgen, Der Kopfschmerz bei Nasen- una
Rachen-Leiden nnd seine Heilung. Leipzig, A. Langkammer, lw».
Urologie. KlinischesHandbuch derHarn-und Sexualorgane.
Herausgegeben von weiland Prof. Dr. W. Z u e 1 z e r, redigirt von F. M. U d e -
länder. IU. Abtheilurig. 413 S. 10 M. Leipzig, F. C. W. Vogel, 1894-
M. Nitze, Kystophotographischer Atlas. 10 Täfeln
büdungen in Photogravure. 12 M. Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1894.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
D £jl izs , :
Gougle
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
M 22,
31. Mai 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet Ten Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Llchtenstainaliee 3. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
Zur Organisation der deutschen medicinischen Fachpresse.
Die wahren und wohlverstandenen Interessen der medicinischen Fachpresse sind mit denen der Wissenschaft und des ärztlichen
Standes selbst untrennbar verschmolzen. Wir dürfen daher wohl auf die einsichtvolle Zustimmung; unserer Leser rechnen, wenn
wir an dieser Stelle eine scheinbar innere Angelegenheit der medicinischen Journalistik zur Sprache bringen und damit einem schon
länger gehegten Gedanken Ausdruck verleihen, dessen ernstliche Verfolgung uns aus besonderen Gründen eben jetzt ohne weiteren
Aufschub geboten zu sein scheint.
Es handelt sieh dabei, kurz gesagt, um die Anbahnung einer Organisation der medicinischen Presse innerhalb der
Grenzen des deutschen Sprachgebietes, auf dem Wege freier Vereinigung, als wichtigen und nothwendigen vorbereitenden Schritt
für eine künftig anzustrebende internationale Organisation der medicinischen Presse.
Ein solches Streben wird fast Allen zunächst neu und überraschend, Vielen als unnöthiger Vereinsport, Manchen als hoff¬
nungslos chimärisch oder doch als fernste „Zukunftmusik 41 erscheinen. Wir erinnern deshalb daran, — selbst auf die Gefahr hin,
von einem ebenso unklaren wie wohlfeilen Chauvinismus wiederum eines „undeutschen“ Verhaltens geziehen zu werden — dass sich in
Frankreich bereits seit fünf Jahren eine auf wohlüberlegter, praktisch bewährter Grundlage ruhende „Association de la presse
ibdicale“ gebildet hat, die sich nach Artikel 2 ihres sehr einfachen (unten wörtlich abgedruckten) Statuts die „Förderung und
V ahrung der Interessen der medicinischen Presse“ zum Ziele gesetzt hat. Der Einfluss dieser Vereinigung hat sich bereits mehrfach
nach aussen hin, u. a. bei Gelegenheit des X. internationalen Congresses in Berlin und noch mehr bei dem letzten römischen Congresse,
fühlbar gemacht und soll, wie aus französischen Pressstimmen hervorgeht, bei dem geplanten nächsten internationalen Congresse (in
Moskau) in noch verstärktem Maasse zur Geltung kommen. Abgesehen davon, dass auch unserer so vielfach zerstreuten und so bunt
zusammengesetzten medicinischen Presse eine auf Belebung ihres inneren Zusammenhanges, auf Wahrnehmung ihrer
gemeinsamen Interessen abzielende Vereinigung nur zum Nutzen gereichen kann — abgesehen davon also liegt für uns in den
geschilderten äusseren Umständen die dringliche Mahnung vor, wofern unsere medicinische Presse bei kommenden Gelegenheiten ein
ihrer Bedeutung irgendwie entsprechendes Gesammtgewicht in dio W r agschale werfen soll, den schon bestehenden oder noch zu erwar¬
tenden nationalen Verbänden in möglichster Geschlossenheit, mit ähnlicher Organisation an die Seite zu treten. —
Um der von uns gewünschten und erwarteten Erörterung nicht vorzugreifen, wollen wir an dieser Stelle nicht mit aus¬
gearbeiteten Vorschlägen an die Oeffentlichkeit treten, sondern zunächst nur andeuten, wie wir uns die Sache ungefähr gedacht haben.
Die zu schaffende freie Vereinigung würde grundsätzlich die medicinische Presse des gesammten deutschen Sprach¬
gebietes — also insbesondere mit Einschluss Oesterreichs und der deutschen Schweiz — zu umfassen haben. Sie würde allen, die
wissenschaftlichen wie die ärztlichen Standesinteressen anerkanntermaassen vertretenden Pressorganen den
grossen fachwissenschaftlichen Archiven und Zeitschriften, den Vierteljahrsschriften, Monatsschriften, W ochenschriften, Jahresberichten,
tentralblättem, Correspondenzblättem u. s. w. — principiell offen stehen. Sie würde aus den leitenden Persönlichkeiten, den
Herausgebern oder Redacteuren dieser Organe zusammengesetzt sein. Grössere Blätter könnten unter Umständen auch durch mehrere
Mitglieder in dieser Vereinigung vertreten werden, von denen aber bei Beschlussfassungen nur eines mit der Stimmführung im Namen
des Blattes beauftragt sein dürfte.
Eine Anzahl gesinnungverwandter, mit den angestrebten Zielen und auch mit den Mitteln zu deren Erreichung im allgemeinen
einverstandener Vertreter namentlich der grösseren und angeseheneren Fachblätter würden zur Gründung der \ ereinigung und zui
Berathung der nothwendigen Einzelbestimmungen provisorisch zusammentreten. Von diesen ersten Gründern und \ ereinsmitgliedern
"drde die Zulassung neuer Mitglieder auf deren Antrag und auf Grund eines speciell zu regelnden Abnahmeverfahrens zu
genehmigen sein.
Die Vereinigung würde nach aussen durch einen von ihr gewählten, aus mindestens sieben Mitgliedern bestehenden Ausschuss
repräsentirt werden, in dem wo möglich wenigstens je ein Mitglied den für die medicinische Presse wichtigeren Plätzen (Berlin, Leipzig,
München, WTien, Prag, Basel) angehören müsste. Die Ausschussmitglieder würden auf mindestens zwei Jahre zu wählen sein und
^ären nach Ablauf dieser Zeit wiederum wählbar.
Dem Ausschüsse läge besonders die Pflicht ob, dio Vereinigung — die als solche keinen bestimmten Sitz, keinen „Vorort
zu haben braucht — alljährlich wenigstens einmal zu bestimmter Zeit und an einem geeignet erscheinenden Orte (vielleicht im Anschluss
au die alljährlich tagende Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, oder an eine der anderen grossen Jahresversammlungen)
zusammenzurufen. Es würden dabei über alle die gemeinsamen Interessen berührenden Gegenstände Berichte zu erstatten, auch Anträge
aus der Mitte der Vereinigung entgegenzunehmen sein. Insbesondere würde dem Ausschuss aut Beschluss der \ ersammo e
Mitglieder die Pflicht obliegen, die Vereinigung bei dargebotener Gelegenheit, bei Congiessen un ert ’| 8 ( !-jp 1l
officiell zu repräsentiren und zu diesem Zweck auch im Namen und Aufträge des \ereins mit den entsprec i
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
47 4 „ ^ -_ _ _i : iE 0 ictyxsr?iff! • wo.c^sc 3 tRiFL.__No. 29
. .Äs$otüutu>hi?n t sowie mir SBaidfc*--und iH/n&Ui.g.eö fehyrdÄ^ Oöir^reKsvorständen u. *»; wl in Vorhand.
luhgAsit treten. Ik*r wiek&teft »löh^rev.siiim'nlm^. ^y^l/o ühur die tUilnd ftUz^lpgßü.-~
Wir untemduii/en scll^tVH^UiDaUo!*;. in keiner Weise die nusfmr-eji und inneren ..Seli\vhi%koitkn \ui Purdiführuu^ üi«\s.n*
.BoK»P.d»Mij.^on: $diWtei%M)en, die in dem glairkliniiBrweiso weder- politisch tio* Ii geisti# contra Üsirteo deutschen Spracb^ebhte w e fi
yi-<Wr mul von kiukwer An r-H-io worden, als beispielsweirm bei unsere» um» einmal iuv solche £üugU !>«**, :f vorboi^if
mni Wohl auch begabtere» jninzösischru Nachbar»». Aber wit donken: ,wo. ein Wille ist. da ist ein Wog** - mul wir fiüidW um
.♦liil'oii hiiIUh^MI* za emartende Hmdeniisso diesen AVry hkbt verlegen, uns von. einer i\U niU/.ü.-ji und selbst in gewiä*t»> !? Sinne •»!:-
notkwendtg rmipfimdimon Anregung- ui»*iir. ^ui-.ü*Jks«'*-kexi
Wir wenden uns an alle Faöl-mvnmssou ron der .m«AHni» iso.bo.it . j : ,J h;*_ss«>. rütd bitten sie /»»»•' hsH um ihre Mcitmn^uussvrMnn;.
liu'i'i, Rath; wenn es sein kam», Um ihre Unter'-Mit,zmig'. Wir crstrelhvu .nicht«* PprnddkhfS und wbMöu uns gern mit. dom iiGscheid.*»!*]«
Verdienst l)*d/iuU;t;U, etwas lumhliek l : iHtod und der Cm(iom»ii.mfeoit '• NU^iifthos'•tingfregt zu babe-ri; aber wir wollen und werden mn-li ic
] * ■ < 1 * * i W*d*o zu v.o-idjitm «neben, dass iiuid von voreim<e|»:w So : te im Nmm.m. der deutschen medieiniseium }'*»•.*&« .lmU\Y»rl WliUu-t. »u».} '
deren hohe tiDmuelU zä Simdler/.wrohtui niisywiut&t; werde
Berlin, <km ’Hl Alüi LSiM. A. ßuie.nliu?a
J. Schwalbo,
W‘u- li.s4»u> zur f/nenfiruni: den W.wUiuU dm? SftftifS' 'kr ..Av-co^uii! de Ir press« mklnnkd- (vom 2t. F.*!>ninr -J.#><9i mjf dem N';*i*>r-u-
. VeWeicthiiss ilukr >n«WmVrf\ »nteV Mm'H m n tkwijou Rauehui . M•. u m<•. v i 11 <i. mniiwolx UortuL i'Ujardin-« iu»» i <n z, L>np U *,
t.rahvvcO.wski, Hüj;d» j|f d .• -.hfltfröv.. -fF, 'T-aUkUmwi’V i*s»'niv.«»'Rifeliüi ; und fdmhdiM Mindern,. uu '-Xhilmyb y>rfg.*tt'.
A.rt.iblo Jj nst otäMi.oY sm# le djeunfieo de h loi'dy 1S8X. uu ivntiwftt- wpotHS^viiWuti'a.-'d^ßönunatioii d’^ocwrfwk
dt» ki :3^bmb; ft^dicak.
. CeUe As-io«dn(n.*u n p. iu hat r • jumr ühjet FdtwJr et h ^Auvnvogai^m «ies udAidVt* *k % ' 1^ Rrijsse mrdn uW. '
vr; ‘ r ^ ! " ^P'} dos moud:re=. Fmiiiums m; der inemhfes^• litubilvs. jonj.vmuf tAneüu.i. nt l,-> «ur et B.S »tutres des loeilivs divil.,
:'• ;•' Art. i\ Sout .«»'■«nhivr iOutiai.un-s h's si<n.Uairr5 tdFtjs- : i>r*voifts • .
•; ^ ;Hr U ‘ l,v , ’A'ssta:iäiiu;i .mnmw e>e»m>r«> tiinlAife. il Amt; i tl hr» Mi*X\v »u» «j.-devm.e. •her proprietciij-e. diremt-tu.
rvtkieirnr eii.oWf .j litt ^aurmü.- it»? mtdecjiHi aytinb uh -irofnj.accomptm ä& pilblimlüm on vertu ponYoii nmmliorr 3^ Gtrt'
. ptvM-uie per »ka.x ninnd.H-es- de i As.necmttoin 4 1, et.n- <dd ei». Ag^Hnhlro. f* ki-jmijonte des mvjir'bre* de V A-'ianoiou. sür les 4»ueJusiofck <t'«Ui mppei»
,Mi yst f'IUtid e .UH nbmhYr mmv qw »kuj pm>m; \cf mmutfii-. niiscnm jKHivent V<dt*f |*uJ ; oorfO^r.iHbme.; ou ;ru: preeurstion.
A? * o (limpan lournnl ne }u«ut »pdn« sepi lefue^entun-t nu s« tu dt- t , Assdciat.jou.
A ! 1 V . . B ■A^somfApft •--d.. mimujir.tr»'-* e.f *•:«' ’kfiitk orca^ou pnr i»-ei< sy-üdien xlus »mi ein- et r».tn«un.-ei*ddeV; \m tutfs Imn ttv
an- Iw ^>rJ : desirner.-i ks dmi\ sorlality j-»niVr h\ jn-imiteie jMnit.de Irirmmdo kes svr..iu> sorixni- no.i rdöUyildei: . '
A r 't k Ajjoiiinjii iott ,t j.MHir .t.-y* ?o»*iaJ ht rtAdd^jW'O de Tun des .svitdicL-.
^ ^ il i'A s mi m ti/oit pai«mi nun lotigntitm mimi.-lk- do irenl..* Iruin.-s n-duLin k .»mu/e Iranes paar k*.s memlnvs
} ' x ’ r ' J - n ' /. L 11 * k-imestrp-ljtmmfti. b> ptnwr i'Cudredi du fnritT, tnai. ynälel rt uüvembrt. <\t »»•»».;. reQmon es£ $Mä '
•d uh. k'Utpnjr eA»im>t(»'rnirj aisttt !* s edr-otemsei'vv'fit. A couvi-ir ie:,' t'ruis.
kn ti-tPoi- d» <-es rmumms siat-ut.mvs, 1 Ass.-«•;•.»}n>n pe'ui sc f/uimr e\ir;vn>!im\ii'Hii,,ni s ».r ln cnv-nHÜrm <!e> >ut.!.«■<.
/ trts. i>- Ytunr. et un J»*vriH* rnd Imii r;i>m •juäfnX'ynim'-n.mi..
One -iernr. m. o.ml prr tttnsrn.taul. Tnr.tdny- ü.:id :i if.n>.dM rA-vt.e^tion.
MAI. Aö'.‘ 1-«1 Arvidvfij d: r«I-Ji.lif .
Bnrdt.L: Bes !i»imMuix i-mundns
RuU ( n t n i i: feAliued
B.«.u hul: p.nris medied!
Rouril K- V i J 1 (:: P) ..>iVS m.-die.-d.
kndü 1 dr Idassirtjiu-t: jk-v.ia luiatsHrin $% lu.Utli.-s de Intdco.
L.'Z’H \ : ( nuvptirs ni>'divnL
(vharceu,; Ai'fldvr-. du ‘»^tjtvd.nMco
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I) .,*no i/d- Auuvtdk'' AiAhiv.^ ddd^i/-tPidne Ul db
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BeiH'bmiilet; Uvlhfom§^V^f-m6ii<niur»r eu »UnäßTmiity
i-- -o.-rind- Guv:.ü.t' ;k,~ ii.tiatmiv ;'i'.
V'7 ; V/ :!! :!'""".; :!! ’‘ : ‘'’'"' a., vuirurm i.mn.i»«,
’• '’ln-J'n. ivi-.jun dfi‘.v] ( 'Mt; fi dt indmo 4>ui&iip*
ATix ry> mH'.a ivd: tA^urHcr nrediedl;..
r%^Ulp'ri iv?.: Briirame 4ot%tt(yU.u
••• Rhvuc •men^iißil.b dh'.-'diilFftVgiis ' •
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Prurt^VviM'hnr: Uuilrrin jnrdieüL-
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
l^rasiw»!tr
31. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
475
I. Aus der I. medicinischen Universitätsklinik in Berlin.
Ein Fall von complicirtem Conamen suicidii.')
Schuss in die Schläfe, Phosphorvergiftung, Schuss in die Herzgegend, HeUung.
Von E. Leyden.
Patientin hatte sich mit ihrem Geliebten in ein hiesiges Hotel
begeben und gemeinschaftlichen Selbstmord beschlossen. Der Fall
machte seiner Zeit Aufsehen und wurde viel in den Zeitungen be¬
sprochen. Der Geliebte feuerte zuerst einen Schuss auf die & se hier
vorgestellte Person ab, traf sie in die linke Schläfe, wovon Sie
noch die Narbe sehen. Indessen da sie nicht starb, brachte er ihr
eine grosse Menge einer phosphorhaltigen Flüssigkeit bei und da
auch hierauf der Tod nicht erfolgte, gab er einen zweiten Schuss
auf seine Geliebte ab, welcher sie in. die Herzgegend traf Nun¬
mehr richtete er gegen sich selbst die Waffe und traf sich tödtlich.
Das Conamen suicidii war am 1. Februar d. J. um 5 Uhr
Morgens verübt. ’’
Gegen 7 Uhr früh wurde Patientin in die Charitö eingeliefert
und der I. medicinischen Klinik (Abtheilung des Herrn Stabsarzt
Dr Goldscheider) übergeben. Sie war bei freiem Bewusstsein
und gab an, dass sie nur von dem ersten Schuss vollkommene Er¬
innerung habe, gleich darauf sei sie umgesunken: sie entsinne sich
noch dunkel, dass ihr der Bräutigam eine mit Oel gemischte
Flüssigkeit gegeben habe, welche einen stark schwefelhaltigen Ge¬
ruch und Geschmack hatte, sie habe davon ein 1/4 Wasserglas ge¬
trunken. Von dem zweiten Schuss habe sie keine deutliche Er¬
innerung.
Gleich nach der Einlieferung der Patientin trat Erbrechen ein
mit starkem Phosphorgeruch. Herr Dr. Tissot, zur Zeit Unter¬
arzt auf der Frauenabtheilung der I. medicinischen Klinik, leistete
der Patientin die erste Hülfe und führte mit grosser Sorgfalt und
Umsicht die Magenentloerüng aus. Zunächst wurde die Ausspülung
des Magens vorgenommen, im ganzen wurden nicht weniger als
i l 1 . 1 asser durchgeschickt: die zuerst entleerten Massen leuchteten
deutlich und hatten einen starken Posphorgeruch. Alsdann gab
Herr Dr. Tissot drei Pulver von Cuprum sulfurieum ohne Erfolg:
dann wurde Tartarus stibiatus mit Ipecacuanha gegeben, es er-
lolgte nun Erbrechen ohne Phosphorgeruch. Endlich wurde
noch Oleum Terebinthinae verabreicht.
Diesen energischen Maassregeln ist es zu danken, dass nur
unbedeutende Zeichen von Phosphorvergiftiing ohne Gefährdung
des Lebens eintraten.
. d . er bnken Schläfe constatirte man eine frische, kleine, runde,
mit Blutschorf bedeckte Wunde (die Schussöffnung), welche in-
lP * S t 4 \ nUr °^ er düchlich war und keine tieferen Verletzungen be¬
wirkt hatte; dieso wurde aseptisch verbunden. Ueberhaupt, bestehen
keine Symptome cerebraler Reizung oder Verletzung, auch die Seh-
Kratt lntact: Augenbewegungen frei. — Ueber der linken Brust-
arze liegt eme kleine rundliche Schussöffnung, deren Umgebung
sc wollen ist. Die Schwellung erstreckt sich über die
ganze linke Seite; in der Höhe der siebenten Rippe bestehen heftige
öcnmerzen m der linken Seite ergiebt die Auscultation Bronchial-
rv- ’ ^ es ^ e ^ c ^ en besteht liier (hinten links) eine deutliche
uta? T lche bis zur vi erten Rippe hinaufreicht. Frenütus
oeiüerseits erhalten. Die Eintrittsstelle der zweiten Kugel befindet
dämnf 1 ’ Brustwarze an der äusseren Grenze der Herz-
uamptung. bpitzenstoss ist vorläufig nicht zu fühlen. Die Herz-
7 vi Vnn^ 1R d über dem Ventrikularkegel nach der Herzspitze
m hörbar, deutlich dagegen auf dem Sternum.
„ _° _ d * e s teckt, war nicht zu entdecken, wir wissen bis
wo sie geblieben ist; eine Austrittsöffnung be-
hcute noch nicht
steht nicht.
stellt^^i?.^ 6 Ba ti en tin an demselben Tage in der Klinik vor-
drimriinBo o bervor > dass die Schussverletzungen bis dahin keine
Verl et 7 ii nü ,* vn [P tome hervorgerufen haben; die Frage, ob eine
Dip na™ ^ d6S Berzens vorliege, könne noch nicht erörtert werden,
klärt werden” am linken ^ horax musste für
einen Bluterguss er-
nächRf* e rf« aU Bif äc ¥* cbste Aufmerksamkeit müsse gegenwärtig zu-
äntwort de ^ hos P horv ergiftung zugewandt werden; von derBe-
verffiftiiTio? t? 6r f rage ’ ob die Magenausspülungen einer Phosphor-
Patientin*’ .^S^eugt haben, hänge die Prognose ab. Dass die
me sehr grosse Menge Phosphor erhalten, welche
mehr als
kein Zweifel
s genügend sei,
sein. Die
den Tod
tödtliche
herbeizuführen, darüber konnte
Dosis Phosphor beginnt schon
mit 50 mp' \V •- r» JL,US ‘ D x uv&imui uegmui bcixou
_ernenn eine Phosphorlösung in Wasser zum Zwecke des
Medicm arn^O Aprif^^monstration in der Sitzung des Vereins für innere
Suicidium getrunken wird, so ist sie in der Regel abgekühlt und
enthält 0,002/100 mit ungelöstem Phosphor. Wird 1 1 efner solchen
Lösung getrunken, so sind. 2 mg resorbirbar, während der unge¬
löste I hosphor nicht resorbirbar ist, und sobald dieser Mageninhalt
la den Darm eintritt, wird der ungelöste Phosphor alsbald von
der Galle gelöst und kann zur Giftwirkung gelangen.
Hiernach kann man erwarten, dass eine sorgfältige Entleerung
des Magens nach aussen, in den ersten zwei bis drei Stunden nach
der Vergiftung vorgenommen, das Leben retten müsste, da im
Magen kaum mehr als 4—5 mg gelöst werden können.
Wie verhält sich dieses in unserem Falle? Die Patientin war
zwei Stunden nach dem Conamen suicidii eingeliefert, das zuerst
Erbrochene resp. Ausgespülte war eine dünnbreiige, schlammartige
Flüssigkeit, welche stark nach Knoblauch roch und im Dunkeln
leuchtete, sie enthält grosse Phorsphormengen, fein vertheilt, aber
ungelöst. Hiernach musste es möglich erscheinen, dass ’ schon
vor den Ausspülungen soviel Mageninhalt in den Darminlialt ge¬
treten war, uni Vergiftung zu erzeugen. Die in den ersten Tagen
nach dieser Richtung hin beobachteten Erscheinungen ergaben das
Resultat, dass in der That eine giftige Wirkung des Phosphors
constatirt werden konnte, aber in so geringem Maasse, dass eine*
ernstliche Lebensgefahr daraus nicht erwuchs.
Der um 11 Uhr Vormittags (am Tage der Einlieferung) mit
Katheter entnommene Urin enthält Albumen in mässig reichlicher
Menge und hyaline Cylinder.
Am 2. Februar Morgentemperatur 38,4, Abendtemperatur 38,2.
Der heute entleerte Urin enthält weniger Eiweiss als der
gestrige. Der Leib ist aufgetrieben, nicht empfindlich. Leber
nicht nachweislich vergrössert. Zunge stark belegt. In der Mund¬
höhle nichts Bemerkenswertes zu finden. Patellarreflex beider¬
seits erhalten. Patientin klagt über Schmerzen in der linken Seite.
Die Dämpfung reicht heute links bis zur vierten Rippe hinauf;
Bronchialatkmen; Fremitus beiderseits erhalten. Leber nicht nach¬
weisbar vergrössert.
3. Februar. Morgentemperatur 36,5, Puls 144. Abend-
temperatur 38,5.
Urin 600/1037 klar, enthält wenig Albumen, dagegen Urobilin.
Patientin klagt über heftige Schmerzen auf der linken Brustseite,
in der Gegend der (zweiten) Schusswunde. Die Leberdämpfung
überragt den Rippenrand in der rechten Mammillarlinie um circa
Zweifingerbreite; der obere Rand der Leberdämpfung befindet sich
in der Höhe der sechsten Rippe. Der Leib ist druckempfindlich,
speciell in der Lebergegend. Die Unterschenkel und Füsse ihrer
Kälte wegen eingewickelt, auch die Hände sind kalt. Patellar-
reflexe vorhanden.
Die Herztöne sind schwach aber rein; ophthalmoskopisch
nichts Besonderes zu constatiren. Zunge belegt, Dämpfung hinten
am Thorax unverändert, bis zum Angulus scapulae reichend: im
Bereich derselben schwaches Broncliialathmeu. Die linke Brusthälfte
bleibt bei der Athmung sichtlich zurück. Die Dyspnoe hat zu¬
genommen, Respirationsfrequenz 30. Der heute nach Eingiessung
entleerte erste Stuhlgang ist dünn, gelbbraun und enthält nach
der chemischen Untersuchung keinen Phosphor.
4. Februar. Morgentemperatur 37,1, Puls 124, Respiration
30. Abendtemperatur 38,1. Urin 800/1023, enthält etwas Albumen
und Urobilin.
Die untere Lebergrenze ist wieder 1 cm tiefer gerückt als
gestern. Die Leber ist palpabel, dabei sehr schmerzhaft —
Dämpfung in der linken Seite wie gestern. — Die Herzdämpfung
vergrössert, reicht nach rechts bis zum rechten Sternalraude; Herz¬
spitze im fünften Intercostalraum innerhalb der linken Papillar¬
linie schwach fühlbar. — An der Schläfenwunde nichts verändert
5. Februar. Morgentemperatur 39,0, Puls 124, Urin 1100/1010.
Abendtemperatur 37,5. Fast kein Albumen, dagegen Urobilin ent¬
haltend. .
6. Februar. Morgentemperatur 38,3, Puls 124. Urin 600/1022.
Abendtemperatur 38,5. Koin Albumen enthaltend. Leberdämpfung
noch mehr vergrössert als gestern; grosse Empfindlichkeit der¬
selben. Puls von ziemlich guter Spannung. Körperwärme der
Extremitäten noch wechselnd. Aussehen der Patientin besser. Die
Probepunction des linksseitigen pleuritischen Exsudates ergab das¬
selbe von hämorrhagischer Beschaffenheit.
Von diesem Tage an gingen die Symptome, welche auf die
Phosphorvergiftung bezogen werden können, allmählich zurück.
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476
DEUTSCHE MEDIC1KISCH® WOCH ENSCHRIF T._ ___No. 22
Als Symptome der Phosphorvergiftung beobachten wir 1) den Al¬
bumengehalt des Urins (nebst Harncylindern), während der Uro¬
bilingehalt auf die Resorption des in den linken Pleurasack ver¬
gossenen Blutes zurückzuführeu ist. 2) Die Vcrgrösserung und
Schmerzhaftigkeit der Leber; hierzu kommt 3) Die N-Ausscheidung
durch den Harn (diese Untersuchung wurde von Herrn Dr.G.Klem-
p e r er ausgeführt).
Es wurde bostimmt: Gesammt-N nach Kjeldahl. Harnstoff-N nach
Sjöqvist-Mürner. Ammoniak-N nach Schlösing. Harnsäure nach
Salkowski. Leucin-Tyrosin bezw. Milchsäure in Alkohol bezw. Aether-
extract.
Dutum
Monge
Ge-
sammt-N
N in
Harnstoff
N in
Ammo¬
niak
N in
Harnsäure
Leucin,
Tyrosin
Milch¬
säure
2.Febr.
300
2,814
2.516
0,294
—
o
0
3. „
500
3,892
3,53
0.322
—
o
—
4. „
800
7.472
—
0.5096
—
5.
1100
9,638
0.665
0.1378
_
—
(>. ;,
600
7.156
—
0.522
0,0859
i _
—
7. „
1200
11,574
I
10,706
0,706
—
s -
—
Am 3. Februar wurde im ersten Stuhlgang kein Phosphor gefunden,
Procentverhältuiss des N in Harnstoff, Ammoniak und Harnsäure.
Gesammt-N = 100.
Datum
Harnstoff
j Ammoniak
Harnsäure
2. Februar.
89,4
! 10.4
_
3. Februar.
90,7
: 8.2
—
4. Februar.
—
: 6,8
—
5. Februar.
—
j 6,9
1,43
6. Februar.
—
j 7,3
1,2
7. Februar.
92,5
6,1
—
Das
ale Verhältniss beträgt 85 92 °/o Harnstoff-N, 4—G°/o
Ammoniak-N, 0,5—1,0 % Harnsäure-N.
Die Untersuchung hat also ergeben, dass der Ammoniakgehalt
des Harns deutlich vermehrt war. Dies haben wir mit grosser
Wahrscheinlichkeit als Zeichen von Phosphorvergiftung ange¬
sprochen, obgleich der Eiuwand erlaubt ist, dass Patientin gefiebert
hat und beim Fieber ebenfalls Ammoniakvermehrung stattfindet.
In den folgenden Tagen traten nun heftige Symptome auf,
welche von der Brustverletzung abhängig waren. Es entwickelte sich
eine heftige Pericarditis mit reichlichem Erguss (Dämpfung
mit Reibungsgeräuschen).
7. Februar. Morgentemperatur 37,6, Puls 130, Urin 1200/1028.
(Kein Albuinen, Urobilin.)
Die äussere Wunde an der linken Brust ist noch vom
trockenen Schorfe gut bedeckt. Schwellung der Weichtheile ist
geringer. Verletzung der Rippen nicht nachzuweisen. Rechts vom
Sternum hört man pericardiales Schaben und sodann in der ganzen
Herzgegend pericardiales Reibungsgeräusch. Die Herzdämpfung
erheblich vergrössert, reicht bis zum rechten Sternalrande, nach
oben bis zur zweiten Rippe. Das Schaben ist an der Herzspitze
am schwächsten zu hören. — Hinten rechts besteht eine Däm¬
pfung von der neunten Rippe ab (im Bereich derselben abge¬
schwächtes Athmungsgeräusch), links reicht die Dämpfung bis zum
Angulus scapulae (daselbst bronchiales Athmen).
8. Februar. Morgentemperatur 37,3, Puls 140, Respiration 40,
Abendtemperatur 38,2.
Urin 1200/1020.
Die Herzdämpfung beginnt am linken Sternalrand vom oberen
Rande der zweiten Rippe nach rechts bis zur Parasternallinie, nach
links über die (früher constatirte) Stelle des Spitzenstosses hinaus.
Verbreitete schabende Reibungsgeräusche, Herztöne dumpf.
9. Februar. Morgentemperatur 37,0, Puls 140, Respiration 60,
Abendtemperatur 37,8. Extremitäten kühl. Starke Dyspnoe. Fäces
compacter. Nahrungsaufnahme ziemlich gut.
10. Februar. Morgentemperatur 39,5, Puls 128, Respiration 50,
Abendtemperatur 37,3.
13. Februar. Morgentemperatur 38,5, Puls 140, Respiration 47,
Abendtemperatur 37,7.
15. Februar. Morgentemperatur 38,9, Puls 124, Respiration 40,
Abendtemperatur 37,7 etc. etc.
Ich will Sie mit der ausführlichen Mittheilung der Kranken¬
geschichte nicht weiter ermüden. Sie ergiebt einen allmählichen
Rückgang der bedrohlichen Symptome und dann eine allmählich ein¬
tretende Reconvalescenz.
Sie haben ferner gesehen, dass sich vom 7. Februar ab im
Zusammenhang mit der Brustschussverletzung (neben der hämorr¬
hagischen linksseitigen Pleuritis) eine höchst intensive Pericarditis
mit sehr grossem Erguss entwickelte und so heftige Erscheinungen
folgten, dass das Leben der Patientin unmittelbar bedroht war:
allerdings nahm ich keine eitrige, sondern eine serös-fibrinöse Peri¬
carditis an, trotz der hohen Pulsfrequenz und des Fiebers, weil der
Allgemeinzustand der Patientin ein verhältnissmässig günstiger war.
Die Prognose wurde also zwar ernst, aber nicht absolut schlecht
gestellt, und in der That hat Patientin auch diesen gefährlichen
Sturm überstanden.
Sie sehen sie heute (am 30. April) nach dreimonatlichem
Krankenlager vollkommen hergestollt, von gutem, fast blühendem
Aussehen, guter Ernährung. Sie sehen noch die kleinen Narben
der Schüsse, und auch die Reste des Brustfellergusses würde ich
Ihnen noch nachweisen können.
Es bleibt noch die Frage übrig, wie die Pericarditis mit der
Schussverletzung der linken Brust in Zusammenhang stellt. Ich
glaube, dass ein direkter Zusammenhang garnicht von der Hand
zu weisen ist und dass man eine Verletzung des Pericardium und
einen Streifschuss des Herzens annehmen muss. Sehen Sie die
Stelle, wo die Kugel eingedrungen ist, so entspricht sie heute
genau der Stelle des Spitzenstosses, so dass also die Kugel das
Herz streifen musste. Ich nehme an, dass ebenso wie in dem
Pleuraraum auch in das Pericardium ein Bluterguss erfolgte (um
die Herzspitze herum, daher die dumpfen Herztöne an der Spitze).
Zuerst erfolgte bei dem durch Phosphorvergiftung gesetzten Collaps
nur eine lose Verklebung, dann trat mit Zunahme der Lebens¬
kräfte eine Reaction und die Entwickelung der Pericarditis ein,
deren schliesslich günstigen Verlauf ich Ihnen geschildert habe.
Dass wir der Versuchung widerstanden, eine Probepunction des
Pericardiums auszuführen, um die Frage zu beantworten, ob das
Exsudat hämorrhagisch sei oder nicht, werden Sie begreiflich finden.
II. Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn
Prof. Dr. Einne im Elisabethkrankenhause in Berlin.
Ueber die mit dem Bebring-Ehrlich’sclien
DiptaherieEeilser um gemachten Erfahrungen.
Von Dr. E. Schubert.
Auf Veranlassung des Herrn Prof. Rinne will ich in Folgen¬
dem in aller Kürze über die Erfahrungen berichten, welche wir
mit dem Behring’schen Diphtherieheilserum gemacht haben. Die
Untersuchungen umfassten den Zeitraum vom 5. Februar bis
4. Mai d. J. Es wurden in dieser Zeit 34 Kinder behandelt, davon
20 tracheotomirt. Es genasen 28 Kinder; 6 starben (sämmtlicli
tracheotomirt).
Es wurden in genanntem Zeitraum alle Fälle ohne Auswahl
mit dem Serum behandelt, gleichviel ob der Fall leicht, schwer
oder gar hoffnungslos erschien. Die nachfolgende Tabelle (s. P-
u. 478) giebt einen kurzen Ueberblick über das beobachtete Material.
Bei den sechs gestorbenen Kindern wurden durch die Section
folgende Todesursachen eruirt:
1. bei Fall 13 und 31 septische Streptococcenpneumome, zahl¬
reiche lobuläre Heerde;
2. bei Fall 18 und 21 mechanische Verstopfung der feineren
Bronchen durch Membranen, so dass auch die Tracheotomie keine
freie Athmung schaffen konnte;
3. bei Fall 28 ausgesprochene Myocarditis und Nephritis. Bei
Fall 27 (ungeheilt entlassen und draussen gestorben) ist die bec-
tion nicht gemacht, es fanden sich aber im Leben dieselben Sym¬
ptome wie bei seinem Bruder, Fall 28.
Nach dem, w r as wir bisher gesehen, habe ich den Eindruck
gewonnen, dass das Behring-Ehrlich’sehe Heilserum bei
diphtheriekranken Kindern ein wirksames Heilmittel
ist. Die localen Erscheinungen in Mund, Rachen und Nase bessern
sich schnell; die Beläge werden schnell demarkirt und gelöst; vm
mir scheint, schneller als bei irgend einer anderen Behandlung-
Frappanter noch als an den localen Heerdon erschien nur i m
Einwirkung auf das Allgemeinbefinden und die Herz¬
schwäche. Unter den angeführten 34 Fällen befanden sic i
mehrere mit den allerschwersten Erscheinungen der Diphtlieiie.
Kinder mit schwachem Puls, kalter Haut, in theilnahmlosem zu¬
stande, mit stinkendem Ausfluss aus Nase und Mund, Eiweiss im
Urin etc. Gerade bei diesen Fällen war die belebende Wirkung"
des Mittels auffallend. Die Kinder wurden sehr bald theilnahmvoller,
sahen frischer aus, bekamen einen kräftigeren Puls und zeig en
rege Esslust. Bemerken will ich hierbei gleich, dass in diesen
(Fortsetzung des Textes auf p. 478.)
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Gck igle
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
31. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
477
j Name
und Alter
I Er¬
krankt
1 vor
| Aufnahme
LüH O.
4
5. Februar
4 Jahre
Tagen
1894.
Bruno M.
1
5. Februar
3 Jahre
Tage
1894.
i
Elisabeth G.
12
13. März
8 a / 4 Jahre
Tagon
1894.
Kind B.
12
10. Februar ]
2 Jahre
Stunden
1894.
Elfriede B.
6
21. Februar
j 4 1 /2 Jahre
Tagen
1894.
j Frida D.
1
24. Februar I
j 13 Monate
Tage
1894.
; i
Schna M. |
12
24. Februar I
7'/, Jahre [
Tagen
1894.
Richard B.
7
28. Februar E
3'/ 2 Jahre j
Tagen
1894.
Jürgen
Y. IL-C.
8 Jahre.
2
2. März 1894. B
Tagen
;
Franz F.
2
3. März 1894. D
3 Jahre 1
Tagen
t !
]
Luise G. 1
8
13. März D
6 Jahre j
'Pagen
1894. 1
]
Marie N.
1
1 4. März D
3% .Jahre
Tage
1894. £
Hedwig P.
4
15. März B
18 Monat '
Tagen
1894. I
Luise P.
1 1
1.6. März G
107a Jahre j
Tage (
1
1894. 1
c
Kurt Sch.
8 ,
18. März Di
4 3 /* Jahre
Tagen
1894. £
z
3
Fritz G. '
8
18. März Di
37a Jahre 1
Tagen
1894. u
n
Martha N. 1
4
I
19. März Ai
37a Jahre 1
Tagen ,
j
1894. d
E
5
g
Emil Th.
, 6 (
27. März Ai
1 77, Jahre 1
Tagen
1894. d
Aufnahmebefund
Therapie
Verlauf
Entlassen
Grauer Belag auf rechter Tonsille.
Halsdrüsen rechts geschwollen.
Temp. 36,9 (Puls 92).
Dicke Beläge beider Tonsillen.
Schleimausfluss aus der Nase.
Halsdrüsen stark geschwollen.
38,0 (90).
Beläge auf beiden Tonsillen, Uvula
und hinterer Rachenwand. Schnel¬
les, stridoröses Athmen, hoch¬
gradige Laiynxstenose. Puls sehr
matt, 36,6 (96).
,.uv;iag uoi j.ua&meu una aes uau-
mens. Diffuse Schwellung. 39,7,
JV.J1U. jjümg, autJI SUlIKe
Schwellung. Schnelles, strido-
röses Athmen; schwere Stenosen¬
erscheinungen. Halsdrüsen ge¬
schwollen. 37,3 (108).
-3eläge auf beiden Tonsillen
und der Uvula. Halsdrüsen ge¬
schwollen. 38,1 (108).
auf beiden Tonsillen und
Uvula. Halsdrüsen geschwollen.
38,8 (108).
Belag auf beiden Tonsillen. Starke
Dyspnoe infolge Stenose des Kehl¬
kopfes. Puls klein. 36.8 (120).
Injection von 13 ccm Kuh¬
serum.
Injection von 13 ccm Kuh¬
serum.
(Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von 13 ccm Kuh¬
serum.
Injection von 13 ccm Kuh¬
serum.
Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von 13 resp. 5 ccm
Kuhserum.
[Belag am zweiten Tage abge-
stossen. Urin dauernd eiweissfrei.
Belag am dritten Tage abge-
stossen. Urin dauernd frei.
jBeläge am zweiten Tage abge-
stossen. Canüle am vierten Tage
, entfernt. Urin, erst eiweiss¬
haltig, seit dem dritten Tage
frei.
Nach acht Stunden 38,2, Abnahme
! der Schwellung, Umgrenzung des
Belages. Nach 24 Stunden be¬
ginnende Lösung, nach zwei
Tagen Belag abgestossen.
|Canüle nach 4 l / 2 Tagen entfernt.
' Urin dauernd frei.
[injection von 20 ccm Ziegen¬
serum (in fünf Portionen).
Tracheotomie am 25. Fe¬
bruar.
39,0 (116).
rüsen stark geschwollen.
132).
Belag auf Tonsillen und
. Höchste Athemnoth durch
opfstenose. Halsdrüsen
geschwollen. 38,5 (160).
Injection von 5 ccm Ziogen-
j serum.
Injection von dreimal 5 ccm
1 Ziegenserum an drei Tagen.
Sofortige Tracheotomie.
Injection von 13 ccm Kuh¬
serum.
Injection von zweimal 5 ccm j
Ziegen serum an zwei Ta-
. gen-
Injection von viermal 5 ccm
Ziegenserum. Sofortige
Tracheotomie.
(Am zweiten Tage schnell zu
nehmende Athemnoth infolge!
Kehlkopfstenose; gegen Abend
muss die Tracheotomie gemacht
werden. Belag am fünften Tage
abgestossen. Canüle am elften
Tage entfernt. Urin enthielt
vorübergehend am fünften und
sechsten Tage Eiwciss.
JBeläge nach 36 Stunden abge¬
stossen.
Beläge am vierten Tage abge¬
stossen. Canüle nach 6‘/a Tagen
entfernt.
Beläge am 3. März deutlich de-
markirt; am 4. März abgestossen.
Beläge am vierten Tage abge¬
stossen. Ausfluss aus der Nase
hört am fünften Tage auf. Urin
dauernd frei.
Belag nach zwei 'Pagen abge¬
stossen. Canüle nach 3*/n Tagen
entforat, Urin dauernd frei.
12. Februar
1894.
Geheilt,
12. Februar
1894.
Geheilt.
21. Februar
1894.
Geheilt,
Geheilt,
5. März 1894.
Geheilt,
17. März 1894.
Geheilt,
Martha P.
6 Jahre
8 4.
Tagen i
April 1894.
ter Tonsille. Sofortige Tracheotomie. In¬
fi Einziehen, j jection von viermal 5 ccm
■ Ziegenserum.
Ilen. Starke Sofortige Tracheotomie. Li¬
ehen. Hals-: jection von dreimal 5 ccm !
38,3 (128). [ Ziegenserum.
Belag am zweiten Tage abge¬
stossen. Canüle am 6. April
entfernt. Urin dauernd frei.
jZustand andauernd verschlimmert,
i
Halsdrüsen
1. Foetor ex
geschwollen.
[Injection von dreimal 5 ccm .Beläge am zweiten Tage abge-
7. März 1894.
Geheilt,
14. März
1894.
Geheilt,
Geheilt,
Halsdrüsen geschwollen.
39,1 (130).
d. Ath-
leichtes
Stinkender Ausfluss aus
Hochgradige Athemnoth;
. 37.9 (132).
den Tonsillen und Uvula
Jeläge. Schnelles, strido-
röses Athmen mit tiefem Ein¬
ziehen. 38,1 (132).
|lm Rachen kein Belag, doch starke
Schwellung. Schnelles, strido-
röses Athmen mit tiefem Ein¬
ziehen. 38,0 (160)
Ziegenserum.
(Sofortige Tracheotomie, In-
| jection von fünfmal 5 ccm
| Ziegenserum.
Tracheotomie nach fünf
Stunden. Injection von
j viermal 5 ccm Ziegenserum.
Sofortige Tracheotomie. In-
1 jection von siebenmal 5ccm
Ziegenserum.
Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von zweimal 5 ccm
Ziegenserum.
Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von sechsmal 5 ccm
Ziegenserum.
stossen. Urin dauernd frei.
Beläge nach zwei Tagen abge¬
stossen. Canüle am fünften Tage
entfernt. Urin anfangs eiweiss¬
haltig, seit dem fünften Tage
frei.
Beläge nach drei Tagen abge-
i stossen. Canüle definitiv am 11.
April entfernt. Urin dauernd
frei.
Beläge nach vier Tagen abge¬
stossen. Canüle nach fünf Tagen
entfernt. Urin enthält vorüber¬
gehend am vierten bis fünften
I Tage Eiwoiss.
^Zunehmende Verschlechterung.
[ Tracheotomie brachte kaum Er¬
leichterung.
Canüle am fünften Tage entfernt.
Urin dauernd frei.
10. März
1894.
Geheilt,
29. März
1894.
Geheilt,
24. April
1894.
Geheilt,
Gestorben
nach 23 1 ’a
Stunden.
24. Marz
1894.
Geheilt,
4. April 1894.
Geheilt,
16. April
1894.
Geheilt.
28. März
1894.
Geheilt.
28. März
1894.
Gestorben
nach 1273
Stunden.
IG. April
1894.
Geheilt,
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Go igle
Original ffom
UNIVERSfTY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
^r o Name
'! und Alter
Er¬
krankt
vor
Aufnahmo
20 Hertha G.
4
6. April
272 Jahre
Tagen
1894.
21 Erich F.
8
6. April
G : 7< Jahre
Tagen
1894.
22 Fritz W.
2
13. April
3 3 /4 Jahre
Tagen
1894.
23 Arnold Sch.
1 Tage
13. April
1 6 Jahre
1894.
24 ! Alfred Sch.
1 Tage
13. April
! 4 Jahre
1894.
25 Willy B.
14
18. April
27a Jahre
Tagen
1894.
26 Ilse F.
1 Tage
13. April
272 Jahre
1894.
27 Richard P.
8
25. April
4 Jahre
1 Tagen
1894.
Aufnahm obefund
Therapie
28 j Carl P.
6 Jahre
29 Hellmuth F.
374 Jahre
30 Anna R.
3 74 Jahre
31 Gotthilf S.
5 Jahre
32 Gurt M.
3 Monate
33 ! Bertha P.
I 8 Jahre
34 , ^ Max P.
; 5'/2 Jahre
Belag auf Tonsillen und Uvula. Injection von dreimal 5 ccm
Halsdrüsen stark geschwollen. Ziegenserum.
37,5 (128).
Kleiner Belag auf rechter Tonsille. Sofortige Tracheotomie. I 11 -
Sehnclles, stridoröses Atlimen, jcction von viermal 5 ccm
tiefes Einziehen. 38,0 (140). Ziegenserum.
G rauor Belag der Tonsillen. Schnel¬
les, stridoröses Athmen mit tiefem
Einziehen. Halsdrüsen stark ge¬
schwollen. 37,4 (120).
Dicker Belag auf Tonsillen. Hals-
; drüsen geschwollen. 38,6 (128).
iDicker Belag auf Tonsillen. Hals-
| drüsen geschwollen. 37,9 (116).
Im Rachen kein Belag. Stridoröses
Athmen; hochgradige Athemnoth.
Halsdriiseu geschwollen. 37,6
(132).
1 Dicker Belag der Tonsillen mul
| der Uvula. Halsdrüsen ge-
; schwollen. 36,8 (108).
Dicker Belag der Tonsillen, der
Uvula und des Gaumens. Nase
verstopft. Patient sehr elend.
38,6 (140).
Sofortige Tracheotomie. Iu-
jection von viermal 5 ccm
Ziegenserum.
Injection von viermal 5 ccm
Ziegenserum.
Injection von viermal 5 ccm
Ziegenserum.
Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von dreimal 5, zwei¬
mal 6 und 8 ccm Ziegen¬
serum.
Injection von zweimal 5 ccm
Ziegenserum.
Injection von sechsmal 5 ccm
Ziegenserum, zweimal
9 ccm Kuhserum. Tracheo¬
tomie am 26. April Mittags.
Beläge nach drei Tagen abge-
stossen. Urin anfangs stark ei¬
weisshaltig, zeigt bei Entlassung
minimale Spur Eiweiss.
Geringe Erleichterung. Bald an¬
haltend zunehmende Verschlim¬
merung.
Beläge nach drei Tagen abge-
stossen. Canülo nach drei Tagen
entfernt. Urin dauernd frei.
16. April
1894.
Geheilt.
7. April
1894.
Gestorbon
nach
19 Stunden.
26. April
1894.
Geheilt.
Belag nach vier Tagen geschwun- 26. April
den. Urin dauernd frei. 1894. Geheilt.
Beläge am vierten Tage abge- 26. April
stossen. Urin dauernd frei. 1894. Geheilt,
Canüle nach 472 Tagen entfernt. 5. Mai 1894.
Urin, erst stark eiwoisshaltig Geheilt,
und spärlich gelassen, zuletzt
frei, bei normaler Quantität. |
Beläge am vierten Tage abge- j 17. April
stossen. Urin dauernd frei. 1894.
8 25. April
Tagen 1894.
6 25. April
Tagen 1 1894.
4 26. April
Tagen 1894.
3 28. April
Tagen 1894.
5 28. April
Tagen 1894.
8 1. Mai 1894.
Tagen !
13 i 4. Mai 1894.
St undon I
Gangränöser Belag der Tonsillen,
!• der Uvula und des Gaumens.
I Nase verstopft. Patient sehr
| elend. 37,8 (128).
jDicker Belag auf Tonsillen, Uvula
| und Gaumen. Schnelles, ober-
! flächliches Athmen; tiefes Ein-
: ziehen. 36,9 (108).
Dicke Beläge auf Tonsillen und
Uvula. Schnelle stridoröse Atli-
mung; tiefes Einziehen. 37,4
(136).
Belag auf Tonsillen und Uvula.
J Stinkender Ausfluss aus Nase.
! Schnelles stridoröses Athmen;
! tiefes Einziehen. 38,5 (136).
Injection von sechsmal 5 ccm
Ziegenserum, zweimal
9 ccm Kuhserum. Tracheo¬
tomie am 26. April Mor¬
gens.
Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von viermal 5 ccm
Ziegenserum.
Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von zweimal 5 ccm
Ziegenserum, 10 ccm Kuh¬
serum.
Sofortige Tracheotomie. In¬
jection von zweimal 9 und
viermal 10 ccm Kuhserum.
Beläge nach fünf Tagen abge-
stossen. Canüle nach vier Tagen
entfernt. Urin enthielt von An¬
fang an Eiweiss, dessen Menge
während der Behandlung zurück¬
ging. Am fünften Tage Sym¬
ptome von Myocarditis.
Belag am 29. April fast ge¬
schwunden. Urin andauernd ei¬
weisshaltig. Am vierten Tage
deutliche Symptome von Myo¬
carditis.
Belag am vierten Tage abge-
stossen. Canüle am 17. Mai de¬
finitiv entfernt. Urin anfangs
eiweisshaltig, vom dritten Tage
an frei.
Beläge nach 272 Tagenabgestossen.
I Canüle nach vier Tagen entfernt.
2. Mai 1894.
Ungeheilt.
30. April
1894.
Gestorben
nach 4 Tagen
| 18 Stunden.
21. Mai 1894.
Geheilt.
21. Mai 1894.
Geheilt,
Dicke Beläge beider Tonsillen. Injection von fünfmal 5 ccm
i Athmung leicht behindert. Aus -1 Ziegenserum und fünfmal
| flu,ss aus Nase. Halsdrüsen ge- 5 ccm Kuhserum,
i schwollen. 38,3. i
Dicker, gangränöser Belag der Injection von dreimal 9 ccm
i Tonsillen, Uvulaund des Gaumens, und fünfmal 10 ccm Kuh-
: Stinkender Ausfluss aus Nase, scrum.
I Halsdrüsen geschwollen. 38,0
j (104).
Dicker Belag auf Tonsillen und Injection von 6 ccm Ziegen-
Uvula. Halsdrüsen geschwollen. I serum und dreimal 10 ccm
j 39,6 (124). | Kuhserum.
Belag nach zwei Tagen abge- jl. Mai 1894.
stossen. Andauerndzunehmende 1 Gestorben
Verschlechterung des Zustandes; nach 72 Std.
aus der Canüle wird nichts ent¬
leert.
Belag nach zwei Tagen abge- 10. Mai 1894.
stossen. Vorübergehende Dys- Geheut,
pnoo.
Belag nach fünf Tagen abge- Im Bestand,
stossen. Urin, anfangs stark ci-
weisshaltig, ist frei. Seit dem
19. Mai leichte Gaumensegel¬
parese. *
Belag am dritten Tage abge- Jl-Mai 1894.
stossen. Urin dauernd frei. Geheut,
schweren Fällen grosse Dosen und in öfteren Wiederholungen ver¬
abreicht werden müssen.
Das Mittel hilft nach unserer Beobachtung am besten bei
ganz frischen Fällen; bei diesen genügt in der Regel eine
einzige Dosis, um die Krankheit zu coupiren. Bei den schweren
hällen diphtherischer Allgemeinerkrankung dagegen müssen die
Einspritzungen nach Bedarf wiederholt werden. Auch die Grösse
und das Alter des Kindes bedingt eine Verschiedenheit, in der
Dosirung über welche man sich erst in der Erfahrung ein Urtheil
schaffen kann.
,.. , In ) allgemeinen ist Herr Prof. P. Ehrlich im Verlauf der
klinischen Beobachtung zu der Ueberzeugung gekommen, dass zu
Heilzwecken beim Menschen erheblich grössere Mengen erforder-
hcli sind, als nach dem Thierexperiment zu erwarten war.
Nachtheilige Wirkungen haben wir von den Seruminiec-
tionen me gesehen; nur bei den ersten Fällen, wo wir die In-
.jection in den Rucken machten, bestand einen Tag lang etwas
Schmerzhaftigkeit im Bereich des Stiches. Später haben wir die
Injectionen stets in den Oberschenkel gemacht, und zwar sub-
cutan, und die Injectionsflüssigkeit durch Reiben möglichst vei¬
theilt. Dabei haben wir locale Reizungen nicht mehr gesehen.
Natürlich ist strenge Asepsis unerlässlich. Eine besondere Injec-
tionsspritze ist nicht nöthig; sie muss nur sauber sein.
Sechsmal traten nach der Injection Exantheme auf, die
jedoch, ausser leichter Temperatursteigerung, nicht mit weiteren
Krankheitserscheinungen verbunden waren. Fünfmal hatte der Aus¬
schlag den Charakter des Scharlachexanthems, war vier mal über
den ganzen Körper verbreitet, einmal in der Umgebung der Stich¬
stelle. Einmal entstand Urticaria in derUmgebung der Injectionsstelle.
Ob diese Exantheme Folge der Einspritzungen waren, kann
ich nicht mit Sicherheit behaupten, da zu derselben Zeit auch bei
anderen Patienten der chirurgischen Abtheilung ein ähnlicher Aus¬
schlag beobachtet wurde.
Von Nachkrankheiten haben wir zweimal hämorrhagische
Nephritis beobachtet, einmal neun Tage nach der Entlassung,. das
andere mal etwa drei Wochen nach der Entlassung; beide Kindei
sind genesen. Lähmungen kamen nur einmal zur Beobachtung, und
zwar eine Gaumensegelparese.
Digitized by
Original fru-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
31. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
479
Wenn ich über unsere bisherigen Erfahrungen nur Günstiges
berichten kann, so bin ich persönlich der Ueberzeugung, dass dies
Ergebniss nicht auf zufälligen günstigen Umständen beruht, da
wir niemals und vor allem nicht unmittelbar vor der Periode’ der
Serumbehandlung so gute Resultate gehabt haben. Aber ich weiss
sehr wohl, wie leicht man sich gerade bei Diphtheriebehandlung
über die Erfolge täuschen kann. Uoberraschendo Resultate, sowohl
nach der guten, wie nach der schlechten Seite, haben wir oft
genug gehabt. Das beobachtete Material ist noch viel zu
klein, um daraus sichere Schlüsse über den Werth der
Serumtherapie ziehen zu können. Ich möchte deshalb ein¬
dringlich vor übertriebenen Hoffnungen warnen, damit nicht der
gute Kern, der dieser Sache zweifellos innewohnt, disereditirt
werde. Denn wenn auch das Serumheilverfahren alle berechtigten
Erwartungen für die Zukunft erfüllen sollte, so werden wir doch
bei weitem nicht jeden Diphtheriefall heilen können. Sobald die
durch das Gift gesetzten Veränderungen des kranken Organismus
so wesentliche sind, dass sie eine Reparation ausschliessen, wie
z. B. bei schwerer Degeneration der Nieren, des Herzmuskels u’s. w.,
wird auch kein Antitoxin mehr helfen können.
in. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in Berlin,
Abtheilung des Herrn Direktor Dr. W. Körte.
Resultate der Heilserumtherapie
bei Diphtherie.
Von Dr. Engen Voswinckel, Assistenzarzt.
Im städtischen Krankenhause am Urban wurden in der Zeit
vom 20. Januar bis 22. März 1894 im ganzen 60 Kinder mit dem
von Prof. Ehrlich, Dr. Kossel und Dr. Wassermann in dieser
Wochenschrift 1894, No. 16, beschriebenen Diphtherieheilserum be¬
handelt. 1 ) Dabei wurde die früher angewendete Behandlung: Gurgeln
resp. Ausspülen des Mundes mit Thymollösung, Abtupfen der
Membranen mit 1 °/oo Sublimat, Spray von Milcksäurelösung, viel
Vein und möglichst gute Ernährung— häufig durch Sehlundsondo
— ebenso ausgeführt wie vorher, w'ährend specifische Mittel nicht
in Anwendung kamen.
Die Zahl von 60 Fällen ist nun nicht gross genug, um daraus
endgültige Schlüsse zu ziehen. Es kommt bei der Bcurtheilung
von Heilresultaten bei Diphtherie mehr noch, wie bei anderen Krank¬
heiten darauf an, wie die Fälle beschaffen waren, an denen der
V erth eines Heilverfahrens geprüft wurde. Dass leichte Fälle in
der Regel genesen, von mittelschweren Fällen die Mehrzahl, von
schweren Fällen die Minderzahl, ist bekannt. Somit kommt es bei
der Beurtheilung der Heilkraft eines Verfahrens darauf an, fest¬
zustellen, bei welcher Kategorie von Fällen dasselbe angewendet
wurde und wie der Charakter der Epidemie im allgemeinen war.
Es können in dieser Beziehung grosse Verschiedenheiten obwalten,
nicht nur in verschiedenen Gegenden, sondern sogar in verschie¬
denen Theilen ein und derselben Stadt.
Nicht selten ist es, dass im Norden Berlins beispielsweise die
Diphtherie in milder Form herrscht, während im Süden die schwere
rorm ühorwiegt. Nur eine sehr grosse Statistik, die sich über
einen längeren Zeitraum und Epidemieen in verschiedenen Gegen-
uen erstreckt, kann brauchbare und einigermaassen zuverlässige
Resultate ergeben.
h ] ^ eses «Gesetz der grossen Zahlen“ für die Heilserum-
oeiiandlung noch nicht in Anwendung gebracht werden kann, so
mU .l -i an< * ere Methode befolgt werden: die Fälle möglichst
nach ihrer Schwere zu ordnen und dann die bei denselben erzielten
ei erfolge därnach zu betrachten. Es lässt diese Betrachtungsart
. )e a s Einwände zu, denn sie eröffnet der subjectiven Schätzung
? ew * ssen Spielraum. Die Prognose der Diphtherie zu stellen,
T j ®kaimtennaassen recht schwer, manchmal ganz unmöglich.
f ; ili °. ? s für einen Beobachter, der jahrelang Diphtherie-
1 . e ln re jchlicher Anzahl zur Beobachtung bekommt, möglich
1 \ I 1J^ntersuchung eines Falles denselben in eine der drei
und len Kategorieen „schwer, mittelschwer und leicht“ im grossen
trip}if anZen ©inzuordnen. Welche Mängel nun dieser Be-
dip p- UngSwe . ise . an haften mögen, sie war im vorliegenden Falle
Vn«f i? zi ® mö ff^ c he, um zu einem Urtheil über den Heilwerth des
Verfahrens zu kommen.
aii e * *l er Beurtheilung der Fälle kam in erster Linie der
gemeinzustand des Kindes in Betracht, erst in zweiter Linie
weil y ,u ^ en 111 dieser Zeit ohne Serum behandelt, theils
Fällft mnWk gen ?^- e ,. MeD £ en desselben vorhanden waren, theils weil die
entlasspn ein £®üefert wurden, 18 Kinder, von denen acht geheilt
denen siehnn de ? zelin star i ) eni und ferner neun Erwachsene, von
en sieben geheilt wurden und zwei starben.
-—VT 6 , . -na-grmensem cies Allge¬
meinbefindens — „Benommenheit, oder unruhiges Umherwerfen
grosse Abgesch 1 agenheit, kleiner beschleunigter Puls“ — deuten
stets auf eine ernste Erkrankung hin. Desgleichen sind die charak¬
teristischen weichen ödematösen Schwellungen der retromaxillaren
Drusen ein Zeichen schlechtester Bedeutung, während die zur
Abscedirung führenden festen, sich erst allmählich erweichenden
Drusenpackete nicht die gleich schworo Bedeutung haben Es
kann ein sehr starker und ausgedehnter Belag im Halse vorhanden
sein, ohne dass das Allgemeinbefinden erheblich gestört ist Von
schwerer Bedeutung ist die Diphtherie im Nasenrachenraum mit
Zuschwellung der Choanen, jauchigem Ausfluss aus der Nase
welcher die Lippen anätzt.
Die Zuschwellung des Kehlkopfes zeigt im allgemeinen nur
eine weitere Ausbreitung des lokalen Processes an, jedoch noch
nicht ohne weiteres eine erhebliche allgemeine Erkrankung Die
Erfahrung, dass da, wo letztere fehlt, die Kinder nach der Tracheo¬
tomie sogleich ausserordentlich viel wohler sind, oft im Bett auf-
sitzen und spielen, ist ja bekannt.
Die Eintheilung der Fälle in die drei Gruppen geschah nach
folgenden Grundsätzen:
Unter A: „Schwere Fälle“ wurden solche Fälle gerechnet,
bei denen tieferes Ergriffensein des Allgemeinbefindens unter meist
schweren localen Symptomen vorhanden war. Es wurde hierhin
gerechnet die prognostisch so ungünstige Nasenrachendiphtherie,
ferner die Fälle mit den beschriebenen weichen Drüsenschwellungen,
während die durch Athcmbeliinderung allein erzeugte Depression,
sofern sie durch Tracheotomie alsbald gehoben werden konnte, an
sich nicht als „schwer“ betrachtet wurde.
Zu B: „Mittelschwere Fälle“ zählten wir solche, bei denen
zwar starke Beläge und Schwellungen im Rachen vorhanden
waren, jedoch noch keine Anzeichen einer Allgemeinintoxication
Vorlagen.
Als C. „Leichte Fälle“ wurden diejenigen bezeichnet, bei
denen deutliche Beläge zwar vorhanden waren, jedoch weder die
localen noch die allgemeinen Erscheinungen einen schweren Ein¬
druck machten.
Nach diesen Principien nun wurden die Kinder gleich nach
der Aufnahme in eine der drei Gruppen eingereiht. Bei sämmt-
lichen Fällen wurde die Beurtheilung von Herrn Direktor Körte
vorgenommen und von diesem der Verlauf täglich eontrollirt. In
allen Fällen "wurde ferner die Diagnose durch Anlegung von Agar-
Agarculturen sichergestellt (Dr. Finkeistein, Dr. Pinner).
Von den mit Serum behandelten 60 Fällen wurden darnach
angesehen als schwere 80, als mittelschwere 16 und als leichte 14,
so dass die Zahl der schweren Fälle ebenso gross ist wie die der
mittelschweren und leichten zusammengenommen. Von den 30
schweren Fällen wurden geheilt 15 l ) = 50%, von den 16 mittel-
schweren 13 = 81%, von den 14 leichten 14 = 100%. Insgesammt
wurden von 60 Fällen geheilt 42 = 70%.
Der Procentsatz der Heilungen der Gesammtzahl der Diphtherie¬
kranken im Krankenhause am Urban betrug 1890: 55,7%, 1891:
55,6%, 1892: 56,6%, 1893: 51,7%. Es ist also eine Steigerung
der Heilungen von ca. 14%, gegen 1893 sogar von 18% zu cön-
statiren.
Tracheotomirt wurden von den mit Serum behandelten Kindern
im ganzen 20 und davon geheilt 9 = 45%. Dagegen betrug der
Procentsatz der Heilungen nach Tracheotomie im Urban 1890: 23%,
1891: 22%, 1892: 20%, 1893: 26%. Es ist also eine Steigerung
der Heilung bei tracheotomirten Kindern von 20—25% zu consta-
tiren. Bemerkt sei hier, dass alle Kinder, bei denen Athemnoth
es angezeigt erscheinen Hess, tracheotomirt wurden, ohne Rücksicht
auf Lebensalter oder Schwere der Nebenerscheinungen.
Zur Beurtheilung der Epidemie dieses Winters gebe ich noch
folgende Zahlen: Vom 20. November 1893 bis 20. Januar 1894,
also in dem gleich langen Zeitraum vor Beginn der Serumtherapie
wurden hier behandelt:
71 Fälle, davon geheilt 37 = 53,5%
tracheotomirt 34 „ „ „ 10 = 29,0%
Rechnet man dazu die während der Zeit vom 20. Januar bis
22. März 1894 nicht mit Heilserum behaudelten 18 Kinder und
9 Erwachsenen = 27, von denen 12 starben, so ergiebt sich die
Zahl 98 mit 53 Heilungen = 54%.
Nach dem 22. März bis zum 20. April wurden ohne Serum
behandelt 30 Kinder, davon wurden geheilt entlassen 8, es starben
13, und 9 sind noch in Behandlung. Von 8 tracheotomirten
Kindern starben 6, die übrigen 2 sind noch in Behandlung.
*) Nachträglich erfuhr ich, dass eines dieser Kinder 14 Tage nach
seiner Entlassung zu Hause gestorben ist. Es scheint daselbst aber auch
an jeder Pflege gefehlt zu haben.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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den efSi-w, Lebeusiaiirnn am gerrngsken stud. sied nie hi* r .au»
groustun, was aIJurdmg,s nibni .änderbar' ist,. Wm‘mar». r.ednnkL
dn*n di.-se Kiiuhr. be?.ogmi unt ibr il*Tp''^wieJ!r, dleTrOsvfyu
Dosen üm HuiW.tfrt*? babnn> Daus dtn ,Zt\h\ thv KnT
InngGt) voih ;>»'Unw-n Jaliiy. .«n v.jedj’r Meiirt, Hegt oauhhr}) a.u d.w
grdp^Mnui Wiif t *i vt^j^j-u.i.irie-h, .dh-rrr KiinJ.-f,
... t wü der ersten SerummjO.iio-f!
!'* s zti * r -bint-bissruuv aus de}!! Kj-Hnk'on.naUso-. • bei den seitworen
F.Uii-u CU. 2i, ( bei d< ») niiM<*L'.'» , .!iw-ti4'ei. t:nd Söhd-Hoi ,-r: j r, Ta er.
im. Anja!!;; 1 wurde !Uh 4< in?* den s'lnvbfcn rlüliUi nur «:dnu
emzigr lujocCno ?eft Snmm 1 ). geiuaeut, während spittor hWIs-
.. .. ...... —, ^ . ^o§t>?Tlißßhti'Kijidbranö^u 4
«wnes rwrnmai iiiumet wai\ während \m den ge]mitten in etn-Aüeu
™ & 1T' vinrniul tdlerdlBgs. scili'wankötnln MtJAgnuv - pn giinxt/ß *vöö
8—20 uem verbraucht, wurden.
! i Cebm- den iiumiuiiXnmuaw. ni, Aw fo/rewm.dte'n S«rmn.s yerMi
bmm^ w&lmn, WqchPnsobrift Vm r Ka, UV ,T>«kn die Göwhimmy
v«i£h„G^i, jUs. Th|d-AiJ*4 v-*£ C. ICbi'Jinif . aklCo^^eJ
!>r»d W.a■ väe ”iWv m ’ >bj
ifffi A i W’v !? b’OT JlTP
Im Anfango batlen wir 4n»v vovsiel\tig(5 Steig^rujie- der DusiF
VorgeimmmbU,, tUi dkv Btnfi’ nfudi niohl gentigHid in seinen \Vii%
kooeen belumnt war, im Verlauf aber. Unbtm wir uns ülmrzmigf,
(Ihsh g-ermlo dreiste Stuigeruihgm vom, bu^tun ' Erfolg begleitet
AVlir<U!„
. {ft .BozVig auf dßn nfiter HuiJ^^fiambeitaHd -
hm:: wurde Tolgnmles boobmdtitdu Ein 'iTinperaturabuilI nacli (W
jVti'-f.t.ion war nur in wnjugen und dabei umisk leieKten FiUkm zu
benierkeib, olmnno oft stieg die Tc»Tuü'U'atu'r liueli ■ der Injerii^i)-
Wjdm-, wob) imnbbkngig von »lerselbed. Eins jodueb- gl Hüben wii'
in laut aOun Fdlbui, abgesobei» von den extrem Hdiwei.-un, bemerkt
zu haben, d:«.^- mimHc-Ji die Kinder etwa 2l Stunden umT dar Im
jnd bm bich: hufbiHend wokl bofamlen, dJft im Bbti /mfsasaem. imij
Spielten^ te fnilöt»* soMe40,«. FuiS Bfufi Tedeubuml ge-bes^rj: ba%
viutT . sob'he Kinder, diu Bdnmhibet in das Kranken bims v--
bnicht wnrdim, 21 HinndiUi nneb der 1iv}e,'Hon himhig g;mv kbu
waren. Äbni tei fmsdriiddiyh m bmueiiepy du^s Ulföh Fmpböhe
oir.jii auf. Tforhnutig. dnr etwaigen TrUeMntomin tn ; müm. ■ >ah
denn wir haben dieselbe weder vorher noch imehher in der Weise
geärbmi, sie .muss also dem Serum Zuge? ( 'lirieben WmXm. Hieb
di“se Wirkung aoeh in rielnh f elhu, nnKfc' lange,wu, «u wFr AK
dnthrreh gerado um so aofTalKuder. Dass sinh diu MöoibraÄ
•'•ffü'hor gf.lbsk buM.mu wie bei nieht iiijtMrt.on Kinder»^ ii(»8S 4ek'
nicht, ennst^tiren; ja hoi cdnouL Kindo, dn? itmorhalb ilrrior Tage
ilrmiTtnl 8 n/:m und upöier nuuli diffjhäl 0 «um bekam, liieHßp sie
seb küssenoaioollihi Jattge. M''hnnnJe kam' es osicb vor, dass sieh
oaeij AbKrosKUMg der oikro Mombianen neue btjilrtnn
' .Ejub'.4ehlldl10he AVirkuug* des Serums auch bni f(rda<>tW-
Cnbeo wurde nin bemerkt.
Kur in uiingon wenigen Ftiilmi biblmen meb id dm' Umgebung
drr Ehi^tt>Jföt;eÜn IlrVicsrm khoKeho Quaddeln, iöo aber kill elm*-
ftof.fnm versehwaiideu. ITminar eudsHiud am Euistirb eia« kdoht-
n»■ rz 1 >uifo InfüWoH öi g djn gher auhb in »4ndgot. Ibigun von'seihst
V.ih;Ttukgißg Eiweiß trat im Ui in ui giösserer MnögP in siebon
ICUlm, in markiger. Wr-ngu hi zehn -Ktiilmi auf, verseiuvemd ab>w
Tmdstmm -sehr jjidd wieder. An ausgesprochener KepbriHy Ifnbefl
wir nur zwei Kinder vor!»Jir.p, wie die Sbutionengduf dkitT später
noch komiiiGm Wepto, zweitel)cs mlgaben. Djiw muu Kind kam mt
V*du|fi‘U KiunkheOs.tage zur inject Ion und ImCto sehem bei der Adt-
. nab me starke Albuminurie, es ^gui- eil' Tage spiVtcr. .Das aiuCio
wimie um sielmntTn KrankImiistago nufgenomtnen; jmke-K w«ir m
den ersien Tage« kKn Urin von demselben m -.iMiAlmi, es starb
[um swbenteit Tage um h der htjomion. Sehluek- uiid Urmmen-.
-(mellnloniuu/on wurden inrtnuub benkuTtet, in yeeschiedrimr
' Stärk«, p-dnrb wart'Ti sämmHieijo Kimior l»D auf zwei mb muh»*»
GM i; donuny J/ehuitef.e Ui-i ihrer Enthtsiumg «»vm.
Fivit, Jini einem Kinde trat rWihrhe Harese de- Imkmt r u-.
fmänlk Höd, die äikh nach bei der EntlassmiWD^&ad. uful beiv
eimuo Siobeujubrig-im Krukunu eine A^eonnnodjiiiim-Dheiuiij' bmder
Augen, die, .dier mir}» mu h »uuunn 'i ii-\«»»-1 iaiDIdo
Liiftnotig rk-r KarkotmdtHkHiaArr eidinn W'U' in &ww FMku- Ebenso
oft wb sonst, fritmi Mitifhdircite.juutCnn auf mul meriovnrriig ofi
eilo» ge TuhlfW Alebnuols verviterkm die HakoTfmon. und ea nuisifr
doi gihildi’iG ÄbsoGss gedlbmt wunio«. Hmudiopummvmueen wuHimi
in-pteluornj» Fdilfib in •yurscJilhdüffCr StlirkK bnbbabhttft, davon zwei
mit Ictalom Aufgang 1 ). ■: •’
Th’i don Sr-ädorion ergab sieh, das? von. dmi bKben 1 allen,
webdio in Belraeld konimen da i.i naMlrheb • nur -dinjoingöft- unt-
gfthtirb w&Tteb; - wnlnlm bi'n^fr nk ^4 SOimhm nach »Kr Inj^tion
bm. Lmbmo hHnfe«m. r da fhrnor rnblumrn Syctknen von deü Mit-erri hv
hihirt und dwr"i>ine Fall von Atjjhu^tnbytknb^ au^* v h w hKt,
in diesen «Mjmi FJUkä nitr- y/wöimat starke. KophviHs
«•ti;vmnf»-«u- gofnmkn wurde, nimital m •VerhiiHi.imj^ oW Astdrs. j, ‘ui
in abop nrnlmmt! Ffilion mir v6t» eiiimr lölehton Milben Seitwoliang
des F-irmu .ijr Umlu ist. , Uio Hm’iuido an. den. unumri. Ür-
gunmi bloten au^m tiK'lmnalo aofirc.fmohm brf.mdudoeminmjnwttee
Heer Hon, dir io ywm F/ilien so ;iwsg.* t )ehot waniii, dass dhweiben
Wohl -hi-s. l'cxb'mirsneln- angeMolmn werden ftiflöfon, nichts hej-ötnk'TS
berumkeGswG! < bes: Fnvoluu. sei uodt ? dass Kch bei rire'iu Kibde,
Ste 17 Tuge u;wh de.e FrIviVUiKnug" >;»bti 18 TageJhicil de! I.tl*
.lemimr Starb, lirs Hnlvou Bor/mu HRmlb ufiffuibW Tjirnmbno hutdou.
Ais d'odosursaoho tiudrb dudi insge^rovTiii: HertschwaKu) sieben-
niul, UrfmebopoGurnonie •zweimal. HiipsiB so.d^mHl, Nephritis rwew
mal,
2nin ßdiloHk. göbm ich imrbsichGnd eine kmzo IftMDrDoho
BpBchrojhimg der stfev^rfin FadKr * 51 w ; T f
’) Biii Cftü, wohhoi wödD gnboill;' aus dmu- Kronkcnhau^o suiUa^vn
wurde -und dort nioßud-s Eeseh.h)urigew v.»*n oeib n der Luugou d ;U 'W*
buten hatte« Juuit. vier A oebou sohtwr wereo lüti^s Eiu.pveins wu-ncr u»
IkhAndhiiig .Und J)ft0fulol -sii*)) n,m:b tm. KraiiköiilniUso,
31. Mai.
D EUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
481
Rec.-No.
and
Tag der
Aufnahme
Name
d
, £
1 A
.9
i I §
CD CO .2
Status praesens bei
der Aufnahme
I
Menge
des
injicirten
Serums
Complicationen
Geheilt
Ge¬
storben
Tracheo¬
tomie
S e c t i o n
Todes¬
ursache
3293
20. Januarl
3339
25. Januarl
2681
31. Januarl
3362 F. 0.
28. Januar
A. S.
A. A.
3376
30. Januar!
2443
2. Januar
Vor Be¬
ginn der
Serum¬
behand¬
lung
3403
1. Fe¬
bruar
2726
6. Fe¬
bruar
3449
8. Fe¬
bruar
3500
10. Fe¬
bruar
H. W.
E. P.
3'/i
E. W,
C.B.
R. H.
W. D.
| 20 .
Januar,
4 ccm
[25. Januar
4 ccm
27. JanuarJ
1 ccm
lOTagej Rachitis. Uvula stark
belegt. Tonsillen stark
geschwollen. Aus der
Nase eiteriger Ausfluss.
Puls 120, klein. Allge¬
meinbefinden schlecht.
Reichliches Eiweiss.
Leichte Bronchitis.
3'A I 4 Tage | Abgeblasstes Masern¬
exanthem. Kind macht
einen sehr schwer kran¬
ken Eindruck. Massige
Schwellung der Ton¬
sillen. Keine Beläge.
Grosse Athemnoth. So¬
fort Tracheotomie. Ent¬
leerung von reichlichen
Membranen.
4 Tage | Tonsillen und Uvula
stark belegt. Puls 120. 4 ccm
klein. Allgemeinbefin- 2. Fe-
den leidlich. Bellender bruar
Husten. 2 ccm
4 Tage) Im Rachen und auf den j28. Januar
Tonsillen kleine belegte | 4 ccm
Ulcerationen. Starke
Dyspnoe. Sofort Tra¬
cheotomie. Entleerung
massenhafter Membra¬
nen.
4 Tage | Tonsillen und Rachen |30. Januar
mit dicken Belägen. | 4 ccm
Schmierig-eiteriger
Ausfluss aus der Nase.
Foetor ex oro. Puls
sehr beschleunigt, sehr
klein. Starke Dyspnoe.
Sofort Tracheotomie.
|22Tago| Tonsillen mit dicken Be¬
lägen. Blutig-eiteriger
Ausfluss aus der Nase.
Beim Ausspritzen ent¬
leeren sich Membran¬
fetzen. Starke Albu¬
minurie.
Urticaria um die
Einstichstolle.
Gaumensegel¬
lähmung. Otitis
media.
[31. Januar
14. Fe¬
bruar
[31. Januar.Nephritis. Bron¬
chopneumonie.
6 l /a 2 Tago
7 Tage
4‘/a
6 Tage
6 Tage
Emphysem des
Unterhautzell-
gowebes.
24. JanuarLymphadenitis
4 ccm,
da sich am
18. Januar;
neue Be¬
läge ge¬
bildet
hatten
1. Fe¬
bruar
4 ccm
Tonsillen und Uvula mit
dicken Belägen. Eiteri¬
ger Ausfluss aus der
Nase. Foetor ex ore.
Allgemeinbefinden
schlecht. Gesicht ge¬
dunsen.
Tonsillen, Uvula und
Rachenwand mit dicken
Belägen. Blutig-eiteri¬
ger Ausfluss aus der
Nase. Starker Foetor
ex ore. Puls sehr klein.
Grosse Hinfälligkeit.
Stimme heiser. Geringe
Athemnoth. Starke Al¬
buminurie. Sepsis.
Tonsillen stark ge- 8. Fe¬
schwollen. Kein Belag. bruar
Starke Einziehungen. 4
Puls sehr schnell, sehr
klein. Grosse Hinfällig¬
keit. Sofortige Tracheo¬
tomie. Entleerung
grosser Membranfetzen.
Albuminurie.
Gedunsenes Aussehen. I 10. Fe-
Tonsillen, Uvula und bruar
Rachenwand mit dicken | 4 ccm
Belägen. Schleimig-
eiteriger Ausfluss aus
dor Nase. Puls 130,
klein.
colli.
media.
Otitis
13. Fe¬
bruar
25. Januar
Degeneratio adiposa
myocardii. Broncho-
pneumonia incipiens.
Nephritis et Hepatitis
parenchymatosa. Tu¬
mor lienis.
Nephritis
I
28. Januar
30. Januar
25. Januar
Schluck- und
Gaumensegel¬
lähmung.
6. Fe- . Stark 0 Dyspnoe,
bruar
4 ccm
Emphysem des
Unterhautzell-
gewebos.
27. Fe¬
bruar
30. Januar
28. Januar
Hyportrophio des linken
1 Ventrikels. Entfärbte
Thromben im linken
Ventrikel und rechten
Herzohr. Nephritis und
Hepatitis parenchyma¬
tosa. Pneumonia dextra
Superior.
Hautemphysem. Laryn-
' gitis et Tracheitis diph-
therica. Ulcera ton-
sillaria. Emphysema et
Bronchopneumonia pul¬
monum. Nephritis par¬
enchymatosa.
Bronchopneumonia du¬
plex. Trübe Schwellung
der Nieren und Leber.
Bronchitis purulenta.
Laryngitis et Tracheitis
diphtherica.
Flache Geschwüre an
den Tonsillen. Drüsen-
abscess rechts am
Halse. Diphtherische
Membranen im Larynx
und der Trachea. Eite¬
rige Bronchitis. Leichte
parenchymatöse Ne¬
phritis.
8. Februar.6. Februar!
10. Fe¬
bruar
29 Stun¬
den nach
der
Injection
19. Fo-
bruar
8. Februar
Verweigert.
Diphtherische Membra¬
nen im Larynx und der
Trachea bis in die mitt¬
leren Bronchien. Em¬
physem der Limgen.
Bronchopneumonia in¬
cipiens. Leichte Nephri¬
tis parenchymatosa.
Verweigert.
Herz¬
schwäche
Broncho-
pneu-
Sepsis
Herz¬
schwäche
Sepsis
Herz¬
schwäche
Herz¬
schwäche
□ igitized by CjOusie
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
482
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22
Rec.-No.
und
Tag der
Aufnahme
Name
g
.a
Status praesens
bei der Aufnahme
Monge
des
injicirten
Serums
Complicationen
Geheilt
Ge¬
storben
Tracheo¬
tomie
S e c t i o n
Todes¬
ursache
3635
21. Fe¬
bruar
*3658
22. Fe¬
bruar
3G68
23. Fe¬
bruar
W.E.
W.H.
W. J.
3680
25. Fe¬
bruar
H. M.
2888
25. Fe¬
bruar
3G99
27. Fe¬
bruar
3907
27. Fe¬
bruar
3940
2. Mürz
2943
3. März
3796
7. März
Cli.B.
G. K.
3 Vs
2 1 /*
4 Tage
2 Tage
4Tago
3 Tage
E. Z.
G. L.
M. F.
J. S.
2 3 / 4
13 3 /
2 Tage
2 Tage
Völlig erschöpftes, apa¬
thisches Kind mit
starken inspiratorischen
Einziehungen. Beläge
in Rachen und Nase.
Tracheotomie sofort.
Entleerung von viel
Membranen.
Tonsillen und Uvula mit
dicken Belägen. Aus
der Nase schleimig-
eitoriger Ausfluss.
Loickte Einziehungen.
Puls sehr schwach.
Allgemeinbefinden sehr
schlecht.
Grauweisse Beläge an
den Tonsillen, der Uvula
und Rachenwand. Foe-
tor ex orc. Starke
ödematöse Schwellung
derKicforwinkeldrüsen.
Starke inspiratorische
Einziehungen. Ge¬
sichtsfarbe schmutzig-
grau. Lippen trocken
cyanotisch. Tracheo¬
tomie sofort.
Tonsillen und Uvula mit
starken Belägen. Eite¬
riger Ausfluss aus der
Nase. Halsdrtisen öde-
matös geschwollen.
Starke inspiratorische
Einziehungen. Sofort
Tracheotomie. Ent¬
leerung von vielen Mem¬
branen.
Boide Tonsillen und
Uvula mit dicken Be¬
lägen. Eiteriger Aus¬
fluss aus der Nase.
Allgemeinbefinden re¬
lativ gut. Puls 160.
Tonsillen und Uvula mit
dicken Belägen. In der
Nase starke Membra¬
nen. Durch Ausschälen
werden zwei vollstän¬
dige Ausgüsse derCho-
anen entleert. Allge¬
meinbefinden schlecht.
Puls 144.
Rachen frei von Belägen.
Aus der Nase schlei¬
mig-eiteriger Ausfluss.
Grosse Hinfälligkeit.
3 Tage
G Tage
GTage | Uvula mit weissen Be¬
lägen. Allgemeinbe¬
finden sehr schlecht.
Puls klein, frequent.
Starke inspiratorische
Einziehungen. Sofort
Tracheotomie. Entlee¬
rung v. viel Membranen.
Tonsillen stark belegt.
Kieferwinkeldrüsen
beiderseits stark öde-
matös geschwollen. Puls
114. Allgemeinbefinden
nicht sehr gestört.
GTage | Patient kommt mit star¬
kem Nasenbluten in’s
Krankenhaus. Starke
Schwellung der Kiefer¬
winkeldrüsen. Starke
Belüge auf den Ton¬
sillen, Uvula und Gau¬
menbögen. Allgemein¬
befinden sehr schlecht.
21. Fe¬
bruar
5 ccm
22. Fe¬
bruar
4 ccm
27. Fe¬
bruar
2 ccm
9. März
2 ccm
21. Fe¬
bruar
5 ccm
22. Fe¬
bruar
21. Fe¬
bruar
iTonsillitis, Trachoitis,
Bronchitis diphtherica.
Emphysema pulmonum.
Hyperplasia lienis. Ne¬
phritis et Hepatitis par-
enchymatosa.
Pnoumonia dex-
tra. Nephritis.
Bläschenoxan-
them.
17. März
25. Fe¬
bruar
4 ccm
28. Fe¬
bruar
2 ccm
25. Fe¬
bruar
4 ccm
3. März
2 ccm
27. Fe¬
bruar
4 ccm
9. März
4 ccm
12. März
5 ccm
2. März
4 ccm
4. März
2 ccm
3. März
5 ccm
8. März
4 ccm
11. März
3 ccm
Nephritis. Pneu-
monia lobuli in-
ferioris duplex.
Debilitas cordis.
Otitis media du¬
plex. Gaumen¬
segel- und
Schlucklähmung.
Augenmuskel¬
lähmung. Ab-
scess an der
Glutealgegend.
(Massige Nephri¬
tis. Gaumen¬
segellähmung.
Debilitas cordis.
Otitis media du¬
plex.
Diphtherische
Beläge auf Ton¬
sillen und Uvula.
Pneumonia si-
nistra. Schluck¬
lähmung. Debi¬
litas cordis.
(Nephritis. Bron¬
chopneumonie.
Leiche Schluck¬
lähmung. Debi¬
litas cordis mit
mehrmaligem
Collaps.
Nephritis.
[Nephritis.
Drüsenabscess.
5. Mai
17. März
22. März
Sepsis
25. Fe¬
bruar
23 Fe¬
bruar
Rachen mit schmierigen
Belägen. InderTrachea
bis in die Bronchien
leicht abziehbare Mem¬
branen. Bronchopneu-
monia incipiens. Tumor
lienis. Nephritis et He¬
patitis parenchymatosa.
21. Mürz
31. März
17. März
Sepsis
10. März
14. März
Diphtherische Ge-
schwüre auf der linken
Tonsille. Laryngitis et
Tracheitis. Oedem der
Epiglottis und der Lun¬
gen. Dilatatio cordis.
Nephritis parenchyma¬
tosa. Ascites.
Nephritis
Digitized by «sie
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
31. Mus.
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Haoltwort tob W, Körte»
Die ges.düMurten Ertehrnugon über
diö AYlrkftGg
.(>«. B e h r.i i! g tedu®." Haiteortte* g urdeu ; ;iu( ■ mAm* A OthmUing
unter rmdtwc stehn i‘indroile gewoo-mm,- Wm s>ml an Ute BnUung
8§0 Kmmitene »nögHdict i yrurth.dNl>««i Mwrmgegmigmi. Von ,-iu
inofio l'h Mognr g.*Melvu. du?« ich Jiüfuugs mit grosser Skr-j>si^
jSiplrfüiijreii ^®vuuiH‘i>g>M‘i.
Dte 2öhl von 00 Hälfe i& muh ftfel gross, gonug, um
«sicfchw ^‘hlikst-o äh zmlmn wrilor toHgteTm» e.
•tu h'sbeo lehren, ?}gÄ,4ti& ,fe>£ g^woammeft Erfohrniftteji .Muh M
»•ifjcr grosse Bald von Diphj hei HMd-iten M-w.tb*oft
.feudi ovriiipi! es mir qH niM 1-fliclrt; mmhiiem die Jfe-eu
Ehrlich, Kossri miü A?ä Tterxuao n iu dem ite\ü schuh UtedjoF’
.liv’i-oi, VsAu Sumv. ftef? ttek No. ?«> ubtw die Bowinmiftg und Vor*
wcridiiiu', m*>Thphtlirtt»dftdlsm-iijm, hei Hort, liehen. klhutetwo
den FadigaAteKOn rorznlage», Es fe «toi
Uif 1 .- ; r!'!! , :tn <h - if'.Ti«' Vt'fiVi- vm-- nh.pt ro-t/ü'/r «Mw!;,.
da>/ te 1«; Aiiu'ouilimg dies Heilserums bassf.fö Ife’Utute- hiilmn
ab m- dwHVfenhrm;. - I>tb® Imte-vor umt Uurss' uteh
•h i YYawcndutig <k s Bdtei®nw mmdhm Iteutete, -wir
cs iteiemWcgs mit rtew Ficht«® Fpbkmte zu Bum Ftefe
j: i.t ohne üiis^eihti hehmiddum Fälle mgf^n-b «HmbHeb sehiöcUKWo
Femiiiule, mi* dre mir bijf-f-tfe udc'rddtmv
\fu*iuuig' SW- dhfehfefe:; Ihfrähete. Mfe (feoFogons züviiViiiultreji
bt»wu.
Bei dfesfinv Bkgvt (10.‘ Dmfekfe 3 als «in Bfrifcrag
5?imi BuuHum ^V^ii •ök‘ vöü.T>fv Mezza, Äss&fetßju im
hygimtedum fusteui v.u fei'«-* bm>baditcte und von ihm stmürtr
. fei «ogcsfliiiu wdA-döu» m- welchem sieh h«i einem dflährnp®
MÄlfe, das gog -.dlife.
sctete® teil«® f# iBiffgiJi'mi', >fes Von, 12 mnct'lmd» dar or^tgn
.li« j r i.*gf lu‘]»i;i.*f. :*• n li g-'bmB \*orim Ais snlir iHimyrkons-:-
■.vvilh ^r^ounintoi u'üf lenn r ;!!’ iY-.oi-;' }ici «h-n Is’ifuloi o im y 4 \vriii*n-
— auf teuf <Üaf I tniiufigor*!
Fm ann Hpricht gir ilio. WiiFBamtAgJ; dt* "Hoib^nigis die Thal'
•/•iIm- Inas dir AYi.fdörhol.iuip; dnv Igpuiioü gunz entgehiedcu. dir
Auvb \vojm Man dm Zahl der iMohiuditnugmi aoeb ab ungn-
•*iM!/rnd ab®können mma, um W;Ttvag*'iido >• ibam-n /m zmhau —
nud' iö]i 'nfheHie üßsoiufers bekomm, dm Lmöo veo1'rükt.en TIöfF
mmgbB %\\ orwnokobk
'dMTHTTillg'rg d [o \yib
>:o Uisßt du: h te Kiut VimupYm,
gibtihßn hai>e}r 4 löiaTotn
tn wexU\£in FDtthUtjiung «icvr Amrüiuloiig düf Miltois auf
— uiehf -Uu z 11 obwohl ich ijgA-ofang -
'vvontg- j^rvyerteil', ont^ohro ioli ,ioTzt das Kitin-l gab
Kelmedoo H db.r linhafjdhiog der n\ ni ubr A h Uie 1 1 nn g am
vr>rtia’u t.o-n D yp h t. h ^ r i n k t 1 a u k r a, Aam hoi Ho m arnkmi Ae?
ziihlbjy die mörderische Kranich eit Binpfcht^pa Hitlol (loh
habe Aiß iiigiii alle cnjgowgtuTot, ahnt doch eine Anzalti) haho ich
jo einen so auHgC]irflgtcn Kri’.olg gmeiom,
. ABigeii weitere JdnolarJiüiiigen diese günstigen floiluungei)
besUrkmi
IV, Ueber äie Locallsationen des Gonococeus
im Innern des Organismus (durch den Gone-
coecus heryorgerufene Pleuritis und
Arthritis). ! )
Von T’rvf!', IJürdorii-UfflHduzÄj (Turin)..
fen JTmrn fl»3r Uck «jammoetH? im Jnnern des
O'rgmi LjtVuik i^} M.,ch ei im oiTmitn da bis jd/.i noch kein *jYlip're*i‘
ll, ni nonubmlit inner Br wois da für e/briojil, if,i, dnuu d»n steh im
der iliomo'Hn.t» ni,;•.}•(; vi H.»n. b'-scj.-Jn'. in ht»röf»i*u
.Hünif®. emulnilöndcn FnkzündHngHgvoecsso wirklieft und itas-
BohiiCKKltoi! diuv-.h 'Jen upneilisckcn Eriy-gac dirsm: Kiankheit jmr*-
•Vui^obfsght wbrdbii, dea wio mimnrhr,- aii^sur Zwidrel yL«ihl, der
K-^r’Kchei UoriüeiHU’DK
la di® liblicr bcsclirjßVmt'ii .rAlUTn, in denen, bich bei IiuUvB
am ; ^clfbehej' : ilHrurdlirenentzündttag
Aval' iBäweggTiiinj zu tbmser
Aherglauheii. : ila?g. küi
Jungfeau göHeiÜ-
djtU
- au ‘‘ ^ f n'M>rrh4>e Jittco, AilTriliKg fVi-ilofätis und Kuducar
djMs ötifwieJcnB hatten r grümlbto sieh durDj.ignoKe'de)' IBmucpeum’'
■ixUerUnu mv\»\<s\i< r.uf d>e mikroskopisch?'• 1'ui t ers*uehung'•-'d«^-
Krmikiiidt&prmhmtc md somilaul die Tovmmeibmüc, das FarhuTigs-
Uflmitmi um) uen eniimvihjL-rr j» cför iiuli.n'M'C'-, AM.iototvou,
eml nui’ tn oinigeü aelUmi.m Fallen war Ter udlrOskopiKelfe Btv
lon x d auch durch die Rriimolt-nröii des MiFrüUrganistnus ehhgftFt
Worden. Fh slud desludh- 7.um gro^» <• T» u u n.u.u iuigto Zweifel
mu: kinwMhlungon. beyhgiioh Um: TUeutigk'dk der Diagnose in
jenen FiUlen erhcd/mi wpodei? und ?k gVl.l auch heute noch fteiu
d‘‘ der Mnitumg huidigeti, ihisk die moh in« Verlaute der Hlemmhoe
cnt^wivkdmleu iivuernr» . Krauklidten snodijidiirefi Infeeiimum mm*
Kchtvilwri und -aeFrer Keine md ■ oder sieh auf die redende
•vtf u u
J.gyi-i;d'HV;/'nr6S|V
tBiviTlohd.
■ >i:diumd»m medieiivirffdj^n Dod-
IcrddtHlejj Afhm« y^chÄttfct Börden
^dhFFilh% xnir dev zlöBilicIi vofhreitete
‘SfTMer dmTh BiiiFohbl (All ftifter
uiiUrend lies Verlaufe einer Blenorrlw« eine Pleuritif eutwickejt'C
Dar Miidrhof wurde wotiige Tage nach der Sehr n dum> von
!'ol>?U’tUrH.ii- und bald darauf Yen )h!a(m\dm' F’ie.untm hmaMf-.n.
KaT» AiiKuuge .hm .Arztes, der 4e hohaifdelle/ liliitnu ?ieF m diesen
FonipliealioiHm a.n.kh.U'.»eh l'eriearditiK und Emioeiirdiias hinzug»*-
Kfdi i, von rieiieh mwh yUÄ klinische tSymfdome lest eben. Dur
gUitels SarigligioTr- ’ unter den criörderhcdmii VTaröchtämaassr^eln
«iimiiiH« I'hmmexvadal wunhi vi»u Di\ Mazzu untevsnch*!, der
nicht «iur duVeh dk mikroskojuseho t'ed«u-;nndiunc die Anw^Fwiheit-
ru£i in- dgr Form und dem F’hi bnog'överlujJt on J hmo
Dom'.M«.je.ces gdr-ieiicmlcii Dipibuoeeeu in ilt*n Lmikoevreit v.ud den
'EmK't hcl^tdKn sornJerti mich ilmwh Auwcmhnjg der
AVetlheih.F^dhmi Mothode (BtinzÖglltuug.. lg .%$$$$£' MigetitVüg von
Agar und umusehHoUmn Biutefüm) die AhwoKonhßit j'mlcr ändern
llaeteriuniona im Exsudat nawhw'oi^un konnten gussoi dmia Dono-,
rmi'f'Us, der mir dm) ihm oigmum Alerkmakni in den Fuilnrüii
'Uk io-. - , • Y . ‘.'
TdiWor Fall ist interessant sowohl w*^» n der 1 o«-ahsanen m
«Fr Flouern die als Couijdicaiien der Bieuorrhon mich hmht h«*
sehrieh«uv wurde, als. auch deulialh. wml die. alieinign Yy.uWesenheit
des ('kwjcvty-m- »1c.lt t um druvli die mikroskopische Fntei'sUeiiüiig.
KOuderg agTi durch die mich dun gtinmmsteft der luü jm# he*
kn »blen Atothoile» gcinaohtcn Cuitumr naehgewiesnii wutdu.
Kdch grdesnres intcrcsBe aber, nicht, wegen der Neuheit, dew
kniüsthen- Befundes, ^ohdom wmgen dev Itüsulteln der l/actevioFgi'
st'lmu und experimentellen ClnftTsm-hungrn, hmtcl ein undner von
mir Mtndirter.Fall ; Fs handelt sieh in diesem Fdlh! tan eine
junge hrüu.aifn höherem Stunde, die an Bihnorrlme litt mal die,
weil sk ihre« Krankheit; geheim halte« wollten keinen Äföt- za
: f'UUte gozogea hakte. Karze Zeit nach di?gor ihrer Krhvä-ulumg-
M*mM ÄW von IVlyiutemtiö befallnk Der mm hevhöiguzogeno
Arzt «lOn^tetüdu dop. ^uc.iÜsdnm Fluss, und da die ChdunkenUün-
dorig am Fhase elften bosemders ernsten Charakter tulgenottuneu
hatte, bescHloss er utncFDpgrgUftö: vofzftnohitt^». und estrahitte wi-
er^t, •'lirUer Ärnvimdimg aller hactenologia»)}»)» ATmxsjcittsnimiSs^ghM,
t-iho gewisse Menge Exsudat. «w
ft! .diesem eiimmtigon und D-tenziohcmien Exsudato eon.M-ofirte
ich durch die mikroskopisYhe XTntersn.rdumg'. die» Anwesenheit von
Mtkroeommb., TT bi den Fitorxeileft enthalten Wftrej» und in den
FokintncrkutaW sowie hu Fk^ungirverluOteft (6 riun f acM Methode
oegittev) gänzlich dnn Hlkröooccoii-'g*Hchcm, im Ot^örBumtgtef
wecdoii. Duvcit teoirtzT'Muiig i.» einer AIFchang vuo,
Kbihragar timlmehschlieitoin Bhitsmum erhielt ic.h Tel T.wwkDmu:
«uuer elnzigcit Mikrot»rganisinenfoi'iö, die die ciFFum .Merknude
hufwtes wie die iu duu Eiternd km enthaltene, Mit diosom ih^ulmt
gab idi fuicii jedoch nicht vif riedon; ino^ jedem.-'Ffcwand .za- bm
gf'gner), der bezüglich der RieJitigkeif der tnikroskoi*i$«^ anw
imcteriotogiKch gefdditztiOn Dhignoiüö s doan num)ioh der ^Qonocoecus
der ypeoilisirho Erreger der öetenkenteüudtmg war., «ohh orhoixm
worden lahmte habe ich ein Exjinriment am. Merisetuiu gemacht,
indem ich »ja« Product der zweiten G*.uit. raBon_ des von n»bt gte
zvh-hteten MikmcoccuB in die Harnröhre eines Mannes impfte.
T Bas Individuum, das sich freiwillig mir zur Vorfug-img,stelIte,
konnte*• zu einem derartigen Experiment als geeignetstes : Fb]C«c
.dieTivh, Es Unndelt sicJt um ointvn gosumten und kräftigen 2 :ojdhrtgo»
'Mahn, dm- nie »hm veneHsclm Krankheit irgend welclve.r Art
habt iiattc und .auss«wdo.m Im goschievddliehen Verkehr öiit
WOÜdiohtMi Oes'-ddeohf, s.Q «m'ltylfcuru war, dass in teju Atigoniiuc v
m welchem dus Experirncnt ansgeführt. wimte .mehr als S^r
Monate seit dem Udzten Coäm yorftmeix waren. unter-
smihio if» vorhur sorgdütig seifte Ocschhch*sfite‘0 und mmme
auhb iuikroskopische Präparate dm mir mr die .An\vcs?ii|mit der
giavohaUohti» Siui-gmabacUlon .divrHmteft ; liimamt wah«ds ich tocne
und I-iarnroltiv-mirfming' mit stenlisirtem WasstT Uftd
nüt einer Fhitimiadai eiöü kleifto Alofjgo des der zwditeo ^ J 5. atua ’
Wfr nmitmr Cftjtete
schhümlmut, die Hacnrcdnonöhnmig kalt?» üborsctäfi'itend :wuoc>
ich iVu.fh sorgfältig vermied, die tdch leim haut iigeßdwie ^ti-vaf-
hd/Äcn.
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miizuuiliifig iiiit. ailöh Merkftiaten des gewuholietem TVippmte um
in. ctecEiitimlteh.Tati^dti--Hieh in reicliiicher Menge Mikroch^ 1
31. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
eingeschlossen, die die gewöhn Hohen Merkmale aufwiesen und von
denen ich hier Präparate vorzeige. Patient hielt, meiner Anord¬
nung gemäss, den Penis mit steriUsirter Watte umwickelt, und
die am zweiten Krankheitstage mit dem Eiter gemachten Culturen
thaten die alleinige Anwesenheit der Gonoeoccen dar, wie man in
diesen Culturröhren sehen kann, von denen die eine eine Mischung
von Nähragar und menschUchem Blutserum und die andere ein¬
fach erstarrtes Kalbsserum enthält und die beide mit dem am
zweiten Krankheitstage entnommenen Eiter geimpft wurden.
In der ersteren Röhre sieht man die kleinen halbdurchsichtigen
Gonococcencolonieen, in der letzteren dagegen nimmt man gar keine
Entwickelung wahr.
Zum Schluss bemerke ich noch, dass die Impfung der Cultur
in Gelatine, in Agar und in Kalbs-, in Esels- und in Lammserum
voUständig steril bHeb, währeud die in Glycerinagar gemachten
Culturen nach 48 Stunden eine sehr beschränkte Entwickelung
von ganz kleinen und halbdurchsichtigen Colonieen aufwiesen die
nicht weiter fortschritt. Die Vitalität und die Virulenz dieses
Mikroorganismus erlöschen bald in den Culturen, wie ich dies aus¬
führlicher darthun werde, wenn ich das biologische Studium des¬
selben beendigt haben werde.
Inzwischen glaube ich durch dieso meine Untersuchungen
den unanfechtbaren Beweis dafür geHefert zu haben, dass der
Gonococcus sich auch im Innern des Organismus verbreiten und
hier für sich allein die Entzündungserscheinungen hervorrufen
kann, die er in den Geschlechtsorganen zu erzeugen vermag, da
in meinem Falle die logische Kette der experimentellen Thatsachen,
die zum sichern und absoluten Nachweis des pathogenen Vermögens
eines Mikroorganismus erforderlich sind, vollständig erbracht ist.
V. Aus der medicinischen Abtheilung des Herrn Primärarzt
Dr. Buchwald im Allerheiligenhospital in Breslau.
Zur Casuistik der Tricuspidalinsufflcienz.
Von Dr. Ernst Hamburger.
Wenn bei der Fülle casuistischer Litteratur, welche die letzten
Jahrzehnte speciell für die Herzkrankheiten gezeitigt, haben, von
neuem ein Beitrag zur Ergänzung eines längst bekannten klini¬
schen Bildes gebracht wird, so darf dieser Versuch nur dann einige
Berechtigung für sich in Anspruch nehmen, wenn es gelingt den
Nachweis zu führen, dass der bestimmte einzelno Fall seine Be¬
sonderheiten darbietet, die bisher noch nicht die entsprechende
Würdigung erfahren haben. Zahlreich sind die Beobachtungen,
welche die diagnostische Bedeutung der namentHch in der Ent-
wickelungsze.it der physikalischen Untersuchungsmethoden vielfach
überschätzten Auscultationsphänomene auf das richtige Maass zu¬
rückzuführen bestrebt sind, und es wird genügen, statt vieler Be¬
weise die Ansicht eines der bedeutendsten Kliniker über diesen
Punkt anzuführen. Gerade mit Bezug auf die uns interessirende
Krschemung der Tricuspidalinsufflcienz sprach sich schon vor 30
Jahren Bamberger 1 ) dahin aus, dass „systolische Geräusche über
er Klappe nicht das geringste für ei 112 vorhandene Insufficienz
beweisen. Wie steht es aber im umgekehrten Falle? Kann man
aus dem dauernden Fehlen eines Geräusches oder besser gesagt
aus dem beständigen Hörbarsein normaler Töne während genügend
ausgedehnter Beobachtungszeit den Schluss ziehen, dass der Blut¬
ig rom an der Klappe nicht auf abnorme Verhältnisse stösst, dass
er Klappenapparat in jeder Beziehung gut functionirt? Ueber
r» fehlen die Angaben so gut wie gänzlich, so dass die
eronentuchung eines Falles, der geeignet ist, hierauf eine Ant-
V?« lm negativen Sinne zu ertheüen, wohl von Interesse sein
ur p . °h lasse zunächst die Krankengeschichte folgen:
kn» «1 a D i! ^ < ^ a h ro a ^’ ist hereditär nicht belastet und ist sein Leben
fiWct s Arbeiter an der Bohrmaschine thätig gewesen. Im Jahre 1854
will i? r ein , e linksseitige Rippenfell- und Herzbeutelentzündung, später
j, raT1 , ’ ab £ es00en von einigen leichteren, zum Theil chirurgischen Er-
rmKiingen, ^ gesund gewesen sein kein Potus, keine Lues —, bis
haus o,f mn i. er ^2 wegen Anschwellung der Beine ein hiesiges Kranken-
laKRp.n m nsste. Nach einigen Wochen wurde er als geheilt ent-
WfiffPn V tu 1 * 2 - er h 1 < h e Pflege des Allerheiligonhospitals
der Rri j^^hnugkeit, Hustens, spannender Schmerzen im Leib und über
YiiKfnH S 1 - S f lc h se j n Zustand etwas gebessert hatte, verliess er die
kehrt p ’oILoh o S3 se * ne Arbeitsfähigkeit wieder erlangt zu haben, und
Hospital zurück ^ e l ) fe m h er m h denselben Beschwerden wieder in das
be * dieser zweiten Aufnahme war folgender: Ueber-
voll 6 s Jo 11 kotigem Körperbau, blasser Gesichtsfarbe. Puls
gleiche ^ fe der Minute. In der rechten Radiafls der
-—-onus 3 ) wie links. Temperatur 35,8°. Athmung beschleunigt,
1863. ^ ^ eo ^ ac fl tun g en über den Venenpuls. Würzburger med. Zeitschr.
? opo ^» Relative Insufficienz der Tricuspidalklappe.
ueruner klm. Wochenschr. 1893, No. 20—22.
485
ThkS f ? 8t ' unbeteiligt, die Hülfsmuskeln in
lhätigkeit. Pupillen mittolweit, beiderseits gleich, prompt reagirend.
foucllt ’ ohne Sichtbare Schleimhäute und hintcro Raclion-
gebilile normal. Am Halse Vcnenpuls, rechts stärker als links, rechte
q? VOn ^? aVlk ^ bis fest zum Kieferwinkel als cylin-
dnsch erweiterter Strang sichtbar. Bei emer Compression der Voim be¬
steht unterhalb der Gomprcssionsstelle die Pulsation in gleicher Stilrko
„nh’fnhm der i InClSUr 5 Se o il ! l i nar , i ? st€rai oia kleiner Drüsenlappen sicht-
Ä bar ’, dei ; an den Schluckbewegungen Theil nimmt. Thorax rechts
erweitert, aufgetrieben, links von der vierten bis zur zwölften Rippe eiu-
gezogen. Ein distincter Herzstoss nicht zu fühlen, dagegen von der
dritten bis zur fünften Rippe zwischen linker Parasternal- und Mammillar-
lmie eine diffuse Erschütterung sicht- und fühlbar. Lungenbefund: rechts
lauter bchall, V esiculärathmen, trockene Rhonchi, links kurzer Schall ab-
g eschwächtes Athmen, schwaches Reiben. Herz: Dämpfung von der vierten
iippe an, von der linken Mammillarlinie fast bis an den rechten Rand
des Sternums. Herztöne sämmtlich laut und rein, insbesondere verdient
hervorgehoben zu werden, dass der zweite Pulmonaltou dem zweiten
Aortenton an Stärke nicht nachstebt. Abdomen aufgetrioben, starker
Ascites. Lebor- und Milzgrenzen nicht sicher festzustollen, Palpation
unmöglich. Scrotum geschwollen. An beiden Unterschenkeln und den
büssen Oedeme, viele Varicen, am rechten Unterschenkel ein altes Ulcus
m*ims. Haut- und Muskelreflexe normal, ebenso der laryngoskopische
Befund. Im Augenliintergrund erst bei leiehtom Druck auf den Bulbus
Pulsation, und zwar von Arterien und Venen. Urin sauer, beim Kochen
geringe Trübung, kein Zucker, kein Indican, kein Blut, bisher spärlich.
Duß Diagnose wird auf Tricuspidalinsufflcienz gestellt, doch wird die
Möglichkeit in Erwägung gezogen, dass es sich vielleicht auch ohne eine
solche lediglich um eine Insufficienz der Jugularvenenklappon handeln
könne.
Unter dem abwechselnden Gebrauch von Diuretin, Coffeinum natro-
benzoicum, Scilla und Digitalis tritt subjective Besserung ein, auch nimmt
die Urinmenge zu und hält sich durchschnittlich auf 2500 g p. d., speci-
fisches Gewicht im Durchschnitt 1015. Beim Kochen keine Trübung mehr.
Der Ascites und die Oedeme verschwinden, Lebergrenzen normal, kein Leber¬
venenpuls, Milz vergrössert. Befund am Herzen und an den Haisvonen
unverändert. Temperatur stets normal. Patient verlässt in diesem Zu¬
stand das Hospital Anfang November, kehrt aber bereits nach 14 Tagen
mit hochgradigem Aseitos, ausgebreiteten Oedemen, starker Dyspnoo
wieder zurück. Die Störungen gleichen sich dieses Mal nicht wieder aus,
am 30. November tritt der Exitus ein. Auch jetzt waron bis zum Todo
alle Herztöne laut und rein gehört worden.
Die von Herrn Collegen Stolper vorgenommene Section ergiebt
folgenden Befund: Sehr grosse, kräftige, männliche Leiche mit bräunlicher,
am Abdomen grünlicher Hautfarbe, äusserst voluminösen unteren Extremi¬
täten, weichen, bei Fingerdruck die Delle behaltenden abhängigen Partieen.
Thorax deutlich asymmetrisch. Rechte Hälfte wohl gewölbt, links in
Knorpelknochengrenzlinie und weiter abwärts eine Impression. An dieser
Stelle ist das über den Rippen gelegene Gewebe geschwollen, reichlich
feucht durchtränkt. Bei Druck auf die Rippen füllt die ungleich stärkere
Resistenz der linken Seite gegen die rechte auf. Zwerchfellstand rechts
fünfte Rippe, links sechste Rippe. Hals- und Brustorgano werden unter
vorsichtiger Präparation der Halsvenen in toto licrausgenommen. Dabei
zeigt sich, dass die Wirbelsäule vom dritten Brustwirbel ab bis zum
achten bin leicht von der Mittellinie nach rechts abweicht, doch dürfte
die Differenz kaum mehr als 1 cm betragen. Die Herauslösung der linken
Lunge, welche äusserst fest mit der Brustwand verwachsen ist, erfolgt
nicht ohne Substanzverlust. Beide Pleurablätter links fest verschmolzen,
in eine gelbe knöcherne Schwarte verwandelt, welche leichte, knötchen¬
förmige Prominenzen in die Pleurahöhle hineinschickt. Die andere Lungo
vollständig frei liegend überragt mit dem vorderen Rande etwa 3 cm weit
die Medianlinie und zeigt sich im ganzen sehr voluminös. Schlägt man
den Lungenrand zurück, so liegt der Herzbeutel ausserordentlich breit
vor, von der stark retrahirten linken Lungo jedenfalls gar nicht bedeckt.
Von dem Abgang der Cava superior aus dem rechten Vorhof bis zur
Spitze des linken Ventrikels misst man 23 cm. Die beiden Blätter des
Pericards sind vollständig verklebt mit einander, an der Spitze leichter,
an der Basis nur mit Mühe trennbar. Das Herz doppelt so gross wie die
Faust der Leiche, rechter Vorhof und Ventrikel ausserordentlich stark,
linker Vorhof und Ventrikel in geringerem Grade mit flüssigen, dunklen
Blutmassen erfüllt. Die Venen, welche vom Herzen oberhalb verlaufen,
erwiesen sich in situ nicht mehr prall gefüllt, liegen aber in grosser
Breite da. Die Jugularis communis misst in der Höhe der Schilddrüse
4,8 cm, die Anonyma oberhalb der Theilungsstelle der Cava 5,2 cm, die
Sinistra an derselben Stelle 5 cm. Die Segel der Jugularvcncnklappo
zart, ohne Besonderheiten. V 011 dem eröffneten Vorhof vermag man bequem
mit vier Fingern einer Hand in den Ventrikel zu gclangon, und es bleibt
daneben noch ein nicht geringer freier Raum. Der rechte Vorhof und
das Herzrohr bietet nichts besonderes dar. Der rechte Ventrikel ist sehr
stark dilatirt, von dem Klappenringo der Pulmonalis bis zur Spitze misst
man 15 cm. Die Wand dos Ventrikels ist im Mittel 1 cm dick. Sehnen-
f&den und Klappensegel der Tricuspidalis äusserst zart, frei von jeglichen
Auflagerungen. Muskulatur blass, grauroth, zeigt an den Papi Harmuskeln
deutliche Schilderhauszeichnungen. Linker Ventrikel ebenfalls erheblich
erweitert, seine Wand nicht verdickt, 2 X U cm. Herzmuskelfleisch zeigt
dieselbe Farbe, nicht sehr derb. Die Mitralis, deren Segel zart, ist für
drei Finger bequem durchgängig, an der Aortenklappe und dem übrigen
Endocard keine Veränderungen. Die linke Lunge ist otwa um die Hälfte
des normalen Volumens geschrumpft, zeigt durchweg vermehrte Consistenz
und ist an der Spitze beim Horausnehmen zertrümmert. Die Pleura ist
zumeist an den Rippen mit haften geblieben, nur an den unteren Rand-
partieen noch erhalten. Die Schnittfläche zoigt ein schwarzes, durchaus
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22
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luftleeres, derbes Gewebe, die grossen Bronchien sehr starrwandig, ge-
röthet, schleiinbedeckte Schleimhaut. Die unteren Randpartieen zeigen ver¬
mehrten Saftgehalt und noch Spuren von Luft. Die rechte Lunge durch-
weg von schwammiger Cousistenz, auf der schwärzhch-rothen Schnittfläche
überall von mittlerem Luftgehalt, aus den Überlappen entleert sich grünlich
schimmernde, schaumige Flüssigkeit. Die Schleimhaut des Rachens und
des Zungengrundes bräunlich-roth, mit grünem Schleim, Speiseröhre blau,
mit weissen, miliaren Prominenzen besetzt, Kehlkopfknorpel stark ver¬
knöchert, Schleimhaut grünlichblau, Trachea mehr blauroth. Bei der .Er¬
öffnung des stark aufgetriebonen Abdomens entleeren sich mehrere .Liter
klarer? grünlich-gelber Flüssigkeit. Die Leber: rechter Lappen zwei
Finger über den Rippenbogen hinaus, zwischen ihr, der Pars pylonca des
Magens und dem Colon um den Hals der Gallenblase zahlreiche Pseudo¬
ligamente, die die Gallenblase massig einschnüren. Blase leer, Prostata
nicht vorgrössert. Darmschlingen meist collabirt. Milz vergrössert, im
Höhen-, Breiten-, Dickendurchmesser 12 cm, 12 cm, 4\'a cm. An dem
graublauen, verdickten Uebcrzug zahlreiche miliare, röthliche Bläschen-
excrescenzen. Consistenz derb. Auf der braunröthlichen Schnittfläche
Zeichnung gut erkennbar. Nieren beide gleich mittelgross, ziemlich
fest, beim Abziehen der Kapsel bleiben stellenweise sehnige Membranen
hängen. Oberfläche graublau, ziemlich glatt, Venensterne hier und da
deutlich. Auf der Schnittfläche ausser der dunkeln Farbe der Pyramiden
nichts besonderes zu bemerken. An der Leber selten schöne Muskatnuss-
zeichnung, ihr seröser Ucberzug sehnig verdickt, Consistenz derb. Die
Gallenblase zeigt eine geringe Verdickung ihrer 'Wandung, sie enthält
dunkelbraune, etwas grünliche Galle, die sich auf Druck leicht ins Duodenum
entleert. Pankreas derb, ohne Besonderheiten. Nebennieren broite Mark¬
substanz. Magenschleimhaut zeigt bei diffuser bläulicher Verfärbung eine
Injection der submucösen Gefässe. Darmschleimhaut im ganzen etwas
aiifgelockert und cyanotisch. Gehimsection ohne Besonderheiten.
Wir haben es demnach mit einem Fall von Tricuspidalinsufficienz
zu thun, der in den vielen Wochen, in denen er auf der Abtheilung
von uns beobachtet wurde, auch nicht vorübergehend für die Aus-
cultation Abweichungen von der Norm geboten hatte. Dass über¬
haupt, trotzdem auch die Hypertrophie des rechten Ventrikels
infolge der Volumens Vermehrung der rechten Lunge nur in geringen
Grenzen nachweisbar war, die Diagnose richtig gestellt wurde, hat
seinen Grund in der Stärke des Venenpulses, von dem schon
Bamberger 1 ) behauptet, dass er das einzige sichere Symptom der
Tricuspidalinsufficienz bilde. Und doch ist in keinem der uns zur
Verfügung stehenden Lehrbücher von Strümpell, Eichhorst,
Gerhardt, P. Guttmann, Leube und anderen, auch nicht in der
detaillirten Ro sonst ei n’schen Monographie über Circulations-
störungen in Ziemssen’s Handbuch mit genügendem Nachdruck
betont, dass auch gröbere functioneile Störungen an den Herz¬
klappen nicht von einem Geräusche begleitet zu sein brauchen.
Einzig und allein Dieulafoy 2 ), dessen Arbeit mir leider nicht im
Original zugänglich war, beschreibt einen Fall von Tricuspidal¬
insufficienz, in welchem bei einer enormen Erweiterung des Ostiums
die Töne stets rein blieben. Dieser Autor erblickt eben in dem
hohen Grade von Dilatation den Grund dafür, dass eine Wirbel¬
bildung im Blutstrom unmöglich wird, womit auch die Vorbedingungen
für das Zustandekommen eines Geräusches wegfielen. Diese Er¬
klärung kann man auch ohne jede Einschränkung für unseren
Patienten ins Treffen führen, und wenn wir uns für berechtigt ge¬
halten hätten, auch bei ihm eine sozusagen maximale Erweiterung
dos Ostiums anzunehmen, würden wir unsere Diagnose einer Tricus¬
pidalinsufficienz schon von vornherein ohne die Reservatio mentalis
einer blossen Insufficienz der Jugularvenenklappe, wie sie Fried-
reich 3 ) beschrieben, gestellt haben. Es ist in der That im
höchsten Grade auffällig, dass Compensationsstörungen den Patienten
erst dann veranlassten, ärztliche Hülfe in Anspruch zu nehmen,
als sich das Vitium bereits in so hohem Grade entwickelt hatte.
Dem Patienten selbst war von der Pulsation am Halse nichts be¬
kannt, bis er während seines Hospitalaufenthaltes im März 1893
von dem behandelnden Arzte darauf aufmerksam gemacht worden
war, später achtete er mit grosser Sorgsamkeit auf die Gefäss-
bewegung.
Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem Chef,
Herrn Primärarzt Dr. Buchwald, auch an dieser Stelle für die
gütige Ueberlassung des Falles, • sowie für seinen steten Rath beim
mündlichen und schriftlichen Verwerthen desselben meinen ergebenen
Dank zu sagen.
VI. Ueber Sklerodermie.
Von A. Eulenburg.
(Schluss aus No. 21.)
Der dritte Punkt, auf den ich Ihre Aufmerksamkeit lenken
möchte, betrifft die pathogenetischo Beziehung der Sklerodermie
*) 1. c.
2 ) Citirt nach Eichhorst’s Handbuch 1885, Band I, p. 129.
3 ) Ueber den Veiienpuls, Deutsches Archiv für klinische Medicin 1866.
zum Nervensystem, ihre Auffassung als eine in gewissem Abhängig-
keitsverhältniss vom Nervensystem stehende Ernährungsstörung, als
Trophoneurose“. Ich habe dieser Auffassung schon vor zwölf
Jahren in der erwähnten Abhandlung der „Zeitschrift für klin.
Medicin“ das Wort geredet; sie ist bald darauf von E. Schwimmer 1 )
in seiner vortrefflichen Monographie der neuropathi sehen Dermatosen
mit Eifer und Sachkenntniss verfochten worden, und sie scheint
nach und nach sich auch mehr Anerkennung selbst bei Dermato¬
logen zu verschaffen, die ihr ursprünglich ferner standen und einer
anders gearteten Auffassung der Sklerodermie huldigten, wie z. B.
Kaposi 2 ), der früher ein mechanisches Hinderniss — stellen weises
Stagniren der Lymphe in den Gewebsräumen der Gutis — als Grund¬
lage der örtlichen Veränderungen anzunehmen geneigt war, gegen¬
wärtig aber „eine vom Centralnervensystem influenzirte trophische
Störung“ als entfernte Ursache der Krankheit anerkennt. Von
Schwimmer werden ausser partiellem und universellem Sklerem
noch Hautatrophie, Myxödem, Lepra, Ichthyosis dieserClasse
der „constitutioneilen Trophopathieen“ zugerechnet, während
ihm ’u. a. Raynaud’sche Krankheit und Elephantiasis (Ara-
bum) gleichfalls als Trophoneurosen der Haut und des subcutanen
Bindegewebes gelten. Ich will dies nur anführen, um darauf hin¬
zuweisen, dass alle die genannten und noch einige andere erst
neuerdings gewürdigte Krankheitszustände (Morvan’sche Krankheit,
Erythromelalgie) ja in der That symptomatisch-klinisch manche
Aohnlichkeit oder, wenn man so sagen will, Verwandtschaft dar¬
bieten und mitunter sowohl combinirt Vorkommen, wie auch durch
Uebergangsformen unter einander vielfach in Zusammenhang zu
stehen scheinen. Ich bedauere, nicht schon heute auf eine Patientin
Bezug nehmen zu können, die ich mit Herrn Georg Meyer zu¬
sammen beobachte und die Ihnen dieser das nächste Mal vor¬
zuführen die Freundlichkeit haben will; es handelt sich dabei um
ein Gemisch von Erscheinungen der Elephantiasis, des Myxödems
und ; der Raynaud’schen Krankheit. Die nahen Beziehungen
zwischen Elephantiasis und Sklerodermie sind ja eben durch das
beiden Erkrankungen gemeinschaftliche Element der Lyrnph-
stauung der Cutis und des subcutanen Bindegewebes gegeben,
wegen deren beide als „Stauungs-Dermatosen“. (Auspitz)
zusammengefasst wurden — wozu dann allerdings bei der Sklero¬
dermie noch die eigenthümliche Form der Gewebsverdichtung mit
Tendenz zur Schrumpfung des verdichteten Gewebes als specifisch
hinzutritt.
Allein alle diese Betrachtungen führen an sich nicht viel
weiter. Für die Auffassung der Sklerodermie als einer Neu¬
rose, einer cutanen Trophoneurose müssen immer zwei Um¬
stände von entscheidender Bedeutung sein, nämlich der Nachweis
entsprechender klinischer und pathologisch-anatomischer
Befunde. Mi t beiden ist es aber bisher ziemlich mangelhaft bestellt.
Was zunächst die klinischen Befunde betrifft, so müssten wir
uns dabei vorzugsweise an die in Sklerodermiefällen beobachteten
unzweifelhaften Innervationsstörungen, sensibler, motorischer,
secretorischer, trophischer Art halten. Die sensiblen Störungen
gewähren, wie wir gesehen haben, eine ganz geringe Ausbeute,
abgesehen von den spontanen Schmerzempfindungen und in mannig¬
faltiger Form (als Jucken, Kältegefühle, Spannungs- und Ermü¬
dungsgefühle) auftretenden Parästhesieen, deren Ursache sehr ver¬
schiedenartig sein kann und deren specielle Entstehung m diesem
Falle ganz in Dunkel gehüllt ist. Motorische Störungen im
engeren Sinne — abgesehen von der durch die Hauterkrankung
bedingten Bewegungstörung und den noch zu erwähnenden Muske “
atrophieen, sind jedenfalls überaus seltene Complicationen, tenien
aber nicht ganz (in dem citirten Herzog’sehen Falle, der auc
mit leichten Sensibilitätstörungen, mit Degenerationzeichen, otmi-
munganomalieen u. s. w. verbunden war, bestand eine Parese es
Facialis und Hypoglossus). Viel wichtiger und häufiger sind a-
gegen Störungen der trop hi sehen Innervation, in Form von
Hypotrophieen, Atrophieen und Paratrophieen (Dystrophieen), nie
bloss der Hautgebilde, sondern auch der darunter liegenden laei ,
Muskeln, Knochen, Gelenke. Vor allem sei nochmals an die se i
erwähnten Beziehungen zur Hemiatrophia facialis p ro gTes s iva, wie
auch zu der entsprechenden seltenen Atrophie einer Körpern
erinnert. Zuweilen beginnt die einseitige Gesichtsatrophie, 1
Fällen, wo man ihre Entwickelung von den ersten Anfängen ve
folgen kann, geradezu mit einem oder mehreren solchen Eklere -
flecken, an Kinn, Schläfe, Wange, Unterkiefer, die sich da ^
gewöhnlich weiterhin durch Hautatrophie, braune Pigmentirung
oder völlig weisse Entfärbung von ihrer noch anscheinend norma
x ) E. Schwimmer, - Die neuropathischön Dermatosen. Wien un
»ipzig, Urban & Schwarzenberg, 1883. . „ ,r, n „.
2 ) Vgl. den Artikel „Sklerodermie“ von Kaposi m der Neai- ..
ipiidie der gesammten Heilkunde, 2. Auf!., Bd. XVin, und „Path e
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31. Mai.
D EUTSC HE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
beschaffenen Umgebung differenziren. An den Knochen und Ge¬
lenken beobachten wir auch bei Sklerodermie, namentlich bei der
als Sklerodaktylie bezeichnten, die Fingerphalangen ergreifenden
Form auffällige Veränderungen, insbesondere Schrumpfung und
\erdünnung der Knochen, Auftreibungen und schmerzhafte knottee
Verdickungen der Gelenkenden (wie sie in ähnlicher Weise auch
bei Morvan’scher Krankheit und Erythromelalgie Vorkommen) und
Beugecontracturen fast aller oder einzelner Finger. Sehr gross ist
hier wie bei der Morvan’schen und Raynaud’sehen Krankheit
die Neigung zu ulcerativen und gangränescirenden Processen’
worauf neuerdings u. a. Friedheim 1 ) wieder aufmerksam gemacht
hat, der auch bei einem Kinde rasch fortschreitende ulcerative
Gangrän der sklerematös infiltrirten Bauchhaut beobachtete Sehr
häufig sind bei der sogenannten Sklerodaktylie Nagelerkrankungen
Panaritien, Hautulcerationen, besonders auf der Streckseite der
Finger; auch erinnere ich nochmals an die vorerwähnten Fälle von
ringförmiger Abschnürung und Spontanabstossung einzelner Finger¬
phalangen, die in überraschender Weise das Bild mutilirender Lepra
reproduciren. Ich möchte dabei wiederum hervorheben dass Zam-
baco und v. Düring neuerdings den genetischen Zusammenhang
von Morvan scher Krankheit mit Lepra, für einzelne, unzweifel¬
haft typische Fälle nachdrücklich betont haben; auch sei an die
sogenannten Cagots in einzelnen Pyrenäenthälern erinnert, bei
denen Nageldeformationen und Geschwürsbildungen, Panaritien, als
typischer Befund endemisch Vorkommen und bei denen es ’sich
nach Magitot um eine durch vielmalige Vererbung abgeschwächte
benigne Lepraform handeln soll. — Nicht ganz selten ist ferner
der Befund von Mushelatrophie, zum Theil von rocht bcträcht-
licher Intensität und Ausdehnung, worüber von guten Beobachtern
wie Westphal 2 ) (in dem zweiten der von ihm mitgetheilten Fälle)
Schwimmer, Herzog (1. c.) Angaben vorliegen; die Muskelatrophie
beschränkte sich dabei nicht bloss auf die sklerematös afficirten Glied¬
abschnitte, sondern war auch an Theilen, wo die Haut Veränderungen
fohlten, z. B. in den, Westphal’schen Falle an der Muskulatur der
bchultergegendem hochgradig entwickelt. Ich darf hier auf das be¬
kannte Vorkommen atrophischer Paresen bei Morvan’scher Krank¬
heit Bezug nehmen, sowie darauf, dass ich selbst einen Fall von aus-
gebreiteter Muskelatrophie (juveniler progressiver Muskeldystrophie)
m Verbindung mit Erythromelalgie beobachtet und mitgetheilt habe 3 ).
— Neben den typischen Störungen der Hautgebilde, der Muskeln, der
hnochen und Gelenke können dann secretorische Störungen, Ano-
maheen der Schweisssecretion, eine Erscheinung des Krank-
heitsbildes ausmachen: jedoch, wie schon hervorgehoben wurde,
Keineswegs immer in der Form der Anidrosis, statt deren vielmehr
bald normale, bald sogar krankhaft vermehrte Schweisssecretion (Hy-
pendrosis) — wie bei Raynaud’scher Krankheit und Erythromelalgie
ebenfalls vorkommt. — Endlich sind noch die allgemeinen
rirnahrungsstörungen zu beachten, die sich in ungünstig ver¬
aulenden Fällen in mannigfachen Digestionsbeschwerden, in öfters
rapidem Absinken der Kräfte und des Körpergewichts, und — in
o enbarem Zusammenhänge damit — in psychischer Verstim¬
mung bis zu schwerer melancholischer Depression kundgeben: einer
epressmn, die natürlich auch durch die von der Localaffection
selbst herrührenden Beschwerden genährt und verstärkt wird. Es
aU ? a ?, d ! e a ^ er dings seltenen Combinationen mit Addison-
er Krankheit (Fogge, Rossbach) und mit Leukämie (Heusner)
erinnert.
Ein Umstand ist schliesslich zu erwähnen, der zu Gunsten
:“ er p ne ^°P a thischen Entstehung der Sklerodermie einigermaassen
, fällt; es ist dies die eigenthümliche Verbreitungsweise
No™ aU ^ rkrankun £’ ö ^ ters d en Richtungen einzelner peripherischer
7 i ^ustämme und Nervenäste entsprechend, und halbseitig, dem
a,„T j ch ’ wovon u - a - Kaposi mehrfache Beispiele anführt.
aucü andauerndes Beschränktbleiben auf eine Körperhälfte ist (u.
achteterfen V ° n Friedheim ’ 1 c -) in einzelnen Fällen beob-
n i.i .Wenn somit die klinischen Befunde der Annahme eines neuro-
o tr J c Ursprungs der Sklerodermie wenigstens theilweise zur
sohor c ®f en ’. so . dagegen von pathologisch-anatomi-
i pi -, . 061 j 111 dieser Hinsicht bisher gar keine Beihülfe ge-
Sflötinn worden - Eie Zahl der gemachten oder veröffentlichten
Sklerodermiefällen ist überhaupt ausserordentlich
in A■nerv a dl ese Kranken wohl nur selten die Hospitalbehandlung
In HoT, P ^ C ?. nehmen und noc ^ seltener bis zum Ende dort bleiben.
Dh.w, bePdhmt ff ewor denen und stets citirten Falle von West-
_^ qem ersten der beiden 1. c. mitgetheilten) fanden sich be-
Sklernd^rmT/ 1 h e , 1 “ 1 Einige casuistische Beiträge zur Kenntniss der
*SSi°; Ueuteche med. Wochenschr. 1894, No. 9.
gang 1876, p 341 Zwei FäIIe von Skleroderma. Charit^annalen 8. Jahr-
*) Ueber Eiythromelalgie. Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 50.
487
ofnl ^u 1 er . 23jahngen ’ Plötzlich verstorbenen Kranken -
einer Handarbeiterin - multiple partielle Indurationen der
Hirnwindungen, sowie ausserdem fibröse trabeculare Mvo-
Bvonoh^’ Er T e ; te T g ,^ e ? Herz ° ns ’ cn S° Aor ta, Tuberkulose der
Bi onchial- und Trachealdrusen, Hyperplasie der Follikel der Milz
und des Ileum multiple partielle interstitielle Nephritis, hämor-
rhagischer Infarct der rechten Niere, Lungenödem. Westphal
selbst bemerkt 1 ) in der Epikrise des Falles: „Die Ansicht dass
die Induration der Hirnsubstanz nicht als eine Theil-
erscheinung des allgemeinen Krankheitsprocesses, son¬
dern als Ursache desselben aufzufasson sei, ist so un¬
wahrscheinlich, dass sie wohl keiner besonderen Wider¬
legung bedarf“; er hebt auch die ebenfalls als Theilerscheinung
des allgemeinen Processes aufzufassenden Veränderungen der
Herzmuskulatur hervor, die wahrscheinlich die Ursache des
plötzlichen Todes bildeten. Eine Andeutung ähnlicher Verände¬
rungen findet sich nur noch in dem von Westphal citirten Falle
von Tüngel-Arning 2 ), wo es in dem Soctionsberichte von der
mrnsubstanz heisst, dass sieblutreich und die Marksubstanz ver-
dichtet sei. — Was das Rückenmark betrifft, das in dem
Westphal’schen Falle leider nicht untersucht wurde (da die Er¬
härtung aus unbekannt gebliebenen Gründen missglückte), so stehen
sich hier ein positiver Befund von Chalvet und Luys („Sklerose
der Vorderhömer“, bei universellem Sklerem) und ein negativer
von Chiari gegenüber. Auch an den peripherischen Nerven,
die in dem Westphal’schen Falle von E. Remak untersucht
wurden, hat man bisher — ebenso wie an den Sympathicusganglien
— keine nennenswerthen Veränderungen gefunden. So müssen wir
denn zugestehen, dass von dieser Seite her einem besseren Ver¬
ständnisse der Sklerodermie einstweilen noch nicht beizukommen
ist, und müssen uns auf die schon hervorgehobenen Analogieen
mit einer Reihe anderweitiger, mehr oder weniger verwandter
Krankheitszustände beschränken, denen gegenüber wir uns, was
die Wahrscheinlichkeit eines trophoneurotischen Ursprungs und
das Fehlen oder die Negativität pathologisch-anatomischer Be¬
funde betrifft, in ganz ähnlicher Lage befinden. Ich habe den Ver¬
muthungen, zu denen wir in Bezug auf den wahrscheinlichen
centralen Ausgangspunkt manniclifacher trophischer Störungen
berechtigt sind, kürzlich bei Erörterung des Symptomencomplexes
der sogenannten Erythromelalgie (1. c.) Ausdruck gegeben und
möchte hier nur hinzufügen, dass ich mich den Anschauungen
von G. Lewin und Benda 3 ) vollkommen anschliesse, wonach der
Ursprung der Eiythromelalgie im Nerversystem in einzelnen Fällen
peripherisch, in anderen dagegen central ist. Das Gleiche mag
wohl auch, wie vielleicht spätere Befunde herausstellen werden, für
die Sklerodermie gelten. Möglicher Weise dürften auch genaue
örtliche Untersuchungen der innerhalb der sklerematösen Haut-
partieen gelegenen Nerven — an denen u. a. Babes Verdickung
der Scheiden und fettige Atrophie gefunden haben will — noch zu
verwertbaren positiven Ergebnissen führen.
Gestatten Sie mir schliesslich noch wenige Worte über die
Prognose und Behandlung der Sklerodermie — wobei ich
mich selbstverständlich auf die wohl charakterisirten Fälle von
diffusem, universellem Sklerem der Erwachsenen beschränke.
Die Prognose ist im allgemeinem zwar nicht günstig, jedoch
keineswegs hoffnungslos; es kommen unzweifelhaft bedeutende
Besserungen und selbst „Heilungen“ vor — Heilungen in dem
Sinne, dass die Verdichtungen im cutanen und subcutanen Gewebe
grossentheils rückgängig werden, die gesammten Beschwerden und
Functionsstörungen sich auf ein Minimum reduciren, so dass
nahezu die volle körperliche Leistungsfähigkeit hergestellt wird.
Solche Erfolge sind u. a. in zweien der schweren, durch diese
Wachspräparate veranschaulichten Fälle bei Patienten der Lassar-
schen Klinik, von denen Herr Lassar einen in der nächsten
Sitzung vorstellen wird, erreicht worden. Ein Theil der voll¬
entwickelten Fälle bleibt dagegen unheilbar und führt sogar
nach in der Regel mindestens mehrjährigem Verlaufe unter fort¬
schreitendem Marasmus oder durch Herzaffectionen, Nierenerkran¬
kung und sonstige Complicationen zum Tode. Immerhin ist, da
nach Kaposi für die locale Affection nur im ersten (sklerotischen),
nicht im zweiten (atrophischen) Stadium die Möglichkeit einer
Rückbildung besteht, eine möglichst frühe Erkenntniss und thera¬
peutische Inangriffnahme des Leidens auch in dieser Hinsicht geboten.
Was nun die speciellen Behandlungsmethoden betrifft, so
spiegelt sich darin natürlich das eigenthümliche Doppelverbältniss,
in dem die Krankheit einerseits zur Dermatologie, andererseits
zur Neuropathologie steht. Während jene mit dem Heilapparat
>) 1. c. p. 359.
*) Würzburger med. Zeitschrift p. 260.
3) G. Lewin und Th. Benda, Ueber Erythromelalgie.
klinische Wochenschrift 1894, No. 3.
Berliner
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In'kiAmp:, -. __
VII- Feuilleton.
Bericht übet die Feiet <le& öOjabrigeT» Stiftnngsfenfes
Sduru. wai.dm sttda im Han. (» mkum'.la» • ‘•rknmlvq«
s 4a Ymur^mü« 1 ünd >-<> dir. Kju»dmmid>iMhl<mu;' ümuPi'uta
Aui d.-m.' 'V|H>orm', a-nirim \om iuu}.•(«'•}• ,>dt.u id.-sbur '.muh koina
Badtütmtum -udmd.m imk bmd.t diu Chlurufoim)- mnl Chioivij-
Umrmdm Nru^"f ■ huv, truimr aim? ' V%,nnehruu- dot •.a^itjophiiba
Ki^didii^iddaitän
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H.anm^uftViU^dipjdnuir- und psTfumieu; te« . vor «Fr.
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j idrfihinÜmv kinmim, kun/ion nir iut?v dmvhndiuinüuii vm» W.%
1 K.iilrnav bcriiOiteö, ,. _...-■ -
Auf Auirm' .km VA^sitzendon, Horrn Jmqu'n, rvnd diu !*h-..
cust-iou. vm-«•}*<»bm bi?t nue-i» dma \ (ndl’A^u von
• n: Herr Orihmaktv; liditrft» tut Brndkuinnp' Htm-
ktmdB)U 1 1 .■ i .iHtmomaiari.u Vurin^fadot hat vm mobr ni.
Ütm Jaiü'uv t>.a . iamn K..H von su*.div\frer 0>t,uniu;U;mm )>p ^iim)
1 ibMivfoen iX^fiükrt $hs d>ef i uHöü gimmmbr , Md war mit
. ouf t*ni ij'iuigj. • -- idu Idthcrc üiitmmiubium der LigianclUrt ^1
der tfesellsehftft für ^ehartshillfe untl t?t^t»iiU(>ibgie in Owien H'gdH rt»M Brtküde. eine äfnrk^ V«’
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'if.rrn .Tjnjua{ gugvn dr-d' frdrka'ddfÄfvl: :
1 . Hmr v, AV InakiH-tMünclmB), der tm dm; Y.'Htbnb'Advn 'HnTu
B. S‘. Sah \i\ti <■ tdütuU fdöknd.a’1 an war, deimkkivirU eäuu. Anznfd
?«>lir inieroffBunter I'iiipandm.-und Ajda'idannmi: .... w.«.ir«d
1. Z-o Amin-.n, w.ldu dm m>u v W i in hmi ■,-<{. mi^ . /a*. > ; /.vV-ur i.n Jk-««n Juf f ummb f My t«b*n i . i‘«m b ' ,tl1 \ ni '‘ v ‘ }
mH giUnin ErH^' m%efübrt: 0 - . MeilvadV d^A -'.tte-R?;?}- ‘ in’Mcm _Aun'.dß^sHbm-- Sudh • Xhr eine f(|r ; amvty H •
Jur b im jH*ij ti^t^l- Oj»oi’ü ii uw dtfVyifdfmf' V r W»a.-t rpbittd. 4 4 n <nkian^lmi ln Ha{ji»• <‘t*kl'nkFUn lc Oti*Hn t> \v»>rdmi
l%Hbl iü dim FUndir, iutuTbaHf d(s S-ptum rtndno-Y^pjHTiü^ da v ^
jiiv v,xi ~r- , dar 4h» hbi iidorualoeik ft^)!.-
.ut.'/U.a, m. ll-sveiiilid. i-Miiji n ,vuf i ..u!' i m 1^4 ■* Miurr-'i i5 ^
mid deinen i'ddkozutrdnddu' ÄuriiokdÜUren will Om i nh H u# .nin»
Tboouu .M ‘dfi ui,-all « kiirxli* li l..“i:Hi^t Wurdi.sy dnfid. !,» oli:n M m.i"
v.ja 1 i M'in'i/n'i und \ ü.’t LSnn- km'-, ü - H»« Hwdm*' 0'
at'nuüm ihm <)\mriyl-<dd? , 'n-if'Miisht'r nur nofdi fm. i H'lik, !!(1!i
diu Bluse < ireu d em ringet um die FmieKdlnintj *.»:n •!**!• \’;i-ia:it-
wand al-gH.mt wird- hierdureh ^Mijpt die j'if.^*’l*"j!T/iuu- m.-in
von; i-idl.st 1-j'bdH.crioimiig jr^idi dmr ptneö. m nfo nmJ' .kr.kti dMin
A. }.{ 5aiJS.rS.-4 -k r i ;!'i‘ int'dn -ItUi X-dn gm-"iduftfrir u erdm;;
daddfkr wird iVanii dH BidjiddnnfmtiHuniKiut. vemdiai^k
'*$) BVk X-ongöu3tiib^ M.ySriiaaefeoi» Uch p^räa-iiii nndru
Tk.dies der Ni. dt. 1 tM-h ihm : *-. r Hi die« *lm‘ fiudt» tidur b«-ou-
arddeu ; Ftdt: di- j'rnhenm vier Fülle'sind im-ea riehen küi Mauihiiw
B uwloii, dofb-r- \ f rvi iiow und l\ .»n 4 m will - Jbij.'r AH
VrmlmponH'-udba Atoiuenf h*dd Y. W n.ekeiA.U«> iebdH' votAorumondeU
/.ovrmugoii imd Traunum jiü- tim iTmsrhlagkidle des. .NalmHt.VHiiji-es
iiervi.r; in diesem Fuij war dH Nfiijel^o-btuiV (jUdr■■iiimr den S. imirr»
des Kmdok ges-gdt 1 ttgea und butte dort eine* tiefe- Furrfm- firutei*'
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4) i^iiotie-iopilieeueiJibr /kit’fdi diaeSüiuuu-uiniB iirrvm^^vuHn^u.
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. bl. AvbhUdnögeo' mkH* r^kidy j»d h dn : Kiiy dt o mH. 4es
mvarium . w-ideh»^ "vor. iji»»gerci‘ Zeit, -.oimrivf.- worden ntid Ms j-izt.
ulme. Keei'ijv gebiiebau int.
. b) .BJiutögrnkliieebi wedeW. .dü> A n^HHn n ^ d er in
d'm luntsFPü ..BUflerii von Tiftik iinjAtelien.
llio-assLoii: IJorv ObroAok (Wien! Kot md Hnnk dm
rntronmn.-herf Tbemit' A ; er8uu)id ndt r fe kVmrotXyiU' utuHdHör.i ^
Mdnniddmg in däem Ml bat er Aumu täjmfi
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.»na* .ht; ib zwei- Falten iiitt m ;eimoljiös;
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Euaolini oft mudi fiel Oastvatum fuilbestAinUm, . ,-
Herr Febüna Hbiile a. A, -lauid, da^ man md ^ dm .•*•
Bedien; dff- I VitieniinneH ^44»*)’ AtnileüvyoHo TKr '^ 1 m .
-igii ben dte dH |^i*tdi . i\& FdftHditul km * b -
Oowadit leev-a du Bo, . . A . »
Ho»t nvllinuiin beioni Here». \. \\' in«'!•::•! gewemibek
..., .. , in soinünv Mir. nneb H»rtwöhrende UealundHiUigmi van- J' 1 !.; 1
»etf)ut^, ibms die j ji.'r/iln'-liev Haiti:. stsdHbnabvn; für ibe? befitdlH® 1 ^ ;
von Scb rüder \ sju-erb«* ivuvb k»4?oo • der .Fdimkuid. dH FnlienlJT. A- v
f Afangem' Zi-it otnrnr» iu< ins weuj-rr als felubteft Lkn-ui- [if '- .
i lipHdadV ötme Hefeontlet'e BeHeU w ei'dnir Yddie^k.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
31. Mai.
4. Herr A. Martin: Zur Behandlung der Pelveoperi-
tonitis chronica adhaesiva. Bisher hat man mit medicamen-
tüser Behandlung und Massage nicht viel erreicht; Hegar hat
früher, aber auch wohl nur bei gleichzeitiger Erkrankung der
Tuben und Ovarien, die Castration bei Pelveoperitonitis chronica
adliaesiva empfohlen. Seit einiger Zeit hat A. Martin bei der¬
artigen Fällen nach der Laparotomie dio Adhäsionen stumpf ge-
tiennt, Tuben und Ovarien aus ihren Verwachsungen losgelöst,
den eventuell retrollectirten und fixirten Uterus ebenfalls gelöst’
die oft straff angespannten Ligamenta sacro -uterina durch
streichende Bewegungen gedehnt oder im Nothfalle durchschnitten
und schliesslich den Uterus mit drei Seidenfäden au die vordere
Bauchwand angenäht. Uin neue Verwachsungen möglichst zu ver¬
hindern, wird schliesslich ein mit sterilisirtem Olivenöl getränkter
Schwamm in das Cavum Douglasii eingeführt und die Verwachsungs-
s teilen werden mit demselben bestrichen. Von 38 so behandelten Fäl¬
len sind jetzt 26 während einer Zeit von sechs Monaten und länger
beobachtet worden; ein Fall ist an Ileus gestorben; in letzter
Zeit hat A. Martin selbst 20. Fälle ganz genau eontrollirt, von
diesen sind 18 als geheilt zu bezeichnen. Infolge dessen empfiehlt
A. Martin in geeigneten Fällen ein möglichst conservatives Vor¬
gehen im Gegensatz zur Castration.
5. Herr Winter: a) Demonstration von Kranken, bei
denen Winter die Vaginofixation ausgeführt hat. Winter hat
die Operation in geeigneten Fällen stets mit gutem Erfolg ausge¬
führt; er verbindet dieselbe stets mit der Colporrhaphia anterior
und fixirt den Fundus uteri mit zwei versenkten Silkwormfäden.
b) Die Laparotomie beim Uteruskrebs. Winter theilt
im Anschluss an die bisher aus der Universität«-Frauenklinik
hervorgegangenen Arbeiten über das Carcinoma uteri die Er¬
fahrungen mit, welche mit der Laparotomie beim Uteruskrebs
gemacht worden sind; vom Jahre 1878—1894 sind 50 derartige
Fälle vorgekommen, hierunter allerdings auch einzelne Sarkomfälle.
Nach einem historischen Rückblick über die Entwickelung der
Operation geht Winter specieller auf die betreffenden Fälle ein;
zehnmal wurde nach Freund operirt; hiervon sind sieben gestorben
und drei recidivirt. Achtmal wurde nach Freund-Rydygier
operirt mit vier Todesfällen, und 32 mal wurde die Schröder’sche
supra-vaginale Corpusainputation gemacht, mit einer Mortalität von
II °/o- — Im ganzen beläuft sich die Mortalität bei den 50 Fällen
auf 48 %; Winter hofft jedoch, dass sich die Mortalität bedeutend
verringern wird nach Einführung der Asepsis und nach vorheriger
gründlicher Zerstörung der carciiiomatüsen Massen, damit jede
Berührung derselben mit dem Peritoneum vermieden wird.
Diseussion: Herr Mackenrodt hat im ganzen die Vagino-
nxation in 106 Fällen ausgeführt; mehrere Male ist bereits
Schwangerschaft nach derselben eingetreten und auch normal zu
Ende gegangen; einmal hat Mackenrodt sogar einen schwangeren
Eterus mit Erfolg an die Scheidenwand angenäht. In Bezug auf
me Laparotomie bei Uteruskrebs glaubt Mackenrodt auch, dass
>ick bei fortschreitender Technik die Mortalität noch wird bedeutend
verringern lassen.
Herr L. Landau sieht weder in der Grösse des Uterus noch
in den Verwachsungen eine Contraindication gegen die vaginale
Exstirpation, wenn man sich der P^an’schen Klammern bedient; er
bat bei dieser Operationsmethode keinen Todesfall mehr erlebt.
Herr Winter spricht sich entschieden gegen die Zerstüekelungs-
methode aus, wegen der Gefahr der Impfung. Das Klammer¬
nd fahren lässt er höchstens bei parametritisehen Verwachsungen
Nach Schluss der Sitzung finden noch die Krankendcmonstra-
tumen von Herrn Winter statt.
,. ^ err y. Gawronsky (Charkow) demonstrirt sodann eine An-
7 y 1 v . on Zeichnungen und mikroskopischen Präparaten über die
erbreitung und Endigung der Nerven in Vagina, Uterus, Tuben
und Ovarien.
und
Herr Gebhard demonstrirt die Präparatensammlun«
klinik^ ra P^i een m *kroskopischer Präparate der Universitäts-Frauen
n . *.^ lr Abends fand unter sehr lebhafter Betheiligung ein
lm Reichshof statt, welches die Theilnehmer unter zahl-
sin Kn eu ei ’nsten und heiteren Inhaltes und fröhlichen Ge-
bis zur frühen Morgenstunde zusammenliielt.
10 nu. m borgen, Donnerstag, den 10. Mai, wurde gegen
I r ,. r X°nnittags im Auditorium der gynäkologischen Abtheilung
v r öflhe} arit ^ zwe ^ e Arbeitssitzung von Herrn A. Martin
tirfo’ r- err Czempin: Zur Ventrofixation des retroflcc-
verrff 11 *r t , erus ' (Her Vortrag ist in No. 21 dieser Wochenschrift
® nWlc ht.) Die Diseussion wird verschoben bis nach dem Vor-
489
2. Herrn Flaischlen (Berlin): Zur Ventrofixatio uteri.
Vortragender berichtet über 45 Fälle von Ventrofixatio uteri nach
der Methode Czerny-Loopold; die meisten sind Jahro lang be¬
obachtet. Ein Todesfall ist im Anschluss an die Operation vor-
gekomraen, in den übrigen war der Erfolg stets ein guter: es
handelte sich meist um Retroflexio fixata. — In vier Fällen’ ist
nach der Operation Schwangerschaft eingetreten. Erster Fall:
Retroflexio mobilis, Ventrofixatio. nach zwei Jahren Partus, Uterus
danach in normaler Lage, trotzdem sich ein Erolapsus va». post,
entwickelt hatte. — Zweiter Fall: Trotzdem der Uterus nur mit
einer Naht an die Bauchwand fixirt war, nachher zwei Partus. _
Dritter Fall: Patientin fünf Jahre steril verheirathet, Retroflexio
fixata, Aufrichtung in Narkose ohne Erfolg, Ventrofixatio, Ovario-
Salpingotomia sinistra, Ovarium dextrum aus den Verwachsungen
losgelöst, danach Gravidität. — Vierter Fall: Patientin vier Jahre
steril verheirathet, Ventrofixatio, Ovarien losgelöst, acht Wochen
post operationem Eintritt von Schwangerschaft.
Bei Retroflexio fixata hält Flaischlen die Ventrofixatio für
die einzig richtige Operation, ebenso bei virgineller Scheide und
dickem Uterus. — Bei gleichzeitigem Prolaps empfiehlt Flaischlen
die Vaginofixation.
Diseussion: Herr Vulliet (Genf) erwähnt, dass Laroyenne
(Lyon) ähnlich operirt wie Czempin; er bedient sich einer noch
dickeren Sonde, eröffnet aber gleichzeitig das Peritoneum.
Herr Witte hat einige Male ganz ähnlich wie Czempin
operirt; hierbei hat er einmal einen Darm mitangenäht, weshalb
er vor der Operation warnt.
Herr Fritsch (Bonn) hat bei der Ventrofixation nie einen
Misserfolg erlebt; er näht den Fundus uteri mit zehn feinen Fäden
an die Bauch wand fest; er hält es für möglich, dass durch die
Ventrofixatio eventuelle Verwachsungen gelöst und namentlich auch
die Ligamenta sacro-uterina gedehnt werden können. — Mit der
Vaginofixation hat er ebenfalls gute Erfolge erzielt; bei Nulliparis
hält er meist die Ventrofixation für besser.
Herr Diihrssen hält die Methode von Czempin für bedenk¬
lieh wegen der Gefahr der Darmverletzung; er demonstrirt sodann
Abbildungen seiner Methode der Vaginofixation und geht dann auf
seine sogenannte vaginale Laparotomie über, welche er bis jetzt in
22 Fällen ausgeführt hat. Mit Hülfe dieser Methode kann man
mit der Fixirung des Uterus an die Vaginalwand gleichzeitig leicht
eine Controlle der Adnexe mit eventueller Entfernung derselben ver¬
binden.
Herr Bröse hält bei beweglicher Retroflexion ohne weitere
Complieation die Vaginofixation für indicirt, bei Parametritis und
Adnexerkrankungen die Ventrofixation; er hat 40 mal mit Erfolg
operirt.
Herr Winter hebt hervor, dass bisher mit der Olshausen-
sehen Methode der Ventrofixation an der Universitäts-Frauenklinik
stets gute Resultate erzielt worden sind; nicht der Fundus uteri, son¬
dern dio Ligamenta rotunda worden mit versenkten Silkwormfäden
an die Bauch wand angenäht. — Die Vaginofixation empfiehlt er bei
beweglicher Retroflexion, namentlich in Verbindung mit Prolaps;
Schwierigkeiten können nur bei stark verlängerter Cervix entstehen.
Herr Jacobs (Brüssel) hat nach der Ventrofixation infolge
des hierbei sich entwickelnden Stranges zwischen Uterus und
Bauchwand Ileus entstehen sehen, und zwar drei Jahre post
operationem; bei der Autopsie fand sich ein 4 l /2 cm breiter Strang
zwischen Uterus und Bauchwand. In einem anderen Falle, wo er
acht Monate nach der Ventrofixation wegen Carcinoma uteri die
vaginale Totalexstirpation vornehmen wollte, hatte sieh ein 6 cm
breiter Strang gebildet, welcher die Laparotomie erforderlich machte.
Herr Kossmann hat in einem Falle auch bei einer Virgo mit
Retroflexio fixata mit Erfolg die Vaginofixation gemacht, nachdem
er durch die eröffnete Excavatio vesico-uterina die Adhäsionen
hinten am Uterus gelöst hatte.
Herr Fritsch (Bonn) erwidert hierauf, dass er bei Nulliparis
die Vaginofixation auch nicht vollkommen ausschliesse.
Herr Czempin betont, dass, wenn man seine Methode genau
befolge und namentlich die Beckenhochlagerung anwende, Darm-
verletzungen sehr leicht zu vermeiden seien.
Herr Flaischlen hebt einem Einwand gegenüber hervor, dass
in den von ihm erwähnten Fällen ausnahmsweise der Uterus mit
nur einer Naht angenäht worden sei, in der Regel halte er zwei
bis drei Seidennähte für erforderlich.
3. Herr J. Veit: Ueber die Behandlung der eitrigen
Parametritis. Bei eitriger Parametritis ist meist der Durch¬
bruch in Nachbarorgane günstig; es kommt jedoch leicht nachher
zu einer Wiederansammlung von Eiter, und hierdurch wird meist
die Heilungsdauer sehr in die Längo gezogen. — Er empfiehlt,
namentlich wenn noue Exacerbationen sich einstellen, dio Incision
über dem Poupart’schen Bande und extraperitoneales Vordringen
bis zu dem Eiterherd; dann Eröffnung desselben und Drainage
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490
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22
nach der Scheide. Die Operation direkt von der Scheide aus ist
oft schwierig und unsicher und empfiehlt sich nur, wenn feste Ver¬
wachsungen mit dem Beckenboden bestehen.
Die Discussion wird verschoben bis nach dem Vortrag von
4. Herrn L. Landau: Pathologie und Therapie bei
Beckeneiterung. Vortragender demonstrirt zunächst ein neues
Instrument (Troikart mit Führungszange) zur Punction von para-
metritiscken Eitersäcken. Bei uncomplicirten Pyosalpinxsäcken hat
Landau bisher 189 mal die Laparotomie ausgeführt mit 2,8%
Todesfällen; bei complicirten Beckenabscessen (Pyosalpinx, Ovarial-
abscess, Perioophoritis, parametritisclien Abscessen etc.) hat er jetzt
35 mal mit Erfolg die Totalexstirpation sämmtlicher erkrankten
Theile per vaginam vorgenommen, und zwar mit Hülfe der Plan¬
schen Klammern; im Nothfall wird sofort die Laparotomie ange¬
schlossen, wie dies dreimal bei Darmverletzungen nothwendig
wurde. — Eine Nachblutung hat Landau nur einmal gesehen; die
Nachbehandlung ist gleich Null.
Discussion: Herr Pozzi (Paris) macht ebenfalls bei hoch¬
liegenden parametritisclien Abscessen die sogenannte „Laparotomie
sousperitonöale“ mittels Incision über dom Poupart’schen Baude
und Verschiebung des Peritoneum. Kürzlich hat er einen vor sieben
Jahren operirten Fall mit neuem parametritisehem Abscess wieder¬
gesehen, den er in derselben Weise wieder operirt hat. Die
Hysterectomie bei Beckeneiterung ist sehr viel missbraucht worden,
man hat oft den Uterus einfach als Fremdkörper betrachtet und
als solchen entfernt. Bei einfacher Salpingitis hält Pozzi die
Laparotomie für vortheilhafter.
Da die Zeit bereits zu weit vorgeschritten war, können die
noch auf der Tagesordnung stehenden Vorträge von Herrn Nagel:
„Zur Anatomie des weiblichen Beckens“ und von Herrn Kossmann:
„Zur Pathologie des Parovarium,“ nicht mehr erledigt werden.
Der Vorsitzende, Herr A. Martin, schliesst die Sitzung mit
einem Rückblick auf den äusserst befriedigenden Verlauf des Festes
und lebhaftem Dank für die rege Theilnalimo namentlich der aus¬
wärtigen Fachgenossen an den Sitzungen.
Herr Fritsch (Bonn) spricht den Dank der auswärtigen
Gäste aus und schliesst mit einem Hoch auf die Gesellschaft.
Am Nachmittage fand noch ein sehr gelungener Ausflug mit
Damen nach Wannsee und Klein-Glienicke statt, an welchem sich
auch die. auswärtigen Festgäste recht zahlreich betheiligten.
Referate und Journal-Revue werden von der nächsten
Nummer ab in besonderer Beilage erscheinen, so dass in
der Regel literarische Beilagen und Vereinsbeilagen den
einzelnen Nummern abwechselnd beigegeben werden.
VIII. Oeffentliches Sanitätswesen.
Die Beschlüsse der internationalen Sanitätsconferenz
zu Paris im Jahre 1894.
Nachdem dio von der Dresdener Sanitätsconferenz am 15. April
1893 beschlossenen Vereinbarungen, betreffend internationale Maassnahmen
liegen Volksseuchen, seitens der europäischen Grossmächto sowie der
Schweiz, Belgiens und Luxemburgs am 1. Februar 1894 endgültig ratificirt
worden, ist die von der Dresdener Conferenz vorbehalteno Ergänzung
jener Vereinbarungen bezüglich der im Orient zu treffenden Abwehr¬
maassregeln gegen Choleraeinschleppung durch die vom T.Februar
bis 22. März 1894 stattgehabte erneute Conferenz in Paris gleichfalls
zum Abschluss gelangt.
Die nunmehr festgestellten Maassregeln und Vorschriften bilden ein
planmässiges System, dessen wissenschaftlich-technische Grundztige ihren
ersten Ausdruck in dem Programm fanden, welches der internationalen
Sanitätsconferenz zu Rom im Mai 1885 von dem französischen
Delegirton Proust vorgelegt wurde und dessen Annahme nach Ueber-
windung der von der britischen Regierung entgegengestellten Schwierig¬
keiten unter wenigen Mo dificationen erst durch die darauffolgende Conferenz
zu Venedig im Januar 1892 erzielt wurde. Proust (Chef des Sanitäts¬
dienstes m Frankreich) hat das Verdienst, durch Aufgebung des früheren
quarantänefreundlicheu Standpunktes seiner Regierung und durch ein den
heutigen hygienischen Anschauungon entsprechendes Entgegenkommen
gegen die britische Maxime möglichster Verkehrsfreiheit die Grundlage
zu dem jetzigen Einvernehmen gelegt zu haben. Für die von ihm vor-
gesclilagene Reform war die Idee leitend, alle für den Verkehr so störenden
Heobachtungsaufenthalt'e am Ankunftsorte möglichst entbehrlich zu
machen durch streng controllirte Vorkehrungen am Abfahrtsorte
Q*vur* re '^ n ^ e I® uc ^ lun S) un fi ail f den Schiffen selbst ( An stellung eines
bemnsarztes, Einrichtungen zur Isolirpflege, zur regelrechten Desinfection
an Bord, guter Trinkwasserversorgung u. s. w.). Sein auf dieser Grund¬
lage entworfenes Programm (Mesures d’assainissement au point de depart)
wurde bereits vor dem „technischen Comite“ der internationalen Sanitäts-
conlerenz zu Rom einstimmig adoptirt; — derselbe erklärte zugleich
„alle Landquarantänen und Sanitätscordons für nutzlos“ (mit allen gegen
die eine Stimme der Türkei), verlangte eine systematische Assanirung
aller Hafenorte sowie die „Inspection“ aller aus choleraverdächtigen
Gegenden kommenden, den Eingang zum rothen Meere passirenden Schiffen
durch einen international an gestellten Arzt, unter eventueller mehrtägiger
Festhaltung behufs Dosiufection und Beobachtung der Ausgeschifften bis
zu fünf Tagen nach dem letzten unter ihnen stattgefundenen Ckolera-
crkrankungsfalle. Diese letztere Bestimmung war es, welche vornehmlich
von der britischen, aber auch von mehreren anderen Regierungen (Ver¬
einigte Staaten von Nordamerika, Spanien, Türkei) als unnütze und für
die Handelsinteressen nachtheilige Sperrmaassregel abgelehnt wurde und
welche die Sanitätsconferenz zu Rom formell ergebnislos endigen liess.
Da die britische Handelsflotte 80 Procent des gesammten Schifffahrtver¬
kehrs im Canal von Suez repräsentirt und ausserdem die politische Stellung
Englands in Egypten überwiegend in die Waagschale fiel, so war eine
praktische Lösung ohne Englands Beitritt unmöglich. Erst der im
Januar 1892 zu Venedig zusammengetretenen erneuten Conferenz ge¬
lang es, vornehmlich unter Vermittelung Oesterreich-Ungarns, Deutsch¬
lands und Italiens, ein auf gegenseitigen Concessionen beruhendes Ueber-
einkommen zu erwirken, welches im Mai 1892 die endgültige Zustimmung
der britischen Regierung sowie auch der Türkei fand.
Nach dieser „internationalen Sanitätsconvention vom 30.
Januar 1892“ haben alle aus dem rothen Meere in den Canal von Suez
einfahrenden Schiffe sich vor Suez einer ärztlichen Inspection zu
unterwerfen. Ergiebt diese, dass das Schiff „unverdächtig“ („indemne“)
ist, so wird dasselbe sofort zum freien Verkehr zugelassen, wie immer
das betreffende Schiffspatont gelautet haben mag.
Als „verdächtig“ („suspect“) gilt nicht mehr, wie bis dahin, jedes
aus einem cholerainficirten Hafenorte kommende Schiff, sondern nur ein
solches, welches während der Fahrt, aber nicht mehr während der
letzten sieben Tage, einen oder mehrere Erkrankungsfälle an Bord ge¬
habt hat. Ein solches Schiff darf, wenn es einen Arzt und einen
Wasserdampfdesinfector an Bord besitzt, den Canal „in Qua¬
rantäne“ durchfahren, unter strenger Vermeidung aller Verkehrsbeziehungen
mit dem Festlande auch zu Port Said, wo das Schiff weder Aufenthalt
nehmen noch ausladen darf. Besitzt das Schiff nicht einen Arzt und einen
Desinfector an Bord, so darf es zum Zwecke der Desinfection und der
genaueren Untersuchung 24 Stunden festgehalten worden.
Auch „verseuchte“ („infectes“) Schiffe, d. h. solche, auf welchen
innerhalb der letzten sieben Tage ein oder mehrere Cholerafälle sich be¬
funden haben, werden je nach dem Vorhandensein oder Nichtvorhandensein
vorgenannter Factoren verschieden behandelt. Im erstcren Falle müssen
nur die wirklich Erkrankten an Land gesetzt, und das Schiff darf nur 24
Stunden aufgehalten werden behufs Ausführung der Desinfection, welche
an Bord unter Leitung des Schiffsarztes geschieht. Im zweiten Falle
unterstehen die Schiffe den Anordnungen der ärztlichen Beamten zu Suez;
— alle Erkrankte werden im dortigen Isolirhospital untergebracht, der
Rest der Schiffsbesatzung gleichfalls gelandet und für die Dauer von 2—5
Tagen unter Beobachtung gehalten, während welcher Zeit die Desinfection
des Schiffes ausgeführt wird.
Sowohl in Venedig wie auf der im Jahre 1893 nachfolgenden Sani¬
tätsconferenz zu Dresden, welche letztere hauptsächlich die gegen¬
seitigen Abwehrmaassregeln bei herrschender Cholera innerhalb Eu¬
ropas zum Gegenstand hatte, war von der französischen Regierung die
Vereinbarung weiterer Maassnahmen beantragt worden, welche die Ver¬
hütung der Choleraverschleppung aus Indien durch den arabi¬
schen und persischen Meerhusen nach Mekka mittels der Pilger¬
fahrten, sowie die Verbesserung der sanitären Zustände an letzterem
Orte bezweckten. In der That liegt dort der Knotenpunkt für die be¬
ständige Gefährdung Europas und Afrikas, da der Verbreitungsgang der
Cholera aus Indien zu Lande durch Afghanistan und Transkaukasien nach
Russland während der letzten Jahrzehnte eine untergeordnete Rolle spielte,
dagegen Mekka das häufigste Centrum der auf dem Seewege durch aie
Pilgermassen dorthin gebrachten und von da nach allen Richtungen aus¬
strahlenden Infection bildete. . u
Die Vorschläge Frankreichs, welche den Stier bei den Hörnern
fassten, begegneten anfänglich grossen Bedenken politischer und reli¬
giöser Natur nicht blos bei der türkischen, sondern auch bei der
brito-indischen Regierung im Hinblick auf ihre 50 Millionen moham¬
medanischen Unterthanen. Während die deutsche Regierung den fran¬
zösischen Vorschlägen nur eine kühle Zustimmung entgegenbrachte
(nach einem offieiösen Berichte hätte für Deutschland kein direktes
Interesse in hohem Grade Vorgelegen, weil uns die Hauptgefahr „von
der Ostgrenze bedrohe!“), schlossen sich Oesterreich - Ungarn un
Italien derselben energisch an, und den vereinten Bemühungen der drei
südlichen Grossmächte ist es zu verdanken, dass mittels der jüngsten
Sanitätsconferenz in Paris wenigstens der wesentlichste Theil orige
Forderungen zur Erfüllung gelangte. Nur bezüglich Persiens ergab sich
die einstweilige Unmöglichkeit, eine Reform der sowohl im Innern wie an
den Küstenorten bestehenden sanitären Missstände ins Work zu s oj zen '
Der sogenannte Sanitätsconseil zu Teheran führt bekanntlich eine
Scheinexistenz, und die Errichtung einer internationalen Sanitätsbehor
daselbst begegnete nicht bloss finanziellem, sondern auch politische
Widerstande. . . .
Man beschränkte sich daher auf die Empfehlung an die persisc
Regierung, die in Venedig, Dresden und Paris vereinbarten Maassregei
auch an den Ost- und Südgrenzen Persiens einschliesslich der Häfen im
persischen Meerbusen zur Ausführung zu bringen event. unter finanzielle
Unterstützung seitens der Vertragsmächte. # .. ,
Von grosser Tragweite und voraussichtlich segensreicher Wurku g
sind dagegen die auf die Pilgerschifffahrt selbst, auf das rot
Meer und Mekka bezüglichen Beschlüsse der Conferenz. DenVersuch
des britischen Delegirten Cunningham, des bekannten Gegners all.
auf die Cholera bezüglichen lnfectionsanschauungen, die Bedeutung tedicn
als einziger Ursprungsstätte der asiatischen Geissei in Frage zu stei en
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
31. Mai.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
491
und auf die sanitären Fortschritte in Indien selbst als hinreichende Be¬
ruhigung zu verweisen, stellte der französische Delegirte Prof. Monod
eine eindruckvolle Darlegung der thatsächlichen Erkrankungs- und
Sterblichkeitsverhältnisse in Britisch-Indien entgegen. Sein
Vergleich der drei aufeinanderfolgenden vierjährigen Perioden von 1881—84,
1885—89 und 1889—92 ersieht, dass die Durchschnittszahl der jährlichen
Todesfälle überhaupt von 4769496 auf 5640434 stieg, diejenige der Todes¬
fälle an „Fiebern** von 3113599 auf 3803340. Bezüglich der Cholera
legte er einen Vergleich der drei fünfjährigen Perioden von 1877—1892
vor. Während der ersten Periode von 1877—81 starben an dieser Krank¬
heit im Jahresdurchschnitt 243901, während der zweiten von 1882—86
323909 und während der dritten von 1887—91 456724 Personen. Auch
hei Rücksichtnahme auf die Bevölkerungszunahme Ostindiens während
dieser 15 Jahre bleibt immer noch die Thatsache einer Zunahme der
Cholerasterblichkeit daselbst bestehen. Hn Jahre 1892 stieg letztere
sogar auf 721938 Todesfälle.
Die Choleraausfuhr aus Indien zu verhindern, erschien denn
schliesslich auch den britischen Delegirten als ein im europäischen Inter¬
esse anzustrebendes Ziel, zu dessen Erreichung die Conferenz folgende,
auf dem Programm Proust's aufgebaute Maassregeln beschloss:
1. Alle Pilgerschiffe müssen fortan in den Abfahrtshäfen einer
genauen Untersuchung durch staatlich angestellte Aerzte unterworfen
werden, welche sich auf die Reisenden bereits vor der Einschiffung am
Lande zu erstrecken hat. Alle sanitär verdächtigen Personen dürfen nicht
eingeschifft werden, und alle verdächtigen Effecten müssen am Lande unter
amtlicher Aufsicht desinfieirt werden.
Die weitergehenden Vorschläge der vorberathenden Commission,
welche ein Verbot der Einschiffung unbemittelter Pilger und eine fünf¬
tägige Beobachtung der Pilger vor ihrer Abfahrt aus cholerainficirten
Hafenorten verlangten, scheiterten an dem Widerstand der britisch-indischen
und bezüglich des ersteren Punktes auch der türkischen Regierung. Beide
Regierungen sehen in einer solchen Beschränkung einen zu bedenklichen
Eingriff in die religiöse Freiheit ihrer Unterthanen. Gegenüber der
Forderung einer fünftägigen Beobachtung wies Cunningham mit Recht
auf die Erfahrung hin, dass Pilger, welche aus den gesunden Theilen J
Indiens nach Bombay oder anderen indischen Hafenstädten kommen, be¬
sonders leicht von Cholera ergriffen werden und dass es daher unrathsam
sei, dieselben dort füuf Tage lang festzuhalten. Pagliani theilte ähn¬
liche Erfahrungen bezüglich der Emigrantenschiffe aus Neapel mit.
2. An Bord der Pilgerschiffe sollen sich stets ein — bei mehr
als 1000 Pilgern zwei — staatlich diplomirte Aerzte, sowie ein voll¬
ständiger Wasserdampfdesinfector und bterilisirungsapparat befinden. Jedem
Pilger soll ein Mindestraum von 2 qm und eine tägliche Ration von fünf
Liter reinen Trinkwassers gewährleistet werden. Letzteres ist während
der Fahrt vor jeder Verunreinigung sicherzustellen. Auch ein Destilla¬
tionsapparat soll auf jedem Schiffe vorhanden sein. Das Deck der Pilger¬
schiffe soll frei von Waaren und den Pilgern zum Spazierengehen in
freier Luft verfügbar bleiben. Bezüglich der Aborte und der Kranken-
räuine wurden gleichfalls besondere Bestimmungen getroffen. Letztere
solleu für 5°/o der Pilgorzahl unter Gewährung von 3 qm als Mindest¬
raum für jeden Kranken vorgesehen werden.
3. Im rothen Meere wurde als Lazarethstation die Insel Kamaran
wegen ihrer ausnehmend günstigen Lage fest gehalten, aber für ihre Ein¬
richtungen eine vollständige Reorganisation nach den in \ enedig aufge¬
stellten Grundsätzen gefordert. Alle in Djedda ankommenden Schiffe,
auf welchen Cholerafälle constatirt werden, müssen nach Kamaran zurück¬
kehren, um unter Vornahme vollständiger Desinfektion einer fünftägigen
Beobachtung der daselbst auszuschiftenden Passagiere unterzogen zu werden.
Auch bezüglich der Landwege für Pilgerzüge aus Mesopotamien,
Syrien, Yemen etc. nach Mekka beschloss die Conferenz. dass die von
der türkischen Regierung bis dahin daselbst getroffenen Maassregeln den
in \ enedig und in Dresden festgesetzten Grundsätzen und Vorschriften
anzupassen, namentlich Desinfectionsaustalten an geeigneten Punkten ein¬
zurichten und dagegen die langdauernden Landquarantänen aufzugeben seien.
Ueber die sanitären Missstände in Mekka selbst, welche seitens des
türkischen Delegirteu als sehr verbessert und in gründlicher Reform be¬
griffen dargestellt wurden, brachten der französische und namentlich der
österreichische Delegirte Dr. Karlinski, welcher an zwei Pilgerfahrten
bosnischer Mohammedaner nach Mekka persönlich theilgenonmien. als
Augenzeuge wahrhaft vernichtende Aufschlüsse, deren öffentliche Dar¬
legung nicht verfehlen kann, einen heilsamen Druck auf die endliche
Erfüllung der türkischen Versprechungen zu hinterlassen.
Mit Rücksicht auf die dort bis jetzt weiterbestehenden Zustände
beschloss die Conferenz für die Pilgerabfahrten von Djedda die gleichen
Maassregeln wie für diejenigen aus den indischen Häfen, und bei herr¬
schender Cholera im Hedjaz eine siebentägige Beobachtung aller zurück¬
kehrender Pilger in El Tor unter sorgfältiger Desinfection u. s. w. Das
Lazareth an letztgenanntem Orte soll entsprechend dem vom internationalen
Gesundheitsrath zu Alexandrien entworfenen Plaue reorganisirt. mit
einem ärztlichen Stabe, mit Sterilisationsapparaten für das Trinkwasser
u - s - ausgerüstet werden.
Obgleich der türkische Delegirte gegenüber allen diesen Beschlüssen
tiieils eine passiv ablehnende Haltung beobachtete, theils seine Zu¬
stimmung durch Verwahrung gegen jede executive Einmischung inter¬
nationaler Art in Verwaltuugsangelegenheiten des türkischen Gebietes
abschwächte, so ist doch durch das nunmehr nach jahrelangen vergeblichen
Bemühungen endlich erzielte Einverständnis zwischen den maassgebenden
jrossmüchten, namentlich zwischen England und Frankreich, der praktische
Erfolg der Conferenzbeschlllsse im wesentlichen gesichert. Bei ernstlichem
'\dlen der Vertragsmächte wird auch die türkische Regierung, sich der
Ausführung dieser Beschlüsse, soweit dieselbe in ihren Bereich fällt,
nicht entziehen können. Da auch Deutschlands zukünftige Bedrohung
durch Cholerainvasiouen — gleichviel ob von seiner östlichen oder west¬
lichen Grenze her — mittelbar hauptsächlich von den arabischen Pilger¬
stätten ausgeht, so dürfen die Ergebnisse der Pariser Sanitätsconferenz
als ein hocherfreulicher Fortschritt auf dem Gebiete unseres
nationalen Gesundheitsschutzes begrüsst werden.
_ Finkelnburg.
IX. Achter internationaler Congress fiir
Hygiene und Demographie in Budapest,
1. bis 9. September 1894.
Auf Einladung des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für öffent¬
liche Gesundheitspflege in Berlin, tagte am 26. Mai, Vonnit tag 11 Uhr,
im Bürgersaale des Berliner Rathhauses eine coustituirende Versammlung,
deren ausgesprochener Zweck zunächst in der Bildung eines deutschen
Comites bestand, das die Agitation für eine lebhafte Betheiligung am
Congressc fördern, namentlich aber eino würdige Vertretung der Hygiene
auf der mit dem Congressc verbundenen Ausstellung anbahnen sollte.
Die Versammlung, der Herr Spinola präsidirte. und bei der Herr
Th. Weyl als Schriftführer thätig war. war von Männern aus den ver¬
schiedensten Berufskreisen und zum Theil in den höchsten Beamten-
stellimgen zahlreich besucht; wir bemerkten unter den Anwesenden u. a.
den früheren Uiiterrichtsniinister, jetzigen Oberpräsidenten von West-
preussen von Gossler. die Generalärzte Sehaper und Gross heim, den
Geh. Ob.-Reg.-Rath von Scheel. Ober-Baurath Schmieden, Geh. Reg.-
Rath Orth, Rcg.-Rath Rahts. Geh. Med.-Rath Pi stör, Med.-liath
Wernich, die Abgeordneten v. Sclienckendorff und Broemel. die
Professoren Rüben er. Moeli, Ewald. Salkowski. Eulenburg, die
Stadträt he Fe r d. S t r a s s m a n n. M a r g g r a f f und B o r c h a r d t. die Apot licker
Schacht und Riedel, den Hamburger Chef-Ingenieur Andreas Meyer.
In das Comite wurden gewählt, mit dem Rechte der Cooptation:
für Prcusscn die Herren Spinola, Rubener. Herzberg (Baurath),
Virehow, Koch. Ewald, Eulenburg. Color, Langerhans.
Schacht, Ferd. Strassmanu, Grossheim, Werner (Oberstabsarzt),
Wernich, Orth. Lent, Löffler. Köhler. Schmieden, Wolff-
hügel, Weyl. Wallichs, Baer, von Sclienckendorff, Marggrall,
Finkelnburg. Schapor. Graf, Pistor, C. Fraenkel, v. Gossler.
Rietschel (Geh. Rcg.-Rath). Stubben (Baurath), Hobrecht, Zelle.
Flügge. Albrecht, Blenck, Boec-kh, Guttstadt und Ralits — für
Bayern: Büchner, v. Lotzbeck (General-Arzt), v. Kersch enstein er.
Emmerich. Spatz. Rasp — für Sachsen: Günther. Salbach
(Baurath). Hofmaun, Thiem (Baurath) und Boehmert — für Meck¬
lenburg: Dornhliith und Mettenhcimer — für die Hansastädte:
Andreas Meyer, Reineke. Kotelmann. Franzius — für Braun¬
schweig: Blasius — für Hessen: Pfeiffer (Darmstadt) — für Baden:
Bunt.e (Ober-Baurath). Schottelitjlt, Hardegg — für Wür11emI)erg:
v. Koch. v. Zeller, Römerin — für die sächsischen Herzog¬
tümer: Pfeiffer (Weimar). Dem ge schüft^führenden Aus¬
schüsse gehören als Vorsitzende. Spinola und Günther, als Schrift¬
führer Weyl und Rahts an; dem Ausstellungs-Comite als Vor¬
sitzender RÜbner. als Schriftführer Weyl.
Im Verlaufe der Sitzung wurden übrigens aus der Mitte der \ er-
sammlung heraus in Betreff des bisher veröffentlichten Congress Pro¬
gramms Bedenken ähnlicher Art laut, wie wir sie an dieser Stelle wieder¬
holt. insbesondere in No. 19 (p. 432) zum Ausdruck gebracht haben, die
sich namentlich gegen den bemerkbaren Mangel der Concentration, die über¬
grosse Zahl der Vorträge, die Zerstreutheit zusammengehöriger \ drtrags-
.themata in verschiedene Sectionen. und die Sectioiiszersplitterung über¬
haupt richteten. Es wurde mit als eine Aufgabe des Comites ins Auge
befasst, durch Einwirkung auf den Congressvorstand noch geeignet er¬
scheinende Modificationen des Geschäftsprogramms, namentlich m dom
Sinne herbeizuführen, dass (wie bei dem Londoner Hygione-Congress von
1891) Gegenstände von grösserem und allgemeinerem Interesse — wie es
ja für die Diphtheritis bereits in Aussicht genommen ist — vor und ausser
der Reihe der angemeldeten Vorträge vorzugsweise Berücksichtigung
fanden und ihnen bestimmte Stunden ( Vormittage) unter Zusammenfassung
der dabei bet heiligten Sectionen im voraus freigehalten wurden. Es
wurden mehrere für eine derartige Behandlung geeignete Ihemata m
Vorschlag gebracht, und anheimgegebeii. weitere \ or sch läge zu
diesem Zweck an den geschält sführeudeu Ausschuss (Schrift¬
führer Th. Weyl, Lützowstr. 105) bis zum 7. Juni spätestens
zu richten.
Wir knüpfen hieran folgende, uns von Seiten des Budapest«* Lxe-
eutiv-Comites zugegangene Zuschrift:
Sehr geehrter Herr Redaeteur! _
In No. 19 Ihrer geschätzten Wochenschrift waren Sie so freundlich,
sich mit dem Programm des VIII. internationalen Congresses für Hvgiene
uud Demographie zu befassen 'und unser vorläufiges Programm einer Kritik
zu unterziehen. Mögen Sie versichert sein, dass wir Ihnen dafür seht
verbunden sind. Einmal danken wir Ihnen für das rege Interesse, das
Sie unserem Congress freundliehst entgegonbnngen wollen, und zweiten*
und nicht weniger für die ganz zutreffende Kritik, der Sie unsere \ oi-
arbeiten unterziehen. . .
Mit dem Ueberwuchem der Arbeiten scheinen die Congresse
That auf einen Weg ge rat heil zu sein, auf dem es früher oder spa e
jedenfalls zu einer Umkehr kommen muss; diese Reform jedoch wircj^ei
Kongressen eine neue B#*u. zu schallen .und eine neue Foim *» fcebtn
haben: diese refbrinirten Congresse mit nur wenigen '= ,
jedenfalls inelir den Charakter von internationalen Coiitirenztn. ah
Kongressen im heutigen Sinne des Wortes haben. Nun h«hm., "
aber nicht bewogen gefühlt, diese Reform gerade an un.et.m li, .■
Digitized by
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kie--k.ii ii z’Vi i l'.Mni'.«-!- l-:nil.»-r, »Ja-.
Soji-ö,- JfcuÄißjFt hi HÄ dm Tiini-
Ut-r vrft nm'. f'i :vl:i AUhsIlW’, Biu Ln
Tr.ijj neli »-Lvas btüftüfkl
’ ^V,r4. ,l Tt . r ..;’rm 'Vir -il.i n .* ~m*t. >v« (1. n ■Uf--111!»*i**u Ffdiim ’• <»n 'L e,nl '1
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XI. Kleine Mittheilungen.
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hrii»*'!• rt-ifarnt iin iliH- Ififftnlu.i'.'ischoii AlAb.riy.uiz ilrs jvbVsioln.ui^i'b^u
■ iuoiUtilÄ. Anhvvi-\> -i.Arni um V<vf O r !-h (Oai übzeut.-;vv p.ithoJvrvAi.
■O. .fUdiailirj A>ri •' i i»y : . r irzt Hi 1,v hc &*:’ Ukefii; AUS av« j.-rbai»
Au- thoe** Hfiiurniun^ boitnn >vu- Ai-v S< iAu^s Äiohrii ?m
uilri’.-n. iiu kUfban*' Ac*r biA.oriko U?iio flöt sUirlHse'iiyU Kraükrn-
\tit«s#v,'.(Ut> • Tannlirkimusv^ lutcii %W«? i/Cit nntnvr
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-rilor UUAiiu? shlf. Es wäre iw iRtöf^se «udjr U&wp A^-
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Wnbf uni ftre tii-n , TAhmi • <;nmlrrn Srnch Jtir 4n? i'llvngrrn dtvsrliüüAn-
Ihyh'Ti l^tttfÄru UHüOjtk A' , wlWellt ^nrn^i wir ilaan nxd dimm
MHuMfikh m‘\< daJuit. ,,I.f-iQUr.ah(nkSiM7,lc> i ' uu-rrw ^atlttyd^n
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I 7,\\ /Cn?I FfAr•tAHfi.xli*>''-v -*- za- L&luWftfckw . ^‘ n ‘
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hurDciM-aiua.nusviuui niebt unvillkomiMUTi .cs««.». _
auAluvkld. T».*i,i .,i.t.mnirh.ui Profty*.»« iu -1er nievtkvnvpna.
KAouiWJ T*j DeiiMi-b vt d. r 1’hivnJauL a U «Jci.'usvcr M^mn\rt\U\
','r!uAt-ios-V'V i. K fv.f fr. ’•!*!..*• n nr. -u i.U’« ,wt
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-, Akhir' r~ -• r. f
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nn;-. tiujlihrigen Herrn, der;
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Sitjtnujr Ihlgl: ein g-emoinemm^ Essott. im Rrstanmat Mes^ ..avnyert
diaii^üs: .Bis! jubt sIüd A'oHrege. niigew*Adnt ;ü- te Wn ■
hirf^l, Flli-ätii«.,. fStessburt'l. IrajliC’'. iPcanWiirtl. .*fi£fg*je{
ErJ) rB(ä^«lki«V KsmpiiW.: »«Sei*!. S H
- Wien’ I'ro; i'»roy i» Hcidelhorg hat die BerufunS
Lehrstuhl Biitrof lrs .‘ihgelühr/t. ' »W
- Griu. Prob Esx'hßriuh. for tim no.-
."•Xueh£Qi^6r;lf;ftttbmri*’i; nte.- Li?ipzi|r vihgnlehoi ^
Prnfeseor avimimt. v ^ ^ ne.
- ÜniVatSitiUen, Krakau. Dar uMi .■ IVroiasvo!" f f
Ii.iiu-n uml Sypliili- fr. A. K<.«»cr fl «um (.(.fiitlkliru itnlaw o« ^.t..,; r
DeUrucKt bef .iiiHog SUtönfold }u Rerlio W.
Donnerstag
M SS.
7. Juni 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LichtensteinaUee 8. Potsdamentr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
I. Aus der Königlichen Frauenklinik in Halle.
Zur Pathologie und Therapie der Blutungen
unmittelbar nach der Geburt.
Von H. Fehling.
Unter obiger Ueberschrift veröffentlicht J. Veit im 28. Bande
der Zeitschrift für Geburtshülfe und Gynäkologie Grundsätze für
die Behandlung von post partum Blutungen, deren uneingeschränkte
Befolgung in der Praxis leicht schwere Schädigung der Entbundenen
nach sich ziehen müsste. So wenig J. Veit sonst ein Anhänger
der „chirurgischen Aera“ der Geburtshülfe ist, so zeigt er sich
doch für die Behandlung der dritten Geburtszeit ausschliesslich als
solcher. Die Erfahrungen Veit’s stimmen mit den von mir in
langjähriger klinischer Thätigkeit gewonnenen durchaus nicht über¬
ein; dies veranlasst mich, die strittigen Punkte hier zu besprechen.
Es ist zweifellos, dass bei allen Blutungen in der Nachgeburts¬
zeit die erste Aufgabe des Arztes die sein muss, den Charakter
der Blutung, ob durch Atonie oder Risse bedingt, festzustellen.
Veit versucht aus der Litteratur ein Bild der Häufigkeit der
Atonie in den Gebäranstalten zu gewinnen; wie ungleich der Begriff
der Atonie genommen wird, geht am besten daraus hervor, dass
nach Win ekel unter 12 297 Geburten 1 Atonie auf 11,5 Geburten,
in der Charit6 dagegen bei 16 210 Geburten 1 Atonie auf 114 Ge¬
burten kommt; also gerade das zehnfache. Es ist also gewagt, aus
solchen Zahlen Mittelwerthe herauszurechnen.
Aus den mir vorliegenden Jahresberichten verzeichnete ich in
Stuttgart (Hebammenschule) auf 4015 Geburten 89 atonische
Blutungen, also 1:47,2, Basel (Klinik) auf B165 Geburten 224 gleich
1:14,1, insgesammt auf 7180 Geburten 1 Atonie auf 23, also
ungefähr in 4 °/ 0 aller Geburten. Auch hier kommen allerdings
ziemliche Schwankungen in den Aufzeichnungen der einzelnen
Jahre vor, bemerkenswerth ist ferner, dass jeweils im zweiten
Jahre des betreffenden Assistenten weniger atonische Blutungen
verzeichnet sind als im ersten. Dass diese Zahl der Atonie (4 %)
nicht zu hoch ist, erhellt aus dem Vergleich mit der Häufigkeit
‘^■t' on * eei1 in d er Eröflfnungs- und Austreibungszeit, wie sie die
Ehrung der Praxis und die Lehrbücher hinstellen.
wenn sich nun Veit über die geringe Zahl von tödtlich ge¬
wordenen atonischen Blutungen im Verhältniss zur Zahl der über¬
haupt vorkommenden Atonieen wundert, so übersieht er dabei, dass
die Statistik klinischen Anstalten entnommen ist. Ich will keine
Kritik seiner Kritik üben, wonach unter 20 378 Geburten nur zwei
Todesfälle an Atonie Vorkommen, vielleicht wäre diese Zahl doch
hoher; allein selbst angenommen sie ist richtig, so ist es nicht
[uehr als am Platz, dass in einer gut geleiteten Klinik Todesfälle
v/p? VOa ^onie ein höchst seltenes Ereigniss sind, ausser etwa
m I lacenta praevia, und auch hier haben sich ja die Verhältnisse
e nom gebessert. Dass ausserhalb der Klinik tödtliche Verblutungen
0 ^r Vorkommen, zeigt die Erfahrung der Poliklinik, wo aller-
( ngs die Fälle recht häufig schon in einem desolaten Zustand
Übernommen werden.
7 ^ ss blutungen betrifft, so finde ich unter derselben
von ü t>er 7000 Geburten 48 stärkere, der Naht bedürftige
ssblutungen (fast ausschliesslich Vulvar- und Vaginalrisse), also
und lmal auf 150 Geburten. Es ergiebt sich hieraus die
l • ^ r ^ a k run £>’ dass atonische Blutungen etwa sechsmal so
letf a * 8 Rissblutungen. Lebensgefährliche Blutungen der
zteren Art kommen ohnehin fast nur nach operativen Entbin¬
dungen vor, besonders nach Wendung oder zu früher Extraction
in Steisslage. Rissblutungen nach Zangenentbindung sind weit
seltener. Von starken Rissblutungen nach spontaner Geburt kommen
fast nur die Clitoris oder Schwollkörper durchsetzenden Risso in
Betracht.
Weiterhin macht Veit einen ganz ungerechtfertigten Unter¬
schied zwischen dem Verlauf der Nachgeburtszeit und dem Hergang
der Blutung bei Lösung der Placenta nach Duncan oder Schultze.
Während nach der auch von Olshausen (in Schröder’s Lehrbuch)
vertretenen Anschauung der Mechanismus nach Duncan der
häufigere ist, indem hier die Placenta auf die Kante gestellt mit
dem Rand voran den Uterus verlässt, der nach Schultze, wo die
Placenta nach der uterinen Fläche zusammengeklappt mit dor
Insertionsstelle der Nabelschnur an der fötalen Fläche vorangeht,
seltener ist und eher zu leichten pathologischen Vorkommnissen
führt, kommt Veit zu ganz entgegengesetzter Anschauung. Er
sagt: blutet es vor Austritt der Placenta und ist ein Einriss aus-
zuschliessen, so sei die Lösung nach Duncan die Ursache der
Blutung; beim Mechanismus nach Schultze könne vor Abgang
der Placenta gar kein Blut nach aussen abgehen. Dies stimmt
durchaus nicht mit meiner Erfahrung, es giebt zweifellose Fälle,
wo beim Duncan’sclien Mechanismus vorher kein Blut abgeht, und
andererseits kann auch bei reinem Mechanismus nacli Schultze
schon vor Abgang der Placenta Blut neben derselben aus dem
Uterus abgehen.
Zudem hat seiner Zeit Dr. Zinsstag nach Versuchen m meiner
Klinik nachgewiesen, dass physiologischer Weise eine so scharle
Trennung zwischen Duncan und Schultze nicht vorkommt, dass
vielmehr bei ungestörtem Verlaufe der Nachgeburtszeit der
Mechanismus nach Duncan überwiegt; aus ihm wird durch den
so gut wie nie auszuschaltenden Zug der Nabelschnur vom go-
borenen Kind aus — der Mechanismus von Schultze. Dieso
längst sichergestellte Thatsache ignorirt Veit.
Dass eine Rissblutung durch Contraetion der Uterusligamente
zum Stillstand kommen kann, bestreite ich ebenfalls; selbstverständ¬
lich meint Veit hier nur die Cervixrisse. Die Ligamenta rotunda
können trotz ihrer kräftigen Muskulatur hier nicht wohl in Betracht
kommen, sondern nur die Ligamenta lata und die Douglasfalten.
Dass bei einer kräftigen Contraetion des Uterus mit stark ausge¬
prägter physiologischer Anteflexio diese Ligamente sich stärker
spannend zu fühlen sind, ist nicht zu leugnen, wie soll aber die
Contraetion der paar Muskelfasern des Daches der Ligamenta lata
die Blutung aus zerrissenen Arterien und Venen des Bodens der¬
selben zum Stillstand bringen?
Rissblutungen werden nicht selten, und darauf kommt es an,
mit atonischen Blutungen bei rascher Entleerung des Uterus durch
Entwickelung eines Kindes- aus Querlage, bei Hydrammon, bei
Placenta praevia verwechselt; hier schiesst das Blut anfangs oft im
Strahl hervor, so dass der Entscheid schwer sein kann, bis bei
richtigem Massiren die Blutung steht. Der Beweis für die Richtig¬
keit meiner Darstellung liegt in der oft eolossalen, der Rissblutung
täuschend ähnlichen Blutung nach Ausstossung eines Eies im
vierten bis sechsten Monate der Schwangerschaft,. ebenso nach
Kaiserschnitt, wo von Cervixverletzungen gewiss keine»Rede sem
kann; Blutungen, die wie Verletzungen durch ihre Intens Ut d
Entbundene aufs höchste gefährden können, we ^ che 1 tehen
gegen Atonie gerichteten Verfahren, Massiren Tamponade stehem
SS So wenig ich also diese theoretischen Anschauungen Veits
als richtig anerkenne. Yormng ich die von ihm gego P •
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
m
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 23
sehen Rathschläge zu empfehlen, der Praktiker würde damit
schlechte Erfahrungen sammeln.
Vor allem vermisse ich die Consequenz; Eingehen mit der
Hand in Vagina, Cervix, in’s Zellgewebe des Parametriuins zum
Nähen der Risse ist nicht nur erlaubt, sondern geboten, Eingehen
in den Uterus ist dagegen w r egen der Gefahr der Infection streng
verpönt, wo bleibt da die Consequenz? Denn die inficirenden ge¬
fürchteten Keime haften ja nicht an unseren Händen, welche wir
steril machen können, sondern sind in Vagina und Cervix zu suchen.
Wer beweist mir, dass, wenn der Arzt ohne genügende Erfahrung
und Assistenz sich abmüht, einen blutenden Cervixriss zu nähen,
dass er da weniger leicht die Frau gefährdet, als wenn er in den
Uterus eingeht, um die Placenta zu lösen. Die Gefahr cinos intra¬
uterinen Eingriffs post partum ist, sofern zuvor keine Infection
stattfand und sofern nicht hochpathologisches Secret vorhanden ist,
heutzutage doch nicht mehr die wie vor 15 Jahren. Die Gefahr
einer Placentarlösung in gut geleiteter Klinik ist ebenso gering
wie die einer Laparotomie; der ungeübte, nicht mit Anti- und
Asepsis vertraute Arzt kann natürlich bei beiden Operationen
Schaden anrichten. Auch in der besseren Privatpraxis, wo man
doch weniger mit pathologischem Secret des Genitalschlauchs zu
thun hat, als in Klinik und Poliklinik, ist die Gefahr einer unter
antiseptischen Cautelen ausgeführten Placentarlösung längst nicht
mehr so gross. Dio Aengstlichkeit, nach genügender Desinfection
der Hände und des Genitalschlauchs eine nöthige Placentarlösung
vorzunehmen, ist mir gerade so unverständlich, wie das gegen¬
wärtige Streben, die Exploration in partu von der Vagina aus
durch die vom Rectum zu ersetzen, als ob die Rectalschleimhaut
nicht auch eine Infectionsstoffe resorbirende Schleimhaut wäre, wo
Fingerkeime so gut wie Darmkeime eingeimpft werden können.
Ich habe auf der Baseler Klinik infolge der dort sehr zahl¬
reichen endometritisehen Erkrankungen und überhaupt grosser Nei¬
gung zu Atonie (in der Zinsstag’schen Versuchsreihe von ab¬
wartendem Verfahren fand sich in 21 % der Fälle über 1 1 Blut¬
verlust) auffallend häufig Placentarlösungen nötliig gehabt. Genaue
Zahlen besitze ich nur aus den letzten fünf Jahren, wo 67 Pla¬
centarlösungen vorgenommen wurden; hierbei verlief in 70% der
Fälle das Wochenbett völlig fieberfrei, dio auftretenden fieberhaften
Erkrankungen waren meist nur von kurzer Dauer; die zwei hierbei
vorgekommenen Todesfälle betrafen Frauen, die schon fiebernd in
die Klinik eintraten.
Die therapeutischen Rathschläge für Bekämpfung der Blu¬
tungen in der Nachgeburtszeit würde ich demnach folgendermaassei]
formuliren: In erster Linie halte ich mit Veit für sehr wichtig
bei einer Blutung in dor Nachgeburtszeit sofort die Unterscheidung
zwischen Riss- und atonischer Blutung vorzunehmen. Hat man in
zweifelhaften Fällen durch Reiben des Uterus gute Zusammen¬
ziehung angeregt, so ist der beste Zeitpunkt zur Entscheidung
unmittelbar nach Ablauf einer Wehe. Bei Atonie wird das Blut
in dem eben erschlaffenden Uterus sich ansammeln, bei Rissblu¬
tungen spritzt oder quillt dasselbe anhaltend heraus. Nach dem
Verlauf der Geburt kann man oft schon den Schluss machen, wc
der Riss sitzt. Bei spontaner und Zangengeburt entstehen eher
Vulvar- und Vaginalrisse, während nach Wendung und Steiss-
extraction die Möglichkeit eines Cervixrisses vorliegt. Die Cervix¬
risse sind, wie die klinische Beobachtung lehrt, lange nicht sc
häufig, als vielfach angenommen wird; erhebt man zur Regel, nach
jeder operativen Geburt die Vaginalportion herab- und die Lippen
ausemanderzuziehen, so ist klar, dass die dilatirten Gefässe zu
bluten anfangen "werden, dass man also scheinbar viel öfter eine
Rissblutung hat, als der Wirklichkeit entspricht.
Dass blutende Vulvar- und Vaginalrisse durch Catgutnaht ge¬
schlossen werden, ist selbstverständlich, dasselbe gilt für blutende
Lervixrisse, falls der Arzt genügend Assistenz und Uebung hat.
Ist letzteres nicht der Fall, so ist eine vorgängige Jodoformgaze-
tamponade vorzuziehen, bis alles zur Stelle ist.
Eine schwere Verantwortung gegenüber dem Praktiker ladet
sich Veit durch den Satz auf, dass, wer nur die Ueberzeugung
habe eine Placenta durch Druck herausbefördern zu können, dies
erreichen könne. Man kann dies aber weder sich, noch dem Uterus
suggenren. Wichtig ist in jedem Fall, wenn die Expression miss-
ungen ist, dieselbe noch einmal in Narkose zu versuchen, ehe man
fcur Lösung schreitet; es gelang mir dies manchmal noch, wo die
Assistenten nicht zum Ziele kamen. Aber die „Ueberzeugung“ hilft
da nichts, wir stehen vor der nackten Thatsache, dass es Fälle
giebt, wo die Placenta einfach dem Druck nicht folgt, weil nicht
selten ein Lappen in einer Tubenecke stärker adhärent ist; ausser¬
dem giebt es Fälle, besonders bei Adipositas, bei sehr grosser
Placenta, ungeberdigem Wesen der Entbundenen, wo der Uterus
sich zur Expression nicht genügend umfassen lässt. Wartet der
Arzt hier zu lange, im Vertrauen auf den Satz von Veit dass
man me wegen Blutung vor Ausstossung der Placenta nöthig
habe, dieselbe zu lösen, dann wird manch eine Patientin an Ver¬
blutung zugrunde gehen.
Natürlich soll hier der Arzt so lange als irgend thunlich zu¬
warten, er soll energisch den Uterus massiren, was heutzutage
eben leider.die wenigsten mehr können, weil an fast allen Kliniken
exspectativ verfahren wird, wenn aber die Symptome beängstigend
werden, dann muss die Placenta gelöst werden; nach exacter Des¬
infection der Vulva, Ausreiben von Vagina und Cervix mit ein-
procentigem Lysol ist — strenge Handdesinfection vorausgesetzt
— die Gefahr der Placentarlösung keine grosse, wie die Resultate
meiner Klinik zeigen.
Der in der Arbeit Veit’s gefährlichste und am meisten zu
bekämpfende Satz ist der, Placentarreste im Uterus zu belassen
und abzuwarten, bis gefahrdrohende Blutung eintrete. In den höchst
unangenehmen Fällen allerdings, wo der Arzt zweifelhaft ist, ob
die Placenta vollständig ist oder nicht, da rathe ich abzuwarten
und nur bei atonischer Blutung einzugehen. Ist aber von vorn¬
herein klar, dass ein Lappen der Placenta fehlt, so warte man nicht,
bis es blutet oder bis sich der Cervix schliesst, sondern man ent¬
ferne das Fehlende nach den angegebenen Regeln sofort. Der Ein¬
griff ist so weit ungefährlicher, als wenn man ihn bei ausgebluteter
Frau unternehmen muss oder wenn schon Intoxications- oder In-
fectionserseheinungen da sind.
Macht man dann zum Schluss eine heisse desinficirende Aus¬
spülung (50° C), so ist eine solche der Vagina zwecklos, die Ein¬
führung des Rohres mittels zweier Finger über das Os internum ist
leicht zu machen und bringt bei Vermeidung von Lufteintritt und
ruhigem Durchfluss kaum je Gefahr.
Ich schliesse damit, der Arzt vermeide in der Nachgeburtszeit
möglichst in den Uterus einzugehen; ist es aber durch Atonie oder
Adhärenz der Placenta geboten, so darf er den Eingriff ruhig
machen, "wenn er sich die Zeit zu genügender Desinfection nimmt,
was ja nach Fürbringer in fünf Minuten geschehen kann, und wenn
er vor Ausführung intrauteriner Eingriffe den Genitalschlauch
zweckentsprechend reinigt.
II. Ueber die Entfernung von Eisenspüttem
aus der Netzhaut.
Von Prof. Dr. J. Hirschberg in Berlin.
In unserem überhasteten Literaturgedränge ist es ja etwas
ganz gewöhnliches, dass die Nachfolgenden, statt neue Bahnen auf¬
zusuchen, lieber ihren Vorgänger bei Seite schieben. Ich habe mich
deshalb gar nicht gewundert, dass man dies auch mit dem von
mir geprüften Verfahren, Eisensplitter aus dem Augeninnern kunst¬
gerecht herauszuziehen, versuchte und zunächst ruhig geschwiegen,
bis die Ansichten über das „neue“ Verfahren sich geklärt und bis
ich selber eigene Beobachtungen darüber gesammelt haben würde.
Aber nach den allerneuesten Veröffentlichungen könnte man
doch vielleicht befürchten, dass das von mir in allen Einzelheiten,
nach Indication und Technik, studirte und wegen der Einfach¬
heit und Billigkeit des Instrumentes jedem Arzt, der überhaupt
am Auge operirt, bequem zugänglich gemachte Verfahren vernach¬
lässigt und von den jüngeren Aerzten aufgegeben werde, — nioht
zum Vortheil der Kranken, die noch dazu meistens den ärmeren 1 )
und hilfsbedürftigen Classen der Arbeiter angehören.
Herr Prof. 0. Schirmer in Greifswald hat in No. 18 dieser
Wochenschrift die folgenden Sätze veröffentlicht: „Während die
Einführung eines kleinen Magneten in den Glaskörper, wie wir sie
bisher nach dem Beispiel von Mac Keown 2 ) und Hirschberg
anwandten, stets mit mehr oder minder grosser Zerstörung und
Verlust von Corpus vitreum verbunden war und die Gefahr einer
Infection wohl nicht immer hat vermeiden lassen, gestattet die
Haab’sche Methode (mit sehr grossen Magneten) in manchen
Fällen, selbst bei tiefem Sitz des Splitters, denselben wieder aus
der Wunde herauszuziehen, ohne ein Instrument in den Bulbus
einzuführen; in anderen Fällen gelang es wenigstens, ihn in die
vordere oder hintere Kammer zu dislociren, also an einen Ort, von
wo er mit relativ geringer Gefahr entfernt werden konnte. Vor
allem aber, und dies scheint mir das wesentlichste, ermöglicht sie
l ) Allerdings ein Honorar habe ich för keine meiner Magnetope¬
rationen bisher erhalten; einträglich ist dieser Zweig unseres Könnens
nicht, wiewohl sehr nützlich: darum scheint es mir erst recht geboten,
dem einfachen Praktiker und angehenden Arzt einen wohlfeilen Apparat
zur Verfügung zu stellen. # . .
*) Mac Keown verwendete einen geraden magnetisirten Stani-
stab und einen Schnitt durch die Augenhäute, der parallel zum Horn¬
hautrand (etwa 2 l /a''' davon entfernt) verlief. So bedeutend ich selber
die Leistung des irischen Fachgenossen stets angeschlagen habe: die Ein¬
führung eines passend gekrümmten Elektromagneten durch einen
meridionalen Schnitt hinter der Ciliargegend, wie ich es ange-
rathen, liefert doch andere und mehr bloibende Ergebnisse.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
7. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
es uns, Eisensplitter zu extrahiren, ohne dass wir von ihrem Sitz
im Bulbus irgend welche Kenntniss haben, und sie könnte ver¬
suchsweise angewendet werden in Fällen, wo die Diagnose auf
Fremdkörper eine unsichere ist.“ ö
Nach meinen Erfahrungen [an 150 Magnetoperationen 1 ) in den
letzten 15 Jahren] sind diese Behauptungen, soweit sie sich auf
das von mir empfohlene Verfahren beziehen, nicht nur gänzlich
unbegründet, sondern sogar bereits durch die bisherigen Veröffent¬
lichungen widerlegt 2 ).
1) Wund Vereiterung, wie sie nach Starschnitt, wenngleich
heutzutage ganz überaus selten, doch immer noch ausnahmsweise
vorkommt, habe ich nach dem Lederhautschnitt zur Entfernung
von Eisensplittern nicht ein einziges'Mal beobachtet, sogar in jenen
Fällen nicht, wo der Eisensplitter bereits Glaskörpervereiterung
bewirkt hatte, ehe der Kranke zur Behandlung eintraf. Die voll¬
ständige Bedeckung der Schnittwunde durch den Bindehautlappen
scheint sehr nützlich zu sein.
2) Innere Vereiterung habe ich unter jenen 100 Fällen
einmal beobachtet (II, Fall 21), wo ich nach meinen sonstigen Er¬
fahrungen Grund zu der Annahme hatte, dass das Auge in der
Latenzperiode der durch den Fremdkörper bewirkten inneren In-
fection zur Operation gelangt sei. Aber dies mag man annehmen,
oder “nicht: die grosse Zahl der übrigen Fälle zeigt, dass vor¬
sichtige Einführung des keimfreien Magneten keine Ge¬
fahr für den Augapfel bedingt, während allerdings unvorsichtiges
Sondiren des Augeninnern, wie ich immer betont, ein Todesurtheil
für das Auge darstellt.
Unerlässliche Bedingung für erfolgreiche Operationen der Art
ist vollständige Asepsie. Den Satz, welchen ich 1885 ge¬
schrieben: „Wegen der Heilung kann man bei vorsichtigem,
sauberem Verfahren ganz unbesorgt sein“, halte ich heute gewiss
aufrecht. Seit sieben Jahren habe ich das Magnetende immer, mit
der nöthigen Vorsicht, unmittelbar vor der Operation dem kochen¬
den Wasser, bezw. der kochenden einprocentigen Sodalösung ent¬
nommen.
B) Glaskörp erverlust habe ich fast nie beobachtet; ich
mache diese Operation nur in tiefer Chloroformnarkose. Herrn
Prof. Schirmer’s Satz, dass „stets Glaskörperverlust“ vor¬
komme, passt nicht auf mein Vorgehen 3 ).
4) Glaskörperzertrümmerung wird vermieden, wenn man,
nach der von mir gegebenen Regel, den Glaskörper mit dem scharfen
Messer bis in die Gegend des Splitters spaltet.
Zertrümmerung des Glaskörpers bewirkt später Schrumpfung
desselben und Netzhautablösung. Ich habe aber drei Fälle schon
über 10 Jahre beobachtet; keine Spur von Netzhautablösung
yh^troten. (H, Falll, 12 l /a Jahr, liest feinste Schrift; H, Fall 8,
10 1% Jahr, liest feine Schrift; n, Fall 7, 10 Jahre, sieht mässig,
da der grosse Fremdkörper die Netzhautmitte zertrümmert hatte.)
5) Eisensplitter, deren genauer Ort im Augeninnern uns un¬
bekannt ist, habe ich wiederholentlich mit dem „kleinen“ Mag¬
neten sofort herausgezogen (zu einigem Staunen zufällig anwesen-
der Gäste) und eine Reihe von solchen Fällen schon veröffentlicht.
Ui ™ 14, 11, 17 u. a.). Ein neuer, sehr merkwürdiger Fall der
Art soll noch in dieser Mittheilung beschrieben werden.
Nachdem ich die unbegründeten Vorwürfe, die man gogen
das bisherige Verfahren erhoben, widerlegt habe, gehe ich über zu
einer vorurtheilsfreien Prüfung der Misserfolge.
Zunächst ist hervorzuheben, dass alle Erfolge lediglich der
kunstgerechten Anwendung des Magneten zu danken sind. Das
gröbere Tasten der früheren Zeit (mit Löffel, Haken oder Pincette)
bat keinen einzigen Fall aufzuweisen, wo aus der Tiefe des
laskörpers oder aus der Netzhaut ein Eisensplitter mit
auerndem Erfolg für die Sehkraft herausgezogen wurde.
, den ersten zehn Jahren meiner Thätigkeit, ohne den Mag-
eten, hatte ich keinen einzigen Erfolg. In den folgenden zehn
a ren mit dem Magneten, dreizehn Erfolge, sieben befriedigende
und sechs geringe.
Die Misserfolge, die trotz regelrechter Anwendung des
-f^gueten Vorkommen, hängen hauptsächlich von der Schwere
r ^^ung ab. Dass ein ausziehbarer Splitter nicht aus-
s °gen werden konnte, kam nur in der ersten Zeit der Magnet-
peration vor, als das Verfahren noch nicht genügend ausgebildet
i- / J-'bgögen giebt es Fälle jenseits der Grenzen der ärzt-
A en w .° der Splitter fest mit Widerhaken hinten in
ugapfelhüllen eingepflanzt ist, — oder gar die Augenhäute hinten
) Einschliesslich der Magnetsondirung frischer Augapfelwunden,
und TT ■ D ßr Elektromagnet in der Augenheilkunde, Leipzig 1885;
- Uel)6r die EroehmasA d» ur<. mtt *«nn« n « oni nach hundert. Piio-Anftn
XXXVI, 3.
und Tr Tf'ü ’ t:* 1 ^toALruiuagnei in aer Augenne:
Onemtmlufn 6F E ^ e bnisse der Magnetoperation,
^peratiMwn Vi Graefe’s Arch. für Ophth. 1890, XXAV 1 , 3 .
ausi?efnhrfA„ da8s er 111 seiner eigenen, nach meiner Ar
usgetührten Operation nicht von Glaskörperverlust spricht.
495
zum zweiten Mal durchbohrt hat. Bei übergrossen Splitternist
die ursprüngliche Zerreissung der Netzhaut zu stark, so dass
trotz glücklicher Ausziehung des Splitters Sehkraft nicht erhalten
wird Wenn septische Vereiterung des Glaskörpers bestand,
ehe das Auge zur Operation gelangte, so wird die glücklichste
Ausziehung höchstens einen Rest von Sehvermögen erhalten.
, . Un ! neuem zu zeigen, was das bisherige Verfahren zu
leisten im Stande ist, will ich zunächst vier Fälle von Ausziehung
oines Eisensplitters aus der Netzhaut kurz mittheilen: denn diese
geben den Prüfstein ab für ein jedes Verfahren der Art, da sie
weit mehr Schwierigkeiten darbieten, als die im Glaskörper’ schwe¬
benden Splitter. Sie betreffen kleinere und grössere, sowohl am
Sehnerven wie auch am Aequator. Diesen scliliesse ich einen Fall
an, wo der Sitz des Eisensplitters verborgen blieb und doch die
Ausziehung anstandslos gelungen ist.
Auf die Ausziehung von Splittern aus den vorderen Theilen
des Auges (aus den tieferen Schichten der Hornhaut, aus der
Kammerbucht, Iris, Linse) gehe ich dieses Mal nicht ein, da solche
Fälle nicht in Frage stehen, auch schon durch die bisherigen Ver¬
öffentlichungen genügend erläutert sind, und bemerke nur zur Ab¬
rundung, dass^ auch für diese Fälle der eingeführte kleine Magnet
entschiedene Vortheile bietet, manchmal ganz unentbehrlich scheint
(Vgl. II, iv.)
Eft D 1- Am 13. Februar 1892 Nachmittags gelangte Herr P. S. aus
B., 21 Jahre alt, zur Aufnahme. Er hatte Vormittags um 10 Uhr dabei
gestanden, als sein Bruder mit einem Meissei ein Stück von einem
stählernen Stabmagneten abschlug, und sofort eine Verletzung des rechten
Auges verspürt. Das Auge ist reizlos. Vor dem äusseren - oberen Qua¬
dranten der künstlich erweiterten Pupille sitzt in der Hornhaut eine ver¬
harschte Wunde von 3 mm, dahinter ist ein Riss in der Regenbogenhaut,
dahinter eine Trübung unter der Vorderkapsel, mit kleiner Wundöffnung
in der letzteren, ein Trübungschlauch, der die Linse von vom nach hinten
durchsetzt, und eine sternförmige Trübung der hinteren Rinde, nach oben
und schläfenwärts.
Sowie das Auge nach innen-unten blickt, sieht man mit dem Augen¬
spiegel den in der Netzhautperiphorie haftenden und in den Glaskörper
hervorragenden, schwarzen Fremdkörper, der 3 mm lang und über 1 mm
breit sein dürfte. Eine zeltförmige, frische Blutung ragt von der Ein¬
pflanzungstelle in den Glaskörper hinein, nach vorn zu rasch sich ver¬
breiternd. Verband, Bettlage.
Die Lücke an dem Magnetstab, den ich nach einigen Tagen zu sehen
bekam, entsprach einem Dreikant von etwa 3 mm Länge und l l /a mm
Breite wie Dicke. In den nächsten Tagen blieb das Auge reizlos, die
Linsentrübung nahm zu. Dann trat zunehmende Empfindlichkeit auf.
In der Nacht vom 23. zum 24. Februar wurde ich zu dem Krankon
gerufon, da das Auge sehr schmerzhaft geworden. Morphiumeinspritzung.
Am Morgen des 24. ist der Lidrand gedunsen, die Augapfelbindehaut rotli
geschwollen, der Glaskörper aber frei von Eiter, soweit dies durch die
halbtrübe Linse zu sehen ist. Man erkennt auch noch den Fremdkörper,
der nach innen-unten zu in der Netzhaut festsitzt.
Jetzt ist Zuwarten nicht mehr möglich, ich schreite sogleich
zur Operation. Zuerst wird unter Cocain der Augapfel stark nach oben-
ausscu gedreht und nachgesehen, ob etwa der Splitter durch die Leder¬
haut nach aussen hervorragt. Dies ist nicht der Fall; das Aufsetzen des
Magneten auf den entsprechenden Theil der Augapfelbindohaut auch nicht
schmerzhaft. Nunmehr wird sofort tiefe Chloroformnarkose eingeleitet,
ein dreieckiger Bindehautlappen, mit der Spitze 5 mm vom Hornhautrand
entfernt, mit der Grundlinie gegen den Aequator, innen-unten abpräparirt,
umgeschlagen und vorläufig durch Naht an der Nase befestigt, und als
nach Freilogung der Lederhaut im innen-unteren Quadranten ein Vorragen
des Splitters nicht wahrgenommen wird, dicht hinter dem Aequator in
moridionaler Richtung (nach innen-unten) das Lanzonmesser aufgesetzt
und den Außenhäuten ein Schnitt von 4—5 mm beigebracht, sofort dor
Magnet von 2 mm Dicke eingeführt, nach hinten gesenkt und augenblick¬
lich beim ersten Einführen das Eisenstückchen herausbefördort. Klarer
Glaskörper ist zwischen den Wundlippen sichtbar, aber es tritt nichts
aus. Der Bindehautlappen wird zurückgeklappt,, so dass er die Wunde
völlig deckt, und durch zwei Nähte vorn befestigt. Der Splitter war in
der That ein Dreikant (Tetraöder) von 3 mm grösster Länge, 2 mm Breite
und l l /a mm grösster Dicke, mit scharfer Spitze, und 11 mg schwer.
Der heftige Schmerz war wie fortgeblasen. Die Heilung
erfolgte reizlos. Am 2. März wurden die Nähte entfernt. — Am 9. März
sah man noch die helle Stelle, wo der Splitter gesessen. Aber die Trü¬
bung der von dem Fremdkörper durchschlagenen Linse machte Fort¬
schritte. Am 20. April 1892 war das Auge reizlos, Spannung gut, G. F.
n., Finger auf Va m, Linse undurchleuchtbar. Ehe ich zur Entfernung des
trüben Linsensystems schreiten konnte, erfuhr ich, dass der Kranke zu
Hause Anfang Februar 1893 am Herzschlag verstorben sei.
Fall 2. Herr E. M. aus R., 29 Jahre alt, kam am 22. Februar 1893
zur Aufnahme, Tags nachdem ihm beim Eisenstanzen ein kleiner Splitter
in’s rechte Auge geflogen. Das Auge ist reizlos, hat mässige Sehkraft,
zeigt nahe der Mitte der Hornhaut eine verharschte Wundo von 2 mm
Länge, dahinter in der Nasenhälfte der Regenbogenhaut einen linien-
förmigen Spalt von 2 mm Länge, eine durchschlagende Trübung der Linse,
an diese sich anschliessend eine bläuliche, sackförmige Trübung im Glas¬
körper und im Augengrund, nach innen-unten einen Eisen Splitter von
schätzungsweise 2 mm Länge, der in der Netzhaut, auf einem weissen,
blutums&umten Felde, festsitzt, in den Glaskörper vorragt, nur an den
Kanten schwarz aussieht, auf den sichtbaren Flächen von einer weissen
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 23
496
KaDSol überzogen ist. An dem weissen Feld haftet eine trichterförmig
nach vorn ziehende Trübung des Glaskörpers. Wird der Bogen des Hand¬
perimeters aus der senkrechten Lage um 30 nach g d fi • fc ’
so erschoint, wenn das verletzte Auge den Punkt des 70. Grades ftxirt
dem am Pol des Perimeters befindlichen Auge des Beobachters das Bild
des Fremdkörpers. Also liegt der letztore, in dem entsprechenden Meridian,
ungefähr am Aequator des Augapfels oder etwa 12 mm vom Horuhaut-
rand Die weisse Trübung um den Fremdkörper nahm zu, ebenso die
Linsentrübung, das Auge war reizlos, aber nicht ganz, schmerzfrei.
Bei der Prüfung am 10. Mürz 1893 zahlte es Finger auf 1 m, das
Gesichtsfeld zeigte eine geringe Einschränkung nach oben und besonders
nach aussen oben (im ersten Meridian), etwa von 10 .
Da der Fremdkörper grösser als der Sehnervenquerschnitt, war es
fraglich, ob er vertragen werden würde. Da ferner der Franko doch, um
wieder voll erwerbsfähig zu sein, von seinem Verletzungstar befreit
werden musste, die Starausziehung aber bei Anwesenheit des Fremdkörpers
in der Netzhaut bedenklich schien, so beschloss ich zunächst die Ent¬
fernung des Splitters. .. ,
Am 16. März 1893 wurde, unter tiefer Chloroformbetaubung, ein
Bindehautlappen innen-unten von der Lederhaut abgelöst, und in dem be¬
treffenden Meridian (30° nach innen-unten von dem senkrechten), 8 mm
entfernt vom Hornhautrand, ein meridionaler Schnitt von 5 mm Längo
mit der Lanze durch die Augenhäute angelegt, dor gebogene Magnet von
2 mm Dicke eingeführt: nach wenigen Secunden hörte man den „Klick
und zog den Fremdkörper aus. Glaskörper trat nicht hervor. Der Bmde-
hautlappen wurde über die Wunde zurückgeschlagen und durch zwei
Nähte befestigt. Die Heilung erfolgte reizlos. Der Splitter war nur 2 mm
lang, nicht sehr dick und wog 3 1 /« mg. ,
Am 17. April 1893, also fünf Wochen nach der ersten Operation,
wurde der Verletzungstar aus oinom kleinen Hornhautlappenschnitt ent-
fßrnt
Herr M. benimmt sich, trotz guter CocaYnwfrkung, recht mittel-
mässig, was wir leider bei diesen Kranken verhältnissmässig oft erleben.
Die Operation wird aber zufallsfrei vollendet. Jedenfalls war ich sehr zu-
frioden, meinem Grundsatz, zum Lederhautschnitt tief zu betäuben, treu
geblieben zu sein, obwohl ich deswegen vor einiger Zeit von einem Col-
legen getadelt wurde, der erklärte, dass sein Chof die Magnetoperation
stets ohne Chloroform vornehme.
Auch die zweite Operation heilte regelrecht.
Am 17. Juni 1893 liest das operirte Auge (mit + 14 D. s. o -f
1 D. c.->0 Sn. xx auf 15 Fuss ganz sicher und mit + 18 D. feinste
Schrift (Sn. l'/a in 8"). Das Gesichtsfeld scheint jetzt normal. Mit
dem Augenspiegel orkennt man die Narbe des Fremdkörpers sowie die
des Lederhautschnitts und sieht, dass die letztere von der ersteren nasen-
wärts etwa um 2 mm abgewichen ist, aber mit ihrer hinteren Spitze noch
ein wenig (etwa 1 mm) über den Sitz des Fremdkörpers nach hinten
vordringt. Wer eine so schwierige Berechnung mit dem Messer auf das
lobende Auge überträgt, muss auf eine kleine Abweichung gefasst
sein; dieselbe ist aber ohne Bedeutung, da dom Magnet sowohl einige
Fernwirkung als auch Beweglichkeit zukommt.
Fall 3. Der 14jährige W. K. aus G. bei B. 2 ) hatte Sonntag, den
13. März 1893, Vormittags um 11 Uhr hervorstehende Eisennägel aus einer
alten Latte entfernt, indem er auf das Nagelende eine Müllerpicke auf¬
setzte und auf diese mit einem Hammer losschlug. Dabei verletzte er
sein rechtes Augo. Hierauf besuchte er den in dem benachbarten B.
wohnhaften P. S., dessen Geschichte oben unter Fall 1 beschrieben ist,
und nachdem er dessen Auge besichtigt, reiste er zu mir. Gegen 11 Uhr
abends traf er ein.
Ich fand das Auge völlig reizlos und schmerzfrei, sowie voll¬
kommen sehkräftig. Am inneren-oberen Quadranten der Hornhaut
sitzt ein kleiner, ganz flacher Irisvorfall. Die Wunde am Hornhautrand
ist nur 2 mm gross, die Vorderkammer von normaler Tiefe, die Linse
nicht verletzt. Nach innen-unten sitzt, schon ziemlich nahe zum Aequa¬
tor, in der Netzhaut fest ein Fremdkörper, der eine ungefähr rechteckige
Begrenzung zeigt, in der einen Richtung etwa 2 mm, in der anderen
4 mm misst, in den Glaskörpor vorragt, an einigen Punkten der freien
Ober- (Bruch-) Flächen glitzert, aber bereits von weissem Niederschlag
ziemlich eingekapselt ist, während die Ränder der Flächen noch schwarz
erscheinen.
Die grosse Schwierigkeit, mitten in der Nacht zu operiren; die Noth-
wendigkeit, den Knaben, der nach der Reise heisshungerig erst sein
Abendbrod verzehrt hatte, tief zu betäuben; das vollständig gute
Vorhalten des verletzten Auges, — alles dies veranlasste mich, von
einem sofortigen Eingriff abzustehen. Ich glaube, dass fast jeder so ge¬
handelt haben würde. Chloroformdiät wurde für den nächsten Morgen
angeordnet. Um 8 Uhr früh besuchte ich zuerst diesen Verletzten, mit
den Assistenten, und war sehr erfreut zu hören, dass er keine Spur von
Schmerz empfinde. Sowio ich aber den Verband abgenommen, sah ich,
dass die septische Entzündung eingeleitet war, — 21 Stunden nach
der Verletzung 3 ).
*) Vgl. wegen der wirklichen Ausführung dieser Messung meine
Mittheilung über die Berechnung von hinteren Lederhaut¬
schnitten, im Centralbl. f. Augenheilk. 1891, Nov. Diese Art der
Messung verdanken wir Alfred Graefe. Diejenigen, welche sie tadeln
oder anzweifeln, haben sie noch nicht eingeübt.
2 ) Alle die fünf Fälle, über die ich diesmal berichte, kamen von aus¬
wärts, also mit einer durch die Reise bedingten Verzögerung: übrigens
keiner zufällig.
*) Hiernach beurtheile man die Ansicht, dass es bei den Magnet-
flUlen überhaupt gar nicht auf ein bischen Zuwarten ankommen solle.
Das Sehen ist fast aufgehoben, die Augapfelbindehaut zart geröthet:
eine feine, aber zusammenhängende Ausschwitzung deckt Iris und Pupille.
Während die Instrumente hergerichtet werden, lasse ich wiederholt Atropin
oiuträufeln; die Ausschwitzung reisst auch an einer Stelle vom Pupillen¬
rand los *), ich sehe mit dem Spiegel noch undeutlich eine grosse, weisse
Stelle in der Netzhaut und den Fremdkörper darinnen.
Unter tiefer Chloroformbetäubung wird innen-unten ein Bindehaut¬
lappen abgelöst, 7 mm vom Hornhautrand entfernt ein 6 mm langer
meridionaler Lanzenschnitt durch die Augenhäute angelegt, der Magnet
eingeführt, sanft nach hinten geschoben, ein wenig nasonwärts gedreht,
sofort hört man den „Klick“. Der herausgezogeno Magnet hält den
Fremdkörper, der etwa 3‘/a mm lang und l'/a mm breit ist und dessen
Gewicht später auf 5 mg ermittelt wird. Glaskörper tritt nicht hervor;
doch ist er klar zwischen den Wundlippen sichtbar, als während einer
Würgebewegung der Bindehautlappen über die Wunde zurückgeklappt
und durch eine kräftige Naht befestigt wird.
Am 15. März ist das operirte Auge reizlos, hat wieder Sehkraft
und zeigt beim Spiegeln rothen Reflex aus der Pupille. Verband,
Ruhelage.
Am 16. März ist das Auge mehr gereizt, innere Blutung scheint
vorzuliegen, der Kranke war wider Befehl aufgestanden und hatte sich
„die Hände gewaschen“.
Am 17. März besteht weder Schmerz, noch Schwellung der Aug¬
apfelbindehaut; aber nur Lichtschein. Wieder Ausschwitzung in der Pu¬
pille. — Atropin, Verband.
Am 22. März werden Finger sicher gezählt, Reiz sehr gering, Pu¬
pille frei, aber nur mittelweit und etwas unregelmässig.
Am 30. März bläuliche Massen in der Tiefe des Glaskörpers.
Am 13. April sieht das Auge vortrefflich aus und hat
mässige Sehkraft. Spannung war ein wenig herabgesetzt. Irisvorfall
ganz abgeflacht, Hornhaut klar, Pupille über mittelweit, mit zwei spitzen
Verwachsungen nach unten. Linse durchsichtig. Dicht hinter derselben
beginnt staubförmige Trübung des Glaskörpers mit einzelnen Punktreihen,
mittelst + 20 D sichtbar; in grösserer Tiefe, mit -h 6 bis + 8 D, bläu¬
liche Glaskörperklumpen, nach innen-unten. Im umgekehrten Bilde sieht
man den Sehnerven, nach innen-unten von demselben dunkle Stellen, viel¬
leicht von Blutung. Die Schnittnarbe sehe ich heute noch nicht, sie ist
von den klumpigen Trübungen verdeckt.
Sehr erfreut war ich am 28. April 1893, da die Sehprüfung ergab:
Sn C in 15', mit + 6 D Sn 2 l /a in 6", also mässig feine Druck¬
schrift, und ein gutes Gesichtsfeld.
An der Stelle, wo der Fremdkörper gesessen, ist eine grosse graue
Pigmentveränderung sichtbar. Ich entliess den Knaben ungern am
3. Mai 1894, auf dringenden Wunsch der Eltern, — und zählte den Fall
zu meinen besten. Aber mit der septischen Eiterung ist kein dauernder
Bund zu flechten. Obwohl das Auge fortfuhr, vortrefflich auszusehen, und
ganz reiz- und schmerzlos blieb, — die Sehkraft nahm ganz allmählich
ab, da eben in Folge der septischen Entzündung Schrumpfung des Glas¬
körpers und Netzhautablösung auftrat. .
28. Juni Finger auf 10', 28. Juli auf 4', 6. September 1893 auf
l l /a‘! Jetzt fehlt dem Gesichtsfeld die obere Hälfte, die Mitte ist ver¬
dunkelt. Hinter der Linse sieht man weisse bindegewebige Masse schon
im vorderen Theil des Glaskörpers, die untere Hälfte der Netzhaut ist
abgelöst. Pigment ist innen-unten im Augengrund sichtbar, Bindegewebe
strahlt vom Sehnerven in die Netzhaut.
Mit Mühe rettete ich den Kranken von dem Beschluss der nasse,
ihm durch den heimischen Kassenarzt das verletzte Auge entfernen zu
lassen. Nachdem ihm noch dazu am 15. März 1894 ein aufsässiger ge¬
selle einen heftigen Faustschlag auf das rechte Auge versetzt, mit starker
Blutung imter die Bindehaut und auch in’s Innere, sank das Sehvermögen
bis auf die Wahrnehmung von Handbewegungen. Dabei ist das Aussehen
des verletzten Auges ganz befriedigend, Reizung oder Schmerz ist me
vorhanden. (Mai 1894).
So ist also doch nur die Form des Augapfels geblieben. Welch
ungeheurer Unterschied zwischen dem dritten Fall einerseits un
dem ersten sowie dom zweiten andererseits, obwohl die Operation
in allen dreien gleich glücklich warl Der Unterschied hängt a
von der septischen Beschaffenheit des Splitters in diesem dritten
Falle.
Fall 4. Der 15jährige Schlosserlehrling M. C. aus B. stand am
13. Januar 1894 dabei, als Eisen auf Eisen gehämmert wurde.
Splitter flog ihm ins rechte Auge. Es erfolgte eine starke Blutung.
Am 17. Januar 1894 kam er zur Aufnahme. Am rechten A. u & e
steht innen unten eine quer durch den Hornhautsaum ziehende, *
harschte Wunde von etwa 3 mm Länge; aus derselben hängt ein
Faserstoff bedeckter Fetzen der Regenbogenhaut heraus. Vorderkiam ^
gebildet, Linse durchsichtig, ein pyramidenförmiges Blutgerinnsel du
setzt, von der Wunde anfangend, den Glaskörper innen-unten bis z
Sehnerveneintritt; dicht unterhalb des letzteren haftet der Fremdko p t
überdeckt von mächtigen Blutungen der Netzhaut, die in den Glasko p
vorragen. Das Auge zählt Finger auf 10' und hat im äusseren-oo
Quadranten dos Gesichtsfeldes einen dreieckigen Ausfall, dessen öpitz
auf 10° an den Fixirpunkt heranrückt. t r
So viel ist klar, dass der Splitter selber aseptisch sem muss,
die Eingangspforte ist gefährdet, das Auge auch durch den Voriai g
*) Bei frischer septischer Entzündung der Ader- oder Netzhaut gi^^
merkwürdiger Weise die von Ausschwitzung vollkommen bedeckte _
pille doch dem Atropin nach; das hatte ich schon vor Jahren
achtet.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
7. Juni.
497
reizt Deshalb wird der letztere am 22. Januar 1894 unter Chloroform¬
betäubung abgetragen.
Nach der Verheilung der Wunde lehrte dio ge¬
nauere Untersuchung des Augengrundes das folgende.
(Vgl. die schematische Figur.)
Der Sehnerveneintritt (S) ist undeutlich begrenzt
g eröthet, die Notzhautvenen Verbreitert, geschlängelt,
licht darunter sitzt auf entfärbtem, zum Theil blut¬
getränktem Grunde ein weisser Fremdkörper (fi,
schraffirt), der um etwa 1 mm in den Glaskörperraum
vorragt. Dann folgt eine mächtige Blutschicht (b, b,
b, punctirt) und hierauf eine zweite helle Stelle in
der Netzhaut (fa, schraffirt). Erst glaubte ich in fa
eine Anprallstelle des Fremdkörpers zu erblicken, aber
bald wurde durch Verringerung und Aufsaugung der Blutschicht klar,
dass wir mit einem fest oingewachsenen, von weisser Kapsel überzogenen
Eisensplitter zu thun hatten, der von fi bis fe reicht und ungefähr
6 mm lang, 3 mm breit ist. Noch nie hatte ich einen so grossen
Eisensplittor mit dem Augenspiegel in der Netzhaut gesehen. 1 )
So ungern man einen dicht am Sehnerveneintritt sitzenden Splitter
angreift, so musste die alnvartende Behandlung doch aufgegeben werden.
Trotz reizlosen Zustandes hatte der Jungo Schmerzen und musste mit
verbundenem Auge zu Bett gebracht werden. Die Sehkraft nahm ab,
so dass das Auge nur Finger auf einige Fuss zählte, die Bindegewebs¬
bildung in der Netzhaut nahm sichtlich zu, der Sehnorveneintritt wurde
mehr und mehr undeutlich, die Venen stärker geschlängelt.
Am 20. März 1894 schritt ich zur Operation. Zunächst machte ich
unter Cocain drei aufeinanderfolgende Versuche, mit einem ziemlich
starken, auf den Augapfel (innen-unten) aufgesetzten Magneten den Splitter
aus seiner Einpflanzung heraus in den Glaskörper zu ziehen. Der Jüngling
hatte Schmerz dabei, aber das Augenspiegelbild änderte sich nicht, nur
schien etwas mehr Blut in der Umgebung des Fremdkörpers aufzutreten.
Somit blieb nichts übrig als der hintere Schnitt, um mit dem Magneten
den Fremdkörper zu berühren und herauszuziehen.
Unter tiefer Chloroformbetäubung wird nach innen-unten ein Binde¬
hautlappen frei präparirt, der Augapfel am Aoquator gepaekt*) und da¬
hinter ein wagercchter Lanzenschnitt von 6—7 mm durch die Augenhäute
angelegt, etwas unter dem wagerech ton Meridian, dicht unterhalb des
äusseren Muskels. Ein kurzer, starker Magnet von 3 mm Dicke wird ein¬
geführt, zweimal vergeblich, beim dritten Mal holt er in die Wunde den
Splitter, der aber mit dem Augengrund durch Gewebsfasorn verbunden
bleibt. Flugs worden diese mit der Scheere durchschnitten. In demselben
Augenblick erscheint klarer Glaskörper zwischen den Wundfetzen, ohne
aber horvorzutroten. Die Wunde wird schleunigst durch den Binde¬
hautlappen überdeckt und dieser durch zwei Nähte befestigt.
Der Splitter ist in der That über 6 mm lang und 3 mm breit und
nicht ganz dünn. Er ist bis auf einige schwarze Kanten ganz und gar in
eine gelbweisse Kapsel gehüllt und theilweise mit einer älteren Blutschicht
bedeckt, wie wir cs mit dem Augenspiegel gesehen hatten. Das Gewicht
ist beträchtlich, nämlich 60 mg.*)
Die Heilung erfolgte reizlos. Bei der Entlassung (6. Mai 1894) zählte
das Auge Finger auf 5 1 und zeigt« den Gesichtsfoldausfall wie vor der
Operation. Das Auge ist reiz- und schmerzlos, von guter Spannung und
sieht, abgesehen von der Gestaltveränderung der Pupille, ganz natürlich
aus. Von der Operationsnarbo ist nichts zu sehen. Hornhaut und Linse
klar, Glaskörper rein, Gegend des Sehnerveneintritts von Blut und weiss-
lichen Flecken eingenommen. Es ist schwer zu sagen, ob hinter und
neben dem Blut, dicht unterhalb des Sehnerveneintritts eine kleine, flache
Netzhautablösung besteht, Schnittnarbe undeutlich sichtbar, einige
Millimeter vom Sehnervenein tritt entfernt.
Fall5. Der 43jährige Maschinenschlosser K. aus E. hei E. kam am
29. September 1893 zur Aufnahmo, zwei Tage nachdem er beim Hämmern
von Eisen auf Eisen eine Verletzung des linken Auges mit sofortiger Er¬
blindung und Schmerzhaftigkeit sich zugezogen.
Das Auge ist schmerzhaft und geröthet. Vor dem Schläfenrande der
Pupille zeigt die Hornhaut eine verharschte Wunde von rechtwinkliger
Gestalt, jeder Schenkel ist etwa 2 mm lang. Dicht dahinter ist eine über
2 mm hohe, schmale Linsenkapselwunde, die Linse ist getrübt und in der
Schläfenhälfte mehr gequollen, die Regenbogenhaut geschwollen. Das
Auge hat nur Lichtschein, aber befriedigende Projection. Ein Eisensplitter
wird im Innern angenommen, ist aber wegen der Linsentrübung nicht
sichtbar und auch mit der astatischen Magnetnadel (von Gerard) nicht
nachweisbar. Nach vier Wochen, als die Reizung geschwunden, wird die
trübe Linse mit oberem Homhautlappenschnitt (bei runder Pupille) heraus¬
gezogen und danach dreimal vorsichtig der Magnet eingeftihrt. Es kommt
kein Fremdkörper, Glaskörperverlust tritt nicht ein, obwohl der Kranke,
trotz Cocain, sehr unzweckmässig sich benimmt. Die Heilung erfolgte
reizlos. Am 9. Dccember las das Auge mit -+-12 D Sn L in 15 1 und
mit +18D feinste Schrift, Sn l l /> in 6"- Gesichtsfeld gut.
i E i n Fremdkörper konnte mit dem Augenspiegel nicht gefunden wer-
, n - Erst 28. December 1893 wurde der Kranke in seine Heimath ent¬
lassen. Ara 17. Januar 1894 sah das Auge gut aus, Sehkraft wie zuvor.
Aber als er am 24. April 1894 wieder sich vorstellte, war das Bild völlig
geändert. Das Auge las mit +12 D nur noch SnCC in 15' und mit
/0Ql , *) Eer grösste, den ich bis dahin beobachtet, maass 4*/s X 2*/a X 1 mm.
(«,yng) Vergh.Elektromagnet, S. 83.
, ) tch habe eine neusilherne Pincette, um Störung des dicht bei
erselhon vorgeschobenen Magneten zu vermeiden.
p.l Er gehörte also zu den mittel grossen, für die, bei der Lage
im triaskörper, nur die primäre Operation Aussicht auf Erfolg hat. (Elektro¬
magnet, S. 35.).
4* 18 D SnV in 6 ", das Gesichtsfeld zeigte geringe concentrische Ein¬
engung. Rings um die Hornhaut bestand leichte Röthung, die Iris war
verrostot; statt der früheren blauen Farbe, wie die des gesunden, zeigte
sie jetzt in ihrer ganzen Fläche eine schmutzig dunkelgrünbraune; die
Pupille war unregelmässig, durch Atropin nicht gehörig zu erweitern,
theilweise mit Kapseltrübung gefüllt; Sehnerv sichtbar, Fremdkörper nicht
zu entdecken, auch nicht bei wiederholter Prüfung.
Trotzdem musste er drin sein, wegen der Verrostung, und ausgezogen
werden, um die Erblindung des Auges zu vorhüten.
Am 5. Juni 1894 wurde, unter Cocain, dio Operation vorgenommen;
erst eine Iridectomie nach unten verrichtet 1 ), hiorauf der Magnet einge¬
führt, erst in die Pupille, dann ein klein wenig nach hinten gebogen; so¬
wie ich bis acht gezählt, merkte ich, dass otwas daran sei, und zog aus.
Glaskörpervorfall trat nicht ein, die Wunde heilte regelmässig.
Leider kann ich, da der Fall zu frisch ist, noch nicht berichten über
das schliessliche Verhalten 1) der Sehkraft und 2) der Irisfarbe. Der
Fremdkörper hat die Gestalt eines kleinen Bandeisens, der Hauptkörper
ist 3 mm lang, 1 mm breit und zeigt an jedem Ende eine senkrecht vor¬
springende Spitze. Das Gewicht beträgt 15 mg. (Schluss folgt).
III. Ans der chirurgischen Abtheilung des Allerheiligen¬
hospitals in Breslau.
Exstirpation eines Hirntumors. 2 )
Von Sanitätsrath Dr. 0. Biegner.
Die Casuistik der bisher mit Erfolg ausgeführten Exstirpationen
grösserer Hirngeschwülste ist noch eine ziemlich spärliche. Sie
werden es daher wohl gerechtfertigt finden, wenn ich mir erlaube,
Ihnen heute diesen sechsjährigen Knaben vorzustellen, welchem ich
vor nahezu vier Monaten einen umfangreichen Tumor vermittels
temporärer osteoplastischer Schädelresection nach Wagner aus dem
Gehirn entfernt habe.
Der Patient Alfred Läufer wurde am 12. September v. J. meiner
Abtheilung zur Aufnahme überwiesen. Die Eltern • sind beide vollkommen
gesund, ebenso zwoi Geschwister von 2 und */a Jahren. Nach Aus¬
sage des Vaters hat der Knabe im Alter von zwei Jahren an Krämpfen
gelitten, die sich durchschnittlich jede Woche einmal wiederholten, nach
Verlauf eines halben Jahres jedoch völlig vorloren. Seit dieser Zeit bis
zum Auftreten des jetzigen Leidens soll er im ganzen gesund gewesen
sein, auch insbesondere niemals eine Kopfverletzung erlitten oder eine
Ohrenkrankheit gehabt haben. Im Mai v. J. fing das Kind an über Schwäche
und Gefühl von Kribbeln im rechten Arm zu klagen. Er benutzte den
letzteren immer weniger und gebrauchte schliesslich zu allen Verrichtun¬
gen — auch zum Essen — nur den linken Arm. Krampfzustände wollen
die Eltern im Anfang nicht beobachtet haben, erst nach etwa drei Wochen
bemerkten sie, wie der Knabe immer häufiger krampfhafte Beuge- und
Streckbewegungen im rechten Ellbogengelenk ausführte. Dabei wurde
gleichzeitig die Hand fest geballt uud der Daumen nach innon geschlagen.
Etwa in der vierten Woche nach Beginn des Leidens fiug das Kind an,
das rechte Bein nachzuschleppen und hin und wieder krampfhaft zuckende
Bewegungen im Kniegelenk zu machen. Er klagte aut Befragen über
Schwäche im rechten Bein, nie jedoch über schmerzhafte Empfindungen
in diesem oder im rechten Arm. Zuckungen im Gesicht oder lähmungs¬
artige Zustände, wie Herabhängon eines Mundwinkels etc., wollen die
Eltern nie bemerkt haben; ebensowenig Störungen der Sprache, des Sch¬
und Hörvermögens, ln der siebenten Woche stellten sich Kopfschmerzen
ein, die allmählich immer stärker wurden, nur vorübergehend ganz auf¬
hörten und zeitweise aufs heftigste exacerbirten. Alle drei bis vier Tage
trat jetzt auch in den ersten Morgenstunden Erbrechen auf. Danach lag
das Kind jedesmal den ganzen Tag hindurch vollständig theilnahmlos mit
halbgeschlossenen Augen da, wies jede Nahrung zurück und konnte durch
nichts aus seiner Apathie aufgerüttelt werden.
Während der Kuabo früher sehr lebhaft und munter gewesen sem
soll, hat sich desselben eine im Verlaufender Krankheit immer mehr zu¬
nehmende weinerliche und gedrückte Stimmung bemächtigt. Auch das
Gedächtniss und die Intelligenz soll erheblich abgenommen haben. Die
Zahlen, die er sonst herzusagen wusste, hat er vollständig vergessen.
Während er vorher trotz seiner sechs Jahre auch zu complicirten Auf¬
trägen gut benutzt werden konnte, hat er jetzt auch die einfachsten
Bestellungen falsch ausgerichtet. .
Der für sein Alter ziemlich gut und kräftig entwickelte, etwass blass
aussehende Knabe machte einen müden, apathischen Eindruck, war weiner¬
licher Stimmung und nur selten zu bewogen, an dem Spiel der anderen
auf der Abtheilung befindlichen Kinder einigen Antheil zu nehmen. Auf
irgend welche Fragen antwortet er meist gamicht oder „ich weiss nicht
oder fing — namentlich wenn er zu etwas aufgefordert wurde oder gar
untersucht werden sollte — sofort an zu weinen. Die Untersuchung ist
daher äusserst erschwert, und es gelang nur mit grosser Mühe und durch
wiederholte längere Beobachtung Folgendes mit einiger Sicherheit lestzu-
stellen. Brust- und Bauchorgane verhalten sich normal; die Anzahl der
i) Zum Fassen diente unsere gezähnelte Kapselpincette, ähnlich der
ron Förster, nur mit weit kürzeren Armen, da ich bei allen ms Auge
linzuführenden Instrumenten nur die nothwendige Länge zulasse.
Me Pincette war vorher durch Bestreichen magno tisckgemac wo »
im beim Fassen einen etwa hinter der Regenbogenhaut befindlichen
cörper nicht zurückzustossen, sondern eher anzuziehen.
*) Nach einem Vortrage, gehalten in der med. Secüonder Schlesischen
fiip vAtarländiflche Cultur am 26. Januar lw*.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
498
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENS CHRIF T.
No. 23
Pulse ist schwer zu bestimmen, beträgt durchschnittlich einigo 70 in der
Minute, wechselt jedoch sehr; eine auffallende Verlangsamung warme
mit Sicherheit zu constatiren. Weder am Halse noch an den sonstigen
typischen Stellen fühlt man geschwollene Lymphdrüsen. Stuhl und Urin¬
entleerung sind in Ordnung, der Harn ohne abnorme Bestandtheile.
Der Patient kann ohne Unterstützung weder gehen noch fest stehen.
Der Grund liegt in einer spastischen Parese des rechten Beines, welches im
Kniegelenk leicht gebeugt und in ausgesprochener Spitzfussstellung ge¬
halten und beim Versuch zu laufen nachgeschleppt wird. Auch im Liegen
erfolgen alle Bewegungen des rechten Beines und Fusses sehr unsicher,
ataktisch, mit erheblich geringerer Kraft und Geschwindigkeit wie am
linken. Die Muskeln zeigen spastische Contraction. Diese Lähmungs¬
erscheinungen wechseln jedoch häufig in ihrer Intensität und sind vorüber¬
gehend viel weniger deutlich zu constatiren. Die Muskulatur ist an der
rechten unteren Extremität ebenso kräftig entwickelt wie an der linken
und faradisch und galvanisch gut erregbar. Der Patellarreflex ist rechts
deutlich stärkor, auch ein leichter Fussclonus ist rechts hervorzurufen.
Cremaster- und Bauchreflexe beiderseits gleich. Eine Störung der Sensi¬
bilität und des Muskelsinns ist am rechten Bein nicht vorhanden.
An der rechten oberen Extremität bestehen noch erheblich ausge¬
sprochenere und constantero Paresen in verschiedenen Muskolgebieten.
Alle Bewegungen mit derselben erfolgen langsam, unsicher und mit ge¬
ringer Kraft. Patient vermag den Oberarm fast gamicht zu eleviren;
wenn er dazu aufgefordert wird, hebt er die rechte Schulter in die Höhe.
Active Beugung und Streckung des Ellbogengelenkes ist zwar in normalen
Grenzen möglich, kann aber schon durch den schwächsten Widerstand
gehemmt werden. Der Vorderarm steht in Pronation und kann activ nur
minimal supinirt werden. Beim Versuch dazu erfolgt eine Auswärts¬
drehung im Oberarm. Am auffallendsten sind aber die Lähmungserschei¬
nungen an Hand und Fingern (im Radialis- und Ulnarisgebiet). Die rechte
Hand hängt in der Ruhestellung in starker Volarflexion herab; dabei be¬
finden sich die Grundphalangen der Finger in Streckung, Mittel- und Nagel- «
glieder in leichter Beugung. Activ vermag Patient die Hand aus dieser
Stellung nur wenig nach der Dorsalseite zu heben. Bei passiver Streckung
des Handgelenkes, die in normalen Grenzen möglich ist, gerathen (infolge
des Uebergewichts der Flexoren über die paretischen Extensoren) Mittel¬
und Endglieder der Finger in starke Beugung, während die Grundphalangen
leicht gestreckt bleiben, es tritt eine Andeutung von „Klauenstellung“ ein.
Am Zeigefinger ist hierbei die Beugecontractur am wenigsten ausgesprochen;
dieselbe lässt sich an allen Fingern passiv leicht überwinden.
Activ können die Mittel- und Endglieder der vier letzten Finger aus
ihrer Floxionssteltung nicht in Streckung ttbergeführt werden. Wird
der Knabo aufgefordert, seine Finger zu strecken, so stellt er die Hand
in möglichste Dorsalfloxion und überstreckt die Grundphalangen unter
gleichzeitigem Spreizen der Finger. Letztere Bewegung ist im übrigen
in geringerer Excursionsweite ausführbar wie an der linken Hand. Die
Beugung ist activ in allen Fingergelenken unbehindert, so dass die Fin¬
ger gut zur Faust eingeschlagen werden können, doch ist die Kraft des
Händedruckes erheblich schwächer wie links. Der Daumen steht in Ad-
ductionsstellung mit gebeugter Endphalanx. Ab- und Adductionsbewe-
gung desselben sind activ wesentlich beschränkt. Die Ataxie der Bewe¬
gungen ist am rechten Arm noch viel deutlicher ausgeprägt wie am
rechten Bein. Wird Patient z. B. aufgefordert, sich an die Nase zu fassen,
so erreicht er das Ziel erst nach längerem unsicherem Umhertasten. Eine
Atrophie der Schulter-, Arm- und Handmuskulatur ist nicht zu con¬
statiren, ebenso ist die Erregbarkeit für galvanischen und faradisehen
Strom nicht herabgesetzt. Triceps- und Periostreflex sind rechts deutlich
erhöht. Die Untersuchung der Sensibilität ist ganz besonders erschwert,
doch ist mit einiger Sicherheit folgendes festzustellen. Nicht zu schwache
Berührungen werden an der unteren Hälfte des Vorderarmes und im Be¬
reiche der Hand zwar gefühlt, aber nicht gehörig localisirt. An den
Fingörn scheint das Tastgefühl ganz aufgehoben zu sein. Schmerz¬
empfindung gegen Nadelstiche und den faradisehen Pinsel ist zwar leb¬
haft, aber gegen links deutlich herbgesetzt. Kälte und Wärme wird am
rechten Arm überall deutlich unterschieden, aber unangenehmer em¬
pfunden wie am linken. Die Prüfung der Lagevorstellung erweist sich
als unmöglich. Dagegen ist folgendes sehr interessante Symptom mit
voller Prägnanz und Sicherheit zu constatiren. Bei geschlossenen Augen
vermag Patient Gegenstände, die ihm in die rechte Hand gegeben wer¬
den, nicht zu erkennen, während er sie dann mit der linken sofort iden-
tificirt. Es sind ihm also die Erinnerungsbilder, welche durch Betasten
mit der Hand gewonnen werden, rechts vollständig verloren gegangen.
Bei Betastung des Kopfes fällt eine erhebliche Druckempfindlichkeit
der linken Schläfen- und Scheitelbeingegend auf. Die leiseste Berührung
an diesen Stellen ruft einen lebhaften Schmerzausbruch hervor. Auch
spontan klagt Patient fast beständig über heftige Kopfschmerzen. Im
Gebiete des Facialis sind deutliche Lähmungserschoinungen nicht immer
mit Sicherheit nachzuweisen. Nur zeitweise hei stärkerem Verziehen der
Gesichtsmuskeln (z. B. beim Weinen) bemerkt man eine geringere Be-
thoiligung der rechten Oberlippenhälfte und ein Herabhängen des rechten
Mundwinkels. Mitunter gelingt es den Knaben zum Pfeifen zu bringen,
was er ganz gut vermag. Sprachstörungen irgend welcher Art sind nicht
vorhanden. Das Gehör ist intact. Geruchs- uns Geschmacksanomalieen
sind nicht aufzufinden. Die Zunge wird gerade herausgestreckt, die
Uvula steht in Medianstellung. Die Untersuchung der Augen ergiebt
folgendes. Stellung und Beweglichkeit normal, Pupillen beide gleich
weit, i'eagiren beide gleich gut auf Lichteinfall und Convergenzstellung.
direkt und gekreuzt, Gesichtsfeld- und Farbensinuprüfung sind unmög¬
lich. Das Sehvermögen, mittels Bilderzeichentafel untersucht, erweist
sich annähernd normal. Dabei ergiebt das Ophthalmoskop beiderseits ty¬
pische Stauungspapille, welche allem Anschein nach schon länger besteht.
Beide Optici sind stark geschwollen, ihre Grenzen verschwommen., die
Gefässe streckenweise verschwindend, die Venen stark gefüllt und ge¬
schlängelt. .
Während einer vierwöchentlichen Boobachtungszeit stellten sich fast
täglich Convulsionen ein, klonische und tonischo Zuckungen, die anfangs
nur den rechten Arm betrafen, wenigo Minuten anhielten, den Knaben
oft im Stehen befielen und von ihm mitunter vorhergesagt wurden mit
den Worten: „jetzt kommt der Krampf.“ Später ergriffen dieselben
auch das rechte Bein, und in den letzten Nächten wurden von dem
Wartepersonal auch einige Male allgemeine Krämpfe beobachtet, die
jedoch auch immer von rechtsseitigen Armeonvulsionen cingeleitet
waren. Das Bewussstein verlor Patient dabei nicht, doch lag er den
nächsten Morgen ganz theilnahmlos da. Die Anfälle von Erbrechen,
anfangs nur selten eintretend, wurden heftiger und häufiger und
waren stets von länger anhaltender Apathie gefolgt. Die Klagen über
Kopfschmerzen waren danach besonders heftig. Die Parese des rechten
Beines nahm allmählich noch zu, und auch im Gebiete des rechten
Mundfacialis traten besonders nach den Anfällen allgemeiner Convul¬
sionen die Lähmungserscheinungen deutlicher zu Tage. Die nach solchen
Anfällen vorgenommene ophthalmoskopische Untersuchung ergab eine
deutliche Zunahme der Röthung und Schwellung der Optici. Das Seh¬
vermögen erlitt eine fortschreitende Verschlechterung.
Um die Ergebnisse der Anamnese und unserer Beobachtung
im Hospital noch einmal kurz zu resümiren, so traten bei dem
bisher im wesentlichen gesunden, hereditär weder tuberkulös noch
syphilitisch belasteten Knaben ohne vorangegangenes Trauma zu¬
erst Lähmungserscheinungen im rechten Arm auf, zu denen erst
später Convulsionen sich gesellten. Im weiteren Verlauf kamen
auch Paresen und Zuckungen im rechten Bein hinzu, und vorüber¬
gehend wurden, namentlich im Affect, leichte Lähmungserscheinun¬
gen im unteren' Faeialisgebiet beobachtet. Die Convulsionen blieben
wesentlich und vorwiegend auf den rechten Arm beschränkt, er¬
griffen seltener auch das gleichnamige Bein und verbreiteten sich
erst in der allerletzten Zeit auf die andere Körperhälfte. Einge¬
leitet wurden auch die halbseitigen und allgemeinen Anfälle immer
vom rechten Arm aus. Auch die Lähmung war an diesem am
meisten ausgeprägt und nahm hier während unserer Beobachtung
deutlich an Schwere und Umfang zu. Im Bein war sie erheblich
geringer und zeigte Schwankungen in ihrer Intensität. Ebenso
waren deutliche Sensibilitätsstörungen, jedoch auch unvollkommener
Art, nur am rechten Arm mit Sicherheit zu constatiren. Die Pa¬
resen am rechten Arm entsprachen nicht bestimmten circumscripten
Nervengebiet-en in ihrer Totalität, sondern betrafen nur einzelne
Theile aus verschiedenen Nervenbahnen (Nervus ulnaris, radialis,
axillaris). Dabei waren die Bewegungen ausgesprochen ataktisch.
Es waren endlich die Erinnerungsbilder, die durch Betasten
gewonnen werden, für die rechte Hand vollständig verloren gegan¬
gen. Der Knabe vermochte ihm sonst bekannte Gegenstände, dio
ihm in dieselbe gegeben wurden, nicht mehr zu identifieiren. Da¬
neben waren schon einige Wochen nach Beginn der Krankheit Kopf¬
schmerzen, sowie Anfälle von Erbrechen eingetreten, welche an
Heftigkeit und Häufigkeit sich beständig steigerten. Auf der linken
Kopfhälfte bestand ausserdem eine sehr erhebliche Druckempfind¬
lichkeit. Dabei zunehmend deprimirte, weinerliche Stimmung, Ab¬
nahme der Intelligenz und des Gedächtnisses bei dem vorher leb¬
haften und aufgeweckten Kinde. .
Sprach- und Hörstörungen fehlten, ebenso Augenmuskei-
lähmungen. Dagegen war eins der wichtigsten positiven Symptome
eine ausgeprägte beiderseitige Stauungspapille, anfangs ohne, zu¬
letzt mit deutlichen Sehstörungen cinhergehend. Sie sprach zu¬
nächst — und das führt uns zur Erörterung der Diagnose —
mit Sicherheit für das Bestehen einer ganz erheblichen intracram-
ellen Drucksteigerung. Eine solche konnte nur veranlasst sem
durch einen raumbeschränkenden Process im Schädel, welcher wegen
der langsam und allmählich fortschreitenden Entwickelung ue
Leidens als Tumor angesprochen werden musste. Die Annnnme
eines Hirnabscesses schien mir ausgeschlossen durch den Mange
jeglicher Temperatursteigerung, sowie jeder erkennbaren Ursac e
(Ohrenleiden, Trauma), und weil eine höhergradige Drucksteigerung
bei Abscessen nur dann zur Erscheinung kommt, wenn sie inre
Sitz im Kleinhirn haben. Die Hirngeschwulst musste, wie man
ebenfalls aus dem Bestehen des auffallend starken intracrameiie
Druckes zu schliessen berechtigt war, bereits einen erheblic en
Umfang erreicht haben. Deshalb hätte sie bei Zerstörung tie
liegender Theile des Gehirns, bei einem Sitz in der inneren Napse
durch Vernichtung der hier dicht zusammengedrängten motorisc o
Pyramidenbahnfasern eine vollständige Hemiplegie hervorru e
müssen. Es bestand aber im wesentlichen nur eine Monopiegi^
bracliialis. Die leichteren und schwankenden Lähmungserscheinun-
gen an Bein und Gesicht mussten als indirekte Heerdsymptoro
gedeutet werden. Man konnte also mit grösster Wahrschein ic
keit annehmen, dass der Tumor die motorische Rindenregion, nn
zwar wesentlich den mittleren Theil der beiden Centralwindung >
das Centrum für die Armbewegungen, in Mitleidenschaft £ ez °£,
hatte. Für diesen Sitz sprach ferner die partielle Epilepsie, we c
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DEUT SCHE! MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
7. Juni.
wesentlich und vorwiegend den rechten gelähmten Arm betraf und
auch wenn sie sich weiter ausbreitete, stets von Zuckungen des
letzteren eingeleitet wurde. Eine sehr wesentliche Unterstützung
dafür bot endlich das Bestehen des deshalb auch als Rindenataxie
bezeichneten Symptoms. Dass die Geschwulst nicht etwa nur im
Centrum ovale sass, sondern bis in die Rinde vorgedrungen sein
musste, dafür sprach das gleichzeitige Vorhandensein von Sensi-
bilitätsstörungen im rechten Arm. „Das Centrum ovale dürfte
(nach Wernicke) der einzige Ort sein, wo eine Monoplegie ohne
Sensibilitätsstörungen durch einen Heerd verursacht werdon kann“;
erst in der Corticalis treffen die centripetalen sensiblen Bahnen
die für denselben Rindenabschnitt bestimmt sind, mit der motori¬
schen Pyramidenbahn zusammen.
Die in die Augen fallende Schmerzhaftigkeit gerade der linken
Scheitel- und Schläfenbeingegend konnte in der Annahme, dass der
Tumor dort die Oberfläche erreiche, nur bestärken. Was seine
Natur betrifft, so hätte man bei dem Alter des Patienten und mit
Rücksicht auf die anamnestische Angabe, dass er vor vier Jahren
schon einmal an Krämpfen gelitten, ja zunächst gewiss an einen
solitären Hirntuberkel denken können. Doch sprach dagegen, abge¬
sehen von dem Mangel hereditärer Belastung und sonstiger ’ tuber¬
kulöser Erkrankung, einmal der wahrscheinliche Sitz und dann vor
allem der als sicher anzunehmende erhebliche Umfang der Geschwulst,
weil Hirntuberkel selten mehr als Kirschen grosse zu erreichen pflegen!
Aus letzterem Grunde waren wohl auch Cysticerken auszusehliessen,
und da Carcinome im Gehirn fast nur als secundäre Metastasen
und bei Kindern wohl überhaupt nicht Vorkommen, so lag die An¬
nahme eines Glioms oder Sarkoms am nächsten.
Da mir aus den eben entwickelten Gründen die Diagnose eines
Tumors und dessen Sitz in der Nähe der linken Centralwindungen,
also seine Erreichbarkeit von der Oberfläche gesichert erschien, da
ferner alle Krankheitserscheinungen ständig intensiver wurden,
das arme Kind von Erbrechen und den wüthendsten Kopfschmerzen
gequält wurde und bei der Zunahme der Neuritis optica voll¬
kommen zu erblinden drohte, bo hielt ich den Versuch einer Exstir¬
pation der Geschwulst für vollkommen gerechtfertigt. Ich entschloss
mich um so eher dazu, als bekanntlich die Wagner’sche temporäre
Schädelresection ein weites Freilegen der Hirnoberfläche gestattet,
ohne einen bleibenden Knochendefect zu hinterlassen. Die Opera¬
tion wurde am 7. October v. J. in Chloroformnarkose unter rein
aseptischen Cautelen ausgeführt. Nachdem ich mittels der von
Köhler (Deutsche med. Wochenschr. 1889, No. 29) angegebenen,
nach Versuchen am Cadaver von mir etwas modificirten Methode
die Lage der Centralfurche bestimmt und auf dem glatt rasirten
Schädel aufgezeichnet hatte, Umschnitt ich einen kreisförmigen,
handtellergrossen Hautlappen mit unterer Basis. Letztere 7 cm
lang, verlief in horizontaler Richtung 7 cm über dem äusseren
Gehörgang, mit dem vorderen und hinteren Endpunkt etwa gleich
weit von letzterem entfernt. Vorderer und hinterer Rand des
Lappens liefen etwas schräg nach oben und hinten, seine obere
Begrenzung blieb 2 cm von der Sagittallinie entfernt. Die Höhe
betrug 9, die grösste Breite 8 cm. Dadurch, dass ich den Stiel
nach unten legte, bekam ich die Hauptäste der Art. temporalis in
denselben und vermied so eine stärkere Hautblutung. An den
Grenzen der retrahirten Kopfschwarte durchtrennte ich das Periost
und resecirte den Schädel mittels eines schmalen Meisseis. In der
oberen Gircumferenz erwies sich der Knochen (durch Druckwirkung)
setu* erweicht und verdünnt, so dass der Meissei hier sehr vor¬
sichtig gehandhabt werden musste.
Nachdem der Knochen an der Basis noch von beiden Seiten
ner subcutan etwas durchtrennt worden, gelang es den grossen
autperiostknochenlappen ohne Mühe einzubrechen und nach ab-
ffg* zu schlagen. An der gelblich gefleckten, sich stark vor¬
rangenden und nur schwache Pulsation zeigenden Dura mater
siebt man die Hauptäste der Art. menigea media radiär nach oben
ausstrahlen und anscheinend verschmälert. Um sie möglichst
peripher zu treffen, wird auch aus der Dura ein dem Knochendefet
i U< * er Wappen mit unterem Stiel gebildet und nach ab-
li h f,Piagefässe, namentlich die Venen, sind reich-
• i « das Gehirn drängt sich sehr stark hervor und zeigt
J z lebhafte Pulsation. Etwa der Mitte des freiliegenden Hirn-
ßtrt S ^.kpreohend, springt circa im Umfange eines Dreimark-
dfin 8 T In Krauröthlieher fluctuirender Tumor vor, nur von einer
bin?* 11 ^age Rindensubstanz bedeckt, welche sich mit der Pia
n . ^streifen lässt. Der Lage nach entspricht die vorliegende
Gvri WU sto ^ e ^ äc he den Centralwindungen, doch sind die einzelnen
nioht W6 ? en o. d , er Veränderung und Verschiebung durch den Tumor
fancwa nUt k^hwheit zu identiflciren. Der letztere lässt sich an-
undi v anstossen den Hirnwindungen von allen Seiten glatt
der ^M. vVzS ÄU88ohalen » erweist sich aber als weit in die Tiefe
mögl^at *** - ng reicllend und dabei an Umfang zunehmend. Um
^ n8t wem & von der umgebenden Gehirnmasse zu verletzen,
m
; -cT rlT, uu ™n runcuon und Entleerung von circa
1 '* Esslöffel klarer, gelblicher Flüssigkeit etwas verkleinert. Der
sehr weiche Geschwulstmantel lässt sich jetzt zwar wegen seiner
leichten Zerreisslichkeit nicht in toto, sondern nur in einzelnen
Stucken enucleiren, doch zeigt er sich deutlich abgekapselt und leicht
von der gesunden Himmasse differenzirbar. Im ganzen hatte er
wohl ungefähr die Form und Grösse eines mit dem schmäleren
Ende noch oben liegenden Gäuseeis. Die Blutung war unbedeu¬
tend, nachdem einige Piagefässe vor ihrer Durchschneidun°- doppelt
unterbunden worden waren. °
Die nach Entfernung der Geschwulst zurückbleibende Aus¬
höhlung in dem stark zurückgesunkenen Gehirn wird locker mit
Jodoformgaze gefüllt, der Hautknochenlappen darüber gelagert
und durch zwei lose Hautnähte fixirt. Aseptischer Verband.
Die mikroskopische Untersuchung des Tumors ergab ein sehr
gefässreiches Rundzellensarkom. (Demonstration.)
Am Nachmittage des Operationstages war das Bewusstsein
wieder vollkommen zurückgekehrt. Der Knabe verlangte zu trinken,
klagte über Kopfschmerzen und zeitweise auftretende unangenehme
Empfindungen im rechten Arm. An den Fingern bemerkte man
zuweilen leichte fibrilläre Zuckungen; mehrmals stellten sich im
Laufe des Tages clonische Krämpfe in der Muskulatur des ganzen
rechten Armes ein. Die Lähmung desselben hatte beträchtlich zu¬
genommen. Der Oberarm ist activ ganz unbeweglich, der Unter¬
arm wird sehr langsam und unsicher nur höchstens bis zum rechten
Winkel gebeugt und sinkt dann durch die eigene Schwere wieder
zurück. Die Hand hängt ganz schlaff herab und kann gar nicht
dorsal flectirt werden; auch die active Beweglichkeit der Finger ist
minimal. Das rechte Bein zeigt gleichfalls eine wesentliche Zu¬
nahme der Parese. Dagegen ist eine deutliche Zunahme der Fa-
cialislähmung nicht zu bemerken. Puls 130—140, Temperatur 38,1.
In der Nacht stellten sich noch mehrfach die Krämpfe im Arm
und einige male Erbrechen ein; wenig Schlaf.
Am nächsten Tage (8. October) waren die Lähmungen im
rechten Bein und Arm schon wieder erheblich zurückgegangen.
Namentlich im Radialisgebiet ist die Besserung auffallend. Patient
kann die Hand wieder dorsal flectiren und einige Zeit in Streck¬
steilung halten. Der von blutig gefärbter Cerebrospinalflüssigkeit
vollkommen durchtränkte Verband wird in den oberen Schichten
erneuert. In den nächsten beiden Tagen noch häufige Brechanfälle
und Zuckungen im rechten Arm, Klagen über heftige Kopfschmerzen.
Puls noch sehr beschleunigt (130). Temperatur dagegen von jetzt
ab dauernd normal. Die ophthalmoskopische Untersuchung ergiebt
einen deutlich sichtbaren Rückgang der Schwellung und des Oedems
der Opticusscheiben, in welchen man jetzt die meisten Gefässe bis
ins Centrum verfolgen kann. Am vierten Tage nach der Operation
(10. October) wird der Jodoformgazetampon entfernt. Das Ge-
sehwulstlager hat sich fast vollständig wieder ausgeglichen. Der
Knochenlappen lässt sich nicht vollkommen in das Niveau der Lücke
eindrücken. Die Hautwundränder werden nur durch einige weite
Nähte vereinigt, um den Secretabfluss zu erleichtern. — Das erwies
sich leider als ein Fehler, weil, wie sich in der Folge zeigte, durch
den mangelnden festen Verschluss offenbar die definitive Regulirung
des Hirndrucks verzögert und eine übermässig starke Secretion
von Cerebrospinalflüssigkeit veranlasst wurde. Zwar das subjective
Befinden besserte sich nach dem Verbandwechsel erheblich, Er¬
brechen und Kopfschmerzen hörten auf, Appetit und Schlaf stellten
sich wieder ein, der Knabe sass meist im Bett aufrecht und nahm
an allen Vorgängen um ihn her lebhaften Antheil, auch die Krampf¬
anfälle im rechten Arm minderten sich an Intensität und Häufig¬
keit, und der Puls wurde weniger frequent. Dafür war aber der
locale Heilungsverlauf ein wenig zufriedenstellender. Das nicht
fest in die Lücke eingefügte Knochenstück hob sich nämlich in
den nächsten 14 Tagen immer mehr und drängte stark gegen den
per primam verheilten Hautlappen an. Die Narbe wurde erheblich
gedehnt, und schliesslich traten an den beiden unteren Wundwinkeln
zwei pflaumengrosse Hirn Vorfälle hervor. Gegen Ende der zweiten
Woche nahmen auch die bereits gebesserten Lähmungserscheinun¬
gen am rechten Arm wieder sichtlich zu. Ich entschloss mich
daher, die fest verheilte Narbe am 24. October wieder zu spalten.
Nach Aufklappen des Knochendeckels floss eine erhebliche Menge
Cerebrospinalflüssigkeit ab. Ich reponirte jetzt möglichst die beiden
vorgefallenen Hirntheile, trug, was nicht zurückging, ab, verschmä¬
lerte die Ränder des Knochenlappens mittels Luer’scher Hohl-
meisselzange soweit, dass derselbe sich jetzt gut in die Lücke ein-
passen Hess, und vereinigte die Hautwunde mit dichten Silber- und
Seidennähten. Nur durch eine Lücke im hinteren und unteren
Wundwinkel führte ich ein dünnes Drain ein. Der Knabe überstand
diesen neuen Eingriff wieder ganz gut. Nur am Abend des nächst¬
folgenden Tages trat eine geringe Erhöhung der Temperatur auf
38,3 und eine Pulssteigerung bis 130 ein. Von da ab blieb die
Temperatur normal und sank der Puls auf 90—100. Als nach
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öii'.b^biiW^roi*e-i' r>Iup>. ' t>er*Wi.m wurde reponii k -dk tlaüi
iiti Fmidon -Amten imtpruiinit* iwd durch einige Stil»mm Ido Mt
^i>iiidt.swi. Huilduu? ,m eine weitere Btövuüg in «M Hmmug um*
inehr , »in .Narbe lost mui dm HimcMi m mdu-igm'
Ugn gMleb.m Ziemlich bald nach diurM* weite» Gingtdr (vmu
21 ()VU;imr», welcher dun teste»,- deindliven \ crschiusr? dm Sr.luidci-
hinke mich*. stellte Mb ativis »in» MkU%te stetig fortechroi-
teudo .H<-ssri’UMg-der Parese» am ruchten Arm mul Keinem. Ute
Zoekungvti .-sisürteii vollständig und kehrten nudtk wiedev^ -. «>»
der' FaeiaUslähutung war nickte mehr zu - bnumflcW.h »»» balo.
möchte der Knaim\wdi fkdi versuche und vermMite MiHtelMveim
tun nui tauiger f.• ütersHRzuog *e.hon gan/ leidlich iinthepidaute«.
Br Avar Mi;. den ganzen Tat»:-ausser Bott und -spielte u.u> de«*. mi-
deren Kimb-vh Pegegim machte sit h joteh oum slArkmv- * b rate
Kcteaing das SidfyttnnÖ&ojis-teufliebet» heßforkhär. Bum um 8, lW w
vorüber. \ «>r£*M»*mM'H» dh »ding ; -« hi r!‘-«'liuerte ? üter.Hiebmig
hatte aiii iotem Auge int.-li l r, .-Dhre. hütte, teckte *d w h v woftigr.r,
Olgehrij Elite NuvomM beetem,1 imiKite »f«hU uU» 1 »» di Hielte
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{>i ■iu\ivr9 klagte böet»r»de/> du* m-litf? ikijiiilumuht und MU-tK n.h
n-nd jdJig deren Sthwr-Ünna' zunh-K. A.otdne; K-ovr.mhev w«j* uio
rftdrön fäfct j’eiu wtuäs und fu-g hu N) \u-un dt» Retinal yrSkrewl
1n;k^ tkijiilie !i• ’* h i:Tf»nrt,n!j t » i .<J'hu» T v.'uSfjiwoimru-ne <und
»arcbllSkfjVßtpäX«rJH'hiul»HOii ^igtu Brft BmieXüv^ifd»u»-. Avnr aurh
liR-r löntpoidlwärR« ^ttlrkere Abldn-isnnf; bemi-f]:fu»
» fUO‘>ut wiU’t’.fl i.U. IJO-O!' Putin.ilf Sohr *U*i l.uhi ihn gilUVOtl
Tno- reit ;J(-ij yrnlr-ien Kimlem nmtn-r und lini kufuerhü snhjn<'<»v<i
.Beoul«wnrkluin.• fho IRtatwunde Bt durchweg h>:i \uBmi!i.. De.r
!vrundVe»idoh‘ut ist »lutuh dun nburall lut- '[ivreu dos nu^ruuzendrü
ägtßäblii iir^ruiuon Kun» iuutlupjitm gtd- guslju kt. wenn hueK «ine
kiidchni m* \ArehhgUi!g Uiudt hihivt in düi J ganzen Circumfeinuv. e»‘-
ju!i‘t J>u. fjfnl all ointTii The.il <h>? vhew Rundün und :«».]»!* »>rni:i-
l.dciu' 4 tuÄ UnrSite Birnpul^atkvue-u ?a iVmuerken klhÜ. t^hvylsiprirn,
EiTi'eo.bvr*« Kupisi i'.int'i-zi'i* hau«u t aiükehurt l*ie lAiriaiis-
patoae ist gÜUZitch gi^ohAVusUiun. Atu
Motii’itStststumng melir zu bruurj.*koü.
retdtten Bein iyi keinerlei
lUifiUiti huM ugt dassuUu* Jit
, aller* Bdeaknn ebeirsü gut und kräitig v >ki«
nicht die
das liuke und ziugt
geringste Abnoj'mifat Un Gange, ihn «labe» zeRvVvisr
uh full ende Hosiolnuiieit ist dm eh die Srhstunrng vullkuumH’-u
ej'iv'hulleSn Am n«i Uten Arm ist insofern ein«? Uemi-rken-wurfite
lie-ÄKerCiug oiugnftetrh, Pa-traat dun b«i der Aufnalnrit?. tust uit-
bewe^ii.chen „Ol^rortu zeiUn-h luM bis zur ^ükrechteu, vorAväris
etwas über die I»(u , izi./it.iJ«* hel-.nij und ■rüekwftrts soweit (ilhrmi
kann, da.** ui. mit dem liändröe-kdU die unteren Brustwirbel er-,
vfiinht, p^gegfti biiiBm Üp\ Lft \) »r\iliTgSe»A«'bdihtiiAgUU am Ab.didbrfinii
und der Hand nach fast gemin den gibiehen fUdunii, wie er vor der
Operathm onigw»numou und Im Eingang geimu benchrinfam Wurde’;
nht dass«-. fmdi^'Uiasfc ijin seeumiilre Fbixinnsroniraetur der Finger
und ‘iiy-Kiaubn^tßiJung' uonh id>vh's ziigrnnnimnu liftben. Die Bö-
weo-iuooti sind mudt misue^proeiien üf,a.kri«oho,' Ute PeiiosH und
Tj.’iet'pyi’uilex^ $iud «fftöhU Ule pnrtihlSe Btdnrng tlnr SonMbiiiptt
uuveeiintieH: und da? bA-nspintn der RimUnat a;Ae io»i b eboerto
prägnant wie Mir tlt-r Opmation
Air neue aun'uiieitde Eirneheimmg hinzvigetreten \at eiftu zimn*-
Jiuii orhnbUelio MuskblüTrnphrtf an Sidmlter und Arm. \)(\f reehtn
Ubrrarm ist um t mj. «ioi »Adeiiirm um 1 ’A <n< nu Umfantr lt«*.*
Httgev: als diT Ünlte Die tduktnsohe Breegbarkeit ist dnboi nicht
lierabgeahtÄh;
Die BuhsdtH'imguii hitbuu in dbn letzteu iudit Wnclnm nicht
WbsentUeh zugmunummi uml scheinen jet^t ^inuonar goworden m
sein.' Hin vor wenigen T%gon aui'gen«mmeiu 5 .r 1k-du nii ergab tulireudös;
Am reditidf Auge S « D, das Unke Autre zühih Finger »mü ae-
kennt <mgmieUUub' in 2 m KrjHeimmg. iiucl.ttes Augo lixirt. gar
nieht. meli)\ j'npilic kl lai gesch}ossmuum linken Auge über uvitkoH
viadt und nmgirt naht unt diruktea l>htuitimll * I.inkös Auge
fhfirt .oxumitrjseh. Pupille umgin normal- mi Uchi mtd Potteergrtw;
Dm* Aiignnrjiingo} zcigfe dementspi’ocJiend eAotv^ e.ir.u -folUcoinmen
ausgrspyoeheof? A trophie dow OTtUeus .mit 'etwa* verengerten Arterien,
bokh eine nicht' ganz, scharf begrenzte Papille mit, swar -wcmt?mn.
ober doch noch etwas Ins grour/dMchu ApioJemiem Farbeutom
trmrnniflieh in dor Msaipti fiMrftn.. '
Die Thatsaehe, dass gei-adn der Hetmorv dciMenignn iänitö, auf
wnlhhor der Tunnir smäs. weoigdr yobf ibteranicdep Druck,g+dittun
.ot- «•ird; yiinov*;- u«dnhte mb icwouders üervotdreben, >vöi) in
: i H-*t: < b. t“ A o'o-: j ...ciipatioh von Hiriituninfeü,
Lftng'ujInKk’o Andiw Lhi WAV M H.dM -d •< gen .!.«»• juzt. ali-
gen min ahgbmuumomui M attw -A cs cm a n’sciiou Theorie wioiior ob
4k alte (f riifo’hrbC: allerilings tu uioditioirlrr Form; zur ErkUinnig
der Bi-äuiiön^pftpille zuniohgrmit
Fdi’ dfer daroli ubd. ^p5«ji®P:;$öknop
dm» Convexitat ihrou SiU MM }mmd*g>rM&3<>
jMpilU? kojmne ?,unlHiBb die Cuhipri^alou dw «»$;; venife; Blut
Biilluk zum Ainus enveniomm nihrcmlcu Biufgbiikso und erst, k
zwAf. t die RäMunhtiMobrönlitiug des Sinus in Betr-mTb Sfiu*
mm tbw Tumor nur a»if cino»; Seife. ’«• wcedi* noch embiA.s! «cd
vtU'Wicgcnd das Aug«* diö?;iif Heite afHcirt. .ieUeiilaHs erh’Hirt dicH»>
Abnahme durch dcii votdiogcuibm Fall keum l'nt ! irUUung. Im
Dogctfi.hr.il könnt«* man eher vm Dunsten der MauzVhen Thm;rA
viii'iuu.Hmju ihuH's durch dit-ck-tv (‘oinpro^ion^vh km>g auf der Beite
der, d'ornurs das BiostrOmcu der On'l>ro8f.üm!lUis&igkH«t in »UA
Lympldmlmch der- üpib'ngkcbeibc gehindert, und imolgmhmspn
dir Hapillc durch dm» Druck y&i\isfrr ungünstig; b^in-
huwA wurden
Dagegen' betätigt mein Fall wieikr eine zweite Seldite^
tolgerurig, wolciic v, Bva.m a vi h alif> mboon beidcu DtoliaelU/.mgun •;
gezcgc» iiud i-moh an luideieu hi dm- Hiftcratue verbtbmiltchb'i)
Fniikji uootjvdljrt hat, dm>s uhmiieh oireumscrijde. vom Bim-
ebeeveeuzfc Tumoren (Saikorimt inihzoitigere und höhere Gtmiv «ler
St-nmmgspapUH* horljejführen a'-l? diffuse, "mOlfrivto (ksehvyul.eo
iUlhmnij imd A-b^A^'cm. ,hme dohnnm *ieh ijmm'iodb dev ßfrm
stybshUiz aur». widehnet.rn dieselbe und tboiiico slch^ mil. Ihr m
oen Si-h.iudfaum sreigenen den intvacnudvllen Druck alan' A'ait
Anbmg :m pml dmummt, wdbrmut diese mehr ilure-b 'AhvD.o um- mw
ICiäX’bmelzium- des Hirns als durch..Verdrängung dn.s.M^i«e:i -w '<<
i ev.vre-serfeu und. dttlier idim viel geduu’O'e Ua.«»mhes* , .lirrluKnng vr-t 1 -
iirs.iclften.
Dm zur Heit- bei Uiiscreiu Kmibnn be^tehemfe Setu-tbreng ;4
die ibiekte beige der durch dos nmche Wuelmthum der ekrehwulA
veru iilasst.cn ' inn hgemligivn iciimu;^ui«dbm Sdrueke-mgersrng. ID’
h‘M-L*»rc hat.iti im-cjeLMbb* Veränderungen in «kn Opt-Dk imrl.e.-
gcj'nhil., wclcdie chice Ausgleiche^ durch die operiifivo Gnvtenumg 4 ,,v
Tumor? nicht mehr lUhiü waren mul mich derselben durch die Du-
IKdmidc t?gv&
gfkrotcii sind.
wirkien AHgeio c) h nüng^r, ^ ^ ,
rtfduijcv?^ der 1 nt«tii)ig»utzdvfe<• t- und die (femfRhi3de-prus?ioii Uoiintvu
iM.oh Aut hdree di-s ])}nein.s bvsciHel, wenkln ln. gleicher \Ve»M ; *
sind die vor iler nperuimm besttdieuderi Reizmigs- u?td Lhlnuunv'-
«■: -*i hidnutigcri am miiloo Bein, -am rockten Oberarm^ und rvrliten
Ai und ta-cialis versebwiindeo, -weil dics^offünlrdi' hur indirekte,, dnreft
.,, Fuimwirknng li ?«yiie»s- der Geschwulst grzcugB- StArungeii \\'».m-
Hloa,-gm» ki und war nicht zu •■»‘wml-ft. dass die jAii'esmi M
Gnterarm und Hund, die sensiblen ' und uBiof-iaolHu» Sföningmi dö-
Aülbst'.durch den Kiogl iÜ g»*bfWsait Worden soll tun, «bl -li** 7 wndel n.^
uivmitteibar durch die Her^thrung der imtretbrnden (Antreyi seitutt*
40s Tamms, bewirkt wen dm» und also u.k direki v HcrrdsyniiiBum’
/lulztitu^bdu finit. Din Operation hf«^ cjs.o jedcnhdl J >d>s gi'ieasb-.t,
3 us von ihr irgend au .erhoffen staml,
TD sind-sott dAmdhou normiehr ftahezu vier Monate verau^mn
und da hi «h*u letz tun 2 1 /- Mmu».i«-n sich keinorkw Brsvludmltigör-
eingfistenr haben, die uul rin \Vied'yr:msfeigeu iiua Hirrmrarnes
dmitun konnten, mich irgarnl ander* Störungen, wchdn: aut .u.ni«u| : r&
Wachsthum der GescJiwulst Uinwiesen. so kam- znikvkk ^md md
oijiiger Sicherheit eiu Rccidiv nnsgesf-hlusscc wernkm. Ob diissedm
imm Ho^imdbeu wird, ist h*cili«:h zum rnindest-Cjii zwmFdhait, tmcli
ist dir rmgnosu hoi einem vollstftndtg a-bgokapsidion.. gut m»]-
M’hviebe?«,-a Surkimi. wie es hier vor mg, immerhin noch gmmturrr
uis bei i>mm jutiltrirten Gliorn, welches meist ohu»?'sfihmdt* td'eri?^.u
in die u»nerbende gesunde Hirimubstanz übergebt. ..
loh v?r»‘de den KuaVn noch lüngere Zeit unter g<jrgbdtigv^
Buobachtunu' halten und mir orhiubon.
Ihnen windßr zu höriobtttu.
»ibbV den wuitcran A m Uuti
IVA Aas dem slädtisebea Krätikeahause Moabit»
Abtheilung des Herrn Prof. Dr. Sonnen bürg-
Zur Diphtheriebeiiaiidluiig mit Heilserum^
'Von Dr. (-1111011, Assistenzarzt.
3 m stödtisohun Kraakenhimso Moabit wurden im d«m 1 ^
und später vom i. Dcimmlmr 189B bis 22. März iSMi mue Aa^a c
dipiitbüriekraokop Bhhldr inii; I)ipittbßrifiheilBorHtu bohunüelt r wntidu^
Hurrn Prof. !>r. Soniionburg hi entgegoiik«trmi>eader VV'ase fu»
den ffnrmL Professoren- D eh ring md Kbrlicb zur Aerlc.gim^ W"
stellt-' wurde, leb bin beauftragt, an dieser Siede den Hi-iTen tan » ^
‘ÜebgHaöSWing des Serynts zu dänken ului über die Kesjdtatö t u
7. Juni.
-DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
501
Behandlung zu berichten. Die Hauptergebnisse derselben sind be¬
reits m der Mitteilung der Herren Ehrlich, Kossel und Wasser-
. mann „Ueber Gewinnung und Verwendung des Diphtherieheil¬
serums“ (Deutsche medicinischo Wochenschrift 1894 No 16) be¬
nutzt worden. '
Das Serum Avurde allen in der betreffenden Zeit angenom¬
menen diphtheriekranken Hindern unter 18 Jahren ohne Unter¬
schied injicirt, Erwachsene wurden von der Injection ausgeschlossen
Im Juni 1898 kamen 15 Kinder zur Behandlung; drei starben
eins an Sepsis (im Leichenblute wurden Streptococcen und Diph¬
theriebacillen gefunden), das zweite an Herzlähmung nach einer
iiberstandenen schweren gangränösen Diphtherie, das dritte im
Alter von neun Monaten, an Verstopfung der Bronchien durch
diphtherische Membranen. Das letzte Kind war tracheotomirt
worden. Ausser ihm wurden noch sieben von den 15 mit Serum
behandelten Rindern tracheotomirt. Diese sieben wurden geheilt
Das Serum, welches uns damals zur Verfügung gestellt worden
war, war schwächer, als dasjenige, welches wir später benutzten
Es hatte den Nachtheil, dass fast alle damit behandelten Kinder
ein lästiges Exanthem bekamen, welches heftigen Juckreiz ver¬
ursachte und meist mehrere Tage, in einem Falle eine ganze Woche
andauerte.
In der Zeit vom 1. December 1893 bis 22. März 1894 wurde
44 diphtheriekranken 1 ) Kindern Serum injicirt. Von diesen starben
elf, geheilt wurden also 75°/ 0 . Tracheotomirt wurden 13; von
diesen blieben neun, also 02 , 2 % am Leben. 2 ) (Wenn die im Juni
behandelten Kinder hinzugezählt werden, so ist das Resultat- von
59 injicirten Kindern wurden 45 = 76,3% geheilt, von 21 tracheo-
tomirten 16 = 76,9 °/ 0 .)
Unter den Gestorbeuen sind vier Kinder, welche moribund
eingeliefert wurden und in den nächsten zwölf Stunden nach der
Injection starben; bei diesen konnte das Serum also nicht mehr
zur Wirkung gelangen.
Ein Kind, welches bereits in septischem Zustande eingeliefert
wurde, starb an Sepsis (im Leichenblute fanden sich Strepto¬
coccen).
Fünf Kinder starben an Nachkrankheiten, eins an Meningitis
im Anschluss an eine Otitis media, und vier an parenchymatöser
Entzündung der inneren Organe oder Herzlähinung. In einem
dieser Fälle (achtjähriger Knabe), in welchem der Tod vier Wochen
nach der überstandenen Diphtherie eintrat, ergab die Section ge-
lmgcs Oedem der Beine, Ascites, Hydrothorax duplex, Hydroperi-
card und geringe parenchymatöse Trübung der inneren Organe.
Es handelte sich also um einen nach Diphtherie selten vorkom-
menden Fall von langsam zu Tode führender Herzschwäche. Das
elfte Kind endlich ging an Pneumonie fünf Tage nach der Injection
zugrunde.
Es ergiebt sieh aus dieser Zusammenstellung, dass von den
vl.. £> es torbenen Kindern nur bei den letzten fünf überhaupt die
Möglichkeit vorlag, dass das Heilserum den letalen Ausgang ver¬
hindern konnte.
Auffallend ist, dass verhältnissmässig viele Kinder in der Re-
conv’alescenz an parenchymatöser Entzündung der inneren Organe
U0(1 Herzlähmung starben, nämlich von je elf injicirten eins.
Während das im Juni 1893 benutzte Serum fast immer Aus¬
schlag verursachte, wurde derselbe diesmal nur selten heobachtet.
e j ZW( d Kindern, von denen das eine Serum erhalten hatte,
welches gefroren gewesen war, wurde an verschiedenen Stellen des
orpers ein juckender, ein bis zwei Tage dauernder und ohne
leoer verlaufender Ausschlag bemerkt, welcher an Scharlach er¬
innerte. Bei zwei anderen Kindern trat ein derartiger, schnell
leder verschwindender Ausschlag nur an der Injectionsstelle auf.
\Tsa Rückfälle wurden zweimal beobachtet; bei einem siebenjährigen
♦ C ü 1 ? ac ^ Tage nach dem Verschwinden des ersten Belages
nter lieber (39°) wieder diphtherischer Belag im Halse auf,
U L C J® r ln zwei Tagen zurückging. Bei einem anderen, achtjährigen
R« -!r en • 14 Tage nach Abheilung des ersten Belages das
V • ^Temperatur erreichte 39,80; auf beiden Mandeln
liarfu S1Ca em 8c ^ m ieriger reichlicher Belag, in welchem Diphtherie-
- 1, en . Hachgewiesen wurden. Die Injection von Serum wurde
_ 1 wiederholt, der Belag verschwand nach sechs Tagen.
din kri der Hälfte dieser Kinder wurde die Diagnose durch
Lrni^Üj 0 ^ 1811 ^ Untersuchung bestätigt; die Untersuchung wurde
stehAn l S < T n ^“^Et, wenn irgend ein Zweifel an der Diagnose be-
DinhHw. Ebenso wurden in den im Juni behandelten 15 Fällen
Uiphtheriobacillen nachgewiesen.
rend Gestorbenen sind zwei Kinder milgerechnet, welche wäh-
liefert und ^ q Serumbehandlung moribund ins Krankenhaus einge-
wurdon «i • ? U t kparsamkeitsgründen nicht injicirt worden waren; sie
die qpLf eiCh , . r Aufnahme tracheotomirt und starben bald darauf;
und bronch • beiden diphtherische Membranen in den Bronchien
In einem anderen Falle traten bei einem bisher gesunden
j5 , ÄV. ehn r “ g0 HeiIun e der Diphtherie unter Fieber
(d9,o0) bchmerzen und geringe Schwellung in den Fuss- und Hand¬
gelenken aut, welche auf Natrium salicylicum schnell zuriiokgimren
(Gelenkrheumatismus?) b
Der Urin der Kinder wurde, wenn möglich, vor und in ver¬
schiedenen Zwischenräumen nach den Injectionen auf Eiweiss
untersucht. Diese Untersuchungen ergaben, dass das Auftreten
von Eiweiss im Urin unabhängig von den Injectionen war und der
Eiweissgehalt des Urins in derselben Weise wechselte, wie wir es
sonst bei der Diphtherie auch ohne Heilserumbehandlung beob¬
achten.
Das Serum, welches uns vom December 1893 bis März 1894
zur Verfügung gestellt wurde, war nicht gleichwertig. Anfangs
März erhielten wir ein Serum, von welchem eine Dosis 160 bis 200
Immunitätseinheiten enthielt. Mit diesem Serum wurden acht,
zum Theil recht schwere Fälle behandelt; die Injectionen wurden
meist zwei oder drei mal gemacht. Von den acht Kindern starb
nur eins, ein zweijähriger Knabe, welcher 320 Immunitätseinheiten
injicirt erhielt, von einer schweren Diphtherie mit einer Gaumen¬
lähmung 1 ) genas und vier Wochen nachher plötzlich an einem
Herzcollaps starb. Einem anderen, zweijährigen Kinde, welches
ausgedehnten Belag und starke Einziehungen batte, wurde an drei
aufeinanderfolgenden Tagen je eine Dosis von 200 Immunitäts¬
einheiten injicirt; der Belag und die Athemnoth gingen zurück,
das Kind machte eine leichte Nephritis durch und blieb dauernd
geheilt. Auch in einigen anderen dieser Fälle wurde ein schnelles
Zurückgehen des Belages und des Fiebers beobachtet. Weitere
Schlüsse lassen sich aus den Resultaten der Behandlung mit diesem
stärkeren Serum nicht ziehen, weil die Anzahl der von uns damit
behandelten Kinder eine sehr kleine war.
Wie die oben mitgetheiiten Zahlen beweisen, ist das Ergebnis«,
welches während der Serumbehandlung erzielt wurde, ein durch¬
aus günstiges. Es fragt sich nun, welches das Resultat in der
Zwischenzeit, vom 1. Juli bis 1. December 1893 war, als uns kein
Serum zur Verfügung stand.
Auch in dieser Zusammenstellung werden nur Kinder unter
13 Jahren berücksichtigt, bei denen sicher eine Diphtherie vorlag.
Es wurden in dieser Zeit 66 diphtheriekranke Kinder auf¬
genommen, 20 starben, also wurden etwa 70°/o geheilt. Von
den 66 Kindern wurden 35 tracheotomirt, von diesen genasen
22, also 62,9°/o. Von den tracheotomirten, welche starben, waren
6 Kinder im Alter von % bis 1% Jahren, vier andere hatten
eine schwere septische Diphtherie, und zwei starben an Nach¬
krankheiten. Sieben Kinder starben ohne Tracheotomie, sechs da¬
von an Sepsis.
Von den Kindern, welche geheilt wurden, waren acht im
Alter von ein bis zwei Jahren; fünf von diesen Kindern waren
tracheotomirt worden.
Im Vergleich zu der Zeit der Serumbehandlung ist zunächst
zu bemerken, dass in dieser Periode nur ein Todesfall durch
Herzlähmung beobachtet wurde. Ferner mussten in dieser
Zeit besonders viele Kinder, über die Hälfte, tracheotomirt
werden (unter den tracheotomirten waren zwölf Kinder im Alter
bis zwei Jahren), endlich kamen mehr septische Fälle vor. Das
Resultat dieser Zeit ohne Serumbehandlung ist ein ähnlich günstiges,
wie das während der Behandlung mit dem Heilserum (70% Hei¬
lungen gegen 75%, bezw. 76,3%). Der geringe Unterschied,
welcher zu Gunsten der Serumbehandlung spricht, kann bei der
kleinen Zahl der Fälle nicht ohne weiteres in Betracht gezogen
werden, zumal die Fälle, welche nicht mit Serum behandelt wurden,
wegen der verhältnissmässig grösseren Zahl der Tracheotomirten
und Septischen im Durchschnitt eher etwas schwerer zu sein
schienen.
Im allgemeinen ergiebt sich, dass die Diphtherieerkrankungen
im Stadttheil Moabit in der Zeit vom 1. Juni 1893 bis 1. April
1894 verhältnissmässig leichte waren; auch weiterhin scheint die
Krankheit milde aufzutreten, wenigstens sind bis jetzt auf der
Diphtheriestation ungefähr gleichviel Procent Heilungen zu ver¬
zeichnen, wie in den Monaten vor dem 1. April.
Die Schwere der Epidemieen wechselt in Moabit sehr. Von
October 1892 bis April 1893 starben im Krankenhause über die
Hälfte der aufgenommenen Kinder, meist an schwerer septischer
Diphtherie.
Es wäre erwünscht, während einer derartigen schweren sep¬
tischen Epidemie das Heilserum zu versuchen; wahrscheinlich ist
zu erwarten, dass grosse Dosen des Serums in beginnenden Fällen
bei zweckentsprechender lokaler Behandlung den Eintritt der Gan¬
grän und Sepsis verhüten können.
! ) Ausser dieser Gauinenlähmung wurdo noch eine andere bei einem
injicirten Kinde beobachtet.
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Gck igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
502
Y. Aus der chirurgischen Klinik des Herrn Professor
Dr. A. Wölfler in Graz.
Zur Therapie der Hydrocele feminina.
Von Dr. 0. Gerke, k. u. k. Regimentsarzt.
Obwohl die Pathogenese der Hydrocele feminina durch zahl¬
reiche Untersuchungen festgestellt und in den diesbezüglichen
Arbeiten klargelegt wurde, ist die Therapie dieser Erkrankung
noch keine vollkommen outsprechende.
So linden wir die Punction der Cyste mit nachfolgender In¬
ject ion reizender Flüssigkeiten, besonders der Jodtinctur, immer noch
anempfohlen und geübt' obwohl die Erfahrung zeigt, dass nach dieser
Behandlungsmethode Recidive häufig sind und nach B. Goley )
sogar in der Hälfte der so behandelten Fälle auftreten. Bei einer
bestehenden Communication der Cyste mit der Bauchhöhle ist über¬
dies dieses Verfahren sicher nicht ungefährlich.
Die einfache Spaltung des Sackes, sowie die Exstirpation des¬
selben, die als radikale Methode angegeben wird, entspricht auch
noch nicht vollkommen den gestellten Anforderungen, da sie die
Kranken wohl vor Recidiven schützt, nicht aber vor Leistenbrüchen
bewahrt, zu denen gerade diese Kranken, wie die Erfahrung zeigt,
wegen der gleichzeitig bestehenden Erweiterung des Leistencanales j
ganz besonders disponirt siud.
Ich erlaube mir daher das Verfahren zu beschreiben, das in
zwei Fällen von Hydrocele feminina an der hiesigen chirurgischen
Klinik geübt wurde und das mir als ein Fortschritt in der Therapie
dieser Erkrankung erscheint: nämlich die Exstirpation der
Cyste mit nachfolgendem Verschlüsse des gewöhnlich
erweiterten Leistencanales.
Der erste der beobachteten Fällo wurde von Smital in No. 42
bis 44 der Wiener klinischen Wochenschrift vom Jahre 1889 be¬
schrieben, ohne dass jedoch die Vereinigung der Leistenpfeiler
durch Knopfnähte, die damals gemacht wurde, besonders hervor¬
gehoben worden wäre. Die Krankengeschichte dieses Falles ist in
Kürze folgende.
P. F., 36 Jahre alte Magd, stammt aus gesunder Familio, war nie
ernstlich krank. Vor sechs Jahren merkte sie eine kleine Geschwulst in
der rechten Leistengegend, die anfangs bei Bettruhe zurückging und nur
langsam wachsend nussgross und irreponibel wurde. Nachdem Patientin
im Februar 1883 geboren hatte, wurde das Wachsthum der Geschwulst
ein rascheres, so dass dieselbe im Juni 1889 bereits Gänseeigrösse er¬
reicht hatte. Am 28. Juni acquirirte Patientin einen linksseitigen Schenkel¬
bruch, der nicht zurückging und Incarcerationserscheinungen verursachte.
Nachts gelang es, denselben zu reponiren, worauf diese Erscheinungen
schwanden.
Am 4. Juli wurde in Chloroformnarkose die Operation der Hydrocele
vorgenommen, die sich vom oberen Theile des Labium majus gegen den
Leistenring orstreckte und gegen letzteren abgegrenzt erschien. Nach
Auslösung der Cyste und Durchtrennung des Stieles, der sich in den
Leistoucanal fortsetzto, zeigte sich, dass in den Stiel ein handschuhfinger¬
förmiger Fortsatz des Peritoneums hineinragte. Der Leistoncanal wurde
durch Vereinigung der Leistenpfeiler mittels Knopfnähten verschlossen.
Der zweite Fall kam im October 1898 zur Beobachtung.
A. R., ist elf Jahre alt. Der Vater lebt und ist gesund, die Mutter
starb im vorigen Jahre an einer Lungenentzündung. Drei Geschwister
sind am Leben und ebenfalls vollkommen gesund, keines leidet an einem
Bruche. Patientin selbst war nie ernstlich krank. In ihrem dritten Lebens¬
jahre entwickelte sich ohne bekannte Ursache eine Geschwulst in der
linken Leistengegend, welche bis vor droi Jahren wallnussgross und leicht
reponirbar war. Seit dieser Zeit kann Patientin die Geschwulst nicht
mehr reponiren, das Waehsthum derselben wurde ein rascheres, ohne dass
sich jedoch irgendwelche Beschwerden einstellten. Ein Bruchband hat
Patientin nie getragen. Wann sich die in der rechten Leistengegend
bestehende, haselnussgrosse Geschwulst entwickelt hat, ist nicht zu er¬
fahren.
Status praesens. Dem Alter entsprechend grosses, gut genährtes
etwas anämisches Mädchen. Die objective Untersuchung der Lungen
und des Herzens ergiebt nichts abnormes. Der Harn ist eiweiss- und
zuckerfrei. In der rechten Leistengegend findet sich ein haselnussgrosser,
weicher, tympanitisch klingender Tumor, der sich in den Leistencanal er¬
streckt und durch Druck mit gurrendem Geräusche in die Bauchhöhle
reponirt werden kann. Der Leistencanal ist für den kleinen Finger
durchgängig. In der linken Inguinalgegend erstreckt sich eine gänseei¬
grosse, elastisch weiche, deutlich fluctuirende Geschwulst von der oberen
Hälfte, des linken Labium majus gegen den bedeutend erweiterten Leisten¬
canal, in den sie cintritt und gegen welchen ihre Längsachse gerichtet
ist. Der Schall über der Geschwulst ist vollkommen leer, bei diircb-
tallendem Lichte ist sie überall gleichmässig blassroth durchscheinend.
Eine Reposition ist nicht möglich. Patientin fieberfrei.
ln diesem Falle konnte die Diagnose auf Hydrocele feminina
mit Bestimmtheit gemacht werden, und zwar aus der Lage
und dem leeren Schalle der fluctuirenden Geschwulst, die
deutliche Transparenz zeigte.
Am 24. October wurde die Kranke operirt. In Chloroformnarkose
wird ein 8 cm langer Hautschnitt über die grösste Couvexität der Ge-
*) Hydrocele in the female. Annals of Sürgcry, Juli 1892.
No. 28
schwulst, entsprechend ihrer Längsachse geführt. Nach Durcktremrang
des Unterhautbindegewebes zeigt sich die durch einen querverlaufenden
Bindegewebsstrang etwas eingeschnürte Cysto, deren oberer stark convexer,
in dem Leisteneanal befindlicher Pol erst nach Durchtrennung der Fascie
des Musculus obliquus externus und internus sichtbar wird.^ Nach grössten-
theils stumpfer Abpräparirung des untern Theils der Cyste, an deren
hinteren Seite das Ligamentum rotundum verläuft, wird die
obere Kuppe freigemacht und etwas vorgezogen. Der dadurch liervor-
tretende Processus vaginalis peritonei, von dem die Cyste durch solides
Gewebe abgegrenzt ist, wird mit einer Pincette gefasst, abgebunden und
durchtrennt, ohuo dass die Peritonealhöhle eröffnet worden wäre. Hierauf
wird an die Beseitigung der durch die Hydrocele geschaffenen Apertur
f eschritten in der Weise, dass zuerst der M. obliquus iuteruus, dann der
[. obliquus externus bis herab zum Os pubis an die fascicnartige Aus¬
breitung des Poupart’seheu Bandes genäht wird, wie bei der Radikal¬
operation einer Leistenhernie. Dann folgt die Vereinigung der Haut¬
wunde durch Knopfnähte. Drainage der Wunde. Verband.
27. October. Patientin vollkommen fieberfrei, befindet sich subjectiv
sehr wohl. Erster Verbandwechsel. Die Wunde reactionslos. Secretion
gering. Das linke grosse Labium etwas ödematös. Entfernung des
Drains.
2. November. Das Oedern des Labium geschwunden. Entfernung
der Nähte.
5. November. Wunde vollkommen geschlossen. Eine Erweiterung
des Leistencanals ist nicht zu fühlen. Die Narbe ist fest, so dass man
nirgends imtaude ist, mit dem Finger in die Bauchhöhle einzudringen.
Patientin wird geheilt entlassen.
Die exstirpirte Cyste, an deren Rückseite, wie bereits erwähnt, das
Ligamentum rotundum verlief, war länglich oval, der Längsdurchinesser be¬
trug 7 cm, der quere 3 cm. Die Wandungen derselben waren dünn und be¬
standen, wie die mikroskopische Untersuchung zeigte, aus faserigem
Bindegewebe, das innen mit Plattenepithel bedeckt war. Die Innenfläche
der Cyste war vollkommen glatt. Den Inhalt bildete eine blassgelbe,
seröse, leicht getrübte Flüssigkeit. Verschieden von dem erst erwähnten
Falle war die bedeutende Erweiterung des Leistencanals — er war für
zwei Finger durchgängig — sowie das Hineinreichen der Cyste in den¬
selben. Während es möglich war, im ersten Falle den Leistencanal durch
einige Knopfnühto vollkommen zu verschliessen, mussten bei der zweiten
Patientin, um die Cyste auslösen zu können, die den Leistencanal bildenden
Muskeln gespalten werden. Natürlich war daher auch der sichere Ver¬
schluss des Leistencanales hier um so nothwendiger. Der Befund bei der
Entlassung der Patientin zeigte, dass diess vollkommen gelungen war.
Dass die Erweiterung des Leistencanales ein gewöhnlicher
Befund bei der Hydrocele feminina ist, beweisen die verhältnis¬
mässig zahlreichen Fälle, in welchen bald eine geringere, bald
eine stärkere Erweiterung angegeben ist. Ich will nur erwähnen
die Angaben von Palletta, 1 ) Chassaignac,-) de Darvien,*)
Chiari, 4 ) Hinterstoisser. 5 )
In anderen der beobachteten Fälle bestand neben der Hydrocele
bereits ein Bruch oder kam während der Operation zum_ > or-
schein. Fälle ersterer Art sind die von Kuhn, 6 ) E. Michel 7 ) und
Aschhorn. 8 )
Dass während der Operation Darm resp. das Ovarium mir
dem abdominalen Ende der Tube durch den Leistencanal trat, be¬
schreiben Desault, 0 ) Bardenheuer. 10 ) _
Diese Fälle zeigen uns zur Genüge, wie not-hwendig es ist,
auf das Verhalten des Leistencanals während der Operation Rück¬
sicht zu nehmen, wenn wir die Kranken vor dem Entstehen einer
Leistenhernie und vor allen Gefahren derselben bewahren wollen.
Als Normalverfahren bei Hydrocele feminina dürfte
also in allen Fällen, wo die Narkose zulässig ist, die
Exstirpation des Sackes angezeigt sein. An dieselbe na
sich die Untersuchung des Leistencanales anzuschlicssen. ^ e . 1 S 1
sich derselbe, wie in der Mehrzahl der Fälle zu erwarten is*.
erweitert, so hat der exacte Verschluss desselben ^vie
bei der Radikaloperation einer Hernie zu erfolgen.
VI. Nachtrag zu meinem Aufsatz „ein histo¬
rischer Rückblick“.
Von Professor K. Neu mann in Königsberg i. Pr.
In No. 51 des vorigen Jahrganges dieser Wochenschrift habe
ich, veranlasst durch ein vor einiger Zeit erschienenes Referat übei
Arbeiten, die Blutbildung betreffend, die Leistungen des Herrn
) SulP idrocele delle donne in Mem. dell’ Institut. Ital. Tom II-
2 ) Ref. Schmidt’s Jahrbücher 1856, I, p. 81. ,
3) Des tumeurs de la grande levre improprement appelees hydroci
de la femme. Th^se Montpellier 1867, p. 32.
4 ) Ueber Entzündung der weiblichen Hydrocelo. Wiener med. Bla
1879, No. 21.
5 ) Wiener klinische Wochenschrift 1888, No. 12.
6 ) Gaz. med. de Paris 1859, 3 S6r., Tome XIV. ... ,
7 ) Allgemeine Wiener med. Zeitung 1891. Hier wurde die KaaiKi
Operation der Hernie angeschlossen.
8 ) Langenbeck’s Archiv Bd. XXV, p. 178.
9 ) Journal de Chirurgie. Tom. I, p. 251.
,0 ) Inauguraldissertation, 1877. W. Bergmann.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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7. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
503
Bizzozero auf diesem Gebiet und sein Verhalten zu meinen
Arbeiten einer Kritik unterworfen, in welcher ich die von ihm
geltend gemachten Ansprüche in Bezug auf die Entdeckung der
blutbildenden Function des Knochenmarkes als historisch unbe¬
gründet zurückgewiesen habe. Die hierauf erfolgte Erwiderung
Bizzozero’s (diese Wochenschr. 1894, No. 8) vermeidet zwar
ein direktes Eingehen auf die von mir durch wörtliche Citate aus
seinen Schriften belegte Darlegung der Thatsachen sorgfältig, sucht
aber durch den angeschlagenen Ton moralischer Entrüstung über
gänzlich unverdiente Beschuldigungen Eindruck zu machen und
lässt aufs neue erkennen, dass die Grundsätze, von denen wir
uns bei der Beurtheilung der Streitfragen leiten lassen, verschie¬
dene sind.
Bizzozero hat nämlich, wie bereits in einem früheren, von
ihm angeführten Aufsatze, welchem seiner Zeit der gebührende Be¬
scheid zu Theil geworden (Arch. f. Heilkunde Bd. XIX), so auch
diesmal die Ansicht ausgesprochen, dass es „in der Wissenschaft
viel mehr auf die Entdeckung selbst als auf den Namen des Ent¬
deckers ankomme“; bei dieser Gelegenheit ausgesprochen, kann
das nichts anderes heissen, als dass es nicht von besonderer Be¬
deutung sei, wem die Ehre der Autorschaft einer Entdeckung zu¬
geschrieben wird, wenn nur diese selbst foststeht. Dieser Satz
dürfte, falls er nicht, wie ich früher glaubte, scherzhaft gemeint
ist, in seinen weiteren Gonsequenzen nicht ganz unbedenklich sein.
Wer den Werth, welchen für den Entdecker die gewissenhafte
Anerkennung seines Besitztitels seitens anderer Forscher hat, so
gering achtet, wird leicht dahin gelangen, dass er das Maass der
Ansprüche, welche er für sich macht, nicht genau abzuwägen für
erforderlich erachtet und dass er denjenigen eines tadelnswerthen
„Eigennutzes“ verdächtigt, welcher in dem Glauben an Recht und
Gerechtigkeit auch „in der Wissenschaft“ sein Eigenthum reclamirt,
wenn es in Gefahr steht, ihm verloren zu gehen.
Eine zweite, nicht bedeutungslose Differenz zwischen Bizzo¬
zero’s und meinen Anschauungen über wissenschaftliche Ent¬
deckungen werde ich später zu erwähnen Gelegenheit haben, ich
wende mich zunächst zu dem sachlichen Theil der Erwiderung.
Derselbe besteht aus einer grösseren Zahl zusammenhanglos
aneinandergereihter Aufstellungen, für welche das litterarisehe
Beweismaterial dem Leser consequent voronthalten wird. Da aus
diesem Grunde nur deijenige, welcher mit der bezüglichen Litteratur
vollständig vertraut ist, sich ein Urtheil über die Qualität des
dargebotenen Menus zu bilden vermag, halte ich mich für ver¬
pflichtet, diesem Mangel abzuhelfen, soweit die Behauptungen über¬
haupt qualificirbar sind.
Ich hatte in meinem „historischen Rückblick“ gesagt, dass sich
in der gesammten medicinischen Litteratur bis zum Erscheinen
meiner vorläufigen Mittheilung im Centralbl. f. d. med. Wissensch.
10 October 1868 keine einzige Notiz über einen Zusammenhang
zwischen Blutbildung und Knochenmark befindet. Herr Bizzozero
sucht den Glauben zu erwecken, dass diese Behauptung unrichtig
sei, indem er prätendirt, bereits im Jahre 1865, in welchem er
entdeckt hat, dass die Markzellen contractil seien, „die Beziehungen
zwischem dem Knochenmark und den morphologischen Elementen
des Blutes“ erkannt und im Jahre 1866 durch die Beobachtung,
dass die Markzellen sich durch Tlieilung vermehren, den Beweis
dafür erbracht zu haben, dass „das Knochenmark ein beständiger
Leukocytenerzeugungsheerd ist“.
Diese Darstellung des Thatbestandes bildet, wie ich hervor¬
heben muss, ein vollständiges Novum in der Polemik Bizzozero’s,
und er hat bei ihrer Conception folgendes übersehen:
1. Die angeführten Schlussfolgerungen aus den angeblich
epochemachenden Beobachtungen sind in den beiden Mittheilungen,
auf welche sich seine Ansprüche nur beziehen können, nicht ent¬
halten, in denselben ist weder von genetischen (nur diese können
gemeint sein) „Beziehungen zwischen dem Knochenmark und den
morphologischen Elementen des Blutes“, noch von dem „Knochen¬
mark als Leukocytenbildungsheerd“, von einer Beziehung des
Knochenmarks zur Blutbildung überhaupt nicht die
Bede. 1 ) Am angeführten Orte ist von mir zum ersten Male aus-
. ) Die erstore der erwähnten Beobachtungen, von Bizzozero ge¬
meinschaftlich mit Mantegazza gemacht, ist nur in einer kleinen Mit-
thoilung des letzteren „Sui corpusculi seinoventi“ (Rondiconti del Reale
Mituto Lombardo 1865, Vol. II) niedergelegt worden; dieselbe enthält
folgende hierher gehörige Sätze: „— hier muss ich eine andere, von
meinem ausgezeichneten Freunde und Assistenten Bizzozero zuerst
Jemerkte wichtige Thatsache anreihen. Veranlasst durch die Aehnlich-
,1 t’ welche in histologischer Beziehung zwischen den Eiterzellen und
den Zellen des Knochenmarks besteht, untersuchte ich (Mantegazza).
ob auch letztere spontane Bewegungen zeigen. Zu diesem Zweck be-
nu Y'b > ich das Knochenmark von Fröschen, und das Resultat entsprach
vollständig den Erwartungen. Die Markzellen eines frisch gotödteten
rroselios, in Humor aqueus untersucht, zeigen nach wenigen Minuten die
gesprochen worden, dass Leucocytcn des Blutes aus dom Knochen¬
mark stammen.
2. Die Beobachtungen selbst waren nicht ganz eiuwandsfrci.
Da Bizzozero sich seine Präparate einfach durch Zerzupfen des
Froschknochenmarkes in Humor aqueus herstellte, so konnten die
von ihm beobachteten contractilen und sich theilenden Zellen
ebensowohl aus den Blutgefässen stammende Leukocyten als Mark¬
zellen sein, eine sichere Unterscheidung zwischen beiden war nicht
möglich.
3. Zugegeben, dass Bizzozero’s Beobachtung wirklich Mark¬
zellen betraf, so musste ihm damals der Schluss fernliegen,
dass dieselben durch Uebertritt in die Gefässe zu Leukocyten des
Blutes werden, denn die Thatsache, dass contraetile Zellen die
Gefässwandungen penetriren, ist bekanntlich erst im Jahre 1867
durch Cohn heim entdeckt worden.
4. Auch gegenwärtig, wo uns diese Thatsache hinreichend ge¬
läufig ist, berechtigt die Konntniss contractiler und sich thoilonder,
Leukocyten ähnlicher Zellen in dem Gewebe eines Organes noch
nicht ohne weiteres zu der Annahme, dass Beziehungen zwischen
denselben und den Leukocyten des Blutes stattfindon, denn wir
wissen, dass derartige Zellen in Organen verkommen, welche
keineswegs „beständige Leukocytenerzeugungsheerde“ oder über¬
haupt Blutbildungsorgane sind, wenigstens dürfte Herr Bizzozero
ebensowonig als der Entdecker der amöboiden Zellen des Hodens,
de la Valette St. George (Arch. f. mikr. Anat. I., 1865) go-
neigt sein, letzterem Organ eine solche Function zuzuschreiben.
Ich muss demnach den von Bizzozero hier gemachten Versuch,
zu Gunsten der beiden erwähnten, von ihm gewissermaassen als Re¬
servetruppen ins Feld geführten Mittheilungen (wenigstens hatto die
zweite derselben bisher noch keine Kampfrolle gespielt) den Anfang
der Erkenntniss der blutbildenden iiiütigkeit des Knochenmarks
auf das Jahr 1865 resp. 1866 zurückzudatiren, als gänzlich ver¬
unglückt bezeichnen. Dieselbe beginnt vielmehr unzweifelhaft mit
meiner vorläufigen Mittheilung iin Jahre 1868 und meiner gleich¬
zeitig verfassten Arbeit im Arch. f. Heilkunde, Bd. X, welche Ar¬
beiten nicht nur die Beobachtung eines bisher nicht bekannten
Reiohthums des Blutes der Markgefässe an Leukocyten brachten
und damit eine beständige Einwanderung der Markzellon in die
Gefässe wenigstens sehr wahrscheinlich machten (ein direkter Be¬
weis für dieselbe fehlt auch gegenwärtig noch), sondern auch zu¬
gleich die ganz unerwartete und unvorbereitete Entdeckung der
kernhaltigen rothen Blutzöllen enthielten.
Was nun diesen letzteren, entscheidenden Befund betrifft, so
verzichtet, wie ich hiermit constatirc, Bizzozero nun¬
mehr auf jeden Anspruch auf denselben und behauptet,
dass er in seinen Schriften stets anerkannt habe, dass
derselbe meinen Untersuchungen zu verdanken sei; er
beabsichtigt offenbar, hiermit darzuthun, dass meine ganze, gerade
auf diesen Punkt gerichtete Polemik gegen ihn jedes berechtigten
Grundes entbehre, und doch steht die Thatsache fest, dass nicht
nur in dem letzthin von mir kritisirten Referat, sondern auch in
der Mehrzahl der seit dem Jahre 1868 erschienenen Lehrbücher,
Monographien, Journalaufsätze bei Erwähnung der Arbeiten über
die Blutbildung im Knochenmarke sich die Angabe wiederholt,
Bizzozero und ich hätten ungefähr gleichzeitig und unabhängig
von einander die kernhaltigen rothen Blutzellen im Knochenmark
aufgefunden, bisweilen wird sogar Bizzozero die Priorität vin-
dicirt. Wie erklärt sich diese auffallende Erscheinung, wenn
letzterer wirklich selbst niemals darauf Anspruch erhoben hat,
selbstständig die Entdeckung gemacht zu haben?
Herrn Bizzozero’s Erwiderung bleibt die Antwort auf diese
mannich faltigsten Bewegungen, dieselben ditferiren nach der Grösse der
Körperchen; bei den kleineren wechselt die Form im Ganzen wenig, uml
Alles beschränkt sieh auf die Bildung runder oder länglicher Fortsätze,
welche ausgestossen und wieder zurückgezogen werden, die grösseren
zeigen ein viel auffallenderes Bild, sie zeigen zahlreiche lange, verzweigte
und anastomosireude Ausläufer mit secundären Verzweigungen. Eine
halbe Stund«* etwa nach Anfertigung des Präparates werden die Be¬
wegungen so lebhaft, dass es unmöglich ist. eine Zeichnung davon zu
entwerfen. Bei höheren Thi«*ren habe ich keine Bewegungen der Mark¬
zellen beobachten können, mit Ausnahme des Huhnes. Jum dem sie aber
auch nur sehr langsam und unscheinbar waren. Boi Kaninchen und
beim Kalb zeigten sieh die Körperchen bisher unbeweglich, wahr¬
scheinlich wegen der Mangelhaftigkeit der zugefügten Untersmlumgs-
Beobachtung über Tlieilung der Markzellen ist nur beiläufig in
hier Anmerkung zu dem Aufsätze Bizzozero’s „Geber die Heilung von
ehnenv«*rlotzungen“ (Annali umversa di Mednina \ ol. -03,
rälmt. dieselbe lautet: „leb habe mehrmals unter dem Mikroskope di
'heilung von Wanderzellen des Knochenmarkes bei !? l-öseben mo »ai »
önnen und gesehen, dass die so gebildeten Zellen noehfort hliit
jhhaft zu bewegen, ein Beweis, dass es sieh um einen \dakn .- , t
nd dass die neuen Zellen wirkliche Zellen und nicht Zcllfi.^irnnk
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHE NSCHRIF T.
Frage schuldig, sie liegt aber für jeden Leser meines historischen
Rückblicks auf der Hand. Wie nämlich aus den daselbst mitge-
tlieilten Citaten aus Bizzozero’s Schriften hervorgeht, hat der¬
selbe allerdings, soweit mir bekannt, es stets unterlassen,
direkt auszusprechen, dass er die in Rede stehenden Zellen ge¬
kannt habe, bevor er durch meine vorläufige Mitteilung von ihrer
Existenz Kenntniss erhalten, er hat aber an zahlreichen stellen
sich in der Weise ausgedrückt, dass bei dein Leser der Glaube
entstehen musste, dass dies der Fall sei. Gerade in dem von
ihm unbedachter Weise jetzt wieder ans Tageslicht gezogenen
polemischen Artikel vom Jahre 1878 kann man folgenden Passus
kteoi. iHerr Neu mann ist allerdings der ersto gewesen,
welcher die Thatsache vom Vorhandensein kernhaltiger
rother Blutzellen im Knochenmark veröffentlicht hat“
und weiterhin: ,
„Herr Neumann ist mir in der Veröffentlichung
der Entdeckung der rothen kernhaltigen Zellen vorangeeilt.“
Durch diese und ähnliche Sätze, bei welchen dem Loser die
Verantwortlichkeit für das, was er zwischen den Zeilen liest
(nämlich dass Bizzozero zur Zeit meiner Veröffentlichung auch
die Zellen bereits gekannt habe), zufällt, durch Unterdrückung
oder Hintanstellung meines Namens (siehe die Citate im „histo¬
rischen Rückblick“) und durch ähnliche Kunstgriffe ist eino fort¬
dauernde Täuschung über den eigentlichen Ursprung der Ent¬
deckung unterhalten worden, von der Bizzozero jetzt erklärt,
dass er sie mir stets zugestanden habe.
Uebrigens bemüht sich Bizzozero, den Werth der Entdeckung,
nachdem er sie definitiv aus der Hand gegeben, möglichst herab¬
zusetzen, und behauptet, dass ich aus derselben keineswegs zu
dem Schlüsse berechtigt war, dass sich im Knochenmark neue
rothe Blutzellen bilden. Der Nachweis .der Anwesenheit kern¬
haltiger rother Blutzellen, so lautet die Darstellung, genügte noch
nicht, um darzuthun, dass das Knochenmark eine beständige
Bildungsstätte für rothe Blutkörperchon sei, dies sei vielmehr erst
erwiesen worden, als er, Bizzozero, durch seine Untersuchungen
gezeigt hatte:
1. dass jene Zellen nicht etwa von „anderen Theilen des
Organismus aus in das Knochenmark gebracht werden“ — es hatte
dies, wie Bizzozero selbst nicht unbekannt sein dürfte, jedenfalls
genau so viel Wahrscheinlichkeit für sich, als die Annahme, dass
sie vom Mondo herunterfallen;
2. dass die Zellen „wirklich junge in Evolution begriffene
Elemente und nicht alte, einer besonderen Hämoglobindegeneration
verfallene Elemente' seien“ — eines besonderen Beweises hierfür
bedurfte es nicht, da ich von vornherein die Identität der Zellen
mit den embryonalen rothen Blutkörperchen hervorgehoben hatte
und es doch wohl Niemand in den Sinn kommen konnte, letztere
für degenerirtc Elemente zu halten;
3. dass die „Production der Zellen eine so thätige sei, wie
es zum Ausgleich der im Organismus stattfindenden Zerstörung
rother Blutkörperchen erforderlich sei“ — der einzig mögliche
und ausreichende Beweis hierfür liegt-, so lange Bizzozero nicht
etwa besondere, für diesen Zweck eingerichtete Zählapparate con-
struirt, in der Ueberlegung, dass im normalen Körper immer Neu¬
bildung und Zerfall parallel gehen.
Wenn man schon über die Grösse der Aufgabe, welche sich
Bizzozero mit der Widerlegung dieser Einwendungen gegen die
von mir aufgestellte Theorie der Blutbildung gestellt hat, ein Er¬
staunen nicht unterdrücken kann, so wird dies jedenfalls nicht
vermindert durch die Art und Weise, wie er diese Aufgabe gelöst
hat. Alle diese Fragen wurden von mir, so versichert er, in
meiner Arbeit vom 10. November 1868 gelöst, also in einer Arbeit,
welche er höchstens zwei bis drei Wochen, nachdem ihm durch
meine vorläufige Mittheilung vom 10. October 1868 die erste Kunde
von der Existenz der kernhaltigen rothen Blutzellen zugegangen
war, zum Drucke gegeben hatte und in welcher seine Kenntniss
von der Beschaffenheit derselben, wie ich durch Citate aus
derselben im „Historischen Rückblick“ bewiesen habe, sich noch
so wenig vorgeschritten zeigt, dass er noch ausser Stande war,
eine richtige Beschreibung von ihnen zu geben und ihre Identität
mit den embryonalen rothen Blutzellen zu erkennen.
Aber selbst angenommen — und hier komme ich auf die oben
angedeutete weitere principielle Differenz zwischen meinen und
Bizzozero’s Anschauungen zurück — angenommen, dass die von
mir auf Grund der Auffindung der kernhaltigen rothen Blutzellen
aufgestellte Theorie der Blutbildung im Knochenmark wirklich
wesentliche Lücken gezeigt hätte und dass es Bizzozero gelungen
wäre, berechtigte Einwände gegen dieselbe durch ernsthaft zu
nehmende Untersuchungen zu widerlegen, würde er selbst dann
berechtigt sein, diese Theorie für sich in Anspruch zu nehmen?
Gewiss nicht! Wer von richtig beobachteten neuen Thatsachen
ausgehend zuerst eine Theorie in iogischer Schlussfolgerung auf¬
stellt, dürfte auch das Recht haben, als Begründer derselben zu
gelten und nicht der, welcher sie später durch neue Beweise stützt
und ein Loch zustopft.
Alle weiteren, in der Erwiderung Bizzozero’s enthaltenen
Ausführungen betreffen nicht die Entdeckung der blutbildenden
Function des Knochenmarkes, sondern den Weiteren Ausbau dieser
Lehre, an welchem ich, wie behauptet wird, keinen weiteren Antheil
genommen haben soll. Ich beschränke mich hier auf wenige Be¬
merkungen, welche hinreichen werden, um Bizzozero auch in
dieser Beziehung nochmals in die gebührenden Schranken zu ver¬
weisen.
Ein besonderes Gewicht wird auf den Nachweis gelegt, dass
die kernhaltigen rothen Blutzellen des Knochenmarks sich durch in¬
direkte Theilung vermehren. In der That hat Bizzozero diesen Vor¬
gang zuerst beschrieben (Congress zu Genua, September 1880, Central¬
blatt für die med. Wissensch. 19. Februar 1881); aus Flemming’s
bekannter Schrift „ZellSubstanz, -Kern und Zelltheilung“ (p. 289)
erfahren wir nun aber, dass derselbe bereits seit dem Jahre 1879
karyokinetische Figuren im Marke von Meerschweinchen und Kanin¬
chen gekannt und jährlich als Cursobject benutzt hat. Dass Flem-
ming diese Beobachtung nicht früher schon publicirt hat, hatte sicher
seinen Grund darin, dass er, nachdem einmal die Erscheinungen der
Karyokinese an den Blutzellen von Embryonen von Bütschli (Zeit¬
schrift für wissenschaftliche Zoologie 1875,XXY) und von Flemming
selbst (Archiv für mikroskopische Anatomie XVI, December 1878)
constatirt- worden waren, denselben Befund an den Blutzellen des
Knochenmarkes als eine fast selbstverständliche Consequenz betrach¬
tete. In demselben Sinne schrieb ich in dem schon erwähnten, im April
1881 zum Drucke eingesandton Aufsatz „Ueber Blutregeneration und
Blutbildung“ (Archiv für klinische Medicin Bd. III, p. 429) den
Satz nieder: „dass die Beobachtung von Kernfiguren auch an den
kernhaltigen rothen Blutzellen der Embryonen und des Knochen¬
markes bei Säugethieren und dem Menschen gelingen wird, lässt
sich, da eine Vermehrung derselben durch Theilung wahrscheinlich
ist, wohl mit Zuversicht erwarten“. Uebrigens habe ich bereits
in meinem „historischen Rückblick“ gesagt, dass durch den Nach¬
weis von Theilungen der jungen rothen Blutzellen im Knochenmark
das Räthsel ihrer beständigen Vermehrung nicht als gelöst be¬
trachtet werden darf, seitdem ich in einer neueren Arbeit (Virchow s
Archiv 119, 1890) aus physiologischen und pathologischen That¬
sachen den Beweis erbracht habe, dass auch eine wirkliche Neu¬
bildung rother Blutzellen im Knochenmark vorkommt. Herr Bizzo¬
zero ignorirt freilich in seiner Erwiderung diesen ihm unbequemen
Beweis, indem er behauptet, dass ich zu der Kenntniss von der
Herkunft der jungen Zellen nichts beigetragen; durch meine Unter¬
suchungen ist die Gefahr beseitigt worden, dass die Forschungen
hierüber infolge einer Ueberschätzung des omni orbi et urbi ver¬
kündeten Nachweises der Theilung der Blutzellen im Knochenmark
ins Stocken gerathen. . ,
Von sehr nebensächlicher Bedeutung für die physiologiscne
Function dieses Organs sind die von Bizzozero erwähnten Riesen¬
zellen mit in Sprossung befindlichem Kern und die Blutkörperchen
resp. Pigmentkörnchen enthaltenden Zellen, sie gehören zu em
schätzenswerthen Material, dessen Verworthung der Zukunft voi-
behalten werden muss. Von beiden Zollarten behauptet Bizzozero,
dass er sie zuerst aufgefunden, er- unterlässt es, zu bemerken, a
meine Untersuchungen über blutkörperchenhaltige Zellen aus er-
selben Zeit stammen. 1 ) , .
Was ferner die Bearbeitung der pathologischen Zustände
Knochenmarkes betrifft, so verzichte ich auf eine Erörterung hieru »
meine Arbeiten auf diesem Gebiete sind zu bekannt, als dass Bizz "
zero sich mit seiner Rivalität einen Erfolg versprechen konn •
Unter seinen Beobachtungen ist keine, welche der „wissenschattiic
‘) Bizzozero’s Mittheilung über diese Zellen (Gazzetta medica
Italiana-Lombardia) ist vom 28. December 1868 datirt und am U.
' 1869 im Drucke erschienen, mein Aufsatz über denselben Gegensta
Archiv für Heilkunde, Bd. X, p, 220, wurde ebenfalls im December
gesandt, ist aber, da die Hefte des Archivs in zweimonatlichen zw
räumen ausgegeben wurden, erst am 15. Februar 1869 pubhcirt '
Ich erwähne diese chronologischen Daten nur deshalb, weil Ö1ZZ f
mir früher einmal (Sul Midollo delle ossa 1869, p. 46) einen
daraus gemacht hat, dass ich in meiner Publication seine vorangeg g
Mittheilung nicht citirt habe. Auch ist es nicht ohne Interesse,
unsere litterarische Fehde mit dieser gänzlich verie
Reclamation Bizzozero’s in einer ganz untergeordnete
gelegenheit nicht etwa mit einer Reclamation meinersei
welcher mir das Vorhalten desselben gegenüber meine
deckung der jungen Blutzellen im Knochenmark von
herein begründeten Anlass gab, begonnen hat. Der uru i
dass es „in der Wissenschaft viel mehr auf die Entdeckung selbst
den Namen des Entdeckers ankommt“, scheint also auch bei öizz
für gewisse Fälle keine Geltung zu haben.
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7. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
505
Bewegung“, die sich an die Entdeckung der blutbildenden
Function des Knochenmarkes anschloss und der ich, wie er zu
sagen beliebt, „fremd“ geblieben sein soll, einen so lebhaften neuen
Impuls gegeben hat, als meine, Bizzozero’s Gedäehtniss, wie
es scheint, ganz entschwundene Mittheilung über die compen-
satorisch gesteigerte Blutzellenbildung im Knochenmark bei
kachektisch-anämischen Zuständen und über dio damit verbundene
Umwandlung des Fettmarkes der Röhrenknochen in rothes, blut¬
bildendes Mark (Centralblatt für die med. Wissensch. 17. April
1869), für welche Vorgänge mir später die Formulirung eines be¬
stimmten Gesetzes gelang (ebendaselbst 1882, No. 18), und als
meine Arbeiten über die Existenz einer vordem nicht gekannten
myelogenen Leukämie. 1 ) Auffallender Weise haben gerade diese
pathologischen Beobachtungen früher Geltung erlangt als meine
Befunde am normalen Knochenmark.
Ich schliesse hiermit und gedenke nicht, weiteren absichtlichen
oder unabsichtlichen Provocationen in dieser Angelegenheit Beach¬
tung zu schenken. 2 )
VH. Feuilleton.
Wiener Brief.
In der Gesellschaft der Aerzte sprach Dr. Gustav Singer über
den sichtbaren Ausdruck und die Bekämpfung der gesteigerten Darm-
iaulniss. Die empirische, schon seit längerer Zeit festgestellte Thatsache,
dass Verdauungsstörungen mit Exanthemen einhergehen können, hat
Singer durch exacte klinische und chemische Untersuchung zu beleuchten
versucht und ist dabei zu bemerkenswerthen Resultaten gelangt. Bei
gewissen Hautkrankheiten, z. B. Urticaria. Acne vulgaris und Pruritus
senilis, konnte Singer nachweisen, dass gleichzeitig mit dem Auftreten der
Erscheinungen an der Haut eine Steigerung der Darmfäulniss nachweisbar
wird, welche wieder gleichzeitig mit dem Verschwinden der Eruptionen
zur Norm zurückkehrt. Als Beweis für die gesteigerte Darmfäulniss sind
die sehr bedeutenden Indicanmengen und die Vermehrung der Aether-
schwefelsäuren im Harn anzusehen. Die genannten chemischen Nach¬
weise sind von Singer in zahlreichen Versuchen erbracht. Gleich¬
zeitig war Singer in der Lage, die gesteigerte Darmfäulniss und
die Hautaffectionen durch Darreichung von Menthol — l /a—1 g pro die in
Dosen von 0,1 — mit beinahe sicherem Erfolge zu bekämpfen. Selbstver¬
ständlich muss auch die Wahl der Diät mit Verständniss getroffen werden.
Später berichtete Dr. E. Freund, dass die Wirksamkeit des Menthols
auf die Dannfäulniss von ihm experimentell, von Mracek bei Haut¬
affectionen klinisch bereits vor längerer Zeit bewährt gefunden worden sei.
Dr. Latz ko machte interessante Mittheilungen, die Lehre von der
Osteomalacie betreffend. Er prüfte Petrone’s Nitrificationstheorie zu¬
nächst durch Harnuntersuchungen an 7 Osteomalacischen. Auf Grund
dieser Untersuchungen muss die Angabe Petrone’s von dem constanten
Vorhandensein von Nitriten im Urin Osteomalacischer zurtickgewiesen
werden. Ferner berichtet Latzko über 10 mit Chloroformnarkose be¬
handelte Fälle von Osteomalacie. In 7 Fällen trat vorübergehende Besse¬
rung, in den drei anderen Fällen kaum ein nennenswerther Effect ein.
Bloss in einem Falle blieb die Besserung stationär. Anffallend ist der
rasche Eintritt der Besserung nach der Chloroformnarkose. Doch hält
Latzko nicht, wie Petrone, die Chloroformnarkose für das wirksame
Agens bei der Castration (Controllversuche mit Castr&tion in Aether-
narkose), sondern die Sistirung der Generationsvorgänge. Nur das über¬
raschend schnelle Eintreten der Besserung in manchen Fällen möchte
Latzko zur Chloroformnarkose in Beziehung bringen.
Professor Lorenz, der bekanntlich die Therapie der angeborenen
Hüftgelenkluxation bald nach den ersten Publicationen Hoffa’s durch
Operationsvorschläge gefördert hat, berichtete in der Gesellschaft der
Aerzto über die pathologische Anatomie der Luxatio coxao congenita.
Er stützte seine Mittheilung auf die breite Basis von 57 bei der Operation
erhobenen Befunden. Zunächst betont Lorenz, dass die Pfanne sich stets
wenigstens angodeutet (als Knochenwall) findet. Auch die von früheren
Autoren beschriebenen Exostosen sind in diesem Sinne aufzufassen. Oft
findet sich auch der vordero Antheil des Limbus angedeutet. Dio Oberfläche
des Pfannenrudimentes trägt theils hyalinen Knorpel, theils ist sie mit Fett
bedeckt. Stets ist das Dannbein am Pfanuenort sehr dick, was von prak¬
tischer Wichtigkeit ist, weil dadurch die operative Bildung der Pfanne
ermöglicht wird, ohne dass eine Perforation des knöchernen Bockens zu
befürchten wäre. Der Femurkopf ist meist klein und difform. der Hals
kurz. Das Ligamentum teres fehlte in 40 von Lorenz’ 53 Fällen. Die
pelvi-trochanteron Muskeln sind nach Lorenz stets verlängert, die pelvi-
cruralen verkürzt. Letztere bilden daher das Repositionshinderniss bei
der angeborenen Hüftgelcnkluxation, und nach Lorenz müssen daher nur
einzelne dieser Muskeln bei der Operation durchtrennt werden. Eine
genaue Darstellung seiner Operationsmothode stellt Lorenz in Aussicht.
Dr. Redlich machte im Medicinischen Club eine Mittheilung zur
pathologischen Anatomie der Poliomyelitis anterior acuta. Er schliesst
sich den Gegnern Charcot’s, Mario und Goldscheider an und
*) In einem Werke, dessen Verfasser (der Name ist mir entfallen)
sich durch besondere Gründlichkeit seiner historischen Studien aus-
zeichnct, habe ich freilich kürzlich gelesen, dass die Unterscheidung
zwischen lienalcr, lymphatischer und medullärer Leukämie von Virchow
herrührt!
. , Auch wir schliessen hiermit diese nunmehr sechsundzwanzig-
Jährige Discussion. I). Red.
verlegt den Beginn des Processes in dio Gcfässo. Es standen Redlich
die ()rgane eines im ersten Stadium der Poliomyelitis acuta anterior ver¬
storbenen fünfmonatlichen Kindes zur Verfügung. Die entzündlichen Er¬
scheinungen, deren Ausgang von den GefässeiF zweifellos war, konnten
nicht nur im Vorderhorn, sondern auch in der Modul!a oblongata und im
Grosshim constatirt werden. Redlich fasst die in Rede stehende Er¬
krankung als durch bacilläre Infection bedingt auf und analogisirt sie ins¬
besondere in Bezug auf ihre multiple Lokalisation mit der multiplen
Neuritis.
Dr. v. Zeissl berichtete über eine ausgedehnte Versuchsreihe, dio
Innervation der Harnblase betreffend (in der Gesellschaft der Aerzte).
Reizung des N. erigens rief Contraction des Detrusor hervor, an welche
sich bald Oeffnung des Sphinctor anschloss. Aber auch nach Aus¬
schaltung der Detmsorwirkung — durch Einführen eines Glasrohres in
die an ihrem Scheitel eröffnete Blase — konnte durch Reizung des
N. erigens eine Oeffnung des Sphinctor vesicae hervorgerufen werden.
Reizung des N. hypogustricus rief Schliessung des Sphineter vesicae
hervor. Reizung des centralen Stumpfes verschiedener Nerven, z. B.
Ischiadicus, Medianus, Radialis etc., rief Contraction des Detrusor mit
Oeffnung des Sphinctor hervor. Reizung des N. hypogastricus bei ge¬
schlossener Blase rief Drucksteigerung in derselben hervor.
Dr. Schnit zier berichtete über Thierversuche, dio Frage der Pneuma¬
turie betreffend. Injection des Bacterium coli commune in die Kaninchen¬
blase mit darauf folgender Ligatur der Urethra verursacht Cystitis. In¬
dem Schnitzler aber vorher die Versuchstiere durch Phloridzindarreichung
diabetisch machte, gelang es ihm unter sonst gleichen Versuehsbedingungen,
Entwicklung relativ beträchtlicher Gasmengen in der Blase hervorzurufen.
Auch aus dem Harn einer an Pneumaturie leidenden Frau konnte
Schnitzler das Bacterium coli commune in Reincultur gewinnen.
Eine bemerkenswortbo Mittheilung machten Professor Obersteiner
und Dr. Redlich über Wesen und Pathogenese der tabischen Rücken¬
markserkrankung. Sie fussen auf dem durch Dtfjerine, Marie und
Redlich gelieferten Nachweis, dass die Rückenmarksdegeneration hei der
Tabes dem intramedullären Verlauf der hinteren Wurzeln entspricht.
Daher lag es nahe, die Tabes als Erkrankung der hinteren Wurzeln zu
erklären. Genaue anatomische Untersuchungen von Oberstoiner und
Redlich zeigten nun, dass jede hintere Wurzel bei ihrem Durchtritt
durch die Pia mater und Rindenschicht des Rückenmarks eine mitunter
sehr beträchtliche Einschnürung erleidet und ausserdem einem oder meh¬
reren verschieden grossen Piagefässen eng anlie^t. Auf die bezeichneten
Stellen richteten nun Oberstoiner und Redlich ihr Augenmerk. An
entsprechend geführten Schnitten durch das tabische Rückenmark fanden
sie meningitische Processe, die zu schwieliger Schrumpfung des Pia-
gewebes führten. Daraus rosultirt eine intensive Compression der hin¬
teren Wurzeln an der genannten Stelle. Auch die erw r &hnten Piagefässo
können im Falle ihrer Sklerosirung an dieser Constriction Theil nehmen.
Die Folge der letzteren ist Degeneration der betroffenen Wurzelfasern gegen
das Rückenmark hin. Mit dieser Auffassung von Oberstoiner und Red¬
lich lassen sich die vorliegenden Thatsachcn in Einklang bringen. Zu¬
nächst wird die Einflussnahme der Lues auf die Entstehung der Tabes
erklärlich, indem meningitische Processe und Gefässvordickungen bei Lues
häufig genug eintreten. Auch Arteriosklerose (Aorteninsuffieienz bei
Tabes!) als ursächliches Moment für dio Entstehung der Tabes wird in
dieser Weise erklärlich. Endlich lassen sich mit der Auffassung von
Obersteiner und Redlich die therapeutischen Erfolge der Suspension
und der Nervendehnung einem Verständniss näher führon.
Professor v. Frisch hielt immedicinischenDoctoren-Collegium
einen Vortrag über Aetiologie und Therapie der Cystitis. Bezüglich der
Aetiologie schloss er sich den bacteriologischen Arbeiten der letzten Jahre an
(Rösing, Krogius, Schnitzler). Für die Therapie der chronischen
Cystitis empfahl er sehr warm die Guyon’schcn Instillationen starker
Lapislösungen. Er besprach ferner die verschiedenen Formen der Blasen¬
geschwüre und zählte nachfolgende Arten auf: 1) Traumatische Geschwüre
(durch Steine etc.). 2) Druckgeschwüre (Gravidität). 3) Zerfallende Neo¬
plasmen. 4) Das perforirende Geschwür M e r c i e r’s. 5) Tuberkulöse Geschwüre.
6) Geschwüre durch Fortleitung benachbarter Entzündungsprocesse. 7) Fis¬
suren am Orificium internum. 8) Primäre katarrhalische Geschwüre.
9) Chronisch katarrhalische Geschwüre. 10) Geschwüre bei chronischer
Bleiintoxication. Bei allen diesen Ulcerationsprecessen sind Blasenaus¬
spülungen streng contraindicirt und nur Guyon’sche Instillationen zu
empfehlen. Ausspülungen sind bei chronischer Cystitis mit reichlicher
Eiterung anzuwenden. Bei Cystitis mit Hararetention ist systematischer
Katheterismus indicirt. .
Durch eine Reihe von Krankondemonstrationen zeigte 1 rotessor
Urbantschitsch. wie viel durch systematische Hörübungen bei Taub¬
stummen zu erreichen sei. In der niedorösterreichischon Landes-Taub-
stummonanstalt werden seit beinaho Jahresfrist auf Urbantschitsch s
Initiative derartige Uebungeu in aufopferndster Weise vorgonommen, und
dio bisherigen Erfolge ermuthigen zu weitoren Versuchen. In der an¬
schliessenden Debatte erklärten Professor Grub er und Professor lo-
litzer, dass man dem Gegenstände nicht mit zu viel Optimismus entgegen-
kommen sollte. .
I)r Hajek betonte in einem in der Gesellschaft der Aerzto gehaltenen
Vorträge die Schwierigkeiten der Diagnose der Siebbeinerkrankungen. Die
Schwierigkeit beruht hauptsächlich darauf, dass eine Eitoransainmlung im
mittleren Nasengang auch aus der Kiefer- und Stirnhöhle stammen kann.
Oft finden sich Eiterungen in allen diesen Höhlen combimrt. Um Eitei g
in den Siebbeinzellen diagnosticiren zu können, muss erst dtohitenag
aus der Kiefer- und Stirnhöhle ausgeschlossen werden. Enhv •
die Probepunction in diese beiden Höhlen ein negatives Resul ■ fc ’
oder es muss die Eiterung aus diesen beiden Höhlen wenigstens empo
beschränkt werden, um Siebbeineiterung diagnosticiren zu könne .
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
506
DEUTSCHE .MEDFC 1 NISGHB WÖGBBN 8 CHR 1 ITT.
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Freilegung dt*L' frß^li('ht*n Gegmid mnt> ftilt* \Vrdickuuge« der
ruitthd«'» Mumdiei, log« so di* 1 - StobfteiuOtfnuüfc freV worauf evealuiill uulor
der Augen G>juiirf. Widert kann. Vor der DiAgmi&ft auf f’ai-iw
d«i> ^rgbUwiG euf dftft embmbbft Sondünbefujul — raftipD Gcd’dftj hin
warnt Hajek ^j^MUebvtGtui^ihaßbt auf di-’ Irrtbthm/c anderer Au Gur«,
«15« %; b 'iI«• Mvhi^ahi dm; gowftbsdiehun IVdyjjen auf Cnrioft.'d««? SioUhmtts
«mJoi* h«F- tfcW'Uckittfirea, miimeiksuw«. Ab uüd gu
komm wnfJ rj»; P'-hp «um NrlumliAhleftcrkmnkurig mich nah su-imu.
D.uj«' te demmislrirta ferner Gim Auznhl von aus Zuckmrk and] VSmiun-
imm skmmnmdcu Sehiuiidn mit Hihb«*i»> m iv<>r-; i
Von 1 >« v mv>!i^il-ni.i«wirr« Hie« «orb micftm.kreTule er'wa.bu-k: Dp. Bft;Äjtl
/li'uioMsirijlc chmn der ««dienen F»Ub* von Ostitis defürmuny Et :v;u.dm
■mnor Fr-üü, an «In. f»vhou ?av^i kuoebonhavt« Turne re« 0,«< Gfcnjunt. u,roi
aru Kopf) injigsnm entstand pir.iuul vererb wimd«« warnn, grg«m\\ftrng ein«*
YMydickung von Duttjt'hJh; 7ia<vlTiv«‘iäi*a}-, dt« nUpu Gvp*^'*
iinftnAm trotzte, LuCo um) e<hie Tiin'inrhiidmijc wurau mit.
Sicil.'i iu-il HU 4 :i'U.v« i<]j)’.vS'’Ti.
BrdiA.ssor v. ‘HA bk«** .detUonstrü’ie «?mb engewf.biiiicb gut gidungi'iH'
nhiu«ti»l:-»r-t.Hv uai k Kn JMg’n JHrtSuidti Di*v Erfolg bendUi «t zwoi ,1fth«in
rohsten« v. ij acl r v dciiitiust.mde ferner «Anno Kmibmi, her di*!« .rim-
hör hürudigo KnliUtugttiftfviel.ifr Gusli o.jlomm ipul Ü-*sn]du^ut<'i!iu- uoib-
wendie «mehle. 8{d»i,i<r {’m»llt)tii«lH'iu‘ Dihitatum durah Und«:!. Ilesftniu..
J:b\ -SjfdÖrti,it^'t*.vr defttiHftsiDfie FBifwat^-idnep
(Vdfeib Mutiitis Bivsedowill plfttyliffc Füiirirtin. Di« iWtiu'u
Mgnh tfHjn I Vrtfttf ph/ fW TuVhiUk ««dl« H>.{n fl* time fftri ^UipbolUuTi ()«'-
\V'k< f $ in« ganzen Kftfp.07 Emn d<\m A5rU ftW ff, W- BrhuGfc le.r will
diese« Tmb-NiftlG wie die- von tüm k und Bru.dv! «be n unter gNclinn
k'TTitikjidrb - «?i«, a!.< Tuf) liri - „ £A«.tü? HmtÜcHiG -in) Simp*
A. f/bjia uT?« ;hu,ir ji(;b<iH T?iM»?n; üud w.HObC .W.lDfi.ßrfc^ftfOv"9tw»Ä • tiboji'
P. I t :i!f:iu ( tuiidi in tmm'dini Fäll «ft von Nai'koP«tod dUiuUeiv.*- ßrfuutin
«rlwhon
1>K Uftiu K. dao^mslvij’t« piiitu K^ükFO- *.t« ni < ‘rifniV.uulctii KrfoJgi'
Ä kubrrkiilhs «^t k^nkt«•; Epf^luub .-vom ..aMafe«^ :«re «.v^lirpirt 1ml
Pwiti ; Ms;or Fuch s <•;»«.' K«-: .-•«rds ijspt'igiiitiu), «h-u
dnUi;U hiäl»«‘r ftWtdmHpt Inudiachir tt'ii Ful!. AG :d«d«'iugia• sVunh'. \'«r-
lf‘i/i.u.fg «hi'v.h piu« 1 O’drmtr^jmUi t*i'uif%
i'r Bndin-I'j d«n)ci»n-i!'M »« limyi-moi 'j'hi» vvt r-
.;^'idh:u , . zur. dio^j^öhiUpii 4vr ;T r röt«r'- r & Ui- ihm DlWv luu'h muidn (h*r
'Wh^>‘l!k-fK>'p *ß&^ßS(S^ohih J . j.Üjp'hnbi’U Vorküi^uu _ 4 v.,
VIII. Krankenpflege. 1 )
1H*' Wiener k. k. KrankenaimtaU^ai.
!Hiy 0p“iir;.i.‘eh«.:- Krai)kftnhnii.sv.'i<Hfln in dpihotiphäI m dD*n, in
«h mm I»i« l.f «ihdn H- IM «iiip-h ihr Z.iii*:hn«f: (Gr B«V«.lkönmc,' .MrU.u sv.H-h-
.Hi’inb-t, Ih-duj-imvsV ,ui jv>nnk«i*hm)>ii .Mi ^mdm) dußb uu! dun
\v,n i^- iumn Aütmdmitmrn <)«» ni-Ui-iüiH ;Gn ! Aiivv-reiiijU-'unfomi-hts- ka
iBHoioj*. }>>it. in den v«t’M’hi’Ofh'ftPi« i. : 0Hh«’n t-itio uliwiMi.-btuiiin Kpß'fduiik-
orlidtvtMK Ao m ln « wn* m i*:i ri a diu p.'osaftitu-ie Airnuis- und Krinj'kt.oijjfhjgvi-
«inm- hnsumlcrrm \ v.fwahuiig unlm^tollu M v Assisi«««;]n«hli(pip i ‘. An der
K I" i: P bunmtlm« altdit oui.m- AuGicht dos u „d dos MinikU'fs
d»-.- T»vmr.« . i« Dirukior. dm* von !;d/(.mvm uVununl. Avir.I, und dam «-in
AuGi'Jd.*i’, t >.b iu\t wuli,u«dimtdstv« 'Vmv:U * dm?-?«lit.-Aisms>«mi /.u? ««Ki’izt
.Kl, iu-i ihm. hi v in;u»kta" G.uhmc dm .in.iiiiuli, r, Ar-nm>tint.-r;ddlynTi^
)H b mnUmciJ ruh! der didwmrpuj^t dor‘T?mii«kdt der A^Ki^ajn^ puhlhma
HUi dm- \ mwallun«- der Kvmktmhiiu^r. -)ü lervtornn shdi dm
ZW.ewm* KÜuiken d«r uiiulitiiijjsc'bdu ■Far-itltkk - lii Kraftkrmrh AM
ibfv; 5 - iu jwlor Uav«™i:itssi.M)t'.
n.ndiUHu \*crid!«hvav. fGr dt»* !:«d'r/w«v'ko dur •utmjjmnVsi'h«'» Fuidjif
hrmikrasKlu aurA nrhlanng äh m, ihm. !<m in dor, vahlroivimn Hnstntairru
;’-‘ r vorjumdonc-n klj-ius.dmn AHladiui^m. • )nd..m Ma n
tmsomh'ivn ivlat n«nd. mrm «vj-i-cnliif- V« rivdihng G«d uirnrhitnin jihdii
U 'sGnmhm w«/i den- dh*Mgv. ( Kj;u,kmihads;fidhmhtW«: f /. nurh aut
iftreh uhimftk kutd Kia-
rtoutji^ wy.Jnrdr Bdltm tft» kliftjw.fP‘ >m VemiÜnnirs^W' rt p-
wurdet ihrne Klinik wir«! dmunnfft ne« MhM ihr rin«
nraiiKtirihMUimldliiului!^ out i'ridi^KH- du* fdirdllni amu Omhir/i v m\ der
hTrUunrlilMp-xvaltiHi^ t'tvmm vGrd. Mf dmm mit dmi fiGim-n dur nidlt-
ht!m^rtnn: vhtlaMJUf^ON 0=. Ih.-Ayf glujcbgÖ^Udll itf, lii Brai.g »üf. die .
K osten uli: di« Wirk<imfkhi{ di-r .t»ubf«iiiödiit; 211 ftp^ühtam, dbös
B^gpVHn.niteho. com? -UüOiUkX» Kr^. brfrimf' Mir, hdstrt dm st-,di
Bur-m' «miuu julmiihrü Z.mchiiKs w m mehr >dx '2«.MM«KK)0 l*>s. Di« Aft*/.u!j!
dv/' iriiei 1 ävelfbf. dir pulildjun >;« VtftMgftft bat. hshurft
sjrft mt fuebr .\G yjl'iOd, dnr* Püfemye ÖU* KiMm und
lhnstfi»kr;iDkc, . , , '• “ .. . '.
in Bm-Gi. ist durch Koni« Kri«Mlricli f. im dahru 1709 zur Auf-
miüur v.m Anna), und DurtBrru Waldmin Brdm an 4rf rnkmukan
mddttcu. -rin vm liaus «?Tv:hUd *i>m& <»m dmn dw IvOnigHdua ßffi
hmidaMlmny ^ri, mdwirUch hm. DiurK di« Kuhmmordro wuu \* NV j
vemhuf l ubMsi mMrmnWh «wHlimml wohim. da^ rfh« Chkriid r.irftt nur ^
aB Haummdr Kitmhn) aud. ,.h 1 td-rrmdnU h-mi -m. Bm /mm .führe !
IjsM wa. -;n dm mn/.M« niVmimh« Kmuk.-mumm!: im dar* ikdlco ’
.«. «Wt.t.a, h. tnigt mir Znt rund mm-rdm., hedut oft.* Sh,dt
itm T n f vVWWr «tUdt&rhp Kratitehktisov-'mit 2100
•• Krankcribhnaom jährlich
KrmKn^ : 1 ‘‘ T ! l Kvn ^ h -, lh ^nftt deonntch (ins dfidnillahe i
,vw " ,,R r } -* ' fntf5 r S| ^<^w.ilnup, unior 'Stadtvar- ;
vMdkruir. h,a mMmuwMu Dm«rvwrhtSniwütl»^ smd ,’in^^n li
k ln dim-m Rubrik wcrdmi wu vudd /.« Zdt An^Uwduifnn [
•*V V V’ 1 ••w.hv.w.mmi tähi '»nt 1 ifo
• u m.
auslaUen u-RtAvcdrr srlbsisiÄftdig« Univ’ersitji.hs.iuslaltcn oder Ahthidlmigea
iii dur Kdidglieheo GbaBtA). T)iv Gosaniody-ubl dep )3tetftepi ftir dik-ÖflV‘o.Öufte.
Krankflnpüflgo wird übri^dtw dui'th die : Erriefttiitig'kuv^t> indiau §ikdliii«hV»)
Kronkunbivuscs in kurzer. Z«it bHtfudi.ÜMdf vommlfrl -'vvcddiMi. um «Iura LV--
(lilHniss an Krjuikenhatteti zu genftgeu. Wirun aber <lio IC'ixiv«.ilrDi\*u-
zabtreiefter Gemeinden dftr Um^egeud; in denen Krankcrdulufier r .tuliaudeif.
oder proieetirt ytml oder liothwufidrg ?»)du wm'de«),. zair Khtstelmuj von
G jl oss r B r *r f i n ttlJirt wird die Prdge, w i v 4 k u n ftm. y.'J? «rkm dssi^sthft
d i e d i i o n t li t: lv« K r an k e n h o iis |t G e g e %u r e ß r 1 u sei, euer . Gi)*
^•oUcnden Krftrturunp: bediu'fon.
So ht ditisoihh Kram? iu Wi«»u durrli di« Sdmftu«^ van Gros«-Wü«
im dAlira 1KD nacli aiimiu oingulmnden Studium dur -tdu^eHliadg«« Vor- 1
hälti»iss« zu ein«-r l-dsimg grddlni worden, wclelu* Ivftiktnr:»Jö.vvp|i U- hMrr
’Zoit ftuw'rtk vöfvoiiiäTdiif/d“ Im-ffc«*. Durch die Itoftldßrjlh}-^ akin\ Af»,. Aftöl.
und 24; August 1782 iiatte ar di« tjesielil-spunkla angog«d«M'i und «jic Fla
stiinniiinäeii csclndh.n. tvt%,V !«*t der Diugesf.dlung d«>r riautäG fM s-ttd. Mut. >
AVdKU aijik^ulrnnd sein ^ollhm.' Aatf di^ WfäiG Kt'
dar k,_ k, -Kr» r« bttlt u u'sfo-n d fiir die* dfteutliehft Krjh.iki-ftdiiutsptlr^ m
A^Gvft. aAjGiiÄftHiMi, der auB,sor dem Allgoaminpn K mnbö 0 idfH.af£ftdrei
«ri.‘!v KruuL.anans{}»ltan zu unter*!),«Stets butte.
«>?.af«M. diu^c vier Ansrulten P'in .vn■ ßig«.*;»tfttr«f«.«r; und i‘iin; \'«*m
lurtnrn, .S<> w.iT das -Maass von Ans.-b«ai und BuftohMuMt Bo ,it.f
Be t ig- dt• cb tutgJGpbi ^ kauudi ^c^b^v^ßxtbirü^fti'ldf dip trpeirt«^ .
AnS’eStao auf) tu reellt »•nipfindl!' her 'Weise zeigim pm ii die
Itft/lvgilöit dm-1 irganisatiun, softblH nS «5Kb dm die
iftcßjsSöKiböf den Bidegrftmft baridolte. Din wisred^diitihrb« n& himy.
der 1>td/‘ia,I.saic*<.tu]i>b;e, eine. Slatisltk grosser Zahlen war uicbl tu !«■
s<bftüett.'— Mit diesen Zeichen der jehiendn; Kinftmijiehhfd in de; - 0r-
gafliKhii'mr fttnnd noch. >h»e Keift* onderor Fragrnv widokn dik itdeiuiivkw
Krank« ttpHi ge Imtrulaii, sei: iftuger Zoil. auf der Tiigesvediumg, ganz 1 mV
sonders- :di«‘.v da« iot«a-<‘ssu de* \Vit*ner Kmnk«i)hanjdbfu,l^• Drei riutert’:;
bäfU'fl HH;h- dridiaift M eifftgoft, wenn vils segpt'ism'obö'5 KäfoiluWvfk aul
dmrern GftbiftG gSSaticinen vrnrdan Sollte; es ftsu'Cö dies du* tlrmoiiaG
AVie«, dar \Vi,.;iav K:?ii]ienIuma(om:l, nnnnltdbftr vurtrelrn. durch die. k. k.'
.riiudHrOsten'mrhisrtm SGutbaltürniund dem Grnd Nhdvi'OsUuavjoii.
Iti den oTuluun 1891 upil 1892 Vjd. d/«- 'KeorgaftiSytiop des AVioifri
ftfftffttlteboKi KeaiikofdmusWerfeftit duicdifdfbfn-B ftfö deiep iftiftrmsöd.Jpf AiPf-
tb'Uck dits.'.J äft'T.i; iick det AVi, tjar k. k. K ru ö-lc o ira n 's t« I tf« d , J»!«r
g.Hftjft- 1892 i Wilhelm Bi:au?;nlUm, WAen, jlK93) vorliegt, itcrausgogeK««
von «jar k. k. niaduftGf orrei« hisrbett Stattbaltej ‘d. Ayf 1041 Smöm mit
72 To0.hi und «d«*)m Hlatislischot» Kstrtognumu wird gfcmas* dem Vb>-
enuufn, Grwi’ Kirtpj s egg im Mtlrz 1K92 den yers«imnsölt«)
Direktoren und Ladern der k, k, Krnhkpnhk'tisftr euDvickoSfc, filier d»e
durch «ine feste Orgii'iDatitm r.u «»ilmiüiclir.iii Wirken Vprlumdmon und
iu einer Hund v*-reinigten, acht ftSfi-ntltchm SpitiUör \VKms der or9ft> Üm
riebt, erstattet. l>imm-,-w,h- gioht dieehs Werk til.uvr die gau'4■ »iigenarügßä
'V r «rhölttiissc der Wiener K.ru-ukenunsüdteti. ihre (»escluebte. und ihr« Kin-
rir.htnngen mit. 72• Plihnen und UlnslrMiouan i?ingebende AnskunK soft’it,.
über ihre Wirksiuokeit und diu wirtbsi'hnftJiehen Ergebnisse Ihres Ih>
trioftos ßtisiulirlirhe Keeftatiseludl. [>an»u si ftlieSsen bi*di «iuc aJlgerowftft.
und ein« mmlicinisth-xvissous«diaft 1 1 i-hV KmiilomstalisUk, waltbe di« sammf
loA.a« n «lutasst und euch i\it jede einzeln« Atis!/di. ftufgesiftHl.
isL tenior ä:*z<üaiie Heobuihtnngeiv (Krimkimgesehjcbtftft, .Opehatiouej», hde
tiüctio'iiim).. der 1 leGurrnngsabpehln<<s den Wieuer- k s .tL.-.-KrimkemmHÜiltön-
Junds fül lHl)2 nebst. Voi->:.iiS<-!;lag für 1.85);L. ein Gtiffcung;Viitäweis. die Ge-,
ledf^^fbidBüsHa -Kr Aerzlo und Beamten., wichtige Oesoke, Amnirtüuiagen* ■
lurliisso Ou ; f -'p I Mrr^t in der. AnslwUef* lue 1892. In oiftnn A*»h.nii;
wird mp« Üybersi/dd über die Bereitstellung von ChobuiüilUb»UnnseH
tind mrsoüdwer Kdralvpitäier /Im- \V inner k k, Krstnbftftui^lten iUi -1H92
uiitgfitlieijjL Bin vOrzihJiebi's 8;« hrainst4r zu dort mmaindiGnlsem An-
gabau -iimi Bjntbf>HuUr« iftimiren^ äuV (lliiamik. und dftm BftreumdhtvVomd zu
den Abhap/Uunemi umi Krank«?iu.u.scbiiditmn, zir den Girjet-aigi m«d A 01 '
uKhitfugetik’wiö- owi iSwfucftHH'gistsu bilden der» Schluss dmaoä grftssftHi.gcn
Werkes,
Von a 11 gern»düemn Interesse dürften ftdgejide .AliBheiltßige-n' .«ns*
'libHftm AVm'kr stu-ft; DuirS« di« Ucbornahm« der 4 ftll'enübbett Krimken-
hlt«s««r in doü Aaioitan mit 792 Betten zu »•ovuimi bisherigen I KrauDpi*
imsfcnltm« mit 4080. IM.Um hat der- Wiener Kraiikom«ft3t.dtunfoml vine
Umn^ifef für »>in« yinheitlirbc OfL»aaUßlioji der
dtteD.i hi’tn-ii tu: guHiritfi K « n n k e n ]i l i v g « in Wirft- grsdia'bm.
ViHK-'U hälft dtV: «‘!/ili«l( liehen \ mb'mda.S Htrh,U> mir a.a* b di(, Kl lhketl-
bftüscr Oft ib'ivJiUi«,sitz. Lntnr diesem sind di« Kiüd«u'kraiUvHdi‘.iiis<‘r joLDt
0) «in boHtimntl es VevbkKbirs zu dem Ktmikenlnuisfoiu} götn-Ufn, f'*
Siftd seiiu: Fiii»)spi|yb‘r. Weil zur AijffteftüiO ftr.ft Kipder« imlrr vin
JMu'au die k. k. Kir-ükemmMaUon nicht. vcn.«tlkhtei- sind nkd Sjier« Kinilor
uiOit ebeesomterr, von dac Kmaohseneu in denselben .verpflegt 'verdeu
kftmmn, worden Kinder- wtt dntt BLvM -KinderkvaiikcMmusern nnf Kv>dei>*
des Kntuk:enb,n,uh0oft4v hftfgcuoiumem
fjfvb'e e die re giriert. K ft k (tu h/i u s prloge binuuft lc»slrf dt«
tM*ü« Ib'gfiTUsfitlon m»v.h Fstigendes: Zu de« Zeiten v*>n Bpidemiwn lionnGu
di« bestehmuioh Krunkmum^lDm «bxv ^»düif/dss dicht b(dn«.fti|gOH B»
ftahfi dein ZhiTiittU^goscf^ Hm, 30. A-prtl. 1870 ;jedr GoftioimK in 0«ssU^
reich vgtpUiofO^! ist, boiin A uftbruvi) ftinor. Kpidftiiii« die noOiv »mdigcn
jßpidfttnieKpitftI «r %n «rrirdden und zu boircilum. so gab r.s ii« Av'ian zwei
KabegQxlbtth voiv %a,tÄttft'n, vvalobe- def' Affen tlicbüft KranktmpÜegc fbofttrn;.
.und • C4£ofi<im^* S|fi.kilyl.0V..t; Gpräd>) du; Anih ub'‘
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Go.gle
7. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
507
fügung stellt. Durch diese Abmachungen erscheint die Einheitlichkeit
der öffentlichen Krankenpflege mit den Mitteln des k. k. Krankenhausfonds
sichergestellt und die Gewähr gegeben, dass schon während des Heran¬
nahens der Epidemie die geeigneten Spitäler bereitgestellt werden.
Was die finanzielle Lage des Krankenhausfonds betrifft, so ist
zu bemerken, dass auf jeden Beitrag der Gemeinde verzichtet ist.
Ferner kommt in Fortfall der Antheil, den der Krankenhausfond an
dem eommunalen Verzehrungssteuerzuschlage bisher gehabt hat;
derselbe betrug jährlich 112000 fl. Dagegen übernahm er mit den Vorort-
spitälem eine Schuldenlast von einer Million Gulden. Durch diese
Verluste und Belastung und durch die Erweiterung seiner Thätigkeit
wurde es nothwcndig, einen erheblich grösseren Betriebsfond als bisher
zu beschaffen, damit der Krankenhausfond in Zukunft den an ihn heran¬
tretenden Anforderungen entsprechen könne. Dies ist in ziemlich ans-
giebigem Maasse durch das Landesgesetz vom 81. December 1891 ge¬
schehen, welches die Verlassenschaftsabgabe an den Kranken¬
hau sfond neu geregelt hat.
Den wesentlichsten Inhalt des neuen Gesetzes bilden eine neue
Bemessungsscala und die Bestimmung, dass die nach der neuen Scala zu
bemessende Abgabe dem Krankenhausfond für das ganze neue Wiener
Stadtgebiet zustehe. Bisher betrug diese Abgabe 170000 Gulden
jährlich, im Jahre 1892 dagegen bereits 320000 Gulden. Da aber in dem
genannten Jahre die Wirkung der neuen Scala noch nicht voll zum Aus¬
druck gelangt ist, so wird sich der Ertrag künftig noch höher stellen.
Fenier haben die bisherigen Vergünstigungen für die Kranken
aus Wien, für welche in der dritten Verpflegungsclasse nur 60 (für Zah¬
lungsfähige) und 23 Kr. (für Arme) für den Tag festgesetzt waren, auf-
gehört, da der Verpflegungssatz in der dritten Klasse von 1 fl., der bisher
nur von Auswärtigen erhoben wurde, nunmehr einheitlich für alle Kranken,
auch für die „Wiener“ in dieser Verpflegungsclasse gilt. Durch diese
Anordnung nimmt der Krankenhausfond jährlich ca. 200000 Gulden mehr
ein als in früheren Jahren.
Auch tritt eine jährliche Ersparnis von ca. 20000 Gulden für den
Krankenbausfond dadurch ein, dass seine Betheiligung an den Kosten der
Armenkrankenpflege ausserhalb seiner Anstalten aufgehört hat und wieder¬
um, wie stiftungsgemäss vor hundert Jahren bestimmt war, auf die in den
Räumen der Anstalten ausgeübte ambulante Krankenpflege beschränkt wird.
Als letzte Vereinbarung von grösserer finanzieller Wichtigkeit gilt
die Verpflichtung der Gemeinde Wien, den bisher dem Krankenbausfond
geleisteten jährlichen Beitrag des Bürger- und des Johannes-Spitalfonds
im Betrage von 57700 fl. mit einem Capital in Oesterreichischor Staats¬
rente ab zu lösen, dessen jährliche Interessen der Summe dieser beiden
Beiträge gleichkommen.
Alle diese am 1. December 1891 in Rechtskraft getretenen Verein¬
barungen sind am besten als eine Verjüngung der grossen Schöpfung
Kaiser Joseph II. zu bezeichnen. Die Macht historischer Ueberlieferung
tritt in der Neugestaltung veralteter und unklarer Verhältnisse in impo-
nirender Weise zu Tage. Klar beherrscht der Gedanke der Cen-
tralisirung die Wiener öffentliche Krankenpflege.
Bezüglich der Verwaltungsorganisation ist hervorzuheben, dass
die bisherige Oberverwaltung der k. k. Krankenanstalten, sowie die neben
derselben im Allgemeinen Krankenhause bestehende Materialionverwaltung
aufgehoben, dafür aber ein neues administratives Departement bei der
Statthalterei errichtet ist, so dass unter Aufsicht des Ministeriums des
Innern der Statthalter von Niederösterreich (Graf Kiclmannsegg)
unmittelbar die Leitung übernommen hat. Ergänzend hierzu ist die Ein¬
führung von Amtstagen erfolgt', welche der zuständige Referent bei der
btatthalterei unter Zuziehung von Aerzten und Technikern in den ein¬
zeln enK rau kenanstalten periodisch abzuhalten hat. Auf diese Weise
«•halten die Vertreter des Statthalters Gelegenheit, die Zustände in den
Krankenhäusern durch eigene Anschauung kennen zu lernen. Wünsche
imd Beschwerden sollen an den Amtstagen vorgebracht und, soweit
thunlieh, sofort geprüft werden u. s. w. — Die neue Ordnung soll der
\ erwaltung soviel als möglich den büreaukratischen Charakter nehmen! —
Die Kliniken unterstehen in Angelegenheit des Unterrichts
dem Ministerium für Cultus und Unterricht. Das Verhältnis derselben
zum k. k. Allgemeinen Krankenhause ist durch Erlass des Ministers des
Innern vom 21. Juli 1872 geregelt.
Was die Grösse der Krankenabtheilungen betrifft, so ist als
Maximalgrösso derselben angenommen, dass nicht mehr als ca. 100 Betten
ffledicinische, ca. 80 eine chirurgische, ca. 150 eine Syphilis- und Haut-
aotheilung und ca. 80 Betten eine Augenkrankenabtheilung haben solle.
4 jr aw a - c ^ lt k- k. Krankenanstalten waren 1892 vorhanden: 15 Kliniken,
»o Abtheilungen, 57 Acrzte als Vorständo, 48 Abtheilungsassistenten und
w becundärärzte, 4815 Betten, 300 Wärterinnen, 16 Wärter und 250
raensschwestern, zusammen Wartepersonal: 566. Die Kliniken befinden
j. im Allgemeinen Krankenhause (2000 Betten), dessen Direktor der
erdjenstvolle Professor Dr. Böhm Edler von Böhmersheim ist.
irektor der „Rudolfstiftung“ (860 Betten) ist Sanitätsrath Dr. Uli mann,
es Krankenhauses „Wieden“ (578 Betten) Dr. Mucha und des „Kaiser
ranz-Joseph-Spitals“ (610 Betten) Dr. Klimesch; an der Spitze der
«naeren Krankenhäuser stehen Primärärzte als Leiter.
Vt d , ektoren (Aerzte) der k. k. Krankenanstalten gehören zur
vi. Kangclasse und beziehen 2400 bis 3000 fl. Gehalt und 350 fl.
tmtätszulage, der Direktor des Allgemeinen Krankenhauses 3000 bis
j behalt und 400 fl. Zulage. Sie haben Wohnung im Krankenhause,
j ^hnmtlichen k. k. Krankenanstalten gehören der Primärarzt und
n , , rosect °r ^ er Rangclasse an und beziehen 1400 bis 1800 fl.
Ro« i Um : ^ A* Activitätszulage, die ordinirenden Aerzte (VHI.
AfH v*! 8e A* behalt und 500 11. Activitätszulage, event. halb
j- ^ .szulage und Naturalwohnung. LTBezug auf Pensionirung sind
ezeichneten Aerzte den k. k. Staatsbeamten gleichgestellt.
..Df 6 Hülfsärzte werden in zwei Kategorieen eingetheilt, und zwar in
Abthedungsassistenteu t (früher Secundärärzte I. CI.) und in Secundärärzte
(früher Secundärärzte n. CL); dieselben beziehen jährlich 700 bezw 500 11
Ausserdem stehen ihnen möblirte Naturalwohnung im Spital freie Be¬
heizung und Reinigung der Wäsche zu und ausnahmsweise freie Bekösti-
gungüberhaupt oder nur an den Tagen ihres Inspectionsdienstes.
Die Anstellung der Abtheihmgsassistonten erfolgt von der k. k. nieder-
österreichischen Statthaiteroi auf einen einjährigen Zeitraum, der bis auf
vier Jahre verlängert werden kann. Die Secundärärzte werden ebenfalls
nur auf ein Jahr angestellt; die Verlängerung auf ein weiteres Jahr hängt
vom Ermessen der Spitaldirektion ab. Die Hülfsärzte bei den öffentlichen
Wohlthätigkeits- und allgemeinen Krankenanstalten haben den Diensteid
zu leisten, ihre zurückgelegte Dienstzeit wird, wenn dieselbe unmittelbar
einer Staatsstellung vorangeht, bei Bemessung der Pension in An¬
rechnung gebracht.
Als Aspiranten sollen in der Regel nur diplomirte Doctoren der
gesummten Heilkunde zugelasson werden; in Vertretung von Secundär-
ärzten erhalten sie eine Remuneration von 1 fl. für den Tag.
_ Alb. Guttstadt (Berlin).
— Ueber den ärztlichen Dienst nnd die Krankenpflege im Kaiser
nnd Kaiserin Friedrich - Kinderkrankenhanse verbreitete sich Herr
A. Baginsky in einem am 19. März 1894 in der Deutschen Gesellschaft
für öffentliche Gesundheitspflege zu Berlin gehaltenen Vortrage. Aus dem
Bericht geht hervor, dass die Eintheilung des Dienstes, die Instruction der
Assistenzärzte und des vortrefflich vorgebildeten Krankenpflogepersonals
mit äusserster Genauigkeit darauf gerichtet ist, eine Uebertragung der
vorwiegend und in besonderen Infectionspavillons zur Behandlung ge¬
langenden ansteckenden Krankheiten zu verhüten. Auch bei der Behand¬
lung der Wäsche, des Essgeschirrs, bei der Einrichtung der Desinfeetion
sind die gleichen Gesichtspunkte in erster Linie maassgebend. Für zweifel¬
hafte Fälle besteht eine besondere Quarantänestation. Dass trotz der
getroffenen Einrichtungen das Haus von Infeetion nicht frei geblieben sei,
liege an der durch Besuche und Fehldiagnosen bedingten nicht ganz aus-
zuschliessenden Einschleppungsquelle. Eine besondere Sorgfalt werde der
zweckmässigen, den verschiedenen Altersstufen angemessenen Ernährung
gewidmet. Die in mehreren Anhängen dem Vortrag beigegebenen Instruc”
tionen zur Handhabung der Asepsis, zur Ausübung des Dienstes der
Aerzte und Pflegerinnen in Klinik und Poliklinik, Infectionspavillons und
Quarantänestationen, die Desinfectionsinstructioncn und Speiseregulativo
geben den Beweis, dass die Ausübung des Dienstes strong im Geiste der
Anforderungen der Hygiene geschieht. A. G.
IX. Standesangelegenlieiten.
Aerztekammer Berlin-Brandenburg.
Sitzung am 26. Mai 1894.
Nach .Verlesung eines Schreibens des Herrn Ministers, welches die
Veröffentlichung von Beschlüssen der Kammer, welche die Entziehung
des Wahlrechtes betreffen, sowie die Mittheilung derselben an andere
Kammern für zulässig erklärt, tritt die Kammer in die Berathung der
Frage der Beschaffung ärztlicher Obergutachten in Angelegen¬
heiten der Berufsgenossenschaften; die Berichterstatter Loppmann
und Litthauer begründen in längeren Ausführungen die von ihnen auf-
gestellten Thesen. Die erste derselben:
„Die Mitwirkung der Aerztekammer zur Beschaffung von Obor-
gutachten in Unfallversicherungsangelegenheiten ist erwünscht“, erhält
nach einem Anträge von Goepel-Frankfurt, der mit geringer Mehrheit
angenommen wird, die folgende Fassung: „Die Mitwirkung der Aerzte-
kammem zur Beschaffung von Obergutachten in Unfallversicherungs¬
angelegenheiten ist zulässig, ist jedoch den Berufsgenossenschaften so
lange zu versagen, als sie nicht durch grösseres Entgegenkommen eine
Verständigung mit den deutschen Aerzten herbeigeführt haben.“ Die
übrigen fünf Thesen werden unverändert angenommen. Sie lauten:
II. Die Oborgutachter werden auf Antrag der zuständigen Körper¬
schaften und Behörden von Fall zu Fall aus der Gesammtheit aller im
Reiche approbirten Aerzte, möglichst aber aus dem Kammerbezirk durch
die Kammervorstände benannt.
HI. In der Regel soll mit der einzelnen Obergutachtung nur eiu
Arzt betraut werden. Erfordert nach dem Ermesson dos Kammervorstandes,
an welchen auch der zunächst benannte Gutachter seinen diesbezüglichen
Antrag richten kann, die Eigenart des Falles das Zusammenwirken mehrerer
Sachverständigen, so sind drei Aerzte zu benennen, deren Mehrheits¬
beschluss als Obergutachten überreicht w r ird.
IV. Eine durch die Aerztekammer vermittelte Begutachtung soll für
gewöhnlich nur auf Grund eigener Beobachtung erfolgen.
V. Die Aerztekammem verlangen für die von ihnen benannten Gut¬
achter keine Sonderstellung.
VI. Jede neue Instanz kann um neue Gutachter resp. Gutachter-
collegieu ersuchen.
Der nächste Punkt der Tagesordnung, die Berathung über die dein
Aerztekammerausschusszu ertheilenden Befugnisse, wurde durch
einen Bericht des Herrn Ipscher über die Thesen des Ausschusses,
deren Abdruck im Aerztevereinsblatt Mai I. erfolgt ist, oingeleit-et. Dio
Anträge werden, soweit 9ie die vorbereitende Thätigkeit des Ausschusses,
sowie seine Aufgabe betreffen, die gefassten Beschlüsse unter Angabe der für
und wider abgegebenen Stimmen zusammeuzustellen, angenommen, dagegen
erklärt sich die Kammer dagegen, dass die Ergebnisse der Gesanuntbe-
schlüsse für die einzelnen Kammern bindend sein sollen.
Ein Antrag Lissa, betreffend die Einsetzung ständiger wirtschaft¬
licher und wissenschaftlicher Commissionen, wird abgelehnt.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT,
No. 23
Der Antrag Mugdan und Genossen, die Kammer möge be¬
schlossen: „I. zu erklären: 1) es ist nothwendig, dass die Studirenden
der Medicin auf der Universität Kenntniss von den für den Arzt wichtigen
Bestimmungen des Krankenversicherungsgesetzes, Unfallversicherungs¬
gesetzes, sowie des Alters- und Invaliditäts-Versicherungsgesetzes erlangen;
1) es ist nothwendig, dass in dem klinischen Unterrichte die btudirenden
der Medicin, durch Demonstrationen, mit dem Begriff der Arbeitsun¬
fähigkeit, sowie der totalen und procentualen Erwerbsunfähigkeit vertraut
gemacht werden, und dass ferner in der Receptirkunde die Verhältnisse
berücksichtigt werden, deren Beobachtung im Verkehr des Arztes mit
erkrankten Kassenmitgliedern unbedingt erforderlich ist. II. dem Herrn
Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg und. von Berlin diese Erklärung
mit dem Ersuchen zu übergeben, sie dem Herrn Minister für geistliche,
Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten zur weiteren Veranlassung ge¬
neigtest übermitteln zu wollen,“
wird nach ausführlicher Begründung durch Herrn Mugdan und
nach Annahme eines Zusatzes von Herrn Guttstadt zu II, dass die
sociale Gesetzgebung auch Gegenstand der staatlichen Prüfung werden
solle, nahezu einstimmig angenommen.
Der letzte Punkt der Berathung, die Frage des Besteuerungs¬
modus der wahlberechtigten Aerzte wird, nachdem der Herr Minister das
Bedürfnis» für die nur durch Gesetzesänderung mögliche obligatorische
Besteuerung zur Zeit nicht für vorhanden erklärte, vertagt. A. G.
X. Herr Dr. Hans Aronson
hat seine litterarische Thätigkeit in Sachen des von ihm herge¬
stellten Diphtherieantitoxins und der daraus entsprungenen Contro-
verse aus der Deutschen medicinischen Wochenschrift in die
Beilagen des „rothen Blattes“ (Berliner Anzeigen) zurückver¬
legt, von wo sie ja ursprünglich ausging. Er hat dabei sicherlich
in richtiger Selbstabschätzung und in consequenter Würdigung der
ihm obliegenden Interessen gehandelt, und wir sind die letzten,
etwas dagegen einzuwenden. Aber er hätte uns den Schmerz des
Abschieds nicht noch unnöthigerweise zu verbittern brauchen, in¬
dem er uns der Parteilichkeit beschuldigte und seinen, gelinde
gesagt, unhöflichen Brief vom 12. Mai 1894 abdruckte. Wir sind
uns wirklich bewusst, in dieser ganzen, recht unerfreulichen An¬
gelegenheit sine ira et Studio gehandelt zu haben, und wir wüssten
auch absolut nichts, was uns hätte veranlassen sollen, für oder
wider Herrn Aronson und sein — hoffentlich die „diphtherie¬
bedrohte Menschheit“ in wirksamster Weise beglückendes — Serum
Partei zu ergreifen. Das einzige Interesse, das für,' uns von Anfang
an maassgebend war und sein musste, war das unserer Leser,
denen mit einer allzubreiten Ausspinnung dieses — durch Herrn
Aronson herauf beschworenen — Streites schwerlich gedient war.
Lediglich in diesem Interesse, keineswegs aus irgendwelcher
Animosität gegen Herrn Aronson, haben wir denn auch die kurze
redactionelle Anmerkung (p. 431) gebracht, die uns Herr Aronson
so verübelt; wir haben darin, wie man sich leicht überzeugen kann,
gar keine eigene Meinung ausgesprochen, sondern nur eine „that-
sächliche Bemerkung“ von gegnerischer Seite wiedergegeben, wo¬
durch eine sonst unvermeidliche längere Erwiderung erspart oder
vielmehr von vornherein auf die knappste und comprimirteste
Fassung eingeschränkt wurde. Wenn Herr Aronson ferner meint,
dass wir seine Erwiderungen wochenlang ohne erkennbaren Grund
zurückgestellt haben, so müssen wir dazu bemerken, dass es
allerdings ein Zeichen von Naivetät ist, anzunehmen, dass für
unsere Dispositionen nicht sowohl das allgemeine Interesse unserer
Leser als die „leicht erkennbaren“ Wünsche dieses oder jenes
1 itterarischen Heisssporns maassgebend sein könnten. Im übrigen
dürfte wohl die Art und Weise des nunmehrigen publicistischen
Vorgehens des Herrn Aronson unsere von Anfang an ihm gegen¬
über entwickelte Vorsicht genügend rechtfertigen.
Die Rcdaction.
XI. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Ueber den Einbruch der Cholera an zwei Stellen
der preussis'chen Grenze bringt der Reichsanzeiger folgende Mittheilung:
„lm Laufe der letzten Woche sind in dem hart an der russischen und öster¬
reichischen Grenze belegenen Ort Myslowitz (Oberschlesien) 7 Cholera¬
fülle, davon sechs mit tödtlichem Ausgang, festgestellt worden. Auch in
Scliilno, der Uebergangsstation russischer Flösser an der Weichsel,
sind zwei Arbeiter, sowio der Sohn eines derselben an Cholera verstorben.
Zweckentsprechende Schutzmaassregeln sind sofort seitens der zuständigen
Behörden ergriffen, insbesondere ist ein Ueberwachungsdienst auf der
Weichsel eingerichtet worden. Derartige Vorkommnisse, auf deren Wieder¬
holung man sich bei dem Herrschen der Cholera in einem Theil unserer
Nachbarstaaten auch für die Zukunft gefasst machen muss, haben keinerlei
bedrohliche Bedeutung für die Allgemeinheit, da nach den Erfahrungen
der Vorjahre erwartet werden darf, dass es den Behördon gelingen wird,
ein weiteres Umsichgreifen der Seuche zu hindern. Bis auf weiteres
werden die vom Kaiserlichen Gesundheitsamt, als der gemeinsamen Molde-
stelle für Cholerafülle, zur Publication zusammengestellten Nachrichten
über den Stand der Cholera im Inlande wöchentlich in dem amtlichen
Organ dieser Behörde, den „Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesund¬
heitsamts“, abgedruckt werden.“
— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 4. d. M.
führte Herr A. Fraenkel den Vorsitz. Herr Th. Rosenheim stellte
vor der Tagesordnung zwei Patientinnen vor, die wegen Pyloruscarcinoms,
die eine vor drei Jahren, die andere vor fünf Monaten mit Erfolg operirt
worden, und legte die Präparate von diesen, sowie auch von noch zwei
anderen Operationsfällen vor. Herr Tr eitel demonstrirte eine Patientin
mit „nasalem Asigmatismus“, dessen Entstehung in diesem Falle (es
handelte sich um eine jetzt 28 jährige, geistig wenig begabte Frau) er auf
Nachahmung und Angewöhnung in der Kindheit zurückführte. An der
Discussion betheiligten sich die Herren Leyden, Schwabach, Gold¬
scheider und Tr eitel. — Herr Katz legte seine nach einer neuen
Methode hergestellten Präparate der inneren Theile des Gehörorgans vor
(Behandlung des Schläfenbeins erst mit Chromessigsäure und Osmium¬
säure, Entkalkung mit 20%iger Salpetersäure, dann Behandlung mit ab¬
solutem Alkohol und Xylol, wodurch eine vollständige Durchsichtigkeit
des Knochens erzielt wird). — Den Rest der Sitzung füllte die Discussion
über das Goldscheider’sche Referat (Chirurgie der Rückenmarkskrank¬
heiten), wozu die Herren Leyden, Eulenburg und Goldscheiderdas
Wort nahmen. A. E.
— Mit dom XIII. Internationalen Congress für Hygiene
und Demographie, welcher am 1. September d. J. in Budapest statt¬
findet, wird eine Ausstellung verbimden werden. Nach dem Wunsche
dos Ausstellungscomitds, das sich unter dem Vorsitze von Prof. Rubner
constituirt hat, soll die Ausstellung ein Bild von den Leistungen und
Fortschritten geben, welche Hygiene und Statistik in ihrem ganzen Um¬
fange während der letzten Jahre in Deutschland gemacht haben. Anmel¬
dungen zur Ausstellung nehmen Prof. Rubner, Berlin C., Kloster¬
strasse 36, und Dr. Th. Weyl, Berlin W., Lützowstrasse 105, entgegen,
und versenden an Interessenten, welche ihre Bereitwilligkeit zur Beschickung
der Ausstellung kundgeben, alle auf die Ausstellung bezüglichen Druck¬
sachen. Süddeutsche Aussteller können die Anmeldeformulare für
Budapest auch durch Dr. Spatz, Herausgeber der Münchener medicini¬
schen Wochenschrift, München, erhalten. Deutsche Aussteller werden ihre
Objecte sehr leicht von Budapest nach Wien überführen können, wo sich
die mit der Naturforscherversammlung verbundene Ausstellung fast un¬
mittelbar an die Budapester Veranstaltung anschliesst. Weder in Budapest
noch Wien wird Platzmiethe erhoben.
— Stabsarzt Dr. Schjerning ist zum Oberstabsarzt II. Classe be¬
fördert und zum Referenten der Medicinalabtheilung des Kriegsministeriums
ernannt worden.
— Jena. Die Linnean Society in London hat ihre grosse
goldene Medaille, die alle zehn Jahre für hervorragende Verdienste im
Gebiete der biologischen Wissenschaften vergeben wird, dem Professor
Ernst Haeckel verliehen.
— Dresden. Der Privatdocent der pathologischen Anatomie an der
Universität Leipzig Dr. Schm-orl ist zum Prosector am Stadtkranken¬
hause in Dresden ernannt.
— Wien. Die österreichische Regierung hat für die Naturforscher¬
versammlung eine Subvention von 10 000 fl. bewilligt, die als Nach-
tragscredit zum Budget vom Abgeordnetenhause bereits genehmigt wurde.
Der Bürgermeister der Stadt Wien wird die Theilnehmer der Versamm¬
lung für den 27. September zur Besichtigung des Rathhauses einladen.
In den jüngsten Tagen hat sich ein Damen -Co mit 5 constituirt, welches
bei dem Arrangement der Feste mitwirken und es sich zur besonderen
Aufgabe machen wird, den fremden Damen, die in Begleitung ihrer Gatten
oder als selbstständige Theilnehmer — auch dies ist zulässig — an der
Versammlung sich betheiligen, in jeder Beziehung an die Hand zu gehen.
— Prof. Dr. A. Weichselbaum ist zum ordentlichen und der
praktische Arzt Dr. J. Breuer zum correspondirenden Mitgliede der
k. k. Akademie der Wissenschaften ernannt.
— St. Petersburg. Die militär-medicinische Academie beabsichtigt
die Creirung eines neuen Lehrstuhls für Infectionskrankheiten
und Bacteriologio und den Bau einer besonderen Klinik mit ca. oü
Betten für ernsto Infectionskrankheiten. Die neue Kfinik wird
aus vier von einander getrennten Gebäuden für Masern-, Scharlach-,
Pocken- und’ Diphtherie-Kranke bestehen. Ein fünftes Gebäude ist für
die noch zweifelhaften Fälle bestimmt.
— Wie verlautet, wird die Frage bezüglich der Eröffnung eines
Instituts zur Ausbildung von Aerztinnen in der Herbstsession
des Reichsraths zur Berathung gelangen. Der Etat des künftigen
medicinischen Fraueninstituts ist auf 83000 Rubel jährlich berechnet
worden. Bis jetzt stehen abor nur 42000 Rubel, welche sich aus der
versprochenen Subsidie der St. Petersburger Stadtdome (15000 Rubel
jährlich), den Zinsen von gesammelten und geschenkten Capitalien, den
versprochenen jährlichen Beiträgen von Privatpersonen zusammensetzen,
zur Verfügung. Die fehlenden 20000 Rubel beabsichtigt man durch Spenden
und das Honorar für die Vorlesungen zu decken. Die St. Petersburgei
Stadtverwaltung wird das Lokal für das Institut unentgeltlich hergeben
und die städtischen Hospitäler zu den klinischen Beschäftigungen dei
Zuhörerinnen der Curse einräumen. _ . .
— Universitäten. Halle a. S. Der ausserordentliche Protesso
der Anatomie Dr. Disse in Göttingen hat einen Ruf in gleicher Eigen¬
schaft an die Universität Hallo erhalten. — Genf. Dr. S. Iveser na
sich als Privatdocent für Dermatologie habilitirt. — Basel. Der Pnv.-Boc.
für Bacteriologie und pathologische Anatomie Dr. A. Dübler ist zum a. o.
Professor ernannt.
Gedrückt bei Jnlius 8ittenfeld ln Berlin W.
508
DigitizejLby
Gck igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
JVf M
14. Juni 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Liclitcustciualleo 3. Potsdamers!-. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
L Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich.
Die trophischen Functionen des Nerven¬
systems. 1 )
Von Justus Gaule.
Es schien eine Zeit lang, als wolle die Physiologie zerfallen
in eine Anzahl von Einzeldisciplinen, welche die Functionen der
verschiedenen Organe zum Gegenstand hätten. Dass es daneben
oder vielmehr darunter einen allgemeinen Lebensprocess gäbe, der
an den isolirten Organen nicht studirt werden könne, weil er nur
dem Organismus als. Ganzen eigen ist, darauf hat man sich erst
in neuester Zeit wieder besonnen. Die dunklen Beziehungen,
welche einzelne Organe zu anderen haben, wie z. B. die Schild¬
drüse zum Nervensystem, die aus keiner Beziehung zu einer Func¬
tion sich erklärenden Schwankungen der Wärmebildung, die Phä¬
nomene der sogenannten inneren Secretion und manches andere
haben gerade auf diesem Congress deutlicher als bei irgend einer
früheren mir bekannten Gelegenheit das Vorhandensein dieses
mächtigen allgemeinen Lebens Vorgangs in das Gesichtsfeld der
Physiologen gebracht. Man hat nach einer besonderen Bezeich¬
nung für denselben gesucht, und ich will bemerken, dass ich I
meinestheils an der Benennung desselben als des trophischen !
organgs wesentlich deshalb festlialte, weil ich die Continuität j
zwischen meinen auf die Erforschung derselben gerichteten Experi¬
menten und denen der älteren Experimentatoren, von denen ich
ausgegangen bin, damit ausdrücken will. Wie ist unseren gegen¬
wärtigen Vorstellungen entsprechend dieser Vorgang aufzufassen?
Das lebende Wesen hat als wesentlichstes Charakteristicum, dass
es die Theile, mit deren Hülfe es sich in der Welt behauptet,
auch selbst, bildet. Es ist nicht blos eine Maschine, welche fertig-
gesteHt, mit Hülfe ihrer Theile eine Anzahl von Verrichtungen
auszuüben imstande ist, sondern das Leben besteht darin, dass
neben diesen nach aussen wirksamen Verrichtungen auch die
eile selbst gebildet werden. So geläufig uns dieser Satz auch
s , so vergessen wir docli in der Regel die Consequenz daraus
u ziehen, dass eben jeder lebende Organismus fortwährend in der
* . un £ seiner selbst begriffen ist. Wir vergessen das, weil uns
wenigstens beim erwachsenen Organismus, beim aus gebildeten
^ le w * r sa S ei H nichts daran erinnert. Das Gleich-
v m ^ er bildenden und zerstörenden Vorgänge ist dort ein so
oukommenes, dass wir leicht zu der Meinung kommen, als voll-
ene sich das Leben nur so aussen hin als eine Function an einem
l 0 fJY 0ll £? mmen unverä ndert bleibenden Substrat, nämlich dem
e ? 4 '^ esen u # n( l seinen Theilen. In der That findet man in
meisten physiologischen Schriften die Lehre von den Func-
„i dieser Voraussetzung durchgeführt, und man fühlt
wainu aZU ^.° me ^ r berechtigt, als bei dem isolirten Organ,
miiRirT ?' unct 'i on behält, z. B. dem ausgeschnittenen Frösch¬
au 6 ’ 81C !j i ^ ac ^ e wenigstens eine kurze Zeit lang auch unge-
ä k ^ as ausgeschnittene Organ aber besitzt auch die
minu llctl °ns- und die Erhaltungsfähigkeit nicht mehr, es geht
zugrunde, und in ihm fehlen daher jene trophischen Vor-
flpcf * * ort ; wä hrenden Wiedererneuerung, welche das nur dem
Vortra SmU8 e fo£ eil thümliche Leben darstellen. In meinem
_ au * der Naturforscherversammlung in Nürnberg habe ich
national^ 0 . g . ehalten in der physiologischen Section des XI. inter¬
nationalen medicmischen Congresses m Rom.
dieses Verhältnis etwas näher auseinandergesetzt und dort auch
die Vorstellung entwickelt, wie wir uns die Beeinflussung dieser
trophischen Vorgänge durch die stetig wirkenden Kräfte der Um¬
gebung, in der das lebende Wesen sich befindet und deren Ein¬
fluss es unterworfen ist, zu denken haben. Aber nicht ob und
wie das alles denkbar, sondern ob es wirklich sei, das ist die
Hauptaufgabe, welche eine experimentelle Wissenschaft zu lösen hat.
Wie kann man nun nach weisen, dass es thätsächlich einen solchen
trophischen Grundvorgang des Lebens giebt, dass das lebende Wesen,
während es lebt, sich fortwährend erneut und bildet und dass
die scheinbar unveränderte Form, welche wir als das Substrat des
Lebens ansehen, nichts anders ist als das Product eines exacten
Gleichgewichts zwischen den bildenden und zerstörenden Kräften?
Der vorgezeichnete Weg ist natürlich, dieses Gleichgewicht zu stören.
Insofern die zerstörenden Kräfte diejenigen sind, mit welchen
die Aussenwelt auf den Organismus wirkt, sind sie einer Variation
unsererseits zugänglich, und die haben wir auch schon vielfach
versucht. Die Variation der Umgebungsbedingungen führt entweder
zu einem Untergang des lebenden Wesens oder zu dem, was wir
Anpassung nennen, d. h. zur Herstellung eines neuen Gleich¬
gewichts zwischen den bildenden und zerstörenden Kräften. Dieser
Vorgang der Anpassung ist gewiss des experimentellen Studiums
werth, aber er hat sich trotz der grossen Hoffnungen, die an ihn
namentlich mit Rücksicht auf die Darwinsche Theorie gesetzt
wurden, als sehr spröde erwiesen.
Meine eigenen Versuche knüpfen an einen andern Punkt an.
Das Verhältnis zwischen den bildenden und zerstörenden Kräften
wird gewiss geregelt durch das Norvensystem, denn die zerstören¬
den Kräfte gohören ja entweder der Aussenwelt an oder werden
von der Aussenwelt ausgelöst. Die Aufnahme dieser Kräfte der
Aussenwelt und ihre Uebertragung auf den Kraftwechsel des Or¬
ganismus ist aber Aufgabe des Nervensystems. Der Vorgang ist
ferner jedenfalls ein centralisirter, denn es handelt sich bei ihm
um das Gesammtleben des Organismus. Man wird also die Be¬
herrschung dieses Gleichgewichts zwischen bildenden und zer¬
störenden Kräften in das Centralnervensystem zu verlegen haben,
und wenn es gilt, diese Beherrschung zu zerstören, dann muss es
sich offenbaren, welche Veränderungen in dem Organismus durch
das Fehlen der bildenden, oder was dasselbe sagt, durch das Ueber-
wiegen der zerstörenden Kräfte zustande kommen.
So einfach nun, wie es auf den ersten Blick scheint, ist die
experimentelle Inangriffnahme dieser Function nicht. Davon über¬
zeugt ja schon das fundamentalste Experiment, welchjes man in
dieser Richtung machen kann, nämlich die Zerstörung des Central¬
nervensystems. Das bringt den Tod hervor und damit ein Auf¬
hören der Lebensvorgänge, aber eine wesentliche, unmittelbar ein¬
tretende Veränderung des Organismus, seiner Form und Zusam¬
mensetzung producirt es nicht. Sobald eben das Leben erlischt,
hören in dem Organismus alle jene Umsetzungen auf, die ihn
reaetionsfäbig, daher leicht angreifbar und zerstörbar machen. Man
muss also das Leben erhalten, in ungestörtem Gang erhalten und
doch eine Veränderung des trophischen Apparates herbeiführen.
Darin liegt die Schwierigkeit. Wäre uns der trophische Apparat
seiner Einrichtung nach bekannt, dann freilich könnten wir uns
desselben bedienen, um durch ihn die Bildungsvorgänge zu beein¬
flussen, aber diese Einrichtung ist noch so unbekannt, dass ihre
Existenz erst bewiesen werden muss. Man kann also nur ver¬
suchend, tastend Vorgehen. Ich bin, wie bekannt, von den Er¬
scheinungen an der Hornhaut ausgegangen, welche nach Durch-
Qriginal fro-m
UNIVERSITf OF MICHIGAN
510
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24
schneidung der Nervus trigeminus oder, correcter gesagt, des
Ganglion Gasseri in der Schädelhöhle auftreten. Dann habe ich
versucht trophische Veränderungen zu constatiren, welche nach
Verletzungen von Spinalganglien auftreten. Aber erst mit dem
Experiment, welches ich im vorigen Jahre auf der Naturforscher¬
versammlung in Nürnberg zeigte, nämlich den Veränderungen,
welche nach Verletzung und Reizung des Ganglion cervicale
inferius nervi sympathici eintreten, habe ich den Boden für eine
methodische Erforschung der trophischen Functionen des Nerven¬
systems gewonnen. Hier kann sowohl die Verletzung resp. Reizung,
welche man dem Ganglion zufügt, wie die Veränderung, welche
daraufhin entsteht, mit den Augen verfolgt werden. Unter den
Muskeln, welche von dieser Veränderung betroffen werden, befindet
sich bei geeigneter Ausführung des Experimentes auch der Biceps
brachii, und diesen Muskel kann man durch einen Hautschnitt,
bevor man das Ganglion verletzt, blosslegen, betrachten und sich
überzeugen, dass er unversehrt und normal ist. Die Veränderung
tritt dann, nachdem man das Experiment ausgeführt hat, unter
den Augen ein. Hierdurch wird man erst befreit von den quälen¬
den Zweifeln, ob wirklich die Veränderung ganz dem Experiment
zuzuschreiben sei. Gerade diese Veränderung des Biceps ist in¬
dessen jüngst von H. E. Hering angez weife! t worden, indem er
behauptete, ähnliche Veränderungen am Biceps könnten dadurch
hervorgebracht werden, dass das Kaninchen heftige Contractionen des
Biceps zeige, wodurch derselbe, weil festgehalten, zerreisse. Ich habe
auf diese Zweifel eingehend geantwortet und will aus dieser Antwort
nur hervorheben, was hier allein wichtig ist, dass zwischen den Zer-
reissungen des Biceps, die man bei entsprechender Anwendung von
Gewalt ja allerdings hervorbringen kann, und den trophischen Ver¬
änderungen ein grosser Unterschied ist. Bei den letzteren zerreissen
die Muskelfasern zwar auch, aber ohne Anwendung von Gewalt,
häufig ohne eine Bewegung des Thiers, und weil sie trophisch so ver¬
ändert sind, dass sie auch die geringste Spannung nicht ertragen.
Aus Anlass dieser Entgegnung habe ich dann einen Versuch
publicirt, welcher den Unterschied zwischen trophisch veränderten
und gesunden Muskeln anschaulich illustrirt. Ein gesunder Biceps
zerreisst noch nicht, wenn der Arm durch ein Gewicht von
5000 Gramm gestreckt wird, weder im Zustand der Ruhe noch
wenn er gereizt wird und das Gewicht zu heben versucht. Der
trophisch veränderte Biceps zerreisst schon, wenn unter gleichen
Bedingungen an ihm ein Gewicht von 500 Gramm zieht, und zwar
beginnt diese Zerreissung wenige Augenblicke nach der Aus¬
führung des Experiments, welches die trophische Veränderung her¬
beiführt. Ich glaube, der Sachverhalt kann nunmehr in dem Sinne
meines Nürnberger Vortrages als festgestellt betrachtet werden:
die trophische Veränderung ist eine innere Zustandsänderung des
Muskels, durch die er seine Widerstandskraft einbüsst; die eigent¬
liche Zerstörung wird bewirkt durch die äusseren Kräfte. Dass
bestimmte Eingriffe am Nervensystem eine solche Zustandsänderung
in den Organen, und zwar in sehr kurzer Zeit herbeiführen, ist
gewissemaassen der erste bis dahin gewonnene Satz von der Lehre
der trophischen Functionen des Nervensystems.
Ich habe nun versucht, diese Lehre weiter auszubauen* indem
ich die Art dieser Zustandsänderung und wie sie durch das Nerven¬
system veranlasst wird, näher untersuchte. Für diese Untersuchung
war es mir wünschenswert!], nicht blos auf die Bicepsveränderungen
beschränkt zu sein. Denn gerade am Biceps ist der eigentlich
trophische Vorgang für die fernere Untersuchung gar nicht so
deutlich, aus dem scheinbar paradoxen Grunde, weil er für die
srrobe Wahrnehmung dort so sehr deutlich ist. Aber diese grobe
Deutlichkeit verdankt der Biceps dem Umstande, dass auf ihn er¬
hebliche Spannungen wirken, dass also die verminderte Widerstands¬
kraft sich in eine grobe Zerstörung umsetzt, und der Umfang
dieser Zerstörungsvorgänge verdeckt zum Theil die eigentlichen
ursprünglichen Veränderungen. Ich habe nun schon früher darauf
aufmerksam gemacht, dass häufig gleichzeitig mit den Biceps- (und
Psoas-) Veränderungen, manchmal auch ohne gleichzeitige Biceps¬
veränderungen zerstreute kleine Veränderungen in verschiedenen
Muskelgruppen, ira Triceps, in den Schultermuskeln, in den Brust-
und Bauchmuskeln, in den Muskeln der Hinterbeine, dann im
Hautmuskel sich finden. Von diesen eignen sich namentlich die¬
jenigen des Hautmuskels, sowie die einiger anderen flachen und
dünnen Muskeln, wie des Randtheils des Latissimus dorsi, des
Cucullaris, wegen ihrer Kleinheit und Uebersichtlichkeit zu einer
Untersuchung. Hier steht man zwar zunächst diesen Veränderungen
auch wieder skeptisch gegenüber. Da sie zerstreut und an uner¬
warteten Stellen auftreten, so kann man nicht vorher den Muskel
durch einen Hautschnitt entblössen und sich überzeugen, dass er
unversehrt ist. Hier kann sich also wieder der Zweifel erheben:
ist die Veränderung wirklich Folge des Experiments, ist sie nicht
schon vorher dagewesen? Allein die einmalige Besiegung dieses
Zweifels beim Biceps führt zu seiner dauernden Ueberwindung.
Schon makroskopisch können die Veränderungen mit denen des
Biceps verglichen werden. Zeigen sie denselben Charakter der
Frische, der Blutung u. s. w., so müssen sie gleichzeitig mit denen
des letzteren entstanden sein, und sieht man die letzteren nach dem
Experiment entstehen, so ist damit auch der Entstehungsmoment
der ersteren fixirt. Noch mehr muss die mikroskopische Unter¬
suchung Aufschluss geben. Findet man in ihnen dieselben Ver¬
änderungen der Muskelfasern wie im Biceps und hat man im
letzteren die Entstehung der Veränderung verfolgt, so kann man
getrost annehmen, dass der ungesehene Vorgang in den übrigen
Muskeln sich ganz parallel mit dem gesehenen abspielte. Ja sogar
in den Fällen, wo diese Veränderungen makroskopisch und mikro¬
skopisch einen etwas anderen Charakter tragen wie die im Biceps,
und dieser Fall ist nicht selten, wie ich später zeigen werde, lässt
sich doch ihre Chronologie auf diese Weise feststellen.
Diese Veränderungen enthalten nämlich immer gewisse Ele¬
mente, wie sie gerade auch im veränderten Biceps Vorkommen, und
für diese muss man somit die gleiche Entstehungszeit und Ursache
wie für die Bicepsveränderung annehmen. Diese Elemente zeigen
nun aber die einfachsten, die Initialstadien der ganzen Veränderung,
alles übrige greift an den schon so veränderten Muskelfasern an,
muss also später entstanden sein, und "wenn demnach für diese
Elemente der Moment der Entstehung fixirt ist, so ist er es auch
für den ganzen Process.
Somit ist der weitere Fortschritt gewonnen, dass man für eme
Reihe von Befunden, deren Entstehung man nicht direkt verfolgen
kann, welche erst die Section aufdeckt, den zeitlichen Zusammen¬
hang mit dem Experiment wenigstens sicher feststellen kann. V ie
verhält es sich nun mit dem causalen Zusammenhang? Wie kann
das Abschneiden eines Nervenastes am Ganglion oder ein elektri¬
scher Reiz desselben diese Veränderungen hervorrufen? Als ern
Nachlassen der Beherrschung der inneren Kraftentwickelung und
damit ein Zukurzkommen gegenüber der äusseren Kraftwirkuug
habe ich es in meinem Nürnberger Vortrag bezeichnet. Das ist
gewiss richtig als eine allgemeinste Definition, und es genügt, um
uns an eino trophische Function des Nervensystems glauben zu
machen. Aber es genügt noch nicht, um diese Function zu ver¬
stehen, und dieser Aufgabe müssen wir uns jetzt annähern. Ich
habe zunächst einige Experimente angestellt, die von den Möglich¬
keiten, welche sich dem Geist darbieten, ein paar ausschliessen.
Man stellt sich zunächst vor, dass eine solche Störung be¬
ruhe auf einer Aufhebung des Gleichgewichts zwischen Blut-
circulation und Nerveneinfluss. Um diese Vorstellung zu piüfen,
habe ich an einem Vorderbein oberhalb der Clavicula den Plexus
brachialis aufgesucht und sämmtliche Aeste desselben durchtrennt,
während Arteria und Vena subclavia geschont wurden. Das be¬
wirkte nun keine Veränderung am Biceps, auch dann nicht, wenn
der Biceps passiv (bei Bewegungen der Schulter) oder activ (bei
Reizung der peripheren Enden der Plexusäste) gespannt wurde.
Das war ja nach meinen früheren Experimenten auch nicht anders
zu erwarten. Nun aber habe ich darauf das Experiment am
Ganglion folgen lassen. Wenn dieses Experiment etwa dadurch wirk¬
sam gewesen wäre, dass es 1) die Gefässnerven des Armes lähm e,
oder 2) dass es die Herzthätigkeit. plötzlich steigerte oder durch die
Combination von 1 und 2, oder 8) dadurch, dass es gewisse Atolle
dem Blut zuführte, und durch das Blut den Muskeln, welche durc
Nerveneinfluss zerstört werden müssen, so hätte es jetzt leichter
Gelegenheit gehabt, Veränderungen am Biceps hervorzurufen, denn
alle drei Möglichkeiten wurden durch die Durchtrennung der Plexus¬
äste erleichtert. Es rief aber keine Veränderungen am Biceps her¬
vor, folglich handelt es sich nicht um diese Möglichkeiten.
Nun habe ich in weiteren Experimenten die Blutzufuhr zu
dem Vorderbein beeinflusst, indem ich das eine mal die Arteria
subclavia, das andere mal die Vena subclavia unterband, beide ^ 6
oberhalb der Clavicula unter sorgfältiger Schonung aller Aeste es
Plexus brachialis. Das Vorderbein litt also das eine mal. un
Blutüberfüllung, das andere mal unter Blutleere. Das hatte
sich keine Veränderungen zur Folge. Nun liess ich bald dar
das Experiment am Ganglion folgen, ich hatte dasselbe schon vo -
her blossgelegt, um nicht bei längerdauernder Unterbrechung der
Circulation ein Absterben des Muskels und der Nerven im Arm
zu haben. Hätten nun die Veränderungen darauf beruht, dass
1) die Blutmenge, welche durch den Arm fliesst, im Verhältmss zu
dem Einfluss der Nerven zu gross oder zu gering sei, oder &) das
durch das Experiment Stoffe gebildet würden, welche dem Arm
durch den Nerv zugeführt und durch das Blut nicht rase
genug fortgeschaft würden, so hätten die Veränderungen bei diesen
Experimenten vorzugsweise leicht eintreten müssen, kio tra en
aber gar nicht ein. Damit sind die Möglichkeiten, welehe sm
aus einer allgemeinen Beziehung zwischen Nerveneinfluss und D u
circulation ergeben, ausgeschlossen. (Schluss folgt.)
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»anaHaciiflH für Ohrenheitkutttfe <893, Wo. 12 A<>:\: *&t«i«tf. tootani «eitülv *><x*i .Je« Rs^*?r ~joe> Ltowi&s : »♦
K^Ue/'.fbTitiji: .. - |s!ri^f»clte-.' Äks«:.«? ;a^/^eheu% -teitt&tf«. »&
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14. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
II. Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Geh.
Rath Prof. Dr. v. Bardeleben und des Herrn Oberstabs¬
arzt Prof. Dr. R. Köhler im CharitAKrankenhause.
Zwei Fälle von Gehirnverletzung.
Von Stabsarzt Herhold.
Seitdem der Chirurg in der Lage ist, die von ihm gesetzten
Wunden vor Infection zu schützen, und seit Bergmann’s classischen
Arbeiten über die Kopfverletzungen und die chirurgische Behand¬
lung der Hirnkrankheiten sind Resectionen des Schädeldaches zahl¬
reich ausgeführt und veröffentlicht worden. Man braucht nur die
fleissige Arbeit von Wiesmann 1 ) durchzusehen, um sich zu über¬
zeugen, dass die Trepanation nicht mehr zu den seltenen Operationen
gehört. Wenn ich trotzdem zwei Fälle von Trepanation zur Ver¬
öffentlichung bringe, so geschieht das in dem Glauben, dass jeder
Beitrag, den die Chirurgie gelegentlich ihrer Eingriffe am Gehirn
des Menschen zur bis jetzt immer noch nicht ganz geklärten Streit¬
frage einzelner Hirnfunctionen bringen kann, von einem gewissen
Interesse sein dürfte.
Fall 1.*) Der Kranke, der 24jährige Tischler Sch., erhielt in der
Nacht vom 13. bis 14. September 1893 einen Schlag auf den Kopf — ob
mit einem Stock oder einem anderen Gegenstand, vermag er nicht anzu¬
geben. Er brach sofort zusammen, ohne das Bewusstsein zu verlieren,
und konnte etwa nach Verlauf von zwei Minuten nach Hause gehen. Am
anderen Morgen (14. September) wurde er durch einen Arzt verbunden,
am zweiten Tage nach der Verletzung (15. September) musste der Ver¬
band erneuert werden. Am Nachmittag dieses Tages trat plötzlich eine
auffallende Schwäche im linken Arm und Bein auf, die sich innerhalb
weniger Stunden zur Unmöglichkeit, die genannten Glieder zu bewegen,
steigerte. 36 Stunden waren ungefähr nach der Verletzung bis zum Ein¬
tritt der Lähmung verflossen. Am 16. September suchte der Kranke die
Charite auf.
Bei seiner Aufnahme auf die chirurgische Abtheilung des Herrn
Oberstabsarzt Prof. Dr. R. Köhler hatte der etwas blass aussehende Mann
eine 1 cm lange, von hinten nach vorn verlaufende Kopfwunde in der
rechten Stimbeingegend, und zwar etwa 1 cm nach vom und 1 cm nach
rechts von der Mitte der Sutura coronaria.
Die Wunde klaffte etwa 1; 9 cm, in ihrer Umgebung waron die Haare
rasirt. Die Untersuchung mit dem Finger ergab, dass Galea und Periost
durchtrennt waren, im Stirnbein war an der betreffenden Stelle ein De-
fect von nicht ganz Erbsengrösse, aus dem Defcct quoll eine röthlich-gelbe
Masse, welche für Gehimsubstanz gehalten wurde. Gelöste oder fest¬
sitzende Knochensplitter waren nirgends zu fühlen.
Lungen und Herz des Patienten waren ebenso wie die Abdominal¬
organe gesund. Im Urin war weder Zucker nocli Eiweiss. Das Sensorium
des Kranken war frei, Antworten wurden auf Fragen schnell und sicher
gegeben.
Die Pupillen waren beide mittel weit und reagirten gut. Im Ge¬
sicht waren Lähmungserscheinungen nicht vorhanden. Der Augenliintcr-
grund war beiderseits normal.
Der linke Arm hing schlaff zur Seite, die Finger standen
in leichter Beugestellung; weder Arm noch die Finger konnten
von dem Patienten bewegt werden. Ebenso wenig konnte die linke
untere Extremität in irgend einer Weise activ bewegt werden.
Passive Bewegungen waren an den betreffenden oberen und unteren
Gliedmaassen frei, doch bestand eine Muskelspannung, die deutlich
beim plötzlichen Beugen nachzuweisen war.
Patellar- und Tricepsreflex linkerseits etwas gesteigert, Fusssohlen-,
Bauchdecken- und Cremasterreflex links etwas abgeschwächt. Links
Fussklonus.
Sensibilität an der linken oberen und unteren Extremität sowie
an der linken Rumpfhälfte gestört, insofern als Nadelstiche von Be¬
rührungen der Haut mit dem Nadelknopf nicht sicher unterschieden
werden, stumpfe Berührungen werden meist für Nadelstiche
gehalten.
An der rechten Körperhälfte keine Lähmungen, Sensibilitäts¬
störungen etc. Fieber hatte der Kranke nicht.
An dem Abend, an dem der Kranke aufgenommen war, wurde die Um¬
gebung der Wunde rasirt und desinficirt; da Knochensplitter nirgends ge¬
fühlt wurden und auch sonst eine Indication zu einem chirurgischen Ein¬
griffe zunächst nicht vorhanden war, legten wir einen Verband aus
Jodoformgaze mit darüber folgenden weissen Compressen an.
18. September. Höchste Temperatur 38,2, keine Aenderung, keine
besonderen Schmerzen.
19. September. Höchste Temperatur 38,4, sonst wie Tags vorher.
20. September. Der Kranke klagt über Stirnkopfschmerz und hat
Abends vorher — fünf Tage nach der Verletzung — plötzlich Krämpfe
im gelähmten Arm und Bein bekommen, das Bewusstsein blieb dabei er¬
halten, doch trat Brustbeklemmung und Herzklopfen auf. Am Morgen
des 20. September stellten sich wiederum zwei Krampfanfälle ein. Es
waren langsame klonische Zuckungen im linken Arm und Bein von grossem
Ausschlag, sie dauerten etwa fünf Minuten, die Pupillen erschienen dabei
0 Ueber die modernen Indicationen zur Trepanation. Deutsche Zeit¬
schrift für Chirurgie 1885, S. 1.
a ) Der Fall ist in der militärärztlichen Gesellschaft zu Berlin am
<£o. Januar 1894 vorgestellt.
511
etwas erweitert, der Puls war unregelmässig, der Kranke nicht bewusstlos
Da nunmehr ein chirurgischer Eingriff indicirt erschien, wurde in ruhiger
Bromaethyl-Chloroformnarkose an der Stelle der Kopfverletzung die Haut
m senkrechter und querer Richtung in einer Ausdehnung von etwa 6 cm
gespalten und das Periost rings um den etwa erbsengrossen Knochendefect
zurückgeschoben. Mit dem Meissei wurde der Defect im Knochen bis auf
etwa Zehnpfennigstückgrösse erweitert. Nunmehr sah man unmittelbar
auf der von der Dura entblössten Gehirnoberfläche mehrere Knochensplitter
liegen, von denen ich im ganzen vier mit der Komzange entfernte. Die
Knochensplitter waren etwa 1 cm lang und sehr dünn. Da nach anti¬
septischer Abspülung des Operationsgebietes nirgends Fremdkörper mehr
zu sehen, noch zu fühlen waren, wurde der Verband angelegt.
21. September. Morgens 10 Uhr — etwa 17 Stunden nach der
Operation — konnte der Kranke zuerst den linken Zeigefinger, dann die
übrigen Finger und zuletzt den ganzen linken Arm bewegen. Linkes
Bein gelähmt. Höchste Temperatur 38,2. Ein Krampfanfall ist nicht
wieder eingetreten.
22. September wie am 21. September; am 23. September keine
Temperatursteigerung mehr.
25. September. Arm kann vollkommen erhoben werden. Anfangs¬
bewegungen im linken Bein — fünf Tage nach der Operation — Schleifen
des Unterschenkels auf der Bettunterlage. Pupillendifferenz ist ver¬
schwunden. Sehnenreflexe an den unteren Gliedmaassen noch deutlicher
als früher gesteigert, Hautreflexe beiderseits gleich; Dorsalklonus am
linken Fusse immer noch leicht hervorzurufen. Sensibilität: linkerseits
etwas herabgesetzt.
27. September. Erster Verbandwechsel. In der Tiefe gute Gra¬
nulationen, auf ihnen liegt lose ein kloines, einige Millimeter breites, 7a cm
langes Knochenbälkchen, es lässt sich leicht entfernen.
8. October. Patient ist ausser Bett — 18 Tage nach der Trepanation
— Sehnenrefloxe etc. wie früher; Fuss- und Patellarklonus links. Sensi¬
bilität links etwas herabgesetzt.
19. October, Gutes Aussehen der Wunde. Kraft der Arme und
Beine an beiden Seiten gleich, Sehnenreflexe, Hautreflexe, Sensibilitäts¬
verhältnisse auf beiden Körperseiten gleich. Fussklonus links nur noch
angedeutet. Patellarklonus nicht mehr vorhanden.
11. November. Wunde fast verheilt. Linker Arm und linkes Bein
dieselbe Kraft wie rechts. Kein Fussklonus mehr. Sensibilitäts- und
Reflexerscheinung beiderseits gleich. Patient wird entlassen.
Der Kranke stellte sich dann noch einige male vor; am 1. December
war die Wunde am Kopfe vernarbt, in der Mitte der Narbe fühlt man
deutlich den Knochendefect in einer Ausdehnung von etwa Fünfpfennig¬
stückgrösse, der sich daher wohl etwas verkleinert, aber nicht durch
Knochenbildung wieder geschlossen hat.
Es handelte sich in dem vorliegenden Falle um einen com-
plicirten Splitterbruch dos knöchernen Schädeldaches, der mit
Kranklieitserscheinungen des Gehirns einherging. Von einer pri¬
mären Trepanation wurde Abstand genommen, weil die kleine
Wunde im Schädeldach glatt war — Knochensplitter wurden nicht
gefühlt — und weil, dem Sitze der Verletzung und der erst nach
36 Stunden eingetretenen Lähmung nach zu urtheilen, eine Blutung
aus einem grösseren Blutgefäss, welche die Unterbindung des¬
selben nothwendig machte, ausgeschlossen werden konnte. Auch
die klinischen Erscheinungen — Lähmung des linken A^rines und
Beines — gaben zunächst keine Veranlassung zur Trepanation, da
der Gedanke an eine lokale Gehirncompression durch einen Blut¬
erguss am nächsten lag und da sich bekanntlich derartige Blut¬
ergüsse, wenn sie nicht zu gross sind, resorbiren, ohne nachtheilige
Folgen zu hinterlassen.
Nach einer statistischen Zusammenstellung von Bluhm 1 )
geben die primären Trepanationen bei Kopfverletzungen die un¬
günstigsten Erfolge, die secundären bedeutend bessere, die Spät¬
trepanationen verhältnissmässig gute.
Als sich in den nächsten Tagen die Lähmungserscheinungen
nicht allein nicht besserten, sondern sogar zu der Lähmung perio¬
disch wiederkehrende Krämpfe hinzutraten, welche auf eine Steige¬
rung der Erkrankung des Gehirns hinwiesen, wurde die Trepa¬
nation ausgeführt. Statt eines Blutcoagulums, das man erwartet
hatte, fanden sich vier Knochensplitter und eine Eiterung an der
unter dem Knochendefect gelegenen Gehirnpartie. Diese Gehirn¬
partie war die oberste Frontal Windung, wie aus der Abbildung
Fig. 1 (S. 512) hervorgeht, in welcher die Roland’sche Furche nach
der von Bennet und Godlee angewandten Methode 2 ) bestimmt ist.
Später wurde dem Patienten auch die nach derselben Methode von
Prof. A. Köhler 3 ) construirte Drahtkappo aufgesetzt und fest-
gestellt, dass die Verletzung etwa 7 cm vor der Roland’schen
Furche lag.
Wenn trotzdem die klinischen Erscheinungen auf ein Ergriffen¬
sein der Centralwindungen hindeuteten, so lässt sich in dem vor¬
liegenden Falle das dadurch erklären, dass wahrscheinlich die in
l ) Archiv für Chirurgie 1876 XEX, S. 506.
*) Albert Köhler, Ueber dio Methoden, die Lage und Richtung
der Hirnwindungen und -Furchen an der Aussenflächo des Kopfos zu
bestimmen. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie XXXII, S. 568.
3) Deutsche Zeitschrift für Chirurgie. XXXII,
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K£b$vftdi\m frii* df-ht m&ß HeheiloHmm )»yr~
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mm «fcutö Oi? TMiufrf lftfe'töu Uns umg^i-e.nOeü Kntfdsnniwtos lag;
h-ir vt.rdM-U: Uicitil 4<* }üind}«mdd<v^s »MTn* Riugürbrniio hiiikr
dvr rmomtnuM,, O^V'ttOjOifrliv v,;u‘^tv;» 1 [/*. Ffri^ufrnntmrvcm dnr.f%U0i{-
utik' ctdiVnji), pät! '«uimodrtkkh» Ki>^ 3 f ^\Uish aoigf« drei Fisr-mren
tuid s30 ft>d riikdidH; ji.tjn* Oü n'iil : > T moty FitSvalöritUa fäclit hfflitt*»
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Kxlcir^S'jiutfroTu nv tu’# rii«f (3»d|influ^
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NiHTinciir udoui: mir. r-öi <0*:n hfr-vaiurittm _«(i»?: rivckie Knochon-
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Wfütt g»xMüUnto üs v»'»>r ; i|iMV'ö!utfriiiiv 4i^ TnfejÖSr \u-
k’i^u Io iifu'h tfrtWf *n-x •Äu.sdOfrniHig nls do*« tAuOing des vinjr» »irücktwi
•suirk»^ t-oK^uofr. »tnd »‘e ^ptilnfi ^M-kutsum jvn:li isefru hkiat n*.
Art T»frnki'hdormt .myrthüi'undi- KjV’»’ht'n?piiUür enltok wt-lch»»
F'üct uuil Ki»»joUnir,i]'dt-nj iji&vu i)Jo l»imi s dm utut in einer
An.sdrvlMtim^ vöh iijior pt^Miwrk’KtrtL'kVi*^ 0 kdltjg, pulskte. und z*>kfe
id:s :juf' i m t* l\v h yi.tH’JJUttdvlkopfgrop?.»^- von tO&efti ffuörüi Kiicn^frty^^p.Uit.t.r
t/i - l.mli, »iulil-‘ k»„!>kk »Mit- ins wi»r«t. . V «rfr.n.i
nuiV» juifJiiit ai nodi dt«* ilnutwümlc «Jurrlj. »4n.ii/n NiUdo T^rklfinert
.‘,v>vr. Am i , u!irt , f».‘1« , ti. ; T«Ä <V "nmm bß^uifkl-ö VoriOuktruitgeii • uii. den T^lits-
soi%tm l/xfwnmtd i oü 11 / 11 ;$ mcht w«i« Wfl rsohäa wun
Vmm ilTuo dri nmWiht Imn RvnU- (fr> ivffrttm He/mrs .(fenjßeft m bemerk» u
<v < l; Hin-h rt\v,i >’ t-« n in'!< (los v- «iti c üt >> «H»‘s(dfro Kn», fl. Wl«‘ «Utri
limkc. • N\u.‘b fünf Tagen wvetj sÄmnitUclin Stikmngon dm' eiliilitilt. das
Ta&K T'<tiipor*tt»r- und J>t<ir3p?imos. nadi ^fdwi Tagen abf*f »i?st die des
Aliiskri^nk Vofsd»wim;i!-u. i ne moFmstihe Sr.lnvivdb.ft'-. ilön reßtov Arm?
iiHdete Afr;fr stdji- ^p- 1 laiu/sanior als die do^ 3S#jni»s ^üfitfrda #itc|i vier
Heiim-.-mrunt imi.fi!> idtirv
gclt'etmi u'y.h , *
l-iiiolün liuks .iüf*i'«is»iOiMii'n Bau! ndWn weisen ;mi iIj^oUm- T»?.H-
hu riu* hin :-;
Hi»* oioit/ermtü- der Holirienimlli^o an »km Imkrii F-vjirmii.lit
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Kranken nnr i/ering Turlmmjeu m tumik sinfr »luru nf sfui-
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14. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
dem Innern der Schädelhöhle. Später wurde auch diesmal der
Kranken der Köhler’sche Cranieneephalometer aufgelegt und nach¬
gewiesen (siehe Fig. 2), dass der hintere Bruehrand des be¬
treffenden Scheitelbeins bis an die Roland’sche Furche ging und
durch die Verletzung das vordere Cenfcralläppchen betroffen sein
musste. Dem mehr lateralen Sitze des Knocliendofocts entsprechend
musste am meisten das Armcentrum getroffen sein, dieses wurde
durch die Krankheitssymptome bestätigt, da das rechte Bein sehr
bald seine volle Kraft wieder erhielt, während der Arm erst nach
einer gewissen Zeit gebrauchsfähig wurde. Dieses letztere Mo¬
ment weist auch darauf hin, dass es sich im Bereich des Arm¬
centrums nicht blos um eine vorübergehende Gehirncompression
sondern um eine damit verbundene Contusion der Gehirnmasse ge¬
handelt hat. b
Die primäre Trepanation war sowohl wegen der sicht- und
fühlbaron Knochensplitter, als auch wegen der Lähmung der
Extremitäten indicirt, welche letztere als eine Folge der lokalen
Gehirncompression durch das niedergedrückte Knochenstück ange-
sehon werden musste. Der allgemeine Gehirndruck hatte sich trotz
des ziemlich grossen niedergedrückten Knochenstücks ziemlich
schnell wieder ausgeglichen — nur etwa 20 Minuten war die
Kranke nach Aussagen der Augenzeugen nach der Verletzung be¬
wusstlos gewesen.
Dass in dem zweiten Falle ausser Motilitäts- auch Störungen
des Berührungs-, Tast-, Temperaturgefühls und des Muskelsinns
vorhanden waren, weist, wie im Falle 2, wieder darauf hin, dass
die Centralläppchenregion nicht allein die motorische Zone des
Gehirns darstellt, sondern dass hier — wie es Munk 1 ) nannte —
auch eine Fühlsphäre vorhanden sein muss.
Nachtrag zu Fall 2. Am 18. April: Dio Patientin hat sich
wider Erwarten sehr erholt. Die Infiltration der linken Lunge ist
zum Theil zurückgegangen. Dio Kranke ist jetzt — 6 Wochen
nach der Verletzung — den Tag über ausser Bett, der rechte
Arm hat fast ganz dieselbe Kraft, wie der linke.
III. Aus dem hygienischen Institut der Universität Bonn.
Zur Aetiologie und Diagnose der Influenza.
Von Dr. W. Kruse, Privatdocenten und Assistenten des
Instituts.
Nachdem die bacteriologische Forschung, betreffend dio Aetio¬
logie der Influenza zur Zeit der grossen Epidemie von 1889/90
nur negativo Ergebnisse zu Tage gefördert hatte, machte
R. Pfeiffer 2 ) im Anfang des Jahres 1892 die Mittheilung, dass
sich im Bronchialsecret Influenzakranker regelmässig, nie dagegen
im Blut, derselben ein ausserordentlich kleiner Mikroorganismus
von bacillärer Form vorfände, dessen Züchtung grosse Schwierig¬
keiten bereitete. Erst nach längeren Versuchen gelang es dem¬
selben Autor 3 ) einen günstigen Nährboden zu finden: auf Agar¬
flächen, die mit frischem Blut verrieben waren, konnten die
Influonzabacillen beliebig lange fortgezüchtet werden.
Seine Angaben hielt Pfeiffer auch den abweichenden Dar¬
stellungen von* Kitasato 4 ), Canon 5 ), Bruschettini 0 ) und
A. Pfuhl 7 ) gegenüber aufrecht. Die erste Bestätigung der
Pfeiffer’schen Aufstellungen erfolgte durch Weichselbaum 8 ),
der bei fünf Sectionen von Influenzapneumonieen die beschriebenen
Bacillen, und zwar fast immer in Reincultur nachweisen konnte,
pi I^hl 9 ) gelangte weiterhin zu Resultaten, die insofern mit den
j feiffer’schen Befunden liarmonirten, als er in Leichentheilen von
Individuen, die an Influenza gelitten hatten, Bacillen mit ähnlichen
^ Munk, Functionen der Grosshirnrinde 1890, S. 32.
) R. Pfeiffer. Vorläufige Mittheilimgen über die Erreger der In¬
fluenza. Diese Wochenschr. 1892, No. 2.
\ R- Pfeiffer und Beck, Weitere Mittlieilungen über den Er¬
reger der Influenza. Ebenda 1892, No. 21; und Pfoiffer, Die Aotiologie
der Influenza. Zeitscbr. f. Hygiene XIII, S. 357.
n . ) Kitasato, Ueber den Influeuzabacillus und sein Culturverfahron.
Iheso Wochenschr. 1892, No. 2.
) Canon, Ueber einen Mikroorganismus im Blute von Influenza-
ranken und Ueber Züchtung des Influenzabacillus aus dem Blute der
iiüluenzalo-anken. Diese Wochenschr. 1892, No. 2 und 3. Ferner
t! 16 I^ueazabacillen im lebenden Blute. Virchow’s Archiv,
131. Bd., S. 401.
p ur ^ Rruschottini, Ricerche bacteriologiche sulTinfluenza uudweitcro
1 ubücationen. Riforma medica 1892, No. 23, 66, 141; 1893, No. 141 u. s. w.
yt Beitrag zur Aetiologie der Influenza. Centralbl. f. Bact.
aj, No. 13.
t, . Weichselbaum, Beitrag zur Aetiologie und pathologischen Ana¬
tomie der Influenza. Wien. klin. Wochenschr. 1892, No. 32 u. 33.
. r * i Bacteriologischer Befund bei schweren Erkrankungen
isao'wnn 176118 ^ 131118 ,m Verlauf von Influenza. Berl. klin. Wochenschr.
1892, No. 39 u. 40.
513
morphologischen und culturellon Eigenschaften eoustetirte: freilich
lagen dieselben nach Pfuhl wesentlich iu dcu Blutgefässen be¬
sonders des Hirns und seiner Häute, in denen Pfoiffer sie nie-
mals gefunden hatte. Auch Canon gab in einer späteren Mit¬
theilung zu, dass die culturellon Eigenschaften der Influenzabacillen
den Angaben ihres Entdeckers entsprächen, bestand trotzdem aber
darauf, dass sie, wie er ursprünglich behauptete, im Blute der
Kranken, und zwar manchmal recht reichlich, vorkämen Neuer¬
dings haben Huber 1 ), Albu 2 ), Bäumler 3 ), E. Neisser 4 )
Borchardt 5 ), Chiari 6 ), Pribram 7 ) in den durch die Epidemie
des letzten Winters gelieferten Influenzafällen mehr oder weniger
constant die Pfeif fer’schen Bacterien gefunden. Ich selbst
konnte dieselben zuerst in einem für die klinische Diagnose
zweifelhaften Falle in Breslau (November 1893) mikroskopisch aber
auch nur in geringer Menge im Sputum constatiren. Durch dio
Freundlichkeit Prof. Finkler’s habe ich hier in Bonn Gelegenheit
gehabt, die im Friedrich-Wilhelmsstift vorkommenden Influenza¬
erkrankungen und ausserdem eine grosse Anzahl anderer Affec-
tionen der Luftwege bacteriologisch zu untersuchen. Ich benutzte
dieselbe um so lieber, als meine vor vier Jahren gemeinschaftlich
mit I ansini und Pasquale in Noapol durchgeführten Influenza-
studien resultatlos geblieben waren. Den Schwerpunkt bei unseren
Untersuchungen 8 ) hatte ich damals auf die Culturmethodo gelegt
und namentlich grössere Blutmongen (in 50 Fällen) sowie den
Auswurf (30 Fälle) zu Agarplatten verarbeitet. Dass der Erfolg
der Züchtung sowohl aus dem Blute als aus dem Sputum damals
ausgoblieben war, erklärte sich durch die Pfeif fer’schen Angaben
leicht. Ebenso stimmten die Ergebnisse, die ich in Neapel bei
Durchmusterung zahlreicher Blutpräparate erhalten hatte, durchaus
mit den späteren Ergebnissen des Berliner Forschers überein.
Schwieriger war es für mich, mir den negativen Ausfall unserer
mikroskopischen Untersuchungen des Influenzasputums zu erklären,
wenn ich die Richtigkeit der Pfeiffer’schen Darstellung voraus¬
setzte. Mit um so grösserem Interesse nahm ich daher hier in
Bonn das Studium dieser Krankheit wieder auf. Sehr reichlich
floss das Material allerdings nicht, da die Intensität der dies¬
jährigen Epidemie sowohl in Bonn, wie im übrigen Deutschland
im allgemeinen keineswegs den Vergleich aushielt mit derjenigen
des Jahres 1889/90.
Im ganzen standen mir 18 Fälle zu Gebote. Meist waren es
primäre Erkrankungen, einige betrafen Hospitalinfectionen bei
Patienten der chirurgischen Station, andere solche bei Phthisikern
der inneren Abtheilung. Alle Kranken, die ich zu untersuchen
hatte, förderten in einem früheren oder späteren Stadium echt
bronchitische Sputa zu Tage, auch diejenigen, bei denen gastro¬
intestinale Symptome im Vordergründe standen. Bei vier Patienten
konnte man auch pnoumonische Erscheinungen constatiren.
In allen diesen Fällen war es mir möglich, die An¬
wesenheit der Pfeiffer’schen Bacillen im Sputum mikro¬
skopisch und durch die Cultur festzustellen. Die Unter¬
suchung der getrockneten und fixirten Dockglaspräparate des Aus¬
wurfs geschieht am besten nach Färbung mit einer verdünnten
Fuchsin- oder Carboifuchsinlösung (z. B. Ziehl’sche Lösung 20mal
verdünnt), dio man der Verdünnung entsprechend längere Zeit
(z. B. zehn Minuten) lang einwirken lässt, dio Darstellung der
Influenzabacillen gelingt aber auch mit den anderen bekannten
Anilinfarben, nicht nach der Gram’schen Methode. Entschieden
gehören diese Bacterien zu den schwieriger färbbaren Mikroorganis¬
men; sie sind ferner die kleinsten Bacterien, die bisher gezüchtet
worden sind. Ihre Dicke entspricht, wenn sie gut gefärbt sind,
etwa derjenigen der Schweinerothlauf- (Mäusesepticämie-) Bacillen,
ihre Länge ist aber meist bedeutend geringer, vielfach ähneln die zu
zweien zusammengeordneten Exemplare lanzettförmigen Diplocoecen,
bei schwächerer Färbung kann auch der einzelne Bacillus in der
Mitte eine Vaeuole darbieten, die ihn als Doppelcoccus erscheinen
lässt. Längere Exemplare, und sogar Fäden aus mehreren Bacillen
zusammengesetzt, kommen vor. Auch kann man eine gewisse
Variabilität des Dickendurchmessers beobachten, einzelne Individuen
können unter Umständen der Grösse und Form nach von Pneu-
moniediplococcen kaum unterschieden werden. Im allgemeinen ist
aber zwischen diesen beiden Arten von Mikroorganismen keine
Verwechselung möglich. In den typischen Fällen sind dio Influenza¬
bacillen so gleichmässig gestaltet und in so gewaltigen Mengen
9 Huber, Zeitschr. f. Hygien. XV, S. 454.
9 Albu, Diese Wochenschr. 1894, No. 7.
3 ) Bäumler, Münclrn. med. Wochenschr. 1894, No. 4.
4 ) E. Neisser, Referat über die Sitzung des Vereins für Heilkunde
in Königsberg. Diese Wochenschr. 1894, No. 4.
b ) Borchardt, Berl. klin. Wochenschr. 1894, No. 2.
e ) Chiari, Prag. med. Wochenschr. 1893, No. 52.
7 ) Pribram, Prag. med. Wochenschr. 1893, No. 52.
8 ) Centralbl. f. Bactoriol. 1890, VII, No. 21.
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Original fro-rri
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[ Sjif.r.j- -hcst'i; ijwstimdhn wgr schon .eine Zuntisfhung von SemA<3u i
*,* dm<!«•*• UiiDvege uivlit aasg(wvh!ossen ; vovaus-
Sjgfe/ As,., nfKtlwM.pl nin Tieol de- Spuloow an- den Ikonohmn
ViemnUe Aussmlcm war ntir in >wU< oeo buMow. ehm wibdei nutie.
Ikdr.Wwimhe deu-dben Kranken nroirUoin Dmode di-w- leiziere
habo oii iuor in Polin iöngme Znn d.nehh'llirrm können Du hm
ninh .denn ergeben, doss zwar momdmm! die liillHonznl»amUon
ifoii&bre Zeit in irin^nojj Muugen und in Ibjuwultur im Aoswuri
orselehiuni, ilass :th. r m»oV»visriu • bwv-hre-h.-mc iyni-.Ho; Hjtii
tmtz Fortdauer «kr ~Ki'nnkin>k<n'fwkniim i\^u mar Ct>i id.urgömBu
un (tritt odnr sogar -^iz :nn.i. : il.! Ütwü -ami «1 'in- m-
llu.Mizahy('ili* 1 M *» -dkuS es uibo-dionA iUrsibih-i»ftfte;. w«W über¬
haupt Answin I ^rUmoien M «in- «in.r.bkn’, .nl-^ Inn, ( iMuv
mmi in (»unsolkw iVaimr odnr. spofm .«.ikj-o^innn-öb n:n-it>.on • ro-r
So. 1 köiun-n. dofiii »‘ii^woUnr spü-Hfnln ;u>*o ttv'nh ;«1 - nnnnvo [.«nwAnkmir
r«fe.pQHE .MBPinNisotR mcnwfsmmn. ^ *24
tfUd M von mir in zahlm-klion Vb’rsu' imu |*r]i}‘Aht iv»r*k<V Unkt
?yi$n üimrivrtnn von fpemdon Oolmlknh % unfor fi m
M’iknwkvi» in «iinsnr Jnmht ein«« vrroinzoiio ItiOunnznenioni««'.
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Uinntäinln) in» C^itiinrin w««m- xilmimh itiu T3i>rt- -
k{iriHvrot»«d«s ( -l(U 1 Ut atü' d«n f*bj,ik «link tkuL- diif - Aiter d«;f
[HaHn kr« Toa r nnoUi-M»« no^ int Böhr svirht.ij^ i^t iVnon- Qdrnh
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Stdrwxem^a^b^iai^uv- m m ^ !. ‘dum ttWz
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Hl diesen I iUixrhi.fim ?iijnn< hmitmkl man zusdondi Zcmhnn <hn' i
I IrAj'mie.i'iiln.viv ;so dirma; ;-“tn i:irr(-u sjeli s«:4iw «voi dri> |duiOja*i' I
und ijohmem u?)i*aij:dl«ui<nig<*rA ' dnn-nsimam an, Ni«-kt s«vlt«*n £<dti j
nut, dom VorBnltwiiidou dnt- fa'ifluonnaUatitiaii das AuEtrotao mn--r
nm>f«n ihicU>ri«Mimb mul zwar von SIrvi» f »‘.‘«un ««n Kami in Hand. !•
hin Tljuil dbt -ilimvn iuadhriolwnisuin'n Hi.ml.)Hehk«ntt?W ahoi j
iiiilimnza ««rliiruA -i« h ;ins «lu-sm* ThaisaAn-. Nh ivt dami; zu un : - t
woi-iisedn sind HiidoHi FklU% in denmt von Y«»riiU'eiiiiii die IaOumizör :|
luimilnin vormihfit wjtpdaiv-* -i«4i li«nniitn fo|>ätor and divsn zurdnh. (
Bin hü rer on d ott m'Gjm Hvr Hi lirt du» ZJirh.t üivo- zfim j
A ü «■■ n wri ' dar lind u n. w v, a ho« i i I ** n. l)i«.s«dJm-^idinrcl hur, o.ni- j
spmd|l(iiul «!nn I* «v» hrof A<h<ai .Anu,>hnu Inn hölua«'! TmnjmVHkur !
mnl 7.WUI- mitWeahu-. V. i-nn «ann d:«s l»»icUln'wti«*H \-iy ■/.' jiirm.’ :
wio Sputu/ii, Uavrrm ut'iu-i , <lin-l-;t ;»uf di«* «IhmdUhdu 1 un^Aob I
uVdi«-l]»-o N;iln-ho-{»-.>i a»HM-rri-dtt, oder muh VmaUhiüMon -«Ins Ans- |
^atiSfKlfiiiioi'ifils, Vi ? n 4 ih ndUO dio d )b«\Uhd« hb von N^Mirjhiöi} VlfRliiU/Zt , {
dio mit i'Aih'e.m I..U 01 . akä}i Iduihuh-r-.U vorantzd. sind. Am prak- |
hst.hslmi bahr 't«*U ns jjc«’bimlou, naidi EM'rM'iof d«\n ^m.vadmhrin'ui j
Agßl .lull Tnuhnnlditi .741 hosh«d< it( n. Mit l»d. Itii « M i)\m aoilnvi
os tuii’h oini^ra* LAdmn*i, mit- «Id* 'irndocn Fhtg'idvötie idtto)* Tmihu
Birdnionamn djo ! hr Utuin ; * / l; i 1 aijsr«doiuaö sba-ii v.u imi-unVuiMob .
Zur isoh'rm»i£ der Jnllueitzaha<>j}l*a} UThiliro ich in tidifomh^r \V>hr: A
M.hrm-n lUHirrheii 2%di>-*n Ndhva^at.k wmdnn mu-h. Ahmii^srt) des
3.ni OrhAdn miviusmum'dfnn ('Vuojmiswassf.rs 'voiJUkShrt and hidhs
ih FutiPi’>,-j5n Sultaleti IhuHua h dass ivli sm niultk
soiort sohluvsKn, so.ndn’i» «mlur uiimr ' dasaroi'ko sirli ahkdliloP
lasse, ujyiojo mh u.iim sf^vkiuo V«'Mlun dun^ mol vejdiüt.n «las ttani)-
tpüj£|a?he .von *(A;iidi v iifjWt^»s«>r: * l>arai wird, j nit* tdnerti
'WOhnjivhmi im AbwiHpim«]) f IA u= uhp in au f r ] '„■» u b ön Kl u i. aUl di»*
i.d»ui'flunhi‘der :> ourplaButv ri«,iinn. fr» dm stdhnn W ! ds«\ wiu-dnr
mittels Plunids, m*hd£t diu AAridmiluh^ (ips mir Influenza zu
jiriUendihi Matei’ials nutwodm- lürtiktoüdnr imudt A'ilsuliwmunmi*^
in etwas steriler Bouillon Von der trefi&nn Platte wird mit
vihmn uenofi Finsid -Hvciif. M atnriiOA j&O&QWHitw: diili imf hwuvf
ZWidtCO ' hhtt-Uilltimm l’UHfo ;« uhw■ b, *■ it ■ -i l\ h. m \i_3t >!u-se Vt « t -k
nihiilti fsiau hellehj^u • Verdfiiindn^hfi-,-: .Xhir>AA»FtilteliB.dle^t i ''
iriethodo ^oy;.o?fflhe,r dwn vou Pto=iI’tb r tui^owoinh>toü Ynidahiam
der Zu.rht n.ui 'avii \W Ikafii
1 1 für ^jitH'Ci/ddj^ieVS-Mh.lFbi-.
mmmm. n hphpi- v bbw-.-.jbi p ^ ^
-iriuheii: da or^ai* sieh <lu^ ouurwarfeiie .Husuliaf. da^s aus dom
FAtor einer ^thsz«*ö ieitYh!r*jic. uiid iu Ä^huliitur. .
bmUjleji wüohsdö!. itehHidthtr ■• Brks 4 «o|iknhfi
iin Influenza hat.i.o \ Atu-nt svahrem) des Uebuusaii-ht ^rhul-eb, pur war
der KriU'trvi'ir.dMn dei letzuu« Ze.it. üutfelleCsd sohrn.l' eine.mr« tun
Die W eiHiry,ii'vfj-iainc (ky fMAUfeh >‘*m; den Dt/tfcton tuhs. .uat
k * * > 11 * Seli\\i'*riüteu«'ii. wette imm Ami ;u. 'Üh .Pi « 1 1 Her M'htu \ «u*
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1^- J un |- ^_ ; _ ^_DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
zuweisen, sie tragen aber deutlich den Charakter der Degeneration*
die Cultur gelingt manchmal noch nach Wochen. Diese örtliche
Affection bei Kaninchen, die von Pfeiffer nicht erwähnt wird
scheint mir für die Influenzabacillen durchaus charakte¬
ristisch zu sein; ich bin ihr sonst nirgends begegnet Die histo¬
logische Untersuchung lehrt, dass es sich hier um eine dichte
eitrige Infiltration des subcutanen Gewebes handelt, der — zum
Unterschied gegen die gewöhnlichen Eiterungen — die Eiiischrnol-
zung des Gewebes erst sehr spät oder auch gar nicht folgt. Eine
Analogie mit den durch die Influenzapneumouie in der Lunge, be¬
dingten Processen ist nicht zu erkennen. Im übrigen hissen sieh
wegen des fehlenden Wachsthums der Bacillen diese Thierversuche
für die Pathogenese der menschlichen Influenza nur in beschränkter
Weise verwerthen.
Meine Darstellung stimmt in allen wesentlichen Punkten mit
den Angaben R. Pfeiffer’s überein. Den beschriebenen Bacillus
habe ich in allen 18 Fällen, die schon vorher als Influenza ange¬
sprochen waren oder bei denen erst nachträglich diese Diagnose
gestellt wurde, gefunden, bei einer doppelt so grossen Zahl von
Patienten, die an anderen Affectionen der Luftwege litten, dagegen
nicht. Dass einige „atypische“ Erkrankungen, die man ohne den
Befund der Bacillen vielleicht nicht als Influenza bezeichnet hätte,
unter den positiven Fällen waren, kann bei den Erfahrungen, die
man an anderen Infectionskrankheiten gemacht hat, nicht Wunder
nehmen.
Ausserordentlich beweisend sind für mich einige Fälle, in denen
die Influenza zu schon bestehenden Krankheiten über Nacht hin¬
zugetreten war. Ich bekam das Sputum als das eines gewöhn¬
lichen Phthisikers zur Untersuchung, constatirte darin enorme
Mengen von Influenzabacillen — zur selben Zeit traten bei dem
Patienten Fröste, Temperatursteigerung, Kopfschmerzen und alle
übrigen Symptome der Influenzaorkrankung zu Tage!
Wenn auch nach den bis jetzt vorliegenden Untersuchungen
kaum noch an der ätiologischen Bedeutung der Influenzabacillen
gezweifelt werden kann, so ist die Pathogenese dieser Krankheit
doch durchaus nicht als klargestellt zu betrachten. Selbst für
einen Theil derjenigen Fälle, die als katarrhalische Influenza be¬
zeichnet werden,, muss der Nachweis noch geliefert werden, dass
wenigstens an irgend einer Stelle auf der Schleimhaut der Luft¬
wege zur Zeit des Höhepunkts der Krankheit Mengen der Bacillen
zur Wucherung gelangon, die das charakteristische Bild der
Influenzavergiftung erklären können. In meinen Fällen habe ich
dieso Forderung nicht stets erfüllen können, ebenso wenig an¬
scheinend wie die übrigen Autoren. Theils mag das daran liegen,
dass man das katarrhalische Secret nicht zur rech Hm Zeit zur
Untersuchung bekommen hat, theils daran, dass die Bactericn-
vegetation an Stellen statt hat, von wo aus das Secret nur un¬
vollkommen oder stark gemischt mit den Productcn anderer Schleim¬
hautflächen herausbefördert wird, also zum Beispiel in deu Neben¬
höhlen der Nase, in der Paukenhöhle und besonders in der Lunge.
Bei den in diesem Jahr von mir untersuchten Fällen von Influenza¬
pneumonie habe ich, soweit es sich um frische Erkrankungen
handelt, die Bacillen im Sputum zwar nie vermisst, sie allerdings
meist vorliältnissmässig spärlich vorgefunden. In den späteren
otadien dieser Affection habe ich mehrfach trotz andauernder
Bemühungen umsonst nach den charakteristischen Mikroorganismen
gefahndet, statt deren aber manchmal ausschliesslich Streptococcen
gefunden. Es haben also hier, wie in anderen Influenzafällen,
secundäre Infectionen Vorgelegen. Viel schwieriger liegen die
Verhältnisse für diejenigen Influenzafalle, die ohne katarrhalische
Erscheinungen in den Luftwegen verlaufen. Rein gastrische Formen
nabe ich nicht beobachtet, aber auch keiner der übrigen Autoren
“ in solchen Fällen bacteriologische Untersuchungen gemacht
zu haben. Die Möglichkeit, die Influenzabacillen auf der Selileim-
naut des Magendarmcanals zu finden, läge vor. Bei den soge¬
nannten nervösen Formen der Influenza ist uns damit auch nicht
gedient. Wo sollen wir hier eine Localisation der Bacillen
annehmen? Ich bin zwar durchaus nicht der Meinung, dass das
• °/ nmen der Influenzabacterien auf die Schleimhäute beschränkt
18 ? eben so gut wie bei Diphtherie, bei Cholera und bei Diplococcen-
pneumonie die specifisehen Erreger zum Theil ins Blut übergehen,
jird es bei der Influenza der Fall sein. Es ist das aber nach den
u eremstimmenden Angaben der meisten Autoren in irgend erheb-
icnem Maasse nicht die Regel. Nach dem negativen Ausfall
emor eigenen einschlägigen Untersuchungen von 1890 hatte ich
ese ?.™ nicht das Bodürfniss, der Frage näher zu treten,
fl ,. Ue ber Influenzabacillen in inneren Organen, namentlich im
iT at ^ s ^ er nur ,A. Pfuhl berichtet. Die Bestätigung dafür
R« 1 • , a bzuwarten. Vorläufig scheint es mir nicht ausserhalb des
j s d er Möglichkeit zu liegen, dass auch ohne eine Localisation
7 nfan j n * n * nneren Organen, speciell des Nervensystems, die
e der nervösen Influenza eine Erklärung finden könnten. I
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Verstockte Wuchormigsheerde der Mikroorganismen auf den Schleim¬
häuten der Luftwege können trotz Fehlens manifester katarrhalischer
Erscheinungen vorhanden sein. Eine besondere Disposition der
ergriffenen Individuen dem specifischen Krankheitsgift gegenüber
erklärt vielleicht die besonderen Erscheinungen. Auch bei anderen
Infectionskrankheiten kommen ähnliche Symptomo vor und dürften
in der gleichen Weise zu deuten sein.
Für die epidemiologische Auffassung der Influenza sind die¬
jenigen Beobachtungen besonders interessant, die dio lange Per¬
sistenz der Influenzabacillen in manchen Krankheitsfällen
belegen. Bei zweien meiner Patienten linde ich zum Beispiel noch
jetzt, das heisst vier Monato nach dem Beginn der Krankheit und
etwa zehn Wochen nach dem Schluss der. Epidemie, die genannten
Mikroorganismen in den Sputis. Eine Aenderung in den Eigen¬
schaften der Bacillen ist hier eben so wenig, wie bei den Monato
lang m künstlichen Nährböden gezüchteten Bacterion zu constatiren.
Der Schluss liegt nahe, dass diese Mikroorganismen noch durchaus
infectionstüchtig seien, also unter günstigen Umständen eine neue
Epidemio entfachen können. Die Aussichten sind dafür allerdings
gerade nicht grosse: erstens ist dio Zahl der speeifischen Bacterion
in den Sputis jetzt unverhältnissmässig viel geringer als bei
frischen, reinen lufluenzafällcn, zweitens dürfte die Empfänglichkeit
der Individuen für die Infection augenblicklich keine grosse soin.
Der im allgemeinen milde Verlauf der diesjährigen Epidemie scheint
das zu beweisen. Ob wirklich die Ursache hierfür in einer gewissen,
durch die frühere Epidemie erworbene Immunität der Bevölkerung
zu suchen ist, ist, experimentell bisher nicht entschieden und wird
auch durch Thierversuche nicht leicht auszumachen sein. Jedenfalls
erklärt sicli das plötzliche Aufflackern der Seuche nach längerer
Latenz am einfachsten, wenn man annimmt, das in einzelnen Fällen
der Krankheit, sich die Krankheitserreger ausserordentlich viel
läuger, als man bisher nach den klinischen Erfahrungen anzu¬
nehmen geneigt war, im lebendigen Organismus erhalten. In der
Anssenwelt liegen die Bedingungen für die Conservirimg des In-
fectionskoims sehr viel ungünstiger.
Die Diagnostik hat durch die Ivenntniss der Pfeiffer’schen
Bacillen erheblich gewonnen. In zahlreichen Fällen kann man die
Diagnose schon durch das Mikroskop mit Sicherheit stellen, in
zweifelhaften bringt oft die Cultur auf Blutagarplatten die Entschei¬
dung. Es ist, zu hoffen, dass ein systematisches Studium der
katarrhalischen Affectionen der Luftwege dazu führen wird,
in der ätiologischen Auflassung derselben Ordnung zu schaffen.
Nach meinen eigenen allerdings bisher nur beschränkten Erfahrungen
giebt es infectiöse Nasen- und Bronchialorkrankungen, die in dem
klinischen Bilde mit der Influenza viele Aehnlichkoit haben, aber
auf andere Mikroorganismen, zum Beispiel Pneumoniecoccen,
zurückzuführen sind. Dasselbe dürfte von manchen Formen von
Bronchopneumonie gelten. So giebt R. Pfeiffer an, in drei Fällen
von tüdtliclier Lungenentzündung nach Diphtherie Bacillen ge¬
funden zu haben, die in ihren morphologischen und culturellen
Eigenschaften den Influenzabacillen ausserordentlich nahe standen,
sich aber docli deutlich von ihnen unterscheiden Hessen. Derartige
Pseudoinfluenzabacillen habe ich hishor vergeblich gesucht.
Auch manche Formen der Streptococcenpneumonie scheinen
klinisch der echten Influenzapneumouie sehr ähnlich zu sein. Mir
liegt hier aus Bonn ein solcher Fall vor, den ich während längerer
Zeit genauer verfolgt liabo. Influenzabacillen wurden stets vermisst,
Streptococcen von nicht erheblicher Virulenz dagegen regelmässig
und meist in Reincultur im Sputum gefimden.
IV. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.
Der äussere Milzbrand des Menschen.
Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik.
I. Einleitung und Pathogenese.
Eine derjenigen Erkrankungen der Menschen, welche, obgleich
sie nicht so selten beobachtet wird, stets noch in Betreff ihrer
Therapie den grössten Gegensätzen unterworfen scheint, ist der
Milzbrand dos Menschen, speciell dessen äussere Form,
welche sich als maligner Carbunkel, als Pustula maligna zu
erkennen giebt. Ich glaube, dass es deshalb am Platze ist, einmal
genauer das, was bisher über die menschliche Milzbrandpustel be¬
kannt- wurde, zusammenzustellon, um vielleicht, auf Grund dieser
Einzelbeobachtungon, die sich in der Litteratur verstreut vorfinden,
zu einem Resultat zu kommen, wie man sich ihr gegenüber ver¬
halten soll, vielleicht dass auch pathologisch-anatomische und
bacteriologische Ueberlegungen auf Grund dieser Beobachtungen
zur Feststellung einer prüeisen Therapie beitragen helfen. Da ich
durch die Güte meines hochverehrten Chefs, des Herrn Professor
v. Bramann über eine Reihe von schweren Milzbrandinfectionen,
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auch h\m kmBhm mid rilvit« TA .. zwack mibfthfte 'Thhnipm «In*
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tVhhr£Xhg. - Wir Ad um mtifttb, duss ilv> ttmh-Rdtüok« Otg3h%mk;
AÄ/.h'/dmA MiKIitiilV* üv^r Hrziti^iv^Ti Kunst iHJt fe Krankheit. fertig-
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•Ki-iitv Htdbb 7W Kji'nnldr^it^dtdurb, \v«*Mdv warn ntte My.pt*fr-
•irbb^H^^:>iftpt{cdAn$i^ odor , C »1K l ui^^tirialni.vkbb? 1 A •h*£«iph.unt> hüRth
wm-,1 m }\U mri Werk erkannt. 1 >tc?e Krlftontmugoift verluden
»nout mdb üout- um! v.niti L'Tiftst^.'»! ?heü i**':)t. uhd ufl* um rnan •
is^thiyftüifc--<hy&'--{Wc hiul duilir. $<■ ^uhfe •N-jd-ni’r jlw. yxMb^ö;lb,'i.li.»^n
K rmikheU zu o idiATuir.tr, Ifidio., yvobdio .in iJhs. . lit'iuot drv
irujt^Vwi Mrdirjb gbll^ulK bidlon ujri uurh ßb’f TÜrb*. ddbv-
rssimi, vb'liioi.r nur du-jm\i^t*M', wi-irho tlm**U vfn’c yim^'ru l'u-i-rd
iuirji vitam brmtf: ;»ls Miiz.br 4 «-d orlianM wurclon
in » iuzr luoti I dsv.rli i.i-H !v-u>!unils. ünglHndb und i^iTUibtuu u<
kmimif dio^- Mi -l.ft MibbrAndvft nirlii >'rU«>Ti v-u itnd
\)w \r, dor 'Huit muht mngltell Ul. du roh ojnr ^xo^imidAr
[r,MiailoM,u!^ioi!o dio Kmiikhoiisk.*h)«o -m : %i®0t
ih^ri»Uirh tlio oh;ouo F.rkni.nkiinb; vmi K « VLufl imd iuit nnKVr :m.dv*trn
mit VoruiilH.s^mi^ ^hiv Y. JJninVarvii- wcjmHmonitdh i'^U
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bHtb oiir^r UitViditm an dfifft d^ndr* oittpr K*vtroTTHtitt ; fiiyw* uu ibrbr.
tdnbis ahHbl 7 .r 0 ; >r» -loiffnt? 4r dodU dih TbWe Yöv dhm Mihhranift
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Inui gidaiifbuhiMi IsoiHblioitshoord nh>Aliohsf i'rdh^nlMgT-^ “iiibviwm. Iw»»r.i‘«>r).. iVbiinn tod. Iftuiuon ^ mus- •m?>« «.ihir.ltm^w, dass, uir jtf*
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jTI»d olnor nooh rir.J »jn'ft -.on^n Zahi von I.aion d;VA i' iiizin l .rhous- • hin dem '• ov» hh* jnum 1 vlt»*-M Md/,hV;»hd ilvö . .-MirsiPisUMi uui tiO;jui,r
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igAR>:tU‘’ unr wiMiiftf hhiv gowirrdon zu v>«u-vvoTnr inan dio ^hrihföe ' ,j«'tl«'nhdls nio so xaidr.oio-ln*, vif. wii sh* hfti der HxpUlHUhM d ou
tiMduvw nimrub wnleho hoi dor ludnuidktmj: dm; TMwh\U\uh> Imid'mm dor Thi.-vo om\ oHoHhul Uift Küiinö J^wehrMr Mi
Mi \t\ it-andi>usidt i?r»r r/innr ohinn-u-isohun • Ihirnnpn*.- wnniru Va inn^rr.un,. fü»* sohoid»MT dunoi ihlft «atiiitw<J«*.hs«dpruduu*. l 'n»
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sr-luHi.. Wolük Äffl soll rods koti iindo i>di dio>t ; ’ Ansiohi von ,K n i wnchraur-.. wm.hIiti sio-. so hoi» t'ort-vöhiHisd von dotn tiympJHd-W-|i»
o>txg»^j)rmd»»»h, <!»««- dih f ! **h»-.»tsroft.rt,'»af hoi niu«or \UP/hi*;u)di».dV»r.ioü rKSdrhirt Und in dtm Kdi por nhirrgülührT; da.ft’- »ü*fto bWigrrut^.
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fUftrtat‘d*'nmi ibutol mul »für AusHitmiune dor AuhsoUuihlA v«mi ?tUrokmr ndngt Alit-in aldft: dioßh f,h«nii , »disol»0!> lIol,»»rlogmt^u
rinhoiUmr Lympiidriftmi. • dfuits ■»yumnoviiUv.o- Thoi-uniu glaubt■-dr dhr; ■= tnsrou vnu uiuov-rnm-gift hmi ohtru.vgi^ohntt 'l'Uorapir nudd
ftin l T ngiü< k dor Krkruuk.t a», y,ujjo.'hoa zu toü-' -» m*mI u,wirft dju orwmrtbn,, solbsr xy-xuth :»hhu wi« Nnvshauiu i»tu KurUUf «,!•’
Aiftiuhton tmgpnslm-s dor !>.»» loriulogou, weicht;. g»»pi^n§t- siml. ori) rrgidWilron Idnison ftsftniiH.'' Ihmu ■ wührnu»! wir- zwar dftr j h
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tViilftciMg i(ü-gruuininmu? Exoisimi dm*'*yphi!ftift;1 1 or luitiaifjkU*ros:«.?n «km, duveh iuilbuobrhnktHS WoiU-vwuohorn dor Kftifuu, V'.uhun svw
«Ihm Aüft.ns-'h «hu- {i!!g<unoi.m'*n S-j.hljls nicht vunuhougon vomuig. wih >\ R Niss«*n ir der erwiihnRn Artmit, änftihrt, -dio Irlcdnstiui
vvouti die spfilrr «ocli m»h*«r ?m l.oyprarhomlou lv>.{i,M-ioi.*ni»’ .{<•»-. Vor* Ootfr^o vovst.opjpü, dar Tob iu*»-b»dgi'iu!srr: wird. diizhram -
fUHsböH gnzeiHh. .Unhon. dasn r«m*li •th'*l»pHrii}r»im>; . von Tuh(*rkv! badlion lüirft.m-. vkdinolir -.»litm t »? 1 n toxi so hu Wirkung hahnr
• l>noiUo.ü' in di»« v'o-dsn-A uc' fskammöi «ko hrdTftlVcndoii d’ldrro soltssd I«ib will spdtfir vors;nt*diej»;. {ui* d'to.su ÄuiktBSung ^ ^
dann uni »ud’ehlharor ki‘'iiorhoi(. t i,., : »iUyvmo.umn Tuhorkuloso er- hringeu, jml«‘U;hUs ist. . dorsÄ wrdit leicht zu nihron. Wun
—ft—:-•- -- »UiraiiH fitwö nut t*im? toxiseUn WirkmiA Bchliessöa zu wo!b-*i, dr»^
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Ai-elnv ß IkilVumle 1^71. IV.
- •''77 /1?Ksfts».MUrydk ■ mi. UM-hi\ <<,- &;*' vy- il .vÄ,;:
14. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
kommen wir, alle örtlichen Fehlerquellen bei der Anlegung einer
Wunde zur Gewinnung des Blutstropfens ausgeschlossen, keinen
Keim zu Gesicht oder keine Cultur zu sehen. Ich habe in der
Litteratur nicht einen einzigen Fall finden können, wo es
gelungen wäre, aus dem Blut der Fingerkuppe oder einer ähnlichen
Stelle bei notorisch milzbrandkranken Menschen längere Zeit vor
dem Tode Anthraxbacillen zu züchten; meine eigenen Versuche
sind gleichfalls völlig negativ ausgefallen. Wenn man daraus
zwar auf eine toxische Wirkung des Milzbrands schliessen
kann, so beweisen doch in dieser Hinsicht diese negativen Be¬
funde nichts.
Ebenso wie es ausserordentlich schwer ist, Sarkommetastasen
im Blute zu finden, ein Befund, wie er meines Wissens bisher
auch thatsächlich nur einmal gemacht wurde (Lücke), während
andere absolut vergeblich in zahlreichen Fällen darauf fahndeten,
so kann es ausserordentlich schwer sein, die Krankheitserreger im
Blute zu finden. Resorbirt gelangen diese in den Blutstrom und
werden von dort sehr rasch in die Organe mit verlangsamter Cir-
culation, die Leber, die Milz und das Knochenmark, abgelagert
(Wyssokowiez). Sie sind vielleicht nur eine ausserordentlich
kurze Zeit im Blutstrome; erst wenn der ganze Organismus ver¬
giftet ist, dann wachsen die Keime aus ihren secundären Depots,
wo sie Gelegenheit gefunden, sich zu vermehren, hervor und über¬
schwemmen nun gewissermaassen auf retrogradem Wege die Blut¬
bahn und den ganzen Körper. So erklärt sich auch die vielfache
Angabe der Autoren, dass sie erst kurze Zeit vor dem Tode der
Versuchsthiere Milzbrandkeime fanden, eine Beobachtung, wie sie
bei Menschen in gleicher Weise gemacht wird.
Das Blut hat jetzt erst, durch die Stoffwechselproducte ver¬
giftet, die Fähigkeit, die Keime abzufiltriren, verloren. Vielleicht
beruht das darauf, dass die Blutkörperchen klebriger werden, die
Keime deshalb fester an ihnen haften.
Dass beim Milzbrand des Menschen die Keime ins Blut über¬
gehen, steht durch die positiven Befunde in den inneren Organen
bei der Section fest. Doch ist über das morphologische Ver¬
halten der Keime in der Litteratur so gut wie nichts vorhanden,
so dass wir diese Befunde zur Klärung der Frage, ob es sich bei
der Milzbrandwirkung um eine toxische, oder eine infectiöse han¬
delt, nicht gebrauchen können.
Dagegen müssen uns eine ganze Anzahl von Ueberlegungen
dazu führen, anzunehmen, dass die Milzbrandwirkung, von dem
localen Krankheitsheerde abgesehen, eine rein toxische ist.
Zur Entscheidung einer solchen Frage stehen uns zwei Wege
offen; einmal kann man versuchen aus den Culturen von Milzbrand
Giftstoffe zu isoliren. welche Versuchstieren injicirt. werden. Er¬
hält man auf diese Weise Krankheitsbilder, welche der durch
lebende Milzbrandkeime erzeugten Krankheit ähneln oder mit ihr
identisch sind, so wird man ein Recht haben an eine specifische
Giftwirkung seitens der lebenden Milzbrandkeime im Organismus
zu glauben.
Der zweite Weg ist der, dass man an Milzbrand leidende oder
gestorbene Thiere auf den Keimgehalt der Organe und die in
diesen gesetzten pathologischen Veränderungen untersucht.
Zeigt sich hier ein Missverhältnis zwischen der Schwere der
pathologischen Veränderungen und der Anzahl der Keime, so kann
man kaum anders schliessen, als dass chemische Stoffe, also Gifte
diese Zerstörungen verursacht haben.
Beide Wege sind für den Milzbrand auch betreten worden.
Die Arbeiten von Chauveau 1 ), Arloing 2 ), Wyssokowiez 3 ),
Lubarsch 4 ), Frank 5 ), Nencki, Hoffa 6 ), Baumgarten 7 ),
Marino 8 ), Hankin 9 ), Landi 10 ), Martin 11 ) beweisen mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit, dass aus Anthraxculturen
sich Giftstoffe isoliren lassen, welche in ihrer Wirkung den
von lebenden Anthraxkeimen erzeugten nicht so unähnliche
*) Cornil et Babcs, Les bact^ries.
“) Archives de mddecine experim. et d’anat. pathol. 1890, S. 43.
v Flügge, Die Mikroorganismen. Leipzig, Vogel, 1886.
4 ) Lubarsch, Untersuchungen über die Ursachen der angeborenen
und erworbenen Immunität.
5 ) Frank und Lubarsch, Zur Pathogenese des Milzbrandes. Zeit¬
schrift für Hygiene X, S. 277.
v Hoffa, Die Natur des Milzbrandgiftes. 1886, S. 23 u. 49.
V Baumgarten, Patholog. Mykologie, S. 463.
/ flügge, Die Mikroorganismen. S. 457 und 464. Leipzig,
Vogel, 1885.
j British med. journ. 1889, S. 810.
j Landi, Sur les substances toxiques, produites par la baetöridie
charbonneuse. Le Bulletin m6d. 1891, No. 80.
. ) Sidney, Martin, On the Chemical pathology of diphteria compared
with that of anthrax, infective endocarditis and tetanus. British med.
Journal 1892, March 26, April 2 and 9. — Derselbe, A Chemical exami-
nation of a case of anthrax in man. Journal of pathol. and bact.
1- I, 1. May 1892.
517
Krankheitsbilder hervorrufen; doch sind diese Resultate vor¬
läufig weit davon entfernt, die Frage nach specifischen Giftstoffen
in Anthraxculturen etwa so, wie es für den Tetanuskeim feststeht,
zu beweisen.
Den zweiten Weg, des Vergleiches der Keimzahl in inneren
Organen mit den phathologischen Veränderungen in diesen, hat
bisher ausser mir 1 ) noch niemand betreten. Das grobe Missver-
hältniss, welches sich bei meinen Untersuchungen zwischen der
Schwere der pathologishen Erscheinungen und dem Bacterien-
gehalt in den inneren Organen ergab, musste mich unbedingt zur
Annahme einer toxischen Wirkung der lebenden Milzbrand¬
keime veranlassen. Schon ausserordentlich wenige Keime können
ausserordentlich schwere Veränderungen herbeiführen. Es ist also
zweifellos eine Vergiftung, welche die Milzbrandkeime hervor¬
rufen. (Schluss folgt.)
V. Aus der Universitäts-Augenklinik in Bonn.
Ueber Augenentzündimg durch Eindringen
von Raupenhaaren.
Ophthalmia nodosa (Sämisch). 2 )
Von Dr. Hillemanns, I. Assistenzarzt der Klinik.
M. H.! Auch heute kann ich Ihnen über einen in unserer
Klinik beobachteten seltenen Fall einer Augenentzündimg berichten,
der ebenso wie der kürzlich von mir hier besprochene Fall einer
Ophthalmie, hervorgerufen durch Infection mit Impflymphe, ein
nicht ausschliesslich special istisches In toresse bietet.
Der am 15. Januar in die Klinik aufgenommene Patient B., ein
schwächlicher, mehrfach Drttsennarben aufweisender Mensch, giebt an, im
August vorigen Jahres habe ihm seine Schwester aus Unvorsichtigkeit
eine braune ziemlich grosse Raupe — sogenannte Bärenraupe — ins linke
Auge geworfen. Unmittelbar danach verspürte er ziemlich heftige
Schmerzen, dio er durch kühle Aufschläge linderte. Nach Verlauf von
einigen Tagen entzündete sich das Auge heftiger. Es wurde in der Folge¬
zeit mehrfach ärztlich behandelt, doch ohne dauernden Erfolg. Auf ent¬
zündungsfreie Perioden folgten acute Nachschübe. Auch eine Iridectomie
konnte die Entzündung nicht dauernd beseitigen und einen weiteren Ver¬
fall des schon beträchtlich gesunkenen Sehvermögens nicht aufhalten. Da
ihm zuletzt Enucleatio bulbi empfohlen wurde, suchte er Hülfe in unserer
Klinik.
Bei der Untersuchung des hochgradig entzündeten Auges fielen zu¬
nächst sechs wenig prominirende Knötchen auf, von denen drei verschieb¬
lich im conjunctivalen Gewebe, drei andere tiefer im opiscleralen unver-
schieblich lagen. Die ersteren waren ca. 1,5 mm, die letzteren ca. 1 mm
gross. Die Consistenz aller war derb, ihre Farbe verdeckt durch das
injicirte Conjunctivalgewebe. Die Cornea war diffus infiltrirt und zum
Theil vaseularisirt. Das nach unten angelegte Iriscolobom war fast ganz
durch Schwartengewebe ausgefüllt. Die stark verfärbte Iris war durch
zahlreiche hintere Syncchieen mit der Linsenkapsel verlöthet. Eine faden¬
förmige Membrana pupillaris perseverans zog von der oberen Mitte des
arkadenartig aufgolockerten Circ. art. min. nach unten aussen lind senkte
sich mit mehreren Wurzeln in den kleinen Kreis wieder ein, nachdem sie
auf der vorderen Linsenkapsel in einem Pigmentbelago adhärent geworden
war. Nahe der Mitte des nasalen Ciliarrandes der Iris lagen im Gewebe
eingebettet zwei wenig erhabene, 1—2 mm grosse, grauröthlicho Knötchen.
Hinter der Iris nach innen war ein vascularisirtes cyclitisches Exsudat
sichtbar. Demselben entsprechend war die Localisation ungenau. Dio
Tension war etwas herabgesetzt. Sehvermögen: Fingerzählen in 4 Fuss.
Es wurdon zwei der grösseren conjunctivalen Knötchen excidirt und nach
Härtung und Einbettung untersucht. Der mikroskopische Befund ist
folgender, wie Sie an den aufgestellten Präparaten verfolgen können.
Innerhalb des sclerosirten, hyperämischcn, conjunctivalen Gmndgewebes
finden Sie eine umschriebene rundliche, 1—1,5 mm im Durchmesser be¬
tragende Ansammlung von Rundzellen, dazwischen epitheloide Zellon, oft
zu grösseren Häufchen vereinigt, und mehrere Riesonzellen. So weit haben
wir also das Bild eines Tuberkelknötchens vor uns. Weiter aber finden
Sie innerhalb dieser Knötchen einen länglichen schmalen Fremdkörper, in
dem Sie ohne Schwierigkeit ein längs getroffenes Haarfragment erkennen
werden mit braungelber Rindenschicht und hellerer Marksubstanz; die
Ränder erscheinen bei starker Vergrösserung leicht gezähnt. An den
Riesenzellen, von denen in einem Präparato sich fünf Stück finden, fällt
die Grösse einzelner auf, die bis zu 0,1 mm beträgt, sowie die grosso
Anzahl der Kerne, die zwar in einigen vorwiegend randständig liegen,
meist aber durch die ganze Zelle zerstreut liegen. In einer Zelle hegen
ca. 60 Kerne. , _. .
So finden wir die anamnestische Angabe, dass die Augen¬
entzündung durch Eindringen von Raupenhaaren bedingt sei, durch
das Mikroskop bestätigt.
Was den weiteren klinischen Verlauf des Falles anbelangt, so
wurde durch antiphlogistische Behandlung Besserung der entzünd¬
lichen Erscheinungen und Aufhören der Schmerzen erreicht, oino
«) Kurt Müller, Der Milzbrand der Ratten. Berlin, Fischer’s med.
Buchhandlung^in^m ^ Niederrheinischen Gesellschaft für Natur- und
Heilkunde am 12. März 1894 gehaltenen Vortrage.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24
weitere allmähliche Abnahme des Sehvermögens aber nicht ver¬
hindert, so dass wir der Function eine schlechte Prognose stellen
müssen.
Dass die Haare gewisser Raupen giftig sind, ist alter V olks¬
glaube, dass sie Brennen, Jucken, Urticaria der Haut bewirken
können, eine alte Erfahrung. Auch sind verschiedentlich äussere
Augenentzündungen harmloserer Natur, hervorgerufen durch Raupen¬
haare, beobachtet worden. So erwähnt z. B. Wagenmann einer
Epidemie von Conjunctivitis in Eisleben, die auf das massen¬
hafte Auftreten der Raupe des Kiefernprocessionsspinners
(Cnethocampa pinivora) im dortigen Stadtpark zurückgeführt wurde.
Sogar dadurch, dass freie Härchen der Processionsraupen durch
die*Luft verpflanzt werden, sollen solche äussere Entzündungen
bewirkt werden können. Dagegen sind von so schwerer Ophthalmie
durch Eindringen von Raupenhaaren wie bei unserm Patienten im
Ganzen erst 10 Fälle beobachtet resp. mitgetheilt worden. Dieser
seltenen Aflection, deren Hauptmerkmal die Bildung multipler
Knötchon in Conjunctiva, Sclera und Iris in Verbindung mit
chronischer Iridocyclitis ist und die wegen des anatomischen Be¬
fundes mehrfach als Pseudotuberkulose beschrieben worden ist, hat
Prof. Saemisch die Bezeichnung Ophthalmia nodosa beigelegt.
Den ersten Fall theilte Pagenstecher 1883 der ophthalmologi-
schen Versammlung in Heidelberg mit. Es folgten Weiss, Wagen-
mann, vier Mittheilungen aus hiesiger Klinik durch Krüger
und eine aus der Marburgcr Klinik durch Becker. Diesen Fällen
kann ich ausser dem oben ausführlich besprochenen einen sechsten
aus der Bonner Augenklinik anreihen, bei dem allerdings die
Diagnose nicht mit absoluter Sicherheit gestellt werden konnte,
da die Anamnese keine Anhaltspunkte gab und in einem excidirten
episcleralen Knötchen kein Raupenhaar gefunden wurde. Es ist
anzunehmeu, dass bei der Entfernung des ziemlich tief sitzenden
Knötchens das Härchen in der Sclera zurückgeblieben ist. Im
übrigen entsprach der Befund und Verlauf durchaus dom einer
Ophthalmia nodosa. Im episcloralen Gewebe sassen 5 ca. 1 mm
grosse, derbe, wenig prominirende Knötchen, die Cornea war in-
filtrirt, es bestand heftige Iridocyclitis; S = Vsoo- Nach drei¬
monatlicher Behandlung (Atropin, Heurteloup, Iridectomie) S= 20 /ioo-
Auge fast reizlos.
Aus diesen zehn Beobachtungen ergiebt sich folgendes allge¬
meine Krankheitsbild:
Die Patienten, die durchweg erst längere Zeit nach dem ersten
Auftreten der Entzündung zur genaueren Beobachtung kamen,
gaben nur in drei Fällen von vornherein als Ursache mit Bestimmt¬
heit einen Insult durch eine ins Augo gefallene resp. hineinge¬
worfene Raupe an. In drei Fällen konnte diese Auskunft erst
gewonnen werden, nachdem durch Auffinden von Raupenhärchen
in excidirten Knötchen eine direkte Fragestellung ermöglicht war.
In den übrigen Fällen gab die Anamnese keine Anhaltspunkte.
Die Aflection war stets einseitig und hatte fast ausnahmslos ge¬
sunde, jugendliche Individuen befallen. Die Zeit des ersten Auf¬
tretens der Entzündung fiel in dem Weiss’schen Falle in den
Juni, in allen übrigen in die Monate August bis October. Die
Krankheit begann plötzlich mit einem ziemlich schmerzhaften Ent¬
zündungsanfall, der sich nach einigen Tagen besserte. Bald trat
aber wieder Verschlimmerung ein, und unter bald nachlassenden,
bald sich steigernden Entzündungserscheinungen nahm das Seh¬
vermögen allmählich ab. Bei der Untersuchung der mehr oder
weniger hochgradig entzündeten Augen fanden sich multiple derbe
1—2 mm grosse Knötchen im eonjunctivalen und episcleralen Ge¬
webe, zuweilen zu Gruppen angeordnet. Der bevorzugte Sitz war
die Conjunctiva unterhalb der Cornea bis zur unteren Uebergangs-
falte. Auch in der Conjunctiva palpebrae inferior wurden sie gefunden.
Ihre Zahl schwankt in den publicirten Fällen von 3—26. Nur in
dem Weiss’schen Falle wird nichts mitgetheilt von Knötchen¬
bildung in der Conjunctiva und Sclera, sondern nur von einer
solchen in der Iris. Die Cornea war fast stets infiltrirt, manchmal
vascularisirt, in älteren Fällen narbig getrübt.
Weiss und Krüger beobachteten makroskopisch resp. mit
der Lupe Härchen in der Cornea; Weiss konnte einige daraus
entfernen. Ausser dieser oberflächlichen Knötchenbildung trat am
meisten in die Erscheinung das Bild der Iridocyclitis, die in allen
Fällen zu Synechieen, in den meisten zu Pupillarexsudat, in einigen
zu fast vollständiger Occlusio und Seclusio geführt hatte. Fast
ausnahmslos fanden sich auch in der Iris Knötchen; im Becker’schen
Falle nur 3—4 atrophische Stellen in derselben, die er wohl mit
Recht für Narben früherer Pseudotuberkel hält.
Die Irisknötchen waren meist etwas grösser als die eonjuncti-
valen, nicht so scharf begrenzt und von graugelber bis grau-
röthlicher Farbe.
Weiss sah schon makroskopisch freie in der Iris steckende
Härchen.
In einem Krüger’schen Falle fand sich eine 7 mm lange,
1,5 mm breite, ziemlich tiefe Furche im Irisstroma, die mit einem
2 mm grossen Knötchen endete, in dem anscheinend ein Raupen¬
haar steckte. Krüger glaubt, bei der Wanderung des einge¬
drungenen Haares sei das Irisgewebe bis auf die Pigmentschicht
eingeschmolzen worden. In einigen schwer verlaufenden Fällen
kam es zu cyclitischer Schwartenbildung mit Tensionsverminderung
und mangelhaftem Lokalisationsvermögen, dabei einmal Amotio
retinae. Opacitates corporis vitrei werden in schwereren Fällen
wohl constant sein, wenn sie auch wegen der Medientrübung nicht
immer sichtbar waren. Nach Aufhellung des Pupillarexsudates
konnte Krüger in einem Falle einen atrophischen Chorioidealherd
constatiren.
Der Verlauf war stets sehr schleppend. Entzündungsfreiere
Zeiträume von verschiedener Dauer wechselten ab mit acuten
Nachschüben, bei denen die Schmerzen oft unerträglich wurden.
In fast allen Fällen wurde durch längere klinische Behandlung
dauernde Reizlosigkeit und Freisein von Schmerzen erzielt. In
allen diesen Fällen lag aber zwischen dem ersten Auftreten und
dem Ablauf der Entzündung mindestens ein Zeitraum von sechs
Monaten, in einem Falle sogar von über 2 V 2 Jahren. Allerdings
war in allen die Behandlung erst ziemlich spät eingeleitet und in
einigen zeitweilig unterbrochen worden. Die Knötchen bildeten
sich durchweg allmählich zurück, häufig bis zu völligem Ver¬
schwinden; Synechieen und Exsudat blieben, die Cornea wurde
narbig getrübt. Die schliesslich erzielten Resultate für die Function
waren folgende. Heilung ohne Schädigung des Sehvermögens trat
ein in zwei Fällen, von denen einer iridectomirt worden war. Die
schlechtesten Resultate waren 7*2000 und 2 /ö 00 bei mangelhafter
Lokalisation und Herabsetzung der Tension. In den übrigen
Fällen resultirten 6 / 3 g, 2 %o, 2 %o, 2 %oo, 2 /io, 20 / 100 - Die Prognose
quoad functionem ist hiernach also recht dubiös.
Therapeutisch kamen zur Anwendung der antiphlogistische
Apparat (besonders Atropin, Unguentum ciuercum, Blutentziehungeu)
und die Iridectomie. In einigen Fällen führte Atropin allein schon
zur Besserung des Reizzustandes und Erweiterung der Pupille. In
unserer Klinik wurde in mehreren Fällen vortheilhafte Wirkung
von Blutentziehungen gesehen. In einem Falle besonders, der sich
durch das überaus häufige Auftreten acuter Nachschübe auszeichnete,
that der Heurteloup stets prompte Wirkung; nur einmal gingen
die schmerzhaften entzündlichen Erscheinungen nicht nach An¬
wendung des künstlichen, sondern erst nach Ansetzen von sechs
lebenden Blutegeln in wenigen Stunden vollständig und dauernd
zurück.
In allen schweren Fällen ist das einzig rationelle Verfahren
die Iridectomie, und zwar weniger um die Knötchen resp. Härchen
aus der Iris zu entfernen, als um einen vollständigen Pupillarab-
schluss zu verhüten, resp. die Communication zwischen vorderer
und hinterer Kammer wieder herzustellen. Dem Ausgraben resp.
Ausschneiden freier Härchen aus der Cornea, welches Weiss vor¬
nahm, folgte nur eine verhältnissmässig geringe Reaction. Eine
Excidirung der eonjunctivalen und episcleralen Knötchen ist nur
indicirt, wenn sie heftigere Reizerscheinungen bewirken. Die
Knötchenbildung müssen wir als eine Schutzmaassregel der Gewebe
betrachten, die einmal in Knötchen eingeschlossenen Härchen als
unschädlich gemacht und der Resorption verfallen. Es ist nicht
ausgeschlossen, dass die Therapie bessere Erfolge erzielen wird,
wenn die Patienten eher als in den beobachteten Fällen zur sach¬
verständigen Behandlung kommen. Dazu ist aber erforderlich, dass
die Kenntniss des immerhin recht seltenen Krankheitsbildes' in
weitere ärztlicho Kreise dringe, damit auch beim Fehlen ana¬
mnestischer Angaben die Diagnose gestellt werde. Am günstigsten
wäre es, wenn frühzeitige Entfernung der Härchen gelänge, be¬
sonders der in die Cornea eingedrungenen, denn nur diese sind es
wahrscheinlich, die allmählich weiter ins Bulbusinnere Vordringen.
In späteren Stadien ist es besonders von Wichtigkeit, auf die
häufigen Nachschübe gefasst zu sein (Blutentziehungen!) und den
Zeitpunkt der Iridectomie nicht zu verpassen.
Die Diagnose muss in zweifelhaften Fällen aus der mikro¬
skopischen Untersuchung gestellt werden, die man übrigens in keinem
Falle unterlassen wird. In den sehr seltenen Fällen, wo in einem
excidirten eonjunctivalen, episcleralen oder Irisknötchen keinRaupen-
haar gefunden wurde, kann mit ziemlicher Sicherheit angenommen
werden, dass ein Theil des Knötchens mit dem Härchen zurück¬
geblieben ist. Differentialdiagnostisch könnte nur die Tuber¬
kulose in Betracht kommen, aber auch diese kaum. Denn abgesehen
davon, dass es sich meist um jugendliche kräftige Individuen
handelte, kommen solche isolirte kleine derbe conjunctivale und episcle-
rale Knötchen, die ohne Ulceration eventuell jahrelang bestehen und
sich schliesslich rückbilden, bei der Tuberkulose nicht vor. Diese
tritt fast stets in der Form von Ulcerationen mit Eruption miliarer
Tuberkel in der Umgebung oder in der Form oft sehr beträcht-
Rcher Wucherungen, besonders in der Lidschleimhaut und den
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14. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Uebergangsfalten auf. Allerdings giebt es auch eine seltenere Form,
die charakterisirt ist durch Bildung von Knötchen, die sehr geringe
Neigung zu nekrotischem Zerfall haben. Diese liegen aber ober¬
flächlicher, oft zu kleinen höckrigen Tumoren aggregirt, sind meist
grösser, sehen den Follikeln ähnlich und finden sich ’ gewöhnlich
am reichlichsten in den Uobergangsfalten und auf der Plica, doch
auch auf der Conjunctiva bulbi. Später kommt es auf der Cornea
zur Bildung von Gefässen und Knötchen, durch deren Zerfall tief¬
greifende Ulcerationen entstehen können (siehe besonders Sattler,
Bericht der Heidelberger Versammlung 1891).
Unter ca. 50 von Burnett aus der Litteratur zusammen¬
gestellten Fällen von Conjunctivaltuberkulose fand ich keinen
einzigen, der ein ähnliches Bild wie das der Ophthalmia nodosa
gezeigt hätte. Nur die Knötchen der Iris unterscheiden sich nicht
charakteristisch von tuberkulösen, sie werden aber kaum ohne
sonstige charakteristische Befunde zur Beobachtung kommen. Ab¬
gesehen von dem entscheidenden Befunde von Haarfragmenten
unterscheiden sich die Knötchen mikroskopisch von Tuberkel¬
knötchen besonders durch das Fehlen regressiver Metamorphose
(Verkäsung) und das abweichende Verhalten der Riesenzellen, deren
Zahl, Grösse und Kernanordnung auffallend ist. Ich möchte er¬
innern an einen Befund Wagenmann’s, der in dem eine Cysti¬
cercusblase einhiillenden, stark eitrig infiltrirten Gewebe zahlreiche
Riesenzellen fand, durchaus ähnlich denen in den Raupenhaar¬
knötchen. Es wird ihnen die Aufgabe der Resorption zugeschrieben.
Es erübrigt noch, einige Worte über die Art der Raupen, die
Mechanik des Eindringens der Härchen und die Ursache ihrer ver¬
derblichen Wirkung zu sagen. Meist war sichere Feststellung der
Art der Raupe nicht möglich. Im Weiss’schen Falle konnte die
Entzündung mit Sicherheit auf die Raupe des Kieferspinners
(Gastropacha pini), in einigen Fällen unserer Klinik mit ziemlicher
Gewissheit auf die des Brombeerspinuers (Gastropacha rubi) zurück¬
geführt werden. Letztere ist schwarzbraun, kommt auf niederen
Pflanzen vor, erstere ist heller, aschgrau und lebt auf Nadelholz.
Es ist sicherlich merkwürdig, dass ins Auge gerathene Härchen
dieser Raupen bis in die Iris wandern. Aber einmal ist das Wandern
von in den Körper eingedrungenen spitzen Gegenständen, z. B.
von Nadeln aus der Chirurgie bekannt. Ferner haben aber diese
Raupen verschiedene Arten von Haaren, wovon ein Theil ausser
mit einer dünnen langen Spitze mit einem dachziegelähnlich
angeordneten Zellbolag bekleidet sind, der dadurch, dass er von
der Haarspitze abgewandt ist, nach dem Eindringen derselben
eine widerhakenähnliche Wirkung ausüben muss. Am meisten
wird das Ein- und Tieferdringen der Härchen zweifelsohne
befördert durch das Reiben der Patienten an ihren entzün¬
deten Augen. Krüger und Becker sind der Frage des Ein¬
dringens der Härchen experimentell nähergetreten, indem sie
Raupen gegen den Bulbus von Kaninchen pressten. Bei der
späteren mikroskopischen Untersuchung fand Krüger in den ver¬
schiedensten Schichten der Cornea zum Theil in der Descemetis
Bruchstücke von Härchen. Deutliche Knötchenbildung und Härchen
in der Iris fand er ebenso wenig wie Becker, dessen
Versuchsthiere allerdings früh zugrunde gingen. Letzterer konnte
aber constatiren, dass die entzündungserregende Wirkung von
Haaren todter Raupen viel geringer war als die von lebenden, was
von Belang ist für die Erklärung der Ursache dieser Wirkung.
Diese nämlich allein auf den mechanischen Reiz zurückzuführen,
geht nicht wohl an. Auch ist es nicht wahrscheinlich, dass mit
den Härchen zugleich viel infectiöses Material eindringt. Es
handelt sich vorwiegend um eine chemische Wirkung, wie ja
auch die der intraoeulären Cysticerken einer von ihnen abge¬
sonderten entzündungserregenden Substanz zugeschrieben wird.
” eiss macht auf die Untersuchungen Leydig’s aufmerksam,
der feststellte, dass die Raupenhaare Träger eines speeifischen
Giftes sind, welches von unter der Haut liegenden Drüsensäckchen
direkt in ihr Lumen entleert wird. Dieses Gift wird nun allmählich
den eingedrungenen Härchen in die umgebenden Gewebe
diffundirt, wo es, wenn in genügender Menge angosammelt, einen
Entzündungsanfall auslöst. Bei immer mehr abnehmender Menge
bedarf es später zu einem neuen Entzündungsanfalle schon stärkerer
Eoncentration. Diese können wir uns entstanden denken, wenn
wir mit Wagen mann annehmen, dass die Diffundirbarkeit der Ge¬
webe durch die entzündlichen Processe abnimmt, die Vertheilung
des schädlichen Stoffes also erschwert und eine Ansammlung des¬
selben im benachbarten Gewebe erleichtert wird.
. 'Schliesslich ist aller Giftstoff abgeführt, und die Härchen
bleiben reizlos in den Knötchen eingekapselt. Nur die Annahme
einer vorwiegend chemisch-toxischen Wirkung bietet uns für die
fiwugkeit der Entzündung, das häufige Auftreten von Nachschüben
und das erst nach langer Zeit ein tretende Aufhören der Reiz-
erschemungen eine Erklärung, eine Annahme, die durch die er¬
wähnte Becker’sche Beobachtung eine weitere Stütze erhält.
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So hat uns denn das letzte Jahrzehnt einen neuen Entziindungs-
typus des vorderen Bulbusabschnittes kennen gelehrt, der nicht
nur ein hervorragendes wissenschaftliches Interesse bietet, sondern
den wir auch den gefährlichsten und daher praktisch bedeutsamsten
seiner Art zuzählen müssen. Er wird schwerlich so selten sein,
wie es nach den Veröffentlichungen scheinen könnte. Wie oft
wird er verkannt und, etwa als Tuberkulose, falsch gedeutot
worden sein. Auffallend bleibt es immerhin, dass allein in unserer
Klinik in den letzten Jahren sechsmal das Kranheitsbild beobachtet
worden ist. Der Therapie sind, wie wir sehen, keine glänzenden
Erfolge beschieden. Wenn wir aber aus den Krankengeschichten
ersehen, dass durchaus nicht immer eiu unglücklicher Zufall die
Entzündung verschuldete, sondern häufig Unvorsichtigkeit und
Leichtsinn, indem die Raupe ins Auge geworfen wurde, sollte man
glauben durch Aufklärung der am meisten in Betracht kommenden
Volkskreise, das sind die im Spätsommer und Herbst in Feld,
Wald und Wiese Beschäftigten, über die Gefährlichkeit der Raupen]
vorbeugend wirken zu können. Eine populäre Gesundheitslehrc
würde sich in diesem Sinne auch an die Eltern zu wenden haben.
Wirksamer aber dürfte es sein, wenn bei Gelegenheit des natur¬
geschichtlichen Unterrichtes in den Volksschulen auf die Gefahr
aufmerksam gemacht würde, denn die Erinnerung an eine Warnung
in den Kinderjahren wirkt oft nachhaltiger, als alle Verhaltungs¬
maassregeln im spätem Leben.
Herrn Geheimrath Saemisch sage ich für die Ueberlassung
des Falles meinen verbindlichsten Dank.
Litteratur.
Pagenstecher, Heidelberger Vers. 1883. Zohonder's Monatsblätter
XXI, Beilageheft. — Weiss, Archiv für Augenheilkunde XX. — Wagen¬
mann, Gräfe’s Archiv für Ophthalm. XXXVI, 1. — Krüger, Archiv
für Augenheilkunde XXIV. — Krüger, Archiv für Augenheilkunde XXV.
— Becker, Berliner klinische Wochenschrift 1892, No. 22.
VI. Elephantiasisartige Anschwellung beider
Unterschenkel nebst eigenartigen vasomoto¬
rischen Störungen an den Händen und
Füssen. 1 )
Von Dr. George Meyer in Berlin.
M. H.! Gestatten Sie, dass ich im Anschluss an den in der
letzten Sitzung gehaltenen Vortrag des Herrn Eulenburg: Ueber
Sklerodermie, Ihnen heute die Dame vorstelle, welche Herr Eulen-
bürg in seinem Vorträge bereits zum Beweiso dafür erwähnte, dass
die von Schwimmer als Trophopathieen bezeichneten Erkrankungen
nicht immer scharf von einander getrennt werden, sondern auch
vielfache Uebergänge zu einandor aufweisen können. Zu diesen
Krankheitsformen gehört die Hautatrophie, das Myxödem, Lepra,
Elephantiasis, ferner auch die Raynaud’sche Krankheit, die
Morvan’sche Krankheit, die Erythromelalgie. Ich werde zunächst
die betreffende Krankheitsgeschichte Ihnen mittheilen.
Patientin ist die 32jährigo Ehefrau eines Gärtners und im Geschäft
ihres Mannes mit Blumenbinden und den sonstigen daselbst vorkommen¬
den Handleistungen beschäftigt. Ihr Vater starb, 45 Jahre alt, an einor
Erkrankung, deren Natur nicht recht klar; er musste seine letzten Lobens-
jahro fast stets sitzend zubringen, litt an Angstanfällen, in Verlauf welcher
er-Nachts bisweilen weite Wogo zurücklegte. Seine geistigen Functionen
sollen vollkommen unversehrt gewesen sein. Sein Tod trat infolge eines
„Herzkrampfes“ ein. Die Mutter starb, 47 Jahre alt, an Gohirnschlag.
Sie war in ihrer letzten Lebenszeit durch Anschwellung der Füsse am
Gehen verhindert, ausserdem mit einem Nabelbruch behaftet. Die
Grossmutter mütterlicherseits starb in einer Irrenanstalt, der Grossvater
in hohem Lebensalter an Altersschwäche. Von der übrigen Familie ist
ihr bekannt, dass der Bruder ihres Vaters gleichfalls dreiviertel Jahre vor
seinem Tode nur sitzend habe schlafen können und an Herzschlag ver¬
storben sei.
Die Patientin hatte als Kind Kinderkrankheiten; als achtjähriges Kind
zog sie sich durch Sturz auf einen Stein eine stark blutende Verletzung
an der Stirn zu. Als 16 jähriges Mädchen hatte sie eine etwa 14 Tage lang
andauernde Erkrankung der Athmungsorgane, im Jahre 1884 Diphthorio.
Im 13. Lebensjahre w r urde sie monstruirt, die Regel war zuerst schmorzlos,
regelmässig, hielt drei Tage lang an. Vom etwa 15. Lebensjahre an
schwollen beide Füsse und Unterschenkel an; die Stärke der Schwellung
richtete sich nach der Fussbekleidung, und zwar derart, dass sie in
Stiefeln am schwächsten, in Schuhen und Pantoffeln, welche ihr grösseren
Spielraum liessen, am stärksten war. Die Schwellung blieb bestehen.
Beinahe 19 Jahre alt verheirathete sich die Patientin; im Mai des
folgenden Jahres, 1881, wurde sie zum ersten Male entbunden. Die Geburt
hatte normalen Verlauf, nur musste die Nachgeburt künstlich entfernt
werden. Das Kind, ein Knabe, lebt, leidet an Zeichen von Skrophuloso
und Nasenpolypen. Zwei Jahre später stellten sich bei der Frau Schmerzen
«) Vortrag mit Krankenvorstellung in der Sitzung des Vereins für
innere Medicin am 7. Mai 1894.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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520
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No. 24
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in der'linkem Ikusf i-iw. wglFbe «mf ttfimk sdUrkfcr ■wiüvJvu. und vom Arzt
mit auf Ko» houug: oio»«r imstdzt wunlcn.
Auch (ih-se h;i.t>t(> n‘M-roal*is Entie. hcU-cP’emlc* jviir,!. ein Alfidchen, wurde
Juni J8H4 normal gcboW«,». sEü'h jedoch, Stoben Monnle »lfc. .au ..Zalm-
krihnjdew“, naclhlnm aiiC-lj Ausschlag rau Atuwdo und Ohreuhuiferi %p£-
hohl. Einige Monate vorher *vär auch dc-i' A'oU'i dc^ Kindes gwd.brheh,
tnm wcfoUem die Patiimtfü Melfcl <fi»yÄiritißht; hui; düs* oc nfögliehpf' Wtdsp
.nn einer Gostihlei libfciDkfioit glitten, Ef«. hotten sich niVmlich l)«i ihr
•fti.vra acht bis zehn T;»g>* rmeh »hm ffm-.h/oit t.lesr.hwürc'hnn in der Scheide
entwickelt, niedre viwi .Mhnocv -.*<dttsl miC lilei- uird KtiOräf VH*.sn'r • im«
fcti«Afeier Watte bobsüdijl - wurden Und darmch aiir.h ^^dswuiidivii aoih.
sollen. Oh heim Menu« jielbsl 4iuutd> rill (Jt-schlechtsleuieri- kvt.in<ion.
•i’sti r.uientiu smkso£*V(Hi<i't‘. mii 'Siehorhe.it, anz-tiirohmi. ir»:H7 hoifnihofe
Ihd-ieutin zum zweiten J««lr. .‘öftU -ift&rttftß v\vci Jdhre tyiilpf hu• dbjkj&srf
Moilril
IJwmks ijucti «jor fmbuH «W »«rsten Kinde-? hutton sich SrhüieO-.oh
in der linken Seife des Eoihr.s .emgofitolK,. welche sieh jcdosKuU yor und
e.;o h der Pegel btilo.M feml vorsl-iiikfI'II. i>»e> Kugel «.huicrfn jr-'^e tniilfi r
StUvn m-hf Tage uud war sehr ef-hehüeh: WoihshUHs; Art welchem «]»<>
Patient in bvrt-ifcs io den Mudckehjahreü geulten. war »h*ii ü&bft*U»A
heikiiiond \erniehftr.
Etvva (pl -Exln“ \ 8S7 begaunnu die fB,n»h' ajizuseh.weUe?»; seil ..rar.
vfwO .1 xluVr .//»dg!, si« h Ansehwelhiije <!<-■>* t resishi.s. jlei* fronend der
niiirrni Auuet-Uder und om de« Mnn»l. besonder* ' 189(1 jjtügw*.»
sieh /.ut rsf. kltdi'u» JimechnVliene fi'ilenujaen e?< d--n Einsern, weteho \i: i
(ach ndeheinuitdor aultvote.n, uni (huin lilhynt:«'Znif wieder zu versudiwihilor
i)ir l’^tiehliu jdh'^ie die kle.ffiCie Piitej‘heo,rde.: iicj'e.u E/iWtotinn^ sie wohj
md Woeln irur\ : criolzuntfen durch Stiche de* DrahE:« imd derT»<u'nöu ete.
-.I.MÜfu ,E‘l|i?nnnhtudou zmilGkfiihrto, -n^hsf:Erst. 1893' trafen
die I.lein.'VI tiauu.l.srvsse wieder in wriue'hv'ft>ir Z;d9 auf. Ob? Patientin
\v,ii. ü'acliiloih ein hei mehreren \ 'ulk-zcr. ludiuhdvk war, 1890 und 1891
in EeInuniI ujjo oimr Eranemuvf.es ; xvt? m-\ mit , vefvthiedem'ii ^vnixkedo-
Ei^chen MHussnalum-n. wotOdi d<u- Sehmnry.on miefi m;l -Morphium ho-
jiund.dt wurde. Eeivdere*. weleiuv 0<* jedhrli srhtn^licli statt iu vor-
eV's'diiEdieeer 1 ro|Ueuzuh.) Ins .ffiec.KUfphvcir.e pohranehf k\- uud Couture» tmt
Sem sio mohroro Ghisclmn frivlu-ti ^niit>sS. Vel’Sr:ii«ö'fct*n Edmieniu<.v. ihr«'}
iSehnreivoii, wohdfe frtchi -a:lU)!ü.- •s.oiidi.tfö: mfiPhtlich; im ^'.>-
S/»riiridhif Kdrpea’ 'VOThaudmi waren. .So^ur ^iniuijsOt IjbrüthruJig' dof liuni.
ward«- dheruil sofuner/Juiff Ompfuudoiu.
: . Au] 20. Stilb 1893 -sah i>dr die 2.heivt. in mum*? SpreuiE
-feieh- Ausser (tim Klagen Ulme die ehöJV immmhud; SrJune.fZMi» ienie.r
: Sefinuuy.un. Mt heim SiaLlil^oEC Vilit Sity.on. ^chlh4lftnt iSuhhif
Ahuorel IUI K s.slust. nnyeiwdf.-iien Bj Mid, starken Sebm-.v. n und Orimk-
i niplindlH ttk.dl; in defy iinCfHi i-fphkrcAtlrd am T.’ipjv nr.imi 19* ZiiUi
Ituekeiu IfdpzklnufHn, ;äijiriv«Ü ICnjiifieiHimf’vidUi; .Äiiv|tii>kOik Ivafräv
Aöu.dvi> v(irlrtfif<h>M, d'd-tdnJfysliXjd^cdto El-nlur .dinib WüitKfcs -*if4v*^.]3^.k ■••’iyÄL
Man konnUj mit Eniohti^k^tT die vptsid'iii'rl+>u?jton^.Eekmriirtmi^ij {ms*doi
hufiemm lu-nuvt,Hi** j>af.ientm -uiohi- :]I] . n,»eh bei Au«tr.-hgnn^ v
fmlvl zu sTlivvilzeii. Heil: oinijuer Zeit. l»nslidilHpt-idut?lu^, u.jSs Säeht's
hei -S«M mihii.ro dm Pnli.-min d< r Spei» m mm ihrem Mumie ImemrnO.oaM
um! dae 1«.,•-.>«•:; !-e mdjia. :|>m U so\uaifs !»,.?* in lm.zt.nr Zeit Voil-
aidmlo/ m.ohofdi^s.nt.
Ob' 32 jährig,* Venu hoi. iViPidv OesEvEUtyrhe. der jdjek H, et War. t
maft. lins O.'NudM ist gut fTmüthi-C, luiihiii Si.-f H'fwan Vuduusmmn
bimiene.!;. Es; UeMuht iilmndi {.i-i rdehl lidto i 1 vpomli/esio »to| HanE ho- '
son-mrs autlu Jund war Sv damii.l« .-..uz Iv.doäsMc Vn^VweiiuHv- der ! o.tvr-
sr!n»ni>'bl uH‘! E »isan. Ido »,1aui dmjidbst we« jddu/om). efava:- ät.«-Hff,
l lee.edrur h h i nt e.vl i/, : -K -kiiift h zH' p u re nj An den Handtm s»hd: der
Bandi-m.lvn ur.d dm Eingor m-seinvoflen. Hie ’Ansel.wel|.u,o Ed 'j.j.'hr
tjlmc Uraltvy. l( . br-.ini Ondcm. sondern der Tdaudriiekmi i»!e.^Äti! : tk
goM.lixvolk i,. >U dasK diu Solisvidliinp LO imi, die Ormidpiiftlaiaom de» E[,ovJ
mi unohhmzt xmd 'hier wied»-r die SchxYctlufig dar Ein-er h,-^ u if J b Die
n f " ' ' '"“1 'l;mn. roui«. sM, killfl rtn. l> # tl«nli.. f t «./-kr*.Ä-'W
,n -•* l,,n,len "f^viokelt. xvcmI rn nicht. iui»t«uV wajbmi zu
■ \ e ra^Idej» Sich zahlreiche und,
ptiif ,1 ' rme.ri. -voiusae in der ifant der Einser, sowie an nmhnoen :--vlj,» }i
.■'av.o.umejicn.^,. UHisehrioivraie. Eite.ruu^en. kaum etwas üEhr di». Ua u b
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n (i ; ’p 7 m U 'u'"' h - xm ™ u 4 ln;us vmslarki. An Im^u und
Sv-n T »r H ‘ l v ^ hnorn ‘^ Zuu^i war nicht he legt. Mitte», au» der
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f fikisch, HMkuft Ovarium weni^ bown^ltehvi vei^rhsshrl.; ^M-htu Au häng-“ im-
vor.v.dirt im Pnu^his. bosoudors UuU empfindliche simHA IStiAniru Arli-
ruhil.iu .sm‘.ro-c«)ccvgv.3 schni,j)»ar eniphndUeh-. Kachdran. »ije- iü.n,g-KsvEl-!>fcn-
lirfiu-lii. Brlumdlimg mit Senritieatiomin uud folgender E-inlegme: .vujf
• 1 clithyQ!tfijuw.ri?itan»]»ons, Teraei u}lp;emoin»-
. pätfiisvÄ Miin&sjiRhtnon Iltn^ro Zeit, yer^ehheh fort^dW... . r Rilir1.u -lloif
Oe-ilege K'Aler. inrsomlorB d.f) diß MemjfTbugm fti&hf- uachlie.SBr»«?» ö/lic-
remher iu seiner Kliuik die Auskratzung des OteniB aus.
In ihn* hd.^f.en Tag«'fi »ins zchntAgi^iVn AlUVmUisilfce* hi «[ej- Khnik
war der. Kcunkc.n i\ei;Vi, wieder aufef^üder tlnrttUhr -uad iurhiurEfen
ychiab-y — dio Srhmmen hu Loihf 1 hntUra hedeutend mii.-bgidaHs.-u -
<lic Mischung der drei Hro in salze vei-ahfniur. werden; Etwa redu Ibigt
Ua.'ti d?w Operation WOT der leizte Ahscres m <bu> E’ingrrn vr-rtmilL Vum;
.iCUfU Zrdi. :vn |r«iuij keine ueumr winde,' auf. -ijUu u»uinFr iut/tun l r Ti<tr-
.surhMng nf*< i. Mai iOH waf ^ic(h*funi ein kleiner \b->resä am rochtou
MitCdhimer vorhanden.I Nachdem die Krimkc drei Tuf-*-. lang din Hrnm-
lPi<uu^ atugeneammu, erhielt sie, du die hysturtschQ Nfttur tiiims dlihiU^
ihrer Klughu «buiitieh war. in deratdhim Flaschu fim* Kocltfalzldsu;)^ m»:
«km gleich gülen Erfolg huf ihre .Sehlnnrisd^keit, sn dass giß aiieli Uacii
Eüüüssuhg aus der AnsEdl. Um iiüehrrtidi^e.'v.oruiS'hiUug; (kr Vl x : or^0^1iuii'eq- A
Ari.üöi' ; - ihvt. ,: •" :
In der Klinik Iwttc 4 |ä'V uticatiii'-o'twa drei i’öpM uaeU »ha Opmuti.«,«
oim.n Zusrond d;;rgmbot<;n, wohk. r uns hdihni'f. au dir Ersehamuniicli d«v
Myxfuhmts- (irimmri halt«. EU sbdlic sich GodArjAnisasiEwihHo. dabrsiUn.-. •
Lmmidimjdo Sjuachw, \hjfalm,e de, joMlig?\nz d(i, der GnM; war s(d.lq,p'«'n«J
ertid unsicher, Oer Mpnd wur'k AedHji'ri- ^rhaltou, '»hu lAde.i'kkftir
Hernh.. die- ,N ? Hsnlnbiulf;«lt«*ii war‘*(r. ,md»f . verstre hefi. so «lass di»- iVr.-ml.»:
tunen hi.i»m|»c gljipidun Ein»ir«»<'k •wirhj'iu. Dieser Ziif.td*hd •hi'Sjficn.c. ^>1»
hhüh \iiryj r Zeit w>oder; luug«'g<xn tvur d»w; Erfolg «lei Opscsüik)» 9\» ihm
Zustand der Oendaiw,vk>-« n^t; nur von kurzer DtuioV. H tOO-r r /»ö:
soll sieh zur Z^ut der Mjßtäüi. «tus Suliuii; vprs«3hhh>iitöHi hml AuuuD.tE^nh'.i
ejiisiuUen. . . , .
Exmihdtuu »iu- Kxidiks? im -Tanüar dieses .hihic^ iiaulv (»in.o Verum- -
eaftzundlviig urn rUfhtcv tUifeNrkonbet hi',Orsr:iuduiiUei’f<)lgtn uuT-8. Eelinn'tr
die cr.sic, in Oi-.mmtisCdwfft iuii HMt» EroV, Etilp»»bnrg ausgrduinl»:
Unicisuelumg, df^rm iUcHoiiswikdigkoiv WU -Ion iMlgcfidö) ehigidiynda.i
.Bericht Viidaßkr.
AuiPilUg warur. dl».*' r muiy. n.t«i risch'phiUrainoiw. l,e>nndt*r.K »m
df»ri EiisOu», Tjami-n und ;jm 0*'Kh’J(t Jki der efBten ‘BohmdiuifnuhmH
(H, i'eh’nmr lHl*4> •»mschiinu»»» .nvh L : ,»fh->*,jung der dir- TJuLi^oheuk«! ]da
YM ihn Alii'fi lirntii ninwo;koln«h'M Bi mb« die Zohon a-fifHUgs. gbäch tim
Haini«»n uml Emg‘ r ti. lUmihl-i-jln b. ka!<.. hhfiiiie.u almr WähiMod der Enter*
sit»difjn«r ziotnlfch pUfl^liei, .'•hiiie =invli.t^l<%.d EMi tn,iig und wjiUi«.‘Md
hhlsh«}- ttaVe:hftTE;nkhi.t än; diese wrstre.ckt'ti si' h lnS fnst
• juxf eilt* Mitte (leg MidaMrsm* Ei»'. »Ißjhrhiul r »>}im FiVrhung- ui’Hebieu zur-At
an dm gr«!s.sph Zebu mid ynrhrniintn sich v<ui ihi rtOf »lir zweite »mil }»chf.•■■.■
J'fiM'h auf die (ihngmi 7a hr,u; das ('«dar-,c. »j.ies.,.r Tht.nio am-soronkyl-
heb mülHllig ah camn üa< hli?>v laüurir «Irr »bdiic.lor liegcinlmi -F’J5s-
.•«bsrhuit-••• Auf pinne!druck v.af dm Umjife kicht vufntivichhttr, die fruit.
«fseiiieA dyH»n tu einen, tnil ihmVf.9.u)ci»h>»tj[^ ^eohtmstirendmi
. Grulmii hihi eleu vi* (» i»i»ht 4 die B'.M,Ed>ihf ät wwr m dm rotrhun uud h-i?.«’.
IfaiVf.pariH-efi u.UVerS-nd» : '-rf ; Ar-hni-h-b*- Iyf>»d(fjj,»»,«gei» zeigte!) vticjt auch »UV
de)! Kiogeru;. Di«. D:o«di w;o«ai fOe guwbbniioh EaH.. 5vid!uiiuHcli. v»»n
gi»l!?.bni;iss:g-o- Fjlrlniigu. 9hm*. ndm tüÖ ; gt.wihgr.r ftehwcdSöksvruVjieK; ü:V
jfJnteVsuelitifig «{»•-»'Eleu.-Tsitiijf.at :w v gnh rmviftah-h. UHMiifb .ibwMtnug'-
nml Mdhirtm-z^iuliU .: riaui jun waren diu fhermai..'n.. EmT'HndiVUpVit Ihr-
sundurs l'ih* ifiirihO' htvvi»? heridigtcsoUl: Die "Weichihoüe orjäiÜugfiöE **'
(hindof) ,u„d Fingem eiavas godiuistm, obn« ■■'äu^eAprochüöras. Ondhoi.u«kf
XI.VKhdc'm; dlt» knikJiunmn Thnilo uiiva-rämlerl Ghieukunitftfl .tiiciiE 9«h
gVf.rich(fT{. Mityiflnr uahnrne dugugfn) Hünde ui>d : 'F«i»iidr'.fh$k p'löt-ÄfEdl h»uo
lldihnfi hellrotte EMrljnug, wärmere TehTpeinftir utr, zeig hm ;m
vortieeeu umi VBihvrllUdn-n ih.tr Finger starki- Schweiy.s^eeveth'U.
waren di».vse ^s-usopurfth-fisrlp-u* 1 - Ersehcinnng«9i bfor Weniger deutlich ent¬
wickelt, und seltener als au den Etlssen:. * EndiiFh. /.»*igj«.m sich mub ua
Cf nsich l Amlfiii.tuuTjnn iilmncher Jslümn.gen in Fhfitt 'ülnvtreh«6li»di»r. livjder
und hrhrother Fleckn (T/tc.ht'k obfceiA-^li^;) und phOzlioh nuftret^ode ^»1
husofidets unter dun Augpu-
iMe 0»'si»:h!Mici v ! -u hSupcu-. hesnnderk lnihmrhitulc.s) ivarrai dabei nuf Drurk
oe.mhef, «m«(-ij,uli»ch, «higugC'ii kutmui typische Aligrlinoanfalie, wi»?
biiia», h: sorhbrs iMjf ch'c Unken Kop'ft)&ifte, besUmke, zu'haben sebeiuvn,
ii: bfaier Z-U uwhlich hiebt vor.
Die enyahüfon v a s0 ln o 1m M b o h nn Phauo t(i «/tik an den Fitssci
hdkdprhtiHf'n tfioh fidh%, spielic*n sieh aber (»teilt iraraor in girosf gkißber
Forio ab. Zu\v»*.Üen .zeiglmr nur eliizelho Z<3hen, l>gi*cnulei;S der Jltdluv du-
heschrhdauju glllhtrade •liAtbupg' hj Varbiftdiuitr. mit Hitzn mf»d Sch^aii^*
so'-retmu, wlihrund die ubi^guh.Zehen Hyid und li;dt- Edii/lnra\'zuweilen ’-vm
»'vu^g'dilie.sfiliuh dLhr ZeheulbeiX des bel^lkib. zuweUen uueh uncF
I die vordtu^ .ardfte d»^ Moiafürsus, wobei die hnUe IldfEung iu j^dem
rnlle uuvennitO^lL und schürf ahschijitr. um in die gow Almlirh'j, hDss«- Dank
n»rbung OVierzugVhun. -- A.uf dgr Hmit zeigt- sich übrigen? nm’ h at». ybdbu
-hvdlen Voigung- zur Bildung tof-hoi FEi.ks und A(.r*:ifeii bei ' IrdcAte'.tfr
rrmeltRütseher 10ü?ai,ig (|k*ib«mg und f.»ruck.i s jodoe.h uhne döu.Biuh«' Bll-
dühg prothimmUtr Eorslep. nhu ■.•Quaiidt.djv« wi»; heiiu SügeiinTinO^i OefTHr»--
gruphismpK:. IÜa Hituikv äeigluti zoilweikc (tnilvr .under?)tn feö;z jfö.cb -M*.
Men^lruefloni vfvlitg das .Bild sym me tri xe her Asphyx»»* mit ulsigro’
ivhlte, (hjtikelhlHhlkk violetter, hxsi- ^el.tw'iÜ’zUob^r iJ'ÄfJiUijg"..' besnü«**? an
den Emlphalangun auf der Vhku’stdte, yielfneb auch m Verbimluhg:
j)iiuar>sp kleinen I/huf4hseep^eß, HuuUofiinunjfM) und Obnsiotmi».
Es hujidek. ?-id( n]:so icur? 'ZU»»n>nh9Tge{a8St' -iu» Kniüke
üiit EUepUantia»is hoito ^uterftehenkel, ;■ sowie. cigViithüinlkhob
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14. Juni.
DEUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
521
vasomotorischen Störungen an den Fingern und Zehen, welche
theils Erscheinungen der Erythromelalgic, theils denen der Ray-
naud’schen und Morvan’schen Krankheit entsprachen, während
sich zu einer Zeit auch Anklänge an Myxödem zeigten. Ferner
liegt hochgradige Hysterie vor.
Leider hat die bisherige Behandlung nicht sehr bedeutende
Erfolge aufzu weisen, indem die Klagen der Kranken grössten theils
noch unverändert fortbestehen, was bei dem hysterischen Zustande
derselben gerade nicht sehr verwunderlich erscheint. Sicherlich
sind die Erscheinungen an den Händen gebessert, indem hier die
Anschwellungen nachgelassen haben und sich Schweissabsonderung
eingestellt hat. Hie Anschwellung der Unterschenkel hatte sich
bereits nach dem Verlassen der Klinik verringert. 1 )
Der Befund der Lungen, des Herzens und Urins, den ich
mehrfach in der Beobachtungszeit nachgeprüft, ist stets der gleiche
normale geblieben.
Aus der Vorgeschichte ist auf das vielleicht ursächlich zu ver-
werthende Moment der möglicherweise vorhanden gewesenen Ge¬
schlechtskrankheit (Syphilis?) des ersten Manne hinzuweisen. Auch
in der neuesten Veröffentlichung über Erythromelalgie von Per¬
sonal i 2 ) vom diesjährigen römischen internationalen Congress wird
darauf aufmerksam gemacht, dass in einigen Fällen zwischen
Syphilis und diesem Leiden eine ursächliche Beziehung bestehen kann.
Es wäre noch zu erörtern,' dass der Nachlass der geistigen
Function nach der Operation nicht auf die Darreichung des Broms,
nach welchem ja bisweilen solche Zustände eintreten, zu beziehen
war. Die Gabe des Mittels, welches nur drei Tage lang ge¬
nommen wurde, war hierzu eine zu geringe, ferner hatte die
Kranke vorher die von mir selbst verordneto mehrere Wochen
lang fortgesetzte Einnahme des Broms anstandslos vertragen.
VII. Militärsamtätswesen.
Ueber die Wirkung und die kriegschirargische Bedeutung
der neuen Handfeuerwaffen.
Der das obige Thema behandelnde Vortrag, welchen Ober¬
stabsarzt Schjerning zugleich im Aufträge Seiner Excellenz des
Herrn Generalstabsarztes der Armee Professor Dr. v. Coler auf
dem internationalen Congress in Rom gehalten hat, liegt jetzt ge¬
druckt vor. Es handelte sich um neue Versuche mit dom klein-
kalibrigen Gewehr. Neu waren die Versuche insofern, als die bei
früheren ähnlichen Versuchen gemachten Fehler sorgfältig vermieden
wurden. Der Leser erinnert sich, dass man, offenbar in Erman¬
gelung der die nöthigen Distanzen darbietenden Schiessplätze, bei
früheren Versuchen mit abgebrochener Ladung schoss, d. h. man
verringerte mit der Pulverladung die Entfernung und glaubte also
-- um nur ein Beispiel anzuführen —, dass man beim Schiessen
mit einer um die Hälfte verringerten Ladung in einer bestimmten
Entfernung eine Verletzung erzeugte, welche an In- und Extensität
deijenigen vollkommen gleich war, welche mit voller Ladung auf
eine weit grössere, annähernd etwa auf die doppelte Entfernung
erzielt worden wäre.
Dass diese Annahme falsch war, musste von vornherein ein¬
leuchten. So schlug das Geschoss in der wirklichen Entfernung
bei voller Ladung unter einem anderen Winkel ein, als in der an¬
genommenen Entfernung bei abgebrochener Ladung, vor allem aber
sind Treibkraft der Pulverladung und die Widerstände, die das
Geschoss von seinem Abgang aus dem Rohr bis zum Auftreffen
auf das Ziel zu überwinden hat, durchaus keine constanten Grössen,
im Gegentheil, diese Grössen variiren bei jedem Schuss. Oder mit
anderen Worten: wenn ich aus einem Gewehr hintereinander
äo Schuss abgebe, unter Benutzung von Patronen von durchaus
gleichem Gewicht (wobei auch das Gewicht sowohl des Geschosses
als der Pulverladung durchaus gleich ist) und das Gewehr bei
jedem Schuss mathematisch genau — wenn nöthig eingeschraubt —
auf dieselbe Entfernung eingestellt ist, so treffen die 25 Geschosse
keineswegs denselben Punkt, sondern sie schlagen in verschie¬
denen Entfernungen ein. Die Entfernung zwischen dem, dem
^mle am nächsten und dem am weitesten vom Ziele eingeschlagenen
Geschosse bezeichnet man als die Längsstreuung der Geschosse,
welche eine recht bedeutende sein kann und auf grössere Ent¬
leimungen viele Meter beträgt. Es ist demnach unmöglich, mit
Kau - nUr ann ^b e rnder Genauigkeit zu berechnen, in welchem Ver-
haltmss man gleichzeitig treibende Kraft, also Pulverladung, und
die Entfernung vermindern muss, um an einem gegebenen Punkte
leselbe Herabsetzung der lebendigen Kraft des Geschosses zu er¬
zielen, welc he bei voller Ladung nur durch Ueberwindung der
n Kranke wird gegenwärtig mit den bei Myxödem empfohlenen
An^? 1 i l 8 von Horroughs & Welcome (durch die hiesige Kronen-
Apotneke bezogen), in der Dosis von zwei Pastillen täglich, behandelt,
) Monatsh. für prakt. Denn. Bd. XVIII, No. 9.
gegebenen Widerstände im Rohr und des Luftwiderstandes erzielt
wird So ergaben sicli denn auch bei den Versuchen mit abge¬
brochener Ladung Resultate, welche zu einer falschen Ansicht
einer zu schwachen Wirkung der Kleinkalibergewehre führen
mussten. Es wurde also bei den jetzigen Versuchen nur mit voller
Ladung auf die verschiedenen Entfernungen geschossen.
Um ausserdem möglichst allen Fehlerquellen vorzubeugen,
wurden die Präparate injicirt, damit die Gewebe womöglich den
gleichen Grad von Flüssigkeitsspannung hatten, wie er im lebenden
Körper vorhanden ist. Zu dem Zwecke wurden die Gefässe kurz vor
dem Versuch mit Thierblutserum gefüllt und die Gewebe bis zu einem
gewissen Grade mit Wickersheimer’scher Flüssigkeit imprägnirt.
Es wurde auf Entfernungen von 50 bis auf 2000 Meter ge¬
schossen, wobei die Präparate, in Shirting oder Leinewand einge¬
näht (sodass die Schützen nicht wussten, dass sie auf Leichentheile
schossen), au einem Holzgestell neben- oder hintereinander befestigt
waren. Ueber 1000 Präparate wurden gewonnen, die der Samm¬
lung des Friedrich Wilhelms-Instituts ein verleibt worden sind.
Im allgemeinen wurde mit dem Modell 88 geschossen, also
mit Kaliber 8 mm, zuweilen auch mit Kaliber 6 und 5 mm. Be¬
kanntlich hat unser Geschoss einen Stahlmantel mit Hartbleikern,
und da in dieser Hinsicht die kleinkalibrigen Gewehre, wie Sie
heute bei den verschiedensten Nationen in Gebrauch sind, wenig
von einander abweichen, so kann man die erhaltenen Resultate
als gültig für die Kleinkaliber überhaupt betrachten.
Die (früher in Abrede gestellte) Deformation der Mantel¬
geschosse wurde in 4,5% aller Treffer, bei Berechnung nur der
Knochenschüsse in 14% der Treffer beobachtet, und zwar ging
die Deformirung von der einfachen Abplattung der Spitze des
Mantels bis zur Stauchung, ja bis zu völliger Zerstörung und
Zersprengung des Geschosses nebst Mantel, was noch bis 1200 m
vorkam. Von 1600 m ab hörten die grossen Veränderungen des Ge¬
schosses auf. Bei Weichtheilschüssen kommt nie eine Deformation
des Geschosses zustande. Besonders beim Auftreffen auf die
grossen Röhrenknochen und deren härteste Stellen (Tibiakante, Linea
aspera femoris) entstanden die schwersten Deformationen.
Steckenbleiben nicht deformirter Geschosse kam nur
auf Entfernungen von 1600 bis 2000 m und nur viermal vor. In
46 Fällen blieben Mantelreste und zersprengte Bleitheile — erstere
häufiger als letztere — zurück, was bei der spitzigen, zackigen,
scharfkantigen Beschaffenheit jener Reste kriegschirurgisch von
Wichtigkeit ist.
Querschläger giebt es bei den neuen, mehrere Kaliber langen
Geschossen sehr leicht, und zwar bemerkt man, dass ein Geschoss
sofort zum Querschläger wird, wenn es aus einem Medium in das
andere geht, also z. B. wenn es beim Durchschlagen eines Körpers
erst Weichtheile dann Knochen durchschlägt, so dass die Quer¬
stellung des Geschosses in manchen Fällen innerhalb des Körpers
erfolgt. Nach den angestellten Versuchen kann ein abgefeuertes
Geschoss zum Querschläger werden, sobald verschiedene Stellen
desselben verschiedenen Widerständen ausgesetzt sind (z. ß. sobald
das Geschoss einen Knochen streift), oder wenn ein Geschoss Ge¬
genstände von nicht homogener Masse durchdringen muss. Geht
ein Geschoss also durch eine Reihe mit Luftzwischenraum auf¬
gestellter Bretter, so wird sich, wenn nicht im zweiten, so doch
im dritten Brett der Querschläger zeigen.
Um die Temperatur der verfeuerten Geschosse zu
prüfen, wurden die Stahlmäntel mit Legierungen von einem von
65 bis 197° variirenden Schmelzpunkt angefüllt und damit con-
statirt, dass das Geschoss beim Durchschlagen menschlicher oder
thierischer Körper nur ausnahmsweise eine Temperatur über
95° erreichen kann. Eine Verbrennung der Gewebe durch das
durchschlagende Mantelgeschoss ist also auszuschliessen.
Bezüglich der Schussverletzungen steht nach diesen
Versuchen fest, dass man streng abgegreDzte Zonen für die Wir¬
kung der Geschosse nicht unterscheiden kann. Die Wirkung der
Geschosse verringert sich ganz allmählich. Wollte man „Zonen“
festsetzen, so müsste man für jedes Glied, ja für jeden Gliedtheil
die Zonen festsetzen, da jeder Körpertheil seine besondere Wider¬
standsfähigkeit hat.
Die Hauteinschussöffnungen sind bei Nahschüssen grösser
als bei Fernschüssen, meist rund und glattrandig, während die
Hautausschussöffnungen grösser als die Einschussöffnungen und
vielgestaltiger sind. Die Knochenausschussöffnungen sind
grösser als die Hautausschüsse, nur bei Nahschüssen, die den
Knochen trafen, finden sich grosse, rissförmige Hautöffnungen, aus
denen Knochen, Seimen und Knochensplitter herausragen.
Bei Weichth eil Verletzungen sind die Schusscanäle meist
glattwandig, die Gefässe weichen — nach diesen Versuchen —
dem Geschoss nicht aus, worden sogar bis zu Entfernungen von
1000 m durch blosse Streifschüsse zerstört. Das Herz wird -—
bei gefüllten Kammern getroffen — zerrissen, zeigt aber leer auch
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Gck >gle
Original fro-m
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
in naher Entfernung und auf weite Entfernung überhaupt Locli-
SChÖ Die Schüsse durch die Lungen (22 an lebenden Menschen
beobachtet, die durch Unglücksfall verletzt wurden) sind äusserst
gutartig, wenn 1) nicht ein Querschläger die Lunge durchbohrte,
wenn 2) nicht Knochensplitter in die Lunge hineingesprengt wurden,
oder wenn 8) nicht ein grösseres Gefäss oder ein grosser Bronchus
zerstört worden war.
Leber, Magen, Darm, Blase wurden auf jede Distanz
schwer verletzt.
Bei einem vollen Schädol wird erst von 1600 m, sicher aber
erst von 2000 m an ein reiner Lochsc.huss beobachtet, während
bis zu dieser Entfernung jeder Schuss den Schädel nebst Inhalt
zerschmetterte und zertrümmerte. Ein Yollschädel auf 700 m be¬
schossen, zerfliegt in Trümmer, während ein eben solcher Schädel,
mit abgebrochener Ladung beschossen, einen reinen Lochschuss
aufwies. Besser kann die Unzulänglichkeit der abgebrochenen
Ladung nicht illustrirt werden.
Die Knochen zersplittern bis 600 m vollkommen. Erst von
da ab kommen Lochschüsse mit radiären Fissuren, aber mit er¬
haltenem Periost vor, was selbstverständlich für das Zusammen¬
heilen ausserordentlich wichtig ist. Bis 1200 m finden sich
regelmässig Knochentheile in das hinter dem durchschlagenen
Knochen befindliche Gewebe eingesprengt. Mit 1600 m nimmt
die Durchschlagskraft des Geschosses und seine Wirkung ab, ist
aber auch auf 2000 m noch nicht verschwunden, da auch auf
diese Entfernung Knochensplitterungen mit Einsprengung der
Splitter in die umgebenden Weichtheile Vorkommen. Im allge¬
meinen ist also die Zersplitterung der grossen Röhrenknochen für
alle Entfernungen dieselbe, nur sind die Splitter bei Nahschüssen
kleiner, also zahlreicher und vom Periost entblösst; je weiter
die Entfernung, desto grösser die Splitter, und desto eher hält das
Periost dieselben noch zusammen.
Hiernach wird die Thätigkeit des Arztes im nächsten Kriege
eine viel schwerere, viel verantwortlichere sein als früher, denn
zweifellos. ist die Ansicht von dem humanen neuen Geschoss un¬
widerbringlich verloren; sicher werden wir mehr Verwundete und
mehr schwer Verwundete zu versorgen haben als früher.
Ueber die Wichtigkeit dieser Versuche, welche in dieser Aus¬
dehnung und mit dieser Genauigkeit und mit derartigem Material
noch niemals angestellt worden sind, brauchen wir kein Wort
zu verlieren. Wenn zum Schluss gesagt wird, dass die heutige
Chirurgie sich auch dieser Aufgabe gewachsen zeigen wird, so
kann man dem nur beistimmen und hinzufügen, dass im allge¬
meinen die Kleinheit der durch die kleinkalibrigen Gewehre verur¬
sachten äusseren Wunden ein sehr günstiges Moment ist, um die
Wunden mit einem Nothverbande so lange aseptisch zu halten, bis
der Betreffende in geregelte ärztliche Behandlung übergehen kann.
Das ist schon ein gewaltiger Fortschritt, der uns viele, nach
früheren Begriffen unrettbar Verlorene, erhalten kann.
Als praktisch wichtig sei noch bemerkt, dass Schjerning
zur Herstellung der Bilder für den dem alsbald über diese Ver¬
suche erscheinenden grösseren Werk beizugebenden Atlas die Ge¬
friermethode und demnächstige Durchsägung der Gliedmaassen zur
Sichtbarmachung eines Flächenbildes mit Vortheil benutzte, und
dass ferner die Ausgiessung des Schusskanals mit geschmolzenem
W'ood’schen Metall, ein Verfahren, das Stabsarzt Kranzfelder
eingeführt hat, sich sehr bewährte. Es ist mittels desselben mit
grosser Leichtigkeit möglich, den Schusskanal vom Hauteinschuss
zum Hautausschuss auszugiessen, sämmtliche Knochensplitter in
ihrer Lage zu fixiren, die grösseren Höhlen auszufüllen, um nach
der in wenigen Minuten erfolgenden Erstarrung des Metalls einen
allgemeinen, sicheren, plastischen Abdruck der gesammten Schuss¬
zerstörung zu haben. Villaret.
VIII. Therapeutische Mittheilungen.
Ueber die klinische Anwendung der Jodsänre und des
jodsauren Natrons.
Von Dr. J. Ruhemann in Berlin.
Wenn ich so schnell nach Veröffentlichung meiner Arbeit über die
Anwendnng der Jodsäure und des jodsauren Natrons l ) einen Artikel über
die Verworthbarkeit dieser Körper bei dem Menschen beibringe, so beab¬
sichtige ich hiermit, einerseits einige noch nicht erledigte technische De¬
tails zu ergänzen, andererseits den Indicationsbereich zu präcisiren und
durch Anführung casuistischen Materials die Wirksamkeit der Mittel zu
illustriren.
Bei der chemischen Natur und der physiologischen Wirkung der
Jodsäure und des jodsauren Natrons ist die Anwendungsbreite dieser
Körper naturgemäss recht beträchtlich, wöil sie auf der einen Seite dem
') Therapeut. Monatsh. 1894, Heft 3 und 4.
Jodoform beziehungsweise seinen Ersatzmitteln, dem Jodol, den Sozojodol-
salzen, dem Dermatol u. s. w., auf der anderen dem Jodkali Concurrenz
zu machen imstande sein könnon. Freilich bin ich der Meinung, dass das
jodsaure Salz nicht das Jodalkali verdrängt, ganz im Gegentheil hoffe ich
auf eine gegenseitige Ergänzung beider Mittel. Vielleicht sind unter dem
vereinten Anstürmen beider Substanzen Affectionen zu bekämpfen, gegen
welche das eine oder andere Mittel für sich angewendet machtlos ist.
Man wird in gewissen Fällen einen altemirenden Gebrauch von ihnen
machen, in gewissen Fällen gleichzeitig das Jodalkali intern verabfolgen
und das jodsaure Natron subcutan beibringen. Endlich kann man nach
negativen Resultaten durch Jodkali seine Zuflucht zu dem jodsauren Salz
nehmen, mag man dioses nun je nach der Art der Krankheit per os geben
oder per cutcm injiciren.
Um ein einigermaasson erschöpfendes Urtheil über die Vorwerthung
der Jodsäure und des jodsauren Natrons zu geben, muss man n£ben den
guten Eigenschaften der Mittel auch der wenigor angenehmen, der
Schattenseiten, gedenken, damit einerseits um letzterer willen nicht jene
in ungerechtfertigter Weise misscreditirt werden, andererseits aber der
Indicationsbereich der Mittel schärfer präeisirt wird. Habe ich ferner in
der ersten Arbeit vorwiegend die positiven Resultate heryorgehoben, deren
weitere Ergänzung immerhin auch bei dieser Gelegenheit Sache der Dar¬
stellung sein soll, so muss ich auch die nogativen Ergebnisse bei der An¬
wendung der Jodsäuro und des jodsauren Natrons, soweit mir bisher ein
Urtheil möglich ist, zusammenfassen.
Was zunächst den äusseren Gebrauch der Mittel betrifft, so muss
man, wie bereits berücksichtigt, noch einmal auf die Schmerzhaftigkeit bei
ihrer Application liinweisen, welcho bei der Säure bedeutend beträchtlicher
ist, als bei dem Salze. Ich habe berichtet, dass man die Jödsäure in reiner
Form vorwiegend in der Form des Aetzstiftes zur Application bringen
soll, während man sonst sowohl auf der Haut als auch auf den Schleim¬
häuten bei den verschiedenartigen Geschwüren, Fisteln u. s. w. theils
wässerige Lösungen (1:10—20), theils 5—10%ige Salben oder 0,5—3%ige
ßougies (mit Cacaobutter, der ein geringer Zusatz von Cera flava zu der
besseren Consolidirung derselben gemacht werden darf) anwenden soll. Es
lässt sich als.o auf diese Weise die Schmerzwirkung eiuschränken, die aber
keineswegs derartig ist, dass man um ihrer willen diese Präparate zu verwerfen
braucht. Ich habe Patienten gesehen, denen ich z.B. auf Penisgeschwüre reine
Jodsäuro aufstreute und denen der Schmerz immer noch nicht zu heftig
vorkam; ich betone das, nicht um zu sagen, dass man auf diese W T eise
operiren soll, sondern nur, um hervorzuheben, dass selbst der stärkste,
durch Application reiner Jodsäure hervorzubringende Schmerz noch immer
in dem Bereiche des Erträglichen liegt. Wie horvorgehoben, wird mit
dem Aetzstift nur massiges Brennen auf geschwürigen Flächen verursacht,
und habe ich in der ersten Arbeit seine Verwendbarkeit geschildert. Es
ist noch zu bemerken, dass man z. B. bei chronischer Pharyngitis durch
wiederholte Aetzungen, bei denen man streichend und tupfend den Holz¬
ätzstift applicirt, sehr günstige Resultate erzielt, die mir den sonstigen
chemischen Behandlungsmethoden überlegen zu sein scheinen. Jene sind
auch bedeutend wirksamer als die Auspinselung des Rachens mit der
10°/oigen wässerigen Lösung oder die Massage mit gleich starker Jod¬
säurelanolinsalbe. Sechs bis acht Stiftätzungen genügen zu der Erzielung
eines nachhaltigen Erfolges, und nichts verbietet bei recidivirenden Er¬
scheinungen die wiederholte Anwendung dieser einfachen, schmerzlosen
Procedur. Bei einem Falle von chronischer, seit vielen Jahren bestehender
Pharyngitis beseitigten fünf Aetzungen, welche jedes mal an dem vierten
Tage vorgenoramen wurden, die bestehende Trockenheit, das Kratzen und
Gefühl des Verklebtseins, das Schleimräuspern, den Hustenreiz u. s. w.
bis jetzt, d. h. ein halbes Jahr lang, soweit eben die Beobachtungsdauer
reicht. Die Behandlung wurde im Herbst vorgenommen, und war der
Effect gerade den Winter über sehr günstig, während bei dem Patienten
sonst die kalte Jahreszeit die Beschwerden erheblich steigerte u. s. w.
Es ist wesentlich, die Toleranz der verschiedenen Schleimhäute,
welche eben der Jodsäure gegenüber differirt, hervorzuheben, um nicht
die Concentration des Mittels einmal zu stark, das andere mal zu schwach
zu wählen, wodurch in jenem Falle unnöthiger Schmerz, in diesem un¬
genügende Wirkung bedingt wird. Die Nasonschleimhaut verträgt emo
10°/ o ige wässerige Lösung oder 10°/oige Salbe ausgezeichnet, so dass die
Aetzungserscheinungen in der Milde und Stärke erzielt werden, wie man
sie bezweckt. Der Kehlkopf erweist sich als noch toleranter und vertrat
z. B. die Jodsäure in Verdünnung von 1:3—4; es ist zweckmässig, die
Verdünnung mit Borsäurepulver oder Natrium jodicum zu benutzen
(Acidi jodici optime detriti 1,0, Natrii jodici 3,0—4,0). Bei dem Ein¬
blasen des Pulvers tritt gelegentlich eine krampfhafte Zusammenziehung
der Stimmbänder ein, die indess nicht stärker ist, als man sie auch sonst
bei der Application anderer pulverförmiger Medicamente antrifft; ich habe
jenes so zusammengesetzte Pulver, das recht fein zerrieben sem muss,
bei subacuter und chronischer Laryngitis mit gutem Erfolge verwendet,
aber noch nicht bei Kehlkopfgeschwüren zu gebrauchen Gelegenheit ge¬
habt, bei welchen letzteren die Möglichkeit einer erfolgreichen Application
auf der Hand liegt. Auch würde sich eine geeignete Composition vo
Milch- und Jodsäurelösung empfehlen. Die Mischung von Jodsäure un
jodsaurem Natrium (1:3—4) scheint die besten Resultate zu geben,
bessere, als sie nach Anwendung der borsäurehaltigen Composition oae
nach Insufflation von reinem jodsauren Natron (vergl. Therapeut. Monat -
hefte 1894, H. 4) erzielt werden, und übertrifft bezüglich ihrer Wirksam¬
keit die sonst üblichen Medicamente und Pinselwässer. Ich führe zu e
Unterstützung dieser Behauptung aus der Reihe der behandelten ra
einen an, bei welchem die Vergleichung mit der üblichen Behandlungs¬
weise zugunsten der unsrigen ausfällt. . . ..
Die zwölfjährige K. K. acquirirte während eines Scharlach eine ne-
tige Laryngitis; da diese innerhalb einiger Wochen keine Neigung zu
Besserung zeigte, wurde die hiesige Königliche Poliklinik für KeniKOp *
Goc >gle
Original fro-rri
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14:. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
528
kranke in Anspruch genommen, wo fünf Wochen lang einen Tag um don
anderen Pinselungen vorgenommen wurden, ohne dass ein wesentliches
Resultat erzielt werden konnte. Es ist doch anzunehmen, dass der Pa¬
tientin die Art der Behandlung, welche bisher die besten Eifolge zu ver¬
zeichnen hatte, zu Theil wurde. Als ich die Patientin sah, war die La¬
ryngitis noch in voller Blüthe zu constatiren, waren die Beschwerden er¬
heblich. Zwölf Insufflationen des Gemisches von Jodsäure und jodsaurem
Natron in dem Verhältnisse 1:3, welche jeden dritten bis vierten Tag
vorgenommen wurden, ohne dass sonst noch irgend ein anderes Mittel in
das Feld geführt wurde, genügten, um die Stimmbänder abzuschwellen
und die Heiserkeit, den Husten, die sonstigen Halsbeschwerden zu be¬
seitigen. Ausserdem wurden noch drei andere Fälle chronischer Laryngitis,
welche Erwachsene betrafen, auf jene angegebeneWeise erfolgreich behandelt.
Die Toleranz der Schleimhäute gegenüber der Jodsäure habe ich in
Bezug auf das Auge, die Harnröhre, den Mund u. s. w. in meiner ersten
Arbeit besprochen. Ich hebe an dieser Stelle noch hervor, dass die
Schleimhäute der Vagina und des Uterus der Jodsäure gegenüber weit
empfindlicher sind als die der Nase und des Kehlkopfes. Einspritzung
Kr/oiger Jodsäurelösung in das Cavum uteri macht ziemlich erhebliche
Schmerzen, die indess nur etwa eine Viertelstunde lang anhalten und durch
Zusatz von Cocain zu der Injectionsflüssigkeit vermieden werden können.
Man kann ferner die Portio uteri und die A r agina mit 10°/oiger Lösung
touchiren, darf aber keine damit befeuchteten Tampons stundenlang an Ort
und Stelle lassen, weil sonst Schleimhautnekrose in dem Bereiche der
Aetzung eintritt. Hier leisten vielleicht l /s—l°/oige Vaginalkugeln ent¬
sprechende Dienste.
Bezüglich der ausgezeichneten hämos typ tischen Wirkung der Jod¬
säure betone ich, dass man die Application der 5—10°/oigen Lösung mit
einem gewissen Druck verbinden muss; der Erfolg ist überraschend prompt
und nicht mechanisch, sondern chemisch bedingt (vgl. Therapeut. Monats¬
hefte 1894, H. 3 u. 4).
Ich füge hinzu, dass 1 /a—l%ige Jodsäurecacaobutter-Bougies sehr gut
ausfallen, haltbar sind und für die Application in der Urethra (bei Go-
norrhoea chronica, bei Fisteln u. s. w.) zur Anwendung gelangen dürfen.
Ich bemerke auch, dass 3—6%ige Bougies von Natrium jodicum ebenfalls
für den externen Gebrauch zu verwerthen sind. Geeignet componirte
Suppositorien könnten vielleicht bei Prostatahypertrophie, Darmulcerationen,
Darmfisteln u. s. w. dem Versuche unterzogen werden.
Als Gurgelwasser habe ich ebenfalls eine dünne Jodsäurelösungem-
pfohlen (bei Gingivitis, Stomatitis, Erosionen, Ulcerationen u. s. w.). Ich
habe ferner bei Diphtherie mehrmals täglich den Hals mit 10%iger Jod-
sfiurelösung touchirt, wobei ich den Vorschlag mache, um mit jener besser
die Membranen durchdringen zu können, Papayotin, das sich mit der
Säure gut verträgt, in die Pinselungsflüssigkeit hineinzunehmen, oder man
füge Acidum lacticum bei.
Rp. Acid. jodici 1,0
Papayotini 0,5
Aquae destillatae 10,0.
Ich lasse ausserdem bei Diphtherie innerlich Jodkali darreichen, das
ja sehr bald in den Mund und den Rachen ausgeschieden wird und überall,
wo es mit der extern applicirten Jodsäure zusammentrifft, sofort Jod in
statu nascendi abspaltet, so dass die von zwei Seiten aus angegriffenen
Diphtheriebacterien zwischen zwei Feuer kommen und leichter vernichtet
werden können.
In ähnlicher Weise ist es bei syphilitischen Mundaffectiouen ange¬
messen, bei dem internen Gebrauch von Jodkali die Jodsäure als Pinsel¬
oder Gurgelwasser zu verwerthen. Vielleicht kann man auch bei anderen
Affectionen, z. B. bei septischen Processen, die von den weiblichen Geni¬
talien ausgehen, bei pleuritischcn Exsudaten u. s. w. in ähnlichem Sinne
Jodkali und Jodsäure combinirt gebrauchen, vielleicht auch bei Augen¬
krankheiten diesbezügliche therapeutische Versuche anstellen.
Ich habe noch der intraparenchymatösen Injection der Jodsäure zu
gedenken, welche z. B. bei Struma in Betracht kommt. Man kann hier
0,1 g Jodsäure (*/a—1 Spritze einer 10 °/o Lösung) ohne alle Gefahr
einspritzen. Die Injection ist nicht schmerzlos, indess nicht viel mehr als
es bei Jodtinctur der Fall ist; die Schmerzhaftigkeit dauert öfters einige
Stunden an. Es tritt an dem ersten Tage eine ganz leichte Aufblähung
der Schilddrüse in der Nähe der Stichsteile ein, und danu beginnt die Ver¬
kleinerung, welche allmählich immer stärker wird, indem der nach Zerfall
des Drüsengewebes eintretende Narbenzug die Diminution des Tumors be¬
schleunigt. Es ist also das endgiltige Resultat erst einige Wochen nach
der letzten Injection zu erwarten, im ganzen genügen je nach der Grösse
^Geschwulst 8—10 Einspritzungen ä 0,05—0,1 g (tya—1 Spritze der
10 /o Lösung) zu der Beseitigung der Struma; natürlich kann man nach
gewissen Intervallen wiederum die Injectionen vornehmen, falls noch nicht
ausreichende Resultate erzielt sind; ich mache die ersten Injectionen einen
^ en an dern und lasse hei den folgenden stets eine Pause von
0—8 Tagen eintreten, damit die Narbenretraction ihre Wirkung entfaltet.
, Dei Hydrocele schmerzte die Jodsäureinjection ziemlich stark, indess
man J a hier wie auch sonst eine cocalmsirte Lösung benutzen; sehr
auffallend war die geringe Empfindlichkeit und die prompte Verkleinerung
der Geschwulst bei Einspritzung der 10 °/o Lösung in ein Hygroma eysticum
bursae praepatellaris. Auch bei anderen Cysten könnte man die Jodsäure-
injectionen versuchen und die von einigen Chirurgen befürwortete Jodoform¬
einspritzung bei tuberkulösen Gelenkaffectionen durch jene ersetzen.
Was nun die externe Anwendung des jodsaureu Natrons betrifft, so
nabe ich die Möglichkeit jener in der chirurgischen Praxis bei meiner
ersten Arbeit, genügend hervorgehoben und betone nur noch, dass man
wegen der irritativen Einwirkung auf Wundflächen dünne Concentrationen
des Salzes (Natr. jodic. 1, Acid. borie. 8—20) und geringe Menge des
rulvers benutzen soll. Ob man statt der Borsäure ein anderes Verdün¬
nungsmittel z. B. Talcum venetum in Verwendung nehmen soll, muss durch
weitere Versuche entschieden werden. Nur darf kein stärkehaltiges Material
zu der Mischung genommen werden.
Bezüglich meiner Mittheilungen über die Anwendung des jodsauren
Natrons in der Nase füge ich noch hinzu, dass die Insufflation desselben
mit Hülfe des gewöhnlichen Glaspulververbläsers von den Patienten selbst
vorgenommen werden kann. Das Pulver muss trocken und gut verschlossen
aufbewahrt werden, weil es leicht hygroskopisch ist.
Während Binz') bei Versuchen an Kaninchen nach verhältnissmässig
kleinen subcutan eingeführten Dosen der Säure oder ihres Salzes baldigen
Tod des Versuchstieres und fettige Degeneration der Leber, schwere
Gastritis, Darm-, Nieren- und Lungenblutungen als pathologisch-anato¬
mischen Befund beobachtete, habe ich hei dem Menschen selbst nach
monatelangem Gebrauche des jodsauren Natriums, mochte es nun innerlich
genommen oder hypodennatiseh eingeführt werden, keine toxischen Er¬
scheinungen, keine Störungen der Magen-Darmfunctionen, keine Rhinitis
oder Pharyngitis, keine wesentlichen Ausschläge, keine Stomatitis, kein
Larynxödem gesehen und kein Eiweiss in dem Urine nachweisen können.
Gelegentlich .wird das Auftreten von Schnupfen oder von Jodgeschmack an¬
gegeben. Bei’ca. 100 Personen, welche mit Natrium jodicum behandelt wurden
und etwa 700 Injectionen erhielten, Hess sich jenes Resultat feststellen, so
dass ein sicheres Urthcil wenigstens über die Unschädlichkeit des Salzes ge¬
fällt werden kann. Mau glaube aber nicht, dass die Lugol'sche Lösung,
abgesehen von der Schwierigkeit, welche ihrer therapeutischen Venverthuug
in dem Wege steht, der Wirkung des jodsauren Natrons entspricht; hat
doch bereits Binz 2 ) beobachtet, dass fettige Entartung der Leber niemals
nach Einverleibung der Jod-Jodnatriumlösung bei Tliieren auftritt, ein
Zeichen der energischeren Activität der jodsaureti Salze.
Ich hatte in meiner ersten Arbeit als Maximaldosis der einzelnen
Injection 0,2 angegeben, ich habe mich inzwischen davon überzeugt, dass
man noch 0,5 g schadlos auf diese Weise einführen darf. Als mittlere
Dosen kann man 0.1—0,3 g subcutan injiciren, wobei es zweckmässig ist,
mit den kleineren Gaben anzufangen. Bei der relativ schweren Löslichkeit
des Salzes möge man sich der 5%igen Solution bedienen und mehrere Spritzen
appliciren; will man stärkere Concentrationsgrade jenes verwenden, so löse
man sich jedesmal die betreffende einzuführende Dose mittels einer kleinen
Menge heissen Wassers, um nicht so oft die Spritze füllen zu müssen.
Den Iudieatioüskreis für die subcutaue Injection des jodsauren Natrons
habe ich bereits in meiner ersten Veröffentlichung gekennzeichnet, ich
bemerko hier nur noch, dass man bei lokalen Schmerzen (rheumatischen,
neuralgischen und neuritisehen) die Injection in der Gegend der Schmerzen
vornimmt, will man allgemeinere Wirkungen erzielen, empfehle ich die
Injection in die Haut des Rückens; vielleicht ist es auch vorteilhaft, jene
in die Nates intramusculär zu appliciren, wo die Schmerzerregung ver¬
schwindend gering ist.
Im ganzen schmerzt die Injection mässig und entwickelt einen lokalen
Nachschmerz, der indess nicht derartig ist, dass man um seinetwillen von
der hypodermatischen Application des Salzes Abstand nehmen sollte, zumal
es sich um die Bekämpfung chronischer Leiden handelt, denen gegenüber
man bezüglich wirksamer Mittel nicht sehr reich ist, Arie bei Neuralgieen.
Neuritiden und den verschiedenen, chronischen adhäsiven Entzündungen
des Nervensystems, Sclcrosen u. s. w. Es bleiben die Stichstellen, die
nur ganz massige und bald verschwindende, kleine Hauthärten hinterlassen,
oft einige Tage bis zu einer Woche auf Druck schmerzhaft. Ich nehme
die Einspritzungen einen Tag um den anderen vor und lasse nach zehn
Injectionen etwa je 3—4 Tage Pause zwischen den einzelnen Sitzungen.
Zum Schlüsse führe ich noch einen Fall von syphilitischer Cerebro-
spinalaffeetion an, bei dem die subeutane Einführung des jodsauren Natrons
gute Dienste geleistet hat und bei dem seit der Behandlung zwei Jahre
verflossen sind, so dass hier die Möglichkeit, über die Nachhaltigkeit dieser
Therapie ein Urtheil zu fällen vorliegt. Ich verdanke die Ueborlassung
dieses Falles der Güte des Herrn Dr. G. Gutmann, welcher mir über
den Befund an den Augen seine Mittheilung zur Verfügung stellte.
Eine 33jährige, chlorotische Frau W., welche aus hereditär nicht be¬
lasteter Familie stammt, klagte seit einer Reihe von Jahren über Ver¬
schlechterung des Sehvermögens und Angenschnierzen. Die Verminderung
der Sehkraft bezog sich vorwiegend auf das rechte Auge. Das Gehen
wurde ihr ungemein sauer, sie hielt nur wenige Schritte aus und konnte
kaum Treppen steigen. Ferner litt sie seit langer Zeit an Tag und Nacht
anhaltenden Kopfschmerzen, welche don ganzen Schädel einnahmen, an
Schwindel, der bei dem Liegen gebessert wurde, Jahrelang bestanden
reissende Schmerzen in dem Rücken und beiden Beinen, Pim'isthesieen in
den Fingern und Füssen. In der letzten Zeit gingen ihr die Haare stark
aus. Sie war nie schwanger geworden und hatte, wie sie angab, keine
sinnliche Empfindungen bei dein Coitus.
Das Gedächtniss ist tadellos; Sprachstörungen fehlen; sie ist sehr
reizbaren Temperaments.
Die über Mittelweite grossen Pupillen, welche eine Grössendifferenz
zugunsten der rechten aufweisen, sind auf Licht, bei Convergenz und
Accommodation total starr. Der Augenhintergrund erweist sich als normal.
Die rechte Stirnseite ist leicht anästhetisch. An den Gehimnerven
zeigen sich sonst keine krankhaften Erscheinungen. Die Empfindungs-
prüfung ergiobt abgesehen von den Parästhesioen und den lancinirenden
Schmerzen keinerlei abnorme Verhältnisse.
Die grobe Kraft der Beine ist trotz gut entwickelter Musculatur sehr
schwach. "Es fehlen Romberg’sches Symptom und ataktische Erschei¬
nungen. Sie geht im Dunkeln, ohne zu schwanken. Die Patellarrefloxo
sind spurweise vorhanden, ein wenig deutlicher links als rechts.
Die Urinentleerung ist ungestört, es besteht chronische Verstopfung,
die inneren Organe erweisen sich gesund.
J ) Arch. f. experim. Pathol. uud Therap. XIII. Bd., S. 117.
2 ) Ibidem S. 121.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24
Auf dieses skizzirte Bild hin, die reflectorische Pupillenstnrre mit
Pupillendifferenz, den Kopfschmerz, den Schwindel, die Paraparese.^ die
Iancinirenden Empfindlingen, die Schwäche dor Sehnenphänomene, das Etllu-
vium capilloi-um u. s. w. nahm ich eine syphilitische Erkrankung des
Cerebrospinalnerven Systems an; anfangs glaubte ich an den Beginn einer ,
Tabes, aber der Verlauf des Leidens licss mich bald von dieser Diagnose >
abgehen. . !
Beginn der Behandlung 23. Februar 1892. Nach zehn, alle drei Tage
vorgenommenen subcutanen Injectionen von jodsaurem Natron a 0,1 g in
die Haut des Rückens, war das Gehen ganz bedeutend erleichtert, und
der lancinirende Schmerz blieb nur noch auf die Knöchelgegend der Füsse
beschränkt; früher fiel sie, wie sie sich ausdrückte, bei dem Gehen gerade¬
zu zusammen. Sie verspürto durchgehends eine Kräftigung und grössere
Elasticität ihres Nervensystems.
Nach weiteren 23 Injectionen zu 0,2 g, welche alle 3—4 Tage j
regelmässig ausgeführt wurden, zeigte sich eine mässige Verstärkung des
Kniephänomens; die motorische Kraft hob sich ganz bedeutend. Sie
konnte stundenlange Promenaden machen, ohne zu ermüden, sie konnte
stundenlang lesen, was ihr früher nicht möglich war. Die Schmerzen in
dem Rücken und den Beinen zeigten sich völlig geschwunden; die Kopf¬
schmerzen blieben fort. Es trat in dieser Zeit eine iritische Reizung der
Augen ein, welche indes bald abklang (Beweis für die luetische Natur dor
Nervenaffeetion). Das therapeutische Ergebniss war um so wesentlicher,
als die Patientin vorher Jahre lang resultatlos behandelt war.
Die geschilderte Besserung zeigte sich nun auch stichhaltig: zwei
Jahre nach Beendigung der oben angeführten Cur war die Motilität eine
vortreffliche geblieben, das Nervensystem elastisch, die Schmerzen in dem
Kopfe und den Gliedern nicht nennenswerth. Romberg’sches Symptom
fehlte, die Patellarreflexe waren kräftig, wenn auch noch ungleich, der
Augenbefund erwies sich ziemlich unverändert bezüglich der Pupillen; das
ophthalmoskopische Bild zeigte normale Hintergrundsverhältnisse. Die
Sehkraft war nicht schlechter geworden. Die Haaro gingen nicht mehr
aus, Herzklopfen, an dem die Patientin früher oft stundenlang, auch mitten
in der Nacht viel zu leiden gehabt hatte, hat sich völlig verloren.
Es ist hei diesem Falle nicht nur nicht eine Progression des Leidens, !
die ja hierbei so häufig nicht zu bekämpfen ist, sondern eine bisher Jahre- j
lang bestehen bleibende Besserung der krankhaften Erscheinungen zu j
constatiren gewesen.
Die Aehnlichkeit des Erfolges bei dem auch nosologisch gleichartig j
zu beurtheilenden, in der ersten Arbeit veröffentlichten Falle K. (Therap. j
Monatsh. 1894, Heft 4) und dem soeben beschriebenen springt in die Augen.
Wenn ich in meiner ersten Arbeit darauf hingewiesen habe, dass die
Jodsüuresolution in kurzer Zeit die rothen Blutzellen auflöst, so be¬
zieht sich diese Erscheinung auf die Blutzellen des bluthalligen Urins, j
Setzt man Jodsäurelösung dem frisch entnommenen Blute zu. so wird :
dieses erst bräunlich und erscheint nachher völlig entfärbt. Mikroskopisch .
zeigen sich die rothen Zellen als ganz schwach conturirto, hellblasse, oft i
verkleinerte, hier und da deformirte Scheiben, während die weissen Zellen j
in der bereits früher besprochenen Art erhalten bleiben. i
IX. Zur Organisation der medicinisehen !
Presse.
In No. 23 des „Progros mddical“ widmet der GeneralsecretSr der
„Association de la presse ntedicale fran^aise“, Herr Baudouin, unserem
Vorschläge zur Organisation der deutschen medicinischen Presse (diese
Wochenschrift No. 22) einige anerkennende Worte: wir sind ihm dafür
zu bestem Danke verpflichtet.
Bei dieser Gelegenheit macht Herr Baudouin Mittheilung von der
Organisation einos internationalen Presscomites und spricht davon, dass
vx? »P rov i sor i sc hcs Comite“ im April zu Rom ernannt worden sei.
Wenn Herr Baudouin das Comite meint, von welchem auf dem Souper
der ausländischen medicinischen Presse gelegentlich des Römischen inter¬
nationalen Congresses die Rede war, so hat er sich wohl nicht ganz
präcis ausgedrückt. Von der „Ernennung“ eines Comites ist mir
wenigstens während der Discussion über diese Angelegenheit, an der auch j
ich Üieilgenommcn habe, nichts bekannt geworden. Soviel ich weiss, hat j
es sich in Rom nur um die Selbstwahl eines derartigen Comites ge- !
handelt. j
X. Kleine Mitteilungen.
77 I n .der Sitzung des Vereins für innere Mcdicin
vom 11. d. M. (Vorsitzender Herr Leyden) demonstrirte vor der Tages¬
ordnung Herr G. Klemperer aus der Leyden'schcn Klinik einen Pa¬
tienten mit Pulsionsdivertikel des Oesophagus. An der Discussion be-
theiligten sich die Herren Landgraf, Leyden, G. Lew in und Klem¬
perer. — Die eigentliche Tagesordnung wurde mit dem Vortrage des
>»Ueber Todesfälle nach Quecksilberbehnndlung“ er-
senöptt. Nach einer historischen Einleitung über die vom Vortragenden
und seinem Vorgänger, y. Bäronsprung, in der Charite geübte Syphilis-
andlung ging Löwin kurz auf die physiologischen Wirkungen des
Quecksilbers ein, schilderte dann ausführlicher die schweren Neben-
erschemungen (Stomatitis, Enteritis, Nephritis, Embolieon) der Schmierern*
und der Injectionen unlöslicher Quecksilberpräparate und gab zum Schluss
eine Statistik über die bei den Quecksilbcrcurcn beobachteten Todesfälle.
Zur D^imssmn ergriffen die Herren Blascliko und Leyden das Wort
U7 V ie xA° rtSetzUng der Dlscussion wurde auf die nächste Sitzung (den
18. d. M.) vertagt. j* g
— Die Berliner klinische Wochenschrift hat in ihrer letzten Nummer
einen Kampf gegen die überhandnehmende Unsitte der Berichterstattung
über medicinische Veroinsvorgänge in der politischen Tages¬
prosse eröffnet. Wir möchten neben den dort bereits namhaft ge¬
machten Berichten noch einige andero als nicht minder auffällig hervor¬
heben, z. B. die weitläufigen Berichte, die die meisten grösseren Blätter
Tag für Tag über jode Sitzung des Chirurgencongresses und über alle
dort verhandelten Einzelfragen zu bringen in der Lage waren. Auch aus
der Berliner medicinischen Gesellschaft sind uns wiederholt sehr ausführ¬
liche Berichte von offenbar wohl unterrichteter Seite begegnet; u. a. erst
letzthin über den in der Sitzung vom 6. Juni gehaltenen Vortrag über
die Virulenz des Kommabacillus. Wir möchten auch bezweifeln, dass es
den noch so wissbegierigen Laien wesentlich erfreuen und fördern kann,
zu vernehmen, wie sich die Virulenz des Kommabacillus beim Hindurch¬
gehen durch den Taubenkörpor oder durch einen anderen Thierkörper ver¬
ändert und wie wenig bisher alle Versuche einer „Desinfection“ des
Danncanals zu praktischen Erfolgen geführt haben. Wir möchten also
auch einer gewissen Einschränkung und Sichtung in derartigen Publi-
cationen das Wort reden, wenn wir auch andererseits nicht so weit gehen,
jede fortlaufende Berichterstattung aus medicinischen Vereinen — wir er¬
innern nur an die Veröffentlichungen des früheren medicinisch-pädagogischen
Vereins, der Gesellschaft für Gesundheitspflege u. s. w. — von vornherein
für unstatthaft zu erklären oder gar unter den (bekanntlich eine bequeme
Handhabe für alles bietenden) groben Unfugbegriff zu rubriciren.
— Ueber das Cholera-Nachrichtenwesen ist vom Reichskanzler
an die Bundesregierungen ein Rundschreiben ergangen. Es handelt sich
darin um Maassuahmen, die durch dio Dresdener internationale Sanitäts¬
convention dringlich geworden sind. In der Convention ist vereinbart
worden, dass den betheiligten Staaten von der Bildung eines Cholera¬
heerdes sofort Nachricht gegeben wird. Auch soll über den Verlauf der
Epidcmieen und die Gegenmaassnahmen eine internationale Verständi¬
gung stattfinden. Für das Deutsche Reich ist als Centralstelle für das
Cholera-Nachrichtenwesen das Kaiserliche Gesundheitsamt bestimmt worden.
An dieses sollen nach dem Rundschreiben des Reichskanzlers alle die
Cholera betreffenden Anzeigen aus den Bundesstaaten eingereicht werden.
Verlangt wird, wie früher, telegraphische Anzeige von Cholerafällen
und ausserdem eine wöchentliche Uebersicht, ferner ein Bericht über die
Anordnungen zur Bekämpfung der Seuche. Weiterhin übernimmt auch
das Gesundheitsamt, die Uebermittelung der Choleranachrichten aus dem
Auslände an die Bundesregierungen. Es wird darüber regelmässig an die
Bundesregierungen vom Gesundheitsamte berichtet werden.
— Medicinalrath Prof. Dr. Fürbringor ist von der Reise zurück-
gekehrt.
— Privatdocent Dr. Langerhans, bisher Assistent am pathologi¬
schen Institut der Universität, ist Prosector des städtischen
Krankenhauses Moabit geworden. Der von uns in No. 22 aus¬
gesprochene Wunsch, dass die übrigen städtischen Krankenhäuser dem
Beispiele des „Urban“ in der Anstellung geschulter Leichenhausärzte
folgen mögen, hat sich also schneller erfüllt, als wir je geahnt haben.
Hoffentlich folgt der „Friedriclishain“ nun in Bälde nach.
— In Frankreich hat sich ein Comite gebildet, um das Andenken
Charcot’s durch Errichtung eines Denkmals an der Stätte seines lang¬
jährigen Wirkens in der Salpötriero zu ehren. Um für diesen Zweck
auch in Deutschland zu wirken, haben sich die hervorragendsten Fach¬
leute zu einem deutschen Comite vereinigt, welches sich die Sammlung
von Beiträgen für das Charcot-Denkmal und deren Uebermittelung an das
französische Comite zur Aufgabe gestellt hat. In der Ueberzeugung, dass
diese internationale Ehrung des berühmten Gelehrten und Arztes allge¬
meiner Sympathie begegnen wird, richtet dasselbe an die medicinischen
Kreise Deutschlands die Bitte, sich möglichst zahlreich an der Sammlung
zu betheiligen. Zur Entgegennahme von Beitragen sind die Herren Pro¬
fessor Dr. Erb iu Heidelberg, Seegartenstrasse 2, Prof. Dr. Jolly in
Berlin NW., Alexander-Ufer 7, und Prof. Dr. Hoffmann in Heidelberg,
Leopoldstrasse 15, bereit.
— Paris. d’Arsonval ist an Stelle von Brown-Sdquard zum
„Membro titulaire“ der medicinischen Section der Akademie der Wissen¬
schaften ernannt.
— Rom. Dio Accademia dei Lincei hat den vom König gestifteten
Preis im Betrago von 10000 Fr. zu gleichen Theilen Prof. Guido
Tizzoni in Bologna und Prof. Luciani in Rom für ihre Leistungen
auf dem Gebiete der experimentellen Pathologie und Physiologie zuerkannt.
— Von Meyer’s Conversationslexikon, welches seine führende
Stellung auf dem Gebiete der eneyklopädischen Litteratur erfolgreich be¬
hauptet, ist der vierte Band zur Ausgabe golangt. Ganz abgesehen
davon, dass die Hauptgebiete der Medicin und öffentlichen Gesundheits¬
pflege (vergl. z. B. in diesem Band die Artikel Cholera und Des¬
infection) in abgerundeten Darstellungen, die den Fortschritten der
Wissenschaft durchaus gerecht werden, zur Behandlung kommen, dürfen
wir auch an dieser Stelle auf die Fülle des Stoffes Hinweisen, die z. R
in Artikeln, wie der unter dem Stichwort Deutschland erschienene,
enthalten ist. Eine Reihe berufener Fachgelehrte» 1 haben sich vereinigt,
um eine umfassendo Schilderung des Landes in seiner natürlichen, cul-
turellen und wirtschaftlichen Entwickelung zu geben, an die sich ein
vortrefflicher Abriss der deutschen Geschichte anschliesst. Die Illustra¬
tionen des Werkes bieten das vollkommenste, was dio verschiedenen
Methoden der graphischen Darstellungskunst heute zu leisten imstando
sind.
— Universitäten. Freiburg i. B. Der Privatdocent der inneren
Medicin und erste Assistent an der medicinischen Klinik Dr. Reinholu
ist zum a. o. Professor ernannt.
Gedruckt bol Julias Sittenfeld la Berlin W.
'giß
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag Jtf 25. 21. Juni 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Rcdaction : Prof. Pr. A. Eulenburg und Pr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamoratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
I. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Moskau.
Ueber chronischen „Rheumatismus.“
Klinischer Vortrag von Prof. G. A. Sacharjin.
M. H.! Die Kranke, die ich Ihnen vorstelle, Bäuerin, ist am
29. Januar 1891 in die Klinik eingetreten, mit Klagen über
Schmerzen und Schwellung der Arme und Beine, hauptsächlich an
den Hand-, Ellenbogen-, Knie- und Sprunggelenken, sowie an den
kleinen Gelenken der Hand und des Fusses auf beiden Seiten. Die
Schmerzen dauern schon 1 ! /a Jahre, steigern sich bedeutend bei
Howegungen und erschweren dieselben in hohem Grade.
Anamnese. Die Kranke lebt während der letzten 1 */? Jahre in
Moskau Chat früher auf dem Lande gelebt). Wohnung initlelmüssig. der
Abort kalt. Gebt einmal monatlich in die Badestube. Trinkt keinen Theo
und Branntwein, hat auch früher keinen getrunken. Kost — die einer |
Arbeiterin. Ist verheirathet gewesen und hat Kinder gehabt, (keine Abortei.
jetzt schon lange verwiltwet. War während der letzten 1 x j% Jahre nicht
imstando zu arbeiten; hat früher viel und angestrengt in Gemüsegärten I
gearbeitet.
Bis zur gegenwärtigen Krankheit immer gesund gewesen. Im
Herbst 1889 wurde sie, während sie bei kaltem Weiter in einem Gemüse¬
garten arbeitete, von Schmerzen in den Fingergelenken beider Hände be¬
fallen, fuhr aber zuerst fort zu arbeiten; da jedoch die Schmerzen be¬
deutend stärker wurden (und sich Schwellung der schmerzenden Stellen
liinzugesellte), wurde die Arbeit bald unmöglich. Sie wandte sieh an
einen Arzt, welcher ihr eine Salbe und innerlich süssliche Pulver (wahr¬
scheinlich salicvl saures Natron) gab; danach fühlte sie Erleichterung, gänz¬
lich war aber die Krankheit nicht vergangen, vielmehr zog sich dieselbe
in dieser Weise bis zum Anfang des Winters 1891 hin, zu welcher Zeit
nach Eintritt der Kälte die früheren Schmerzen sich steigerten und neue
Schmerzen mit Schwellung in deu übrigen oben genannten aflieirten Ge¬
lenken auftraten.
Während drei Wochen, welche Patientin in der Klinik verbrachte,
trank sie täglich Jessentukiwasser (No. 17), zuerst zu 1 1 j< 2 , sodann zu
einem Glas täglich, hat einigemal (zuerst jeden zweiten, sodann jeden
dritten Tag) sulir.ylsaures Natron in Jessentukiwasser eingenommen, zu¬
erst zu 20, sodann zu 40 g pro die, wonach sich Ohrensausen einstellte;
«eit dem 6. Februar wurden die erkrankten Gelenke, nachdem sie unter
Einfluss von Ruhe, Wärme und der erwähnten Behandlung bedeutend
weniger schmerzhaft geworden waren, massirt und später auch mit dem
constanten Strome elektrisirt: der Krankheitszustand verbesserte sich be¬
deutend.
Status heute, am 19. Februar. Appetit wie gewöhnlich mässig.
Magen, Dann, Leber und Milz normal. Der Ham rüthlieh, enthält kein
Eiweiss und keinen Zucker. Klimactorium seit 15 Jahren. Respirations¬
organe normal (der geringe Bronchialkatharrh mit unbedeutendem Husten,
mit welchem Patientin in die Klinik eingetreten, ist vergangen), die
irculationsorgane ebenfalls (nur sind die Arterien etwas hart). Patientin,
sc Hon lange mager, ist während der Krankheit wenig abgemagert. Die
Temperatur, beim Eintritt in die Klinik etwas erhöht (37,0°), wurde bald
normal. Weder Kopf- noch andere Schmerzen, ausser den erwähnten in
den Gelenken. Diese sind bedeutend geringer und die Bewegungen viel
reier. Die Anschwellung, welche an den beiderseitigen Hand-, Ellen¬
nogen- und Kniegelenken am bedeutendsten war (auch Fluctuatioii liess
J‘r h nac 'hweisen), ist geringer geworden, und die heim Eintritt constatirte
Eichte Röthung und Temperaturerhöhung an den letztgenannten Gelenken
geschwunden,
Diagn ose. Die Kranke repräsentirt einen von den Fällen, die in j
den.Lehrbüchern der speciellon Pathologie, in der Litteratur überhaupt,
sowie in der Praxis gewöhnlich mit dem Namen des chronischen Gelenk- ;
Rheumatismus belegt oder, wenn ausser den Gelenken auch noch andere j
Bewegungsorgane, Muskeln, Nerven und Knochen (d. h. nicht nur die i
Ejuphysen, sondern alle Kuochentheile) betroffen sind, einfach chronischer I
Rheumatismus genannt werden. Ich habe schon früher Gelegenheit ge- j
habt zu bemerken, dass ich diese Benennung für unrichtig, die Begriffe
verwirrend und einer genauen Diagnose (folglich auch Therapie) der viel-
' artigen Störungen, welche alle linier diesem Namen zusammengefasst
werden, für hinderlich halte. Ich will nun diesen Fall - den einzigen
; gegenwärtig in der Klinik vorhandenen -- (obwohl andere comjdieirtere
Fälle, die in der Praxis Vorkommen, meinem Zwecke eher entsprechen
würden) benutzen, um diese meine Meinung zu erklären und zu be¬
gründen.
Das Wort Rheumatismus, seiner alten Bedeutung schon
lange verlustig, hat bisher noch keine genaue Definition erhalten:
mit diesem Worte wird, wie schon gesagt, sowohl der acute Ge¬
lenkrheumatismus bezeichnet, eine scharf charakterisirte Krankheit,
welche nicht weniger präcise gekennzeichnet ist als die Masern,
Pocken, der Scharlach, Abdominal-, Flecktyphus u. a. m., eine
Krankheit, die man mit keiner anderen verwechseln kann —, als
auch Fälle solcher Art, wie der gegenwärtige (auf dessen Bedeu¬
tung ich noch zurückkommen werde), sowie andere noch compli-
cirtere und, sowohl was die afficirten Organe, als auch hauptsäch¬
lich, was die Aetiologie anbetrifft, überaus mannigfaltige. Wohl
muss die Noinenclatur an den Benennungen, welche eingebürgert
und allen begreiflich sind, nicht rühren und ohne besondere Noth-
wendigkeit keim 1 neuen Termina einführon, ehe das Wesen der
Sache vollkommen geklärt, ist, nichtsdestoweniger aber muss sie
doch die möglichste Genauigkeit anst.reben. Soll der Name Rheu¬
matismus erhalten bleiben, so kann dies natürlich nur unter der
Bedingung geschehen, dass er eine bestimmte Bedeutung erhalte.
Dieser Forderung wird Folge geleistet, wenn man die Benennung
nur für den acuten Gelenkrheumatismus, eine, wie gesagt, voll¬
kommen charakterisirte und genau gekennzeichnete Krankheit
bestehen lässt. Der Name Rheumatismus in seiner früheren alten
Bedeutung wird freilich weder dem entsprechen, was wir schon
jetzt über den acuten Gelenkrheumatismus wissen, noch aller
Wahrscheinlichkeit nach dem, was uns darüber noch ferner zu er¬
fahren bevorsteht, doch nicht weniger berechtigt sein als die Be¬
nennungen Masern, Pocken, Scharlach, Pest u. s. w. für die von
j ihnen bozeichneten Krankheiten. Eine präcise Terminologie wird
dann erst möglich sein, wenn das Wesen genannter Krankheiten
genau bekannt sein wird, bis dahin jedoch müssen die einge¬
bürgerten und deshalb zur weiteren Existenz mehr berechtigten
Benennungen bestehen bleiben.
Ist es nun möglich, wenn man die Benennung Rheumatismus
für den acuten Gelenkrheumatismus bestehen lässt, dieselbe, ohne
sie ihrer bestimmten Bedeutung zu berauben, auch für solche
Fälle zu verwenden, wie der gegenwärtige und andere, noch com-
| plicirtere, welche ich erwähnt und von welchen ich noch weiter
i reden werde? Offenbar nicht, weil erstlich diese Fälle selbst
' untereinander verglichen bedeut ende Unterschiede zeigen, verschie-
j neuartige und durch verschiedene Ursachen bedingte^ Leiden vor-
! stellen und weil sie andererseits mit dem acuten Gelenkrheurna-
1 tismus durchaus nicht, identisch sind. So der gegenwärtige: zu-
! erst stellten sich Schmerzen und Anschwellung in den Fingergelenken
ein und bestehen bis jetzt, nach Verlauf eines Jahres erkrankten
die übrigen betroffenen Gelenke und sind in diesem Zustande bis
heute verblieben. Wo ist hier das Bild des acuten Gelenkrheu¬
matismus? Wo ist das gleichzeitige und dabei wechselnde, vor¬
übergehende Befallensein vieler Gelenke, wo das Fieber wo die
verschiedenen Complieationen, cardiale und andere, welche man
doch in einem Falle, der sich so lange hinzieht, natürlicherweise
erwarten müsste, wenn die Krankheit in der 'That das wäre, u as
man acuten Gelenkrheumatismus nennt? Endlich kommt no
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25
hinzu, dass das salicylsaure Natron, welches beim acuten Gelenk¬
rheumatismus so entschieden wirkt, die Krankheit geradezu cou-
pirt, in dem in Rede stehenden Falle (wie aus der Krankenge¬
schichte zu ersehen und wie wir in der Klinik beobachtet haben)
nur als symptomatisches (schmerzlinderndes, auch in dieser Hin¬
sicht nicht stark wirkendes) Mittel gewirkt hat, ohne die Krank¬
heit zu eoupiren, zu heilen.
Wohl giebt es Fälle, in denen ein evidenter, typischer acuter
Gelenkrheumatismus nicht rasch endet und nicht in Genesung über¬
geht (gewöhnlich deshalb weil der Kranke sich unter ungünstigen
Bedingungen befindet und sich nicht behandeln lässt, oder die
Behandlung eine unrichtige, nicht genügend energische ist), son¬
dern ein chronisches Leiden der betroffenen Gelenke hinterlässt,
welches sich durch Monate und Jahre hinzieht und ganz das¬
selbe Bild zeigt wie unser gegenwärtiger Fall, d. h. olino die
c harakteristischen Besonderheiten des acuten Gelenkrheumatismus
einhergeht und durch das salicylsaure Natron ebenfalls nicht
coupirt, nicht geheilt wird. Solche Fälle aber chronischen Gelenk¬
rheumatismus zu nennen, d. h. sie als Fälle von acutem Gelenk¬
rheumatismus (einer Krankheit, welche alle Symptome eines acuten
infectiöson Leidens besitzt) anzusehen, welcher in chronischen
Zustand übergegangen ist, wäre dasselbe, als wenn man den zu¬
weilen bei den Masern zurückbleibenden chronischen Bronchial¬
katarrh chronische Masern oder die nach dem Abdominal¬
typhus zuweilen zurückbleibende chronische Diarrhoe chronischen
Abdominaltyphus nennen wollte. Es ist ja klar, dass in allen
diesen Fällen nicht die speeifische acute inlectiöse Krankheit in
den chronischen Zustand übergegangen ist, sondern nur gewisse
locale Aflectionen zurückgeblieben sind, welche sie hervorruft und
welche in günstigen Fällen mit der Krankheit selbst schwinden,
in ungünstigen dagegen chronisch bestehen bleiben.
Im Laufe der chronischen, nach dem acuten Gelenkrheumatis¬
mus zurückgebliebenen Gelenkaffectionen kommen zuweilen zweifel¬
lose Rocidive des letzteren vor: Fieber stellt sich ein, die Gelenk-
aflectionen exacerbiren und nehmen einen wandernden Charakter
an, das salicylsaure Natron erweist von neuem seine Wirkung.
Doch können solche Reeidive, welche dieser Krankheit überhaupt
eigenthümlich sind und ebenso häufig auch in denjenigen Fällen
Vorkommen, in welchen nach dem acuten Anfalle nicht, die gering¬
sten chronischen Gelenkleiden Zurückbleiben, keineswegs als ein
Beweis dafür angesehen werden, dass das während Monaten und
Jahren zwischen den Anfällen bestehende chronische Gelenkleiden
identisch sei mit der acuten infeetiösen Krankheit, welche man
acuten Gelenkrheumatismus nennt.
Was repräsentiren nun eigentlich solche Fälle von chronischen
Ci elenkleiden, der Polyarthritis chronica, wie der gegenwärtige
und andere, die ich erwähnt habe? Hier ist eine eingehende
klinische Analyse besonders nothwendig: ich unternehme in solchen
hallen eine zweifache Untersuchung und stelle eine zweifache
Diagnose — die anatomische, ivolche die Bestimmung der be¬
troffenen Organe und Gewebe in sich begreift, und die ätiologi¬
sche, zur Erforschung der veranlassenden Ursachen: in dieser
Weise verfahre ich hauptsächlich deshalb, weil sich die Therapie
dieser Fälle nicht nur wegen der Verschiedenheit der Krankheits¬
ursachen, sondern auch wegen der Verschiedenheit der afficirten
Organe (Gelenke, Knochen. Muskeln, Nerven) verschieden ge¬
staltet. &
Die anatomische Untersuchung ergiebt. Folgendes. Haupt
sächlich und am häufigsten werden die Gelenke betroffen; dabe
muss der Zustand der Epiphysen und der sie bedeckenden Knorpel
der Zustand der Gelenkkapsel und der ausserhalb dieser liegende]
Weiehtheile eruirt werden. Seltener werden Aflectionen (gewöhn
lieh Schmerzen und Schwellungen) auch anderer Stellen, aussc
(len Gelenken, beobachtet; in diesem Falle ist zu bestimmen, welch
Organe betroffen sind: Haut (Hyperästhesie, Dermatitis u a'
Knochen (am häufigsten Periostitis, welche auf Druck stärke
werdende Schmerzen und zuweilen Anschwellung bedingt), Knorpe
(Z; B. Perichondntis, Rippen-, Kehlkopf- und Ohrknorpel — an
häufigsten in Folge von Gicht, — welche ebenfalls auf Druck siel
steigernde Schmerzen bedingt), Muskeln (Myositis: erhöhte Tem
peratur Spannung und Schmerz auf Druck und bei Bewegungen
später Abmagerung der afficirten Muskeln und Bildung cirrhotische
Jr i i 61 ?f elb Ä 0der Nerven (Neuritis: Schmerzen
Störungen) Pßnd lC lkeit ^ Dl Uck und verschiedenartige functioneil
tt. ^ Ci d °, r ätiologischen Untersuchung ergeben sich folgend
» als häufigste: acuter Gelenkrheumatismus und, obwoh
\ el seRener, andere acute infectiöse Krankheiten, der Tripper (M
!)?a P D1Cht Um JJ n i bei dl . e ? er Gelegenheit, zu betonen, um wie vie
° yarfchritl ® gonorrhoica der sinnlosen, die Begriff
Snd ^fhcüinatismus“ vorzuziehen ist]
, Tuberkulose, Gicht, Erkältung, traumatische Einfluss
(nicht die groben, wie Contusioncn, Verwundungen u. s. w., als
vielmehr die weniger starken, doch constant wirkenden, wie ange¬
strengte, ermüdende körperliche Thätigkeit), Alkoholmissbrauch
(der Alkohol bewirkt direkt keine Gelenkaffectionen, doch ist sein
zu diesen Erkrankungen disponirender Einfluss evident).
Die chronischen Gelenkaffectionen sind, wie schon gesagt
worden, ihrem Ursprünge nach grösstentheils complicirte, nicht
durch irgend eine einzige, sondern durch mehrere, meist sogar
viele Ursachen bedingte Leiden, so kommen sie z. B. als Folge
der combinirten Wirkung des überstandenen acuten Gelenkrheuma¬
tismus einerseits, der Gicht, Syphilis, Erkältung und trauma¬
tischen Einflüsse andererseits zur Beobachtung.
Welche allgemeine Benennung wäre nun für die liier in Rede
stehenden chronischen Leiden am meisten passend? Der für jede
Benennung noth wendigen Kürze wegen ist es am besten, sie
Polyarthritis chronica zu nennen, weil die Gelenkaffectionen in der
Regel die bedeutendsten, sehr häufig die einzigen sind und weil
ferner eine solche Benennung die genaue Diagnose (somit auch
die Therapie) des gegebenen Falles nicht im voraus entscheidet,
nicht irre führt, wie es der Name chronischer „Rheumatismus“ thut.
Wenden wir uns nun zur Analyse unseres gegenwärtigen
Falles. Bei Leuten solchen Alters, wie unsere Kranke (58 Jahre),
und bei Leuten, welche unter ähnlichen schweren, dürftigen Ver¬
hältnissen leben, kommt häufig eine andere Art von Gicht vor, die
sogenannte atonische. Unsere Kranke bietet zwar keine charakteristi¬
schen Erscheinungen der Gicht, z. B. keine Affection der Gelenke der
grossen Zehen, überhaupt keine vorwiegende Affection der kleinen
Gelenke (es sind sowohl die kleinen als die grossen betroffen),
sowie keine merkbaren gichtischen Ablagerungen an den Ge¬
lenkenden der Knochen; wohl aber bestehen Anzeichen der Dis¬
position zur Gicht, namentlich, ein constant röthlicher Harn und,
wie die Beobachtung in der Klinik gezeigt hat, die günstige Wir¬
kung eines alkalischen Wassers (Jessentuki) auf die Kranke.
Diese Disposition zur Gicht macht es begreiflich, dass die schäd¬
lichen Einflüsse, traumatische und Erkältung, welchen Patientin
während ihres mühevollen Lebens ausgesetzt war, in ihrem
Alter eine Gelcnkerkrankung hervorgerufen haben. In Bezug
auf den so evidenten Einfluss der Erkältung (die zweimalige
Wiederholung der Krankheit nach Eintritt der Kälte) ist noch zu
notiren, dass gerade diejenigen Gelenke afficirt sind, welche ent¬
weder immer unbedeckt (Finger-, Carpal- und Metacarpalgelenk)
oder w'enig geschützt waren (Knie- und Sprunggelenke), da die
Kranke weder Beinkleider noch Unterröcke trägt, während die
Fiisse doch immer durch die Schuhe geschützt waren. Wie schon
gesagt worden, erweisen sich an den kranken Gelenken die ausser¬
halb der Gelenkkapsel gelegenen Weiektheile (Anschwellung und
beim Eintritt in die Klinik Temperaturerhöhung und leichte Röthung)
und die Kapsel selbst (Fluctuation) afficirt; Zeichen von Knoehen-
affeetion sind nicht vorhanden.
Prognose. Dem günstigen Verlaufe der Behandlung nach
zu urtheilen, ist ein befriedigender Ausgang der Krankheit, Wieder¬
gewinnung der freien Bewegungen zu envarten, freilich nur wenn
es der Kranken gelingen v r ird, in Zukunft die schädlichen Einflüsse,
welche ein Recidiv der Krankheit verursachen könnten, zu ver¬
meiden.
Behandlung. Weshalb bei der Disposition zur Gicht
alkalisches Wasser verordnet wurde und weshalb bei einer 58 Jahre
alten Patientin von nicht ganz genügender Ernährung in geringer
Quantität, ist ihnen wohl ohne weiteres begreiflich. Ich füge
bloss hinzu, dass, wenn die atonische Gicht bei Kranken beobachtet
wird, welche vordem lange an der gewöhnlichen Form der Gicht
gelitten, viel alkalisches Wasser getrunken haben und in ihrer Er¬
nährung bedeutend heruntergekommen sind, man entweder nur
sehr leichte alkalische Wässer (Ems) oder erdige Wässer (Con-
trexöville) geben muss. Die Ernährung unserer Patientin Et
zwar nicht brillant zu nennen, doch ist sie auch nicht als herunter¬
gekommen zu bezeichnen, Mineralwasser hat sie nie getrunken,
deshalb wurde ihr auch ein sehr wirksames alkalisches Wassei
(Jessentuki 17), jedoch, wie gesagt, in geringer Quantität gegeben.
Der Verlauf der Behandlung hat diese Verordnung als zweck¬
entsprechend erwiesen. — Das salicylsaure Natron, als schmerz¬
stillendes Mittel, hat der Kranken genügende Erleichterung vei-
schafft. Die Massage und der coustaute Strom verringern (•'*'
Gelenkschwellung zusehends und erleichtern die Bewegungen. 1B- s
Jessentukiwassor je Glas zweimal täglich, Massage und Elcktn-
sation werden wir deshalb fortsetzen; das salicylsaure Natron
sowie schmerzstillende Mittel überhaupt sind nun nicht mein
nöthig.
Wir beschränken uns auf die genannten Mittel, weil sie
offenbar genügen. Ein ausgezeichnetes Mittel bei chronischen
Gelenkerkrankungen sind Salzbäder, warme und selbst (wenn keine
Contraindicationen vorliegen) heisse; im gegebenen Falle wenden
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21. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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wir sie nicht an. weil wir, wio gesagt, auch ohne sie auskommon
werden, hauptsächlich aber deshalb, weil sie durch die Winterzeit
eontraindicirt sind: Patientin würde, nachdem sie die Klinik ver¬
lassen, in höherem Grade der Gefahr sich zu erkälten ausgesetzt
sein. Ein gutes Mittel bei deu chronischen Gelenkaflectionen ist
die Carbolsäure (Umschläge aus zwei bis vierprocentigcr Lösung
und subcutanc Injeetionen); im gegebenen Falle erscheint dieses
Mittel unnöthig, zudem verursachen die subcutanen Injeetionen der
Carbolsäure starke Schmerzen. Jodpräparate (sowie Quecksilber¬
präparate) sind nöthig, wenn Syphilis an dem Gelenkleiden Theil hat.
Bei Verordnung der Localbehandlung ist zu beachten, welche
Organe oder Gewebe afficirt sind. Sind es die Muskeln, so
erscheint Massage am meisten geeignet. Bei Erkrankung der
Gelenke sind nutzbringend: Vesicatorien, Massago, Elektrieität und
Carbolsäure. Bei Affectionen des Periostes nur die allgemeine
Behandlung, gewöhnlich eine antiseptische oder antipodagrische
oder eine Combination beider (z. B. Jodpräparato in alkalischen
Mineralwässern): Massage und Elektrieität steigern die Schmerzen
und verschlimmern die Krankheit. Gegen Neuritiden Ruhe, Vesi¬
catorien, reizende und schmerzstillende Salben und, nach Beendigung
des acuten Stadiums, vorsichtige Massage nicht der Nerven selbst,
sondern der Ableitung wegen der benachbarten Weichtheile,
namentlich der Muskelmassen; die Wirkung der Elektrieität ist
unsicher. Endlich sind, wiederhole ich, Salzbäder, w-arme und
heisse, nutzbringend bei allen diesen Affectionen. —
Am 1. März 1891 verliess Patientin die Klinik. Alle
Functionen waren in Ordnung, die Ernährung besser, die Kräfte
ebenfalls. Anschwellung war nur an den Metacarpalgelenken zu¬
rückgeblieben, obwohl bedeutend geringer als früher, an anderen
Stellen dagegen gänzlich verschwunden. Schmerzen auf Druck
hei passiven und kurzdauernden aetiven Bewegungen waren nirgends
vorhanden. Andauerndes Gehen rief Gefühl von Ermüdung hervor,
sodann auch Schmerz in den Knieen, welcher übrigens bei Ruhe
bald verging.
Der Kranken wurde der Rath ertheilt, die bekannten schäd¬
lichen Einflüsse zu vermeiden und die Massage fortzusetzen.
II. Aus der chirurgischen Klinik am Charitd-Krankenhause
in Berlin.
Die Behandlung einfacher und complicirter
Brüche der unteren Extremitäten mit am¬
bulatorischen Gipsverbänden. 1 )
Von Stabsarzt Dr. Korsch.
Bevor ich mich der Demonstration von Personen zuwende,
die ich seiner Zeit als Assistent der Klinik des Herrn Geheimrath
v. Bardeleben mit Gehverbänden behandeln durfte, glaube ich
Ihnen kurz die Entstehung dos jetzigen Gohverbandes vorführeu
zu müssen:
Als Vater desselben — allerdings mit einer Beschränkung —
muss, wie wir soeben gehört haben 2 ), Seutin angesehen werden,
der die Bruchenden sogleich reponirto und sic dann durch seinen
Papp-Kleisterverbaud lixirt erhielt. Die Patienten mussten die
Deambulation ausüben, durften jedoch dabei das gebrochene Glied
nicht gebrauchen, dasselbe wurde im Gogcnthcil an einem Bande
schwebend getragen. Mit der Einführung des Gips Verbandes ver¬
bot sich bei der Schwere desselben das Umhergehen von selbst.
Nur langsam wurde es in der ärztlichen Welt bekannt und viel¬
lach mit Misstrauen aufgenommen, dass ein Nichtarzt, Herr
Hessing in Göggingen, Apparate anfertige, in denen Beinbrüchige
und mit Pseudartlirose Behaftete in kurzer Zoit ohne Beschwerden
umhergehen könnten. Wio man dieses Prineip mit viel einfacheren
Mitteln und namentlich billiger als Hessing, lediglich durch
Anwendung des Gips verbaudos verallgemeinern kann, wenigstens
hei Untersckenkelbrüchen, hat Fedor Krause gezeigt, dem
ich mich in der Technik des Verbandes angoschlosscn habe. —
dem Versuche, den ambulatorischen Gipsverband auch auf
Oberschenkelbrüche auszudehnen, bin ich bewogen worden
durch die Kenntniss der vor drei Jahren von Hessing ange¬
gebenen Extensionsschienen und die Angaben und Apparate von
Harbordt und Housncr. Das allen diesen Bestrebungen
Gemeinschaftliche ist die Erreichung einer vollkommenen Extension
durch Vorrichtungen, mittels welcher der Fuss gegen ein Fussbrett
gezogen wird, und einer ständig und sicher wirkenden Contraexteu-
sion durch Gegenstemmen eines Polsters gegen das Tuber ischii.
Mir schien es nun einleuchtend, dass die passive Extonsion,
die der auf die blosse Haut angelegte Gipsverband an den Mal-
, T Demonstration auf dem Congress der Deutschen Gesellschaft für
Chirurgie.
3 ) 8. diese Wochenschrift Xo. 17, S. 373.
leolen, am Fussrücken und an der Ferse ausübt, auch genügend
sein müsse für die Extension eines Oberschenkelbruches, wenn
mit dem Gypsverbande ein Sitzhalbring fest verbunden ist, wolcher
sich gegen das Tuber ischii stemmt und so die Contraextension
ausübt. Ich benutzte hierzu anfaugs Schienen nach Art der
Taylor’schen, die mittels Coulissenschiebung im Ober- und
Unterschenkeltheil für verscliiodenc Kranke gebraucht werden
konnten; dieselben wurden zwischen den Bindentouren eingegypst.
Bald verwandte ich dann eine einfache, schnell aus dickem Draht
anzufertigende Thomas’scho Schiene, an welcher der gegen das
Tuber drückende Theil mit Watte und Binden gepolstert wird.
Jetzt verwende ich sie nur noch bei ungeübter Assistenz. Sehr
viel einfacher ist das Verfahren, dessen sich mein Nachfolger,
Herr Stabsarzt Albers, bedient, indem eine mit in den Verband
gezogene Gipslanguette gegen das Tuber gedrückt wird.
Länderer erwähnt in seinem klinischen Vortrage „Die Be¬
handlung der Knochenbrüche“ am Schlüsse die Hessing’se.hen
Bestrebungen mit dem Bemerken, dass sich in der Praxis nur das
auf die Dauer hielte, was einfach und zugleich brauchbar sei. Ich
glaube, dass etwas einfacheres als ein Gipsverband nicht ange¬
geben werden kann; es ist bei den Geh verbänden allerdings eine
gewisse Beherrschung der Technik nothwendig, wenn man Miss¬
erfolge vermeiden will. Die vorhin hier geschilderten Vorzüge
haben in letzter Zeit den Gehverband häufig in der chirurgischen
Litteratur erscheinen lassen, und möchte ich hier besonders der
Veröffentlichung des Herrn Bruns gedenken. In derselben Rich¬
tung bewegen sich die Bestrebungen der Herren H. Schmidt,
Aust, Dollinger und Liermann. Auch die Behandlung von
Schenkelhalsfracturen im Stehbett von Messner sucht einige der
Vortheile des Geh Verbandes dem Verletzten mit Erfolg nutzbar zu
machen.
Da es für den Werth einer Methode von Bedeutung ist, die
Resultate zu beobachten, die damit gezeitigt worden sind, habe
ich mich der in Berlin besonders undankbaren Aufgabe unter¬
zogen, die mit Hülfe des Einwohner-Meldeamts ausfindig gemachten
ehemaligen Patienten der Klinik des Herrn Geheimrath v. Bardo¬
leben aufzusuchen. Leider ist es nur möglich gewesen, einen
ganz verschwindend kleinen Theil der Fälle ausfindig zu machen,
von dem wieder nur wenige heute erschienen sind, die ich zum
Theil in der Gesellschaft der Charite-Aerzte am 10. November 1892
in ihren Verbänden vorstellen konnte.
Was nun die Resultate anbetrifft, so werden Sie sehen, dass
ein Theil der Patienten, wohl auch infolge ihres vorgerückten
Alters, noch heute nicht zu seiner früheren Arbeitsfähigkeit zu¬
rückgekehrt ist. Sie sind durch den Unfall angeblich so ge¬
schwächt und empfinden andauernd Schmerzen, dass sie ihre
frühere Arbeit nicht aufnehmen könnten. Man sieht sich beinahe
gezwungen zu unterscheiden zwischen denen, welche einen Rück¬
halt' an der Unfallgesetzgebung haben, und denen, wolohen Ent¬
schädigungsansprüche nicht zur Seite stehen.
Ich beginno nunmehr mit der Demonstration:
Fall 1. Der 65jährige Kutscher R. erlitt durch Fall von seiner
Droschke am 9. September 1892 einen Sehrägbruch an der Grenze des
mittleren und unteren Drittels des linken Oberschenkels mit erheblicher
Dislocation und Verkürzung. Am rechten Unterschenkel eine 10 cm
lange, klaffende Haut- und lYriostwunde. Reposition in Narkose, Planum
iucliuatum. Eis. 11. September Streckverband mit allmählicher Belastung
bis 25 Pfd. 16. September (am siebenten Tage nach der Verletzung)
Gehverband; Klagen über Druck am äusseren Knöchel, woselbst der Streck¬
verband einen kleinen Decubitus erzeugt hatte. — Lockerung deS Q Ver¬
bandes infolge starker Abschwellung der Weichtheile, daher am 8 Oc-
tober zweiter Gehverbaml. Klagen über Druck am iiussoren Knöchel er¬
fordern am 16. Oetober den dritten Gehverband. 22. October Consoli-
dation; Abmagerung des Quadriceps; Kniegelenk nur um 20° beweglich;
Massage 5 November Beugung bis zum rechten Winkel. - beit seiner
Entlassung aus der Klinik bezog er Vollrente, seit Herbst 1893 ist er
50 ° n erwerbsunfähig. — SammLlichc Gelenke des linken Beins sind voll¬
kommen beweglich, die Muskulatur ein wenig schwächer, Verkürzung um
2 cm. — Da er von einer früher übcrstaiidencii Phlegmone am linken
Arm "rosse, die Beweglichkeit hindernde Narben bat, muss man ihm
schon glauben, dass er mit seinen 65 Jahren nicht mehr viel Lust hat,
sich auf den Kutscherhock zu schwingen.
Fall 2. Der 42jährigo Fuhrmann Sz. fiel am 17. Oetober 1892 von
seinem mit circa 100 Centncrn beladenen Wagen, von dem er überfahren
wurde. Er erlitt dadurch folgende drei Brüche, alle an der rechten Kürpei-
liälftc: Fractura cruris complicata in der Mitte, brartnra femoris (diei
Finger breit unterhalb des Trochanter major), Fractura Immen im Oollum
chirurgieum. — Starker Shok. Aus der Unterschenkelwundo wurde emo
grosso Anzahl von Knochensplittern entfernt; Jodoformgazotamponarie,
darüber Seidcnknopfnahte; Strcckvcrband. Der Arm wird auf em rf>-
mevcr’sches Kissen gelegt. Erhebliche Bronchitis. — 2_. Oclobe (■»”
fünften Tage nach der Verletzung) erster Gehyerlmnd. Gang wegen der
mangelnden Unterstützung durch den rechten Arm - "'er ht
bronchitischen Erscheinungen schwinden bald. — -J. • . |i h
verband; ein Stück des Lappens der Unterschenkelwundo ist nekroti.cn
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No. 25
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geworden, ebenso zwei beim Ueberfohren gejueUchte Stellen au de r
rechten Ferse und am rechten Fussrüekon. - li. Novembw dritter Geh¬
verband; Oberarmbruch geheilt. Anfang Deceruber | 1892 Heilung: - um
Verkürzung. - Nach der Entlassung aus der Klinik ist ti ANt^en des
oben erwähnten Geschwürs an der rechten Ferse im Krankenhause im
Friedrichshain hehandelt worden, sowie zur schnelleren Erreichung der
Arbeitsfähigkeit in der Heimstätte für Unfallverletzte in Nmderschdnhausen
— Das rechte Bein ist in seinor Ernährung zurückgeblieben, die Gelenke
sind alle frei beweglich; trotzdem erscheint es durchaus glaubhaft, wenn
er behauptet, seine schwere Arbeit als Lastfuhrmann nicht mehr thiin zu
Fall 3. Der 34 jährige Arbeiter Sch. erlitt am 6. Octoher 1892
durch Fall 3 m hoch auf eine scharfe Kante einen complicirten Bruch des
linken Unterschenkels an der Grenze des mittleren und unteren Drittels.
An der inneren Schienbeinfläcbe befindet sich eine 8 cm klaffende \\ undc,
aus der das proximale Schionbeiuendo hervorragt. Arterielle Blutung.
Unterbindungen; erhebliche Muskelzerreissung, Entfernung von Knochen¬
splittern. mehrere davon brachte er in Papier gewickelt mit. Tamponade,
darüber Vernähung der Haut. Da die Bruchenden 2 cm auseinander¬
stehen, werden sie am 13. October (am siebenten Krankheitstage) genähert,
indem die Fibulaendcn übereinander geschoben werden, Anlegung eines
Gchverbandes. Zweiter Gehverband am 24. October. Dritter Geliverband
am 5 November. Tampon wird fortgelassen. 19. Novembor Abnahme;
Bruchenden geheilt, Wunde noch offen. 20. Januar 1893 Entlassung. —
Zur Zeit besteht an der Wade eine Umfangsdiffereuz von 2,.) cm, innere
Schienbcinfläche sehr verdickt; ganz mit dem Knochen verwachsene Karbe
von 7 cm Länge; Beweglichkeit im Fussgelenk beschränkt. -- Seit Ende
vorigen Jahres bezieht er eine Rente entsprechend 50 °/o Erwerbs¬
unfähigkeit.
Fall 4. Der 60jährige Zimmermann lv. erlitt am 17. October 1892
einen Flütenschnabelbruch des linken Unterschenkels in der Mitte durch
Fall 2 m hoch von einem Gern st. Sehr starke Dislocation und drohende
Durchstechung des proximalen Brechendes; Unifangsdifferenz 6 cm; Blasen¬
bildung an mehreren gequetschten Stellen. 19. October erster Geh¬
verband. Auch bei dem zweiten Geh verbände am 28. October Hess sieb
die Dislocation nicht vollkommen Ausgleichen. Heilung Ende November
1892; mässige Deviation an der Innenfläche des Schienbeins. Er bezieht
eine Rente, von 50 °/o Erwerbsunfähigkeit.
F’all 5. Der 24jährige Strassenkehrer St. wurde am 28. September
1892 von einem besetzten Omnibus überfahren und trug einen Bruch des
linken Unterschenkels in der Mitte davon. Enorme Schwellung, Unifangs¬
differenz 8 cm. — Nach zwei Tagen hatte die Schwellung um 1 cm ab¬
genommen, daher am 30. September erster Geh verband. 8. October zweiter
Gehverband, bedeutende Abschwellung. 18. October dritter Gehverband.
26. October Abnahme, Heilung. Nach vierzehn Tagen nahm er seine
Arbeit im vollen Umfange wieder auf.
Fall 6. Der 23jährige Maler 0. erlitt am 23. Juli 1892 einen Q.uer-
bruch des linken Oberschenkels an der Grenze des mittleren und unteren
Drittels durch Sturz bei einem Weltlaufe. Planum inclinatum, Eis. Ara
folgenden Tage Extensionsverhand mit bis 25 Pfd. Belastung. 28. Juli
erster Gehvcrband mit Einlage einer im Kniegelenk bewegliehen Schiene;
Knie- und Fussgelenk wurden auch vom Verbände frei gelassen. 2. August
zweiter Geh verband mit festgestellten Gelenken, indem die Vort heile der
Beweglichkeit nicht den Unannehmlichkeiten die Waage halten, die sich
namentlich durch das Hervorquelleu der Weichthcilc ergeben. 10. Sep-
tombor Abnahme, Heilung mit starkem Gallus 49 Tage nach der Ver¬
letzung. Beweglichkeit im Kniegelenk 40°, im Fussgelenk unbeschränkt;
koine messbare Verkürzung. Bald nach der Entlassung aus der Klinik,
Ende October, fing er bereits mit der Arbeit an.
Fall 7. Der 30jährige Schlosser W. erlitt am 30. Octoher 1892
durch Umknicken beim Billardspiel eineu Rissbruch des inneren Knöchels
und einen mehrfachen des äusseren Knöchels des linken Unterschenkels.
Der Fuss war nach aussen um einen rechten Winkel gedroht, die Bruch¬
linien sehr deutlieh zu fühlen. Whatson'sche Schiene, hydropatbischer Ver¬
band, Massage. 5. November erster Gehverband in extremer Varus-
stellung, in welchem er am 8. November, also neun Tage nach der Ver¬
letzung, die Klinik verliess. Der Verband wurde am 22. Krankheitstage
abgenommen. Vom Kassenärzte erhielt er noch 14 Tage Schonung und
nahm dann sofort seine frühere Arbeit auf. Zur Zeit besteht eine mässige
Verdickung beider Knöchel, die Beweglichkeit im Fussgelenk ist garnicht
beschränkt.
III. Aus dem Neuen allgemeinen Krankenhause in Ham¬
burg-Eppendorf.
Weitere Erfahrungen über die Benutzung
von Alkalialbuminaten zur Herstellung von
Nährböden.
Von Dr. G. Deycke, Assistenzarzt.
Seitdem ich im Herbst vorigen Jahres in No. 37 dieser Wochen¬
schrift meine Versuche mit Alkalialbuminatnährböden zur Isoliruug
von Cholerabacillen der Oeffentlichkeit. übergab, haben sich meine
Erfahrungen betreffs dieses Nährbodens nach verschiedenen Rich¬
tungen hin erweitert.
Zunächst gestattete mir die kleine Hamburger Epidemie vom
Herbst 1893, in umfangreichster Weise mein Verfahren in Bezug
auf seine Leistungsfähigkeit an natürlichen Cholerastühleu zu
Dl
Go igle
prüfen und zwar nicht allein an den typischen Fällen von Morbus
asiaticus, sondern gerade an denjenigen Fällen bei denen der
Nachweis der Cholerabacillen bislang nur vermittels der Hunbar-
Koch’sehen Peptenwassercultur gelang. Es würde an diesem Orte
zu weit führen, die genaueren Details meiner damaligen Unter¬
suchungen zusammenzustellen, ich möchte hier nur kurz das Re¬
sultat mittheilen. Und das bestand darin dass memo Methode
allen Erwartungen, die ich an dieselbe auf Grund meiner vorherge-
wangenen Versuche stellen zu können glaubte, auf das glän¬
zendste entsprach: Nach 12-15 Stunden war es mir aus¬
nahmslos möglich, aus dem charakteristischen Aussehen der
Albuminatgelatineplatten die Diagnose zu stellen und gleichzeitig
die zur weiteren Prüfung nöthigen Reinculturen anzulegen. Wäh¬
rend ich also durch den Wegfall der Pepton was sercultur und ver¬
möge des schnelleren Wachsthums der Choleravibrionen auf meiner
Gelatine erheblich an Zeit sparte, hatte ich zugleich infolge der
alleinigen Benutzung eines festen Nährbodens ein genaues Bild
von der Menge der im untersuchten Material vorhandenen Cholera¬
keime. Auf Grund dieser an zahlreichen praktischen fällen erhärteten
Vorzüge glaube ich nunmehr aussprechen zu können, dass mein
Verfahren zur Isolirung von Cholerakeimen aus menschlichen De-
jectionen dem bisher üblichen Dunbar-Koch’schen Peptonwasser¬
verfahren überlegen ist.
Während also der Nährboden den Zweck, für den er gedacht
war, vollständig erfüllte, licss ich es mir in der Folgezeit ange¬
legen sein, seine weiteren Eigenschaften an andern pathogenen Mi¬
kroorganismen festzustellen. Zu diesem Zwecke stellte ich mir
einen Agarnährboden her, der nach meinen Erfahrungen am zweck -
mässigsten wie folgt bereitet wird: l 0 /o aus Kalbfleisch herge¬
stelltes Alkalialbuminat, 1% Pepton, 1 /2% Kochsalz, 2/o Agar-
Agar und 5% Glycerin werden mit dom entsprechenden Volumen
destillirten Wassers angesetzt und durch Zusatz von etwa /s /o
Soda 1 ) alkalisch gemacht. Die weitere technische Behandlung ge¬
schieht ganz in der üblichen Weise, und man erhält schliesslich
einen Agar, der, im Reagensröhrehon schräg erstarrt in f arDo
und Aussehen dem gewöhnlichen Fleischbouillonagar ähnelt; nur
passirt es öfters, dass sich beim Erstarren eine leichte flockige
Trübung einstellt, welche die praktische Verworthbarkeit jedoch 111
keinor Weise beeinträchtigt. . ,
Es zeigte sich nun, dass von den mir zu Gebote stehenden
pathogenen Mikroorganismen nur Anthrax, Cholera asiatica, Di¬
phtherie- und Tuberkelbacillen in üppiger Weise zur Entwickelung
gelangten. Alle andoron kamen entweder kaum zur sichtbaren
Entwickelung oder blieben doch hinter ihrem sonstigen W aehstüum
auf gewöhnlichem Glycerin-Agar ungemein zurück, bpeciell mtei-
essirte mich, dass Streptococcen nach 24 Stunden noch keine sich -
baren Colonieen erkennen liessen; erst nach 48 Stunden zeig en
sich bisweilen kleinste, nur bei scharfem Zusehen erkennbare Go-
lonieen, die aber bereits am nächsten Tage wieder weggetrocknet
waren. Dies Verhalten der Streptococcen veranlasste mich, in
gleichzeitigen Hinblick auf das gute Wachstlium der Diphtherie-
bacillen, den Albuminatagar zur Isolirung der letztgenannten mc
terienspecies zu erproben. , . _ . ...
Zu diesem Zwecke versuchte ich zunächst, bei Gelegennei»
Diphtlieriesectionon, die specifischen Organismen zu isoliren, m em
ich ein Stückchen einer steril entnommenen Pseudomembran m
seiner Haftfläche auf mehreren Röhrchen schräg erstarrten Albumi-
natagars verstrich. Es erwies sich bald die Benutzung von me re
derartigen Röhrchen als unnöthig, da das erste den folgenden urc
aus gleicliwertliig war: es erschienen nämlich auf allen Agarg a5
fast ausschliesslich kleine grauliche Colonieen, die sich bei romr -
skopischer Betrachtung auf dem Deckglas und durch Weiteiz
tung auf Glvcerinagar, Blutserum und Gelatine als aus UT 1S . .
Löffler’schen Bacillen bestehend zu erkennen gaben. Nur eim*.
wenige anders geartete Colonieen, bisweilen im ganzen nur
bis vier, bisweilen auch gar keine, waren zur Entwickelung g
langt, und erst nach abermals 24 Stunden zeigten sich dann ^
einzelne weitere Nicht-Diphtheriecolonieen. Ich beobachtete lem«,
dass der Ort der Entnahme der zur Untersuchung gelangen«
Pseudomembran in Bezug auf das Resultat durchaus belanglos
Im Ganzen sind im Laufe der fteit fünf Sectionen nach allen wci
tungon hin untersucht, und es zeigte sich, dass es gleichgutig ’
ob die Membran aus der Trachea oder dem Larynx, von den
sillen oder aus der Nase entnommen wurde, oder aber ob si
einer fibrinösen Entzündung der Cardia dos Magens stamm e,
cs bei zwei Soctionen der Fall war. Interessant war, a . ,
keinem Falle Streptococcen nachgewiesen werden konnten, w
doch beim Ausstreichon von Diphtheriemembranen auf G yc
*) In meiner Publication — diese Wochonscbrift 1893, No.
ist der Alkalizusatz fälschlicherweise auf 1% Soda angegeben; cs
auch hier heissen 73 % Soda.
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in erster Linie die Streptococcen es sind, die das Aufkommen
der Diphtheriebacillen verhindern. Bemerken will ich noch, dass
ein absichtlich etwas unsauberes Arbeiten bei der Entnahme der
diphtherischen Membranen keinen wesentlichen Unterschied machte:
die Diphtheriebacillon überwucherten eben unter allen Umständen
die übrigen Keime.
Allo diese Ergebnisse ermuthigten mich, meine Methode am
Lebenden auszuprobiren, da es mir darum zu thun war, dieselbe
für klinische Zwecke dienstbar zu gestalten. In der Diphtherie-
Abtheilung des Neuen Allgemeinen Krankenhauses stand mir ein
reichliches Untorsuchungsmaterial zur Verfügung. Durch das freund¬
liche Entgegenkommen des Abtheilungsarztes Herrn Dr. Wolff,
der in liebenswürdigster Weise meine Arbeit unterstützte und
dem ich deswegen zu besonderem Dank verpflichtet bin, war ich
in der Lage, bis jetzt 25 Diphtheriekranke zu untersuchen. In
allen diesen Fällen gelang der Nachweis und die Isolirung der
Diphtheriebacillen ausnahmslos am Tage nach dem Ausstrich des
Materials auf den Albuminatagar ohne Schwierigkeit, und zwar
war auch hier die Beschickung nur eines einzigen Röhrchens er¬
forderlich; nach weiteren 24 Stunden war ich regelmässig im Be¬
sitze der Reincultur. Ich will hier noch nachholen, dass die auf
meinem Nährboden gewachsenen Diphtheriebacillen mikroskopisch
durchaus die bekannten typischen, leicht erkennbaren Formen prä-
sentiren; nur erscheinen sie im allgemeinen etwas kleiner und
zarter, als man sie sonst zu sehen gewohnt ist.
Aus den im Folgenden kurz analysirten 25 Krankheitsfällen,
die vermittels meines Verfahrens untersucht sind, möge man sich
selbst ein Urtheil bilden, ob es mir gelungen ist, eino ebenso ein¬
fache wie sichere und deshalb für klinische Zwecke taugliche Me¬
thode zum Nachweis von Diphtheriebacillen gefunden zu haben.
Bei drei Fällen, in denen ich durch die Tracheotomiewunde
ausgehustete Membranen untersuchte, war das Ergebniss das
gleiche, wie es oben bei den aus Sectionen gewonnenen Resultaten
geschildert wurde. In 16 Fällen, in denen mit steriler Pincette ent¬
nommene Tonsillarmembranen oder Beläge zur Untersuchung kamen,
war bisweilen das Resultat ein fast gleich schönes, bisweilen hatte
sich eine etwas grössere Menge anderer Keime zu Colonieen ent¬
wickelt, aber immer bildeten die Diphtheriebacillen das Gros der
Colonieen, gewisscrmaassen den Untergrund des auf dem Agar¬
röhrchen gewachsenen Bacterienrasens. Ein weiterer besonders
bemerkenswerther Fall, der bei der Aufnahme ins Krankenhaus
keine Membranen an den Rachenorganen, sondern nur eine intensive
dunkle Röthung der Tonsillen und an einzelnen Stellen derselben
einen sehr zarten dünnen Belag zeigte, klinisch also zunächst keine
sichere Differentialdiagnose zuliess, ergab bacteriologiscli mit Aus¬
nahme von etwa drei bis vier anderen Colonieen eine Reincultur
Ton Diphtheriebacillen. Hier wurde die bacteriologische Diagnose
durch eine in der Folge auftretende acute parenchymatöse Nephritis
nach der klinischen Seite hin verificirt. Noch zwei andere Fälle,
die erst nach Verschwinden der Membranen untersucht wurden,
erlaubten gleichfalls die mühelose Reinzüchtung der specifischen
Krankheitserreger. Nur bei drei Fällen gestaltete sich das Auf-
finden der Diphtheriecolonieen nicht ganz so leicht und mühelos
wie sonst, sondern gelang erst nach einigem Suchen. Es handelte
sich einmal um eine schwere gangränöse Form der Diphtherie, die
nicht lange vor dem Exitus untersucht w r urdc, und zweimal miss¬
lang es bei kleinen, besonders ungeberdigen Kindern, geeignetes
Untersuchungsmaterial von den Rachenorganen zu gewinnen,
sondern man musste sich damit begnügen, mit der Platinöse in
den Mund einzugehen und von den Tonsillen etwas Schleim abzu¬
kratzen. Doch war ich auch in diesen drei Fällen in der Lage,
nach Ablauf von 48 Stunden bereits die Diphtheriebacillen in
Reincultur zu besitzen. Will man in derartigen Fällen ganz sicher
und vorsichtig zu Werke gehen, so würde es sich empfehlen, den
Albuminatagar auf einer Platte oder in einem Petri’schen
As fy c ^ en ers tarren zu lassen und dann auf dieser grösseren Ober-
■n^ as z p untersuchende Material zu verreiben.
Wie bei Sectionen kamen auch bei Diphtheriekranken niemals
otreptocoecen zur culturellen Entwicklung, selbst nicht in einem
schäftet* h ^^ ar ^ ac ^’ ^ er g enu i ner Diphtherie vergesell-
Um sich von der hemmenden Wirkung meines Agars auf die
meisten Bacterienformen ein anschauliches Bild zu machen, empfiehlt
® s ® lc “’ v y n einem derartigen Albuminatagarröhrchen 24 Stunden
acn der Impfung an einer Stelle abzustechen, an der sich, dem
ikroskopischen Ausweis zufolge, ein dichter Rasen von Diphtherie-
aeiiien gebildet hat, und dies Material auf gewöhnlichen Agar zu
ertragen. Man wird dann auf letzterem fast ausnahmslos neben
iphthenecolonieen reichliche und mannichfaltige andere Colonieen
merken, während von derselben Stelle abermals auf Albuminat-
sich eine Reincultur von Diphtheriebacillen
wickelt. Praktisch lässt sich aus dieser Beobachtung entnehmen,
® ai } in allen Fällen, wo man nicht disseminirte Colonieen von
Diphtheriekeimen vor sich hat, besser thut, die erste Uebertragung
wiederum auf Albuminatagar zu machen und von dieser Cultur
erst auf Glycerinagar und Blutserum weiter zu impfen
IV. Ein Instrument zur Befestigung von
Endoskopen, Cystoskopen und ähnlichen
Apparaten. 1 )
Von H. Lolinstein.
Dem Arzte, der Gelegenheit hat, häufig zu urethroskopiren,
wird es unangenehm aufgefallen sein, welche Schwierigkeiten es
im allgemeinen bietet, eine im Endoskop eingestellte Partie dauernd
und sicher zu fixiren. In den tieferen Regionen der Harnröhre
bewirken besonders die muskulösen, die Schleimhaut umgebenden
Apparate eine Verschiebung des endoskopischen Tubus. Die Gewalt,
mit welcher sie streben, den Tubus aus seiner Lage zu bringen,
ist an gewissen Stellen der Harnröhre, so besonders an dem Ueber-
gangspunkte der Pars membranacea in die Pars bulbosa so stark,
dass es nicht selten einer gewissen Kraftanstrengung seitens des
Endoskopikers bedarf, um sie zu fixiren oder auch nur ein all¬
mähliches — nicht stossweisses — Hinausgleiten des Tubus zu er¬
möglichen. In der Pars cavernosa fehlen derartige Einwirkungen
seitens der Muskulatur. Dafür aber tritt, je weiter nach vorn,
um so deutlicher und störender, die Schwere des Penis selbst in
Kraft. Sie verhindert es häufig, indem sie das Abgleiten von dem
Tubus begünstigt, auch nur wenige Minuten hindurch ein und die¬
selbe Partie der Schleimhaut zu fixiren.
Unangenehmer noch und störender treten diese Uebelstände
hervor, wenn es sich darum handelt, eine bestimmte Stelle längere
Zeit hindurch — eventuell unter Anwendung verschieden con-
struirter Endoskope — zu studiren oder die erkannten Einzelheiten
anderweitig zu demonstriren. — Exacte Ausführung von operativen,
intraurcthralen Eingriffen wird beinahe unmöglich gemacht, weil
der Operateur durch fortdauernde Inanspruchnahme der einen,
das Endoskop fixirenden Hand in seinen Bewegungen wesentlich
gehemmt ist, wenn er ohne Assistenz arbeitet. — Aber selbst oin
geschulter Assistent kann hier nur wenig leisten, da aus den an¬
geführten Gründen bei der Uebernahme des Endoskops vom Opera¬
teur seitens des Gehilfen nicht selten die zu fixirende Partie sich
verschiebt.
Um diesen Uebelständen abzuhelfen, habe ich folgende Vor¬
richtung 2 ) anfertigen lassen. Ein seitlich von der zu untersuchen¬
den Person fest auf
die Platte des Unter¬
suchungstisches auf-
geschraubtes Stativ
ist mit einem Gelenk
versehen, welches er¬
möglicht, eine Greif¬
vorrichtung (C)
durch sämmtliche
horizontalen und ver¬
tikalen Ebenen, die
durch den Drehpunkt
(G) gelegt werden
können, zu bewegen.
Sie kann daher auf
jeden Punkt aller
Kugelflächen mit einem Radius von 40—100 cm (vom Drehpunkt G
gerechnet) eingestellt werden. — Die Axe G des Gelenkes ermöglicht
nämlich die Bewegung in verticalen Ebenen, die Axe H in hori¬
zontalen Ebenen. — Die Führungsstange H lässt sich in dem um
G drehbaren Lager (L) verschieben, so dass die Entfernung zwi¬
schen dem Greifer C und dem Gelenke vergrössert und verkleinert
werden kann. Sämmtliche beweglichen Theile können nun zu
gleicher Zeit durch das Anziehen einer Schraube (A) gleichzeitig
festgestellt werden, d. h. also die Gelenke G und L, sowie die in
dem Lager verschiebliche Stange H. — Es wird somit durch diese
Vorrichtung ermöglicht, dass die vorher völlig frei bewegliche
Greifvorrichtung an jedem Punkte innerhalb der oben angeführten
Grenzen durch einen Handgriff fixirt werden kann. Dies geschieht,
bei der durchaus gleichmässigen, nach allen Richtungen hin sich
mit grösster Leichtigkeit vollziehenden Bewegung des Greifers
ohne irgend welche Kraftanstrengung seitens des Untersuchers.
Beabsichtigt man, sei es zum Zwecke des Studiums, der De¬
monstration oder des operativen Eingriffes, die Vorrichtung anzu-
l ) Nach einer Demonstration im Verein f(lr innere Medicin in Berlin
am 9. April 1894. „
*) Dieselbe ist bei W. A. Hirschmann, Johannisstrasse 14/lü, er¬
hältlich.
Digitized by
Gck igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DEÜTSC’HE XlEBlt DBSHTR WO(Tf EN SCHRIFT.
No. 25
wonden, so i-jt *!fi- ufi'/n!'nF’‘ v üdw .SjwM'iituiü vo» her mit rin cm Halter
1 !m vrrsi hon. der für Ü1‘> TukusstariBu • M-30 CMtumt fÄ
ist. Seit* Kto/oUiomi^or Ansatz k thr
nK i'"».v!i'{5M-g^hir.Uö, VAr\veudhür »A -jo«ton >i!»ovc
.spoiMihuu für dir l'i’Olltra. ^roiifun^- den eben IT-; AmKn
Noiii!»iu{'h »h*i SmiIji Omi Here «mtsi-roht. -- Au^twdom Ast Aiövh jj
an .don.m'dbmi/ (»a-ihd ».j)m lie.uoinlore \Wriobtuup; '(Ff -vaw Ftxihnhg
( \ M oskopou angobrm'hl
.1 He Bothstigimtr. du*/Btativ* geswhMtl nrn hojUpn liiijkdf" mio-V
kBUHtcon &WHUX'h dm i4f (im i'brtr .fr* fehl
a»ifgftKe.hi*atiltV ,wir*l. Stattr ihrer Uisc { Audi- UfFd) üti» Ständer kis
Fixi*»ntß^niH-kü nnwmaku.
Die Vorn enduier de* ApparftfouT ge^ciibdA mm in inlge.hiier
\\Tke ti-t- int lim [' Fi-nlinm*.' BOiri.mfn St^- .dom und mit dmo
fiaifer i* anmrl io «Irr Harnrnhro eiijm üflur. Man immr-mchl
munuphr flfio < . Will 'Rinn -,uüh
muö üjfcuiU»? fest, nhuft^Uru-j mi liefet m«n mit d^r wj,unfi
f hmd -I.Ov Sfü'< : 'üUliII /UU’l'i-Ü! mit drfji ilÜl'UHf Ml /«■«H!o*Jt 4’Vt'itf U.»'!l
Mt’.h.- hi dommdben hefiudjk'hcol hAbrCfügeV, - imirtiM* -i.ti«
>?u-cw;<ssiromB l'arto- tu« - viige hi’h.BtViid - ' IM h: # i big kvskt i.ono
’inlir üor +fümn Lmkcit dfn CriufvotM-jt-htu«" haiI fitlud me ohm-*
irgend web/ho-O hOertiiknit drin Ihbr.a !'< an. Durcli rii.co kurzen
Dnudiam dir Keiler der (>eiiYoim u Uifmr/ M-huuppt dl <-<«,• in «hm
if^riMaiwete £ ein. — ijjeriut ’äsiöhi rnhit mit der linken -ff and
dipTSidfraube A fest Uu, tfu<T das- Sjtovülum über der zu
imtcrsUOlKmihm &dUrönlm)itpai'töe. die von üom 'l'ntot^.ni’lvft- immtM'
soltAj’f ök^Vvi)^ mv{\\ .fest /üjiü-rsfnlib. I n-r 0{j3>fatoui' .Jcatnv
itn.ninehr von dein Nl^inkrti oiithnrnnn,.
Vt'rstüiM'.iiiiüL' doi* aiu^ostolltBii Hosjfiiin istattfiitdol.. - Ar cs m-
w'Tijts«■}*L itcn Tuioio nN'ii.o.r Üiis ttoi Ihirnrohre, »uüuiis Ahlen. Itf.onn
^rhsscrci- Strecken tior Scf»ieintlvarit lieriun-'/.oxiciit-n, so ioMUi. h*
uovn. mir dir Sohriiuho S zn. {ookern. Alsdann folis »ta>. Sjnr ttinni
jiahvr )jc\ve<ruo^ !mS r +511 leiehi . .;tU (».)> es Völlig ife: ^ehvehlc.
• OiC Inxiroim i«i 1 | C rtt 1 > einet;. yndorOt) Punlvf»' der SehleHnhulit
oru-dei.. wie oA}i1 Jtioitiivrlh;!) nii^Anaiitlero-osi t.zi. einhu fA lUirrh An-
Ziehetv .1,1 Sei. cm< l,t»n « A).
V. Ueher äiedEatferming' von Eiseifsplittern
aus der Netzliaut.
Vmil 1‘Tuk Dr. !ih‘8diHi4'g in Hortiu.
jfSt'Jriua? m(? N'o.. 2^’,)
Nnclulein ich dus hishrri^e Verfulirco «'o^O-n •
Vorwnrit' Verdioitilgi nut| M’iüv L^Vtrutfr«ini»igkrüt iton h einige
neue Heisjdelo kfatveleirt, mdic ich ftiuinmlir do/il • Übt.vtf*. tüft ticuc
Br.haniliutv^sweise v.n hid-rmdAoU;
A. Aul dom ]df4«l*dJun > e-PjAJpkhi ? aiinoh^ouA^'<n^ , n^<-war» 1892
mncltl" i 'fot, Fla ah «4m?. intercsKanto. jvirifhcitmijr
Fall 1. Kim- d'i iriwicr Knut UotiK;nt drei. A-uhm in dor hib-
. Irrstmi Selnrlvf der j^n^e ci.e-n I-e^cncpliM. u der et w-. j mni weit, in deU
Bl;«skor|i,u hurv-.t-rauie S( a»s 1» !c«tr >hu> virktzo- Ac-/e .ihchi. tm die
sr'ti,irh IAkc des 7 o»J »Ji»'U* n J e — ftkereO’ ■•*«!'- 1: O K tü k 0 / l't -
' 7 fdii>n 5 » Apnarutes rlVr •-f.mi.ui ^ir n iu von * wer Bat forte von jscek» ^Kr^sejA
•Vr.-:»:m».lV<i.ii‘r.n lwk.'ün : iu* Nu vo-r Oer Spliti.er in der; vorderen
k'.nnnitr Ulüi iecmitc, irirlir entiVü'jd- vverdofi. (Spiiter wurde dif» 5'efr(rhi,e
rdhyf:. iürL# ;Kfm2»n^fkn>w- /unfcoA.; -StdnoMfh. — 'A-i.
; Fui! d. FiuciaA2ddirijn*n War rin KisensidiHr]’ dioidi ,dio' tinsü hr
d. ui d;n^kOn:er ecdnUUOO! /^\vtd Trre siiiiirr wurde das .A w- m>ivr
jli.o mat ÜM'heweea^ ^--4 Mimifrn in nc ielirfkU.rr NA in. der d,-
KisonifomCs ; .für Spl'JJn"' cfi?rhwmi in 4o«' Vm'dnvdn Kuhsohfnndr
iihd kotnilc ychJ eil Mahlt werden. fSjHUtrJ; idisiiiasion. SrhsrlhirlV ~ ‘/»h
Fnl* d. Kfi^Witdnm hei oinimi ndjuliriLti-n. wo ticr-SpUttot' vor fünf
Tueen .rhnei, üh' Tiöse i». (I«ü .t/Juskftfp.a erijniiig.efi niui detl einen
ke^>ki kalt^u rt+i-H Aoigf -m-u^Tho übi/T'14 f-h^r sfikior dvch
e. tUdru i. '.Y er dun. • * *'
I'u U 4 i'dn.jr ,h. lylinu/ui war vor. :! ‘/v Momitoij- e-iii Sjdil-tw durrh
Hornjia.it am! I.;n:-r eiaweüru-moa und hkks \\Mni uh f]er Ket-dumi, fest
jnr Vov.-mdi »oii den, gw^n M.ugiH-1. wev urfole],,^ SUeraUchnitl und
Kuteelem -ml defo kii «neu Mn^nef fordr.He ..mul- vh.Jer AifUiC. noB
li>u^«Hn sylmif» doti liVj'tnis;. im wlVlgUts Ziiöfüf- ■ ät'löiit<> : AjöUttiijf •
..\!co- jftKvlürydich -N'in.rJmu^.hlosjjiu?;utid .Kr.MmdmtfV' d.i^ Aom^.i
kineo is.r dcl Aameut. thi-e <iei Spliftor hiorliei ;.wv Obm
kdvper .teu Wnudcaoffl /;unjekvrrfoli;t ( ir». Ibiptn. dörftr x.» dm
AMiediuij^ nrct'M, ftfuji der qpütVT klaftm zindfok^cprallf.
'? J '■ u?, ' lv ,ni hfliiKk.i’qier li-wt fb>. i'Vsfsitz.oidc und ejn£okaf>ytTtr;
st) ftkdtt üutfornf wcÄ (a).
I‘fd] j ist muTi mm per Ansicht leiekt und vielter iliVcTt t)öm
ocfo-nuA-n V orfuhreji zu npaf-itvn, Fall 2 ist fibomseiiöml, obwohl
auch diiesM: «äeh flmix lüf.hm1^*‘Ti epotüH worden konntv: wip i«‘h.
•tu eife.u.i üanTj gdoiclutrii.^ou aishuld naeliwoisen* wonlr, f*V.!l H
[; ümluld : • ür>.
j .'zöigT, diVst» Hie U.r^iv/h uiiWM. ^ T miüü^eus' dürfjh die SchAu rb
| der Veriohzuiu* jrojc'ohe« wird. Fail 4 khrf,. dass das hislieri^vj
j Yerkihreu n n nt Ab. e ^ i* U d h !üc41d.. . • T
! hA.iei ist die BfüjU'e c. misserordoidiie]. vitd so)f.ener -,jA h
| im.i <•, wm-i-iwsteus- hoi unscreu Arhoiiei n,
! B. .1 de zwei tu Mitthrnbmc aus Prof. JinahV.- Klinik ist von
■ A. Hürzojrr'A.
ln /Urieh et^üTer. io vier Jahren vor der Mfbg'ffotauweudui,^-
j. 118|Ti : "F88Bj 24- FflHvp Von fftihFt*Vn \m JJTas'krirp«• r
, M Ypi’].uf)te. a)Äo 300 %; ip vier Jahr du mit Mü^ihUt
: «.p^tMrinü ond „\ ukisßfjpis 35 KfUle nur nurli
24 Yoejustö, »1 fh h }<)* 08 %. -
I hr Ma^notsnnilirniih hilft' er für sehÄdHvh. v/osfen der all-
^ifi4T*n Dur-dj w üb Laue; drß BlaskUrpor». Ahhr Avor udthfep jji>n
"Wandanft. . so rea.fj wid rih vorzu^tJiou? tj. Kill 42-- -17,--.Mu.
JHH TTlUJA lafsohTiehöft, uw» die iftaVh jdor Arh det Ä-erietzmigfi
gobr^o/tj' MA;hnefci?f>ruliiung' völlig erfolglos liü'&.h und dorh roM.
gute, ctogar volle Sphaehän°e ÄurdckUesÄ; und darauf folgen oeeh
t*tUr:he 3’'ilUv der Äjrf ; „ wu <lm Augo tiici.it die ghftnpdte S:bAdh
gnwg Voi\ der vorsjuliB^pii BonflinTiig ürltftj werij} auch- diö toh
dem. vTHoldtui Arbeiter ^ehtolt. itn WidtTsprifdi
uvit dem vhiMjivetr Befijrjdv. nur mAssig war.
Mk ^.JaTi^hik» dir von rne.iuuii F&Uttii inHohh hT
liniJeh'fig. Diö AOer voivJlgliehon. und ühvr viple-Jahre bffltA
aehtnlen Fhllh lu?iiahoir-siehA^rh^t- adf „Oft Bp}ittovei(fraf-tioßAi! uks'
<lem ÜlaslrörpeF'i sondern mit ’41; Wonn man die Fülle Hhziehi., #»
der .Splitter ads mCe.hmiisoiian BJilndeu Uhmduiupt iiichf ftusziehhai
Av*ar, auf 88 .; und xVeiifh wie hitHg, IJöl Bt'urt-heilüns; dvs Behi.
erfoiges, diojtid’%Ail‘FjltlU*. lih^O'gP-ü- wm;deii f dih if-rhou ii.fi t CHa^
oAfi 2.2 Bild darhutöt ••sfuti noch pnw\ •
nveirn* irrsten \orsiicJffT trtfün erster (Iperatiofisfal) ah.is
dem ,l;lhrr I87ö, avD ioh nmlnon Klekifvimagueteu ooeii tikdu >c-
safsj ABo .a'in*: 22 oder 21 F|ij)e f mit driion noch et avA« • Bi.
machen. war. vier galo Sedim-folgr- und drei
hMn.jJ Krdialtung der l-'orm des Augaphds. -äü ^üro-h uvurrie
Oeiljuh unter 38 Füllen mir eimnut ökV,leidlihkn SehsiMrh'jfy'z)
crzc-l-
I»-,h. so!.hm' hatte ühsiohBivh Unsrer hoch
«liutAlu^iüTijpruatdoucm ‘itöl rrueeftf^ft des VeVUisl-ns uad^ec-'Fv-
ftdfte Vei’aftcntljrhB avVU i\dt dfftm noch mehr l'Jijlo sammeln inöehhv.
T->ie AÖfmratiotten tu rsU-ft i {i > Ä^U e r W,umOtrzl^ ziffainniejmü^teiküi,
iVk go>*;ide a-tti (ÜrNoffi flefiiete imthunliejb. X/as. Iviesse, i n e- u nxinen-r
HiniM" i"h-*);4vv. /.u-aiiMn-Ufffneor "Der eine holt m 17 v.-m 28
Faih’iv jio-ji Spiitjor mit .dem Elektromagneten t dm* andere iu «iltü?
yöir-.'jhh'i ’ opevirtou FjUlou luomhlH. Ihm mirfC hatc litdeiv'dnti
Füllen zehnmal oinm gTdS'seron oder geringere!] Bniejttlmii von,
SetehijüJkf . der anderv- in zehn FMl.oft tiiamahs, oin. diattef th siahwi .
FJtlojj niemaB SoliknAt orfmücn,
Aum . -die -■ vbiU- IJühh: jhiiJ-.dbni; g.tö>!scüi
ojicrietrn Külte. (Fall 1—4, Vgl,. A}.
K.hU.’J Kör 20 jahn«er kommt sofort ntel! der VniJej^onfe* <).r TiTw
Ang.ck. . NViiüdo ray 4Tunn am, imteOm llatid'fdiir .BetjiiiH'nt. rthd. m
angmi^emien kedorhäut, Spliixrr un btft?keiyer>)V.htd)»fr Am fjl.£bi)<h:i> •
iere wird i.m Pol.y-toeljodeam d<H- SplUke*’ oüfkrfj? des gtviüsnfi
ru!r-üz<r.>.ii M7 <'J 1 /;- miu; iiiü un’i, ddbr.i etwas fhs . <ü»p.ü:k*i.nmt und
iliccnv occh ilftr K.ltekUehr iu.’s Spit al&%etragen, einoni kikea
Jaiü-.l Finnin/- ni.C 1,5 m
Fall A Kimon Ikiuhi-igeji .draujf ein kleiuer SpilHer dorrh den
utk'mleir Ikonl «ha 1 {ornhöiil, Linse. , (tiaskhrpr.r ein und «ienkte atUismc
ühf.n, vnu eöün:i) Fjrck fu 6nV Nct/diruit.' /v,ri Tflgtf spttte^ hnngt ina
plirrfikark'choii uistitnl. dm- grosse .Miießvk uut^r Scfuncr/,, *hu Food-
kfiVjrt-r hoo* r di*' Iris, ;un irmerrni-okcTei) Rund. Am «olgcmieo füg
ilw,.-yyoü. Nfiik..>-'«x tridretomiix Kidhwmmü dir SpliMcr.' 5 0.7 »nuV ,!,1T :
dotk kBuiea Idogaolen. Sf»lfsckej*rf' ^ l /»- Al m^ckrirhrur Lih^ftiiti'siL.mv.
Fall 7. Ein 28jähriger kam Tugs Hack der Vevletssung; «.ut ^ l f lir!
kmgerWnioiß ierLedcrhaut und oineäi niifon iö der Netzhaut sitzende
Bpltttpr. Bor gro^e Mngriet im ph^ikAlisehen Institut hewhk^ Scluäeiv,
and 7/ivht dem Ft-predkcmper hsek vorn, «kor u öferkalh dek
stelle. V (U‘j;apd. iFr Kränkt) Avird der Klinik. v^rbnu-ht*' tmd
cl>lorJormir(, ein kleiner StFh düfeh die Aiiytnihltut* negeiegt nöd dev;
Splitter hieb! ansg«.'zogen.. S«'hsdJirlh ^ */ä,
Verfüger sekliesst. roan mit d^m grin-sim Alagfieteif iudlit,
|ihls?s lose itn (jln^körper liegmidc Kisi-nsplitthr kkun*
sondern auch sol«--he, ay»>!«.: bo fest, in der Noi&tovut skfce.kon, ÄiffbTf
.8i 0 do r f. rj o v h fii c k i .e \ uge h c 1 11 >. i u d.
Full J Avar sehr leicht, sowie er kafh, mit dem kleinen
loU-t-n durch blosse Wuudiiiftung zu operiren. Der bieihomk Ff-
felg: Aväro vh'Uoiokb Uüs4öi v geAve»smr, wenn de? groseo. SplittoT ^-«1-
ao iauge kn diJaHkdrpfir bliefe Fall fi lasse ich als BfirnfeimBrnk.
tK^iiitutü'. •-ftk'^öihl et’,. abnhMO gut wfev
lü^ehikünmiTn Fklfc: 4 .ttkj ,?, hüeb. genauer •.t^ruetuding' pß Sitzen
. . | A Keitr. /. AugimhAlk., h>g. von TW. Beu» »cbnionii, lieft XU),;
»•'lOlU: inrkt srlirmbeu. I 20 hd., iUfB. ‘ :v - • ' r -
21. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
531
mittels des kleinen Magneten operirt werden konnte. Von Fall 7
gilt das gleiche. Derselbe zeigt, dass der grosse Magnet dem
Splitter eine falsche, zur Ausziehung ungeeignete Flug¬
richtung geben kann.
C. In demselben Heft beschrieb Prof. Haab einen neuen
Elektromagneten zur Entfernung von Eisensplittern. Es ist ein
walzenförmiger Kern aus weichem Eisen, 10 cm dick, 60 cm lang,
30 kg schwor, beiderseits in stumpfe, abschraubbare Spitzen 1 )
endigend.
Darum sind zwei Spulen von 2 mm dickem Kupferdraht ge¬
wickelt, jede von 28 kg Gewicht. Das Holzgestell ist 105 cm hoch
und wiegt 51 kg. Der Preis beträgt 550 Franken. — Den Gleich¬
strom liefert eine Dynamomaschine des physikalischen Labora¬
toriums. (6—8 Amperes mit 50—60 Volt Spannung 2 .)
Fall 8. Eine 26jährige kam am Tage der Verletzung. Wunde der
Lederhaut von 2 mm Länge, Splitter in der Netzhaut, 3 mm unterhalb der
Mitte zwischen Sehnerv und Grube. Nach sechs Tagen wird die eine
Spitze des neuen Elektromagneten der Wunde angelegt, die Kranke zuckt
zusammen. Der Augenspiegel zeigt, dass der Splitter unterhalb der
Einschlagswunde sich befindet. Es gelingt nicht, trotz mehrerer Ver¬
suche, ihn vollends herauszuziehen. Die Kranke wird in der Klinik ge¬
lagert, Chloroformirt, die Wunde etwas erweitert und mit dem kleinen
Elektromagneten der Splitter (20 mg) herausbefördert, wobei kein
namhafter Glaskörperverlust entsteht. Sehschärfe = *j\.
Fall 9. Ein 43jähriger zeigte drei Tage nach der Verletzung eine
Hornhautnarbe von 1,5 mm Länge, Ausschwitzung in der Pupille, Hypo¬
pyon. 14 Tage später brachte der grosse Magnet den Splitter unten
hinter die Iris, so dass er nach kleinem Einschnitt mit dem kleinen Mag¬
neten ohne Irisausschneidung herausbefördort werden konnte. Nach einem
Monat Finger auf 0,75 m.
Fall 10. Ein 19jähriger kam 9 Uhr vormittags, 6 Stunden nach
der Verletzung, mit einer 1,5 mm langen Wunde der oberen Hornhaut,
Loch dor Iris, leichter Linsentrübung; Splitter nicht zu sehen. An dem¬
selben Tage, um l /a6 Uhr Nachmittags, wurde der grosse Magnet ange¬
wendet und brachte den Splitter unten hinter die Iris. Bei den Ver¬
suchen wurde der Kranke vor Schmerz fast ohnmächtig. Entfernung
des Splitters mit dem kleinen Magneten. Langwierige Entzündung
(Iritis serosa), Einreibungscur imd Atropin.
Fall 11. Ein 27jähriger kommt 26 Tage nach der Verletzung mit
einer 1,5 mm langen Narbe der Hornhaut, Kerbe des Pupillenrandcs. ab¬
geflachter Linsentrübung. Der grosse Magnet brachte den Splitter hinter
die Iris, mit dem kleinen wurde er ausgezogen. Die Linse trat in den
Glaskörper und ist noch nicht aufgelöst. Wenn die Linsenmasse sich
senkt, ist Sehschärfe = V&.
D. Der zweite, welcher mit Wärme sich des neuen Verfahrens
annahm, ist Herr College Schlösser 3 ).
Fall 12. Der Splitter war durch die „nasale Hornhautmitte“ eiu-
gedrungen und steckte im Glaskörper nahe bei der Macula. Am Abend
desselben Tages wurde der grosse Magnet des Münchener Polytechnicuins
angewendef. Der Kranke empfand ziemlichen Schmerz, mit dem Augen¬
spiegel war der Splitter nicht mehr zu sehen; aber im nasalen Kammer¬
winkel erschien frisches Blut. Die temporale Seite des Hornhautrandes
wurde an den Magneten gelegt und so der Splitter quer durch die Linse
hindurch in die Vorderkammer und aus der Hornhautwunde herausge¬
zogen. Es folgte schleichende Cyclitis und nach sechs Wochen
Enucleation.
Fall 13. Ein Splitter, der seit sieben Wochen in der Linse steckte,
wurde in die Vorderkammer befördert und am folgenden Tage durch
Hornhautschnitt ausgezogen.
Schlösser verfertigte einen Magneten 4 ) mit kegelförmigem Pol¬
schuh. Derselbe erfordert eine Stromspannung von 27—30 Volt
und kann an jeder (?) Beleuchtungsanlage statt einer Bogenlampe
eingeschaltet werden. Das Auge soll der Polspitze so anliegen,
dass die verlängert gedachte Magnetspitze durch die Berührungs¬
stelle nach dem Sitz des Fremdkörpers hingeht.
Ein Splitter unter 10 mg Gewicht wird nicht mehr sicher ge¬
zogen, Splitter unter 10 mg dürften kaum in die Tiefe des Auges
eindringen.
Die zweite Hälfte des Satzes ist unrichtig. Vgl. II, Fall 9
(8 mg); Fall 10 (8 mg); Fall 11 (9 mg); Fall 22 (4Q 2 mg); Fall 25
(6 mg); Fall 28 (3 l /2 mg); ferner von meinen vorher angeführten
neuen Beobachtungen Fall 2 und 3 (3 1 2 mg).
Es sollte 2 mg heissen, wie auch aus den richtigen Angaben
von E. Asmus folgt 5 ).
*) „Die Spitze muss für solche Fälle wie 7 und 8 etwas in die
Wunde eingesenkt werden können; sie muss also recht spitz sein.“
Haab, a. a. O., S. 74.
*) Von Wichtigkeit sind die Versuche des Herrn Prof. Kleiner,
wolche folgendes lehren: Bei doppelter Stromstärke ist die anziehende
Kraft das Vierfache. Bei dreifachem Abstand kann dieselbe Stromstärke
nur ein Siebentel der anziehenden Kraft bewirken.
*) Bericht über die Heidelb. Ophth. G. 1893, S. 153.
V Für 100 Mark von Edelmann, Nvmphenburgstr. 28, München, zu
beziehen.
5 ) Arch. f. O., 40. Bd. 1894, I, S. 321.
E. Fall 15. Ein 19jähriger kam am 15. October 1893 in die Peters¬
burger Augenheilanstalt (Dr. v. Schröder) mit Hornhautwunde, Linsen¬
trübung, Hypopyon. Am 19. wurde der mit dem inzwischen be¬
schafften Accumulator verbundene Inductionsmagnet auf die Hornhaut
aufgesetzt, worauf der grosse Eisensplitter in die Vorderkammer drang.
Schnitt mit dem Schmalmesser, Ausziehung des Splitters mit dem kleinen
Magneten. (Ausgang unbekannt.)
F. In der neuesten Auflage des Lehrbuches der Augenheil¬
kunde von Prof. Schmidt-Rimpler*), das überhaupt durch sorg¬
same Behandlung dieser praktisch so wichtigen Dinge sich vor-
theilhaft auszeichnet vor anderen, aus denen man alles mögliche
lernen kann, nur nicht das Heilen, finden wir die folgende Be¬
merkung:
„Noch erheblich einfacher ist die von Haab und Schlösser
gerühmte Methode, einfach durch Anlegen eines sehr starken
Elektromagneten auf die Eintrittsstelle, das Eisen aus dem Auge
herauszubefördern. Leider gelingt auch dies nicht’immer; trotz
der Benutzung des ungewöhnlich starken Elektromagneten des
Göttinger physikalischen Instituts versagte es mir bisher in
fünf Fällen viermal: einmal kam das Eisen gleichzeitig mit
einem Irisfetzen durch die Hornhautwunde.“
Prof. Schmidt-Rimpler gedachte seiner Erfahrungen in einer
Verhandlung auf dem diesjährigen internationalen medicinischen
Congress zu Rom, worüber leider noch kein zuverlässiger Bericht
vorliegt, und war so liebenswürdig, auf meine Bitte mir seinen
letzterwähnten Fall für diese Veröffentlichung zur Verfügung zu
stellen, wofür ich nicht verfehle, ihm meinen besten Dank auszu¬
sprechen:
Fall 16. „Dom Schlosser Meyer war vor 24 Stunden beim Schmieden
ein Stückchen Eisen in das rechte Auge geflogen. Jotzt (16. November
1893) lebhafte pericorneale Injcction, Schmerzen, Gegend des Corpus
ciliare in der unteren Hälfte ausgesprochen druckempfindlich. In der
unteren Comealhälfte eine perforirende Wunde, an welcher dio Iris zum
Theil liegt, Pupillarrand daselbst tief eingerissen. Kleines Hypopyon.
Linse getrübt, vom Fremdkörper nichts zu sehen. Haudbewegung in
15 cm; für mittlere Larnpo Gesichtsfelddefcct nach oben. Wir brachten
den Patienten in das physikalische Institut, Der durch Maschine be¬
triebene Elektromagnet hatte auf seinem cylinderförmigen Eisenkern (ca.
16 cm Durchmesser) ein horizontal liegendes, viereckiges Eisen aufliegen,
an dessen vorderer Seite (4 cm Seitcnlänge) ein 1 cm im Durchmesser
haltender, vorn zugespitzter Eisencylinder eingelasson war. An diesen
wurde das cocainisirte Auge mit der leicht klaffenden Wunde gebracht.
Nach einigen vergeblichen Versuchen fuhr der Verletzte plötzlich vor
Schmerz zurück, und an der abgestumpften Spitzo hing das Eisenstück¬
chen, etwa 4 mm lang und 2 mm breit, sehr dünn. An ihm haftete ein
herausgerissenes Irisstück und etwas schleimig graue Masse. Die vordere
Kammer hatte sich sofort mit Blut gefüllt. Unter antiseptischem Verband
resorbirto sich anfänglich das Blut, aussen und oben wurde otwas Iris
sichtbar, ln der Pupille etwas gequollene Linse. Amaurosis. Später
(4. Deeembor) wird das Corpus ciliare schmerzhaft, in der vorderen Kam¬
mer neue Blutungen und Verkleinerung der Cornea. 7. December: Enu-
cleatio bulbi wegen zu fürchtender sympathischer Ophthalmie.
So sehr uns in obigem Falle die Herausbeförderung des unsichtbaren
Eisenstückchens imponirte, zeigt doch das Herausreissen der Iris und der
weitere Verlauf, dass dieso Art der Anwendung des Magneten durch
secundüre Verletzungen, welche wir nicht voraussehen und kaum ver¬
meiden können, eine gewisse Gefahr in sich sehliesst. Es durfte daher
in jedem Einzelfalle zu überlegen sein, ob die äussere Anwendung des
Magneten oder das bisher übliche Eingehen mit demselben vorteilhafter
erscheint. Das war die Anschauung, der ich in Rom Ausdruck geben wollte.
In folgendem Falle gelang die Entfernung mit eingeführtem
Magneten, nachdem der grosse Magnet vorher erfolglos ange-
wendet war.
Fall 17. Der Kesselschmied Bode hatte am 5. September 1892
durch Hineinfliegen eines Stückchen Eisenhlechs eine Verletzung des,
rechten Auges erhalten. Wir fanden am folgenden Tage eine lineare
ca 3 mm lange Hornhautwunde aussen-unten, in welcher die anliegende
Iris lag. Vorderkammer eng, Linse getrübt und gequollen. Pupille relativ
weit. Kleinste Lampe, freies Gesichtsfeld. Vom Fremdkörper nichts zy
sehen 8 September vergeblicher Versuch im physikalischen Institut mit
dem oro^sen Elektromagneten, das vormuthote Eisenstückchen zu ent¬
fernen 5 9 September Iridectomie, Herauslassen der gequollenen Linsen-
massen und Eingehen mit dem IIirschberg’schen Magneten m den Glas¬
körper. Nach einigem Bemühen wurde ein kleines dünnes Eisenplättchen,
etwn Damm im Quadrat, extrahirt. Heilungen mit Schwankungen m der
Tension und den Entziindungserscheinungen, Nachstar. 29. November
Entlassung. Auge entzündungsfrei. Trübung in den untersten Ilornhaut-
partieen. Ausgedehnter Nachstar; beim Blick nach oben erhält man mit
Augenspiegel rothes Licht. Tension etwas geringer als links. Mit + M 1 ».
Sehschärfe = */u, Gesichtsfeld frei.“
G. Fall 18. Zu Prof. Deutschmann 3 ) kam ein 25jährigor, dem seit
zehn Tagen hart am Hornhautrande in den Häuten ein Splitter steckte.
Derselbe versank heim Versuch mit Hirschberg s Magnet.in
Iridectomie und nochmaliges Eingehen vergeblich. Der nach u ®
») Berlin 1894, S. 310. T . ^ 0*7
3 ) Beitr. z. Augenheilk. 1894, 13. Heft, S. 97.
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tri. itV im^tt: Mß^lirhkdH: Vm vm umidmi .snrheiK Mih&^r .,v\ir. ^
Word&j) kit* auht! den Vo.rg'htit U isvik«'hiin den o v id»-.n Vemn.^m
iioi> kuniitu: den kleihen Atag/vttviv kOunouAuo p.m' u»Md- iMii*
hejircfi, -:e» c.-j i i!i■ i Soldu^m?!, .sei a.^ ul»»*i-JmUju' in. unrr #4« on-
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- h’ijealn.IJt js s Os hart ;rm( ßelhkt fadili-ilkli. <lip Kranken \ u^‘
i:iiit r rvartrm %\) Sa»*er», his. uui* Mai-do't te'rtijit me in i»h,\*.i-
kaikeft« Kabihottn und. ?,urO.-k W. >cli!ap{»en, um daheim du Opu-
n\üm -douh »*rgf. m l*m«iuUp>ii;.. yui\'f uiumKöimlvm ut au* h nur
dmttign •Belnriom hi^ zur (tmuimuht. (\m der Hajrnut mmd 5 t. r
*' tfo. der Krank»’, daiiu'i ntwn mru.-. nisr; muht tadJiubt ummun kam».
*Idli • &4W- hatte, mir vuhon-suir .hilumu ctih Fra^c vof^löjgh
Oh ssj'öi^ßPfi iVtUfitihinon mier der Aj^eHh^ 'm) dia huitunir
övä jidk^ivdtat.H\?ovkn '0ir1* :% AB. i3r 11. C . rij.
Für die Mehmk] Ojiorwilniuf» Wurtiu iuh hui mmnam he-
‘vührti-i. hmtrnmeotu ob ihre ; to roh k» imn. flh^ miri-uhurrki-hu
Whk«nt^ilrms dfs? W.iäiieh*tf
ha.s vvtf-j»ti^<tu i)h v iht aJlcnilu^ diu \ urJnivu 0 ^:. .i.onah*T{ ».u j
AfV.oiiwf' dazu sruhnudvl. wurrh'ii, huio* :Wc*issuln ütid^Hiuaimun vu»i
fei«^U /iüclr svnhlt. Ä; nur.. dkW .MFUdß. nttldtitliohu
bi 11»ei'i zu mam ;-< : ^4$ alljührUkh mnu Zuhl sW
A-.jnvn ^uiid, t‘iiu' luuhMiteiuh* i-jnhuru von .Ai'hmisl«U»^kilt;
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vi. Ai« lieui physioji.gisUitn Institut -kr Universität Zuiieli.
Die tropiiiseiiea i’unetionen des ITerveu-
syatexiis.
Von dustns Onulo.
(BeHlnss-- mü~ Nh». 24-.>‘ • .••.
Die nwa.n »U iimnmiuhumx der MuukrdvurdmD. wne: bat mul»
weiterlvin- iibeiw^h -d:«^ nma ndt i% UK '-*JW «*
aim Äoh'huu allßtarKdiifm iHn-rliuujit, •»«mor hd^tn..
Fährte ith «>ai ?ifhurhr div irnphhehu ^nnkhon- ^
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eine von riirutu dtekbien. Hind.H^nvcOe vdH*i-/.Qgei.. ••
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iibvf will i.rn.vr 30 in !f »w iWw uim»körpi.r.',at« >icv Sitenrntjl, J ••&., »ß;. fwiürtv n® 01 '
ob sie- IrnTWti^^elV^U dri« stanfeyth fast«* und rmifuf,
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in ba#Kwi< f Sdlwl fiulcli«^ tül« zwi*ti,e«. UOurJuuil aU Mraiit™- ^Vu.’het, bihii" "Ak' V,»r ,-ui«s
' n ®s fe ist v.ia t1«it8linl,ii,;f,«f l-r.l.u,>,. ,!»*> man tnüliw Oit»r i. ‘iF’‘'A"Fl'i^A-‘’ 1 •.A^tA,FF.,.!)A.F.A.F’üF''sf.J’hbt’.h. in
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.M;»n*m*tf*.ri, ohno SehnvqrÄ niu\ ohne NeborjyeidetsuOt* und ohno sieh
ahzimtroifeti- ohftu ehto iabehe Riehtum? eirmaftebhij»en.
F»Dl 4 ■ Dur .Vn.difim*. it.dV'uUniiod- p- S. sjddug mit dum , Eisnm-:
jHUUifnU’ Hwi einen HuiVea-nmit? r.;n ^b. Mai \*>)% Muhmitbvgs um 1 Dtuu
Vt'gioiuh '\v)it; dik SeldiVidrrdtiS,•itÄi;.: Nach zwei Stu-ndcu,
Ino 3 Für, •'Wvttiou w.r in ouihvef Anstedt* mui n;u t» lio.Im Himtten war er
v«n.i Hcinom Ri^uu^piiUer Imbeit.
' '■ • '' ia' : ■$&■.. iMittC -rjop HuMihaut eine leicht vor*
j of-A*;,. ■ V*’, 1 » - M >.V «.|1 ÖlL ...... t Ufit-rt-, Plu.ilin rti!) ♦«l»
- Das Akgi» ikt r-fyizlofe, m ünr Aüttt uor tt.iMvhnut; emc itw.ui vor
Mvb0M*\ tust -’cnkro. l’.to SYmnic vuii oUva .Vh «Mm i.dßge, PüqiHc nriUol-
'i \’-,'i ic.-ihf, Mdlhi<iJiUi^ !thev (tirtzKüi'f,er«}?rr»»lioueU. Berlin.' klirr.
iß8&v Fcimoi* CyäUeerin^ io Euluulnirg'iä Reakncvcl. H. Auil
rihbv ra^uit vVoJA' ah $$ Vvderhaiit.'"hinein.*
tm&tfr: Uüiojr Ua.K Wim« m: kn^n-Ji : •,
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ürtetY blldKf« einer» kloiimn IvffiÄ 3 400 tlurcli., { .
Bindmr^webh ,1^nftdUireh^eht und als ; Be<Um den duvimtei h^.
Mtidkei iuvr. wclejier ?,w»r ahob. vonrndmi • wa*!h ^ •. # ^ ;
Tioi.hw.(vud.ig- Vtjrihidori' sein «»«Us’.s. we4- «If-r Promioh W* • < 4..’-
,Avcntlijr .miWr^i-o.UA, . * *. ..amrOir
In (3feü fomigono ümlek «hdi Y4oi BI»D ' W»^*
Getüsson, r.boils im in don Mit sehen M ide \vel»^ m a ‘ .
; liudet aicli oin uiehtos* guobhmrig^^, loekwä Btmlegew^öm / ' ^
| die emYHttnton '^Ktvätüitu tmthült. . Diesölbbir ßluuv ?•* .. •
21. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
533
facte, denn sie sind Hg-haltig, und dieses Hg stammt aus der Er¬
härtungsflüssigkeit; aber sie sind es nicht völlig, weil ihre Ab¬
lagerung an dieser Stelle auf einer eigenthümlichen Veränderung
des Bindegewebes beruht. Sie lagern nämlich in den Binde¬
ge websfibrillenbündeln, und zwar in einer Weise, dass sie zu¬
nächst an den Stellen der Ring- und Spiralfasern aufzutreten
scheinen. In vielen Bündeln aber liegen sie viel dichter und dann
gleich immer zu mehreren zusammen, so dass eine Querstreifung
entsteht, die äusserst zierlich ist, und die ich Ihnen auch an Prä¬
paraten zeigen werde. Lässt man dieses Bindegewebe mit ver¬
dünnter Essigsäure etwas anquellen, so kann man nachher mit
Jodalkohol die Krystalle auflösen. Dann bleibt aber die Substanz
in den Fibrillenbündeln, qn die sie sich angelagert haben, doch
zurück, und man kann dieselbe nunmehr mit Säurefuchsin färben.
Nun erhält man wirklich eine Querstreifung in dem Bindegewebs-
fibrillenbündel, es muss sich die Substanz derselben in zwei Be-
standtheile gesondert haben unter Ausscheidung eines dritten,
der wahrscheinlich in flüssiger Form sich sonderte und mit dem
Quecksilber des Sublimats in eine unlösliche Verbindung überging.
Hat man nicht mit Sublimat gehärtet, so fehlen natürlich
diese Krystalle und demgemäss auch die zierliche Zeiehuung der
Bindegewebsfibrillenbündel. Bei Härtung mit eoneentrirter Salic.yl-
säure habe ich indessen, wenn auch in etwas blässerer und ver¬
waschener Form, die Querstreifung in den Bindegewebsfasern bei
Färbung mit Säurefuchsin wieder aufgefunden und daneben grössere
gut ausgebildete Krystalle, welche in den Maschenräumen lagen.
Diese Krystalle sind kalkhaltig, wenigstens Hessen sie sich mit
Essigsäure auflösen, und aus dem Auszug wurden mit oxalsaurera
Ammon charakteristische Krystalle von Kalkoxalat gewonnen. Hier
ist die Substanz, welche bei dem inneren Zerfall der Bindegewebs¬
faser sich ausschied, nicht sofort an Ort und Stelle durch das
Erhärtungsmittel ausgefällt w r orden, sondern sie ist in die Maschen¬
räume diffundirt und ist dort langsam auskrystallisirt, vielleicht
erst als die Salicylsäure durch Alkohol verdrängt wurde. Mit
der Ausscheidung derselben ging ein innerer Zerfall der Fibrillen¬
bündel Hand in Hand, von der das Auftreten einer Querstreifung
nicht der einzige Ausdruck ist, sondern es fanden sich auch wirk¬
lich kurze Stücke, und die ganze Mitte ist eingesunken, was offen¬
bar von dem Einschmelzen eines Theils der Fasern herrührt.
Wahrscheinlich erscheinen die Fasern grob, weil die feineren zu¬
erst einschmelzen. Hier baben wir also den ersten Ausdruck
einer chemischen Wirkung, welche ganz cireumscript, auf einem
kleinen Gebiet auftritt. In der Randzone können wir die Ursache
derselben nicht finden, diese stellt vielmehr nur die abgeschwächte
Wirkung dar, welche der Proeess bei seiner Ausbreitung hervor¬
bringt. Die Ursache muss im Centrum und am Boden dieses
kleinen Kraters liegen. Entfernt man das krystallhaltige, spröde
und grobe Bindegewebe, so trifft man unter demselben ein fein-
fasriges, weicheres Kügelchen und in demselben liegt, w r ie man
bei Aufhellung desselben mit Essigsäure entdeckt, ein Nerv und
an demselben ein Gebilde, welches in fast allen Charakteren mit
den Vater Pacini’schen Körperchen übereinstimmt, und das
ich in der Folge kurzwog als Pacini’sches Körperchen bezeichnen
werde. Viel besser kann man diese Verhältnisse studiren, wenn
man eine solche Stelle in Schnitte zerlegt und die entsprechenden
Färbungen anwendet.
Ich habe wohl ein Dutzend solcher Veränderungen untersucht,
und ich -werde Ihnen von einigen derselben die Schnittserien vor¬
legen, damit Sie sich überzeugen, wie typisch das Verhalten ist.
Ueber dem Muskelboden des Kraters zieht etwas seitlich quer
durch denselben der Nerv in Begleitung von Arterie und Vene.
An einer Stelle wird gegen die Mitte je von der Arterie ein Ast
und von dem Nerv ein Zweig abgogeben, und wo dieselben zu-
sammenstossen, liegt ein Pacini'sehes Körperchen mit der Spitze
gegen das Centrum der Veränderung, während die Arterie eigen¬
tümliche Bogen um dasselbe macht und eine Anzahl Capillaren
abgiebt, die zu den erweiterten Venen der Randzone hinstreben.
Nicht blos dass wir in jeder dieser trophisch veränderten Stellen
ein Pacini’sches Körperchen antreffen, sondern dass die trophische
Veränderung sich jedesmal in ganz typischer Weise um dieses
Körperchen gruppirt, macht es zweifellos, dass dieses wirklich der
Ausgangspunkt der trophischen Veränderung ist, dass von ihm
aus die chemischen Wirkungen gehen, welche die Veränderungen
charakterisiren. Dahingestellt muss einstweilen bleiben, wie weit
diese Wirkung eine direkte ist, d. h. in wie fern die chemische
Aenderung direkt von dem Nervenendorgan auf die lymphatischen
Räume des Bindegewebes und damit auf die Fasern der letzteren
Übergeht oder ob die chemisch wirksamen Stoffe etwa durch die
Capillaren des Körperchens in die Blutbahn gelangen und von dort
aus sich verbreiten. Dafür spricht der sehr veränderte Zustand
der Gefässe, dagegen der Umstand, dass die Veränderung sich in
einem so engen Gebiet und so ganz concentrisch ausbreitet.
Drehen wir nun einmal die Muskelpräparate, welche ich Ihnen
mitgebracht, auf die andere Seite, wo das Muskelgewebe selbst dem
BUck zugänglich ist. Da sehen wir denn, dass die Veränderungen,
welche dieses betreffen, erheblich grösser, etwas weniger zahlreich]
und weniger regelmässig gestaltet sind. Ihre Grundform ist im all¬
gemeinen die einer Ellipse mit der langen Achse in der Richtung
der Muskelfasern gelegen. Das kommt daher, weil die Muskel¬
fasern auf dem Grunde der Veränderung fehlen, sie haben sich
nach den Rändern zurückgezogen, sie sind in der Mitte zerrissen.
Der Grund der Veränderung wird gebildet von einem derben
Bindegewebe, in welchem zahlreiche erweiterte Gefässe sich finden
und auch viel freie Blutkörperchen; dieser Grund erscheint daher
in frischem Zustand roth, und da er in der Mitte blossliegt (weil
die Muskelfasern sich von da zurückgezogen haben), so hat die
frische Muskelveränderung eine rothe Mitte. Der Rand dagegen
ist weisslich (im Gegensatz zum trophischen Bindegewebsulcus)
schon in frischem Zustand, nicht von eingelagerten Krystallen,
aber doch von einer harten unter dem Messer knirschenden Sub¬
stanz. Dieser Rand ist kraterartig gewulstet und enthält die zu¬
rückgezogenen Muskelfasern und zwischen denselben ein ziemlich
zellenreiches Bindegewebe, im Gegensatz zu dem fasrigen, zellen¬
armen Gewebe, welches die Mitte der Veränderung bildet.
Wenn ich vorhin gesagt habe, dass die Muskelfasern in der Mitte
der Veränderung zerrissen sind und sich nach den Rändern zurück¬
gezogen haben, so wird das die Vorstellung erwecken, dass man
nun in den Rändern die freien abgerissenen Enden der Muskel¬
fasern treffen müsse. Das ist aber nicht der Fall, freie Enden
findet man nicht. Die Muskelfasern sind wohl gewulstet und dies
verräth, dass sie sich hier contrahirt haben, aber sie haben den
Zusammenhang mit dem fasrigen Bindegewebe der Mitte bewahrt.
Man wäre versucht, das dann so auszulegen, dass nur der proto¬
plasmatische Inhalt der Muskelfaser zerrissen sei, während das
Sarcolemma erhalten geblieben wäre. Aber von diesen leeren Sarco-
lemmaschläuchen kann man nichts in der Mitte der Veränderung
bemerken, obgleich man ja nicht in Zweifel sein kann, dass über
dieselbe die Muskelfasern vorher ebenso hinweggespannt gewesen
sein müssen, wie sie es in der ganzen Nachbarschaft noch sind.
Diese Schläuche müssen also fest eingewebt sein in das fasrige
Bindegewebe, welches den Grund der Muskelveränderung bildet.
Und dieses derbe Bindegewebe, woher kommt es mit einmal? Es
müssen in ihm aufgegangen sein das interstitielle Bindegewebe des
Muskels, die Scheiden der Gefässe und Nerven, die Sarcolemma-
schläuche. Das alles aber zeigt es nicht mehr, denn es ist ein ganz
andere Art von Gewebe, wie man sonst im Muskel gar nicht
findet. Von dem subcutanen Bindegewebe, welches darüber liegt,
scheidet es sich ebenso reinlich wie der Muskel selbst, wo er noch
intact ist. Es liegt an der Stolle des Muskels und ist aus dem
Muskel hervorgegangen. Der Proeess der Umwandlung des Mus¬
kels ist an den Rändern zu sehen. Dort liegen die gewulsteten
und zerklüfteten Muskelfasern, umgeben von einem zellenreichen
Bindegewebe. Die Wülste haben zum Theil noch den Charakter
reiner Contractionswülste. Sie sind im frischen Zustande noch
durchscheinend, lassen eine Querstreifung erkennen, und färben sich
nach der Härtung wie dio übrigen Muskelfasern mit Eosin roth.
Daneben aber erkennt man, dass andere Wülste vorhanden sind,
welche oft in kurzen Abständen sich wiederholen, so dass sie
der Muskelfaser ein rosenkranzartiges Aussehen verleihen. Diese
Wülste mögen ursprünglich vielleicht auch Contractionswülste
gewesen sein, jetzt sind sie etwas anderes, nämlich Protoplasma-
fragmente, die einen anderen chemischen Charakter annehmen.
In einem etwas weiteren Stadium sieht man dieselben als völlig
von einander losgelöste Schollen in dem jetzt deutlich sichtbaren
Sarcolemmaschlauch liegen. Diese Schollen sind undurchsichtig,
weisslich im auffallenden Licht, sie sind es, welche dem Ulcus-
rand das weissliche Aussehen verleihen, sie sind hart und knir¬
schend. Im gehärteten Präparat färben sie sich tief mit Nigrosin,
und zwar in einer Weise, die sie als fast aus einer unorganisirten
Substanz bestehend erscheinen lässt. In einem noch weiteren
Stadium sieht man diese Schollen besetzt mit Zellen, «teilweise
mit Riesenzellen. Die eigenthüm liehe Substanz in die sie durch
die chemische Veränderung umgewandelt wurden, wird jetzt wieder
verwerthet zu einem zellenhaltigen Gewebe. Das Endziel ist die
Bildung des narbigen Bindegewebes.
Sehen wir uns nun nach der Ursache dieser Veränderung um.
Sie ist auch eine disseminirte, heerdartige. Es ist kein Zweifel,
dass dieselbe in Beziehung steht zu den vielen kleinen Heerden im
Bindegewebe, die ich vorhin beschrieben habe, denn diese kleinen
Heerde sind besonders häufig in der Gegend wo sich solche Muskel-
ulcera finden, ja sie besetzen manchmal den Rand derselben. Aber
ein direkter Zusammenhang, so dass die von dem Pacini’schen
Körperchen ausgehende Veränderung auf das Muskelgewebe sich
ausbreite, ißt nicht nachzuweisen. Oft ist die Muskulatur am
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Imitod.d,. Ä<H U sö tte n*nu lanrks üi» Müftlkikstk/r, ivektm in pin Iwolw^itßt und auf den Einfluss elftvr Nhrv^nundigjnig zurikkgehUut
Muskeluimk hiögabW, mAftpdngvü am Bodon eines Bindegewebe würde -Mabou wir ui* hi. auch hier einen Nemnoiulluss zu ..
. .kritjupSv sie hnt-Um nBo duff »ku Kpim der Veränderung empiinigen, Sehen Sk mm einmal div^mi in uhrowftam’cn) Kali gflbttriHon ßitfig*
,1m- skh cj'«i- m einer g'wkstm l’khkrrtu.uk enUaKo, IHspf ft ich koid
Zu.purmktthäHg nach'weisen. Ebenso weuig'fotffcdie Uhas dass (kfäsA'
aus (Jna ).<jüdtf jiV*w»0.»*Uri.ikPit in Alfa Muskeln ükM‘tT'-hii, welche du»
hier ompknavoipn giftigen Substanzen dorUim schleppten, üim*r
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liifi
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an, welcher unversehrt kt, während an seinem Partner skk am*
i-häi-akt»-i istiMiitv* gewaltige Yeründerutig zeegh. 8m selmuein
Norv/msilünmohutv Svekluj* soitlieh aus dum Muskel iiccvuikommt.
UUf seiner OVwu'filirkc* hinlilufi um! ftkil au der Stelle, avo jeir*
i'igentlninilirtu Aiu<!f*tsmmg de* Selmtm Spiegel* lieht, nü^whifffr.
Ih^wig.'Vtttwl,-. v* 'brHcfi feäinfl rkfäsKe über Am ehestr» könnte vi£ehtlMjtmHehtä SrtinhDsjthigtl.Ti }i*%E ^ 355 ^.
mau iuju|t »*i?m rruumiHriräiHUi uni rhan ! i; vui)i!iw*-go smnrJKuöi», hipH lUVtf gfimu hu ih*r OhpPI’U&JKUuiirnnd'UL SfrMlu ii^yt. u> i|'«iu g.Mtnaru*•
Auuklium. diu man nieJti h>iuht i>rüfn*» "kann. ' Ab»r aüvh »lärm Eiuujm .las l’lcits. Sfhro Sii- jVnu*r mit. uiuan;
vviu’.lu man «nur tilwas n^nlu»asH?gf'n-:\!uu-.jiumg dur Imiijmi Ar hui Km riss hotmluu.n« widrh ; «t-.jurnh .♦ .u.u:n «hltznn,. rau-tt ok:-*u
' ; •;,-V^rHi'uld-pnii^n zh niuandur Auwnrh-n mO^mr. Man wird almr gari« htehn Sfhjmn/iidol <diarnktcri'-irt, .»sl;. JL>Wo oha>-<tM 8 nitz< ; At
njmrhaHjU. aut dur Mu d<'dnl*.ti^ aul di.’ 8 j>ur zu koiituum, dnr promimmh*Hh; Punkt iiur ganzm) Vrnimhumig ; stn im^hr uuf
am winiku- von »km ragidriumsig.-ji hau drr»(dhen ftfisgrlu*!». tu».H S'.'hfl'-, und zu ihr t*ogkM' -sj.di dksns. kh»n.•.N^n > # > Hikt:»duuh' a«.
; \l>g<M*'lmn v,»)i d, r V« rzn-rung, du- ihihd) du- l'ugrk-fittiüg dor sich an ild- mtHZuhrnH^Lt. Dit-jonigr* vStcllc also- wtdrdm uut.Ji ihr
Mu.-htdu k'dhiÄ't -Avird« ist das Altiskeduhais amdt rund. Kinn Vtfr- vm'andortds Änösühf?n »Jas Eihtrufcdn » 1 <*» Uky,«« i^lum 'Oilav
andt-tlüig, dm :d(-h nav-lt allott IxirdiPüngdu gin'ttdvtnässjg auslu-riim. siguaHsirk vdn dar aus d.k wnit^ro Vwändurnng daun .sutiisj Jim
muss ihm 1 >.-;*< )<•- iui t.V'ntnmi kahuh ginnt, ist.. das ;\ushrr-iM.ingsg».d>ird l.msoudr.rs vom Ki*!iht»is}»tygol
Was llud'd man im Omitrnni? lks his-nrigr. IhndnpA-wtdm »ad- siuli aushrnitkiuji^r Nnrv.m, iPitei.ni Vhe Khrpeiv-ln-ni liahmi Avlr hwrt-.
halt zahlt »dclm rodvnlhd-t-.t». mit IJiu.t stark grdullk- h<;hjs?r. sic sind ;in »hu Holmti «Mit . zu «nvurrrm. wohl «her !.;<*»»mui >vk durch
Venup. lJiVsn Erweitnfung ist turdchig, K.rharf at*g* : gfv.n>.T, irl» '' Mm-rn U olgi jnnn fsa.-h Unu kntannhm tuddidiu Wril» ho sich an ltts‘*i-
mürlilv sagen antuu/vsmnaHig. >0 ifass d’us E.-inss auf uim> knrzö ‘ tiopsshdloft »hu* Muskidn, jiii den thdingn kndrm.
Sinvl«- das Tiflkehf. (h^v : nrsprünglkhn« ihr ko rr jungt han simsti . PrfntuMmi Sk di«> Ansbrei iung dos Sehmms|>if?gols. wfdriu-h h
mit. khussem Auge kumn ^iehfhares Uontss- Infi. dnAareh smf .m'no unter das MiWcoshop o:oi*--'t hnim. m» wen hm Sk üheeaU dk Tnsor-
mit. hh^sotn Avigo .kuiim $i»hfhares iJhfiUä fnfl. dnAmtdi ndf «"
gewisse Ethige ak nid dteker KtEnli horvht; Etnoi-
A.uuj.ri'una: des {»ruhkos k<iümm sin 3ikhl ihre Pf-tslehMnu ve< v
«iuui,-u der Von diesem Tlieil de> < StdujoUspirgvks. enty|irit»gemlo«j
Mm-keHnsürn finden. Es ist mir indessen no-h iiieht geliioeoi.. dir
(bnken (denn die müsste den ganzen f.hijHder erweitern], smidont | Kün>t‘rc)ten. vyeh-he dt‘n Ansgangsptinkt hihlep, hiev i»m. , jfzitweis«*n.
ütm niüom lolcflle.it- Nacltgeh.n) der W and, Was v.Lvänijm- dkso j ()as jiep Aarum duss die- Vomnderuhget} .lUcOj»« gäli« ge\yai%e
Waiid?• Anrli di»* AUEu-ktr /.eigen dinsH hikait' En< »dt»uihtg. 8 k*' ! sind, M^oil sj»-.li in du* hUP.M»U»*- 6 . 1 ‘kdliki Verilmkrtiiigeii iheträl
WainJV Atkli dh* Attuohm ZuigtUi diusö lukait' Erw»-it»-rung. 8k
sind Juhr. oJso ditr'-hgiiiHjLie gt’W.esm'n, hin EjfuUfliUi? kann sie hJSö
nioht .durch fciik- Süiuung der i^utumilo zur Erwejturutig geht'lnd.t
hahno, IVuoTi liier »nuh« diu VnrAiuloj'mig' fu »km Nnd.hg.hhori (kr
Wand liegen. Dh-sm AVAnd. dk rVrteHensr-hhi>k; ibi ;wht verdickt.
Oft feufwiekeit skh an ihr emo Art; E»)IUkdi v »dTk zdli«Mivhte,Uuy KühV-
fttcej.äniftchniv ^erstiHniiJ^hA ukr ihfor. WhkrfttHftdstraft herah.ht'rai
’riiciln Uiiioüx»msi-hon. Ijädiuvh eriatigmi die .\ r .ortt»de»*«ngei». cU*'
Ausdehnung, wehdio oft schwor macht. ' -io zu dur.-hkrsehou v um!
vieles wird ütmui dk s<» g^»vhuflon'o.n Yrrhdlinksn. vonieokr. Ich
•l«n>.s Air di* IkflnoiAr-nf um dksnr ( , »»I ti) sehen ( toJ,iliJ6 'Varfui, liift ‘
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ehnn, weh hes »1"I Arlerio veitii-h äneilzi {dieses Knütclmn stellt I ich. mit nnu«^ Ab.tertal buschflllt habe, da .He gehUrtetk!,Präparate
im Zusammenhang tuii. dem N«/rv. (>.:radc wie la t dem Biu»}ege\vohk did Ühid- ua<i «Ue anderen. EHrhungcu, die hier in lictruchi .Vtijriime.it.
keater .tritt ein '/iemli»’.h starikr Xerv in Tr.^r.i ni/kAger i^age zu- der nicht nu.dir itmiehmen. -8(,du*i. Si»r shh cabor einftiwadiet; tkrh tjk
Ainsludvrräudef ung (|iier (Jnroh dkftolhfl hindm’uh. vm.] hui. an einet QuersebidtfA durtli (Ion vetändefttni Mtccjit au. Sk selk« danihrh
Mh iir öifio ftturko, mit Zellen dkhl lkftet,zt>- A'enti.-kiHig, flui*i» eine diü vntflüdeef i St.. lle t.r.d sek M wu.v dk^apki)nik
. \-t Kfiötehkh 'V.-«Je!.» s urh g.k;en die Mild.* d»^s Mnskelukus vor- sehen Sie, wk der- 'Kehurn.spiugol iUmr flkfklhkiioki hinweg .geht.
• vvtUM. und ralf dem hdlikehllmli'-he/j (khilde an der Arterie, vor- bis nmf daft eig'-mdi» Im O'-ivtrum der Yotand»*rung t >vts er btugr’-
'' htfnJvi. Kiuus um dieso lhlduisu iiugnii »'iiidkfifl. SefioUeth ^».-.hmnlzon ki. ihn -Verdi, kutig <h.'s Suhuunspiognh? wir»] Otm-n
Wi-.hdu- oft Kivstatje onihadfuri-, mul weiterhin breiten sieh die ohou an&dk-n, m»d. ar> «'inie.-u Str-Uru ftohun s«o wie »dgC'-hM.iindi'-lt*'
wt'sehdvkite;i t-iweiterrvii fhüflssc ans. V"ou liier g.dii also dn>: zer- Gkbitth- ruitun d**n» s.dm.-us.flieeej nnhangoh und iflit fkn veran.h'rfp'n :’
Hfurent)«; uv».» gr-\\el.Mmihddu.ndr Ei»dl»is>- flUB, -Uh-In dem Kjtötclien MusJtt-ihisern zusaimmuiJilifievn In drin ganzen (fehlet ttutertudh
äiit - Wüw . ’KnrVöh.vifd igibtg öder oh . 00 - Ktdkth 8ie dk Musktdt'n^Ärn. wie iolr ft in hor.öit-ft ffdibor üti 'Sc)mift-
v»dltg ak »mu' A'mhd.j.hng anzusehi'n ist, habe :kh lös jntzt nicht nrapacateu buselirkben Imins mit JlnhU*ftunku d«ir*.dis»‘P/.t, mit m
ormiUnlu k«'»iiiK-*u. , Bünden gfdfcgtöin PnAnhlasnui n. s. w, h'twas tkkr gfllmji 8iö
Sn ?si tdw» auch ihr ••las Muftkvlnlcürft der KelbälAflndke Jokak das, was .kjt nhs »Jm /unijeji AusgawgoyUukt.' d»u- Yrrilrah.-nuty
1 ts{»rung _yom Xory?oh Ans mnyksrn. aasidm* njimjitdt dk orttudtoilou (hd^k’ titul in ihm x Nähe »fm vor
- n »r kdnnoii an nur llflftd -.Skser Ikuhjudititiigoii j.un ftudi »Jen .iüdthteö Eervotisiitni.uiehen. Hier oiuigo 'Miliime.l^r uokv der
yr.rgang itu (mul irn iV-oas. denn diosor srboint ftuhr üluiUcb Oberthn.I.»* ist - die oigent,liehe Zorstdrung am gröskten. hfer findet,
zu .vdr«) n/jliur ■atmtysirou.. Idi glmiho, ich bahn in nkim-if li tihoron. man die abgerissetnm Muskelfasern (hkr im Bibopfl- reifee M<*
_• H»‘hHdciMijigGii'.^i*bo.ti_ flrwdhHfy^ ich hoi meine« Jkabaoht üngett ! wirklicli. 4 b t lifltfiilit'b inikJiflÄifltdi),",-'- 'C-oöfcKvlid'boJiRßHHd'
-.an .»lom nufldoftste« Bi«w*p,<; wenn it-li aut das Zuft1xyuh>kuÄinku dm* j den fttridlifunntgen [njvetionen, und ich vurtnutUm. this.s hkV,
V.etäntJco ujig warte!*', /n*d Svuiidume als Vorläufer derselben zu-. | fihveps- ein • Zusiumumiwinken »lex heidim Proensft« fttaUfinidat; .weklt»? •
d r,e'vr'M^ 1 /
; . S/'-'C.
> l!,'i'.;;A‘*A >,WM|
; 'Ygv-
Vorgang im Siceo« (und im lkoa>. denn dkser bidjtdnt rsuhr ühu.fieh
zu s-fdn) n/ihuj- anrtH> - irm.i.. h l» glnuhe, ieh hak* in nudnt-n li lihortm.
Sidtddrrkngon>i'hon t'kw‘:ihidc diiss - ich hoi meine« Jkabaohluitgün,
an d»'m oufldi»sst»*n fht-z-ps; Wenn ich auf das ZufttVtjukkuniinnu der
Venindmung xy; t rte!.', zwei Svjujptnnm als Vorläufer dersoUom zu,
hnradtt(k pfiegto, naiflUuh erstens das Weisslichwerden eine^ bk
--.uiidcj en Iheilef des »S'-’hor-uspiegrls, weh her vorher durojtseheinenn
kt und nun auf oitumU w» iss hei v»»vti*iÜ : . Hj»>.ej uuttallmjtloThe.il
. Ibit -••Ka^rn,. .AVglrli&'; -etwflfl gehogou votlfnilen, ;iikr giiot* w, der
EauorimAitnng des >fin,kok, utul zwar gönnte über die Stellen weg,
u# deren fljhitev der Kiürks zu ge^ehuium ptif-gt. Uns andere
.Sympfnhi war das Auitnden kürzer Htrudihkinigor Ihjecfciomm. in
oitkin eng hogrenztetp im vvokmtlieh glVdehen tkbkt.
■IHchp. hehtrn Vucidnier hratu-hfen mdtf 'imntoc•zusammen, auh
xiitwof» ig al». r ü.’lt erwartaj».* das Gelingen, de« Experimeiitev? mit
ZH*mlic.-I»»*r Sieiiorln-Ü., wenn i»--h sk beide ersehenden >ah. 'Nunmehr
m hdo klar geworden, w(m dirco beiden Zdelmn hudenk-n, Sehen
Sie ftkh oi ft nt fit den S*‘innmspiixgel auf di*>sm> -eersi hie.duuen ftieops
on, Aveldu- von der- Verdmj«r»n.g kud.r oder weniger bHroföm Kind,
Sk ftulko Aast iu . dein ^.ekhefl Alande, wir. <lk 'Verömierijug eine
wii an den dünnen Aluskdn als Biiulogewuhskratflr und ak flVrwfr
tieho MviKkelver.-ind.ji tmg gesondert wahrgeuotmubh 1 iahen
( : ei.m Idickt mhu mm die (»esammtheit dof Zi-rsthruitewi,
; tv»d»‘ju‘ ieh hier uu einzelnen gmschi.ldm't. imhc, vorth ft M*’h tjori»
J der Eindruck, den sue horvonniien. A»xt ringo kleinen Eingi.e Ju**.
j dhr d'V Natur und Grösse der ihn b 0 di t» gm-*im- Yc>»k Umü$ «8$).
; doft \Vo.ld tio.fi iiiiun des Titkres kuitro stört (wie n»im an (dl km-
i jfinigen EülUm lupnerkt, in »lenen diti Exprriuuuif nicht zu mnri'
I trophi.schoT! RoeintluftK'mju ffthrt) oaU(».d.»en marc-nmol m ludzcmlm.
| ja hk ilmidwtnb diesö. lokalen, Z^i^i’lükvn ki
j pud in den- Muyktd-it« •• bald, - in. ;bfljscfididt*'nsit^?.)s4e!# 0, . r *
j bald, wo oft dk Yfcrhflliui*5H0 dcii Thiorßs- fl.ii .Ä6ibrk: , Üffl^b.«o'g :
I hritigon, in Eorn) <döflP ei^üfiF<kkflödejj VGiitbeflritnfe. Trohw
I tveim. dje-sn In uiunitt<>Ü»aipm Anftrhlüfts ap cks Experboflnt m»(i
: in einer liCMfimmfon Zeit auf, dk y.wnr verhjafiViid kurz ttk d a: *
‘ ,'j‘Y , : < ‘ )l '-'dmensiiMpgel rn^Wr oder weniger wek.h und Zufttomlrkummeh einer »ojohei« \ (*r;indunuig, utmr d(»<dt viel .Ud»h‘' V;
iMgeriKeHaiV idi. u« diesen uiit >k-i>im» gewöfmiiche Reikxzrit ist. Immer treten ftk im Aescbiu^
j, ,. u */> --• ’r. ^ - — c * •■ v.y. vi«»wr.'i*w,> \» UÄUiiiiv» ■nerv.jfnjn uonii wnun »ioü an- -»»»^ * . %
H^IHwA- KrevViW 1 '?-. .‘: Kwi,lb .';"., B^UW'K mit kiftinMöX t«rf<-Wt sin«),, ia. <ii? \Vi,b...p -Io« .KiiigiÄ «y£- il«s'%# 1
rt.-iitit win-!i\ * v* ' ci! BfMJfgf-wiÄhntera fast Null., w ai-igi. iJu-un eac Ur-inH VKrttmlßi-ti»» «•<»! -.«-***• , ' 1 ‘ 11 " . f
i,..oi..t..H(f-t wirrd». au t a ;n m gebftttafcm VrUpwaten t Sifti-ung mhev. Mit M OrftH.e de,- Vwieta'ui«, mit dem äch««t; S
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(; G oje
Mf. UNIVEflSITYöF MICH» - ^
... --
21. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
535
den sie hervorruft, mit allen diesen Dingen haben die Wirkungen
gar nichts zu thun. Art und Ort, kurz die Bedingungen des eigent¬
lich wirksamen Eingriffs zu charakterisiren, will ich mir für°eine
andere Gelegenheit Vorbehalten, nur das will ich noch einmal her¬
vorheben, was ich schon früher betonte, was aus der Darlegung
meiner Grundauffassung ja auch unmittelbar folgt, was aber doch
leicht vergessen wird, dass die Wirkung nicht von dem Ort des
Eingriffs unmittelbar ausgeht, sondern immer nur mit Hülfe und
durch Vermittlung des Centralnervensystems geschieht. Es ist
mir öfter der Gedanke gekommen, dass man vielleicht den Sach-
vorhalt einstweilen anschaulich so ausdriieken könne, dass sich
unter dem Einfluss des Experiments im Centralnervensystem eine
giftige Substanz bilde, welche sich durch die Nerven ausbreite und
wo sie hinkomme die Gewebe vergifte. Indessen zu einer rechten
Klarheit würde auch das nicht führen. Man müsste den Begriff
„Gift“ analysiren, und dann kommen wir auf die früher entwickelten
Vorstellungen von der Trophik zurück. Der Begriff „Gift“ hat
einen Sinn nur mit Beziehung auf die Lebenserscheinungen, und er
bedeutet eine chemische Substanz, die, in den Kräftewechsel des
Lebens eingeführt,, schon in geringer Menge denselben in ungünstigem
Smne beeinflusst. Unser Bild würde also nur sagen, dass unter
dem Einfluss des Experimentes sich etwas bildet, was durch das
Nervensystem sich ausbreitend, den Kräftewechsel der Gewebe un¬
günstig beeinflusst, d. h: das Gleichgewicht zwischen bildenden
und zerstörenden Processen stört, so, dass sich dieselben nach
Form und Zusammensetzung nicht intact erhalten können.
Nun will ich von meinen Erfahrungen nur noch eine anführen,
welche geeignet ist, die Vorstellung nach einer andern Richtung
zu ergänzen. Das Experiment muss, wenn es gelingt, seiner
Definition nach immer zu einer Veränderung der Gewebe führen,
aber diese Veränderung braucht nicht immer eine Zerstörung, ein
Substanzverlust zu sein. Die trophischo Störung kann auch
einmal derart sein, dass sie zu einer Anhäufung von Substanzen
führt, d. h. dass der Chemismus derart verändert wird, dass das
Gebiet sich aus dem durchströmenden Blut mehr Substanzen
anzuziehen vermag als sonst. Ich habe in einigen Fällen eine
Gewichts Vermehrung des Biceps gegenüber seinem Partner auf der
andern Seite erzielt. Die meisten derselben betreffen Bicipites,
welche gleichzeitig einen Substanzverlust zeigen, welcher also durch
eine Substanzvermehrung in anderen Gebieten wieder ausgeglichen
wurde. In einem sehr merkwürdigen Falle aber habe ich eine
Gewichtsvermehrung um 50 °/o gegenüber dem Muskel der andern
Seite erzielt, und zwar ohne dass der Muskel ein Ulcus, eine
Blutung, einen Einriss oder etwas derart erhielt. Er behielt voll¬
kommen seine Form, er wurde nur viel grösser, und in ein weisses
glänzendes, hartes Gewebe verwandelt. Ich habe Ihnen Präparate
von diesem Muskel mitgebracht, welche Sie unter dem Mikroskop
sehen werden, imd Sie werden beobachten, dass ein grosser Theil
der Muskelfaser dicker geworden ist, sich statt mit Eosin mit
Nigrosin tief färbt und ein fast horniges Aussehen zeigt. Diese
Muskeln haben eben jene Umwandlung erlitten, die ich vorhin als
an den Rändern des Muskelulcus vor sich gehend beschrieb und
die auch dort jenes harte weissliehe Aussehen verursacht. Sie
haben aber diese Umwandlung erlitten, ohne dass sie zerrissen sind,
ohne dass der Muskel dabei seine Form änderte. Dabei ist die
Gewichtsvermehrung nicht etwa von Blut herrührend, denn Blut
findet sich in diesem Muskel nicht übermässig viel; sie ist auch
lucht als eine Gewichtsvermehrung des frischen Muskels zu ver¬
stehen, denn um nicht durch eino vermehrte Blut- oder Lymphe¬
menge getäuscht zu werden, habe ich den Muskel erst gehärtet,
dann mit Alkohol behandelt, oberflächlich lufttrocken gemacht und
dann bei beiden Muskeln mehrere Wägungen gemacht, aus denen
ich das Mittel nahm. Es ist das also als eine GewichtsVermehrung
der Trockensubstanz zu verstehen.
Was vielleicht das Ueberraschendste an diesem Experimente
^ ass e ? ne solcke Zunahme und eine solche Veränderung der
Muskelfasern in so kurzer Zeit vor sich gehen konnte, denn das
Kaninchen lebte nur eine Stunde nach dem Experiment. Das zeigt-,
wie überaus lebhaft auch die Thätigkeit des Bildens im Organismus
sich vollziehen kann. Daran mögen gewisse Hoffnungen der Phy¬
siologie und der Heilkunde sich knüpfen lassen.
VII. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.
Der äussere Milzbrand des Menschen.
Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik.
(Schluss aus No. 24.)
Ich komme jetzt zur Beantwortung der Frage, welche Mittel
j cm Organismus zu Gebote stehen, sich der Wirkung der Eindring-
mge und der durch sie erzeugten Giftstoffe zu erwehrön; denn erst
e Beantwortung dieser Frage, die Kenntniss der Immuni- |
sirungsfactoren kann zur Aufstellung einer zweckentsprechenden
Therapie führen.
Ueber diesen Punkt sind bekanntlich die Ansichten der Au¬
toren noch in Widerspruch. Metschnikoff 1 ) ist es, der den
Phagocyten, Zellen, welche dem mittleren Keimblatt entstammen
rC ^ Leukoc y te n (Microphagen) einerseits und durch
die Makrophagen andererseits, eine complicirte zusammengesetzte
Zellgruppe, repräsentirt werden, die Fähigkeit zuschroibt, gegen
die Infeetionserreger anzukämpfen und diese durch Aufnahme in ihr
Inneres und Verdauung unschädlich zu machen.
Behring stellte dieser cellulären Theorie seine humorale
gegenüber und sieht in den Körpersäften ohne Mitwirkung der
Körperzellen den Immunisirungsfactor. Die Keime gehen frei,°d. h.
ausserhalb von Zellen, zugrunde, indem sie durch gewisse chemi¬
sche Eigenschaften der Körperflüssigkeiten ohne Zuthun der Körper¬
zellen vernichtet w r erden.
Andere Autoren können auch diese Anschauung nicht theilen
und glauben, dass alle Körperzellen, ohne Unterschied, welchem
Keimblatt sie entstammen und welchem Organ sie angehören, mit
grösseren oder geringeren Fähigkeiten gegen die Bacterien ’ aus¬
gerüstet sind.
Diese Fähigkeiten zeigen die Zellen durch Ausscheidung
gewisser Producte, welche geeignet sind, das Wachsthum und
die Entwickelung der feindlichen Keime zu hemmen und die
abgesonderten Stoffwechselproducte unschädlich zu machen; erst
wenn die Zellen durch die fortgesetzte Einwirkung der Stoff¬
wechselproducte geschädigt sind, dann gelingt es den Bacterien,
erfolgreich gegen das Leben einzuwirken. Zu dieser kriegerischen
Thätigkeit werden die Zellen, wie die einen w-ollen, durch Stoff¬
wechselproducte der Bacterien, wie andere aber glauben, durch die
durch den Zerfall der Bacterien freiwerdenden Proteinsubstanzen
angeregt (Büchner).
Wenn wir diese drei Theorieen in Bezug auf die Pustula ma¬
ligna vergleichen, so kommt zunächst die mikroskopische Unter¬
suchung des Pustelinhalts in Frage.
Es wurden von sämmtlichen Fällen, welche zur Beobachtung
kamen, regelmässig, ehe irgend ein Antisepticum eingewirkt hatte,
Ausstrichpräparate angefertigt, indem einmal mit der Platinöse ein
Tropfen des serösen Inhalts auf ein Deckplättchen ohne jedes
Reiben oder Drücken aufgetragen wurde; andere Deckgläschen¬
präparate wurden in der Weise angefertigt, dass man zwischon
aufgelegten Deckplättchen und Objectträger den serösen Inhalt der
angestochenen Blase sich einsaugen liess. Um einen möglichst
capillaren Raum zu gewinnen und die Flüssigkeit in feinster Schicht
vertheilon zu können, wurde das Deckplättchen an den Objectträger
vor der Serumentnahme angedrückt und an den vier Ecken durch
Wachs fixirt. Vergleiche an Blutpräparaten beweisen, dass man
so sehr feine capilläre Räume erzielt; das Blut liegt in einer ein¬
zelligen Schicht da, und die Leukocyten sind ausserordentlich klar
sichtbar. Fixirt wrnrden die Deckgläschen durch Einlegen in ab¬
soluten Alkohol. Die so hergestellten Präparate wurden entweder
nach Gram mit Gegenfärbung mit Picrocarmin, oder mit Löfflcr’s
Kalimethylenblau gefärbt. (Die Untersuchung erfolgte mit Hart-
naek’s Apochromaten 2 mm und Ocular II.)
Wie nun auch die in den Präparaten Vorgefundenen Bacterien
beschaffen sein mochten, ob sie in ihrer Form sich wohl erhalten,
oder ob sie mehr oder weniger ausgesprochene Degenerations¬
formen zeigten, stets fanden sich die Keime frei ausserhalb
von Zellen in der Flüssigkeit. Es wurde genau darauf geachtet,
ob nicht etwa blasse protoplasmatische Säume die Zellen umgeben,
doch vergeblich. Die Leukocyten, welche sich in wechselnder Zahl
vorfinden, meist aber durchaus nicht in der Massenhaftigkeit auf-
treten, wie wir sie oftmals an den Impfstellen der Versuchsthiere
kurze Zeit nach der Injection finden, liegen regellos vertheilt und
stehen anscheinend ausser jeder Beziehung zu den Keimen. Auch
im hängenden Tropfen wurden diese Befunde mit dem gleichen
Resultat controllirt. Was wir also hier finden, spricht nicht für
die Metschnikoff’sche Theorie. Die Bacterien gehen vielmehr
augenscheinlich in der freien Flüssigkeit unter.
Meine diesbezüglichen Untersuchungen bilden demnach eine
gewisse Bestätigung zu denen von Wyssokowicz. 3 ) Nach ihm
geht die Ausscheidung auch virulenter Milzbrandbacterien ohne
Betheiligung der weissen Blutkörperchen durch Bindegewebs¬
zellen und die Endothelzellen der Capillaren gewisser Organe vor
sich. Während diese Zellen zunächst die Fähigkeit haben, auch
virulente Keime aufzunehmen, verlieren sie unter dem Einflüsse
der abgesonderten Toxine diese Eigenschaft. Trotzdem muss aber
1 ) Metschnikoff, Etudes sur rimmunitö. Annales de ITnstitut
Pasteur 1889, 1890, 1892. xr
3 ) Wyssokowicz, Zur Lehro vom Milzbrand. Wratsch 1891, No. 43
und 44. (Russisch.)
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Gck -gle
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
536
Wyssokowicz dieser Thätigkeit der Zellen nur eine neben¬
sächliche Bedeutung im Kampfe des Organismus gegen die
Infection zuschreiben; die Hauptrolle kommt den antiseptischen,
antibacteriellen Eigenschaften der Gewebssäfte und in
zweiter Linie denen des Blutes zu.
Auch ein anderer russischer Autor, dessen Arbeit mir leider
im Original nicht zugänglich war, Lievin 1 ) muss auf Grund seiner
Untersuchungen jede Bedeutung der Phagocytose für den Milzbrand
des Menschen leugnen.
Im Gegensatz dazu steht die Ansicht von Lubarseh 2 ), der
auf Grund von Beobachtung dreier Milzbrandfälle, folgende Be¬
hauptung aufstellt: „Das Vorkommen der Phagocytose beim
menschlichen Milzbrand und der Parallelismus zu dem Verlauf
desselben und zu dem Untergang der Bacillen dürfte also auch
nach diesen Ausführungen zweifellos sein.“
Nach diesen differenten Ansichten müssen wir die Frage, ob
die Phagocytose beim Milzbrand des Menschen eine Rolle spielt,
noch unentschieden lassen; ich kann nur anführen, dass auch die
von mir lediglich aus dem Serum der Pustel gefertigten Präparate
ein negatives Resultat ergeben haben.
Um nun die einzelnen für oder gegen die humorale und humoral-
celluläro Theorie sprechenden Punkte gegen einander abwägen zu
können, müsste ich, ebenso wie zur Entscheidung der Phagocyten-
frage, über Material verfügen, "welches durch Section oder wenig¬
stens durch Excision der Pustel gewonnen wurde.
Da mir aber solches nicht zur Verfügung stand, kann ich nur
einige theoretische Erwägungen und Analoga aus der Thierpathologie
anknüpfen, welche vielleicht zu Gunsten der einen oder anderen
Theorie entscheiden lassen.
Es ist da eine von einer ganzen Zahl von Autoren gemachte
Beobachtung, die sogar neuerdings von einem Schüler derMetseh-
lii ko ff'sehen Schule 3 ) bestätigt wird, dass die einzelnen Or¬
gane in ihrem Wertho als Kampforgane verschieden zu be-
urtheilen sind, welche sich ganz und gar nicht mit der humoralen
Theorie vereinigen lässt. Für den Milzbrand der Ratten z. B.
glaubte ich behaupten zu können, dass der Milz die grössten
Fähigkeiten im Kampf gegen Infectionserreger zukommen; für Ka¬
ninchen fand Werigo besonders in der Leber ein Hauptkampf-
organ. Eine ganze Zahl anderer Autoren sieht in dem Hyper-
trophieren der Milz eine sehr wichtige Eigenschaft dieses Körper-
bestandtheiles, und Wyssokowi cz 4 ) fand, dass beim Aufbewahren
der inneren Organe an Milzbrand gestorbener Thiere an einem
kalten Orte die Zahl der Keime nach 24 Stunden geringer wird,
was gleichfalls für Wachsthum und Entwickelung hemmende Eigen¬
schaften gewisser Zellen des Thierkörpers spricht.
Nun ist auch beim Milzbrand der Menschen die Schwellung
der Milz eines der frühesten Symptome. Sollte dieser Punkt nicht
darauf hinweisen, dass wir an eine specifische Wirkung der Körper¬
zellen gegen Infectionskeime glauben müssen?
Mag dem nun aber sein, wie ihm wolle, jedenfalls kommt es
bei der Milzbrandinfection gar nicht so wesentlich darauf an, wie
die Keime vernichtet werden, als vielmehr darauf, ihre Giftstoffe
zu zerstören, um dem Eintritt der Bacterien in die Blutbahn ent¬
gegenzuarbeiten.
Es ist eine von der grössten Zahl der Bacteriologen zugege¬
bene Thatsache, dass den Infectionskeimen, welche eine örtliche
Infection erzeugt haben, der Eintritt in den gesummten Organis¬
mus erst dann möglich wird, -wenn sie durch Ausscheidung ihrer
Stoffweehselproducte die Zellen der Eingangspforte geschwächt
und diese dadurch unfähig gemacht haben, sei es durch activen
Kampf, wie Metschnikoff es will, sei es durch Ausscheidung
flüssiger chemischer Producte ohne mikroskopisch sichtbare Vor¬
gänge, die Keime entweder zu verdauen oder auf chemischem
Wege zu vernichten.
Entweder sind es so vorbereitete Orte, von denen aus die
Infection erfolgt, oder von vornherein besonders widerstandslosere
Körpergewebe, welche der Krankheit zum Opfer fallen.
So erkrankt ein wachsender Organismus nach irgend einer
kleinen Eiterung an einer peripherischen Stelle, die vielleicht ganz
unbeachtet blieb, plötzlich an einer acuten infectiösen Osteomyelitis.
Die von dem primären Krankheitsheerd ins Blut gelangten Keime
worden in Leber, Milz und Knochenmark abgelagert, und während
sie bei Erwachsenen meist ohne zu schaden abgetödtet werden
bedingen sie bei Kindern die schwere Erkrankung des Knochen-
*) Wratsch 1893, S. 1105 u. 1146.
') Lubarseh, Zeitschr. für klin. Med. 1891.
*) Worigo, Developpement du eharbon cliez le lapin d’aprts les
hibleaux microscopiques du foie et de la rate. Annales de lTnstitut
rasteur 1894, No. 1, Januar.
4 ) cf. 1. c.
No. 2
marks, welches in der Wachsthumsperiode des Menschen eine
besonders ausgesprochenen Locus minoris resistentiae bildet. 1 )
Auch Erwachsene, welche früher Erkrankungen des Knochen
marks durchgemacht hatten, sind für eine erneute Osteomyeliti
empfänglich: bei ihnen ist infolge der alten Erkrankung für imme
dieser Ort ein solcher mit verminderter Widerstandsfähigkeit g<;
blieben.
Ein anderes, die Bedeutung der widerstandsloseren Gewebe fii
die Infection beweisendes Beispiel, welches der Kliniker oft genuj
beobachten kann, ist die Vereiterung eines Blutergusses, de
zufällig zugezogen ist, während von einer vielleicht ganz ent
feniten Stelle des Körpers eine Eiterung geringfügiger Art be
stand. Die von dort in den Kreislauf aufgenommenen Keime findei
in ihm den günstigsten Angriffspunkt. Aus der Klinik des Hern
Professor v. Bramann kann ich aus der letzten Zeit einen Fal
dieser Art anführen. Ein kleiner Junge hatte eine Eiterung an
Kopf; sie verheilte schon, da stiess er sich an den rechten Ober
Schenkel, wo bald darauf eine fluctuirende Geschwulst bei völlig
intacter Haut auftrat; kurze Zeit danach fand sich Schmerzhaftig
keit und geringes Fieber ein. Man hätte leicht eine acut«
Osteomyelitis diagnosticiren können; das verhältnissmässig ge
ringe Fieber aber und die fehlende Knochenverdickung bestimmt«
zur Diagnose eines vereiterten Hämatoms, wie es bei dei
Operation in der That sich fand.
Diese Fälle zeigen die Wichtigkeit der einzelnen Gewebe füi
das Zustandekommen der Infection; nicht jedes Gewebe ist für cli(
Infection gleichbedeutend, eine Beobachtung, wie sie zahlreich«
Autoren für mancherlei Erkrankungen experimentell gemacht haben
Es muss deshalb Aufgabe der Therapie sein, einmal di«
Zellen der Eingangspforte in einen solchen Zustand zi
versetzen, dass sie der Allgemeininfection, das heisst
der Weiterverbreitung der Keime, möglichst energischer
Widerstand entgegensetzen, und zweitens die Zellen de«
gesammten Organismus möglichst gegen die Vergiftung
durch die in die Circulation übergeführten Stoffwechsel
producte zu schützen.
Das erste, die Befähigung der Zellen der Eingangspforte in
Kampfe gegen Krankheitserreger zu heben, könnte auf zwei Wegei
geschehen. Einmal könnte man den Versuch machen, ihnen der
Kampf zu erleichtern, ein Fall der dann eintreten würde, wenn mar
die Zahl der am Eingangsheerde befindlichen Keime und damii
die Massenhaftigkeit der ausgeschiedenen Stoffwechselproduct«
verminderte. Dies geschieht am einfachsten durch Incisior
des Primärheerdes und durch Ablassen der mit den Keimer
verseuchten oder von ihnen gebildeten Massen (Eiter, Jauche), eine
Therapie, die wir in der That bei allen phlegmonösen Processen
principiell einschlagen. Der Grundsatz: Ubi pus, ibi evacua isl
eine goldene Regel der Chirurgie seit langer Zeit.
Der zweite Weg wäre der, die Zellen selbst in einen
für den Kampf gegen die Bacterien möglichst günstigen
Zustand zu versetzen. Leider haben wir den Stein der Weisen
noch nicht gefunden, und specifische Mittel, welche Zellen zum
Kampfe gegen Bacterien anregen, stehen uns nicht zu Gebote.
Auch die Serumtherapie hat nicht gehalten, was sie versprach,
oder ist wenigstens noch weit davon entfernt, eine ideale zu sein.
Wir müssen uns deshalb einmal darauf beschränken, den ge¬
sammten Körper durch geeignete Mittel und Maassnahmen zu kl üf¬
tigen; andererseits aber dadurch, dass wir die Möglichkeit eine*-
Weitertransportes der Keime zu verhindern suchen, die Zellen in
ihren Bestrebungen unterstützen.
Um dies zu erreichen, stellen wir zunächst die erkrankte
Partie und die nächsten Gelenke durch fixirende Verbände
so weit es angängig ist, ruhig, während der Patient zu Bette liegt
Wir vermeiden dadurch, dass die Keime durch die Bewegungen dei
Muskulatur in die Lymphspalten hineinmassirt werden.
Zweitens eleviren wir, wenn irgend möglich, die betreffend«
Partie. Haben wir eine Pustel an der Hand, so suspendiren wii
diese, um einer venösen Hyperämie vorzubeugen. Das von dei
Stoffwechselproducten der Bacterien erfüllte venöse Blut fliesst nu
gehindert, ohne sich zu stauen, ab; der arterielle Blutstrom bring
neues Blut heran, welches die kämpfenden Zellen ernährt.
Drittens steht uns noch die Möglichkeit offen, durch Arznei
mittel, von denen wir wissen, dass sie die Zellen nicht. zu seh
angreifen, die Bacterien dagegen ausserordentlich stark beeinflussen
die Zellen zu unterstützen. Viel können "wir unter diesem Punkt
nicht erwarten: denn hätten wir das Mittel, welches ohne di
Zellen anzugreifen, die Bacterien vernichtet, so gäbe e
Infectionskrankheiten nicht mehr und alle andere Therapie war
überflüssig. Dass wir aber immerhin Einiges von einer solchen Medi
*) Kurt Müller, Uebcr acute Osteomyelitis. Münchener mediciniscli
Wochenschrift 1893, No. 47 und 48.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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21. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
537
cation erwarten können, das zeigt uns z. B. die Jodoformbehandlun°*
der Tuberkulose. Nun ist aber zwischen der Behandlung der Tuber*
kulose und des Milzbrandes in sofern ein riesiger und eingreifender
Unterschied, als der Tuberkelbaeillus nach Angabe mehrerer Autoren
im lebenden Körper Sporen, also ausserordentlich widerstandsfähige
Formen bildet, die der Anthraxkeim unter diesen Bedingungen nie
erzeugen kann. Was wir also in der Milzbrandpustel bekämpfen
sollen, ist der verhältnissmässig leicht zu vernichtende
Bacillus. Sublimatlösungen in geringer Conccntration schädigen
erfahrungsgemäss sein Wachsthum sehr erheblich. Würden wir
aber Sublimatlösungen dem Körper subcutan einverleiben, so würde
die Bildung von Albuminaten jede Wirkung vereiteln, ganz ab¬
gesehen davon, dass die Zellen recht erheblich unter solcher Therapie
geschädigt werden.
Nun besitzen wir aber ein Mittel, welches vielleicht in ähnlicher
Weise wie das Jodoform bei Tuberkulose, bei septischen Erkran¬
kungen einen Einfluss auszuüben scheint. Es ist das die gewöhn¬
liche graue Salbe.
Eine grosse Zahl Autoren, besonders von Klinikern erklären
sich ihre Wirkung so, dass geringe Mengen Sublimat gebildet
werden, welche desinficircnd wirken sollen, eine Ansicht, die von
pharmakologischer Seite nicht getheilt wird. Die Pharmakologen
nehmen vielmehr an, dass minimale Quecksilberdosen imstande
sind, die Circulation und damit die Ernährung und den Stoffwechsel
der Gewebe in günstiger Weise zu beeinflussen *), eine Einwirkung,
die selbstverständlich für den Kampf der Zellen gegen die
Bacterien nicht ohne Wichtigkeit ist.
Wir hätten nun diese drei uns oflenstehende Wege auf ihre
Zulässigkeit der Pustula maligna gegenüber zu prüfen.
Es käme da zunächst die Beschränkung der Zahl der
Keime in Betracht. Dass man durch Excision der Pustel
den Infectionsheerd nicht beseitigen kann, darüber habo ich be¬
reits gesprochen; es bleibt demgemäss nur die Incision noch
übrig, um die Zahl der Keime und die Menge dor Stoffwechsel-
producte zu verringern.
Wie schon bemerkt, schlagen wir bei allen eitrigen, jauchigen
und phlegmonösen Processen diese Therapie principiell ein und sehen
die besten Erfolge von einem solchen Eingriff. Ist man deshalb
aber ohne weiteres berechtigt auch die Milzbrandpustel zu incidiren?
Betrachten wir, um diese Frage zu entscheiden, welche Indi-
eationen die Entleerung des Eiters erfüllt. Einmal haben wir bei
Eiterungen zu beachten, dass wir es hier meist, und bei den
schwersten Eiterungen wohl ausschliesslich mit einem Parasiten
zu thun haben, dessen Fortentwickelung und Weiterverbreitung
ausschliesslich auf dem Wege der Ly mph bahnen erfolgt; das Blut
ist, so lange es nicht, wie bei pyämischen Processen durch die fort
und fort einwirkenden Stoffwechselproducte vergiftet ist, ein ausser¬
ordentlich ungünstiger Nährboden für seine Entwickelung.
Staphylococcen z. B. Kaninchen subcutan eingespritzt, können
Phlegmonen erzeugen, während die zehnfach grössere Dosis in die
Ohrvene übertragen, anstandslos resorbirt wird. Die Eitererreger
sind deshalb zunächst darauf angewiesen, auf dem Wege der
Lymphgefässe den venösen Blutstrom zu erreichen. Die
Lymphgefässe haben aber erst dann eine eigene Strömung, wenn
sie in der Nähe des Thorax liegen, wo durch den negativen Druck
in demselben während der Inspiration eine Saugwirkung ausgeübt
wird. Tn peripherischen Stellen existirt eine active Bewegung nicht,
und der irgendwie in sie hineingelangte Inhalt wird lediglich durch
die Muskelthätigkoit und eigenthümlich angebrachte Klappen
centripetal fortgeschafft. Da nun in einem sich entwickelnden
Absccss der Eiter und seine Erreger unter einem hohen Drucke
durch die Elastieität der umgebenden Gewebe stehen, so werden
fortgesetzt gewaltsam Keime in die Lymphspalten einge-
1 ‘resst. und von jjjß,. aug jem Bi u t, s trom zugeführt. Dem helfen
vir durch Druck Verminderung, wie wir sie durch die In¬
cision in idealster Weise schaffen, init einem Schlage ab.
Die zweite Indication zur Incision bildet das Fieber; durch
das lieber wird die Blutcirculation eine lebhaftere, dor Säfteaus-
ausch in den Geweben ein regerer und damit auch der Lymph-
stroui ein wesentlich gesteigerter; da ausserdem die Zellen im
leber geschwächt werden, so ist der Allgemeininfection auf diese
eise noch mehr die Thür geöffnet. Da das Fieber durch die
Q K er J eSOrption bedingt wird und erst in zweiter Linie durch
‘. digung .^ r Zellen die Allgemeininfection ermöglicht, so erfüllt
Hier die Incision die Indicatio morbi.
-»r. Endlich ist noch ein dritter Punkt zu berücksichtigen.
_ ^ährend zahlreiche Keime durch die Anhäufung ihrer eigenen
‘ oflwechselproducte geschädigt Averden, ist speciell der Eiter
ein gar nicht so ungünstiges Nährmedium. Staphylococcen
Darnach, Lehrbuch der Arzneimittellehre und Arzneiverordnungs¬
ichre. Hamburg und Leipzig 1893.
in sterilem Hundoeiter im Reagenzglas üborimpft, entwickeln sich
weiter. Wio viel günstiger liegen die Bedingungen im Körper
wo durch fortgesetzte Erneuerung der Säfte es nie zu einer so
starken Ansammlung von Stoflfwechselproducten in dem gebildeten
Eiter, wie sie im Reagenzglas statthat, kommen kann?
Können wir nun dieselben Erfolge durch eine Incision bei der
Milzbrandpustel erzielen? Um die Antwort vorauszunolimen dio
den Cardinalpunkt der ganzen Arbeit bildet, so lautet sie: Nein’
Es ist ein ganz principieller Unterschied, den man zwischen
der Behandlung von Eiterungsprocessen und dem lokalen Milz¬
brand machen muss, ein Unterschied, den ich im Folgenden zu
begründen versuchen will.
Zunächst haben wir im Milzbrandkeim einen dor gefährlichsten
Blutparasiten vor uns, den wir kennen. Es giebt nur wenige
Thiergattungen, welche ganz immun ihm gegenüber sind, und
einige dieser lassen sich durch eine Vorbereitung leicht zu
empfänglichen umwandeln. Selbst bei sehr widerstandsfähigen
Thieren genügen oft wenige Keime, um eine todtliehe Infection zu er¬
zeugen, wohlverstanden aber nur dann, wenn sie ins Blut gelangten.
Subcutan werden oft anstandslos viel grössere Dosen vertragen.
Was wir also einem solchen Blutparasiten gegenüber zu thun
haben, das besteht darin, möglichst darüber zu wachen, dass
nicht irgendwo der Blutstrom zur Invasion frei zu Tage tritt. Die
Vermeidung jeder auch noch so geringen Continuitäts-
trennung, durch die stets zahlreiche Blutgefässe eröffnet werden,
ist erste Bedingung. Schon von diesem Gesichtspunkte aus wor¬
den Avir also jeden chirurgischen Eingriff unterlassen müssen.
Es bleibt demgemäss bei einer absolut eonservativen Therapie
den Anthraxkeimen nur noch der Weg der Lymphbahnen übrig.
Hier finden die Keime in den Lymphdrüsen ausserordentlich kräftig
ausgestatteto Kampforgane: diese mit der Eigenschaft zu hyper-
trophieren ausgestatteten Gebilde können den Organismus lange
Zeit vor jeder Allgemeininfection schützen. Von dieser Seite, dem
Lymphgefässsystein aus, die Infection zu verhüten, besitzt der
Körper verhältnissmässig sehr kräftige Waffen. Dass die Ver¬
breitung der Milzbrandkeime, wenn sie nicht experimentell ins
Blut gespritzt werden, thatsächlich auf dem Wege der Lymph-
bahnen erfolgt, hat Wissokowicz in der schon mehrfach er¬
wähnten Arbeit experimentell bewiesen; ebenso wie ihm der Nach¬
weis gelang, dass selbst bei empfänglichen Thieren dio Keime in
den Lymphdrüsen wenigstens eine Weile zurückgehalten werden.
Endlich haben AA r ir bei der uneröffneten Pustel noch etwas
zu berücksichtigen. Die Avachsenden und im Gewebe sich heftig
vermehrenden Milzhrandkcime erzeugen eine grosse Menge von
Stoffwechselproducten, Avelcho schon sehr rasch resorbirt
werden und zu den frühzeitig bei der Milzbrandinfection auf¬
tretenden Vorgiftungserscheinungen führen, wie ich sie nachher
schildern will. So schädlich einerseits diese Producte für den
Körper sind, so nützlich ist doch andererseits ihre Entstehung
am Orte der Infection selbst. So wie in der Cultur durch An¬
sammlung der Stoffwechselproducte ein Abtödten der ganzen
Cultur erfolgen kann, wenn sie nicht durch Bildung von Sporen
sich rettet, so Avirkt auch im Körper die Ansammlung dieser
Stoffe schädigend auf die alten und hindernd auf die
Entstehung neuer Keime. Bis zu einer gewissen Grenze also
müssen Avir die Ansammlung von StoffAvechselprodueten
als Heilungsfactor auffassen. Ihre Verbreitung in den Körper
so gut wie möglich zu hindern und ihre Ausscheidung zu be¬
fördern, kann die einzige Aufgabe der Therapie sein, eine Aufgabe,
die Avir am leichtesten einerseits durch Ruhigstellung und
Erhebung des kranken Gliedes, andererseits durch Kräfti¬
gung der Herzthätigkeit erreichen.
Nach diesen theoretischen, auf bacteriologiseher Basis aufge¬
bauten Auseinandersetzungen muss die Therapie bei dor malignen
Pustel dio folgende sein.
Boi absolut eonservativem Verhalten gegen die Pustel
Avird das erkrankte Glied möglichst ruhig gestellt und elevirt.
Der Patient liegt zu Bett; der locale Krankheitsheerd wird vor
secundärer Infection geschützt und mit grauer Salbe bedeckt.
Innerlich kommen alle die Mittel in Betracht, welche die
Kräfte erhalten und die Circulation anzuregen imstande sind,
also neben roborironder, kräftigor Diät vor allem Alkohol in
concontrirteror Form und in grösserer Dosis, wie wir ihn bei
septischen Processen anwenden.
Nach diesen Grundsätzen sind in der Klinik des
Herrn Prof. v. Bramann soit dem Jahre 1890 alle Fälle
zum Theil sehr schwerer Milzbrandinfection behandelt
und alle sammt und sonders in kurzer Zeit geheilt
worden. Ehe ich die Krankengeschichten näher anführe, möchte
ich aber eine Betrachtung über die Pathologie der Erkrankung
und über die bisher gegen sie eingeschlagene Therapie einflechten.
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538
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25
VIII. Zur Pathologie und Therapie der
Blutungen unmittelbar nach der Geburt.
Von J. Veit.
In der vorvorigon Nummer dieser 'Wochenschrift findet sieh
unter obigem Titel ein Aufsatz von Fehling, der sieh wesentlich
gegen eine Arbeit von mir, die ich in der Zeitschrift für Gebiuts-
hiilfe und Gynäkologie publicirte, richtet. .
Eine Erwiderung meinerseits würde mir an dieser stelle
gerechtfertigt und notlnvondig erscheinen, wenn nicht Herr
Fehling auf meine Anfrage sich freundlichst bereit erklärt hatte,
zur Discussion der streitigen Punkte in einer der nächsten Sitzungen
der Gesellschaft für Geburtshülfe und Gynäkologie nach Berlin zu
kommen. Ich hoffe dadurch eine bessore Klärung der vorliegenden
Fragen zu erreichen, als durch eine Polemik an dieser Stelle, und
bitte deshalb diejenigen College«, welche sich für diesen Gegenstand
interessiren, in den Verhandlungen der genannten Gesell¬
schaft den weiteren Verlauf der Discussion verfolgen zu wollen.
Dass ich durch Fehling’s kurze Auseinandersetzung in meinen
Ansichten nicht erschüttert bin, dass ich ferner meine direkten
Consequenzen derselben, die praktischen Vorschläge nicht fiii ge¬
fährlich halte, brauche ich wohl nicht zu versieh cm.
Umgehung der ärztlichen Consultation zu veranlassen, oder das¬
selbe zu nöthigen, vom Hausarzt sie sich verschreiben zu lassen.
Welch’ grosses Feld der Bearbeitung bietet sich hier für alle
dieienigen die in ärztlichen Vereinen, Ausschüssen, Aerztetagen
und Aerztekammem über das Wohl des Aerztestandes emsig
wachen und durch viele schöne Reden es zu fördern bestrebt sind!
Hier ist eine materielle und ethische Nothlage. Bekämpft sie!
Denn wenn nicht bald hierfür etwas gethan wird, dann wird gegen
die nicht gering zu achtende Wucht der in Reclame-Annoncen an¬
gelegten Kapitalien und gegen die einmal eingewurzelte Gewohn-
heiWler Laien, medicinische, neueste Weisheit sich aus den Tages¬
blättern zu holen und dieselbe praktisch zu verwerthen, schwer
anzukämpfen sein. , . ,
Dies Alles und manches Andere, was spater noch einmal ge¬
sagt werden soll, veranlasst mich, in diesen Besprechungen den
Schwerpunkt auf Hinweise zu legen, die geeignet sind, gegenüber
einem durch Tasohencompendien geförderten Routinierthum, phar-
makologischos und toxikologisches Wissen zu vertiefen. ■ Ich
habe genug Aorzte auch höheren Alters zu Schülern gehabt, um
ein Urtheil darüber zu besitzen, von welcher Seite aus eine Besse¬
rung erzielt wordon kann — eine Besserung des Wissens und der
Kritik, die am ehesten imstande sind, Schein von Sein, wahren
von falschem Glanz zu unterscheiden.
IX. Therapeutische Mittheilungen.
Bericht über Pharmakologie und Toxikologie.
Von Prof. L. Löwin in Berlin.
Ich werde in den von Zeit zu Zeit an dieser Stello er¬
scheinenden Berichten, die sich auf Pharmakologie, Pharmako¬
therapie und Toxikologie beziehen sollen, die jetzt leider ziemlich
allgemein gehandhabto Art nicht nachahmen, das was die geschäf¬
tige chemische Industrie mit mehr oder weniger pomphafter An¬
kündigung, und fast immer in den Mantel der „Wissenschaft“ ge¬
hüllt, auf den zur Zeit so lebhaften Markt der Therapie bringt,
in breiter Weise dem Leser zu übermitteln. Es wird genügen,
jene Stoffe zu erwähnen und weiter abzuwarten, ob vorurteils¬
lose, selbstlose, nur die Wahrheitsermittelung anstrebende, klinische
Beobachtungen das Recht auf weitere Berücksichtigung erweisen.
Nicht als. ob die Bedeutung der rastlos schaffenden Chemie als
eines wichtigen treibenden Factors in den therapeutischen Be¬
strebungen verkannt werden sollte! Wir verdanken derselben viel
und gönnen allen jenen grossen und kleinen Entdeckern patentirter j
oder geschützter Stoffe den materiellen Gewinn, den sie als Ar-
beitsfrucht beanspruchen und erwerben.
Wogegen Stellung genommen werden muss, das sind die An¬
preisungen von Stoffen nur auf Grund von Reflexionen oder Be¬
obachtungen von Laien oder von angostellten Fabrikationsärzten.
Niemand hat solche „wissenschaftlichen“ Mittheilungen besser ge¬
brandmarkt als Schmiedeberg, der hierüber sagt: „Auch Phar-
maceuten, Droguenhändler und Fabrikanten chemischer Producte
äussern sich nicht selten in ihren geschäftlichen Circularen über
die Wirkungen und die therapeutische Bedeutung der von ihnen
hergestellten und in den Handel gebrachten Präparate. Zuweilen
ist zwischen dem Inhalt solcher Circulare und gewisser thera¬
peutischer Abhandlungen kaum ein merklicher Unterschied wahr-
z unehmen.“
Das Geschäftsinteresse verleitet, mehr zu sagen, als verant¬
wortet werden kann, und verleitet dadurch manche Aerzte, so lehn
Präparate zu benutzen, die sie bei näherer Kenntniss der Verhält¬
nisse nicht oder noch nicht verordnet haben würden. Während
früher für neue Medikamente ein typisches ärztliches Premiören-
Publikum bestand, das freilich auch oft in der Lage war, an
einem grossen Krankonmaterial nach der einen oder der
anderen Seite hin über solche Stoffe gute Aufschlüsse zu geben,
so wenden sich jetzt die Entdecker oder Darsteller an die Ge-
sammtheit der Aerzte, um ein neues Medikament unterzubringen,
nachdem die Empfehlung irgend eines, leider nicht selten hier¬
für bezahlten, Arztes darüber in einer Zeitung erschien und von
Referenten weiter verbreitet war. Mich hat dieses Treiben stets
an den Fang der Kriekenten in den Vogelkojen der friesischen
Inseln erinnert. Dort wie hier lockt, scheinbar harmlos, während
der eigentliche Fänger hinter einer Coulisse verborgen steht, die
zahme Ente die scheuen wilden, die dann schliesslich doch zu ihr
in den stillen Weiher und von dort dem nimmer ontrinnbaron
Verhängniss zueilen.
Und wären es immer nur Aerzte, an die man sich wenden
würde! Die entsprechenden Mittheilungen werden jetzt auch
schon in die redactionellen oder Anzeigespalten der politi¬
schen Blätter lancirt, um das Publikum unter genauer Angabe
der Indicationen, der Dosen und selbst der Anwendungsart ent¬
weder zum direkten Ankauf solcher Präparate in Apotheken unter
Chloroform.
Eine der wichtigsten modernen arzneilichen Fragen betrifft die
Inhalationsanästhetica, speciell das Chloroform. Seitdem vor
einigen Jahren in der Pariser medicinischen Akademie die Chloro¬
formfrage von massgebenden Männern einer eingehenden und
zweifellos fördernden Discussion unterworfen wurde, hat sie auch
in anderen Ländern, mit Rücksicht auf manche Unglücksfälle, die
durch das Mittel entstanden, Aussprachen herbeigeführt. Diese
waren deshalb nöthig, weil die Statistiken über Chloroform-Todes¬
fälle zweifellos mangelhaft waren und nicht den ganzen Umfang
der letzteren wiederspiegelton. Ich habe bereits in meinem „Hand¬
buche der Nebenwirkungen der Arzneimittel“ auf die befremdliche
Tkatsacho hingewiesen, dass Deutschland etwa nur den funfund-
z wauzigsten Theil der ausEngland belichteten Unglücksfälle mittheilt.
Dies liegt sicherlich nicht an dem selteneren Vorkommen, sondern
an einer unbegründeten Scheu vor Veröffentlichung, selbst aus
Universitätskliniken. Geschähe dies in vollem Umfange, so wurde
die bisherige Art zu chloroformiren längst verlassen sein, und
man hätte sich schon früher in einer ganzen Reihe von Fällen dem
Aether zugewandt.
Hauptsächlich werden zwei Momente für die Untugenden aes
Chloroforms verantwortlich gemacht: die Beschaffenheit desselben
und die Art es anzuwenden. Es kann absolut kein Zweifel dar¬
über bestehen, dass ein den Anforderungen der Pharmakopoe ent¬
sprechendes Präparat rein genug für die Anwendung ist und dass
ein noch mehr gereinigtes mehr kostet, ohne Besseres oder wenigei
Schlechtes zu leisten. Neuerdings stellte man durch Einwirkung
von Phosphoroxychlorid auf Salieylsäuro zwei Körper SalicyJia
und Polysalicylid dar, die sich durch Chloroform trennen lassen.
Aus der Chloroformlösung krystaliirt Salicyd- Chloroform aus.
Aus dieser Verbindung lässt sich Chloroform, wie das Kris a -
wasser in manchen Salzen, leicht als chemisch. reiner Körper a-
tronnen, und man hegte alsbald die Hoffnung, mit demselben »esse
narkotisiren zu können als mit dom bisherigen aus Chlor a ,
Wasser und Alkohol dargestellten. Eine darauf bezügliche i
theilung 1 ) lieht den schwach aromatischen gegenüber dem stechende
Geruch der bisherigen Präparate hervor. Dadurch würde die s ° ns . z
beobachtende Athmungsverweigerung und der Husten zu Begin
der Narkose vermieden. Die Excitation sei geringer oder ,: e .
ganz, der normale Puls werde nicht schlechter, der schnelle,
Aufregungspuls schon nach wenigen Minuten gebessert; die
täubung trete langsamer, erst nach 10—20 Minuten ein, und
Chloroformkatzenjammer sei selten. Im Durchschnitt betrug
Menge des gebrauchten Chlorofonns 1 ccm für 2—3 Minuten i
Beginn der Narkose, während später 4—5 Tropfen pro Mmu
An der Thatsächlichkcit dieser Angaben kann selbstverständ¬
lich nicht Kritik geübt werden, wohl aber an der Auffassung e
selben. Man chloroformirte nach der von Frankreich empfoh en
Tropfmethode, d. h. man überschwemmte nicht, wie cs ja ei
auch noch gohandhabt wird, in jähem Ansturm die Lungen n
Chloroformdampf, sondern suchte durch allmähliche und g® ll *b
Zufuhr des Narkotikums der athmosphärischen Luft noch genug
Gelegenheit zum Eindringen in die Athmungsorgane zu g c •
Dies allein verringert aber die eventuelle Gefahr des Chloroforms g
ausserordentlich, weil eine zu grosse Menge nicht emg«
werden kann. Noch immer ist es nicht genügend bekannt* s
*) Witzei, Ceatralbl, f. Chirurgie 1893, No. 52.
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21. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
539
die tödtliche Dosis eines solchen Mittels die doppelte der narkotischen
darstellt. Gewöhnte man sich endlich ganz allgemein, so wie an¬
gegeben zu chloroformiren und ausserdem die Maske oder das
Tuch entfernt vom Gesicht zu halten, so würde ein Verlauf der
Narkose, wie er oben geschildert ist, das Gewöhnliche darstellen.
Es ist eben die Art der Chloroformanwendung, die den Verlauf
bestimmt, und nicht die absolute Reinheit des Mittels.
' Dieselben Gesetze gelten auch für den Aether, der in seinem
erneuten Siegeszuge weiter dringen wird, weil neben anderen Vor¬
zügen die Mengen, die narkotisch resp. tödtlich wirken, ungleich
viel grösser sind als beim Chloroform und dadurch nicht so leicht das
rechte Maass überschrittet! wird. Selbstverständlich kann man nicht
einen Aethertod annehmen, wenn Bromäther vor dem Aether inhalirt
wurde. Denn der Aether trifft in einem solchen Falle auf ein
theilweise oder ganz gelähmtes Gehirn, auf das er anders wie
auf ein normales wirken muss. Das ist pharmakologisch so oft aus¬
einandergesetzt worden, dass die Praxis es nicht ignoriren dürfte.
Am allerwenigsten aber darf man glauben, dass ein derartiges, in
das Gehirn gelangtes Inhaltionsanästheticum nach einer Stunde
wieder ausgeschieden sei. Es erfolgt chemische Bindung, die mit¬
unter erst nach zwei Tagen ganz aufgehoben ist. Deshalb ist es
ceteris paribus immer gefährlicher, zwei Inhalationsanästhetica in
kurzer Aufeinanderfolge zu verwenden, als nur eins.
Para-Amidophenol, Acetamidophenol etc.
Einen wichtigen Beitrag zur Erkenntniss des Verhaltens
einiger synthetisirbaror Körper im thierischen und menschlichen
Organismus und zur Erschliessung der Wirkung aus diesem Ver¬
halten liefert eine Untersuchung über die AVirkung des Para-
Amidophenols und einiger Derivate desselben. 1 ) Anti-
febrin, Phenacetin, Methylacetanilid (Exalgin) und Pyrodin, also
Anilin- und Para-Amidoplienolderivate, gehen im Thierkörper in
solche Derivate des Para-Amidophenols über, welche beim Kochen
mit Salzsäure leicht freies Amidophenol abspalten. Die Frage,
die sich hiernach aufwerfen liess, ob möglicherweise das Zustande¬
kommen der antipyretischen Wirkung mit der Bildung von Para-
Amidophenol oder Acetamidophenol verknüpft sei, gab den Aus¬
gangspunkt der Untersuchung. Es liess sich nachweisen, dass
Para-Amidophenol und Acetamidophenol antipyretisch und ant-
algisch wirken. Ersetzte man im Acetamidophenol
r n /OH
OgIU NH—CO C H 3
die beiden H-Atome der Gruppen NH und OH theilweise oder ganz
durch einwerthige Alkoholradicale (Alkyle), so konnte man fest-
steilen, dass alle Alkylderivate, die antipyretisch, antalgisch,
narkotisch wirken, im Organismus Para-Amidophenol resp. leicht
spaltbare Derivate desselben liefern und dass umgekehrt ein Alkyl¬
derivat, das im Thierkörper kein Para-Amidophenol bildet, auch
nicht die bezeichneten Wirkungen besitzt. So sind z. B. Metkyl-
phenacetin, Aethylphenacetin, Propylphenacetin, Isopropylphenacetin
an Thieren und Menschen geprüft worden und erwiesen sich
als wirksam, Aetkylacetamidophenol liefert nicht Amidophenol und
wirkt nicht antipyretisch.
Fast alle hierhergehörigen Stoffe sind Blutgifte und erzeugen
aus Oxyhämoglobin Methämoglobin. Diese Wirkung ändert sich,
wio manche andere, auffällig je nach der Substitution, die vor¬
genommen wird.
Ersetzt man in der obigen Formel den Wasserstoff
des Hydroxyls (OH) d urch Methyl, Aethyl, Propyl, Amyl,
so nimmt die Blutveränderung gegenüber dem Acetamidophenol ab.
Sie ist bei der Aethylverbindung am geringsten. Dagegen liegt
das Maximum der antipyretischen und antineuralgischen Wirkung
bei der Methylgruppe; die antipyretischen Eigenschaften nehmen
mit steigender Grösse der substituirten Alkylgruppen ab.
Ersetzt man in der obigen Formel den Wasserstoff
der Imidgruppe (NH) durch Alkylen, so schwinden anti¬
pyretische, narkotische und blutverändernde Wirkungen.
Substituirt man in obiger Formel dem Wasserstoff
Iniidgruppe (NH), bei gleichzeitiger Besetzung des
V> asserstoffs der Hydroxylgruppe (durch Aethyl) Alkyle
(Methyl, Aethyl, Propyl, Butyl), so liegt (las Maximum der nar¬
kotischen und antineuralgischen Wirkung bei Methyl, das Maxi-
mum der antipyretischen bei Methyl und Aethyl, die geringste
Giftigkeit besitzt das Aethyl, und die narkotischen und, wahr¬
scheinlich auch die antineuralgischen Eigenschaften nehmen vom
Aethyl an mit steigender Grösse der Alkylgruppen an Stärke ab.
Die Wirkungen einiger dieser Stoffe auf den Menschen seien
hier angeführt:
Weinsaures Para-Amidophenol wirkt zu 0,5 g antifebril
bd ‘S‘\ *1%^ un< * Treupel, Arch. f. exper. Path. u. Pharmak.
wie Phenacetin und antinouralgisch, macht Schweisse, setzt Puls
und Athmung herunter.
Para-Acetamidophenol wirkt zu 0,5 g stärker antipyretisch
als Phenacetin, antalgisch, macht Schweisse.
Acetamidophenolpropyläther, 0,5 g wirkt schwächer
als ebensoviel Phenacetin, macht starken Schweiss.
Acetamidophenolamyläther wirkt nur noch schwach
antipyretisch.
Methylphenacetin wirkt (0,5 g) antipyretisch wie Phena¬
cetin: die antineuralgischen und narkotischen Eigenschaften sind
sehr stark. Reizwirkung auf Magen und Nieren.
Aethylphenacetin wirkt (0,5 g) antipyretisch, antalgisch,
narkotisch wie Phenacetin. (Schluss folgt.)
X. Krankenpflege.
— Eine fahrbare Tragbahre. Auf der 65. Versammlung der Ge¬
sellschaft deutscher Natuiforscher und Aerzte zu Nürnberg führte Jacoby
eine fahrbare Tragbahro vor, welche sammt Fahrvorrichtung 86 Pfund
(3 Pfund weniger als die deutsche Feldtrage) wiegt und folgende Con-
struction hat: Das Tragbahrengestell ist: aus englischem Stahlrohr (ohne
Naht) gefertigt; 2,5 m lang, 57 cm breit. Der Rahmen des Kopfgestells
ist mit einer Matratze aus galvanisirten Doppelspiralfedem überzogen, hat
ein verstellbares Kopfpolster und ist durch eine Verbindungsstange der Kopf¬
lehnstützen mit einem Griff leicht auf- und niederzustellen. Die Enden
der Holme sind zum Schutz der Hände gegen Kälte mit Leder über¬
zogen; jede Trage ist mit zwei Tragegurten ausgerüstet. Der Leibbezug
ist durch eine Verschnürung an verzinkten Haken schnell abzunehmeii
und zu befestigen, was behufs Reinigung und Dcsinfection der Trage sehr
angenehm ist. Au dem Querband unter dem Kopfgestell, welches weit
massiver gearbeitet ist als die beiden anderen, sind zwei senkrecht nach
unten gehende stählerne Zapfen angelüthet. Das Rad hat an seiner Achse
eine sogenannte Gabel, d. h. zwei säbelscheidenartig geformte Rohre, in
welche die Zapfen eingesenkt werden können, wobei eine einschnappendo
Feder für feste Verbindung sorgt. Beim Niedersetzen der Trage auf den
Erdboden, sow r ie beim Einschieben derselben in den Transportwagen wird
das Rad an der Unterflächo der Bahre durch einen Riemen festgehalten.
Am Fussende der Tragbahre sind Fussstützen angebracht, welche her¬
untorgelassen werden und auf welche der schiebende Krankenträger die
Fahrbahre niederlassen kann, sobald er Unsicherheit verspürt.
Die Fahrbahre ist hiernach eine Combination einer Krankentrage und
eines Schubkarrens. Die zwei Krankenträger, welche zu jeder Trage ge¬
hören sollen, können den Verwundeten auf ganz schwierigem Terrain
tragen, während schon jeder Wiesenpfad und Fussweg den Transport
mittels des Rades gestattet.
Jacoby nennt als Vorzüge seines Transportmittels noch, dass cs
leicht, olastisch, fast unzerbrechlich und so compendiös sei, dass es in
grossen Massen ohne Vermehrung des Trains mitgeführt werden könne.
Letzteres will Verfasser dadurch bewerkstelligen, dass er an Stelle eines
Krankenwagens vom Sanitätsdetachement einen 3 m langen, 1,5 m breiten,
cubisch und tief gebauten, mit Planen überdeckten Wagen einstellen will,
welcher 25 fahrbare 'fragen mitführen könnte. Der Wagen solle sich am
Wagenhalteplatz seiner Ladung entledigen und nach schneller Ausrüstung
mit Grund’schen Blattfedern zum Verwundetentransport dienen. Bei
Umwandlung der sämmtlichen aelit Krankenwagen eines Sanitätsdetache¬
ments in derartige Evacuationswagen berechnet J acoby eine Vermehrung
der mitgeführten Tragen gegen jetzt um 128 Stück. (Deut, mil.-ärztl.
Ztschr. 1894, S. 100.) ' _
— Yersendbares Wasserbett. Kirchner (Deut, mil.-ärztl. Ztschr.
1894, S. 106) bezeichnet es als sehr wünschenswert für die, wenn
auch seiteneu Fälle, welche längere Lagerung im Wasserbett erfordern,
ein versendbares Wasserbett zu bositzen, welches au Centralpunkten aut-
gestellt, bei Bedarf auch dem kleinsten Lazareth übermittelt werden
könnte. Zu diesem Zweck schlägt Kirchner vor, ein Segeltuch Wasser¬
bett von 1,9 m Länge, 0,6 m Breite und 0,5 m Höhe, welches vermittels
Schlaufen an einer Reihe Ständorn aufgehängt wird, zu benutzen. Da der
Vorschlag Kirchners bezüglich der Construction noch nicht praktisch
ausceführt ist, verzichten wir auf Wiedergabe der Constructionseinzel-
] ieit ,. n- _ Schill (Dresden).
— Eine Eismaschine zur Herstellung kleiner Mengen von Eis
t auf Veranlassung und unter Mitwirkuug von Li eh ro ich von der
rum Warmbrunn, Quielitz & Co. (Berlin) coustruirt, vermittels welcher
au in etwa 15 Minuten ungefähr 500 g reines keimfreies Eis aus destil-
•tem Wasser hersteilen kann. Die Maschine besteht aus einem doppel-
Etndigen Blechcylinder zur Aufnahme der Kältcmischling, welcher aussen
it Asbest bekleidet ist, und einem inneren Blochoinsatz von kreuz-
rmi tr eiii Querschnitt, in welchem die Eisbildung vor sicli geht. Der
leelicvlinder ruht mit zwei Zapfen iu Lagern und kann durch eine Kurbel
sdreht werden. Zur Herstellung des Eises iu dieser Maschine verfährt
au foteendermaassen: Der Einsatz wird zunächst mit \\ asser gelullt,
zw init frisch gekochtem destillirtem Wasser, wenn reines keimtreies
s erzielt werden soll. Man fülle aber den Einsatz nicht ganz voll,
ndern nur bis etwa 1 cm unter dem oberen Rand. Alsdann wird die
ummiplatte auf den Einsatz gelegt und der Deckel fest ssu^esehraubt
an dreht mm die Maschine um und schüttet durch die andere
kg trockenes salpetersaures Ammoniak (Aminoniiuniiitrat) 111 K f
esst schnell 3 1 Wasser hinzu und schliesst sofort **» »°*±
ird die Maschine langsam 15 Minuten gedreht, nach .Ablauf d.^ öffnet
TWPel unter welchem sich das Lisgefass befindet, schnei - ’
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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nopri WnrdMi im Ms»r/. urui April wimli r •Ml.liv.ei« w t
l^uliarhloi. Stark - lwX ■ hk ‘ ] } <Uh ^:' t iu '¥ ^ K^rn,v«jpii. (>»*-
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7. kis Jd Mrn s7. vorn id ms 17 Mai 4! wm-ku
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kfintf» in lotMur P M\ Ximnlu h '/‘ihlr..T*4n »•h..l«-r.u-uosiMtu >ut*w^
In \y v r,$i An VrtHrtjOaM f . ' JHiin^b; piut^ 'MiWVTu, -^11
' Ufrk (l-.j Utnr.’-I- »iif S-nrin 1 ^'i«'a|..-r iu Mokka n.osimhu-fir.M)
_ ...^ >|i«f!rHT.
XII. Achter internationaler Congreas für
Hygiene lind Demographie in Budaj^st.
1. Ms 9, September 1894.
ri.is D.ujkdm f MmiuV Ufa; .1*m. m litui) inkir
v v ^ v .v> , ’ . T „ , . r i in gmfä m
Aus : Knssi^l.-!M.)ou, \vr Wnlir.-jni da, WinOas dm kuok-hv )*ndn * Mji( ( i„ r AuilonVriinu- m. mmu. [ku.hmkoi„jn; ;il , dom W ■
u>u^ uVk^dtUu A'M' m«d iW d*.m !’i tddinuMiom.d.a, Mailvoiv: Ausiy o:l.un^ ! ip^, ki. kun»; df-r mii- tlmmmikm v.o-i.imikoim, Vussirliunu. U.»r < .eiMtr..
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i> •• ♦«■• i i r> om-odrunpou /Viii: Mai v.-mdp siraaiU Ikml/m, tyU,i.,nyjm sir |, iji^iscliun dmck koopUIJ..,, nouli v.a-kuad /,>: !|#
l'rMik-n) iU- um k d«-r b tn .01 d*o <imi/.o o«df L f ‘. au II (d'-'IViddo-m ;m a* ^j 4 | t .iiln), \VuwImi» «im Itcvron V. k‘«• 1 ♦vr. \. GooSha. y, .kofsrhurt-
•Stadl M vslüVrW ditVAkHMiioppk Wo /. l'uvsöi.kM . upk.'nlikDm, k fvi*Ä r/ur. ’v-, iG.ti^ivUufuj- itiid WrtU* ftrnämu*. ‘
Bio i‘7ülm idiutuu -unt'' d»vi Ka.imli. o kAsMivatiUI. mu 'kaum du- i <v !• -u n1fi „ sivil iU , j|,- h Vh !ÄlisVM»z)f.r "mit, «iur BiGv uu'Um
UrtMkio Vo.coo. vork.dol kaifu; i'iO \Wi I cr'V d. »osu hui <a i.'n kj i»oii br vindiunUvu tt-- i omikm duvk OitlÖn • K« iidl-tmi-i .*]|. «it a'o V .i|iiymlA^
i;mji dank d.o. t nouusclu-ti Maa v.iv,o ln *M>V HMoimIhm nml.i .slpH i Mi an! oiv.t iif v.-m ^ »S am.«
vw.il.- W« : i i • i Wa kdo lii hu dm «'{n»)m-a aus ikd.',; kvGlMu.n.. tvm' d.tp- j._ >. r; iu(»no!o ftVr dio A »issl «’llUiUf. :U! dussui» r-pkao l'P>i. U •«
V^’iÄ^truss» d.-r Wi irhsd. Hior li.unou yom,-t *ama { - i)? , ;i ,}, ok^.kiils. nuinmiüiidi <l\i*o(» k’onplrtkimo vmiAG; McrO;
nbi’iimüt ThoVt^; dt hlilcrabkiniü' d ryiv »UmiMi- Vkk&iiif d^tkri: d'Miun iV«xrt*Gbfortfe ‘ .v^t^frkit:. nkd/ ynirr ft
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vyurdeu *;iu Kndbt' Idu-uzV^ tduvun
, : Ssk-hie dio A nss!! llüHLT. au dussuM SjuGo Ib’ok Ti MiJP1
dnrbli * 'o«j>tut*ion .Htrwi -air
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ÄiG FrWirU'GvirK JUu^ div NttrhrVkOm mü -My. Im j ^Q. h<;) , UG.-k^wkrtl),
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..nnmitku. Vom &. AW-2-7 ;\|IM) na. ii) 'IVdeskillu io; ln i,;.-f( omiit
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l;d! ^-..mhiok ftndu dpi it ktuipai niii/ülüb •t'.kvkuplui.k' Mn 1 uai«ma - w >
>V,, Ii mi vor: i imk vmt. siiUdipp in ^■ 4%Wr^, m du r ] udniantUoi.umk w
wird -biiiitdiild. -;• .NtüjwiHi«4>V : : %1, -•Mk{.4r»s ; 2 ; '.-J9ö.b' ilk ir-wiMk . .:.. 1
2 STi'thrfiilln l'iutoosifdll, ' Vkaaitt.ad'li' kon.via* du.-, k.o,''; Iboo-n i jimnjtdimU- ■ ; ;1 ( ‘
rtmlo>Äu M)V dh*<o N,a<.diriodileu m.vtk»‘iir<!U. wir- wir tk«s-vf.ii .dür früip/ksi- * '
srlu n kdiCikaüik..aä'd’.)orsk:rl*.onu gyW'o.kfit sind., der Zn\. rl.assivk' d.
ßirn* \lim: *iMi Mit4«.-- -A.fini iiiiO-r^tMirie clmU-ja-
ÄmfeW %uditHit in GUskiboiu AuhSPvÖHluijtiiuh -buhe iCli-tatikttm-^ziduim j; ^
)h 4 : ^ursfdiwintb-ct^ : i?krüi^i* üvsHav. V«« u»n»h»MVHv Ziv-ifH | &
,!i to;-k lii). dofs.dkiVi kuUmij'inpn.
XIII. Kleine Mttheilnngea,
Hvidln Gor VoT-oiiv i lOti'ia- Mud toi»' < kodi M'!t 1^.. d'iW
w• i »k-nim Sil/.ioio : . d)n dritto ifi do o ;u Mon.ti. dm bi.d. Uuv .Lfrnssii.! » um
unk bmk.Uiimitdn tGsimb aos-A ;• s. !<-o ' orSiU l'ukrin iinJT GcploMa.'.
Von d.m Tao-o-'im.lnuo;;. sit Hl " 1 {unu Si ( u i i< ip a k u adidM cou ilm; in •' •
>•.), *^-■ Galt ti.il. ikn-ni !v ulo r. (* u «'u ooUv.%nc:!;ka» l'ali tntu * • n • *-i • <yy-
klouist- i: !• in iCrk rn pf d.of -H | nk ;U i kk a O-Vli >. - • H ad Gut > PA m :t•
1 AMtrAmP ; dpi'dmu M.hp-p.uU^. kbti^fcpuokyAWiJ 1 ^hfh »*
Irvofin- läiivl loh.Vrk Oulomo um! du GUmmbiimirtdilüukvrmi Jitvl H
•Utrukol- •T-nlr.ik'n rGapruoVA. !k-f la.l.o-nl iifj.l-t.fr \«»C kou-ai :ol -Hi
c> iii-U‘!> nml .-in Vinta ApUv idui at m>< i iomipb A*" ’’•
koi vorsonxyiMtuml ^a-nt^r .-tiMddifbkv.it Vwsatu von umnhmvm ZwmlH c; ai.iv,. um , V u '--uhh W"'/’:"' 7' -ä .a ; . !k’v>
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d.-s Mai v»dJi./ modiL'davsMi, und ymt snitvu d.*r Ik lionb-u wjial mrklu.H, } ! ,u ‘; h,i ’V' 1 ’ .-n i ul ^oo . m 1 ‘ lU ‘’; J, r , ‘ - k ' J i 0 ,G n ’' tVnii-nlv.Mtmi;
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(ii,- Ohd.-m in Ü»ÜO..n i.,,1 in luiliwigem sicf. w.-iw-r v«. ■ -f,)rw:l".r,w«-.o-^ B ,| .-.■ jwl.«n ist UrL j,,^. j
l-.rciiel. His vor kui7.ua «» si>- nnl .Ii, !„T!>ni an, /Omicf.lluü» pt- ».••• * , *l< iw.ein;!,, nn t* ■'«•» !•-,■
U-.-v..m-«. na Fo. «11»« «ransmiJc«-U-Orkv !Kn-*o-*..H «nrt Unviaty,; -..-w, .o...y,> jeHv.i.av,,^,-r h^wv< v .; (l . : j
I.Ä»t nmi -ujnrv... hl„ liii.r l.i, zu.„ ,ttoi; inavixmuml Ifw K> li.-rr .u-.ll .mnmii-K
! -.,4M....,.«. TA t...!,C von ,1c,,,T ÖU i,»nv. iv «ii„i,i ft..f 'lun erstte- »!»t ^ ,ir.,■oi,.....o,'C ,-A m :
tuamü-ii li,./Vi:-lv möllere Xwkäks Wi-rte» n«*rt-W I TolcWO-lH-„ad, *-r Vlmm-lwm iO«.^-» <« Art Mci!»,,;,,i l'- O,'Id y '• j ..
JS,« Z,,lo»yti nri n„s ,!,,,„ im IJukiHVim-.vsdOriv, r c, -cm, 1,0 »r -M>-f *«rd»k et. -- «, ’
(sotomann vcmdrlct. IS.^rVc; v.„ b- rl,i» tS^n .Iw n-, p.U.mc loiT rmvd.-oT , «-< -i«,-.« O-i 'O" ,,„„
l.ki,i'SMk> .ifidcgv-rK ;ViV den Mc/.irk .U:>rs/ öw. '■ ,? . bttuti «l-pbor U?dy>fntl<i ,n|»-:b. : d • . füas'öbkm".'! ' \ '
fu brtsMaud w.irdnn ^v. Afitasu: Atmii yrndm Ckok-ridMk- ,\ii? . '•"Tot; >M< da- h. rrm. k ori M ‘iri^or *.» ■ ot. • -v, , • . j/7 ( .| (!l! ^- '
iM» du !».-•({ y'-f.nodm. vom t» ki= 2K Api'd 20 i.a>, vioj. 2;>. April kV. 4 Mp ■ A d • D.vpi nskv , .M a o k >; - n 11 y, ov,d l.k-rt (». Ii»-Win s*- •’» y
^.i» tioi. Vaiii k.Aiat tdjv lk. Mat ti !4‘, vom 4. tus k. .Tiiui 2 H nrA'kvunküüv'skiliv' ; " 4 o-.• k- ’k, d^lun. . .. ' . : . j... kvi.-driuV ' ■ I
«Toi^t'iUim. A us ii«ospr { nnjvuolinössiVmj Ni-ciiriobtöu. tk*v . - Goti Ik iviitdiu-öntvi, an du»' in.vai.nuisdtoo t-;irut. ! k *.
VoiifUstr^ntjcG Wttrdß cbm-Akmdmir: Ak«p ivpimmG in rodolion korvm- W tUmln.Gl mv.as-fiit- Bfe i (& $ 0 1«» d und Gr. U. Imwn, m >
Wovilnp. Ui> dbri^Vb rjinki,srGli Aitr fvj.kirtcMiiG»rtnf U ussisrli -
lA-ii.-n, in dvt; Stadt. AVnt*»c-Unu Mtaükba» -iflrirbrni vor. 24. Afmii
Al.u 2t». (H)i V«UIJ 7’ bis Mni 10 (0)^ vom 14; 24. Mai Tjtiid^kb
vuiü tiirt 2. Juni 1^(13). vuiw vti. bis b Jfthi'. V§‘_ <9), im (inbrndtim
W AVK ftfejt-v '^Vr.^ttiU db‘ Citojora .iw Imbrn»
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i Br-, i.. \. lioGoj- ist ;mmu aussmontentbolmn l'rofessor- WW ?"7
{ v.i f uua. t >t ik ßn*S*8 Imi aii k. ui.-; .FrtV'nttU'vrprtk fdr G|ir»tbMM'’ n - ;
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pigiitizfio
. *•• >;' ci'iAv,
. ’Ongiral frsm - -V [
•", 1.1,1.. ' /ER- T CH C g||
Donnerstag M 8 g. 28. Juni 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCERIET.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalweseus nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtenstein&llee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31.
I. Zur v. Büngner’schen Methode der
„hohen Castration“.
Von M. Schede.
In No. 7 des laufenden Jahrganges dieser Wochenschrift findet
sieh in dem Sitzungsbericht dos Hamburger ärztlichen Vereins ein
kurzes Referat über einen von mir gehaltenen Vortrag, der sich
auf die Totalexstirpation des tuberkulösen Vas deferens und der
Samenblasen bezog. Ich äusserte bei dieser Gelegenheit, einige
Worte des Zweifels über die Zuverlässigkeit des von v. Büngner
empfohlenen Verfahrens der Evulsion des tuberkulösen Vas deferens
und gab der Befürchtung Ausdruck, dass das Abreissen in einer
Anzahl von Fällen nicht im Gesunden, wie es Herr v. Büngner
einigemal gesehen hat, sondern im Kranken geschehen werde. Der
sehr kurz gehaltene, übrigens nicht von mir, sondern von dem
Schriftführer des Vereins verfasste Bericht sagt darüber: „Herr
Schede schliesst eine Kritik des Büngner’sclien Verfahrens an.
der das Vas deferens durch langsamen Zug am centralen Ende
abreisst und es immer im Gesunden abzutrennen vorgiebt. Tuber¬
kulös erkrankte Samenstränge bieten nach seinen Erfahrungen die
Gefahr, an fungösen Stellen abzureissen.“
Diese beiden Sätze haben Herrn v. Büngner zu einer ziem¬
lich erregten, in No. 16 dieser Wochenschrift abgedruckten Er¬
widerung Anlass gegeben, die mich zwingt, meine Meinung etwas
ausführlicher darzulegen.
Ich will zunächst zugeben, dass eine misstrauische Kritik an
dem Worte „vorgiebt“ Anstoss nehmen könnte. Man könnte darin
vielleicht denVerdacht einer subjectiven Unzuverlässigkeit wittern,
der mir selbstverständlich vollständig fern gelegen hat und der nach
dem Wortlaut meines Vortrages ganz ausgeschlossen war. Gemeint
war ganz einfach: Herr v. Büngner hat die Erfahrung gemacht,
dass ein partiell erkranktes Vas deferens bei seinem Verfahren eher
im Gesunden abreisst, als im Kranken. Meiner Meinung nach
soll man sich aber hüten, darauf zu fest zu bauen. Der Zustand ,
mancher erkrankten Stellen des Vas deferens ist, wie meine beiden I
Fälle lehren, zuweilen so, dass die Trennung notlrwendig an einer !
kranken Stelle erfolgen muss. |
Herr v. Büngner fragt nun in Bezug auf obige zwei Sätze; !
-Wie in aller Welt kommt Schede zu der Behauptung, dass ich
durch die hohe Castration in allen Fällen eine Heilung erzielt
haben wolle?“
Ja, wie in aller Welt kommt Herr v. Büngner dazu, diese
Behauptung aus jenen harmlosen Worten herauszulesen? „Im
Gesunden abtrennen“ ist doch noch nicht gleichbedeutend mit
»heilen“ — nicht einmal in den Fällen, in denen die Trennung im
Gesunden wirklich gelang! Wie aber Herr v. Büngner vollends
glauben kann, dass ich ihm die Behauptung einer Heilung durch
seine Evulsion habe unterschieben wollen in Fällen, wo überhaupt
nichts Gesundes am Vas deferens mehr war und die Tuberkulose
sich schon auf die Samenblase oder selbst die andere Seite er¬
streckte, ist mir unfasslich. In dem Wortlaut des Berichtes ist,
wenigstens so weit meine Kenntniss der deutschen Sprache reicht,
auch nicht der Schatten eines Anhaltes dafür zu finden, und ich
muss es den wenigen Lesern, die sich für diesen kleinen Streit
interessiren sollten, überlassen zu entscheiden, ob der Vorwurf des
unaufmerksamen Lesens, den Herr v. Büngner mir macht, nicht
Mit mehr Recht auf ihn selbst zurückfällt.
Allerdings habe ich aus dem Aufsatz des Herrn v. Büngner
den Eindruck gewonnen, dass er es in der Hand zu haben glaubt,
ein partiell erkranktes Vas deferens mittels seiner Methode stets
an einer gesunden Stelle abzureissen, und diese Auffassung erkennt
derselbe in seiner Erwiderung ausdrücklich als richtig an, indem
er sagt: „Schedo’s Erfahrung, dass tuberkulös erkrankte Samen¬
stränge die Gefahr bieten, hei Anwendung der Evulsionsmetliode
an fungösen Stellen abzureissen, können wir nicht bestätigen . . .
Allerdings mögen tuberkulöse Samengänge an fungösen Stellen ab¬
reissen, wenn man die beiden angegebenen Regeln für die Technik
der Operation ausser Acht lässt und deshalb nur einen kleinen
Theil des Vas deferens herausbefördert, doch wäre niemand be¬
rechtigt, die solcher Art gewonnenen „Erfahrungen“ zu verallge¬
meinern, wenn es sich um die Würdigung einer bestimmten Ope¬
rationsmethode handelt.“
Hier nimmt also Herr v. Büngner keinen Anstand, von den
seinigon abweichende Beobachtungen anderer Chirurgen kurzwog
ihrer Ungeschicklichkeit zuzuschreiben, seine eigenen, doch immer¬
hin sehr wenig zahlreichen Erfahrungen (die Versuche an «len nicht
tuberkulösen Samengängen von Leichen kommen hierfür natürlich
nicht in Betracht) als ein für allemal maassgebend hinzustellen
und die gegenteiligen anderer durch spöttische Gänsefiisschen als
minderwertig hinzustellen. Ich brauche wohl über dieses Verfahren
kein Wort weiter zu verlieren.
Sachlich war es nun in der That diese Anschauung dos Herrn
v. Büngner, und zwar diese allein, die ich in meinem Vortrag
bekämpft habe, und es lag für den Referenten gar kein Grund vor,
die übrigen Punkte, in denen wir, und mit uns wahrscheinlich sehr
viele andere, übereinstiinmen, besonders zu erwähnen. Was ich
' seihst in dem Vorträge noch alles gesagt habe, kann ja Herr
| v. Büngner gar nicht wissen. Gegen ein sichtlich ausserordent¬
lich kurz gehaltenes Referat aber den Vorwurf der Illoyalität zu
erheben, weil nicht alle Ansichten des Herrn v. Büngner darin
erwähnt sind, dürfte doch kaum gerechtfertigt sein.
Zur Sache selbst möchte ich folgendes hinzufügen: Das Vas
deferens wird bei einem noch so vorsichtigen und constanten
Zuge doch selbstverständlich immer da abreissen, wo die Summe
der Widerstände am geringsten ist, die sich aus seiner eigonen
Festigkeit und dem Halt zusammensetzt, den ihm die Ver¬
bindungen mit der Umgebung gewähren. Nun wird auch Herr
v. Büngner kaum in Abrede stellen wollen, dass die Festigkeit
eines tuberkulös erkrankten Gewebes eine sehr verschiedene sein
kann.
Mag das Vas deferens im Anfang der tuberkulösen Erkran¬
kung seiner Schleimhaut iufolge der rcactiven fibrösen Verdickung
seiner Wandung noch so häufig an Festigkeit gewinnen, im weiteren
Verlauf kommt es jedenfalls oft genug zu heerdweiso so weit
gehenden fungösen Einschmelzungen, dass seine Zugfestigkeit an
diesen Stellen fast gleich Null wird und weit unter die seines g«*-
sunden Gewebes sinkt. So war es in den beiden von mir ope-
rirten Fällen. Beide male gelang cs nur der vorsichtigsten Prä¬
paration, das stellen weis« 1 , fast bis zur Contiiuiitätstreimuiig fungös
zerstörte Vas deferens in toto zu entfernen — je<l<T stärkere Zug
hätte unzweifelhaft die Zerreissung an der nächstgelegenen Er-
weichungsstelle herbeigeführt — untl auf Grund dieser, dein ärzt¬
lichen Verein an dem vorgelegten Präparat demonstrirten \ er-
hältnisse erlaubte ich mir, die v. Büngner’sehe Methode als nicht
immer ganz zuverlässig zu bezeichnen.
Das Abreissen des Vas delbnms nach v. Biingncr bietet
übrigens noch eine andere G«‘fahr. Bei \ «tsu« heu. die Herr «•
Sick an Leichen damit machte, kam es vor, dass das Peritoneum
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j.W m-unolon Ristes de.s Saiimim/Uio«- ubemiiMdmn. km»»' ii» mtrh
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mal .»iitiaM'»* (/paratian, rti<* ^mji hi^tru
Kfibr la)i ria so ras»;lir>: Aafblblaai piiiür bi-'-.larti.-Vb'
Miaisabru »»rirlit. wir- in (k.m. vm'1.i<'U! , iMb*n i alb.'
W;i' ili.v Art lies ojieoiivivau Vt»rp>.in.'lH »vninb-v’i• -v* {»ai.>e ,v-b.
mir in MM iiiän FAUan jUmv Za^unY za <b *. s,win*ii)»tii'-* , n mit
iJiVIfa c|t^ ]{\ U\ *i ?<■»’ M'Urn iri, ]jiiu>'r vir.llec.-hi. -b \i Velmn) ^>.-rakm
felinit*« 1 .' Mfl'iiJUit. Vv if ><;V. i’nH'b Irnhci- laü/aitii.-li tli-r AMi’ii-
anim. ‘irr sc-iOi- »»‘ U ikamlairii.»^|‘ini i|).M,vtai;:ra kaimt«'. 3 1 Uf *'l;’i
$ t'fii St.liprl *»,•- i J |*« t «4 nm.~ w-|J nz I i P ,’m !, f ! .< h in mr ai.t 4t ;•
*,fin Piti.nl Mf!ür^nlti füvim un«l *rlr»t btm‘1 «luimr fli<* itwim ilm*
t< m’ i ‘l nnniii. AtiflnPin ieli bcil!" MmPhhU*m wimlvrimU
in. vivo ufnnJtr -- w;«- für 4i; ikasiiiia teilt. L'tll t*!nn* w’t» 1 1» r r“-
nj,k4i fqt* 4ie SnmHib.Usr mal ''uWf'U*' i>»t 4url Uh my hiJtüflW
wnlil rin Prtinai ziordtnrn. PlmtlnvoUi Imt 4«*r P t i r P ; ft* - Sahrffl!
ilirn miT'M liimjmnm \’a;-ytiu. .ii» Rim* imu fialua
bloiiten und dir Hrilumü s< biirHor wir «rl^b* Zwisi Hmi
den VorziiM/n) und ivarblbflbai (Irr nitmii und der aitder-it .Mrthode
wird man also aUzuwatmn iiaimiK 15«'! dic-kem V\ ri.rij.Pirilru mnS
iin_a;mü i3o<-Wnaai zwar an. h ritr di* tip^iifnH
(1»*' ScliWrMi-lii Hir di' 1 Lli M i* 1 Vi Ijc alirr ta.-t I.U-
bberw indlir.it, im\ trniz- d' j r mvPitmtmi Nachtüriln-wir.! imu: daJirr
rn tam'i' iif.iin- ruu Kal im. mir .km imqiiramf On -:mraim. >•; bain
Inarüf idlii.-b bnssar !:du<-n. tU'briiinnS hi, vor .-tl’ki zwm \|nuait’u
rin driilrr cinM blatikirr Knü um llvirn ]>r. Si* k mH HirH»- ‘d.nm
< .*ml*ina!um des jJP * ?• i V.dmn ' mit' nm in p;un-m taifn* ^ It.uti
uperiri. und im* (>iu qb'.f b t>df‘-. I l*dli«-Mn)t?it r^'i.ui, n ir
Hilulm lu'iii.Mi Rülly.' (Jidi kann hn*-r iimkUra^r.-n, das- am it dm
yttr.tf* KraaUr. a'-miamUbt.- ... hl 'und rdstdi an KurprriViUe
iifni Prall mavnnn). Ef, Win) sirli virdirinM. in-i-aa-^tilIon, .brns
• i 11 - •* i- -swinHr di* \‘m-' i.ml» dre beiden frnlmrmt iVF‘d.liuil»n \ * n
: od>m;t uj<i dia Aar-iipitllr kri.j./r vcnmldft. '
W'-'Wi aira lim*, v "LPhna-iier anniirju.t, icJi fnibr m; iirr
R> dy iri rl'Sabrn ifnUmir dit: Rrlmliuim v inrs toPcn BmEujilMMinnk
in» (P q. nsa tze zur Pi tr.■!’s. ln n .awübtiik ro ii.'Hndm, <m* -h*1i
lUivfi hinriii in (dm*m FrrkUum <tm dunb dm Klir/«* des.
iPn re.m zum Titri! • rl- iiirl Wild. Immarbiu ilipo kr nur v irM. imd-
nibhf obn»' weiter":- nian >•> Kluin.-btö ü.diaupUiay. zni.vaUmi SnUiMia
llet' Vt’.ridnndi avurde .ifffÜflv'h >i.\vtPi.dU j H (imv '^aVaPvirn Mtdiiudmi ö|lt
i.'iii|»..füiTi' und. mit .iaa: r ..dtn-' Ri'^orium von Btxdssbe|f( und
• i.mntmv.v .io* \ V(v*rzn»><rli.*w uvwamaat ivabnl:wird. das< >'ni.nr An-
| ArinVi Vuur.ll lubd» *sh iiT dmu.l<U*-rMir Wan U und das- OS -m b mnln 1
! kjijoialiimi lii-o-.i. . m-um Älixdi/imiHtiVli du (ü* n** vom dm
: ..ivfeinimil; In Idlm* Rdbr aoi Ihn lir.-m-bimanu; Y.\i vnti'mn.ap ms
; oimMU keai'p’-n Ibdorat so Wüiltkdfondw s.-nlusa* aut m.-ua* t PJM'tiv
; iü-il und Ep.vrtliUH, zu zinimn, wir er es zu ,0mu -Adr bat. bin-
: romml! iassirn.'
VliriTiijt- ist die personlirtm ■ütlie dm* PraÄ*'.- Pir njuli alleotiuia.
: Kai bin b wmdn h\\ mifb Hvtimq lli'iiü v. iPiU'Jurr ml dm-ma
Wil hfmvij und Httmr.-miJd.'Mi Erbiid wio.lm zu i*u^mimn. w. m» wir
| mm nmu* iPiaitrnm/ru niimitheilen hab-n. Sind s>r* .nicht iilaardl
l dir ^Rirh.n. su Werden -’ic <WU unf s*» bnssm* nrotHiZtm nnd zum
| NuP/un undorrt khinkku ihu hi mein zur J*>k<mnbiisc* (Um' sirbrrtler
W&t? iuiif( II. ihltm;. ZU bidt’mö 1 Aism* Zjrl i-t du* sl'Vdm. Stp'imn
w u'»leide weiter lim a v. Hb flauer, ns zu rrnd.lmti -- mmmdad:,,.
I ai.cr Kino in;.
II. Alfa dem hygieniselten Institut- der Universität Kiel.
Wettere BeobacUtung-ett bei der
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)Ar. Bernimrd Fischer*
- uns Jum’truB^s iHH’d dieser Wm-Jirt,*
dm C r JdurvufHnu<; v rlud o ra vut'diiirld Ulm
d( j yj)idn
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lui 1; AS'i .i'liiM’ äus den' 'vx>'iitelh*n'ihn< • i>Hv-
Vrm ProfesSiir
; "in den Nu Rim tum 'ijfe
Mntnmis-lmprbPd, wölohos dem Uypm.im !m?i hmi.i1.Ui zu hai ias
ZÜU- l'.-hvmo,- IHHli •/iir-r-v.a..^m War; Pa, hmilint mUiad uaaüO.li
. wdtorbvu hu '\ • raaiiiom,'U dalhav vmihn b" iCniRndüti^u .b-drra-
•vöt-diUdtf-iiiM!«- Mufeiats' :ms der i 4 wm?. S.:b}rswi ; nvHuEudn, mn\h;h
{ ha yfezf-n . At; RRgfii -vRn VRhr' injt-nb bl zw Ua^te.
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| Von im. Aii auz. SHibl !m:7w l.m Himbaii Imsteuruden Srumiurwi
1 ihtmluM! -id f uhriovus uthiiRWdt Lu 4vr. Zt *n vom 21. t>#^»dwr f
‘ Uis H Nnvundtpr bei in hr^t^föt äiil§ 5 d^flti^»‘bR \ r üu I& fiu lUokra
; '»•.ritn.ii kt.ru hszw. ■rtstmlmiton t'orvoimT*. H« ? dmmm wurn. rn< bi
. hur ibUmro lV v zi»dudi^Vtt zu t iml« ral.o'ankru (alur zu \yu dw. Cbobua
j IndtiiMvaUBiit.rr» 1 Hiidikmh.n in judom ehizuhiru feit iSsi^VShull
'•' wurd-it. snhdr.rn . - .-nt.-ptM« h aueb das. Krarkheitsluivh !u i ra.j*aiivrii
der ‘ ludern und es i’i-lnnR h hihmsueh lUivh. uid. ui.net' •(1 jizr;oi>. ->U--
..ahme Pclkd-r Vmlrorm dm t in.I^wh,*. »lieti i tm V H bot vud*
• i 'iiotorainudllon nnlu. zu limimi wanlk ^ohiirto rmm r kleine»! hrup.**;i>-
t tirki'Unkuiiü' an, d>p sieh an Povi .h^ . sc h wrdlh-Umt femptet>
• HjalRim** <!u! dev t ohrti lilu’t voR -liatji i)0Rtsrhn>bd *T*
r.iRmd.e. Von ilfid trut-vr den. RiSiijdiiWt^eib t|cr Pkokwa EtkraöWiv
• wurrn zwei ;}iff der |hcu»e jev^’hoTbrli nmi ijffe -LeRrhüR f«-
vers'.mlt. Vlu. der üt-oiieb' ndm. driti■rfs ■ RranR*m Raunte a*r>!
milqr Tap* U:»oi« der AllkimU- Ml Kiel, ctwu i'<Jt»l Titer ÜÄCij,
pt^bti dev Rekrnnküüß'. Bt.Uhi ata; <lit f (ruhu'Hdrhuim' “UaR^t wriden
j hd'hilljo hatte hereit.-S wieder eus iMrmaleo ,Au>.aehen an^öMMbinM'it.
' Dii.i b.iimrn ar-dar in diesem noeii m el/mm spihoreV Siuhl bei •
! n.ebrhuh.m Viit-vmu liüm» Ph.»l» ral.-n Hl. u u“idudou w.*i*.h m d ein
ahm- m-hme dm Xn.liwris .von i , h«»!«i>Hoi» in Wm Auslmuni^r.,
: »unes i .1 p »i( nm* Heu lUmfn'rj. nur erw-.l sp.hrr, hurIvimv Uü urr. .
: Anhiudt In Kivl whkmwi.' Ahi(P.smi. d : »t1>nhö.?: bnt. eh. steh .\w
uileir vier Ihlrtahfehgmt m.v (.ludern -ebundeH- nur war uinami
tunen de; hoi den unlo.^to-ldf n Pii!)e bürrits Prumsum; ‘ ihm; 1 ' ‘ 1,1
■ rbnlunihanillen wa>*Kn Mion binder Ruf ÜRVibe vbcschjdtidrn
• und daher in d<ai zur Vutei*;:u..l>i.!i‘ 0 ’. j;el;innt.nTi StuhteR himd mr l ;
naeh/anvemtui. Woim ehdibn Rt.Wi lö.fii' UHtJi dm- h»S f * an *
kniie <lio ( ; lK.!erah,M.Ulen vms*i'm- 1 - q'nrdrn, so w ü rnn sm hei lau.un
irr K j.dt ‘1 -1 '>..!u>;e!u : ri K f-arikerdibRÄ ViVhuüdr-]if n hall, l“d Widryb n.
' viril ein rhi.humtVj.itou! aus^eUhh't.haPi, hOeli am 1A. n-hiR mi'ii •
i rmln-am 2.1 .Krunkheth-tavS ?m Stiijbh vovlnimUm. Bei füni Rnmui
!. hnnh'Shtlmh hoi wvdntien die ’ Atisimuanueh -eud^e- imeii i-^e *ja
; sViltk. .dos (■huhu*;MRh>lhw je zweimal um Mh und Iw- aö'Pp^v
1 m«} um ti KraukheUftd^h' hncbmii-b. uhtri^mdH wurden, hmuip,
” hntuM V rmlembaelihui nu-nt Hf'd»r ani^.dend* n vytU’d.mt.. (
i Umirt-kplirt war m bei oinnm liernits an nmem yeid;H‘ald v ’|
! Pnrehbul hndendtm Kranken der nmdi» inisebod Kiimic^ n'*r
; iSiCC sj/aiev (lnHu Shtdemantail erlae und bei dein, der Sttdu h"^-
■ i*.i!s deiV Tode- di»» l dudo!-aha. dlien nahezu tu lü-irtcndAu* ‘‘tn-.'uej •
i nivbt mdRiich, in dem zinupt zur Üutvu'cumhune' ^eUumrtai, ^l-‘P
' I diüirhom*.he.*i ‘■'PiUl Phrdoruhm illou uaehzuweisen, idtwoh! amr ' v ‘|_
i bei atien (Iht^^If^hunv-oii euhspm-liend den uenr-rrbims 'V H ‘
; .RORrhi-mut Vorrseiinikmdj »i» ehre re Aviir^HBen in Ue-U.t«n^
in V opi,.tuifof-’lfsa!zinsuuu ui'VvleRt- waren Pu nu' h in ihmi ; ,u 11
.;- n.iVdj.dnischim Klinik mit. demsylhei. Sj.itbl jin^eiert-iirtuR feh;^
;j . uihuivh ( ‘hnliwahii. ill.u*. njitit ör*rhhmen nml da iti zwei .ü»*. !<btl
h If K.o»• h. rsa.i-v dar u«tz*>ublivUi*dieit Shmd d*:r;h-tni* c r ; oi''^h-P'
l (‘kdPn'tdiägROjiiv •ilMpfc , mV'l hdnhüjtmu^krtmw. a
hl. >;iv.. N- m.
28. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
gleichzeitig mit diesem diarrhoischen Stuhl untersuchten Cholera¬
stühlen der Nachweis der Cholerabacillen durch die Cultur in jeder
einzelnen Aussaat gelang, so ist es nicht wahrscheinlich, dass bei
der Untersuchung irgend ein Versehen untergelaufen ist. Man
wird vielmehr daran zu denken haben, dass die zur Zeit des an¬
fänglichen Durchfalls aller Wahrscheinlichkeit nach bereits im
Darm vorhandenen Cliolerabacillon auf irgend eine, bie jetzt aller¬
dings nicht aufgeklärte Weise, sei es noch im Körper, sei es erst
ausserhalb desselben, ihre Entwickelungsfälligkeit eingebiisst hatten.
In den aus dem diarrhoischen Stuhl hergestellten gefärbten Aus¬
strichpräparaten waren übrigens Kommabacillen in grösserer Zahl
bezw. in typischer Anordnung nicht gesehen worden. In den Aus¬
saaten war nur Bacterium coli zur Entwickelung gelangt.
Zum Unterschied von dem bisher besprochenen, von Cholera¬
fällen stammenden Material konnten bei den 32 weiteren verdächtigen
Proben von Stuhlentleerungen bezw. Darminhalt Cholerabacillen
nicht aufgefunden werden. Es fohlten hier allerdings auch in der
Regel nähere Beziehungen zu Cholerakranken bezw. Cholera¬
lokalitäten. Nur bei der sogleich zu erwähnenden Erkrankung auf
dem schwedischen Dampfer „Hjalmar“ war anfänglich der Verdacht
einer Ansteckung durch Cholerakranke bezw. durch mit Cholera
inficirte Gegenstände naheliegend. Vier Tage, nachdem der Dampfer
in Kiel die vorgeschriebene Quarantäne durchgemacht hatte, wobei
zugleich eine Desinfection der Schiffsräume bezw. der verdächtigen
Kleider, Wäsche und sonstigen Gegenstände ausgeführt war, er¬
krankte in Hadersleben, wohin sich der Dampfer inzwischen begeben
hatte, ein Heizer an einem mehrtägigen Durchfall. In dem zuerst
eingesandten dünnflüssigen, aber noch fäculenten Stuhl, der fast
gar keine Schleimflocken, dagegen in grösserer Menge unverdaute
Obstreste enthielt, wurden in einigen gefärbten Ausstrichpräparaten
den Cholerabacillen in Form und Anordnung täuschend ähnliche
Kommabacillen gesehen. Dieselben konnten allerdings in einem
zweiten ebenfalls noch diarrhoischen Stuhl nicht wiedergefunden
werden, und blieb in den aus beiden Stühlen zu wiederholten
Malen angelegten mehrfachen Aussaaten eine Entwickelung von
Kommabacillen aus. Nach allem war demnach dieser Fall als
Choleraerkrankung nicht aufzufassen.
Zwei der eingesandten Stühle rührten von Brechdurchfall¬
erkrankungen her, die sich in einer Familie bezw. in einem Hause
ereigneten, in welchem im Jahr zuvor Cholera vorgekommen war.
Bei den übrigen Erkrankungen bezw. Todesfällen fehlten aber auch
solche entfernte Beziehungen zu voraufgegangenen Erkrankungen.
Ks war hier die Einsendung des Materials veranlasst hauptsächlich
wegen der Aehnlichkeit des Krankheitsbildes mit demjenigen der
C holera, manchmal aber auch, weil sich für die Erkrankung keine
äussere Veranlassung hatte auffinden lassen. Nach den dem Institut
gemachten Mittheilungen über die Krankengeschichte bestand bei
24 Fällen neben dem Durchfall auch Erbrechen, und fanden sich bei
mehreren dieser Fälle ausserdem Wadenkrämpfe, Heiserkeit, Anurie,
Oollapszustände u. s. w. verzeichnet. Bei acht Erkrankungen war
dagegen nur Durchfall vorhanden. Bei einem Fall schliesslich be¬
stand mehrtägiges Fieber (über 39o C), und legten die ausser¬
ordentlich häufigen, blutig-schleimigen Ausleerungen den Verdacht
einer ruhrartigen Erkrankung nahe. (Amöben konnten indess nicht
aufgefunden werden.) Die meisten dieser Stuhlentleerungen waren
dünnflüssig aber noch fäculent, nur sechsmal waren dieselben
farblos, und vier davon enthielten reichlich Schleimflocken. Da bei
zwei Fällen auf diesseitige Veranlassung zum zweitenmale Stuhl
eingeschickt wurde, so beziehen sich die 32 zur Untersuchung ge¬
langten, nicht von Cholerafällen stammenden Proben von Stuhl
bezw. Darminhalt demnach auf 30 Personen, von denen vier dem
Kindesalter, 20 (meist Männer) dem mittleren und sechs (sänunt-
lich Frauen) dem höheren Lebensalter angehörten. Die Brechdurch¬
fallerkrankung führte zum Tode bei einem zweijährigen und bei
einem zehnjährigen Kinde, bei einem 45jährigen Manne und bei
zwei hochbetagten Frauen.
Allein 10 von diesen 30 Erkrankungen fielen in die Zeit von
Mitte Juni bis Mitte Juli, zwei kamen im Mai vor, die übrigen
vertheilten sich ziemlich gleichmässig auf die Monate August bis
November.
Bei allen Fällen fanden sich in den Plattenaussaaten aus dem
Stuhl bezw. Darminkalt Colonieen, die nach der Besichtigung mit
blossem Auge, sowie bei der Untersuchung mit schwachen und
starken Vergrösserungen dem Bacterium coli commune entsprachen.
Bei mehreren Fällen, bei denen diese Bacterien auch auf Kartoffeln,
in Milch, Bouillon bezw. Lackmusmolke übertragen waren, wuchsen
sie m der für Bacterium coli charakteristischen Weise, bezw. be¬
wirkten sie Gerinnung in der Milch, Gasbildung in der Bouillon,
sowie starke Säureentwicklung in der Lackmusmolke. Bei fünf
Erkrankung«- resp. Todesfällen, bei denen 1 bis 2 Oesen des Stuhl-
)ezw. Darminhaltes in Wasser vertheilt je einer Maus unter die
Kuckenhaut gespritzt waren, starben die Thiere regelmässig, und
543
[ zwar drei schon nach 1 bis 2 Tagen, zwei dagegen erst nach 5
bezw. 11 Tagen, und nachdem sich bei diesen an der Injections-
steile ein Abscess ausgebildet hatte. Bei allen diesen Mäusen
wurden durch Aussaaten aus dem Herzblut ausschliesslich Colonieen
von Bacterium coli commune wieder erlangt.
Andere Bacterien waren in den Aussaaten von dem Stuhl
bezw. Darminhalt der an Durchfall bezw. Brechdurchfall Erkrankten
überhaupt selten und in der Regel auch nur spärlich vertreten.
In dieser Beziehung^wäre vielleicht zu erwähnen, dass einmal in
den aus dem Darminhalt einer an Brechdurchfall verstorbenen
alten Frau angelegten Culturen etwa 30 verflüssigende Colonieen
eines plumpen Kommabacillus beobachtet wurden, der wohl bei
Zimmertemperatur, dagegen nicht mehr bei Bruttemperatur gedieh,
so dass er jedenfalls zu der Erkrankung nicht in ursächlicher Be¬
ziehung stand.
Nur ein einziges Mal zeigten die Culturen ein ganz ab¬
weichendes Verhalten. Das Bacterium coli, welches bei dem
nicht von Cholerafällen stammenden Material in der Regel ent¬
weder in Reinculturen gefunden wurde oder doch wenigstens das
Bild beherrschte, trat hier vollständig in den Hintergrund gegen¬
über den sogleich zu beschreibenden, die Gelatine verflüssigen¬
den Bacterien. Es handelte sich in diesem Fall um einen dünn¬
flüssigen, fäculenten Stuhl mit spärlichen Schleimflocken, der von
einem nicht sehr schweren, rasch in Genesung übergegangenen Brech¬
durchfall herrührte. Der am 19. Mai in Klein-Flottbeck Erkrankte,
ein Schififszimmermann, hatte zuletzt in Hamburg auf dem Stein-
wärder gearbeitet und dabei angeblich viel Wasser aus der Leitung
getrunken.
Die aus dem Stuhl angelegten Plattenaussaaten hatten am
anderen Morgen (nach 18 Stunden) die grösste Aehnlichkeit mit
Aussaaten von einem Cholerastuhl. Die Originalplatten hatten
das Aussehen mattgeschliffener Glastafeln, und die Verdünnungen
erschienen wie angenagt, bezw. wie mit kleinen Luftbläschen durch¬
setzt, ganz wie bei Choleraculturen, nur dass bei diesen ein solches
Bild gewöhnlich erst später zustande kommt. Auch bei der
Untersuchung mit schwacher Vergrösserung war die Ueberein-
stimmung noch eine recht grosse. Denn in jedem Gesichtsfeld
fanden sich in grosser Zahl kleine, unregelmässig begrenzte, wie
aus Schollen zusammengesetzte Colonieen mit Rosaschimmer und
mit einem Lichthof, jungen Choleracolonieen zum Verwechseln
ähnlich. Noch weit zahlreicher fanden sich aber bedeutend grössere
Colonieen in oft kreisrunder Form und mit häufig auch scharfliniger
Begrenzung, die aus lauter etwa gleichgrossen, groben, bräunlichen
Körnern zusammengesetzt erschienen, an denen man hier und da
eine deutliche Bewegung (ein fortwährendes Durcheinanderwogen)
wahrnehmen konnte. Auch bei diesen fand sich meist der Rosa¬
schimmer sowie ein breiter Lichthof, aber für Choleracolonieen von
gleichem Alter waren sie viel zu gross, und eine so gleichmässige
Körnung sowie eine Bewegung der Körner findet sich bei Cholera¬
bacillen nach meinen Erfahrungen nur ganz ausnahmsweise und
auch nur bei älteren Colonieen. Vor allen Dingen aber unter¬
schieden sie sich auch durch die bräunliche Farbe von Cholera¬
colonieen. Zwischen den zuerst beschriebenen, kleineren, cholera-
ähnlichen und den grösseren, runden, aus braunen Körnern zu¬
sammengesetzten Colonieen, bei denen eine Verwechselung mit
Cholera nicht gut möglich war, fanden sich nun alle möglichen
Uebergänge, so dass man offenbar eine und dieselbe Bacterienart
vor sich hatte.
Dass dies aber keine Cholerabacillen waren, ergab nun auch die
Untersuchung mit starker Vergrösserung, wobei keine kommaartig
bezw. schraubenförmig gekrümmte, sondern nur gerade Stäbchen
von mittlerer Grösse gefunden wurden, die allerdings im hängenden
Tropfen eine ähnliche, jedenfalls nicht minder lebhafte Bewegung
erkennen Hessen wie die Cholerabacillen. In den gefärbten Klatsch¬
präparaten fanden sich fast nur untereinander völlig überein¬
stimmende Colonieen, die grösstentheils aus Kurzstäbchen zusammen¬
gesetzt waren. Letztere waren meist kaum länger als breit und
häufig zu zweien angeordnet. Daneben waron allerdings auch etwas
längere Stäbchen mit abgerundeten Enden vertreten und ausserdem
hier und da, im ganzen aber selten, mehr oder minder lange, zu¬
weilen etwas gebogene, theils gegliederte, theils ungegUederte
Fadenstücke, die man im hängenden Tropfen schlängelnde Be¬
wegungen ausführen sah.
Dieselben Bacterien wurden in den aus dem Stuhl angefertigten
Ausstrichpräparaten gefunden, dieselben Bacterien waren, und zwar
anscheinend in Reincultur, in den drei aus dem Stuhl angelegten
Peptonculturen vorhanden, woselbst sie nicht nur eine starke
Trübung bewirkt, sondern auch zur Bildung eines zarten Häutchens
an der Oberfläche geführt hatten. Diese Peptonculturen gaben
übrigens, ebenso wie die später aus den Reinculturen dieser
Stäbchen wiederholt angelegten Peptonculturen auf Zusatz von
Schwefelsäure nie die Nitrosoindolreaction. Dieselben Bacterien
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lUH^re besktoi.-: dass (Imseibr mir «litrch die MjU.oluhrentxiimiani
herYOTgenifen wird, beweist mit zweifelloser fitcheriint ife* bei-
Äfeijend« Tenipetfttifieui^l* vmi Hinteui mit Broiifdmpmmmomo be-
Be? kos.süls wurden Dijjloenrreo I Pvunjiiw-dl.
Stre.pt fjj-orren, 8taftUy1.nedt e.pn und der P i o i De Mehr
juniUirr/ahiudHüs gefunden.
Khenso wurden in dem Fiter. weh her »icii ;in, dm** Mii'oi-
•>hv mrnb der Panwentene entleerte. die : vwfrhxwlmttm >5ikr«>-
v.m (Cossel, dkr die. Unforfcuidmngmf vonvnhjb; ._•<
inndnri (liiiluoflSiihaCillen, StrepUmimemK Tufmrkidbmi|k-p 4 Styphvk-
'woou *’<;•.),
Es muss angenöinhmu worden, dass - diese KftU ünduu'g&efk^-e«
vom ,Nits*?nmdmm*auu> aus enwuül hrs Ohr ui* in die Ibingen ’vv?
langen Munkn, dusö sie: mit dem larfterntdir in beiderlei Ur&km
aspivirt werden.
Fa- wurde bereits rrwdtml, dass mit dom FmUiMch*u dm
MiUehdimitZUodüng ioHMiVeitendiv GjHViiditsai.nmtr.jm veHmudeu
sein kann. Der 'xuncb Wende VArlal) des XvyftezJj Standes eiutlgt
mit dem Tode M es, dass die AIHiJdohi’OMksdm'pHt-i 'nte vimdg*-
FGciudm wirkt, Ami es, dass die selbe in Verhinihut*?- mit jmKfojieiHimi
ndev tvühread des Vmlrurius MifoeirnUm&n umiM-on .Frli-raiikungen
tGastv : 0iutesthmlkftui.Mh, Bwjitcltopjiapftiouieou) ijfen Tod hu^effnbrti'
• Alh*-dmsnfnjfMY. uifeh'ssimtes Beispiel von Anrbroinmg der EnD
'DdidubKS'wreger düriU' kmcc der SdugUngr. zu hetrothfen mm.
bet welchem dw ßaeiMtui >ö' t m'>‘aüaax im ♦dH*r\Fren Exsudat d<*v pp,
u-ml lim Hbrshiuk ln Buinctdtur, im Ohrte und io de« Bungen neben
Ki-a^nkeJ ‘«oben Diplocoeeen gefunden wurcVB,
’S\ n< dir Behänd Fang Gotri H t, so wird in den Fit Hei!, in welchen
“idm *.iMit ht'.^hi.ihme, um l>. T>mp» i aMr-M-egH tibi;. noch I mn<e'
bexrout Von .jedem Eingriffe abxuslobnu sein, du unter dh^ky'VH:r>
hliiliussoi) die NetimiimUat'g idntiitt.
Bestehe*! dm gm iu nuten BrM^irumgen - oder, nur eine dem
.selben, m -itatsd dem Etter iVeitir Austritt, rersuhnfft wrfdt'h duMi
I>ner-!whuniliimi«: des TiwomidhdK wodurch diejenige/! IGxImi-
miügi-n beMiigt wenka, her deren Fmdlmst'dieu das Grdmhmi des
Ktndfifc uötHiefrict, A«r Kräftezustnnd zurürkgeht. Um die Heilung:
5 Ui Erfordern, bahr uih nodirfarli die ImftduMve angewandt, tl»mD
ytfiri Cirdtdrgango ans F.iiddufuiGgfui gemaeUt, theik nm der Xese-
aus< Lmder kommen die imii*3t mudmbvdten Kinder .mit rh ur*--
gUnsGgen Etm h\i nm^sverträjjtitisseß. i«’s Ivrankeuftmm, tl:u-s es imutlm
nioht gviingt, den Tod zw verhidden», ln weh.dp atelierer \Uoisi'
die BaraomVt^Se vnu Uinwirkung isE gehr mit lm^wrideufigi:?- Hieher-
heit aus der rdügun TempemtUiviirvo liwt’vor.
Es iuuidöite si<h mn ein srehsnuxhaGirhes Kind md Bivmeb<*)nuu)-
moui.e uni tubevkuin^r.-Tlnris inui «onÜiniii-Hehmu FuduM-. Boi-.Im- <,?!>•••
»iut.ei 7 du:h»ing fandeii steh holde Truimru.dbdh:- vorg.ijvoih?, Das .stärker
vorgewnlhle linke TrummVltdll wiril ji;jr;r?on1vsir> G'?. d>uun>r cml Jijf-fi.
Te.rnpftrid-iiis diö Abends vculitr tfH.8," l'.dragen liatte- geiti Am .Abend «Mt'
37,0; »nt ’Mgmi&m Tilge znt %vin >.ui1yelf. Am '< -v yi, n uvnmii
Touiperiaursteigernng thH.d), j***» .’i. Erbt nur der r*:Giten BoUv
mir nbetidliei*e(‘ TkmpJ nvtlir Von 87,8; BOckkehr ztirNonn an den tolgcTv-
diHi Tiigcm. 7. Februar von neuem Temporatnr-fttdgm'u v u >»ui ;hV.". die
rrstO: l4raeent-esenbtܑmmg hatte sieh vtrsettlossidi. .das TrummeitGi) er-
Sehieß wieder vorgewrilbV; und» maeulof Ibirneenfese. wiotb'ruju rasduM;
Biirkgßtig der Temperrdin wtf Norm AU äjkb ilje ^ftsttbie
ivieder verschloss, trat zum neftun iiude d'oinnf‘t , iU-i.i'r>tejgi;rimg »ml db.8
ein und koßhtt Ztitii vtefteß hmle durch die pÄ'rncfefttesti wiödtf 'Hrtrhuile
Ausserdem winden biier.<:»-iwlugi»dm F. r nt.opAi.ü-.hu.n«*>n: attsgefUhrf von
N'-t ter 3 ), er raml utit*?i* 2Tt Autopsi.ec.o in !H FiUien io uu.l Slrej*taeoc«-et*.
'• ein) 8Upb;vi*.H;-ore.ejt, 5 mrd i’rimnnoroceen. Gfadeutgo und Pt:nxo'd
hm dein hd zoluY Aniopsioen nur 8apro}iin Mm? j* ..l-niT-». n Mikrnm <.**.*
raÄmea,- '■••••■ • "
Selnm AVre.diUi 4 ) hatten« dt* FAib.ni von Pmunnoim:- Juni in U» von
Atuloeh^,. kom ninzigus norumb-s Mutufohi gelumiom
U^bnr die Entstehün^ der Aritiebthrrrkrankmud ö Emu Neugeburem D
sprUdit sich Wendt 5 ) dahtn atwf.: Wie gvwtss $w Ent^tebußg eines
grossen Ti^iifs der Lifngfennflfnitt iutmu ’ . At.nl ase, eüuifm|%bji pkocesse)
hei Neugeborenst auf Ule (je«gpnwat?t intcauteriii usnirirter, reizender und
ubtiuitRiUJer Massen in den BrvmeliioBmrxweiguiigou zu itewielica ist. so
unterlegt t* für mivb' keitiem dsui? 'deraeiig« Hitksliiuzen, bei.
giiMehoio AuUt 4?B in dass MlCtclbUe Ebity.tu abtiltdUir AVelvk efnuti
«nlettliv.n Emtluss entbiUen. Rhnueu.. DuFFäUigMt, eiiien solch«! öup-
zdnbeu, dtlrft/* dem F» uchlwAssBr; als üen dbi«»ßHw?ü Zugemengtmi
riieilen von Verniv otseosu und Ah'fumiühi bmuintffiSWX seiu."-
Wenn ruif.h die Möglichkeit, vorliegt, dass dolehc SudTo in d;js
AliHdohr gclatigt, Ci mm Beizzustuml hx domsoib-m uiitcrhnltrti, öö
« pftnht jindnrvi Erialtrung nioht dafür, dass s< hun (iaddreb die
Mittelohrcnt'zümlung; bervorgorqfen wird. Wir haben melirfudi l»ei
der Gaterisui-jtuiig der Rjiug'lihge /uursF giturn m/trimltm Beiutjd. tr-
Hdlten, ertd. während doä. ÄiifeKthiÜi«» iil/ KrajthciiiiÄiiAe ’ste]iten
•«icl) dm ZdeKßn der EirtzÜAdujtg- w*. : V^eiib üiko viAllciehk auch
dnrcii eilt- fnibm iöV OUr gekngt-e:» .Stoffe -eine Pradisposition ge-
geben ist, gü muss Uo<-h -mteh piü weiterer Krank hei Uerreger hin-
not die Eittxfindmig' iti\s Lt-ihnt, treteu zu iaBfien.
F HusrpUrds Tideade. IWÜI No. 18 YO und .lalitb'n h der Kinder»
^'lk- Ud Hl. Hott 8 u. 4,
■) iSocietA du BioloLnrn SttZönn nm -2u. Alnil l8Klt.
546
8 . Die Erscheinungen der Mittelohrentzündung bestehen in
Unruhe, Temperatursteigerung, Gewichtsabnahme. Bisweilen sind
keine Erscheinungen vorhanden.
4. Sehr häufig sind die Mittelohrentzündungen mit broncho-
pneumonischen Processen combinirt. Es ist wahrscheinlich, dass
beide Processe durch dieselbe Ursache (Aspiration) bedingt sind.
5. Der Tod kann infolge einer Mittelohrentzündung eintreten
durch allmählich fortschreitende Atrophie, oder es kann eine Fort¬
pflanzung der Mikroorganismen in die Schädelhöhle (Meningitis)
oder in das Blut (Septicämie) stattfinden.
6 . Die Mittelohrentzündungen der Säuglinge müssen einer den
Verhältnissen entsprechenden Behandlung unterworfen werden.
IV. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Jena.
Zur Pathogenese des Tetanus.
Von Dr. Gumprecht, Assistenzarzt.
Die reiche Litteratur, welche über den Tetanusbacillus bereits
vorliegt, beschäftigt sich mit wenigen Ausnahmen ausschliesslich
mit der rein bacteriologischen Seite der Tetanusfrage. Erst in der
neuesten Zeit ist auch die pathologisch-physiologische Seite des
Gegenstandes in Angriff genommen worden. Die erste ausführliche
Arbeit hierüber aus deutscher Literatur stammt von Brunner,
aus der französischen sind hauptsächlich Autokratow und
Courmont und Doyon zu nennen.
Die Franzosen sind zu einseitigen und meiner Ansicht nach
nicht ganz richtigen Schlüssen gelangt. Aber gerade das Paradoxe
ihrer Resultate wirkte in weiteren Kreisen anregend: Brunner
nahm seine Tetanusstudien wieder auf, Buschke arbeitete in ähn¬
lichem Sinne, ich selbst habe, zum Theil durch die französischen
Arbeiten angeregt, ebenfalls versucht, in die Pathogenese des Tetanus
einzu dringen.
Nachdem der durch seine erste Tetanusarbeit rühmlichst be¬
kannte Brunner eine vorläufige Mittheilung über seine neueren
Versuche gemacht hat, kann es der Sache nur dienlich sein, wenn
auch ich, noch bevor meine Versuche völlig abgeschlossen sind,
einen kurzen Abriss derselben der Oeffentlichkeit übergebe, um so
mehr, als diese eigenen Arbeiten weniger zur Bekämpfung als zur
Bestätigung und Ergänzung der gleichzeitig von Brunner gewon¬
nenen Resultate dienen.
Es sind, soweit ich erkennen kann, drei Punkte in der
Pathologie des Tetanus, welche der Erklärung Schwierigkeiten
bereiten.
I. Die allgemeinen Krämpfe, welche nach Application
des Giftes entstehen.
II. Der locale Streckkrampf des geimpften Gliedes
oder Nervenbezirkes.
III. Die Verbreitung des Giftes im Körper.
Von diesen Punkten sind die allgemeinen Krämpfe durch
Analogie mit anderen physiologischen Giften unserm Verständniss
am nächsten gerückt. In der That existirt kaum ein Unterschied
zwischen einem mit Strychnin und einem mit Tetanus geimpften
Frosche. Ich habe von beiden ein Exemplar vor mir. Ich klopfe
an das Gefäss, bei beiden wird ein allgemeiner Krampf ausgelöst.
Ich streiche ihren Rücken mit einem Pinsel, ich schlage in die
Hände, ich blase sie an; bei beiden stets das gleiche Resultat, ein
Streckkrampf. Kleine Unterschiede sind zwar nicht zu verkennen.
Die Vorderbeine des Tetanusfrosches sind mehr tonisch aus¬
gestreckt, die Lähmung der Hinterbeine in den anfallsfreien Zeiten
noch deutlicher als beim strychninisirten. Sonst aber herrscht
durchweg Uebereinstimmung der Symptome. Auch zeigen beide
das Phänomen der Reflexabschwächung. Es bedarf, um mehrere
Anfälle hintereinander auszulösen, zunehmend stärkerer sensibler
Reize, und bald ist, namentlich beim Tetanusfrosch, selbst stärkste
peripherische Reizung ohne Wirkung. Nach kurzer Erholungspause
stellt sich die Erregbarkeit dann wieder her.
Zur Erklärung dieses Tetanus sind die sämmtlichen Experi¬
mente, welche über die Strychninwirkung existiren, verwerthbar,
und mit Recht recurrirt Brunner auf die 1837 schon gemachten
berühmten Versuche von Stannius an Strychninfröschen. Ich
habe an decapitirten Fröschen den Tetanuskrampf genau so durch
sensible Reize hervorgerufen wie den Strychninkrampf, ich habe
ihn unterdrückt am Tetanusfrosch, wenn ich, nach vorheriger
Cocainisirung der Haut, dort berührte, ich habe ihn verschwinden
sehen nach Zerstörung des Rückenmarks und nach Durchschneidung
der motorischen Nerven. In dieser Beziehung kann ich alles das,
was von Courmont und Doyon, Buschke und Oergel, sowie
von Brunner an Fröschen experimentell gefunden ist, vollauf be¬
stätigen.
toxikologisch haben wir es hier mit einer gesteigerten
Reflexerregbarkeit des Rückenmarks zu thun. Soviel auch
No. 26
physiologische Räthsel noch unter solcher gesteigerten Reflexerreg¬
barkeit sich verbergen, so ist doch, wie oben gesagt, der Vorgang
nicht verschieden von anderen uns bekannten Thatsachen. —
Anders steht es mit der zweiten oben aufgeworfenen Frage:
Wie kommt der locale Tetanus an der Stelle der Impfung
zustande?
Impft man eine Maus in das eine Hinterbein, so geräth dieses
Hinterbein stunden- ja tagelang allein in Strecksteilung. Genau
in gleicher Weise werden die meisten anderen Warmblüter ergriffen,
der locale Tetanus des geimpften Gebietes bildet die Regel,
während sofortige Allgemeinwirkung nur beim Pferd, beim Frosch
und zuweilen beim Menschen eintritt. Bei Kaninchen und anderen
wenig empfänglichen Thieren erschöpft dich das krankmachende
Agens zuweilen in dieser localen Wirkung, das geimpfte Bein
bleibt dann wochenlang halb paretisch, halb spastisch gestreckt,
und es tritt völlige Genesung ein.
Zur Erklärung dieses localen Tetanus lag es am nächsten, an
eine peripherische Wirkung zu denken. Sollte etwa im Bereich der
Impfung ein sensibler oder motorischer Nerv, vielleicht auch eine
Endplatte oder ein Muskel selbst in einen abnormen Zustand über¬
gehen, so schien damit die Erklärung des localen Tetanus ohne
Weiteres gegeben. Bei näherer Betrachtung bringt uns aber auch
die peripherische Wirkung des Giftes nicht wesentlich weiter in dem
Verständniss, denn warum, fragt man sofort, diffundirt denn das
Gift nicht durch den ganzen Körper und erzeugt überall peripherische
Wirklingen. Eine rein locale Wirkung.gilt doch nur für die
Impfung mit einem Gift, das an Ort und Stelle liegen bleibt, z. B.
mit Bacillenleibern, nicht aber für das lösliche, überall hin sich
verbreitende, bacterienfreie Tetanusgift. Wenn man, wie Vaillard
und Vincent in ihrem bekannten Versuch gethan haben, eine Maus
am Schwänze impft und nach % Stunden den Schwanz mehrere
Centimeter hoch darüber abträgt, so äi^prt dies nichts am Verlaufe
des Tetanus.
Das Gift ist also in kürzester Zeit von der Impf¬
stelle fort durch den Körper verbreitet und scheint eiuer
Erklärung durch peripherische Localisation Hohn zu sprechen. Zu¬
dem sind sämmtliche physiologische Aus Schaltung versuche
gegen peripherische Localisation und für centrale Wir¬
kung ausgefallen. Unsere eigenen Versuche stimmen hier mit denen
aller früheren Untersucher überein. Curare beseitigt den localen
Tetanus, ebenso die Durchschneidung sämmtlicher Nerven der
tetanischen Extremität, ebenso die Zerstörung des Rückenmarks,
nicht aber seine Zerschneidung oberhalb des zu der tetanischen
Extremität gehörigen Centrums.
Trotz alledem schien doch noch eine eigenartige peripherische
Wirkung zur Geltung zu kommen, als Courmont und Doyon
auf Grund von höchst eleganten Experimenten eine „Irritation
des extr£mit6s p6riph6riques des nerfs sensitifs“ auf¬
stellten: Nach Durchschneidung sämmtlicher sensiblen Rücken¬
markswurzeln eines Beines sollte der locale Tetanus hier ausbleiben.
Mit Recht hebt Brunner die Schwierigkeiten in der Deutung
eines solchen Experimentes mangels eines ausführlichen Versuchs-
protokolles hervor. Das nunmehr erschienene Versuchsprotokoll
sagt von dem operirten Thiere nur aus: „il traine toujours un
peu la patte droite“, eine Bemerkung, die mir nicht genügend er¬
scheint, um die intacte Motilität des Hundes zu beweisen.
Ich habe eine grosse Anzahl solcher Operationen versucht, bis
ich zu einem präeisen Ergebniss gelangte; diejenige, welche gelang,
stammt vom 6. Februar 1894. Es sei gestattet, den Versuch hier
etwas ausführlicher wiederzugeben. Es handelt sich um eine
Durchschneidung sämmtlicher sensibler Nervenwurzeln
einer Extremität und nachfolgende Tetanusimpfung m
dieses Glied.
Hund, 6500 g. Complete Narkose durch Morphium, Chloral und
Aether, Durchschneidung der rechtsseitigen sensiblen Wurzeln des Rücken¬
marks von der zweiten lumbalen bis zur letzten sacralen.
7. Februar. Injection von 3 ccm filtrirter Tetanusbouilloncultur vom
2. Januar 1894, wovon 0,2 eine Maus von 19 g in 24 Stunden timten,
in die rechte Hinterpfote. _ t
Befund am 8. Februar. Der Hund geht; beide Hinterbeine unsichei
in der Bewegung, bei Anstrengung zitternd, das rechte nur dann zum
Stützen gebraucht, wenn der Körper zufällig darauf einen Halt findet,
dann knickt es auch nicht zusammen. Im übrigen hängt es schlaff her¬
unter , beim Liegen sind deutliche spontane Bewegungen des ganzen
rechten Beines und der Zehen wahrnehmbar. Bei stärkerem Klopfen aut
andere Körperstellen zuckt auch die rechte Pfote, an ihr selber kerne
Patellarreflexe, keine Periostreflexe, keine Hautreflexe. Complete Anästhesie
des operirten Beines; dieselben Reflexe an der gesunden Seite deuthem
17. Februar. Die rechte Hinterpfote wird öfters in Streckstellung
angetroffen, zeitweilig leichte Zuckungen in der ganzen Pfote.
19. Februar. Da die geringen tetanischen Erscheinungen nicht präg¬
nant genug sind, so wird jetzt 2,5 ccm einer unfiltrirten Reincultur in
die Pfote injiciit.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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23. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
547
23. Februar. Rechte Hinterpfote in steiler Streckstellung. Im Liegen
wird die Pfote freischwebend etwa 5 cm über dem Lager in die Höhe
gehalten. Bei völliger Ruhe sinkt die Pfote etwas herunter, ein leichtes
Händeklatschen lässt sie wieder in steife Strecksteilung zurückschnellen.
24. Februar. Noch immer localer Tetanus. Die rechte Pfote kann
mit Nadeln gestochen, mit Zangen gekniffen, mit dem Fuss getreten
werden, ohne dass die leiseste Reaction ausgelöst wird. Bei leichtem
Beklopfen der linken Hinterpfote dagegen schnellt sofort die rechte in
steifste Streckstellung über, während die linke ruhig bleibt.
28. Februar. Genereller Tetanus. Auch die Vorderpfoten befinden
sich jetzt in Streckstellung, ebenso der Nacken: bei Berührung der Vorder¬
beine versucht der Hund zu beissen, bringt aber den steifen Hals nicht
mehr herum. Das Thier liegt hilflos auf einer Seite.
1. März Derselbe Befund.
2. März. Der Hund wird getödtet. Das Rückenmark sammt Wur¬
zeln, Spinalganglien und einem Theil der Spinalnerven herauspräparirt.
Sämmtliche sensiblen Wurzeln zeigen sich in der That durchschnitten, an
der vierten Sacrahvurzel ist der motorische Antheil aus Versehen mit
durchschnitten. Die Dura mater durchweg weiss, der Liquor cerebro¬
spinalis völlig klar; nirgendwo Eiterung. Rechte Hinterpfote sehr bald
todtenstarr, die übrigen Glieder nach dem Tode noch stundenlang biegsam.
Das Ergebniss dieses Versuchs, der von französischer Seite
mit negativem Erfolge ausgeführt wurde, ist also: der locale Te¬
tanus tritt auch im völlig anästhetischen Beine nach localer Im¬
pfung ein.
Wie ich aus dieser Wochenschrift (1894, No. 5) ersehe, ist
auch gleichzeitig von Brunner dasselbe Experiment mit positivem
Erfolge ausgeführt, da aber dessen ausführliches Versuchspro¬
tokoll noch aussteht und somit das Ergebniss seines Versuchs
sich noch nicht sicher übersehen lässt, so rechtfertigt sich wohl
die Veröffentlichung dieses schwierigen und für unser Thema wich¬
tigen Versuchs auch von meiner Seite. Die Vorstellung also,
welche von französischer Seite ausgegangen war, dass der Tetanus
durch „une hyperexcitabilitö des extrdmitös p6riph£riques des nerfs
sensitifs“ entstände, ist hiernach nicht mehr haltbar.
Mir selber kam dieses Resultat nicht unerwartet, nachdem ich
mich am tetanischen Rückenmarksfrosch überzeugt hatte, dass von
jeder Körperstelle aus Krämpfe erregt werden konnten, nicht bloss
von den sensiblen Endorganen aus. Berührte ich die Rücken¬
marksschnittfläche eines decapitirten Tetanus-Frosches, so bekam
er Streckkrampf. Wenn also hier überhaupt eine Uebererregbar-
keit der sensiblen Nerven vorlag, so bestand diese nicht nur für
die extrdmitös p6riph6riques, sondern auch für ihre gesammte
Leitungsbahn.
Warum die französischen Autoren abweichende Resultate gehabt
haben, das lässt sich, wie mir scheint, zum Theil erklären: Sie impfen
zwei Hunde, deren einem die sensiblen Nerven der geimpften Extremität
durchschnitten sind. Als nun der Tetanus voll entwickelt ist, sagen sie
„la patte insensible est le seul point de ces deux chiens qui n’ait pas
ete conlracturA Hier liegt der Irrthum! Denn hat das Thier erst all¬
gemeinen Tetanus, so werden die Krämpfe von jeder Körperstelle aus¬
gelöst, und es macht nichts aus, ob ein Bein dabei anästhetisch ist; bleibt
der Streckkrampf dieses Beines dennoch aus, so ist eben die motorische
Leitung verletzt. Die Autoren mögen selber ein Misstrauen gehabt habon,
denn sie unterdrücken den erwähnten Satz in ihrer neuesten Mittheilung
tPi*ov. rned. 1893)! Die eingreifende Operation hat jedenfalls das Rücken¬
mark oder die motorischen Nerven geschädigt.
Es liegt mir fern, den Autoren hieraus einen Vorwurf machen zu
wollen, da ich die Schwierigkeiten der Operation sehr wohl würdigen
kann. Ich habe mehr als ein Dutzend verschiedener Thiere geopfert, ehe
ich zu einem tadellosen Versuchsresultat kam.
Beim Frosch, an dem sich die Operation der Nervenwurzel-
durehschneidung leichter machen lässt, ist leider ein localer Tetanus
nicht zu erzielen, auch ist der Winterfrosch immun gegen Tetanus¬
gift, so dass man bisher nur in den Sommermonaten tetanische
Frösche haben konnte. Letztere Schwierigkeit lernte ich umgehen,
indem ich durh consequentes Einsetzen in den Brutschrank selbst
Winterfrösche empfänglich machte. Aber einen localen Tetanus
habe ich beim Frosch noch nicht gesehen.
Doch war selbst mit allen diesen Versuchen noch nicht jeder Ge¬
danke an eine peripherische Localisation des Tetanusgiftes abgethan,
und Brunner scheint, genau wie in seiner ersten Arbeit (1892), noch
jetzt an eine solche peripherische Wirkung, „welche anzunehmen
das klinische Bild des Tetanus (Kopftetanus!) uns fast zwingt“,
zu glauben, er stellt sich vor, „dass das Gift nach seiner sub-
cutanen Application, zunächst die Endplatten der motorischen Nerven
direkt in den Erregungszustand versetzend, den localen Krampf
peripherisch bewirkt.“
Dieser Vorstellung glaube ich endgültig ein Ende gemacht zu
haben. Ich habe bei einem seit 8 Tagen schwer teta¬
nischen Frosche die Zuckungscurve des Wadenmuskels
aufgenommen, und Herr Professor Biedermann, der mich gütigst
dabei unterstützte, bestätigte mir das völlig normale Aus¬
sehen dieser Curve. Später sah ich, dass Courmont und
Doyon Unerregbarkeit des längere Zeit tetanischen Muskels ge¬
funden hatten und dass Monakoff, der Brunn er’s Thiere unter¬
suchte, Entartungsreaction constatirte. Ich habe deshalb den seit
3 Tagen tetanischen Musculus quadriceps eines Kaninchens myo-
graphisch untersucht und durchaus normale Curven erhalten. Ebenso
fand ich bei polarer Untersuchung keine Entartungsreaction und nur
herabgesetzte Erregbarkeit, die durch Ermüdung der tetanischen
Muskeln hinreichend erklärt ist. Ich muss daher auch jetzt nocli
daran festhalten, dass sowohl die motorischen Endplatten
als der Muskel selbst durch das Tetanusgift nicht ver¬
ändert werden.
Die Ergebnisse, welche vir bis hierher erwähnt haben, bringen
allerdings wesentlich nur negative Schlüsse, aber die Ueberzeugung
wird man aus dem Gesagten gewinnen, dass alle bisherigen Theo-
rieen der Tetanusgiftwirkung keine völlige Erklärung der thatsäch-
lichen Vorgänge bieten.
Um zu einer einigermassen befriedigenden Deutung der Patho¬
genese des Tetanus zu kommen, bedarf es aber noch sorgfältiger
Berücksichtigung der Verbreitungsweise des Giftes.
Man kann sich denken, dass das in das Mäusehinterbein ge¬
impfte Gift an den Nerven entlang aufsteigt und so das
Rückenmark local trifft. Dieser Leitungsmodus würde den
charakteristischen lokalen Krampf, der doch, wie oben bewiesen,
centrale Ursache hat, erklären können. Folgerichtig nimmt auch
Brunner diese Nervenleitung an, da er ein und denselben
Facialis-Tetanus sowohl durch subcutane Impfung auf der ent¬
sprechenden Gesichtshälfte, als durch subdurale Impfung auf der
entgegengesetzten Hirnhälft« bekam. Mit dieser Leitung in den
Nerven würde die Verbreitungswoise des Tetanus vom
geimpften Beine auf den übrigen Körper sich erklären. Selten
nämlich ergreift der Tetanus die dem geimpften Gebiet zunächst
liegende andere Körperhälfte, sondern verbreitet sich meist zu¬
nächst einseitig. Die räumlich nächstliegen den Nervencentren
werden dabei zuerst ergriffen.
Eine in den Schenkel geimpfte Maus zeigt fast gleichzeitig
mit der Streckung des Beines eine vollkommene Streckung des
Schwanzes. Erst später wird das gleichseitige Vorderbein be-
theiligt,. Nun liegen bekanntlich die grauen Kerne für Hinterbeine
und Schwanz räumlich dicht bei einander, während Bein- und Arm¬
centrum im Rückenmark viel weiter von einander entfernt sind.
Durch Verbreitung des Giftes in den Nerven würde augenscheinlich
dem frühzeitigen Ueberg&nge des Tetanus auf den Schwanz Vor¬
schub geleistet werden, während bei Verbreitung auf dem Lymph-
blutwege das Gift die nähergelegene Vorderpfote eher erreichen
sollte, als die weit entfernte Schwanzspitze.
Ganz ähnlich verbreitet sich die Krankheit nach Impfung im
Facialisgebiet. In unseren bisherigen Versuchen ergriff der Tetanus
nach der linksseitigen Gesichtshälfte stets zunächst das linke
Vorderbein.
Aehnliches hat schon Brunner beobachten können, der aller¬
dings angiebt, dass meist beide Vorderbeine zugleich betheiligt
waren. Es bedarf eben einer ununterbrochenen Controlle, um die
frühere Betheiligung der gleichseitigen Extremität zu Gesicht zu
bekommen.
Jedenfalls ist die einseitige Verbreitung des Giftes bei
empfänglichen Thieren die Regel. Einer Maus zum Beispiel kann
man es fast immer auf den ersten Blick ansehen, auf welcher
Seite sie geimpft ist, da die geimpften Extremitäten hier, auch
nach der Generalisation des Tetanus, starrer bleiben als auf der
entgegengesetzten Körperhälfte und der Pleurothotonus unverkenn¬
bar ist. Ja selbst nach dem Tode kann man meist deutlich noch
die geimpfte Seite erkennen. Diese Einseitigkeit des Tetanus, die
Halbseitenerkrankung, ist wohl nur verständlich, wenn man seine
Verbreitung auf dem Nervenwege annimmt; falls eine primäre Ver¬
breitung auf dem Lymphblutwege statt hätte, so bliebe sie völlig
unerklärlich. Ein im ganzen Körper verbreitetes Gift würde nur
generelle und keine localen Wirkungen erzeugen können.
Eine sichere Grundlage lässt sich der Annahme einer Nerven¬
leitung für das Tetanusgift einstweilen nicht geben. Verimpfungen
des Nervensystems von tetanuskranken Thieren haben wechselnde
Resultate ergeben, unsere eigenen Impfungen fielen negativ aus.
Auch die immer wieder hervortretenden Angaben über Nerven¬
degeneration bei Tetanus entbehren allgemeiner Gültigkeit. Beides
beweist ausserdem nichts Sicheres für oder gegen die Nerven¬
leitung und lässt sich auch anders deuten. Man kann sich daher
über die Pathogenese des localen Tetanus nur mit grösster Reserve
aussprechen.
So viel steht jedenfalls fest: Der locale sowohl als der ge-
neralisirte Tetanus wird durch eine toxische Affection des Gentnil¬
nervensystems hervorgebracht. Nerven und Muskeln erleiden
primär keine functionellen Veränderungen, secundär zeigen sw Ei-
müdungserscheinungen, Herabsetzung der elektrischen hrregbarkci
und schnell nach dem Tode eint rotende Muskel starre.
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548
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26
V. Aus dem hygienischen Institut der Universität Greifswald.
Ein Fall von Wunddiphtherie mit Nachweis
von Diphtheriebacillen.
Von Dr. Rudolf Abel, Privatdocenten und Assistenten.
Seit der Einführung der antiseptischen und aseptischen Wund¬
behandlung sind die diphtherischen Erkrankungen von Wunden
Seltenheiten geworden, die nur noch hin und wieder einmal zur
Beobachtung gelangen. Infolgedessen hat denn auch die Lehre von
der Aetiologie dieser Erkrankung keine grossen Fortschritte, ent¬
sprechend der Vermehrung unserer Kenntnisse von den Wund-
affectionen im übrigen gemacht. Während vor der antiseptischen
Zeit zahlreiche Publicationen über die Wunddiphtherie und besonders
über ihren Zusammenhang mit dem Hospitalbrande erschienen und
Forscher, wie z. B. Hueter, die im Wundbelage unter dem Mikroskop
sich zeigenden Mikrococcen für die Erreger der Affection ansahen,
fehlen in späterer Zeit, nach der Ausbildung zuverlässiger bacterio-
logischer Methoden Untersuchungen der Erkrankung fast ganz.
Eine Art von diphtherischer Wundinfection sehen wir in den
Fällen, in denen sich die Tracheotomiewunde eines diphtheriekranken
Kindes mit Belägen bedeckt. Da es sich hier um ein einfaches
Fortschreiten des gleichen Processes von innen nach aussen handelt,
so muss man von vornherein annehmen, dass hier wie dort die¬
selben Erreger im Spiele sind. In solchen Belägen sind denn auch
Diphtheriebacillen in einem Falle von Löffler (nach mündlicher
Mittheilung) und in drei von vier Fällen, darunter einmal rein,
zweimal mit Coccen zusammen von Spronck 1 ) nachgewiesen worden.
Ein ähnliches einfaches Fortschreiten des diphtherischen Pro¬
cesses liegt in einem Falle von d’Espine' 2 ) vor, in welchem aus
dem Belage einer Unterlippen wunde bei einem Diphtheriekranken
die Löffler’schen Bacillen cultivirt wurden; ebenso vermochte ich
selbst diese Organismen einmal von dem Belage, welcher sich auf
einer Wunde der Zunge bei einem Diphtheriepatienten gebildet hatte,
zu gewinnen.
Sehr selten sind in der Litteratur zuverlässig untersuchte
Fälle, bei denen mit oder ohne gleichzeitige Rachendiphtherie an
Stellen des Rumpfes oder der Extremitäten Wundaffectionen durch
Diphtheriebacillen hervorgerufen wurden.
E. Neisser 3 ) beschreibt einen Fall von Hautdiphtherie, den
man hierher rechnen kann. Derselbe betraf einen Knaben mit
Rachendiphtherie, bei welchem die Haut an der Rima ani beider¬
seits befallen war. Es fanden sich ausschliesslich Diphtheriebacillen,
welche das Oorium durchsetzten und zumeist in den nach der Ober¬
fläche zu gelegenen Partieen sassen.
Zweifelhaft sind die beiden Beobachtungen von Favre 4 ), welcher
aus Vulva und Vagina bei puerperaler Diphtherie die Löffler’schen
Bacillen erhalten haben will, aber bei seinen Versuchen nicht mit
Reinculturen gearbeitet hat.
In letzter Zeit hat dann Brunner 5 ) drei Fälle von Wund¬
erkrankung — wenn man den dritten Fall mit in diese Kategorie
bringen darf — beobachtet, ohne gleichzeitig vorhandene Rachen¬
diphtherie, aus denen es ihm gelang, Diphtheriebacillen zu culti-
viren. Der erste Patient hatte eine Stichwunde im Daumen ohne
Belag, aber mit missfarbigen Rändern, der zweite eine Wunde am
Mittelfinger mit grauweissem Belage, der dritte eine phlegmonöse
Entzündung des Scrotums. In allen drei Fällen waren die Diph¬
theriebacillen mit pyogenen Coccen vergesellschaftet, im ersten er¬
wiesen sie sich hochgradig virulent, in den anderen wenig. Es
bleibt bei diesen Formen von Mischinfection die Möglichkeit offen,
dass die Coccen, nicht die Diphtheriebacillen, welch letztere in einem
Falle erst bei der zweiten Untersuchung gefunden wurden, die
eigentlichen Infectionserreger darstellen und auch die Membran¬
bildung veranlassten, wie es ja auch membranöse Beläge im Rachen
gmbt, welche auf Streptococeeninfection zurückzuführen sind. In
anderen Fällen hat Brunner auch nur Coccen, keine Diphtherie¬
bacillen in croupösen Wundbelägen zu finden vermocht,
r. le . Lehrbücher der allgemeinen Chirurgie, w r elche ich zu
Rathe ziehen konnte, selbst die in neuester Zeit erschienenen, be-
gnugen sich, ohne bacteriologisch untersuchte Fälle zu erwähnen,
Wochenschrift 1891,’ No" ff von Hautdiphtherie. Deutsche medicinisch
cobgi! "NouTA&s'dt 6 ^
schrift l C Ä n 22 r : ^Wuuddiphtheritis. Beriiuer klinische Wocheu
mit dem Hinweise, dass die Wunddiphtherie oft gleichzeitig mit
Epidemieen von Rachendiphtherie, ja selbst bei Leuten, welche an
dieser erkrankt sind, vorkommt. Diese Beobachtung legt in der
That allein schon den Gedanken nahe, dass die Erkrankung, deren
Bild an beiden Localisationsstellen so ähnlich ist, auf dieselben
Erreger zurückzuführen sein müsse. Um bei dem Suchen nach
dem Erreger der Diphtherie festen Boden unter den Füssen zu
gewinnen, hätte man demnach fraglos ganz praktisch derart ver¬
fahren können, dass man zuerst die Beläge diphtherischer Wunden
durchforschte, bei welchen man es ja nicht mit den zahlreichen in
der Mundhöhle vorkommenden Organismen zu thun gehabt hätte.
Fand sich hier eine charakteristische Organismenart, so hätte man
mit dem Hinblick auf sie leichter das Bacteriengewimmel der
Mundhölile durchdringen können. Die Seltenheit der Wunderkran¬
kung einerseits und die Häufigkeit der Rachendiphtherie anderer¬
seits haben es indessen mit sich gebracht, dass der umgekehrte
Weg beschritten wurde. Zweifelt nun heutzutage wohl auch
niemand mehr ernstlich an der ätiologischen Bedeutung des
Loeffler’sehen Bacillus für die Diphtherie, so dürfte es doch
immerhin von Interesse sein, Fälle zu erwähnen, welche beweisen,
dass diese Organismen allein für sich Wunden der Menschen diph¬
therisch zu afficiren vermögen. Es sind dies sozusagen Experi¬
mente, welche die Natur selbst am Menschen macht, während das
Strafgesetz und die Scheu vor etwa zu erzeugenden schweren
Schädigungen der Gesundheit uns die Diphtherieinfection von
Wunden experimenti causa verbieten.
Der von mir beobachtete Fall wurde mir von Herrn Professor
Heidenhain zugänglich gemacht, dem ich auch an dieser Stelle
meinen besten Dank sage.
Es handelte sich um ein siebenjähriges Mädchen, welches am 6. No¬
vember 1893 mit - Dip.htheria faucium erkrankte. Am 18. October und
4. November waren bereits zwei Geschwister ebenfalls von der Krankheit
befallen worden. Die Erkrankung verlief leicht, aber erst am 25. Novem¬
ber war der Rachen belagfrei.
Am 16. November bildete sich am linken Ringfinger auf einer Wunde,
welche sich das Kind einige • Tage vorher dadurch, dass es sich an einem
Nagel riss, zugezogen hatte, ein croupöser Belag. Der am 17. das Kind
besuchende Arzt fand eine etwa 3 qcm grosse Wunde an der Beugeseite
der mittleren Phalanx des linken Ringfingers, welche nach der Dorsalseite
zu die Haut unterminirt hatte und in ihrer ganzen Ausdehnung mit einem
fest haftenden speckigen Belag bedeckt war. Die Wunde wurde mit
Liquor ferri betupft und feucht verbunden. Fieber war nicht vorhanden,
das Allgemeinbefinden gut.
Am 18. November wurde der Verband gewechselt und etwas Material
von der Wunde, auf welcher nur noch geringer Belag vorhanden war, auf
Loeffler’schem Blutserum ausgesät; die Wunde wurde wieder mit Liquor
ferri behandelt. Auf den beiden besäten Serumröhrchen fanden sich am
nächsten Tage Diphtheriobacillen in Reincultur.
Dasselbe Resultat ergaben die Abstriche am 25. November. Die
Wunde war bis zu diesem Termin einen um den anderen Tag, wie vorhin
angegeben, behandelt worden. Wundsecret war jetzt gar nicht mehr vor¬
handen, zur Aussaat wurde das aus der Wundfläche beim Abnehmen des
Verbandes sich sammelnde Blut benutzt.
Am 27. November war die Wunde fast völlig verheüt, Serumaus¬
striche von derselben blieben steril. Die Diphtheriebacillen von der
Wunde wurden auf verschiedenen Nährböden und unter verschiedenen
Bedingungen mit sicheren Diphtherieculturen verglichen und mit den¬
selben durchaus identisch befunden.
Um über ihre Virulenz Klarheit zu schaffen, wurde am 29. November
ein Meerschweinchen von 360 g mit einer Oese Serumcultur vom 28. No¬
vember (2. Generation vom 18. November) subcutan geimpft.
Am 1. December war das Thier munter, hatte aber ein sehr starkes
Infiltrat und Oedem an der Impfstelle. Es starb erst am 11. December
abends; bei der Section fanden sich: ein etwa fünfmarkstückgrosses Infil¬
trat an der Impfstelle mit Injection der benachbarten Hautgefässe, ein
starker seröser Erguss in die Pleurahöhle der Impfseite, grosse blutreiche
Nieren und Nebennieren. Nirgends wurden Diphtheriebacillen gefunden.
Am 27. November waren von den Tpnsillen des Kindes Serumabstriche
gemacht worden, in donen ebenfalls Colonioen von Diphtheriebacillen auf¬
gingen. Mit einer Oese einer Serumreincultur derselben vom 3. December
(4. Generation) wurde am 4. December ein Meerschweinchen von 320 g
subcutan inficirt; es starb am 12. December mit denselben Veränderungen
wie das andere Thier.
Das Kind hatte also sowohl im Rachen wie im Wundbelage
eine abgeschwäehte Form von Diphtheriebacillen beherbergt, welche
selbst in recht bedeutender Menge (1 Oese) und frischer Cultur
mittelgrosse Meerschweinchen erst nach längerer Zeit (zwölf und
acht Tage) zu tödten vermochte. Dass die Patientin die Wunde
sich selbst inficirt hatte, ist nach diesem gleichen Verhalten beider
Bacillenproben nur noch wahrscheinlicher gemacht worden, als es
schon an und für sich ist.
Für die Praxis kann dieser Fall in* doppelter Hinsicht Be¬
deutung beanspruchen. Wir sehen daraus zunächst, dass man Wunden
bei Diphtheriekranken nicht vernachlässigen darf, sondern dieselben,
selbst wenn sie unbedeutend sind, behandeln muss. Mag man auch
imstande sein, falls sich echte diphtherische Beläge auf Wunden
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28. Juni. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
549
gebildet haben, dieselben verhältnissmässig leicht zu beseitigen _
obgleich die lange Behandlung unseres Falles zeigt, dass dies
nicht immer ganz einfach ist —, so werden doch schon bei vor¬
übergehender Ansiedelung der Diphtheriebacillen von diesen giftige
Producte gebildet, welche, in den Körper aufgenommen, die Schwere
der Erkrankung steigern. Zudem kann aber auch eine Verbreitung
der Infection noch leichter von einer offenen diphtherischen Wunde
aus als durch die Secrete und Exerete der Mundhöhle eines Diph-
theriearanken vor sich gehen.
VI. Beitrag zudenblasenbildenden Affectionen
der Mundschleimbaut. 1 )
Von Dr. 0. Rosentlial in Berlin.
In keinem Kapitel unserer Specialdisciplin begegnet man so
vielfachen irrthümlichen Diagnosen, so auseinandergehenden Auf¬
fassungen und Deutungen über das Wesen der vorhandenen Er¬
scheinungen — es braucht zu diesem Zwecke nur auf die Leuko¬
plakie hingewiesen zu werden, über deren syphilitischen oder nicht
syphilitischen Ursprung die Acten noch immer nicht geschlossen
sind und über deren klinischen Begriff die verschiedensten An¬
sichten herrschen — als auf dem grossen Gebiete der Affectionen
der Schleimhaut der Mundhöhle und der anderen zu Tage liegenden
Schleimhäute, die allerdings hierbei viel weniger in Betracht
kommen. Es beruht das zum Theil darauf, dass in vielen Fällen
die Diagnose nur unter Zuhülfenahme von vorangegangenen oder von
erst später folgenden Erscheinungen auf der äusseren Haut sicher
gestellt wird. So ist manche syphilitische Aflfection an sich wegen
ihrer äusseren Aehnlichkeit schwer von einer nicht specifischen zu
trennen, und so dürfte z. B. ein Lichen planus der Mundschleim¬
haut, ohne dass anderweitige Efflorescenzen auf dem Integumentum
commune zu sehen sind, den grössten diagnostischen Bedenken aus-
gesetzt und nur für denjenigen zu erkennen sein, dem eine be¬
sonders reiche Erfahrung auf diesem Gebiete zu Gebote steht. Die
Hauptschwierigkeit aber, eine sichere Diagnose zu stellen, begründet
sich auf dem Umstande, dass an sich die Primärefflorescenzen der
Schleimhaut infolge ihrer Lokalisation den stärksten Insulten und
dadurch den beträchtlichsten Veränderungen ausgesetzt sind. Be¬
vor dieselben zur Begutachtung gelangen, haben sie bereits ver¬
schiedene morphologische Wandlungen durchmachen müssen. Es
bedarf diese Erwägung keiner weiteren Ausführung. So ist es be¬
kannt, dass es nur relativ selten gelingt, Blasen von einer gewissen
Grösse an der Mundschleimhaut zu beobachten. Dieselben platzen
infolge irgend eines Traumas beim Kauen, Sprechen, Bewegungen
der Zunge etc. . Die Decke bleibt als Fetzen liegen oder löst sich
ab, und die dem Auge sichtbar gewordene Basis kann ein ver¬
schiedenartiges Aussehen, über das später noch eingehender ge¬
sprochen werden soll, darbieten. Auch ist bei einer Reihe von
Krankheiten die Aufmerksamkeit auf die Mundschleimhaut erst spät
gelenkt worden; so ist man z. B. seit noch nicht zu geraumer Zeit
darauf eingeübt, in jedem Falle von Erythema exsudativum multi-
forme oder von Lichen planus die Schleimhaut des Mundes zu
untersuchen, während man bei den acuten Infectionskrankheiten,
der Syphilis und anderen Affectionen dieser Localisation schon stets
die gebührende Beachtung geschenkt hat.
Was speciell den Pemphigus der Mundschleimhaut anbetriflt,
so ist es bekannt, dass derselbe die Blaseneruptionen auf der
äusseren Haut begleiten kann. Es existiren über diesen Punkt
kaum irgend welche Meinungsverschiedenheiten; dagegen dürfte
schon eher darüber zu streiten sein, ob der Pemphigus als solcher
heute bereits ein geschlossenes Krankheitsbild darstellt. Nach
meiner Ueberzeugung handelt es sich bei der Bezeichnung
«Pemphigus“ mehr um ein Symptom als um eine bestimmte
Krankheit, und dio bisher darüber gelieferten Schilderungen stellen
ein Conglomerat der verschiedensten Affectionen dar, das der Zu¬
kunft zu lichten noch überlassen ist. Ein wieviel weniger geklärtes
Bild liefert erst das Kapitel der blasenbildenden Affectionen der
Schleimhäute im allgemeinen und der Mundschleimhaut im be¬
sonderen!
Nachdem ich im Laufe der Jahre vielfache mehr oder weniger
diagnostisch klare Fälle von Blasenbildungen der Mundschleimhaut
gesehen hatte, wurde meine Kenntniss auf diesem Gebiete ganz
besonders durch drei Fälle erweitert, die im folgenden in aller
Kürze skizzirt werden sollen.
l *^ esen drm Patienten handelte es sich um Herren aus den
,e J®fc r ® n Gesellschaftskreisen im Alter von ungefähr 30 Jahren. Dieselben
Aff*?* ^ Pilzlich ohne bestimmt nachweisbare Ursache mit einer
Anection im Munde, die von anderen Specialcollegen, erfahrenen Praktikern
na von mir beobachtet worden ist und bei der man feststellen konnte,
i ■ gehalten auf dem IV. Congress der deutschen dermato¬
logischen Gesellschaft in Breslau.
dass die Primärefflorescenzen in Blasen bestanden, welche sich auf den
Schleimhäuten der Zunge, der Lippen, der Waugen, des weichen und
des harten Gaumens und des Pharynx bildeten. Die Blasen waren, wie
schon in den einleitenden Worten erwähnt und begründet wurde, nicht
stets von dem untersuchenden Arzt zu beobachten; die Patienten’selbst
aber, die infolge ihres Bildungsgrades in ihren Aussagen absolut zuver¬
lässig waren, gaben, nachdem sie einmal darauf aufmerksam gemacht
worden waren, mit Bestimmtheit an, dass jedesmal die ersten von ihnen
wahrgenommenen Erscheinungen auf Blasenbildung beruhten. Zu gleicher
Zeit trat bei allen dreien ein ähnlicher Process an den Genitalien auf,
und zwar waren hauptsächlich die Glans, die innere Lamelle des Prä¬
putiums und das Scrotiun befallen. Hier konnte man Vesikeln und Bullen
von verschiedener Grösse auf das allerdeutlichste erkennen. Bei genauerer
Inspection zeigte sich, dass dieselben ebenso wie die ödematöse Um¬
gebung ein bläulich cyanotisches Gebiet einnahmen, das nach der
gesunden Haut hin durch einen deutlich markirten, zinnober-
rothen Rand abgegrenzt war. Diese Farbennüancen Hessen schon an
sich erkennen, dass es sich in den vorliegenden Fällen um ein Erythema
bullosum, einer Morphe des Erythema exsudativum multiforme handelte.
Nachdem so die Diagnose an der äusseren Haut gestellt war, war auch
die Affection der Mundschleimhaut, die in ihrem zeitlichen Auftreten
und in ihrer Entwickelung derjenigen des Integumentum commune ent¬
sprach, erklärt.
Ein gemeinsames Moment bei den drei Fällen war ferner der Um¬
stand, dass auf keinem anderen Punkt der äusseren Haut irgend eine
Affection oder irgend ein Exanthem sichtbar war; nur in einem Falle
war zu gleicher Zeit die Schleimhaut des Anus in ähnlicher Weise be¬
fallen.
Auch muss hervorgehoben werden, dass bei den drei Patienten der
erste Anfall in die Herbst- und die sich anschliessende Winterzeit rosp.
in das Frühjahr fiel.
Der Verlauf dieser Fälle war derartig, dass die Affectionen
des Mundes und der Genitalien auf indifferente Behandlung hin,
nachdem mehr oder minder heftige Beschwerden und Schmerzen
beim Essen oder Sprechen vorangegangen waren, zurückgingen,
dass aber in jedem dieser Fälle eine Anzahl Recidive — in dem
einen derselben waren es sieben — nach kürzeren oder längeren
Zwischenräumen auftraten und von mir beobachtet worden sind.
Immer wieder spielte sich das gleiche Bild ab: Beschwerden im
Munde durch Blasenbildungen bewirkt, Unbequemlichkeit an den
Genitalien, durch die beschriebene Eruption erzeugt, dadurch her¬
vorgerufene Verstimmung und Sorge um die Gesundheit und Ab¬
heilung unter indifferenter Behandlung. Was diese Fälle noch
auszeichnet, ist die Thatsache, dass die verschiedensten Diagnosen
gestellt worden sind. Dass der Verdacht auf Lues ausgesprochen
worden ist, wo es sich neben einer Affection der Genitalien um
Erscheinungen im Munde handelte, ist selbstverständlich. Der eine
Patient hat mehrfach den Beginn von Injectionscuren über sich
ergehen lassen müssen, ohne dass natürlich das Leiden in irgend
einer Weise beeinflusst worden wäre. Ferner sind die Fälle als
Pemphigus, Herpes, Urticaria angesprochen worden.
Es lohnt sich der Mühe, diese Diagnosen in ihrer differentiellen
Bedeutung des näheren zu beleuchten.
In den Lehrbüchern findet man im allgemeinen, dass ein soli¬
tärer Pemphigus der Mundschleimhaut Vorkommen kann und dass
derselbe gewöhnlich als der Vorläufer eines später auf der Haut
zu Tage tretenden gleichartigen Krankheitsbildes aufzufassen ist.
Nun unterliegt es keinem Zweifel, dass, wenn nicht zu gleicher
Zeit die Erscheinungen an den Genitalien vorhanden gewesen
wären, die Berechtigung, die Affection als Pemphigus aufzufassen,
von keiner Seite hätte bestritten werden können. Nur die klar zu
Tage tretenden Eigenthümliclikeiten des Erythema exsudativum
multiforme Hessen diese Diagnose nicht aufkommen. Hiergegen
dürfte man einwenden, dass es an und für sich gleichgültig sei,
sobald man sich über den Symptomencomplex einig ist, die in
Frage stehende Affection als Pemphigus oder als Erythema bul¬
losum zu bezeichnen. Beide Namen sagen, dass es sich um Blasen¬
bildungen handelt. Bei dem Ausdruck Pemphigus denkt man so¬
gar, wenn nicht das Wort acutus hinzugesetzt wird, an chronisch
recidivirende Blasenbildungen.
Man wird aber zugeben müssen, dass die Bezeichnung Ery¬
thema bullosum aus dem Grunde richtiger ist, weil einerseits, wie
schon oben erwähnt wurde, der Pemphigus noch ein unklares,
nicht abgeschlossenes, der Sichtung bedürftiges Gebiet darstellt,
und weil andererseits, wenn man von einem Erythema bullosum
spricht, man sofort an das, wenn auch durch seine Aetiologie
noch weniger bekannte, aber in seinen klinischen Erscheinungen
beinahe vollständig abgeschlossene Krankheitsbild des Erythema
exsudativum multiforme (Hebra) erinnert wird.
Auch in der Litteratur finden sich viele Fälle von Pemphigus
der Schleimhäute [Bandler 1 ), Boer 2 ), Mandelstamm 3 ), Chiari 4 ),
J ) Prager Wochenschrift 1890. No. 42.
s ) Sitzungsbericht der Berliner denn. Vereinigung. November Iööö.
3 ) Berliner klin. Wochenschrift 1891, No. 49.
4 ) Wiener kfin. Wochenschrift 1893, No. 20.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26
Seifert 1 ), Heryng 2 ) etc.], von denen wahrscheinlich ein Theil den
obigen Fällen gleichzustellen und daher besser als Erythema
bullosum zu bezeichnen ist.
Was die Diagnose Herpes anbetrifft, so hat unter der Be¬
zeichnung eines chronisch recidivirenden Herpes der Mundschleim¬
haut Flatau 3 ) einen interessanten Fall beschrieben, der in vieler
Beziehung an die vorher angeführten Krankengeschichten erinnert.
Es ist das der einzige Fall, den ich in der Litteratur auffinden
konnte, bei dem ebenfalls die mehrfache Coincidenz zwischen
Affectionen der Mundschleimhaut und der Genitalien beobachtet
wurde. Ist schon an und für sich ein Jahre lang recidivirender
Horpes der Mundschleimhaut ein Unicum, so dürfte, wenn man das
Krankheitsbild in seiner Gesammtheit betrachtet, die Auffassung
nicht unberechtigt erscheinen, den Fall mit den meinigen als
identisch anzusehen und daher für denselben die Bezeichnung
Erythema bullosum vorzuziehen.
Eine andere Frage ist es, ob es nicht angebracht ist, die durch
ihren eigenartigen Symptomencomplex charakteristische Affection
als Herpes iris aufzufassen; finden sich doch in der Litteratur
mehrere einschlägigeKrankheitsgeschichten [Neumann 4 ), Kühner 5 )],
in denen hervorgehoben wird, dass neben der äusseren Haut auch
dio Mundschleimhaut ergriffen war. Auch gehören diejenigen Fälle
— ich habe selbst mehrere beobachtet —, in denen der Herpes iris
chronisch verläuft, nicht zu den absoluten Seltenheiten. Indessen,
es ist nicht zu empfehlen, das Bild des Herpes iris, das
durch die Zusammenfassung vielfacher Affectionen in die Gruppe
der von Dühring aufgestellten Dermatitis lierpetiformis ver¬
schleiert wurde resp. verdrängt werden soll — und zwar mit Un¬
recht —, noch weiter zu verdunkeln. Wenn man sich ferner vor¬
stellt, dass der Sitz der oben beschriebenen Affectionen nur die
Genitalien und nicht zu gleicher Zeit die Mundschleimhaut beträfe,
so würde bei dem Vorhandensein grosser Blasen und dem eigen-
thümlichen, charakteristischen Farbencomplex die Diagnose Herpes
iris ganz unberechtigt erscheinen, abgesehen davon, dass ein
Herpes iris der Mundschleimhaut, ohne dass die äussere Haut er¬
griffen ist, bisher nicht bekannt ist.
Was die Diagnose Urticaria bullosa anbelangt — und dieselbe
ist in der That in dem einen der angeführten Fälle von einem ge¬
schätzten Specialcollegen gestellt worden —, so bedarf es keiner
weiteren Erörterung darüber, dass die Schleimhaut als solche von
Urticaria befallen werden kann, aber doch nur dann, wenn zu
gleicher Zeit dieselbe Affection in besonders heftigem Grade, wie
bei der Riesenurticaria Milton’s, auf der äusseren Haut besteht
[Rapin 6 ) Ripley 7 )]. Dass aber die Urticaria allein die Schleim¬
haut des Mundes befällt und eventuell nur noch die Genitalien, wie
in den angeführten Fällen, ist bisher weder beobachtet worden,
noch scheint es berechtigt, die Affection in dieser Weise aufzu¬
fassen.
Diese Symptomengruppe wäre noch, wie schon erwähnt wurde,
zu verwechseln mit Syphilis, bei der aber Blasenbildung der Mund¬
schleimhaut, der Genitalien und die mehrfach hervorgehobene Farben¬
zusammenstellung nicht vorkommt, und mit Aphthen, von denen
chronisch recidivirende Fälle bekannt sind. Dieselben sind jedoch
in ihrem Aeussern, ihrem Verhalten, ihrer Entwickelung von dem
beschriebenen Krankheitsbilde verschieden.
Weniger leicht dürfte das Erythema bullosum für einen Lichen
planus der Mundschleimhaut gehalten werden, da bei dieser Affection
der knotenförmige Charakter des Exanthem deutlich zu Tage tritt.
Dass man in solchen Fällen nicht von einem Ekzem sprechen darf,
wie es Hardy 8 ) in einem Falle gethan hat, bedarf keiner weiteren
Ausführungen. Ein diffuses Ekzema vesiculosum der Schleimhaut
ist bisher nicht beobachtet worden und wird es auch ferner nicht
werden.
Es soll mithin nicht geleugnet werden, dass bei ausgesprochenem
Pemphigus der äusseren Haut auch die gleiche Krankheit der
Mundschleimhaut vorhanden sein kann; es ist nur die Absicht,
durch diese Ausführungen die Meinung zu vertreten, dass der bis¬
herige solitäre Pemphigus, der Pemphigus localis der Mundschleim¬
haut, ohne dass begleitende Erscheinungen auf der äusseren Haut
vorhanden sind und ohne dass er von einem ähnlichen Ausbruch
der Haut gefolgt wird, in das Gebiet des Erythema exsudativum
multiforme gehört und als Erythema bullosum aufzufassen ist,
Indess soll keineswegs bestritten werden, dass es Fälle giebt, bei
3 S ev H e de lai 7ngoU d’otol. et de rhinol. 1891. No. 8.
1 Nowiny lokarskie 1892, No. 5.
3 ) Deutsche med. Wochenschrift 1891, No. 22.
) Anzeiger der k. k. Gesellschaft der Aerzte in Wien. 15. März 188
!) Berliner klm. Wochenschrift 1887, No. 16.
) De quelques formes rares de l’urticaire. Revue medic. de
fcuisse. November 1886.
5 Journ. of cutan. and. vener. diseases, November 1885.
8 ) Gazette des Höpitaux 1879, No. 7.
denen die Schleimhauteruption der Affection auf der äusseren Haut
vorangeht [Heryng 1 ), Köbner 2 ) etc.], aber es wird die Frage zu
erörtern und auch zu bejahen sein — doch soll an dieser Stelle
nicht weiter auf dieselbe eingegangen werden —, ob es nicht noth-
wendig ist, eine ganze Gruppe von pemphigoiden Erkran¬
kungen in das Kapitel des Erythema exsudativum multi¬
forme einzureihen. Und dass diese Affection die Schleimhaut er¬
greifen kann, ist schon erwähnt und auch von jedem Dermatologen
mehrfach gesehen worden. Besonders ausgesprochen sind in dieser
Hinsicht die Fälle von Lanz 3 ) und Schoetz 4 ).
Ist somit für die in Frage stehende Affection der Mundschleim¬
haut die Bezeichnung Erythema bullosum festgestellt, so ist es
unnöthig, des näheren dazuthun, dass auch die anderen sichtbaren
Schleimhäute, der Pharynx, der Kehlkopf [Irsai, 5 ) Zwillinger 6 )],
vielleicht auch die Bronchien, sowie andererseits der Anus, die
Nasenschleimhaut und die Conjunctiva in gleicher Weise befallen
werden können. In dem Falle von Flatau (1. c.) war die Nasen¬
schleimhaut ergriffen, während für die Betheiligung der Conjunctiva
Fälle von Cohn, 7 ) Fuchs, 8 ) Somogyi, 9 ) Kromayer 10 ) etc. an¬
zuführen sind.
Es erübrigt noch, zur besseren Unterstützung der Diagnose
auf das Aussehen und das Schicksal der Blasen in wenigen Worten
näher einzugehen. Die Grösse derselben ist verschieden, ihr Inhalt
serös oder serös eitrig, aber, wie erwähnt, sind dieselben infolge
der beständig einwirkenden mechanischen, chemischen oder physi¬
kalischen Reize der schnellsten Zerstörung anheimgegeben. Von
diesen, von dem Sitz und von der Grösse der Blasen hängt
natürlich die hervorgebrachte Veränderung ab. Entweder man
sieht die Blaseudecke als lockeren Fetzen aufliegen oder sie hängt,
nur noch an einem Rande festsitzend, herunter. Ist sie aber voll¬
ständig gelöst worden — und das ist grösstentheils der Fall—,
so tritt eine leicht blutende, scharf conturirte Erosion zu Tage,
oder es bedeckt sich die des Epithels beraubte Stelle mit einem
schmierigen, weisslich oder gräulich gelben Belag. Einzelne Stellen
haben schliesslich das Aussehen, als ob sie mit einer Croup¬
membran bedeckt sind. Infolge anhaltender Reizungen und Coccen-
invasion kommt es auch zur Bildung oberflächlicher Eiterungen,
die sich als mehr oder minder seichte Geschwüre mit blutender
oder weisslicher Verfärbung des Grundes darstellen. Ganz be¬
sonders hervorzuheben ist aber, was bisher noch nicht gesagt wurde,
dass auch auf den Schleimhäuten die Farbendifferenz
des Erythema exsudativum, wenn auch nicht prägnant,
doch an einzelnen Stellen deutlich zu erkennen ist. Die
Mucosa ist an manchen Stellen cyanotisch und ödematös ge¬
schwollen und von einem deutlich sichtbaren schmalen, rothen
Hof umgeben. Auch Flatau beschreibt in seinem Falle diese
eigenthümliche Area.
Interessant ist es, dass Mandel stamm (1. c.) über einen
Pemphigus der Schleimhaut berichtet, ohne dass Blasenbildung
einhergehen soll. Es ist das eigentlich ein Widerspruch, denn
Pemphigus ist eine Blasenaffection, und eine Blasenafleetion ohne
Blasen kann kein Pemphigus sein. Es ist indessen wahrscheinlich,
dass Mandel stamm nur damit ausdrücken wollte, dass es ihm
in den vier Fällen, die er beobachtet hat, nicht gelungen ist, eine
Blase auf der Schleimhaut zu sehen, sondern nur eine derjenigen
Folgeerscheinungen, die soeben geschildert worden sind. Deshalb
wäre es, wenn er von einem Pemphigus der Schleimhaut sprechen
wollte, richtiger gewesen, hinzuzufügen: „ohne eine objectiv zu
constatirende Blasenbildung“. Richtig und natürlich ist es aller¬
dings, dass der Blase ein papulöses Stadium vorangeht und dass
an einzelnen Stellen die Affection nur diese Stufe der Entwicklung
erreicht; somit kann man auch [Chiari 11 )] in solchen Fällen
Epithelverdickungen und Epitheltrübungen wahrnehmen. Und wenn
in einem der vier von Mandelstamm angeführten Fälle auch ein
Pemphigus der äusseren Haut gefolgt ist, so ist darum noch nicht
bewiesen, dass auch in den anderen drei Fällen später Pemphigus
eingetreten ist. Es wäre garnicht unmöglich, vielleicht sogar
wahrscheinlich, dass es sich bei dem einen oder anderen seiner
Patienten um die soeben beschriebene Morphe des Erythema
exsudativum multiforme gehandelt hat.
*) Nowiny lekarskie 1892, No. 5.
2 ) Versamml. der Gesellschaft deutscher Naturforscher u. Aerzte 1893.
3 ) Berliner klm. Wochenschrift 1886, No. 41.
4 ) Berliner klin. Wochenschrift 1889, No. 27.
5 ) Intern, klin. Rundschau 1891, No. 28/29.
6 ) Gyogaszat 1889, No. 16.
7 ) Breslauer ärztliche Zeitschrift 1885, No. 10 ff.
8 ) Blätter f. Augenheilkunde. October 1876.
9 ) Szem<$szet 1882, No. 4.
,0 ) Versamml. d. Ges. deutsch. Naturf. u. Aerzte z. Halle 1891.
") 1. c.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
28. Juni.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
551
Zum Schluss möge die in obigen Auseinandersetzungen be¬
gründete Meinung in folgende Sätze zusammengefasst werden.
Beim localen Pemphigus der Mundschleimhaut handelt es sich
um eine Morphe des Erythema exsudativum multiforme, und ist
derselbe daher als Erythema bullosum zu bezeichnen.
Die als Urticaria, Herpes etc. der Mundschleimhaut ange¬
sprochenen und beschriebenen Affectionen gehören grösstentheils
dem Erythema bullosum an.
• Das Erythema bullosum der Mundschleimhaut vergesellschaftet
sich häufig mit einer gleichen Erkrankung des Genitalapparates.
Man wird aber noch hinzufügen können, dass das Erythema
bullosum der Mundschleimhaut — und das ist ein werthvolles
diagnostisches Moment — sich durch seine Eigenthümlichkeit,
mehrfach zu recidiviren, auszeichnet.
VH. Secale cornutum (respect. Ergotin) gegen
die nächtlichen Schweisse der Phthisiker.
Vorläufige Mittheilung von Dr. J. Goldendach in Moskau.
Oberarzt am Kraukenhause des allerhöchsten Namens S. M. des Kaisers
Alexander III.
Die nächtlichen Schweisse der Phthisiker bilden, wie bekannt, ein
sehr lästiges Symptom. Dabei fördern sie in hohem Maasse die Entkräf¬
tung der Kranken. Bringt doch schon der Verlust einer so bedeutenden
Fltissigkeitsmenge grossen Schaden mit sich, — Nicht bei allen an Phthisis
pulmonum leidenden Kranken sind die Schweisse gleich stark. Im Gegen¬
teil bemerkt man auch hier sehr bedeutende Schwankungen: während in
einer Reihe von Fällen die Haut des Körpers kaum feucht wird, beobachtet
man in anderen Fällen einen ziemlich reichlichen Sehweiss, und in einer
dritten Kategorie liegen die Kranken förmlich ^wie in Sehweiss gebadet“.
Obwohl in der Mehrzahl der Fälle die Nachtschweisse bei Patienten
zum Vorschein kommen, bei welchen der Zerfall- und Zerstörungsvorgang
iu den Lungenspitzen vom hectischen Fieber begleitet wird (Phthisis con-
summata), kommen andererseits nicht wenige Fälle zur Beobachtung, wo
man kein eigentliches Fieber vorfindet, wo der Sehweiss, so zu sagen, den
«alleinigen Ausdruck des Fiebers bildet, da das Thermometer zu keiner
Zeit — weder am Morgen, noch in den Abendstunden — eine Erhöhung
der Temperatur zeigt. Ueberhaupt scheint es, dass die Erklärung der
Nachtschweisso der Phthisiker, als durch das Fieber allein bedingt, nicht
ganz zutreffend ist. Schon abgesehen davon, dass das Schwitzen der
Phthisiker bei weitem nicht immer mit dem Grade des fieberhaften Zu¬
standes Hand in Hand geht, zeigt auch die Beobachtung, dass der Sehweiss
sehr oft mit dem Schlafe des Kranken oder vielmehr mit dessen Ein¬
schlafen zusammenfällt : mag der Kranke am Tage zu irgend welcher Zeit
auch nur für eine kleine Weile einschhafen, so liegt er alsbald in seinem
Schweisse. Es muss jedenfalls zugegeben werden, dass die eigentliche,
nächste Ursacho der Nachtschweisse der Phthisiker noch nicht ganz auf¬
geklärt ist.
? s *‘ st dass gegen ein so lästiges «Symptom sehr viele
Mittel empfohlen wurden. Aber schon ihre grosse Anzahl weist darauf
hin, dass keines von ihnen zum Ziele führt. In der Th.at habe ich im
Laufe von Jahren fast alle diese Mittel in Anwendung gebracht, ohne den
gewünschten Erfolg zu erhalten. So habe ich von Chinin, das noch
Lebert so wann empfahl, nicht den mindesten Erfolg gesehen, trotzdem
ich es nicht nur, nach der Vorschrift dieses Autors, in kleinen Dosen
(zu 3 g pro Dose), sondern in viel grösseren Gaben verabreichte (zu 10 g).
Das Plumbum aceticum habe ich nicht angewendet. Das in dieser Hinsicht
so berühmt gewordene Atropin wirkt höchst unsicher, lässt auch grössten¬
theils vollkonunen im Stich; auch ist seine Anwendung nicht ganz ohne
Uefahr. — Nicht viel Nutzen sah ich ferner vom Hyoscin, von Abreibungen
des Körpers vor dem Schlafe, von Cognac u. s. w. Auch das seiner Zeit
so viel gepriesone Pulver, aus Amylum, Talcum und Acidum salicylicuin
bestehend, wollte mir, bei mehrfacher Anwendung, keine wesentlichen
Dienste leisten. *)
, . Hinsicht der wichtigen Rolle, welche die vasomotorischen Nerven
bei den Absonderungsvorgängen spielen, lag der Gedanke nahe, ein Mittel
gegen die Nachtschweisse in Anwendung zu bringen, welchem die Fähig¬
keit zugeschrieben wird, einen Einfluss auf diese Nerven und durch ihre
Vemiittelung auf die Sc-hweissabsonderung «auszuüben. So kam ich dazu,
den Phthisikern gegen die Nachtschweisse «Secale eomutum zu verordnen.
Der Erfolg war in der Mehrheit der Frille ein höchst befriedigender, oft
sogar ein überraschender. Ich gebe gewöhnlich vor dem Schlafe ein oder
zwei Pulver Secalis cornuti zu fünf Gran (0,3). In vielen Fällen wird danach
tj , ,weiss sehr unbedeutend, in anderen bleibt er vollständig aus,
Jedenfalls bilden die Fälle, wo das Mittel vollständig ohne Wirkung bleibt,
seltene Ausnahmen. Mir sind Fälle bekannt, wo die Kranken, durch die
Vu'kmig des Medieaments sehr befriedigt, dasselbe längere Zeit hindurch,
?^ ei Wochen z. B., allabendlich einnahmon, immer mit gutem Erfolge,
jedenfalls aber ohne schädliche Folgen. Letzterer Umstand, d. h. also die
Unschädlichkeit des Mittels, ist gewiss ein wesentlicher Vorzug. — Und
so ertaube ich mir, auf Grund zahlreicher Beobachtungen die Anwendung
des öecale cornutum gegen die Schweisse an Schwindsucht Leidender
den L/Ollegen aufs wärmste zu empfehlen.
, den letzten Wochen habe ich die Behandlung derart modificirt,
ass lc h Pulv. secale cornutum, Ergotin subcufcan zur Anwendung
l ) Das sehr wirksame Acidum camphoratum, welches bekanntlich zu¬
erst von Fürbringer gegen die Nachtschweisse der Phthisiker empfohlen
orden ist, scheint der Verfasser nicht angewandt zu haben. J. S.
bringe. Ich bediene mich dabei folgender Vorschrift: Rp. Extr. Secal.
cornuti 3,0. Spirit, dil., Glycerin.. Aq. destillat, ana 5,0. MDS. eine
Spritze jeden Abend subcutan. - Der Erfolg dieser Behandlung ist noch
viel constanter und grösstentheils auch viel überraschender.
VIII. Therapeutische Mittheilungen.
Bericht über Pharmakologie und Toxikologie.
Von Prof. L. Lewin in Berlin.
(Schluss aus No. 25.)
Metkylirung im Körper.
Wenn Menschen, wie es seit lange die klinische Erfahrung
gelehrt hat, Magisterium Bismuti aufnehmen, so tritt zuweilen ein
widerlich knoblauchartiger Geruch in der Exhalationsluft auf, der
einer Beimengung von Tellur ihr Entstehen verdankt. Da Ka¬
lium telluricum nun auch hier und da als Mittel gegen phthi-
sische Nachtschweisse Verwendung findet, so hat die Frage nach
dem Ursprung dieses Geruches ein noch grösseres, praktisches
Interesse gewonnen. Schon früher vermuthete man als Ursache
eine organische Tellurverbindung, vielleicht Tellur me thyl. Thier-
versuche an Kalt- und Warmblütern, ja selbst wirbellosen Thieren,
gaben weitergehende Aufschlüsse. 1 ) Thiere, welche teilurige oder
Tellursäure erhalten haben, zeigen den Geruch auch in allen Aus¬
scheidungen, in ihren Körperhöhlen, im Blute und den Lungen.
Aber auch noch die todten Organe können Tellurverbindungen in
Tellurmethyl überführen. Besonders starken Geruch weisen die
Hoden auf. Woher sammt das Methyl? Die Abspaltung der Methyl-
gruppe muss aus den Geweben des Thierkörpers vor sich gehen,
in denen sich eine nicht flüchtige, durch Temperaturen über 50°,
Wasser, Salzlösungen, Glycerin, Alkohol, Metallsalze, zersetzbare
„methylabspaltende Substanz“ vorfindet. Der Methylirungsvorgang
ist unabhängig von der Bluteirculation und der Sauerstoffzufuhr
und auch von der anatomischen Structur, da mit Glaspulver ver¬
riebene Gewebe denselben zustande kommen lassen. Jedenfalls ist
die Abspaltung der Methylgruppe und Anlagerung an andere
Atomcomplexe ein im intermediären Stoffwechsel der Thiere über¬
haupt, und namentlich drüsiger Organe, vor allem der Hoden, sehr
verbreiteter Vorgang.
Diuretica.
Eine für den Praktiker wichtige Arzneigruppe stellen die
Diuretica dar, über die manches Neue in den letzten Jahren zu
Tage gefördert wurde. Für eine ganze Reihe pathologischer Vor¬
gänge reicht es aus, wenn das Diureticum einen stärkeren Strom
von Flüssigkeit durch die Nieren veranlasst, aber immer ist es
wünschenswert^ wenn mit dem Wasser auch anorganische und
organische Bestandtheile den Körper verlassen. Im allgemeinen
geschieht dies auch. Schon das Trinken von Wasser lässt z. B.
mehr stickstoffhaltige Bestandtheile ausscheiden. In Selbstver¬
suchen, die sich unter anderem auch auf Volksheilmittel der be¬
sagten Richtung bezogen , 2 ) wurden die verschiedenartigsten
Diuretica nach diesen Gesichtspunkten hin untersucht. Die That-
sächlichkeit vieler alter Angaben über die hervorragenden diure-
tischen Wirkungen ätherischer Oele (01. Juniperi, 01. Petroselini,
01. Levistici etc.) konnte bestätigt werden. Mit Recht wird hier¬
bei davor gewarnt, diese Oele bei frischen Nierenentzündungen zu
geben. Es wurde hierbei in den meisten Fällen eine Zunahme des
Eiweissgehaltes des Harns und Mangelhaftigkeit der Haro-
absonderung wahrgenommen. Bei Oleum Petroselini trat ausser¬
dem mit grosser Regelmässigkeit Erbrechen ein. Auch bqi chro¬
nischer Nephritis sind beide Oele nicht empfehlens werth, wenn
gleich sie hier harnvermehrend wirken. Ein besonderes Interesse
beansprucht meiner Ansicht nach die Bestätigung der hervor¬
ragenden diuretischen Eigenschaften des Tartarus boraxatus,
auf die ich schon vor Jahren mehrfach hinwies. Lässt man den¬
selben in Wasser oder Brühe gelöst zu 10—25 g pro Tag nehmen,
so wird die Harnfluth nicht auf sich warten lassen. Leider ist
dieses Salz in Apotheken theuer. Als gleichwertiger Ersatz
könnt« eine Lösung von Borax und Weinstein verschrieben werden
(Boracis 5—10, Aquae 150, Tartan depur. 2,5—5, zweistündlich
ein Esslöffel).
Digitalis.
Ein in mannigfacher Beziehung wichtiges klinisches Ergeb¬
nis über Digitalinum verum wurde auf der Strassburger medi-
cinischen Klinik erhalten. 3 ) Das an sich gerechtfertigte Streben
i) Hofmeister, Archiv für exper. Path. und Pharmak.
S 198.
*)* Raphael, Arbeiten des pharmakol. Instituts zu Dorpat
S. 81. Stuttgart, F. Enke, 1894. , b
3) Klingenberg, Archiv für exper. Path. und Pharmak.
S. 353.
Bd. 33,
Heft X,
Bd. 33,
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
No. 2G
552
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
der neueren Zeit, die galenischen Pflanzenpräparate durch die
darin vorkommenden wirksamen Prinzipo zu ersetzen, hat mehrfach
einen praktischen Ausdruck bekommen. Eine Wohithat für Kranke
wäre es, in dieser Beziehung von dem Eiunehmen eines Infusum
foliorum Digitalis befreit zu werden, einmal weil mancherlei subjec-
tive Inconvenienzen damit verbunden sind, andererseits weil die
Droge nicht immer in zuverlässiger Güte verabfolgt wird. Es
wurde daher nach Schmiedeberg’s Verfahren Digitalin chemisch
rein dargestellt und dieses an Kranke verabfolgt. Eine erste Ver¬
suchsreihe gab negative Heilresultate, weil, wie man damals an¬
nahm, das Mittel in Pillenform gegeben und daher schlecht resor-
birt worden sei. Man verabreichte es jetzt in alkoholisch-wässe¬
riger Lösung in Einzeldosen von 0,002 g und in Tagesdosen bis
zu 0,006 g und selbst 0,016 g bei Mitralfehlern, Nephritis chro¬
nica etc. Was diese Verordnungsweise bei einem an Insufficienz
der Mitralklappe mit Oedemen leidenden Manne erreichte und was
andererseits Infuse einer guten Digitalis zu leisten vermögen, das
ist so lehrreich, dass ich es in der folgenden Tabelle theilweise
wiedergeben will.
Datum
Puls
Diurese
!■ poc.
Gewicht
Therapie
25.
November
1892
160
550
1020
26.
160-
160
550
1021
27.
1 160-
-160
630
1016
28.
„
160-
152
680
1015
Digitalin
0,010
29.
..
148-
-140
840
1023
0.012
30.
140
140
620
1020
0.014
1.
Docember
1892
132
130
680
1021
0.016
2.
130-
130
620
1024
..
0.016
3.
..
138-
130
600
1022
Ausgesetzt
4.
..
..
132-
142
850
1023
Infus fol
Digit
1,5
200.0
5.
..
120-
112
610
1022
1,5
200,0
6.
110 -
108
1015
! 1015
1.5
200.0
7.
..
..
100-
98
850
, 1019
8.
..
„
98-
92
1070
1 1008
1.0
200,0
9.
..
84-
90
1200 ;
1018
10.
„
„
82-
82
930 ;
1016
1.0
: 200,0
11.
..
..
1 SO¬
80
100 i
12.
..
SO
76
780
1025
0.2
200,0
13.
,,
H l
78
—
1100
1020 !
0.2
200,0
14.
„
90-
82
1400
1020
0.15
200,0
15.
„
,,
90-
80
2400
1016
0,15
200,0
16.
..
80—
80
2930
1016
0.3
200,0
17.
|
84 -
80
3000
1010
0.2
200.0
18.
”
I
80
—
3500
1011
Das Digitalin hat den Puls in Quantität und Qualität kaum,
und subjectives Wohlbefinden sowie Diurese gar nicht beeinflusst,
während die Digitalisinfuse alles zu erwartende leisteten und den
Kranken soweit brachten, dass er ohno Compensationsstörung ent¬
lassen werden konnte. Aehnlich verhielten sich andere Fälle, in
denen das Allgemeinbefinden sich sogar verschlechterte und’ dio
Harnmenge unter die Zahl sank, die sie vorher besass.
Auch hieraus kann die Lehre abstrahirt werden, dass, so
sehr es wünschenswerth ist, die Medication zu vereinfachen und
den Arzt unabhängig zu machen von unter Umständen schlechten
Extracten und Tincturen und manchen nicht angenehmen Arznei¬
formen, der Ersatz der Pflanze sich fast nie durch das oder die
wirksamen Prinzipien vollständig bewerkstelligen lässt. Die
Pflanze repräsentirt trotz der verschiedenartigsten
Bestandtheile eine Wirkungseinheit, die nichts anderes
ist als die Resultante aus der Wirkung dieser Bestand-
j.j*?*. V arum können die Opiumalkaloide nicht das Opium
die Digitalisbestandtheile nicht die Digitalis und selbst die Be¬
standtheile der Belladonna nicht die Pflanze ganz ersetzen
Und deshalb haben die Aerzte mit allen Kräften, jeder inner¬
halb seines Wirkungsgebietes, danach zu streben, dass die zu
verarbeitenden Drogen gleichmässig und möglichst frisch und die
Darstellung der Arzneiform auf das sorgfältigste vorgenommen
Beeinflussung der Pancreassecretion durch Medicament
• Au . c k klinische Zwecke hat es einen Werth zu wissen w
sich die Secretionsverhältnisse der Pancreas unter’de
U - v! S ° ^_ ersc l li edener Medicamente verhält. Sind d
bezüglichen Versuche auch nur an Kaninchen angestellt 1 ), :
Ä S1 M ° Cl l Hlawe j se ’ die »Her Wahrscheinlichkeit nach am
für den Menschen Bedeutung haben. Die Secretmenge, ihre Z
=r tZ T A b sonderu ngsgeschwindigkeit konnten t
Fisteithmren bestimmt werden. Pilocarpin bedingt eigenthür
hcherweisc keine Zunahme der Absonderungsgeschwindigkeit. D
gegen ist de r Gehalt des Saftes an festen Bestandteilen vermehi
') Gottlieb, Arch. f. exper. Path. u. Pharmak. Bd. 33 , S. 261.
Atropin verringert nach intravenöser Beibringung die Pancreas¬
secretion nicht. Physostigmin rief mehrfach, aber nicht immer
eine Steigerung der Secretmenge bei Steigerung des Trockenge¬
haltes hervor. Bemerkens werth ist, dass reizende Stoffe, z. B.
Senföl, vom Magen aus eine ziemlich lange anhaltende, auf
reflectorischem Wege zustande kommende Vermehrung der Secre-
tionsgeschwindigkeit veranlassen. Ein ähnliches, wenngleich anders
gedeutetes Resultat erhielt übrigens, was dem Verfasser ent¬
gangen ist, schon im vergangenen Jaliro Becker im Institut für
experimentelle Medicin in Petersburg, als er kohlensäurehaltiges
Wasser bei Fistelthieren in den Magen brachte. Das Gleiche ver¬
ursachen reizende Stoffe, die in eine Duodenalschlinge gebracht
werden. Die Abhängigkeit der Pancreassecretion von sensiblen
Darmreizen weist auch auf die Bedeutung hin, welche den Ge¬
würzen und scharfen Stoffen durch ihre örtlich reizende Wirkung
auf der Magen- und Darmschleimhaut für den Verdauungshergang
zukommen. Dies im Zusammenhang mit den schönen Versuchen
von Brandl, der nach wies, dass durch Gewürze und scharfe
Stoffe die Resorption vom Magen aus in hohem Grade gefördert
wird, geben uns experimentelle Beläge für die Jahrtausende alte,
der Volksmedicin entstammende und von Aerzten aller Nationen
empirisch beglaubigte, gute Wirkung der angezogenen Stoffe für
Appetit und Verdauung.
Chronische Nicotinvergiftung.
Viele Angaben liegen über die im Tabakrauch vor¬
handenen Stoffe vor. Einige Forscher wiesen mit Sicherheit
darin Nicotin nach, andere vermissten es. Für die Entstehungs¬
art des chronischen Nicotinismus hat selbstverständlich die Ent¬
scheidung über diese Frage einen grossen Werth. Man füllte 1 )
eine aus Eisenblech verfertigte, etwa 500 ccm fassende Pfeife mit
Elsässer Tabak und liess den Rauch des angebrannten Krautes
durch einen Respirator in mit saurem Wasser gefüllte Gaswasch¬
flaschen treten. Nach theilweisem Eindampfen der Waschwasser
schieden sich theerartige Producte ab, die für Frösche unwirksam
waren.
Aus den in Lösung gegangenen Stoffen wurde Nicotin abge¬
schieden. Leider ist auf das Vorhandensein von Kohlenoxyd
nicht geprüft worden. Dass sich solches bildet, ist wohl so zwei¬
fellos, wie dass es beim Rauchen eine Schädlichkeit darstellt.
Chronische Nicotinvergiftung beim Thiere vom Magen aus
veranlassto Minderung des Hämoglobingehaltes des Blutes und der
rothen Blutkörperchen, sowie der Blutalkalescenz, Steigen der
Anzahl der weissen Blutkörperchen und Verlust am Körper¬
gewicht.
Ein Vergleich mit der chronischen Alkoholvergiftung
ergab nur eine Uebereinstimmung in der Abnahme des Hämoglobin¬
gehaltes des Blutes.
Beide Gifte machten aber nach achtwöchentlicher Zufuhr Ver¬
änderungen der grossen Vorderhornzellen des Rückenmarkes. Es
fand sich Degeneration der Chromatinstructur. Charakteristisch
war auch das Homogenwerden der Chromatinstructur an den
Ganglienzellen der Spinalganglien und den grossen sympathischen
Ganglien.
Hippomane Manzanilla.
In toxikologischer Beziehung hat die altbekannte Euphorbiacee,
der Manschinellenbaum, der apfelähnliche Früchte trägt, ein
gewisses Interesse, insofern Forschung und Dichtung sich mit ihm
seit lange beschäftigt haben. Den mannigfachsten auch arznei¬
lichen Zwecken hat der Saft der Pflanze bereits gedient. So ver¬
wandte man ihn als Pfeilgift. An den Ufern des Orinoko wurde
und wird er gegen Krebs gebraucht, wobei sich nach 48 Stunden
eine Geschwürsfläche bildet. Auch gegen Elephantiasis und manche
andere Hautaffection, auch syphilitischen Ursprungs, ist der Saft
schon benutzt worden. Man hat sich neuerdings wieder mit ihm
beschäftigt, ohno sonderlich mehr darüber sagen zu können, als
man bereits wusste. Danach erregt der Saft auf allen mit Ge-
fässen versehenen Theilen, besonders stark auf Schleimhäuten, ein©
heftige Entzündung, die sich, soweit die innerliche Verabfolgung
in Frage kommt, etwa mit derjenigen von Croton Tiglium ver¬
gleichen lässt und in der Wirkung auf die Haut etwa ihr Ana¬
logon in denjenigen der Excoecaria Agallocha hat. Die Frage, ob
die Ausdünstungen des Baumes Schaden stiften können, ist schon
vor 70 Jahren negativ beantwortet worden.
Ein Beobachter der Neuzeit dagegen theilte mit, dass von 1“
Leuten, die an einem Orte Venezuelas diese Bäume unter allen
erdenklichen Vorsichtsmaassregeln (Masken, Lederanzug, Hand¬
schuhe) durch dagegengelegtes Reisig verbrennen sollten, vier
starben; fast alle aber erkrankten, unter Abmagerung und Glieder¬
schmerzen, Paralyse und Fieber.
') Vas, Arch. f. exper. Path. u, Pharmak. Bd. 33, S. 141.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
554 _
Will mau eine Mahlzeit, bereiten, so drehe man den Deckel des
Milchtupfes ohne ihn zu lüften soweit nach rechts bis die Nase desselben
an dem Hebegriff anstösst, und fülle nun die Milch m die vorher aufs»
sauberste gereinigte Flasche. Darauf bringe man den Deckel wieder in
seine frühere Lage zurück, und der Topf ist wieder fest verschlossen.
Durch Einstellen der Flasche in ein Gefäss mit heissem Wasser erwärme
man die Milch soweit als nötliig. Ist Hafer- oder Gerstenschlenn als
Zusatzflüssigkeit gewühlt worden, so schüttle man vor dem Ausgiessen
den Milchtopf ein wenig, damit dio Mischung eine gleichmässigere wird.
Als Topf für das Wasserbad lässt sich jedes Gebiss, das durch
Deckel verschliessbar ist und eine Weite von wenigstens 24 cm und eine
Höhe von wenigstens 18 cm hat, verwenden. .
Dass der Apparat den Anforderungen der leichten Reinigung und
einfachen Handhabung entspricht, ist mehr noch als aus der Beschreibung
aus der Zeichnung ersichtlich. Auch die Abnutzung im Gebrauch ist
gering; bei einigermaassen pfleglicher Behandlung hält ein derartiger
verzinnter Topf drei bis vier Jahre, und die Anschaffung ist durch den
niedrigen Preis 1 ) auch den Minderbemittelten möglich, zumal ein obigen
Grössenverhältnissen entsprechender Topf wohl in jeder Haushaltung
schon vorräthig ist.
Es erübrigt nun die Gesichtspunkte darzulegen, welche bei der Her¬
stellung des Apparates maassgebend gewesen sind, und den Nachweis zu
führen, dass derselbe auch in der That das leistet, was man von einem
guten Milchkochapparat verlangen kann und muss.
Man ist bekanntlich in neuerer Zeit davon zurückgokommeu, für den
gewöhnlichen Bedarf bei der künstlichen Ernährung eine vollkommen
sterile Milch zu fordern. Nur hei den im Grossbetrieb hergestellten
Fabrikaten, die oft lange Zeit liegen müssen, ehe sie verbraucht werden,
ist es eine unerlässliche Bedingung. Für diejenige Milch dagegen, welche
man im Hause selbst sterilisirt. und innerhalb der nächsten 24 resp.
48 Stunden verbraucht, genügt es, wenn die pathogenen Keime vernichtet
werden und wenn man das Wuchern der toxinbildendcn Saprophyten ver¬
hütet. Denn es gelangen ja auch sonst Bacterien der verschiedensten
Arten in die Verdauungsorgane des Kindes, und os haben auch die neueren
Untersuchungen entgegen der früheren Ansicht ergeben, dass auch die
Milch gesunder, nicht fiebernder Wöchnerinnen nicht absolut keimfrei
ist. Es gelangen nämlich die Bacterien durch Einwandern von der Haut
aus in die Ausführungsgänge der Drüsen, und man hat denn auch fast
stets Staphylococcen (albus und aureus), in einigen Fällen auch Strepto¬
coccen gefunden. Dementsprechend hat auch Langermann, als or
1 y 4 bis l 3 /* Stunden nach der Mahlzeit Proben aus dem Magen von
Säuglingen ausheberte, keinen wesentlichen Unterschied hinsichtlich der
Keimzahl zwischen der Muttermilch und den nach verschiedenen Methoden
sterilisirten Milchsorten nachweisen können. Auch die jetzt gebräuch¬
lichen Sterilisationsapparate liefern bei der bisher üblichen Dauer der
Einwirkung der Siedehitze keine vollkommen keimfreie Milch, da die
Buttersäurebacillen erst nach mindestens einstündigor, die Heiibacillen
sogar erst nach sechsstündiger Erhitzung auf 100° absterben. Trotzdem
braucht man von dem bislang geübten Verfahren nicht abzuweichen, da
eine der Gesundheit eventuell sehadenbringende Entwickelung der Bac¬
terien nicht zu befürchten ist, wenn die Milch nur kürzere Zeit und bei
einer nicht zu hohen Temperatur (unter 24°) aufbewahrt wird. Da die
vorhererwähnten Untersuchungen Langermann's weiterhin ergeben
haben, dass auch nach Verlauf von 24 Stunden keine nennenswerthen
Unterschiede hinsichtlich der Keimzahl zwischen den im Soxhletappnrat
und den auf andere Weise gekochten Milchproben bestehen, wenn man
nur die Milch in demselben Gefäss, in dem sie gekocht worden ist, ver¬
schlossen aufbewahrt, so bin ich aus Gründen der Einfachheit und Billig¬
keit — dem von Escherich gegebenen Beispiele folgend — zur Sterili¬
sation der gesummten Tagesration in einem Gelasse zurückgekehrt. Hier¬
zu ermunterte mich noch die Uoberlegung, dass wenigstens bei dem
ärmeren Publikum die Möglichkeit, dass eine Flasche schlecht gereinigt
wird, weit eher besteht, wenn hintereinander zehn Flaschen zu säubern
sind, als wenn nur alle zwei bis drei Stunden einmal eine einzige zu
reinigen ist.
Man könnte ferner vielleicht den Einwand machen, dass bei dem
Ueberfüllen der Milch aus dem Topf in die Flasche der vorher fast
sterilenMilchwiederKeime beigemischt werden könnten. Ich glaube aber, dass
diese Befürchtungen, so berechtigt sie a priori erscheinen, bei näherer
Betrachtung doch schwinden werden. Denn erstens enthält die Luft
unter gewöhnlichen Verhältnissen sehr wenig Bakterien (im Mittel 100
pro chm), zweitens sind es fast nur Schimmelpilze, die ja auch sonst,
wie schon oben erwähnt, in der Mundhöhle und im übrigen Verdauungs-
tractus des Kindes sich finden, und drittens sind dio im trockenen Staube
enthaltenen Bacterien so lehensschwach, dass sie, in die Milch gelangt,
erst längere Zeit brauchen, ehe sie sich nennenswerth vermehren würden.
Mit Recht schliesst daher Flügge aus seinen Beobachtungen, bei welchen
zwei Saugflaschen, mit derselben partiell sterilisirten Milch gefüllt, die
eine mit Wattepfropf verschlossen, die andere offen in demselben Zimmer
resp. Brutofen aufgestellt, keinen Unterschied, jedenfalls nicht innerhalb
der ersten 24 bis 48 Stunden, bezüglich der Haltbarkeit der Proben auf¬
wiesen, dass eine kleine Berührungsfläche mit der Luft nichts schade.
Betreffs der Art der Herstellung erwähne ich. dass ich die Ver¬
zinnung der Emaillirung deshalb vorgezogon habe, weil bei dem häufigen
Drehen des Deckels leicht die Emaille abspringen und rauhe Stellen
entstehen würden, an denen sich Rost und Schmutz leicht ansetzen
könnten. Sollte aber einmal bei dem verzinnten Geschirr ein kleiner
Defeet eintreten, so lässt sich derselbe durch abermaliges Verzinnen ohne
grosse Kosten wieder beseitigen. Schadhafte Kmaillegegonstände lassen
') Der Apparat ist für den Preis von 3 MIc. zu haben bei P. Zettwitz.
Handlung für Haus- und Küchengoräthe, Dresden, Hechtstrasse 42.
No. 26
sich jedoch nicht wieder ausbessern. Auch ist die beliebte blaue Emaille
nicht absolut giftfrei, bei der marmorirten und grauen dagegen^ist etwaiger
Schmutz nicht leicht zu bemerken, während bei dem blanken Zinngeschirr
jede Unreinigkeit sofort auffällt.
Es sei mir nun im folgenden gestattet, noch die Resultate nutzu-
thcilen, welche die Untersuchungen der in diesem Apparat sterilisirten
verschiedenen Milehsorten ergeben haben. Die erste Reiho umfasst Beob¬
achtungen, welche sich auf gewöhnliche, unter dem Titel „KinderraM.
Troekeiifütterung“ in den Handel kommende Milch erstreckten. Dieselbe
wurde vorsehriftsinässig gekocht und im Apparat bei Zimmertemperatur
aufbewahrt. Nach 12 und 48 Stunden wurden mit je einem Cubikeentimeter
Milch und der entsprechenden Menge Gelatine Platten gegossen und die¬
selben drei Tage bei circa 20 bis 25° Temperatur stehen gelassen. Die
sodann vor^enoiumene Zählung ergab in der 12 Stunden-Milch im Mittel
69, in der 48 Stunden-Milch im Mittel 378 Keime, wobei jede Colonie
als einem Keim entsprechend gerechnet, wurde. Da man aber wohl in den
seltensten Fällen die Milch länger als 48 Stunden, meist nur 24 Stunden
aufbewahrt — denn der Vorschlag von Ne uh aus, nur solche sterilisirtc
Milch den Kiudern zu verabreichen, die sich noch nach achttägigem
Stehen als gut erweist, dürfte wohl in der Praxis für die im Hanse
sterilisirte Milch keino Anwendung finden —, sind diese Resultate als
vollkommen genügend zu bezeichnen.
Bei der zweiten Versuchsreihe wurde die Milch absichtlich mit Ahlz-
brandcultur versetzt und wurde abermals vorschriftsmässig gekocht. Es
ergaben sowohl die gegossenen Platten hinsichtlich des Bacterium anthracis
ein negatives Resultat, als auch blieb eine mit dieser Milch geimpfte weisse
Maus, sowie ein Meerschweinchen, welchem zwei ccm davon in die Bauch¬
höhle gespritzt worden waren, vollständig gesund.
Mit wenigen Worten möchte ich noch auf die der „Gebrauch.-
anweisung für den Milchkochapparat 14 angefttgte Anleitung zur Mischung
der Milch eingehen. Dieselbe enthält durchschnittlich andere V erhältmsse
als man im Publicum bisher in den meisten Fällen anzuwenden gewohnt
war. Ich habe mich bei meinen Erwägungen und Berechnungen un
wesentlichen auf die Ergebnisse der Arbeiten IJffelmann’s, Biedert s
und Escherich’s gestützt. Durch dieselben ist zunächst festgestellt
worden, dass die bisher gebräuchlichen Flüssigkeitsmengen bei der künst¬
lichen Ernährung gegenüber den Quantitäten, die ein Brustkind zu sich
nimmt, und in Rücksicht auf das Fassungsvermögen des kindlichen Magens
zu gross waren. Bedingt waren aber jene verhältnissmässig grossen
Portionen durch dio weitgehende Verdünnung der Kuhmilch mit Wasser,
durch welche man dieselbe der Frauenmilch ähnlicher machen, namentlich
eine feinflockigere Gerinnung des Caseins herbeiführen wollte, hach dein
aber Uffeln»ann's Untersuchungen dargethan haben, dass auch stärkere
Verdünnungen oliue wesentlichen Einfluss auf die Art der Gerinnung
blieben, liegt kein Grund mehr vor. dieselben weiterhin noch anzuwenden.
Dagegen können wir auf mechanischem Woge die Gerinnsel feiner machen,
wenn wir an Stelle des Wassers eine Schloimabkochung als Zusatz¬
flüssigkeit wählen. Als zur Bereitung solcher Abkochungen besondere
geeignet hat man die Hafer- und Gerstenmehle empfohlen, und der oben
genannte Autor fand, dass die so bereitete Milch bei der Verdauung eme
staubartige oder foinflockige Ausfüllung ergab, welche keine consistenten,
sich zusammenhallenden Coagula bildete. Es ist jedoch hierzu nötnig.
dass man die Suppen nur sehr dünn herstellt und recht lange kochen
lässt, damit möglichst viel Stärke gelöst werde. Es ist hierbei vielleicht
nicht ganz ausgeschlossen, dass durch den reichlicheren Gehalt an Kohle¬
hydraten eine Abspaltung von Fott aus dem überschüssigen Eiweiss be¬
günstigt wird. Zunächst aber möchte ich die Mischung der Milch nir
Hafer- oder Gerstenschleim nur um des obenerwähnten mechanischen
Effectes willen angewandt wissen. _
Es bleibt daher als ein wesentlicher Unterschied zwischen Ü rauen-
und Kuhmilch noch der geringe Fettgehalt der letzteren bestehen, ei
sich auch bei unseren Mischungsverhältnissen bis zum sechsten JV o <
geltend macht. Zwar hat man auch diesen durch besondere Zusätze, vi°
Sahne, Lahmann’s vegetabilische Milch u. s. w. auszugleichen versuc .
allein es erhöhen sich dadurch nicht nur die Kosten um ein betrüchtlic •-
sondern es wird auch die Herstellungsweise der künstlichen Manrun r
weder umständlicher, so dass eine weitere Verbreitung dieser \ erbcsserung
Vorschläge zunächst nicht zu erwarten steht. Ich habe deshalb von el
Anweisung in dieser Richtung, zumal da das Ganze besonders tur
breiteren Massen berechnet ist, vorläufig
demgemäss: Man mische im
Die Vorschrift lautot
Monat
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
Milch
Tasse
2‘/a
37*
4
5
6
7
9
10
11
12
Verdünnungs¬
flüssigkeit
Tasse
3Vs
4
4
3 1 /.
3 l / 2
3
2 l
Grösse der
Mahlzeiten
Strich
3-4 , / 8
67*
7
Th
8
9
117*
12'/a
12 l /3
I2 l h
Es sind diesen Angaben, um besondere Mossgeliisse zu yerareidnij
dio Tasse, der Theelöffel und die fast überall gebräuchliche „bmcnnaö
zugrunde gelegt worden. Dabei ist der Tassenkopf zu circa lJo ccm ’
Theelöffel Zucker zu circa 4 g, der „Strich“ Milchmischung zu
20 ccm gerechnet worden. Es ergaben sich dann hei der INalinj . ^
berechnung die in der folgenden Tabelle enthaltenen Zahlen für i _
(Casein und Albumin), Fett und Zucker, wenn man die procen <
Durchschnittsworthe 3,3:3,5:4,5 für Kuhmilch setzt. Zum vorg
/«
17a
1
hierzu
Zucker
Theelöffel
5
6
6
7 1 ,2
77a
6
4
2
Zahl der
Mahlzeit.
8
7
7
7
7
7
6
6
6
6
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Go .gle
Original frarri
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28. Juni,
inwieweit bei den vorgeschriebenen Mischungsverhältnissen dio Werthe
erreicht werden, welche ein Brustkind mit "der mütterlichen Nahrung
erhält, sind die entsprechenden Zahlen daneben gestellt worden, wobei
die Procentverhältnisse von Eiweiss zu Fett und Zucker in der Frauen¬
milch mit 1,7:3,8:6,0 angenommen und die geringen monatlichen Schwan¬
kungen in der Zusammensetzung nicht berücksichtigt worden sind.
Tägliche
Flüssigkeitsmenge
Eiweiss
Fett
Zucker
mit dem vor-
geschrieb.
Zusatz von
Grösse der
Einzei-
i nah 1 zeit
+5
Zucker
c
©
%
Muttermilch
Kuhmilch +
Zusatz-
llüssigkeit
Muttermilch
Künstliches
Gemisch
Muttermilch
Künstliches
Gemisch
Muttermilch
ohne Zusati
künstL Gemisc
Auf die
Tagesration
Auf 100 ccm
Milch =
Mutterbrust
Ja *
Ü P
Ü j=
P cd
S*
1
550
300+ 425
9,4
9,9
20,910.5
33,0
13,5
33,5
6
70
90
2
865
425+500
14,6
14,0
32,6 14,9
53,6
19,1
43,1
6
120
130
3
925
500+500
15,6
16,5
34,9 17,5
55,5
22,5
46,2
5
130
140
4
1000
625+425
17,0
20,6
38,0 22,8
60,0
28,1
58,1
5
140
150
5
1000
750+425
17,0
24,8
38,0 26,3
60.0
33,7
63,7
4
150
165
6
1025
875+375
17,4
28,8
38,9 30,4
61,5
39,3
64,3
3
160
180
7
1050 1100+300
17.8
36,3
39,8 38,5
63,0
49,5
65,5
l'/a
180
280
8
geht 1250+200
—
—
—
—
3 / 4
.
! 250
9
zu- 1375+125
—
—
—
—
—
__
250
10
rück 1 1500 H-
—
**
—
—
—
-
—
250
Dass schliesslich der Gebrauchsanweisung anhangsweise noch einige
bei der künstlichen Ernährung besonders zu beachtende Regeln angefügt
worden sind, dürfte von mancher Seite als nicht ganz unwillkommene
Zugabe begrüsst werden. So hoffe ich denn mit "diesen Zeilen einen
kleinen Beitrag zur Frage der Ernährung der Kinder mit genügend keim¬
freier Milch geliefert zu haben und wünsche, dass sich der Apparat be¬
sonders in denjenigen Kreisen Eingang verschafft, welchen er vermöge
seines billigen Preises hauptsächlich zugedacht ist.
Litteratur: Handbuch der Kinderkrankheiten. König, Chemie der
nienschl. Nahrungs- und Genussmitte]. Jahrbuch für Kinderheilkunde
(Arbeiten von Feer. Langermann, Sior) 1892 und 1893. Berliner
klin. Wochenschr. 1893 (Neuhaus). Flügge, Grundriss der Hygiene.
Zeitschrift f. Hygiene Bd. XIV (Honigmann). Ärch. f. Path. Bd. 126
(Cohn und Neumann). Münch, med. Wochenschrift 1893 (Ringel).
Escherich, Ueber künstliche Ernährung und eiue neue Methode der
Xahruügsmengenberechnung. He noch, Vorlesungen über Kinderkrank¬
heiten. Hofmann, Allgemeine Therapie.
— Der Hamburger Senat hat der Bürgerschaft einen Gesetzentwurf,
betreffend Beaufsichtigung des Kostkindcrwesens (vom 9. Mai 1894)
vorgelegt. Der Entwurf schreibt für die entgeltliche oder gewerbs- oder
gewohnheitsmässige Verpflegung von Kindern unter sechs Jahren eine
obrigkeitliche Erlaubniss vor, die von den persönlichen Verhältnissen der !
Pflegeeltern und der Beschaffenheit ihrer Wohnungen abhängig gemacht
wird. Die Pflegeeltern müssen den Aufsichtspersonen den Zutritt ge¬
statten, auch auf Aufforderung das Kostkind der Behörde vorstellen. Nicht
unter das Gesetz fallen Kinder, welche bei ihren Adoptiveltern, Vor¬
mündern oder nächsten Verwandten untergebraclit sind oder öffentlich
verpflegt werden. Die Polizeibehörde beziehungsweise Landherrenscliaften
des Hamburgischen Staates haben das Gesetz auszuführen und die Aus¬
führungsbestimmungen zu erlassen.
In Hamburg starben in den Jahren 1882—1889 von den Lebend¬
geborenen im Verhältniss 2,09 mal so viel uneheliche als eheliche Kinder
im ersten Lebensjahre; es besteht also unter allen deutschen Grossstädten
hier ziemlich die höchste relative Sterblichkeit der unehelichen Säuglinge.
Wenn jetzt auf dem Wege der Gesetzgebung wenigstens für denjenigen
iheil der unehelichen etwas geschehen soll, der in Kostpflege ist, so darf
inan wohl untersuchen, ob die vorgeschlagenen Maassregeln geeignet sind,
diesen wenig rühmlichen Zuständen abzulielfen.
Anzuerkennen ist, dass das Gesetz auf das ganze Staatsgebiet aus¬
gedehnt werden soll; da auch im benachbarten Altona eine polizeiliche
l ebenvachung des Ziehwesens besteht , so können sich die Pflegeeltern
nicht leicht dem Auge des Gesetzes entziehen. Zuzugebon ist ferner,
dass die Form des Gesetzes weit genug gefasst ist. um sich durch humane
und weitsichtige Behörden mit einem reichen Inhalt erfüllen zu lassen.
Aber wir wagen letzteres nicht zu hoffen. Die Motive zeigen es deutlich,
dass man jetzt in Hamburg nur eben dieselben Maassregeln zu treffen
beabsichtigt, die beispielsweise in Berlin schon im Jahre 1879 getroffen
sind und sich dort wenig bewährt haben. Ebenso wenig wie die Motive
m die jetzige Lage der unehelichen und im besonderen der Haltekinder
Hamburgs tiefer eindringen. nehmen sie von den Erfahrungen, die man
anderswo mit den gleichen Anordnungen gemacht hat, Kenntniss. Es ist
Nohl kaum zu bezweifeln, dass die neben amtlicher [Jebenvachung der
Kostkinder durch die Waisenvenvaltung eine unfruchtbare ist und ganz
besonders dann, wenn der Waisenverwaltung keine Einflussnahme auf die
behördliche Entscheidung zugesichert wird. Die Ueberwachung durch
wohlthätige Vereine ist ebenfalls nicht von langer Dauer, wenn sie nur
üas Recht haben, der Behörde ihre Beobachtungen raitzutheileu. Die Be-
■ugniss der Behörde, die Kostgeber, das Kostkind und dessen Eltern bezw.
dessen natürliche Mutter örtlich zu untersuchen, dürfte — wenn von ihr
überhaupt Gebrauch gemacht würde — nur eine Erschwerung des Kost-
ptlegeverhältnisses zur Folge haben. Vor allem aber ist zu betonen, dass
! nit Registrirung und Concessionirung verhilltnissmä.ssig wenig gethan ist. i
ungegen eine wirklich sachverständige und regelmässige Ueberwachung, I
Lnne rechtzeitige Armenuntersttttzung, zum mindesten aber die Ermög- |
555
I Hebung einer unentgeltlichen ärztlichen Behandlung vielen Kostkinderu
| (besonders im ersten Jahre) das Leben retten kann. Uns will es scheinen.
| als ob der Hamburger Senat nicht die Absicht hat, über das Mindestmaass
I einer behördlichen Controllo hinauszugehen, wie sie sich eben durch die
| beantragte Neuoinstellung eines weiteren Polizeiassistentcn zweiter Classe
I ermöglichen lässt. Von jener Reorganisation der Kostkinderpflege, wie
sic in Leipzig und Dresden geschaffen ist, durch welche diese beiden
Städte an der ersten Stelle in der Reihe der Grossstädte stehen, wo das
reiche Hamburg ungefähr an der letzten steht — hören wir in dem vor¬
liegenden Gesetz und seinen Motiven nichts.
Wenn man schon die Absicht hat, das Ziehkindorwesen staatlich zu
regeln, sollte man doch gleich in gründlicherer Weise Vorgehen, um eines
Erfolges sicher sein zu dürfen.
Anstatt dass man bald hier und bald dort in Deutschland eine neue
Ordnung der Kostpflege trifl't, wäre es überhaupt zweckmässiger, wenn die
allgemeinen Grundsätze der Ueborwaehung von Pflegekindern reichsgesetz-
lieh fixirt würden, wie dies für ganz Frankreich und für England und
Schottland schon seit einer Reihe von Jahren geschehen ist.
H. Neumann.
— Das Königlich Bayerische Staatsministerium des Innern hat in
einem Erlass vom 19. Mai dieses Jahres Maassnahmen beliufs Ver¬
hütung der Weiterverbreitung der Tuberkulose bekannt gegeben.
Der Erlass ist an die Königlichen Regierungen, Kammern des Innern,
die Distrikts- und Ortspolizeibehörden sowie an die Königlichen Be¬
zirksärzte gerichtet, welche angewiesen werden, die Kenntniss der in
dem Erlass empfohlenen Maassnahmen thunlichst im Publikum zu ver¬
breiten und die xVorzte in ihreu diesbezüglichen Bestrebungen nach Mög¬
lichkeit zu unterstützen. Die Maassnahmen sind die durch den neusten
Stand der wissenschaftlichen Forschung gegebenen und beziehen sich
namentlich auf die zweckmässige Behandlung des Auswurfs Tuberkulöser
und der Räume, in welchen dieselben sich aufhalten. Für öffentliche
Anstalten, insbesondere für Schulen und Krankenhäuser, werdeu direkte
Vorschriften gegeben. Als besonders beachtenswerth heben wir hervor,
dass in dem Erlass mit Nachdruck auf die Zweckmässigkeit der Er¬
richtung von Sanatorien für unbemittelte und wenig bemittelte
Tuberkulöse hingewiesen wird.
X. Standesangelegenheiten.
Aus der Sitzung des Geschäftsausschusses der Berliner
ärztlichen Standesvereine.
In der am 15. Juni c. stattgehabten Sitzung wurde zunächst der
Spruch des gemeinsamen Ehrenraths der Standesvereine bekannt
gegeben, welchen derselbe in Sachen der Hülfskassenärzte gefasst
hat. Danach hat der Ehrenrath nach dem ihm vorliegenden Material aus
mehreren (in dem Urtheil näher angegebenen) Gründen die Ueberzeugung
gewonnen, dass die Hülfskassenärzte bei den Verhandlungen mit
den Hülfskussenvorständen die Würde des ärztlichen Standes
geschädigt haben. Gegen einzelne Personen ist der Ehrenrath nicht
vorgegangen, da ihm solche nicht näher bezeichnet worden waren, und es
soll nach einem Beschlüsse des Geschäftsausschusses nunmehr den ein¬
zelnen Vereinen überlassen bleiben, darüber zu bestimmen, ob ein weiteres
Vorgehen gegen bestimmte Gollegen für angemessen erachtet wird.
Hierauf zeigte und erklärte Herr Liebreich die bereits in früheren
Berichten erwähnte kleine Eismaschine'), mit welcher es möglich ist.
wie der Augenschein bewies, innerhalb zwölf Minuten 500 Gramm kernigen
sterilisirt-en Eises zu gewinnen. Falls die Apotheker sich entschlossen
würden, die Maschine anzuschaffen, so würde dadurch vielen Klagen der
Aerzto und des leidenden Publikums in kleinen Orten und auch (bei der
jetzt durchgcfülirtcn strengen Sonntagsruhe) in grossen Städten abgeholfen
werden können. Die Maschine ist bei den Herren Paul Altmann (Louisen¬
strasse 52) und Warmbrunn, Quilitz & Co. (Rosenthaler Strasse 40) zum
Preise von 25 M. zu haben. Das dazu nöthige Salz (salpetersaures
Ammoniak), das nach dem Gebrauch immer wieder durch Abdampfen ge¬
wonnen werden kann, kostet 12 M. 50 Pf. Ausserdem empfiehlt es sich,
zur Aufbewahrung und zum Transport des Eises einen Blechtopf mit
doppelten Wänden anzuschafl'en. deren Zwischenräume mit Infusorienerde
ausgefüllt sind. — Da durch die Demonstration klar erwiesen wurde, dass
es ohne grosse Kosten und Mühen jedem Apotheker möglich ist, Eis aut
Verlangen anzufertigen und abzugeben, so soll abermals an die betreffenden
Behörden der Wunsch gerichtet werden, sterilisirtes Eis in Zukunft unter
die Mittel der Pharmakopoe aufzunehmen.
Schon vor mehreren Jahren hatte Herr George Meyer im Westverein
die Frairo angeregt, ob es nicht möglich sei, für Aerzte zur Benutzung bei
polizeilichen Absperrungen Passirscheine zu erlangen. Die damaHgen
Schritte waren ohne Erfolg geblieben. Am 27. April c. wurde auf Ver¬
anlassung des Nordclubs Seitens des Geschäftsausschusses von. ueueui
eine darauf bezügliche Eingabe an das Königliche Polizeipräsidium ge¬
richtet, und darauf ist unter dem 31. Mai die Antwort erlolgt, „dass das
Polizeipräsidium bereit ist, den Aerzten eine generelle Erlaubniss dahin
zu ertheilon, dass sie gegen Vorzeigung von Legitimationskarten polizei¬
liche Absperruiigslinien zu Fass durchschreiten dürfen. Die Ausdehnung
der Passirfreiheft auf Wagen muss aus verkehrspolizeilichon Gründen
abgelehnt werden". Der Vorstand wird beauftragt, zur weiteren A eriolguug
dieser allen Berliner Aerzten erwünschten Angelegenheit die verlangten
Probcforinulare, nach denen die zur Ausgabe in Aussicht genommenen
l ) Vergl. diese Woclieusehr. No. 25, S. 539. L)- ^ed.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Digitized by
Go igle
Original fro-m
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556
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26
Legitimationskarten angcfortigt werden sollen, dem Polizeipräsidium ein¬
zureichen.
Die Hygiene-Commission zeigt ihre Constituirung au. Vor¬
sitzender ist Herr G. Kalischor, Schriftführer Herr Gottstein; ausser¬
dem gehören dazu die Herren Liebreich, Küster, Th. Weyl, Hugo
Neumann, J. Ruhemann. — Die Commission hat die Meierei von
Bolle darauf aufmerksam gemacht, dass die Angaben, welcho den ein¬
zelnen Schachteln ihres Milchzuckers aufgedruckt sind, bezüglich der
Menge des Zuckerzusatzes zu Milch nicht den Anforderungen entsprechen,
welche an eine rationelle Kinderernährung zu stellen sind, und uiu eine
bezügliche Aenderung ersucht. — Als nächste Aufgaben hat sich die Com¬
mission folgende gestellt : 1) Kampf gegen das Curpfuscherthum. Es soll
eine Preisschrift über die Allgemeingefiihrlichkeit der Curpfuscher in
populärer Sprache verfasst werden; ausserdem soll aus jedem Verein ein
Mitglied das bezügliche Material sammeln und der Commission zur wei¬
teren Verfolgung übergeben. 2) Die Schularztfrage, wobei auch die Punkte
in Berathung zu ziehen sind, wie weit eine hygienische Unterweisung der
Lehrer nothwendig ist und wie weit für die etwa anzustellenden Schul¬
ärzte eine besondere Vorbildung nüthig ist. 3) Weitere Einführung und
Förderung der Jugendspiele und allgemeine Einführung der Musterung
der Schulkinder.
Die DelegirtenVersammlung der Cen tralhiilfskasse Deutsch¬
lands hat in ihrer Sitzung im Mai dieses Jahres beschlossen, sich an
den Geschäftsausschuss des Deutschen Aorztevereinsbnndes zu wenden
mit dem Ersuchen, nach genauer Prüfung der Lage der Centralhülfskasse j
sich in einer näher zu bestimmenden Form an der geschäftlichen Leitung |
derselben zu betheiligen. Der Antrag ist von Wichtigkeit, da der Kasse
in einigen Jahren sehr beträchtliche Mittel zur Verfügung stehen worden,
zu deren Verwaltung die Anstellung besonderer, kaufmännisch gebildeter
Beamter nothwendig sein wird. Der Gesehüftsaussehuss beschloss, den
genannten Autrag bei dem Aerztevereinsbunde zu unterstützen.
Der Verein Königstadt beantragt, die in der Aerztekammer Berlin-
Brandenburg angenommenen Anträge Mugdan und Genossen, be¬
treffend die Unterweisung der Studireuden in den Fragen der socialen
Gesetzgebung (s. No. 23 dieser Wochenschrift, S. 508) zur Verhandlung
auf dem nächsten Aerztetage anzumelden. Es wird so beschlossen, obwohl
von einigen Mitgliedern lebhafter Widerspruch dagegen erhoben wurde.
Eine sehr lange und angeregte Verhandlung rief schliesslich noch
die Frage der Sanitätswachen hervor. Obgleich diese Angelegenheit
schon seit Jahren die ärztliche Welt Berlins beschäftigt, obwohl sic bereits
gründlich in allen Vereinen und auch im Geschäftsausschuss selbst zum
Theil in zum Ueberdruss wiederholter Weise durcharbeitet worden ist,
obwohl sich ferner eine ziemlich grosse Litteratur mit der Sache be¬
fasst hat, sind die Ansichten darüber noch nicht völlig geklärt. Das gebt
daraus hervor, dass eine der Hauptfragen, ob nämlich in den Sanilüts-
wachen ein Tagesdienst eingerichtet werden solle, mit Stimmengleichheit
abgelehnt wurde. Dagegen zeigte sich eine sehr grosse Majorität bei der
Annahme folgender Gesichtspunkte, die bei Schaffung von Sanitäts¬
wachen berücksichtigt werden sollen: 1) Bethoiligung sämmtlicher Aerzte.
die es wünschen, an dem Dienste der Wachen; 2) Honorirung der ärzt¬
lichen Leistungen seitens der Hülfesuchenden, wenn sie dazu imstande
sind; 3) Theilnahme der Aerzte an der Verwaltung der Sanitätswachen,
ln der Debatte wurde übrigens von durchaus competenter Seite hervor-
gehoben, dass die Unfallstationen der Berufsgenossenschaften trotz ihrer
durchaus zweckmässigen und reichen Einrichtung, trotz der unaufhörlich
tortgesetzten, in den verschiedensten Variationen auftretenden Reclame-
artikel in den politischen und Fachzeitungen, trotz der dringenden Em¬
pfehlungen von oben herab ebenso wenig wie bei dem Gros der Aerzte
auch bei den Arbeitern in günstige Aufnahme kommen und dass man
von letzteren täglich vermehrte Klagen gegen die Stationen hören könne.
_ H.
— Der Verein der Berliner Unfallversicliernngsiirzte hat sich in¬
folge eines bestimmten Falles veranlasst gesehen, den Wünschen, welche
vom Geschäftsausschuss der ärztlichen Standesvereine ausgesprochen
worden sind und denen er leider nicht nachzukommen gewillt w'ar, doch
Rechnung zu tragen und somit einen Streitpunkt aus der Welt zu schaffen,
der geeignet war, zu unerquicklichen collegialen Reibereien zu führen. In
seiner Sitzung vom 21. Juni hat der Verein beschlossen, von den Thesen,
welche das Verhältniss der behandelnden Aerzte zu den Vertrauensärzten
der Berufsgenossenschaften regeln sollen (siehe No. 20 dieser Wochen¬
schrift, S. 450) die erste, entsprechend dem Anträge des Geschäftsaus¬
schusses, nunmehr folgeudermaassen zu ändern: „Wird der Vertrauens¬
arzt einer Berufsgenossenschaft beauftragt, einen Verletzten zu besuchen,
so wird derselbe don behandelnden Arzt tliunlichst von dem ersten, jeden¬
falls aber von dem zweiten Besuche benachrichtigen.“ Diese Fassung
wurde gewählt, weil der Vertrauensarzt sehr häufig bei dem ersten Be¬
suche noch nicht den Namen des behandelnden Arztes kennt.
■ j ^Y ir ^ reuen UQS dieses Entgegenkommens der Vertrauensärzte und
sind überzeugt, da noch immer die Verhältnisse sich stärker erwiesen
*, e ^■ ens ^ len » dass es nicht mehr lange dauern wird, bis ein
bchiedsgericht zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Vertrauens¬
und behandelnden Aerzten gebildet sein wird. — Nur wenn die Aerzte
einig mit einander Vorgehen werden, wird es gelingen, bei den Berufs-
geuossenschaften die billigen Forderungen durchzusetzen, welche auf den
letzten beiden Aerztetagen zur Annahme gelangt sind
XI. Kleine Mitteilungen.
Berlin. In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom
21. Juni ist die Frage der Vermehrung des ärztlichen Personals bei
den städtischen Krankenhäusern wieder einmal zur Verhandlung ge¬
kommen. Bekanntlich hatte die Stadtverordnetenversammlung entgegen
dem Vorschläge des Magsitrats folgenden Beschluss gefasst : „Bei jedem
der drei allgemeinen städtischen Krankenhäuser im Friedrichshain, in
Moabit und am Urban sollen sobald als möglich, ausser den beiden ärzt¬
lichen Direktoren und den Assistenzärzten, zunächst mit beiderseitiger
sechsmonatlicher Kündigung angostellt werden: a. für die innere Abthei¬
lung ein in der Krankenbehandlung vollkommen selbstständiger dirigireoder
Arzt mit 4000 Mark Gehalt, welcher nicht im Krankenhause wohnt und
in Bezug auf ärztliche Praxis nicht beschränkt sein soll; dabei sind vor¬
zugsweise solche Aerzte zu wählen, die eine specialistische Vorbildung
besitzen. Im Krankenhause Moabit soll dieser dirigirende Arzt ein er¬
probter Bacteriologe sein; b. für die chirurgische Abtheilung ein dom
ärztlichen Direktor untergeordneter Oberarzt mit einem jährlichen Gehalto
von 3500 Mark.“ — Dem vorstehenden Beschlüsse zu b., betreffend die
Anstellung von Oberärzten für die chirurgischen Abtheilungen, ist nun
der Magistrat beigetreten; dagegen hat er dem Beschlüsse zu a., betreffend
die Anstellung von dirigirendeu Aerzten für die inneren Abteilungen der
drei städtischen Krankenhäuser die Zustimmung nicht ertheilt. — Nach
kurzer Debatte wurde die Vorlage einem Ausschuss überwiesen.
— Hamburg. Die Stelle eines ärztlichen Direktors des Alten
Allgemeinen Krankenhauses, welcher dem Verwaltungsdirektor co-
ordinirt ist, ist zu besetzen. Dem Direktor des Neuen Allgemeinen
Krankenhauses, welcher seither auch die ärztliche Direktion des Alten
Allgemeinen Krankenhauses führte, soll das Referat im Krankenhaus-
coliegium über die hygienischen Maassnahmen und Einrichtungen, sowie
die Personalangelegenheiten der Aerzte in den staatlichen Krankenanstalten
verbleiben. Abgesehen von diesen Einschränkungen aber soll der Direktor
des Alten Allgemeinen Krankenhauses die ärztliche Direktion dieses Hauses
selbständig führen und gleichzeitig eine Abtheilung für innere Krankheiten
als Oberazt übernehmen. Die Stelle ist mit einem pensionsfälligen Gehalt von
10000 Mark, welches in zwei fünfjährigen Stufen von je 1000 Mark bis
12000 Mark steigt, dotirt. Freie Dienstwohnung wird nicht gewährt.
Consultative Praxis ist gestattet. Schriftliche Bewerbungsgesuche sind
bis zum 15. Juli an den Präses des Krankenhauscollegiums, Herrn Senator
Dr. Lappenberg in Hamburg zu richten.
— München. Die Gründung einer freiwilligen Rettungsgesell¬
schaft wurde vor kurzem in München vollzogen. Auf Veranlassung des pro¬
visorischen Ausschusses dieser Gesellschaft beschäftigten sich der ärztliche
Verein und der ärztliche Bezirksverein in einer gemeinschaftlichen Sitzung
am 11. d. M. mit dieser Angelegenheit, wobei folgende Beschlüsse gefasst
wurden: I. Die von der freiwilligen Rettungsgesellschaft beabsichtigte
Leistung ärztlicher Hülfe bei allen ÜnglücksfüUen und plötzlichen Erkran¬
kungen kann und soll nur eine „Nothhülfe“ sein. Danach muss Vorsorge
getroffen werden, dass diese Hülfeleistung bei plötzlichen Erkrankungen
nach Möglichkeit auf wirkliche Nothfälle beschränkt wird und dass die
weitere Behandlung dor plötzlich erkrankten Personen den Hausärzten
gesichert bleibt. II. Als zweckmässige Einrichtung zur Beschaffung der
ärztlichen Hülfe in solchen NothfUllen — insbesondere bei plötzlichen
schweren Erkrankungen in Privatwohnungen — empfiehlt es sich zunächst,
mit den Universitätskliniken, den städtischen Krankenhäusern, dem Müitär-
lazarethe, dem Sanatorium vom rothen Kreuz und ähnlichen Anstalten, in
welchen Tag und Nacht ein Arzt zur Stelle ist, zweckentsprechende Ver¬
einbarungen herbeizuführen. III. Sollte es sich späterhin als nothwendig
erweisen, von Seiten der Rettungsgesellschaft prakticirende Aerzte für einen
ärztlichen Jourdienst anzustellen, so erachten es die beiden Vereine als
wünschenswerth, bei dem Abschlüsse von Verträgen mit diesen Aerzten
in der Weise mitzuwirken, dass sie die Vertragsentwürfe prüfen und
begutachten. Zu solcher Mitwirkung sowie überhaupt zur eventuellen
Prüfung allenfallsiger von der Rettungsgesellschaft weiterhin ausgearbeiteter
Vorschläge zur Regelung der die ärztlichen Interessen berührenden Special¬
fragen erklären sich die Vereine gern bereit und ertheilen hierfür ihrer
Vorstandschaft Vollmacht. Vorstand der Rettungsgesellschaft ist Professor
Dr. Angerer.
— Paris. Die achte Session dos Französischen (Kongresses für
Chirurgie wird am 9. October 1894 unter dem Vorsitz von Prof. Tillaux
in Lyon eröffnet werden. Auf der Tagesordnung stehen zwei Haupt-
themata: 1) Aetiologie und Pathogenese des Krebses, 2) Chirurgie der
Wirbelsäule. Als bemerkenswerth verdient hervorgehoben zu werden,
dass die Mitglieder des Congresses in der Einladung gebeten werden, Titel
und Schlusssätze ihrer Mittheilungen bis zum 15. August an den General-
secretär einzusenden.
— Universitäten. Berlin. Prof. Dr. Ga d, der im Herbst vorigen
Jahres an die Universität Cleveland (Ohio) berufen worden war, um dort
den Unterricht in der Physiologie nach deutschem Muster einzurichten,
ist nach Berlin zurückgekehrt. — Erlangen. Privatdocent Dr. Hauser
ist zum ausserordentlichen Professor für pathologische Anatomie und
Bacteriologie ernannt worden. — Würzburg. Der ausserordentliche
Professor der Hygiene Dr. K. B. Lehmann ist zum ordentlichen Pro¬
fessor ernannt worden. — Freiburg i. B. Dem Privatdocenten für Geburts¬
hülfe und Gynäkologie Dr. Sonntag ist der Charakter als ausserordent¬
licher Professor verliehen worden. — Padua. Dr. F. Querenghi hat sich als
Privatdocent für Ophthalmologie habilitirt. — Palermo. Dr. G. Alossi
hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt. — Pavia. Dr. A. Gor in i
hat sich als Privatdocent für Hygiene habilitirt. — Rom. Der Privatdocent
der Anatomie Dr. G. Mingazzini hat sich als Privatdocent für Psychiatrie
habilitirt, _... _
Gedruckt bei Julius Sitteufeld lu Gerlin W.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
M 37 .
5. Juli 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet ron Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
RedactJon: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin
Llchtensteinallee 8. Potod&merstr. 11«. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 31.
I. Aus der chirurgischen Abtheilung des städtischen all
gemeinen Krankenhauses am Friedrichshain.
Ueber Jejunostomie. 1 )
Von Eugen Hahn.
M. H.! Vor zwei Jahren machte ich in der freien Vereinigung
der Chirurgen Berlins Mittheilung über eine neue Methode dei
Gastrostomie und erlaubte mir, Ihnen Bericht abzustatten über ver¬
schiedene Gastrostomieen, bei welchen der Magen im achten bezw
siebenten Intercostalraum zur Fistelbildung eingeheftet wurde.
Es hatte mich damals zur Anwendung dieser Methode nichl
aUein die bessere Verschlussbildung und die verhinderte Vergrösse-
rung der Fistel veranlasst, sondern besonders die Erfahrung, dass
in vielen Fällen, in welchen man gezwungen ist, die Gastrostomie
zu machen, der Magen an die übliche Stelle entsprechend dem
Schnitt am linken Rippenbogen sich nicht immer sicher vorziehen
und befestigen lässt. Gelingt es dann auch nicht, den Magen an
den von mir angegebenen Punkt im achten Intercostalraum zur
Fistelbildung heranzuziehen, was bei hochgradig geschrumpften
Organen infolge von lange bestehenden Stricturen im Oesophagus
oder an der Cardia nicht selten der Fall ist, dann müsste man die
■Kranken, vorausgesetzt, dass auch eine Sondenbehandlung un¬
möglich, dem sicheren Hungertode überliefern, wenn wir nicht durch
Anlegung einer Ernährungsfistel am Jejunum ein Mittel hätten,
eine wenn auch nicht vollkommene, aber immerhin genügende Er¬
nährung zu bewirken.
Die Ernährungsfistel kann nur an einer sehr hohen Stelle des
Dünndarms liegen, da wir zur Genüge aus den Erfahrungen über
gangränöse Hernien und den aus diesem Grunde angelegten Anus
präternaturalis gelernt haben, dass bei tiefer liegenden Dünndarm-
nsteln die Kranken schnell durch Marasmus dem Tode verfallen,
ai. Der ^ r . orschla S: das Jejunum in seinem Anfangstheil als Er¬
nährungsmittel zu benutzen, ist ein bereits alter und zu einer Zeit
gemacht, als die Magenchirurgie noch nicht die Ausdehnung er¬
langt hatte wie heute.
Bereits im Jahre 1878 wurde die Jejunostomie von Surmay
bei verschiedenen Magenkrankheiten und besonders bei Pylorus¬
stenosen empfohlen und genau beschrieben, die Möglichkeit der
Ernährung von einer hohen Dünndarmflstel klargelegt und eine
sehr vorzügliche Methode zur Anlegung einer Fistel im obersten
neue des Jejunum angegeben. Schon damals war durch zahl¬
reiche Experimente an Thieren von Dr. Leven erwiesen, dass der
«lagen hauptsächlich zur Zerkleinerung der ihm zugeführten
anrungsmittel diene und dass die Peptonisirung erst im Darm
® olge Da ferner bei Anlegung einer hohen Jejunalfistel der Pan-
eassaft und die Galle nicht verloren gehen und das fehlende
atenal zur Peptonisirung des Eiweisses durch Pepsin und Säure
nstlich ersetzt werden können, so sind alle Bedingungen vorhanden,
p.®. d * e Stärke in Zucker verwandeln, die Peptonisirung der
msskörper und die Emulgirang des Fettes bewirken. Man
uss daher a priori annehmen, dass eine Ernährung vom obersten
ty 68 dojunums beim Menschen durchzuführen sei.
. ^ le v ® n Czerny und Kaiser an Hunden angestellten Ex-
^ a ^ en dargethan, dass Hunde, denen der Magen total
uernt wurde, sehr lange lebten, ohne dass Storungen in der Ver-
Ckirurg^Berbn^ 6 ^^^ 11 801 ^ ai 1894 in der freien Vereinigung der
dauung und Ernährung eingetreten wären. Aehnliche Resultate
lieferten die von Tapp ein er und An rep in Ludwig’s Laboratorium
angestellten Experimente, welche klarlegten, dass Fleischfresser
bei Ausschaltung des Magens die Nahrungsmittel vollkommen aus¬
zunützen imstande sind. —
Auch der bekannte Fall von Busch — Verletzung einer
81jährigen Frau durch das Horn eines Stieres zwischen Nabel und
Processus xiphoideus, Darmvorfall und später Darmfistel, durch
welche sofort alle genossene Nahrung mit Galle gemischt ausfloss;
Abmagerung bis zum Skelett; erhebliche Erholung nach Einflössen
von Nahrung in den abführenden Theil — spricht für die Möglich¬
keit einer Ernährung vom oberen Theil des Jejunums.
Ebenso spricht der von May dl 1 ) in seiner sehr ausführlichen
Arbeit über Jejunostomie beschriebene Fall von Anlegung einer
Ernährungsfistel beim Menschen im obersten Theil des Jejunums
für die leichte Ausführbarkeit der Operation und für die Möglich¬
keit der Ernährung. Bei dem 53 jährigen sehr herabgekommenen
Arbeiter mit ausgedehntem Pyloruscarcinom konnte weder eine
Magenresection noch eine Gastroenterostomie ausgeführt werden,
weshalb sich May dl zur Ausführung einer Jejunostomie am
24. April 1887 entschloss. Das eingenähte Jejunum wurde am
30. April 6 Tage nach der ersten Operation eröffnet und mit der
Ernährung durch Eingiessung von verschiedenen Nahrungsmitteln
begonnen. — Fünf Wochen hielt sich Patient auf seinem Eintritts¬
körpergewicht, dann trat Wachsthum des Tumors und unter er¬
heblicher Abnahme der Kräfte Tod in der siebenten Woche ein.
In einem zweiten von May dl operirten Falle war eine so aus¬
gedehnte Verwachsung des Magencarcinoms mit dem Colon trans-
versum vorhanden, dass von keiner anderen Operation als einer
Ernährungsfistel die Rede sein konnte. Tod trat nach zehn Tagen
ein unter erheblicher Abnahme der Körperkräfte, trotz Einflössens
von Milch und anderer Nahrung vom vierten Tage an. Die Section
ergab, dass nicht der Anfangstheil, sondern die Mitte des Jejunums
zur Anlage der Fistel in Anwendung gezogen war. Diesem Um¬
stande schreibt May dl die unzureichende Ernährung zu. Er
empfiehlt, sich stets durch den Augenschein zu überzeugen, ob man
auch sicher den Anfangstheil des Jejunums vor sich habe.
Maydl sagt, „dass durch seine Beobachtung der unzweifelhafte
Beweis für etwas erbracht worden sei, was auch früher bei
der besten thierexperimenteilen Fundirung des in Frage stehenden
Eingriffes und nach den bisherigen Beobachtungen noch immer sehr
fraglich war, nämlich:
1. Dass der Eingriff ein derartiger ist, dass er in sich keine
dringende Todesgefahr involvirt.
2. Dass derselbe auch von Menschen, welche von einem sonst
tödtlichen Leiden, wie die Carcinose ist, behaftet sind, gut ver¬
tragen wird.
3. Dass daher Menschen, welche mit einem anderen, als von
einer malignen Neubildung herrührenden Pylorusstenose behaftet
sind, um so bessere Chancen haben, den an und für sich recht
einfachen Eingriff zu überleben.
Nach einer anderen Richtung ergiebt sich aus den herge¬
brachten Beobachtungen:
1. Dass von einer hochangelegten Jejunalflstel ganz gut die
Ernährung eines Organismus stattfindea kann, demnach die Ueber-
*) Maydl, Ueber Jejunostomie oder die Anlage einer Ernährungs¬
fistel bei radikal inoperabler Pylorasenge. Wiener medicinisclie Jahr¬
bücher 1887.
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558
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27
tragung der thierexperimentellen Erfahrungen auf den Menschen
statthaft ist. #
2. Dass eine solche Ernährung auch bei Individuen genügt,
welche von einem tiefen Allgemeinleiden, wie es die Carcinose
ist, heimgesucht sind etc.
8. Dass Menschen, deren Pylorusstenose mehr eine lokale Er¬
krankung (von Narben und äusserer Compression herrührend) dar¬
stellt, um so gerechtfertigtere Anwartschaft haben, von dem abge¬
handelten operativen Eingriffe eine weitgehende palliative ja nahezu
radikale Hülfe zu erwarten, ohne sich in nennenswerthe Gefahren
zu begeben.“ .. .
Bevor ich zu meinen eigenen Erfahrungen über Jejunostomie
tibergehe, will ich noch kurz eines Vorschlages von Braune 1 )
erwähnen, das Duodenum extraperitoneal für einen operativen
Eingriff erforderlichen Falles zugänglich zu machen. Die untere
und innere Wand der Pars verticalis des Duodenum liegt hinter
dem Peritonealsack. Man gelangt zu ihr durch einen Schnitt
5 cm von der Wirbelsäule und der zwölften Rippe nach dem
hinteren oberen Darmbeinstachel. Musculus latissimus dorsi und
serratus posticus inferior werden durchschnitten, Sacrolumbalis auf die
Seite geschoben und der Quadratus lumborum durchtrennt. Ureter
nach innen, Niere nach aufwärts geschoben. Das Duodenum liegt
zwischen Colon ascendens und Vena cava. Man kann es ohne~
Verletzung des Peritoneums in der Ausdehnung von zwei Zoll
eröffnen.
An dieser von Braune angegebenen Stelle ist das Duodenum
bis jetzt nicht zur Fistelbildung benutzt. Dagegen ist dreimal die
Duodenostomie von vorn gemacht, theils bei durch ihre Grösse
und Ausdehnung inoperablen Pyloruscarcinomen, theils bei fibrösen
Stricturen des Pylorus, weil die Kranken zu schwach schienen,
eine andere Operation als die erwähnte zu überstehen. Langen¬
buch legte im Jahre 1880 bei einem inoperablen Pyloruscarcinom
eine Duodenalfistel an, Tod nach circa zehn Tagen. South am im
Jahre 1884 und Robertson im Jahre 1885 sahen sich genöthigt,
bei sehr elenden und herabgekommenen Kranken bei nicht carcino-
matösen Pylorusstenosen, bei denen wegen hochgradiger Schwäche
ein anderer Eingriff unmöglich erschien, denselben Weg zu betreten.
Die Kranken starben am dritten und ersten Tage.
Die von Braune angegebene Stelle ist, ganz abgesehen von
den Schwierigkeiten, welche die Ausführung der Operation und die
Nachbehandlung wegen der Unmöglichkeit für den Kranken, später
sich selbst die Nahrung einzuflössen, bieten müssen, für die An¬
legung einer Ernährungsfistel ungeeignet. Ebenso halte ich den
Anfangstheil des Duodenüm zur Anlegung einer Ernährungsfistel
nicht für günstig, weil man das Duodenum, nach meinen Er¬
fahrungen bei Magenoperationen, selten ohne gleichzeitige Hervor¬
ziehung des Pylorus wird in der Operationswunde befestigen können.
Nachdem Golding Bird im Jahre 1885 beim Menschen zum
erstenmal die Jejunostomie ausgeführt hat, scheint auch die
Duodenostomie ganz verlassen zu sein. In demselben Jahre wurde
von Pearce Gould eine Jejunostomie ausgeführt wegen nicht
operablem Pyloruscarcinom.
Dann folgten die beiden erwähnten von May dl im Jahre 1887
und zwei ebenfalls von May dl 2 ) nach einer anderen Methode aus¬
geführten Jejunostomieen im Jahre 1892.3)
Bei zwei im Alter von 40 Jahren stehenden Patienten mit
hochgradigem ausgedehntem Pyloruscarcinom hat May dl das
Jejunum durchtrennt, die centrale Dünndarmschlinge in die periphere
ungefähr 10 cm unterhalb der Schnittfläche und nun die periphere
Schlinge in den Wundwinkel eingeheftet. Beide Patienten über¬
standen die Operation, gut. Die Ernährung liess sich durch den
in der Hautwunde fixirten Darm befriedigend bewerkstelligen.
Wenn wir die Indicationen, aus welchen bis jetzt Duodeno-
und Jejunostomieen gemacht sind, näher betrachten, so finden wir,
dass diese Eingriffe bisher fast immer nur, wie die Publicationen
ergeben, wegen nichtoperablen Pyloruscarcinoms ausgeführt sind.
Zu den von mir seit 1887 gemachten fünf Jejunostomieen
haben verschiedene Indicationen Vorgelegen, wie die nachfolgenden
Krankengeschichten darthun.
Handelsmann K., 69 Jahre alt, aufgenommen am 15. De-
cember 1886, wurde mehrere Monate in einer anderen Anstalt wegen
starker Beschwerden beim Schlucken behandelt. Mittelgrosser Mann von
sehr atrophischer Muskulatur, mit völlig geschwundenem Panniculus.
g r r ne V die °P erafc ive Erreichbarkeit des Duodenu
fChirJe^ 6 ’ 17 ‘ Jahrgang ’ Heffc 4; Ref> Bidder , Centralbh
, , 5 May d L Üeber eine neue Methode zur Ausführung der Jejunoston
und Gastroenterostoime. EinBeitrag zur Lehre von der radikalen u:
1892 No n i? e Ä g d6r P ? lomsstenosen - Wiener med. Wochenscl
' w . ^ 14a ? d U r ^ über die neue Methode der Jejunostom
Wiener med. Wochenschrift 1892, No. 20. J
Haut trocken, an den Schläfen tiefe Gruben. Abdomen kahnförmig ein-
gezogen. Bauchdecken schlaff. Durch Auftreibung mit Gas keine Di¬
latation des Magens nachweisbar. Patient ist mcht imstande, festere
Speisen zu sich zu nehmen, dieselben werden sofort erbrochen. Allge¬
meine Mattigkeit und Abnahme der Kräfte. In der Entfernung von 40 cm
ein Hinderniss, welches auch für feinste Sonde undurchgängig ist. Das
Sondiren wird schlecht vertragen. Es traten dabei starke Cyanose und
heftiges Erbrechen auf. Das Schwächegefühl und die Mattigkeit nehmen
immer mehr zu, so dass Patient fast den ganzen Tag im Bett zubringen
muss. Im April etwas freier Ascites nachweisbar und leichte Auftreibung
des Abdomens. Patient wünscht dringend, dass eine Operation vorge¬
nommen werde.
Operation am 24. Mai 1887. Ausführung einer Jejunostomie. Bei
Eröffnung der Bauchhöhle fliesst eine ziemlich erhebliche Menge trüb
gelblicher Ascitesflüssigkeit aus. Magen klein und geschrumpft, daher
Gastrostomie unmöglich. Es wird eine 20 cm vom Anfangstheil entfernt
liegende Stelle des Jejunums zur Anlage einer Ernährungsfistel aufge¬
sucht. Die Peritoneal- und Bauchwunde bis auf eine etwa markstück¬
grosse Wunde geschlossen und in dieser Ausdehnung die Serosa des
Jejunums mit dem parietalen Blatt des Peritoneums verbunden und die
Stelle mit Jodoformgaze bedeckt.
Am 26. Mai Abnahme des Verbandes. Eröffnung ’des Jejunums und
Einlegung eines N61atonkatheters, durch welchen sofort Nahrung einge-
gossen wird. Abends tritt dünnflüssiger Stuhlgang ein. Patient Mit
sich im ganzen ohne besondere Beschwerden.
27. Mai. Patient erhält durch den Katheter Eier, Zucker, Fleisch¬
saft mit Zusatz von Pepsin und etwas Acidum muriaticum.
28. Mai. Patient ist noch immer sehr schwach. Sprache heiser,
schwer verständlich. Am Morgen und Abend erhält Patient wieder die¬
selbe Nahrung.
Unter allmählich zunehmender Schwäche stirbt Patient am 6. Juni,
dem dreizehnten Tage nach der Operation.
Sectionsbericht: Stark abgemagerter männlicher Leichnam. Unter
dem Processus xiphoideus befindet sich eine OefFnung, aus welcher sich
Darm Schleimhaut horvorstülpt. Herzmuskulatur braun. Klappen intact.
In der Aorta starke atheromatöse Veränderungen. Beide Lungen frei in
der Brusthöhle. Parenchym etwas atrophisch, lufthaltig. In den Bron¬
chien, deren Schleimhaut leicht geröthet, zäher Schleim in geringer
Menge.
Nach Eröffnung der Bauchhöhle zeigt sich das Jejunum 23 cm unter¬
halb des Pylorus in die Bauchwand eingenäht. Darmschlingen sind gleich-
mässig gefüllt, die Serosa getrübt und an vielen Stellen sehr feine weisse
Beschläge zeigend. Die Beschläge besonders reichlich auf dem perito¬
nealen Üeberzug der Leber.
Der Inhalt des Darmes ist gleichmässig breiig, von hellgelber, etwas
grünlicher Färbung. Die Schleimhaut sehr blass, die Falten saftig aus¬
sehend und leicht geschwollen. Von der Klappe an nach unten nimmt
die Schleimhaut eine leichte Röthung an.
In der Leber haselnussgrosse Knoten von weisser Farbe und derber
Consistenz. Der Magen fast vollständig ausgefüllt von einem grossen
Tumor von unregelmässiger, theils ulcenrter Oberfläche.
Diagnose: Carcinoma ventriculi et hepatis. Anaemia intestinalis.
Atrophia fusca cordis. Jejunostomie. Peritonitis chronica.
Fall 2. Frau F., 30 Jahre alt, will früher stets gesund gewesen
sein, hat fünfmal entbunden und zweimal abortirt. Die jetzige Erkrankung
begann angeblich im September 1888 mit Aufstossen und Erbrechen und
Feststellung einer Verhärtung in der Magengegend. Seit fünf Wochen
anhaltendes Erbrechen. Seit September allmähliche, seit fünf Wochen
sehr rapide Körperabnahme. Status praesens: Patientin ist eine gracil
gebaute, schmächtige Frau mit fast ganz geschwundenem Fettpolster,
dünner, schlaffer Muskulatur und hochgradiger Blässe der sichtbaren
Schleimhäute bei gelblich blassgrauer Hautfarbe. Die Haut fühlt sieb
trocken an, Zunge belegt. Lunge und Herz normal. Urin frei von hi-
weiss und Zucker. Stark retardirter Stuhlgang. In der Gegend des
Epigastriums fühlt man eine feste Resistenz, welche sich vom unken
Rippenbogen quer, bis beinahe zum Nabel nach unten reichend, diuch me
Bauchhöhle nach rechts über die Mittellinie 3 cm erstreckt. Dm höbe
des Tumors ist etwa halbhandbreit. Keine respiratorische Beweglichkeit-
Aufblähung des Magens gelingt mcht. Milz und Leber erscheinen unver¬
ändert. Der Tumor selbst sehr wenig beweglich. Abdomen kahnfonmS
eingezogen, Bauchwand dünn. Patientin kann keine festeren Speisen
gemessen, ohne sofort brechen zu müssen. Nur flüssige Nahrung benai
sie theilweise bei sich. ,
Operation am 6. Mai 1889. 12 cm langer Bauchschnitt, in der Mittel¬
linie den Nabel nach links umgehend. Nach weiterEröffnungdes Peritoneums
ergiobt die Abtastung des Magens eine feste derbe Verdichtung nn
Infiltration der grauweiss verfärbten vorderen Magenwand, die m der
Gegend der kleinen Curvatur am stärksten ist und sich bis zum
erstreckt. Da nach dem vorliegenden Befunde von keiner anderen Operatw
als von einer Ernährungsfistel am Jejunum etwas zu erwarten ist, wira
dieselbe ausgeführt. Es wird die nächste Schlinge des Jejunums nac
Durchtritt des Duodenums durch das Foramen jejunale aufgesucht, hnksim
der Wirbelsäule dicht am Pankreas. Von dieser Stelle nach unten et
20 cm entfernt das Jejunum vorgezogen und fixirt, dann die Haut un
Peritonealwunde von oben her bis auf circa 2 cm durch Naht geschlosse •
Das parietale Blatt des Peritoneums wird durch sieben Knopfnähte an
■ Haut befestigt. In diese etwa 2 cm grosse Hautwunde wird der Anfangs
theil des Jejunums mit mehreren Seidennähten eingeheftet, welche eine
seits die Serosa des Darmes, andererseits die mit Peritoneum umsau
Hautwunde fassen. Der Darm und die Wunde werden mit Jodoformg
bedeckt. — Sechs Tage nach 'der Operation Entfernung der dodo * or ^^.
und Eröffnung des Darmes. Patientin erhält dreimal täglich eine aus W »
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Milch, Zucker und Eiern bestehende Nahrungsmenge. Stuhl retardirt nur
nach Eingiessung. ’
22 . Juni. Sechs Wochen nach der Operation. Allgemeinbefinden
besser. Patientin ist auch imstande, festere Nahrung per os zu sich zu
nehmen, ohne zu erbrechen.
Vom 6. Juli zeigt die Fistel Neigung sich zu schliessen. Die Er¬
nährung kann ohne Beschwerden trotz deutlichen Wachsthums des Tumors
per os erfolgen.
Am 15. Juli Fistel geschlossen. Ausschliessliche Nahrung per os.
Allgemeinbefinden nicht gestört.
23. Juli.. Gebessert entlassen.
Fall 3. Arbeiter K., 56 Jahre alt, wird in einem sehr elenden Zu¬
stande im November 1891 dem Krankenhaus zugeführt. Hochgradigste
Abmagerung. Behält fast gar keine Nahrung bei sich. Im Oesophagus
30 cm von der Zahnreihe Hinderniss, welches auch für die feinsten Sonden
undurchgängig ist. Da die Kräfte rapide abnehmen, wird zur Operation
geschritten. — Gastrostomie unausführbar, daher Jejunostomie.
Operation am 30. November 1891 mit sofortiger Eröffnung des
Jejunums und Einflössung von Nahrung. Trotz wiederholter Ernährung
durch die Fistel vorfällt Patient immer mehr, und am 3. December 1891
tritt unter zunehmender Inanition der Tod ein. — Aus dem Sectionsbericht
geht hervor, dass die Ernährungsfistel 3'/a m vom Magen und 2 m von
der Klappe entfernt war.
Sectionsdiagnose: Bronchopneumonia duplex, Bronchitis catarrhalis,
Atrophia fusca cordis, Carcinoma oesophagi et aordiao, Nephritis paren¬
chymatöse.
Fall 4. Dienstmädchen Marie R., 19 Jahre, wurde am 15. Juli 1891
in das Krankenhaus Friedrichshain gebracht mit der Angabe, dass sie durch
Säuretrinken einen Selbstmordversuch gemacht habe.
Patientin hatte starke Dyspnoe, starkes Erbrechen. Unterlippe,
Zunge, weicher Gaumen zeigten deutlich Verätzungen. Temperatur 36,5,
Puls 76. Patientin erbrach viel grünlich blutige Massen. An den Brust¬
organen bis auf geringe Rasselgeräusche nichts Abnormes. Magengegend
sehr schmerzhaft.
Am 23. Juli stiess sich ein über die Zunge verlaufender gangränöser
Streifen ab. Am selben Tage brach Patientin den grössten Theil der
Oesophagus- und Magenschleimhaut aus.
Anfang August traten sehr starke Schluckbeschwerden auf. Am
10. August vermochte Patientin selbst flüssige Nahrung nicht zu sich zu
nehmen.
Am 11. August wurde in einer Tiefe von 16,5 cm ein Hinderniss
constatirt. Im Fenster der Schlundsonde befand sich ein Stück Schleimhaut
und etwas Granulationsgewebe. Nachmittags vermochte Patientin flüssige
Kost zu sich zu nehmen.
Am 16. August wurde deutlich Auftreibung im linken Epigastrium
constatirt Der Magen war sehr druckempfindlich. Einige Tage darauf
stellte sich sehr heftiges und sehr angreifendes Erbrechen ein. Das Er¬
brochene war von bräunlicher Farbe, reagirte sauer und enthielt bei
mikroskopischer Untersuchung viel Hefepilze, einige Epithelien und
Leukocyten.
Am 10. September wurde Patientin nach der chirurgischen Station
verlort. Es gelang, eine dünne Sonde bis in den Magen zu führen.
Status praesens: Stark abgemagertes Mädchen. Temperatur 36,6.
Klemer, leicht zu unterdrückender Puls. Frequenz 100. — Leib stark ein¬
gesunken. Die Spinae anteriores superiores treten deutlich hervqr. Unter¬
halb des linken Rippenbogens Schmerzhaftigkeit. Daselbst zeigt sich eine
kugelige Hervorwölbung, die sich nach rechts bis zur Medianlinie und nach
unten nicht ganz bis zum Nabel erstreckt und unter dem linken Rippen¬
bogen verschwindet. Die Einführung von Sonden in den Magen gelingt
Es wird daher beschlossen, nachdem bei einer Sondirung am
11. September sehr heftiges und massenhaftes Bluterbrechen eingetreten,
von der Sondenbehandlung Abstand zu nehmen und die Operation der
Jejunostomie auszuführen, da die Kräfte der Patientin schnell in Abnahme
begriffen waren und Exitus letalis drohte.
11. September. Temperatur 35. Puls 148. Bluterbrechen.
12. September. Temperatur 37,7. Puls 156. Bluterbrechen.
n , 1^- September. Anhaltendes Erbrechen. Temperatur 36.
Puls 120. Körpergewicht 59 Pfund.
15. September. Operation in Aether-Chloroform-Narkose. 5 cm lange
hicimon am lateralen Rande des linken Musculus rectus, etwas oberhalb
aes Nabels, nach dem linken Rippenbogen hin. Nach Eröffnung des Peri¬
toneums wird der Anfangstheil des Jejunums aufgesucht, bei dessen In-
ßpection sich narbige Einziehungen zeigen, welche anscheinend von den
Anätzungen^ der Mucosa durch die Säure herrühren. Nachdem die ver¬
kleinerte Wunde mit dem Peritoneum parietale umsäumt ist. wird die
perosa des Jejunums mit mehreren Nähten an letztere angenäht.
16. September. Eröffnung der eingenähten Schlinge durch eine In-
cls J n J on et wa 1 cm Lauge. Die Wundränder der durchtrennten Serosa
und Mucosa werden leicht mit Häkchen angezogen und zur Sicherheit
noch einmal durch mehrere Nähte an die mit Peritoneum bekleidete Haut¬
wunde angonäht und sofort nach Einlage eines Nölatonkatheters Milch in
Jejunum eingegossen. Der Puls fängt, an, sich Abends etwas zu heben,
nftunges Aufstossen und zeitweise etwas Erbrechen.
17. September. Patientin erhält Morgens und Abends in die Fistel
«jngiessungen einer flüssigen Nahrung, bestehend aus Milch, Cognac,
ieischwem, hergestellt durch 24stündige Maceration von Fleisch durch
wem, welcher mit Salzsäure angesäuert und dann durch eine Messer¬
spitze von Natrium bicarbonicum zur geringen Alkalescenz gebracht wird.
dw^Wund 111 ^^ 8 ^ 11011 ** ahrun K fliesst nur ein geringer Theil wieder aus
30 , September. Patientin erholt sich sichtlich,. . . .
23. September. Patientin sieht bedeutend wohler aus. Der Puls 80
ziemlich kräftig. Temperatur 36,5.
Das Erbrechen hat seit dem 26. September ganz nachgelassen.
. . 28- September. Die Besserung schreitet vor. Patientin kann seit
emigen Tagen bereits ausser der eingegossenen Nahrung auch etwas Milch
und Wem per os ohne Beschwerden nehmen. Gewicht 64 Pfund.
4. October. Körpergewicht 67 Pfund.
10. October. Temperatur, Puls dauernd befriedigend. Dieselbe wird
immer noch zweimal täglich durch die Fistel ernährt, nimmt ausserdem
Lacao, weiches Ei, Schabefleisch per os zu sich und verträgt es gut. Die
Jejunumfistel lässt den schlaffen Gummikatheter nur noch mit Mühe durch.
15. October. Letzte Sondenernährung.
18. October. Körpergewicht 65 l /s Pfund.
20. October. Patientin befindet sich dauernd gut.
25. October. Wunde völlig geschlossen.
26. October. Patientin nimmt dauernd ihre Nahrung per os zu sich
ohne alle Beschwerden. Gewichtszunahme in der letzten Woche um fünf
Pfund.
2. November. Fernere Gewichtszunahme in der letzten Woche um
acht Pfund.
16. November. Gewichtszunahme 3 1 /* Pfund.
23. November. Keine weitere Gewichtszunahme. Patientin wiegt
jetzt 80/3 Pfund. Dauerndes Wohlbefinden, gesundes Aussehen. Uebel-
keit, Erbrechen oder Aufstossen ist nicht mehr aufgetreten. Patientin
verträgt auch schwere Nahrung.
27. November. Geheilt entlassen.
Um die Krankengeschichte nicht übermässig lang auszudehnen, er¬
wähne ich noch kurz, dass Patientin im Laufe des Jahres 1892 noch drei¬
mal im Krankenhaus Friedrichshain Aufnahme fand wegen Beschwerden
seitens der Oesophagusstricturen, welche zu beseitigen die beiden ersten¬
mal 0 leicht gelang. Das letzte mal waren die Ernährungsstörungen bereits
wieder so hochgradig, das Einführen von Bougies misslang stets und war
von so grossen Beschwerden begleitet, dass wir bereits in Erwägung
zogen, die Ernährungsfistel wieder zu eröffnen. Jedoch gelang es uns
noch, in Chloroformnarkose am 22. October 1892 zunächst mit Urethral-
Bougies eine hochgelegene und dann eine in etwa 36 cm von der Zahn¬
reihe entfernt gelegene Strictur mit No. 3 zu durchdringen. Nachdem
No. 3 eine halbe Stunde gelegen hat, gelangt man auch mit No. 4 hinein.
Die Reaction auf die Sondirung ist verhältnissmässig gering. Allmählich
gelingt es, No. 10 durchzubringen und Patientin von allen Beschwerden
zu befreien.
Letzte Vorstellung der Patientin im Monat Mai 1894. Sie ist in
sehr gutem Ernährungszustand. Klagt über keine Beschwerden. Anfang
des Jahres 1894 ist sie von einem gesunden Kinde entbimden. Während
der Schwangerschaft hat sie häufig über Beschwerden in der Gegend der
Operationsstelle zu klagen gehabt.
Fall 5. Dienstmädchen Katharina Sch., 23 Jahre alt. Am 9. De¬
cember 1893 auf die innere Station des Krankenhauses IViedrichshain auf¬
genommen wegen Schwefelsäurevergiftung. Ziemlich kräftiges Mädchen.
An beiden Mundwinkeln, der Zunge und Mundschleimhaut weisslicher
Aetzschorf. Der Pharynxeingang ist durch Schwellung fast verlegt. An¬
haltendes Erbrechen reichlicher Mengen dunkelbrauner Massen, untermischt
mit Schleimhautfetzen. Dyspnoe. Temperatur 35°. Nach einigen fieber¬
haften Tagen besserte sich das Befinden etwas, jedoch ist Patientin
sehr matt.
Am 28. December tritt wieder Erbrechen ein. Keine Speisen werden
behalten. Patientin magert sehr ab.
31. December. Erbrechen dauert fort. Nährklysmata. Grosse Mattigkeit.
1. Januar. Bei Sondirung ist ein Hinderniss in der Entfernung von
30 cm festgestellt.
10. Januar. Fortdauerndes Erbrechen. Die zum Skelett abgemagerte
Patientin wird nach der chirurgischen Station verlegt. Bei der sehr
elenden und matten Patientin wird zunächst die Einführung einer Magen¬
sonde versucht. Es gelingt, die schwächste Nummer durch eine 30 cm
von der Zahnreihe befindliche Verengerung durchzuführen, und Patientin
kann nach jedesmaligem Sondiren etwas besser schlucken. Sie behält
zwar die per os eingeführte Nahrung zunächst bei sich, bricht sie aber
bald in wenig verändertem Zustande wieder aus, weshalb die Ernährung
per rectum versucht wird.
14. Januar. Patientin wird von Tag zu Tag elender, der Puls ist
mitunter kaum fühlbar, anhaltendes Erbrechen dauert fort.
16. Januar. Da Patientin ohne operativen Eingriff anscheinend einem
sicheren Inanitionstode entgegengeht, wird zur Operation geschritten. In
Narkose Incision in der Mittellinie zwischen Processus xiphoideus und
Nabel. Bei Eröffnung des Peritoneums drängt sich stark aufgetriebenes
Colon transversum hervor. Nachdem dasselbe zurückgedrängt ist, gelangt
der Finger an den mit Flüssigkeit angefüllten Magen. Eine Ausspülung
vor der Operation war wegen des sehr elenden Zustandes der Patientin
und wegen zu befürchtender Magenperforation unterlassen. Die Ma^en-
wandungen erscheinen an einzelnen Stellen sehr verdünnt, an der kleinen
Curvatur fühlt dor Finger einen nur noch von Serosa bekleideten Defect
der Muscularis und Schleimhaut. Der Magen selbst lässt sich wahrschein¬
lich wegen narbiger Verwachsungen aus seiner unter dem Rippenbogen
befindlichen Lage nicht in den Bereich der Wunde ziehen, wohl aber sieht
und fühlt man den Pylorus als ein derbes, narbig verengtes Rohr mit
stärker als normal eingezogenem Ring. Da einmal der elende Zustand
der Patientin und das andere mal die tiefe Lage des Magens, dessen Lage¬
veränderung eine Perforation der verdünnten Stellen hervorbringen musste,
eine Gastroenterostomie oder Pylorusplastik verbietet, so wird zur Anlage
einer Ernährungsfistel geschritten. Eine dem Duodenum nahe gelegene
Schlinge des Jejunums wird vor die Bauchwunde gezogen, dann die
Peritoneal wunde durch drei obere upd drei untere, vor der Schlinge ge*
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
MUTSCHE MED! CIN ISCHE WOCHENSCHRIFT.
den vtcasÄO/nfceü Hautrarid angeheftot, Lässt tier Erüäbranggzustand
des J£raükf»n oa zu, dass man m% der Eröffnung des Darmes mehrere
‘Vmfi vm'tm kann, so j*t es zweelanässigv dies zu thun — w
jedoch Belten vorkommcu dürfte. Ist der Kranke dagegen säir
eiend und bedarf der•selbe dringend dar Kalmmgözufuhr, dann muss’
man di« Hröjftwnir sofort öder nach 24 BUrfnte mäclian. — För
diesöff fasse ich den vorliegenden Dann mit zwei schürfen
HffTHhsm, lieidlrn Hm und löge ö»ek mobrem Kübte, midie einen-
sr% Seiletmh hü t und Semu des aufgetren&ten Durrnes; mlmr-
seits den mit DerUofföüai mnsffnmten Hautrand fassen.-
logen«.Üjigatnäh».«?' wrkkiuort. ebenso dir* Hautwunde.. Da» Partioneum
jmoernlv.: wird an die Baut und die Daröisorosa der Jcjiinftisoiiünge an
des mjgehäHte parmpde arigunfib t. sh dnas eina etm
nH'^Uifust>e Sudte Je* Tejunums frei vorbrgt. deren Flüche durch du- an-
-«-..eu. NiüiIm vo!) dar t^riJontftÜLÖkfc ■ «.bgesehWw isi, ihdtentin jgt
henodrfer Öparätimo itäu elend. Der Puh;-ist sehr. klein Uüff ivfrtjtöat.
TVdiWdm klagt ftber beBonders öftcb dom Erbe fiebern sieh slmgermle
Schmerze» -an der •
■ll ,hwmt. Temporärer Pi>. .Hehrfadieb- Erbre«ben um! Anlsfüsstfii.
Bäh dabo» gnr rocht autgHmffw und nickt dnmlvompftemieb. Aiwwuft
von {Uckorierigeiis Sputum unter grosser Anstrengung. Abnahme ilwsVuT-
Vedos. Wunde roMVnitwtw. n-aebuo^öft ßsa JDamlnröfen wird eröffnet
lind .«efert 1 ^ 1 «mi Euer. Milch, Cugne^ durch
die ftomwitinuag vmsnittäs? Katheters oingo/ührfc üfcjt ff io Ouffüuug durch
d<;<(t.ni!)vutga?e vei-Scidr^Seu.
tBXmtmr tfÄchauj|£» ■eHelgt pKft&Uoh unter grosse« Schmerzen der
MagengCgow] pfolügeS von rbUdfch-braüii<ju v kaffü^seiÄÖuilicfieti
ÄTaasriv Patteiitm sehr schwach; Tempemfttr-30.9. Pols kaum fühlbar,
Cauiplit'rinjeeiioüe)!. EiHhi&e auf die M'igecgogomt
18 . Oaiuetr, Patientin hat ajeli eie wüüi£ «?ImU, D>o.-BiJitDClWi im
Leihe' sind geringer. Erbreebon mehl tmPr .eHoigt, Huih AbßtUmiö (lös
Vm-bauffcs aleh Tu der Tffugcbrmg «hit Wunde ähnliche kuffeftsatss-
artigövMas^uTi r m &festem in. dem BrbrQehÄa Mf Patpjutin Ä wieder
fe(ffi -die- Psmöffmiug- m»-hhthü -Nahrung «ug-öHVlirt. :
19. Januar. P:\imfi6h hat .sich auffallend -nrbtffk Da isi kein Ets
brrrliAo mehr effalgt., Dm Puls nmü) sehr fregoiöit. immerhin uhpr etwas
tefffer ntid; ul* Indier, Palfenttri i«t -muuier, dass ui**» ?m
iögetir ^fegöhrtv * Sip wird zw t4 mal ff«rät die, deju oulffstä gofü i tueH Pie
^'nkrung"lUosaj jealoän«l Ipiidtfr äo.. S|tontaiaeEöDnä'u4ig von mjdhtkkem
BlnWgang. ' •
II. Ans der ÜDiversilätsklinik füi’ OhrenkrankheiteD
7 .u Strassburg.
Ein Fall von Atresia auris acquisita.
Myxosarkom der Paukenhöhle. 1 )
Von A, K<0uu
T. Äin Eall von Alferm* Aßff$ »öctuisita,
ßoi öttiem l&jSitfigoa MäLdäum war im. ersfeu Leben sjaJire ein eitriger
AusÜiiä'S im beide«. Ohren entstunden, tmtf da dorsslhe auf dom i^uhui
Ohre sfihr pro für war und alten lange dauerte, so )ogio die Muittw »ö.f
Anntiftua dbr Iichskms, ei« Blasba^ffftsten auf dio .tytz&ib Oi&lfnutig dos
bofroöenderi Ohros und lmtorhiöli dasselbo mohroro Jahre laug düceh
CaatharidoH^älie. Die OkreÜorung datiert^ uijgesMft fort, aber m stellte
«ich «llniitlilieh wne. so hässliche Verbildung der Ohrrmtsäiel ein, Uhss
JjUü flJÄtjhiu? Hiiifä fvufgoßuäit wurde.
' .'Bei der AüffitUtöiö 'm. -dte, Ktmilc ibfld ich bei dem somit woUg/v.
bilde ton Mitdänsn ferne höchst :oüffiy%e-^ Missbildung der ganzen fephton
CffinnusrM und eine hocftgnidign Vercogorang def kussarou Ohröfthurig-
dar Helix war an seiner ganzen .oouvoxon. Ausdehnung liftch eom un<ge-
■krörnfjt und au drei Steilen durch tiefe narbige. Emziolmugen vmi obeu
nach unten zusammengerolit;.- die ganze Ohmmschei war gegottUbä ffer
liukött in ihrem Wsurhsthiud etwas zurückgeWiehenv die Hasscro Ölo-
•Öffnung hatte üui- noch die Weife eines Stoeknadelkcpfes (siobo Ahbffdmigjf;
wifedo y alwae schlechtf;?. Höichhcher
Schmerze« in der fHvgengegOit<). ■ Di? Oporatiornnvunde sieht., üsdeltos aus.
M. Januar.^ iOBOifm'ist.in um IctHün Tngen■ofitsäuedeu elender ge*
wurden. Perondori ;jutut Ae der Husfcn. ir.folge ihrer Schwäche vermag
Cie. : .-h?n S‘-!'d,en; eicht geniigend hcranszn'hjingru. Pul»' ist »ehr schlecht,
ardruerüil -fi*d<i«-t'örmigO l'umimrafur utcigt auf J8.
’if Jj'i'i'r JVmimrynir I’SUJ. I^r elende Zustand der Patientin
‘TJiiubt keino fJnf..orsuehuiig der Brustorganc. ]-uj USu mindestens uui
t bM hd AibumrlL T»ote vieruiabge^ Ernährung durch 'die Pistcj im Jejunum
wird- jPaiiefiiirt zusehends Schwacher. Bitte i'nuOj noch fühlbar. .
24- J.eeMr Gogoji AS-wgen wird die Athmimg oheriTUoMch, 'um
e.'mn npigciilh*/’ Dnnnseljlin.Cfe. Djc BunchStehio ist dun-ls Ad)««siuoeh in
dm Umgebung der Ote't fitieesv uHde gegoo-die Austen wett abgcscblos^rß,
Am iiiissercü Rande des Imkert Lubin tepneiw m • h! fein ho b T< en grosser .AWo:*w
Ain Pyloius äna <dw« tüil 4ßgödicktän'Äot- belegte Stäle,
weiche juwlt ’Wagnahiöo de» Eitei's feinii dhaüfcb'o Drffl.d dn der Seröse er-
konnorj fef. jm übrigen ist das PeHtormum ' glatt, gliaiztmd, übcraU
spiegolad, Hoizniclftkabdur Jdoss und schlaff, in den Ltiugeu aahkeieho.
troOknc. graurotlirjjuuumoutecüf? Heerde. • Mite gross und schialf. Hurfeh
»cblaif. Pupse] leicht aWichlnü-. Auf dem DuivhaduiiL. Binde stark gc-
pmlhu], giffrübfl zim Tb uff vorfeUot, blsssroih mit gnlbon Fb-ckou, Mark*
^tihst.önz 4:01^00^^ scharf yo« der f^raffohijühftnaa;-. abgeaekk. Dobhr
Iffubf nictiifj hoiAtfubre^ Ma^en: JJm Schleimhaut <lßs gaumen untere«
piHHuD des Oosopimgu^ hh- zur Cat-diu ist e i« mm graugrüne zerfotzte
Mus»«. Vurwandclt. Im Bundns ffr^ ^Cögens iiadeu pich /.äffreiutio bis
lmseogro.s:*< Hamm h /m r.W* dm mim- khltemtemf h )m \ii der
■StcMle, wii die ‘Betin sich bofnmh isi diu Magftiiwimff t.ranajyare-nt
Dpjguoso; .Keerosis mucosae, oesuphngi «t ventricitli. .Od.^ogtomiac
Aftaemia «"»nli.«. } s m:mnonia cutarrhidis. Tumor iicute. Pöplaitls pai<m-
chynmfeste Pcrifoidüs äi’cinmvtrtpU puruUmta.
'. .Ejitepmtunid den Hdif^tiboen,'.welch« zu dau .fünf <m\ mir
{Uit>g;6frtlrrteH ufiut nhitgöthßilt.fen JojiiüDSitoinieon rorgelog'ea haben
Gämiwormogon war stm k roducirt. M. U.2tk - Auch auf dem bbkeva
Öhrfi bnataoff. &iiie Alte i^iltäohröIt'OVimg imtPepf<Jr^i.O« ffes TiAiimieffHI 3
und: .sUiHicr- Sccrctioc; da* GcbOrvermögeM war glciuhlaite vormmderl*
Kl ä 0,40. C ? vorn Schcicte gicich huifforseits; Knl von beiden Warzrn*
knoehen verlängert; K. V. bfeifforsoitö imgstiv. —
Die enkstci)ende Vejfkrffpp.eiuag- • 'der Ohrmuschel sowohl, wie
auch die £ü hochgradiöfe Vereü^erclng dör üa»scrön Ohiöffnuug be¬
stimmten mich, die nsrhfgen EiAzichuhgeu der Musehä udü ^
sotiders die um dou Möatns gultgmm Mpf. und keilförmig ins u>
die KuoiTmljuicseo auszu^chneidon und die atedähii dehuhar • g*
wordene Ohrmuschel durch mn%e -UiihrA .äöfAiet Kopfhaut aufe« 1 ; :
hängen« : Die grosse Wnndffüche cfftcrlo äemUeh. hinge, nüt «<k ;
ütimählich önitiotcndeii l'ieherhäutüng derselben stellte sieh iedoch
One 6<j stark? Keigung zu nm& "tißitndiüp: ein, dass ich ^
zweite« mal die vernarbten Haut- und KnorpOÖUrhen tief RUß-
edmeiden musste? und einige Tagn sp&ter atu die gTfuiuÜrfende Vfund-
flache drei bis vier je ty? Quadrateentiniöl^r grosse Epi‘Df miS '
stüOccliBß, die ich dem. ?oj‘döntcme der Pö tieutin entnamfln® hatte,
tranbpihsTtikH‘ Pötztere heilfce.n uaeh tutügm Tagen gut aa % und die
Wunde km kune Zeit darauf, vollstaiidippveriiarbt; die^eigW
neuer narbiger Rotractimi ist bis tmrr (vor Worum} n«« K v ;
Narbenbild.mig) ivouh dicht oingetroton; dio OhruiUÄC»^
jedoch der Vorsicht halber noch öinigo %0> hindurch vermdtäB
Heftpffi\$Hi‘sfcreii’en au ffio Seitenfläche des Köpfte' angsdruckX «f“
haltevn. Din Muschel selbst ersdieint in toto etwas kleiner
Üüke, hat jedoch aönähomd nnit&ale Föm und steht: leicht vom
Nach feinem in üsr Deutschen etologUche« GeHelisohRft am 13, 31m
Ifföi. in. Dumi gohaltcaoü Vorträge.
5. Juli.
Kopfe ab; die äussere Ohröffhung ist schon seit der ersten Operation
von normaler Weite und die hierdurch möglich gewordene Rein¬
haltung des Ohres nebst einfacher Tamponade der tieferen Meatus-
partieen mit Jodoformgaze haben genügt, die alte Mittelohreiterun«■
zu heilen; die Paukenhöhlenschleimhaut ist jetzt trocken und an
der unteren Trommelfellhälfte sieht man eine grosse, herzförmige
trockene Perforation. Das Gehör hat sich beträchtlich gebessert :
Flüstersprache wd jetzt mit dem rechten Ohre auf zwei Meter
gehört. — Sollte sich m späteren Tagen wiederum die Neigung
zu neuen Ketractionen zeigen, so müsste ich die hintere Fläche
des Helix in massiger Breite anfrischen und mit der gegenüber¬
liegenden, gleichfalls angefrischten Haut des Warzenfortsatzes durch
Nähte vereinigen. Es soll so eine feste ausgedehnte Narbe an der
hinteren Ohrfläche geschaffen werden, fest und breit genug der
Ketraction an der Muskelconcavität Widerstand zu leisten. ’
n. Myxosarkom der Paukenhöhle.
Bei einem einjährigen Knaben war, ohne jede vorausgegangene an¬
dere Erkrankung. seit sechs Monaten ein copiöser, übelriechender, eitriger
Ausfluss aus dem rechten Ohre aufgetreten; in den letzten Wochen be¬
merkten die Eltern eine graurothe Geschwulstmasse im Gehörcanale und
hinter der Ohrmuschel eine Hautwunde, welche ebenfalls eiterte.
Bei der Aufnahme des Kindes in die Klinik, am 3. Juii vorigen
Jahres, sah man einen nussgrossen weichen, graurothen Tumor, der den
rechten Gehörkanal völlig ausfüllte und die äussere Ohröffnung überragte-
ausserdem floss ziemlich viel schmieriger Eiter neben der Geschwulst aus
dem Meatus; es befand sich ferner unmittelbar unter der Spitze dos
Warzenfortsatzes eme stark eiternde kleine Hautfistel, durch welche die
bonde weit vorgeschoben werden konnte, besonders nach vom und oben
gegen den Gehörkanal zu.
Bei der am anderen Tage vorgenommenen Operation wurde zuerst
der grosse Tumor des Gehörkanals mit der Schlinge entfernt, dann die
Hautfistel am Warzenfortsatze breit eröffnet; hierbei zeigte sich in der
liefe eme weitere Geschwulstmasse, die sich nach vom und oben bis in
das Innere des knöchernen Gehörkanals verfolgen Hess; sie hatte dessen
untere Wand in ziemlicher Ausdehnung durchbrochen. An ihrem peri¬
pherischen Ende war die Geschwulst stark gelappt und erstreckte sich bis
unter den Ansatz des Sternocleidomastoideus; ihr centraler Abschnitt da¬
gegen Jag im Gehörkanal und reichte bis zur Paukenhöhle; es ergab sich
weiterhin^ dass der aus dem Meatus zuerst entfernte grössere Tumortheil
von der Geschwulstmasse, die in den tieferen Abschnitten des knöchernen
enörkanals resp. des Cavum tympani lag, abgerissen worden war. Es
musste sich also um eine Geschwulst handeln, die von der Paukenhöhle
her m den Meatus hineingewachsen war und hier in zwei Portionen sich
gespaltet hatte; der eine Tumortheil hatte sich im Gehörkanale
weiter entwickelt, während der andere die untere Wand des knöchernen
Meatus durchgebrochen und sich unterhalb des Processus mastoideus in
em unter dem Ansatz des Kopfnickers gelegenen Zellgewebe ausgebreitet
hatte, eJlwo dann die Hautfistel entstanden war. Im Warzenfortsatze,
aen ich der besseren Drainage des Mittelohres halber eröffnete, fand sich
weder Eiter noch Geschwulstmasse.
Bei der nun folgenden mehrwöchentiichen Beobachtung in der Klinik
ergab sich scheinbar ein ganz günstiger Verlauf; es war jetzt möglich,
® n ü ® feren Ohrtheile zu untersuchen: vom Trommelfell war nichts mehr
i ®ohen und m der Paukenhöhle resp. an der Labyrinthwand derselben
ei . n röthhehes, mässig dickes Gewebspolster, das sich sehr weich
«KT’ ?\ C , ht stark blutete ’ durch welches hindurch aber nirgends rauhe
i " ei \ s tellen zu fühlen waren; durch den fast bohnengrossen Substanz-
di b Warzen Uü ^ er ^ n ^eatuswand bestand eine weite Communication gegen
. October wurde der Junge wieder in die Klinik zurück-
g Dracöt; im Meatus lag wiederum ein ziemUch grosser Tumor und
, der Ohrmuschel, in der granulirenden Wundhöhle des Processus
«T.f™;«u e ü S . s * cb e * ne ähnliche gelappte weiche Geschwulstmasse
uh«!» j emze Inen Theile der Neubildung wurden ein zweites Mal
HJaT p? eu nach noch ausgedehnterer Eröffnung des Processus gegen
T 0 zu wur<Jen alle sichtbaren Geschwulstmassen mit dem
iAt*t u aus ^ ekr ^ tz ti sowohl vom Periost des Schläfenbeines, das
”, if b6n [ • x von ähnlichem Granulationsgewebe überdeckt war, wie auch
TfnnJ, T «u teren . Gehörkanalswand, wo die Geschwulst schon auf den
Knorpel übergegnffen hatte.
befinriJ!?, 2eit lang mässig guter Zustand des Allgemein-
riVIi n Und der Wunde selbst; aber schon nach drei Wochen zeigen
srWnl Ue v ® r dächtige Massen in der Tiefe der Warzenwunde, die sich
er ^ ö ssern und bald wieder zur alten Grösse gewuchert sind. Die
hat während dieser letzten Zeit beträchtlich gelitten;
Stark i?jK ent s ^hreit Stunden lang, schläft nur wenig; die Wunde eitert
Tvuii j d ie Abmagerung macht sichtliche Fortschritte.
wnllor, 1 ^ ^des Knaben, den baldigen Tod ihres Kindes voraussehend,
mit n mc , me hr in der Klinik lassen und nehmen ihn nach Hause
rinn -p r , 5111 , gs Pecember — im ganzen also zehn Monate seit Be-
welcbfln ^ Q rkrankun g — an Marasmus zugrunde gegangen ist. Von irgend
Juno-Ati Gehirnsymptomen wurde weder in den letzten Lebenswochen des
Leidar ’J 0C l W ^ seines Verbleibens in der KHnik etwas berichtet.
gelangte ich nicht in den Besitz des kranken Schläfenbeines.
Rph, kopisclle Untersuchung der verschiedenen Ge-
ristisäPhAn bei , den beiden Operationen ergiebt die charakte-
reiphßfn 1 Me v km ^ Je des M y x osarkoms; man sieht ein sehr zell-
Dift 7a li ewe . e J mi i ^ stellenweise nur spärlicher Intercellularsubstanz,
en smd theils von spindelförmiger, theils von dreieckiger
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
oder sternförmiger Gestalt, haben einen gut färbbaren Kern und
ihre Grösse wie ihr sonstiges Verhalten ist das der gewöhnlichen
Äh“ !- ^ ,f WiSchengewebc ist an einigen Stellen
rtnni „La. anderen wieder so massig, dass die Zellen nur sehr
dflnn gesät erscheinen; an letzteren Stellen hat das Zwischen-
TOW< ? er Ausgangspunkt der Neubildung darf in jenem Binde-
gewebspolster der Labyrinthwand des Mittelohres gesucht werden
wo wir beim Neugeborenen und oftmals stellenweise noch in den
ersten Lebensmonaten jene gallertartige Masse finden, die aus
embryonalem Bindegewebe mit spindel- und sternförmigen Zellen
m einer structurlosen gallertartigen Grundsubstanz besteht.
m. Zur Behandlung des Fettherzens. 1 )
Von Dr. Theodor Schott in Bad Nauheim.
Die Behandlung der Herzkrankheiten hat in den beiden letzten
Decennien das Interesse der Aerzte in steigendem Maasse wach¬
gerufen. Während Jahrzehnte vorher die physikalische Diagnostik
der Herzkrankheiten die Aufmerksamkeit der medicinischen Welt
derart m Anspruch nahm, dass sie das ganze Gebiet vollständig
beherrschte, war es später die Therapie, welche sowohl durch Be¬
reicherung des medikamentösen Heilschatzes, wie vor allem auch durch
bchaffung neuer, der sogenannten physikalischen Heilmethoden ganz
gewaltig in den Vordergrund trat. Diesem letzteren Umstande ist
es denn auch ganz besonders zu verdanken, dass man sich mit
erneutem Eifer der Behandlung des Fettherzens zuwandte, denn
gerade hier liess sich aufs deutlichste erkennen, dass sich mit
arzneilichen Substanzen sehr wenig, ja sozusagen nichts erreichen
liess. ^ Da war nichts natürlicher, als dass man sich um so
energischer den anderen Disciplinen der Therapie zuwandte. Diese
letzteren hier kurz vorzuführen und die mit ihnen erreichbaren
Resultate zu schildern, soll der Zweck dieser Arbeit sein. Es ist
selbstverständlich, dass bei der Fülle des vorliegenden Materials
und der mir hierdurch knapp zubemessenen Zeit ich mich so kurz
als möglich zu fassen suche, die einschlägige Litteratur möglichst
übergehe, auch auf ausführliche Krankengeschichten ganz verzichte
und vielmehr überall nur in grossen Zügen unseren heutigen Stand¬
punkt skizzire. Eine monographische Bearbeitung des vorliegenden
Thema’s behalte ich mir für später vor.
Ehe ich mich jedoch zur Schilderung der Therapie selbst wende,
sehe ich mich veranlasst, nochmals einen Augenblick bei der
Diagnose „Fettherz“ zu verweilen; nicht dass ich etwa dieses voll¬
ständig aus dem Bereiche meines heutigen Vortrages liegende
Thema hier erschöpfend behandeln wollte, sondern vielmehr aus
dem Grunde, weil mir einiges Hierhergehörige zum besseren Ver¬
ständnis des später bei der Behandlung zu Schildernden absolut
nothwendig erscheint.
Als bekannt darf ich voraussetzen, dass es sichere Symptome
für die Erkennung des Fettherzens bis jetzt nicht giebt, wir viel¬
mehr gezwungen sind, auf complicatorischem Wege eine solche
Diagnose zu stellen. Wir besitzen zwar in dem Verhalten des
Allgemeinzustandes der Patienten, in dem Auftreten der Herztöne,
dem Rhythmus der Herzcontractionen, der Beschaffenheit des
Pulses etc. mancherlei Anhaltspunkte, welche uns die Diagnose
„Fettherz“ als höchst wahrscheinlich bezeichnen lassen, aber
Täuschungen kommen trotz alldem häufig genug vor, und nicht
selten erleben wir, dass Fettherz diagnosticirt wird, wo sich durch
Zuhülfenahme anderweitiger Symptome oder im späteren Verlauf
der Krankheit ganz andersartige Herzleiden herausstellen. Ich
möchte deshalb nochmals betonen, dass man mit der Diagnose
„Fettherz“ sehr vorsichtig sein muss. Ich habe nicht selten ge¬
sehen, dass Fälle von Weakened heart, entstanden durch chronischen
Tabakmissbrauch, nach allzuvielem Alkohol-, Kaffee- und Thee-
genuss. infolge von Chlorose und Anämie, nach geistigen Auf¬
regungen und körperlichen Ueberanstrengungen, zu derartigen
Täuschungen führten und dass dann die auf Fettherz gerichtete
Behandlung von den verderblichsten Folgen begleitet war, ein Punkt,
auf welchen ich später nochmals zurückkommen werde. Dazu
kommt noch, dass die Fett-Um- und Durchwachsung des Herzens
oft nicht zu unterscheiden ist von der fettigen Degeneration des
Herzens, ja selbst die Differentialdiagnose zwischen dieser und jener
dritten Form, in welcher das Fettgewebe gleichsam in die Lücken
der Herzmuskelsubstanz tritt, ist oft ausserordentlich schwierig,
was ich jedoch nur hier andeuten möchte, da wir gewöhnlich als Fett¬
herz nur die beiden ersten Arten verstehen, von denen sich freilich
sehr häufig Uebergänge von der einen Form in die andere vorfinden.
*) Vortrag, gehalten am 3. April auf dem XI. internationalen Congrcss
zu Rom.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
562
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27
Ueber all diese Zustande verweise ich auf die einschlägige
Litteratur, insbesondere von Leyden, Curschmanu, Ebstein,
Cantani, A. Fränkel, A. und Th. Schott sowie Anderen.
Ueber die Prognose im allgemeinen zu sprechen, dürfte sich
erst dann verlohnen, wenn die durch die heutzutage angewandte
Therapie zu erzielenden Resultate näher geschildert werden sind.
Wenden wir uns nun zur Behandlung des Fettherzens selbst.
Prophylaktisch vermag der Arzt hier sehr viel zu wirken durch
Regulirung der Lebensweise, durch Rathschläge bezüglich passender
geistiger Beschäftigung, körperlicher Thätigkeit u. s. w.
Bei erblicher Disposition, d.h. ganz besonders, wenn dieselbe schon
in früher Jugend sich geltend macht, schlagen oft alle angewandten
Mittel entweder fehl oder zeigen sich in viel schwächerer Weise
wirksam, so dass hier die Prognose im ganzen eine viel trübere ist.
In früheren Zeiten spielte die medikamentöse Behandlung des
Fettherzens eine grosse Rolle. Die Ekel erregenden und Erbrechen
hervorrufenden Mittel sind ebenso wie die Blut entziehenden Curen
ganz der Vergessenheit anheimgefallen, und auch die drastischen
Abführmittel dürften jetzt kaum mehr Verwendung finden, da die
hierdurch hervorgerufenen Misserfolge in keinem Verhältniss zu dem
Erreichten standen. Aber auch die leichteren Abführmittel in der
Form pharmaceutiseher Präparate spielen keine eigentliche Rolle
und machen vielmehr den gleich zu erwähnenden mineralischen
Abführquellen Platz. Dagegen haben die verschiedensten Jodpräparate
noch zur Stunde einen grossen Anhängerkreis und finden vielfache
Vertheidigung. Es ist jedoch zu bedenken, dass überall, wo man
wirkliche Entfettung durch dieselben bewerkstelligen will, dies in
der Mehrzahl der Fälle dadurch geschieht, dass die Esslust ab¬
nimmt. Ja ich habe genug Patienten gesehen, die von jener Zeit,
da sie mit einer Jodcur begonnen, ihre Magen- und anderen
Störungen des Intestinaltractus etc. datirten, so dass, wenn nicht
von dem Gebrauch dieser Haloidsalze ganz abzusehen, so doch
ihre Verwendung sehr einzuschränken und nur mit grosser Vor¬
sicht anzuwenden ist. Und es sei auch schon an dieser Stelle
hervorgehoben, dass man mit diesen Präparaten ebenso wie mit den
gleich zu besprechenden Abführmitteln in erster Linie die allge¬
meine Fettleibigkeit und secundär mit dieser das Fettherz selbst
zu bekämpfen suchte.
Noch vor wenigen Decennien spielten die Hauptrolle in der
Therapie des Fettherzens die glaubersalzhaltigen Brunnen von
Carlsbad, Marienbad, Tharasp etc., sowie die kochsalzhaltigen
Quellen von Kissingen, Homburg, Nauheim u. s. w. Der epikritische
Theil der einzelnen Behandlungsarten sei bis zum Schlüsse dieser
Arbeit aufgeschoben, und ich will an dieser Stelle nur betonen,
dass die unsinnigen Abführkuren, der Wettlauf nach raschen und
bedeutenden Gewichtsabnahmen im letzten Lustrum wohl so gut
wie ausnahmslos vorüber ist. Die Gefahren, welche der ehemals
übliche Gebrauch der Abführwässer an den erwähnten Orten herbei¬
führte, eröffneten den Chlornatriumquellen das Gebiet, ohne jedoch
zu verhindern, dass sich auch durch diese letzteren ähnliche Fehler
wie dorten herausbildeten. Das literweise Trinken gehört hier
wie dort jetzt nur noch zu den Seltenheiten, vielmehr werden
stets bei den Trinkeuren die diätetischen Massregeln als ein
Hauptfactor angesehen, und es kommt solchen Curorten zugute,
dass die Patienten hier den Rathschlägen viel eher Folge leisten,
als dies in der Heimath durchschnittlich der Fall zu sein pflegt.
Ein gewaltiger Umschwung in der Behandlung hat sich erst in
der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts vollzogen, und hier sind es
ganz besonders zwei Namen, an welche sich jene Umwälzung anknüpft.
Es sind dies erstens Stokes, welcher auf das Verderbliche
der Ruhe bei Fettherzleidenden hinwies und zeigte, dass passende
Bewegungen viel eher geeignet seien, als therapeutisches Agens
zu dienen, und zweitens Banting oder besser gesagt Harvey-
Banting, welch’ beide letzteren die nach ihnen benannte diäte¬
tische Behandlungsart creirten. Die diätetischen und die soge¬
nannten mechanischen Behandlungsarten stehen nun heutzutage im
Vordergründe des ärztlichen Interesses und haben sich nach ver¬
schiedenen Richtungen zergliedert und herausgebildet. Betrachten
wir zuerst die diätetische Therapie.
Schroth’sche Semmelcur, die Tarnier’sche Milchdiät
e ,7? iches seieT1 hier nur ^ rem Namen nach erwähnt, denn
m Wirklichkeit waren sie nur Hungerkuren, welche nicht nur dem
Körper Fett sondern auch anderweitige, dem Organismus noth-
wendige Substanzen in derartiger Menge entzogen, dass bei
längerer Anwendung die Gefahr den etwaigen Nutzen weit überwog
und geradezu lebensgefährliche Zustände heraufbeschworen wurden.
. Die Bantingcur als solche baut sich auf viel rationellerer
Barns auf, und der Grundgedanke, durch Vermeidung des Genusses
voh Kohlenhydraten und Fettsubstanzen den Zuwachs von Fett
im Körper zu mhibiren und durch einseitige Eiweissnahrung dem
Fettumsatz im Körper zu steuern und dadurch Fettabnahme des
Organismus zu erzielen, ist an und für sich ein richtiger Und
doch zeigt uns die praktische Ausführung, dass die Harvey-
Banting’schen Vorschriften nur in seltenen Fällen stricte zur
Verwendung gelangen können, wenn nicht Gefahren mancherlei Art
entstehen sollen. Um diese letzteren zu vermeiden, hat Immermann
empfohlen, die Bantingcur absatzweise zu gebrauchen, und sobald
sich Beschwerden einstellen, eine Zeit lang auszusetzen. Im Gegensatz
hierzu hat Cantani die ersterwähnten Vorschriften noch verschärft,
so dass hier noch grössere Gefahren zur Geltung gelangen können.
Im Gegensatz zu Banting erlaubt Ebstein mehr Fettgenuss,
ja begünstigt diesen gegenüber die Kohlehydrate, welch’ letztere
aufs äusserste beschränkt werden. Auf Theorieen an dieser Stelle
nicht näher eingehend, sei nur bemerkt, dass auch hier Gefahren
kaum ausgeschlossen sind und die bisher bekannt gewordenen
Resultate noch mancherlei zu wünschen übrig lassen. Germain
Sde giebt neben der Ebstein’schen Diät noch Peptone und
Leimsubstanzen und lässt die Flüssigkeitszufuhr durch Kaffee- oder
Theegenuss vermehren; nur die Alkoholaufnahme wird beschränkt.
Den physiologischen Grundsätzen, wie sie durch die Voit-
Pettenkof6r’sche Schule bekannt geworden, kommt die Regulirung
der Diät, in der Weise, wie sie Oertel angegeben, am nächsten.
Allein dieselbe wird, soweit die bisherigen Erfahrungen reichen,
so gut wie nie allein bei der Behandlung des Fettherzens ange¬
wendet. Sie kommt abgesehen von der noch zu erwähnenden
mechanischen Behandlung nach den Vorschriften von Oertel
selbst mit mehr oder weniger starker, früher schon von Daniel
empfohlener Beschränkung der Flüssigkeitszufuhr zur Anwendung.
Ich muss es mir versagen, auf dieses Letzterwähnte mich liier in
extenso einzulassen, da sowohl andere Autoren als auch ich bereits
in einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Arbeiten sowohl die
theoretischen Anschauungen, welche den Autor zu ihrer Inaugu-
rirung führten, als unrichtig hinstellten, wie auch die Gefahren,
welche sich bei deren Anwendung einstellen, näher beleuchteten.
Mein Bruder August Schott und ich haben endlich bezüg¬
lich der Diät eine Anzahl von Grundsätzen aufgestellt, welche sich
uns bei der Behandlung des Fettherzens speciell, wie der Herzleiden
im allgemeinen bewährt haben. Auch hierüber später mehr.
Gehen w T ir nun zur sogenannten mechanischen Behand¬
lung über. Der berühmte englische Kliniker Stokes machte zu¬
erst auf die hochwichtige Thatsache aufmerksam, dass bei Fett¬
süchtigen Bewegung absoluter Ruhe vorzuziehen sei. So schreibt
er bezüglich der Behandlung der fettigen Degeneration des Herzens
in seinem bekannten Lehrbuche: „Bei solchen Leuten kann man
häufig beobachten, was man allgemein unter dem Ausdrucke
„getting the second wind“ kennt, das heisst, in den ersten Stunden
des Tages bekommt der Kranke im höchsten Grade Dyspnoe und
Herzklopfen, aber durch Ausdauer und Vermeidung übermässiger
Anstrengung, oder nach kurzer Ruhe kann er sein Tagewerk voll¬
enden und selbst hohe Berge mit Leichtigkeit besteigen.“ Allein
auch 'hier haben die Misserfolge, wie man sie mit der Befolgung
der Stokes’schen Angaben erhielt, bald zu wissenschaftlichen
Streitigkeiten geführt, wie dies aus den Schriften von Quain,
Wal sh e u. a. hervorgeht, und schon nach kurzer Zeit waren die
Lehren von Stokes nicht nur vergessen, sondern auch hier lautete
die alte Losung wieder wie früher: „Ruhe, Entsagung und Entr
behrung“, also passives Abwarten bis zum früheren oder späteren
Auftreten von Störungen der verschiedensten Art.
So stand es bis vor zwei Decennien, als fast gleichzeitig drei
verschiedene Methoden der mechanischen Behandlung des Fett¬
herzens (wie der Herzkrankheiten überhaupt) auftauchten.
Die mächtigste Anregung gab Oertel, welcher das Berg¬
steigen als Mittel zur Bekämpfung des Fettherzens in den be¬
kannten Terraincurorten zur Anwendung brachte.
Zander in Stockholm erfand eine Anzahl sinnreicher Apparate,
durch welche er die nach ihm benannte Massage- und Ma*
schinengymnastik ausbildete.
Mein verstorbener Bruder August Schott und ich 1 ) bildeten
1) die sogenannte Widerstandsgymnastik aus, durch welche
methodische Muskelbewegungen der Herzleidenden durch eine an¬
dere Person, den sogenannten Gymnasten, oder 2) Selbst-
hemmungsgymnastik, bei welcher die Bewegungen durch An¬
spannung antagonistischer Muskeln seitens des Patienten selbst
gehemmt werden. Ausserdem haben wir, wenn auch in anderer
Weise wie Zander, Massage sowohl einzelner Glieder wie auch
des ganzen Körpers empfohlen und in verschiedenen Formen viel¬
fach in Anwendung gebracht.
Gleichzeitig haben sich dann im Gebiete der Balneo- und
Hydrotherapie eine Anzahl Methoden entwickelt, welche hier eben¬
falls nur kurz skizzirt werden sollen. In Verbindung mit der
*) Die einschlägige Litteratur der beiden letzten Decennien findet
der Leser zum guten Theil in den Arbeiten über „Herzkrankheiten“ von
0. Rosenbach im IX. Band, sowie Th. Schott, XXII. Band der t-
Auflage der Eulenburg’schen Realencyclopädie.
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5. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Gymnastik, sowie auch zur alleinigen Anwendung geeignet haben
mein Bruder und ich eine Baineomethodik für Fettherzleidende
wie auch anderweitige Herzkranke ausgebildet und gezeigt dass
man durch dem Individuum genau angepassto Bäder, welche von
den Thermalsool- zu den stärkeren Formen der kohlensäurereichen
Sprudelbädern—seien dieselben natürliche oder künstlich zubereitete
— übergehend durch Reizung sensibler Nervenfasern dasselbe er¬
reichen kann wie mit Hülfe der Gymnastik auf dem Wege der
motorischen Nervenbahnen. Für die anämische Form des Fett¬
herzens hat Scholz auch auf den Werth der kohlensäurereichen
Stahlbäder hingewiesen. In der neueren Zeit hat auch die Hydro¬
therapie angefangen, sich hier ein weites Gebiet zu eröffnen und
zwar in der Form von Einpackungen, Abreibungen, Douchen u s w
Ferner sind Dampf- und Heissluftbäder vielfach in Anwendung
gezogen worden.
Nachdem ich so in den Hauptzügen die bisherigen Methoden
der Fettherzbehandlung geschildert, sei mir gestattet, auf Grund
zahlreicher Beobachtungen meine Erfahrungen mitzutheilen, welche
ich bei Patienten gewonnen habe, die sich der einen oder anderen
Behandlungsart bei mir oder anderen Ortes unterzogen hatten.
Da es mir darauf ankommt, das vorliegende Thema in epikritischer
Weise zu beleuchten, so muss ich es mir versagen, auch hier zu
sehr in Details einzugehen.
Allen diätetischen Maassregeln liegt der Hauptzweck zugrunde,
den Fettansatz in mehr oder minder hohem Maasse zur Schmelzung
zu bringen und neuen Fettansatz zu verhüten. Nun besitzen wir
aber bis jetzt kein Mittel, welches uns ermöglicht, das an den
verschiedensten Stellen des Körpers angehäufe Fett einseitig zum
Schwund zu bringen, ohne dass dabei nicht auch andere, dem
Körper wichtige Substanzen in Mitleidenschaft gezogen werden.
Ja als Ergebniss experimenteller Untersuchungen, welche man an
hungernden Thieren anstellte, hat sich herausgestellt, dass die das
Herzfett bildenden Massen erst ganz spät zum Schwund gelangen,
wenn die Thiere durch allgemeine Abmagerung und Entkräftung
bereits dem Tode nahe sind. Also die Resorption des das Herz
betreffenden Fettes selbst kann es nicht sein, durch welche wir
den Patienten Besserung oder Heilung ihrer Leiden verschaffen
wollen. Es ist ja nicht zu bezweifeln, dass durch Entfernung
grösserer Fettmengen aus Brust- und Bauchraum, vielleicht auch
durch Verringerung der sich früher in den vermehrten Fettmassen
neugebildeten Blutbahnen dem Herzen Erleichterung geschaffen zu
werden vermag, und wir sehen dies bei rationeller Behandlung ge¬
wiss häufig genug; andererseits stellen sich aber auch so viel Ge¬
fahren hierbei ein, dass es eine für den Arzt hochwichtige Aufgabe
ist, zu eruiren, wie er diese letzteren zu vermeiden vermag. Denn
sonst — und wer von uns hätte sich hiervon nicht überzeugen
können — überwiegt der Schaden um ein ganz Bedeutendes den
Nutzen, welchen man erzielen will. Ich habe daher schon auf die
Gefahren starker Abführcuren aufmerksam gemacht; der zweifel¬
hafte Erfolg beim Jodgebrauch wird oft mehr als aufgewogen durch
die katarrhalischen und anderen Reizerscheinungen, welche sich oft
über Monate und Jahre erstrecken. (Schluss folgt.)
IV. Ein Fall von myxomatös entartetem
Fibrolipom, ausgehend von der Subserosa
des Mesenterium bez. Mesocolon. 1 )
Von E. Witte.
Das seltene Vorkommen von Bindesubstanzgeschwülsten, die
von dem subserösen Gewebe des Mesenterium bzw. Mesocolon aus¬
gehen, die Schwierigkeiten, welche einer radicalen Entfernung sol¬
cher Geschwülste oft entgegenstehen, veranlassen mich, einen dies¬
bezüglichen, durch Laparatomie geheilten Fall mitzutheilen.
Es handelte sich um eine 23 Jahre alte Frau, die seit dem zwölften
Jahre regelmässig menstruirt, nie krank gewesen ist. Verheirathet seit
dwi Jahren, hat sie dreimal normal geboren, zuletzt vor vier Wochen.
Die Wochenbette waren fieberfrei. Sie klagt seit ihrer Entbindung über
öchmerzen im Unterleib und Kreuz, sowie über ein Gefühl von Schwere
daselbst.
Objectiver Befund: Kräftige, gesund aussehende Frau. Unterleib
vorgewölbt durch einen Tumor, der unter den schlaffen Bauchdecken
etwas nach rechts von der Mittellinie liegt und seiner Lage und Grösse
nach für den Uterus im sechsten Monat gehalten worden vrar; dem wider-
S ? I c* T)i n< l- ess ^ naamese - Introitus mässig weit, Scheide bequem,
glatt, Portio klein, quergespalten, Uterus klein, weich, antevertirt, nach
inks gedrängt durch einen Tumor, von dessen rechter Kante er auszu¬
gehen scliien. Der Tumor fühlte sich cystisch. höckerig an und wurde
jus em multiloculäres Cystom des rechten Ovariums angesprochen, da die
mken Adnexa normal, die rechten nicht zu fühlen waren.
• r, *) Demonstrirt in der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshülfe
m Rerlm, Sitzung vom 27. Üctober 1893.
563
Am 24. September 1893 wurde behufs Laparatomie nach den üblichen
Vorbereitungen die Patientin in Beckenhochlagerung gebracht, und es
zeigte sich sofort, dass der Tumor nicht mit dem kleinen Becken in Zu¬
sammenhang stand da er nach der Magengegond hinabsank, während eine
\ erbindung mit dem Uterus trotz der dünnen fettarmen Bauchdecken
Sic t Beweisen hess. Nach Eröffnung der Bauchhöhle erwiesen
sich die Adnexa als gesund. Der Tumor liegt retroperitoneal, rechts mit
dem Colon ascendens. links mit mehreren Dünndarmschlingen inn°- ver¬
bunden, nach oben hin nicht abgrenzbar. ö
Es gelingt schliesslich mit nicht unerhebliohen Schwierigkeiten die
einzelnen Lappen der cystischen Geschwulst aus dem Mesocolon und Me¬
senterium nach und nach stumpf auszulösen, wobei es lebhaft aus arte¬
riellen und venösen grösseren Gentssen blutet Eine plötzlich auftretende
Asphyxie bei Aethernarkose erschwert die Auslösung und Versorgung des
letzten Ausläufers der Geschwulst, welcher wegen ihres Hinaufreichens
bis zur Magengegend eine Erweiterung der Bauchwunde 15—20 cm über
den Nabel hinaus erforderlich macht.
Die zwischen Mesocolon und der Wurzel des Gekröses befindliche
grosse Wundfläche wird von Gerinnseln und peritonealen Fetzen befreit
zusammengelegt, die nach links gesunkenen Därme in die Mitte gebracht
und das Netz über den Därmen entfaltet. Naht der Bauchwunde mittelst
sechs durchgreifender Seidenfäden und fortlaufende Catgutnaht der
Muskelfascie.
Pathologischer Befund: Der Tumor ist von Manneskopfgrösse und
bildet eine aus zahlreichen wallnuss- bis apfelgrossen Cysten bestehende
Cystenmasse, deren' obere Fläche in Handtellergrösse von lebhaft injicir-
tem Peritoneum bedeckt ist. Die Cysten enthalten einen etwas trüben,
schleimigen Inhalt, welcher bei Essigsäurezusatz faden- und streifenförmig
gerinnt, ohne sich in überschüssiger Säure wieder zu lösen. Ebenso wird
durch Alkohol Trtlhung hervorgerufen.
Die Cystenwandung besteht aus einem zellreichen Gewebe, welches
durch Verästelung kleine und grössere Hohlräume bildet. Diese Hohl-
räume sind zum Theil mit Fettzellen, zum grössten Theil mit amorphen
Massen ausgefüllt. Die Cystenwand hat eine sehr verschiedene Dicke und
ist peripher papierdünn und mit Plattenepithel bedeckt.
Wenn nun auch die myxoraatöse Degeneration dieses subserös ent¬
wickelten Fibrorayoms die Rückbildung beweist, so deutet die saftreiche
Beschaffenheit des zellreichen Bindegewebes mit der Bildung von kleineren
und grösseren Hohlräumen, die mit Fettzellen gefüllt noch keine schlei¬
mige Entartung zeigen, darauf hin, dass ein weiteres Wachsthum der
Geschwulst zu erwarten war. Erfahrungsgemftss pflegt eine völlige Rück¬
bildung solcher Geschwülste selbst bei starker Abmagerung nicht einzu-
treten.
Der weitere W T undverlauf bei der Patientin war ein recht günstiger,
bis auf eine Bronchitis, die durch Aethernarkose bedingt war. Bereits am
folgenden Tage Motus peristalticus, am nächsten Tage Abgehen von
Flatus. Die Wunde heilte trotz der heftigen HustenanfiUle per primain,
so dass Patientin am 14. Tage die Anstalt verlassen konnte.
V. Ueber die quantitativen Verhältnisse der
Eiweisskörper im Blutserum von Kranken.
Zweite Mittheilung
von
Doc. Dr. R. v. Limbeck, Dr. Friedei Fick,
Abtheilungsvorstand und Assistenten der I. med. Klinik
im Rudolfsspital in Wien in Prag.
In No. 46 des Jahrganges 1893 dieser Wochenschrift hat
L. Bleibtreu einen längeren Aufsatz publicirt, welcher der Kritik
einer von uns in der Prager medicinischen Wochenschrift 1893,
No. 12—14 veröffentlichten Arbeit, deren Titel mit dem dieser
Mittheilung gleichlautend ist, gewidmet ist. Der Umstand, dass
wir zur Zeit räumlich getrennt sind, sowie anderweitige Beschäfti¬
gung lässt uns erst jetzt darangehen, die zum Theil im Hinblick
auf diese Einwendungen angestellten neuerlichen Untersuchungen
mitzutheilen. Bleibtreu wendet sich zunächst gegen die von uns
verwendete Methode, deren Darstellung in unserer Mittheilung ei*
als „sehr kurz“ bezeichnet. Wir sagten 1 ): Das frisch defibrinirte,
durch Aderlass gewonnene Blut wurde mit einer isotonischen Salz¬
lösung auf das Zehnfache verdünnt und in einem Spitzglase sich
selbst überlassen. Nach 10—24 Stunden wurde das klare Serum
abgehebert und in je einer Portion desselben 1) das Gesammteiweiss
durch Fällung mit dem fünffachen Volumen Alkohol etc. (nach
Hoppe-Seyler, Handbuch der physiologisch-chemischen Analyse)
und 2) das Globulin durch Fällung mit dem gleichen Volumen
einer kalt gesättigten Ammonsulfatlösung nach Pohl (Archiv für
exp. Pathologie XX, p. 426) bestimmt. Die Subtraction beider
Zahlen gab uns den Albuminwerth.
Wir glauben, dass diese Angaben trotz ihrer Kürze vollständig
genügen, um jedem mit den betreffenden Methoden Vertrauten
unser Vorgehen klar zu machen, oder die Möglichkeit zu bieten,
sich an der Hand der Litteraturangaben über die Methoden zu
orientiren.
Bleibtreu führt nun des weiteren aus, dass wenn wir deh
im aliquoten Theile bestimmten Eiweissgehalt mit dem Grade der
') 1. e. Separatabdruck, p. 5.
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564
DEUTSCHE MEDICIN1SCHB WOCHENSCHRIFT.
No. 21
Verdünnung enbteteeiumd muHipiicirt und dir- so erhaltene Zahl
»k fW'-cntgch.ftlt de* Serums' hemhiuten, dies nicht richtig sei,
jfo ja nach dem Volti-meu dbr i&f&Jmiitdieti Efümeiite der (Jehalt
der gleichen Menge. Blut aö Soimm in VSfgehir4bneu F&R^fi
schwankend und dmunaeh viril der Grad kr VcrtRlnDübg' ver¬
schieden sei. Ferner ftiiirt BJejbteeu OiMt.hd!lu*timiuUHgün m<
die er an Loiohenblut mittete? 4er Siudvsi(i3l>f'stiiu;mrinr nach
(vjcldahl vorgeriCtTCHKäi hat, 3>oi welcher der fite den Gcsainmt-
stiekstoff gefundene Werth durch. Multiplikation mit item Factor
6,2T> als Eiweiss bereohmd wurde.
Was imu dßft nWteo-Punkt ; hedfi$L so; der Ktewönd
B3 eih treu ’s insofern herechfigf-, ds sich hei uns der während der
Arbeit mlioeh gebrauchte Ausdruck •„UfbuOüto des Serums- 1 * auch in
die Mittheilüisg eingeschiiche»j hat Oebrigrna glauben wir. dass jeder
Leser unserer Arbeit ersieht, was wir gern tu vl# t haben mul es völlig
genügt, in unserer Arbeit statt «Frocentgehait des S*nmi* ;in Eiweiß**
„Froceidgchult des Blutes hu int Herum iortiumlroi«ti Kteetes” zu
sagen, um den von uns gefundenen Zahlen >hte reriilnutesigt in.-
deuiuiig wieder zw geben, wie dies ja auelr Btbjhtrdu zugiubl.
uidcTi} er sagt: .,\Vas v. LBnho--k und Fi eh im mt haben,
kommt annähernd aui den Gehalt an Ei weis- im Sc.rcm in 100 ccm
‘jBlut heraus. 11 Wenn aber Rteihfrara jm-otl. d.-n-s hieran cm
wiederholtes Auswaschen des BJut körpr rchmieteibs mit Salzlösung
und BeAlinmung des EiwcissgclmUcs der vtromigten Waschwasser
nothwendig sei, so htest Ach den. gegenüber zeigen, dass der
Fehler, den äaan dadurch ronekt. dass jn$n nur in einem ölig unten
Thoile Ae» vmditehteh Gnrums den Eiweissgehafi besdmjnt, kaum
in Betracht kommt. N'imim mau nämlich 10 ccm Flui und
verdünnt dieselben &ui das Zcbfilöchc, ai* kann man bol dein
soUfvahkendim: Yotemen dar - gdoniituji .Kte-monte' m. einem Falle —
wir nehmen ahs-ichtiieh auch die von B leibt rivii äk Brkptel voc-
xvetuhdeß Extreme —- 5 iM»m nur 95 ccm, in einem /.weiten 9 wm
auf 99 ccm gebracht haben.
Bestimmt man nun in boidtm iOillcj-. <n je 20 ccm. des Go-
misch es dm Gehalt an Etetek*, 0 huf nrain um den Gehalt von
lO.cctu Blut au im Serum $üt>kälteiiörj ; &ßfid)tan,
die gebmdcuc Zahl einmal mit *-[' =? 4,75, das zweite nml mir.
Vv
A — 4,95 %w mnilipliriran. Gogmüher dem von uim fustgdhallenen
Fähtu.r; fx,l) betrugt also. der . Feftfen in dem efstoreu, wobt maxi-
waten .Falbe 0,85 •= 5f) Fd- wird sich also bei bis 9 ! ’/a sdiwaukcU“
den EiwßissWßftlien höchstens auf der ersten Dccimalstolle aus-
p rügen.
Aus dem Wursidhonden 'isigiiH sklx, »lass Fils Wierthe 4er in
ökiom bestimhiteu <$üftjü um B) u ten mtMUömm Menge von im
Serum. vorhandenen .bbtrai’hfFt, )mm Zahlen voll*
kommen zu Recht bestchm. und wir können mit Bwfrbmiguug <:<m-
statiom, dass dm H>n Bleihtreu nibdog iongereciincten Ergeh-
nisso seiner Vm-suchc. wie m sAbsl sagt: den von uns ornutteUeu
ZaULra Jrahekommi-JF rroccTUischc Aognfmn des ErwmsKßcluiltes
des Siwums sind uusorc Zähteri reicht, solche wären aber vtm
Bleib freu’s Stanupunkte aus wohl für den fvbmker ohne .Bef iick-'
muhtigung dftg nach mdneö Angaben so sehr aehwänkenduiv. (9,52;
bis 46jHdW/ü} VolufUGuS der köt'po.Hichcü Eleniepto von geringeebr'
Y f)rwmctiibni'k ei t„
H BObtrct: bringt fern er in diesot Mittheiimtg eine Reihe von
BfestHmmuitgen dos proemtisoheu Elw.fiiHdgö.haJtoö Beimms, vrdidiu
mm veranlagt hahen, «bis nm ihm anmAvmidete Vcri’ahran mit dem
unsongcu tu vergbdetem. B leib t reu outebmör das Blut „mrnge
Htiindmi post mortem in noch fteh? geruhnemua Zuslande aus dein
vorher gut gotrocktvcten Herd». m v E # vib-.og' der Venu cuwi.
Bor EiwoinsgcUait, vurde ans d.-.u .« i( ,h EjAdahl UiAimMa
SUckfettdlgidiAf doteh MuRiulborloo mw d-un bArtor 6,25 onnittcJt,
nntöi* der allerdings njbhi absolut richtigen Ännahir.cs (lass aller
HtiokstolF im berniv. 1« Form von Kiw^ois« enthaltoji. söt.. £)ag Serum
wurde durch rinfaedum Absctzcnlafesen dnv Blutkö]|?e! ehiui gewo'dilcti.*'
Yon dem Um^Undc; eines ohne OiusbezöglMt^ vergimd.mnlc Unter-
Stic n»ug( D >i. pi c.o« iocIh, zu rui >cbcuhm mt., ul» cbindt in clor Leiche
I>müwimvgteW\ das ßkftebgum libJUi schon in kurzer
AmtWcritedcrungnu smirns Ocbaites au gelösten ßtoffeu mfeidet,
Woileh ■ vvir -ganz ab^td.cn Bmgogco arsc-hion' c» -uns' wönsdiöng-
wteg durch Versuche 'UiwiofmTrdie 'VernacliläsbigüTjg
rm’, 'Hellen, ma» ulo der Bcrechnuag des (b&ammtsBck'
Stöfies dos Ltetsdrnroh alu Eiweiß mmhi,<m^sMeh- m uoMfqfk-
lf b ‘ \ st ’ im] , fA) iEe VeTwenduTig' eines TAirc!mcliititt.yfm'tors bei der
Bcreehmuig ocr Eiwc^meuge :.u, dw, Storni Ab-altem g-o.z ci,v
W'm* Steel mt. Von vornherein mt cs klar, 4^. das von' un* ge¬
wählte Vorgolmn der direkten Wägung des durch Alkohol gefällten
m4 nachher ml AUtehöte Mw mul Wn^ör öhsgnWWmrom
Mmdorsuhbigos cnUchiedcn trotz .seiner reimteo U UnmBimllichKdt
gegen über der Umradliäung to Sift. ddm Kjeldahl-YertAhten rte
iialleijen Zahlen als das. Weitaus Yortuziehen ist, Jmuutj-
hjti schien es tiÄ& wiinucliejiywerth, soblemnküdge Belege für dir
Viugjcbhung hoidor M»‘Miodeü zu nrbringen, da snh.-h© für dks
Hbrmn higher nicht vorliegen. 1 ) , A -,
ijin IJjstersufiMiugdn, wdobe an Mcfitehohhiutscriun vo> wiegend
von dem Einen von uns. (L i m Ite e k).‘ vv»rgi'Hühi«te& Worden sind/wurden
in einer Yersüebstethd desidaren
^kmus, ibytoli Gonteifugiteit des friätUi ileübrhdften Ate|hsg-' : .
blutoft gewhnnon wortlon War, theiin mit dk Wäginig^möÜhHk\
ihcdl? mittels der N - Bes ti m j miü gp m gtlu> d e unter Multi|>ilitRtioH mit
5.25 bestimmt wurde, ln anderen Fällen wurde neben oder such
ohne Wiiguug dos Eiw'eis^niedörscbIage* einerseits der Gc?ainmb
K-Gohult dos. Stjrujns^ anderarsoits d»r des Alk oh olox.ti-ftc.fHS tks~
selben näch wiederholtem Waschen mit Alkohol, Ae tim f und Wkhs^
Imbthojut ' Sei bst.versten «Uich w urden die vcrwoudelou Roagenben
vorher aut' ihren evmit.uollen N-Gehält untersneht.
Die folgeud wi TaWleh enthalten einen Th eil der so an Menschen-
hlutseruni gcwonhericf!. Ite^ultate.
Tuhelle- l.
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UBck) m PJbrdtdduteerum gngestejlt wurden, ergab ganz anaiogr
licsuit-ata ; ; ■ .' .•
llhberbiickt tnnn die >ö.rst«dmml mitgetnmlten ResuHub’. ^
zeigt sioli, - dass zwar in oimm Reihe von FäUön die Dil!erstell
zwisuhnn den durch AYögung und der durch Umredmung dt’U*
N -GchuR oi Uiittenen Eiwcibszahlen rinurseite, suw r ic ahdrrerseits tte
N-teVha!c (b.T ».u-ht ?]s Eiw< isc nnzos* \u nd-ji o N stanzeiJ Sor v uiio
godng m und wohl wnm-hlässi^ aerc<-.: Uu»».; Ir •"•irmr großen
Zahl v»,.£\ Füllen aber, und sv,:;r voexverauo te; s<;h tüm^ rtje nat
Staunngcn und Nicrenverämicruiigcrg gßnz besonders bei Urä;m‘ p
sind diese Bifteremmu sehr hoch. Die Fälliingsmethoda, 4je ju zur
^uaiititafcrvHi) BnsUmtnung des Ei weisseg von chemischer t ®r
Yorliche he nutet wird, liefert hel vollkomm^ienrÄufri^^
Niederschlag, der bis auf einen minimalen-Gehalt an ammgaiiiÄ»
Balzen als reines Eiwriss au Zusehen kt.
Die .pi'jdVreiizeii zwischen den Resultaten der EüitungH- und -kr
S|;jökstu0u>ethmlö können auf zweierlei 'Momenten beruhen. \#r
iillem mf (Um N-Oehalt der nicht. Ciweksftrtigen; ja den AlkobrE -
extfüct, übergehenden Substanzen, der wie Tabelle H zeigt ; nuF
unter rocht bedeutend kt (bas 11 ?/o) v und foi'öor mR der Ver*.
Weu duhg des. Factors 6,25, Die Summe des liurcb Fäll unk er *
hältenen. Eiweiss plus dem den Extractsuhstanzsß ^
Eiweisswortli hat nämjieii. mitunter bei dmi au Fterdhblutsateific
T* Aaksoli fZeikchrift füt kliüiöchß MetEdn B(1 23, S..19jk;d er
hi einer Reihe von Fällen \ 0 i Sehrßpfhlöte da« proctmB^het' VEiw^'
geholt vom GosaratntMut imd zürn Theil auch wo rebmm Sbruni ohewÄiis
ohne Rücksicht auf das V räumen «jc.r roth- <\ BiutehrpovebrHi
(njd.|ilerb.fl-i iiri (ü}gp|öef{nefi4itW’as hübefcZidilefi 'irWelt ak '
hei -.muer anulogen Erörterung der Feidorqneihm des Kjcldatb
fünf Bestimmungen des Alkohotextearicu des Bluter mit.. Er ärhHdt -«p iV
md Ihr je eijmn Föll von Ulcus ventrionlb Pueamünift und. rjitipFte'CMt
itieine, für einen F’.i 1! von rhrociHrkr Noplo-if i« 0 'no Zidih m 6
$mm berechnet- heit 1 g rauf 100 g Blut, (also etwe hAAv .^f
Gosauunteiwekswerthü} auBanchte, und bei einem FaH ypfl.
v A r ^!fl-9hg einen noch-, höheren Worth flAh g Eiweiß auf 1<K| g. Rhit.t
5. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
565
wie auch einigen an Menschenblutserum angestellten Zahlen er
geben, die denjenigen, die durch Umrechnung des N-Gehaltes des
berum erhalten worden waren, durchaus nicht entsprachen- häufig
waren sie zu klein. Dies weist darauf hin, dass der verwendete Factor
6,25 nicht immer zutreffend ist. Dieser entspricht, wie schon oben er¬
wähnt, dem N-Gehalt des Serumalbumins 16,04 nach HammarRtftn
für das Pferdeblutserum; der N-Gehalt des Serumglobulins wird
von demselben Autor auf 15,85 angegeben, doch zeigten die
einzelnen Präparate ziemlich erhebliche Verschiedenheiten im Ge-
ha . ] i e a ? C und N; aus Pleuraexsudat dargestelltes Serumalbumin
zeigte 15,88 /o N. Nun enthält also das Blut zum mindesten
zwei Eiweisskörper verschiedenen N-Gehaltes, das Serumalbumin
und -Globulin, und zwar, wie wir in unserer Mittheilung zeigten
m sehr wechselndem Verhältnisse (das Globulin kann 13 3— 1 74 0 oL
des Gesammteiweiss ausmachen), und so erscheinen denn die’mit
diesem Factor gewonnenen Zahlen wohl untereinander annähernd
vergleichbar, aber nicht als absolute Werthe. In einem Fall von
Chlorose hat der Eine von uns (Pick) den Eiweissgehalt des
Serums durch Alkoholfällung mit 6,816% und den N-Gehalt des
Alkoholfiltrates mit 0,0308% bestimmt. Der durch Alkoholfällung
erhaltene Niederschlag wurde nun auf seinen N-Gehalt untersucht
und hierbei nach Abzug der Asche (1,089<>/,) 15,69% N erhalten
7 nnü? Ch wäre för diesen FaU 4180 der Factor 6,25 unrichtig um
1,92% zu niedrig genommen. Dieser vereinzelte Versuch'ent¬
spricht der von vornherein naheliegenden Annahme, dass die Ver¬
wendung eines Durchschnittsfactors für die Berechnung aus dem
N-Werthe noch einer exacten Begründung bedarf. Wie man sieht,
sind diese Fragen noch durchaus nicht spruchreif, jedenfalls aber
schemt aus vorstehenden Erwägungen hervorzugehen, dass
1 . die Berechnung des Eiweissgehaltes aus der Stickstoffzahl
durch Multiplication derselben mit dem Factor 6,25 bedeutende
Fehlerquellen in sich schliesst,
2 . die Fällungsmethode als weitaus exacter vorzuziehen
ist und
3. die von uns in der ersten Mittheilung gebrachten
Eiweisszahlen für den Procentgehalt des Blutes an im
Serum vorhandenen Proteinen und demnach auch die
hieraus gezogenen Schlüsse zu Recht bestehen.
VI. Aus dem hygienischen Institut der Universität Kiel.
Weitere Beobachtungen bei der
Untersuchung choleraverdächtigen Materials.
Von Professor Dr. Bernhard Fischer.
(Fortsetzung aus No. 26.)
. fr den Aussaaten aus dem Herzblut dieser drei Thiere, sowie
m den aus den Peptonculturen angelegten Plattenaussaaten fanden
sich wieder, und zwar ausschliesslich, die besprochenen, den Cholera-
colomeen ähnlichen Colonieen.. Wenn schon am ersten Tage nach
der Aussaat das Wachsthum bei diesen Bacterien ein weit rascheres
und kräftigeres war als bei den Cholerabacillen, so trat dies weiter-
hin noch mehr hervor. Bereits vor Ablauf von 24 Stunden waren
die ünginalplatten, am nächsten Tage auch schon die ersten Ver¬
dünnungen zerflossen, während auf den weiteren Verdünnungen die
Mehrzahl der Colonieen Stecknadelkopf- bis Hanfkomgrösse erreicht
hatte, wobei die grauweissen Culturmassen theils in Form kreis¬
runder, gleichmässig getrübter Scheiben, theils in Ringform in der
Uelatine auf dem Boden der tiefen, kraterförmigen Einsenkungen
lagen. Bei schwacher Vergrösserung wurden jetzt nur noch ganz
vereinzelte, in der Entwicklung zurückgebliebene Colonieen ange-
oöon, di 0 eine entfernte Aehnlichkeit mit zwei bis drei Tage
f ♦ 1 ,oleracolonieen darboten, während die kleineren Colonieen
Fa k 6 k re * sru nd, scharf linig begrenzt, grobkörnig und von brauner
rbung waren und sich meist am Rand ein schmaler, radiär ge¬
strichelter Saum unterscheiden liess.
Die von isolirten Colonieen der Platten angelegten Stich-
c turen in Gelatine waren am nächsten Tage von einer 2—3 tägigen
lchcultur der Cholerabacillen bei blosser Besichtigung nicht zu
nterscheiden. Weiterhin verschwand jedoch diese Aehnlichkeit
in^d ’ T- dem ^ e fr fc fr 0 fr der Umgebung des Impfstiches auch
A ,® r / le fr rasch und in grosser Ausdehnung verflüssigt wurde.
usserdem machte sich frühzeitig eine ausserordentlich leb-
dflfi t6 Gasbildung bemerkbar. Schon nach wenigen Tagen war
fla\ ga ü Ze verflüssigt, und man beobachtete auf der Ober-
c e der verflüssigten Massen, die im Laufe der Zeit eine leichte
sruniichgelbe Farbe annahmen, ein ziemlich dickes, schleimig-
j* ert, £ es Häutchen, welches jedoch schon bei leichten Erschütte-
«« zerstört wurde, worauf die Culturmassen in Form von lang-
s ogenen Tropfen und Fäden dem Boden zustrebten,
nn», & anz ähnliches, leicht zerstörbares Häutchen fand sich
auch regelmässig auf den Culturen in Bouillon bezw. in Pepton¬
kochsalzlösungen. Bei den Bouillonculturen trat namentlich im
Brütapparat anfangs ebenfalls eine starke Gasentwickelung auf.
In eigens hierzu angefertigten Glasapparaten, die eine möglichst
vollständige Ansammlung sowie eine bequeme Entnahme des ge¬
bildeten Gases für die Untersuchung gestatteten, wurden von zwei
Tage lang im Brütapparat gewesenen Bouillonculturen auf 100 ccm
Bouillon 15 ccm und mehr eines Gases erhalten, welches aus
2—5 Vol. % Kohlensäure
76—77 „ „ Wasserstoff
18—22 „ „ Stickstoff
bestand.
Unter gleichen Verhältnissen lieferte das aus demselben Stuhl
isolirte Bacterium coli — ebenso das aus dem dysenterieverdächtigen
Stuhl reingezüchtete Bacterium coli — nur wenig mehr als 5 ccm
Gas auf 100 ccm Bouillon, und hatte das Gas die folgende Zu¬
sammensetzung:
8—11 Vol. % Kohlensäure
81—83 „ „ Wasserstoff
6—11 „ „ Stickstoff.
Dagegen entwickelte eine dem Bacterium coli bis zu einem
gewissen Grade ähnliche, lebhaft bewegliche Bacterienart, die aus
einem Bauchdeckenabscess gezüchtet war und die sich durch her¬
vorragende pathogene Eigenschaften (namentlich durch die Fähig¬
keit, Entzündung und Eiterung zu erregen) auszeichnete, unter
gleichen Bedingungen aus 500 ccm Bouillon nur 0,8 ccm Gas,
welches zu 75 % aus Kohlensäure bestand.
Die beschriebenen, in Culturen den Cholerabacillen ähnlichen,
durch ausserordentlich lebhafte Gasbildung ausgezeichneten Stäb¬
chen wachsen ausserdem in Milch, in welcher sie unter Säure¬
bildung Gerinnung bewirken. Auf gekochten Kartoffeln bilden sie
schon bei Zimmertemperatur eine anfangs graubraune, später oft
rothbraune, dicke, schmierige Auflagerung. Zum Unterschied von
den Cholerabacillen, welche auf in Seewasser gekochten Kartoffel¬
stückchen besonders üppig gedeihen, blieb auf solchen das Wachs¬
thum dieser Bacterien auch bei Brüttemperatur regelmässig aus.
Die Cultur auf Agar bietet, abgesehen von der Braunfärbung der
Culturauflagerungen bei älteren Culturen, nichts besonderes dar.
Während der nunmehr fast zehn Monate hindurch fortgesetzten
Züchtung auf den verschiedensten Nährböden haben diese Bacterien
im wesentlichen immer das beschriebene Verhalten gezeigt, nur ist
das Wachsthum jetzt nicht mehr ganz so lebhaft wie unmittelbar
nach der Gewinnung aus dem Stuhl. Bei der häufig ausgeführten
mikroskopischen Untersuchung wurden nie Sporen bezw. sporeri-
ähnliche Gebilde angetroffen, auch wurde an den Culturen, die
unter den verschiedensten Verhältnissen gehalten waren, nie eine
besondere Widerstandsfähigkeit beobachtet, die auf das Vorhanden¬
sein von Dauerformen hingewiesen hätte. Die Stäbchen lassen
sich nicht nach der Methode von Gram färben. Gelegentlich
vorkommende Biegungen und Krümmungen an den Stäbchen sind,
wie ein genaueres Zusehen ergiebt, auf eine winklige Aneinander¬
lagerung zweier Stäbchen zurückzuführen.
Die Stäbchen beanspruchen nun nicht nur durch die Aehnlich¬
keit der Culturen mit denjenigen der Cholera, sowie durch die
lebhafte Gasbildung unser Interesse, sie sind auch durch hervor¬
ragende pathogene Eigenschaften ausgezeichnet.
Wie durch zahlreiche Versuche festgestellt ist, sterben
Mäuse und Meerschweinchen, denen man eine bestimmte,
nicht zu kleine Menge der Culturen in die Bauch¬
höhle oder unter die Rückenhaut bringt, in der Regel,
und zwar oft innerhalb weniger Stunden. Nach sub-
cutaner Impfung fand sich fast immer ein von der Impfstelle
ausgehendes, mehr oder weniger ausgedehntes, blutiges Oedem,
bei Meerschweinchen mehrmals von ähnlicher Stärke und Aus¬
dehnung wie bei an malignem Oedem zugrunde gegangenen
Thieren. Bei einigen Mäusen waren die Lungen besonders blut¬
reich, und erschienen dieselben stellenweise verdichtet, im übrigen
wurden gröbere Veränderungen an den Organen nicht wahrge¬
nommen. Stets, auch bei den nach subcutaner Impfung in kürzester
Zeit zugrunde gegangenen Mäusen, wurden die Stäbchen im Blut
und in den Organen in grosser Zahl angetroffen und nicht nur in
Ausstrichpräparaten sondern auch durch die Cultur nachgewiesen.
In dem blutigen Oedem der Meerschweinchen waren sie in beson¬
ders grosser Menge vorhanden. In den Organen fanden sie sich
auf Schnitten in den Capillaren meist in Haufen angeordnet, hier
und da wurden hierbei kleine Blutaustretungen in das Gewebe be¬
obachtet.
Mit dem Blut bezw. mit Organstückohen auch der rasch nach
der Impfung erlegenen Thiere gelang es, neue Thiere zu inficiren.
Auf diese Weise wurde die Verimpfung von Maus zu Maus allein
durch Einspritzung von Blut der der Infection erlegenen Thiere
einmal durch fünf und einmal durch sieben Generationen hin¬
durch mit Erfolg ausgeführt. Es zeigte sich hierbei, dass zu
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27
566
einer erfolgreichen Weiterimpfung schon der zehnte Theii einer
Blutaufschwemmung genügt, die man erhält, wenn man das Herz
einer der Impfung erlegenen Maus sammt seinem Inhalt in
1 —2 ccm sterilisirtes Wasser einbringt und darin einige Minuten
lang hin und herbewegt.
Liess man eine solche Blutaufschwemmung bei Zimmertempe¬
ratur ein oder zwei Tage lang stehen, so genügten schon weit
kleinere Mengen für eine erfolgreiche Weiterverimpfung, und erwies
sich dieselbe weit wirksamer als eine gleichaltrige oder selbst ältere
Bouilloncultur.
Die subcutane Verimpfung von Culturen auf Mäuse blieb ge¬
wöhnlich ohne Erfolg, wenn von mehrtägigen Bouillonculturen
weniger als 0,1 ccm oder von einer eintägigen Agarcultur weniger
als der zehnte Theii einer Platinöse genommen wurde. Mit 0,1 ccm
einer solchen eintägigen Blutaufschwemmung subcutan geimpfte
Meerschweinchen gingen zugrunde, während 0,5—1,0 ccm einer
mehrtägigen Bouilloncultur ohne Wirkung blieben.
Die subcutane Verimpfung von Bouillon- bezw. Gelatineculturen
auf Kaninchen blieb bei zwei Versuchen erfolglos, nach dem Ein¬
bringen von 0,3 ccm Herzblut eines der Impfung erlegenen Meer¬
schweinchens in die Ohrvene entwickelte sich bei einem dritten
Kaninchen eine ausgedehnte Nekrose an der Einstichstelle. Von
anderen Versuchsthieren erlagen Hausmäuse sow r ie eine Fledermaus
ähnlich wie weisse Mäuse der subcutanen Impfung mit Agarculturen
dieser Bacterien, während dieselbe bei einer Krähe in einem Ver¬
such, sowie bei Fröschen in vier Versuchen erfolglos blieb.
Auffallend war die Schnelligkeit, mit welcher die erfolg¬
reich geimpften Thiere zugrunde gingen. Bei 34 der Impfung er¬
legenen Mäusen ist der Tod 15 mal vor Ablauf von 15 Stunden
erfolgt, bei den anderen, meist über Nacht eingegangenen Mäusen
war die Zeit des Todes nicht genau festgestellt, doch erfolgte der¬
selbe in keinem Falle später als nach 27 Stunden. Fünf Mäuse
starben nach Einspritzung von Agarculturaufschwemmungen (1
bezw. 0,1 Oese der Cultur) in die Bauchhöhle schon nach 3—4,
drei subcutan geimpfte schon nach 5—6 Stunden. Von den Meer¬
schweinchen erlagen drei subcutan geimpfte nach 10—16 Stunden.
Ein derartig rascher Eintritt des Todes muss die Vermuthung
nahelegen, dass die Bakterien die Versuchsthiere durch Gift¬
wirkung zu Grunde richten. Indess trotz der mannigfachsten
Versuche gelang es bisher nicht, in den Culturen das Vorhanden¬
sein eines solchen Giftes darzuthun. Von Bouillonculturen, von
denen 0,2 ccm zur erfolgreichen Impfung von Mäusen genügten,
konnte in mehreren Versuchen, nachdem die Bakterien daraus
durch Filtration entfernt waren, selbst 1 ccm ohne Schaden ein¬
gespritzt werden. War hiernach das Vorhandensein eines gelösten
Giftes in den Culturen nicht wahrscheinlich, so gelang es auch
nicht, eine Giftwirkung der Bakterienleiber nachzuweisen. Bei
mehrfach wiederholten Versuchen konnte ohne Schaden den Mäusen
eine Bouilloncultur eingespritzt werden, wenn dieselbe eine Stunde
lang auf 60° oder auf 54 o C erwärmt oder ebenso lange mit
Chloroform behandelt oder vier Stunden dem Sonnenlicht ausgesetzt
war, während die gleich grosse Menge, oder auch schon der sechste
Theii der nicht erwärmten, nicht der Sonne ausgesetzten, bezw.
nicht mit Chloroform behandelten Bouillon den Tod der Thiere
bewirkte.
Von der Aufschwemmung einer eintägigen Agarcultur in
Wasser (je eine Oese auf einen ccm), von welcher bereits Vio ccm
Mäuse in 3 1 /2 .Stunden tödtete, konnte anderen Mäusen ohne jeden
Schaden je ein ganzer ccm in die Bauchhöhle gespritzt werden,
wenn die Aufschwemmung vorher in der Flamme einmal aufgekocht
oder eine Stunde lang auf 70° C oder ebenso lange auf 50° C
erwärmt. war, oder wenn die Bakterien vorher abfiltrirt waren.
Einstündiges Behandeln mit Chloroform sowie die zweistündige
Einwirkung des Sonnenlichtes während des Vormittags (im Februar)
hatten bei diesem Versuche, wie durch nachträgliche Aussaaten
festgestellt wurde, nicht zur Abtödtung der Bakterien geführt,
und war daher die Impfung in diesem Fall erfolgreich.
Nach diesen Beobachtungen könnte man vermuthen, dass
die Bakterien erst innerhalb des Körpers das verderbenbringende
Gift erzeugen. Vielleicht spielt aber die Giftwirkung bei diesen
Bakterien gar keine oder doch nur eine untergeordnete Rolle,
und kommt der schnelle Tod dadurch zu Stande, dass die
Bakterien, die sich, wie gezeigt, ausserordentlich rasch im
Körper verbreiten und auch stark vermehren, in einem oder
auch wohl einigen für das Leben wichtigeren Organen eine be-
sonders lebhafte Vermehrung erfahren und hier schon durch ihre
Masse Störungen bedingen, durch welche die Function dieser
Organe aufgehoben wird. Ob diese Auffassung, für welche der in
einigen Fällen auf Schnitten durch die Lunge und durch die
Milz beobachtete überaus grosse Bakterienreichthum sprechen
würde, richtig ist, wird aber erst durch weitere Untersuchungen
festzustellen sein.
Die vorstehend geschilderten Bakterien stimmen mit den bisher
bekannt gewordenen nicht überein, es handelt sich vielmehr um
eine neue Bakterienart, für welche ich wegen der ausser¬
ordentlichen Schnelligkeit, mit welcher sie den Tod der Versuchs¬
thiere herbeizuführen vermögen, vorläufig die Bezeichnung bak-
terium tachyktonum d. h. „schnelltödtendes Bakterium“
in Vorschlag bringen möchte.
Bakterien von ähnlichem pathogenen Verhalten sind bisher
nur von G. Sanarelli in Bologna beschrieben worden (Central¬
blatt f. Bakteriologie Bd. 9, S. 193). Die von ihm mehrfach im
Wasser gefundenen Bacillen, die er wegen der braunen, den Rotz-
culturen ähnlichen Auflagerungen, welche sie auf Kartoffeln bilden,
als Bacillus hydrophilus fuscus bezeichnet hat, haben sich
nicht nur für die verschiedensten Säugethiere und Vögel, sondern
auch für Amphibien und Fische als in hohem Maasse pathogen
erwiesen, während dasBacterium tachyktonum, wie erwähnt, Fröschen
gegenüber wirkungslos blieb. Bei den Versuchen von Sanarelli
erlagen der Impfung mit Culturen von Bacillus hydrophilus fuscus
weisse Mäuse nach 7—8 (bei Bacterium tachyktonum schon nach
3—6 Stunden), Meerschweinchen innerhalb 12, Kaninchen (Ein¬
spritzung in die Blutbahn) in 5—-6, Fledermäuse in 5—6, Frösche
in 8 — 10 Stunden. Wie Sanarelli feststellte, verloren die
Culturen, wenn die Bakterien durch Filtration daraus entfernt
waren, völlig ihre Wirkung. Von dem Bacterium tachyktonum
unterscheidet sich der Bacillus hydrophilus fuscus aber nicht nur
durch die Wirkung auf Versuchsthiere, sondern er hat nach den
von Sanarelli gegebenen Abbildungen und Beschreibungen eine
ganz andere Gestalt und verhält sich, abgesehen von der Kartoffel-
cultur, die eine gewisse Aehnlichkeit besitzt, in den Culturen
wesentlich anders.
Eine weitgehende Aehnlichkeit in den Culturen und auch im
mikroskopischen Verhalten, nicht dagegen in der Wirkung auf
Versuchsthiere, zeigen aber die Bakterien, welche der Kreisphysikus
Dr. Max Bl ei sch in Cosel in den Dejectionen eines nach pro¬
dromaler Diarrhoe binnen 24 Stunden unter choleraartigen Er¬
scheinungen gestorbenen Mannes gefunden und in der Zeitschrift
für Hygiene Bd. 13 S. 31 beschrieben hat. Eingehendere ver¬
gleichende Untersuchungen, zu denen Culturen benutzt wurden,
die von einer von Herrn Dr. Blei sch in der liebenswürdigsten
Weise zur Verfügung gestellten abstammten, ergaben, dass die
Bleisch’schen Bakterien u. a. etwas länger und dünner sind, dass
sie erst bei 9° C gedeihen, während Bacterium tachyktonum schon
bei 7°C wächst, und dass das Wachsthum und das Verflüssigungs-
vermögen bei den Bl ei sch’schen Bakterien ein erheblich schwächeres
ist. In jungen Plattenculturen der Bleisch-Bakterien, die makro¬
skopisch die grösste Aehnlichkeit mit Choleraculturen darbieten,
fanden sich bei schwacher Vergrösserung neben den von jungen
Choleracolonieen kaum zu unterscheidenden stets unregelmässige,
am Rande eigenthümlich verzweigte, mit mehr oder minder dicken,
oft verästelten Ausläufern versehene Colonieen, wie solche m den
Colonieen des Bacterium tachyktonum bisher nie vorkamen. Die
Bleisch - Bakterien bilden auf Kartoffeln einen Anfangs blass¬
gelben, das Bacterium tachyktonum von Anfang an einen braunen
Belag. Bei den Bleisch-Bakterien wurde in Culturen auf Pepton¬
kochsalzlösungen oder Bouillon zum Unterschied von dem Bacteniim
tachyktonum nie ein Häutchen beobachtet. Wie durch dies® v . er ‘
gleichenden Versuche festgestellt wurde, bilden die Bleisch-Bakterien
in den Culturen ebenfalls Gas, ja sie entwickelten bei mehreren,
jedesmal gleichzeitig mit Bacterium tachyktonum angestellten un
unter möglichst gleichen Bedingungen ausgeführten Versuchen
in Nährbouillon etwa gleichviel Gas, aber ein Gas von eine
ganz anderen Zusammensetzung. Statt 2—5 Vol. °/o Kohlensaar
wurden hier 30—40 Vol. %, statt 18—22 Vol. 0 b Stickstofi etwa
4 Vol. o/o, statt 76—77 Vol. °/ 0 Wasserstoff nur 56-60 Vol. ;o
gefunden. # ua
Auch die mit Culturen der Bleisch-Bakterien geimpften Ma
starben, falls grössere Mengen der Culturen unter die RucKe *
haut gebracht wurden, aber frühestens (vier Mäuse) na •
20—24 Stunden, oft (sieben Mäuse) sogar erst nach 2—^0 Aa ^ e _
Bei fünf dieser Thiere, welche erst 5—6 Tage nach der
starben, bildeten sich in der Nähe der Injectionsstelle, zW ® 1 ,
auch entfernt davon, am Bauch Abscesse und daraus hervorgehe
Hautgeschwüre, wie sie ähnlich nach der Verimpfung des aus
Stuhl eines Brechdurchfallkranken gezüchteten Kommabaci
„Vibrio heikogenes“ von mir beobachtet und im vorigen Janrg -
dieser Wochenschrift S. 599 beschrieben sind. Auch beim *
tachyktonum waren übrigens zweimal bei Mäusen, denen absic
sehr kleine Mengen von Agarculturen einverleibt waren, ®
Haut Verschwärungen in der Nähe der Einspritzungsstelle .
worden. In den Absonderungen dieser durch die Bleisch-BaJW
sowie durch das Bacterium tachyktonum hervorgerufenen
geschwüre waren dieBakterien durch die Cultur nachgewiesen wor
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5. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
567
Es mag bei dieser Gelegenheit erwähnt sein, dass die von mir in¬
zwischen auch mit anderen Kommabacillen ausgeführten Uebertragungs-
versuche auf Mäuse ergeben haben, dass sich auch mit Cholerabacillen,
sowie mit den Kommabacillen von Miller und Finkler bei Verimpfung
von nicht zu grossen, d. h. nicht tödtlich wirkenden Mengen der Culturen
Hautgeschwüre hervorrufen lassen, die oft ziemlich weit von der Ein¬
spritzungsstelle entfernt sind und die namentlich an den abhängigen
Theilen auftreten. Indess bei den genannten Kommabacillen trat die Ge¬
schwürbildung weit seltener auf, und bei zahlreichen derartigen Versuchen
erlangten die Hautgeschwüre nie eine solche Ausdehnung wie beim Vibrio
helkogencs. Bei Verimpfung von Choleraculturen auf Mäuse starben die
Thiere meist frühzeitig, nur wenn zur Impfung das Blut solcher der
Impfung mit Cholerabacillen erlegener Thiere verwendet wurde, bildeten
sich einige Male, und zwar erst am achten bezw. zehnten Tage kleine
Hautgeschwüre, ohne dass es indess hier gelang, Kommabacillen durch
die Cultur im Secret nachzuweisen.
Bei den der Impfung mit Bleisch-Bakterien frühzeitig erlegenen
Mäusen fehlte das blutige, von der Impfstelle ausgehende Oedem,
es wurden aber auch gröbere Veränderungen an den inneren Or¬
ganen stets vermisst. Aus dem Blute und, wie bereits erwähnt,
aus dem Geschwürsecret wurden die Bleisch-Bakterien meist durch
die Cultur wieder erlangt. (Schluss folgt.)
Meine Untersuchungen, die sich über Acid., Natr., Kal., Zinc. und
Hydrarg. sozojodol. erstreckten, gestalteten sich folgendermaassen: Zu-
nächst vergewisserte ich mich, ob es gelänge, durch Zusatz von '/a resp.
* t- f er ver .^ hied< r n en gelösten Präparate«) zu frisch mit Diphtherie
mficirter Bouillon die Entwickelung der übergeimpften Keime zu hemmen.
ich impfte also elf Reagensrührchen ä 10 ccm Bouillon mit ie drei
Uesen einer 24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur und setzte so¬
fort zu fünf derselben je '/a ccm und zu fünf je 1 ccm einer 10%ieen
Lösung der verschiedenen Sozojodolpräparate hinzu, so dass die ersten
fünf Giäschen je Vs %. die zweiten fünf je 1% der Desinficientien ent¬
hielten. Das elfte Röhrchen blieb als Controllglas ohne Zusatz.
Sämmtliche Röhrchen wurden in den Brütschrank gestellt, und nach
b resp. 24 Stunden wurden je drei Oesen des Inhalts in Bouillon über¬
tragen, diese auch bei Brüttemperatur aufbewahrt und sechs Tage hin¬
durch beobachtet. Schon nach 24 Stunden hatten sich in einzelnen Gläs¬
chen reichlich Diphtheriekeime entwickelt, während die Bouillon der
meisten Gläschen steril geblieben war und es auch während der sechs
Beobachtungstage blieb.
Die Resultate zeigt folgende Tabelle:
Tabelle I.
Entwickelungshemmung resp. Abtödtung frisch über¬
geimpfter Diphtheriebacillen,
VII. Aus dem hygienischen Institut in Königsberg i. Pr.
lieber die Desinfectionskraft der Sozojodol-
säure und verschiedener ihrer Salze gegen¬
über dem Löffler’schen DiphtheriebaciUus.
Von Dr. Arthur Dräer.
Die günstigen therapeutischen Erfolge, die mit den Sozojodolsalzen
auf den verschiedensten Gebieten erzielt worden sind, so z. B. in der
Chirurgie von Nitschmann (Therap. Monatsh. Jan. 1889), Thomann
(Wien. klin. Wochenschr. 1889, No. 38), Schw arz (Revue m6dico-pharm.
No. 7), Ostermayer (Deutsche med. Wochenschr. 1889,No. 41), Witt¬
hauer (Münch, med. Wochenschr. 1892, No. 34), Trapernikow (Therap.
Blätter 1893, No. 2) und vielen anderen, in der Rhino- und Laryngologie
von Suchanek (Corresp. f. Schweizer Aerzte XIX.), Herzog (Therap.
Monh. August 1889), Fritsche (Therap. Monh. Juni 1888) u. a., in der
Ohrenheilkunde von Klamann (Allgem. med. Centralztg. 1893,No. 49)
u. s. w., vornehmlich aber die Erfolge bei Diphtherie, welche Schwarz
(Intern, klin. Rundsch. No. 21) in Konstantinopel gehabt hat. dem von
46 an Diphtherie erkrankten und mit Natrium sozojodolicum behandelten
Kindern von ein bis acht Jahren nur fünf starben, veranlassten mich, die
Desinfectionskraft verschiedener in die Therapie eingeführter Sozojodol¬
präparate auf den Löffler’schen Diphtheriebacillus bacteriologisch
zu prüfen.
Ich fühlte mich um f so mehr zu diesen Untersuchungen veranlasst,
als bisher die etwaige keimtödtende Eigenschaft dieser Salze den Diph¬
theriebacillen gegenüber bacteriologisch noch nicht geprüft worden ist,
wogegen die Desinfectionskraft derselben gegenüber verschiedenen anderen
Mikroorganismen schon wiederholt untersucht wurde, wobei die Mehrheit
der Untersucher zu günstigen Resultaten gelangte.
Allerdings behauptet Hueppe (Berl. klin. Wochenschr. 1893, No. 4
bis 7), dass den Sozojodolpräparaten eine genügende antibaeterielle Ein-
wiAung auf die Cholerabacillen nicht zugeschrieben werden könne;
und ferner spricht auch Behring (Zeitschr. f. Hyg. 1890, IX.) den Sozo¬
jodolpräparaten, besonders den neutralen Salzen fast jede desinficirende
Wirkung ab.
Dagegen wurden günstige Resultate verzeichnet von Langgaard
Unerap. Monh. 1888, No. 9) gegenüber den Eitercoccen, ferner von
LUbbert (Fortschr. d. Med. 1889, No. 22 u. 23) gegenüber den Fäul-
msserregem, Staphylococcus aureus, Pyocyaneus und Milzbrandbacillen,
ausserdem von Spirig (Zeitschr. f. Hyg. 1893, Bd. XIII) gegenüber Milz-
brändsporen, Staphylococcus aureus, Prodigiosus, Pyocyaneus und Typhus-
bacillen. und schliesslich von mir (Centralbl. f. Bact. 1893, XIV, No. 7)
gegenüber den Cholerabacillen. Andere bacteriologische Versuche mit
den oozojodolpräparaten sind mir nicht bekannt geworden.
Schwarz, der sich der Sozojodolsalze und besonders des Natrium
sozojodolicum vielfach bei äusseren und auch inneren Krankheiten bediente
und sich von der Unschädlichkeit desselben, selbst in grossen Dosen (3.0
£ di®) innerlich genommen, überzeugt hatte, wandte dasselbe versuchsweise
. Diphtherie in der Weise an, dass er es bei Kindern bis zu drei Jahren
f" f t i? r ’ su !^ Verhältnis von 1:4, bei Kindern zwischen drei und
unfJahren mit Flor. sulf. ana und bei älteren Kindern allein benutzte,
maeni er es mit einem Pulverbläser vierstündlich in Mund und Nasen¬
höhle des Kranken einblies.
Durch diese Behandlung, combinirt mit der innerlichen Darreichung
von stündlich einem Esslöffel Sol. Kal. chloric. 1.0—1,5 :200.0, einer ge-
d * e S « C ^ au f flüssige Nahrungsmittel, wie Milch. Bouillon
mit Eidotter beschränkte, aber sehr oft gereicht wurde, und öfterer Dar¬
reichung von Reizmitteln, wie Decoct. cort. Chinae mit Cognac oder Ma-
~ ich sage durch diese Behandlung — gelang es Schwarz, von
• T^ 11 zu heilen. Allerdings ist es nicht erwiesen, ob es sich
allen chesen Fällen auch in der That um echte durch den Löffler-
fln Diphtheriebacillus hervorgerufene Diphtherie gehandelt habe, da
as makroskopische Bild allein mitunter zu einer Fehldiagnose führen kann.
pj.li " ei den y°n Schwarz behandelten Kranken beschränkte sich in 22
R rv n dle Diphtherie auf die Mandeln, in 10 Fällen waren auch der
nen und die Nasenhöhle und in 14 auch der Kehlkopf ergriffen.
Zusatz
iu %
Dauer
der
Eiuwirk.
Acid.
soz.
Natr. soz.
Kal. soz.
Zinc. soz.
Hydrarg.
soz.
Controlle
'/»%j
6Std.
steril
Wachs-
Wachs-
Wachs-
steril
Wach 8-
24 „
,, |
thum
steril
thum
thum
steril
thum
ÖStd.
steril
steril
Wachs-
steril
steril
24 „
„
1 thum
; steril
_
Es handelte sich also in allen den Fällen, in denen die übergeimpfte
Probe keine entwickelungsfähigen Diphtheriekeime mehr enthalten hatte,
nicht nur um Entwickelungshemmung, sondern sogar um Abtödtung der¬
selben. Am besten hatten Acid. und Hydrarg. soz. gewirkt, dann Natrium
und Zineum, und am wenigsten Kalium.
Um den Einwurf zu entkräften, es könnte mit den drei Oesen des
Inhalts der Originalgläschen etwa zu viel des Desinficiens in die neuen
Bouillongläschen übertragen sein und so zur Entwickelungshemmung
resp. Abtödtung lebensfähiger. Ubergeimpfter Diphtheriebacillen geführt
haben, inficirte ich nach sechs Tagen die steril gebliebenen Bouillon¬
gläschen mit je einer Oese einer Diphtheriebouillonreincultur, stellte sie
in den Brütschrank und konnte nach 24 Stunden überall reichliche Ent¬
wickelung von Diphtheriebacillen constatiren.
Es handelte sich jetzt für mich darum, zu untersuchen, ob die Diph¬
theriebacillen auch in entwickelten Reinculturen durch die genannten
Präparate abgetödtet werden könnten. * Zu diesem Zwecke impfte ich
wieder elf Reagensgläschen it 10 ccm Bouillon mit je drei Oesen einer
24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur und stellte sie für 24 Stun¬
den in den Brütschrank.
Nachdem ich mich dann davon überzeugt hatte, dass überall eine
starke Entwickelung der Diphtheriekeime stattgefunden hatte, wurde zu
fünf Gläschen je 1 ccm und zu fünf je 2 ccm einer 10%igen Lösung
der Sozojodolpräparate hinzugesetzt, so dass die ersten also einen Zusatz
von l°,o. die zweiten einen solchen von 2% des betreffenden Desinficiens
erhielten. Das elfte Gläschen blieb wieder als Controllglas ohne Zu¬
satz. Alle elf Gläschen wurden bei Brüttemperatur aufbewahrt.
Nach '/a, 1, 2, 3 und 7 Stunden wurden ihnen Proben, und zwar je
drei Oesen, ihres Inhalts entnommen und in frische Bouillongläschen
übertragen, welche wieder bei einer Temperatur von 37,5—38 ü C auf¬
bewahrt wurden.
Nach 24 Stunden zeigten sich die in untenstehender Tabelle wieder¬
gegebenen Resultate, die sich auch während einer Beobachtungszeit von
zehn Tagen nicht änderten.
Tabelle II. Einwirkung auf voll entwickelte Diphtberiebouillonculturen.
Zu¬
satz
in %
Dauer
der Ein¬
wirkung
Acid.
soz.
Natr.
soz.
Kal. soz.
Zinc.
soz.
Hydrarg.
soz.
Controlle
t
Vs Stunde
Wachs-
Wachs-
Wachs-
Wachs-
steril
Wachs-
thum
thum
thum
thum
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steril
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-
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’) Das sehr schwer lösliche Hydrarg. soz., welches sich in Wasser
nur im Verhältnis 1: 500 löst, brachte ich durch Zusatz von 7,5 v /oo Koch¬
salz zur Lösung.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Bei diesem Versuch hatte also das Hydrargyrum am besten, fast
ebenso Acidum, dann Zincum und Natrium gewirkt, während das Kalium
ohne sichtbare Wirkung gewesen war, was vielleicht an der geringen
Löslichkeit dieses Salzes liegt. , . o , „
Es ist das Kalium soz. nämlich mit Ausnahme des, wie schon er¬
wähnt sich nur in Kochsalzlösung in stärkerer Concentration lösenden
Hydrarg. soz. die am schwersten lösliche SozojodolVerbindung, da die
Löslichkeit der Sozojodolsalze nach Langgaard (Therap. Monatsh. 1888,
No. 9 ) folgende ist: ._ n n
Natr. soz. . . 6,2 Theile in 100 Theilen Wasser von 17° C
Zinc. soz. . . 5,2 „ „ „ „ „ „ ^
Kal. soz. . . 1,8 „ * „ « » ” «
Hydrarg. soz. 0.2 „ „ „ «
In warmem Wasser ist die Löslichkeit eine etwas grössere. Die
reine Säure ist in Wasser sehr leicht löslich.
Die steril gebliebenen Bouillongläschen wurden nach zehn lagen
auch wieder aus dem schon oben erwähnten Grunde mit je einer Oese
einer Diphtheriebouillonreincultur inftcirt, worauf bei Brüttemperatur
überall starke Entwickelung von Diphtheriebacillen eintrat.
Ich ging nun zu einem neuen Versuch über, bei welchem ich die
desinficirende Kraft der Sozojodolsalze gegenüber den Diphtheriebacillen
auf einem festen Nährboden prüfte und dabei folgendermaassen verfuhr:
Sieben Petri’sche Schälchen wurden mit einer flachen Schicht
A^ar-Agar ausgegossen, worauf nach dem Erkalten die Oberfläche des
Agars strichweise von einer 24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur
aus geimpft wurde. Nachdem die Schälchen sodann 24 Stunden im Brüt¬
schrank gestanden hatten und in allen strichförmige Diphthericculturen
ausgewachsen waren, wurden die Culturen der ersten fünf Schälchen je
mit einer dünnen Schicht der verschiedenen Sozojodolpräparate') und die
Culturen des sechsten Schälchens mit einer ebenso dünnen Schicht steri-
lisirten Sandes bedeckt, während die des siebenten Schälchens frei blieben.
Das Bestreuen mit Sand wandte ich aus dem Grunde hei einem Schäl¬
chen an, um zu sehen, ob etwa die Bedeckung der Culturen vermittels
eines Pulvers an sich schon von Einfluss auf die Lebensfähigkeit der
Diphtheriebacillen wäre.
Nun wurden die Schälchen wieder in den Brütschrank gestellt,
worauf nach V 21 U 2, 3 und 7 Stunden vermittels der Platinöse aus allen
etwas von den Diphtherieculturen entnommen und in Bouillon übertragen
wurde. Es wurde bei dieser Manipulation zuerst das bedeckende Me¬
dium von der Entnahmestelle so gut wie möglich mit der Platinöse ent¬
fernt, nm ein Uebertragen des Desinficiens in die Bouillon thunlichst zu
vermeiden. Sodann wurde mit der wieder ausgegltthten Platinöse ein
kleines Stück mit Diplitheriecultur bedeckten Agars von etwa Linsen¬
grösse ausgestochen und in die Bouillongläschen übertragen, welche so¬
fort in den Brutschrank gestellt wurden.
Ich will nicht unterlassen anzuführen, dass das Acid. und Zinc. soz.
sich bald nach dem Aufstreuen auf die Agaroborfläche löste und die Agar¬
schicht in grösserer Ausdehnung in ihrer ganzen Dicko durchsetzte und
sie milchig trübte. In ewas geringerem Maasse war dies auch bei Natrium
und Hydrarg. soz. der Fall; dagegen nicht bei Kalium soz.
. Die Bouillongläschen zeigten nach 24-stündigem Aufenthalt im Brüt¬
schrank folgendes, sich auch im Verlaufe der nächsten acht Tage nicht
mehr ändernde Verhalten:
Tabelle HIA. Anwendung eines festen Nährbodens (die Culturen
mit den trockenen Präparaten bestreut).
Dauer
der Ein¬
wirkung
Acid.
soz.
Natr. soz.
Kal. soz.
1
Zinc.
soz.
Hy-
drarg.
soz.
Sand
Controlle
Va Stunde
steril
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thum
Wachs¬
thum
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7
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”
”
”
”
*
Es waren also die Diphtheriebacillen durch das Bestreuen mit Acid.,
Zinc. und Hydrarg. soz. Schon nach einer halben Stunde, und durch Natr.
soz. nach einer Stunde vernichtet. Dagegen hatte Kal. soz. keine Wir¬
kung erzielt.
Nach Ablauf der achttägigen Beobachtungszeit wurde der genaueren
Controlle wegen von sämmtlichen Bouillongläschen nach gehörigem Um¬
schütteln je ein Tropfen mittels der Platinöse auf eine im Petri’schen
Schälchen ausgebreitete Agarfläche gebracht und dieses Schälchen in den
Brütschrank gestellt. Nach 24 Stunden zeigten sich Resultate, welche
den in obiger Tabelle angegebenen vollkommen entsprachen.
Nun wurden die steril gebliebenen Bouillonröhrchen mit je einer
Oese Diphtheriebouillonreincultur inficirt und in den Brütschrank gestellt,
worauf schon nach 24 Stunden sich in allen, ausser den mit Sozojodol-
quecksilber versetzten, reichlich Diphtheriebacillen entwickelt hatten. Es
war also nur in diesen Röhrchen zuviel des stark antibacteriell wirkenden
Quecksilbersalzes mit den Agarstückchon in die Bouillon übertragen und
hatte so den Nährboden zur Entwickelung von Keimen unfähig gemacht.
Doch ist gerade in diesen Fällen, d. h. bei Anwendung des Quecksilber¬
salzes, wegen seiner — wie später gezeigt wird — enormen Desinfections-
kraft ausgeschlossen, dass etwa noch lebensfähige Bacillen an den in die
Bouillon übertragenen Agarstückchen gehaftet haben. (Schluss folgt.)
*) Ich will hier erwähnen, dass Acid., Natr., Kal., Zinc. soz., feine,
nadelförraige, farblose Krystalle, das Hydrarg. soz. ein schön pomeranzen¬
gelbes, äusserst feines Pulver bildet.
VIII. Oeffentliches Sanitfttswesen.
— Ans dem italienischen statistischen Jahrbuch für 1892. (Annuario
statistico italiano. 1892. Roma 1893.)
Medicinalpersonal. ImJalire 1892 gab es in Italien 19120 Aerzte
und Wundärzte (oder 6,2 auf je 10000 Einwohner), von denen 5856 auf
die 69 Hauptorte entfielen. Die Zahl der Apotheker betrug 10941 (3,6),
der Apothekergehülfen und des unteren Apothekerpersonals 1564 (0,5), der
Heilgehülfen 1540 (0,5), der Zahnärzte und zahnärztlichen Geholfen 648
(0,2)? der Hebammen 10243 (3,3), der Thierärzte und des unteren tier¬
ärztlichen Personals 2413 (0,8). Von den einzelnen Städten wies Neapel
verhältnissmässig die meisten Aerzte und Wundärzte auf (28,3 auf je
10000 Einwohner), desgleichen das zahlreichste Apothekerpersonal (10,5),
aber nur 6.3 Hebammen auf je 10000 Einwohner, während es in Venedig
deren 7,0, in Turin 7.9, in Florenz 8,6 und in Mailand sogar 9,5 gab. Rom
hatte auf je 10000 Einwohner 11,6 Aerzte und Wundärzte, 4,5 Apotheker
u. s. w. und 5,4 Hebammen. Gegen 1878 ist die absolute Zahl der Me-
dicinalpersonen erheblich gewachsen; im Verhältniss zur Bevölkerung aber
ist die Zahl derselben mit Ausnahme der Hebammen (3,3 gegen 3,0 auf
je 10000 Einwohner) geringer geworden. Die Verhältnissziffer der Aerzte
und Wundärzte betrug 1892: 6,2, 1878: 6,5, wobei allerdings hervorzuheben
ist, dass die Zahl der zur Gesammtpraxis berechtigten Aerzte (Medici-
chirurghi) von 4,5 auf 5,4 gestiegen ist, die Verhältnissziffer des pharma¬
zeutischen Personals betrug 1892 : 4,1, 1878 : 4,2, der Heilgehülfen und
Zahnärzte entsprechend 0,7 und 1,1, des thierärztlichen Personals 0,8
und 1 , 0 .
Krankenhäuser. Von den 1289 Civilkrankenhäusern, welche nach
der Aufnahme vom Jahre 1885 bestehen, haben 1158 Mittheilungen über
die Krankenbewegung während des Jahres 1891 eingesandt. Danach be¬
trug der Krankenbestand zu Anfang dieses Jahres 36675 und am Schlüsse
36563. Aufgenommen wurden 372853 Personen, entlassen 329025, ge¬
storben sind 43940 Personen. Von je 100 Kranken, deren Behandlung
innerhalb des Jahres aufhörte, starben 11,8. Die höchsten Sterbeziffern
beziehen sich auf die Krankenhäuser der Provinzen Venetien, Emilia,
Marken, Umbrien, Campanien und Ligurien, da hier viele Personen auf¬
genommen wurden, die an Tuberkulose, bösartigen Geschwülsten, Lungen¬
entzündung u. s. w. litten, die niedrigsten auf die Krankenhäuser von
Sardinien, Apulien, Calabrien, Basilicata und Latium, in denen hauptsächlich
Malariafieber, venerische Krankheiten und parasitäre Hautkrankheiten,
welche in der Regel erfolgreich behandelt werden, zur Aufnahme kamen. —
Die Krankenhausaufnahmen entsprachen 1891 einem Verhältniss von 12
auf 1000 Einwohner. Eine 1889 begonnene Erhebung bezog sich auf
Krankenhäuser mit mindestens 10 Betten. In 889 Krankenhäusern dieser
Art wurden 86 °/o aller in Krankenhäusern behandelten Kranken aufge¬
nommen. Dieselben verfügten über 54390 Betten, von denen durch¬
schnittlich 34548 belegt waren, während die Bettenzahl in den zuvor ge¬
nannten 1158 Krankenhäusern 57765 mit einer mittleren Belegungsziffer
von etwa 35000 betrug. In den 889 Krankenhäusern waren 2871 Aerzte
und Wundärzte thätig. Jeder Arzt hatte täglich im Mittel 12 Kranke
zu behandeln, ausschliesslich der Oberärzte 17. Das mittlere Gehalt der
letzteren betrug 1085, das der Assistenten 757 Lire.
Irrenhäuser. Ende 1891 gab es einschliesslich der Abtheilungen
für Geisteskranke in den allgemeinen Krankenhäusern 73 öffentliche und
private Irrenanstalten, in welche 23554 Kranke aufgenommen wurden. Von
diesen litten an angeborenen Geisteskrankheiten 2214, an Manie 3632,
Melancholie 3709, Verrücktheit 4459, an epileptischer Geisteskrankheit
an pellagröser 1948, an paralytischer 594. (Aus „Veröffentlichungen des
Kaiserlichen Gesundheitsamtes“ 1994, No. 20.)
— In Frankreich sind, wie wir den Veröffentlichungen des Kaiser¬
lichen Gesundheitsamtes 1894, S. 419, entnehmen, durch Gesetz vom
15. Juli 1873 Bestimmungen über die unentgeltliche ärztliche Benana*
lang Unbemittelter erlassen. Danach hat jeder unbemittelte Franzos
im Erkrankungsfalle Anspruch auf freie ärztliche Behandlung entweder m
seiner Wohnung oder in einer Krankenanstalt. Wöchnerinnen rechne
als Kranke. Fremde, unbemittelte Erkrankte werden wie Franzosen d •
handelt, falls ein Gegenseitigkeitsvertrag zwischen dem betreuende
Heimathlande und Frankreich besteht. Verpflichtet, für die ärztliche b
handlung zu sorgen, sind Gemeinde, Departement und Staat, veic
wiederum sowohl auf einander, als auf Personen, Gesellschaften oa
Körperschaften, insbesondere auch auf Familienangehörige des Erkrank
zurückgreifen können, sofern dieselben gesetzlich zur Unterstützung v*
pflichtet sind. Jede Gemeinde ist hinsichtlich der Behandlung ^
Kranken auf ein oder mehrere Krankenhäuser angewiesen; der Arzt s
im Bedarfsfälle ein Aufnahm ezeugniss aus, welches von einem Beam
gegengezeichnet wird. Nur auf Grund dieses Zeugnisses erhalt
Krankenhaus die verausgabten Kosten ersetzt. Besondere Behörden reg
in jedem Departement die Angelegenheiten der ärztlichen ^ rme ®? e ?.
lung. Die Ausgaben theilen sich in regelmässige und aussergewöimn ■
Die ersteren umfassen die Bezahlung der Aerzte, Heilgehülfen una
ammen bei Behandlung der Kranken in ihrer Wohnung; die Arzneien
Apparate zur Krankenpflege; die Lazarethkosten. Diese Ausgaben trag
Gemeinden, Departements und der Staat. Die aussergewöhnlichen h
beziehen sich auf Vergrösserung und Neubau von Krankenhäusern: n
giebt der Staat Beihülfen nach Maassgabe der alljährlich ins Budget
genommenen Mittel. Dp *
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
569
5. Juli.
IX. Standesangelegenlieiten.
XXII. Deutscher Aerztetag in Eisenach.
Eisenach, 29. Juni. Der XXII. Aerztetag wurde heut Vor¬
mittag 9 Uhr im Saale der Erholung zu Eisenach durch den stell¬
vertretenden Vorsitzenden Aub (Mönchen) erröffnet. In der Ein¬
leitungsrede gedachte Aub mit warmen Worten des ersten Vor¬
sitzenden, Graf, der, durch ernste Erkrankung zurückgehalten, zum
ersten male seit 21 Jahren an seinem Platze fehle (er weilt als
Reconvalescent in der nahen Kölln er’schen Anstalt auf dem Hain¬
stein). Bezirksdirektor v. Eucken und Ober-Bürgermeister Müller
begrüssten die Versammlung, jener im Namen der Grossherzoglichen
Regierung, dieser im Namen der Stadt Eisenach. Wie aus dem
erstatteten Geschäftsbericht hervorgeht, ist die Zahl der dem
Aerztebund angehörigen Vereine im Vorjahre von 239 auf 244 die
Mitgliederzahl von 18467 auf 14177 gestiegen. Von den Aus¬
schussmitgliedern hat bedauerlicherweise Cnyrim (Frankfurt a. M.)
seinen Austritt angezeigt. Ausserhalb der Tagesordnung lagen
Anträge der Centralhülfskasse für die Aerzte Deutschlands, feiner
von Franz (Alters- und Invalidenversicherung), von Landsberg
(Heilstätten für Tuberkulöse) und endlich die bekannten Anträge
des Friedrich-Wilhelmstädtischen Vereins in Berlin vor, auf deren
Erledigung für diesmal verzichtet werden musste. Als eine
künftige, einstweilen dem neugebildeten Geschäftsausschuss zu über¬
weisende Aufgabe, wurde vom Vorsitzenden auch die Beseitigung
der in lästiger Weise sich geltend machenden Doppelstimmen (durch
Betheiligung von Aerzten an mehreren Vereinen) nachdrücklich
hervorgehoben.
Nach einem kurzen Bericht von Wallichs über die Aus¬
führung der Beschlüsse des vorjährigen Aerztetages und über die
von ihm (an Stelle von Graf und Aub) übernommene Vertretung
beim römischen Congresse, trat die Versammlung in den ersten
Haupttheil ihrer Tagesordnung ein, der „das Verhältniss der
Aerzte zu den Lebensversicherungsgesellschaften“ zum
Gegenstand hatte.
Es ist nicht möglich, der überaus lebhaften Discussion, die die
ganze Dauer der Sitzung (bis gegen 4 Uhr) ausfüllte, in ihren Einzel¬
windungen hier zu folgen. Seitens der Commission lagen formulirte
Vorschläge vor, zu denen vom allgemeinen mecklenburgischen
Aerzteverein, vom Verein Düsseldorf-Stadt, vom Geschäftsausschuss
der Berliner Standesvereine, und von Gotha (Dr. Flor schütz)
Verbesserungs- und Gegenanträge formulirt waren; ausserdem
wurden im Verlauf der Sitzung fast zu jedem Passus, noch eine
Fülle zum Theil rein formaler Einzelanträge gestellt, die den Lauf
und die Leitung der Verhandlungen nicht wenig erschwerten. Als
Vorsitzender zeigte sich Aub der schwierigen, neu übernommenen
Aufgabe durchaus gewachsen. Als Referenten für die Commissions¬
vorschläge fungirten Krabler (Greifswald), Heinze (Leipzig) und
Piza (Hamburg). Die Anträge der Berliner Standesvereine wurden
durch Davidsohn in geschickter und sachlicher Weise vertreten;
ausser ihm machten sich von Berliner Collegen noch Alexander
und Henius (letzterer auch als Vertreter der Düsseldorfer Vor¬
schläge), von Auswärtigen Asch (Breslau), Dippe (Leipzig),
Dressier (Karlsruhe). Götz (Leipzig), Osterloh (Dresden),
Reder (Rostock), Tiedemann (Bremen) u. a. rednerisch bemerk¬
bar. Es kam zu folgenden — mehrfach von den Commissions¬
vorschlägen abweichend gestalteten — Beschlüssen:
1. Anstellung der Vertrauensärzte. Die Vertrauensärzte
werden vonder Direktion angestellt, nicht von den Agenten.
Wird eine Aenderung in dem Verhältniss von Gesellschaft und
Vertrauensarzt (Wechsel oder Nebenanstellung anderer Aerzte) be¬
absichtigt, so ist der Vertrauensarzt seitens der Direktion vorher
schriftlich zu benachrichtigen.
n 2. Die Untersuchung findet im Hause des Arztes statt; die
Untersuchung ausser dem Hause soll nur in Ausnahmefällen als
erlaubt gelten.
3. Formulare. Im Interesse der ärztlichen Untersuchung liegt
es, einheitliche Formulare herzustellen. Dieselben zerfallen in „Decla¬
ration II“ und vertrauensärztliches Attest, und zwar ist diese Tren¬
nung aus versicherungstechnischen und juristischen Gründen geboten.
, *• Die vertrauensärztlichen Gutachten werden von
den Aerzten den Direktionen direkt zugesandt. Die Ver¬
trauensärzte sind verpflichtet, von dem Ergebniss der Untersuchung
weder dem Untersuchten noch dem Agenten Mittheilung zu machen:
Auch von der Direktion dürfen Mittheilungen über den Inhalt der
vertrauensärztlichen Zeugnisse weder dem Agenten noch dem Unter¬
suchten gemacht werden.
5. In Zukunft werden die Lebensversicherungsgesellschaften
die hausärztlichen Atteste (abgesehen von den Fällen, in welchen
er Aussteller des hausärztlichen Attestes verstorben ist) nicht
mehr austauschen, sondern im Bedarfsfälle die Namen der be¬
reuenden Aerzte aufgeben, um die Wiedereinforderung eines, haus-
ärztlichen Attestes zu ermöglichen. Die Fragen über die Ge-
sundheitsverhäHnisse der Angehörigen fallen im haus-
ärztlichen Attest in Rücksicht auf den 6 300 des Straf¬
gesetzbuches fort; ö .
Alles weitere (Feststellung der Formularc, Honorarsätze u g, wl
wurde dem Geschäftsausschusse überlassen, zu dessen Statuten?
massiger Neuwahl sodann geschritten wurde; die Abstimmung er¬
gab Graf, Aub, Wallichs, Krabler, Busch, Becher, Pfeiffer
bigel, Brauser als Gewählte oder Wiedergewählte. ’
Der äussere Verlauf der (von 113 Delegirten besuchten) Ver-
sammlung gestaltete sich bisher allen Wünschen entsprechend.
Ein Mittagessen im Gasthofe zum goldenen Löwen vereinigte nach
der Sitzung die Theilnehmer und ihre Damen, die später noch
einer Einladung des Dr. Kölln er zum Besuche seiner Anstalt auf
dem Hainstein in grosser Zahl folgten und dort, im Angesicht
der Wartburg, einige schöne Abendstunden verbrachten
Eisenach, 30. Juni. Der heutige zweite Sitzungstag war
ausschliesslich den Beziehungen der Aerzte zu den Berufs¬
genossenschaften gewidmet. Zu den vom Ausschuss formulirten
Vorschlägen, die von Busch (Crefeld) als Referenten vertreten
wurden, lagen auch hier zahlreiche Ergänzungs- und Verbesserungs¬
anträge, namentlich vom Verein Königstadt (Berlin), vom Berliner
Nordclub, von Göpel (Frankfurt a. 0.) u. s. w. vor. Die Berliner
Anträge wurden durch Marcuse (Königstadt) und Alexander
(Nordclub) in würdiger und — wie der Erfolg lehrte — auch
nicht unwirksamer Weise — obgleich den Berlinern oft genug ihre
„localen Schmerzen“ vorgehalten wurden — zur Geltung gebracht.
An der langen und, wie bei der Wichtigkeit der Sache und der
Verschiedenheit der Standpunkte natürlich, hier und da ziemlich
erregten Debatte waren ausser den schon Genannten insbesondere
Blasius (Berlin), Loebker (Bochum) und Glovalla (Königshütte)
— die beiden letzteren als Vertreter der rheinisch-westfälischen
und der oberschlesischen Industriebezirke • — in hervorragender
Weise betheiligt. Das Ergebniss der mehr als fünfstündigen Ver¬
handlungen war die Annahme der Commissionsvorschläge, jedoch
mit Hinzufügung dreier nicht unwichtiger Ergänzungs¬
anträge des Nordclubs, sowie eines principiell wichtigen
Schlusszusatzes der Königstadt, wonach künftig auch
in den Schiedsgerichten ein A rz t Sitz (ohnebesch lies sende
Stimme) erhalten soll. Die gefassten Beschlüsse in dieser die
Aerzte weit mit Recht so lebhaft interessirenden Angelegenheit er¬
halten demnach folgenden (auf die früheren Leipziger Be¬
schlüsse von 1892 ausdrücklich Bezug nehmenden) Wortlaut;
A. Da nach der Zuschrift des Vorsitzenden des Verbandes der deutschen
Berufsgenossenschaften für letzteren keine Veranlassung zu einer gemein¬
samen Erörterung und Regelung dieser Beziehungen vorliegt, so ersucht
der 22. Aerztetag im Verfolg seiner früheren Beschlüsse die Aerzte, die
darin ausgesprochenen Grundsätze der Collegialität zu befolgen. (Benach¬
richtigung des behandelnden Arztes hei Controllbesuchen, bei Abgabe vbn
Gutachten, bei UÜberweisung eines Verletzten an einen anderen Arzt, in
ein Krankenhaus oder eine andere Heilanstalt).
Wenn ein Befundbericht dos erstbohandelnden Arztes nicht bei den
Acten vorhanden, soll ein solcher nachträglich gefordert werden.
(Hierzu angenommene Ergänzungsanträge des Berliner Nordclubs):
1. Der Vertrauensarzt der Berufsgenossenschaften (Unfallversichenmgs-
arzt) hat den behandelnden Arzt von jedem Controllbesuche bei Unfall-
kranken möglichst vorher zu benachrichtigen.
2. Von denjenigen Controllbesuchen, bei denen eine genaue Unter¬
suchung des Unfallkranken beabsichtigt ist, hat der Vertrauensarzt den
behandelnden Arzt mit Angabe der Besuchszeit so frühzeitig zu benach¬
richtigen, dass eine gemeinsame Berathung möglich ist.
3. Liegt, nach Ansicht dos Vertrauensarztes die Nothwendigkeit. vor,
a) das eingeschlagene Heilverfahren zu ändern, b) dio Ucberweisung an
einen Specialarzt der Berufsgenossenschaften oder dio Aufnahme in ein
Krankenhaus anzuordnen, c) in die Bestimmung über die etwaige Arbeits¬
fähigkeit einzugreifen, so ist von ihm ein Einvernehmen mit dem behan¬
delnden Arzte anzustreben. —
B. Der Aerztetag theilt den 1) staatlich anerkannten Vertretungen
der Aerzte, 2) ärztlichen Vereinen, 3) Medicinalbeamten, 4) Vertrauens¬
ärzten der Berufsgenossenschaften diese Beschlüsse mit und bittot, für die
Durchführung derselben einzutreten.
C. Der Aerztetag giebt. seinem Ausschüsse den Auftrag, angesichts
der bevorstehenden Novelle und Eiweiterung des Unfallversicherungsgesetzes
bei den zuständigen Behörden zu beantragen, dass 1) in den Vorständen
der Berufs- resp. der Unfallversicherungsgenossenschaften, 2) deren Sec-
tionen, 3) im Reichsversicherungsamt ein Arzt Sitz und Stimme erhält
und 4) in den Schiedsgerichten ein Arzt Sitz erhält.
Man kann das Endergebniss dieser Verhandlungen nur als
sehr glücklich bezeichnen, insofern hiermit offenbar eine feste
und unverrückbare Grundlage der ärztlichen Anforde¬
rungen auf diesem Gebiete gewonnen ist, von der aus hoffentlich
auch später eine Wiederanknüpfung der einstweilen abgebrochenen
Beziehungen und eine Verständigung mit den Berufsgenossen¬
schaften sich als möglich erweisen wird. A. Eulenburg.
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'
570
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27
X. Krankenpflege. 1 )
— L. Frölich (Brancnrd de montngne dit Modele 1S93. Bulletin
international des soc. do la Croix-Rouge No. 97. Genevo. Jan. 1894)
giebt eine genaue Beschreibung einer uebirgstrage für Truppen und
freiwillige Colonnen des rothen Kreuzes, welche bei einem Kriege
in den alpinen Regionen von 1—4000 m. in welchen Italien, Irank¬
reich, Oesterreich und die Schweiz ihre Gebirgstruppen operiren lassen,
von grosser Bedtuitung sein kann. Drei der genannten L.lnder haben für
die Verwundeten im Gebirgskriogo Vorsorge noch nicht getroffen; nur
Italien hat ein Gebirgslazareth zu 50 Betten geschaffen, dessen Material
aut dem Rücken von 25 Maulthieren verladen werden kann. Neben don
Gebirgslazarethon fordert Frölich noch „fliegende Colonnen 4 zum Auf¬
suchen und Transport der Verwundeten bis zu dem Punkte, wo die weitere
Beförderung auf
demRtlekon oines
Tbieres oder zu
Wagen möglich
ist. Die Träger
müssen aus der
Gebirgsbevölke-
rung entnommen
werden, welche
gewohnt ist, 50
bis 100 kg »ui
ihren Schultern
zu transportiren.
Dieselben müssen
mit Alpen¬
stöcken, . Picken,
Stricken, Gurten,
Riemen, Verbän¬
den. Stärkungs¬
mitteln und Con-
serven, sowie mit
Transport-
apparuten. welche
dem wechselnden
Terrain ange¬
passt. als Sattel
auf dem Rücken
eines Menschen
(‘Kraxe ), als Trage
für zwei Träger,
als Schleife oder
auf dem Gobirgs-
artilleriesattcl
verwendbar sind,
ausgerüstet sein.
Der vom Ver¬
fasser angege¬
bene, auf dem
internationalen
Congress zu Korn
preisgekrönte
Apparat (s. Figur)
besteht aus Holz
(Rücken! heil. Sitz
mit Stützhrett
und Verlüuge-
rungschioneu)
und Metall (Scharniere des Sitzes uud dus Stülzhrcttes. Hilngevorrichtung,
Schulterstücke) und Nebcnthoilen (eisenbeschlagencn Stäben, Gurten oder
Riemen).
Der Rückentheil besteht aus einem 60—05 cm hüben Brett, in der
Mitte ausgehöhlt, an beiden Enden verbreitert und abgerundet, welches
vertical auf dem Rücken getragen wird; die innero Fläche ist zum Thoil
gepolstert und mit Leder überzogen, so dass die Nierengegend des
Trägers von einem Kissen umschlossen wird. Dor Kopf des Kückenthoils
(30:35 cm) hat zwei quere Fenster, welche beim Transport von Nicht-
besinnungslosen zur Stütze für die Hände dienen; auch ermöglichen sie,
ebenso wie zwei darunter angebrachte verticale Schnürlöchor, die Befesti¬
gung verschiedener Gurte oder Riemen. Der Sitz wird gebildet von einem
zweiten Brett von dreieckiger Form, leicht geschweift an seiner Ausseren
Spitze, 55:22 cm. Derselbe setzt sich zu beiden Seiten nach vorwärts
fort in zwei Rinnenschienen, 10 cm breit und 60—70 cm lang, welche
nach vorn zu auseinandergehen (sich spreitzen), so duss die Entfernung
ihrer inneren R-ändor von einander am Fussende 45—50, dagegon an der
Basis nur 30 35 cm beträgt. Jede Schiene hat sechs bis zehn Schnür-
löcher, durch welche nach Bedarf zur Befestigung der Beine Binden bezw
Gurte gezogen werden können. Eine kleine Stütze unter dem Sitzbrett,
10—15 cm hoch, kann vermittels eines einlachen Scharniers aufgerichtet
oder zur Seite gelegt werden. Das Sitzbrett ist mit dem Rückentheil
vermittels Scharniere gelenkig verbunden und wird, wenn es leer getragen
wird, heruntcrgeklappt. Die gewöhnlichen Tragbänder sind ersetzt durch
eine patentirte Vorrichtung. Auf einem in Schleifenform gekrümmten, aus
drei Lagen Stahl bestehenden Schulterstück ist ein auf der Schulter auf-
mhendes, gekrümmtes und gepolstertes Stück befestigt. Infolge der
l ) Wir machon unsere Leser auf diese neue Rubrik besonders auf¬
merksam. Mittheilungen über Fortschritte auf dem Gebiete der Kranken¬
pflege werden mit Dank entgogengenommen. D. Red.
Elasticität dieses Schulterstückes tritt eine geringere Ermüdung des
Trägers ein. Um die Rückentrage als gewöhnliche oder als Schloifbahre
benutzen zu können, sind an dor unteren Fläche jeder Schiene je zwei
eiserne Ringe angebracht, durch welche zwei Stäbe, welche an einem Ende
zugespitzt, nm anderen glatt abgeschnitten sind und welche beim Tragen
des Apparates auf dem Rücken, als Stock von dem Träger in der Hand
getragen werden, gesteckt werden können. Diese Stäbe müssen sehr zäh
sein und sollen 1,70—1,50 m lang sein, 3 cm Durchmesser haben und
0,8—1 kg schwor sein. Ausserdem sind noch von Gurten und Riemen
vorhanden: ein Kopfriemen, im Mitteltheil verbreitert und gepolstert,
welcher den Kopftheil der Trage stützen hilft und auch für den Nacken
oder die Hände des Verletzten als Unterstützung dienen kann; zwei
Seitenriomen, je 1 m lang, welche schräg vom oberen Rückenbrett zur
vorderen Spitze der Beinschiene laufen; der Rückengurt, 1,50 lnng,
welcher den Verletzten in der richtigen Lage erhält; eine Schnur, schwach
gespannt zwischen den beiden Schiilterschleifen, welche der Träger mit
der oinen Hand straffer anziehen oder nachlasseu kann, während die andere
den Alpenstock hält; Gurte zur Befestigung der Beine auf den Schienen;
Sicberungsriemen (25 cm lang) für die Alpenstöcke, wenn dieselben durch
die Ringe an den Schienen gesteckt sind; endlich Tragbänder (1—2 in
lang), einfach oder gekreuzt wie bei jeder anderen Trage zum Halten der
als Tragenschäfte eingezogenen Alponstöcke.
Die Gebirgstrage wiegt 5 7 kg und ist nicht zu theuer. Auf die
Schilderung der verschiedenen Verwendungsarten soll hier nicht näher
eingegangen werden. Die Trage entspricht den Anforderungen des Ge-
birgskrieges durch ihre Dauerhaftigkeit, Leichtigkeit, Einfachheit und Un-
theilbarkeit. _ Schill (Dresden).
— A. Hagemeyer 1 ) liefert eine ausführliche Beschreibung (lei
Baues und der Einrichtung des städtischen Krankenhauses am Urban,
eine Schilderung der Verwaltungseinrichtungen desselben, sowie in einem
Anhänge die Mittheilung der dort in Kraft befindlichen Dienstvorschriften
für das Personal und gewisse Vorwaltungszweige.
Das Krankenhaus ist im Pavillonsystem erbaut, und zwar sind, der
geringen räumlichen Ausdehnung des GrimdstÜcks entsprechend*), die
einzelnen Pavillons zweigeschossig gehalten.
Verfasser giebt zunächst eincBeschrcibung des Situationsplanes der
Anstalt, aus der hervorgeht, dass die schmalere Ost- und Westseite des
Grundstücks zum grössten Theil von Verwaltungs- und Wirthsch&fts-
gebäuden. sowie dem Bade- und Leichenhause besetzt ist, während auf
der Nord- und Südseite je fünf Pavillons Platz gefunden haben, die durch
bedeckte, nach der Mitte des Grundstückes zu offene Hallen, welche als
Wandelgänge für die Kranken dienon, miteinander verbunden sind. Der
Abstand der einzelnen Pavillons von einander beträgt 19 l * * /j—22*/i m, der
der beiden Pavillonreihen 38 m. In der Mittelaxe des Grundstücks sind
ferner noch ein Operationshaus, ein kleiner Isolirpavillon und das Kessel¬
haus belegen. Ein unterirdischer Gang, der mit dem Kellergeschoss
sämmtlicher Gebäude in Verbindung stabt, dient zum Leichentransport
nach dem Leichenhnuse; in ihm sind ausserdem die Leitungen für die
Dampfröhren sowie die elektrischen Leitungsdrühto entlanggeführt.
Indem wir die Beschreibung des Verwaltungsgebäudes. Wirtschafts¬
gebäudes und Kesselhauses als weniger interessirend, weil nichts besonders
Neues bietend, übergehen, sei neben dem Badehause, das mit Einrich¬
tungen für russische und römisch-irische Bäder, sowie den nötigen
Douche- und Frottirräumen etc. versehen ist, zunächst der Kranken¬
pavillons ausführlicher gedacht. Dieselben weisen drei, oder genau ge¬
nommen, zwei Typen auf: solche, in denen der Krankensaal in der Mitte
des Gebäudes liegt und die Nebenräume in den beiden Kopfbauten unter-
gebracht sind, und solche, bei denen die Nebenräume die Mitte ein-
nelunen, an die sich zu beiden Seiten Krankensäle anschliessen. Die letz¬
teren, für Isolirzwecke bestimmten, zerfallen ihrerseits wieder in zwei
Unterabtheilungen, nämlich dio kleineren mit einem einzigen Eingang
und gemeinschaftlichen Nebenräumen für beide Säle und die grösseren,
bei denen zwei besondere getrennt liegende Eingänge für jeden Pavillon
vorgesehen sind, wodurch eine vollständige Trennung jeder Etage in zwei
gesonderte, selbstständige, mit allen zugehörigen Nebenräumen ausge-
' stattete Abtheilungen ermöglicht wird. .
Die Pavillons dor ersten Gruppe, bei denen also der Krankensaal
in der Mitte liegt, sind zweigeschossig, ihre vorderen Kopfbauten drei¬
geschossig. Jeder Krankensaal ist für 32 resp. 28 Betten eingerichtet,
auf jedes Bett entfallen 9 qm Bodenfläche und 45,70 resp. 50,40 cbm Luu-
raurn im Erdgeschoss resp. ersten Stockwerk. Diese Pavillons besitzen
ausser den nöthigen Aborten, Badezimmern noch je vier Isolirzimmer und
für jede Etage einen Tageraum, sowie Zimmer für den Assistenzarzt, die
Pflegeschwestern und das "VVartopersonal. Die kleineren Isolirpavillon 6
sind im Mittelbau drei-, in den beiden anschliessenden Flügeln zwei¬
geschossig; jeder der vier in den Flügeln befindlichen Krankensäle bietet
Platz für neun Betten, und ausserdem sind in jedem Stockwerk noch vier
Isolirzimmer für fünf Betten vorhanden. Die Nebenräume, wie Bad,
Abort, Spülküche etc. sind, wie eben bemerkt, für jedes Stockwerk ge¬
meinschaftlich. . .
Die beiden grossen Isolirpavillons sind ähnlich den kleinen gebaut,
jedoch mit dem Unterschiede, dass jede der vier Abtheilungen, m die
l ) Das neue Krankenhaus der Stadt Berlin am Urban. Mit einem
Situationsplan und 55 in den Text eingedruckten Abbildungen. Berlin,
August Hirschwald, 1894. . •
*) Der Bauplatz hat einen Flächenraum von 27768 qm, so dass
einer Belegung mit 600 Kranken nur 46,5 qm auf das Bett entfalle ,
während in den beiden anderen städtischen Krankenhäusern die en-
sprechenden Zahlen die ansehnliche Höhe von 112,5 resp. 122 qm au
weisen.
PSi«*-,, Co gle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Üßr olnzolnt Pavillon zerftült, vellstündij
steußtionen über den Srztltebim Dienst im Knmkenhause, eine Schilderung
<kr * liege und Wartung der Kratüttm, die vAm ffpOsstett Tbd! in den
Ht,r V r ’ v(m y» 5 ' Je* )\»lt bw * itei Apotheke,
sowie de* Botmta, in wiehern %>ikd ;Ä ojagchoode
ft m
i.*»'-str i fe.j',um‘!g'f--b>ujd<5s pogota wird.
en.y D B i! BöUk 2®i'rtS i *“* gfMltam bdriighn 25Ü8329 M., odeibni
Ml R&tUw md-49fefJ M, pro ÖM f?Ä Kfteleu für »kn iiftiipUt.z 4 AroMiei-
der Mütit gehörte.
• Zam Sch!u.ss thoi’ifc der VV.r/asepr ja ouiom driften Tbeil als Aubigen.
ßü?li Ate pitinstvoröGlirilten für das WaHepPteta mA den &*ÄÄßr
mit* tu« W von den in ähnlichen Instituten gebraerjjlieheu mdit ha^
sonders uaterecbeidea.
, . Wie aus vorsttdmder kurzer UteberskiR bnmrgühi., Wt • V«rf‘feter
-sich bopülit. pm& eiftgohsode SoJaWoTruiig der UaitUchen und tatÄt
Eumehtiiageu des Krankwmhanse.s. m gehe«, und ist ihm dies nueh, ab-
gesühfen vun muzelnen Breiten ia der Darstellung und bmnv vteBelöbt xij
miauti/jgen Eingaben bei der Beapteßhung eiuwdnei* aUgemwö bekannter
kbnnekrimgo«, recht wohl gelungen..
ln Öe«ti'g Auf dte .EiuÄQlhmton wiiro. vielleiobt mn& kritasdbb Be--
sptechung gewisser ^tab^ngen an? Platze gwo sen; so verraita wie
.beispielsweise ein Ürihell daiilbor. Inwieweit sieb der «»terirdisebe Oiinat
F knvftlrrt hat Vom hygienischen Statfuntf Aue
f ^ 'öö*Äft%e Aaloge, die doch - öchliusslteh dbofcte
; Varbuitag- der; Kinatdnea PavilLans unter sieh sowohl, Win ml »Wtu
; Lumbealtatj .teteiK\. ätefci, uügemhttagte Bednaktm erbeben itam
i rnrner aöbalft?., dni»/ rteiftfunten nach seinen Erfahrungen nicht fite «nö
gxmttgb&de AasäliP voü Nehoörtiümen in de.ii einzelnen Pavrlloas Borge
geringen zu sein? — da* ?.o starke HoronHirkeu der TVÜlonfc Hneinundot
ImdsU in dm- Beengtheit de* disponiblen. Terrains.übta ^iÖ^ungi•.'
Durch dm An dar Durste!lang inuus teroer an einzelnen Steilen der
Leserin den Glauben versötö* werden, als handelte es steh dabei um Dte :
ru* tauge«, diö bisher in anderen ErnnkcohlUumrii nicht ror!iand»3ö : ’ge-'
Avescu, Während io WirklteJikeit mMleroMs als gut und Ju*wilkrt befnadeae
Vorkehfftügeii technischer -Art sowohl, wie mehr adöiinistiatiyer Natur
SfdbstvwstüödlieU — amh io dem neuen Kraiikedhause />m Urban ih Bo*
UMtzujug gezegeh sind,
Im hlirigmv Udunmi wir Ate Lueture des besprochenen Werkes
Arr/iiu, sowohl wie V-r a «hec^»!. «ioi!o« mte das au«; ütJI .
pteUtehj es gewährt einen guten Steilheit in die Ah der Verwaltimg der
: stihltisifth»n KrHhkenhtt-iifcer Hö5*Uöä ho allgein»inen und giebt in dor Scßil-
dmmg -.dbr oin^lneo Baulichkeiten uleein uitsohauHcbes Bild Von den
Fdrtsckf^iteh, diu in 4??n UdxteJl Jöhrzohnl auf dem Gebiete der/Cnüikeo-
bauybygieae sn YomüchDen sind. Merke (BorJm).
XI. Tb^rapeutische Mittheilungeö.
TotwIUotom zw Kotfmiuu^ vim kleitteu Tonsillen und
2trr partleHen AI>trag^a§ von ToimHlen,
Von Dr.-Arthur■ Hartmann.
Mittelbau und dem Ktemkena^M statt zweier kleineü jedemdtö rin ‘teösskrüs
Isulirzimmei 1 Hir dr ? Betten oir^diiebt. Me; Siud idnei ied< ü f\ ‘TtiteiVi /
ist tev rum» resp. zehn r <ho beiden iseljrzimnier /.usymmpo -;iud fjr,* v>or
Bc-.tvfl bere?ibD 0 t. so dass jode .Abtiieiiung mit 13 U. 4«r
FösdUon mit 54 Kranken bob-gt werden kann. '
Die Verbindung zwischen den einzelnen Stockwerke» wird m jedöia
•tevübni am;per durch Treppeohiiuteu noch durch Fahrotuhte mit hvdvau-
IPei.Hm Antrieb liergestellt, J -'
Der in rier-MiUeW rtes Gniuslstücks geirgonc kleine Pnvutetust mtw-
^hossig und oätlnUt zwri ktelne Sute mitzosu um<m .15 Betten, einen Jsolir-
raum mit dm bis vier Bütten, Ä kteinos Oporotionsziifiraur, Aborte u. 's, w.
Das Operiri imj H VATi* besitet eineu grp$a'6n, W SiAböfie^ halbkrote-*
fhmng }ierau?gebauten, out Otef- und Seiterdidit verseheosa Operation^
sttfil und du kteiüorcs Ctporüttohp«imjuier, yoTlsfeindig^ Von eräturom ge-
teoouK Mt Optische Kmko. Der F^aboden des Operaliuitegsutes mt m$
r«;rra/.zo bergefefriit. und leicht zv ouuvdsnorü, die Ws»n<k bis «u D/a m.
Höhe mit Kaehriu nuogolegt, de) obere Tboil; mit EniftiÜetarbfl strichen.
Für GaivaöokuQStik sowie zu Iteieuohtunhszwheken st^it Elektridtät f die
fus. dem aUgjgpieteeo DextUhgS&otee Ahgöleitet wird.
zur Vorfttguhg: Im I
^^ „_
WwrterkurTrc. Zimmer für dm. Amte tu g. w. ( im mt«n Stockwerk om I
Ainuner mit A |giiü'.tt(ju zmn Steriliutreu der- Venlricd^toOe und Woi-mmmi ■•
fftr den OperatiomAtener und Wärter. ,' . j
Vcrfeui’g-ichtsodh-nn OmMÄchihterungder inneren Eturiciu.ong.io. ;
dörPayiHorte, aus der wir folgendes he.rvorhdhom Die. Kronkoushia sind j
m Ilßcken and Wtia#ori mit.Oolterbenanstrich ver&chcru üm Verfasser. «l& \
tojbyßicüterlj beoi^ote. da sich beim Austrookneo ? .ei^o. die
, s >teab*ihtagmngssr.ätteii bilde«; or ompiieblt an Stelle dieses den*Anstrich
mit dem koKi.spirin/r.ron .Aiipulür', da« steh iio .dortitteii Diphtherifipavillori
gui bewährt, bat (wir haben übnr derartige Mängel den Oolfarhe:u>n?tr?<ih?,
fülls er L’or gut oasgf'füint ist, noch nicht klagen gebubt. Röf.j. — Dio
sind DöpphlfensttW, die* ubuwu Äge) litepfonster; m eytfellen
fund; 3 gm3©litditüngatehT5 auf das Bctk Die tevJirÄioar haben dur^k
i^bniitlielt *37^-'4d. rhnj Tidftt'a.ntn pro Bett. Gioset-* Und Baderäume zeigen
dbr g^AhEliche Einriohtimgi ruiasfe^ doa stabilen Badewannen And fnliri
baro -Budeivanaeä sowie eine Anzahl tronspoHMdcr ihr pemjanento Bnd.cr
vorhöndeiir In dau J^uriihüia ßtr ekirurgi>?clio Ifraukö beöriden sieh im
^Uytzmum' SterHi^raa^snppnrol& für das Vöt-bundmaB;rial, die den «ur
benöthigten Dampf der ällgpniöitien Dkmpilciturig enfficbroen.
Die DngöteMfen. bertebea afts emnttfr Bcttetelteh piit zum Thml Holz-
luist^n "SprungfedemetoHzeü. zahl Th cd Grolthoffseheu Spiralfeder <
hüdeö. Bfö^ks^ä-trots^ulN&bss^Äj^sAv^tthMterkijplkjssonk'WoHeuer
u&terlago o«j.i 7,wci woüenon Dodscn,
Die Beheizung der Pavillom? und .de? VerwuliuftgsgehKudki wild
durch eine Dampfwaru'r.vji^Urh^.üzuD.g bewirkt, mul zwar umkreist, eil j ,ge~ ]
af’bldssenfii- ßobrstmng vom M^t'liinöiihause aus - in dejo scluiu oben, ©ri j
tiftünteu u^öfiräis^ipii Aküko;) -das giuizo Terruiu. und giebi (of die b>n-; [
zeteen: Baj-dldnA je zwei Hotefittttngo ab, von denen der emo, fUV- die {
.ngftntboho Hoikung Aw Rüiuiie besti.iwat v m deu Wa«ua?tp6e'rke^ridn.' ■
i'-i dcu beteüfltfftdtui HcüktU’perri guführi wird und von.dort wstnnn
wtener in den Kf^ol (SarbcktUosst... ■ [K*r zweite, in jeden ;
trinilon ?d.»zweigcnd« Darnptetrang dient zur Erwärmnug des Eadtuvxssers :
•in 4m • VVa^Hrroacn-oiren. dm- SVyrmHpindc. •/.» Desiutefiiuoytzweckou in ;
den ^eriiteafioükapparateü sowie für dte ^wpake dur‘Vont*ilat.iua. {
Ö Die letztere ist m UcKerömfumöinmg' mit den DögettVteu Forde-
raEgep. in mlgemter Weise dntehgeführrr die Irische AaMsenlufu wird flnron
go.xiiuuorten . imiprirdiseheu Cauul ia. das Keilorgcsuhiris dos Gy-
brfudep geleitet, and yön tder aus, nachdem sie FiltertUchor passirt, thöite
duelct ilc*a. oiazslnen i'Aumen zugotulmt, theiis zuvor in besoöderen Duft-
kantmero «iureb Diuripfspirolan vorgewArmt and daun erst in dis KteiikrHU*
Säle resp, Biazoteteuuer geleitet < me Xaleitupg der vorgöwänfltön wie der
mschön Zuluft jfet (iureb- Klappen roguIMutr, so da^s, dor AoKStm tumpe-
fstur entsprocheud, jeder ’H&tmi boliobig mit klütemr oder wäriflerer Dui’t
Die wichtige Rolle, welch#
dte.i Tonsille?», äte . ßtugaogspforle ®
fttr' die verscbinihuvstöii Infectipn on ^0L
spihteil, dürfte es a-h? gcro«ditfertigt. W W^!v
OtBchptoiPii''. IsäHeä..; kiöi‘Instrum'öut.. ®
zu ßnipfoW&}); ?.a>i whkbem di6 *0t böL ^
ÜntXermi ng kleinyV MaudejD oder ^ hfll, -f
t*mztdn.er Tbeib.v der . Mande.iu »4
loirhter, einfachm uhd gofahrlosor M N*£
goibigf' Als .mit den bGhöt'igcn
Wahrend das gcbräucbliche
Fähue nstock'.P’ho itialrnmnnt J
;z\ve»tenu8 am zwcckrnitssigsten £ \
sich erweist, grosse vntepiiugeiwio % 1
Mündeln zu eutfernen, stöbst man \ I
auf Bebwiorigfeoftow, weiiü cri sich JS
darum handelt, klenm Tonsilbm
oder erkrankt» f * Thcile von grcsscu 'I«m.-ulU.m zu oßtferiieii.
Zwecke benutze ich die vou mir zur Abtragung *-h* vorderen p
mitt-terou Muschel früher »wegebene, als. hwoatirtim
riut-sm»-/- ui’i' cvc!raeidendeu [hugun. Ans rt?u b(dstebend«n A
^G pmüi lidioMirÖHHcn webdift .bVZ.m-m Ir. ^etuhmtem Zustande Zfi
äm etefache Verwmidbarktnt Imrvor, Drte Iftstenuumt wird nnl mi
gctessE die nu ÜKtiforuunitö Mandel angA*JHlükl uhd
de» VfbieidhTideU IltegBU liegende Stück dnrib SiMiöBseo d»«* Z
gcörhhitteu. Das /abgeschüitteu« BfcÜek bteibt xwtscbeü m RJöge
die Zntteo wird Imrousgev.egeU und das snirfHimtn Stück' dimdi. AttJ
te ShSftfteP ans deß ßiugeo outferot. Während «l&e Zangem!
moch Itegh kann das rnstrumexit, wenn ürfordui-üth. norh flu mp
dritte* mal angeführt, tiad etwa fc.rtfückgebltebouo Reste noch
v.prdüo, Die Eiugriüo werden nach _ < ‘oeuittisirung vorgemmmw
Miibaite ist nur eine Person oribrdcrlieh, -welch« das K.md
Nitr liel derben übröecü Mandela wter w/mti die R«n^f des ffW
scbteoM- aus Gminder passen, gelingt die Dmdi8chMutnft|.^.
kommen oder üfmrhanpl nicht, Ir nun .meisten h J.cu
unter Stau Verbtlltnisaen durch A.iiztao <tes gefasste .pritek».!/,
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
W aa allerdings grösseren Schmerz verursacht. Einmal passirte es mir,
..dass inir die Lostrennung misslang. Das gefasste Stück war nur zer¬
quetscht. Für solche Fälle ist es zweckmässig, ein geknöpftes kurz-
schneiniges Messer parat zu halten. Allerdings muss dann von einer
^zweiten Person der Zungendepressor gehalten werden. Am häufigsten,
insbesondere bei Kindern, stösst man auf weiche Tonsillen, deren Abtragung
i leicht und schnell gelingt. Die Blutung ist wesentlich geringer als bei
Anwendung der jetzt gebräuchlichen Instrumente.
Das Instrument kann von H. Windler oder Pfau, Berlin, Dorotheen-
; Strasse, bezogen werden. _
XII. Noch einmal die „Leukocytenschatten“
Klein’s.
Von Dr. Beuario, Arzt in Frankfurt a. M.
Mit der Entgegnung auf die Bemerkungen des Herrn Klein über
• meine Notiz „Die sogenannten Leukocytenschatten“ habe ich aus mehr¬
fachen Gründen gewartet. Ich habe in meinen sämmtlichen während der
•Zeit angefertigten Blutpräparaten speciell den Leukocytenschatten meine
Aufmerksamkeit zugewendet und solche Krankheiten bevorzugt, in denen
ijdie Schatten sich besonders häufig vorfinden sollen. Ich muss auch jetzt
meine in No. 4 dieser Wochenschrift gemachte Aeusserung, dass diese
-Zellspecies Kunstproducte seien, aufrecht halten. Die Quetschung der
/Präparate braucht nicht so stark zu sein, dass die resistenteren rothen
Blutkörperchen verändert werden — die Granulationen werden doch, und
-zwar nicht nur aus den zum Tode verurtheilten, sondern auch aus den ge¬
sunden Leukocyten herausgepresst. Dabei bleibt, wie ich schon erwähnt,
vcße Tinctionsfähigkeit der Kerne erhalten, und selbst die von Klein ab¬
gebildeten Kerne seiner Leukocytenschatten haben denselben Farbenton
rwie; die der gesunden Leukocyten und sind nicht „spurweiso schwach
tingirt und verwischt“, wie sich jeder Farbenkenner im Original Über¬
zügen kann. Auch die Granulationen selbst sollen anders sein, siezeigen
o eine gewisse Atrophie (auch in der Abbildung eines eosinophilen Schattens
-ist.davon nichts zu sehen); schado dass gerade in jüngster Zeit ein anderer
Fbrscher') dieselbe Zellform beschrieben hat, deren Granulationen sich
aber durch ihre Hypertrophie von den anderen unterscheiden sollen. Dass
: ek- verschiedene Altersstufen unter den Leukocyten giebt, wird wohl
niemand bezweifeln*, die Eliminirung der Granulationen aber als Charakte-
iiistieum für absterbende Leukocyten anzusehen, ist nicht angängig, und
ich möchte deshalb meine Warnung aufrecht erhalten. — Eine Vermehrung
; dieserSchatten bei Typhus konnte ich nicht constatiren. Den schlechten Witz,
demmirHen’Klein noch vorwirft, entspringt nicht einem allzu oberflächlichen,
sondern einem allzu gründlichen Studium seines Vortrages. Ich führe
zur Orientirung die Stelle des Originals an: „Es scheint, als ob die Zellen
eine Tendenz zur Eliminirung ihrer Granulationen hätten-; es
kann zwar der Vorwurf gemacht werden, es handele sich hier um Kunst-
I/producte, damit ist aber schwer einverstanden zu sein, denn in der Nähe
dieser Zellen scheinen andere vollständig intact, was gewiss bei mechanischer
Schädigung der Präparate nicht vorkäme; ausserdem spricht dafür noch
der Umstand, dass dieser „Modification“ nicht junge Zellen, wie z. B.
kleine Lymphocyten, unterliegen. Worauf ist „Modification“ zu beziehen?“
Ich möchte bei dieser Gelegenheit eine Methode zur Kenntniss geben,
nach der ich in letzter Zeit meine Blutpräparate angefertigt habe und die
mir sehr gute Dienste geleistet. Ich benutze das von Blum mit vielem
Erfolg in die Technik eingeführte „Formol“ zur Fixirung der Bluttrocken¬
präparate. Und zwar verdünne ich das von Meister, Lucius & Brüning
gelieferte Formol zunächst zehnfach mit Wasser. Von dieser Stamm¬
lösung wird dann jedesmal frisch zum Gebrauch eine weitere zehnfache
Verdünnung mit Alkohol vorgenommen, in welcher Lösung die Präparate
ca v£*üö Minute vorweilen, um dann, ohne abgetrocknet zu werden, in die
^beflüssigkeit gebracht zu werden. Die Gestalt der Blutzellen ist voll¬
kommen erhalten, das Hämoglobin gut fixirt, die Granulationen der Leuko¬
zyten distinct gefärbt. Die Kernstructur tritt deutlich und scharf hervor,
Namentlich bei Eosin-Hämatoxylinpräparaten. In Präparaten mit Malaria-
^L modien ’ d * e ai ^ dies® Weise vorbehandelt waren, traten die letzteren
mit grosser Deutlichkeit und Schärfe hervor. Ich glaube, dass diese Me¬
thode der Fixirung ihrer Einfachheit und der kurzen Zeitdauer wegen,
die sie in Anspruch nimmt, zu empfehlen ist.
XIII. Kleine Mittheilungen.
■ Berlin. Auf eine vom Magistrat der Stadt Berlin an den Cultus-
, minister gerichtete Vorstellung wegenZulassung der Realgymnasial-
-apiturienten zum Studium der Medicin ist eine abschlägige Ant¬
wort erfolgt. So lange die Autoritäten der Medicin getheilter Ansicht
-seien, die Aerztekammem fast einmüthig einen ablehnenden Standpunkt
I ^Nnen, habe die preussische Unterrichtsverwaltung keinen Anlass,
:-eine Aenderung der Stellung zu dieser Frage in Erwägung zu ziehen,
'Zumal die Entscheidung hierüber zur Reichscompetenz gehöre.
“d ^ 01 der geplanten Umgestaltung der medicinischen
nPrülungen im Deutschen Reiche wurden von auswärtigen Regierungen
Gesuche um grundsätzliche Gleichstellung des medicinischen
-.Studiums an nicht deutschen Universitäten eingereicht. Die-
-ÜT en i^rT d - m y ern ehmen nach ablehnend beschieden worden. Hin-
igSgen durfte einzelnen Anträgen um Anrechnung des medicinischen Stu-
dium.s an auswärtigen, namentlich schweizerischen Universitäten, wie
i bisher, auch in Zukunft ohne weiteres entsprochen werden.
*) Engel, Virchow’s Archiv 1894, Heft8.
— Der wegen der geplanten Vermehrung des ärztlichen Per¬
sonals bei den städtischen Krankenhäusern von der Stadt¬
verordnetenversammlung eingesetzte Ausschuss (s. diese Wochenschrift
No. 26) hat der Stadtverordnetenversammlung in ihrer letzten Sitzung
folgendenden Vermittelungsvorschlag zur Annahme empfohlen: In
Erwägung, 1) dass die jetzt zu fassenden Beschlüsse über die Organisation
der städtischen Krankenhäuser auch präjudicirlich werden müssen für neu
zu erbauende Krankenhäuser, 2) dass das Krankenhaus in Moabit auch in
Zukunft beim Eintritt grösserer Epidemieen vorzugsweise als Seuchen¬
hospital wird erhalten werden müssen, ersucht die Versammlung unter
Abänderung ihres Beschlusses vom 1. März d. J. nunmehr den Magistrat,
folgender Beschlussfassung beizutreten: „Bei jedem der drei allgemeinen
städtischen Krankenhäuser, im Friedrichshain, in Moabit und am Urban,
sollen sobald als möglich ausser den beiden ärztlichen Direktoren und
den Assistenzärzten, zunächst mit beiderseitiger sechsmonatlicher Kündi¬
gung, angestellt werden: a) für die innere Abtheilung ein in der Kranken¬
behandlung vollkommen selbstständiger, dirigirender Arzt mit 4000 Mark
Gehalt, welcher nicht im Krankenhause zu wohnen braucht und zu con-
sultativer Privatpraxis befugt ist. Dabei sind vorzugsweise solche Aerzte
zu wählen, welche eine specialistische Vorbildung besitzen; b) für die
chirurgische Abtheilung ein dem ärztlichen Direktor untergeordneter Ober¬
arzt mit einem jährlichen Gehalt von 3500 Mark. Im übrigen wird das
dienstliche Verhältniss dieser dirigirenden und Oberärzte, insbesondere zu
den ärztlichen Direktoren, durch eine von der Deputation zur Verwaltung
der städtischen Krankenhäuser zu erlassende Instruction geregelt“ Der
Berichterstatter über die Vorlage, Geh. Ober-Regierungsrath Spinola,
bemerkte u. a., die Angelegenheit sei so vielfach hin- und hergeworfen,
dass man endlich wünschen müsse, zu einem definitiven Entscheid zu
kommen. Wenn der Ausschuss dem Magistrat in einigen Punkten ent¬
gegengekommen sei, hege er die Hoffnung, dass nun auch der Magistrat
der Stadtverordnetenversammlung Concessionen machen werde. Die Ver¬
sammlung nahm den Vorschlag des Ausschusses an.
— Die Sitzung des Vereins für innere Medicin am 2. Juli fand
unter dem Vorsitz von Leyden, später von A.Fraenkel statt. Die tropische
Hitze lichtete die schon vorher lückenreichen Reihen der Anwesenden in
bedenklicher Weise und führte fast zu der Entwickelung einer „Dorn-
röschensituation“. — Vor der Tagesordnung demonstrirte Herr Schein¬
mann eine Patientin mit Rhinitis fibrinosa, Herr Placzek einen Mann
mit Diplegia facialis, Herr Gabert aus der Blaschko’schen Poliklinik
einen Patienten mit Sklerodermie, Herr Tr eitel einen Fall von geheiltem
Sigmatismus nasalis und endlich Herr P. Hey mann einen ca. taubenei-
grossen Gallenstein, der einen Ileus verschuldet hatte. Dann ergriff Herr
Leyden in der eigentlichen Tagesordnung das Wort „Ueber ulceröse
Endocarditis und fibröse Myocarditis in Zusammenhang mit acutem Gelenk¬
rheumatismus“. Indem der Vortragende an seinen im vorigen Jahre
publicirten Fall von Endocarditis gonorrhoica. anknüpfte, gab er einen
kurzen Ueberblick über die Litteratur der infectiösen Endocarditis und
Myocarditis und berichtete dann ausführlicher über einige Beobachtungen
von ulceröser Endocarditis und fibröser Myocarditis, die sich im Anschluss
an acuten Gelenkrheumatismus entwickelt hatten. In vereinzelten Fällen
gelang es Leyden, bei der Obduction aus den Vegetationen der Endo-
cards etc. einen blassen, zarten Mikrococcus zu gewinnen, den er in Be¬
ziehung zum Gelenkrheumatismus bezw. zu den Herzaffectionen bringen
möchte.
— An die Stelle des verstorbenen Physikers Kundt ist Prof. Kohl*
rausch aus Strassburg i. E. berufen worden.
— Dr. phil. et med. Moritz Traube, correspondirendes Mitglied
der Akademie der Wissenschaften, ist im Alter von 68 Jahren verstorben.
Traube, ein Bruder von Ludwig Traube, hat sich durch zahlreiche
Arbeiten auf dem Gebiete der Chemie, physiologischen Chemie, allge¬
meinen Pathologie und Bacteriologie ausgezeichnet.
— Prof. Eulenburg ist in der Section VI. des internationalen
Congresses für Hygiene und Demographie in Budapest zum
Ehrenpräsidenten ernannt worden. ,
— Magdeburg. Der Oberarzt am städtischen Krankenhause Geh.
Sanitätsrath Dr. Hagedorn ist gestorben. Der Verstorbene war Schüler
von Johannes Müller, dessen Assistent er zwei Jahre lang war, und
von B. v. Langenbeck und genoss unter seinen chirurgischen Fach-
collegen den Ruf eines hervorragenden Operateurs. Er hat eine Reibe
verdienstvoller Arbeiten in v. Langenbeck’s Archiv, sowie in den Ver¬
handlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie veröffentlicht.
— Halle a. S. Die Universität Halle feiert vom 2. bis
4. August d. J. ihr zweihundertjähriges Bestehen. _
— Würzburg. Auf Anregung des Prof. v. Leube und des iw*
gierungspräsidenten Grafen Luxburg hat sich in Würzung ein Verein
zur Errichtung eines Sanatoriums für unbemittelte. Lungen¬
kranke im Spessart gebildet. Fabrikant Henry Böttinger aus
Elberfeld, Grosshändler Franz, die Professoren Prym, Leube u.a*
haben schon 50000 M. gespendet. Der Voranschlag lautet auf 2500wha.
— Washington. In den Vereinigten Staaten hat sich ein wissen-
schaftlicher Verein „National Science Club“ constituirt, zu welchem
der Beitritt ausschliesslich Frauen offensteht. In der ersten Versamm¬
lung, welche in Washington abgehalten wurde, hielt die Präsidentin
Mrs. Ada D. Davidson einen Vortrag über die Trilobiten. . ,
— Universitäten. Göttingen. Dr. Kallius aus Giessen iz
zum Prosector am anatomischen Institut ernannt worden. — Sien
Dr. E. Gasparrini hat sich als Privatdocent für Ophthalmologie habihti
— Turin. Dr. G. Muscatello hat sich als Privatdocent für chirurgisch
Pathologie habilitirt. — Kasan. Doctor M. P. Sergejew ist zum rnva
docenten für Pharmazie und Pharmacognosie ernannt.
Gedruckt bei Julius Sittonfold in Berlin W.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHtGAN
Donnerstag
M 2S,
12. Juli 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LlchUnstela&llae 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
I. Ueber das Eisen in diätetischer Hinsicht.
Von Professor Dr. R. Robert in Dorpat.
Infolge einer Aufforderung der Redaetion dieser Wochenschrift,
mich über die neuesten pharmaceutischen Eisenpräparate nach der
diätetischen Hinsicht auszusprechen, ist der nachstehende Artikel
entstanden. Derselbe macht daher nicht den Anspruch, wesentlich
Neues zu bieten.
Dass das Eisen ebenso wie Eiweiss, Kohlehydrate und Fette
zu den Nahrungsmitteln gehört, ist eine Thatsache, an welcher
heutzutage wohl Niemand mehr zweifelt. Während man aber bei
Eiweiss, Kohlehydraten und Fetten sich seit langer Zeit die grösste
Mühe giebt, die am besten nährenden, unserem Geschmackssinn am
meisten zusagenden und selbst für Kranke leicht verdaulichsten
Formen ausfindig zu machen, und während man auf diesem Ge¬
biete Erhebliches geleistet hat, ist das Eisen als Nahrungsmittel
früher meist recht stiefmütterlich behandelt worden. Als Ent¬
schuldigung für diese Vernachlässigung kann man anführen, 1) dass
die täglich nöthige Eisenmenge verschwindend klein ist; 2) dass
in den meisten Nahrungsmitteln schon an sich etwas Eisen ent¬
halten ist; 8) dass der Eisen Stoffwechsel sich schon ganz von allein
regelt, wofern man es nur an der Zufuhr der übrigen Nahrungs¬
stoffe nicht fehlen lässt. So gewiss an diesen Behaüptungen etwas
Richtiges ist, so gewiss ist es auch, dass sich in vielen Fällen der
Eisenstoffwechsel ohne unser Zuthun eben nur sehr langsam, sehr
mangelhaft oder selbst gar nicht spontan regelt; ich denke dabei
z. B. an Säuglinge anämischer Mütter, an Kinder mit Sommer¬
diarrhöen 1 ), an Mädchen in der Pubertät, an Schwangere, an
Stillende, an Menschen mit häufigen Blutverlusten, an Patienten
mit Leukämie, perniciöser Anämie, Darmparasiten, Malaria, an
Tuberkulöse, Skrophulöse, Rachitische, an Syphilitische, an Men¬
schen mit intermittirender Hämoglobinurie, an solche mit Hämato-
porphyrinurie, sowie endlich — aber keineswegs allein oder an
erster Fteile — an echt Chlorotische. In allen diesen, sowie in
noch gar manchen anderen Fällen kann und muss der Arzt daran
denken, statt durch die landläufigen officinellen Eisenpräparate, auf
rein diätetischem Wege oder wenigstens unter Zuhülfenahme von
Präparaten, welche den Eisenformen der Diätetik nahe stehen,
seinen Patienten zu helfen. In früheren Jahrzehnten ist dies gar nicht
oder wenigstens nur vereinzelt und unvollkommen versucht worden.
Ehe wir an die Frage herangehen können, in welchen Formen
wir diätetisch das Eisen zuführen können, müssen wir uns fragen,
wie viel Eisen wir täglich ausscheiden und also auch täg¬
lich wieder resorbiren müssen. Noch vor wenigen Jahren konnte
man diese Frage für den Menschen nicht beantworten; jetzt wissen
wir, dass wir pro Tag selbst beim Hungern durch den Harn min¬
destens 1 mg Fe und durch den Darm mindestens 7 mg Fe aus¬
scheiden. Die 7 mg Darmeisen vertheilen sich etwa so, dass 1 mg
auf die Galle, 1mg auf den Dickdarm 2 ) und 5 mg auf den
0 Während man früher Beziehungen zwischen Darmkrankheiten und
Blutkrankheiten kaum kannte, wissen wir jetzt, dass pemiciöse Anämie,
Chlorose etc. sehr oft vom Darm ausgehen, dass Vemähung des Anus
sofort sich in Störungen des Hämoglobinstoffwechsels ausspricht und
dass Cholera infantum mit excessiver Eisenabscheidung aus dem Hämo¬
globin verbunden ist. Forchheimer behauptet geradezu, dass das Hämo¬
globin in den Darmwandungen gebildet wird, und stützt diese Behauptung
durch chemische Analysen.
*) Vergleiche darüber meine demnächst erscheinende Mittheilung über
die Functionen des menschlichen Dickdarmes.
Dünndarm kommen. Die Thatsache, dass der Darm selbst bei
völliger Inanition doch regelmässig Eisen ausscheidet, hat vor
mehr als 40 Jahren mein kürzlich verstorbener Dorpater College
Carl Schmidt entdeckt. Wir müssen uns vorstellen, dass diese
Ausscheidung theils durch die Darmdrüsen, speciell durch die
Lieberkühn’schen, theils durch die sich abstossenden Epithelien J ),
theils durch auswandernde eisenbeladene Leukocyten stattfindet.
Die angegebene Menge von 8 mg gilt aber nur für Menschen,
welche sich der Nahrung enthalten; an normal essenden sind die
Werthe für den Darm nicht feststellbar, aber ohne Frage weit
höher. Für den Harn wenigstens können wir bei guter eisenreicher
Fleischuahrung ohne Mühe die ausgeschiedene Menge um 100, ja
um 200 % steigern.
15—20 mg Eisen dürfte also wohl die Normalaus¬
scheidung eines gut genährten erwachsenen Menschen
von 60 kg Gewicht pro Tag betragen, was auf 3 kg Körper¬
gewicht etwa 1 mg Fe am machen würde. Selbstverständlich muss
bei wachsenden und bei schwangeren Individuen die täglich resor-
birte Menge aber viel grösser sein, da sie nicht nur den Eisen¬
ausfall im Harn und Koth zu decken haben, sondern auch fort¬
während noch eisenreiche Köpertheile neu bilden. Nach Unter¬
suchungen, welche namentlich in Dorpat angesteUt werden sind,
bringt der neugeborene Säuger nicht nur ein eisenreiches Blut in
mindestens normaler Menge mit auf die Welt, sondern er hat auch
noch einen recht beträchtlichen Eisenvorrath in vermutlich leicht
verwendbarer Form in der Leber aufgostapelt. Alles dieses Eisen
wird also doch während der Schwangerschaft von der Mutter ge¬
liefert und muss von ihr aus dem Nahrungseisen resorbirt worden
sein. Weiter muss die Mutter auch den sehr beträchtlichen Eisen¬
ausfall decken, welcher bei und nach der Geburt in Gestalt der
Placenta, etwaiger Blutungen und der Lochien verloren geht.
Ebenso wenig wie bei Schwangeren entspricht bei vielen Kranken
die Menge des mit Harn und Koth ausgeschiedenen Eisens dem
wirklich täglich dem Organismus entzogenen. Es ist eine den
Aerzten viel zu wenig bekannte Thatsache, dass der Organismus
das für ihn werthlos werdende Eisen nicht sofort durch Harn und
Koth ausscheidet, sondern dass ihm die definitive Losstossung
des werthlos gewordenen Eisens sehr schwer fällt und
dass diese Wochen und Monate dauert, ja dass sie oft genug noch
beim Tode des Individuums, auch wenn dieser erst spät eintritt,
noch nicht vollendet ist. Wir finden vielmehr oft genug bei der
Seetion solcher Fälle locker organisch gebundenes oder sogar ganz
ungebundenes, d. h. rein unorganisches Eisen eingelagert, nament¬
lich in Milz, Leber und Knochenmark, wo es nicht nur nichts
nutzt, sondern als todter Ballast eher schadet und wohl auf keine
andere Weise als durch die Bergwerksarbeit zahlloser (vielkerniger)
weisser Blutkörperchen langsam losgelöst und nach der Darm¬
oberfläche hin wegtransportirt werden kann. Genug, ich wollte
nur andeuten, dass keineswegs die Eisenzersetzung im
Organismus mit der Eisenausscheidung immer Hand m
Hand geht, sondern dass bei blutzersetzenden Krankheiten die
Eisenausscheidung hinter der Eisenzersetzung wesentlich nach¬
hinkt. Anzunehmen, dass das aus Hämoglobin durch Krankheits-
processe abgespaltene Eisen jemals wieder zur Blutbildung ver¬
wendet werden könne, haben wir leider nicht den geringsten
i) Bei niedrig stehenden Wirbelthieren können sich auch die^Lpi-
thelien der äusseren Haut an der Eisenabscheidung aus dem Orga¬
nismus betheiligen.
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Gck igle
Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
574
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28
Anhalt. Wie bei Krankheiten, so wird auch im Greisenalter fort¬
während Hämoglobin eingeschmolzen und das dabei freiwerdende
Eisen, da es nicht ebenso schnell durch Darm und Harn ausge-
schieden werden kann, in der Milz und ihr ähnlichen Organen
einstweilen abgelagert. Die so naheliegende Annahme, dass
bei vermehrter Einschmelzung des Blutfarbstoffes in
der Leber die Gallenwege das Plus von Eisen, welches
frei wird, zur Ausscheidung bringen, hat sich auf¬
fallender Weise als nicht stichhaltig herausgestellt.
Erst jetzt, nachdem ich über die Eisenabspaltung und über
die Eisenausscheidung gesprochen habe, kann ich an die Frage der
Eisenaufnahme herantreten. Hier muss zunächst betont werden,
dass die Eisenresorption der Eisenzufuhr niemals gleich¬
kommt, sondern stets ganz ausserordentlich viel kleiner
ist, selbst wenn die Zufuhr in Gestalt nachweislich resorbirbarer
Präparate oder Nahrungsmittel stattfand. Mithin dürfen wir auch
nicht behaupten, dass mit der täglichen Zufuhr von 20 Milligramm
resorbirbaren Eisens unserm Eisenstoffwechsel Genüge geleistet
wäre; vielmehr muss die täglich zu geniessende Menge
wesentlich höher bemessen werden; ich schätze sie auf nicht
unter 50 Milligramm Fe. Dies ist aber eine sehr beträchtliche
Menge, welche sich keineswegs in jeder beliebig zusammengesetzten
24stündigen Nahrung der Menschen immer findet.
Dass das metallische Eisen, selbst wenn es in sehr feiner
Vertheilung zur Verwendung kommt, sowie die unorganischen und
organisch sauren Salze desselben bei Darreichung mässiger Dosen
nur in verschwindenden Spuren oder gar nicht resorbirt wird,
während früher niemand an der Resorbirbarkeit dieser Präparate
zweifelte, ist in Prag unter Huppert durch Hamburger, in Wien
unter Ernst Ludwig durch Gottlieb und in meinem Institute
durch Kumberg (1891) dargethan worden. „Da merkt man den
Theoretiker, der nie mittels Ferrum reductum oder mittels
Blaud’scher Pillen Chlorotische geheilt hat!“ höre ich beim Lesen
dieses Satzes die Leser dieser Wochenschrift ausrufen, und wirklich
hat mir auf eine derartige Aeusserung hin kürzlich ein Berliner
Kritiker entrüstet vorgeworfen, dass ich „die mit Lapidarbuchstaben
in die Annalen der medicinischen Wissenschaft eingetragene That-
sache von der Heilbarkeit der Chlorose durch die gewöhnlichen
alten Eisenpräparate“ nicht zu kennen schiene. Dagegen muss ich
jedoch bemerken, dass ich jahrelang stark beschäftigter Praktiker
gewesen bin und dass solche Einwände mich gar nicht treffen, da
ich oben nur von der Unresorbirbarkeit aber keineswegs von der
Unwirksamkeit der gewöhnlichen Eisenpräparate gesprochen
habe. Dass ich die nicht, immer, aber doch oft erfolgreiche Be¬
handlung der Bleichsucht mit unresorbirbaren Eisenpräparaten aus
eigener Erfahrung wohl kenne und zu deuten weiss, habe ich, wie
meinem Berliner Kritiker unbekannt zu sein scheint, in einer be¬
sonderen Veröffentlichung 1 ) schon vor drei Jahren dargethan und
habe daher hier keine Veranlassung, nochmals darauf einzugehen,
da unter den Gesichtspunkt der diätetischen Eisenpräparate die
genannten wohl kaum gehören.
Von diätetischen Eisenmitteln kann man a priori drei Gruppen
unterscheiden, nämlich vegetabilische, animalische und künst¬
lich dargestellte.
I. Was die Pflanzen anlangt, so ist Eisen in ihnen sehr ver¬
breitet; so enthalten zum Beispiel nach Bunge und nach Ripp er,
auf wasserfreie Substanz gerechnet,
100 g Reis 1,7—1,9 mg Fe
w
„ Weizen
4,3—5,5
»
„ Kartoffeln
6,4
n
w
„ Erbsen
6,6
„ weisse Bohner
l 8,3
n
„ Erdbeeren
8 , 6 —9,3
n
„ Linsen
9,5
„
„ Aepfel
13,2
n
n
„ Spinat
32,7-89,1
n
,, Tabaksblätter
214,0
n
„
Von hierher gehörigen Flüssigkeiten enthalten
100 ccm Weisswein 1,4 mg Fe
„ „ Rothwein 2,8—2,4 „ „
„ „ Aepfelwein 20,6 „ „
Die Reindarstellung der das Eisen in den genannten Pflanzen
und Getränken enthaltenden organischen Verbindungen ist bis jetzt
aber noch nicht oft geglückt, ja meist noch kaum in Angriff ge¬
nommen worden. Die einzige hierher gehörige rein dargestellte
Substanz ist das Gerstennucleln von P. Petit, 2 ) welches 0,195 % Fe
enthält. Versuche an Menschen oder Thieren sind damit aber
meines Wissens niemals angestellt worden. Noch weniger weiss
man von Thier versuchen über die Resorbirbarkeit anderer Pflanzen-
9 St. Petersburger medic. Wochenschr. 1891, No. 9.
3 ) Compt. rend. de l’Acad. des Sciences T. 116, 1893, p. 995.
eisenstoffe oder von Berichten von Heilung der Chlorose durch den
Genuss derselben oder daran reichen Vegetabilien. Nur eine einzige
hierher gehörige Notiz, welche ich im ersten Bande der von mir
herausgegebenen „historischen Studien“ meines Institutes (S. 325)
habe mittheilen lassen, habe ich finden können. Nach Sljunin
verwenden nämlich die Tartaren die Wassernuss, Trapa natans,
(Onagrac.) bei Bleichsucht. Mich interessirte es, mit Rücksicht auf
diese Verwendung den Eisengehalt derselben kennen zu lernen, und
ich fand bei Emil Wolf, dessen Analysen im allgemeinen recht
zuverlässig sind, dass die Asche der ganzen Nuss 23—80 °/ 0 , die
der Schale sogar 63,6 °/o Eisenoxyd enthält, welches in der unver-
aschten Pflanze natürlich organisch gebunden enthalten ist. Ich
habe daraufhin mir diese — in Deutschland immer seltener
werdende — Pflanze zu verschaffen gesucht und eine neue Analyse
derselben veranlasst; dieselbe ergab aber geringere Werthe. Dass
der normale Mensch und gesunde Warmblüter überhaupt lediglich
auf Kosten von Vegetabilien ihren Eisenstoffwechsel decken können,
unterliegt keinem Zweifel, da die Vegetarier und die pflanzen¬
fressenden Thiere uns täglich von neuem den Beweis dafür liefern;
ob aber bei Krankheiten des Blutes dem menschlichen
Organismus die Bildung von Hämoglobin aus vegetabi¬
lischem Eisen eben so leicht wird wie aus animalischem,
ist zur Zeit noch unbewiesen und scheint mir nach meinen
experimentellen und praktischen Erfahrungen äusserst unwahr¬
scheinlich.
II. Von animalischen Gebilden kommen als stärker eisen¬
haltig nur vier in Betracht, nämlich Milch, Eier, Leber und Blut.
1. Die Milch ist nach den eingehenden Untersuchungen von
Bunge wie auch nach der übereinstimmenden Ansicht aller Milch¬
chemiker an Eisen nicht reich;
1000 g Menschenmilch enthalten 3,0—6,0 mg Fe^Oa
„ „ Hundemilch enthalten 1,0—2,0 „
„ „ Kuhmilch enthalten 3,0 „ *
,, „ Pferdemilch enthalten 15,0 „ *
Zur Deckung des Eisenbedarfes unserer Patienten und Patien¬
tinnen müssten wir also denselben täglich literweise die Kuhmilch
zuführen, da von der wesentlich eisenreicheren Pferdemncn,
wenigstens in Deutschland des Kostenpunktes wegen abgesehen
werden muss. Es ist ferner bei Gelegenheit der Versuche über
Darstellung von Milchpepton festgestellt worden, dass der das
Eisen enthaltende Eiweissbestandtheil der Milch nur
äusserst schwer von den Verdauungssäften angegriffen
wird. Es ist daher leicht verständlich, dass bei Säuglingen schon
ein geringfügiger Magen dar mkatarrh genügt, um bei ihnen die
Resorption des Milcheisens fast auf Null herabzusetzen. Sowei
dieselben Muttermilch trinken, ist ferner nicht ausser Acht zu
lassen, dass bei anämischen Stillenden der Eisengehalt der Mnc
aus leicht begreiflichen Gründen ein erheblich niedrigerer ist as
in der Norm. Kurz der Gedanke, in Gestalt von Milch den
Eisenmangel Kranker decken zu wollen, dürfte nur in
den wenigsten Fällen durchführbar sein. An eine Kem-
darstellung des Milcheisens hat meines Wissens bisher noch nieman
gedacht; auch dürfte dieses Präparat sehr theuer zu stehen kommen.
Das Volk „verbessert“ in Russland wie in Deutschland bekanntiic
den Eisengehalt der für Chlorotische bestimmten Milch dadurc ,
dass es rostige Nägel hineinwirft und die Milch dann sauer wer en
lässt. Dabei bildet sich natürlich Ferrum lactjcum; eine -
reicherung der Eiweissstoffe der Milch mit Eisen findet a
nicht statt. .
2. Die Eisenverbindung des Eidotters hat Bunge vor e
10 Jahren in Dorpat dargestellt und Hämatogen £ ena '
Es kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass
selbe die einzige Quelle ist, aus welcher das Hämoglobin
sich bildenden Hühnchens herstammt. Von Seiten der PraK
hat diese hochinteressante Substanz, da sie nicht im Hände >
gar keine Beachtung gefunden; von den Theoretikern hat sicn
ein einziger mit derselben beschäftigt und sich darau
ziemlich wegwerfend über dieselbe geäussert, indem er
eisenarmes Zersetzungsproduct des Lebereisens nennt. D
selbst hat meines Wissens mit reinem Hämatogen weder
Menschen noch am Hunde Versuche angestellt oder wenigs^ _
dieselben bisher noch nicht veröffentlicht. Ueber die Resorbü
keit von Eidotter in Bezug auf seinen Eisengehalt hat Du g
durch seinen Schüler So ein am Hunde Versuche machen laS '
aus denen letzterer den Schluss zieht, dass das Eisen des Lido
theilweise resorbirt wird. Am Menschen liegen über dm g e
Frage nur von meinem Schüler Busch Versuche vor, welc e
dem Schluss führen, dass eine erhebliche Vermehrunff
Harneisens beim gesunden Menschen selbst nach ^, e r « en
von neununddreissig Eidottern nicht eintritt. Also d
vom Hämatogen beim gesunden Menschen wohl nur wemge
cente zur Aufsaugung kommen. Ich habe auch die Mühe
Di b y
Go igle
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
12. Juü.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
gescheut, das Hämatogen in reiner Form darstellen zu lassen
habe aber auch von diesem Präparate nichts Günstigeres zu be¬
richten. Es ist wohl denkbar, dass bei Menschen mit Eisenmangel
die Resorption des Hämatogens eine vollkommenere ist, wie ja
auch die Aufsaugung des Fettes bei fettarmen Individuen besser
vor sich gehen soll als bei fetten; der Beweis ist jedoch an blut¬
armen Individuen bisher noch nicht erbracht worden. Als Ursache
der Mangelhaftigkeit der Resorption des Hämatogen ist die relativ
leichte Zersetzlichkeit dieser Substanz durch Schwefelwasserstoff
in alkalischer Lösung anzusehen. Im Darmcanal aber trifft sie fast
stets mit Schwefelwasserstoff, und zwar, wie Boas gezeigt hat
sogar meist mit sehr erheblichen Mengen dieses Gases, bei alka¬
lischer Reaction zusammen.
3. Mit der Eisen Verbindung der blutfreien Lebergrundsub¬
stanz hat sich seit 1885 mein damaliger Assistent, der jetzige
Professor ordin. Stanislaus von Zaleski 1 ) beschäftigt. Er hat
zuerst einwandsfrei gezeigt, dass im völlig blutfreien Lebergewebe
stets Eisen vorhanden ist, und zwar in sehr wechselnden Mengen.
Er zeigte weiter, dass dieses Eisen verschiedenartig gebunden sein
kann, dass aber namentlich eine dieser Verbindungen von grösserem
physiologischem Interesse ist. Er hat dieselbe mit dem sehr
passenden Namen Hepatin bezeichnet. Er zeigte endlich, dass
das Eisen im Hepatin fester gebunden ist als im Häma¬
togen, dass es durch Pepsin und Salzsäure nicht ab¬
gespalten und durch die gewöhnlichen Eisenreagentien
ohne Einäscherung fast nicht nachgewiesen werden kann.
Später haben sich Marfori und Schmiedeberg bemüht, das
Lebereisen darzustellen, und sind gleichfalls zu demErgebniss ge¬
kommen, dass es eine eigenartige Verbindung ist. Im Handel ist
das Hepatin nie gewesen und es wird auch wohl kaum je käuflich
werden, da die Herstellung desselben mühsam und kostspielig ist.
Ausnützungsversuche sind über dasselbe weder am Hunde noch am
Menschen jemals gemacht worden, so dass ein endgültiges Urtheil
über die Resorbirbarkeit desselben zur Zeit noch nicht gefällt
werden kann; aber wir haben ein Recht, unseren Blutarmen Leber¬
speisen zu empfehlen.
Mit dem Hepatin, welches ein zwar an Menge wechselnder,
aber nothwendiger und beim normalen Menschen und normalen
Hund nie fehlender Bestandtheil der Leber ist, darf eine andere
Eisenverbindung nicht verwechselt werden, welche sich bei Krank¬
heiten häufig in der Leber ablagert, aber in diesem Organ durch¬
aus pathologische Bedeutung hat und die Lebensfähigkeit des¬
selben nicht nur nicht erhöht, sondern eher herabsetzt. Ich meine
das Hämosiderin, d. h. eine sehr lockere EiweisseisenoxydVerbin¬
dung, welche von Quincke und anderen Autoren eingehend unter¬
suchtworden ist und über welche mein Schüler, Herr S. Lipski,
demnächst weitere Mittheilungen machen wird. Diese Substanz
lässt sich im mikroskopischen Präparate, wie auch im Reagenzglas
dadurch schon auf den ersten Blick vom Hepatin unterscheiden,
dass sie mit Ferrocyankalium und sehr verdünnter Salzsäure sich
sofort tiefblau färbt, während das Hepatin dabei farblos bleibt.
Beim Einnehmen wird das Haemosiderin theils durch die Magen¬
verdauung, theils durch den Schwefelwasserstoff des Darmes zer¬
setzt und gelangt höchstens spurenweise zur Resorption.
(Schluss folgt.)
II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik des Herrn
Geheimrath v. Bergmann in Berlin.
Die Aufnahme bacteriellerKeime von frischen,
blutenden Wunden aus. 2 )
Von Dr. C. Schimmelbusch.
Auf dem Congress der deutschen Gesellschaft für Chirurgie
1893 durfte ich über Versuche berichten, bei welchen wir er¬
strebt hatten, septisch inficirte Wunden bei Thieren zu des-
mficiren. Diese Versuche waren überraschend ungünstig ausgefallen.
Obwohl wir verhältnissmässig glatte Schnittwunden angelegt und
nicht übergrosse Mengen infectiösen Materials — in Culter oder
Gewebssaft — auf dieselben gebracht hatten, war es uns trotz
sofort eingeleiteter Wunddesinfection und trotz Anwendung der
kräftigsten Desinfectionsmittel auch nicht in einem Falle gelungen,
eine Maus oder ein Kaninchen vor dem Ausbruch der Allgemein-
mfection und dem Tode an Anthrax oder Streptococcensepsis zu
bewahren.
Bei dem Aufsuchen von Gründen für dies auffallende Resultat
hatten wir dann weiter gefunden, dass selbst die Amputation des
*) Studien über die Leber, Theil I: Eisengehalt der Leber. Ztschr.
physiol. Chem. Bd. X, 1886, p. 453. Der zweite Theil ist noch un-
gedruckt.
,*) Vortrag, gehalten in der Freien Vereinigung der Chirurgen Berlins
am 12, Februar 1894.
575
Gliedes central um mehrere Centimeter weit von der inficirten
Wunde schon kurze Zeit nach geschehener Infection das letale
Ende nicht fernzuhalten vermochte. Mäuse, welche wir am
Schwanzende mit Milzbrand inficirt hatten, gingen trotz der
zehn Minuten später ausgeführten Amputation des Schwanzes zu¬
grunde. Dies Ergebniss führte uns zu dem Schluss, dass die
lokale Desinfection bei septischen Infectionen zum Theil wohl des¬
halb unwirksam ist, weil die infectiösen Keime sehr schnell in das
Körpergewebe hineingelangen.
In einer Untersuchung an v. Bramann’s Klinik in Halle hat
Nissen festgestellt, dass nach drei, in einem Falle schon nach
1 V-2 Stunden Milzbrandbacillen von einer peripher an einer Extre¬
mität angelegten Wunde in das nächstgelegene grössere Lymph-
drüsenpacket gelangt waren, Wir haben uns mit der Frage der
Infection der Lymphdrüsen nicht näher beschäftigt, wir sind aber
der anderen näher getreten, wie schnell Bacterien von frischen
Wunden in die grossen inneren Organe, in das Herz, die Lunge,
die Leber, die Milz und die Nieren gelangen.
Die Untersuchungen habe ich gemeinschaftlich mit Herrn
Dr. Rick er im Sommer des vergangenen Jahres ausgeführt.
Sie erstreckten sich zunächst auf den Milzbrand der Mäuse.
Mäuse wurden auf dem Rücken und am Schwanz mit Reinculturen
von Anthrax oder anthraxhaltigen Gewebssäften erkrankter Thiere
in frische Wunden geimpft, dann wurden die Thiere getödtet,
unter den sorgfältigsten Vorsichtsmassregeln die inneren Organe
herausgenommen und in Agarplatten zerkleinert. Eine Anzahl
Versuche wurden auch so angestellt, dass die herausgeschnittenon
Lungen, Lebern etc. zerkleinert subcutan auf andere Mäuse ver-
impft wurden.
Nachdem wir auf diese Weise nach fünf und drei Stunden in
einer Anzahl von Fällen Milzbrandkeime im Innern der Organe
nachgewiesen hatten, verkürzten wir die Zeit auf 1 und V 2 Stunde
und konnten schon V 2 Stunde nach vollzogener Wundinfection die
Milzbrandkeime in der Lunge, der Leber, der Milz und den Nieren
der betreffenden Mäuse nachweisen. Ob sporenhaltiges oder sporen¬
freies Material zur Wundinfection genommen wurde, blieb dabei
gleichgültig.
Diese Thatsache liess eine weitere Frage auftauchen: ob diese
schnelle Aufnahme nur den pathogenen Keimen zukommt oder auch
den Saprophyten.
Zur Beantwortung dieser Frage haben wir Kaninchen benutzt.
Es sind 2—3 cm lange und 1 cm tiefe Längs- und Querwunden
durch Haut und Muskulatur auf dem Rücken und dem Oberschenkel
von Kaninchen angelegt worden, die Wunden sind dann mit ver¬
schiedenen Keimen inficirt worden, und wie in der ersten Versuchs¬
reihe hat dann eine Aussat der zerkleinerten Organe in Agar
stattgefunden. Als Infectionsmaterial sind angewandt: Rosahefe,
Bacillus mycoides, Bacillus pyocyaneus und Schimmelsporon.
Die Versuche sind ziemlich zahlreich und haben uns eingehend
beschäftigt, es sind im ganzen gegen 80, und in einer grossen An¬
zahl von Fällen haben wir schon nach der kürzesten Zeit Keime
in den inneren Organen in wechselnder Menge gefunden. In der
letzten Zeit haben wir vorwiegend mit Bacillus pyocyaneus manipu-
lirt, und Herr Rick er wird Ihnen Platten aus den inneren Organen
eines Kaninchens vorlegen, welches fünf Minuten nach der Infec¬
tion der Schenkelwunde getödtet wurde und überall zahlreiche
Pyocyaneuskeime in Reincultur aufweist. So schnell können also
Mikroorganismen von frischen blutenden Wunden in den Kreislauf
gelangen; fünf Minuten nach der Infection finden sich schon Ba¬
cillen in den inneren Organen.
Der Nachweis der Organismen setzt eine subtile baeterio-
logische Technik voraus, auf die ich hier nicht näher eingehen
will, weil wir demnächst unsere Untersuchungen doch ausführlicher
p üblichen werden. Nur zweierlei möchte ich hervorheben. Einmal
ist es absolut nöthig, dass die ganzen Organe resp. sehr grosse
Stücke zur Untersuchung genommen werden, und dann, dass man
sie auf das feinste verkleinert. Untersuchungen, wie man sie früher
gemacht hat, durch Entnahme eines Tropfens von Gewebsflüssig¬
keit, führen nicht zum Ziele. So zahlreich sind die aufgenomraenen
Bacterien nicht, dass sie in jedem Tropfen Organflüssigkeit sässen.
Es ist aber nöthig, die Organe zu zerschneiden, weil die Bacterien,
welche in ihnen eingeschlossen sind, nicht die Möglichkeit haben,
so ohne weiteres an ihre Oberfläche zu wachsen, und sich sonst
der Beobachtung entziehen.
Auf den ersten Blick erscheint die enorm schnelle Aufnahme
der Bacterien von frischen Wunden in den Blutkreislauf über¬
raschend. Sie ist aber die einfache Erklärung für die unzweifel¬
hafte Thatsache, dass Amputationen bei Milzbrandinfection der
Mäuse nach wenigen Minuten schon nicht mehr heilend wirken.
Sie verliert auch ihren befremdenden Eindruck bei einem Streif¬
blick auf die Litteratur der Fettembolie; ist doch dort schon vor
Decennien festgestellt worden, dass zinnoberhaltige Fetttröpfchen
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DEUTSCHE MED1C1N1SC11E W OCHE NSCHRIFT.
No. 28
ip fünf Minuten ihren Weg von der Markhöhle des Knochenmarks
zum Herzen und den Lungen finden.
Die Bedeutung dieser Bacterienresorption für den verwundeten
Organismus ist natürlich verschieden je nach der Qualität der
Keime. Sie bedeutet nichts, wo es sich um Saprophyten handelt,
wenig wo sie die Eitererreger betrifft, die im Blute ohne weiteres
sich nicht ansiedeln, sie bedeutet aber den Tod des Individuums,
wo es sich um septische Erkrankungen, wie der Anthrax der
Mäuse, handelt. __
III. Zur Kenntniss der mechanischen In¬
sufficienz des Magens.
Von Dr. I. Boas in Berlin.
In No. 15 dieser Wochenschrift hat Herr Prof. Riegel in
dankenswerther Weise den Begriff der Magenerweiterung im Gegen¬
satz zur Atonie und zum physiologisch grossen Magen zu prä-
cisiren gesucht. Wenn ich im folgenden meinerseits die hierbei
in Frage kommenden Verhältnisse erörtere, so geschieht das ein¬
mal deswegen, weil nicht oft genug diese praktisch so ausser¬
ordentlich wichtigen Anomalieen besprochen werden können, so¬
dann, weil ich hoffe, etwas zur Klärung der klinischen Differenz¬
punkte beizutragen.
An die Spitze meiner Ausführungen stelle ich den Satz, dass der
Ausdruck Ectasie oder Dilatation des Magens dem heutigen
Stande der Wis senschaft nicht mehr entspricht. Denn es
giebt kaum ein weniger geeignetes Kriterium für die Krankheit
„Magenerweiterung“, als die Bestimmung der Magengrösse. Hierbei
ist es gleichgültig, ob man für die Grössenbestimmung die Lage der
grossen Curvatur oder das Volumen des Magens bestimmt, obgleich
der Bestimmung des letzteren immerhin eipe grössere Bedeutung
zukommt, als der der unteren Grenze des Fundus. Dies zu be¬
tonen ist so lange nicht überflüssig, als in den modernen Lehr¬
büchern der grossen Curvatur eine Bedeutung zugeschrieben wird,
die sie thatsächlich nicht verdient. Um nur einen Autor zu er¬
wähnen, so sagt Leube l ) klar und bestimmt: „Befindet sich die
Flüssigkeitsdämpfung unter dem Nabel, so ist Dilatation
des Magens sicher vorhanden.“ Da dieses Verhalten in gleicher
Weise bei Tiefstand des Magens, beim physiologisch grossen Magen,
bei Atonie, schliesslich auch bei Vertikalstellung vorkommt, so ist
dieser Standpunkt unhaltbar.
Dasselbe, was für die Lagebestimmung gilt, gilt auch für die
Grössenbestimmung. Man hat den Magen mit Luft ausgedehnt, mit
Wasser angefüllt, hat die Menge von Luft oder Wasser berechnet,
welche das erkrankte Organ bis zur äussersten Dehnungsmöglich¬
keit vertragen kann: allein auch in diesen, zumTheil übrigens viel
zu complicirten Methoden liegt keine sichere und entscheidende
Gewähr. Der Elastizitätsverlust der Magenwandung ist eben nicht
gleichbedeutend mit dem Verlust der Muskelkraft des Organes. Ein
leicht dehnbarer Magen kann seinen Inhalt, wenn auch verzögert,
doch vollständig austreiben, während ein schwer dehnbarer, dabei
normal grosser Magen häufig nur einen Thoil austreibt, d. h. nie
leer wird.
Wie wir uns auch drehen und wenden mögen, wir verlieren
den sicheren Boden in der Diagnose, sobald wir die Grenzen und
die Grösse des Magens für die Beurtheilung einer etwa bestehenden
Magenerweiterung wählen. Es ist das praktisch um so bedeutungs¬
voller, als für den Arzt, der nicht Zeit und Gelegenheit hat, sich
eingehender mit den einschlägigen Fragen zu befassen, die Be¬
stimmung der Magengrenzen noch immer das Einfachste und Be¬
quemste ist. Verlässt er sich auf dieses Untersuchungsergebniss,
so wird er gelegentlich eine richtige, meist aber eine falsche Dia¬
gnose stellen.
Nun sind wir ja zum Glück nicht allein auf diese Unter¬
suchungsmethode angewiesen: das Schwappen des Magens, das
Vorkommen von Plätschern bei nüchternem Organ, das Auftreten
peristaltisclier oder antiperistaltischer Bewegungen, das von mir
als „Selbstaufblähung“ bezeichnete Symptom, die Urinverminderung,
der Durst, die starke Obstipation, das copiöse Erbrechen und da¬
neben die gerade für die vorliegende Krankheit so wichtige
Anamnese sind wichtige, ja erheblich viel wichtigere Anhaltspunkte
als die Grösse- und Lagebestimmung. Leider sind die genannten
Symptome in ihrer vollen, imponirenden Gestalt nur bei den
höchsten Graden der Ectasie so ausgesprochen, dass sie diagnostisch
verwendbar werden. Dazwischen liegen gerade die Fälle, die prak¬
tisch am wichtigsten sind, weil man sie durch frühzeitige Er¬
kennung in den meisten Fällen wesentlich bessern, in vielen
heilen kann.
Vorbedingung für die frühzeitige Erkennung solcher Fälle ist,
dass wir den Schwerpunkt der Diagnose nicht mehr wie bisher
*) Leube, Specielle Diagnose innerer Krankheiten. I. Th., S. 254.
darauf legen, ob der Magen etwas höher oder tiefer unter der
Nabelhorizontalen steht, oder auch, ob er etwas grösser oder kleiner
ist, sondern was er leistet. Dieser Standpunt ist nicht neu. Schon
vor mehr als 15 Jahren hat 0. Rosenbach 1 ) ihn scharf und deutlich
formulirt, allerdings ohne eine wirklich praktisch brauchbare Me¬
thode der mechanischen Sufficienzprüfung zu liefern.
Nach Rosenbach haben besonders J. Schreiber 2 ) und
Naunyn 3 ) das Verhältniss zwischen Magengrösse und mecha¬
nischer Magenleistung studirt und sind dabei zu dem Ergebnisse
gelangt, dass sich dieselben keineswegs immer decken. Ganz klar
und unzweideutig spricht sich Naunyn in seiner unten citirten
Arbeit, S. 229, aus: „So wenig jeder weite und tiefstehende Magen
an mechanischer Insufficienz leidet, so wenig ist jeder an mecha¬
nischer Insuffieienz leidende Magen erweitert und tiefstehend.
Solche Fälle hat Schreiber schon mitgetheilt. Ith habe sicher
drei Fälle in den letzten zwei Jahren gesehen, in welchen ohne
Erweiterung und Tiefstand die Zeichen mechanischer Insufficienz
bestanden, beiläufig in allen dreien sehr hartnäckig und allen thera¬
peutischen Maassnahmen trotzend. In keinem dieser Fälle ragte
der Magen, wenn man ihn mittels Brausepulver ad maximum selbst
bis zur Unerträglichkeit ausdehnte, mit der grossen Curvatur über
den Nabel hinaus.“ Schreiber und Naunyn haben auch das
Verdienst, zuerst auf das Vorkommen des „physiologisch grossen
Magens“ hingewiesen zu haben.
Naunyn vermeidet daher auch in seiner vortrefflichen Ab¬
handlung den Ausdruck „Magenerweiterung“ und spricht von
„mechanischer Insufficienz“, freilich ohne diese Form von der so¬
genannten Atonie so scharf zu trennen, wie dies meiner Ueber-
zeugung nach heutzutage nothwendig ist.
Merkwürdigerweise haben diese für die Pathologie der Magen¬
krankheiten so grundlegenden Feststellungen bis in die neueste Zeit
hin, wenigstens in Deutschland, keine genügende Beachtung gefunden.
In Frankreich dagegen scheint man die Wichtigkeit der dynamischen
Magenleistung besser gewürdigt zu haben. Schon Bouchard de-
finirt die Magenectasie in folgender Weise: „Tout estomac, qui ne
se rötracte pas ötant vide, est un estomac dilatö!“ und in der
neuesten französischen Litteratur — ich erwähne die Handbücher
über Magenkrankheiten von Bouveret und Debove und. R6-
mond — finden wir Anschauungen über Magendilatation entwickelt,
die sich durchaus mit denen von Rosenbach, Schreiber und
Naunyn decken. Ich selbst habe schon vor dem Erscheinen der ge¬
nannten französischen Werke in dem zweiten Theil meiner Dia¬
gnostik und Therapie der Magenkrankheiten (Leipzig 1898),^ S. 10o,
betont, dass „der Nachweis einer normalen Lage und Grösse des
Magens keineswegs gegen Ectasie“ spricht, und hierfür ein
prägnantes Beispiel angeführt. Inzwischen habe ich diesem Gegen¬
stände weitere Aufmerksamkeit geschenkt und mich wiederholt von
dem Vorkommen von Mageninhaltsstauung bei normalen Grenzen
überzeugen können. Ich weise an dieser Stelle einschaltend daraut
hin, dass eine derartige Incongruenz zwischen Magenleistung und
Magengrösse sich bei keiner anderen Krankheit schärfer un
constanter findet als beim Magencarcinom; ich habe dieses Zeichen
in Verbindung mit der Milehsäureproduction als ein wichtiges
Frühsymptom des Magencarcinoms erkannt und beschrieben.
Diese Ausführungen werden genügen, um zu zeigen, dass nie ,
wie Riegel in seinem oben erwähnten Artikel meint, eine fjolc e
Auffassung zur Verwirrung, sondern gerade im Gegenthefi zur
Klärung führt, sobald man nur einmal den Muth hat, sich von dem
traditionellen Begriff „Magenerweiterung“ loszusagen.
Es fragt sich hierbei nur: Welche Kriterien besitzen wir iu^
das Vorhandensein und den Grad einer mechanischen Insufficienz.
Wir können einfach eine mechanische Insufficienz annehmen, wenn
der Magen eine Mahlzeit von bekanntem Umfang nicht in 0
solennen Zeit austreibt. Zur Beurtheilung dieses Zustandes die
als unbestritten beste Methode die Leube-Riegel’sche Probema
zeit. Alle übrigen Methoden sind theils praktisch weniger angene
(Oelmethode), oder ungenau (Salolprobe). Weniger brauchbar i
die Methode für eine Bestimmung des Grades der mechamsc
Insufficienz. Hier sind wir auf die Schätzung angewiesen, un
wäre dem Ermessen des Einzelnen wieder überlassen, von leie <
mittlerer oder starker Mageninsufficienz zu sprechen.
ein Pendant zur leichten oder massigen Magenerweiterung, wie
bisher in der Litteratur cursirte. _ ,
Viel besser und eindeutiger ist es in Fällen dieser jyt,
Magen in leerem Zustande zu untersuchen, wie ich dies
*) 0. Rosenbach, Der Mechanismus und dieJDiagnose der Magen
insufficienz. Volkmanns Samml. klin. Vortr. No. 153. 1878.
*) J. Schreiber, Eine neue Methode zum Nachweise der ljag
Magens. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin Bd. 19, S. 616.
®) B. Naunyn, Ueber das Vorhältniss der Magengmirung
mechanischen Mageninsufficienz. Deutsch. Arch. f. klin. Medicin
I S. 225.
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12. Juli.
mehreren Jahren thue. Und zwar geschieht das untor Zugrunde¬
legung eines sogenannten Probeabendessens, einer Methode,
die, obwohl bereits in dem zweiten Theil meiner Diagnostik und
Therapie der Magenkrankheiten beschrieben, wenigstens in Deutsch¬
land keine genügende Beachtung gefunden hat.
Dieses Probeabendessen besteht aus kaltem Fleisch, Weissbrod
und Butter und einer grossen Tasse Thee und wird Abends um
8 Uhr gereicht. Später darf nichts mehr genossen werden. Der
normale und leicht atonische Magen pflegt diese Mahlzeit während
des Abends bezw. der Nacht vollständig auszutreiben, bei starker
Herabsetzung der Motilität dagegen bleiben Rückstände derselben
liegen, und man kann den Mageninhalt am Morgen nach Menge,
Säuregehalt, Fermentationsprocessen genau untersuchen.
Zeigt der Magen constant derartige, dann in der Regel in
Zersetzung begriffene Massen, so liegt unbedingt eine schwere
motorische Insufficienz vor, deren besondere Ursache selbstver¬
ständlich weiter eruirt werden muss. Ist der Magen nach dieser
Probemahlzeit nüchtern leer, so ist derselbe entweder sufficient,
oder falls die Leube’sche Probemahlzeit eine Ueberschreitung der
normalen Digestionsdauer angiebt, in geringem Grade insufficient.
Wir können demnach einfach zwei Grade der mechanischen In¬
sufficienz unterscheiden und bezeichnen als ersten Grad einen
Zustand, bei dem eine motorische Störung vorliegt (nachgewiesen
durch Leube’s Probemahlzeit), wobei aber der Magen nach einem
Probeabendessen Morgens nüchtern leer ist, und als zweiten Grad
einen Zustand, bei dem unter den letztgenannten Umständen sich
zersotztc Rückstände im Magen befinden.
Thatsächlich sind die genannten Functionsanomalieen auch be¬
züglich der übrigen klinischen Erscheinungen, von wenigen Aus¬
nahmen und Uebergangsfällen abgesehen, scharf zu trennen. Es
gilt dies 1) für den Verlauf, 2) für die Prognose, 3) für die
Therapie.
Der Verlauf der mechanischen Insufficienz ersten Grades, die
also nach der bisherigen Nomenklatur als Atonie, oder wie ich sie
zu nennen vorgeschlagen habe, Myasthenie bezeichnet wurde, ist
ein chronischer, sich über Jahre hinziehender; zunächst sind die
Symptome wenig charakteristisch, sie sind analog den Verdauungs¬
störungen, die man früher als chronische Dyspepsie bezeichnet hat:
also Druck, Völle, Aufstossen, Sodbrennen, Stuhlverstopfung u. a.
Der Appetit ist reducirt, oder es besteht abwechselnd Heisshunger
und mangelnde Appetenz, letztere wohl bedingt durch das Gefühl
der Schwere, welches die retinirten Ingesta hervorrufen. Bei höheren
Graden der Atonie kommt es zum Erbrechen, unter Umständen
recht grosser Massen. Aber zum Unterschied von der mechanischen
Insufficienz zweiten Grades zeigt das Erbrechen niemals Zer-
setzungsproducte, vor allem keine Gasgährung, daher auch keine
Dreischichtung. Erfolgt des Morgens nüchtern Erbrechen, so be¬
steht es ans Magensaft, vermischt mit Galle oder Schleim, niemals
jedoch aus Speiseresten.
Diesem Verhalten entspricht auch die Mageninhaltsunter¬
suchung: Man kann nachweisen, dass der Magen sich in solchen
Fällen zwar verspätet, aber doch vollständig entleert: des Morgens
nüchtern ist er nach dem Probeabendessen entweder völlig leer
oder enthält Magensaft in mehr oder weniger grossen Quantitäten,
eventuell auch Galle oder Schleim.
Die chemische Untersuchung des Mageninhaltes erachte ich
für weniger bedeutungsvoll als die mikroskopische. Bei letzterer
findet man niemals oder doch nur sehr ausnahmsweise die charakte¬
ristischen Sarcinepackete und Hefe. Bacterien werden nur in ver-
hältnissmässig geringen Mengen beobachtet.
Der Stuhl ist, wie bereits bemerkt, meist angehalten, kann
aber auch völlig normal sein, jedenfalls sind so hohe Grade von
Obstipation, wie wir ihnen bei Pylorusstenose oder bei dem zweiten
Grade der mechanischen Insufficienz begegnen, nur äusserst selten
zu beobachten.
^Die Diurese bewegt sich in normalen Grenzen, niemals finden
wir wie bei den schweren Formen der mechanischen Insufficienz
eine Urinverminderung bis auf 400—500 ccm in 24 Stunden.
Der Ernährungszustand leidet bei Atonie des Magens in mehr
oder weuiger hohem Grade, doch begegnet man auch relativ gut
genährten Individuen: so hohe Consumptionsgrade, wie sie sich bei
der zweitgenannten Form finden, kommen nicht zur Beobachtung.
Endlich erwähne ich noch, dass Tetanie bisher niemals bei
') Nur in der soeben erschienenen Arbeit von C. Wegelle, Die
atonische Magenerweiterung, wird dieses Probeabendessen erwähnt,
ßesser bekannt ist die Methode im Auslande. Dr. J. Friedewald (Atony
0 the stomach. Medical News, December 1893) erwähnt dieselbe („Test
su PPf r “) un d sagt darüber folgendes: „Boas has devised still an other test
which I havo found of great Service.“ Es folgt nun die Beschreibung.
*!• ' rr °ss (Atony of the stomach, New-York Medical Rocord 1894, March 31)
erwähnt die Methode und stellt nach dem Ergebniss derselben die Difle-
lentialdiagnosc zwischen Ectasie und Atonie.
577
leichteren Formen der Insufficienz beobachtet ist, dao-e^en ist ein
nicht seltenes Vorkommniss der Trousseau’sche Schwindel.
Was die Prognose der Insufficienz ersten Grades betrifft, so
ist, sie erheblich viel günstiger als die der bisher sogenannten
Dilatation: in der Regel tritt, wie auch Riegel in seiner eingangs
erwähnten Arbeit betont, bei zweckentsprechender Behandlung
Heilung ein, um so leichter begreiflicherweise, je früher der Fall
zur Behandlung kommt. Ein exacter Beweis, dass die Insufficienz
auch objectiv gebessert wird, scheint allerdings bisher noch nicht
erbracht. Es kommt jedoch nach meinen Erfahrungen leicht zu
Rezidiven, wenn die Kranken im Gefühle grösserer dynamischer
Leistungsfähigkeit den Magen acut oder chronisch übermässig an¬
strengen.
Die Formen von mechanischer Insufficienz zweiten Grades
sind, soweit sie nicht durch Pylorusstenose bedingt sind, zweifel¬
los auf jahrelange unzweckmässige Lebens- und Ernährungs-
bedingungen, ja auf direkte Excesse im Essen und besonders
Trinken zurückzuführen, wobei möglicherweise krankhafte Ver¬
änderungen der Muskulatur eine untorstützende Rolle spielen.
Es verdient indesson, hervorgehoben zu werden, dass ich bei dem
grossen Material, das ich seit Jahren zu sehen Gelegenheit habe,
noch niemals den Uebergang einer Insufficienz ersten Grades in
eine Stauungsinsufficienz zu beobachten Gelegenheit hatte. Wie
dem auch sei, die Prognose ist bei Insufficionzen zweiten Grades
immer eine sehr viel ernstere, als bei denen ersten Grades. Das
gefährlichste Symptom ist offenbar die Inanition, dem wir in
schwierigen Fällen nur mit verschränkten Armen gegenüberstehen.
Daneben tragen gewisse Complicationen, die Tetanie, Lungenphthise,
Autointoxicationen und andere, die wir zum kleinen Theil erst
kennen, dazu bei, die Lebensaussichten der Kranken zu trüben.
Trotzdem kann ich nicht umhin, zu betonen, dass wir in anscheinend
schweren Fällen von mechanischer Insufficienz mit Stauung, falls
sie noch nicht zu lange bestehen, anhaltende Besserung, vielleicht
darf ich sogar sagen, Heilung beobachten können. Ich habo in den
letzten Jahren drei Beobachtungen dieser Art gemacht, von denen
namentlich die eine (Pylorusstenose post ulcus) bereits spruchreif
ist, da sich das ungestörte Wohlbefinden weit über ein Jahr er¬
streckt. Ich behalte mir vor, über die genannten Fälle später im
Zusammenhang zu berichten.
Auch bezüglich der Behandlung weichen beide Formen in
wesentlichen Punkten von einander ab. Gemeinsam kommt ihnen
das Princip der Magenentlastung zu, das sich ganz besonders in
der Beschränkung grösserer Flüssigkeitsmengen ausspricht. Audi
((je Zufuhr häufiger, wasserarmer Nahrung ist bei beiden Formen
zu fordern. Im Detail des Speisen'gimes dagegen müssen wir wohl
zwischen den lnsufficienzen ersten und zweiten Grades unter¬
scheiden. Wo Stagnation ist, wie bei der Insufficienz zweiten
Grades, finden auch Gährungen statt, ganz besonders leicht
und häufig Kohlenhydratgährungen, wahrscheinlich auch Fett¬
zersetzungen. Demnach sind hier Kohlenhydrate und Fette soweit
als möglich einzuschränken, wie denn Minkowski sogar gerathen
hat, dem Magen Kohlenhydrate behufs Beseitigung der Gäiirungen
zeitweise ganz zu entziehen.
Beides ist bei Insufficienz ersten Grades nicht nothwendig:
den Kranken dieser Gruppe machen weder Kohlenhydrate noch Fette,
selbstverständlich in geeigneter Form, irgend welche wesentlichen
Beschwerden, sobald nur nicht grosse Massen in den Magen ge¬
bracht und dadurch secretorische Reizzustände hervorgerufen
werden (sogenannte Hyperacidität).
Gemeinsam ist beiden Formen ferner die Aufgabe, den Magen¬
inhalt schneller herauszuschaffen, sei es auf medicamentösem, sei
es auf mechanischem Wego, durch Massage, Faradisirung, hydro¬
therapeutische Proceduren. Dass der Erfolg dieser Proceduren bei
der Insufficienz ersten Grades ein wesentlich besserer ist als hei
der ausgeprägten, Jahre lang bestehenden Form ist selbstver¬
ständlich.
Mit diesen Maassnahmen kommt man bei der leichten Form
der Insufficienz fast immer aus, wenn man dieselben nur mit
Energie und Consequenz Monate lang fortsetzt. Bei der Insufficienz
mit Stauung kommen als fast unentbehrliche Hülfsmittel hinzu: die
Magenausspülungen, antifermentativen Mittel und die Hülfsornährung
per rectum.
Ich habe mich bereits in dem speciellen Theil meiner Dia¬
gnostik und Therapie der Magenkrankheiten scharf gegen den
Missbrauch der Magenausspülungen gewendet: ich kann hier nur
auf Grund weiterer Erfahrungen Wiederholen, dass ich dieselben in
Fällen leichterer Insufficienz für mindestens überflüssig, ja seihst
schädlich halte. Es liegt auch absolut kein Grund vor, den Magen
in solchen Fällen zu säubern: denn er zeigt weder Morgens früh,
noch Abends spät (zersetzte) Reste.
Umgekehrt sind Spülungen bei den lnsufficienzen zweiten
Grades nicht allein indicirt, sondern fast immer nothwendig. Auch
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28
die antifermentative Behandlung der Gasgährung, wie wir sie durch
die dankcnswerthen Arbeiten von Ivuhn kennen gelernt haben, ist,
wie ich in Uebereinstiinmung mit letzterem betone, von grosser
Bedeutung, namentlich ist die Salicylsäure in diesen Fällen, wie
dies Mc, Naught und Kuhn erwiesen haben, ein ausserordent¬
lich kräftiges Magenantisepticum. Dagegen ist dieses Mittel und
ähnliche bei der Insuffieienz ersten Grades entbehrlich.
Schliesslich die Rectalernährung! Bei Insuffieienz zweiten
Grades halte ich die Rectalernährung, namentlich die Wasserzufuhr
per rectum, in einzelnen Fällen für dringend nothwendig, nämlich
wo die 24stündige Urinmenge wesentlich unter 800—1000 g sinkt;
in anderen hilft sie die Trockendiät, die nothwendigerweise unei-
träglichen Durst hervorruft, besser vertragen.
Bei der Insuffieienz ersten Grades ist Flüssigkeitszufuhr kaum
jemals indicirt, zumal die Diurese sich in den normalen Grenzen
zu bewegen pflegt.
Endlich noch ein Wort über die Magenchirurgie, Es liegt aut
der Hand, dass derselben nur jene äussersten Formen von Myasthenie
zufallen, die durch die oben erwähnten Mittel nicht zu heilen oder
zu bessern sind. Bei der mechanischen Insuffieienz ersten Grades
liegt die Indication für einen chirurgischen Eingriff nicht vor.
Wer diesen Ausführungen gefolgt ist, wird zugeben müssen,
dass die Trennung der genannten beiden Formen der mechanischen
Insuffieienz nicht ein doctrinäres, sondern ein eminent praktisches
Interesse besitzt. Denn man wird nothwendigerweise einen Fall,
bei dem man fälschlich sogenannte Ektasie annimmt, während es
sich nur um mechanische Insuffieienz ersten Grades handelt, auch
falsch behandeln, wie dies aus dem obigen zur Genüge hervorgeht.
Dasselbe gilt natürlich auch umgekehrt. Je früher man ferner
überhaupt mechanische Insufficienzen erkennt und behandelt, um
so seltener werden wir in die Lage kommen, die therapeutisch so
ungünstig liegenden Endstadien des Processes zu sehen.
Schliesslich verdient hervorgehoben zu werden, was für den
Kenner der Verhältnisse auf der Hand liegt, dass Uebergangsformen
zwischen mechanischer Insuffieienz ersten und zweiten Grades ge¬
legentlich Vorkommen können. Das kann uns natürlich nicht
abhalten, die oben geschilderten, klinisch scharf entwickelten
Formen der mechanischen Leistungsverminderung des Magens auch
änsserlich streng zu unterscheiden.
IV. Zur Frage der Perityphlitis.
Von Dr. A. Oppenheim, praktischem Arzt und Leiter des
Sanatoriums.
Sonnenburg’s unlängst erschienene Arbeit „Pathologie und
Therapie der Perityphlitis“ hat in No. 25. dieser Wochen¬
schrift durch Schwalbe eine Besprechung erfahren, welche,
weit heraustretend aus dem Rahmen eines Referates, sich so
selbstständig über diese wichtige Frage verbreitet, dass
man weit weniger die Kernpunkte der Sonnen bürg’sehen Be¬
strebungen, als vielmehr die persönlichen Anschauungen Schwalbe’s
daraus entnimmt, welch’ letztere sich von den bekannten Einwen¬
dungen der Kliniker durch nichts unterscheiden. Der Leser dieses
Referates lernt vieles aus demselben, nur nicht dass die mit Durch¬
bruch des Processus vermiformis einhergehende Perityphlitis nach
den Erfahrungen der neueren Chirurgie ihr unheimliches Bild ver¬
liert, wofern wir nur den Mutli zeigen, mit alten Irrthümern zu
brechen und einer neuen Wahrheit näher zu treten, gleichviel ob
sie am Horizonte der inneren Medicin oder an dem der Chirurgie
aufgegangen ist.
Der Referent macht Sonnenburg zum Vorwurf, dass er
durch die in der amerikanischen Litteratur aufgetauchte Benennung
„Appendicitis“ von vorn herein Stellung nimmt gegen die bis¬
herigen Anschauungen der Pathologie, welche als Typhlitis, Para-
und Perityphlitis die Situation des Praktikers am Krankenbette
wahrlich nicht zu erleichtern imstande waren; er wirft aber nicht
die Frage auf, wie es mit den bisherigen Anschauungen in Ein¬
klang zu bringen sei, dass in einem Material von 80, jetzt sind es
fast 100, operativ behandelten Fällen immer nur der Processus
vermiformis der Ausgangspunkt der Erkrankung gewesen ist. —
An dieser auf dem Operationstisch erkannten Thatsache lässt sich
nicht rütteln, wohl aber können Angesichts derselben Bedenken
auftauchen, ob in der Statistik der exspectativ Behandelten und
Geheilten nicht eine Anzahl falscher Diagnosen untergelaufen sind.
Den Ausspruch Sonnenburg’s: „Die Beobachtung am Le¬
benden, wie sie durch die Operation gegeben wird, ist für die Er-
kenntniss der Krankheit und ihre Behandlung maassgebend“, nennt
Schwalbe eine einseitige Auflassung. Er hätte als Referent wohl
im Gegentheil anerkennend hervorheben müssen, dass durch die
Chirurgie hier endlich Verhältnisse klargelegt wurden, welche
die Beobachtung am Krankenbett und die Section nicht ergründen
konnten. Sonnenburg ist cs in der glücklichsten Weise ge¬
lungen, zu beweisen, dass der Durchbruch des Processus vermiformis
stelis mit Abscessbildung verbunden ist. Mir wenigstens imponirt
und genügt das Material Sonnenburg’s für diesen Beweis, und
ist dieses bei Schwalbe nicht der Fall, so soll er mir eine Organ¬
erkrankung nennen, wo in 52 schnell aufeinander folgenden Fällen
die Verhältnisse so typisch liegen, wie in der Perityphlitis perfo-
rativa? Die weiteren Schlüsse Sonnenburg’s sind einfach
logische: Ubi pus, ibi evacua, hier ist Eiter, dessen Verbreitung
oder Durchbruch in die Bauchhöhle in Stunden den unabwendbaren
Tod herbeiführen kann; man kann die Wege gefahrlos betreten,
den Abscess sicher auffinden und entleeren; darum ist die Peri¬
typhlitis eine Krankheit, deren Behandlung nur derjenige Arzt leiten
darf, welcher sich chirurgischen Anschauungen nicht versclilicsst.
Wenn auch dieser Eiter in vielen Fällen resorbirt werden und
somit eine Spontanheilung stattfinden kann, so muss doch auch
zugegeben werden, dass die interne Behandlung für diesen günsti¬
gen Erfolg von vornherein einzustehen nicht imstande ist, und jeder
praktische Arzt, welcher Erfahrungen — ganz gleich, ob vor¬
wiegend günstige oder ungünstige — in der Perforationsperityphlitis
gesammelt hat, wird in jedem neuen Falle sich selbst und den An¬
gehörigen gegenüber die Prognose als valde dubia hinstellen müssen.
Wenn ich mir erlaube, die im Vergleich zu der breitbasigen
Statistik grosser Krankenhäuser verschwindende Anzahl meiner
Fälle für die Besprechung der Perforationsperityphlitis heranzu¬
ziehen, so geschieht es vor allem deshalb, weil das Referat
Schwalbe’s meiner Ueberzeugung nach die Gefahren dieser zu
allen Zeiten gefürchteten Erkrankung in ganz falschem Lichte er¬
scheinen lässt, denn es nimmt die überaus günstigen Statistiken
einzelner inneren Kliniker, von denen einige 75, ja sogar 95 °/ 0
Heilungen ergeben, zu seiner Grundlage.
Mein Material sind nur 27 Fälle, aber sie bieten ein ganz
anderes Bild.
A. Nicht Operirte 10, darunter a) 5 gestorben. Bei 3 Pa¬
tienten wurde noch auf Wunsch der Angehörigen die Laparotomie
in extremis, freilich ohne Aussicht auf Erfolg, gemacht.
Fall 1. Russ. Staatsrath v. R., 49 Jahre, 20. Juli 1885 Aufnahme.
Drei Tage vorher charakteristisch mit heftigem Schmerz und Schüttelfrost
erkrankt. Status praesens: Kleine Resistenz, dumpfer Schmerz, geringes
Fieber, kein Stuhlgang. Durch Magenausspülungen etc. wird der richtige
Zeitpunkt versäumt. 23. Juli Durchbruch des Abscesses in die Bauch¬
höhle. Auf Drängen der Angehörigen machte ich Nachts an dem last
pulslosen Patienten die Laparotomie, die zur Section wurde: Perforation
des Processus vermiformis, Eiterzüge zwischen den Darmschlingen.
Fall 2. Kaufmann S., 50 Jahre, wurde im August 1886 last puls¬
los aus dem Krankenwagen auf den Operationstisch gebracht. Laparotomie
von Sonnenburg gemacht, wurde wiederum zur Section, die mehrfache
Perforationen durch Kothsteine, Residuen wiederholter Recidive, Eiter in
der freien Bauchhöhle ergab.
Fall 3. Frau H. als eitriger Ovarientumor laparotomirt. Im/™'
scess wird ein Apfelsinenkern gefunden. Gestorben an demselben Tage.
Fall 4. Kaufmann Z., 18 Jahre, 19. September 1891 in meiner
Abwesenheit aufgenommon. Am 27. September operirte ich unmittelbar
nach meiner Ankunft (gemäss Sonnen bürg), aber zu spät. 28.^Sep¬
tember Exitus. Section ergab Perforation des Processus vermiformis, Eitcr-
senkungen in den Douglas und hinter die Blase.
Fall 5. Bursche der Excellenz v. R.. November 1892, Operation
verweigert. Transport in das Garnisonlazareth, dort vorübergehende Best-e-
rung, nach vier Tagen Exitus.
b) Drei Fälle entgingen einem traurigen Ausgang durch Per¬
foration in die Naehbarorgane: bei einem erfolgte der Durchbruch
in die Blase (es schien viel Eiter gewesen zu sein, mit Genauig¬
keit liess sich die Menge nicht bestimmen, da er mit Urin gemengt
war). Bei dem zweiten erfolgte etwa am elften Tage Durchbruch
in den Darm, und es gingen 800 ccm Eiter ab. In dem dritten,
der als Recidiv aufgenommen war, gingen in sechs- bis achtwöchent¬
lichen Pausen nach heftigen Koliken mehr oder weniger grosse
Eitermengen durch den Darm ab. e .,
c) Zwei wurden als Recidive aufgenommen, geheilt und (mi
der Aussicht auf weitere Recidive) entlassen.
d) Unter den sechs Geheilten waren drei, bei denen die
Diagnose Perityphlitis perforativa nicht überzeugend gestellt werden
konnte. Es bleiben somit:
e) Drei wirklich Geheilte, von denen Fräulein F. aus Warschau.
80 Jahre, ein ganz besonders interessanter wurde, weil bei i 11
ein vom Rectum aus deutlich fühlbarer grosser Senkungsabsces^
sich allmählich (zehn Wochen) zurückbildete. Die Dame sali ici
unlängst wieder, sie ist gesund geblieben. .
B. Operirte: 11, darunter 9 von Sonnenburg (2 aus meine
Privatpraxis), 2 von mir. Sie sind sämmtlich als geheilt zu ne-
trachten; nach 4, 8 und 2 Jahren ist kein Recidiv noch Bauci-
bruch eingetreten. ,.
Die Anschauungen vieler hervorragender Chirurgen über l-
Zweckmässigkeit der Operation sind mir bekannt, und es snul
ihnen auftauchenden Bedenken darin zu suchen, dass sie füreli tU «
Gck >gle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
12. Juli.
nicht in allen Fällen den Eiterheerd ohne Eröffnung des Peri¬
toneums aufzufindon.
Das eben ist ein Verdienst Sonnenburg’s, dass er in der
vorsichtigsten Weise beginnend (zweizeitign Operation) allmählich
die Operation zu einer typischen Methode erhoben hat, welche
gefahrlos zum Ziele führen muss, wenn die Diagnose nicht gefehlt
hat. Es gehört keine besondere Schulung oder Geschicklichkeit,
wie Schwalbe meint, zur Ausführung dieser Operation, und ich
bin der Ansicht, dass der Arzt auf dem Lande, welcher’auch nur
einige chirurgische Vorbildung hat, die Verhältnisse in der Um¬
gebung eines perforirten Wurmfortsatzes leichter zu beurtheilen
imstande sein wird, als er demjenigen gewachsen ist, welche bei
anderen Operationen der NothWendigkeit, z. B. bei incarcerirten
Hernien zu Tage treten können. Sonnenburg hat den von ihm
vor sechs Jahren empfohlenen Hautschnitt auf der Höhe der Re¬
sistenz aufgegeben und macht in allen Fällen den Schnitt hart am
Dannbeinkamme, wie zur Unterbindung der lliaca. Nach Durch¬
trennung der Muskulatur drängt er das Peritoneum von der Fascia
iliaca ab und sucht nach dem Abscess, der sich in allen Fällen,
die ich gesehen habe, deutlich durch fibröse Schwielenbildung
markirt. So lange man das Peritoneum als solches erkenntlich
vor sich hat, thut man gut, sich in diesem Bereiche nicht mit
Probepunctionen und Palpiren (man fühlt teigige und fluctuirende
Resistenzen meinen Erfahrungen nach weniger deutlich, wenn
die Muskulatur durchtrennt ist) aufzuhalten, sondern an die hintere
Wand des Coecum und Colon vorzudringen, und es ist Sonnenburg
in einem Falle gelungen, zu einem am Leberrande gelegenen Abscess
zu gelangen, ohne das Bauchfell zu eröffnen.
An dieser Stelle muss auf die Bedeutung der Frühoperation
hingewiesen werden, denn in frischen Fällen scheint man _ wie
auch leicht verständlich — den Eiter noch in nächster Umgebung
des Processus vermiformis vorzufinden, während bei älterem Krank-
heitsprocess die Senkungen so ausgedehnt sein können, dass grosso
Abscesse (mit oder ohne Communication) selbst auf der linken Seite
aufzufinden sind. So habe ich z. B. in einem Falle von der rechten
bis in die linke Inguinalgegend hart an der Blase vorbei durch-
drainiren müssen (das 16 jährige Mädchen, im November v. J. operirt,
ist seit Monaten hergestellt und arbeitsfähig).
Was nun die Recidive betrifft, so ist natürlich ein abschliessendes
Urtheil noch nicht zu fällen. Soviel steht fest, dass die Erfahrungen
der praktischen Aerzte diese Frage der Lösung näher bringen
können, als Statistiken grosser Krankenhäuser, aus welchen über
das spätere Schicksal der Kranken wenig oder nichts zu erfahren
ist. Die sogenannten Spontanheilungen der Perityphlitis perforativa
bieten jedenfalls keine Garantieen für die Zukunft, und jedes
Trauma oder jede Stuhlstockung, von anderen unbekannten Zufällig¬
keiten abgesehen, kann das Leben bedrohen.
Die operirten Fälle dagegen, namentlich diejenigen, bei welchen
es durch eine Frühoperation möglich w r ar, den Processus vermi¬
formis zu entfernen, sind allem Anscheine nach als wirklich dauernd
geheilt zu betrachten.
Ich hoffe, durch diese Ausführungen, die lediglich dem Referate
Sch walbe’s ihre Entstehung verdanken, dargethan zu haben, dass
die Abhandlung Sonnenburg’s über diese für jeden Praktiker
brennende Frage nicht nur als eine Bereicherung der Perityphlitis-
litteratur — wiö Schwalbe meint — geschätzt zu werden ver¬
dient, sondern einen wirklichen Fortschritt in der Erkenntniss
und Heilung dieser Krankheit bedeutet.
Bemerkungen za yorstehendem Artikel.
Von J. Schwalbe.
Wenn Herrn Oppenheim das Material Sonnenburg’s „im-
ponirt und genügt“, so wird sicherlich Niemand die Ehrlichkeit
dieses Bekenntnisses in Zweifel ziehen. Und wenn Herr Oppen¬
heim sich zum Vertheidiger der gesammten Sonnenburg’schen
Anschauungen über die Pathologie und Therapie der Perityphlitis
aufwirft, so w r ird er sich gewiss den Beifall mancher Chirurgen
erwerben. Für mich liegt trotzdem nicht die geringste Veran¬
lassung vor, mit Herrn Oppenheim über die Berechtigung meiner
die Sonnen bürg’sehe Arbeit behandelnden Kritik zu streiten.
Umsoweniger, als ich hoffen darl, dass die übrigen Leser unserer
Wochenschrift mein Referat (ich verweise z. B. nur auf den
Schluss desselben) mit etwas grösserer Objectivität, vielleicht auch
mit mehr Gemüthsruhe durchgesehen haben als Herr Oppenheim.
Dass die Redaction überhaupt die vorstehenden Ausführungen
Oppenheim’s in die Wochenschrift aufgenommen hat, wollen
unsere Leser freundlichst meiner Unparteilichkeit zugute halten.
Unser Prinzip, kritische Bemerkungen über die Kritik eines Buches
~~ zumal wenn sie durch irgend einen Dritten geliefert werden —
abzulehnen, wird dadurch nicht umgestossen.
579
V. Aus dem hygienischen Institut der Universität Kiel.
Weitere Beobachtungen bei der
Untersuchung choler a v er d&chtigen Materials.
Von Professor Dr. Bernhard Fischer.
(Schluss aus No. 27.)
Wenn von dem Bacterium tachyktonum eine etwas eingehen¬
dere Beschreibung gegeben worden ist, so geschah das nicht so¬
wohl wegen des allgemeinen Interesses, welches dasselbe insbe¬
sondere infolge seines eigenartigen pathogenen Verhaltens zu
beanspruchen vermag, als vielmehr mit Rücksicht darauf, dass
dasselbe bei der Choleradiagnose möglicherweise zu Irrthümern
Veranlassung giebt. Nach den obigen Ausführungen ist aller¬
dings eine Verwechselung mit Cholerabacillen nur möglich, wenn
der Beobachter für derartige Untersuchungen nicht die erforder¬
liche Uebung und die nöthigen Vorkenntnisse hat, oder wenn
die Untersuchung eine unvollständige bleibt. Wird die Unter¬
suchung in der von Koch neuerdings empfohlenen Weise durch¬
geführt, dann kann eine derartige Verwechselung eigentlich nicht
stattfinden; denn wenn auch die Uebereinstimmung der Platten¬
aussaaten des Bacterium tachyktonum mit Cholera makroskopisch
und selbst bei schwacher Vergrössenmg eine recht grosso ist, so
wdrd doch bei der von Koch verlangten Untersuchung des Stuhls,
der Plattenaussaat und der Peptonculturen in Ausstrich- bezw!
Klatschpräparaten sowie im hängenden Tropfen das Fehlen
der Krümmung festgestellt, und sichert ausserdem das Ausbleiben
der Cholerarothreaction in den Peptonculturen die Diagnose.
Aber noch aus einem anderen Grunde erschien eine ausführlichere
Schilderung des Bacterium tachyktonum geboten. Wenn man be¬
denkt, dass bei den vielfachen, auch von anderen Beobachtern in
den letzten Jahren ausgeführten Untersuchungen der Ausleerungen
von Brechdurchfallerkrankungen (Cholera nostras) in der Regel
nur Bacterium coli oder wenigstens solche Bacterien gefunden
sind, die man bisher davon nicht sicher unterscheiden konnte,
so muss das überaus massenhafte, bezw. fast ausschliessliche
Vorkommen anders gearteter Bacterien in einem solchen Stuhle
die Vermuthung nahelegen, dass dieselben zu der Erkrankung in
ursächlicher Beziehung stehen. Es wird diese Vermuthung um so
wahrscheinlicher, wenn es sich, wie im vorliegenden Falle, um
Bacterien handelt, die so bedeutende pathogene Eigenschaften
besitzen. Indess ist es nicht geglückt, weitero Anhaltspunkte für
die Richtigkeit dieser Auffassung zu gewinnen. Bisher ist über
gleiche Befunde bei Cholera nostras-Fällen von anderer Seite noch
nicht berichtet, vielleicht geben aber gerade diese Zeilen zur Mit¬
theilung etwaiger derartiger Beobachtungen Veranlassung.
Bis zu einem gewissen Grade kann ja allerdings auch die Beob¬
achtung von Bl ei sch zur Stütze für diese Vermuthung mit ver¬
wertet werden, insofern von ihm bei einer Cholera nostras-Er-
krankung im Stuhl dem Bacterium tachyktonum ausserordentlich
nahestehende Bacterien und zwar ebenfalls in überwiegender
Menge gefunden worden sind. Wenn man früher vielleicht daran
denken konnte, dass die sogenannten Cholera nostras-Erkrankungen
sämmtlich durch einen und denselben, vielleicht sogar einen dem
Cholerabacillus nahestehenden Mikroorganismus bedingt seien, so
wird man diesen Standpunkt nach den zahlreichen Untersuchungen
der letzten Jahre wohl aufgeben müssen, denn ein derartiger ein¬
heitlicher Erreger der Cholera nostras wurde bisher nicht ge¬
funden. Nur in einer gegenüber dem Gros der Brechdurchfall¬
erkrankungen verschwindend kleinen Zahl von Erkrankungsfällcn
ist bisher der Nachweis von Mikroorganismen geglückt, die man
als die Erreger der Brechdurchfallerkrankung ansehen konnte.
Keiner dieser Mikroorganismen wurde aber bisher bei Cholera
nostras öfters angetroffen. Jedenfalls w T ird man hiernach zu dor
Annahme gedrängt, dass Brechdurchfallerkrankungen durch ver¬
schiedene Erreger veranlasst werden können.
In Betreff des Bacterium tachyktonum, welches man wohl
diesen Erregern von Brechdurchfall zuzählen darf, ist noch zu
erwähnen, dass die bisher bei zwei Mäusen und einem Meer¬
schweinchen angestellten Fütterungsversuche, wobei theils Culturen,
theils Blut, sowie Organtheile der Impfung mit Bacterium tachy¬
ktonum erlegener Thiere verfüttert wurden, eine Infection der Ver¬
suchstiere nicht ergeben haben.
Wie früher bereits angedeutet, hat der behandelnde Arzt an
die Möglichkeit gedacht, dass die Erkrankung, bei welcher das
Bacterium tachyktonum gefunden wurde, auf den Genuss des
Hamburger Leitungswassers zurückzuführen ist. Diese Möglichkeit
ist zunächst nicht von der Hand zu weisen, w T enn auch bisher im
Trinkwasser Bacterien, die dem Bacterium tachyktonum entsprochen,
nicht beschrieben worden sind. Dass im Wasser wenigstens ähn¬
liche Bacterien Vorkommen, habe ich selbst gelegentlich der Unter¬
suchung von Elbwasser bezw. Hamburger Leitungswasser während
DEUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHR IFT.
580
der Choleraepidemie 1892 beobachtet. Bei der Aussaat dieser
Wasserproben resp. der damals von mir mit Bouillon versetzten
und eine Zeit lang im Brutapparat gehaltenen Proben, bin ich
in den Plattenculturen mehrfach Colonieen begegnet, die mich
wegen ihrer Aehnlichkeit mit Choleracolonieen bei schwachen Ver-
grösserungen auch zur Anfertigung von Ausstrichpräparaten bezw.
zur Untersuchung im hängenden Tropfen veranlassten, wobei indess
regelmässig statt der erwarteten Kommabacillen nicht gekrümmte
Stäbchen gefunden wurden. Von diesen waren damals Culturen
zwar nicht angelegt worden, indess verhielten sie sich, soweit ich
mich dessen zu erinnern vermag, ganz ähnlich wie Bacterium
tacliyktonum. Dass das letztere im Trinkwasser zu gedeihen ver¬
mag, wurde übrigens noch durch besondere Versuche dargethan.
Wie bereits eingangs erwähnt ist, wurden im vergangenen
Jahre im Institut 38 Wasserproben auf Cholera untersucht. Die
betreifenden Proben waten aus dem Eider- bezw. Nordostseecanal
sowie aus dem Kieler Hafen entnommen, nachdem mehrfache
Erkrankungen am Nordostseecanal eine Infection dieser Gewässer
hatten befürchten lassen. Die früher erwähnten 15 Cholera¬
erkrankungen, von denen Material im Institut zur Untersuchung
gelangte, lassen sich ihrer Entstehung nach in drei Gruppen theilen.
Davon betrifft die erste, aus vier Erkrankungen bestehende Gruppe
Personen, welche im letzten Drittel des September, zur Zeit als
in Hamburg wieder eine kleine Choleraepidemie herrschte, von
Hamburg nach Kiel bezw. Itzehoe zugereist kamen und theils
schon unterwegs, tlieils unmittelbar nach der Ankunft erkrankt
waren. Hier war der Krankkcitskeim mithin von Hamburg ausge¬
gangen. Die zweite Gruppe bildeten die mehrfach erwähnten Er¬
krankungen auf dem schwedischen Dampfer „Hjalmar“, welcher am
7. October von Russland kommend mit zwei Cholerakranken an
Bord in Kiel in Quarantäne ging. Hier war der Krankheitskeim
offenbar von Russland eingeschleppt.
Die noch erübrigenden neun Cholerafälle betrafen ausschliess¬
lich Personen, die auf dem Eidercanal bezw. am Nordostseecanal
beschäftigt waren und von denen allein acht im letzten Drittel
des October, einer im Anfang November erkrankte. Der zuerst
am 19./20. October in Tönning Erkrankte, der Capitän eines auf
dem Eidercanal fahrenden Rogierungsdampfers, war seit längerer
Zeit nicht in Hamburg gewesen, auch Hess sich nicht nachweisen,
dass er zu Cholerakranken irgendwie in Beziehung getreten war.
Sieben weitere Erkrankungen kamen unter den bei Landwehr am
Nordostseecanal Beschäftigten vor, von denen sechs auf den soge¬
nannten Baggerschuten arbeiteten, während der siebente der
Maschinist eines zum Schleppen dieser Schuten verwandten
Dampfers war. Bei fünf dieser Erkrankungen begannen die
ersten Krankheitserscheinungen am 23. bis 25., bei zwei weiteren
am 26. bezw. 28. October. Die am 27. October an Ort und Stelle
eingezogenen Erkundungen ergaben keinerlei Anhaltspunkte dafür,
dass die Krankhcitskeimo etwa durch frisch zugereiste Arbeiter einge-
selileppt waren oder dass es sich bei den Erkrankungen um An¬
steckung durch voraufgegangene Erkrankungsfälle handelte, wenn¬
gleich bei dieser Gelegenheit ermittelt wurde, dass schon am
15. October ein Arbeiter ohne nachweisbare Veranlassung an Brech¬
durchfall mit Urinverhaltung, mithin wahrscheinlich an Cholera
erkrankt, inzwischen aber schon wieder genesen war. Nach Lago
der Verhältnisse erschien es vielmehr am wahrscheinlichsten, dass
die Erkrankungen sämmtlich durch das auf irgend eine Weise mit
Cholerabacillen inficirto Canalwasser vermittelt waren. Es wurden
daher sofort von zwei Stellen, an denen die Schuten, auf welchen
Choloraerkrankungen vorgekommen waren, zuletzt längere Zeit ge¬
legen hatten, Wasserproben mittels gut gereinigter Weinflaschen
entnommen. Eine dritte Wasserprobo wurde mehrere Kilometer
östlich von Landwehr, und zwar ebenso wie die beiden vorigen
einige Meter vom Ufer entfernt geschöpft.
Nachdem diese Proben einen Zusatz von Pepton und Kochsalz
Ci 0 1 °/<J erhalten und noch am selbigen Abend in den Brütapparat
gebracht waren, fanden sich bereits am nächsten Morgen an der
Oberfläche der beiden ersten Wasserproben Kommabacillen, die sich
weiterhin in den Culturen auf Gelatine bezw. in Peptonculturen, sowie
schliesslich bei der Verimpfung auf Meerschweinchen in ’ keiner
Weise von Cholerabacillen unterscheiden Hessen.
Nachdem somit der Nachweis der Cholerabacillen im Wasser
des Nordostsoecanals gelungen und damit für die Auflassung,
wonach das Wasser die Verbreitung des Krankheitskeimes ver¬
mittelt hatte, eine werthvolle Stütze gewonnen "war, hatten die
weiteren Nachforschungen resp. Wasseruntersuchungen den Zweck
womöglich in Erfahrung zu bringen, auf welche Weise der Krank¬
heit skeim in das Canalwasser gelangt war, wie weit er sich im
Wasser verbreitet hatte und wie lange er sich daselbst zu
halten vermochte. In ersterer Beziehung musste die Möglich¬
keit erwogen werden, dass von dem Dampfer „Hjalmar“ aus
bevor noch seitens der Quarantänebehörden die zur Verhütung
No._28
der Verbreitung der Krankheitskeime erforderlichen Maassregeln
getroffen waren, Cholerakeime in den Kieler Hafen gelangt und
von dem unweit der östlichen Mündung des Nordostseekanals ge¬
legenen Quarantäneplatz aus in den Canal verschleppt worden seien.
Indess wurden in drei am 28. October von dem Quarantäneplatz
sowie mitten im Hafen entnommenen Proben keine Cholerabacillen
gefunden, und ebensowenig gelang der Nachweis von Cholera¬
bacillen an zehn am 31. October im Nordostseecanal an den
früheren drei Entnahmestellen bei Landwehr, an drei weiter östlich
gelegenen Stellen des Canals, sowie an vier Stellen des Hafens
entnommenen Proben. Es waren demnach anscheinend bereits vier
Tage nach der ersten Untersuchung an den früheren Stellen die
Cholerabacillen nicht mehr vorhanden. Nachdem inzwischen bei
einem am 6. November unweit von Landwehr in der Nähe von
Osterade beschäftigten und der Cholera nach kurzer Krankheit
erlegenen Arbeiter Cholerabacillen im Darminhalt nachgewiesen
waren, wurden am 13. und 14. aus dem Nordostseecanal auf der
Strecke Holtenau — Rendsburg in möglichst gleichen Abstäuden
12 und am 19. November aus dem Eidercanal von Rendsburg
ab bis zur Einmündung in die Nordsee ebenfalls in etwa gleichen
Abständen die gleiche Zahl Wasserproben entnommen. Indess
auch in keiner dieser 24 Proben fanden sich bei der Untersuchung
Cholerabacillen.
Während es nach den weiteren Nachforschungen im hohen
Maasse unwahrscheinlich war, dass die Erkrankungen im Canal
mit den Erkrankungen auf dem Dampfer „Hjalmar“ im Zusammen¬
hang standen, wurde festgestellt, dass auf dem Eider- bezw.
Nordostseecanal schon jetzt ein nicht unbeträchtlicher Schiffsver¬
kehr sowohl von Westen (darunter auch von der Elbe her) als
auch von Osten her, von den verschiedensten Ostseeplätzen aus
stattfindet. Es handelt sich dabei meist um kleinere Fahr¬
zeuge, die namentlich Bau- und sonstige MateriaHen zuführen.
Nachdem die Verbreitung der Cholerakeime auf den Wasserstrassen
durch die Schifffahrt treibende Bevölkerung zumal in den letzten
Jahren so vielfach und auch in so überzeugender Weise dar¬
gethan ist, wird man daher annehmen dürfen, dass auf einem der
den Canal passirenden, aus einer verseuchten Gegend kommenden
Fahrzeuge, Icichtero — nicht weiter zur Kenntniss gelangte —
Choleraerkrankungen stattgefunden haben und durch in den Canal
gelangte, den Krankheitskeim enthaltende Dejectionen das Canal¬
wasser inficirt worden ist.
Bei der Untersuchung der Wasserproben aus dem Kieler
Hafen unterblieb der Zusatz von Kochsalz, da das Hafenwasser
für gewöhnlich ja lo/o Kochsalz enthält.
Ueberhaupt bietet dio Untersuchung von Meerwasserproben auf
Cholera einige Besonderheiten, die hier noch Besprechung finden
mögen.
Wie ich in einer Arbeit über die Meeresbacterien 1 ) gezeigt
habe, stehen dieselben den Kommabacillen sehr nahe. Namentlich
die lichtentwickelnden unter denselben, die Photobacterien zeigen
oft ein ganz ähnliches Verhalten wie die Cholerabacillen, so dass
sie bei der Choleradiagnose wohl zu Irrthümern Veranlassung
geben können. In der Ostsee finden sich nach meinen Unter¬
suchungen mindestens zwei, in der Nordsee und im engli¬
schen Canal aber mindestens zehn verschiedene Leuchtbacterien.
Einige dieser Lcuclitbacterien sowie auch der sonstigen im Meere
vorkommenden Bacterien sind nach ihrer Gestalt und Beweglichkeit
wenigstens zeitweise von Cholerabacillen gar nicht zu unterscheiden.
Manche, und das gilt z. B. von dem von mir aus dem Kieler
Hafen gezüchteten einheimischen Leuchtbacillus, sehen in
den Plattenculturen den Cholerabacillen zum Verwechseln ähnlich.
Alle bisher von mir untersuchten Leuchtbacterien (13 Arten)
wachsen in Peptonkochsalzlösungen üppig, allerdings nur vier
davon, worunter zwei aus der Nordsee, auch bei Brütteniperatur.
Diese letzteren gaben in der Regel nicht die Nitrosoindolreaction,
während dieselbe bei einem hauptsächlich aus Kommafonnen
(Vibrionen) bestehenden Nordseeleuchtbacterium, welches allerdings
nicht bei Bruttemperatur wächst, bisher regelmässig vorhanden
war. Die Mehrzahl der von mir untersuchten Leuchtbacterien be¬
sitzt auch pathogene Eigenschaften. Meerschweinchen bezw. Mäuse,
denen man grössere Mengen von Agarculturen der verschiedenen
Leuchtbacterien in’s Peritoneum bringt, gehen vor Ablauf von
24 Stunden zugrunde. Bei manchen Leuchtbacterien gelingt es
alsdann nicht mehr, die Leuchtbacterien aus dem Cadaver wieder
zu züchten, aber bei anderen, z. B. bei zwei aus dem Caraibischen
Meer und bei einem aus der Nordsee stammenden findet eine
Vermehrung der Leuchtbacterien im lebenden Thiere statt, uw
l ) Die Bacterien des Meeres nach den Untersuchungen der Plankton
Expedition unter gleichzeitiger Berücksichtigung einiger älterer un<
neuerer Untersuchungen. Ergebnisse der Plankton-Expedition derHumbola -
Stiftung, Bd. IV, M. g. Kiel, Lipsius & Tischer, 1894,
, Digitized by Gck >gle
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12. Juli.
DEUT SCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
zeigen die Cadaver bald nach der Obduction die Erscheinung der
Phosphorescenz, wie dies zuerst von Kutscher von dem dem
Cholerabacillus zum Verwechseln ähnlichen, leuchtenden Vibrio
beschrieben worden ist. (Diese Wochenschrift 1893, No. 49). Aber
die Unterscheidung aller dieser in vielen Beziehungen den Cholera¬
bacillen ähnlichen Leuchtbacterien bietet für den mit derartigen
Untersuchungen Vertrauten keine grösseren Schwierigkeiten, und
eine Verwechselung mit Cholera ist ausgeschlossen, wenn die
Untersuchung eine vollständige, d. h. den Vorschriften von Koch
entsprechende ist.
Für die Unterscheidung kommen folgende Punkte in Betracht:
Alle aus dem Meere gezüchteten Leuchtbacterien und sonstigen
Bacterien, die von mir bisher darauf geprüft sind, wachsen auf
Nährböden mit höherem Kochsalzgehalt, z.B. auf mit Nordseewasser
hergestellter Gelatine bezw. Agar, Bouillon, Peptonlösung u. s. w.
weit üppiger als auf den Nährböden mit gewöhnlichem Salzgehalt,
auf welchen auch alle aus dem Meere stammenden Leuchtbacterien
weniger gut leuchten. Durch diese halophilen Eigenschaften also
unterscheiden sich die Meeresleuchtbacterien sämmtlich von dem
Cholerabacillus und von den sonst bisher bekannt gewordenen
Kommabacillen, darunter namentlich auch von dem aus dem Wasser,
bezw. aus menschlichen Ausleerungen isolirten leuchtenden Vibrio
von Dunbar-Kutscher.
(Nur die in Seewasser gekochten Kartoffeln machen davon eine
Ausnahme, insofern darauf die Kommabacillen, darunter auch der
Leuchtvibrio von Dunbar-Kutscher, gerade besonders üppig ge¬
deihen, letzterer allerdings ohne dabei zu leuchten.)
Die Meeresleuchtbacterien lassen bei der Untersuchung im
Dunkeln an den Culturen die Erscheinung der Phosphorescenz er¬
kennen, welche bisher unter den Kommabacillen nur beim Leucht¬
vibrio von Dunbar-Kutscher bekannt ist. Freilich ist bei
manchen Meeresleuchtbacterien auf gewöhnlicher Nährgelatine das
Leuchten schwach, so dass es erst nach einiger Uebung wahrge¬
nommen wird und man es überhaupt erst am Abend bezw. bei
Tage erst nach längerem Verweilen im gut abgedunkelten Raum
beobachtet.
Die grosso Aehnlichkeit, die zwischen den Cholerabacillen und
den Meeresleuchtbacterien besteht und auf die ich auch schon
wiederholt hingewiesen habe, hat mich bereits im Jahre 1892 ver¬
anlasst, alle damals von mir aus Cholerafällcn frisch isolirten
Culturen im Dunkeln auf etwaiges Leuchten zu beobachten. In
keinem einzigen Falle wurde damals aber und ebenso wenig bei
den Choleraculturen, die von den am Canal erkrankten Arbeitern
bezw. aus dem Canal selbst stammten, Leuchten beobachtet. Es
spricht dieses jedenfalls für die Richtigkeit der Auffassung von
Kutscher, wonach der Lcuchtvibrio nicht etwa ein Cholera¬
bacillus ist, der die Eigenschaften der Lichtentwickelung ange¬
nommen hat.
Bei vielen Meeresbacterien finden sich neben den schraubig
gekrümmten, von Kommabacillen schwer zu unterscheidenden
Formen aber auch gerade Formen, ja bei manchen sind diese sogar
überwiegend, und bei den in der Gestalt wohl ähnlichen ist dann
oft das Wachsthum in der Gelatine anders. Keines der bisher
untersuchten, bei Brüttemperatur wachsenden Meeresbacterien giebt
in Peptonkochsalzlösungen regelmässig die Cholorarothreaction,
und schliesslich müssen weit grössere Mengen von Agarculturcn
den Versuchstieren in’s Peritoneum gebracht werden, wenn sie
daran zugrunde gehen sollen, als bei Cholerabacillen oder bei dem
leuchtenden Vibrio von Dunbar-Kutscher.
Kiel, den 18. März 1894.
VI. Zur Behandlung des Fettherzens.
Von Dr. Theodor Schott in Bad Nauheim.
(Schluss aus No. 27.)
Durch strenge Diätvorschriften, insbesondere durch lang-
andauernde einseitige Eiweisskost-, durch zu geringe Nahrungs¬
zufuhr, ist mehr Unheil als Nutzen gestiftet worden. Jugendliche
Personen mit starker Muskulatur und von normaler Blutbeschaffen¬
heit können zwar, ohne ernstlich Schaden zu nehmen, mancherlei
vertragen, das Bild ändert sich jedoch sofort, wenn, wie dies bei
vielen an Fettherz Leidenden der Fall ist, Anämie oder andere
Complicationen wie Diabetes, Gicht etc. vorhanden sind. Hier sollte
man nur mit der allergrössten Vorsicht an Abmagerung denken:
desgleichen bei allen älteren Personen, sei es, dass dieselben mit
Arteriosklerose behaftet sind oder nicht. Vor allem aber hüte man
sich vor grossen Gewichtsverlusten, vor raschem Abmagern.
Denn selbst bei vorsichtiger Abmagerung lässt sich nie mit Sicher¬
heit Voraussagen, ob nicht wichtigere Organe in Mitleidenschaft
gezogen werden.
So lässt noch vor wenigen Wochen v. Noorden in einer
581
Arbeit, welche aus G crhardt’s Klinik hervorging 1 ), betonen, dass
es zwar gelingen könne, Fettverminderung ohne Eiweissverlust des
Organismus zu erzielen, dass wir jedoch bis jetzt kein Mittel be-
sitzen, bei dessen praktischer Verwendung wir ein solchos Resultat
mit Sicherheit vorausbestimmen könnten. Es ist aber nicht einerlei,
welchem Organ der Eiweissverlust entstammt, und einige Gramm
Einbusse an Herzmuskelsubstanz sind viel wichtiger, können das
Leben viel ernster gefährden, als wenn die Extremitäten um ebenso
viele Pfunde an Muskelfleisch verlieren. Ich habe oft genug Fett¬
herzleidende zugeschickt bekommen, welche durch verhältnissmässig
geringe Körper Verluste im Verlaufe von Mineral wassercuren oder
durch diätetisches Regime erst recht das bekamen, was sie vorher
noch nicht hatten, nämlich eine Schwächung und Erschlaffung dos
Herzmuskels mit Dilatation eines oder beider Ventrikel; und noch
im vorigen Jahre sah ich unter anderen ähnlichen Leidensgenossen
eine Patientin aus der Clientei des mir befreundeten Collegen
Kirnberger aus Mainz, welche, wie mir derselbe mittheilte, schon
nach kurzem Curgebrauch in Marienbad die gefahrdrohendsten Zu¬
stände von „Horzcollaps und Lungenödem“ bekam und die nach
Monaten trotz Gebrauch von Digitalis, Strophanthus, Ferrum etc.
noch Herzschwächezustände zeigte, so dass erst durch roborirende
Diät und Bäder — denn nur diese kamen zur Verwendung — ein
zufriedenstellender Herzzustand erzielt wurde.
Auch die starken Flüssigkeitsbeschränkungen sind hierher zu rech¬
nen. Selbstverständlich soll und muss das Maass der alkoholischen
Getränke auf’s äusserste beschränkt werden, denn diese begünsti¬
gen ja den Fettansatz nur allzusehr. Auch die Extractivstoffe dos
Bieres, der Weine etc. spielen, wenn in grösserer Quantität ge¬
nossen, diesbezüglich eine verderbliche Rolle. Und trotzdem
dürfen wir bei einer grossen Zahl von Kranken, welche viele Jahre
hindurch an Alkohol gewöhnt sind, denselben nicht sofort ent¬
ziehen, sondern müssen ihn in vorsichtiger Weise zu roduciren
und, wie ich an anderer Stelle beschrieben, in geeigneter Form zu
geben suchen. Den Wassergenuss aber ipse als Factor für Fett¬
bildung anzusehen, über eine solche Anschauung ist wohl kaum
mehr ein Wort zu verlieren; ja die Behauptung, dass der Genuss
von kaltem Wasser, um dies auf Körperwärme zu bringen, eher
Fettansatz verhindernd zu wirken vermöge, ist nicht a priori von
der Hand zu weisen. Ueberall wo Hand in Hand mit der Redu-
cirung der Flüssigkeitsapfnahme eine Körpergewichtsabnahmo er¬
folgte, ist diese letztere vielmehr darin zu suchen, dass Personen,
w r elche gewohnt sind, während des Essens zu trinken, bei Be¬
schränkung des Wassergenusses einen Theil des Appetites ein-
büssen und dadurch viel weniger gemessen. Mit anderen Worten,
alle diätischen Maassregeln laufen darauf hinaus, sei es, dass die
Gesammtmenge reducirt oder nur ein Theil derselben, insbesondere
die Kohlehydrate oder Fette beschränkt werden, die Nahrungsauf¬
nahme in gewisse, enge Grenzen zu bringen. Ehe ich das Kapitel
über den Einfluss sowie die Gefahren der Diät vollständig zum
Abschlüsse bringe, wende ich mich zur zweiten Behandlungsart
des Fettherzens, das ist die:
Mechanische Behandlung. Es wurde schon ausgeführt,
wie Stokes darauf hinwies, dass Fettsüchtige durch Bergsteigen
ihre dyspnoischen Beschwerden verlieren können. Man hat geglaubt
auf Grund dieser Erfahrung, in körperlichen Ueberanstrengungen
ein Mittel zu haben, welcho durch Steigerung des ganzen Stoff¬
wechsels imstande seien, nicht nur der Neubildung von Fett zu
steuern, sondern auch das Fettherz selbst wirksam zu bekämpfen.
Wettrennen, Rudern und Turnen bis zum Uebermaass waren die
nächsten Vorschriften, welche man häufig auch ärztlicherseits gab.
Dieselben wurden aber bald wieder verlassen. Oertel empfahl
ganz besonders das Bergsteigen, und zwar in seinen bekannten
Abstufungen. Die Gefahren, welcho sich hierbei herausbilden
können, sind genügend geschildert, sodass unsere medicinischo
Wissenschaft über diesen Punkt heutzutage vollständig im Klaren
sein dürfte.
Die von Zander empfohlene Maschinengymnastik hat den
Nachtheil, dass deren Verwendung an Ort und Zeit gebunden ist,
der Betrieb einer solchen Anstalt ein verhältnissmässig grosses
Kapital voraussetzt und dadurch nur in Städten mit genügend
einschlägigem Kranken material verwendet werden kann. Stete
ärztliche Controlle ist auch bei solcher Apparatgymnastik eine
Conditio sine qua non.
Meines Bruders und meine Methode kann sowohl in der
Form der Widerstands- wie Selbsthemmungsgyranastik überall
zur Anwendung gelangen. Was die erstere anlangt, so kann im
Nothfalle jedes Familienmitglied zu oinem brauchbaren Gymnasien
herangebildet werden, und durch die letztgenannte Art ist der
Fettherzleidende sogar imstande, jeden Augenblick seine Herz-
i) Carl Dapper, Ueber den Stoffwechsel bei Entfettungscurcn.
Zeitschr. f. klm. Med. Bd. XXIII.
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dein Will üiv !Hi>i> llim me■ Iwm.K Imsummes b(d.<„reft, dar? mdo zu
janp- feiim-bUnfe oiuo zu Marko CvnmüvAtmv dm- BaiUln-stund-
theik, i'enjto Hi»’ Varv* pdun^ weitem käitm- oder warmer IVnnpora-
turou r-MVüjf zu mehlen sowiedass mue ^Mip' fhzt.lieUA ( onfndjr.
mtthvcpnitte KU ialls uiöJÄ ■ AIKsnKükp iiumqlmvM Art ßi‘h m-
mwlfe« smjhm.
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nm?f-w»m Mt drüoei’ ni* h un~ dm Fruiw an?' Sind \ui uuPnido,
pu Vet MiW&t ftilj* nNA imdebwuHirr CmupItöiHmrocTJ adrr *'U\ *i*
» 4 eil c i.rp-v hiilini-«■ beiden vurliepm, wi mit pmwm oder
\ ihe4tydbihfei^bluipzVi iuVd ikylföjf HtRalfrtnr ahsv,t<subl,
•Wtdrhv tu dar einen oder umieretf dev pumnrdim Meüiodv-u lic'pcw f ■
IWh un^ntui hoUifeeo H{a?;dpnüM tlur und :»ut
Grund nunner euo-smit felelo oipeu femuhr mh, dnow Kran'** m
n.jaiwndcm Sinne bemn würfen /m kommt. T>h Krfeltfe, wekhe
man bei röbrntro mul .jHpviutfrWInn Iudtyufiuui dmv.b A hmupruinfe-
i. jnvtt aRtir Art- r;t*;;3id Ir«, \ diiidnd Intcht- dcui ü ludiu>w ürWurk^ij,
di dur ICmludiijUty Krih.-.t f!u> ilciikrJrrripjpäu dml lH-ssf-ü
^onr}iy'-.uu» MKrukUijgf Avd> t ii<» Ooiiiiirmi. «vrltdtv man m-.Imu frlilW
■,V.rit% ivis* - 'iiiuljf' ^dü'u^r.l.m.inr-v und'
ijlimor -wirdifj'.kimuD' matt hfrißtU 'PrtKrirUlku wii.lirund tuid
■Kur/r ./j.'.ir iuub dür- KoMcMiUi^ncOf «iyK \wdjL ja ^;;Oxr.
^ginut fidtiu-.ii ' \ViV h;ttt,dh>r üh<*rs;dt rnur. Itft nitirrti dit* /\jt-
IdUja-O /Al den'}, wus liiail V'r-(*in6d«V>'l WUtlby üliiiflu-h, tlatjj? ndi/d(>Ui
alK^nu-mt rt Mt- ,ju« n MtirkflMi.wurtd «.dutv^j, dnß \ aur .aar
i>rt-lTm’ uptt t'i'lUdmduiMuhKUT^' tätn« D'^mouaildiL du?.
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und dmtiH’dt Uma fdlrdaüuu das- iWzaps Jhd ftiioo '1ir« f n v/VrilfVli-'
liclifn i'olyiu'!srbatutiUyy-f» cdT jU‘*Ju iii*i iranln, di»" *ln»>n ra’bUy^sli«*)}
auf tiit'v» W*d«<‘ iiact iötuJ^n \'asg&wj; uornK>;didc
.\;n:h <Mn., CVUK. io-li ynsfln.-ti Hu»•*-, HaUaid/- u*ir;u‘ WKlM-schtdiili»ir,
»las.- (hn'ulV Hplcdt»; ►!;;» k»- »»jid aase hu AJtinavp-riut^t-un-iU liiircrlr
Id sr>r:i:li-v» } iirnS. unddrü i«v'ji , pörih’'jn.- V ubc-.i’iJ mk t.raijyimpui' *k» i Vrp.
br-i’K.lmtlvudrn audir Stdindmi aK .Nntat-n ^odiiltvt ivurdu. JedöidAily'
dldidkü aoläiit» Fd'iii'tS.iudrsem'aj.t dt dar -V-uI» \ abR»''vIaiur l’’tdi--
htdAftrpFikUH tduc' vurderdijnltf*. flullü Atlnn wir vör- -
•nln'ffan. vit i li -i In»»» idifjt Itcti.oüi. halm, yii (miM-Iih« .Ui;*
1 {cV/.H-jlVÜRou-' d‘- f . F«*it-«»1riijveti — iijjfl di; jmiiu ;()tdrt|VtXdu v it. ;m -
liidd, iiMjyldiird tdno A/flÄstd! * in Nauhai»/’- «tay(»'fi Am »Dm*!*- •
/.«•i’fi kyim j* ‘ rf<*ri in l. iril; uh ic da» ;u?v|j.
Spnr vnö foiifötiuni? fefcu.Hdutieü b\\ lut im Fiifla p«uUc* id- and io
. iku: lätziäii ,'lnhrcM in. si.c*f.s, mittler Zahl ^«s-oluni,. d‘d vvnleUälv'-
v übi-arid; dt'r Iklnuud'.ui^dauer tß*uh niuy \mton? (inrudiis’/muthtuo
~W- d?taiarijkm; <v?u. hi ifiu.ar iU 7i, Uuf»»r ?r*.i ■mUv nndareui ni^dt
i?an// hu! Hm» vap mir Ut-^dtHdltefWii ParaUeli'nlt ^um
F:ili(\ CltM’lfl, ->ki lvndK'diulioMf im« i'ddtkMn hiimowinsun, W\
eine rddlfnuii^.-uv die d.-M» n-ndMn Br>c h\\ »jitlna vi*r-
/«'liiifmndri. liaf fc«. ]jm* i;,drMtlViitlM iVd-iont ycirlnr duhH
•Htn'ly Bktkr und nivlsst v;v JmWOüdui.vr, Ht-win djn; vnn aus iuu )i- ki'
nn>b irji \ oj'u« Midirii'itmc UiM, fndot h <dmu >hh\
yu;nriavtf*i! V.» _r:-*iU'}\ niimr UnHctt-iirtU'. «tdnr« ^imuMiulinn; Il{-
ttV-Mi diT-.. ' ■ "
Hci dk^t. 1 } wi»' lud »i'mJorPti (.kk/iortimitAu hnfifj. ic-lv »Urnu^ flftf*
merksam a-Mns-dd, dass an tu au? sc* lo ha Weise, das tjet'g ?;n -kHU\
TiutM! vcj tmip jn du*fi. ns ms M'wskolm'asüO ^‘ewivim»n la»Tin, vjidleirbl
»lass- eiu '1 Itfä!. lirt; KeUt»-'. du» - *dr Hilf Kalrj^efczl. H‘U‘(h
“hne da:-, mm rms'dtifva feitkHunp, ~d«tüiudinimi diuudn Su
r»*n lu* i»’lt !ii«‘t /wriSfri-n i-m fe.fe< nro-u he» um, u»vh he ik»tiMufcon
iMdwtnmuton, 4m mu-h dma»a»f l'mdfefa AutVns^niiy ( unz\vmf<dhalV
ati ladthery, ]d;trri.
k aD \- tiaaiöja^ttJi' JM. Iv..- w»- H., Tt4 .Tyhra *ilt.. hßi eiuuV - Khrnojv
¥j$ß Vmi f(5l> r-lficj .vnt i»i»i fenfet lfvan 182 PAuivl hat vm-
'/„-a dmv’lv Bta-^t'sari't: fefvuiutdmBsüifuntn'a «IW Art i;&lröirt>ncn,
wir J-Urzk.]tt|rfVrti, Ovinhl alkmumiriftf Sdnvfelje> i>ie. ^wiena
d‘»: MiUvie. von w? ^.tnUd, Dfeitrn^-. hud-ett:' Cot adiyustUin
w/tncXeiied htaar. l)ilatatio v?ßtrkuioruon nuifertnu pruc^ipmj ventn-Mth
eordis kmktK Deu Kr folg der ^mhinirt^n Bacle^ und gunmiaUstdtou
Immlkuig- 'S m- vor :>l!t*ui tm«*l\ die tbrekto L-nriSiX'*- ICinwiVkuaa der Witkr-
2»Ht Cfmitm Es hesUdtf. llory.Vlopkn, KttrtMirkujigliipjt. Oodeitni pedftm.
j)ib Von t'Yid. v. d uranfisen sowie .aueli von mir j.«vsU«JI{*t di:ujnos-:
hatjcdf; Cor ndiposiun, Uikkdiö »mrdU. AmpuSktja tn R vtirm>iis *3f^gj
moluavdvIteTdlieiixu' JBhlnöidluug rnAtede • AVdder^l4Tukgyiuita>;tk.
mitssism: Bnvyei.;uo>;' In JVischVrr Liifi. cior o.nv&hnien i.htU- f(li Iferz.loidniiiir
ist- das Kdrpttruew'itdrl l!Hi Pluiid 47.‘» Grunji},*.-.-. C>*r AMdij^n 'ieWfei^:
Wlusd ilnfec lorlfelicii ;utl dn> Vorschwitttfeii. A < Uydmfe vte/je.katt&y
^.du. da »ioH « ieduni m den Bornen ^oikt ilndfe versriiwuridoO ist - tuvi -hu
id.H-e.n (Jt-vr T mit ti'hsoliii ir.ietttnivtti Bvnndatt in dto jleimaih ?n:-:trk-
Xefifu*. SMcb ni)u}f vor kuv/Ufr Xcit «idudtonna Niielirielii ffUtll sich iWiwt«
volU4Un4i \vi>kb
Aus dom \d>rgotu'acJittai fi'eht ujirwMifeiuaAe?-tü hervor,
dass dip kd,reffenden piitiewidh mit yami uobodoufctojdeui, jji, ökö.;»
Ifere.ud v elt‘!ie!i < M »-rlys*. äik- 1»» s»d» >\’e} iVn doraH vi rJ.i.v.,
Anss -.in Moli firor ulfiil mehr vm* (ksumjon uni^'L'hiudcin, ich wd!
umd. nudd vorsüdomu, daiOui ntiüu* rfenm v.w mdehrn, .kn.
nehn grosse Meitze Von Aieesxdu.'if be« tingr:lionc»’aii l 1 ötfealrda
und teufe kr’ilBiim»» H.erzinttskd äat\ie »m müh kn lU*i'Äj'mi».tien ein?
!!.;., ili'.v j‘j rnutldarlo-ii ?md etwasxdnU UMW'O Ath.-m llidlu imeefe.s
tn-h»'u ioh-r Stei^ru ^iu'eü \välnvml ein and.em Tleoi d u v ; ii-..
iendMiiehta} liwin-deu iii der >' li'Wfji lliiüe, dve ik'a’XümskaK Itli
stodten Hahni. Hautty soir.ir di«-- i>iia(uthm innrfei imAe
xsrd^wi pud trul ntropkkohe ^UhiUddk «4 h& Uoismiit'kois xurutdi*
führet«,
Ei'ot Tinraj. wenn cte Tiort mieden ptü. v kiHlUg. ^iwoiden id
und ,U\ reiner fkiueriotistditdii ikfedisieh itii'hi. oder kaurn von fdmvto
nonlum’u üt'-»7«*n n?itets<'h«*id ,, l. sofite dar; \ eistodi e?t.?:r Kii'tetnt! v.-
nir peviiet vvof-deji. Alidir äiioh hier soHje die Ch’Aviuht-Fkhttatuito
sterr tun' Iuuü.-htu. und nutv um Ittn-ftit in .Ah^tzon. -uh i- O-
sddven. oin zum K«ii|«f »‘l;»‘V‘ i» hi i»;r«)SS'-rer, jn-*f iMihmlK« >».*.• Verlad
a;u>y: 'vornmafefi Wto diMM die COUtl'tdltl Suds j'itifc J iitlio V*.o. \l
uüd T-her Reifens dos Arztps sloitftnMfM!. Tmapfarit-in’-
sl id,MM‘.OO^t,U UlÜr-Oii ULii > »’ -dien 1 »r.-Mn-h 0 Ot>;p."-ld0-H.«-Jl *'*>- 1, '
und WO »{«;•{ uiuo KrartnOnahnte «los Herwne f»d»‘J d-n Oipaidtioi-
.'v ife , muss Söiaid. doll fiel' i'Jdd'Ü iH t e' .tofpdonfe iii eieil »ih.fe'
»»Dm XImIhh R(kpwl’Mewu-h< szunalitnu üUp^fcrt-ht w^rtku Dom 5 Jö#/
vfefet* d'iui v '1k , l>ltQ0it nütrti siarki<iiT A Jkttfed^emtss; d?jri «dr?dis»c
Wo- .*>:•• a-i'o.s:-.«‘n liuiu^'liakrit umhrir« h-.i vynodyn Ahissija'- rd-
rveyfieeat; . in trh'«.h» r L'jtt svaHei! SK U stets nüPliidl örnn^t.
diosr-HifU) diirli.oij jrilmdi ei-st am rhnle »ler Iddioodlnae za ik'ii;-
VifiaVeOitfflE^
Tall \ I’
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ufuvVim ••>•
T e' JhIU’C all, luil- hot K&irtor An’*
^ e?a. diüi l>Hwi*dU VOR WXi PfnWl
jp|| ipf .. J.
^ntß ^dhtvmdkUt^ d*\s lloiv.inn^keU* horWißdirt, und mVKt suorr.
ieh pkwleZü 1 .fenpnuk liiordmroli onl,sjphct\ fKhnn {iie ifeÄö
\VifevU *’utj* xmU, wie wir aus neueren ‘ physiolr>psrlmn IjD fer-
dLhdviinXtdj w'psüii, dom KdvpfU' ciuo jccdassülu; Rhv'efe^üo»^,i; : . hi
;Uttdi* h**e Weise Imin* od» pavefdsdte (Itdu'iar.s^eü^oiU'iM 1 sosrit
*edes«, mul fdehl Xonux fei dia-vor zu wuntom die feiUeotm dsieü
KUettten sD-oti vs ent hu Ich zu woHen llit-r wi^: d»n
werden (He Gd'fäfm-ii dm: Arzt bald von einer sololna B;dmnd;afe--
aocdlKido ah^f^Kroekou. ihd uliproh P erst tuen kimiml nc‘di Ihoam
.. dass:, imi oidchtui 8tliwto hmtomtreit eil weit«r»'- V/pmant *m de-
liipi«!?* Ztmühmet diu .Artoeiü^kteVurH-. tn/wcymuir 'wird, wodüli hdzfr.jo
«li‘3 idyfoliKM! dano loroli weirtir uriidji«.
Aus der hishenu'Mi ^eltilriornip- w«'r*U*n Sie .inlueiL ’l'-' 1
huhfiu, dass wir >*ol« Jt , iuyr-'-'dVtird/e Vhilo>,ke am li lau *** f * !, J ,K! *
durh*n, sujiderjt daös dort h Am* 41 ^ 53 Aifc't-he Ihduiudom?
mit Hü Üb vrni IHukum und Uj-m-mvAdfe 1 xed>ivl\iip'u
■Ui Hl (k ( L.UÜ **2 ft «' » •. • ‘ . - ' -dMirl.ili u’t.ii"
Bcu’psHdp'fi^ filier^updmii Kalbte Mlfdol gOnup hr^ilzuit, um j*ß u
lur« h :ito ve-xrhir.femui l’lu-tuen «h ] r Vt-.Ü.erzt*u:.- lo-w-o-;.: •rnisfris
Bewfev Redoüi dnd Udl'afi Wn Xh V/oiee MdUupttf' 1 * u
»Hesnm Sinne hnte o-h die tuiputdim ^hU*<*»lvlj.n-nri>-irrH »aiRuewn-
mdmmu 7M su'dlnu . ,
i. fi'n i feit u u«r -> u rt »n soiifi-j« sCms in dnr Tor-oioicM-fe
ei eti W• *iK«■ an^'tt.At.o01 vvoi iltM), cimi zwar, not hot htp'm -
iieUon Individuen von normaler BlutliuSeiialienhoit. ul!t
krafelpn MuskuiRhHs *
‘2, Jede 7U si arlie oder zu ffiwiH- li'i*wii.nC-.u , ö" l! ‘ , ‘|
dePKOy|p r a sollte, tiit sie von «d ei fei r ? . it tno: ?s j le-i—?«'•
kann, vermieden weeejt-n p - ■''
3. AiI g emoino.rkr«■»kMtifen, h«■■ n\ 1 v • Krsei•« >«*«n^ v 'jj\ L ‘_
bfefrem. we-DÄSf ens im Anfänge der ifeh» »«'!■)«»na d !i -**■'''
hbp^önk. £u\i Iriiiiulienlianan Mir eiud E-iiU'lvfct-u n^sotli.
4. i n rinne ai OKZen Zahl v on feUJan ilixvtm-ivh 1 *v J
ho»*?. Ulme .Ji*«alit’bf> t i o v; ivi« < h,i im uh m« mit eyüirs lipott io
iotjire l>nb an de] n. . ,. . ,
d. (M«> d iä t.aili«(’ h -m oo ji an fee he Bnhn'n »i liJ Pö T v 135 ’* J '
d:o;r ul len j>n d ero;u t.h t? rajic.» t.t Usdhou . Ma äi>^iry-h;nibu . u* V
V<>rZii;J.
12. Juli.
J1EUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHIUFT.
VII. Aus dem hygienischen Institut in Königsberg i. Pr.
Ueber die Desinfectionskraft der Sozojodol-
säure und verschiedener ihrer Salze gegen¬
über dem Löffler’schen Diphtheriebacillus.
Von Dr. Arthur Driier.
(Schluss aus No. 27.)
In ganz derselben Weise wie bei dem oben beschriebenen Versuch
verfuhr ich bei den zwei folgenden; nur feuchtete ich in dem einen Falle
die mit den verschiedenen Medien bestreuten Diphtherieagarculturou mit
sterilem Wasser und in dem zweiten Falle mit sterilem (durch ein Cham¬
berlandfilter gepresstem) Speichel an.
Die Resultate sind aus den beiden folgenden Tabellen ersichtlich:
Tabelle IIIB. Anwendung eines festen Nährbodens (Culturen mit
den Präparaten bestreut und mit sterilem Wasser befeuchtet).
Dauer
der Ein¬
wirkung
Acid.
soz.
Natr.
soz.
| Kal. soz.
I
Zinc.
soz.
! ,"y-
j drarg. ,
I soz. j
1
Sand j Controlle
V 2 Stunde
steril
Wachs-
1 Wachs-
Wachs-
j steril |
Wachs- Wachs-
1
thum
' thum
| thum
1 1
tlmm thum
0
steril
steril
..
3 !
j
I V
7 *
” 1
" 1
*
" i
:: 1 :
Tabelle III C. Anwendung eines festen Nährbodens (Culturen mit
Auch hei diesen beiden Untersuchungen führte ich die oben er¬
wähnten Controllversuche aus, und zwar mit dem gleichen Erfolge.
Es zeigten sich nun bei den in Tabelle IIIB und IIIC wieder¬
gegebenen Versuchen schlechtere Resultate der Sozojodol Wirkungen als
hei dem in Tabelle IIIA wiedergegebenen. Dies kann wohl nur daher
rühren, dass durch das Beträufeln mit Wasser resp. Speichel ein Theil
der auf die Culturen gestreuten Desinficientien herabgespült wurde, so
dass die Culturen nur von einer verdünnten desinficirenden Lösung um¬
spült wurden, während sie vorher von den eoncentrirten Präparaten, die
sich ja bei der Berührung der Agarflache auch allmählich lösten, bedeckt
wurden.
Dass die Resultate dor Tabelle III C noch schlechter waren als die
der Tabelle IIIB. kann ich mir nur dadurch erklären, dass entweder die
Sozojodolpraparate im Speichel weniger als im Wasser zur Lösung kamen,
sondern theilweiso ungelöst von den Culturen fortgeschwemmt wurden,
oder dass die Diphtheriebacillen unter dem Einfluss des Speichels den
Desinficientien grösseren Widerstand entgegensetzen konnten.
Jedenfalls zeigte es sich auch bei diesem Versuche mit einem festen
Nährboden, dass — in Uebereinstimmung mit den in Tabelle I und II
wiedergegebenen Resultaten — das Kalium soz. das bei weitem am
schwächsten wirkende Sozojodolpräparat sei, so dass es für die Praxis —
wenigstens was die Behandlung der Diphtherie betrifft — wohl kaum in
betracht zu ziehen ist. Am promptesten — allerdings in einer für die
1 raxis nicht anwendbaren Concentration angewandt — wirkte Hydrarg.
soz., demnächst Acid., dann Zinc. und schliesslich das Natriumsalz.
Lm festzustellen, wie weit ich mit dem Zusatz des am stärksten
wirkenden Sozojodolsalzes. nämlich der Quecksilberverbindung, herabgehen
könnte, um doch noch eine genügende desinficirende Wirkung desselben
zu erzielen verfuhr ich folgendermaassen:
Sechs Bouillougläschen ä 10 ccm Inhalt wurden mit je drei Oesen
JT^r 24 Stunden alten Diphtheriebouillonreincultur geimpft, während
-4 Stunden bei Brüttemperatur gehalten und darauf der Einwirkung ver¬
schieden starker Sozojodolquecksilberlösungen ausgesetzt. Die Art und
Menge des Zusatzes ist aus folgender Tabelle ersichtlich;
Tabelle IV.
No.
Zugesetz tg
Menge
Gehalt der Lösung
an Hg. soz.
Resultirendcs Verhültniss
zwisch. Hg. soz. u. Bouillon
Vio ccm
Co n-
7»°o 1
1:20 000
1 % .
1 :10 000
1 % !
1: 5 000
2 %
1: 1000
2 %
1: 500
troll- |
glas.
Diese sechs Roagensglüschen wurden in den Brutschrank gestellt.
Noch 5, 10, 15, 30, 00 und 120 Minuten wurden ihnen Proben —
»nd zwar je drei Oesen — entnommen, welche wiederum in Bouillou-
583
röhrchen übertragen und einer Temperatur von 37-38° C aus-esetzt
wurden. Schon nach 24 Stunden zeigte sich in einzelnen Gläschen
ziemlich reichliches Wachsthum von Diphthericbacillen, während die meisten
Lrlaschen stenl gebheben waren.
Dieses Resultat, welches folgende Tabelle wiedergiebt, änderte sich
auch wahrend der nächsten sechs Tage nicht.
Tabolle V.
Dauer
dor
Einwirkung
1 :20 000
1:10 000
1:5000
1: 1000
1:500
Controlle
5 Min.
10 „
Wachs¬
thum
steril
steril
steril
steril
Wachs¬
thum
1*J ,,
30 „
60 .,
120
steril
”
1
1
M 1
*'*«-** ^ utuuttwiuiugszBii vuu secus lagen wurden die steril ge¬
bliebenen Bouillongläschen mit Diphtheriebacillen geimpft, worauf in allen
reichliches Wachsthum derselben eintrat, ein Beweis dafür, dass nicht
etwa ein hinüborgebrachtes Zuviel des Desinficiens entwicklungshemmend
gewirkt habe. ö
Dieser Versuch zeigte also die enorme Desinfectionskraft desSozojodol-
ksilbers, von welchem der Zusatz von Vioooo Theil srenüete. um eine
Dauer
der Ein¬
wirkung
Acid.
soz.
Natr.
soz.
Kal. soz.
! Zinc. q ,
I soz. ,drar »* Sand
! ! soz - 1
r
Controlle
1 j Stande
1 -
2
3 I
7 „
Wachs¬
te um
steril
Wachs¬
thum
j Wachs¬
thum
>• 1
Wachs- steril Wachs¬
thum ‘ ' thum
steril .. '
l ;;
Wachs¬
thum
vjuwjiijuuöis, VUU weiuuum uer Ziusaiz von 710000 1 U 01 I genügt
vollentwickelte Diphtheriebouillonreincultur in fünf Minuten abzutödtem
Ja die Hälfte davon reichte schon aus, um eine solche Cultur in einer
Stunde zu vernichten. Es ist die Desinfectionskraft des Sozojodolqueck-
silbers in der That — wie aus folgendem Versuch hervorgeht — voll¬
kommen gleich der des Sublimats, bisher unseres stärksten in der Praxis
ansre wand ten Desin feet.i rmem;t.t a! q
«vu.iüuu U-üi VICÖ UUUlUUiUS)
angewandten Desinfectionsmittels.
Ich ffrüfte die Desinfectionskraft des Sublimats gegenüber den
Diphtheriebacillen in genau der gleichen Weise, wie im vorher erwähnten
Versuch mit Sozojodolquecksilber.
Die Resultate, welche die folgende Tabelle wiedergiebt, gleichen,
wio schon gesagt, vollkommen den mit dem Hydrarg. soz. erlangten.
___ Tabelle VI.
Dauer
der
Einwirkung
1:20 000
1 :10 000
1:5000
1:1000
1:500
Controlle
5 Min.
10 „
15
Wachs¬
thum
steril
steril
steril
steril
Wachs¬
thum
”
«
30 ..
sehr geriug.
”
W aebsthum
•«
M
00 .. !
steril j
120
|
••
Löffler (Deutsche med. Wochensehr. 1891, No. 10) prüfte neben
vielen anderen Desinfektionsmitteln auch das Sublimat bezüglich seiner
Einwirkung auf den Diphtheriebacillus und kam auch zu sehr günstigen
Resultaten. Seine Versuchsanordnung war allerdings eine andere als die
von mir gewählte, da er von der Voraussetzung ausgehend, das Desinficiens
müsse als Gurgelwasser mit den erkrankten Schleimhäuten in Berührung
gebraeJit werden, seine Versuche in der Weise anstellto, dass er die Ober-
ilüche in Reagensgläschen schräg erstarrten Serums mit Diphtheriebacillen
impfte, dann sofort verschieden starke Sublimatlösungen für kurze Zeit
auf die Keime einwirken liess und sie dann abgoss. Er fand dabei, dass
Sublimatlösungen von 1:10000 bei momentaner Einwirkung alle auf
der Oberfläche des Serums befindlichen Diphtheriekeime vernichtete, ja
dass sogar bei einer Verdünnung von 1:20000 nur sehr wenig Keime
intact blieben.
Wesentlich geringer war die Einwirkung des Sublimats .auf vollent¬
wickelte Culturen. Eine Lösung von 1:2000 hatte bei einer 20 Secunden
dauernden Einwirkung noch nicht bis zu den in den tieferen Schichten
der Culturen befindlichen Bacillen einzudringen vermocht. Bei der ein¬
maligen 20 Secunden dauernden Einwirkung einer Lösung von 1:1000
waren aber nahezu alle Keime vernichtet, hfoch stärkere Lösungen Hessen
auch nicht einen einzigen Keim mehr zur Entwickelung gelangen.
Es ist als höchst wahrscheinlich anzunehmen, dass das Hydrarg.
soz., in einer der Löffler’schen analogen Methode angewandt, auch die¬
selben Resultate ergeben hätte wie das SubHmat, da dio Einwirkung
beider Präparate auf vollentwickelte Bouillonculturen auch die gleiche ist.
Die Verwendung derartig starker Lösungen von Quecksilberpräparaten
wie SubHmat und Sozojodolquecksilber als Gurgelwasser ist aber zu ge¬
fährlich, weil leicht grössere Mengen der Lösungen verschluckt werdon
können. Schwache Lösungen aber schaffen hoi der kurzen Dauer ihrer
Einwirkung auf die diphtherischen Membranen während des Gurgelactes
keinen Nutzen. Ferner ist die Verwendung eines Medicamentes in der
Form von Gurgolw’asser bei kleinen Kindern nicht möglich.
Alle diese Uebclstände werden vermieden, wenn das Medicament in
Pulverform auf die erkrankten Schleimhautpartieen mittels eines langen
Rohres oder Pulverbläsers gebracht wird. Nämlich:
1. wird alsdann nur ein kleines Quantum des Medicamentes verwandt,
2. wird dasselbe direkt auf die erkrankte Stello gebracht und löst
sich nur allmählich im Speichel,
3. bleibt es daselbst längere Zeit vermöge seiner Haftbarkeit liegen
und wird ausserdem noch durch die Würgbewegungen, welche meistens
durch derartige Einblasungen hervorgerufen werden, in die Lammen der
Tonsillen und in die Vertiefungen der Rachenschleimhaut liineingeluacht.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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('jji jiijD 7 ii .-i* In si, oh die. > S<)/,()j.:iin!'rin{; / .t- bei ilU-r?.’'. A-kwefuJuni; MX.
iSiuldaWumrt in die Kydnl4«0ii)n olwa . unimgvneium* Hmvrsrfuiiiiutigyu;
Ic-rim-inf.-u. mikdiU-* \d 1 mir öclbsv EbibhiMiugwn der vcrsrbinh-m-u Sülze
in'die ktvvhenhkhho. um! zwuk hostniihtr ich. . ih-bmi ich. imeh isu feppg
conlJviHrou vnriKM;3rtli'«:!j dieTonsilbm und das (Hoiiiuusegel m-hst l’vula.
leb hniiieiur. mich dabei der ei-hon erwähnten sdüi Suznuwhdpr.-iparafr
in VsHüudurg ?ni! Sn|i' pr.u «dp.. indem- Eh eile Prap-irnU- -mit A UHialnm*
«W ^(muksiliWr^ö^i*?. .mit- Siilf. %mmi\). ima anwmuiUu dieses Ft./tere aber
in fflfefcnder. Zns-iriujüousetJMhjip:
Ifydra/r> 3 ö.b>
Kan*, rhlm-ot una 1.0 .
SnltVpmeeip. f«V b(Uk \ / ;•• •
lionZushR von itftlmiatnanf vaiiflfcnjölriyi, um nlqV<>-cb t -.
Albm- iui r.'pviulicl IbslHÜHU -zu unnde-u.
J.'>vi <!'-r Anwendung -atme- dieser J-b’iijutVaJ.»'. Habe. iüi ntrunds ia^ontimc
Höi*Mvn-}ifd!mhgr»t beobacht An kOnmiU. Nur Wfi den. lud tut) ftÖP ?ä "Willst-
h'eweginigon m üub’.-«. tim'i uvm- i,> Miinii ■Iimii w'im in uu KmhJ.iswi
m--. b<ev<*{Vmn>u l'uivi*m /iemliii. viel davon' nut‘ dir hinleve !'lini-_Viixvva.imi
."t-Uniil war ' / _
[rn Uhru'"ii i'K‘f die Applicr»!u?u der. vmsehiedriieo Pulver an! die
ul^nnAklciinlttint- mir «Iminnigen Kqtettptfhnmmgffft hervor. öw.k$# ain h
beim l'.jj!t).i ? -fi Pulver :.i (lim Na^mhiUik* nut'h’i fern rditidiel'i
vfm-mniiru* •Soerefwm aus der A f 0»o;nsgbl»wibb»nV Niesen. ‘ Thnincivseereiini)
i«}Vd bi t. tr'U'Tiliciit !' Ei.nhmsimy; .nuili St .fimsdimt-tPS'.fUi,
'irgend v,»-/■Pma-h werden Arm Seiten dm !pU*sUnallrmd üs Imin'
'.eh iturrh (in:-! VcR< hlu«-K« u dim'-r Limiiim .* mg« HduhK-u Mengen ni' hi
g- hiibU K/i. mm» aiiuk von $<**•*?• Seiln ckr Anwendung dt. 1 »' ;Sozojod«d.-
piüpnnm nichts im \\ * vf* -fall'.
Jummrliiii «mn-btr ich vmibili- nur zur Anwendung . thm Nulr.
inltj zvrnr nicht- in dt»r krvytRlflnknfnsü, sa’mkärir hi dnv putYori^iftmn Form,
n»lhuh, '•)’! JifMLt M? t;l I, ö:(’■?•' S!.‘0»sf in
m>J? p»o di.-i bumt'hj'N .m-niuuüioi) nicht, m hmm/t ^S< 1» \\':u t, imm uc
lif.-ilico^ihi.mik.miuijnm. iWtb H<>. 7s. DicMUs kann also am I- uu M-ru-u. nt-
.in--f*v'i'in]*u, w.n.'h'u.
% i*t /.\\;tr iiiuvh Ful.hr ji'a M V'nrsm ha nrAic^i n ör.rnJ UniMn
u.» ■;•!'.'< !-.:uSa. Mi mm im h (bH'-K-il}>i'tva(v.-- \<>i,i Mf^m on».
'.‘iitiuii, H m mm m i v rt!H m-bi u Tum- hrnf.mmuunlm O.f) pn« t{ic
;ürU- •-■ V’.'im- Wühl ÜläHeilt. daraus, ans die Uu^ttDlvrlidikeit (im .M'ju*'•!;-:
au.F 1 mm intcnier AiUvnmj'uiif W*i .Mnuashm >'« sehUmssu.
i'-h m?- mUiicn Tlno'l lau. .ii!e! dia.'(< iHiereeimi., «i:i^ man <)i»h Uyilrarn.
*ovm wdeiias ,ja <>:.tsu»i in sirnki’U \'mdt'nmituu'ri» kraf'tm ilnSiuilcireinl
Wirkk mit. dnm^ihnn lüw.'ht Uml auch ifjit dumsHhcfi Vorlnuirjn mH ffo&te
Ufu-mahi isdikmf in .ihm ironaunf«sr üni-.m-uti-nli.-n als FhIvh* i»m t Hjihllmrif
iw\vmidcJi vhu-C 'mit v.-hl«dünn man dar wvi>iipsniio!! rrift-iyarn. .mler doxdv
mimh sirHs .-‘htjuso trifi tjLU; ^-nhls-mat'. in Htirt'oiuu^pn nun Fiiisidungeu hm
«Umm- Krankheit imweHdeu .
-Sedenhdl^ ist. mi lokaler IhilMialii'ue de;* Diphthorm ^ und auf
dn-M sind wir vufUuiJn! »loch rui'-h aneewiesim — <{ie ATiv.iniduit^ nuivm-
lornvigm*, de^UifiCamutdee ÜVle«i><‘:myuiie am' 1 -vui-hei' ervtiijutteu Frhtvim \m
wrnion? iUrr iAnwendmih - tKVS:if§er MoiKmijitmi*. vorximiohm; und amer
;dlen himUm in HcV-racld kdimmmden pulverte «-mit«.- 1 » Ih.-si« f i«dm» tj im •fäjlmmii
Mmviier AUimun? nscli und «urh den .üe^ütmtML' ohitfm Veryudie Hie
voineFmljeh N.utiurn üml sozopidoneiUT!
tlie msle Steile, e.in.
Tc-h rndViiUv didiert du mir dh$ Krär.k'f.iimitferiyl zu [«mkiisvhen Vor-
sutdiiy/. inidcr ivioht zur■ Veri’il^nüij si.md.'. dntrh diifsv Arbeit, wemmd.em
Afii<miinV Z'f weUfiv:, derart%nu Veisuehm •äo^el^.n imbm, \v« b ; im —
,'W iidt ^Inuh«) -■rvvbt zut'nvdmsteUwtKl auslslbui w : nirden.
VIII. Oeffentliclies Sanitätsweseii.
'Cftb^L* <Ht* %rNr<rituiig TnT^kulose
Kiseftlmhn verkehr.
Väfi iV^iV W .. Pi-u us öi-Vz 'ja Gim,’*.
In «le» Arbeit oir ans dein KVtfip'rlu* hon Ges uüdhei isau>!. J'X.
ISIK], S Hl, h.H Pftferi ..VorBHolm hbm dm 'VwrkrJMlung
nttfdis kündet Kimdfbe'ruit. m^h^imdern def Tnhf*rknlt#^e, dvitrh den Fasftu-
h i ,?t 1 t ’ f ,fl 11 ‘ ’ f n d i ti za ( iu, ililahm \f v oirtm • t‘‘ ei
’dh nfaitsH. d. övrt Uniit-um Setiin r :s sf«n«n. ArbriieH. not. diws aut* * Jnimt
1 (Un ^ /HSnehu MoVs'eh!:!^ hbe/ «Jie ;.{>»]-.iiVvdm VvewoHhim^
dFh;f,i h tunf|en ftu - duij \ nrKv v {iiti«Ti i *iduujai der KisenifalitieM. au^erftVh&itei
wuoa.au. avtdr>h.e anr Zeit 0/^g«3\^nld der Ij/nvtigtirier snitna*; der tuußss-
^nbvinien H>*hhrfb^ji ;mwerden >ii\d.. : K “ ‘ -
Fn mm in der poijt.j-ur-hrn. 1 . «Ikwo- 'Fuferyneliimirnu v.ku.Wlmlf.
Wäm™ sm,] !,ß ^ wivv,m$d»-.ii bvtrethm.Ien A.ihikidn m miuelumm üt ?nr
f:- ? ‘ r * n verln-mmm^ Anr .liier »uv. ..njHit. m-emmcUm .|d )a 11mfur. t,r ;
fmbmn dtv krnm, wie beridht.nt wird, dtrsa VbrmmJm m
tinimtbmv für mn ,ams Fs-Arnent der. Fei n m ini e „nd }>e,
! n- H /' r { »fvWXXwvüz* ; j:idl)ön v ; ii;iltn wlt lnivh titi vcc-
jdin blH, naebimiis zu. dieser F?m>m da« AV'ovK -A\i m-irimleu
(Jeher die Voillrekim^ l'uWkiitüke a!rrck sl(m Pdrstmw^.vnrkoJie
aut |M«‘ i>babnrm sind von iWir »m AA f iiUrrK IHhJfj/jfO Vur*Aicfto ajur.^fulU
W.ird.m M »er «rlvin; mli im Arclnv für- Ilv^imo- iHvti, [hl Xll kuw*
No: 28
idit d«uu ÖFu’tum büü% tdn^elTtbrien Bacttrivn.
äntfrihmn. I/dt wlihith deshalb '/.uuMmt Wßeen, die einer
hiiutiövli 'intuvtiou. mit t.ij*»i'i’kittdsmn A|mtum sein nrnmueiv nnri
•/war die zwisdü*?] Ibe-Ho uml Meran laüre.iickm Dtn , c'Uftuu^f>N\m }.},»■
ulh.-in fMUi- direkt«? Fuhrt Kdm« Ümsfoiv'eu) zmsdim Nnj-d- mni ^nd-
denisebJund «nnrnyöits uml Mwnui nndrhrsiuis ^tjstal.ten -itad dsh^r K tivn.
bdis ?!iiu(ie vo.j imn-e-imkranknif bouutzt werden. Ich untmmmhi.' tim:
»ut dem T^uÄshiwIrü der (•r-upm sre^ummvltfin Htaulj nn i;u.1u«j.mi
«: les Novcral.mrn. -weil jmrnde. in diunnr Zeit dm Ftniget»U.r,th.ko)5 m wiinmme
Klinia eufeitsücheu pllegÄii.
Hrtt^ RbänttM wur rin |>vA2 nm/nvurtet und HihUn, hj« und)
»u iidemüoit) Bijhiuss rncinrr Arbeit bfn’ndui/rt: ,..Div. TliStv/sneilim^ hat.
fdsu «bts fidrüMludm Hm ul tat rfgvhen. de» Sihuh dor
tu welchen man am «dumfen <mu ms^wuh.ilfi w \ r .»rmm«l.‘ii>t*m vn« ‘hih.*!!»«-
baeillm lniUp vennuihm kbrnjen, zumnkt. divsm.'luimiiiöns'Hntl' -ri
hielt Nur iu dom oiu«m «h*r vier unterpm litim imd yuiuur Zeit tm l'.vr
h/tintOielu'ir VVtigmi, Wcldmr lUmiuüos nueh tuii langsam .äm' dimVj: Rmd**
kolauku war\ oaüiiolt dm Ktaul« ftüd durchweg TuhorkwllsacUhui. Oav
biüerS/iiie V-it-.Ul d' L' KffillÜnit tl‘*!* M»*elv«’.hW .Mm'bcU tiotz tl« » n l il •
sHo- grossen /er (mjdann verwamüeri Steebment;» fm-mu* d«ü; H■••>>»».({-
hei/ kann,
f\h. hahr- daher von «einer [''(vrtnvtzmib', dvr ur?pritiielidr rißl zabts
-.rmwbhr- in AuÄsieHt' ^üiidttriu'iu'Wfj. /noHutou tiir künmye
neubudtf. da- die uusg». l luh'fO>' U*»{or«uvl»uue, trotz ih/es Kj./iius
doeK Mr 'demUm bow’nkb, dnss «hu i/cwührtlirh«* Muiiuc deisKeiaiei.ni/ d;r
l'iiiM'ObrdinWagjin genügt, dt* -W:iu«?fi soweit tub*-f'-l>c l iha« ilb-afi't i -*.a hdi*i>
th».s:*- tan«' Gwinjirdung des Pnblikiims in ; dioser
er- hSnsvS! > i S iuie; ; *
|oe vo-ff A?ur itimge^jmoöheue Ansiciii wurde-nie-H rdJgeumn Kh/iditK
•j,uiite. ; I Jy ja - »fm - !/$ tiieh i: (.'irmf.Hb.er. woiv-he 'ofJcnhar''vtwgfs'ysrii. dk?» rl/.i
der o>d*eiui- Thei! aller Mvnsr hen an- Tuberkulose stjrbi, düs.** um sidir
•T’hvil nn i-iiüjiw* b-udr-t-um! tuherkulosos Sputum ruiswirft, da^-s m-m «Id«*r
mudl üu Qd&wu svulehr von Hibf>rkulü?rn Mopyehon fre<im*.uUrt. w/ojeu. i'm
^•U\«h -g'-dtu/r-htiieiv Tuberkcdh;o;ü'U«m ümlen muss, UoMmUu',: .dio» der -mü
mir gislührCc N r m - bwrF der B>udlb*u im Sfyulm der Ei^cajbnhawap/yi i»uHii
in omtuv-v \VdiüO gedbuiof werden kOant-oV
Es WAr leicht ndÜiiö. hbc; die ftontnug nnrnjer Befmuhi zu sirriten.
durch weil,:rv, \'■.«rsuoho komitc »mwic/oo werdoTi,- ob ounnc Amjiihti^
i’teh/tg vur. Dariu liegt ja gnrmio der grosse prukUsübu Wv/th »Er-iii-
dun Vctmtm köde-u Job m Im Um so gldckHdi gffi)r«li:it«nr Hitctevieio-i..
dass 'wir .jeder -Zeit den ims heksv.mf. gawrirfdenet»; I nle*>lioij-snrreg.vt'.«: in
ui^erer Ümget«m£ oadispimer* und onni-roHit^ß können, ob sie in eiinsr
fiU : uns götahrliebelt Menge, vurhaüumi, oh h-Eäö-ödereAf Aasyre^nHi
zu darer Vömiolitang nothwmidig yind. ;
ßei mmm.w firsten Versuoimreiim halte loh den Staub der Brrlm-
r AVagen wobrond ihres kurzen AufonthnHes is Manchen gi sonmm;.
und'■Apiite'r unternuriit ; dim wenn nnch. ypfirliehen poMtivim lir.fumle kontn*:«
duvoif hc£TlUii'<xa, dAös ko/s. vorher ein Phthisiker. jtc.Q Wagen TirtiaHr
. »«dl m" w ’
I: jj>i,, ; r).u)ira> : i[loiOuilHS >-;( «■,!■-, ,,i> wivülmlklu- HsittigimijsiilPÄiJs
*i sy-v« "-ir in i‘rtri> ArU ; .'l, ..,0 >mr .»'hwa,!,,' mm*-
»«tec Ä-0- (Mi .im JMl-i! rtr, .AüMidirin« nSi-W-r.
wefiv itlrtl ** RrsitoiiibS» tüh-sm, Afli.-rtSn lifcr kÄntw-ai.' ' '
spoblikiTms in dir*;?er Hiimiehi auKireSfhIoss«'u H^cbcmt“. tv-.htig IsA;.- . ,
Job habe desbullt im .h'omunir tKOl aus der grossoja Zahl' tief'vor- v*n»
Munebenio- Ceuii-aihahuhof uutWestHltHv ge reinig tu» 'Wagen^ sm - ,?t -
vebs'/Hien dscvo gittiz hel'mlng ^iu/.ehic lter*«\»ygesueU- imd -tlen
Id ObuiicF vn/h 1H \VOjgen, w&Iv'lii.> juif zehn von .Mthidhön Mhs^ebiaa^ 1
IbniH u verki j h;teu, zur Ln^fujug venvauidt. Das RosültAt meiner lfT»jywac|u
\YHp ÄtKbi negativ, kfdüoy der zfÄri? vctxr ao Tuherkiji'öM* ja sogar «F« 1
cm einziges nu Periumitia /ugruadü geufu'ueri. -
. Mil- Versuchen, welche am 8. Januar l^OS hi- der MbuEirssw
uade.om--h«*u W.tchrusclusK cori.fierKu bl. v.-.a Petri ]» ?mnf.. ‘ ,l1
•; l Uhr. spdter omcbiontmmi Arbeit ut« 5 lt 1 enwnhui süid, war, .wir Eh -ImtH
«hn ..Frage .•ni.seltie-.ii-it. .
nuo-.JVtrj rn den duhmi 18Ö1/S>2 ! Jiiteisuohuug«^■ milUaftU-
(%r«nd ijwmi die Hoioh^-KiiicnhAhnvi ivvAltimg ein iwuhs Hägieraoih mK’l'V
amt Desiut/adinn der Persoßnnwttgoii vorhirrAifün selK ,Ck
m.^Vjfftals mcäüfUL Bt iuidp:uukt -verMjoldigefi' und Nahbwtmr töhr«». M,
dm JlesnJtntj: der Petrrsejien Versm-he mH den TOemlgcr -gvd
slimmni und dass nur J'ftn’s Innitung w.wier Versm lu nh-h« h*-r.jbe.z*
ist. Hli&f iat vamrtebst <bV Vm^ehiedenheit des VvsrsmvUmnote *n
Pct-j j hat V.uvrst. «len m\ ihm Witnibm, Imekeu Uml Mfdxdn <!•'*
halteudon Btauh \mt.erauelit,. dfder Fa ssh o d bnätdi lib“, Pb tri ptr 1
IPiJV.i „gelaugte erst rn zwnit^r Linie zur Ik'fftekBU'btlgane, ‘ v ' ui! ''
di.rrb die govdmledi- Hüioig/thg - der Wagen, des httbrea Tl»H« rot evo
und für 'die -V\.vhreit,uh-g: d«V T u hc rk ij in So weniger vei au«
* » I > t.n | J .M J.tnIj >* 'IM- 1 * u JJI. una. _...: ,
Pb liuho buir clrnj aüi d**nt Puäsl»a.‘ten liignunlm» rdunh i! ' ll{ T j 1 '!'!,
ich. noch ppsrb^u habt/ das& die Menschen auf jpu '
spidcn ny.d dale-r* dorbAcdcniall? «ricrsf- mid zu meist du-, I.iitc*o».m«s‘^
Jet* TliherkuloHö gfftuitjon WOttlon tuliaseM. Attfh Wenn Zutalhg Wjv
frisell ndi.i'^hingeivovimat an dir Wütme ttdei Thirkc A'
os .joch bald h*M deii Rt«>len uwj «sobr sfö.rktdi. Beweuuftjhm ifeÄc..
wagen *<n'liodan hdUm. fj/h war tifabAr auci» Jjar hmlp;
rvbmu das« 1 -«• trr svlhst auf dri-xulbeu-Ido mklürp .AL WW PL
(}uwil«y .fftr dm an dba W«lmh-U und M'übiViTj baAkiidary luHhogeM/»
ergmosuieu. iusb'/sozujerr der Tuberb-ellioca 11 mi, ist d er au« dn> i V
12. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
585
böden entleerte Auswarf zu erachten“, und später Seite 119: Wie
aus den vorerwähnten Versuchen über den Keimgehalt der verschiedenen
Wagenclassen hervorgeht, sind auch in den Abtheilen I. und II, Classe an
Wänden und Sitzpolstern zahlreiche Keime zu finden. Besonders erheb¬
lich ist aber die Verunreinigung derFussböden auch in diesen Abtheilen
wie aus dem Abschnitt über die Verunreinigung der Abtheile hervorgeht
Der Keimgehalt der Fussböden ist weit höher als der der übrigen Flächen'
und sodann ist gerade der Fussböden mit den gefährlichen Aus¬
wurfstoffen verunreinigt. Die Reinigung derFussböden erscheint daher
von besonderer Wichtigkeit“ u. s. w.“
Es besteht also nur ein Widerspruch zwischen Petri’s eigenen an
verschiedenen Stellen seiner Arbeit geäusserten Anschauungen.
Wie steht es aber nun mit den Petri’schen Resultaten? Mit dem
an Wänden, Decken und Möbeln gesammelten „Luftstaub“ von zwei
Schlafwagen mit acht Abtheilen (Corridor), sieben Waggons erster und
zweiter Classe, vier Waggons mit sechs Abtheilen dritter Classe, acht
Waggons mit zehn Abtheilen vierter Classe wurden 117 Versuchsthiere
goimpft, von welchen nur 3 tuberkulös wurden. Die drei positiven Ver¬
suche rührten vom Staub der Schlafwagen her, es war also, und das hätte
Petri betonen sollen, der „Luftstaub u sämmtlicher unters achten Coupäs
erster, zweiter, dritter nud vierter Classe tuherkelbacillenfrei; nur
in dem Staub der beiden Schlafwagen fand er Tuberkelbacillen. Ob nur
drei Thiere mit diesem Staub geimpft wurden oder ob die Zahl der mit
diesem Staube geimpften Thiere eine grössere war und ein Theil von ihnen
gesund blieb, ist aus Petri’s Mittheilung nicht zu ersehen.
Wer die complicirte Construction der Schlafwagen und ihre 'Be¬
nutzung kennt, wird sich nicht wundern, dass da an den Wänden manchmal
im Staub Tuberkelbacillen vorhanden sind. In dem voll besetzten Coupä
eines Schlafwagens kann der in der oberen Etage liegende Reisende, wenn
er zufällig expectoriren muss, doch nur sein Taschentuch benützen. Im
günstigsten Falle, bei aller Vorsicht kann er es nicht verhüten, dass das
im Taschentuch getrocknete Sputum später verstäubt. Dass aber gelegentlich
beim Husten ein Theil des Sputums an die Wand geschleudert wird, ist
gerade bei den Verhältnissen in einem Schlafwagen nicht nur leicht mög¬
lich, sondern kaum zu umgehen, und es wäre nicht wunderbar, wenn
Petri in noch mehr als zwei Schlafwagen an den Wänden die Bacillen
gefunden hätte.
Dass aber, um es nochmals hervorzuheben, in keinem der übrigen
Coupes erster, zweiter, dritter, vierter Classe an den Wänden, Decken
Möbeln jemals die Krankheitserreger gefunden wurden, ist so erfreulich,
dass man nur bedauern muss, dass gerade dieses günstige Resultat nicht
in der Tagespresse besprochen und verbreitet wurde.
ln einer zweiten Versuchsreihe hat Petri, sobald die Reisenden die
Züge verlassen hatten, die Fussböden der einzelnen Abtheilungen sorg¬
fältig besichtigt und die Verunreinigungen mit Auswurf gezählt. Aus
34 Abteilungen wurden dann von den verunreinigten Stellen des Fuss-
bodens bezw. der Linoleumdecken Proben auf 91 Versuchsthiere verimpft.
Von diesen 91 Thieren starben nur 3 an Tuberkulose. Die Bacillen ent¬
stammten in einem Falle einem Coupä II. Classe des Courierzuges Hamburg-
Berlin; in den anderen beiden Fällen waren die Verunreinigungen aus einem
Coupä III. Classe eines Personenzuges Dresden-Berlin (stark besetzter
Pfingstzug) entnommen.
Petri hat also nicht, wie es in den Artikeln der Tagespresse heisst,
den Fussbodenkehricht beliebiger Coupäs, sondern nur die mit Sputum
beschmutzten Stellen untersucht, und auch da kann man sich doch nur
wundern und freuen, dass so selten Tuberkelbacillen gefunden wurden,
dass unter den vielen, welche auf den Boden gespieen hatten, so wenig
Tuberkulöse waren.
Die zahlreichen im Kaiserlichen Gesundheitsamt von Petri und seinen
Mitarbeitern ausgeführten Untersuchungen haben also keine Besorgniss
erregenden, sondern im Gegentheil sehr günstige Verhältnisse constatirt
und können nur als eine weitere Bestätigung meiner früheren Versuche
und meiner früher ausgesprochenen Ansickten aufgefasst werden.
Nach meiner Ansicht liegt kein Grund vor, ein „neues
Reglement zur Reinigung und Desinfection von Personenwagen“ aus¬
zuarbeiten und einzuführen; das wäre nur dann nöthig, wenn
die Untersuchungen gezeigt hätten, dass das alte nicht aus¬
reicht, dass bei Beibehaltung des alten Reglements eine wirk¬
liche Gefährdung der Reisenden vorhanden ist.
^Glücklicherweise ist dies nicht der Fall, denn, wie wir bald sehen
werden, haben Petri’s Versuche der Desinfection von Personenwagen kein
besonders erfreuliches Resultat ergeben.
ß®i den ersten Versuchen wurde die Desinfection „nach Art der
üblichen und vielfach erprobten Wohnungsdesinfection“ ausgeführt. Die
Desinfection wurde „mit Seife, Wasser und Garbolsäure unter Benutzung
der von der Verwaltung der städtischen Desinfectionsanstalt entlehnten
Instrumente aus^eführt. Die nach der Desinfection entnommenen Proben
erwiesen, dass eine nennenswerthe Verminderung der Bacterien-
keime nicht erzielt worden war. Es hatte die Desinfection nur eine
geringe Verzögerung im Auskeimen der Bacterien zur Folge.“
«Der Wagen 1. und II. Classe wurde von den Mannschaften der
städtischen Desinfectionsanstalt desinficirt. Ein Theil der gepolsterten
otühle aus beiden Classen sowie die Plüschfüllungen einiger Thüren und
einige der ledernen, mit Plüsch gefütterten Fensterriemen wurden mit
oeidenfäden, an denen vollvirulente Milzbrandsporen sich befanden, vorher
inheirt. ^ Ein Theil dieser Plüschmöbel wurde abgeholt und in üblicher
Weise in der städtischen Desinfectionsanstalt im strömenden Dampf des-
inhcirt. Diese Sessel erwiesen sich als vollständig desinficirt; auch hatten
sie in ihrem Aussehen und in der Beschaffenheit des Plüsch- bezw. Sammet-
uberzuges keinen Schaden erlitten. Die leeren Abtheile wurden alsdann
von zwei städtischen Desinfectoren nach der für solche Fälle geltenden
Instruction desinficirt. Dabei kam ausser Seife und Wasser 5 % Carbol-
säure zur Verwendung. Die nach Beendigung dieser Desinfection
untersuchten Milzbrandfäden aus den Thürfüllungen und Fensterriemen
waren noch virulent. Die aus den Abtheilen entnommenen Staub-
proben enthielten zahllose Bacterienkeime. Der Waggon IV. Classo
wurde gleichfalls den beiden städtischen Desinfectoren zur Desinfection
überwiesen. Auch in diesem Falle gelang es nicht, eine bemerkbare
Herabsetzung des Bacteriengehaltes hervorzubringen.“
„Von dem ganzen Desinfectionsverfahren gewährt also nur die Des-
infection der Polstermöbel im strömenden Dampf die erforderliche Sicherheit.“
Der Abschnitt über „Desinfection“ schliesst mit der Aufführung der
„Unkosten einer solchen Desinfection“. Diese betragen z. B. bei einem
sehr verschmutzten Wagen IV. Classe rund 50 Mark!
Eine schärfere Kritik der am falschen Orte angewandten Desinfections-
massregeln Ist wohl noch nirgends ausgesprochen worden. Die einen
Kostenaufwand von 50 Mark erfordernde, von den officiell angestellten und
ausgebildeten Desinfectoren in Anwesenheit der Vertreter des Kaiserlichen
Gesundheitsamts ausgeführte „Desinfection“ eines Wagens IV. Classe ver¬
mochte nicht, „eine bemerkbare Herabsetzung des Bacteriengehaltes hervor¬
zubringen“. Difficile est satiram non scribere!
Der letzte Abschnitt der Petri’schen Arbeit behandelt die „Reini¬
gung“ der Personenwagen. Nach Aufzählung einer ganzen Reihe für die
Praxis doch nicht zu verwerthender Versuche giebt Petri an. dass der
Keimgehalt der Fussböden durch einfaches Reinigen mit Seifonlauge auf
ein ziemlich geringes Maass herabgedrückt werden kann.
Von der Reinigung der Coupä’s I. und II. Classe, welche sich „als
viel schwieriger“ erwies, sagt Petri sehr wenig, über die Reinigung und
Desinfection der Schlafwagen sind Versuche überhaupt nicht angestellt
worden, und dabei sind doch von Petri nur im „Luftstaub“ der
Schlafwagen Tuberkelbacillen gefunden worden.
Ich halte dies bei der complicirten Construction der Schlafwagen,
nach den wenig erfreulichen Resultaten, welche die „Desinfection“ des
möglichst einfach gebauten Wagens IV. Classe ergeben hat, für leicht er¬
klärlich, kann jedoch nicht verstehen, warum Petri und seine Mitarbeiter
ihre „Vorsuche über die Verbreitung ansteckender Krankheiten, insbesondere
der Tuberkulose, durch den Eisenbahnverkehr und über die dagegen zu
ergreifenden Maassnahmen“ überhaupt auf die Wagen ausdehnten, in
deren „Luftstaub“ sie Tuberkelbacillen niemals nachweisen konnten.
Fassen wir unser Urtheil über die vorliegende Arbeit nochmals kurz
zusammen, so müssen wir als einzig wichtiges, besonders erfreuliches
Resultat hervorheben, dass in den zahlreich untersuchten Personenwagen
nur in so seltenen Fällen Tuberkelbacilleu gefunden wurden, dass irgend
ein Grund zur Befürchtung und deshalb zur Ausführung besonderer Maass¬
nahmen nicht vorhanden erscheint. Ganz werden die bei uns endemischen
Tuberkelbacillen, wie auch andere Bacterien, nie von den Stätten, welche
dem öffentlichen Verkehr dienen, zu verbannen sein. Und würde selbst
die Bahnvenvaltung dem reisenden Publikum sterile Coupäs zur Ver¬
fügung stellen können, in demselben Moment, in welchem sie vom Publikum
benutzt würden, könnte die Verwaltung nicht mehr dafür einstehen, dass
der eine oder andere der Mitreisenden Millionen von Keimen mit seinen
Kleidern in das bisher sterile Coupä einschleppt.
Die Untersuchungen, welche ich vor Jahren ausgeführt und Anfang
1893 veröffentlicht habe, beweisen, dass bei einer einfachen Reinigung 4 )
jede Gefahr ausgeschlossen ist. Mit einer regelmässigen einfachen, gründ¬
lichen Reinigung werden die Bahnverwaltungen den Anforderungen, welche
man vom hj'gienischen Standpunkte an sie stellen muss, genügen.
Was sonst noch die Bahnverwaltungen zur Verhütung der Staubver¬
breitung, zur Bekämpfung des ekelhaften Speiens auf den Boden thun
könnten, habe ich am genannten Orte schon genügend betont.
* Wollen die Bahnverwaltungen noch weiter zur Bekämpfung der Tuber¬
kulose, dieser verbreitetsten aller unserer Krankheiten, etwas thun, so
mögen sie die neuerdings an so vielen Orten aufgetauchten Bestrebungen
zur Errichtung von Sanatorien für Tuberkulöse unterstützen, sie mögen
allen denen, welche nach den Sanatorien gesandt werden, freie Fahrt auf
den Bahnen gewähren. Durch Unterstützung dieser Bestrebungen werden
sie jedenfalls mehr Segen stiften, als wenn sie sich auf einen undurch¬
führbaren und überdies rnrnz überflüssigen Bacillenfang einlassen.
Es ist wohl ausser Zweifel, dass nichts die Bacteriologie und Hygiene
mehr schädigen kann, als die Verbreitung einer vollständig unberechtigten
Bacterienfurcht, als Untersuchungen, welche diese Bacterienfurcht ver¬
breiten, aber einer ernsthaften wissenschaftlichen Kritik nicht Stand halten
können. Geht man auf diesem Wege noch weiter, verlangt man von den
Behörden da, wo gar keine Gefahr vorhanden ist, theure, überflüssige
prophylaktische Maassregeln, so werden bald die Behörden und das Volk,
welches doch schliesslich die ganze Zeche bezahlen muss, die gesammte
bedauerlicher Weise in Misscredit gebrachte Bacteriologie und ihre
praktische Anwendung verwerfen; die öffentliche Gesundheitspflege würde
damit schwer geschädigt werden.
Stand der Cholera.
Im Deutschen Reiche wurden seit dem 11. Juni in Deutscli-
Eylau zwei Choleraf&lle bei einer am 24. Juni aus Mlava in Russisch-
Polen zugereisten Frau und deren Kind, sowie in einem Landorte des
Kreises Marienwerder ein Fall festgestellt; der letztgenannte steht an¬
geblich mit den Plehnendorfer Fällen in Zusammenhang.
l ) Wahrscheinlich wird die Beseitigung der pathogenen Bacterien
durch die einfache mechanische Reinigung erheblich unterstützt von
einer Selbstreinigung, welche durch die Einwirkung der Sonnenstrahlen,
Austrocknung, Concurrenz der Saprophyten, Mangel an einem geeigneten
Nährboden u. s. w. bedingt ist.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
586
DEUTSCHE MEDIC1NISGHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28
In Frankreich sollen nach amtlicher Angabe vom 16. Juni seit
zehn Tagen im Departement Finistere Cholerafälle nicht mehr beob¬
achtet worden sein.
In Belgien hat nach Zeitungsberichten die Cholera neuerdings sich
in der Gegend von Lüttich gezeigt. Nach den Veröffentlichungen des
Kaiserlichen Gesundheitsamtes wurden im ersten Quartal des Jahres 1893
in Belgien 32 SterbefUlle an „Cholera und Cholerine“ festgestellt, davon
13 in St. Trond, 5 in Jemeppe sur Meuse, 4 in Seraing, 3 m
Boom, je 2 in Dinant und Angleur, je 1 in Brüssel, Antwerpen
und Charleroy. Vom 1. April bis 23. Juni wurden folgende Todesfälle
mitgetheilt: in Jemeppe sur Meuse vom 15. bis 21. April 1, vom
20. Mai bis 23. Juni 18, in Lüttich vom 10. bis 16. Juni 1, in Seraing,
Angleur und Alost vom 17. bis 23 Juni je 1; sämmtliche Orte mit
Ausnahme des letztgenannten liegen in der Provinz Lüttich.
In den Niederlanden starben nach amtlichen Angaben im Januar
und Februar je zwei Personen, desgleichen auch an Cholera nostras je 2.
Für das Jahr 1893 wird die Zahl der Todesfälle auf 263 bezw. 113 an¬
gegeben.
In Galizien beziffert sich bis zum 26. Juni die Gesammtzahl der
festgestellten Choleraerkrankungen (Todesfälle) auf 158 (87), davon ent¬
fallen auf die Woohe vom 12. bis 19. Juni 31 (19), auf die nächstfolgende
nur 1 (3). Neu ergriffen wurden die Bezirke Nisko und Tarnobrzeg;
die Einschleppung erfolgte durch aus Russland zurückkehrende Flösser.
In dem Bezirk Kotzmann (Bukowina) kamen neuerdings noch einige
Cholerafälle, im ganzen bis zum 26. Juni 8 (3) vor.
In Russland hat die Epidemie bemerkenswerthe Fortschritte ge¬
macht. Vor allem bedrohlich erscheint ihr Auftreten in der Stadt und
im Gubernium Petersburg. In Kronstadt, Gubemium Petersburg,
sind schon seit Mitte Juni Cholerafälle beobachtet worden; vom 1. bis
7. Juli werden von dort 41 Erkrankungen (18 Todesfälle) gemeldet. In
Petersburg scheinen Ende Juni die ersten Cholerafälle vorgekommen
zu sein; am 3. Juli wurde die Epidemie amtlich zugegeben. Vom 1. bis
7. Juli sollen 141 (52) Erkrankungen (Todesfälle) gemeldet sein. In
Russisch-Polen sind die Gubernien Grodno undKielce neu ergriffen,
in ersterem vorzugsweise die Stadt Brest-Litowsk, wo vom 2. bis
21. Juni 32 (18), vom 21. bis 24. Juni 24 (6), vom 24. bis 30. Juni 20 (8)
Cholerafälle vorkamen; in letzterem ist der an Krakau grenzende Kreis
Miechow betroffen, vom 17. bis 20. Juni kamen daselbst 23 (12), vom
24. bis 30. Juni 68 (30) Fälle zur Anzeige. In den Gubernien Warschau
und Plock herrscht die Cholera nach wie vor ziemlich stark. In ersterem
wurden vom 4. bis 9. Juni 42 (16), vom 10. bis 15. Juni 29 (17), vom
15. bis 21. Juni 30 (15), vom 24. bis 30. Juni 30 (21) Erkrankungen
(Todesfälle) gemeldet. Im Gubernium Plock ist besonders die Stadt
Ciechanow hart betroffen: im Gubernium wurden vom 1. bis 23. Juni
210 (106) Erkrankungen (Todesfälle) gemeldet, davon entfallen allein auf
Ciechanow in der Zeit vom 3. bis 19. Juni 157 (74) Fälle. In der
Stadt Warschau ist die Zahl der Cholerafälle im Juni mässig geblieben,
in der letzten Woche des Monats wurden 8 (4) Erkrankungen (Sterbefälle)
angezeigt Im Gubernium Petrikau kamen nur vereinzelte Fälle vor;
otwas mehr ausgebreitet hat sich die Seuche dagegen wieder im Gubernium
Radom, wo in der letzten Juniwoche 23 (14) Fälle gemeldet wurden.
Vereinzelt waren die Cholerafälle in den Gubernien Kowno und Podolien,
etwas zahlreicher in Tula.
Aus Kleinasien wurden während des Mai noch zahlreiche Cholera-
todesfälle gemeldet, besonders aus Siwas (18. bis 30. Mai: 23), Tokat
17. bis 31. Mai: 23), Kaza von Zella? (16. bis 31. Mai: 82), Iskilib
(19. Mai bis 1. Juni: 85). (Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits¬
amtes.) Die Nachricht von dem Ausbruch der Cholera in Mekka, welche
die Lancet gebracht hatte, scheint sich nicht zu bestätigen; wenigstens
verlautet in den letzten Wochen nichts darüber. Sperling.
IX. Militärsanitätswesen.
— Beschreibung der Garnison Cassel, vom Standpunkt der Ge¬
sundheitspflege aufgestellt. Herausgegeben von der Medicinalabtheilung
des Königlich Preussischen Kriegsministeriums. Berlin, E. S. Mittler
<fc Sohn, 1893.
Von jeder einzelnen Garnison des preussischen Heeres ist auf Ver¬
anlassung der Medicinalabtheilung des Kriegsministeriums nach einem ein¬
heitlichen Plane eine Beschreibung vom Gesichtspunkte der Gesundheits¬
pflege von Sanitätsofficieren des betreffenden Standortes abgefasst worden.
Diese Ortsbeschreibungen enthalten nicht nur für die örtlichen Verhältnisse,
sondern ganz allgemein eine Fülle des Beaehtenswerthen, sie berichten
über „Besonderheiten, die für entsprechende Verhältnisse an anderen
Orten vorbildlich wirken und für die ganze Gesundheitspflege von Inter¬
esse“ sind. Deshalb sollen solche Garnisonbeschreibungen veröffentlicht
werden, und aus der Zahl der grösseren Standorte ist zunächst mit der
Garnison Cassel der Anfang gemacht worden.
Der stattliche Band umfasst 165 Druckseiten, 2 Karten und 56 vor¬
trefflich ausgeführte lithographische Tafeln mit Ansichten und Grundrissen
der hygienisch wichtigen Gebäude und Einrichtungen Cassels.
. , er Inhalt gliedert sich in drei Theile, deren erster die allgemeinen
hygienischen \ erhältnisse der Stadt Cassel abhandelt. Wir erfahren hier
das JNöthige über die Lage, die geologischen und klimatischen Eigenthttm-
hchkeiten der Stadt, das Wichtigste aus den Baupolizeiverordnungen der
Jahre 1 ö 74 1884, die besonders den eng gebauten Stadtquartieren, sowie
aem bis vor einigen Jahren an manchen Stellen noch im Argen liegenden
Abtrittwesen zu Leibe gehen. Das Kapitel der Wasserversorgung giebt
in sehr interessanter Weise einen Ueberblick über die historische Ent¬
wickelung der Wasserzufuhr, von der offenen Druselbachwasserleitung zu
dem Röhrensystem aus dem Eichwald, dem Gravitationswerk des Nieste¬
thaies, bis auf die im Herbst 1892 dem Betrieb übergebene neue Wasser¬
leitung, welche aus den Wiesen im Südosten der Stadt aus 20 Röhren¬
brunnen in einer 7,5 km langen Druckleitung ein Grundwasser zuführt,
das frei von Ammoniak, salpetriger und Salpetersäure und auch gottlob
von Eisen ist. . , , . ,
Die Beseitigung der Abfallstoffe ist noch keine ideale. Abgesehen
von den „Winkeln“ — Zwischenräumen zwischen den Häusern, in welche
die Aborte’oft münden — bestehen auch noch auf den Höfen, besonders
in der Ober-Neustadt Senkgruben. Sonst leitet die Abwässer ein System
von alten Canälen ab, die zur Zeit noch an vier Stellen in die Fulda
münden, theils innerhalb der Stadt, theils in nächster Nähe. Doch hat
man schon seit 1867 begonnen, diese alten Canäle durch besser construirte
zu ersetzen. Rieselfelder sind für Cassel zu theuer; Klärbassins sind
noch verweigert. — Die Beschreibung führt uns dann durch das hoch¬
moderne Schlachthaus, mit dem sich in hygienischer Beziehung das
Kettenhausener Krankenhaus wohl nicht messen kann, kürzer durch die
übrigen Krankenanstalten, Fabrikanlagen, den neuen 1843 eröflneten Fried¬
hof, bei welchem man allerdings an manchen Stellen schon in einer Tiefe
von 1,5—2 auf Grundwasser stösst. Auf dom 1860 für die Garnison an¬
gelegten Kirchhof sind die Grundwasserstände günstiger. Zum Schluss
dos ersten Theiles findet die Strafanstalt Wahlheiden, sowie die Volks¬
küche gebührende Beachtung. _ _ L ,
Der zweite, der Hauptheil beschreibt in sehr ausführlicher und dabei
übersichtlicher Weise die Garnisonanstalten. Die Truppen sind nicht alle
gleich gut untergebracht. Das Infanterieregiment erfreut sich eines aus
drei Blocks sich zusammensetzenden, erst 1875 vollendeten Ziegelrohbaues,
ebenso die in der neuen Cavalleriekaseme liegenden beiden Schwadronen
des 14. Husarenregiments. Dagegen blicken die beiden anderen Reiter¬
kasernen auf das Jahr 1768 und 1510 als Zeitpunkt ihrer Entstehung zu¬
rück. Gerade die letztere, die sogenannte Marstallkaserne ist wenigstens
historisch interessant. Sie wurde erst als Privathaus gebaut, ging dann
in fürstlichen Besitz über, diente als Kanzleibibliothek, darauf zu ver¬
schiedenen anderen Zwecken und wurde zuletzt als kurfürstlicher Marstall
benutzt. Nur das Erdgeschoss ist für Schwadronszwecke verwertet, die
anderen Stockwerke sind noch anderweitig von der Domänenverwaltung
vermiethet. Der Zutritt von Luft ist durch die von Privatwohnungen eng
eingeschlossene Lage beeinträchtigt; in der ganzen Kaserne bestehen
keinerlei künstliche Lüftungsanlagen. Auf diesem dunkelen Hintergründe
heben sich die neu und unter Berücksichtigung aller hygienischen Grund¬
sätze errichteten Kasernen um so lichtvoller ab:. Latrinenanlagen (Tonnen),
Wasserversorgung (Quellwasser, Pumpbrunnen), Bade- und KUcheneinrich-
tungen sind mustergültig. Hervorzuheben ist noch bei der neuen
Cavalleriekaseme die vollständige Trennung der Stallungen von den be¬
wohnten Räumen und bei den letzteren wiederum die Trennung des Hauses
der Verheiratheten und des Wirtschaftsgebäudes von den Mannschafts¬
unterkünften. Die Artilleriekaserne darf sich dieses Vorzuges nicht rühmen:
Sie ist noch im alten Stil 1831/32 hergestellt, im Erdgeschoss befinden
sich Stallungen, darüber Mannschaftsstuben. Zwei Battericen sind in dem
ehemaligen, von Fabriken eingeengten Garnisonlazareth untergebracht. —
Das Trainbataillon bewohnt einen aus den Jahren 1878/79 stammenden
Ziegelbau mit Schieferdächern, dessen äusserst zweckmässige Onentming
aus den Grundrissen erhellt. — Der Bericht führt uns hierauf das Mon-
tirungsgebäude und die frei liegende Kriegsschule vor, dann das aus einem
Jägerhaus, Fruchtmagazin und Fabrikhaus 1791 in ein Staatsgefüngmss
umgewandelte Arresthaus, ferner die in ihren einzelnen Einrichtungen senr
sehenswerthe Garnison-Waschanstalt. ,
Grosser Werth wird naturgemäss auf die Beschreibung des Lazaretns
gelegt, und gerade das Lazareth in Cassel zeichnet sich in raanenen
Punkten aus. Es ist erst im August 1886 bezogen worden^ und bestellt
im wesentlichen aus zwei nach dem Comdorsystem erbauten Krankenblocas
und einer Isolirbaracke im Pavillonstiel, alle drei in Ziegelrohbau au-
geführt. Es ist hier nicht der Raum, über die Verwendung der modernsten
Materialien zu Bedachung wie Dielung, über die Heiz- und Ventilations-
einrichtungen ausführlicher zu berichten; dagegen verdient die ausgedehnte
Benutzung der Elektricität besonders zu Beleuchtungszwecken heryor-
gehoben zu werden. Dem Berichterstatter ist kein Krankenhausbetten
bekannt, welcher mit gleicher Genauigkeit und Uebersichtlichkeit em
elektrische Beleuchtungsanlage für ein Krankenhaus beschrieben hatte,
nicht nur zeiohnet sich die Berechnung des Stromverbrauches und
Lampenzahl durch Klarheit aus, sondern auch die Vorzüge undisachtnei
verschiedener Dynamomaschinen sowie einer Accumulatorenbattene wera
aus der praktischen Erfahrung heraus und mit Zahlen belegt geschude^,
die Control- und Sicherheitsapparate mit gerade auf diesem Gebiet sel . te “.
Verständlichkeit erklärt: kurzum, eine Abhandlung, die, gerado wen
der Erfahrung entsprungen ist, jedem, der mit Krankenhausbau sich *
schäftigt, hochwillkommen sein muss. Auch die Latrinenanlagen,
Desinfectionsapparat, die Einrichtung der hygienisch - chemischen Un. "
suchungsstation, ferner der angehängte Belegungsplan wird für Krana
haushygieniker nicht ohne Interesse sein. ., .
Mit einem Abriss über die Garnisonbäckerei, das CorpsbekleKiung
amt und einige allgemein weniger wichtige Garnisonanstalten schliess
zweite Theil ab. , M
Der dritte, letzte und kürzeste Theil bringt Statistisches ü ber _
Civil- und Militärbevölkerung, aus dessen Tabellen sich schwer etwas
sonderes herausheben lässt, ohne weitschweifig werden zu müssen»
Anhangsweise zeigt dann noch die Verfügung des Knegsministen >
über die Untersuchung des Trinkwassers in den Kasernen, welche nerv
ragende Bedeutung man auf das Vorhandensein unverdächtigen i
wassers gerade in den militärfiskalischen Gebäuden legt.
Nach all’ diesen kurzen Andeutungen wird man ohne Zweifei
Zuversicht gewinnen, dass durch die Veröffentlichung der Gann
beschreibung von Gassei-die an derartige Abhandlungen sich knupi
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12. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
587
Erwartung in Erfüllung gehen wird, nämlich, „dass neben der zuerst in
Betracht kommenden Förderung der Interessen der Armee auch für weitere
Kreise ausserhalb des Heeres durch Anregung und Aufklärung in hygieni¬
schen Fragen Nutzen geschaffen werden wird, was dann rückwirkend
vielleicht wiederum der Gesundheitspflege des Heeres von Vortheil werden
kann“. _ Schumburg (Berlin).
Das Sanatorium der Invalidität«- und Alters-
ver sicher uiigs ans talt Berlin.
Von H. Merke,
Verwaltungsdirektor des städtischen allgemeinen Krankenhauses Moabit
in Berlin.
X. Krankenpflege.
Die Krankenpflegestationen des Evangelisch-kirchlichen
HülfsVereins in Berlin.
Von Albert Eulenburg.
Seit vier Jahren besteht in Berlin eine äusserst segensreich wirkende
und gerade die ärztliche Theilnahme in höchstem Maasse verdienende
Einrichtung, die — wie ich mich zu überzeugen Gelegenheit hatte —
in den hiesigen Aerztekreisen noch verhältnissmässig wenig gekannt
ist und daher auch noch nicht in entsprechendem Umfange gewürdigt und
benutzt wird.
Es ist dies die vom Evangelisch-kirchlichen Hülfsverein (Local¬
verein Berlin) unter dem Protectorat der Kaiserin und unter der that-
kräftigen Leitung des Probstes v. d. Goltz seit 1890 in’s Leben gerufene
Einrichtung der über die Stadt vertheilten „Krankenpflegestationen“,
die sich aus kleinen Anfängen rasch zu einer stattlichen und umfassen¬
den Organisation entwickelt und eine von Jahr zu Jahr ausgedehntere
Arbeit im Dienste der häuslichen Krankenpflege entfaltet haben.
Die Zahl solcher Stationen (im Jahre 1890 vier) ist gegenwärtig auf
elf gestiegen, deren jede mit einer Anzahl von Schwestern (drei bis
acht) unter einer leitenden Schwester aus verschiedenen Mutterhäusern
(Kaiserswerth, Bielefeld, Oberlinhaus, Paul Gerhardt-Stift, Bethanien,
Lazarus-Krankenhaus, Elisabeth-Krankenhaus, Elisabeth-Kinderhospital,
Danzig, Königsberg) besetzt ist. Jeder Station ist ein bestimmter
Arbeitsbezirk in Berlin überwiesen; jede steht unter der besonderen
Aufsicht eines geistlichen Curators und einer Vorstandsdame des Vereins
„Frauenhülfe“, der die Bestrebungen der Krankenpflegestationen in ein¬
greifendster und förderlichster Weise (durch Ergänzung des Wärterinnen¬
personals, durch Bereitstellung von Mitteln für die häusliche Kranken¬
pflege und Familienversorgung) werkthätig unterstützt hat. Das Haupt¬
ziel, dem die „Stationen“ — in Ergänzung der Thätigkeit der inner¬
halb der einzelnen Parochieen wirkenden Gemeindediakonissen — zu¬
streben, geht dahin, dass Kranken, die ständiger Pflege bedürfen,
sie aber in der Familie nicht finden und für ein Krankenhaus
sich nicht eignen, eine ausreichende Fürsorge im Hause ge¬
boten werde. In wieweit dieses Ziel unter den schwierigen Berliner Ver¬
hältnissen schon jetzt erreicht wird, dafür mögen einige, dem letzten Jahres¬
berichte (1893) entnommene Zahlen Zeugniss ablegen. Danach arbeiten gegen¬
wärtig auf den elf Stationen zusammen 69 Diakonissen; zur Aushülfe wurden
überdies noch Johanniterinnen auf vier Stationen und ferner, wo die Kräfte
der Einzelstationen nicht ausreichten, vom Verein „Frauenhülfe“ gestellte
geübte Wärterinnen herangezogen. Die Gesammtzahl der Tagespflegen be¬
trug im Voijahre (1893) 13623, dio der Nachtpflegen 3648, wovon 12714
Tagespflegen und 3458 Nachtpflegen durch dio Diakonissen erfolgten!
Nach dem Durchschnitt hat die Pflege in den einzelnen Familien annähernd
elf Tage gedauert. Unter den Pfleglingen — die allen religiösen
Bekenntnissen angehörten — waren 111 Männer, 1348 Frauen,
174 Kinder unter 15 Jahren. Aus der Pflege wurden gesund entlassen
967, in ein Krankenhaus gebracht 169, den Gemeindeschwestern übergeben
174; gestorben sind 318. Leider mussten 659 Bitten um Hülfe aus Mangel
an Kräften abgewiesen werden; also mehr als 40 Procent der Familien (1620),
auf die sich die Krankenpflege erstreckte. — Schon diese Zahlen sprechen
für sich selbst; noch mehr geben aber die in den einzelnen Jahresberichten
niedergelegten Erfahrungen und die Erzählungen der leitenden Schwestern
aus ihren Arbeitsgebieten einen Begriff von der Unentbehrlichkeit und von
der ungemein segensreichen Wirksamkeit dieser Institution, durch die in
aller Verborgenheit und Stille ein tüchtiges Stück Arbeit im Dienste der
Humanität und der socialen Hülfsthätigkeit in erspriessüchster Weise ge¬
leistet wird.
Den Aerzten, zumal den Armenärzten, Kassenärzten u. s. w. die
Förderung und einsichtsvolle Verwerthung dieser Institution ans Herz zu
legen, erscheint um so gerechtfertigter, als damit zugleich ja ihrem eigenen
Interesse und dem ihrer Kranken entschieden gedient wird. Es sei
auch besonders hervorgehoben, dass den Intentionen bei der Begründung
der Pflegestationen gemäss die Stationsschwestern — gleich den Ge-
meindediakonissen — ausdrücklich den Aerzten, insbesondere den Armen¬
ärzten, zur Verfügung gestellt und nach deren Anweisungen zu arbeiten
beflissen sein sollen. Es wäre daher von allseitigem Nutzen, wenn in
allen Bezirken eine enge Verbindung zwischen den betreffenden Aerzten
und den leitenden Persönlichkeiten der einzelnen Pflegestationen her-
gestellt und die Thätigkeit der letzteren dadurch möglichst ausgiebig
verwerthet und den ärztlichen Heilbestrebungen dienstbar gemacht würde.
Indem einsichtsvolle Aerzte dieses Ziel fördern, erweisen sie nicht bloss
ihren Kranken eine Wohlthat, kommen sie nicht bloss den hochherzigen
Bestrebungen unserer Kaiserin und den unter ihrer Protection zusammen-
geschaarten Vereinskräften entgegen, sondern wirken sie auch zugleich
uut an einer socialen Hülfsarbeit, für die in unserer social
krankenZeit und inmitten der schreienden Nothstände unserer
grossen Städte wahrlich nicht Menschenkräfte. und Mittel ge -
uug aufgeboten und einheitlich zusammengefasst werden
können!
Im Frühjahr dieses Jahres beschloss der Vorstand der Invaliditäts¬
und Altersversicherungsanstalt Berlin, und zwar auf specielle An¬
regung seines Vorsitzenden Dr. Freund, zur wirksamen Durchführung des
§ 12 des Invaliditäts- und Altersversichemngsgesetzes ein Sanatorium für
solche versicherungspflichtige Personen der genannten Anstalt zu errichten,
die, auch wenn sie zur Zeit erwerbsfähig und in Arbeit stehend wären’
doch an Krankheiten litten, welche in absehbarer Zeit, falls nicht ein
energisches Heilverfahren eingeleitet würde, den Eintritt der Invalidität
befürchten Hessen. Man wollte also Leuten, welche mit derartigen Krank¬
heiten behaftet sind, durch längeren Aufenthalt in einer hygienisch gut
eingerichteten Anstalt, in der ihnen neben einer ihrem Leiden angepassten
ausreichenden Verpflegung eine entsprechende sachgemässe ärztliche Be¬
handlung zu Theil wird, Gelegenheit zur möglichst vollständigen Wieder¬
herstellung ihrer Gesundheit bieten und sie dadurch für längere Zeit, als
dies sonst der Fall gewesen wäre, erwerbsfähig erhalten.
Nach längerer Umschau nach einem geeigneten Grundstück in der
Umgegend Berlins fiel die Wahl auf das der Stadt Berlin gehörige Gut
Gütergotz, von dem der oben genannte Vorstand einen Theil, und zwar
Schloss, Gärtnerhaus, Stallgebäude etc. und Park auf eine Reihe von
Jahren pachteto und mit dessen zweckentsprechender Umgestaltung und
Einrichtung Verfasser betraut wurde. Das betreffende Gut liegt in der
Nähe der Potsdamer Bahn und ist von den Stationen Neubabelsberg sowie
Drewitz per Wagen in Zeit von 40 resp. 30 Minuten zu erreichen. Das
abgepachtete Terrain ist 14,63 ha gross und besteht aus einem präch¬
tigen Park, in dem das Herrenhaus mit den zugehörigen Nebengebäuden
gelegen ist.
Das Herrenhaus, welches zweigeschossig ist, unterliegt augenblickHch
in seinem Innern einer erheblichen Umgestaltung, und zwar werden im
Erdgeschoss fünf grössere Schlafräume, zwei Speisesäle (Tageräume), die
Wohnungen für den Arzt und die Pflegerinnen, die nöthigen Wasch- und
Baderäume und Closets, im ersten Stockwerk neun Schlafräume sowie
die nöthigen Closets, Wasch- und Badeeinrichtungen hergestellt. Unmittel¬
bar am Schloss liegen grosse, zum Theil mit Dach versehene Veranden,
welche Unterkunft für 120 bis 150 Personen gewähren. Die Wirthschafts-
räume liegen im Kellergeschoss. Das Gebäude wird mit Wasserleitung
aus Rohrbrunnen, dessen Wasser eine Filteranlage passirt und einen
Enteisenungsprocess durchgeraacht hat (System Piefke), versehen. Die
ganze Anlage ist derart gehalten, dass sämmtliche Räume gut und aus¬
giebig ventilirt werden können.
Die Aufnahme der Kranken geschieht in einem besonderen Gebäude,
in welchem sich auch Badeeinrichtungen für die Verabreichung von
Reinigungsbädern sowie ein Desinfectionsapparat zur Desinfection von
Kleidungsstücken, Wäsche etc. befinden. Ferner sind Räumlichkeiten für
die medico-mechanische Behandlung, Einrichtung für Elektrotherapie, sowie
ein bacteriologisches Laboratorium vorgesehen; auch Kegelbahn mit heiz¬
barem Kegelhaus ist vorhanden, die Anlage eines Turnplatzes geplant.
Zur Entwässerung, Abführung der Fäealstoffe etc. dient eine eigene
Canalisationsanlage, die ihre Wässer einem vom Sanatorium in ent¬
sprechender Entfernung abgelegenen kleinen Rieselfelde zuführt.
Das Sanatorium ist für die Aufnahme von 70 Kranken berechnet,
doch soll später (vielleicht schon im nächsten Jahre) ein gesonderter Block
für 30 bis 40 schwindsüchtige Männer, dio sich im ersten Stadium der
Krankheit befinden, errichtet werden. Eine genauere Beschreibung der
Gesammtanlage behalte ich mir nach Fertigstellung der Baulichkeiten und
inneren Einrichtungen vor.
Die Verpflegung im Sanatorium geschieht auf Kosten der Ver¬
sicherungsanstalt; auch soll in geeigneten Fällen denjenigen Angehörigen,
deren Ernährer der Aufzunehmende ist, eine Familienunterstützung ge¬
währt werden. Die laufende ärztliche Behandlung wird in den Händen
eines im Sanatorium stationirten Arztes liegen, dem eine bewährte ärztliche
Kraft, die die Oberaufsicht führt, aber nicht in der Anstalt wohnt,
consultativ zur Seite steht.
Die Eröffnung des Sanatoriums wird voraussichtlich Mitte August
dieses Jahres stattfinden. Nach den vom Vorstand entworfenen Satzungen
sind ausgeschlossen von der Aufnahme:
1. Solche Personen, deren Leiden ein derartiges ist, dass der Eintritt
der InvaHdität nicht zu befürchten ist;
2. Solche Personen, deren Leiden ein derartiges oder derart fortge¬
schrittenes ist, dass die Wiederherstellung oder auch nur die Hinaus¬
schiebung des Eintritts der Invalidität nach ärztlichem Gutachten nicht
zu erzielen ist.
Von der Aufnahme sind ferner ausgeschlossen:
3. Weibliche Personen; für diese ist die Schaffung einer besonderen
Einrichtung in Aussicht genommen;
4. Personen, welche mit Lungenschwindsucht behaftet sind; auch für
diese Personen ist die Schaffung einer besonderen Einrichtung in Aussicht
genommen (dieselbe dürfte, wie oben gesagt, in nicht allzu ferner Zeit
zur Ausführung gelangen):
5. Geisteskranke und mit ansteckenden Krankheiten behaftete Personen.
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588
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28
Eine neue elektrische Ophthalmoskopirlampe.
Von Dr. F. D8us in Berlin.
Die zum Ophthalmoskopiren bestimmte elektrische Lampe besteht
aus einem einfachen, in vertikaler Richtung verstellbaren Lampenfuss, der
die zur Aufnahme der Glühlampe passende Fassung trägt und einen Um¬
schalter „E“ besitzt, um den Strom beliebig öffnen
oder schliessen zu können. Die Glühlampe ist,
um ein gleichmässiges diffuses Licht zu erzielen,
matt geschliffen.
Diese einfache Lampe ersetzt vollkommen jede
sonst gebräuchliche Lichtquelle, ohne die Nach¬
theile dieser zu haben, welche bei Gaslicht in der
störenden Wärmeabgabe und der Luftverderbniss
bestehen, wozu sich bei Petroleumlampen noch der
selbst bei peinlichster Sauberkeit nie ganz zu be¬
seitigende Geruch gesellt.
Als Elektricitätsquelle kommen Accumulateren
oder der direkte Anschluss an das Leitungsnetz
einer Beleuchtungsanlage in Frage. Im letzteren
Falle ist ein Regulirwiderstand einzuschalten. In
den meisten Fällen wird eineAccuinulatorenbatterie
in Anwendung kommen müssen und ist dann eine
solche von sechs Zellen (12 Volt) erforderlich.
Eine Capacität von 14 Amp.-Stunden dürfte stets
ausreichend sein, da man bei Verwendung des
elektrischen Lichtes den grossen Vortheil hat. das Licht nach der Unter¬
suchung sofort durch Unterbrechen des Stromes ausschalten zu können,
wodurch eine sehr sparsame Ausnutzung der Acciimulatoren bedingt ist.
Bei weniger häufiger Benutzung genügt eine Accumulatorenbatterie von
12 Volt imd sieben Amp.-Stunden Capacität.
Durch die Benutzung dieser neuen Lampe ist keine Aenderung des
sonst benutzten Instrumentariums bedingt; jederzeit kann ohne Umstände
der sonst benutzte Beleuchtungsapparat durch die elektrische Lampe er¬
setzt werden.
Die Hauptschwierigkeit bei der Benutzung der Glühlampen zur Unter¬
suchung des Auges bestand in dem Auftreten eines störenden, der Form
des Kohlenfadens entsprechenden Schattens auf dem Augenhintergrunde.
Königshöfer demonstrirte vor mehreren Jahren eine Lampe zum Oph¬
thalmoskopiren, bei welcher dieser Uebelstand dadurch beseitigt wurde,
dass das Licht durch eine Sammellinse und dann durch eine matte Scheibe
geschickt wurde. Lampe, Linsen und Augenspiegel waren derartig an
einem beweglichen Stativ befestigt, dass die Strahlen stets in das Centrum
des um seine horizontale und vertikale Axe drehbaren Spiegels fielen;
gleichzeitig mit der Bewegung des Spiegels bewegten sich auch Lampe
und Linsen. Die allgemeine Einführung dieser Lampe scheiterte an der
complicirten und für die meisten Untersucher unhandlichen Construction.
Beide Uebelstände, das Sichtbarwerden des Glühfadens als Schatten
auf dem Augenhintergrunde, sowie der complieirte Mechanismus fallen bei
der neuen Lampe fort. Dieselbe giebt ein schönes, ruhiges weisses Licht,
das in seiner Intensität durch den Rheostaten in derselben Weise regulir-
bar ist, wie das Gas- oder Petroleumlicht durch Drehen des Hahnes resp.
der Schraube, so dass die verschiedenen Untersuchungsmethoden, ohne
weiteres mit Hülfe derselben ausgeftihrt werden können.
Angefertigt wurde die Lampe nach den Angaben des Verfassers von
der Firma W. A. Hirschmann, Berlin, Johannisstrasse 14/15.
XI. Wir erhalten von Herrn Prof. G. Bizzozero nachstehende
Zuschrift, der wir — da es sich um eine thatsächliche Berichtigung
handelt — gern Aufnahme gewähren, ohne die als geschlossen betrachtete
Discussion damit wieder zu eröffnen.
Sehr geehrte Herren Collegen!
Ich achte und billige Ihren Entschluss, eine Polemik zu schliessen,
die ich nicht hervorgerufen habe und über welche der unparteiische Leser
jetzt mehr als imstande sein wird, ein Urtheil zu fällen. Sie wollen mir
jedoch gestatten, dass ich, der Wahrheit zu Liebe und zur Vertheidigung
meines Namens, Sie ersuche, nachstehende Berichtigung in Ihrer geschätzten
Wochenschrift zum Abdruck zu bringen.
Herr Professor N eu mann will, immer nur um den Leser zu über¬
zeugen, dass meine wissenschaftliche Thätigkeit sich besonders darin ent¬
faltet hat, mir die Entdeckungen Anderer anzueignen, in seinem Nachtrag
glauben machen, dass das Verdienst der Entdeckung der Contractilität
der Markzellen, das ich immer für mich in Anspruch genommen habe, hin¬
gegen mir und meinem Lehrer Mantegazza gemeinschaftlich zufalle.
Um dies darzuthun, citirt er in der Uebersetzung einige Sätze der von
Mantegazza dem R. Istituto Lombardo in der Sitzung vom 26. Januar
1865 gemachten kurzen Mittheilung (Rendiconto del R. Ist. Lomb. 1865
Vol. II, Fase. I). ’
Nun wohl, die von Herrn Neumann gegebene Uebersetzung der be¬
treffenden Sätze 1 ) entstellt vollständig die Wahrheit, wie aus den folgenden
Gitaten hervorgeht:
Original.
A questo fatto devo aggiungerne un altro, assai importante, veduto
per la pnma volta dal mio ogregio amico ed assistente, il Sig r . Giulio
Bizzozero. — Condotto dalT analogia che esiste, solto il punto di vista
lstologico, tra i globuli del pus ed i globuli del midollo delle ossa, ricercö
se anche questi Ultimi godessero di un movimento spontaneo. A questo
scopo assogg ettö all’ osservazione il midollo delle ossa della rana
*) Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 23, S. 503.
e il risultato corrispose perfettamente a quanto aveva immaginato a priori.
Negli animali superiori non potö osservare i movimenti dei globuli
midollari, fuorchö nella gallina ecc.
Uebersetzung des Herrn Getreue Uebersetzug.
Neu mann. Hier muss ich eine andere, von
Hier muss ich eine andere, von meinem ausgezeichneten Freunde
meinem ausgezeichneten Freunde und Assistenten G. Bizzozero zu-
und Assistenten Bizzozero zuerst erst bemerkte sehr wichtige That-
bemerkte wichtige Thatsache an- Sache anreihen. Veranlasst durch
reihen. Veranlasst durch die Aehn- die Aehnlichkeit, welche in histo-
lichkeit, welche in histologischer Be- logischer Beziehung zwischen den
ziehung zwischen den Eiterzellen Eiterzellen und den Zellen des
und den Zellen des Knochenmarkes Knochenmarkes besteht, untersuchte
besteht, untersuchte ich (Mante- er (Bizzozero), ob auch diese
gazza), ob auch letztere spontane letzteren spontane Bewegungen
Bewegungen zeigen. Zu diesem zeigen. Zu diesem Zwecke unter-
Zwecke benutzte ich das Knochen- warf er das Knochenmark von
mark von Fröschen, und das Re- Fröschen der Untersuchung, und
sultat entsprach vollständig den Er- das Resultat entsprach vollständig
Wartungen,.. Bei höheren dem, was er a priori sich vorge-
Thieren habe ich keine Bewegungen stellt hatte.Bei höheren
der Markzellen beobachten können, Thieren konnte er Bewegungen der
mit Ausnahme des Huhnes. Knochenmarkzellen nicht wahr¬
nehmen , ausgenommen bei der
Henne etc.
Diese Citate machen jeden Commentar überflüssig!
Genehmigen Sie, geehrte Herren Collegeu, meine vollste Hochachtung.
_ Prof. G. Bizzozero.
XII. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Der in voriger Nummer dieser Wochenschrift erwähnte
Beschluss der Stadtverordnetenversammlung über die Vermehrung des
ärztlichen Personals in den städtischen Krankenhäusern hat
nunmehr die Billigung des Magistrats gefunden.
— Priv.-Doc. Dr. Schlange, Oberarzt der v. B er gm an n’schen Klinik,
ist zum Leiter der chirurgischen Abtheilung des neuen Stadtkrankenhauses
in Hannover ernannt worden. Die innere Station des Krankenhauses
übernimmt Prof. Rein hold aus Freiburg.
. — Wien. Die meisten deutschen Unterrichtsverwaltungen sowie
das Ministerium für Cultus und Unterricht in Wien haben ihre Bereit¬
willigkeit ausgesprochen, den Professoren und Lehrern an Mittelschulen
und ähnlichen Anstalten, welche an der „66. Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte“ theilnehmen wollen, Urlaub zu gewähren.
Das badische Ministerium hebt hervor, dass ihm die Theilnahme der
Lehrer an der genannten Versammlung „nur erwünscht sein kann“, und
in ähnlicher Weise lauten die Mittheilungen aus Meiningen, Strassburg,
Gotha, Braunschweig, Weimar etc. etc. Auch von anderer Seite wird
das Streben, die Wiener Naturforscherversammlung fruchtbar und an¬
regend zu gestalten, kräftigst unterstützt. Das k. u. k. Obersthofmeister¬
amt hat während der Dauer der Versammlung (24. bis 30. September)
den Theilnehmern täglich freien Eintritt in das naturhistorische Hof¬
museum, das k. u. k. Oberstkämmereramt eine bedeutende Erweiterung
der Besuchszeit für das kunsthistorische Hofmuseum zugesagt, die Hof¬
bibliothek wird in einem besonderen Raume historisch interessante Bild¬
werke auflegen, der wissenschaftliche Club ladet zum Besuche und zur
Benutzung seiner Räumlichkeiten und seiner Bibliotheken ein, sowie zahl¬
reiche Direktoren von Sammlungon und Anstalten zu deren Besichtigung.
— Paris. Die den Kammern angehörigen Aerzte haben
sich zu einer ausserparlamentarischen Vereinigung zusammen¬
geschlossen, um über ärztliche Standesfragen zu berathen. Die Vereini¬
gung hat L. Labbd zum Präsidenten, Cornil und Lannelongue zu
Vicepräsidenten gewählt.
— London.. Die „Society of Arts“ hat Sir Joseph Lister
dieAlbert-Medaille verliehen „für die Entdeckung und Einführung
der antiseptischen Methode der Wundbehandlung, durch welche nicht
nur die chirurgische Kunst ausserordentlich gefördert ist und viele
Menschenleben gerettet, sondern auch ausgedehnte Industrieen zur Be¬
schaffung des erforderlichen Materials entstanden sind.“
— Budapest. Vom 2. bis 6. Juli hat die XXVII. Versammlung
der ungarischen Aerzte und Naturforscher in Fünfkirchen getagt-
— Im Inseratentheil dieser Nummer veröffentlichen wir das Ver¬
zeichniss der Vorlesungen für die Feriencurse für praktische Aerzte,
die während der Zeit vom 24. September bis 27. October vom Docenten-
verein für Feriencurse an der Berliner medicinischen Facultät veranstaltet
werden.
— Universitäten. Bonn. Der a. o. Professor in der medicinischen
Facultät Geh. Med.-Rath Dr. Doutrelepont ist zum ordentlichen
Honorarprofessor ernannt. — Giessen. Der Senior der medicinischen
Faciiltät, der Professor für gerichtliche Medicin und Hygiene Dr. Wil-
brand ist gestorben. — Budapest. Als Privatdocenten haben sich
habilitirt: Dr. F. Szontagh für Pädiatrie, Dr. B. K enger es für gericht¬
liche Medicin, Dr. J. Neumann für Laiyngologie, Dr. J. Prochnow für
Chirurgie. — Padua. Der Privatdocent der Chirurgie an der Universität
Turin Dr. C. Attilio hat sich für dasselbe Fach an der Universität
Padua habilitirt.
Dle Herren Collegen, die Curdirecttonen etc. werden ergebenst
ersucht, die für die nächste Ausgabe des Reichsmedicinalkalenders
| (1896) nöthigen Mittheilungen schleunigst an die Redactlon, Pots-
damerstrasse 116, einzusenden.
Gedrückt bei Jalias SlUenfeld in Berlin W.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag _ M g». _ 19, Juli 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Llchtenstninallee 3. Potsdameratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. St.
I. Beiträge zur Lelire von der traumatisclien
Leukämie.
Von Wilhelm Ebstein in Göttingen.
Die Lehre von der traumatischen Leukämie ist heutzutage
nicht mehi* lediglich eine akademische Streitfrage. Das Unfallge¬
setz des deutschen Reichs stellt den begutachtenden Arzt bei Be¬
antwortung der Frage, ob eine Krankheit mit dem betr. Unfälle
in Zusammenhang steht oder nicht, oft genug vor die Entscheidung
von schwierigen ätiologischen Aufgaben, welche, während sie
früher ein vorzugsweise oder ausschliesslich theoretisches Interesse
hatten, nunmehr dadurch eine ansserordentliche praktische Wichtig¬
keit bekommen haben, dass ihre richtige Lösung für die weiten
Kreise nicht nur aller Arbeiter der verschiedenen industriellen
oder landwirthschaftlichen Betriebe, sondern auch für den Arbeit¬
geber, sei derselbe der Staat oder die Gemeinde oder eine Ge¬
nossenschaft oder ein Privatmann, bedeutungsvoll ist. Es ist
selbstverständlich, dass der Verletzte für die verschiedensten
Krankheiten, w r elche sich nach einem Unfall einstellen, angesichts
des Unfallgesetzes um so lieber diesen als direkte oder wenigstens
als begünstigende Ursache ansieht und zur Geltung zu bringen
sucht, als dadurch seine materielle Lage verbessert wird. Eine
Reihe der hier in Betracht kommenden Fragen hat im Laufe der
Zeit eine wesentliche Klärung erfahren und ist zum Theil sogar
zu einem gewissen Abschluss gelangt, während andere in dieser
Beziehung mehr oder weniger, bisweilen noch alles zu wünschen
übrig lassen. Um in diesen so wichtigen Fragen weiter zu kommen,
bedarf es der Mitwirkung vieler gut geschulter Fachmänner, und
zwar nicht nur solcher, welche die in Betracht kommenden
wissenschaftlichen Fragen zu erfassen bezw. zu lösen ver¬
mögen, sondern in allererster Reihe auch solcher, welche den Be¬
dürfnissen der Praxis im besten Sinne des Wortes zu genügen
imstande sind, d. h. welche unter Zuhülfenahme aller uns zu Ge¬
bote stehenden diagnostischen Hülfsmittel die betreffenden Indivi¬
duen einer auf den ganzen Körper sich erstreckenden Beobachtung
und Beurtheilung unterziehen und sich nicht mit einer sehablonen-
mässigen Behandlung des verletzten Theiles genügen lassen. Ich
spreche vom Standpunkt des inneren Arztes, indem ich zunächst
einige hier in Betracht kommende Punkte kurz berühre. Ich be¬
merke von vornherein, dass ich hier nicht des Gebietes der trau¬
matischen Neurosen und der gelegentlich nach Verletzungen sich
entwickelnden Psychosen, sondern nur einiger aus der Zahl der
Erkrankungen der inneren Organe, welche sich im Gefolge von
Traumen entwickeln können, gedenken will, bei denen sich durch
die Untersuchung bestimmte, wohl definirbare Veränderungen oder
Wenigstens functionelle Störungen nachweisen lassen, aus denen
auf erstere mit grösster Wahrscheinlichkeit geschlossen werden
muss. Die Fälle, welche dem begutachtenden Arzte die meisten
Schwierigkeiten bereiten, gestalten sich in der Regel so, dass
kürzere oder längere Zeit nach einem Unfall, sei es, dass dabei
ftusserliche Verletzungen stattgefunden haben oder dass solche
entweder völlig fehlen oder so unbedeutend sind, dass ihretwegen
gar keine ärztliche Behandlung nachgesucht wird, zuerst einzelne
Krankheitssymptome auftreten, welche gar nicht selten so langsam
und allmählich sich zu einem bestimmten Krankheitsbilde gestalten,
dass man, wenn einem früher überstandenen Unfall Schuld an der
Krankheit gegeben wird, zunächst ernsthaft daran zweifeln müsste,
Wenn nicht die ärztlichen Erfahrungen für die Möglichkeit eines
Causalnexus zwischen Unfall und Krankheit sprächen. Ein geradezu
klassisches Beispiel dafür liefern manche Hirngeschwülste und andere
nach Verletzungen entstehende Hirnkrankheiten. Virchow 1 )
hat bereits darauf hingewiesen, dass die Hirngliome in manchen
Fällen von einem Trauma, das vielleicht eino leichte Hirnquetschung
hervorbrachte, hervorgerufen werden können. Gerhardt 2 ) hat
später diese Verhältnisse an der Hand klinischer Erfahrungen be¬
stätigt, er sagt: „Kopfverletzungen sind gewiss viel häufiger, als
wir wissen, die wahre Ursache des GUoms.“ Er fand in der
Litteratur unter 60 Fällen 10 mal, in 11 eigenen Fällen 4 mal
traumatische Veranlassung. „Sie werden um so leichter vergessen,
da oft sehr lange Zeit dazwischen liegt. So geht es auch bei an¬
deren Hirnkrankheiten, die durch Kopfverletzung entstehen.“
Gerhardt erinnert dabei an einen Fall von Hirnabscess, bei dem
erst am Tage vor dem Tode des Kranken ermittelt wurde, dass kurz vor
der Kraukheit ein Maasskrug auf dessen Kopfe zerschlagen worden
war. So zweifellos solche Beobachtungen sind und so oft sie sich
auch wiederholen mögen, so kann man doch nicht bei jedem Fall,
wo sich längere oder kürzere Zeit nach einem Trauma schwere
Hirnerscheinungen, welche z. B. für die Anwesenheit einer Hirn¬
geschwulst sprechen, ohne weiteres auf die oben angegebene all¬
gemeine Thatsache gestützt, einen Causalnexus zwischen Trauma
und Gehirnkrankheit annehmen. Hier kann ohne genaue Erforschung
der Vorvergangenheit des Kranken, insbesondere aber ohne die
Verwerthung früherer ärztlicher Beobachtungen ein richtiges Ur-
theil nicht gefällt werden. Ich erinnere mich mehrerer solcher
Fälle von angeblich von einer Verletzung herrührenden Hirner¬
krankungen, wo ermittelt wurde, dass schon vor dem Trauma
Hirnzufälle vorhanden waren, insbesondere Augenveränderungen
beobachtet worden waren, welche die Anwesenheit einer Himge-
schwulst mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit sicher¬
gestellt hatten. In einem dieser Fälle (Wilhelm Stieg, Ackers¬
mann, 31 Jahre alt, in der Göttinger Klinik behandelt vom 30. No¬
vember bis 21. December 1889 und vom 20. März bis 31. März
1891) konnte nachgewiesen werden, dass ein von dem Patienten
als Ursache seines Leidens, welches als Hirntumor erkannt worden
war, beschuldigtes Trauma sowohl an der Entwickelung der Ge¬
schwulst sowie auch an der Verschlimmerung der Symptome un¬
schuldig war, denn die Gehirnerscheinungen sowie der Augenbe¬
fund, woraus die Diagnose auf Hirntumor gestellt worden war,
hatten schon vor dem Trauma bestanden, und der Verlauf des
letzteren bewies überdies, dass nach ihm irgend ein nachtheiliger
Einfluss auf den Zustand des Kranken nicht bewirkt worden war.
In einem anderen Falle (Fall Graeb, 31 Jahre alt, in die Klinik
aufgenommen am 9. August 1892 und daselbst gestorben am
27. August 1892), der zur Obduction kam, hatte ein haselnuss¬
grosser Cysticercus am Boden des IV. Ventrikels und ein Hydro-
cephalus chronicus internus die Symptome des Hirntumors veran¬
lasst und den Tod herbeigeführt und zwar ohne dass ein Trauma,
welches der Patient erlitten hatte, die Krankeit in nachweisbarer
Weise beeinflusst hatte. Freilich wird in anderen analogen Fällen
immer noch die Frage zu erwägen sein, ob und in wieweit ein
Trauma eine vorher bestehende Hirnkrankheit z. B. durch Hinzu¬
treten einer Gehirnblutung u. s. w. verschlimmert hat.
9 Virchow, Die krankhaften Geschwülste, 2. Bd. Berlin 1864/1865.
S ’ 14 2)' Gerhardt, Das Gliom. Festschrift z. 300 j ähr. Jubiläum d.
Würzburger Universität. Leipzig 1881, S. 8 u. 9.
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/.onpsrhichie iic<f nichts Belasten «los f'nr seine C^mjdlieihsverhTdtaissc.
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Limes ehtwPkeU hnfr, ’ i,|, hfi-r r i- i r der Mrettmidm der Nahnmgsyutnahme verstärke und i u die seif-Jidru iwilwi> Pftrtio
hftUö... JV k U hfth6 Ouj (re e^mhäit atjr.lr i<n <• -(]«?.lirustk.'te'tößs, auK<lehhlf>n < »ht'^tiv^. .. i.
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i hirigruwiö^rt >%V!.mimÄnhK i 'dümÄH'g^u-.Entlassiwr zunächst ^<ihi co?übH
Lükjitehtm^ arg ütoSihtw ttimim 'it* - einM* iH.urn^vhrmi .,r^w«v ’! u ‘ "'-'T a ;it'geriöomum haha, jedmdi sei er ms ver-
Zahl $w .-hällM-. stnlfeliabß. leb habe auf immd einer * ht'bo .Abend? uaeh der Arbeit sehr trroase. Muttigkni-t
iäöte H^ibhung'.mchf/ intf^b^änTeil vv rs ** :x\llm.HhU # 4 Jddx -fii*ö«teuhme»’ 2 «ö • ein sowie sehr hefe^-
legen heit, die Uc^ch^unnhrf S • v u i bubo iuu in««w [m l^niu. Puho le&en, .Aru (5. Februar l$9'd BUllea sich iemer veissaide .
hwe cofPbr- T ‘-die L ,mAV,, - k ^^ «Uk-be Un dm Unirthoi- ^^me-r/.en m der haken S.dr.ö -oingt-^kdli; Uhm Y ^ß!dit! den-Bticnton
^ r ^ rra|^ Kommen: }jchrd^§rfhbg ruaclifeb mul ihn ^w^ögea, das .Satt A»iÖ5tUjtfch<a. ; -
tun * wip ick im^ÄTf^ühin^s d)t zwm KmnbbnP^ > 4 .: • woiPffUtmt uud.lftrjfin VQrltogeml&n ktWbcV'beä^tititoirs*
uimg'e Miubeiimige^ ober die iiifohra vun Traumen si d'. fjf ^ ;. hl ® r 5n ,bf ‘ fnmic.tbaii.en der KrÄakenge?chi?:tite mwmiw\< es
VrHnlivdb- J/öuk^iiiiu inmTum : iv«id wr f ^ ^..^ndgen, tuet- mrAifnUnn, dass Patient als Fmntiiuh^ Kmnklmif.
kvrucr hesebrii.b o : ^rV eilm f v n 'völ% gesmwl war uoH dass besonders 4 uth »
is^Jtüer Xaftökämie 0>ch lutumiitkmv U iei Vi, 1 i V ;.-'-„i 1 i/ u,, • V ' t i 1 ‘ ln<3j \ ltt ' (e - dnss ür&c bmi danuvis. jeukünusrh; wer ,!ö*ienfeiW imte*
m m£ hri iiflom 44äudW A f ] / am,u f 1 ,r P ln ^‘ Hehler, lie^n. GcHrx
dnss m diesem f+VlU. die Vkh-P, ht *i ‘ i ; . rX • *' 0li,i l>lu |* «huiHii nicht« nuhergiidil-■ wordw»,. weil nichts auf etö» Vex*
dass eine «erwehrte^id.w/’^ ft dir , ferß dürfte, di^eJyeii kinmoj, Hisst- sieh aus de«t $fi»m
Mil/ ii s w tftfifitrx.) 1^ «^ ’ n DfuUv'iriierehnu in der A oukhmtsveHaJxr so tjel crseJimi, daen kursi nach dera Unfall sinh hei
Pull t„r Jt 7, , ., z ' , r !,in!) '’ «ek«m»rn» sei-, «lass«inTrenn«,« to,bar emmmit** »iu «hrentete 8i«scfcth<«» «»iwfcbl« hat.
hpir,. Ai.fJ 5 iln ^',^^wehseite und starke QaMwhun^ dsrsßltam ■ rdfl«ßtÄ, • w»adion wir orfaheung.--
A a! ' t , ’i 1>?D v«- fHl1 f ’ w rfert - Klatt.ff«*t.ifiil»;) lif.li». e A««f Piniir« g!?i““ v M "- !! "- '■ i'rirt7.«a« K .m «ft iMg^n wnl-"«R« -man. b«»l« ,il« Irau,"
vwt«n. fOli;ljo M>it.hR(| H ng«n, WiJtllo «n <|«. r LitiPMtiir vorlir-mm S. H-“ * e '}r ,m - n m !"'*'»hu';n pllojjt. Wenn- it*h: nun «lio Frage >-«mi-
Tit A h B ^ r . »oracickow stHtt iffl \! r 'Z ' -S ■2&.&3S aM ."?? ' ;,t ' 1 .ft« .»#. h ^
1 /hvvU* tpor lMU, i'/• * 1 ‘ ^ f *'=h. Nafnrf. n At^fe •/ •j-U * c' oka ^^aehtimgGu, v.ddin dafür spnucJmn, Oat* Vürict^ungcn vou EMlwss au!
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19. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
591
bei einem von mir mitgetheilten Falle trat Leukämie ein nach Contusion
der Milz an einem Sattelknopf beim Aufsteigen auf ein Pferd.“_Ausser¬
dem berichtet W. R. Gowers in J. R. Reynold's a System of medicine
Voh V, London 18/9, S. 9, 22G, vier Fälle, bei denen die ersten Symptome
der Leukämie einem Schlage auf die Milzgegend zugeschrieben wurden.
Nun könnte trotzdem eingewendet werden, dass der p. Körber ja keine
direkt nachweisbare Verletzung der Milz erlitten habe; indessen könnte
immerhin eine allgemeine Körpererschütterung, wie sie bei einem solchen
Zusammenstoss möglich ist, mit einer besonderen Schädigung der Milz
verbunden sein. Abgesehen davon aber brauchen wir eine solche direkte
Schädigung nicht, denn man kann sich auf Grund von Beobachtungen der
Möglichkeit nicht verschliessen, dass auch in anderer Weise ein'solcher
Eisenbahnunfall der Entwickelung der Leukämie Vorschub zu leisten ver¬
mag, nämlich infolge der nervösen Störungen, welche sich nicht selten
danach entwickeln, wie dies nach Ausweis der Krankengeschichte
auch bei dem p. Körber der Fall war. Eine Reihe von Beobachtern sind
geneigt, nervösen Störungen einen grossen Einfluss bei der Entwickelung
der Leukämie zuzuschreiben. Mosler (a. a. 0.) nämlich hat auf den
Einfluss, welchen doprimirende Affecte und Gemüthsstimmuugen hierbei
haben, nachdrücklich aufmerksam gemacht, indem er sich auf Beobachtungen
von Bamberger und sich selbst stützt und besonders auch auf Ver¬
suche, welche Fürst v. Tarchanoff über die Nervenversorgung der
Milz und deren Beziehung zur Leukämie angestellt hat. In ähnlicher
Weise spricht sich Gowers (1. c. S. 223) betreffs nervöser Einflüsse auf
die Entstehung der Leukämie aus.
So wenig wir auch solche Beobachtungen heutzutage zu erklären im¬
stande sind, so wird man mit ihnen, zumal sie von anerkannten und
glaubhaften Männern mitgetheilt werden, doch rechnen müssen.
Ich gehe daher, da so viele analoge Thatsachen vorliegen, mein Gut¬
achten dahin ab, dass die Angaben des p. Körber soviel Wahrscheinlich¬
keit haben, um seinem Anträge auf Berechnung des Ruhegehaltes nach
den Bestimmungen des Unfallfürsorgegesetzes Folge zu geben. Lange
wird er sich dieses Ruhegehaltes nicht erfreuen. Seine Tage sind gezählt.
Zur Ergänzung der Krankengeschichte des p. Körber mögen hier
einige Notizen aus dem über ihn während seines Aufenthaltes in der
Klinik geführten Krankenjournale angeführt werden.
Während des Aufenthaltes des p. Körber in der Klinik wurden
folgende Blutuntersuchungen gemacht.
Datum
Hämoglobin¬
gehalt
(Fleischl’s
Zahl der Blutkörperchen
im emm
Verhältniss
der weissen zu
rothen Blut-
Hämometer.)
rothe
weisse
körperchen
16. April 1893 .
62%
3360000
576000
1:5,8
5. Mai 1893 . .
70% i
4215000
615000
1:6,8
16. Mai 1893 . .
70°'o !
2696000
488000
1:5,5
Das Körpergewicht sank in der Zeit vom 15. April bis 16. Mai 1893,
während der p. Körber in der Klinik verweilte, von 140 auf 134 Pfund.
Die Körpertemperaturen waren in dieser Zeit am Morgen stets normal,
Abends in der Regel subfebril, nur ausnahmsweise bestand sehr geringes
Fieber. Der Urin enthielt während der Beobachtungszeit in der Klinik
gewöhnlich etwas Eiweiss und eino grosse Zahl von Cylindem; er wurde
in normaler Menge entleert. Ausserdem bestand daneben eine mässige
Verbreiterung der Herzresistenz. Lungenspitzen verdächtig. In dem sehr
spärlichen, nur gelegentlich auftretenden Sputum wurden keine Tuberkel¬
bacillen gefunden.
Wie ich in meinem soeben mitgetheilten Gutachten über den
causalen Zusammenhang des Unfalles, welchen der p. Körber er¬
litten hatte, mit der Leukämie angegeben habe, ist es sehr be¬
dauerlich, dass wir bei seinem ersten Aufenthalt in der medici-
nischen Klinik, welcher kurze Zeit nach dem Eisenbahnzusammen-
stos8 stattfand, da keine direkte Veranlassung hierzu vorlag, unter¬
lassen haben, das Blut des Patienten zu untersuchen. Bei der
verhältnissmässig grossen Einfachheit, mit welcher wir heute durch
die mikroskopische Untersuchung des Blutes die Diagnose sehr
wichtiger und folgenschwerer Erkrankungen zu machen vermögen,
und bei der grossen Bedeutung, welche hierfür solche Feststel¬
lungen haben, wird es sich empfehlen, dieselben auch niemals in
den Fällen zu verabsäumen, wo Traumen als die Ursache von
Krankheitsersoheinungen beschuldigt werden. Nur auf diese Weise
dürfte es möglich werden, allmählich die Frage über den Causal-
nexus, welcher zwischen Traumen und Leukämie von zuverlässigen
Beobachtern auf Grund klinischer Erfahrungen zugelassen wird, in
befriedigenderer Weise zu lösen, als es zur Zeit möglich ist. Bei
dem Falle Körber lassen sich keine solchen direkten Schädi¬
gungen der Organe mit Sicherheit erweisen, welche in der zur
Zeit vorliegenden, noch nicht zahlreichen Casuistik über die trau¬
matische Leukämie 1 ) angeführt werden. Indessen habe ich in
*) P. de Chappelle führt in seiner Th^se de la leucocythemie dans
ses rapports avec le traumatisme, Paris 1880, nur zehn Fälle zum Beweis
dafür an, dass ein Trauma Leukämie hervorrufen kann, darunter übrigens
nur vier, bei welchen eigentliche Traumen der Milz und Milzgegend vor¬
handen waren, während in den übrigen Fällen die ursächlichen Traumen
in Exstirpation der Tonsillen, Muskelanstrengungen und Blutverlusten be¬
standen. Die von de Chappelle citirten vier Fälle betreffen die Be¬
obachtungen von Ponfick, Mosler, \Vallace und Robertson (Glasg.
med. Journ. 1855) und Morat (Bullet de la soc. med. de la Suisse t. IV,
meinem soeben angeführten Gutachten darauf hingewiesen, dass
bei solchen Eisenbahnunfällen u. a. auch eine Erschütterung der
Milz sehr wohl denkbar sei, dass aber auch möglicherweise, wofür
gewisse klinische Erfahrungen zu sprechen scheinen, die bei solchen
Eisenbahnunfällen erfahrungsgemäss auftretenden nervösen Stö¬
rungen als prädisponirendes Moment bei der Entwickelung der
Leukämie von Bedeutung sein können. e
Freilich spricht gegen die von Mosler (1. c.) versuchte Ueber-
tragung der Fürst Tarchanoff’schen Thierversuche,') welche
das Ergebniss lieferten, dass allmähliche Durchschneidung der
Milznerven eine Anschwellung der Milz entsprechend den Stellen,
wo die Nerven durchschnitten waren, bedingt, so dass am Endo
der Operation die ganze Milz sehr blutreich, locker und vergrössert
ist, auf die Aetiologie der menschlichen Pathologie, die Thatsache,
dass nach der Durchschneidung der Milznerven zunächst zwar die
Zahl der weissen Blutkörperchen in dem Gesammtblute um das fünf-
bis sechsfache vermehrt wird, dass aber diese Vermehrung bereits am
Ende der ersten Woche verschwunden ist. Nichts desto weniger
halte ich es bei dem wichtigen Einfluss, welchen das Nervensystem
erweislich auf alle Verrichtungen und Functionen des menschlichen
Körpers austibt, für sehr wohl möglich, dass zwischen gewissen
Störungen desselben und der Leukämie Bindeglieder bestehen können.
Unter den in der Litteratur verzeichneten Fällen von traumatischer
Leukämie handelte es sich bei den bereits erwähnten Beobachtungen von
Virchow, Mosler u. a. fast immer um Schädigungen, welche die Milz
oder die Knochen betrafen. Dass traumatische Erkrankungen der Lymph-
drüsen den Ausgangspunkt der Leukämie bilden, dürfte sehr selten sein.
Mir sind wenigstens aus der Litteratur derartige Beobachtungen nicht
bekannt geworden.
In einem auf meiner Klinik vom 30. Januar bis 4. Februar 1879
behandelten Falle von Leukämie (Gustav Thiemann, 21 Jahre,
Tischler, aus Göttingen) mit einer starken Vermehrung der weissen
Blutkörperchen, wurde eine seit sechs Wochen bestehende Schwel¬
lung der Lymphdrüsen, welche angeblich durch Tragen einer Last auf
der linken Schulter entstanden sein soll, als Ursache der Krankheit an¬
gegeben. Die Milz war nicht palpirbar. Der Kranke ist am 10. Novem¬
ber 1879 in seiner Wohnung der Krankheit erlegen. Obgleich der Patient
mit grosser Bestimmtheit seine Angaben aufrecht erhielt, möchte ich
diesem Falle doch keine entscheidende Bedeutung beilegen.
Vornehmlich sind in der spärlichen Casuistik der traumatischen Leu¬
kämie Verletzungen der Milz stark vertreten. Bei den von Gow’ers 3 )
erwähnten Fällen wurde die Entwickelung der Leukämie einem Schlage
auf die Milz zugeschrieben.
Auch in einer Beobachtung aus der Gerhardt’schen Klinik in Würz¬
burg, welche von Thomson 3 ) beschrieben worden ist, wird eine solche Ver¬
letzung beschuldigt. Ein 40jähriger Schneider hatte im Alter von 23,24
und 38 Jahren Traumen (Quetschungen, Stösse) erlitten, welche vorzugsweise
oder allein die linke Seite betroffen hatten. Unmittelbar im Anschluss an
die letzterwähnte Verletzung sollen sich die Krankheitssymptome entwickelt
haben. Nach ca. acht Monaten liess sich eine sehr intensive Leukämie (Ver-
hältniss der weissen zu den rothen Blutkörperchen wart : 4,06) nachweisen
Von besonderem Interesse ist folgender von Ponfick 4 ) be¬
obachteter Fall. Ein 37jähriger Arbeitsmann hatte 1874 einen Huf¬
schlag in die linke Seite bekommen. Dio dadurch veranlassten Be¬
schwerden (Stiche in der linken Seite) hinderten ihn an seiner Arbeit.
Nach längerer Pause traten im Frühjahr 1875 diese Beschwerden wieder
vorübergehend auf. Im Sommer 1875 fühlte sich Patient etwas schwächer.
Im October 1875 traten die Stiche gleichzeitig mit fieberhaften Sympto¬
men wieder auf. Es gesellten sich dazu andore Krankheitserscheinungon
(Dyspnoü, heftiges Nasenbluten). Als Patient am 13. Januar 1876 in die
Klinik des Prof. Thierfelder in Rostock aufgenommen wurde, wurde
die Diagnose auf Leukämie gestellt. Das Verhältniss der weissen zu
den rothen Blutkörperchen betrug 1:10. Der Tod erfolgte schon drei
Tage nach der Aufnahme. Die Section ergab die Reste einer ganz
direkten Läsion der Milz und der verschiedenen Nachbarorgane nebst
ihren Peritonealüberzügen. Ponfick hält sich auf Grund dieses Befundes
für berechtigt, mit aller der Sicherheit, deren die objective Forschung auf
ätiologischer Basis überhaupt fähig ist, eine causalo und bedingende Be¬
ziehung zwischen jenem Hufschlage und der Entwickelung der Leukämie
zu behaupten.
Ein dem eben erwähnten in mancher Beziehung analoger Fall
wurde in meiner Klinik beobachtet und ist in der Inauguraldisser¬
tation von Josef Lüder 5 ) beschrieben worden: Der Patient, ein 38-
jähriger Arbeiter August Gerke aus Markoldendorf wurde im April
1886 durch ein Pferd an die Wand gedrückt, wodurch angeblich eine
Verletzung der Bauchorgane veranlasst wurde. Dass eine solche that-
p. 263. Die letzten beiden Beobachtungen konnte ich im Original nicht
einsehen.
i) Tarchanoff, Pflüger’s Archiv VIII, S. 97 (1874); vgl. betreffend
die Widersprüche in den Beobachtungen des Fürsten Tarchanoff;
Ebstein, Ueber die acute Leukämie und Pseudoleukämie. Deutsches
Archiv für klinische Medicin Bd. 44, S. 369, 1889.
'*) Gowers 1. c.
3) Georg Thomsen, Ein Beitrag zur Kenntniss des leukämischen
Blutes. Inauguraldissertation, Würzburg 1885.
4 ) Ponfick, Virchow’s Archiv 67. Band (1876), S. 273.
5 ) JosefLüder, Beiträge zur Lehre von der Leukämie mit besonderer
Berücksichtigung der Steinbildung. Inauguraldissertation, Göttmgen 1888,
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
592
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
sächlich stattgefunden hat, ergab sich aber nicht nur aus den Angaben
des Patienten, sondern insbesondere, daraus, dass sofort nach diesem
Trauma heftiger Stuhldrang mit Abgang von Blut entstand. Beide Sym¬
ptome hielten mehrere Tage an. Nachher ist der Kranke nie wieder ganz
gesund geworden. Es bestanden und entwickelten sich mehr und mehr
zunehmende Schwäche, Schmerzen in den Gliedern und allgemeine Ab-
geschlagenheit. Gelegentlich trat Durchfall auf. Bereits Mitte Juli 1886
begann gleichzeitig mit einer Schwellung des Bauches, welche mehrfach
verschwunden und wiedeigekehrt sein soll, die Entwickelung einer harten,
sehr schmerzhaften Geschwulst des rechten Schulterblattes,
welche ziemlich rasch bis zu der Grösse eines Gänseeies gewachsen sein
soll. Ende December 1886 ist die Geschwulst von einem Arzte ange¬
schnitten worden, wobei sich nur Blut entleert haben soll. Heilung sei
danach aber, wie Patient erzählt, nicht eingetreten, sondern die Ge¬
schwulst habe angefangen, Eiter abzusondern. Der Kranke Hess sich am
14. Mai 1887 auf meine Klinik aufnehmen und ist daselbst bereits am 17.
desselben Monats gestorben. Der sehr kaehektisch aussehende Kranke
zeigte eine kugelige, faustgrosse Geschwulst des rechten Schulterblattes,
welche an einer Stelle die Haut durchbrochen hatte und die als Sarkom
erkannt wurde. Der Bauch war mässig aufgetrieben, Leber und Milz
waren sehr stark vergrössert, die Inguinaldrüsen waren nur mässig, die
Supraclaviculardrtisen besonders rechterseits bis zu Bohnengrösse ge¬
schwollen. Die UrinbeschafFenhoit führte zur Diagnose einer Nephritis,
und die in ihm befindlichen aus Uraten bestehenden kleinen, grieskorn-
^rossen Concremente, welche bei Behandlung mit Boraxlösung ein deut¬
liches Gerüst aus Eiweisssubstanz zeigten, sicherten die Diagnose der
UroHthiasis uratica, welche seit ungefähr Monatsfrist sich durch Abgang
solcher Concremente kundgegeben hatte. Die Stuhlausleerungen waren
dünn. Die Blutbeschaffenheit war hochgradig leukämisch. Das Ver-
hältniss der weissen zu den rothen Blutkörperchen war 1:10. Der
Kranke starb in tiefem Koma. Die von Herrn Collegen Orth angestellte
bection bestätigte die Diagnose der Leukämie und die angegebenen Or¬
ganveränderungen, insbesondere auch die Urolithiasis uratica Der an
der lateralen Seite des rechten Schulterblatts befindliche Tumor, welcher
im Umfange eines Zweimarkstückes die Haut durchbrochen hatte und
sich sehr weich, fast fluctuirend anfühlte, erwies ich als ein alvooläres
Kundzellensarkom. Endlich aber fand sich eine handtellergrosse
Verwachsung der Milz mit dem Zwerchfell, auch war dieses mit
dem linken Leberlappen im d dieser wieder mit der Milz verwachsen.
Auf dem rechten Leberlappen zeigte sich eine horizontal verlaufende
8 cm lange und mehrere Millimeter breite fibröse narbenarttee Ver¬
dickung, welcher im Parenchym der Leber ein flacher Defect entsprach.
Man wird mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit annehmen
dürfen, dass diese Verwachsungen sowie die narbenartige Ver¬
dickung am rechten Leberlappen mit dem erwähnten Trauma in
Zusammenhang stehen. Was diese Beobachtung auszeichnet ist
die Complication einer Leukämie mit einem alveolären
j n JJ z „ e ‘* ensar k om eines Knochens. Man. wird auf Grund
4er Erfahrungen, wo bei einer Reihe von Sarkomen die betreffen-
den Kranken mit grösster Bestimmtheit angegeben haben, dass
die Geschwulst sich nach einem Trauma entwickelt habe, auch in
unserem Falle daran denken dürfen, dass das Sarkom des
Schulterblattes mit der Ton dem Patienten erlittenen
starken Quetschung zusammenhängt. Da nun ferner er-
’ St ’ T daSS solche Sarkome und die malignen aleukä-
p™*! ? L y - m P h a d e , n o m e > welche man bei der sogenannten
Pseudoleukämie findet, einander so ähnlich sind, dass ihre Er-
Tv™nL S H SC1Wlerig - ke , ,ten bereitet ’ Md diese malignen aleukämischen
LrZhadT 6 T ° n ,? en m alignen leukämischen
Lymphadenomen nicht wesentlich abweichen, so dass zwischen
fuo/n° gen!l T teU r , seudoleukämie und der Leukämie gewisse Binde-
gbeder existiren: lässt sich auf Grund dieser Beobachtung noch an
TnZ We r lg ? Beziehungen zwischen Trauma und Leukämi? denken
Bidess liegt es ausser dem Rahmen dieser Arbeit, diesen Punkt
weiter auszuspinnen, es erscheint mir überdies zweckmässiger erst
Ztem 6reB CaSUiStiSCheS MateriaI iD d i<*er iStnng ’abzt
—-_(Schluss folgt.) |
II. Die Mac Keown-Hirschberg’sche MethocU
der Magnetextraction.
Erwiderung an Herrn Prof. Hirschberg.
Von Prof. Otto Schirmer.
Prnf^i^Lhk UDd 2 ? dieser Wochenschrift beschwert sich Hen
t lch erhebe «"gerechte Vorwürfe gegen seC
herab P? h^ ahren , Z, f tZ6 eS Stüber dem HafbUe“
Verfahr E b au d<m blsbe ngen Publicationen über das neue"
iLzt eW ße “ hwi ® ßen “« d sich die Ansichten klären lassen wollen
die alte Va Cw" ^‘tümlimg, könnte man befflrohte d ‘ ag ■
tung erwecken koMte“bWht™ - Pr ° f ' Hirschber g diese Befürch-
selbe g doch 6 rieht"*3ten’bisherigei
No. 2
Mittheilungen annehmen musste, und jedenfalls niemals imstanc
sein wird, das ältere Verfahren entbehrlich zu machen. Meine Mi
theilung ist doch im Gegentheil gerade eine Bestätigung der Voi
züglichkeit dieser Methode, und mein Fall beweist ihre Ueberlegei
heit über die Haab’sche.
In dem wesentlichen Inhalt meiner Arbeit kann also Hei
Prof. Hirschberg unmöglich den Grund für obige Befürchten
gefunden haben. Es ist nur denkbar, dass ihn einige vom
geschickte Bemerkungen verstimmt haben, in welchen ich von rei
theoretischen Gesichtspunkten aus die Haab’sche Methode für di
ungefährlichere erkläre und deshalb als eine werthvolle Bereiche
rung unserer operativen Technik bezeichne. Hiebei erhebe id
gegen das Mac Keown-Hirschberg’sche Verfahren drei Vor
würfe, die Herr Prof. Hirschberg als „nicht nur als gänzliel
unbegründet, sondern sogar durch die bisherigen Veröffentlichung^
widerlegt“ bezeichnet. Hierzu seien mir noch einige kurze Bemer¬
kungen gestattet.
1. Ich sage: „Das Mac Keown-Hirschberg’sche Verfahre]
hat die Gefahr einer Infection wohl nicht immer ganz vermeiden
lassen.“ Glaubt Herr Prof. Hirschberg wirklich, diesen Satz
widerlegt zu haben, wenn er anführt, er selbst habe bei 150 Fällen
nur eine Eiterung gehabt! Hirsehberg beherrscht, wie Jeder
weiss, die Asepsis in ausgezeichneter Weise. Wenn schon ihm
einmal eine Infection des Glaskörpers passirt ist, wie viel leichter
anderen, die nicht so geübte Assistenz und nicht so vollkommene
Operationsräume zur Verfügung hatten. Solche missglückten Fälle
werden aber bekanntlich gewöhnlich nicht publicirt.
2. Wenn ich sage, dass die Mac Keown-Hirschherg’sche
Methode „stets“ Glaskörperverlust bedinge, so habe ich darunter
nicht Vorfälle von Corpus vitreum verstanden, so gross, dass man
sie abtragen musste. Aber wenn man, selbst in tiefer Narkose,
die Bulbuskapscl scleral eröffnet und durch Einführung des Magneten
den Inhalt derselben vermehrt, so muss doch zu beiden Seiten der
Magnetspitze etwas Glaskörper hervorquellen. So sollte man es
nach physikalischen Gesetzen erwarten, und so habe ich es stets
gesehen. Zugeben muss ich jedoch, dass Glaskörperverlust bei
Extraction per corneam umgangen werden kann.
3. Vas schliesslich die „GlaskörperZerstörung“ betrifft —
von „Zertrümmerung“ habe ich nicht gesprochen —, so dürfte die
von Herrn Prof. Hirschberg empfohlene Spaltung des Glaskörper¬
gewebes mit dem Gräfe’schen Messer bis in die Gegend des Split¬
ters schon als eine solche Zerstörung zu bezeichnen sein, ganz
abgesehen davon, dass nichts uns garantirt, dass der später ein¬
geführte viel dickere und gebogene Magnet wirklich die Wände
des Spalts in dem so zarten Glaskörpergewebe respectirt und sich
nicht neue Wege bahnt.
III. Ueber Chirurgie der Rückenmarks¬
erkrankungen. 1 )
Von Stabsarzt Dr. Goldscheider,
Privatdoconten und Assistenten der ersten medicinischen Universitätsklinik
in Berlin.
Wenn ich es wage, über die chirurgische Behandlung der
Kuckenmarkskrankheiten ein Referat zu erstatten, so fühle ich mich
dazu berechtigt durch die Aeusserungen einiger hervorragender
Chirurgen, dass gerade auf diesem Gebiete die Zusammenarbeit mit
der inneren Klinik und speciell mit der Neuro-Pathologie sehr er¬
wünscht sei.
. I. Lähmung bei Wirbelfractur.
Ich wende mich zunächst zu denjenigen Rückenmarkserkran-
kungen, welche durch Fracturen der Wirbel bedingt sind, also
durch traumatische Veranlassung. Schon im Alterthum (Paulus
von Aegina) war das operative Eingreifen bei diesen Fällen in
Erwägung gezogen, und Heister (Mitte des vorigen Jahrhunderts)
empfiehlt die Herausnahme bezw. Elevation von Wirbelfragmenten
bei Quetschung des Rückenmarks (cit. nach Gurlt: Handbuch der
Lehre von den Knochenbrüchen, 1864). Wirklich ausgeführt scheint
Operation bei Wirbelfracturen aber erst von Cline im Jahre
1814 zu sein. Sein Fall verlief unglücklich; er und mehrfache
andere, gleichfalls ohne Glück von Anderen operirte Fälle gaben
zu bewegten Debatten Veranlassung, welche namentlich zwischen
Astley Cooper und Charles Bell geführt wurden; während
ersterer für die Berechtigung der Operation eintrat, war letzterer
ein Gegner derselben. Da aber die Erfolge schlecht blieben, so
kam man allmählich von dem chirurgischen Eingreifen bei Wirbel-
iracturen ab. Später, in den sechziger Jahren, wurde von
Hrown-S6quard, aus theoretischen Ueberlegungen heraus, diese
Operation wieder empfohlen, und zwar als eine möglichst bald nach
der Verlet zung vorzunehmende.
*) Referat, gehalten im Verein für innere Medicin in Berlin am 22. Mai 1894.
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UNIVERSfTY OF MICHIGAN
19. Juli.
DEUTSCHE MEDICiyiSCHE WOCHENSCHRIFT.
Die Anschauungen und Gründe von Brown-Söquard sind
schon von Gurlt in dem oben citirten Werk über die Knochen¬
brüche trefiend widerlegt worden, wo er sich sehr entschieden
gegen die Operation aussprach. Leyden hat dann in seiner
Klinik der Rückenmarkskrankheiten bei gewissen Fällen zur Opera¬
tion gerathen. Leyden wies speciell darauf hin, dass das Schick¬
sal dieser Leute, die eine Wirbelfractur mit consecutiver Para¬
plegie erlitten haben, ein ungemein trauriges sei und man darum
wohl in manchen Fällen, speciell bei Fracturen der Bögen,
einen chirurgischen Eingriff versuchen könne. Seit 1886 nun]
also in der neuesten Zeit, hat die Abtragung der Wirbelbögen
(Laminektomie) wieder eine sehr ausgedehnte Verwendung gefunden,
und zwar nach dem Vorgehen des hervorragenden englischen
Chirurgen Macewen. Dieser hatte an einem Fall von Wirbel¬
fractur, und zwar Bogenfractur, eine von glücklichem Erfolg be¬
gleitete Bogenresection ausgeführt.
Der Fall betraf einen 22 jährigen Mann, welcher nach einer Quet¬
schung des unteren Theiles der Wirbelsäule eine Paraplegie mit Blasen-
und Mastdarmlähmung und schwerer Atrophie der Beinmuskulatur er¬
worben hatte; es bestand auch Cystitis und Decubitus. Im Februar 1885
wurde die Operation vorgenommen. Der Bogen des zwölften Dorsal¬
wirbels fand sich zerbrochen und eingedrückt; zwischen ihm und Dura
eine bindegewebige Masse von fast ! /I Zoll Dicke, vom elften Dorsal- bis
zum zweiten Lendenwirbel reichend. Die tumorartigo Masse wurde ent¬
fernt. Schon am dritten Tage konnte der Kranke die Zehen bewegen,
und derselbe wurde schliesslich so weit hergestellt, dass er das Geh-
vermögen wieder gewann. (Brit. med. Journ. 1886 I, 1888 II.)
Seit dieser Zeit nun sind über 100 Fälle von Wirbelfractur
mit Laminektomie behandelt worden. Der Eindruck der Mitthei¬
lungen Macewen’s, die noch einige andere Fälle betrafen, auf
welche nachher einzugehen ist, war ein so mächtiger, dass nament¬
lich in England und Amerika eine grosse Menge von Chirurgen
die Trepanation der Wirbelsäule bei Fracturen mit Lähmung aus¬
führte. Thorburn konnte in seinem vorzüglichen Werke: „A con-
tribution to the surgery of the spinal cord, London 1889“
56 operativ behandelte Fälle von Wirbelfractur mit Lähmung zu¬
sammenstellen. Im vorigen Jahre hat R. Jaeger in seiner unter
Naunyn und Lücke gearbeiteten Dissertation (Ein Beitrag zur
chirurgischen Behandlung von acuten Rückenmarksquetschungen)
84 operirte Fälle zusammengestellt, von welchen 50 tödtlich geendigt
sind, 84 überlebten. Von diesen 84 Ueberlebenden nun gehörten 26
dem antiseptischen Zeitalter an, während von den 50 Todesfällen
nur 17 in diese Epoche fallen. Daraus geht auf das deutlichste
hervor, dass die Gefahr der Operation für das Leben sich infolge
der verbesserten chirurgischen Methode in der That ausserordent¬
lich verringert hat. Anders dagegen steht es mit den Erfolgen
bezüglich der Wiederherstellung der Functionen.
In dem neu erschienenen, sehr ausführlichen Werke von
Chipault: fitudes de Chirurgie medullaire, Paris 1894, sind sogar
167 Fälle von Bogenresection bei Wirbelfractur mit Paraplegie
und acht Fälle von anderweitigen blutigen Eingriffen bei Fracturen
und Luxationen der Wirbel mit Lähmung zusammengestellt. Die
verbesserten chirurgischen Methoden haben eben, wie auf vielen
anderen Gebieten, so auch auf dem Gebiete der Rückenmarkschirurgie,
zu einem erneuten kühnen Anstoss geführt. Während früher die ope-
rirten Fälle zum grössten Theil an Sepsis, Meningitis u. 8. w. zu¬
grunde gingen, sind jetzt eine grosse Zahl mit dem Leben durch¬
gekommen. Aber geheilt von dieser Lähmung sind doch nur
wenige. Chipault führt unter den 167 operirten Fällen nur zwölf
Heilungen und 24 Besserungen an.
Bevor ich auf diese Fälle von Heilung bezw. Besserung ein¬
gehe, möchte ich einen Blick auf die Vorgänge bei dem Zustande¬
kommen der Paraplegie durch Wirbelfractur werfen.
Die Wirbelfracturen betreffen grösstentheils den Körper, viel
seltener den Bogen; nach den Zusammenstellungen Gurlt’s sind
zwei Drittel aller Fälle Brüche des Wirbelkörpers, und zwar be¬
treffen von den Fracturen der Brustwirbel sieben Achtel aller
Fälle, von denjenigen der Lendenwirbel fast alle, von denjenigen
der Halswirbel die Hälfte den Körper. Die letzteren Fälle kommen
für die Operation weniger in Betracht, weil sie häufig gleich tödt¬
lich endigen. Während infolge der ein wirkenden Gewalt der
Wirbelkörper gebrochen wird und in den Wirbelcanal vorspringt,
erleidet das Rückenmark eine heftige Quetschung oder unter Um¬
ständen völlige Zerreissung. Meist bleibt nun der Wirbel bezw.
das Fragment nicht in demselben Grade dislocirt, sondern schnellt
mehr oder weniger in seine Lage zurück.
Bowlby 1 ) hat 21 tödtlich verlaufene Fälle von Quetschung
des Rückenmarks durch Wirbelfractur untersucht und nirgends
eine Compression durch verschobene Knochen oder anderweitige
Veränderungen gefunden. In solchen Fällen liegt natürlich für das
chirurgische Eingreifen kein Grund vor, da eben eine dauernde
593
Compression nicht besteht, die vorhandenen Lähmungserscheinungen
vielmehr auf die erlittene Läsion des Rückenmarks und ihre Folgen
zu beziehen sind. In der Mehrzahl der Fälle kommt es zu einer
dauernden Verengerung des Wirbelcanals. Aber auch bei diesen
Fällen muss schon aus mechanischen Gründen im allgemeinen an¬
genommen werden, dass die Verlagerung des Wirbels bezw. des
Fragments bei ihrer Entstehung bei weitem heftiger auf das Rücken¬
mark eingewirkt habe, als sie dies in ihrem dauernden Zustande
vermag. Also auch die dauernde Verengerung des Wirbelcanals
dürfte in der Mehrzahl der Fälle nicht die wahre Ursache der
Lähmung darstellen.
In der That haben die Operateure, welche den Wirbelcanal
eröffnet haben, nicht selten garnichts gefunden, was auf das Rücken¬
mark drückte. Eine wirklich bestehende Deformität des Wirbel¬
körpers zu beseitigen, ist andererseits äusserst schwierig. Das Mt
vieler Gewalt ausgeführte Redressement desselben, nachdem das
Rückenmark bei Seite gezogen, hält nicht vor, der Wirbel bezw.
das Fragment springt zurück. Es bleibt nur übrig, die Prominenz
abzutragen, was mehrfach geschehen ist. Urban 1 ) hat neuerdings
mittels einer Vervollkommnung der Operationsmethode diesem
Uebelstande zu begegnen gesucht. Er hat in zwei Fällen von
Wirbelkörperverletzung eine ausgiebige temporäre Resection der
Wirbelbögen bis nahe an die Körper ausgeführt. Das Rücken¬
mark wurde seitlich verschoben und die vorspringende Kante des
Wirbels abgemeisselt; sodann wurden die Wirbelbögen wieder
zurückgeschlagen.
Einige Chirurgen haben auch aufgestellt, dass man die durch
Vorspringen des fracturirten Wirbelkörpers gesetzte Verengerung
des Wirbelcanals dadurch ausgleichen könne, dass man die Wirbel¬
bögen entferne und so gleichsam für das nach hinten gedrängte
Rückenmark Luft schaffe, eine Vorstellung, welche übrigens Brown-
Söquard schon ausgesprochen hat.
Wenn also eine dauernde Compression seitens des Wirbel-
körpens ein jedenfalls recht seltenes Vorkommniss ist, so ist
andererseits, und damit treten wir speciell an die Aufgabe der
inneren Medicin heran, die Diagnose einer derartigen Compression
schwierig und unsicher. In frischen Fällen besteht Shok des
Rückenmarks; es herrscht vollkommene Paraplegie, Blasen- und
Mastdarmlähmung, und zwar gleichgültig, ob das Rückenmark wirk¬
lich gequetscht oder nur wenig zusammengepresst oder gamicht ver¬
letzt ist, der Shok des Rückenmarks macht dieselben Erscheinungen
wie die dauernde Zerreissung. Wir wissen also zunächst nicht,
wenn wir an den frischen Fall herantreten, in welchem Grade das
Rückenmark lädirt ist, bezw. ob es nicht überhaupt ganz durch¬
trennt ist. In letzterem Falle würde ein chirurgisches Eingreifen
nichts helfen; denn von Versuchen der Zusammennähung des
Rückenmarks ist Abstand zu nehmen, da wir wissen, dass ein
Zusammenwachsen mit Functionsherstellung nicht vorkommt. Wir
müssen also mindestens abwarten, bis wir so weit über die Diagnose
im Klaren sind, dass wir sagen können, ob das Rückenmark durch¬
gerissen oder nur gequetscht bezw. durch Bluterguss comprimirt
ist. Daraus ergiebt sich schon die Indication, dass man in
frischen Fällen nie operativ eingreifen soll. Dieser Schluss
wird auch durch die Casuistik in vollem Maasse bestätigt. Ziehe
ich in der von Chipault zusammengestellten Casuistik alle die¬
jenigen Fälle ab, bei welchen es an näheren Angaben gänzlich
mangelt, so bleiben 48 Fälle, welche bald nach dem Eintritt der
Fractur (früher als 14 Tage nach derselben) mit Laminektomie be¬
handelt sind. Von diesen sind 38 Fälle tödtlich verlaufen, vier
ungebeilt (bezüglich der Lähmung), drei gebessert, drei go-
heil t. Allein von den drei geheilten betrifft der eine den Pöan’schen
Fall, welcher eine Sonderstellung einnimmt, bei einem anderen hatte
gar keine vollständige Lähmung bestanden (Bird), und von den
drei gebesserten haben zwei erst nach so langer Zeit eine Besserung
gezeigt, dass man dieselbe nicht als Erfolg der Operation an¬
sprechen kann; ja der eine spricht nach meiner Ansicht in seinem
Verlauf geradezu gegen den Einfluss der Operation.
Knox. Paraplegie und Anästhesie. Sehr heftige Krämpfe in den
Beinen. Vorspringen des elften Brustwirbels. 36 Stunden nach der Ver¬
letzung Resection dos zehnten Dorsalwirbelbogens otc. Reposition des
luxirten elften Wirbels. Am nächsten Tage ist die Sensibilität völlig
zurückgekehrt; einige Bewegungen der Zehen werden ausgeführt. Dann
nichts neues während zweier Monate. Dann, als man don Kranken
im Bette sitzen liess, stellte sich der Gibbus an dem unteren Ende der
Brustwirbelsäule wieder her. Während der nun folgenden Monate besserto
sich die Motilität mehr und mehr, so dass der Kranke zehn Monate nach
der Operation sich aufrecht halten und einige Schritte ohne Stütze
machen konnte (nach Chipault).
Auch gegen den dritten gebesserten Fall, den von villar,
lassen sich bezüglich des Nutzens der Operation Bedenken erheben.
Heftige Schmerzen in der Lendengegend, Formicationen in den
Beinen. Depression und heftige Druckempfindlichkeit zwischen dem elften
') The Lancet 1890 I, S. 1071.
*) Congress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1892.
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594
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2
Dorsal- und ersten Lendenwirbel. Paraplegie; Anästhesie der Unter¬
schenkel. Die Patollarreflexe sind erhalten. Kein Plantar- und
Cremasterreflex. Urinretention, Obstipation. Am vierten Tage nach der
Verletzung Freilegung der Wirbelsäule; der Wirbelcanal findet sich hinten
geöffnet, so dass man ein wenig vom Rückenmark sieht. Entfernung des
Bogens des fracturirten zehnten Wirbels. Am sechsten Tage nach der
Operation ein wenig Bewegung, am neunten spontane Urinentleerung.
Nach sechs Monaten: linkos Bein fast unbeweglich, das rechte Bein kann
im Unterschenkol, aber wenig in der Hüfte bewegt werden. Anästhesie
an den Unterschenkeln und Füssen, ferner an den Genitalien. Patellar-
reflexe fehlen. Urin- und Stuhlentleerung gut. Allgemeinbefinden gut,
kein Schmerz.
Es geht somit aus der Casuistik in keiner Weise ein Beweis
dafür hervor, dass der Verlauf der Fälle, sich selbst überlassen,
ein wesentlich anderer geworden wäre als nach der Operation und
dass die Ueberlegungen, durch welche die Früh Operation an und
für sich als unthunlich hingestellt wird, unzutreffend oder zu
weitgehend seien. Namhafte Chirurgen haben sich bereits gegen
die Frühoperation ausgesprochen, und nur bei Fracturen der Wirbel¬
bögen könnte unter Umständen die Frühoperation in Frage kommen.
Wie lange soll man nun warten? Je nach der Stärke der
Läsion, welche das Rückenmark erlitten hat, bildet sich die Läh¬
mung bis zu einem gewissen Grade zurück oder bleibt dauernd
bestehen. Finden wir nun nach einer gewissen Zeit noch mehr
oder weniger ausgedehnte Lähmungserscheinungen bezw. complete
Paraplegie, so entsteht die Frage: haben wir es mit Con-
tinuitätstrennung oder myelitischer Degeneration oder
Compression zu thun?
Bezüglich der ersteren darf man es jetzt als festgestellt be¬
trachten, dass die Sehnenreflexe auch bei Continuitätstrennung der
oberen Theile des Rückenmarks dauernd fehlen und die Lähmung
schlaff bleibt. ö
Zwischen Compression und Degeneration aber ist eine
sichere Unterscheidung nur durch lange Beobachtung des Verlaufs
möglich. Lauenstein hat die Regel aufgestellt, dass man, wenn
nach acht Wochen die Erscheinungen der Blasen- und Mastdarmläh¬
mungen noch nicht geschwunden seien, operiren solle. Er hat diese
Regel statistisch hergeleitct, indem er aus der Casuistik Gurlt’s
entnimmt, dass, wenn bei spontanem Verlauf in acht bis neun
Wochen die Blasen- und Mastdarmlähmung nicht zurückgeht, auf
eine spontane Besserung nicht mehr zu rechnen sei. Die Ab¬
tragung der Wirbelbögen soll in diesen Fällen dadurch wirken
dass für das Rückenmark, welches durch den in den Wirbelcanai
einspringenden Wirbelkörper nach hinten gegen den Bogen gedrängt
sei, ein Raum zum Ausweichen geschaffen werde. Ist nun bei den
bpätoperirten ein Erfolg der Bogenresection bezüglich der Besse¬
rung der Lähmungen oder überhaupt der Rückenmarkserscheinungen
nachzuweisen? Die bereits von verschiedenen Autoren bearbeitete
Casuistik ist m der grössten Vollständigkeit in dem umfassenden
Werke von Chipault zusammengestellt. Derselbe zählt wie
be .™ lts sehr viel Fälle mit > welche wegen Fehlens der
nothigsten Angaben bedeutungslos sind. Rechne ich dieselben
(40 an Zahl) und ferner noch 20 Fälle, bei welchen die Angabe
der nach der Verletzung bis zur Operation verstrichenen Zeit fehlt,
ab, so bleiben 107 mit Laminektomie behandelte Fälle von Wirbel-
fractur mit Paraplegie; davon sind 59 Spätoperationen, d. h solche
bei denen die Bogenresection frühestens drei Wochen nach dem Unfall
vorgenommen wurde. Von denselben verliefen 15 tödtlich (unter
diesen einige, bei welchen sich zunächst eine geringfügige Besserung
des einen oder anderen Symptoms gezeigt hatte): 23* blieben be^
rfeh^üT Ung6beSSert; 16 FäHe wurden gebessert,
aufÄ n werde„ WiCbÜgkeit FäUe mi * en diesolben kura
Geheilte Fälle.
1) Fall vonMacewen. Ist oben bereits angeführt. Bogenfractur
Operation sechs Wochen nach der Verletzung. ge n t .
2) ball von Lauenstein (Contralblatt für Chirurgie 1886 S 888'»
un7 P aGibbus. Nach erfolgloser Ex^sionsb’eh^ndSg
Obt-sche^el^er^ff.r dcr Verletzung das sensible Gebiet des rechten
cmerscnenkels ergriffen zu werden schien, wurde der Bogen des zwölften
Brust- und ersten Lendenwirbels resecirt. Alsbald Sensibilität und Blasen-
zehn Mmut ™ al,eiD ^
cord. ^I^ndon 0 ^'^ 1 ). 0 r Unvollsttndige''paraplc^io^B]aseii- r und^ Mastdarm^
Störung, die zur Zeit der Operation bereits in Rückbildung begriffen wai
4‘/a Monate nach der Verletzung Operation. Der Bogen des zweite
Lendenwirbels fand sich eingedrückt; dichtes Narbengewebe, durch welche
die Cauda equina comprimirt wurde. Im Verlaufe einiger Monate Besserun
der Motilität; 18 Monate später konnto der 15jährige Knabe mit der
Stocke einige englische Meilen gehen, aber die Muskeln der Füsse un
Zehen blieben gelähmt; geringe Beugecontractur; Patellarreflexe erloscher
— Schon vor der Operation konnten die Beine bewegt werden.
5) Fall von Lloyd (nach Chipault). Theilweise Paraplegie, Blasen
und Stuhlretention. 16 Monate nach der Verletzung Abtragung der Bügei
des ersten, zweiten und dritten Lendenwirbels. Heilung. Es hatte eim
Fractur des zweiten Lendenwirbels, also Affection der Cauda equina
bestanden.
Bemerkenswerth ist zunächst, dass von diesen fünf Fällen zwo
die Cauda equina betreffen (No. 4 und 5). In beiden hatte keim
vollständige Lähmung bestanden; in dem Falle von Thorbun
hatte eine gewisse Rückbildung der Erscheinungen schon vorhe]
stattgefunden, die weitere Besserung war von so langsamem Ver
lauf und schloss sich so wenig präcis an die Operation an, dass
gegründete Zweifel an der Beweiskraft des Falles entstehen müssen
Der Fall von Lloyd (No. 5) ist mir im Original nicht zugänglich
gewesen und bei Chipault nur sehr kurz angeführt.
Ferner möchte ich betonen, dass Fall 1 (Macewen) und Fall 3
(Schede) eine Bogenfractur betreffen. Uebrigens war der Ver¬
lauf im ersten Falle insofern frappant, als sich die Besserung un¬
mittelbar an die Operation anschloss. Weniger eclatant ist der
Schede’sche Fall, obwohl die Wirkung der Operation als wahr¬
scheinlich bezeichnet werden muss. Für zweifelhaft möchte ich
den Fall Lauenstein’s halten.
Gebesserte Fälle.
1) Fall von Edwards (1838) [nach Gurlt 1. c. S. 178]. Bogen
eines Lendenwirbels deprimirt. Paraplegie mit Blasen- und Mastdarmläh-
mung. Der Bogen wurde elevirt. Die Lähmung ging zurück. Nähere
Details fehlen. (Vielleicht Compression der Cauda equina? Verfasser.)
2) Fall von Blackman (1854). Vollständige Paraplegie mit Blasen-
und Mastdarmlähmung. Vier Jahre fünf Monate nach der Verletzung
Resection des deprimirten oberen Kreuzbeintheiles. Alsbald Besserung
der Sensibilität, auch in Blase und Mastdarm ; nach fünf Wochen die
Motilität bedeutend gebessert. 1861 sagt der wieder völlig paraplegische
Kranke aus, dass kein dauernder Nutzen aus der Operation erwachsen sei
(siehe Gurlt 1. c. S. 182).
3) Fall von Gordon (1865) [nach Chipault]. Paraplegie, Blasen-
und Mastdarmlähmung. Zehn Wochen nach der Verletzung Laminektomio
am zwölften Brustwirbel. Langsam eintretende Besserung der Moti¬
lität, Sensibilität und Blase. Aber schon vor der Operation schien eine
gewisse Besserung Platz zu greifen.
4) Fall von Horsley (1890). Paraplegie. Nach fünf Monaten Bogon-
resection. Geringfügige Besserung der Sensibilität und Motilität; sieben
Monate später Tod an Nephritis.
5) Fall von Horsley (1890). Paraplegie. Zwei Jahre nach der
Verletzung Trepanation. Rückkehr der Sensibilität und einiger Beweg¬
lichkeit.
b) Fall von Dawbarn (1889). Paraplegio; an den Füssen noch
etwas Sensibilität. Sechs Monate nach der Verletzung Operation. Bögen
des zehnten bis zwölften Brustwirbels entfernt. Der Körper des letzteren
springt in den Canal vor. Nach zehn Wochen sind die Blasen-
und Mastdarmfunctionen gebessert. Lähmung der Beine bleibt
bestehen.
7) Fall von Dandridgo (1889). Paraplegie, Blasen- und Mastdarm-
lähmung. Cystitis. Decubitus. Sensibilität kehrt allmählich wieder.
Fünf Monate nach der Verletzung Resection der Bögen des zehnten bis
zwölften Brust- und ersten Lendenwirbels. Die Paraplegie bleibt bestehen,
aber die Blasen- und Mastdarmstörungen bessern sich.
8) Fall von Dec6s (1889) [nach Chipault]. Fractur bezw. Luxation
des sechsten Halswirbels. Parese der Arme und Beine. Sensibilität
normal. Fünf Monate nach der Verletzung Trepanation. Am nächsten
Tage Besserung der Muskelkraft der rechten Seite. Die rechte Hand,
welche vor der Operation 24 am Dynamometer erreichte, giebt jetzt 30,
später 40, die linko anstatt 30 jetzt 40 (!). Nach einem Jahre Tod, wahr¬
scheinlich Alkoholismus (?).
9) Fall von Woodbury (1889) [nach Chipault]. Kind. Paraplegie;
am rechten Fuss noch etwas Sensibilität. Blasen- und Mastdarmlähmung.
Nach einigen Wochen Abtragung der dritten bis fünften Dorsalwirbelbögen.
Zunächst keine Besserung. Nach einiger Zeit Extension und Contra¬
extension; von jetzt ab fortschreitende Besserung u. s. w.
10) Fall von Weiss (1890). (Nach Chipault). Bruch des elften
Dorsalwirbels. Vollständige Lähmung des linken, unvollständige des
ir C ^ Beins, mit Erhaltung der Sensibilität und der Reflexe. Urin- und
Koth-Retention. Weiterhin Ineontinenz, die Paraplegio wird vollständig.
Nach 33 Tagen Abtragung des zehnten und elften Brustwirbelbogons. Der
Canal ist verengert. Am nächsten Tage einige Bewegungen in den Beinen;
weiterhin Schwinden der Ineontinenz. Fünf Monate nach der Ope¬
ration ist die Bewegung der Beine eine vollkommene.
11) Fäll von Körte weg (1891). (Nach Chipault). Partielle Para-
plegie, Blasen- und Mastdarmlähmung. Während der ersten Monate leichte
Besserung, dann stationärer Zustand. Nach 13‘a Monaten Resection der
Bögen des 12. Dorsal- und ersten Lendenwirbels. Geringe Besserung der
Function der Oberschenkelmuskeln; sonst unverändert.
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19. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
595
12) Fall von Boylc (1891). (Nach Chipault). Paraplegie mit
Blasenlähmimg, heftige Schmerzen in den Beinen, Priapismus. Nach zwei
Monaten Abtragung der Bügen des neunten bis zwölften Dorsal- und des
ersten Lendenwirbels. Der zehnte Dorsalwirbel sprang in den Canal vor.
Schmerzen und Blasenstörungen verschwinden, weiterhin auch dio Läh¬
mungen. Der Kranke kann schliesslich an Krücken gehen.
13) Fall von MouHin (1891). Bruch des zweiten und dritten Lenden¬
wirbels. Zuerst vollständige Paraplegie, dann Zurückgehen der Erschein¬
ungen. Nach drei Wochen kann der rechte Fuss erhoben, der linke
Oberschenkel gebeugt werden; die Anästhesie war bedeutend verringert.
Urinentleening langsam, Verstopfung. Von jetzt ab stationärer Zustand.
Neun Wochen nach der Verletzung Reseetion des zweiten und dritten
Londenwirbelbogons. Bereits in den nächsten Tagen Zunahme der Mo¬
tilität; allo Muskeln werden wieder beweglich ausser Musculus tibialis
ant. und extensor comm. digit. long. linkerseits. Acht Monate nach
der Operation kann der Kranke am Stock gehen.
14) Fall von Wyeth (1892). (Nach Chipault). Bruch des zweiten
Lendenwirbels. Paraplegio. Nach zwei Jahren Reseetion der Bögen des
ersten und zweiten Lendenwirbels, Reseetion des in den Canal vorsprin¬
genden Theils des zweiten Lendenwirbels. Schon nach sechs Stunden
beginnt die Besserung; nach einem Jahro kann sich der Kranke auf¬
recht halten.
15) Fall vön Urban (1892). (Deutsche Ges. f. Chir. C.-Bl. f. Chir.
1892). Paraplegie, Blasen- und Mastdarmlähmung nach Fractur des ersten
Lendenwirbels. Cystitis, Decubitus. Im siebenten Monat nach der Ver¬
letzung besteht die Blasen- und Mastdarmlähmung noch, ebenso diejenige des
rechten Beins, während das linke etwas bewegt werden kann. 67* Monate
nach der Verletzung temporäre ausgiebige Reseetion der Bögen des
12. Dorsal- und ersten bis vierten Lendenwirbels bis dicht an den Körper;
die vorspriugende Kante des ersten Lendenwirbels wird abgemeisselt.
Bögen zurückgeschlagen. Fünf Monate später ist das linke Bein voll¬
ständig beweglich, das rechte Bein gebessert, Blase kann willkürlich ent¬
leert werden.
16) Fall von van Kleef (1892). (Nach Chipault). Paraplegie,
Blasen-und Mastdarmlähmung. Sechs Wochen nach der Verletzung Reseetion
des 12. Dorsalwirbel- und des ersten Lendenwirbelbogens. Das Rücken¬
mark war durch Bogenfragmente comprimirt. Alsbald Besserung. Der
Kranke kann schliesslich mit Krücken gehen. Jedoch bleibt die Lähmung
der Füsso und die Blasen- und Mastdarm-Incontinenz bestehen.
Hierzu kommt noch ein zweiter Fall von Urban, gleichfalls nach
seiner Methode operirt. Die Operation wurde 9 1 ^ Monate nach der Ver¬
letzung ausgeführt. Urban selbst hat den Fall bisher nur kurz erwähnt,
theilt mir aber brieflich mit, dass eine langsame aber stetige Besserung
aufgetreten ist. 1 )
Von den Fällen, bei welchen eine Angabe der zwischen Ver¬
letzung und Operation verstrichenen Zeitfrist mangelt, sind zehn
tödtlich geendigt, sieben ungebessert, einer gebessert, zwei
geheilt worden.
Die letzteren mögen hier mit aufgeführt werden.
1) Fall von Eving Mears (1889). (Nach Chipault) 3 ). Paraplegio.
Fractur des ersten Lendenwirbels. Abtragung des Bogens desselben.
Das Redressement des fracturirten Körpers gelingt nicht. Der Kranke
konnte später mit Krücken gehon.
2) Fall von Lampiasi (1890). Paraplogie, Blasenlähraung. Fractur
und Depression des Bogens des zehnten Brustwirbels. Trepanation
und Elevation desselben. Am dritten Tage Blasenlähmung verschwunden.
Schliesslich vollständige Heilung.
3) Fall von Cosh (1891). (Nach Chipault). Luxation des vierten
Halswirbels. Lähmung bis zum Schultergürtel empor. Muskelatrophie.
Der linke Unterarm in Beugecontractur. Abtragung des fünften Hals¬
wirbelbogens. Die Dura verdickt. Sehr allmählich Rückkehr der Mo¬
tilität; nach einigen Monaten Gehvermögen sehr gut.
Hierzu kommen noch folgende neueste Fälle:
Phelps. (Spinal surgery or operative procedures on the spinal
column etc. Journ. of nerv, and ment, disease 1893. Ref. C.-Bl. f. Chir.
1894, No. 12). Paraplegio mit Blasen- und Mastdarmlähmung nach Wirbel-
fractur. Allmählich eint rötende Besserung. Nach 19 Monaten, zur Zeit
der Operation, Anästhesieen an den Beinen und Aufhebung des Gehver¬
mögens. Zwei Wirbelbögen abgetragen, Callus weggemeisselt. Der Kranke
lernt mit Krücken laufen. __ 1
Bei einem anderen von Phelps oporirten Falle (Bruch der Hals¬
wirbelsäule) ist die Beobachtung noch nicht abgeschlossen.
Hammond. (Journ. of nerv, and ment, disease 1893. Ref. C.-Bl.
f. Chir. 1894, No. 12). Verwölbung am 12. Brust- und ersten Lendenwirbel
nach Trauma. Lähmung der Blase und des Mastdarms. Keine Paraplegio.
Patellarreflex abgeschwächt. Gang loicht atactisch. Anästhesie in der
Gegend des Afters. Operation (Powell). Es findet sich, dass ein Knochen¬
stück gegen die Hinterstränge des Rückenmarks presst (elfter Brustwirbel).
Nach Entfernung desselben alsbald Nachlass der Druckerscheinungen; nach
zwei Monaten Heilung.
Ist bei den vorstehenden gebesserten Fällen die Besserung
überall auf die Operation zurückzuführen?
Bei der Mehrzahl der Fälle ist diese Frage mit aller Bestimmt¬
heit zu verneinen. Bei dem Falle von Black man (No. 2), welcher
Übrigens die Cauda equina betrifft, ist nur eine vorübergehende
Besserung einiger Symptome aufgetreten; bei den Fällen No. 3—8
und 11 handelte es sich zum Theil um geringfügige, oft erst lange
*) Für die freundliche Mittheilung besten Dank.
2 ) Original mir nicht zugänglich.
Zeit nach der Operation hervortretende Besserungen einiger
Symptome, zum Theil hatte schon vor dem operativen Eingriff der
Process eine Neigung zur Besserung erkennen lassen. Dass dabei
Perioden eines stationären Zustandes sich einschieben, will nichts
besagen; der Verlauf solcher Fälle ist eben ein selir wechselvoller.
Beim Falle No. 9 (Woodbury) ist die Besserung offenbar erst im
Anschluss an die orthopädische Behandlung aufgetreten.
Somit bleiben nur sieben Fälle, bei welchen die Möglichkeit
eines Einflusses der Operation überhaupt in Frage kommt. Von
diesen sind Fall No. 13 und 14 (Moullin und Wyeth) insofern
auffällig, als die Besserung sich sehr präcise an die Operation an¬
schloss. Beide betreffen die Cauda equina. Jedoch muss man
für den Fall von Moullin eine Einschränkung machen, da er schon
neun Wochen nach der Verletzung operirt ist und schon vor der
Operation sich eine recht umfängliche Rückbildung der Erschei¬
nungen geltend gemacht hatte. Man weiss, wie leicht Selbst¬
täuschungen auftreten, wenn man, begierig, ob ein Mittel oder ein
Eingriff eine Aenderung im Krankheits verlauf hervorbringt, jedes
Symptom lauernd beachtet, wie der Eifer, Gutes zu finden und zu
verkünden den Kranken nicht blos, sondern auch das Warte¬
personal ergreift. Auch der Fall No. 10 (Weiss) kann als be¬
weisend wegen der relativ frühzeitigen Operation (nach 33 Tagen)
nicht gelten. Am Anfang war die Lähmung nur partiell, dann
wird sie vollständig, nun wird operirt; wer will bei dem wechsel¬
vollen Verlauf dieser Lähmungen sagen, dass nicht auch ohne den
Eingriff die Beweglichkeit nach fünf Monaten zurückgekehrt wäre?
Auch bei Fall 12 (Boyle) ist der Einfluss der Operation nicht
über den Zweifel erhaben, wenn auch eine gewisse Wahrscheinlich¬
keit zugegeben werden muss.
Bei dem Falle von Urban (No. 15) möchte ich einen Nutzen
der Operation annehmen; hier war wohl hauptsächlich die Cauda
equina betroffen; bei dem Falle von van Kleef (No. 16), wo es
sich um eine Bogenfraetur handelte, ist derselbe jedenfalls
zweifelhaft. Fall 1 (Edwards) ist wegen zu spärlicher Angaben
nicht sicher zu beurtheilen; wahrscheinlich war hier auch die
Cauda equina der lädirto Theil.
Von den ohne Zeitangabe mitgetheilten Fällen erlaubt Nr. 1
gar keinen Schluss; No. 2 (Lampiasi) ist nicht über jeden
Zweifel erhaben (übrigens Bogen bruch); ebensowenig No. 3
(Cosh), welcher übrigens bezüglich des anatomischen Befundes mit
demjenigen von Macewen Aehnlichkeit hat.
Von den neueren Fällen ist der von Phelps garnicht beweisend,
da schon vor der Operation eine Rückbildung eingetreten war; bei
dem Falle von Hammond, wo gar keine Paraplegie bestand, ist
vielleicht ein günstiger Einfluss der Operation vorhanden gewesen;
anscheinend war die Ursache der Compression eine Bogen-
fractur.
Es bleiben hiernach im ganzen nur wenige Fälle übrig, in
welchen ein Erfolg der eingreifenden Operation ersichtlich ist.
Dieselben betreffen im wesentlichen Fälle von Compression der
Cauda equina und Bogenfracturen.
Der spontane Verlauf der Lähmungen nach Wirbelfractur wie
besonders der Compressionslähmungen ist sehr mannichfaltig, er ist
an Wendungen und Ueberraschungen voll, and es können auch
nach langem Bestehen der Erscheinungen ganz auffallende Besse¬
rungen ein treten. Wie wenig die geringfügigen Besserungen,
welche nach den Operationen so oft beobachtet worden sind, zu
bedeuten haben, geht schon daraus hervor, dass sie eben auch bei
den schliesslich ungeheilt oder ungebessert bleibenden Fällen sich
oft finden. Prüft man gelähmte Kranke (auch für Hemiplegie und
Polyneuritis gilt dies) täglich, so findet man, dass sowohl dio
sensiblen wie die motorischen Leistungen grosse Schwankungen
zeigen; - Stimmung, Ermüdung, Uebung, Willensanspannung, Auf¬
merksamkeit sind variable Factoren, welche von grossem Einflusso
auf die sensible und motorische Sphäre sind. Es ist eben eine
irrthümliche, aber viel vertretene Auffassung, dass die Krankheits¬
erscheinungen lediglich von den krankhaft veränderten Theilen
abhängen; sie resultiren vielmehr gleichzeitig von dem Maasse
und der Art der gesunden Functionen. Die nach der Operation
sorgfältigere und geschärftere Boobchtung lässt nun manche dieser
sonst nicht aufgefallenen Schwankungen erkennen; der Kranke,
welcher selbst gern eine Besserung entdecken möchte, spannt seine
compensatorische Leistungsfähigkeit möglichst an und wird meist
auch bei den Beobachtern auf eine optimistische Interpretation
seiner Leistungen stossen. Ich möchte besonders betonen, dass
auch die Blasenfunctionen ausserordentliche Schwankungen zeigen
können. Wenn den Blasenstörungen zweifellos wegen ihrer Gefahr
eine grosse, oft ausschlaggebende Bedeutung zukommt, so bilden
doch auch sie nicht einen Factor von solcher Coustanz, wie manche
Autoren anzunehmen scheinen. Dies gilt allerdings für brauen in
höherem Maasse als für Männer. a , nrM n irAn
Auch bezüglich der Beurteilung der dauernden Besserungen
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596
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
nach den Operationen darf man nicht ausser Acht lassen, dass
doch die Operation nicht das einzige ist, was man mit den Kranken
vorgenommen hat. Vielmehr beschäftigt man sich mit den Ope-
rirten gemeinhin auch bei der Nachbehandlung in besonders ein¬
gehender Weise; schon die aufmerksame ärztliche Beobachtung und
Ueberwachung ihrer Fortschritte treibt sie zu fleissigen Uebungen
an; wie viel aber gerade die ausdauernde fortschreitende Muskel-
Übung bei der Wiederherstellung Gelähmter ausmacht, darüber ist
es unnöthig Worte zu verlieren. Pott hatte bei den Kranken,
deren Uebel seinen Namen trägt, den Gibbus kauterisirt und sie
dadurch zu bessern geglaubt; man weiss jetzt, dass der Erfolg
vielmehr der consecutiven Ruhelagerung zukam; sollte von den
wegen Wirbelfractur und Paraplegie Operirten nicht vielleicht
mancher nicht der Operation, sondern der sorgsamen und lange
ausgedehnten Nachbehandlung ihre Besserung verdanken?
Bei dem Wechsel des spontanen Verlaufs kann auch die von
Lauenstein aufgestellte Regel (siehe oben) durchaus nicht als
eine berechtigte anerkannt werden.
Nur beiläufig und der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass
in einigen Fällen die Operation schädlich eingewirkt zu haben
scheint, was auch Thorburn zugiebt.
Die Fälle, bei welchen die Trepanation günstig eingewirkt zu
haben scheint, sind einmal solche, wo der Wirbelbogen fracturirt
ist. Hier kann man durch ein Erheben des deprimirten Wirbels
in der That die Compression aufheben. Dahin gehört z. B. der
berühmte Fall von Macewen, mit welchem die neue Aera der
Operation bei Wirbeltraumen anfängt. Ferner sind einige Fälle
von Fractur der Lendenwirbel günstig verlaufen. Das Rücken¬
mark reicht ja nur bis zum ersten Lendenwirbel hinunter, im
Bereich der übrigen Lendenwirbel liegt die Cauda equina. Diese
aber verhält sich gegenüber Verletzungen wie ein peripherischer
Nerv, d. h. sie besitzt die grosse Regenerationsfähigkeit der
peripherischen Nerven.
Wenn ich nach diesen Erörterungen bezüglich der Indicationen
zur Operation bei Paraplegie infolge von Wirbelfractur einige
Sätze aufstellen darf, so würden dieselben folgendermaassen lauten:
1. In frischen Fällen ist überhaupt ein blutiger operativer Ein¬
griff nicht vorzunehmen; ausgenommen es sei eine Comminutiv-
fractur des Bogens da, welche vermuthen lässt, dass Fragmente in
das Rückenmark eingedrungen sind (Fall von Pöan).
Sonst haben wir in frischen Fällen uns vielmehr mit einer
orthopädischen Behandlung zu begnügen, mit guter, fester Lagerung.
Neuerdings ist die Suspension viel angewandt worden, über welche
ich mir kein Urtheil erlauben kann, welche aber gewiss auch ihre
Gefahren hat.
2. Bleibt die Rückbildung der Lähmung aus und besteht zu¬
gleich eine Deformität, welche auf eine Fractur und Depression des
Bogens hindeutet, so kann die Operation versucht werden. Ueber
den Zeitpunkt aber, wann man die Operation empfehlen soll, lässt
sich eine allgemeine Regel bis jetzt nach meiner Ansicht nicht
geben, die Fälle sind ausserordentlich verschieden, es ist dies von
Fall zu Fall nach dem jeweiligen Verlauf zu beurtheilen. Eine
schematische Regel, wie sie Lauenstein gegeben hat, ist unter
allen Umständen abzulehnen.
3. Am aussichtsvollsten und relativ am meisten indicirt
dürfte das chirurgische Eingreifen bei Fracturen an den Lenden¬
wirbeln, speciell unterhalb des ersten, sein.
4. Man hat dann noch die Indication aufgestellt, dass man die
Wirbelsäule trepaniren soll, um die Blutergüsse zu entfernen,
die sich in den Wirbelkanal bei Wirbel fracturen ergiessen. Diese
Indication ist durchaus aufzugeben, wie auch schon mehrfach von
Anderen betont ist, da die Entfernung der Blutergüsse aus dem
Wirbelcanal durch eine so enge Oeffnung nicht möglich, ist und
ausserdem diese Blutcoagula an und für sich das Rückenmark
wenig schädigen. _ (Schluss folgt}
IV. Aus der chirurgischen Abtheilung des Herrn Geheim¬
rath Prof. Dr. Hahn im städtischen allgemeinen Kranken*
hause im Friedrichshain zu Berlin.
Zur Diphtheriebehandlung. 1 )
Von Carl Weibgen, Assistenzarzt.
Zu den brennendsten Fragen auf therapeutischem Gebiete ge-
hort noch immer die Behandlung der Diphtherie. Die mannig-
a igsten Versuche experimenteller oder rein empirischer Natur
haben bisher die specifische Bekämpfung dieser verderblichen
Krankheit nicht gefördert, und wie zu allen Zeiten stehen
wir^auch^ heute noch dieser Seuche fast machtlos gegenüber.
Berlins amV Ma? imT™" ™ der frei ° n Vereini S" n S der Chirurgen
No. 3
Indess sind wir doch auch auf diesem Gebiete nicht oha
jeden Erfolg geblieben. Die Verbesserung der hygienischen Vej
hältnisse in grösseren Krankenanstalten und die sorgfältige Dura
führung einer schonenden, individualisirenden Behandlung hat auf m
Mortalitätsstatistik der Diphtheriepatienten einen unzweifelhaft günsti
gen Einfluss ausgeübt, und ein eingehendes Studium desBeobachtungs
materials in dieser Richtung lehrt aufs deutlichste, dass geraa
bei der Diphtherie die Suche nach specifischen Mitteln nicht al
alleinige Aufgabe einer rationellen Therapie angesehen werde;
darf. Von diesem Gesichtspunkte aus dürfte es daher wohl voi
Interesse sein, über die Behandlung der Diphtherie in einem grossei
Krankenhause mit reichem und mannichfaltigem Material, wie e
das städtische allgemeine Krankenhaus im Friedrichshain bietet
Näheres zu erfahren, und ich folge gern einer gütigen Aufforde
rung meines verehrten Chefs, des Herrn Geheimrath Hahn, üb©
die Art, wie zur Zeit die Diphtherie in der seiner Leitung sei'
dem Jahre 1880 unterstellten äusseren Station jener Anstalt be
handelt wird, zu berichten.
Seit dem Jahre 1880 ist, was die medicamentöse Behandlung
anlangt, auch hier alles in Anwendung gebracht worden, was it
theoretischer wie praktischer Hinsicht irgend welche Wirkung
gegen die Seuche versprach. Sehr lang ist die Reihe der so nacl
und nach angewandten Medicamente. So wurde inhalirt mit Milch¬
säure, Essig, Eucalyptol, 01. Terebinthinae, Thymol; insufflirt mit
Thiorescin, Calomel. Zum Gurgeln wurde Milchsäurelösung be¬
nutzt. Als Mittel zum Pinseln wandte man eine Zeit lang Ar¬
gentum nitricum, Tct. Ratanhiae, Tannin, Wasserstoffsuperoxyd.
Essig, Alcohol absolutus, Sublimat, Acid. salicylicum und Zincum
sulfuricum an. Innerlich wurden Versuche mit 01. Terebinthinae,
Hydrargyrum cyanatum und Kali chloricum gemacht. Subcutan
gab man Pilocarpin und Apomorphin. Auch versuchte man Ein¬
reibungen mit Ungt. cinereum und Transfusionen mit Kochsalz¬
lösung.
Alle diese Mittel wurden mit der Zeit als unwirksam ver¬
lassen. Seit dem Jahre 1891 wendet deshalb Herr Geheimrath
Hahn folgende Therapie an, welche sowohl in ihren Grundzügen wie
in ihren Details bis heute noch die gleiche ist und sich während
ihrer nunmehr dreijährigen Anwendung als die bis jetzt zweck-
mässigste bewährt hat.
Jeder Patient erhält, wenn nicht die sofortige Vornahme der
Tracheotomie nöthig erscheint, um den Hals einen Priessnitz-
Umschlag oder eine Eiskravatte, daneben Eisstückchen zum Schlucken.
Bei Diphtherie des Rachens und der Nase ohne Betheiligung des
Kehlkopfs wird stündlich mehrere Male mit einer 4 °/o Kali chlori-
cum-Lösung oder, wenn starker Foetor besteht, mit einer V 4 °/oo
Kali permanganicum-Lösung gegurgelt. Diejenigen, welche aus
irgend einem Grunde nicht gurgeln können, namentlich die kleinen
Kinder, werden unter den Spray gelegt. Gewöhnlich geben wir
reines Wasser als Dampf. Zeigt sich aber die Bildung zäher
Schleimmassen oder Membranen in den Luftwegen, so wird dem
Dampfstrahl eine Kochsalzlösung oder Aqua calcis zugesetzt.
Die Nasendiphtherie behandeln wir mit Ausspritzungen, wozu
lauwarme 2 % Borsäure oder V4 °/oo Kalium permanganicum-Lösung
genommen werden. Bei starken Blutungen aus der Nase werden
diese Lösungen eiskalt genommen, und hilft dieses nicht, so wird
für kurze Zeit tamponirt, bei Kindern meist mit einer schwachen
Jodformgaze oder, wenn sie noch sehr klein sind, mit steriler Gaze.
Die gleiche Behandlung lassen wir auch den mit Mischinfec-
tion behafteten Kranken zu theil werden. Hier kommen nur noch
Ausspülungen des Dickdarms mit lauwarmer 2°/oiger Borlösung hin¬
zu, die bei ausgesprochen septischem Stuhl vorgenommen werden,
und zwar alle 2—3 Stunden. Diese Auswaschungen waren meist
von einem auffallend guten, freilich meist vorübergehenden Erfolge
begleitet. Das Allgemeinbefinden besserte sich oft sichtlich.
Die Allgemeinbehandlung aller Diphtheriekranken, namentlich
aber der septisch Erkrankten, besteht in der Darreichung sehr
grosser Mengen von Alkohol, besonders Sherry, Cognac und
Champagner. Daneben bekommen die Kinder häufig Anspritzungs¬
bäder.
Kommen die Kranken mit Stenosenerscheinungen in die An¬
stalt, so wird, wenn es der Zustand nur irgend zulässt, zunächst
der Spray in Anwendung gebracht. Nicht selten erholen sich die
durch den Transport angegriffenen Kinder unter dem Wasserdampf
bald so weit, dass eine Operation nicht nöthig wird. Namentlich
aber sahen wir bei älteren Kindern auf diese Weise selbst hoch¬
gradige Stenosenerscheinungen zurtickgehen.
Ist aber die Dyspnoe hochgradig, das Kind schwach und be¬
nommen, zeigen sich bei inspiratorischem Stridor die bekannten
tiefen Einziehungen im Jugulum und Epigastrium, so wird operirt.
Eine neben der Larynxstenose bestehende Pneumonie gilt nicht als
Contraindication für die Tracheotomie, wohl aber hochgradige Sepsis
mit nicht ausgesprochener Larynxstenose.
Original fro-m
UNIVERSITf OF MICHIGAN
19.. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
597
Die Athemnotli rührt bei den Kranken mit septischer Infeotion
meist nicht so sehr von einer Stenose durch den diphtherischen
Process her, da hier die Erkrankung auffallend -wenig Tendenz
oder wegen der Schwere der Allgemeininfection keine Zeit hat,
auf den Kehlkopf überzugehen, sondern ist die Folge der Ällge-
meinvergiftung des Körpers und der daraus resultirenden Herz¬
schwäche. Mit Excitantien, Narcoticis und dem Dampfspray er¬
reichen wir hier mehr als mit der Tracheotomie. _
In der weitaus grössten Mehrzahl der Fälle wird in diesseitiger
Anstalt die Traeheotomia inferior gemacht 1 ). Ueber die Gründe,
die uns zur Bevorzugung dieser Operation bestimmen, hat Neu¬
mann 2 ) bei anderer Gelegenheit bereits berichtet.
Als Canülen benutzen wir silberne, mit Innenrohr. Nach der
Operation pflegen wir die Trachea nicht mit Federposen zu be¬
handeln, da eine dadurch bewirkte Epithelverletzung eine neue
Pforte für die weitere Infection bilden kann. Wir benutzen die
Feder nur, um geeigneten Falls durch Berühren der Trachealwand
einen Reiz auszuüben, damit das Kind lose Membranen oder etwa
eingeflossenes Blut aushustet. Bestehen Groupmembranen, die die
Trachea und Bronchien zu verstopfen drohen, so geben wir zum
Wasserdampf, wie schon oben gesagt wurde, Kalkwasser oder
Kochsalzlösung. Sieht man solche Membranen in der Wunde
flottiren, so werden sie mittels Pincette gefasst und vorsichtig
herausgezogen. Weitere mechanische Eingrifle in dieser Richtung
werden bei uns nicht gemacht.
Nach Einführung der Canüle wird diese in bekannter Weise
mittels eines Bändchens um den Hals befestigt, die Wunde mit
einem feuchten, in fünfprooentige Carbollösung getauchten Gaze¬
tupfer ausgewischt, mit einem trockenen sorgfältig ausgetupft, mit
Jodoformpulver eingepudert und mit Jodoformgaze tamponirt.
Ueber die Wunde und zugleich unter das Schild der
Canüle wird eine aus Gazelagen gebildete Compresse, die auf der
der Wunde zugekehrten Fläche mit Borsalbe bestrichen ist, gelegt,
damit das aus der Canüle fliessende Secret von der Wunde fern
gehalten wird. Ueber die Canülenöffnung wird eine zweite Gaze-
compresse gehängt. Sofort wird dann das Kind in’s Bett gebracht
und der Dampfstrahl eines schon vorbereiteten Sprays über die
Canülenöffnung geleitet.
Die Operationswunde wird täglich frisch mit Jodoformäther¬
gaze tamponirt, die Gazecompressen je nach Bedürfniss noch öfter
gewechselt. Nach Entfernung der Canüle lassen wir die Wunde
durch Granulationen sich schliessen.
Der Operirte liegt in den ersten drei Tagen fortwährend unter
dem Spray. Am vierten Tage wird der Spray öfter ausgesetzt,
durchschnittlich vom fünften Tage ab weggelassen. Tritt die Bil¬
dung von Croupmembranen auf, so ist der Spray länger nöthig,
und wir setzen dann dem Dampfstrahl Kochsalzlösung oder Kalk¬
wasser zu.
Die Aussencanüle bleibt der Regel nach bis zum definitiven
D 6 canulement andauernd liegen, die Innencanüle wird je nach Be¬
dürfniss zwecks Reinigung gewechselt.
Die definitive Entfernung der Canüle geschieht durchschnitt¬
lich am fünften bis sechsten Tage nach der Operation. Oefter
konnten wir sie schon am vierten Tage entfernen. Die Möglich¬
keit eines so frühzeitigen Döcanulements schreiben wir der fast
-durchweg vorgenommenen Traeheotomia inferior zu, eine Ansicht,
die durch statistische Daten, wie sie Neumann 3 ) aus diesseitiger
Anstalt angiebt, gestützt wird. Es wird dort ausgerechnet, dass
bei Traeheotomia inferior in 70 % die Canüle spätestens am sechsten
Tage entfernt werden konnte, während bei der superior dieses nur
in 45% möglich war. Um das Döcanulement möglichst unbeob¬
achtet vom Patienten vorzunehmen und diesen zugleich zu ver¬
anlassen, einige kräftige Athemzüge durch den nunmehr wieder
dem Gebrauch freigegebenen Larynx zu machen, halten wir dem
Patienten eine brennende Kerze vor, ziehen schnell die Canüle
heraus und zwingen ihn durch eifriges Zureden, das Licht auszu¬
blasen. Gelingt es, so wird diese Procedur gleich noch einige
male wiederholt. Erst viel später veranlassen wir die Kinder zum
Sprechen. Die Kinder, welche sich ganlicht von der Canüle ent¬
wöhnen lassen, gehen mit derselben aus der Anstalt, und wir
setzen die Entwöhnungsversuche dann erst nach Ablauf einiger
Monate fort.
Entleert sich aus der Canüle infolge eines durch dieselbe be¬
wirkten Decubitus blutig gefärbtes Secret und ist dieser Zustand
ein [dauernder, so wird die Canüle durch eine von anderer Länge
oder anderer Weite ersetzt. Schafft das keine Abhülfe, so wird
-das ursprüngliche Rohr mit einem Gummidrain, das unten etwas
*) Ueber unsere Versuche mit der Intubation, die wir verlassen
haben, hat J. Schwalbe in der Deutschen medicin. Wochenschrift 1891,
No. 14, bereits Mittheilung gemacht.
*) Deutsche medicin. Wochenschr. 1893, No. 4.
*) 1 . c.
überstoht, überzogen. Oefter musste man auch aus dieseni Grunde
zur Einführung eines Gummidrains an Stelle der Metallcanülö
schreiten. Befanden wir uns sohon am dritten Tage nach der
Operation, so wurde, wenn sonst die Verhältnisse es gestatteten,
der Versuch des DöcanulemCnts gemacht.
Bei Lähmung der Kehlkopfschliesser muss, wenn Speisetheile
in. die Luftröhre eindringen, die Canüle wieder eingeführt werden.
Sie dient dann als Stütze für einen kleinen Tampon aus Press¬
schwamm, den wir in die Regio infraglottica einlegen und mittels
eines herausgeleiteten Fadens an das Schild der unterhalb des
Schwammes gelegenen Canüle befestigen. Daneben wenden wir
den faradischen Strom zu beiden Seiten des Kehlkopfes an. Nicht
selten ist es endlich, dass die Ernährung durch die Schlundsonde
erforderlich wird.
Dieses sind die Grundzüge, nach denen die Behandlung der
Diphtherie im Krankenhause im Friedrichshein seit nunmehr drei
Jahren geleitet wird. Die in den letzten 14 Jahren gemachten
Erfahrungen haben uns bisher ganz von einer specifischen Behand¬
lungsart abkommen lassen und uns einer Therapie zugeführt, die Tn
hygienisch-diätetischen Maassnahmen ihr vornehmstes Ziel hat.
Die von uns erzielten Heilungsresultate möge folgende tabellari¬
sche Uebersicht über alle vom Jahre 1880 bis zum 1. April 1894
auf der äusseren Station behandelten Diphtheriekranke zeigen.
Tabelle I.
Jahr
Behandelt
Davon
geheilt
Heilung
in %
Davon wt
Summa
iren tra
geheilt
cheotomirt
Heilung
in %
1880
191
88
46
107
22
.20,5
1881
182
72
40
95
18
18,9
1882/83»)
312
148
47
158
39
24,7
' 1883/84
385
171
44
190
-63 '
33.2
1884/85
341
164
48
147
45
30,6
1885/86
322
164
51
145
37
25.5
1886/87
345
200
58
176
64 ;
36,4
1887/88
287
188
66
117
41
35,0
1888/89
330
223
68
124
41
33,0
1889/90.
317 .
190 .
. 60.
. 139....
;...45
32,4
1890/91
276
137
. 50
144
43
29,9
1891/92
323
. 208
64
.144
66
45,8
1892/93
411
251
61
116
53
45,7
1893/94
549
346
63
155
62
40,0
Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dass die Anzahl
der Geheilten von allen Behandelten stetig gewachsen ist. Sie
steigt von durchschnittlich 44% der ersten Jahre auf durchschnitt¬
lich 62°/o der letzten drei Jahre.
Ein noch grösserer Fortschritt in den Heilungserfolgen zeigt
sich bei der Betrachtung der. operirten Kranken. Während der
Heilungsprocentsatz hier in den ersten drei Jahren durchschnitt¬
lich 21% betrug, erreichte derselbe nach allmählichem Anstieg in
den letzten drei Jahren eine Höhe, von 43%.
Tabelle II.
_1891/92._ ■
Krank¬
heitstag
Summe
der Be¬
handelten
Geheilt
Heilung
in %
Davon u
Summa
raren track
Geheilt
eotomirt.
Heilung
in ü /o
I
75
54
72
22
9
41
n
51
31
61
33
15
45
m
56
33
59
30
15
50
IV
29
15
52
16
7
44
V
23
8
35
9
3
33
oo
40
21
53
32
13
41
Summa 274
162
59
1892/93.
142
62
44
I
91
61
67
23
11
48
II
68
43 •
63
26
11
42
III
62
33
53
22
9
41
IV
.30
19
63
18
12
67
V
16
4
25
6
—
—
oo
45
25
56
21
10
48
Summ
a 312
185
00
S.g
£
116
53 |
46
I
134
94
70
34
11
32
II
73
50
68
18
10
56
III
117
69
69
42
18
43
IV
68
31
46
•22
6
27
V
31
17
55
10
4
40
oo
60
31
52
29
13
45
Summ
& 483
292
60
155
62
40
i) l. Januar 1882 bis 31. März 1883. Die folgenden Zeitangaben
gelten immer vom 1. April bis 31. März des folgenden Jahres.
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Original frts-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
m
W-QCfflSKSOÖKIFT,
■ Höf
in TabetUe 11, alin wr^en boUiMja^ltoi! Kinder j sonmt btduin fiel tum. Tabelle V -und VI sagen. «war
bis «um zwölften iMhonsjabr inclusive umfasst., sind die Kranken ; Erfolg« itti* '0esammtrc>su]t.at, • Mroikib 62%; r«sstb .65%, was da
der letzten dm Jahre nach dar Zeit geordnet, -welch# «in :or . bei SerumMt^ndlimg erzielte um 10% re?p, 7% untö-sdmbt#
fOinlioforüng iß dir Anstalt .schon krank ■«'n^n l»d : die Angaben der j ckndi sind ' r dagogbi) • in aiien drei ^usämmeustelllui^en bei de
Ar.pidnSri^Hi! meist Mn&ötiau sind und ans dem Krankmijoufsmien ; uperirten Kindern bessere Hmlmigsm ioige xü VHizoielinon, hühiItö'
a:i»di Hiebt ersehen werden kann, zu welcher Stunde >im lad jeden d<m : 56%.- 62%,• v*2% gegenüber den 44% ln Tahtdlo HL Out: nn
']%« die Ifmlieleniug erfolgte, ho ist mit I m d»w JinbHk ..Krank- : die. mit Honimbelumdluiift evrbidbtoi zum Tludl noch iilmrtFe.flhii-
heifc8t.ug 4 em grosserer %ni träum gemeint, idimJieh Stirndcn j sind die HidlungseiTolfte bei dein iüV B'öguiü.' der Erkrankung in df
vor der Anluubum, Mit. II sollen zwei Tage, mit Ul drei Tuge Anstalt gebriuditfth pHtienfeu. Hs stehen den Ul % Hö-tfuhgri] ml
und mit, ^ sechs liis vierzehn Tage vor der IhnUefmmg erkrankt ! Heilserum an dem Kraukheifcstago, den wir oben mit ! bezoiehpcfcfi
ausgmfdle.kt wurden. 1 79% resp. .00°/«* r**p. 1**5% gegen«her und femor den 60% de.
I)iese ZusaiiimensteHime zid^t, dass je früher die Kinder paeh { KranUheitsta^es II 76% v'wpi-47% r«*|*.-, 82%.
Beginn der Erkrankung in die Anstalt sb» linwlluue komm» »i. desto • Au* dteMin lUd-rnuh tätigen ist man Wohl hure*. 14igi ; . «Ion Sihia&
grösser die Aussiehi auf Heilung ist Im s -A-coma > * ttvMm • m sieben, dass, bei einen» gutartigen Charakter der iSphloirui
innerhalb der drei letzten Jahre.-bei uns tblgriftjb* 'Heild&gHr^hTtatH ; )feilungertrsuJtato erzielt werden, welche denen, cUo mit der Snmm
hahajidhuig in unserer Anstalt erreicht sind, 'deichkomwoh, um
dass man zu wuem ^ewi^eu UrtUei] über den Wurth diese* neticj
H eil Verfahrens er^t kaim, wenn nbdit nur die Zahl der
Behandeiton mne vtkl ^rüssere gbwtmhm bat, sondern auch ihn
Zeitraum, innorhaili dessen mji ei rfc wird,. sich'••'über ■ .eltteh &!&&&} •
Ti teil des Jalu’ös erstreikt,
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'o>;n?d. .ArK«h<..n. sin*? dmif j*.1 i«in
T-mha, t'ubiirupbdeffAprt •'il^iftbikJS-ÄiÄgaü wir
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19. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
699
gewöhnlichen Form vertragen, durch Darreichung grosser Quanti¬
täten von rohem Fleisch 1 ) „vollständig heilen“. Blutklystiere
bilden nach Antig und nach Teissier „die wirksamste Behand¬
lung der Chlorose“. Sie bewirken nach diesen Forschern eine be¬
trächtliche Steigerung in der Ausscheidung des Harnstoffes und der
Phosphorsäure, eine Vermehrung der rothen Blutkörperchen, eine
Hebung des Appetits, beträchtliche Zunahme des Körpergewichts
der Euphorie, der Kräfte und der Röthung der Schleimhäute und
Wangen.
Von bluthaltigen Gerichten, welche schon oft empfohlen
worden sind, nenne ich Blutsuppe, Blutwurst und Blutkuchen,
welche man in den Ostseeprovinzen Palten nennt und, falls sie
mit Hülfe von Grütze bereitet worden sind, als Delikatesse be¬
trachtet. Während heutzutage die Roth- oder Blutwurst ein
Nahrungsmittel ist, welches seiner Billigkeit wegen namentlich von
den ärmeren Klassen massenhaft genossen und von niemand ver¬
dammt wird, hat diese Wurst früher zu den aufregendsten Scenen
Anlass gegeben. Der morgenländische Kaiser Leo IV (886—911)
sah sich veranlässt, gegen dieselbe folgende Verordnung zu er¬
lassen: „Wir .haben in Erfahrung gebracht, dass die Menschen so
toll geworden sind, theils des Gewinnes, theils der Leckerei willen
Blut in essbare Speise zu verwandeln! Es ist uns zu Ohren ge¬
kommen, dass man Blut in Eingeweide wie in Röcke einpackt und
so als eift gewöhnliches Gericht dem Magen zuschickt. Wir können
dies nicht länger dulden und nicht zugeben, dass die Ehre unseres
Staates durch eine so frevelhafte Erfindung bloss aus Schlemmerei
fresslustiger Menschen geschändet werde. Wer Blut zu Speisen
umschafft — er mag nun dergleichen kaufen oder verkaufen —, der
werde hart gegeisselt und zum Zeichen der Ehrlosigkeit bis auf
die Haut geschoren. Auch die Obrigkeiten der betreffenden Städte
sind wir nicht gesonnen, frei ausgehen zu lassen, denn hätten sie
ihr Amt mit mehr Wachsamkeit geführt, so hätte ein solche Un-
that nicht begangen werden können. Sie sollen ihre Nachlässigkeit
mit zehn Pfund Goldes büssen.“ Gott sei Dank, dass wir heute
unseren Patienten ungestraft Rothwurst verordnen können! Ein
bei der Darstellung derselben häufig begangener Fehler ist das zu
starke Räuchern, wobei das Hämatin unter Einwirkung der Sub¬
stanzen des Rauches zu steinharten Klumpen verklebt, welche
völlig unverändert mit dem Kotho abgehen.
In England und Amerika, wo die Rothwurst nicht dieselbe
Popularität geniesst, deren sie sich in Deutschland erfreut, hat man
aus Blut die verschiedensten Patentmedicinen nach moist geheim¬
gehaltenen. Methoden hergestellt, welche Hämoglobin oder
Hämatin in flüssiger Form enthalten. In Italien hat dieTrefusia
des Apothekers Cav. Luigi d’Emilio 1885 viel von sich reden ge¬
macht. Dieselbe besteht aus vorsichtig zur Trockne gebrachtem
Blut. Gleichzeitig empfahl in Frankreich Deschiens ein analoges
Präparat. In Deutschland hat Hommel ein flüssiges und D ah men
ein pulverförmiges entsprechendes Präparat empfohlen. Hommel
bezeichnet das seine unerlaubter Weise als Hämatogen, obwohl es zu
Bunge’s Haematogen in gar keiner Beziehung steht. Dahmen
hat den Namen Häm alb umin gewählt, während andere dasselbe
Präparat als Sanguinal bezeichnen. Pfeuffer in München bringt
Pastillen und ein Extract in den Handel, welche reich an un¬
tersetztem Hämoglobin sind. Für alle genannten Präparate
liegen Beobachtungen am Krankenbett vor, welche die Brauchbar¬
keit derselben darthun sollen und zum Theil auch wirklich dar-
thun. Man könnte daraufhin daran denken, reines krystalli-
sirtes Hämoglobin, wie dieses namentlich von Dr. Grübler
in Leipzig in ausgezeichneter Qualität in den Handel gebracht
wird, ärztlich zu verordnen; jedoch sind mir Versuche damit am
Krankenbett bis jetzt fast nicht bekannt geworden; auch ist der
Preis des Präparates naturgemäss ein hoher, der Geschmack
schlecht und die Haltbarkeit eine geringe. Einer der wenigen
Experimentatoren über dasselbe, Pietro Castellino, fand 1890,dass
dasselbe schnell und gleichmässig resorbirt wird, die Verdauung
nicht belästigt und rasch den Hämoglobingehalt des Blutes ver¬
mehrt. Von den Autoren, welche sich gegen die Darreichung von
Hämoglobin und seinen Präparaten zu therapeutischen Zwecken
ausgesprochen haben, ist Gherardini zu nennen, welcher, gestützt
auf seine Versuche am Magenfistelhund, 1890 von neuem auf die
längst bekannte Thatsache hinwies, dass das Haeinoglobin im Magen
quantitativ in Haematin umgewandelt wird und dass man daher
bei der Darreichung von Hämatin ja ebenso weit komme.
Aber auch diese Darreichung sei werthlos, da das Haematin un-
resorbirbar sei, die Darmwandungen in Gestalt einer theerartigen
Masse verschmiere und bei subcutaner Injection vom Organismus
nicht aufgespeichert oder gar zu Haemoglobin verwendet, sondern
*) Der Gehalt desselben an Hämoglobin ist nach den Untersuchungen
meines Schülers Georgenburger nicht unbedeutend, selbst wenn die
Thiere in vorschriftsmässiger Weise beim Schlachten entblutet wurden.
sofort wieder ausgeschieden werde. Ich bin durch mehrjähriges
eingehendes Studium dieser Frage zu der Ansicht gekommen, dass
diese Behauptung nur für den Fall ungeschickten Vorgehens richtig
ist, während bei richtiger Form der Darreichung Präparate,
welche das Eisen in einer zwischen Hämoglobin und
Hämatin stehenden Form enthalten, wohl resorbirbar
sind und zuin Aufbau von Hämoglobin verwendet werdon
können. Allerdings fand ich dazu weder das reine Hämoglobin,
noch das reine Hämatin am geeignetsten, sondern gewisse Um*
wandlungsproducte des Blutes, über die ich mich, um den Collogen
in der Praxis verständlich zu werden, etwas ausführlicher aus¬
sprechen muss.
Alle Forscher, welche sich in neuerer Zeit mit den Vorgängen im
Darm eingehender beschäftigt haben, betonen, dass der Speisebrei im
ganzen Dünn- und Dickdarm reducirenden Einflüssen, welcho von
den anaöroben Darmbacterien ausgehen, unterliegt. Man muss also zu¬
geben, dass auch der sicher zur Resorption gekommene Antheil des
Hämoglobins bei mit blutigem Fleisch gross gezogenen Hunden redu¬
cirenden Einflüssen ausgesetzt gewesen ist; ja, Georgonburger neigt
sich der Ansicht zu, dass diese Rcduction bis zur Stufe des Hämo-
chromogen gehen kann. Falls es nun gelänge, durch Einwirkung redu-
cirender Agentien extra corpus den Blutfarbstoff geschmackloser und
weniger geneigt eine theerartige Consistenz anzunehmen, zu machen, so
dürfte ein solches Präparat von vornherein vor Blut und Hämoglobin den
Vorzug haben, besser einnehmbar zu sein, die Verdauung weniger zu be¬
lästigen und vermuthlieh sogar besser resorbirbar zu sein. Bei sehr zahl¬
reichen Versuchen, den Blutfarbstoff mit den verschiedensten reducirenden
Stoffen zu behandeln, sind nun von mir bis jetzt dio nachstehenden Stoffe
als die einzig für die ärztliche Praxis brauchbaren aufgefunden worden.
Hämo gal lol entsteht, wenn man stromafreie concentrirte Blut¬
lösung vom Rind mit concentrirter wässeriger Lösung von Pyrogallol im
Ueberschuss versetzt. Der sich augenblicklich bildende rothbraune Nieder¬
schlag wird unter möglichstem Abschluss des Luftsauerstoffes auf dem
Saugfilter erst mit Wasser gewaschen, bis das Filtrat auf Höllenstein¬
lösung nicht mehr reducirend einwirkt, und dann auch noch mit Alkohol
und sodann bei möglichst niedriger Temperatur getrocknet. Es ist ein
rothbraunes, in Wasser völlig unlösliches, geschmackloses Pulver, welches
beim Auskochen mit Alkohol, welcher 7% Schwefelsäure enthält, seinen
gesammten Gehalt an Blutfarbstoff in Form von Hämatin abgiebt, und
zwar muss dieser, als Hämoglobin berechnet, mindestens 45 ® o der ur¬
sprünglichen Substanz ausmachen. Das beste Lösungsmittel für Hiiino-
gallol (ohne Erhitzen) ist Verdünnte, nicht über einprocentige, frisch dar-
gestellte wässerige Solution von Natriumsuperoxyd.
Dass das Hämogallol in der That resorbirbar ist, wurdo
auf drei verschiedene Weisen dargethan. Zunächst wurde von
Busch bei constanter Diät die Eisenmenge des Harns längere Zeit nach
einer sehr genauen, von Damaskin ausgearbeiteten Methode geprüft
und gefunden, dass Eingeben von Hämogallol die Monge des fest ge¬
bundenen Harneisens wesentlich steigert, während nach Kumberg die
gewöhnlichen Eisenpräparate der Pharmakopoe keine Steigerung bewirken.
Dieses Plus an festgebundenem Hameisen kann nur aus dem resorbirten
Hämogallol stammen. Ein weitaus grösserer Theil des resorbirten Eisens
verlässt den Organismus durch die Darmschleimhaut; dieser Theil lässt
sich aber bei innerlicher Darreichung von Eisenpräparaten nicht feststellen.
Ein zweiter Beweis der Resorbirbarkeit des Hämogallols wurde von
Medalje und von Georgenburger am Stadel mann ’schen Gallenfistel¬
hund erbracht, dessen Gallenmenge und Gallenfarbstoffmonge nach -Ein¬
gabe grosser Dosen von Hämogallol Zunahmen, indem der für den Orga¬
nismus nicht verwerthbare Ueberschuss von rosorbirtem Hämogallol ganz
so wie nach Gorodetzki intravenös oder subcutan eingespritztes Hämo¬
globin zum Theil in Gallenfarbstoff umgewandelt wurde und eine. Steige¬
rung der Gallenmenge und Bilirubinmenge bedingto. Der dritte und
wichtigste Beweis der Resorbirbarkeit des Hämogallols wurdo dadurch
erbracht, dass das Präparat bei zahlreichen blutarmen und chlorotischen
Patienten in ausgezeichnetster Weise zur Besserung ihres Krankheits¬
zustandes beitrug. Ein ausführlicher Bericht darüber soll domnächst er¬
scheinen.
Dass das Hämogallol, selbst bei längerer Darreichung sehr grosser
Dosen, ja selbst bei intravenöser Injection in’s Blut bei Thieren keinerlei
Vergiftungserscheinungen hervorruft, wurde durch A. Lipski dargethan.
Das Hämol ist ein Derivat des Zinkparhämoglobins, welches auf
folgende Weise gewonnen wird. Schüttelt man stromafreio, nicht zu con¬
centrirte Blutlösung (vom Rind) mit chemisch reinem Zinkstaub, so ver¬
schwindet die rothe Farbe der Blutlösung nach einiger Zeit, und beim
Filtriren erhält man eine gelbliche Flüssigkeit, welcho weder Hämoglobin
noch Methämoglobin noch Hämatin enthält. Dio Gesammtmenge des Blut¬
farbstoffes ist vielmehr auf dem Filter geblieben, wo sich natürlich auch
das etwa überschüssig verwandte Zink vorfindet. Man wäscht nun zu¬
vörderst den Niederschlag so lange mit Wasser, als sich noch etwas löst,
nimmt ihn dann noch feucht vom Filter und suspendirt ihn in sehr viel
destillirtes Wasser, wobei das überschüssige Zink rasch zu Boden sinkt
und durch Schlämmen entfernt werden kann. Alles verwandte Zink setzt
sich jedoch nicht zu Boden, sondern ein Theil desselben hat sich mit dem
Blutfarbstoff chemisch verbunden zu Zinkparhämoglobin 1 )- Dieser
von Grahe näher untersuchte Stoff besitzt noch das Spectrum des
Oxyhämoglobins, aber nicht dessen Löslichkeit in Wasser, im frischen,
feuchten Zustande sieht das Zinkparhämoglobin je nach der Darstellungs-
weise roth odor braun aus; nach längerem Aufbewahren oder Trocknen
l ) Parhämoglobin ist der von Nencki eingoführte Name für in
Wasser unlösliches Hämoglobin,
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600
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2(
wird es stets braun. Es löst sich in alkalisch reagirenden Alkalisalzen,
sowie in allen organischen Salzen des Ammons mit schöner rother Farbe
und kann durch Verdünnung und Neutralisation dieser Lösungen daraus
wieder gewonnen werden, behält aber seinen Zinkgehalt dabei constant
bei. Das durch Ausfüllung aus Ammoniumcarbonatlösung gewonnene und
nochmals auf dem Filter gewascheno Zinkparhämoglobin liefert beim
Trocknen unter theilweisem Verlust seines Spectrums und seiner Löslich¬
keit das als Zinkhämol bekannte Handelspräparat, welches als fast ge¬
schmackloses und sehr mildes Zinkpräparat den Vorzug vor Zincum
valerianieum und anderen zur Resorption bestimmten Zinkpräparaten ver¬
dient und gleichzeitig noch dem Blute Material zu neuer Hämoglobin¬
bildung zuführt. Es ist besonders für solche Fälle von Chlorose passend,
wo nach Köslin im Darme multiple, kleine, von Zeit zu Zeit blutende
Geschwürchen bestehen. Weiterhin ist es ein sehr mildes Stopfmittel
hei chronischer Diarrhoe.
Wird die Lösung des Zinkparhämoglobins in kohlensaurem Ammon
mit nicht zu wenig Schwefelammon versetzt, so füllt das Zink als Schwefel¬
zink aus. Dasselbe ist der Fall, wenn man das Zinkparhämoglobin zunächst
in sehr verdünntem Schwefelammon löst, wobei noch kerne Zersetzung
eintiitt, und nun weiteres Schwefelammon zusetzt. Das Filtrat vom
Schwefelzinkniederschlage, vom Schwefelammon durch einen Luftstrom
befreit und mit Salzsäure vorsichtig neutralisirt, lässt einen graubraunen
Niederschlag ausfallen, der nach gehörigem Waschen mit Wasser scharf
S etrocknet das Hämol des Handols liefert. Dieses Hämol ist wie das
[ämogallol in Wasser unlöslich, löst sich aber in verdünnter Lösung von
Natriumsuperoxyd, von Schwefelammon und von Cyankalium. Die
Lösung im letztgenannten Mittel ist Cyanhämatin und hat den für diese
Substanz charakteristischen Absorptionsstreifen, der mit dem des von mir
früher beschriebenen Cyanmethämoglobin gleiche Lage hat, ohne dass daraus
etwa, wie irrthümlich von einem Berliner Forscher geschehen ist, an eine
Identität von Cyanmethämoglobin und Cyanhämatin gedacht werden dürfte.
Durch Zusatz von Schwefelammon zur Lösung des Hämols in Cyankalium ent¬
steht Hämochromogen. Verreibt man Hämol mit concentrirter Schwefelsäure,
so entsteht Hämatoporphyrin. Aus der Intensität des Spectrums des Hämo¬
chromogen und des Hämatoporphyrins kann man nach Georgenburger
unter Zuhülfenahme von Lösungen dieser Substanzen von bekanntem Ge¬
halt die Menge des im Hämol in Form von Hämatin enthaltenem Blut¬
farbstoffs feststellen, nämlich 45—50 % Hämoglobin. Dementsprechend
beträgt auch der Eisengehalt /des Hämols 0,2 °/o. In dieser Beziehung
sipd sich also Hämol und Hämogallol sehr ähnlich, denn das letztere liefert
bei allen drei Untersuchungsmethoden fast dieselben Werthe. Im Magen
bleibt das Hämol wie das Hämogallol so gut wie ungelöst und behält in
vorteilhaftem Gegensatz zu Blut seinen Pulvercharakter bei; eine Be¬
lästigung der Magenverdauung kann daher durch das Hämol nicht statt¬
finden. Im Darmcanal der Patienten wird es unter Einwirkung des
Pankreassaftes langsam gelöst und theilweise resorbirt; ein anderer Theil
erscheint im Koth, jedoch — falls nicht unmässige Mengen gegeben
worden waren — ohne den theerartigen Charakter angenommen zu haben,
welcher für Blut so bezeichnend ist. Dass das Hämol wirklich
resorbirbar ist, wurde in analoger Weise wie beim Hämogallol
nach drei Methoden dargethan. Zunächt wurde von Grahe bei
eisenarmer Kost festgestellt, dass bei ihm selbst ein Theil des in Form
von Hämol eingenommenen Eisens durch den Ham wieder zur Aus-
scheidung kam. Zweitens wurde von Medalje am Gallenfistelhund
nach Darreichung von Hämol mit der Nahrung eine Steigerung der Aus¬
scheidung von Galle und Gallenfarbstoff nachgewiesen. Drittens wurde
an zahlreichen Patientinnen mit Chlorose die blutbildende Wirkung des
Mittels direkt constatirt. Dass das Mittel selbst bei intravenöser Ein¬
spritzung Tfiiere nicht krank macht, wurde von A. Lipski dargethan.
Als Lösungsmittel diente wie beim Hämogallol sehr verdünntes Natrium¬
superoxyd.
Unabhängig von mir haben Lang, Forchheimer, Billig
imd Friedberg die Brauchbarkeit des Hämols und namentlich des
Hämogallols bei verschiedenartigen Formen von Anämie dargethan.
IH. Von künstlich dargestellten Eisenpräparaten
welche unter den Gesichtspunkt der Diätetik fallen, sind zunächst
die Verbindungen unseres Metalles mit Nahrungsmitteln, wie
Zucker (Ferrum oxydatum saccharatum), Inulin (Ferrum oxyda¬
tum mulinatum), Mannit (Ferrum mannitatum), Dextrin (Ferrum
dextrinätum), Fetten (Ferrum olelnicum), Eiweiss (Ferrum albu-
minatum) und Albumosen (Ferrum peptonatum) zu nennen.
_ Das von Dr. Hornemann in Halle erfundene und mit einem
Eisengehalt von 3—10% in den Handel gebrachte Zuckereisen
stellt eine wirkliche chemische Verbindung von oxydirtem Eisen
mit Rohrzucker vor, ist in Wasser leicht löslich, schmeckt nicht
tintenartig und ist frei Ton Aotzwirkungen. Es lässt sich sogar
subeutan und intravenös mjiciren. Bei Thieren wirkt es vom Blute
aus viel weniger giftig, als z. B. das weinsaure und das citronen-
saure Eisenoxydnatron, mit denen man früher gewöhnlich zu ex-
penmentiren pflegte. Das Eisen ist im Hornemann’schen Zucker-
eisen nicht ohne weiteres den üblichen Eisenreagentien zugängig
sondern durch die organische Bindung etwa so verdeckt, wie hl
dem nachher zu nennenden Ferratin.
. T?“ ®* sene \ w ®i ss Verbindungen giebt es eine sehr grosse
Anzahl Um wenigstens eins derselben herauszügreifen, sei das
Ferratm yon Marfori und Schmiedeberg besprochen, welches
jetzt gerade auf ziemlich ungewöhnliche Weise 1 ) auf den Markt
gebracht wird. Es wird aus Eiweiss und weinsaurem Eisenoxyd
natron nach einem patentirten Verfahren hergestellt und soll 6 bis
10 % Eisen enthalten. Dieses Präparat hat die allgemeine Auf
merksarakeit nicht nur der Theoretiker, sondern auch der Praktikei
dadurch auf sich gezogen, dass es als identisch mit dem Leber¬
eisen als leicht resorbirbar und als die Substanz bezeichnet wird
aus welcher sich das Hämoglobin bilde. Nach meinen Unter¬
suchungen kann jedoch das Ferratin schon durch die
Magenverdauung zersetzt werden. Ganz unabhängig vor
mir sind zu derselben Erkenntniss auch andere Pharmakologen ge¬
kommen, von denen ich z. B. Langgaard 1 ) nennen möchte. Nach¬
dem diese Zersetzung vor sich gegangen ist, haben wir es über¬
haupt nicht mehr mit einem organischen Präparate zu thun. Das
Hepatin widerstand bei den Versuchen Zaleski’s den Verdauungs¬
versuchen mit Magensaft durchaus. Eine Identität von Ferratin
und Hepatin besteht danach also nicht. Weiter untersuchte ich
das Verhalten des Ferratins im Organismus bei Einspritzung in’s
Blut. Zunächst fiel mir dabei nach grösseren Dosen eine
erhebliche Herabsetzung der Gerinnbarkeit des Blutes
auf, welche nicht gerade dafür spricht, dass wir es. .hier mit einem
normalen Körperbestandtheil zu thun haben. Weiter ergab die
mikroskopische Leberuntersuchung ein sehr bemerkenswerthes Re¬
sultat. Während die normalen Leberschnitte bei Untersuchung
mit Ferrocyankalium und Salzsäure in den von Schneider vor¬
geschriebenen Concentrationen keinerlei Farbenreaction ergiebt,
gab die Ferratinleber genau die Bilder, welche Stender nach
Einspritzen von weinsaurem Eisenoxydnatron und von Ferrum
oxydatum saccharatum erhalten und in den Arbeiten meines Insti¬
tutes abgebildet hat. Die Nichtidentität des Ferratins mit
dem normalen Lebereisen der nicht zerstörten Leber er¬
hält dadurch eine weitere Stütze. Dass man bei der Be¬
handlung der zerriebenen Leber nach der von Marfori be¬
schriebenen Methode ein Eisenpräparat erhält, welches sich in
seinen Reactionen dem Ferratin nähert, soll nicht bestritten werden;
ich halte es aber für unbewiesen, dass dasselbe in der unzerstörten
Leber präformirt ist.
Was die Präparate anlangt, welche das Eisen zusammen mit
Genussmitteln enthalten, so sind ausser Zucker namentlich
Bitterstoffe und Alkohol zu nennen. Alle diese Präparate
enthalten aber das Eisen nicht chemisch gebunden, sondern nur
beigemischt und sind daher ohne besonderes Interesse für die vor¬
liegende Betrachtung.
VI. Zur Casuistik der Paraffinembolieen bei
intramusculären Hydrargyruminjectionen.
Von Dr. W. Harttang in Frankfurt a. 0.
Ich kann den Blaschko’schen Fällen von Paraffinembolieen 2 )
zwei weitere anfügen. Ich habe dieselben nicht früher veröffentlicht,
weil ich sie nicht so beobachten konnte, wie ich es gewünscht
hätte; ich möchte nun aber, dass sie wenigstens mitzählen.
Fall 1. Lieutenant R., Lues von 1889, unterzog sich bei mir_ im
December des Influenzajahres 1889 einer Hydrargyrumcur wegen eines
squamösen Handsyphilids. Er erhielt die gebräuchlichen Injectionen von
Hydrargyrum salicylicum Paraffin-Mischung in der üblichen Weise intra-
museulär in die Nates; er vertrug dieselben ausgezeichnet. Bei der vierten
Injection am 19. Januar 1890 bekam Patient im Augenblick, als ich den
langsam geführten Stempel bis etwa % des Spritzencylinders gebracht
hatte, einen plötzlichen, äusserst heftigen Hustenanfall, so dass ich schnell
die Canüle zurückzog und den Patienten aus seiner Bauchlage aufrichtete.
Gleichzeitig trat ein hochgradiges Angstgefühl ein, die Herzaction wurde
sehr frequent, die Athmung schnell und oberflächlich. Einige grosse
Cognacgaben änderten ziemlich schnell diesen bedrohlichen Zustand. Patient
beruhigte sich allmählich, die Athmung wurde wieder gleichmässig, der
Puls langsamer, nur der Hustenreiz liess nicht nach. Leider war es mir
unmöglich, den Patienten, welcher von einer auswärtigen Garnison hierher¬
gekommen war, zum Hierbleiben zu bewegen. Er „musste“, wie er sagte,
nach einer halben Stunde fort, und er verliess mich thatsächlich nach
dieser Zeit, um gleich darauf eine Stunde mit der Bahn nach Hause zu
fahren. Nach acht Tagen erhielt ich von ihm eine Nachricht, in der er
sein Ausbleiben für die weitere Injection entschuldigte, da er an einer
Influenza heftiger erkrankt sei. Weitere Recherchen ergaben, dass er
gleich nach seiner Ankunft blutiges Sputum gehabt hatte, das blutig-
schleimig etwa fünf Tage angehalten hatte. Unter mässigen, kaum febrilen
Temperaturen hatte sich ein kleines Infiltrat 1. ii. h. gebildet, das All¬
gemeinbefinden war nur am Tage der Erkrankung und dem darauf folgenden
in erheblichem Grade gestört gewesen; nach acht Tagen war eigentlich
wieder völliges Wohlbefinden eingetreten.
Als der Kranke nach 14 Tagen wieder zur Injection kam, war nichts
Pathologisches an den Lungen nachweisbar. Er war erstaunt über die
Möglichkeit eines so „jähen Einsetzens der Influenza“, war aber doch fest
überzeugt von der Richtigkeit dieser Auffassung seiner Erkrankung und
nicht davon abzubringen.
*) Man vergleiche darüber Apotheker-Zeitung 1894, No. 44, S. 428.
*) Sitzungsbericht der Hufeland’schen Gesellschaft vom 22. Febr. 1894.
3 ) Diese Wochenschrift 1892, No. 43.
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19. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
601
Fall 2. Fräulein H., Lues Juni 1890. Am 17. März 1891 bei einer
intermittirenden Injectionscur mit Hydrargyrum salicylicum-Mischung (die
Lues augenblicklich ohne Symptome), eine Injection von 1 g der Mischung
in der üblichen Weise in die Nates, der Stempel der Spritze sehr langsam
geführt. Während sich die Kranke aus ihrer Bauchlage erhebt, ein
äusserst heftiger Hustenparoxysmus von über eine Viertelstunde Dauer
bei beschleunigter Herzaction, sonst keine Collapserscheinungen. (Ich konnte
auch diesen Fall, es war eine auswärtige Kranke, nicht weiter beobachten,
habe aber folgende Notizen über denselben erhalten.) Etwa vier Tage
lang bei leichten Temperatursteigerungen und blutigem, später schleimigem
Sputum auscultatorisch katarrhalische Erscheinungen, Rasseln etc. links
hinten, eine Dämpfung nicht beobachtet; in sechs Tagen alles normal.
Dass es sich in den beschriebenen Fällen um Paraffin-Hydrar-
gyrumembolieen handelt, ist ausser Frage; dieselben sind eine
weitere Stütze für die Behauptung, dass, wenn wirklich eine embo-
lische Entzündung zustande kommt, die Gefahr, welche diese in-
volvirt, bei intacten Lungen eine verhältnissmässig geringe ist.
Die Vorstellung, dass auch von der Lunge das unlösliche Salz
resorbirt wird wie von den Muskeln, hat trotz der Differenz der
in Frage kommenden Gewebe durchaus nichts gezwungenes, und
ebenso wenig die Vorstellung, dass wie in den Muskeln, so auch in
der Lunge gerade das Hydrargyrum salicylicum verhältniss¬
mässig sehr geringe Reizerscheinungen macht.
Von den Wegen, welche vorgeschlagen wurden, die Embolie
ganz zu vermeiden, scheint mir keiner sicher zum Ziele zu führen.
Die nicht gefüllte Canüle einzuführen wäre sehr unzweckmässig,
und mit einer so stumpfen Canüle, dass ein Gefäss der vordringenden
Spitze aus wiche, zu arbeiten, wieBlaschko es will, halte ich für
ganz unmöglich. Auch die an sich ganz zweckmässigen stoss-
weisen Entleerungen des Spritzeninhaltes, die anstatt einer grösseren
eine Anzahl kleiner Paraffinquecksilbermengen eventuell in die
Blutbahn bringen, schliessen die Gefahr einer Embolie oder einer
ganzen Reihe von Embolieen kurz hintereinander nicht aus. Wir
müssen eben diese Gefahr mit in den Kauf nehmen, und ich glaube,
wir können es ganz ruhig bei intacten Lungen mit Rücksicht auf
die grosse Seltenheit des Zufalls und den sehr bedeutenden Werth
gerade dieser Form der Hydrargyrumtherapie.
VII. Zur capillarpyknometrischen Blutunter-
suchungsmethode.
Von Dr. Richard Schmaltz.
Aus einer Bemerkung inThoma’s Lehrbuch der allgemeinen Patho¬
logie, S. 306, •) ersehe ich, dass die von mir beschriebene und angewendete
Methodo zur Bestimmung des specifischen Gewichtes des Blutes 9 ) schon
früher von einem Schüler Thoma’s, Hühnerfauth, unter Thoma’s
Leitung bei Thieren angewendet und in dessen Abhandlung: „Einige
Versuche über traumatische Anämie“ 3 ) beschrieben worden ist.
Ich halte es nicht für überflüssig, ausdrücklich auszusprechen, dass
mir Hühnerfauth’s Abhandlung bisher unbekannt gewesen ist und dass
mir dadurch auch seino Ausführungen über die Verwendbarkeit von
Capillaren als Pyknometer ontgangcn sind.
Der Titel der Hühnerfauth’schen Arbeit deutet nicht darauf hin,
dass in derselben eine neue Untersuchungsmethode beschrieben wird, und
es ist auch von keinem der zahlreichen Autoren, die in den letzten Jahren
über das specifische Gewicht des Blutes Untersuchungen angestellt und
zum Theil dabei die Capillarpyknometer benutzt haben, darauf Bezug ge¬
nommen worden. Um so mehr ist es meine Pflicht, selbst nachträglich
darauf hinzuweisen.
Dresden, im Juni 1894.
VIII. Standesangelegenheiten.
The General Council of Medical Education and Registration. 4 )
Die Beziehungen der Staatsgewalt zum ärztlichen Stande
sind in England sehr lockere; nachdem in den letzten Jahrzehnten
eine Anzahl von Parlamentsacten die nöthigen rechtlichen Grund¬
lagen geschaffen haben, hat der Staat sein Aufsichtsrecht an eine
mit grossen Befugnissen ausgestattete Selbstverwaltungs-Körper¬
schaft, das General Council of Medical Education and Registration,
übertragen und greift nur in seltenen Ausnahmefällen in deren
Thätigkeit ein.
Die Behörde besteht aus 30 Mitgliedern; fünf davon entsendet
der Staatsrath (privy council), fünf andere sind von den Aerzten
des Königreiches gewählt (drei in England, je eines in Schottland
und Irland); die übrigen 20 Mitglieder sind die erwählten Ver-
') Stuttgart, Enke, 1894.
9 ) Die Untersuchung des specifischen Gewichtes des menschlichen
Blutes. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 47, 1890. — Das Verhalten
des specifischen Gewichtes des Blutes in Krankheiten. Deutsche med.
Wochenschr. 1891, No. 16.
®) Virchow’s Archiv Bd. 76, S. 301.
4 ) Wir werden von Zeit zu Zeit Berichte unserer Specialcorrespon¬
denten über auswärtige medicinische bezw. ärztliche Angelegenheiten, dio
ein allgemeines Interesse erregen, veröffentlichen. D. Red.
treter der Universitäten und der von alters her privilegirten ärzt¬
lichen Körperschaften in den drei Königreichen. An der Spitzo
der Behörde steht augenblicklich Sir R. Quain.
Die Thätigkeit des Council umfasst folgende Gebiete;
1. Die Ertheilung der Approbation (registration).
2. Die Ueberwachung der ärztlichen Ausbildung.
3. Ausübung einer Disciplinargewalt über den ärztlichen
Stand.
1. Die Aufnahme in das Medical Register steht in ihrer Be¬
deutung unserer Approbation gleich. Sie ist nicht gerade unum¬
gänglich nothwendig zum Prakticiren, aber nur der Praktiker,
dessen Name im Medical Register zu finden ist, gilt vor dem Ge¬
setz als Arzt. Nur ein solcher hat das Recht, Todtenscheine oder
andere ärztliche Zeugnisse auszustellen, öffentliche ärztliche Stel¬
lungen zu bekleiden, ärztliche Forderungen einzuklagen etc.; auch
die Aufnahme in medicinische Gesellschaften geschieht in der Regel
nur, weim der Candidat „duly registered“ ist. Die Eintragung in
das Register ist an die Absolvirung eines Examens gebunden, und
da das Council nicht selbst examinirt, so hat es eine Reihe von
Universitäten und Körperschaften bezeichnet, deren durch Examen
erworbene Diplome ein Recht auf Registration geben (vorbehalt¬
lich der Erlegung gewisser nicht unbedeutender Gebühren). Das
Medical Register wird jährlich revidirt und neu herausgegeben.
2. Mit der Ertheilung der Approbation hängt naturgemäss die
Ueberwachung des ärztlichen Unterrichtes und der Examina eng
zusammen. Bis vor nicht allzu langer Zeit herrschte auf diesem
Gebiet grosse Regellosigkeit und Ungleichmässigkeit. Die einzelnen
privilegirten ärztlichen Collegien und die Universitäten stellten
ziemlich unabhängig von einander ihre Anforderungen an den
Studiengang und an die Leistungen der Canditaten fest, und die
Ausbildung der Aerzte war darum eine sehr ungleiche. Hier hat
das Medical Council Wandel geschaffen. Man hat die Zeit des
Studiums fixirt (fünf Jahre seit 1893) und ein Minimalmaass
von Anforderungen festgesetzt, unter das die Examinatoren der
einzelnen Collegien nicht heruntergehen dürfen; ausserdem sind
sehr ins Einzelne gehende Bestimmungen erlassen über den Besuch
bestimmter Vorlesungen und Curse, über Vorprüfungen etc. Da¬
durch ist nicht nur die Ausbildung der Aerzte eine ziemlich gleich-
mässige geworden, sondern auch das Niveau ärztlicher Bildung in
England beträchtlich erhöht worden. Nur die Diplome solcher
Körperschaften, die sich den vom Council festgestellten Be¬
dingungen fügen, berechtigen zur Registration; allein das College
of Physicians hat sich auf Grund seiner alten Freibriefe einen
Richterspruch erfochten, nach dem sein Diplom (Membership) zur
Approbation berechtigt, auch ohne dass die Bedingungen des
Medical Council erfüllt sind. Der Process wurde lediglich zur
Feststellung der Rechtslage gofülirt; thatsächlich fügt sich auch
das College of Physicians in die vom Council begründete Ordnung.
Das Medical Council überwacht nun auch die Examina der
verschiedenen Körperschaften durch einzelne seiner Mitglieder, die
als Inspectoren denselben beizuwohnen berechtigt sind. Diese
Ueberwachung ist eine recht sorgsame, wie noch bei den letzten
Sitzungen die Verhandlungen über die Examina einiger ärztlicher
Corporationen in Irland gezeigt haben. Missbräuche und Un¬
ordnung werden scharf gerügt, und mit besonderer Aufmerksam¬
keit wird darüber gewacht, dass unter das einmal festgestellte
Minimalmaass von Anforderungen nicht heruntergegangen wird.
Nutzen Verwarnungen und Tadelsvoten nichts, so hat das Medical
Council das Recht, die Sachlage dem Staatsrath zu unterbreiten
und diesem die Streichung der betreffenden Corporation aus der
Liste der examinirenden Körperschaften anheim zu stellen.
Auch die allgemeine wissenschaftliche Ausbildung der künftigen
Studenten der Medicin unterliegt der Controlle des Medical Council.
Eine unserem Abiturientenexamen entsprechende Einrichtung be¬
steht in England nicht. Die Universitäten verlangen die Absol¬
virung eines Eintrittsexamens vor der Immatriculation und die
Anforderungen desselben setzen sie nach eigenem Ermessen fest.
Wer Medicin studiren will, ohne die Universitäten zu besuchen —
und es ist nur eine Minorität, die nach Oxford oder Cambridge
geht — muss ein „preliminary examination“ ablegen bei der
Society of Apothecaries, dem College of Preceptors oder eiuer
anderen zur Abhaltung solcher Examina ermächtigten Corporation.
Auch diese Examina werden vom Council beaufsichtigt und haben
ihre Anforderungen den vom Council festgestellten Grundsätzen an¬
zupassen. Die Ansprüche bleiben übrigens beträchtlich hinter denen
des deutschen Abiturientenexamens zurück.
3. Die dritte wichtige Function des Councils ist die Ausübung
einer sehr straffen Disciplinargewalt über die Angehörigen des
ärztlichen Standes. Das Council ist berechtigt, Verwarnungen zu
ertheilen und in schweren Fällen die Approbation zu entziehen.
Dies letztere geschieht regelmässig, wenn Aerzte wegen ehren¬
rühriger Vergehen von den ordentlichen Gerichten verurtheilt
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHSGAN
am
DEUTSCHE MßDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
worden Hind; v ahm: die State wird uunh gar nicht weitete whitagt
io Bküteü vt>r* Vergehen gegen den ürztUebcn Anstand 5 die von nm
(terfchUui nicht geB/itten wenien köMueu. Hin uod wimler wird
did Entziehung der Approbatiufj au^^prochfeh wyg^n t'ortgwueteie?»
niarktÄf-hrderiBehmr Ainu>rieireiiv, gaiyz hj?öü<ierg b&utig -aber in
den Füll»>n von ^ovoringL Es butte sich m .manchen Theitete
von England, uaatom iifji je grasen Städtern, der Unfug nu.~>
gebildet» .daa? nicht upprnbirte Fursmii'h, diu ürsUtFhf/ TlbStigknit
aa:?uh«n wuhieä, itut &ppröhtcLm Anry.ton in Verlümiung tato,
die Ui ©eh die Tntfün>.HcMf‘«* untozmteJteiulen, sie bei gerte&tlidteii
VVhandhmgen vt*rii*Hten; kurz Überall da eint raten. wo der Besitz
einer Apiirohntioij nu£ jfoftwHkn Grumten n&fte wendig ist, withmici
kkv Kuist imt der Drayn- d«»- hdtreffendeji Hnrru r.idits zu fchtm
b.Umi edm* jih besten Falte ute AhH* tonten iungirten.
©BW» A’Bte-thraueU »Irtr .Approbation ist ÜA8 Cotefteü fast eufc-
•Hd’.ios^p.n zu nftterdrütkon, und seit einigon Jatirmv wird iu jeikaa
Füll (Uibsfif* Art, (Fr 2 W ofitetelteu Kann totes gelangt, Entziehung
der Apptolm-Uon jatHgc^.rbdma, Stdhsf.v^rstiiudiidi ist die Veite
Äfeg dieser st iivurstwu State mit gewO/m« ('anteUw uwgebgte
Uas to» : tm : il lässt dia Syrbc von seinen Ri'cht&heiKtiUidnn unter-
teMwtef deu Atigttö&Ultfigio wtest «$£}jst od«r xuöM*hs ehenfaBs
nurnh sratm»! Aijvuodcn t:W»«irt. und ute Verhau diu ng ist dffeutUcli
~ laul.dtaft gcmudifc würde, dass des Cnnucil hei -tednem Tieedtluss-
von hpAwUUgon persd<iUd.mt> Atoll fen geleitet wurden sei. I)&-
gegun kpön «i^s Lhundf *uf Antrag d^s Btttaßfnnen na-cb
Jäßgdrer Zeit tüe Approbation wieder trthuilon, dtm Befugnis**, von
der *nu* »ehr rahm er t'tein'Huoh gmimcht zu worden scheint.
im ganzen ist der amtliche Hteufi ra Itetylfmd mit der Thä%-
Ivojt desC'HUK'iJs sehr zufrieden, und öS 'toi* keinem Zweifel untete
Imm, dass dteltehÖDte Miv viel getimn Late die Bildung und Akte
Aumhuo dos- ärztlichen Standes- zu heben. ILM. (Wtdon).
IX: Therapeutische Mittheilungen*
Mjrrrüolh», eine <*<mg taute Urftndgalta*.
V<ei 1 *i II Ut»JJjflv.liOMU ln rvfojnbeich.
_ \ un den. V mbn-wnungiMi noljjuen .dinienigftn dos «c-genmintem zweiten
ftracQs deshalb eiim m^uttdcrfvHtellußg unter (hui Oberd&ebetverletzaagßil.
ein, *.\ed hei tuuffi, selh.-j, hm gi\>sMU‘ Ausdehnung, dennoch iß ratetiv
.^ehr. ktfw’f Zeh mi» dfAi mehr oder weniger mjuvUenen Strafuai g^rini-
luujvnra sieh bino mum Ihmh;. hildou. .p.anui .imcti.Me «'intreteß ^kanii,
walu’oxul em:mu;um dod dr: :* o eej, : / iU u w U - S. if^hyunden
mhrbfhm ?,, ll ' l , T"'' VJ< ''- ' , ' ,i ,Ulf] ,lk muhe veile Buheimbtug
Uimuii dosheib find denn, whjI die ühorf-r^see Moimsaid de» V'cr-
• ,. -ßPß-■ ^pbduiö- zweiten Brodes bostelif« hentifiprucheD und ündpn
Sic K,r{»s*-Ui Imrnv^.u Ui,, Uiert p -.vi,-,im dm itliumtea
EmpbJiiuvtrejj der p^envcrWmd« mit \Vianiutb efe, hew eisen
Vuun sich rum fimix fller inrnerm» AnM:*ept.ui:v und ii-uir. 4v* v«hr
^ufr EbpulUth TroutoimcrilfiinJe fio«& mimi r dir nite Lemöb
ovWii f .so toun mch mi- Am* imÄimTd BrÄinmiW
f’V' l Uy,1,t * v< ' h <;r ; t F 5 ;^ “’dhhr-a I»«.,-Vejh«'?ir tb.-.i.-U io. uD.-m möel
_..msoti . «Wto•• undmdi# sofedr ;%Iim«pzeä Und Wftrtef Äsdrer io den
A f « l i t .si,i,s l..i|l»fl ,.j i wl g t m,: tu{l ,nc SlHh- ist. So kormni m,.
ffefr.fewOpnlh>k mn Um. den ersten Vortumtf anFgt,-. hVockenverbände
♦ugnen mcü u,^v m< ol»genmmm> nicht iw AawcTidtmg seitens Leien, weil
sie K^ luekt m.gcieg. mü-c j, wtim s.-n - m im-:- .._■ LrhU- Mm
» Tr " ZU! ^ i! ^ ‘- ,n A»-zt sufori im Hand, sa <u f ! u -huj mmd
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äd'iMU LwT‘Tc-"' mh,i T L Ti gp! V Ui ^‘ UH: ‘ ^rhurnmtrnm
s.nd -bu irdmu ivi.unrr 5 ,m-h au) « 1 cm Dr.rl • 2U hoher,. nU'rio rr r«dzt. imd
,unm-h,l. Lv< fm.il,™ m „k dh. Raiheou-rhamh, nh.;^
1.«« tlh-Lff - r T U u" ein ' ;r mul zugleich h?JL
: wny dit 30 jler EUntHer vmfftlhig halten könnte. Diw Lllcke in
Z.'iZ:VT Ä“? <h " ii! r ,:i! ( U:iiM Umal-KalkwÄsküv
: f -,: h' f eta ' u,,! * -«w**. Maw. <u mvitiwh» ffli .
,? I ^^«JL.kurwr-Aiat erreichen Vam? wie mit dem. Ti’!u < 'ken~
.•{mhim»] icbA djt? Mittel deu Pmifnimi wi^en seiner raseh um! «uiAiLdsch
aanu.fr^tubmrlrn W-rMmg *«h r im^W ist. .eUUMm
1 ! C!‘° hn i Vf> » Aimtlu-knr Flügge in Fnmkimt a. M
^ Ita- jl^r w Kicbmüüf, wc-lchn ijüttdieh
TT" l ^^Pte,ch W.rkt. F, .kommt al, 50 W, >U , um in ^
pÄm°u ^ 4i»eh MvTdm ne ehends, dickUehe
Icij tiii!« min ,„ ; il JJt-rW )fi«i Vt.rst,rho mit OiiW, 2lt,vrhi.nhan-
IfiSHnL ^tmiäii- "’. 'l’SXfr 2«ii. ISTitlio von gi«?seivj) Vobrsjmuiiin>o
VwWrtWn .uui V.:,-»,,toh»»Wt un'f ’ bin. mit Hl* R<£»n'aÄ
fmht ■xutw'.ea «»««*«,•. H., 8 ,w »an* iw di«. V«rl«WM «.‘S^S#
S.T!‘i; ,Ch ;" ilr '■ r "'"» p 1 >^'' <ü" Mtn.oi^tiücmin KS
►pi.,heu. .,(1 lenpu F»Uc» -will ich zwei. (v.somUws- ww&kBos,
No;g
Fallt W, N., 2.8- August. 18 ?)I, Vufbroluiög; der I/n«sa- un
VoisisrÜSchti beider Obersehmikel, der ICaieo und Wudeii d'nrih knehendf
Wi^soi aus einm Datriidkrißliiopi’ (AidokJuvcn), wtdi5liiM den Wrletym.
etwa üiuo halbe Minute btuy 'dhürsü-ihot hnite. -Die gunze Limit in uro.ssa
Bbwrn ahgfbolrn. weidie i>«im Eßtkkäricu verstört, -worden; Zmiä»hst 5 "i
iTudojofiutrocketiverbHDd. tteguo iigetule-Sehmumtibriq &' jindiÄäfebwfcu,*
mh zwmtem Xög* .tmfofornjvergülung. AtyrMudinvorhiinil. Uafirui
fühlt- sidi ,s,;hr m-lc»chi.mi r it.im; wnidA iSdimor-s-.: ’Nuih fehl Tnumi heb»«,
uin grosser Tlidi gchrUt. .Nach AA'odmn mr noch dnisjA i— 1 ' « ; ,
breit a Streife« dritten Umde« bfe»' Älpah dbrnu naob 4 Vs iVovben
Myrrlmlin- -gebeUi., Xnw Demc bieten, honte müftor Ahm eptm onviiimo
StefdVis, die .jetzt. blassfOthluh «sind,, üichtrS Braumücrfe. PMicfic’ Lt
keinerlei N»ebiheilc zUrlUikbeln>,!te<i. . •;' ' ' ’
Ff ll 2 , F. B. t JU. .Movmnbei- SOjidinges Aiäd'ditat VV.rhndiKüi
beider Vorderarme rechts auch der mimwii Ilmtd,. mit famid-mliy
Irtsnng, ,ho .ganze flnut. iß. grossen Bliiscn abefhuh-m Jmiofom>ji"i<:k.!>,
vor band rmt‘h LnDternung ,tes mig-»-wund len IminOls. . Machte mMultiteii! [.:•;
Bi’onrsiü trtiU Morphin.. 20 . November Rechts Myrrhe}m {'dort dfe; tjüuu
ssvcrf Vcrhiilhung), lirsks Kidnu) bicarhonifinn. 22 > NovtUJibm*; Reriite h ,^..
nb link?, - deshalb nue'b iiak;-? MmHeiim Schiucrftfin sott Lruvimiiuim -<!.f
Myrrlmlm Last anfgehoben,. zietidi^h gm geschlafen, Kuvcmhor. S« hot
dö>: meiste gehüllt 30 Ns -.»uuhf; \--- ■.•.*,«i gsUi.-?H «•» ,i.u u>i/. ; -
streihm de? KUouheutoi, weil Pmienti^ dmi Ana tuckt i»tiü lud!, SeM^yug
12. Pcrmpber. Auch der Stn iiVu vcyLwü
..Sdiilem bildet rFs Mywh.diu rimm VerbandkA-toiuirtikti -der üinsWsfr
f.tnnservm»fnbrik und wird in der Buison htef alle Tage und mil t»iL»n
KrtVflg Mügfwajjdt.
W.UJi nu» die Twbmk des V^rhanijrt . ?.;•» hat s-itdi mir fr,}fead-f
uw besten bMvKhrte Nach Enlfermmg <?d«r ibkdilichctn Aiaeclmvfd^fl iFr
.grossen., beit-ig »iflunviz-tnuUm...Blusen -.keuntit aot die mit- ugemi riuei
-aftth«tdiscbun Lösung iihgetupfte und mögliehs? getrocknete AVcrnh»
yjn detc j Je ff!'! ünte;pvc«:-h*?tu , h'ir. UmDappon «ulur fiu.-L frisch, gewesen;*;, er,
■Bteffes. dcu man mi»!r,!. Sj.m-U nddüirh mit «leju Ocl dorfiAtimM 'D«i
Lapp&n wird mit Cruüapercliri|»»j>icr bodcekt v ;dainit. das Od : nicht yfriüay!.
hart wted und .nßtpoekhei. Das Ganze wird mit \-ttebVtinfwati,e ^alw.ltt,
und he/ubtlgk. Atu. -e^te© Tage isyösd ihafl. den. verband eventuclC-feiiiüriil;
j Ct*öenern, dann mir tbgliob ein Verband; mutjcbkjul- eiir
•.Verband -all©' zwei Tago t oder man t-rhnfelt nur etwas Ocl 15 .uf.deR iiiappun
nmdi. Die ersten Tage, empöebit sich die 50% L-ösOug iMytehdünum
{rnmiah datm. fomn muß mit t>Jr^n»öj vbrdümica ..zu L; & .Pasät man
die Läppchen gevuiu der Gteisse dar Wunde un und verddetd- so btt W
möglich ftriff etwas EitoruTig nut, s« braucht tmtu nur wieder die atjütkun
Ldsimg ein bis zwei Tage zu WUinon;. ho inau mir. »flaüv tc.-li:;
kleinen Al engen Oeius aas. Hai muu das-' Myrrholiu einige T.ig«; .nag*.-
\vMn*>t v so schlügt sich allmühlich Mne biffanKchö UarsÄchicUt atii 8 ar
yVuitdf ui etter« Es schciiit dann., ate ob dio Heilung nicht tertedirLrc
.WUsubt; man jedoch ' -die AVnodn von den Köudem her mit Bemjm alt,
imtem man ein mit - Wa ttebüßsdion reibt, tu l?>sen sioii rite Schuppen, un<i
■U: öi^dtieint darunter glytie, fast nrnmalweis^ft Haut, Dies Abianbon •
jedfii) Si.viumi auch gnm Ttöckcnverband ühergcbeu, Ich yeh«,-- Wie -Mim
crwiibnt, den ÜixuptvsirtbrAl des Aiyriboiins dkm, dass ,us vcm jVibuit
Lnion sofort angowandt werden ujid mmdesUmt als .Musgö-zcidmutrs. Vor-,
vnrbanrlimltci dimicn kann. Eh. eigtmf sich da ; .>ai)m «l^hteb ver idtetis Ihr
Vorbau]kästen von Fabriken, Smtjtyte^wötemn etc. feb will noch .cfw^buct:
dass Myrrbol'itr noch bei Flteraneu na di Ablauf dek Enipl ibhbS.bc.ibiiuK .hdtr
gute Dte'iiM-o bnsDte.
Fresse teü dW Vorzüge- 3u5 AfrrrhoUns noch ciumül zusümman, »oslüd
eii die fnlgeruteij, \y biimncfmndc antteepteschc uud 21 luifvurragend
M'ckiöemUUeude Kraft, ö) Ungiftigkeit. 4; absohite Haltbarkeit.; To teeat
unangenehmer Geruch, fj) .üütnHicbkcit, 7) Verwandtstihate.^um normu’i> : r
Ate Eiauk' dterekHünkoatl05r fJäiitfalg, daher AusldeibeÄ teau ItöfeUDgen
tEkzemcu eltO.
- Üebtir -die .Bc^MUitfhtp^. -j|«p; Epitepslr, -iöshesoudere .mit. Öplnni?
Brom- nach Flechsig. -Mitgntheilt von De. nmü, Lad Aalxbwrg.
Leipzig. Vielt A t\), 4 1S9L 'Vcrfnsser erkennt- ira dlgnioeinen L Lir>na-
bÄdiahdlufig als die bei widteili. Wdidö?jmistc an. da die höchste Hen»ti»gs,'
(bn^c r orjüch .speÜJtU bat Flechsig: ei de neun 13 ob uwl fi ing?m efb laie an-
iy6f längst »a der Psyclu.^irto gnhbteu » f oüSefjurutet> Ofäyüibsdtftudteüg,; rau.
wuu, niu, juüKm tatiseii t uiF.e oaer jßxcr. i/pn
pro die) begonnen und alimkhliHi auf 1.0 pro die, ja noch höher gestiegen.
Nacbpai. 0 Wudroti wird dag Opium pj Atz Heb onteogn«. ttiu] däför Iteon»
sotdet iu grossen Dosen fcü. 7,5 pro diel teugetetek Nuolulem das-
^vosscö Bromdoscp lto>g9ra Zeit (m. 2 müriföv.) gabraualte worden äind;
v-tei:
V: 1 ■ •- '• ■ ■•■•'• ‘ • i *,-.• 'Vf -.^ : nC-A' ; ; ■ . -i^ rdötein'-in'
Li-%v!..'a«g_d. « »jpMjoj uvte.t - •• ' ’ ■►{ ; n • Daa Aus-
telLa« di/ iV/xß-vpl.^ilaM'*ur-tf irör-: Bcginti din
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i:- ä nAiuug-n 1 uiw tiv Lt rxotijttrtivh aWh jetzk mn
C.o gl
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
TJrtheil ty-^un Auch dm bisherig«} ErfehtaftSÄß*
aus timw V.Qi£v*«}r omigos xnitihöilv,. r«mfrr; BrmuUnguüd. - klingen. 8 ft«’
'M - jedem W dm* dib Meihodo mir unt.iv ^^MUhUt ^Vit-wlju,
besten in A midien. geübt wurdp» darf. Wöiviiif Mm «tUrtl-ige V/i.-fcnüg
der combiuirttm Behmnilnrm iturlickguftilir«* ist-, m^Ueifct noch vollkommen
dimkV. Vw/mwu' 11 niiüii weniger nl~, vKi.r Hyno'lbrt;«w; zur Erkhir.nit:
Wjf, >üü afa:r‘. ^}i(WÜi(:h bofaodigem Am pIntrtM sie ü erscheint.
: iKm dio --HyppiM«: dftSr- ibu? upium das* Hirn hliil.r-w.chiü- .ntftoU».« und dae
dnreh sp&ctf-iBelifr Biv'cö ins Gehirn gelange. krsdhrtmuii weiters
Versuche SMhr _
— jiVfungdm* %DepHte tlmviii €ar«.r*3 bat. Dr. Dob rou wo w k
ekom Kalk -miölt.. Ks wurden fdnf Jumctiomm von jo
•;u füijfkgjgDo ^^iscliflnfiHUpeo gonmolk, ‘‘Smmunc medienln 1894,- Ko au )
— Gegen Kopfsohmerss b<d Der»- QötJ Äiajr^nhrAwIr^n wird folgend*
Mwiioar.ioii oinjitoJilMii: Pulv. l'ol Digital. '2,0, Am.jpyvin. ao.U. Cofftän. 3,0.
Nktr. benzoh;. 43.», CocnVu bvdrocUIoi; 1,0, Buk. h\nx 1,0, l’ulv ÖoVjio;
Gfyceuu vi,.;-, ut f. i*ü: 3 »h». j — 5 Stück pr<* Tag zu nehmen. (M^keiae
raoddvru! jhlM, N‘>. 02.» __
-* Di*. (W^ar^eVßO), 5£ni- Bobnodrung des Lupua ioit,
pÄtfAehJorphenn]. Dm Appitcnthn» fa *' fhtraHdimiibennis mft in den er-
knuikton (r^woh-n Viie Jkfnlioti drt-rvog dir- lehlmtl: mi du; Buch Tu her-
kühn m-mmnt. Ikeiitidihnr dtcoh d?v KRrühning'niU' IVraciilurpliopol er-
schvinpn dft* Uipd-ioji BUdkn ^>iss, die Umgebung gerüthcl. Einige
,SbjR^^‘k^^V-;^^tätet-vdik ; id*ktankltt-vPariM stark, geferhwnllen und ge»
Yötlietv Nach ,1k—24 Stundentritt ein A e&jrthrref raif. ÜEiemuf upplkuk
man cfne ar-niicyT- nder. .jodöTdnn-^IbB. hptfh-, 12 Stundet» vindevum das
O’am'tkt^pheP^h:• »m. U**im in Oostüit einer .25% Wen Fitste (Pwaehlorv
jÜrnml, Vastdim AinVirnn usa, ID.OO. Du« belrcudölton Stblleu
lj5se» dm 1\»m*ca orkirmtm. *ta der ersten er-sohnint die Ms dahin iden-
AiheffiSjtfe"g]at4,. giimzhnd- »tb^rhitodot.. In der 2 wniipn
dnfiiferatv in .der drittem er&cihoiöcn Narho.a«tM«ge. Oie Ke-
bAlittinftX kk ^kinikii stkcrun-rtiaff,,. dio Erfolgt« srhuinen zknüirh ghnstfg,,
dorh .hat-Ver'tenr noch keine driinkivo »Itdhtng omeJi, (Symaine w*idi-
cbIc iKU4, Ko. a90 H. Citron (Berlin).
Efittf alM Bi?iea<^3fcimgsti»!elle für
iJiitersBt hHhg % oft Kftrp^rbohleu»
.Vöir Oi\ Maxntifibin '<« Kränktet a. M.
'hi Ko, 28 dieeor iOochcuMihnft. S. öku h<wt*.br«>.ibt Ifu.rr Di’ui» eine
„t-iokf.nsriu’ npliükinowk^-forhiwp'r, ich v<:rrni:^n in <U:r D^ohiviluuir
jodoeh ekey sehr iviclitkoö l)n^t«nrt,. du« kt; nämli.rb dir Auu-.k«-- «U*r
n<5t.U>vendigef: IvcrztT^tarkr dar Uaiüpi«. Wie vkU-.n meim-r Spc'ü^Ucfdicgt'u
?«iwni«l durch jKirsOnlitlio. Briefetk;unj»' wie durch Id-icflicho Mitilu-.d;!nge»j
rndflöranlta haVnöik kk l’mnützu iub etoo fdluhe T>«mpo. j\l &mir die pj^tOtv
Schlicken in Kiimbprg: -roinor Etui. >niYijnigtu.. seit hv?t< 2vü«| Jab.na<
•taals GiuwjUm mir' Oie Lampou noch bommdur» m;\i,«.irf. .wünhiu;;.]=kO. ••:•-
Schicht solches soga! vielfach -.schon für Wohuritumo Gcnnic- -libumtii
höbe ich damals nebon- nn .tnchweu ömt«j4gcbc.ndt>n Stellen biugovuvc.)
B? i?i dafeöi aber nftthw'fiiidJlt; dnK& man'Laiivpeii v(i'n wunigknns 7 ih K-'Vzcc
rerwendoti fbmu iO-Va^ige .T^mjmrr gol.up »»di .n:o*t?irf.cu.j G’u-v ein
dunkievGicht, ich sci)».-'f bmutt/.c .2ö- und .HO.-kcVzij-k.Glnbkmpki N'i«--bi
zulreffcml ist cö. wenn Herr P^uk -Hyst,. «Inss bei umnit-iollaroni An-
sehlyav. mi eine BclnncbGmg^önkgC! ein ^PvcgnUi ^‘(b'ieO.aitd 1 * (•iit^vkali'm
werden inüt-j-(>: dda' k.f. nur bei sommaunlro) Mi«j!>:ovt»i«i«j»< hun inujiW".u.<i.-
Wkmi »mm Uwep ul.n tftr aiisinw li.-od h.Ut. so kanu m m m.ch !.m kV
ietstf. noch vielfach gcbritnüliUcheu, an der. Stinihkdc hofeVigtim clok
t,rischen Lvanpo bleibet. Ikch gewifbrrtm diese uveincs FlntcnOiits k«V)«‘
hinroiehsftdo Erlcndtt-img der V ttntiu-sucheakm 'Korpw-b.fdib.m; Hit dm
Augen roicht eine solgha Licblqucliu pi md|fiiclntrwcjsi', uotd« Aus
Von Dr. i’u »il f-J oscJiHorg' in BoHrn
Iwt Vklikroq X»üFrk«iiung des Chlondonns zum ?iwecke der Nnr-
kose htiim «cli mit ßonutzütm der cuikcbcn alum . ehum Äppftiut
»nge-gelmn^ dub es «lii gnmirö NäGcos« rujt cumr Hand »usrm ■
t'rnmV
Wie. aus jiebcnHtiduUjdor ÄbMitiiuig m ?i«. liUn'li, i.rtVP die Maske an
dem einen Ende, wo sonst kb dcc iiainlgri*T bidiüdol. eine Chioroforra-
dar^ÜKsk«,. ii.UVsrigt ünd-. •
ASt in drei Eheikü drehbar,
wadarriy Ilugtdgekdk ,-.f.
Der Bing, welcher nk :
Handhjilm der*Altkkn. die)}t\ , ^^r ;:^'
i?t auf einem •gch..>-_'-.‘0.--n V_’V''
•.Atn-iMa vemthudib:«* und m» V '
KiisftüpcestoHb <lw,K
bar Die Mitaltp'.wird dgr-
‘fri gulmpcn. tluss man, die V
H.indüiielic der.Eliiö>kn zu- -, V '- ._ .': jv .
gckdhrtg cjoß rMumfen durch - W H8|V; ' «f \.J
«kn: Jfliiig Kreckt und den !#|uy fjt
£ci'gr- od*:r MitU-Irtager :\n M
dc-n • üikseirii i tarnt der
Maske uaingt, Auf. diese «S
Weise'die Miöike fest ’• •':■'■:•
in der fleud.
•Die wqlqliij tlur Appabat bietet, sind Joicbt crlcetmhnr^
1) hrauchr man nur eine Ilanil zur Karle o^j und hebi;)t die amlcro ganz
frei; 2» ist das cooftnuirlmhc Trogiou seit: eHtüfiiferi uiui durch einfaches.
Höben und Senken der Flasche dufe-U. Um-td^n- •FfügcrilrueJfe zu -reculiiKn ;
Sh kiiun man ent dem freitU'äbcudon neptruv UihI fhndeu -Finger durch
ürttcrliukim linier den Ki;mb.«gen Jnu UiitcrkiCK-r Imquoai. vor/iobmi. so .
dass eine Untc.rbrrvhung der Knidroen timrb Wrßebiöbeu ti&s Kiefers mit
beulen Hundert hier nicht goeehiehi.,
Dtc Aluöke liähc ich Sh'd AVilb. d aych. Berlin, Qrunißnhiirgergtr. 27,
aijfcHrger» Inewn !dm^• 1;*-t ei> betrugt B Mark).
‘j Karl« meinen binbUngcn Erfuhr»»ngoit kann ich die. gcsj-ljlnertö
M^t jinde dV- Otutirn-Brombebundl tiirg hoi jßpüepl ikein nicUt ompfnliJon..
DEUTSCHE MJ5DI0IKISCHE WOCHENSCHRIFT.
voin itögaitPfbeu veraiihw!$t#Ti Y'ötirJ&r.
w vmrhüilfuj; drm für .feil ~ • 1 ^
wfuiig?tv?ts Tiur? zuvor Kelrshtix zu gftlinni
der uiusfeluen &.*ctimicn gotsetzt w Union.
4»tr A4 ;tng{ ? <n'4m;h Waffen, doK.« die Fra*
'■Urxiub Votyd.h^, d?r flhrhjc« Vr»rtr;ü>r. ;) {, nr ni)V
bh li.'ondn, Xinil.Mjr-'Uleiden disrulirt würden.
Hübet die KWtens duui'udidt ■ t? tunet
5 :LoUJi^'-ii >’.ii ii.dtond'ib VotJ.Tägv- soihui vrej
Un.-Uu!, 1% Yprüffeftflithimg der • dondi rjji
Kr*s.ßl44fo rntli fjuvf WuVJ dein
iäSU%v -; *. ' Y
«VA‘2. .F?lr die Aimtdlütt£';doheTi m}'
Ü3C;U?iHU«'m ?.W' \Yrt%iu,g. {fedbeiv
iimhiteii !lr!^u.U;s. ;K.,n,Pk n .Folvteriinirura-
ge döraiiUg Aut'tlie
dm gähsv. htMiimnte,
idr l horjuiJa -mit’ die Tnso^üt-dnüiJi:
Biese ThuifHtii), sollen teraoi' ift
tgdu von nef.uol k«m inweint.
in den U\yn übrig.
ijom fkanffdl« lud U.t!e#*nMb olnos i<jt-orimiwruaiwi P
f**i dor/iMii^nn Httuid« dev VV.*#euw;Mr mit*}>roduouie '.undb^t
hygmaisniie. AimU\ii\m yo r mj?Udi-r1 hat. Huinh.au nW and n
s.doha carteaiUto gmmvrfil, foß\. ftieh fesmiU w^nilh h
ounü' Ansekdlung’ hjdton Ii>ks&*
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I hi mgelAntr.
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Tieirttfal.«!- Cömiife ßjf 4*1 VIII
MWSeuÄleft Gohaj-nss fflt K^imiß (lucl l'tamiietnnluo in
Uixfotmei. ifwri, (IV n. w.ryi \Vohiir«lion>B.
K. (>. A. Mo. *<505.
Küih'- Comnnuiturs fmduplon; dm*r. : . imidnxi Hohriifetuoke wohl nid
f y '\V m ‘ h ' il ' h, ! n ' t ! y \ '? n ' U(il '' :i> di*, "mw. Aehnüchkoit beider
Mp' und du wim Yitl&ÄÄ
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ro.i vvoid itr.d-, Vt™ia.ssuuir l»i«ipu. dk An und WnW in d.-i- <)
A&W435UVH« l**yuadW»\mt die ilur ofdiegerujeu Imfac&m mit hM fe
«OM^anhod „Vörtirren - 1 zu iudmv, notieint, .näher ink Aoan ?il (,^ iin
di iinti t -fi^aTHrii k
l r n toidi uüdj utigoü st>d:i-
i*‘P€ : V'Ufhfmdhm^/iU r.yiiCdtenoti
nngUrigcliini^dpüT^rß^uijirte .zu .(iher-
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di\ui ouho 1 i.ir 11 tr<ttlcko- hotiiu.Ok'hon Uui'vornikii:sinstit.nto r in Wu'hwn
wsiiirond tfcft tjifäpif8bte dh\ SV.ckOnvti. ta^-uo wenjau. ®d voi^^kirk Diu
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uis 'horM'hn^i{ j. anenuumf. w^rdfu.
... ‘AUtiUirferulei habt* don Khuirtivk orupkiuren. nb gl
kUMH.guiJ tm (Vu^fijw iuit:- ifrd^ur- Süruthk wä hKauul
Im /.wmiln nicht, dtiss 3Ü$& du< düuisf-ftfiti r,. 4ItK .. ^'„ v ~
k-rnmn teiti werden. -dodunfuIiM tbiHe mÄ dunuA ddn
hh'l^on hun Phraitüiignünf sbk
ihfuhodimor ru hirn hmti'u. ‘ ITiro-jij, Uüfeo
ÄtoyittMPfr Ioniksr. . wtäüi:-m 4er SnW ab
i'u - DouksoWäiul^ ihr<V i^üdtr^j - - ■*
- „ ■ Fri >.r*i dun Don^reg?hosur}vi>iu
• iiud' ■’ Äty&r rkkoh duuüiz 1 '
^tolhjjo [ 'Nnr ..Tuj' dLP8f>u! -.'Wo
b der kofigfrRsetOdr sotur-i.
Wimtnn «n fWka
Kh<l«i drttj iu'^ttd|x wercleit. damit .da*
imutfl «ui“ w^ältikv Be^ud* 4« m
d- 'bnl<'b‘t. * ‘•iiuitp*. hr,b>: ^rn.r t w ||
;Iw« .Aumx/or .li*a rm.orii, Ihimj Hiurun vmi. «.n,* At
■,. hx v»ji 4um Aliti.s^r auf das frcamilhdt^Vv dinpfp.
.. dum deutjtüOi^ VmUA für das iijtetÄ zi
•hoTih du- Brilswidui«? Pm>i> linbnnim g*‘hdho
' p ‘ «w«B»ßilniig Reicht, tbr H&& |
l*‘H tttt de« irohmton Ihaudit mir) ftp M.I,
k* wird dann' Ji^clji&ksön, dir MiVj
tbm ^Juieodfl« dov ibi?h
► v*i wi'-icHib die OusidiiiftstüluTiuje -dos t
t v^mu^khUioU riodi voruptfuihtM: w*j
*; L i ir f m- lo%ek Ejm-
. J ttiohuisV'-liai’ (jfuftülJseh
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- r aiä^ -Äßtl&ke-'
Km) dh,- (bü^idu , ii.* (iWgTÖÄ^*
ftk AVnioT} d»f.
... .. . . ;d%i ? usfu«? Wi' * und
■ ;!l ' : - CTji]dmige>] Ii:jf»r-Ji.
?.u empkhhio, die .WohnmjgeTi /Hih-
i.Wji:ft]toivHu4 kiri liim fioiek’ zu ho-
-o* d,v i;.udi- ^..imr. Kniüvibu
A rli.h dt*' , iu*;,n.dii'ii-jJ...,-r:T- l j yr.dj.q. ^.pSinstonÄ hin
i? mil!»n^cbo Ddurdü urikgfÄki
-v.«r j?wui^eniij)ien aoio^ie,
r , ; ri!: . i,an - u snn HDtdiki-AokonhiiU^i in Hmmovur und w int:
4’- m \ V : v' : !ir 1 f npB :4; ü Dd’bu.n -btunungoo du^jhaf. thliti«. die ihm mich
Htufiuür hin}!' Cholern, suwb »uf migo^Uicte
iv', ! ,^ 0JÖ iHHiljohcr FhrbtrraaA lu-aobfy ihm. viel-
hu.., onu *vnrüo uiBbosomUnv voti, dem aiztlkh.m Vmm
,iM ,i:if " r ,weteu *“ -'•■■'••
.>,- (• »r-h. Boüt. r-rof. Dr. v. «•fttteitkolür wird »tt ii-
ul 1A v b f*f ■ “S c »«eWftttgtaif. ms Jtij-Oftivareität nwkiW
lst Pn,f - J ’ r ' BttcJmvf v.urn ördsnÖuitea m-,
'AiygtoufT lii^aiait.'lpßiiduu..
•ft. .(,.,'iuU' 1 : 1 ;' . '' ,l ' *»»••«'<•« IJwäb« «niÄtuiet iIJ. i'.jl-n ais
’ 1 ‘ 1. ' ‘■ 1<|U V! iuifu-untiojmion hvgiuni&nhn,) {.’ongre.«.^ lhi.*:.-joe;U..
Ab :•!•“' '- ! '| ntl . ‘ J*ivatiio<.rf;nb Dr. .krus-u.« wird vom ‘J7. -Abijusi bV-'«*uß
y V T ’ !ip nvu«-*.ti. iU.«i InBÜr-ut oiucn OUl^ rb . HM,.r.‘n..|o SJ lH P.-I-
0,0.4*.'! Utu_ h^jom^ohmi L üh^nchougt-ri ubhnltcn.
i;.,' . Hyi’Ui der bekannte Wiermi Afiatunc kt. S3
J(ü,r<i u, y? f ’’ nuiiöifi Ud zu fbroütojgdopi hei Wißt* ^{orhrül
i ~ jHitÄUüifem der 66-,. VersainmUng.
Niiturfo^niiiär tfjad 'Aerkio md tblgniide Vortr%e iu
van 8*iertßn und
rpt-i.r?• -0^«) ‘ Über• ^ein ■ QPkounf.mss--thou«
ujigiirj.s*d
bV^ifsJit .wotdtHi,
A’blt‘hosioh.i’
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dm Dank «Ihn Q(> r ,.,.
hüuheif Bo*nuiHiniir)i ; «i«.
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Dibeu. br-cii;, })? A. \V\* Kf.^hal ufid Dr- il r;«o?
vbiijoo! i.h r- ; ilr iaoot-i hu?.w- fsU Augeniutii-
T. ,[ Day Ppt*rnsHor&nttillogi mq duf dsuttekhoo
W in, feit; ftr utlo kighW: von ön >^<r.n bau dt
Üdr Cwurdo die.} J höh>*sorun M ieedadoui {lunghrurla,
4 v. Dibblghofe ,!JtrooUi )■ itt- : Yor^c-lilstji' gohtarhl, —
(,-ihtvrio hu( sieh ah pj-ivntddemit der l'gynbinttii: t>»
‘tmo h’ihiJifclrt. — \Pavin, Dr. E Dis.jppj imt sieh nlä
iburfshtuie und UymLkriiogie an dor öaivursit&i Fa via*
iiahilixM.
‘j>«#Uuc»a tiöi Jalim*. Sittcnfold to Berlin KV'
Donnerstag
M 30 ,
26. Juli 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet yon Dr. Pani Börner. •>
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LicUteusteiuallee 3. Potsdaraerst'. 11G. Postadresse: Leipzig, Sccbiirgstr. 31.
I. Praktische Erwägungen über das Operiren
unter Anwendung der Narkose.
Von Prof. Dr. 0 . Witzei in Bonn.
Die Herbeiführung eines tiefen Schlafes, welcher die Schmerz¬
empfindung und Willenserregung ausscfiliesst, ist, wie wir leider
bekennen müssen, nicht möglich ohne eine gewisse Schädigung
des Befindens unserer Kranken. Diese Schädigung ist in der Regel
nur mit Unannehmlichkeiten verbunden, sie kann aber auch bei
unrichtigem oder gar unvorsichtigem Verfahren zur Lebensgefähr¬
dung werden. — Nach dem Aether und dem Chloroform, den zuerst
gebrauchten Mitteln, sind immer wieder neue chemische Körper
zur allgemeinen Betäubung empfohlen worden; immer wieder hat
es sich gezeigt, dass dieselben von unerwünschten Nebenwirkungen
nicht frei waren. — In einer stillen, wohl aus dieser immer wieder¬
kehrenden Enttäuschung entstandenen Uebereinstimmung wurde
die Frage der Narkose bis vor kurzem behandelt. Wir hatten es
mehr oder weniger alle erlebt, dass die Betäubungsmittel plötzlich
Angst und Schrecken herbeiführten, oft gerade da, wo wir uns
dessen am wenigsten versahen. Die offene Erörterung der in
wissenschaftlichen Darstellungen niemals verkannten Gefahr wurde
indessen bis vor einigen Jahren gemieden in der immer noch nicht
ganz aufgegebenen Hoffnung auf das erlösende Erscheinen eines
wirklich unschädlichen Mittels. Der Beginn der grossen deutschen
Betäubungsstatistik war der erste Ausdruck des Bekenntnisses,
dass wir nunmehr besser daran thun,' von dem Harren auf das
ideale Mittel abzusehen und durch gemeinsame Arbeit festzustellen,
wann, wie und womit wir bei der jetzigen Lage der Dinge be¬
täuben dürfen und sollen.
Die folgenden Seiten mögen zur Klarstellung der Sachlage
Einiges beitragen: sie sind das Ergebniss einer jahrelangen auf¬
merksamen Verfolgung der Narkosenfrage, vorwiegend vom Stand¬
punkte des Praktikers.
Was haben, wir vor jeder Narkose zu bedenken P
Der verhängnisvollste Fehler, welcher bei Narkosen gemacht
werden kann und leider so ausserordentlich häufig gemacht wird,
besteht zweifellos darin, dass die Verhältnisse des vorliegenden
Einzelfalles nicht mit genügender Umsicht erwogen werden. Es muss
irgend ein schmerzhafter Eingriff vorgenommen werden oder ein
solcher, welcher durch Muskelanspannungen und durch Abwehrbe¬
wegungen seitens des Kranken gestört werden könnte: ohne weiteres
wird die allgemeine Narkose angewandt. Ein derartiges Vorgehen
auf das Gerathewohl kann auch beim Gebrauche der besten Mittel,
selbst nach vorsichtiger, guter Methode gelegentlich den Tod
herbeiführen, wie sich aus nachstehenden, grobschematischen Er¬
wägungen ergiebt.
Nur ausnahmsweise haben wir es mit einem Normalmenschen
zu thun, einem solchen, dessen Lebenskraft (im Schema am =
Vitalität bezeichnet) nicht durch allgemeine oder örtliche Störungen
(Path.) herabgesetzt wäre. Der operative Eingriff (Op.) welcher
Vitalität
beabsichtigt wird, schliesst der Regel nach eine weitere Schädigung
der Vitalität ein. — Vielfach ist die Summe der pathologischen
Schädlichkeiten so gross, Vit. miuus Path: so klein, dass schon das
Hinzutreten einer geringen Schädigung durch einen geringfügigen
operativen Eingriff genügen würde, um den Tod herbeizuführen:
Path. plus Op. würde grösser als Vit. werden. Unter solchen Ver¬
hältnissen verbietet sich die Vornahme der Operation an sich, viel¬
mehr noch eine solche unter Anwendung eines betäubenden Giftes.
Die Frage der Zulässigkeit der Betäubung kann mithin stets
erst zur Entscheidung gestellt werden nach sorgfältiger Erledigung
der Vorfrage, dass im gegebenen Nothfalle, wenn nämlich die Rettung
eines mehr oder weniger geschwächten Menöchen nur operativ
möglich erscheint, die Summe Path. plus Op. nicht schon gleich
Vit. ist oder diesem doch allzu nahe kommt. Auch bei letzterem
Verhältnisse würde die Rücksicht auf nicht ganz auszuschliessende
Zufälle das Hinzukommen einer weiteren Schädigung durch die
Narkose (Nark.) höchst bedenklich erscheinen lassen. Nur in einem
sonst vollkommen aussichtslosen Falle und unter der Voraussetzung,
dass die Operation ohne Narkose überhaupt nicht möglich wäre,
Wird der gewissenhafte Arzt die Summe der Noxen, Path. plus Op.'
plus Nark. der Vitalitätsgrösse nahezu gleich kommen lassen. Zu
bedenken ist unter solchen Umständen fernerhin, dass mit dem
Ueberstehen des Eingriffes die Erholung von demselben noch immer
nicht gegeben ist, dass dem Patienten also nicht ohne weiteres
auch wirklich geholfen wird durch den verzweifelten Eingriff.
Schon unter den vorstehenden allgemeinen Gesichtspunkten
erhält die Operation, welche unter Anwendung der Narkost* * zur
Ausführung kommt, eine Bedeutung, die ihr im allgemeinen doch
nicht beigelegt wird. Bereits erscheint es nicht ganz richtig,
zu narkotisiren nur zur Erleichterung des Eingriffes. Die einfache
Addition der getrennt betrachteten Schädlichkeiten macht schon
nachdenklich; es kommt noch hinzu ein für die wissenschaftliche
und praktische Betrachtung hochwichtiger Umstand, nämlich der,
dass in jedem Einzelfalle eine ganz wesentliche Beeinflussung der
Grössen Path., Op. und Nark. untereinander besteht.
• Es giebt pathologische Schädigungen der Widerstandskraft,
welche den vorläufigen Fortbestand des Lebens in keiner Weise
fraglich machen, durch eine Operation aber, und besonders durch
die Narkose, im höchsten Maasse unangenehm werden können, so
besonders der Diabetes. Zum Glück findet jedoch zwischen den
einzelnen Noxen auch andererseits eine Abschwächung statt, ins¬
besondere eine solche der Operationsnoxe durch die Narkose, indem
letztere grössere Schnelligkeit ermöglicht und den Shok auf das
Nervensystem verringert. Diese Abschwächung kann so weit gehen,
dass eine unter obwaltenden pathologischen allgemeinen und ört¬
lichen Verhältnissen ohne Narkose höchst gefährliche Operation
durch die Betäubung ausserordentlich an Aussichten auf günstigen
Verlauf gewinnen kann. —-
Von den pathologischen Schädlichkeiten, welche für den
Verlauf der Operation und der Narkose von unangenehmer Be¬
deutung werden könnten, führen die allgemeineren die Störung
meist allmählich und meist primär von seiten der Herzthätigkeit
herbei, während die örtlichen oft Ursache von Katastrophen
werden.
Vor den eigentlich krankhaften Allgemeinveränderungen ver¬
dienen eine kurze Würdigung Zustände, welche, vom Alter und von
Lebensgewohnheiten abhängig, die Widerstandsfähigkeit herab-
sotzön
Das Alter, in welchem Schädigungen aller Art Vom mensch¬
lichen Körper überhaupt am besten vertragen werden, liegt zwischen
dem 15. bis 45. Lebensjahre. Mit einer gewissen Berechtigung
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
jm
DEUTSCUE' MKliJOiNSSOtiE VVüClJEN.SCBHi.Ef.
■'iTK-hf. iind schrmbr inan vojß murr Itfiirmufib ife* fCjUtJw*H!ku : K r
inan k^fißto dHfii dt'ö t'hivufgio des .hö]Haam Ät^wis besonders ab-
heihfel)», tf:i i!i < 1 •***.- •acht rinj* au K raulmit.-mrtrm, imihWh auch ?m
Art <km Ytirhmkw. und ihn* Bohnudluuk* 'ißtsr Kiaiik'Mr-rui f%mi-
[.ltlif)i!i<U»UK hak
. Ktmlci* v,.j fhi^ui hnkamufcljck üT^en' Blut verhüte bei il#>u
im .trauen M’hhdif Es kommt dazu, d,w .iiü m’-
bmibwimbe Mutiert du* JVWJukwn^JrtffMs' g&tir. unbmv<!»MnU^ß ist..
<d'f. i,ni«.imntu Oonhh, oft ist i?un/ v.i«d
m Uh Kinder mb<^m den Wfäf.c-rm au^mem merk Ö
Ihdh'jtoü; W *! V £? wart Seht n "b/o ork-i^M» <imi. hm ihnen ijtif-Jaüfj !
■■ fbm'h ?,\\ haminn dm lictb.nbuujv riftifk «ins W h nenn i
nn, «ngjmr wiod'T muy.. zm* Hmbrfruflg: tumihiVadiw AUnmtnjj; her
M u hd lirid luudiuiuuiuii ausa-ubert und zu dimimr Zwirnbc dir Mn*kr
i iv.m.t ... ... a>_, < •;•. ...Vt. mV- a » •' M .' V W , w
w ^_^ No. Ulf
hm Luumui, «liö an im^eimöSM^ai (huHms K'hwmm Wahl»*«
jjj?wübnt sind, gelingt rs-ntöhi sfdton tfhbriunpf nttdifc, d.ys, Eowumh-
si'tn mdbsl du*'*:l! lang* Zeit loi’U-fwUir kmmu, moor ^
bimgshmUdK ?m uüiaüuruft: .Sb» b'iüibon daM; sieh übt dom 1j ., tu .
r.ateiu- und deu Asm.i»U;ni*m trokibm zu. uöUwhniTm«, nudm
uu-1. mcht b * mu«-‘lam k*m Abwohrbowogimo-mi wmiii m&u >, e ruiu*-
^pi-rin.. SideUo Nnvkmm haben mobt* IjimuaeOrhum-- ehm diinou
wir »!? t'iiM'r ^f-wissf'U Erlu'it fninjj;,
jW mr p»wühtilb-j* stark Iu-IhM rmM,
\udiidüt!g [li.Jänl.uü» UM'd »jtduss l«tlt dllivf) >Üm,- UI ,v„,
•bilünis.siua^^ gvßc&v .Mun^fu ti>xi*wl.uN' *>fr»*inhi
Kurz dniiurndum wjkiüu und Eb.i«;.buu f-ilit. dursdbu
/.Uriirk utid d<*u wuuftauH das Itii.i
mit fuialiv
dur Narkust 1
auB'ülUjt \myiiiit. Erst Ü&fh Alundhru irud
iiuthshr j u»>i> d*m Ecf4ubui\u.smitiuku ■ wimj «Iia :J‘j<• {**> H|HH||
ufiviuht wulcliu das? XVürgVu auisfdrßu^i- Hnd {f»Wt> Tmfo ik
faubuuu uitius aut vuriiäit«liHsUiäs^t” ^ro^vu 'Mua^i-n, lUirb mi u-in»-
tfi» }itu jkdthdmujr -imw^vTi v.Urf.r, M^j’dws. will Hum
njuitt, durvli dii' W usjrrki-dir \\ ilrarüs »um m m'iti uusi-orr. K-u’u» —
trn ItfitliHluf, myM0g{pn und au<U ^ohf dra J/AkuiuJijprn
{MHUii uluarjul kiu'iui iuriAViilir'Ujdr S<vh huisi* r ifdulnu Hdtmdo-
rimdim Sfiinmtiry ( ,Hvruav.. 1 »i,-. f’vum^' rf-x \vu!• !.*•
• ;r}l mhd-« Lultzuinht Ux* dm ' w»ut«-ru
A u w rudu ül‘ m- l{.*tiMil.»v,iLv.u»ip.‘j- ots Imitmu. um! dmauxm
lut: iMti: himtduivl) diu H^rifi^uue:; dm Kra.niazu Utiiai» in, Kolik
kopl Mt iMUHtHtmn 1 >hsh Kiiuitu* mit-■ Vmdioi», hhiI sulir mvuidii^
dm*' j.ttkiill dur Üliix.- uml .jux i iaiumm■ >.n Umim dar Nnvla^ gfi§
jut fiXi* Ibdlo^AVu'kuii^, diik iu dor WütiÄJ> mdühfjkdi
1 ‘tir iWEO(^l^Wi Kl, ; r '
' 1 ,i( ' l da* (jru l ur.u ü I i nr hur. >:t*inu «bitbpl^tdiVHdüij Nm-iü.hdiK:
surmetuc^ mm-bim. Envui|t M Hiiif>ou itmi tKuiilau^hmaan ,j,, r
1 AdU'fhoii doi Arimivn <i\su)avium* au sitdi d/m }srri.-lauf
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j ndkmä blich duiu-H^ u teba I tcniU'ir H;i fi o v .Md n sif km^wimKc
j -Bfuttit.^VH um! EiBuutiivnn duts« pIicm, tut. darma y.n dciikHi
: dass jede si;i»-kcrc Elutifu^ vermiedcu wird, wenn mUd niim
; mimbtnti wdlti-ciHl der Uju-radoa rni>dxdmn mdten, km dbrigcH m'-
| bUe! ücrode liii*}' m/ie s'cbr Mcnee tUm- Jiid.aHliunwpinii^t'is
, um in dm- A'nridlfriifHsuHisHim kl nimm Hlutnmsse dynimud”?» (ir ?1 ;,r
! ,W v, ”druJ“nmw zu crrmubmi, wclrimr cmv.-ldrdcrm! wirkt in tirn
; ; H ;^bd> Stdioij auf ^minnmi Sf■yfi'witinid! dfi^URteilten. c<n‘v.w.-e
j ruir.-L’i'i, ,r. rM Hc-i idutivkÄinhtj^u?««.' dir^.u' Fnnktu -dml .d'in dm
Sär'€v<(Hi rud'fV -.ulmmn ('mmrinduu ,^.uz fm>a»mfws um! tnrd-
I !, " !k ki > i>,;i AmfmtitUootui wrirrii kku'ins' ind dnr Bp*|t.uyg
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BiUi/, undnj» wt« h t- <-X HIJI dm a-U ui »Ml Bit fl W iinlu 5 ZU tBwuilr.'
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W Biduru mit dm* n'.-Uiwmdi^icn Mcugm Blutd-. zu vamdmu, adim.
da« Anlritdtiim lidni ^-ü Uknhu|.»dit>.anwjtaiUtmj*'. i.i i<-hi'u'm;i'.‘
um - hiev ein IbtniiKün^sniitiid aazuweminn und npumüv \mhv zu
cltuiy hjs Vtd'ub unbvdfn^t) citfrirtJarlmfi iwk ])er Baitumr« iuu^w nt--
i tta^un WHi-’dufi,mui (HUpHndHud uuuhji'Hnidtriiiwcn'id^drntimüfm tdi yiud.
: hm der svhwoFüi,, triMifituliMdi mnsrnmlmmn i>j»M-;ysimi dm- mieten
| AvrvuK',v.'ti-i)m.. wulcbc wir ,uis «Sbuk zu ifczuiciimm ncWnlnd .su»>).
; wu der varsKindiKe Arzt Hinmi jj'-dmi Fmmriit binHUsschieluim »vu
. m- l hmmid ^irbt^ muss ujau*- •#.»j.n*i*irt wrulbn. daun wilrd dh Au-
! ^naiiju^ dnr. NairEfmc ein ccfmbnr Enuxifoldpr zmmd du sin. iwi
, dm hofidU' timl r JJmi!nalimiofeu^k?!i, w-nh-hc dmi Bkolf Himt'Hkicih
; mvh ganz idmrfUi^ifc- i«f. *' ’ " *
! ikae;. idn pl/»Uli(’jvu!‘ Sch!•{'>(:knii uinHit zu Ofjcrirfjuirn in dm
; Imlteim^cküiic vm-smznu kunu, . i«i des- rumrui bm
| ^Hbj'mbeu worden: um li wdr buben: dies \uv idurno .)<ibi'c imisu-licii
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. *• mui. j* i*t ui»} wrmuunp: von üor Uhumiamf nam ;n‘-
Wiu-uw}, und t>fine' ricliii^o Nurkosu noch durnh Auj«!'bbr.tmg dm
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Hiauat i n iJßfif ]j,’od Ah&rjrßh Fo
.muflielicn bcoimc-jitck wird, uud des tnii'Hhimmi, oft tabe.mliüt .
iuiitthons uofvo&nr. Itysttaisehor b’orsuufiu baitbudoi (rcswhknelits.
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Ibtrcli ihm ibu bst BcJUifzcusweitha Arbeit iicr krr^. jh*-
20. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
607
Gefahren der Narkose für den Diabetiker 1 ), ist dem Arzte
wiederum nachdrücklich dargethan worden, dass bei Diabetikern,
auch solchen, die keinerlei bedrohliche Symptome darbieten, durch
die Narkose ein Coma herbeigeführt werden kann, welches den
Tod oft in sehr kurzer Zeit veranlasst. — Die Mittheilung weiterer
Erfahrungen ist sehr wünschenswerth. Ich nehme Gelegenheit zu
erwähnen, dass bei mir in den beiden letzten Jahren drei ältere
Diabetiker (und zwar einer von ihnen nur eine halbe Stunde, der
zweite zweimal über eine Stunde lang, der dritte dagegen viermal) mit
Chloroform betäubt wurden, ohne dass die von Becker geschilderten
Folgen eingetreten wären; ein vierter Diabetiker mit schwerem
Prostataleiden wurde erst mehrere Tage nach der zweiten Chloro¬
formbetäubung comatös.
Es ist deshalb gewiss richtig, stets vor der Narkose, auch in
der allgemeinen Praxis, den Urin zu untersuchen, wenn irgendwie
der Verdacht auf Diabetes besteht. In Anstalten, und nicht nur in
medicinischen, erscheint eine Krankenuntersuchung ohne chemische
Prüfung des Harnes überhaupt unvollständig. — Wenn wir uns
gewöhnen, den Harn eines jeden zu Narkotisirenden auf Eiweiss¬
gehalt zu prüfen und diese Untersuchung in den folgenden Tagen
zu wiederholen, dann wird die viel erörterte Frage, ob die ein¬
malige oder wierderholte Narkose wirklich eine toxische Ne¬
phritis erzeugen kann, der Lösung näher kommen. Dass eine
vorübergehende Albuminurie nach Anwendung der verschie¬
denen Betäubungsmittel auftreten kann, hat an sich nichts Be¬
fremdendes. Dass eine bestehende Nephritis eine Anreizung er¬
fahren kann, die zur Urämie führt, ist a priori ebenso wenig
auffällig. Es sind dies indessen Spätwirkungen von Parenchym¬
degenerationen, die wahrscheinlich auf demselben Wege zustande
kommen wie die von Ungar als Folge einer protrahirten Chloro-
formwirkung beschriebene fettige Entartung des Herzmuskels. Bei
vernünftigem Gebrauche des Chloroforms, wie er unten angegeben
wird, kommt es weder zu Fettentartung im Herzen noch in den
Nieren. Dagegen muss uns die Gefahr, welche überhaupt dem
Nephritiker vom Herzen droht, äusserst vorsichtig in der Ver¬
wendung narkotischer Gifte machen.
Dass Nephritiker sowohl als Diabetiker wenig widerstands¬
fähig gegen operative Eingriffe an sich sind, dass beim Diabetiker
noch besonders leicht Gangrän an den Wunden auftritt, ist eine
alte Erfahrung, die hier nicht weiter besprochen zu werden
braucht. —
Unter den örtlichen Erkrankungen verdienen in erster
Linie Beachtung, und zwar besonders für die Narkose an sich,
welche ja durch Einathmung geschieht, die pathologischen Zu¬
stände der ersten Luftwege, der Bronchien und des Lungen¬
gewebes selbst.
Die Verengerung der Nasoneingänge, welche durch entzünd¬
liche Veränderungen und Borkenbildung veranlasst wird, diejenige,
welche bei jeder Einathmung durch Anklappen leicht beweglicher
dünner Nasenflügel eintritt, die Verlegung des Nasenraumes durch
Secret- und Geschwulstmassen und die einfache Schwellung der
Nasenschleimhaut, zumal mit einer solchen der Rachen Schleimhaut
zusammen, erfordern während der ganzen Dauer der Narkose die
unausgesetzte Aufmerksamkeit für Freihaltung des Luftzutrittes
durch den Mund; die Freihoit der Passage wird gesichert durch
Offenhalten der Kiefer, Vorzieheu der Zunge, Aus wischen des reich¬
lichen zähen Schleimes, welcher am Kehlkopfeingange immer wieder
sich sammelt.
Beisst solch ein Patient krampfhaft die Zähne aufeinander, so
kanu, zumal bei dicken Mandeln, der Weg, welcher neben der
Zunge bleibt, so klein sein, dass eine mässige Menge Schleimes
ihn verlegt. Der im Gesicht blaurothe Kranke zieht die zähe
Schleimmasse unter Rasseln und Röcheln hin und her im Rachen¬
raume und Munde. Geschieht nicht sofort alles Erforderliche mit
richtigen Mitteln, so wird mit erschreckender Schnelligkeit unter
Nachlass der krampfhaften Erscheinungen die Athmung oberfläch¬
lich,. sie setzt aus, nach wenigen schwachen Schlägen steht auch
das Herz still. Dies ist das Bild der Rassel- und Röchel¬
narkose, welche oinem jeden von uns besonders erinnerlich ist
Ton den Operationen der Halsdrüsenschwellungen her, bei
denen chronische entzündliche Schwellungen der Nasen- und Rachen¬
schleimhaut, sowie der Mandeln ausserordentlich häufig Ursache sind.
Reizzustände der Rachenschleimhaut sind auch — zum Glück
selten — Ursache eines forwährenden Würgens, welches erst nach
Eintritt tiefster Betäubung aufhört. Die enorme Anstrengung,
welche mit einer solched Würgnarkose verbunden ist, macht die
Betäubung zu einer höchst gefährlichen, und zwar sowohl durch die
bekannte reflectorische Beeinträchtigung der Herzthätigkeit, als
auch durch die Athmungsstörung.
Ganz harmlos dagegen ist die Schnarchnarkoso, welche
') Diese Wochenschrift 181)4. No. 16.
besonders bei erwachsenen männlichen Individuen beobachtet wird
und deren unmelodische Aeusserung durch Flattern des Gaumen¬
segels bedingt ist.
Lähmungs- und KTampfzustände der Kehlkopfmus¬
kulatur sind in der Regel keine Gegenanzeige für die Narkose;
immerhin werden sie den vorsichtigen Arzt veranlassen, alles zum
Luftröhrenschnitt bereit zu halten. Die Vorbereitung der Trache¬
otomie ist ohne weiteres geboten bei Eingriffen, die wegen nar¬
biger Verengerung des Kehlkopfes, bei Verlegungen desselben durch
Verletzungen, durch entzündliche und geschwulstbildende Processe
veranlasst werden.
Die acuten und chronischen Entzündungen der Bronchial¬
schleimhaut und des Lungengewebcs werden durch die Bei¬
mischung eines reizenden Gases zur Athmungsluft unter allen
Umständen schädlich beeinflusst. Es empfiehlt sich daher, ein
Mittel zu wählen, welches möglichst wenig zur Hyperämie’ und
Secretion reizt. In dieser Hinsicht steht das Chloroform, welches
selbst in starker Verdünnung und in sehr geringer Menge, unaus¬
gesetzt zugeführt, betäubend wirkt, bis jetzt in erster Linie. Der
Aether, welcher schon unter normalen Verhältnissen eine enormo
Secretion im Munde und den Luftwegen anregen kann, ist hier
gar nicht zu gebrauchen.
Bei den bis jetzt besprochenen, örtlichen Erkrankungen tritt
die Gefahr zuerst von den Luftwegen her auf: allmählich zu¬
nehmende oder plötzlich stark einsetzende Athemnoth endigt ge¬
legentlich mit Aussetzen der Respiration, secundär wird das zu¬
nächst noch functionirende Herz betlieiligt. —
Athmungs- und Kreislaufstörung zugleich bestehend, machen
Narkosen und Operationen bedenklich, welche beim Vorhandensein
grosser Flüssigkeitsergüsse blutiger, wässriger oder eitriger
Art in einem oder in beiden Pleuraräumen ausgeführt wer¬
den müssen. Bei Verminderung der Respirationsfläche arbeitet hier
das Herz zugleich unter erschwerenden Umständen. — Aehnlicho
Verhältnisse sind vorhanden, wenn auf Kosten des Brustraumes
eine übermässige Ausdehnung des Bauches stattfindet durch
Ergüsse in das Bauchfell, durch Geschwülste der Unterleibsorgane,
durch abnorme Füllung des Darmes mit Koth und Gasen. —
Beim Ileus durch innere Abschnürung oder durch Einklemmung
eines äusseren Bruches kommt zu der Bauchausdehnung noch die
schwere reflectorische Schädigung der Herzthätigkeit hinzu. Am
deutlichsten wird sie erkannt durch Vergleich des kaum fühlbaren
Pulses vor der Befreiung des eingeklemmten Darmes und des
guten Pulses, welcher, bei sonst günstigen Verhältnissen, sofort
nach Beseitigung der Einschnürung eintritt. Entsprechendes gilt
von der übermässigen Ausdehnung der Harnblase.
Von den Herzerkrankungen sind für den Ausgang einer
unter Narkose ausgeführten Operation gefährlich diejenigen, welche
den Herzmuskel selbst betreffen: dio Fettdurchwachsung
(Mastfettherz), die braune Atrophie im Greisenalter, dio fettige
Degeneration bei acuter Sepsis und bei anderen Vergiftungen; —
sie sind sämmtlich nur unter Erwägung des Allgemeinzustandes
beim Vorhandensein schwacher und wohl auch unregelmässiger
Herzthätigkeit zu vermuthen. Auf gleicher Stufe steht die Skle¬
rose der Kranzarterien, die inan bei entsprechenden Veränderungen
fühlbarer Arterien als Ursache der Schwäche und Irregularität der
Herzaction annehmen wird. Dagegen sind Klappenfehler nach
dem fast einstimmigen Urtheile guter Beobachter keine Gegon-
indicationen für die allgemeine Betäubung, so lange keine Com-
pensationsstörung vorhanden ist. Die gestörte Compensation da¬
gegen macht jede Operation sowohl als die Narkose schon durch
ihre Wirkung auf die übrigen Organe, so durch die Kreislauf¬
störung in den Lungen, bedenklich; wir können die weitere Schä¬
digung des Herzens durch Einathmung einer betäubenden Substanz
nicht hinzufügen, ohne mit der Möglichkeit des plötzlichen Aus¬
setzens seiner Thätigkeit zu rechnen. Im gegebenen Falle
werden wir freilich erwägen müssen, ob nicht der Shok, welcher
durch Vornahme der Operation ohne Narkose das Nervensystem
trifft, gefährlicher ist als eine mit äusserster Vorsicht nur bis
zur Toleranz geleitete und an der Grenze zwischen Schlaf und Er¬
wachen unterhaltene Betäubung.
Die Schädigungen, welche durch die Operation an sich her¬
beigeführt werden, sind mannichfachster Art. Sie wurden im Grossen
und Ganzen stets mehr gewürdigt als diejenigen, welche in allge¬
meinen und örtlichen pathologischen Veränderungen ihre Ursache
haben. Es gab zu allen Zeiten Statistiken über die Gefährlich¬
keit einzelner Operationen. Wie wenig dieselben im allgemeinen
freilich als sicher angesehen werden können, zeigt die Erinnerung
an eigene Reihen bestimmter Operationen, z. B. an die Hernioto-
mieen: die Begleitumstände sind meist für den Verlauf der Ope¬
ration von grösserer Bedeutung als diese an sich.
(Schluss folgt.)
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
608
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
II. Aus der III. medic. Klinik und Universitätspoliklinik
des Herrn Geh. Med.-Rath Prof. Dr. Senator.
Zur Diagnose der Pylorustumoren. 1 )
Von Th. Rosenheim, Privatdocenten und I. Assistenten.
M. H. Ich erlaube mir Ihnen eine Patientin vorzustellen, die
Sie bereits vor zwei Jahren 2 ) an dieser Stelle zu sehen Gelegen¬
heit hatten. Es ist das 50jährige Fräulein Paul, bei welcher im
Februar 1891, also vor ca. B 1 ^ Jahren wegen scirrhösen Carcinoms
des Magens von Herrn Geh. Rath Dr. Hahn die Resectio pylori
ausgeführt worden ist. Es wurde dabei ein Stück des Organes
entfernt, das 18 cm an der grossen und 8 cm an der kleinen Cur-
vatur maass. Die Patientin erholte sich ausserordentlich rasch
und ich berichtete Ihnen im Juni 1892 über das functionelle
Resultat nach dem operativen Eingriff. Ich konnte feststellen,
dass die motorische Function des Magens sich zur Norm zu¬
rückgebildet hatte, die Dilatation war also geheilt.
Dagegen war die secretorische Function ganz oder doch fast
ganz erloschen und blieb es auch, da sie abhängig ist von einer
irreparablen Veränderung der Schleimhaut, die das Carcinom be¬
gleitet. Bemerkenswerth war, dass die Pylorusnarbe sich befähigt
zeigte, mit der noch vorhandenen Muskulatur regulatorisch die
hunction des Pförtners zu ersetzen, so dass das Abströmen des
Ohymus m der- normalen Weise in Absätzen erfolgte und ein
Rückfliessen von Galle in den Magen nicht zustande kam. Ja, bei
der Aufblähung des Organs mit Gas zeigte sich, dass der Ersatz¬
apparat am Pylorus fester schloss und das Gas besser zurückhielt
als der normale Muskelmechanismus an der Cardia. Das erzielt«
Resultat durfte mithin als ein vorzügliches bezeichnet werden.
Heute, da wir die Kranke Wiedersehen, zeigt sie das Bild
anJh r f^ d *i rtei i S [ e ist bei vorsichtiger Lebensweise
d?tt t deB letzten Jahren ohne alle Magenbeschwerden geblieben.
D e Untersuchung hat nichts ergeben, was an ein Recidiv denken
lässt. Die in der letzten Woche vorgenommene Prüfung der
Magenfunction hatte dasselbe Resultat wie früher. Die motori¬
sche Energie ist normal, die Secretion bleibt aufs
schwerste geschädigt: der Mageninhalt erwies sich neutral
fin™u! e / ra f’• ° b • m alIen Fällen vou Resectio pylori das func-
endgntig eftschiedeT gfl ” StigeS ^ ^ iSt ™ hI ziem,ich
Zwar bei der Kranken JaworskiV) wurde nur eine mässiee
Besserung erzielt, aber bei zwei Patienten Kaensche’s«) stellte
sich, wenn auch erst nach Verlauf von Monaten, allmählich nor-
male Bewegungstüehtigkeit ein; in einem Falle Zawadski’s-V)
FaH sßhhesslich auch ein gutes, so dass man, da der
hall Jaworski s an sich sehr ungünstig lag — die Kranke starb
CaTbt= ReCidi \- SCh ? n auf Gru “ d bisher mitgetheihen
r. r u.".T, s
Si = =VAT-iSÄiSs
£eniacht worden ist, davon überzeugen können dass das
die erst vor drei Monaten operirt worden ist ’
drei gesimde^KiDdern^ fiemet-kte ^seit Ostern^fWu*' 61 '^^'* Mutter ™
SÄLZ ÄÄ
gebaute a blasse, r al < )gemi4erte^F r au I1U Die^Bn : ist!)rir e '^ r0S * e H !! ' em ^ e '!i
unter |r Leber RÄT
unter der LebeT he^ortritt S t Auiblähung deutUeh
oberhalb des Nabels, findet man eine Ueine Re^ s T: ^ br <*
angehört; dieselbe ist wenig schmeraWt Ke ® Istenz ’ dle dem Magen
Störung, der Mageninhalt S ist nwTr • o motorische
trächtliche Mengen^lochtiger SS*™!™'™- S ™ Z ?\ ure ’ enthsIt ’ be ‘
i-ffi
»emeBesserung der motorischen Function errielt Da
am 4. ) Jum rt 1894 nUt Dem0nStl ' atl0? ’ galten im Verein für innere Medicin
5 Dout, med. Wochenschr. 1892, No. 49.
) \\ lener klin. Wochenschr. 1889, No 5
J "f ut - med - Wochenschr. 1892, No. 49.’
) eit. nach Mintz, Zeitschr. f. kl. Med.' Bd. XXV, S. 157.
No. 30
die Resistenz wächst und am 22. Februar 1894 ein Tumor von
Kleinwallnussgrösse, mit unebener Oberfläche, links von der Mittel¬
linie, dem Magen angehörig, feststellbar ist, wird die Resection
empfohlen, welche am 4. März 1894 von Herrn Geh. Rath Dr. Hahn
ausgeführt wird. Das Verhalten der secretorischen Function hatte
sich in der Zeit der Beobachtung nicht geändert: niemals war
freie Salzsäure nachweisbar, aber auch die Milchsäurereaction fiel
nie, selbst im Aetherextract deutlich positiv aus; die Menge der
flüchtigen Säuren schwankt zwischen 0,5 und 1,3 p. m. nach Be¬
stimmungen, die Herr Cand. med. Jungmann gemacht hat.
Der Tumor, obwohl er oberhalb des Nabels, links von der
Mittellinie lag, gehörte unzweifelhaft dem Pylorus an wie
die Aufblähung des Magens lehrte; bei der Inspiration bewegte
er sich nach unten, blieb aber bei der Exspiration wenn
man ihn mit den Fingern fixirte, liegen, mit der Hand liess er
sich wenig seitwärts, aber doch etwa 6 cm nach auf- und ab¬
wärts bewegen. Mit Rücksicht auf dieses letztere Verhalten wurde
. als möglich angenommen, dass Verwachsungen der Geschwulst
bestanden, und zwar mit der hinteren Bauchwand; das Fehlen der
I exspiratorischen Bewegung bei Anwendung des oben angegebenen
Kunstgriffes sprach dagegen, dass die Adhäsion, die am häufigsten
vorkommt, nämlich mit der Leber, vorhanden war. An der Diagnose
Carcinom war nach Lage der Dinge wohl nicht zu zweifeln und
das Fehlen der Milchsäurereaction brauchte uns nicht irrig zu
machen, da sie bei Carcinomen häufig genug vermisst wird.
Bei der Operation fanden wir das diagnosticirte Carcinom
— es war ein Scirrhus — am Pylorus; dasselbe war an der
Hinterwand an dem Pancreas adhärent. Dadurch wurde der Ein¬
griff schwieriger, schliesslich gelang jedoch die Loslösung Der
weitere Verlauf war ein schneller und glatter. Patientin erholte
sich bald ausserordentlich, nahm an Körpergewicht bis jetzt 30
Pfund zu und fühlt sich zur Zeit beschwerdefrei.
Die Untersuchung der Magenfunction ergiebt beute, dass
auch hier eine Schlussfähigkeit des Magens nach dem Darm
zu durch die Reste der Pylorusmuskulatur an der Narbe zustande
kommt. Die motorische Function ist fast normal, die
becretionstüchtigkeit ist zwar noch geschädigt geblieben, aber
treie SaJzsäure ist nachweisbar, wenn auch die Reaction schwach
ausfällt; abnorme Gährungen fehlen. Offenbar ist die Veränderung
der Mucosa zur Zeit der Operation noch nicht soweit gediehen ge¬
wesen wie bei der Patientin Paul; es hatten ausgedehntere
atrophische Processe noch nicht Platz gegriffen, und so lag mit der
Beseitigung der Stagnation die Möglichkeit einer gewissen Wieder¬
herstellung der Schleimhautfunction vor.
-^*® Ablösung eines Tumors vom Pancreas ist wegen bedroh¬
licher Blutungen recht gefährlich, und es ist klar, dass diese die
Prognose verschlechternde Complication ein zu berücksichtigendes
Moinent sein wird, wenn wir uns über die Operation schlüssig zu
machen haben. Man wird den chirurgischen Eingriff aus diesem
Grunde nicht prinzipiell ablehnen dürfen, aber die Verwachsung
mit dem Pancreas beeinträchtigt den Erfolg, und es wäre wichtig,
einen solchen Zustand allemal vor der Eröffnung der Bauchhöhle
feststellen zu können. Sehr feste Adhäsionen an dieser Stelle
müssen die Beweglichkeit des Tumors unzweifelhaft auf ein Minimum
reduciren, ziemlich lockere, wie sie es in unserem Falle waren,
lassen der Excursionsfähigkeit immer noch einen gewissen Spiel-
raum. Für solche Fälle ist die Entscheidung schwer; und doch
ist die Diagnose möglich und wurde auf Grund folgender Ueber-
legung mit einiger Sicherheit gestellt: Wie die Aufblähung des
Magens darthat, gehörte der Tumor dem Pylorus an; der Pförtner
lag bei unserer Patientin links von der Mittellinie, wo er aber
nur bei beträchtlicher Verlagerung des Magens angetroffen
werden kann. Die Lage einer Pylorusgeschwulst ist je nach dem
Grade der Lockerung des Bandapparates des Magens, d. h. je nach
dem Grade der Dislocation des Organs eine verschiedene, und bei
Verticalstellung des Magens wird sich der Tumor häufig zwischen
Nabel und linkem unterem Thoraxrand finden. Für solche Fälle
aber ist festzuhalten, dass dann, solange keine Verwachsungen
bestehen, die Excursionsfähigkeit des Tumors eine sehr
viel grössere ist, als sie sich bei unserer Patientin
erwies; es lässt sich dann, wie ich zu sehen oft genug Gelegenheit
hatte der. Tumor von der Leber am linken Thoraxrand entlang bis
zur Nabellinie, ja noch unter dieselbe, bis in die Gegend der Flexura
sigmoidea verdrängen. In diesem Maasse gelapg die Verschiebung
des Pylorustumors bei unserer Kranken auch nicht entfernt, und
deshalb musste, da sonst die Symptome für eine Pylorusgeschwulst
sprachen, eine Verwachsung an der Hinterwand vermuthet werden.
x? Fra £ e » w * e äiagnosticiren wir einen Tumor als
dem Pförtner angehörig, ist vorhin schon gestreift worden.
In erster Reihe werden die klinischen Erscheinungen, die auf
eine Behinderung für den Abfluss des Mageninhaltes hinweisen,
die Ectasie mit Stagnation und Gährung dafür verwerthet werden
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26. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
können. Indess ist wohl zu beachten, dass wenn auch selten
Tumoren, welche nicht unmittelbar am Pylorus sitzen, ohne
mechanisch occludirend zu wirken, doch indirekt durch krampf¬
haften Verschluss der Pylorusmuskulatur, den sie reflectorisch aus-
lösen, eine Hemmung für die Fortbewegung der Ingesta und eon-
secutive Dilatation bedingen können. Alsdann giebt die Palpation
am aufgeblähten Organ das entscheidende Resultat. Gewöhn¬
lich bewegt sich der Pylorustumor hierbei etwas nach rechts, und
zwar mehr nach rechts unten (Minkowski 1 ), bisweilen aber
auch, wie ich mich überzeugte, nach rechts oben, wenn das
Organ erheblich dislocirt ist. Die geblähte Partie lässt sich links
- neben der Geschwulst, unter ihr und oft auch etwas nach rechts
unten von ihr nachweisen. Der Magen bildet ein vierseitiges Luft¬
kissen mit abgerundeten Winkeln, an deren rechtem oberem die
Resistenz fühlbar ist. Dass auch dieses Ergebniss der Untersuchung
nicht absolut beweisend für den Sitz des Tumors am Pylorus ist,
lehrt folgende interessante Beobachtung:
Frau Polensky, 49 Jahre alt, aus Pommern, hat zwei normale Ge¬
burten überstanden, ist sonst nie krank gewesen. Nur Magenbeschwerden
in Gestalt von Magendrücken hatte sie ab und zu. Seit Weihnachten 1893
ist das Unbehagen (Druck) im Magen anhaltend und allmählich immer
heftiger geworden; es stellte sich Appetitlosigkeit ein, und seit Mitte
Februar Erbrechen. Schliesslich fand sich nach jeder Mahlzeit wider¬
wärtiges Aufstossen, dem bald Erbrechen folgte, das nur vorübergehend
unter ärztlicher Behandlung nachliess. Patientin ist stark abgemagort
(etwa 20 Pfund). Seit einigen Wochen fühlt sie eine Geschwulst in der
Magengegend, die unzweifelhaft gewachsen ist. Anfang Mai suchte sie
die Königliche Universitätspoliklinik auf.
Status praesens am 9. Mai 1894: Kleine, ziemlich kräftig gebaute,
nicht auffallend kacliektisch aussehende, aber deutlich abgemagerte Frau.
Herz und Lungen frei. Die Zunge ist wenig grauweiss belegt. Im Ab¬
domen fühlt man links neben der Mittellinie einen kleinapfelgrossen,
unebenen, harten, ziemlich schmerzhaften Tumor, zweifingerbreit ober¬
halb des Nabels. Derselbe bewegt, sich bei der Inspiration nach unten,
steigt bei der Exspiration, wenn man ihn fixirt, nicht in die Höhe,
er ist ausserordentlich beweglich und lässt sich vom Leberrand bis
tief unter den Nabel heruntor verschieben. Ec’tasia ventriculi, be¬
trächtliche motorische Störung, freie Salzsäure in Spuren nachweis¬
bar, Cougo scharf und ziemlich deutliche Milchsäurereaction mit
Eisenchlorid. Bei der Aufblähung mit Luft und Kohlensäure rückt der
Tumor etwas nach rechts und liegt im rechten oberen Winkel des
scharf vorspringenden luftkissenartigen Organs.
An der Diagnose Carcinoma pylori schien uns mit Rück¬
sicht auf Anamnese, Verlauf und Untersuchungsergebniss kein
Zweifel mehr möglich. Die ausserordentliche Beweglichkeit des
Tumors Hess den Fall für eine Radicaloperation ganz besonders
geeignet erscheinen, an deren Ausführung am 18. Mai 1894 Herr
Geheimrath Hahn ging. Bei der Autopsie in vivo zeigte sich
gegen unser Erwarten, dass der Tumor nicht am Pylorus sass,
sondern dass dieser Organabschnitt frei war. Auf der Grenze
zwischen Pylorus und Fundus sass ein Careinom, das ringförmig
die Magen wand umgriff, auf der Serosa in der Nachbarschaft
bereits vereinzelte, kleine Metastasen gemacht, aber zu Ver¬
wachsungen mit angrenzenden Organen noch nicht geführt hatte.
Wir fanden also eine Sanduhrform des Magens, die hier aber
nicht, wie das gewöhnlich der Fall ist, durch Vernarbung eines
Ulcus bedingt, sondern ausnahmsweise durch einen stricturirenden
Krebs zustande gekommen war. Die Enge zwischen Fundus und
Pylorus war so beträchtlich, dass sie vom Finger nicht passirt
werden konnte. Da die Serosametastasen nicht ganz vollständig
zu beseitigen waren, so wurde statt der Resection nur die Gastro¬
enterostomie gemacht, die glatt vertief; die Patientin befindet sich
zur Zeit völlig beschwerdefrei. —
Ich habe im Voraufgehenden als die häufigste und deshalb
praktisch wichtigste Verwachsung des Pyloruskrebses diejenige
mit der Leber erwähnt. Die Diagnose dieser Complication ist
durchaus nicht immer leicht. Der Tumor zeigt unter diesen Um¬
ständen sehr beschränkte Beweglichkeit und das gleiche
respiratorische Verhalten wie die Leber, d. h. er steigt mit
In- und Exspiration zugleich im Epigastrium herab und hinauf, und
diese Locomotion ist oft deutlich sichtbar, immer zuverlässig
tastbar. Allein dieses letztere Symptom ist ausserordentlich viel¬
deutig, weil verschiedene Organe: Leber, Milz, Magen, Colon trans-
versum, bisweilen sogar eine nicht adhärente Wanderniere und
endlich der Dünndarm mit ihren Tumoren dieses respiratorische Ver¬
halten mehr oder weniger ausgesprochen aufweisen können. Ja man
darf wohl sagen, dass alle Tumoren des Epi- und Mesogastrium mit
Ausnahme ganz flach sich entwickelnder Neubildungen, die dem ab¬
steigenden Duodenaitheil und dem Pancreas angehören und die dann
in der Tiefe Hegen, von der Zwerchfellbewegung in Mitleidenschaft
gezogen werden. Denn die Inspiration erzeugt in der Bauchhöhle
allemal eine Volumenveränderung und-Verminderung, einen
mechanischen Druck und eine Erhöhung der Spannung, die
l ) Berliner klin. Wochenschrift 1888, No. 31.
609
namentlich an den Organen zwisohon den unteren Thoraxabschnitten
eine Locomotion nach unten bewirkt, und bei der Elasticität
der Organe geschieht diese Abwärtsbewegung ebenso prompt und
für uns unfühlbar, wie die Rückkehr iu die ursprüngliche Lage
leicht und rasch erfolgt, sowie die Exspiration eintritt. Das Phänomen
der respiratorischen Verschiebung ist freilich in allen Fällen
nicht gleich deutlich nachweisbar; alles was den Druck in der
Bauchhöhle vermindert: Erschlaffung der Bauchdecken, Fettverlust
wirkt in dem Sinne, dass das so wesentliche Moment der erhöhten
Spannung während der Inspiration keinen nennenswerthon Einfluss
auf die Lage der Organe mehr ausübt *, es bleibt dann nur noch
im wesentlichen die grob mechanische Druckwirkung übrig, die
das Tiefertreten des Zwerchfells auf die Organe unter allen Um¬
ständen ausüben muss, die direkt und unmittelbar in seine Kuppe
gefügt sind, also auf Leber und Milz. Diese zeigen die respiratorische
Verschiebung deshalb auch unter diesen veränderten Verhältnissen
prägnant, faUs sie nicht eben gerade in die Bauchhöhle hinein nach
Lockerung des Bandapparates in toto dislocirt sind.
Alle anderen Organe aber, die hier in Betracht kommen, und
speciell der Pylorus werden nur indirekt von der Zwerchfell¬
bewegung beeinflusst, darum i3t das in Rede stehende Phänomen
bei ihnen, auch unter günstigen Verhältnissen, fast nie so scharf
ausgeprägt wie bei Leber und Milz; es findet sich bei ihnen oft
nur angedeutet, ja es kann gelegentlich ganz fehlen, wenn die
Spannung im Abdomen mehr und mehr gesunken ist.
Aus dem Gesagten ergiebt sich klar, dass, wo die respiratorische
Verschiebung einem Tumor abgeht, wir seine Zugehörigkeit zu
Leber und Milz, faUs diese Organe sich nicht als beträchtlich
dislocirt erweisen, von vornherein ausschliessen können. Zeigt er
unfgekehrt das Phänomen, so ist sein Zusammenhang mit diesen
Organen noch nicht dargethan. In diesem Falle kann man sich
eines Kunstgriffes mit Nutzen bedienen, den Minkowski 1 ) em¬
pfohlen hat und der lange nicht genug gewürdigt wird: wird er
doch selbst in mehreren neueren Werken nicht einmal erwähnt.
Minkowski machte darauf aufmerksam, dass wenn Tumoren des
Magens, Darms, Netzes, ja sogar der Nieren die besprochene Lage¬
veränderung zeigen, sie in der Regel bei der Exspirhtion
am Heraufrücken verhindert werden können, wenn man
sie auf der Höhe der Inspiration mit der Hand fixirt.
Diese Manipulation ermöglicht also auch dann noch die Unter¬
scheidung der eben genannten Geschwülste von denen der Leber
und Milz. Zweifellos ist sie von grosser praktischer Bedeutung,
wenn ich auch nach meinen Erfahrungen statt „in der Regel“
„öfter“ zu sagen geneigt wäre. Denn es bleibt immerhin noch
eine erhebliche Zahl namentlich von Pylorustumoren übrig, wo das
respiratorische Verhalten sich schlechterdings nicht von dem der
Leber unterscheidet und wo auch dieser Kunstgriff im Stiche lässt.
Der folgende Fall beweist dies:
Karl Sieb er t, Bahnbeamter, 50 Jahre alt, ist bis Anfang Mai dieses
Jahres stets gesund gewesen, speciell hat er nie am Magen gelitten. Seine
jüngst entstandenen Beschwerden bestehen in Magenschmerzen (Druck,
Krilmpfo und Brennen), die erst durch Erbrechen geringer werdon, das in
den letzten Tagen regelmässig auftrat. Der Stuhlgang ist jetzt ange¬
halten. Der Patient, der sich am 21. Mai 1894 in der Königlichen
Universitätspoliklinik vorstellte, ist ausserordentlich rasch abgemagert,
eine Veranlassung für die Erkrankung vermag or nicht anzugeben; ins¬
besondere liegt kein Diätfehler vor.
Status praesens am 21. Mai 1894: Ziemlich kleiner, kräftig ge¬
bauter Mann von brauner Gesichtsfarbe, deutlich abgemagert. Brustorgaue
gesund. Leber von normaler Grösse, ihr glatter Rand ist ziemlich gut
abtastbar; unterhalb desselben im Epigastrium fühlt man eine querver-
laufende glatte Resistenz, dio etwas druckschmerzhaft ist, deren Breite
2—3, deren Längo etwa 8 cm beträgt. Dieser Tumor steigt zugleich mit
der Leber bei der Inspiration herunter und bei dor Exspiration gleich¬
wie das genannte Organ in die Höhe, auch wenn man ihn mit der
Hand festzuhalten sucht. Die Verschieblickeit der Geschwulst im
Epigastrium ist nach unten zu eine geringe, nach oben zu lässt sie sich
ziemlich weit hinaufdrängen, so dass sie vollständig unter der Leber ver¬
schwindet und der Betastung dann überhaupt nicht mehr zugänglich ist.
Und so goschah es, dass, während ich selbst und sämmtliche Collogen m
meinem Curse den Tumor an dem einen Tage deutlich palpirten, or später
von anderen Untersuchern nicht gefunden werdon konnte, da er offenbar
zu weit nach hinten und oben entwichen war. Die grosse Curvatur reichte
bei der Aulblähung zwei Finger breit unter den Nabel, es bestand
oine beträchtliche motorische Störung. Freie Salzsäure war
nicht vorhanden, auch die Congoreaction fiel negativ aus, Lakrnus +»
unzweideutige positive Milchsäurereaction.
Dass es sich hier um ein Car ein om des Pförtners handelte,
war nicht zu bezweifele. Bemerkenswerth war der ausserordentlich
rapide Verlauf, da die Beschwerden erst ganz kurze Zeit bestanden
hatten und die Abmagerung sehr rasch aufgetreten war. Dem
Patienten wurde die Operation vorgeschlagen, dieselbe wurde von
i) Berliner klin. Wochenschr. 1888, No. 31.
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610
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Herrn Geheimrath Hahn am 5. Juni 1894 vorgenommen. Bei der
Autopsie in vivo fand sich ein Tumor von der angegebenen
Grösse; die Wand des Pylorus war durch ein diffus sich aus¬
breitendes Carcinom infiltrirt, die Geschwulst war mit der Leber
nicht verwachsen, dagegen an der Hinterwand durch Adhäsion
mit dem Pankreas verbunden. Da bereits kleine Netzmetastasen
vorhanden waren, wurde die Gastroenterostomie gemacht, die
Patient gut überstanden hat.
Der Fall lehrt, dass, wenn ein Pylorustumor das respiratorische
Verhalten der Leber zeigt, damit nichts für dasVorhandensein
einer Verwachsung mit diesem Organ beAviesen ist. So¬
weit die Palpation nicht den direkten und unmittelbaren Zusammen¬
hang zwischen Leber und Pförtner darzuthun vermag, haben wir
kein zuverlässiges Zeichen, welches mit Sicherheit für diese
wichtige, die Prognose verschlechternde Complication spricht. Aus-
schliessen dürfen wir dieselbe dagegen, wie ich glaube,
mit Bestimmtheit, avo die PylorusgeseliAvulst bei der
Exspiration sich für den fixirenden Finger anders ver¬
hält als die Leber; mit grosser Wahrscheinlichen, wo
die Excursionsfähigkeit des Tumors nach oben, wie dies
m unserem Falle ganz eclatant zutage trat, so unbeschränkt
ist, dass der Tumor hinter der Leber ganz verseil winden
kann.
Dass in dem eben citirten Beispiel der Tumor vorübergehend
lur den Untersucher unauffindbar war, ist kein seltenes Ereigniss •
es ist rathsam, besonders bei Männern, bei denen der Pylorus an
normaler Stelle, also zum grossen Tlieil von der Leber völlig ver¬
deckt liegt, die Untersuchung in Rückenlage durch eine solche im
Stehen mit vornübergebeugtem Körper und vor allem durch eine
solche in Knieellenbogenlage, wie dies auch EwaldD empfiehlt-zu
eontrolliren. x ’
Fragen wir nun, worauf es beruht, dass Pylorustumorcn
sich in ihrem respiratorischen Verhalten so verschieden
zeigen kennen, dass sie in einzelnen Fällen sich wie dio Leber
auf- und abbewegen, andere male bei der Exspiration zurückgehalten
weiden können so ist diese Frago bisher weder gestellt, noch der
Versuch einer Beantwortung gemacht Avorden.
Ich möchte auf Grund der Erfahrungen, die ich durch die
Autopsie in vivo gewonnen habe, mich dahin entscheiden, dass dio
s . lel \ respiratorisch zugleich mit der Leber bewegen,
also bei der Exspiration stets m die Höhe steigen, wenn sie sich
am normal liegenden Organ entwickelt haben. Der Pylorus
.(L 7 werrhf u 'seursionsfahigkeit und Lage durchaus vom Stande
des Zweichfelles abhängig, obwohl er nicht direkt mit demselben
ieZDÄn £ ^“»^Verhältnissen des BaucÜs
jedei Diuck und jede Verschiebung eines Organs sich auch auf die
anderen überträgt. Erst wenn infolge eine/Lockenuig des Band"
Apparates. der Pförtner tiefer getreten ist, wird der Einfluss der
Zwerchfellbcwegung auf den Pylorus schwächer, und diese Lockerung
der Beziehung zwischen den Organen der „oberen Enge“ (Henkel
. uud .dem Pylorus zeigt sich am deutlichsten im exsnira-
hang S d h er n Thene a ioeh n ’r ilhren f Irt'' Inspü ' ation der Zusammen-
g ei iheile noch lange deutlich in die Erscheinung trofon
kann. Je stärker der Pylorus dislocirt ist, umsow“ “?t erin
seiner Bewegung durch die des Zwerchfells beeinflussbar '
, . Verlagerungen des Magens finden sich nur relativ selten
Ü rauen noch einen sehr bedeutenden Vortheil vor den
K lenVafs T^it "^?“
'mmmm
nauen Palpation Und «n tonn S J e( A . entzieht sl ch der ge-
Pförtnerkrebses lange verborgen bRiber'^Glnobl* S / mptom des
unsere Diagnostik- «n „ n , .r? 11 - Glücklicherweise ist.
oft nicht bedürfen «m m Zf?* 1 Q-1"’, d ? SS wir des T™«™
scheinlichkeit die Krebsorkranknnn- Hao Sicherheit grenzenden Wahr-
Der folgende Fall beweist dies: gd PyIorus ^stellen zu können.
»1 fÜSÜl d m Verdauungskrankheiten, III, Auflage S. 34G
1891, S. 89. 1 natomie und Ph ysiologie, Anatomische Abtkoilung,
No. 30
Friedrich Lübeck, 46 Jahre alter Lokomotivführer, hereditär in keiner
Beziehung belastet, ist immer stets gesund gewesen, bis er im Jahre 1889
Avegen eines eingeklemmten Bruches operirt werden musste. Vor Weih¬
nachten 1891 begann sich ein leichtes Druckgefühl in der Ma^eno-e^end
einzustellon, seit April 1892 fiel beträchtliche Abmagerung (30 Pfund)°auf
Seit dieser Zeit hatte sich auch Erbrechen eingefunden, das anfangs
seltener kam, dann aber nach jeder Nahrungsaufnahme erfolgte. Nachdem
er schon von mehreren Aerzten behandelt Avorden war, stellte sich Patient
im Juni 1892 in der Königlichen Universitätspoliklinik vor.
Status praesens am 6. Juni: Mittelgrosser, mässig kräftig ge
bautor, stark abgemagerter Mann. Bronchitis levis. Zunge schmutzt m-au-
gelb belegt, Foetor ex ore. Abdomen in der Nabelgegcnd und oberhdb der
seihen durch den mit schwappender Flüssigkeit gefüllten Magen vor-
geAvülbt, beträchtliche Dilatatio vcntriculi. Mageninhalt Aviderlich sauer
nochend, von braungolblichcr Farbe, enthält keine freie Salzsäure
wohl aber reichlich Mi ich säure. Unter dem Mikroskop Sarcine und
zahlreiche lang ausgezogeno Bacillenschnüre. Nirgends besteht eine ib-
normo Empfindlichkeit des Magens, eine Resistenz ist auch an dem auf¬
geblähten Organe nicht nachweisbar. Ja selbst in der Chloroformuarkose
Avar das Untersuchungsergobniss kein anderes.
Trotz des Fehlens des Tumors war die Diagnose mit Rück¬
sicht auf die Entwickelung der Krankheit bei dem früher stets
gesunden Manne, im Hinblick auf den chemischen Befund und die
beträchtliche Ektasie auf Carcinom des Pylorus zu stellen Dem
Patienten wurde eine Operation geratheu; wir vormutheten, dass
der lumor pylori sich möglicherweise deshalb jedem Nachweis
entziehe, weil er an der unteren Leberfläche festgewachsen war
Bei der Laparotomie, dio am 30. Juni von Herrn Geheimrath
Hahn ausgeführt wurde, fand man den Pylorus frei beweglich,
ohne alle Adhäsion, derselbe fühlte sich nur wenig dicker und
derber als ein normaler Pförtner an. Es wurde die Reseetion aus-
getuhrt, die keine besonderen Schwierigkeiten bot. Die Unter¬
suchung des resecirten Pylorus, den ich Ihnen hier zeige, that dar,
dass derselbe fast völlig undurchgängig Avar, die Pförtner wand Avar
etAA^as verdickt-, die Schleimhaut Avies eine zAveimarkstückgrosse
promiuirende, ulcerirte krebsige Wucherung, die die Passage
verlegte, auf. Bei der mikroskopischen Untersuchung erwies sich
die Neubildung als Medullarcarcinom. Der Fall lag auch insofern
günstig, als die Serosa überall frei von Metastasen gefunden wurde.
Leider ging der Patient am 1. Juli an einer Blutung aus einem
btichcanal zugrunde. Est ist klar, dass, wenn dieser unglückliche
Zufall den Erfolg nicht vereitelt hätte, der Fall die besten Chancen
geboten haben Avürde.
M. H.! An der Möglichkeit, das Pyloruscarcinom auch ohne
nachweisbaren Tumor, wenn auch nicht absolut sicher, so doch mit
hoher Wahrscheinlichkeit zu diagnostieiren, Avird niemand, der Er¬
fahrung auf dem Gebiete den Magenpathologie hat, zweifeln. In
solchen fällen, wie dem eben mitgetheiiten und ähnlichen, darf
man dem Kranken den Vorth eil, vielleicht durch Reseetion geheilt
zu werden und eventuell durch die Gastroenterostomie für geraume
Zeit von seinen Qualen befreit zu Averden, durch unnöthig langes
juwarten nicht verschränken. Wenn auch von meiner Seite nicht
Aeikannt wird, dass die Palliativmittel, über die wir vorfügen, ins-
jesondere die Ausspülung dem Patienten Erleichterung zu ver¬
schaffen vermögen, so liegt doch der Schwerpunkt der Behandlung
m Zukunft beim Chirurgen: Das als solches erkannte Py-
loruscarcinom gehört in der überwiegenden Mehrzahl
., r ^dHe v °i* sein Forum. Dieso meine Ansicht werde ich
nnt Hülfe der mir zu Gebote stehonden Erfahrungen in einem
späteren Aufsatze begründen.
III. Aus dem pharmakologischen Institut der Universität
Berlin.
Ueber Inula graveolens. 1 )
Von Dr. Martin Mendelsohn.
f Heilmittel, das früher die mannigfachste Anwendung ge-
lunden, das die Alten bereits als wirksamen Arzneikörper benutzt
a ° en . seither so gut Avie ganz aus dem Arzneischatze ver-
schAV unden: das Extractum Helenii mit seinem Avirksamen Be-
standtheile, dem Helenin, dem Alantkampher. 2 ) Früher im Rufe
o t v gehrten im Verein für innere Medicin zu Berlin am
9. Juli 1894.
') Die Bezeichnung „Helenin“ wird offenbar verschiedenen Substanzen
eigelegt. ln dem Handwörterbuche der Pharmacie von Geissler und
11er, Bd. V, S. 189, führt Hartwich unter den Bestandteilen der
Aiantwurzei einmal den Alantkampher, C i0 Hi 6 O, mit dem Schmelzpunkt
14 U ? ( LX uss ® rdem das Stearopton Helenin, Ce H 8 0, mit dem Schmelz¬
punkt 110 auf In dem gleichen Bande dagegen wird (Bd. V, S. 188)
on Uanswindt Alantkampher als Synonym für Helonin bezeichnet, mit
einem Schmelzpunkt von 109—110°. Auch B. Fischer (Dio neueren
Arzneimittel) identificirt Helenin mit Alantkampher, giebt aber als Schmelz¬
punkt für die reine Substanz 100° an. Und schliesslich weist E. Merck
m semem Jahresbericht 1892 auf die widersprechenden Angaben über den
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mmmm wocbenschhtft.
"W M' 1,1
eiw^ atis^^ichuefec^i ]li?omji{immgmmtko j s M K&tteheiv üw ‘ Lull-
vre$«. .sm&utv vinlfach aU pigiuticuiu mul aueb Bbtittiorotio.tm iu.
ÄnWanduös: gwjröii, feiet es Jctzt nur pfe <*ü» feoln.mtrnrs
Lasten ift ü< 4 ' Vrt!j^m«;*dk’ir» und der XhierinblkmHK und auch di -
verschieden Fhfehhut'nm des Ihdomu als mw* ftmabaenfell
wirksamem Mittels, xum Wimdverband oder £ar y .or Venmdit.uup:
der Baeilhm ind TujM-reiilorte,. haben ilim kolne iiUKgedidird^m brzt-
iidjüß Aiiwo-midn^' mehr rorschaiJV» können.
Yiue Ext/sctum ßxdmili stahmtk iVOb cior Lutrfa d pmuty.
Dibsb Inubi Hojejfd'Udi isl mi$ don zahlreichen - tTHmfeen »lept-nfpren
Gattung, der C<unp?i<tit*n, wedelte den Namen Int» 1 h führt, die »dn-
aigO Fßwuzrh welche .bhdier eilte iirzue.üiehi* \ r tnn*i? 4 irUrn^ 2 T *thtTllükm
hat, eine arzneilirho Verwenduim ni.du* :t.h 1 nm»ihmbw-F Art Keine
der anderen IiHifaaidHl 3 ,) ish m pkär&ddkolv^i.dhee i% 5 £ichF jsttt-
fliit. 5 ! Es war dalier K<‘hot! an sieb von latorcr««;, .ein«? Frlivifeauf cinr
eventuelle Arzirei:s\dGiUMil; kiu zu ttnöMwmTicu, veh.-hn ; Jji eia»?
kleinen Zahl von- ^liMiden tnit *0 üitlitdnr l‘J ötXtu£r au? AbsDeiihm-
unter . i-hmt Name.» ' ,.*S(iWkruut‘‘ zuc»>nu»R worden war, tiüd
"wölfiio Von den« Oirnklnr fe böttmiitfHfe llnd-h. Oe-.
Iimm'oo Ue<rieruu*rst'}jfJi t*n)f. ilr. E.uir.Ur,. in der .zitv»'rk>uti-
mmlstnn Weise cvprüff (itnl Ms )imla vmrdhbrt. wmfe, .
Dfem .„EtiukkiwitA shU iw A»MfeUcn mi*m Afehmh; ;
ah*' AntühstUmaIRmn and. bemerkch*w*mih ixt mtF dm-
die Xflanze ihre ö»£ ; ei>rUvdye■g>‘*ug!Uj[diM^ \hn luabvbitvf iositis*i« ii -iiä ;
Milt»-In»e v te»d«i»d b.*.t, In ÜOf.j^ii beSOiob U- ln SjM«h»m lUlHflt UU <1 j
dom «udindu/ivIT-Ankfeh; wobei aflefdife brkkwij- Lt likes sie yj.o!i. j
xti weil vnt vonirrit^u pörsdt, als* xm dp* ihr•öimijtipd.rtn kTHiufeejicu' I
JkaimruiRW» sortimb-a mul dd>*< sie md ihrer VYXmhu-utur ’m r. ;f.> ]
Maib )tu. und Tcmmfe vvk> imt >iw hfOdu;)l ödustdfirt Ul, ocn-h hl
hei 1 >.it i-idt und a.neli . |)tr' VoHcor.ijHöir in .Aoelrolie.) hern.i!»
•slt-nt, su Ul SK; dui tbm jeibofkUb: uii.t-' nurt>i*üirö'bt*)u- GutrTnle ree- !
W'ordnn t ^fbl wüek^t^dOsf i
idiJtivirt W:K*dj Antzph* ‘.töfi voidöitE^ uorb tn 0 »h»»r lv<nKVtaiidK. Fbl |
dna in iletitiiolrb.dH.l whrdd ijhs ^d^dveiten nni «dienten ;his ;
SihllVanlövnedi in an^reitdtiMMjeu M'ss-ja u bezen-'n w«-n]<M* körn non.
Liese Inula umi-ohii- nun, vmi. -der kh in der •
mwlkd/tisrhen Ijiiiemlttr nur dir (dnn Spur huM ad-lrinfRn köinmn, |
das«- nie Yi]n-.i'rd)iss mti Erftd^ aup'WetMiH F er den • könnt Yi :
«.ine i-/i.- '.-r..~riu)h\ din U•• hbiu t • ! Zuit Mi /iiOUUnit allen A »Vlli-!- j
pjlauzeü ilberivaiipt: uhiie wnitoves l^n>?h/öl MAirdo, x 4 A.e IblaTtze ,
von nu^eyötnubviAim HpHuihrft'.hnau, -arujiidl d^i üeli, bube-ich j
im idiarmafidlogieieh«» i-nfitituk; iRr lFjdvvr<sitöt 4 ^- NiUie'nm uutej>- |
sudbt und jnütbtn mir ertauben, hier über die KYsoHuie dienm.
Prüftiuo; zu beriehfen. die «bis ,gf\r ntrht -wo selRd)«;, uker i>nmfti'
wieder rutrirrnsaufe und lelrrrei'.-he Krg’ebuis- .jrnhabt bit., dass sich
an einem Ifeilmh.tel, wrkdu.rs urspniitjrib'h nur in binhu-lier ■Enipine
und uhm !>es«n.iiier»' \'«/i >1 clluin:' von der ihm iimcwnlmptulmi Wi»*'
kü.»i» lt«d. b«rxUtumieu Kr.ntik 11 «ul' v? °stunden .\nv.a:uUiinp ncleonlen
b.*i\ bei Wissenschaft}i« hi*r i’rübmp; in «l«*r Thai die ihtX« oe. bnilei)
ll«uMU«sfcrlb:n, avriebe mir der supjionitien, r*rukUs«dteu Wiek«nur nt
t*h,\ei;«b>vLi*hf-n? Kmklnuu' ^loliub. Zuutb hst jedoch mb« hie i-di «hm
l.b'')‘CM Eiehrcie.h und Lün Yp.ua vd . welche mich in de:- a l a i -set-
ordmilUeb^tmi W«'Lc iiierhei .ueferst ätzt« n, fiir ihre i'‘ördcHUik hntl
ilu hii'na'Sic nudticn vojidridHchmmi Dank uusspn« h«ui.
Du fibm die Aft iici vulkMlmmlü Imu AnvPinlirn^’dtff Amu i-
h'Qiinzc iii«<M:■ X.ihercs bekannt war -m zunä-imi. anuv-
iXei.miKiien werden', dass die einfm-bstc- Form dar .V ^HiVcweii mm;;
»m* 'nicrauiirits:-. bei ihrer Vorab kJ üu cm ii* .•Vuu.^duna «r«*hr,n;iit
wurde nml ihihcr dir .jrrärtcui• Tbpi.k' zxmajdi^t• kttl ^»renb-Iiu^r--.
suefmijv;' des. wirksamen .i rijiejtis in Ikdrachi, karnmru ^n-suei
m* wunju;, die ■•inanni^l’uehs.ieit Ausztte*- anaHcriici. mir indesere
"W;,ss«*r t mit 70 ‘‘-'o iiivm mul Spird.us. mit säntfbullicrm
Alk«?hoi, hföxR mni feiL;AuF^ v .' YVltdi*-; je iwn h . an^WiUullHfi
Lxt.f'urtimip'm.itijd ehe- otlci- e'-nnz^x Au-temtc :
de- lirsUihlfdnxi; aci c Filialen mH. Wasser oder mit. sehr Vm-ibmot.M
Fsstesatjrc <>:Ue A <'!')•:nmv H.idiiunommöli, und dies » 7 ^nr
bl.dHi >uidmtljj: erbesrbt .
AT FröftVheo ^i-i,HV.»<»i{hd'.. hnti-eu nun ,iHe ' dkr-w Lbsmiiron
eine im-, gn&iteh GatiXmT ührdwimsi itnummle W'.irkmvr; set^bor
^c'mueJ'/'pnnUt deT Il«;Icnm]»ni]iarrdc Diu; er iruO.t, <!i«.sci. iür dus von ihm
Um^Uiikö iMültm uLtf ii^t 7 *^ im itfid ijimh Verxchiedbahoit
•^TFvhmolzpimktey von J der wi hoä^B-^ dbm Alter dir »uf
Lcrsudlüni! boaurztmi ALmwurzei a!»]e:te:m ist.
*) Irößfc filifc hc ^ibnuatvJcFh“ Ihösfedhtr^tler >u rnpukihiie n I ü ulu-
ivrtutl v-a.Uu.Ut die Abmmdlmu- von Vr. Giinth-cr. limlap EuiHipaw.
Leuk&chri'jtcö det kui^tsrlkkmi AktudeMm -der Vi^ed^halten, nuitliöjna-
usv. ixsi'Cschafüiebe KluSue, Wimt iHHia kaad «Ä-
if DiXB Irujhn. wclcko? ?ich rueiit* n»tr irt- dein’ I;tiuhrtrtcn, Soudoyrt riucu
Wpßb ; iü ijßi& ^ijityaru KÄhe aiitlcr'*jr ConnpoHiton timLvk ?.b ; hRe«'Ud«irsi Jh.
dcu 'Wiimdp «Jini iCaplkm you T«raxaeum ofilciDtJe, IJbliUQtlms lubt*.*
‘«)fins u. m, ist fufl flsr ; Dtiirkv üuiiöbVckendes KnUlohydtitt Uhd ktbamf
hiüü'tuaköOctaitniseh zu locht 48 Hei.nu.ht
y - iiaihatd-id-« L«is Äi*nffitös - Kirdpifes, L uditiun, HL nd-.
m
die Hcmction urludilicU herab und lahmton dio TlijV.rh tjOsomio
ic denci ibntercu ExiruikUhUm.' '•■AlUSScrtlom beeil,(hissten sic s.-m
oe-itlicb die Alhniumr« 'ätzten sie in Frequenz wie io Fmeu«-
4mrk herab und brachte,! si-,- ^ddiex*li,:h b«d aur.roK-lim«d.dr (-.1 .r-
Wjrkhu^ na-0« r/ ut»u HtAilsturnDq Ihd Olnor grü^enm K.xhFvim V*"/-
suchon, weiebo zu den ginohen KesiiH.tkAn fOlYRn,
crgTdr mdi ^hllesnlitüv als ftivs \V (^ontliUiF t -jUi*. mit
iingcshtHXff.mn VVassm* *i«'-h wanitihr -wii-ko.in onvicom,: djid dass
Ext ravt u msr. shUdsermn Alkohol und Imiss kcrvjtöt dir nil-cnuhmVt;
KvhehcintiiiU'ort dar L;t{>irnuuivm und der AthH*hu.e'ssl.ijeu.u»;;U< •sthrhr i
io de ft VVrdncwrujiil treten Hessen ( >L anden: |h-ö{i;ir;K.*'.
ßbawüi»' wie die Extraete- der erfima» i'IhtmrA-.d'/n.vim. V\;ir-u
die AVurjinlaim^üä;e mU .dii.m- ,bv
den infonsibiit' der Fol^eiirn« , hiUf»u|iiiV?ii. je -ifidi dm Art. Uns /nr
hAavreiuinn«? oi;bcHchten Dal; axu-: dpjr
«iIliohtjIRuheiK EstearWn der Wurzel durvji Wutssin- nur. mp»d-UL^ r
eon-TUrzuu ausY«TdliF k'ptqhit — Jm : (AF^u^adz«
zu th'ui ^TtUmji Eslrankih^ wo. »litt hnr/t^oi, T - wHr'ee.rmihHßchmi ä&-
siAudthnUh rih<trjw*d|iv?)i^ —' nml tuieh in^hr t«itu6Y uttTA^DAb
Flvvkcf! tinsöf-irn. •><-«' sin kielt ohne- Solnvienok-V <ü ‘be
- Fm v irz Yehe . %rRae brihjüinrt umb mit ikq- klarthi ti»f-
Mhiü; ^jRdpehi di^-tdUrltArh WjfHafüY ^ci]b ;
bei s<ms! jscii imii Mfüiinm V«>u AVrtt.terik'np;»mmi (iicsm, Thiarcc.
icwiHLcUtet. wurde, out »im- Mii-wirkOU'r. ilibhet' llHrzfa^tnivat-beim-
• Kr.bnjt boi den ersten •UnRr^iMdtiu.mvu wac nuTm’-bfibo«!,*s-
iii de«* Siothdiitzo mit absolutem Atlcöhoi bormbAb Wm-
i ansAtio;. sc b be> » !ic!l nUS,krvst uliisi r) vii, und /W:>{ !»' OfS.s-ceeiV schon
: itmki'nKlA)}hS^i nrkeunbarmi Kr^HtallfüF 'Utitwe nrwiw t« • kibfv ;blF
t hlörkrtHhin xv-vp’ f*et ja in I J J)hK?r,jl-tu' -qnh^fn.UhptVriXroil utt^
vvi r knüt/rVt hku joduch .iipY«>rlhilrnisktiihnAik «’hit-it 1 b‘h WthälKm >,\»
' s-adriiKi, Et ' xJfvm'uHch \h»' AtÖ^h'oljknif it» IW r^vdil sv-*
zo^eu. w>H’<hm„ dass <dw Tbcii -(hm btslicr !<nniti(dten Wiamum-n «h-c
.«MnwhtPU «mmf {tnith « ; ott‘ ■Ubnr)mu|d Um; WiiivsmuktiF nuf
• dt»?s«Ai i'»ut'h-ti<dkm . der I^ki u za zitrü»4‘/4tthij^b i.
s«. i. Vm dns tmi/usicibm; .Wüf«D de,- FcbaH ajv Fithuk;«!inm in
niuer lioylinnolcit Moime des FsUncts in der üblichem W'eisr dn-
•.lirrel» ermii • ;•!! K b d:n-'o mit Si'.|lmH»it,raMösu»ur «las \ m li.uelcm l 'libo
idi ici und de, -«-iumboie SVertb als ‘..'hlorkalnntt hejm» bnet: woni>
IM hiM-bci alles ociiindeuc i’itlor von vornherein als C{ih«jk;t!imi.
iihYcMmmf 'wwrdö, wii^'-tltid^hiblb;h q.ieiit-; der Fall Mi ,Mdir lt»i«jmhK..
um- Ttviirüi- dm- (iVdiafh <i«s Exv.rn (;».hk an Ohlm'VHlium hoVhHf- ;»n-
■.'^ikliuFn; -Aß. ■ Mwh Alä m nivbl^U?'
worslfut seiji. ! tic>.- Vmirlöicbo »ton ertrabon »lass dir- Fimvjik.mm
Vot, fciitcin ChhU'kaliüm in Xi•■■ rmt.sjtrcrhi-n'hoi (.*o i4 , eufraUco
Ar.Wcmliiiio Von cinla.-dien < 'FlorktiiinmldsUno-eu,. IHTbth die breit-
a« h«t,lim 1 b-MMScifUimimn Ivcomrznnhen vrnnac. mdmn dutluf-«.»
I di- JJ»-rv.m‘thm »,rhe‘h!i»*h cm lums-.mt and die f;onieacldoushe:i!! th>
Yt-ndjt'ikeis daik Uoridtnv^tzL •wir»!, damv > e«'i .»Ii»*- iik.'itfH. Sninoio«-:»
\-i\t *\\ Aa]{i< UN; 1 lii'e'ino
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i]t-v it dktf 'AUi .v«td««/fi '»rhlifF' Ä<x A|A»^r;/vvUtÄ^j^t'victi DtÄMai^-u.. jV*«
cAdvtöiV vfVw. ; -'^' l> r W V r
tu Y ’/dt • $)*&: ;wä ^
ii %rÄkt ys*)$M: v-Jb‘
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612
DEUTSCHE MEpTOfNWHR' WOCHENSCHRIFT,
dor Mc-tili tat: «öd der AtJimumr dem Pflan;wn©xU*aotö als solchem
^uzttsuhmhun sind,Um j«Mineh noch mnvmmdstrobu* u,
ftu* die iii der I v gao«e < ! ufi;aUenmi Mengen vofl'Chh/fknllnfvi Mimt
nir de« Füll, dn-«? «Ihm grhnideue Oiiluv als Chh>rk«!ium vo, «amU u
ist, w»h!« ;tlirin f-u .-.f h die 'ümmilwlo n Ur- t hmnium-m '«i.rd i
Würde fdfm lü^t!üimt.M K\ur.vd.~ im PUnun-ul v.« ; Trv: km*
' ,h<i ' *■! *1-1 ht dl 1 Ulli U'm i) \V ’W'III .11 I ijui’l* •>' V\ f
S<»!‘U'f:ili i L: yWiVr Und ni I ;l} :i I !»d \ i r -. n u> :>tsgr<i‘\ V.'dit-i ,Uif (Im
einen S*m«v die otguomehim SuM.nitzen f.n iAirm fr wn.iir w,uvo
YWihjmiu] ria du jh r andjum-n uPlJnftfM i|&fi tn
n*‘dn*>'*'j! \\:{V>'U. Ai;.■!) bim zuiiBo xul- de.-- glfiehe [Dm*dmfa|$ die
heuhnrldeh-n Ecsciieiniinwfm mussum. aimsrr der Hm-ziaiimuny, aut
•P Lk ' "! M 1 di** *;»■ Wallung dm Pfhii.ai mri- kA-mjrl h.'/.'hi
Jim b.-iw ii. r« o , «vw.Umf, dam V.'-Kncbr in wilehcdi
.M.* ?> in VVaskm flieht l&flieliu The-ie d.«*- iwtr,;. ic ni <)■*»* in«*« (uns —
fiß. r SMu{'.»•»(. mispcftdint um! mit e.ntv/erleivt Wer be-y zu •4 , tfivlnß> > PMi
Reshl rr.-.-n iT»hrf«m; «ml dort, wo diese unlfwHehen Bestund* ii?il«
uksmktlirh mit zur YHnrendiin^ gr!»rm;ht Wurden, In-t dies Vet*-
halftiis«» auch drittln-her btfrv&r. Lv ) Ed inus.rto dejnneeh die
Anfeniw n-!w du ei« du- everihwdio Wirksamkeit de« j.mi;r«m )itWf:Unft
tiriei'e der Extfw.dm vmleim durel) Wässer goffU k werden, einer
l'sdiinu^ /{\ ««t «ziehen. T ml hiev niunh B’.eh, (dies eine, I.np.ung
iier Fftrrim m iiy- p^ißi^ y$t*;
mir mir dom von vornhin mu m erwartender Dnterseiduflfy »ias*
d,.n? Her/ mm nieiu- rrrhr te.undussf- wurde
Damit, war m, irdhwmnliy umv.mrfir«, mn \ Ar irngsmUT,-.! 7,11
''■'■tu-, }-hw ; '>lu''U<)> n b.fV.cM n.«g die. «,
r^t’m ! niixnueiirm n vmmmm 1 hmr f*n! idi.^'i i^'-r \n>2ii" »Onhd
'Be^rndtühile in»r - AHftd uo'd zu4td&
iif iiie dvni «ht^ ' ddurlt'diüui liurvHdUUiL^im.ms^ % st3»rje verüehm,
i-m lhv»\ ein sofvlic^ liiUnuuf sudthd zu ifafam.
'^ ! je.-n <if |, Ih-üh i'uiI Ui'-eii uiilrv,i».'lje.e ! |;->r/.“ 'WuU !iVniie
.IM'e •l-'l,.,' i,.)i. lla UhUfmu L* W.u-u,, „ h-o J
h i erdl-'ui-iduj mit g-dhUnmn-.u: . l/uV n. d«su r>«*v^. „ j:..ra\-
mii. dir Kmiii Lrividtefi wimier üdsiUtimidnu, ueriiu-tu‘-i‘>'au
-diiul ohne Bedeut«n.a; m■ (hwU’Sm
umdtm dir ; we,d:mri) \ mvuehe ViWimmtmmi und zwar J§®&
JOhtii/mmrtixttiete zur VnrwcuduuAt wmn,«. nH e)r dem Aleieziillnen
;hw atJu=os« lu u mii med ( , u d<m. AijcoJml hie zur jds.-hmdumr
herem^enf wüiVU. 1
-Bol ^ ziVou ÄiomOeh usdeiiihtui- lA-.u-. iu-n. r|e>- B\hö iiu :
j™, dw nrnlerv de. giririm >T,Hem liZ
^ ! ' l r^‘ hi, - n ^f ,1 nv V,U ' . , ‘ n, . s!,, ' vi:rri!ii ' i ' ^^diönnh'atiüu erhieli,
d» Lun',«h«me .im ,in< U« r/. d.p .Udgi-ieie:
anAVanrihlütorii Zoigti?« Wich in iTeberoirm'Ummuürr
mit dem., V%s !>l#Vv dher die. Wi>lw=A.mkoit des J?dfwizefihxtranb
ermittelt wuedeti waia- Weis»?© Hitu^e wurden tiüg«tiM)r
haoJi der Injuntinn «oinnuHtit; howngten sich, ftCitzdem sie Vorher-
sidir h dd ui ft gewesen warnt huid nivfif im hv vnn derStpIh, Dmm
daiiu lläfih auf dem Leibe mit srhlaffen Hmte^ü^sfein-- cuhVknflon
zum Thell nmd? einigen Siimdtm Wem m \ ff. 1 ! SJj Ajdar-
snliwoüieben zidgfeu rwiimntiioit die JiUitnende Wirkuri-de^ Bvtraetes
und diimtu gm«z besomleru iineh seinen Eiuilims au) die Athinum* dj
Kanim-ium «ingogmi vmdmlten -sieh duv {hmgue .cmgfmhher reibu.-Uir
‘■ f db'‘ bei grtisriMru \ir»jjjmi /.»igdmi sie m.rh suh-ufnnor [niH.-iion
udr rinn, allerdings ziem lieh domtidU', sedativ^* Wirkung. \\ h
das ^ riii - ujeiU sfdtenws Vijrhomiunlds, dn?s Püaw.zeiuv4see \ m \
.spenilt .K-gufmdhrn, ndhst g^dh .sta rko trifte - imjjntm. sbrdd ,P m
daher die Baeinffd.i-utigudg dm- Arhniung\ das biu-v.r,sumhumlgte am!
dir eine nrzn.dijelu' A»w*'ndung )ied«mjt.hiärneü) Symp^ün... zahlen.
Mi'usiuüim huu^umi Mnersebweineium zur Ami-woudmie'
kmunHm lfi ). Alle digso Vorsüi-im iiiurfo-n y. 0 oiiler .-wjiUouÄ.iiidj 'Vt.ijl'
thümMwfv Gej'ürb (h.fij di«'Pdmue ihren V0il-sth5im}if.hii.n .NT.uumu
wrdKUkt, war höi det thinh^agigkwt der verhmHitwva« (ml
#FajmvdK^ -#=» «x»«iMC'u4^»ic>A Oei :
ll ,i Km srliwumw, kiuines Ahaiirehweiaahen erhidt tv e|ii) Exfr./id
BüFaxlnsnrgr. rnbcutitti ■mi vwrad3iiö£feimit &£uitfnr tuiroirt/'
BUnvlAirj Mhi. *
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Iwn^^UÄKun ji(iforfajü d UivX 7 "*^ fe-"*?* 1 atatf*.'
mit weif mwedelnder gm?iifmfefon Hmfwjiatin^.
‘4im hlute^ontilifdi deb : Luihor auf «lem Ttsoh tiunio^ouiK
dir- v>e »1 w/Ö^tr dHt.m^e .11 HuLsteUoHti. Worden <l|ö tlmh-iv
dir— r;J;oid! urrm icgmmmnian. so zieht e>i *k« wjr>l. ; r
Wo; UeuM tiugsmnon ZururkiodiMien hielhen :di; t'ugutü:
W'-r;i ;m gnmzl. -ml* leri/idj.-vogiT!, s«. thm ihis n«f.
no! «ir.il Vbidurlieimyi, der HhUeBeih «hi? die hin Urea
hAii-miujiUjm j-nnn «ruhUunt.
Auvfe dir A' oirforhoine blidbeo* v/mtH 'giy nuseiüntuicflrftnrminmn
wei’duh, ^n^uiuy.t Hefcvn. Das T)ik«r,WeBdiU \ieh gfiriz
ruhig ..Ihr Atlommg i« verlangsam), 4s 'in «jer Mimiit.
Alme mm 40 m der
^wntung :jß \n dor Aliimif Auf die Reit«' gelugt h!<ykt dns-
r l 'i'hi«;e i, t; dliwrr .linge: mi-n lu ; ;‘ Hu h ;mi «em i.«i»«
1 1 o>4tli('hv ByÄpuuu s .AÜimudg : i;|§Wvp j ö 4Ai Minniw ^
• h ' 'hy. Athmuiig ,-51*00
voffjtiflhfUg; «)n nur dhjY.h idnzalite sohmippoiid»# H«is;,r
iyl umi\ uiir 5 ffhim»dum m wwr«lrh. Ido AOnmingsfuiy^ü
, yvt'r.ieu \ i 1 -. «u>.*(>. .1 ,«,!■„♦*, ijthg.'t,
U fdy AüiHMiHg .sfrhy aoif lüef MdmO-n gmz. i he Brusfliidde
iK < ' v «(! e««i;nuO d*.- Ni« / .m> lay, ff)--70. io Ui’ Alnruv-
d Pei Uligq«- BriHidlihultjkjr und hOhUessJielmD D.'iiipiuug der
u n,|, l f1 * : - *- «’j.Ii )♦ dt '< W udv VcUMifh Jim o,i . - » t
si'hHu m nD>ß wnr.k' -'viiUOhK uiner Tov he.\h*md!«\ und gonignoim Adufil«'
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Die Brusthdlftu iyjrd erOffout.
: Seliiagb in der MifUito-
26. Juli.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
613
ständigen Lähmung der Athmung, und auch hier liess sich erkennen,
dass der Extract wohl die Athmung, nicht aber das Herz be¬
einträchtigt. Das Herz pulsirte oft noch eine halbe Stunde nach
völligem Stillstände der Athmung und späterer Eröffnung der
Brusthöhle fort.
Nichtsdestoweniger war es nöthig, in direkten Blutdruck¬
messungen das Verhalten des Herzens bei Einverleibung der Sub¬
stanz festzustellen. Da Kaninchen nicht in Betracht kommen
konnten, mussten hier Hunde in Verwendung gezogen werden. In
der That zeigten denn auch die Kymographion-Curven, dass der
Blutdruck nur wenig herabgesetzt wird und dass das Herz auch
bei völligem Slillstande der Athmung in normaler Weise weiter¬
geht, wenn künstliche Respiration eingeleitet wird. Bei nicht
tödtlichen Dosen liessen sich die Thiere durch künstliche Respiration
über die Zeit der Giftwirkung hinwegbringen und am Leben er¬
halten. Gerade diese Kymographionversuche ,6 ) zeigen deutlich die
isolirte Wirkung der Substanz auf die Athmung.
Wir hätten also nach alledem hier eine Arzneipflanze vor uns,
deren Extract bei Thieren verschiedenster Gattung Lähmung der
Athmung und des Locomotionsapparates erzeugt. Diese Lähmung
betrifft in besonderem Maasse, wie das bei vielen Substanzen der
Fall ist, welche die Leitungsfähigkeit für motorische Impulse herab¬
setzen, zunächst die hinteren Extremitäten. Dabei wäre nun nichts
eigentlich bemerkenswerthes gewesen, wenn nicht vereinzelte Ver¬
suche bei Fröschen nicht nur ein Ausbleiben der Lähmung an den
vorderen Extremitäten, sondern vielmehr eine direkte Spannung an
diesen hätten bemerken lassen. Es war also an solchen Thieren,
wenn auch öfters nur in massigem Grade, gleichzeitig sowohl
Krampf in den vorderen als Lähmung in den hinteren Extremitäten
vorhanden. Das konnte nun von zwei verschiedenen, im Extract
wirksamen Körpern herrühren; es war aber auch nicht gerade aus¬
geschlossen, dass nur eine einzige Substanz beide Erscheinungen
veranlasste, und es war nun zu ermitteln, ob hier nur ein einziger
Körper in verschiedenen Stadien seiner Wirksamkeit zur Geltung
kam, oder ob zwei sich gegenüberstehende Substanzen einwirkten.
Es stellte sich heraus, dass zwei verschiedene Dinge Vorlagen.
Bei den hierauf gerichteten Untersuchungen gelang es nämlich,
den Extract so zu trennen, dass derjenige Theil, von welchem
die erregende Wirkung ausging, isolirt wurde. Behandelt man
den Extract mit 90%igem Alkohol, so löst sich hierin nur
ein Theil, und zwar der grössere, in einem constanten Ver¬
hältnis 17 ) zur Gesammtmenge mit grünlicher Farbe auf, ein
anderer, kleinerer Theil bleibt ungelöst. Dieser kleinere Theil
fällt als ein gelbliches, lockeres Pulver aus dem zähen, schmierigen
Extract aus und bleibt am Boden liegen; wird das Pulver vom
Alkohol befreit, so lässt es sich gänzlich in 6o/oiger Boraxlösung
lösen und wirkt, Fröschen injicirt, direkt erregend auf das
Krampfcentrum in der Medulla oblongata: denn trennt man
nach Eintritt der oft erst nach l l / 2 —2 Stunden erscheinenden
Wirkung das verlängerte Mark ab, so schwinden die Krampf¬
erscheinungen sofort mit der Durchtrennung. 18 ) Der in Spiritus
von 90 o/ 0 lösliche Körper dagegen zeigt genau die gleichen
lähmenden Wirkungen, wie die Boraxlösungen des Gesammtextractes.
Es ist demnach wahrscheinlich, dass hiermit die Trennung der beiden
entgegengesetzt wirkenden Substanzen erreicht ist; da aber auch
der unlösliche Körper neben seiner erregenden Wirkung gleich¬
zeitig lähmende Eigenschaften hat, so ist es immer noch nicht
ganz ausgeschlossen, dass trotz alledem nur ein einziger wirksamer
Körper im Spiele ist. Die Geringfügigkeit des zur Verfügung
t6 ) Da Hunde infolge ihres Körpergewichtes relativ grosser Dosen
bedürfen, um eine ausreichende Wirkung aufzuweisen, so wurde hier, bei
der Nothwendigkeit mit dem geringen Material haushälterisch umzugehen,
intravenöse Einverleibung zur Anwendung gebracht. Der Blutdruck wurde
in der Arteria cruralis gemessen. Während bei subcutaner Application
der Eintritt der vollen Wirkung 40—50 Minuten in Anspruch nahm, kam
es bei intravenöser Injection viel früher zur Lähmung; bei Fröschen, nach
Injection in die mittlere Bauchvene, oft schon nach ein bis zwei Minuten.
17 ) Dies Verhältnis ist genau 1:2; löst man 0,28 g Extract in 20,0 g
90 %igem Alkohol, filtrirt man nach 24 Stunden ab und dampft nun in
einem gewogenen Becherglüschen allmählich die entstandene alkoholische
Tinctur wieder ganz zur Trockne ein, so erhält man das Gewicht des
gelöst gewesenen Theiles, in diesem Falle 0,186 g. Eine Quantität von
0,28 Gesammtoxtract scheidet sich demnach bei diesem Verfahren in zw'ei
Tlieile von 0,186 und 0,094 g, also in *k und a /3 der ursprünglichen Menge.
18 ) Wird der in 90 %igem Alkohol unlösliche Theil von 0,15 g
Extract gereinigt und in wenig Borax gelöst, einem Frosch injicirt, so
beginnt nach ungefähr 30 Minuten die erste Wirkung, nach 40—50 Minuten
sind alle spontanen Bewegungen aufgehoben, der Bauch ist prall aufge¬
blasen und gespannt; dabei sind die hinteren Extremitäten schlaff und
gelähmt, die Vorderbeine nach innen unter den Leib geschlagen, ähnlich
wie bei der Picrotoxinvergiftung, die Muskulatur der Vorderbeine gespannt.
Wird dem Thier das verlängerte Mark abgetrennt, so geht eine sofortige
Abschwellung des Bauches und Aufhebung der Spannung in den Vorder¬
beinen vor sich.
stehenden Materials liess diese Frage nicht weiter verfolgen, die
jedoch als ein noch zu lösendes Problem durchaus wird im Auge
behalten werden müssen.
Jedenfalls kommt es auch hier wieder einmal zu der in der
Toxikologie so häufigen Erscheinung, dass von zwei gleichzeitig
einwirkenden Substanzen, von welchen die eine erregenden, die
andere lähmenden Einfluss hat, ceteris paribus die lähmende in
der Gesammtwirkung die Oberhand gewinnt, wie das beispiels¬
weise in dem Antagonismus von Strychnin und Chloralhydrat
zum Ausdruck kommt. Diese Wahl Wirkung der Arzneistoffe
auf die Nervencentren würde hier so zu denken sein, dass
diejenigen Centren, welche der motorischen Function der
hinteren Körperhälfte vorstehen, um so viel mehr in ihrer
Leitungsfähigkeit durch den lähmenden Körper herabgesetzt
werden wie die der vorderen Körperhälfte entsprechenden motori¬
schen Centren, dass die von dem gleichzeitig erregten Krampf¬
centrum in der Medulla oblongata ausgehenden Impulse zwar die
nach obenhin gelegenen Centren noch zu passiren vermögen, die
hinteren, von der lähmenden Substanz besonders befallenen da¬
gegen nicht mehr, und dass sich so in absteigender Folge die
Lähmung nach hinten hin immer mehr und mehr bemerkbar macht.
Dass die Lähmungserscheinungen lediglich centrale sind, wurde be¬
sonders festgestellt; ,9 ) die Nervenstämme und der motorische
Apparat waren nicht betroffen. —
Ich musste mich hier darauf beschränken, lediglich über die
pharmakodynamische Prüfung der in Rede stehenden Drogue zu
berichten. War eine vollständige Prüfung derart bei der Gering¬
fügigkeit des vorhandenen Materials auch nur mit Schwierigkeiten
zu erreichen, so ist diese jedoch soweit durchgeführt, dass die
weitere Erprobung der Arzneiwirkung nunmehr am Menschen wird
vorgenommen werden können. Sobald ein ausreichender Vorrath
der Pflanze zur weiteren Herstellung des Präparats vorhanden ist,
wird es sich dann in erster Linie darum handeln, die Einwirkung
des Pflanzenextracts bei Zuständen gesteigerter Erregbarkeit des
Athmungsapparats zu studiren, und in erster Linie dürfte hier das
Asthma nervosum in Frage kommen, vielleicht auch der Keuch¬
husten und ähnliche Affectionen.
Natürlich ist auch der Versuch nicht unterlassen worden, die
wirksamen Substanzen aus dem Extract in chemisch reiner Form,
krystallisirt, darzustellen. Aber auch von der weiteren Verfol¬
gung dieses Bestrebens musste, obwohl bereits im Kleinen krystal-
lisirte Körper aufgefunden wurden, aus Mangel an genügendem
Material vor der Hand Abstand genommen werden. Wie dem aber
auch sei, ob es in Zukunft gelingen sollte, einen einheitlichen
Körper zu gewinnen oder nicht; jedenfalls besitzen wir hier eine
Pflanze von nachgewiesenem pharmakodynamischem Werthe, eine
Arzneipflanze, deren thatsächliche Einwirkung auf menschliche
Krankheitszustände allerdings noch zu erproben sein wird. Wenn
aber, wie es hier zu erwarten ist, diese Einwirkung im Einklang
mit dem steht, was die bisherigen Versuche in pharmakologischer
Hinsicht bereits ergeben haben, so würden wir in Zukunft, auch
für den Fall, dass es nicht gelingt, krystallisirte Körper von be¬
stimmter chemischer Constitution als das wirksame Prinzip zu er¬
kennen und darzustellen, vielleicht in dem blossen Extract der
Pflanze schon eine nicht unwichtige Bereicherung des Arznei¬
schatzes erhalten, und es würde dann, trotz des vorläufigen Mangels
einer Erkenntniss, die bis zu den chemischen Elementen hinabreicht,
die Inula graveolens in ihrer praktischen Anwendung der exacten
Erforschung ihres wirksamen Prinzips im gleichen Maasse vorauseilen
wie der Strophanthus, das Secale cornutum und die Digitalis.
IV. Beiträge zur Lehre von der traumatischen
Leukämie.
Von Wilhelm Ebstein in Göttingen.
(Schluss aus No. 29.)
Auf die Besprechung der nach traumatischen Schädigungen
der Knochen auftretenden Leukämieen werde ich bei Besprechung
des nachstehenden Falles von Leukämie, welcher wegen Entschei¬
dung einer Unfallangelegenheit mir zum Obergutachten Vorgelegen
hat, zurückkommen. Leider habe ich den Patienten nicht selbst
gesehen, sondern als Unterlage für seine Beurtheilung musste das
von den behandelnden Aerzten gelieferte Aktenmaterial dienen.
* 9 ) Diese Prüfung wurde in der Weise angestollt, dass Fröschen zu¬
nächst die Arteria iliaca communis der einen Seite unterbunden wurde
und danach die Injection stattfand. Trotzdem zu der abgebundenen
Extremität durch den Verschluss der Blutzufuhr von der Substanz nichts
gelangen konnte, zeigten sich stets die Hinterbeine auf beiden Seiten
gleichermaassen gelähmt. Auch bei der directen Prüfung der electrischen
Erregbarkeit des lschiadicus bedurfte es regelmässig des annähernd gleichen
Rollenabstandes des Inductionsapparates, um das Minimum von Contracnon
auf beiden Seiten auszulösen.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
614
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Fall 2. 36j{ihriger, früher gesundor Mann. Fussver-
letzung (Distorsion oder Contusion?) infolge oinos Sturzes
von einem Baugerüst. Einige Wochen später zunächst rück-
gängig werdende LeistendrUsenschwellung. Nach circa 4'/a
Monaten wird eine hochgradige Leukämie constatirt, welche
acut verlaufend unter den Symptomen der hämorrhagischen
Diathese und schweren nervösen Störungen nach weiteren
1 /a Monaten (ungefähr sechs Monate nach der Verletzung)
tödtlich endete.
Gutachten, erstattet am 13. Mai 1894 an die Baugewerks-
berufsgenossonschaft in . . .
Infolge^ der Aufforderung der . . /schon Baugewerksberufsgenossen¬
schaft vom 30. v. M., Journ.-No. 6119, auf Grund des mir überwiesenen
Aktonmaterials ein Gutachten darüber abzugeben, ob die Leukämie, an
welcher der Zimmergeselle G. C. in B. am 1. April d. J. gestorben ist,
mit einem Unfälle, welchen er am 29. September v. J. erlitten hat.
in ursächlichem Zusammenhang stehe, theile ich im Nachstellenden
meine Ansicht mit.
Zunächst erscheint es mir nothwendig, soweit dies nach Lage der
Akten möglich ist, die Entwickelung der Krankheit des p. C. kurz zu
schildern.
. ono Di J Verletzung, welche der p. C., 36 Jahre alt, am 29. September
18J3 erlitten hat, als er aus einer Höhe von 2,75 m infolge des Durch¬
brechens eines Baugerüstbrettes zur Erde stürzte, bestand nach dem Ur-
theil des Vertrauensarztes der Berufsgonossenschaft in einer Distorsion
des linken Fussgelenkos. Diese Verletzung schien zuerst einen
günstigen Verlauf zu nehmen. Wie der Arzt, in dessen Behandlung der
ratient eingetreten war. berichtet, konnte dieser nach 14 Tagen bereits
das Bett verlassen. Zwar entstand bald nachher eine mit heftigen
Schmerzen verbundene Anschwellung der LymphdrUsen in beiden
Leistengegenden bis zu Klein-Wallnussgrösse, indessen ging diese An¬
schwellung unter geeigneter Behandlung zurück, und etwa fünf Wochen
nach der Verletzung (2. November 1893) wurde bei der Untersuchung
eine geringe Schwellung des rechten, also des bei der ersten Untersuchung
nicht als verletzt angegebenen Fussgelenkes gefunden. Patient klagte
noch über Schmerzen in beiden Fusssohlon und Fussgelenken, die Be¬
legungen waren sehr schmerzhaft, jedoch waren weder an der Haut, noch
an den Sehnen und Knochen Verletzungen nachweisbar. Es wurde von
dein Arzt emo Contusion boider Filsse angenommen. Später wurde der
tn r - dor Bcbandbm £ d e s Vertrauensarztes der Berufsgcnossen-
bchalt überwiesen, nach dessen Schilderung vom 12. Februar 1894 nicht
nur keine weitere Besserung, sondern eine wesentliche Verschlimmerung
des, linken Fusses stattgehabt zu haben scheint, denn der betreffende Arzt
beschreibt das linke Fussgelenk als geschwollen, besonders stark um den
äusseren Knöchel und das Fersenbein, von wo sich die Schwellung auf
den Fussrücken und 2 cm an der Achillessehne hinauf erstreckte. Zwischen
nnä B «« b fT un r T SSe r 111 K . ndcbel wurde eino starke Vorwölbung bemerkt,
™m J f n ! nbenb ^rucken waren die Venen stärker geschlängelt als
echts. Der linke Lnter- und Oberschenkel wurden massig atrophisch
gefunden. (Inactiyitiltsatrophie.) Patient klagte über Unsicherheit im
linken Beine er knickte leicht mit dem linken Fuss imi und äufser e
iA h Sn U1 Fu r ssIelmkpn SOh l lG ‘ N . 1 . chtsde f tow orii-er wird dio Beweglichkeit
p / ussgelenken als activ und passiv normal geschildert Aus
oMAr 7 (T 1 W RQA hten ,i de - S Vertrauensarztes der Berufsgenossenschaft vom
2 März 1894 und einem dasselbe erläuternden und ergänzenden Gut-
19 hVbr°unf en i ^ ZtGS p°u A, April d ’ J ‘ ^giebt ^ S er am
f S der P\ c - bei 1,1 m wieder zur Untersuchung erschien
und ei klarte, dass er sich zur Arbeit zu schwach fühle, gelegentlich der
r^ r ^ 9P1SChei ii U ^ 0rSUChui ^ (,es Blutes eine starke Vemehrun»
der heissen Blutkörperchen, eine Anschwellung der Lvmnh°
drüsen m der Schenkelbeuge, Achselhöhle und m Ä;
Anschwellung der Lymphdrüsen uJT eino ucblln g des Blutes, die
gradige Vergrösserun^ der Mik ™ V ^ lcrd,n e? nicht gerade hoch-
tielen°diesem Ar^te emzelne SLE V a .\ LRukä ™ e leide, Ausserdem
IFr“* j ”
7 G ogen r s n ei. Und Rückenmark bei der KrSeit in MitÄnschafl ge-
zweitra‘ Arzte? weltho^iC“am^pNoven^or'1893 ‘g Bebandlu “g d <*
hatte. Derselbe schildert den Zustand Z/Z r 1 ’ ° d beg utachte t
naten nicht gesehen batte, twa fö ^„demaaLn'• D?e H T Mo '
wachsarlige Blässe mit einem Stieb Se nifn i ' , 10 Haut zej gt eine
Kräfteverfall, so dass dor p C das Bott^ie i'f 16 ’ , es bes ? obt hochgradiger
Lymphdrüsen sind am g.änzin KoS.pL t, .Ä kann. Die
- —- No.
die Milz ist massig vergrössert; es bestehen massige Blutungen .
dem Zahnfleisch und unter der Haut. Ausserdem besteht Schw
höngkeit. Das Blut sieht nicht roth, sondern hellröthlich-gelb aus Mit
skopisch zoigte sich eine Abnahme dor rothen und eine koio^
Zunahme der weissen Blutkörperchen. Daneben bestehende
liehe Zeichen einer Rtickenmarkserkrankung, nämlich stellenwei
Unempfindlichkeit der Haut, starke Erhöhung der Haut- .
bebnenreflexe, grosse Schwächo sämmtlicher Glieder ..
störte hunction der Harnblase. In diesem Gutachten betont't
betreffende Arzt besonders, dass der p. C. vor dem Unfall ganz iresu
war und dass er sich selbst von dem gesunden Aussehen des p C sm
wenige Stunden nach dem Unfall überzeugen konnte. Am 1. AnriU8
ist der p. C. seinem Leiden erlegen. 1 L
Aus den vorstehenden Mittheilungen lässt sich soviel folgern di
bei einem 36jährigen, vorher gesunden Manne, und zwar reichlu-ii i
Monat nach einer Fussvorletzung, die Symptome einer Lenkäm
constatirt worden sind, zu denen sich bereits etwa einen Monat sniit
Zeichen der sogenannten hämorrhagischen Diathese (Zali
fleisch- und Hautblutungen) und Symptome, welche für eine Betlieil
gung des Centralnervensystems sprachen, hinzugescllt hatten. D
drei begutachtenden Aorzte haben die Frage, ob die Leukämie, an welch.
dor ,P' C- bereits am 1. April 1894 gestorben ist, mit der am 29 Sv
tember 1893 stattgehabten Verletzung in einem ursächlichen Zusaiiimei
bang stehe, verschieden beantwortet. Während sie zwei der begutachtend,
Aerzto bejahen, verneint sie derVertrauensarzt der Berufsgenossensch.il
Die von ihm herangezogenon Gründe erscheinen mir nicht stichhalti.
^V°W“ uuz ' ltrcf! ' e ' ld ’ dass dem vorliegenden Falle d !
Zeit für die Entwickelung des leukämischen Processes eme zu kurzo c,
wesen sei Ich habe mich mit der Frage über die acute Form der Lei
tonöre/ 1889 • g n ln ? 7““° Erfahrungen und Beobachtungen in ein,
s K ’ o 18 . 89 lm . .Deutschen Archiv für klinische Modiem Band P
pAtüM??,/- el ? chle “°“ on -V be,t: Uober die aa “to Leukämie „„
i/ n' / i V i’ nie dergelegt, woraus sich orgiebt. dass die Kürz
7hl g durchaus kein Grund ist, um die Abhängigkei
e tt I ; , U r C ’v W fi hCr der .l'-, C - c, Iag, von der am 29. September 189
t ; , f Ä v erletzung zU leugnen. Es giebt Fälle von acuter Leu
kauiie, welche noch weit schneller verlaufen. Für eine Abhängigkeit de
Leukämie von dem erlittenen Unfall spricht übordies, dass der p. C. vo
dem Unfall ein gesunder und gesund aussehender Mann gewosen ist. he
töLlF' , crst nacb dcm Unfall die schweren Krnnkheitssymptonic enl
I I , h i 'Vwa“ J 'ode führten. Unter diesen Symptomen nimmt
die hämorrhagische Diathese, wie es scheint, gerade bei der acuten Lea
kamie eine wichtige Stelle ein, und es fehlt betreffs der nervösen Sym-
W a C I ? deF P ' Y» dai * bot ’ iß der Geschichte der acuten Leukäuiit
vi o-f n 1 • a ° gie( S\, Dii n X ertrau ensarzt der Berufsgenossenschaft be¬
zweifelt m dom Falle C. die Abhängigkeit der Leukämie von dem Un-
alle lernor aus dem Grunde, weil dabei weder die Milz noch der Knochen
cürekt geschädigt worden seien. Dass Traumen der Entwickelung der
Leu^ume N orschub leisten können, möchte ich auf Grund der darüber
mitgetheilten Beobachtungen nicht bezweifeln, wenngleich die Art und
Weise, m welcher dies geschieht, noch unklar ist. Thatsüchlieh nehmen
sehr viele namhafte Beobachter einen solchen Zusammenhang an. und
nie ss sagt in seinem zusammenfassenden Artikel über Leukämie in
Eulenburg s Realoncyclopädie der gesammten Heilkunde 2. Auf!., XII. Bd..
ii / \ ■ L ' ei P zl l3 Ioö 7, dass Traumen eine nicht zu leugnende ätiologische
e eutuüg bei der Leukämie haben. Dass nun eine Läsion dor Knochen
v. eine ‘^h^gung des Knochenmarkes hei dem dem p. C. widerfahrenen
rauma stattgofunden haben und dass auch bei der mit dem Sturz auf
f-^- U f Se v ® rbllIlde P ei1 allgemeinen Körperorscliütterung die Milz ge-
Üil^is'T^L 86111 kann, wird, wenn es sich freilich auch nicht be¬
weisen lasst, doch noch viel weniger in Abrede gestellt werden können,
n essen brauchen das nicht die einzigen ätiologischen Bindeglieder zu
ein o^ G r?^* e i ZW1Scko11 ■ Praumen und Leukämie bestehen. Ich selbst habe
am ^8. Oetober 1893 einen an chronisch verlaufender Leukämie leidenden
ocomotivführer auf Veranlassung des Kgl. Eisenbahnbetriebsamtes in
Eassei begutachtet, welcher seine Krankheit auf die durch einen Eisen-
bahnzusammenstoss erfolgte Schädigung bezw. Erschütterung des Körpers
und aul den Schrecken zurückführt, und habe ich mich in diesem Falle
üahin entschieden, dass die Angaben des betreffenden Loeomotivführers
so , Wahrscheinlichkeit für sich haben, dass seinem Anträge Folge zu
geben sei. Soweit mir bekannt geworden ist, ist dieser meiner Auffassung
von aem Kgl. Eisenbahnbetriebsamt in Kassel Folge gegeben worden.
Nun liegen bei dem p. C. dio Verhältnis* ' ' - ” -. :1 ^
p“ p. u. aio Verhältnisse insofern weit klarer, weil hier
oei aem acuten Verlauf der Krankheit sich die Verhältnisse in ihrer
^ lonoiogie ungleich besser übersehen lassen und weil überdies dor p. C.
JinSH C -f nd Beobachtung war, so dass anderweitige, die Ge¬
sundheit schädigende Einflüsse hätten erkannt werden können und zur
Ä e \ fviV na , bereits bestehendo Krankheiten von dem betreffenden
Arzte hätten erkannt werden müssen.
o weit sich nach dem heutigen Stande der Wissenschaft die Frage
Jim! 7° r j l a ^ st ’ muss ein causaler Zusammenhang zwischen der Ent-
eiung der Leukämie und der Verletzung des p. C. als ein zum min¬
desten möglicher angenommen werden.
Es ist in dem vorstehenden, den Zimmermann C. betreffenden
Krankheitsfälle der causale Zusammenhang zwischen dem ihm zu-
gestossenen Trauma und der kurze Zeit nachher sich entwickelnden
■Leukämie, welcher er erlag, unserem Verständnis weit näher ge¬
rückt als bei dem Krankheitsfälle 1 (Korber); denn je schneller die
einzelnen Ereignisse auf einander folgen, um so mehr wird man bei
solcher Sachlage zu der Regel geneigt sein, dieselben als die
Wieder einer Kette anzusehen, und versuchen, sie auf die gleiche
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
26. Juli.
Ursache zurückzuftihren. Bei dem Zimmermann C. spielten sich
die Vorgänge von der Verletzung bis zum Tode verhältnissmässig
rasch ab. Vor derselben war er ein gesunder Mann. Am 29. Sep¬
tember 1893 erlitt der p. C. gelegentlich eines Sturzes aus massiger
Höhe nach der Ansicht des einen Arztes eine Distorsion eines Fuss-
gelenkes, nach der Ansicht des anderen Arztes eine Contusion
beider Fussgeleuke. Beide Aerzte aber erachteten die Verletzung
als eine leichte. Vergleicht man aber ihren in dem von mir er¬
statteten vorstehenden Gutachten geschilderten Verlauf, so halte
ich es doch für äusserst wahrscheinlich, dass die Sache von vorn¬
herein nicht so einfach war. 47a Monate nach der Verletzung war
der früher kräftige Mann einem unheilbaren Siechtlmm verfallen,
es wurde die leukämische Blutveränderung und eine ausgebreitete
Schwellung der Lymphdriisen bei der Untersuchung festgestellt.
Es ist als sicher anzunehmon, dass schon eine gewisse Zeit vorher
der leukämische Process begonnen hatte. Jedenfalls ist der Kranke
nach weiteren 1 ‘/s Monaten, also 6 Monate nach dor Verletzung,
der Leukämie erlegen. Freilich ist auch in diesem Falle, wie bei
dem vorhin geschilderten Krankheitsfalle Körber, die Blutbeschaffen¬
heit weder vor noch direkt nach der Verletzung untersucht
worden, und man kann also auch nicht mit absoluter Sicherheit
behaupten, dass das Blut schon vor der Verletzung nicht krankhaft
verändert war. Indessen ist das nach der Lage der Verhältnisse
nicht gerade als wahrscheinlich anzunehmen. Es dürfte sich also
in dem den Zimmermann C. betreffenden Krankheitsfälle demnach
nicht wie bei dem ersten Falle (Lokomotivführer Körber) um eine
chronische, sondern um eine acute Leukämie handeln, welche ich 1 )
auf Grund meiner eigenen und 16 in der Litteratur auffindbaren 2 )
fremden Beobachtungen genauer charakterisirt habe. Die Casuistik
der acuten Leukämie hat sich inzwischen verhältnissmässig rasch
vermehrt. Es waren, wie anscheinend regelmässig, auch in diesem
Falle von acuter Leukämie Zeichen der sogenannten hämorrhagischen
Diathese (Zahnfleischblutungen und Hautblutungen) vorhanden.
Ausserdem w r aren bei dem p. C. Symptome vorhanden, welche nach
ärztlichem Gutachten als abhängig von einer Erkrankung des
Centralnervensystems bezeichnet werden — nämlich Gedüchtniss-
schwäche, stellenweise Unempfindlichkeit der Haut, starke Erhöhung
der Haut- und Sehnenreflexe, grosse Schwäche sämintlicher Glieder,
gestörte Function der Harnblase. Auf eine genauo Analyse dieser
Symptome möchte ich einfach aus dem Grunde, weil ich den
Kranken nicht selbst beobachtet habe und ihre Schilderung nicht
so ausführlich ist, um sich über die Sachlage ein abschliessendes
Urtheil zu bilden, hier nicht näher eingehen. Indessen soviel
möchte ich doch bemerken, dass ein centraler Ursprung aller hier
in Frage kommenden nervösen Störungen mit Sicherheit nicht or-
wiesen ist. Es kommen nämlich bei der Leukämie nicht nur
Schwäche, sondern ausgesprochene Lähmungen der Glieder infolge
von Störungen peripherischer Nerven vor; so beobachtete Eisen¬
lohr 3 ) bei einem Falle von Leukämie multiple Hininervenlähmungen,
welche durch Hämorrhagieeu in die Nervenscheiden und in die
Nervensubstanz, durch Infiltration derselben mit lymplioidon Zellen
und durch Degeneration der Nervenfasern bedingt waren. Bei
einem von mir beschriebenen Falle von acuter Leukämie 4 ) war eine
durch fettige Entartung der betreffenden Muskeln und Nerven be¬
dingte Lähmung des Musculus orbicularis oculi und des Nervus
frontalis vorhanden. Für die Störungen des Gehörs, welche bei
dem Patienten C. im Verlaufe der Leukämie auftraten, finden sich
in der Litteratur dieser Krankheit 5 ) Analogieen, lind es liegen
darüber auch einige pathologisch-anatomische Beobachtungen vor.
Es ist recht bedauerlich, dass die Leichenöffnung in dem Falle
des p. C. nicht gemacht worden ist. Die Section sollte in solchem
Falle, wo der Verlauf der Krankheit so manches Auffällige hatte
und bei dem Meinungsverschiedenheiten über dieselbe zwischen don
zu Ratlie gezogenen Aorzten bestehen, niemals unterlassen und
müsste von Aerzten ausgeführt werden, denen ein ausreichendes
pathologisch-anatomisches Können und Wissen zugebote steht.
Vielleicht wäre auf diese Weise auch die Beantwortung dor Frage,
von wo die Leukämie bei dem Patienten C. ihren Ausgangspunkt
genommen hat, erleichtert worden. Soweit ich die Sache übersehe,
erscheint es mir am wahrscheinlichsten, dass bei dem Sturze, den
615
der Zimmermann C. erlitten hat, nicht nur eine Schädigung der
betreffenden Weichthe-ile, sondern auch der Knochen stattgefunden
hat und dass gerade dadurch der Entwickelung der Leukämie Vor¬
schub geleistet worden ist. Dass zwischen Schädigungen der
Knochen und der Leukämie causale Beziehungen ein treten können,
dürfto heute nicht zu bezweifeln sein. Es kann hier nicht meine
Aufgabe sein, die Litteratur über diese Frage vollständig zusammen¬
zustellen und erschöpfend zu behandeln. Ich erwähne hier nur
zwei Beobachtungen, weil mir dieselben besonders belehrend zu
sein scheinen. Die erste dieser Beobachtungen betrifft einen von
Mursick 6 ) beschriebenen Fall von Leukämie, welcher insofern be-
merkenswerth ist, als die Krankheit bei einem früher ganz gesunden
Soldaten fünf Tage, nachdem er wegen eines Kniegelenkschusses
amputirt wordon war, constatirt wurde. Mursick vertritt die
Ansicht, dass die Leukämie wirklich erst an diesem Tage ent¬
standen sei, da gleichzeitig die Wundo eine schlechte Beschaffen¬
heit angenommen hatte. Der Kranke erlag der Leukämie ziemlich
rasch. Bei der Section fand man ausser dem gewöhnlichen Befunde
bei der Leukämie an der Sägefläche des Knochens eine Osteo¬
myelitis. Die zweite Beobachtung hat Waldeyer 7 ) mitgetheilt.
Sie betrifft einon Fall von Leukämie, welcher nach einer chronischen
Entzündung des rechten Hüft- und Ellbogengelonkes sich entwickelt
hatte und bei welchem das Knochenmark eine so diffuse Hyper¬
plasie zeigte, dass Waldeyer nicht anstoht, eine genetische Be¬
ziehung zur Leukämie anzunehmen. Ich stelle mir, soweit man
dies aus der Chronologie der Krankheitssymptonie bei dem Zimmer¬
mann C. beurtheilen kann, vor, dass die Lymphdrüsen erst nach
dem Knochenmark erkrankt sein dürften; dio Milz zeigte überdies,
wie in den Akten hervorgehoben ist, eine nur inässige Vergrösserung.
Mag das nun sich verhalten, wie es wolle, ich habe nach der
ganzen Sachlage keinen Anstand genommen, bei dem Zimmermann C.
einen causalen Zusammenhang zwischen der Entwickelung der
Leukämie und dem stattgehabten Trauma zum mindesten als mög¬
lich zu bezeichnen. Ich fürchte nicht missverstanden zu werden.
Ich habe keineswegs die Ansicht, dass in dem ersten der mir zur
Begutachtung überwiesenen Fälle (Körber) der Eisenbahnunfall und
in dem zweiten (C.) der Sturz aus inässiger Höhe die Leukämie
erzeugt hat. Würden derartige Unfälle an und für sich dieso
traurige Krankheit veranlassen können, so müssto sie weit häufiger
zur Beobachtung kommen, als es glücklicherweise thatsächlich der
Fall ist. Aber soweit glaube ich gehen zu dürfen, dass ich ein
causales Bindeglied zwischen Trauma und Leukämie annehme und
dass die letztere ohne ersteros sich möglicher-, ja wahrscheinlicher¬
weise nicht entwickelt hätte. Es scheint mir nach dem vorliegenden
casuistischcn Material ausserordentlich wahrscheinlich, dass
Traumen zu den die Entwickelung der Leukämie begünstigenden
Momenten gehören, deren es offenbar eine ganze Reihe giebt. 8 )
Ueber die wahre, determinirende Ursache der Leukämie ist zur
Zeit etwas Sicheres nicht bekannt. Ich stehe, und zwar auf Grund
weiterer hier gemachter Beobachtungen — gegenüber den Beob¬
achtern, welche dio Ursache der Leukämie in Mikroorganismen
suchen, noch auf dem von mir im Jahre 1889 9 ) präc-isirten Stand¬
punkte, dass man heute betreffs der infectiösen Natur der Leukämie
nicht über die Wahrscheinlichkeit hinauskommt; denn selbst wenn
man anerkennt, dass die Beobachtungen von Pawlowski] 0 ), welcher
einen Bacillus, welchen er entdeckte, in ein ursächliches A er-
hältniss zur Leukämie bringt, dieser Annahme weitere Stütze ge¬
geben hat, wird an meinem Urtheilo nichts geändert. Ich gebe
Veksemeyer 11 ) sogar zu, dass die Lelu-e von der infectiösen Natur
der Leukämie in keiner Weise fest begründet ist, sehe aber im
Widerspruch mit ihm diese Hypothese insofern als durchaus be¬
rechtigt an, als weitere Forschungen über diese Frage sehr
wünschenswerth sind. Abgethan ist diese Angelegenheit damit
durchaus nicht. Es lassen sich sogar die Einwände, welche gegen
die infectiöse Natur der Leukämie angeführt werden, dass nämlich
verschiedene Mikroorganismen von verschiedenen Beobachtern als
Krankheitserreger der Leukämie beschuldigt werden und dass die
Culturversuche oft ergebnislos verlaufen, zwanglos erklären. Es
ist nämlich sehr wohl denkbar, dass die leukämische Blutveränderung
nicht nur durch einen, sondern durch verschiedene Krankheits¬
erreger bewirkt "werden kann und dass trotz negativer Cultui-
*) Ebstein 1. c.
*) E. Kirstein, Ein Fall von acuter Leukämie bei einer Schwangeren.
Inauguraldissertation. Königsberg i. Pr. 1893. S. 6.
3 ) Eisenlohr, Virchow’s Archiv 1878, Bd. 73, S. 56.
4 ) Ebstein 1. c. S. 344 und 303.
5 ) cfr. betr. der Erkrankungen der Ohren bei Leukämie u. a. die
Beobachtungen von Gelle (Ref. im Jahrbuch der praktischen Modicin.
Stuttgart 1888. zweite Hälfte, S. 624), Lannois, Complications auriculaires
au cours de la leucocythemie. Annales des maladies de l’oreillo (Ref. im
med. Centralblatt 1892, S. 244). Wagenhäuser. Lahyrinthbefund eines
Falles von Taubheit bei Leukämie. Archiv für Ohrenheilkunde, XXXIV,
S. 219 (Med. Centralblatt 1893, S. 110).
6) Mursick, Gase of loucaemia oecurring in Connection witli ostco-
relitis following araputation of the thigh. New-\ ork med. her. . > ,
> 2 (Referat in Virchow-IIirsch’s Jahresbericht für 1808, Bd. 11. - > J
7 ) Waldeyer, Diffuse Hyperplasie des Knochenmarkes, Leukämie,
irchow’s Archiv 1871. Bd. 52, S. 305.
B ) Ebstein 1. c. S. 383.
*) Ebstein l c. S. 386. , . ... . .
10 ) Pawlowski. Zur Lehre von der Aetiologie der Leukämie. Deutsche
idicinische Wochenschrift 1892, No. 28, S. 641. ,
11) Vehsemeyer. Studien über Loukümio. Münchener modicuuscho
ochensclirift 1893, No. 30, S. 564.
Digitized b
Google
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
616
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30
versuche mikroparasitäre Krankheitserreger wirksam sein können.
Freilich ist zuzugeben, dass ebenso wie ein von Mikroorganismen
producirtes Gift, so auch im menschlichen Körper selbst producirtes
Gift solche Wirkung zu entfalten vermag. Man wird also auch
mit der von Vehsemeyer vertretenen Ansicht, dass es sich bei
der Leukämie um eine Autointoxication handele, rechnen dürfen.
Vehsemeyer meint, dass als Krankheitserreger bei der Leukämie
toxische Substanzen, welche sich im Darmcanal entwickeln, zu be¬
schuldigen sein dürften. Was er dafür als Gründe anführt, kann
als möglich, aber nicht als nothwendig angesehen werden. Hypo¬
these steht hier gegen Hypothese; aber gleichgiltig, ob eine von
beiden, oder beide richtig sind, jedenfalls ist dadurch insofern ein
wesentlicher Fortschritt in der Lehre von den Ursachen der
Leukämie eingetreten, als wir darin die ersten Schritte begrüssen
dürfen, welche unserem Verständniss die Pathogenese dieser merk¬
würdigen Krankheit thatsächlich näher rücken.
V. Ueber Chirurgie der Rückenmarks-
erkrankungen.
Von Stabsarzt Dr. Goldscheider,
Privatdocenten und Assistenten dor ersten medicinisehcn Universitätsklinik
in Berlin.
(Schluss aus No. 29.)
n. Lähmung bei Wirbelcaries.
Ich komme nun zu einem Leiden, welches uns inneren Medi¬
ceer mehr interessirt und häufiger beschäftigt: das ist die durch
Caries der Wirbel bedingte Rückenmarkserkrankung. Das Malum
Pottii finden wir ja namentlich bei Erwachsenen sehr häufig in der
Form, dass eine nachweisbare Deformität der Wirbelsäule gar nicht
vorhanden ist, dass vielmehr die Wirbelcaries aus den Rücken¬
markserscheinungen diagnosticirt wird. Kahler hat zuerst darauf
hingewiesen, wie häufig die Wirbelcaries zunächst nur die Symptome
der Rückenmarkslähmung macht. Es ist auf den inneren Stationen
garmchts seltenes, dass wir Kranke mit Wirbelcaries und conse-
cutiver Paraplegie haben, welche selbst bei langer Beobachtung nie
eine Deformität der Wirbelsäule erkennen lassen. Die Caries be-
tnfft meist den Wirbelkörper; sie setzt häufig ein extradurales
eitriges Exsudat, resp. es entstehen fungöse Wucherungen Durch
beide Ursachen wird ein Druck auf das Rückenmark ausgeübt
und so kommt es zur Läsion. Früher glaubte man, dass die Läh-
mung bei Malum Pottii durch Compression seitens der geknickten
Wirbelsäule entstehe. Das trifft aber nur für wenige Fälle zu beiden
meisten vielmehr wird das Rückenmark durch das eiterige Exsudat
oder fungöse Wucherungen comprimirt. Ich gehe auf die Frage
der Umpressionsmyelitis hier nicht ein, sondern erwähne nur dass
nach den Anschauungen von Kahler und Schmaus es sich ge¬
wöhnlich um ein Oedem des Rückenmarks handelt, welches da-
durch entsteht, dass die Lymphabflusswege comprimirt werden
wodurch eine zu Oedem des Rückenmarks führende Stauung ein-
Das Oedem kann lange Zeit bestehen, ohne dass es zu irre¬
parablen Veränderungen der Nervensubstanz (Degeneration) kommt
DififiÜhür! i e gn T K bilitäfc dieser Compressionslähmungen.
Dieselben können lange bestehen und trotzdem in grossem Um-
entfünrllinh r z ^ üc ^ ellen * Erst bei sehr langem Bestehen kommen
^tzündhche Veränderungen, eine wirkliche Myelitis zustande
^dXkt™ p-v 4, S ° J ’ a 8' 0wiss nahe, eine Entlastung des
gedruckten Rückenmarks dadurch herbeizuführen, dass man die
irbelsaule trepamrt und den Eiter herauslässt oder die fungöse
Wucherung aus dem Wirbelcanal auskratzt Auch hier müfsen
vol ttm 06 ™ 611 “ <Ü ® Spltze unserer Betrachtungen stellen, denn
IhL„ hm ?? es lm wesentlichen nur Fälle mit Congestions-
abscessen, welche zum operativen Einschreiten geführt hatten. Es
Hiimte merkwürdiger Zufall, dass gerade ihm einige Fälle in die
welche so glücklich für die Operation lagen, V"e de
seitdem selten wieder vorgekommen sind. S
188811° SV™ MaCeWe “ Ware “ foIgende ( Brit - med. Journ.
in der' HnhÄ JS S!l ge f r ,^ abe t Seit . d !; ei Jahren Gibbus - welcher am stärksten
gewonTer 116 ZnrDCki Da ° h MChS « *• Gehv^Äeder^
Bind eUÄÄÄÄ
stark verwachsen, das Rückenmark war sehr verdünnt, so dass Macewen
selbst keine Hoffriung auf Besserung hatte. Zehn Stunden nach der
Operation Besserung der lividen Beschaffenheit und der Sensibilität Nach
vier Tagen verliert sich die Incontinenz der Blase und des Mastdarms
Nach sechs Monaten konnten die Beine bewegt werden. Schliesslich kehrt
das Gehvermögen zurück etc.
Ein dritter Fall gleichfalls erfolgreich operirt, ohne nähere An
gaben. Von zwei weiteren Fällen aber erlag der eine eine Woche nach
der Operation, der andere nach einigen Monaten an ausgebreiteter Tuber¬
kulose.
Die beiden Fälle von Macewen stellen keine eigentlichen
Typen des Befundes bei Wirbelcaries dar, es hat sich vielmehr
offenbar um ausgeheilte Processe gehandelt. Im allgemeinen finden
sich eben fungöse Massen und epidurale Eiteransammlungen, welche
mehr oder weniger vollständig entfernt werden können. Aber, wie
bei den W r irbelfracturen, so ist auch hier die eigentliche Erkrankung
im Wirbelkörper gelegen, an den man nicht wohl herankommt
Man hat in einzelnen Fällen nach der Bogenresection das Rücken¬
mark bei Seite geschoben und sich zum Körper hingearbeitet
Auch ist man von Senkungsabscessen aus zum erkrankten Wirbel¬
körper vorgedrungen und hat denselben ausgelöffelt.
Aber die Resultate der operativen Behandlung der spondyliti-
schen Lähmungen sind nach dem ersten glänzenden Anlauf sehr ent¬
mutigend ausgefallen. Die Gründe für dieses Fehlschlagen sind
jedoch einfach und durchsichtig.
Der eine Grund ist eben, dass wir an den Heerd selbst nicht
herankommen, oder dass, selbst wenn der Chirurg ihn erreicht, er
nicht den ganzen Heerd entfernen kann; wenn nachher die Wunde
geschlossen wird, so ergiesst sich von neuem der Eiter in den
Wirbelcanal, bildet sich von neuem eine fungöse Masse, und in
kurzem ist der Zustand der alte. Ganz gewöhnlich tritt nach
einer Laminektomie eine Besserung auf, die Sensibilitätsstörung
verringert sich, es kommt sogar zu einer Hyperästhesie, ja die
Kranken stehen auf und gehen, bis nach einiger Zeit der alte Zustand
wieder da ist. Das sind noch die günstiger verlaufenden Fälle; jedoch
meistens ist die Operation ganz nutzlos, gelegentlich wird der
Process beschleunigt, und der Patient geht schnell zugrunde.
Ein anderer Grund für den schlechten Ausgang liegt darin, dass
gelegentlich ausser dem einen Heerd noch Heerde an anderen Theüen
der Wirbelsäule bestehen, oder dass die Erkrankung mehrere Wirbel
betrifft, oder dass das eitrige Exsudat sich durch ein grösseres
Stück des Wirbelcanals hin erstreckt, oder dass das Rücken¬
mark selbst tuberkulös afficirt ist, sodass dann natürlich die Auf¬
hebung der Compression keinen Nutzen bringen kann, endlich dass
häufig anderweitige Localisationen der Tuberkulose bei diesen Leuten
bestehen, Lungentuberkulose u. s. w. Man hat dann noch das
Bedenken gehabt, dass durch Resection der Wirbelbögen die
Wirbelsäule an Festigkeit verliere; es scheint aber, dass dies Be¬
denken nicht schwerwiegend ist, da z. B. Kraske danach eine
umfangreiche Neubildung von Knochen gefunden hat.
Wenn wir uns hiernach entscheiden wollen, unter welchen
Umständen wir chirurgische Hülfe bei der Behandlung dieser Com-
pressionslähmungen hinzuziehen sollen, so würde ich dies in
folgende Sätze fassen: Ist ein Congestionsabscess vorhanden, welcher
so gelegen ist, dass man von ihm aus an den Heerd im Wirbel¬
körper gelangen kann, so wird der Versuch, denselben direkt zu
behandeln, zweifellos gerechtfertigt sein. Wenn aber kein Con¬
gestionsabscess da ist, so würde man nach den vorliegenden
Operationsresultaten widerrathen müssen, die Resection der Wirbel¬
körper auszuführen. Nur eine Ausnahme besteht, das ist der
seltene Fall, dass eine Tuberkulose des Wirbelbogens vorliegt.
Freilich wird man auch bei nachgewiesenen Erscheinungen der
Bogentuberkulose niemals eine gleichzeitige Tuberkulose des Wirbel¬
körpers ausschliessen können. Immerhin wird dann der Eingriff zu
versuchen sein.
Zweckmässiger als der blutige operative Eingriff dürfte die
orthopädische Behandlung dieser Zustände sein; eine auf Ent¬
lastung des erkrankten Wirbels hinzielende Lagerung und Exten¬
sion. Man erzielt sie auf verschiedene Weise; einmal durch die
Volkmann’sehe Extension (bei der Caries der Halswirbel in der
rorm des Glisson’sehen Apparates), dann durch Anlegung von
Gypscorsets, ferner durch die Rauchfuss’sche Schwebe, die aber
für Kinder schon schwierig ist und vom Erwachsenen garnicht
ausgehalten wird. Von grösserer Bedeutung ist die Lagerung auf
dem Bon net’sehen Drahtkorb, der sich gut anlegt und die Wirbel¬
säule sehr entlastet, aber sehr theuer ist. Bei Kindern wird viel¬
fach das Lorenz’sehe Gypsbett verwendet, welches sich sehr bewährt.
Vielleicht ist die Herstellung solcher Gypsbetten auch für die
Compressionslähmung Erwachsener zur Entlastung der Wirbel¬
säule zweckmässig. Das Gypsbett hat den Erfolg, dass wie bei
der Drahthose durch sehr genaue Anlagerung eine Entlastung der
Wirbelsäule herbeigeführt wird, die Wirbel wenig gedrückt werden
und so leichter ausheilen können. '
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26. Juli.
DEUTSCHE MEDIC1N1SCHE WOCHENSCHRIFT.
617
Man hat gesagt, es gebe einen Fall, wo man bei Compressions-
lähmung openren könne und solle, nämlich wenn jede übrige Be¬
handlung sich als vergeblich erwiesen habe. Wenn also die Para¬
plegie nach Behandlung mit Extension u. s. w. nicht zurückgeht
vielmehr zunimmt, schliesslich Mastdarm- und Blascnlähmung mit
ihren schlimmen Folgen eintritt, so sei ein letzter Versuch mit
der Trepanation indicirt. Allein ich glaube nicht, dass man
dem beistimmen kann; denn bei einem hoffnungslosen Zustand eine
hoffnungslose Operation zu machen, bringt weder der Medicin noch
dem Patienten Vortheil. Es kommt noch ein anderes Moment
hinzu, dass wir gerade bei diesen vorgeschrittenen langdauernden
Fällen, die so gar keine Neigung zur Besserung zeigen, garnicht
sagen können, ob eine blosse Rückenmarkscompression oder schon
Degeneration besteht. Im letzteren Fall hilft die Operation für
die Lähmung nichts. Ein entscheidendes differentialdiagnostisches
Moment, um Lähmung durch Oedem des Rückenmarks und Läh¬
mung durch Degeneration zu unterscheiden, ist nur in dem
Wechsel der Erscheinungen gegeben. Sind die Erscheinungen längere
Zeit constant geblieben, so kann man eine Degeneration nicht
sicher ausschliessen. Die Indication zur Operation von dem Auf¬
treten der Blasenlähmung abhängig zu machen, ist insofern miss¬
lich, als auch diese nicht selten grosse Schwankungen zeigt.
Die operative Behandlung bei Compressionslähmung ist somit
wenig befriedigend. Allein dies könnte sich ändern, wenn es der
chirurgischen Technik gelänge, dem Heerd im erkrankten Wirbel¬
körper mehr zu Leibe zu gehen. Sollten Methoden gefunden
werden, an den Wirbelkörper selbst heranzukommen und den Heerd
dort auszuräumen, so wäre die ganze Frage natürlich von einem
anderen Standpunkte zu betrachten. Bis jetzt sind diese Versuche
freilich nicht besonders ermuthigend ausgefallen. Selbst wenn
man den Wirbelkörper dem scharfen Löffel zugänglich macht, ist
die vollständige Entfernung der tuberkulös erkrankten Theile
schwierig bezw. unmöglich; auch kann man nicht, zu viel weg¬
nehmen, um nicht die Gefahr einer secundären Wirbelfractur her¬
aufzubeschwören. Endlich ist an die Gefahr der Dissemination der
Tuberkulose zu denken. In neuerer Zeit hat man auch hier die
lokale Behandlung mit Jodoformglycerin versucht.
Wichtig für die Therapie ist die frühzeitige Diagnose. Ein
grosser Theil dieser Fälle wird nicht früh genug diagnosticirt.
Vielmehr gehen die Kranken häufig lange Zeit unter der Diagnose
Myelitis. Wird die Diagnose möglichst früh gestellt, so wird man
durch orthopädische Behandlung dem Kranken oft recht erheblich
nützen. Wenn wir die vorzüglichen Erfolge dieser Methode bei
der kindlichen Wirbeltuberkulose erwägen, so ist nicht einzusehen,
warum sich nicht auch bei Erwachsenen die Erscheinungen bei
frühzeitiger Behandlung bessern sollten. Die Orthopädie auf diesem
Gebiete ist noch in den Kinderschuhen, und ich glaube, dass wir
uns mehr als vom Messer des Chirurgen von den Apparaten des
orthopädischen Chirurgen versprechen können. Ich zweifle nicht,
dass die orthopädischen Methoden sich immer mehr vervollkommnen
und dass wir in der Folgezeit auf diesem Gebiet auch mehr in
der Therapie leisten werden.
ni. Geschwülste des Rückenmarks.
Ich komme nun zu den Tumoren des Rückenmarks. Dieselben
sind schon früher einige Male chirurgisch entfernt worden, aber
nur solche, die aus dem Wirbelcanal nach aussen oder von aussen
in den Wirbelcanal hineingewachsen waren. Occulte Tumoren sind
erst in neuerer Zeit entfernt worden, und zwar zum ersten Male
im Jahre 1887 von Horsley und Gowers.
Es möge hier beiläufig bemerkt werden, dass Leyden bereits
in seiner Klinik der Rückenmarkskrankheiten auf die Möglichkeit
der Exstirpation von Rückenmarksgeschwülsten hingewiesen und
zu der Vornahme einer solchen im geeigneten Falle aufge¬
fordert hat.
In dem oben erwähnten Falle handelte es sich um einen
42jährigen Kapitän, der 1884 mit Intercostalschmerzen unter dem
linken Schulterblatt erkrankte, welche mit wechselnder Heftigkeit
bis Februar 1887 anhielten. Weiterhin entstand eine Schwäche
und Gefühlsabnahme der beiden unteren Extremitäten, dann
Retentio urinae. Im Juni 1887 bestand Paraplegie, Anästhesie
bis zum Schwertfortsatz; ferner waren ausstrahlende Schmerzen
im sechsten und siebenten Intercostalnerven, Zuckungen in der
Oberschenkel- und Bauchmuskulatur vorhanden. Im Juni 1887
wurde von Horsley die Eröffnung des Wirbelcanals vorge¬
nommen, die Dura gespalten und in der That der vermuthete
Tumor gefunden, ein Fibromyxom von Lambertnussgrösse, das mit
dem Rückenmark nicht verwachsen war und sich leicht loslösen
liess. Zehn Tage nach der Operation konnte das rechte, nach
sechs Wochen das linke Bein bewegt werden, und schliesslich
konnte der Kranke drei Seemeilen gehen und Urin und Stuhl ohne
Schwierigkeiten entleeren.
Dieser glänzende Fall machte berechtigtes Aufsehen, und
Horsley hat bereits mehrere Nachfolger gefunden, welche freilich
nicht immer ebenso glücklich waren. Es sind bis jetzt im ganzen
acht Fälle von occulten Rückenmarkstumoren operirt worden,
und zwar sind hiervon drei geheilt, vier gestorben, einer unge-
bessert.
Es sind dies ausser dem eben beschriebenen Falle von Horsley
und Gowers folgende:
2) Horsley (Brit. med. Joura. 1890, II). Coraplete Paraplegie und
Schmerzanfälle seit sechs Monaten. Trepanation. Tumor, welcher die
Dura in Ausdehnung von vier Zoll bedeckt. Tod an Shok.
8) Roy 1890 (nach Chipault). Paraplegie, Gürtelschmerzen etc.
Abtragung der Bögen der vier untersten Dorsalwirbel. Intraduraler Tu¬
mor. Nach der Entfernung schnelle Besserung. Die Sensibilität kehrt
zurück, die Sphincterlähmung verschwindet, schliesslich wird Gehfähigkoit
am* Stock erreicht,
4) Laquer (Neur. C.-Bl. 1891, S. 193). Die Diagnose wurde auf
Tumor an der Cauda equina gestellt Die Operation (Rehn) ergab ein
Lymphangioma cavemosum im Sacralcanal. Erhebliche Besserung.
5) Fenger 1890 (nach Chipault). Vor einem Jahre Schmerzanftllle
in der Lendengegend. Nach drei Monaten Schwäche des rechten Beins,
Gürtelgefühl in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse. Später auch
Schwäche im linken Bein. Dann lancinirende Schmerzen in den Beinen.
Obstipation. Blasenlähmung. Unterhalb der vierten Rippe völliger Verlust
des Temperatursinns und Verminderung des Drucksinns. Reflexsteigerung der
Beine. Operation: Bögen des vierten und fünften Dorsalwirbels abge¬
tragen; Dura incidirt, Man findet das Rückenmark durch ein in den
Hintersträngen gelegenes Spindelzellensarkom ausgedehnt, welches enu-
cleirt wird. Nach der Operation völlige Paraplegie. Tod an Sepsis am
vierten Tage.
6) Ramson und Anderson (Brit. med. Journ. 1891 II, 1144).
Lendenschmerzen, in die Beine ausstrahlend. Nach vier Monaten sistiren
dieselben, um später wiederzukehren. Dann tritt Paraplegie ein, Urin¬
retention, Anästhesie der Beine. Mastdarmlähmung, Decubitus. Keine
Patellarreflexe. Operation: Abtragung der Bögen des elften und zwölften
Dorsalwirbels, ersten und zweiten Lendenwirbels. Incision der Dura.
Nichts vorgefunden. Tod nach drei Tagen. Autopsie: In den Rücken¬
muskeln zwei Echinococcusblasen, unter dem Bogen des zehnten Dorsal¬
wirbels gleichfalls eine Echinococcusblase.
7) Pesearolo (Verhandl. des X. Internat. Congresses Bd. IV, S. 9).
Seit zwölf Jahren Paraplegie mit unvollständiger Blasen- und Mastdarm¬
lähmung, Anästhesie bis zum fünften Intercostalraum hinauf. Vor der
Lähmung hatten Intercostalneuralgieen im Bereiche des dritten bis fünften
Intercostalraums bestanden. Sehnenreflexe sehr lebhaft etc. Diagnose auf
Tumor zwischen zweitem und fünftem Dorsalwirbel. Die Bögen des zweiten
bis fünften Dorsalwirbels wurden entfernt. In der That wurde ein links
vom Rückenmark gelegener Tumor gefunden und entfernt; letzteres sehr
verdünnt. Eine Besserung ist nicht eingetreten, nur die Reflexsteigerung
hat abgenommen.
'8) Ransom und Thompson (Brit. med. Journ. 1894 I, S. 395).
50 jährige r Locomotivführer. Zittern und Schwäche der Beine. Steifigkeit
und Schmerzen in denselben. Patellarreflexe erhöht. Weiterhin Fuss-
klonus. Anästhesie, dann Gehvermögen aufgehoben. Sphincteren normal.
Gürtelgofühl. Das linke Bein ist schwächer als das rechte. Partielle
Anästhesie der Beine, Empfindlichkeit neben dem achten und neunten
Dorsalwirbel. Diagnose auf Tumor. Die Bögen des fünften bis neunten
Dorsalwirbels abgetragen. Tumor gefunden in der Höhe der achten Dorsal¬
wurzel (Rundzellensarkom). Nach drei Tagen Tod.
Zu diesen Fällen kommen aus der neuesten Zeit noch folgende:
9) Bruns und Kredel. (Neurol. Centralblatt 1894, No. 7.) Junge
Frau, im Sommer 1890 mit Kreuzschmerzen, in beide Beine und den
Unterleib ausstrahlend, erkrankt. 1892 Lähmung der rechtsseitigen Fuss-
und Unterschenkelmuskeln, ohne merkliche Atrophie. Am rechten Ohr
ein Fibrosarkom. Später Blasenstörungen. Häufig Schmerzanfälle. Im
August 1892 Paraplegie. Diagnose auf Tumor (Sarkom) der Häute ge¬
stellt, in der Höhe zwischen den lumbalen und sacralen Wurzeln rechts.
Auch die Möglichkeit eines Cauda-Tumors in Betracht gezogen. Am
22. October 1892 wurde die Operation ausgeführt. Bögen des neunten
bis zwölften Dorsal- und ersten Lumbalwirbels entfernt. Das Mark erschien
etwas dick, pulsirte nicht; sonst nichts gefunden. Nach 14 Monaten Tod.
Bei der Section fand sich ein Tumor (Spindelzellensarkom), welcher die
Lendenanschwellung und die beiden untersten Dorsalsegmente einnahm;
feiner multiple Tumoren an den Wurzeln. Der Tumor war also -richtig
diagnosticirt und localisirt, aber bei der Operation nicht erkannt worden,
wahrscheinlich weil es sich damals noch um ganz flache, in das Rücken¬
mark von der Pia her eindringende Massen handelte. Die Dura war bei
der Operation eröffnet worden. Jedenfalls w'aren in diesem Falle die
Geschwulstmassen nicht operabel. Uebrigens zeigt der Fall wieder die
Wichtigkeit des Symptoms der fehlenden Pulsation.
10) Saenger und F. Krause. (Münch, med. Woch. 1894, No. 22.)
42jähriger Tabakarbeiter. Seit 3 f\ Jahren heftige Schmerzen in der linken
Brustseite. 6. März 1894 in das Altonaer Krankenhaus aufgenommen.
In der letzten Zeit auch rechts Brustschmerzen. Seit 14 Tagen Steifigkeit
und Kälto der Beine; seit drei Tagen Gehvermögen erloschen. 21. März
Extensionsverband. 10. April völlige Paraplegie mit partieller Analgesie.
Schmerzhaftes Gürtelgefühl. Druckschmerzhaftigkeit vom siebenten bis
zehnten Brustwirbel. Die Anästhesie reicht am Rücken links bis zum
siebenten, rechts bis zum zehnten Brustwirbel. Tumor zwischen fünftem
und siebentem Dorsalwirbel diagnosticirt. 16. April Operation. Bögen des
vierten bis siebenten Dorsalwirbels entfernt. Dura eröffnet. Links in der
Gegend des sechsten Brustwirbels am Ligamentum denticulatum ein luinor
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618
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
von 27 mm Länge, 18 mm Tiefe, 10 mm Breite, welcher entfernt wird.
Rückenmark von links her abgeplattet; vier Tage nach der Operation Tod.
Die Sectiou ergiebt bronchopneumonische Heerde im linken Unterlappen.
Im Gehirn starker subduraler Bluterguss, welcher sieh in den Duralsack
des Rückenmarks hinein erstreckt. Die Blutung ist vielleicht dadurch
bedingt gewesen, dass bei der Eröffnung der Dura ein sehr schneller Ab¬
fluss einer grossen Menge von seröser Flüssigkeit erfolgt war.
Rechnet man diesen Fällen von operirten oceulten Tumoren
noch diejenigen hinzu, wo der Tumor äusserlich sichtbare Er¬
scheinungen gemacht hatte, so sind bis jetzt im ganzen 24 Ope¬
rationen wegen Tumoren, welche das Rückenmark comprimirt hatten,
ausgeführt. Von denselben sind sechs wesentlich gebessert, bezw.
geheilt worden, darunter jene drei von den oceulten Geschwülsten.
Jedoch muss bemerkt werden, dass bei drei Fällen der äusserlich
sichtbaren Tumoren keine Mittheilungen über den schliesslichen
Ausgang gemacht sind. Endlich sind ausserdem Fälle in der
Litteratur niedergelegt, wo der «erwartete Tumor bei der Operation
nicht gefunden wurde.
Die Resultate der Operation der oceulten Rückonmarkstumoren
sind gewiss im Vergleich zu den sonstigen Erfolgen der Rücken¬
markschirurgie und im Hinblick auf den tief verborgenen und hart
an einem so empfindlichen Organ gelegenen Sitz recht, befriedigende;
ja sie stellen unzweifelhaft einen schönen Triumph der wissenschaft¬
lichen Medicin dar. Es ist daher, wenn die Diagnose auf Rücken¬
markstumor gestellt wird, die Frage der Operation unter allen
Umständen in ernste Erwäguug zu ziehen.
Die relativ günstigen Operationsresultate sind durch folgende
Umstände bedingt: die Tumoren sitzen gewöhnlich hinten resp.
hinten-seitlich, also direkt handlich für das Messer des Chirurgen!
Sie gehen oft von den Häuten des Rückenmarks aus oder sitzen
an der Scheide der Wurzeln, haben oft sonst wenig Adhärenzen,
so dass also alle Bedingungen für glatte Auslösung vorhanden
sind. Auch sind sie meist klein. Dass Rückenmark erträgt die
Compression lange, ohne in Degeneration zu verfallen. Die
JLumoren, die im Rückenmark selbst sitzen, sind in der Minderheit.
Diese sind weniger günstig für die Operation, ja ein noli ino tangere.
hafc 58 Fälle von Rückenmarkstumoreil zusammeu-
gestellt. Davon waren 20 oxtradurale, zwischen Dura und
-Knochen, und 38 intradurale. Unter den 20 extraduralen waren
vier Lipome, fünf Sarkome, vier Tuberkelknoten, drei Echinocoecen
oin Myxom, em Fibrochondrolipom, ein Fibrosarkom, ein Carcinom’
« . Unter d f n 3 8 intraduralen waren zwölf Myxome, sieben
oarkome, sieben Fibrome, vier Psammome, vier Tuberkelknoten
zwei parasitäre Tumoren, zwei syphilitische. ’
Die Rückenmarkstumoren sind also meist nicht solche, welche
zu Kecidiven und Metastasen neigen, was auch günstig ist und
gleichfalls zur Operation auffordert. Nicht operationsfähig sind die
mtramedullären, die Fälle von Carcinom, Sarkom, Aneurysma und
dann die seltneren von disseminirten oder weit verbreiteten Tumoren
Die Diagnose des Rückenmarkstumors ist nun leider keines¬
wegs so sicher, wie die des Gehirntumors. Die Rückenmarkstumoren
werden erkannt: an der lokalen Schmerzhaftigkeit, der Steifigkeit
a o. den aus S e P rä gten und lange dauernden Wurzd-
owLpT , Hie . rzu ^ kom | ? lt die Lähmung mit Anästhesie in para-
h od ? r m der * orm der Halbseiten-Läsion, endlich der
langsam zunehmende, durch Schübe beförderte Verlauf.
Bezüglich der Diagnose des Höhensitzes haben wir in der
neueren Zeit sehr erhebliche Fortschritte gemacht, und es dürfte
uns nicht allzuschwer fallen, m der Mehrzahl der Fälle den Hölien-
Bei den S Tnmm° rS r*’ dlo T ? por ? tion genügend sicher anzugeben,
leicht? M s^S die an } I) « rsal theil des Rückenmarks sitzen sind
Missgnffe möglich, dagegen an der Cauda equina, Lenden¬
gehen a !f a,1 ? c J w ® llu “& kann man ziemlich sicher
Am Rorsaltheil wird der Tumor leicht etwas zu tief ver-
muthet auch Horsley hatte ihn in seinem Falle zu tief uesuoht
und hatte i ch °„ vier Wirbelbögen resecirt, bis er ihn untfr dem
UnT hier
M'Lnge, 1 L iJ5°B (ier ° neimi en'^ 01 ^
0hne Ontration lr d % T y r ''r XStirpati0U heutc kcine erhcbliehe,
Tumor so soll er von ,w d< ai ™ r g «men mtramedullären
-läSÄÄf
No.30
Rückenmark starke und anhaltende Compressionen, und wemi diese
durch Wegnahme de^ Tumors aufgehoben sind, so kann in der
That die Function wiederhergestellt werden.
IV. Anderweitige operative Eingriffe am Rückenmark.
Nur kurz berühre ich die Lumbalpunction, welche Quincke
vor einigen Jahren bei Hydrocephalus vorgeschlagen hat, um die
an gesammelte Flüssigkeit abzulassen. Man geht bei stark ge¬
krümmter Seitenlage des Kranken an der Lendenwirbelsäule
zwischen zwei Wirbelkörpern mit dem Trocar ein, am besten
zwischen drittem und viertem Lendenwirbel. Das Rückenmark
trifft man an dieser Stelle nicht, da hier Cauda equina liegt, und
deren Stränge weichen der Spitze aus. Bei Erwachsenen muss
man 7 bis 8 cm tief eindringen. Man hat bei abnormen An¬
sammlungen von Flüssigkeit gute symptomatische Erfolge durch
Ablassen derselben gehabt. Allein eine dauernde Heilung des
Hydrocephalus wird dadurch nicht erzielt, weil die Flüssigkeit sich
wieder ansammelt; aber immerhin werden vorübergehende Besser
rungen der Beschwerden hervorgebracht. Speciell wird das seine
Anwendung finden für Hirntumoren, wo die subjectiven Be¬
schwerden und gewisse objective Symptome nach dieser Entlastung
vom Druck nachlassen. Vielleicht wird die Lumbalpunction auch
für explorative Zwecke angewandt werden.
Noch einige kleine Mittheilungen, damit Sie sehen, welche
verschiedenartigen Operationen man am Rückenmark schon ver¬
einzelt fertig gebracht hat. Ein Fall ist mitgetheilt von eitriger
Cerebrospinalmeningitis, wo nach Wegnahme von fünf Wirbelbögen
mit Drainage die Herstellung versucht ist; der Fall ist tödtlich
verlaufen, bei der Section fand sich noch eine Eudocarditis
ulcerosa! Dann hat der amerikanische Arzt Phelps noch einen
Fall von angeblicher Heilung oiner serös-eitrigen Spinalmenin¬
gitis durch Resection der Wirbelbögen mitgetheilt; der Fall
ist aber unklar und nicht beweisend. Bei Tabes hat inan die
Halswirbelsäule trepanirt, die Dura incidirt um „den Druck zu
vermindern“, das Resultat war natürlich negativ. Bei einem Fall
von Syringomyelie ist die Wirbelsäule aufgemeisselt, und in das
Rückenmark mit einer Spritze hineingestochen worden, um den
Inhalt der Höhle herauszuholen; Chipault setzt hinzu: der Pa¬
tient hat die Operation überlebt, mehr konnte man nicht verlangeu.
Dann sind Durchschneidungen der Wurzeln gemacht worden, und
in manchen Fällen ist das anscheinend nicht unzweckmässig. In
einem Fall von aufsteigender Neuritis am Armplexus blieben nach
intraduraler Durchschneidung der hinteren Wurzeln die Schmerzen
weg, kamen aber später wieder. Horsley aber hat einen Fall
von anscheinend wirklicher Heilung von schwerer Neuralgie nach
Durchschneidung der hinteren Wurzeln berichtet. Das wäre also
vielleicht noch eine weitere Indication für chirurgische Eingriffe.
Im ganzen bietet also die chirurgische Behandlung der Rücken¬
markskrankheiten noch kein befriedigendes Bild, und wenn man
die grosse Zahl der Operationen mit den kümmerlichen Resultaten
vergleicht, so wird die Hoffnung etwas niedergeschlagen; nach
einem glänzenden Anfang eine grosse Menge von Enttäuschungen.
Aber ich glaube, die Enttäuschungen werden sich vermindern,
wenn man dem Rathe folgt, den v. Bergmann bezüglich der
Hirnchirurgio in der Einleitung zu seinem berühmten Werke über
die operative Hirnchirurgie gegeben hat, dass hier der Fortschritt
in der Beschränkung liegt, und dass man nicht darauf los operiren,
sondern strenge Indicationen stellen soll. Dann wird es vielleicht
z\var auch Vorkommen, dass man einmal eihen Fall nicht operirt,
bei welchem ein glücklicher Zufall vielleicht doch eine Heilung ge¬
bracht hätte; man wird aber dafür in vielen Dutzend änderen
Fällen dem peinlichen Gefühl entgehen, wie v. Bergmann sagt,
einen schweren und folgenreichen Eingriff umsonst unternommen
zu haben, und ich kann nicht besser sehliessen, als mit den
Worten v. Bergmann’s: „Ich möchte dem Würfeln "um das Glück,
einem blinden Zufall nicht überlassen, was der ausschliessliche
Erwerb einer kritisch gesichteten Erfahrung und strengen wissen¬
schaftlichen Prüfung sein sollte.“
VI. Oeffentliches Sanitätswesen.
Stand der Cholera.
Im Weichselgebiet Preussens wurden vom 8. bis eiiischl. 16.
Juli 26 Choleraerkrankungen mit 13 Todesfällen festgestellt. Die meisten
derselben entfallen auf die Umgegend von Danzig (Plehnendorf,
Schidlitz) und Thorn, einzelne Fälle kamen an verschiedenen anderen
Punkten des Weichsellaufes vor. Sämmtliche Erkrankungen betreffen
Leute, welche an oder auf der Weichsel gearbeitet und meist das WäSSer
derselben getrunken hatten. Auch neuerdings berichten die Blätter von
verschiedenen Cholerafällen aus dem Weichselgebiet, aus der Gegend von
Thorn* Grau den z-, Danzig. In Thorn wurden 6 Soldaten als cholera-
verdächtig in Behandlung genommen, bei deren einem Cholera Jestge stellt
wurde. — Eine Erkrankung kam am 18. Juli in; Berlin vor{ sie betraf
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‘20.-Juli.
DEUTSCHE MED1Ö1N1SCHE WOCHENSCHRIFT
019
eine aus Petersburg zurückgekehrte Frau. Der Fall verläuft anscheinend
leicht und soll der Genesung entgegen gehen.
In Belgien ist, wie jetzt bekannt wird, die Seuche seit zwei Jahren
nie ganz erloschen gewesen und hat sich bald hier, bald dort, theils in
Gruppenfällen, theils in Einzelerkrankungen gezeigt. Seit Anfang Juni
ist besonders die Gegend von Lüttich ergriffen; daselbst sind vom
I . Juni bis 4. Juli 59 Todesfälle vorgekommen. Unter dem 9. Juli wurde
aus Lüttich gemeldet, dass dort in den letzten 10 Tagen 40 (10) Erkran¬
kungen (Todesfälle) vorgekommen seien, (Veröff. d. K. G.-A.)
Von dem verseuchten Maasgebiet Belgiens sind neuerdings ver¬
einzelte Cholerafälle auch in 2 an der Maas liegende niederländische
Orte verschleppt worden.
-In Galizien hat sich die Cholera stärker verbreitet. Seit Ende
Juni ist daselbst der Bezirk Zaleszczyki stark ergriffen, neuerdings hat
sich auch in Krakau und Umgegend die Seuche in nicht unerheblichem
Grade gezeigt. Vereinzelte Fälle wurden in letzter Zeit in den schon
früher ergriffenen Bezirken Borszczow und Husiatyn, neuerdings auch
in den Bezirken Ho rode nka und Kolbuszow. beobachtet. Auch in der
Bukowina kamen noch fortdauernd Cholerafälle wie früher, im Bozirk
Kotz man vor. Die Gesammtzahl der in Galizien vom 7. April bis
16. Juli fcstgestollten Erkrankungen (Todesfälle) beträgt 323 (150), in der
Bukowina 19 (7). ln Krakau (Stadt) kamen bis zum 16. Juli 4 (l),
im gleichnamigen Bezirk 24 ( 6 ) Fälle vor. Die Zahl der in Zaleszczyki
und Umgegend vom 27. Juni bis 16. Juli festgestellten Cholerafälle be¬
läuft sich auf 119 (36). davon kommen allein auf die Stadt Zaleszczyki
106 (33). Der Bezirk Zaleszczyki wurde im Sinne der Dresdener Con¬
vention als Choleraheerd erklärt. (Oesterr. San.-W.)
In Petersburg hat die Seuche eine Ausbreitung gewonnen, die
fast an diejenige in Hamburg vor zwei Jahren erinnert. Wir entnehmen
genauere Daten der neuesten Petersburger medizinischen Wochenschrift.
Danach wurden die ersten Fälle in Petersburg am 1. Juli festgestellt (in
Kronstadt bereits-am-20. Juni). Vom l. ; 7. Juli erkrankten (starben)
141 (52), am 8 . Juli 66 (16), am 9. Juli 89 (30), am 10 . Juli 77 (35). am
II , Juli 111 <39), am 12 . Juli 143 (54), zusammen bis dahin 627 (226)
Personen. Seitdem- hat die Zahl der täglichen Zugäiige sich rapide ver-
grössert, nach neuesten telegraphischen Nachrichten erkrankten (starben)
in der Woche vom -15.-^21. Juli 1292 (584) Personen. Auch im Gubcr-
uiuni- Petersburg .kämen zahlreiche Cholerafälle vor, nach Zeitungs¬
nachrichten vom 8.—14. Juli 247 (34). 50 Erkrankungen werden aus dem
Lager Krasnod Selo gemeldet, in Kronstadt erkrankten (starben) vom
14.—19. Juli 58 (18) Personen. Von Petersburg aus verbreitete sich die
Cholera nach den übrigen nordwestlichen russischen Provinzen. Einzelne
Fälle wurden an verschiedenen Orten von Finland, Esthland, Livland
und Kurland beobachtet. Ein Fall kam auch im Gubernium Nowgorod
vor. Im Gubernium Kowno hat die Seuche neuerdings wieder zuge¬
nommen, vom 24.—30. Juni kamen daselbst 88 (10), vom 8.—14. Juli
76 (27) Fälle zur Anzeige. Ueher die Cholera in Russisch Polen liegen
folgende Nachrichten vor: Stadt Warschau vom 28. Juni bis 8 . Juli
22 ( 8 ), vom 8.—14. Juli 63 (25), Gubernium Warschau vom 29. Juni
bis 5. Juli 34 (22), vom 8.—14. Juli 157 (77), Gubernium Plock vom
20.-27, Juni 78 (44), vom 28. Juni bis 4. Juli 56 (14), vom 1 .—7. Juli
47 (16), Gubernium Grodno vom 1.—14. Juli 32 (15), Gubernium
Radom vom 1.—14, Juli 243 (103), Gubernium Kielce vom 29. Juni
bis 4. Juli 90 (36), Gubernium Petrikau vom 1.—7. Juli 10 (3) Er¬
krankungen (Todesfälle). Danach hat die Seuche besonders in den Gu-
bernien Warschau und Radom stark um sieb gegriffen.
Auf einem von Petersburg kommenden, nach Stockholm be¬
stimmten Dampfer kam eine Anzahl Choleraerkrankungen vor. Das Schiff
wurde in der Quarant-äneanstalt Fejan isolirt, wo noch weitere Erkran¬
kungen beobachtot wurdon.
Ein Choleratodesfall kani-nach der Laricet kürzlich in Paris vor.
In Kleinasien hat die Cholera im Laufe des Juni ei liebliche Fort¬
schritte gemacht. Besonders betheiligt sind die Vilajets Angora, Siwas,
Trapezunt und Konia; aus vielen Orten dieser Verwaltungsbezirke
werden zum Theil sehr hohe Sterbeziffern gemeldet, so z. B. von Jozgad
vom 31. Mai bis 27. Juni 146, von Kirsch ehr vom 3.-27. Juni 130,
Kaisseri und Umgegend vom 21.—26. Juni 359 Cholerasterbcfälle. Die
genannten Orte? liegen sämmtlich im Vilajet Angora. Sperling (Berlin).
- Haffkine, Antl-cholera inoculations fit Calcnttu. (The Laneet
1894, No. 3694, S. 1513.) Durch Fortzüchtung des Cholerabacillus im
Thierkörper erhielt Haffkine eine „Vaccine“ in zwei Modificationen,
Oiier milderen und einer stärkeren. Etwas näheres Uber die Darstellung
dieser Vaccine ist nicht angegeben. Es wurden in Britisch Indien 25000
Menschen mit dieser Vaccine geimpft. Einimpfung der Schwächeren Form
verursacht iür einen Tag leichtes Unbehagen und Fieber. Fünf Tage
später wird die zweite Impfung mit dem stärkeren Gift vorgenommeu,
die ebenfalls nicht mehr Erscheinungen hervorruft. Nach Beobachtungen
des Dr. Simpson wurde von den Leuten, die, während die Cholera in
Calcutta herrschte, so geimpft wurden, keiner von der Seuche befallen.
Dr. Klein fand aber weiterhin, dass zwar intraperitoneale Injection von
Cholerabacillen in nicht tödtlicher Dose Meerschweinchen gegen grössere
Dosen immun macht, dass aber eine gleiche Immunität sich auch durch
Injection zahlreicher anderer und auch nicht pathogener Bacillen, wie des
Bacteritnn cdh, hervorrufen lässt. Ob hei den Haffkine sehen \ersuchen
wirklich eine specifische Wirkung vorliegt, ist demnach fraglich.
G. V. Poorö, Tiie Relation of sllglit degrees of albuiafanrla
to Ufa nSKürnnctv (The Laneet 1894, No. 3694, S. 1489—1491, 1505—15060
Bei jedem Lehensversichernngscandidateu muss der Urin arti besten durch
Ansäuern und Kochen und nachträgliches Hinzufügen einiger Tropfen
Säure auf Eiweiss untersucht werden. Man muss sich vergewissern, dass
der Urin wirklich von dem Untersuchten stammt und zumal bei Frauen
zufällige Verunreinigungen ausschliessen. Findet sich auch nur eine Spur
Eiweiss, so ist die gesummte Körperuntersuchung sofort noch einmal
gründlich vorzunehmen und auch leichten Störungen und Veränderungen
eine erhöhte Bedeutung beizumessen. Um festzustellen, ob die Albumin¬
urie nur eiue zufällige oder vorübergehende war, ist der Urin mindestens
noch zweimal nach einer Pause von 8—14 Tagen zu untersuchen. Be¬
stand nur eine leichte und vorübergehende Albuminurie, so braucht man
ihr hei einem sonst Gesunden keinen Werth beizulegen. Bei .dauernder
Albuminurie empfiehlt es sich hingegen, auf jeden Fall den Mann zurück¬
zuweisen oder doch nur mit einer höheren Prämie anzunehmen. Die zu r
nehmende Häufigkeit der Albuminurie beruht nicht nur auf einer zu¬
nehmend grösseren Sorgfalt hei der Untersuchung, sondern auch, wie die
Verdoppelung der Todesfälle au Nierenkrankheiten seit 1858 ze.igt, auf
einer Zunahme dor Nierenaffectionen selbst, ln der anschliessenden Dis-
cussion vertraten Aerzte anderer Versicherungsgesellschaften ziemlich die
gleichen Ansichten. E. Sehr Wald (Freiburg).
VII. Joseph Hyrtl f
Am 17. Juli starb zu Perchtoldsdorf bei Wien Joseph Hyrtl, der¬
einst der berühmteste und gefeiertste Anatom Oesterreichs und Deutsch¬
lands. dessen Ruf von Wien aus weit über die Grenze der deutschen
Zunge hinausgedrungen war. Durch seine Vorlesungen wie durch seine.
Lehrbücher hat Hyrtl tausende und abertausende, von Studirenden und
Aerzten in der Anatomie des Menschen, dieser viel gepriesenen und viel
geschmähten und doch nun einmal für den Mediciner noch immer nicht
ganz überflüssigen Wissenschaft unterrichtet.
Im Jahre 1869 — vor einem Vierteljahrhundert — schrieb Hyrtl
die Worte: „jetzt, wo mein Lehen auf die Neige geht“.— et mochte
ahnen, dass er wegen eines Augenleidens seine amtliche Stellung bald
werde aufgeben müssen — abor er hat wohl kaum geahnt, dass er.
wie manche anderen und gerade Anatomen, seinen Abgang noch so lange
überleben werde. Und einige Seiten vor den eben angeführten Worten
schreibt Hyrtl: „Man wird in Wien noch lange von mir reden, wenn
man mich nicht — was schon besseren Männern geschah — vergisst.“
Nun, dass Hyrtl hei uns in Deutschland, und nicht nur in Aim-
tomenkreisen. unvergessen ist. das zeigen die vielfachen Nachrufe in den
politischen Zeitungen, und das sollen auch diese Zeilen beweisen, für
deren mannigfache Mängel Verfasser um Nachsicht bittet, da- ihm dazu
nur wenige Stunden Zeit zur Verfügung standen.
Joseph Hyrtl wurde am 7. Pecember 1811 (einige Quellen geben
1810 an) zu Eisenstadt in Ungarn geboren. Er studirte von 1831—1835
in Wien, wurde indess schon als Student („Quintaner“) am 30. Juli 1833
Prosector, zunächst ohne Gehalt. .1835 promovirte Hyrtl in Wien mit
der Dissertation: Antiquitates anatomicae rariores, quihqs ongo . ... . .
3 Taf.), Vindobomie.
Ueber seine ersten anatomischen Studien gieht uns Hyrtl selbst
Vergangenheit und Gegenwart des Museums ..., 1869) Auskunft. „Was
ruter Essig sein soll, muss früh anfaugen, sauer zu werden.“ Unter
Michael Mayer's, des damaligen Wiener Anatomen, Auspicion war.
.i.__■ u,.„fl l.offr» an ftftsep.n «ratar Vorlesung:
Ldversaria anatomica zeigten ihm, was Anatomie ist. Er fing_auf eigene
Paust an, sich näher in ihr umzusehen. Bald fühlte er sich im Präpanrsaal
teimisch und wurde von zwei Chirurgen, Frankenstein und Levasseur.
reiche den „flüchtigem Besuchern dieser unheimlichen Stätte vorseorten .
eürdig befunden, der dritte in ihrem Bunde zu sein. In seiner bchlaf-
:ammer zu Hause richtete er sich eine kleine anatomische W erkstatt ein.
lohrte, feilte und hämmerte, spreugto Köpfe, fasste. Hand- und b uss-
mrzelknochen — versuchte sich dann im lnjieiren mit Quecksilber und
Vachsnmsse. „Eine Klystierspritze wurde zur Injectionsspritze adaptn-t;
[ie Tubi dazu wurden aus Blech zusammengelöthet. . . Bald machte
lyrtl seine erste anatomische. Entdeckung: er fand, dass bei vielen
uiugethiercn eine die Maxi Huris und Carotis interna vertretende Arterie
lie Schenkel des Steigbügels passirt - leider hatten aber schon Car¬
ls le und Otto dies vor ihm entdeckt, und so blieb die erste, für uie
fedicini.schen Jahrbücher bestimmte anatomische Abhandlung ungedruckt,
)ieser Schmerz war bald überwunden - es folgten andere Funde wie
iie arteriellen Verästelungen der Kiemenvenen der Fische der Geföss-
eichthum der Hyaloidea der Batrachier und Fische, die Pfortader der
rebenniere. Ganglia aberrantin am Accessorius u. v. m., welche zur Folge
atten, dass Jos. Czermak, Professor der Physiologie, Hyrtl zu seinem
'amulus machte, ihm ein kleines Plössl’sches Mikroskop und Cuv.ers
Lnatomic zum Namenstage schenkte und ihm nach ^uprs rode de.n
Auftrag erthcilte, in dem anatomischen Museum Orduuite herzu stellen.
)a entdeckte denn der junge Studiosus in verborgenen Listen kostbare
ichätze von Material, eine Menge der seltensten Thicie m wun^eist,
reiche dann von Hyrtl und seinen Freunden für Fier Stellung von ver-
■leichend-anatomischen Präparaten benutzt wurden. W ahrend des Tages
ls Klinicist in der Alser Vorstadt beschäftigt, arbeitete er abend.s
natomisch; berühmte praktische Aerzte der Stadt nahmen 1 rivatuntei-
icht in der Anatomie — „und hatten dessen sehr vonnöthen .
Von 1833 bis 1837 war Hyrtl Prosector m Wien, dann wiiidLii,
16 .Jahre alt, zwei Jahre nach der Promotion zum ordenthehen Pio
ler Anatomie in Prag ernannt, ln dieser Stellung hatte er si »
olcher Freude zurecht gefunden“, dass es ihm mcht J “ . ei ? 1944 ) i n
ei der durch den Tod von Joseph Berres (t . -p , auf
Vien eingetretenen Vacanz sich um diese Stelle zu hewer). . ^ ^
[ringende Veranlassung des damaligen Facultätsprase» * ‘
chloss sich Hyrtl hierzu. - Zunächst wurde er seiner Melle in Wien
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620
DEUTSCHE MEDICINISCI1E WOCHENSCHRIFT.
No. 30
nicht froh*. Was er dort 1845 vorfand, war „träger Widerstand gegen jede
Neuerung“,* Vor allem gegen den seit mehr als 15 Jahren schwebenden
Neubau einer anatomischen Anstalt, ln wissenschaftlicher Arbeit suchte
und fand Hyrtl Ersatz für mancherlei Verdruss. Er theilte sein Leben
zwischen Arbeitszimmer und Hörsaal, suchte die Lücken der Sammlung
auszufüllen und veröffentlichte ausser einer grossen Reihe von kleinen
Abhandlungen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren, 1846 und 1847, seine
beiden grossen Lehrbücher, welche seinen Weltruhm begründeten.
Dann kam 1848, wo Hyrtl’s Wohnung — mit Bibliothek und
Privatsammlung — ausgebrannt wurde; der Weingeistvorrath der Anato¬
mie „labte kriegerische Kehlen“, und nur durch einen Officier, der eine
Schildwache vor die Sammlung stellte, wurde diese vor dem bekannten
Schicksale der von Peter dem Grossen angekauften Ruysch’schen be¬
wahrt. 1849 zog Hyrtl mit den Resten seiner Anatomie in die Räume
des Josephinum, aus denen er aber 1854 bei der Restitution der medici-
nisch-chirurgischen Josephsakademie etwas plötzlich entfernt wurde, um in
ein noch im Umbau befindliches Lokal — die alto Gowehrfabrik — zu
ziehen. Aber der Raum wurde durch den Werth seines rasch anwachsen¬
den Inhaltes verschönert — und Hyrtl’s 1869 ausgesprochene Hoffnung,
einer seiner Nachfolger werde so glücklich sein, der Wiener Anatomie
einen würdigen Aufenthalt zugewiesen zu sehen, ist ja inzwischen in
reichem Maasse in Erfüllung gegangen.
Bis 1874 hat dann Hyrtl an der Wiener Universität unermüdlich
als Lehrer und Forscher gewirkt — zweimal wurde er zum Rektor der
Universität gewählt, das erste mal bekleidete er diese höchste akademische
Würde im Jahre 1865 zur 500jährigen Jubelfeier der Wiener Universität,
welche ihm Gelegenheit gab, seine glänzende Rednergabe auch weiteren
Kreisen zu zeigen.
Noch 20 Jahre hat Hyrtl in seinem Tuseulum bei Wien gelebt und
war bis vor etwa 10 Jahren noch schriftstellerisch thätig. 1885 feierte
Hyrtl, umgeben von Schülern und Collegen, sein 50. Doctoijubiläum.
Allmählich umdunkelte sich sein sonst so helles und scharfes Auge und
zuletzt auch sein früher so klarer Geist. Als die anatomische Gesell¬
schaft im Juni 1892 in Wien tagte, plante man eine besondere Ehrung
des greisen Nestors der Wissenschaft — man musste sie aber aus den
oben angedeuteten Gründen aufgeben.
■ . Nachdem Hyrtl Tags zuvor noch wohl gewesen und in gewohnter
VVeise mit der Schubkarre im Garten umhergefahren war, wurde er am
M ? r ? en 4 es 17 * Juli in se ! nem Bette hegend todt gefunden, die Hände
auf der Brust gekreuzt, die Augen geschlossen. Ein Herzschlag hatte,
wie es scheint, dem Leben des berühmten Gelehrten im 83. Lebensjahre
ein plötzliches und sanftes Ende bereitet.
Hyrtl ist als Forscher und Schriftsteller ganz ungemein fruchtbar
gewesen. Von seinen Schriften seien hier nur die hervorragendsten ge¬
nannt: Der oben erwähnten Dissertation folgte als Inauguration für Prag
im Jahre 1837, die Schrift Strena anatomica de novis pulmonum vasis
in ophidus nuperrime observatis. 1 Tafel. Prag 1837. Im Jahre 1846
erschien das Lehrbuch der Anatomie des Menschen, mit Rücksicht
^ i u^ ySl ° 0glSche , Be g rün dung und praktische Anwendung. Obwohl ohne
Abbildungen, wurde dies Buch bis in die achtziger Jahre hinein 22mal
aufgelegt und in die meisten lebenden Sprachen übersetzt. Die Vorzüge
dieses Buches sind so weltbekannt, dass es überflüssig erscheint, darauf
hinzuweisen. Allmählich wurde es von anderen überflügelt — aber selbst
wenn man jetzt manche Lücken und Fehler in ihm findet, dürfte es noch
immer dasjenige Lehrbuch der menschlichen Anatomie sein, bei dessen
Lectüre am wemgsten geschlafen wird.
Schon im folgenden Jahre 1847 folgte das grosse zweibändige Hand-
P 2 grap i 11Sclien ^ n ^ tomie und ihrer praktisch-medicinisch-
ffw 6 ™/ 1 !'! 11 ' • Qge °‘ ? s lsfc die erste to P°l?raphische Anatomie
hand ’ w ei \ St „ Sie ei ? e . ntlich ’ wie ei & von Hyrtl selbst in der
Vorrede zur sechsten Auflage citirter Recensent sagte, „keine Anatomie
de? i ChirUr ^t' Aber Ana ^ omen und Chirurgen können sie nicht aus
wi* 'Zf*' °p h ™ ZU ges \ eh ™' dass sie ™1 gelernt haben.“
und n t R j eihe tr 1 A2 ’ beitei1 erschien in den Sitzungsberichten
de?en D MHKM ft Hv?tl ^847* Akad « mie , der Wissenschaftei zu Wien,
IW.mÄr r 7 U \ 847 wu r* e ’ T ?° der berühmte Aufsatz Uber den
f d - p oro ‘‘ ara rtenen des Herzens (1854), in dem Hvrtl sich
Sdbststamnma ü St S* d P unkte die Brücko’sche Theorie von der
ArbeU H8M lorh^ I i rZe i, nS a '?u dte ’ ™ lch . letz tere er in einer zweiten
Aroeit (1855) nochmals behandelte. Soweit dem Verfasser bekannt
wähl 11 «/ 16 - Anatomen . heu t e w ie früher einstimmig auf Seite HyrtFs
während eme grosse Anzahl von Physiologen noch Brücke’s gemtvolle’
aber leider nicht anatomisch fundirte Theorie vertreten^ Seine Unter’
Herzea (f 858 ) Welt Hyrtl selbst für eine
+ Ein . e Beihe ,von osteologischen Aufsätzen über Dehiscenz
dtr fe^ a K el der Steren Nasenmuscheln, Trochlearfortsätze
ti ?86T h dC , r Highmor.shöhle’ etc. e“ l858
Handbuch der praktischen Zergiie o u ^.ethmi, e "
spätere Geschlechter die anatomische fechnik von de "! Vlell(,lcht
wesentlich philologischen Werke: das Arabische und Hebräische in der
Anatomie (1879); Onomatologia anatomica (1880); die alten deuteln
Kunstworte der Anatomie (1884). nen
Als Lehrer, sowohl in seinen Lehrbüchern als besonders im münd¬
lichen Vorträge stand Hyrtl unerreicht da. Alles, was er sagte und
schrieb zeigte ein eigenartiges Gepräge, originelle Auffassung, frischen
und schlagfertigen Humor, — oft poetischen Schwung, — Verbrämung
mit meist sehr treffenden — wenn auch gelegentlich etwas an die Zotette“
streifenden polyglotten Citaten aus Classikern, Kirchenvätern, Medicinera
u. a. Ueberhaupt soll Hyrtl bei seinen von Studirenden und Aerzten
aus aller Herren Ländern besuchten, meist brechend gefüllten Vorlesungen
ein Zugmittel nicht ganz verschmäht haben, welches mehr von der leicht
geschürzten Operettenmuse angewandt zu werden pflegt. Aber Hyrtl’s
Anatomie hatte viva voce und in litteris immer den einen grossen Vor¬
zug — alles was er lehrte, hatte er gesehen, beobachtet — seine Anatomie
ist nicht am grünen Tische geschrieben, sie ist urwüchsig wie der ganze
Mann, ein Original in des Wortes bester Bedeutung, e
Hyr 1 1 ’s allgemein-menschliche Eigenschaften, vor allem sein rührend
gutes Herz offenbarten sich im Leben wie nach seipem Tode. In Mödling
stiftete er ein Waisenhaus für 140 Kinder, in Perchtoldsdorf eine Bewahr-
anstalt für 170 Kinder, dann stiftete ,er sechs Stipendien für Studirende
mi Betrage,von je 300 Goldgulden. Sein Vermögen (etwa
300000 fl ) vermachte er seinem Waisenhause in Mödling. Bedacht wurden
noch viele humanitäre Anstalten und Vereine in Wien und Umgegend
bo hat Hyrtl gelebt und gewirkt, gelitten und gestritten, getreu dem
bpruche, den er in dem Rückblicke auf sein Leben 1869 citirt:
„Tu quidvis esse velis nihilque rnali“.
Jena, 21. Juli 1894. _ Karl v. Bardeleben.
VIII. Kleine Mittlieüungen.
~~ Halle a. Bas Standbild Richard v. Volknjaun s ist
durch den Bildhauer Arthur Volkmann in Rom vollendet und vor der
chii-urgischen Klinik der Universität aufgestellt worden. Die feierliche
Enthüllung desselben findet am 1. August um 11 Uhr Vormittags statt,
wozu der Ausschuss hiermit einladet.
“.Dresden. Der Verein der deutschen Irrenärzte wird seine
abhaften^ Jahrosversammlun £ am 14 - und 15. September in Dresden
. Innsbruck. Vom 24.—28. August wird die Deutsche An¬
thropologische Gesellschaft gemeinsam mit der Wiener Anthro¬
pologischen Gesellschaft ihre Versammlung in Innsbruck abhalten.
Damit wird zugleich die Feier des fünfundzwanzigjährigen Stiftungsfestes
der ersteren verbunden werden. ©
, . Budapest. Für die allgemeinen Sitzungen des internationalen
hygienischen Congresses sind folgende Vorträge angemeldet: 1) Geh.
Medicmalrath Prof. Dr. Leyden (Berlin): Ueber die Fürsorge der grossen
btädte für die Schwindsüchtigen. 2) Prof. Dr. Georg v. Mayr (Strass-
burg): Statistik und Gesellschaftsleben. 3) Baurath Herzberg (Berlin):
Die Aufgaben des Ingenieurs in der Hygiene. 4) Prof. E. Levassenr
(Paris): Histone de la Demographie. 5) Prof. Dr. F. Erismann (Moskau):
Der Kampf mit dem Tode. 6) Dr. Ernest Hart (London): Protection
äf a JL ns ^ c h°lera in the Orient and the hypothesis of its epidemic diffusion.
7) Prof. Dr. L. Lombroso (Turin): Le Criminel.
. Paris. Als Vertreter des „Conseil municipal“ werden an dem
internationalen hygienischen Congress in Budapest die Herren
riechmann, Masson, Bertilion und Dr. Martin theilnehmen.
n ~ Lyon. Eine Reihe hervorragender Aerzte Lyons hat sich zu einem
Gomite vereinigt, das einen französischen Congress für innere Me-
dicm ms Leben rufen will. Die erste Sitzung desselben soll in Lyon bei
Uefegenheit der daselbst veranstalteten internationalen Ausstellung am
*o. Uctober dieses Jahres abgehalten werden.
Bordeaux. Im Juli 1895 wird in Bordeaux ein „Congrßs
international de la protection de l’enfance“ stattfinden.
. “ Aus Bergen (Norwegen) wird der Tod eines durch seine Arbeiten
aul den Gebieten der Lepra und Syphilis bekannten Forschers gemeldet,
Daniel Cornelius Danielssen (geh. am 4. Juli 1815 zu Christiania).
w Bentschland hat er besonders durch sein grosses, in Gemeinschaft mit
W. Boeck: herausgegebenes Werk über Spedalskhed (1847) Auf¬
merksamkeit erweckt, das die Identität dieser in Norwegen endemischen
Krankheitsform mit der „Elephantiasis Graecorum“, der Lepra zuerst fest¬
stellte. Später erregten seine ebenfalls in Gemeinschaft mit Boeck
milQ? 0mmenei1 Versuche der „Syphilisation“ bei Syphilis und Lepra
(1858) vorübergehendes Aufsehen, wurden auch bei uns hier und da
wiederholt, aber bald wieder verlassen.
, e Dr. Jan Sendziak in Warschau bringt eine Sammelforschung,
betreffend die operative Behandlung bösartiger Kehlkopf¬
neu bi 1 dun gen in Anregung. Interessenten finden weitere Mittheilungen
darüber im Cent.ralblatt für Chirurgie 1894, No. 29, S. 696.
, .J“ Universitäten. Würzburg. Dr. O. v. Franquß, Assistent
jj e F. . ^äuenklmik, hat sich als Privatdocent an der medicinischen Facultät
habmtirt. — Wien. Dr. R. Kerry hat sich als Privatdocent für medi-
cmische Chemie habilitirt. — Innsbruck. Der Priv.-Doc. und I. Assistent
an der psychiatrischen Klinik der Universität Würzburg Dr. Robert
bommer ist als ordentlicher Professor der Psychiatrie nach Innsbruck be-
vn^’iT* . r a K au ‘ Br. C. Kostanecki ist an Stelle des nach erreichtem
p • Lebensjahr in den Ruhestand getretenen Prof. Dr. L. Teichmann zum
rroiessor der Anatomie ernannt. -— Basel. Der Privatdocent der Chirurgie
Dr. Emil Burckhardt ist zum ausserordentlichen Professor ernannt.-^
Kopenhagen. Der Professor der Anatomie Dr. Hannover ist gestorben.
Gedruckt bei Julius biUeufoidVii jfei lin W.
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Original fro-m
UNIVERS1TY OF MICHIGAN
Donnerstag _ M 31 . _ 2. August 1 894.
DEUTSCHE
MEDICOTSCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet yon Dr. Faul Börner,
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LichteusteinaUeo 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
I. Epikritische Bemerkungen
zu den Processen Jost und Hegelmaier 1 ).
Von Prof. Dr. Förstner in Strassburg.
M. H.! Es wird Ihnen bekannt sein, dass ich in Gemeinschaft
mit anderen Collegen genöthigt war, in zwei Processen als Sach¬
verständiger zu fungiren, die, freilich aus sehr verschiedenen
Gründen, das Interesse weiterer Laienkreise in Anspruch genommen
haben, die aber auch genügend Gesichtspunkte bieten, um jetzt,
wo ein Abschluss erreicht, wo die Waffen ruhen, den Gegenstand
der Erörterung vor einem grösseren Kreise ärztlicher Fachgenossen
abzugeben; ich meine die inhaltlich und, was die dabei betheiligten
Personen angeht, sehr verschiedenartigen Processe Jost und
Hegelmaier. Die Vorkommnisse, die zu dem ersten Proeess Anlass
gegeben, sind schnell recapitulirt, ich glaube mich bei ihrer Darstel¬
lung um so kürzer fassen zu können, als sie sich in unmittelbarer
Nähe abspielten und in der Presse und anderweitig vielfach discutirt
worden sind.
Der pp. Jost, ursprünglich Schneider, kam vor Jahren nach
Paris, zu einer Zeit, wo die Untersuchungen über den Hypno¬
tismus noch in den ersten Anfangsstadien sich befanden. Er
wurde von einem Arzte mehrfach als Object, als Medium benutzt.
Später machte er die Wahrnehmung, dass es ihm im Zustande der
Hypnose möglich sei, krankhafte Zustände bei Anderen zu er¬
kennen und zu heilen. Während er anfangs seine Kunst nur an
einigen Klienten erprobte, übte er dieselbe allmählich in immer
grösserem Umfange aus, wobei seine Mutter die Rolle des Hypno¬
tiseurs übernahm. Die zunächst in Strassburg abgehaltenen Con-
sultationen brachten ihm auf Anlass der Behörde eine Anklage
und Bestrafung wegen Curpfuscherei. Später verlegte er den Sitz
seiner Wirksamkeit in das weniger exponirte Dorlisheim, statt der
Mutter fungirte nunmehr die Nichte als Hypnotiseur; der Zulauf
der Rath- und Hülfsbedürftigen steigerte sich von Jahr zu Jahr,
50—60 Personen wurden zuletzt pro Tag absolvirt, ausserdem viel¬
fach schriftlich Verhaltungsmaassregeln ertheilt. In der letzten
Zeit hatte sich Jost zu seiner Unterstützung einen approbirten
Arzt engagirt, mit dessen Eintritt die Verordnungen insofern eine
Aenderung erfuhren, als statt allerhand Thees und Arkana, statt
Mitteln, die den meisten Aerzten unbekannt, nun wirkliche Medica-
mente, Antipyrin etc. empfohlen, auch wirkliche Recepte ver¬
schrieben wurden. Aber auch hierbei war Jost angeblich allein
der Inspirator, der entartete Jünger Aesculaps schrieb nur nieder
und controllirte. Trotzdem die Erfolge „des Schlofers“, so bezeich¬
net« der Volksmund den heilkräftigen Mann, sich mehrten und
urbi et orbi gepriesen wurden — die Träger der Misserfolge hatten
weder Ursache noch Lust, ihre Stimme gleich laut zu erheben —,
trotz des Schutzes, den der approbirte Arzt gewährte, glaubte die
Behörde doch endlich einschreiten zu sollen und erhob gegen Jost
und seine Mithelfer die Anklage auf Betrug. Ein weiteres Crimen,
dessen sich der Schlofer durch unnatürliche Neigungen auf anderem
(sexuellem) Gebiete schuldig gemacht hatte, das gleichzeitig Gegen¬
stand der ALnklage wurde, lasse ich völlig aus dem Bereiche dieser
Erörterung, so bezeichnend es auch für die Persönlichkeit des Jost
immerhin ist.
Schon im Laufe der Untersuchung wurde ich davon ver¬
ständigt, dass Jost behaupte, im hypnotischen Zustand oder „im
*) Vortrag, gehalten im naturwissenschaftlich-medicinischen Verein
in Strassburg i. E. am 25. Mai 1894.
magnetischen Schlafe“ durch Berührung der Kranken selbst oder
von ihnen stammender oder getragener Gegenstände, Haare, Unter¬
jacken etc., Krankheiten erkennen und heilen zu können; es wurde
ihm, wozu er sich selbst bereit erklärt hatte, aufgegeben, sich von
mir untersuchen zu lassen und mir Proben seiner Kunst zu geben.
Er kam auch wirklich in Begleitung des Dr. Grosse zu mir in
die Klinik, um die näheren Modalitäten der Untersuchung zu be¬
sprechen; im Interesse der Sache machte ich ihm die weitgehendsten
Concessionen: er sollte Arzt und Nichte mitbringen, sich von
letzterer hypnotisiren lassen dürfen, die Gegenstände und die Dia¬
gnose der zu bestimmenden Krankheiten sollten vorher deponirt
werden, Tag und Stunde zu wählen wurde ihm überlassen. Er er¬
klärte sich mir gegenüber unter den verabredeten Bedingungen zu
einer Prüfung gern bereit, die er dann aber im letzten Augenblick
telegraphisch ablehnte, ohne Angabe von Gründen. Er hat später
dieses unbequeme Vorkommniss durch allerhand unwahre Angaben
aus der Welt schaffen wollen, jedenfalls lag kein Anlass vor, mich
während der Verhandlung durch einen vom Vertheidiger reprodu-
cirten Brief Bernheim’s darauf hinzuweisen, dass es zweckmässig,
ja nothwendig sei, derartige Fälle in einer Klinik oder Anstalt zu
prüfen; ich hatte diese Cautelen verlangt, Jost hatte gegen sie
zunächst nichts einzuwenden; wenn er sich später weigerte und
unter anderem verlangte, ich solle nach Dorlisheim kommen, so
übersah er, dass es seine Aufgabe sein musste, mir die Beweise
seiner Heilkraft zu erbringen, dass es nicht meine Pflicht sein
konnte, ausserhalb der Klinik die Nichtexistenz derselben fest¬
zustellen.
Die Schilderung zahlreicher Zeugen, eine später zu erörternde
Demonstration des Jost im Gerichtssaal haben nun klar gestellt,
dass die angebliche Hypnose oder der „magnetische Schlaf“ bei
Jost nach der „Fluidumtheorie“ zu stände kommen sollte. Von
einer Hypnose durch Suggestion, von einer Verbalsuggestion über¬
haupt, d. h. von Hervorrufung der Vorstellung, dass jener Zustand,
den man als Hypnose bezeichnet, eintreten werde, durch das Wort
des Hypnotiseurs, war keine Rede; im Gerichtssaal verhielt sich
die Nichte, welche die Stelle des Hypnotiseurs inne hatte, voll¬
kommen stumm, sie beschränkte sich auf die Ausführung soge¬
nannter magnetischer Striche, wobei sie mehr von Jost fixirt wurde,
als dass sie ihn fixirt hätte. Ich habe schon während der Ver¬
handlung auf die von mir gemachte Wahrnehmung hingewiesen,
dass im Beginn der Sitzung Jost die etwas ängstliche Nichte durch
sein Mienenspiel und namentlich durch den Ausdruck seiner Augen
zu grösserer Energie zu animiren sich bemühte, was nicht sonder¬
lich für die gewünschte Passivität des Mediums sprach. Jost
wollte also den Glauben erwecken, dass durch die Striche und den
sonstigen Contact mit seiner Nichte (früher die Mutter) jenes un¬
bestimmte Agens in sein Nervensystem geleitet werde, das man
nach Mesmer als animalen Magnetismus zu bezeichnen pflegt, dass
ihm durch dieses Fluidum die Fähigkeit gegeben werde, durch eine
einfache Berührung des Anwesenden, oder durch Betasten von
Gegenständen,, die ein Abwesender getragen, krankhafte Vorgänge
bei Beiden zu erkennen und sie zu heilen, dass er weiter Vorgänge
zu erkennen vermöge, die sich in meilenweiter Entfernung zutrugen.
Von einem Abhängigkeitsverhältniss, wie es bei der Verbalsuggestion
zwischen Hypnotiseur und Medium besteht, wo der erstere das active,
der letztere das passive Element darstellt, war hier also keine Rede;
wer die beiden betheiligten Personen beobachtet hat, wird darüber
wahrlich nicht im Zweifel sein, wer der active Factor! Nun ist
aber die ganze „Fluidumtheorie“, es sind ebenso die angeblichen
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
622
DEUTSCHE MEDICTOSCHE WOCHENSCHRIFT.
Leistungen der dem Fluidum exponirten, das Hellselien, die ge-
sammten Wunder der „Telepathie“ von allen denen als Humbug und
Täuschung anerkannt worden, die nur auf Grund streng wissen¬
schaftlicher Experimente, auf Grund unanfechtbarer Thatsachen
sich mit diesen Fragen beschäftigt haben; selbst 4ie eifrigsten Ver¬
fechter des Hypnotismus und der Suggestion, wie z. B. Forel,
überlassen dieses Gebiert, de® Spiritisten etc.; daran haben weder
die 600 von englischen Autoren gesammelten Beobachtungen von
Visionen, Träumen, Ahnungen, die angeblich in Erfüllung ge¬
gangen sind, noch die Experimente von Richet und erst recht
nicht die jeder Kritik haaren, angeblichen Resultate Luys’ etwas
geändert. Wie schon Herr College Naunyn bei der Verhandlung
hervorhob, überall wo sich die Wissenschaft auf dieses Gebiet
einliess, war ihr ein glänzendes Fiasco siöher! Wir kennen kein
' mit allen Cautelen gewonnenes, exactes Factum, das für die Mög¬
lichkeit des Hellsehens spräche! °
Die angebliche Hypnose des Jost musste aber noch in anderer
Beziehung Bedenken wachrufen. Jost, der eine keineswegs kräftige
Constitution besitzt, der früher lungenleidend war, soll ohne erheb¬
lichen Nachtheil für sein Nervensystem viele Jahre hindurch täg¬
lich Hypnosen ertragen haben, die sieh auf 5, 6 und noch mehr
Stunden erstreckten.
Die grossen Zahlen der von Bernhei'm und Wetterstrand
Bypnotisirten, bei denen schädliche Folgen gänzlich ausblieben
beweisen an und für sich nichts, es handelt sich hier nicht uin
Einzelhypnosen oder um eine Reihe von Wiederholungen, sondern
um Tausende Sitzungen bei derselben Person, Tag für Tag, Stunden
lang wiederholt. Selbst Forel giebt zu, dass der einzelnen Sitzung
krankhafte Erscheinungen folgen können, die er freilich nicht auf
die Hypnose selbst schiebt; von anderen Autoren wird ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass nach einmaliger Hypnose Störungen im
Bereiche des Centralnervensystems auftreten können, so noch kürz¬
lich von Jolly; an Jost soll aber diese Häufung von Sitzungen
spurlos vorüber gegangen sein!
Er giebt nun freilich an, dass er nach Erledigung einer Reihe
von Patienten geweckt, dass er gewissemaassen eine Erholungs¬
pause gemacht und dann wieder hypnotisirt worden sei. Nun
dieses Verfahren, die wiederholte Versetzung des Gehirns aus dem
normalen in einen anormalen Zustand, häufig executirt, dürfte erst
recht dem Nervensystem bedenklich geworden sein, es würde an¬
nähernd gleichkommen einer Chloroformnarkose, die man durch
wache Pausen unterbrechen und dann immer von neuem eintreten
fnfrn GS w r d n f f. nier bei dlesem Vorgehen die Zahl der Ueber-
fuhrungen des Gehirns aus dem normalen in einen anormalen Zu¬
stand noch mehr gesteigert worden sein
die aUGh * cb bestätigen kann, lehrt nun weiter,
wpr!i?n ti Sk,anke ü ügemein selten oder überhaupt nicht livpnotisirt
werden können, und zwar weil ihre Aufmerksamkeit in besonders
.gespanntem GraJe auf die krankhaften Vorstellungen und Affecte
gerichtet ist, die bei ihnen vorherrschen; in analoger Weise wird
wie dies auch Forel hervorhebt, das Gelingen der Hypnose erschwert
oder ganz m Frage gestellt, wenn jemand, der" das Wesen der
ypnose kennt, wünscht, dass dieselbe herbeigeführt wird • auch
: seine Aufmerksamkeit ist in zu energischer Weise auf den’zu er-
Nun beide Vnrf Ir* 6 * 1 Vorgai ^er ist nicht passiv genug.
Nun beide Vorbedingungen waren bei Jost gewiss erfüllt trotzdem
Erregung^ die ^ Ta « ein ’ selbst ^ intensive
zukaS^re tX weiteres hemmendes Moment hin-
zutam, vereitelte dieselbe scheinbar nicht. Wenn aber Jost unter
ausScT dfe 1 Demontt V f erhä ! z t ! üssen nichfc einmal die Befürchtung
ausspracü die Demonstration könne misslingen, beo-reife ich nicht
Äefe C 'st ü .t;?fT,r m .? imm(ir “ SÄ
fonairt hätte w? Und ! u S ewohnter Weise seine Nichte
FrtSw • , wo doch also nach seiner Theorie der Eintritt des
sein Pe™w S -i brll i ge r d ,®\ FIuidums S esichert war. Jost hat durch
Sven T fins™« k ' d ' Kl ' cl1 . den Verdacht erweckt, dass er des zweiten,
t x B1 1 S semer Leistungen nicht sicher war
heimWntilff ^“fdlung- wurde nun auch eines von Bern¬
in deklarierwSt“ f ?, gleichfalls ein Schneider
1{tfran t .. mer ^sts Kranke behandelte und heilte Trotzdem
demselben nicht die Indieien der absichtlichen Täuschung
Wahnbi^VMr 111 ^ \ nf '- el , )Iich ^Nachweis erbracht, dass ein!
mmmmm
geblieben, sondern es wäre bald srenue- nnnh 0 .. an £f 100111 1
äsä-SSS
No. 31
affectiven und Willenssphäre des Betroffenen pathologische Erschei¬
nungen nicht ausgeblieben. Das Vorkommen einer isolirten fixen
Wahnidee erkennen wir psychiatrisch nicht an. Dafür nun dass
bei Jost etwa eine geistige Störung vorhanden, dass bei der Nichte
gleichfalls psychische Abnormitäten bestanden, sprachen weder vor
noch während der Verhandlung irgend welche Momente.
Schliesslich sei noch ei® Punkt erörtert: der Wandel in den
von Jost getroffenen therapeutischen Maassnahmen; schon vor¬
hin erwähnte ich, dass seit dem Eintritt des Arztes in das Colle¬
gium zu Dorlisheim wirkliche Mecficamente, Antipyrin, Morphium etc
verordnet, dass unter anderem auch Pillencompositionen ver¬
schrieben wurden; auf mein Befragen erwiderte der Arzt er selbst
habe Jost niemals hypnotisirt, geschweige dem Bewusstseininhalt
desselben durch Verbalsuggestion die Kenntniss der Drohen und
ihre Dosirung zugeführt, und doch sollen während der Hypnose
dem Jost diese detaillirteu medicinischen Kenntnisse geläufig ge¬
wesen sein! 06
Ich habe schon vorhin der hypnotischen Demonstration Erwäh-
nung gethan, die Jost im Gerichtssaale, während der Verhandlung
bot Er wurde von dem Vorsitzenden des Gerichtshofes aufee-
fordert zu zeigen, wie sich der Hergang in Dorlisheim abgespielt.
Jost erklärte sich bereit, setzte sich auf einen Stuhl, die Nichte
nahm ihm gegenüber Platz. Im Beginn dieser Sitzung fixirte sie
weder den Jost, noch führte sie „magnetische Striche“ aus erst
nach Ermunterung dnreh Jost begann sie die bekannten Manipu¬
lationen, und nach verhältnissmässig langer Zeit war Jost angeblich
hypnotisirt. Es war zunächst in hohem Grade bedauerlich, dass die
bachverständigen von diesem Vorhaben des Herrn Vorsitzenden
nicht vorher unterrichtet waren, sie hätten dann einmal veranlassen
können, dass die hypnotische Sitzung etwa in einem Nebenraum
vorgenommen würde, nicht in einem viel zu kleinen, von Menschen
vollgepfropften Zimmer, wo die Sachverständigen neben dem Jost
kaum sicher stehen, geschweige ungenirt beobachten konnten; es
wäre aber vor allem auch möglich gewesen, Vorbereitungen zu
treffen um den Jost bezüglich seiner activen Thätigkeit zn prüfen.
Hierauf musste es doch in erster Linie ankommen; man kann zu¬
geben. dass Jost vor Jahren zu hypnotischen Versuchen benutzt
worden ist, damit ist weder bewiesen, dass er tagtäglich in Dorlis-
heun hypnotisirt wurde, und erst recht nicht, dass er im Zustande
der Hypnose die Fähigkeit des Hellsehens besessen hätte. Bei der
Demonstration im Gerichtssaale fiel auf, dass trotz des Jahre hin-
duich geübten hypnotischen Verkehrs zwischen der Nichte und
*j. 0S £. die Hypnose sehr lange auf sich warten liess — dabei konnte
die Situation immerhin hemmend gewirkt haben —, mir fiel ferner
auf, dass die Reaction der Pupillen völlig erhalten, die Weite un-
\erändert blieb, dass ich später beim Oeffnen der Lider einen er¬
heblichen Widerstand überwinden musste, dass Jost beim Erwachen
sofort in der völlig fremden Umgebung orientirt war, Wahrneh¬
mungen, die mich nicht die Ueberzeugung gewinnen liessen, dass
Jost wirklich hypnotisirt war. Zu Sensibilitäts- und sonstigen
Prüfungen fehlte absolut die Möglichkeit — selbst wenn man aber
zugeben würde, dass ein hypnotischer Zustand Vorgelegen hätte,
so war damit für Hellseherei wieder nichts bewiesen, Jost aber
Aufgaben nach dieser Richtung hin zu stellen, war bei der plötzlichen,
unerwarteten Inseenirung der hypnotischen Sitzung, in der drangvoll
urchterlichen Enge, in welche die Sachverständigen gebannt waren,
völlig unmöglich.
Von erheblichem psychologischen Interesse ist nun das Ver¬
halten der bei Jost Hülfe suchenden Clienfcel. Es ist begreiflich,
dass es dem Staatsanwalt nicht leicht war, Zeugen zur Stelle zn
bringen, die erklärten, düpirt worden zu sein. Der Erfolg der
Jost’schen und analoger Curen, die heute ja so sehr im Schwünge
smd, ist in erster Linie dadurch gesichert, dass nur die Fälle, wo
angeblich. Besserung resp. Heilung eintrat, sei es auch nur für
kurze Zeit, die glänzenden Resultate ansposaunen und für die
schwunghafte Reclame sorgen, während die Patienten, welche von
einer Wirkung des Händeauflegens, einer Kräutermixtur oder
auch einer Spermainjoetion nichts merken, nicht sonderlich geneigt
sind, auch noch den Spott einzuheimsen. Ich will nicht von der
socialen Stellung sprechen, der die Jost’schen Clienten angehörten;
wenn nur verhältnissmässig wenige Vertreter der sogenannten
i| SSe £ e ? Stände sich öffentlich zu ihm bekannten, so wäre es gegen
alle. Erfahrung anzunehmen, dass überhaupt nur wenig zahlreiche
Patienten aus diesen „den Schlofer“ frequentirt, sondern es werden
Ha^re, .Nest« von Unterjacken etc. ohne den Besitzer nach
Dorlisheim gelangt und durch Anderer Vermittelung Spender des
Heils geworden sein. Für viele der weniger gut situirten war
trotz des geringen, sit venia verbo ärztlichen Honorars, die Cur
wegen des hohen Preises der verordneten Mittel und ihres lange
fortgesetzten Gebrauchs recht kostspielig. Es wiederholt sich auch
hier die oft zu machende Wahrnehmung, dass das Publikum gern
bereit ist, für irgend ein Arcanum jeden Preis zu zahlen.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
2. August.
DEUTSCHE MEOtCINISCHE WOCHENSCHRIFT.
623
Auffallend war es, dass unter den Zeugen zwei Kategorieen
besonders stark vertreten waren, jugendliche und im höheren
Alter stehende Individuen. Dieser Factor muss in Anrechnung
gebracht werden, wenn man die psychische Reaction der Clienten
auf die sich abspielenden Vorgänge prüfen will. Ich habe schon
während der Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Hypnoti-
sirten in Dorlisheim gerade die Patienten waren, ja man kann be¬
haupten, dass sie fast alle auch unter der Herrschaft der Suggestion
standen. In der Heimath, auf der Eisenbahn fall rt, die oft gemein¬
sam absolvirt, im Wartezimmer war ihnen der Glaube an die
wunderbare Heilkraft des Schlofers suggerirt worden, dazu kam
die Aufregung, der Afifect der Erwartung, die Sorge wegen der
eigenen oder lieber Angehöriger Krankheit, und das Resultat war
ein psychischer Zustand, wahrlich nicht geeignet zur scharfen
Perception und noch weniger zu nüchternem Urtheil. So erklärt
es sich, dass Manche überhaupt kaum gesehen, dass sie weder
wussten, ob Jost die Augen geschlossen oder offen hatte, wie
sich die Sitzung abgespielt, ob sie gefragt worden seien, ob
sie spontan gesprochen, welche Handhaben sie etwa dem angeblich
Schlafenden gegeben, um auf die annähernd richtige diagnostische
Fährte zu kommen. Während der Zustand auf der einen Seite
besonders geeignet war, Irrthümer bei den Betreffenden zu er¬
wecken, hinderte er andererseits die Entstehung präciser Wahr¬
nehmungen. Trotzdem schilderten manche Clienten — nachdem
Jahre verstrichen — noch in detaillirter Weise, was sie gesehen
und gehört, die wunderbar zutreffenden Krankheitsschilderungen
des Jost; seine Prophezeihungen über Vorgänge, die sich viele
Meilen entfernt abspielten, waren ihnen noch geläufig. Nun hier
hat eben in ausgiebigster Weise jener psychische Vorgang mit ge¬
spielt, den man als Erinnerungsfälschungen zu bezeichnen pflegt,
ein Vorgang, der meiner Ueberzeugung nach bei Gerichtsverhand¬
lungen überhaupt keineswegs immer genügend gewürdigt wird.
Der Begeisterung und des Dankes für Jost voll, ergänzten die
früheren Patienten optima fide und unbewusst das dürftige und un¬
klare Erinnerungsbild, das ihnen von dem wirklichen Hergang ge¬
blieben, im Sinne des Affectes und der Vorstellungen, die viel
später bei ihnen herrschten. Gerade bei jüngeren und im höheren
Alter stehenden Individuen sind nun meiner Erfahrung nach
Erinnerungsfälschungen besonders wirksam. Während der Ver¬
handlung konnte man sich mehrfach überzeugen, dass die Dar¬
stellung der weit zurück liegenden Scenen immer lebhafter, immer
detaillirter, aber auch immer merkwürdiger wurde, je mehr bei
dem Sprecher der Affect w'uehs! Die wenigen Clienten, welche
im stände waren, die genannten Fehlerquellen wirklich auszuschalten,
waren über die Täuschung bald genug im klaren, bei ihnen
haperte es auch mit den diagnostischen Fähigkeiten des Jost in
der bedenklichsten Weise. Wenn wir uns nun fragen, wie war es
Jost denn möglieh, in manchen Fällen immerhin das Richtige zu
treffen, so ist gewiss nicht, was anfangs von der Anklage¬
behörde angenommen wurde, daran zu denken, dass Jost etwa
über ein ausgedehntes Spionensystem verfügte, dass er etwa vor¬
her instruirt wurde, sondern er benutzte andere Mittel. Zunächst
ist es mir zweifellos, dass er Gesichts- und Tastsinn in geschickter
Weise verwendete. Schon in einem früheren Falle 1 ) konnte ich
constatiren, welche irrthümlichen Auffassungen über die Leistungen
eines Individuums bei der Umgebung platzgreifen, wenn sie das
Nichtfungiren des Gesichtssinnes als bewiesen betrachten. Nun
wird Jeder, der sich einmal mit diesem Gegenstand beschäftigt
hat, zugeben, dass es keineswegs leicht ist festzustellen, ob Jemand
die Lider so fest geschlossen hat, dass er überhaupt nicht sehen
kann, bei einiger Uebung wird ferner die Fähigkeit, bei scheinbar
geschlossenen Augen doch scharf wahrzunehmen, noch erhöht
werden. Da nun von einer genauen Prüfung des Jost keine Rede
war, so halte ich es für sicher, dass Jost trotz seines magne¬
tischen Schlafes genaue Musterung hielt.
Dass mit der Annahme dieses Thatbestandes manches Wunder
sich erklärt, dafür nur ein Beispiel: Ein Herr theilt Jost brieflich
mit, er wolle ihn wegen seiner Mutter consultiren, bei der Sitzung
giebt er dem scheinbar Schlafenden ein Büschel grauer Haare in
die Hand, und sofort orakelt Jost, es handelt sich um eine „alte
Dame“, oder er erkennt ein Fussleiden bei jemand, der auf einen
Stock gestützt ins Zimmer tritt, auch das Aussehen manches
Tuberkulösen wird von ihm benutzt worden sein.
Herr College Naunyn hat schon darauf hingewiesen, dass
Jost bei manchem Clienten nach Art der Gedankenleser openrt
hat, wiederum andere haben weitaus mehr berichtet, als sie sieh
bewusst waren. Besonders wird das von Jost beliebte Voraus¬
senden irgend einer curiosen Behauptung, so „ihr habt Feuchtig¬
keit im Blut“, oder „es hat eine starke Verkältung stattgefunden“,
l ) Fürstner, Ueber Simulation geistiger Störungen. Archiv für
Psychiatrie Bd. 19.
oder „ihr habt schon viel gebraucht“, für den Hörer den Reiz ab¬
gegeben haben — oft genug unbewusst —, ein solches Dictum zu
bestätigen, weiter zu begründen oder demselben zu widersprechen.
Wie oft kommen Patienten zum Arzt mit der bestimmten Absicht
über Antecedentien, z. B. vorangegangene Behandlung von anderer
Seite zu schweigen und berichten doch ausführlich, ohne sich
darüber hinterher klar zu sein!
Bei der grossen Frequenz der Hülfesuchenden wird auch ein
gewisser durch Uebung gewonnener diagnostischer Blick nicht
völlig in Abrede gestellt werden dürfen. Bei einer kleinen Zahl
war Jost vorher orientirt durch Briefe früherer Kunden, welche
neue nach Dorlisheim empfahlen, oder auf anderem Wege.
Es war bei der Verhandlung nicht meine Aufgabe, die angeb¬
lichen Resultate des Jost auf ihre Realität zu prüfen und ihr
Zustandekommen ohne Mitwirkung einer geheimnissvollen Macht
zu erklären. Ich denke nicht daran, die Erfolge der gesammten
Balneo-, Hydro- und Elektrotherapie, die Wirksamkeit zahlreicher
Medioamente ausschliesslich auf Rechnung der Suggestion zu
setzen, sei es, dass sie vom Arzt, sei es, dass sie von Heilkünst¬
lern ä la Kneipp oder noch tiefer stehenden Gesundheitsaposteln
ausgeht, sei es, dass es sich um Autosuggestion handelt, deren
Wirkung durch allerhand geheimnissvolles Brimborium begünstigt
wird; wer aber die begeisterten Lobreden gehört hat, welche frühere
Patienten des Jost seiner Behandlung hielten, wer Zeuge der Dank¬
barkeitsbeweise gewesen, die sie ihm selbst während der Verhand¬
lung für manche unbestreitbaren Erfolge gaben, wird ein gestehen
müssen, dass manchem Kranken mit geschickt applidrter Suggestions¬
wirkung mehr genützt worden ist als durch Recepte und umständ¬
liche Curmethoden, denen das Wort, das den Glauben an den
Effect derselben schafft, fehlte. Und geschickt genug hat sich
Jost der Vorbaisuggestion bedient!
Bei einer grossen Reihe von Kranken, denen der Glaube an
die Heilkraft des Jost schon suggerirt war, schärfte er zunächst
von neuem mit allem Nachdruck ein, dass sie ihm volles Vertrauen
schenken, dass sie stricte die Verordnungen befolgen müssten, dann
werde er ihnen bestimmt helfen. Durch die complicirte Zuberei¬
tung einiger Mittel, besonders mancher Thees, wurde die Suggestions¬
wirkung noch erhöht, vor allem aber durch das geheimnissvolle
Milieu, unter dessen Einfluss die mit offenen Augen Hypnotisirten
standen!
Der Fall Jost scheint mir für den ärztlichen Stand die
Mahnung zu erbringen, unsere therapeutischen Maass¬
nahmen, namentlich in der internen Medicin, mehr als heute
häufig geschieht, darauf zu prüfen, weicher Antheil an ihnen der
Suggestion zukommt, andererseits aber neben einer genauen
Untersuchung des Kranken nicht nur darauf Bedacht zu sein, dass
der Kranke eine Ordination getrost nach Hause tragen kann, son¬
dern auch die psychischen Vorgänge, die bei einer grossen
Zahl functioneller Störungen die wichtigste Rolle spie^-
len, erkennen und in ihrer günstigen Beeinflussung ein
werthvolles therapeutisches Agens benutzen zu lernen.
Dabei muss immer wieder betont werden, dass dem Arzt, der
in der Erkennung, Beurtheilung und Beeinflussung psychischer Vor¬
gänge unbewandert ist — und ©in nicht unbeträchtlicher Theil der
Aerzte ist es dank den bestehenden Prüfungsvorschriften that-
sächlich —, ein wichtiges Stück in seiner gesammten medicinischen
Ausrüstung fehlt, ein Moment, das allein schon ernsteres Studium
in der Psychiatrie als nothwendig erscheinen lassen sollte.
Ich wende mich nun zu dem Falle Hegelmaier, der, was
iie betheiligte Person und die Sache selbst angeht, durchaus
Inderswerthig, insofern einer kurzen epikritischen Beleuchtung
mehr Schwierigkeiten bereitet, als die Vorkommnisse, dio zu dem
Process führten, sehr complicirte sind — die Acten wogen drei
Centner —, als andererseits die Episode, welche die Thätigkeit
ier ärztlichen Sachverständigen umfasst, in ihren Einzelzügen
aur an der Hand des gesammten Verhandlungsmaterials zu ver¬
stehen ist. Das letztere weicht aber inhaltlich wiederum in weit*
irehender Weise von dem Material der Acten, vor allem der
Anklageschrift ab. Der äussere Hergang war, wenn ich ihn mög¬
lichst gekürzt wiedergebe, folgender: Hegelmaier, der einer
Familie entstammt, in der eigenthümliche Charaktere mehrfach zu
finden, war Jahre hindurch ein eifriger und begabter Staatsanwalt
in Heilbronn gewesen, der mit gleicher Schneidigkeit gegen Hoch
und Niedrig, Reich und Arm vorging. Gerade diese Eigenschaften
batten ihn der grossen Masse für die Sella curulis in Heilbronn
empfohlen. Nach mehrjähriger erfolgreicher Thätigkeit für die
Stadt kam es zu Conflicten mit Angehörigen des Gemeinderaths,
allmählich zu Klagen, zu Processen. Die Regierung suchte zunächst
Hegelmaier zu stützen. Mit den Streitigkeiten verquickten sich
allmählich politische Differenzen, Die Situation verschärfte sich,
Prooesse in immer wachsender Zahl wurden anhäng«, Hegel-
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
624
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31
maier begnügte sich nicht mit der Entscheidung einer Instanz,
sondern suchte sein angebliches Recht durch alle Instanzen hin¬
durch ; es wurde eine Zeitung gegründet, deren wesentlicher Zweck
Bekämpfung des Stadtoberhauptes mit allen Mitteln war. Das Ver-
hältniss Hegelmaier’s zum Gemeinderath wurde immer weniger
freundlich, Processe, Klagen, Anzeigen, Bestrafungen nahmen kein
Ende. Die Stellung der Regierung gegen Hegelmaier änderte
sich, die ihm unmittelbar Vorgesetzte Behörde ging in scharfer,
vielfach ungerechtfertigter Weise gegen ihn vor. Der Gemeinde¬
rath wollte schliesslich die Entfernung des Stadtoberhauptes er¬
reichen, es wurde gegen ihn das erste Disciplinarverfahren einge¬
leitet. Im Verlauf desselben wurden nun angeblich Zweifel an der
geistigen Gesundheit des Hegelmaier laut, der Director einer
Württemberg’schen Anstalt verfasste das erste Gutachten, und
später gab das Württemberg’sche Medicinalcollegium einstimmig
ein ausführliches schriftliches Arbitrium ab, wonach Hegel¬
maier in hohem Grade erblich belastet, als an Queru¬
lantenwahn leidend zu betrachten sei, dass Heilbarkeit
ausgeschlossen, dass die Zeichen körperlichen und
geistigen Verfalls schon erkennbar. Die Angehörigen
Hegelmaier’s haben mir seiner Zeit dies Gutachten unterbreitet,
dessen Richtigkeit mir allerdings sehr zweifelhaft erschien. Eine
Beobachtung des Hegelmaier musste ich aus äusseren Gründen
ablehnen, derselbe begab sich in die Anstalt Illenau, und hier kam
Schüle auf Grund einer sechswöchentlichen Beobachtung zu der
Auflassung, dass Hegelmaier geistig gesund sei; er vertrat auch
seine Ansicht bei einer sich in Heilbronn abspielenden Gerichts¬
verhandlung, während der Vertreter des Medicinalcollegiums auf
der entgegengesetzten Meinung beharrte. Nachdem noch weitere
Processe, unter anderem auch vor dem Reichsgericht zu Gunsten
Hegelmaier’s entschieden, kam es zu einem neuen Disciplinar¬
verfahren, und ich wurde nun aufgefordert, als dritter Sachver¬
ständiger zu fungiren, da ja bei dem widersprechenden Tenor der
beiden Gutachten die Annahme eines „non liquet“ nicht auszu-
schliessen gewesen wäre. Die viel tägigen Verhandlungen, hin¬
reichender persönlicher Verkehr boten das Material, mir eine An¬
schauung zu bilden, die in dem Sinne ausfiel, dass Hegelmaier
zur Zeit als geistig gesund zu erachten sei, dass ich. aber auch
nicht die Ueberzeugung hätte gewinnen können, dass Hegelmaier
früher an einer Psychose gelitten, oder von krankhaften Affecten
beherrscht worden wäre.
Unter dem Einfluss des Materials, das die Verhandlungen
ergaben, nahm der Vertreter des Medicinalcollegiums sein früheres
Gutachten zurück, er erkannte seinen Irrthum an und trat nunmehr
den beiden anderen Sachverständigen vollkommen bei.
Dies in den Hauptzügen der äussere Hergang. Es drängt
sich nun die Frage auf, welche Momente führten wohl zu der
unberechtigten Annahme einer geistigen Störung bei Hegelmaier.
Zunächst wird nicht in Abrede zu stellen sein, dass das Medicinul-
collegium einen Fehler beging, vor dem sich der ärztliche Sach¬
verständige in derartigen Fällen hüten sollte; es urtheilte lediglich
auf Grund der Acten, ohne persönliche Exploration des Ange¬
klagten, ja noch mehr, es stützte sich im wesentlichen auf Acten-
material, das in toto als Anklageschrift zu betrachten war. Dazu
kam, dass zum Theil Deposita von Behörden, Corporationen, Vor¬
gesetzten denen des Hegelmaier gegenüber standen; der Sach¬
verständige kann aber leicht und unbewusst der Versuchung
anheimfallen, den ersteren ein grösseres Gewicht beizulegen, als
den letzteren. Die Richtigkeit der ersteren, die Unanfechtbarkeit
derselben zu prüfen, war aber dem Medicinalcollegium überhaupt
nicht möglich, diese Prüfung erfolgte erst bei der Verhandlung
und so kam es, dass das Medicinalcollegium bei Hegelmaier
das Bestehen einer krankhaften Vorstellung, eines Verfolgungs¬
wahns annahm, ohne controllirt zu haben, ob nicht einmal Vor-
gänge nachweisbar, die bei Hegelmaier den entschuldbaren
pnysiologisehen Irrthum hervorrufen konnten, er werde verfolgt ob
nicht andererseits wirklich Beeinträchtigungen stattgefunden hätten.
•Die Verhandlungen liessen nun unschwer erkennen, dass letztere
Voraussetzung thatsächlich zutraf, und damit musste das erste
t,,j! r K U S ngS J pUn t t des Q ueru 'antenwahns eliminirt werden,
Moment, das zu dem späteren krankhaften
der ft n “ zu £ eben P fle gt- Die Entstehung
der irrthumlichen Beurtheilung des Geisteszustandes des Hegel-
maier ist aber andererseits wohl darauf zurückzuführen, dass die
dnr!h re allf e wt nge ’ da !f daB une ntwegto Treiben der Processe
vf 8 d1 , 6 unaufh »rlichen Beschwerden des
.lülf r’ d ' J e . ADk ' a eeechrift hat es direkt Beschwerdesucht
fZT* ~ a ' daS s- dl ® ®” dl .°? en Hä ndel mit Personen und Körper¬
st- dass die zahlreichen schriftlichen Eingaben durch alle
beh«rü™ m ? Ur s h «1* a n- 016 S ,?. itZ<m der Justi2 ' und Verwaltungs¬
behörden ja darüber hinaus bis an den Landesherrn gehend dL>
manche Rücksichtslosigkeiten und-Schroffheiten, dass alle diese
Züge bei den Trägern des wirklichen Querulantenwahns oft genug
nachweisbar sind. Mit ihrer ausschliesslichen Gonstatirung ist
aber noch nicht die Krankheit bewiesen. Der andere Sachver¬
ständige, College Schüle, hat bei Fixirung der Merkmale, die das
Queruliren erst zu einem krankhaften machen, in glücklicher Weise
auf die Handlungen eines Verschwenders exomplificirt, auch diese
können in durchaus analoger Weise von einem geistig Gesunden
und Kranken executirt werden, erst die weitere Untersuchung des
Handelnden muss feststellen, ob er noch der Gesundheitsbreite
angehört oder diese überschritten hat.
Ich habe schon oben erwähnt, dass bei den krankhaften Que¬
rulanten der erste Impuls zu dem Kampfe um ihr angebliches
Recht meist gegeben wird durch einen nachtheilig verlaufenden
Rechtsstreit, ja ich habe mehrere Fälle beobachtet, wo den Be¬
treffenden thatsächlich Unrecht geschehen war, wo in den ersten
Stadien die Reaction gegen die erlittene Unbill um so weniger
pathologischen Stempel trug, wo dieser erst im weiteren Verlauf
immer deutlicher hervortrat.
Aus dieser Annahme, benachteiligt zu sein von Privaten,
von Behörden, aus der deprimirten Stimmung, welche die Vor¬
stellung begleitet, aus der ständigen Beschäftigung mit diesem Ge¬
genstand, wächst dann allmählich das Bestreben hervor, einmal
das Recht ä, tout prix zu erstreiten, und andererseits das Ver¬
langen, die Urheber der Benachteiligung zur Rechenschaft zu
ziehen.
Dass es aber „Wahnideen“ sind, die immer mehr Herrschaft
über den Kranken erlangen, dafür spricht der Umstand, dass
weder der wiederkehrende Misserfolg, eigene Erwägungen, Be¬
lehrung seitens anderer, dass selbst das widersprechende Zeugniss
der Sinne nicht den Impuls zu unterdrücken vermögen, dass der
Kranke, unbeeinflusst durch den erreichten Effect, zwangsmässig
und schliesslich mechanisch in der einen Richtung tätig ist, con-
tinuirlich denselben Faden fortspinnend, dass der Kampf um das
angebliche Recht, alle anderen Vorstellungen und Interessen in
den Hintergrund drängend, auch mit falschen und krankhaft ge¬
fälschten Mitteln fortgeführt, dass die Zahl der Verfolgungen und
Verfolger immer mehr anwächst, dass schliesslich ein ganzes
System von Wahnideen vorhanden ist. Mündlich und schriftlich
wird in gleich monotoner Weise — „eine Schraube ohne Ende“,
wie sich Schüle ausdrückte — auseinander gesetzt, welche Be¬
einträchtigung geschehen, auf welche Irrthümer sie zurückzuführen,
welche Consequenzen den Urhebern drohen. Neben den Anomalieen
auf intellectuellem und affectivem Gebiet, neben der krankhaften
Steigerung der Willensthätigkeit nach auschliesslich einer Rich¬
tung, bleiben auch Umgestaltungen in der ethischen Sphäre nicht
aus; den pathologischen Processkrämer scheert weder Weib noch
Kind, er ist nicht scrupulös in der Wahl seiner Mittel, er ver¬
mengt in der weitgehendsten Weise Wahrheit und Dichtung.
Das ist der eine Typus der Querulanten, der im wesentlichen
unter jene Krankheitsform fällt, die wir als Paranoia zu bezeichnen
pflegen. Bei einer zweiten Gruppe kranker Querulanten erwächst
die Störung weit ausgeprägter, als dies für die erste gilt, auf
einem von Haus aus abnormen Boden, und zwar pflegt auch hier
der Hauptdefect auf intellectuellem Gebiet zu liegen.
Die Urtheilsschwäche, die auch bei anderen Anlässen nach¬
weisbar, tritt besonders lebhaft in die Erscheinung, wenn der Be¬
treffende in einen Rechtsstreit verwickelt und in demselben angeb¬
lich oder wirklich einen Nach theil erlitten hat. Der Kranke ver¬
mag weder die Sachlage selbst, noch die Umstände, die zu der¬
selben geführt, und noch weniger die Mittel richtig zu beurtheilen,
die ihm im Kampf für sein angebliches Recht zur Verfügung
stehen und die zum Erreichen eines Erfolges geeignet sind. Unter
dem Banne dieser Kritiklosigkeit reiht auch er in monotoner
Weise Instanz an Instanz, Process an Process, Beschwerde an
Beschwerde. Hand in Hand damit pflegt zu gehen eine beträcht¬
liche Ueberschätzung der eigenen Persönlichkeit. Der thatsäch-
liche Defect kann in derartigen Fällen für kurze Zeit verdeckt wer¬
den durch eine eingelernte formale Gewandtheit, allmählich macht
sich aber in den mündlichen und vor allem schriftlichen Elaboraten
trotz aller Phrasen und scheinbar scharfsinnigen Wendungen die
logische Schwäche, der Mangel an Urtheil immer stärker fühlbar.
Eine Eingabe trägt genau denselben Habitus wie die andere, mag
der Anlass dazu noch so sehr variiren. Auch hier pflegen ethische
Abnormitäten nicht auszubleiben.
Gewiss hat der Querulantenwahn manche Berührungspunkte
mit Charaktereigenthümlichkeiten, die wir bei einzelnen Individuen
in der Gesundheitsbreite treffen, mit der Rechthaberei, mit der
Streitsucht, gewiss können die Handlungen beider Kategorieen von
Menschen vollkommen gleichartig sein, den Ausschlag aber, ob es
sich um Krankheitsäusserungen handelt, wird erst die Unter¬
suchung des Handelnden, vor allem nach den beiden genannten
Richtungen ergeben.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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2. August.
Nun musste es von vornherein auffallend erscheinen, dass bei
Hegelmaier lediglich die Berufstätigkeit die Merkmale für eine
Geisteskrankheit erbringen sollte, von Abnormitäten ausserhalb
derselben, z. B. in der Familie, im Freundeskreise war keine Rede
die angeblich krankhaften Erscheinungen hätten auch sofort cessi-
ren müssen, so bald Hegelmaier seinen Beruf, sobald er Heil¬
bronn hinter sich hatte, während seines Urlaubs z. B. ruhten sie
vollständig. Ein richtiger Querulant kennt aber keine Ferien!
Von einer Weiterentwickelung der Krankheitssymptome, wie
sie beim Querulanten wohl regelmässig beobachtet wird, war eben¬
falls keine Rede, im Gegentheil, da bei den Verhandlungen bezüg¬
lich der geistigen Gesundheit des Hegelmaier auch nicht der
geringste Zweifel aufkommen konnte, hätte man annehmen müssen,
dass trotz einer Dauer von fast zehn Jahren nun plötzlich Ge¬
nesung eingetreten wäre, was wiederum allen Erfahrungen auf
pathologischem Gebiet widersprechen würde.
Vor allem aber Hessen sich bei Hegelmaier nicht die vor¬
hin erörterten psychischen Züge nach weisen, die dem kranken
Querulanten eigen sind. Ein weiterer Fehler wurde in dem Gut¬
achten des Medicinalcollegiums insofern begangen, als zu viel
Werth auf hereditäre Verhältnisse und nervöse Störungen gelegt
wurde, die sich bei Hegelmaier selbst nachweisen Hessen. Ich
möchte bei voller Ueberzeugung von der schwerwiegenden Bedeu¬
tung des hereditären Moments davor warnen, in dem Vorkommen
nervöser Anomalieen und Psychosen in der Ascendenz eines zu
Begutachtenden, ohne weiteres einen Beweis für das Bestehen
pathologischer Verhältnisse bei letzterem selbst zu erblicken, wie
dies gelegentlich von Gutachtern geschieht. Dieser Factor allein
ist eben so wenig beweiskräftig wie das Bestehen eines Tic con-
vulsiv, der bei Hegelmaier vorhanden war; diese Momente wer¬
den erst bedeutungsvoll, wenn neben ihnen psychische Abnormi¬
täten thatsächlich nachgewiesen sind.
HegeLmaier musste nach der schliesslich übereinstimmenden
Anschauung der Sachverständigen aufgefasst werden als ein Mann
von hervorragender Intelligenz, von vorzüglichem Gedächtniss und
selten schlagfertigem Urtheil, ausgestattet mit einem sehr ausge¬
prägten Gefühl seiner Persönlichkeit, vielleicht einem zu sehr ge¬
steigerten Selbstgefühl, mit zäher und sich rücksichtslos betäti¬
gender Willensenergie, subjectiv vom Kopf bis zur Zehe in allem,
was er einmal anfing. Diese eigenthümliche Persönlichkeit wurde
nun in ein Milieu versetzt, das wohl als das denkbar ungünstigste
für sie bezeichnet werden müsste. Das Resultat war ein Ver¬
halten, das ohne gründliche Berücksichtigung der Mo¬
tive den Schein des krankhaften erwecken konnte, das
auch sicher ethisch nicht überall tadellos war, das aber
völlig in die Gesundheitsbreite fiel.
II. Ans der mediciniscben Klinik des Herrn Geheimrath
Prof. Dr. Gerhardt in Berlin.
Ueber Prodromalsymptome bei Paralysis
agitans.
Von Dr. E. Grawitz, Stabsarzt und Privatdocenten,
Assistenten der KHnik.
Unter den anamnestischen Erhebungen bei Kranken, welche
an Paralysis agitans leiden, nehmen den breitesten Raum die Er¬
mittelungen ein, welche sich auf prädisponirende Momente, heredi¬
täre neuropathische Veranlagung, überstandene schädigende Ein¬
flüsse auf Körper und Geist und dergl. beziehen. Der Anfang der
Krankheit ist in der Mehrzahl der Fälle nicht zu präcisiren, ganz
allmählich pflegt sich der Tremor und die Schwäche der Extremi¬
täten zu entwickeln, während in der Minderzahl die Krankheit an¬
geblich plötzHch nach einer psychischen Erregung, apoplektischem
Insult oder einem ähnlichen, sich schärfer ausprägenden Momente
in die Erscheinung tritt.
Sehr wenig nun ist aus der Vorgeschichte dieser Krankheit
über Prodromalsymptome bekannt; die meisten Autoren er¬
wähnen garnichts hierüber, und Eulenburg 1 ) giebt nur kurz an,
dass selten den wesentlichen Krankheitserscheinungen ein kürzer
oder länger währendes Prodromalstadium vorausgeht, welches durch
unbestimmte rheumatoide oder neuralgiforme Schmerzen, durch
Parästhesieen (Einschlafen und Kribbeln der Glieder, besonders in
den Händen, lokale Kälteempfindung u. a. m.), durch allgemeines
oder lokales Schwächegefühl in wenig charakteristischer Weise
gekennzeichnet ist.
Aehnliche ganz kurze Angaben macht Eich hörst in seinem
Lehrbuche der speciellen Pathologie und Therapie. 2 )
^ *) A. Eulenburg, Paralysis agitans. Realencyklopädie, II. Aufl.,
*)’n.' Aufi. 1885, Bd. HI, S. 443-
625
Während es sich nun bei diesen ganz vereinzelten und kurzen
Angaben in der Litteratur nur um unmittelbare, als seltene be¬
zeichnte Vorläufer der Schüttellähmung handelt, bot eine kürzlich
in die Klinik eingetretene Patientin besondere Prodromalerschei¬
nungen dar, auf deren Bedeutung von Herrn Geheimrath Gerhardt
gelegentUch der klinischen Besprechung hingowiesen wurde und
welche dazu aufforderten, auch die Krankeitsjournale früherer
Fälle von Paralysis agitans in Bezug auf diesen Punkt durchzu¬
sehen, worüber weiter unten kurz berichtet werden wird.
Die erwähnte Patientin ist eine 48 Jahre alte Frau, ihrer Beschäfti¬
gung nach Näherin, welche die ausgesprochenen Zeichen einer Schüttel¬
lähmung, vorwiegend der linksseitigen Extremitäten, in geringom Grade
des Kopfes und der rechtsseitigen Gliedmaassen darbietet.
Die Eltern der Patientin starben an Magenverengerung resp. Lungen¬
schwindsucht, ein Bruder starb an Wassersucht, eine Schwester lebt und
ist gesund. Die Menstruation trat im 17. Lebensjahre auf, war anfangs
unregelmässig, ist seit 10 Wochen geschwunden. Sie hat drei normale
Entbindungen durchgemacht.
In ihrer Kindheit überstand sie Masern, war als junges Mädchen
zeitweise bleichsüchtig, nach ihrer Verheirathung im 25. Lebensjahre erlitt
sie eine Infection durch ihren Mann.
Vom Jahre 1883—1893 litt sie an zeitweise auftretenden, sehr
heftigen Unterleibsschmerzen, die sie als Gallensteinkoliken be¬
zeichnet und infolge deren sie nach ihrer Angabe viel Morphium erhalten
hat. Seit Weihnachten 1892 sind diese Koliken nicht mehr heftig auf¬
getreten, Patientin hatte im Jahre 1893 nur noch wenig davon zu leiden,
und in diesem Jahre (1894) sind sie überhaupt nicht mehr aufgetreten.
Im Januar und März 1891 erHtt die Patientin zwei Verletzungen,
das erste mal durch Sturz von einer Treppe, wobei sie auf den Kopf
fiel und kurze Zoit bewusstlos wurde, das zweite mal durch Fallen bei
Glatteis, mit Verletzung des linken Ellbogens.
Nach Verheilung der letzteren, etwa im April 1892, bemerkte sie
zum ersten male Zitterbewegungen im linken Arm, welche während eines
Jahres noch so gering blieben, dass sie bei Unterstützung des Armes
schwanden, später wurden unter allmählicher Abnahme der Muskelkraft
die Zitterbewegungen so intensiv, dass sie auch im unterstützten Arm
und Hand vorhanden waren, sie traten dann auch im linken Bein und in
geringem Grade seit kurzem in den rechten Extremitäten auf.
Eine besondere Aufmerksamkeit erregten bei der Aufnahme der
Anamnese die Angaben über die angeblichen Anfälle von Gallen¬
steinkolik während des Verlaufes von 10 Jahren, und zwar um
so mehr, als die Patientin bei näherem Erkundigen angab, dass der Be¬
ginn dieser Schmerzanfälle im Jahre 1883 mit heftigen psychischen Er¬
regungen zusammenhing, die sie erlitten hatte, als ihr Mann sie um diese
Zeit verliess und nach Amerika ging, nachdem er sein Geschäft als
Sattler durch leichtsinnigen Lebenswandel ruinirt hatte.
Zufällig waren wir in der Lage, uns über die Natur dieser Schmerz¬
anfälle genauer zu unterrichten, da die Patientin wegen eben dieses
Leidens vom 26. November 1887 bis 28. Januar 1888 bereits auf der
Klinik behandelt war. Das damals angofertigte Krankenjournal ergab zu¬
nächst in Bezug auf die frühere Anamnese und die Dauer der Schmerz¬
anfälle dasselbe wie die diesmaligen Erhebungen, doch wurden die Schmerz-
anfalle hier mehr als Magenkrämpfe geschildert, die anfallsweise immer
drei bis fünf Stunden dauerten.
Auch während ihrer damaligen Anwesenheit auf der Klinik traten
mehrere Anfälle auf, wobei die Schmerzen theils zwischen Nabel und
Processus xiphoideus, theils im rechten Hypochondrium lokalisirt wurden
und zeitweise Erbrechen auftrat. Zeitweise wurde hier eine Anschwel¬
lung der Gallenblase gefühlt, welche in kurzem schwand. Gallonsteine
wurden nicht gefunden, Icterus bestand nie, ebensowenig war Gallenfarb¬
stoff im Urin; der Appetit war in den schmerzfreien Pausen gut, so dass
die Patientin in wenigen Wochen um sechs Pfund an Körpergewicht zu¬
nahm, Fieberbewegungen bestanden nie.
Aus allen diesen Ermittelungen ist wohl mit Sicherheit zu
entnehmen, dass es sich bei diesem Falle um lange vor dem Ein¬
setzen der manifesten Zeichen der Schüttellähmung bestehende An¬
fälle von neuralgischen Schmerzen handelt, die durch¬
aus den Eindruck gastrischer Krisen, vielleicht auch
von Leberkoliken machen und bei welchen es weiterhin be-
merkenswerth ist, dass sie mit der Zunahme der Symptome der
Paralysis agitans allmählich geschwunden sind.
Kaum ein einziges objectives Zeichen deutet in dieser Vor¬
geschichte auf organische Erkrankungen des Magens oder der Leber
hin, auf der anderen Seite fehlen bestimmte Erscheinungen einer
Rückenmarkserkrankung, und ich erwähne in Bezug hierauf noch
besonders, dass die Patellarreflexe der Patientin linkerseits erhöht,
rechts in gewöhnlicher Stärke vorhanden sipd und dass sich
auch sonst keine Erscheinung findet, die auf Tabes deuten könnte.
Wie schon oben gesagt, habe ich zufolge dieser Ermittelungen
bei unserer Patientin auch die Journale von früher auf der KHnik
behandelten Kranken mit Paralysis agitans durchgesehen, welche
ausser dem obigen neun an der Zahl sind, wovon sechs brauen
und drei Männer betreffen, die alle in vorgerücktem Alter standen.
Nur bei zweien von diesen Kranken finde ich keinerlei An¬
gaben über prodromale Störungen, bei dreien sind schmerz¬
hafte Empfindungen angegeben, die den Beginn der Krankheit
einleiteten und theils als reissende Schmerzen in den Extremitäten
jnit ruckweise auftretenden Zuckungen der Beine, theils als aus-
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626
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. Bl
strahlende Schmerzen von den Hüften nach dem Rücken zu ge¬
schildert werden — Symptome, welche wohl den von Eulenburg
und Eichhorst geschilderten Prodromalerscheinungen entsprechen.
Die anderen vier Krankengeschichten weisen dagegen in der
Vorgeschichte Verhältnisse auf, welche sich mehr denjenigen an-
schliessen, die bei der ersterwähnten Patientin erhoben wurden.
Die eine Patientin, eine 60jährige Wittwe, gab an, dass sie vor ca.
25 Jahren einen vorübergehenden Anfall von Zittern und Schwäche ge¬
habt habe, der nach dem Gebrauch von Soolbädera wieder geschwunden
sei; etwa zwei Jahre vor Beginn ihrer jetzigen Erkrankung, die sich all¬
mählich unter Abnahme der Kraft mit Zittern im linken Arm entwickelte,
litt sie zeitweise an eigentümlichen, drückenden Schmerzen in der
Magengegend, die besonders beim Sitzen stark auftraten, sie hatte
dabei nie Erbrechen, guten Appetit und konnte alle Speisen vertragen.
Auch hier war zur Zeit der vollen Entwickelung der Krankheit nichts
mehr von diesen Schmerzen vorhanden.
Bei einer zweiten Patientin, welche im Alter von 62 Jahren zur Be¬
handlung kam, hatte sich die Schüttellähmung angeblich seit etwa neun
Monaten entwickelt, und zwar waren hier im Beginne Parästhesieen ver¬
schiedener Art. in den unteren und oberen Extremitäten bemerkt worden,
die sich in kitzelnden Gefühlen, Sensationen von Ameisenlaufen und
Kribbeln bemerklich machten, die von unten nach oben stiegen. Ausser
diesen einleitenden Erscheinungen aber hatte die Patientin seit etwa
20 Jahren bereits an anfallsweise auftretenden, sehr heftigen
Kopfschmerzen gelitten, die sich häufig, besonders nach Aerger ein¬
stellten, nach längerer Ruhe wieder schwanden und von der Patientin
selbst als „Kopfkoliken“ bezeichnet wurden.
Auch bei dieser Kranken wurden während ihres zweimonatlichen Auf¬
enthaltes auf der Klinik diese Schmerzanfälle nicht mehr beobachtet, da¬
gegen hatte sie auffallend heftige Schmerzen in den vom Tremor vorzugs¬
weise befallenen Extremitäten.
Eine dritte Beobachtung betrifft einen 66 Jahre alten Mann, welcher
eines Nachts plötzlich mit krampfartigen Schmerzen in der rechten oberen
Extremität aus dem Schlafe erwacht war und gleichzeitig unwillkürliche
Zitterbewegungen in diesem Arm gespürt hatte, die seitdem ununter¬
brochen fortbestanden. Die Zitterbewegungen waren später auf das rechte
Bern mit übergegangen, unter gleichzeitiger zunehmender Schwäche beider
üliedmaassen.
Dieser Patient nun gab an, niemals seit seiner Kindheit krank ge-
wesen zu sein, nur litt er seit etwa zehn Jahren vor dem Beginne dieser
Krankheit an heftigen reissenden Schmerzen im linken Fusse
und in der linken Wade. Diese Schmerzen blieben auch während der
weiteren Entwickelung der Krankheit constant, ohne dass sich eine obiectiv
nachweisbare Veränderung als ursächliches Moment für dieselben hätte
fanden lassen.
Wenig sicher sind endlich die Angaben einer vierten Kranken, welche
angeblich seit längerer Zeit an „rheumatischen Schmerzen“ litt für
deren Entstehung sich aus der Untersuchung kein Anhaltspunkt ge¬
winnen liess. * b
Dieser kurze Auszug aus den Krankengeschichten von Patienter
mit Schüttellähmung ergiebt, wie man sieht, eine ziemlich reich-
liehe Ausbeute in Bezug auf Vorläufersymptome, wenn sich auch
die Details dieser Prodrome bei den früheren Fällen naturgemäße
nicht mehr so klar ermitteln lassen wie bei der ersterwähnten
Patientin Eine verhältnissmässig grosse Zahl dieser Kranken zei<ri
leichtere Prodrome, nach Art der von Eulenburg und Eichhorst
erwähnten neuralgiformen, unbestimmten Schmerzempfindungen
ierner Parästhesieen, Zuckungen und dergleichen. ~
Andere Kranke dagegen, und zwar in dieser kleinen Statistik
ziemlich die Hälfte, lassen schwerere Symptome alsVor-
1 a “ fe a r , erken “ e .!\ die man wohl den bei Tabes
der . e J'- Euck6 J lmarks ' und Wirbelerkrankungen als
gleichwerthig erachten darf. Man kann wohl annehmen dass
l eSe M Pr ° d ,T e •!“ ä n T Mchrzahl der Fälle falsch gedeutet und
* P aUe,lstcinkoliken und dergleichen aufgefasst
weiden, zumal da Zeichen von Tabes nicht vorhanden sind und da-
a " f d !? rein nervöse Natur dieser Anfälle leiten können —
Tnhnt hs?,fl h S6lbSt dl ® rnrseluedenartigen Krisen bei beginnender
labes häufig genug missdeutet. L
j lsfc daher vielleicht nicht ohne Bedeutung, an der Hand
der oben erwähnten, und zwar besonders des ersten Falles von
E^wfckel^Tc aUf ^ - Z 1 USa S m " nliang derart iger Krisen mit der
hp?tefni^! V g d - er ’ ln vieler Beziehung noch sehr dunklen Krank-
heitsform hingewiesen zu haben.
III. Tannigen, ein. neues Adstringens für d<
Darm.
Von Prof. Hans Meyer in Marburg.
, t D K ie 5 Ür ‘Ü* Einwirkung auf die Dünn- und Dickdarmschlei
haut bestimmten Arzneimittel sollen in Mnnd und Magen unwh
sam und unresorbirbar bleiben und auch im Darm nü? Mlmähli
ob^ff^TheiPdes ™ terIie & en . damit nicht nur t
obere Hi eil des Darmes, sondern auch die Dickdarmschloirnhs
von den Wirkungen des Mittels betroffen werden kö^ E^
Postulaten genügen im grossen und ganzen z. B. die meisten pflrn
liehen Abführmittel, und nach Analogie eines derselben sind be¬
kanntlich auch etliche Antiseptica für den Darm wie Tribenzoicin
Salol u. a. dargestellt worden.
Die für die Behandlung von Darmkrankheiten verfügbaren Ad-
stringentien entsprechen jedoch durchweg den obenaufgestellten
Forderungen nicht: Die adstringirenden Metallsalze ebenso wie die
Gerbstoffe lassen die Mund- und Magenschleimhaut nicht unbeein¬
flusst, was namentlich bei fortgesetztem Gebrauche sehr störend
sein kann; die ersteren werden ferner im Dünndarm durch die
alkalischen Secrete, hinter der Ileocöcalklappe zum Theil auch durch
Schwefelwasserstoff etc. in unwirksame Verbindungen tibergeführfc,
so dass nur bei bedenklich grossen Dosen die Adstriction auf der
ganzen Darmschleimhaut erreichbar sein und auch dann im wesent¬
lichen nur auf die mechanische Wirkung fein vertheilter Pulver
sich reduciren dürfte (vgl. Debove’s Behandlung der Diarrhöen
mit grossen Gaben von Talcum). Die Gerbsäure andererseits wird
ziemlich rasch resorbirt oder zersetzt, so dass Mörner 1 ) selbst nach
Aufnahme von 8,0 Tannin in den Faeces keine Gerbsäure- oder
Gallussäurereaction, im Harn aber nur etwa ein Decigramm Gallus¬
säure im ganzen auffinden konnte.
Es erschien mir daher nicht überflüssig, einen Versuch mit
ätherartigen Verbindungen des Tannins zu machen, die im Magen
ungelöst erst im Darm allmählich zur Wirkung gelangen sollten.
— Meine Versuche, die Gerbsäure dureh die Carboxylgruppe mit
Glycerin oder Phenolen zn vereinigen, haben einstweilen nicht zu
dem erwünschten Resultate geführt; dagegen gelang es, einen
Essigsäureester des Tannins zu gewinnen, der meinen Anforde¬
rungen zu entsprechen schien. Seit den Untersuchungen von Schiff
(1873) ist eine Pentacetylverbindung des Tannins bekannt, die durch
Kochen von Tannin in einer Mischung gleicher Theiie von Eisessig
und Essigsäureanhydrid erhalten und durch Behandeln mit ver¬
dünnter kalter Sodalösung, wie Böttinger-) gezeigt hat, leicht
von anhaftenden Beimengungen befreit und vö llig rein gewonnen
werden kann. Dieses Pentacetyltannin giebt keine Farbenreaction
mit Eisen, löst sich sehr langsam und überhaupt nur sehr wenig
in kohlensauren oder phosphorsauren Alkalien und fällt in neutraler
oder selbst schwach angesäuerter Lösung nicht Leim; nach stunden¬
langer Einwirkung wird es von verdünnten kohlen- oder phosphor¬
sauren Alkalien zum Theil verseift, reagirt nun auf Eisenchlorid
und giebt auch, wenn die Verseifung nicht zu weit vorgeschritten
ist, mit Leim eine Fällung. Mit Rücksicht auf dieses Verhalten
erschien das Pentacetyltannin wenig versprechend und erwies sich
in der That beim Thierversuch anscheinend ganz unwirksam.
Durch ein etwas abgeändertes Verfahren gelingt es aber ohne
Schwierigkeit, ein viel leichter lösliches, sofort wirksames Tannin-
derivat darzustellen, in dem nur zwei Essigsäurereste enthalten,
drei Hydroxyle aber nicht angegriffen sind. Dieser Körper, der
mit Bezug auf seine Abstammung der Kürze halber Tannigen
genannt sein mag, bildet ein gelblichgraues, geruch- und geschmack¬
loses, kaum hygroskopisches Pulver, welches trocken ohne Verän¬
derung bis auf ca. 180° C erhitzt werden kann und erst bei 187 bis
190° unter Bräunung zu schmelzen beginnt; unter Wasser dagegen
erweicht es bereits bei etwa 50° zu einer fadenziehenden, honig¬
artigen Masse. In verdünnten Säuren und in kaltem Wasser ist
der Körper nicht merklich, in Aether und in kochendem Wasser
nur spurweise löslich, wird aber leicht von kaltem Alkohol und ver¬
dünnten Lösungen von phosphorsaurem Natron, Soda, Borax, Kalk
und dergl. mit gelbbrauner Farbe aufgenommen; durch anhaltendes
Sieden der alkalischen Lösungen oder auch nach tagelangem Stehen
in der Kälte wird die Verbindung verseift unter Spaltung in Essig¬
säure und Gallussäure; nur bei der Verseifung mit Ammoniak ent¬
steht Gerbsäure, Mit Eisenoxydsalzen giebt die Substanz sofort
die bekannten Farbenreactionen des Tannins. Eine schwach alka¬
lisch reagirende Lösung von phosphorsaurem Natron fällt Leim
und Eiweiss, hat zusammenziehenden Geschmack, hemmt die Drüsen-
secretion auf der Froschhaut 8 ) und zeigt überhaupt alle Eigen¬
schaften eines Adstringens. Zusatz von Alkalien oder von Borax
löst die Leim- und Eiweissniedersehläge auf und verhindert die
Adstriction (Secretionsbeschränkung etc.) ebenso, wie es beim Tannin
der Fall ist.
Mit dieser Substanz habe ich eine Reihe von Versuchen an
Kaninchen und Katzen gemacht, die ergeben haben, dass das Tan¬
nigen vom Magen ohne Schaden, überhaupt ohne merkliche Ein¬
wirkung wie Störung des Appetite oder dergl. in Mengen von
mehreren Gramm vertragen wird, im Darm aber die Secretion be¬
schränkt und Eindickung der Faeces bewirkt. Dabei scheint es
mir besonders erwähnenswerth, dass selbst nach relativ kleinen
Gaben (z. B. 0,3 bei der Katze) ein Theil der Substanz sieh noch
9 Zeitschrift f. physiolog. Chemie 1892, XVI, S. 265.
*) Ber. d. deutsch, chem. Ges. XVII, S. 1503.
v Vergl. Schütz, Arch. f. exp. Pafchol. und PharmakoL XXVIII.
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2. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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in den Faeces nachweisen lässt, mithin die Wahrscheinlichkeit be¬
steht, dass die Adstriction sich bis in den Dickdarm hin¬
ein erstreckt. Andererseits geht aber auch daraus hervor, dass
das Lösen und Wirksamwerden des Tannigens nur allmählich und
wohl nirgends in sehr intensivem Grade stattfindet, Aetzungen der
Schleimhaut daher unter keinen Umständen zu befürchten, sehr
kräftige und nachhaltige Adstriction — zumal von einzelnen massi¬
gen Gaben — aber auch nicht zu erwarten sein dürfte. — Im Harn
tritt erst nach etwas grösseren Gaben eine „eisenbläuende“ Sub¬
stanz, und zwar Gallussäure auf; Gerbsäure habe ich im Harn
nicht nachweisen können, ebensowenig unverändertes Tannigen. Sub-
cutan oder intravenös lässt sich Tannigen in fünfprocentiger Borax¬
lösung zu mehreren Decigrammen ohne alle Schädigung injiciren.
Nach diesen Resultaten habe ich angenommen, dass das Tan¬
nigen sich für den ärztlichen Gebrauch wohl eignen könne und
meinen Collegen Friedr. Müller gebeten, einige dahinzielende
Versuche an Darmkranken anzustellen. Diese Versuche haben denn
nun, wie aus den nachfolgenden Angaben von Fr. Müller hervor¬
geht, den gehegten Erwartungen im allgemeinen entsprochen, so
dass das Tannigen als ein relativ unschädliches, geschmackloses
und voraussichtlich aueh billiges Mittel zu weiterer Anwendung,
wie ich glaube, empfohlen werden kann. Ob es sich auch für
andere Zwecke, z. B. als adstringirendes Schnupfpulver, in Lösung
als Gurgelwasser, oder auch als Streupulver bei der Wundbehand¬
lung, ähnlich etwa wie Magisterium Bismuthi nach Kocher, wird
verwerthen lassen, müssen Versuche lehren.
Die Herstellung im Grossen haben die Farbenfabriken vorm.
Bayer & Co. bereits in die Hand genommen.
Klinisehe Bemerkungen zn vorstehendem Aufsatz.
Von Prof. Friedrich Müller.
Das Acetyltannin oder „Tannigen“, welches von Herrn Prof.
H. Meyer der Marburger medicinischen Poliklinik zur Prüfung
übeigeben worden war, wurde im Laufe der letzten anderthalb
Jahre bei zahlreichen Patienten mit Darmerkrankungen der ver¬
schiedensten Art angewendet. Die Kranken nahmen das geschmaek-
und geruchlose Pulver ohne Ausnahme gern, der Appetit und die
Magenfunctionen wurden niemals ungünstig beeinflusst, und selbst
bei wochenlangem Gebrauch haben sich keine unangenehmen Folge¬
erscheinungen herausgestellt. — Nachdem Anfangs sehr vorsichtig
mit der Dosirung vorgegangen worden war, konnte bald zu grösseren
Gaben übergegangen werden, und es stellte sich heraus, dass Mengen
von 2—5 dcg drei mal im Tage verabreicht für gewöhnlich hin¬
reichten, um eine Wirkung zu erzielen. Auch Tagesdosen bis zu
3 und 4 g wurden bisweilen gegeben, ohne dass sich darnach üble
Erscheinungen gezeigt hätten. Das Mittel scheint, soweit unsere
Erfahrungen reichen, ganz ungefährlich zu sein. Da demnach eine
exactere Dosirung des Mittels nicht nothwendig erschien, so wurde
es der Einfachheit halber und um überflüssige Kosten bei der
Dispensirung zu ersparen, stets messerspitzenweise drei bis acht
mal im Tage verordnet.
Das Tannigen wurde zuerst bei chronischen Diarrhöen ver¬
schiedener Art gereicht, unter anderem bei chronischem Darm¬
katarrh, ferner bei einem Fall von recidivirender Dysenterie, haupt¬
sächlich aber bei den Durchfällen der Phthisiker. In weitaus der
Mehrzahl der Fälle trat am Tage nach Beginn der Medication Ver¬
minderung der Zahl der Stühle und consistente Beschaffenheit der¬
selben ein. Dieser Erfolg hielt freilich bisweilen, z. B. bei einigen
Phthisikern, nur so lange an, als das Mittel gegeben wurde, und
beim Aussetzen stellten sich bald wieder Diarrhöen ein. Erneute
Darreichung brachte die Durchfälle wieder zum Schwinden. Bei
einigen Fällen war dieser Wechsel so schlagend, dass die Patienten
von selbst immer wieder kamen, um das Pulver zu verlangen. So
haben manche unserer Kranken das Tannigen wochenlang genommen,
ohne dass eine Verminderung der Wirksamkeit zu beobachten war.
Eine Angewöhnung an das Mittel scheint nicht einzutreten. Bei
einem Fall von recidivirender Dysenterie, die sich im Anschluss
an epidemische Ruhr eingestellt hatte, mussten täglieh 3 g Tannigen
verabreicht werden, bis der blutig schleimige Stuhl verschwand
und geformten normalen Entleerungen Platz machte. Trotz dieser
grossen Gaben konnte weder Tannigen noch einer seiner Abkömm¬
linge in den Faeees nachgewiesen werden.
Weniger beweisend für die Wirksamkeit des Tannigens sind
die Fälle von acuten Durchfällen, die wir mit diesem Mittel be¬
handelt haben. Bei einer kleinen Epidemie von acuten Diarrhöen,
die wir im Mai und Juni dieses Jahres beobachtet haben, konnte
allerdings bei mehreren Fällen ein rasches Aufhören der Durchfülle
nach Tannigengebrauch constatirt werden. Aber es ist nicht sicher
zu sagen, ob diese Fälle nicht ohne Arzneimittel ebenso rasch ge¬
heilt wären. Auch ist zur Entscheidung ähnlicher therapeutischer
Fragen das Material einer Poliklinik, zumal wenn es sich grossen-
theils aus auswärtigen Patienten zusammensetzt, wenig geeignet.
Die Patienten zeigen sich nicht wieder, wenn sie gebessert und
geheilt sind, sie bleiben aber auch oft fort und nehmen die Hülfe
eines anderen Arztes auf, wenn sie die getroffenen Verordnungen
wirkungslos befunden haben. Bei acuten Durchfällen der S äugling e
erwies sich das Tannigen in einigen Fällen, bei denen absichtlich
nicht gleichzeitig die Diät geändert wurde, als wirkungslos. Das
ist nicht auffallend, denn diese Krankheit muss eben erfahrungs-
gemäss anders als durch Darreichung von Adstringentien behandelt
werden. Einigemale besserten sich aber auch bei Kindern die be¬
stehenden Durchfälle nach Tannigengebrauch, so dass es immerhin
des Versuches werth erscheint, das Mittel bei subacuten und
chronischen Durchfällen des Kiudesalters zu geben. Bei einigen
atrophischen Säuglingen, die an profusen Diarrhöen litten, konnte
der tödtliche Ausgang durch Tannigen nicht abgewendet werden.
Das Tannigen wurde ferner, um eine adstringirende Wirkung
zu erzielen, in Pulverform eingeblasen bei chronischen Entzündungs¬
zuständen der Nase und des Larynx. Doch sind bei dem spärlichen
Material, welches uns für diese Versuche zur Verfügung stand,
die Erfahrungen zu gering, um ein Urtheil zu gestatten. Auch
in Auflösung (Tannigen zu 3 0 o in einer fünfprocentigen Natrium¬
phosphatlösung; nach Bedarf verdünnter) wurde das Tannigen bei
chronischer Pharyngitis eingepinselt, wie es scheint, mit gutem
Erfolg.
Das eigentliche Gebiet, auf welchem Tannigen wirksam befunden
wurde, sind die chronischen Durchfälle, bei welchen auch das
Tannin sich heilsam erweist. Vor dem Tannin hat aber das neue
Mittel unstreitige Vorzüge, da es geschmacklos ist und die Magen¬
function intact lässt; es gerbt eben nicht den Magen, sondern an¬
scheinend nur den Darm. Es dürfte ein entschiedenes Bedürfniss
nach einem derartigen Mittel bestehen, und zumal bei den Diarrhöen
der Phthisiker und beim chronischen Darmkatarrh wird ein Medi-
cament willkommen sein, welches den Appetit intact lässt und sich
auch bei längerem Gebrauch völlig unschädlich und doch als wirk¬
sames Obstipans erweist._
IV. Aus der Nerven-Poliklinik von Prof. Dr. A. Eulenburg
(Dr. Rosenbaum).
Treber die subcutane Injection des Aethylen-
diamin-Silberphospbats (Argentamin
E. Schering) bei Tabikern.
Von Dr. Georg Rosenbaum.
Im vorigen Jahre (1898) machte ich auf Vorschlag von Prof.
Dr. Eulenburg und in dessen Poliklinik eine Reihe von Iiyectionen
bei schweren Tabesfällen mit dem neuen, von der chemischen
Fabrik auf Actien (E. Schering) in den Handel gebrachten, oben
genannten Silberpräparat. Die Erwägung, dass das Mittel eiweiss-
und kochsalzhaltige Flüssigkeiten nur leicht trübe, nicht fälle,
liess erwarten, dass es für subcutane Anwendung vollkommener im
Punkte der Resorption sein würde, als die früher von Eulenburg,
mir und anderen angewandte Jacob i’sche Lösung von Irisch ge¬
fälltem Silberchlorid in einer Lösung von unterschwefligsaurem
Natron (cf. A. Eulenburg, Berl. klin. Wochenschr. 1883, S. 21 und
G. Rosenbaum, Ther. Mon. Hefte 1890, Mai).
Hergestellt wurde das Präparat besonders für Injection bei
Gonorrhoe, bei der die desinfectorische und adstringirende Wirkung
der Silbersalze einen stetig zunehmenden Gebrauch erfährt. Das
Aethylendiamin - Silberphosphat enthält doppelt soviel Aethylen-
diamin als Silberphosphat und zeigt alkalische Reaction durch
den Gehalt an erstgenannter Verbindung. Dieselbe hat die Formel
,H4<55* und löst sich gut und farblos in Wasser. Zer-
^ NHs
tzungen am Lichte ist das Präparat ebenso wie die anderen
Iberverbindungen ausgesetzt und muss deshalb im Dunkeln auf¬
wahrt werden; Behandlung mit salpetriger Säure führt leicht Um-
tzungen (Aethy len diaminnitrat) herbei, weshalb von dem Ver-
eh, das salpetersaure Silbersalz herzustellen, Abstand genommen
td das phosphorsaure gewählt wurde. 1L . U(1A0/
Die uns von der Fabrik zugestellte Lösung enthielt 20 /o
Ibersalz, und wurde davon nach Herstellung einer 2 "folgen
teung Vr 7r 3 /4- Spritze injicirt, bei guter Reinigung der Haut
it Antiseptieis, Verklebung der Einsticfastelle und Massage dei
treffenden Gegend. Leider stellte sich bei allen, zum lhei
«shsfc toleranten Patienten — die meisten zeigten deuthdw
bische Analgesie — eine sehr erhebliche Schmerzhaftigkeit
tweder unmittelbar nach der Injection oder m den nächsten
unden ein, welche zuweilen 24-36 Stunden persisMrte. Obgleich
in die Injeetionen möglichst tief gemacht wurden, zeigte sich dod
twedereine bedeutende «durative Anschwellung, oder aber emt
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
bereits 24—86 Stunden nach der Injection wahrnehmbare Haut¬
nekrose über der betreffenden Stelle von etwa 1 cm Breite und
etwa 1 V ‘2 cm Länge, bei früher intensiv schwarzer Färbung der be¬
theiligten Hautstelle. Diese exfoliirte sich sehr langsam in Zeit
von 4—6 Wochen unter Zurücklassung einer bläulichen, vertieften
Narbe. In etwa 8—4 Fällen kam die Induration zur Erweichung,
und es entleerte sich nach Incision eine dünnflüssige seropur ulen te
Flüssigkeit,
Die höchste Zahl der Injectionen betrug (bei einem Patienten)
zehn, bei allen anderen weniger, bei einem sein 1 empfindlichen konnten
sogar nur drei Injectionen gemacht werden, weil er eine Wieder¬
holung standhaft verweigerte. Ausserdem lag kein Grund vor, die
Injectionen trotz dieser bedeutenden Schmerzhaftigkeit fortzusetzen,
weil auch die Patienten, bei denen eine grössere Zahl von In¬
jectionen gemacht wurde, kein Zeichen einer Besserung nach irgend
einer Seite hin bemerken Hessen. Im ganzen wurden 60 Injectionen
an 8 Patienten gemacht, von denen nur die später mit 1 °/oiger
Lösung gemachten leidlich reizlos verliefen. Die von Mayen$on
und Berg er et beobachtete Ausscheidung von Silber im Harn, die
von Jacoby nicht bestätigt wurde, trotzdem die Leber deutliche
Silberreaction ergab, konnte auch in unseren Fällen nicht nach¬
gewiesen werden. Die Untersuchungen darauf fanden statt in dem
Laboratorium des Herrn Prof. Dr. Zülzer und sind entschieden
noch zu wiederholen, was bei der jetzt behandelten Reihe von
.Kranken geschehen soll.
Im ganzen erhielt man den Eindruck, dass die Lösung zu stark
reizend wirkte, was vermuthlich auf die alkalische Reaction sich
■beziehen lässt. Erst als die Lösung auf die Hälfte (von 2 % auf 1 %)
•mit Aqua destillata gemischt wurde, Hessen die schlimmen Reactions-
erscheinungen nach, obgleich sie auch da nicht fehlten. Unter
diesem Gesichtspunkte wäre also das Aethylendiamin-Silberphosphat
•wie es bisher von mir angewandt wurde, keine wesentliche Be¬
reicherung unserer Mittel zur subcutanen Injection; muss ich doch
sagen, dass die Jacoby’sche Lösung 1 ), über deren Anwendung
ich seiner Zeit berichtete, viel besser vertragen wurde, wenngleich
auch sie zuweilen Schmerzen macht und sehr leicht zersetzlich ist
Das letztere muss übrigens auch vom Argentamin Schering gesagt
werden: Lösungen in brauner Flasche zeigten zuweilen, besonders
bei geringerer Concentration bereits in 6—8 Tagen deutliche
.Niederschläge. Erwäge ich, dass bei Anwendung der Jaeoby-
k! 6 " L-i 0SU “f '" al “ nter 140 In j^ionen eine Abscedirung
bemerkt wurde und dass bei Anwendung des Argentamin unter
60 Injectionen etwa 4—5 mal Abscesse entstanden, etwa 6—8 mal
Hautnekrosen ein traten, fast alle übrigen Injectionen aber lang
persistirende Indurationen ergaben, was nur bei stärkeren Yer-
^wßif U n gen i Mlt ^- qu ? destlllata nachzulassen schien, so scheint es
f l - aSS dl u L °? n ^ mit der wir ^arbeitet, viel zu stark
war, was ja auch naheliegt, da die Jacoby’sche Lösung pro-
w ~K hw v ächer ist ’ 0der dass sich das Aethylendiamin-
ketae? Äerct I Upt , ni f- ht ZUr . I,, j ection «gnet, jedenfalls in
eueren“ Co " 0 “ tra *" m mit der anderen Lösung con-
Die Ipjectionsreihe, die gegenwärtig begonnen worden soll be-
f^ der , s ube . r den zulässigen Grad der Verdünnung des Argentamins
und über die Frage der Ausscheidung des Silbers im Harn Auf-
In letzte"; “ er dann se ^ r /eit berichtet werden wird
Hiß l Zeifc ® md nun eine Eeihe von Versuchen publicirt
am Ä" Pl i ä f r u t th £ ils ausserhalb d «s Körpers, theils
Znsch fW d i TTprin H 6 " £ eWebe , un *' ernommen wurden. Der
• nrl . ’ j dle Therapie der Gonorrhoe ein tiefer in die Gewebe
«undringendes antibacterielles Mittel zu gewinnen als das bisher
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Niedörschläffe lg dii ai ? inS u 11 A CllWei 4 Sert liess< Anderer seits gelang es
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durchscheinend wurde T) ftP p-L a a S *“* Elter gleichmässig
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A,u. Natr - ■«>"»>*>«* 0,3,
No, 31
Das nähere über diese und viele verwandte Versuche findet
sich m den beiden Publicationen von Jean Schäffer- Ueber den
Desmfectionswerth des Aethylendiaminsilberphosphats und Aethvlen.
diaminkresols, nebst Bemerkungen über die Anwendung der Centn-
fuge bei Desmfectionsversuchen (Zeitschrift für Hygiene und Tn
fectionskrankheiten.1894 Bd. XVI) und Ueber die Behandlung te
Gonorrhoe mit Silbersalzen (nach einem in der medicinischen
Section der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cuitur
am 9 Februar 1894 gehaltenen Vortrage), woselbst einig«
zweckmässig nachgelesen wird. Einige Hauptsätze, zu denen
der Verfasser kommt, sind: „Eine Aethylendiaminsilber- phos-
phatlösung dnngt viel tiefer ins organische Gewebe ein als
eine Argentum uitricum - Lösung von demselben Silbergehalte in
der gleichen Zeit und unter den gleichen Bedingungen “ Das
neue Silbersalz in schwacher Concentration ist ebenso gefässver-
engernd wie die Argentum mtricum-Lösungen.“ Dies letztere ver¬
dient noch besonders betont zu werden, da es geschienen hatte
als könne die Vermehrung der Blutung auf frischen Wundflächen
durch erschlaffende Beeinflussung der Gefässe erfolgt sein, während
die Experimente an der aufgespannten Froschzunge das Gegentheil
erwiesen haben: die Blutung wird nur vermehrt durch geringere
Bildung unlöslicher Eiweissverbindungen.
Was die Giftigkeit des Argentamins anbetrifft, so ist dieselbe
ba !j a ,. el 1 er . ( ?‘ f * I S belt . Silberlösungen mit dem gleichen Silber¬
gehalt. Schäffer giebt die scheinbar grössere Giftigkeit des
Präparates der vermehrten Resorptionsfähigkeit schuld: das Aethylen-
diamin, in 20—30 % igen Lösungen allerdings ätzend und Indu-
lationen bildend, ist in den zur Verwendung kommenden Mengen
bei Mensch und Thier unschädlich. Da Kaninchen 0,4 g Aethvlen-
diamin bei nicht zu starker Concentration ohne Schädigung der
Gesundheit (nach Schäffer) vertragen, so dürfte das für eine In¬
jection beim Menschen in Frage kommende Quantum irrelevant
sein. Doch ist nach meinen Erfahrungen der stärkste zulässige
Concentrationsgrad für subcutane Injectionen am Menschen die
1 "folge Losung; allerdings scheint diese Form nicht besonders
haltbar wegen starker Neigung zur Ausfällung und daher empfehlens-
W6r ’ nu r kleine^ en & er i anzufertigen, die schnell verbraucht werden.
■ u q 6 der Gonorrhoe mit Argentamin anlangend,
f ^ Ch ^ r ,.? n L da r S ? für die Urethra anterior Lösungen von
1: öUüü—4000 für die Urethra posterior solche von 1:1000—500
angebracht sind; zugegeben wird, dass die Eiterproduction zunächst
s .ets vermehrt schien, was vielleicht gegen die Anwendung bei
s*r en primären Reizzuständen spricht. Die überlegene Wirkung
es Kieosols und Aethylendiamin-Silberphosphats bei Desinfeetions-
versuchen gegenüber den einfachen Mitteln bezieht Schäffer auf
das tiefere Eindringen in das Protoplasma der Bacillen.
V. Aus dem Marien-Krankenhause in Hamburg.
Ueber die radicale Heilung der recidivirenden
Perityphlitis. 1 )
Von Dr. Hermann Kümmell,
Oberarzt der chirurgischen Abtheilung.
Wohl kaum giebt es eine Erkrankung, welche unter so viel¬
gestaltigen Bildern einhergeht, so viele Recidive verursacht und
auch so manche Opfer fordert, wie die Perityphlitis. Erst in den
letzten Jahren hat man angefangen, dieser bisher so wenig durch¬
forschten Krankheit ein lebhafteres Interesse entgegenzubringen,
dafür sprechen die vielfachen interessanten Discussionen und leb¬
haften Erörterungen, welche in den verschiedensten wissenschaft-
nchen Vereinen unseres Vaterlandes und anderer Länder statt-
gehabt haben. Ich will heute nicht über die verschiedenen Formen
der acuten PerityphHtis, die acute diffuse Perforationsperitonitis,
den perityphlitischen Abscess, die retroperitoneale Phlegmone,
den paratyphUtischen Abscess und wie sonst die klinischen Be¬
zeichnungen der Wirkungen derselben Ursache lauten mögen,
sprechen, sondern nur in kurzem Ihre Aufmerksamkeit auf die Be¬
strebungen richten, welche eine dauernde Heilung des Leidens zu
erzielen suchen. Die PerityphHtis ist als ein zweifellos schweres
Deiden anzusehen, ernst durch den einzelnen Anfall selbst, unlieim-
uch und unberechenbar durch die dem ersten Anf all meist folgenden
Recidive.. Wer einmal einen perityphlitischen Anfall überstanden,
schwebt m gewissem Sinne in dauernder Lebensgefahr durch den
stets möglichen Eintritt einer neuen Attaque.
• v. . 16 uns zahlreiche Beobachtungen an Autopsieen beweisen
ich erinnere an die Zusammenstellungen von Weir, von Bollinger
und mancher anderer —, ist ausschliesslich der Wurmfortsatz die
Ursache des als Perityphlitis bezeichneten Krankheitsbildes. Er-
) Nach einer Mittheilung auf dem XI. Internationalen mediciui-
schen Congress in Rom.
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DEUTSCHE’MEDICINXSCHB WOCHENSCHRIFT.
629
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Er-
2. August.
krankungen des Coecums wurden nur in geringer Anzahl beobachtet.
Die in den letzten Jahren durch Entfernung des Wurmfortsatzes
gewonnenen Erfahrungen beweisen die Richtigkeit dieser An¬
schauungen. Gerade diese Präparate geben uns Aufschluss über
den pathologisch anatomischen Vorgang, welcher der in Rede
stehenden Erkrankung zugrunde liegt.
Das Material, welches bislang ein kleines war, hat sich in den
letzten Jahren ganz erheblich und vortheilhaft vermehrt. Als ich
im Jahre 1890 auf dem Congress der deutschen Gesellschaft für
Chirurgie Gelegenheit nahm, zur radicalen Beseitigung der recidi-
virenden Form der Perityphlitis die vollständige Entfernung des
erkrankten Wurmfortsatzes zu empfehlen, konnte ich nur über fünf
derartige erfolgreich operirte Fälle berichten; vor mir war bereits
Tröves in einem und Senn in zwei Fällen in derselben Richtung
operativ vorgegangen, doch waren mir ihre diesbezüglichen Mit¬
theilungen erst später zu Händen gekommen. Diesen drei günstig
verlaufenen Fällen konnte ich meine beiden ebenfalls erfolgreichen
Operationen ansehliessen. Inzwischen hat sich die Zahl dieser wohl
als segensreich zu bezeichnenden Operation ganz wesentlich ver¬
mehrt, und ich darf wohl behaupten, dass sie nunmehr ein all¬
gemein anerkannter und von den meisten Chirurgen a'usgeübter
operativer Eingriff ist. Es sind nicht nur die Chirurgen Amerikas,
welche über eine grosse Anzahl in diesem Sinne ausgeführter Opera¬
tionen zu berichten haben, sondern auch diejenigen Englands, Frank¬
reichs, Deutschlands, Dänemarks, Schwedens und anderer Länder
haben in grosser Anzahl zielbewusst wegen recidivirender Perity¬
phlitis die Operation vorgenommen. Es würde zu weit führen,
Namen und Zahlen der bisher ausgeführten Operationen mit-
zutheilen, ein geringer Procentsatz bleibt es immerhin im Vergleich
zu der Häufigkeit der Erkrankung und ihren mehr oder weniger
schweren Recidiven, und gerade in Deutschland scheint mir die
Operation noch nicht die Bedeutung erlangt zu haben, auf welche
sie Anspruch erheben darf.
Ich habe bis jetzt 24 mal Gelegenheit gehabt, die Entfernung
des Processus vermiformis in den verschiedensten Stadien der recidi-
virenden Perityphlitis vorzunehmen. Sämmtliche Kranke sind
geheilt, alle von Rückfällen oder Beschwerden befreit
geblieben. Ausser den Erfolgen der Operation, wodurch die
Kranken von einer dauernden Gefahr befreit und ihrer Thät-igkeit
und dem Genüsse des Lebens wiedergegeben wurden, boten die
durch die Operation gewonnenen Präparate soviel typisch wieder¬
kehrende Erscheinungen und gaben, wie ich glauben möchte, Auf¬
schlüsse über die Entwickelung und den Verlauf der Perityphlitis,
dass ich dieselben hier kurz erwähnen möchte. Sämmtliche Opera¬
tionen wurden in dem intermediären Stadium, nach Ablauf der
fieberhaften Erscheinungen, der entzündlichen Reizung und Schmerzen
ausgeführt. Reste des sog. Exsudates waren vielfach noch vor¬
handen. — Allen Präparaten gemeinsam ist ein charakteristisches
Symptom, die chronische Entzündung, welche in keinem Stadium
fehlt und mir die primäre Form der Appendicitis zu sein scheint,
daran schliesst sich die Bildung von Geschwüren mit und ohne
Perforation, dieser folgend die Strictur, die ampullenartige Dilata¬
tion des Lumens unterhalb der Strictur mit kothigem Inhalt, Ver¬
dickung desselben und Bildung von Kothsteinen. Betreffs der event.
Entwickelung des Leidens möchte ich mich, fussend auf meine
pathologisch-anatomischen Erfahrungen, den Ansichten des ver¬
storbenen Iversen ansehliessen. Durch irgend eine Ursache ent¬
steht ein acuter Dickdarmkatarrh, eine Schwellung der Schleim¬
haut des Coecums, welche sich dem nahe gelegenen Processus
vermiformis mittheilt. Das von der entzündeten Schleimhaut des
letzteren abgesonderte Secret entleert sich anfangs in das Coecum,
später wird dies unmöglich, da die physiologisch engste Stelle, die
Gerlach’sche Klappe z. B. durch ihre Schwellung das Lumen
verlegt und den Austritt hindert. Oft kann wohl nach erfolgter
Abschwellung nochmals Entleerung des Secrets in das Coecum
stattfinden, bei Wiederholung des Katarrhs bleibt Secret und mit
ihm die Ursache dauernder Reizung zurück. Ist erst der chronische
Reiz und mit ihm die chronische Entzündung vorhanden, so er¬
klären sich die späteren und weiteren Stadien der Erkrankung,
welche uns die Präparate in ihrer schrittweisen Weiterentwickelung
deutlich vor Augen führen, relativ leicht. Die einzelnen exstirpirten
Organe sind klare Paradigmata der einzelnen Stufen der Erkran¬
kung, von dem anfangs einfachen chronischen Katarrh beginnend
bis zur Perforation des Geschwürs und zur Bildung des Kothsteins
aus den stagnirenden Kothmassen. In vier Fällen handelte es sich nur
um eine chronische Entzündung, um starke Auflockerung der Mu-
cosa, mit meist übelriechendem Inhalt, hochgradiger Verdickung
der Muscularis; der ganze Wurmfortsatz ist meist in einen derben,
sich starr anfühlenden Strang verwandelt. Eine Perforation ist
zum Zustandekommen einer Entzündung in der Umgebung des
Processus vermiformis nicht nothwendig, wie einige unserer Fälle,
welche mit schweren klinischen Erscheinungen, lebhaften Schmerzen,
starkem Meteorismus, hohem Fieber und deutlich nachweisbaren
Exsudaten einhergingen, lehren. Nach der durch die operative
Entfernung möglichen Untersuchung des Wurmfortsatzes zeigte sich
nur ein Zustand chronischen Katarrhs. Der grosse Drüsenreich¬
thum des Processus vermiformis, die zahlreichen Lymphbahnen,
welche von dort in das benachbarte Peritoneum ausgehen, lassen
bei der stets verletzten und erkrankten Schleimhaut eine Infection,
eine Lymphangitis septica in der Umgegend und im benachbarten
Peritoneum als sehr wahrscheinlich hervortreten, zumal uns durch
das Experiment Körte’s die physiologisch vorhandenen, leicht zu
durchdringenden Bahnen klargelegt sind. — In sechs Fällen han¬
delte es sich um mehr oder weniger tiefgehende Geschwüre mit
leichteren oder schweren Stricturen, welche, jedoch nicht perforirt
waren. In neun Fällen handelte es sich um grössere oder kleinere
Perforationen mit zum Theil sehr hochgradigen Stricturen und
meist sehr derben Verwachsungen. Die Perforation war zuweilen
leicht verklebt, zum Theil offen, so dass es nur eines geringen An-
stosses bedurfte, um neue Entzündungen hervorzurufen. In drei
Fällen befand sich die Perforationsöffnung am Uebergang des Pro¬
cessus vermiformis in das Coecum, so dass der erstere dicht am
Coecum entfernt werden musste. Die Naht des Coecums, welches
an dieser Stelle stark verdickt war, heilte in zwei Fällen nicht und
führte zu vorübergehenden Kothfisteln; es ist dies zweifellos der
ungünstigste Sitz der Perforation. Die übrigen Perforationen
sassen oft an der Spitze des Wurmfortsatzes, oft in der Mitte oder
an einer anderen Stelle, stets von Stricturen begleitet. In zwei
Fällen war das Coecum secundär perforirt; das Geschwür des mit
dem Coecum verlötheten Wurmfortsatzes hatte auch die Serosa und
die übrigen Schichten des Coecums perforirt. Im Fall II war infolge
dessen hochgradige Ulceration und Verengung des Coecums ein¬
getreten, so dass das Coecum resecirt Werden musste; in einem
anderen Falle wurde die Perforationsöffnung des Coecums excidirt
und durch die Naht geschlossen. In vier Fällen waren Kothsteine
vorhanden, welche zum Theil die Wand perforirt hatten und aussen
sichtbar waren. Interessant war in einem Falle die in den ver¬
schiedensten Stadien befindliche Entwickelung des Kothsteines;
neben zum Theil noch weichem Koth lagen harte Kothbröckel und
zum Theil schon fertige Kothsteine, von denen einer bereits die
Wand des Appendix durchbohrt hatte und weit in die Oeffnung
hineinragte. Die Verwachsungen der Darmschlingen oder des
Netzes mit dem Coecum oder der Bauchwand waren oft sehr hoch¬
gradig, der Wurmfortsatz zuweilen ganz in Schwarten eingebettet.
In mehreren Fällen von vorangegangener Exsudatbildung fanden
sich zwischen den Adhäsionen Heerde mit Eiter und bröckeligen
Massen gefüllt; dieselben wurden nach Möglichkeit ausgeschabt
und gereinigt.
Bei keinem der vorliegenden Präparate konnte ich den Ein¬
druck gewinnen, dass eine spontane Rückbildung ad integrum
möglich gewesen, wohl aber musste ich bei vielen annehmen,
dass bald ein neuer und vielleicht schwerer Anfall eingetreten
wäre. .
Wie es, wie wir gesehen, Abstufungen des pathologisch-anato¬
mischen Bildes giebt, so sind auch die durch dieselben bedingten Sym¬
ptome verschieden; jedoch möchte ich besonders hervorheben, dass
absolut kein bestimmtes Verhältniss zwischen anatomischem Befund und
der Schwere des Anfalls besteht. Einfache chronische Entzündungen
ohne Perforation, ohne Kothaustritt rufen oft die stürmischsten und
gefährlichsten Symptome hervor, während Perforation u. dgl. oft
nur mit ganz massigen Erscheinungen antworten. Dass eine
Perityphlitis stets als eine sehr ernste und gefährliche Erkrankung
anzusehen ist, darüber ist wohl kein Zweifel. Dass eine einmal
überstandene Blinddarmentzündung nicht wiederzukehren braucht,
das haben wir alle erfahren, dass aber-nach 18 oder 15 Jahren Recidive
eintreten können, die dann häufig gefahrbringend werden, beweisen
die Fälle 17' und 20. Auch nach stattgehabtem pentyphlitischem
Abscess (Fall 19), welcher incidirt wurde und allmählich ausheilte,
können Recidive eintreten. Der Wurmfortsatz befand sich, ohne
adhärent zu sein, ohne jede Verwachsung im Stadium der chronischen
Entzündung. . . , _
Ob ein Anfall der erste und der letzte sein wird, ob mit dem
nächsten jeder Rückfall ausgeschlossen ist, oder ob einer der nächsten
Anfälle zum Tode führt, oder ob immer wieder Recidive eintreten
werden, das vermag kein Mensch vorauszusagen. Im allgemeinen
möchte ich nach meinen Beobachtungen annehmen, dass, wenn
mehrere Reeidive eingetreten sind, die Aussichten für eine daimrnde
Spontanheilung sehr gering sind, dass vielmehr die weiteren Kiick-
fälle an Intensität eher zunehmen und noch häufiger 111 ku, * en
Intervallen eintreten. Eine Operation, welche derartige Kranke
über denen beständig eine gefahrdrohende Wolke schwebt die
ihrem Beruf und im Genuss des Lebens und der es ^
hindert sind und nicht wissen,-ob der nächste Anfall viel —
Ende herbeiführt, zu gesunden Menschen zu machen imstande
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m
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31
halte ich für eine eehr segensreiche und dieselbe nicht nur für
gerechtfertigt, sondern für dringend geboten. Die Gefahren, welche
fnit dem Eingriff verbunden sind, scheinen mir nicht besonders
gross, ntid der Preis, um die er ausgeführt wird, die Wiedererlan¬
gung der vollen Gesundheit, wohl des Wagens werth. Unsere
24 Operirten sind alle geheilt und von ihren Leiden dauernd befreit.
1 Wir haben nur in einem Falle, in dem nach langer ander¬
weitiger Behandlung das Exsudat nicht schwand, Patient dauernd
Schmerzen hatte und endlich von seinem Leiden befreit sein wollte,
auf dringenden Wunsch des Kranken nach dem ersten Anfall die
Operation ausgeführt, in den übrigen Fällen nach zwei bis 20 vor-
angegangenen Anfällen. Waren erst wenige Attaquen vorausge¬
gangen, so richteten wir uns nach dem örtlichen Befund, den Be¬
schwerden, dem Allgemeinbefinden des Patienten und dessen Wunsch,
hachdem ihm die Gefahren eines derartigen operativen Eingriffs
klar gemacht waren; direkt nach dem ersten perityphlitisehen Anfall
im allgemeinen die Operation auszuführen, dazu hielt ich mich
nicht berechtigt.
Die Diagnose ist bei der reoidivirenden Appendicitis meist
nicht schwer zu stellen, die Patienten stellen sie meistens selbst.
Immerhin sind Verwechselungen mit Gallensteinkoliken, Magen-
affectionen, Pyosalpinx u. dgl. möglich, und die richtige Diagnose
oft Teeht schwierig. Meistens ist der Processus vermiformis
als harter, walzenförmiger Körper zu fühlen, oft findet sich,
dürch Adhäsionen bedingt, ein mehr oder weniger grosser Tumor
in der Gegend des Coeeums. Grosse Schwierigkeiten kann jedoch
die Diagnose zuweilen bei ungenügender Anamnese in solchen
Fällen bereiten, in denen keine besonders schweren, mit acuten
Stürmischen Symptomen einhergehende -Anfälle vorausgegangen
mnd, so dass öas Leiden mehr einen subacuten Charakter trägt.
Dauernde Sehmerzen in der Gegend des Processus vermiformis be¬
sonders lokale. Empfindlichkeit auf Druck, vorübergehende Exacer¬
bationen und Nachweis des pathologisch veränderten Organs, was
morst in Narkose gelingt, sichern die Diagnose und beseitigen meist
die Zweifel wegen eines eventuell beginnenden malignen Tumors
des Coeöums oder des Wurmfortsatzes.
, Was die Technik der Operation änbetrifft, so ist es rathsam
direct m die freie Bauchhöhle vorzudringen und vom Coecum
aus die Lösung der Verwachsungen vorzunohmen. Man findet
deh Wurmfortsatz fast stets mit seinen! Ansatzpunkt an dem von
Mac^Burney festgestellten Punkt, zwei Zoll nach innen von
dör Spina anterior Superior auf einer von dieser nach dem
Nabel gezogenem Linie. Lässt man den Schnitt parallel dem
lAgamentum Pouparth durch diesen Punkt gehen, so gelingt
öiO- Onentirung meist schnell. Bei vorhandenen starken Ver-
wachsungen bereitet die Auffindung des Wurmfortsatzes oft recht
ethObhche ••SohwJengkelfcOn-; -srnd ersiere nicht vorhanden, so ist die
Operation rasch auSzufuhren. Meist kann man vorher nach dem
die technischen Schwierigkeiten der Operation
erkennen. Ist der Appendix freigelegt/so durchsclmeiden wir seine
U " d Mus 5 u ^ aris . bls auf dieMucosa circulär, präpariren eine
Mänsehette zurück, binden die Mucosa ab und nähen nach Ab-
teennung des Wurmfortsatzes die Manschetten mit einigen ver-
W^eh thpilwnriH^ ii Näilton w da ™ ber zusammen. Schluss der
Weichthedwunde durch versenkte Oatgut- oder Silbernähte.
SkizZO folgen 26111611 Krankenbeobaoht ' un g en lasse ich in kurzer
feche^Anföhe alt ' Recidivi ™nde Perityphlitis. Mehr-
Mitte l ^ v 68 ? rocessuö vermiformis. Perforation in der
i 6 1 pe ” pb< * d&V0Q sackförmige Erweiterung mit übel¬
riechendem Secret gefüllt. Strictur in der Höhe der Pcrforati^n chm
plS cl,, Entzündung. Heilung, ohne spatere Beschwerden. ° “’
iii das Coecum, an Welcher der w a ? der Üeber g an gsstelle
derbe- ütrictur. Während der HeitaTBU^ abr618 ^ Peripherwtets
sich bald resorbirt. Hdlung g Bd<tDS «“^Exsudats, welches
schneie Anfälle. U Opemtion 0 30^nuar 1891 lvl ™ nde Perityphlitis. Sieben
mit ,dem Coecum verlötliet PerfnraHmT ' ' , Rr °° essus vermiformis fest
Blinddarm etwa Ünsengross’ Ät Lu der p Ueber Sf stelle in den
der von derben Rändern umgebenen' Naht
Heilung; Kothfistel erst’ ^- hSi de ? Coeeums. Langsame
nachdem ein Schwerer Typhus libefctonZ
Fall 5. Fräulein N-, 38 Jahre alt; drei Anfälle mit Exsudatbildung.
Reseetion des Processus vermiformis 20. Juli 1891. Massige Verwachsungen
6 cm langer Wurmfortsatz in allen drei Schichten verdickt, stark aufge¬
lockerte Schleimhaut, Strictur in der Mitte, keine Perforation. Heilung
Fall 6. Herr F. aus Finland, 35 Jahre alt, 16 schwere Anfälle-
Patient hochgradig abgemagert und elend. Vor der Operation, dnreh die
Reise veranlasst, leichter Anfall; Resectio processus vermiformis den
9. Juli 1891. Leichte Adhäsionen. Wurmfortsatz 10 cm lang, in allen
Schichten verdickt. Zwischen unterem und mittlerem Drittel eine derbe
Strictur undurchgängig; in derselben eingekeilt ein erbsengrosser Koth-
stein; derselbe hat die Wand des Appendix bereits perforirt und liegt
äusserlich sichtbar zu Tage. Reseetion, Stumpf des Coeeums invaginirt
Etagennähte. Reactionslose Heilung. ö 1
Fall 7. Carl H., 34 Jahre alt, vier Anfälle mit Exsudatbildung.
Januar 1892 Operation. Hühnereigrosser Tumor zu fühlen, gebildet durch
Adhäsion von Netz und Darm, Lösung derselben; Processus vermiformis
fest verwachsen; in allen Schichten verdickt, Perforation nicht verlöthet,
in der Mitte derbe Strictur, Erweiterung des Lumens unterhalb derselben;
übelriechender Inhalt, Invagination in das Coecum, Naht. Heilung
Fall 8. Herr K., 36 Jahre alt. 20 Anfälle, vor 12 Jahren der
erste. Sitz des Schmerzes nicht in der Gegend des Ileocoecums, sondern
der Gallenblase. Operation 20. Fobruar 1892. Wenige Adhäsionen. Re-
section des 6'/a cm langen Wurmfortsatzes; derselbe ist verdickt in allen
Schichten, entzündliche Schwellung der Schleimhaut (nach der Leber hin
umgeschlagen). In der Mitte Strictur. Geschwür nach dem Mesenteriolum
hat die Serosa nicht durchbrochen. Unterhalb der Strictur in circa 2 cm
Länge ausgedehnte Ampulle, mit Koth gefüllt, welcher zum Theil schon
verhärtet, zum Theil einen fertigen Kothstein präsentirte. Reseetion,
Invagination. Heilung. Später an Cholera gestorben.
Fall 9. Friedrich H., 23 Jahre. Zwei schwere Anfälle mit Exsudat¬
bildung. Nach Resorption desselben Operation 7. März 1892. Derbe Ad¬
häsionen. Wurmfortsatz kurz, in allen Schichten verdickt, Strictur in der
Mitte, periphere Erweiterung mit schmierigem, übelriechendem Inhalt ge¬
füllt. Reseetion und Naht. Heilung per primaru.
Fall 10. Frau Gr., 32 Jahre alt. Mehrere schwere Anfälle mit Ex¬
sudatbildung; dauernde Schmerzen. Hühnereigrosser Tumor zu fühlen.
Operation 10. März 1892. Starke Verwachsungen der Darmschlingen
untereinander und mit dem Netz. Mühsame Lösung desselben, sowie des
fest eingebetteten Processus vermiformis; derselbe hochgradig verdickt,
Strictur und Perforation au der Uebergangsstello in das Coecum; Appendix
muss hart an demselben excidirt werden. Naht des Coeeums. Es bildet
sich eine Kothfistel, welche sich jedoch spontan nach kurzer Zeit schliesst.
Heilung.
Fall 11. F. H., 25 Jahre alter Krankenwärter. Zwei Anfälle, der
letztere im Marienkrankenhause behandelt, wünscht dringend die Operation;
den 21. März 1892 ausgeführt. Faustgrosser Tumor zu fühlen. Feste Ver¬
wachsungen. Abscesshöhlen von Wallnussgrösse eröffnet und ausgeschabt.
Processus vermiformis stark verwachsen. Chronische Entzündung aller
Schichten. Strictur, Perforation (in die Abscesshöhlen mündend) im unteren
Drittel. Reseetion und Naht nach Bildung einer Serosamanschette.
Heilung.
Fall 12. V. W., Arbeiter, 29 Jahre. Patient machte auf der inneren
Abtheilung einen schweren Anfall durch, Exsudat will sich trotz langer
Behandlung nicht resorbiren; dauernde Schmerzen, arbeitsunfähig. Patient
drängt zur Operation. Ausgedehnte, schwer zu trennende Verwachsungen
der Darmschlingen untereinander und mit dem Peritoneum. Processus
vermiformis in allen drei Schichten verdickt, fest verwachsen mit der Um¬
gebung, schwierige Lösung. Etwa in der Mitte Strictur, Perforation, aus
der der erbsengrosse Kothstein hervorragt. Exsudat mit kothigem Secret
gefüllt. Reseetion, Manschettenbildung,Naht. Heilung.
Fall 13. Fräulein S., 19 Jahre alt. Vier schwere Anfälle seit Sep¬
tember 1892. Operation 8. Mai 1893, drei Wochen nach dem letzten An¬
fall. Processus vermiformis hart, verdickt, Schleimhaut aufgelockert und
im Stadium chronischer Entzündung, übelriechendes Secret als Inhalt.
Reseetion und Manschettenbildung. Heilung per primam.
Fall 14. Herr W., Görlitz. Drei schwere Anfälle, Exsudatbildnng,
dauernde Schmerzen; arbeitsunfähig. Operation den 15. Mai. Derbe, feste
Verwachsungen; Processus vermiformis vollständig in Schwarten einge¬
bettet und kaum zu finden. Es war dies die schwierigste aller Opera-
üonen. Processus vermiformis in toto verdickt, perforirt und stricturirt.
Reseetion dicht am Coecum. Heilung.
Eall 16. Frau K., 36 Jahre alt. Vor 15 Jahren erster AnfaB, vor
sechs Jahren zweiter, Juli 1893 dritter, schwerer Anfall. Erkrankung von
/4 Jahr Dauer, vier Wochen ausser Bett., vierter schwerer AnfaB. Ope¬
ration 10. Januar 1894. Ausgedehnte, derbe Adhäsionen, Wurmfortsatz
m Schwarten eingebettet, kaum zu lösen, wird mühsam mit Zerstörung
der Serosa gelöst und am Uebergang in das Coecum resecirt. Naht der
Coecumöffnung. Heilung der äusseren Bauchwunde per granulationein.
Fall 17. Herr M., Kaufmann, 33 Jahre alt. 17 AnfäBe; ein An¬
fall im 9. Lebensjahr, ein zweiter im 14., ein dritter im 27., von da ab
häufen sich die Anfälle und werden immer heftiger, 1893 fünf AnfäBe von
grosser Heftigkeit und Schwere. Reseetion den 12. Januar 1894. Wenig
Adhäsionen. Processus vermiformis in allen Schichten verdickt. Schleim¬
haut auf^elockert, an einer Stelle leichte Verengerung, Manschettenbildung,
Wochen an das Bett gefesselt. Processus vermiformis als harter unc
ninder Körper deutlich. zu fühlen. Reseetion den 8. September 1893
Processus vermiformis sehr lang, wenig adhürent, chronische Entzündung
m allen Schichten verdickt, Schleimhaut stark aufgelockert, Naht nacl
Manschettenbildung. Heilung.
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2. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Fall 19. Herr 0., 33 Jahre alt. Drei schwere Anfälle, der letzte
vor circa neun Wochen mit diffusen, peritonitischen Erscheinungen und
Exsudatbildung. Operation den 19. Januar 1894. Coecuni au der Darm-
beinschaufel fest adhürent, Processus vermiformis massig verwachsen, be¬
sonders in seinen peripheren Theilen. Resection, Verdickung aller
Schichten, derber, harter Körper, Strictur, Abscess, die Mucosa durch¬
dringend, Manschettcnbildung, Naht. Heilung.
Fall 20. Otto R., 13 Jahre alt. Mit dem sechsten Lebensjahr erster
Anfall. Nach einiger Zeit zweiter, schwerer Anfall, peritypklitischer Ab¬
scess, welchen ich incidirte, elf ßecidive, darunter eins mit nochmaliger
Abscossbildung. Incision. Anfang November 1893 letzter Anfall. Re-
sectio processus vermiformis 13. Februar. Wurmfortsatz nur mässig ver¬
wachsen, 5 cm lang, in allen Schichten verdickt. In der Mitte derbe
Strictur; peripher davon ampullenartige Erweiterung mit schleimigem,
übelriechendem Inhalt.
Fall 21. Herr T., 21 Jahre alt. Vier Anfälle. Juni 1893 erster
Anfall, September zweiter von vier Wochen Dauer, November dritter An¬
fall, dem der vierte bald folgte. Die letzten Anfälle imm er schwerer,
mit hochgradigem Meteorismus, Fieber und Schmerzen. Resection des Pro¬
cessus vermiformis den 1. Februar 1894. Chronische Entzündung aller
Schichten, Strictur und Perforation in der Mitte. Inhalt übelriechendes
Secret. Heilung.
Fall 22. HerrG., 44 Jahre alt. Vier schwere Anfälle seit August 1892.
Operation 13., März 1894. Wurmfortsatz in Schwarten eingebettet, halb¬
kreisförmig zusammengezogen. Schon vor der Spitze linsengrosse Perfo¬
ration, dieselbe erstreckt sich bis in das Coecum. Resection des Wurm¬
fortsatzes. Chronische Entzündung, Strictur, mit Geschwür und Koth-
stein. Manschettenbildung, Naht. Naht des excidirten Coecumgeschwürs.
Heilung.
Fall 23. Frau T., 26 Jahre alt. Sechs Anfälle, erster und letzter
besonders heftig. Juni 1890 erster Anfall, letzter Anfang Februar 1894.
Nach Beendigung desselben 23. Februar Resectio processus vermiformis.
Leichte Adhäsionen, chronische Entzündung des Appendix, Geschwür,
nicht perforirend, Strictur. Heilung.
Fall 24. Knabe von zwölf Jahren. Sechs Anfälle seit fünf Jahren,
dieselben nahmen an Intensität zu. Processus vermiformis zu fühlen.
Resection den 15. December 1893. Mässige Adhäsion. Processus vermi¬
formis kurz, hochgradig verdickt, chronische Entzündung. Manschetten¬
bildung, Naht. Heilung per primam.
VI. PraktischeErwägungenüber das Operiren
unter Anwendung der Narkose.
Von Prof. Dr. 0. Witzei in Bonn.
(Schluss aus No. 30.)
Wir begnügen uns hier damit, nur auf die gewöhnlichen
grossen, operativen Schädigungen, ihre Beziehungen zu be¬
stehenden pathologischen Veränderungen und zur Narkose hin¬
zuweisen.
Die Herzthätigkeit wird in schädlicher Weise beeinflusst in
erster Linie durch den Blutverlust, der um so verderblicher
wird, wenn er plötzlich eintritt, zumal bei Kindern, Greisen, bei
sonst geschwächten Personen und bei Trinkern. Wunderbar ist
auf der anderen Seite die Fähigkeit des menschlichen Organismus,
grössere Blutverluste in kürzester Zeit selbst während der Dauer
der Operation aus der Gosammtsäftemasse zu ersetzen. Trotzdem
bei einer Mammaexstirpation z. B. anfänglich die äussere Haut
und die Schleimhäute wurden infolge des grossen plötzlichen
Verlustes an Blut äusserst blass und trotzdem eine langwierige
Achselausräumung nicht ohne weitere Verluste abgeht, gewinnt
die Kranke wieder gute Färbung, der Puls wird wieder voll und
langsam. — Allmählich während einer längeren Operation statt¬
findende Blutverluste haben, wenn sonst keine Schädigungen auf
das Herz einwirken, infolge der Ausgleichung aus der übrigen Säfte-
masse ein Kleiner- und Schnellerwerden des Pulses überhaupt nicht
zur Folge. Wohl zu beachten ist für Eingriffe, die mit starker
Blutung verbunden sind, der Umstand, dass ein plötzliches Auf¬
richten des Oberkörpers genügen kann, um Insufficienz der Blut¬
masse herbeizuführen. Das vorher eben noch genügend mit Blut
versorgte verlängerte Mark functionirt infolge der jetzt mangel¬
haften Zufuhr schlechter und setzt unter Umständen seine Thätig-
keit ganz aus. Ein derartiges Ereigniss kann nur zu leicht dem
Narkoticum zur Last gelegt werden.
Eine von der Blutfüllung des Gefässsystems unabhängige Her¬
absetzung der Herzthätigkeit wird auf reflectorischem
Wege hervorgerufen. Eine solche Reflexwirkung tritt bei der
Darmabklemmung allmählich zunehmend auf, sie kommt in einer,
oft erschreckend schnellen Weise zustande, als operativer Shok,
bei Manipulationen im Bauckraum, beim Wühlen zwischen den
Darmschlingen, beim Zerren am Netz. Ohne den Fortschritt der
Operation mit den Augen zu verfolgen, kann bei Laparotomieen
der narkotisirende Assistent am plötzlichen Klein- und Schnell-
werden des Pulses fühlen, wann nach Eröffnung der Bauchhöhle
das^Bauclifell in genannter Weise zum ersten male gereizt wird
und wann im weiteren Verlaufe der Operation die Reizung sich
631
wiederholt. — Ganz ähnlich wirken operative Eingriffe an dem
Samenstrang und an den Testikeln, die Zerrung und Verletzung
grosser Nervenbündel und in unerklärter Weise die Lösungen von
Verwachsungen im ßauchraume sowohl als auch in den Gelenken.
Eine direkt schädigende Wirkung des operativen Eingriffes
auf die Centralleitung des Herzens und der Atlimung kommt
wohl nie vor, dagegen gelegentlich eine Besserung störender Ver¬
hältnisse am Athmungs- und Herzcentrum durch operative Ent¬
fernung raumbeengender Dinge aus dem Schädelraum.
Schliesslich sei noch einer wuchtigen, merkwürdigerweise bis
jetzt kaum beachteten Sache Erwähnung gethan, nämlich der direk¬
ten operativen Schädigung der die Athmung und Herz¬
thätigkeit regulirenden Nerven in ihrem Verlaufe am
Halse. Bei grossen Halsoperationen ist der Verlauf 3 / 4 Stunden
und länger ganz glatt und ruhig. Der Puls ist vielleicht infolge
des Blutverlustes etwas schwächer geworden, oder er hat sich gar
nicht geändert; die Athmung ist ruhig und ungestört; die Operation
nähert sich dem Ende; es wurde vielleicht schon gar kein Be¬
täubungsmittel mehr gegeben oder die Narkose nur noch durch
minimale Dosen unterhalten, — da wird plötzlich die Athmung
flach, der Puls setzt sofort aus, oder es ist noch eine kurze Reihe
schnell aufeinanderfolgender Schläge, schwach und schwächer
werdend, an der blossliegenden Carotis wahrnehmbar, mit den
letzten oberflächlichen zuckenden Athembewegungen erlischt auch
die Herzaction. Das ist das Bild des direkten traumatischen
Insultes auf den in der Tiefe der Wunde liegenden Vagus und
wohl auch auf den Sympathicus. — Dass die, gewiss häufig-
unbeabsichtigt und unbemerkt erfolgende Durcbtremiung des Ner¬
vus laryngeus superior, oder die mechanische und chemische
Reizung desselben in der Wunde Ursache für Abnahme der Fre¬
quenz der Athmung und für Athemstillstand wurde, ist noch nicht
mit Sicherheit beobachtet.
Somit tritt, durch die Operation bedingt — wenn wir von der
Aspiration von Blut und Erbrochenem hier zunächst absehen —
die Gefahr für die Athmung nicht isolirt auf, sondern meist erst
nach der Herzstörung oder auch gleichzeitig mit derselben. Eine
combinirte Einwirkung auf die Lungen und das Herz stellt sich in
acutester Weise ein bei der operativen Eröffnung der Brust¬
höhle. Ich habe vor einigen Jahren (Centralbl. f. Ckir. 1890, 28)
gezeigt, dass beim operativ entstehenden offenen Pneumothorax neben
dem Collaps der Lunge eine Verdrängung des Herzens nach der ver¬
letzten Seite — nicht wie beim geschlossenen Pneumothorax nach
der gesunden Seite — hin entsteht, und dass die starke Abkniekung
der Herzgefässe in kürzester Zeit äusserste Gefahr bringen kann,
wenn man nicht durch direkten Druck das Herz in seine normale
Lage bringt. Die Operirten können auch infolge dieser Abkniekung
noch in einigen Tagen allmählich eingehen, wenn keine Abhülfe ge¬
schaffen wird. Dass die künstliche Umwandlung des Pneumothorax
in einen Hydrothorax und die nachfolgende Aspiration der Flüssig¬
keit die gefährlichen Zustände in sicherer Weise durch Wiederaus¬
dehnung der collabirten Lunge beseitigte, wurde an gleicher Stelle
angegeben.
Die vorstehenden Auseinandersetzungen zeigen dem denkenden
Arzte, dass seine Schuldigkeit vor einer Operation durchaus noch
nicht gethan ist, wenn ein guter Wund verlauf durch eine, eventuell
stundenlange Vorbereitung, gesichert wurde. Nothwendig ist zu¬
nächst die Feststellung der pathologischen Veränderungen, welche
für den ganzen Verlauf von Bedeutung sind (der Harn sollte wo
irgend angängig stets vorher untersucht werden); die sorgfältige
Erwägung der besonderen Gefahren der beabsichtigten Operation
folgt in zweiter Linie; es gewöhne sich der Chirurg weiterhin,
mit Hinsicht auf diese Schädigungen die Prognose der vorzu¬
nehmenden Narkose zu stellen, als einen wichtigen. Theil der
Prognose des ganzen Unternehmens. Je sorgsamer nicht
nur die bestehende Minderwertigkeit des zu operiren-
den Körpers, die Schädigung durch die Operation und die
bei jedem betäubenden Mittel vorhandene giftige Wir¬
kung nicht nur jede für sich, sondern auch in der Wechsel-
wirkung zu den beiden anderen Factoren erwogen wird,
um so sicherer stellt sich die Gesammtprognose für den
operativen Eingriff, um so seltener wird derselbe unlieb¬
same Ueberraschungen bringen.
Wie soll die Narkose ausgeführt werden?
Mit unwilliger Verwunderung ist mir nicht selten begegnet
worden, wenn ich, mit einem Collegen zum ersten male zusammen
vor einer Operation stehend, nicht nur die Frage der Prognose der
Narkose erörterte, sondern auch die Einzelheiten ihrer Ausführung
in Erwägung zog. Wie darf man es aber auch wagen, nicht ohne
weiteres vorauszusetzen, dass ein Arzt vollkommen vertraut sei
mit einer Sache, die man Heildienem oder Hebammen, ja auch
Laien überträgt, — deren Kenntniss in den meisten Kliniken von
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632
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31
vornherein vorausgesetzt wird! Wer so über die Narkose denkt,
zeigt, dass er von der Verantwortlichkeit und der Schwierigkeit
der Aufgabe, einen Menschen zu betäuben, keine Ahnung hat. —
Jeder erfahrene Arzt würde, wenn er selbst in die Lage käme, sich
in Narkose operiren zu lassen, ganz besonders genau den Collegen
ansehen, welcher mit der Betäubung betraut werden sollte. Er
würde sich gewiss einen solchen verbitten, der bis dahin nur von
seinem erhabenen Platze im Auditorium aus Betäubungen gesehen
und, wenn das Glück gut war, einen Vortrag über die Narkose
gehört hat, der als Lückenbüsser in der klinischen Stunde einmal
eingeschoben wurde. — Auch das in seinem bisherigen Vertrauen in
die Unschädlichkeit der Narkose gestörte Publicum verlangt jetzt —
und das mit unbestreitbarem Recht — vom Arzte, dass er gut zu
betäuben versteht. Man kritisirt nicht blos die Antisepsis, sondern
auch die Narkose, wobei allerdings die Frage, ob Chloroform, ob
Aether, gegenüber der viel wichtigeren Frage nach der Anwendungs¬
art sehr unberechtigter Weise im Vordergründe steht. Auf Um¬
sicht und Gewissenhaftigkeit bei der Anwendung eines der gebräuch¬
lichen betäubenden Mittel kommt es viel mehr an als auf die Wahl
zwischen den verschiedenen chemischen Körpern, die sämmtlich
Gifte sind.
Die Einleitung und Durchführung einer Narkose ist
eine Kunstleistung, zu der nur ein tüchtiger Arzt fähig
ist! Seine Hand verabreicht ein Gift, welches unter Umständen
tödtlich wirken kann. Die richtige Dosirung ist nur möglich, wenn
vorher der Kräftezustand des Patienten sorgfältig erwogen wurde,
wenn die besonderen Schädigungen der Operation dem narkoti-
sirenden Arzte bekannt sind. Es wird immer nur so viel gegeben
werden dürfen, als unbedingt zur Erzielung von Schmerzlosigkeit
und Ruhe erforderlich ist; man hat unter dieses Maass herunter
zu gehen oder hqt das Mittel ganz fort zu lassen, wenn der unaus¬
gesetzt gefühlte Puls, der Gesichtsausdruck oder die Athmung sich
verschlechtert. Dass es bei Erfüllung dieser schwierigen ärztlichen
Aufgabe nicht möglich ist, anderweitig zu assistiren oder gar sich
über die Tagesereignisse zu unterhalten, erscheint wohl selbstver¬
ständlich. — Für die richtige Werthschätzung der Leistung einer
guten Narkose seitens der englischen Collegen spricht deutlich der
Brauch, in den sonst durch angenehme Kürze ausgezeichneten Be¬
richten über Operationen auch denjenigen zu nennen, welcher die
Betäubung besorgte.
Im Zwange der Verhältnisse muss indess der Arzt gelegentlich
die Verantwortung auf sich nehmen, allein zu betäuben und zu
openren. Jedenfalls soll er aber dann bis zum Eintritt der Narkose
selbst das Mittel geben und dabei diejenige Person unterrichten
welcher die weitere Verabreichung zufällt. Während der Operation
muss die Aufmerksamkeit zwischen dieser und der Narkose getheilt
«ein — B
Die Einverleibung des narkotischen Giftes soll für eine be¬
stimmte Zeit die selbstständige Function des Rückenmarkes auf-
heben, die Thätigkeit des Grosshimes mehr oder weniger ganz
ausschalten, dagegen diejenige des Herz- und Athmungscentrums
im verlängerten Marke, sowie das Walten der im Herzen selbst
gelegenen Nervencentren nicht beeinträchtigen.
. D 1 as . s , ein ® br dske Aufhebung der Grosshirn- und Rückenmarks-
S1 ® z - B. unheimlich schnell durch Bromäthvl ge-
nich , t zweckmässig sein kann, ergiebt die einfachste Ueber-
gung, aucn Organe von minder bedeutungsvoller Function ver-
E P w tZ lche Schwankungen nicht. Andererseits darf selbst-
redend die Wirkung des Mittels nicht zur Qual des Kranken, zur
dftq fl y US D g T üabequemhchkmt des Arztes zu lange ausbleiben, wie
Vor» P;, T wenn man Aether auf die gewöhnliche
Esmarch sehe Maske giesst.
P 1 ® Betäubung soll mit der geringst möglichen Menge toxischer
Substanz herbeigefuhrt und gleicherweise in erforderlicher Tiefe unter-
haiten werden. - Grösste Ruhe der Umgebung ist gut für den
künstlichen wie für den natürlichen Schlaf. Im übrigeif zeigt sich
dann das Geschick des Arztes darin, dass er mR'sehr^kleinen
Mengen des Betäubungsmittels auskommt. Mit zunehmender Uebung
werden nicht nur die Narkosen gleichmässiger, auch die Quantität
selb^ Tnulf 1 T^ e + 8 Wd i mm t r ginger. Man kommt soweit,
selbst Tropfen im Interesse des Kranken zu sparen. — Freilich
issrjrÄH“ 's.sÄwf &
die Maske wegzunehmen, um sie völlig durchtränkt bei drohendem
Erwachen wieder aufzupressen, das ist ein Vorgehen, welches
hoffentlich bald nirgends mehr erlaubt sein wird. Mit Recht wehrt
sich auch instinctiv gegen eine solche intermittirende Giftüber¬
sättigung des Blutes der Patient nach Leibeskräften mit Händen
und Füssen oder durch ein Anhalten des Athmens, so lano-e dies
möglich ist.
Auch von den Gegnern wurde dem Chloroform immer zuge¬
geben, dass es sich durch die Zeitdauer seiner Wirkung und durch
die Einfachheit der Anwendung für die allgemeine Praxis vorteil¬
haft auszeichnet. Trotzdem waren die üblen Zufälle besonders
seitens des Herzens bei schussweiser Darreichung doch zu häufig,
als dass man nicht, vorsichtiger Weise, für geschwächte Personen
wenigstens und solche mit Herzfehlern, den auch in grossen
Dosen unschuldigeren Aether hätte bevorzugen sollen. So haben
auch wir vor einigen Jahren immer erst überlegt, ob Aether, ob
Chloroform aufgegossen werden sollte. Dann gingen wir zum
continuirlichen Auftropfen des Chloroforms über. Wir erzielten
damit schon so gute Narkosen, dass der Gebrauch reinen Aethers
immer seltener vorkam und durch die Verwendung von Chloroform-
Aethergemischen ersetzt wurde. Daneben erwies es sich als recht
gut, nach Kocher bei lang dauernden Operationen so zu verfahren,
dass die tiefe Narkose mit Chloroform nach der Tropfmethode
herbeigeführt und dann durch Aufgiessen von Aether auf die ge¬
wöhnliche Maske unterhalten wurde.
Die Möglichkeit, mit sehr geringen Dosen Chloroform (1 ccm
für zwei Minuten im Durchschnitt) die erwünschte Betäubung zu
erzielen und durch genaueste Dosirung zu unterhalten, brachte die
Narkosen mit Mischungen — bei denen, wohl infolge der antago¬
nistischen Wirkung des Aethers, von dem gefürchteten Chloroform
viel mehr einverleibt werden musste als bei reiner Chloroform¬
narkose — immer mehr ausser Gebrauch. Als wir dann zuerst im
Verlauf einer eingeleiteten Betäubung, zur Heusoperation bei einer
alten Dame (für welche schon der Aether zur Fortsetzung bereit
stand) die Entdeckung machten, dass ein chemisch reines Chloroform,
wie es die Methode Anschütz liefert, bei vorsichtigster Darreichung
einen aussetzenden schwachen Puls zu einem regelmässigen und
kräftigeren werden lässt, da haben wir auch nicht mehr in der
Herzschwäche eineD Gegengrund für die Chloroformanwendung sehen
zu müssen geglaubt.
Es handelt sich um keine Zufälligkeit, sondern um eine regel¬
mässige Erscheinung, wie dies aus unseren genau geführten
Narkosentabellen ersichtlich ist. 1 ) Der Puls, welcher fast stets zu
Beginn der Narkose beschleunigt und schwach ist, wird bei tropfen¬
weiser Zuführung des Chloroform - Anschütz besser. Wir er¬
kennen den, früher beim Chloroformiren durch den Nach¬
lass der Excitation markirten Eintritt der Betäubung
jetzt daran, dass der Puls die dem gesammten Kräfte¬
zustand entsprechende Stärke und Zahl annimmt. Viel¬
leicht liegt diese günstige Wirkung auf die Herzaction daran,
dass die Betäubung der Regel nach ohne die geringste Unbe¬
quemlichkeit des Kranken und daher auch meist ohne Excitation
ganz allmählich wie ein normaler Schlaf eintritt. Kommt es
nämlich zum Würgen, zum Erbrechen oder zu einer stärkeren
Aufregung, dann wird andererseits ein vorübergehendes Schlechter¬
werden des Pulö’es nie vermisst.
So hat die wirkliche Reinheit des Chloroforms ausser
den von mir in der ersten Mittheilung beschriebenen (Centralblatt
für* Chirurgie 1893, No. 52: Das aus Salicylidchloroform gewonnene
Chloroform An schütz) noch den so sehr wichtigen Vortheil ge¬
bracht, durch seine ungemein milde Wirkung indirekt die Herz-
thätigkeit zu bessern, und zwar gerade in dem durch die
Gefährlichkeit der Herzzufälle besonders berüchtigten
ersten Stadium.
Wir dürfen einem solchen Präparate, wie unsere eingehende
Statistik immer weiter beweist, — und wie dies auch vonH. Schmid
in seiner Arbeit: die Narkose mit dem Salicylid-Chloroform An-
schütz (Münch, med. Wochenschr. 1894, No.26) bestätigt wird, — ein
Vertrauen schenken, welches den früheren Chloroformarten nicht zu¬
kommen konnte, auch bei Anwendung der Tropfmethode. Voraus¬
setzung für das Vertrauen ist aber Vertrautheit des Arztes mit
allem, was für die gute Ausführung einer Narkose Erforderniss ist.
Deshalb habe ich es für richtig gehalten, dem Chloroform An¬
schütz auf seinem Wege zu den Collegen die Vorschriften gedruckt
mitzugeben, welche für die Anwendung desselben in meinen Anstalten
streng befolgt werden. Sie sind so einfach, dass sie auch unter den
ärmlichsten Verhältnissen der Privatpraxis befolgt werden können;
*) Die Tabellen über unsere Narkosen werden in der Narkosenstatistik
der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie veröffentlicht, da ihre ausführliche
Mittheilung hier zu weit führen würde. Es steht aber denjenigen Lesern,
welche sich für die Einzelheiten interessiren, auf Wunsch durch den Ver¬
lag dieser Wochenschrift ein Abdruck von den Tabellen der ersten 200 Nar¬
kosen zur Verfügung.
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2. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT*
633
ihr© Innehaltung macht auch - den oft erhobenen Vorwurf gegen
das Präparat hinfällig, dass es zu theuer sei, da gewöhnlich noch
nicht der fünfte Theil dessen gebraucht wird, was früher erforder¬
lich war.
Nach brieflichen und mündlichen Mittheilungen sind manche
Collegen nicht ganz mit der Ausführung der Narkose nach den
gegebenen Regeln fertig geworden; ich darf dem Abdrucke der¬
selben hier wohl noch einige praktische Bemerkungen zufügen.
Vorbereitung der Betäubung.
1. Untersuchung des Herzens und der Lunge; patho¬
logische Zustände derselben erfordern besondere Vorsicht.
Es ist dem früher in dieser Abhandlung Gesagten kaum etwa hinzu¬
zufügen. Die Untersuchung wird, wo besondere Bedenken bestehen, am
besten wiederholt vorgenommen; besonders wünschenswerth ist es, die
Art der Herzaction bereits am Tage vor der Operation festzustellen, da
die Aufregung unmittelbar vor der Narkose ein sicheres Urtheil über die
Herzthätigkeit nicht zulässt.
2. Feststellung der Frequenz und Qualität des Pulses.
Auch diese Feststellung geschieht am besten zu einer Zeit, wo der
Patient noch nicht^ von dem Schrecken vor der Operation beherrscht ist.
Für den weiteren Verlauf nach der Operation, besonders bei Laparotomirten,
ist es ebenfalls von Bedeutung, zu wissen, wie der Puls sich zuvor in
ruhiger Zeit verhielt.
Den Voruntersuchungen für 1 und 2 ist zweckmässigerweise auch
die chemische Untersuchung des Harnes hinzuzufügen.
3. Sicherung freier Athmung durch Lösung einengender
Kleidungsstücke, Entfernung künstlicher Gebisse. — Zungenzange
und Kiefersperrer, ein Handtuch zum Abwischen des Mundes
sind bereit zu legen.
Die Bereithaltung der Instrumente, welche zur Freihaltung der Mund¬
passage nöthig sind, sind besonders nöthig bei den früher geschilderten
Verlegungen der Nase, bei Schwellungen der Tonsillen und der Rachen¬
schleimbaut. Unter Umständen muss man sich sogar während der Operation
cntschliessen, eine dicke Fadenschlinge durch die Zunge zu legen (genau
median, um Verletzungen der Zungenarterien zu vermeiden) und an dieser
dauernd die Zunge anzuzieben.
4. Sorge für Leerheit des Magens, Auspumpen desselben
vor Operationen bei Darmverschluss (!), sowie eventuell auch vor
Mund-, Nasen-, Rachen-, Kehlkopfoperationen, wenn kurz vorher
eine grössere Mahlzeit eingenommen wurde.
Beim Ileus, besonders auch bei der paralytischen Darmstockung,
welche durch Peritonitis bedingt ist, erfolgt das Erbrechen des durch seine
Beschaffenheit meist höchst bedenklichen Magendanninhaltes, gewöhnlich
ohne Würgen und sonstige Vorboten. Die üblichen Manipulationen können
deshalb sehr leicht zu spät kommen, um den Eintritt des Erbrochenen in
die Luftwege zu verhindern. — Die öftere Berührung der Rachenschleim¬
haut bei den Mund-, Nasen-, Rachen- und Kehlkopfoperationen lösen auch
bei Narkotisirten noch leicht Erbrechen aus, und es erfolgt eine Ueber-
schwemmung der Wunden bei den genannten Operationen.
5. Möglichste Verhütung jeder für die Herzaction
schädlichen Aufregung durch Bedecken der Instrumente, Ent¬
fernung blutbeflekter Gegenstände und dergleichen. — Ermuthigung
des Patienten durch Zuspruch.
In der Regel sind Kranke, welche bereits den Nachmittag und die
Nacht vor der Operation im Krankenhause zugebracht haben, ruhiger als
solche, die erst kurz vorher ein traten. — Bei den Voruntersuchungen
lässt sich eher ein beruhigendes Wort anbringen als unmittelbar vor der
Narkose.
Ausführung der Betäubung.
1. Der Kranke wird mit tiefliegendem Kopfe auf den
Operationstisch gelagert, der Transport eines Betäubten ist möglichst
zu vermeiden.
Im allgemeinen erscheint die horizontale Rückenlage genügend. Bei
älteren Leuten mit kyphotischer, steifer Wirbelsäule, bei Asthmatikern ist
die Verwendung einer Nackenrolle erforderlich; bei Kropfkranken muss
die für die Athmung bequemste Lage herausgesucht werden. Den Kopf
bei gewöhnlicher Operation tiefer als den Rumpf, die Beine höher zu
lagern, wie es von einigen Chirurgen empfohlen wird, erscheint überflüssig,
ja insofern bedenklich, als man sich für den Fall einer plötzlichen Herz¬
schwäche im voraus eines der einfachsten und besten Abhülfmittel be¬
raubt hat. — Beim Aufheben eines Betäubten und Niederlegen auf einen
anderen Tisch tritt sehr leicht Erbrechen auch bei solchen Kranken auf, die
nicht vorher gegessen haben. Es führt dies häufig zu völligem Erwachen,
wenn nach der Tropfmethode narkotisirt wurde.
2. Störungen, welche den Eintritt des Schlafes ver¬
zögern (Reinigung des Operationsfeldes, lautes Sprechen und der¬
gleichen) sind fern zu halten.
Bei strenger Befolgung dioser Vorschrift erreicht man — wie auch
H. Schmid angiebt — ein schnelleres Eintreten der Toleranz. — Be¬
kanntlich besteht eines der Mittel, um den nicht kommen wollenden Schlaf
herbeizuführon, darin, langsam zu zählen. Bei unruhigen Kranken dient
lautes Zählen zugleich zur Regelung der Athmung.
3. Der mit der Narkose Beauftragte hat sich mit
nichts anderem zu befassen. Er beobachtet unausgesetzt
Athmung, Puls, Gesichtsausdruck und meldet etwaige Störungen
dem verantwortlichen Arzte; nur mit diesem darf er sprechen.
Unzweckmässig ist es, dass der Arzt, welcher das Narkotikum ver¬
abreicht, zugleich die Masko hält, während ein anderer den Puls verfolgt.
Die Maske wird bei uns von einem Studirenden, einem Wärter gehalten,
welche, wo nöthig, auch den Kiefer nach vorn zu schieben verstehen; der
narkotisirende Arzt soll mit der einen Hand auftropfen, mit der anderen
unausgesetzt den Puls verfolgen; er bekommt dadurch die Ruhe und
Sicherheit für die erwünschte minimale Dosirung des betäubenden Giftes;
die stets störende Verständigung zwischen dem narkotisirenden Arzte und
demjenigen, welcher den Puls überwacht, fällt weg.
4. Die Form der Maske ist so zu wählen, dass unter den
Rändern reichlich Luft zutreten kann; als Ueberzug dient eine
mehrfache Lage nicht gestärkter Gaze, welche für jede Narkose
neu zu nehmen ist.
Unsere Maske hat die Form und Grösse der Esmarch’sehen; es
wird auf dieselbe eine vier- bis sechsfache Lage der bei jeder Operation
vorhandenen Verbandgaze aufgedrückt und durch einen federnden, der
Umrandung entsprechenden dicken Draht niedergehalten; das Uebersteilende
wird abgeschnitten. Der Gebrauch desselben Uoberzuges bei mehreren
Personen ist nicht nur unappetitlich, er kann durch Zersetzung des
Chloroforms in einem verunreinigten Maskenüborzug sogar schädlich und
gefährlich werden.
5. Der heutige Standpunkt der ärztlichen Erfahrung erlaubt
für[die Chloroformnarkose nur die Tropfmethode; dieselbe gewähr¬
leistet bei Anwendung des chemisch reinen Chloroform Anschütz eine
ruhige, ungefährliche Betäubung, aus welcher in der Regel
die Patienten frei von Kopfschmerz undUebelkeit erwachen.
Ungefährlichkeit einer Narkose kann nur erreicht werden bei sorg¬
fältiger Beobachtung aller besprochenen Cautelen; unverständige oder un¬
vorsichtige Anwendung kann jedes Betäubungsmittel lebensgefährlich
machen. Je unruhiger der Patient ist, je länger die Erscheinungen der
Betäubung auf sich warton lassen, um so grössere Ruhe und Vorsicht ist
bei der Anwendung des Chloroforms geboten. In derartigen Fällen haben
wir bis zu 20 Minuten, ruhig weiter auftropfend, gewartet, bis dann
endlich dio Betäubung eintrat.
6. Während der ganzen Dauer der Narkose wird das Mittel
unausgesetzt aufgetropft, unter Benutzung der beigefügten,
nur die Bildung kleiner Tropfen zulassenden Vorrichtung, anfangs
langsamer, dann bis zum Eintritt voller Betäubung jede
Secunde ein Tropfen, weiterhin bis zum Schlüsse jede
dritte und vierte Secunde ein Tropfen.
Ein Fehler, welcher sich sogar durch völliges Erwachen des Patienten
rächen kann, ist die von der Gussmethode her gewohnte zeitweise Unter¬
brechung. Es muss fortwährend Chloroform auf die Maske gebracht
werden, sonst gelingt es überhaupt nicht, eine gute Betäubung zu erzielen
und zu unterhalten. — Die Oese, des in das Tropfröhrchen eingeführten
Drahtes bestimmt die Grösse des Tropfens. Der Draht dient also nicht
etwa wie in der Canllle der Pravaz’schen Spritze zum Offenhalten des
Röhrchons. er muss in der Tropfvorrichtung während des Gebrauches der¬
selben verbleiben. (Neuerdings ist eine Tropfvorrichtung mit zwei Capillar-
röhren ohne Draht beigegeben worden, welche den Vorzug hat, dass ein
überreiches Aufschütten auf keine Weise mehr möglich ist.) — Man ver¬
meidet jede Aufregung des Kranken, wenn anfänglich dio Maske etwas
fern von Mund und Nase gehalten und wenn auf dieselbe zunächst nur
langsam aufgetropft wird; dann wird sie allmählich gesenkt; es fällt auf
die Maske aus der ersten Tropfvorrichtung jede Secunde ein Tropfen, in
schnellerer Folge kann man die Tröpfchen aus der neuen Vorrichtung
fallen lassen. Die Kunst des narkotisirenden Arztes besteht darin, nach
Eintritt der vollen Betäubung mit Verabreichung einer möglichst geringen
Menge des Betäubungsmittels auszukommen, selbst Tropfen zu sparen. In
dieser Hinsicht wird mit zunehmender Erfahrung immer Besseres geleistet.
Zu Narkosen von der Dauer von 1 bis l l /ä Stunden genügen bei Be¬
folgung dieser Vorschriften 50 g reinen Chloroforms. Dem vielfach ge-
äusserten Wunsche, den Inhalt der Fläschchen höher als 50 g zu nehmen,
haben wir uns durchaus widersetzen müssen, wohl aber konnten wir das
umgekehrte, volles Verständniss der Methode bekundende Ersuchen
nach sicher verpackten Fläschchen mit einem Inhalt von 25 g und
darunter befürworten. Mit solchen kommt man für gewöhnlich selbst bei
grösseren Operationen vollkommen aus. — Reste dürfen, sofern eine Nar¬
kose nicht gleich an die andere anschliesst, zur Betäubung nicht mehr
vorwendet werden. — Narkosen bei offenem Gaslicht sind wegen der be¬
kannten, durch die Entwickelung von Phosgen bedingten Gefahr, welche
sich durch intensiven Hustenreiz aller Anwesenden ankündet, möglichst
zu vermeiden.
Man wird im Verlaufe dieser Abhandlung die Erwähnung eines
Zustandes vermisst haben, welcher vielfach für plötzliche, beim
Operiren in Narkose vorgekommene Todesfälle als entschuldigende
Erklärung dient, es ist das dio Idiosynkrasie gegen die Be¬
täubungsmittel, besonders gegen das Chloroform. Nicht ohne Ab¬
sicht kommen wir auf diesen Begriff erst jetzt zum Schlüsse
unserer Darstellung.
Wir werden vorläufig noch nicht umhin können, anzunehmen,
dass es Menschen giebt, deren vitale Functionen durch Darreichung
einer geringen Menge betäubenden Giftes, wie das besonders beim
Chloroform der Fall sein soll, ganz unverhältnissinässig schwer ge¬
schädigt werden. Wir werden aber andererseits uns klar machen
müssen, dass durch diese Annahme eine unbestimmte Grösse als
Nothbehelf zur Erklärung eingesetzt wird; bei der scheinbaren Un-
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2; August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
635
v. Szczawinski’s Thermophor 10—11 Stunden lang warm gehalten
werden können.
Anders liegt allerdings die Frage, ob es zweckmässig erscheint, die
Milch für Flaschenkinder zehn Standen lang unausgesetzt auf Brut- oder
gar höherer Wärme zu halten. Erst kürzlich ist ja von Flügge in der
Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten davor gewarnt worden,
die Milch in anhaltender Brutwärme zu erhalten, da selbst in nach
Soxhlet sterilisirter Milch die Tuberkel-, Typhus-, Cholera- und
Diphthoriebacillen zwar getödtet seien, nicht aber ein weiterer Theil der
Bacterien (peptonisirende und alle Milchsilnrebacterion), deren Sporen weit
widerstandsfähiger seien. Hierdurch sei die bisherige Anschauung, als
könne die soxhlotisirte Milch für eine keimfreie Dauermilch gelten, un¬
annehmbar. Sind aber die peptonisirendeu Bacterienarten, deren Reincultur
schwere Vergiftungserscheinungen hervorrufen (starke, ja tödtliche Diar¬
rhöen) noch vorhanden, so kann anhaltende Erhöhung der Temperatur
unter Umständen die Milch nur schädlich machen. Es muss daher vom
Standpunkte des Hygienikers davor gewarnt werden, die Milch vor ihrem
Gebrauch länger warm zu halten, als es zur Entwickelung der pepto-
nisirenden Bacterien kommen kann, eine Zeit, die allerdings in Zahlen
erst genauer ermittelt werden muss.
Um dieser wissenschaftlich berechtigten Anforderung zu genügen,
muss also vermieden werden, in den viertheiligen Apparat am Abend
gleich alle Flaschen einzusetzen, sondern es werden womöglich die ver¬
schiedenen etwa erforderlichen Flaschen erst nacheinander, d. h. die zweite
erst nach Gebrauch der ersten u. s. w., eingesetzt. Da hierzu aber dio
von v. Szczawinski construirten ein- und zweitheiligen Thermophore
genügen würden, so werden die letzteren voraussichtlich dio ausge¬
dehnteste Verwendung für Einzelfälle finden, während die grösseren
Apparate besonders für Hospitäler und grössere Anstalten zu empfehlen
wären. — Aber auch im Hinblick auf die Erwärmung mehrerer Flaschen
nacheinander ergeben die Untersuchungen, dass der Thermophor die
Eigenschaft besitzt, auch dieser Anforderung zu genügen (s. o. Beispiel I
und III, wo sei bst nach fünf, bezw. sechs Stunden vorher erfolgtem Kochen eine
250 resp. 200 g Flüssigkeit haltigo Flasche noch auf 46° resp. 35° erwärmt
wurde). Versuchsreihen, die besonders im Hinblick auf diesen wichtigen
Punkt angestellt wurden, ergeben, wie das Beispiel IV zeigt, dass eine
nach zwei Stunden eingesetzte Milchflasche sich bereits in 15 Minuten auf
37«, nach fünf Stunden in 15 Minuten auf 30, in einer Stunde sogar noch
auf 34° erwärmte.
Versuch No. IV.
5 Uhr 15 Min. eingesetzt 9 Uhr 15 Min. 54Va°
5 „ 30 „ 52° 9 „ 30 „ 54 0
6 „ 15 „ geschüttelt 9 „ 45 „ 53'/*°
7 „ 15 „ 57° 10 „ 00 „ 53
eine andere 250,0 Flasche eingesetzt 10 „ 15 „ 5274°
7 Uhr 30 Min. 37° und eine dritte Flasche 250,0 Inhalt
7 „ 45 „ 46° eingesetzt
8 „ 00 „ 50° 10 Uhr 30 Min. 30°
8 „ 15 „ 53° 10 „ 45 „ 33°
8 „ 30 „ 54° 11 „ 00 „ 33 Va 0
8 „ 45 „ 547j° 11 „ 15 „ 34°
9 „ 00 „ 54V3 0 11 „ 30 „ 22°
Insgesammt kann ich das Urtheil aussprechen, dass sich der nota
bene sehr solide gebaute Thermophor v. Szczawinski’s (die Apparate
sind durch Herrn S. M. B. v. Szczawinski, Elberfeld, Untergrüne-
walderstr. 30, zu beziehen: der Preis für den viertheiligen Apparat
beträgt 22 M., für den zweitheiligen 14 M., für den eintheiligen 10 M.)
in meiner eigenen Familie bereits monatelang praktisch ausserordentlich
sicher bewährt hat und ich diese für nächtlicher Weile so oft geplagte
Familienmütter und -Väter so segensreiche, geradezu überraschende
Neuheit aufs angelegentlichste empfehlen kann.
Inwieweit der Thermophor noch für das Mitnehmen auf der Reise,
auf Spaziergängen, auf der Jagd, im Manöver, in Hospitälern etc. nützliche
Verwendung findet, gehört nicht hierher, soll aber wenigstens angedeutet
werden.
— J. J. Cohen, lieber den Phönix k ftlr ehaud. Arbeiten aus d.
med. klin. Institut zu München 1893, Bd. III, S. 559—572.
Der Phönix a air chaud gehört zu den Apparaten, die auf möglichst
einfache Weise das römisch-irische Bad ersetzen sollen und angewandt
werden können, während der Patient ruhig im Bett liegen bleibt. Der
Apparat besteht aus einem länglichen viereckigen Holzkasten, der in das
Bett an dessen Fussende unter die Decken gestellt wird und die ganze
Bettbreite einnimmt. Ein Ofenrohr hängt daneben frei am Bett herab
und mündet in die eine Schmalseite des Kastens ein. Unter dem Ofen¬
rohr steht eine Spirituslampe. Die heisse Luft strömt durch das Rohr
in den Kasten, ihr Zufluss kann durch einen Rohrschlüssel im Rohr re-
gulirt werden. Der Kasten hat in seiner gegen den Kopf gerichteten
Wand eine Ocffnung, aus dieser strömt die heisse Luft zunächst gegen
die Fasse des Kranken, die zum Schutz gegen zu starke Hitze mit
wollenen Tüchern umwickelt werden können. Durch oin paar Längs-
ßtangen, die auf dem Kasten und auf dem Kopfkissen aufliegen, werden
die Decken etwas vom Körper abgehalten, so dass die heisse Luft den
Körper ausgiebiger umspülen kann. Der Apparat ist leicht zu trans-
portiren. da er ganz in den Kasten sich einpacken lässt und nur 5 kg
wiegt. Er kostet 24 Mark bei Ch. Fulpius, Cours de Riva 17, Gen6ve.
Er ist völlig ungefährlich. Meist genügt eine Dauer des Bades von 30 bis
40 Minuten. Bei den späteren Bädern tritt das Schwitzen leichter auf.
Durch Einroibcn der Haut mit spirituösen Stoffen lässt sich das Schwitzen
erleichtern. Ueble Erscheinungen wurden nie beobachtet, ausser einmal
Congestionen nach dem Kopf. Für chronischen Gelenkrheumatismus, echte
Gicht, Hydropsieen bei chronischen Nierenentzündungen wäre der Apparat
besonders angezeigt. _ E. Sehrwald (Freiburg).
— Ein neues Hemd für Verwundete und Kranke, das sich ohne
Lageverftnderung des Patienten in ausgiebigster Weise öffnen lässt, be¬
schreibt Dr. Vogl (Münch, med. Wochenschrift 1894, No. 13). Ein ge¬
wöhnliches, aus beliebigem Stoff gefertigtes Hemd ist in seiner Vorder¬
seite vom Halse nach abwärts und noch beiderseits bis zum Handende
der Aermel aufgeschlitzt und wird, nachdem der Kranke in der Rücken¬
lage darauf zurecht gelegt ist, durch eine Reihe von Bändchen oder
Knöpfchcn vollkommen geschlossen. Welcho Vortheilo ein derartiges
Hemd für Schwerkranke bietet, die sich schlecht aufrichten lassen, ist
ohne weiteres klar. (Erhältlich ist dasselbe bei Fräulein Medicus, München,
Königinstrasse.)_H. Citron (Berlin).
IX. Militärsanitatswesen.
— No öl, Effect! fs ratloanels des mdddcins militaires en temps
de palx et en temps de guerre. Le Bulletin medical 1894, No. 41.
In französischen militärärztlichen Kreisen regt sich seit einigen
Jahren der Drang, auf angebliche Missstände, welche das Verwaltungs¬
gesetz vom 16. März 1882 trotz seiner sonst trefflichen Fassung übrig
gelassen hat, die öffentliche Aufmerksamkeit zu lenken und dadurch ihre
Beseitigung vorzubereiten. So hatte schon im Jahre 1892 Dr. Freeman
im Progres mödical eine Studio über die Organisation des Sanitätsdienstes
veröffentlicht; im April dieses Jahres erschien dann im Bulletin medical
eine Arbeit des Dr. Marinottau übor den gleichen Gegenstand. Diesen
beiden Autoren schliesst sich nun als dritter Dr. Noöl an, der zunächst
seinen Vorgängern vonvirft, dass sie keine rechten Gründe angegeben
hätten, mit welchen die verlangten Cadre-Zahlen belegt werden können.
Dies will Noöl nun nachholen.
Nach seiner Ansicht muss jede sachgemässe Zahlenaufstellung über
die Zusammensetzung des Sanitätsoffiziereorps drei Bedingungen gerecht
werden:
1. muss sie den Anforderungen des Friedensdienstes entsprechen;
2. muss sie gestatten, dass bei der Mobilmachung das Personal der
Reserve ohne Schwierigkeit eingefügt werden kann, und zwar derart, dass
an der Spitze jeder Kriegssanitätsformation ein activer Sanitätsoffizier
steht;
3. müssen die Zahlen der Sanitätsoffiziere in den einzelnen Chargen
so ausgeglichen werden, dass die Militärärzte ungefähr gleich schnell den
Offizieren avanciren.
No öl geht nun auf eine genaue Besprechung der einzelnen Punkte
ein, welche zur Aufstellung jedes der drei Sätze führten. Manche der¬
selben erstreben das, was wir in Deutschland längst besitzen, manche er¬
scheinen wenig zweckmässig, einige werden immer pia dosideria bleiben.
Es verlohnt sich, einige Einzelheiten schon deshalb hervorzuheben, weil
sie manche Zustände im französischen Heere, besonders im Sanitätsdienst,
gut beleuchten.
Zunächst verlangt Noöl, dass den Corps-Generalärzten sämmt-
lich der Rang eines Inspecteurs beigelogt werden soll. Zur
Zeit sind zwei Drittel der Corps-Generalärzte nur Principal I. Classe; diese
dürfen aber das ihnen unterstellte Armeecorps nicht inspiciren, sondern
müssen das von einem benachbarten Corps-Generalarzt thun lassen, der
den Rang eines Inspecteurs hat. . .
Die Corps-Generalärzte sollen als Adjutanten einen Major
I. Classe bekommen. Bisher besteht das einem Corps-Generalarzt zur
Verfügung stehende Personal nur aus zwei Verwaltungsbeamten; ausser¬
dem ist der Generalarzt berechtigt, einen Hülfsarzt aus. der Garnison zur
Dienstleistung zu sich zu commandiren. Man bemüht sich zwar in letzter
Zeit, einen Mödecin-Major II. Classe dem Corps-Generalarzt zur Seite zu
geben, doch reicht nach N o ö 1 auch dessen Rang nicht aus, um den Ver¬
waltungsbeamten, die fast dio ganzen Geschäfte des Sanitätsamtes ern-
schliosslich medicinischer Dinge und Mobilmachung bearbeiten, erfolgreich
8 Der Chefarzt eines Lazareths im Standort des Goneral-
ommandos soll der älteste Principal I. Classe im Armeecorps
ein, da nur der älteste nn Corps die Vertretung des Generalarztes über-
ehraen soll; oine wohlberechtigte Forderung. . , n
Der Chefarzt soll der älteste Sanitätsoffizier der Garnison
ein; ein Hülfsarzt dor Garnison soll ihn unterstützen. In Deutschland
esteht dieser Grundsatz längst zu Recht. . .
Assistenzärzte will Noöl als Chefärzte in kleinen Laza-
ethen nicht dulden; sie sollen durch Majors II. Classe ersetzt werden.
; r will ihnen auch die Wachen im Lazareth abnehmen und diese
leichfalls Majors II. Classe übertragen, die wöchentlich wechseln.
>ieso Maassregel wird uns erst verständlich, wenn wir hören welche
cringen Aufgaben ein wachhabender Arzt in Frankreich zu lösen hat.
Ir hat die aufgenommenen Kranken zu vertheilen, bei der Ausgabe der
Ineisen zugogen zu sein, dagegen macht er wieder Visite, noch darf er
ie geringste^ dringende Operation machen. Danach ist also, wenn der
-kefarzt das Lazafeth verlassen hat, dasselbe völlig den Verwaltungs-
eamten überlassen. Um den Wandel zu schaffen, soll der wachhabende
fedecin-Maior II. Classe den Chefarzt während seiner Abwesenheit yei-
reten. Für jedes auch grosse Lazareth reichen nach Noöl zwei Majors
L C In S den 1S militärärztlichcn Schulen möchte Dr No^l dio
fajors II. Classe durch Aides-Majors ersetzt wisse«. Oas mag
ärdie französischen militärärzthehen Schulen ganz Appells
er Dienst der Inspections-Sanitätsoffiziere sich darauf beschrankt, Appell,
bzuhalten und die Schüler in den Cursen zu “ b "“ h ®“* tehen a ls die
Die Regimentsärzte müssen höher im Range stenc
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Compagnie-, Batterie- und Escadronschefs. Für die französische
Infanterie trifft dies bereits zu; Noöl will das auch für die Cavallerie-
regimeter eingerichtet haben, deren Sanitätsdienst nur ein Major II. Classe
vorsteht.
Von diesen kurz skizzirten Principien ausgehend, findet No öl als
Minimalzahlen zur Sicherung des Sanitätsdienstes im Frieden 1 Inspecteur
gdnöral (Generalstabsarzt), 23 Inspecteurs (Generalärzte), 46 Principaux
de I. CI., 64 Principaux de II. CI. (Oberstabsärzte), 410 Majors de I. CI.
(Majorsrang), 430 Majors de II. CI. (Hauptmannsrang), 300 Aides-majors
de I. CI., 100 Aides-majors de II. CI., 60 Aidos-majors stagiaires
(Assistenzärzte). Eine Tabelle zei^t deren Verthoilung auf die einzelnen
Dienststellen. Die Zweckmässigkeit derselben lässt sich nicht bestreiten.
Der zweite Theil der Noöl’schen Arbeit bemüht sich dazuthun, dass
die von dem Verfasser für den Frieden berechneten Cadres auch für den
Feldzug ausreichen, während sich dies zur Zeit mit den 1261 zur Ver¬
fügung stehenden Sanitätsoffizieren nicht ermöglichen lässt. Für die Be¬
setzung der einzelnen Chargen stellt No öl gewisse, in Deutschland wohl
schon längst eingebürgerte Grundsätze auf, von denen die wichtigsten
folgende sind.
Der Commandeur einer Sanitätsformation soll ein activer Sanitäts¬
offizier sein; bei den auf Theilung berechneten Ambulancen soll auch der
Zweitälteste Arzt dem activen Dienststande angehören, ebenso der älteste
beim Truppentheil, die übrigen mögen aus der Reserve entnommen werden.
Bei dieser Gelegenheit tritt No öl mit allem Nachdruck für das Verbleiben
der Truppenärzte in der Feuerlinie ein; es ermuthige den Soldaten und
flösse ihm Vertrauen ein, es erfülle ihn mit Achtung vor dem militär-
ärztlichen Stande.
No öl geht dann an dio für die Mobilmachung zu bearbeitende Be¬
setzung der einzelnen Dienststellen: Die nicht mit Inspecteurs zu be-
setzenden Corpsarztstellen (38) sind Principaux I. Classe zu verleihen;
76 Divisionsärzte (in Frankreich nur im Kriege existirend) nimmt er zum
grössten Theil (64) aus der Reihe der Principaux II. Classe, 114 Comman-
deure der Sanitätsdetachements, sowie 342 Chefärzte der verschiedenen
Lazarethe sollen Majors I. Classe und II. Classe (diese letzteren besonders
tur die 304 r eldlazarethe) werden. Wo es mangelt, füllt er die leeren Plätze
mit ehemaligen activen Militärärzten aus. Um deren recht viele zur
Hand zu haben, legt No öl der leitenden Stelle nahe, den sich mit Ab¬
schiedsgedanken tragenden Sanitätsoffizieren nur zuzureden, anstatt ihre
Gesuche zurückzuweisen; das schaffe Platz zum Avancement für die Zurück-
bleibenden, mindere die Misere des Standes und schaffe tüchtige Militär¬
ärzte der Reserve. Die Logik ist nicht falsch, aber etwas gewaltsam
In einem mageren dritten Theile sieht sich Noöl gemüssigt, die
Avancementsverhältnisse der Sanitätsoffiziere mit denen der Offiziere und
und der Verwaltungsbeamten zu vergleichen. Das ist auch in Frankreich
picht erspnesshch, und das neue Noöl’sche System ändert daran herzlich
weiug ’ ___ Schumburg (Berlin).
X. Therapeutische Mittheilungen.
I» I.7.^i b j r ri^ Ash “ ea < 1 ’ M. D„ Tradltlonal trentment of Leprosy
1894 ??o I7 d v^! n TVT? he p J f U ? a L° f th - 6 4j? crican medical Association
1894 No. 17, Vol. XXII. Ref. A. Honnig (Königsberg i. Pr.).
Mitthtilunwn S -,^ shn ? oad a “ s New-York verdanken wir interessante
OenAll^ T b i • J Arb « l ‘ des japanischen Arztes Ratakara
Genshiu aus Tokio aus dem Jahre 1781, die sich eingehend mit der
Aufzähhmfr Symptomatotogie und Therapie der Lepra beschäftigt. Die
Aufzählung des Symptomeucomplexes ist so vollständig, dass wir selbst
m den klassischen Schilderungen der beiden norwegischen ^Torschor
anbetrifft 5 so" fnhr^r®“ k . k . am }. et ;™s “«“> finden, und was die Aetiologie
anbetnfit, so führt Genshiu die Leprose neben klimatischen Einflüssen
Excessen in venere et in baccho, dem übermässigen Genüsse fetter Speisen
eterLmey keto« zurück, die mehrere Jahre vor Ausbruch
m d £ S betl T ffende Individuum einwandern sollen Wir
dass aucb . er Knilch wie Schilling (1771), aber jedenfalls
unabhängig von ihm, einen parasitären Ursprung des Leidens geahnt huf
Ausserordentlich wichtig sind aber die thera^utischin MiÄ
enshiu s, zumal sie auch noch heute zum Theil wenigstens Würdigen o-
verdienen, weshalb hierüber etwas ausführlicher referirt g werdensoll g In
Len u “sp™ng ^h a bt‘'hat S I™ IH^T w, ‘T*! diese J 1,,e in j™ en Ladern
so ist dio Prognose trtbo Man ’umzieM-fff 6 bT
Fällen auf circa 50 Tage: zur Operation am «w^ 611 . and .mittelschweren
und der Anfang des Herbstes Während ^ ^ ei £ netsten lst der Sommer
No. 31
Lues verwechselt werden können und dass seit der grösseren Verbräm, *
der letzteren Krankheit der Aussatz in China und jfpan wesentlich
nommen hat. Prophylaktisch räth er bei der Ausführung des Coitus ein
Lotusblatt zu benutzen. Zum Schlüsse berichtet er über acht Fälle aus¬
führlicher, von denen sechs vollkommen geheilt worden sind.
zweckmässiges Epilatorium stellt folgendes Recept dar: Alkohol
12,0, Jod 0,75, Collodium 35,0, 01. Terebinth. 1,5, 01. Ricini 2,0. An drei
bis vier Tagen hintereinander aufgetragen. (Mödec. moderne 1894, No. 55.)
- H. Citron (Berlin).
Salbo”nir^rethralaondett thdrapeuti, ’ ae Te ™ ndet
Sapon. 50,0
Glycerin.
Aqu. ana 25,0
Hydr. bichl. corr. 0,02
Die Salbe ist aseptisch und übt keinerlei Reizung auf die Urethra
»US. Andererseits erleichtert sie das Katheterisiron der Urethra und der
Hchen ^ttel^bertreffen!^ ^ m dieser Beziehung alle bisher gebrauch-
— Die Union pharmaceutique bringt folgende Vorschrift gegen auf.
gesprungene Hände und Lippen. In 180 g Aqu. Rosar. werden 8,5 «■
Gektine aufgelöst. Der erkalteten und noch flüssigen Mischung setzt
i\ 2 ° g Elwei A sszu > , erhlfczfc YOn neuem ’ lischt mit 180 g Glycerin,
welches 75 cg Acid. salicyl. m Lösung enthält, und filtrirt durch einen
Warmwassertnchter. Das Präparat wird in weithalsige Flaschen gefüllt,
in denen es zu einer Masse erstarrt.
XI, Kleine Mittheilungen.
_ , Magdeburg. Mit der diesjährigen Versammlung des Deut¬
schen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Magdeburg
(vergl. No. 14, S. 332). wird eine Ausstellung technischer Ein-
richtungen aus dem Gebiete der Wohnungshygiene verbunden
sem. Dieselbe steht im Anschluss an den Vortrag des Herrn Ingenieur
Koechling m der zweiten Sitzung: „Technische Einrichtungen für
Wasserversorgung und Canalisation in Wohnhäusern“, und hat den Zweck,
die besten technischen Einrichtungen der bezeichnten Art als Muster in
hygienischer Beziehung einem grösseren Publicum, namentlich den bei
Gelegenheit des Congresses zahlreich vertretenen Sachverständigen, vor-
zufuhren Die städtische Verwaltung hat für diesen Zweck ein Haus
(Domstr. d) mit grösserem Hofraum zur Verfügung gestellt, welches im
Erdgeschosse und un Obergeschosse ausreichenden Raum für eine solche
usstellung bietet. Das Erdgeschoss enthält einen zusammenhängenden
Ausstellungsraum, in welchem nur Gegenstände, die auf die Wasser-
versorgung und Entwässerung von Wohnhäusern Bezug haben, unter¬
gebracht werden sollen; dem gleichen Zweck sollen der Hofraum und
le angrenzenden Schuppenräume dienen. Dagegen ist das Obergeschoss
vr u? e l nen ei P ze hien Zimmerräumen dazu bestimmt, die Gegenstände in
erbmaung mit dem Hause, sowie mit den Wasserzuleitungen und Ab-
n ^ SS i eit i IDg v- n zu zeigen ’ und S °N Wer das Programm auch auf Gegen¬
stände der Zimmerheizung, Beleuchtung und Ventilation ausgedehnt werden.
r> KJ .rA ön i gshütte - Dem Sanitätsrath Dr. W. Wagner ist das
Prädikat Professor verliehen.
■mjr ,r~. In / 4 6 ? 1 v ° n Schwalbe redigirten Jahrbuch für praktische
Medicin (Enke-Stuttgart) hat Prof. E. Harnack, Direktor des pharma¬
kologischen Instituts in Halle a. S., das Referat über Pharmakologie und
loxiKoiog 10 übernommen. Einschlägige, für das Jahrbuch bestimmte
Eitteratur wolle man gefälligst an Prof. Harnack direkt senden.
, . Von der Diagnostik und Therapie der Magenkrank-
heiten von Dr. I. Boas (Verlag von Georg Thieme, Leipzig) ist eine
italienische Ausgabe erschienen. Die Uebersetzung ist von Dr.
Ursino Manganotti besorgt.
„ *4 ~ Zur medicin sehen Publicistik. In Russland erscheinen zur
Zeit 38 medicinische Zeitschriften, davon 20 in St. Petersburg, 5 in
Moskau, 4 in Warschau, 2 in Odessa, 2 in Charkow, je 1 in Kasan, Kieff,
baratow, Woronesz und Pultawa. Die ältesten sind die Medizinskoie
Ubozrenie, die Russkaia Medizina und der Wratsch.
• 4 i w 3 Uesammtzahl der Studirenden an den vier Univer¬
sitäten Hollands beträgt 2972; darunter befinden sich 19 Frauen. In
der Schweiz studirten während des Sommersemesters an der Universität
zu Basel 155 Männer, 3 Frauen, in Bern 162 Männer, 42 Frauen, in
• .? "Jänner, 43 Frauen, in Lausanne 84 Männer, 19 Frauen, in
in Zürich 235 Männer, 80 Frauen.
~ Uie Zahl der Universitäten im Russischen Reiche be-
f ißono 611 ?^ zehn. Die Gesammtzahl der Studirenden belief sich
4 -u •! die sicb au f üie einzelnen Universitäten folgendermaassen ver¬
teilen: Moskau 3888, Kiew 2244, St. Petersburg 2225, Helsingfors 1875,
Juqew (Dorpat) 1650, Warschau 1335, Charkow 1200, Kasan 825, Odessa
555, Tomsk 405.
“Universitäten. Berlin. Zum Decan der medicinischen Facultät
lur das Studienjahr 1894/95 ist Prof. Dr. 0. Hertwig gewählt. -
* Ö A gSb a er A Uen orde ntlichen Professoren der Universität Dr. H. Braun
unü lir. otieda ist der Charakter als Geheimer Medicinalrath beigelegt.
^ 0 stock. Dem Vernehmen nach hat Prof. Dr. Garr6, erster Assistent
an der chirurgischen Klinik in Tübingen, einen Ruf als Nachfolger Ma-
aelung s nach Rostock erhalten. — Prag. Für die Besetzung der durch
ea Abgang von Prof. Gussenbauer erledigten Lehrkanzel sind in Vor¬
schlag gebracht: 1. Nikoladoni (Innsbruck), 2. Wölfler (Graz),
J. v. Eis eis b erg (Lüttich).
Gedruckt bei Julius Slttoufeld ln Berlin W.
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TXmnorcteg ' •* 8». _ 9. August 1884.
DEUTSCHE ■"
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
LichtansteinaUee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
I. Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am
Friedrichshain in Berlin.
Ueber Nierenaneurysma. 1 )
Von Engen Hahn.
Das ausserordentlich seltene Vorkommen von Nieren¬
aneurysmen veranlasst mich, an der Hand eines von mir be¬
obachteten und operativ behandelten Falles einige Fragen über
die Diagnose und Behandlung der Nierenaneurysmen zu erörtern
und Ihnen das sehr interessante Präparat vorzulegen, welches
durch eine am 8. Mai 1893 ausgeführte Operation gewonnen ist.
Die Patientin, eine ledige 49jährige Wirthschafterin, hat ihre Mutter
an Lungenentzündung, eine Schwester an Lungenschwindsucht verloren,
ist sonst hereditär in keiner Weise belastet. Sie hat eine normale Ent¬
bindung mit normalem Wochenbett durchgemacht. Sie will niemals ernst¬
lich krank gewesen sein. Ein seit 20 Jahren bestehender rechtsseitiger
Leistenbruch hat ihr nie erhebliche Beschwerden bereitet. Eines Tages,
Anfang März 1893, will Patientin, nachdem sie mehrere Treppen ge¬
stiegen, plötzlich das Gefühl einer sich hin und her bewegenden Kugel
im Leibe gehabt haben, und zugleich bemerkte sie eine Geschwulst unter
dem linken Rippenbogen, welche ihr bis dahin hoch niemals aufgefallen
war. -- Seit dieser Zeit fühlt Patientin sich nicht wohl. Sie bekam
allerlei Verdauungsbeschwerden, Appetitmangel, Obstipation, wurde blass
und magerte sichtlich ab. Zugleich stellten sich zeitweise, namentlich
beim Sitzen, heftige Schmerzen im Kreuz ein. Am 24. April 1893 wurde
sie auf die innere Station des Krankenhauses Friedrichshain aufgenommen
und am 2. Mai nach der äusseren Abtheilung verlegt.
Der zuerst auf der inneren Station aufgenommene Befund war in aller
Kürze folgender: Patientin war von mässig kräftiger Körperconstitution, in
ziemUch elendem Ernährungszustand, von blasser Hautfarbe und massigem
Fettpolster. An den Brustorganen war ausser einer geringen Scballverkür-
zung über der linken Lungenspitze und einer gewissen Unreinheit des ersten
Herztones nichts Pathologisches nachweisbar. Das Abdomen war etwas
vorgewölbt, besonders in der linken oberen Partie. Daselbst fühlte man
einen kindskopfgrossen Tumor von praU elastischer Consistenz und glatter
Oberfläche. Derselbe war überaU scharf abzugrenzen; er reichte nach
oben bis zu dem Rippenbogen, nach abwärts bis handbreit unter den
Nabel, nach innen bis etwa drei Finger breit von der Mittellinie, nach
aussen verlor sich seine Begrenzung in die Regio lumbalis sinistra. Die
Bauchdecken waren über dem Tumor deutlich verschiebbar. Der Tumor
selbst, in der linken Nierengegend fixirt, konnte um diesen Fixationspunkt
leicht etwas hin und her bewegt werden. Ueber dem Tumor deutliche
Dämpfung. Bei Lageveränderungen der Patientin, ebenso bei tiefer Respi¬
ration war eine Bewegung des Tumors nicht sichtbar. Pulsationen wurden
am Tumor nicht bemerkt, dagegen fühlte die vorn auf den Tumor ge¬
legte Hand bei Druck mit der anderen Hand auf die Regio lumbalis
sinistra ein deutliches Ballotement
Die Untersuchung der anderen Abdominal- und Sexualorgane ergiebt
nichts Pathologisches. Beim Aufblasen des Darmes vom Rectum wölbte
sich das stark aufgeblähte Colon Itransversum und descendens über den
medianen und unteren Theil der Geschwulst etwa zwei Finger breit, so
dass diese Grenzen nicht mehr dentlich abzutasten waren.
Der Puls war ziemlich kräftig. Das Arterienrohr leicht sklerosirt.
Die Urinmenge schwankte zwischen 1000 und 1500 ccm. Der Urin
hatte ein durchschnittHches specifisches Gewicht von 1012, war von nor¬
maler Beschaffenheit, in Sonderheit frei von pathologischen Beimengungen.
Die Diagnose schwankte zwischen Hydronephrose und weicher Geschwulst
der Niere.
. Nach 2 V* wöchentlichem Krankenhausaufenthalt, während welcher Zeit
Patientin nie Fieber gehabt, aber immer elender geworden war, der Tumor
auch keinerlei Veränderungen gezeigt hatte und auch die Untersuchung
*) Vortrag, gehalten in der freien Vereinigung der Chirurgen Berlins
am 21. Mai 1894.
in Narkose keine neuen Aufschlüsse gegeben hatte, wurde am 8. Mai die
Operation vorgenommen.
Es wurde zunächst versucht, extraperitoneal an den Tumor herauzu-
kommen. Patientin wurde in die rechte Seitenlage auf eine hohe Rolle
gelagert. Ein Schnitt, welcher von der linken zwölften Rippe etwa 8 cm
von den Dörnfortsätzcn begann und schräg von hinten und oben an der
Spina anterior superior endigte, durchtrennte allmählich die Weichtheile,
bis ein Theil der Nierenconvexität zu Tage lag. Man konnte nun ohne
Schwierigkeit die oberen hinteren zwei Drittel der Niere abtasten und
auch durch die Inspection sich von der normalen Grösse und Beschaffen¬
heit der Niere überzeugen. Wiederholte Probepunctiouen in der Richtung
nach dem Nierenbeckeri und dem mehr nach unten liegenden Tumor er¬
gaben theils ein negatives Resultat, theils nur reines Blut. Als ich nun
den Versuch machte, die Niere nach dem unteren Pole freizulegen, trat
plötzlich eine so profuse Blutung ein, dass ich von einem weiteren Vor¬
gehen nach dieser Richtung hin Abstand nehmen musste. Die Wunde
wurde fest tamponirt und die Patientin in die Rückenlage gebracht, um
die Geschwulst transperitoneal in Angriff zu nehmen.
Zu dem Zwecke wurde der nach vom und unten, wie bereits erwähnt,
bis zur Spina anterior superior sinistra reichende Schnitt bis zur Mittel¬
linie verlängert, die einzelnen Schichten der Bauchdecken durchtrennt und
das Peritoneum in dieser Ausdehnung an der vorderen und seitlichen
Wand eröffnet. Neben den leeren Darmschlingen im unteren Theil der
Wunde wölbte sich im oberen Theile derselben der etwa kindskopfgrosse
Tumor hervor. Derselbe war an seiner vorderen Seite von einer weisseh,
derben Kapsel umgeben. Durch die eingeführte Hand konnte man den
Zusammenhang mit der Niere nachweisen. Tumor und Niere lagen an¬
scheinend in einer Umhüllung eingebettet, über welche das Colon descen¬
dens mit einem kurzen Mesocolon in der Richtung von oben nach unten
Uber die Tumorkapsel hinzog. Eine erneute Probepunction ergab keinen
flüssigen Inhalt. Ich versuchte nun, von der Oberfläche des Tumors den
Peritonealüberzug zusammen mit dem Colon descendens in Verbindung
mit seinem kurzen Mesocolon abzulösen und medianwärts zu verschieben.
Dabei zeigte sich jedoch das Peritoneum mit der Kapsel so fest ver¬
wachsen, dass das Mesocolon in seiner ganzen Ausdehnung entlang dem
Tumor etwa in der Länge von 15—20 cm abriss und auch der Tumor
selbst einen Riss erhielt, aus welchem dunkelbräunlicho, bröckliche Massen
und wenig Blut hervorquollen; das nun locker und beweglich gewordene
Colon descendens liess sich leicht medianwärts verschieben. Das über
den Tumor hinziehende, mit demselben fest verwachsene Peritoneum wurde
an soiner medialen Seite leicht Umschnitten und nun Niere und Tumor
stumpf aus dem gemeinschaftlichen Bette losgelöst, bis beide nur noch
an dein Hilus der Niere hingen. Letzterer wurde abgebunden und pe¬
ripher von der Ligatur abgetrennt. Nach sorgfältiger Reinigung der
Bauchhöhle und Wunde von Blut und Blutgerinnseln und nach exacter
BlutstiUüng handelte es sich einmal darum, das Peritoneum zu schliesseh,
ferner das in seiner Ernährung gefährdete Colon descendens zu ver¬
sorgen.
Die sehr ausgedehnte Operationswunde bestand aus einem lumbalen
und ventralen Abschnitt. — Es wurde zunächst das Peritoneum des ven¬
tralen Abschnitts durch fortlaufende Catgutnaht, und die Haut- und Muskel¬
wunde durch Seidennähte vereinigt.
Die dem lumbalen Abschnitt der Operationswunde entsprechende
Peritonealöffnung hatte durch den Ausfall des mit dem Tumor fest ver¬
wachsenen und mit diesem entfernten Theils des Peritoneums erheblich an
Grösse gewonnen.
Es wurde zunächst der an der lateralen Seite des Colon verlaufende
Rest des Mesocolons mit dem median vom Tumor gelegenen Peritoneal¬
rand, desgleichen derselbe Mesocolonrest in seiner ganzen Ausdehnung
mit dem Peritonealrand, welcher dem lateralen Rand des lumbalen Schnittes
entsprach, durch Catgutnaht vereinigt. — Es war somit die ganze aus¬
gedehnte Wunde des Peritoneums geschlossen und das Colon descendens
intraperitoneal gelagert und eingenäht.
Die restirende Hautmuskelwunde wurde mit Jodoformgazo ausge¬
stopft, und darüber wurden tiefgreifende Hautinuskelnähte angelegt, bis
auf je eine Oeffnüng ah der Spina anterior superior und dem Anfangstheil
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
63Ö
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32
des Schnittes an der zwölften Rippe, aus welchen die Jodoformgazestreifen
und die Stielligaturen herausgeleitet wurden. Ein grosser Mooskissen¬
verband beschloss die etwa D/a Stunden dauernde Operation.
Der nun folgende Krankheitsverlauf war ein ausserordentlich günstiger.
Patientin erholte sich ziemlich, schnell nach der Operation. Sie hat un¬
mittelbar nach der Operation einige male aufgestossen und Brechneigung
gezeigt, blieb aber dann frei von jeglichen peritonitischen Erscheinungen.
Am fünften Tage nach der Operation erfolgte auf Eingiossung nor¬
male Stuhlentleerung. Die Urinmenge betrug im Durchschnitt 1000 ccm,
Jäs specifische Gewicht des Urins 1020. Ein geringer Eiweissgehalt in
den ersten Tagen nach der Operation ist bald wieder geschwunden.
Drei Wochen nach der, Operation stiess sich die Stielligatur ab.
FünfWochen nach der Operation ist die Operationswunde auf einen 15 cm
langen und drei Finger im Durchmesser fassenden Canal, welcher mit
festen guten Granulationen ausgekleidet ist, geschlossen. Patientin hat
sich ausserordentlich erholt, hat guten Appetit, regelmässigen Stuhlgang
und ist vollkommen frei von allen Beschwerden.
Ausser dem mitgetheilten Fall habe ich noch fünf Fälle von
Aneurysmen der Nierenarterien in der Litteratur auffinden können,
die alle erst bei der Section erkannt wurden. Es gehört dahin ein
Fall vo.n ‘Armstrong. 1 ) Schneller Tod' infolge von .Nierenblutung,
Zerreissung der Kapsel und Austritt von Blut in das Peritoneum.
Ausgangspunkt von der Oberfläche der Niere selbst. Eine kleine
rundliche,'mit einem Thrombus gefüllte Höhle wird für ein Aneu-
yysma der Interlobulararterie angesprochen.
Dann zwei von Oestreich 2 ) publicirte Fälle, bei denen das
Aneurysma einmal bei einer 50jährigen Frau innerhalb der Niere
lag und schliesslich dep Hilus durchbrochen hatte, das andere mal
bei einem jungen Manne an der Nierenarterie ausserhalb der Niere
zwischen Niere, Nebenniere und Aorta nach oben hinter der Leber
liegend.
Die beiden folgenden Fälle sind als traumatische Aneurysmen
zü betrachten, da sie sich sicher aus einer Verletzung durch Fall
entwickelt hatten.
Der eine von Grub er 3 ) bei einem 39jährigen Manne. Sturz
auf den Rücken aus der Höhe von 2 m. Sofort blutiger Urin.
Hämaturie sistirt drei Monate, kehrt dann wieder und führt schliess¬
lich zum Tode. Aneurysma verum arteriae renalis sinistrae von
Kindsfaustgrösse, welches in der Höhe des Hilus in ein sehr
grosses Aneurysma spurium überging. — Der andere Fall von
Hockenegg, 4 ) hervorgerufen durch Fall auf den Rücken aus einer
Höhe von 3 m. Birnenförmige Gestalt von 15 cm Länge und
10 cm Breite, am unteren Theile der Geschwulst sitzt ein 7 cm
langer und 2 cm breiter Zapfen, der Rest der rechten Niere.
Membran derb, an der medialen Seite des Tumors thalergrosser
Defect in der Membran, welchem ein erbensengrosses Loch in dem
die Geschwulst erfüllenden Gerinnsel entspricht. Dieses führt zu
einer mit flüssigem Blut erfüllten Höhle. . Das durch den Balg
in die Höhle führende Loch entsprach der Communication mit der
-Arteria renalis.
Was nun die Diagnose anbetrifft, so ist dieselbe in den er¬
wähnten Fällen nicht gestellt. Es wird auch in Zukunft in An¬
betracht der^ -wenig charakteristischen Symptome Schwierigkeit
haben, eine sichere Diagnose zu stellen, da besonders in keinem
hall das für das Aneurysma charakteristische Symptom der Pul¬
sation Constatirt werden konnte.
Man wird in Zukunft bei zweifelhaften Fällen von Nieren¬
tumoren die Auscultation zu Hülfe ziehen müssen, aber auch diese
wird häufig in Stich lassen, da die geringe Blutbewegung bei dem
Missverhältniss zwischen der kleinen Arterie und dem grossen
back, wie bei dem vorliegenden Fall, kaum ein Geräusch wird er¬
kennen lassen.
Eine schnell sich entwickelnde Geschwulst in der Nieren¬
gegend nach Verletzungen oder grossen körperlichen Anstrengungen
muss den Verdacht auf ein Aneurysma der Nierenarterie erwecken
insonderheit wenn es sich um Patienten mit Arteriosklerose
handelt, bei denen die Geschwulst sich ohne erhebliche Kachexie
ohne Fieber, und ohne Veränderungen de? Urins entwickelt hat!
Wenn in solchen Fällen die Auscultation und Probepunction
emen weiteren Aufschluss geben' und Pulsationen fehlen, werden
wir über eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose nicht hinauskommen
Blutungen treten immer erst auf beim Durchbruch des Aneurysma
m das Nierenbecken und werden wohl meist sehr profuse sein.
Was den Verlauf anbelangt, so wird derselbe ohne operativen
.^ loh • Slcher ungünstig gestalten. .Eine Heilung kann nur
erfolgen durch operative Entfernung der Niere mit dem Aneurysma
jo«rn. ) otL”d i c r °scfenct n< oZZ ****** A “'
Berl. ^lh.°\VocheD3ch^ S i89E*N™ e 42f SI ' 1It f ' Rud ' Virchow '
Wochlschr.^sÄ 4L AneU °' Smft art - ren - 8ini8trae - Wiener “«■'
Schrift l H 8»r, h No e 4-28 B<!iträg6 ^ Nierenchirur g !e - Wien. klin. Wochen-
Was nun das Präparat anbetrifft-, welches ich mir erlaube Ihnen
vorzulegen, so werden Sie ohne weiteres erkennen, dass dasselbe in der
Mitte steht zwischen den von Oestreich beschriebenen Fällen, bei
welchen das Aneurysma einmal ausserhalb der Kapsel und das andere mal
innerhalb der Niere lag, in letzterem Falle mit Durchbruch nach dem
Hilus. In meinem Falle Ist! die Niere vollkommen 'getrennt vom Aneu¬
rysma, aber beide eingeschlossen von der Capsula fibrosa externa. Die
Niere selbst zeigt in ihren oheren zwei Dritteln vollkommen normale Be¬
schaffenheit, und nur der untere Pol ist durch den Druck des Aneurysma
stark abgeplattet und atrophisch. .
Das Aneurysma liegt vor der Niere und nimmt zwei Drittel der
vorderen Seite ein. Man erkennt deutlich an den Faserzügen, dass Niere
und Aneurysma in einer Kapsel liegen.
Ein Ast der Arteria renalis lässt sich deutlich in den aneuiysmatischen
Sack vhinein verfolgen. Sie erkennen denselben an der eingeführten Sonde.
Zwei andere Aeste, in welche sich bereits die Arteria renalis sinistra ge¬
spalten, und dieser nach dem unteren Pole der Niere gerichtete, aus
welchem sich das Aneurysma entwickelt hat, sind durch angeschlungene
Fäden kenntlich gemacht. 0
Die vor der Arterie liegende Vene und den dahinter befindlichen
Ureter erkennen Sie an den blauen und weissen Fäden
An der vorderen Wand des gemeinschaftlichen Sackes sind ausser
den Resten des Peritoneums einzelne Ueberbleibsel des abgerissenen
Colon transversum sichtbar.
Die Kapsel ist derb und an der Innenwand mit zahlreichen, fest
ansitzenden, bräunlichen, bröcklichen Massen besetzt, die mehr nach der
Peripherie gelegenen’ sind, von festerer Consistenz und hellerer Farbe.
Die Kapsel selbst ist fest, an einzelnen Stellen .mehrere Millimeter stärk
und aussen von einer weisslichen Membran bekleidet, deren äusserste
Schichten die gemeinsame Kapsel für Niere und Aneurysma darstellen.
Wenn wir•* die Verzweigungen der Arteria renalis in ihrem Ver¬
hältnis zur Niere und zum Nierenbecken betrachten, so wird ohne
weiteres klar, dass, wenn die Entwickelung eines Aneurysma an
dem Stamm der Nierenarterie eintritt, dasselbe auch ganz ausser¬
halb der Niere liegen und von ihr getrennt sein muss. Bei Er¬
krankung der Endäste der Arterie wird die von Armstrong und
von Oestreich in einem Fall beschriebene Form des Aneurysma
mit Zertrümmerung und Betheiligung des Nierengewebes eintreten,
während bei der Bildung des Aneurysma aus einem der grösseren
in dem Sinus befindlichen Aeste die von mir beschriebene, an
diesem Präparat deutlich zu erkennende Entwickelung erfolgen
wird, die sich dadurch von den anderen unterscheidet, dass das
Aneurysma, obwohl es die Substanz der Niere, mit Ausnahme des
atrophisirenden Druckes, ganz intact lässt, dennoch mit der Niere
in einer gemeinsamen Kapsel sich befindet.
U. Aus der medicinischen Universitätspoliklinik in Rostock.
Ueber den Inhalt des gesunden nüchternen
Magens und den continuirlichen Magen¬
saftfluss.
Von Prof. Dr. F. Martins.
Nach herrschender physiologischer Anschauung ist der ge-
Sunde, nüchterne Magen leer. Die minimale Schleimmenge, die
seine Oberfläche in dünner Schicht bedeckt, reagirt neutral. Ab¬
sonderung eines pepsin-salzsäurehaltigen, verdauenden Magensaftes
tritt erst ein, wenn der Magen durch eingeführte Ingesta oder aüf
mechanischem W r ege gereizt wird.
Die aushebernden Kliniker und Aerzte schliessen sich in ihrer
Mehrzahl dieser Lehre an. Sie gründen auf dieselbe die Behaup¬
tung, dass der Befund einer messbaren Menge eines salzsäure¬
haltigen Magensaftes im nüchternen Magen als durchaus patho¬
logisch zu deuten sei. Der von Reichmänn entdeckte, von
Riegel, Jaworski und anderen genauer untersuchte und als
relativ häufiges Vorkommniss erwiesene „continuirliche Magensaft¬
fluss“ steht in vollem, hartem Gegensatz zum secretorischen Ver¬
halten des gesunden Magens.
Diese klinische Lehre wird in lebhafter Weise bekämpft von
Schreiber, der seit dem Jahre 1888 behauptet, dass die Saiz-
säureabscheidung des gesunden, speisefreien Magens „im Nüch¬
ternen“ als normales Phänomen beim Menschen anzusehen sei.
Auf Grund dieser gegensätzlichen Anschauung ist eine heftige
Fehde zwischen Riegel und Schreiber entbrannt, deren Umfang
mit der Einfachheit des Gegenstandes kaum in rechtem Verhältniss
zu stehen scheint.
Vermuthlieh wird der unbefangene Leser dieser Polemik mit
mir den Eindruck haben, dass eine weitere Discussion über das
dürftige, thatsächliche Material, das vorliegt, nutzlos sein würde.
Was Dialektik - vermag, ist geleistet. Wo in so schroffer Weise
Behauptung gegen Behauptung steht, bringen nur neue, unbe¬
fangene und mit möglichst ein wandsfreier Methode angestellte Ver¬
suche die Sache weiter.
Als ich mich daran machte, durch neue Versuche mir ein
eigenes Urtheil in der streitigen Angelegenheit zu bilden, da be-
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
9. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
639
herrschte mich, wie ich offen gestehe, die Vorstellung, dass die
Riegel’sche Lehre doch wohl aller Wahrscheinlichkeit nach die
richtige sei. Meine Versuche haben anders entschieden.
Damit der Leser selbst sein Urtheil sich bilde, will ich dieselben
möglichst objectiv, wenn auch kurz wiedergeben. Zunächst jedoch
ist eine Besprechung des Versuchsplanes und der Versuchsbedin¬
gungen unerlässlich.
Die Schwierigkeit des Unternehmens war eine doppelte. Die
erste lag in der Beschaffung geeigneten Untersuchungsmaterials.
Jede aus Kliniken und Polikliniken stammende Angabe über den
Procentsatz an Säurebefunden bei so und so viel Versuchspersonen
schliesst den Zweifel nicht aus, dass es sich nicht um nachweislich
Gesunde gehandelt habe. Jeder aber, der viel mit dem Schlauch
arbeitet, weiss, wie schwer Menschen, die sich für völlig magen¬
gesund halten, für diese Procedur zu gewinnen sind. Selbst der
für die Wissenschaft begeisterte Student streikt gern, wenn er
erst vor der Sonde sitzt.
Die zweite Schwierigkeit liegt in der Ausheberungsmethode
selbst. Wenn die Einführung des Schlauches bei nicht daran ge¬
wöhnten Personen genügt, um unter allen Umständen „reflectorisch“
oder „direct“ die Secretion anzuregen, so lässt sich jeder etwaige
Säurebefund wegdiscutiren.
Was den ersten Punkt betrifft, so wählte ich ein zu ähnlichen
Zwecken schon mehrfach erprobtes Material — völlig gesunde
Soldaten, und zwar konnte ich dieselben durch die Güte eines ober¬
militärärztlichen Collegen unter folgenden, für unseren Zweck ganz
besonders günstigen Bedingungen untersuchen. Es handelte sich
ausschliesslich um Leute, die wegen ganz geringfügiger äusserer
Verletzungen oder Schäden (Panaritien, geringe Augenbindehaut¬
katarrhe oder dergleichen), die zudem meist schon abgelaufen waren,
sich im Lazareth befanden. Dieselben lebten demnach vor dem
Versuch schon Tage lang in völlig gleichmässigen, gesundhaften
Verhältnissen, bei einfacher Kost, ohne Alkohol und ohne starke
körperliche Anstrengungen. Sie erhielten des Abends um 6 V 2 Uhr
vor dem Versuch Suppe mit oder ohne Butterbrod (I. und II. Form).
Sie mussten am anderen Morgen bis zur Ausheberung (um 8 Uhr)
zu Bett liegen bleiben. Dass sie des Morgens nichts, auch kein
Wasser genossen, wurde durch den dienstthuenden Sergeanten con-
trollirt. Sämmtiich erklärten sie, niemals Magenbeschwerden ge¬
habt zu haben. Sämmtiich waren sie fieberfrei. Genügend „ge¬
sund“ für unsere Zwecke also waren sie.
Nun aber der zweite Punkt, „der Reiz der Schlaucheinführung“.
Wiederum muss ich an die Erfahrung der selbst viel aushebernden
Collegen appelliren. Man gewinnt durch unausgesetzte Uebung
einer derartigen Manipulation schliesslich darin, wie ein College
sagte, eine geradezu teuflische Gewandtheit. An der Uebung
wenigstens hat es mir nicht gefehlt. Es stellte sich nun thatsäch-
lich die Sache so, dass die sehr willigen Soldaten (die, wie gesagt,
seit Tagen im Lazareth weder geraucht noch getrunken hatten,
also besonders gut disponirt waren) den Schlauch gleich beim
ersten mal so gut verschluckten, dass die ganze Procedur bei dem
einen wie bei dem andern fast ohne jedes reactive Würgen verlief.
Um eine Vorstellung von dem Ablauf einer jeden Ausheberung
geben zu können, habe ich einen Collegen mit der Uhr in der Hand
jedes mal die Zeit möglichst genau bestimmen lassen, die die Ein¬
führung des Schlauches und die Herausbeförderung des Magen¬
inhaltes selbst in Anspruch nahm. Diese Zeiten sind in der unten
folgenden Tabelle mit aufgenommen. In den meisten Fällen dauerte
die Schlaucheinführung etwa fünf, die Expression (durch Ansaugen)
sieben bis acht Secunden! Wer die Vorstellung nicht aufgeben
will, dass die in dieser Zeit heraufbeförderte Flüssigkeit, die bis
zu 30 ccm betrug, ihre Entstehung dem Sondenreiz verdankt, mit
dem will ich nicht weiter rechten. Ich selbst bin persönlich zu
der bestimmten Ueberzeugung gekommen, dass ich jedes mal im.
Magen vorhanden gewesene Flüssigkeit in das Rohr ein gesogen
habe. Was ich dagegen nicht verbürgen kann, ist der Umstand,
ob ich jedes mal die gesammte, im Magen vorhandene Flüssigkeit
herausgebracht habe. Es kam mir mehr auf schnelles Arbeiten an,
so dass der Schlauch unter leichtem Ansaugen stets sofort wieder
zurückgezogen wurde. In vielen Fällen ist daher sicher Magen¬
inhalt zurückgeblieben.
Alles weitere ergiebt die nachfolgende Zusammenstellung.
I
1
£
Alter
Grund des
Lazareth-
aufent-
haltes
Dauer der
Expression
Menge und Art
der entleerten
Flüssigkeit
Reactionen
1 .
2i J.
i
Chroni¬
sches
Haut¬
geschwür.
1
Einführung
5 Secunden,
Aussaugung
8 Secunden.
5 ccm einer schleimi¬
gen, wasserklaren,
ein verschlucktes
Sputum enthalten¬
den Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
—, Günzburg
A = 10.
• .
1 Nummer
Alter
Grund des
Lazareth-
aufent-
haltes
Dauer der
Expression
Menge und Art
der entleerten
Flüssigkeit
Reactionen
2
. 22 J.
Quet¬
schung am
r. kleinen
Finger.
Einführung
t 6 Secunden,
i Aussaugung
5 Secunden.
20 ccm einer sehr
, stark schleimigen,
leicht gelblichen
Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
—, Günzburg
—. A = 12.
Peptonreaction
-h.
Läkmus-h, Congo
—, Günzburg
—. A=22. Die
quantitativeHCl-
Analyse (Mar-
tius - Lüttke)
ergiebt, dass Or¬
gan. Säure fehlt.
3.
, Der¬
selbe
wie 2,
an
einem
an¬
deren
Tage.
Einführung
7 Secunden,
Aussaugung
8 Secunden.
30 cem einer sehr
> stark schleimigen,
leicht grünlich ge¬
färbten Flüssigkeit.
4.
24 J.
Pana-
ritium.
Einführung
15 Secunden,
Aussaugung
9 Secunden.
10 ccm einer wasser¬
klaren, schleimigen
Flüssigkeit.
Lakmus *, Congo
—, Günzburg
—. A = 14.
5.
23 J.
Phlyctfine
am rechten
Auge.
Einführung
10 Secunden,
Aussaugung
5 Secunden.
5 ccm einer schlei¬
migen, leicht grün
gefärbten Flüssig¬
keit.
Lakmus-h, Congo
—, Günzburg
—. A = 15.
6.
20 J.
Pana-
ritium.
Einführung
6 Secunden,
Aussaugung
9 Secunden.
4 ccm einer wasser¬
klaren, etwas schlei¬
migen Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
—, Günzburg
—. A = 15.
7.
22 J.
Quet¬
schung.
Einführung
8 Secunden,
Aussaugung
5 Secunden.
3 ccm einer ziemlich
klaren, schleimigen
Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
—, Günzburg
—. A = 15.
8.
20 J.
Sehnen-
scheiden-
entzün-
dung.
Einführung
7 Secunden,
Aussaugung
8 Secunden.
15 ccm einer grün¬
lichen, stark schlei¬
migen Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
—, Günzburg
—, A=16. Pep-
tonreaction, -h,
Zuckerroaction
9.
22 J.
Wund¬
laufen.
Einführung
5 Secunden,
Aussaugung
7 Secunden.
10 ccm einer schlei¬
migen, leicht grün¬
lichen Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
-h, Günzburg
-h A - 20. Pep-
tonrection. -h.
10.
22 J.
Nagelbett¬
entzün¬
dung am
r. Mittel¬
finger.
Einführung
7 Secunden,
Aussaugung
9 Secunden.
6 ccm einer schlei¬
migen, wasserklaren
Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
-h, Günzburg
+.A = 20.Pep-
tönreaction -h.
Enthält grüne
Pilzrasen.
11.
22 J.
Trommel¬
fellent¬
zündung.
Einführung
6 Secunden,
Aussaugung
5 Secunden.
9 ccm einer weiss-
lichen, schleimigen
Flüssigkeit.
Lakmus-h, Congo
-h, Günzburg
H—h. A = 26.
Peptonreaction
+•
Lakmus-h, Congo
-h, Günzburg
h-h. A = 28.
Peptonreaction
-h.
Lakmus+, Congo
-h, Günzburg
-|—h. A = 30.
Peptonreaction.
+ .
12.
23 J.
Pana-
ritium.
Einführung
9 Secunden,
Aussaugung
7 Secunden.
10 ccm einer schlei¬
migen, ziemlich kla¬
ren Flüssigkeit.
13.
22 J.
Furunkel.
Einführung
5 Secunden,
Aussaugung
6 Secunden.
10 ccm einer schlei¬
migen, klaren Flüs¬
sigkeit, die ein ver¬
schlucktes • Sputum
enthält.
14.
20 J.
Pana-
ritium.
Einführung
10 Secunden,
Aussaugung
7 Secunden.
8 ccm einer schlei¬
migen, ziemlich kla¬
ren Flüssigkeit, die
ein verschlucktes
Sputum enthält.
Lakmus-h, Congo
-h, Günzburg
-h -h. A = 32.
Peptonreaction
“h,‘
15.
20 J.
Pana-
ritium.
Einführung
5 Secunden,
Aussaugung
6 Secunden.
14 ccm einer grün¬
lichen, sehr stark
schleimigenFlüssig-
keit.
Lakmus-h, Congo
-h, Günzburg
-f- h • A — 38.
Peptonreaction
16.
23 J.
Conjuncti-'
vitis.
Einführung
15 Secunden,
Aussaugung
7 Secunden.
15 ccm einer grün¬
lichen, sonst ziem¬
lich klaren Flüssig¬
keit.
1 ■
Lakmus-h, Congo
-h, ’ Günzburg
-h-h. A = 40.
Peptonreaction .
. -L, Zuckerreac-
tion —.
Bei der Eindeutigkeit des Befundes habe ich mich — aus
äusseren Gründen — zunächst auf diese 16 Fälle beschränken zu
können geglaubt. Geordnet sind sie, wie ersichtlich, nach dem
Aciditätsgrade. Derselbe schwankte von 10—40, d. h. es enthielten
auf Salzsäure berechnet, die Mageninhalte 0,4—1,5 °/oo HCl! In —-
zufälliger Weise — genau der Hälfte der Fälle blieb die Acidität
unter 20, in der anderen überstieg sie 20. Bei der ersteren Hälfte
fiel die Reaction auf freie Salzsäure negativ, bei allen anderen
Fällen mit einer Acidität von 20—40 dagegen positiv äus. In dem
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DEUTSCHE MEDICmiSCHE WOCHENSCHRIFT.
als verschleierte Form der erbten Migräne entpuppt (Möh.tWk
*o wird auch hier die vermehrte SäureHbsdieidijög von eWr
ixiim_ Syr&ptetn eiues NcrvcuMdpiiä Vnn dietüom Stand-
.ppübt ist es von ^ntscbiedmi klittiselUmr Interesse, doreiv MH-
• : WQ u »d bei Welchen Kraok-
heita allen dieb Symptom vorkojmnt. NÄt •verst-ilndlfetr ist mir
daher eine Bönerfenng ton Möbius gplngeintUbb (Jur. Atigftbe, dass
«ins bei Migr&neunbUMt Brbrorhetje tü't außerordentlich sauer
. .v,ITutprsöffriuig^ii-, ,5«&fc Pf? bube Mi, AMH: Y.^nehmen lassen, kann
' ' Nun, die Aufkillrung,
Ä^ie, ob Hyperaciditilt ein den MigrlVru-
" . Symptom lfst odöf*.
Das •. 4$$' •ic-HivwbU •duHtMu.s Astf.. g)#eimro Nlvenn mit $&:
ö« wie viel Fällen • bei dev BüSedow’schea
z)i Söhweißbildung oder Hitzögetühl m bcofr
anderoü Symptome hei; den vrrsDfdödeusten
und■.fögwd'firt.- worden. waru^ Maid:
;e u V: Efkilif^b kann; Mi mir diese neuer-
, ^ s ^■^ufesioeett^'
pur als TbeliJr öder Wi.mjg'er bmvns&tn Rmtioh.
> /der Mitgenspevjölfet.iuii W-
,fefe£mal .gleich 4die' Krütik-
sich, diu * H^peiwudiUit* hidigiicli
w . * * * ’ /1 beiri&ihMßi
in voUstämiigen Kranken-
wie diu Bestimmung. der Fnls*
. .es nun jöieiber
4nm , M t ! ßtitikuiritoeo. MugönsaftHu^^“*
<d kurjso Beobachtungen,
$ vlabre- uit/ feelnia iSpgßre E^it mit don 2ricbyö
F-of, kmiiint tu moi&tv BoliuPdlnng' wegca eleos
^../*pfi^-VstAttgeili4btU' Blutung *yufe.?eii. kssh Rio
AHäbMierlwg ergisbt, iinnbdenr ’iö- den frft&ifitj 'S4 Stunden nur etwas Tbok
und kämuje Suppe genossefl- ist, emu rhÄUefite,. mit^ RafiuefBl? fibßbrben/
pretiün int .nftyMernHy .Mugtm- eben nicht- voJl.sUUidig vordegte, ja Massen charhsctzte Flüssigkeit yon der AddjtJlt 60 und gtark itüsge'
sUgar in iduzeliien Füllen .bis ?« recht; ßrh'eblMjxm \$ei c bimft -ttfr-A«ü ■ tywäü&W '(xlla Ä&tttfg&eher Roactiun. Am nkchatön Morgou ergMH aie
am ydilig ntichterrion Kranken vorg/cnutnrntme-ÄUälieL>erüag
Wuw fMlteft wie ilarnm den Mscei. ein* Dura|.WÄe nüt ! Uo'U^'>^*^*‘**0? »»ff# 1 **rnt fei«;
Tf-T™ w!r *•**? wU T , ; «nd toSSÄÄ^ ulcnw
bcUono- YenrleittHH- khimen wir ebenso g’nt die ,
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r . , t , ' . v<j:i tiinem A «v.t sum pmleüti in der Welt benuu. Gpaaü«re Bep'bavhtuoa
bbioH uapaiii konupt es mvdit an. . KIjrus^b. • '«dpktlg.;* ist..' <lip . »Veifjbt ftd^tspi^clien' üaia , ästb«iiu^clie; •Böseh'Wpwlpft d«n'
Thatsacli»:, näss '/ w-ischon, der patli 0 1 0 g 1 h dh 0 n/ au starken Oji,.|brtw;Vht’snd werh-ielude, .nicht np bnsthßmi^iNorv®»g«di.Mtpg§l)ppdß»r
^ai tri bso 1 ) dernng. -dm n iielt Leroun 'Magens* und dem Solimer^aiiMUe an dun Kxtremitätch,.'•o.usseroftetüch festhö!'ionde,..j»yp»‘
phy sjulogisclipn W r erhalteir keiü ab^oTutor, uussufiUo^-. . rMudriscb« 'KrankheitavarstoHmignu. .starke. a«rvö*c Errogharkeit; einlin-
seüder Geg.ausa^« Msklik ; HvÄ^r^ion juui- ton- BhuI uuieht dvs Magböbescbworden viel schJtei^l
l»'»ir!(.;Vf Mu{?no.«ali.fhi«s B im! 'llrai.'khei» 4 Vn '•' ««„lAni ' ,lut " jndes Aojwehe», • neriiii.|W Ematam«sjustwia; E«rt sieb
>- ’ . . ' j . ‘ >v A /, mU*, • 1 -3ohi,v >. ulfv* lügvA 1*/,/ stunde»-., nach ßwivld’s Prbbeirftkstftck die AcidiiJit^i iO'A
.Söftdfira ; k^#lv kruHkh6ths^ •■=iÖI|-; ^ Tage An^bobeiüng des öüebtbrnen $*?:■ &&&'
sind. catfUwiorig ist tiud bMbt B^stj.Tm».'un.g v lt»i wet^bfir aiaer j^ieht igröplinb gofStbi^ti, sonst wäSferHaren
Stßigenmg einer normalen FuooDön »laj» PbysjoMgiprM aethort FUb:sig'ke«'.i von der Acidität 1101 phmtu 90' bedingt dnrck
ünit das Falltpluglmdin anfUngt. Eir-ö Culslmraoiiz von *)0 ßehld^en • Die ufimittribar daran sieb unscbiie?s«ude Auespülur/ «rn
katip Wi mir Ausdnirk einer CrUratikmig seih Wühraüd oiü an- ^ugdas mi; 4(M) vnu d^stülirteß Wtßäsfr^ Hees dos letötere vddic klar,
/lerer dieselbe für sieh A sein pbvsiulogi^kßs iWdit in Ausprudh mt 8 '*^ r A]m m n ^ Umm W a
M-Ä^eSftef'« T t ÄÄ?Äk Ä ui* Tteli-i. « r .
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maiHtsaböft MagobsäiDlnss.^. retten kbmw. wassc-rklm*, Gongo AcidiUt Gü (iwwsobeß hatte «ich.i»; d : un- saM
I)ie Cebergaügüporiode, in »1er wir «ms tu der MugenpaUmlo«^« %ßudmi des Kranken nichts goliodert. Taga Uber Appetit girudi
augxmt»lioklihh:/d;cliö(löip/ .-wMl- yurübßr stdn, wtmn mpn lUdbün-o P^' $t ^ ts ?Air Hölben ■ »stuu.do: MageudrucK, 1
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Äü^t.^hSi^,iib LeiS t? ‘i!’;*®’ \ 1 ‘ n w '', ««Mw»»ten*.y|apb.>me sj.s!m ni? mt , m ommm »Me ich «n eihe ^«sclum® «dufVerWcto *»8
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^it^d^fibRuiirfai^s' eip^elirei* h , 'ftU 26 ai^kpr‘-;-AilW^o : auf; • nllrijähllhh wieäerr am BO Tage, gleirb 1JK iun 4Ü J; Tage. $«dd9imst6fe
ujescut -u-ftbicte getrieben Unt,. j«f. IreKauut, - Hun-abernd. npcuiidur -Befund.:' j .73 Stüfidnixumd* DrobelrUli^ülck A ^*ngo
Hypei^iditUfc de? Magensäfte« oder iiew ubi* nvonrebiorbv^liin ^ A Odii4U- 4O--50, nie maß %.user«sf:<; vom Tag^vorh^v. mt-
isi genau so viel und ty wonig eine IbSoi vi " nU r ?* [ ? ^
fWpkf «der Altem OudonA« ^>r bei ^ • v \ .
bn Emphysemabikto Qleieligüife ob-vom T EaH p, t .SOjghx^. Arbeiter, klagt Xfaer
uUgemem pathologische« 8t,audpuiiHd aus der MÄdiaiösniue «b-r ^ wU *' u * Dnimne Umer^ciiong otgipht Immwlai smistm« AnomaliMW,.
Oüdeiabilduüg in alMn diesen Faliei. im bdvtm» nrnr.a^ Espve^ton des- üttchteniöa -Mttgäiis agnht
(» t f„b«r rrbdd £-k«M b i a f ? - • m Jf}^ g r W a iü^Mxm A&fe * Tbod «öd W^t geuossufi war) m* 2y0 ccm
ik'-cÄn -r ’ ymisdi ist e« immer om hehier, dur WiiSsersueUt -wassärlgür ntwib tHiber-'Mössitfkeit. n«imrO Caixäimrg stark ; posithv.
** sv'!' 10 ( ul ^f un ' 1 ’bnbbiidtdn zn woibm, ohne sieJi darum Audiilxt *i : j «üavot. ‘froin uV’i’-^üOj.* Koinc ‘ KabvungsrAsto vom TiyM
W Mn Ht-ivdehler oder ylironivorher, Umm KuMd birnld durch Wucbwv cöKsfemt Morm« ^
mmer «Wokt. n*;p.:bt*vnr 0 Magen cuto uwiscboü- BOO und M am »c.h wank ende, m*'
...die ].hy?dologisdjc Norm venuehrt.v HCt-Absrheid\iiirr flüs%ko»u«ienge. von der Acidität 00-80.- Pi«> Acidität ist, ^'Wieuor'-
im Magen kommt vor lud Tfleus veuüdtmk m n ‘!!y aa^mative- Anteil m«hm nur dnnh HCl. bedingt. Urgamsplw
KW,.,; ^ ^ o, >«:• • fehlem. Von der Aeiditbt durchwboiUlinb 20 .ft«t
‘ . .. ’ ? 'i.\>usi^,fiöh: . bumlsuo, dfe Übrige auf Ub«rsrhö^i,gO. (fp^)Si UCl, — ; Boi xuonatohuig irtrt-
«fim/'-Ähfün^saliftMihme .• ^Uie-: 'Itiicljh •• j mir auch uiidik , ...
ckinimhalDgen, sanven Fldssigkoii im Magen somlorliohn AirlkhU;ii»ig zu crlangeu wäre,
inrn lcdighrh SaDsdnrowar, Uinselbe war die zu erlungo« wäre,
frei. lAdjcrMdissi&'o (freie) Saizsünnv Xund anfaJj (immer; hiitaig oder suDeiD b«
lio Aeiditftt. über -20. stieg. Was biadot die nichts^ ^
20? Hämmtliebe därd^tO'du uatOTncbfrp dov l^age, ah und
ml» di« ;f%ptanih4etiöp. TM ^ ' Kwkb'^
suf.lmHtm :babeu< das r'pgelreeht peptbnlsirt achten- ist. AADmn alli
1. dH^s X),8 °/(>o den $6ee»diirlhtt HCl geiiuudeii Krankln^iteu goiuiii Imohaiditet.
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iwelgsr xur AVöihuon Bindung, und HCl im ilings mehrfach '/-U Tilge taetepde AJifmigung
.Wüte a&ium-b." ilJO;?e-..lEfwetssmftiigo- •im- Säirrrbestimniuugon
Lud dfts üoeh . Bonte der . N;ibrmg? . Tiaran segen die berrshiibnde Teudonz soitpni
ht wordehv; Die rtdaliv .wemg- ECweiss-. eutr ..dom Naebwois devartie/or' Auomalmeo.
war l$t/* ^tuaite vor dar A-iiMmherm^. -go*. herfA zu mächon. Oewöho.lv taau.. . . .,.
als SvTßptoni an sieh sehr x-ursobiedener Kränklmitoa
in iuelireren MagennUssägkiritöii versüiitimkDiK. stv yvird' man die SäurohoMimtnungöö- "
unh’ der ges.ui>d«;stn Mondiih viyrt-i/lihmkr gifsehiObton ebenso wenig wermissou.
Spnirdvel abges-t.OÄ»eaß MLUiddpitlvoHou; nuoh lVnq.ium?;^H|HiiiH9|
usPort sieir dahii und ivämi und rcrönblimikt Meinung m
e. Kurzj m e^^skhäftigbni Esllmutörial/ : 2hr K
dreoht pepionisMi fehlt cs d.öJü udehtnriiftn J • ,. t
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^^^SUhigÜ
9. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
gesetzten Ausspülungen verringert sich allmählich sowohl die Flüssigkeits¬
menge, die Morgens nüchtern im Magen sich vorfindet, wie deren Aci-
difcftt. Nach etwa acht Wochen findet sich notirt: Flüssigkeitsmenge
Morgens nüchtern 30 ccm, Acidität 50. Der beste Beweis der Besserung
ist der, dass Patient von selbst sich zu den Ausspülungen nicht mehr
einstellt, vielmehr seine Arbeit wieder aufnimmt.
Zu ergänzen sind alle drei Krankengeschichten noch betreffs Lage
und Grösse des Magens. Bei Fall 1 (dem Ulcus ventriculi) wurde nicht
besonders darauf hin untersucht. Bei Fall 2 und 3 wurde durch eine in
meiner Poliklinik jetzt in der Ausbildung begriffene, möglichst exacte
Methode, über die später im Zusammenhang berichtet werden soll, aus¬
drücklich festgestellt, dass weder Lage noch Grösse, noch motorische
Kralt irgendwie von der Norm abwichen.
Diese aus einem grossen Material beliebig herausgegriffenen
Krankengeschichten beweisen zunächst soviel, dass eontinuirliche
M agensaftsecretion als reine Begleiterscheinung (ziemlich
nebensächliches Symptom) genau gekannter und klinisch um¬
grenzter Krankheiten vorkommt. Eine organische Magen¬
krankheit (das Ulcus ventriculi) und eine rein functioneile Nerven¬
krankheit (die Neurasthenie), beide können ebenso, wie von Hyper¬
acidität, vom „eontinuirlichen Magensaftfluss“ begleitet sein, d. h.
bei beiden finden sich unter Umständen nicht unbeträchtliche Salz¬
säuremengen im nüchternen Magen. Der (von mir auch noch bei
einem anderen Neurastheniker beobachtete) plötzliche Umschlag von
Hypersecretion in beinahe völlige Ajiacidät, ohne dass eine Er¬
krankung des Magens selbst nachweisbar wäre, beweist wohl am
besten, dass in Fall 2 auch die vorübergehende Steigerung der
SaftseCretion des leeren Magens ein rein nervöses Symptom ist.
Widersinnig wäre es unzweifelhaft, zu sagen, Fall 1 habe an
continuirlichem Magensaftfluss mit Ulcus ventriculi und Fall 2 an
continuirlichem Magensaftfluss mit Neurasthenie gelitten. A potiori
fit denominatio. Also: die in mässigem Grade normaler¬
weise stattfindende HCl-Absonderung in den nüchternen
(speisefreien) Magen kann bei gewissen Krankheiten (Ulcus
ventriculi, gewissen Formen der Neurasthenie, vielleicht auch
gastrische Krisen etc.) eine entschieden pathologische
Steigerung erfahren, zum Krankheitssymptome werden.
Wie steht es nun aber mit dem dritten Falle? Ersichtlicher
Weise unterscheidet er sich nicht unwesentlich von den beiden
vorhergehenden. Der Magensaftfluss ist hier nicht nur hartnäckiger
und viel massiger, er tritt auch vor allem im Krankheitsbilde viel
mehr hervor. Es ist nicht zu leugnen, hier beherrscht er die
Situation. Stellt er nicht wenigstens in diesem (dem Re ich-
mann-Riegel’schen Typus entsprechenden) Falle „die Krankheit“
dar? Sicher ist diese Frage berechtigt. Aber wie auch bei der
„paroxysmalen Tachyeardie“, die man als Krankheit sui generis
anzusehen und zu beschreiben sich gewöhnt hat, die Frage nach
der Ursache dieses auffallenden Phänomens und damit nach der
eigentlichen zugrunde liegenden Erkrankung nicht abzuweisen ist,
so auch hier. Mit Schreiber zu erklären, dass solche Fälle nichts
anderes als die längst bekannten „Ectasieen“ seien, ist unzulässig.
Wenigstens bestand in unserem Falle eine solche ebenso wenig,
wie in dem ersten, bekannten Falle Reichmann’s. Die Patho¬
genese ist eben noch aufzuklären. Und so entspricht es wohl am
besten dem gegenwärtigen Standpunkt unseres klinischen Wissens,
wenn wir zwischen physiologischem und pathologischem
Magensaftfluss unterscheiden. Der letztere ist eine entschieden
-krankhafte Steigerung des ersteren und kann entweder sympto¬
matisch, d. h. als Begleiterscheinung schon bekannter Krankheiten
Auftreten, oder er kann — bei Abwesenheit derartiger bekannter
Krankheiten — so sehr in den Vordergrund sich drängen und
allein das Bild beherrschen, dass wir vorläufig berechtigt sind,
ihn als Krankheit sui generis zu bezeichnen (Typus Reichmann-
Riegel).
Schliesslich will ich nicht zu bemerken unterlassen, dass ich
bei Individuen mit dyspeptischen Beschwerden mehrfach den ge¬
kringen, exprimirbaren Gehalt des nüchternen Magens neutral
oder ganz schwach alkalisch gefunden habe. Ob wir den
Spiess umdrehen und den völligen HCl-Mangel im nüchternen
Magen für pathologisch erklären müssen, das will ich dahin ge¬
stellt sein lassen.
Hervorgehoben sei zum Schluss nur noch einmal, dass in den
vpn mir untersuchten 15 Fällen (darunter einer zweimal) von ein¬
wandsfrei magengesunden Leuten ohne Ausnahme ein leicht aus¬
zuhebernder salzsaurer Mageninhalt sich vorfand. Damit ist
natürlich nicht gesagt, dass nicht beim 16. Gesunden unter den¬
selben Bedingungen ein neutraler Schleim sich vorfinden kann.
Aber die Regel ist das letztere eben sicher nicht.
641
III. Aus der I. medicinischen Universitätsklinik und der
chemischen Abtheilung des physiologischen Instituts in Berlin.
Ueber Harnsäure, Xanthinbasen und
Leukocytose bei einem mit Organextracten
behandelten Fall von Leukämie. 1 )
Von Paul Jacob.
Die nachstehende Mittheilung betrifft eine Reihe von Unter¬
suchungen, welche wir an einem Falle von Leukämie mit der
Ludwig Salkowski’schen Methode der Harnsäure- und der Dr.
Krüger’sehen der Xanthinbasenbestimmung, die unten näher be¬
schrieben werden soll, angestellt haben. Es handelte sich hierbei
nicht allein darum, den Harnsäuregehalt zu bestimmen; zahlreiche
Autoren haben darüber Mittheilungen gemacht, so Virchow und
Vogel, Bartels, Schmutziger, Fleischer und Penzoldt,
Sticker, Mosler, Pettenkofer und Voit, Bohland und
Schurz, Salkowski, Stadthagen, Kossel. Horbaczewski,
Richter. Mit Ausnahme von Mosler sind sämmtliche Unter¬
sucher zu dem Resultate gelangt, dass die Ausscheidung der Harn¬
säure (und der. Xanthinbasen?) bei der Leukämie stark vermehrt
sei.. Wenn auch einzelne dieser Angaben infolge der auf unzuver¬
lässigen Untersuchungsmethoden basirenden Resultate als zweifel¬
haft zurückzu weisen sind, so sind doch immerhin zahlreiche
darunter, welche mit der durchaus sicheren Ludwig Salkowski-
schen Methode ausgeführt wurden, so dass die Behauptung von
dem vermehrten Harnsäuregehalt bei Leukämie als feststehend zu
betrachten ist.
Dieser Erscheinung suchten wir nun dadurch näher auf den
Grund zu kommen, indem wir prüften, ob zwischen Harnsäure- und
Xanthinbasenausscheidung und der bei Leukämie so ausserordent¬
lichen Hyperleukocytose t£ ) ein Zusammenhang bestehe. Zu wieder¬
holten malen ist auf denselben in den letzten Jahren hingewiesen
worden, so von Stadthagen, Horbaczewski, Kossel und
jüngst noch von Richter. Doch ist diese Frage durch die letzt¬
genannten Arbeiten keineswegs entschieden; denn obgleich Hor¬
baczewski für fast alle Krankheiten die vermehrte bezw. ver¬
minderte Harnsäureausscheidung auf eine dementsprechende Ver¬
mehrung oder Verminderung der Leukocytose zurückzuführen
sucht, so giebt es andererseits zahlreiche Autoren, welche einen
solchen Zusammenhang zwischen den beiden Erscheinungen ent¬
weder überhaupt nicht anerkennen oder zum mindesten stark
beschränkt wissen wollen. Daher erschien es uns zweckmässig,
dieser Frage durch die nachstehenden Untersuchungen näher¬
zutreten.
Bei unserm Falle von Leukämie gewannen dieselben noch
dadurch erheblich an Interesse, als er in die Gruppe deijenigen
gehört, welche auf der I. medicinischen Klinik des Herrn Geh.
Rath Prof. Dr. Leyden von Herrn Dr. Goldscheider und mir
mit Organextracten behandelt worden sind. Ich will mich hier
selbstverständlich in eine Erörterung der Gewebssafttherapie als
solche und ihre Bedeutung nicht einlassen, zumal diese Frage erst
kürzlich im Verein für innere Medicin abgehandelt worden ist und
Herr Dr. Goldscheider auch unsere diesbezüglichen Erfahrungen
daselbst mitgetheilt hat. 3 ) Ich möchte nur in Rücksicht auf diesen
speciellen Fall einige erläuternde Worte sagen. In den Mit¬
theilungen, welche Herr Dr. Goldscheider und ich im ver¬
gangenen Jahre in der Berliner physiologischen Gesellschaft ge¬
macht, hatten wir auseinandergesetzt, dass eine Reihe von Organ¬
extracten, nämlich die der Milz, des Knochenmarks und der Thymus¬
drüse einen beträchtlichen Einfluss auf die Leukocytose ausüben,
indem nach Injection dieser Extracte zunächst eine starke Ab¬
nahme, späterhin eine intensive Vermehrung der Leukocyten ein-
tritt. Wir hatten weiterhin gefunden, dass andere Organextracte:
Pankreas-, Thyreoidea-, Leber-, Nieren, nicht die geringste Wirkung
auf die Leukocytose haben.
Es lag nun nahe, die durch eins der erstgenannten Extracte
hervorgerufenen Erscheinungen bei der Leukämie zu prüfen; wir
gingen dabei von der Voraussetzung aus, dass durch die Injection
zunächst eine erhebliche Abnahme der Leukocytenzahl veranlasst
werden würde, eine Erscheinung, welche, wie wir an anderer Stelle
ausführlich erörtert haben, darin gipfelt, dass unmittelbar nach
•) Nach einem Vortrage, gehalten in der Berliner physiologischen
Gesellschaft am 13. April 1894.
*) In den nachfolgenden Mittheilungen werden wir unserm schon im
vergangenen Jahre in der Berliner physiologischen Gesellschaft gemachten
Vorschläge gemäss stets von Hyperleukocytose sprechen, wenn es sich um
eine Vermehrung der Leukocyten über die Norm (ca. 7500) handelt, von
Hypoleukocytose, wenn um eine dementsprechende Verminderung, und
mit dem Namen Leukocytose einfach den jeweilig vorliegenden Zahlen¬
befund von weissen Blutkörperchen als solchen belegen.
*) Deutsche medic. Wochenschrift 1894, No. 17.
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
642
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32
oder vielmehr infolge der Injeetion ein Hineindrängen der weissen
Blutkörperchen in die Lungencapillaren stattfindet lind wahr¬
scheinlich erst allmählich der Zerfall eines Theils derselben eintritt.
Wir waren uns andererseits aber wohl bewusst, dass im Ge¬
folge dieser Abnahme eine Vermehrung der Leukocyten erfolgen
würde, eine Neuausfuhr von Zellen aus den die Blutzellen bildenden
Organen. Doch erwarteten wir bei dieser Hyperleukocytose, dass
für die allgemeine Blutzusammensetzung ein günstiges Moment
geschaffen werden würde, wenn wir die alten in der Blutbahn be¬
findlichen Leukocyten zum Theil zerstörten und durch den forma-
tiven Reiz, welchen die Injectionen auf die blutbereitenden Organe
ausüben, neue Blutzellen einzuführen versuchten. Als dritter Ge¬
sichtspunkt kam in Betracht, ob sich durch diese Anregung für
eine vennehrte Ausfuhr neuer Leukocyten vielleicht eine Abnahme
der gewöhnlich bei Leukämie bestehenden enormen Milzschwellung
erreichen lassen würde; kurz, ob es schliesslich gelänge, durch die
Injectionen, wenn auch nicht eine lestitutio ad integrum, so doch
eine Besserung zu erzielen.
Diese kurzen einleitenden Bemerkungen mögen dazu dienen,'
zu zeigen, welche Erwägungen Herrn Dr. Goldscheider und mich
bei dieser Art von Behandlung der Leukämie leiteten, und uns
vor dem Vorwurfe zu schützen, dass die Injectionen nicht auf
wissenschaftlichen Ueberlegungen basirend, sondern nur „experimenti
causa“ geschahen, vor welch’ letzteren Versuchen wir wiederholt
warnten und dies immer wieder betonen möchten.
Der hier in Frage kommende Fall von Leukämie, der zweite
dieser Art, welchen wir mit Injectionen behandelten, betrifft eine
63jährige Frau, welche im Februar dieses Jahres auf der ersten
medicinischen Klinik des Herrn Geheimrath Prof. Dr. Leyden
aufgenommen wurde.
Patientin giebt an, dass ihr Vater an Brustwassersucht, ihre Mutter
an einem „Gewächse im Leibe“ starb. Sie hat sechs gesunde Kinder ge¬
boren; die Menopause trat im 38. Lebensjahre ein. Bis vor sechs Jahren
will sie stets gesund gewesen sein: zu der Zeit empfand sie zum ersten
male heftige Schmerzen im Unterleibe rechterseits und wurde von Herrn
Professor Litten und Dr. Friedländer, welche eine Cholelithiasis
diagnosticirten, mit Oleum Olivarum und Ricinusöl behandelt. Das Be¬
finden der Patientin besserte sich danach erheblich und war während
der folgenden Jahre ein leidlich gutes, bis sie im September 1893
wieder starke Schmerzen im Unterleibe, diesmal auch links, bekam.
Gleichzeitig schwoll ihr seit der Zeit der Leib enorm an, und da sich die
Beschworden immer mehr steigerten, suchte sie im Februar dieses Jahres
die Königliche Charite auf.
Patientin ist eine 63jährige, mittelgrosse Frau, stark abgemagert,
kräftigem Knochenbau. Untersuchung der Respirationsorgane
und des Nervensystems ergiebt normalen Befund; nur ophthalmoskopisch
erscheint der Augenhintergrund infolge von Linsentrübung verschleiert.
WäM3 den Circulationsapparat anbelangt, so liegt der Spitzenstoss im
turnten Intercostalraüm. Die Herzdämpfung reicht links bis zum Spitzen¬
stoss, nach oben bis zur Mitte der dritten Rippe, rechts etwas über den
linken Sternalrand. An der Herzspitze hört man einen verlängerten
dumpfen, rauhen ersten Ton, an den übrigen Ostien nur reine Töne. An
der Pulmonahs ist der zweite Ton verstärkt. Herzpulsationen sind über
mehrere Intercostalräume zu sehen, ferner besteht Venenpuls. Der Radial¬
puls ist von massiger Spannung und Füllung.
In Bezug auf die Ünterleibsorgane ist zu bemerken, dass der Leib¬
umfang stark vergrössert ist, die Bauchdecken prall gespannt, dagegen
Ascites nicht wahrnehmbar. Die Leber ist gut zu palpiren, sehr ver¬
grössert und fühlt sich hart an. Der untere Rand in Höhe der elften
drei £ mg « breit v . om Nabel verläuft ziemlich gerade nach
.dm Mitto des rechten Poupart sehen Bandes zu. Der vordere Rand der
verlänft jlfmlt ^ rtel1 ^ I, Z - J ie f. te . lnha rt und von glatter Oberfläche ist,
verlauft ziemlich gerade in der linken Sternallinie; die untere Grenze be¬
findet sich ungefähr fünf Finger unterhalb des Nabels.
AlbiimAn ,,'T’ - ca - 80 ?' sp^ifisches Gewicht 1017, enthält mässig viel
Albumen und einen starken Bodensatz von hamsauren Salzen. Auf die
genaue Harnanalyse komme ich später zurück.
'... Blutuntereuchung ergab folgendes: Der zur Zählung be¬
stimmte Blutstropfen erscheint auffallend blassrosa, von fast gelb-
IC1 “Ä“* dem Zeiss-Thoma’schen Apparat:
der 3 r n th«n E TOHP«'’ 8 ^> 000 Leukocyten; demnach war die Zahl
? tt - 8rP °i r 5o® n unf?efähr 2 ‘/2 unter dem Normalen,
di VerhSiT Ca ma gröS J Ser als beim gesunden Individuum;
das Verhältmss der weissen zu den rothen wie 1:21 statt 1-660
voi TRoma hn Han erth r W a e K her naC }' den neueren Untersuchungen
von ihoma, Halla, Gräber, v. Limbeek, Reinert Rioder
entepricht n als' g Z e v ber ^ h " et , ist und wohl mehr der Richtigkeit
.entspricht als dm von Weleker und Moleschott angegebenen
Lehrbüchern 3 Anden 6r aZZ• ““Z in den “eisten, Selbstkosten
k fast aC Fön “• ^."V 116 I £‘ kr ? sko P lsch e Untersuchung, welche
; “ allen Fdllen mit dem Ehrlich’schen Triacidgemisch vor-
di*e nZis I feb UI s e ’ ? he ‘° h bier nicbt näber ein; dieselbe hat für
W teh6 ^ en | lrort erungen keine Bedeutung. Ich möchte nur
hervorheben dass durch dieselben die Natur der Leukämie als eine
hauptsächlich lienale Form festgestellt wurde.
In Bezug auf die Behandlung ist zu bomerkon, dass die Kranke
eine bestimmte gemischte Kost erhielt, und zwar stets zu denselben
Zeiten. Medicamente wurden ihr während der hier in Frage
kommenden Beobachtungsdauer nicht verabreicht, abgesehen von
ganz geringen Dosen Chloral. Dagegen injicirte ich ihr subcutan
unter die Bauchhaut in Zeitintervallen von zwei, drei bis vier
Tagen 2—3 ccm Milzextract. Auf die Herstellungsweise desselben
will ich nicht näher eingehen; ich habe dies ausführlich bei meiner
ersten Mittheilung in der Berliner physiologischen Gesellschaft aus¬
einandergesetzt. 1 ) Die Injectionen, welche ich auch immer genau zu
derselben Tageszeit machte (ebenso wie die Zählungen), wurden
stets vorzüglich vertragen, verursachten keine besondern Schmerzen
noch jemals locale Schwellungen, geschweige Abscessbildungen.
Nur eine Erscheinung, welche regelmässig die ersten drei bis vier
Stunden nach der Injeetion anhaltend auftrat, war äusserst auf¬
fallend und bemerkenswerth: Während dieser Zeit verspürte Patientin
nämlich immer Schweissausbruch, grosses Angstgefühl, das sich
häufig bis zur Dyspnoe steigerte, und heftigen Hustenreiz. Diese
Symptome lassen sich nach der von Herrn Dr. Goldscheider
und mir aufgestellten Theorie über die durch Injectionen hervor¬
gerufenen Leukocytoseveränderungen wohl ohne weiteres dahin
deuten, dass zunächst infolge der Injeetion ein hochgradiges Hinein¬
drängen von Leukocyten in die Lungencapillaren erfolgt und so
die vorgenannten Erscheinungen veranlasst werden.
Ich will nun hier nicht näher darauf eingehen, ob und welche
therapeutischen Erfolge wir durch die Injectionen erzielten. Ich
kann dies um so weniger, als die Patientin noch in analoger Weise
auf der Klinik behandelt wird und wir daher ein definitives Urtheil
jetzt noch nicht abgeben können. Es kommt hier nur darauf an,
zu zeigen, ob irgend welche Veränderungen in der Harnsäure-und
Xanthinbasenausscheidung im Anschlüsse an die durch die In¬
jectionen bedingten Leukocytoseveränderungen constatirt werden
konnten. Ich werde daher im folgenden nur die für diese Beob¬
achtungen erforderlichen Ziffern geben und vorläufig auch nicht
näher auf die Veränderungen eingehen, welche sich mikroskopisch
während der Behandlung in Bezug auf die weissen Blutkörperchen
feststellen Hessen. Die diesbezüglichen Ergebnisse behalten wir
‘uns für eine spätere Mittheilung vor.
Ich erwähnte schon eingangs, dass bei der Patientin, als sie
in die Charitö aufgenommen wurde 1837 500 Erythro- und
850 000 Leukocyten gezählt wurden, demnach ein Verhältniss wie
1:2,1. Dieser Blutbefund erhielt sich constant innerhalb der
ersten acht Tage, während der die Kranke keine Injectionen erhielt.
3 l / 2 Stunden nach der ersten Injeetion zählte ich 575000 Leukocyten;
zur Zeit der zweiten hatte die Kranke 607 500, vier Stunden
später 325 000, zwei Tage danach 420 000.' Ich will hier nicht
all die einzelnen Zahlen anführen, zumal dieselben aus der Tabelle
ersichtlich sind. Wenn ich die Resultate zusammenfasse, so ergiebt
sich, dass innerhalb der ersten drei bis vier Stunden nach der
Injeetion ein enormes Absinken der Leukocyten zu eonstatiren
war, dass ihre Zahl sich am nächsten Tage wieder erhob, aber nie
wieder die ursprüngliche, vor der betreffenden Injeetion bestehende
Ziffer erreichte. Die hier vorläufig mitgetheilte Beobachtungs¬
dauer erstreckt sich auf einen Zeitraum von drei Wochen; inner¬
halb desselben wurden vier Injectionen ausgeführt. Am Tage nach
der vierten wurden 2 560 000 Erythro- und 282 000 Leukocyten
gezählt, die Zahl der letzteren war also ca. auf ein Drittel der
ursprünglichen Ziffer gesunken. Das Verhältniss der ersteren zu
den letzteren statt wie anfangs 1:2,1, vielmehr 1:9,1. Ich ver¬
wahre mich aber nochmals ausdrücklich dagegen, aus diesen Zahlen¬
angaben vorläufig irgend einen Schluss auf den etwaigen thera¬
peutischen Nutzeffect zu ziehen, der durch diese Verminderung der
Leukocyten erzielt werden könnte. Diese Zahlen wurden nur mit-
getheilt, um jetzt im Zusammenhang damit die Resultate der
Harnsäure- und Xanthinbasenuntersuchungen zu berichten.
Diese Untersuchungen wurden ausschliesslich von Herrn Dr.
Krüger nach der von ihm gefundenen Methode für die Bestimmung
der Xanthinbasen und der Ludwig Salkowski’sclrm für die der
Harnsäure angestellt. Nur als solche im Verein mit ihm gefundene
Resultate bitte ich also die nachstehenden zu betrachten. Bei der
Erörterung derselben kann ich mich kurz fassen, indem ich auf die
später folgenden Tabellen verweise; ich beschränke mich daher
darauf, nur die wesentlichsten gefundenen Ergebnisse mitzutheilen.
Als besondere Punkte hebe ich hervor.
1. Es besteht ein vollkommener Parallelismus im Verlaufe der
Ourven für den Gesammtstiekstoff, die Harnsäureausscheidung, den
Harnsäure-Basenstickstoff, den Basenstickstoff und das Harn¬
volumen.
2. Alle diese Factoren halten sich während der Beobachtungs¬
dauer vor der Injeetion innerhalb bestimmter Grenzen; die des
Harnvolumens schwanken zwischen 700—1000 ccm, die der Harn-
*) Verhandl. d. physiol. Gesellschaft zu Berlin 1893.
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DEUTSCHE MEDIC W3CHE WÖCRENSCHBJET.
mit W a! t: I)nr ! ) den Vorzug jgpbe. Bei >tu>k um ?liq < hdVnung xurück*
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man mit« IfamiUühg; qiiVo's JkdTer.-Wrs die ganz**, gfrmlk-lr. gT-o=*sb..
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au, welche ^E'-tyrq ■■hitr gi»nje weinig ei&ftK'fc; • sondern ich Idellm- auf dem Gebiete der inneren Pathologie-'uad'
Dias- führt mich nun, meine Heitm zu einer kleinen Abschweifung beginne mit der grossen Bciiwlhdie mul dom OöUaps» die 1A v{elf*>i
über die wii:htigA fragiv wm {Hunt ^‘Ichnn Vei’!nÜtiil$y*m, bei 1^1 ft-' ‘dmr natürlich nicht allen F^llöfi • Folgen 4or Operation s|«d.- AD
et ft tritt in Um ITtMimbnblc, also La*I Pnewjjif'"ttwn»x, mul m WTdm- kimmm mit einem Bohr kleinen nml schwachen -Pulse T<?n 150 %
H>nmH mit dm) a} 1 ge hiim n angyoom mrtrnn der Dhys-iolngie H»U. mln' Wenigstens sehr: jumgespvo.eii.8nm* Dimdiß eine Mer zwei.'.'
die.Lunge Sieh:■ »i.onriUch erweitern kann? (juhm- chm Moi.-Jia- r<B a
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Vcrghuuht mne k*t?J die mif ,3 üv ti,\; \,s k - tiohtnharcft a.nat<aniKc.lmu Gi-rnnJ, •yaltfä^lmirdudi i)tfa)gc vmi HnÖtöt-
iiitemmniraiiiu. 'wird mim ^ 7 .' «-mVep Vu'l"v^ ^irkmix tHhrdf) und an ähnliche . Eüllo bei der »ferösen P.Jenritis
n-l.P.li-1. W Ivimi,™. Ci)i<it'u. dA «t« l.t,'," .t A ’ v ~*f AUcm ist- «W 4<«-U ein ^wa!% f
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pyewg <-o>- v H 20 Jahr-cii mit telcbi üat «-»•.] sich Air- »ürt ,ist wictelietiftr A« »k avteh Toratissah, nicht .«1er «iwagc
Jr>5«i(a'ü, .gw'; aijfftciioit liiciäBi»«- V<W«cfc»iikiivim «Uift*-- ¥*M«w<0. Ich; selbst, itaho öacli cinor &)««<#»» einer 4?/o«g<?«‘;
prinjjfre- }\esocti cd l.
ZZ t? v * ■ ^ “J®« ^ da\ltu*ch .aüie. wich%e
sr.n «mplrcttuomi«, vrrsl.op.rt. *„ ich jotM. ..«oh".
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liuifc Mini n».m.v« !«..Oar wehr, irr, von m-Bri,-« Com ( .J ic,x!,i o,m> n
jj, ■ : --».-wnyv. iiu 1 '.«»AUTirgtc : ißCfs, j\o
’««K'Är *? ’r^
ftm'h WicdmvinfühMing dos Ucabi plöblich, collahifi, .in Cönvui-
slörton füllt und nach einigem Stunden 'stirbt.
Die Sucht« scheint kaum glaub lieh. Buch habe ich Ä in
i'Wi'l bäjlöii. wo die Krarikcn glücklieherwciso ut»oh gut davon-
ka>ucn,. Geiogenlmit gehabt Ae edbhfeu, dass das Dmiurohr eine
reckt böse Itolle sphden kann. Ira ersten hdilie war der betreffende
Pntioftt ein Tliißrata.fc vou eiuigcn dO Jufiren, ein vorgcßolikit-tenor
Reionva]p;scejit. und sclum Ober sein recht ausgespruehoncB „Studiurn
tlnbiittaUs“; hinaus; Bel der Wimloroinfühnmg eines 'Drains, der
■); bi h« ich ca Om Empyei/uv pleursug kJi.uiHkft ijagfctngßiser mod .spewclt.
Bfeösyij p.tei den, npsrntBo Dehatidlmg og dimnos Comjdikntioüer, >nirsk
Mcguic f<n- bwgovidenskoben JASd, S. blA- BlA — Dir. Einzöllidteii. hitte
ich iii diygCvOitWerke uuohzübeb.en.
. . .. E.;s;:r;K aa, S'Äissss a * ii, - s ‘“ - “• »-»-“wr
*\ Kuj-wcgisr'iiu iTeb^^rvtwjag-' Fia^^meHirMWn" -9. ,• v f . 1f ^ Runeberg, IAW die operative Behundlmig te qitrigef Btusb
vfW'Vy ,v,i ‘ r ” ' ,,! Jä«>«>:4- > ‘ !ii Uid ,! 1 ..? U A uT\yf AVA AS !! ' 1Ki ' "
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Uioj’avique et 5ui- les ecriiViilftioiiÄ dnilnptifontu^ eonsAeftti^os aux injeebons
hbmrvdHy ßr>z. heh«l iWL fU,. 48, S. ?bf.
r . f . , S Fol.kefvheHn, Kur Dohrc vorn Emprem, Miltlicbg« aüß d.. «So«..
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32
646
Behring-Ehrlich’sclien Präparat 20 mg hierzu noch nicht ausreichend;
erst 50 mg entsprachen diesem Zweck, so dass die Wirkung des letzteren
Präparates mindestens zweimal schwächer als diejenige des Aronson’schen
angenommen werden muss. Vermuthlich handelt es sich hierbei nicht
um* einen ursprünglich verschiedenen Immunisirungsgrad des betreffenden
blutliefernden Thieres, sondern um eine verschiedene Concentration des
Antitoxins bei Herstellung der Präparate. Ich wollte diese Resultate nur
erwähnen, weil bei den günstigen Erfahrungen, welche in verschiedenen
Berliner Krankenhäusern mit Antitoxin gemacht werden, eine versuchs¬
weise Anwendung des einen oder anderen Präparates in solchen Diphtherie-
fällon, in denen sie frühzeitig gemacht werdeu kann, meines Erachtens
angezcigt erscheint.“
Auf Grund vorstehender Mittheilungen muss jeder unbefangene
Leser zu dem Schluss kommen:
1. Dass Professor Büchner mein von den Höchster Farb¬
werken in den Handel gebrachtes Diphtheriemittel mit dem Diph¬
therieantitoxin dor Schering’schon Fabrik verglichen hat und dass
das Schering'sche Präparat um ein Mehrfaches wirksamer ist als
das der Höchster Farbwerke.
2. Dass die günstigen Heilresultate in Berliner Krankenhäusern,
auf welche Professor Büchner sich bezieht, auch mit dem käuf¬
lichen Schering’schen Präparat erlangt worden sind.
Demgegenüber habe ich zu constatiren:
Erstens. Mein Diphtherioheilmittel ist vor dem 1. August
nicht in den Handel gebracht und nicht verkauft worden,
sondern bloss an ganz bestimmte Personen unentgeltlich ab¬
gegeben worden, und zwar mit genauer Anweisung in Bezug
auf die Yerwerthung. Professor Büchner hat meines Wissens
nie ein Höchster Präparat erhalten, weder von mir, noch von
Professor Ehrlich, noch auch von den Höchster Farbwerken.
Er muss also wohl irgendwie mystificirt worden sein, wenn ihm
ein angeblich von den Höchster Farbwerken käuflich erworbenes
Präparat zur Verfügung gestellt worden ist. Damit ist dann
selbstverständlich alles hinfällig, was dieser Autor betreffs
der vergleichenden Prüfung sagt. Denn.selbst angenommen, dass
er wirklich ein von mir oder von Prof. Ehrlich herstammendes
Präparat irgend w r oher sich verschafft hat, so muss berücksichtigt
werden, dass wir zu verschiedenen Zeiten und zu verschiedenen
Zwecken sehr verschiedenwerthige Präparate ausgegeben haben.
Zweitens. Die Schering’sche Fabrik hat so wirksame Prä¬
parate, wie das von Ehrlich, Kossel und Wassermann be¬
schriebene 60fache Normalantitoxin, bis jetzt noch nicht in den
Handel gebracht, und sie empfiehlt bekanntlich ihr käufliches
Präparat auch bloss zur Immunisirung und nicht zur Heilung.
Tinmunisirung und Heilung sind aber — trotz aller gegentheiligen
Behauptungen Büchner’s — Begriffe, welche für die' Dosirung
meines Mittels streng geschieden werden müssen.
Drittens. Das käufliche Diphtheriemittel der Höchster Farb¬
werke ist
a) beträchtlich wirksamer als die bisher von der S eher in g-
schon Fabrik verkauften Präparate;
b) sehr bedeutend billiger: nämlich — auf don Wirkungs¬
werth berechnet — ca. 25—30 mal billiger als das zuerst von
der Schering’schen Fabrik verkaufte, und 5 mal billiger als
das jetzt im Handel befindliche Präparat dieser Fabrik.
Man kann aus alledem erkennen, dass der Leser der Bucli-
nor’schen Behauptungen vollständig irregeführt wird und dass
diese Behauptungen geeignet sind, die wohlberechtigten Interessen
der Höchster Farbwerke in hohem Grade zu schädigen.
Die Höchster Farbwerke haben mir die zur Nutzbarmachung
meiner Entdeckung für die Behandlung diphtheriekranker Menschen
erforderlichen grossen Geldmittel zu einer Zeit zur Verfügung ge¬
stellt, in welcher niemand sich bereit finden liess, und ich be¬
trachte es daher als meine unabweisbare Pflicht, jeder Darstellung
entgegenzutreten, welche — zum Schaden der von mir zur Her¬
stellung meines Mittels legitimirten Farbwerko — Nachahmungen
seitens anderer industrieller Unternehmungen mit Unrecht als werth¬
voller hinstellt.
Es ist ja jetzt schon soweit gekommen, dass in öffentlichen
Blättern Herr Aronson als Entdecker des Diphtherieantitoxins
gefeiert wird.. Das kann ich mit dem Trostspruch ruhig liingehen
lassen, dass die Lügen der namenlosen Presse kurze Beine haben.
Aber wissenschaftlich renommirte Capacitäten sollten doch etwas
vorsichtiger die Sache prüfen, ehe sie diejenigen protegiren, welche
nichts weiter gethan haben, als dass sie mit den von mir ange¬
gebenen Methoden geschäftskundig meine Entdeckung auszubeuten
versuchten, und zwar zum Schaden des kaufenden Publikums.
Denn der medicinische Berather der Schoring’schen Fabrik hat jetzt
selbst zugestanden, dass meine Kritik, in welcher ich das Diphtherie-
antitoxin-Schering in der empfohlenen Dosirung auch zur Immuni¬
sirung als unzureichend erklärte, vollkommen berechtigt war.
VI. Aus dem städtischen Krankenhause in Charlottenburg.
Ueber einen Fall von periodischer
familiärer Paralyse.
Von Dr. Karl Hirsch, Assistenzarzt.
Seit der bekannten, grosses Aufsehen erregenden Mittheilung
von Westphal 1 ) im Jahre 1885 „Ueber einen merkwürdigen Fall
von periodischer Lähmung aller vier Extremitäten mit gleichzeitigem
Erlöschen der elektrischen Erregbarkeit während der Lähmung“
sind von anderen Autoren eine Reihe von weiteren Publicationen
erfolgt, die letzte meines Wissens von Goldflam 2 ) im Jahre 1890.
Goldflam stellt im Anschluss an einen von ihm selbst längere
Zeit beobachteten Fall alle hierher gehörigen Fälle von Hartwig,
Fischl, Schachnowitz, Westphal - Oppenheim, Cousot,
Greidenberg zusammen, um auf ihrer Grundlage ein ausführ¬
liches Krankheitsbild dieser eigentümlichen, bisher noch in so
vielen Punkten rätselhaften Affection zu entwerfen. Ihr Vor¬
kommen ist jedenfalls ein ausserordentlich seltenes, wie die
kleine Anzahl der bisherigen Veröffentlichungen beweist; unter
diesen sind noch dazu einige, welche streng genommen nicht in
den engen Rahmen des aufs schärfste charakterisirten Krankheits¬
bildes hineinpassen, z. B. die von Hartwig und Fischl. — Ich
hatte nun Gelegenheit, im October 1893 im städtischen Kranken¬
hause zu Charlottenburg einen neuen hierher gehörigen Fall zu be¬
obachten. Wird auch dieser nicht dazu beitragen, den Schleier,
der über der Aetiologie und dem Wesen der Krankheit schwebt,
zu lüften, so rechtfertigt seine Mittheilung allein schon die grosse
Seltenheit dieser Lähmungsform. Er bringt ausserdem eine
weitere Bestätigung der bisher gemachten Erfahrungen, sowie
manche interessante Einzelheiten.
Meinem verehrten Chef, Herrn Dr. Alt, spreche ich für die
Erlaubniss zur Veröffentlichung der Krankenbeobachtung meinen
besten Dank aus.
Ich lasse gleich die Krankengeschichte folgen.
Anamnese. Emil Fr., 26 Jahre, Kellner, aufgenommen am 14. Octo¬
ber 1893, Abends 8 Uhr. Der Vater des Patienten starb an einer ihm
unbekannten Krankheit, seine Mutter vor zwei Jahren angeblich an Blut-
armuth. Von seinen 13 Geschwistern sind 8 bis zum dritten Lebensjahr
an den gewöhnlichen Kinderkrankheiten gestorben; die fünf lebenden sind
völlig gesund und haben nie an nervösen Krankheiten irgend welcher Art-,
insbesondere nicht an den Anfällen des Patienten gelitten. Dagegen hat
seine verstorbene Mutter, welche Patient als eine durchaus ruhige, ver¬
nünftige und im übrigen gesunde Frau schildert, wiederholt ganz
genau dieselben Anfälle wie der Patient gehabt. Wann die¬
selben sich zuerst bei ihr einstellten, weiss er nicht anzugeben; in den
ersten Jahren traten sie nur ein- bis zweimal, in den letzten ziemlich
regelmässig alle drei Monate auf. Die Anfälle bestanden in einer sich
in fünf bis sechs Stunden ausbildenden vollkommenen Lähmung
fast der gesummten Körpermuskulatur, die durchschnittlich
24 Stunden sich auf ihrer Höhe erhielt und dann schnell, oft wie mit
einem Schlage, zurückging. Nur die Gesichtsmuskeln sollen angeblich
von der Lähmung verschont gewesen sein; während des Anfalles war das
Bewusstsein völlig ungetrübt, es bestanden auch keine erheblichen
Schmerzen, nur ein lebhaftes Durstgefühl. Irgend welche Folgeerscheinungen,
wie Schwäche, Benommenheit, Steifigkeit der Glieder stellten sich nicht ein.
Patient selbst nun will von Kinderkrankheiten nur die Masern durch¬
gemacht haben und erinnert sich sonst keiner weiteren Erkrankungen aus
seiner Jugend. Geschlechtskrank ist er bisher nicht gewesen, hat auch
nie an Wechselfieber oder anderen Fiebern gelitten. Er war aber niemals
sehr kräftig und kam vom Militär frei, weil er angeblich durch zu schnellen
Wuchs körperlich zurückgeblieben sei. — Seinen ersten Anfall bekam
Patient vor sechs bis sieben Jahren während seiner Lehrzeit als Kellner
in einem Hotel. Er bemerkte damals, wie ihm die Glieder allmahJicn
schwer und steif wurden, und zwar zuerst die Arme, dann die Beine. Er
konnte schliesslich nicht mehr weiter arbeiten und. legte ^
Nach dem Gebrauch einer Einreibung ging die Sache innerhalb 24 Dtunaen
vollständig vorüber, ohne dass es zu einer ausgesprochenen Lähmung
irgend welcher Muskeln gekommen wäre. Bis zum Jahre 1892 bekam er
regelmässig jedes Jahr einen Anfall ganz derselben Art, der sich schon
Tage lang vorher durch ein Gefühl von Schwere und Mattigkeit in den
Gliedern anzukündigen pflegte. Nach dem Anfall fühlte sich Patient
so wohl und frisch wie vorher und konnte seine Arbeit ohne Beschwerden
verrichten.
Im August diesos Jahres kam es nun zu dem ersten aus¬
gesprochenen Lähmungsanfall. Der Beginn war derselbe wie-in den
früheren Anfällen, aber die Schwere in den Gliedern steigerte sich ziem¬
lich schnell zu einer vollkommenen Lähmung der Arme, Bo 1 “®
und der Rumpfmuskulatur, während die Gesichtsmuskeln völlig frei
blieben. Die völlige, ausgesprochene Lähmung dauerte 24 Stunden un
verschwand dann ganz plötzlich wieder. Während derselben bestanden
keine erheblichen Beschwerden, nur ein lebhaftes Durstgefühl, Nach dem
Anfalle war dem Patienten so zu Muthe, als ob nichts vorgefallen wäre.
— Irgend eine Veranlassung zu diesem, wie zu den früheren Anfällen
*) C. Westphal, Berliner klinische Wochenschrift 1885, No. 31
und 32.
2 ) G. Goldflam, Wiener mediqiscbe Presse 1899, No r 36—39,
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9. A ugust.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
weiss Patient nicht anzugeben. Er ist weder starker Trinker, noch starker
Raucher, nicht leicht psychisch erregbar, leidet nicht an Kopfschmerzen
oder irgend welchen anderen nervösen Beschwerden. Er bezeichnet sich
seinem Naturell nach selbst eher als phlegmatisch. Dies war auch der
Eindruck, welchen wir während seines Aufenthaltes hier von dem sonst
recht intelligenten Kranken gewannen.
Der letzte Anfall, der den Patienten veranlasst^, unser Kranken¬
haus aufzusuchen, begann am 13. October, also einen Tag vor seinem
Eintritt, wie gewöhnlich mit einem Gefühl von Schwere in den Gliedern,
aber diesmal, wie Patient ausdrücklich hervorhebt, zuerst in den Beinen,
von dort nach oben aufsteigend. Er konnte bereits am 13. October nicht
mehr gehen, am 14. October Morgens waren alle Glieder gelähmt und die
Lähmung so ausgesprochen, wie wir sie am Abend desselben Tages bei
seiner Aufnahme feststellen konnten. — Irgend einen Grund zu diesem
Anfalle weiss Patient auf wiederholtes Befragen ebenfalls nicht anzugeben.
Status: 1,67 cm grosser, mittelkriiftig gebauter Mann von dürftigem
Fettpolster. Muskulatur »ut entwickelt. Keine Oedeme, keine Drüsen-
schwellungen. Gesichtsfarbe von natürlicher Röthe; der Gesichtsausdruck
ist frei; die Züge machen einen intelligenten Eindruck. Das Sensorium
ist vollständig frei. Patient beantwortet die an ihn gestellten Fragen
schnell und klar. Er giebt an, keine besonderen Schmerzen zu ver¬
spüren, nur ein unbehagliches Gefühl, weil er seine Glieder nicht be¬
wegen kann. An der Sprache fällt nichts Besonderes auf. Die Gesichts¬
muskeln zeigen keine Spur von Lähmung; die Zunge wird gerade, ohne
Zittern, herausgestreckt und ist leicht belegt. Die mimischen Gesichts-
bewegungen zeigen keine Abweichung. Sehschärfe und Gehör normal.
Pupillarreaction auf Lichteinfall prompt; Augenbewegungen nach allen
Richtungen frei.
Hals auffallend lang; der Kopf wird etwas steif auf dem Hals ge¬
tragen. Mit dem Kopf können nicht die geringsten Dreh- oder
Nickbewegungen aasgeführt werden. Die Muskulatur des Halses
ist dabei schlaff; passive Bewegungen des Kopfes lassen sich leicht und
nach allen Richtungen hin ausführen.
Thorax flach und lang; Sternum in seinem unteren Drittel etwas
eingesunken. Bei der Athmung macht der Thorax nur sehr geringe
Excursionen; die Athmung ist äusserst oberflächlich, leicht beschleunigt,
ca. 20—25 Athemzüge in der Minute. Tiefe Inspirationen vermag Patient
überhaupt nicht auszuführen. Es besteht also offenbar eine Lähmung
der in- und exspiratorischen Thoraxmuskulatur mit Ausschluss des
Zwerchfells. Percussion und Auscultation der Lungen ergiebt völlig
normalen Befund. Der fühlbare und sichtbare, etwas verbreiterte und hebende
Spitzenstoss liegt im vierten Intercostalraum, zwei Finger nach innen von
der Mammillarlinie. Die absolute Herzdämpfung reicht nach
rechts bis zum rechten Sternalrand, überschreitet nach links nicht
die Mammillarlinie. Der erste Ton über der Herzspitzo ist unrein,
geräuschartig; leichte Verstärkung des zweiten Pulmonal¬
tons; der physikalische Befund spricht also für eine Insufficienz der
Mitralis. Der Puls ist regelmässig, von mittlerer Spannung, 78 Schläge
in der Minute.
Unterleib flach; Bauchdecken schlaff, leicht eindrückbar. Die
Bauchmuskeln werden willkürlich gut bewegt. Leberdämpfung überragt
in der Mammillarlinie den Rippenbogen um gut zwei Finger breit. Die
Milz lässt sich nicht palpiren; ihre Dämpfungsfigur ist nicht ver-
grössert.
Patient liegt in passiver Rückenlage und vermag sich weder von der
Bettunterlage zu erheben, noch von der einen Seit« auf die andere zu
legen. Es besteht somit eine totale Lähmung der Rückenmusku-
latur, w’elche ebenfalls eine schlaffe ist, da diese Bewegungen leicht
passiv ausgeführt werden können.
Die oberen und unteren Extremitäten sind völlig gelähmt;
Patient vermag weder mit den Armen, insbesondere den Fingern, noch
mit den Beinen bei der grössten Willensanstrengung nur die geringste
Bewegung auszuführen. Erhoben, fallen die Extremitäten schlaff herunter.
Die Muskulatur der Arme und Beine ist völlig erschlafft; alle physio¬
logischen Bewegungen derselben lassen sich passiv, ohne den geringsten
Spasmus von Seiten der Muskeln oder Widerstand von Seiten der Gelenke,
leicht ausführen.
Die idiomuskuläre Erregbarkeit der gelähmten Muskulatur ist
vorhanden, aber entschieden schwächer als die der nicht gelähmten.
Die Patellarreflexe sind beiderseits völlig erloschen; ebenso
fehlen die Tricepssehnenreflexe und Achillessehnenreflexe vollkommen. —
Auch sonstige Periost- und Sehnenreflexe sind durch Beklopfen nicht zu
erhalten.
Fusssohlen- und Cremasterreflexo sind ebenfalls gänzlich er¬
loschen; Fussklonus nicht vorhanden. Dagegen lässt sich auf beiden
Seiten der Bauchdeckenreflex schwach auslösen.
Die Sensibilität ist für alle Qualitäten des Hautsinnes am ganzen
Körper normal; dementsprechend ist auch der Muskelsinn ungestört.
Parästhesieen bestehen nicht; Patient klagt nur über zeitweilige reissende
Schmerzen im linken Fass. — Die Wirbelsäule ist auf Druck nicht
schmerzhaft; auch sonst - lassen sich nirgends schmerzhafte Punkte auf¬
finden.
Function der Blase und des Mastdarms zeigt keine Störung.
Urin wird in gutem Strahl entleert, ist klar, von heller Farbe, specifisches
Gewicht 1010, enthält weder Eiweiss noch Zucker, die Menge ist
infolge reichlicher Flüssigkeitsaufnahme vermehrt. Es besteht lebhaftes
Durstgefühl — vermehrte Schweisssecretion der Haut ist nicht vor¬
handen — Temperatur normal. Appetit nicht besonders, doch klagt Pa¬
tient sonst über keine Verdauungsstörungen.
Eine Untersuchung der Muskeln und Nerven auf ihre elektrische
Erregbarkeit konnte leider äussererUmstände wegen nicht ausgeführt
werden.
In der Nacht hat Patient gut ohne Unterbrechung geschlafen. Beider
Morgenvisite (15. X.) landen wir ihn in genau demselben Zustand wio Abends
zuvor. Es wurde ihm ein warmes Bad von 28° R und Vastündiger Dauer
verordnet. Nachmittags 6 Uhr war er imstande, mit seinem Kopf gering¬
fügige Soitwärtsbewegungen auszuführen. Im übrigen bestand die Läh¬
mung seiner Arme und Beine unverändert fort. Die Reflexe blieben Mal
erloschen. Durstgefühl, kein Schweiss, keine Schmerzen; Temperatur
normal; systolisches Blasen über der Herzspitze, Verstärkung des zweiten
Pulmonaltons deutlich nachweisbar.
In der darauf folgenden Nacht, also vom 15. zum 16. wacht Patient
um 11 Uhr plötzlich auf; er versucht seine Glieder zu bewegen und be¬
merkt zu seinem Erstaunen, dass er dieselben ganz leicht und
vollständig wieder bewogen kann. Vor dem Einschlafen hat er
bestimmt noch kein Glied rühren können.
Bei der Morgenvisite am 16. October finde ich den Patienten mit v Olli g
frei beweglichen Gliedern und sehr vergnügt im Bett liegend vor.
Es kommt ihm so vor, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Die Motilit iit
ist in derThat vollkommen in allen gelähmten Muskeln wieder-
h erg es teilt; von irgend einer Parese keine Spur. Der Druck der
Hand ist kräftig, alle Bewegungen mit (len Armen und Beinen sicher und
kraftvoll. Auf mein Gekeiss steht er ohne Beschwerde aus dem Bett
auf; an seinem Gang ist keine Anomalie nachzuweisen. Bei geschlossenen
Augen und Fussspitzen steht er, ohne zu schwanken.
Die Patellarreflexe sind jetzt leicht und deutlich auslösbar;
dasselbe gilt von den Cremaster-, Kitzel- und Achillessehnenreflexen; mu h
die idiosmuskuläre Erregbarkeit der gelähmten Muskulatur ist wieder
stärker geworden. Ueber der Herzspitze zeigt der erste Ton sich immer
noch etwas unrein, aber der zweite Pulmonalton nicht mehr
accentuirt; der Spitzenstoss ist unsichtbar geworden und nicht mehr
hebend. Die Herzdämpfung reicht nach rechts nur bis zum linken Stern*
nalrand. Der Puls ist regelmässig, die Athmung wieder von normalem
Typus. Der Thorax macht ausgiebige Excursionen. Irgend welche
Schmerzen verspürt Patient nicht.
Am nächsten Tage verlässt Patient auf Wunsch geheilt das Kranken¬
haus. Sein Befinden ist seit gestern unverändert gut geblieben; die
Untersuchung des Herzens ergiebt denselben Befund wie gestern.
Patient ist bald darauf von Berlin abgereist, um ausserhalb eine
Stellung als Oberkellner anzunehmen. So konnte ich nur schriftlich hei
ihm Erkundigungen über sein weiteres Befinden einziehen. Am 18. Fe¬
bruar 1894 theilte er mir brieflich mit, dass er bis zu diesem Tage einen
Anfall der oben beschriebenen Art nicht wieder gehabt habe. Dagegen
hätten sich häufig Morgens leichte Anfälle von Schwäche in den
Armen eingestellt, aber nur dann, wenn er Abends vor dem Schlafen¬
gehen warme Getränke, wie Grog oder Thee zu sich nähme. — Dieser
Anfälle wegen habe er keinen Arzt zu consultiren brauchen.
Fassen wir ganz kurz die wesentlichsten Punkte aus dem
eben skizzirten Krankheitsbilde zusammen, so handelt es sich also
bei einem im übrigen ganz gesunden jungen Mann um
eine sich in circa 24 Stunden zur vollen Höhe ent¬
wickelnde schlaffe Lähmung fast der gesammton Körper¬
muskulatur, einhergehend mit totalem Erlöschen der Patellar-,
Cremaster- und Kitzelreflexe, welche circa 48 Stunden unverändert
anhält und dann plötzlich wie mit einem Schlage wieder ver¬
schwindet. Die Mutter des Patienten hat an genau denselben
Anfällen gelitten; Patient selbst hat früher mehrere unvollkom¬
mene und vor drei Monaten den ersten ausgesprochenen Anfall,
welcher fast genau so wio der jetzige verlief, durchgemacht. Wir
sehen also hier alle die charakteristischen Merkmale vereinigt, wie
sie sich in den Fällen von Westphal-Oppenheim, Cousot und
Goldflam wiederfinden und diese Art von Lähmung von allen
übrigen aufs schärfste trennen. Das Bild ist ein so klares, dass
ein Zweifel an der Diagnose, eine Verwechselung mit irgend einer
anderen Affection unmöglich ist.
Was zunächst die Erblichkeit der Erkrankung betriflt,
welche in der grossen Mehrzahl der beschriebenen Fälle sich vor-
findet, so stellt dieselbe mitunter ein so hervorstechendes Symptom
dar, dass einzelne Autoren mit gutem Grund diese Lähmungsfonn
als „familiäre, periodische Paralyse“ bezeichnet haben. Diese
Heredität ist z. B. in den Fällen von Cousot und Goldflam in
einem so eminenten Maasse vorhanden, dass in der Familie von
Cousot, welche im ganzen aus zehn Personen besteht, 5, nämlich
die Mutter, zwei Söhne und zwei Töchter, in der Familie von
Goldflam sogar 11 Familienmitglieder mit der nämlichen Krank¬
heit behaftet sind. Bei uns leidet, soweit es dem Patienten be¬
kannt ist, nur noch ein Familienmitglied, bezeichnenderweise aber
gerade die Mutter, an denselben periodischen Lähmungen, eine
Thatsache, welche mit der bisher gemachten Erfahrung, »lass die
Krankheit vorwiegend von mütterlicher Seite vererbt wird,
gut übereinstimmt. Die Aehnlichkeit der Anfälle der Mutter mit
denen des Sohnes ist eine frappante; sie erstreckt sich nicht nur
auf die Dauer der Lähmung, sondern auch auf den Umfang der
dahinten Muskelgebiete.
Die Dauer der vollkommenen Lähmung betrug in 111
all circa 40 Stunden. Dieselbe schwankt in den übrigen l allen
dir, so z. B. bei Cousot acht bis zehn Stunden mit einer Aome
>n drei bis vier Stunden, bei Goldflam 24—48 turnen c<..
e ist aber, wenn man nur das ausgesprochene Lähimmgsstadium
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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PiAAHsü'ii^ IdRiüM&vflud unserem Ihm drnihmi,
defty vf,idM?r^i r ihiH>A ‘ M5 Apfüll,- oijti Vnii tM* Nörm abwidehen-
dbr, AV ährend-' .4ah sonst die IdihimHie ui {müh lieb, \vic t6$
gikoimtoii-ist, UPd.' War in umgekehrter iaüiu-iiRdgedm; hohdicimn
MnvlkAhg aHö ni f i rd.crt na«-[i untern znnUdiZubihUm pflegt it nul
Mktv fdAßi?re *>d.ffr kürzere 4C4it- hliitmdjer «.mh in ölpeni Gefühl
• .yoi» ; Mattigkeit und M ukfctd«d) wlwhv goltvn«] macht..yersohwand
fit '¥. binr plo tx4 i f ‘li m dhr Kuoht. ivi*} Thlt piiiifrn >&H 1 ag«, otmo
Muh mir <!)»> ^'niijMi' fm wcgmng>r*;l(i.rhng oder •Bchw.V-he in deu
U linder u /.ufiii;>«-:i'-n. Ihxfckmt-.konnte £üiiioG{.indni 5 y?L*sS«il wieder
sh ••gut rgübi*<tü«thi*.n. wie in .seinen gesundesieip Tagein Nur- mno
ge\VDm? iikUüdfgho g v dW‘ Bessern og iüss sM li wmngr f^tyndwi
VpiliBV ihtfaii et'Mnirwen, dass
unt debv kir»|*pj 'än^g'nT{i)i»t(> /ivpitl{?ö ; Vht?- Voifinn) unmöglicb
pew.'^-fi wnr.
WW uuty. düs Stadium »ipt*-'- .-d(&
• J1 • *i* (* Anfalls, l»'lnHt. ö?» kiniui.-n -wir uus kut“/ «Jti
dn* Mihj 1 »pl -tiftsriprcfii l'uiv.'nUm, gonau »Inrn. gf!W»>|n\liv)t Imnbanht.oi^ü
hnt^rml+t * i hn Xj.tpniipög P$t- r-inn yöfll^ööHXifeii sc b { h fi ß nftiF ft
^«•rUigst.i.m sjp!ist-i'5». , )H-*!i hianHdfiangf:!«: bei )>äs>>iy»n» !kßWeguinrS'H :
tl.!f Ttmus il« g-fhlhmbnj Moskeia rtie B;«Teliar-
llftürh. SyuTgir yi+fl Lg' f ‘ü\. .-T
A eMfh-r-^fni'.'ii v<’ij!-A<‘. tjio Kii;;.>i Uj)l) i .Tii Ijiy ^io. tTMjl<*.N C. Eilte
•rj.'iT’.-iibml de)’ • , . ,, UaHt*;H;i; I4fwt*gii«.4ikeii der Bftünltipu^k-nlnUiv
dtjp - $idi\Yucli nufiiiidlnni Jjjg'
i,, j vt-itPi'cih.gj'.sfVhzt. Lli.o j'nsniiö EtTOgbHiijOti
|H ^veit Ufid Mnikvfp knuntc iM-hn. wh- xohon r-rwüi’int, aus
auH>m-n Unlihlon nbiht gi*{*i:»fj.'i; v/ertion. IA S ivurdo bokaotiUiuh
ifi allen fiinib&i; gcljorigiin tiur ^välu.’Piiil
•düK Anbul? t^tAhaiüI, piftww{er a\m ^rk«l Geeab^eUung
tuier ein vdliiges: ErHlsehPn uor /nrnvisnlii-M und galvnui-
^" vSf e e !i ^$$, $i?y AP a der Liibnutög hBttnßönen-jvaiApU
UlMl hnnVhtnlitet^ oihj t?h» m tzi pu, velnfiefc
pbyiy Eretammu pj-regt? uadAn dWi oe hi'pp 4 er’ meik-
. ErePkhthuii^Ti; Erki'ankaug ' i»rWinkt«, „Dkfins
r, ’ u ’, nv . Krjößdinn und WirnJurkeln^n 'der elefetrisulnsi RbT-
hMkmi. ui $m'bn nmi Mu^knh., sogt er. 1 ) steht ganz pinxig in
smum- Art, du; WH’ UepHc-.n weder ßine Kmnklmit des Uhckenmmts
"f }h , ih ‘ t: ^uumh Nerve«., in woh-imr jemuit; etwms (Ihnlielms br-
yhaditni wr nbonstu iiim um diu n$m.mn in Bettuff einer Er-
kldniüg vbllig in Stich “
i-Mih^ug ;tnf diiyA us.hrei.tnbg dur.LÄkmung ist iIhs-MH-
i r i i I,t. i> m i .i 4e.t : >‘ii sr*’, a<k n iat n j\ wie sir hei unötironj Ba*
\ m P l \ ziemlich häufig mrut die voll uns
bnonfUldeUT der in«- tind exy 4 ifnhorisdinn Tb 0 ras*
uMU-iuMatur. Die Atu rot,ug \v,xi in folg- d.^^n suiir olmMdüu^
emtu hnHdtfnimgt; vnn eiuer Ausdcdn.ung des ThoniK beim
insr.tr mm war kn um ntwa* /,u bemerktv».; tfotzdetn hestand jd.dit
Vo?l / hunessicnjsgei'ük!. Ani der Brimt ndor von
*- ,HS ^w&rctifnll und die- Bnuuiimn sk ulatnr nicht rnit-
mdutiint v/aren und imrmnl JfujvAipfifcrtm
UH;. : mtiii>vti; wollen wir mir, Ohms wie iu allen nbrtgeu ■piüleu-
dicBnnsIbniiAf sich viVltig normni
von Bdicn der twhv*)*» Nerven ninbii <m ^
.A v •', . '*' '•'^ u bgtjQ vnrbjjmn — l»io Eri.n ent leer w.-h-hc
'litict-' ^ fl, ^ü W: VW wm! von>i,.mn, ebinsh ’
iliwii. ir UT.TT UI 'Ta. ; 5 *' J ; n 0i A' r vun 1801) - • *4000’ <.em
■ hm srvvfe • 6 i(dr ; -fhA[ honÄErwoiss- ned Hacker*
-otwaige tuxfst:he KlgohsnJnd'ten wurde
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I,- 11 v ’ ■ • V,, ’>'H 11 'v*t jii iii-11! i 1 ■'•. > i' |i ii. 1.01> p i’ n li i 1 i in ‘-.riioii
A; vesr ^ s :-.":hi: ! ;"': Ar! . ' ,o ” K,
‘ '■ -t ni dijQou, lug i.H.d iiHsePeith tiicki
};) xirM ee fü -}
\'tü { khhA^'fULliu^tund ein
A. Amiit Wli ' w^tetr-d^
ass l’utient tiU^ Ihn.: dhrgnreicht&ii Speisen, ohne das gerin'«s)f.e'-
Eifbetuigen ikl od»lr £)arm r 4b verspfireii.
; Sehr 1 »erperbtn»sU’hrt.ji» uTjd von grnh&env Interesse ikt- der
n^rjtbefun ii )m unserem Putieuthn: O pjienh#ijnA hat hei dem
W cs tpliursciien ratientcn hni mimr kotanti Reihe von Anfiliha
bi *m Vor stärk u ng der Wrrzaution» eine. Erweiterung tler Her/*
d;iji!pf>Hig ; welche cinfiml s<«go.r den rechten Srenialmad um Eingcry
hmi^ hhersctintt. ierner ein. s} siolisohes Blagen Uber Um-
Hörsspit-ze und eine Avcentomtinü dos Unken Fühwo.nalWns naeh-
ivctMcn küBurnvkürx ßrschtiiimnge.h, wnUdm ganz einer .megebiidelftn
AIitruims«ifiic»e-nx VJitsprerhonv Merku-üfiUgor Weise vn»schwanden
diejsblfeeh YoKst#öiMg tndA ua-cb AdiöUJret) der Aicfdllh, um bei iHnem
neu au {'treten den yich wieder von neuen) zu soigeii; Ojipenhniui
bringt mit- lleeht» diese, acut entgti>lK*ude Hnj 7 .iii 3 otnalie in goiudischoji
^lisafftmonliaug mit den L;Uimnngsa)Uiilieii T weiss gi.d» aber auf
kglne A^eist! dies sonderhai'r PhlOiornnju zu deuten v —-
ln den auf die Upp 0 uhci.m ’scho .folgenden Puhlicutinr^u wird
rin eobduis Vnrkommuö vi>a Störung der Horv« 3 .u 4 ion während der
AriUlk' nicht berk'Hte}.': um so tvichtigor eischeini ns, das« in
Uhu nein Fall die iJppenbenn Aehn Beobachtung bnsfdtigt wird.
Es könnt#-, hei der Auinülinm bei uo^efoiii Patienten -eih'. aU*lu*
bnrer etwas v.erh^eltertör und hnb^ndn^ Spltannstpus, riß
u nr.einer gerä nKeiiurl .gor erster Ton über der ifer^ntze,
eine Accontuatiön des zweiten Pulmunaltont» doutlirh.
HUchgewir-seu wßrdtui, — Lite Iler?,diimpfuns' reichte nach rai-.lu-s
b-^ zutn reclifen -Sternalröin.i. — Jbeider hatten wir nicht ftölegmn
heit gehabt, rin$ Herz. • des Kranken vca’hur i \1 kttÄhulÜma, da er
Snlimi itn An btli Irernfivk^m t Aber der Ümstaad* da 9 & 144 oben er-
wiUmtm} Atiom-aliecn der ’fjwzaetwn, weiche anl der Höhn des
Aninllä ui)verändert 'fottbontiiödnji, bald nach Authfu'on desselben
ni?dit Oiöhr AAl^ddhilnn wären, spricht dock äeljr für liüw öng«n-
^'tisä 9 iQ]iöGilüvn|t : . -iöi4 ..'der-;- I^äUmuüg; s^lLgt» —^ Bei dor EnUä^uu)!r
des Piitinutenv -sisä ieirGUf 1 ?uge nnt'-h «leui Atifböheä der. Laii'
• fao.döUv w;. von eimcm etwas ' 4tat»fi. föui
Ölki der Ilpi'zspi tan, niubn « An z & err* tn a te ä ßerztrelumi. Tieider
* kc: dnr glücklichen 'hsgB-t JiÄae
Pv^o buch tun g in .mehreren Anfällen bestätigt, zu sidiwi.
Ditii nigcUtliche Wetien sowip dlo AcAiojuw|p dcfvBrkrHU'
liimg bleibt auch iu unaerwu Full ebenso diifiknr whr iii dca hfebGr
gehuichhett BeobHchtUjtjgda. Ks 596(1 hierüber sehr . verächiedöne
AA^irht'pn uu^gijsprocliöu ^nrdöii, diu btidinu aber alle nach.
Hypothesen g.-bliebcn sind. NV cstphul dachte :ui eine nlcDaiche
KiT)fihruö.g^i.ör üflA der Muskeln öde? Ne?veuQndi^uifgßn - durch;
ncriplmrisrhe 1 .'i 1 cuJüti 0 n£s't.pruug t • Oppen b'eini. und GoMfiäm
votiuutlmu ein Im KOrpnr gebildntcs Virus inibekanoter Art., w^lchefi
nie Muskeln mul niotorlaohnu ' Nerven fasern • toslseh heöiHÜussl-
Ilei'iihnrdt sprach den (jedänken aus, dass ep, sieh vicllcidd
u»u ein d«mi • ’uraro Hhidirlms Ui ft handeln kduatc. Cousot
sucht titif KraAj 1 eilsursaehe im Rückenmark urnii üiöt’tnt eine yffHK
tibrrjirhtmdö Ißldbitiorjf der cp.inalcn Centron an. An« einieuöhfeQdatiiii
pt : 9chulxili unä die von Oppönheifn und ^if&l;dfläni färtrekui^ An - 9
Abdstu i'üjiei Art von Aiitoinioxicatiön durch^ ein bif?iituv onrh haht'
kauutos Virus. Hierauf wird man auch in Zukunft hauptsäclduh
sr-io Augenmerk, zu ruliteu haben,.' Betont wird ..foriihr überall iiß
st.»vog.urGegensatz zur Hycstö-i io. das Pdileu jeg.iichor ne? vosor
B %x)t$ tiv/Vg bei den Ikffallcuen P^t^öueö, £ü)wie der Gid eg üh Idfits-
ur r achen für die .eiksseinoh Anfälle, — Auch wir woHeiiJ
nu lit uuenvähpt lasseiij dass uioser Pniießf ein ijurehaus ruhiger,
keineswegs nervös bcauiagter, eher phiognnatischerMann mb wehiü'-r
nicht etiu’k raucht, nicht viel trinkt, tu geordneio« Vmkair ■hjssom
lobt und der nie ••gesch.l'echtskratik war. Der AßfHÖ hbrilUlU' ihn
io vollstor CrRHundhcdt, ohne dass er mir die geringste Ursache
dafür auf?!«!lindem weiss. Auch seine Mutter war eine ruhige, vor*
htäüdigo hraig die nach seiner Äüg;abe öhmials üUcuv oOfYÜae ße-
:chwerden Iclagto, \ ;
\Vi^ sphop in der Krftükhiigoscbiphth mkybtA uh 11 .
Patifmt ngchtrügljcl». die Mittheihingv dass, er seif dein lotsten' hiev
iioobHOhMcm Antall lmu% iefchtcre gehabt hätte, welche sieh
ftpf BübjiiOtig dar Arme bestcjiniuktou tipti -meist Morgöps tuntraten
Bin gingen sehr s( Unell wieder vorbei, Ei* will auch hav»l.*achh>t
hahert, dass diesp .1 jähmuhgszii^tände bUc uhnn sich .cinhndoü» wour
er Ahwhdg Grog utlcr There zu sieh likimtE - Hier tmghh also aach
mhildenmg ijos äferhivo 'Anfälle vor, \?k * tt-
weilen neben RVpmöbön Lähmungen auch vfth oudereti beob¬
achtet worden smd. Düs litiulogische Moment, welches n.u** r
Püfinnt, der sicli zl.uelich genau hrobachfet und dessen Aogü)r*j»
im iihrigon durchaus kuveHässig ör^Iieihhpv für difts^ihen tthgRm.
TlÄmluili düs Trinkmi von Theo oder Otou Almuds zuvor, ist jek’«'-
bdl.- merkwürdig.
• *} li, :Oppenheim, Hu\t\i -MiiiheOttßgen Ühev.. <hm vi»u PrcDs^c
W-ira 1 phäl ‘ b^ehciiilicftim E»fl • V*>n pnsiodi'faihAr iailumfiig Jüleh üüB'
Extr'jjuitatöii’ -Chariic-Auruüon JÖd:. KVJ, 8 450,.
VjU
9. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Diese abortiven Anfälle kennzeichnen sich mitunter nur
durch Schwäche in den Gliedern, Müdigkeitsgefühl und Schläfrig¬
keit. Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, dass auch die
ersten Anfälle des Patienten bis zum Jahre 1893 unvollkommen,
gewissermassen abortiv verliefen und nur in grosser Schwere und
Steifigkeit der Arme und Beine bestanden, ohne dass es zu einer
richtigen Lähmung gekommen wäre.
VII. Oeffentliches Sanitätswesen.
Choleradesinfectionsyersuche mit Formaliu,
angestellt von Dr. Freymuth in Danzig.
Die zahlreichen Empfehlungen des Formalin in der Fach- und Tages¬
presse, mehr noch das Ergebniss der Arbeiten von Lehmann, Gegner,
Blum und anderen bewogen mich, es auf seine Brauchbarkeit bei einer
bestimmten Substanz, den mit Choleradejectionen inficirten Objecten näm¬
lich, zu prüfen.
Das Bedürfnis, eine Desiufectionsmethode zu besitzen, weiche ebenso
zuverlässig ist, wie die Desinfection im strömenden Dampfe, aber einfacher
und überall zu haben, wird niemand bestreiten.
Methode der Untersuchung.
Sie leimte sich, abgesehen von einigen Modificationen von der Art?
wie das Formalin zur Wirkung gebracht wurde, eng an die Experimente
von Lehmann an (Münchener medicinische Wochenschrift, Jahrgang 1893,
No. 32). Um sie für die Praxis verwerthbar zu machen, wurde eine grössere
Menge von Objecten in demselben Behälter der Desinfection unterworfen
und die Infection nur ausnahms- und versuchsweise durch Reinculturen
von Kommabacillen, in der Regel durch Stuhl von Cholerakranken, be¬
werkstelligt. Das Material dazu lieferte in zuvorkommendster Weise die
hiesige bacteriologische Anstalt. Das Vorhandensein der Kommabacillen
im Stuhl war selbstverständlich # stets vor der Benutzung durch die An¬
stalt festgestellt.
Um unter einander vergleichbare Proben zu haben, stellte ich die¬
selben so her, dass jede Probe die Grösse eines Quadratcentimeters hatte.
Bei dem Versuche I nahm ich unsterilisirte Stückchen eines alten Rockes,
bei II unsterilisirten grauen Flanell, bei dem maassgebendsten Versuche III
im strömenden Dampfe sterilisirte Quadrate von weissem Flanell. Letzteres
deshalb, weil in den vorhergehenden Versuchen die Farbe der Quadrate
und die Culturen von Mikroorganismen, welche ihnen ursprünglich an¬
hafteten, störend gewesen waren. Bei dem Versuche I liess ich die
Läppchen trocken und wickelte sie dann in sterilisirtes trockenes Filtrir-
papier. Bei II und III stellte ich die Objecte in anderer Weise her,
nämlich
a) Quadrate mit Stuhl getränkt, getrocknet, trocken eingewickelt.
b) Quadrate mit Stuhl getränkt, sogleich in eine 2—4 mm dicke Schicht
feuchter steriler Watte eingeschlagen.
c) Quadrate mit Stuhl getränkt, zu dreien auf einander geheftet, das
mittlere feucht gelassen, das obere und untere getrocknet, trocken ein¬
geschlagen.
Diese Proben, in der Folge als trockene, feuchte und geschichtete
bezeichnet, wurden in den verschiedensten Anordnungen in, zwischen, aut
und unter Kleider, Stiefel, Schuhe, Hüte und dergleichen gelegt, zu ver¬
schieden Zeiten entnommen und in Pepton gebracht. Sie bleiben sechs
Stunden bis Tage lang bei 37—38 0 C im Brutofen stehen. Tritt Trübung
ein, so werden Deckglaspräparate angefertigt, bei irgend welchem Zweifel,
ob Trübung oder nicht, ob Kommabacillen oder nicht, wurden Ueber-
Ä en auf Bleisch’sches Pepton gemacht. Dann folgte die Prüfung
olreaction, und liess diese noch im Zweifel, die Anfertigung von
Gelatineplatten mit einer vorher abgenommenen Portion. Den Behälter
filr die Objecte bildete eine festgefügte Holzkiste mit Deckel 79 cm lang,
71 cm breit, 67 cm hoch. In dieser stand eine zweite, verschliessbare
Blechkiste 74 cm lang, 69 cm breit, 65 cm hoch. Hierin wurden folgende
Gegenstände lose über einander geschichtet untergebracht: ein Shawl, ein
paar Socken, ein Katzenfell, zwei Kinderröcke, vier paar grosse Männer¬
hosen, drei paar Männerunterhosen, eine Mänuerunterjacke, neun Männer¬
röcke, eine Weste, eine Frauenhose, drei Kleidertaillen, zehn Unterröcke,
zwei Wollhemden, eine Wolldecke, ein Federkopfkissen, ein Rosshaar¬
kissen, ein Paar Schaftstiefel, ein Paar. Lederschuhe, ein Paar Filzschuhe,
drei Männermützen, zwei Männerhüte. Es waren das abgetragene, zum
Theil sehr schmutzige und fettige, aber trockene Gegenstände.
In einer kleineren Kiste, welche ausserhalb des Versuchszimmers
stand und daher der Einwirkung der Formalindämpfe unfehlbar entging,
wurde zwischen verschiedenen Kleidungsstücken eine genügende Anzahl
von Objecten niedergelegt: Controllobjecte.
Auch wurden sterile Quadrate in einen fest verschlossenen Blech¬
kasten aufs intensivste den Formalindämpfen ausgesetzt (200 ccm For-
malin auf Filtrirpapier aufgesprengt bei einer Länge des Kastens von
22, einer Breite von 21 und einer Höhe von 23 cm). An diesen Qua¬
draten wurde festgestellt, dass sie selbst nach 24 ständigem Aufenthalt
m dem Kasten durch das ihnen anhaftende Formalin (Nachweis desselben
mit 20°/o ammoniakalischer Silberlösung) nicht imstande waren, die Ent¬
wickelung . nachträglich zugesetzter Kommabacillen im Pepton zu ver¬
hindern; ein Versuch, welcher zeigte, dass die Culturversuche mit den
Quadraten aus der Desinfectionskiste rein waren. Diejenigen von ihnen,
die im Pepton keine Trübung gaben, mussten eben wirklich desinficirt
sein und konnte ihnen nicht etwa noch lebendes Material anhängen,
welches nur durch mitübertragene Spuren von Formalin in der Entwicke-
lung gehemmt war.
Die Zahl der eingelegten und in Pepton gebrachten Objecte be¬
trug:
in Versuch I.
* n H.
„ BI.
' insgesammt . . 285
Versuch IV. und V. wurden in besonders zu erwähnender Weise atis-
geführt.
Versuche.
I. Begonnen am 13. Juni. Material: Stuhl des Pe t e r Rau s c h,
eingegangen am 8. Juni, am Tage des Versuches nur äusserst wenige
Kommabacillen enthaltend.
24 trockene Proben, davon acht zwölfstündige Agarreinculturen, acht
Stuhl mit, acht ohne Zusatz von Reinculturen.;
Der Boden der inneren Blochkiste Wird mit mehreren Lagen Filtrir¬
papier bedeckt. Das Papier vermittels eines Haarpinsels von 6'/a cm
Länge und 4‘/a cm Dicke bis zur Durchtränküng mit Formalin besprengt.
Hierauf eine einfache Lage Kleider, dann wieder Formalinfiltrirpapier,
eine neue Lage Kleider u. s. w. bis oben hin. Die Proben waren oben,
in der Mitte imd unten zwischen den Kleidern untergebracht. Und zwar
so, dass sie direkt mit Fonüälin nicht in Berührung kamen.. Zu. dieöem
Zweck war, wo sie lagen, das besprengte Filtrirpapier fortgelassen.
Innere und äussere Kiste wurden schliesslich mit ihren Deckeln versehen.
Verbrauch au Formalin 1000 g im Preise von 3,60 Mk. .
Erfolg: Schon die ersten nach drei Stunden entnommenen Proben
waren in allen drei Schichten steril. Von den Proben im .Gontrollkasten
ging nach zwölf Stunden auch keine mehr in Pepton an.
Nach dieser scheinbar äusserst günstigen Erfahrung.Wurde der zweite
Versuch, der aus Mangel an Material erst 14 Tage , später angestellt :
werden konnte, so modificirt, dass sehr viel weniger Formalin lind dieses
in anderer Weise als vorher in Anwendung kam. ^ _ ......
II. Begonnen am 27. Juni. Material: Stuhl der Bertha Rösen-
stein, eingegangen am 26. Juni, sehr bacillenreich.
216 Proben (3 Schichten ä 9x 8 für eine achtmalige Entnahme in
24 Stunden. Unter den Proben auch einige nur mit Reinculturen ge¬
tränkt).
Auf den Boden des inneren Kastens werden sechs offene Glüs-
schälchen mit je 20 ccm Formalin gestellt. Ueber denselben Wird durch
Ziegelsteine und Latten eine Rost gebildet, auf dein' die Kleider ruhen.
Sie feind so angeordnet, dass einer 7 cm dicken Schicht die erste Serie
der Proben folgte, dann kommen wieder 7 erh Kleider, mit Fürmalm ge-,
tränktes Filtrirpapier, 7 cm Kleider* zweite Serie Proben, 7 cm Kleider,
Formalinpapier, 7 cm Kleider, obenauf die dritte Serie der Proben, Ver¬
schluss. ■ ■. '
Erfolg: Feuchte Proben und feuchte Reinculturen entwickelten sich
noch nach 24—30 ständigem Aufenthalte in der Kiste, trockene und. geT
schichtete Proben noch nach 21 Stunden; trockene Reinculturen waren
schon nach drei Stunden in allen Schichten steril.
Die Resistenz der Objecte im, Versuch II, .schob ich zum Theil auf
das frischere, sehr bacillenreicbe Material, zum Theil war sie bestimmt
auf fehlerhafte Anordnung des Formalin zurÜckzuftthreü. Es zeigte sich,
dass aus dicken Schichten der Flüssigkeit so gut Wie nichts verdampft.
Von den 120 ccm, die in sechs Schälchen aufgestellt waren, fehlte nach
24 Stunden kaum Va cm. Der Gesammtverbraucli an Förmalin hatte
175 ccm betragen.
Wieder verzögerte sich die Fortsetzung der Versuche durch Mangel
an Stuhl. " :
III. Begonnen am 10. Juli, Material: Gehalt der Dünndarmsthlingo
des todt aufgefundenen Flössers Latofck, eiügegangen’ eodem früh morgens.
45 Proben, 3 Schichten k 3x5 für fünfmalige Entnahme in 24 Stunden^
Auf den Boden der Blechkiste kam besprengtes Filtrirpapier, hierauf
eine einfache Lage Kleider, auf diese die erste Schicht der Proben.' Nun
folgte eine weitere einfache Lage Kleider, direkte intensive Besprengung
dieser selbst und ebenso fort bis zur Mitte der Kiste. Hier wurden
Stiefel, Schuhe und Hüte untergebracht, in welche die zweite Serie der
Proben gesteckt war. Diese Gegenstände würden stark besprengt, dann
folgten wieder Kleider* nach jeder Lage frisch besprengt. Obenauf lag
ein Rosshaarkissen 78 cm lang, 41 cm breit, 10 cm' dick. In die Haare
dieses Kissens waren die letzten Proben hineingesteckt worden. Das
Kissen wurde besprengt, die Deckel Wurden aufgelegt. Verbrauch aü
Formalin 660 ccm.
Erfolg: alle trockenen Proben blieben nach sechs Stunden steril, die
feuchten und geschichteten nach zehn Stunden mit Ausnahme einer feuchten 1
Probe aus einem Stiefel, die noch nach 18 Stunden Peptöntrübung durch
Kommabacillen und Jndolreactidn ergab. Nach 24 Stunden war alles
steril. Die Quadrate aus der Göntrollkiste trübten: die trockenen nach
18, die anderen nach 24 Stunden noch das Pepton.
IV. Begonnen am 12. Juli. Material: Stuhl des Philippski, ein¬
gegangen am 11. Juli Abends; Zahl der Proben 36,12x8 iu dreimaliger
Entnahme in 24 Stunden. r
In die Holzkiste, dieses mal ohne Blecheinsatz, kam ein besprengtes
Laken, hierin ein Federbett 6200 g schwer, 170 cm lang* 81 cm bteity
14 cm dick. Mitten in die Federn des Bettes, und zwar an Anfang, Mitte
und Ende desselben, werden Proben gelegt, bestehend ans etwa 20 sterilr
sirten, mit Stuhl getränkten Bettfedern, eingeschlagen in feuchte Watte.
Auf das Bett kam ein langer, schwerer mit Tuch bezogener Schafpelz.
Die Proben, welche in diesen gelegt werden, bestanden aus sterilisirten,
mit Stuhl getränkten, in feuchte Watte eingeschlagenen Pelzstückchen.
Ausserdem wurden in den Pelz noch Federproben und in das Bett I elz¬
proben gelegt. Im Pelze lagen sie zum Theil in deü Taschen, in den
Aermeln und zwischen den beim Zusammenlegen sich berührenden Innen¬
flächen. Pelz und Bett waren von aussen an allen Seiten, der reiz auch
von innen so stark besprengt, dass 500 ccm Formalin verbraucht waren.
Ein besprengtes Laken wurd^überge deckt, Dje ^iemUch volletäödig ange-
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650
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32
füllte Kiste wurde mit dem Deckel versehen, dieser mit Ziegelsteinen
beschwert.
Erfolg: Im Bette waren eile Proben noch nach 24 Stunden ent¬
wickelungsfähig, die Proben in der Tasche des Pelzes waren nach zehn
Stunden steril, aus den übrigen Proben entwickelten sich nach 18 bezw.
24 Stunden noch Kommabacillen.
V. Controllversuch mit Desinfection im strömenden Dampf, angestellt
am 13. Juli. Material: von Wicorczek aus Schilno, eingegangen am
12. Juli Mittags. Pas Bett wie im Versuche IV eingerichtet, nur nicht
mit Formalin behandelt, wird in dem Budenberg’schen Apparat des
Lazaretbs eine Stunde im strömenden Dampf desinfieirt. Alle Proben
sind absolut steril.
Nebenversuche: Das Formalin liess echt gefärbte Stoffe von Baum¬
wolle, Wolle und Seide auch bei direkter Besprengung unverändert, un¬
echte Stoffe färbten freilich ab. Pelze, Ledersachon, z. B. neues, lackirtes
Leder, Stiefel, Schuhe, Hüte, Briefe, Bücher, blieben unbeschädigt.
Gesammtergebniss.
In der Cholerahygiene hat das Formalin nur die Bedeutung eines
Desinfectionsmittels von untergeordnetem Werthe. Trockene Komma¬
bacillen in Reincultur erliegen ihm bald, aber die Austrocknung thut es
auch ohne Formalin. Trockener Cholerastuhl scheint in wenigen Stunden
die Virulenz zu verlieren, feuchter Stuhl aber behält sie viele Stunden,
selbst wenn das Formalin bequem herankommen kann, und widersteht
seinem Dampf länger als einen Tag, wenn er dickere Schichten zu durch¬
dringen hat, ehe er an die inficirte Stelle gelangt.
Das Formalin ist zur Desinfection von Kleidern und dünnen Betten
brauchbar, aber nur dann, wenn Eile nicht noth thut. Die Objecte
müssen mindestens 24 Stunden mit dem Formaiin in Berührung bleiben,
und dieses muss in grossen Mengen, in dünner Schicht ausgebreitet, jenen
möglichst nahe gebracht werden. Grössere Bettstücke und Pelze darf
man mit Formalin nicht desinficiren. Sein verhältnissmässig hoher-Preis
und die Unannehmlichkeit seines widrigen, offensiven Geruches beein¬
trächtigt die Anwendbarkeit im allgemeinen nicht unerheblich..
Die Dampfdesinfection ist der mit Formalin bei weitem überlegen
und wird durch dieselbe nicht ersetzt werden können. Wohl aber kann
man das Formalin neben der Dampfdesinfection empfehlen zur Desinfection
besonders zarter und empfindlicher Objecte von mässigem Volumen und
solchem Material, welches im Dampf leidet, insbesondere sind das Kleider,
Vorhänge, Teppiche und Ledersachen, auch Papiere und Bücher. Immer
ist dabei noch vorauszusetzen, dass keine Eile bei der Desinfection er¬
forderlich ist.
Bei meinen Versuchen haben mich die Assistenzärzte Dr. Samter
und Haack durch unverdrossene, hei Tag und Nacht geübte Thätigkeit
so wesentlich unterstützt, dass ich ihnen zum grössten Danke ver¬
pflichtet bin.
Stand der Cholera.
Im Weichselgebiet Preuspens wurden in der Woche bis zum
23. Juli 22 Erkrankungen, welche zum Theil noch in die Zeit vor dem
16. Juli zurückreichen neu festgestellt, davon 11 mit tödtlichem Ausgang.
Unter den Erkrankten befanden sich 10 Flösser, 2 Schiffer, 2 Fischer*
1 Werftarbeiter, 1 Arbeiter und 4 Angehörige von Fischern, Schiffern
und Bühnenarbeitern. 6 Fälle werden aus Schilno, je 2 aus Thorn
Christfelde (Kreis Schwetz), Graudenz, Gross-Wolz (Kreis Grau-
denz) Kurzebrack und Pleknendorf, je 1 aus Brahemünde, For-
don (Kreis Bromberg), Dirschau und Schidlitz (Kreis Danzig)
gemeldet. In der Woche vom 23.-30. Juli ist die Zahl der Choleraffille
auf 3 zuruckgegangen. Dieselben betrafen einen Schneider in Gross-
Wolz, Vater eines in der vergangenen Woche erkrankten und mittler-
wmle verstorbenen Kindes, ferner einen am 26. Juli erkrankten Mann in
Ar Vf\ nG ^ or L elne ? am 21 - Juli verstorbenen Schiffer in Thorn.
Kms. Ges.-Amts.) “ ,P® r m der vorigen Nummer gemeldete
Berlin ist vereinzelt geblieben. - Auf einem Lübecker Dam¬
pfer, der von St. Petersburg kam, starb am 16. Juli der Schiffskoch auf
See an Cholera; ferner starb auf dem am 29. Juli von St. Petersburg in
gelaufenen Lübecldschen Dampfer „Trave“ ein Heizer unter
suäu™rergab Cholera!' ,P ^ nachtri * licl «> bacteriologiscbe Unter-
zufol &ekamen vom 18.—19. Juli inLüt-
ain J iS C p 1_2 - Choleraerkrankungen vor. Nach amtlichen Mittheilungen
^ d T^ d f ? r ° V1 i nZ vora i JuU 101 Todesfälle an Cholera
zur Kenqtmss gelangt. In dem oberhalb von Lüttich an der Maas ge¬
legenen Jemeppe. (put 9000 Einw.) sind seit Mitte Mai rund 100 Er¬
krankungen mit 50 Todesfällen erfolgt. Die Seuche verbreitet sich der
i! a 5Inf ailg ® owohl aufwärts als abwärts. Vereinzelte Fälle kamen vor
mf S <W Hm,« H6 ^ 8 n a ’ £ heratt ? and Wan der, ferner jn einigen Orten
auf der Höhe zwischen Maas und Vesdre. (Verüff. d. Kais. Ges.-Amt.s)
• r t Y°? Belgiern aus hat die Cholera, wie aus neueren Zeitüngsnach-
nchten hervorgeht, dem Laufe der Maas abwärts folgend bereits die
5Ä G r Ze «erschritten. In MaLtrfcht kam n bis
30. Juli _13 ( 6 ) Erkrankungen (Todesfälle) . an Cholera vor am 31 Tni;
und^TodesfMle^'^Tn 11 ^ 11 ^^^^?^ 13 ^ ^ ** August 6 Erkrankungen
gna o xoueslMle. In Holland ist ferner nach den Veröff. d Kais Gm.
Rheinschiffe in LobHh ^°l erafaI1 au ? ejuem von Rotterdam kommenden
kommen m? i„ ^W er pr S? ssls „ c >' mederIändisclie “ Grenze yorge-
s-ä«ai Mä“äs sästsk
srÄ.“.ÄÄ*5ärÄ-“ H,u "
In Galizien ist ein weiteres Umsichgreifen der Cholera za ver¬
zeichnen. Ausser in der Stadt und dem Bezirk Krakau, wo in den
Wochen vom 17. bis 23. und vom 24. bis 30. Juli die Zahl der Erkran¬
kungen (Todesfälle) auf 5 (2) und 5 (2) bezw. 23 (11) und 31 (16) anslieg
und der Stadt Zaleszczyki und Umgegend, wo in derselben Zeit die
Zahlen 70 (28) bezw. 114 (52) betrugen, macht sich namentlich in den
Bezirken Borszczow und Horodenka ein weiteres Umsichgreifen der
Seuche bemerkbar. In ersterem Bezirk betrug die Zahl der Erkrankungen
(Todesfälle) vom 17. bis 23. Juli 20 (9), vom 24. bis 30. Juli 23 (13), in
letzterem Bezirk in den gleichen Zeiträumen 6 ( 2 ) und 25 ( 8 ). Ausserdem
sind weitere Erkrankungen vorgekommen in den Bezirken Bochnia 6 ( 3 )
vom 24. bis 30. Juli, Czortkow 2 ( 2 ) vom’ 17. bis 23. und 9 (2) vom
24. bis 30. Juli, Husiatyn 3 ( 2 ) und 1 (0), Kolomea 1 ( 0 ) vom 17. bis
23. Juli, Nisko 1 (1) und 2 (1), Skalat 1 (0) vom 24. bis 30. Juli,
Stanislau 1 ( 0 ) vom 17, bis 23. Juli, Tarnopol 1 ( 0 ) und Wieliczka
7 (5) vom 24. bis 30. Juli. — In der Bukowina ereigneten sich in der
Woche vom 17. bis 23. Juli 9 ( 2 ), vom 24. bis 30. Juli 12 (5) Erkrankungen
(Todesfälle), wovon 6 ( 1 ) bezw. 11 (5) auf den Bezirk Kotzmann ent¬
fallen. Ein am 21 . Juli in der Stadt Czernowitz vorgekommener Todes-.
fall ist vereinzelt geblieben. — Im ganzen sind vom 7. April bis 30. Juli
in Galizien 687 (325) Erkrankungen (Todesfälle) vorgekommen, darunter
in der Stadt Krakau 14 ( 8 ), in der Umgebung von Krakau 66 (32),
im Bezirk Borszczow 167 (92), Horodenka 32 (13), Husiatyn 47 (23),
Zalesczyki 282 (128). (Oesterreioh. Sanitätswesen.)
Den Nachrichten aus Russland zufolge ist die Cholera im Königreich
Polen in der Zunahme begriffen. Im Gouvernement Warschau wurden
vom 6 . bis 13. Juli 132 (73), vom 14. bis 19. Juli, sowie vom 20 . bis
22. Juli 278 (115) bezw. 177 (105) Erkrankungen (Todesfälle) gemeldet,
in der Stadt Warschau vom 9. bis 14. Juli 22 ( 6 ), vom 14. bis 20. Juli
102 (52), vom 21. bis 23. Juli 56 (26). In den übrigen polnischen
Gouvernements kamen folgende Zahlen zur Meldung: Kielce: vom 5. bis
9. Juli 96 (37), vom 10. bis 16. bezw. vom 17. bis 18. Juli 244 (115)
bezw. 125 (49); Radom: vom 4. bis 1L Juli 122 (57), vom 12. bis
18. Juli 333 (133); Plock: vom 5. bis 11*. Juli 60 (29), vom 12. bis 17.
bezw. vom 18. bis 20. Juli 92 (49) bezw. 54 (32); Lomza; vom 21. bis
23. Juli 11 (5). Einer Meldung vom 24. Juli zufolge ist in dem unweit
der deutschen Grenze gelegenen Eisenbahnkreuzungspunkt Bialy-
stok (Gouvernement Grodno) ein Choleratodesfall vorgekommen, in
der in demselben Gouvernement gelegenen Stadt Brest wurden vom
30. Juni bis 7. Juli 11 ( 6 ), vom 8 . bis 13. Juli 17 (7). vom 14. bis
19. Juli 19 (12) Erkrankungen (Todesfälle) und im Kreise Schaulen
(Gouvernement Kowno) vom 1. bis 7. Juli 99 (36), vom 8 . bis 14. Juli
73 (26), vom 15. bis 21. Juli 60 (33) Erkrankungen (Todesfälle) gezählt.
— In der Stadt Narva (Gouvernement Esthland) ereigneten sich am
3. und 4. Juli 8 (4) Erkrankungen (Todesfälle), in der Umgebung der
Stadt sind während der vorausgegangenen Tage 2 Fälle an Cholera und 3
der Seuche verdächtige Erkrankungen, davon 1 mit tödtlichem Ausgange
vorgekommen. Bis zum 18. Juli waren in Narva und seinen Vorstädten im
ganzen 15 (7) Fälle zur Meldung gelangt. Ferner ereigneten sich Cholera¬
fälle in einigen anderen Orten des Gouvernements Esthland, sowie im
Bausrceschen Kreise des Gouvernements Kurland. In Reval verstarb
ein am 12. Juli von St. Petersburg zugereister Arbeiter an Cholera.
ln St. Petersburg wurden laut Regierungsanzeiger in der Woche
vom 1. bis 7. Juli 141 (52), in der Woche vom 8 . bis 14. Juli 875 (294),
vom 15. bis 21. Juli 1292 (584) — in Kronstadt während derselben
Zeit 41 (18), 57 (15), 58 (18) — im übrigen Gouvernement vom 1. bis
7, Juli 26 (10), vom 8 . bis 14. Juli 247 (34) Erkrankungen (Todesfälle)
gemeldet. Einer Mittheilung vom 23. Juli zufolge soll die Epidemie
während der vorausgegangenen Tage etwas abgenommen haben. — Im
Gouvernement Nowgorod wurde vom 8 . bis 14. Juli 1 Erkrankung und
1 Todesfall gemeldet.
InFinland wurden zuHangoe 2 Erkrankungen, davon 1 mit tödt¬
lichem Ausgang gezählt.
Die Zahl der unter den Passagieren und Mannschaften des in der
Quarantäneanstalt Fajan untergebrachten, nach Stockholm bestimmten
Dampfers „von Döbeln“ bis zum 11. Juli nachgewiesenen Cholerafälle be¬
trug im ganzen 15, davon waren 2 tödtlich verlaufen. ,
Im türkischen Vilajet Konia kamen vom 30. Juni bis 3. Juli m
Akschehr 6 ( 6 ), in Akserai 7 ( 6 ), in Urkub 8 (2), in Arabsou 1(1)
Erkrankungen (Todesfälle) vor. Laut Mittheilung vom 17. Juli sollen
neuerdings täglich 4—5 Erkrankungen, von denen ein Theil tödtlich ver¬
läuft, in der Stadt Sparta im alten Pisidion Vorkommen. — Einer Mel¬
dung vom 21. Juli zufolge sind in Adrianopel seit dem 17. Juli 4 (d)
Erkrankungen (Todesfälle) festgestellt.
VIII. Militärsanitätswesen.
Schumbnrg, Die Choleraerkranknngen in der Armee 1892—1898
and die gegen die Ausbreitung and zur Verhütung der Cholera in
der Armee getroffenen Maassnahmen. Heft 8 der Veröffentlichungen
aus dem Gebiet des Militärsanitätswesens. Herausgegeben von der Medi-
cinalabtheilung des Königlich Preussischen Kriegsministeriums. Berlin,
Hirschwald, 1894. Ref. Schill (Dresden).
Schumburg hält den Verlauf der Choleraepidemie in der deutschen
Armee 1892—1893 für besonders geeignet, unzweideutiges Beweismatenal
für den Kampf der Contägionisten und Localisten zu bieten, da die fast
gleichalterigen Soldaten in denselben Räumen, unter denselben Lebens¬
bedingungen leben. Das vorliegende Material ist aber quantitativ kein
grosses, da in der gesammten deutschen Armee an Cholera nur 22 ; Mann
sicher erkrankten, von denen 13 starben, während in der Cholqraepidemie
1873 Yoq 541 Erkrankten 218 der Seuche erlagen. Dje Heilerfolge ;sind
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
91 August.
DEUTSCHE MEDIÖINI3ÖHE WOCHENSCHRIFT.
651
trotz aller Fortschritte in der Erkenntniss über die Ursache der Cholera
dieselben wie 1831/1832. Verfasser verzeichnet nun die Hülfe, welche
Sanitätsofficiere durch Ueberwachung von Wasserstrassen, sowie in
Hamburg, leisteten, die Verfügung des Kriegsministeriums vom 6. August
1892 über Maassregeln gegen die Verbreitung der Cholera, die Verfügung
des Kriegsministeriums vom 26. October 1892 über einen Informations-
cursus für Cholerauntersuchungen, sowie die vom Stabsarzt Pfuhl ver¬
fassten Rathschläge für die bacteriologische Untersuchung auf Cholera
und bespricht dann, den Ausbruch der Seucho in Hamburg-Altona. In
Hamburg war zu jener Zeit das 85. Infanterie-Regiment, welches am
11. August gesund angekommen war, einquartiert, und zwar das zweite
und zumeist das erste Bataillon in der Kaserne des zu den Herbsttibungen
ausgerückten 76. Infanterie-Regiments, das dritte und der Rest des ersten
Bataillons im Vorort Eimsbüttel in Bürgerquartieren. Unter den Truppen
nahm die Souche an demselben Tage, an- welchem sie unter der Ein¬
wohnerschaft constatirt wurde, ihren Anfang. Bis zum 26. August, an
welchem Tage das Regiment nach dem Lockstädter Lager verlegt würde,
erkrankten 7 Mann an Cholera, vom 26. August bis 5. September 61 Mann
an verdächtigen Durchfällen, von denen 19 auf das erste, 3 auf das zweite
und 39 auf das dritte Bataillon entfielen. Als Cholerafälle stellten sich
von diesen 11 heraus, von welchen 5 starben. Den Umstand, dass sechs
Tage nach dem Auszug aus dem verseuchten Hamburg sich kein Cholera¬
fall mehr im Lockstedter Lager feststellen Hess, verwerthet Verfasser
dafür, dass alle Erkrankten den Keim ihres Leidens in Hamburg aufge¬
nommen haben. In keinem einzigen Fall Hess sich eine Uebertragung
von Person zu Person feststellen. Aus den vom Verfasser mitgetheilten
Zahlen geht hervor, dass die meisten Erkrankungen (17) unter den in
Hamburg bezw. Eimsbüttel einquartiert gewesenen vorgekommen sind,
während von den Kasernirten nur ein Mann erkrankte. —■ Ausserdem
erkrankten noch in der Zeit yom 22. bis 26. August zwei Kanoniere vom
9. Feld-Artillerie-Regiment, welches zu jener Zeit um Hamburg herum
im Quartier bezw. Bivouac lag, und ein FreiwilHger vom 31. Infanterie-
Regiment im Februar 1893 in Hamburg, ferner ein zur Uebung aus
Demmin am 6. October 1892 zu dem 2. Fuss-Artillerie-Regiment einbe-
rufener Reservist.
Verfasser betrachtet nun kritisch, ob den Maassnahmen gegen die
Cholera, insbesondere der Ernährung, IsoHrung und Trinkwasserversorgung,
es zu danken gewesen sei, dass die Ausbreitung der Seuche eine so be¬
schränkte bHeb. Verfasser führt den Umstand, dass von den Kasernirten
nur ein Mann, welcher häufig in der Stadt verkehrt hatte, erkrankte,
während rings um die Kaserne zahlreiche Erkrankungen unter den Civil-
personen vorkamen, und von den Niehtkasernirten 17 erkrankten, auf die
Versorgung der Kaserne mit unverdächtigem Wasser zurück und kommt
zu dem Schlüsse, dass es einheitlich geregelten und streng durch¬
geführten , auf wissenschaftUcher Epidemiologie aufgebauten und den
besonderen Verhältnissen der einzelnen Garnisonen angepassten Vor¬
beugungsmaassregeln gefingen kann, die Cholera, selbst wenn sie in der
Civilbevölkerung ihren Einzug gehalten hat, von den Truppen fem-
zuhalten.
IX. Krankenpflege.
Zur Technik der Auscultation.
Von Dr. Th. Jannowski in Kiew.
Die Bedeutung der Antisepsis der Therapeuten ist schon längst an¬
erkannt, die praktische Anwendung aber derselben ist bis jetzt noch sehr
beschränkt. Während sich Chirurgen und Gynäkologen in ihrer Thätigkeit
bestreben, möglichst die Verschleppung des Ansteckungsstoffes zu ver¬
meiden, nehmen es die Therapeuten, wie man gestehen muss, damit nicht
so genau: ein Arzt, der soeben die Eltern eines an Scharlach erkrankten
Kindes über den möglichen Weg der Ansteckung befragte, fährt nicht
selten danach direkt in ein anderes, drittes u. s. w. Haus, ohne genügende
Vorsichtsmaassregeln getroffen zu haben, als ob wirklich „praesente medico
nihil nocet“. Als Einwurf gegen die antiseptischen Forderungen giebt
man an, dass eine vollkommene Anwendung derselben in der praktischen
Thätigkeit der Therapeuten sehr schwierig sei; wenn aber das der Fall
ist, wenn die Erreichung des Ideales in dieser Sache auch sehr schwer
ist, so scheint das mögHchste Streben nach demselben bei weitem nicht
fruchtlos und ist daher sehr wünschenswerte.
Ohne hier alle Seiten der Antisepsis zu betrachten, wiU ich nur eine
derselben näher erörtern, welche am wenigsten die Aufmerksamkeit auf
sich gerichtet hat: ich meine das Stethoskop als Träger des Ansteckungs¬
stoffes. Das Stethoskop nimmt in vielen Fällen von der Haut den An¬
steckungsstoff mit, welcher danach mit ihm von einem Kranken zum
anderen wandert und auf eine oder die andere Weise zur Ansteckung bei¬
tragen kann.
Die jedesmalige Sterilisation der gebräuchHchen Stethoskope, sogar
der metallischen, mehr noch derjenigen aus Holz oder Kautschuk, ist sehr
schwierig auszuführen. Wenn man zu diesem Zweck in dem gebräuch¬
lichen Typus des Stetlioskopes das Holz oder den Kautschuk durch Glas
ersetzen wollte, so wäre wenig damit gewonnen, weil solche Stethoskope
sehr zerbrechlich sind, woraus sich ihr beschränkter Gebrauch erklären lässt.
Ich gebrauche deshalb ein Stethoskop, das, ohne so zerbrechlich zu
sein, die Möglichkeit einer leichten und bequemen Sterilisation sichert.
Es stellt ein Glasrohr dar, welches gleichzeitig mit dem Waschen der
Hände leicht mit Wasser und Seife, mit SubUraat-, Carboisäurelösung und
dergleichen abgewaschen werden kann; ausserdem kann das verunreinigte
Ende desselben und sogar das ganze Stethoskop direkt flambirt werden.
Es steUt ein dickwandiges Rohr dar; sein Durchmesser beträgt etwa 1 cm,
der Durchmesser des Lumens 4 mm, die Länge 20 cm, an einem Ende
erweitert es sich zu einem kleinen Trichter — 2 cm im Durchmesser-
dm gennge Breite dieses Endes gestattet eine genauere Lokalisation bei
der Auscultation, was in der Kinderpraxis besonders wünschenswerte ist.
Däs andere Ende des Rohres geht, nach einer Riefe, in eine kugelig
etwas comsche Erweiterung über, welche, wie bei den Stethoskopen von
Miemeyer und Voltolini, in den Gehörgang eingelegt wird.
, tvl 6 * es d 9 - 9 Stethoskop so anzulegen, dass es sich in
der Richtung des Gehörganges befindet. Die dazu gehörige Lage des
Kopfes wird erkannt ander Verbesserung des Tones bei einer bestimmten
Wendung des Kopfes, namentlich bei Abwendung des Gesichtes von der
zu untersuchenden Person. Dieses Stethoskop scheint mir nicht nur im
Smne der Forderungen der Antisepsis, sondern auch im acustischen
Sinne befriedigend zu sein. Bei der Prüfung desselben in der Klinik des
Herrn Prof. Trütschel (Kiew) verglichen es die Untersuchenden mit
den Stethoskopen, an welche sich ein jeder von ihnen gewöhnt hatte, und
der allgemeine Ausspruch war der, dass es in acustischer Beziehung
anderen Stethoskopen gar nicht nachstehe und, nach Meinung mehrerer,
dieselben sogar übertreffe. Die Reinheit der Töne und Geräusche wird
zum Theil durch die Verringerung anderweitiger Geräusche bedingt,
welche bei den Stethoskopen mit einer Muschel unvermeidlich sind.
Was die Zerbrechlichkeit anbelangt, so wird dieselbe sehr beträcht-
hch dadurch vemngert, dass das Stethoskop ein dickwandiges Rohr dar¬
stellt; es ist mir einige male vorgekommen, dass es aus einer Höhe von
etwa 1— 1*/2 m herabfiel; trotzdem blieb es unversehrt.
X. Zur Organisation der medicinischen
Fachpresse.
Unter dem unmittelbaren Eindruck der Missverhältnisse, wie sie auf
dem. letzten internationalen medicinischön Congress in mannichfacher
Hinsicht sich fühlbar machten, ist in der medicinischen Fachpresse das
lebhafte Verlangen nach einem engeren Zusammenschluss der Einzel¬
organe erwacht. Die durch Vermehrung der officiellen Congresssprachen
und durch das ungeheure Vortragsmaterial erhöhte Schwierigkeit der
Berichterstattung, der Mangel jeglichen Einflusses der Presse auf die
Dispositionen, welche vor und während des Congresses getroffen werden, die
Aschenbrödelstellung der Presse bei den ganzen Arrangements der Congress-
leitung, alle diese und andere Uebelstände, welche, schon auf früheren
Congressen nicht vermieden, auf dem römischen Congress ihren Höhe¬
punkt erreichten, haben dio Nothwendigkeit einer umfassenden Organi¬
sation der medicinischen Presse zur Verbesserung ihrer Stellung in
vollstem Maasse begründet. Das Bedürfniss nach einer Reform ist bereits
in Rom selbst durch zwei Vorschläge zum Ausdruck gelangt. Der eine
derselben, von Dobrzycki, dem Redacteur der Medycyna(Warschau), in
der Schlusssitzung des CongresseS zur allgemeinen Kenntniss gebracht,
zielte dahin, auf zukünftigen internationalen medicinischen Congressen
eine besondere Section der Fachpresse zu gründen, in der die Interessen
derselben durch einheitliche Arbeit nachdrücklicher als bisher verfolgt
werden könnten. Das andere Project, von mehr privatem Charakter, auf¬
gestellt durch Baudouin (Paris) in Gemeinschaft mit Posner (Berlin),
erstreckte sich auf die Gründung einer internationalen Pressvereinigung
zum Zwecke schnellerer und umfassenderer Berichterstattung über die
Congressverhandlungen.
Der Dobrzycki’sche Plan ist zu einer näheren Besprechung in der
Presse bisher • nicht gelangt, weil der Autor desselben anscheinend eine
persönliche Antheilnahme der Fachzeitungen an der aufgeworfenen Frage
vorläufig nicht für wünschenswerte erachtet. In der That würdo nach
der Intention Dobrzycki’s selbst eine weitere Verfolgung und Aus¬
führung seiner Ideen erst auf dem russischen internationalen Congress in
Betracht kommen.
Der Baudouin-Posner’sche Vorschlag ist dagegen bereits von
einem ad hoc erwählten Subcomite der Association de la presse mddicale
fran<jaise (s. No. 22 dieser Wochenschrift S. 474) nach eingehenden Be¬
rathungen in bestimmte Formen gebracht, und der paragraphirte, folge¬
richtig gegliederte, wenn auch nur provisorische Entwurf, der die volle
Anerkennung der genannten Association gefunden hat, ist uns in jüngster
Zeit von Herrn Baudouin, dem allezeit rührigen und gewandten Secretär
des Progtes ntedical und Generalsecretär der Association, zur Discussion
übersandt worden.
Der hauptsächlichste Inhalt dieses Programms lässt sich in kurzen
Worten folgendermaassen zusammenfassen.
Ein internationales Comite der medicinischen Presse wird gegründet,
um den Functionen und dem Dienst der Presse auf den zukünftigen inter¬
nationalen medicinischen Congressen eino sichere Grundlage zu geben.
Das Comite setzt sich aus zwei Repräsentanten der medicinischen Presse
jedes Landes zusammen. Das Comite constituirt sich auf jedem Congress
in der Stadt, in welcher der Congress abgehalten wird. Für die Sitzungen
und für die Arbeiten des Comites im allgemeinen giebt es drei officiello
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch. Bei Beginn jedes Congresses
wählt das Comite ein Bureau, bestehend aus einem Präsidenten und Vize¬
präsidenten, drei Titulnrsecretüren, drei Beigeordnetensecretüren. Die
Titularsccretäre haben die Aufgabe, den Pressedienst auf dem Congress
nach bestimmten Regeln zu organisiren. Und zwar ist dieser Pressedienst
folgendermaassen gedacht. Jeder Section des Congresses werden drei
Redacteursecretäre, je einer für eine officielle Comitesprachc, zugethcilt.
Jeder dieser Secretäre muss allen Sitzungen seiner Section beiwohnen und
Abends vor 7 Uhr im Centralbureau der Presse ein Resurne aller Mitthei¬
lungen, die in seiner Section gemacht worden sind, für den alsbald erfolgenden
Druck der Verhandlungen niederlegen. Wenn mögfich, soU der Redacteur-
secretär Auszüge aus den Vorträgen originafiter von den Rednern schon
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Original fro-m
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
vor der Sitzung zu .erlangon suchen, wenn nicht, so muss er selbst ein
Referat ;des Vortrags anfertigen, — Jeder Redacteursecretär erhält pro
Sectionssitznng 20 Mark (25 francys, 1 Pfund Sterling). Für diese und
die anderen Ausgaben des Oomitös (für den Druck des Berichts etc. etc.)
Sßllen die Mittel von denjenigen Journalen aufgebracht werden, welche
auf ein (gedrucktes) Exemplar- des (in der kurz angedeuteten Weise her-
gestellten) Congressberichts abonniren; und zwar hat jeder Abonnent für
meinen Gesammtbericht über alle Congressverhandlungen (adhdsion com-
.pj&te) 120 Mark,, für einen Bericht über die Sitzungen einer Section
(adhdsion partielle) 40 Mark, zu bezahlen, Mit Rücksicht auf die Unkosten
des Comitös kann an eine Verwirklichung des ganzen Projects nur ge¬
dacht werden, wenn mindestens 100 Abonnenten des Gesammtberichts
(adhesions compl&tes) sich zusammenfinden.
Es würde uns zu weit führen, an dieser Stelle auf die einzelnen
Punkte des mit grosser Sorgfalt und Accuratesse ausgearbeiteten Pro¬
gramms näher einzugehen. Eine speziellere Erörterung können wir uns um
so eher versagen, als auch die Redaction der Berliner klinischen Wochen¬
schrift (No. 29) es für nqthwendig hält, „den Entwurf in einer ad hoc zu¬
sammenzuberufenden Versammlung auf dem nächsten Congress nochmals
durchzuberathen und dann .erst das Provisorium in das Definitivum über¬
zuführen“. Um aber hier wenigstens principiell zu den vorliegenden Be¬
strebungen Stellung zu nehmen, wollen wir gestehen, dass wir den
Wirkungskreis, der dem internationalen Presscomite durch die französischen
Collegen gezogen worden ist,, als zu eng begrenzt ansehen. Unserer
Meinung nach ist dio Aufgabe einer derartigen Pressvereinigung, wenn sie
einmal ins Lehen getreten ist, mit der Intention, sich und den Lesern
ihrer Blätter den Congressbericht möglichst schnell und vollständig zu-
gänglrch* zu' machen,. jiipht erschöpft.' Wir halten es nicht nur für ein
gutes Recht, sondern sogar für eine unleugbare Pflicht der Presse, einen
bestimmenden Einfluss auf die wesentlichsten Punkte des für den je¬
weiligen Congress voip Executivcomite aufgestellten Hauptprogramms zu
„gewinnen, um den in letzter Zeit so häufig hervortretenden Fehlern der
gesamm.ten Congressorganisation von. vornherein zu steuern. Min¬
destens ebenso viel wie eine schnelle Berichterstattung gelten den Con-
gressbesuchern eine zweckmässige Verkeilung des Vortragsmaterials, eine
geeignete Anordnung der einzelnen Ritzungen, eine gerechte Berück¬
sichtigung aller Vortragenden, ein zuverlässiges Programm der Tages¬
arbeiten, ein geregelter Dienst in den Congressbureaus u. s. w. — alles
Dinge, in denen bekanntlich sehr oft arg gesündigt worden ist und
.für die auch, soweit wir sehen, in der nächsten Zukunft eine durch¬
greifende Remedur noch nicht geschaffen worden ist. Aus allen diesen
Aufgaben nur die in dem obigen Programm gekennzeichnete heraus¬
greifen, das könnte dem projectirten Presscomite den Vorwurf particu-
laristischer Interesseppolitik eintragen.
.... Damit aber die medicinische Presse die Möglichkeit gewinnt, bei
internationalen Maassnahmen das Schwergewicht ihres durch ein Comite
zum. Ausdruck gebrachten Collectivurthefls in die Waagschale zu werfen,
ist es unserer Meinung nach nothw^endig, dass die Mitglieder der Presse
zu allererst in nationalen Verbänden sich vereinigen und fest Zusammen¬
schlüssen. ^ In diesem Sinne kommen wir nochmals auf unseren Aufruf
zur Organisation der medicinischen Presse innerhalb der Grenzen des
deutschen Sprachgebiets (s. diese Wochenschr. Nr. 22) zurück und verweisen
hier namentlich auf den in dem Aufruf ausgesprochenen Satz: „Insbesondere
würde dem Ausschuss (sc, der Vereinigung) auf Beschluss der versammel¬
ten Mitglieder die Pflicht obliegen, die Vereinigung bei dargebotener Ge-
logepheit, bei Gongressen und dergleichen officiell zurepräsentiren und
ZU diesem Zweck auch im Namen und Aufträge des Vereins mit den ent¬
sprechenden ausländischen Associationen l ) sowie mit Staats- und sonstigen
Behöben,. Congress Vorständen u. s. >v. in Verhandlung zu treten“
. Line derartig umfassende Aufgabe, weit hinausgehend über das Ar-
beitsgebiet des projectirten „Comite international de la presse mödicale“,
zu erfüllen, seine Kräfte einzusetzen nicht nur für einige Sonderinteressen,
sondern für die gerechten Bedürfnisse der Allgemeinheit, das wäre ein
ihr die deutsche niedicinische Journalistik erstrebenswertes Ziel. Wir
geben uns der Hoffnung hin, dass die ersten Grundlagen der von uns
vorgeschlagenen Organisation in nächster Zukunft schon geschaffen wer-
den können. Die leblmften Syiupathieerkliüungen, die uns privatim wie
öffentlich nicht allein von der Presse unseres engeren Vaterlandes, son¬
dern auch yon derjenigen Oestorreich-Ungarns (Wiener med. Presse,
Wiener ineii. Wochenschr., Prager med, Wochenschr.) und der Schweiz
(Gorrespondenzbl. f. Schweizer Aerzte) abgegeben worden sind, werden
A n W'«* des Redacteurs der Wiener medicinischen
N.Ä F °' ge , zu Ie l sten « nd auf der in Wien tagenden deutschen
S der F “hpresse unser Programm
zuj näheren Begutachtung zu unterbreiten. ®
Von PMWfIm Iten jdr Bitte um Abdruck folgende Erklärung:
L®' b i d . a “ s smd - m der lebten Zeit ohne Bezeichnung des
" n ° Ch - ? m ,° 60Dstl ®° Bemerkung Abzüge meiner Inaugural-
s*rf 3 ?arfÄ".r.: t äs
, w ^,. ? ur Orientirung der Leser bemerken besteht eine
il ALrika. m ‘' dlCmiSChen Pre9S6 I ’ icht nUr in Frankreich, ■ sondernluch
2. Die Abzüge, die im übrigen hinsichtlich der Form und des äusseron
Aussehens meinen Exemplaren ganz ähnlich sind, zeigen insofern Ab¬
weichungen vom Original, als in jenen alles, was für das Mittel recht
günstig lautet, mit gesperrter Schrift gedruckt ist.
Leider fehlt mir ein juristisches Mittel, die missbräuchliche Be¬
nutzung meines Namens und meiner Schrift zu ahnden, so dass ich ge-
nöthigt bin, auf diesem Wege das Verfahren des mir unbekannten Ab¬
senders (ich vermuthe die Elberfelder Fabrik) zur allgemeinen Kenntniss
zu bringen.
Dr. Otto Bakofen,
Volontärassistent an der Dr. Landau’schen Privat-Frauenklinik.
Berlin, den 1. August 1894.
XU. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Unser Mitarbeiter, Prof. E.v. Düring in Constantinopel,
ist zum Chefarzt der Abtheilung für Hautkrankheiten und Syphilis in
Haidar Pascha (Kleinasien) ernannt worden.
— Vorbereitung zum medicinischen Studium in Frank¬
reich. Das Unterrichtsministerium hat vor kurzem der Pariser medicini¬
schen Facultät die Frage zur Entscheidung vorgelegt, oh das durch Decret
vom 5. Juni 1891 festgesetzte neue Baccalaureatsexamen als genügende
Vorbereitung zum medicinischen Studium zu betrachten sei. Das durch eine
Commission von fünf Professoren und dem Rector repräsentirte Lehrcorps
der Facultät hat jetzt diese Frage nach sorgfältiger Prüfung des Programms,
dessen Cardinalpunkt bekanntlich die vollständige Unterdrückung des Stu¬
diums der classischen Sprachen ist, in verneinendem Sinne beantwortet. Der
Arzt, so lautet eine der hauptsächlichsten Begründungen des ablehnenden
Bescheides, sei sein ganzes Leben hindurch auf den Gebrauch einer
Terminologie angewiesen, die durchweg dem Lateinischen und Griechischen
entstamme, und wenn er sich auch mit der Zeit eine oberflächliche
Kenntniss dieser Ausdrücke aueignen könne, so bleibe es doch ein pein¬
liches Gefühl geistiger Inferiorität, sich beständig eines Handwerkszeuges
zu bedienen, dessen Ursprung man nicht kenne. Dieses Gefühl müsse
man im Interesse des Standesbewusstseins dem zukünftigen Arzte zu
ersparen suchen. Die Commission erklärte es ferner für unumgänglich
nöthig, dem Studium der alten Sprachen noch das einer modernen, und
zwar der deutschen, beizufügen. Bei dem gegenwärtigen Stande der
medicinischen Wissenschaft, die ihre wichtigsten Elemente aus allen
Theilen der Erde zusammentrage, müsse jeder Arzt ein wenig polyglott
sein. Was die Erweiterung des Programms der Naturwissenschaften be¬
trifft, so. hält die Commission dieselbe nicht für nöthig, da die beiden
ersten Semester des Studiums demselben ausschliesslich gewidmet seien.
Eine gründliche Vorbereitung der Mathematik sei ebenfalls nicht erforder¬
lich. D es cartes, das grösste mathematische Genie der Welt, habe
durch seine berühmt gewordene ungeheuerliche Interpretation der Ent¬
deckung Harvey’s von der Circulation des Blutes bewiesen, dass der
auf das Absolute gerichtete und durch das Studium abstracter Probleme
geschulte mathematische Geist darum doch noch kein besseres Ver¬
ständnis für die Lösung der vom Relativen abhängigen medicinischen
Frage besitze. „Mehr Latein und Deutsch!“ wird also von jetzt an die
Losung heissen. . (Hochschul-Nachrichten 1894, No. 46.)
— Aus dem Bericht über den Civilstand, die Todes¬
ursachen und die ansteckenden Krankheiten des Cantons
Basel-Stadf im Jahre 1892 ergiebt sich zunächst eine Anzahl von
1382 Todesfällen im Jahre, denen 2511 Geburten gegenüberstehen.
Von den lebendgeborenen Kindern waren 220, von den todtgeborenen
11 außereheliche. Die muthma&ssliche Bevölkerungszahl betrug in
der Mitte des Jahres 75668. Abgesehen von gewaltsam und plötz¬
lich und kurz nach der Geburt lebensschwach Verstorbenen fehlte
47 mal bei Kindern, 19 mal bei Erwachsenen ärztliche Hülfe.
441 Leichen wurden geöffnet. 158 Menschen erlagen Erkrankungon der
Athmungswerkzeuge, 2,5 von 1000 Gebärenden dem Puerperalfieber,
274 tuberkulösen Affectionen der verschiedenen Organe, davon 138 der
Lungentuberkulose. 34 Personen starben infolge oder unter Mitwirkung
von Alkoholismus, 82 an ansteckenden Krankheiten (von 1316 Erkrankten).
Die Zahl der an Diphtherie Erkrankten (181 mit 26 Todesfällen) ist gegen¬
über den an Keuchhusten Erkrankten relativ gering (309 bezw. 16).
— Universitäten. Halle. Prof. e. o. Dr. v. Mering, Director
der medicinischen Poliklinik, ist zum ordentlichen Professor ernannt.
Dem Privatdocenten Dr. v. Herff ist das Prädikat Professor verliehen.
— ?.°. nn * Dr. A. Schmidt hat sich als Privatdocent für innere Medicin
habilitirt. — Göttingen. Dr. Boruttau, Assistent am physiologischen
Institut, hat sich als Privatdocent habilitirt. — Würz bürg. Dr. M.
Heidenhain, Prosector am anatomischen Institut, hat sich als Pnvat-
docont habilitirt. — München. Dr. J. B ran dl, Assistent am pharma¬
kologischen Institut, hat sich als Privatdocent habilitirt. — Genf. Br*
E. Guder hat sich als Privatdocent für Laryngologie und Rhinologie
habilitirt. — Turin. Der Professor der vergleichenden Anatomie und
Director des zoologischen Instituts M. Le sonn a ist gestorben. — Neapel.
Als Privatdocenten haben sich habilitirt: Dr. G. Tria für medicinische
Pathologie, Dr. V. Vitone für Materia medica und Therapie. — Mont¬
pellier. Dr. H6don, professeur agr6g6, ist zum Professor der Physio¬
logie ernannt. — Glasgow. Dr. Joseph Coats ist zum Professor der
Pathologie an der Universität Glasgow ernannt. —• Stockholm. Der
Professor der Pharmakologie O. Th. Sandahl ist gestorben. — Kiew.
Dr. K. M. Leplinski, Privatdocent in Charkow, hat sich als Privat¬
docent für Neurologie und Psychiatrie habilitirt.
Gedrückt bei Julius Uonfold ln Berlin W.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet yon Dr. Pani Börner,
Zwanzigster Jahrgang.
ßedaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin.
Lichtenstelnallee 3. Potadamentr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnigstr. 3L
I. Aus der psychiatrischen Universitätsklinik in Jena.
Zur diagnostischen
Bedeutung des AchillessehnenpMnomens.
Von Prof. Dr. Th. Ziehen in Jena.
In zwei früheren Arbeiten 1 ) habe ich die diagnostische Be¬
deutung des Fehlens des Kniephänomens und seiner Steigerung
eingehend an der Hand des Materials der hiesigen Klinik be¬
sprochen. ln der zweiten dieser Arbeiten ist bereits auch die
diagnostische Bedeutung des Fussklonus erörtert worden. Er¬
fahrungen über das Verhalten des Achillessehnenphänomens hatte
ich damals noch nicht in genügender Zahl sammeln können, um
auch bezüglich dieses Sehnenphänomens zu bindenden Schlüssen
zu gelangen. Ich habe seitdem systematisch diese Untersuchungen
bei allen überhaupt zur Untersuchung gelangenden Fällen fortge¬
setzt und verfüge jetzt über ca. 1900 Fälle. Die bis jetzt in der
Litteratur vorliegenden Angaben über die physiologische Ent¬
stehung und diagnostische Bedeutung des Achillessehnenphänomens
sind ungemein spärlich und zerstreut. Aus den Untersuchungen
Sternberg’s 2 ) ergiebt sich, dass die auf Beklopfung der Achilles¬
sehnen eintretende Contraction sich nicht auf den Gastroknemius
beschränkt, sondern regelmässig auch den Soleus und Plantaris
miteinbegreift. Wie das Kniephänomen nur dann zu erzielen ist,
wenn die 2.—4. Lumbarwurzel intact sind, so ist nach Gowers 8 )
Unversehrtheit der 1. SacralWurzel für das Zustandekommen des
Achillessehnenphänomens unerlässlich. Nach Allen Starr würde
das Centrum des letzteren im Bereich des 8.—5. Sacralnerven ge¬
legen sein. Hiermit stimmen die anatomischen Daten gut über¬
ein. So fand Paterson, 4 ) dass die motorischen Fasern für den
Soleus und Gastroknemius in der 5. Lumbar- und in der 1. und
2. Sacralwurzel enthalten sind. Ueber das Wesen des Achilles¬
sehnenphänomens ist ein ganz ähnlicher Streit entbrannt, wie über
dasjenige des Kniephänomens. Bald wurde das Achillessehnen¬
phänomen als einfacher Reflex gedeutet, bald als eine idiomuskuläre
Contraction, für welche ein reflectorisch bedingter Tonus des
Gastroknemius conditio sine qua non sei, bald als ein myostatisches
Phänomen, welches direkt im Muskel entstehe, aber von einem
durch die bei der Percussion erfolgende Dehnung des Muskels
ausgelösten Reflex abhängig sei. Gegen die einfache Reflextheorie
lässt sich namentlich einwenden, dass die Zeit der latenten Reizung
für einen gewöhnlichen Reflex zu klein ist (Gowers, 6 ) Eulen¬
burg, 6 ) Waller, 7 ) de WaCteville 8 ). Auch die Ausführungen
Sternberg’s in seiner ausgezeichneten Monographie über die
0 Pie diagnostische Bedeutung des Fehlens des Knieph&nomens.
Corresp. Bl. d. AÜg. ärztl. Vereins v. Thür. 1887. No. 11 u. Die diagnosti¬
sche Bedeutung der Steigerung des Knieph&nomens und des Fussklonus.
Ebenda 1889, No. 1.
*) Hemmung, Ermüdung und Bahnung der Sehnenreflexe hn Rücken¬
mark. Sitzungsbericht der kais. Akademie der Wissensch. in Wien 1891,
Bd. 100, Abth. 3.
^ Gowers, The diagnosis of diseases of the spinal cord. London
1880, S. 24. Nach Westphal würde das spinale Centrum des Knie¬
ph&nomens bis in das untere Dorsalmark reichen.
4 ) Origin and distribution of the nerves to the lower limb. Joum.
of Anat. and Physiol. V, 28.
5 ) Med.-chir. Transactions 1879.
5 Neurolog. Central«. 1882, No. 1 u. 14.
1 Lancet, 1881; Brain Vol. 3, 11 u. 15.
®) Brit. med. Journ. 1882 und Centralbl. f. Nervenheilk. 1886.
Sehnenphänome scheinen mir für die einfach reflectorische Natur
des Achillessehnenphänomens wie des Kniephänomens noch nicht
beweisend. Die sogenannte Tonustheorie ist durchaus nicht, wie
Sternberg 1 ) anzunehmen scheint, gezwungen, den Tonus der
Achillessehne bezw. des Gastroknemius ausschliesslich auf dio
Hautnerven des Beins zurückzuführen, es ist vielmehr wahr¬
scheinlich, dass der in Rede stehende Tonus auch von den sen¬
siblen Muskelnerven und Sehnennerven des Gastroknemius selbst
und seiner Sehnen, sowie eventuell auch von den sensiblen Haut-
und Muskelnerven anderer Korpertheile, namentlich des gekreuzten
Beines, in einer für das Zustandekommen des Phänomens aus¬
reichenden Weise unterhalten werden kann. 2 ) Ich möchte daher
glauben, dass vorläufig zwischen den oben angeführten drei Theo-
rieen bezw. des Wesens des Achillessehnenphänomens noch nicht
sicher entschieden werden kann. Für die diagnostische Bedeutung
des Achillessehnenphänomens ist dies übrigens von geringerem
Belang, für diese ist nur die unzweifelhafte, von keiner der drei
Theorieen geleugnete Thatsache wichtig, dass das Zustandekommen
des Phänomens überhaupt an die Intactheit eines bestimmten
Reflexbogens gebunden ist.
Bezüglich des Vorhandenseins des Achillessehnenphänomens
bei den Gesunden sind die früheren Angaben sehr widerspruchs¬
voll. So giebt Eulenburg 3 ) an, dasselbe komme nur bei 20°/o
aller Gesunden vor, während Berger 4 ) angiebt, es fehle selten.
Sternberg schliesst sich in seiner Monographie der Berger’sehen
Angabe an.
Fehlen der Achillessehnenphänomene ist schon öfter beobachtet
worden. So ist bekannt, dass präagonal nicht selten Achilles¬
sehnenphänomen und Kniephänomen verschwinden. Desgleichen
ist unzweifelhaft bei schwerer Kachexie, sowie bei hohem Fieber
eine Herabsetzung der Achillessehnenphänomene wie der übrigen
Sehnenphänomene sehr häufig. Desgleichen hat man schon oft
bei organischen,' peripherischen Nervenerkrankungen das Achilles¬
sehnenphänomen vermisst, so namentlich bei der multiplen Neu¬
ritis. Neuerdings hat Sternberg auch bei der Ischias öfter ein
Fehlen des Achillessehnenphänomens beobachtet und in diesem
Fehlen mit Recht einen weiteren Beweis dafür gesehen, dass die
Ischias meist keine functioneile Neuralgie, sondern eine echte Neu¬
ritis ist. Desgleichen hat man bei Vorderhornerkrankungen so¬
wie bei Hinterstrangserkrankungen des Rückenmarks öfter neben
dem Westphal’sehen Zeichen auch Fehlen des Achillessehnen¬
phänomens beobachtet. Endlich ist bei Heerderkrankungen des
Grosshirns auf der gelähmten Körperhälfte gelegentlich nicht nur
Fehlen des Kniephänomens, sondern auch Fehlen des Achilles-
») Die Sehnenreflexe und ihre Bedeutung für die Pathologie des Ner¬
vensystems. Leipzig und Wien 1893. . .
*) Dr. Weinberg hat neuerdings in einer unter meiner Leitung
angestellten Arbeit den von mir zuerst angegebenen Versuch — Cocaini-
afrung des M. quadriceps bezw. gastroknemius —• in der yon Sternberg
durchgeführten Modification wiederholt. Dabei ergab sich in der Thal
in Uebereinstimraung mit der Angabe Sternberg’s, dass in dem
Schenkel, an welchem die Cocaineinspritzung in die Arterie gemacht
worden ist, das Sehnenphänomen rascher erlischt als m dem anderen
Schenkel, an welchem die Arterie lediglich unterbunden worden ist. Lio
sog. Tonustheorie wird hierdurch nicht widerlegt: sie braucht nur anzu-
nehmen, dass an dem Zustandekommen des reflectonschen lonus aacU
die sensiblen Quadriceps- bezw. Gastroknemiusnerven wesentlich oe-
theiligt sind.
-q Neurolog Centralbl. 1882, S. 313.
«) Ueber Sehnenreflexe. Centralbl. f. Nervenheilk.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
654:.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33
sehnenphänomens, statt der sonst viel häufigeren Steigerung
beider Sehnenphänomene constatirt worden. Die meisten ein¬
schlägigen Fälle betreffen Hirntumoren (vgl. z. B. Beobachtung XII
in der Monographie Sternberg’s). Bei grösseren Tumoren und
namentlich sub finem vitae kommt doppelseitiges Fehlen zur Be¬
obachtung. Eine umfassende statistische Untersuchung Ober
das Fehlen des Achillessehnenphänomens bei den Erkrankungen
des Nervensystems steht noch ganz und gar aus. Die Aufmörk-
san^keit der meisten Autoren war ausschliesslich oder, ganz vor¬
wiegend dem sogenannten Kniephänomen zugewendet.
Etwas mehr Beachtung hat die Steigerung des Achilles¬
sehnenphänomens gefunden, insofern sie sich in dem sog. Fuss-
klonus oder Fussphänomen ausdrückt. 1 ) Auf die einschlägigen
Litteraturangaben wird unten zurückzukommen sein. . *
Meine eigenen Untersuchungen sind an dem Material der hie¬
sigen psychiatrischen Klinik während der letzten sieben Jahre an¬
gestellt. Für die Ueberlassung desselben bin ich Herrn Professor
Binswanger zu grossem Dank verpflichtet. Principiell habe ich
nur solche Fälle verwerthet, welche ich selbst untersucht habe;
denn nur bei einer völlig gleichmässigen Untersuchung ist eine
exacte procentische Vergleichung der gefundenen Zahlen statthaft.
Die erste Untersuchung fand stets im Bett statt. Die Methode
war folgende: ich hob das Bein von der Bettunterlage ab, so dass
eine Flexion von ca. 40—50 u im Hüftgelenk zu Stande kam, dann
wurde eine Flexion von ca. 90° im Kniegelenk von mir ausgeführt
und schliesslich der Fuss leicht dorsalflectirt. Streng wurde dar¬
auf gesehen, dass alle dieso Bewegungen rein passiv waren oder
dass der Kranke, wenn er bei den passiven Bewegungen doch
activ mitinnervirt hatte, nachträglich die Beinmuskeln erschlaffte.
Insbesondere kommt sehr viel auf völlige Erschlaffung des M. tibia-
lis anticus an. Man kann die letztere leicht controlliren, indem
man die Sehne auf dem Fussrticken befühlt, während bezw. bevor
man mit dem Hammer den Schlag ausführt. Blieb bei dieser
Prüfungsmethode das Phänomen aus, so wurden die verschieden¬
sten Kunstgriffe angewandt, um dasselbe doch noch zu erzielen.
Mitunter genügt es schon, die Percussionsstelle etwas höher oben
oder tiefer unten, etwas weiter medialwärts oder etwas weiter
lateralwärts zu wählen, um das Phänomen deutlich zu erhalten.
Auch ist es in manchen Fällen nicht gleichgültig, ob man den
Schlag von der medialen oder von der lateralen Seite her ausführt
(auch bei Wahl der gleichen Stelle!). Reichte diese Variation des
Percussionsschlages nicht aus und war speciell auch alle Ablenkung
der Aufmerksamkeit vergeblich, so wurde der bekannte Jendrassik-
sche Kunstgriff angewandt, d. h. es wurde dem Kranken aufge¬
geben, während der Ausführung des Schlages die Hände fest zu
verschränken oder beide Fäuste zu ballen oder die Zähne aufein¬
ander zu beissen. Führte auch dies nicht zum Ziel, so wurde der
S ehr ei ber’sche Kunstgriff (Application energischer Hautreize auf-
die unteren Extremitäten, z. B. Frottiren) zu Hülfe gezogen. Seit¬
dem mir die Sternberg’sche Publication bekannt geworden ist,
habe ich auch die steigernde Wirkung des kalten Bades auf die
Sehnenphänomene verwerthet. Einen Fall, wo alle anderen Mittel
versagt hätten und das kalte Bad allein imstande gewesen wäre,
das Achillessehnenphänomen nachweisbar zu machen, habe ich
allerdings noch nicht beobachtet. Sehr wichtig ist es endlich, sich
nicht auf eine einmalige Prüfung zu beschränken; namentlich kann
nrtan mit der Annahme einer halbseitigen Differenz der Sehnen¬
phänomene nicht vorsichtig genug sein. Eine solche wurde von mir
daher auch nur dann verwerthet, wenn sie sich bei wiederholten
Prüfungen als constant erwiesen hatte. Auch in Fällen, wo
bei der ersten Untersuchung auf keinem Wege das Achillessehnen¬
oder Kniephänomen zu erzielen war, gelingt es bei wiederholten
Untersuchungen zuweilen doch noch, eine schwache Contraction zu
erhalten. — In allen Fällen wurde ferner in der üblichen Weise
auf Fussclonus durch brüske passive Dorsalflexion des Fusses ge-
Prtft. Endlich wurden die übrigen Sehnenphänomene (Kniephänomen
und Anconeussehnenphänomen), sowie die Hautreflexe untersucht.
Auch der sogenannten idiomuskulären Erregbarkeit wurde stets be¬
sondere Beachtung geschenkt. Wenn der Verlust des Achüles-
sehnenphänomens mit einer Atrophie der Unterschenkelmuskulatur
verknüpft war, so wurde regelmässig auch eine galvanische und
laradische Untersuchung der letzteren torgenommen.
Um zunächst einen Ueberblick über das Vorkommen von Stö¬
rungen ^des Achillessehnenphänomens zu geben, habe ich alle Fälle
m welchen .soiche voriagen, in 2 Tabellen übersichtlich zusammen-
Die Tabelle 1 umfasst die männlichen, die Tabelle 2 die
Veiblichen_Indiyiduen : Jede Horizontalreihe entspricht einer be¬
stimmten Psychose, jede Vertikalreihe einer bestimmten Störung
1 . 1 ') ^xcessive Steigerung des Achillessehnenphänomens ohne Fuss-
selfce °^ Fussklonus ohne deutliche Steigerung des
Achillessehnenphänomens habe ich überhaupt nur zweimal beobachtet.
des Achillessehnenphänomens. - Die Eintheilung der Störungen des
letzteren bedarf einer kurzen Erläuterung. Es sei zunächst besonders
bemerkt, dass einzelne Fälle bei der gewählten Eintheilung in zwei
Verticalspalten, also doppelt erscheinen. So wird z. B. ein Fall, in
welchem links Fussklonus und rechts Abschwächung des Achilles-
selinenphänomens beobäcljteil worden ist, sowohl ~m der Spalte 4,
wie in der Spalte 6 auftreten. Ebenso ist in Fällen, wo beiderseits
Fussclonus, aber in verschiedener Intensität constatirt worden ist,
die Eintragung sowohl in Spalte 5 wie in Spalte 8 erfolgt. Hin¬
gegen sind Fälle, wo lediglich einseitiger Verlust oder einseitige
Abschwächung des Achillessehnenphänomens oder einseitiger Fuss¬
klonus vorlag, nur in der bezüglichen* Rubrik, nicht auch in der
8. Spalte („ungleich“) eingetragen worden, da die Ungleichheit hier
schon in der Uebersclirift der einen Spalte ausgedrückt ist. Ab¬
schwächung des Achillessehnenphänomens wurde überhaupt nur
dann aufgenommen, wenn sie sehr deutlich ausgesprochen war.
Die einfache Steigerung des Achillessehnenphänomens habe ich
mit gutem Grunde völlig weggelassen. Eine scharfe Grenze,
jenseits welcher etwa jede Steigerung als pathologisch anzusehen
wäre, lässt sich nicht ziehen, und in denjenigen Fällen, wo die
Steigerung unzweifelhaft einen pathologischen Grad erreicht hat,
ist der Fussklonus ein viel klareres, brauchbareres Zeichen 1 ). Die¬
jenigen Fälle, in welchen das Achillessehnenphänomen nur mit
Hülfe irgend eines Kunstgriffs, z. B. des Jendrassik’schen zu
erzielen war, sind in der Spalte 3 bezw. 4 eingetragen worden.
Tabelle 1; Mäüner.
Krankheit
Beiderseits
erloschen
Einseitig
erloschen
Beiderseits
schwach |
Einseitig . 1
schwach |
Fussklonus bei¬
derseits deutlich
Fussklonus
angedeutet*)
iS
‘3
!§
.«j?
fl
© g
ö 2
P*
Summe ||
a) Dementia paralytica . .
44
10
9
3
23
. 6
7
28
130')
b) Dementia senilis . . .
2
2
3
1
1
1
1
3
14
c) Dementia secundaria
0
0
2
0
1
0
0
0
3
d) Lues cerebri ....
4
0
1
1
2
0
1
2
11
e) AngeborenerSchwachsinn
1
1
2
0
7
4
0
4
19
f) Epileptische Psychosen.
0
0
1
0
5
3
1
2
12
g) Hysterische Psychosen .
chosen.
0
0
0
0
2
0
3
1
6
2
6
9
2
2
5
1
6
33
i) Manie, Melancholie, Para¬
noia, Stupidität . . .
3
1
3
0
11
10
4
2
34
k) Neurasthenie ....
0
1
1
1
2
11
3
1
20
1) Commotio spin. et cerebr.
0
0
1
1
3
0
1
1
7
Tabelle 2. Frauen.
Krankheit
Beiderseits
erloschen
Einseitig
erloschen
Beiderseits
schwach
Einseitig
schwach
Fussklonus bei¬
derseits deutlich
Fussklonus
angedeutet
fj-S
sg
i 10
3 *
!*
Ungleich- ||
heiten i|
S
m
a) Dementia paralytica . .
5
0
;1
0
5
0
1
1
13
b) Dementia senilis . , .
1
1,
5
0
8
1
0
5
16
c) Dementia secundaria
0
0
0
0
• 2
1
0
0
3
d) Lues cerebri . . . .
0
1
0
0
0
0
0
0
1
e) AngeborenerSchwachsinn
4
1
9
1
2
0
2
0
19
f) Epileptische Psychosen.
.0
0
2
0
4
1
3
2
12
g) Hysterische Psychosen .
1
0
1
0
3
i
3
6*
15
h) Manie, Melancholie, Para¬
noia, Stupidität . . .'
1
4
21
2
11
•7
• ä-l
7
55
k) Neurasthenie <. . . v.
0:
Q:
0
1
1
3
0
1
1 5
Insgesammt fand ich bei 296 Männern und bei 156 Frauen
irgend eine der in der Tabelle angeführten Anomälieen. In der
Tabelle sind einige Fälle weggelassen worden, so zunächst alle
Fälle von Embolie, Thrombose oder Hämorrhagie im Bereich der
inneren Kapsel: ich könnte hier nur die längst bekannte Thatsache
bestätigen, dass nach sehr schweren Insulten zunächst zuweilen das
Achillessehnenphänomen fehlt und dass dann allmählich, bei leich¬
teren Insulten sofort, eine Steigerung des Achillessehnenphänomens
sich einstellt, welche auf der gekreuzten, d; h. auf. der gelähmten
‘) Die Beziehung des Fussklonus zu den Sehnenphänomenen ist mit
Unrecht bestritten worden. Fussklonus ohne Steigerung des Achilles¬
sehnenphänomens kommt überhaupt nicht vor; und andererseits ist bei
starker Steigerung des Achillessehnenphänomens fast stets auch Fuss¬
klonus zu erzielen. Die von de Fleury und Delom-Sorbe angezogenen
Argumente für eine Verschiedenheit des Fussklonus und der Sehnenpba-
nomene sind neuerdings von Sternberg entkräftet worden.
a ) Einerlei, ob einseitig oder doppelseitig. . ,
*) Sowohl Ungleichheiten eines etwaigen Fussklonus wie Ungleicn-
heiten in der Intensität des Achillessehnenphänomens sind hier einge¬
tragen.
4 ) Diese Anomälieen vertheilen sich auf 101 Fälle.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
16. August.
DEUTSCHE MEDICINISOHE WOCHENSCHRIFT.
655
Seite Überwiegt. Ueber das Auftreten des primären und ßecuudären
Fussklonus in solchen Fällen habe ich in meiner früheren Arbeit
bereits ausführlich gesprochen 1 ). Fortgeblieben ist ferner aus der
Tabelle ein Fall, welcher für die Localisation des Reflexcentrums
des Achillessehnenphänomens nieht ohne Interesse ist. Es handelt
sich um einen 52jährigen chronischen Paranoiker, welcher in einem
plötzlichen Angstanfall aus einem Fehster des ersten' Stockwerkes
sprang. Es wurde sofort eine totale sensible und motorische
Paraplegie der Beine constatirt. Der Kranke ging sechs Wochen
später an Cystitis zugrunde. Die Seetion ergab eine Fraetur des
ersten Lendenwirbels und Quetschung des Rückenmarks an der
entsprechenden Stelle. Dieser Befund widerspricht der oben an¬
geführten Angabe von Gowers, wonach die erste Saeralwurzel
für das Zustandekommen des Achillessehnenphänomens entscheidende
Bedeutung hat, nicht, da bei solchen Quetschungen erfahrungs-
gemäss Hemmungswirkungen nicht selten sind und da in Anbetracht
des stark absteigenden Verlaufes der unteren Rückenmarks wurzeln
der Eintritt der ersten Saeralwurzel in das Rückenmark in der
Höhe des zweiten Lumbarwirbels, also Unmittelbar unterhalb der
Verletzung gelegen ist. Auf eine unmittelbare Läsion des Reflex¬
centrums bezw. der zugehörigen Spinalwurzel war wohl auch in
einem anderen Fall traumatischer Wirbelluxation mit Parese des
linken Beins. die Abschwächung des linksseitigen Kniephänomens
und Achillessehnenphänomens zurückzuführen. In einem Fall
schwerer corticaler Läsion im Bereich des linken Scheitelbeins
waren die Sehnenphänomene der paretischen rechten Körperhälfte
sämmtlieh gesteigert (Kniephänomen, Anconeussehnenphänomen und
Achillessehnenphänomen). In einem Fall einseitiger Basisfractur
war gekreuzter, in einem Fall doppelseitiger Basisfractur doppel¬
seitiger Fussklonus zu constatiren. Bei Hirntumoren waren die
Achillessehnenphänomene ebenso wie die Kniephänomene zuweilen
unverändert. In einem Falle einseitigen Tumors des Schläfen¬
lappens fand ich gekreuzten Fussklonus, in einem anderen Fall, in
welchem die Lokalisation der Geschwulst sehr ähnlich war, waren
beide Achillessehnenphänomene abgeschwächt. In einem Fall von
Geschwulstbildung im Bereich des vorderen horizontalen Astes der
Sylvischen Furche war das gekreuzte Achillessehnenphänomen ge¬
steigert. In drei Fällen multipler Sklerose fiel die Ungleichheit
der Steigerung des Achillessehnenphänomens bezw. das halbseitige
Ueberwiegen des Fussklonus auf. Endlich sind aus der obigen
Tabelle auch alle Fälle von spinalen Vorderhornerkrankungen, so¬
wie von multipler Neuritis weggeblieben, da einerseits die Litteratur
über das Verhalten des Achillessehnenphänomens bei dieser Krank¬
heit schon ausreichende Angaben enthält und andererseits das mir
für diese Krankheit zu Gebote stehende Material zu klein ist.
Der Besprechung der in den beiden Tabellen niedergelegteu
Resultate lege ich die in der Ueberschrift der Tabellen angegebene
Eintheilung der Störungen des Achillessehnenphänomens zugrunde.
Beines (ohne Störung der elektrischen Erregbarkeit) acquirirt hatte
Viele Symptome deuteten auf eine traumatische Hysterie (gemischte
Hemianästhesie). Die Kniephänomene waren erhalten, die Achilles*
sennenphänomene beiderseits nicht erhältlich.
n. Einseitiges Fehlen des Achiüessehnenphanomeäs.
Ein solches ist in 28 Fällen beobachtet worden. Dementia
paralytica und senilis, Lues cerebri, Alkoholismus und angeborener
bchwachsmü Stellen hiervon allein 22 Fälle. Tn dem einen Fall
männlicher Neurasthenie sowie in dem einen Fall männlicher
Paranoia Simplex chronica lag eine: alte Fraetur der Tibia und Fibula
auf derselben Seite, wo das Achillessehnenphänomen fehlte, vor. 1 )
Die vier Fälle functioneller Psychose mit Verlust des Achilles-
sehnenphänomens bei den Frauen sind folgende! -Im ersten handelte
es sich um eine 67jährige Patientin, welche an acuter hallucinato-
nscher Paranoia litt und genas. Die Kniephänomene waren sym¬
metrisch erhalten, das rechte Achillessehnenphänomen fehlte. Im
Gebiet des Peroneus' und Tibialis des rechten Beines bestand eine
deutliche Parese ohne Sensibilitätsstörüng und ohne Störung der
elektrischen Erregbarkeit.. Der zweite Fall betraf eine 36jährige
Frau. Klinisch bot sie Zunächst nur das Bild der hypochondrischen
Melancholie (ohne jeden Intelligenzdefect). Sie klagte über „Gicht¬
schmerzen“ in. den Knieen und im Bereich der Harnröhre. Die
gynäkologische Untersuchung ergab im wesentlichen normale
Verhältnisse. Neuropathologisch fand sich nur: Verlust der Con-
vergenzreaction auf dem rechten Auge, Abschwächüng des linken
Kniephänomens, Verlust des linken Achillessehnenphänomens,
Steigerung des rechten Kniephänomens und rechten" Aohillessehnen-
phänomens. Jeder Anhaltspunkt für Syphilis fehlte. Im dritten
Fall handelte es sich um ein 26jähriges Dienstmädchen. Das
Achillessehnenphänomen war rechts erloschen. Am rechten Unter¬
schenkel bestanden ausgedehnte Brandnarben. Die Psychose war
als acute hallucinatorische Paranoia (incohärente Varietät) zu be¬
zeichnen. Die Kranke ging an acuter Endoearditis zugrunde. Bei
der Seetion fand sich eine deutliche graue Verfärbung im Bereich
der Lumbalanschwellung. Ueber den mikroskopischen Befund werde
ich an anderer Stelle berichten. Der vierte Fall endlich betraf
eine 50jährige an subacuter hallucinatorischer Paranoia erkrankte
Frau. Anamnestisch steht nur fest, dass im linken Bein, wo das
Achillessehnenphänomen fehlt, schon seit der Kindheit eine leichte
Entwicklungshemmung bestanden hat. Die somatische Unter¬
suchung ergab ausser dem Verlust des linken Achillessehnen¬
phänomens lediglich ein erhebliches Zurückbleiben der linksseitigen
Zehen, sobald der Kranken aufgegeben wurde, gleichzeitig möglichst,
rasch und möglichst ausgiebig die Zehen beider Füsse zu be¬
wegen.
IH. Beiderseitige Abschwächung des Actiillessehnen-
phänomens.
I. Beiderseitiges Fehlen des Aehillessehnenphänomens.
Ein Blick auf die Tabelle lehrt, dass dieses in 68 Fällen be¬
obachtet worden ist. Von diesen fallen allein 49 auf Dementia
paralytica. Sieben weitere Fälle kommen auf andere organische
Hirnerkrankungen (Dementia senilis und Lues cerebri). Die fünf
Fälle von angeborenem oder in der Kindheit erworbenem Schwachsinn
sind jedenfalls auch den organischen Hirnerkrankungen zuzurechnen.
Bei dem einen männlichen Individuum, einem 14jährigen Knaben,
ist eine Hirnentzündung im siebenten Lebensjahre nachgewiesen.
Unter den vier weiblichen Individuen ist in einem Fall hereditäre
Syphilis festgestellt, in einem anderen spätere syphilitische In-
fection. 2 ) Von den beiden Fällen alkoholistischer Psychose betrifft
der eine ein schweres Delirium tremens, der andere ein binnen
weniger Tage tödtlich verlaufendes alkoholistisches Coma; der
Sectionsbefund war durchaus negativ. Es bleiben sonach noch
fünf Fälle functioneller Psychose im engeren Sinne. In dreien
handelte es sich um jugendliche Individuen mit acuter stuporöser
Paranoia hallucinatoria. Im vierten handelt es sich um einen
53jährigen Mann mit chronischer einfacher Paranoia ohne jeden
Intelligenzdefect; ausser dem Fehlen des Achillessehnenphänomens
wurde Ungleichheit der Kniephänomene, Abschwächung beider
Anconeussehnenphänomene, Verziehung, Lichtstarre 3 ) und Ungleich¬
heit der Pupillen festgestellt. Syphilitische Infection war un¬
zweifelhaft. Im fünften Fall blieb die Diagnose unaufgeklärt: es
handelte sich um eine 45jährige Frau, welche im Anschluss an
den Bi ss eines Hundes in die linke Wade eine Lähmung des linken
*) Bei der cerebralen Kinderlähmung kann zuweilen diej excessiye
Contractur die Steigerung des Achillessehnenphänomens und den Fuss-
clonus verdecken. ; . ' „
*) ln diesem bestand zugleich Pupillenstarre.
• u ' Lichtstarre der Pupillen ohne Störung der Sehnenphänomentf habe
ich ausserdem noch in zwei Fällen chronischer einfacher Paranoia-, beob¬
achtet. In beiden war gleichfalls Syphilis unzweifelhaft.
Der verhältnissmässig hohe Procentsatz der Alkoholisten und
Senildementen ist hier besonders bemerkenswerth. Desgleichen
ist der angeborene Schwachsinn sehr stark vertreten. Unter den
elf hierher gehörigen Fällen war Syphilis nur einmal nachgewiesen;
Alkoholismus kam in einem, Senium in zwei Fällen eventuell in
Betracht. Die vier functioneilen Hauptpsychosen sind mit 24
Fällen vertreten. In ganz auffälliger Weise überwiegt das weib¬
liche Geschlecht. In vier Fällen handelt es sich um senile
Psychosen, in einem um Zwergwuchs, in zwei lagen mannichfache
Wachsthumsabnormitäten vor, in einem schwere Inanition infolge
eines langwierigen Empyems. In den anderen Fällen war ein be¬
stimmtes Moment nicht festzustellen; ein etwaiger Einfluss der
Chlorose 2 ) und der Atheromatose, sowie gynäkologischer Er¬
krankungen, welcher mir nicht unwahrscheinlich ist, könnte mit
Sicherheit nur durch noch grössere Untersuchungsreihen festgestellt
werden. In dem einen Fall, welcher unter Neurasthenie in der
Tabelle 1 eingetragen ist, handelt es sich nicht um typischo
Neurasthenie, sondern um eine jener functioneilen Paraplegieen der
unteren Extremitäten, welche namentlich von den Engländern be¬
schrieben worden sind; neurasthenische Symptome waren in grösserer
Zahl vorhanden, typisch-hysterische (gemischte Hemianästhesie, con-
centrische Gesichtsfoldeinengung etc.) fehlten durchaus, die Knic^
Phänomene waren gesteigert, elektrische Erregbarkeit und. Sensi¬
bilität iütact. Drei Morphiococainisten mit ausgeprägter Ab¬
schwächung beider Achillessehnenphänomene sind in der Tabelle
flicht aufgenommen worden. Uebrigens kommt sowohl bei Morptii-
*) In der Litteratur hat man bis jetzt nur Steigerung des Achilhrs-
sehnenphänomens bei Unterschenkelfra'cttiren beobachtet. Vergl. de
Fleiiry, Rev. de indd. 1884.
*) Bei pernieiöser Ahitmie hat man öfter Fehlen' der Kniephänomene
und Hinterstrangsdegeneration beobachtet. Vgl. Lichtheim, Verhand¬
lungen des Congresses für innere Medicin 1887, Minnieh, Zeitschrift
für klinische Medicin Bd. 21, Eisenlohr, Deutsche medieinische Wochen¬
schrift’1892 und v. Nootden, Charite-Annalen Bd. 16.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
656
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 83
nismus wie bei Cocainismus auch Steigerung der Achillessehnen-
phänomene und Fussklonus zuweilen vor.
IV. Ein seitige Absohwächung des Aohillessehnenphäiiomens.
Zu den Angaben der Tabelle habe ich nur hinzuzufügen, dass
die beiden Fälle functioneller Psychose eine chronische Alkoholistin
und eine senile Melancholie mit sehr ausgeprägter seniler Involution
betreffen.
V. Beiderseitiger ausgeprägter Fussklonus.
Die verschiedenen organischen und functioneilen Psychosen
und Psychoneurosen sind hier viel gleichmässiger an der Gesammt-
zahl der Fälle betheiligt. Besonders hervorheben möchte ich, dass
auch vier senile Melancholieen, vier Fälle von seniler Demenz und
zwei Fälle von chronischem Alkoholismus hierher gehören.
Die Fälle von „angedeutetem Fussklonus* 1 bieten zu besonderen
Bemerkungen keinen Anlass. Ich gehe daher sofort über zu
VI. Einseitiger ausgeprägter Fussklonus.
Vier Fälle chronischer hallucinatorischer Paranoia gehören
hierher. In einem könnte eine infantile, in der Anamnese aus¬
drücklich angegebene „Hirnentzündung“ vielleicht eine Erklärung
für die Einseitigkeit des Fussklonus geben. Die drei Fälle von
Neurasthenie sind zusammen mit dem einen in meiner früheren
Arbeit erwähnten unter mehreren Hunderten, welche ich geflissent¬
lich seit sechs Jahren in dieser Richtung untersucht habe, die
einzigen mit ausgesprochenem einseitigem Fussklonus.
VH. Ungleichheit des rechten und linken Achillessehnen«
Phänomens, bezw. des etwaigen Fussklonus.
Unter den in der Tabelle verzeiehneten Fällen functioneller
Psychose bezw. Psychoneurose sind zwei, in welchen syphilitische
Infection unzweifelhaft ist; in einem kommt eine infantile Hirn¬
erkrankung in betracht, in zwei anderen vorgeschrittene senile In¬
volution. _ (Schluss folgt.)
II. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten des Herrn
Geh. Bath Prof. B. Koch in Berlin.
Das TizzonfscBe Tetanusantitoxin.
Von Dr. W. Hübener.
Nach Behring’s Untersuchungen kann man zur Heilung des
Tetanus nur von einem Blutserum Erfolg erwarten, welches einen
sehr hohen Immunitätswerth besitzt. Ihm selbst war es gelungen,
ein solches im Werthe von lilOOOOOOO 1 ) zu erreichen. Dem¬
gegenüber behaupten Tizzoni und Cattani 2 ), dass sie über ein
Tetanusheilserum verfügten von 100 000 000 Werth. Nach ihren
Angaben haben sie ihre Werthbestimmung genau nach der von
Behring und Knorr 3 ) veröffentlichten Methode angestellt, nur
mit dem Unterschiede, dass sie mit weissen Ratten und Kaninchen
arbeiteten, welch’ letztere nach der Ansicht dieser Autoren „für
das Tetanusgift empfänglicher sind“, anstatt mit den von Behring
empfohlenen und allgemein gebräuchlichen weissen Mäusen, da es
ihnen nicht gelungen sei, sich eine hinreichende Menge dieser Ver¬
suchstiere zu beschaffen. Dieser Umstand fällt aber bei einer
Werthprüfung schwer ins Gewicht, da die Kaninchen eine sehr
viel geringere Empfindlichkeit gegen das Tetanusgift besitzen als
weisse Mäuse, so dass ausser von Tizzoni wohl in keinem an¬
deren Laboratorium die Kaninchen zu quantitativen Werthbestim¬
mungen verwandt werden.
Um so mehr ist diese Beschränkung auf die erreichbaren Ver¬
suchstiere zu bedauern, als Behring 4 ) schon lange Tizzoni
aufgefordert hatte, zur Ermöglichung eines Vergleichs des Immu-
nisirungswerthes solche Bestimmungen gerade an weissen Mäusen
vorzunehmen, „ da es für eine gegenseitige Verständigung werth¬
voll sei, ein einheitliches Prineip für die zahlenmässige Bestimmung
der Wirkung des Heilserums zu wählen, besonders aber jetzt, wo
das Mittel auf den Menschen angewandt werden soll.“
^ ar -fir 111111 bislang nicht möglich, die Angaben Tizzoni’s
über den Werth seines Tetanusheilserums an der Hand der im
Institut für Infectionskrankheiten üblichen Ehrlich’schen Methode
nachzuprüfen (von Brieger und Ehrlich in ihrer Arbeit „Zur
Kenntmss der Milch immunisirter Thiere“ 5 ) mitgetheilt), so sind
wir jetzt in die Lage versetzt, diese Prüfung vorzunehmen, da das
Tizzoni sehe Tetanusheilserum durch Merck in Darmstadt käuf¬
lich zu erwerben ist;
7 Behring, Blutserumtherapie II.
2 Berliner klinische Wochenschrift 1893, No. 49, 50 und 1894, No. 1.
*) Ueher den Immunisirungswerth und Heilwerth des Tetanusheil-
jerums an weissen Mäusen. Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrank¬
heiten Bd. XIII T
4 ) Blutserumtherapie n, S. 76.
5 ) Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten Bd. XTTT.
Auf Veranlassung von Herrn Professor Brieger habe ich
nun die Prüfung dieses käuflichen Tizzoni’schen Tetanusantitoxins
(Marke Merck) vorgenommen.
Das Tetanusantitoxin-Merck stellt eine gelblich-braune, schollig¬
krümelige Substanz dar, die augenscheinlich nichts weiter ist als
im Vacuum eingedampftes und dann pulverisirtes Serum. Dieses
Pulver löst sich leicht in etwa dem zehnfachen Volumen Wassers.
Man erhält so eine klare, leicht opalescirende Flüssigkeit, welche
völlig das Aussehen von normalem Blutserum darbietet.
Der Immunisirungswerth dieses käuflichen Präparates wird von
Tizzoni auf mehr als 1:100 Millionen angegeben (ce sörum, sec,
est obtenu du cheval; il est muni d’un pouvoir immunisant sup6-
rieur k 1:100 000 000). Hiernach würde das Ausgangsserum
einen Werth von etwas mehr als 10 Millionen repräsentieren, da
die festen Bestandtheile des Blutserums etwa 10 °/o betragen.
Die Ehrlich’sehe Methode, deren ich mich bei dieser Prüfung
bedient habe, weicht insofern von derjenigen Behring’s ab, als
die erstere bei gleichen Serummengen mit den Multiplis der ein¬
fach tödtlichen Dosis arbeitet, während die letztere bei sich gleich¬
bleibender einfach tödtlichen Dosis diejenige Serummenge sucht,
die zur Neutralisation des tödtlichen Effectes der Dosis minima
letalis erforderlich ist. In den Resultaten stimmen beide völlig
mit einander überein.
Die Prüfungsergebnisse, die nach zwei orientirenden Vor¬
versuchen und ebenso viel Giftprüfungen erlangt wurden, sind aus
nachfolgenden Tabellen leichtersichtlich. Es ist hierbei zu berück¬
sichtigen, dass die geprüfte Flüssigkeit eine Auflösung der festen
Substanz im Verhältniss von 1:100 darstellt. Das Gift, dessen
ich mich bei diesen Prüfungen bedient habe, ist ein von Herrn
Prof. Brieger dargestelltes, pulverförmiges Tetanustoxin, dessen
tödtliche Minimaldosis, wie sich aus den Vorversuchen ergab,
0,000 000 4 g = 0,4 |U- betrug (1 /i, Mikrogramm = 0,000001,
d. i. der tausendste Theil eines Milligramms); beide Versuche (I
und II) wurden am selben Tage angestellt.
Tabelle I. (Jede Maus erhielt 24 Stunden vor der Giftinjection 0,0004 ccm
der */ioo Antitoxinlösung. Factor = 50 000.)
—
©
Status
No.
Maus
o
•g
II
1 Tag
2 Tage
nach
3 Tage
4 Tage
5 Tage
6 Tage
©
o
;2J
nach
nach
nach
' nach
nach
der In-
der In-
der In-
der In-
der In-
der In-
S
Ö
jection
jection
jection
jection
jection
jection
1
Rücken
16
0,5/<
Wohl
Wohl
Frag-
Spur
Ebenso,
Status
roth.
nichts.
nichts.
lieh.
teta-
sehr
idem.
nisch.
munter.
Status
2
Schwanz
16
1,0 ß
Frag-
Dito,
Leich-
Etwas
Status
roth.
lieh.
munter.
ter
Beginn.
stärker.
idem.
idem.
Status
3
Kopf
16
1,25 fi
Frag-
Spur
Etwas
Status
Status
und
Steiss
roth.
Rücken
lieh.
teta-
nisch.
stärker.
idem.
idem.
iddm.
4
167a
1,5/i
Frag-
Beginn.
Etwas
Ausge-
Status
Status
gelb.
lieh.
stärker.
sproch.
idem.
idem,
teta-
Pro-
| nisch.
gnosis
hona.
5
Rücken
17
1,75/i
Deut-
Etwas
Ausge-
Stärker.
Status
Stark
gelb und
licher
stärker.
sproch.
idem.
teta-
roth
Beginn.
teta-
nisch,
l
(mageres
schwach.
nisch.
Pro¬
gnosis
dubia.
Thier).
6
Kopf
177a
2,0/i
Frag¬
Beginn.
Deut¬
Status
Etwas
Status
roth.
lich.
lich
idem.
stärker.
idem.
teta-
Pro¬
nisch.
gnosis
bona.
7
Weiss.
18
2,5 [x
Beginn.
Deut¬
Etwas
Status
Etwas
Status
lich
stärker.
idem.
stärker.
idem,
teta-
Pro¬
nisch.
gnosis
bona.
8
Steiss
18
3,0/i
Deut¬
Stark
Sehr er¬
t
roth.
licher
teta-
heblich
Beginn.
nisch.
(allge¬
meiner
Teta¬
nus).
9
Kopf
gelb.
18
4,0/t
Dito.
Dito.
t
10
Kopf
und
Rücken
18
5,0 ß
Dito.
Dito.
t
roth.
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16. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Tabelle II. (Giftcontrollen.)
O
Maus
Injicirte
Gift¬
men ge
Status nach der Injection
£
1- Tag
2- Tag
3. Tag
4. Tag
5. Tag
1
Schwanz roth,
17 g
0,4 fi
Leichter
Beginn
Deutlich
tetanisch
Stärker
tetanisch
Erheblich
t
2
Kopf und
Rücken roth,
17,5 g
0,5 fi
Deutlicher
Beginn
Deutlich
tetanisch
Stark |
tetanisch j
t
3
Weiss, 18 g
0,6 fi
Deutlicher
Beginn
Ausge¬
sprochen
tetanisch
Erheblich
t
4
5
6
Rücken roth,
18 g
Steiss roth,
18,5 g
Kopf roth,
19 g
0,7 fi
0,8 fi
1,0 p.
Deutlicher
Beginn
Deutlicher
Beginn
Deutlicher
Beginn
Ausge¬
sprochen
tetanisch
Stark
tetanisch
Stark
tetanisch
Erheblich
• t (
t :
t
Wir finden al6o nach unserer Methode einen Werth von
800000 für die Lösung 1:100, also für das Ausgangsserum von
8 Millionen und für das pulverförmige Präparat einen solchen von
30 Millionen an Stelle des von Tizzoni angegebenen Werthes von
mehr als 100 Millionen. Aus diesem Verhalten müssen wir folgende
Schlüsse ziehen:
Erstens hat Tizzoni nicht ein zehnmal stärkeres,
sondern vielmehr ein drei -bis vierfach schwächeres Serum
in den Händen gehabt wie Behring.
Zweitens aber — und das ist die Hauptsache — ge¬
nügt ein solches Serum bei weitem nicht zur Heilung
schwerer oder erst spät zur Behandlung gekommener
Fälle, da für solche nicht einmal das weit stärkere
Behring’sche Serum, selbst in den grossen Quantitäten
von 200—400 ccm, auszureichen vermocht hat.
Diesen ungenügenden Heilwerth des Tizzoni’schen Serums
beweisen auch folgende Splitterversuche, die College Beck im
Institut mit dem Merck’schen Präparat vorgenommen und mir
gütigst zur Verfügung gestellt hat.
Fünf Meerschweinchen wurden am 9. Juli, Mittags 1 Uhr, mit
einem Splitter inficirt, und vier davon erhielten am 10. Juli, genau
nach 24 Stunden, verschiedene Mengen der im zehnfachen Volumen
Wassers aufgelösten Tizzoni’schen Trockensubstanz. Das fünfte
dient zur Controlle.
Splitterversuch an Meerschweinchen.
1 Stirn und
Am 9. Juli.
Erhält
| Nacken roth,
1 Uhr Nachm.
genau 24 Stunden
1 670 g
mit Splitter
später, 10. Juli,
Stirn und
inficirt
von dem Tizzoni-
schen Antitoxin
(auf das Pulver
berechnet) 0,1 g
do.
24 Stunden
Steiss roth,
später, 10. Juli
600 g
0,25 g
j Stirn und
do.
24 Stunden
Rücken roth,
später, 10. Juli,
! 550 g
i
0,5 g
: Stirn und
do.
24 Stunden
; rechte Seite
später, 10. Juli,
1 roth, 460 g
0,7 g
Unbezeichnet.
do.
Bleibt als Con¬
550 g
trolle
unbehandelt
Am 10. Juli, zur Zeit der
Antitoxininjection, leicht
tetanisch; 11. Juli, Mit¬
tags, stark tetanisch,Nach¬
mittags j\
Am 10. Juli, zur Zeit der
Injection von Antitoxin,
leicht tetanisch. Am
11. Juli stark tetanisch.
Am 12. Juli todt gefunden.
Am 10. Juli, zur Zeit
der Injection von Anti¬
toxin, leicht tetanisch.
Am 11. Juli sehr stark
tetanisch. Stirbt in der
Nacht zum 12. Juli.
Am 10. Juli, zur Zeit der
Injection von Antitoxin,
leicht tetanisch. Am
11. Juliagonal, wird ge-
tödtet.
11. Juli, Vormittags, nichts
zu sehen. 12. Juli, Vor¬
mittags 10 Uhr, stark
tetanisch, Nachmittags
4 Uhr f.
Es ergiebt sich aus dieser Tabelle, dass auch nicht die ge¬
ringste Andeutung einer den Tod hinausschiebenden, geschweige
denn heilenden Wirkung des Tizzoni’schen Tetanusantitoxins vor¬
handen ist.
Das Tizzoni’sche Tetanusantitoxin in der Form, wie
es von Merck in den Handel gebracht wird, erfüllt somit
auch nicht im mindesten an Versuchsthieren die ihm zu¬
geschriebene Wirksamkeit. Es ist also auch nicht im
Stande, schwere oder spät zur Behandlung gelangte
Fälle von Tetanus beim Menschen zu heilen.
657
HL Die neuerenMethoden der Urethroskopie. 1 )
Von H. Lohnstein.
Die Entwicklung der modernen Medicin ist dadurch charakte-
risirt, dass jede neue Methode, wenn nur einigermaassen brauchbar,
rasch Gemeingut der Aerzte geworden ist. Besonders gilt dies
von den Methoden, welche durch Zuhülfenahme optischer Mittel
Körperregionen unseren Blicken erschlossen haben, die vermöge
ihrer Lage vorher der direkten Betrachtung entzogen waren. Es
sei hier vor allem an die Ophthalmoskopie und Laryngoskopie er¬
innert, die sich das Bürgerrecht in der medicinischen, Diagnostik
sozusagen im Sturm erobert haben, ferner an die Cystoskopie, die,
nachdem durch die bahnbrechenden Arbeiten von Nitze ein in
jeder Hinsicht vollkommenes Instrument geschaffen war, nunmehr
als ein längst gesicherter Bestandteil unseres diagnostischen
Handelns zu betrachten ist. — Um so auffallender muss es er¬
scheinen, dass der Endoskopie der Harnröhre gegenüber, deren
Anfänge fast ein halbes Jahrhundert zurückreichen, sich die Mehr¬
zahl der Aerzte noch gegenwärtig recht ablehnend verhält. —
Am auffallendsten ist das Verhalten der Meister unseres Spezial¬
faches selbst. Posner 2 ) beispielsweise hat sich noch jüngst recht
skeptisch über die Brauchbarkeit und den Werth der Urethroskopie
ausgesprochen. Andererseits sind ihr in Oberländer und Ko 11-
mann begeisterte Lobredner erwachsen, wobei aber hervorgehoben
werden muss, dass diese eine Methode empfehlen, dje von ihrem
Entdecker, Nitze, in neuerer Zeit zu Gunsten eines einfacheren
Verfahrens aufgegeben ist. Dazwischen steht eine Reihe von
Autoren, welche zwar die urethroskopische Methode als diagnosti¬
sches Hülfsmittel schätzen, aber doch die Vielseitigkeit ihrer Ver¬
wendbarkeit, wie sie beispielsweise Oberländer betont, leugnen
und vor allen Dingen ihr die entscheidende Bedeutung absprechen,
die nach Kollmann und Oberländer ihr in gewissen Stadien
des chronischen Trippers für die Diagnose zukommt. Am weitesten
ist in jüngster Zeit Kollmann 3 ) gegangen, der in einem vor der
Naturforscherversammlung in Nürnberg gehaltenen Vortrage leb¬
haft bedauert, dass die Urethroskopie immer noch nicht die Ver¬
breitung gefunden hat, welche die endoskopischen Methoden, mittels
deren wir die Krankheiten anderer Organe zu ergründen suchen,
erlangt haben. Kollmann sieht die Ursache für die Gering¬
schätzung der Urethroskopie in der geringen Leistungsfähigkeit
der meisten, insbesondere der mit reflectirtem Lichte arbeitenden
endoskopischen Methoden. Ueber die Berechtigung dieser Begrün¬
dung werden wir uns weiter unten ausführlich zu verbreiten Ge¬
legenheit haben. Vorläufig genüge es, auf einen Punkt hinzu¬
weisen, den Kollmann auffallender Weise ganz übersehen hat.
Zwischen der Urethroskopie einerseits und der Mehrzahl der übrigen
endoskopischen Methoden andererseits besteht doch der erhebliche
Unterschied, dass, während bei den letzteren das zu untersuchende
Organ gar nicht oder nur wenig gereizt wird, da es mit Theilen
des diagnostischen Instrumentariums nur in geringem Grade in
Contact kommt, bei der Urethroskopie es nicht zu umgehen ist,
gelegentlich der Einführung des Speculums in die Harnröhre das
zu untersuchende Organ, die Urethra, in recht eingreifender Weise
zu reizen. Schon aus diesem Grunde wird meines Erachtens die
Urethroskopie niemals die Rolle spielen können, welche z. B. dor
Ophthalmoskopie und Laryngoskopie zukommt. Ganz ausgeschlossen
ist ihre Verwendung bei allen acuten Harnröhrenentzündungen, aber
auch bei subacuten, mehr diffusen Urethritiden ist sie nur in der
Hand geübter Techniker eine Methode, die mit einiger Sicherheit ohne
Schaden für den Patienten geübt werden kann. Einwandsfrei und auch
von weniger geschulten Aerzten anwendbar ist sie eigentlich nur
in chronischen Fällen, wo die Reizbarkeit der Harnröhrenschleim¬
haut durch die lange Dauer des Processes und oft auch durch die
Gewöhnung an frühere andere instrumenteile Eingriffe bedeutend
herabgesetzt ist. Hier kann sie mit grossem Vortheil angewandt
werden, und man kann auch hier mit Aussicht auf Erfolg an die
Untersuchung eine lokale endoskopische Behandlung anschliessen.
Ferner geht aus diesen Erwägungen hervor, dass man sich in der Wahl
der Methode nicht allein von dem Gesichtspunkte leiten lassen darf,
welches Verfahren in optischer Beziehung am meisten leistet,
sondern auch zu berücksichtigen hat, welche Methode bei grösster
optischer Leistungsfähigkeit relativ am wenigsten reizt, welche so¬
wohl vermöge der Form der Apparate, wie der möglichst geringen Um¬
ständlichkeit des Verfahrens in kürzester Zeit zu beenden ist. Sehen
wir, in wie weit die gegenwärtig geübten Methoden diesen An¬
forderungen entsprechen.
Die Untersuchungsmethoden, mittels deren die Urethroskopie aus¬
geübt wird, zerfallen, wie Ihnen bekannt, in zwei Gruppen, je nachdem
*) Nach einem im Verein für innere Medicin zu Berlin am 16. April 181)4
gehaltenen Vor trage.
9 ) Diagnostik der Harnkrankheiten. Berlin, Hirschwald, 1894, S. 9(5.
*) Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 39.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
658
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38
das Licht von aussen in das erkrankte Organ hineingeworfen
wird, oder in ihm selbst sich befindet. Zu den ersteren gehören
die älteren von Dittel, Grünfeld, Desormeaux. Fürsten¬
heim geübten, in neuerer Zeit, nach der Einführung des elektri¬
schen Lichtes in die medicinische Diagnostik von Leiter, Casper.
Otis, Lang u. s. w. verbesserten Methoden; zu der zweiten die
zuerst von Nitze angegebene, später von Oberländer wesentlich
vereinfachte urethroskopische Methode. Bei den ersteren wird,
wie Ihnen bekannt, das Licht entweder durch einen Hohlspiegel
äufgefangen und in die Harnröhre geworfen, während der Unter¬
suchende durch ein in diesem Hohlspiegel angebrachtes Loch oder
über den Hohlspiegel hinweg in die Harnröhre hineinblickt, oder
das Licht wird durch ein rechtwinkliges Prisma in die Harnröhre
reflectirt, wie es bei dem Casper’schen und Lang’schen Instru¬
mente der Fall ist. Als Lichtquelle dient hier die elektrische
Glühlampe. Bei der zweiten Methode befindet sich die Licht¬
quelle im visceralen Ende des Speculums. Zur Verhütung von
Verbrennung der Harnröhre durch dieselbe ist sie von einer
Wasserkühlung umgeben; die von der Flamme direkt beleuchtete
Harnröhre wird vom Beschauer studirt. Als Lichtquelle dient ein
glühend gemachter Platindraht. — Was die Leistungsfähigkeit
dieser beiden Methoden anlangt, so gehen die Ansichten der Autoren,
wie bereits erwähnt, völlig auseinander. Die Fehler der einen
Methode werden von den Verfechtern derselben der entgegen¬
gesetzten zugeschrieben, und man erhält zuweilen den Eindruck, als
ob die betreffenden Autoren die Methode des anderen gar nicht
praktisch erprobt haben.
Die Kritik hat sich nach zwei Seiten hin mit den Methoden
zu beschäftigen: 1) mit der diagnostischen Leistungsfähigkeit und
2) mit ihrer Leistungsfähigkeit nach der technischen Seite hin,
sowohl was die Leichtigkeit des Arbeitens, wie die Möglichkeit
respective leichte Durchführbarkeit von Operationen u. s. w. anbe¬
langt. Wie weit auseinander die Meinungen bezüglich des dia¬
gnostischen Werthes der Methoden gehen, ergiebt sich besonders
charakteristisch aus einem Studium des Lewandowsky’schen
Buches: „Das elektrische Licht in der Heilkunde“ (Wien, Urban
& Schwarzenberg, 1892). Hier finden sich zwei die Theorie der
Urethroskopie berührende Abschnitte, die von Finger und Ober¬
länder bearbeitet sind. Beide Autoren suchen die von ihnen ge¬
übte Untersuchungsmethode als die richtige hinzustellen, Finger
das mit reflectirtem Licht, Oberländer das mit einer in dem
Speculum selbst befindlichen Lichtquelle geübte Verfahren. Indessen
glaube ich, dass keiner von beiden den Kern der Sache getroffen
hat. Beide nämlich, sowohl Finger als auch Oberländer führen
störende Reflexe als Nachtheile der von ihnen bekämpften Unter¬
suchungsinstrumente an. So sagt Finger: „Das direkt in die
Harnröhre bei den Oberländer’schen Instrumenten eingeführte
Licht hat den Nachtheil, dass neben den auf die Schleimhaut auf¬
fallenden, von dieser theils resorbirten Strahlen, die uns eben das
Bild der Schleimhaut geben sollen, auch Strahlen direkt und von
den Wänden des Endoskops reflectirt, zu unserem Auge gelangen,
die die Perception des Lichtbildes der Schleimhaut ganz erheblich
alteriren.“ Dem gegenüber empfiehlt er nachdrücklich die Benutzung
von reflectirtem Licht, wie es bei den Leit er’schen Instrumenten
zur Anwendung kommt. Oberländer dagegen sagt: „Das Princip
des reflectirten Lichtes erscheint für den Zweck der Harnröhren¬
beleuchtung nicht passend. Es gelingt nicht, das Licht, welcher
Stärke und welcher Art es auch sei, so genau in dem urethro-
skopischen Tubus zu concentriren, dass es eine passende und ge¬
nügende Beleuchtung giebt. Sobald es zu stark ist, giebt es
störende Reflexe und Zerstreuungskreise, und ist es zu schwach,
so erkennt man nicht genügend die Details der Veränderungen an
den nicht beleuchteten Stellen der Schleimhaut.“
Meine Herren! Ich habe mich seit längerer Zeit mit dem
vergleichenden Studium der beiden oben geschilderten Gattungen
der Elektroendoskopie beschäftigt und glaube daher berechtigt zu
86 016 m Betracllt kommenden Punkte ein Urtheil abzu-
I^ der T s T ’ s ? itdem es mir gelungen ist, durch eine bereits
veröffentlichte^ Vorrichtung*) die Möglichkeit zu gewinnen, un-
mittelbar nach einander ein und dasselbe Gebiet der Harnröhren-
schleimhaut bei direkt auffallendem Lichte (nach Nitze) und bei
Beleuchtung mittels reflectirten Lichtes auf mich wirken zu
lassen. Und da möchte ich denn mein Urtheil kurz dahin zü-
sammenfassen dass die mit reflectirtem Lichte arbeitende Methode,
S“ ? der For ^™ Ca sper empfiehlt, im allgemeinen
Pftll«^Äm Ver " erthb f r . ei1 Resultate g ie bt, dass indessen einige
Fälle Torkommen in welchen man hei Benutzung Nitze-Ober-
länder scher Instrumente bessere Resultate erhält
h«i heile* A 60 reti T he Retrachtun g der optischen Verhältnisse, die
hei beiden A pparatengattungen in Betracht kommen, muss ja auch
‘) Vergl. Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 25.
a priori zu diesem Resultate führen. Wenn man die Zeichnung
eines flächenhaften Gegenstandes mit unebener Oberfläche genau
in seinen Einzelheiten kennen lernen will, so ist es vor allen
Dingen nothwendig, dass die zu betrachtenden Flächen in allen
ihren Punkten eine möglichst gloichmässige Beleuchung' erhalten.
Dies kann nur dadurch erreicht werden, dass auf sie annähernd
parallele Lichtbündel fallen. Das Nitze-Oberländer’sche In¬
strument findet sich mit dieser Forderung in unlösbarem Wider¬
spruch, denn die verschiedenen Theile der Schleimhautoberfläche
empfangen eine recht ungleichmässige Lichtmenge. Am stärksten
beleuchtet ist natürlich diejenige Stelle, die sich senkrecht unter
dem Glühdraht befindet. Die Lichtstärke nimmt seitlich ab auf
Grund zweier verschiedener Factoren: 1) infolge der grösseren
Entfernung der beleuchteten Theile von der Lichtquelle, 2) infolge
der schrägeren Incidenz, unter welcher die Theile von den Strahlen
getroffen werden.
Bekanntlich nimmt die Intensität der von einer punktförmig
gedachten Lichtquelle ausgehenden Strahlung umgekehrt pro¬
portional dem Quadrat der Entfernung von dem leuchtenden Punkte
ab, ferner ist die Helligkeit einer beleuchteten Fläche direkt pro¬
portional dem Cosinus des Winkels, welchen die sie treffenden
Strahlen mit ihrer Normale bilden. 1 ) Wenden wir diese Sätze
auf die beim Nitze-Oberländer’schen Instrumente stattfln-
denden Verhältnisse an, wobei wir uns allerdings erlauben, einige
die Rechnung vereinfachende Annahmen einzuführen. Der Harn¬
röhrentrichter, der in Betracht kommt, ist ziemlich flach, kann
also ohne grossen Fehler für unseren gegenwärtigen Zweck als
Ebene betrachtet werden. Die Lichtquelle ist seitlich von der Tubus¬
wand etwa 1 mm, von der zu betrachtenden Harnröhrenfläche
4 mm entfernt, der zur Verwendung kommende Tubus 8 mm.
Setzen wir nun die Helligkeit an der maximal erleuchteten Stelle
des Harnröhrentrichters, die sich nach dem obigen senkrecht unter
der Lichtquelle befindet, gleich 1, so ergiebt sich für die am
weitesten peripher gelegenen Theile nach der obigen Annahme eine
Intensität von einem Achtel. Es ist dies, wie jeder zugeben wird,
ein recht erheblicher Unterschied in der Beleuchtungsintensität.
Es kommen aber noch zwei andere Momente hinzu, welche sich
beider Nitze-Oberländer’schen Methode störend geltend machen.
Das eine ist der Durchleuchtungseffect einer auf derselben Seite
mit dem Beobachter befindlichen Lichtquelle, welchen bekanntlich
Liebreich 2 ) in so scharfsinniger Weise zur diagnostischen Er-
kenntniss der Dermatosen unter dem Namen der phaneroskopischen
Methode zu verwerthen verstanden hat.
Die Gewebe des menschlichen Körpers haben bekanntlich eine
bestimmte Durchlässigkeit für Licht. Wenn man daher eine Licht¬
quelle in die Nähe einer Gewebsoberfläche bringt, so wird nur ein
Theil des Lichtes von der äusseren Oberfläche reflectirt, während
der Rest in unregelmässiger Weise in die darunter liegenden
Theile hineingebrochen wird, um dann schliesslich nach jnannig*
fachen Reflexionen wieder in unser Auge zu gelangen-
schwacher Beleuchtung liegt die Intensität der letzteren unterhalb
des physiologischen Schwellenwerthes unserer Lichtempfindung,
kommt uns also gegenüber dem direkt von der Oberfläche reflec¬
tirten Lichte gar nicht zum Bewusstsein. Bei grösserer Intensität
der Lichtquelle muss sich dagegen dieser Effect der Durchleuch¬
tung in recht störender Weise geltend machen. Hierzu kommt,
dass dieser Antheil der Durchleuchtung ein verschiedener wird, je
nach den Winkeln, unter welchen die von der Lichtquelle aus¬
gehenden Strahlen die Schleimhaut treffen. Hieraus erklärt es
sich auch, warum zarte Epithelauflagerungen der Schleimhaut, die
mittels reflectirten Lichtes sehr scharf in die Erscheinung treten,
und zwar als grauweisser Belag erscheinen, bei Anwendung der
Nitze-Oberländer’schen Methode ganz verschwinden können,
resp. erst erscheinen, wenn es sich um eine dicke opake Auflage¬
rung handelt. Ein weiterer Nachtheil des Verfahrens besteht dann,
*) Die Vertheilung der Helligkeit in dem beleuchteten Stück der
Hamröhrenschleimhaut lässt sich mathematisch sehr einfach ausdrücken.
Bezeichnet Jo die Intensität in dem Punkte 0 der senkrecht unter der
Lichtquelle liegt, h die Entfernung dieses Punktes von der Lichtquelle,
J die Intensität im Punkte P, dessen Entfernung von 0 gleich p y so ist
J = x sj—n- —r-Hr 3 • Die beiden Grenzwerthe für die Helligkeit finden statt
V (p 3 -f- h 8 )
in den Endpunkten des Durchmessers des kreisförmigen, beleuchteten
Schleimhautstückes, auf welchem 0 liegt. Bezeichnet man mit b die Ent¬
fernung des Punktes 0 vom Mittelpunkte der Kreisfläche, mit r den
Halbmesser der Lichtung des Endöskoptubus, so sind die in den beiden
erwähnten Punkten vorhandenen Helligkeiten — — —^ ezW *
Joh 3
V¥+ b) a + h a3 *
a ) Berl. klin. Wochenschrift 1891.
\^(r-b ), 3 + h ,J
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
JO. August.
DEUTSCHE MEDICI^NISCHE WOCHENSCHRIFT.
dass sie die kleinen Prominenzen, Rauhigkeiten der Oberfläche in
den allermeisten Fällen mit nicht genügender Schärfe hervor¬
treten lässt Es beruht dies darauf, dass infolge der relativen
Lage von Lichtquelle und beobachtenden Augen bei jeder nicht
ganz stumpfen Oberfläche Stellen vorhanden sind, die mit maxi¬
malem Reflex erscheinen und somit den Eindruck der Umgrenzung
des Gewebes völlig verwischen lassen. Damit fällt ein mir gegen¬
über von Kollmann gesprächsweise gerühmter Vorzug der Ober¬
länder'sehen Methode, dass bei ihr die Schleimhaut in derselben
günstigen Lage sich befindet wie beispielsweise eine Statue ein
auf der Bühne befindlicher Gegenstand, der von den Soffitenlampen
beleuchtet wird. Im letzteren Falle haben wir es nämlich mit
Oberflächen zu thun, welche in ihrer ganzen Ausdehnung das Licht
diffus reflectiren, also keinen oder sehr geringen Glanz zeigen.
Für durchsichtige Gegenstände dagegen eignet sich diese Arider
Beleuchtung nicht.
Der oben formulirten Forderung, dass die zu beobachtende
Fläche eine möglichst gleichmässige Beleuchtung erhalten soll, um
eine objective Darstellung der zu untersuchenden Einzelheiten zu
ermöglichen, werden die von Leiter oonstruirten und noch mehr
die seitdem von Otis, Casper, Lang und Reiniger vervollkomm¬
nten urethroskopischen Instrumente in höherem Maasse gerecht.
Bei ihnen fallen (mit Ausnahme der Reiniger’schen) nämlich die
Lichtstrahlen parallel untereinander und zur Axe des Endoskops auf
die Schleimhaut. Der von Oberländer dagegen erhobene Einwand
der zu geringen Lichtintensität lässt sich durch die Wahl einer
genügend starken Lichtquelle, wie sie-sich bei Casper’s Instru¬
ment findet, mit Leichtigkeit vermeiden. Wenn Oberländer ferner
von störenden Reflexen und Zerstreuungskreisen redet, die aus Ein¬
führung einer stärkeren Beleuchtungsquelle resultiren, so habe ich
davon nichts bemerkt und sehe auch keinen rechten Grund dafür;
jedenfalls machen sich derartige Nebenwirkungen bei Anwendung
seiner Methode in weit höherem Grade geltend.
Besonders unbegründet müssen die Einwendungen Ob er¬
länder’s erscheinen, seitdem Casper das Prinzip des reflectirten
Lichtes in anderer Weise realisirt hat. Der reflectirende Spiegel,
durch welchen Leiter das Licht des Glühlämpchens in die Harnröhre
wirft, ermöglichte nur die Nutzbarmachung eines relativ schmalen
Lichtkegels für die Beleuchtung des Gesichtsfeldes, und von diesem
gelangte wiederum nur ein kleiner Theil in die Harnröhre, ent¬
sprechend dem Verhältniss des Speculumlumens zur Flächengrösse
des Hohlspiegels. Hierzu kommt, dass die Lichtstrahlen einen re¬
lativ langen Weg bis zu ihrer Endstation zurückzulegen haben.
Den Fehler des Leiter’schen Instruments, bei dem durch die un-
verhältnissmässige Grösse des Hohlspiegels nur ein geringer Theil
des verfügbaren Lichtes nutzbar gemacht wird, hat man bei einem
von Reiniger, Gebbert & Schall angefertigten Instrumente 1 )
dadurch zu beseitigen gesucht, dass man die durch eine Linse parallel
gemachten Strahlen in einen Concavspiegel wirft, gleichzeitig wieder
sammelt. Dadurch gelangt zwar ein viel grösserer Theil des
Lichtes in die Harnröhre, aber in Form eines Lichtbildes des Glüh¬
fadens, welches auf der Harnröhrenschleimhaut entworfen wird.
Es wird daher kein zusammenhängender, sondern ein ringförmiger
Bezirk derselben maximal erleuchtet; in der Mitte des Gesichts¬
feldes dagegen erscheint ein dunkler Bezirk. Casper wirft das
Licht durch ein Linsensystem von sehr geringer Brennweite in sein
total reflectirendes Prisma. Von dessen Hypothenusenfläche werden
sie annähernd parallel in die Hamröhrenfläche hineingeworfen.
Dasselbe Princip ist bei dem Lang’schen 2 ) Instrument verwerthet.
Dem im Vorhergehenden ausführlich erörterten theoretischen
Gesichtspunkte entspricht der verschiedene Eindruck, den das endo¬
skopische Bild der Urethra bei direkter Beleuchtung und bei Be¬
leuchtung mit reflectirtem Lichte bietet. Am schärfsten tritt die
Verschiedenheit der Bilder hervor, wenn man ein und dieselbe Stelle
unmittelbar hintereinander mit direktem und mit reflectirtem Lichte
betrachtet, was sich mittels der oben erwähnten von mir con-
struirten Vorrichtung 3 ) ohne Schwierigkeiten ausführen lässt. Diese
Vorrichtung ermöglicht, die mit dem Speculum fixirte Stelle der
Schleimhaut längere Zeit in dieser Lage zu erhalten und so einer
gründlichen Untersuchung und einem sich daran anschliessenden
therapeutischen Eingriff zugänglich zu machen.
Es würde hier zu weit führen, im einzelnen die Verschieden¬
heiten zu erörtern, welche die endoskopischen Bilder mittels dieser
beiden vergleichenden Untersuchungsmethoden ergeben haben. Ich
kann deshalb hier nur das Wichtigste mittheilen. Der unmittel¬
bare Eindruck ist ein, ich möchte sagen, bestechenderer, wenn man
0 Dasselbe wurde von Görl auf der Nürnberger Naturforscher-Ver¬
sammlung 1893 zuerst demonstrirt.
*) Der venerische Katarrh, dessen Pathologie und Therapie. Wies¬
baden, J. F. Bergmann, 1893, S. 52—55.
3) Vergl. S. 6 und Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 25.
m
mit direktem Lichte beobachtet. Das hell beleuchtete Gesichts¬
feld in welches man hineinblickt, contrastirt lebhaft gegen die
dunkle Umgebung; untersucht man mit reflectirtem Lichte, so
hat man sich erst an die von dem Trichter des Speculums reflectir¬
ten Lichtstrahlen zu gewöhnen.
Unterschiede in der Färbung der Schleimhaut treten um so
deutlicher hervor, je succulenter und blutreicher sie ist. Eine
solche Schleimhaut erscheint bei direkter Beleuchtung entsprechend
der hier besonders in Wirksamkeit tretenden pkaneroskopischen
Momente tiefer roth. Reflexe, die uns über die Fältelung der
Schleimhaut oft wichtige Aufschlüsse geben, fehlen oft, zum
Schaden der Deutlichkeit, fast ganz. Bei der Beleuchtung mit re¬
flectirtem Lichte erscheint eine solche Schleimhaut blasser und
nicht durchleuchtet. Aus der Intensität und der Form der Reflexe
ergeben sich Schlüsse in bezug auf die Feuchtigkeit der Mucosa,
sowie die Configuration und Ausbildung der Schleimhautfalten. Ist
allerdings die Urethra, wie häufig in den Spätstadien des Trippers,
infiltrirt, resp. wenig blutreich, so ist der Eindruck, welchen man
bei .Anwendung der beiden Beleuchtungsmethoden erhält, von
weniger grosser Verschiedenheit. — Weitere charakteristische Unter¬
schiede ergeben sich bei der Untersuchung der an der Oberfläche
sichtbaren Gebilde entsprechend der stärkeren Durchleuchtungs¬
fähigkeit des Gewebes. Bei direkter Beleuchtung erscheinen die Um¬
grenzungen der LittrO’schen Drüsen, sowie diejenigen der Laeuna
Morgagni grösser, sowie in ihren Conturen verschwommener, als bei
der Beleuchtung mit reflectirtem Licht. Granulationen entziehen
sich aus demselben Grunde bei direkter Beleuchtung häufig ganz der
Betrachtung, während sie bei reflectirtem Lichte schon durch den
Unterschied in der Färbung deutlich von der blässeren Umgebung
sich abheben. Sehr verschieden erscheinen auch die epithelialen
Auflagerungen bei beiden Untersuchungsmethoden. Handelt es sich
um geringere epitheliale Wucherungen an circumscripten Stellen der
Schleimhaut, so werden sie infolge der starken zur Geltung kommen¬
den Durchleuchtung des Gewebes fast ganz ausgelöscht, während bei
reflectirtem Lichte schon die zartesten Epithelial Wucherungen in
voller Schärfe zu Tage treten. — Erst bei stärkerer Ausbildung der
Epithelialbeläge, erst wenn sie infolge ihrer Dicke das tiefere Ein¬
dringen der auf sie treffenden Lichtstrahlen in die.Mucosa ver¬
hindern, also oberflächlich reflectirt werden, erscheinen sie auch
bei direkter Beleuchtung als weisse opake Flecken und Streifen.
Im allgemeinen lässt sich sagen, dass die auf der Schleimhaut
sichtbaren, insbesondere das Niveau überragenden Gebilde bei Be¬
leuchtung mit reflectirtem Lichte stets klar und scharf in die Er¬
scheinung treten, mögen dieselben nun durchsichtig sein oder
nicht, mag die Schleimhaut, die ihre Grundlage bildet, blutreich
und succulent sein oder anämisch und schlaff. Bei Anwendung
der seitlich einfallenden direkten Beleuchtung hingegen erscheinen
dieselben Gebilde um so undeutlicher, je durchsichtiger sie selbst
und die Schleimhaut, auf welcher sie sich befinden, ist. Für die
Zwecke der Diagnostik verdienen daher die Methoden, die mit re¬
flectirtem Lichte arbeiten, insbesondere die nach meiner Erfahrung
leistungsfähigste derselben, die nach Casper, entschieden den Vor¬
zug vor dem Nitze-Oberländer’schen Verfahren.
Im Anschlüsse hieran mag es mir gestattet sein, über die bei
beiden Methoden übliche Technik, sowie über die Leistungsfähig¬
keit beider bei intraurethralen Eingriffen meine Erfahrungen kurz
zu resümiren. Obwohl anzuerkennnen ist, dass die neueren, von
Oberländer und Kollmann an ihrem Urethroskop angebrachten
Verbesserungen die Handhabung dieses Instrumentes wesentlich
erleichtert und vereinfacht haben, so ist die letztere dennoch auch
jetzt noch recht complicirt und umständlich, umständlicher jeden¬
falls und für den Kranken lästiger als die Handhabung des
Casper’schen und ähnlicher Instrumente. Zunächst ist zu berück¬
sichtigen, dass bei Benutzung des Nitze-Oberländer’schen Ver¬
fahrens ceteris paribus die Verwendung dickerer Tuben nothwendig
ist, als bei den mit reflectirtem Lichte arbeitenden Methoden, da
die in die Harnröhre eingeführte Lichtquelle mit dem Spülapparat
einen relativ beträchtlichen Theil des Querdurchschnitts unsichtbar
macht. Wenn es nun auch in der Regel gelingt, in die cocaini-
sirte Urethra Tuben von weitem Kaliber einzüschieben und einen
für die Diagnose hinlänglich grossen Querschnitt zu gewinnen, so
darf doch nicht übersehen werden, dass dadurch oft die. ohnehin
entzündete Urethra in häufig recht unangenehmer, die Kranken
lebhaft irritirender Weise gereizt wird. Bei Untersuchungen mit
reflectirtem Lichte fällt dieser Uebelstand mehr oder weniger fort.
Man ist in der Lage, ein gleich grosses Gesichtsfeld bei Anwendung
von Tuben geringeren Kalibers, als bei direkter Beleuchtung mög¬
lich ist, zu übersehen, also auch unter geringerer Belästigung der
Kranken zu untersuchen.
Vor allen Dingen aber fällt hier die umständliche Kühlvorrich¬
tung der Nitze-Oberländer’schen Instrumente fort. Da die
Kühlröhre ein sehr enges Kaüber besitzt, so kommt es leicht
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660
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33
vor dass sie sich verstopft und die weitere Communication des
Wassers in dem Kühlrohr hemmt. Dies hat eine sofortige Steige¬
rung der Temperatur in der Harnröhre bis auf weit über 100 Grad
zur Folge und führt zu reflectorischen Bewegungen der durch
die plötzliche Hitze erschreckten Patienten, so dass nicht nur
das Gesichtsfeld, welches man untersucht, verändert wird, son¬
dern auch häufig Verletzungen der Harnröhre nicht zu umgehen
sind. Nun können allerdings derartige Zwischenfälle bei einiger
Aufmerksamkeit des Arztes vermieden werden, immerhin aber wird
vermöge des Umstandes, dass der Arzt bei der Untersuchung seine
Aufmerksamkeit so verschiedenen Dingen zuwenden muss, ein
ruhiges Arbeiten verhindert, oft ganz illusorisch gemacht.
Andere Nachtheile hat der Platindraht. Derselbe schwebt m
einer Entfernung von 1 mm über seiner metallenen, ihn kühlenden
Unterlage. Sobald er diese letztere nur an einem einzigen Punkte
berührt, reisst er sofort infolge der durch die Abkühlung bedingten
energischen Zusammenziehung an der Contactstelle und muss meist
durch einen neuen ersetzt werden. Dass dies bei der Feinheit des
Drahtes nicht immer leicht ist, jedenfalls Ruhe und Zeit erfordert,
wird mir jeder zugeben, der mit dieser Lampe gearbeitet hat und
durch das Durchbrennen derselben während der Untersuchung un¬
angenehm überrascht wurde. Dass durch die Berührung von in
die Harnröhre eingeführten Instrumenten mit dem Draht, die sich
oft selbst bei subtilster und exactester Handhabung nicht vermeiden
lässt, gleichfalls Durchtrennungen hervorgerufen werden, brauche
ich hier nicht näher zu erörtern. Aus diesem Grunde ist es auch
unmöglich, bei Anwendung der Nitze-Oberländer’schen Methode
das Gesichtsfeld unter der Controlle des Lichts von Schleim u. s. w.
frei zu machen. Handelt es sich nun um eine stark secernirende
Harnröhrenpartie, bei der alle Augenblicke das Gesichtsfeld von
störendem Secret überschwemmt wird, so ergiebt sich für den mit
dieser Methode arbeitenden Endoskopiker die Nöthigung, die Unter¬
suchung diirch vorsichtige Herausnahme der Lampe zu unterbrechen.
Die mit rcflectirtem Lichte arbeitende Methode, wie ich sie
ausführe, kennt alle diese Uebelstände nicht. Die Glühlampe
ist keinerlei störenden Einflüssen ausgesetzt. Brennt sie durch,
so ist sie in wenigen Secunden ohne Schwierigkeit durch eine
andere zu ersetzen. Das eingestellte Licht beleuchtet gleichmässig
die zu untersuchende Partie ohne Belästigung der Kranken und
ohne dass Spülvorrichtungen nothwendig sind. Die Reinigung des
Gesichtsfeldes vollzieht sich unter Controlle der fixirt bleibenden
Lampe. Besonders vortheilhaft hat sich mir die combinirte An¬
wendung des Casper’schen Instrumentes mit meinem Halter er¬
wiesen in allen den Fällen, in welchen es sich darum handelte,
locale intraurethrale Eingriffe unter Controlle des Lichtes auszu¬
führen. Abgesehen davon, dass nach Einstellung und Fixirung
der zu behandelnden Partie dem Operateur die freieste Beweglich¬
keit bleibt (bei der Oberländer’schen Vorrichtung, wie sie bisher
bestand, war die eine Hand des Arztes durch das Fixiren des
Tubus völlig in Anspruch genommen), fehlen hier alle die Uebel¬
stände, die in der Berührung der intraurethralen Instrumente mit
dem Platindraht und dem dadurch bedingten Verlöschen der Lampe
die Untersuchung mittels Oberländer’scher Beleuchtung so wesent¬
lich erschweren. Es soll ja nun keineswegs geleugnet werden,
dass durch langdauernde Uebung die Häufigkeit der erörterten Zu¬
fälle eingeschränkt werden kann, gänzlich yermieden können die¬
selben jedoch niemals werden. Es ergiebt sich somit aus meinen
Beobachtungen, dass das Nitze-Oberländer’sche Verfahren so¬
wohl in technischer Hinsicht, wegen seiner grossen Umständlich¬
keit und Complicirtheit, als auch nach optisch-diagnostischer Seite
hin, weil es nicht ein reines Oberflächenbild giebt, der gegenwärtig
leistungsfähigsten der mit reflectirtem Lichte arbeitenden Methoden,
der, von Casper empfohlenen, entschieden nachsteht.
Bei der streng mathematischen Formulirung der in diesem
Aufsatze in Betracht kommenden physikalischen Verhältpisse bin
ich durch den sachkundigen Rath meines Bruders, des Dr. phil.
cand. med. Th. Lohnstein unterstützt worden.
IV. Aus der chirurgischen Ahtheilung. des Allerheiligen-
Hospitals in Breslau.
Exstirpation eines basilaren Rachentumors
nach Resection des harten Gaumens (Me¬
thode von Gussenbauer 1 ).
Von Sanitätsrath Dr. 0 . Eiegner.
Dieser 18jähnge Arbeiter (Carl Becke) litt an einem Nasenrachen¬
tumor, dessen Symptome sich ihm seit etwa anderthalb Jahren bemerklich
gemacht hatten. Herr Dr. Brieger hatte zunächst versucht, die Ge-
*) Nach einer Demonstration in der medicin. Section der Schics.
Gesellschaft für Vaterl. Cultur am 16. Februar 1894.
schwulst elektrolytisch zu zerstören, die Versuche scheiterten indess an
der grossen Ausdehnung dereelben, weshalb der Patient mir zur Radical-
operation freundlichst überwiesen wurde.
Der Tumor füllte die ganze Nasenrachenhöhle aus und wölbte den
weichen Gaumen hervor. An der rechten Seite war er wegen Ver¬
wachsungen mit der seitlichen Rachenwand nicht zu umgreifen, an der
linken konnte der Finger nur mit Mühe an seinen Ursprung von der
Schädelbasis Vordringen, an der er breitstielig aufsass. In die rechte
Nase hatte er einen dieselbe ganz ausfüllenden und verbreiternden Fort¬
satz geschickt, welcher an der vorderen Nasenöflhung zum Vorschein
kam. Die Nasenathmung war vollständig behindert
Bei der vorsichtigsten Untersuchung und häufig auch spontan traten
heftige Blutungen ein, welche den Patienten schon sehr anämisch ge¬
macht hatten. In den letzten Wochen wurde er zudem von anhaltenden
heftigen Stirnkopfschmerzen gepeinigt. Die möglichst baldige radicale
Entfernung der Geschwulst war demnach dringend indicirt.
Für die Operation der basilaren Nasenrachenfibrome sind die ver¬
schiedensten Methoden angewandt worden. In leichteren Fällen, namentr
lieh wenn der Polyp nicht mit zu breitem Stiele der Schädelbasis auf¬
sitzt, gelingt es mitunter, ihn mittels der von der Nase aus eingeführten,
vom Munde aus entfalteten und um ihn hinaufgeführten galvanokaustischen
Schneideschlinge abzutrennen. Ich habe diese Operation mehrfach von
meinem Lehrer Middeldorpf ausführen sehen und später auch selbst
einige male gemacht. Doch bleibt dabei wohl immer ein Stielrest zurück,
welcher zu Recidiven Veranlassung giebt. Im vorliegenden Falle wäre das
Verfahren überhaupt nicht anwendbar gewesen. Man hat ferner als Vor¬
operation die Spaltung des Velum palatinum gemacht, doch abgesehen davon,
dass damit selten bei umfangreicheren Tumoren ein ausreichender Zugang ge¬
wonnen und die radicale Exstirpation gesichert wird, ist nachher noch die
Staphylorrhaphie erforderlich, eine Operation, die bekanntlich recht un¬
bequem werden kann und selbst in den geschicktesten Händen nicht immer
zur primären Heilung führt. Von aussen ist man zur Geschwulst vor¬
gedrungen durch Spaltung der Nase, durch Resection des Vom er und des
Processus nasalis, sowie endlich durch temporäre osteoplastische Oberkiefer-
resection nach Weber oder Langenbeck. Nur das letztere Verfahren
gewährt einen ausreichend freien Zugang zur Geschwulst bis zu dessen
Ursprungsstelle, doch ist es eine sehr eingreifende und für die meist durch
vorhergehende Hämorrhagieen geschwächten Patienten nicht unbedenk¬
liche Hülfsoperatiön. Ein Tod durch Verblutung dabei, welchen ich unter
den Händen eines der bewährtesten Chirurgen mit angesehen habe, steht
mir noch in lebhafter Erinnerung. Jedenfalls aber bleibt danach oft eine
grosse störende Narbe im Gesicht zurück, die nicht jeder Patient mit in
den Kauf nehmen mag. Die Operation wird deshalb nicht selten ver¬
weigert. Um diese Uebelstände zu vermeiden, ersann Gussenbauer ein
neues Verfahren, über welches er auf dem Chirurgencongress 1879 berichtete
und mittels dessen er damals ein wallnussgrosses, basilares Rachenfibrom
exstirpirt hatte. Er durch trennt die Weich theile des harten Gaumens bis
an das Velum heran in der Mittellinie, schiebt wie bei der Uranoplastik
die beiden mucös-periostalen Lappen bis an den Alveolarfortsatz zurück
und meisselt den ganzen knöchernen Gaumen, also die Processus palatuu
der Oberkiefer und die Ossapalatina in einem zusammenhängenden Stück
heraus. Nachdem die Geschwulst von dieser weiten Oeffnung aus ent¬
fernt ist, wird die Gaumenwunde sofort wieder geschlossen. Vergleichende
Versuche am Cadaver zeigten mir, dass durch diese leicht und rasch aus¬
zuführende Operation ein weit besserer Zugang zur Schädelbasis ge¬
schaffen wird, als durch die schwierigere, eingreifende und eventuell ent¬
stellende temporäre Oberirieferresection. Es werden dadurch beide Nasen¬
höhlen freigelegt und der ' ganze Nasenrachenraum bis zur Schädelbasis
nicht nur dem Gefühl, sondern auch dem Gesicht direkt zugänglich ge¬
macht. Ich wählte daher diese Methode und führte die Operation am
8. November v. J. bei hängendem Kopf in Chloroformnarkose aus.
Sie Verlief ganz glatt und typisch, nur war der Knochen rechts schon
so sehr durch den Druck des Tumors verdünnt, dass hier der mucös-
periostale Lappen an einer kleinen Stelle einriss. Ich konnte bequem die
Verwachsungen der Geschwulst mit der rechten Rachensdte trennen, den
Nasenfortsatz aus seinem Lager herausheben und nach hinten luxirem una
löste schliesslich den breiten Stiel mit einem Handmeissei von der Schädel¬
basis los, gleichzeitig eine dünne Knochenlamelle mit fortnehmend, um
der radicalen Ausrottung ganz sicher zu sein. Die Blutung war bei dei
Schnelligkeit des Vorgehens nicht sehr beträchtlich und konnte durch
Tamponade gut.beherrscht werden. Ich stopfte die Nasenrachenhöhle mit
einem Jodoformgazestreifen aus, welchen ich zum rechten Nasenloch her¬
ausführte. Dann schloss ich “sofort den bis an das Velum palatinum
reichenden Gaumenspalt durch einige Nähte, ebenso die kleine seitliche
Risswunde. - .
Der Tumor war etwa gänseeigross, wie Sie aus dem durch bpintus
stark geschrumpften Präparat ersehen, und erwies sich bei der mikro¬
skopischen Untersuchung — wie gewöhnlich in diesen Fällen »
cavemöses Fibrom, woraus auch die starke Neigung zu Blutungen sich erkläre.
Patient erholte sich rasch von dem Eingriff. Am dritten Tage wurae
der Tampon, am fünften und siebenten’ die Nähte entfernt. Die Gaumen¬
wunde heilte per primam bis auf eine kleine, in der Mitte gelegene
Stelle, welche sich später spontan schloss.- . . •
Jetzt, nach 3‘/a Monaten, sieht der Mann blühend aus und ist rre
von allen Beschwerden. Der Gaumen fühlt sich schon wieder ziemlich ies
und knöchern an. In der Mitte desselben sieht man nur eine ferne Naro .
Nach dieser Beobachtung kann ich also die Güssen bau er sc
Operatiönsmethode für die basilaren Rachentumoren, welche, nach a
Litteratur der letzten Jahre zu schliessen, nicht die verdiente N ac *
ahmung gefunden zu haben scheint, nur dringend empfehlen, weilsie
rascher und leichter Weise freien Zugang schafft und keinerlei Detee
oder. Entstellung zurücklässt • . __
— by
Go igle
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16. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
661
V. Aus der chirurgischen Ahtheilung des Herrn Geheimrath
Prof. Dr. E. Hahn im städtischen allgemeinen Kranken¬
hause am Friedrichsliain in Berlin.
Zur operativen Behandlung der
Zwerchfellshernien. 1 )
Von Dr. Alfred Neumänn, Assistenzarzt.
In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschaft am
25. Januar vorigen Jahres berichtete Abel 2 ) über eine Patientin
mit Zwerchfellshernie, bei welcher einen Tag vorher, nachdem die
Diagnose mit Bestimmtheit gestellt war, die Radicaloperation in
Angriff genommen, aber nicht zu Ende geführt wurde.. Ausser in
diesem Falle ist, wie ich bisher bei der Durchsicht der Litteratur
ermitteln konnte, nur noch viermal bei Hernia diaphragmatica operirt
worden, je einmal von Bardenheuer 3 ) 1879 und von GalassH)
1885, welche beide erst bei der Section die Hernie erkannten, dann
von 0’Dwyer r> ) 1888, welchem sich die Hernie in einem Pleura¬
empyem präsentirte, und von Naumann 6 ) im Jahre 1884, der die
Hernie vorher erkannte, aber eben so wenig wie Abel die Operation
zu Ende führen konnte. Unter diesen Umständen dürfte die
Geschichte eines Kranken von Interesse sein, welchen ich am
3. April er. auf der Abtheilung des Herrn Geheimrath Hahn zu
operireri Gelegenheit hatte.
Patient, ein 29jähriger Gastwirth, wurde in die innere Abtheüung
unseres Krankenhauses eingeliefert. Anamnestisch wurde ermittelt, dass
derselbe, hereditär in keiner Weise belastet, abgesehen von Kinderkrank¬
heiten, vorher niemals ernstlich krank gewesen sei. Er hat sehr viel ßier
getrunken, oft 50—60 Glas pro Tag, tmd häufig Morgens nüchtern heftiges
Erbrechen gehabt. Drei Wochen' vor seiner Aufnahme will er einen Tag
an \ erstopfung gelitten haben, die nach’ geringen Gaben 01. Ricini ge¬
hoben wurde, sonst soll seine Darmfunction stets eine durchaus normale
und ungestörte gewesen sein. Am 24. März, Nachmittags 5 Uhr fühlte
Patient, angeblich nach dem Genüsse frischen Kuchens und nachdem er
während der vorhergegangenen Feiertage besonders viel getrunken hatte,
plötzlich einen heftigen Schmerz links von der Nabelgegend, der sich in
den Tagen darauf nach der Gegend rechts vom Nabel verzog. Am 25. März
Morgens hatte Patient noch etwas Stuhl, sonst sollen seit dem Eintritt der
Schmerzen bis zu der neun Tage darauf folgenden Operation weder Winde,
noch Stuhl abgegangen sein. Der Leib schwoll an, es trat Aufstossen
und in den: ersten Tagen galliges Erbrechen auf. Klystiere, die in reichem '
Maasse gemacht wurden, hatten keinen Erfolg, so dass Patient am 2. April
Abends zur operativen Weiterbehandlung nach der chirurgischen Abtheilung ;
verlegt wurde. Hier verschlechterte sich der Zustand zusehends. Noch
in derselben Nacht trat zum ersten Male reichliches Kothbrechen auf. Am
anderen Morgen wurde sofort zur Operation geschritten.
Kurz vor der Operation war der Zustand folgender: ,
Kräftig gebauter, gut genährter, blasser Mann mit ängstlichen Ge¬
sichtszügen.
Temperatur 36,0°; Puls 110, etwas gespannt, regelmässig. Respiration
ruhig, ohne Anstrengung, mit etwa 20 Athemzügen in der Minute. —
Patient nimmt die flache Rückenlage ein.
Bei der Untersuchung der Lungen fiel percutorisch der relativ hohe
Rand der unteren Lungengrenzen auf; dieselben reichten rechts vorn bis
zur fünften, links vorn bis zur vierten Rippe.
Die Herzdämpfung war stark eingeengt, der Spitzenstoss schwach ;
und dicht unterhalb der linken Mämmilla zu fühlen. Herztöne rein.
Noch auf dem Operationstische sah man deutlich in der Regio axillaris
sinistra eine etwa dem Ansätze des Zwerchfolles entsprechende Linie mit der
Respiration sich auf- und abbewegen, ohne dass diesem Symptome weiter
nachgegangen wurde.
Das Abdomen war mässig stark aufgetrieben, und zwar war diese ;
Auftreibung des Leibes unterhalb des Nabels bedeutend stärker als ober¬
halb desselben. Einzelne geblähte Darmschlingen zeichneten sich deutlich
an den Bauchdecken üb. In einem handtellergrossen Bereiche rechts und
etwas oberhalb vom Nabel bestand stärkere Druckempfiridlichkeit, keine
deutliche Resistenz, während sonst am Abdomen weder palpatorisch, noch
percutorisch etwas Abnormes nachweisbar war.
Die Leberdämpfung war verkleinert, nach oben verschoben. Die
Milz nicht deutlich percutirbar.
Das Rectum war vollkommen frei von Stuhl, im Urin kein Eiweiss,
reichlich Indican.
Bezüglich der Wahl des operativen Vorgehens war die Frage
zu entscheiden: Ist die Darmocclusion, welche in ihrem vollen
Symptomenbilde seit neun Tagen bestand, bedingt durch ein acci-
dentelles Hinderniss im Darm, wie bei Koprostase, Gallensteinen
oder bei Tumor, wobei der Darm selbst in seiner Ernährung nicht
beeinträchtigt zu sein braucht, oder droht zugleich eine Ernährungs¬
störung des Darmes durch Incarceration, Volvuius oder Invagination?
*) Vortrag, gehalten in der Sitzung der Freien Vereinigung der
Chirurgen Berlins am 21. Mai 1894.
*) Karl Abel, Verhandlungen der Berliner medicinischen Gesell¬
schaft, Bd. XXIV, 2, 316.
*) E. Bardenheuer, Berliner klinische Wochenschrift 1879.
4 ) Galassi, Lo Sperimentale. Marzo 1885.
6 ) O’Dwyer, Med. Record 1888, S. 417.
®) G. Naumann, Hygien. Festband No. 15. 1889.
In. ersterem Falle hätte man — nach den bei uns herrschenden
Principien — mit der Laparotomie noch warten können, und es
würde vor der Hand nur ein Anus praeternaturalis anzulegen ge¬
wesen sein. In letzterem Falle war die sofortige Ausführung der
Laparotomie indicirt, und zwar weil einerseits der zur Zeit be¬
stehende Meteorismus des Darmes nicht so hochgradig war, dass
durch denselben der Verschluss der Bauchdecken wunde gefährdet
zu sein schien, andererseits mit jeder Stünde Wartens der Meteo¬
rismus sowohl, wie die Gefahr der geklemmten Darmschlinge
grösser wurde. . '
Gegen eine einfache Koprostase sprach der ganze Krankheits¬
verlauf, die voraufgegangene, durchgehende regelmässige und nor¬
male Darmfunction. Für occludirende Gallensteine war weder in
der Anamnese, noch im Status irgend ein Zeichen vorhanden. Bei
Darmtumoren pflegen die Occlusionserscheinungen nicht so plötz¬
lich und nicht sogleich so vollkommen einzutreten. So blieb nur
übrig, Incarceration, Volvuius oder Invagination anzunehmen.
Was den Ort der Occlusion anbetrifft, so konnte aus dem Be¬
funde ein sicherer Schluss nicht gewonnen werden. Dass die
Occlusion in den tieferen Abschnitten des Darmes sitzen musste,
dafür sprach das exquisit kothige Erbrechen, andererseits konnte
das relativ geringere Aufgetriebensein der oberen Bauchgegend
dahin gedeutet werden, dass der Dickdarm daselbst weniger be¬
theiligt war. Nach dieser Erwägung und die Schmerzhaftigkeit
rechts von der Nabelgegend in Rechnung ziehend, entschloss ich
mich, handbreit oberhalb des Nabels, und zwar in der Mittellinie
die Bauchdecken zu eröffnen. i
Nach Eröffnung der Peritonealhöhle ‘fiel sofort auf das Fehlen des
Netzes und des Colon transversnm; vor lagen stark geblähte Dünndarm-
schlingen, deren Serosa getrübt und mit leichten fibrinösen Flocken be¬
setzt war und deren Gefässe stark injicirt waren. Zugleich flössen einige
Esslöffel leicht hämorrhagisch tingirter, trüb seröser Flüssigkeit ab. Es
bestand also bereits eine ausgesprochene, wenn auch beginnende Peri¬
tonitis.
Zur Erklärung der obigen Schmerzhaftigkeit rechts von der Nabel¬
gegend wurde zuerst nichts, bei tieferem Eingehen der Hand jedoch eine
aus der Tiefe der Regio hypochondriaea dextra kommende, gespannte
Membran gefunden, die sich, nachher als das angespannte, Mesocolon trans-
versum herausstellte. '
Ich suchte nun zuerst systematisch den Dünndarm ab. Da an diesem
das Hinderniss nicht zu finden war, ging ich mit der Hand nach der
Flexura sigmoides, welche sich' vollkommen leer und contrahirt erwies,
ebenso wie das Colon descendens. Im weiteren Verfolg des Darmes kam
ich nun unmittelbar an der Flexura colica sinistra an ein etwa markstück¬
grosses, kreisrundes Loch mit scharfen Rändern, welches zweifellos im
Zwerchfell sich befand. In diesem Loche verschwand von links her das
collabirte Darmstttck, während nach rechts hin das stark geblähte- Colon
transversum, von einem' fingerbreiten Streifen des Omentum majus be¬
gleitet, abging und in flachem Bogen stark angespannt, nach der Flexura
colica dextra hin sich verlor. Der Magen war etwas um seine Längs¬
achse gedreht, so dass seine grosse Curvatur etwas nach vorn und der
der grossen Curvatur zunächst liegende Theil der hinteren Fläche nach
unten gerichtet war. Die Diagnose „Zwerchfellshernie“ war nun unschwer
zu stellen.
Eine genauere Abtastung der Bruchpforte, wobei es mir gelang, den
linken Zeigefinger zur Hälfte in die Pleurahöhle einzuführen, ergab fol¬
gende Verhältnisse: Wie schon erwähnt, kam von links her der collabirte
Colontheil und ging um don freien scharfen Rand der linken Circuraferenz
des Zwerchfellloches, ohne mit demselben Verbindungen einzugehen, in die
Brusthöhle. An der rechten Circumferenz des Loches war das dem zufüh¬
renden Colontheile anhaftende Netz breit und fest angewachsen. In der
Pleurahöhle lag eine etwa 50 cm lange, stark aufgeblähte Darmschlingb
kranzförmig um die Zwerchfellskuppel herum, welcheihre normal nach oben
convoxo Wölbung behalten hatte. Das grosse Netz lag in {ler Mitte dieses
Kranzes zu einem Klumpen zusammengeballt.
Die Reposition wurde nun in folgender Weise ausgeführt. Zuerst
wurdon nach Erweiterung der Bauchdeckenwunde die im linken Hypo-
chondrium liegenden Darmschlingen, in warme Tücher gehüllt, ausserhalb
der Bauchhöhle gelagert und mit winkeligen und geraden Ecarteurs die
Bruchpforte dem Auge zugänglich gemacht und sorgfältig mit Jodoform¬
gaze umstopft. Dann wurde unter grossen Schwierigkeiten die Adhäsion
zwischen Netz und Zwerchfell mit Hülfe von Aneurysmanadoln doppelt
unterbunden und durchschnitten. Da der dislocirte Darm auf leichten Zug
noch nicht folgte, wurde in den lateralen, linksseitigen Rand des Dofectes
zwischen zwei breitfassenden Pdans eine etwa 3 cm tiefe Incision gemacht.
Nun gelang es leicht durch vorsichtigen, continuirlichen Zug zuerst den
incarcerirten Darm und dann das Netz zurückzubringen. Sofort blähte
sich das vorher collabirte Colon descendens auf.
Sogleich nach der Reposition der dislocirten Eingeweide wurdo der
Zwerchfelldefect mit einem dicken Jodoformgazetampon geschlossen.
Trotzdem war es nicht zu verhindern, dass mit zwei Inspirationen unter
schlürfendem Geräusche etwas Luft in den Pleuraraum eintrat.
Der letzte Act der Operation war ohne Besonderheiten. Der reponirte
Darm unterschied sich wenig von dem übrigen Darm. Das sehr fettreiche,
vielfach thrombosirto und stark sugillirte Netz wurde abgetragen, dio
beiden Klemmzangen an der Bruchpforte wurden entfernt, imd nachdem
ich mich überzeugt hatte, dass es nirgends blutete, wurden die eventrirten
Darmschlingen reponirt und die Bauchwunde mit Hülfe von Hegar sehen
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DEUTSCHE MEDICINfSCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33
Nadeln geschlossen; durch den oberen Wundwinkel wurden die das
Zwerchfellloch tamponirenden Gazestreifen herausgeleitet.
Die ganze Operation dauerte l a /s Stunden. Die Narkose, zu welcher
240 ccm Aether gebraucht wurden, war vielfach durch Kothbrechen, das
trotz reichlicher Magenausspülungen unmittelbar vor der Operation nicht
aufgehört hatte, gestört.
Patient erholte sich bald nach der Operation, nach zwei Stunden
war er vollkommen klar. In den Nachmittagsstunden fühlte er sich
leidlich wohl. Doch blieb der Puls klein, frequent, hatte etwa 120 Schläge
in der Minute. Der Kranke stiess weiter wioderholt auf und erbrach noch
einmal geringe Mengen schleimiger, nicht kothiger Flüssigkeit. Des Abends
wurde er sehr unruhig, es traten kalte Schweisse auf, und um Mitternacht
starb er ziemlich plötzlich nach kurzer Agone.
Von dem Befunde bei der Section will ich nur das wichtigste
mittheilen.
Der Darm war durchweg sehr stark aufgebläht, besonders stark das
Colon und vor allem das Coecum. Die einzelnen Schlingen waren mit¬
einander vielfach verklebt.
Nach Herausnahme des Darmes zeigte sich etwa folgendes Bild. Der
stark aufgetriebene Magen ist mässig mit Flüssigkeit gefüllt, normal ge¬
lagert. Ueber demselben liegt ein Gazetampon, welcher von der Bauch¬
deckenwunde kommend, durch ein in dem Zwerchfelle befindliches Loch
in die linke Pleurahöhle geht, wo er knapp über dem Loche endot. Das
Loch hat die Grösse eines Markstückes. Es befindet sich in der Höhe
der mittleren Axillarlinie etwa gegenüber der sechsten Rippe, etwa 4 cm
vom Zwerchfellsansatze entfernt. Die Ränder desselben sind abgerundet,
nur an zwei gegenüberliegenden Stellen fetzig. An dem Loche hängen
einzelne kleine Ueberreste von Netz, die mit Seidenßiden abgebunden
sind. — Ein etwa l /s m langes Stück des Quercolon ist in seiner Wandung
vordickt, lebhaft geröthet und dadurch scharf von dem übrigen Darme
abgehoben. An diosem Darmstücke sind zahlreiche graugrünlich gefärbte
Stellen, welche durch den ganzen Darm hindurchdringen und auf der
Serosa deutlich hervortreten. Der Darm ist an diesen Stellen äusserst
dünn. Auch im übrigen Colon transversum und ascendens, besonders
im Coecum und im ganzen Dünndarm, finden sich ähnliche Stellen wie
die zuletzt beschriebenen. Die Follikel des ganzen Darmtractus bis in
das oberste Drittel des Jejunum sind theils geschwollen, theüs ulcerirt.
Die Lungen sind normal geformt, normal gelagert, frei im Pleura¬
raum. Beide Lungen sind durchweg lufthaltig ödematös. Das Herz ist
schlaff, frei im Herzbeutel. Das Parenchym der drüsigen Organe ist
getrübt.
Wir haben es also mit einer Hernia diaphragmatica spuria zu
thun, und zwar sprechen die anatomischen Verhältnisse des De-
fectes einerseits, in Sonderheit die Form, die Beschaffenheit des
Randes, der Sitz an einer entwickelungsgeschichtlich prädisponirten
Stelle, wie Waldeyer auseinandergesetzt hat, andererseits das
Fehlen jeden Traumas in der Anamnese dafür, dass der Zwerchfell-
defect ein congenitaler ist. Es ist wohl anzunehmen, dass durch
das häufige Erbrechen des Potators, vielleicht auch gefördert durch
eine Indigestion am Tage der Einklemmung, stärkere peristaltische
und antiperistaltische Bewegungen des Darmes angeregt wurden,
welche das Netz in die Nähe des Zwerchfelldefectes gebracht haben.
Durch den negativen intrathoracischen Druck bei Gelegenheit einer
Inspiration ist dann das Netz und allmählich von links nach rechts
fortschreitend ein Theil des Colon transversum nach dem anderen
nachgezogen worden. In derselben Weise ist ja auch der Ent¬
stehungsmechanismus bei der AbeFschen Hernie von J. Schwalbe
angenommen worden. Vielleicht könnte hiermit auch das von
Patienten geschilderte Wandern der schmerzhaften Stelle am Ab¬
domen von der linken Bauchseite zur rechten in Beziehung ge¬
bracht werden.
Die Diagnose „Zwerchfellshernie“ ist, wie aus meinen vor¬
herigen Auseinandersetzungen hervorgeht, vor der Eröffnung der
Bauchhöhle nicht gestellt worden. Es fragt sich nun: würde man,
wenn man die Hernie vorher erkannt hätte, einen anderen Weg
des operativen Vorgehens eingeschlagen haben. Diese Frage, glaube
ich, ist zu verneinen, wie ich mit wenigen Worten auseinander¬
setzen möchte.
Nach der klinischen Bedeutung lassen sich die Zwerchfell«
heraien in drei Kategorieen eintheilen:
1) in die Fälle, bei welchen ein Zwerchfelldefect, und zws
meist ein sehr grosser, Baucheingeweide in die Brusthöhle eir
treten lässt, ohne dass die Patienten irgend welche Beschwerde
verspüren — diese Fälle dürften, wenn sie zufällig einmal dit
gnosticirt werden sollten, kaum jemals Anlass zu operativem Voi
gehen geben;
tt ^j e Fälle, bei welchen Baucheingeweide in solchei
Umfange in den Brustraum eingetreten sind, dass eine ganze Pleura
höhle von denselben eingenommen wird und die Patienten Be
sohwerden äussern, welche bedingt sind einmal durch die Beengun
und Verlagerung der Brustorgane, auf der anderen Seite durch di
Beeinträchtigung der Function der Baucheingeweide.
Die 3. Kategorie bilden dann diejenigen Fälle, bei denen durc
emen relativ kleinen Defect im Zwerchfell ein Stück Darm durch
geschlüpft und eingeklemmt ist.
Die bisher intra vifcam und ante operationem mit Sicherhei
diagnostioirten Fälle — im ganzen drei — gehören alle der zweiten
Kategorie an. Bei den kleinen Hernien fehlen die Zeichen, die
Abel, Leichtenstern, Guttmann als pathognomonisch hervor¬
gehoben haben. Es fehlt die kahnförmige Einziehung des Abdomens,
wie sie durch die Dislocation einer grösseren Menge von Bauch-
eingeweiden trotz Blähung derselben ermöglicht wird. Es fehlen
die Erscheinungen von Compression und Verlagerung der Brust¬
organe und die physikalischen, die percutorischen und ausculta-
torischen Symptome an den Brustwandungen, oder die letzteren sind
so wenig ausgeprägt, dass sie sich einer richtigen Deutung ent¬
ziehen. Ein Symptom allerdings, welches auch in unserem Falle
aufgefallen, aber nicht verwerthet worden ist, wird gelegentlich
einmal zur richtigen Diagnose verhelfen können. Bekanntlich hat
Litten schon Ende der 70 er Jahre und neuerdings durch Becher
darauf bingewiesen, dass die Stelle, an welcher sich das Zwerch¬
fell bei der jedesmaligen Inspiration von der Brustwand abhebt,
besonders in der axillaren Partie des Thorax gekennzeichnet wird
durch eine Wellenlinie, welche sich meist von der sechsten Rippe
ein oder zwei Intercostalräume nach abwärts bewegt. Uns ist
durch Zufall, während der Patient narkotisirt wurde, diese Linie
an normaler Stelle aufgefallen, während vorher constatirt worden
war, dass fast handbreit höher hinauf tympanitischer Schall be¬
stand. Eine Combination aus diesen beiden Beobachtungen hätte
vielleicht die Vermuthung aufkommen lassen können, dass, da ein
Pneumothorax auszuschliessen war, innerhalb der Pleurahöhle ober¬
halb des Zwerchfelles lufthaltige Baucheingeweide sich befanden.
Jedoch über diese Vermuthung wären wir nicht hinaus¬
gekommen und wird man wohl in ähnlichen Fällen kaum hinaus¬
kommen können. Ohne sicheren Anhalt aber den Thorax zu er¬
öffnen und zu den Gefahren des Ileus noch die des Pneumothorax
hinzuzufügen, dürfte kaum berechtigt sein. Aus diesem Grunde
wird man bei analogen Verhältnissen kaum schwanken und die Ab-
dominalhöhle eröffnen.
Ebenso wird man keinen Augenblick Bedenken tragen, die
Reposition von der Seite der Pleurahöhle aus vorzunehmen in den
Fällen, in welchen letztere durch ein Trauma schon eröffnet ist
oder in welchen vielleicht infolge von Gangrän des incarcerirten
Darmtheiles die Symptome eines pleuritischen Exsudates oder eines
Pyopneumothorax deutlich vorhanden sind.
Anders verhält es sich mit den Zwerchfellshemien der zweiten
Kategorie, bei welchen mehr oder minder eine ganze Pleurahöhle
mit Baucheingeweiden gefüllt ist und Beschwerden bestehen. Sind
diese Hernien diagnosticirt, so bleibt uns völlig freie Wahl, von
der Pleurahöhle aus, oder von der Abdominalhöhle, oder von beiden
Höhlen zugleich vorzugehen.
Ich sehe von den weniger operativen, vielmehr rein mechani¬
schen Maassnahmen ab, welche gelegentlich einmal zum Ziele
führen können; dahin gehören der Vorschlag Laönnec’s, 1 ) den
Simon'sehen Handgriff zu versuchen, d. h. durch hohes Eingehen
mit der Hand in das Rectum die dislocirten Eingeweide aus der
Zwerchfellsöffnung herauszuziehen, oder nach Nicolaus 2 ) in der
Weise einen Zug auf den Bruch ausüben, dass man den Magen
oder den Darm mit Wasser anfüllt.
Bezüglich der zuletzt erwähnten grossen Zwerchfellshernien,
wenn sie Beschwerden verursachen, dürfte wohl der Ansicht
Perman’s 8 ) beizupflichten sein, welcher nach Versuchen an
Leichen zu dem Schlüsse gekommen ist, dass die Zwerchfells¬
hernien nicht durch Laparatomie zu reponiren sind, sondern dass
die Reposition dieser wie bei allen anderen Hernien womöglich
von der Seite stattfinden müsse, auf welcher der Bruch hegt.
Per man schlägt zugleich vor, durch Bildung eines hufeisenförmigen
Lappens an der Brustwand mit der Basis an der Seite und mit
Resection von Rippen sich Zugang in die Pleurahöhle zu verschaffen.
Bei den grossen Hernien wird durch die Eröffnung der
Pleurahöhle nichts geschadet, denn die Lunge ist vorher schon
collabirt oder vielmehr comprimirt, es wird vielmehr genützt, denn
das Herz wird entlastet.
Es wird ferner durch Eröffnung der Pleurahöhle ein gefähr¬
liches Repositionshindernis beseitigt. Bei den kleineren Hernien
wie bei unserem Patienten ist es ein leichtes, den Darm, wenn er
nicht angewachsen ist, aus der Pleurahöhle herauszuziehen, weil
die Lunge wenig oder gar nicht comprimirt ist und die Möglich¬
keit gegeben ist, dass an Stelle des entfernten Baucheingeweides
Luft durch die Bronchien in die Lunge eintritt. Bei den grossen
Hernien ist die meist völlig und längere Zeit comprimirte Lunge
nicht ausdehnungsfähig und deswegen ein voluminöseres Organ
wie der Magen, wenn nicht der Zwerchfelldefect ausserordentlich
gross ist, aus dem allseitig geschlossenen Thoraxraum nicht ent-
*) cf. Abel 1. c.
a ) Nicolaus, Centralblatt für Chirurgie XIII, 6, 1886.
Perm an, Schmidt’s .Jahrbücher 231, S. 223, 1891.
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16. August,
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
663
fernbar. Aus diesem Grunde konnte in dem Abel’sehen und indem
Naumann’sehen Falle die Operation nicht zu Ende geführt werden.
Weiter wird man in der Mehrzahl der Fälle an den Zwerch-
felldefect besser von der Brusthöhle aus als von der Abdominal¬
höhle herankommen. In der grossen Mehrzahl der hier in Be¬
tracht kommenden Fälle sitzt der Defect in den hinteren und
etwas nach aussen gelegenen Partieen des linken Zwerchfelles, und
es ist ausserordentlich schwierig, von der Abdominalhöhle aus in
dieser Tiefe die Verhältnisse klar zu übersehen und zu operiren.
Dabei dürfte es wenig von Belang sein, ob man in der Medianlinie des
Abdomens oder parallel dem unteren Rippenbogen den Schnitt führt,
oder ob man durch die dicken Weich theile am Rücken hindurch
nach Bochdalek sich Zugang zu dem Operationsfelde verschafft.
Schliesslich hat man es von der Pleurahöhle aus gleichzeitig
in der Hand, den Defect durch die Naht oder nach Mikulicz
durch Lappenbildung aus der Bauchmuskulatur zu schliessen.
Dass man unter gewissen schwierigen Verhältnissen, wenn
breitere Verwachsungen zwischen den Baucheingeweiden und der
unteren Fläche des Zwerchfells bestehen oder wenn zugleich Axen-
drehungen innerhalb der Bauchhöhle zu heben sind, oder wenn
nach Ausführung der Laparatomie der dislocirte Darm nicht folgt,
dass man unter diesen Verhältnissen gelegentlich einmal beide
Höhlen eröffnen wird, bedarf wohl nicht erst der Erwähnung.
Es ist bisher noch in keinem Falle von Zwerchfellshernie
durch die Operation Heilung erzielt worden, in zwei Fällen, weil
die Operation in unzweckmässiger Weise angestollt wurde, in
zwei Fällen, weil die Hernie auch während der Operation nicht
erkannt wurde, und in unserem Falle und vielleicht auch in dem
O’Dwyer’schen, weil der Patient zu spät zur Operation gekommen
ist. Dass aber auch auf dem Gebiete der Zwerchfellshernien der
Chirurgie ein nicht unbedeutendes Arbeitsfeld in Aussicht steht, be¬
weist der Umstand, dass bisher an 300 Fälle von Zwerchfellshernien
publieirt sind und dass nach der grossen Statistik von Lacher 1 )
12o/ 0 an Incarceration von Baucheingeweiden zugrunde gegangen sind.
VI. Aus der chemischen Abtheilung des physiologischen
Institnts in Berlin.
Ueber Harnsäure, Xanthinbasen und
Leukocytose bei einem mit Organextracten
behandelten FaU von Leukämie.
Chemische Untersuohung des Harnes der Jacob’sohen
Patientin 2 ).
Von Martin Krüger.
Die chemische Untersuchung des Harnes der genannten
Patientin erstreckte sich über einen Zeitraum von 27 Tagen; nur
an zwei Tagen musste die Untersuchung aus Mangel an Zeit unter¬
lassen bleiben.
Der mir täglich übersandte Harn zeigte fast regelmässig ein
starkes Sediment aus Harnsäurekrystallen, häufig auch aus Uraten
bestehend. Der Gehalt an Eiweiss war nur in den beiden ersten
Tagen beträchtlich, ging nachher auf Spuren herab, war an manchen
Tagen sogar gleich Null und erreichte nur in einzelnen Fällen
wieder etwas höhere Werthe (das nähere über den Eiweissgehalt
siehe in der zweiten Tabelle).
Zur weiteren Untersuchung wurde der Harn zunächst auf 60
erwärmt, um die Urate in Lösung zu bringen, und filtrirt 8 ). Das
Filtrat wurde dann durch Erwärmen auf 100°, Zusatz von Essig¬
säure und Natriumacetat und Filtration des entstandenen Nieder¬
schlages von Eiweiss hefreit. .
Mit dem nunmehr erhaltenen Filtrate wurden die einzelnen Be¬
stimmungen ausgeführt, deren Resultate in der zweiten Tabelle
angegeben sind. In einem kleineren Theile des Harnes wurde der
Gesammtstickstoff nach der Kjeld ah l’schen Methode bestimmt.
100 resp. 200 ccm wurden nach der Methode von Salkowski-
Ludwig auf Harnsäure^untersucht, nur wurde die absolute Menge
der Harnsäure nicht durch Wägen des auf einem kleinen Filter
gesammelten Niederschlages, sondern aus seinem gleichfalls nach
der Kjeldahl’schen Methode ermittelten N-Gehalte berechnet.
In der Tabelle II sind in der mit Basen N überzeichneten
Spalte Zahlen angegeben, welche den in Form von Basen der Harn¬
säuregruppe (Xanthin, Adenin, Hypoxanthin, Guanin, Carnin, Para¬
xanthin, Heteroxanthin), den sogenannten Xanthinstoffen ausge¬
schiedenen Stickstoff darstellen. A. Kossel hat schon des^ Öfteren
auf das Unlogische der Bezeichnungsweise „Xanthinbasen“ hinge¬
wiesen. Er hat für die vier im Zellkern gefundenen Basen, Xanthin,
Guanin, Hypoxanthin und Adenin, den gemeinsamen Namen „ Nu dein-
*) Lacher, Deutsches Archiv für klin. Medicin 1880, S. 268ff.
*) S. No. 32 dieser Wochenschrift. . .
3) Die ungelöst gebliebene freie Harnsäure wurde für sich bestimmt.
basen“ vorgeschlagen und kürzlich (Zeitschrift für physiologische
Chemie 18, 540) die bisher mit Xanthinbasen bezeichneten Körper
in zwei Gruppen getheilt, in 1) Xanthinbasen, zu welchen Xanthin
selbst, Guanin und Alkylderivate derselben, wie Theobromin, Caffeln,
Heteroxanthin, Paraxanthin gehören, und in 2) Sarkinbasen, zu
denen Hypoxanthin (Sarkin) selbst und Adenin gehören. Zu diesen
müssen auch die in der Zeitschrift für physiologische Chemie 18,
434 und 436 von mir beschriebenen, synthetisch dargestellten Basen
Methyladenin und Dimethylhypoxanthin gerechnet werden.
Nach dieser Definition können die mit dem Harn ausge¬
schiedenen zur Harnsäuregruppe gehörigen Basen am besten als
„Xanthin- und Sarkinbasen“ bezeichnet werden.
Die im folgenden beschriebene, von C. Wulff und mir aus¬
gearbeitete Methode zur quantitativen Bestimmung dieser Basen
im Harn gründet sich auf die von mir gemachte Beobachtung
(Zeitschrift für physiologische Chemie 18, 351), dass die „Sarkin-
und Xanthinbasen durch Kupfersulfat plus Natriumbisulfit“ in der
Wärme als Kupferoxydul-Verbindungen gefällt werden, und zwar
Adenin und Hypoxanthin vollständig. Ebenso vollständig erfolgt
die Ausscheidung der Harnsäure.
Zur Ausführung der Bestimmung im Harn erwärmt man
100 ccm desselben bis zum Sieden, setzt 10 ccm der käuflichen,
gesättigten Lösung von Natriumbisulfit und 10 ccm einer 13%igen
Lösung von Kupfersulfat unter Umrühren hinzu. Alsdann erwärmt
man das Gemisch noch einmal bis zum Sieden und lässt es nach
Zusatz von 5 ccm 10 o/ 0 iger Bariumchloridlösung (letzteres hat den
Zweck, mit der Schwefelsäure der Lösung Bariumsulfat zu bilden,
welches den Niederschlag der Kupferoxydulverbindungen schneller
zu Boden reissen und beim nachherigen Filtriren besser auf dem
Filter zurückhalten soll) zwei Stunden stehen. Alsdann filtrirt
man die Flüssigkeit durch ein Filter, welches am besten aus dem
Papier von J. Munktell bereitet ist, wäscht den Niederschlag fünfmal
mit Wasser von etwa 700 aus, giesst den Niederschlag mitsammt dem
Filter in einen Rundkolben und bestimmt in der üblichen Weise
den Stickstoffgehalt desselben nach der Kjeldahl’schen Methode.
Auf diese Weise erhält man den Stickstoff, welcher in 100 ccm
Harn in Form von Harnsäure sowohl als von Sarkin- und Xanthin¬
basen vorhanden ist. Zieht man von diesem Werthe den Stickstoff
der nach Ludwig-Salkowski ermittelten Harnsäure ab, so er-
giebt die Differenz den Stickstoff der ausgeschiedenen Sarkin- und
Xanthinbasen an. Dieser Werth, berechnet für die Tagesmenge
des Harns, ist in der Tabelle II in der senkrechten Columne V
angegeben, während die Zahlen für Harnsäure- plus Sarkin- und
Xanthinbasen sich unter VI befinden. Zur Erklärung der Tafel II
mag nur noch erwähnt werden, dass der 14. Harn während eines
Zeitraumes von 30 Stunden gelassen ist: um die Mengen der
während 24 Stunden ausgeschiedenen Körper annähernd richtig an¬
zugeben, wird man daher die unter No. 14 mitgetheilten Zahlen
auf 4 /s redueiren müssen.
Zur Erleichterung der Uebersicht über die nachfolgende, um¬
fangreiche Tabelle II und um den Einfluss der Injectionen auf die
Ausscheidung der Harnsäure und Basen eclatanter zum Ausdruck
zu bringen, empfiehlt es sich, die Durchschnittszahlen der täglich
ausgeschiedenen Hambestandtheile aus einer Reihe von mehreren
Tagen zu berechnen. ... .
Der Zeitraum von 27 Tagen wird durch die Injeetionszeiten m
sechs Perioden getheilt: ^ ... ,
Periode I (Ham 1—14, mit Ausnahme von 4, 12, 13) umfasst
die elf Tage vor der ersten Iujection.
Periode H (Ham 15 und 16) umfasst die zwei Tage nach der
ersten Injection. . . _ , ,
Periode III (Harn 17, 18 und 19) umfasst drei Tage nach der
zweiten Iujection. , ,,
Periode IV (Ham 20 und 21) umfasst den vierten und fünften
Tag nach der zweiten Injection.
Periode V (Ham 22, 23, 24) umfasst drei Tage nach der dritten
InJeC periode VI (Harn 25, 26 und 27) umfasst den vierten, fünften
und sechsten Harn nach der dritten Injection.
Harnsäure
Harn9äure-N
Basen-N
Harnstoff zu
Harnsäure
1,0037
0,3346
0,0778
18,8:1
18,5:1
Periode II . .
1,2881
0,4294
0,1240
erste Injection
Periode 1TI . .
1,1293
0,3764
0,0932
18,05:1
zweite Injection
Periode IV . .
Periode V . .
0,8561
1,0672
0,2854
0,3657
0,0647
0,0991
22.H: 1
23,8: 1
dritte Injection
Periodo VI . .
0,9100
0,3034
0,0933
22,0:1
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
664
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 83
Tabelle II. Resultate der Analysen des leukämischen Harnes und Blutes.
I.
Tag
II.
Vol. des
Harnes
III.
l - 4 ->
® 0
o |
8
CA
IV.
. ^
g 2
CA
V.
Szi
g
CA
es
PQ
(Ham-
säure. 4- ä
Basen) N
Harnsäure ä
VIII.
(3
es |
6
IX.
»Sfc
b! 5
a s s
a 4««
«I 4 .
X.
aez
lag
Jä«
XI.
s
il*
m ®
5
XII.
Leuko- und
Erythrocytose
Besondere Bemerkungen
1.
22. bis 23. Februar
987 ccm
8,4898' 0,3938
0,0801
0,4739
1.1815
15,4:1
17,9:1
21,6:1
4,91:1
850000 L.
Eiweiss, stark flockiger Nieder-
2
8 Uhr Morgens
etc.
730 ccm
7,0403 0,3058
0,0661
0,3719
0,9173
16,4:1
18,9:1
23,0:1
4,63:1
1837500 Er.
schlag.
Eiweiss vermindert.
3
935 ccm
8.7300; 0.3567
0,0984
0,4551
1,0700
17,5:1
19,2:1
24,5:1
3,62:1
—•
Wenig Eiweiss.
4
730 ccm
7.4828
_
_
0,3940
—
—
1874:1
—
—
—
Wenig Eiweiss.
5
786 ccm
7,5935' 0,3102
0,0580
0,3682
0,9306
17,5:1
20,6:1
24,5:1
5,35:1
—
Wenig Eiweiss.
6.
1068 ccm
10.2502 0.3484
0,0366
0,3850
1,0453
21,0:1
26,1:1
29,4:1
9,52:1
—
Wenig Eiweiss.
7.
820 ccm
8,6709
0.3206
0,0729
0,3935
0,9617
19,3:1
22,0:1
27,4:1
4,4 :1
—
Spuren von Eiweiss.
8
960 ccm
10,954
0,3856
0,0854
0,4710
1,1567
20,3:1
23,3:1
28,4:1
4,52:1
—
Spuren von Eiweiss.
9..
930 ccm
10,1714
03319
0,1005
0,4324
0,9956
21,9:1
23,5:1
30,6:1
3,3 :1
856000 L.
1830000 Er.
Spuren von Eiweiss.
10.
875 ccm
7,730
0,3084
0,0714
0,3798
0,9253
17,9:1
20,4:1
25,1:1
4,31:1
—
Eiweiss, flockiger Niederschlag.
11.
870 ccm
84217
0,2965
0,0968
0,3933
0,8896
19,6:1
20,6:1
27,4:1
3,1 :1
. —
Spuren von Eiweiss.
12.
875 ccm
—
. —
—
—
—
—
—
Spuren von Eiweiss.
13.
6. bis 7. März,
915 ccm
—
—
—
—
—
—
—
—
—
, —
Spuren von Eiweiss.
14.
8 Uhr
7. März, 8 Uhr, bis
8. März, 2 Uhr
1445 ccm
11,417
0,4028
0,1119
0,5147
1.2085
20,2:1
22,2:1
28,4:1
3,61:1
825000 L.
1825000 Er.
Ham No. 14 ist während eines
Zeitraumes von 30 Stunden ge¬
lassen. Spuren von Eiweiss.
15.
8. März, 2 Uhr, bis
9. März, 10 Uhr
1410 ccm
10.7053
0,4165
0,0985
0,5150
1,2494
18,4:1
20,7:1
25,7:1
4,23:1
8. März, 5 l .'s Uhr:
575 Ö00 L.
Am 8. März, um 2 Uhr Nach¬
mittags, die erste Injection
gemacht. Spuren von Eiweiss.
16.
9. bis 10. März,
10 Uhr
1480 ccm
11,523
0,4423
0,1494
0,5917
1,3269
18,6:1
19,5:1
26,1:1
2,96:1
9. März, 11 Uhr:
602000 L.
Spuren von Eiweiss.
17.
10. März, 10 bis
2 Uhr
170 ccm
1,572
0,0931
16,9:1
10. März, 10 Uhr:
607500 L.
1802500 Er.
2 Uhr: 325000 L.
1925000 Er.
Am 10. März, Morgens 10 Uhr,
die zweite Injection. Ei-
weisfrei.
10.März,2Uhrbis
11. März, 10 Uhr
1190 ccm
9,340
0,3723
0,1115
0,4838
1,1168
17,9:1
19,3:1
25,1:1
3,34:1
11. März, 12Uhr:
448000 L.
Spuren von Eiweiss.
18.
11. bis 12. März,
10 Uhr
965 ccm
7,6438
0,3335
0,0647
0,3983
1,0006
16,4:1
19,2:1
22,9:1
5,15:1
Spuren von Eiweiss.
19.
12. bis 13. März,
10 Uhr
1080 ccm
9,9813
0,3578
0,0757
1
0,4335
1,0735
19,9:1
23,0:1
27,9:1
4,73:1
1 ■
12. März'12 Uhr:
420000 L.
1856000 Er.
Eiweissfrei.
20.
13. März, 10 Uhr,
bis 14. März,
8 Uhr -i
740 ccm
7,6568
0,2199
0,0384
0,2583
0,6597
24.9:1
29,6:1
34,8:1
5,73:1
Flockige Ausscheidung von Ei¬
weiss.
21.
14. März, 8 Uhr,
bis 15. März,
12 Uhr
790 ccm
10,5799
0,3508
0,0910
0,4418
1,0525
21,5:1
23;9; 1
30,1; 1
3,85:1
14. März, 11 Uhr:
448500 L.
2425Ö0Ö Er.
Spuren von Eiweiss.
22.
15. März, 12 bis
4 Uhr
197 ccm
2,5137
0,0681
0,0268
0,0949
0,2043
26,4:1
26,5:1
36,9:1
2,54:1
15. März, 4 Uhr:
268000 L.
Am 15. März, um 12 Uhr Mittags,
die dritte Injection. Ei¬
weissfrei.
15.März,4Uhrbis
16. März, 12 Uhr
835 ccm
9,9185
0,3294
0,0678
0,3972
0,9881
21,4:1
24,97:1
30,1:1
4,86:1
16. März, 12 Uhr:
320500 L.
2525000 Er.
Flockige Ausscheidung von Ei¬
weiss.
23.
16. bis 17. März,
12 Uhr
880 ccm
10,4082
! 0,3090
t 0,0758
: 0,3848
i 0,9270
1 24,1:1
28,1:1
33,7:1 4,08:1
I
—
Eiweiss, wenig.
24.
etc.
1160 ccm
12,653
0,3608
1 0,1269
1 0,4877
1,0822
! 25,1:1
25,9:1
35,1:1 2,84:1
_
Spuren von Eiweiss.
25.
etc.
700 ccm
8,6209
1 0,2899
1 0,0969
1 0,3868
! 0,8697
r 21,2:1
22,3:1
29,7:1
2,99:1
! 19. März, 12 Uhr:
364000 L.
: Eiweissfrei.
26.
etc.
925 ccm
6,8544
: 0,2063
! 0,0567
r 0,2630
1 0,6189
> 23,7:1
26,1:1
33,2:1
3,64:1
_
Spuren von Eiweiss.
27.
20. bis 21. März,
12 Uhr
1480 ccm
12,5560
1 0,4138
t 0,1264
: 0,5402
! 1,2415
► 21,7:1
.23,2:1
30,3:1
3,26:1
! 21.März, 12Uhr:
I 314000 L.
1 2430000 Er.
: Spuren von Eiweiss.
Um zu erkennen, dass ebenso wie eine Vermehrung der Harn¬
säure, so auch eine solche der Basen im leukämischen Harn gegen¬
über der normalen Ausscheidung stattgefunden hat, gebe ich die
Zahl an, welche im Mittel aus 19 von mir an normalem Harn an-
gestellten Analysen für die Ausscheidung des Basen-N erhalten
wurde. Bei einer täglichen Ausscheidung von 0,7000 g Harn¬
säure = 0,2338 g Harnsäure-N werden 0,0481 g Basen-N aus¬
geschieden.
VII. Aus dem Augusta-Hospital in Köln.
Procentgehalt des Blutserums an Eiweiss
und Procentgehalt des Blutes an Serum-
eiweiss.
Von Dr. Leopold Bleibtreu, Assistenzarzt.
Ich habe in einem Aufsatze in No. 46 der Deutschen medi-
cinischen Wochenschrift 1893 eine Kritik einer Arbeit von
R. v. Limbeck und F. Pick 1 ) „Ueber die quantitativen Verhält¬
nisse der Eiweisskörper im Blutserum von Kranken“ veröffentlicht,
in der der Nachweis geführt wurde, dass die von den beiden
*) Prager medic. Wochenschrift 1893, No. 12—14.
Autoren angeführten Zahlen nicht den Procentgehalt des Serums
an Eiweiss, sondern allenfalls annähernd den Procentgehalt des
Blutes an im Serum vorhandenem Eiweiss darstellen.
v. Limbeck und Pick sagen nun in einer Erwiderung 1 ) auf
meine Einwände, „dass der bei der Arbeit vielfach gebrauchte
Ausdruck ,Procente des Serums 4 sich auch in die Mittheilung em-
geschlichen habe,“ und fahren dann fort: „Uebrigens glauben wir,
dass jeder Leser unserer Arbeit ersieht, was wir gemacht haben
und es völlig genügt, in unserer Arbeit *statt ,Procentgehalt des
Serums an Eiweiss 4 ,Procentgehalt des Blutes an im Serum vor¬
handenem Eiweiss 4 zu sagen, um den von uns gefundenen Zahlen
ihre rechtmässige Bedeutung wiederzugeben.“
Ich habe hierauf zu erwidern, dass es für den Leser keines¬
wegs leicht war, den angeführten Zahlen die letztere Bedeutung
beizulegen, und dass man um so mehr geneigt sein musste, die
Werthe als Procentzahlen des Serums an Eiweiss anzusprechen,
je aufmerksamer man die v. Limbeck-Pick’sche Abhandlung las-
Um hierfür ein Beispiel anzuführen, sei folgender Passus aus der
Abhandlung mitgetheilt: „Vorher mögen jedoch noch einige An¬
gaben über die von anderen Autoren und uns für den Menschen
gefundenen Normal werthe hier Platz finden. So fand Ham-
*) Deutsche medic. Wochenschrift 1894, No. 27, S. 563.
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Gck igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
16. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
marsteiii) bei gesiindenMBnsohen 2,485-3,745 % Serumglobulin
und 3,85—5,379 % Albumin, also Schwankungen des Gehaltes an
Gesammteiweiss zwischen 6,335—9,124 %2). Hoffmann 8 ) giebt
folgende Zahlen als von zwei normalen Individuen herrührend an
.... Gesammteiweiss 7,76 und 7,36 % Unsere diesbezüglichen
Bestimmungen ergaben relativ niedrige Werthe. Doch ist zu be¬
merken, dass sie sich auch nicht auf Individuen tadelloser Ge¬
sundheit, sondern auf Nervenkranke beziehen etc.“ Nun kann aber
in den angeführten Versuchen gar kein Zweifel darüber sein, dass
der Procentgehalt des Serums anEiweiss bestimmt wurde; so sagt
Hammarsten ausdrücklich (1. c. S. 459): „die Zahlen beziehen
sich wie gewöhnlich auf 100 ccm Serum“, und wenn v. Li mb eck
und Pick diese mit ihren Zahlen vergleichen, so hat eine solche
Vergleichung doch nur Sinn, wenn dieselben sich ebenfalls auf
Procentzahlen des Serums beziehen.
Wenn nun die Verfasser glauben, ihren Zahlen dadurch ihre
„rechtmässige Bedeutung“ zu geben, dass sie dieselben als den
Procentgehalt des Blutes an im Serum befindlichen Eiweissstoffen
ansehen, so möchte ich hier nochmals darauf hinweisen, dass aus
solchen Zahlen sich gar keine Schlüsse ziehen lassen und dass
damit auch ihre „rechtmässige Bedeutung“ sehr herabgemindert wird.
Es schwankt nämlich im Menschenblut unter pathologischen
Verhältnissen nach Wendelstadt’s und meinen Versuchen 4 ) das
Blutkörperchenvolum zwischen 10 und 50 %, d. h. in 100 ccm
Blut können 90 bis 50 ccm Serum enthalten sein. Es bedeuten also die
v. Limbeck-Pick’schen Zahlen nichts anderes als Eiweisswerthe,
welche aus einer unbekannten Menge Serum gefunden wurden.
Bekannt ist nur unter der Annahme obiger Grenzwerthe (das Vor¬
kommen noch grösserer Schwankungen ist nicht ausgeschlossen),
dass diese Menge zwischen 90 und 50 ccm liegt. Diese Eiweiss¬
zahlen nun zu irgend welchen Schlussfolgerungen heranzuziehen,
ist, wie ich es schon in meiner ersten Entgegnung sagte, ein Un-
ding. So schliesst z. B. v. Limbeck aus seinen Versuchen, „dass,
wie die Gewebe, auch die Eiweisskörper des Blutserums bei ge¬
steigertem Eiweisszerfall von demselben ergriffen werden und dass
die quantitative Abnahme der Eiweisskörper im Blutserum an¬
nähernd einen Maassstab für das Fortgeschrittensein der allge¬
meinen Cachexie liefert.“ Nehme ich nun an, ich hätte in zwei
Blutuntersuchungen beide male Serum vom Procentgehalte 8,0 ge¬
funden. Sind nun in dem einen Blut in 100 ccm Blut 90 ccm
Serum und in dem anderen nur 50 ccm Serum enthalten, so sind
in 100 ccm des ersten Blutes 7,2 g Eiweiss im Serum und in
100 ccm des zweiten Blutes 4,0 g Eiweiss im Serum enthalten.
Deshalb aber dem zweiten Blute, welches doch jedenfalls vermöge
seines grösseren Gehaltes an Blutkörperchen dem physiologischen
Blut näher steht als das erste, den Stempel der grösseren Ca¬
chexie aufdrücken zu wollen, wäre doch mehr als gewagt.
v. Limbeck und Pick führen in ihrer ersten Abhandlung
zum Vergleich öfter die Untersuchungen von Becquerel und
Kodier an, welche den Titel „Neue Untersuchungen über die Zu¬
sammensetzung des Blutes in gesunden und kranken Zuständen“
tragen. Nun hätten aber gerade beim Studium dieser Untersuchungen
v. Limbeck und Pick die Ueberzeugung gewinnen müssen, dass
die Bestimmung des Eiweissgehaltes der in einer Volumeinheit
Blutes enthaltenen Serummenge ein zweckloses Unternehmen ist,
wenn man das Volum der Blutkörperchen nicht kennt. In dieser
Arbeit, welche aus dem Jahre 1847 stammt, findet man dieselbe
Ansicht über die quantitative Analyse entwickelt, wie ich sie so¬
eben auseinandergesetzt habe. Da heisst es Seite 15 ganz richtig,
man müsse berücksichtigen, wie viel „Kügelchen“ das Blut ent¬
halte. „Diese identischen Serume aus Aderlässen, welche ver¬
schiedene Mengen von Blutkügelchen enthielten, zeigten im Ver¬
hältnis zur Totalität des Blutes eine wechselnde Menge von
festen Stoffen, je nachdem die Kügelchen in stärkerem
oder schwächerem Verhältniss zugegen waren: die festen
Stoffe des Serums standen natürlich mit der Menge der Blut*
kügelchen in umgekehrtem Verhältniss, während das Verhältniss
zwischen dem Wasser und den festen Stoffen des Serums dasselbe
blieb etc.“ Die Verfasser behandeln dann ein Beispiel, wo das
Sorum in zwei Fällen beide mal 10 % feste Stoffe enthält, aber
das Gesamm tblut einmal 15 % feste Stoffe, das andere mal 25 %.
') Pflüger’s Archiv 1878.
- . *) Die letzten Zahlen sind von den Verfassern falsch citirt. Diese
beiden Zahlen stellen die Summe der in einer Versuchsreihe für Para¬
globulin und Albumin gefundenen Minimal- und Maximalwerthe, nicht aber
die beobachteten Minimal- und Maximalwerthe des Gesammteiweisses dar.
Zu dem Werth 2.485 Serumglobulin gehört in den Hammarsten’schen
Versuchen 4,535 Serumalbumin = 7,02 Gesammteiweiss und zu dem Werth
*>745 Serumglobulin 4,305 Serumalbumin = 8,05 % Gesammteiweiss.
J Archiv f. exp. Path. Bd. 16, S. 138.
4 ) Wendelstadt und Bleibtreu, Beitrag zur Kenntniss der quan-
ntativen Zusammensetzung des Menschenblutes etc. Zeitschr. für klin.
Med. Bd. 25, Heft 8—4.
665
„Wir haben sohin
zwei Blute, deren Serum eine gleiche Zu¬
sammensetzung hat, während die festen Theile der beiden Serume
hier durch sehr verschiedene Zahlen repräsentirt werden, und zwar
bloss deshalb, weil diese festen Stoffe mit den wandelbaren Ver¬
hältnissen der Kügelchen zusammengestellt sind.“ Es heisst dann
weiter: Wenn man daher die Einflüsse kennen lernen will welche
auf die Zusammensetzung des Serums und auf den Wechsel seiner
festen Stoffe einwirken, so muss man das Serum mit sich selbst
vergleichen, man muss dass Serum für sich analysiren und
die erhaltenen Zahlen auf 1000 als Einheit berechnen, um so
Zahlen zu erhalten, die unter sich verglichen werden
können. Dieses haben wir denn auch gethan.“ „Wir schliessen
ferner daraus, dass bei den Blutanalysen die erhaltenen Resultate
immer unter einem doppelten Gesichtspunkte betrachtet werden
und in zwei Colonnen nebeneinander gestellt werden müssen und
zwar in folgender Art.
I. Zusammensetzung des Serums
auf 1000,
Wasser,
Feste Stoffe.
II. Zusammensetzung des Blutes
auf 1000,
Wasser,
Fibrine,
Kügelchen,
Feste Stoffe des Serums.
Nur in der zweiten Colonne bilden die festen Stoffe des Serums
keine Zahlen, welche mit anderen entsprechenden Ziffern verglichen
werden können; in der ersten dagegen findet sich die ver¬
gleichbare Zusammensetzung des Serums.“
Am Schluss wird in den Endresultaten auf dieses Verhältniss
noch einmal besonders hingewiesen: S. 65 „Da das Serum des
Blutes, Welches auch seine Zusammensetzung sein möge, bei ver¬
schiedenen Personen mit einer verschiedenen Quantität Blutkügel¬
chen gemischt ist, so haben bei den vollständigen Blutanalysen die
Ziffern der festen Stoffe des Serums keinen absoluten Werth,
und es lassen sich nur die Verhältnisse des Wassers zu den festen
Stoffen des Serums miteinander vergleichen. Um eine Idee von der
Zusammensetzung des Serums im gesunden und kranken Zustande
zu bekommen, muss man in allen Krankheiten das Serum für
sich studiren und analysiren,“ und weiter (S. 66). „So sind
wir denn auch in diesen unseren neueren Untersuchungen immer
verfahren, in der Ueberzeugung, dass man im gesunden und kranken
Zustande das Serum nur mit sich selbst vergleichen dürfe, um
mit einiger Genauigkeit die Modifikationen des Eiweisses und der
anderen im Serum aufgelöst enthaltenen festen Stoffe bestimmen
zu können.“
Wenn auch im übrigen die Art der Blutuntersuchung, wie sie
von Becquerel und Rodier nach der damaligen unzulänglichen
Methode ausgeführt wurde, viele Irrthümer aufweist, so ist doch
über diesen Punkt eine zweifellos richtige Ansicht entwickelt.
Ich hatte nun in meiner ersten Abhandlung, um zu zeigen,
dass die v. Limbeck-Pick’schen Zahlen zu niedrige Werthe an-
gaben, eine Anzahl von Versuchen mitgetheilt, in denen ich aus
dem Stickstoffprocentgehalt des Serums durch Multiplication mit
dem Factor 6,25 den Procentgehalt an Eiweiss ermittelt hatte. Es
ist dies ja erlaubt, um sich eine annähernde Vorstellung von dem
Eiweissgehalte des Serums zu machen. Dass dabei der Factor 6,25
nicht auf absolute Genauigkeit Anspruch machen kann, ist für den¬
jenigen, der die Schwankungen in der quantitativen Zusammen¬
setzung der verschiedenen Eiweissarten kennt, wohl selbstver¬
ständlich. Es ist diese Betrachtungsweise ebenso berechtigt, wie
man z. B. bei Fleischanalysen aus dem Stickstoffgehalt auf den
Gehalt an Muskeleiweiss schliesst und wie bei Stoffwechselunter¬
suchungen die Stickstoffwerthe der Berechnung des umgesetzten
Eiweisses zugrunde gelegt werden.
Dass ich nur so die Eiweisswerthe aufgefasst habe und nicht
als absolute Werthe, geht aus meinen sämmtlichen Untersuchungen
über die quantitative Analyse des Blutes hervor. So habe ich noch
kurz vor dem Erscheinen der v. Limbeck-Pick’schen Entgegnung
in der oben citirten Arbeit über die Zusammensetzung des Menschen¬
blutes ausgesprochen, dass ich nur den Stickstoffwerthen Anspruch
auf absolute Genauigkeit beimessen könne und dass ich die aus
denselben berechneten Eiweisswerthe (der besseren Anschauung
halber) an zweiter Stelle mittheilen wolle. Auch war ich mir wohl
bewusst, dass die Stickstoffwerthe nicht allein auf Eiweiss zu be¬
ziehen seien, da doch auch andere stickstoffhaltige Substanzen in
geringer Menge im Blut enthalten sind. Dass diese Stoffe in
seltenen Fällen bis zu der von v. Limbeck angeführten Höhe von
11,7 °/o vom Gesammtstickstoff steigen können, gebe ich gern zu
und habe ich in unveröffentlichten Versuchen, in denen ich den
Harnstoff im Blut nach einer von Pflüger und mir angegebenen
Methode bestimmte, einmal bei einer Urämie einen ähnlich hohen
Werth erhalten 1 ).
*) Für unsere Wochenschrift ist hiermit diese Discussioa geschlossen.
D. Red. _
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
666
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.
VIII. Oeffentliches Sanitätswesen.
— Am 4. August fand auf Anregung des Kaiserlichen Gesundheits¬
amtes in Eisenach eine Berathang hervorragender Vertreter der
Chemie and Mikroskopie statt, welche von grosser Bedeutung für die
Entwickelung der Gesundheitspflege in Deutschland zu werden verspricht.
Es handelte sich um die Frage, wie durch Vereinbarung von ein¬
heitlichen Untersuchungsverfahrenünd Beurtheilungsnormen
dem Gesetze vom 14. Mai 1879, betreffend den Verkehr mit
Nahrungsmitteln, Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen
eine erfolgreiche Wirkung verliehen werden könne. Die Ver¬
sammlung wählte zum Vorsitzenden den Direktor des Kaiserlichen Ge¬
sundheitsamtes Dr. Köhler, zum Ehrenvorsitzenden den berühmten Ver¬
treter der angewandten Chemie Remigius Fresenius (Wiesbaden).
Der Redactionsausschuss besteht aus den Herren A. Hilger (München),
J. König (Münster), Eug. Seil (Berlin).
Der Vorsitzende hob zunächst die Gründe hervor, welche es gerade
jetzt als wünschenswerth erscheinen lassen, einheitliche Normen für die
Beurtheilung der Lebensmittel u. s. w. im Deutschen Reich zu schaffen.
Bekanntlich tritt am 1. October eine Prüfungsordnung für Nahrungsmittol-
chemiker in Kraft, durch welche eine bessere Ausbildung der mit der
Controlle der Nahrungsmittel zu beauftragenden Sachverständigen ange¬
strebt wird. Ausserdem existirt in Bayern eine freie Vereinigung von
Vertretern der angewandten Chemie, welche bereits derartige einheitliche
Untersuchungsverfahren für ihre Mitglieder festgestellt und hierdurch
grosse Erfolge erzielt hat. Nach diesem Vorbilde soll auch für das
ganze Deutsche Reich eine einheitliche Regelung angestrebt werden. Die
Versammlung trat einstimmig dieser Ansicht bei und erklärte ihre Auf¬
gabe für eine dauernde.
Darauf wurden die einzelnen Gegenstände, für welche einheitliche
Untersuchungsverfahren eingeführt werden sollen, festgesetzt und die
Referenten dafür ernannt. Da aber die freie Vereinigung bayerischer Ver¬
treter der angewandten Chemie im Begriffe ist, ihre früheren Verein¬
barungen einer Neubearbeitung zu unterziehen, wurde infolge eines aus
der Versammlung heraus gestellten Antrages beschlossen, an die bayerische
Vereinigung das Ersuchen zu richten, sie möge das Material für diese
Neubearbeitung als Grundlage für vorbezeichneten Zweck zur Verfügung
stellen und die dort bereits thätigen Bearbeiter der einschlägigen Gegen¬
stände, insofern sie nicht schon an der heutigen Versammlung theilnehmen,
mit heranziehen.
Nach weiteren Beschlüssen sollen die bis zum Frühjahr 1895 für die
einzelnen Gegenstände einzuliefernden Referate den Theilnehmern der
gegenwärtigen Versammlung zur Einsichtnahme vorgelegt und soll deren
definitive Fassung durch weitere Verhandlungen festgesetzt werden.
Von der Ansicht ausgehend, dass Fragen wie die hier vorliegende
am erfolgreichsten im kleineren Kreise von Sachverständigen berathen
und erledigt werden, beschloss die Versammlung einstimmig, den
Vorsitzenden zu ersuchen, er möge bei der Reichsvorwaltung dahin
wirken, dass eine ständige Commission von anerkannten Fachmännern
aus den verschiedenen Theilen Deutschlands eingesetzt werde, welche
als technischer Beirath der Reichsverwaltung die Aufgabe erhält, einheit¬
liche Untersuchungsverfahren auf dem Gebiete der Chemie und Mikro¬
skopie der Nahrungsmittel, Genussmittel und Gebrauchsgegenstände für
das Deutsche Reich zu berathen und festzustellen.
Der Verlauf dieser Berathungen hat bewiesen, dass die Anregung,
welche vom Kaiserlichen Gesundheitsamt ausgegangen ist, in den fach¬
männischen Kreisen die lebhafteste Zustimmung gefunden hat.
Die Organisation, welche sich aus den Eisenacher Verhandlungen
entwickeln wird, ist berufen, dem Volkswohl wichtige Dienste zu leisten.
.. ^ ~n In der Sltzun S der deutschen Gesellschaft für öffent¬
liche Gesundheitspflege zu Berlin vom 25. Mai 1894 sprach Herr
G. Klemperer über die speciflschen Eigenschaften des Cholerabacillus.
W enn als speciflsche Eigenschaft eines Bacteriums eine solche zu verstehen
sei, welche nur diesem selbst und keinem anderen Bacterium zukomme soweit
sie an dessen Leben geknüpft sei, so gipfle dieselbe in der speciflschen
Veränderung des Blutserums, dessen Uebertragung Immunität verleihe
Von diesem Gesichtspunkte aus sei für den Cholerabacillus nicht das
giftige, durch Kochen nicht zerstörbare Choleraprotetn, sondern das
ver ei ^ en d e Choleratoxin specifisch, welches bei der Erhitzung
auf 100 zugrunde geht und dessen Wirkung im Thierversuch sich durch
iemperaturerhöhung und Erzeugung von Antitoxinen im Blutserum kennt¬
lich macht. Diese Antitoxine gewähren nur gegen die Impfung mit der
gleichen Art Schutz und geben so ein Mittel, den echten Cholerabacillus von
ähnlichen Formen zu trennen. Diese Thatsache zeigt sich nicht nur im Serum ■
die Milch gegen Cholera immunisirter Ziegen gerinnt nicht mehr durch
Impfung mit Cholerabacillen, weil sich diese daselbst nicht vermehren,
wohl aber nach vorherigem Abkochen oder bei Beschickung mit anderen
i ? acterien - „ Anch Hunde konnte Klemperer
durch intravenöse Injektionen von Cholerabacillen unter choleraartigen Er-
^ ödte ^ ; d , a . sowohl abgetödtete Choloraculturen, wie
S , ?f ct ® nen die ?^ eic v he Wirkung zeigen, so handelt es sich hierbei
nicht um einen speciflschen Vorgang. Hunde vertragen per os enorme
f V ° n ^ cracultur °h?e Schaden, weil offenbar ihr Darmnucleln
als Schutzvorrichtung gegen die Vergiftung diene. Klemperer vereuchte
durch Hungern diesen Schutz abzuschwächen und erzielte so den Tod
wir li™ H n« de Jr H Ut £ r , 9? olera 5 rscheiniin ^ en - Bei sämmtlichen Hunden
war eme wesentliche Erhöhung der antitoxischen Function des Blutserums
Hn?do r SL die - DU n den Cholerabacillus galt. Auch gelang bei einem
’ ff de e f me . Darmfistel angelegt war, der Nachweis, dass dessen
S( f^ fc Nährboden für den Cholerabacillus; nach der
subcutanen Injection hochantitoxischen Blutserums die Fähigkeit- erhielt^
mittlere Mengen von Cholerabacillen abzutödten. Hieraus würde
Immunität des Menschen gegen Cholera nach überstandenem Anfall i
stündlich werden. Doch handelt es sich immer nur um Schutz gegen
Toxin; gegen das Protein, wenn es in grösseren Mengen aus dem Di
zur Resorption gelangt, bleibe der Mensch wehrlos. Eine zweite
wesentliche speciflsche Eigenschaft des Cholerabacillus ist dann noch
der epidemischen Verbreitung in ganz enormen Mengen, eine Eigensch
deren Ursachen noch vielfach verborgen sind.
An der Discussion betheiligte sich vorzugsweise Herr Blachste
welcher gerade die Ursache, warum der Cholerabacillus für Cholera spi
fisch sei, warum er asiatische Cholera mache, als noch des Nachweises
dürftig erklärt nnd für die Entstehung der Krankheit die sehr Wechsel
Virulenz des Bacillus betont, während Herr Klemperer demgegenü
mehr auf die persönliche Disposition des Befallenen Nachdruck legt.
- . A.G
— Nath (Fünfter Generalbericht über das öffentliche Gesundhe
wesen im Regierungsbezirk Königsberg für die Jahre 1889/91) bringt
Schluss seiner die Gesundheitsverhältnisse des Regierungsbezirks Köni
berg in fesselnder Weise schildernden Ausführungen einen Nacht
über Xepra, welcher hier seines allgemeinen Interesses halber und
wir es mit officiellen Zahlen zu thun haben, etwas genauer wied
gegeben werden soll.
Die neuerdings mit besonderer Sorgfalt vorgenommenen Nach!
schungen haben ergeben, dass die Zahl der Leprösen eine weit höhere
als man seither anzunehmen geneigt war. Seit dem Jahre 1870 starl
im genannten Bezirk 8 und waren z. Z. noch an Lepra erkrankt 10 P
sonen. Mit Ausnahme von 6 der Todesfälle ist bei allen übrigen V
storbenen und namentlich den z. Z. noch lebenden Kranken die Diagni
durch Nachweis der Leprabacillen über allen Zweifel gesichert. Der Fo
nach handelt es sich überall um tuberöse Lepra, meist mit geschwürig
Zerfall der Hautknoten und gleichzeitiger Schleimhauterkrankung. Me
begann die sichtbare Hauterkrankung im Gesicht oder an den Unt
Schenkeln mit dunkelfarbigen Flecken, die sich bald über ihre Umgebu
zu derben infiltrirten Hautwülsten erhoben oder Knötchen bildeten, i
im weiteren Verlaufe der Erkrankung ulcerirten. Ausfall der Cilien u
Brauen war fast constant. An den Gliedmaassen war namentlich i
Vorderseite ergriffen, Rumpf und Bauch blieben verschont. Die Hän
zeigten vielfach ödematöse Schwellungen. In einem Falle war Glans u
Praeputium penis ergriffen. In einem anderen Falle fand sich Schwellu
der Leistendrüsen, in einem dritten entwickelte sich eine Epididymit
Von den Schleimhäuten war zumeist der Larynx befallen, und zwar trat
hier Ulcerationen auf, auch die Zunge und der harte Gaumen zeigten Knote
Dem Geschlechte nach waren 9 Männer und 9 Weiber erkrankt :
Alter von 17 bis 78 Jahren seit 10 bis 1 Jahre. Heredität ist na
Nath auszuschliessen, dagegen scheint die Uebertragung durch persönlic
Ansteckung, da lokale Momente nicht zur Erklärung der bacillären J
fectionskrankheit herangezogen werden können, durch gemeinschaftlich
Gebrauch von Ess- und Trinkgeräthen, Handtüchern etc. zu erfolgen. V
die Krankheit in den Regierungsbezirk Königsberg bezw. speziell in d
Kreis Memel gelangt ist, konnte, wenn auch der Verdacht der E
Schleppung aus Russland nahe liegt, bisher nicht aufgeklärt werden, zuo
die Einschleppung aus dem Lepra-Lande Norwegen auf dem Seewe
keineswegs ausgeschlossen ist. Da die Behörden der Seuche die grösi
Aufmerksamkeit zuwenden, so dürften die Fälle wohl auf sich beschräi
bleiben. Welche sanitätspolizeilichen Maassregeln zur Anwendung koinmi
ist. aus dem Berichte leider nicht ersichtlich. A. Pfeiffer (Wiesbaden),
— G. A. Heron und A. Chaplin (The relation of dust in hos
tals to tuberculous infection. The Lancet 1894, No. 3671, p. 14—1
untersuchten, ob Staub, der mit Tuberkulösen in Berührung zu komm
Gelegenheit hatte, die Tuberkulose zu übertragen vermag und ob <
Ansteckungsgefahr durch den Staub vermindert wird, wenn a
Auswurfsstoffe der Tuberkulösen sorgfältig desinficirt werden. Sie I
nutzten zu den Versuchen Staub aus dem Hospital der Stadt Lond
für Brustkranke. Die Staubproben wurden theils aus dem Thurm c
Gebäudes, der als Hauptventilationsschacht dient und seit 40 Jahr
nicht gereinigt war, entnommen, theils hinter den seit Jahren nicht 1
nutzten Fensterläden des poliklinischen Wartezimmers, ferner unter c
Platte eines in der Mitte des Hauptkrankensaales befestigten Tisches,
er seit mindestens einem Jahre abgelagert war, dann aus dem patholo
sehen Arbeitszimmer, endlich aus den Spalten eines Tisches, der sch
40 Jahre in einem tuberkulosefreien Hause stand. Die Staubproben ward
100 Meerschweinchen subperitoneal eingeimpft. Nur zwei bekamen dei
liehe Tuberkulose. Bei beiden entstammte der Staub dem Hauptven
lationsschacht. Nach Ansicht der Verfasser soll die hier herrschen
Wärme und der Schutz vor direktem Sonnenlicht die Keime entwicl
lungsfähig erhalten haben. Sie kommen zu den Schluss, dass die in c
Anstalt durchgeführten antiseptischen Cautelen beim Auffangen des tub
kulösen Sputums die Gefahr der Tuberkuloseverbreitung durch den Sta
fast ganz beseitigen. Allerdings lassen sie unerörtert, inwieweit das All
des benutzten Staubes bei ihren Resultaten mit in Betracht kommt, de
durchweg waren sie bemüht, nicht bloss Jahre; sondern möglichst Jal
zehnte alte Staubproben auszuwählen.
— Nach A. Högyes (Ungarisches Archiv für Medicin Bd. I
S. 1—16) wurden am Budapest er Pasteur-Institut im dritten Jal
seines Bestehens 647 von wüthenden oder wuthverdächtigen Thieren C
bissene mit antirabischen Schutzimpfungen nach der Pasteur’scb
„intensiven“ Methode behandelt. Von diesen starben 1,85°/o. Rechi
man die Fälle ab, die zu spät geimpft wurden und bei denen dal
die Wuth schon während der Behandlung oder innerhalb von
Wochen nach der letzten Schutzimpfung auftrat, so ergiebt si
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HochaclitiiTigsYöD
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Heilmittel Geh.-Rath Pi-rf. Dr. Omr Liebreich in Berlin. j,»-« 1804.
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7 f Dpsriung m«kvget und differenter Mittel für Kinder.
18; Maaase' und Gewichte da#
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14. Die Zeitrechnung fkr.^hw^B^er$Ä^ttaßh;ddt».
weRdren die letzte MmstnikuvD bietet» . . > *'
to. Hympvurne uml Behandlungder-mnt,teii-.Vefgiftm)geu. t^h.-l»»«,
.Prüf. Dr. Oscar Lirhr&ch In Berlin.. V^..
16. System der Tode8ors»chen nach Yitchaw. . ..
u». oysujin uer xuuetjursmuwu »ucu r *<vuurr. .... t
17 " \>y*eiebafes und »Gfearubtorwtik der wichtigsten BaT* und: /
fhusfctön ?md ' nach* Btijftiiieiii '. 0 ; ßfe iudicatiduan. für die ii( d'^ß Xj&tsst^dit Jijiirea
Ftnt Dr. i«<urne Therapie elag-ufiihrt©»
^dx^ffiata *wr Ausftthraag von fihductiuiieft, Dr. fomMant. Ässihienzam »itt de?' Mni- v Mua*t=• •
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Aiu-rjabi’ ./). wie Ausgabe C, jedoch mit Instrumententasche, , *•»'■
Auigabt E. Erster Tbeil in 5 broÄten Abtbeilnnfren. Zweiter Tbeil gel>. r 4 .;—. s
Ausgabe f ist fflr die vorjährigen Abnehmer von f, und 0, welche schon im Besitz des Etuis mi, bestimmt.)
Kurzgefasste Abhandlungen über wichtige Kapitel aus der roedicimsehen;
Praxis. M i ~ _ . ■ ■ /*■
Guttsiadt, Deutschlands Gesundheitswesen. TheÜ 1/U, ü M. io.~.
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Deutsche medicinische Wochenschrift. i8y<t
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668
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38
ausgehende und voneinanderstrebende lange, starke Nadeln an einem Ge¬
lenk befestigt sind. Die Nadelöhre befinden Sich am oberen Theil der
Nadeln, in die ein Faden (Seide oder Catgut) eingefädelt ist.
Die Patientin soll zu dieser Operation ebenso vorbereitet werden,
wie dieses zu einer Laparotomie geschieht. Dann, nachdem die Vagina
durch vorherige antiseptische Behandlung gänzlich gereinigt worden, wird
die Patientin in die Trendelenburg’sche Lagerung gebracht, darauf,
nachdem die Gebärmutter genügend erweitert ist, wird dieselbe gründ¬
lich curettirt und mit einer antiseptischen Lösung sorgsam ausgewaschen.
Darauf wird das Instrument, dessen Caliber stark genug sein muss, um
die ganze ausgeweitete Gebärmutter auszufüllen, in dieselbe hineingeführt
und, indem man, das Peritonäum als Stütze benutzend, etwaige Adhäsionen
losreisst, in direkte Berührung mit der Abdominalwand gebracht. _ Die
Gebärmutter wird dann fest gegen das Peritonäum gedrückt und einige
male auf- und niederwärts bewegt, bis man sicher ist, dass sich keine
Eingeweide zwischen dem Uterus und dem Peritonäum befinden. Dann
wird das Piston ein wenig vorgeschoben, um die Nadeln die Gebärmutter
ein wenig durchdringen zu lassen, worauf man dieselben etwas gegen
das Peritonäum reibt, um die Adhäsionen zu erleichtern. Dann wird das
Piston zurückgezogen, ohne den Uterus aus der Lage zu bringen, worauf
derselbe nochmals fest gegen die Abdominalwand gepresst und das
Piston vollständig vorgeschoben wird, bis die Nadeln die Bauchwand
gänzlich durchdringen. Der Faden wird nun aus den Nadeln entfernt
und das Instrument von unten zurückgezogen. Dann macht man einen
geringen Hauteinschnitt, nur tief genug, um den festangezogenen Stich
und Knoten des Fadens zu verbergen, die Wunde mit Jodoform be¬
streuend und mit Colodium verschliessend.
Ich habe bisher 27 dieser Operationen gemacht, von denen 26 als
vollständig gelungen bezeichnet werden müssen.
In dem einen missglückten Falle waren die Adhäsionen so. stark,
dass dieselben nicht ganz losgerissen werden konnten, sondern dass
eigentlich die Bauchwand an den Uterus angenäht wurde, anstattr dass
das Umgekehrte der Fall sein sollte.
In keinem Falle konnte irgend welche Temperaturerhöhung constatirt
werden, und die Patienten, welche keine Klage über besondere Schmerzen
geführt hatten, konnten nach zweiwöchentlicher Rückenlage und drei
Wochen nach der Operation aus dem Hospital entlassen werden. In fünf
Fällen war der Stich nicht in der Haut verborgen und am 7. bis'
13. Tage durchschnitten; doch auch in diesen Fällen zeigte es sich, dass
die Adhäsionen auch ohne Unterstützung des Fadens stark genug sind,
um die Gebärmutter am Platze zu erhalten. Den Patienten wurde ange-
rathen, für etwa einen Monat ein Pessarium zu tragen.
Die erste Operation dieser Art wurde von mir am 21. April d. J.
im hiesigen Bethany Hospital ausgeführt, daher ist die Zeit zu kurz, um
von permanenten Erfolgen sprechen zu können. Wenn jedoch diese
Adhäsionen am siebenten Tage stark genug waren, um nach Zerschneidung
des Fadens den Uterus am Platze zu erhalten, so werden dieselben
sicherlich' später erstarken und dadurch ein dauernd gutes Endresultat
liefern. Die Hauptsache ist nur, dass das Ende des Instruments um¬
fangreich genug ist, um einen möglichst grossen Stich zu erzielen.
Zur Behandlung der Milchanhäufung in den Brustdrüsen
der Neugeborenen.
Von Dr. Coesfeld, U.-Barmen.
In früheren Jähren war es wohl eine allgemeine Sitte der Hebammen,
jede Brustdrüse der Neugeborenen auszudrücken, um, wie sie sagten, die
sogenannte „Hexenmilch“ daraus zu entfernen. Das müsse sein, und
dabei drückten und pressten sie die Brüstchen so lange und so stark, bis
die Flüssigkeit im Strahl herausspritzte. Dass durch solche rohe Manipu¬
lation leicht eine Entzündung der Brustdrüse mit nachfolgender Absce-
dirung eintrat, ist leicht erklärlich, und ich habe in den ersten Jahren
memer ärztlichen Thätigkeit viele solcher Brustdrüsenabscesse eröffnen
müssen. Jetzt ist es seit vielen Jahren anders, und Brüste von Neuge¬
borenen, die durch jenes rohe Verfahren in Entzündung und Eiterung
ubergegangen sind, sieht man kaum noch. Wissen doch jetzt wohl alle
Hebammen, dass jene Milchanhäufung in den Brustdrüsen gleichsam ein
physiologischer Vorgang ist und die Brüste einfach vor jedem Insult zu
schützen sind. Geleitet indess von der Erfahrung über die Wirkung der
Belladonna, die auch bei äusserlicher Anwendung Drüsenabsonderungen
zu beschränken vermag, wie jene bei den Brust-, Schweiss- und Speichel-
(Wisen nachgewiesen ist, lasse ich seit fast 20 Jahren auf die geschwollenen
Brustdrüsen em auf weiches dünnes Leder gestrichenes Empl. Belladonnae
yw ße 2' ^ Es - D Wir ? J t .. WUüderbar msch ' und in ganz kurzer Zeit ist der
Zustand der Brustdruse ein normaler. Ebenso lasse ich auch bei An¬
schwellung der Brüste der Wöchnerinnen, wenn diese aus irgend einem
Grunde nicht zu stillen vermögen und die Milch nicht künstlich zu ent¬
emen ist, Ungt. Belladonnae einreiben oder das Empl. Belladonnae auf-
legen. Auch hier schwinden nach Stunden die Schmerzen, die Brüst
S ? bzu ^ ehmen und 8ich zu erweichen, die Miichsecretion
ztodnnl 111 ^! 1 ^- a p‘ n ^ b6r S6lbs i weiteren Stadium, dem der Ent-
rt dl t B ^ ad ? nna ^och indicirt, und der Abscessbildung wird
EÄ* l 0r pj eust -a lst aber die Eiterung nicht mehr aufzuhalten, so
hoaivP tv? ■ Be i b f donna P daster doch die Schmerzen und begrenzt den Eiter-
SC - W I eS f 6 ? ut T? en Worten Sydney Ringer’s: „Die plötzlich
l hn M^ ei i ntretende Besserun S wird einen Jeden in Erstaunen setzen,
der das Mittel zum ersten male anwendet.“
— J. Har die, A new Instrnment for surglcal drainage, and •
ready method of making a self-retaining drainage-lube. The Lancet
1894, No. 3697, S. 13.
Um die Retention von Blut und WundflUssigkeiten in grösseren
Wundhöhlen zu verhüten, was nicht immer sicher durch Einlegen von
Drainröhren oder durch aufsaugende Compressionverbände erreicht wird,
hält Har die die Wundränder durch eine Klemme auseinander, die ganz
wie ein Sperrelevateur für die Augenlider gebaut ist und mit zwei kurzen,
flachen Schaufeln die Wundränder auseinander drängt. Die Wunde wird
genäht, an der Stelle, wo sie drainirt werden soll, werden aber zwei Nähte
nur lose geknüpft, hier wird die Klemme mit geschlossenen Schaufeln ein¬
geführt und dann auseinander federn gelassen. Am nächsten Tage wird
die Klemme entfernt und werden die zwei Nähte fest geknüpft. Um ein
von selbst haftendes Drainrohr zu gewinnen, wird vom Ende eines dicken
Gummidrains ein Ring von Vß Zoll Höhe (4 mm) abgeschnitten und in
zwei Halbringe zerschnitten. Diese beiden Halbringe werden einander
gegenüber am einen Ende des Drains als Querbalken mit Silberdraht
(ihre Convexität gegen den Drain gerichtet) angenäht.
— A. B. Kelly, The treatment of certaln conditlons of the
tonsils by means of a new tonsll punch. The Lancet 1894, No. 3697,
S. 18.
In den Fällen, in denen sich die vergrösserte Tonsille nicht gut durch
Tonsillotomie entfernen lässt, kneift Kelly mit einer Art von Locheisen
eine Anzahl erbsengrosser Stücke unter Cocainanästhesie ah. Das kleine
Locheisen ist seitlich an einem Metallstab befestigt, der in einer seitlich
geschlitzten Röhre läuft und erlaubt, das Locheisen rückwärts gegen ein
entsprechend durchbohrtes Widerlager zu ziehen oder hei anderer An¬
ordnung es gegen das Widerlager vorzustossen. Zum Halten des Instru¬
mentes dienen zwei seitliche Fingerringe, ein dritter ist am Ende des
centralen Stabes befestigt. Meist lässt sich die Verkleinerung der Ton¬
sille bei geringer Blutung in einer Sitzung vollenden.
_ E. Sehrwald (Freiburg).
XII. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Prof. Eulenburg befindet sich bis Ende Septem¬
ber auf Reisen. Es wird gebeten, Zuschriften redactionellen
Inhalts nicht — wie es vielfach geschieht — nach seiner
Privatwohnung, sondern ausschliesslich nach dem Redactions¬
bureau, Potsdamerstrasse 116, zu adressiren.
— Dresden. Der Verein der deutschen Irrenärzte wird am
21. und 22. September seine Sitzungen in Dresden, im Saale des König¬
lichen Landes-Medicinal-Collegiums, Zeughausplatz 3, halten.
— Wien. Das Programm der 66. Versammlung deutscher Natur¬
forscher und Aerzte hat durch die bedauerliche Erkrankung des be¬
rühmten Physikers v. Helmholtz eine Lücke erhalten. Dieselbe wird
durch einen anderen, den mathematischen Wissenschaften angehörigen
Vortrag ausgefüllt. Der Professor der Mathematik in Göttingen,
F. Klein, wird über „Riemann und seine Bedeutung für die Entwicke¬
lung der modernen Mathematik“ sprechen.
— München. Eine Ministerialentschliessung hat, wie schon ge¬
meldet wurde, die Zulassung der Feuerbestattung abgelehnt.
Der Verein für Feuerbestattung hatte in seiner Eingabe gebeten, dass
„auf Grund der in Bayern bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und
Verordnungen die Feuerbestattung neben der bisher ausschliesslich ge¬
bräuchlichen Beerdigung für zulässig zu erachten sei, unter der Voraus¬
setzung, dass dem Zwecke und dem ästhetischen Gefühle entsprechende
Verbrennungsöfen erbaut und diejenigen Bestimmungen eingehalten werden,
welche die Staatsregierung in dieser Hinsicht und insbesondere auf eine
geordnete Rechtspflege zu treffen für gut finden wird.“ Hierzu wird in
der erwähnten Ministerialentschliessung der „Allg. Ztg.“ zufolge im
wesentlichen folgendes ausgeführt: „Wie in den bezeichneten Vorlagen
selbst schon zum Ausdruck gebracht ist, kann die Feuerbestattung nicht
ohne gewisse polizeiliche Anordnungen und Vorschriften zugelassen und
durchgeführt werden, und es können ohne Zweifel solche Vorschriften
dem Zwecke nur dann dienen, wenn die Zuwiderhandlungen dagegen unter
Strafe gestellt sind. Als gesetzliche Unterlage hierfür würde nur der
Art. 61, Abs. 1, Ziffer 3 des Polizeistrafgesetzbuches in Betracht kommen;
da aber in diesen Bestimmungen nur von „Beerdigung“ und „Begräbniss-
platz“ die Rede ist und der Gesetzgeber hierbei an eine „Feuerbestattung“
nicht wohl gedacht haben kann, so bietet jener Artikel in seiner Fassung
eine sichere Grundlage für etwa zu erlassende Polizeivorschriften nicht,
und es ist zu befürchten, dass solche Vorschriften von den Gerichten
nicht als zu Recht bestehend anerkannt würden. Eine Zulassung der
Feuerbestattung erscheint hiernach in Bayern ohne Ergänzung der ein¬
schlägigen Gesetzgebung nicht möglich. Ob aber zu einem gesetz¬
geberischen Vorgehen in der Sache gegenwärtig ein zureichendes Be-
dürfniss in Bayern besteht, muss bezweifelt und deshalb Bedenkenge-
tragen werden, behufs Einführung der Feuerbestattung zurZeit den Weg
der Gesetzgebung zu beschreiten.“
— Universitäten. München. Dr. A. v; Franqud hat sich als
Privatdocent für Geburtshülfe und Gynäkologie habilitirt. — Graz. Der
Direktor der medicinischen Klinik, Prof. Re mb old, tritt in den Ruhe¬
stand; an seiner Stelle sind von der Facultät vorgeschlagen: Professor
Dr. Fr. Kraus, Privatdocent Dr. Lorenz und Dr. Pal, sämmtlich m
Wien. — St. Petersburg. Dr. G. J. Turner ist zum Privatdocenten
der Chirurgie ernannt. Der Direktor des Kaiserl. Instituts der Expen-
mentalmedicin Dr. E. F. Sperck ist gestorben. — Florenz. Dr. h.
Centanni hat sich als Privatdocent für allgemeine Pathologie habilitirt*
bedruckt bei Julius ältteoleld ln Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag _ M 84 , _ 23. August 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction : Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31.
I. Exstirpation eines primären Lebersarkoms. ‘)
Von Prof. Dr. J. Israel in Berlin.
M. H.! Der mitzutheilende Fall gehört in doppelter Hinsicht
nicht zu den alltäglichen; einmal wegen des Charakters der Krank¬
heit, welche Gegenstand der Operation geworden ist, sodann wegen
der Natur des operativen Eingriffes selbst. Es handelt sich um die
Exstirpation eines primären Angiosarkoms der Leber bei einem
15jährigen Mädchen. Die Operation glückte, aber Patientin konnte
sich nicht lange des Resultates erfreuen, da unzählige Metastasen
bereits vier Monate nach der Operation dem Leben ein Ende
machten. Die ausserordentliche Seltenheit der primären Leber¬
sarkome, von denen nur ganz wenige bekannt sind, so wie die
geringe Zahl der bisherigen Geschwulstexstirpationen aus der Leber
dürften wohl Ihr Interesse für die folgende casuistisehe Mittheilung
erwecken.
Bei der 15jährigen Patientin, welche ich am 28. September 1893
zum ersten male sah, ist eine erbliche Belastung nicht bekannt ; von über¬
standenen Krankheiten werden Masern, Rüthein und Blasenkatarrh ge¬
nannt. Seit dem Frühjahr 1893 begann das Mädchen blass zu werden,
klagte häufig über Kopfschmerzen, verlor an Körpergewicht, so dass sie
aus der Schule genommen werden musste. Lokale Erscheinungen traten
zuerst am 18. August auf, als Patientin plötzlich Schmerzen im Leibe,
Uebelkeit. und Erbrechen bekam, Erscheinungen, welche nach einem Ab¬
führmittel in vier Tagen schwanden.
Am 18. September wiederholten sich die Schmerzen, um in den
nächsten Tagen schnell zuzunehmen. Am 21. September wurde von
dem Hausarzt ein Tumor von der Grösse einer Billardkugel gefunden;
acht Tage später sah ich das Kind. Ich fand ein für sein Alter sehr
wenig entwickeltes Mädchen, von wachsarliger Blässe, Neigung der Lippen
und Zunge zur Trockenheit, mit spurweisem Icterus der Conjunctiven;
bei normaler Temperatur beschleunigter Puls und schnelle Respiration. Die
Bauchwand war vorgetrieben, vorzugsweise in dem unterhalb des Nabels
gelegenen Bezirk, während das Epigastrium flach und unempfindlich war.
Die Empfindlichkeit gegen Berührung ähnelt an manchen Stellen einer
peritonitischen. Die Vortreibung wird durch eine Geschwulst bewirkt,
welche rechts stärker prominirt als links, deren obere Grenze rechts den
Rippenrand in der vorderen Axillarlinie erreicht, in der Mittellinie 4 cm
vom Schwertfortsatz entfernt bleibt, nach links bis zum Schnittpunkt des
Rippenrandes mit der Mammillarlinie sich erstrockt, während der untere
Umfang rechts den Darmbeinstachel berührt, in der Mitte 5 cm oberhalb
der Symphysis pubis liegt.
Die rechte Flanke prominirt ein wenig mehr als die linke, die
Lumbalgegend gar nicht. Die Geschwulst bewegt sich fast gar nicht
mit der Respiration; der PercussionsschaU über dem rechts von der
MittelHnie gelegenen Theile der Geschwulst ist gedämpft, links tympani-
tisch. Die Oberfläche zeigt kugelige Unebenheiten. Die Lage des Colon
ascendens ist durch Aufblasung nicht zu bestimmen; der Urin ist frei
von Eiweiss.
Da zwischen Rippenrand und oberer Grenze des Tumors eine schmale
Zone tympanitischen Schalles vorhanden war, deutliche rospiratorische
Beweglichkeit fehlte und die Lage des Colons ascendens nicht erkannt
werden konnte, so vermochte man nicht mit absoluter Sicherheit zu ent¬
scheiden, oh Leber oder Niere den Ausgangspunkt der Geschwulst
bildete.
Deshalb wurde bei der am 7. October 1893 ausgeführten Operation
die Schnittführung so eingerichtet, dass sie der Möglichkeit beider Aus¬
gangspunkte Rechnung trug. Der Schnitt verlief von der Spitze der
XI. Rippe in der Richtung nach vorn und unten, bis zum Aussenrande
des M. rectus abdominis, der in der Mitte zwischen Nabel und Symphyse
getroffen wurde. Die einzelnen Schichten der Bauchwand wurden bis zum
*) Vortrag, gehalten in der freien Vereinigung der Chirurgen
Berlins.
Peritoneum gespalten. Zunächst wurde die Fettkapsel der Niere freige¬
legt und die Intactheit der Niere sowie die intraperitoneale Lage des
Tumors festgestellt. Nun wurde das BauchfeU in ganzer Ausdehnung
eröffnet; sofort lag der grosse Tumor vor, frei von Vorwachsungen mit
Ausnahme einer Netzadhäsion an seinem unteren Umfange, welche zwischen
zwei Ligaturen durchtrennt wurde. Nach Herabziehen der Geschwulst er¬
kennt man deutlich ihren Ursprung vom rechten Leberlappen, an dem
sie in ganzer Ausdehnung seines scharfen Randes entspringt, von seinem
äussersten lateralen Ende bis zur Incision für die Gallenblase.
Die Kuppe der letzteren liegt noch auf dem medialsten Theile der
Geschwulstinsertion.
Somit sitzt die Geschwulst nicht gestielt der Leber an, sondern hat
eine sehr breite Verbindung von ca. 15 cm Querausdehnung. Ausser
zwei Knötchen dicht über dem hinteren Umfange der Geschwulst werden
secundäre Tumoren in der Leber nicht gefunden.
Die Operation begann mit der Ablösung der Gallenblase von der
Oberfläche des Tumors. Dann wurde mittels schwach glühenden messer¬
förmigen Thermocauters die Abtrennung der Geschwulst von rechts nach
links begonnen. Dabei ging es zunächst ziemlich unblutig her; je weiter
aber die Abtrennung nach links und hinten vorschritt, desto grössere Ge-
fässe wurden eröffnet, desto profuser wurde die Blutung. Zunächst half
ich mir so, dass da, wo es blutete, von Assistentenhänden ein Gazebausch
aufgedrückt wurde, während ich an einer anderen Stelle fortfuhr zu
brennen. Als aber die Durchtrennung an der medialen Seite in die Tiefe
vordrang, wurden fingerdicke Venen eröffnet, so dass die Blutung durch
Compression nicht mehr zu bemeistern war. Deshalb entschloss ich mich,
einen 4 mm dicken Gummischlauch oberhalb der Durchtrennungslinie zwei
mal um den ganzen rechten Leberlappen unter milssiger Spannung
herumzulegen, worauf die fernere Trennung blutleer weitergeführt
werden konnte. Bei Lösung des Schlauches wurde die Leber vom
Assistenten zwischen beiden Daumen und Zeigofingern comprimirt und
dann oberhalb der Trennungsfläche mit drei sehr starken Seiden-
suturen in drei Partieen umstochen, worauf die Blutung vollkommen
stand. Auf die verschorfte Fläche, welche sich ganz tief hinter den Rippen¬
rand zurückzog, wurde ein Jodoformgazebausch fest aufgedrückt, dessen
eines Ende aus der im übrigen gänzlich geschlossenen Bauchwundo her¬
ausgeführt wurde.
Der Wundverlauf war bis auf eine unbedeutende Bauchdeckeneite-
rung ein sehr normaler. Am vierten Tage wurde der Tampon heraus¬
gezogen und ein Drain eingelegt. Dieses wird am 23. October entfernt;
_ die Heilung der enormen Bauchwunde hat im wesentlichen prima
intentione stattgefunden. .
Patientin fing an sich recht zu erholen, bekam Appetit, war frei
von Schmerzen. Aus der Drainfistel stiessen sich unter massiger Eite¬
rung noch längere Zeit hindurch Bröckel des Brandschorfes ab. Am
6. November stand Patientin zum ersten male auf. Am 14. November
begannen Klagen über Schmerzen in beiden Beinen; gleichzeitig fiel auf,
dass Patientin sich nicht recht aufrecht halten konnte, sondern vor¬
sichtig vorn übergeneigt ging, wie ein mit Spondylitis Behafteter.
Der Vordacht auf eine metastatische Erkrankung der Wirbelsäule
wurde zur Gewissheit, als sich am 13. December fand, dass der Processus
spinosus des XI. Brustwirbels nach vorn und links ausgewichen und druck¬
empfindlich war. , . T m ,
Bald Hessen sich Geschwülste in der Leber und im Leibe nachweisen,
welche mit einer unglaublichen Rapidität wuchsen, bis am 21. Januar 1894,
110 Tage post operationem, der Tod eintrat.
Ich zeige Ihnen zunächst den exstirpirten Tumor, welcher natürlich
durch Schrumpfung im Spiritus erhebHch an Grösse verloren hat. Er
hat eine grosslappige Oberfläche und eine melonenartige Form. Sem
grösster in der Quere gelegener Durchmesser betrug frisch 18 cm, sem
sagittaler 14, sein Höhendurchmesser 7,5, sein Gewicht 122o g. An
seinem oberen Umfange befindet sich die durch die Verschorfung bedeu¬
tend geschrumpfte Trennungsfläche von der Leber, welche o cm breit,
5 cm tief ist. Die Schnittfläche zeigt nahe dem medianen Theile ihres
hinteren Randes das Lumen einer kleinfingerdicken Vene. Dicht -neben
dieser befindet sich ein erbsongrosser Hohlraum, welcher einem Oefäss-
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UNIVERSfTY OF MICHIGAN
670
lumen entsprach, der von einem hanfkorngrossen weichen Geschwulst¬
thrombus ausgefüllt war. Mit diesem Befunde war leider die Prognose
besiegelt. Das an der Geschwulst befindliche Leberstück zeigt an
seiner Hinterfläche dicht unter der Amputationslinie einen etwa
fünfpfennigstückgrossen Knoten. Zwischen Schnittfläche und der
den Tumor vom gesunden Gewebe abgrenzenden Furche befinden sich
3 cm Lebersubstanz. An der linken Seite hat die Geschwulstwucherung
die Serosa durchbrochen.
Auf dem Durchschnitt sieht man ein sehr buntes Bild. Durch
Septa zerfällt die Geschwulst in viele grössere Lappen, welche
wieder in Unterabtheilungen durch feinore Bindegewebszüge geschieden
werden. Der grösste Theil der Masse ist gelb, verfettet, auf dem Durch¬
schnitt über die Septa hervorquellend; die weniger veränderten Theile roth,
fleischig, mit eingesprengter Verfettung. An manchen Stellen findet sich
eine myxomatöse Veränderung des Stroma. Grosse Gefässe durchziehen
die Geschwulst. Die mikroskopische Untersuchung, welche Herr Dr. Hanse -
mann die Güte hatte auszuführen, ergiebt ein teleangiektatisches Angio-
sarkom. Die Sarkomzellen entwickeln sich in den Gefässscheiden und
folgen in ihrer Anordnung den Gefässen, in deren Lumen sie hier und
da einbrechon. Die Wandungen der vielfach teleangiektatischen Bluträume
sind äusserst dünn.
Die Section, von Prof. 0. Israel ausgeführt, ergab eineu enormen
Reichthum au frischen Metastasen, nirgend aber eine Geschwulst,
welche als eine dom Lebertumor zeitlich vorangehende primäre hätte auf¬
gefasst werden können. Massenhafte Geschwulstknoten fanden sich im
Unterhautgewebe, in der rechten Mamma, in beiden Lungen, in der Leber.
Zwischen drittem und viertem Lendenwirbel ist die Bandscheibe durch
Tumormasse zerstört; die Geschwulstbildung dringt in den Wirbelcanal
ein und umgiebt vollständig die Cauda equina. Vor der rechten Darm¬
beinschaufel liegt ein faustgrosses Paquet. Die Leber, durchsetzt von meta¬
statischen Knoten, ist monströs vergrössert; ihr grösster Querdurchmesser
beträgt 33 cm, wovon 19 auf den linken Lappen kommen. Die Ampu¬
tationslinie, welche frisch ca. 15 cm betrug, ist durch Vernarbung auf
4,5 cm reducirt; hier adhärirt, die Leber der Bauchwand durch eine
Narbenmasse, innerhalb welcher eine kirschkerngrosse Höhle liegt, ge¬
füllt mit den die Lebersubstanz umstechenden drei starken Seitenliga¬
turen, von denen zwei das Lebergewebe noch nicht völlig durchschnitten
haben. Unmittelbar median von der Narbe befindet sich die sehr ge¬
schrumpfte Gallenblase.
Die Zahl der bis jetzt operirten Lebertumoren ist recht ge¬
ring, aber die Resultate sind ermuthigend und beweisen jetzt schon
die Berechtigung solcher Eingriffe.
Mir sind im ganzen mit meinem eigenen Falle 14 Operationen
von Lebergeschwülsten bekannt, und zwar handelt es sich sechs¬
mal, alzo in nahezu 43 %, um Syphilome, zweimal um Krebse
(einen primären, einen secundären), einmal um ein primäres Leber¬
sarkom, ferner eine Michgeschwulst der Bindegewebsreihe, ein
Adenom, ein Cystoadenom, ein Cavernom, einen Echinococcus.
Von diesen 14 haben zwei Syphilomoperationen einen tödtlichen
Ausgang gehabt, und zwar einmal durch Nachblutung, einmal durch
Sepsis. Ausserdem trat einmal eine Nachblutung ein, welche eine
Wiedereröffnung der Bauchhöhle zum Zwecke der Umstechung der
blutenden Gefässe nöthig machte.
Vier principiell verschiedene Methoden kamen für die Ver¬
sorgung der Leberwunde in Betracht, nämlich erstens die Ver¬
senkung mit Schluss der Bauchwunde, zweitens die Versenkung
mit Tamponade der Leberwunde und Herausführung eines Tampon¬
zipfels durch eine Lücke der Bauchnaht, drittens die extraperito¬
neale Lagerung der Leberwunde nach vollendeter Exstirpation
durch Annähen des Leberüberzugs in die Bauchdeckenwundränder,
endlich die zweizeitige Operation, nämlich die extraperitoneale
Lagerung der Geschwulst durch Einnähen in die Bauchwunde, mit
darauf folgender Exstirpation nach Verheilung der beiden anein¬
ander genähten serösen Blätter.
Die von der einfachen Versenkung abweichenden Methoden
verfolgen den Zweck, die Gefahr der Nachblutung zu bekämpfen.
Denn thatsächlich sind die beiden einzigen Nachblutungen,
deren eine tödtlich verlief, bei der einfachen Versenkung des um-
stochenen uud unterbundenen Stiels beobachtet worden. Nach
diesen Erfahrungen wird ein solches Verfahren nur in den Fällen
von dünnem oder sehr gefässarmem, bindegewig verändertem Stiel
zu empfehlen sein.
Ebenso wird die zweizeitige Methode im allgemeinen bei ma-
lignen Tumoren nicht empfehlenswerth sein, da sie eine geringere
Sicherung für die Entfernung alles Kranken giebt, als die ein¬
zeitige. Denn wenn man in der Schnittfläche noch Knoten findet,
so ist man bei schon angewachsener Leber nicht leicht imstande,
eine höhere Amputation vorzunehmen.
Es kommen demnach wesentlich in Betracht die einzeitigen
\ erfahren entweder mit nachfolgender extraperitonealer Lagerung
der Leberwunde, oder mit Tamponade. Ersteres Verfahren verdient
wegen der grösseren Sicherheit jedenfalls den Vorzug, wo es aus¬
führbar ist. Leider ist das aber nicht immer der Fall, da es, wie
unsere Beobachtung lehrt, nach ausgedehnter Abtragung einer nicht
ausgesprochen gestielten Geschwulst bisweilen unmöglich ist, die
Leber soweit hervorzuziehen, dass ihre Trennungsfläche in die
No. 34
Bauchwunde eingenäht werden kann. Unter solchen Umständen
ist man auf die Tamponade angewiesen.
Unter den verschiedenen Modificationen der Tamponade scheint
mir die grösste Sicherung gegen Blutungsgefahr das Verfahren
von v. Eiseisberg zu gewähren, welcher den Tampon auf der
Leberwunde durch Nähte befestigte, welche die Leberkapsel durch-
drangen und mit ihren langen Enden aus der Bauchwunde her-
ausgeführt wurden.
Das einfache Aufpacken von Jodoformgaze auf die Leberwunde
mit Hinausleitung eines Endes, wie es von v. Bergmann und
mir geübt worden ist, scheint nicht vollkommen gegen Nachblutung
zu sichern, hat aber mindestens vor der völligen Versenkung den
Vorth eil, dass der Eintritt einer Blutung alsbald an der Durch¬
tränkung des Verbandes erkannt wird und somit rechtzeitig be¬
kämpft werden kann.
Ein noch nicht angewandtes Verfahren ist das Liegenlassen
des constringirenden Gummischlauches, welches gewiss in einigen
Fällen mit Vortheil verwendbar wäre.
Bezüglich der Wahl zwischen Messer und Thermocauter als
Trennungsinstrument würde ich da, wo eine Schlauchconstriction
möglich ist, dem scharfen Schnitt den Vorzug geben, weil er er¬
möglicht, die durchtrennten grösseren Gefässe zu sehen und durch
Umstechung oder Unterbindung zu sichern.
II. Aus der psychiatrischen Universitätsklinik in Jena.
Zur diagnostischen
Bedeutung des Achillessehnenphänomens.
Von Prof. Dr. Th. Ziehen in Jena.
(Schluss aus No. 33.)
Auf Grund der beiden Tabellen, sowie der soeben gegebenen
Einzelerläuterungen, sowie endlich auf Grund der bekannten Ge-
sammtziffer der Fälle, welche von einer jeden Psychose bezw.
Psychoneurose überhaupt zur Untersuchung gelangt sind, lässt sich
nunmehr auch ohne Schwierigkeit die diagnostische Bedeutung der
verschiedenen Störungen des Achillessehnenphänomens für die ein¬
zelnen Psychosen feststellen.
a) Dementia paralytica. Unter 158 genau untersuchten
männlichen Paralytikern hatten nur 57 normale oder annähernd
normale Achillessehnenphänomene. Bei 64% waren dieselben ein¬
seitig oder doppelseitig deutlich verändert 1 ). Abschwächung oder
Aufhebung ist fast doppelt so häufig als Fussklonus. Auch ein¬
fache Ungleichheit ist sehr häufig. In mehreren Fällen konnte im
Laufe der klinischen Beobachtung das allmähliche Abnehmen und
Verschwinden des Achillessehnenphänomens verfolgt werden 2 ). In
anderen Fällen trat der Verlust des Achillessehnenphänomens als
Frühsymptom auf. In einem privatim von mir beobachteten Falle
waren fast zwei Jahre lang krankhafte Steigerung der sexuellen
Libido und Verlust der Achillessehnenphänomene die einzigen Sym¬
ptome; jetzt sind Opticusatrophie, Pupillenstarre, einseitiges West-
pharsches Zeichen und leichte intellectuelle und affective Ver¬
änderungen hinzugetreten. Syphilitische Infection ist sicher fest¬
gestellt. Der Uebergang in Dementia paralytica oder Lues des
Centralnervensystems kann heute als unzweifelhaft angesehen wer¬
den. Sehr bemerkenswerth ist ferner, dass dieser Verlust des
Achillessehnenphänomens nicht stets von dem Westphal’schen
Zeichen begleitet ist, bezw. dem Verlust des Kniephänomens vor¬
angehen kann. Unter meinen Fällen war 23 mal das Achilles¬
sehnenphänomen einseitig oder doppelseitig erloschen, während das
Kniephänomen erhalten war. Erwägt man, dass bei den functio¬
neilen Psychosen und bei der Neurasthenie Fehlen des Achilles¬
sehnenphänomens ungemein selten ist, so erhellt, welche Bedeutung
der Nachweis des Fehlens des Achillessehnenphänomens für die
Frühdiagnose und für die Differentialdiagnose der Dementia para¬
lytica hat. Der auch in manche Lehrbücher übergegangenen Be¬
hauptung, dass auch bei dem Gesunden das Achillessehnenphäno-
men öfter fehle, muss ich entschieden widersprechen. Genaue
Untersuchung unter den oben angegebenen Cautelen ist allerdings
unerlässlich.
Interessant ist auch, dass eine energische Inunctionscur zu¬
weilen das Achillessehnenphänomen wiederherzustellen vermag
ähnlich, wie ich dies für das Kniephänomen beschrieben habe'’).
Ein Beobachtungsfehler ist ausgeschlossen, da vor der Inunctions¬
cur bei oft wiederholten Prüfungen das Phänomen nie zu er-
*) Bei den Frauen 46 %.
a ) Der umgekehrte Verlauf — anfängliche deutliche Abschwächung
und allmählicher Uebergang in Steigerung — ist erheblich seltener; doch
glaube ich ihn in drei Fällen sicher beobachtet zu haben.
^ Auch Pupillenstarre habe ich neuerdings unter dem Einfluss einer
Quecksilbercur sowohl in einem Fall von Dementia paralytica wie in einem
Falle von Himsyphilis ausnahmsweise schwinden sehen.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
23. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
671 i
zielen war, während bei Anwendung derselben Cautelen nach der
Inunctionscur eine unzweifelhafte Contraction erzeugt werden konnte.
Beiderseitiger Fussklonus ist zwar bei Dementia paralytica
auch sehr häufig, aber seine diagnostische Bedeutung ist geling,
da auch functioneile Psychosen denselben nicht selten zeigen. Ein¬
seitige oder doppelseitige Abschwächung und Ungleichheit wurde
in Fällen, wo die Diagnose zwischen Dementia paralytica und
functionellen Psychosen schwankt, sehr entschieden für erstere
sprechen.
Für die Differentialdiagnose der Dementia paralytica gegen
Dementia senilis, Lues cerebri und chronischen Alkoholismus lässt
sich weder der Verlust noch irgend eine andere krankhafte
Störung des Achillessehnenphänomens mit irgend welcher Sicher¬
heit verwerthen.
Vorübergehende Ungleichheit des Achillessehnenphänomens
habe ich öfter in und nach paralytischen Anfällen beobachtet. Die
Steigerung findet sich regelmässig auf der gelähmten Körperhälfte.
Mitunter kommt es ebenda zu wohl ausgeprägtem Fussklonus.
Gelegentlich habe ich auch beiderseitigen Fussklonus nach und in
paralytischen Anfällen vorübergehend auftreten sehen.
b) Dementia senilis. Die 30 Fälle, in welchen Störungen
des Achillessehnenphänomens zur Beobachtung kamen, entsprechen
35 % aller Fälle seniler Demenz, welche überhaupt zur Unter¬
suchung kamen. Die diagnostische Bedeutung dieser Störungen
des Achillessehnenphänomens wird jedoch ganz wesentlich durch den
Umstand beeinträchtigt, dass alle Störungen fast gleichmässig Vor¬
kommen oder vielmehr sogar diejenigen überwiegen, welche ge¬
legentlich auch bei functionellen Psychosen Vorkommen. Ausdrück¬
lich möchte ich betonen, dass die Ungleichheit der Achillessehnen¬
phänomene (und auch der Kniephänomene) bei seniler Demenz auch
dann vorkommt, wenn — wie die Section ergiebt — jede Com-
plication mit einer makroskopischen Heerderkrankung fehlt.
c) Lues cerebri. Dass die Lues .cerebri, wenn sie als
circumscripte Heerderkrankung die eine Pyramidenbahn in ihrem
intracerebralen Verlauf unterbricht, eine Steigerung des gekreuzten
Achillessehnenphänomens bedingt, ist ohne weiteres verständlich.
Weniger bekannt ist die Thatsache, dass ebenso wie eine isolirte
Pupillenstarre oder der isolirte Verlust eines Kniephänomens so
auch der isolirte Verlust eines oder beider Achillessehnenphänomene
das einzige körperliche Symptom einer beginnenden Syphilis des
Centralnervensystems sein kann. So habe ich Fehlen des Achilles¬
sehnenphänomens z. B. schon zweimal bei der Forme cöphalalgique
Fournier’s beobachtet. Von diesem Standpunkt aus ist selbst¬
verständlich der oben angeführte Fall eines syphilitischen 58-
jährigen Paranoikers auch hierher und nicht zu den functionellen
Psychosen zu rechnen.
d) Secundärer und angeborener Schwachsinn. Hier
ist das Fehlen oder eine anderweitige Veränderung des Achilles¬
sehnenphänomens bedeutungslos. Nur bei dem angeborenen Schwach¬
sinn giebt das Fehlen des Achillessehnenphänomens zuweilen einen
Hinweis auf eine zugrunde liegende hereditäre Syphilis. So hat
bei einem 13jährigen Mädchen, welches das klinische Bild der so¬
genannten Moral insanity, d. h. einer Debilität mit vorzugsweisem
Defect der ethischen Begriffsbildung, darbot, das Fehlen des
Achillessehnenphänomens zusammen mit der Lichtstarre einer Pu¬
pille mir zuerst den Verdacht auf hereditäre Syphilis erweckt.
Später wurde solche auch anamnestisch festgestellt. Specifische
Behandlung führte nicht nur eine auch für Anstaltsbehandlung
ganz auffällige Besserung der Debilität, sondern auch Rückkehr
der Achillessehnenphänomene herbei. Die einseitige Pupillenstarre
blieb unverändert.
e) Epilepsie. Fussklonus ist in den Intervallen zwischen
den Anfällen ausweislich meiner Tabellen nicht so häufig, als man
vielleicht erwarten möchte. Nicht selten habe ich ihn vorüber¬
gehend unmittelbar nach einem Anfall beobachtet. Noch etwas
öfter findet man unmittelbar nach schwereren Anfällen eine merk¬
liche Abschwächung des Achillessehnenphänomens, nach sehr
schweren in dem dem Krampfstadium nachfolgenden Coma gelegent¬
lich auch ein vorübergehendes Erlöschen desselben. Es scheint, dass
diese Abschwächung durchaus nicht nur von der Intensität des
Anfalls abhängig ist und speciell nicht etwa einfach auf der Er¬
schöpfung der motorischen Apparate beruht, sondern in erheblichem
Maasse von der Behinderung der Respiration während des An¬
falles bezw. der Kohlensäureüberladung des Blutes *) abhängt.
Wenigstens habe ich eine Abschwächung der Achillessehnen¬
phänomene (und Kniephänomene) auch nach schweren Anfällen nie-
*) In einem Falle acuter Opiumintoxication. 1,2 g, waren die Knie¬
phänomene erhalten, die Achillessehnenphänomene vorübergehend erloschen.
Ueber den Fussklonus bei Epileptikern vergl. Fürstner, Arch. f. Psychi¬
atrie, Bd. 17, Moeli, ibid., Bd. 14, Westphal, ibid., Bd. 5, Olliver,
Edinburgh, med. Journ. 1886, Beevor, Brain, Bd. 5, Bechterew, Neurol.
Centralbl. 1892, Agostini, Riv. sper„ 1890,
mals gefunden, wenn die Cyanose unerheblich war, weil die Re¬
spirationsmuskulatur weniger an dem Anfall betheiligt war.
Der intervalläre einseitige Fussklonus, welcher sich in vier
Fällen fand, lässt sich auf Grund unserer modernen Anschauungen
über die Entstehung der genuinen Epilepsie sehr wohl erklären.
Diese gehen bekanntlich dahin, dass auch in vielen Fällen der
sogenannten genuinen, vermeintlich functionellen Epilepsie kleine
auf infantiler circumscripter Encephalitis beruhende Heerderkran-
kungen vorliegen, deren Reizwirkung sich von Zeit zu Zeit in epilep¬
tischen Anfällen entladet. Es ist nun sehr wohl verständlich, dass
eine solche Heerderkrankung, wenn sie im Bereich der Pyramiden¬
bahn gelegen ist, zu Fussklonus in der gekreuzten Körperhälfte
führt. Ich verweise hier namentlich auf die einschlägigen Arbeiten
von Sachs.
In dem einen Falle der Tabelle 1, in welchem beiderseitige
Abschwäehung angegeben ist, lag Syphilis vor, desgl. handelt es sicli
höchstwahrscheinlich in einem der beiden Fälle in Tabelle 2 um
hereditäre Syphilis (Hutchinson’sche Symptomtrias, Dementia
paralytica bei dem Vater).
f) Hysterie. Fussklonus (einseitig oder doppelseitig) und
Ungleichheit der Achillessehnenphänomene ist bei Hysterie ent¬
schieden noch weit häufiger, als bei Epilepsie. Sternberg 1 ) giebt
an, dass in ca. 20°/o der Fälle sich Fussklonus finde, und Vor¬
kommen halbseitiger Verschiedenheit der Sehnenphänomene ist, wie
auch Sternberg äussert, mit Unrecht von Althaus 2 ) bestritten
worden. Fast stets lag die Steigerung des Achillessehnenphäno¬
mens bezw. des Fussklonus, wofern das Symptom überhaupt ein¬
seitig war, auf der Seite der gemischten Hemianästhesie vor. In
einem Falle war rechts Fussklonus angedeutet, während das Knie¬
phänomen links stärker gesteigert war. Als Curiosum erwähne ich
endlich einen Fall typischer Hysterie, in welchem der Fussklonus
nicht durch Dorsalflexion, sondern nur durch intensive auf die
Haut des Fusses applicirte Hautreize hervorzurufen war 3 ).
Interessant wäre eine genauere Untersuchung der Sehnen¬
phänomene bei der sog. Syphilishysterie. In dem einzigen Falle,
welchen ich bezüglich der Achillessehnenphänomene genau unter¬
suchen konnte, waren letztere merklich abgeschwäeht.
g) Chronischer Alkoholismus. Nach meinen Tabellen
ist Abschwächung oder Fehlen des Achillessehnenphänomens häufi¬
ger als Fussklonus. 4 ) Einfache Steigerung ohne Fussklonus ist
ungemein häufig. Ich unterlasse genauere Zahlenangaben, da das
Urtheil über krankhafte Steigerung mir wesentlich unsicherer
scheint, als das Urtheil über krankhafte Herabsetzung. Der An¬
gabe Sternberg’s, dass in den Fällen von chronischem Alkoho¬
lismus (ohne multiple Neuritis) in der Regel gesteigerte Sehnen¬
phänomene bestehen, kann ich sonach nicht völlig beistimmen. Es
kommen auch Fälle mit herabgesetzten und sogar solche mit erlo¬
schenen Sehnenphänomenen (speciell Achillessehnonphänoinenon) vor,
ohne dass eine Neuritis nachweisbar wäre-- dem entspricht übrigens
die von Sternberg nicht erwähnte pathologisch-anatomische That¬
sache, dass bei chronischen Alkoholisten die Section nicht selten
auch eine graue Verfärbung im Bereich der Hinterstränge des
Rückenmarks ergiebt.
h) Functionelle Psychosen und Neurasthenie. Aus
den oben gegebenen Erörterungen geht hervor, dass ein- oder
doppelseitiges Fehlen des Achillessehnenphänomens sehr selten ist.
Es fanden sich nämlich nur 10 Fälle (unter über 1500). In zweien
lag auf der Seite des Fehlens eine alte Fractur vor, in einem
Syphilis, in einem eine Entwickelungshemmung der bez. Extremität,
in einem eine wahrscheinlich cerebrale Lähmung der bez. Ex¬
tremität (seniler Erweichungsheerd), in einem wahrscheinlich eine
Ischiasneuritis. Sonach bleiben noch 4 Fälle (= In
allen vier handelte es sich um jugendliche, an hallucinatorischer
Paranoia erkrankte, vorwiegend in stuporösem Zustand befindliche,
in der Ernährung stark zurückgegangene Individuen. Der in dem
einen Fall vorliegenden Complication mit Brandnarben an dom bez.
Unterschenkel, sowie mit Endocarditis geschah oben Erwähnung.
Ich muss es weiteren Untersuchungen überlassen, festzustellen,
ob diesem vierfachen Vorkommuiss irgend welche Gesetzmässigkeit
zukommt. Jedenfalls ist sicher, dass bei der weit überwiegenden
Majorität aller Fälle acuter hallucinatorischer Paranoia — auch bei
jungendlichen, stuporösen und erregten, gut und schlecht genährten
») 1. c. S. 254.
a ) Arch. f. Psych. Bd. 16. ., 11 «
3 ) Dass Hautreize steigernd auf den Fussklonus wirken bezw. gelegen!-
h seine Hervorrufung erleichtern können, hat schon Westphal bei
nleptikem beobachtet (1. e.). ... . .
4 ) Dabei sehe ich von den Fällen mit einer typischen Alkoholneuiiu»
“»fsehermer (Mttnch. mcd. IVuchenscl.r. 1889) vermiet« das Kiiii-
länomen bei einer reconvalesceuteu Maniakalischen, T o m 1 1 n s on (. ourn.
otwI «laut äiannc IftQfli hoi einer Melancholie.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
672
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 84
Individuen — die Achillessehnenphänomene normal oder gesteigert
sind.
Dass auch in den Fällen, wo eine Abschwächung des Achilles¬
sehnenphänomens vorliegt, oft ein bestimmtes ätiologisches Moment
mitspielt (Syphilis, Senium, 1 ) Alkoholismus), ergiebt sich aus den
früheren Erörterungen. Auch bezüglich der übrigen Störungen der
Achillessehnenphänomene bei den functionellen Psychosen habe ich
dem Früheren nichts hinzuzufügen.
Für die praktische Diagnostik kann ich das Resultat
meiner statistischen Zusammenstellung kurz dahin präcisiren: Das
Achillessehnenphänomen ist — sorgfältige Untersuchung voraus¬
gesetzt — ein ebenso empfindliches, wenn nicht noch empfindlicheres
Reagens auf bestimmte Erkrankungen des Centralnervensystems
wie das Kniephänomen. Absolut eindeutigen Hinweis giebt es
ebenso wenig wie dieses. Von besonderer Wichtigkeit ist nament¬
lich das ein- oder doppelseitige Fehlen des Achillessehnenphänomens.
Dieses Fehlen, sofern es bei einem Geisteskranken beobachtet wird,
deutet mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit auf Dementia para-
lytica oder Lues des Centralnervensystems; in zweiter Linie kämen
senile Demenz und namentlich auch chronischer Alkoholismus in
Betracht. Die Verwerthung des Symptoms ist selbstverständlich
nur zulässig, wenn peripherische Complicationen (Ischiasneuritis etc.)
auszuschliessen sind.
III. Aus dem physiologisch-chemischen Laboratorium des
Herrn Prof. Baumann in Freiburg i. B.
Zur Wirkung des Sulfonals, Trionals und
Tetronals.
Von Dr. med. W. Morro.
Im Laufe der letzten Jahre haben neben dem Sulfonal zwei
andere Disulfone, das Trional und das Tetronal eine ausgedehnte
Anwendung erfahren.
Nachdem durch Bau mann und Käst an Thieren festgestellt
war, dass wie dem Sulfonal auch ihnen eine exquisit schlaf brin¬
gende Wirkung zukam, so zwar, dass das Tetronal die stärkste, das
Sulfonal die schwächste hypnotische Wirkung hervorrief, während
das Trional in der Mitte stand, w'aren Barth und Rumpel 2 ) die
ersten, w r elche diese bezüglich des Trionals und Tetronals durch
Thierexperimonte gefundenen Ergebnisse an Menschen prüften. Das
Resultat dieser Versuche war, dass Trional und Tetronal auch bei
Menschen eine sehr ausgesprochene schlaf bringende Wirkung er¬
zeugten, die oft noch zur Geltung kam, wenn Sulfonal versagte,
dass aber die bei den Thierversuchen stark ausgeprägte Abstufung
der Wirksamkeit nicht in gleicher Weise eintrat.
Die Beobachtungen von Barth und Rumpel sind von vielen
Seiten bestätigt und dahin erweitert worden, dass insbesondere
das Trional auf Grund besonderer Eigenschaften eine allgemeinere
Anwendung verdiene (Schultze, Horvath, Raimondi und Ma-
riottini, Schäfer, Bötticher, Brie, Hammerschlag, Beyer,
Kollaz u. a.).
Es ergaben sich nämlich gewisse Unterschiede zwischen Trional
und Sulfonal sowohl in der Art und Weise der Wirkung und ihrem
Abschluss als auch hinsichtlich der Indicationen und des Auf¬
tretens von Neben- und Nachwirkungen, die zu Gunsten des Trio¬
nals sprechen.
Diese Unterschiede sind kurz präcisirt folgende: 1) beim Trio¬
nal tritt die Wirkung früher ein als beim Sulfonal; 2) die Wir¬
kung des Trionals übertrifft meistens die des Sulfonals erheblich,
erstreckt sich nur auf die sechs- bis achtstündige Dauer des Schlafes
und ist damit abgeschlossen, wenn die Dosirung eine angemessene
war (conf. Beyer); 3) unangenehme Nebenwirkungen schoinen
beim Trional ganz zu fehlen oder doch weit seltener einzutreten.
Beim Sulfonal ist von Käst und vielen anderen darauf hin¬
gewiesen worden, dass die Wirkung sich oft über eine Nacht hin¬
aus erstreckt und nicht selten noch in der zweiten Nacht zur
Geltung kommt. Käst erklärte diese protrahirte, postponirende
Wirkung des Sulfonals, welche als Benommenheit sich auch wäh¬
rend des Tages bemerkbar machte, durch die langsame Resorption
und insbesondere durch die grosse Resistenz des Sulfonals, "welches
durch den Stoffwechsel nur langsam angegriffen und umgewandelt
wird (zu leicht löslichen Schwefelverbindungen, wahrscheinlich
Sulfosäuren), und hielt auf Grund dieses Verhaltens eine cumu-
lirende Wirkung des Sulfonals für nicht ausgeschlossen. Für eine
cumulirende Wirkung des Sulfonals konnte auch die Erfahrung
*) Dass das Senium — ganz abgesehen von der Dementia senilis -
nicht nur eine Steigerung, sondern gelegentlich auch eine Herabsetzun
der Sehnenphftnomene bedingt, muss ich in Uebereinstiramung mit Moebiu
auch gegenüber den neuesten Angaben von Sternberg festhalten.
) Deutsche med. Wochenschr. 1890, No. 82
sprechen, dass mit der Dosirung des Mittels in vielen Fällen nach
mehrmaliger Anwendung zurückgegangen werden konnte, ohne dass
der Erfolg ausblieb.
Ein besonderes Interesse gewann die Frage nach der cumu-
lirenden Wirkung des Sulfonals, als nach lange fortgesetztem Ge¬
brauch dieses Medicaments wiederholt Vergiftungserscheinungen
beobachtet wurden, w r elche ein ganz eigenartiges Bild darboten.
Dasselbe ist wohl chrakterisirt und setzt sich zusammen aus
Störungen, die der Tractus intestinalis — Erbrechen, hartnäckige
Verstopfung —, das CentralnervenSystem — Ataxie, Ptosis, Be¬
nommenheit — und die Secretion und Beschaffenheit des Urins —
Oligurie, Hämatoporphyrinurie — erfährt.
Speciell das letztgenannte Symptom — das Auftreten von
Hämatoporphyrin im Harn, welches durch die granat- oder him-
beerrothe Verfärbung des Urins meist ohne weiteres zu erkennen
ist — ist ein ausserordentlich charakteristisches und bei allen
Sufonalvergiftungen constantes.
Man war geneigt, die überraschende Thatsache, dass das Sul¬
fonal zu Vergiftungserscheinungen führen kann, durch die cumu¬
lirende Wirkung des Sulfonals zu erklären. Schien doch der
Umstand, dass bei Menschen selbst sehr grosse Mengen von
Sulfonal (100 g), wenn sie auf einmal genommen waren, ohne
dauernden Schaden ertragen wurden, für die Richtigkeit der Er¬
klärung ohne weiteres zu sprechen. Dagegen sprach aber einmal
die Thatsache, dass die Sulfonalvergiftung im Verhältniss zu dem
Massenverbrauch des Mittels so ausserordentlich selten auftritt
und dass Personen Jahre lang ununterbrochen Sulfonal genommen
hatten, ohne dass sich auch nur die geringsten toxischen Wir¬
kungen eingestellt hatten. Des Weiteren fiel gegen obige Erklä¬
rung der Umstand ausserordentlich ins Gewicht, dass weder bei
Menschen noch bei Thieren das Auftreten von Vergiftungserschei¬
nungen, vor allem das Erscheinen von Hämatoporphyrin im Harn,
willkürlich erzeugt werden kann.
H. Ehrlich (Dissertation, Würzburg 1893) hat in 64 Fällen
nach fortgesetztem Sulfonalgebrauch niemals auch nur die geringste
Spur von Haematoporpliyrin im Harn entdecken können.
Als eine besonders bemerkenswerthe Erscheinung bei den Sul-
fonalvergiftungen ist noch zu erwähnen das Auftreten erheblicher
Mengen von unverändertem Sulfonal im Harn, welches zuerst von
Jolles 1 ) beobachtet wurde. Die gleiche Erscheinung hat Jaffe
nach einmaliger Einnahme einer grossen Menge Sulfonal constatirt.
Smith 2 ) fand, dass bei Hunden nach Sulfonaldarreichung auch
in kleinen Dosen unveränderte Substanz zum geringen Theil im
Harn erschien.
Goldstein 3 ) hat später diese an Thieren ermittelte Thatsache
auch für den Menschen geltend erwiesen. Durch Versuche an sich
selbst fand er, dass nach einer mehrere Tage lang fortgesetzten
Einnahme von 1 g Sulfonal geringe Quantitäten unverändert aus¬
geschiedener Substanz im Harn nachweisbar waren, so zwar, dass
die Mengen unverändert ausgeschiedenen Sulfonals von Tag zu
Tag grösser wurden.
Es war danach von nicht geringem Interesse festzustellen.
ob Trional und Tetronal ein dem Sulfonal ähnliches Verhalten zeigen,
ob namentlich die Unterschiede, welche bei der Wirkung von
Trional und Sulfonal beobachtet sind, durch die Art und Weise,
wie beide Körper im Stoffwechsel verändert werden, eine Erklärung
finden.
Einer Anregung von Herrn Prof. Bau mann folgend, habeich
es unternommen, die Beantwortung dieser Fragen auf experimen¬
tellem Wege zu versuchen.
Für die Behandlung meiner Aufgabe war es in erster Linie
von Wichtigkeit, eine Methode zu besitzen, welche mit hinreichen¬
der Genauigkeit selbst kleine Mengen der unveränderten Disulfone
im Harn erkennen liess. Der von Goldstein für diesen Zweck
eingeschlagene Weg — nach dem Vorgang von Jolles —
sprach nicht allen Anforderungen. Gold stein verfuhr folgender-
maassen:
Der Ham wurde dreimal mit Aether ausgeschüttelt, der Aether ab-
destillirt und im Aetherrückstand der Schwefelgehalt bestimmt,
diesem Zwecke wurde der Aetherrückstand im Silbertiegel mit Salpeter
und Soda geglüht, die Schmelze in Wasser gelöst, mit Salzsäure ap-
gesäuert und mit Chlorbaryum gefällt Die gefundene Menge BaSUi
wurde auf Sulfonal umgerechnet. Von dem in der 24 ständigen Ham-
menge gefundenen BaSO.» zog Goldstein, was Jolles nicht that,
14 mg ab, weil er gefunden hatte, dass diese Menge dem in den Aether*
auszug übergehenden Schwefel des normalen Harns beim dreimaligen Aus¬
schütteln entsprach.
Wie Goldstein selbst bemerkt, hat die von ihm angewandte
Methode mancherlei Fehler und Mängel.
*) Pharmaceut. Post, 27. December 1891.
2 ) Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. XV.
*) Deutsche medicin. Wochenschrift 1892, No. 42.
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23. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Einmal ist sehr störend, dass beim Ausschütteln des Harns
mit Aether dieser ausser den Disulfonen eine schwefelhaltige Sub¬
stanz, deren Natur nicht näher bekannt ist, aufnimmt. Es liegt
auf der Hand, dass die gewonnenen Resultate durch diesen Uebel-
stand ausserordentlich beeinflusst werden. Go Idstein hat freilich
den dadurch entstehenden Fehler durch Abzug des auf 14 mg
BaSOi geschätzten Schwefels auszugleichen gesucht. Allein ist es
wirklich sichergestellt, dass die Menge des im Harn vorhandenen,
in den Aetherauszug übergehenden Schwefels in den verschiedensten
Tagesharnen constant bleibt?
Zweitens ist es auch Gold stein aufgefallen, dass beim Glühen
mit Salpeter und Soda ein Theil des Disulfons verflüchtigt wird,
wodurch ein immerhin beträchtlicher Theil des thatsächlich vor¬
handenen Disulfons der Bestimmung entzogen wird _ wie Gold¬
stein bemerkt, bis zu 20%.
Ein dritter Fehler, welchen Goldstein nicht anführt, beruht
darauf, dass das im Harn enthaltene Disulfon durch ein dreimaliges
Ausschütteln mit Aethor durchaus nicht völlig dem Harn entzogen
wird. Zahlreiche Versuche, die ich zur Klarstellung dieser Frage
angestellt, haben gelehrt, dass es einer sechsmaligen Ausschütte-
lung bedarf, um die Harnmenge zu erschöpfen.
Durch eine Abänderung dieses von Goldstein bei der Sul-
fonalbestimmung benutzten Verfahrens gelang es uns, die mit jener
Methode verbundenen Fehler zu vermeiden und derartige Resultate
zu gewinnen, dass selbst geringe Mengen von Disulfonen, welche
im Harn enthalten sind, in Substanz und krystallisirtem Zustande
aus demselben abgeschieden werden konnten. Es wurden zunächst
Controllversuche angestellt, um die Genauigkeit der Methode und
ihre etwaigen Fehlergrenzen kennen zu lernen.
Beschreibung der Methode. Der bis auf 100ccm oingedampfte
Tagesharn wird mit dem zwei- bis dreifachen Volumen Aether sechsmal
ausgeschüttelt. Um die hierbei fast ausnahmslos eintretende Emulsion
zu beseitigen, fügt man geringe Mengen Weingeist hinzu. Die Aethor-
auszüge werden vereinigt und der Aether abdestillirt. In dom Rückstände
von ca. 20 ccm sind in Lösung das in Betracht kommende Disulfon,
ferner Färb- und Extractivstoffe, schwefelhaltige Verbindungen mit sogen,
„neutralem Schwefel“ und schliesslich durch den zugesetzten Weingeist
die in Alkohol löslichen Stoffe des Harns, also vor allem Harnstoff' und
Kreatinin. Von allen diesen Substanzen kann nun bis auf minimale
Spuren das Disulfon getrennt werden, dadurch dass der Aotherauszug im
Wasserbad zur Trockne verdunstet, der trockne Rückstand in 15 bis
20ccm 10%iger Natronlauge gelöst und diese Lösung bis zur völli¬
gen Trockne im Wasserbad wieder verdunstet wird. Der trockene
Rückstand wird in 20 bis 40ccm destillirten Wassers unter Erwärmen
gelöst und die wässerige Lösung mit alkoholfreiem Aether wiederum
sechsmal ausgeschüttelt. Diesmal tritt eine Emulgirung nie ein. Die
Aetherauszüge werden vereinigt und 24 Stunden lang zur vollstän¬
digen Trennung der ätherischen und wässerig-alkalischen
Flüssigkeiten stehen gelassen. Die ätherische Flüssigkeit wird
dann durch ein trockenes und zuvor entfettetes Filter vorsichtig in
einen absolut trockenen Kolben abgegossen und der Aether verdunstet.
Der Rückstand besteht aus Kristallen, die das betreffende Disulfon in
nahezu reinem Zustande darstellen.
Controllversuche. I. 0,1g Sulfonal wurden in lOOccm Harn
gelöst. Gefunden 97,2 mg, Schmelzpunkt 124°, also chemisch rein.
II. 50 mg Sulfonal in 100 ccm Ham gelöst. Gefunden 48,9 mg.
Schmelzpunkt 124«.
III. 10 mg Sulfonal in 100 ccm Harn gelöst. Gefunden 9,1 mg (sehr
schöne Kiystalle, ein wenig gelblich gefärbt, Schmelzpunkt 119°).
IV. 0,1 g Trional in 100 ccm Harn gelöst. Gefunden 98,1 mg,
Schmelzpunkt 75—76°, also chemisch rein.
V. 10 mg Trional in 100 ccm Ham gelöst. Gefunden 8,9 mg (sehr
schöne Krystalle, doch ein wenig gefärbt, Schmelzpunkt 72°).
VI. 50 mg Tetronal in 100 ccm Ham gelöst. Gefunden 48,7 mg,
Schmelzpunkt 85°, also ebenfall chemisch ein.
Nachdem somit die Brauchbarkeit der Methode auch für quantitative
Bestimmungen völlig sichergestellt war, ging ich an meine Aufgabe.
Sulfonal. Ich war in der Lage, die Frage nach den Aus¬
scheidungsverhältnissen von unverändertem Sulfonal an verschie¬
denen Harnen studiren zu können. Einmal diente ich selbst zum
Versuchsobject. Ich nahm an einem bestimmten Tage 1 g (völlig
gelöst!), fuhr 5 Tage lang mit der Einnahme dieser Dosis fort und
untersuchte jeden einzelnen Tagesharn auch nach Aufhören der
Sulfonaleinnahme, wie viel und wie lange Zeit selbst nach Aus¬
setzen des Sulfonals unverändertes Disulfon ausgeschieden wurde.
Sodann hatte ich Dank des liebenswürdigen Entgegenkommens
meines Collegen Dr. Pantzer, Assistenten an der medicinischen
Klinik zu Halle a./S., Gelegenheit, je einen Harn zu untersuchen,
der Patienten entstammte, die 14 Tage resp. 4 Wochen lang pro
die 1 g Sulfonal erhalten hatten. Der Güte des Herrn Prof.
Emminghaus verdanke ich schliesslich noch einen Harn, welcher
von einer Geisteskranken herrührte, die während eines halben
Jahres Sulfonal bekommen hatte, doch dergestalt, dass nach zwei
Tagen, an denen pro die 1 bis 2 g gegeben wurden, einen Tag
ausgesetzt wurde.
Ich begann mit der Verarbeitung der von mir gelieferten
673
Haine. Die einzelnen 24ständigen Hanimengon wurden genau nach
der vorn eingehend geschilderten Methode behandelt und die Rück¬
stände gewogen.
Dabei zeigte sich nun einUebelstand, der bei der Prüfung der Brauch¬
barkeit unserer Methode zu quantitativen Bestimmungen in allen sechs
Versuchen nicht zu Tage getreten und welcher geeignet war, die Vor¬
züglichkeit des neuen Verfahrens in Frage zu stellen. Sämmtliche Rück¬
stände waren sehr schön krystallinisch und bestanden auch zum grössten
Theil aus reinem Sulfonal, allein amorphe Substanzen, wenngleich in ganz
geringer Menge, waren ihnen beigemengt, beeinträchtigten ihre Reinheit
und vermehrten das Gewicht der Substanz. Die verschiedensten Versuche
wurden gemacht, die Krystalle von den Beimengungen zu trennen —
allein ohne Erfolg. Ein Trennungsmittel gab es nicht. In denselben
Flüssigkeiten, in denen die Disulfone leicht löslich sind, in Aether, Alkohol,
heissem Wasser, lösten sich auch die Verunreinigungen. Sie widerstanden
wie die Disulfone einer mehrmaligen Behandlung mit concentrirter Sal¬
petersäure in der Wärme. Sie stellten eine gelblich gefärbte harzige
Masse dar von urinösom Geruch. Jeder Harn, den wir nach unserer
Methode behandelten, gab — d. h. wenn die 24 ständige Harnmenge ver¬
arbeitet wurde —diese harzigen Producte. Die Menge wechselte bei den
einzelnen Individuen. Bei denselben blieb sie in den verschiedensten Tages¬
hamen constant. Beispielsweise lieferte mein Harn, von je 24 Stunden,
an verschiedenen Tagen untersucht, 6,8—7,2—7,9 und 8 mg amorpher Sub¬
stanz. Sonst fand ich im Minimum 2,5, im Maximum 11 mg für die
24stündige Harnmenge.
Die Frage nach der Natur dieser harzigen, dem normalen
Ham entstammenden Substanzen hatte ein gewisses Interesse.
Dass es sich nicht um Stoffe handelte, die erst unter dem Ein¬
fluss der Disulfone im Organismus entstunden und in den Harn
übergegangen sind, lag auf der Hand: denn aus jedem normalen
Harn konnten diese harzigen Producte gewonnen werden. Auch
Cholesterin, an das wir dachten, war es nicht. Es war noch mög¬
lich, dass Substanzen mit sogenanntem „neutralen Schwefel“ vor¬
liegen, die ja, wie Munk und auch Goldstein fanden, in den
Aetherauszug des normalen Harns in geringer Menge übergehen.
Zur Klarstellung dieser Frage versuchten wir bei mehreren der¬
artigen Rückständen, die aus normalem, verschiedenen Individuen ent¬
stammenden Harn gewonnen waren, den Nachweis von Schwefel. Die
Bestimmung wurde im Silbertiegel mit Salpeter und Soda ausgeführt und
die etwa vorhandene Schwefelsäuro mit Chlorbarimn als Bariumsulfat ge¬
fällt. Nie erhielten wir eine sofortige Trübung; erst nach Stunden zeigto
sich in der Flüssigkeit ein zarter Schleier oincs Niederschlages, durch
schwefelsaures Barium gebildet. Liessen wir die Flüssigkeit einige Tage
stehen, so fand sich am Boden des Glases ein ganz unbedeutender Nieder¬
schlag, der kaum wägbar war und höchstens ’/<j—1 mg betrug. Um in dieser
Beziehung aber ganz sicher zu gohen, wurde ein grösseres Quantum von
Harn — 10 1 — nach unserer Methode verarbeitet. Die daraus gewonnenen
amorphen Substanzen wogen 27,6 mg. Die Schwofelbestimmung wurde
nach der Carius'schen Methode vorgenommon. Wir fanden 2,6 mg
Bariumsulfat, also für einen Liter Harn 0,26 mg BaSCh.
Damit war der Beweis erbracht, dass die störenden harzigen
Producte nicht aus schwefelhaltigen Verbindungen bestanden, dass
überhaupt der sogenannte „neutralo Schwefel“ des Harns in den
Aetherauszug bei Anwendung unserer Methode, d. h. also nach
Behandlung mit Natronlauge in der Wärme höchstens in Spuren
übergeht.
Dass die harzigen Stoffe nicht vorhanden waren, als wir in
sechs Versuchen die Brauchbarkeit der Methode zu quantitativen
Bestimmungen prüften, dass wir damals die Krystalle in nahezu
absoluter Reinheit gewannen, dieser Umstand erklärt sich daraus,
dass nur geringe Mengen Harn, 100 ccm, zur Verarbeitung ge¬
langten, die natürlich nur den 15. Theil der amorphen Substanz
lieferten, welche die 24stündige Harnmengo ergab, also 0,2 bis
0,5 mg. Eine so geringe Menge konnte naturgeraäss die Rein¬
heit von 50 und selbst von 10 mg Krystallon nicht merklich be¬
einträchtigen ! Ueberhaupt je grösser die Menge des im Harn vor¬
handenen Disulfons ist, um so mehr treten die harzigen Stoffo in
den Hintergrund. Absolut irrelevant sind dieselben in solchen
Fällen, wo ganz erhebliche Quantitäten des Disulfons sich im Harn
vorfinden, also bei der Sulfonalvergiftung. Da wird es stets ge¬
lingen, mit unserer Methode die Krystalle im chemisch reinen Zu¬
stande zu gewinnen.
Da also die harzigen Verunreinigungen das Gewicht der aus
dem Harn gewonnenen Disulfonmengen doch alterirten, wir aber
nicht nur qualitativ, sondern vor allem quantitativ die unverändert
ausgeschiedenen Disulfono bestimmen wollten, so habe ich von
jedem einzelnen Rückstand noch die Schwefelbestimmung gemacht
und aus dem gefundenen BaS 04 die Menge des Sulfonals, Trio-
nals und Tetronals berechnet. Die Schwefelbestimmungen wurden
zum Theil im Sibertiegel mit Salpeter und Soda ausgeführt, zum
Theil nach der Carius’schen Methode. 1 ) Dass mit der Anwendung
0 Die Carius’sche Methode konnte deshalb nicht immer angewendet
werden, weil durch das Zerspringen der zugeschmolzenen Glasröhren,
welches nicht mit Sicherheit vermieden werden konnte, mehrfach ganze
Versuchsreihen verloren gingen.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 84
des ersteren Verfahrens geringe Verluste an Disulfonen verbunden
sind, wurde schon oben erwähnt. Allein dieselben sind so unbe¬
deutend, dass sie von keinem wesentlichen Einflüsse auf die Re¬
sultate der Versuche sind. Mehrere Versuche haben mir ausser¬
dem gezeigt, dass, wenn man bei der Schmelze so verfährt, dass
die mit mehr als dem 50fachen Gewicht Soda gemengte Substanz
nach und nach in sehr kleinen Mengen in den glühenden Silber¬
vögel, in welchem sich ein Gemenge von Salpeter und Aetznatron
befindet, eingetragen wird, nicht mehr als 5 % Verluste zu ver¬
zeichnen sind.
Nachstehend folgen die bezüglich des Sulfonals gefundenen
Resultate:
I.
Datum
Ilaru-
meuge
ccm
spec.
Gewicht
ans dem
Harn
isolirte
Substanz
in mg
Ba SO 4
in mg
umge¬
rechnet
auf
Snlfonal
in mg
Eingenom¬
menes
Sulfonal
Be¬
merkungen 1 )
27.-28. Nov.
1750
1014
7,0
5,5
2,7
am 27.
Abends
10 Uhr
28.-29. „
1620
1018
12,2
11,7
5,7
1 g
1 g
29.—30. „
1460
1017
19,2
26,2
12,8
1 g
30. Nov. bis
M b
1. Dec. . .
1820
1015
40,8
70,7
34,5
1 g
1.—2. Dec. .
2050
1009
54,8
99,3
48,6
1 g
2.-3. „ . .
1540
1014
24,0
40,0
19,5
3.-4. „ . .
1700
1012
18,9
26,4
12,9
4.—5. „ . .
1450
1016
12,3
12,7
6,2
5.—6. „ . .
1860
1013
6,5
2,2
1,0
6.-7. . .
1550
1014
6,2
chemischer Constitution und physiologischer Wirkung einiger Sulfone 1 )
findet und welche lautet: „im Harn der Versuchsthiere war kein unver¬
ändertes Trional nachzuweisen“. Allein die Methode, mit der damals
diese Resultate festgestellt wurden, war so wenig zuverlässig, dass jene
früheren Feststellungen zu einem sicheren Ergebnisse nicht führen konnten
Zur Beantwortung der Frage nach dem Verhalten des Trionals im
Organismus stand mir wiederum ein recht reichliches Material zur Ver-
ftlgung. Einmal führte ich an mir selbst in entsprechender Weise wie
beim Sulfonal die Versuche aus. Sodann war Herr Dr. Weis s soliebens¬
würdig, durch Versuche an sich mich in den Stand zu setzen, die an mir
gefundenen Resultate einer vergleichenden Controlle unterziehen zu können
Weiter war mein College Dr. Pantzer so gütig, mir aus der medici-
nischen Klinik zu Halle die Beschaffung von zwei Harnen zu ermöglichen,
von denen der eine nach 14 tägigem, der andere nach vierwöchentlichem
Gebrauch von Trional (1 g pro die) gelassen war.
Es ergaben sich folgende Resultate:
I. Versuch von mir.
I völlig
nmge-
Datum
Ham-
spec.
amorph!
BaSO«
rechnet
eingenom-
meugo
Gewicht
Harn isolir-
in mg
anf
menes
ccm
te Substanz
Trional
Trional
1.—2. Februar . . .
1450
1020
^ 6,1 mg
.
0
am 1.
Abends
2. 3. „ ...
3. -4. „ . . . 1
4. -5. „ ...
5. —6. ...
J4800
1600
0 0
CD
}l4.2 „
6,8 „
)«
Spuren
13,1
U
1 g
von
6.-7. „ ...
BaS0 4
1480
1020
6,4 „
0
0
II. Versuch von Herrn Weiss.
II. Ausscheidung von unverändertem Sulfonal im Harn nach 14 tägigem
Gebrauch (pro die 1 g). ° °
Harnmenge ~ . , , au ^ ^ era Harn umgerechnet
vom 15. Tag s P ec - Gewicht isolirte Substanz BaSO* auf
1 dnn nnn imo in m s Sulfonal
1400 ccm 1018 40,0 mg 61,0 32,3 mg.
III. Nach vierwöchentlichem Sulfonalgebrauch
(im ganzen wurden 28 g, pro die 1 g verabreicht).
Gewicht ™nes Sulfonal
1600 ccm 1012 75,5 mg 70,8 mg
-p.. ® lne Schwefelbestimmung war in diesem Fall überflüssig: der
Rückstand bestand aus schönen weissen Krystallen, nur am Rande
des Xrystallisationsschälchens befanden sich ganz unerhebliche
Mengen von harzigen Producten. Der Rückstand liess sich mit
nl Qi™ 1 ! dlGS , e I l Sub ^ en derarti g reinigen, dass die Krystalle
darstellten ZPlmkt V ° n 12 *° zeigten ’ also cbemisc h reines Sulfonal
sechsmonatlicher Sulfonaleinnahme.
_. . (Fall aus der Freiburger Irrenklinik.)
o a c 16 Hatientm hatte Sulfonal erhalten: vom 4. bis 8. Auffust 1803
2x0,5 pro die vom 10 August bis 3. September 1893 3x0,5 g pro die
ber'bis 15 P Äar 1894 ?io? b<Jr 189 ?- 2X f° « P r0 die - ™m S. Decem-
tresetzt n.r H™T 3 ? < , 0 ’ 5 8 P™ die Jeden dritten Tag wurde aus-
16 Ms 17 d 1 ® h 1 , ■ z “ r , Verarbeitung erhielt, stellte die vom
v.i i Januar innerhalb 24 Stunden gelassene Harnmenffe dar
betraehtlirh ° m“ Tage vorhor kein Sulfonal mehr gegeben, fanden sich
stehend eSfefe: 11 V °“ unvertod ^ Sulfonal dennoch vor, wie nach-
Hammenge spec. Gewicht . dem Ham dqq umgerechnet
“isur 1
j_ a vorstehende Ergebnisse zeigen also klar und deutlich dass
eiuerrPTheiT 1 ' V ICbt ,i V f llg u' 0rffanismus zerstört, sondern zu
em iheil unverändert im Harn ausgeschieden wird. Des weiteren
Methode 11 ? esaltate Grund einer ganz unanfechtbaren
Sth d %r S uZn^ hend r e ® estäti ^ von Goldstein be*
Menge des un lf ! n enen Ergebnisse: dass nämlich die
Tas* zu Tio- o-vä ändei ! t abgeschiedenen Sulfonals von
wissen w“nichts er Ob 8 I er v^ir n diBSeS Disulfons ™ Organismus
zum 8 gerhogenTheil^ unverändert TT ^ ™ d <* Sulfonal
darüber liegen keinerlei Beobachtungen vor'." ausgesclueden Wlrd -
wissen wir mchts^so ’ Ubergeho^icb'heieentlich 3 j Tn ° t nid ? “S. Organismus
siehi^erArbeit von
Silbertiegel^ausgefflh'rt '™ rden dle emzolnen Schwefelbestimmungen im
Datum
20. —21. Januar
21 . - 22 . „
22. -23. „
23. -24.
24. -25.
Harn-
raeuge
2000
[4100
1840
1900
ans dem
sDftc Harn isolir *
/v P s C ’u * e Substanz
Gewicht völlig
amorph!
1011
[l014
1012
1014
4.8
9,6
5,2
4.9
BaSO<
in mg
l s S”
/’S'
Spuren
0
umge¬
rechnet
auf
Trional
menes
Trional
1 g
1 S
lg
1 1 g
0 | -
Harnmenge
vom 15. Tage
1400 ccm
III. Nach 14 tägiger Einnahme von Trional.
(pro die 1 g).
aus dem Harn
spec. Gew. isolirte Substanz, BaSOt Trional
völlig amorph!
1021 7,3 mg Spuren —
IV. Nach vierwöchentlichem Gebrauch von Trional.
(pro die 1 g; also nach 26 g).
aus dem Harn
spec. Gew. isolirte Substanz,
völlig amorph!
1016 10,2 mg
BaSOi
5,5 mg
auf
Trional
berechnet
2,8 mg
Harnmenge
vom 29. Tage
1600 ccm
Ueberblickt man die Ergebnisse der vorstehenden vier Ver¬
suche, so zeigt sich, dass nach der Einverleibung von Trional in
den Organismus bei der Harnuntersuchung wesentlich andere Re¬
sultate sich herausstellen, als nach Einnahme von Sulfonal. In
den Versuchen n und HI ist nach Eingabe von 4 g und von 14 g
Trional, welche täglich zu 1 g genommen wurden, unverändertes
Inonal überhaupt nicht nachweisbar gewesen. Spuren einer
schwefelhaltigen Substanz (BaSOa 6,1 mg) konnten in der ersten
allerdings im Aetherauszug nachgewiesen werden,
als 4800 ccm Harn (Ausscheidung von drei Tagen) zusammen ver¬
arbeitet wurden. Dabei ist aber zu bemerken, dass, wie früher
gezeigt wurde, auch aus normalem Harn Spuren einer schwefel¬
haltigen Substanz bei der von mir angewandten Methode in den
Aetherauszug übergehen, wenn man sehr grosse Mengen von Harn
verarbeitet.
Die wichtige Entscheidung der Frage, ob Trional nach längerer
Anwendung unverändert ausgeschieden würde, ergiebt sich vor
allem aus Versuch IV. Hier berechnet sich aus dem gefundenen
bchwefelgehalt eine Quantität von 2,8 mg Trional in der Tages¬
ausscheidung, nachdem 28 Tage lang ohne auszusetzen täglich 1 g
Trional verabreicht worden war.
Es verdient hierbei noch, besonders erwähnt zu werden, dass
m den zwei Bestimmungen, bei welchen aus dem Harn eine
schwefelhaltige Substanz in geringer Menge abgeschieden werden
konnte, die aus dem Harn isolirte Substanz eine völlig amorphe
durscheinende Masse darstellte und keine Spur von Krystallisation
zeigte, während sonst immer mehr oder weniger deutliche Krystal-
l ) Zeitschrift für physiologische Chemie Bd. XIV.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
23. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
675 i
lisationen der Sulfone erzielt wurden, wenn diese in Quantitäten
von einigen Milligrammen in dem aus dem Harn gewonnenen Extract
sich fanden.
Gegenüber diesen bezüglich des Trionals gefundenen Resul¬
taten verlohnt es sich, daran zu erinnern, dass beim Sulfonal nach
Einnahme von 5 g sich 48 mg unveränderter Substanz im Harn
fanden und dass nach vierwöchentlichem Sulfonalgebrauch über
70 mg reines Sulfonal in schönen weissen Krystallen aus einem
Tagesharn abgeschieden werden konnten!
Hieraus ergiebt sich der Schluss, dass das Trional durch den
Stoffwechsel leichter und vollständiger zerlegt wird als das
Sulfonal, dass für das Trional eine postponirende cumulirende
Wirkung in dem Sinne, wie sie beim Sulfonal oft beobachtet und
auf experimentellem Wege nachgewiesen ist, nicht besteht.
Tetronal. Bezüglich unserer Kenntnisse über das Verhalten
dieses Disulfons im Organismus kann ich auf das beim Trional
Gesagte verweisen. Es ist nichts darüber bekannt.
Auf Grund der beim Trional gemachten Beobachtungen konnte
man geneigt sein, von vornherein anzunehmen, dass das vierfach
äthylirte Disulfon, das Tetronal, entsprechend seiner wenigstens
durch Thierexperimente festgestellten stärkeren Wirkung erst recht
völlig zerstört werde.
Diese Annahme fand zu unserem Erstaunen durch die von mir
ausgeführten Versuche keine Bestätigung.
Freilich war das Material hier kein so reichhaltiges, wie ich
es beim Sulfonal und Trional zur Verfügung hatte; schon das
Wenige zu beschaffen, hatte seine grossen Schwierigkeiten. Allein
die beiden Beobachtungen, über die ich verfüge, genügen, die Frage
zu entscheiden.
Da ich durch Versuche mit anderen Disulfonen in Anspruch genom¬
men war, waren die Herren Weiss und Woerner so liebenswürdig, sich
zu den Versuchen mit Tetronal zur Verfügung zu stellen. Jeder der
beiden Herren nahm im ganzen 6 g während eines Zeitraumes von 9 Tagen.
Die auch anfangs ausgeführte Absicht, täglich 1 g zu nehmen, musste in
Anbetracht der ausserordentlich intensiven Wirkung aufgegeben werden.
Die tägliche Dosis wurde für die letzten Tage auf ‘/a g beschränkt. Un¬
mittelbar nach der Einnahme des letzten halben Gramms wurde der
innerhalb der nächsten 24 Stunden gelassene Urin gesammelt und ver¬
arbeitet.
Es ergaben sich folgende Resultate:
Datum.
December
28- 29.
29- 30.
Harn¬
menge.
2200 ccm
2400 „
Harn von Herrn Weiss:
Aus dem Ham
speec. isolirte Sub-
Gewicht. stanz: schöne
Krystalle.
1009 20,5 mg
1010 15,4 „
Ba S0 4
23,7 mg
13,5
Umgerechnet
auf Tetronal.
12,8 mg.
7,4 „
BaSOi
16,1 mg
Umgerechnet
auf Tetronal.
9,7 mg.
Harn von Herrn Woerner:
Aus dem Ham
u r , . .. isolirte Sub-
Harnmenge, spec. Gewicht. stenz . 6ch0ne
Kiystalle.
1240 ccm 1022 14,6 mg
In beiden Fällen waren die Rückstände sehr schön krystalhnisch,
immerhin durch die harzigen Producte doch so verunreinigt, dass eine
Schwefelbestimmung nicht umgangen werden konnte. Alle drei Bestim¬
mungen wurden nach der Carius’sehen Methode ausgeführt.
Wir sehen also aus vorstehenden Versuchen, dass das Tetronal
nicht völlig im Organismus zerstört, sondern—allerdings zu
einem recht unerheblichen Theil — unverändert im Harn ausge¬
schieden wird. Es verhält sich füglich wie das Sulfonal, nur dass
bei letzterem die Mengen unverändert ausgeschiedener Substanz er¬
heblicher sind. Auch im Punkte der postponirten Wirkung
gleicht es dem Sulfonal, wie aus dem Versuche des Herrn
Weiss, wo noch am zweiten Tage nach der letzten Einnahme un¬
verändert Tetronal sich im Harn fand, hervorgeht.
Um am Schluss unsere Ergebnisse noch einmal zusammenzu¬
fassen, so haben unsere Untersuchungen ergeben, dass von den
drei in Rede stehenden Disulfonen bezüglich ihres Verhaltens im
Organismus das Sulfonal und das Tetronal sich gleichen, höchstens
dass graduelle Unterschiede vorhanden sind. Beide werden durch
den Stoffwechsel nicht völlig zerlegt, sondern zum geringen Theil
unverändert im Harn ausgeschieden.
Beiden kommt auf Grund ihres physiologischen Verhaltens im
Stoffwechsel eine protrahirte, postponirende Wirkung zu und damit
beim längeren Gebrauch eine cumulirende; denn die postponirende
Eigenschaft eines Mittels bei einmaliger Einnahme wird bei länge¬
rem unausgesetztem Gebrauche durch die Summation der Effecte
zur cumulirenden. # .
Anders verhält sich das Trional. Dieses Disulfon wird im
Organismus auch nach längerer Zufuhr vollständig oder wenigstens
so gut wie völlig zerlegt.
Mit diesem auf dem Wege experimenteller Untersuchung er¬
mittelten differenten Verhalten der Disulfone im Organismus steht
die Art der Wirkung, wie sie die klinische Erfahrung constatirt
hat, durchaus im Einklang. 1
Die Eigentümlichkeiten der Sulfonalwirkung — einmal die J
spät eintretende, dann die protrahirte, auf den nächsten, ja über¬
nächsten Tag überspielende Wirkung und die damit zusammen- .
hängenden lästigen Nebenerscheinungen — werden durch die Re¬
sistenz des Sulfonals dem Stoffwechsel gegenüber, seine langsame
Umwandlung und unvollständige Verarbeitung, seinen langen Ver¬
bleib und seine allmähliche Ansammlung im Organismus demonstrativ
erklärt.
Und wenn alje Beobachter darin übereinstimmen, dass das
Trional schneller als das Sulfonal wirkt, dass seine Wirkung bei
passender Dosirung sich nur auf die sechs- bis achtstündige Dauer
des Schlafes erstreckt und damit abgeschlossen ist, dass das Trional
viel seltener unangenehme Neben- und Nachwirkungen hervorruft
— so finden diese Eigentümlichkeiten der Trionalwirkung in dem
Verhalten des Trionals im Stoffwochsei, in der leichteren und voll¬
ständigen Zerstörung und Umwandlung desselben ihre Erklärung.
Des weiteren tragen die Ergebnisse unserer Untersuchungen
zur Klärung der Frage nach der Ursache der Giftwirkung der
Disulfone bei.
Wie in der Einleitung schon bemerkt, war man geneigt, die
Vergiftungserscheinungen,die lange Zeit ununterbrochen fortgesetzter
Sulfonalgebrauch bei Personen weiblichen Geschlechts hervorrufen ,
kann, durch die cumulirende Wirkung des Mittels zu erklären.
Mit welcher Berechtigung man sich auf diese Anschauung stützte,
welche Gründe andererseits dagegen sprechen, das ist an derselben
Stelle erörtert. ;
Wir haben uns dieser Anschauung nicht anschliessen können.
Jedenfalls ist es unmöglich, in der cumulirenden Wirkung des Sul¬
fonals die alleinige oder auch nur die Hauptursache für die Giftig¬
keit des Mittels zu sehen.
Nun ist in allerneuester Zeit von E. Schultze 1 ) in Bonn ein
Fall beobachtet worden, wo auch das Trional zu Vergiftungs¬
erscheinungen, zum Auftreten von Hämatoporphyrin im Harn, ge¬
führt hat.
Es handelt sich um eine 50jährige Geisteskranke, die dio
Nahrung verweigerte, bei der auch künstliche Ernährung unmöglich
war, welche sich daher in einem höchst reducirten Ernährungs¬
zustände befand. Sie hatte längere Zeit unausgesetzt Trional er¬
halten (weil alle anderen Mittel versagten) in täglichen Dosen von
1_li/o g; im ganzen aber nur ungefähr 25 g. Eines Tages war
der Harn der Patientin himbeerroth gefärbt — wie die Unter¬
suchung lehrte, durch Hämatoporphyrin bedingt. Kurze Zeit darauf
starb die Kranke. Ob sie ein Opfer des Trionals geworden, ob sie
an Kräfteverfall oder einem inneren organischen Leiden gestorben
ist, die Frage ist nicht zu entscheiden, da keine Section ge¬
macht ist.
Die an sich hochinteressante Thatsache ist also zum ersten
male festgestellt, dass auch das Trional bei längerer Darreichung
zu Hämatoporphyrinurie führen kann.
Unsere Versuche haben nun ergeben, dass dem Trional keine
postponirende, cumulirende Wirkung, wie sie dem Sulfonal eigen,
zukommen kann.
Folglich ist auch die Anschauung, dass das Sulfonal allein
vermöge einer cumulirenden Wirkung Vergiftungserscheinungen
hervorrufe, nicht mehr haltbar.
Eine Reihe anderer Momente müssen hinzukommen. Freilich
welcher Art dieselben sind — über Vermuthungen käme man bei
der Beantwortung dieser Frage nicht hinaus. Einer spricht von
„Idiosyncrasie“, der andere von besonderer Disposition.
Nur soviel kann man mit einiger Bestimmtheit sagen, dass
der Ernährungszustand eine gewisse Rolle dabei zu spielen scheint.
IY. Aus der Königlichen chirurgischen Universitätsklinik
in Königsberg i. Pr.
Beitrag zur Kenntniss der posttyphösen
Eiterungen.
Von Dr. G. Sultan, Volontairarzt.
Seit dem Jahre 1887, in dem zuerst A. Fraenkel 1 ) und
Tavel 2 ) über posttyphöse Eiterungen berichteten, ist eine so grosse
Anzahl von analogen Fällen veröffentlicht worden, dass es fast
einer Rechtfertigung bedarf, noch jetzt einen weiteren Beitrag
hierzu liefern zu wollen. Da jedoch seit relativ kurzer Zeit erst
die Schwierigkeiten der bacteriologischen Diagnose überwunden zu
sein scheinen und somit eine zweifellose Differenzirung von einer
Reihe von Wasserbacterien und speciell vom Bacterium coli com¬
mune nicht möglich war, so sind allein aus diesem Grunde heb u lt,
•) Deutsche med. Wochenschrift 1894 No. /, S. 152.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
676
DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT.
No.
genauerer Bestätigung der früheren Untersuchungen neue und ein¬
wandsfreie Mittheilungen immerhin nothwendig. Und noch aus
einem anderen Grunde beansprucht der Fall, den ich in der hiesigen
chirurgischen Klinik zu untersuchen Gelegenheit hatte und dessen
Publication mir mein hochverehrter Chef, Herr Geheimrath Braun,
gütigst überlassen hat, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen
ergebensten Dank ausspreche, ein ganz besonderes Interesse;
insofern nämlich, als noch sechs Jahre nach überstandenem Unter¬
leibstyphus aus dem Inhalt eines durch eine Fistel mit der Körper¬
oberfläche communicirenden Abscesses Typhusbacillen in Reincultur
gezüchtet werden konnten. ^
Nach den Arbeiten von Kitasato 3 ), Füller 4 ), Dunbar 5 ),
Chantemesse und Widal 6 ), Smith 7 ), Luksch 8 ) und Germano
und Maurea 9 ) ist es zu einer sicheren bacteriologischen Diagnose
der Typhusbacillen erforderlich, neben der Prüfung des morpho¬
logischen (Form, Beweglichkeit, Geissein) und tinetoriellen (be¬
sonders negative Gram’sche Färbung) Verhaltens neben dem
Wachsthum auf Gelatine, Agar und Kartoffeln auch das auf Milch
und Traubenzucker-Agar oder Gelatine sowie dio Indolreact.ion zu
prüfen. Diesen Anforderungen genügen eigentlich, soweit ich es
habe feststellen können, nur die Arbeiten von Werth 10 ), Klomm 11 ),
Hintze 12 ) und S tu eh len. 13 )*) während einige andere den grössten
Theil der genannten Forderungen erfüllt haben 14 ) 15 ). Der Aufsatz
Melchior’s, 16 ) dessen bacteriologiseher Theil nach Baumgarten’s
Referat sehr sorgfältig durchgeführt sein soll, war mir leider nicht
zugängig. Die übrigen meist in eine frühere Zeit zurückreichenden
Publicationen weisen in dieser Beziehung mehr oder minder grosse
Lücken auf, womit jedoch keineswegs geleugnet werden soll, dass
es sich in der Mehrzahl der citirten Fälle mit Wahrscheinlichkeit
um Typhusbacillen gehandelt haben wird.
Der Fall, über den ich berichten will, betrifft ein 35 jähriges Dienst¬
mädchen L. P., welches angiebt, vor sechs Jahren an einem schweren
Unterleibstyphus erkrankt zu sein, der sie acht Wochen ans Bett fesselte:
einige Wochen nach Überstandener Krankheit bekam sie in der Gegend
des rechten Schlüsselbeins eine Anschwellung, die bald von selbst aufbrach
und ziemlich viel Eiter nach aussen entleert haben soll. Zu gleicher Zeit
entwickelte sich in der rechten Seite am Rippenbogen eine angeblich
kindskopfgrosse Geschwulst, die damals auch unter reichlicher Eiter¬
entleerung sich öffnete. Während am Schlüsselbein sich im weiteren Ver¬
lauf ein neuer Abseess nicht mehr bildete, allerdings aber auch die Wunde
sich nicht vollständig schloss, vielmehr die ganzen Jahre hindurch durch
eine kleine restirende Fistelöffnung etwas Eiter hindurchsickern Hess, bildete
sich in der erwähnten rechten Seitengegend alle paar Monate ein neuer
grosser Abseess, der sich stets spontan entleerte. Seit Anfang Mai d. J.
begann die Schwellung am Schlüsselbein von neuem zu wachsen.
Bei der Untersuchung sieht man, von der Mitte der rechten Clavicula
beginnend, eine ovale, etwa gänseeigrosse Prominenz nach unten und
aussen sich hervorwülben; die Haut, darüber ist nicht geröthet. Schmerzen
sind auch auf Druck nicht vorhanden. Ueber der Schwellung ist schwap¬
pende Fluctuation zu fühlen. Am oberen äusseren Rande bosteht eine
kleine, röthlichc. otwas eingezogenc Narbe, in deren Mitte man durch oine
Fistelöffnung mit der Sonde auf dio vom Periost entblösste Clavicula stösst.
Ausserdem ist in der rechten Axillarlinie über der zwölften Rippe eine
kleine, fünfpfeunigstiiekgrosse Narbe sichtbar. Die Haut ist über der
Rippe verschieblich; man fühlt in ihr eine haselnussgrosse, derbe, nicht
schmerzhafte Infiltration.
Bei der am 18. Mai 1894 vorgenommenen Operation fand sich, nach
einer Incision in die über der zwölften Rippe befindliche Narbe, ein¬
gebettet m schwieliges Bindegewebe, dicht unter der Haut ein kleiner
mst viereckiger, ausgezackter Sequester, welcher entfernt wird. Die
Höhle ist allseitig abgeschlossen und speciell eine Verbindung nach
der Rippe hin nicht mehr festzustellen. Auskratzung der Höhle, Naht.
Durch Incision des an der Clavicula gelegenen Abscesses werden ca.
loO ccm zähflüssigen, dicken, geruchlosen Eiters entleert, von dem ein
iheil in einem sterilen Gläschen zur weiteren Untersuchung aufgefangen
wird. Mit eingeführtem Finger fühlt mau auf der Mitte der Clavi¬
cula die glatt und nicht verdickt erscheint, ein kloines Loch. Nach
Ureilegung desselben und Erweiterung mit der Hohlmeissel-Zange sieht
man central einen schmalen, 2 cm langen allseitig ausgezackten Sequester
logen. Nach Entfernung desselben wird die Höhle ausgekrazt, tamponirt
Verlaufs^’ Beide Wlmden heilten glatt und ohne Störung des Wund-
Die um den Rippenseqnester befindlichen ausgekrützten Granulations¬
massen wurden leider nicht untersucht. Von dem steril aufgefangeneu
Eiter wurden sofort m dreifacher Verdünnung Gelatineschalen angofertigt,
ausserdem eine Platinöse voll Eiter hinter einander auf drei Röhrchen
Koi U 70 er8 ^ ari * 1 ' 011 Agars ausgestrichen: letztere wurden im Brütschrank
^ T? aufbowahrt. In den von dem Eiter hergestellten, mit verdünnter
Zieh 1 scher Lösung gefärbten Deckgkspräparaten fanden sich ausschliess-
lich zaldreiche, m ihrer Grösse wechselnde plumpe Stäbchen, welche nicht
seiten zu kleinen Häufchen gruppirt innerhalb der Eiterzellen lagen
Färbungen auf Tuberkelbacillen fielen negativ aus. Auf den Agar-
Köhrchen waren bereits nach 24 Stunden sehr zahlreiche, blassgraue.
™ 0 , Colo f me ? n gewachsen, die in den beiden ersten Ausstrichen viel¬
lach bereits in einander geflossen waren; nach zwei und drei Tagen
, .*) Angabe, dass der Bacillus Milch zur
scheint offenbar ein Druckfehler zn sein.
Gerinnung bringt,
waren auch auf den Gelatineschalen in Menge Colonieen aufgeganti
deren Identität unter einander ich durch Weiterimpfung und Du
glaspräparate von verschiedenen Culturen feststellen konnte. Sie
standen alle aus plumpen, an den Ecken abgerundeten Stäbchen von s
variabler Grösse, die besonders auf Gelatine zu langen Scheinfaden u
wuchsen. Die Wachsthumsdifferenzen zwischen den tiefer und den m
oberflächlich gelegenen Colonieen entsprachen vollkommen denen
Typhusbacillen. Im hängenden Tropfen zeigen sie lebhafte, schlänge!
Bewegung. Mit Anilinfarben färben sie sich nicht leicht, am besten \
schnellsten noch mit verdünnter Ziehl’scher Lösung; nach Gram wen
sie entfärbt. In der Gelatinestichcultur wuchsen sie gleichmässig in
ganzen Ausdehnung des Stichs, verflüssigen nicht und breiten sich n
einigen Tagen als dünne blassgraue Decke auf der Oberfläche aus.
Bouillon trüben sie nach 24 Stunden, und weder ein- noch mehrtä^
Bouillonculturen geben eine Indolreaction. Auf Kartoffeln ist
Wachsthum nicht sichtbar, obgleich durch Untersuchung im hängen
Tropfen und Abimpfung ein üppiges Wachsthum constatirt werden ka
In der Stichcultur auf 2°/o Traubenzucker-Gelatine wachsen sie ol
Gasentwickelung, während das Bacterium coli, welches vergleichst-*
auf sämmtlichen Nährböden daneben gezüchtet wurde, bereits n
zehn Stunden starke Gasbildung zeigte. In Milch wachsen sie,
durch Abimpfung festgestellt wurde, und bringen dieselbe nicht
Gerinnung. Sowohl die Agar- wie die Milchculturen wurden mehr
Wochen im Brütschrank belassen. Ausserdem gelang es, von se
bis sieben Stunden alten Culturen auf Löffler’schein Blutseri
ge misch nach desselben Autors Vorschrift 18 ) dio Geissein vorzügl
zur Darstellung zu bringen. Allerdings kann auch ich dabei bestätig
was sowohl Germano und Maurea, als auch Hintze bereits erwähn!
dass zuweilen ohne Alkalizusatz zur Beize oder nur durch einige Trop
das Optimum der Färbung erreicht wird, so dass es sich empfehlen dür
in jedem Falle zuerst ohne Alkalizusatz die Beizung zu versuchen i
erst bei mangelhaftem Ausfall tropfenweise 1 % Natronlösung zuzuset?
Die besten Bilder sind mir ohne jeden Zusatz gelungen.
Erscheint es hiernach als sichergestellt, dass die geschilde
Osteomyelitis der Clavicula durch den Typhusbacillus hervorgeru
worden ist — die alte Anschauung von Baum garten i
E. Fraenkel, dass dem Bacillus typhi nur eine untergeordn
Rolle hierbei zukommt, die eigentlichen Eitererreger vielmehr
den meisten Fällen abgestorben seien, scheint jetzt allgemein a
gegeben worden zu sein —, so bleibt es doch höchst auffalle
dass noch sechs Jahre nach überstandenem Typhus die Bacillen
menschlichen Körper sich lebensfähig erhalten konnten. Die läng
bisher bekannte Lebensdauer der Typhusbacillen im lebenden Kör
betrug in der von Klemm publicirten Mittheilung nur ein Ja
Chantemesse und Widal sollen nach Janowski 21 ) neuerdit
noch nach 18 Monaten Typhusbacillen haben nachweisen können,
lag daher nahe, in unserem Falle mit besonderer Aufmerksamk
auf etwa vorhandene Dauerformen zu fahnden, jedoch in keinem
von dem Eiter angefertigten Präparate konnte ich sporenälmli
Gebilde entdecken; nur das war bemerkenswerth, dass die Bacil
häufig in kleinen Gruppen innerhalb der EiterzeHen lagen, ein Befu
der bisher von diesem Bacterium noch nicht erwähnt worden y
Hiernach bleibt wohl nur die Annahme übrig, dass die Bacil
selbst gleichzeitig die Dauerform darstellen. Wie widerstandsfä
die Bacillen selbst sein können, hat Schiller 19 ) nachgewies
„Seidenfäden, welche am 26. Februar 1887 mit Typhusbacil
imprägnirt waren, zeigten am 5. März 1888, also nach reich]
einem Jahre noch Entwickelung von Typhusbacillen, die als sol
durch Züchtung auf Kartoffeln bestätigt wurden. Dieselben Fä
im Januar 1889, also nach beinahe zwei Jahren geprüft, erwie
sich steril. Eine am 25. Februar 1887 abgeschnittene Oberflä
einer Culturkartoffel, w r elche steinhart und nur mit ziemlicher Kr:
aufwendung zu zertrümmern war, zeigte am 7. März 1888, i
nach einem Jahre, und ebenso am 12. Januar 1889, also nach 1
nahe zwei Jahren noch lebensfähige Typhusbacillen.“ Aehnli
Versuche, die neuerdings Uffolmann 20 ) angestellt hat, führten
dem Resultat, dass die Typhusbacillen unter anderem auf weis*
Sand, der vorher getrocknet, sterilisirt und dann mit Typt
bacilleneulturen beschickt war, sich noch am 82. Tage als lebe
fähig erwiesen.
Wie es kommt, dass unter den Eiterungen nach Typhus ger
die Localisation im Knochen oder Periost eine relativ so häufige
dafür geben die neuerdings von Quincke 13 ) wieder aufgenomme
Untersuchungen, die Ebermaier 17 ) bereits einmal mit Erfolg s
geführt hatte, vielleicht eine Erklärung. Quincke gelang es, ui
neun Fällen, die infolge eines Typhus abdominalis zur Sec)
kamen, achtmal aus dem Rippenmark, einige Male auch aus <
Mark der Extremitätenknochen Typhusbacillen zu züchten,
dem regelmässig positiven Befunde in der Milz von Typhusbran
nimmt es allerdings nicht Wunder, denselben Nachweis auch i
Knochenmark, welches gleichfalls eine Hauptbildungsstätte
Blutes darstellt, erbracht zu sehen.
Zur Beurtheilung der Frage freilich, ob die Organe der Bild:
resp. des Unterganges von Blutbestandtheilen als solche eine -
ziehungskraft auf die Ansiedelung der Bacillen ausüben soll
Digitizeaby
Go igle
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2&: Mil rüÄt;
J 1 BDT 3 ÜQB MEBICINISCHB WOGBBNSCmJ^
Är-.ob öS du jmdir mw;hs*£srher, durch .Jeu hist&iusggeimn Bau
bedingter Vorgang ist,, ferner unter welehun Bodii^nngen es in den*
etVu Fallu/sur Üiteiung 'khmuit, im Änderen «Fht, dMiirteiiH. : m
biäher an jedem Anhaltspunkt.
Litte ?• fi t, u r »y.
B A, PrapiikcF Verb. ti« VI Cöftgr. für innere Mcdiem 1887, S. i?b
•.2rFfv.il, OmTcsf.owUmzhiaw. f. . schweif A erste 18*7, y. 5&K V
■ Rosteti jmul and muu. jo»,m. rkz Nach BWinWite**»*
W-.. itenhor^ i>!,er die- BMlnmo -der. TjjduiHb».-•ili.-ji -,U d.-nV
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A -H}t b) U. Lükyeh, Zur D-«teru)jfciaJ«ij’;^ose' /U:g-...Ba«-.. tvi*hi «fadem
«md.-deV: fiapt cmom, teum-albialt £ Bat«, 1HFL B4. XII* 8. 427. —
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l^m^cdlus? HJtd Ähnlichste Bbcrutfmu ftiv.ghirg limtc, 1893, BA. Aül
f- 49.4 “ Id) War tu, Fatal' S|0nmu^ m Ovaritfkyg^n.
Deutsche srnd.- W«3<dmiisebrdt JtdbB, Xov. St; -- XI ) p. KTlein mV Bte-
Kuodtdimrkraakufuren Im Typhus, Archiv JUktii*. Ohbv ja#k Bd. 4/,
4‘i; Him /,jj. F» brr fite Lrimnsäiip^r und dm üv.rrfrpy« *i>i -
^ ,. . , §ft $»
Wüudp tat,Hu! nii^nui m «Ihm. Stelle« 7—8 mm. Der di^ui ; ™ t « dfr*««»
Kmw'htulruiiij gelegen.; Ttail da» Unteh;otantate ißt. örj u jit, tamm.l-w.
gemrfaivMfhite. ftftmiso. der Füsb. 1 Die* flaut* dsgglfcgt ist gfimzerute duukel-
htao-fU und lässt pieif iiirgeuilÄ in ]f iten-oaftaW ita Temp.M- ,t m
! *‘ !? ' Haut ovsimeiht ^cttciintar d.^-jouliien <te*r - en-tspreciioudmt •' St/ltai
d^r itnkoH JMrötnibit tahebbdi bgr&li&iiiteL
Ihr Fun* selbst befmdot sieh ln ho öJrgt adi gzr fCium p/ ft &
M-eliung..
Bit« Zehen sind verkümmert «uul m-sclieine« als Ulötiie ktinpfföririiste
Auhkoge;'. An den der sweittm/ drjfren nod mnfhrn mjfsprMmndeiv
Atihnngau ftmion- steh. r M dii«..nlAVo, au dm- oh;Uö dor nrsten und viurtett
Zehn grir keine NHgeJ. Za isdimi deo Spit««n - der jfcveilou. dritten und
Viorfeu Zehe hcalet.t■ SyiidAivIu».
Der neke-Fiiso -/foki. .di»- EfscliHnmageii tfea ge\vd!niiidnm hoch
gcndiyrn KUimptuss«^. nhoo dass uo der’ littkon Extremität Zcieiun
ftimmiffsoHm* Etil' mfer Ab^hnöräs&öß -mlftr irj^eoCf ffej(»he undtn^jä ß^e-
«ocderliuiten vmvhauden sind.
Bäq i’ T iu | ov Thu : i»ii.rtPÄ sich . ho heidejt .Oimdhh mehrfimh Alm.öhm.
; Kt R . t. ;
hrtdiio de! iüo. Kitormu mmt. inyo, y rt - iOO. : "NÄ" Buu m t arten. - -
ir») .l-Ttclina, (Vdrihottm? a VvUuiu fj( V m-Mun^iU-s et dee ahschs, pro,
dUit.R' l’hr' lu irndUo de in j h/vre Uphtddr. Are ln de, nu-d expenm o{
dhuml... jKvUml. 1804, TU VhA: l. - Jtiv M Molehiee/Typhushm-.
Aarsog td.Suppui-a-Uom U,.srdmJ«idK«ide J802, 8 R„ Ijd. X ‘ Ky-h Baum-
gartem — 17t A B.hhryi> M ier, l : Kaaeh. -u. Wta,^ an--n hoi 1 rehus
Areh. C. irfm.. Med. j_m. Bd. 4-U .8. HO,. • ih[ Lnnio.r. iV»srUUU1 I’
Hm:t. «mj Puras I80(.U i\,y % 825, < 104 ß.'UHUvr, Arbeiten w*
dem Kaiser!. G«*smid heil sicht Bd. V 8.812. - 20) J \) f f M | naeni, Wr-
sUühir iifua- die WidnrstämhdAhigkoit de- Hphashueibeo- gegenTwickuiimr
und über die M5g]iu.iv-ni ihrer Y^r.Ul^ V nuui/ dWi-h dm !Infi Ci-ntHf-
h(ati f t Beet, 1804.• Ny, f>/0.. ^ ' 2h WV JanoaHkM XJve hHuvheu der
Eitpnmg von« heutigen AHrnlmmkH der AUssf.j^iihl Zieelxrh. Bm-
tUige 1804, Bd. W, 8, 242. : ' '
V. Aus der chirorgisctjer, Privatkltaik des Herrn Prof.
Dr. «fultus Wulff in Berlin.
üeber einen Fall von amniotischer Ein-
sehnürung des Unterschenkels mit Kltunp-
fuss.-)
Vosi Friedrich lind«, tliir Klinik.
1 in ' .1 uU fortgvp. Jahnve.s-
wnnh* dm* - KJffiik 4 o> Kerrii
J’rot Wnlif cm drei Mitfmte.
aUifH-Kiml mit idöar adgefnnn-, -
ÄenMisshilduiur dherwlusev r iffp
Aureh ihr yrütmttrti^ VtM'lm!» *
tou t duridi (Bü eigy.mvrtig-C'ii Auf- e
galimi. wplehe der.’Beimnd-
iuug »cud clurch de«
er*i«lfeu Erfolg der Beluunl 1 «Üg :
dtTbesoiidOfoiiPid diefiilöi) wfrm'
ejrsC,li^ 1 J€?i dörff ch : 'Tk mtdv .
folgender fMuml tje^oBteJItu
Massig- krbftio tnU-wiekaltes
Kiod; dais' +nU*te Kind gefUimiev
Eltern. A r« ecclifm« Ufiter^rilenkel
fvergLhFig. V> iwliudet sipli «Uv« :
cm obefhnlb det. j'ö’Sv »Viurr •
ruigs uqj das; .gehende
B 6 Fb i\ rXüVBh«i piß dicht mH
eirsander Hegemlea Wiimfe. dtw-
SBUwn »oa&eu Sieli du«;h Emger-
4 ru<!k foTclit. von fiiucrtidbi' ««t-
fümeiu gc» ftlsiitm» ilW; G fmul
der J^urche sit 4 fcl»ar yvird, auf
welcheaj man utitniüfeJbfcjf unter
der Sonde den nur von niuer
ganz dünnen, gespannten, Ktwtf
glänzenden Hautlage hodp^ten
Knochen fühlt, Die ^%i’e der
Furc he hez w. die Brthe ihi-or sie ihm
Kfimih dos m ^Mcher- Vfmse ahgBßöhüÜrbf «nofe.-foer,
uu den vorkUrmnerwüx Xü^jilgjiedom dr^PJng und Ichdürn ¥&&>&. h*Hko,
die Nügol. *
AAvUh- dmson' MiyWhildtit^eji' vor u.IKmi dioj.Hjis«;« ih
Hehteti flntoCKobenkels «m! l'm^es uovei- (nt.eregsn.
.Aimiiotiyehy ..Ahscimtii «mgea ij«s üiiUwhimk^h?. kommm». u:e
muthüch häutig er vor, alK ma« nach drm «hürilohen in der Li ti am tut*
nhof diosfdho« ■ yorlieffeaden Nbtutm amiidimon konnte; sie riuil,
\vjg ps scheint., nur darum sonHto« heforulhrs .hmhrit*b.en-AV.orde«.
'veü Blcii in der Rovd kein yraXtis«. lies intHreKS«, wie; iu niise«*(au
rivit. iiuelijri^iligem Klnmpta complieirten . Falte, Hn diu .Ab-
ytd'oidnu'g gekuiipn hat.
Mare kund;) hat einen in mehrfadmii Bogiohimgou dom
'tnmefigmt lihnMdien Fuli ])esciir:ndn«ii, -Ks hauiieita sich um oimm
weiblirhcn Fdtua von sfülmh hm adhf. McmAton. Tn der- MitU 1 . de^
lidkeu Untcr^ehmikhU tand sieh eine tiefe eimdlh'c Soiüxüefdr^ftfi;
der ünferhaih dersidben gelegene -Theil war ddHMintAs gescjiwnitmi
lloelitw h(?rft:md Pub variis. ÄuVi«eiilem fanrku 8ieh r - wie in unrermti
Falle, Abs;iuiüningp« und VerwimliMin^n tnolirnr«r Finge»* vor.-}
Der tAH ist also von dem unseligen .mir Omiuroü untörpdi iwJmi, da«s
bei dum,Mereliund’sohen P<>tu;> an der die f; ; «»«1« ; !>u<-hniinir,g
dat bietemkfi FnrmniBtt Kein Klompfuss vmnMm war,
Kin zweitor hierher gelmrcudcr Fall wird von : Rc-da rd Ä l hc-
vfjtri*4rmi Fs immieile sieh um eine«, fünf Monato altnn Knalle«,
.hei «Hr.hcm sich int unteren IhhtüieO des 'Hulieü (hiicrsi henkeir-
2 'ouhu dicaeiho KcliHürftirolif: wie in unserem Palle Vorhunl. Indes«;
war. auch im f{/>dard'farFicn Falk keui Klumpluss, ; mluvihr ein
leielitor Mnlgus vorbtnüeu Bas irnt'tnT Dntfheil des HnfersclmnKnh
sowie der Fitss waren auch hhd' stark Prfemati»? .gpsdiwnllnh mfd
iMhlte« Hhdj schi' kalt Tn. ..Bin Zehen waren atrojdlisch und ehun
Fiw-ni, aber mit Angeln vofsehen. Der rechte Fuhs stäiHh
cheUoli- in kn ht«r Vjig«4Srt,ellui«u, wuj almr rmisl nonimi. An
d«o Hngetc ItöufoH sivh rvjdifnontAro Bjiilntrghn, Aj»r
.■selmiirnTigivß ixnd SymlaktylieeiL
. h -lkP.RAdir^fl’scjte FtD 'üitei'oHSirt; utia ^uglhich; dnflur.t4v, v rljtss
-.H/‘«iürd Hür'-b mim operativen Eingriff die Kins.'jinilnotg Lo-
s?Htigto und damit bessere FirotiInBoasverhditnins« in dem unter-
halb der Finachnürmigs^teno gelogeucn Glicda.hsnhnF.fe herstrüte.
Fr cnGhntee öifteti ID/? «an breiten/ ahi-UFIB n (ifmrhalh dml 2ur
Httifto unterhalb der Furehn mid nabte; Hk-
dan.n -die Whnde der Furche auvitutedor. ch Haffjing- ihn AVtmm»
sthwfiiei: das .0Pdt.Mii, wcIHms zuvor, vom zwei«bis /n»u nlnften
| Ltd*oftHiii«)i«tf.y dföi aifitsäkUch trmnoi- rokb Mtivkim
; worilmt war.
| Ferner-wurde in der Bitznng der GcsoHschalt: der F'häi:»iv:hv.t«j .
| vom %l .Xtevojuhrr 1893 ein Pali voU'Ciff'alüw Sehn«rlür«'h.e- «iiw.
i rimmsehenkete von HoHisf.o.tter vovareHnilt und ihibei »hm --mm hm«*.
! Benbaehtutig ’MoMtgr t otH‘ i r> > S[ erwähnr.. in dorselhpu Stezung
uemonstrvrte A !b«*.! , 3 feimi« Fall von- gleicher Sehiiurftu-eh»-. d»;
! dhöurnh fesbuders iatercsssub ww, .dass? #/ e ^*«et) hUötien
D Von einer ausführlichen LitteratnraugaF; bah« ich ahgcö^Uwi; 4k ,
beiia Schluss dieser Arbeit dn» : zusamrne;iifas^rinie Hefcral ,T a ü er *j
nsdi
l»e1 i-af.
Darauf ibdsuhrÄftlrF ¥tbh äljeg, wgft ieh ffte blrhüfäte/§ühiiite
fürehen am Itiitersdienkel aufeufindim vermochte.
. • '}twb wnnigHi- »Ami ich, -weiin vni^ Behuurfiiralimi der 'Floger
and Zehtt?i ahgrdsHhen wird, iö der fjtfteratür über 5 SehMrterirhro
ji«! underen gössen - Gfiediibsehnitten. sumentlh*h um Ohiu’^.lienkH
. und /tu d{«i Annen, ' Nuf LoprdvuHt r J hescitreiht zwui >-oirher
; Fdilo, jn denen ns sich «kr um nur haibniigKhmige Arsch«efongrn.
P '»'ho- .*n> 8, .b\D«iar 1894.
' f y^fttenbUiT s Softlotmyklepliciie Bd. -13.1^ Artikel Misfliiiditn'gcn.;
AJ VetjiJuichß ilm. Moi r<vb a n 4 »ehF. Ahbihlung ihu*- Hünda 4 bb h*n
trcffendyii Fntns. L c B. 28 L
:r ) Gaz, uiedicrdo de Parig 1K8H, \u. 28,
H Gaz. tni-üicule de Paris. tSSdi N’o. 18.
Gö ife
DEUTSCHE Mmmmm WQCHEHSGHEtn:.
Wj'iro, st Hi in jh» genügend woith bihjftii» dass* a\A' sukiw
■\Vfi.so diu Cirenkd.musstdrm«g«m »UM das AMntu -des «-untevöii- fjliöd-•
MiwohoiMes sehwunku »uni da«? uh-dhtnu im Fallt? eimsr iwim
UMires^mwni d<* Vimh»* etwa 'riwhidmiideii Fraefnr .au. thv
>iritHfV(vi« l'M koiim I» elti.hr der tRiiigr&iJ mdstehen wftrrlg.
(fru gfabep zu gelten, dass flieht cihfra Infolge der
vöhüftrduug der. gpstonMttiu, wm.ui auch noch «0 Jtüönmfp&öli
Gctitese. der Haut Mi der Ti'ofo der Furche bene, d«> wlt d<n: Haut
fest vwivneWouon jVfio**^ eine weitere- BiddUUgmi^ dar Fircu-
lalionsverlutlthlisiSi« ^^uStdieli«, wurde beseiileRkea, zuMMfef. mir die
eine, und zwar die - ii unsere. IRÜtle der Seitnürbireite $\i tectii^n
und mich der } {»ilung deiv Wundo iu gicdohm* W oMe .an riie-zwite
Halbe he rannigelum.
.Fr w*mje dm..*g» um 17. Juli v.. J. an dm- äusseren'Seite
d<5s niiMiffl e-n 2 um hreluwv halb oberhalb, balb unierbald dftr
Siduiiirimudie boffodiiete Uaut.fttdck oxeadjrk U&raäf äftirötn die
steilen Wfünlo. der Fuieb.c mittels zweier Catgctmüite :ui ein.
ante gotcUM und darüber die Ffaurwumir^mler vereinig;
FjVh HMU«M der Wunde Ml da-? 0(?$&n mir ln stdir
Gagen Fnde Gelobet nGBmtUiAe sieh der upnrit-i^plj
te- S'dixiUrrlng‘M &U eben iWdnb amr /■scö'fg unter dem- Niveau iXn-
flaut liueejide Kinne, Y*;«hM%d Min: MWyidbüU Mnr FMinütMiGdb be-
fimüit-lio GMuiahsebmtk noch ein • MendiGi ;im.vnFVntff.ftds Aussehen.
!mbmhAH<‘U lia.td.ii.- ,
An. 2’) 0»j oIm 1 v wurde in genau dnrsolboii Weise wie Irüiwr
an der missmmu, so nunmehr :m der inmumi Hdiih» der Furche
die Mnftisehmig und - ^A>yi$kUH&",<lh?• -HiMite vargonominell.
N'mdlilrm auch hier die \V iindc geheilt war, stoilK* HG. in »Jm
T imt dm* Aeh.dl'tn Erfolg- in erfreulicher - m*.. .Die. gut?*
V ' Kig.$. tUdtu^oildlirfV^^FW%fjfetZt
>ß eine um- sehr !!;c!w
Houtoiiisenkuug umgew.ue
dMMvordoii. fV-e'rgl.Fii: &j
. Sdum nach weni;••-•<•.
\Vu. bei? begann dasUorlom
i . rüekwiingig äu wenlou. Die
c : 'Haut imbm riitf normal*
‘ JjA' Färbung A\\\ sin umgab
• jntz^wi(i.t4«;sidiF^br Babfc
t ijär <lmi Y[\z* imd Ihm arh
-Aäflr ilberülV in diiMö Falte«
geiiandeit iiuir Din Absehfuimmron betähdoh ?ä/di hei niuvtii Jalm*
alten iiut HydroiioviiudiJS KebnfUiten MiUluiiün sy müMd.i isel. an dem
innennn Driftiudi dFr iieid^-o ()i>or-iri< , dnnikr>l uod der beiden fdber-
«ti, und bei cdrmtu'eiohmyliiifieftn. yjigMtdr futt mxdtiedcmm.
Finger- nnd YM\ oirvcrkr(intiu«iug^u •. 'SjMj.iittkhjliceu, liasen.eohaH.e
um! GauinensnuMe und. rceiikdwniccn, Iviuuiiiiiistv heliadfid'-n
ivimFmn an den tiiferidej! zwei J^riilhtdhai dnr ('ireuntiejvux. dtm
r.vht, in ( H Musehen krd* dicht fil»*:r der Knie-eil ei he,
Einen anderen hiorh«/- goböfi^n Fall Uaf K»
der (lesellsclKMt. *(«**• Ae» -/Ja in- AVjeji aa‘« dh, Marz ti. d. vor-
WiWf« lit De) F.il) I»»'trifft em wenige Murmle altes Kind, dessen
l'ijcilfi: Hdif-rj* } ,l \* r*-nt)t;«f «n einen Knh-S^.ilcu -‘Tuinol* lUUirrV Ulldtdt
arHcUöüjF. düna'liulb ds’K Tuüu*f^ zeigt sieh eifHt tiefn Kiiis* hutirurig:'.
lv- hhdut i». noch .iibrli . .A-d««« .* ZusaniiiiiujfiVilen.s von
■itmuidüaoUe-u AW^Möfeaköd' öiU unuoh'oronejji lOumpfujss, wotcUe^
Iditev Solchen Um-
sländi'U stand .numimltr
hifditi, woliv der Vormdune
düK ' RFdre^4oH/nfiÄ de*
KlHm-uut,ms»m*gu:oT.. Da-
UetlreSbfiifpoTif um], * dit*
FTx?nK»g «Irr durch: < d;is*
shlljd gowomuamn BtAÜUHg;
du« '‘ißittäs. Anim
Hv p^ynrbamFrs uufnle rna
%; JAuuaj! 1894 ror^ :
Die . lüdlit g 1 ;-
jmimlosMt das Ded-mn. wcddles- Mim schon drei Mnmittf hindurch
ÄU;ht dir geririgsilo gdzm r <n‘ haika .rüokgltngig -?.\v werden,
muFh ihT siorket- ge wurden; Ja. < f s HiuMa unUn gdfojHU! iAnkriiudeu
iile f-ifd'Hhr der f-Jiuigrhji vatrgrdegen,
|jKn-/u uee.h l.-deemh';; Jh‘denh'’ii: Jhn- Fedro^etjoad. des
KHuopiusses wii;dc wegeu der sgtrrcn Wiilej-sKiiHid, die dsi'Kuss'
d-.'n.rl, euu nb;Hi g? ringe K i albiülu endung miordet« halmn TAdcr
Mith'!)♦'!» I (M.--t;d..ien hiM «iif. »\oit»*r«- Didaijr vor, d«s> an de»' Hieltti
der DvhnhrtHrehr h»>itu Kedfcwpinohi rdne Fractur ciutrriD Es woj
fch»f Wtdd vhinhbar üiid ido sdhr th^-
dje K'diD'jj i‘uivh«a nicht) VhtKH;durch du Woh%UHnVa «uiiCh ejj wmdt xHjidi
durch d)- / h »} It t. 1dl. f»M. u ,sj)i .,|mi ih’M oDi'oli- dr i hhj.i 1« ? n
der an de? Si hni'n»fr{tu md (»Dich okM, dmitÜDi p;A}ni!deji h iluda
•i J i“.eä dass fii>o jimdi idti“ Knoüouinnue vurjuiUdcn ward dir das
Klnl.rfi.L de) lia.riM >.).,< h Weiter begünstigt titU-fe i;V) FuFe
-um! Fraeüir an .)t,c SeliiHHNMIe hü.» t.(. die dümin ITaui* Im G ri in de
de, SehnurfmadnS durch Um winDgen GoOcwm niin Flunihrung- dem
uccit.hecir.clt) u Idicdivh^cijUtifes nicht hcSyiiFeu, ja wahrs'diLdnlicb
HheriiaiiFf uKtH 'einmal (Hü Fvagjtieiitö %usnin ninfdi rU oh kdUni’iL
bjerenie-*>H Gehisst' :\\m, duc-h \ve!? jje allein dc>' imnnh- j w,-!u
Glwibbst hniti. mouldt wnr.h . die des ihadosts, dm; Km>e;u'hs mu)
dc>. Marks, wdydet] lud dm* Fmctm zerrissen vvorden. seht. Dir
rin gern Widei^Umb, :*li_«;
der Fm-a? dcmKotirsssmarn!-
’d'H^göusdtzf.c, liafUm siGi
"'-•A
hitiSHUi. .. A
Tri den ibbhGmi Tageh trat, iijj AT'rbanäe wieder Oedcm dus
Fussen diu : inde.xs h|ini> d|o Fuihw dnA'' Fugses nnd der ZßjmfH.
^Giiunld nun»ml uml vmldcit sa h folg Kfmi ruhk, -so-dass. Vir.
thm Verband hitdif aliZüooKHm^. tu^iudifop, vklmelir mv« mit etnev
gdiuhgjid Lbf^iTig' f •
in «hm Wönliüh WMii.uio .dns Öddeoi niitei ^ ßr '
barnlc wieder \Sei prj.nj,(ir v wahivad das Ailwciu'utihohmfoii dßs
Kindess urn ganz v.om'clfiieh»^ Mich * -/ •
Als ui Men Ictzlna Tugao doa Folminj* d. J. der Verbund ah-
c aomrucn vounb), hg. ,tu CMreadtai uns ej-ti-onii. he Verhalten
§|te w-de des dunh msrn Vijb'dabtn.i 1 (F!g 2) vnnnyrMM.iDit
wu'd.
[Jas Kind si'tzi. wenn man es auf «hm Ti«?ob -Mum*!’
sinn F ass mit dhr v{)iU>u Pbuiia tmt! iu n iüliieirfei'BteD
tiing ii uj. .An du r Stube der Sohn ii rfu t ** h e boitude/ **' jl
eine dicke und bew«:- ilGu* hc- WeioHihc’iljnnsso. Da& Oftd»'b
cM aufeiucry ü w A s »:•• i; s t. g ö v Kt», g o n Grad rodueb't
Der Fühs wird uat ni iicl» noch weife] «mtgr Font rode bFibuc
und es wild ^fioch für kdfzrre- Zeit on< üwnim* A’*Tbun«l ftUgeietf«
'•'i-.iun mnssen, um d??s gcwoiüieae Resultat zu siGu*rn l“ 1 ?«'.
ruVe.h »ü.-vvas' 'w»niev /Ai yerlmsäenc ^ (
Ä hhr K‘lboti Ipt&i Vnnn -es dün Eite Hl als dicht
«weife jh j fl,' in AmscIcM g'e-lf'lTt 'werden. dassdaS Kili'i
B.. ... {BBm
•Gfmgvän df» gfvdzmi mitnrhalh Aei' SchijiUst.iUe
abs(d«ni< ics wi h% also -Im Falle Guer Fragt m' w
ghwnspj). r ‘
Dorr t*rolAs,sur vVoir/, dev bdum fett hui:
XVfJr ühnlinbr, -Acbnhi furchen ^ «hui ■ Fi-ngmui
habn tmd dmn ns bhrigtimf ylamais buch uh-dd l
DbG.nl h-.viN u uu am h a i; d«*m iMiccMUimik
Opelath.ii 1 G*t A i.tcm m.c, vc. wcmn.cum UaG*
shTtuto Dmötaudci;^ g/mM'ghst dir: d der
zhiuhimn, tun an <bm Stello dav Fuivhn jungenm
bedeckende di» it* XV jveill iif-dlagc /,u g*MVi»«;tc.i
‘1 m»^l»«Mrpfii;ke. luuvuchHfl. ;181)4, N«u ifj;
'j? 1 * ■ P>tfb r dagiü(ibö!y
W;iTigf.o T«ed«irii
s'ogihbd« eumn diwi
EFnmiMnb^ r&druKhiPMvdv/i Vor--
mi#
iiberulV in
li.iulii. aitzldegeir
fK»tunD’?b'Mig:tiug
Fin sulche.!- Vai i
stmi wbrdfi nur eine wein-ru
abludum.
Mp ohimdMs s<dm
n höchst uumgüRnifKui GirFU’
' ■
.-••«.' * T^r\W»•;
t/Ffev ’
23. August.
spätestens binnen Jahresfrist den Fuss in normaler
Stellung zum Gehen wird gebrauchen können.
Ich bemerke noch, dass der linksseitige Klumpfuss gleich im
Beginn der Behandlung des Kindes in der gewöhnlichen Weise
durch den Wolffschen portativen Verband redressirt und geheilt
und dass die Syndactylie der zweiten, dritten und vierten Zehen¬
spitzen durch eine kleine, bereits im Juli v. J. vorgenommene Ope¬
ration beseitigt worden ist.
Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem ver¬
ehrten Chef, Herrn Prof. Wolff, für die Ueberlassung des Falles
zur Demonstration und zur Publication meinen verbindlichsten
Dank auszusprechen.
VI. Eingeklemmter Leistenbruch bei einem
vierwöcbentüchenKinde. Operation. Heilung.
Von Dr. Havemann, Dobbcrtin.
Dass eingeklemmte Brüche kleiner Kinder zu den Selten¬
heiten gehören, darf wohl als unbestritten gelten, und wenn
Wimmer (Dissertation, Leipzig 1868) aus Mittheilungen der
Nassauischen Jahrbücher das Zahlenverhältniss zu den eingeklemmten
Brüchen Erwachsener auf 1 zu 62 berechnet, so hat diese Ab¬
schätzung meines Wissens Widerspruch bis heute nicht erfahren.
Inzwischen hat sich aber die absolute Zahl der in der Litteratur
mitgetheilten Fälle nicht wesentlich vermehrt.
Während Ravofch (Deutsche Klinik 1858) noch derMeinung
ist, dass sich in der Litteratur nur etwa 30 sichere Fälle operirter
Hernien bei Kindern fänden, und während Plum (Kopenhagen 1867)
auf 572 Brucheinklemmungen nur einen Fall zwischen 1—10 Jahren
mitzutheilen hat, berichtet Wimmer in seiner ersteitirten Disser¬
tation über 26 Operationsfälle bei Kindein bis zum 18. Lebensjahr.
Benno Schmidt (Unterleibsbrüche, in Pitha-Billroth) stellt
64 Bruchoperationen für dasselbe Lebensalter zusammen, und endlich
hat P. Knobloch (Dissertation, Breslau 1890) sich der Mühe
unterzogen, 87 Fälle von operirter eingeklemmter Hernia inguinalis
aus der gesammten Litteratur zusammenzustellon, deren Träger
alle nicht wesentlich über zwei Jahre alt waren.
Durchmustein wir flüchtig diese lange Reihe, so ergiebt sich
aus ihr, dass die im ersten Lebensjahre auf 62 % sich stellende
Mortalität im zweiten Lebensjahr auf 17 °/o herabsinkt, dass feiner
Operationen innerhalb des ersten Monats wesentlich seltner sind
als im zweiten und dritten, und endlich wird evident, was auch
schon Wimmer hervorhebt, dass Operationen nach dem dritten
Einklemmungstage kaum je von Erfolg gekrönt waren.
Dies vorausgeschickt, wird es, wie ich hoffe, nicht ohne Be¬
rechtigung sein, wenn ich einen am vierten Einklemmungstage
erfolgreich operirten Fall von eingeklemmtem, congenitalem
Leistenbruch bei einem vierwöchentlichen Knaben mittheile.
An dem vier Wochen alten Sohne des Kutschers W. zu M. hatte
die Mutter schon in den ersten Tagen nach der Geburt ein Stärkenverden
der rechten Serotalseite bemerkt. Der Umfang dieser Hälfte erreichte
bisweilen unter massiger Spannung und Röthung der Haut die Grosse
einer kleinen Wallnuss und sank nie auf den Umfang der linken Seite
herab. Uebrigens verhielt sich das Kind normal und wurde von der
Mutter gestillt.
Am Mittage des 12. September, an einem Freitage begann das Kind
ohne nachgewiesenen Grund auf das heftigste zu schreien, und so schrie
es mit wenigen Unterbrechungen die Nacht hindurch, fast den ganzen
Sonnabend und die Nacht zum Sonntage. Dabei erbrach es alles, was es
nahm. Die Dannausleerungen sistirten vollkommen, und statt derselben
wurde unter heftigem Pressen Blut und Schleim, und zwar orsteres in
beträchtlicher Menge entleert.
Am Sonntag Mittag kam ich halb zufällig in den, fast 2 Meilen
von meiner Wohnung entfernten Ort und fand bei dem gewaltsam schrei¬
enden Kinde einen eingeklemmten rechtsseitigen Leistenbruch. Ohne
Assistenz und ohne den vollständigen Operationsapparat konnte ich für
den Augenblick nur einen Repositionsversuch macheu. Die bläulich rothe
rechte Hodenseite hatte die Grösse einer mittleren Wallnuss, war seitlich
abgeplattet, war hart und offenbar sehr empfindlich. Eine Abgrenzung
des Hodens war unmöglich; auch der Leib war prall gespannt. Durch
vorsichtige, aber doch klüftige Massage gelang es, den Umfang und die
Spannung der Geschwulst zu mindern, doch war deutlich ein zurück-
bleibender, bei der Handhabung in ausgesprochener Weise crepitirender
Inhalt zu fühlen. Das Kind war nach beendigtem Taxisversuche offenbar
tief erschöpft; es wurde ruhiger, verweigerte aber von nun an jegliche
Nahrung. Das Erbrechen und die Ausscheidung blutiger Massen aus dem
Darm, welche das Lager des Kindes blutig gefärbt hatten, sistirte ebenso.
In der Sonntag Nacht kehrte ich nach M. zurück, um mit beginnen¬
dem Tageslicht operiren zu können. Ich fand das Kind annähernd so,
wie ich es am Mittage vorher gesehen hatte. Der Leib war gespannt,
und der Bruch hatte seine volle Härte und Prallheit wiedergewonnen.
Das Geschrei war in ein monotones Wimmern übergegangen, und die Er¬
schöpfung war offenbar eine hochgradige.
Mein Sohn, der cand. med. Havemann übernahm die Assistenz
und die Narkose. Es zeigte sich bald, dass ein äusserer Bruchschnitt,
679
der ja ohnehin das höchste Bedenken gehabt hätte, wegen der Seliwer-
trennbarkeifc der Gewebsschichtcn, welche die Hohlsonde kaum zwischen
sich ein drin gen Hessen, nicht gut ausgeführt werden konnte. Der Bnich-
sack musste geöffnet werden. Das ahfliessende Bruchwasser war mit
zahlreichen weissliehen Flocken vermischt. Im Bruchsack Ing eine ein¬
fache, aber verhältuissmässig recht grosse collabirte Dünndarmschiingo.
Ihro Farbe war ein schmutziges Braunroth, und nahe der Convexität der
Schlinge fanden sich drei etwa erbsengrosse hochkirschrot he. scheinbar
hämorrhagische Flecke mit sehr dunklem Mittelpunkt, Nach hinten und
einwärts dicht an der Darmschiingo lag der nur wenig gorötheto normale
Hoden. Mit dem kleinen Finger neben der Darmschlinge vordringend,
fand ich im äusseren Leistenringe und über ihn hinaus einige scharf vor¬
springende, den Bruchsaekhals von oben her beengende Faseienränder,
welche im Vordringen mit dem geknöpften Bruchmesser wiederholt incidirt
wurden, bis die Kuppe des kleinen Fingers den ganzen Leistencanal passirt
hatte. Die Desinfcction des Bruchsackinnem geschah mit 2 % Carhol¬
lösung. Als darauf die Darmschlinge genauer augesehen wurde, fand sich
ihr hinterer unterer Umfang mit der correspondirenden Stelle des Bruch¬
sackes verklebt. Die Lösung gelang leicht; aber es zeigte sich nun, dass
die adhärent gewesene Stelle so stark blutete, dass an eine sofortige
Reposition nicht gedacht worden durfte. Da die Blutung anhielt, so
brachte ich sie durch drei, dicht neben einander gelegte Umstecliungsnahtc
zum Stehen. — Ob diese Blutung, entgegen der gewöhnlichen Erfahrung,
allein durch die Lösung der frischen Verklebung bewirkt war. oder oh
ich, indem ich den Erötfhiingssclmitt bis an die Adhiisionsstelle herab¬
führte, den Dann mit dem Messer oberflächlich gestreift hatte, konnte
ich leider nicht feststellen. Die Reposition gelang nach der ziemlich
ausgiebigen Erweiterung sehr leicht, ohne jeden Zwang oder Druck. Die
Wunde, in welcher gleich zu Anfang zwei spritzende Arterien unterbunden
waren, ward nach Einlegung eines Drains bei ziemlich reichlicher An¬
wendung von Jodoform durch eine tiefgreifende Naht geschlossen und ein
gewöhnlicher Listervcrband angelegt.
Die späte Zeit der Operation — es war der vierte Tag der Ein¬
klemmung —, das zweifellose Vorhandensein einer Entzündung im Bruch¬
sack und das Aussehen des Darms gaben gewiss eine schlechte Prognose.
Dazu kam, dass während der letzten Phasen der Operation Kreislauf und
Athmung sich in bedenklicher Weise der Insufficieiiz näherten. Gleich¬
wohl war die Wirkung des Eingriffes, wie ich am nächsten Tage hörte,
schon am Montage eine günstige gewesen. Das Erbrechen und die blutige
Absonderung war nicht wiedergekehrt. Am Abend des Operationstages
begann plötzlich der laute Abgang von Blähungen, und bald darauf er¬
folgte reichlicher Stuhlgang von gewöhnlichem, nicht blutigem Aussehen.
Als dies geschehen war. legte die Mutter das Kind an; es nahm jetzt
die Brust und behielt die Nahrung bei sich. Die höchste in den nächsten
Tagen im After gemessene Temperatur betrug 88° C. — Am sechsten
Tage konnte der Drain entfernt werden. Um dieselbe Zeit machte sieh
bei dem Kinde ein papulöses Exanthem über Brust und Rücken bemerk¬
bar, welches aber schon am zweiten Tage, ohne weitere Symptome ge¬
macht zu haben, verschwunden war. Nach 14 Tagen war die rechte
Serotalscite völlig abgeschwollen und die Operationswunde bis auf eine
erbsengrosse, oberflächlich secemirende Stelle geschlossen. Das Kind
gedeiht und befindet sieh vollkommen wohl.
Der während der drei ersten Einkleinnumgstage bestehende,
recht erhebliche Blutabgang durch den Darin ist eine unter diesen
Verhältnissen höchst auffallende Erscheinung.
In keinem der oben citirten Werke ist es mir gelungen, eine
Erwähnung dieses Symptoms zu finden, und ebensowenig in der
mir sonst zugänglichen Litteratur. Selbst in der KnobloclVsehen
Arbeit, in welcher auch den Symptomen eine besondere Spalte
gegönnt ist, finden sich derartige Blutungen auch nicht in einem
einzigen Falle erwähnt.
Gleichwohl erscheint es mir zweifellos, dass die Blutung mit
der Incarceration in meinem Falle in eausalem Zusammenhänge
stand. Denn die Blutung begann bei dem sonst gesunden und
ausschliesslich von der Mutter genährten Kinde mit der Ein¬
klemmung und Hess keine Spur zurück, nachdem die Einklemmung
gehoben war.
Die Blutung, welche den Eindruck einer venösen Stauungs-
blutung machte, stammte also aus dem abführenden Tlieile des
Darmrohrs, welchen man sich bei Brucheinklemmungen eollabirt.
wenn nicht gar anämisch zu denken gewöhnt ist. Ich möchte
aber den Sitz dieser Blutung überall nicht in das Pfortadergebiet
verlegen, sondern möchte vielmehr die direct in die Vena eava
einmündenden Vonao haeinorrhoidales mediae als Quellen der Blutung
bezeichnen.
Bei den ganz ungewöhnlich heftigen und langdaucrnden Press-
beweguiigen des Kindes standen diese Venen, ganz im Gegensatz
zu den Verhältnissen des Pfortadersystems, unter der unmittelbaren
Einwirkung des durch die’ Vena eava vermittelten Stauungsstosses,
welchem sie, wie es scheint, nachgaben.
Als dann später am Sonntag Mittag die Kräfte des Kindes
erschöpft waren, hörte bei fortbestehender Einklemmung das Er¬
brechen und Schreien auf und damit zugleich die Blutung. Der
noch am Montag Abend erfolgende erste Stuhlgang enthielt weder
altes noch frisches Blut — eine Erscheinung, die wohl gleichfalls
für die Richtigkeit meiner Auffassung spricht.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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680
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 34
VII. Paralytische Darmsaftsecretion
nach einer infolge Rectumcarcinom unter¬
nommenen Darmresection.
Von Dr. Caro in Posen.
Im Juni 1893 wurde Herr N. wegen eines hoehsitzenden Rectum-
carcinoms (kleinkartoffelgross) von Herrn Dr. Jaffö hier einer Operation
unterzogen, bei welcher nach partieller Kreuzbeinresection das Rectum
in grosser Ausdehnung resecirt wurde. Genauer gesagt, es musste wegen
des hohen Sitzes und der Grösse des Carcinoms der Peritonealraum er¬
öffnet und der Darm bis zur Flexura sigmoidea freigelegt werden, an
welcher Stelle der obere Resectionsschnitt geschah. Die Loslösung des
Darmes von seiner Umgebung war wegen bestehender Verwachsungen
eine sehr schwere, sie gelang aber schliesslich ganz gut in theils stumpfer
Präparation, theils mittels des Messers. Vom unteren Rectumende blieb ein
zweifingerbreites Stück stehen. Eine Vereinigung der beiden Darmenden
war wegen der grossen Spannung unmöglich.
Gleich nach der Operation machte sich ein für den Patienten recht
unangenehmer Zustand geltend. Die Unterlagen wurden von der Wunde
aus durchnässt, und zwar durch eine wasserhelle Flüssigkeit, welche so
stark abfloss, dass in der ersten Zeit mehrmals täglich die Unterlagen
\r' e jL S i^ werden mussten. Nachdem die ersten Umständlichkeiten der
Wundbehandlung überwunden waren, unterzog ich mich in Gemeinschaft
nut Herrn Dr. Jaffö der Untersuchung der stetig abträufelnden Flüssig¬
keit. feie hatte schwach alkalische, manchmal neutrale Reaction, war von
wasserklarem, manchmal schwach gelblichem Aussehen, ohne alle morpho-
tische Bestandtheilo. Sie enthielt kein Eiweiss, etwas Pepton, keinen
Die Flüssigkeit wurde aus dem in der Wundhöhle sichtbaren
Endtheil der hlexura sigmoidea entleert. Nach Einführung eines Speculums
m diesen Darmtheil ergab sich bei gehöriger Beleuchtung, dass die Flüssig¬
keit nicht aus einem bestimmten Punkte der Darmschleimhaut quoll, son¬
dern diffus von der Schleimhaut seeernirt wurde. Sie kam dann tropfen-
weise aus der Schnittöffnung des betreffenden Darm theils hervor. Die
Berechnung ^fldter^ 1 ' abgesonderten Bissigkeit betrug nach unserer
T:) . In , dem mich zum Zweck der Erklärung des Phänomens in der
Litteratur umsah, fand ich in Landois’ Lehrbuch der Physiologie fol-
Ken fch?en rkUDg ’ We ° he d ‘ e Gonese der Erscheinung völlig zu or-
. »Y°, n den . Einwirkungen dor Nerven auf die Absonderung des Darm-
Vi f ldVt 5t „^ en 'S .Roheres crmntelk Reizung oder Durchschneidung der
den“ ihr n- denten Einfluss. Dahingegen hat die Ausrottung der zu
Arefnl ^ lDgei? hrnlatifendeu. die Gefässe begleitenden Nervenfäden
Dieser Prfnl^'r, m?*?' 1 ? 11 ® WÄSSe . n g c Eüllung des Damirohres zur Folge
liesei Ei folg ei klart sich aus einer Lähmung der vasomotorischen Nerven
dnL Tä ltraCtUS T Und ? us der bei der Operation oft erfolgenden Zerschneh
Traf flTösseier Lymphgefitssc, wodurch die Aufsaugung gestört und die
Transsudation durch Stauung im Blutlaufe vermehrt wird Da man die
mos aneh, en a „la r i, <,me d (do fP elt caterbuudone) beschränkte Stelle des Dar-
ausschneiden kann, so zeigt sich der wässerige Darminhalt in
» Nach Hanau handelt es sich im Moreau-
pischen Verlauf hüt.““® paraljt,sche Absonderung, die zeitlich einen ty-
zu erhärten 6 ei?6r Pf^jf h. 6 “ Darmsaftsecretion noch mehr
hl;!rä. Tr V-W dto h h r ne ,¥ elne Probe der Flüssigkeit an das physio¬
logische Institut zu Greifswald, von welcher Seite ich erst nach zehn
AsS n teS e Besehfid r, hT iSe S®"" Geheimrath Landois undsekes
findhehm He^ h r d h b?kam *'i, r In Y ertr0tlm " des Doch auf der Reise be-
rffÄVaaf.aBs
auf Eiwxiss 'iid kU Stlrk 0Ilnt d 1Ch mlt d ® m Secret nicht erzielen, ich prüfte
wlrechdnlich*“ Pal ' alytlsche Geerction handelt, erscheint auch mir sehr
Institut zn h riHff Zei ia lang ° hne A j ltwort Ton seit«» des physiologischen
lasse ich unentschieden) sich ?e^™ert ™ “^^^spülungen,
Wundverhältnisse das Auffangen de^ Uü< ? dle T ver ? nderten
meinen Bericht folgenden Brief des TT«™ p erschwerten. In dem auf
selbe über den Fall: 9 I * erTn Professor Ewald schreibt der-
wie sie CI. Bornard ^uTzeit zuerst 1 ^ 09O f'enannte paralytische Secretion,
schneidung der Chorda tympani resp dersvmnftv 10 ! 16Se n ^ h Durch '
hat. In diesen Fällen war die Bosnhaffnnir s L m P ath *sch en Fasern beobachtet
Es fragt sich nun, ob es sich in Ihrem S< \ crets . etwas verändert,
ungstüchtiges Secret oder nur um eine ‘ h ^- Pt nm em Yerdau_
eiweisshaltige, aber nicht fermenthalti™ Transsudation res P- eine
rt r- 2 -“ 1 -—ÄfcÄ. &JS
daher konnte °nür die^eiweissverdaulnde aber P >™ b j- zu sendo ">
ficirende Kraft der Flüssigkeit geprüft werden
» wir ßaoon aie i jusoigihoiü um tuitauscner Jtteaction auf ihr«
eiweissverdauende Fähigkeit geprüft und gefunden, dass sie es in nur
massigem Grade zu thun imstande war. Fibrinflocken wurden innerhalb
48 Stunden nicht gelöst, wohl aber in einen feinen Detritus verwandelt
Leider war die Menge zu gering, um die sacchariticirende und fettspi
Eigenschaft der Flüssigkeit genauer studiren zu können.“ v
Nach dem Mitgetheilten ist an der gegebenen Deutung der A uson
derung wohl kaum zu zweifeln. Bei ungenügender Beobachtung hätte
man die Erscheinung für eine Lymphorrhoe halten können, aber dagegen
sprechen, abgesehen von der nicht circumscripten, sondern vielmehr
diffusen Absonderung die chemischen und physiologischen Eigenschaften
der abgesonderten Flüssigkeit. Dass die peptischen Eigenschaften schwache
genannt werden müssen, ist aus der tiefen Region der absondemden Darm-
partie (Flexura sigmoidea) und aus einer wahrscheinlichen Veränderung
(Verdünnung) des Secrets erklärlich. ®
allmählfclf bS ° nderUng ^ ^ ™ T Monaten Yölli S versiegt, und zwar ganz
Der mitgetheilte Fall ist meines Wissens der erste, welcher beim
Menschen nach einem operativen Eingriff am Darm eine paralytische Darm¬
saftsecretion zeigte.
VIII. Ein Beitrag zur Casnistik der Fremd¬
körper in der weiblichen Harnblase.
Von Dr. II. Rüdiger in Bremerhaven.
Die Fachschriften berichten von den seltsamsten Gegenständen,
weiche meistens infolge von Masturbation durch die Harnröhre in
die Blase gelangen. Die Beschaffenheit der Eingangspforte bedingt
es, dass wir es für gewöhnlich mit schmalen länglichen Körpern
zu thun haben, und wenn wir uns die Statistik näher betrachten,
fanden wir, dass dieser Typus der Fremdkörper auffallend häufig
durch die Haarnadel vertreten ist. Dass letztere gar nicht selten
Gegenstand eines chirurgischen Eingriffes werden kann, beweist
schon die Thatsache, dass Leroy einen besonderen Haarnadelfänger
construirt bat. Auch in dem Falle, welchen ich hier mittheilen
will, handelt es sich um eine Haarnadel; das Bemerkenswerte
desselben beruht aber weniger in der Natur des Fremdkörpers, als
m der eigentümlichen Art, wie dieser sich infolge missglückter
Manipulationen der Patientin in Blase und Harnröhre einbohrte
und durch seine Formveränderung die Extraction bedeutend er¬
schwerte.
Alma W., 17 Jahre alt, stellte sich mir am 13. Mai 1893 in der
Sprechstunde vor unter Klagen über heftige Schmerzen in der Blasen¬
gegend, unwillkürlichen Harnabfluss und allgemeine Mattigkeit. Sie macht
das Geständniss, dass ihr im Februar 1892 eine Haarnadel mit geschliffenen
Spitzen m die Harnröhre geschlüpft sei. Aus Scheu vor ihren Angehörigen
verheimlichte sie zunächst diesen Vorfall, bis sie eine Cystitis im März
desselben Jahres zwang, ärztliche Hülfe in Anspruch zu nehmen. Der
behandelnde Arzt konnte die Nadel nicht entdecken, nahm aber von einer
eingehenden Exploration der Blase Abstand, da das Allgemeinbefinden der
ratientin sich während der nächsten Zeit erheblich besserte,
i , e April 1893 stellten sich bei der Kranken nach einer stärkeren
Körperlichen Anstrengung kolikartige Schmerzen im Unterleibe ein, gleich¬
zeitig hatte sie das Gefühl, dass sich die eine Haarnadelspitze unterhalb
er Harnröhrenmündung herauszudrängen suche. Durch selbstausgeübten
manuellen Druck auf die gefüllte Blase gelang es ihr wirklich, diese
fepitze zum Vorschein zu bringen, und nun machte sie mehrere Tage hin-
dureh trotz der grössten Schmerzen den vergeblichen Versuch, durch die
Jrerlorationsöffnung die Nadel herauszuziehen. Infolge dieser Manipulationen
nahmen die Blasenschmerzen immer mehr zu, der Urin wurde blutig ver¬
färbt und floss von selbst ab; Bücken und Sitzen wurde der Patientin
infolge von Schmerzen fast unmöglich, was sie schliesslich bewog, mich
aulzusuchen.
.p*® Untersuchung der Genitalien ergab folgenden Befund: Urethra
erweitert, aus derselben sickert eine blutig schleimige Flüssigkeit hervor,
le Bartholini sehen Drüsen sind angeschwollen und schmerzhaft, unterhalb
des Gnfacium urethrae bemerkt man eine stecknadelkopfgrosse Oeffnung,
aus der Eiter hervorkommt; die Sonde gelangt hier nach kurzem Ein-
dnngen auf einen harten Könier; Hymen intact; im vorderen Scheiden-
gewölbe, ziemlich in der Medianlinie, fühlt man eine leistenförmige, hei
rierülirung schmerzhafte Resistenz. Die in die Blase geführte Sonde trifft
ebenfalls auf einen harten Gegenstand.
i « , r Drin trübe, schwach sauer, enthält viele rothe Blut- und Eiter¬
körperchen. Puls 105, Temperatur 38,3.
Nachdem ich bei der Patientin während der nächsten zwei Tage
orsäureausspülungen der Blase vorgenommen und innerlich Salicylsäure
verabreicht hatte, schritt ich am 16. Mai zur Entfernung des Fremdkörpers.
f f x? k e * er Chloroformnarkose erweiterte ich die Urethra mit den ersten
U llI ^ II ^ ern der ^ mon 8chen Specula und führte sodann den ganzen
rechten Zeigefinger in die Blase, worauf ich folgende Localisation der
Haarnadel feststellen konnte (s. Figur):
. , P©r Bügel der Nadel ragt frei in die Blase hinein, die eine Zinke hat
Sich in die hintere Harnröhrenwand eingespiesst und verläuft zur Hälfte
unterhalb derselben in der Richtung de, die andere Zinke ist bei e in die
nintere Blasenwand eingedrungen und hat hier den mit e b bezeichnten
Weg genommen.
x J\ war ^ ar » dass der Versuch einer Extraction der Nadel in toto zu
erheblichen Zerreissungen der Schleimhaut führen musste, ich beschloss des¬
halb, den Bügel vermittels einer in die Blase geführten Zange in der Mitte
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28. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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durchzukneifen. Dies gelang leicht, weil die Nadel infolge ihres l l jt jährigen
Aufenthaltes in der Blase stark dnrchrostet und verdünnt war. Nunmehr
packte ich mit der Kornzange das Stück ade bei a, entwickelte de durch
allmähliches Zurückdrängen nach der Blase, brachte das häckcheriförmio-e
Ende a mit der Zange nach vorn und zog hierauf die Zinke aus der
Harnröhre heraus.
Vesica. urin.
Die andere Hälfte der Nadel wurde alsdami ebenfalls an der dureh-
kniffenen Stelle erfasst, das Stück be in ähnlicher Weise wie cd befreit
und schliesslich die ganze Zinke extrahirt.
Die Schenkel der Haarnadel waren 6 cm lang, derjenige, welcher in
der Harnröhre sass, hatte eine einfache Verkrümmung fconcav nach aussen
von der Nadel), der andere war mehrfach verbogen und mit seiner Spitze
stärker nach aussen gerichtet.
In den nächsten Stunden nach der Extraction klagte Patientin über
heftige Schmerzen in der Urethra und unwillkürlichen Abgang stark
blutig gefärbten Urins. Temperatur am Abend 39,1; Puls 120.
Wahrend des folgenden Tages hielt die Incontinenz an, doch Hessen
Fieber und Schmerzen nach, der Puls wurde nahezu normal. Im Ver¬
laufe der nächsten Tage besserte sich das Allgemeinbefinden immer mehr,
Patientin war bereits am vierten Tage post operationem imstande, ohne
Schmerzen Urin zu lassen; auch die Symptome der Cystitis gingen nach
zweimal täglichen Ausspülungen der Blase mit 3°,oiger Borlösung zurück.
— Am 26. Mai konnte ich die Kranke als geheilt entlassen.
IX. Reflexepilepsie nach Unfall.
Von Dr. Knopf in Goldberg.
Veranlassung zur Veröffentlichung des folgenden Falles giebt
mir der Umstand, dass von hervorragender Seite das Vorhanden¬
sein echter Reflexepilepsie noch vielfach angezweifelt wird. So
sagt Strümpell 1 ):
„In früherer Zeit sind so häufig Verwechselungen mit hyste¬
rischen (traumatisch-hysterischen) Anfällen vorgekommen, dass wir
selbst geneigt sind, an dem Vorkommen einer wirklichen Reflex¬
epilepsie zu zweifeln.“
In gleichem Sinne erklärt gelegentlich einer Besprechung der
operativen Behandlung der Epilepsie Kümmell 2 ), einen typischen
Fall nicht beobachtet zu haben; während König*) bei Besprechung
der Neurosen nach Kopfverletzungen die Reflexepilepsie überhaupt
nicht erwähnt.
Im Gegensatz hierzu schildert Eulenburg 4 ) ausführlich einen
selbst beobachteten schweren Fall von Reflexepilepsie: ebenso er¬
wähnt Tili man ns 5 ) einen von ihm operirten typischen Fall und
erklärt sodann 6 ) folgendes:
„Die Epilepsie tritt relativ häufig nach Kopfverletzungen auf,
z. B. als Reflexepilepsie im Anschluss an eine periphere
Nervenverletzung in den weichen Schädeldecken.“
Sonach scheinen die Ansichten über die in Rede stehende Er¬
krankung noch durchaus ungeklärt, ganz abgesehen davon, dass
wir über das Wesen der Epilepsie überhaupt noch wenig wissen;
*) Strümpell, Krankheiten des Nervensystems, 1892, S. 466.
? ) Kümmell, Zur operativen Behandlung der Epilepsie. Deutsche
med. Wochenschr. 1892, S. 528.
3 ) König, Lehrbuch der speciellen Chirurgie 1889, S. 114.
4 ) Eulen bürg. Ein schwerer Fall von Reflexepilepsie etc. Ctrlbl.
f. Nervenheilk. 1886, No. 1.
5 ) Tillmanns, Lehrbuch der speciellen Chirurgie 1892, S. 7.
6 ) Tillmanns 1. c. S. 113.
es dürfte daher, um zunächst eine sichere Grundlage zu erhalten,
vor allem ein möglichst reichhaltiges, gut beobachtetes Material
veröffentlicht werden, auf Grund dessen an eine Bearbeitung der
Frage geschritten werden kann. Hierzu möchte ich mit der Schil¬
derung meines — auch sonst nicht uninteressanten Falles — an¬
regen.
Am 18. Juni er. zu dem 17 Jahre alten Barbierlehrling H. aus G.
gerufen, fand ich denselben, lebhaft delirirend, völlig bewusstlos an. Das
Gesicht war roth, schweissgebadet, die Pupillen weit, auf Licht nicht rea-
girend, der Puls mässig beschleunigt, Temperatur normal; die Herztöne
waren rein, Urin frei von Eiweiss. Nach Angabe der Umgebung war H.
bisher stets gesund; am Abend des vorhergehenden Tages habe er über
Unwohlsein geklagt und zeitig das Bett aufgesucht. Am nächsten Morgen
habe er die gewohnten Dienstleistungen verrichtet, doch über Kopf¬
schmerzen geklagt und alsbald sein Zimmer aufgesucht. — Der Kranke
war nicht zum Bewusstsein zu bringen; — nach einigen Stunden Hessen die
Delirien nach, und es stellte sich traumhafte Verworrenheit ein. Am
Nachmittage traten bei völHg aufgehobenem Bewusstsein Krämpfe auf.
In den folgenden Tagen konnten im Krankenbause, wohin ich den Patienten
transferiren Hess, wiederholt Krämpfe beobachtet werden. Der Ablauf
derselben war stets gleich. Der Aufall beginnt mit leichten Zuckungen an
der Aussenscite dos rechten Unterschenkels; diese werden von dem
Kranken noch verspürt und dauern einige Secunden (motorische Aura).
Sobald die Zuckungen über den Unterschenkel hinausgehen, tritt plötzlich
Bewusstlosigkeit em. Das linke Bein schiebt sich unter das rechte und
bleibt schlaff. Sodann zuckt das ganze rechte Bein einige Secunden
allein; hierauf stellen sich gleichzeitig lebhafte klonische Zuckungen an
beiden Armen ein; die Gesichtsmuskeln werden hin und her gezerrt, die
Augen rollen, die Zunge klemmt sich zwischen den starren Kiefern ein;
das Gesicht wird blauroth. Nach einigen Minuten lässt die Intensität der
Zuckungen nach; es stellen sich tiefe Athemzüge ein, und der Kranke
kommt zum Bewusstsein; er klagt hiernach über allgemeine Schwäche und
Kopfschmerz. Die Anzahl der Anfälle, zumeist in zwei Serien, Vor- und
Nachmittags, betrug in den ersten Tagen acht bis zwölf; in der Nacht
sind Anfälle nicht beobachtet worden. Trotz steigender Bromkaliumdosen,
bis zu 15 g pro die, trat indess allmählich eine derartige Anhäufung von
Anfällen ein, dass der Kranke aus der Bewusstlosigkeit fast gar nicht
mehr herauskam und der Exitus letaHs zu befürchten stand. Auf Grund
der im freien Intervall erhobenen Anamnese entschloss ich mich daher
am 30. Juni zur Operation. „Auf Befragen hatte sich H. erinnert, am
2. Juni 1892 einen leichten Unfall dadurch erlitten zu haben, dass ihm
ein Hackebeil auf den Kopf geworfen wurde, wodurch eine kleine blutende
Wunde entstand. Er schenkte derselben keine Aufmerksamkeit, da sie
spontan geheilt war und keinerlei Beschwerden verursachte. Im übrigen
sei er aus gesunder Familie, doch thoilte mir seine Mutter mit, dass ein
jüngerer Bruder im Anschluss an Flecktyphus drei Krampfanfälle erlitten
hätte. Ende Februar 1894 hat der Kranke den ersten Krampfanfall ge¬
habt; ob in der Zwischenzeit noch weitere Anfälle dagewesen, Hess sieh
nicht eruiren.“
Nach Rasiren des Kopfes zeigte sich aut der Höhe des rechten
Scheitelbeins eine 2 cm lange, lineare, weissliche Narbe. In der Mitte
derselben ist ein circa stecknadelkopfgrosses, rothes Knötchen zu be¬
merken, welches auf Druck empfindHch ist; an dieser Stelle ist die sonst
verschiebUche Narbe adhärent. — In Narkose wurde die Narbe Umschnitten
und ein längliches, schmales Stück der Kopfhaut oxeidirt; bei der
Lösung der verwachsenen Narbe traten Zuckungen im rechten
Bein auf, welche indess durch Compression des Gliedes unterdrückt
wurden. Nach Beendigung dos Verbandes trat klares Bewusstsein ein;
der Operirte konnte allein aufstehen und ein frisches Lager aufsuchen.
Nach einigen Minuten fing er indess an, starr vor sich hinzusehen, ant¬
wortete nicht auf Fragen, die Pupillen erweiterten sich, wurden reac-
tionslos, Delirien und bald darauf Krämpfe stellten sich ein. Dieselben
hielten etwa vier Stunden an und sind seitdem verschwunden. Aus der
im übrigen reactionslos heilenden Wunde stiess sich am sechsten Tage etwas
nekrotisches Gewebe ab. — Der Kranke konnte darauf aus dem Krauken-
hause entlassen werden und seinon Beruf wieder aufnehmen.
Es fragt sich nun, handelt es sich hier um echte Reflex¬
epilepsie?
Gegen Hy steroepilepsie spricht das Fehlen sonstiger Zeichen
von Hysterie, die völlige Aufhebung des Bewusstseins, sowie der
Ablauf der Anfälle.
Gegen Rindenopilepsie der Beginn der Zuckungen auf der
Seite der Verletzungen. Höchstens konnte noch genuine Epilepsie
in Betracht gezogen werden. Dafür scheint das Vorkommen von
Krämpfen bei einem Bruder zu sprechen. Der Erfolg der Operation
spricht noch nicht dagegen, ds erfahrungsgemäss zuweilen nach
Operationen die Anfälle mehr oder weniger lange Zeit sistiren.
Trotzdem scheint es sich hier um einen Fall echter Befiex-
epilepsie zu handeln. Dafür spricht die Empfindlichkeit der
Narbe in Verbindung damit, dass im Augenblick ihrer Durch¬
schneidung sich Zuckungen im rechten Bein einstellten.
Auch dass im Anschluss an die Excision sich zunächst heftige
Anfälle einstellten und dann erst dieselben wie abgeschnitten er¬
scheinen, spricht durchaus zu Gunsten meiner Annahme.
Klinisch bemerkenswertli erscheint mir das Freibleiben der
linken unteren Extremität, ferner das lebhafte epileptische De¬
lirium, welches sowohl vor als im Anschluss an die Anfälle
beobachtet wurde.
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682
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 34
Von : praktischer Bedeutung erscheint der bei so schwerem
Verlauf eintretende Erfolg; erfordert auf, in ähnlichen Fällen nach
Spuren früherer Verletzungen zu suchen, zumal die Operation ganz
harmlos ist; auffallend und für Uufallgutaehten eventuell wichtig
erscheint die lange Latenz von nahezu zwei Jahren bis zum Auf¬
treten der ersten Erscheinungen.
X. Ueber die Aetiologie des biliösen Typhoids.
Vorläufige Mittlieilung von
Dr. Scliiess-Bey, und Dr. H. Bitter,
Direktor des Rogieruugshospitals, Inspecteur sanitaire,
Alexandrien.
Die unter dem Namen biliöses Typhoid bekannte und von
Griesinger zuerst beschriebene Krankheit, welche an verschiedenen
Punkten der Mittelmeerküste beobachtet wird, war in ihrer Aetio¬
logie bisher vollkommen dunkel, obwohl sich schon verschiedene
Forscher mit ihrer Aufklärung beschäftigt haben.
Bei der letzten kleinen Epidemie, die in Alexandrien herrschte,
ist es uns nun gelungen, in allen Fällen, welche wir zur Unter¬
suchung bekommen konnten (5), im Blute des Lebenden Gebilde
nachzuweisen, welche unzweifelhaft derselben Klasse angehören
wie die „Plasmodien 44 der Malaria.
Dieselben liegen wie jene zum grössten Theil im Innern der
rothen Blutkörperchen, kommen jedoch auch frei zur Beobachtung.
Im frischen • Präparate zeigen sie lebhafte amöboide Bewegung.
Pigment ist vorhanden, aber nicht sehr reichlich.
Die Plasmodien waren meist klein (etwa 1—2 n Durchmesser).
Daneben konnten wir, wenn auch verhältnissmässig selten,
alle Stadien, wie sie bei der Malaria Vorkommen, beobachten: also
amöboide Formen in allen Grössen bis zur völligen Ausfüllung
eines rothen Blutkörperchens und schliesslich das „Sporulations-
stadium 44 , d. h. den Zerfall in ein Häufchen ovaler Körperchen.
Diese ovalen Körperchen sind im freien Zustande lebhaft be¬
weglich (zeigen Ortsveränderungen) und dringen, wie direkte Beob¬
achtung zeigte, in die rothen Blutkörperchen ein.
Nach diesen, allerdings wenig zahlreichen Beobachtungen
müsste man das biliöse Typhoid den Malariakrankheiten zurechnen,
was.übrigens schon von Griesinger geschehen ist. Auch Koch hat
bei seinem Aufenthalt in Aegypten eine ähnliche Ansicht geäussert.
Da die Krankheit augenblicklich erloschen scheint, so fehlt es
uns leider vorläufig an Gelegenheit, unsere Studien fortzusetzen.
Aeussere Gründe zwingen uns indessen, unsere Beobachtungen
schon jetzt der Öffentlichkeit zu übergeben.
XI. Oeffentüches Sanitätswesen.
Stand der Cholera.
Im Weichselgebiet Proussens wurden nach den Veröff. des
Kaiser! Ges.-AmtS in der Woche vom BO. Juli bis 6. August 10 Cholera-
falle festgestellt. Unter den Erkrankten befanden sich 1 Bühnenarbeiter,
1 Schiffer, 2 Flösser, 2 Arbeiter und 3 Mitglieder einer Arbeiterfamilie.
1 Fall ereignete sich in Scharnese (Kreis Kulm), 2 Fälle in Kurze¬
brack, 2 in Holm (Kreis Danzig, Niederung), 1 in Plehnendorf und
3 in Sagorsch (Kreis Neustadt i. Westpr.), 1 in Gollub (Kreis
B riesen). In der Woche vom 6.—18. August gelangten 15 Fälle
zui’ Feststellung: 2 in Gollub bei Personen aus der auf russischem Ge¬
biet gelegenen Grenzstadt Dobrzyn, 1 in Garnsee (Kreis Marienwerder)
bei einem zugereisten Kellner, 5 in Holm (Kreis Danzig, Niederung) bei
vier Mitgliedern eines gemeinsamen Hausstandes und einer anderen Per¬
son, 4 in der Danziger Vorstadt Althof, 1 in Neufähr (Landkreis
Danzig), 1 bei einem todt aufgefundenen Bühnenarbeiter in Gurski-
Aussendeich (Kreis Thorn).
Im Regierungsbezirk Königsberg wurde zu Orteisburg bei
einem am 5. August in einer benachbarten Ortschaft erkrankten Ulanen
Cholera nachgewiesen. Ferner erkrankte und starb im Gutsbezirke Drau-
utten (Kreis Pr. Holland) ein Schiffer an Cholera; seine Frau und eine
Tochter sind ebenfalls erkrankt.
Im Regierungsbezirk Gumbinnen sind in der Ortschaft Nied-
zwedzen des Kreises Johannis bürg seit dem 1. August 45 verdäch¬
tige Erkrankungen bis zum 11. d. M. beobachtet, von denen 15 zum Tode
führten. In 8 dieser Fälle wurde am 11. August Cholera festgestellt.
', 0 ? 1 U- August Mittags wurden weitere 6 Erkrankungen und ein
Todesfall angezeigt. Ueber die ersten Fälle dieser Epidemie entnehmen
Wir der Lokalpresse folgende Angaben: „Am 1. August verstarb in
JNtedzwodzen ein Arbeiter unter den Anzeichen von heftigem Brech¬
durchfall mit Krämpfen, und erst am 5. August kam der zweite Todesfall
vor bei einem Manne, welcher mit der Fortschaffung der ersten Leiche
beschäftigt war, sowie bei einem fünfiährigen Kinde. Am darauffolgenden
ia # e .i™ e ? Z ' V ' G1 Männer nach achtstündiger Krankheit, welche auf
polizeiliche Anordnung Tags vorher die Beerdigung der zwei Leichen be¬
sorgten. Die weiteren Todesfälle vertheilen sich auf die nächstfolgenden
läge. Um 5. bis 12. waren 15 Personen gestorben. Die Erkrankungen
haben jetzt abgenommen und die Bevölkerung hat sich mehr beruhigt.
Gleich die ersten Todesfälle wurden ärztlicher- und behördlicherseits als
sehr kettig und ernst bezeichnet; nur dem energischen Eingreifen der
Behörden ist es zu verdanken, dass die bösartige Krankheit auf ihren
Heerd beschränkt blieb. Woher die Krankheit gekommen ist, konnte noch
nicht festgestellt werden. 44
Im Regierungsbezirk Bromberg kamen in der Woche vom
6.—13. August 10 Fälle zur Anzeige, nämlich 1 am 8. August erfolgter
Todesfall in Josefinen (Landkreis Bromberg), 4 am 11. August er¬
folgte Todesfälle und 3 Erkrankungen in einem Abbau bei Nakel (davon
1 Erkrankung bei einem Flösser), endlich 1 am 11. August erfolgter
Todesfall bei einem Flösser in Netzdamm bei Weissenhöhe (Kreis Wir-
sitz) und 1 Erkrankung bei einer Schiffsgehilfentochter in Usch (Kreis
Kolmar i. P.).
Endlich ist noch im Rheingebiet, in Köln, die Erkrankung eines
Schiffsmaschinisten an Cholera festgestellt.
Die Reichs-Choleracommission ist auf den 20. dieses Monats
zu einer Sitzung einberufen. Zur Vorlage und Berathung werden die
Berichte gelangen, welche in den letzten Wochen über den Verlauf der
Cholera aus dem deutschen Reiche selbst und aus dem Auslande einge¬
gangen sind, Wenn auch zu einer Beunruhigung kein Anlass vorliegt, so
lassen die eingegangenen Berichte der letzten Wochen doch immerhin
erkennen, dass die Erkrankungs- und Sterblichkeitsziffem an Cholera
eine geringe und langsame Zunahme aufweisen. Namentlich bezieht
sich dies auf den Kreis Johannisburg in Ostpreussen, auf das Grenz¬
städtchen Gollub, wohin die Cholera über die russische Grenze einge-
schleppt wurde, ferner auf das Stromgebiet der Weichsel und auf den
Netze-Warthe-Distrikt. An die bedrohten Orte sind bereits Medicinal-
beamte entsandt, es sind Desinfections- und Quarantäneeinrichtungen ge¬
troffen, auch für das Odergebiet ein Reichscommissar ernannt, kurzum
mit dankenswerter Beschleunigung alle Maassregeln getroffen, welche sich
bei Bekämpfung der Cholera in den letzten Epidemiejahren bewährt haben.
Nächst Russland kommen für uns in diesem Jahre die Niederlande als
Choleraheerd in Betracht. Zwar ist bis jetzt nur ein vereinzelt gebliebener
Cholerafall in Köln vorgekommen, aber bei der stetigen Zunahme der
Cholera in Maastricht etc. und bei dem regen Schiffsverkehr mit den
Niederlanden dürften demnächst wohl Abwehrmaassregeln auch für die
Rheinlaude geboten sein. Wie verlautet, soll demnächst wieder ein
Reichscommissar für das Stromgebiet des Rheins ernannt werden. Zum
Studium der Cholera sind auf Veranlassung des Ministeriums vier Assisten¬
ten vom Institut für Infectionskrankheiten in Berlin unter Führung des
Stabsarztes Prof. Pfeiffer an die preussisch-russische Grenze entsendet
worden. Insbesondere soll auch das Weichselgebiet besucht werden. Der
Zweck der Expedition ist die Feststellung der Verbreitungswege der Cholera.
Aus Belgien werden Cholerafälle gemeldet: Provinz Lüttich
vom 18.—28. Juli 32 Choleratodesfälle, vom 28. Juli bis 4. August 23
Erkrankungen; Stadt Lüttich vom 23.—30. Juli 15 Todesfälle, vom
30. Juli bis 5. August 15 Erkrankungen und 4 Todesfälle. Vereinzelte
Fälle ereigneten sich in mehreren Ortschaften stromaufwärts und strom¬
abwärts der Maas; etwas gehäufter kamen dieselben in Wand re. 4—5 km
unterhalb Lüttich, vor, wo vom 30. Juli bis 5. August 16—17 Erkran¬
kungen und 10 Todesfälle festgestellt wurden.
In den Niederlanden hat die Seuche seit unserem letzten Berichte
an Verbreitung gewonnen, ln Maastricht kamen vom 27. Juli bis
2. August 20 Cholerafälle, vom 2. bis 8. August 28 Erkrankungen mit
16 Todesfällen vor. Bis zum 15. August betrug die Gesammtzahl der in
Maastricht an der Cholera Erkrankten (Gestorbenen) 60 (28). Ausserdem
kamen vereinzelte Cholera- bezw. choleraverdächtige Fälle vor in Oud-
Vroenhoyen und Heer bei Maastricht, Roermond (Provinz Limburg),
Dordrecht, Zyderweld, Rotterdam (Provinz Südholland), Amsterdam.
Haarlem, Oostreest, Bennebroek und Halfweg bei Haarlem, Bewerwyk bei
Ymuiden, Barsingerhorn (Provinz Nordholland). Nach den Veröffent¬
lichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes sind im Wasser der Maas
und eines Canales bei Maastricht Cholerabacillen naehgewiesen worden.
Nach Berichten der Tageszeitungen hat die Zahl der Erkrankungen nament¬
lich in Amsterdam in den letzten Tagen zugenommen. Die Zahl der
Erkrankungen (Todesfälle) betrug bis zum 14. August 20 (9).
Vereinzelte Fälle scheinen auch in Frankreich eingeschleppt zu
sein; so soll Tageszeitungen zufolge in Bordeaux ein aus Marseille ein¬
getroffener Reisender an der Cholera erkrankt sein.
Ueber die Einschleppung der Cholera von Russland nach England
meldet ein Telegramm aus London: An Bord des von Petersburg in
Grave send eingetroffenen Dampfers „Bedford“ erkrankte ein Matrose
unter choleraverdächtigen Auzeichen und wurde deshalb nach dem Hospital
überführt. Der Dampfer wurde zur Dosinficirung zurückgehalten. Ein
Krankenwärter, welcher vier Matrosen vom Dampfer „Baimore “ pflegte,
ist an Cholera erkrankt. Ferner wird unter dem 17. August gemeldet, dass
in der Vorstadt Battersea ein choleraverdächtiger Todesfall vorgekommen ist.
In Galizien ist die Seuche noch in beständiger Zunahme begriffen.
Die Gesammtzahl der Erkrankungen (Todesfälle) in der Woche vom
31. Juli bis 6. August betrug 428 (228), in der Woche vom 7. bis
13. August 668 (305); im ganzen sind in Galizien seit dem 7. April d. J.
1815 (882) Erkrankungen (Todesfälle) amtlich festgestellt. Zu den in
unserem vorigen Berichte genannten, von der Seuche ergriffenen Bezirken
sind neuerdings noch hinzugekommen: Buczacz, Dabrowa, Kolbu9ZO^v.
Mielec, Podhajce, Saybusch, Sniatyn, Tornobrzeg, Tarnow,
Tlumacz, Wadowice. In den zumeist ergriffenen Bezirken lauten die
Zahlen der Erkrankungs- (Todes-) Fälle: Zaleszczyki 31. Juli bis
6. August 107 (64), 7. bis 12. August 102 (42) (also eine geringe Ab¬
nahme seit der letzten Juliwoche); Borszczow 31. Juli bis 6. Augus
49 (25), 7. bis 12. August 73 (17); Horodenka 31. Juli bis 6. August
59 (24), 7. bis 12. August 150 (65) (ein rapides Ansteigen). Ausserdem
sind jetzt als stark verseucht anzusehen die Bezirke Buczacz, Czort-
kow, Husyatyn, Kolomea, Krakau (Umgegend), Tarnobrzegi
Tarnow, Tlumacz, Wieliczka. — In der Bukowina ist die Zahl der
Erkrankungs- (Todes-) Fälle von 22 (9) in der Woche vom 31. Jüü * )19
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23. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
683
6. August auf 82 (39) in der folgenden Woche angestiegen (Oester-
reichisches Samtätswesen.) — Eine Verschleppung der Cholera aus Galizien
nach anderen Landern Oesterreichs oder nach Ungarn ist bis letzt noch
nicht festgestellt.
Ueber den diesjährigen Einschleppungsweg der Cholera und ihre
allmähliche Verbreitung in Galizien bringt das „Oesterr. Sanitätswesen“
folgende interessante Mittheilungen: „Die Seuche, welche im Jahre 1892
in Europa Eingang gefunden hatte, in Russland verheerend aufgetreten
und von da nach Oesterreich-Ungarn und in das Deutsche Reich ver¬
schleppt worden war, jedoch auch im Westen Europas, in Frankreich,
Belgien etc., zu ausgedehnten Epidemieen geführt hatte, trat im Jahre 1893
abermals in verschiedenen Staaten Europas auf, kam auch während des
letzten Winters nicht zum Erlöschen und griff im Frühjahre 1894 im
Zbruczgebiete nach Galizien, später im Weichselgebiete auf das Deutsche
Reich über. Gleichzeitig erschien sie wieder im Westen Europas, in
Frankreich und in Belgien. In Oesterreich wurden die ersten aus dem
benachbarten russischen Gouvernement Podolien eingeschleppten Cholera-
fölle im Monat April d. J. fast gleichzeitig in den am Zbrucz gelegenen
politischen Bezirken Borszczow und Husiatyn constatirt, auf deren
Gebiete sich die Seuche durch geraume Zeit beschränkte, im letzteren
Bezirke aber bald, wenigstens vorläufig getilgt wurde. Im Borszczower
Bezirke setzte sich dieselbe jedoch hartnäckig fest, dehnte sich allmählich
auf eine grosse Zahl von Gemeinden aus, griff dann in das Gebiet des
Dniester über, fand in der Stadt Zaleszczyki einen günstigen Boden
und führte daselbst zu einem Epidemieheerde, wie er sich in keinem der
beiden vorausgegangenen Jahre irgendwo in Oesterreich gebildet hatte.
Vom 5. Juni bis inclusive 4. August, also innerhalb zweier Monate, er¬
krankten in dieser Stadt 259 Personen, d. s. nahezu 5 % der Bevölke¬
rung. In zahlreichen Fällen wurde der Krankheitskeim aus den Cholera-
emeinden der Bezirke Borszczow und Zalesczyki nach anderen Gemein¬
en Galiziens und der angrenzenden Bukowina verschleppt, und wenn es
auch in der Mehrzahl der Fälle gelang, die eingesehleppten Fälle zu
isoliren, knüpften sich doch in anderen Gemeinden an dieselben eine
grössere oder kleinere Zahl weiterer Erkrankungen. Das Epiedemie-
centrum in Galizien blieb bisher das von der Eisenbahn nicht durch¬
zogene, daher vom grossen Verkehr abseits liegende Gebiet am Dniester
bis zu dessen Einmündung in den Zbrucz, und dürfte diesem Umstande,
dass der Verkehr kein so lebhafter ist, es wesentlich zuzuschreiben sein, dass
es bisher gelungen ist, die Seuche auf ein beschränktes Gebiet zu be¬
grenzen. Zu Beginn der zweiten Juliwoche trat die Cholera plötzlich in
mehrfachen Fällen in einigen Gemeinden des politischen Bezirkes Krakau
Umgebung auf. Die Einschleppung war aus Russland erfolgt, wo die
Seuche in den an Westgalizien angrenzenden Bezirken (Miechwo) in
grosser Intensität herrschte. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Krank¬
heit anfangs verheimlicht oder nicht erkannt wurde, jedenfalls musste
der Umstand, dass dio Behörde erst dann, als bereits eine grössere Zahl
von Fällen in den Gemeinden Bienczyce und Krzeslowicc vorgekommen
war und Verschleppungen nach anderen Gemeinden, sowie nach der Stadt.
Krakau stattgefunden hatten, die grosse Besorgniss begründen, dass auch
in Westgalizien sich ein Cholerakeerd bilden werde, wie er im Osten des
Landes in den Bezirken Borszczow und Zaleszczyki bereits bestand Dem
energischen Einschreiten der politischen Behörden gelang es aber, dio
beuche zu bescliränken. Es geht nicht bloss die Zahl der Erkrankungen,
welche über eine vcrkältnissmftssig bedeutende Zahl von Gemeinden zer¬
streut aufgetreten waren, zurück, sondern es steht bei der gegenwärtigen
Lage der Dinge auch zu hoffen, dass die definitive Tilgung der Epidemie
in Westgalizien in Bälde gelingen dürfte. Mehrfache, zumeist durch
aus Russland, beziehungsweise aus dem Weichselgebiete zurückgekehrte
Flösser in verschiedene Bezirke eingeschleppte Fälle wurden sofort als
verdächtige constatirt, isolirt und durch zielbewusste sachgemässe Vor¬
kehrungen eine weitere Verbreitung hintangehalten. 1 )“
In Russland herrscht die Cholera nach wie vor in weitem Um¬
fange und gewinnt an Verbreitung. Ausser in St. Petersburg, wo die
Zahl der Erkrankungen in den letzten Wochen erheblich zurüekgegangen
ist, herrscht die Seuche in den Gouvernements St. Petersburg, Esth-
land, Livland, Kurland, Astrachan, Olonez, Tula und im ganzen
Königreich Polen. Auch nach Finland sind mehrfach Fälle einge¬
schleppt. Von Bedeutung für uns ist das Auftreten der Cholera in Riga
wegen der dadurch bedingten grösseren Gefährdung unserer Ostseehäfen.
Den umfangreichsten Choleraheerd bildet nach wie vor das Königreich
Polen, wo fast in allen Gouvernements ein weiteres Steigen, zum Theil
(Gouvernement Ivielce, Gouvernement Petri kau) in ganz rapider Weise,
und nur in wenigen Gouvernements (Radom, Siedlee) eine geringe Ab¬
nahme der Erkrankungszahlen zu constatiren ist.
Auf von russischen Ostseehäfen imd von Finland nach Schweden
gelangenden Dampfern sind wieder mehrfach Cholerafälle vorgekommen,
doch ist eine eigentliche Einschleppung bisher verhindert worden. A.
XII. Krankenpflege.
Zur Technik der Auscultation.
Bemerkungen zn dem Aufsatz von Dr. Th. Jannowski in No. 32
dieser Woohensohrift.
Von Dr. George Meyer in Berlin.
Die in obigem Aufsatz gegebene Anregung zur Desinfection der
Stethoskope hat mich um so mehr erfreut, als ich bereits seit Jahren
diesem Verhältnisse grosse Aufmerksamkeit schenke. Gerade bei der von
Jannowski erwähnten Krankheit, Scharlach, und anderen mit erheb-
l ) Wie aus den oben mitgetheilten Zahlen hervorgeht, hat sich das
Bild inzwischen etwas weniger günstig gestaltet.
liehen Hauteruptionen einhergehenden Erkrankungen, kam mir häufig der
Gedanke an die Gefahr der Uebertragung von Keimen durch die unter¬
suchenden Werkzeuge. Dass diese Gofabr aber mit den Plessimetern
mit denen doch ein viel grösseres Stück der Körperoberfläche in Be¬
rührung kommt, als mit dem Stethoskoprande, besonders bei schwitzenden
Kranken, noch gesteigert ist. liegt auf der Hand. Ich wasche seit Jahren
nach jeder Untersuchung den unteren Theil dos Stethoskopes und das
Plessimeter mit desinficirenden Lösungen, oder wo solche nicht sogleich
zur Hand sind, mit reinem Wasser ab. um die Desinfection dann bei nächster
Gelegenheit vorzunehmen. Zur Erreichung einer genügenden Desinfection
bedarf es wohl kaum eines aus Glas hergestellten Stethoskopes, sondern
es dürften wohl die für gewöhnlich gebräuchlichen, aus Holz oder Elfen¬
bein verfertigten Werkzeuge ausreichend sein. Die aus Hartgummi,
Elfenbein oder Glas bestehenden Plessimeter sind natürlich leicht und
ausgiebig zu desinficiren. Dass auch die Maasse, mit denen dio Aus¬
dehnungsfähigkeit des Brustkorbes geprüft wird,, der Reinigung bedürfen,
ist zwar selbstverständlich, möge aber dennoch an dieser Stolle kurz er¬
wähnt wereen. (Dass die Form des von Jannowski geschilderten
gläsernen Stethoskopes den akustischen Zwecken sehr dienlich ist,
soll in keiner Weise angozweifelt werden.)
Elektrische Ophthalmoskopirlampe.
Mit Beziehung auf die betreffenden Artikel in No. 28 und 29 er¬
halten wir von Herrn Dr. F. Döus folgende Zuschrift:
Die in No. 28 dieser Wochenschrift von mir gebrachte kurze Be¬
schreibung einer neuen elektrischen Ophthalmoskopirlampe unterzieht
Herr Dr. Maximilian Bresgon in Frankfurt a. M. in No. 29 der
Wochenschrift, S. 603, von seinem Standpunkte als Nichtophthal¬
mologe aus einer Kritik, die mich zu einigen Worten der Erwide¬
rung nöthigt. — Die von mir beschriebene Lampe ist ausdrücklich
nur zum Ophthalmoskopiren bestimmt und liefert den meines Wissens
bisher nicht erbrachten Beweis, dass man in der von mir angegebenen
Anordnung elektrisches Licht- zur Augenuntersuchung ohne complieirte
Zwischenapparate direkt gepaji ebenso benutzen kann, wie Gas- oder Pe¬
troleumlicht. Die Vorzüge des elektrischen Lichtes vor den ge¬
nannten Beleuchtungsquellen für den Untersucher, vorausgesetzt, dass es
an Helligkeit und Regulirbarkeil den für dessen specielle Zwecke ge¬
stellten Anforderungen genügt, bedürfen keiner weiteren Erörterung; Inu-
zuftlgen will ich bei diesem Anlasse für die Herren Specialcollegen noch
die Angabe der Patienten, dass sie durch das weisse Licht der elektri¬
schen Ophthalmoskopirlampe weniger geblendet würden. Ich benutze
die Lampe seit 3 U Jahren ausschliesslich, und wurde mir jene x\ngabe
gelegentlich vergleichender Untersuchungen mit Petroleum- und Gaslicht
gemacht. Ohne eine so eingehende Prüfung würde ich mich den Herren
Fachcollegen gegenüber nicht zu der Behauptung für berechtigt geholten
haben, diese einfache Lampe ersetze vollkommen jede sonst zum öphthal-
moskopiren gebräuchliche Lichtquelle, ohne die Nachtheile der letzteren
zu haben.
Xin. Therapeutische Mitteilungen.
Zwei Fälle von Lysolvergiftung.
Von Dr. L. Kaempffer in Werneuchen (Mark).
Nachdem ich wiederholt Gelegenheit gehabt, nach der äusseren An¬
wendung des Lysols in 0,5—1% Lösungen an den damit in Berührung
gekommenen Körpertheilen starke Reizerscheinungen zu beobachten,
kamen im letzten Halbjahr in meiner Praxis kurz hintereinander zwei
Lysolvergiftungen, und zwar in Form acuter Dermatitiden mit so schweren
Allgemeinerscheinungen und so üblen Folgen für die Betroffenen vor.
dass es mir nicht weniger im Interesse der Aerzte, als der Kranken
geboten erschien, dieselben zur Illustration der viel gepriesenen Unge¬
fährlichkeit dieses Mittels der Ocffentlichkeit zu übergeben, zumal es meines
Wissens bis jetzt gerade an derartigen Beobachtungen noch fehlt.
Der erste Fall betraf einen Arbeiter der hiesigen Holzschneidefabrik.
Demselben war durch einen unglücklichen Zufall beim Abladen des Holzes
ein etwa 1 cm breites Hautstück fast circular aus dom ersten Gliede des
linken Mittelfingers gerissen worden. Wegen Ablehnung der Trans¬
plantation musste die Wunde per granulationem heilen, und wurden ab¬
wechselnd Salbenvorbiinde, Sublimat- und 1% Lysol-Priessnitz (letzterer
gerade wegen seiner reizenden Eigenschaften) angewendet. Nach anfangs
gutem Fortschreiton des Heiluugsprocesses trat plötzlich eine von der
bereits gut granulirenden Wunde ausgehende, acute Dermatitis ein, deren
Entstehung sich nicht erklären liess. An eine Lysolwirkung wurde um
so weniger gedacht, als der Lysolverband pur an zwei bis drei Tagen
zur Anwendung gekommen war, und zwar abwechselnd mit anderen
Mitteln.
Die Entzündung war klinisch charakterisirt durch das jeder Therapie
trotzende, schnelle Vorwärtsschreiten und durch ilire ausserordentliche
Neigung zu Recidiven. Nachdem sie sich dem ganzen Mittelfinger und
den übrigen Fingern hauptsächlich durch Fortkriechen per continuitatern
zwischen Epidennis und Papillarkörper nach allen Richtungen der Fläche,
aber auch durch einfache Contactwirkung an den einander zugokehrton
Theilen der Finger mitgctheilt hatte, verbreitete sic sich binnen fünf bis sechs
Tagen Uber Hand, Arm und ganzen Körper, um an den einmal ergriffenen
Theilen in wiederholten, wenn auch immer schwächeren Nachschüben
wieder aufzuflammen. Erst nach vierzehntägiger Dauer begann sie in
ihrer Heftigkeit nachzulassen.
Der Kranke hatte während dieser Zeit unter dem furchtbaren Brennen
der Haut — sie brannte „wie Feuer“ — viel zu leiden und kam durch
das- bestehende hohe Fieber und die anhaltende Schlaflosigkeit in seinem
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 84
684
Ernährungsstande so herunter, dass sein Zustand Besorgniss einflösste.
Erst nach sechs Wochen konnte er als geheilt entlassen werden.
Anatomisch zeigte die erkrankte Haut alle Merkmale einer acuten
Dermatitis (Röthe, Schwellung, Bläschenbildung etc.). Nur war die Ab¬
sonderung seröser Flüssigkeit so stark, dass selbst die dicke, schwielige
Epidermis an der Beugeseite der Finger und Hand macerirt wurde und
sich in langen Fetzen abziehen liess. Der Verband war in kurzer Zeit
durchnässt. Unter der Epidermis lag ein zähes, fibrinöses Exsudat,
zwischen dessen Maschen fortwährend kleine Tröpfchen ätzender, seröser
Flüssigkeit hervorsickerten. .
Die sich neu bildende Epidermis erlitt sehr bald dasselbe Schicksal,
so dass es stellenweise zu tieferen Ulcerat.ionen kam.
Alle diese Erscheinungen waren am ausgeprägtesten an den Fingern
und am Handteller, um von da ab an Intensität allmählich abzunehmen.
Am Rumpf bestand nur ein diffuses Erythem ohne Nässen und Blasen¬
bildung. Einen eigentümlichen Anblick bot der Handrücken dar: die
etwa hanfkorngrossen Bläschen standen nicht unregelmässig zerstreut,
sondern mit ihrem längeren Durchmesser in dor Längsrichtung der
Extremität perlschnurartig an einander gereiht. Man bekam unwillkürlich
den Eindruck, dass es sich hier nicht um Entziindungsproducte, sondern
um erweiterte Lymphspalten handele, zumal sie über das Niveau der
Haut kaum emporragten. Das rapide Fortschreiten des Processes würde
ja dadurch seine Erklärung finden.
Der zweite (fast gleichzeitige) Fall betraf einen ländlichen Arbeiter,
der sich eine Distel in den rechten Mittelfinger gestochen und dadurch
eine phlegmonöse, zur Nekrose eines etwa zehnpfennigstuckgrossen Haut¬
stücks des Mittelgliedes führende Entzündung zugezogeu hatte. Nach
völliger Reinigung der Wunde wurde der sonst sehr verständige Kranke
mit der Weisung entlassen, täglich einmal einen 0,5°/ogen Lysol-Priessnitz
aufzulegen. Zwei Tage darauf fand ich ihn stark fiebernd und über
furchtbares Jucken und Brennen am ganzen Körper klagend und als
Ursache seiner Klagen ganz dieselbe acute Dermatitis an den Fingern,
der Hand und am Unterarm bis zum Ellenbogen, wie im ersten Falle.
Oberarm und der übrige Körper waren frei, doch klagte der Kranke auch
an diesen Theilen über unerträgliches Bronnen.
Da nun dies Mal ausser Lysol kein anderes Mittel zur Anwendung
gekommen war, so konnte es sich nur um eine acute Lysoldermatitis
handeln, was auch dadurch bewiesen wurde, dass sofort mit dem Aus¬
setzen des Lysolverbandes dio Entzündung und die übrigen Beschwerden
schwanden.
Zugleich war durch diesen Fall der Beweis dafür geliefert, dass es
sich auch im ersten nur um eine Lysolwirkung gehandelt hatte, nur mit
dem Unterschiede, dass dieselbe dort — wohl in Folge einer grösseren
individuellen Disposition — ganz andere Dimensionen und Folgen ge¬
habt hatte.
Jedenfalls lehren diese beiden Fälle, dass das Lysol kein so harm¬
loses Mittel ist, wie immer betont wird, und dass bei seinem Gebrauche
die grösste Vorsicht und strenge Ueberwachung am Platze ist. Denn
wenn man bedenkt, dass es sich um — bereits gut granulirende —
Wunden von höchsteus 3—5 qcm Flächeninhalt handelte, dass die Ver¬
bände einen nur wenig grösseren Raum bedeckten, dass ihr Lysolgehalt
nur ein minimaler war — es liess sich kein Tropfen Flüssigkeit heraus¬
pressen — und damit die enormen Giftwirkungen vergleicht, so wird
man zugestehen müssen, dass das Lysol ein Mittel von recht bedingtem
Werthe ist. Zu feuchten Verbänden eignet es sich jedenfalls nicht oder
doch nur in ganz schwacher Concentration; ebensowenig darf man es den
Kranken zum Selbstgebrauch — der Billigkeit halber — überlassen, will
man vor unangenehmen Ueberraschungen bewahrt bleiben. Ganz be¬
sonders dürfte auch vor unvorsichtigem Gebrauch des Lysols in der Ge¬
burtshülfe zu warnen sein. Bei jeder Geburt setzt es mehr oder weniger
erhebliche Verletzungen des Genitalschlauches, und die nach einer Aus¬
spülung in der Vagina zurückbleibenden Lysolreste dürften völlig genügen,
von jenen Wunden aus unter sonst günstigen Umständen Entzündungen
von nicht vorauszusehenden Folgen hervorzurufen.
XIV. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Für die Besucher des vom 1. bis 9. September in
Budapest tagenden VIII. Internationalen Congresses für Hygiene
und Demographie dürfte es von Interesse sein zu erfahren, dass dio
auf Grund der von den österreichisch-ungarischen Staatsbahnen gewährten
Reisevergünstigungen zusammengestellten Fahrkarten gegen Vor¬
zeigen der vorher gelösten Mitgliedskarten von den Bureaux der inter¬
nationalen Schlafwagengesellschaft zu entnehmen sind. Die genannte Ge¬
sellschaft hat in Deutschland u. a. folgende Filialen: Berlin, W., Unter
den Linden 69; Frankfurt a. M., Kaiserstrasse 1; Hamburg, Ham¬
burger Hof, Grosse Bleichen 6; Köln, Hauptbahnhof; München, im
Bahnhof und Bayerisches Reisebureau, Promenadcnplatz 5; Strassburg,
ücmossgasse 27. Mitgliedskarten versendet gegen Einzahlung von 10 fl.
^ General-Sekretariat des Congresses, Budapest,
Königliches Joseph-Polytechnicum. Damenkarten kosten 5fl. ö. W.
Es empfiehlt sich die Vorausbestellung von Wohnungen bei einem der
rester Hotels; Privatwohnung on sind beim Generalsekretariat zu erfragen.
Die Karten zu den Festlichkeiten, Veranstaltungen, Ausflügen etc. ge¬
langen nur in Budapest selbst zur Ausgabe. Das emgehendere Programm
der letzteren können Interessenten von der Redaction dieser Wochenschrift
beziehen.
— Aus dem soeben zur Versendung gelangten Programm der
b. Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher
undAerzte, die vom 24.—30. September in Wien tagt, theilen wir
mit, dass auch hier der Preis der Mitgliedskarte auf 10 fl., der Damen¬
karte auf 5 fl. ö. W. festgesetzt ist. Die Karten sind von der Kanzlei
der 6. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte,
Wien I, Universität, zu beziehen. Vorausbestellungen von Wohnungen
vermittelt der Wiener Verein für Stadtinteressen und Fremdenverkehr,
Wien I, Jasomirgottgasse 2. Für die Besucher des Budapester Congresses
dürfte es von Interesse sein, dass die Firma Thomas Cook & Sohn in den
Tagen vom 9.—20. September eine Extradampferfahrt durch Dalmatien
veranstaltet. Näheres hierüber kann durch die Kanzlei (Wien 1, Universität)
erfahren werden. Als ein sehr zweckmässiges Arrangement darf es gelten,
dass, um das Zusammenfinden der engeren Fachgenossen zu erleichtern,
für jede Section ein bestimmtes Lokal für den Mittagstisch in Aussicht
genommen ist. Am letzten Congresstage wird ein gemeinschaftlicher
Ausflug nach dem Semmering veranstaltet werden. — Ueber das wissen¬
schaftliche Programm der Versammlung haben wir bereits berichtet.
— Prof. Dr. Köbncr und Prof. Dr. 0. Lassar sind zu Vico-
präsidenten des nächstjährigen, in London tagenden internationalen
Dermatologen-Congresses ernannt.
— In allen gerichtlichen Entmündigungssachen wird seitens
der Gerichte eine Abschrift des ärztlichen Gutachtens an den Re¬
gierungspräsidenten eingesandt. Da für die wissenschaftliche Beurtheilung
dieser Gutachten durch die Provinzial-Medicinalcollegien die Protokolle
über die Vernehmung des zu Entmündigenden eine werthvolle, in vielen
Fällen sogar eine unentbehrliche Unterlage bilden, so hat der Justiz¬
minister durch allgemeine Verfügung vom 8. dieses Monats bestimmt, dass
in Zukunft stets den Mittheilungen der ärztlichen Gutachten an die Re¬
gierungspräsidenten eine Abschrift des über die persönliche Vernehmung
des zu Entmündigenden aufgenommenen Protokolls beigefügt werden soll.
Hat eine solche Vernehmung nicht stattgefunden, so soll dies unter An¬
gabe der Gründe, welche hierfür maassgebend gewesen sind, in dem
Uebersendungsschreiben ausdrücklich vermerkt werden.
— Hamburg. In verschiedenen Stadttheilen haben sich ärztliche
Bezirksvereine constituirt; dieselben bezwecken Förderung der Colle-
gialität, Wahrung der ■ Standesinteressen, Förderung der sanitären Ver¬
hältnisse des Bezirkes und schliessen die Behandlung sonstiger wissen¬
schaftlicher Fragen von ihrer Tagesordnung aus. Nachdem von dem Senat
und der Bürgerschaft ein Gesetz über die Errichtung einer Aerztekammer
in Hamburg beschlossen ist, werden die Vereine sich demnächst über die
zu wählenden Vertreter schlüssig zu machen haben.
— Maserenpidemie in Samoa. Nachdem 1893 im Herbst die
Masern durch ein Schiff nach den Samoainseln zum ersten mal einge¬
schleppt waren, sind die 34 500 Einwohner fast sämmtlich erkrankt und
4000, darunter die Hälfte Erwachsene, gestorben. Die wenigsten Todes¬
fälle traten in der Eruptionsperiode ein, sondern sind zumeist dem unver¬
ständigen Verhalten der Eingeborenen zuzuschreiben, die in der Recon-
valescenz infolge des Genusses von rohen Fischen, unreifen oder überreifen
Früchten und halb gekochtem Schweinefleisch Gastritis, Enteritis und
Dysenterie acquirirton. Die unter der Bevölkerueg schon herrschende
Disposition zur Scrophuloso und die besonders durch zwei Influenza-
epidemieen hervorgerufene Tendenz zu Limgenerkrankungen hat durch die
Masern zu zahlreichen weiteren Erkrankungen in dieser Beziehung geführt.
(Australien Medical Gazette April 1994.) . .
— Universitäten. Breslau. Der Docent der Kinderheilkunde
und Assistent an der Kinderklinik in der Landes-Findelanstalt in Prag, Dr.
Czerny, ist als Nachfolger Soltmann’s zum a. o. Professor der Kinder¬
heilkunde an der Universität Breslau ernannt. — Giessen. Der a. o. Pro¬
fessor der Chirurgie Dr. Fuhr ist zum ordentl. Professor ernannt. — Göt¬
tingen. Dr. L. Aschoff hat sich als Privatdocent für pathologische
Anatomie habilitirt. — Prag. Prof. Dr. Nicoladoni in Graz hat den
an ihn ergangenen Ruf als Nachfolger Gussenbauer’s angenommen.
Der ordentliche Professor dor Histologie und Embryologie an der
böhmischen Universität, Dr. J. Jan.osik ist zum ordentlichen lro-
fessor der Anatomie an der genannten Universität ernannt — Stock¬
holm. Der Direktor des pharmakologischen Instituts, Professor 0. lb.
Sandahl ist gestorben. — Liverpool. Dr. A. M. Paterson, Professor
am University College in Dundee, ist zum Professor der Anatomie am
University College in Liverpool ernannt. — London. Dr. R. W. Boycc,
Lecturer am University College, ist zum Professor der Pathologie ernannt.
— Lyon. Der Professor der Hygiene Dr. Rollet ist gestorben. — Kasan.
Der Professor der Therapie Dr. Khomiakow ist gestorben. Professor
e. o. Dr. Boldyrew ist zum ordentlichen Professor -für allge-
meine Therapie, Privatdocent Dr. A. Panormow zum ausserordentlichen
Professor für medicinische Chemie ernannt. Der ordentliche Professor der
Pharmakologie Dr. Vogel ist in den Ruhestand getreten. — Charkow.
Professor Dr. L. Bartenew in Tomsk ist zum ausserordentlichen
Professor der Pädiatrie in Charkow ernannt — Lausanne. Dr. Muret
hat sich als Privatdocent für Gynäkologie habilitirt. — Montreal. D er
Professor der klinischen Chirurgie an Mc. Gill University Dr. G. E. r en-
wick ist gestorben. — Pa via. Dr. L. Cantu Jiat sich als Privatdocen
für allgemeine P athologie habilitirt. — Florenz. Dr. Tedeschi aus
Siena hat sich als Privatdocent für pathologische Anatomie habilitirt.
— Prof. Eulenburg befindet sich bis Ende September aui
Reisen. Es wird gebeten, Zuschriften redactionellen Inhalt*
nicht — wie es vielfach geschieht — nach seiner Privat¬
wohnung, sondern ausschliesslich nach dem Redactions-
bureau, Potsdamerstrass 116,„zu adressiren.
Gedruckt bei Julius Sltteufeld in Berlin W.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag
M 35 .
30. August 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffentr
liehen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
fiedaction: Prof. Dr. 1. Eulenborg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thleme, Leipzig-Berlin
UdW.Mt.loUl.. 8- Potsdunor.tr. 116. Po.fdr««: ftp.,», sldtorssO. SL
I. Die Infectionskrankheiten im Lichte der
modernen Forschung 1 ).
Von Stabsarzt Professor Behring.
I. Definition, Einteilung und Benennung der Infections-
krankheiten.
Das wesentlichste Merkmal der Infectionskrankheiten — in
dem gegenwärtig geltenden Wortsinne — ist, dass sie durch von
aussen stammende materielle Agentien hervorgerufen werden. Diese
materiellen, krankheiterzeugenden Agentien, welche man in früheren
Zeiten Contagien nannte, bezeichnen wir jetzt als Infoctionsstoffe.
uir unterscheiden belebte und unbelebte Infectionsstoffe. Die
ersteren sind uns bei einer grösseren Zahl von Infectionen als
pflanzliche Mikroparasiten bekannt, die letzteren als specifische
Krankheitsgifte, welche von den Parasiten producirt werden.
Dass zwar nicht der Name, aber der Begriff der Infections¬
krankheiten scharfsinnigen Aerzten schon früher vollständig ver¬
traut war, können wir aus folgenden Ausführungen Bretonneau’s
über die „eontagiösen“ Krankheiten entnehmen.
»Die Uebertragbarkeit der epidemisch auftretenden Krankheiten, sagt
Bretonneau, hat zu allen Zeiten die Aufmerksamkeit der Aerzte auf
sich gelenkt; das Wort „contagion u sagt es schon, dass die epidemischen,
d. h. die völkerunter jochenden Krankheiten sich fortpflanzen durch den
Contact mit einem Kranken oder durch den Contact mit durchseuchten
Gegenständen. Herrscht schon die Krankheit in einem Volke, so wird
sie auf alle möglichen Arten weitergetragen, und so kann es kommen, ,
dass in einer stark bevölkerten Stadt die Einschleppung auch nicht ein¬
mal vermiitliungswei.se nachgewiesen werden kann; denn ganz vergeblich
sucht man da die Ursprungsstelle und die weiteren Spuren der An¬
steckung; während in einem kleinen Flecken auch ohne besonderen Scharf¬
sinn der Zusammenhang dem Beobachter sich aufdrängt; die Person,
welche die Krankheit eingeschleppt hat; die, welche zunächst davon be¬
troffen ist, die endlich, welche aus dem inficirten Flecken nach auswärts
von neuem die Krankheit weiter getragen hat — alles sieht man hier
aufs deutlichste, man mag wollen oder nicht (bon gre mal gre). u , . . .
„Solche Thatsachen sind zu deutlich und zu auflallend, als dass sie
der Aufmerksamkeit derjenigen hätten entgehen können, deren Aufgabe
es ist, die eontagiösen Krankheiten zu bekämpfen; so hat man die Epidemieen
immer angesehen und immer von neuem auch sind derartige Anschau¬
ungen ausgesprochen worden; stets von neuem sind aber auch Irrlehrer
gekommen, die den Thatbestand verdunkelten, verschoben, und was noch
viel schlimmer ist, ihn in’s Gegentheil umkehrten. Für die ärztliche
Kunst ist es immer noch besser, dass eine wichtige medici-
uische Thatsache ganz vergessen wird, als dass man sie
fälschlich dar stellt. Das ist es aber, was hier leider geschieht; wird
Uämlich die Thatsache der Ansteckung zu evident, um geleugnet werden
zu können, dann giebt iuan’s endlich zu; der süffisante Doctrinarismus
fängt trotz seiner angeblichen Unfehlbarkeit an, Zugeständnisse zu machen; !
aber das sind Zugeständnisse von der allerschlimmsten Art. Man sagt
dann: „Ursprünglich war die Krankheit nicht ansteckend, aber wenn diese
oder jene Bedingungen hinzukommen, dann kann sie es schliesslich wer¬
den;“ und so werden tausend verderbliche und schiefe Spitzfindigkeiten
an die Stelle der allein wahren Sachlage gesetzt, bei deren genügender
Berücksichtigung die Epidemieen verhindert und in ihrer Verbreitung auf-
gehalten werden könnten.
Das unwissende Volk aber, welches nichts weiss und alles glaubt,
beeilt sich, angesichts der geheiinnissvollen Probleme des Lebens, von
deren Unergründlichkeit es keine Ahnung hat, für jede Epidemie alle
möglichen und unmöglichen Ursachen zu erdenken; die unmöglichen aber
mit ganz besonderer Vorliebe; nach dem Volksglauben waren es zu ver-
*) Nach einem Vorträge, gehalten in der Sitzung der militärurztlichen
Gesellschaft in Berlin am 21. Juni 1894.
schiedenen Zeiten die Juden, welche die Pest und die Cholera erzeugten
indem sie das krankmachende Gift in Flüsse und Brunnen warfen. Kami
diese \ orliebe des Volkes für das Unglaubliche in unserem 19. Jahr¬
hundert geleugnet werden, wenn man sein Verhalten zur Homöopathie;
zum Magnetismus, zum Tischrücken in Erwägung zieht?
Recht traurig aber ist es, dass man auf dem gleichen Pfade selbst
hochgestellten Männern begegnet, die auf den Unterricht in der ärztlichen
Kunst einen bedeutenden Einfluss ausüben, und dass man sehen muss,
wie solche Männer die perversen Volksneigungen noch bestärken, so dass
es ausserordentlich schwer wird, die Thatsache der Speciiicität der Krank¬
heiten und der specifischen Action der Krankheitsursachen zur Anerkennung
zu bringen. Und dabei handelt es sich doch nicht um unsichtbare lim
ponderabilien.
Wenn es zuweilen den Anschein hat, als ob die krankmachende Saft-
masse an einem diphtherischen Geschwür, welche man an demselben
ebenso gut bemerken kann, wie an einem syphilitischen Schanker, nach
Art von flüchtigen Infectionsstoffen sich Verhalte, so liegt dies nur
daran, dass man nicht mit genügender Aufmerksamkeit beobachtete; es
wurde dann der Schein für Wirklichkeit gewonnen.
Auch die Pocken besitzen ausser dem flüchtigen inficircnden Agons
noch ein fixes, welches den Pockenkranken anhaftet und welches man an
jedem Pusteleiter sehen kann, den der Impfarzt an der Spitze einer Nadel
oder Lancette antrocknen lässt oder mit welchem er einen Faden im-
prägnirt, den er aufbewahren kann, um damit heute, morgen, nach Verlauf
von Jahren die Pocken zu übertragen; den er auf kurze Entfernung, aber
auch bis nach China verschicken und die Rundroiso um die ganze Welt
antreten lassen kann, ohne dass der Infectionstoff seine krankmachende
Wirkung einbüsst. In gleicher Weise verhält es sich mit dem diph¬
therischen Krankheitsstoff, welcher sich im Laufe der Jahrhunderte
stots in derselben Art reproducir-t hat. Das Resultat seiner Wirkung
können wir von Schritt zu Schritt verfolgen. Wir sehen die flüssige
Ausscheidung des diphtherischen Processes sich verhalten wie eine ölige
Cantharidenlösung; beide heben das Epithel ah; sie bedecken beide die
Fläche ihres Angriffsobjectes mit einer Pseudomembran, die man immer
dicker werden sicht, nur mit dem Unterschied, dass dieser Vorgang heim
Cantharidenöl sich schneller vollzieht, als beim Diphtheriegift.
Von dem Augenblick an, in welchem beispielsweise das diph¬
therische Virus das einen Schneidezahn einfassende Zahnfleisch infieirt
hat, vergeht immer eine ganze Weile, ehe das Epithel abgehoben und
durch die neu sich bildenden flüssigen Ausscheidungen losgestossen wird;
diese letzteren rollen herunter, benetzen die Lippenpartiecn, zu welchen
sie hingelangen, heben hier wiederum das Epithel ab und stossen es los,
um alsbald es dann durch eine Pseudomembran zu ersetzen; breitet man
dagegen ein Tröpfchen Cantharidenöl mit der Fingerspitze (welche
ihrerseits durch dasselbe nicht angegriffen wird) auf die vorher trocken
abgewischte Zunge eines Hundes in der Ausdehnung von der Grösse etwa
eines ZweifranksstÜckos, so orfolgt die Abhebung des Epithels schon in
weniger als fünf Minuten, die papilläre Oberfläche wird glatt, sondert sehr
bald eine seröse Füssigkeit ab (an Stelle des Zungenschleinies) und fühlt
sich weniger weich an, als in normalem Zustande. Fast augenblicklicli
verändert sich das rosige Aussehen der Zungenoberfläche und bedeckt sich
mit einer weissen, opaken Membran, deren Dicke in kurzer Zeit beträcht¬
lich zunimmt.
Bei den zahlreichen Species, welche innerhalb der Cantharidenarten
zu finden sind (Meloö, Mylabre, Cörocome etc. etc.), sollen wir, wie aus
denselben ein physiologisches Secret gewonnen wird, welches Aetz-
wirkungen besonderer Art auslöst, und wir haben auch erkannt, dass bei
einer ansteckenden Krankheit (der Diphtherie) das Secretionsproduct auf
manchen unserer Gewebe (den Schleimhäuten) eine krankhafte Absonderung,
ähnlich der durch Vosicantien erzeugten, hervorzurufon vermag. In beiden
Fällen finden wir Secretionen von erstaunlich gleichem Aussehen; hier
wie dort erfolgt der tödtliche Ausgang auf dieselbe, so eigenartige \\ eise.
Wollte man nun daraus aber Gründe ableiten gegon dio Specificilat der
Diphtherie, so würde man sich in einem grossen Irrthum befinden; trotz
der scheinbaren Identität der Wirkung bestehen doch fundamentale Unter¬
schiede zwischen dem Diphtheriegift und dem Cantharidenöl.“
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686
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35
Wie wir an anderen Stellen der Archives mödicales (1855
„Sur les moyens de prövenir le döveloppement et le progr&s de la
diphthörie“) erfahren, führt Bretonneau diese Unterschiede haupt¬
sächlich darauf zurück, dass wir es beim Cantharidencroup mit der
Wirkung eines nicht reproductionsfähigen Giftes zu thun haben,
während die Diphtherie des Menschen durch vermehrungsfähige
Keime erzeugt werde. Er sagt nämlich:
„Ich kann hier bloss von neuem wiederholen: Ein spe-
cifischer Krankheitskeim, und zwar für jede ansteckende
Krankheit ein besonderer, ist die Ursache einer joden conta-
giösen Krankheit. Die epidemischen Krankheiten können nur
entstehen und sich ausbreiten vermöge des sie erzeugenden
Keimes: zu allen Zeiten und in allen Sprachen wird dies ver¬
kündigt.“
(„Je le repete donc encore: un germe spdeial, propre ä chaque con-
tagion, donne naissance a chaque maladie contagieuse. Les fleaux 6pi-
demiques ne sont engendres, dissimin£s, que par leur germe rdproducteur:
de tout temps toutes les langues l’ont dit.“)
Wie in Frankreich Bretonneau, so hat in Deutschland Henle
in der ersten Hälfte und Mitte unseres Jahrhunderts ätiologisch
richtige Grundanschauungen über die Natur der epidemisch auf¬
tretenden Krankheiten vertreten; und es bedurfte der machtvollen
Persönlichkeit Virchow’s, um für eine Weile die parasitäre
Theorie für das Zustandekommen der Cholera, der Diphtherie, der
typhösen Erkrankungen und der mit Eiterbildung einhergeheuden
Wundkrankheiten in den Hintergrund zu drängen.
M. H.! Wir haben gesehen, dass schon vor Beginn der
modernen, experimentell-ätiologischen Forschung richtige Grund¬
anschauungen über das Wesen der Infectionskrankheiten mit
grosser Präcision ausgesprochen worden sind. Was aber die
moderne Forschung, so wie sie sich unter dem Einfluss R. Koch’s
entwickelt hat, von der früheren unterscheidet, das ist die zwingende
Beweiskraft ihrer Argumente.
Die Abgrenzung solcher Krankheitsbilder, die wir noch jetzt
ätiologisch als einheitlich und zusammengehörig betrachten müssen,
war früher immer nur für die Betrachtungsweise des Einzelnen
bindend. Wenn Laönnec mit dem geübten Blick eines scharf¬
sinnigen Arztes, Klinikers und pathologischen Anatomen unter dem
Namen der Tuberkulose fast alle wichtigeren Krankheitsformen
zusammenfasste, die (wie wir jetzt wissen) durch den Tuberkel¬
bacillus erzeugt werden, wenn Bretonneau auf Grund von
:klinischen, anatomischen und epidemiologischen Studien keine
einzige Affection, die beim Menschen durch den Diphtheriebacillus
hervorgerufen wird, ausser Acht liess und keine einzige zur Diph¬
therie rechnete, die nicht dem Löffler’schen Bacillus zuzuschreiben
ist, wenn später aus den Wundinfectionen durch geniale Medieiner
ätiologisch differente Gruppen abgesondert wurden, wenn Baeren-
sprung den exanthematischen von dem abdominalen Typhus noch
schärfer zu unterscheiden wusste, als das früher schon durch
Bretonneau und andere französische Aerzte geschehen war, so
blieb es ein Vorrecht weniger, mit glücklicher Intuition begabter
Naturen, diese Krankheitsgruppen anzuerkennen. Die grosse Masse
der Medieiner liess sich jedoch durch die Cellularpathologen ver¬
leiten, das Aussehen der makroskopisch wahrnehmbaren Krank-
heitsproducte als das Wesentliche und für die Terminologie Maass¬
gebende zu erachten. Die unter Virchow’s Einfluss stehenden
Medieiner können ja auch jetzt noch nur schwer sich entschliessen,
den Lupus, die Kehlkopfschwindsucht, tuberkulöse Meningitis,
Canes und Gelenkentzündung, die Peribronchitiden, die käsige
Pneumonie, die ulceröse Lungenphthisis, die scrophulösen Drüsen¬
schwellungen, die Darmtuberkulose und die Miliartuberkulose der
serösen Häute und visceralen Organe als ätiologisch einheitliche
Krankheitsformen aufzufassen; noch immer wird ferner der Croup
von der Diphtherie abgetrennt; noch immer hört man von einer
scarlatinösen, variolösen, dysenterischen, typhösen Diphtherie reden,
U +i- ± Wer aus P a th°l 0 gischen Instituten die Sectionsprotokolle
studirt wird schwerlich daraus erfahren, ob eine Pneumonie durch
r iaenkel sehe oder Friedländer’sche Bacillen, durch Strepto-
coccen, Influenzabacillen oder Tuberkelbacillen erzeugt ist; durch
welche Mikroorganismen ein eitriger Process bedingt wird; welche
ätiologische Bedeutung ein Milz- oder Niereninfarct hat; was die
ei lnlectionskrankheiten so häufig zu findenden parenchymatösen
Entzündungen, die Exsudate in den Körperhöhlen, die embolischen
1 rocesse verursacht hat. Es wird eben noch immer der anatomisch
nachweisbare Sitz und die mit den Augen wahrnehmbare Beschaffen¬
heit der Rrankheitsproducte der Krankheitseintheilung und Krank-
heitsbezeichnung zugrunde gelegt, obwohl darüber doch jetzt kein
Zweifel bestehen kann, dass das ätiologische Moment den Verlauf
f™? 8 P atll ölogischen Processes bestimmt und dass die Prognose
und der Erfolg therapeutischer und prophylaktischer Eingriffe
durch den ätiologischen Charakter des krankhaften Processes be¬
dingt, wird.
Diese Ueberzougung hat sich heutzutage schon in solchem
Umfange Bahn gebrochen, dass es wohl nur noch als eine gewisse
Lässigkeit an zu sehen ist, wenn in dem Virchow’schen Schema
der Todesursachen noch immer die Tuberkulose, die Lepra, die
Pneumonieen, die Phlegmonen, der Tetanus vom Begriff der infec¬
tionskrankheiten ausgeschlossen werden.
Dass in der That unter den Klinikern und Aerzten sich eine
lebhafte Reaction vollzieht gegen die zu einseitige Hervorkehrung
des anatomischen Standpunktes, dafür liefert uns ein gutes Bei¬
spiel die Entwickelung der Lehre von den Streptococcenkrank¬
heiten.
Wie nach der Entdeckung des Tuberkelbacillus eine Unmenge
von krankhaften Veränderungen zur Tuberkulose gerechnet werden
mussten: der Lupus, Knochen- und Gelenkerkrankungen, Krank¬
heiten des Mittelohres, der serösen Häute, des Darms u. s. w., die
doch scheinbar so grundverschieden sind von der Virchow’schen
Tuberkulose, so werden nach Anerkennung der jetzt kaum noch
anzuzweifelnden Zusammengehörigkeit der meisten Kettencoccen
die verschiedenartigsten Erkrankungen ätiologisch einheitlich be¬
trachtet werden müssen, und man gewöhnt sich allmählich daran,
bei der Wundrose, bei manchen Abscessen, bei vielen Gelenkleiden]
bei eitrigen Processen in der Brust und Bauchhöhle, bei den viel¬
fach verschieden ablaufenden Eiterfiebern, beim Puerperalfieber in
erster Linie nicht an die für den Kliniker und für den pathologischen
Anatomen zu Tage tretenden Differenzen, sondern an die bacteriolo-
gisohe Einheit dieser Krankheitsprocesse zu denken.
Einen bedeutsamen Anfang zu einer solchen Auffassung sehen
wir in neuester Zeit gemacht durch A. Fraenkel, welcher eine
eigenartige, zuerst von Senator genauer beschriebene Muskel¬
erkrankung in mehreren Fällen auf Streptococcen zurückführen
konnte und diese bemerkenswerthe Affecticn den Streptococcen¬
krankheiten einreihte. Wir haben jetzt wohl auch die Garantie, dass
die ätiologische Betrachtungsweise der Infectionskrankheiten nicht
mehr verlassen werden, sondern immer tiefere Wurzeln im ärztlichen
Denken schlagen wird.
Früher blieb es Sache persönlicher Ueberzeugung, ob man
für die Laönnec’sche Tuberkulose, für die Bretonneau’sche
Diphtherie, für den Baerensprung’sehen Typhus sich ent¬
scheiden wollte, oder für den von Virchow den Krankheitsnamen
Tuberkulose, Diphtherie und Typhus untergelegten Wortsinn.
Seitdem aber R. Koch das mikroparasitäre Specialstudium
zum Gemeingut der ärztlichen Forschung gemacht hat, seitdem
die Contagiosität, der parasitäre Ursprung und die Specificität der
Infectionskrankheiten nicht mehr Glaubenssache ist, sondern ein
sicheres Wissen, kann darüber kein Zweifel mehr bestehen, dass
der Croup zur Diphtherie gehört, dass der Abdominaltyphus mit
dem Flecktyphus (dem von Virchow in Oberschlesien studirten
„Hungertyphus“) nichts zu thun hat und dass die Skrophulose
und die käsige Pneumonie ebenso sicher tuberkulöse Infectionen
sind, wie die miliare Tuberkulose.
Angesichts dieser epochemachenden Wandlung in der Be¬
trachtungsweise der Infectionskrankheiten, welche der modernen
Medicin das Gepräge giebt, ist es wohl der Mühe Werth, einen
Blick zu werfen auf die Mittel und Methoden, mit Hülfe deren es
R. Koch gelungen ist, die Krankheitsätiologie zum Range einer
exacten Wissenschaft zu erheben.
H. Kriterien für die ätiologische Classificirung einzelner
Krankheitsfälle beim Menschen.
Was die Diagnose einer infectiösen Erkrankung betrifft, so
haben wir im wesentlichen folgende Hülfsmittel: 1) Die Aufnahme
des klinischen Befundes. 2) Den makroskopisch erkennbaren Sec-
tionsbefund. 3) Die mikroskopische und culturelle mikroparasitäre
Untersuchung der Gewebssäfte und der pathologisch veränderten
Körpertheile. 4) Die Untersuchung des Blutes auf einen etwaigen
Gehalt an specifischen Giften. 5) Die Schlüsse, welche ex juvan-
tibus et nocentibus sich in Bezug auf die Beurtheilung des Einzel¬
falles ziehen lassen. 6) Die Berücksichtigung des epidemiologischen
Charakters der Krankheit.
M. H.I Es giebt Krankheiten, bei welchen ein einzelnes
dieser Kriterien zur Diagnose des Einzelfalles vollkommen ausreicht.
Für eine typische Pneumonie, Diphtherie, Cholera, Scarlatina, für
den Tetanus, die Masern, die Syphilis und für viele andere In¬
fectionen wird man in der Regel kaum nöthig haben, auf ändero
diagnostische Mittel zurückzugreifen, als auf diejenigen, welche
durch die althergebrachte klinische Schulung uns zu Gebote stehen.
Es giebt aber andere Krankheiten, z. B. die typhösen Affectionen,
die Influenza, viele Malariaformen, mannichfache tuberkulöse Er¬
krankungen, die meningitischen Processe und die Entzündungen
der serösen Häute in der Brust- und Bauchhöhle, welche auf den
ersten Blick nur selten mit Sicherheit erkannt werden, bei denen
vielmehr erst eine längere Beobachtung, die Berücksichtigung der
epidemiologischen Verhältnisse, der Sectionsbefund, das mikroskopische
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
30. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
687
Studium und das Thierexperiment definitiven Aufschluss bringen.
Von der Art der Schulung des einzelnen Arztes wird es äbhängcn,
welcher Combination der hier aufgezählten diagnostischen Htilfs-
mittel er im individuellen Fall den Vorzug giebt; dass aber heut¬
zutage jeder Arzt, und mag er ein weltberühmter Kliniker sein,
sich im Nachtheil befindet, wenn er in der Handhabung des Mi¬
kroskops, des Culturexperiments und des Thierversuchs nicht geübt
ist, diesem Urtheil wird sich wohl keiner von uns entziehen, und
ebensowenig wird bestritten werden können, dass diese drei Hülfs-
mittel erst durch die moderne ätiologische Forschung so ausser¬
ordentlich mächtige Bundesgenossen für die Diagnose der Krank¬
heiten geworden sind. Wer würde jetzt noch zur Erkennung der
initialen Lungentuberkulose den mikroskopischen Nachweis des
Tubelkelbacillus, für die Milzbranddiagnose und die Feststellung
des Rotzes das Thierexperiment, für die zweifelhaften Diphtherie-
und Cholerafälle den Culturversuch entbehren wollen?
Aber m. H., selbst wer die klinische Beobachtung, die Ver-
werthung des pathologisch-anatomischen Befundes, die Färbekunst,
das mikroskopische Sehen, die verschiedenen Culturverfahren und
die Infectionsversuche am Thier vollkommen beherrscht, wird immer
noch Fälle finden, deren Zugehörigkeit zu einer bestimmten Krank¬
heitsgruppe zweifelhaft bleibt. Beim Tetanus z. B. kann es Vor¬
kommen, dass alle diese diagnostischen Mittel versagen. Da be¬
nutzen wir denn die wissenschaftliche Errungenschaft der neueren
Zeit, welche in dem Nachweis specifischer Gifte im Blute besteht,
und beweisen durch die Hervorrufung des Tetanus bei Thieren
durch das Tetanusgift, dass es sich um infectiösen Starrkrampf
handelt. Es ist das eine chemische Reaction, bei welcher ein ge¬
eigneter lebender Thierkörper als Reagens dient.
Etwas genauer möchte ich noch auf die neueren Hülfsmittel
zum sicheren Nachweis der sporadisch auftretenden Cholera und
zur Beurtheilung der choleraähnlichen Wasserbacterien eingehen,
die ja noch immer die öffentliche Discussion beherrscht.
M. H.! Wenn es sich darum handelt, die Krankheitserreger der
Tuberkulose, des Milzbrands, der Diphtherie zu identificiren, dann
gelingt das auch dem weniger geübten Bakteriologen ziemlich leicht;
anders bei dem Kommabacillus der asiatischen Cholera. Das mor¬
phologische Verhalten, das Wachöthum in Culturen, die mikro¬
chemische Reaction, der Infectionsversuch an gesunden Meer¬
schweinen ermöglichen es einem Meister der Bacteriologie, wie
R. Koch, schnell lind sicher die Zugehörigkeit einer fraglichen
Kommaform zur Gruppe der echten Choleravibrionen zu entscheiden.
Aber in den Händen derjenigen, welche nicht das Glück gehabt
haben, unter Koch’s eigener Leitung die diagnostischen Merkmale
zu studiren, haben alle diese methodischen Untersuchungen, (wie
die Erfahrung gelehrt hat) nicht so Befriedigendes geleistet. Sollen
wir nun deswegen, wie Liebreich es thun möchte, das Kind mit
dem Bade ausschütten und die aus der Morphologie und Biologie
des Choleravibrio entnommenen Kriterien für unbrauchbar erklären ?
Ich meine, dass dies ebensowenig geschehen darf, wie wir auch
nicht den Werth des Tuberkelbacillenbefundes uns discreditiren
lassen werden, weil manche Mediciner möglicherweise nicht imstande
sind, den Krankheitserreger der menschlichen Tuberkulose von dem
der Geflügeltuberkulose oder vom Leprabacillus zu unterscheiden.
Was wir aber thun können und thun müssen, das ist, dass wir
nach weiteren differential-diagnostischen Mitteln suchen. Ein solches,
und zwar eines von ganz hervorragender Beweiskraft, hat R. Pfeiffer
jüngst gefunden. Es hat sich gezeigt, dass Meerschweine, welche
gegenüber dem Kommabacillus der asiatischen Cholera eine sehr
beträchtliche Immunität erlangt haben, keine erhöhte Widerstands¬
fähigkeit gegenüber den choleraähnlichen Mikroorganismen be¬
sitzen. Die Verwerthung dieser Thatsache für die Choleradiagnose
ist nun sehr einfach. Es werden nämlich jetzt choleraimmune
Meerschweine als Reagens benutzt. Die Immunität wird in der
Weise sehr schnell und sicher hergestellt, dass von choleraimmu-
nisirten Individuen ein auf seine schutzverleihende Wirkung ge¬
prüftes Serum den Meerschweinen eingespritzt wird. Hat man nun
von einer fraglichen Vibrionenart die für normale Meerschweine
sicher tödtliehe Dosis ausfindig gemacht, und findet man dann, dass
ein choleraimmun gemachtes Meerschwein ebenso an dieser Dosis
zugrunde geht, wie ein normales, so ist diese Cultur keine Cholera-
cultur; bleibt dagegen das Meerschwein am Leben, so wird aus
der specifischen Schutzwirkung auf die Zugehörigkeit zur echten
Cholera geschlossen.
M. H.! Bei Benutzung dieser diagnostischen Methode ge-
rathen wir schon in das Gebiet der räthselvollen Lehre von der
specifisch erhöhten und verminderten Widerstandsfähigkeit gegen¬
über den Infeetionsstoffen hinein, welche ja bekanntlich auch in
der Diagnose der Tuberkulose eine Rolle spielt, indem wir nämlich
durch die Fieberreaction auf sehr kleine Dosen von Tuberkulin die
tuberkulöse Natur eines Leidens ermitteln können. Auch die Krank-
heitsbeurtheilung, welche sich auf den Nutzen specifischer Heil¬
mittel stützt, wie das bei der Malaria mit 'dem Chinin, bei der
Syphilis mit dem Quecksilber und mit den Jodpräparaten der Fall
ist, gehört in die Immunitätslehre hinein. Die Diagnose ex jiivan-
tibus wird in kurzem vielleicht auch bei der Diphtherie eine wich¬
tige Rolle spielen. Ich wenigstens habe schon jetzt die Ueber-
zeugung gewonnen, dass eine frische, diphtherieverdächtige Hals-
affection, welche auf mein Diphtheriemittel nicht prompt mit dem
Rückgängigwerden der allgemeinen und lokalen Krankheitserschei¬
nungen reagirt, durch andersartige Krankheitsstoffe bedingt oder
doch complieirt ist.
IH. Ueber das W r esen der Immunität.
Mit der Immunitätslehre stehen auch unsere modernen prophy¬
laktischen und Heilbestrebungen im engsten Zusammenhang, sowohl
diejenigen, welche mit Hülfe von willkürlich abgemessenen speci¬
fischen Reactionen den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen
wollen, wie bei der Tuberkulinbehandlung tuberkulosekranker
Menschen, als auch die in der Blutserumtherapie zum Ausdruck
gelangende, welche letztere durch Incorporation der direkten Heil¬
körper schützend und heilend wirkt.
Es ist nicht meine Absicht, heute auf die wissenschaftlichen
Grundlagen, die Leistungen und die Aussichten der Blutserum-
therapie einzugehen. Für die Diphtherie ist schon jetzt den
Aerzten Gelegenheit gegeben, sich davon zu überzeugen, dass ich
in meinen bisherigen Mittheilungen eher zu wenig als zu viel ver¬
sprochen habe. 1 ) Dagegen halte ich es nicht für überflüssig, darauf
hinzuweisen, wie die Immunisirungsmethoden an grossen Thieren
zum Zweck der Gewinnung von Heilserum eine glänzende Bestäti¬
gung der durch R. Koch wissenschaftlich begründeten Thatsache
von der heilenden Wirkung allmählich gesteigerter Dosen des¬
jenigen Krankheitsgiftes ergeben haben, gegen welches man ein
Individuum schützen will. Bei Pferden, Kühen, Schafen und Ziegen
kann man im Verlauf der Zufuhr lebender Diplitheriecultur sowohl,
wie des Diphtheriegiftes, die Beobachtung machen, dass die Thiero
chronisch krank werden, abmagern, remittirendes Fieber bekommen
und in einen kachektischen Zustand gerathen, der unfehlbar zum
Tode führt, wenn man die Thiere sich selbst überlässt. Bei solchen
chronisch kranken Thieren habe ich nun nach dem Muster der
Koch’schen Tuberkulinbehandlung mit zum Theil fast wunderbarem
Erfolge vollständige Heilungen durch fortgesetzte und allmählich
gesteigerte Diphtheriegiftzufuhr erreichen können.
M. H.! Diese Thatsache, so paradox sie uns auf den ersten
Blick vorkommt, ist in früheren Zeiten zwar nicht experimentell
begründet gewesen, aber gekannt und ausgesprochen haben
scharfblickende Aerzte sie schon vor dem Beginn der modernen
ätiologischen Forschung. Bei Hunter finden wir hierher gehörige
Bemerkungen, auch Sydenham schon macht darauf aufmerksam.
Vor allen habe ich Ihnen aber auch hier wieder Bretonneau zu
nennen, welcher das Immunitätsproblem so scharf erfasst und di**.
Beziehungen der Immunisirung zur Heilung mit so klaren Worten
ausgesprochen hat, dass ich es mir nicht habe versagen können,
seine Ausführungen in’s Deutsche zu übersetzen. Sie lauten an
den hauptsächlich in Betracht kommenden Stellen folgendermaassen:
„Durch Rasori haben wir die Thatsache kennen gelernt, dass
bei allmählich gesteigerter Dosirung des Tartarus stibiatus
sich kein Erbrechon mehr mittels desselben hervorrufen lässt. Wir
wissen ferner, dass durch eines der bedenklichsten Gifte, durch
den Arsenik, habituelle Arsenikesser Schönheit, Gesundheit und
Kraftvermehrung erlangen und dass Reiter und Pferd auf steilen
Wegen nach gewohnheitsgemässem Arsenikgenuss schnell und
lange Zeit weiter kommen, ohne sich zu echauffiren. Das Opium
wird in der Türkei die Quelle der Fröhlichkeit, des Wohlseins und
des kriegerischen Muthes bei dem Genuss solcher Dosen, die un¬
fehlbar denjenigen tödten würden, der nicht an das Opium gewöhnt
ist; auch der Genuss des Opiumrauchens gehört, hierher; er ist
in China von solcher Bedeutung, dass er dort zur Entstehung
einer gewaltigen Revolution die Veranlassung gegeben hat. Und
unsere passionirten Tabakraucher, — sieht man sie nicht geradezu
entzückt in ihrem Tabakrausch, und ist es nicht etwas ganz Ge¬
wöhnliches, dass man sie ihre Lunge vollziehen zieht mit nicotin¬
haltigen Rauchwolken, ohne dass sie Schaden erleiden von einem
Gift, das schlimmer ist, als diejenigen, welche die Zauberin Circe
präparirte!
Aber auf denjenigen bevölkerten Erdflächen, auf denen die
Menschen noch nicht gewohnheitsgemäss unsere giftigen Genuss¬
mittel gebraucht haben, — da treten die Annehmlichkeiten solcher
Intoxicationen nicht zu Tage; hat doch in wenigen Jahren die
Alkoholvergiftung im Verein mit dem Pockengift (das seine Gefahr
*) Vom 1. August er. ab ist mein Diphtherieheilmittel (von den I nrb-
werken vorm. Meister, Lucius & Brüning in Höchst) käuflich zu haben.
Vor diesem Datum ist mein Mittel nicht verkauft worden weuci zui
Immunisirung noch zur Heilung.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35
auch nur durch die Gewöhnung verliert) die eingeborenen Racen
in Nord- und Südamerika fast ausgetilgt.
Was ist es nun aber, was dieser unleugbaren Thatsache der
Gewöhnung durch gewohnheitsmässige Ausübung einer Thätigkeit
zugrunde liegt?
Mithridates, der siebente seines Namens, hat uns dies Ge-
heimniss nicht erst entdeckt, und er hat das über demselben
schwebende Dunkel auch nicht gelichtet. Diese Accommo-
dationsfähigkeit gehört der Menschheit an von allem
Anfang her; sie wird geboren, und sie entwickelt sich
mit dem werdenden Menschen, und sie ist nicht etwa be¬
schränkt auf die Fähigkeit des Menschen, sich den Gift¬
wirkungen zu entziehen; sie ist vielmehr für den
Menschen ganz im allgemeinen das Mittel, allmählich
alles zu erreichen, alles; während er ohne die Uebung
und ohne die Gewohnheit nichts zu ertragen und nichts
zu erringen vermag.
Die Autorität des Menschen und seine Herrschaft über die
Natur beruht hierauf; die Uebung und die Gewöhnung hat ihm
die Mittel in die Hand gegeben, eine grosse Zahl von Lebewesen
zu zähmen und sie seinem Machtbereich einzuverleiben, die grossen
wilden Thiere sowohl, die er gelehrig, sich anhänglich und dank¬
bar macht, wie das kleine Insect, welches er im einsamen Gefängniss
abrichtet.
Wenn nur dieses Vermögen der willkürlichen Gewöhnung nicht
gar so oft auf üble Dinge sich richten würde, welche wundervollen
Wohlthaten könnten durch dieselbe der Menschheit erwachsen!
Aber wir wollen unsere Blicke abkehren von den auf Dummheit,
Mangel an guter Erziehung und Extravaganz beruhenden üblen
Gewohnheiten und statt dessen bloss noch der Gaben gedenken,
welche die Macht der Gewöhnung dem Herrn der Schöpfung in so
überreichem Maasse zuertheilt hat. Sie hat ihn gelehrt, jede Art
von Arbeit zu verrichten; sie hat ihn zum Herrn über Pflanzen
und Thiere gesetzt; sie ist es, die im Laufe der Jahrhunderte an
der Vervollkommnung des Menschengeschlechtes arbeitet.
Sie ermöglicht es ihm, willkürlich Vögel und Hunde zur Jagd
abzurichten und für jede Sorte von Wild eine besondere Hunde-
race zu ziehen; sie hält die Hunde in der Meute an ihrer richtigen
Stelle und bringt andere dazu, die wunderbarsten Kunststücke aus¬
zuführen; Vögel lehrt sie sprechen, Pferde tanzen; sie bringt einen
Hund dazu, dem Blinden als Führer zu dienen und schafft in ihm
dem Menschen einen Freund, der aus Schmerz und Trauer auf dem
Grabe seines Herrn leblos niederfällt.
Die Gewohnheit, die Gewöhnung und die Uebung verschaffen
mit Hülfe von magischen Kräften der Menschheit aber noch viel¬
mehr an Wohlthaten. Diese Kräfte sind es, auf denen die müh¬
samsten Arbeiten und die am meisten geschätzten Fähigkeiten be¬
ruhen, welche alle in innigem Zusammenhang stehen mit dem
Aufmerken lind mit der Erziehung. Die Sinne werden geschärft
durch Uebung und Erziehung; der Wille wird gekräftigt durch die
Hartnäckigkeit im Wollen ....
Eine unverzeihliche Abschweifung von meinem hier
zu behandelnden Thema würde das sein, was ich vorher
in meinen langen Ausführungen sagte, wenn ich nicht
die Gewissheit hätte, dass die Gewöhnung, welche die
wilden Thiere zähmt, — dass sie es auch ist, welche den
Ansteckungsstoffen das Gefährliche ihrer Fähigkeiten
laubt, und zwar auf Grund des Unterschiedes, welcher
besteht zwischen einem Gift und seinem vaccin.
(„Je me repentirais de m’ötre laissö aller ä cette longue
(ligression, si je n’avais la certitude que Taccoutumance, qui
dompte les bßtes föroces, apprivoise aussi les virus, & la difference
des poisons et des vaccins.“)
Die Krankheitsstoffe, wenn sie in unseren Organis¬
mus eindringen und sich dort vermehren, können nichts¬
destoweniger sich so verhalten, dass jeder Bruchtheil
derselben, welcher nach und nach absorbirt wird, einen
Einfluss ausübt, der die.Gesammtwirkung des Virus ab¬
schwächt. Daher kommt es, dass zu Zeiten einer Epi¬
demie die Aerzte mit ausgebreiteter Praxis, indem sie
von einem Kranken zum anderen laufen und dabei ge-
wissermaassen fractionirte Dosen von dem Virus auf-
nehrnen, schliesslich dahin gelangen, dass sie sehr be¬
trächtliche Immunität erlangen, deren Zustandekommen
im allgemeinen freilich schlecht verstanden wird“ Und
an einer anderen Stelle (1- c. p. 260):
„Wenn ich diese Abschweifung hier gemacht habe, so geschah
es wegen der merkwürdigen Beziehungen zwischen den contagiösen
Krankheiten und den Mitteln, die imstande sind, sie zu heilen —
Beziehungen, die zu den grossen Wahrheiten der Medicin gehören
und die durch klinische Beobachtung entdeckt worden sind; kein
' orurtheil kann gegen dieselben aufkommen. Und doch sind die
medicinischen Zeitschriften erfüllt von sonderbaren und bedauerns-
werthen Ableugnungen durch die Aerzte.
Aber wenn man auch die Wahrheit nicht hören will, es muss
wenigstens der Versuch gemacht werden, sie zur Anerkennung zu
bringen.“
Man kann aus diesen Citaten erkennen, dass den älteren
Aerzten die Thatsache gut bekannt war, dass bei vielen Krank¬
heiten des Menschen die fortgesetzte Anwendung kleiner Dosen
von dem specifischen krankheitserzeugenden Stoff eine therapeu¬
tische Wirkung auszuüben vermag und eine geistvollere Hypothese
zur Erklärung dieser Thatsachen, als die von Bretonneau, welcher
die Heilwirkung giftiger Khrper auf eine immunisirende Wirkung
und diese wiederum auf die dem Menschen angebome Fähigkeit
der „Gewöhnung“ und „Uebung“ zurückführt, werden wir auch
jetzt noch nicht aufstellen können. An dieser Stelle möchte ich
bloss noch darauf aufmerksam machen, dass auch Hufeland jene
„grosse Wahrheit“ gekannt hat, wenn er sagt: „Selbst die
direkte Cur der Krankheiten durch sogenannte Specifica ist Werk
der Natur, indem das Heilmittel nur als Anstoss wirkt, die da¬
durch aber erregte Reaction und die Umänderung zum Bessern
selbst nur durch Hülfe der innerhalb wirkenden Naturkraft mög¬
lich ist; und insofern ist selbst die Homöopathie, die sich so hoch
über die Natur stellt, gerade der beste Beweis ihrer wirkenden
Kraft, denn auch sie ist nichts anderes, als eine Methode, durch
Specifica zu heilen, und indem sie das ähnlich wirkende
Mittel wählt, wirkt sie eben auf das leidende Organ
selbst, weckt die Reaction der Natur in demselben und
erzeugt jenen inneren Natürheilungsprocess, der die
Krankheit heilt.“ (Einleitung zum Enchiridion medicum von
Hufeland.)
Freilich ho-wegt sich Hufeland bei dieser Darstellung nicht
auf so streng wissenschaftlichem Boden, wie das bei Bre¬
tonneau der Fall ist; aber doch finden wir in jenen Worten
Hufeland’s schon deutliche Anklänge an die Errungenschaft,
welche R. Koch durch die Aufdeckung der Beziehungen des von
den Tuberkelbacillen erzeugten Giftes zu dem Krankheitsprocess
der Tuberkulose als dauernden Gewinn von epochemachender Be¬
deutung der medicinischen Wissenschaft übergeben hat. Am ent¬
schiedensten, wenn auch nicht am meisten überzeugend, hat die
der Koch’schen Entdeckung zugrunde liegende Thatsache von
der therapeutischen Wirkung eines krankmachenden Giftes
gegenüber der durch dasselbe erzeugten Gesammterkrankung
Hahnemann behauptet; aber wenn wir Zusehen, was dieser selbst
und in noch höherem Grade seine Nachbeter für die Praxis aus
dieser an sich richtigen Erkenntnis gemacht? werden, dann werden
wir aufs lebhafteste von der verblüffenden Prägnanz des Aus¬
spruchs von Bretonneau getroffen: „Für die ärztliche Kunst
ist es immer noch besser, wenn eine wichtige medicinischc
Thatsache ganz vergessen wird, als dass man sie fälsch¬
lich darstellt und ausbeutet.“ Und in diesem Sinne darf
man es den Lehrmeinungen der älteren wissenschaftlichen Medicin
sogar zum Verdienst anrechnen, dass sie in Bezug auf den der
Homöopathie zugrunde liegenden richtigen Kern das kleinere Uebel
gewählt hat, indem sie es vorzog, denselben zu ignoriren. Halbes
Wissen ist in der That oft schlimmer als gar nichts wissen.
II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.
Der äussere Milzbrand des Menschen.
Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik.
II. Klinische Erscheinungen und pat hologische Anatomie 1 ).
Was die Pathologie der Pustula maligna und ihre klinischen
Erscheinungen anbetrifft, so ist noch heute die mustergültige
Schilderung, wie sie Wilhelm Koch in der Deutschen Chirurgie
giebt, maassgebend.
Ich will mich deshalb kurz fassen und specieller nur auf
einige seltenere Beobachtungen bei derselben zurückkommen.
Bei weitem in der Mehrzahl der Fälle beginnt der lokale
Hautmilzbrand als ein circumscripter Process, der ähnliche
Beschränkungen zeigt wie der Furunkel. Nur in selteneren Fällen
tritt er in einer diffuseren, phlegmonösen Form auf.
Der erste Process, die eigentliche Pustula maligna, be¬
ginnt als ein kleines Bläschen, meist an einer Stelle, wo schon
vorher eine Schrunde oder ähnliches bestanden hatte, oder wo eine
kleine Verletzung bei der Infection erfolgt war. In der Mehrzahl
der Fälle ist es nicht möglich genaues darüber zu erfahren, wie
lange Zeit nach der Infection die Initialsymptome auftraten; jeden¬
falls brauchen dies nur wenige Stunden zu sein; meist scheinen
etwa 24 Stunden dazwischen zu liegen; dass jedoch auch ein viel
l ) Vergl. diese Wochenschrift 1894, No. 24, S. 515.
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DEUTSCHE' MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
30. August.
längeres Zeitintervall eintreten kann, beweist mir ein Fall von
Impfmilzbrand, dessen Opfer ein College war. Beschäftigt mit
Thierexperimenten, stach dieser sich mit der Nadel der Pravaz-
schen Spritze in die Gegend des Phalangealgelenks des linken
Daumens. Die Verletzung wurde sofort bemerkt und die betreffende
Stelle energisch mit Sublimat ausgewaschen, eine Procedur, von
der um so mehr erwartet werden durfte, als der Stich ein ausser¬
ordentlich oberflächer war.
Vier volle Tage vergingen, ohne dass sich irgend etwas an
der Impfstelle gezeigt hätte; die kleine Wunde war schon ver¬
gessen, als am Morgen des fünften Tages ein kleines rothes Pickel¬
chen bemerkt wurde, welches leicht juckte. Ich legte sofort eine
Cultur aus dem völlig klaren Inhalt des kleinen Bläschens an und
fand in derselben typische Milzbrandstäbchen. Der Finger wurde
jetzt mit grauer Salbe bedeckt und durch eine Pappschiene fixirt.
Weitere Beachtung wurde dem kleinen Uebel nicht beigelegt, bis
am folgenden Tage ausgedehnte lymphangitische Streifen und’eine
recht beträchtliche, aber wenig schmerzhafte Schwellung der Achsel¬
drüsen eingetreten war. Der ganze Arm war wie taub, machte
bei Bewegungsversuchen unangenehme Empfindungen und war auf¬
fallend schwer. Er wurde jetzt suspendirt getragen. Das Bläschen
hatte sich in ein kraterförmiges Geschwür umgewandelt, dessen
weiteren Verlauf ich genauer schildern möchte, da er in einigen
Punkten von dem gewöhnlich zu beobachtenden abweicht.
Zunächst fehlte fast jede Spur einer Röthung um das linsen¬
grosse oder noch kleinere Geschwürchen, welches ausser Jucken
keine unangenehmen Sensationen machte. Es hatte eine ovale
Form, gewulstete Ränder und in der Mitte eine nekrotische, schon
am sechsten Tage nach der Infection absolut bacterienfreie Masse.
Trotz dem Fehlen jeder Eitererreger trat auch hier die typi¬
sche Gewebsnekrose ein, wieder ein Bew r eis dafür, dass der Milz¬
brandbacillus allein imstande ist Gewebsnekrose zu erzeugen, wie
ich schon an anderer Stelle bewiesen habe 1 ). Am achten Tage
nach der Infection waren die Lymphdrüsen immer noch ange¬
schwollen und verhältnissmässig schmerzhaft; auch dass Allgemein¬
befinden schien gestört, obwohl nicht stark und vielleicht durch
die ängstlichen Vorstellungen, welche sich mit einer Milzbrand-
infection verbinden, vorgetäuscht. Am neunten Tage waren die
Achseldrüsen kleiner und schwollen im Laufe der folgenden Tage
zugleich mit ein tretender Vernarbung des Geschwürchens ab. Trotz
der Geringfügigkeit der Infection, trotz der Kleinheit des Lokal¬
heerdes hatte sich also eine beträchtliche Lymphangitis gebildet,
und zwar zu einer Zeit besonders ausgesprochen, wo in dem
Lokalheerd Milzbrandbacillen nicht mehr aufgefunden werden
konnten.
Nun zurück zu den gewöhnlichen Fällen. Mit dem geschilderten
Bläschen voll klaren Inhalts pflegen wir die Patienten meist nicht
zu Gesicht zu bekommen. Sie kratzen vielmehr das juckende Bläs¬
chen für gewöhnlich auf, und nun entstehen um dasselbe herum
mehrere neue. Im weiteren Verlauf röthet sich die Haut in grösserer
oder geringerer Ausdehnung um diese Heerde, während gleichzeitig
eine Anschwellung eintritt, die jedoch immer noch verhältnissmässig
schmerzlos ist. Diese Erscheinungen treten meist innerhalb der
ersten 24—48 Stunden nach dem Auftreten des Bläschens ein —
können aber viel rapider sich entwickeln. Kommen dann in diesem
Stadium die Patienten in Behandlung, so bemerkt man auf infil-
trirter und gerötheter Haut eine oft nur wenig das Niveau der
Übrigen Haut überragende Geschwulst, oder auch mehrere, von ver¬
schiedener Grösse, aber charakteristischem Aussehen. Um eine
meist schwarzblaue, centrale Masse von Linsen- bis Fünfmarkstück¬
grösse erhebt sich die angrenzende Haut wallartig empor, so dass
der centrale Heerd scharf von der mehr oder weniger weit ge-
rötheten Haut abgegrenzt erscheint. Diese Röthung erstreckt sich
meist nicht sehr weit und verliert sich allmählich in die gesunde
Umgebung. Hebt man den Schorf auf, der ein nekrotisches Gewebs-
stück repräsentirt, so entleert sich unter ihm eine meist seröse,
oder nur wenig getrübte Flüssigkeit.
Sie enthält mikroskopisch einige Eiterzellen und stets die
charakteristischen Milzbrandstäbchen, oft in ganz enormer Menge,
so dass man in dem Gesichtsfeld sie in langen Reihen dasselbe
durchziehen sehen kann. Die Keime liegen entweder einzeln oder
reihenweise hintereinander und können mehrere Gesichtsfelder durch¬
ziehende Reihen bilden. Hat man so zahlreiche Milzbrandkeime im
mikroskopischen Bilde, so pflegen meist andere Keime gänzlich zu
fehlen; in vier Fällen, in denen so reichlich Bacterien gefunden
werden konnten, sah ich keine andere Verunreinigung, und auch die
mit Agar oder Gelatine angelegten Platten bestätigen diesen Be¬
fund, indem einzig zahllose Milzbrandcolonieen aufgehen, welche in
ihrer peitschenschnurförmigen Anordnung • sich in nichts von den
*) Kurt Müller, Der Milzbrand der Ratten. Fortschritte der Medicin
1893.
übrigen Milzbrandbacterien unterscheiden. Von einer Hemmung
der Wachsthumsenergie ist nichts zu bemerken, wie auch die Thier¬
versuche beweisen, welche sammt und sonders positiv ausfallen.
Sowohl Mäuse als Meerschweinchen erliegen rettungslos, sowohl der
direkten Impfung mit dem serösen Inhalt der Bläschen, als mit
Culturmaterial. Neben dem charakteristischen Aussehen, der wall¬
artig abgegrenzten Gewebsnekrose, sichert stets der Befund der
Milzbrandbacillen die Diagnose. Zu dieser Zeit fehlen meist noch
andere Krankheitssymptome bei den Patienten. Sie haben wenig
Schmerzen und fühlen sich meist wohl; höchstens sind die schon
recht beträchtlich geschwollenen Lymphdrüsen schmerzhaft.
Indem nun, wohl stets infolge secundärer Infection, der Inhalt
der Pustel sich trübt, tritt gleichzeitig eine grössere Schwellung
auf, welche jedoch auch dann sich zu entwickeln pflegt, wenn die
Bläschenflüssigkeit klar blieb, eine secundäre Infection also nicht
erfolgt war. Diese Schwellung ist also ein typisches Werk der
Anthraxkeime. Diese teigig sich anfühlende, ödematöse Schwellung
erstreckt sich oft weithin und kann durch ihren' Sitz gefährlich
werden; sie bleibt aber in einem grossen Theil der Fälle auch auf
einen geringen Bezirk beschränkt. Sie ist gebildet durch Austritt
einer klaren Flüssigkeit, welche die einzelnen Bindegewebs- und
Muskelbündel von einander lockert und dem Gewebe ein eigen-
thümliches, gallertartiges Aussehen auf dem Durchschnitte verleiht.
Diese Oedeme, welche, wie gesagt, sich oft weithin erstrecken,
sieht man nicht nur in der Umgebung des localen Heerdes, sondern
auch bei intestinalem Milzbrand ist die ödematöse Durchtränkung
des mesenterialen und retroperitonealen Bindegewebes eine sehr
gewöhnliche Erscheinung. Der Milzbrandbacillus muss neben
seiner verhältnissmässig geringen Neigung zu nekro-
tisiren eine recht hohe Potenz zur Bildung von Trans¬
sudaten besitzen, durch die jene gallertig-ödematösen Schwellungen
erzeugt werden. Beim experimentellen Milzbrand der Thiere kann
man diese Processe auch hervorrufen. Die sulzige Erweichung des
retroperitonealen Gewebes sieht man nicht selten, und die beträcht¬
liche Schwellung der Milz ist wohl nicht zum kleinsten Theile
durch solch eine seröse Durchtränkung hervorgerufen. 1 )
Bei Thieren enthalten diese Oedeme stets Milzbrandkeime, und
wenn wir beim Menschen diese Processe ganz analog entwickelt
finden, so dürfen wir annehmen, dass auch bei diesen jene Oedeme
Anthraxkeime enthalten.
Verfolgen wir das Verhalten der Keime in der Pustel nun
weiterhin, so macht sich sehr bald eine bedeutende Aenderung be¬
merkbar. Die auf der Höhe ihrer Entwickelung stehende Pustel
enthält, wie beschrieben, oft massenhaft, culturell züchtbare Keime
von erhaltener, nicht abgeschwächter Virulenz. Die Diagnose
ist deshalb neben dem charakteristischen Aussehen der
Pustel eine recht einfache. Doch schon am folgenden Tage
kann sich das ganze Bild wie mit einem Schlage geändert haben.
Man impft Röhrchen und giesst sie zu Platten; es spriessen ent¬
weder gar keine Keime auf, oder vielleicht nur Staphylococcen
allein oder neben ihnen recht verkümmerte, schnell zur Vertrock¬
nung neigende Milzbrandcolonieen. Die Wachsthumsenergie dieser
Colonieen ist deutlich geschwächt, denn schon am folgenden Tage
vielleicht zeigen die auf der Platte gezüchteten Keime Involutions¬
erscheinungen.
Auch experimentell ist diese Abschwächung nachweisbar;
Meerschweinchen reagiren oft auf grössere Dosen nicht mehr, und
es kann Vorkommen, dass Mäuse, die man mit einer ganzen Oese
Cultur geimpft hat, ausserordentlich langsam sterben. So sah ich
eine derartig geimpfte Maus aus einer Anthraxpustel des Vorder¬
arms, von der neben etwa 15 Colonieen des Staphylococcus aureus
nur eine einzige Anthraxcolonie gewachsen war, erst nach sechs
Tagen sterben. Ganz entgegengesetzt dem gewöhnlichen Befunde
war ihre Milz sehr klein und enthielt auffallend wenig Bacterien;
dagegen war besonders die Niere förmlich injicirt von ihnen; bei
der Gram’schen Färbung erschien das ganze Blutgefässnetz der
Niere wie ipjicirt mit blauer Masse, die sich aus dicht neben ein¬
ander gelagerten Milzbrandkeimen zusammengesetzt erwies.
Ausstrichpräparate von Pustelinhalt zeigen entsprechende
Bilder. Weisse Blutkörperchen sind meist recht zahlreich vor¬
handen ; daneben sieht man Staphylococcen und entweder gar keine
Anthraxbacillen oder erst nach längerem oder kürzerem Suchen.
Sie haben meist noch ihre Form behalten, sie zeigen höchstens
ab und zu auffallende Verkrümmungen. Stets sieht man sie aber
frei in der Flüssigkeit liegen, niemals stehen sie zu den
Leukocyten oder zu anderen Zellen in Beziehung. Ihr Untergang
scheint also ohne active Mitwirkung der Leukocyten im
Sinne von Metschnikoff vor sich zu gehen. Ein solcher Vor¬
gang wurde mir um so wahrscheinlicher, als ich einen Anthraxfall
zur Untersuchung bekam, der den Uebergang zu diesen Formen
«) 1. c. Kurt Müller, Fortschritte der Medicin 1893, S. 602.
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690
DEUTSCHE MEDICINTSCBEE WOCHENSCHRIFT.
bilden dürfte. Hier fanden sich sechs Pusteln am Vorderarm, von
denen anamnestisch nachzuweisen war, dass die eine später ent¬
standen war als die andere. Während sich nun in der letztent¬
standenen Pustel massenhafte, aufs schönste färbbare, virulente
Milzbrandkeime fanden, fehlten sie in der ersten Pustel anscheinend
vollständig; doch fanden sich im Gesichtsfeld eigenthümliche Körper,
welche zunächst kaum zu deuten waren. Man sah dort auffallend
breite, meist nur schlecht färbbare, nach Gram sogar nicht-
tingible, stäbchenförmige Gebilde, welche den Eindruck verquollener
Milzbrandkeime machten, wie man sie gar nicht selten in den
subcutanen Oedemen von Thieren findet, die gegen die Milzbrand¬
impfung widerstandsfähiger sind, und wie sie unter anderen Czap-
lewski 1 ) bei Tauben und Frank 2 ) und ich 3 ) für Ratten beschrie¬
ben haben. Auch jene ampullenförmig aufgetriebenen Stäbchen
und solche mit lückenweise färbbarem Protoplasma fanden sich,
kurz alle jene Degenerationsformen, wie sie der experimentelle
Milzbrand bei resistenteren Thieren auch hervorruft. Es ist sehr
merkwürdig, dass man diese eigenthümlichen Involutionsformen des
Anthraxbacillus stets nur da findet, wo ihm das Nährmedium nicht
zusagt, wo er also nicht, um mich so auszudrücken, infolge
Altersschwäche abstirbt, sondern gewissermassen in der Blüthe
seiner Kraft abgetödtet wird. Die Involutionsformen in der
Cultur sind ganz andere, ein Umstand, der auch nicht Wunder
nehmen kann, wenn man bedenkt, dass hier der eigenthümliche
Sporulationsvorgang eintreten kann, der im lebenden Körper
nicht vorkommt. Wenn man jene eigenthümlichen Formen
findet, so kann man beinahe mit Sicherheit behaupten,
dass das Thier nur refractär ist, und man kann schon
daraus mit fast absoluter Sicherheit schliessen, dass auch der
menschliche Organismus zu den refractären gehört. Es
ist die Betonung dieser Frage ausserordentlich wichtig, da sie
den Weg angiebt, den die Therapie einzuschlagen hat. Jedem
refractären Organismus stehen Kampfmittel zu Gebote, die Ein¬
dringlinge zu schädigen; diese Kampfmittel zu stärken, oder
wenigstens in eine derartige Verfassung zu setzen, dass sie
möglichst vollständig zum Kampfe benutzt werden können
hat die Therapie anzustreben, und aus diesem Gesichtspunkte ist
die seit langer Zeit von Herrn Professor v. Bramann geübte
Therapie gegen die Milzbrandpustel von bestem Erfolge begleitet
gewesen. & 6
Diejenigen Pusteln, von denen aus die Entwickelung eines
stärkeren Oedems zu fehlen pflegte, können wir zweifellos zu den
leichteren Formen rechnen. Entweder handelt es sich bei diesen
bormen um Infection mit abgeschwächtem Milzbrand, eine An¬
nahme, die mir nicht allzuwahrscheinlich scheint, oder es handelt
smh um Ansteckung eines besonders resistenten Individuums mit
S imeu - Y enn die Infection abgeschwächtem
Milzbrand erfolgt sein sollte, so sieht man nicht recht ein warum
man m dem serösen Secret solcher Pusteln gleichfalls sehr wohl
eihaltene Bacillen findet, wie mir zwei Fälle beweisen, deren In¬
halt auf Thiere übertragen sich ausserordentlich virulent erwies
Wie sollten diese Keime, die im Kampfe mit den Körperzellen ihre
Kräfto verbrauchend nur einen kleinen Localheerd erzeugen konnten
mcn«chi- h n le -Wa' ulenz erlan S en; sie müsste doch zweifellos im
menschlichen Körper erst entstanden sein? Es giebt ja Autoren
welche annehmen, dass Milzbrandkeime auf resistente Thiere über¬
geimpft eme ungeheure Virulenz erreichen können (Frank 4 ) eine
fw 6 r 3h T Versuch ? n J' ed0ch - unter anderen auch ich
nnrf h >BSe Fr - age anstellte ' haben dies nicht bestätigen lassen
und eher zu einem entgegengesetzten Resultat geführt. Es machte
mir ganz entschieden den Eindruck, als ob durch Ueberführung von
Keimen auf schwarze resistente Ratten z. B. eine Abschwächumr
?n nt d^’rTt 1Che a “rr h Sch °“ durcl1 das man gelhafte Wachsthum
Sn d !i M U - tUr zu Tage trat ‘ Solohe Culturen hatten eine au™
zu bildem eiSUng Z “ vcrtroclnien und sehr ra sch Involutionsformen
J ob möchte eine solche Auffassung auch für den menschlichen
Milzbrand befürworten; es scheint mir dafür vor aHem das Ein-
Sj eDer e ' genthDmlichen Degenerationserscheinung an den
9 n 1 ?. US rt en ’ w ‘. e man sie nur bei refraetärfn Tbieren
Bac * llen verlieren zunächst ihre Färbbarkeit- wie mich
lst damifc mit Sicherheit ein Verlust
gen, es t ritt dann vielmehr eine ausserordentlich merkwürdige
t 4S’ s 1^ * ,r
) Frank, Centralblatt für Bacteriologie 1888 und 1890.
No,35
Erscheinung ein, welche zu kennen für die Milzbranddiagnose und
für die ganze Pathologie des Milzbrandes nicht unwichtig ist wie
ich sie in zwei Fällen sicheren Milzbrandes beobachten konnte.
Die Fälle waren dadurch sichergestellt, dass aus dem Inhalt der
jüngeren Anthraxbläschen typische und virulente Keime gezüchtet
werden konnten. Aus den beiden älteren Blasen, welche mit der
Pravazspritze ausgesaugt wurden, konnte etwa je V 4 ccm Flüssigkeit
entnommen werden. Die Flüssigkeit erwies sich als serös und enthielt
culturell gar keine Mikroorganismen. Jetzt wurde je einer weissen
Maus der viertel Cubikcentimeter Serum injicirt, mit dem Erfolge dass
die Thiere sehr bald nach der Injection krank dasassen und ’nach
Kunden starben. Die Section ergab einen von dem sonsti¬
gen Milzbrandbefunde abweichenden und näherte sich dem von
Nencki durch Stoffwechselproduete der Bacterien erzeugten. Die
Milz bei diesen Thieren war nicht vergrössert; eine mässige Pleuritis
fand sich neben ödematöser Durch tränkung der Lungen, und woher
man auch und wie viel man auch Material des Körpers zur Im¬
pfung verwendete, Röhrchen sowohl als Platten blieben ganz steril.
Es handelte sich also zweifellos um eine Toxinwirkung, eine
Beobachtung, die für die ganze Therapie des Milzbrandes von grosser
1 rag weite ist.
Doch die klinischen Erscheinungen sind mit dem Eintreten
oder fs ichtemtreten dieses Oedemes nicht erschöpft. Während in
den letzteren Fällen allerdings Allgemeinsymptome fehlen können
oder wenigstens stets leichter ausgesprochen sind als in den Fällen
wo grössere Oedeme eintreten, pflegen bei diesen meist recht
charakteristische Erscheinungen sich auszubilden.
Diese sind einmal subjective, und zwar ist es hier vor allem ein
meist sehr ausgesprochenes Angstgefühl der Patienten, welches
sich bis zur Todesangst steigern kann. Die Glieder sind schwer,
schmerzen aber kaum, und im Leibe wird meist über Druckge¬
fühl geklagt. b
Die objectiven Symptome sind ausserordentlich charakteristisch.
Irotzdem die Kranken meist so schwind lieh sind, dass sie allein
nur schwankend sich forzubewegen imstande sind und in der Regel
m einer Art Somnolenz daliegen, ist das Sensorium meist frei,
und nur selten treten nicht langdauernde Delirien auf. Durch
Anrufen lassen sie sich leicht aus ihrem schlaftrunkenen Zustand
wecken und geben dann stets präcise Antwort.
Wenn wir schliesslich noch berücksichtigen, dass heftige
Durchfälle auch bei localem externen Milzbrand nicht selten
sind, ja sogar Blutbeimengungen zeigen können und dass die Urin-
menge bei gleichzeitiger starker Eindickung oft wesentlich ver¬
ringert sein kann, so haben wir im allgemeinen wohl das klinische
Bild der Pustula maligna erschöpft. Eiweiss pflegt übrigens im
Urin in der Regel nicht vorhanden zu sein, kann aber besonders
bei schweren Infectionen verkommen.
Ein ganz besonderer Werth ist von jeher, und ich muss
deshalb genauer auf diesen Punkt zurückkommen, für die Be-
urtheilung der Prognose der Pustel ihrem jeweiligen Sitz zuge¬
sprochen werden.
Wosskressenski 1 ) fand alle Pusteln, welche er sah, an unbe¬
deckten Körperstellen; sie waren stets von grossen Oedemen um¬
geben und konnten durch diese gefährlich werden.
Als ganz besonders gefährlich betrachtet Davies-Colley
Pusteln am Halse; bei diesem Sitze soll es leicht zu Mediastinitis
und zu Glottisödem kommen, welches oft plötzlichen Tod herbei-
Rihrt, wenn nicht rechtzeitig tracheotomirt wird. Eine Pustel am
Kinn zwang Wagner 2 ) wegen eines im Gefolge des Milzbrand¬
ödems eintretenden Glottisödems zur Tracheotomie.
Nasaro w 3 ), welcher gleichfalls ganz besonders die Abhängigkeit
der Sterblichkeit von dem Sitze des Primärcarbunkels betont, giebt
für Sitz und Mortalität folgende Tabelle:
Kopf und. Gesicht 57 vom Hundert, davon gestorben 26,31 °/o
R u “pf 21 „ „ „ 22,73 %
Hals 27 . „ 18,52 o/o
obere Extremität 86 „ „ 13,88 %
untere Extremität 39 „ „ n „ 5,12 %
Ganz übereinstimmend lauten, wie aus der letzten Tabelle klar
wird, demgemäss die Angaben über die Gefährlichkeit des Sitzes
nicht. Während besonders von englischer Seite die Pusteln am
Halse als ganz gefährlich betrachtet werden, zählt sie Nasarow
erst an dritter Stelle auf.
Ausserordentlich interessant ist es aber, aus letzter Statistik
zu erfahren, dass Pusteln an der unteren Extremität, also an einer
,. *) Wosskressenski, Zur Dosirung der Carbolsäure bei Behandlung
des Milzbrandes. Wratsch 1890, No. 4.
") Wagner, Die Intestinalmykose und ihre Beziehung zum Milz¬
brand. Archiv für Heilkunde 1874.
*) Wratsch 1886, No. 41.
Digitized b"
. Google
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
30. August.
Stelle mit verhältnissmässig geringer Blutcirculation am gut¬
artigsten verliefen.
Bei diesen Leuten wurde naturgemftss eine ganze Zahl der
Bedingungen erfüllt, welche Herr Professor v. Bramann, von
bacteriologischen Gesichtspunkten geleitet zur Behandlung verlangt.
Das erste ist Bettruhe, denn man darf wohl annehmen, dass
alle Leute mit schwereren Pusteln der unteren Extremitäten nicht
urahergelaufen sind und dass Elevation der Extremität und
Ruhigstellung wegen der Schmerzen stets erfolgte. Eine Zahl
der wichtigsten Factoren war damit erfüllt. Wenn auch eine
Incision gemacht wurde, so war wegen der Schwäche der Circulation
die Gefahr der Verbreitung eine verhältnissmässig geringe.
_ (Schluss folgt.)
III. Aus der Odessaer bacteriologischen Station.
Zur Frage über die Bacteriologie der
Cholera.
Von Dr. P. Diatroptoff.
Ende November 1893 erschienen in Odessa einzelne Krankheits¬
fälle der Cholera asiatica sporadischen Charakters. Im ganzen
waren es vom 18. (30.) November bis zum 29. November (11. De-
cember) sieben Fälle. Weitere Erkrankungen wurden nicht beobach¬
tet. Von den sieben Erkrankten sind fünf gestorben, zwei
genesen. In allen Fällen wurde die Diagnose, ausser durch den
scharf ausgesprochenen klinischen Verlauf, durch die bacteriologische
Untersuchung der Excremente und in den Fällen mit letalem Aus¬
gang auch durch die Autopsie bekräftigt. 1 ) Ich habe die Gelegen¬
heit gehabt, das Blut und die Organe der Gestorbenen bacterio-
logisch zu untersuchen; ebenso wurde von mir die Untersuchung
ihrer Excremente in vivo ausgeführt.
Fall 1. J., Schuster, 40 Jahre alt, kräftig entwickelt, obdachlos, hielt
sich mehrere Tage bei verschiedenen Bekannten auf. Er erkrankte am
18. November Morgens an Diarrhoe und Erbrechen ohne jede Veranlassung
nach seiner Aussage. In’s Spital wurde er um 11 Uhr Abends gebracht
im algiden Zustande, ohne Puls, mit Aphonie und Krämpfen in den
unteren Extremitäten. Erbrechen und Diarrhoe dauerten im Spitalc fort,
wo der Kranke nur fünf Stunden verweilte: um 4 Uhr Morgens des 19. No¬
vember war er todt. Die Autopsie, 30 Stunden nach dem Tode ausge¬
führt, entdeckte keine pathologischen Veränderungen weder im Herzen
noch in den parenchymatösen Organen, ausgeschlossen diejenigen, welche
durch die Cholera bedingt waren. Der Magen war leer, die Schleimhaut
angeschwollen und hyperümisch, längs der Ourvatura minor ausgebrcitote
Ecchymosen. Der Dünndarm enthielt eine Menge Flüssigkeit, nach der
Farbe und Consistenz vollkommen einer Reisbrühe ähnlich. Die Epithel¬
schicht des oberen Dünndarmabschnittes war angeschwollen, die des unteren
war ganz von der Epithelsehicht entblösst. Dio Contouren der Blutgefässe
und der Pey r er’schen Drüsengruppen waren deutlich ausgesprochen, die
Solitfirfollikel bedeutend erweitert. An der Stelle der Blinddarmklappe
fehlte die Epithel Schicht nur stellenweise. Die Schleimhaut des Blind-
und Dickdarms stellte keine bedeutende Veränderungen vor.
Fall 2. 0., reicher Kaufmann, 54 Jahre alt, lebte in günstigen hy¬
gienischen Verhältnissen. Er legte sich Nachmittags zu Bette — noch
am selben Tage um 11 Uhr Morgens hat man ihn auf der Strasse ge¬
sehen. Es war eine typische Form der Cholera mit reichlichem Erbrechen
und Durchfall, denon das algide Stadium mit letalem Ausgang um 5 Uhr
Morgens folgte. Die Autopsie, 29 Stunden nach dem Tode, constatirte
folgendes: Arteriosclcrosis, Myocarditis chronica et Dilatatio cordis, Ne¬
phritis acuta, Gastritis et Enteritis chronica, Enteritis acuta infcctiosa
(Cholera asiatica). Der Magen enthielt ungefähr ein halbes Wasserglas
dunkler Flüssigkeit. Die Magenschleimhaut blass, etwas rosa gefärbt, ver¬
dickt, faltig und mit Schleim bedeckt. Die Schleimhaut des Zwölffinger- und
Leerdarmes geschwollen, aufgelockert, mit zähem, dunkelgefärbtem, stellen¬
weise grünlichem Schleim bedeckt. Die Falten sind ein wenig ange¬
schwollen, als wären sie mit Mehl bestreut, rosenfarbig: näher zum
Grimmdarmo hin erscheinen stellenweise etwas geschwollene Follikel. Im
Grimmdarme ein wenig schwarze Flüssigkeit und Schleim, die Schleim¬
haut etwas angeschwollen, gleichmässig rosa gefärbt; dem Blinddärme
sich annähernd, wird die Schwellung und Erweiterung der Follikel be¬
deutender; im unteren Grimmdarmabsclmitto sieht man baumförmige
Pigmentirung. Im Dickdarme befindet sich eine schwarze, _ rahmige
Flüssigkeit; die Schleimhaut ist angeschwollen, roth imbibirt, die Falten
stellenweise pigmentirt, zwischen den letzteren sieht man erweiterte
Follikel.
Fall 3. M., 32 Jahre alt, Tagelöhner, wurde am 24. November um
11 l /a Uhr Morgens aus einem Nachtlagerasyl in’s Spital gebracht. Der
Kranke fühlte sich zuerst um 9 Uhr Morgens übel, nachdem er ein Glas
9 Vier Autopsieen wurden im Israelitischen Hospitale ausgeführt,
die fünfte in der Wohnung des Hingeschiedenen. Angaben über den
Krankheitsverlauf der vier ersten Kranken sind aus den Krankenlisten
entnommen, die mir von Dr. S. Margulies liebenswürdig mitgetheilt
wurden. Die anatomisch-pathologisohcn Daten .sind aus den Protokollen
der Autopsieen, die von Dr. M. Kranzfeld im Spitale und von Dr.
Chenzinsky in der Wohnung des Gestorbenen ausgeführt sind, ent¬
nommen.
691
Thee getrunken hatte. Im Asyle hatte er sieben Entleerungen, kein
Erbrechen; Krämpfe in den unteren Extremitäten waren vorhanden. In’s
Spital wurde der Kranke gebracht ohne Puls, bei einer Temperatur von
35,4, mit starker allgemeiner Cyanose, Aphonie und Krämpfen der Waden¬
muskeln. Um 2 Uhr folgte farbloser Stuhl, in der Nacht zum 25. No¬
vember sechs wässerigo, blutgefärbte Entleerungen, vollkommene Anurie.
Im Spitale fehlte das Erbrechen gänzlich, der Kranke wälzto sich im
Bette umhor, klagte über Uebelkeit, Durst und Brennen in der Sternal-
grube. Am 25. November um 6 l /a Uhr früh erlag der Kranke. Die
Autopsie, 9'/a Stunde nach dem Tode, entdeckte nur diejenigen patho¬
logischen Veränderungen, welche für die Cholera eigonthüralich sind. Im
Magen zeigte sich eine Menge schmutzig-grauer Flüssigkeit, die Schleim¬
haut glatt, mässig geschwollen. Der Dünndarm reich an wässerigem In¬
halt von der Farbe eines Fleischaufgusses. Die Schleimhaut stark hyper-
ämisch, besonders zwischen den Falten. Dio Peyer'sehen Drüsengruppen
sind in den oberen Abschnitten des Dünndarms in einen hyperämischen
Rand eingeschlossen, in den unteren Abschnitten sieht man eine starke
Anschwellung der Solitärfollikol, unter denen einige auch von einem hypor-
ämischen Rande umringt sind. Die Schleimhautoberfläche des Blind- und
Dickdarmes sieht dunkel-blauroth aus, in deren Wandungen erblickt man
weder Defecte noch Exsudate. Der andere Theil des Dickdarms, ebenso
der Mastdarm, sind normal.
Fall 4. P., 30 Jahre alt, Tagelöhner, wurde aus einem Nachtlager¬
asyl den 26. November um 3 l /j Uhr Nachmittags in's Spital gebracht.
Fadenförmiger Puls, Temperatur 34,2, Aphonie, Krämpfe der Waden¬
muskulatur. Er erkrankte in der Nacht zwischen dem 25. und 26. an
Diarrhoe und Erbrechen. Im Spitale erbrach der Kranke mehrere male,
die Entleerungen, besonders kurz vor dem Tode, sahen ganz blutartig aus (fast
reines Blut). Um 5 Uhr Morgens am 28. November erlag der Kranke.
Die Autopsie, sechs Stunden nach dem Tode ausgeführt, constatirte
folgendes: Der Magen ist zusammengeschrumpft, enthält eine geringe
Menge zähen Schleim, die Schleimhaut ist geschwollen und hyper-
ämisch. Im Dünndarm befindet sich eine fleischaufgussähnliche reichliche
Transsudation. Die Schleimhaut des Dünndarms, besonders in den Falten,
ist stark hyperümisch bis zur dunkelblaurothen Färbung. Die Solitär¬
follikel sind" erweitert, bei Seitenbeleuchtung bekommt die Schleimhaut
ein körniges Aussehen. Die Schleimhaut des Blinddarms ist ebenso stark
hyperämisch und geschwollen, das nämliche zeigt auch dio Schleimhaut
des Dickdarms, wo ausser der Hyperämie noch Blutergüsse in der Schleim¬
haut vorhanden sind. 15—20 cm vom After entfernt sind zwei etwa 5 mm
breite, oberflächliche Goschwüre vorhanden.
Fall 5. G., 44 Jahre alt, Tagelöhner, Bewohner der Nachtlagerasyle,
gelangte in’s Spital um 7 Uhr Morgens am 28. November im algiden Zu¬
stande, bei einer Temperatur von 35,4. Er erkrankte gegen Mitternacht
an Diarrhoe, die auch im Spitale fortbestand und zuletzt ruhrartig wurde.
Das Erbrechen fehlte wie im Asyle so auch im Spitale, dagegen waren
Krämpfe, starker Durst und Uebelkeit vorhanden. Der Kranke starb den
29. November um 4 Uhr Morgens. Dio Autopsie wurde um 11 Uhr,
sieben Stunden nach dem Tode, ausgeführt; von den der Cholera nicht
eigenthümlichen pathologischen Veränderungen sind nur atheromatüso Ab¬
lagerungen um die Mündungen der Kranzarterien bezeichnet. Im Magen
wurde eine Menge schwarzbrauner Flüssigkeit mit Speiseresten gemischt
gefunden. Im Dünndarm ebenso eine fleischaufgussähnliche Flüssigkeit.
Die Schleimhaut ist in ihrer ganzen Ausdehnung stark hyperämisch
und mit Ecchymosen bedeckt. In den oberen Theilen ist sio geschwollen,
näher zum Blinddärme hin ist das Epithel fast ununterbrochen abge-
löst, wodurch die Schleimhaut das Aussehen einer mit Kloio be¬
streuten Oberfläche gewinnt, Dio Pever’schen Drüsengruppen sind nicht
erweitert, von den Solitärfollikeln sind nur wenige erweitert. Die Schleim¬
haut des Blind- und Grimmdarms ist auf einer grossen Ausdehnung
dunkelblauroth, aber in ihrer Gesammtheit an dieser Stelle ganz unver¬
letzt erhalten.
In allen soeben geschilderten Fällen habe ich Aussaaten aus
der Lunge, Leber, Niere, Milz und dem Blute der Leichen ange¬
fertigt. Nur im Falle No. 2 unterblieb die Blutuntersuchung. In
den Fällen No. 1 und 2 wurden Organpartikel zur Untersuchung
auf die Station gebracht, in den übrigen Fällen wurde die Aussaat
auf dem Sectionstische angefertigt. Das Blut wurde jedes mal un¬
mittelbar aus dem Herzen genommen und sofort verimpft. Nach¬
dem die Organfläche energisch angebrannt, wurde die Aussaat
mittels sterilisirter Pipette auf die schräge Fleischwasser-Pepton-
Agarlläche im Reagensglase aufgebracht und darauf in den Wärme¬
schrank bei 370 gebracht. Nur im Fall No. 3 (M.) ergab die Blut¬
aussaat positives Resultat: auf der Agaroborfläche wucherte eine
ziemlich zahlreiche Koch’sche Kommabacillencultur. In den übrigen
drei Fällen erwiesen sich die Blutaussaaten vollkommen steril.
Aus der Lunge und der Leber entwickelte sich der Kommabacillus
in allen fünf Fällen, aus der Milz in drei (No. 1, 4, 5) und aus
der Niere auch in drei Fällen (No. 1, 2, 4). Abgesehen von den
Organaussaaten im ersten Falle (J.) und denjenigen des Blutes iin
dritten (M.), die auf Agar eine Reincultur des Koch’schen Vibrio
enthielten, ergaben alle übrigen Aussaaten ein Gemisch des Koinma-
bacillus mit anderen Bacterienformen, deren definitive Untersuchung
ich unterlassen habe. Die Entleerungen der Gestorbenen enthielten
wie auf Agar im Reagensglase, so auch auf den Platten nahezu eine
Reincultur des Kommabacillus. Im Fall No. 2 (0.) wurde die am
Tage vorher mit Fäces beschmutzte Wäsche des Gestorbenen zur
Untersuchung genommen. Es wurden Deckglastrockenpräparate
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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692
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
aus den an der Wäsche kleben gebliebenen Flocken angefertigt:
das Mikroskop entdeckte eine Reincultur des Choierapilzes. Das
nämliche ergaben auch die Aussaaten.
Im Blute und in den Organen der Choleraleichen wurde der
Koch’sche Vibrio schon mehrmals entdeckt. Nicati und Ri et sch
haben ihn im Gallengange, in der Gallenblase und in der Leber
gefunden.
Bab&s 1 ) züchtete ihn aus dem Nierensafte, Doyen 2 ) aus dem
Nieren- und Lebersafte. Während der letzten Epidemie wurde das
Vorkommen des Koch’schen Vibrio im Blute, im Gehirn und in
den parenchymatösen Organen der Choleraleichen von Rekowsky 3 )
und Lesage und Macaigne 4 ) constatirt. Von den letzteren zwar
nur ausnahmsweise in seltenen Fällen.
Die Thatsache, dass wir den Kommabacillus in den Organen
und im Blute der Choleraleichen gefunden haben, stellt damit nichts
neues vor und ist nur insofern bemerkenswerth, als wir die Ba¬
cillen in allen Organen constatirt haben.
Die Anwesenheit der Choleravibrionen in den Organen der an
Cholera Gestorbenen werden von allen Forschem als postmortale
Erscheinung anerkannt, hervorgerufen durch die Emigration der
Mikroben aus dem Darmcanale. Als nothwendige Vorbedingung
für diese Verbreitung der Mikroben im Organismus wurde früher
das Vorhandensein des typhoiden Stadiums anerkannt. Nur in der
letzten Zeit kommen in der Litteratur Mittheilungen vor (Rekowsky)
dass der Kommabacillus im Blute und in den Organen erscheinen
kann, wenn der Tod noch im algiden Stadium eintritt. Die Mög¬
lichkeit des raschen Durchdringens der Mikroben in die Gewebe
und Organe der Leichen aus dem Darmcanal, besonders in den¬
jenigen Krankheiten, in welchen das Darmepithel mehr oder weniger
zugrunde geht, ist durch eine Reihe von Autoren (Bouchard
Oharrin und Bayer, M. Wurtz) dargethan. Es widerspricht
nichts der Voraussetzung, dass auch in den oben erwähnten Fällen
das Erscheinen der Choleravibrionen in den Organen am meisten
auf ihrer postmortalen Verbreitung im Cadaver beruht, befördert
durch diejenigen Veränderungen im Darmcanal, welche der Krank-
heitsproeess selbst nach sich zog. Dabei muss aber betont werden
i?-n S u A n y® 8enll ® it des Bacillus in den Organen in unseren
hallen bei solchen Kranken stattfand, die einem ausserordentlich
stürmischen Krankheitsverlaufe im algiden Stadium erlagen. Schein¬
bar stand auch das Auffinden der Mikroben in den Organen in
keiner näheren Beziehung zu der Intensität der Darmaffection:
der Bacillus war in den Organen derjenigen Leichen vorhanden
deren Darmcanal fast gänzlich seiner Epithelschicht verlustig
war, ebenso wie in den Organen derjenigen, bei welchen die
Abnormität nur auf eine mehr oder weniger intensive Hyperämie
der Harmschleimhaut beschränkt war. Unsere
a le können uns sogar auf den Gedanken bringen, dass der rasche
Krankheitsverlauf und der schnell darauf folgende letale Ausgang
wenn sie auch nicht nothwendige Vorbedingung für die Auf¬
findung der Vibrionen in den Leichenorganen sind, die letztere
^ ls belördern Die wenigen Beobachtungen an Menschen
auf dieser Voraussetzung zu beharren, aber
tL™ ^ bestätigt. Nach Infection der
Ihiere mit Cholerabacillen werden die Vibrionen, wie bekannt
nicht nur in den Geweben und Organen, sondern auch im Darm-
erwfhnf VOr ^ fUn ? ei1 ' Als ich die Virulenz der von mir von den
erwähnten Kranken -gewonnenen Culturen an Kaninchen mittels
auf foleende ’ nfnbt Ut F?“ 8 ’ le ? kt l sich meine Aufmerksamkeit
aut folgende nicht uninteressante Thatsache: Wenn das Thier
dem Z XTtF7 ( V- 2 Tagen) ’ ergabe “ die AussZm aus
^ d u den 0rganen ei "e Reincultur des Koch’schen
war W d enn “»w flö f. i ? en In ^ alte des Dünndarms vorhanden
p u * . 0I ! a a ^®r. eine kleinere Dosis verimpft wurde oder die
mehr Ur T^e h Xh Vj ö Ulen T chwächt war uad das Thier fünf oder
B1u£ T uKl der \ mpfun . g erla *’ 80 er ^en jedes mal die
™ un . d Organaussaaten ein negatives Resultat (d i sie er-
öpr M , S1C \ st ? ri1 )» aus dem Hünndarminhalt aber gelang es in
trah,>^ hrZ T h i d r e . r n Fälle ’ den K °mmabacillus zu züchten & In pro-
^•u^de d T ? ier gewöhnlich stark entkräftet
epidemie der leteten^v^e'r^Jal^e^iidt 6 ^ 0 * 0 ^ ““d Prophylaxis der Cholera¬
breitung in IwS" VI itTttÄ dere “ V -
epiddmiquef 6 Ärch. eC de r physW a ^et 1 ^Patt 0 foiri^ > 188 ? en t a *vi SU rJ e ®*°^ra
Afanassieff, Die asiatfsTe ^ 010 ™ Ä 1885 ’ 1 VL Citirt
6nildeSecfne ÄS fiences bio.ogiques p. ^ l’institut
No. 35
tomiam geöffnete Luftröhre wurden zwei bis drei Platinösen einer
Agarcultur eingebracht. Auf eine derartige Impfungsart reagiren
die Kaninchen fast ebenso wie auf die directe Einführung vnn
Choleracultur in’s Blut. Die Thiere gehen gewöhnlich am dritten
oder vierten Tage zugrunde aus den Organen, aus dem Blute und
Dünndarminhalte lassen sich Koch’sche Bacillenculturen züchten
Wenn das Thier einige Tage länger lebt, so erweisen sich die Blut-
und Organaussaaten, ebenso wie bei der Verimpfung in’s Blut
steril, und es gelingt nur, die Vibrionen aus dem Darminhalte zu
züchten. Die Auffindung der Vibrionen im Darminhalte nach dem
Tode des mficirten Thieres hat aber auch ihre Grenzen. Wenn
das Thier längere Zeit gelebt hat (15-20 Tage), so gelingt es
nirgends Vibrionen in der Leiche zu finden. B es
, In, ? e ™ , ioh . f em er die Infectionsversuche' an Kaninchen variirte
führte ich m jedes Nasenloch derselben zwei Platinösen einer Agar’
cultur ein ohne die Schleimhaut zu verletzen. Alle auf diese Art
[ zw ? lf “ der Zahl) gingen zwischen dem
ö. und 20. Tage nach der Infection zugrunde. Bei der Section
konnte man, neben der allgemeinen Abmagerung des Thieres
jedes ma 1 eine mehr oder weniger deutlich ausgesprochene
Hyperämie des Darmcanals constatiren. Der Darminhalt war
immer flüssig, was noch während des Lebens des Thieres durch
Diarrhöen angedeutet war. Aus dem Blute und den Organen der
gestorbenen Thiere gelang es mir kein einziges mal, die Vibrionen
zu züchten: alle Aussaaten blieben steril. Aus dem Darminhalte
gelang es in mehreren Fällen, nahezu eine Reincultur des Bacillus
zu züchten, wenn das Thier nicht später als am neunten bis
zehnten Tage nach der Infection zugrunde ging — solcher Fälle
habe ich acht notirt. In den Fällen, wo der Tod später eintrat
ergaben auch die Darminhaltaussaaten ein negatives Resultat.
Aus der Zusammenstellung dieser soeben besprochenen Ergeh-
msse mit den auch von mir wiederholt, trotz des relativ grossen
Quantums der Choleracultur, das durch den Magenschlauch ein¬
gebracht wurde, ohne Erfolg angestellten Versuchen, die Kaninchen
vom Magen aus zu inficiren, lässt sich der Schluss ziehen, dass die
Oholerainfection dieser Thierart durch das Blut und die Athmungs-
organe verhältnissmässig leicht gelingt. Die länger oder kürzer
dauernde Zwischenzeit vom Moment der Infection bis zum Tode des
Thieres hängt im letzteren Falle nicht allein von der Virulenz der
für den Versuch verwandten Choleracultur, sondern auch von der
Dosirung des Giftes ab. Das Fehlen der Vibrionen im Blute und in den
Urganen der gestorbenen Thiere, sogar bei direkter Einführung
des Giftes m das Blut in denjenigen Fällen, in welchen der
lod nach längerer Zeit eingetreten ist, weist darauf hin, dass
aas Blut und nach ihm die inneren Organe sich ziemlich rasch
des eingeführten_ Giftes entledigen. Andererseits spricht das Vor¬
handensein der Vibrionen im Darminhalte, wenn sie im Blute und in
den Organen fehlen, dafür, dass in diesen Fällen der Darmcanal in
Bezug auf das eingeführte Gift als excretorisches Organ dem Orga-
nismus Dienste leistet. Die Aehnlichkeit des makroskopischen
pathologisch-anatomischen Bildes beim Menschen und bei Thieren,
nach Infection der letzteren durch das Blut oder durch die Luftwege,
bringt uns unwillkürlich auf die Annahme einer Identität auch der
Infectionsbedingungen, infolge deren das Auffinden der Vibrionen
im Blute und in den Organen der Choleraleichen möglich wird.
Diese Bedingungen sind: eine starke Infection, ein rascher Krank-
heitsverlauf mit bald darauffolgendem Tode, was auch unsere fünf
oben geschilderten Fälle genügend illustriren. Zu gleicher Zeit-
laut Versuchsergebnissen, die aus der Litteratur schon seit früher
ekannt smd —- ist für das Auffinden der Vibrionen im Darm-
mhalte die Infection durch den Magen allein keineswegs unbedingt
erforderlich. Wollten wir auch in diesem Falle eine Analogie
zwischen der Menschen- und Laboratoriumcholera durchführen, so
würde vielleicht die Möglichkeit der Ansteckung der Thiere durch
die Luftwege als Fingerzeig für die Möglichkeit einer Cholera¬
ansteckung des Menschen ebenfalls auf anderem als dem Verdauungs¬
wege dienen können.
IV. Aus dem hygienischen Universitätsinstitut in Greifswald.
Zur Kenntniss des Diphtheriebacillus. 1 )
Nachweis von Diphtheriebaoillen in den ersten Wegen eines Diph-
tneriereoonvalesoenten bis zum 6Ö. Tage naoh Ablauf der Raohen-
erkrankung. Beobachtungen über Rhinitis fibrinosa diphtherioa.
Von Dr. Rudolf Abel,
Privatdocenten und Assistenten des Instituts.
Dass von .Diphtherie befallene Individuen nicht nur während der
Dauer der floriden Erkrankung, sondern auch nach Ablauf des lokalen
Processes bei scheinbar völliger Wiederherstellung oft noch Diph-
*) Nach einem im Greifswalder medicinischen Verein im Januar 1894
gehaltenen Vortrage.
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30. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE
WOCHENSCHRIFT.
theriebacillen in Rachen- und Nasensecreten beherbergen, ist eine
bekannte Thatsache. Glücklicherweise scheint die Zeitdauer, wäh¬
rend welcher solche Personen Infectionsquellen darstellen können,
in der Regel nicht über wenige Wochen hinauszugehen. Bei den
in der Litteratur verzeichnten Fällen sind im Maximum etwa drei
bis höchstens fünf Wochen nach dem Verschwinden der Membranen
noch Diphtheriebacillen gefunden worden. Bei einer Anzahl von
Patienten, welche ich selbst untersucht habe, war der Zeitraum
von fünf Wochen ebenfalls der höchste, welcher erreicht wurde.
Dass diese Zeitdauer der Conservirung der Bacillen aber unter
Umständen bedeutend überschritten werden kann, zeigt die fol¬
gende Beobachtung:
Ein zwölfjähriges Mädchen erkrankte am 6. October 1893 mit Diph-
theria faucium. Bei ihrer Aufnahme in die medicinische Klinik zu Greifs¬
wald am 7. October fand sich Röthung und Schwellung beider Tonsillen
und Belag auf denselben, Röthung der hinteren Pharynxwand. Die Therapie
bestand in Pinselungen mit Liquor fern, Kochsalzinhalationen und Gurge¬
lungen mit verschiedenen Antisepticis. Am 9. October waren die Er¬
scheinungen im Rachen geringer geworden, am 13. October war der Belag
vollkommen geschwunden, und die Patientin verliess das Bett. Die Tempe¬
ratur stieg während der ganzen Krankheitsdauer nie über die normale
Höhe.
Um einer Weiterverbreitung der Ansteckung möglichst vorzubeugen,
wurde die Patientin noch bis zum 19. October in der Klinik zurück-
gehalten, trotzdem sie durchaus gesund schien.
Am 22. October kam die Patientin in die Poliklinik für Hals- und
Nasenkranke. Sie klagte über Schnupfen und erschwertes Athmen durch
die Nase. Die Untersuchung der Nase durch Herrn Professor Strübing,
dem ich für Zugänglichmachung des Falles bestens zu danken habe, ergab
in beiden Nasenhälften ein fibrinöses Exsudat, welches rechts stärker war,
beiderseits aber die Nasengänge nicht völlig ausfüllte. Nach Entfernung
desselben blieb eine blutende Schloimhautwunde zurück. Fieber war nicht
vorhanden, das Allgemeinbefinden war gut.
Von den Membranen wurde ein Ausstrich auf Löffler’schem Blut¬
serum angelegt; in .demselben entwickelten sich zahlreiche Colonieen
von Diphtheriebacillen, untermischt mit einigen Staphylococcus aureus-
Colonieen.
Weitere Ausstriche auf Blutserum wurden von den Membranen,
welche sich nach der Entfernung schnell wieder bildeten, und von den
Tonsillen am 25. October, 1. November, 6. November und 10. November
gemacht und ergaben ebenfalls zahlreiche Diphtheriecolonieen.
Vom 10. November an begann das Exsudat sich zu verringern, am
17. November war es ganz geschwunden. In Intervallen von zwei bis drei
Tagen wurden auch noch fernerhin Serumaussaaten aus der Nase und dem
Rachen angelegt. In den letzteren fanden sich nur bis zum 24. November
Colonieen von Diphtheriebacillen. Die Ausstriche von der Nasenschleim¬
haut Hessen dagegen noch bis zum 17. December Diphtheriecolonieen, von
Untersuchung zu Untersuchung in sich verringernder Zahl, aufgehen.
Nach diesem Termin wurden noch wiederholt Ausstriche aus der Nase
angelegt, doch fand sich niemals mehr eine Diphtheriecolonie vor.
Von den am 22. October, 24. November und 11. December erhaltenen
Diphtheriecolonieen wurden Reincultui;en hergestellt. Mit denselben wurde
je ein Meerschweinchen, und zwar am 2. November, 29. November und
16. December in der übHchen Weise subcutan geimpft. Nach 36—60 Stunden
erlagen die Thiere unter den für die Impfdiphtherie charakteristischen Er¬
scheinungen.
Es fanden sich bei dieser Patientin also noch 65 Tage, nach¬
dem die Rachendiphtherie abgelaufen war, d. h. die Membranen
im Rachen verschwunden waren, virulente Diphtheriebacillen in
den ersten Wegen vor. Es ist dieser Zeitraum bedeutend länger
als der gewöhnlich beobachtete. Dass die Bacillen sich so lange
erhalten haben, ist dem Umstand zuzuschreiben, dass sie auf der
Nasenschleimhaut, wo sie eine membranöse Exsudation erzeugten,
einen besonders guten Nährboden fanden. Tobiesen 1 ) hat die
Beobachtung gemacht, die ich nach meinen Erfahrungen bestätigen
kann, dass die Diphtheriebacillen sich länger als sonst conserviren,
wenn sich die diphtherische Erkrankung auf die Nase fortgesetzt
hat. In unserem Falle haben wir es nun nicht mit einer eigent¬
lichen Nasendiphtherie, sondern mit einer sogenannten Rhinitis
fibrinosa auf diphtherischer Basis zu thun gehabt, die aber ebenfalls
einen conservirenden Einfluss auf die Bacillen ausgeübt hat.
Unter Nasendiphtherie versteht man ein Weiterschreiten der
diphtherischen Rachenerkrankung auf die Nase, selten tritt die
Nasenerkrankung primär auf. Zu dem Krankheitsbilde gehören
Fieber, schwere Allgemeinsymptome, und in der Regel zersetzt sich
das Nasensecret foetide. Die fibrinöse Rhinitis ist dagegen ein
acuter Krankheitsprocess, bei welchem in reinen Fällen nur die
Nasengänge, ohne Betheiligung der Rachenschleimhaut, sich mit
membranösen Auflagerungen bedecken, während Temperatur und
Allgemeinbefinden ungestört bleiben. Diese ziemlich seltene Er¬
krankung, von Schüller 2 ) und Henoch 8 ) zuerst beobachtet, wurde
vor sieben Jahren von Hartmann 4 ) ausführlich geschildert. Seit.
*) Tobiesen, Ccntralblatt f. Bact. Bd. 12, S. 587.
®) Schüller, Jahrbuch für Kinderheilkunde, Jahrg. IV, S. 83.
*) Henoch, Vorlesungen über Kinderkrankheiten. Berlin 1883, S. 803.
4 ) Hartmann, Deutsche mod. Wochenschr. 1887, S. 641.
693
dem sind eine ganze Reihe casuistischer Mittheilungen erschienen,
welche ich in einer früheren Arbeit 1 ) aufgeführt habe.
Die Erkrankung scheint in den meisten Fällen eine leichte
Erscheinungsform der Diphtherie zu sein. Dass sie dies nicht
immer ist, beweisen Beobachtungen von v. Stark, welcher keine
Diphtheriebacillen in den Membranen zu finden vermochte, und ein
von mir 0. c.) mitgetheilter Fall, in welchem Pneumococcen die wahr¬
scheinliche Ursache darstellten. Aehnliche Beläge wie bei der
Rhinitis fibrinosa können auch nach Kauterisation der Nasenschleim-
haut auftreten. Untersuchungen von Stamm, 2 ) Concetti, 3 ) Park 4 )
und Abbott 5 ) haben gezeigt, dass die Erkrankung durch An¬
siedelung von meist wenig virulenten Diphtheriebacillen entstehen
kann. Unser Fall auf diphtherischer Basis hat das besondere, dass
das Leiden nicht wie gewöhnlich primär, sondern im Anschluss an
eine Rachendiphtherie auftrat und dass die Diphtheriebacillen volle
Virulenz besassen; der Verlauf der Erkrankung entsprach ganz
dem Bilde der Rhinitis fibrinosa.
Die fibrinöse Rhinitis ist eine ausserordentlich leichte Er¬
krankung. Die Beschwerden, welche sie macht, sind namentlich
in den Fällen, wo die Membranen keinen völligen Verschluss der
Nasengänge bewirken, kaum andere als die eines einfachen
Schnupfens. Es ist demnach sehr wahrscheinlich, dass viele Pa¬
tienten wegen eines solchen Leidens überhaupt den Arzt nicht auf¬
suchen, sie kommen also gar nicht in den Verdacht, die Diphtherie
verbreiten zu können.
Schliesst sich die Erkrankung an eine Rachendiphtherie an, so
können sich die Bacillen in der Nasenhöhle der Kranken, wie in
unserem Falle, lange conserviren. Solche Individuen bleiben dann über
Monate hin mit ihrer eigenen Person eine Ansteckungsquelle, ohne
dass sie von irgend jemand noch dafür gehalten werden, auch wenn
der behandelnde Arzt glaubt, durch Desinfection von Kranken¬
zimmer, Kleidern und Effecten der Patienten sein möglichstes gethan
zu haben, um einer Weiter Verbreitung der Ansteckung vorzubeugon.
Es ist darum immer wieder die Forderung aufzustellen, dass
Diphtheriereconvalescenten nicht eher aus dem Krankenhause oder
der Isolirung entlassen werden, als bis wiederholte bacteriologische
Untersuchung — und zwar nicht nur die vielfach ausschliesslich
geübte mikroskopische, sondern die weit zuverlässigere culturelle
Untersuchung — ein Freisein des Rachens und der Nase von
Diphtheriebacillen ergeben hat; auf das Verhalten der Nase muss
besonderes Augenmerk gerichtet werden. Leider wird sich in den
wenigsten Fällen dieses Postulat erfüllen lassen, weil einerseits die
bacteriologische Untersuchung Zeit, besondere Einrichtungen und
specielle Schulung verlangt, andererseits sich ein Patient nicht so
leicht den ihn schwer belästigenden Anordnungen betreffs seiner
persönlichen Freiheit mehr fügen wird, wenn er sich erst wieder
gesund fühlt.
Den wenigen Erhebungen zufolge, welche bisher angestellt
sind, scheint die Gefahr der Verbreitung der Diphtherie durch
Bacillen beherbergende Reconvalescenten keine besonders grosse zu
sein. Nach einer Notiz in den Philadelphia medical News vom
3. December 1892 hatte von 21 Diphtheriegeheilten mit Bacillen
in der Mundhöhle nur einer die Krankheit weiter verschleppt. Da
mir diese Notiz nur durch ein Referat ohne weitere Details be¬
kannt geworden ist, so weiss ich nicht, ob damit die Beobachtung
von Tobiesen 6 ) wiedergegeben ist, welcher ebenfalls unter 21
solchen Individuen, deren Geschick er weiter verfolgte, nur bei
einem die Möglichkeit einer Weiter Verbreitung nachweisen konnte,
oder ob die Zahl auf Beobachtung eines anderen Krankenmaterials
beruht. Nach den Erfahrungen, welche ich während der augen¬
blicklich in Greifswald herrschenden Diphtherieepidemie sammeln
konnte, scheint mir die Verbreitung der Diphtherie durch bacillen¬
führende Genesene doch wesentlich häufiger zu erfolgen.
Ich möchte bemerken, dass bei unserer Kranken während der
Rhinitis, um den normalen Verlauf derartiger Fälle möglichst un¬
getrübt verfolgen zu können, eine sehr wenig eingreifende Therapie
gewählt wurde. Die Nase wurde nur einmal täglich mit Wasser
und gelegentlich mit einer Lösung von Argentum chloratum in
Natrium subsulfurosum (1: 20 :10 000 Aqua) ausgespült. Beim Zu¬
rückgehen der Membranen wurde auch mit dieser Behandlung auf¬
gehört. Nicht von der Hand zu weisen ist natürlich, dass die
Bacillen sich in anderen ähnlichen Fällen, zumal wenn jede Therapie
fehlt, noch länger als in unserem Falle in Nase und Rachen des
Patienten zu erhalten vermögen.
Dass die Infectiositüt der Diphtheriebacillen nicht etwa mit
der Dauer ihres Aufenthaltes in der Nasen- und Mundhöhle sinkt,
*) Abel, Centralblatt für Bacteriologie, Bd. 12, S. 841.
*) Stamm, Archiv f. Kinderheilkunde, Bd. 13, Heft 3.
s) Concetti, Archiv, ital. di Laring. 92.
4 ) Park, Medical Record 92 und 93.
6 ) Abbott, Medical News 1893, Mai.
6 ) Tobiesen, 1. c.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
WOCHENSCHRIFT.
DEUTSCHE MEDIZINISCHE
geht aus den Tlüervemiidiesi hervor, in weloheti mh die Virulenz
jedesmal .als eine sehr hohe erwies.
Da die Kahl der FäHe vom Rhinitis fthrmosa,* welche bisher in
der I4tf(?rati.ü: verzeiehuet Bind, noch iimnor keim» besoudeF&| hohe
ist und da V.timal mmh blüht allzu v io! hoeierudogifeh imtorsnehte
Falle bekannt gegeben sind, so möge hier ein Fall. .Pißte finden,
wob: her vor einiger Zelt- durch die' Uüie des; Herrn
SfMtbibg ti\ meiner UcoUaebtung kam. Pei^hlbo ■ hm>ta die:
Eigenthlunlichlceit, dass er :aflf eine Seite der Nase beschränkt
blieb, wvälireiul wnsl fast stets beide Nase nh|l Uten bt-mUkm werden.
Nnr vo& DuntD) ist ain Ml LduaoiHgtu*-öbtinüger Rhinitis htt-
sc.hriebeu worden.
Der 'Patient, ein iieiinjähiiger Knabe, urkeankro um 14 November'
trtltfl. Kr klagte über ößimufflSk und orselnvötfteö 'Uhmcn, durch diß
Nhso-. B«i der fi.ni.ersneiiuag.au» ut.ehsteu Tage Kbigt-e eich Re Brhieiui-
hnai der ivthim'. Njise wtnrk gd»Hj'wiVUt?ü und mb einem *0 starken tfbrK
jUisee Exsudate bedeckt der NaSönemaj vmUkdramun e'.tunn vyc;r.
•Die Seideiiubsuit •dnr !iu!:m; wat :w-e;n; und geschwollen,
d'ei ven Exsmlkh im Rechen war wndi-r Bringt zu linden noch RbÜiung
■ bemerk eu: Tidnu wm- otr.Ld voHmnUmi, mmh nicht verbunden gr/
wesmn das Aiigememhefimiuh «rngestor». J .
Air 17. Novn;rii;er ward, v.m dm Vtombivwi em Au.-stitch auf
KecfflvrAolicui tiintsmum gcnuicbf. ln dcmsmJW landen sich i«m .iw.
Nuvmulmr neben, warAimm; ‘•Ai-epin--und Sianhyieeo^eRuuRied^iungee ^«•!ir
^hk-eidie Co.loniK-n von fhpln lnu\ebuAUeu.
Am 18; November wur noch Behänd]sn»g mit Jfodot and der oben
gmnmnU'ji Chlta-BilboRbiUfug vvlhmid der v»uiw'j'gohemloji Inge rujcb iuiwor
reieiiheims Exsudat. • in dur rrcJmm. Nase vorb.-inih.-n, mir m der Nfitto wai‘
de» NnEcmgang 4hvs*$ duvd/gflngig. Dm liuku Nneo -/
»‘0+heto väd gh^ehWoHiipc Seid ei m haut, dev Uut&na
Neapel, Dtkektov Pröjf... A. Oar<JarclR
JSinige neue Fälle von Geflugel-Tuberkulose
•• ;TSgi Menschen und Säugethieren.
ViHfß)’. Sergio-Pafwinj* PwaMpeeptc^i tfh* iimöre felicin-.
; ' Es ist ein toptsScMihlios V a3rdhm*t mi M afftt c ei; vfu setefcr
Wot gn jttYni Art an von Tuberkulose geschieden zu Imbun : dir
TbberktHo^o dos München und dpt S«TngetbiiM'ß
sEhn von K 0 ‘\b biW-bHobenc)' mul ilift Gail hge] t u herkp j\<
Ww Utiteisr UißH beruht in Mt Ibtlerenz de« morf?bplogiBti}rh
(HmrakturB, ^ Vorbrüt^iu^ in Cnltuam, dar Widm^uiiidafätugMi
‘kr 'W-dnue opgpnübHk dor ladmnsdauer, disr Vinden^ • fdr Mour-
Bduv(?iücben fdln posiliv ausRfiit b'sv der U’üboikulöBö ddr Selige-
hbiero. nngatir bei der Tbbcikulosc der V%"dl) und (bn Tu ulen«
fih* Hühner tponitiv fi|r 'PuberlufJose der Vögel, irugaliv -ffiV dk
dor Süd^Huoru).
Eine nouä interr^ante Uuter&he'huiig van Krnse
AufmerkBUinkeit nuf das Probinm der Eexieh fingen •z^Eie.htjn den
bbidtai TuboH-uloBcfdrmeu, Diel vcm ?Tulmrk-uio^a Wrdön
io Korgniliigor Weise von SbugefHieivu »Bolirt, <lie eine von
mir vöfr einem ^Hisrbwvemoter; ' mit phfÄsivselHVn] Äuk«
wtirf gtdiiijift worden war; eine Hjulhre vur aitf dia
von A v mh..irn i uHihliflü worden, otör ‘ vi>« S ivii jig(r 741t liHjojD ,
jUVrlkOa.tttdjUoii Thier, direkt grnommrn, Mkit kamr itmdiVüihiv .ylma
liln-iaf%mi ; AHö v.oiL ud iR-mr Pröfessbr Äf iaiHtjii als.
von SangofcbihiWrtilierkbioso berytajnmend fman wefe abrr nicht,
. wie dieadibc isolirt wurdfö) ga.^audt vvordoh war. . Mit dtesßii wurde
| :ß}.Ue .lituge. Uftibe von ;Vbi‘BireU;cir on^esVßlJt v avqlfüß £Wif- Cli^H4kde]P :
! verBchiedr-ötm Cbavakie^ und tadutes dr^jmiigan der Virulenz
%\1 dem UusnlUiW l’ökftß^ dass es Btcb ntn' fielt ii^rjti]bütk ul ob«
lutiuleRe Es P.vgickt sj(‘h ittiu {olgeiider bcreobtigftf ^weikl:
i •„t.-.r S , lf ) 1 „. 1 g dw S,«. ,luw h t« S»n«m- l{ E»Hi A t S.T 011 Wut.c, 1cuk.<- k m Mw.« l.m u,.rt Wlt.
Üi. und -i7.Xw.rai.fei., ä. , u „| M .di '0 u “;' : ' U,iir - ' ,,f vft " ; 5< nsf, Vf.n . ivlnssisi tif« l.n.. •!•■■! «-
> n i*> p«. . j !),e ^'I.ui^-ric -Hii h . h A r 'J) W». orklart es sich, dass einige \mt dm: w.n fuUuTPh
Mlasg dk N/iv um 0. Dwretijh« Y< Ukmuimm «^sntUttlfpi ! tArinft-iini, Pansinr), die von Mcertiubwckutbmi isolirt. wurden,
^mbbr wifrdmi • 'ktÄizö. .ßlpl» : / bf . ; 4bk 'Vßlobif difr^b phtbisisßibRii AofwUr0 Aöherkplok Are^Qrdaß vi*kifn,
War;
! ) itanfl, New Tovk pue'fllztaj, dovu^I 3d7:A\tgift!t .1895,
80. August.
DEUTS GHE MEDICINISGHE WOCHENSCHRIFT.
695
an: A. Ich versuchte Tuberkelculturen direkt aua dem Auswurf
nach der Methode Kitasato’s zu isoliren (ich Hess durch einen
Hustenstoss einen Phthisiker mit Cavernen direkt in eine sterili-
sirte Petri’sche Doppelschale speien: das ausgeworfene Stück
wusch ich 20—30 mal in ebensoviel sterilisirten Petri’schen
Kapseln mit sterilem Wasser, und das in kleine Stücke get.heilte
Stück impfte ich in. Reagensröhrchen mit Glycerinagar). Bei vier
so behandelten Auswürfen (10—15 Tuben für jeden) gelang es mir
nicht, indem ich die Tuben 40 Tage lang auf gleicher Temperatur
im Brutofen hielt, Culturen zu isoliren, obgleich die Gläser sich
grösstontheils von Verunreinigung frei gehalten hatten. Die nach
40 Tagen untersuchten expectorirten Stücke zeigten zahlreiche
Tuberkelbacillen; vielleicht ist das negative Resultat dem Umstand
zuzuschreiben, dass nicht in Tuben mit Serum geimpft wurde.
B. Direkte Impfungen mit den Produkten der menschlichen
Tuberkulose (einmal vom Rind) Wurden zu gleicher Zeit in grosser
Zahl in das Unterhautzellgewebe von Meerschweinchen und in das
Bauchfell von Hühnern vorgenommen. Ein Theil der geimpften
Thiere starb, oder was noch häufiger war, nach gewisser Zeit
tödtete ich sie und versuchte aus den tuberkulösen Organen
Tuberkulose-Culturen herzustellen.
In dreizehn Fällen impfte ich Auswurf von Phthisikern (von denen
die meisten Cavernen hatten); die grössten Stücke aus dem Expectorirten
wurden wiederholt in stcrilisirtem Wasser gewaschen, dann unter dauernder
Bewegung in stcrilisirtem Wasser in eine Emulsion übergeführt und hier¬
auf in grosser Menge (2 ccm) in das Unterhautzellgewebe von Meer¬
schweinchen oder in , noch grösserer (4 ccm) in das Peritoneum von
Hühnern eingeimpft.
Drei Meerschweinchen gingen nach drei oder vier Tagen zugrunde
(eins am Diplocoecus pneumoniao, zwei an Fäulnissbacterien). Eins starb
nach achtzehn Tagen an ganz acuter Miliartuberkulose, drei starben nach 25
bis 30 Tagen an allgemeiner Tuberkulose, die anderen tödtete ich nach 24—40
Tagen und fand alle tuberkulös. Aus den Organen der tuberkulösen Thiere,
sowohl der spontan gestorbenen, wie der getödteten, nahm ich mit Pin-
cette und Scheere, die an der Flamme sterilisirt waren, die Stellen, die
am reichsten an jungen Tuberkeln waren, heraus und zerdrückte sie kräftig
zwischen zwei Platten von sterilisirtem Glas; den ausfliessenden Saft
nahm ich auf einen grossen Platinspatel und brachte ihn sainmt den
zerdrückten Organstücken in Tuben von Glycerinagar. Ein einziges Mal
erhielt ich Culturen von Tuberkelbacillen.
Von den Hühnern starb eins nach 53 Tagen, abgemagert (von 585
auf 355 g Gewicht), ohne besondere Organveränderungen zu zeigen und
ohne Bacillenbefund. Die anderen wurden nach 30—80 Tagen getödtet.
Drei zeigten eine bemerkenswerthe Abmagerung (unter diesen das mit
dem Auswurf eines später zu erwähnenden Patienten geimpfte Huhn, das
nach 47 Tagen getödtet, eine Gewichtsabnahme von 1140 auf 950 g zeigte),
die anderen waron weniger abgemagert; keins der Thiere zeigte besondere
Zeichen von der grossen eingeimpften Masse und nirgends, auch bei den
abgemagerten nicht, waren Tuberkel oder Bacillen in den Organen zu finden.
In drei Fällen impfte ich Eiter tuberkulöser Abscesse ein. — Das mit
dem Eiter des ersten Abscesses (tuberkulöse Spondylitis, iin Eiter waren
keine anderen Bacterien) geimpfte Meerschweinchen wurde nach 16 Tagen
getödtet, es zeigte lokale Tuberkulose und Tuberkulose der benachbarten
Inguinaldrttsen. Das Huhn starb nach zehn Tagen, zwar abgemagert,
aber ohne sichtbare Organveränderung. — Das mit dem Eiter des zweiten
Abscesses (tuberkulöse Prostatitis) geimpfte Meerschweinchen starb nach
vier Tagen am Bacterium coli commune. Das nach einem Monat ge-
tödtetc Huhn zeigte sich gesund. — Das mit dem Eiter des dritten
Abscesses geimpfte Meerschweinchen (Caries des Oberschenkels) starb
nach zehn Tagen an sehr acuter Miliartuberkulose. Das Huhn blieb ge¬
sund. Vom ersten und dritten erhielt ich keine Culturen.
ln drei Fällen wurde das Material aus der Leiche genommen.
Die an jungen Tuberkeln reichen Leichenstücke wurden in einen steri¬
lisirten Mörser gebracht, sterilisirte Bouillon dazugethan und der so er¬
haltene Saft in grosser Menge in das Unterhautzellgewebe von Meer¬
schweinchen und in das Peritoneum von Hühnern eingeimpft, das gleiche
wurde mit Stücken von einem perlsüchtigen Rind gemacht. Im ersten
Falle (ausgebreitete Tuberkulose der Lymphdrüsen, geringe Lungentuber¬
kulose) starb das Meerschweinchen nach zwei Tagen an Fäulnissbacterien,
das Huhn wurde nach 45 Tagen getödtet und zeigte sich gesund. In dem
zweiten Falle (acute Miliartuberkulose) wurde das Meerschweinchen nach
einem Monat getödtet und zeigte allgemeine Tuberkulose — Culturen be¬
kam ich nicht , das Huhn blieb gesund.
Im dritten Falle (Tuberkulose der Pia mater) fand sich bei dem
nach 25 Tagen getödteten Meerschweinchen Tuberkulose, von acht Gläs¬
chen erhielt ich zwei Tuberkelbacillenculturen. Das nach zwei Monaten
getödtete Huhn zeigte nur etwas Abmagerung.
Mit dem Saft aus Lungen perlsüchtiger Rinder wurden zwei Hühner
geimpft, das schwerere (1850 g Gewicht) wurde nach zwei Monaten ge¬
tödtet und zeigte sich gesund. Das Gewicht des anderen (1250 g) war
in 53 Tagen auf 1100 g gesunken, es zeigte nach seiner Tödtung geringe
Tuberkulose in den Eingeweiden und am Netz. Das nach 26 Tagen ge¬
tödtete Meerschweinchen zeigte lokale Tuberkulose und allgemeine Tuber¬
kulose (gering in den Lungen); aus den Organen erhielt ich Culturen.
Häufig erhält man, wie aus den Versuchen hervorgeht, bei
Einimpfungen von Producten menschlicher Tuberkulose bei Hühnern
bemerkenswerthe Abmagerung (was übereinstimmt mit den Ver¬
suchen von Maffucci mit Einimpfung von Culturen von mensch¬
licher Tuberkulose), und einmal erhielt ich eine richtige, wenn auch
geringe Tuberkulose durch Einimpfung von Impfstoff von einem
perlsüehtigen Rinde. Dreimal erhielt ich aus den Organen tuber¬
kulöser Meerschweinchen Culturen: er) von dem Meerschweinchen,
das mit Material von Meningitis tuberculosa eines Kindes geimpft
worden war;
ß ) von dem Meerschweinchen, das mit dem Auswurf des
Patienten Esposito geimpft -worden war (s. S. 696);
y) von dem Meerschweinchen, das von dem Stoff des perl-
ßüchtigen Rindes geimpft worden war. Allerdings ist die Auzahl
der isolirten Culturen gering (3:20), aber fünfmal sind die Thiere
durch andere Bacterien zugrunde gegangen, deshalb ist das Ver-
hältniss 3:15; vielleicht ist der geringe Erfolg dem Umstand zu-
zuschreiben, dass die Thiere früher hätten getödtet werden müssen,
und ferner dem Moment, dass ich zuerst die Culturen auf Glycerin¬
agar zu isoliren versuchte, während man empfiehlt (Straus und
Gamal eia) die Isolirung auf Serum zu versuchen und die übrigen
Uebertragungen auf Glycerinagar zu machen. Die Cultur « zeigte
verschiedenen Charakter von den Culturen ß und y, weil sie erst
nach 20 Tagen aufging, die Culturen ß und y waren nach zehn
Tagen aufgegangen und zeigten reichliche Entwickelung. Der ver¬
schiedene Charakter erhielt sich constant bei den folgenden Gene¬
rationen.
Die Cultur u wuchs stets langsam in Fortft von glänzenden,
harten, häutchenartigen Auflagerungen, die sich leichter in Masse
von der Oberfläche des Agar abheben, als mit dem Platinspatel
zerbröckeln Hessen, sie gingen in Bouillon schwer in Emulsion über,
in Glycerinbouillon wuchsen sie nur auf der Oberfläche.
Die Culturen ß und y gingen auf der Oberfläche des Agar
ausserordentlich reich auf, boten ein feuchtes Aussehen, waren
nicht hart, gingen in Bouillon in Emulsion über, machten Trübung
in Glycerinbouillon und zeigten vollständig den Charakter der
Geflügeltuberkulose. Wir werden die Art ihror Virulenz noch be¬
trachten.
II. Wie ist es zu verstehen, dass Meerschweinchen durch
menschlichen Auswurf und durch Organe perlsüchtiger Rinder
tuberkulös gemacht wurden und sich von ihnen Culturen mit dem
Charakter von Culturen der Geflügeltuberkulose isoliren Hessen,
we'nh man behauptet, dass Meerschweinchen sich gegen die Tuber¬
kulose der Vögel refraktär verhalten und nur mit lokaler Tuber-
berkulose reagiren?
. Ich suchte die Frage zu lösen, indem ich zu gleicher Zeit
Meerschweinchen und Hühner impfte, 1) mit typischen Culturen
von Geflügeltuberkulose, 2) mit unbestimmten Culturen (die von
Kruse bereits angewandten und die neuen von mir isolirten), 8) mit
typischen Culturen von Säugethiertuberkulose. Zur Controlle habe
ich Meerschweinchen mit gleicher Menge von getödteten Tuberkel¬
bacillen (die fünf Minuten lang in Dampf von 100° gehalten
worden waren) geimpft.
1. Typische Culturen von Tuberkelbacillen von Geflügel¬
tuberkulose. (Ich habe niemals ein Huhn, das spontan an Tuberkulose
erkrankt war, erhalten, und Professor Oreste von der hiesigen thieriirzt-
lichen Hochschule erklärte mir, dass er seit vielen Jahren kein solches
getroffen hat.) Für diese und die folgenden Versuche bemerke ich. dass
die Meerschweinchen stets ins Unterhautzellgewebe geimpft wurden, die
Hühner ins Peritoneum. In allen Fällen wurde sorgfältig nach Tuberkeln
und Bacillen in den Organen gesucht. Wo ich hei Aufzählung von Be¬
funden von Tuberkeln zum Beispiel spreche, unterlasse ich es der Kürze
halber zu sagen, dass Bacillen da waren, die ich stets antraf; wo ich von
Bacillen spreche, traf ich selbstverständlich keine Tuberkel. In Klammern
wird die m Cubikcentimetem inoculirte Menge der Emulsion angegeben.
a) Maffucci. Diese und die folgenden Culturen stammen von dem
von Kruse angewandten Material.
Huhn I (2 ccm), nach einem Monat getödtet. Keine Tuberkel,
keine Bacillen, keine Veränderung des Gewichtes (1600 g).
Huhn II (2 ccm), nach einem Monat getödtet. Gewicht von 1520 g
auf 890 g gesunken. Allgemeine Tuberkulose.
Meerschweinchen I und II (1 ccm), nach 30-40 Tagen getödtet,
lokaler Abscess mit Bacillen.
Meerschweinchen III, IV, V (1 */a ccm), nach 28—45 Tagen getödtet.
lokaler Abscess, Tuberkulose dor benachbarten Drüsen, wenige Bacillen in
Milz und Leber. , .
Meerschweinchen VI (l 1 /* ccm), nach 23 Tagen getödtet, Gewicht
von 570 auf 350 g gesunken, Abscess, Tuberkulose der Drüsen, des Netzes,
der Milz und der Leber. ' , . A „ ... .
Meerschweinchen VII (1 ccm einer Emulsion von todten Bacillen).
Tod nach 25 Tagen, Gewicht von 430 auf 300 g gesunken. Weder I u-
berkel noch Bacillen (auch nicht an der Impfungsstelle).
b) Migula. Huhn III (2 ccm), getödtet nach 39 Tagen, gesund,
keine Abmagerung, keine Bacillen in den Organen.
Huhn IV (2 ccm), nach 39 Tagen getödtet, Abmagerung, allgemeine
berkulose. •
Meerschweinchen VIH, Gewicht 400 g (1 l /a ccm), nach 34
tödtet, lokaler Abscess, Tuberkulose der nächsten Drüsen.
Meerschweinchen IX und X, Gewicht 625—420 g (1 js ccm),
horlnilnsa und Tuberkulose der Organe (nicht der Lungen).
Tagen
lokale
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696
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35
Meerschweinchen XI (1 Vs ccm von sterilisirter Cultur), Tod nach
20 Tagen, Gewicht von 450 auf 320 g gesunken, Atrophie der Organe.
c) Sclavo ')• Huhn Y (2 ccm), getödtet nach 38 Tagen, Abmagerung,
allgemeine Tuberkulose.
Meerschweinchen XII und XIII (1 ccm), getödtet nach 34 Tagen.
Meerschweinchen XII zeigte lokalen Abscess, Tuberkulose der Leisten¬
drüsen, spärliche Bacillen in Leber und Milz. Meerschweinchen XIII zeigte
auch Tuberkulose der Lungen.
2. Isolirte Bacillenculturen von Menschen- und Säugo-
thiertuberkulose, mit dem Charakter der Geflügeltuberkulose.
a) Cultur von einem Meerschweinchen, das durch menschlichen Aus¬
wurf tuberkulös gemacht wurde, gewonnen (Pansini). (Diese und die
beiden folgenden Culturen stammen von Kruse.)
Huhn V (3 ccm), getödtet nach 32 Tagen, wenig abgemagort, geringe
Abdominaltuberkulose.
Meerschweinchen XIV (l l /j ccm, alte Cultur), Tod nach 20 Tagen.
Bemerkenswerthe Abmagerung.
Meerschweinchen XV (1 ccm), Tod in 15 Tagen, lokaler Abscess,
Tuberkulose der benachbarten Drüsen, Abmagerung.
Meerschweinchen XVI (1 ’/a ccm), Tod nach 27 Tagen, lokaler Abscess,
Lymphdrüsentuberkulose.
Meerschweinchen XVII, XVIII, XIX, Gewicht 420—560 g (l l /a ccm),
getödtet nach 28 —34 Tagen, lokale Tuberkulose, Tuberkulose der Drüsen,
der Abdominalorgane, bei XIX auch Tuberkulose des Zwerchfelles und
der Lungen.
Meerschweinchen XX, XXI (l l /s ccm einer Emulsion von todten
Bacillen), das erste starb nach sechs Tagen (Bacillen an der Impfungs¬
stelle), das zweite nach 16 Tagen, beide abgemagert. Atrophie der Organe
ohne Bacillenbefund.
b) Tuberkiilosecultur, direkt isolirt aus den Organen eines tuberkulösen
Rindes (Sanfelice).
Huhn VI (2 ccm), getödtet nach 35 Tagen, Tuberkulose.
Meerschweinchen XXII, XXIII, XXIV (2 ccm), getödtet nach 28 bis
34 Tagen, lokaler Abscess, Tuberkulose der nächsten Drüsen. No. 24 hatte
Bacillen in Leber und Milz.
Meerschweinchen XXV (2 ccm einer Emulsion von todten Bacillen),
Tod nach 24 Tagen, Atrophie der Organe, Abmagerung.
c) Straus. Cultur, die von Prof. Straus Prof. Armanni geschickt
wurde, als von Säugethiortuberkulose herstammend. Isolirungsweise un¬
bekannt.
IX und X (2—3 ccm), getödtet nach 32—45 Tagen,
Huhn VII, VIII,
Tuberkulose.
Meerschweinchen XXVI, getödtet nach 86 Tagen, hatte lokale
Reactiou gezeigt, die dann verschwunden war, nicht abgemagert, gesund.
Meerschweinchen XXVII, XXVIII, XXIX (l 1 /* ccm), getödtet nach
30—40 Tagen, lokaler Abscess, Anschwellung der Drüsen.
Meerschweinchen XXX, XXXI (1—2 ccm), lokale und Drüsentuber¬
kulose, geringe Tuberkolose von Milz und Leber.
Meerschweinchen XXXII (2 ccm), lokale und allgemeine Tuberkulose.
Meerschweinchen XXXIII (mit einer grossen Menge von dem Safte
der Organe von XXXII geimpft), lokale und allgemeine Tuberkulose.
Meerschweinchen XXXIV (mit dem Saft aus den Organen von XXXIII
geimpft).
Meerschweinchen XXXV und XXXVI (1—2 ccm sterilisirte Cultur),
l^od nach 7 20 lagen. Ausserordentliche Abmagerung, Atrophie der
d ) Cultur ß (Pansini) von dem mit dem Auswurf Esposito’s ge¬
impften Meerschweinchen. Huhn XI und XII (2 ccm) nach 30—35 Tagen
getödtet, Tuberkulose.
Meerschweinchen XXXVII und XXXVIII (iy, ccm), nach 35 bis
40 lagen getödtet, lokaler tuberkulöser Abscess, ausgesprochene Tuber-
I ungLtuberkulose ^ AbdominaIor ^ ane wie des Zwerchfelles, geringe
e) Cultur j (Pansini) von den durch den Saft aus den Organen des
perlsüchtigen Rindes tuberkulös gemachten Meerschweinchen.
kulose n XI11 Und XIV ^ ccm )’ getödtet nach 30—40 Tagen, Tuber-
Meerschweinchen XXXIX (1 ccm), nach einem Monat getödtet, 1
^ bscess ’ Tuberkulose der benachbarten Drüsen, Bacillen in Leb
und Milz.
von SÄr 1 " 1 XI ; C'/» ccm), nach 36 Tagen getödtet, Gewic
von 420 a" f 310 g gesunken. Sehr bedeutende allgemeine Tuberkulös
3. typische Culturen von S&ugethiertuberkulose.
, , »).Sclavo. Meerschweinchen XL1 und XLII (1 ccm). Der Tc
AHgemdr TubZull lagen ^ Wd6 am 32 ' Ta * e
Abmagerung?? ge“™ (2 CCm)l ge “ dtet nach 30 ~ 35 T ^ n - “
nbgemagert.*^" ° * Huh " XV (3 CCm) ’ getödtet nach 34 Tagen, nic
tuberkulöse". 86 ' Meerschwein< * on XLIII starb „ach 21 Tagen, Milia
gesund"* 1 “ XVI ““ d XVU (2 '^ ccm ^’ nach 30—40 Tagen getödtet ■
culosf de U s' t K;nU?’ a n Sil l i) VOn ? em ä urch Tuberkel der Meningitis tube
säweinchen & d herstammenden Stoff tuberkulös gemachten Mee
Huhn^lgVI11* 1 ?,nYIv' ru° d n , a<dl 4 ? Tagen — Miliartuberkulos
gesund™ XVIU d XIX (3 ccm > nach **>—45 Tagen getödtet ■
*) Den Herren Dr. Sclavo, Prof. Maffucci, Dr Kruse SDreche h
meinen ergebenen Dank für die Culturen aus. P
Aus den vorhergehenden Untersuchungen und Beobachtungen
lassen sich folgende Schlüsse ableiten:
1. In zwei Fällen, einmal von dem Meerschweinchen, das
durch phthisischen Auswurf tuberkulös gemacht worden* war
das andere mal von dem Meerschweinchen, das durch den Saft aus
den Organen eines perlsüchtigen Thieres tuberkulös gemacht
worden war, wurden Culturen isolirt, die den Charakter der Ge¬
flügeltuberkulose trugen. In der gegenwärtigen Casuistik sind
diese zwei Fälle unter 15 (von 20) gewonnen (in fünf Fällen gingen
die Meerschweinchen nach wenigen Tagen an anderen Infectionen
zugrunde). Diese zwei Fälle muss man den anderen ganz sicheren
anreihen, die Kruse untersucht hat. Es ist demnach ohne
jeden Zweifel, dass bei Menschen und Säugethieren
Fälle von Tuberkulose Vorkommen, die den Typus der
Geflügeltuberkulose haben.
Sehr wahrscheinlich sind solche Fälle gar nicht selten: der
Fall von Straus kann auch ein solcher sein. Es wird sich darum
handeln, besonders beim Menschen, das Verhältnis festzustellen,
das zwischen den Fällen von Geflügeltuberkulose und der mensch¬
lichen Tuberkulose vorliegt, und wahrscheinlich wird sich bei diesem
Verhältniss eine Verschiedenheit nach der Gegend ergeben. In
Neapel dürfte der Fall vielleicht weniger selten sein. Jedenfalls
ist die Aufmerksamkeit der Beobachter auf diese Frage jetzt ge¬
richtet, und es dürfte interessant sein zu erkennen, ob den ver¬
schiedenen bacteriologischen Typen ein verschiedenes klinisches Bild
entspricht.
Es lohnt wohl der Mühe, die Krankheitsgeschichte des Pa¬
tienten, von dem die Cultur ß von mir gewonnen wurde, anzu¬
führen.
Domenico Esposito aus Neapel, Maurer, 32 Jahre alt, lag, als ich den
Auswurf nahm (27. Mai 1893), im Provinzsaal des Krankenhauses im Bett
No. 10, auf der Abtheilung meines Freundes, des Herrn Dr. Tinozzi.
Er ist hereditär nicht belastet, seit acht Jahren leidet er an chronischer
Bronchitis, vor einem Jahre fing er an zu fiebern, magerte ab, hatte
häufig stechende Schmerzen in der rechten Fossa supraclavicularis. Er
hatte oft Nasenbluten. Seit zwei Monaten ist eine bemerkenswerthe
Verschlimmerung im Allgemeinbefinden eingetreten.
Es handelt sich um ein heruntergekommenes Individuum mit para¬
lytischem Thorax und langem Hals, die Fossae supra- und infraclaviculares
sind tief eingesunken, besonders rechts. Ueber den Spitzen ergiebt die
Percussion vorn tympani tischen Schall, hinten eine mässige Dämpfung,
man hört hier bronchiales Athmen und klingende Rasselgeräusche. Abends
besteht Fieber von 38,5—39°, auch hat er Nachtschweisse. 20 Tage
später verliess der Kranke das Spital, nicht sonderlich gebessert. Weiteres
hörte man von ihm nicht. Wie man sieht, bietet die Krankheitsgeschichte
nichts besonderes.
2. Die Einimpfung grosser Mengen aus den Culturen von
Bacillen menschlicher Tuberkulose ergab in unseren Versuchen
bei den Hühnern weder Abmagerung noch Tuberkulose. Die Ein¬
impfung von Auswurf oder Producten der menschlichen Tuber¬
kulose . rief nicht selten (fünfmal) bemerkenswerthe Abmagerung
und einmal den Tod nach zehn Tagen hervor. Das zeigt, dass
ein Unterschied vorhanden ist zwischen den künstlich gezüchteten
und den ursprünglichen Bacillen.
3. Zweimal trat bei Einimpfung grosser Mengen von typi¬
schen Culturen von Geflügeltuberkulose (Maffucci, Migula) in
dem Peritoneum von Hühnern keine Tuberkulose und keine Ab¬
magerung ein, ein Factum, das im Widerspruch steht mit den
Resultaten der Versuche anderer Autoren und eigener Versuche
(eins der von Kruse mit Geflügeltuberkulose geimpften Hühner
starb zwar abgemagert, aber nicht tuberkulös). Man kann vielleicht
annehmen, dass ich mit der Spitze der Nadel in den Darm und
nicht in das Peritoneum eingedrungen bin, es ist bekannt (Maf¬
fucci), dass die Geflügeltuberkulose auf dem Wege der Eingeweide
für die Hühner unschädlich ist. Ohne diese Möglichkeit auszu-
schliessen, kann man auch, wie ich glaube, an eine relative Im¬
munität oder geringe Disposition dieser Hühner für Geflügeltuber¬
kulose denken.
4. Bei Einimpfung von typischen Culturen von Ge¬
flügeltuberkulose in grosser Menge erhielt man in nicht
seltenen Fällen eine richtige allgemeine Tuberkulose.
Eine lokale Reaction bei Meerschweinchen durch Impfungen
von Geflügeltuberkulose bei gleichzeitiger Anschwellung der be¬
nachbarten Drüsen, wobei auch die Bacillen in die inneren Organe
eindringen, ohne Tuberkel zu erzeugen, war schon gezeigt worden
(Maffucci, Straus und Gamaleia): aber die Thatsache, dass
wirklich Tuberkulose entstände, war sehr bestritten worden. Mit
Reinculturen von Geflügeltuberkulose hatten in einer gewissen Zahl
von Fällen auch Sanchez-Toledo, Courmont und Dor, Cadiot,
Gilbert, Roger bei Meerschweinchen Tuberkulose erhalten und
in neuester Zeit Fischei; es freut mich, diesen strittigen Punkt
beleuchtet zu haben.
Man kann nun entgegenhalten, dass in unseren Fällen, wo wir
grosse Mengen von Culturen unter die Haut impften, ein Theil
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30. August.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
697
vielleicht sehneU vom Blutstrom absorbirt worden ist und so, als
Fremdkörper wirkend, Tuberkulose in den Organen hervorgerufen
hat; es wäre dann das gleiche wie bei den Versuchen von Witt¬
mann, der in das Blut todte Bacillen, die von Säugethiertuber¬
kulose herstammten, brachte. Dieser Einwurf wird jedoch durch
die Controllversuche hinfällig, denn eine gleiche Menge von todten
Bacillen, die von Geflügeltuberkulose herstammten, wurden in die
Haut, geimpft und riefen zwar nach 6—16 Tagen den Tod
der Thiere unter allgemeiner Kachexie hervor, es fand
sich jedoch weder in den Organen noch an der Impfungsstelle
Tuberkulose. —
Ausserdem ist bekannt, dass man keine neue Tuberkulose er¬
hält, wenn man Stücke aus Organen mit Tuberkeln einimpft, die
durch Einbringen tuberkulöser Stoffe in das Blut entstanden’sind.
Nun wurde das Meerschwein XXXIII mit Stücken der Organe von
Meerschwein XXXII geimpft und wurde tuberkulös, ebenso zeigte
sich allgemeine Tuberkulose bei Meerschwein XXXIV, das mit
Stücken von den Organen von XXXIII geimpft worden war. Das
heisst, dass nicht allein die entstandene Tuberkulose eine Folge
der Wirkung lebender Bacillen war, sondern dass sich auch die
Virulenz bei Uebertragung von einem Thier auf das andere erhält.
Um die verschiedenen Resultate zu erklären, welche die Unter¬
sucher über die Art der Reaction der Meerschweinchen der Ge¬
flügeltuberkulose gegenüber erhalten haben, muss man sich vor
Augen halten: 1) die Menge der eingeimpften Bacillen (diese
Untersuchungen sind ein Beweis dafür), 2) den verschiedenen
Grad der Virulenz der Culturen (ohne Zweifel giebt es auch
bei den Culturen von Tuberkulose verschiedene Stufen der Virulenz
ebenso wie bei anderen pathogenen Bacterien), 3) den verschie¬
denen Grad der Empfänglichkeit der Meerschweinchen
für Geflügeltuberkulose (bei den vorhergehenden Unter¬
suchungen reagirten Meerschweinchen von fast gleichem Gewicht
auf relativ gleiche Mengen derselben Cultur theils mit allgemeiner
Tuberkulose, theils mit mehr oder weniger localisirter).
Die durch Einimpfung von Culturen aus Geflügeltuberkulose
bei Meerschweinchen entstandene Tuberkulose scheint im Verlauf
und dem makroskopischen und mikroskopischen Charakter nach
etwas verschieden zu sein von der Säugethiertuberkulose, man
fand bei nach 30—40 Tagen getödteten Kaninchen ausgebreitete
Tuberkulose bei verhältnissmässig geringer Gewichtsabnahme. Die
locale Reaction (bei subcutaner Einimpfung) trat nach 5—7 Tagen
auf, erreichte ihren Höhepunkt in 10—12 Tagen, wobei sich
eine elastische Verhärtung, welche bei Palpation eine ähnliche
Empfindung hervorrief wie eine syphilitische Initialsklerose, zeigte;
gleichzeitig trat eine Anschwellung der benachbarten Drüsen
auf, allerdings weniger hervortretend als bei der gewöhnlichen
Tuberkulose. Nach 20—25 Tagen entsteht ein Abscess, der
keine Neigung zur Geschwürsbildung hat und dessen Eiter
flüssiger, ist als bei gewöhnlicher Tuberkulose. Die locale Re-
aetion ist der allgemeinen gegenüber, falls eine solche eintritt,
verhältnissmässig gering. In den inneren Organen (bei sub¬
cutaner Impfung, ich impfte unter die Haut der rechten Seite)
sind zahlreiche Tuberkel in fallender Zahl im Peritoneum, den
Mesenterialdrüsen, in der Leber und der Milz, dem Zwerchfell
und den Lungen. Die Tuberkel sind makroskopisch grösser,
weniger in einander übergehend als bei der gewöhnlichen Tuber¬
kulose, ihre Farbe ist weiss, glänzend, wenn sie sich etwas
über die Oberfläche erheben. Häufig ist ein geringes fibrinöses
Exsudat da, in der Leber fand ich oft Periphlebitis und Endo-
phlebitis tuborculosa. Auf den Verlauf der Tuberkulose und die
mikroskopischen Einzelheiten der Tuberkel hoffe ich ein anderes
mal zurückzukortnnen, augenblicklich mangelt es an Zeit, die ganze
Untersuchung durchzuführen. Das Wichtigste war, zu erkennen,
dass in der That Geflügeltuberkulose Tuberkel hervorbringt. Die
mikroskopische Untersuchung zeigt stets in den Tuberkeln eine
sehr reiche kleinzellige Infiltration mit wenigen Riesenzellen, im
Innern zahlreiche Tuberkelbacillen. Der genaue histologische Bau
der Tuberkel erfordert noch eine genauere Untersuchung; in unserm
Falle konnte ich sie nicht vollenden, weil die Thiere getödtet
wurden und man ihren natürlichen Tod nicht abwartete.
Angesichts aller dieser Beobachtungen von Geflügeltuberkulose
bei Menschen und Säugethieren; der verschiedenen Reaction der
Hühner gegenüber der Säugethiertuberkulose (Untersuchungen des
französischen Forscher: floride Tuberkulose des Hahnenkammes);
der Entwickelung der Tuberkulose bei Meerschweinchen durch* Ge¬
flügeltuberkulose; der Verschiedenheit, welche die Culturen von
Geflügel- und Säugethiertuberkulose auf den Nährböden, bezüglich
des Aussehens, der Consistenz, des Wachsthums (Kruse, Fischei;
nach Fischel kann das Verhalten der Culturen bis zu einem ge¬
wissen Punkt künstlich beeinflusst werden) zeigen, ist die Be¬
hauptung vollauf gerechtfertigt, dass zwischen den zwei Arten
von Tuberkulose, Geflügel- und Säugothiertuberkulose, einige Ueber-
gangsformen Vorkommen.
Meinem hochverehrten Director, Herrn Professor Cardarelli,
spreche ich meinen ergebensten Dank für die Ueberlassung des
Materials und das meinen Untersuchungen zugewendete Inter¬
esse aus.
VI. Oeffentliclies Sanitätswesen.
Ein Beitrag zur Hygiene auf dem platten Lande und in
kleinen Städten.
Von Sanitätsrath Dr. Kollm, Berlin.
In den letzten Jahren ist sowohl in den Versammlungen als auch in
der Zeitschrift des preussischen Medicinalbeamtenvereins vielfach darüber
verhandelt worden, dass die sanitären Verhältnisse in kleinen Städten und
auf dem platten Lande sehr viel schlechter seien als in grossen Städten.
Zur Beseitigung dieses anerkannten Uebelstandes wurde von einer Seite
vorgeschlagen, mit Unterstützung der vaterländischen Frauenvereine das
Volk zur Reinlichkeit zu erziehen. Von anderer Seite wurde die ausgiebige
Heranziehung der Krankenschwestern religiöser Orden und Vereine auf das
Land als wirksamere Maassregel empfohlen. Es dürfte indessen zum mindesten
zweifelhaft sein, ob durch diese Mittel allein die vielseitigen hygienischen Uebel-
stände auf dem Lande gebessert werden können. Die verschiedenen socialen
Verhältnisse, die mit in Betracht gezogen werden müssen, werden eine ganze
Reihe noch anderer Maassnahmen erfordern. Vielo Kräfte werden mitwlrken
müssen, um wenigstens die dringendsten Uebclstände einigermaassen zu be¬
seitigen. Manche fruchtlosen Versuche werden wohl noch gemacht und
manche zweckmässigen, aber auch viele unausführbare Maassregeln ersonnen
werden. Es mag daher vielleicht nicht überflüssig erscheinen, in eine Er¬
örterung dieser Fragen Yon neuem einzutreten und zu untersuchen, wie
die Verhältnisse sich bis jetzt gestaltet haben, was mit den vorhandenen
Mitteln geleistet werden kann und welche neuen Maassregeln ergriffen
werden können, um die hygienischen Verhältnisse auf dem Lande zu bessern,
ohne die Leistungsfähigkeit der Einzelnen sowio der kleineren Cornmunen
und grösseren Verbände zu sehr in Anspruch zu nehmen.
Es ist von vornherein hervorzuheben, dass die Verschiedenheit der ein¬
zelnen Provinzen und Landstriche in Bodenbeschaffenheit, Klima, industrieller
Betriebsamkeit, Lebensgewohnheiten und Wohlhabenheit je nach Lage der
Sache verschiedene Maassnahmen erfordern wird. Eine erschöpfende Besprechung
aller einschlägigen Verhältnisse wird hier nicht beabsichtigt, es sollen nur
in kurzen Zügen die Erfahrungen, die in langjähriger ärztlicher und amts¬
ärztlicher Thätigkeit in einem kleinen Landstädtchen Schlesiens gemacht
sind und die sich durch dieselben als zweckmässig därbietenden, vielleicht
zu ergreifenden Maassnahmen dargestellt werden.
Das vor wiegendste Interesse werden stets die Infectionskrank beiten
beanspruchen, weil sie hauptsächlich zu der erhöhten Sterblichkeitsziffer bei¬
tragen und weil bei deren Bekämpfung alle örtlichen, gesellschaftlichen und
hygienischen Verhältnisse in Betracht gezogen werden müssen. Nach den
ausführlichen statistischen Berichten aus dem Kaiserlichen Gesundheitsamto
herrschen Jahr ein, Jahr aus die verschiedensten Epidemieen in weiten
Landstrichen in Preussen. Dieselben bringen vornehmlich dem platten Lande
stets neue schwere Verluste an Menschen und Geld. Die Mittel, welche zu
deren Bekämpfung dienen und von Behörden und Privaten angewendet
werden sollen, sind die Anzeigepflicht, Isolirung der Kranken, Desinfection
nach Beendigung der Krankheit und Schaffung möglichst günstiger hygienischer
Verhältnisse, oder vielmehr Verbesserung der schlechten hygienischen Ver¬
hältnisse. Es ist zweifellos und wird durch die Erfahrungen aus älterer und
neuerer Zeit bestätigt, dass die genaue Durchführung dieser Maassregeln
wohl imstande wäre, die Entstehung von Infectionskrankheiten zu beschränken
und die Ausbreitung von Epidemieen zu verhindern. Wenn dieselben trotz¬
dem so verbreitet sind, so wird man die mangelhafte Ausführung dieser
Maassregeln oder die unzulänglichen Einrichtungen, welche eine bessere
Ausführung verhindern, dafür verantwortlich zu machen haben. Beides ist
auf dem Lande der Fall.
In erster Linie ist die Art tmd Weise, wie die Anzeigepflicht auf dem
Lande vielfach gehandhabt wird, in Betracht zu ziehen. Dieselbe soll mög¬
lichst frühzeitig Kenntniss geben von dem Auftreten epidemischer Er¬
krankungen und eine Uebersicht über das Fortschreiten derselben darbieten,
um die Möglichkeit rechtzeitigen Eingreifens zu gewähren. Jedem Physikus
und jedem Arzte, der auf dem Lande praktizirt, ist es bekannt, dass dort
von einer exacten Durchführung derselben nicht die Rede sein kann, ln
kleinen, weit von dem Wohnorte eines Arztes entfernten Ortschaften mit
armer Bevölkerung wird nur in den seltensten Fällen ein Arzt bei Er¬
krankungsfällen zugezogen. Bei den gewöhnlichen Ausschlagskrankhciton
Masern, Röthelu, Scharlach, vielfach auch bei Diphtherie behilft man sich ohne
Arzt und bleibt bei der von Alters her überkommenen Behandlung durch
Hausmittel. Erst wenn mehrfache Todesfälle in einer Familie vorgekommen
sind, wird der Arzt gerufen, der zu seinem Erstaunen eine weit verbreitete
Epidemie vorfindet, die nun erst durch seine Anzeige zur amtlichen Kennt¬
niss gelangt. In den meisten Fällen hat es damit sein Bewenden, wenn
nicht etwa Erk rank ungs fälle in dem Schulhause vorgekommen sind. Ein
Eingreifen der Sanitätsbehörde ist dann meist auch wohl zu spät, besonders
da noch recht viel Zeit vergeht, ehe der betreffende Physikus davon Kennt¬
niss erlangt und die Aufforderung erhält, die Untersuchung an Ort und
Stelle vorzunchmen und die erforderlichen sanitätspolizeilichen Maassregeln
anzuordnen. Die Anzeige erfolgt meist schriftlich an den Amtsvorsteher,
wenn dieser nicht etwa zufällig seinen Sitz im Dorfe hat. Da der Amtsvor-
steher nicht täglich mit dem Landrathsamte in Correspondenz stellt, sondern
erst eine Anzahl Sachen sich ansammeln lässt, ehe er dieselben absendet,
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DEUTSCHE} MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
. No. 35
so ist es nur einem glücklichen Zufalle zuzuschreiben, wenn die Anzeige an
demselben Tage an das Landrathsamt weiterbefördert wird. Auch dort ver¬
gehen oft mehrere Tage, bis der Physikus die Anzoige erhfilt, namentlich
wenn er sich nicht am Sitze des Landrathsamtes befindet. Hat er nicht,
wie es in einzelnen Kreisen wohl vorkommt, ein für alle Mal von dem Land¬
rath die Vollmacht, nach Gutdünken, ohne erst eine amtliche Aufforderung
abzuwarten, einzugreifen, so vergehen oft wieder Tage, ehe, unter Umständen
auf sein Ansuchen, ihm die Vollmacht ertheilt wird. So kann es geschehen,
dass eine Anzeige erst nach Wochen in die Hände des Physikus gelangt,
wie es mir oft genug erging. Dass die Amtsvorsteher und Ortspolizei¬
behörden ferner die Bestimmungen über Anzeigepflicht recht verschieden
auslegen, dafür giebt es manche Belege.
Recht häufig bringen noch andere Ursachen eine Umgehung der An¬
zeigepflicht zu Wege. Vornehmlich ist es auf dem Lande und auch in
kleineren Städten die Besorgniss vor den möglicherweise entstehenden Ver¬
kehrs- und Geschäftsstörungen, vor mancherlei Unbequemlichkeiten, welche
das Bekanntwerden und die etwa angeordnete Isolierung zur Folge haben
können. Man verheimlicht die Krankheit entweder ganz oder so lange als
möglich, wozu bei den vielen Interessen, die mitspielen, die verschiedensten
Organe mitwirken. Nicht zum mindesten spricht dabei die Sorge mit, dass
den Einzelnen und der Gemeinde etwa ausserordentliche Kosten erwachsen
könnten. Es darf unter diesen Umständen nicht Wunder nehmen, wenn die
Anzeigepflicht zum grossen Theil ihren Zweck nicht erfüllt und erfüllen
kann.
Das Eingreifen des Medicinalbeamtcn, wenn dieses überhaupt verfügt
wird, erfolgt meist zu spät. Gewöhnlich findet er eine ausgebroitote Epi¬
demie vor, gegen die er schwerlich imstande sein wird, wirksam anzu-
kämpfeu. Die Entsendung der Physiker erfolgt in einzelnen Regierungs¬
bezirken, auch in den einzelnen Kreisen nicht immer nach denselben Ge¬
sichtspunkten. Namentlich in letzteren kommt cs sehr auf die Auffassung des
Landrathes an, ob dieser geneigt ist, für die Nothwendigkeit der Maassregel
einzustehen. Im allgemeinen findet die Entsendung der Physiker nicht zu
häufig statt. Beispielsweise wurde nach dem Generalsanitätsbericht für den
Regierungsbezirk Liegnitz für die Jahre 1886—1888 jeder Physikus jährlich
zu sanitätspolizeilichen Verrichtungen durchschnittlich fünfmal entsandt,
ln 4 Kreisen stieg die Zahl in einzelnen Jahren bis auf 10 oder etwas dar¬
über, in 5 Kreisen kamen nur 1 bis 2 sanitätspolizeiliche Requisitionen
vor, trotzdem überall weitverbreitete Epidemieen herrschten. Von Laien und
Aerzten kann man daher oft genug die Klage hören, dass die Anzeige eine
leere, oft recht lästige und störende Form sei, die einen besonderen Erfolg
doch nicht habe imd daher besser zu unterlassen sei.
Nicht viel besser steht es mit den nach Ausbruch einer Epidemie von
Seiten der Sanitätspolizei zu ergreifenden Maassnahmen der Isolirung der
Kranken und später der Desinfection. Die, wie oben ausgeführt, so häufig
verspätete Anzeige lässt es meist ganz zwecklos erscheinen, den Physikus
nach den ergriffenen Orten zu entsenden. Falls dies geschieht, findet er
dann gewöhnlich eine weit verbreitete Epidemie, die vielleicht schon im Er¬
löschen ist oder bei der fast jedes Haus Kranke beherbergt, der er machtlos
gegenüber steht. Kommt er aber auch rechtzeitig, so steht es mit der Aus¬
führung der von ihm angeordneten Maassregeln doch oft genug recht übel.
Dieselbe hängt von dem Verständnis, dem guten Willen des Amtsvorstehers
und der niederen Organe, und nicht zum wenigsten davon ab, ob Geld¬
opfer damit für die Gemeinde und die einzelnen Betroffenen verknüpft sind.
Ebenso sprechen Geschäfts- und Verkehrs- und andere Interessen auch noch
mit,. Letzteres ist besonders der Fall bei etwa verfügter Isolirung der ein¬
zelnen Kranken oder einer ganzen Familie, die meist ein Gehöft inne hat.
Der Geschäftsgang ist dann der Art, dass der Amtsvorsteher oder in dessen
Vertretung zumeist der Gutsinspector oder Amtsschreiber den betreffenden
Gemeindevorsteher mit der Ausführung betraut. Dieser sendet den Gemeinde¬
diener mit einer kleinen lafel, auf der die betreffende Krankheit verzeichnet
ist, an Ort und Stelle. Daselbst wird sie möglichst verborgen und unkennt¬
lich angebracht, um keine Störungen zu veranlassen. Damit ist der amt¬
lichen Verfügung Genüge geleistet. In kleinen Ortschaften wird, da die Be¬
wohner sich genau kennen und alle Vorgänge sofort erfahren, die Sache
nicht von grosser Bedeutung sein, aber in langen, oft über 8 km ausge¬
dehnten, zerstreut liegenden Dörfern wird von einer Isolirung dann nicht
mehr die Rede sein können. Sind nur wenige Kranke am Orte, so würde
die Absonderung einer Famjlie bei strenger Beobachtung der Vorschriften
im allgemeinen leicht durchführbar sein, da die einzelnen Familien gewöhn¬
lich ein Gehöft bewohnen. Schwieriger ist es, einzelne Familienglieder ab¬
zusondern, da dieselben vielfach nur einen einzigen Raum bewohnen und zu¬
sammen schlafen. Auf grossen Gütern, wo grosse Gesindehäuser mit zähl-
rrnchen Arbeiterfamilien belegt sind, die oft einen engen Raum, besonders
die Küche gemeinschaftlich benutzen, ist es bei vielen Erkrankungen nicht
möglich, eine Absonderung durchzuführen. In kurzer Zeit sind dort meist
saraintliche Familen von der Krankheit ergriffen, wenn nicht gleich bei der
ers en Erkrankung durch den Besitzer der betreffenden Familie ein leerer
Stall oder ein anderer abgesonderter Raum angewiesen wird. Wenig Erfolg
bietet die Schliessung der Schule auf dem Lande, da die Kinder fast den
ganzen 1 ag sich selbst uberlassen sind und der Verkehr der Kinder unter¬
einander m der schulfreien Zeit in kleinen Ortschaften ein viel innigerer
als m der ^tadt ist. Das Verbot des Ausstellens der Leichen an In-
fectionskrankheiten Verstorbener wird von den Landleuten nur sehr schwer
befolgt. Sie empfinden dies ebenso wie das Verbot der Schulbegleitung bei
Begräbnissen als einen dem Todten angethanen Schimpf. In der Umgehung
unterstützt^'' Werd<m ^ ° ft gCnUg aUch VOn den kirchli <*en Organen
Was nun die Desinfection anbelangt, so wird sie, wenn sie verfügt ist.
Lan , d< V aUch T unv ? llk '^nien gehandhabt, da sie gewöhnlich von
dun Gemeindediener ohne jede Sachkenntnis vorgenommen wird. Dieselbe
beschrankt sich gewöhnlich auf das Aufstellen einiger Näpfe mit Chlorkalk,
die man ohne Zusatz von Säure oft noch nach vielen Tagen in den be¬
treffenden Krankenzimmern vorfindet. Zwar sind in einzelnen Kreisen vom
Physikus geprüfte Desinfectoren vorhanden. Dieselben können aber auf
dem Lande kaum ihre Thätigkeit entfalten, da weder die Gemeinde noch die
von der Krankheit Betroffenen die Kosten tragen wollen, vielfach auch nicht
können. Das Weissen der Wände und Decken der Zimmer mit Chlorkalk
oder gewöhnlichem Kalk, das Abwaschen der Fussböden, Hausgeräthe mit grüner
Seife, das Verbrennen des Bettstrohs, das Begiessen etwaiger Abgänge der
Kranken mit Carbollösung wird zwar stets von dem Physikus dem Gemeinde¬
vorsteher streng anbefohlen, aber unterbleibt oft genug, da es für über¬
flüssig gehalten wird und eine Controlle schwer auszuführen ist. Nicht
böser Wille, aber Indolenz, das Hängen an alten Gebräuchen und die Scheu
vor entstehenden Kosten verhindern die Ausführung der besten Vorschriften
bei dem gewöhnlichen Landmanne. Grosse Schwierigkeiten entstehen auch
beim Desinficiren von Wäsche, Betten und Kleidern. Scheuen sich die Ge¬
sunden nicht, mit den Kranken in einem Bette zu schlafen, so fühlen sie
auch keinerlei Besorgniss, die Kleider der Verstorbenen weiter zu benutzen.
Befinden sich grössere Güter, womöglich eine Fabrik oder Brennerei mit
Dampfbetrieb am Orte, so gelingt es dem Physikus unschwer, wenn er den
betreffenden Besitzer dafür interessirt, die Desinfection durch Her¬
stellung eines improvisirten Dampfapparates, wie in der Ministerialverfügung
vom 14. Juni 1888 bezüglich der Desinfection bei Cholera angegeben ist,
durchzuführen. Besser ist das Verhältniss in den kleineren Städten oder
in den Ortschaften, wo ein Arzt ansässig ist. Meist ist dieser dann in
der Lage und hat das Interesse, die nothwendigen Desinfectionsmaassregeln
zu überwachen und zu leiten.
Wendet man sich nun zur Betrachtung der allgemeinen hygienischen
Verhältnisse auf dem Lande, so erweisen sich dieselben nur selten zufrieden¬
stellend, in vielen Gegenden überaus schlecht. Man findet, allerdings nur
bei ganz armen Leuten, noch immer schlechte, elende Hütten, deren Fenster
mit Moos verpackt und nicht zu öffnen sind, niedrige, kleine, dumpfe Räume,
deren Fussböden oft nicht gedielt sind, die einer grossen Anzahl von Per¬
sonen zum Aufenthalt dienen, mitunter auch noch Geflügel oder Vieh be¬
herbergen. Die Ställe sind dicht am Hause, die Düngergruben und der
offene Ziehbrunnen gleich daneben. Werden im Sommer alle diese Nach¬
theile durch den beständigen Aufenthalt in frischer Luft aufgewogen, so
treten sie desto greller im Winter zu Tage, oder dann, wenn durch schwere
Erkrankung die Mitglieder der Familie an das Zimmer oder Bett gefesselt
sind. Die für mehrere Personen eingerichteten grossen Bettladen beher¬
bergen dann oft Kranke und Gesunde. Bei der Unausführbarkeit der Ab¬
sonderung, bei dem Mangel frischer Luft, guter Pflege und ordentlicher
Ernährung, meist auch jeder ärztlichen Behandlung, erscheint es nicht
wunderbar, dass die Krankheiten viel schwerer auftreten und viel weiter um
sich greifen. Besser sind die Verhältnisse bei wohlhabenden kleinen Be¬
sitzern und bei grösseren Bauern, obgleich für das Gesinde derselben, was die
Wohnung betrifft, sehr schlecht gesorgt ist. Letzteres wird aber dadurch
aufgewogen, dass sie im übrigen als zur Familie gehörig gezählt werden,
sich beständig bei dieser aufhalten und die Nahrung mit ihr theilen. Bei
den grösseren Grundbesitzern ist dagegen viel geschehen, um sesshafte Ar¬
beiter und Dienstleuto zu erhalten, diesen eine bessere Häuslichkeit zu
schaffen. Fast überall findet man dort die Arbeiter in eigenen kleinen Häus¬
chen mit Vorgärten untergebracht, und vielfach ist ihnen gestattet, Hühner,
Schweine etc. zu halten. Eine Riesenaufgabe für die Organe der Sanitäts¬
polizei ist es, die schlechten hygienischen Verhältnisse der ärmeren Bevölkerung
zuverbessern. Alte Gewohnheit,Unverstand,Unkenntnissund häufig
böser Wille sind zu überwinden. Wenn der Physikus nicht eine weit
verbreitete Landpraxis hat, wird er diese Verhältnisse überhaupt nicht viel zu
Gesichte bekommen, da er amtlich nur selten Gelegenheit hat, denselben näher
zu treten. Geschieht dies, so ist der Widerstand, den er bei der Ausführung
auch der nothwendigsten hygienischen Maaassregeln findet, ausserordentlich
gross. Gewöhnlich scheitert selbst bei gutem Willen Alles an dem Kosten¬
punkte. Weder der Amtsbezirk, noch die Gemeinde, noch der Einzelne
findet sich zur Tragung der Kosten gern bereit. Durch alle möglichen Mittel,
auch durch immer wiederholte Eingaben an die Oberbehörden sucht man
dann die lästigen Maassregeln zu verhindern, oder wenigstens auf lange Zeit
zu verschieben. Wie schwer es oft hält, nur einen Brunnen auf dem Lande
zu schliessen, weiss jeder, der damit zu thun hatte. Dass in dieser Beziehung
ausserordentlich viel zu thun ist und dass die vorhandenen Organe der
Sanitätspolizei nicht immer ausreichen, weder um die vielen, für gewöhnlich
verborgen gehaltenen gesundheitlichen Schäden zu entdecken, noch die zu
Tage tretenden zu beseitigen und so auch den so verheerend auftretenden
Epidemieen einen Damm zu setzen, kann nicht bezweifelt werden. Es muss
aber die Aufgabe einer weiterblickenden Hygiene und Sanitätspolizei sein,
Mittel zu finden, welche ohne zu grosse Belastung des Staates, der Gemeinden,
der Einzelnen hierin Wandel schaffen und das Auftreten von Epidemieen ver¬
hindern, welche kein unbedingt nothwendiges Uebel sind. Dass eine einzelne
Maassregel nicht im Stande ist, dies zu erreichen, ist klar. Grosse organi¬
satorische Veränderungen einzuführen, dazu bedarf cs grosser Mittel, Vor¬
bereitungen und noch vieler Erfahrungen. Man wird deshalb immer mit den
bestehenden Verhältnissen zu rechnen haben, und es fragt sich nun, ob man
auch bei der gegenwärtigen Organisation der Sanitätspolizei nicht mehr zu
leisten imstande ist als bisher. Gewiss ist dies der Fall; dafür sprechen die
Erfahrungen einzelner Physiker. Immerhin sind diese doch nur als das Resultat
besonderer Begabung und Energie und des Zusammenwirkens vieler günstiger
Umstände, wie z. B. besonderes Interesse des Landraths, der Polizeibehörden,
Entgegenkommen der Bevölkerung etc. aufzufassen. Aber auch ohne diese
müsste es zu erreichen sein. Vielleicht dienen nachstehende Ausführungen
dazu, einige Anhaltspunkte zu bieten.
Der Ausbruch einer epidemischen Erkrankung ist als ein Unglücksfall
zu betrachten, der zwar zuerst nur Einzelne betrifft, dann aber die
Gemeinde, oft auch einen weiteren Kreis und grössere Länderstrecken,
imter Umständen sogar eine ganze Provinz, ja den Staat bedrohen kann.
Die Schuld kann nur in seltenen Ausnahmefällen einen Einzelnen treffen,
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30. August.
in der Regel sind mangelhafte Einrichtungen und Vernachlässigungen
seitens der Gemeinde, des Kreises, der Provinzen die direct oder indirect
die Ausbreitung befördernden Ursachen. Unter Umständen wird eine Ur¬
sache überhaupt nicht gefunden werden können. Es möchte unter dieser
Voraussetzung wohl gerechtfertigt erscheinen, dass, wenn eine Gefahr für
Alle besteht, auch Alle, die Betroffenen sowie die augenblicklich noch nicht
von dem Unglücksfall Betroffenen, aber davon Bedrohten, sich zur Abwehr
gegen denselben vereinen. Hiernach sind die Kosten für die Abwehr der
Epidemieen, für die bei ihrem Auftreten zu ergreifenden sanitätspolizeilichen
Maassregeln nicht dem Einzelnen zur Last zu legen, sondern müssen von der
Allgemeinheit getragen werden, also entweder von einem grösseren Gemeinde¬
wesen, vom Kreise oder von der Provinz, eventuell vom Staate. Je grösser
der Kreis ist, der für die Abwehr der Gefahr eintritt, desto ge¬
ringer würde die Last für den Einzelnen sein. Es würde dann auch
ein Hauptgrund, die Scheu Yor den Kosten und der Mangel an disponiblen
Mitteln, der gegenwärtig so lähmend auf alle Maassnahmen einwirkt und
diese zum Theil vereitelt, wegfallen. Es würde, wenn der Kostenpunkt nicht
wie bisher mitspricht, bei systematischem Vorgehen eine Besserung der
hygienischen Verhältnisse und ein rechtzeitiges Eingreifen bei entstehender
Gefahr ermöglicht werden.
Es liegt unter diesen Voraussetzungen nahe, an der Errichtung von
Kreis- oder Provinzialversicherungen, bezw. mit Rückversicherung
auf den Staat bei Ausbruch grosser, den Staat bedrohender Volksseuchen, wie
z. B. der Cholera, gegen den Ausbruch und die Ausbreitung von Epidemieen zu
denken. Bei Thierseuchen besteht eine derartige Versicherung bereits und
hat sich als segensreich erwiesen. Da alle in einem Orte oder in einem
Kreise Wohnenden der Gefahr, bei einer Epidemie von dieser ergriffen zu
werden, ausgesetzt sind, so könnten nur der Kreis oder der Regierungsbezirk
als Versicherungspflichtige angesehen werden. Der Unterschied gegen den be¬
stehenden Zustand läge darin, dass nicht der einzelne von dem Unglücksfall
Betroffene, sondern auch alle zu einem grösseren Verbände Gehörigen, auch
wenn sie nicht betroffen sind, zur Abwehr des Unglücks herangezogen würden.
Nimmt man den Fall einer Kreisversicherung an, so würde jede Ortschaft ge¬
zwungen sein, nach Maassgabe der Einwohnerzahl beizusteuern. Da die Ort¬
schaften indess nach Lage, Bodenbeschaffenheit, nach den bestehenden sani¬
tären Verhältnissen sehr verschieden sind, so könnte nicht ein Einheitssatz in An¬
wendung kommen, sondern es wären verschiedene Gefahrenklassen aufzustellen,
je nach der Häufigkeit der in einem bestimmten Zeiträume bisher aufgetretenen
Epidemieen und nach den örtlichen, dieselben begünstigenden Verhältnissen.
Ein Ort könnte aus einer höheren in eine niedere Klasse versetzt werden,
wenn eine Besserung der hygienischen Verhältnisse eingetreten wäre. Da¬
durch, dass die Versicherungsgesellschaft aber auch ihrerseits durch Unter¬
stützung aller sanitären Bestrebungen und durch Mitwirkung bei Her¬
stellung aller Einrichtungen, welche dieselbe befördern, thätig wäre, würden
die Gefahren vermindert und ein Kapital für unvorhergesehene, plötzlich
auftretende, sich schnell weiter verbreitende Epidemieen gesammelt werden
können. Kosten für Verwaltung, Abschätzung etc. würden nicht entstehen,
da die Beamten des Kreises oder der städtischen Gemeinden dazu heran¬
gezogen werden könnten. Nach ungefährer Berechnung würden sich die
Beiträge auf 60 bis 100 M. das Jahr für je 1000 Einwohner durchschnitt¬
lich stellen. Diese Ausgabe könnte nicht in Betracht kommen gegen die
Summe der Einbusse an Privatvermögon, Arbeitskraft und gegen den Jammer
und sonstige Verluste, welche Epidemieen zur Folge haben, wenn es ge¬
länge, die Krankheits- und Sterblichkeitsziffer dadurch herabzudrücken.
In erster Linie würde vorläufig dies nur den Erfolg haben können, die drin¬
gendsten sanitätspolizeilichen Massregeln schnell und gründlich durch¬
zuführen.
Um dies zu erreichen, wäre vor allem eine Aenderung der Anzeige¬
pflicht erforderlich, und zwar der Art, dass die Anzeige von den Be¬
theiligten oder im Unvermögensfalle von der Gemeindebehörde, wenn mög¬
lich telegraphisch direct dem Kreisphysikus zuginge. Dies lässt sich durch
einfache Polizeivorschrift erreichen, wie es ja auch schon bei Kindbettfieber
eingeführt ist. Bei gleichzeitigem Auftreten von fünf und mehr Erkrankungs¬
fällen wäre der Physikus gehalten, an Ort und Stelle die nöthigen Erhe¬
bungen und Anordnungen zu treffen, im übrigen müsste es seinem Er¬
messen anheimgestellt bleiben, dies zu thun. Ferner wäre dann unerlässlich
eine strengere Durchführung der erforderlichen Absonderung und
einDesinfectionszwang. Zur sachgeraässen Desinfection dürften dann nur
die geprüften Desinfectoren herangezogen werden. Es würde gewiss kein
Mangel an solchen entstehen, da es genug Leute auf dem Lande giebt, die
sich ebenso wie zu dem Amt als Fleischbeschauer zu dem als Desinfectoren
drängen würden, wenn sie die Aussicht auf einen öfter sich bietenden Ver¬
dienst hätten. Mit Hülfe der Versicherungsgesellschaft könnten nach und
nach dann Dcsinfectionsapparate angeschafft vrerden, selbstverständlich,
da sie bei der dichteren Bevölkerung nothwendiger sind und öfter be¬
nutzt werden, zuerst in den Städten. Es kann nicht davon die Rede sein,
so grossartige Anstalten mit einer grossen Zahl von Beamten und allem
Zubehör zu errichten, wie sie in den wenigen grossen Städten, in denen
sich Desinfectionsanstalten befinden, vorhanden sind. Eine kleine Des-
infectionskamraer, vielleicht an eine vorhandene Dampfkraft angeschlossen,
genügt durchaus und kann segensreich wirken. Derartige Apparate
lassen sich auf dem Lande, wo fast auf jedem Dorfe jetzt eine Brennerei
oder sonst eino Fabrik mit Dampfbetrieb sich befindet, gewiss leicht im-
provisiren und sind von mir improvisirt worden, ebenso wie von vielen
Anderen. Man hat von verschiedenen Seiten für das Land fahrbare Des-
infectionsapparate empfohlen. Es ist jedoch dabei zu bedenken, dass diese
sehr theuer sind, dass sie sachverständiger Bedienung bedürfen und dass
durch den Transport, der oft auf langen, schlechten Wegen sich recht schwer
bewerkstelligen lässt, leicht der Apparat zu Schaden kommen kann, so dass
er im Bedürfnissfalle nicht functionirt. Längere Zeit dürfte er oft auch nicht
benutzt werden, könnte durch Rost leiden oder dann wieder nicht aus¬
reichend erscheinen, wenn er gleichzeitig an verschiedenen Orten erforderlich
699
wäre. —Wünschenswert wäre es, wenn jede Ortschaft ebenso wie siegegen
Feuersgefahr eine Spritze besitzt, gegen die Infcctionskrankhciten einen
kleinen Desinfectionsapparat .besässo. Für dessen Anschaffung müsste dio
Versicherungsgesellschaft Prämien aussetzen. Es möchte gewiss einer Ge¬
sellschaft nicht schwer fallen, bei zahlreichen Bestellungen die Fa¬
briken zu veranlassen, recht billige, einfache Apparate herzustellen. Dio
Technik schmiegt sich ja den Bedürfnissen stets an. Zu bedenken ist. auch,
dass in der Zukunft vielleicht noch andere weniger umständliche und kost¬
spielige Maassnahmen für Desinfection oder für Unschädlichmachung der Krank-
heitskeirae gefunden werden. Die vielversprechenden Fortschritte, die in
der Lehre von der Immunität gemacht sind, geben der Hoffnung Kaum, dass
das Ziel auf einfachere Weise zu erreichen ist.
Es möchte wohl scheinen, dass eine derartige Versicherung für den
Kreis ein recht überflüssiger Apparat sei, da der Kreis ohnedies in seinem
Budget für sanitäre Einrichtungen grössere oder kleinere Summen einstellt,
speciell die Entsendung des Physikus in Fällen von Epidemieen aber auf
Staatskosten geschieht, der Kreis also unnöthig belastet würde. Hiergegen
ist anzuführen, dass gegenwärtig im allgemeinen die von den Kreisen für
sanitäre Zwecke aufgewandten Mittel sehr geringe sind, dass die Kosten den
einzelnen Amtsbezirken und kleineren Gemeinden zur Last fallen und mög¬
lichst abgeschüttelt werden, dass der Physikus nur in den seltensten Fällen
auf Staatskosten entsandt wird und dass so den Gefahren, welche dem ganzen
Kreise drohen, nur in der ungenügendsten Weise begegnet wird. Ob aber
eine Kreisversiclierung ausreichen würde, ist eine andere Frage. Als das
Wünschenswertheste muss ciucProvinzial Versicherung bezeichnet werden.
Es würden dann grössere Mittel disponibel sein und namentlich auch weitere
Gesichtspunkte für die Besserung der hygienischen Verhältnisse maassgebeml
gemacht werden können. Schon gegenwärtig hat die Provinz in ihrem Haus¬
halt Ausgaben für sanitäre Einrichtungen eingestellt. Es sind dies dio Unter¬
haltungskosten für Irrenanstalten, das Landarmeuwesen, Beihilfen für (.'haussee-
bauten und Wegeverbesserungen, die Kosten für lleguliruug grösserer
Wasserläufe. Dieser Kreis könnte erheblich erweitert werden, ohne dass,
wie mir versichert wurde, die Leistungsfähigkeit der Provinz erschöpft würde.
Wenn die Provinz recht erhebliche Beihilfen für Verbesserung von Wegen
gewährt, welche mitunter anscheinend nur dem Interesse eines einzelnen
Besitzers dienen, sollte es da nicht viel mehr gerechtfertigt erscheinen, wenn
sie Beihilfen an Gemeinden gewähren würde, welche grössere hygienische
Einrichtungen zu treffen wünschen und aus eigenen Mitteln dies nicht können?
Gewiss würden derartige Beihilfen oder Prämien dazu dienen, in den Ge¬
meinden den Sinn für hygienische Verbesserungen zu heben, und so der
Allgemeinheit der Provinz zu gute kommen. Solche Beihilfen könnten z. B.
gewährt werden zur Anlage von Wasserleitungen, Canalisation, Errichtung
von Schlachthäusern, Kranken-, Siechen- und Obdachhäusern, Anlage von
Desinfectionsanstalten oder zur Errichtung von bakteriologischen Abteilungen
in den vorhandenen Krankenhäusern. Freilich könnten letztere nur in den
bescheidensten Grenzen sich halten, doch möchte der Zeitpunkt wohl
nicht so fern liegen, wo auch an kleineren Krankenhäusern derartige Ab¬
teilungen ein Bedürfniss werden. Solche Abtheilungen an einem Kreis-
krankeuhause könnten aber auch noch in anderer Hinsicht für den Kreis
segensreich werden. Dort könnten alle Untersuchungen auf Wasser, Boden-
beschaffcnheit etc. geführt werden, wenn ein darin geübter und ausgebildeter
Arzt vorhanden wäre. Wie schwer cs gegenwärtig ist, solche Untersuchungen
ausgeführt zu erhalten, und mit welchen Kosten es verknüpft ist, davon wissen
manche Comraunen zu erzählen. Es wird daher meist eine solche Unter¬
suchung überhaupt nicht veranlasst. Vorläufig dürfte es allerdings noch
schwer halten, derartige Kräfte zu erlangen. Würde indessen beim Physikats-
examen auch mehr Gewicht auf diese Gegenstände gelegt werden, so würde
es ein weites, lohnendes Feld für die Thätigkcit des Kreiswundarzt.es bilden
können, während dieser Beamte gegenwärtig in sanitätspolizeilichen Ange¬
legenheiten schwerlich ausser in Vertretung des Physikus einmal in Thätig*
keit kommt. Immer dringender macht sich für einen Kreis bei der Aus¬
dehnung der Alters-, Invaliden- und Unfall-Versicherung auf die ländlichen
Arbeiterkreise die Notlnvendigkeit zur Errichtung eines Kreiskranken¬
hauses geltend. Es wäre nur folgerichtig, dass in diesem der Physikus als
dirigironder Arzt und der Kreiswundarzt als dessen Vertreter und Vorsteher
einer bakteriologischen Abtheilung zu fungiren hätte. Letzterer könnte dann
vielleicht im Verein mit den in Aussicht genommenen Lebensmittelchemikem
alle diese Untersuchungen übernehmen.
Unter den bisherigen Verhältnissen könnten die beiden Kreismcdicinal-
beamten eine weitere nutzbringende Thätigkeit zur Verbesserung der
hygienischen Verhältnisse entfalten, wenn sie dafür sorgten, dass das Ver¬
ständnis für die Grundsätze der Hygiene in die weitesten Kreise
verbreitet würde und dass namentlich die vielen geeigneten Kriitte, die
sich unter den Aerzten, Apothekern, Fabrikbesitzern, Gutsbesitzern, Lehrern
und vielen anderen im Kreise befindlichen Personen linden, zusainmen-
gefasst würden und dann gemeinschaftlich nach bestimmten Grundsätzen
wirkten. Vornehmlich wären es die Guts- und Fabrikbesitzer auf dem Lande,
welche für diese Angelegenheit, zu interessiren wären. Dass diese Herren
ein lebhaftes Verständniss dafür haben und oft genug hygienische Fragen
in den Bereich ihrer Berathungen ziehen, weiss Jeder, der zeitweise den
Verhandlungen in den landwirtschaftlichen Vereinen beigewohnt hat.
Man darf nur an die zahlreichen Discussioncu über Milchgeuosseuschaften,
Thicrseuchen, Arbeiterwohnungen, Fleischversorgung etc. denken. Hieran
müsste man anschliessen, mit den landwirtschaftlichen Vereinen in Ver¬
bindung treten und gewisse Versaramlungstage zu hygienischen Erörterungen
bestimmen. Man würde erstaunt sein, welche Fülle von Erfahrungen und
Beobachtungen dort zu finden ist. Wollen wir eine Verbesserung dm
hygienischen Verhältnisse auf dem Lande erzielen, so sind es immer nun io
Gutsbesitzer, von denen dieselben gefördert und ins Leben gerufen werden.
Au ihnen nehmen sich dann auch die Bauergutsbesitzer mn Beispiel. ie
Besitzer sind es, die den Arbeitern dio Wohnungen bauen, ihre krauen stehen
den Armen und Kranken bei, sorgen für die Unterweisung der weiblichen
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
700
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Laadkinder in ^weiblichen Handarbeiten und ziehen oft genug Diakonissinnen
oder andere bchwestern auf’s Land, wo diese oft eine viel gesegnetere
Phätigkeit entfalten können als in den Städten. Es wäre wünschens-
wertk und müsste auf jede Weise befördert werden, dass recht zahlreiche
derartige Schwestern auf die Dorfschaften vertheilt würden, weil der segens¬
reiche Einfluss, den diese auf die sanitären Verhältnisse ausüben, ein nicht
genug zu schätzender ist.
Eine andere Maassregel von grosser Wichtigkeit für die Sanitätspolizei
auf dem Lande möchte noch die Einführung von niederen Organen sein,
Gesundheitsaufsehern und Desinfectoren. Letztere sind, wie oben aus¬
geführt, in einzelnen Kreisen schon vorhanden und sind bei Desinfectionszwang
unerlässlich. Was die Gesundheitsaufsehor betrifft, so haben sich diese
in England bereits bewährt und sollen in Berlin eingeführt werden. Die
vielen sanitären Missständo auf dem Lande kennen zu lernen, hat der
Physikus in seiner Amtstätigkeit nur selten Gelegenheit. Als Arzt, wenn
er viel auf dem Lande praktiziert, kommt er eher dazu. Aber auch da ent¬
geht ihm so manches. Ein am Orte Wohnender, der genötigt ist, sich
darum zu kümmern, der alles recht genau kennt und auch das nötige Ver¬
ständnis:? dafür besitzt, ist für gewöhnlich der Lehrer. Ein gewisses Maass
von hygienischen Kenntnissen erscheint für den Lehrer überhaupt erforder¬
lich. Es möchte daher sehr nützlich erscheinen, wenn man die Lehrer auf
dem Lande und in kleinen Städten zu einem Kursus in der Hygiene, der
sich auf Boden, Wasser, Luft, Schule, Wohnungen und Ernährung bezöge
bei dein Kreisphysikus vereinigte. Dieselben könnten dann als vortreffliche 5
Gesundheitsaufseher auf dem Lande tätig sein, dem Physikus die erforder¬
lichen, regelmässigen Berichte liefern und auf die vorhandenen Schäden hin-
wcjsen. Line durch dieses Nebenamt ihnen zugeführte Erhöhung ihrer
Km?, durfte lhr Interesse für die Sache stets wach halten. Viel vor¬
teilhafter und einheitlicher könnten sich alle diese Einrichtungen gestalten
of-u die „ K : ei .? e T d dic ausscrhalb des Kreisverbandes stehenden grösseren
Städte selbst ihre Sanitätsbeamten aus der Zahl der pro physicatu geprüften
Aerzte anstellten. Ls wurde dies allerdings eine Uebertragung der Sanitäts-
pohzei auf die Comnmnen voraussetzen, wie sie für Berlin und Breslau von
den königlichen und städtischen Behörden bereits in Aussicht genommen
worden ist. Nach Ueberlassung der Grund- und Gebäudesteuer an die
Gommunen mochten die für diese Einrichtung erforderlichen Mittel wohl
vorhanden sein.
Vielleicht ist es möglich, diesen Vorschlägen einmal näher zu treten.
Dass eine Versicherung gegen Epideraieen bei Menschen in der oben ange-
iSTZJT d ^ fuhrbar , wurde mir von versicherungstechnischer
1 r e ! klart ’ ai ; ch behauptet, dass eine Versicherungsgesellschaft
s eher einen Gewinn erzielen möchte. Dass eine Versicherung unter gewissen
Modifikationen aber auch für grosse Städte von Vortheil sein könnte, ist
wohl anzunehmen Erwägt man beispielsweise, welche Kosten in Berlin
fS* 6 “ 7 elch ? inf0, » e Von Diphtherie, Scharlach etc. in der
Familie genothigt sind^ mehrere Räume desinficiren zu lassen und wie
werden !° ch ausse Fff c wohnli c he Unkosten Unbemitteltere getroffen
werden, so wurde man gewiss nicht fehl greifen, wenn man einer Versiche-
rung, die durch einen jährlichen Beitrag von vielleicht 2—3 Mk die Möcr-
Äh“" 8 ' UUeB,geltlichen bäte, eine recht weite VcrbeeHung
VII. Achter internationaler Gongress für
Hygiene und Demographie.
Coilo i™ 1- September wird in Budapest der achte internationale
Kongress für Hygiene und Demographie eröffnet.
VN enn man den internationalen Aerzteversammlungen eine ire-
und ' B fOr d dta U Ä S flo d ‘ e S ? li 1 C ? tun | : wi ssenschaftliclier S Streitfra|en
und f ur die Aufklärung dunkler Probleme beimisst, so verdienen
Durch J dm n T n ? reSSI i ll J ese W erthsel >ü^ u ng in besonderem Grade.
£, rc G d ® n Austausch der Erfahrungen, welche die Hygieniker der
» edenen -^. atl ? nen r m lhren durcl1 m annichfaltige Sonderverhält-
«rnsr 1 L Ü nder , n gesammelt haben, werden die Regeln
Individnor» a de J hygienischen Lebensbedingungen der
Individuen und \ olker auf eine breitere Basis gestellt* auf diesen
runT^v-Tf S u anifcätsc . onve nten werden die Mittel ’zur Förde¬
rung r vielfachen, stets sich erweiternden Aufgaben der Nah-
und g sMdlrnden g Tf’r,Vt Werb * e '’ St '. idteh yg iene etc. einer sichtenden
una sondernden Kritik unterworfen; hier werden in eine-ehenden
Auf so bedeutsamen Gebieten und nach so zahlreichen DiVh
üsss-aÄtttsas*:
No. 35
sich nach der Hauptstadt Ungarns begeben. Mögen die Forschungs¬
resultate, die aus der Mitte dieser Versammlung hervoro-ehen
reiche Früchte zeitigen und das Wohl der Nationen in'wirk¬
samster Weise erhöhen helfen! j g
VIEL Kleine Mittheilungen.
~ Berlin. Der in ärztlichen Kreisen oft erhobenen Forderung von
Schulärzten, denen die sanitäre Ueborwachung der Schule und —‘“ganz
besonders — der Schüler obliegen soll, scheint neuerdings die Regierung
erfreulicherweise näherzutreten. In ihren jüngst erlassenen Vorschriften
über die Einrichtung besonderer Schulklassen für Schwachbegabte Kinder in
\ olksschulcn heisst der erste Passus: Zur Auswahl der betreffenden Kinder
Jur die besonderen Klassen wird thunlichst ein Arzt zugezo^en weil
körperliche Gebrechen und überstandene Krankheiten mit der zurück¬
gebliebenen geistigen Entwickelung im Zusammenhang zu stehen pflegen
und T “? e , iirz 1 fcllc h e Mitwirkung die Gewähr bietet, das die Ueberweisun*
aut Kinder beschränkt bleibt, die geistig nicht genügend entwickelt sind°
um an dom normalen Unterricht mit Nutzen sich zu betheiligen. — Es ist
dringend zu wünschen, dass die zuständigen Behörden in der Anerkennung
des wohltätigen Einflusses, welchen die praktische Mitarbeiterschaft deJ
Aerzte aul dem Gebiete der gesammten Schulhygiene zu gewinnen vermag
weitere r ortschritte machen. '" "
T) e Privatdocent Dr. Fritz Strassmann ist zum ausserordentlichen
1 rofessor für gerichtliche Medicin ernannt und definitiv mit der Leitung
der Unterrichtsanstalt für Staatsarzneikunde betraut.
■ r ..~ Sanitätsrath Dr. Joseph Samter, der im Jahre 1892 nach
47jah n ger Thätigkeit m Posen nach Berlin übergesiedelt ist, feierte am
21 . d. M. sein fünfzigjähriges Doctorjubiläum.
n ~ ? m städtischen Krankenhause Moabit starb am 24. d. Mts. als
seines _ Berufs Dr. A. Finkeistein, Assistenzarzt der chirurgisclieu
Abtheilung, im Alter von 31 Jahren.
. Das medicinische Waarenhaus zu Berlin hat am 25. August
seine erste constituirende Versammlung abgehalten. U. a. wurde ein
Ausschuss, bestehend aus den Herren Sanitätsrath Dr. Thorner als
erstem Vorsitzenden, Dr. Alexander als stellvertretendem Vorsitzenden.
Professor Dr v. Noorden, Professor Dr. Eulenburg, Zahnarzt Dr.
Arthur Richter gewählt. Ferner wurde in Bezug auf die Wahl der
technischen Commissionen beschlossen, dieselbe der Initiative des ver¬
einigten Ausschusses und Aufsichtsrathes zu überlassen.
or ~ Frankfurt a. M. In Frankfurt a. M. findet in der Zeit vom
2o. Uctober bis 3. November 1894 eine Ausstellung für Kochkunst,
Conditorei, Bäckerei, Armee Verpflegung, Volksornährung und
alle verwandten Gewerbe statt. Unter den 15 Gruppen, in welche die
Ausstellung eingetheilt ist, dürfte namentlich die „Collectivausstellung
lur diätetische Präparate“ interessiren. Anmeldungen sind an das Bureau
der Ausstellung: Palais Restaurant, Frankfurt a. M., zu richten.
Wien. Am 23. d. Mts. erschoss sich im Prater Baron Dr.
I* ^’ be ^ ann f namentlich als Gründer und langjähriger Chefarzt
der W iener freiwilligen Rettungsgesellschaft.
" Calcutta. Vom 24. bis 29. December d. J. wird in Calcutta
der I. Indische medicinische Congress abgehaiten werden. Die
wissenschaftlichen Arbeiten desselben werden folgende sechs Seetionen
umfassen: Medicin und Pathologie; Chirurgie, einschliesslich Ophthal¬
mologie;* Geburtshülfe und Frauen- und Kinderkrankheiten; Hygiene;
Gerichtliche Medicin und Irrenwesen; Pharmakologie mit specieller Be¬
rücksichtigung indischer Droguen.
In Paris besteht die zweckmässige Einrichtung, dass sich jede
Amme auf der Polizeipäfectur einer genauen ärztlichen Untersuchung
unterziehen muss. (Vergl. das Referat von Dr. H. Neumann, Litteratur-
beilage No. 6, S. 39.) Fournier hatte in einer Sitzung der Acadömie
de medeeme (Le Bulletin mddical 1891, No. 49) unter anderem auf einen
Mangel dieser Einrichtung hingewiesen, dass nämlich die Amme keine
Garantie gegen eine syphilitische Ansteckung von Seiten des Säuglings
besitze. Nach dieser Richtung wird es vielleicht allgemeines Interesse
erregen, dass vor kurzem die „Assistanee publique“ verurtheilt wurde, einer
Amme, welche von einem ihr durch diese Administration überwiesenen Siiug-
ünge Lues acquirirt hatte, eine Entschädigung von 7000 Frs. zu zahlen. Die
Grunde wodurch dieses Urtheil gerechtfertigt wurde, sind folgende: Die
Amme war, bevor ihr der Säugling übergeben wurde, gesund befunden
worden. Der Säugling war unbekannten Ursprungs, und deshalb war eine
ausserordentliche Sorgfalt um so mehr gerechfertigt. Einige Tage nach-
dem das Kind der Amme übergeben war, trat Coryza, später ein Exanthem
aut. In einem solchen Falle musste die Administration, zumal das Kind
von vorn herein einen sehr schwächlichen Eindruck machte, vermehrte
Aulmerksamkeit hierauf verwenden, um die Amme vor der Gefahr der
Ansteckung zu schützen. Der Gerichtshof fand, dass die Maassnahmen,
UD f e «^ e ■^ ns ^ ec ^ un & zu verhüten, nicht nach allen erdenklichen Richtungen
getroffen waren und deshalb die „Assistanee publique“ zu verurtheilen sei-
Universitäten. Freiburg. Priv.-Doc. Dr. A. Ojppel wurde
zum a. o. Professor für Anatomie ernannt. — Tübingen. Dr. Roloff
v! i-r!- a ^ s Privatdocent für pathologische Anatomie und Bacteriologie
Mbilitirt. — Heidelberg. Dem a. ö. Professor Dr. Lossen ist der
Gharakter als Honorarprofessor verliehen. — Brüssel. Prof. Dr. Leo
VVarnots ist im Alter von 38 Jahren in Wiesbaden gestorben.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld
iu Berlin W.
Digitized by
Gck igle
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag:
6. September 1894.
M
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet yon Dr. Pani Börner,
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenhnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Uchtenstelnallee 3. Potadamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 3L
I. Aus der Klinik für Kinderkrankheiten am König¬
lichen Charit6-Krankenhause in Berlin.
Praktische Winke zur Behandlung der
Diphtherie mit Heilserum. 1 )
Von 0. Heubner.
M. H.! In dem Augenblicke, wo die theoretisch hochbedeut¬
same Entdeckung von Behring sich anschickt, in die ärztliche
Praxis überzugehen und auf ihre Verwerthbarkeit am Kranken¬
bette geprüft zu werden, halte ich es nicht für einen Raub, als
Praktiker das Wort zu dieser Frage zu ergreifen. Ich thue
dieses nicht etwa, um mich über den Heil werth des Diphtherie¬
antitoxins beim Menschen auszusprechen. Was ich nach kritischer
Prüfung eines früheren, allerdings dem jetzigen an Heilwerth
nachstehenden, Antitoxins hierüber zu sagen hatte, habe ich auf
dem Congress in Rom und ausführlicher im zweiten und dritten
Hefte des 88. Bandes des Jahrbuches für Kinderheilkunde mit-
getheilt.
Ich stelle mir heute vielmehr die anspruchslosere, aber wie
mir dünkt, nicht nutzlose Aufgabe, das Behring’sche Gold, wenn
ich so sagen darf, in ein für den Praktiker handliches Courant um¬
zumünzen. Die Mehrzahl der Aerzte, welche jetzt das Diphtherie¬
heilserum anwenden werden, haben nicht Zeit und Gelegenheit ge¬
habt, die schwierigen und mühevollen Wege, welche der Entdecker
bis zu seinem jetzigen Standpunkte zurückgelegt hat, an der Hand
seiner Abhandlungen mit ihm zu gehen. Sie empfinden aber ge¬
wiss das Bedürfniss, über das Mittel, welches ihnen jetzt zur Er¬
probung in der Praxis geboten wird, genauere Vorstellungen zu
gewinnen. Das ist es, was ich auf Grund meiner Studien der
Behr ing’schen Arbeiten und mannichfacher persönlicher Gespräche
mit ihrem Verfasser in Kürze jetzt versuchen möchte.
Was ist das Antitoxin ? Ein mystisches, unfassbares, geheim-
ni8svolles Etwas? Ein Geheimmittel?
Mit Nichten. Es ist ein Stoff, den man allerdings noch nicht
chemisch definiren kann, der aber im Blutserum von Thieren ent¬
halten ist, welche in einer bestimmten Weise gegen das von den
Löffler’schen Bacillen producirte Gift widerstandskräftig gemacht
worden sind. Es giebt sehr viele Dinge im ärztlichen und nicht¬
ärztlichen Leben, deren Wesen uns nicht genauer bekannt ist, als
das des Antitoxins und mit denen wir doch handtiren, heilen,
Kräfte umsetzen u. s. w. Dieses Antitoxin aber ist in den be¬
treffenden Blutserumarten in bestimmten Mengenverhältnissen
enthalten, welche messbar und damit dosirbar sind. Das dürfte
für uns Aerzte vor der Hand die eine Hauptsache sein.
Eine zweite praktisch höchst wichtige Eigenschaft des Anti¬
toxins ist seine Unschädlichkeit. Jeder Arzt hat die Devise:
primum non nocere zu oberst auf sein Rüstzeug zu schreiben. So
activ nun beim Thierversuch unser Stoff als Gegengift sich er¬
weist, so passiv verhält er sich im übrigen dem thierischen und
menschlichen Organismus gegenüber. Er ruft keinerlei lokale
oder allgemeine Störung hervor. Dieser Satz ist durch eine
nunmehr in die tausende von Einzelbeobachtungen gehende, an
den verschiedensten Krankenanstalten gewonnene Erfahrung sicher¬
gestellt und wird fortdauernd in wissenschaftlichen Instituten
*) Vorträg, gehalten auf dem achten internationalen Congress für
Hygiene und Demographie in Budapest.
weiter überwacht. Als Beweis dieser Unschädlichkeit führe
ich noch eine eigene neue Erfahrung an. In einen Saal der
Kinderabtheilung der Charitö, der mit einer Reihe sehr schwäch¬
licher und junger ein- und zweijähriger Kinder belegt war, war ein
Diphtheriefall eingeschleppt worden. Sofort versuchte ich zehn
dieser hochgradig widerstandslosen, schwachen Kleinen durch Ein¬
spritzung des Antitoxins zu immunisiren. Kein einziges dieser
Kinder trug irgend einen Nachtheil (Fieber, Appetitlosigkeit oder
sonst etwas) davon. Uebrigens wurde auch keines inficirt.
Durch diese Unschädlichkeit unterscheidet sich das Behring-
sche Antitoxin nicht nur von recht vielen Medicamenten unseres
Arzneischatzes, sondern auch von den sogenannten Vaccins. Auch
das Koch’sche Tuberkulin stellt doch immerhin ein abgeschwächtes
Gift dar, es heilt durch Giftgewöhnung, wenn man diesen Ausdruck
brauchen darf. Es ist dem Arsen zu vergleichen, welches der
Steyermärker zur Erhöhung gewisser Leistungen in steigender
Dosis nimmt. Das Behring’sche Antitoxin dagegen entspricht
etwa dem unschädlichen Eisenoxydhydrat, welches die acute Arsen¬
vergiftung durch Herstellung einer ungiftigen Verbindung heilt.
Kehren wir nun zu der erstgenannten Eigenschaft des Anti¬
toxins, seiner Messbarkeit zurück. Wo ist das Maass, der Titer,
an dem gemessen wird? Dieses Maass ist im Besitze der Pro¬
fessoren Behring und Ehrlich und von diesen selbst darge¬
stellt. Es besteht in einer bestimmten Menge Toxins, d. h.
also von Diphtheriebacillen erzeugten Giftes, welches in einer
bestimmten Menge Nährbouillon gelöst ist. Diese Lösung hat
die Concentration, dass 0,4 ccm genügen, um ein Kilo
Meerschweinchen hei subcutaner Iiyection sicher zu tödten
(also z. B. ein Meerschweinchen von 250 g Gewicht wird durch
0,1, eins von 500 g durch 0,2 sicher getödtet).
Eine solche Lösung also ist die Normalgiftlösung. Dass zu
ihrer Herstellung eine Masse von Arbeit, von Thierversuchen und ge¬
nauesten Beobachtungen nöthig ist, kann hier nicht weiter ausgeführt
werden. Jeder in die Methoden gut eingeweihte Sachverständige
kann sich aber eine derartige Lösung selbst bereiten.
Für den Praktiker wichtig ist es aber, dass ein solches Maass
vorhanden ist. Das Antitoxin des von einem vorbereiteten
Thiere gewonnenen Serums wird nun — natürlich wieder durch
eine ganze Reihe von Versuchen — daraufhin geprüft, wieviel von
dem Serum nöthig ist, um 1 ccm der Normalgiftlösung, wenn es
der letzteren im Reagenzglase zugesetzt wird, gerade ungiftig
zu machen. Ein Blutserum, von welchem 0,1 ccm genügt, um
jenen 1 ccm Giftlösung ungiftig zu machen, wird als Normal -
antitoxinlösung bezeichnet, von welcher jeder Cubikcentimeter
eine Normalantitoxineinheit repräsentirt. Jede Normalanti¬
toxineinheit ist also imstande, 10 ccm Normalgift zu „neutrali-
siren“. Wird aber z. B. ein Serum von einem Thier gewonnen,
von welchem 0,01 ccm dieselbe Neutralisation bewirken würde, so
würde der Cubikcentimeter solchen Serams zehn Antitoxin¬
einheiten enthalten, und solch’ ein Serum wird dann als ein zehn¬
faches Normalserum bezeichnet. In der genannten Weise wird
also das von jedem einzelnen Thiere gewonnene Serum geprüft
und die Zahl seiner Antitoxineinheiten in 1 ccm be-
immt.
Das kräftigste Serum, welches bis jetzt in den Handel ge¬
loht worden ist (No. HI), ist ein 140faches Normalserum. Aus
i früheren Ausführungen ergiebt sich, dass 1 ccm von demselben
DO ccm Nonnateiftlösunir neutralisirt: da aber für Meerschweine
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702
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36
von ca. 250 g, an welchen in der Regel die Antitoxinbestimmung
vorgenommen wird, 1 ccm Normalgiftlösung zehn sicher tödtliche
Minimaldosen enthält, so genügt 1 ccm vom 140fachen Normal¬
serum, um 14 000 sicher (für das Meerschweinchen) tödtliche
Diphtheriegiftdosen zu neutralisiren.
Da das Serum liefernde Thier keine Retorte, sondern ein com-
plicirter Organismus ist, so ist es leicht begreiflich, dass die
Serumwerthe im Einzelfalle sehr häufig die vorher gehegten Er¬
wartungen nicht erfüllen. So hohe Serumwerthe, wie die eben
besprochenen, sind bis jetzt nur bei solchen Thieren zu erreichen,
die sehr häufig gefahrvollen Diphtherieinfectionen ausgesetzt wurden,
und die nach jahrelanger Behandlung ganz besonders glücklich davon
gekommen sind. Das ist aber nur bei einem geringen Procentsatz
der behandelten Thiere der Fall. Dieser Umstand hat zur Folge,
dass die Möglichkeit der Lieferung eines sehr stark wirkenden
Serums durch die Höchster Farbwerke noch nicht jederzeit gewähr¬
leistet werden kann.
Soviel Material ist aber jetzt nach Prof. Behring’s Ver¬
sicherung vorhanden, dass No. I des Heilserums, dessen Preis pro
Fläschchen 5 Mark beträgt, jederzeit geliefert werden kann
(aber nicht jederzeit No. H, Preis des Fläschchens 10 Mark und
No. IH, Preis des Fläschchens 15 Mark). Die Höchster Fabrik
verfügt zwar über einen nicht gelingen Betrag sehr starken
Serums, kann ihn aber nicht gänzlich verausgaben. Der noth-
wendig zurfickzuhaltende Vorrath dient dazu, die noch jetzt häufig
gewonnenen schwächeren Serumarten durch Zumischung ganz
starken Serums auf den Werth von No. I zu bringen. Der Werth
dieses Heilserums No. I beträgt 600 Einheiten. Wie aus dem eben
Gesagten hervorgeht, ist dieser Werth nicht immer genau in 10 ccm
des Serums enthalten, sondern z. B. einmal in 9, ein andermal in
11, u. s. w. Die Fläschchen enthalten also nicht immer die gleiche
Gewichtsmenge oder das gleiche Volumen Serum (da dieses
eben zuweilen aus schwächerem und sehr starkem gemischt ist),
aber sie sind stets genau auf die gleiche Menge Antitoxin¬
einheiten geprüft.
Nach der Meinung von Behring genügt für die gewöhnlichen
Diphtheriofälle eine solche Dosis von 600 Einheiten, welche von
ihm als einfache Heildosis bezeichnet wird. Sie ist aber stets
auf einmal und unverkürzt einzuspritzen (also wer grösseres
Volumen im Fläschchen findet, muss mehr als 10 ccm einspritzen,
wer nur 9 ccm im Fläschchen hat, ist deshalb nicht benachtheiligt,
muss aber auch alle 9 ccm einspritzen). °
dem jetzt aber nicht mit der Gewährleistung dauernder
Lieferung — in den Handel gebrachten Fläschchen No. III (Preis
15 Mark) sind ca. 1600 Antitoxineinheiten enthalten (nämlich
11,5 X 140). Sie finden in besonders schweren oder auch in schon
länger fortgeschrittenen Fällen Anwendung; auch diese Dosis ist
auf einmal, unverkürzt einzuspritzen. Wo in schweren Fällen
JNo. 111 nicht geliefert werden kann, muss man zwei Dosen No I
im Verlaufe eines Tages und am nächsten Tage dieselbe Dosis noch
em- oder zweimal einspritzen.
Ganz bedeutend weniger Heilserum hat man nach Behrins
nothig wenn man noch nicht erkrankte Individuen vor dei
Erkrankung schützen will, also z. B. in dem Falle, wo ein Kind
dm Erkrankung aus der Schule in eine kinderreiche Familie ein¬
schleppt, zur Immunisirung der übrigen Kinder. Hier bedarf es
nach der Anschauung von Behring und Ehrlich, die auf eine
bereits nicht geringe Erfahrung im Grossen sich stützt, bei Kin-
dern nur etwa des 10. Theiles des Inhaltes von Fläschchen No. 1
(zu 5 Mark). Man kann dieses auch so ausdrücken, dass man
sagt: der Immunisirungswerth des Heilserums ist mindestens zehn¬
mal so gross, als sein Heilwerth.
die Anwendun g des Heilserums in der Praxis an-
i V ° r al en ? darau£ hinzuweisen, dass das Mittel um
*°. ™ 0hr ^^Ig/erspncht, je frühzeitiger es eingespritzt
SrRpn d DleS °L- An i f0rd A rUng ist gerade bei der Diphtherie von
leicht 7 ii r p P n? ktlSC il ien A ® rzte ’ der Haus- und Familienärzte besonders
Familien ! 68 giebt weni S e Krankheiten, wo die
beehren w* b ^ r . ecbtl £ £e . r Besorgniss so früh die ärztliche Hülfe
begehren, wie bei der Diphtherie. Und man wird das Mittel viel-
a i;fi h m - anfa f gS dia g n <>stisch noch nicht ganz gesicherten
«ä AftEfvas r -•
ääS = ‘ r" Äs tz
Bevor zur Anwendung des Mittels geschritten wird, dürfte
es sich empfehlen, den zu behandelnden Fall prognostisch zu ver¬
anschlagen und diese Veranschlagung zu notiren. Dann gewinnt
man aus den Einzelfällen ein allmählich sich festigendes Urtheil
über die Wirkung des Mittels und über die Grösse der noth-
wendigen Dosis. — Es wird gut sein, hierbei nicht zu viele Nuancen
zu machen.
Man frage sich, kann ich die Prognose im Augenblicke gut
zweifelhaft, oder ungünstig stellen. Bei der verschiedenen
Veranlagung jedes Einzelnen werden die aus solchen Prognosen
sich ergebenden Statistiken natürlich untereinander nicht ver¬
gleichbar sein: aber für den Einzelnen sind sie nützlich, wenn er
verschiedene Perioden seiner eigenen Thätigkeit unter einander
vergleichen will. Letzteres aber sollte unbedingt geschehen, be¬
vor man sich z. B. zur Veröffentlichung seiner Erfahrungen 'ent-
schliesst. Sonst kann, wie das so oft schon bei der Empfehlung
von Diphtherieheilmitteln sich zugetragen hat, eher Verdunkelung
als Klärung der Frage die Folge sein. &
Ich selbst würde z. B. am 1. oder 2. Tage der Krankheit
die Prognose gut stellen, wenn die Ausbreitung und Dicke der
Ausschwitzung mässig ist, zunächst nur eine Stelle der Gaumen¬
schleimhaut ergriffen ist, die Drüsenschwellung gering ist, die
Allgemeinerkrankung sich nur durch Fieber ohne Schwäche¬
symptome seitens des Herzens und Nervensystems zu erkennen
giebt und wenn das Kind über 4 Jahre alt ist,
zweifelhaft, wenn an mehreren Stellen Ausschwitzung vor¬
handen, oder die Affection in der Nase ihren Anfang genommen
hat und nach abwärts gegangen ist, die Drüsen geschwollen und
schmerzhaft sind, ausser Fieber kleiner und frequenter Puls
vorhanden ist, das Gesicht bleich und der Gesichtsausdruck
ängstlich ist, Appetitlosigkeit vorhanden ist, und in jedem Falle,
wenn das Kind 2—4 Jahre alt ist,
schlecht, wenn die Membranen schon über Gaumenbogen und
Uvula ausgebreitet sind, Drüsenpackete am Unterkieferwinkel
fühlbar sind, Appetitlosigkeit vorhanden ist, Hinfälligkeit, grosse
Blässe, Kräfteverfall sich zu erkennen giebt oder das Gesicht gar
bleigraue Färbung angenommen hat, neben hohem oder geringem
Fieber hohe Pulsfrequenz und schwache Herztöne sich zeigen,
Blutungen in der Haut erkennbar sind, die Stimme belegt oder
heiser ist oder gar schon Kehlkopfverengung wahrnehmbar, endlich
in jedem Falle einer Erkrankung im Säuglingsalter.
Es lässt sich an dieser Classification, wie schliesslich an jeder,
etwas aussetzen, sie hat aber wenigstens, wie ich glaube, den Vor¬
zug, dass sie die häufigsten Erscheinungen und Zustände berück¬
sichtigt und einfach ist.
Die Technik der Einspritzung ist durchaus einfach. Jede asep¬
tische Spritze, welche gegen 10 bis 12 ccm fasst, ist brauchbar. Ich
ziehe die Koch’sehe Ballonspritze den anderen vor und bin bisher
folgendermaassen verfahren: Der Glascylinder der Spritze sowie
die Metallcanüle wird vor dem Gebrauche am besten durch Aus¬
kochen in l%iger Sodalösung desinficirt. Zum Einstich unter die
Haut wählt man die Gegenden unter den Clavikeln oder lieber
noch unter den Rippen, die Weichengegenden oder die Innenfläche
der Oberschenkel. Die Haut wird mit Seife gewaschen und mit
Aether gereinigt, der Arzt sterilisirt seine Hände. Vor dem Ein¬
ziehen des Heilserums (direct aus dem Fläschchen, oder vorher in
ein völlig reines kleines Gefäss ausgegossen) in die Spritze wird
letztere und die Canüle nochmals mit Aether und Alkohol gereinigt,
dann durch langsames Ausdehnen des comprimirten Gummiballons
das Serum in die Spritze gesogen, die Canüle aufgesteckt und ein
wenig Serum zur Füllung der letzteren vorgedrückt, dann der Hahn
am Ballon zunächst geschlossen. Dann hebt die linke Hand die be¬
treffende Hautfalte in die Höhe, und die rechte stösst die Canüle
ungefähr 2—3 cm in das Unterhautzellgewebe ein, ohne aber die
gegenüber liegende Haut anzustechen. Jetzt wird der Hahn vor
dem Gummiballon geöffnet und durch langsame Compression des
Ballons die Flüssigkeit in das Unterhautzellgewebe eingetrieben.
Nach Vollendung der kleinen Operation wird auf die Stichwunde
ein reines Pflaster (amerik. Gummielasticumpflaster) gelegt. Ich
rathe, nicht zu massiren. Die Aufsaugung des Serums geht
rasch vor sich und die Schmerzhaftigkeit der Injectionsstelle ist
nach meiner Erfahrung geringer und von kürzerer Dauer, wenn jede
Massage unterlassen wird. Die einzige Belästigung, die bei den
kleinen Patienten häufig nach einer Reihe von Tagen auftritt, ist
eine rasch wieder schwindende Urticaria, die aber wahrscheinlich
nicht auf das Antitoxin, sondern auf andere Eigenschaften des
thierischen Blutserums zurückzuführen ist.
Unter den klinischen Erscheinungen, auf welche man nach
der Anwendung des Mittels besonders zu achten hat, möchten
hervorzuheben sein:
1. das weitere Verhalten der lokalen diphtherischen Aus¬
schwitzung und der Drüsenschwellung;
Original fro-m
UNIVERSITf OF MICHIGAN
6. September.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
703
2. der Gang der Körpertemperatur;
3. das Verhalten der Nierensecretion;
4. das Verhalten des Pulses, der Herzdämpfung und der
Herztöne (des Blutdruckes).
Das, m. H., waren die Punkte, auf welche ich, ausgerüstet
mit einer etwas längeren Erfahrung über das Behring’sche Heil¬
mittel, als sie den meisten von Ihnen zu Gebote steht, Ihre Auf¬
merksamkeit zu lenken mir die Ehre geben wollte.
II. Aus dem Pathologischen Institut der Universität Padua.
Neue Beobachtungen über die diagnostische
und therapeutische Wirkung der Stofif-
weciselproducte des Rotzbacillus bei der
Rotzinfection des Menschen und der Thiere.
Von Prof. Dr. A. Bonome, Vorstand des Instituts.
Einer Infectionskrankheit Vorbeugen oder deren Bestehen mit
genügend sicheren Kennzeichen feststellen, solange die Symptome
noch ganz ungewiss sind, oder aber deren Heilung bewirken,
sind Probleme, die noch bezüglich der. meisten Infectionen ihrer
Lösung harren. Thatsächlich ist die praktische Anwendung einer
Schutzvorkehrung, welche dem Thierkörper eine gewisse Immunität
für ein bestimmtes Virus verleiht, nur bei einer ganz geringen Anzahl
von Infectionen möglich, während es uns nur bei einer noch ge¬
ringeren Anzahl möglich ist, mit Mitteln, die jenen analog sind,
welche zur Verleihung der Immunität dienen, auch Heilung zu er¬
zielen. Bei gewissen Infectionen trifft man sogar auf einen wahren
Antagonismus zwischen der Leichtigkeit, womit man die Immuni-
sirung der gesunden Thiere erzielt, und der Schwierigkeit, auch nur
die erst kaum begonnenen Krankheitssymptome zum Schwinden zu
bringen (Tetanus, Diphtherie). Etwas zweifelhaft ist es noch, ob
man bei gewissen, gewöhnlich sehr langsam verlaufenden Infectionen,
in allen Fällen die Anwesenheit der Krankheit zu erkennen ver¬
mag, ehe sie sich deutlich offenbart. Andererseits haben die
bisherigen Studien vieler Infectionen nicht immer eine absolute
Gleichstellung des an künstlich inficirten Thieren angestellten
Laboratoriumexperiments mit den Untersuchungen von anderen
Thieren oder von Menschen, die an derselben Infection spontan er¬
krankten, erwiesen, da sich nicht immer exact jene Bedingungen
erfüllen liessen, welche die spontane natürliche Infection, und jene
die die experimentelle begleiten.
Aus den soeben angedeuteten Gründen ist es nicht möglich,
die aus dem Studium eines einzelnen pathogenen Bacteriums oder
Virus erhaltenen Schlüsse auf die grössere Anzahl derselben zu
verallgemeinern, wir müssen uns vielmehr auf die Beobachtungen
jeder einzelnen pathogenen Mikroparasiten-Species für sich be¬
schränken.
Ich will hier die hauptsächlichsten Resultate meiner neuen
Studien über die diagnostische Bedeutung und Heilwirkung einiger
Stoffwechselproducte des Rotzbacillus, in Kürze berichten.
I. Diagnostischer Werth der Stoffwechselproducte des
Rotzbacillus.
Zwei Jahre sind es bereits, dass ich in einer vorläufigen Mit¬
theilung die Schlüsse einiger von mir bezüglich der biologischen
Eigenschaften der Stoffwechselproducte des Rotzbacillus (Mallöin)
angestellten Versuche veröffentlichte, indem ich mich als einer der
Ersten mit der Frage beschäftigte, auf welche Weise man jenen
Producten einen wirklich diagnostischen Werth verleihen könne.
Meine damaligen Untersuchungen betrafen nicht nur die von spon¬
taner Rotzkrankheit befallenen Hufthiere, indem sie derart die be¬
züglichen Resultate von Helman, Dieckerhoff und Lothes,
Kalning, Heyne, Schilling, Peters und Fehlisch, Pearson
u. a. bestätigten, sondern auch die Wirkungsweise des Mallöin auf
die kleinen, künstlich rotzkrank gemachten Laboratiumsthiere, was
bis dahin noch kein Forscher berücksichtigt hatte.
Die Thiere, welche mir zum Nachweise dieser Diagnose im
Laboratorium geeignet schienen, indem sie eine durch den Rotz¬
bacillus verursachte Verschlechterung des Allgemeinzustandes sowie
Localerscheinungen darboten, waren: Meerschweinchen, Kaninchen
und Katzen. Ich beobachtete jedoch damals nicht geringe Unter¬
schiede in der Reactionsweise der einzelnen Species der Versuchs-
thiere, Unterschiede, welche ich nicht nur dem verschiedenen
Empfänglichkeitsgrade für das Rotzvirus und den verschiedenen
Entwicfcelungsgraden der Krankheit, sondern auch der Menge und
vielleicht auch der Art der angewendeten Producte zuschreiben
musste. Die geringe Anzahl der damals namentlich mit Einhufern
angestellten Versuche und der Mangel gewisser Kenntnisse
bezüglich der biologischen Eigenschaften des Rotzbacillus ge¬
statteten mir nicht, sicherere Schlüsse zu ziehen. Die später
während der Dauer von mehr als einem Jahre ausgeführten Ver¬
suche rechtfertigten nicht nur meine Zweifel, sondern bewiesen
auch, dass der Grad der Empfänglichkeit, den ein grosses Thier
für den Rotzbacillus zeigt., nicht immer genau dem Empfänglich¬
keitsgrade für die Producte des genannten Mikroorganismus ent¬
spricht; dies beweist, dass diese Producte im Thierleibe unter
gegebenen Verhältnissen wahrscheinlich eine Umwand¬
lung erleiden. Ein Thier, z. B. ein Kaninchen, kann thatsäch¬
lich in seinem Körper lange Zeit ungestraft den Rotzbacillus in
voller Virulenz beherbergen, während es in wenigen Tagen zu¬
grunde geht, wenn ihm kleine Dosen von Mallöin wiederholt und
in kurzen Zwischenräumen subcutan eingesprizt werden. Was die
Empfänglichkeit der verschiedenen Thiergattungen für das Mallöin
betrifft, so zeigt sich fast beständig die Thatsache, dass jene
Thiere, welche auf den Rotzbacillus am promptesten reagiren
(locale Erscheinungen, die bald von schweren Allgemeinstörungen,
als Temperaturerhöhung, Abmagerung, Schlafsucht u. s. w. gefolgt
werden), auch für die Producte dieses Bacillus, d. h. für das
Mallöin sehr empfänglich sind. Das wären die Katze, der Esel
und das Pferd. Bei diesen Thieren kann die in gesundem Zusando
gemachte Einführung von Mallöin, insofern die Dosis etwas stärker
genommen und wiederholt in kurzen Zwischenräumen injicirt wird,
einen von Augen- und Nasenkatarrh, Diarrhöen, pustulösen Ekzemen
und Temperatursteigerungen, denen ein beträchtlicher Temperatur¬
abfall folgt, begleiteten, rapid fortschreitenden Marasmus verur¬
sachen. Dies habe ich namentlich bei den Katzen beobachtet.
Die subcutane Injeetion von V*— l /a ccm Mallöin, das aus frischen
Culturen erhalten worden war, ruft auch bei gesunden kräftigen Katzen,
ausser diarrhöisehen Entleerungen und einer leichten Albuminurie, eine
starke Niedergeschlagenheit hervor. Nach etwa zehn Tagen sind die
Thiere wieder vollkommen hergestellt. Wenn man jedoch die subcutane
Mallöininjection mehrere male in Zwischenräumen von fünf bis sechs Tagen
wiederholt, so kann man es dahin bringen, den Katzen weit grössere
Dosen (2—8 ccm auf einmal) einzuverleiben, man constatirt aber alsdann das
Auftreten einer fortschreitenden Abmagerung und ausgedehnter pustulöser
Dermatiten, Katarrhe der Nasen- und Conjunctivalschleimhaut, schliess¬
lich andauernde Diarrhoeen und reichliche Albuminurie. In diesem Stadium
tritt der Tod des Thieres ein, und bei der Section findet man eine aus¬
gebreitete fettige Degeneration der Nieren, manchmal auch eine solche
der Leber und des Myocardiums; das Blut ist zum grössten Theile flüssig
und blass; Milz und Knochenmark besitzen ein lymphoides Aussehen und
enthalten zahlreiche kernhaltige rothe Blutkörperchen.
Aus diesem Befund geht hervor, dass gesunde Katzen, welche
wiederholten Injeetionen von Mallöin in starken Dosen unterzogen
werden, an einer schweren toxischen Dyskrasie des Blutes zu¬
grunde gehen. Auch in sehr kleinen Dosen injicirt, ruft das
Mallöin bei bereits rotzkranken Katzen eine Verschlimmerung ihres
Zustandes hervor und beschleunigt den Tod des Thieres.
Aehnlich wie die Katze verhält sich auch das Kaninchen
gegenüber den toxischen Producten des Rotzbacillus, nur ist es
dafür noch empfänglicher als ersteres Thier. Diese Empfänglichkeit
kann sowohl beim gesunden wie beim bereits rotzkranken Thiere
beobachtet werden.
In den letzten Monaten habe ich -wiederholt den Einfluss
der verschiedenen Mallöine, nämlich sowohl das aus dem Blute der
verschiedenen rotzkranken Thiere als auch das aus den Culturen er¬
haltene, an Kaninchen versucht. Am stärksten schien das Kanin¬
chen die Wirkung des aus frischen und activen Culturen bereiteten
Mallöin zu empfinden.
Die subcutan oder in das Peritoneum in Zwischenräumen von je zwei
oder drei Tagen, insgesammt drei- bis viermal vorgenommene Injeetion
von 1—2 ccm solchen Mallöins bewirkten eine rapide Abmagerung des
Thieres, oft gefolgt von dem Tode bald nach der letzten Einspritzung.
Bei der Autopsie fand ich fast immer flüssiges und dunkles Blut, wie bei
den rotzkrank gestorbenen Kaninchen.
Wiederholte Versuche, das Kaninchen gegen den Rotzbacillus mittels
subeutaner Injeetionen von ganz kleinen Dosen Mallöin (1—2. Tropfen
auf 1 ccm Wasser), die nur in sehr langen Zwischenräumen wiederholt
wurden, um eben den Marasmus zu verhindern, refraetär zu machen,
blieben fruchtlos.
Auch wenn ich zur Probeinfection Culturen von geringerer Virulenz
verwendete, gelang es mir nicht Kaninchen mit dem Mallöin gegen den
Rotz zu immunisiren. Während thatsächlich einige mit abgeschwächten
Culturen inficirte Controllkaninchen nicht starben, andere wieder erst sehr
spät unter dem gewöhnlichen Befunde der Rotzkrankheit zugrundo gingen,
starben die mit Mallöin behandelten Kaninchen in einer weit kürzeren
Zeit.
Man könnte daher annehmen, dass das Kaninchen, wenngleich
sehr empfänglich für den Rotzbacillus, doch nie spontan erkrankt,
auch nicht, wenn es mit anderen rotzkranken Thieren in Berührung
gehalten wird, mit Thieren, bei denen der Verlauf des experi¬
mentellen Rotzes langsamer erfolgt, als bei anderen; dass es dagegen
äusserst empfänglich wird und in Bälde stirbt, wenn es mit aus Cul-
turen bereitetem Mallöin behandelt -wird. Diese grosse Empfänglich-
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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DEUTSCHE MEDICINISGÄ #OCHESSCHR(PT,
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kett kann jedoch nicht einer grösseren Fähigkeit des Rotzbacillus,
eich iin Blut ^ termehren, zugeschrieben werden, da die mit dem
Blute ton Kaninchen. die bald nach der Eiii veritehung von Mal leih
iwel'jbes^ aus abgnseHwärdifati Rotzruifuren gewonnen ,wwr) an
acutem kotz gey.terbon: waren, angelegten Oultuieu eine sehr spür-
Uche oder gar keine Entwickelung zeigten und da ich mjeb itääerßr*
so?ts durch zaldmclift Proben in vitro hberzeugen kannte, diirä sich
dor Botsbacilhis im Serum von mHlleinisirtcit Karmjteuub nicht mit-
wickelt, Worin- fliege bemorkeusw>‘.rthe Abnahmo. der Resistenz
des niüllhinisirten Kanin eben.s gegmiüber dein Rotzbacillus bestellt,
lässt sich schwor 'iriit- Sich, er heit ragen j .es aehteat jedoch, dass
ihre tJrsacho in der gesteiirrten Ltei’htigkmt lfegt v mit welcher
die . Cfeweba- •-gegenfttmr dchi Blut d.ie EhtyrUketüngBacillus
begünstigen. Dies sieh auch Rite den Äa-Mrokhon iCnütnUmi-
erupfionen folgern* die mau in de,o Vor&ehte denen Oewebeu iMtiz,
Lteior. Sieben] der j^danütkp- '-Biubva beobft«'li.tet während das Blut
um- sehr -späflfchg oder gär keine BsteiUm enthält. Man hätte ns
also btM dem, sei vor, oder -tyftlUvittd der Roteinibct.ian mit
MulU-ifi bobändi'J ton K a nln/dmo mit einem gewinset! Antagonismus
zwischen döf KmptÜugiiciiUdt dos Blutet und jener der (tewebe/
bji tlöß Rotzhätellus^ thun, tentew Äntegoni^inbS!, der ein« '%#*
wlssn AhaJogid ii^tte nffe dm' jüngst, von Behring bezüglich der
jiiimurdsirung ^owfeker Thiere gegbij das TW ati u s vI j?h& gefitndbii^n.
itew*r Autor nimmt nämiieb ' in der Thaf an, dass eine
Avt linmumteu bestehe, welch».' der- Airwep»>nlvoifc von Antitoxin • im-
Blute, 'zuzuschreiben ist, vitul .eine andere, die in dev SttegätOog
d©r- Resistenz der v^ellek'rönntß der ftew-tem licp.>, ;■ diese beiden
Arten von ImmumtäL die 'eilte luimategefe die andere liistogmi,'
WÄrifteiK uö fmCiigom^Äh vefhälten, ähnlich vtfo -sich bei
unseren Knninhbm die Di.spusdiöu Rot? au erkranken - verhält.
Jö ättnßrm:. Faiic wfi< d e das Mal!h 1h jcao Sub.storizen
M gAttegtfct? Sind, in normalem Zn-
kelung odps ilo.taba.eili.us |ji 0(te :Z.eJJ~
%ani n »• h an s %u Vorhm({wrn t
-Ma-o: Wahre Iris tagene DisposiUotJ bc-
sölöhc hätte es eine wirlU/iOhe diaAnos-.
b cninnuB^ou, wolrl
kXarndd die; Ffl bwip.
o] umo»tcu de r (}a w
mithin \< Ürdc ee ni
\eirkrite und ä ha söl<
Ubohe Tiodputung.
rf„. ’^eUidk hia zn Wölehnin Pnhkte \md mit welcher BeBfcändig'
auukm tM das •KanUi.Uwu geschilderten Wirkmgm
CAa fekiziiatellen,
keil - dns Manüiä
Moiifttnn) mit. durch. 'Alteriiijg. und AiBtföckhuag oder^ durch Hihäm-
von Gftdaverim ubgesd»Süchten Cämor&a,' fßmpfr hatte.'. Vor der
dio.se Ktmmchen ttäfommix kaxuml und
gut gtmiihrh da sw bei{|.ti% drei MoBatö hmg frei im Gmm dea pätbo*
,og(£chf:n Instifuts gehalten worden 'WArcn. ewige von Urnen zeigten-
on dor btel)«, wo die infuctloii vargenommm wordeh war. ün suheukwien
Bimtegesvohn eine kiemn h«vwcgimhc Aterdickiing.
n röpid tmch 6m tejectiou von klcineä-
teogen Mail&m i, /* ,« rciruj, «inigit v^u iimem zeigten eine Ztmahmeilns
sobeutmmn Knotetm ^t: ceßtmifö' Krwemhnftg (iu?sßlbun Die mit dem
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itt' ^ S*w'>lmlwh iKürt sf.irht. «dt-en I-oohaebtrt. Die gssuadBii
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wiedwhplt, «i w snb«uteh, eei «s iu fei PenWoeura S j„tra-
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bei Kanmehon — kuiourtei Vui^ohlimmuniug der . hmalon odrr-Jb
gemoinori VerbiUtiiisHo, wenn die Dosts liidit ullKugvoas war. -wes¬
halb dem Mallem Hei- rotzkranken Meersohwainehca Ahi w
WhV&ftkUm: diagnostischer Werth zukämc.
Während man gosundeö Mi.atr^hwe«»ehi?n lmgnHlmft erhcMAtit/
-Mwttgwr sehr aetmm Mülthiiig «yu a»r eiriumi). cliifhltrfe« ktfnü
nirt bm. hermts n)tzkrariken Meersbhwtdndten dty ÄsSÖöh kJeinebu'
Mengen, in- kurzen Zwisrifemiiumeü Aviederhoh; rapid djen Tw] därvdi
abae- dass die localen Ei-sohetnnnguu, <1 % di«.Bntzlrii&ten dea.sukaSöin •
llmd»g.nvebes-au tteOsse zunehmen würden; die 'Thiete uiajjorn ^iü(u4
rapid ab. fressen nicht-, #iacl oiedergesoixlagea «ad besitzen oiedere 3W
tidouy walbhe sieb in emor starkem ödeonaftsöfi Anscliwpiiuug' dpr. jÄr
mtiiudrmm önweb« und in wmn, tHUQüh'nial rnt Baidllei), reitihem riihSd'
Exsudate d«r Gftlöttkhöhie «flenhaTteu, Boi mohroreö mit wifutetboften
Dosen von Mulkhn huhaodeltßa ffttztrnäkwi Maersciiwejncüen krbschiriv
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dches Resi^teAzvermögen für MeUten, und zwar- nielit nur lurzth«-
Reh der; eiugefhhrtea Quautitä!., sondeni
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m EiiiapntÄUßg von i oem -Mallem, dtmgbsteht aus lintienteii’Chintea
WfteQ die Injertion ÄÄ wmrdö. so »Jeiben dio lbi^-
einige ..Stauden, laug ausftmmehgnkauört mit ge&tränhtefn FrU, Bckimn
vor dom Munde, äubnonüö.ler Tempöfätur and rm
begteiteton. Muskobzackungan, itetrug die . ikjioirte Ihm ti t #m< mj b-
II
nmj uiniuit asch und nach ah. um Hßdlich ganz zu veiiachw’jiulrn.- 'Wenn
man dio iutrayenäsfin lujecMoueo in. laugen E^'dmuräumeiLi voit &~ 10 Tilgen,
d. h. wenn dte Hundo bereite Yollkoiumen hcrgesteilt ^iDd, wieGttrhfiif..
kenn mau ImaHchten, dass nueji gröö^ere Metigon .jgut vertfuge» werden.
Ihc 1 ftteleraoaörsfeheinuugen md/dagügeß. 'ethAerpr: --und' -ändHubEfiden'-
w>nii in den Zwisf-benrä,umen zwischen dem^ numduea ■Jitjecttpaen' Bjiu-
^iteiebuugon. ■ stattJindeu.. Dir Vatzkröiil^n Runde ynd Mir die Wirkung
dr.s »iu» OuJliirorj stennviondru MaUrinf, noch weit cuiplindiichorj diöstilhvii
yerttageri auch kkdue Dosvm ^ebkuhf. wenn Hin in ZaDchonOoimcn von
3-^-5 Tugen yiOm1«rho]t werden, magöin tbriscbreth^fl ab ribd wukiüi hier
ü«d da auf dvr ilaut, auch an den vun der Implsirüc -tmtferrtteiAn- Ortuu, Re*
»ehwürsbüdungeu unf, woich« den LTiiir-aktfV der Ihytzbeiih»«. bähen imd
mam-hmai ,ö.u der. rSteUb: W4\rkotq.|nen. .-'tvü -4le M»llp}iivtä:^i.riitvä(ng 'wrgr*--
uonmitin wiifdo« Uas AuiRoten dio^or Gu^diwärtv schßiut .4k’0 üfoeg
Sperifischeu Wirkung ries.Molliuiii aut dio Oewcbö dos rutekmukOri Rundes,
zugesebricboß werden au ijiissson, unshitf eiacr uintbehcir bicaloii Rnzvir
Ifang, da. diese (Xoschwiire such ;>n SteOoo. aiitzuircicn pÖog&m-.-Vli-G; v$b
a, H. die ITotu.u, von der Iiiicciumsetelkv ?öbr entfeint teind. •;
M öon mau .sohlio^nslteh.-di« wnUrcud der;MaUPmbyw.*lion h«iui
Hunde uianiie^tarnntteii ExacorNationen der büreits bidifuhülteu
Temperatur berörhsichtigt, sq kaua maß, ohne m öuctt, iVdgern,
dass dem MaU^i.o Iil gewisser Dosirung auch boirn rafzmjttltehtigen
.Hunde ein tiiaghostischur Werth zukomuit.
Di.agHogt:itenhe Wirkung, dos Malibins bei .Inn Ei uh uforn..
Die ioterössäntesten Stedion, weicho stet drei Jahren brziig-
hdv der diagnoÄttsohe» Wirkung' der ('vulturpmluete des .fette-: ...
• bociliim-.- geführt Wörtteü buuI, bntroßeu die Einhufer, diejruig«
Thiei'gättni'Tg. welche mit grösserer Laich tigjkeit ivinl fPau%keit' Von*
spoutenen Rotz belüften wird und daln-t geoignet ite, din Krank-
hnit *n verbreitoß- find flißsfiibe nichr fadteh auch äuf den Märufohen
zu öbeDfagen.
Man kann sagen, da$g -&? in Europa niumtebr kteüen -»Staat,
gieht, rlessen Regierung dir AMiehl.iglreit teue£ slcteceiii"diftgn©8ti?
sehen Mittels bei baghteendem Röte für die Pruplrt faxte dtescr
Infectiongfe-ankHeit vöÄensien wOnir.
Die. bisher aus den. Beobachtungen; ^aliJrci/JbRj' Forschev fe
den verschiedenen Staaten Europa tehaitem-u Ites-ultaic sind im ;£
gabübn danacih angethan^ diu Wirksamkeit des Mällöte zur tnäclum.
Erkeuunng dos Rotzes zu bestätigen,, indem die BinRlhnteg kiriuer
Memgeii. dieser Substanz (1—1‘/V unter die Haid ; von äu
natürlichem -Bote, erkrankten Pferden eine Erhöhung; der Körper-
teiüporatnr rem 1—3°, .begioitöt vcm leichter immter S>•li‘.vteiiing.
voa : liötkung- und Turge^cenz der GönjunctiYa find Steintederiaua,
v-w. T\t©d^r^8iihlagetjhöit -..<!©&. TMeiAs und von Ätektezn^kung^u
bewirkt, Erte.'heituiageti, die teiffimtlleh vier bin eetem Stunde«
nach Einführung des MalMns beginnen und eiBen bis %vmi.
u»dauern, uni sehiie^lich nach imd nkch zu versolrw3ii*ltet Xlk*f<sr
gogötumht^ Rcm.'tionszustend tritt hei gesunden Pltedeii nicht aok
Man isk jedoch w^oit entfernt, davon, die Sicherheit det Mothode
6. Se ptember.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
705
der Producte des Rotzbacillus auf rotzverdächtige Pferde keinerlei
Zweifel oder Einwendung laut werden lassen könnte. Es ist that-
sächlich noch nicht ausser Zweifel gestellt, ob alle Pferde, welche
bei der Einführung von Mallein reagiren, auch als wirklich rotz¬
krank zu betrachten seien, da man auf Grund der Beobachtungen
nicht den Fall auszuschliessen vermag, dass einige der Thiere
infolge besonderer pathologischer Verhältnisse gegen das Mallein
reagiren könnten, ohne dass sie sich bei der Autopsie als rotz¬
krank erweisen würden, oder ohne dass die Einimpfung ihrer
pathologischen Producte auf andere Versuchsthiere das Bestehen
der Rotzkrankheit nachgewiesen hätte. Diese Fälle scheinen die
Aufmerksamkeit der grössten Anzahl der Forscher noch nicht ge¬
nügend gefesselt zu haben.
Thatsächlich haben sich Cadiot, 1 ) Comöny, 2 ) Degive, 3 )
Feuillard-Souriau, 4 ) Hendriks, 5 ) Laborie, 6 ) Laquerriere, 7 )
Leclainche, 8 ) Nocard, 9 ) Semmer und Wladimiroff, 19 ) und
andere über den diagnostischen Werth des Mallöins günstig ge-
äussert. U. A. räth jedoch Nocard, indem er über die von ihm
bei zwei rotzverdächtigen Pferden mit Mallein erzielten Resultate
berichtet, nicht auch auf die übrigen diagnostischen Mittel, d. h.
auf die Probeimpfungen zu verzichten, wenn irgend ein Zweifel
obwalten sollte.
Beachtung verdienen hier noch die Resultate von Di ecker¬
hoff und Lothes. 11 ) Indem diese Autoren das Mallöin in Dosen
von 0,5—0,75 35 Pferden injicirten, wiesen sie durch die Autopsie
nach, dass die 26, welche reagirt hatten, sämmtlich rotzkrank
waren, während die übrigen 9, die nicht reagirten, mit anderen
Krankheiten behaftet waren. Peters erzielte unter 41 mit Mallöin
geimpften Pferden bei 23 eine Reaction; diese zeigten sich bei der
Autopsie als rotzkrank, während die anderen 18, die nicht reagirt
hatten, bei der Section keine Spur von Rotz darboten.
Diesen Resultaten stehen die Schlüsse der vom französischen
Kriegsministerium zum Studium der Mallöinversuche eingesetzten
Commission gegenüber. Die Folgerungen, zu denen diese unter
deih Vorsitze des Generals Faverot de Kerbreck stehende Com¬
mission gelangte, sind:
1. Das Mallöin ist ein Mittel, um die Rotzkrankheit beim
Pferde zu erkennen, doch ist dieses Mittel nicht sicher.
2. Vom praktischen Standpunkte aus muss jedes Pferd, das
ohne jedes vorherige klinische Symptom auf das Mallöin reagirte,
nicht als rotzkrank, sondern nur als rotzverdächtig betrachtet
werden.
3. Kein Pferd, das auf das Mallöin nicht reagirt, darf man
deshalb als frei von Rotz erklären.
Gegenüber diesen Widersprüchen glaube ich, dass sich ein
endgültiges Urtheil nur auf Grund einer grossen Anzahl von
Beobachtungen fällen lasse, und ich halte es daher für angezeigt,
über die Resultate einiger Versuche, die ich in den letzten zwei
Jahren mit von mir erzeugtem Mallöin anzustellen Gelegenheit
hatte, hier summarisch zu berichten.
Ich habe insgesammt mit 32 Pferden experimentirt, von denen
zwei gesund waren und zur Controlle dienten. Von den 30 ver¬
dächtigen Pferden, denen eine Mallöinmenge injicirt wurde, die
zwischen 1 und 1 1 /a ccm variirte, hatten 24 eine mehr oder weniger
intensive Fieberreaction. Die übrigen 6 reagirten nicht. Von den
Pferden, die reagirt hatten, wurden 19 geschlachtet und die Autopsie
wies bei 18 Rotzknoten in den Lungen oder Heerde rotziger
Pneumonie, oder Geschwüre im Nasenseptum und im Kehlkopf nach;
eins liess keinerlei Spur einer rotzigen Localisation wahrnehmen,
so aufmerksam auch sämmtliche Eingeweide untersucht wurden.
Unter den anderen fünf Pferden, die gleichfalls reagirten, jedoch
nicht geschlachtet wurden, wies man den Rotz nur bei einem ein¬
zigen mittels Ueberimpfung auf Meersehweinschen und Hund und
*) Tuberculine et Mallöine (Recueil de möd. vötör. Bd. LX1X).
3 ) Morve latente devolöe par les injections de malleine (Bulletin de
la sociöte centr. de möd. vötör. Bd. XLVI, 1892).
3 ) Le diagnostique de la morve et de la tuberculose par les injections
de mallöine et de tuberculine (Annales de möd vötör. Bd. XL1, 1892).
4 ) De la malleine au point de vue du diagnostique de la morve
(Journal de m£d. vötör. et de Zootechnic, Bd. XLIII, 1892).
5 ) Evolution de la morve aiguö ä la suite d’uno injection de malleine
chez un cheval atteint de morve chronique (Annales de m6d. vöter.
Bd. XLI, 1892).
®) Sur les injections de mallöine (Revue veter. Bd. XVII, 1892).
7 ) Sur la malldine (Bulletin de la sociötö centr. de möd. veter.
Bd. XLVI).
®) fitudes sur la mallöine (Reyue vetdr. Bd. XVII, 1892).
Application de la mallöine au diagnostique de la morve latente
(Bulletin de la societd centr. de mdd. vetör. Bd. XLVI).
,0 ) Sur la valeur diagnostique des injections de malldine (Archive»
des Sciences biologiques de St. Petersbourg, Bd. J).
u ) Berliner thierärztliche Wochenschrift, S. 169.
mittels Culturen nach; die übrigen vier erholten sich nach und
nach vollständig.
Die nachfolgende Tabelle resumirt die Resultate meiner Ver¬
suche :
Anzahl
der ge¬
impf¬
ten
Pferde
Es reagirt
geschlach
der Aut
fun
rotzkrank
en, wurden
tet und bei
opsie be-
den
nicht
rotzkrank
Es reagirt
nicht gesc
aus den
suchenres
rotzkrank
en, wurden
Machtet u.
Thierver-
ultirten als
nicht
rotzkrank
Es reagirten
nicht und die
verdächtigen
Symptome
verschwanden
bald, bei
Gesunde
Pferde,
die nicht
reagirten
32
18
1
1
4
6
2
Diese wenigen Versuche erlauben mir jedoch noch nicht in
absoluter Weise die von Hellmann u. a. aufgestellte Behauptung
zu bestätigen, wonach dem Mallöin eine sichere diagnostische Be¬
deutung zukommen würde, in dem Sinne, dass nur die rotzkranken
Pferde auf die Mallöininjectionen reagiren.
Thatsächlich ergab die Autopsie bei einem Pferde, welches der
diagnostischen Probe unterzogen worden war und ausser einer beträcht¬
lichen Abmagerung und einer starken Fieberreaction keins der gewöhn¬
lichen Rotzsymptome dargeboten hatte, nur einen diffusen katarrhalischen
Zustand des Magens und der Eingeweide. Cultur- und Impfversuche auf
Meerschweinchen, welche mit einem im Dünndarm gefundenen geschwell¬
ten Lymphfollikel angestellt wurden, bewiesen durch nichts, dass das
Pferd rotzkrank gewesen wäre. Dieser Fall, der beiläufig dem von
Peters und Feh lisch beschriebenen ähnelt, kann nicht den Verdacht
auf die Existenz einer latenten Form des Rotzes, noch auf die Anwesen¬
heit eines Rotzheerdes zulassen, der durch seine Kleinheit sich dem Auge
des Prosectors entzogen hätte, da sämmtliche Organe aufmerksam unter¬
sucht wurden. Bei zwei anderen Pferden, von denen das eine an dem
unteren Ende des linken Beines in der Nähe der Achillessehne einen
taubeneigrossen ulcerirten Knoten aufwies, während das andere eine starke
Anschwellung der submaxillaren Lymphdriisen und eitrigen Ausfluss aus
beiden Nasenlöchern zeigte, war es gleichfalls nicht möglich, mittels
Ueberimpfung auf Meerschweinchen und Hunde die Existenz des Rotzes
nachzuweisen, trotzdem beide Thiere wiederholt mit Temperaturerhöhungen
auf das Mallöin reagirt hatten.
Mir scheint es, dass diese drei Beobachtungen zu dem Resul¬
tat führen, dass die Fieberreaction, die man mittels des
Mallöins erhält, kein absolut sicheres Kriterium für die
Diagnose auf Rotz bei den Einhufern bildet. Ich will da¬
mit keinesfalls die Bedeutung verkennen, welche dem Mallöin als
diagnostischem Mittel zukommt, eine Bedeutung, welche dann zur
absoluten werden kann, wenn die Probe durch andere, mit den
Exsudaten der Nasenschleimhaut und mit den Infiltraten der Lymph-
drüsen und der Haut angestellten bacteriologischen Untersuchungen
unterstützt wird.
Man könnte daher wohl behaupten, dass alle rotzkranken
Pferde unter Temperaturerhöhung mehr oder weniger
intensiv reagiren, doch nicht auch umgekehrt, dass
sämmtliche Pferde, die unter Temperaturerhöhung auf
die Mallöininjectionen reagiren, nothwendigerweise rotz¬
krank seien.
Was das Verhalten der Temperatur bei den rotzkranken
Pferden nach den diagnostischen Mallöininjectionen betrifft, so beob¬
achtete ich eine gewisse Veränderlichkeit des Zeitpunktes, in wel¬
chem die thermische Steigerung eintritt. Manchmal beginnt dieselbe
3—4 Stunden nach der Injection; die Steigerung erfolgt rasch,
erreicht bald ihr Maximum (2 bis 3 Grad über der Norm) und
bleibt so verschiedene Zeit lang. Andere male wieder lässt die
Steigerung mehr auf sich warten, und es dauert der Zustand der
Hyperthermie 6 bis 10 Stunden: in einigen Fällen hat man die¬
selbe jedoch sich bis auf mehr als 24 Stunden ausdehnen sehen, und
zwar nicht nur bei zweifellos rotzkranken Pferden, sondern auch
bei solchen, die es nicht waren. Diese Thatsache der langen
Fieberreaction pflegt constanter zu sein bei rotzkranken Pferden
als bei jenen, die an anderen Krankheiten litten; die letzteren
geben zumeist eine kräftigere, jedoch flüchtige Reaction. Ausser
der Hyperthermie beobachtete ich bei den der Wirkung des
Mallöins unterzogenen rotzkranken Pferden fast coustant Kräfte¬
verfall, Zittern, Taumeln, Steifheit der Glieder, Verweigerung der
Nahrung, sowie Anschwellung der infiltrirten Drüsen und der er¬
krankten Schleimhäute, welch letztere gerötheter erschienen und
eine grössere Menge Exsudat absonderten.
Das Mallöin beim Menschen.
Wohl Niemand bestreitet heute mehr die Möglichkeit einer
Uebertragung der Rotzkrankheit von Einhufern auf den Menschen.
allein, wie dies bei seltenen und infolgedessen wenig studirten
Krankheiten der Fall ist, so constatirt man auch beim RoLz eine
gewisse Schwierigkeit, die Krankheit infolge der je nach der
Localisation sich offenbarenden grossen Veränderlichkeit ihior
Symptomatologie zu diagnosticiren.
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UNIVERSETY OF MICHEGAN
706
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36
Bei den acuten Formen mit inneren Localisationen kann die
Diagnose lange Zeit ungewiss bleiben, wenn es nicht gelingt, sich
pathologische Producte des Falles zu verschaffen und mit denselben
detaillirte und sichere Untersuchungen anzustellen. Man stösst auch
bei chronischen Rotzformen mit cutaner Localisation auf nicht ge¬
ringe Schwierigkeiten, indem dieselben nicht selten den gleichen
Sitz haben wie die Alterationen der tardiven Syphilis. Man be¬
greift daher, dass sich in vielen Fällen das Bedürfniss fühlbar
macht, irgend ein Mittel zu besitzen, welches die Lösung des
diagnostischen Problems erleichtert.
Der Umstand, dass ich im Mai, Juni und Juli vorigen Jahres
einen mit chronischen Rotzläsionen der Nasenschleimhaut und
der Cervicaldrüsen behafteten Burschen zur Verfügung hatte,
gab mir Gelegenheit, eine Reihe von Beobachtungen über die
diagnostische und therapeutische Bedeutung des Mallöins beim
Menschen anzustellen. (Schluss folgt.)
III. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.
Der äussere Milzbrand des Menschen.
Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik.
(Schluss aus No. 35.)
Was die Diagnose anbetrifft, so ist dieselbe leicht, sobald
mau die charakteristischen Keime im Inhalte der Blasen findet und
sie züchten kann. Sowohl die Agarstich- als die Gelatinestich-
cultur bieten mit ihren Ausläufern ein so charakteristisches Aus¬
sehen, dass die Diagnose selbst für den Ungeübten nicht schwierig
wird. Um dieselbe zu sichern, macht man dann von einer Agar¬
platte ein Deckgläschenklatschpräparat. Man stellt es am besten
so dar, dass man das mit Aether gereinigte Plättchen flach auf
eine gut entwickelte Colonie gleichmässig leicht andrückt. Das in
der Flamme oder in Alkohol fixirte Präparat kann mit jeder Anlin-
farbe oder mit der Gram’schen Lösung gefärbt werden und zeigt
dann jene peitschenschnurförmige, so ungeheuer typische Anordnung
der Keime.
Stets ist also, um es kurz zusammenzufassen, die Diagnose
dann absolut gesichert, wenn sich im serösen Inhalt milzbrandgleiche,
nach Gram und mit anderen Anilinfarben sich tingirende Stäbchen
finden, welche culturell die Merkmale der Milzbrandcultur bieten
und im Klatschpräparat peitschenartig eingerollt erscheinen.
Für die Diagnose ist der Thierversuch nur dann unentbehrlich,
wenn sich jene schon beschriebenen Degenerationsformen finden.
Oft zwar lassen sich diese stäbchenartigen Gebilde, wie ich
experimentell nach weisen konnte, culturell noch züchten; doch zeigen
die Culturen dann oft nicht mehr das typische Wachsthum; auf¬
fallend oft bleibt die Stichcultur und auch die Strichcultur aus;
nur die auf Agarplatten angelegten Culturen gehen an, zeigen aber
die eigenthümliche Neigung, ganz im Gegensatz zu anderen kräf-
tigen, im Wachsthum sehr energischen Milzbrandcolonieen, zu ver¬
trocknen, zu sporuliren und ganz unkenntliche Involutionsformen
zu bilden.
In solchen Fällen ist der Thierversuch unentbehrlich; selbst
in Fällen, wo man mikroskopisch eine Diagnose nicht mehr stellen
kann, gelingt oftmals durch Uebertragung des Bläscheninhalts die
Infection. Allerdings können solche Thiere ein ausserordentlich
von dem sonstigen Verlaufe abweichendes Krankheitsbild darbieten,
wie ich oben schon beschrieben habe.
Der so erzeugte Milzbrand kann sich oft über Wochen aus¬
dehnen; — auch Tavel 1 ) erwähnt einen solchen Fall, wo die In¬
fection einer Maus erst in 32 Tagen zum Tode führte. Auch
Jacobi 2 ) beobachtete ähnliches.
Ich glaube die Beobachtung gemacht zu haben, dass die Niere
in solchen Fällen das Hauptablagerungsdepot für die Bacterien zu
sein scheint. Die Krankheitssymptome so inficirter Thiere und
die enorme Ansammlung der Bacterien in den Nieren, legen den
\ erdacht nahe, dass bei der Todesursache urämische Processo in
.trage kommen. Krämpfe treten im Verlauf solcher Krankheit
neben Coma oftmals auf, eine Beobachtung, welche um so mehr
Beachtung verdient, als für den Milzbrand der Menschen ganz
ähnliche Beobachtungen vorliegen und von Reynier und Gelte 3 !
und von Reil ly 4 ) beschrieben sind.
*uJi- TaVe1 ’ ?^ e \ Fäll J Vvon Gastroenteritis nach Genuss eines Schinkei
^demselben. Correspondenzblatt f
schrift miT^Täfl’ S Mi ' 7 ' hrand bCim Me " SCh0n ' HahUitati0C
WH?« m 6 0 u^i er a et G 1 e116 ’ P e “ ar ques ä propos de deux observations
pustule maligne dans lesquelles la mort est survenue avec des asciden
tetamques. _ Archiv g<5ner. de Med. 1894, Mai.
n,,ctniw ei fL ly \ F ‘r^:’ 4 rema rquable case of coma one to maligna
pustulc (anthrax). The Lancot 1887, Vol. I. 8
Die Bacterien, welche man in der Niere solcher Thiere findet,
zeigen meist ihre charakteristische Form, ein Vorgang, wie er in
der Bacteriologie oft zu beobachten ist, dass degenerirte Keime,
empfänglichen Thierarten eingeimpft, die best entwickeltsten Formen
zeigen, nachdem sie diesen Nährboden passirt haben. Es wird also
selbst in solchen Fällen stets noch möglich, die Diagnose zu
sichern.
Wir können heute, wo wir durch Koch die Möglichkeit der
Diagnosticirung von gewissen Keimen lediglich durch Hülfe der
erstarrenden durchsichtigen Nährböden gelernt haben, deshalb die
Forderung Gosselin’s 1 ), welcher neben dem mikroskopischen
Nachweis das Thierexperiment verlangt, auf die letzten Fälle be¬
schränken.
Wo sowohl der mikroskopische als der experimentelle Nach¬
weis in einer milzbrandähnlichen Pustel nicht zu führen ist, da
dürfen wir den Milzbrand auch nicht annehmen, eine Forderung,
wie sie schon Dollinger aufstellt. Es ist allerdings von ver¬
schiedener Seite der Versuch gemacht worden, durch gewisse
Symptome, welche nur der Pustula maligna zukommen sollen, die
Diagnose zu sichern.
So sehen einzelne Autoren 2 ) in dem Fehlen jeder Eiterung
etwas Pathognomonisches, und Cordua 3 ) glaubt, selbst bei Fällen,
die nicht das charakteristische Aussehen bieten, durch ein genaues
Nachforschen nach der Art der Beschäftigung die Diagnose mit
Wahrscheinlichkeit stellen zu können. Sie ist durch nachherige
mikroskopische Untersuchung der excidirten Pustel zu bestätigen.
Mehr als eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose wird sich aber so
nicht erzielen lassen. Wie sehr man sich sonst täuschen kann,
das können Fälle, wie sie Bordoni-Uffreduzi 4 ) (Proteus vulgaris)
und Foä und Bonome 0 ) mittheilen, erläutern. Beide hier be¬
schriebenen Infectionen machten durchaus den Eindruck einer Milz¬
branderkrankung, und doch handelte es sich im ersten Fall um eine
Vergiftung durch Proteus vulgaris, im zweiten durch einen nicht
näher bezeichneten, nicht beweglichen, mit Milzbrand nicht iden¬
tischen Mikroorganismus.
Einen ähnlichen hierher gehörigen Fall kann ich aus der Klinik
des Herrn Prof. v. Bramann anführen.
Ein Arbeiter war kurze Zeit, nachdem er alte Säcke auf der nur mit
dem Hemd bedeckten Schulter getragen hatte, unter septischen Er¬
scheinungen, aber auffallend geringem Fieber erkrankt. Bei der Aufnahme
in die Klinik war die Temperatur erhöht, der Patient somnolent und
machte den Eindruck eines Schwerkranken. Die rechte Schulter und im
Zusammenhang mit ihr die ganze rechte Thoraxhälfte war raässig geröthet
und besonders an den seitlichen Thoraxpartieen stark geschwollen. Die
Schwellung hatte eine eigonthümlich teigige, aber doch etwas pralle Con-
sistenz, so dass die Annahme eines Milzbrandödems, vielleicht mit Primär-
heerd in den Luftwegen oder dem Darmtractus, zumal bei der belastenden
Anamnese nicht auszuschliessen war. Andererseits aber sprach vieles für
einen phlegmonösen Process, weshalb an der am meisten infiltrirten Stelle
eine Incision vorgenommen wurde. Die Gewebe, so weit und so tief inan
sie auch einschnitt, waren durchsetzt von einom serösen, zähflüssigen
Transsudate, wio wir es bei den Milzbrandödemen finden. Die sofort an¬
gelegten Plattenculturen aber und die Schnittpräparate durch Gewebs¬
stückchen zeigten, dass es sich um eine Streptococceninfection
handelte, welche eine seröse Durchtränkung hervorgerufen hatte.
Dass man unter Umständen selbst dann groben Täuschungen
unterworfen sein kann, wenn man neben der mikroskopischen
Untersuchung die Cultur unterlässt, beweist folgender Fall von
Olliver*»).
Olliver fand in einer Uleeration in der Aorta, gegenüber der
Mündung der Coronararterien, eine Stäbchenart, welche er nach
dem mikroskopischen Bilde als Anthraxkeime ansprach. Wie sehr
er sich infolge des Unterlassens der Cultur täuschte, lehrt eine
spätere Mittheilung 7 ), welche zeigte, dass es sich nicht um Milz-
brandkeiine gehandelt hatte. Es ist also jene bisher einzig da¬
stehende Beobachtung der Lokalisation einer Milzbrandpustel im
Gefässsystem zu streichen.
Eine Frage, welche man bisher als noch nicht gelöst in der
Pathologie der Pustel betrachten muss, ist die nach dem Ueber¬
gang der Bacterien ins Blut. In sämmtlichen Fällen der
hiesigen Klinik, die absolut conservativ behandelt wurden und bei
*) Bulletin de 1’acadömie de m6dec. 1880, No. 30; 1881, No. 6.
*) Murray, Anthrax maligna. The New-York medic. Journal 1889,
Bd. XLIX, p. 145.
®) Cordua, Aerztlicher Verein zu Hamburg, Sitzung vom 12. Januar
1886. Ref. Deutsche medicinische Wochenschrift 1886, p. 348.
*) Bordoni-Uffreduzzi, Ueber einen neuen pathogenen Mikrophyten
am Menschen und an den Thieren. Centralblatt für Bacteriologie 188/.
5 ) Foä und Bonome, Ein Fall von Septikämie beim Menschen mit
einigen Kennzeichen der Milzbrandinfection. Zeitschrift für Hygiene 1889,
Bd. V, No. 3.
6 ) Thomas Olliver, A case of acute perforating on ulcerative
Aortitis in which the bacilli of anthrax were found. The Lancet 1891.
Vol. II.
7 ) The Lancet 1891, Vol. II.
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Original fro-m
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denen mehrfach das durch breiten Einschnitt gewonnene Blut der
Fingerbeere culturell und mikroskopisch untersucht wurde fanden
sich in den verschiedensten Stadien der Erkrankung nie
Milzbrandkeime. Denselben negativen Befund haben zu allen
Zeiten die verschiedensten Autoren gehabt.
Wagner 1 ) fand 24 Stunden vor dem Tode keine Bacillen in
dem entnommenen Blutstropfen bei einer Allgemeininfection •
Masing 2 ) konnte bei mehreren Fällen internen Milzbrandes intra
vitam im Blut nichts finden, während in einem dieser Fälle schon
3 l h Stunden post mortem in der Vena mediana sich zahllose Keime
vorfanden. In einem anderen dieser Fälle dagegen war eine Stunde
post mortem die Vena brachialis noch frei von ihnen. Albrecht 3 )
fand mehrere Stunden vor dem Tode im Blute nichts.
Während der Inhalt einer Milzbrandpustel, welche Rieh et 1 )
auf Meerschweinchen übertrug, diese tödtete, konnte er mit Blut
dieses Patienten eine Infection nicht erzeugen. Der Inhalt einer
anderen Pustel tödtete Meerschweinchen gleichfalls an Anthrax,
während im Blute des Zeigefingers Bacillen nicht nachweisbar waren.
Zehn Tage nach der Infection mit äusserem Milzbrand konnte
Lochner 5 ) im Blut Keime nicht nachweisen und während Cor-
nado G ) bei der Excision einer Pustel zahlreiche Bacterien sah,
konnte er solche im Blute der dabei durchschnittenen und spritzenden
Arteria supraorbitalis nicht finden.
Diesen zahlreichen negativen Befunden, welche sich zweifellos
bei aufmerksamerem Studium der Litteratur noch vermehren Hessen,
steht keine einzige positive Angabe gegenüber.
Wenn ich im Anfang meiner Erörterungen mich dahin ausge¬
sprochen habe, dass man aus dem negativen Ausfälle von Blut¬
untersuchungen nicht ohne weiteres auf eine toxische Wirkung der
Milzbrandkeime schlossen darf, so erhält doch durch so ein ab¬
solut negatives Ergebnis die Annahme einer Giftwirkung eine nicht
unwesentliche Stütze.
Eine noch viel dunklere Frage in der Pathologie des mensch¬
lichen externen Milzbrandes ist die Frage nach der Körpertem¬
peratur. „Zwar fehlt es,“ sagt Koch 7 ), „in der Litteratur nicht
an Angaben dieser Art, doch sind dieselben immer nur Bruchstücke
und besagen nichts über Temperatur im Beginn der Erkrankung
und zur Zeit des letzten Athemzuges. Vor allem aber verschleiern
den Thatbestand chirurgische Eingriffe und die innerlich darge¬
reichten Medicamente — Dinge, deren Anwendung doch fast in
jedem Krankheitsfall geboten erscheint. Ich selbst verfüge über
einige fünfzig Fiebercurven menschlichen Milzbrandes, kann aber,
da die Kranken in der Regel erst am zweiten Tage und bei äusseren
Infectionen oft sehr viel später sich stellten, nicht viel über die
Art, wie die Eigenwärme ansteigt, aussagen, muss auch betonen,
dass allemal eine äusserst eingreifende äussere und innere Behand¬
lung beliebt wurde.“
Die erste Hälfte dieser Worte Koch’s kann ich nur bestätigen;
auch bis zum heutigen Tage existiren in der Litteratur verwerth-
bare Angaben über die Eigenwärme der an Milzbrandcarbunkel
Erkrankten nicht. Es ist mir desto angenehmer, hier eine Reihe
von Curven aus der Klinik des Herrn Professor v. Bramann ver-
werthen zu können. Da, wie schon bemerkt, in der chirurgischen
Klinik die Pusteln absolut conservativ behandelt wurden und ausser
Alkohol innerlich nichts verordnet wurde, so müssen dieselben als
beweisend angesehen werden.
Naturgemäss fehlen Angaben über die ersten Tage, doch liess
sich in jedem Fall anamnestisch ermitteln, dass nennenswerthes
Fieber nicht bestand. Alle Curven nun zeigen das gemeinschaft¬
liche, dass spätestens vom zweiten Tage des klinischen
Aufenthaltes an ein ganz steiler Abfall der Temperatur
bis zur Norm erfolgt ist: die Temperatur hat sich dann bis zur
Entlassung nie wieder abnorm bewegt.
Diejenigen Fälle aber, wo überhaupt Fieber bestand, betragen
nur ein Viertel der gesammten; aUe übrigen zeigen einen von
Anfang an fieberlosen Verlauf, trotzdem es sich oft um sehr weit
ausgebreitete Oedeme handelte. Die höchsten Temperaturen, die
gemessen wurden, betrugen 40,2, aber schon am zweiten Abend
war die Temperatur meist unter 89° heruntergerückt.
') Wagner, Die Intestinalmykose und ihre Beziehung zum Milz¬
brand. Archiv für Heilkunde 1874, XV.
a ) E. Masing, Weitere vier Fälle von Anthrax internus. St. Peters¬
burger Wochenschrift 1877, No. 32.
3 ) R. Albrecht, Fünf weitere Fälle von Pustula maligna. St. Peters¬
burger Wochenschrift 1879, No. 4.
4 ) A. Ri che t, Sur Involution de la pustule maligne chez l’homme
et son traitement par les injections joddes. Gaz. des höpit 1883, No. 47.
5 ) Lochner, Ein Fall von Milzbrand beim Menschen. AerztUches
Intelligenzblatt 1891, No. 9.
•*) Thomas Cornado, Pustula maligna. Confirmazion de la bac-
teridia patögena. Cronica medico-quirurgica de la Habana 1892, No. 8.
7 ) Deutsche Chirurgie IX, S. 87.
•707
Aus diesen Curven glaube ich zwar schliessen zu dürfen, dass
den Milzbrandtoxinen, wie es überhaupt Eigenschaft der Bacterien-
toxine zu sein scheint, fiebermachende Wirkungon innewohnen.
Dieselben können jedoch immerhin nur untergeordneter Bedeutung
sein; denn schon ruhige Lage und Fixirung der betreffenden Par¬
tien genügt, um einen schnellen Abfall herbeizuführen; während
vorher durch die Muskelbewegungen grosse Mengen der Stoff-
wechselproducte in die Lymphbahnen eingepresst wurden, gelangen
jetzt nur verhältnissmässig geringe Mengen iu diese, welche nicht
mehr genügen, um Fieber hervorzurufen. Dieser steile Abfall der
Temperatur spricht beredter, als alle theoretischen Erwägungen für
die Berechtigung und für die Richtigkeit der, von Herrn Pro¬
fessor v. Bramann eingeschlagenen Therapie.
In gleichem Sinne dürften die Curven 7 und 8 von Koch 1 )
aufzufassen sein.
Die Bemerkung Koch’s, dass es durchaus nicht stets die
schwersten Formen der Infection sind, welche das höchste Fieber
zeigen, kann ich völlig bestätigen.
Für die Richtigkeit und Zweckmässigkeit der Therapie, wie
sie hier angewendet wird, für die Nothwendigkeit von Ruhe sprachen
endlich auch Thierversuche. Während Ratten^mit denen C har rin
und Roger 2 ) experimentirten, sich für gewöhnlich gegen die Milz-
brandinfection als unempfänglich erwiesen, erlagen sie derselben,
sobald sie fortgesetzt in einer Tretmühle laufen mussten. Die Er¬
müdung und die fortgesetzten Muskelbewegungen, hatten, so muss
man dies auflfassen, einmal zu einer Erschlaffung der Körper¬
zellen geführt, andererseits aber dienten die Muskelbewegungen
dazu, das Gift in den Lymphspalten weiterzutreiben.
Es bliebe mir zum Schluss dieses Kapitels noch die Aufgabe,
mich über die pathologische Anatomie der Pustel zu äussern
— eine Aufgabe, zu deren Lösung ich jedoch infolge der hier ge¬
übten Praxis nichts neues beitragen kann.
IV. Ans dem städtischen Krankenhause am Friedrichshain
in Berlin, Abtheilung des Herrn Professor Fiirbringer.
Ein Fall von Meningitis tuberculosa mit
Ausgang in Heilung.
Von Dr. Freyhan, Assistenzarzt.
Der Ausgang der tuberkulösen Meningitis pflegt in der Regel
ein tödtlicher zu sein. Ja, trotz einer niemals ganz verstummen¬
den Opposition hat sich im Laufe der Jahre die Ueberzeugung
mehr und mehr gefestigt, dass diese Rogel ausnahmslos zu Recht
besteht und dass ein Individuum, bei jdem die Krankheit einmal
zum Ausbruch gekommen ist, rettungslos verloren sei.
Und wirklich wird man sich bei unbefangener und objeetiver
Prüfung der Litteratur des Eindrucks nicht erwehren können, dass
die angeblichen Heilungsfälle von tuberkulöser Meningitis zu sehr
berechtigten Zweifeln Anlass geben und dass weitaus bei der
Mehrzahl von ihnen diagnostische Irrthümer mit untergelaufen sein
dürften. Es ist eine allen Klinikern geläufige Erfahrungsthatsache,
dass im Verlaufe einer Tuberkulose mehr oder weniger vehemente
meningeale Reizerscheinungen in den Vordergrund treten können,
die schon nach kurzer Zeit einer Rückbildung wieder fähig sind.
Von diesen passageren cerebralen Symptomen kann es nun gar
nicht zweifelhaft sein, dass sie nicht von einer in der Entwicke¬
lung begriffenen und etwa im Keime erstickten tuberkulösen Menin¬
gitis abhängig sind, sondern sie stellen in der Regel einzig und
allein den Ausdruck einer Intoxication mit dem tuberkulösen Virus
dar. Es hat darum, gerade bei geheilten Fällen, unleugbar etwas
Missliches, aus den klinischen Erscheinungen allein das Ueberstehen
einer tuberkulösen Gehirnhautentzündung zu folgern; wir verfügen
über kein einziges, ich möchte sagen klinisches Kernsymptom,
welches der tuberkulösen Meningitis allein eigenthümlich wäre und
das ausreichte, um diesem Schluss eine überzeugende Beweiskraft
zu verleihen. Ganz besonders muss dies für diejenigen Fälle be¬
tont werden — und sie bilden die Mehrzahl —, in denen nur von
meningealen Reizerscheinungen die Rede ist, aber auch bezüglich
der weiter vorgeschrittenen Fälle, die trotz schon vorhandener
Lähmungssymptome noch zur Heilung gelangten, wird man gut
thun sich daran zu erinnern, dass ab und zu wirkliche Basal¬
meningitiden Vorkommen, die nicht auf tuberkulöser Basis beruhen,
sondern, sei es durch cerebrospinalmeningitisches Gift, sei es durch
anderweitige unbekannte ätiologische Factoren hervorgerufen wer-
*) Deutsche Chirurgie IX, S. 88 u. 89.
*) Charrin et Roger, Contribution k l’dtude experimentale du sur-
menage. son influence sur rinfection. Archivos de phys. norm et phthol.
1890, No. 2.
6. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
D i gitized b'
rGoogle
Original frorn
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708
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36
den. Aus diesem Grunde sind die Mittheilungen von Bauer 1 ),
Carter 2 ), Heddaeus 3 ), Fleming 4 ), Vogelsang 5 ), Holm 6 ),
Sardu 7 ), Warfwinge 3 ), Alfaro 9 ) u. a., bei denen die mehr oder
weniger gut fundirte Diagnose einer tuberkulösen Meningitis allein
auf klinischen Beweisgründen basirt, für die Discussion unserer Frage
nicht recht verwerthbar, denn die von diesen Autoren behaupteten
Thatsachen leidefi unter der Unsicherheit ihrer uncontrollirbaren
Voraussetzungen und öffnen dem Zweifel Thür und Thor. Zu einem
gefestigten Abschluss der Lehre bedarf es sicherlich weit voll¬
wichtigerer und durchschlagenderer Argumente, als sie uns in den
angezogenen Publicationen an die Hand gegeben werden.
Mehr Beachtung dürfte schon eine Beobachtung von Du-
jardin-Beaumetz 10 ) verdienen, der einen Fall von tuberkulöser
Meningitis zur Heilung kommen sah, bei welchem er ophthalmosko¬
pisch Choroidealtuberkel im Augenhintergrund constatirt hatte.
Wenn man nun auch diese Einzelthatsache nicht ohne weiteres
verallgemeinern darf, so wird man immerhin doch mit ihr zu
rechnen haben; meines Erachtens wenigstens hiesse es die Skepsis
zu weit treiben, wollte man auch dieser Beobachtung gegenüber
sich mit der durch nichts gerechtfertigten Annahme eines dia¬
gnostischen Irrthuma abfinden. Vor allem aber müssen die Fälle
als belangvoll angesehen werden, welche nach dem glücklichen
Ueberstehen einer tuberkulösen Meningitis späterhin einer inter¬
currenten Krankheit zum Opfer gefallen sind und bei denen die
Obduction Tuberkelknötchen in den Hirnhäuten aufgedeckt hat.
Am bekanntesten dürfte in dieser Beziehung der von Rilliet und
Barthez 11 ) mitgetheilte Fall sein, dem sich in neuerer Zeit noch zwei
gleichsinnige Beobachtungen von J. Schwalbe 12 ) und Leube 13 )
anreihen; freilich erkennen hartnäckige Zweifler auch diese That¬
sachen nicht als zwingende an und erheben den Einwurf, dass die
tuberkulöse Natur der gefundenen Bindegewebsknötchen durch keine
sicheren und charakteristischen Kriterien erwiesen sei.
Nach alledem müssen wir die Frage einer Heilungsmöglichkeit
der tuberkulösen Meningitis, der theoretisch und a priori keine
unüberwindlichen Bedenken entgegenstehen, die aber schon des¬
wegen nicht in den Rahmen der uns geläufigen Vorstellungen hin¬
einpassen will, weil ja die tuberkulöse Gehirnhautentzündung nur
in den seltensten Fällen solitär auftritt und zu allermeist mit all¬
gemeiner Miliartuberkulose vergesellschaftet ist, vorläufig noch als
eine offene bezeichnen. Um so weniger glaube ich mit der Publi-
cation eines einschlägigen geheilten Falles zurückhalten zu sollen,
bei welchem ich die tuberkulöse Natur des Processes durch ein
untrügliches und, wie ich glaube, ganz unanfechtbares Kriterium
erweisen kann. Der Fall entstammt der inneren Abtheilung des
städtischen Krankenhauses am Friedrichshain und ist mir von
meinem hochverehrten Chef, Herrn Professor Für bring er, in ge¬
wohnter Güte und Liebenswürdigkeit zur Veröffentlichung über¬
lassen worden.
p- , An . a mne s e. Am 27. Januar 1894 kommt der 20jährige Arbeiter
Kicnard Al brecht in schwerkrankem Zustande zur Aufnahme. Ge-
naue, zum Theil später ergänzte Nachforschungen ergeben, dass er here-
ditär in keiner Weise belastet ist; nur ein entferntes Mitglied seiner Fa-
müie soll m früheren Jahren an Lungenschwindsucht gestorben sein
a i el r- St War s ,* ets kern S esu ad und hat weder als Kind an scrophu-
rat« g ? htt £?’ “ ocl L spa i e - von Seiten des Respirationsappa-
rates irgendwelche krankhaften Erscheinungen dargeboten. Vor drei Tairen
/ r ’JTP 1 ® tzllch mitten im besten Wohlsein mit Frösteln und
nachfolgendem Fieber, spannenden und ziehenden Gefühlen in den Beinen
und excessiven Schmerzen in der Stirn- und Hinterhauptsgegend. Die
«SfÄ“ S J J on ga, , iz ausserordentlicher Heftigkeit gewesen
W»? “tu n* 8 U “o Na 01 ! 1 “gedauert haben. Der Kranke stöhnte laut,
r Mrn 05 ’' W n Zt .! SI ?,? uf Semem Lager umher und konnte nur mit
worden Müh *“ BeW gehalten werden - Krämpfe sind nicht beobachtet
• praesens Der Patient ist ein schlanker, stämmiger
CTÄ m gU - t ®? Ernährungszustände. Sein Bewusstsein ist um-
Anwort Iw. energischem und wiederholtem Anrufen steht er Rede und
den wCii indessen dazu bewogen werden zu können, seine Beschwer-
den genauer zu präcisiren. Sem Körper befindet sich in heftigster Un-
WochÄ e jÄ e , r N m o Pr63Se 1885 ’ N0 ' 23 ’ Und Deutsche med -
5 S ar A er ’ Med. 'Times and Gaz. April, S. 378.
4 } Heddaeus, Berl. klin. Wochenschr. 1869, No. 52
Fleming, Bnt. med. Journ. 1871, April 29, S. 443.
J Vogelsang, Memorabilien 1872.
7 < q 0 ?’ Virchow-Hirsch’s Jahresber. 1882 II, S 88
J w rd f U ’-Montpellier medic. 16. Oct. 1888.
91 Alf«™ n p 6 -9^ uech Virchow-Hirsch’s Jahresber. 1886II, S. 176.
,of fT- Revieta de la socied. med. argent. 1894, No. 13
^ujardin-Beaumetz, L’union medicale 1879, No. 34
J Rilliet und Barthez, Archiv. gdndr. de m<$dic.'1855.
S. 137. ■ • Gr undnss der speciellen Pathologie und Therapie 1892,
und 96 LeUbe ’ Specielle Hiaguose der inneren Krankheiten. Bd. II, S. 95
ruhe und Jactation; er liegt nicht einen Moment ruhig und nimmt bald
die Rücken-, bald die Bauch-, bald wieder die Seitenlage ein, wirft die
Decken von sich, stösst seine Umgebung zurück und greift von Zeit zu
Zeit immer wieder unter Stöhnen und Jammern nach seinem schmerzen¬
den Kopfe. Bisweilen werden die Kopfschmerzen so stark, dass er laut
aufschreit und unter Zähneknirschen den Kopf rücklings tief in die Kissen
einzubohren versucht. Erst einige Stunden nach der Aufnahme hat er
sich unter Morphiumgaben so weit beruhigt, dass eine geordnete Unter¬
suchung vorgenommen werden kann.
Die Temperatur beträgt 37,4° C., der Puls ist von mittlerer Quali¬
tät, in seiner Frequenz sehr wechselnd; während er kurz nach der Auf¬
nahme 72 Schläge zählte, steigt er 2 Stunden später auf 116, um kurz
darauf wieder auf 96 abzufallen. Die Respiration ist beschleunigt 28 in
der Minute.
Die peripherischen Enden der Extremitäten, Ohrmuscheln und Nasen¬
spitze sind stark cyanotisch verfärbt. Die Zunge ist feucht und wenig
belegt. Oedeme oder Exantheme finden sich nicht vor. s
Die sorgfältigste Untersuchung der Lungen ergiebt nirgends eine
Schallabschwächung; überall tönt der Percussionsklang hell und sonor-
das Athmungsgeräusch ist vesiculär, etwas rauh.
Das Herz liegt in normaler Breite vor, seine Action ist frequent, die
Töne rein, aber leise. Der Spitzenstoss ist im fünften Intercostalraun]
schwach fühlbar.
Der Leib ist stark gespannt, hart und druckempfindlich. Leber und
Milz halten sich in den normalen Dämpfungsgrenzen. Der Urin ist spär¬
lich, hochgestellt, ohne pathologische Beimengungen. Der Stuhlgang ist
angehalten. ° b
Der Kopf steht continuirlich in leichter Opisthotonusstellung. Die
ganze Wirbelsäule ist steif und schmerzhaft, so dass der Kranke nur
unter grosson Schwierigkeiten aufgerichtet werden kann; im Bereich der
Halswirbelsäule ist die Steifigkeit bis zur vollkommenen Nackenstarre ge¬
diehen; passive Bewegungen treffen hier auf einen fast unüberwindlichen
Widerstand und lösen die lebhaftesten Schmerzreactionen aus. Die Dorn¬
fortsätze der. W irbelsäule sind auf Druck excessiv empfindlich.
Im Gebiete der Hirnnerven macht sich eine Reihe von Reizerechei¬
nungen bemerkbar; namentlich fallen gewisse unfreiwillige, seitliche,
zuckende Bewegungen der Bulbi auf, ferner vereinzelte Zuckungen in der
von den Nn. faciales versorgten Muskulatur. Die Pupillen sind von
gleicher Weite, stark dilatirt, reagiren aber auf Lichteinfall nur träge.
Die ophthalmoskopische Untersuchung stellt das Vorhandensein einer doppel¬
seitigen Neuritis optica fest. Die Papillen sind hyperämisch, tief roth
gefärbt, ihr Rand undeutlich und verwaschen; bei direkter Untersuchung
constatirt man eine geringe Schwellung des Sehnervenkopfes mit abnormer
Streifung. Die Nerven sind beträchtlich dilatirt, die Arterien von nor¬
malem Aussehen; Hämorrhagieen oder weisse Flecken sind auch beim
Absuchen der Peripherie nicht zu entdecken; desgleichen werden während
der ganzen Krankheitsdauer trotz fortgesetzter Controlle niemals Chorio-
dealtuberkel im Augenhintergrund wahrgenommen.
Gleichwie im Gebiete der Hirnnerven, so beherrschen auch innerhalb
der peripherischen. Nerven starke Reizerscheinungen die Scene. In der
motorischen Sphäre besteht eine ausgesprochene Starre und Steifigkeit
der Extremitäten neben gelegentlichen uncoordinirten Zuckungen ver¬
schiedener Muskelgruppen, in der sensiblen eine abnorme Hyperästhesie
der gesammten Hautdecken, die besonders in den ersten Tagen von solcher
Intensität ist, dass schon der leiseste Druck von lebhaften Schmerzäusse¬
rungen und Abwehrbewegungen begleitet wird. Nirgends dagegen, weder
in der motorischen, noch in der sensiblen Componente des gesamten
Nervensystems sind Ausfallserscheinungen irgend welcher Art zu con-
statiren. 6 6
Die Hautreflexe sind durchgehends sehr lebhaft; desgleichen sind die
Patellarreflexe, Bauch- und Cremasterreflexe erheblich gesteigert. Der
Fussclonus ist nicht auslösbar. Der VesicaU und Mastdarmreflex ist nicht
nachweisslich gestört.
In den folgenden Tagen ändert sich das Krankheitsbild insofern, als
die Reizsymptome mehr und mehr schwinden und allmählich gewissen
Lähmungserscheinungen Platz machen. Die Hyperästhesie lässt nach; die
Benommenheit nimmt zu; der Kranke wird comatös und liegt den grössten
Theil des Tages apathisch und theilnahmslos da. Der Urin wird spontan
nicht mehr entleert und muss durch den Katheter entfernt werden. Die
Eigenwärme, die sich anfänglich zwischen 38 und 39° C. gehalten hatte,
beginnt tiefere Remissionen, unterbrochen von unregelmässigen Erhebungen
aufzuweisen. Mehrfach tritt starkes Erbrechen auf.
Bemerkenswerth ist ferner das Aufschiessen einer Herpeseruption
um Mundwinkel und Nasenflügel, die im Verein mit dem ganz acuten Auf¬
treten der Krankheit, den mangelnden tuberkulösen Antecedentden und dem
ganzen Ensemble der Symptome den schon anfänglich gefassten Verdacht,
dass hier eine epidemische Cerebrospinalmeningitis vorliege, fast zur Ge¬
wissheit zu erheben schien.
Um indessen die Diagnose über allen Zweifel sicherzustellen, wird
am 6. Februar von Herrn Professor Fürbringer die Lumbalpunction des
Rückenmarkes in der Höhe des zweiten Lendenwirbels ausgeführt und
dabei 60 ccm einer leicht getrübten, hellserösen, im Strahl hervorquellen¬
den Flüssigkeit entleert. Die chemische Untersuchung derselben ergiebt
einen Eiweissgehalt von 3 p. m. (Essbach) bei Fehlen von Zucker und
anderer pathologischer Beimengungen; die mit Proben der steril aufge¬
fangenen Flüssigkeit beschickten Platten gehen nicht an. Mikroskopisch
sieht man im Sediment spärliche Eiterköper neben zweifellosen, tief roth
gefärbten, perlenschnurförmigen Tuberkelbacillen, deren Vorhanden-
3ei11 — es war mit der erste Fall, bei dem wir in unserem Krankenhause
Tuberkelbacillen in der Rückenmarksflüssigkeit nach weisen konnten —
durch zahlreiche Controllpräparate sichergestellt wurde. Jeglicher Zweifel
musste zudem bei einer zweiten, etwa acht Tage später ausgeführten
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Gck igle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
6. September.
Punction schwinden, bei der die bacterioskopische Untersuchung der
Rückenmarksflüssigkeit ein völlig identisches Resultat wie das erste mal
ergab.
Mit dem Befunde der Tuberkelbacillen schien uns das Todesurtheil
über den Patienten gesprochen zu sein, und wir hielten es für ange¬
messen, die besorgten Anverwandten des Kranken von der gänzlichen
Hoffnungslosigkeit des Falles zu verständigen. Indessen mussten wir uns
bald davon überzeugen, dass wir mit unserer Prognose ebensowenig das
Richtige getroffen hatten, wie anfänglich mit der Diagnose. Schon nach
der ersten Punction Hess sich eine Remission der schwersten Erschei¬
nungen nicht verkennen, die wir aber im Hinblick auf analoge Fälle nur
als eine trügerische auffassen zu sollen glaubten und von der wir mit
Sicherheit erwarteten, dass sie baldigst einem Rückschlag zum Schlimme¬
ren Platz machen würde. Wider unser Erwarten hielt aber die Besserung
an. Das Sensorium wurde klarer; das Fieber sank ab; die Kopfschmerzen
Hessen allmählich immer mehr nach, und ebenso ermässigte sich die an¬
fängliche Rigidität der Extremitäten und die Steifigkeit der Wirbelsäule.
Von jetzt an schritt die Reconvalescenz ungestört, wenn auch in
langsamem Tempo, vorwärts, so dass der Patient nach Verlauf von drei
fieberfreien Wochen imstande war, zum ersten mal aufzustehen. Noch
lange Zeit hindurch blieben die Glieder steif und ungelenk und erlangten
ihre frühere Geschmeidigkoit erst nach vielen Monaten wieder. Am
längsten persistirte die Neuritis optica, die eine nur geringe Tendenz zur
Heilung zeigte und bei der Entlassung des Patienten, die am 23. April
erfolgte, noch zu constatiren war. Bis zum heutigen Tage ist das Be¬
finden des Patienten, der sich uns auf unser Ersuchen mehrfach wieder
vorgestellt hat, ein gutes geblieben.
Im vorstehenden Falle giebt uns der positive Baeillenbefund
die sichere und, wie ich meine, unanfechtbare Gewähr, dass wirk¬
lich eine tuberkulöse Meningitis im Spiel gewesen ist; auch die
hartnäckigste Skepsis muss meines Erachtens an einem Argument
von so schwerwiegender Bedeutung zuschanden werden. Diese
Thatsache ist, soweit ich sehen kann, von nicht zu unterschätzen¬
der Tragweite, denn sie durchbricht das Dogma von der Unheil¬
barkeit der tuberkulösen Meningitis und entzieht dadurch, dass sie
die Frage unter einem völHg neuen Gesichtspunkt betrachtet, dem
absolut negirenden Standpunkt jeden Halt. Im Lichte unseres
Falles gewinnen nun auch die übrigen „Heilungsfälle“ von tuber¬
kulöser Meningitis eine erhöhte Bedeutung und eine viel grössere
Glaubwürdigkeit, wenn man freilich auch über das Ziel hinaus-
schiessen würde, wollte man ins entgegengesetzte Extrem verfallen
und nun alle angebHchen Heilungen auf Treu und Glauben hin¬
nehmen. Vielmehr besteht die eingangs geübte Kritik für die Mehr¬
zahl der publicirten Fälle nach wie vor zu Recht und nur bei
einem Br uchtheil derselben darf vermuthet werden, dass die supponirte
Diagnose mit den thatsächlicken Verhältnissen im Einklang ge¬
standen hat. Möglicherweise giebt uns aber die Litteratur in
dieser Beziehung gar keine richtigen Aufschlüsse; denn es muss
als in hohem Grade wahrscheinlich gelten, dass sich vorsichtige
Autoren gehütet haben, etwaige Heilfälle bekannt zu geben, oben
weil ihnen die Beweiskraft des kUnischen Bildes nicht überzeugend
genug erschien und weil sie in einer Frage, wo die Voraus¬
setzungen noch auf so schwankem Boden standen, nicht durch Bei¬
bringung unsicherer und nicht abgeklärter Thatsachen neue Hypo¬
thesen herauf beschwören wollten. So verfügen wir l)eispiel8weise
über einen, etwa vor D /2 Jahren — damals war die Rückenmarks-
punction bei uns noch nicht üblich — beobachteten Heilfall von
Meningitis, dessen tuberkulöse Natur uns nach dem gewissen
Ensemble der Symptome evident erschien und welcher demgemäss
in unseren Journalen gebucht wurde — und trotzdem haben wir
geglaubt, von der Publication des Falles Abstand nehmen zu wollen,
da wir nicht imstande waren, den positiven Beweis für unsere
Vermuthung anzutreten.
Noch nach einer andern Richtung ist unser Fall lehrreich,
nämUch bezüglich der Differentialdiagnose der tuberkulösen und
der Cerebrospinalmeningitis. Wenn auch in prägnanten Fällen die
Symptomenbilder der beiden Krankheiten zu Verwechselungen kaum
Anlass geben, so wird doch jeder Kundige zugestehen, dass sich
manchmal die Grenzen zwischen beiden AJfectionen so verwischen,
dass eine sichere Differenzirung unmöglich wird. Es ist kein allzu
seltenes Vorkommniss, dass man auf dem Sectionstisch von dem
Vorhandensein einer Cerebrospinalmeningitis überrascht wird, wo
man guten Grund für die Annahme einer tuberkulösen Meningitis
zu haben glaubte, und umgekehrt da auf eine Tuberkulose stösst,
wo alle klinischen Anzeichen für eine Cerebrospinalmeningitis
sprachen. Auch in unserem Falle erging es uns ähnlich; wir glaubten
mit voller Bestimmtheit eine Cerebrospinalmeningitis diagnosticiren
zu dürfen und hätten zweifellos an dieser irrthümlichen Vermuthung
festgehalten, wenn uns nicht die Lumbalpunction noch recht¬
zeitig eines Besseren belehrt hätte. Gerade der günstige Ausgang
eines Falles, bei dem die Diagnose zwischen den beiden in Rede
stehenden Affectionen schwankt, pflegt die Waagschale zu Gunsten
der Cerebrospinalmeningitis sinken zu lassen; es dürfte demgemäss gar
mancher Heilfall, der unter der Flagge der Cerebrospinalmeningitis
geht, in Wirklichkeit der tuberkulösen Form zuzuzählen sein.
700
Die von Quincke angegebene Methode der Lumbalpunction
gewährt uns in Zukunft die Möglichkeit, derartige Irrthümer zu
vermeiden. Das Ergebniss der Punction im Verein mit dem Aus¬
fall der mikroskopischen und bacteriologischen Untersuchung setzt
uns fürderhin ohne weiteres in den Stand, jeden etwaigen Zweifel
an der Natur des fraglichen Processes niederzuschlagen. Ich muss
es mir versagen, hier ausführlicher auf die Verwerthbarkeit der
Lumbalpunction einzugehen und ihre Vorzüge zu schildern. Nur
was die therapeutische Componente ihrer Leistungsfähigkeit
anbetrifft, so möchte ich mich bezüglich unseres Falles sehr skep¬
tisch verhalten; es dürfte schon deswegen kaum statthaft sein,
die Heilung auf Kosten der besagten Methode zu setzen, weil wir
nach unseren übrigen, recht zahlreichen Erfahrungen, die mit denen
anderer Autoren übereinstimmen, sonst niemals eine Heilwirkung
beobachtet haben. Dagegen steht unleugbar fest, dass wir in der
Methode ein diagnostisches Mittel allerersten Ranges besitzen,
welches die moderne Diagnostik durch Aufhellung feinster und
bislang der ärztlichen Forschung nicht greifbarer Detail Verhält¬
nisse in hellem Glanze erstrahlen lässt. Ihr haben wir die Auf¬
klärung unseres Falles zu danken; es steht zu hoffen, dass wir
mit ihrer Hülfe noch einen reichen diagnostischen Schatz in dein
dunklen Gebiete der Rückenmarkspathologie heben werden.
V- Aus dem Alten allgemeinen Krankenhause in Hamburg.
Station III, Oberarzt Dr. Engel-Beimers.
Ueber die Abortivbehandlung der Gonorrhoe
nach der Janet’schen Methode.
Von Dr. Moritz Fürst.
In einer interessanten Arbeit (Diagnostic et traitement de
Turäthrite blennorrhagique) 1 ) von Dr. J. Janet findet sich eine
Methode angegeben, mit deren Hülfe man nach den Erwartungen
des Verfassers in kürzester Zeit jede acute Gonorrhoe heilen kann.
Das Princip derselben ist eine gründliche Auswaschung der
Harnröhre mit einer Kali hypermanganicum-Lösung (1 : 2000.
1:1500, 1:1000) und das Hervorrufen einer „serösen Reaction“
der Harnröhrenmucosa, d. h. einer profusen wässerigen Secretion,
durch welche die Gonococcen rasch entfernt werden sollen.
Das zu dieser Methode nothwendige Instrumentarium ist ein
sehr einfaches. Es besteht nämlich aus einem Holzstab, welcher
bis zu 2 m calibrirt ist und einer auf- und abschiebbaren Platte,
welche dazu dient, einen ebenfalls calibrirten Glasirrigator aufzu¬
nehmen. An dem Irrigator befindet sich ein langer Schlauch und
an diesem wiederum eine Glascanüle zur Einführung in die Urethra.
Nachdem der Patient urinirt hat und Eichel, Vorhaut und
Harnröhrenmündung gehörig desinficirt worden sind, beginnt
man nun in der ersten Sitzung damit, den vorderen Theil der
Harnröhre (l’uröthre penien) mit der Kali hypermanganicum-Lösung
unter einem Druck von 0,80 bis 1 m auszuwaschen (lavage
ant6rieur). In den folgenden Sitzungen lässt man die Flüssigkeit
unter gleichem Druck bis zum Bulbus urethrae durchströmen.
Ergiebt die Zweigläserprobe das Vorhandensein einer Urethritis
posterior, so steigert man den Druck auf 1,30 m (lavage posWrieur).
Ausserdem wird noch während der Irrigation der Gummi-
schlauch von Zeit zu Zeit zusammengedrückt und gleich darauf
wieder geöffnet, um mittels der auf diese Weise erzeugten plötz¬
lichen Drucksteigerung die Harnröhre kräftig auszudelmen und die
Flüssigkeit in alle Falten und Ausbuchtungen der Schleimhaut
hineinzutreiben.
Am ersten Tage der Behandlung hat sich der Patient in Ab¬
ständen von je fünf Stunden dreimal seinem Arzt zur Ausspülung
der Urethra vorzustellen. Das erste mal wird ein ganzer Liter
Flüssigkeit (1:2000), das zweite mal ein halber Liter (von Lösung
1:1500), das dritte mal ebenfalls ein halber Liter (von Kali hyper-
manganicum 1:1000) angewendet. Nach der zweiten und dritten
Auswaschung beginnt eine ödematöse Anschwellung zunächst der
Harnröhrenschleimhaut, weiter der Eichel und der Vorhaut mit
spannenden und ziehenden Schmerzen längs der Urethra, die sich
bei der jedesmaUgen Harnentleerung erheblich steigern. Gleichzeitig
stellt sich eine seröse Hypersecretion aus der Urethra ein, und
mit dieser verschwinden in der Regel die Gonococcen. Nach
weiteren drei bis vier Tagen, während welcher die Irrigationen
zweimal täglich mit der Lösung 1:2000 fortgesetzt werden,
hören Schmerzen und Hypersecretion auf, die Harnröhre wird
trocken, und in etwa fünf Tagen ist in den idealen Fällen der
Tripper geheilt.
In seiner oben citirten Arbeit hat Janet allerdings^ nur
fünf (!) solcher idealen Fälle aufzuweisen. Er spricht aber die Er-
*) Annales des maladies des Organes genito-urinaires 1892, No. 4 u. U.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Göi 'gle
ungirai ircm
UNIVERSETY OF MICHIGAN
710
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36
Wartung aus, dass alle frischen Tripper, welche in derselben Weise
behandelt werden, einen ebenso glänzenden Verlauf nehmen würden.
Dr. Ch. Au dry 1 ) in Toulouse hat eine weit grössere Anzalü
von Fällen mit der Janet’schen Methode geheilt. Er beschreibt
dieselbe mit grosser Ausführlichkeit und wünscht ihr mit seiner
Arbeit in Deutschland den Boden zu bereiten, da er dieselbe für
einen so gewaltigen Fortschritt in der Behandlung der Geschlechts¬
krankheiten hält, dass er sie der Einführung des Jodkali an die
Seite setzt.
Während eines Aufenthaltes in Berlin hatte ich im letzten
Frühjahr Gelegenheit, in der Poliklinik des Herrn Prof. Posnor
diese Methode angewendet zu sehen. Die Herren hatten damals
gerade mit dieser Behandlung dort angefangen und waren von den
Resultaten zunächst recht befriedigt.
Ich glaubte nun, dass eine derartige Methode am besten auf
einer grossen klinischen Abtheilung erprobt werden könne. Mein
hochverehrter Chef, Herr Dr. Engel-Reimers gestattete mir gern
die Einführung der Behandlung nach Jan et in unsere Trippersäle,
und so begannen wir mit ihr Ende März dieses Jahres, um sie in
33 speciell und sorgfältigst ausgesuchten Fällen von frischem
Tripper bis Anfang August fortzufüliren.
Es wurden für die Behandlung kräftige Patienten ausgewählt,
die sich erst vor ganz kurzer Zeit inficirt hatten und sonst keinerlei
Complicationen mitbrachten. Die Behandlungsweise wurde ganz
besonders sorgfältig überwacht und theils von mir selbst, theils
von einem erprobten Oberwärter ausgeführt. Selbstverständlich
wurden die Secrete sehr häufig auf den Neisser’schen Gonococcus
untersucht, überhaupt nichts unterlassen, was zur genauen Beobach¬
tung der ausgewählten Fälle erforderlich war.
Von diesen 33 Fällen sind nun nach Anwendung der Janet-
schen Irrigationen 15 geheilt worden (45,5 %). Als „geheilt“ be¬
trachten wir einen Tripperkranken, wenn derselbe keine subjectiven
Klagen mehr hat und wenn während einer achttägigen Beobach¬
tungszeit nach dem Aussetzen der Behandlung sich weder Ausfluss
zeigt, noch überhaupt gonococcenhaltige Bestandtheile von der
Harnröhrenschleimhaut zu gewinnen sind. Die Dauer der Behand¬
lung bis zur Heilung war: in zwei Fällen 8 Tage, in einem
Fall 11 Tage, in einem Fall 13 Tage, in einem Fall 14 Tage, in
einem Fall 15 Tage, in einem Fall 18 Tage, in einem Fall 19 Tage
in einem Fall 22 Tage, in einem Fall 23 Tage, in einem Fall
einem Fal1 28 Ta S e ’ in einem Fall 30 Tage, in einem
Fall 33 Tage, in einem Fall 34 Tage.
Aussergewöhnlich günstig kann dieses Resultat nicht genannt
werden. Die Behandlung war, wie aus den gegebenen Zahlen zu
entnehmen ist, nur in wenigen Fällen in einer resp. zwei Wochen
beendet. Die meisten der hierher gehörigen Patienten mussten
eine weit längere Zeit behandelt werden, um zur Heilung zu
kommen. 2 ) ö
Un geh eilt entlassen wurden acht Patienten, bei denen die
Jan et sehe Methode zur Anwendung gekommen war (24 2%)
Sechs von diesen waren nur mit der neuen Methode be-
handeit worden. Sie verlangten schon in den ersten Tagen, sobald
die Schmerzen sowie Harnverhaltung eintraten, gleich den übrigen
Kranken „gespritzt“ zu werden, und verliessen, als der ihnen von
der neuen Cur verheissene schnelle Erfolg ausblieb, nach 7 bezw
y, 1U, 11 14, 18 Tagen grollend das Krankenhaus. Bei zweien
war die Janet sehe Methode schon vor dem Abgänge aufgegeben
worden; bei dem emen, weil er bei jeder Irrigation einen Ohn¬
machtsanfall bekam, und bei dem anderen, weil nach 14tägiger
Anwendung weder die Menge noch der Gonococcenreichthum des
Secretes sich irgendwie vermindert hatte.
Einer von den obengenannten hatte ausserdem noch während
der Behandlung eine ziemlich starke Infiltration des submucösen
uewebes des Corpus cavernosum urethrae bekommen
Derartige unangenehme Complicationen blieben leider überhaupt
nicht selten, denn unter den 33 nach Janet behandelten Patienten
uZtt S1Ch V*™* d . lffus ® Infiltrationen des Corpus cavernosum
urethrae, zweimal Permrethralabscesse, von denen einer gespalten
Blasenkatarrh^ ^ Prostataabscess und endlich mehrere male
2 Monatsh. f prakt. Dermatologie, 1. Juni 1894.
./ u jl ese T r Stelle möchte ich übrigens beifügen, dass die seröse
* £ **? wichtigste Moment seiner Deh^dlung an-
f'f ; ’ gewöhnlich prompt schon am ersten Tage eingetreten ist Auch
Ne“ser’sct g n r7n„r“ n aUC \ nich ‘ - ein WhXden der
b , e!in S stl S CI1<Ie wurde. Nicht kann ichmich d^e4n der%T
Diese Unannehmlichkeiten bedingten denn auch, dass wir in
verhältnissmässig vielen Fällen später unsere alten Behandlungs¬
methoden wieder aufnehmen mussten und mit ihnen denn auch die
Patienten zur Heilung bringen konnten.
Erst nach Janet und, nachdem diese Methode ohne
Erfolg geblieben, mit unseren alten Methoden behandelt
wurden zehn Patienten (33,3 %), drei von diesen befinden sich zur
Zeit noch auf der Station. Die Nachbehandlung bestand bei diesen
Fällen in Spaltung des Abscesses, feuchten Umschlägen, Iiyectionen
verschiedener Trippermittel, Darreichung von Balsam, copaivae oder
Ol. santali, Ausspülungen der Blase mit Argentum nitricum oder In¬
stillationen von Argentum nitricum nach Guyon in den Blasenhals.
Die erfolglose Irrigationsbehandlung war hier von folgender
Dauer: einmal 10 Tage, zweimal 21 Tage, einmal 25 Tage, rinmal
28 Tage, einmal 33 Tage, einmal 41 Tage. Bei den noch auf der
Station befindlichen Patienten ist die Behandlung durchgeführt
worden: einmal 2 Tage, einmal 14 Tage, einmal 20 Tage.
Jedenfalls aber können wir nicht behaupten, dass durch die
Kali hypermanganicum-Irrigationen der Boden für die Nachbehand¬
lung ein günstiger geworden wäre; denn auch sie erforderte jetzt
mehr Zeit wie gewöhnlich: einmal 9 Tage, einmal 10 Tage, einmal
17 Tage, einmal 23 Tage, einmal 27 Tage, einmal 32 Tage, einmal
34 Tage. Von den noch jetzt auf der Station befindlichen Patienten
dieser Kategorie erforderte die Nachbehandlung bisher einmal 16 Tage
einmal 33 Tage, einmal 39 Tage. Die Länge dieser Zeit ist be¬
dingt durch die vielfachen unangenehmen Complicationen, die
durch die Janet-Behandlung hervorgerufen sind.
Wir haben es jedenfalls nicht an Bemühungen und Ausdauer
fehlen lassen, die mit so grossen Verheissungen auftretende Be¬
handlungsweise des Herrn Janet zu ihrem Rechte kommen zu
lassen. Die verhältnissmässigen ungünstigen Resultate aber haben
uns veranlasst, unsere Versuchsreihe jetzt abzubrechen. Wollen
wir über diese Reihe von 33 ausgesuchten, frisch inficirten Tripper¬
fällen, welche wir nach der Methode von Janet behandelt haben,
ein Resumö fassen, so kann es nur das folgende sein:
1. Durch die von Janet angegebenen Auswaschungen der
Harnröhre mit Kali hypermanganicum-Lösung wird eine „seröse
Reaction“ der Harnröhrenschleimhaut, d. h. eine profuse wässerige
Secretion hervorgerufen, bei welcher in einzelnen Fällen die Gono-
coccen thatsäehlich in kurzer Zeit definitiv verschwinden.
2. In der Mehrzahl der Fälle muss jedoch die Behandlung
lange Zeit fortgesetzt werden, und in manchen Fällen führt sie
überhaupt nicht zum Ziel.
3. Ausserdem aber giebt* sie, ganz abgesehen von ihrer Schmerz¬
haftigkeit, sehr leicht zu dem Auftreten ernster Complicationen
Anlass und ist daher für den Patienten überhaupt nicht ganz un¬
bedenklich.
Aus diesen Gründen glauben wir von einer Anwendung
der Janet’schen Methode abrathen zu müssen.
VI. Standesangelegenheiten.
Die ärztlichen Prüfungen in England.
Wie bei einer anderen Gelegenheit auseinandergesetzt, haben
die ärztlichen Examina in Grossbritannien eine gewisse Ordnung
erfahren durch die Bestimmungen des General Medical Council.
Ein bestimmtes Mindestmaass von Anforderungen ist festgesetzt,
die Zeit des Studiums, Anzahl und Gegenstände der Vorprüfungen
sind gleichförmig gestaltet worden. Da aber nach Erfüllung dieser
Vorschriften es den einzelnen zum Examiniren berechtigten Cor-
porationen ganz frei gestellt ist, wie sie die Einzelheiten des Ex¬
amens ordnen wollen und wie hoch sie in ihren Anforderungen zu
gehen für gut finden, so bleiben noch viele und wesentliche Unter¬
schiede zwischen den verschiedenen Prüfungen bestehen. Die grosse
Mehrzahl der jetzt in England studirenden Mediciner erwirbt die
Approbation durch die vom College of Physicians und College of
Surgeons gemeinsam abgehaltene Prüfung (Conjoint Board); es
scheint daher zweckmässig, diese zunächst zu beschreiben und die
davon abweichenden Examina später zu berücksichtigen.
Das Conjoint Board verlangt seit dem vorigen Jahre — wie
alle anderen Corporationen — ein fünijähriges Studium, und sein
Examen ist in vier Abschnitte getheilt, von denen der erste nach
zwei Semestern, der zweite nach vier, der dritte nach dem achten
und der letzte nach dem zehnten Semester gemacht werden kann.
Das erste Examen hat zum Gegenstand Biologie (unter diesem
Namen wird in allgemeiner Physiologie, Zoologie etc. geprüft),
elementare Anatomie und Physiologie, und Chemie und Physik.
Auch in der Kunde der Pharmacopoe kann bei diesem Examen ge -
prüft werden, doch steht es dem Candidaten frei, diesen Gegen¬
stand mit dem dritten Examen zu vereinigen. — Das zweite Ex¬
amen umfasst Anatomie und Physiologie; in beiden Fächern wird
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6. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
sehr eingehend geprüft; dafür findet dann aber bei den späteren
Examina eine Prüfung in diesen beiden Gegenständen nicht mehr
statt. Das dritte Examen ist eine theoretische Prüfung in den
klinischen Fächern, das letzte Examen ist ein praktisch klini¬
sches.
Die Examina werden viermal im Jahr abgehalten vor einer
grossen Anzahl von Examinatoren, die von den beiden Collegien
in bestimmten Perioden neu ernannt werden. Die Examinatoren
auch für Anatomie und Physiologie sind in der Regel praktisch
thätige Äerzte, Chirurgen oder innere Kliniker. Da jeder, der zur
Stellung eines leitenden Arztes an einem der grossen Hospitäler
gelangte, vorher lange Zeit den anatomischen und oft auch den
physiologischen Unterricht geleitet hat, so hat diese Einrichtung
für englische Verhältnisse nichts auffallendes.
Jedes der einzelnen Examina ist wieder in einen schriftlichen
und einen mündlichen Abschnitt getheilt. Das schriftliche Examen
wird von allen Candidaten zusammen gemacht; es wird denselben
ein Bogen mit — in der Regel — sechs Thematen vorgelegt, von
denen mindestens vier in einer gegebenen Zeit bearbeitet werden
müssen. Das mündliche Examen folgt einige Tage später; jeder
Candidat wird von zwei Examinatoren geprüft, und es wird in der
Regel darauf geachtet, dass seine Examinatoren nicht seine früheren
Lehrer sind. Die Examina in Chemie und Physik entsprechen in
ihren Anforderungen etwa denen des Tentamen physicum; eine ge¬
wisse Erschwerung liegt nur in den schriftlichen Arbeiten. Das
Examen in Anatomie ist ein verhältnissmässig schwieriges; man
geht dabei sehr in Einzelheiten, und zumal Osteologie wird sehr
eingehend geprüft. In der Histiologie und Physiologie sind die
Anforderungen im ganzen ein wenig geringer als im deutschen
Staatsexamen.
Die klinischen Prüfungen sind in recht zweckmässiger Weise
geordnet; auch hier werden erst auf jedem Gebiet schriftliche Auf¬
gaben bearbeitet und später unter den Augen der Examinatoren
Kranke untersucht und dergl. Beim chirurgischen Examen wird
sehr eingehend topographische Anatomie geprüft: dann werden
Kranke untersucht, Verbände angelegt, eine kurze Prüfung in der
Instrumentenkunde abgehalten. Chirurgische Operationen an der
Leiche werden bei diesem Examen nicht verlangt; man begnügt
sich, die Candidaten die Schnittführung für die typischen Opera¬
tionen angeben zu lassen. Schliesslich wird ein Examen an chi¬
rurgischen Präparaten abgehalten, welches den Examinatoren er¬
laubt, sich über das ganze Gebiet der Chirurgie zu verbreiten.
Augenheilkunde wird zusammen mit der Chirurgie geprüft; wie
viel, ist dem Examinator überlassen; sehr eingehend ist die ophthal-
mologische Prüfung gewöhnlich nicht.
Zusammen mit innerer Medicin wird Pathologie, Pharmako¬
logie, etwas Psychiatrie und Hygiene geprüft; auch hier spielt die
Untersuchung von Patienten natürlich eine wichtige Rolle, und in
Verbindung damit werden die klinischen Untersuchungsmethoden
durchgegangen. Pathologie wird an der Hand makroskopischer
und fertiger mikroskopischer Präparate geprüft; Sectionen werden
im Examen nicht gemacht.
Noch einfacher ist das Examen in der Gynäkologie und Ge¬
burtshülfe. Da die Candidaten bereits bei der Meldung zu diesem
Examen eine grössere Anzahl von Geburten geleitet haben müssen,
so wird im Examen selbst keine Entbindung verlangt. Auch die
Prüfung am Phantom ist nicht obligatorisch, sondern in das Be¬
lieben des Examinators gestellt. Da auch die Untersuchung gynä¬
kologischer Fälle fortfällt, so bleibt nur die schriftliche Prüfung
und das Examen an Präparaten (Becken, kindliche Schädel, patho¬
logisch veränderte Organe etc.).
Im ganzen kann man die Anforderungen dieses Examens,
welches praktisch die Bedeutung eines Staatsexamens zu erlangen
scheint, als etwas hinter denen der deutschen Staatsprüfung zurück¬
bleibend bezeichnen; nur das Examen in der Anatomie ist schwie¬
riger als in Deutschland. Auffallend ist besonders das Fehlen
eines speciellen Examens in der Pathologie. Der Titel, der nach
Bestehen dieses Examens verliehen wird, ist: Member of the Col¬
lege of Surgeons and Lieentiate of the College of Physicians
(M. R. C. S. — L. R. C. P.).
Uebrigens steht es dem englischen Mediciner, der die Schwie¬
rigkeiten des Examens sehr scheut, frei, noch eine bequemere
Prüfung bei der Society of Apothecaries abzulegen. Es wird dort
in denselben Gegenständen geprüft, aber die Anforderungen sind
massiger. Der verliehene zur Approbation berechtigende Titel ist:
Lieentiate of the Surgeons of Apothecaries (L. S. A.).
Wesentlich verschieden von diesen Prüfungen sind nun die
sogenannten higher examinations; unter diesem Namen werden
zusammengefasst die Examina der Universitäten — besonders der
Londoner Universität, sowie die Prüfungen für die Membership
des College of Physicians (M. R. C. P.) und für die Fellowship des
College of Surgeons (F. R. C. S.).
711
Diese Examina, deren Anforderungen weit über das hinaus¬
gehen, was von den Candidaten des deutschen Staatsexamens ver¬
langt wird, sind natürlich nicht obligatorisch; aber der Andrang
dazu ist doch ein ziemlich grosser, da auf den Besitz eines der
betreffenden Diplome grosser Werth gelegt wird. Für eine Hospi¬
talsanstellung ist es in der Regel Vorbedingung, eines dieser higher
examinations bestanden zu haben.
Das Examen für die Membership des College of Physicians,
zu dem jetzt nur bereits approbirte Aerzte und diese nur nach
vollendetem 25. Lebensjahre zugelassen werden, erstreckt sich auf
innere Medicin, Hygiene und Psychiatrie und beschäftigt sich mit
diesen Gegenständen in eingehendster Weise. Ausserdem wird
merkwürdigerweise noch einmal in alten und neuen Sprachen ge¬
prüft, wobei die Anforderungen jedoch mässige sind.
Schwieriger als dies Examen ist das für die Fellowship des
College of Surgeons, welches fast nothwendig von allen absolvirt
werden muss, die sich speciell mit Chirurgie beschäftigen wollen.
Die Prüfung ist in zwei Abschnitte getheilt; der erste umfasst
Anatomie, Physiologie und Embryologie und setzt eine vollkommene
Beherrschung dieser Gebiete voraus; in allen drei Fächern erstreckt
sich das Examen auf dio feinsten Einzelheiten, und selbst die
neuesten Ergebnisse von Embryologie und Physiologie werden in
den Kreis der Aufgaben gezogen. Auch die Principien und wesent¬
lichen Thatsachen der vergleichenden Anatomie werden berührt.
Der zweite Abschnitt umfasst die schriftliche Bearbeitung chirur¬
gischer Themata, Untersuchung von Patienten, Operationen an der
Leiche, topographische Anatomie und chirurgische Pathologie. Auch
hier wird das Diplom erst nach dem 25. Jahre ertheilt.
Die Examina der University of London nehmen eine ganz be¬
sondere Stellung ein, da sie ein vielseitigeres und länger dauerndes
Vorstudium zur Voraussetzung haben. Die Vorprüfungen verlangen
eine sehr gründliche Kenntniss von Physik und Chemie, auf dem
letzteren muss im Examen auch praktisch gearbeitet werden.
Ferner w r ird Biologie sehr gepflegt, und unter diesem Namen
werden Zoologie, Pflanzen-Physiologie und verwandte Wissen¬
schaften geprüft. Die Candidaten erhalten praktische Aufgaben,
wie zum Beispiel das Nervensystem bestimmter Würmer zu präpa-
riren oder die Organe zoologisch wichtiger Fische zu demonstriren
und dergleichen. Das zweite Examen in Anatomie und Physiologie
ist nicht minder schwierig; auch hier spielt Embryologie eine
grosse Rolle; physiologisch-chemisches Arbeiten, Prüfung in histo¬
logischer Technik bilden Theile dieses Examenabschnittes. Den
Schluss macht die klinische Prüfung in Medicin, Chirurgie und
Geburtshülfe, und nach Ablegung derselben wird der Titel: Bacca-
laureus Medic. (M. B.) verliehen, der zur Approbation berechtigt.
Wer höher hinaus will, kann den Titel Doctor of Medieine (M. I).),
oder wenn er Chirurgie treiben will, Bachelor oder Master of Sur-
gery (M. S.) erwerben; zur Erreichung dieses Zieles ist nicht, nur
eine rocht schwierige Prüfung in Medicin resp. Chirurgie zu be¬
wältigen, sondern die Candidaten werden merkwürdigerweise auch
sehr eingehend in Psychologie geprüft. Die psychologischen Auf¬
gaben, die ihnen zur Bearbeitung vorgelegt werden, sind oft recht
schwierig.
Es lässt sich nicht leugnen, dass die englischen Examons¬
verhältnisse — entsprechend der Entwickelung des ärztlichen
Standes — etwas complicirt geblieben sind; und wenn man dazu
erwägt, dass für die, deren Ehrgeiz das einfache Bestehen des
Examens nicht, genügt, an den Universitäten noch Parallelexamina
„for honours“ mit etwas grösseren Anforderungen abgehalten
werden, dass zur Erlangung von Preisen, Stipendien etc. (Seho-
larships) an den einzelnen medicinischen Schulen noch Prüfungen
zu bestehen sind, so ist unverkennbar, dass auf diesem Gebiet des
guten etwas zu viel geschieht. Es ist übrigens nicht das ärzt¬
liche Studium allein, welches augenblicklich mit Prüfungen über¬
lastet ist; auf anderen Gebieten macht sich die Neigung zu über¬
mässigem Examiniren ebenfalls geltend, und auf der letzten Ver¬
sammlung der British Medical Association in Bristol ist von ein¬
flussreicher Seite die Aufmerksamkeit auf diese Verhältnisse und
die mancherlei schädlichen Folgen, die davon untrennbar sind, ge¬
richtet worden.
In Schottland und Irland sind die Examina nach denselben
Grundsätzen geordnet wie in England; doch sollen thatsächlich die
Anforderungen in mancher Beziehung hinter denen der englischen
Examina Zurückbleiben.
Es mag hier noch kurz erwähnt werden, welche Anforderungen
an Aerzte gestellt werden, welche — in anderen Ländern appro-
birt_die englische Approbation dazu erwerben wollen. Für diese
wird in der Regel das Examen des Conjoint Board das ^mgnetste
sein; es wird ihnen das erste Examen in Chemie und Ihvsi ei-
lassen, so dass nur eine Prüfung in Anatomie und Physiologie und
eine zweite in den klinischen Fächern zu bestehen ist. Diese
beiden Examina können zu beliebiger Zeit gemacht werden, ohne
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712
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36
Innehaltung der Fristen, die für englische Candidaten zwischen
beiden Examina festgesetzt sind. In Schottland kann fremden
Aerzten eventuell noch das Examen in Anatomie und Physiologie
erlassen werden. Für die „higher Examinations“ werden keinerlei
Erleichterungen gewährt. E. M. (London).
— Bisher war auf Grund einer Ministerialverfügung von 1874 an¬
genommen worden, dass die Medicinnlbeaniten für die Atteste und Gut¬
achten Uber den Gesundheitszustand von Beamten Gebühren nicht
fordern dürften. Aus Anlass eines zur Sprache gebrachten Falles haben
die betheiligten Ressortminister jetzt angeordnet, dass nicht alle der¬
artigen Gutechten gebührenfrei abzugeben seien, sondern nur diejenigen,
die sich als Befundatteste darstellten. Allerdings werde sich eine feste
Grenze zwischen einem Befundattest und einem (jftitachten mit ausführ¬
licher wissenschaftlicher Begründung durch bestimmte, für alle Fälle
maassgebende Kriterien nicht ziehen lassen, im allgemeinen würde es auf
die Natur des Krankheitszustandes und die zu begutachtende Frage an¬
kommen, aus welcher sich die grössere oder geringere Schwierigkeit der
Beurtheilung und damit das Maass der erforderlichen Begründung ergebe.
Im allgemeinen werde die Abgabe eines wissenschaftlich begründeten
Urtheils über den Gesundheitszustand eines Beamten in Form des Bo-
fundattestes regelmässig dem Dienstinteresse genügen. Es sei nur dann
ein ausführliches “Gutachten zu ■ erfordern, wenn ein solches ausnahms¬
weise, z. B. bei zweifelhafter Feststellung des Geisteszustandes, bei Ver¬
dacht der Simulation u. s. w., für nothwendig erachtet werde.
VII. Oeffentliches Sanitätswesen.
Stand der Cholera.
12. August 608 (265), Lublin vom 12.—18. August 56 (33), Siedlez
vom 11.—20. August 609 (290), Petrikau vom 13.—19. August 938
(461). Im letztgenannten Gouvernement ist besonders die Stadt Lodz
ergriffen. Im Gouvernement Grodno erkrankten (starben) in den Städten
Brest und Kobrin, sowie in den gleichnamigen Kreisen vom 21. Juli bis
4. August 166 (70) Personen, im Kreise Schaulen, Gouvernement Kowno
vom 5—11. August 19 (11), in St. Petersburg (Stadt) vom 14. bis
21. August 160 (79), vom 21.—22. August 26 (12), in Narwa vom 10.
bis 16. August 9 (6), in Stadt und Kreis Bauske, Gouvernement Kur¬
land vom 15. Juli bis 10. August 74 (36), im Kreise Junjew (Livland)
bis zum 13. August 45 (23), in Riga vom 14.—21. August 35 (16).
In Schweden hat, trotz fortdauernd unter der Besatzung von Russ¬
land kommender Schiffe festgestellter Cholerafälle, eine Einschleppung
noch nicht stattgefundnn. °
Aus der Türkei wird jetzt bekannt (Veröffentlichungen des Kaiser¬
lichen Gesundheitsamts), dass in Adrianopel der mit Anfang Juli er¬
folgte heue Ausbruch der kaum erloschenen Epidemie zuerst unter der
12000 Mann starken Garnison stattgefunden hat; von hier griff die Seiiche
auf die Civilbevölkerung über. In den Kasernen wurden bis zum 25. Juli
40 Erkrankungen (mit 17 Sterbefällen) beobachtet, in verschiedenen Stadt-
theilen vom 12.—22. Juli noch 9 (7). Vom 23. Juli bis 9. August
wurden insgesammt 230 (113) Fälle angezeigt, davon 164 (65) unter den
Soldaten. In ‘ dem Dorfe Mustapha Pascha, bei welchem sich ein von
Soldaten der Garnison von Adrianopel überwachtes Quarantänelazaretb
befindet, wurden am 31. Juli und 1. August je 2 Erkrankungen und je
1 Todesfall gemeldet, ausserdem 1 Todesfall unter dem Militär; vom 2.
bis 5. August erkrankten 5 und starben 3 Personen. Demzufolge be¬
schloss der internationale Gesundheitsrath in Konstantinopel am 2. August,
die europäischen Reisenden ferner nicht in Austapha Pascha, sondern in
Tschataldja anzuhalten. A.
Die Zahl der Choleraerkrankungen in den ergriffenen deutschen
Gebieten hat in den 14 Tagen seit unserem letzten Bericht immer noch
steigende Tendenz gezeigt. Im einzelnen melden die Veröff. d. Kaiserl.
Gesundheitsamts folgende neue Fälle: Ostpreussen: In Draulitten (Kr.
Pr.-Ho 11 and) versterben in der Woche vom 13.—20. August ein Canal¬
schiffer und dessen Sohn, in der Stadt Osterode eino Bahnarbeiters¬
frau und in der Woche vom 20.—27. August wurden ebenda 2 weitere
Erkrankungen gemeldet, desgleichen 1 Erkrankungsfall im gleichnamigen
Kreise. In der Stadt Königsberg starb am 15. August ein Kutscher,
welcher mit Holzabladen am Pregel beschäftigt gewesen war, und in der
Woche vom 20.—27. August ereignete sich ebenda ein zweiter Todesfall.
Im Kreise Labiau 1 Todesfall in Agilla in der Woche vom 13.—20.
August und in der folgenden Woche 4 (2) Erkrankungs- (Todes-) Fälle
m Baracke Grabenhof. In Nietswedzen, wo die Epidemie mit so
grosser Heftigkeit auftrat, erkrankten (starben) in der Woehe vom 13.
bis 20. August noch 14 (6), in der folgenden Woche nur noch 3 (1), da¬
gegen kamen in der letzten Woche 2 (2) Fälle in der nahegelegenen Kreisstadt
Johannisburg und 1 (1) Fall in Wilken in demselben Kreise zur An-
Z m lg i 0 ’ ^~ Iffl Weichselgebiet betrug die Zahl der Erkrankungen
irodesfäHe) in der Woche vom 13.—20. August 34 (12), im Netze-
Warthegebiet 15 (11) und 34 (12). Von da gelangte in der letzten
Woclm auf dem Landwege ein Flösser nach Freienwalde a. 0. im
Keg.-Bez. Potsdam und verstarb im dortigen Krankenhause an Cholera
— Ein neuer Heerd scheint sich in OberBchlesien gebildet zu haben,
woselbst in Rosdzin (Kr. Kattowitz) am 16. August ein Arbeiter an
Cholera verstarb; m der Woche vom 20.-27. August wurden an zwei
Orten desselben Kreises je 1 Erkrankung festgestellt, von denen 1 tödt-
iich verlief. — Im Rheingebiet erkrankte in der Woche vom 13.—20
August ein Maurer nach einem misslungenen Versuch, sich im Rhein zu
/ erner ln ? Ruh rorter Hafen vom 20.-27. August auf einem
von Rotterdam angekommenen Flussfahrzeuge eine Schifferfrau und deren
lochter (erstere ist gestorben). - Wie aus dem Kreise Meppen, Reg.-
n ^ k , wird ’, isfc daselbst ] u Hüntel bei einem hol¬
ländischen Canalarbeiter Cholera festgestellt worden.
q« niTi Be J g i e L, Wurde ?. in der Provinz Lüttich vom 5.—11. August
llLor? 0 erbeföJ e r mt i ch Z F Anzei s° gebracht; neuere Nachrichten
liegen nicht vor. — In den Niederlanden sind jetzt die Provinzen
Limburg, Nordbrabant, Südholland, Nordholland, Utrecht ergriffen. Es
handelt sich meist um vereinzelte Erkrankungen nur in Maastricht,
u Zün f 14- ^gesammt 57 (27) und vom 14.-21. August
sieh^^nA r w^ U f ngen i T °i eS n Üle) gemoldet sind ’ UTld in Amsterdam zeigt
38 40 FiinA U fr g de v an letzterem Orte sind insgesammt etwa
38-40 Fälle (davon bis 18. August 13 Todesfälle) vorgekommen.
ein hftfrJir.hf S r ® rrei . c k-Ungarn ist in den befallenen Provinzen wieder
Es enSi ft !r%tr ' ,gen d S r Z ^‘ der Erkrankungen zu constatiren.
in Her Wn\ f G l on len J n der Woche vom 13.—19. August 944 (531),
Epidemie'3759 1057 (544) fseit d ™ Beginn der
19 Amst a , uf ™ , ukowlIla m der Woche vom 13. bis
ir - Au £l lst _( 65 )» m der Woche vom 20.—26. August 144 (79) Tseit
dcif hat d sirW ldCm « ,! 4 i ? Auch die Zahl der ergriffenen Gemoin-
in den Bortkle §■ a •, A l? stärks ‘? n hem scht die Seuche noch immer
sÄswesen) H ° r0denka ’ Buczac2 ’ Z^^cki und Borszczow. (Oesteir.
den we s tlichr,^T d t,^ hiilt / iC n <i - i \ Zahl , der Erkrankungen namentlich in
aen ^westlichen Theilen des Reiches dauernd auf gleicher Höhe Die
ernsten amtlichen Mittheilungen lauten nach den Veröffentlichungen des
iD den Guuve^cmÄomt
ml w« . k ® 4 14 ,V 68 i’ Plock TOm 9 —16. August 579 (288),
Stadt. Warschau vom IG.—23. August 210 (85), Gouvernement War-
7 r Z 3 - 20 - August 1104 (&». Kalisch vorn 14-16 August
17 t6), Kielce vom 11.-16, August 1055 (530),«Radom vom 10. bis
VIII. Krankenpflege.
Das Victoriahaus für Krankenpflege in Berlin.
Von Julius Schwalbe.
Unter den wenigen Krankenpflegeschulen Berlins, welche Billroths
Postulat, „eine Pflegerinnenschule muss mit einem eigens dafür bestimmten
Krankenhause verbunden sein“, zu erfüllen in der Lage sind, nimmt das
Victoriahaus eine bemerkenswertho Sonderstellung ein. Aus kleinsten
Anfängen entstanden, hat dieses einzige mit städtischen Anstalten orga¬
nisch zusammenhängende Institut innerhalb weniger Jahre sein Arbeits¬
feld weit über die ursprünglichen Grenzen hinaus zu vergrüssem ver¬
mocht, ohne dabei den originären Charakter einer Privatanstalt zu ver¬
lieren oder an innerer Festigkeit etwas einzubüssen. Für seine rühmlichen
Erfolge sind verschiedene Fact-oren maassgebend gewesen; unter ihnen
sind besondere zu nennen: die treffliche Anfangsorganisation und die
umsichtige äussere wie innere Leitung des Vereins, dor baldige enge
Anschluss des Instituts an ein grosses städtisches Krankenhaus und nicht
zum mindesten dio unablässige Fürsorge der Kaiserin Friedrich für
das Gedeihen dieser unter ihrem Protectorat stehenden Schöpfung.
Der Lehenslauf des Victoriahauses enthält genügend interessante und
lehrreiche Beziehungen zur allgemeinen Organisation des heutigen Kranken¬
pflegewesens, um einen Rückblick auf die Geschichte des Instituts auch
an dieser Stelle zu rechtfertigen. Wir unterziehen uns dieser Aufgabe
um so lieber, als sie wieder einmal eine willkommene Gelegenheit dar¬
bietet, die Bedeutung einer geschulten weiblichen Krankenpflege dem
praktischen Arzte vor Augen zu führen.
Das Victoriahaus ist in seiner Genese auf den — auch jetzt noch
segensreich wirkenden — Berliner Verein für häusliche Gesund¬
heitspflege zurückzuführen. Aus diesem ging im Jahre 1882 ein
Specialcomite mit dem Namen „Victoriahaus für Krankenpflege“ hervor,
welches die Ausbildung von Pflegerinnen und die Ausübung der Armen¬
krankenpflege als seine wesentliche Aufgabe betrachten sollte. Eine
sichere materielle Grundlage erhielt die neue Stiftung seitens des
Kronprinzen Friedrich Wilhelm und der Kronprinzessin Victoria
durch die Ueberweisung einer Summe von 120000 Mark, welche die
Stadt Berlin dem Kronprinzenpaare am Tage seiner silbernen Hochzeit
für die Errichtung einer Heim- und Lehrstätte für Krankenpflegerinnen
zur Disposition gestellt hatte. Die Basis für eine gedeihliche innere
Entwickelung gewann die Pflegeschule erst durch ihre Verbindung mit
dem städtischen Krankenhause am Friedrichshain. Während der
Verein in den beiden ersten Jahren seiner Thätigkeit gezwungen war,
seine Angehörigen an verschiedenen Anstalten, zumeist in London, aus¬
bilden zu lassen, trat derselbe 1884 in einen Contract mit dem ge¬
nannten Krankenhaüse ein, nach welchem im „Friedrichshain“ die un¬
entgeltliche Ausbildung der Pflegerinnen des Vereins stattfinden
sollte, das Victoriahaus dagegen einen Pavillon des „Friedrichshain
sofort mit ausgebildeten Pflegerinnen besetzen und sich verpflichten
müsste, dem Krankenhaus die Hälfte der in ihm ausgebildeten Pflege¬
rinnen zu überlassen, um allmählich die gesammte Krankenpflege der An¬
stalt zu besorgen. Diese Verbindung des Victoriahauses mit einer der
grössten Krankenanstalten Deutschlands hat sich, wie zu erwarten war,
für die Entwickelung der jungen Pflegeschule von grösster Bedeutung
erwiesen. Alle die Vortheile, welche für ein Pflegerinneninstitut aus
seinem beständigen Zusammenhänge mit einem Hospital erwachsen,
namentlich die gleichmässige, vielseitige und continuirliche Ausbildung
seiner Angehörigen, mussten hier in erhöhtem Maasse sich geltend machen,
wo das Krankenmaterial ein ausserordentlich manniclifaltiges und zahl¬
reiches. die Einrichtungen der zumeist nach Virchow’s Plänen errichteten
Anstalt in weitester Hinsicht mustergültig, dio Fortentwickelung der¬
selben nach innen und aussen Dank der vortrefflichen ärztlichen Leitung
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6. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
7iB
und der Liberalität der städtischen Behörden eine andauernde stets ge¬
wesen ist. Und die Vorthede, die das Victoriahaus aus seiner Yerbin-
dung mit dem „Fnednchshain“ gewann, blieben in der Folgezeit unge-
schmälert, weil es, wie schon oben angedeutet, eine Concurrenz an
städtischen Krankenanstalten nicht erfuhr.
• l“ “ he Beziehung, wie zum „Friedrichshain“ war der Ver-
ern schon 1883 zur gynäkologischen und 1884 zur chirurgischen
Klinik der Berliner Universität getreten; indess hat dieses Ver-
hältmss niemals eine grössere Bedeutung erlangt. Immerhin hat die
Verbindung der jipgen Pllegescliule mit den beiden Kliniken dazu bei-
getragen ihren weiteren Weg nach einer bestimmten Richtung zu lenken
nämlich den Schwerpunkt ihrer Thätigkeit auf die Hospitalspflege
zu verlegen. 1 r 6
Die Einsicht aber in den Umfang der voraussichtlich stets wachsenden
Anforderungen einer Hospitalsarbeit bestimmte das Comit6 des Victoria¬
hauses für Krankenpflege im Jahre 1885 seinen noch immer bestehenden
Zusammenhang mit dem Verein für häusliche Gesundheitspflege völlig
zu lösen und sich als selbstständiger Verein zu constituiren. An die
fepitze des neuen mit den Rechten einer juristischen Persönlichkeit aus¬
gestatteten Vereins trat ein aus 14 Herren und 7 Damen zusammen¬
gesetzter Vorstand, unter dem Vorsitz des Staatsministers a. D. Dr. Del¬
brück; die Kronprinzessin Victoria übernahm das Protectorat über das
nun aut eigenem Fundament stehende Institut, An Capitalvermögen ge¬
wann dasselbe bei seiner Neubegründung die oben erwähnten, vom Verein
für häusliche Gesundheitspflege mit Genehmigung des Kronprinzenpaares
überwiesenen 120000 Mark, ferner eine aus anderweitigen Quellen her¬
rührende Summe von ca. 25000 Mark. Der grösste Theil des letzt¬
genannten Geldes wurde in Verbindung mit einigen verfallenen Cautionen
und einem Zuschuss aus den laufenden Einnahmen des Vereins zur
Gründung eines Invalidenfonds verwandt, aus welchem jede im Dienste
des Victoriahauses arbeitsunfähig gewordene, bewährte Pflegerin unter¬
stützt werden sollte. Die Bestimmung hierüber wurde nebst einigen
anderen, durch die bisherige Praxis gewonnenen Erfahrungen in den neuen
1886 veröffentlichten Statuten festgelcgt. Dieses Regulativ, welches einer
weitreichenden Einblick in die innere Organisation des Victoriahauses ge¬
währt, lautete folgendermaassen: &
Regulativ für die Pflegerinnnen des Victöriahauses.
§ 1. Die Anmeldung zur Aufnahme in das Victoriahaus geschieht,
wenn möglich, durch persönliche Vorstellung, sonst schriftlich bei der
Oberin. Die Entscheidung über die Aufnahme trifft die Oberin in Ge¬
meinschaft mit dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses des
Vereins. Die Aufnahme kann jederzeit erfolgen.
§ 2. Bedingungen der Aufnahme sind: a) ein Alter von 25 bis 35
Jahren, sofern nicht unter besonderen Umständen Ausnahmen zugelassen
werden, b) ein befriedigendes ärztliches Zeugniss über den Gesundheits¬
zustand der Bewerberin, c) eine ausreichende allgemeine Bildung. Ausser
dem ärztlichen Gesundheitszeugnisse sind bei der Meldung einzureichen:
a) ein von der Bewerberin selbst verfasster und selbst geschriebener
Lebenslauf, b) Empfehlungen bekannter Personen oder, in Ermangelung
dieser, ein Führungsattest von einem Geistlichen oder der Ortsbehördo.
c) ein Taufschein oder Geburtszeugniss, d) ein Revaccinationsattest.
§ 3. Wird die Bewerberin angenommen, so hat sie sich schriftlich
zu verpflichten, nach Ablauf ihres Ausbildungsjahres zwei 1 ) Jahre als
Krankenpflegerin des Victoriahauses, sei es im Krankenhause, sei es in
der Armen- oder Privatpflege, thätig zu sein und den für die Pflegerinnen
dieser Anstalt geltenden Bestimmungen Folge zu leisten. Zur Sicherung
dieser Verpflichtung hat sie eine Caution von 300 M. zu zahlen (§ 13).
Sie wird alsdann als Probepflegerin aufgenommen.
§ 4. Die Probepflegorin empfängt ihre Ausbildung in einem Kranken¬
hause. Letztere dauert in der Regel ein Jahr. Sie erhält während
dieser Zeit freie Wohnung, Beköstigung und Reinigung der Wäsche,
Dienstkleidung und, nach Ablauf von sechs Monaten, ein Taschengeld von
monatlich 10 M.
§ 5. Während der Dauer der Lehrzeit ist die Oberin in Gemeinschaft
mit dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses befugt, eine
Probepflegerin, welche sich als nicht geeignet zur Ausbildung erweist,
jederzeit zu entlassen. Nicht minder hat während dieser Zeit die Probe¬
pflegerin das Recht, nach 14 tägiger Kündigung auszuscheiden. In diesem
Falle hat sie dem Victoriahause für jeden Monat ihrer Ausbildung ein
Lehrgeld von 25 M. zu vergüten. 2 )
§ 6. Nach Beendigung ihrer Ausbildung wird die Probepflegerin
durch eine von dem Vorsitzenden des geschäftsführenden Ausschusses
und der Oberin ausgestellte Urkunde in den Dienst des Victoriahauses
aufgenommen. Sie erhält nunmehr neben freier Wohnung, Beköstigung
und Reinigung der Wäsche, sowie neben freier Dienstkleidung, die sie
während ihrer dienstlichen Thätigkeit zu tragen gehalten ist, ein Gehalt
von 300 M. jährlich, welches sich mit jedem Jahre um 50 M. erhöht,
bis es den Betrag von 500 M. erreicht hat. Bei vorzüglichen Leistungen
wird es bis 600 M. erhöht werden. Die Pflegerinnen dürfen für sich
keine Belohnung annchmen, ihnen etwa gewährte Geschenke haben sie
der Anstalt abzuliefern.
») Nach dem 1893 revidirten Regulativ erstreckt sich die Verpflich¬
tung auf. drei Jahre.
2 ) In dem neuen Regulativ ist die im letzten Satze enthaltene Be-
stimung folgendermaassen umgeändert: Macht sie von diesem Rechte
Gebrauch, oder muss sie wegen mangelhafter Führung entlassen werden,
so hat sie dem Victoriahause für jeden Monat ihrer Ausbildung ein
Lehrgeld von 50 M. zu vergüten. Diese Vergütung beträgt 25 M. für
den Monat, wenn die Entlassung nicht in der Führung der Probepflegerin
ihren Grund hatte.
§ 7. Die Oberin ist die Vorgesetzte der Pflegerinnen. Sie hat Ru¬
di e weitere technische Ausbildung und Vervollkommnung der Pflegerinnen
Sorge zu tragen. Sie vertheilt die Pflegerinnen in ' der Krankenpflege¬
arbeit, führt sie m dieselbe ein und beaufsichtigt sie darin. Beschwerden
der Pflegerinnen gehen durch ihre Hand an den geschäftsftthrenden Aus¬
schuss des Vereins.
§ 8. Jede Pflegerin soll, wenn irgend möglich, jährlich einen Urlaub
erhalten.
§ 9. Vor Ablauf der zweijährigen») Dienstzeit kann die Oberin
m Gemeinschaft mit dem Vorsitzenden des geßcliäftsführenden Ausschusses
eine Pflegerin entlassen. Eine solche Entlassung wird, falls nicht eine
unzweifelhaft schwere Verschuldung vorliegt, nur dann eihtreten, wehtt
wiederholte Ermahnungen erfolglos geblieben sind.
§ 10 . Zwingende persönliche Verhältnisse, welche einer Pflegerin den
Austritt vor Ablauf der zweijährigen») Dienstzeit wünschenswerte machen,
werden thunlichste Berücksichtigung erfahren. ’
§ 11. Nach Ablauf der zweijährigen») Dienstzeit kann der Austritt
und die Entlassung ohne Angabe der Gründe jederzeit nach einmohat-
licher 3 ) Kündigung erfolgen.
§ 12. Im Erkrankungsfalle hat jede Probopflegeriü und jede' Pflfegcrm
Anspruch auf freie Verpflegung und ärztliche Behandlung.
§ 13. Die gezahlte Caution (§ 3) wird von dem Victoriahause zins¬
bar angelegt. Die aufkommenden Zinsen stehen der Cautionsbestellerin
zu. Sie wird zurückgezahlt: 1) wenn die Pflegerin während der Probe“
zeit entlassen wird oder kündigt (§ 5), •im-letzteren Falle nach erfolgter
Zahlung des Lehrgeldes; 2) wenn die zweijährige») Dienstzeit abgölaufen
ist. In den Fällen der §§ 9 und 10 kann der Vorstand die' Caution ganfe
oder zum Theil zurttckzalilen lassen.
§ 14. Eine Pflegerin, welche sich im Dienste des Victöriahauses be¬
währt hat und in diesem Dienste arbeitsunfähig geworden ist* hat An¬
spruch auf Unterstützung aus dem Invalidenfonds des Victoriahause^.
Die Höhe der Unterstützung wird von dem Vorstande in jedem einzelnen
Falle bestimmt.
Auf dieser Basis, nach aussen und innen fest gefügt, -nahm das
Victoriahaus seine Thätigkeit mit verstärkten Kräften wieder auf. Währ
reud der 'Jahre 1884 und 1885 war dio — am Sehluss des Jahres 1883
sich_ auf 11 belaufende — Zahl der Schwestern gewachsen, so dass Ende
1885 im ganzen 39 Schwestern vorhanden waren. Im Jahre 1886 stieg
der Bestand auf 58. Unter diesen waren 13 Schülerinnen* die — zu-
sammen mit 4 Lehrschwestern des mit dem Victoriahause ijn Kartei)
stehenden Wiesbadener Vereins — noch .in der Ausbildung begriffen waren.
Dieselben waren zumeist im Krankenhaus am Friedrichshain untergebracht,
wo sie im sogenannten Sehüleriimenhaus wohnten. Neben der praktischen
Ausbildung auf den Pavillons genossen die Schülerinnen hier einen theore¬
tischen Unterricht der Krankenpflege in Lehrkursen, welcho anfänglich
von zwei Assistenzärzten, späterhin — auch heute noch —. von den beiden
ärztlichen Direktoren selbst abgehalten, wurden. Die 45 ausgobildeten
Pflegerinnen vertheilten sich auf folgende Stationen: .in der Königlichen
chirurgischen Klinik waren 5 (von ihnen besorgte; eine die Assistenz
im Operationssaal), in der Königlichen Universitäts-Frauenklinik 3
(darunter eine als Ober-Hebeainme), im Krankenhause am Friedrichs¬
hain (auf sechs Pavillons) 30, im Lazareth des Waisenhauses zu Rum¬
mel sburg 1, in zwei Bezirken des Vereins für häusliche Gcsundheitsr
pflege als Armenkrankenpflegerinnen.6. Von den im Friedrichn-
hain stationirten Schwestern haben 7 interimistisch während des Sommers
1886 — auf Grund einer Vereinbarung, des. Victoriahauses mit, dem
Verein für Kinderheilstätten an den deutschen Seeplätzen — im Spe-
hospiz zu Norderney die kranken bezw,'erholungsbedürftige 11 Kinder
(bis zu 200) beaufsichtigt und gepflegt. Endlich verdient noqh besondere
Erwähnung, dass im Jahre 1885 vier Victöriascli Western nach dem ; bul¬
garischen Kriegsschauplatz abgingen und sich, an der Verwunde ten-
pflege betheiligten. 7 :
In gleicher Weise, wie in dem ersten Jahre .seiner selbständigen
Wirksamkeit, nahm die Entwickelung des Victoriahauses auch in der
nächstfolgenden Zeit einen durch die zielbewusste Arbdit des Vorstandes
geleiteten Fortgang. 1887 erweiterte sich , im Krankenhause am
Friedrichshain der Besitzstand des Victöriahauses um einen Frriuen-
und einen Männerpavillon. Die Abtheilung der in der Königlichen
chirurgischen Klinik stationirten Schwestern erhielt eine selbstän¬
digere Organisation durch die Einsetzung einer aufsichtsführendeii
Oberschwester. Die Verbindung des Victöriahauses mit der. Stadt Berlin
festigte sich weiterhin durch die Ueberweisung von je zwei Schwestern
auf die neueingerichteten Heimstätten für Genesende in Blanken¬
burg und Heinersdorf. In diesen, mit je 4Q Betten ausgerüstetem
Reconvalescontenhäusern übernahmen die Victoriaschwestern die gesammle
Leitung, besonders die Pflege der Reconvalescenton und. dio Aufsicht,
über den Haushalt. — In Norderney verblieben zwei Schwestern auch
in der Winterstation zur Pflege von 28 Kündern. — Bemerkenswert!!
ist endlich aus dem Jahre 1887, dass das Victoriahaus durch ongen
Anschluss an die deutschen Vereino vom . Rothen • Kreuz sich das
Recht sicherte, im Falle eines Krieges einen Theil seiner Kräfte..in
den Dienst des Vaterlandes zu stellen. Im Jahre .1887 hatte das
preussische Kriegsministerium die Verfügung erlassen, dass nur die
deutschen Vereine vom Rothen Kreuz und •die mit ihnen verbündeten
deutschen Landesvereine sowie die Ritterorden, welche sich schon im
Friedon innerhalb des deutschen Reiches den Zwecken der Krankenpflege
widmen, berechtigt sind, den Kriegssanitätsdienst zu unterstützen, und
dass sonstige Genossenschaften, welche zu den deutschen Verciuen vom
Rothen Kreuz in keiner Beziehung stehen, von solcher Berechtigung
überhaupt auszuschliessen sind. Um dieser letzteren Anforderung zu go-
y ) Seit 1893 „dreimonatlicher“. . " :i ’ ; ' ’ ' !
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE; WOGjffiNSCHElFT^
vopi Verein verwendeten 120000 Mark, au sieh • $u' ’üebaven. Das Ver-
bfiltiuss fischen dom VietoriahaiiBo und dyn sfilb tischen -AnmUt#-
wurde-- bei dieser C*ii non geregelt; specieU wurde die Bo&tiumiim*
getrotfr.n, <ia*s- dip i/p ..FrmdnohsUnm 1 '' ‘dnlkumlmi Schwestern und Schüfe!
rmmm in. dem V miomhöini swir-tmi des Vereins beköstigt werden und Ain&
ebenri'CiHOll»»3t. diu .Frobepflc-geidhüöh, die. wie obeo orwfthuk bigbijt im
SithUlöriimtucdinus den ^Frißdriebskuin “ untärgalinu-ht. waren, wohner. sollteiL
Der ' »ä den IKi$kd*eu dw .Knfeerin EyixDid^h .<,§Srieitnto Bau.
wurrk iimoriudh 1 W JiOirtm • beendet' und gewühri. nun dem Vietmiß-
sckwmSLßi-a ein würdiges. behflgüehes 'II tum, Das rwcestdckigä'.' den?
Frmdrichphain gegenüber galhgene üans fs.gVbluiUungT entMU im Purterry
&u$sur der Woimuug Vfür dig Uberxü amen ^rjBgbn ■ Sjieia^a^dv am Begr¬
ünd, V r ersuinmiuügs?fömirt?.* für di& endlich eine kieimvAhrftk]
vou Wohnzimmern iftr die im Bause wohnenden Sckükkmtujtv und für
dm wur Privat.- und Armeujdkge dnxigjurtün Schwestern. Der. gm-merö
Th eil der letztgenannten K?iumikrh\ enteil befindet sieb mi erskm und
iSI{>rk. im Souterrain sind diu Küebmimnine ; Vorra.tiiskrmimßm.
ReUer vte. gubgmi. Die gerflumjgmi G iebel Wohnungen stüd ihr die Uaae-
mbgde bestimmt-, . Sliffiwtliebfc Einridmmgeu der Fiusetzimmcr und der
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6. Se ptember.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
715
Diese gewiss anerkennenswerten Erfolge hätte das Victoriahaus trotz
der günstigen Verhältnisse, die wir eingangs unseres Aufsatzes hervorge¬
hoben haben, nicht erzielen können, wenn das ihm zu Gebote stehende
Schwestemmaterial nicht quantitativ und qualitativ den gestellten Anfor¬
derungen voll entsprochen hätte. Was die Zahl der Schwestern betrifft,
so erkennt man aus vorstehender Tabelle den Grad ihrer jährlichen end¬
gültigen Zunahme. Die Schwankungen der Zu- und Abnahme, aus der
die einzelnen Endzahlen resultirten, treten in folgender Tabelle deutlich
hervor:
Aufge¬
nommen
Ausges
angesteUte
Schwestern
?hieden:
Probe-
pflegerinnen
Zuwachs
Zahl am
Jahres¬
schluss
1882
8
_
8
8
1883
5
—
2
3
11
1884
16
—
2
14
25
1885
28
3
11
14
39
1886
34
7
8
19
58
1887
41
6
16
19
77
1888
30
7
13
10
87
1889
48
17
14
17
104
1890
54
8
24
22
126
1891
55
8
24
23
149
1892
53
17
25
11
160
1893
63
20
23
20
180
Summe
Die U
haben, sind:
435
rsachen, aus
93
i welchen <3
162
lie Schwest<
180
3rn das Hai
us verlassen
Ungeeignet: Verlobt Krankheit Gestorben
ca. 152, davon 130 Probepflegerinnen 19 4 5
Andere Anstellung bezw. Privatpflege Eigener (z. Th. unbekannter) Wunsch
37 36
Auf die in mehrfacher Hinsicht interessanten Ziffern der Erkran¬
kungen und Sterbefälle werden wir bei anderer Gelegenheit zurück¬
kommen. Hier wollen wir nur den hohen Procentsatz von Schwestern
(152 von 435 aller Aufgenommenen, also ca. 35%) hervorheben, welche
im Probejahr — und das war die überwiegende Mehrzahl — oder noch
später als ungeeignet zur Krankenpflege entlassen wurden. Es wird
eben durch diese Thatsache aufs neue bewiesen, dass selbst bei einer
gebildeten jungen Dame — das Schwesternmaterial des Victoriahauses
recrutirt sich lediglich aus den besseren Ständen — die Befähigung zur
Krankenpflegerin durch die Neigung zu diesem Beruf oder gar durch
die Abneigung gegen andere Lebensstellungen noch nicht eo ipso ver¬
liehen wird. Andererseits geht man freilich wohl kaum fehl, wenn man an¬
nimmt, dass nicht jede unter dieser Ziffer rubricirte Schwester an und für
sich zur Krankenpflege ungeeignet gewesen ist, sondern dass sie nur unter
den jeweiligen Verhältnissen, vielleicht infolge eines Conflicts zwischen ihrer
Individualität und anderen Mächten sich als unbrauchbar erwiesen hat.
Immerhin lässt sich nicht leugnen, dass die Strenge des Purifications-
processes, welche in obiger Zald der „Zurückgewiesenen“ ihren Ausdruck
findet, dem Victoriahause als Ganzem zugute kommen und für die Thätig-
keit des im Dienste befindlichen Schwesternpersonals eine grosse Garantie
mehr bieten musste. Thatsächlich haben sich im allgemeinen die Victoria-
schwestem in der Aerztewelt einen ganz vorzüglichen Namen erworben.
In den Urtheilen von Hospitals- und Privatärzten, in persönlichen Mit¬
theilungen wie in Jahresberichten, nicht zum mindesten endlich aus dem
Munde der von ihnen gepflegten Kranken tönt das Lob über die Thätig-
keit der Victoriaschwestem wieder.
Erheben wir zum Schluss noch die wichtige Frage nach den Aäqui¬
valenten, welche die Victoriaschwestern für ihre mühevolle, aufreibende
Thätigkeit vom Victoriahause erhalten, so ergeben sich recht erfreuliche
Verhältnisse. Die Gehaltsremuneration ist bereits oben in dem Re-
f ulativ (§ 4 und 6) angegeben. Ebendaselbst (§ 14) istauch bereits des
nvalidenfonds Erwähnung gethan. Dieser Fond hat durch Schenkungen,
jährliche Mitgliederbeiträge etc. am Ende des Jahres 1893 die nicht un¬
beträchtliche Höhe von 71232 Mark erreicht. Ein weiteres Benificium
wurde im Jahre 1888 auf Anregung der Kaiserin Friedrich durch die
Begründung eines Sparfonds geschaffen. „Jede Pflegerin hat von ihrem
Gehalt jährlich 50 Mark als Sparfond zurückzulegen, welche bei der Preussi-
schen Rentenversicherungsanstalt eingezahlt und nach vollendetem 60. Le¬
bensjahre, wenn die Pflegerin dann noch im Dienste des Victoriahauses
sich befindet, in Gestalt einer lebenslänglichen Leibrente zurückgezahlt
werden. Scheidet die Pflegerin vorher aus dem Verbände des Victoria¬
hauses aus, so erhält sie die Einlagen, nachdem dieselben fünf Jahre bei
der Rentenanstalt gestanden, nach einjähriger Kündigung mit Zinsen und
Zinseszinsen zurückgezahlt. Stirbt die Pflegerin vor Ablauf der Kündi¬
gungsfrist, so verfallen die Einlagen zu gunsten der Preussischen Renten¬
versicherungsanstalt. Für jede Pflegerin, welche diese Zahlungen leistet,
zahlt das Victoriahaus aus eigenen Mitteln jährlich 30 Mark an die
Preussische Rentenversicherungsanstalt, welche zur Erhöhung der Leibrente
verwendet werden, wenn die Pflegerin das 60. Lebensjahr im Dienste des
Victoriahauses vollendet hat, und an das Victoriahaus zurückfallen, wenn
sie vor dieser Zeit aus dem Verbände desselben ausscheidet.“
Endlich erhalten nach Beschluss des Vorstandes vom 20. November
1893 die nach 25jähriger Dienstzeit im Dienste des Victoriahauses arbeits¬
unfähig gewordenen Schwestern Anspruch auf lebenslängliche Woh¬
nung und Verpflegung in dem neuen, oben beschriebenen Victoriahause.
»Alle diese Einrichtungen sind nach unserer Meinung noch nicht aus¬
reichend, um einen wesentlichen Grund für den heute überall beklagten
Mangel an gebildeten Krankenpflegerinnen,, nämlich die ungenügende Ent¬
schädigung ihrer Dienste, völlig aus der Welt zu schaffen. Indess wird
man gewiss anerkennen müssen, dass das Victoriahaus auch den nach
dieser Richtung hin aufzustellenden Forderungen in hervorragender
Weise gerecht zu werden sich bemüht. Trotz einiger Unvollkommen¬
heiten, die wir bei anderer Gelegenheit berühren werden, kann das
Victoriahaus mit Fug und Recht zu den besten Pflegerinnenschulen
unseres Vaterlandes gezählt werden.
IX. Achter internationaler Congress für
Hygiene und Demographie in Budapest,
1. bis 9. September 1894.
Budapest, den 2. September 1894.
Der Congress beginnt unter offenbar günstigen Auspicien.
Die Fehler seines römischen Vorgängers scheinen vermieden oder
wenigstens auf ein sehr erträgliches Maass herabgemindert zu
sein. Die unvermeidliche Congress-Maschinerie arbeitet bisher gut
und glatt, und man bemerkt unter den zahlreich aus nah und
fern, aus allen Himmelsgegenden und Erdtheilen (einschliesslich
des berühmten „ungarischen Globus“) herbeigeeilten Congressisten,
die grösstentheils Budapest zum ersten male besuchen, nur ver-
hältnissmässig wenig unzufriedene und enttäuschte Gesichter.
Gestern Abend fand eine zwanglose Begrüssung der Ankömmlinge
im Namen der Stadt in der Aula und dem Garten des National-
Museums statt, und man konnte dabei Heerschau über die schon
Erschienenen halten, die ein quantitativ und qualitativ recht gün¬
stiges Ergebniss in Aussicht stellt. Eine auch nur annähernde
Taxirung der Gesammtzahl ist natürlich einstweilen noch ganz un¬
möglich; selbst von den schon bestimmt Angemeldeten werden
voraussichtlich Viele erst im Laufe des heutigen Tages oder morgen
erscheinen. Am heutigen Vormittag um 11 Uhr findet in dem grossen
Redoutensaale die officielle Eröffnung des Congresses durch den Erz¬
herzog Carl Ludwig statt, der sich die Eröffnung der Ausstellung im
Polytechnikum unmittelbar anschliessen wird. Der Nachmittag
wird eine Semmelweiss-Feier im Sitzungssaal der Ungarischen
Akademie der Wissenschaften bringen, wobei Hueppe die Festrede
übernommen hat, und der sich die Enthüllung und Schmückung
eines Gedenksteins zu Ehren von Semmelweiss auf dem Kara-
poser Friedhof anreihen soll. Etwas späte und allzu posthume
Ehrungen des bei Lebzeiten ignorirten oder angefeindeten Mannes!
Der Abend verheisst noch einen Empfang in der Ofener Burg. —
Die eigentliche Congressarbeit in den — leider immer noch 23 —
Sectionen (um drei wenigstens ist die ursprüngliche Zahl inzwischen
herabgemindert) wird am Montag beginnen und sich — mit einiger
Unterbrechung durch den für Ausflüge freigehaltenen Donnerstag —
! bis zum Wochenschluss forterstrecken. Hoffen wir, dass im Halten
der angekündigten Vorträge (deren Gesammtzahl nach, einer von
mir in der Eile gemachten Berechnung sich dem Programm zu¬
folge auf 861 beziffert) eine erfreuliche Mässigung obwalte und
dass den fleissigen Sectionsmitgliedem jedenfalls noch Zeit bleibe,
um das kaum minder ergiebige Vergnügungspensum mit gleicher
Gründlichkeit abarbeiten zu können!
2. September, Mittags.
Die feierliche Eröffnungssitzung in dem prachtvollen Saale der
hauptstädtischen Redoute hat soeben in würdigster Weise statt¬
gefunden. Der Congresspräsident, der bekannte ungarische Minister
des Innern Hieronymi, ersuchte in einer längeren französischen
Ansprache den Erzherzog Carl Ludwig, als Vertreter des Kaisers,
den Congress zu eröffnen, und der Erzherzog — eine hohe, statt¬
liche, sympathische Erscheinung in magyarischer Generalsuniform —
entledigte sich seiner Aufgabe in kurzer, ebenfalls französischer
Rede, die bei jeder Gelegenheit, zumal bei jeder Erwähnung seines
kaiserlichen Bruders, von stürmischen Eljenrufen der begeisterten
Versammlung unterbrochen wurde. Der Oberbürgermeister von
Budapest, Rath, dankte in magyarischen Worten — es war dies
das einzige mal, dass das nationale Element zur Geltung kam, und
es war hier wohl am Orte — dem Erzherzog für sein Erscheinen,
und die Delegirten der auswärtigen Regierungen, der Reihe nach
aufgerufen, hielten mehr oder weniger kurze (glücklicherweise
zumeist kurze) Anreden, in einer der officiellen Congresssprachen
(meist deutsch oder französisch), die in Form und Inhalt nicht
über das bei solchen Gelegenheiten Uebliche hinausgingen. — Der
Eröffnungssitzung folgte unmittelbar ein Rundgang durch die m
den weiten Räumen des Polytechnikums untergebrachte Ausstellung.
Ich habe sie durchwandert und kann sagen, dass sie ganz über¬
raschend reichhaltig und vielseitig ist und einen durchaus be¬
deutenden Gesammteindruck hervorruft. Von Einzelheiten jetz
schon zu reden, wäre verfrüht, doch mögen die Ausstellungen
unseres Kriegsministeriums und der Stadt Berlin als besonteib
wohlgelungen und imponirend hervorgehoben werden. a. l
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dem lützton tSi'iiirnoji*]’ der Grösst’ dorpmiy-ou. •' die'-.'lHne« vonmgebimgrii.
An» 27.. August Him:b in idoj^ur 1G4rdrieb Btuni'iclG flid»ler
im f>4 IiO.bmtsjnhJie,. Obwohl.'in* Jiijjgo Zeit niefife mein’ al^ nkudorniselior
h'duw tbbtig gowesoü. isfc lutt sieb, Aein Ruhm ul? ner^orn^eudet: Aimtom
und Ph^tMolUgo m urtmlku», mul wenn muu der be- 5 tr:T»
Nwrien an der ba^tJ^ch^j Tinte mit#*. gemacht«, Miwio^däfc;soioigiv
nicht vergü>esfe». ; Et wiffete nmUfc wohl'. aber rnnn ztlblte. ihn mub ln der.
WiÄHV»üHt;isa4 no<& ?M 4nf* Lebenden.
AräAiH, Ö6tohor ouT dein Gute Laudol.n in ; Kurland geboren,,
Imv.og er i$28 die Huiynr^ifc'a. zv Dorpab mn M«*di-zm xn studiim. Nurh-
dem er 1834 inil. ^eiiU-r Arbeit j$r&iidU$i;igr- -ys zum
Doi&or dßr Medieiu .^jminavjit war. ^rräe iA bald Amuuif .&um art^er-
erden Olkbcn Professor und' Prosimiuv m d<# TiiihorsifAt; zu Dorpat er*
nntuit. bmvr erjwkmh sein Ami animU l»V;röh er >id t mmii Dontsd'.-
fand* um tfuiu \VWien ?.u vorkicdoii »Hu! für mdiir« I<ehrth|if igkeit u»il einom
p^HrrenAbieÄ von k. mnbtmHm -$uii :a>-zitrimi.rn. Ds* grösst »y Zeit «seiner
gtuitoneiÄR. veB>]nieltte ei ! An BfAUm liier gewnup^u MiBler.
b »c jift* i)i m.; Kbrntibe.tvg, Dentiv. Ldorüö Vorbsumirfm er oibiV besiubtr
W*y marbti^a Linden * ui . «irn-jun^on; Kmvri t .n\ iljV in ditt-or 8Btnle
mvoHmmoi ut'.il.-•pelitnlf'den if.h:vn wurden bestimmend für seine -wedefi*
Uutbahn. HwM<h‘W BuLier die f.'fi»4:omi?«beu AnbLtitön m ÜuUe,
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\tm JvDbnui seui Lohmmt hijrnt'wMen. Von erossm- Ib-.lcMtniug für sein
^4tam*u -wurdf &r %i’Uldug Tim A W. VBÜuvmh (Ifi^t Vloh^r
Ur.v •i'frvMologie und J 'uH.otorm n.tui» Ooriud, MH ihm har, r .v ein«-
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Spuler vrnbaud tT ^rb mirb init ;«fcm ifHrHbnumi G^
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Pbvuolugm unü imibidngi*». (bdu*jull lud m m-..dn»Au t
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h,ni limGl' ä!f'i2 l V ,l ''il| i Cyfi5t..r«Kie au ,ht Ptiivursitilt Su'rvOis-
WÄntali.firu in Ä V\ --- 1 ,,, ’".h' , i>J»hn?fr Miliirl'eit.sf
... XiÄtÄS';- *«
"-.•vm .?«M.vv«ä#^e »vu.u mit« J.mv^rwisseuaCü,mucftrTv huH
uiedt»-u5ts)diür Obiecto vorbmiden für woLhe. dio Yorh.mdiunee.i \u>.
Hi-oruiof idnd Öfe Aussieilimg wird solma emo Wnrüh* vm* dum
beginne der VorsrmjTnlüGg v am t/>. S«ptm];ber. ofüttbet weidett bud ull-
gomem, ^igüngiH li / ?ejn.■ -. iSife ym&sst. die ß«cöiö^S.^^&^} :
W mwaixseliem \md «'uomis^beni Gebiete;, fpi' Aiiß^bi^uiarw-wbd
etbü KWOit.n bivjft>r*HKhtt \ Kf huHiturr öim 17,‘1j 4 Af.sw. A-*..t.L••■il'.-.t:_•:;■.%•'
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Mhn>i!tnu.ti;ovivybc:noLi k ' .möge. <*5 goaUitieH smn, auf eine Bemerkuug von
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Donnerstag
M 97.
13. September 1894.
DEUTSCHE
MEDIOINISOHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Br. Paul Börner,
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
I. Ans der medicinischen Klinik der Universität Frei¬
burg i. Br.
Die Behandlung der Pleuraempyeme bei an
Lungentuberkulose Leidenden. 1 )
Von Geheimrath Professor Dr. Ch. Bäumler.
Wenn ich mir erlaube, hier eine engbegrenzte Frage aus dem
weiten und in den letzten Jahren viel bearbeiteten Gebiet der
Behandlung des Pleuraempyems zur Erörterung zu bringen,
so geschieht es in der Ueberlegung, dass bei einem Gegenstand
von vorwiegend praktischem Interesse die Besprechung in einer
Versammlung, welche die ärztliche Praxis so vieler Länder
repräsentirt, manches zur Klärung der Ansichten beitragen könne.
Handelt es sich doch um eine Frage, bei deren Entscheidung im
Einzelfall persönliche Erfahrungen noch mehr ins Gewicht fallen,
als theoretische Erwägungen oder Analogieschlüsse.
Wie sollen wir uns den Pleuraempyemen von an
Lungentuberkulose Leidenden gegenüber verhalten?
Diese Frage wäre, so sollte man meinen, im allgemeinen wie im
einzelnen vorkommenden Fall nicht schwierig zu beantworten, nach¬
dem nunmehr, Dank den Arbeiten von Bowditch, Trousseau,
Kussmaul, Roser, Koenig, Bouveret, Schede und vieler
anderer für die Behandlung des Pleuraempyems überhaupt feste
Grundsätze gewonnen sind. Dem Eiter möglichst günstigen,
dauernden Abfluss nach aussen zu verschaffen und da¬
durch das Aufhören der eitererzeugenden Entzündung
herbeizuführen, muss hier, wie anderwärts am Körper,
im allgemeinen dasPrincip unseres Handelns sein. Dieser
Zweck wird am besten erreicht durch die Thoracotomie mit
Rippenresection, wie sie besonders von König ausgebildet
worden ist.
Hat ein Empyem noch nicht allzulange bestanden, ist die
Lunge selbst grösstentheils gesund und ihr Pleuraüberzug nicht
bereits fibrös verdickt und noch dehnbar, so kann nach Eröffnung
der Brusthöhle und Sicherung des Eiterabflusses die Höhle sich
rasch verkleinern und die Lunge den Pleuraraum allmählich wieder
ganz ausfüllen. Nach Jahr und Tag ist man oft nicht mehr
imstande, eine Verkleinerung der Lungengrenzen nachzuweisen,
und selbst die Verschieblichkeit der Lungenränder an ihren be¬
weglichsten Theilen ist nur wenig geringer als in der Norm.
Auch wenn die Lunge oder ihr Pleuraüberzug bereits so ver¬
ändert waren, dass eine vollständige Wiederentfaltung nicht mehr
möglich ist, kann doch Heilung mit Kleinerbleiben der Lunge und
des betreffenden Pleuraraumes eintreten, indem benachbarte
Organe herangezogen werden. Uebrigens scheint die com-
primirte Lunge in weit höherem Maasse, als man bisher annehmen
zu dürfen glaubte, in einzelnen Fällen ausdehnungsfähig zu bleiben.
Schede 2 ) hat die auch praktisch sehr wichtige Erfahrung gemacht,
„dass eine Jahre lang comprimirt gewesene Lunge noch der Aus¬
dehnung fähig ist und wieder athmen lernt, sobald sie nur unter
Verhältnisse gebracht wird, unter denen sie sich wirklich aus-
! ) In kurzem Auszug vorgetragen in der Section für innere Medicin
auf dem internationalen medicinischen Congress in Rom am 3. April 1894,
gelegentlich der Discussion über den Vortrag von Laache, welcher in
No. 32 dieser Wochenschrift abgedruckt ist.
*) Verhandl. des IX. Congresses für innere Medicin 1890, S. 50
und 63.
dehnen kann.“ Aber selbst wenn die Lunge sich nur theilweise
wieder entfaltet, kann durch Heranrücken der Nachbarorgane eine
Missstaltung des Oberkörpers ausbleiben, die selbstverständlich
eintreten muss, wenn die Lunge nur ganz wenig oder gar nicht
mehr ausdehnungsfähig ist. Dann wird durch enges Aneinander¬
rücken der Rippen und durch Verkrümmung der Wirbelsäule die
betreffende Seite verkleinert. Soweit eine Ausfüllung des durch
Fortnahme des Flüssigkeitsergusses geschaffenen Raumes selbst in
dieser Weise nicht möglich ist, bleibt Flüssigkeit zurück. Darum
sehen wir auch bei veralteten, nicht völlig zur Heilung kommenden
serofibrinösen Ergüssen eine seröse Ansammlung von zuweilen
nicht unbeträchtlicher Menge, eingeschlossen in eine fibröse Kapsel,
stationär bleiben.
Im Fall eines Empyems mit Durchbruch oder künstlicher Er¬
öffnung bleibt eine, oft nur kleine, Eiterhöhle mit Fistel¬
öffnung zurück. Letzteres ist der gewöhnliche Ausgang von
zu spät operativ behandelten Pleuraempyemen, und die Unannehm¬
lichkeiten und Gefahren einer solchen Eiter absondernden Thorax¬
fistel (septische Infection, amyloide Degeneration) haben zur Aus¬
bildung von Operationsmethoden Veranlassung gegeben, durch
welche eine weitergehende Verkleinerung und völlige Obliteration
der Eiterhöhle erstrebt wird. Mehr oder weniger ausgedehnte
Resection von Stücken der Brustwand wurde zuerst von
Simon, dann von Gay et und Lötiövant 1 ) versucht, unabhängig
von den genannten von Schede, Estländer, Billrot h,
Whitehead 2 ) u. a. mit zum Theil sehr gutem Erfolg vorgenommen.
Auch in den von v. Kor&nyi auf dem neunten Congress für
innere Medicin mitgetheilten günstig verlaufenen Fällen von
Thoracotomie bei selbst vorgeschrittener Lungentuberkulose handelte
es sich um Resection von drei Rippen. Zur Entspannung der ver¬
dickten Pleura hat man Einschnitte in dieselbe, zur Anregung einer
lebhafteren Granulationsbilduug Auskratzen der Höhle, Reizung
ihrer Wandungen mit Argent. nitr., das G. Baccelli vor Jahren
zur Erzeugung einer heftigeren Entzündung der Pleura bei alten
Empyemen zu Injectionen anwandte, hinzugofügt. Aber wenn auch
das Leben erhalten und ein sehr leidliches Allgemeinbefinden da¬
durch herbeigeführt wird, dürfen wir bei diesen erstaunlichen
Leistungen der modernen Chirurgie doch nicht übersehen,
dass selbst bei jüngeren Menschen mit noch grossem Ausgleichs¬
vermögen ein thätiges Leben nach solchen Operationen doch nur
in sehr beschränktem Maasse möglich ist, indem bei schon geringer
Muskelthätigkeit Athmungsinsufficienz sich einstellen muss. Immer¬
hin befinden sich aber solche mit grossem Defect von ihrem
Empyem Geheilte in dieser Hinsicht in keiner schlimmeren Lage,
als Menschen mit einem durch hochgradige Kyphoskoliose difformirten
Brustkorb und dadurch zum Theil comprimirter Lunge.
Diese Grundanschauungen haben für alle Empyeme Geltung.
Besondere Rücksichten treten aber in den Vordergrund, wenn es
sich um ein Pleuraempyem bei einem mit Lungentuberku¬
lose Behafteten handelt. Wiewohl hier auch die gewöhnlichen
Ursachen des Empyems die Krankheit veranlassen können, wie bei
Gesunden, so steht doch meist die Pleuraentzündung in einem
direkten Zusammenhang mit der Lungenerkrankung. Letztere
kann dabei sehr geringfügig sein. Ein einziger oder einige
wenige kleine Heerde sind in der Lunge vorhanden. Ein oder der
andere derselben sitzt nahe dem Pleuraüberzug der Lunge, bei
») Cit. bei L. Bouveret, Traitö de l’empy&no. Paris 1888. S. 706.
a ) Ibid. S. 861 (Brit. med. Journ. 1884).
Go gle
ungirai Trcm
UNIVERSfTY OF MICHIGAN
718-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37
seiner langsamen Ausbreitung und dem beginnenden Zerfall wird
die Pleura an einer kleinen Stelle in den Process hineingczogen,
sie wird nekrotisch und bricht durch, oder sie verklebt mit
der Brustwand. Aber Eitercoccen oder Tuberkelbacillen sind dabei
in die Pleurahöhle hineingelangt und rufen nun eine rasch sich
ausbreitende, zu reichlicher Exsudation, eventuell zu Eiterbildung
führende Entzündung hervor. Bei wirklichem Durchbruch der
Pleura kommt es zu rasch oder langsam sich entwickelndem
Pneumothorax.
Hauptsächlich Eitercoccen sind es wohl, die bei mit
Lungentuberkulose Behafteten ein Empyem ohne oder mit
Pneumothorax hervorrufen. In nicht wenigen Fällen dieser Art
handelt es sich nicht um Phthisiker, sondern um ganz ge¬
sund aussehende und kräftige, ja blühende Menschen.
Die Lungentuberkulose war bis dahin bei ihnen ganz latent ver¬
laufen, falls nicht ein umsichtiger Hausarzt ein schon länger be¬
stehendes leichtes Hüsteln und vielleicht etwas Blässwerden des
Betreffenden bedenklich fand, und, wenn überhaupt Auswurf vor¬
handen war, eine Untersuchung desselben vornahm, wobei dann
Tuberkelbacillen sich fanden.
Ob Tuberkelbacillen allein, wenn sie aus einem solchen
kleinen Lungenheerd in grösserer Menge in die Pleurahöhle ein¬
brechen, in acuter Weise ein Empyem hervorrufen können, oder
ob in dieser Weise das von Anfang an chronisch verlaufende
Empyem Tuberkulöser zustande kommt, welches schleichend, ohne
besondere allgemeine oder örtliche Erscheinungen, zu bedeutender
Höhe sich entwickeln kann, darüber ist näheres noch nicht bekannt.
Die Eiterzellen in einem solchen Exsudat sind meist im Zustand
hochgradiger Verfettung, das Exsudat gleicht mehr einer Fett¬
emulsion, weshalb ihm von Bouveret 1 ) auch der Name „Empyeme
graisseux“ beigelegt wird. Tuberkelbacillen finden sich in ihm
entweder nur in geringer Zahl oder gar nicht, was aber selbst¬
verständlich nicht ausschliesst, dass unter der krümelich-käsigen
Eiterdecke die Pleura mit Miliartuberkeln durchsetzt sein kann.
Eitercoccen oder andere Bacterien fehlen gleichfalls vollständig.
Bei langsamem Ueberwuchern der Miliartuberkel
vom Lungengewebe auf die Pleura, wobei wohl die Lymphbahnen
den Verbreitungs weg darstellcn, bildet sich meist ziemlich langsam
unter geringfügigen Erscheinungen, ein seröses oder, bei hinzu-
tretender heftigerer Entzündung, ein serös-hämorrhagisclies Exsudat.
In einem solchen können sich, wie in einem von A Fraenkel 2 )
mitgetheilten Fall, Tuberkelbacillen finden,
Aber die Acuität der Anfangserscheinungen ist überhaupt in
dem einen wie in dem anderen Fall eine sehr verschiedene, und
selbst bei ganz acutem Entstehen, das auf Durchbruch eines
Heerdes hindeutet, und bei heftigen Erscheinungen braucht das
Exsudat durchaus nicht immer ein eitriges zu sein oder
lm *i We i£?i ren Ver ! auf zu werden. Ich kann zwei bemerkens-
werthe Falle aus meiner eigenen Beobachtung anführen, in welchen
wahrend der ganzen Verlaufszeit bis zur Heilung der Pleuritis das
Exsudat rein serös blieb, wiewohl es sich in beiden um acuten
tuberkulösen Pneumothorax handelte; in dem einen Fall bei
schon seit Jahren bestehender Lungentuberkulose, in dem andern
rnt Wahrscheinlichkeit bei ganz lokaler Tuberkulose der be-
tieffenden Lunge Das Vorkommen rein serösen Ergusses bei
tuberkulösem Pneumothorax ist übrigens auch von anderen
so von Frantzel 3 ) und Bouveret*), beobachtet.
Die von mir selbst beobachteten Fälle seien kurz mitgetheilt;
hatte F nhn« k , raftlg T C ; El J de der 20er Jahre stehende Dame,
einia-fi Mnnni daS \ besondere Brustbeschwerden vorausgegangen wären,
tmi 0 e Monate nach einer schweren Entbindung eine linksseitige Pleuritis
SelndT < W Und , bal • da ™ u £ AnfaDg Juni 188 ±’ wurde ;on ö dembeian
£1/?’ dem mz / lsc ? en verstorbenen Dr. Hindenlang, Pneumo-
Anfimr Hnr Vie ^f- n ’ de u T sckl . eichender Weise entstanden war. Von
Aniang der Pleuritis an hohes Fieber.
Als ich am 11. Juni 1884 die Kranke mit Dr Hindenlann sah
die^vluhi gr ° SSeS Ill i ksseitigcs E ^ U dat und Pneumothorax: im litzen
nÄÄr T iten ? ip r Starke Verschiebung der Herzens
“srion. S erC “ Tll 0 r;,x P llrtic bei Stlbchenplessimcterpcr-
eiuer D pi eu h ri!k d4s ., 1 “g sa me Hinzutreten eines Pneumothorax zu
^rjo3och E l,e" d dlr°T^3
seröses Ex, H*t F. *?' J ,“?L vorgenomm<mei1 Function ein roin
seröses Exsudat Es wurden 1100 ccm wesgonommen.
P ei fc y m Panitische Schallbezirk links hinten unten blieb fortbestehon
dte Grenzendes Exsudats und des darüber befindlichen^ iStSÄ
;) 1. c. xS. 582.
3 ? deutsche med. Wochcnschr. 1891, S. 597 .
) V. Gongress f. innere Mudicin 1886, S 64
) '• c. S. 455.
änderten sich entsprechend der Verringerung dor Exsudatmenge. Links
hinten oben wurde das Atherageräusch vesiculär mit inspiratorischen
Rasselgeräuschen. Das Fieber sank nach dor Punction.
Da die Flüssigkeit wieder anstieg, wurden am 5. Juli durch eine
zweite Punction mit Aspiration 1500 ccm gleichfalls rein seröser
Flüssigkeit entleert. Darauf Verschwinden des Fiebers, aber Fortbestehen
des Pneumothorax, dessen Erscheinungen auch am 19. Juli noch die
gleichen waren wie früher. / ■'
Eine dritte Punction mit dem gleichen Ergebniss hinsicht¬
lich der Beschaffenheit des Exsudates wurde am 14. August ge¬
macht. Patientin erholte sich darauf sehr rasch. Pneumothorax^ war
Anfangs October nicht mehr nachweisbar, das Herz nur wenig
mehr verdrängt, unten noch die Zeichen von Exsudat. 0
Auswurf, der auf Tuberkelbacillen hätto untersucht werden können
war zur Zeit meiner. Beobachtung des Falles niemals vorhanden. Für das
Bestehen oiner tuberkulösen Affection bei Frau T. sprach aber, abge¬
sehen von der Natur der Pleuraerkraukung mit Pneumothorax, das Auf¬
treten zahlreicher tuberkulöser Knochenaffectiouen bei dem kleinen
Töchterchon der Kranken. Dieses Kind starb nach hinzu^etretener
Lungenaffection im Jahre 1890. e ’
Frau T. erlangte, trotz Fortbestehens von Compression des unteren
1 heiles der hinteren Lunge durch Exsudat und Sfchwartenbildun* wo¬
durch etwas Kurzathmigkeit beim Bergaufgehen bedingt wurdet’doch
wieder ein vortreffliches Allgemeinbefinden, machte im Jahre 1885 glück¬
lich eine Schwangerschaft und Goburt eines kräftigen, noch jetzt gesunden
Knaben durch und befand sich, einem noch kürzlich erhaltenen Bericht
zufolge, auch zwei Jahre nachher völlig wohl. Auch eine im Jahre 1887
aufgetretene Bronchitis mit pleuritischen Reizungserscheinungen links
unten ging im Verlauf einiger Monate glücklich vorüber, und Frau T.
erfreu! sich jetzt, fast zohn Jahre nach jener schweren Pleuritis
mit Pneumothorax, einer völlig befriedigenden Gesundheit.
Noch bemerkenswerther war das Auftreten .und Verharren
einer rein serösen Pleuritis nach Pneumothorax im folgenden
Falle, weil hier bereits ganz deutliche tuberkulöse Veränderungen
in der betreffenden Lungenspitze seit längerer Zeit bestanden
hatten.
E n 11 2. Frau K. hatte zwei Brüder an Phthise verloren und bc-
gnnn. im April 1886 zu husten. Anfangs Mai fand ich an der gutgebauten,
klüftigen, Ende der 20er Jahre stehenden Frau eine Verdichtung der
rechten Lungenspitze, im übrigen nur trockene Rasselgeräusche und
verschärftes Athmen. Durch einen Landaufenthalt wesentlich gebessert,
erfuhr sie in den darauffolgenden Jahren zunehmende Verschlimmerung
der Lungenerscheinungcu. von Dccember 1890 bis Februar 1891 wurde
sie von einem anderen Arzt systematisch mit Tuberkulin eingespritzt, ohne
dass, selbst bei allmählicher Steigerung der Dosis bis 0,2, allgemeine oder
örtliche Reaction aufgetreten wäre, wiew'ohl Tuberkelbücillen im Auswurf
nachgewiesen werden konnten. Während und nach der Injectionsbehand-
lung befand sich Frau K. übrigens besser als vorher (vielleicht haupt¬
sächlich infolge des ruhigeren Lebens 1 zum Theil in einer Krankenanstalt)
und nahm an Körpergewicht zu.
Am 25. Mai 1891 führte sie stärkerer Husten wieder zu mir. Bei
sehr gutem Allgemeinbefinden (Körpergewicht 64,3 Kilo) zeigte sie jetzt
Verdichtungserscheinungen auf der linken Seite: starke Dämpfung über
der Spitze bis zur dritten Rippe und in die Herzdämpfung übergehend;
hinten schwächere Dämpfung bis zur Spina scapulae. Auch jetzt nur Rhonchi
1 sonori, nirgends feuchtes Rasseln.
Im Winter 1891/92 litt Frau K. viel an Husten, fieberte und magerte
ab. Eines Tagos, Ende April 1892 trat unter äusserst schweren Erschei¬
nungen von Athemnoth und Cyanose nach einem heftigen Hustenanfall
linksseitiger Pneumothorax ein. Ich sah sie von da an öfter mit dem
behandelnden Arzt Herrn Dr. Gross mann.
Durch Morphium gelang es, die Kranke über die Tage beständiger
Lebensgefahr hinwegzubringen. Es bildete sich nun unter abnehmendem
r leber ein ziemlich rasch ansteigendes Exsudat, "welches wegen zunehmen¬
der Verdrängungserscheinungen und wieder aufs neue bedenklich werden¬
der Athemnoth am 17. Mai punctirt wurde. Das Exsudat war ein rein
seröses, Tuberkelbacillen konnten in demselben nicht nachgewiesen wer»
den. Der Husten war bereits mit Eintritt des Pneumothorax
viel geringer geworden und nahm noch mehr ab, desgleichen der
Aus wurf.
Nach Entlastung der Brustorgane durch die Punction, wobei sioh der
Pneumothorax als offener erwies, besserte sich der Zustand, das Fieber
hörte völlig auf, die Kräfte uud die Ernährung nahmen zu, nur stieg
allmählich die Athemnoth mit der Wiederansammlung des Exsudats. Am
6. August wurde eine zweite Punction nothwendig, wobei eine erhebliche
Verkleinerung des Luftraumes nachgewiesen und wiederum nur rein
seröses Exsudat zu Tage gefördert wurde.
Von da an ging die Erholung der Kranken rascher voran, so dass
noch ira August ein Landaufenthalt genommen werden konnte, durch den
Patientin sich zusehends^ erholte.
Bei einer am^29. September 1892. vorgenofiimenen Untersuchung
konnte keine freie Luft mehr im Thorax'nachgewiesen werden, vom
Kxsudat gab sich ein Rest noch hinten und seitlich durch Dämpfung von
der achten Rippe abwärts und durch entsprechende Abschwfichung dos
Athmungsgeräusches zu erkennen. Weiter aufwärts bis zum Angulus
scapulae fand sich Vesiculärathineni, links hinten oben über der Spitze bei
stark gedämpftem Schall abgeschwächtes Athmungsgeräusch; links vorne
oben starke Dämpfung bis zur vierten Rippe, oberhalb der Clavicula
Hronchialathmen, unterhalb rauhes Athemgeräusch und spärliches,, dumpfes
Raspeln bei der Respiration, Das Herz überragte mit seinem rechten
Rand noch drei Finger breit den rechten Sternalrand. Herztöne rein. Auf
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13. September. ___ DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 7 ] 9
der rechten Seite nur verschärftes Athemgeräusch. Körpergewicht
64,650 Kilo. Patientin war zwar kurzathmiger, befand sich aber im
übrigen wohler als im Mai 1891, insbesondere hatte sie wenig Husten mit
etwas gelblichem Auswurf.
Am 14. März 1893 bei fortdauernd sehr gutem Befinden Körper¬
gewicht 70,2 Kilo. Die physikalischen Erscheinungen haben sich nur in¬
sofern etwas verändert, als der rechte Herzrand etwas mehr nach links
gerückt ist, den rechten Steraalrand weniger weit überragt, und als der
halbmondförmige tympanitisch schallende Bezirk grösser geworden ist.
Hinten unten ist die Dämpfung schwächer und weniger weit nach auf¬
wärts reichend. Das Exsudat hatte sich also vermindert. Oben
war der Befund ziemlich derselbe wie im September 1892, das Athem¬
geräusch unbestimmt, nirgends bronchial, nach unten allmählich schwächer
werdend, vorn oben mit inspiratorischen, gegen die Axilla hin dichter
werdenden Rasselgeräuschen.
Auch im Februar 1894 befand sich Frau K. nach einem gut ver¬
brachten Winter recht wohl.
Der letzterwähnte Fall drängt eine Frage in den Vordergrund,
die bei der prognostischen Beurtheilung eines pleuritischen Exsu¬
dates bei einem mit Lungentuberkulose Behafteten nicht ohne
Wichtigkeit und auch das therapeutische Handeln zu beeinflussen
geeignet ist. Wie in dem mitgetheilten Falle ist es schon öfter
beobachtet, und jeder Arzt, der viel mit Lungenkranken zu thun
hat, wird Beispiele aus seiner eigenen Erfahrung anführen können,
dass mit Eintritt eines Pneumothorax oder eines pleu¬
ritischen Exsudates auf der Seite der tuberkulös er¬
krankten Lunge die Erscheinungen einer schon länger
bestehenden, selbst vörgerückten Lungentuberkulose in
den Hintergrund treten, ja dass sie zu einem gewissen
Stillstand kommen. Dies gilt nicht nur vom Husten und Aus¬
wurf, sondern auch zuweilen vom Fieber, das, während es vorher
wochenlang in gleichmässiger Weise fortgedauert hatte, nunmehr
geringer wird oder selbst ganz schwindet. Hier scheint der Luft¬
austritt in den Pleuraraum oder die Bildung eines Flüssigkeitsergusses
wahrscheinlich durch die Compression der erkrankten
Lunge, wodurch deren erkrankte Theile dem fortwährenden
Wechsel der Luftfüllung entzogen werden und auch in ihrem
Blutgehalt eine Aenderung erfahren, diese für das Allgemein¬
befinden des Kranken günstigen Wirkungen auszuüben. Wenn
wir berücksichtigen, dass die Ausbreitung des tuberkulösen Pro-
cesses in einer Lunge von - einem oder mehreren Anfangsherden
aus in weit höherem Maasse auf dem Bronchialwege durch Aspira¬
tion von Secret und Zerfallsproducten aus den erkrankten Theilen,
als durch unmittelbares Fortschreiten oder durch Verbreitung auf
dem Lympliwege stattfindet, so ist es begreiflich, wie die fast
völlige Ausschaltung einer Lunge von der Athmung, der Wegfall
der Luftbewegung in den Bronchien derselben, zum mindesten der
eben erwähnten Art der Ausbreitung der Krankheit auf dem
Bronchialwege Einhalt thun muss. Dadurch, dass das kranke Or¬
gan mehr oder weniger vollständig zur Ruhe gesetzt wird, können
auch die schon vorhandenen krankhaften Vorgänge in demselben
möglicherweise günstig beeinflusst werden. Hat man doch die
Wirkung eines pleuritischen Exsudates auf die kranke Lunge auch
schon mit der Wirkung eines immobilisirenden oder Druckverban¬
des bei einer äusserlichen chirurgischen Affection verglichen. Es
ist denkbar, dass bei mekrwöchcntlichem Bestehen dieser Com¬
pression in den kranken Lungentheilen günstige histologische Ver¬
änderungen, Resorption, Bindegewebsbildung, ein treten können
und dass, wenn das Exsudat, wie es bei einem sero-fibrinösen Er¬
guss ja auch bei Tuberkulösen häufig vorkommt, allmählich zur
Resorption gelangt, die früher vorhanden gewesenen Lungenerschei¬
nungen nur ganz allmählich, oder, wie in unserem Fall, für längere
Zeit gar nicht zurückkehren.
Angesichts dieser Erfahrungen und Erwägungen würde es
also von Vortheil für den Kranken sein, die Lunge eine Zeit
lang unter dem Exsudatdruck zu lassen. Handelt es sich
um ein sero-fibrinöses Exsudat, so wird man dasselbe selbst¬
verständlich wie ein gewöhnliches Exsudat dieser Art behandeln,
so dass, auch wenn mehrmals punctirt wird, doch wie in den
beiden mitgetheilten Fällen, Wochen und selbst Monate darüber
vergehen, ehe das Exsudat völlig resorbirt ist. (Schluss folgt.)
II. Aus der chinirgischen Klinik zu Giessen.
Ueber einen Fall von Aethertod infolge von
Lungenödem nebst Bemerkungen zur
Narkosenstatistik. 1 )
Von Prof. Dr. Poppert, Oberarzt der Klinik.
Der seit einigen Jahren von neuem entbrannte Streit Aether
versus Chloroform scheint nach den zahlreichen bisher vorliegenden
J ) Nach einem Vortrag, gehalten in der medicinischen Gesellschaft
zu Giessen.
Veröffentlichungen mehr und mehr zu Gunsten des Aethers ent¬
schieden -werden zu sollen, und gerade in dem letzten Jahre sind
diesem Anästhetikum aus der Reihe der deutschon Chirurgen wieder
zahlreiche Lobredner erstanden, die ihm wegen seiner grösseren
Ungefährlichkeit den unbedingten Vorzug vor dem Chloroform ein¬
zuräumen geneigt sind. Insbesondere wird dem Aether nachge¬
rühmt, dass er ungleich seltener üble Zufälle herbeiführe, wie das
Chloroform, auch sollen letztere nach den übereinstimmenden Be¬
richten der Aetherfreunde vorwiegend in Störungen der Respiration
bestehen, die durch entsprechende Maassnahmen leicht und mit
grosser Sicherheit gehoben werden könnten. Die bei der (,'hlu-
roformnarkose so sehr berüchtigte Herzsynkope komme nur aus¬
nahmsweise vor und ist von zahlreichen Anhängern des Aethers
(Julliard, Comte, Garr 6 ) überhaupt noch nicht beobachtet
worden. Als ein nicht geringer Vorzug der Anwendung des
Aethers wird endlich auch die Sorglosigkeit und die Gemüthsruhe
gerühmt, der sich der Operirende infolge des ruhigen, ungestörten
Verlaufs der Narkose unbedenklich hingeben darf, so dass er seine
ganze Aufmerksamkeit auf den chirurgischen Eingriff selbst richten
könne.
Die von Gurlt 1 ) zusammengestellte Narkosenstatistik, welche
bekanntlich von der deutschen Gesellschaft für Chirurgie angeregt
wurde, scheint die grosse Ueberlegenheit des Aethers gegenüber
dem Chloroform in augenfälliger Weise darzuthun; wenn man die
in den vier Berichtsjahren 1890—1894 gesammelten Narkosen zu¬
sammen nimmt, so geht daraus hervor, dass schon auf 2647 Chlo¬
roformnarkosen ein Todesfall kommt, während bei Anwendung
von Aether ein Todesfall erst auf 13160 Narkosen entfällt.
Unter dem Eindruck dieser günstigen Mittheilungen hielten
wir uns für verpflichtet, ebenfalls zur Aethernarkose überzugehen.
Dieser Entschluss wurde uns zudem noch erleichtert durch einen
Fall von Chloroformtod infolge von Herzsynkope, den wir im Be¬
ginn dieses Semesters zu beklagen hatten und durch den wir einen
kräftigen und im übrigen gesunden Knaben verloren. Wir be¬
gannen unsere Versuche Anfang Mai d. J. und benutzten hierzu
den „Aether pro narkosi“ von Merck; mit dem Verlaufe der
Aethernarkosen hatten wir zunächst allen Grund zufrieden zu sein,
da erlebten wir bei der 40. Betäubung, einige Zeit nach Beendi¬
gung der Operation, einen Todesfall, den wir dem Aether zur Last
legen müssen.
Der Fall betrifft einen 46jährigen Landarboitor, welcher wegen
leichter peritonitischor Roizcrscheiuungen und eines rechtsseitigen, iriv-
poniblen Leistenbruchs auf der Klinik zur Aufnahme gekommen war.
Aus der Vorgeschichte ist zu erwähnen, dass der Patient bis vor Beginn
seinos jetzigen Leidens gesund und gewohnt war, schwere körperliche
Arbeit zu verrichten. An Husten bat or früher nie gelitten. Wie wir
nachträglich durch die Angehörigen in Erfahrung brachten, soll er in
früheren Jahren zeitweise dem Trünke ergeben gewesen sein, in den
letzten U/a Jahren jedoch den Alkohol nur in mässigen Mengen genossen
haben. Die Erkrankung, wegen deren Patient am 20. Mai aufgenommen
worden war, hatte am 15. Mai, angeblich infolge einer Ueberanstrengung.
mit mässigen Schmerzen im rechten Hypochondrium begonnen, um 17.
Mai musste er wegen zunehmender Leibschmerzen sich zu Bett legen,
am 19. Mai klagte er auch über heftige Schmerzen in dem schon seit
17 Jahren bestehenden rechtsseitigen Leistonbruch, der sich nun rasch
vergrösserte und auf Druck sehr empfindlich wurde. In der darauf fol¬
genden Nacht musste der Kranke zweimal erbrechon, Stuhlgang war
immer vorhanden, in den letzten Tagen bestanden Durchfälle.
Bei der Aufnahme wurde eine rechtsseitige grosse Leistenhernie
festgestellt, welche nur zum Theil zuriickgeschoben werden konnte, die
Haut des Hodensackes war leicht ödematös, die Palpation schmerzhaft;
ebenso bestand Druckempfindlichkeit über dem ganzen Abdomen und ein
massiger Grad von Mcteorismns. Der Perkussionsschall war überall
tympanitisch. der Puls massig beschleunigt, die Temperatur nicht nemiens-
werth erhöht, 37,8. Die klinische Diagnose lautete deshalb auf leichte
peritonitische Reizung im Bruchsack und im Abdomen, einhergehend
mit einem subacuten Darmkatarrh. Unter der Darreichung von Opium
und der Anwendung der Eisblase wurden die Beschwerden etwas ge¬
lindert und bildeten sich in den folgenden Tagen die Reizerscheinungen
am Scrotum zurück, die Durchfälle wurden seltener, docli kam es noch
einige male zum Erbrechen. Dabei war der Kräftezustand immer ein
Verhältnissraässig guter, der Kranke nahm genügend flüssige Nahrung,
irgend welche bedrohliche Erscheinungen wurden nie beobachtet. Die
Temperatur war morgens normal, abends bestanden bisweilen geringe
Steigerungen, bis 38,3. , , „ .
Da am 30. Mai sich wieder Erbrechen emsteilte und der Kranke
über heftige ziehende Schmerzen im Bruch klagte, wurde in der An¬
nahme, dass die Beschwerden möglicherweise auf die im Bruchsack be¬
stehenden Verwachsungen der Darmschlingen zurückzuführen seien der
Plan gefasst, die Radicaloperation der irreponiblen Hernie ausziililhren.
Bei der am folgenden Tage unter Aethernarkoso ausgefuhrten Ope¬
ration fand sich nach Erüflhung des Bruchsackes in dom unteren Ab¬
schnitt desselben ein zwischen den Darmschlingen gelegener, etwa aptei-
grosser Abscess mit fibrinös-eiterigem, nicht übelriechendem Inhalt, eine
i) Zur Narkotisirungsstatistik. Archiv itlr klin. Chirurgie, 48. Bd..
S. 223.
Original frem
UNIVERSITY OF MICHIGAN
720
B™t!s a » t X/prw?il rm ' SC i hlin ^ ,1 J War “ r f ends vorhanden und die Höhle des
Vnrw olf^ eS GrW1S S1C A nack dem Abdomen zu durch ausgedehnte frische
Xn ekt EnÄ H SSe “;- ün .i ter '“T“ Umständ ®ü ™rdo natürlich
von emei Losung und Reposition der vorliegenden, mit eitrigem Belan-e
l «hf e Jtt!w ChlmgCn abgesehen ’ und man begnügte SZ e!??°
eine snätere J 7pH 0n Il gaZe n ZU tam P oniren - Die Radicaloperation sollte auf
Dieser kleine EhfJff w!“ ss ausgebeilt 'Y ar > verschoben werden,
nommen Ln “ j g $ ? atto ” ur w “ige Minuten in Anspruch go-
ASen’dM virh» s der ^ arkoS .?, bet . rug vom Beginn derselben bis zum
»razeS etwa V 1W?rm S 4 TÜ S Uber ? ne baibe Stunde - bierbei «’nron im
zunächst ml? rW-V?» A «‘her verbraucht worden . Der Aether wurde
des TnLTnLl!u- C y . Sch , en Maske ger61ch t; da indess der Eintritt
Jun^d-rÄ UD \ S 6cbr -J ange ? uf sich Wf irten Hess, wurde zur
C 0 d £ dÄ/r fa ’ und “ un kam die Narkose allmilhlich in
l ang :,, so das f die Operation ausgeftthrt werden konnte. Die Betäubung
bcwegunfen S n“* RndLl‘ # °’ U ” d der Kra n k e machte mehrmals Abwehr?
na fi Eadlal P“Js war immer kräftig und langsam, das Ge-
sicht, w ig so häufig m der Aethernarkose, leicht cvanotisch dieAthmmur
war tief und regelmässig, einmal erfolgte Erbrechen von etwas Masre/
usi^isi!
S£rS'ÄSriiSSS:
Kranke wurde mehr undmehr^^Pr'tzungen allmählich ab, der
Stunden „ach ? ** T ° d ’ ^ ZWei
das Vorhandensein oiW^ffüsIi^BancWeMent 18 - S / ction ® rgab zunächst
dehnten Verklebungen und fihrin««ai a i ZUndung ’ welche zu ausge-
geführt hatte im Weinen A A uüü ^ngen der Darmschlingen
Mesenterium. ' bl* Äj! “ d ° r Nfibe d ? r Wurzel des
eiterigem, nicht jauchigem Inhalt Die TW»! 8 ? 68 ? 6 dl . ckem fibri nös-
Finger durchgängig, die imScroti™ hpf °n e ™ s Slch für mehrere
falls mit einander durch fibrinöse Anflar^r? 611 Darmscll lingen waren eben¬
schien von normalerGrösse se ne' rechtem ^ S Das Herz ^
Die Muskulatur von dunke^ braunrothIr Ä H ft . 6 ™ r . ? tark ^Iutüberfüllt.
apparat erwies sich n “ Der Klappen-
atenosklerotisch veränderte Stelle Dto Lun^tn^hf^ 11 ^ eme kl(3ine ’
sematös waren, zeigten sich Zungen, welche etwas emphy-
enorm ödematös bdm üSihiSÄ Abscbni ‘ t
lieh gefärbter, mit Schaum untlrmil 'btl^ Pi ' e ! n ®M®“ g ® dünner, röth-
hervor. Auch die Trachea und ^b,R™„,Pnssigkmt aus dem Gewebe
migen Flüssigkeit angefüllt Die übrigen fw“ 'TT m] t .dieser schau-
heiten dar. 1,16 übngen Organe boten keine Besonder-
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 87
ödem^angesproelmn a werfen eSI Zu a ents ? U \f de “ Lmgw-
;vmdureh g letztere S "betont wurde n k^„ el d™ ^ F 4®,
hang- gebracht werden mit den bei der Q D P j“ 0edem . in Zusammen-
haften Veränderungen oder ist datelh? ? T rgef !» n denen krank-
des Aethers zurückzuführen? VtZ eme giftige Wirkung
zutreffend, wenn man ausJL t V 8lbstv ® r8 ttadlich ganz un?
Peritonitis vorgefuTden wurde n ^n d1n <i^ SS be ! dcr SectioI > «he
diese den Tod°herWgeführt habe t ' rZ™?“ Wollte - dass
an sich eine ernste Erkrankung darstellt 16 ® aacb £ eEellbz üudung
ichen Ausgang nirnnft Zmi Z Ze l^e,, bä , Ufi{? e . inen töd ^
leichte Form von Peritonitis vor hoi f 1 ? ? e eine re ^ at iv
aus nicht ausgeschlossen war und^i™ lcher «ne Heilung durch¬
muss, dass bei unserem Kranken dl« üZZ Zug i c f ehen werden
Organismus bis zu einem lZ;™ ^ Widerstandsfähigkeit des
waren doch zurZeit dei ODeZT«« n^d® heball fe rf! setzt w ar , so
welche einen baldigen tödtliehm. 4 ° keln * rIel Zeichen vorhanden,
Auch Vermuthel1 lassan ’
sich zuweilen beim Vorhandensein eiJL h T™ pönalen, welches
infolge der Herz- und Athmunssinsi ffl ? cb K radl g e u Meteorismus
unserem Fall nicht zulfcsig weil Zr Ä 1 ® 2 ent ^ickelt, ist in
und ein derartiges Oedem sich TiiVh* -^ ete °r isi nus sehr gering war
Bei unbefangener ZurthenuZZ 80 “ r Plötzlicl, entwickelt,
gezogen werden, dass der AetheAls dk d *1 S . ck ! ussfoI gerung
des Lungenödems zu betrachten sei üZ wahr . scbe,nllc he Ursache
Spättod infolge der Aethernarkoa if S a * so um eiuen
auffällig musste hierbei dcr Umstand Leh ' Als be8oad ers
.. —£ SÄSÄ ÄS»
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Goi igle
verantwortlich gemacht werden, da wir als Gegner der sogenannt
„SratiokungBrnethode" allzu concentrirte und deshalb stark reSl
Aetherdämpfe nicht einathmen lassen, noch konnte das Uebersehen
SdÄrZ" 6 (LUngenerkrailkUng - Br0nchitis «• Ä
Dieser Todesfall kam für uns um so überraschender als ,* n
den m letzter Zeit so zahlreich erschienenen Arbeiten über Aethßri
sirung dieser gefährlichen Nebenwirkungen des Aethers keiimriJ
Erwähnung gethan wird. Allerdings wird in der Mobr-zoiii a- 61
Arbeiten als ein Nachtheil des Mittels das gelegratifchf Hemr'
"Sf ™ B J on ß hltls und Bronchopneumonie angeführt indess
Surbetllem 6 ^’ Com P licati °™ k - a -hr erns“
Eine Durchsicht der Litteratur in Bezug auf Todesfall« im
Anschluss an die Aethernarkose führte nun zu einem sehr üh«r
rauchenden Ergebniss. Es möge mir deshalb gestattet sein mit
Rücksicht auf die grosse Bedeutung und Tragweite dieser Fra™
etwas näher hierauf einzugehen. Wie ich weiter unt^n • a&6
ÄiciTm zurtr hteD l ° b dieS6 nac ht r %l^hen r T odesfölle ei S
JNarkoticum zur Last zu legen seien, sehr getheilt, es ist daher
einleuchtend, dass die Entscheidung dieser Frage für die Auf-
deutünf sein r i^ss k0SenStatlStU£ V °“ der gr8SSte “ P rinci P iellea B«-
Was zunächst die Fälle von Aethertod infolge ran
ÄS LfÄ
Chirureie 1 S lKl Cit ’ rt , n Q ac ^ , Ka PPeler, Anüsthetica, Deutsche
”• Ära
, -r r kranke asph^ktisch und starb zwei Stunden später Die
verlaufen es war w«l^r her verbraucbt Würden, schien sehr günstig zu
Operation snrach PafW;,? J ™* 0 S i’ Erbrecb(m vorhanden. Nach der
wahrnahm ^ i «/„ df,,«/! Q mit der Wärtern, die nichts abnormes an ihr
Symptome Cvanr>< 5 « P - S ?^? r zei g^ n sich plötzlich alarmirende
un“nach weiteret uf starkes Rasseln über beiden Lungen,
Hydrops ararhnnifioo * j^ un T den stark die Kranke. Die Obduction ergab
Organe geTund d d '° Lungea »dematös und Hass, die übrifen
Inhalfüon^-A n ^„T!? 0 ma a H fl o Spi ^’ citirt nach Hankel, Handbuch der
Die PVcpiiöi etica, S. 62: Mann von 45 Jahren. Mastdarmkrebs.
Puls hörte auf^dns unter denen der Tod eintrat, waren folgende: Der
Autor» «siß P p ffn K. tj S Besic ht war erst eingefallen, dann turgescirend. Die
v n f Berz & esun d, Lungenödem, extensive Pleuraadhäsionen,
sund« Prnn Dancet. 1882, I, S. 538: 54jährige, gut genährte und ge-
Zur Narkntjö ^duefaon einer fünf Wochen alten Schulterverrenkung.
verbranoht ¥ Minuten dauerte, wurden sechs Unzen Aether
etwas Wn«or. ° Minuten^nach geschehener Reposition trank die Kranke
ii/ Stnndo crlxf 16 ? S1 °h zunächst anscheinend ganz wohl, aber schon
etwa zwei fand man sie cyanotisch und sterbend. Der Tod trat
leichtp Vprfotf 11 ^ 611 ^ 11 ^ dor Narkose ein. Bei der Section fand man
gestionirt“ ^ emen ^ ere ’ di® Lungen waren hochgradig „con-
einer^pral£f t >J J Q 1 ^ et i/^’ ^ Mann von 62 Jahren, Reduction
wöhnlirhon 7«ff ^phulterverrenkung. Die Narkose trat innerhalb der ge-
nlöt 7 lirh hl nco lt e ^ n ‘*i^ a< ? 1 der & e i un & en en Reposition wurde der Kranke
lantien und i- Und ^hmete oberflächlich; trotz Anwendung von Stimu-
livide VorfürK aD ^ ere ^ 61 j ^ or ^ es ctzter künstlicher Athmung nahm die
Emnhvse^ nnd ng p ZU und ftikrfce bald zum Tode. Die Autopsie ergab
Schleim in d*n f n j? GStl0n der Lungen; Bronchitis mit einer Menge
Luft in don h k,u ^ 1 ’ ökrenas ten. Die Unterlappen enthielten nur wenig
der Trflohpn •« ° re \^Lungentheilen bestand stärkeres „Oedem“. Auch in
der lrachea war schaumiger Schleim enthalten.
sehr ersrhunff Brit - med * Journ. 1885, S. 887: 64jährige Frau. Patientin
Operation wnrd indess den Aether gut. 12 Stunden nach der
Stunden imw 6 die Kranke dyspnoisch und starb nach weiteren fünf
Section. deD Brsckemun & en der „Lungencongestion“. Keine
S 973 a fft,J'i f ^ r k en ä?Archiv für klinische Chirurgie, 48. Bd.,
blasendiSnnd «i S ^ stlk ) / ; 3 5jährige Frau, Anlegung einer Gallen-
beträchtlirhor q s ^- e *.. Bie 1 Astündige Narkose verlief normal, aber mit
J und wiederholtem Erbrechen. Nach dem Er-
am nächston au ^ IeQ des Schleimrasseln in Trachea und Bronchien;
Operation 7 *S dies zu uad am Abend, 32 Stunden nach der
^ W *° der Tod unter den Erscheinungen des Lungenödems.
e-äno-lioh 11 ^ W ^ r den ( ^ r ^* ien der mir im Original nicht zu-
sirhtiert l ar> y e ^ en der ungenügenden Beschreibung unberück-
Tod n ’ dann . bleiben also sechs Fälle übrig, in denen der
nimo-AT» J ähnlichen, beziehungsweise völlig gleichen Ersehei-
vier^Fälip 1 ^ 7*-’ S ^ e . ullserem Fall beobachtet wurden. In
u (einschliesslich des unsrigen) konnte bei der Section
Original fro-m
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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13. September.
Lungenödem constatirt werden, einmal ist starke Lungencongestion
angegeben, die beiden übrigen Fälle wurden nicht obducirt. Ein¬
mal erfolgte der Tod unmittelbar im Anschluss an die Narkose,
dreimal nach zwei Stunden und je einmal nach 3, 17 und 32 Stunden!
Da von diesen Fällen 5 in der von Hanke 1 (1. c.) aufgestcllten
Liste von 45 Aethertodesfällen enthalten sind, so würden also 1 /q
sämmtlicher Beobachtungen von Aethertod auf Lungenödem zurück¬
zuführen sein.
Trotz dieses relativ häufigen Auftretens von Lungenödem bei
der Aetherisirung war man bisher anscheinend nicht geneigt, den
Aether hierfür verantwortlich zu machen. Hankel (1. c. S. 77)
kommt bei Besprechung der Lungenerscheinungen zu der Ansicht,
dass der Tod häufig seine Ursache in schweren, schon vorher be¬
standenen Störungen haben müsse, insbesondere Hesse sich aus der
Section allein niemals der Schluss ziehen, dass der Tod durch die
Anwendung des Aethers eingetreten sei. Kappeier (1. c. S. 180)
äussert sich in Bezug auf diese nachträglichen Todesfälle ebenfalls
unbestimmt, er findet den ersten und zweiten Fall unserer Liste
„räthselhaft“ und ist im Zweifel, ob man sie auf eine Wirkung
des Anaesthetieums zurückführen dürfe, weil die üblen Erscheinungen
sich erst relativ, spät nach Beendigung der Narkose eingestellt
hatten. Aehnlich spricht er sich an einer anderen Stelle aus (vgl.
Correspondenzblatt für Schweizer Aerzte, 1889, S. 714).
Und doch kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die ver-
hältnissmässig grosse Zahl von Beobachtungen, wo der Tod unter
den Erscheinungen des Lungenödems erfolgte, nicht in einem bloss
zufälHgen Zusammentreffen begründet ist, wir sind vielmehr ge-
nöthigt, anzunehmen, dass ganz bestimmte Momente hierbei in Be¬
tracht kommen, welche wir am ungezwungensten in einer schäd¬
lichen, giftigen Wirkung des Aethers suchen werden. Es ist eine
allgemein zugegebene Thatsache, dass dieses Anaestheticum lokal
eine stark reizende Wirkung auf die Haut und Schleimhaut ausübt
und letztere nicht selten zu einer stärkeren Secretion anregt. Man
braucht sich nun zum Zustandekommen des Lungenödems nur eine
bedeutende Steigerung dieses Reizes vorzustellen.
In der That gelingt es auf experimentellem Wege, durch
Aether Lungenödem zu erzeugen. Wenn man nach Löwit 1 )
bei einem curarisirten Kaninchen oder einer Katze einige Tropfen
Essigäther in die Jugularvene injicirt, so hört die Herzthätigkeit
bald auf, vorher aber sieht man eine blutig rothe, schaumige
Flüssigkeit in der Trachealcanüle als Zeichen eines hochgradigen
Lungenödems aufsteigen. Bei der Section findet sich alsdann stets
ein ausgeprägtes Oedem der Lungen.
Dieser Versuch ist von so sicherer und augenfälliger Wirkung,
dass Löwit den Essigäther geradezu als ein zu Schulversuchen
geeignetes Mittel zum Hervorbringen von Lungenödem empfiehlt.
Auch mit Schwefeläther und Buttersäureäther vermag man bei
intravenöser Injection Lungenödem hervorzurufen, doch pflegen
hier die Erscheinungen etwas weniger hochgradig zu sein wie bei
Anwendung des Essigäthers. Als beachtenswerth ist noch hervor¬
zuheben, dass man durch Ein träufeln der genannten Aetherarten
in die Luftröhre ebenfalls ein ausgesprochenes Lugenödem hervor¬
zurufen vermag. Wie Löwit des Genaueren ausführt, liegt hier
kein Stauungsödem vor, das Oedem muss vielmehr als ein toxi¬
sches aufgefasst werden, das wahrscheinlich durch eine erhöhte
Durchlässigkeit der Gefässwand, eventuell durch geänderte secre-
torische Verhältnisse bedingt ist.
Diese zur künstlichen Erzeugung von Lungenödem unter¬
nommenen Versuche geben uns sicheren Aufschluss über den Zu¬
sammenhang von Lungenödem und Aether, sie sind deshalb für
die Beurtheilung der Gefahren der Aethernarkose von grosser Be¬
deutung. Nachdem der direkte Beweis dieser Abhängigkeit der
Lungenerscheinungen von dem Anaestheticum erbracht ist, müssen
selbstverstäncUich die oben angeführten Todesfälle durch Lungen¬
ödem als echter Narkosentod aufgefasst, also auch auf Rechnung
des Aethers gesetzt werden. Unerklärt bleiben nur die Bedin¬
gungen, unter welchen sich im einzelnen Falle diese Lungenerschei¬
nungen entwickeln und warum dieselben oft erst viele Stunden
nach der AethereinWirkung sich einstellen. Ohne Zweifel spielt
hier die Idiosynkrasie eine gewisse Rolle, da das Zustandekommen
des Oedems unabhängig ist von der Menge des verbrauchten
Aethers. In Bezug auf den anderen Punkt muss man bedenken,
dass der Aether mehrere Tage im Körper zurückgehalten werden
kann und vorwiegend durch die Lungen wieder zur Ausscheidung
gelangt, wobei er dann seine schädliche Wirkung zu entfalten
vermag.
Wie verhält es sich nun mit den übrigen bekannt gewordenen
Fällen von Spättod im Anschluss an die Aetherbetäubung, ist für
l ) Löwit, Ueber die Entstehung des Lungenödems; ein Beitrag zur
Lehre vom Lungenkreislauf; in Ziegler’s Beiträgen zur pathol. Anatomie
XIV. 3. H. •
721
diese Fälle dem Narcoticum ebenfalls eine Schuld beizumessen?
Was zunächst die nach der Aetherisirung häufig auftretendon
Bronchopneumonieen betrifft, so kann es jetzt wohl keinem Zweifel
mehr unterliegen, dass für die grosse Mehrzahl dieser Erkran¬
kungen der Aether verantwortlich gemacht werden muss; denn
wenn dieses Mittel infolge soiner reizenden Wirkung ein acutes
Lungenödem hervorzurufen vermag, dann muss es um so mehr im¬
stande sein, auch einen langsamer verlaufenden entzündlichen Pro-
cess der Lunge anzuregen. Ebenso müssen wir, wenn wir gerecht
sein wollen, auch diejenigen nachträglich eingetretenen Todes¬
fälle, bei welchen als Ursache Collaps angegeben ist, bei der Sta¬
tistik berücksichtigen, da es unzweifelhaft feststeht, dass der Aether
oine schwächende Wirkung auf das Herz ausüben und sogar den
Tod während der Narkose durch primäre Herzlähmung veran¬
lassen kann.
Aus diesen Erörterungen geht hervor, dass es als durchaus
willkürlich erscheinen muss, wenn man bei der Aufstellung einer
Narkosenstatistik die verspäteten Todesfällo ausser Betracht
lässt und nur die während der Betäubung eingetretenon als
wirkUchen Narkosentod berücksichtigt. Wie wir weiter unten sehen
werden, führt ein solches Verfahren zu irrthümlichen Behauptungen
und fehlerhaften Schlüssen.
In den Arbeiten über Aetherisirungen werden, wie schon an¬
gedeutet, die nachträglichen, aus der Aethernarkose erwachsenden
Gefahren als unerheblich hingostellt, insbesondere wird in der
Mehrzahl der Veröffentlichungen auf eine Würdigung der Spät¬
todesfälle ganz verzichtet, da letztere selbstverständlich als von
dem Anästheticum unabhängig zu betrachten seien. So sagt
Comte 1 ), welcher über die Erfahrungen auf der Genfer Klinik
unter Julliard berichtet, gelegentlich der Aufzählung der be¬
kannt gewordenen Aethertodesfällo: „Wir haben die Fälle von
nachträgHehern Tod bei Seite gelassen, da sie sehr discutabel sind,
selbst nach der Ansicht der Anhänger des Chloroforms.“ Garrö 2 )
bringt die Beobachtungen, wo die Kranken längere Zeit nach der
Narkose starben, nachdem sie zum Theil wieder zum Bewusstsein
gekommen waren, bei der Berechnung der Aethertodcsfälle eben¬
falls in Abzug, „da sie nicht ausschliesslich dem Aether zur Last
zu legen seien.“ — Diese Ansicht theilt auch Gurlt 3 ), er äussert
sich in seinem letzten Bericht über die Narkosenstatistik in Bezug
auf sechs nachträgliche Todesfälle, bei welchen von den Bericht¬
erstattern der Narkose gleichfalls ein Theil der Schuld an dem
tödtlichon Ausgang beigeraessen wurde, in folgender Weise: „Da
in diesen Fällen der Tod erst zwei bis zu 30 Stunden und länger
nach der Operation eintrat, habe ich Anstand genommen, diese
Fälle den unmittelbar bei der Einwirkung der Narkose erfolgten
Todesfällen zuzuzählen.“ Auf Grund des gesammten Beobachtungs¬
materials seiner Statistik kommt nun Gurlt zu dem schon ein¬
gangs erwähnten Ergebniss, dass das Chloroform fünfmal so
gefährlich wie der Aether ist.
Wie gestaltet sich aber das Resultat, wenn wir auch die¬
jenigen Fälle von nachträglichem Tod in Rechnung ziehen, für
welche, wie wir nachgewiesen haben, der Gebrauch von Aether
mit Gewissheit oder doch mit Wahrscheinlichkeit verantwortlich
zu machen ist? Unter Zugrundelegung der Gurl t’schen Narkosen¬
statistik ergiebt sich, dass in den vier Berichtsjahren 166 812
Chloroformnarkosen mit 63 Todesfällen und 26 320 Aethemarkosen
mit 2 Todesfällen gesammelt sind. Berücksichtigt man aber auch
die in die Statistik nicht aufgenommenen Spättodesfälle, so kommen
noch hinzu beim Chloroform 3, beim Aether dagegen 10 Todes¬
fälle, wodurch das Verhältniss zu Ungunsten des Aethers be¬
deutend verschoben wird.
Für den Aether noch beträchtlich ungünstiger wird das Er¬
gebniss, wenn wir nur das letzte Berichtsjahr 1893—1894 in Be¬
tracht ziehen, in welchem zum ersten mal von den deutschen
Chirurgen die Aethernarkose in ausgedehnterem Maasse in An¬
wendung gezogen wurde; die in den beiden vorhergehenden Be¬
richtsjahren gesammelten Aethemarkosen rühren vorwiegend von
überzeugten Aetherfreunden (Julliard, Roux) her, welche an¬
scheinend nicht geneigt sind (vergl. Comte, 1. c.) die nachträg¬
lichen Todesfälle dem Aether zur Last zu legen, und welche des¬
halb möglicherweise der hierhergehörigen, etwa beobachteten Fälle
nicht Erwähnung gethan haben. Bei der grossen Wichtigkeit und
Tragweite dieser Frage dürfte es wohl gestattet sein, die in dem
Berichtsjahr 1893—1894 beobachteten Fälle von Spättod bei
Aethernarkose hier anzuführen.
Fall 1. Bessel-Hagen (Gurlt, 1. c., Anlage 3). 39jährige anä¬
mische Frau. Operation eines Uterusmyoms. Im Anschluss an die 1 /a-
stündige Aethernarkose entwickelte sich eine schwere Bronchitis und
Bronchopneumonie, die jeder Therapie trotzte und nach etwa fünf
i) De l’emploi de l’dther sulfurique, Genöve 1882, S. 146.
*) Beiträge zur klin. Chirurgie 11. Bd., S. 38.
3) 1. c., S. 224.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
722
Wochen zum Tode führte. Der Berichterstatter bomerkt hierzu: „Es ist
zweifellos, dass die Aethernarkoso die direkte Ursache für die Entwicke¬
lung der Pneumonie abgegeben hat.“
Fall 2 und 3. Czerny (Gurlt, 1. c., Anlage 7). Der Bericht¬
erstatter v. Beck erwähnt zwoi Todesfälle infolgo von Pneumonie am
achten Tage bei Bauckopcrirten, welche vorher an keiner Bronchitis litten;
er fügt noch hinzu, dass wegen der nachtheiligen Folgen auf den Respi-
rationstractus der Aethergebrauch seit December vorigen Jahres einere-
schränkt wird.
Fall 4. Rohn (Gurlt, 1. c., Anlage 19). Gallonblasenresection
wegen Carcinom. Puls während der 1 Stunde und 20 Minuten dauernden
Operation schlecht. Patient nachträglich sehr collabirt und stirbt nach
30 Stunden an Collaps. Section ohne Erklärung hierfür. Nach Ansicht
des Berichterstatters ist der Tod erfolgt „offenbar an Aethernach-
wirkung“.
Fall 5 und 6. Riedel (Gurlt, 1. c., Anlage 20). a) 48jährige Frau,
Strumaexstirpation. Narkose ohne Störung. Hiernach sofort oinsetzende
Pneumonie, die nach zwei Tagen zum Tode führt, b) 44jähriger, sehr
kräftiger und gut genährter Mann. Probeincision. Dauer der Narkose
45 Mmuten. Nach dem Erwachen ist Patient wie geistesgestört, zeit¬
weise unruhig, zuletzt rascher Verfall. Tod 33 Stunden nach der Ope¬
ration. Die Section ergab Emphysem der Lungen, letztere etwas öde¬
in atös, an den Rändern stollenweise beginnende Infiltration. Riedel
bemerkt hierzu: „Beide Fälle sind nach meiner festen Ueberzeugung
wesentlich durch den Gebrauch von Aether zugrunde gegangen.“
. hall 7 und 8. Trendelenburg (Gurlt, 1 . c., Anlage 25). a) 12-
jähriges, sehr anämisches Mädchen. Sequostrotomie. Dauer der Aether-
narkoso 45 Minuten. Nachträglich Puls sehr klein und frequent, später
erholt sich die Kleine wieder etwas und war vorübergehend bei vollständig
freiem Bewusstsein. Alsdann wiederum Collaps und Tod zwei Stunden
nach Beendigung der Operation. Section: Sehr starke Hyperämie der
Gehirnrinde, im Kehlkopf und in der Trachea zäher, lufthaltiger Schleim
Anämie sämmtheher Organe, b) 35jährige Frau; Tod nach 32 Stunden
m I1 a L I! : n geilÖ i em Fal1 ist bereits ob en bei der Aufzählung der
lodesfälle an Lungenödem erwähnt).
Gegenüber diesen acht Fallen von nachträglichem Tod durch
Aether findet sich in demsolben Berichtsjahr nur ein Todesfall
durch Chloroformvergiftung (Morian, Gurlt, 1. c., Anlage 16)
erwähnt, welcher sieben Stunden nach der Narkose durch Herz-
synkopo erfolgte, welcher jedoch, da zweifellos durch das Chloro-
* 01 ™i^l eiSC ^ lu * de ^ von bei den Chloroformtodesfällon mit¬
gezahlt wurde.
Wenn wir nun die angeführten Spättodesfällo bei der Gurlt-
Zahlen* atlStik in ^ cc,lnim £ zie ben, so erhalten wir folgende
« T n H 6 f- l ‘,f 1 ' nark u S ^ n: J 1 , 669 mit 2 Todesfällen während und
o Todesfällen nach der Narkose = 1:1167.
„na Cliloroformnarkoseu: 33 083 mit 16'Todesfällen während
und 1 lodesfall nach der Narkose, = 1:2647.
An der Hand dieser Zahlen Hesse sich also die Behauptung
-“\ ,aSe di0 Narkose mit Aether noch einmal so
narkos G e 6 " *" 81 schliesst . wie die Chloroform-
7*61™ , i( r h . Jedoch ausdrücklich, dass die gesammelten
Zahlen noch viel zu klein und die vorliegenden Erfahrungen zu
Uns^LlTriUT t’ lndende ® chlU S i0 zuzulassen. Indess auch die
Unschuld des Aethers an einem Theil der aufgeführten Todesfälli
zugegeben, kann es einem Zweifel nicht mehr unterliegen dass
man durch die Gurlt’sche Statistik zu einem Trugschlusf gelangl
stonte nnU T" j®" A ? th , er als vorhältnissmässig unschuldig hin-
räumen wollt« 1 " Vorzug ™r dem Chloroform ein-
-SaoL™ V nf Ch der Statistik in der von uns ein-
geradi Grenth«'il lt r g n‘ eht n f dermann frei, aus derselben das
gerade Gegentheil der obigen Behauptungen herauszulesen.
, ,, , , nd v °rstehender Ausführungen glauben wir zur Auf¬
stellung folgender Schlusssätze berechtigt zu sein:
Tod 1- an 6 Li^ ä i 1 A^»'!i ° d6r - TI 11 a der Aethernarkose eintretende
WirknL L d„ 0 g A *1 lst b ? dla gt durch eine toxische
flssin cW? Und 18t als echter Narkosentod aufzu-
b ist die überwiegende Mehrzahl der nachträglichen
ÄÄTetz®“ UDd Br0DCb °— aaf Äg
„i i 2 '- Aether ist der Tod während der Narkose seltener
ulfo-eTV^loroform; umgekehrt treten nachträglich oft noch
ange Zeit nach beendigter Narkose beim Aether üble Zufälle mit
No. 37
III. Ueber die Gefahr der Hirnblutung bei
der Narkose alter Leute.
Von Dr. Emil Senger in Crefeld.
Aus der durch die Sammolforschung der deutschen Gesell¬
schaft für Chirurgie gewonnenen Narkotisirungsstatistik von
E. Gurlt 1 ) ersehen wir, dass von angewandten Betäubungsmitteln
für chirurgische Zwecke das Pental die grösste MortaHtät (1:199)
besitzt, dass darauf das Chloroform mit einem Todesfall auf circa
2900 Narkosen, Chloroform und Aether, nach einander angewendet
nrit einem Todesfall auf 4100, die Billroth’sche Mischung ohne
Todesfall und endlich der Aether mit keinem Todesfall bei 14646
Narkosen rangiren.
Sehen wir uns nun die Gefahren der Narkosen und die Todes¬
ursachen der dort registrirten Todesfälle näher an, so finden wir
zunächst die Asphyxieen erwähnt; von den neun Todesfällen durch
Chloroform ist ausdrücklich angegeben, dass nur bei vier derselben
eine Section vorgenommen worden ist und dass bei derselben
Schlaffheit des Herzens, Blutreichthum, Verwachsung der Lungen,
Myocarditis, Hämoglobinurie etc. gefunden wurde. Bei allen diesen’
Todesfällen ist stillschweigend angenommen, dass das Betäubungs¬
mittel unmittelbar und direkt auf die nervösen Centren des
Circulationsapparates (dos Herzens) oder des Respirationstractus
lähmend und tödtlich eingewirkt habe; und in diesem Sinne spricht
man auch von Nerven- oder Herzsliok.
Ausser diesen unmittelbaren Gefahren des Betäubungs¬
mittels haben wir aber noch andore üble Zufälle boi der Narkose
zu fürchten, welche in ihrer Dignität für das Leben des Patienten
ebenso wichtig und wohl der sorgfältigen Berücksichtigung werth
sind. Man könnte diese als mittelbare Gefahren der Narkose
von jenen unmittelbaren unterscheiden.
Zu diesen rechnen wir z. B. die Aspiration erbrochener Massen
und die dadurch bedingte Erstickungsgefahr, die Athmungsbehinde-
rung durch die zurückgefallene Zunge u. a. Es darf heute als
sicher angenommen werden, dass längere Betäubungen mit Chloro¬
form, sodann auch mit Aether, degenerative Störungen der Paren¬
chymorgane bis zur fettigen Entartung derselben, vor allem der
Nieren, hervorrufen können (James Israel 2 ) u. a.); und noch kürz¬
lich hat Braun 3 ) darauf aufmerksam gemacht, dass durch starke
Hyporextension des Armes in der Narkose im Gebiete des Plexus
brachialis recht empfindliche Drucklähmungen entstehen.
Zu diesen mehr mittelbaren Gefahren der Narkose füge ich
noch eine hinzu, welche bisher wenig beobachtet worden ist: näm¬
lich die Gefahr der Berstung eines arteriosklerotischen Hirngefässes
bei der Narkose alter Leute; und ich möchte mir deshalb erlauben,
die Aufmerksamkeit auf dieselbe zu lenken.
Wenn ein Patient bei Beginn der Narkose in das sogenannte
Excitationsstadium kommt, wo er mit rothem Gesicht, vollem,
kräftigem Pulse, angeschwollenen Halsvenen daliegt oder sogar
die grösste Kraft in seiner Erregung entfaltet, um sich vom Ope¬
rationstische zu erheben, so dürften wir kaum bezweifeln, dass die
Pulsstärke sehr erheblich gegenüber dem normalen, ruhigen Zu¬
stande erhöht ist. Diese bei jeder Narkose zu beobachtende That-
sache hat auch eine öftere experimentelle Bestätigung gefunden.
So hat P. Bruns 4 ) durch zahlreiche tachometrische Versuche nach¬
gewiesen, dass die Chloroformnarkose nur im Beginn der Nüfkose
die Pulsstärke, namentlich bei jugendlichen Individuen, hebt, dass
dagegen die Pulsstärke im Verlaufe der Narkose unter die Norm
sinkt. Die Aethemarkose dagegen hebt ganz constant die Puls¬
stärke durchschnittlich um den dreifachen Werth, auf dieser Höhe
bleibt die Pulsstärke während der ganzen Dauer der Narkose. In
einem Falle, wo vorher Chloroform angewandt worden war, stieg
die Pulsstärke bei nachfolgendem Aether sogar bis auf das fünf¬
fache des Werthes.“ Rechnet man zu dieser erhöhten Herzleistung
das Erbrechen während und nach der Narkose, den mitunter sehr
heftigen Hustenreiz und den krampfhaften Husten, Vorgänge, welche
alle eine beträchtliche Hyperämie des Gehirns mit sich führen
müssen, so werden wir es natürlich finden, dass ein durch Arterio¬
sklerose an Elasticität und Widerstandsfähigkeit geschwächtes
Arterien System des Gehirns in steter Gefahr der Ruptur sich be¬
findet.
Man sollte nach diesen Ueberlegungen meinen, dass Gehirn-
hämorrhagieen während der Narkose nicht zu den Seltcn-
*) Gurlt, Zur Narkotisirungsstatistik. Verhandlungen der Deutschen
Gesellschaft für Chirurgie 1893.
*) James Israel, Archiv für klinische Chirurgie Bd. XWH und
a. a. 0.
®) Braun, Ueber Drucklilhmungen im Gebiete des Plexus brachialis.
Deutsche med. Wochenschrift. 1894, No. 3.
. ) P- Bruns, Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chi¬
rurgie 1890.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
13. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
heiten zählen; und doch kennen wir diese Gefahr so wenig, dass
z. B. die umfangreiche Statistik von Gurlt diese Todesart oder
diese Gefahr gar nicht erwähnt und dass auch die mir sonst zu¬
gängliche Litteratur nichts darüber enthält. Daraus dürfen wir
wohl schliessen, dass thatsächlich die nur nach allgemein patho¬
logischen Grundsätzen abstrahirte Gefahr keine besondere Rolle
spielen könne; allein ich kann mich des Gedankens doch nicht er¬
wehren, dass mancher Todesfall der rein nervösen Chloroform- resp.
Aetherwirkung auf das Herz zugeschrieben sei, welcher wirklich
als eine Apoplexie des Gehirns infolge der Narkose sich darstellt.
Wenigstens konnte ich nur bei den wenigsten Todesfällen aus den
Berichten ersehen, ob eine Gehirnsection vorgenommen worden ist,
da von demselben in dem Protokoll gar nichts erwähnt ist.
In einigen Fällen hat sich die Section, wie ausdrücklich be¬
merkt ist, nur auf die Brusthöhle beschränkt; wohl die meisten
Todesfälle haben überhaupt keine Section erfahren. Es ist das ja
aus menschlichen Gründen leicht erklärlich. Wie ich wenigstens
während einer 15jährigen praktischen Thätigkeit in Krankenhäusern
und in der Privatpraxis die Erfahrung zu machen Gelegenheit
hatte, werden die meisten Unglücksfälle in der Narkose überhaupt
nicht veröffentlicht, und es werden gewiss viele Operateure mjt mir
übereinstimmen, dass die oben angeführte Statistik gerade aus
diesem Grunde viel zu günstig gefärbt sei. Was ist natürlicher,
als dass der Arzt und besonders der Chirurg in der Privatpraxis
bei seiner grossen Verantwortlichkeit ein von ihm gar nicht ver¬
schuldetes Unglück mit seinem in der Narkose plötzlich ver¬
storbenen Patienten lieber begräbt, als es einer öffentlichen Be¬
sprechung zu unterziehen? — leider sehr zu ungunsten einer
richtigen Statistik der Gefahren und Todesfälle durch die Betäu¬
bungen.
Vielleicht hat dieser oder jener Fachgenosse doch einen Fall
von Apoplexia cerebri in narcosi erlebt, ohne ihn in der Litteratur
niederzulegen.
Aus diesen Gründen mag es kommen, dass die Gefahren der
Apoplexie alter Leute während der Narkose gar nicht erwähnt
werden. Dass sie aber bestehen und Vorkommen, hat mich ein
Fall gelehrt, über den ich kurz berichten möchte:
Eine 56jährige Frau suchte meine Hülfe wegen eines mächtigen,
etwa kleinmannskopfgrossen, im Centrum uleerirten und leicht blutenden
Sarcoms, welches die ganze linke Brustseite von der fünften Rippe bis
zur Supraclaviculargrube einnahm. Die Geschwulst ging von der Haut
aus und war offenbar schon mit dem Pect, major verwachsen. Die
Patientin war klein und schmächtig, aber sonst gesund, nur durch die
Ulceration etwas kachektisch; Nieren gesund, ebenso war am Herzen
nichts krankhaftes nachzuweisen, der Radialpuls war von normaler Spannung
und zeigte geringe Rigidität und beginnende Arteriosklerose. Operation
am 12. December 1891 in meiner Privatheilanstalt. — Narkose zeigte kein
schweres Excitationsstadium, dagegen stellte sich mehrmaliges Erbrechen
ein. Plötzlich wurde, während eben noch das Gesicht geröthet war, das¬
selbe leichenblass und kalt, das Auge starr und glanzlos, die Pupillen
weit und reactionslos, Puls nicht zu fühlen, Athmung zuerst aussetzend,
dann oberflächlich und schnappend, um bald für einige Zeit aufzuhören:
kurzum es stellte sich jenes erschreckende Bild ein, welches sich dem
Operateur unauslöschlich in die Seele prägt und ihm bei jeder neuen
Narkose in die Erinnerung tritt als eine Mahnung, dass jede Narkose nur
bei dringender Nothwendigkeit und mit der grössten Vorsicht vorgenommen
werden dürfe und als ein ausserordentlich verantwortungsvoller Eingriff
sich darstellt. Ich sah sofort, dass es sich hier nicht um eine Athmungs-
stockung handele, die man ja öfter erlebt und welche bei fühlbarem Pulse
bei weitem nicht die Gefahren des Herzstillstandes bietet, und hielt die
Frau für verloren. Ich nahm sofort künstliche Athmung vor, liess heisse
Umschläge auf die Brust machen und that alles, was man in derartigen
Fällen zu thun pflegt. Nach kurzer Zeit — freilich für don Beobachter
recht lang — stellte sich wieder der Puls ein, ebenso die Athmung. Es
wurde weiter chloroformirt und die Operation zu Ende geführt. Sie be¬
stand in der radiealen Exstirpation des grossen Sarkoms mitsammt dem
Pectoralis major; Plastik der Haut und Transplantation des übrig bleibenden
Defectes mit Thiersch’schen Lappen. Patientin wird anscheinend
schlafend ins Bett gebracht. Als dieselbe erwachte, klagte sie über
Steifigkeit des rechten Beines und der rechten Hand und darüber, dass
ihr das Sprechen schwer wurde. Ich schob zuerst alles dieses auf die
noch nicht ganz beseitigte Chloroformeinwirkung, musste mich aber bald
überzeugen, dass die Patientin während der Betäubung eine ganz typische
apoplectische Hemiplegia dextra erlitten hatte, so zwar, dass das rechte
Bein ganz gelähmt war, der rechte Arm in geringerem Grade, am
wenigsten die Gesichtsmuskulatur (Facialis). Nach einiger Zeit erfolgten
in der unteren rechten Extremität heftige klonische Krämpfe, nur an¬
deutungsweise in der oberen Extremität. Patientin klagto viel über Kälte
in dem gelähmten Bein resp. dem Fusse. Die Lähmung des Annes und
des Facialis besserte sich sehr bald. Nach ca. sechs Tagon konnte Patientin
der Arm etwas beugen und heben, derselbe fiel dann aber machtlos zurück.
15 Tage nach der Operation bei der Entlassung aus der Klinik war die
Wunde geheilt, der Arm konnte wenn auch noch mangelhaft bewegt
werden, das Bein dagegen hatte langsame Fortschritte in der Heilung ge¬
macht und blieb gelähmt. Jetzt nach zwei Jahren sieht man von der
Lähmung des Armes sehr wenig, dagegen wird das linke Bein noch deut¬
lich beim Gehen nachgeschleiffc.
723
Wäre die Patientin in der Narkose gestorben, so hätte ich
sicher geglaubt, es handele sich um eine Herzlähmung durch das
Chloroform, denn das klinische Bild ist durchaus dasselbe; eine
Autopsie wäre nicht zugegeben worden: nur die relative Leichtig¬
keit der Hirnblutung gab Aufschluss über die Natur des Anfalles
von Herzstillstand während der Betäubung.
In der gegenwärtigen Zeit, wo der Aether dem Chloroform das
Feld streitig zu machen sucht und täglich an Terrain gewinnt,
wo Viele so viele Vorzüge des Aethers zu rühmen wissen, schien
es mir angebracht, den obigen Fall und die obigen Betrachtungen
dem Urtheil der Aerzte zu unterbreiten. Denn wenn auch keines¬
wegs behauptet werden soll, dass der üble Zufall einer Apoplexie
bei der Arteriosklerose alter Leute zu den Seltenheiten gehört, so
scheint mir doch jedenfalls die Gefahr der Hirnblutung bei alten
Leuten schon bei dem Chloroform zu bestehen. Viel grösser
aber ist diese Gefahr bei dem Aether. Denn da wir oben
gesehen haben, dass die Pulsstärke bei demselben bis auf das drei-,
ja bis auf das fünffache unter Umständen erhöht sein kann, so
dürfte es gar nicht Wunder nehmen, wenn Apoplexieen bei Aether
häufiger als früher eintreten. Jedenfalls muss man, sobald
man die Betäubungsmaske in die Hand nimmt, sich der
obigen Gefahr der Hirnblutung bei alten Leuten bewusst
sein, mag sie auch nur in dem hundersten Fall begründet sein;
und jedenfalls wird man bei der Nothwendigkeit einer Narkose bei
alten Leuten mit ausgesprochener Arteriosklerose unter
keinen Umständen dem Aether vor dem Chloroform den
Vorzug einräumen. _
IV. Aus dem städtischen Obuchoffhospital in St. Petersburg.
Drei Fälle traumatischer Leberverletzung.
Von Dr. K. Zeidler.
Die traumatischen Verletzungen der Leber bieten ein grosses
Interesse sowohl in diagnostischer, als auch in therapeutischer Be¬
ziehung; da sie dabei kein häufiges Vorkommniss sind, erlaube ich
mir einige Fälle die im Obuchoffhospital zur Beobachtung kamen,
mitzutheilen.
Die einschlägige Casuistik findet sich bei L. Mayer 1 ), Barnes
und Otis 2 ) und Edler 3 ). Letzterer unterwirft die Leberverletzungen
an der Hand von 543 Fällen einer ausführlichen Besprechung. Nuss¬
baum 4 ) behandelt dieselben in seinem bekannten Lehrbuch auf
Grund von 251 ihm bekannten Fälle. In einer neueren Arbeit
von Adler 5 ) sind 36 Fälle von Laparotomieen bei Leberverletzungen
angeführt.
Gleich den traumatischen Verletzungen der übrigen Bauch-
organe, werden auch die der Leber eingetheilt in subcutane
Rupturen und in offene Wunden.
Die Diagnose der subcutanen Rupturen ist nicht leicht, da
die vorherrschenden Symptome (Shok, acute Anämie und Peri¬
tonitis) auch den Verletzungen der anderen Bauchorgane gemein
sind. Die übrigen Symptome, wie lokale und irradiirte Schmerzen,
Icterus, vergrösserte und schmerzhafte Leber etc., : ; ind erstens
wenig beständig und treten zweitens, mit Ausnahme der Schmerzen,
erst in einem späteren Stadium auf. Und doch ist eine frühe
Diagnose sehr wichtig in therapeutischer Beziehung. Nach Edler
starben sogleich nach der Verletzung 12, bis zu einer Stunde 25,
bis 24 Stunden 82, von 2 Tagen bis 37*2 Monaten 47, und zwar
in 69 Fällen an primärer oder secundärer Blutung, d. h. mehr als
die Hälfte der Kranken starben im Laufe der ersten 24 Stunden
an Verblutung.
Die in solchen Fällen gebräuchlichen Maassnahmen, wie Ruhe,
Eis, lokale Compression durch Schwämme (Nussbäum), Druck aut
die Aorta (Mayer) etc. waren natürlich nicht imstande die
Blutung zu stillen, wenn keine Tendenz zum spontanen Stillstand
vorhanden war, welche letztere sich nur bei sehr oberflächlichen
Wunden geltend macht. Die Kranken gingen zugrunde dank diesem
abwartenden Verfahren, welches auf der natürlichen Sehen, das
nicht verletzte Peritoneum anzugreifen, begründet war. Mit dieser,
in der vorantiseptischen Zeit sehr begreiflichen Scheu vor der Er¬
öffnung der Bauchhöhle, haben wir nicht mehr zu rechnen, daher
sprechen sich jetzt die meisten Chirurgen für ein energisches Vor¬
gehen in solchen Fällen, welche keinen Aufschub leiden, aus, für
*) L. Mayer, Die Wunden der Leber. München 1872.
9 ) Barnes und Otis, The medical and surgical history of tlu; war of
rebellion. Washington 1876. „„ Mtr
2) Edler, Archiv für klin. Chirurgie 1886, Bd. XXX1\.
*) Nussbaum, Die Verletzungen des Unterleibes. Deutsche Chi¬
rurgie 1880, Lieferung 44. , . .
5 ) Adler, De la laparotomie oxploratrice d’urgence pour les trau-
matismes de l’abdomen. (Plaies pdnätrantes, coutu sions abdominales
graves.) Paris, Steinheil, 1892.
Digitized b'
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ungirai Trcm
UMIVERSITY OF MICHIGAN
724
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ein Vorgehen, welches das einzig rationelle Mittel, — die Stillung
des Blutes in loco, — im Auge hat.
Schon Nussbaum und Edler geben den Rath, zur Laparatomie
zu schreiten, wenn die gewöhnlichen Mittel erfolglos bleiben.
Heutigen Tages ist die Nothwendigkeit einer Laparatomie bei
Verletzung der Baucheingeweide wohl allgemein anerkannt; wenn
wir daher einen Kranken mit den Symptomen einer Leberverletzung
vor uns haben, so schreiten wir sofort zur Laparatomie, um die
Blutung zu stillen.
Leider ist es aber sehr schwer, wie schon oben erwähnt, in
den ersten Stunden, wo gerade eine rasche Hülfe noth thut, eine
Verletzung der Leber zu diagnosticiren. Vorherrschend sind es
die Symptome des Shoks, der inneren Blutung, Reizerschei¬
nungen von seiten des Peritoneums, mit denen wir es zu thun
haben, d. h. ein Symptomencomplex, der ganz im allgemeinen jeder
Verletzung eines Bauchorganes oder grösseren Gefässes der Bauch¬
höhle eigen ist. Dadurch aber, dass wir nicht imstande sind, eine
Verletzung speciell der Leber zu diagnosticiren, wird die Indication
zu einem activen Eingreifen kaum geändert. Dio Verletzungen
der übrigen Bauchorgane erfordern dieselben Maassnahmen, das¬
selbe active Eingreifen so rasch wie möglich nach der Verletzung,
ob es sich nun um eine Naht des geborstenen Darms oder um die
Ligatur eines Gefässes etc. handelt.
Wenn wir daher einerseits in Betracht ziehen, dass die Ver¬
letzungen der Baueheingeweide in den ersten Stunden ein so all¬
gemeines Bild darbieten, dass es kaum möglich ist zu differenziren,
welches von ihnen verletzt ist, andererseits bedenken, dass ein Er¬
folg nur von einem in den ersten Stunden nach der Verletzung
unternommenen chirurgischen Eingriff erwartet werden kann, so
Scheint mir in allen Fällen, in denen dio Patienten die den Ver¬
letzungen der Bauchorgane eigentümlichen Symptome a.ufweisen,
sofort die Probelaparotomie indicirt, und zwar zur genaueren Fest-
Stellung der Verletzung. Ist die Verletzung gefunden, so gehen
wir gleich zu den betreffenden therapeutischen Maassnahmen über.
Die Symptome der offenen Leberwunde sind beinahe die-
selben, wie die der subcutanen. In den ersten Stunden nach dor
Verletzung prävaliron auch die allen Verletzungen der Bauch-
organo gemeinsamen Symptome. Die Frage eines operativen Ein¬
griffes ist aber bei einer offenen Verletzung viel leichter zu ent¬
scheiden. Wir werden uns nicht lange auf halten bei der Frao-e
ob eine Verletzung der Bauchorgane vorliegt oder nicht, sondern
schreiten sofort, sogar wenn jeglicho Symptome einer Verletzung von
Seiten der Bauchorgane fehlen, zur Erweiterung der äusseren
Wunde und, wenn dieselbe die Bauchhöhle perforirt, auch
la U paratomie SUC ,UnS ^ Ietzteren ’ d ' wir machen eino Probe-
Eine solche Erweiterung und Untersuchung der Wunden wird
seiten S wl^T - iU “! len T Fällen Regel prakticirt, und nicht
selten kamen wir in dio Lage, einen angeschnittenen Darm zu
nahon eine verletzte blutende Arterie zu unterbinden ete„ obgleich
k merlei Symptome auf eine solche Verletzung hino'ewiesen hatten
macht hajtte. nde Ei “ drUCk #faer «^^ächliclicn HZtwLdfge-
iegliche kleine perforirende Wunde, ohne die ge-
ringsten Symptome von Seiten der Bauchhöhle, eine Erweiterung
Untersuchung der letzteren, d. h. eine Laparatomie erfordert so
die Operation tun so mehr indicirt bei den drohenden Erscheinungen
Z e v»Tt ren I31u * un f’ einer Ru P tur des Darms etc., sogar wenn
die Verletzung subcutan ist und die Bauchdecken heil sind.
Torvaw • • da . r £ ele £ten Erwägungen gemäss, habe ich die
Sr c! Ue , m o ? al . le von su beutaner Leberruptur und in
ällen von Stich-Schnittwunden derselben ausgeführt.
Der Fall von Leberruptur ist in kurzem folgender.
wagenden ^d^^lr'dÄä^Ä ^Ärten
des kranken nach, ungefähr in der Höhe des Nabels
bracht H ° SPlUl WUrde er drei Shmden »ach der Katastrophe ge-
Zeichen von Contusion auch hier nicht zu finl« „ n Ir , gend we i che
tusion der Schulter vom Knaben in A hw«!« dCn '. m C 1 S urd £ ßlne ^ 0I1 '
Eisbeutel auf den Bauch. Innerlich Opium'.
wSÄSSJ a XX? Vär 1 - ‘ä “
-ÄSsasitÄsssaa
No. 37
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derselben hinzuweisen. Unter diesen Umständen schritt ich (4 l k Stund™
nach der Verletzung) zur Probelaparotomie.
Chloroformnarkose. Der Schnitt in der Linea alba vom Nabel zur
Symphyse wurde später bis zwei fingerbreit oberhalb des Nabels weiter¬
geführt. Das subperitoneale Zellgewebe und das Peritoneum waren blutig
mnltnrt. Als ich das Peritoneum mit einem kleinen Schnitt eröffnete*
strömte aus der Oeffnung in ziemlich starkem Strahl Blut, venösen Cha¬
rakters. Nach Spaltung des Peritoneums in der ganzen Länge der
äusseren Wunde fand sich die Bauchhöhle incl. das kleine Becken mit
einer kolossalen Menge flüssigen Bluts und Blutcoagula gefüllt — dio
Därme schwammen im Blut. ’
Nach Entfernung des Blutes untersuchte ich den Darm* derselbe
war ebensowenig wie sein Mesenterium verletzt. Es war auch kein Darm-
mhalt m der Bauchhöhle. Bei der weiteren Untersuchung fand sich als
Quelle der Blutung einen Leberriss, und zwar befand sich an der unteren
fläche des rechten Lappens, zweifingerbreit vom Leberrande entfernt
eine quer verlaufende Wunde ungefähr 4 cm lang und V* cm tief Aus
dieser Wunde sickerte Blut tropfenweise. Anderweitige Verletzungen
waren nicht zu finden. - ö
Die Leberwunde temponirte ich mit'einem eingeführten Streifen
steriler Gaze, welcher am oberen Winkel der äusseren Wunde heraus-
geleitet wurde. Die Wunde der Bauchdecken wurde bis auf den oberen
Winkel schichtenweise genäht. Die Operation hatte ungefähr eine
stunde gedauert und war vom Kranken gut vertragen worden
Im weiteren Verlauf hielt sich die Schmerzhaftigkeit des Abdomens
die ersten drei Tage allmählich abnehmend. Sonstige Reizerscheinungen
von seiten des Peritoneums wurden nicht beobachtet. Der Schulter¬
schmerz war am folgenden Tage, d. h. zwölf Stunden nach der Operation
vollkommen verschwunden. Am fünften Tage -wurde die mit blutig-
serösem Secret getränkte Gaze aus der Bauchhöhle entfernt und die
nachgebliebene Wunde der Bauchdeckon secundär genäht. Am achten
Tage Entfernung der Nähte. Vollo Prima intentio.
Die ersten acht Tage bekam der Kranke Opium. Diät: kalte Milch.
Der erste spontane Stuhl am vierten Tage.
Trotz der Coraplication durch eine katarrhalische Pneumonie im
unteren Lappen der rechten Lunge, welche eine Woche läng andauerte,
war der Kranke zwei Wochen nach der Verletzung vollständig gesund.
Im beschriebenen Falle war das Bild, das der Kranke vor der
Operation bot, recht unklar. Vorherrschend waren die Erschei¬
nungen des Shoks und der peritonealen Reizung. Acute Anämie
wai nicht vorhanden. Der Puls, wenn auch schlechter als normal,
gab keinen Anlass, heftige Blutung zu vermuthen. Auf Grund
der starken Schmerzhaftigkeit des Abdomens, wie sie so intensiv
bei Blutungen in die Peritonealhöhle kaum beobachtet wird, lag
die v ermuthung einer Darmruptur mit beginnender acuter Perito¬
nitis näher.
Dem einzigen Symptom, welches auf eine Leberverletzung
hinwies, dem Schulterschmerz maass ich, aufrichtig gestanden,
keine Bedeutung bei; ich nahm eine einfache Contusion beim
Fallen an.
Klar war m i r nur i dass eine ernste Verletzung eines der
Bauchorgane vorlag, da die Symptome zu heftig ausgeprägt
waren, um eine einfache Contusion des Bauches mit Shok zuzu¬
lassen.
Um die Verletzung festzustellen, machte ich die Probe-
laparatomie, welche weiterhin in eine therapeutische überging.
den Fällen von offener Verletzung der Leber handelte es
sich um Messerwunden.
Fall 2. Iwan Kalatoff, 16 Jahre alt, hatte sich selbst, aus Versehen,
mit einem breiten Schustermesser eine Wunde unterhalb des rechten
Kippenrandes beigebracht. Die Blutung soll sehr heftig gewesen sein,
ins Hospital wurde der Kranke eine Stunde nach der Verletzung in
mneni recht schlechten Zustande gebracht, sehr anämisch, fast pulslos.
Der 1 atient war bei Besinnung, aber sehr apathisch, antwortete auf die
Jj ragen lässig, ungern. Ueber Schmerzen klagte er nicht. Hart unter
dem rechten Rippenrande befand sich eine schräg verlaufende Schnittwunde,
von ca. 5 cm Länge.
Unter Chloroformnarkose schritt ich zur Erweiterung der Wunde,
welche sich als perforirend herausstellte. Bei der weiteren Untersuchung
and sich der scharfe Rand des rechten Leberlappens angeschnitten, die
Debenvunde hatte eine Tiefe von ungefähr 1 cm und blutete ziemlich
r xxr j j Blutung aus der Bauchhöhle fortdauerte, erweiterte ich
15 ™ der Bauchdecken weit nach unten zu; dabei erwies sich die
.Bauchhöhle mit dem kleinen Becken mit dunklem Blut gefüllt. Dio Därme
schwammen im Blut. Sowohl der Darm als auch sein Mesenterium waren
unverletzt. Ebenso war auch keine Verletzung eines grösseren Gefässes
zu finden. Ueberhaupt fanden sich ausser der Lebenvunde keine weiteren
Verletzungen vor. Augenscheinlich war diese kolossale Mengo Blut in
der Kauchhöhle ausschliesslich auf die Leberwunde zurückzuführen. Nach
J^ntlornung des Blutes aus der Bauchhöhle durch Gazetampons, kauterisirte
icü die Wunde der Leber mit dem Paquelin, worauf die Blutung voll¬
kommen stand. Etagennaht der äusseren Wunde. Der Kranke, schon
se r schwach vor der Operation, befand sich nach derselben, die etwa eino
&®dauert hatte, in einem sehr . desolaten Zustande. Der Puls
norm. Nach Anwendung von Excitantion kam er aber bald zu sich,
klagte den ersten Tag über Sclimerzen im Abdomen, welche aber schon
am zweiten Tage vollkommen verschwunden waren. Andere Reiz-
erschcinungen von seiten des Peritoneums wurden nicht beobachtet. Der
Kuis, noch beschleunigt in den ersten Tagen, war am vierten schon voll-
Original from
university of michigan
18. Se ptember.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
725
kommen normal, 72 in der Minute. Am achten Tage Entfernung der
Nähte. Volle prima intentio. Innerlich die ersten Tage Opium. Diät:
gefrorene Milch.
Im beschriebenen Falle fehlten, im Gegensätze zu dem ersten,
jegliche Reizerscheinungen von seiten des Peritoneums, dagegen
trat das scharf ausgeprägte Bild der acuten Anämie in den Vorder¬
grund. Als ich gleich nach Erweiterung der äusseren Wunde
die kleine Leberwunde fand, war es mir unwahrscheinlich, dass
die Menge Blut in der Bauchhöhle ausschliesslich aus dieser kleinen
Wunde, welche nur eine parenchymatöse Blutung aufwies, stammen
könnte. Die weitere Untersuchung zeigte aber keine anderen Ver¬
letzungen.
Fall 3. In dem zweiten Falle wurde dem 28jfthrigen Michael
Feodoroff im Streite ein Stich in den Bauch mit einem Schustermesser
beigebracht. Nachdem der Patient die Wunde und das prolabirte Netz
mit schmutzigen Lappen' und Pferdemist verbunden hatte, kam er zu
Fuss ins Hospital; seit der Katastrophe war keine halbe Stunde vergangen.
In der Regio epigastrica, etwas links von der Linea alba l l j 9 Finger
breit unterhalb des Rippenbogens befand sich eine schräg verlaufende
Schnittwunde von 5 cm Länge. Aus der Wunde prolabirte ein Stück
Netz. Der Allgemeinzustand des Kranken war recht gut; der Puls voll
und kräftig. Kein Erbrechen, kein Aufstossen.
Unter Chloroform wurde die Wunde erweitert, das prolabirte Netz
unterbunden und amputirt. In der Bauchhöhle fand sich eine grosse
Menge Blutcoagula, vorzugsweise längs dem Colon transversum und in
der Umgebung der Milz, welche sich als unverletzt erwies. Gleicher-
maassen fanden sich nach Wegräumen der Coagula auch am Darm und
Mesenterium keine Verletzungen. Dagegen fand sich hei Untersuchung,
der Leber auf der vorderen Fläche des linken Lappens — ein Finger breit
vom Rande entfernt, eine nicht tiefe, etwa 3 cm lange Wunde, welche
eine parenchymatöse Blutung aufwies. Die Wunde der Leber kauterisirte
ich mit dem Paquelin, führte dann in dieselbe einen Gazestreifen ein, der
zum oberen Winkel der Bauchwunde herausgeleitet wurde. Bis auf den
oberen Winkel wurde darauf die Bauchwand schichtenweise genäht. Im
weiteren Verlauf wurden keinerlei Reizerscheinungen von seiten des Peri¬
toneums beobachtet. Der grössere Theil der Wunde heilte per primam.
Im oberen Theil, um den Gazestreifen herum, war eine unbedeutende
Eiterung, und die Wunde verheilte hier per secundam. Am zweiten Tage
nach der Operation trat ein leichter Icterus auf, der aber nach ein paar
Tagen wieder verschwand. Innerlich: Opium. Diät: Milch.
Betrachten wir unsere Fälle in Bezug auf die beobachteten
Symptome hin, so finden wir sehr wenig charakteristisches.
Im ersten Fall war das Bild des Shoks und der Reizung des
Peritoneums vorherrschend, und trotz einer colossalen Menge Blut
in der Bauchhöhle war keine acute Anämie vorhanden.
Im zweiten Falle, bei ungefähr derselben Menge Blut in der
Bauchhöhle, fehlten jegliche Reizerscheinungen von Seiten des
Peritoneums, und trat das scharf ausgeprägte Bild einer acuten
Anämie, der inneren Blutung, in den Vordergrund.
Im dritten Fall, bei freilich geringerer Blutmenge in der Bauch¬
höhle, fehlten überhaupt jegliche Symptome. Der Kranke kam zu
Fuas ns* Hospital.
Yo» den übrigen Symptomen der Leberverletzungen konnte
ich nur in einem Fall den charakteristischen irradiirten Schulter¬
schmerz beobachten.
Obgleich dieses Symptom nicht beständig ist, kann es doch,
wenn vorhanden, auf eine Verletzung der Leber hinweisen.
Von Interesse ist noch, , dass so kleine Wunden, wie in unseren
beiden ersten Fällen, in kurzer Zeit eine so colossale Menge Blut
geben können. Die Blutung aus diesen Leberwunden trug den
Charakter einer parenchymatösen. Das Blut sickerte unanfhörlich,
tropfenweise aus der Wunde.
Augenscheinlich ist die Tendenz zum spontanen Stillstand der
Blutung bei Leberwunden sehr gering und können, wie unsere
Fälle beweisen, sogar kleine Wunden der Leber ohne Verletzung
grösserer Lebergefässe mit Verblutungstod drohen.
Was jetzt unsere Maassnahmen bezüglich der Stillung der
Blutung aus Wunden der Leber anbelangt, so stehen zu unserer
Verfügung: die Naht der Leberwunde, die Kauterisation mit dem
Paquelin und die Tamponade der Wunde.
Beim Durchsehen der einschlägigen Casuistik finden wir mit
vollem Erfolge alle drei Mittel angewandt.
Der Paquelin, vollkommen zweckentsprechend bei oberfläch¬
lichen Wunden, ist wohl kaum imstande, die Blutung aus tieferen
Wunden mit Verletzung grösserer Lebergefässe zum Stillstand zu
bringen; in solchen Fällen wird die Naht der Leberwunde melu*
angebracht sein; in den meisten Fällen wird es gelingen die
Blutung zum Stehen zu bringen, trotzdem wir in der Litteratur
Mittheilungen darüber haben (Hohenegg, v. Bergmann, Broca
und andere), dass die Nähte durchschnitten. Dann bleibt uns noch
die Tamponade der Leberwunde.
Ziehen wir den schwachen Druck in. den Lebergefässen in
Betracht, so scheint uns durch, den Tampon eine sichere Blut¬
stillung erreichbar. Aus der Wunde nach aussen geleitet, hat der
Tampon noch, den Vortheil, dass die Leberwunde sozusagen unter
Beobachtung bleibt. Um den Gazetainpon bilden sich sehr bald
peritoneale Verklebungen, welche die Wundgegend von der übrigen
Bauchhöhle isoliren, wodurch die Gefahr einer Peritonealinfection
bei secundärer Eiterung oder Gallenausfluss vermieden wird.
V. Aus dem Pathologischen Institut der Universität Padua.
Neue Beobachtungen über die diagnostische
und therapeutische Wirkung der Stoff-
wechselproducte des Rotzbacillus bei der
Rotzinfection des Menschen und der Thiere.
Von Prof. Dr. A. Bonome, Vorstand des Instituts.
(Fortsetzung aus No. 36.)
Ich bringe hier in Kürze die betreffende Krankheitsgeschichto,
welcher ich eine summarische Darlegung meiner Beobachtungen
folgen lasse.
Dali Erba Pietro, 16^* Jahre alt, gebürtig aus Modane; keine erb¬
liche Belastung, ausser vorübergehenden Bronehiten war Patient stets bei
bester Gesundheit. Vor drei Jahren nahm er Dienst in einer Stallung,
in welcher sich mehrere Pferde befanden, die oft Nasenfluss und Drüsen¬
anschwellungen zeigten; einige derselben starben auch und wurden, ohne
von einer Sanitätsperson untersucht worden zu sein, beerdigt. Patient
hatte die Verpflichtung, den Dünger wegzuschaffen, die Krippen zn reinigen,
und war ausserdem auch damit, betraut, den schleimig-eiterigen Nasen-
ausfluss der Pferde mittels eines Schwammes abzutrocknen, den ihn sein
Brodherr stets in der Tasche führen liess. Oft schlief Patient in dem
Raume, wo sich diese kranken Thiere befanden: in einem finsteren, feuchten
und schlecht gelüfteten Stalle.
Kurz nachdem Patient diesen Dienst übernommen hatte, wurde er ab
und zu von Fieberanfällen heimgesucht, die sich mit Frostgefühl einstellto.n;
in den Intervallen hatte er oft Schmerzen in den Gelenken und litt an
einer steigenden allgemeinen Schwäche. Bald darauf bemerkte er eine
Zunahme der Nasensecrotion, insbesondere Nachts, so dass er Morgens
das Kopfpolster mit ausgedehnten Flecken von oft mit Blut gemischtem
Schleim beschmutzt fand. Infolge des wiederholten Fiebers und des zu¬
nehmenden allgemeinen Krüfteverfalles sah sich Patient genöthigt, nach
einigen Monaten den Dienst zu verlassen, und er begab sich zurück in sein
Elternhaus. Hier traten nun Schwellungen der Drüsen der oberen Hals¬
region auf, und der Nasenausfluss wurde reichlicher. Er wurde wiederholt
ärztlich behandelt, jedoch fruchtlos; die Cervicaldrüsen vereiterten sogar
unter Auftreten eines dichten und zähen Pus, und es blieb in der be¬
treffenden Gegend eine Fistel, die sich nicht wieder schloss. Später kam
es infolge emes kleinen Trauma zu einer eiterigen Entzündung des
Thr&nensackes, und auch hier blieb ein kleiner Fistclgang, der sich nie
vollständig .schloss. In der Folge kam er ausserordentlich herab, litt oft
an Fieber, bis ihn Schmerzen und Brennen beim Schlucken fester Speisen
gewahr werden liessen, dass er beiderseits vom Zäpfchen, sowie am Gaumen
kleine Knötchen besitze, die sich in Kürze vergrösserten, vereiterten und
Pus austreten liessen. Diese Geschwüre vernarbten mit Ausnahme eines,
welches durchzubrechen drohte, als sich Patient mir vorstellte.
Status praesens. Patient ist ein Bursche mit wohlentwickeltem
Knochenbau. Haut blass. Spärlicher Panmculus adiposus. Muskeln zart.
An der Nasenwurzel befindet sich links eine lineare Narbe, an deren oberen
Theil ein kleines Geschwür sitzt, welchem ein Fistelgang entspricht, aus
dem stets eine kleine Menge eiterigen Exsudates tritt. Die Nase ist dick,
ein wenig abgeplattet, so dass sie eine breite Basis besitzt. Die Oonnung
der Nasenlöcher ist durch die Schwellung der Haut und Schleimhaut,
die auch geröthet sind, verengt. Am Nasenseptum und an der inneren
Oberfläche der Muscheln bemerkt man oberflächliche Erosionen mit regel¬
mässigen Rändern, gleichsam wie rein ausgeschnitten, die mit einem
schmutziggraueu dünnen Exsudate bedeckt sind. An beiden Seiten des
Halses unter dem Winkel des Kiefers besteht eine an der Haut adhänrende,
gelappte Geschwulst von der Grösse einer Wallnuss, die. an einem
Punkte geröthet, abgeflacht und exulcerirt erscheint. Die Geschwülste
entsprechen evident infiltrirten und erweichten Lymphdrüsen. Aus den
Geschwüren, welche zu einem Fistelgang führen, tritt em dickes eite¬
riges Exsudat. Aus diesem Exsudat erhielt ich Reinculturen des Rotz¬
bacillus und konnte dadurch mit dem bekannten Befunde der Rotzinfection
vier Meerschweinchen tödten, die ich unter der Rückenhaut geimpft hatte.
Zahnhildung normal, ebenso die Schleimhaut des Mundes; die des weichen
Gaumens geröthet und mit mehreren kleinen Narben versehen, namentlich
an den beiden Seiten des Zäpfchens; dieses selbst ist kurz und etwas
nach links hängend. In der Mittellinie, etwas vor dem Zäpfchon besteht
eine linsengrosse Geschwürsbildung mit infiltrirtem Grund und ebensolchen
Rändern. Der Pharynx bietet nichts Bemerkenswerthes. Thorax cylindriscli
gewölbt. In den Lungen hie und da feuchtes Rasselgeräusch. Percussions-
resultate negativ. Herzdämpfung normal; Töne rein. Im übrigen nichts
Bemerkenswerthes. j , , ■,
Am 18. Mai 1893 ins Spital aufgenommen, wird Patient daselbst bis
zum 22. Mai in Beobachtung gehalten. Während dieser Zeit wird die
Temperatur zweistündlich gemessen; dieselbe hält sich immer mneibaii)
normaler Grenzen. Am 22. Mai, Nachmittags, wird die erste lnjection
mit aus Agarculturen dargestelltem Mallöin gemacht (drei Tropfen in einem
Cuhikcentimeter sterilisirten Wassers). . ...
Die Resultate finden sich, in folgender Tabelle zusammengestellt.
Beobachtungsperiode vom 18. bis 22. Mai 1893. Temperatur
mal. — Ham normal.
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726
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37
22. Mai. Subcutano Injection von drei Tropfen Mallein in 1 ccm
sterilisirtes Wasser. Puls 66, Respiration 24. Es beginnt die Temperatur¬
steigerung; fünf Stunden nach der Injection 38 , Maximum nach zwölf
Stunden 39,8°, Apyrexie nach 19 Stunden 37,2. Symptome: heftiges
Frösteln fünf Stunden nach der Injection. — Beschwerliches Athrnen durch
die Nase. — Schmerzen an der Injectionsstelle. Profuser Schweiss beim
Beginn des Fiebers. — Während des Höhepunktes der Reaction Puls 100,
Respiration 40.
23. Mai. Tag nach der Injection. Die Temperatur übersteigt nicht
36,9 ü , Nachts sinkt dieselbe auf 35,8°. Keinerlei Beschwerde. Puls 80,
Respiration 24. Während des Nachts Schlaf. — Lässt 1000 ccm sauren
Urins. Harnstoff 1,57%.
24. Mai. Zweite Injection: zwei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes
Wasser. Puls 80, Respiration 24. Keine Reaction. Temperatur niodrig,
schwankt stundenlang zwischen 35,6 und 36,7 °. Keinerlei Beschwerde. —
An der Injectionsstelle nichts Bemerkenswerthes. Puls voll, 80. Harn
950 ccm; Harnstoff 1,84%.
25. Mai. Temperatur normal. Maximum 37,3 °. Zustand gut.
Puls 61, Respiration 24. Harn 900 ccm; Harnstoff 1,36%.
27. Mai. Dritte Injection: vier Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasser.
Temperatur 36,4°, Puls 80, Respiration 20. Fünf Stunden nach der In¬
jection beginnt die Reaction 37,7 °; sie erreicht ihr Maximum nach neun
Stunden (39,3°). Apyrexie 22 Stunden später. (36,8). Heftiger Schauer.
— Leichte Anschwellung und Schmerz an der Impfstelle. Trockenheit
und Anschwellung der Nasenschleimhaut. Puls 120, Respiration 24, Harn
2000 ccm.
27. Mai. Apyrexie. Maximum der Temperaturen 36.9. Wohlbefinden.
Harn 1700 ccm; Puls 66, Respiration 20.
28. Mai. Vierte Injection: zwei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasser.
Temperatur 36,2°. Keine Roaction; Nase leicht verschlossen. Puls 70,
Respiration 20, Harn 1700 ccm. Volumen der Cervicaldrüsen vermindert.
Die Thränensackfistel secemirt weniger Pus.
29. Mai. Fünfte Injection: vier Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasser.
Temperatur 36,6. Die Reaction beginnt vier Stunden nach der Injection
37,6, erreicht ihr Maximum sieben Stunden später 39,4°. Apyrexie nach
14 Stunden 36,5 °. Frösteln. Anschwellung der Nasenschleimhaut. Puls 90,
Respiration 24, Harn 2000 ccm.
30. Mai. Apyrexie. Wohlbefinden.
31. Mai. Sechste Injection: drei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes
Wasser. Temperatur 36,2°, Puls 70. Die Reaction beginnt vier Stunden
nach der Injection, 37,6 °, erreicht ihr Maximum nach sieben Stunden, 39,1
nach 14 Stunden 36,6°. Puls 120, Respiration 24. Ham 1050 ccm, Harn¬
stoff 1%, schwach ammoniakalischer Geruch. Reaction alkalisch.
1. Juni. Apyrexie. Puls 80. Ham 975 ccm; schwach ammoniaka¬
lischer Geruch; Reaction stark alkalisch; die Oberfläche des Harnes be¬
deckt ein schmutzig-graues, fettig aussehendes Häutchen. Setzt ein reich¬
liches, theils amorphes, theils krystallinisches Sediment von dreifach
phosphorsaurem Ammonium-Magnesium ab. Zucker und Eiweiss fehlen.
Harnstoff 1,57 %.
2. Juni. Siebento Injection: drei Tropfen in 1 ccm sterilisirtes
Wasser. Temperatur 36,3°, Puls 72. Starke Reaction, die sechs Stunden
nach der Injection beginnt, 38,8°, ihr Maximum (40°) nach acht Stunden
erreicht und sich auf 40 0 vier Stunden lang hält. Hierauf fällt sie langsam,
Und nach 22 Stunden besteht wieder Apyrexie. Heftiger Schauer. Schmerz
und Schwellung an der Impfstelle. Profuser Schweiss. Schlaflosigkeit.
Gesicht glüht. Nasenschleimhaut geschwellt. Puls 100. Harn 1000 ccm.
Reaction des frisch gelassenen Harnes alkalisch. Schwach ammoniakalischer
Geruch.
3. Juni. Temperatur-Maximum 37,6°. Puls 100, Respiration 20.
Niedergeschlagenheit. Gesicht blass. Nasenausfluss reichlich. Harn
850 ccm, Harnstoff 0,84%.
4. Juni. Temperatur sehr niedrig, Minimum 35,8°, Maximum 36,7 °.
Der Schmerz an der Stelle der letzten Injection hält an. Harn 620 ccm.
Harnstoff 2,92 %.
> 5* Juni- Temperatur sehr niedrig, Minimum 35,5 Maximum 36,8 °.
Keinerlei Beschwerde. — Hain 1000 ccm.
6. Juni. Temperatur neigt zur Norm. Puls 60, Respiration 20.
Nasenausfluss reichlich. Zustand der Cervicaldrüsen gebessert. Harn
1150 ccm; reichliches weisses Sediment; Harnstoff 1,48%.
. 7. Juni. Achte Injection: zwei Tropfen. Temperatur 36,8°. Leichte
Reaction nach zehn Stunden (38,7 °), welche nur vier Stunden anhält.
Harn 1600 ccm.
J B-Juni. Neunte Injection: zwei Tropfen. Temperatur 36,8°. Leichl
Reaction nach neun Stunden, Maximum 38,8 °.
'. 9. Juni. Temperatur normal. Schmerz an der Stelle der letzte
Einspritzung. Ham 650 ccm; Reaction stark alkalisch; Harnstoff 1,04°/
. 10. Juni Zehnte Injection: vier Tropfen in 1 ccm sterilisirtes Wasse
lpmperatur 36,4 °. Heftige Reaction, dio zehn Stunden nach der Injectio
beginnt, ihr Maximum nach elf Stunden erreicht (40,4) und acht Stunde
4ng anhält. Apyrexie nach 30 Stunden. Frösteln. Schmerz an d(
Impfstelle, die geschwellt erscheint. Profuser Schweiss. Schmerz in de
stoffYä^/o PU 8 12 °’ Respiration ^ Ham 830 ccm > alkalisch; Han
12. Juni. Temperatur niedrig, Minimum 35,8 °, Maximum 36,7
behr niedergeschlagen; fällt bei oinem Versuche, sich zu erheben, i
~, Cht - klem ’ ( 10 °)- - Ham 1800 ccm. Keinerlei B<
schworde. Halsdrusen an Volumen abgonommen; aus der Fistel dring
kem Eiter mehr. Nasonfluss beträchtlich vermindert.
13. Juni. Temperatur niedrig; Minimum 35,5°, Maximum 36,9
Niedergeschlagenheit. Harn 800 ccm. ’
B6,5° 14 ‘PdTkleüi emPeratUr 8tets sehr niedri g; Minimum 35,2, Maximuz
15. Juni. Temperatur neigt zur Norm; Minimum 36,2°, Maximum
37,5. Kräfte im Zunehmen.
16. Juni. Elfte Injection: drei Tropfen. Temperatur 37,3. Massige
Reaction; beginnt nach fünf Stunden (38°), Maximum 38,8°; Apyrexie
nach 24 Stunden. Puls 100, Respiration 24. Ham 1400 ccm.
17. Juni. Temperatur 37,8, Wohlbefinden. — Die Halsdrüsen an
Volumen sehr reducirt. Einer der Fistelgänge vollständig geschlossen; der
andere sondert nur sehr wenig Pus ab. Man impft zwei Meerschweinchen,
die nur sehr langsam, nach einem Monat zugrunde gehen.
19. Juni. Zwölfte Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,3 °. Schwache
Fieberreaction; dieselbe beginnt nach fünf Stunden (37,7 o) und dauert
sieben Stunden. Puls 80, Respiration 20.
20. Juni. Apyrexie; Minimum 36,4, Maximum 37,8.
21. Juni. 13. Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,5 o. Leichte
Fieberreaction, die, nach sechs Stunden beginnt und nach einem Maximum
von 38,7° sechs Stunden dauert. Kein Schauer. Keinerlei andere Be¬
schwerde. Puls 80.
22. Juni. Apyrexie. Auch der andere Fistelgang am Halse hat sich
geschlossen. — Der Kranke giebt an, sich sehr gebessert zu fühlen. —
Nasenausfluss fast gänzlich geschwunden.
23. Juni. 14. Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,3 °. Leichte
Reaction, die zehn Stunden nach der Injection beginnt; Maximum 38o.
24. und 25. Juni. Apyrexie. Wohlbefinden. Appetit gut.
26. Juni. 15. Injection: drei Tropfen. Temperatur 36,8 n . Leichte
Reaction, die acht Stunden nach der Injection beginnt und bei dem
Maximum von 38,8° zehn Stunden dauert. — Puls 80.
Es werden noch sechs lnjectionen in längeren Interwallen gemacht,
bis zuna 18. Juli, wo der Kranke entlassen wurde. Die Reaction war
auch bei Erhöhung der Dosis bis zu sechs und acht Tropfen stets schwach,
indem die Temperatur 38,5° nicht überstieg. Patient befindet sich im
Augenblicke seiner Entlassung aus dem Spitale in günstigen Verhältnissen
und hat viel Appetit. Die Drüsen am Halse sind fast auf das normale
Volumen reducirt und die Fistelgänge geschlossen; der Nasenausfluss
sehr sprärlich.
Dieses ist, soweit mir bekannt, bisher der einzige Fall von
Rotzkrankheit beim Menschen, der mit Mallüin behandelt wurde
und bei welchem man, wenn man auch daraus noch keine end¬
gültigen Schlüsse ziehen kann, doch sicherlich so zufriedenstellende
Resultate erzielte, dass es zum Fortsetzen dieser Heilmethode auf-
muntort. Unter den Betrachtungen, zu denen mich dieser Fall
anregt, würde ich hervorheben:
1. Das aus Culturen dargestellte Mallein ruft bei dem mit
chronischem Rotz behafteten Menschen eine heftige allgemeine
Reaction hervor, viel heftiger als diejenige bei rotzkranken Pferden,
indem in ersterem Falle 2—3 Tropfen des Mallüins genügen, wäh¬
rend beim Pferde etwa 1 ccm davon benöthigt wird. Diese Reaction
besteht hauptsächlich in einer Temperatursteigerung, welche 4—7
Stunden nach der Reaction eintritt und von Schwellung der Augen-
und Nasenschleimhäute sowie von vermehrter Pulzfrequenz und
Hamsecretion begleitet ist, während die Athmung unbeeinflusst
bleibt.
2. Der Grad der Hyperthermie, die Schnelligkeit, mit welcher
sich dieselbe einstellte und die Dauer derselben sind anfangs der
injicirten Mallüinmenge proportional; nach einer Reihe von In-
jectionen wird jedoch die Fieberreaction bei sonst im grossen und
ganzen gleichbleibenden Mallüinmengen immer schwächer. Die
Injection von Y 20 ccm Mallüin bewirkt bei einem Menschen von
43 kg Gewicht eine Temperatursteigerung von beiläufig 3 Graden.
Die erste Injection von V 2 ccm, welche ich ausführte, als mir der
Grad der Empfänglichkeit des Individuums für das Mallüin noch nicht
bekannt war, rief eine Temperatursteigerung von 4,2° hervor. Die
Hyperpyresis begann etwa zwei Stunden nach der Injection und
dauerte über 48 Stunden an, begleitet von heftigem Kopfschmerz,
Erbrechen, diarrhoischen Entleerungen und Muskelzuckungen.
Nach dieser schweren Mallüinvergiftung beobachtete man, was vor¬
her durch keinerlei therapeutischen Eingriff gelingen wollte, den
Verschluss und die rapide Reinigung und Ausheilung eines Ge¬
schwüres am weichen Gaumen, das bereits durekzubrechen drohte.
3. An der Stelle, wo die lnjectionen vorgenommen werden,
stellt sich eine leicht ödematose schmerzende Schwellung ein, die
jedoch bald verschwindet.
4. An • den Tagen, welche unmittelbar auf eine starke, durch
das Mallüin bewirkte Temperatursteigerung folgen, sinkt die Körper¬
temperatur manchmal bis auf 35,5o herab und bleibt auf diesem
Niveau 24 bis 48 Stunden lang, ohne von irgend einem subjectiven
oder objectiven Symptom begleitet zu sein.
5. Die Harnmenge nimmt während der Reaction ausserordent¬
lich zu und erreicht manchmal das doppelte des gewöhnlich aus¬
geschiedenen Quantums; diese Polyurie wird beobachtet, auch wenn
der Patient viel schwitzt. Der während der Fieberreaction ge¬
lassene Harn zeigt sich fast immer stark alkalisch, während der¬
selbe in den fieberfreien Intervallen schwach sauer war. Die per-
centuelle Harnstoffmenge, die während der Hyperpyresis aus¬
geschieden wird, ist nicht« vermehrt; oft zeigte der Harn ein rekli-
liches Sediment von Phosphaten. Eiweiss und Zucker fehlten stets.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
13. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
727
6. Die in Zwischenräumen von einsm, zwei oder drei Tagen
in dem Verhältnisse von V 20 und Vis ccm gemachten Mallöin-
injectionen bewirkten in derZeit von zwei Monaten eine bemerkens-
werthe Besserung in dem Zustande der Rotzaffeetion. Man er¬
zielte thatsächlich eine fortschreitende Besserung der Drüsenan¬
schwellung an beiden Seiten des Halses, so zwar, dass die rechtsseitige
ganz verschwand und die daselbst befindlichen Geschwüre sich
vollkommen schlossen, während diejenige der linken Seite sich auf
weniger als V 3 der ursprünglichen Grösse reducirte. Der Nasen¬
ausfluss, der anfänglich reichlicher geworden, nahm ab. Die
thermischen Reactionserscheinungen wurden nach und nach weniger
heftig, stellten sich immer später ein und wurden kürzer; auch
waren sie mehr von den Allgemeinstörungen begleitet, wie sie im
Gefolge von fieberhaften Processen aufzutreten pflegen. Unglück¬
licherweise war es mir nicht möglich, die Beobachtungen länger
als zwei Monate fortzusetzen, da sich der Patient von Padua
wegbegab. Auf Grund dieser Resultate ist es jedoch zulässig zu
behaupten, dass dem Mallöin beim Menschen nicht nur eine
diagnostische Bedeutung, sondern auch eine Heilwirkung zukommt
_ (Schluss folgt.)
VI. Heilung eines Falles von Riesenzellen¬
sarkom (ausgehend vom Tibiakopf) durch
Arsenik.
Von Dr. Pani Samter in Königsberg i. Pr.
Im Januar 1892 consultirte mich Frl. T. wegen einer Geschwulst
des linken Unterschenkels. Es handelte sich um ein 23 Jahre
altes Mädchen, das sonst einon durchaus gesunden Eindruck machte;
von Lues sowie von Tuberculose war anamnestisch und durch die
Untersuchung nichts constatirbar. Im Januar des Jahres 1890
suchte Patientin die Hülfe der Charite zu Berlin auf, woselbst ein
Tumor, ausgehend vom linken Tibiakopf constatirt wurde. Der
Tumor wurde durch Auskratzung entfernt, und Patientin verliess
neun Monate nach der Operation die Charite. Zwei Monate danach
stellten sich wiederum Schmerzen und Anschwellung am linkon
Unterschenkel, in der Nähe des Kniegelenks, ein. Es war jetzt
eine Wucherung der Geschwulst in der Operationswunde sichtbar,
die in der Grösse eines kleinen Apfels die Haut überragte. Die
neuen Wucherungen wurden durch einen Arzt herausgekratzt,
jedoch kam es innerhalb zweier Monate zum Recidiv. Patientin
wurde nunmehr nach Königsberg gewiesen zur eventuellen Ampu¬
tation des Beines. Der Status war folgender: Das linke Knie¬
gelenk war bedeutend geschwollen, active und passive Bewegungen
unmöglich. An der Vorderseite zeigte sich ein Tumor, der die
Grösse eines kleinen Apfels hatte und von innen emporgewuchert
war. Die Drüsen der linken Leiste fühlten sich als derbe Knoten
von der Grösse einer kleinen Kartoffel an. Desgleichen waren die
Drüsen der Achselhöhle in Kirschgrösse geschwollen. Patientin
klagte über sehr heftige Schmerzen im linken Bein, so dass Stehen
und Gehen ihr unmöglich wurde. Sie wurde von mir einer chirur¬
gischen Anstalt überwiesen, woselbst eine Amputation abgelehnt
wurde, weil der Process zu grosse Fortschritte gemacht hätte.
Die emporgewucherten Geschwulstmassen wurden, behufs mikrosko¬
pischer Untersuchung, oberflächlich ausgekratzt, die, im hiesigen
pathologischen Institut ausgeführt, die Diagnose eines Riesenzellen¬
sarkoms ergab.
Der Patientin wurde nunmehr von mir Arsenik in Form der
asiatischen Pillen verordnet, und zwar steigernd bis zu 10 Pillen
pro Tag, mit der Weisung, dieselben Monate lang zu brauchen.
Die Wundhöhle wurde mit Jodoformgaze austamponirt, der Tampon
wöchentlich zweimal erneuert. Patientin wurde von mir nach
ihrer Heimathstadt entlassen mit der Weisung, die Tamponade
regelmässig fortzusetzen, was sie inzwischen selbst zu machen ge¬
lernt hatte, desgleichen den Arsenikgebrauch.
Neun Monate nach Einleitung der Arsenikcur hatte ich Gelegen¬
heit, die Patientin wiederzusehen. Die geschwollenen Drüsen waren
bis auf erbsengrosse Drüsen in der Leiste verschwunden. In der
Gegend des linken Tibiakopfes bemerkte man eine Höhle, die mit
wenig zerfallenen Gewebsmassen angefüllt war. Dieselben wurden von
mir entfernt, was mit Leichtigkeit geschah, wobei sich herausstellte,
dass sich die Wundhöhle um die Hälfte verkleinert hatte. Patientin
gab an, völlig frei von Schmerzen zu sein, sie konnte das Bein im
Kniegelenk ohne Schmerzen beugen und strecken, desgleichen
waren extreme passive Bewegungen völlig schmerzlos auszuführen.
Jetzt, zwei Jahre nach Einleitung der Arsenikbehandlung,
nachdem Patientin 2600 Arsenikpillen verbraucht hatte, stellte sich
Patientin mir vor. Von Drüsen war weder in Leiste noch Achsel¬
höhle eine Spur zu finden, das Kniegelenk erschien völlig normal,
bis auf eine kleine granulirende Knochenhöhle im Tibiakopf.
Patientin kann grössere Fusstouren ohne jegliche Beschwerden
vollführen. Die Beweglichkeit im Kniegelenk ist eine völlig nor¬
male. Die mikroskopische Untersuchung der Granulationen in der
Knochenhöhle zeigte das Fehlen jeglichen Tumorgewebes.
VII. Standesangelegenheiten.
Generalversammlung des Vereins der freigewählten
Kassenärzte.
Die Ferien der ärztlichen Veroino gehen zu Ende. Zu allererst trat
wieder in die Oeflfentlichkeit der stets rührigo Verein der frei-
gewählten Kassenärzte, der seine Mitglieder zu einer General¬
versammlung am 28. August nach Dräsel’s Festsälen entboten hatte.
Obwohl noch ein grosser Theil der Collogon sich auf der Sommerreiso be¬
findet, waren doch mehr als sweihundert dem Rufe des Vorstandes ge¬
folgt. Man wusste, dass es sich um eine wichtige Frago handelte, deren
sachgemässo Erledigung von weittragender Bedeutung für das Verhältniss
der Aerzte zu den Krankenkassen in Berlin sein würde. — Vor Eintritt
in die Tagesordnung machte der Vorsitzende, Herr S. Marcuse, einige
geschäftliche Mitthoilungen, aus denen erwähnt sei, dass das Princip der
freien Arztwahl in Berlin unter den Kassen immor mehr Boden gewinne;
alle Prophezeiungen, dass sich dieselbe höchstens zwoi Jahre halten
würde, seien durch die Thatsac-ho ihres nunmehr vierjährigen Bostehens
zu Schanden geworden, und der Vorstand der Maschinenbauerkasse, die
am meisten gefährdet sein sollte, habe bereits beschlossen, auch für das
Jahr 1895 die freie Arztwahl beizubehalten Es sei möglich, dass einige
kleinere Kasson ihre Contracte kündigen würden, dafür sei der Zutritt
einiger neuer zu erwarten. Wenn einzelne Kassen durch ihro Finanz¬
verhältnisse gezwungen worden seien, die gesetzlichen Mindestleistungen
einzuführen, so trage daran nicht die freie Arztwahl die Schuld, sondern
es rächten sich jetzt alte Sünden und Missstände, die vor der Einführung
der Arztwahl verübt worden seien.
Zu dem Hauptpunkte der Tagesordnung hatte Herr Bloch das Re¬
ferat übernommen. Wie den Lesern dieser Wochenschrift noch erinner¬
lich sein wird, hatten die Verhandlungen, welche vor einigen Monaten die
Ortskrankenkasson mit ihren Aerzten geführt hatten, einen derartigen
Verlauf und Abschluss gofunden, dass sowohl in der Presse als auch in
den Vereinen allgemein die Meinung kund gegeben wurde, dass die
Würde des ärztlichen Standes durch diese Verhandlungen Schaden ge¬
litten hätto. Nachdem der Geschäftsausschuss der Standesvereine Stellung
zu dieser Sache genommen hatte, beschloss auch eine Generalversammlung
des Vereins der freigewählten Kassenärzte, eine Commission zu ernennen,
welche über das Verfahren bei Abschluss von Verträgen mit Kranken¬
kassen in Berathung treten sollte. Wenn dieser grosse Verein, der, wie
wir glauben, jetzt schon mehr als tausend Mitglieder zählt und der, was
zur Erreichung seiner Zwecke absolut nothwendig ist, oino Disciplin führt,
wie sie strenger kein behördlich eingesetzter Disciplinargerichtshof hand¬
haben könnte, in dieser Angelegenheit Beschlüsse fasst, so wird dadurch
denjenigen Aerzten, welche zu unwürdiger Nachgiebigkeit den Kassen
gegenüber geneigt sind, das Rückgrat gestählt werden. Es wird aber
auch vermieden werden können, dass eine Laienaufsicht über ilrztlicho
Leistungen als solche stattfindet, dass ferner das Honorar untor don jetzt
in Berlin üblichen Satz heruntergedrtickt wird, und es werden nach solchen
Festsetzungen, wie die Erfahrungen mit der freien Arztwahl bis jetzt
ergeben haben, sowohl die Aerzte als auch die Kassen gut fahren. —
Die Commission war nicht in der Lage, einen sogenannten Normalcontract
aufzustellen; dazu sind die Verhältnisse der hiesigen Kassen zu ver¬
schiedenartige; sie hat aber Leitsätze aufgestellt, nach denen dem Verein
eine hoffentlich ebenso wirksamo als segensreiche Aufsicht Uber Kassen¬
verträge zugowiesen wird. Die Verhandlungen der Generalversammlung
wurden zwar lebhaft, aber durchaus sachlich geführt und dabei u. a. auch
darauf aufmerksam gemacht, dass viele ärztliche Verträge mit verschie¬
denen Vereinen, mit mehreren Theatern u. s. w. noch sehr der Durch¬
sicht und Verbesserung bedürftig seien. Schliesslich gelangten die An¬
träge der Commission mit einzelnen Amendirungen in folgender Fassung
mit sehr grosser Majorität zur Annahme:
I a. Die Mitglieder des Vereins der freigewählten Kassenärzte sind
verpflichtet, Verträge, welche sie mit Krankenkassen, die unter das
Krankenkassengesetz fallen, zu schliossen beabsichtigen, dem Verein zur
Prüfung vorzulegen. ,
Ib. Aenderungen und Verlängerungen bestehender Verträge unter¬
liegen derselben Betimmung.
Kein Mitglied darf solchen Kassen ohne schriftlichen Vertrag regel¬
mässige ärztliche Dienste leisten. (Durch diosen Satz soll die unentgelt¬
liche Behandlung von Kasscnmitgliedem in den Polikliniken verhindert
werden. Ref.) „ ...
II. Zur Prüfung der Verträge wird eine Vertragscommission ein¬
gesetzt. Dieselbe besteht aus neun Mitgliedern, davon werden vier vom
Vorstand, fünf von den Sectionen gewählt, welche letztere jedoch nicht
Mitglieder des Centralvorstandes sein dürfen. — Die Wahl der Sections-
mitglieder geht in der Weise vor sich, dass jede Section jährlich ein
Voreinsmitgliod, dos der betreffenden Section nicht anzugehören braucht,
wählt. Diese von den Sectionen Gewählten bestimmen unter sich lünf
Mitglieder und fünf als Stellvertreter. .
III. Die Vertragscommission hat sich bei Prüfung der vertrage
ausschliesslich zu beschäftigen a) mit der Art der Anstellung (Bewerbung)
und Entlassung, b) mit der Honorirung, c) mit der Frage, ob m rem
ärztlichen Dingen jede unsachgemässe und unwürdige Beaufsichtigung
vermieden ist, d) mit dor Frage, ob durch die Form und Dauer der Ver¬
träge das Bestehen und die weitere Durchführung der freien Arztwahl m
Berlin und den Vororten gefährdet erscheint.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37
728
IV. Geschäftsgang: a) Die Commission ist verpflichtet, von ihrem
Beschluss binnen 48 Stunden dem Vorstande und dem betreffenden Mit-
gliede (im Falle der Ablehnung unter Anführung der Gründe) Kenntniss
zu geben, im übrigen aber über ihre Verhandlungen Stillschweigen zu
bewahren. — b) Der Vorstand muss in der nächsten Nummer des Ver¬
einsblattes die Ablehnung eines Vertrages ohne Nennung des Namens
des Arztes zur allgemeinen Kenntnis bringen. — c) Erhebt der Ab¬
gewiesene Widerspruch, so hat der Vorstand innerhalb acht Tagen eine
Generalversammlung zu berufen, die definitiv über die Genehmigung ent¬
scheidet. — d) Schliesst ein Mitglied ohne oder gegen die Entscheidung
der Commission oder der Generalversammlung einen Vertrag, so hat der
Vorstand das Ausschlussverfahren einzuleiten.
Die Commission ist verpflichtet, acht Tage nach ihrer Constituirung
dem Vorstande eine Geschäftsordnung vorzulegen.
V. Diese Bestimmungen treten acht Tage nach ihrer Veröffentlichung
im Vereinsorgan in Kraft. H.
— Von geschätzter Seite erhalten wir folgende Zuschrift: Da wohl
die Verhandlungen übor das Verfaältniss der Aerzte zu den Lebensver¬
sicherungen allen Collegen noch in lebhafter Erinnerung sein werden, ist
es vielleicht nicht unangebracht, zu sehen, welchen Einfluss die Beschlüsse
des Vereinstages auf die Gesellschaften selbst ausgeübt haben.
Dio Urania, Actiengcsellschaft für Kranken-, Unfall- und Lebensver¬
sicherung zu Dresden, welche augenblicklich eine neue Emission Actien
ausgiebt, erlaubt sich folgende Anreisserei:
„Selbstverständlich werden wir auch bei der Uebertragung von Ver¬
trauensarztmandaten auf unsere Herren Actionäre in erster Linie Rück¬
sicht nehmen.“
Nun, verehrte Herren Collegen, flott gezeichnet, es winkt eine Ver¬
trauensarztstellung. _j
D 0r Cultusminister hat die Oberprftsidenten aufgefordert, die
Aerztekammerii ihrer Provinz über den Antrag der Aerztekammer Berlin-
Brandenburg: „Es ist nothwendig, dass die Studirenden der Medicin auf
der Universität Kenntniss von den für den Arzt wichtigen Bestimmungen
des Krankenversichorungsgesetzes, des Unfallversicherungsgesetzes, so¬
wie des Alters- und Invaliditätsversicherungsgesetzes erlangen“ zu hören
und darüber zu berichten.
Wie vorsichtig man bei Abschluss einer Versicherung sein muss
und wie nothwendig es ist, sich die Satzungen der betreffenden Gesell¬
schaft genau anzusehen, dafür liefert folgender Fall oinen Beweis den
wir zur Warnung mittheilen: Ein hiesiger College hatte sich im Jahre 1883
bei der Schlesischen Lebens-Versicherungs-Actien-Gesellschaft gegen Un¬
fälle versichert, hatte also durch elf Jahre seine Prämie bezahlt Vor
kurzer Zeit erhielt er nun folgendes vom 1. August c. datirtes Schreiben
von der Gesellschaft: „Hiedurch kündigen wir auf Grund des § 22 der
Versicherungsbedingungen Ihre Unfallversicherung zum Ablauf am 30 Sep-
bÄltenXto“ ' raiChen " lg IhresAItere wegen Statutengemäss nicht
_ xi.
VIII. Therapeutische Mittheilungen.
Berichtigung zu dem Kobert’schen Aufsatze; Heber das
Eisen in diätetischer Hinsicht.
Von Dr. Max D ahmen in Crefeid.
ln No. 29, S. 599, dieser Wochenschrift zählt Kobert eine Anzahl
von Eisenpräparaten des Handels auf und sagt bezüglich derselben u a:
In Deutschland (Zürich!) hat Hommel ein flüssiges und Dahmen ein
pulverförmiges entsprechendes Präparat empfohlen etc. D ah men hat den
Namen Hämalbumin gewählt, während andero dasselbe Präparat als San-
guinal bezeichnen.
Um diesem Irrthum entgegenzutreten und Verwechselungen vorzu¬
beugen, möchte ich ausführen, dass die von dem Apotheker Krewel her¬
gestellten Sanguinalpilleri mit dem Gewichte von 0,1 g (in kochendem
Wasser nur nach Zusatz von Säure löslicher) Substanz, 0,046 g Blutsalzo
0,01 g getrockneten Blutkuchen (= 0,000042 g Eisen) und 0,04 g Pepton
enthalten. Die Wirkung der beiden letzten Stoffe ist der homöopathischen
Dosen wegen selbstverständlich nicht ernst zu nehmen, und dürften die
in Prospecten mitgotheilton Erfolge lediglich den Blutsalzen zuzuschreibon
sein, deren therapeutischer Werth ausser Frage steht.*
Das von mir hergestollte Hämalbumin enthält ebenfalls diese Blut¬
salze, jedoch vornehmlich, wie ich in No. 14 a. c. dieser Wochenschrift
auch mittheilte, das gesammte Eiweiss des Blutes — also auch Hämo¬
globin — als in kochendem Wasser, Alkalien und Säuren leicht löslichen
Albuminate, d. i. ca. 95 % wasserfreies Eiweiss.
Bei der normalen Dosis von 1 g Hämalbumin erhält also der Patient
zunächst die in einer Sanguinalpille vorhandenen Blutsalze, ca. 0,05 g,
ausserdem 0,95 g von in saurem, neutralem und alkalischem
Magensaft löslichem Eiweiss und das ebenfalls vollkommen lösliche
Eisenalbuminat des Hämoglobins (also das Eiweiss von 6 g Ochsenfleisch
oder 9 g Hühnerei). Ueberhaupt kann das Hämalbumin bezüglich seiner
Löslichkeit nur mit der Somatose von Bayer verglichen werden. San-
guinal und Hämalbumin sind also zwei gänzlich verschiedene Präparate,
was auch vergleichende Versuche in der Praxis längst dargethan haben.
. t - . Untersuchungen Uber das Papain (Reuss) hat Fr. Oswald in der
medicinischen Klinik des Herrn Geh. Rath Riegel zu Giessen (Münch, med.
Wochenschr. 34/1894) angestellt. Papain wird aus den Früchten der Carica
papaya gewonnen, im Unterschied zum Papayotin, das aus dem einge¬
dickten Milchsaft dargestellt wurde und vor dem es den Vorzug der
grösseren Billigkeit hat. Es ist ein lockeres grauweisses, in Wasser un¬
lösliches Pulver. Die Suspension giebt deutliche Biuretreaction. Die Ver¬
suche wurden in neutralen, alkalischen lind sauren Gemischen, die 0,l°/ 0
Papain enthielten, angestellt. Eigentliche Peptone werden bei der Papain¬
verdauung wenig gebildet, dagegen tibörwiegt Syntonin und einfach ge¬
löstes Eiweiss. Vor dem Pepsin, dem es im übrigen an Wirksamkeit
nachsteht, hat es den Vortheil, auch in neutraler und alkalischer Flüssig¬
keit zu verdauen, was es befähigen würde, auch noch nach Verlassen des
Magens seine peptonisirenden Eigenschaften auszuüben. — Verfasser
möchte das Papain hauptsächlich bei Darniederliegen der secretorischen
Functionen empfehlen, am besten in Tablettenform zu 0,3—0,5 g mehr¬
mals täglich.
Behandlung der Leukoplakie.
Von Dr. S. Rosenberg in Hamburg.
i ,, f He , n ‘ L r 42 J ^ hTe vor 20 Jahren mit einem Ulcus penis be
haftet ohne irgend eine weitere Folgeerkrankung, verheiratet, Vater gesun
der Kinder, leidet seit 7 Jahren an Leukoplacia linguae. Auf der Zun ff
^ che / nen . von Zeifc zu Zeit sehr schmerzhafte, flache, kleinste ln
nnH ^f3 S - UCk -f- 0SSe Geschwüre mit nicht wallartig aufgetriebenem Ram
und schmutzig-eitrigem Grunde. Die Geschwüre heilen nach mehr ode
Sfn r ^?£ en L Bestehen und hinterlassen flache, bläulich glänzend«
3 b ? T n , Betroffen war stets nur die obere Zungenfläche; Seitenrände:
£Ä“t ind unme J frei u gebheben. Gegenwärtig ist die ganz«
M he v ± r J U , nge V0 T?- eben beschriebenen Narbenfewebe bedeckt
HnoLif verschiedenen Richtungen sich durchkreuzende Furchen theilei
B ’ r rha f ad e nä bn lich , m Plaques ab, da und dort befinden sich ver
Geschwüre. - Therapeutisch, in der Absicht, die Geschwüre
" ZUr Heil J?S Z \ bnn £ en und ihr Recidiviren zu verhindern, wurdei
bisher die verschiedensten Mittel vergeblich probirt. Ich erwähne nur
Resorcumiundbäder, Pinselungen mit Milchsäure, Jodoform und Methylen
haff sTch S sch feT s iich R nm hVerb0t hatt - 6 ga o k v einen Einfluss - Ben Patienl
nan sicn schliesslich, um nur von semen Schmerzen befreit zu sein mil
Cocamlösungen, und verbrauchte zuweilen bis lgcöcZpro die -Zun
ÄoS ht T 0 n “«»fe rein e g mpS, P pLeluugenl"
liphlJ iS* • , führte sie gleichfalls rapide zur Reparation. Durch tä s-
geschwÄr u S HL ZU ? ¥ Herr lv s fc d-Hand s.ch daue^d
schadl^h™aA ■ a u %\ chen und der Genuss reizender Speisen
senadet ihm dabei durchaus nichts. — Ob der Erfolg dieser Themnia „„
geÄ“ er''berenht i i ti ? Che - n n Na u Ur dcr . Le . uko P laki ° spneht, lasse ich Habin .
procent’ui^r^«MnL m T 1C sb a fe’ W ‘ 6 lah glaube - die Anwendung hoch-
procentuirter (20 / 0 igoi) Jodkahlösungen in analogen Fllllcn zu empfehlen
— Hügel hat mit den in Java als schätzbares Antldiarrholcnin
bekannten Blättern des Djainboebauuies in der medicinischen Poliklinik
der Universität Wtirzburg eingehende Versuche angestellt, die recht
befriedigend ausfielen. Nachdem durch Vorversuche die vollständige
Ungiftigkeit des Mittels selbst in Gaben von 30 g erwiesen war
(schon 0,5 g haben therapeutische Wirkung), wurden zahlreiche Kinder-
diarrhöen ausschliesslich mit Djamboe behandelt (Inf. fol. Dj. (5) 100,0,
zweistündlich einen Theelöffel voll). Der Erfolg war in allen Fällen schon
nach den ersten Löffeln ein ausgesprochener. Auch bei chronischen
Magen- und Darmkatarrhen war eine günstige, wenn auch nicht so ecla-
tante Wirkung zu constatiren. In zwei Fällen von Typhus abdominalis
bekamen die Stühle rasch ‘festere Consistenz, im übrigen wurde der Ver¬
lauf der . schliesslich in Heilung ausgehenden Erkrankung anscheinend
nicht beeinflusst. (Münchener med. Wochenschr. 1894, No. 29.)
— Gegen Bronchialasthma:
Kal. jodat. 7,0
Ammon, carbon. 3,0
Tinct. Lobei. 7,0
Spirit. Chloroform. 15,0
Infus. Seneg. ana 180,0
M.D. 4 stündlich 1 Theelöffel voll.
(Med. and Surg. Report. 4. Vn. 94.)
— ixegen Lrbrechen der Schwangeren:
Cocain, mur. 0,03
Antipyrin. 1,0
Aq. dost, ana 120,0
M.D. halbstündlich einen Thee¬
löffel voll.
Oder:
Tinct. jod. 7,5
Chlorof. 60,0
M.D. morgens u. abends 5 Tropf,
in Selterwasser.
Gder: Cocain, mur. 1,0
Extract. Belladonnae 0,25
Vaselin. . 15,0
M.D. äusserlich zum Bestreichen des Os uteri.
(Med. and. Surg. Report. 4. VIII. 94).
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
13. S eptember.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
729
— The non-operative nietliods of treating anal flssnre by Lewis
H. Adler. Adler Hisst die wunden Stellen nach jeder Defäcation sorg¬
fältig mit lauwarmem Wasser reinigen. Gegen die Schmerzen giebt er
ein Opium-Belladonnazäpfchen oder eine Salbe aus Extr. Conii 7,5, Ol.
Ricini 15,0, Ungt. Lanolin. 60,0. Während diese Mittel nur palliativen
Werth haben, wirkt das Argentum nitricum, in 2—5°/oiger Lösung einge¬
pinselt, geradezu als Specificum. Dieselbe wird im Anfang täglich auf¬
getragen, hinterher eine Jodoformsalbe applicirt. Für manche Fälle eignet
sich auch eine 10°/oige Calomelsalbe statt dos Höllensteins. (American
Lancet, July 1894.)
— Antinervin (Radlauer) wurde von Kosinski mit gutem Erfolge
bei acutem Gelenkrheumatismus und exsudativer Pleuritis gegeben.
Antinervin besteht aus je einem Theil Bromammonium und Salicylsäure
und zwei Theilen Acetanilid (Antifebrin). Die vom Verfasser verwen¬
deten Dosen von 5—6 g Antinervin erscheinen wegen des hohen Ge¬
haltes an Antifebrin (2,5—3 g pro die!) recht bedenklich. (Allg. med.
Centralzeitung 1894, No. 59.) _
— Als bestes Antlielminthicum empfiehlt Calderone das Thymol in
Tagesdosen von 0,5—2 g. Gleichzeitige Darreichung eines Abführmittels
ist nothwendig. (Medec. moderne 1894, No. 55).
— Bela-Nagy hat mit dem Hyoscin bei Hysteroepilepsie folgende
Erfahrungen gemacht: 1) Es wirkt sowohl in der Aura wie während des
eigentlichen Anfalls. 2) Der Effect tritt nach 5 bis 20 Minuten ein.
3) Meist erfolgt Schlaf. 4) Die Dosis beträgt 1 mg. Dieselbe ruft niemals
bedenkliche {Erscheinungen hervor. 5) Selbst nach längerem Gebrauch
tritt keine Gewöhnung ein. (Mödee. moderne 1894, No. 55.)
_H. Citron (Berlin).
IX. Vom Budapester Congress.
Budapest, den 6. September 1894.
Der Congress, dessen erste Anfänge ich neulich „auf frischer
That“ noch flüchtig verzeichnen konnte, hat nunmehr den Höhe¬
punkt seines Tage- oder Wochenwerks völlig erreicht-, vielleicht
schon etwas überschritten, so dass dem schärferen Beobachter Züge
des beginnenden Stadium decrementi sich hier und da andeuten.
Ein Theil der Mitglieder hat bereits, gesättigt oder abwechslungs¬
bedürftig, den Schauplatz verlassen, ein anderer bereitet sich zur
Abreise vor, und auch unter denen, die bisher mit Ausdauer und
Hingebung gearbeitet und der erschlaffenden Hitze Trotz geboten
haben, fängt nach der anstrengenden Sectionsthätigkeit der ver¬
flossenen Tage, nach den grossen intornationalen Redeturnicren
über Diphtherie am Dienstag, und über Cholera am Mittwoch (in
letzterem, das noch nicht zu Ende geführt wurde, errang
Metschnikof’s Auftreten den höchsten Preis) eine leicht begreif¬
liche Abspannung an sich bemerkbar zu machen.
Der heutige Tag, ein Donnerstag, der aber als „Freitag“ in
die wissenschaftliche Thätigkeit eingeschaltet und für Ausflüge
nach allen Richtungen hin reservirt ist, ladet ganz von selbst zu
einer Rück- und Umschau auf den bisherigen Congress verlauf ein.
Selbstverständlich kann von einem vollständigen und erschöpfenden
Bilde noch nicht die Rede sein — am wenigsten hinsichtlich der
wissenschaftlichen Arbeitsleistung, die ja noch keineswegs abge¬
schlossen ist, aber auch nicht einmal hinsichtlich der Aeusserlich-
keiten des Congresses und seines organisatorischen Apparates, der
— wie mir gestern unser liebenswürdiger Präsident Fodor ver¬
sicherte — mit jedem Tage besser in’s Arbeiten kommt und, wenn
der Congress noch vierzehn Tage dauern könnte, auf dem Gipfel
seiner Leistungsfähigkeit angelangt sein würde. Immerhin lassen
sich jedoch die vorherrschenden Eindrücke bereits feststellen, und
es lässt sich wenigstens der Versuch eines zusammenfassenden
Endurtheils machen, das vielleicht von der Wahrheit nicht allzu¬
entfernt bleibt, wenn auch später einzelne Correcturen und Modi-
ficationen noch angebracht sein mögen. Dieses Gesammturtheil
nun kann — und ich glaube darin ein ziemlich getreuer Dol¬
metscher der „öffentlichen Meinung“ zu sein! — im grossen und
ganzen nicht anders als höchst günstig ausfallen — was natür¬
lich mancherlei kleinere und wohl auch einzelne grössere Schwächen
und Mängel der Einrichtung und Leitung, vereinzelte unliebsame
Vorkommnisse und Missgriffe handelnder Persönlichkeiten, kurz
allerlei „Menschliches, nur zu Menschliches“ hier wie bei jeder
anderen ähnlichen Gelegenheit keineswegs ausschliesst.
Die Gesammtzahl der anwesenden Congresstheilnehmer wird
von autoritativer geschäftskundiger Seite auf ungefähr 2500 ge¬
schätzt und damit wohl schwerlich überschätzt (eine genaue Con-
gressstatistik scheint bisher noch nicht möglich gewesen zu sein,
die Listen bringen immer noch Nachträge neuerlicher Anmeldungen).
Unter obiger Gesammtzahl sollen sich nach der Meinung unseres
trefflichen deutschen Generalsecretärs Weyl — der in einem Saale
der Congressausstellung sein Bureau aufgeschlagen hat und über
dessen aufopfernde Bereitwilligkeit und Zuvorkommenheit nur eine
Stimme des Lobes herrscht — etwa 700 Reichsdeutsche befinden.
Jedenfalls machen sich diese österreichischen Sprachbrüder so be¬
merkbar, dass das Deutsche als Congresssprache — nicht bloss in
den Cafö- und Bierhäusern, sondern zumal in den wissenschaft¬
lichen .Arbeiten, bei Vorträgen und Sectionen, ganz entschieden
vorherrscht. Ungarische Vorträge sind zwar angekündigt, aber —
nach stillschweigender Verabredung — nicht gehalten worden (wio
überhaupt die Zahl „ungehaltener“ Vorträge recht bedeutend zu
werden verspricht); Französich hört man etwas mehr, Englisch
ziemlich vereinzelt. Natürlich schliesst dieser Umstand nicht aus,
dass nicht auch andere Nationen durch zahlreiche und zum Theil
sehr hervorragende Namen hier wissenschaftlich vertreten wären —
sowie sich andererseits unter den einheimischen und auswärtigen
Oongresstheilnehmern gloichmässig recht zahlreiche Congressbummler
und -Bummlerinnen befinden. Nach meinem (vielleicht etwas
zu subjectivem) Geschmack machen sich die letzteren, für deren
Unterhaltung übrigens durch ein vortrefflich organisirtos Damon-
comitö überreichlich gesorgt ist, schon hier und da in etwas zu
anspruchsvoller Weise bemerkbar. Die mehr oder weniger schönen
Vertreterinnen des schönen Geschlechts überschwemmen zu gewissen
Tageszeiten das „Conversationszimmer“ des Versammlungsgebäudes,
erfüllen es mit ihrem holden „Geplausche“, halten jeden Schreib¬
platz bis auf den letzten ausdauernd besetzt und stellen an Zeit
und Geduld der leitenden Congresspersönlichkeiten, wie mir scheint,
nicht selten Anforderungen, denen zu genügen das ganze Maass
der hier ortsüblichen Galanterie erforderlich ist — bekanntlich ein
Punkt, worin die so oft als „Paris des Ostens“ bezeichnote un¬
garische Capitale den Vergleich mit ihrem Vorbild an der Seine
nicht zu scheuen braucht und auch niemals gescheut hat. Es sei
übrigens daboi gleich bemerkt, dass den Frauen hier durchaus auch
die active und passive Betheiligung an der wissenschaftlichen
Congressarbeit ohne weiteres eingeräumt ist und dass sie von dieser
Vergünstigung denn auch thatsächlich Gebrauch machen. In der
Section VI (für Schulhygiene) genoss ich vorgestern den recht be¬
lehrenden Vortrag einer Dame über Handarbeitsunterricht in den
Schulen, und in Section XXin (der siebenten demographischen
Section) bewunderte ich gestern wenigstens die Ausdauer und
Kaltblütigkeit, die eifrige Zuhörerinnon bei der an einen Vortrag
Krafft-Ebing’s geknüpfte Discussion über progressive Paralyse
und Syphilis an den Tag legten.
Um von dem Congresse ein einigermaassen der Wirklichkeit
nahekommendes Bild zu gewinnen, muss man vor allem erst ein
.solches von dem Congressschauplatz zu erlangen trachten — von
diesem eben genannten „Paris des Ostens“, dieser glanzvollen un¬
garischen Hauptstadt, die bei uns noch so viel weniger bekannt
und gewürdigt ist, als fast alle anderen älteren und jüngeren euro¬
päischen Capitalen. Budapest ist eine junge Grossstadt von durch¬
aus weltstädtischen Allüren — eine Grossstadt, die in einem
rasenden, geradezu unheimlichen Tempo des Aufschwunges be¬
griffen ist, wofür europäische Maassstäbe schon fast nicht mehr
ausreichen, sondern die Vergleichsobjecte von den wunderbaren
Neuschöpfungen amerikanischer Metropolen, von Chicago, San Fran¬
cisco und ähnlichen entlehnt werden müssen. Um einen annähern¬
den Begriff von dem erstaunlichen Wachsthum Budapests zu geben,
führe ich nur ein paar Ziffern über den Bevölkerungszuwachs an,
die ich dem ausgezeichneten, den Congressinitgliedern gewidmeten
Buche vonDr. Gustav Thirring „Budapest, hygiöne publique
et culture“ (1894) entnehme. Während die Bevölkerung von
Pest-Ofen zusammen im Jahre 1720 erst 12200 Einwohner betrug,
ist sie nach der Zählung von 1891 bereits auf über eine halbe
Million (506384) gestiegen, hat sich also in 170 Jahren mehr
als verzweiundvierzigfacht — und zwar entfällt dies ganz enorme
Wachsthum besonders auf die drei letzten Decennien. Der Be¬
völkerungszuwachs erfolgte weit rapider als bei irgend einer euro¬
päischen Grossstadt; Budapest übertrifft in dieser Beziehung so¬
gar noch Berlin, das im übrigen verhältnissmässig am meisten
ähnliche Wachsthumsbodingungen aufweist (der durchschnittliche
Bevölkerungszuwachs betrug in den 90 Jahren von 1801—1891
auf je 1000 Einwohner in Budapest 90,7, in Berlin 88,2, in Wien
53,9, in Paris 38,1, in London 37,7). Budapest verdankt seinem
jüngsten ungeheuerlichen Aufschwung in erster Reihe unzweifel¬
haft den seit 28 Jahren, seit dem Zustandekommen des Ausgleichs,
so überaus günstig gestalteten politischen und wirthschattlichen
Constellationen — aber, „wie sich Verdienst und Glück verketten“,
doch auch kaum minder der Staunenswerthen und beneidenswert hon
Energie seiner staatlichen und gemeindlichen Organe und (lein
thatkräftigen Eingreifen seiner gesammten Bewohner, ln dieser
Beziehung ist vielleicht der Gegensatz zu der behaglichen Indolenz
und schlaffen Passivität des Wieners (der mehr zu kritischem
Raisonniren als zu eigenem selbstständigen Handeln und Besser¬
machen neigt) ein nicht mit Unrecht öfters hervorgehobcnei
Charakterzug, und es ist begreiflich, wenn auch für uns Deutsche
UNIVERSITf OF MICHIGAN
730
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
bedauerlich und schmerzlich, dass sich die Entwickelung Budapests
zu so ungeahnter Blüthe nicht ohne Einbusse Wiens, ja grossen-
theils auf dessen Kosten vollziehen musste. — Wer Budapest vor
20, vor 10, ja auch nur vor 4 oder 5 Jahren gesehen hat, wird von
dem, was inzwischen wie durch Zauberkraft geleistet worden ist
geradezu überrascht und geblendet. Und in gleichem Eilschritt
geht es weiter. Im Jahre 1896 soll das tausendjährige Bestehen
des ungarischen Reiches durch eine grosse Festausstellung in
Budapest glanzvoll gefeiert werden; bis dahin plant man u. a. die
gänzliche Durchführung eines unterirdischen elektrischen Strassen-
bahnnetzes (die Stadt erfreut sich bereits elektrischer Strassen-
bahnen mit Accumulatorbetrieb ausser den Pferdebahnen und
einigen Drahtseilbahnen), den Bau von zwei neuen gewaltigen
Donaubrücken, die Anlegung von Centralmarkthallen, die Voll¬
endung des neuen Parlamentsbaues — eines Wunderbaues, der in
Grossartigkeit und Schönheit der Anlage, mit seinen an der Donau
weitlungestreckten Terrassen, an Westminster erinnert. Von den
glanzvollen Quaianlagen der Pester Seite, dem imponirend durch¬
geführten System der Hauptstrassen und Boulevards (das Demo-
lirungen in riesigem Umfange erforderlich machte), von der Un¬
zahl grosser industrieller Etablissements jeder Art von dem
Reichthum der in kürzester Frist geschaffenen künstlerischen und
wissenschaftlichen Institute auch nur andeutungsweise zu sprechen
wurdo den an dieser Stelle verfügbaren Raum weitaus über¬
steigen !
- P*? 0 i& 01lt Hcken engeren Congressschauplatz bildet
em dafür ganz ausserordentlich geeigneter Gebäudecomplex: das
am Museumsring belegene Franz Josefs-Polyteehnicum mit seinen
Adnexen und einzelnen unmittelbar anstossenden Universitäts-
bauten Dieser Complex, auf dem ein kleines Uebersichtskärtchen
jeder rageblattnummer die leichteste und bequemste Orientirung
gestattete (manche brachten das allerdings trotzdem nicht fertig)
bot nicht nur ausreichenden Raum für alle Bureaulocalitäten der
üongressverwaltung, Generalseeretariat, Postsaal, Conversationssaal
9U S ^^f,-n S0nd0ril / l ^ h fu I- (! |? Zusammenkünfte der sämmtlichen
, kectionen und für die Unterbringung der gesammten weit-
Vnrminf" f Au f tcllun g-- Als Mittelpunkt des besonders in den
' T", lr f g Stu " t !' 5 “ zu ffewalüg-erFrequenz anschwellenden Congress-
Pnst«« „Tf de J orsten . Stock des Hauptgebäudes belegene
„Postsaal gedacht — ein Saal von gewaltigen Läncen-
di^ZfT 611 ’. Ub w , de, ‘ iD äusserst zweckentsprechender Weise
disponirt wai. Nach einer von unserem deutschen Generalsecretär
gegebenen Anregung war nämlich die Verfügung getroffen dass
in rehnt gel t e a et6n < -'. 0I1 S re ^ th( ‘ i l u ehmer ein besonderer Post sack
zu Gebote stand, worin er Briefe, Drucksachen, Einladungen Tace-
blattnummern, kurz alles ihn Iuteressirendc und für ihn Einfe-
dnr^ D °i l f zusammengelegt (die Zusammenlegung geschah in
der Nacht oder in grösster Frühe) für jeden Tag vorfand Ahd,^
Buchstaben 1 dn ^ ®. ch » lter ’ mit besonderen Expedienten für jeden
imrt Frhnh ’ C1 ' ?- 1C ' te, ' I t ) en aueh dem Ungeübtesten die Auffindung
konnfe 8o UD dass ,e e S in f. 0 “?- die zu Tageszeit .stattfinden
niemals shttfand D !sT aSS ’ S T stdrender Andrang thatsächlich
Ilu l- ,\ Das Ganze be wahrte sich als eine äußerst
wohlthat.ge naehahmeuswertbe, von allen anerkannte Einrichtung
Abu latet anguis m lierba! In den letzten Tagen fand sich
Abweichung 3 vom 5 *Princip
stmle T K ° der zur Expedition herangezogenen jungen Leute’
Einlad'ungskarten zi^fV Mkören,’
Ä»£SÄf «tt ÄKffi
Rom der Fall gewesen 7.1 «f,*« !!{, •! ’ i e ® s beis P*elsweise in
einzelnen Geschädigten durch diw/ 16111 ^ j Und die überdios für den
fang der viXewunlr^ ungeheuerlichen Urn-
compensirt wurden. garischen Gastlichkeit überreich
heit rifz^^ ja bei solcher Gelegen-
Ieh halte sie, soweit th ^ ’ eta
zumeist für unbegründet und C mi d darüber bilden konnte,
in der Natur dÄhe liegendT
Congressleitung der Welt kann nieht -f . 1 dl ° beste
jedem Einzelnen eine gute Wohnuno- e-nt/lR^idenüeller Weise
oder doch mässige Preise Verschontfdpfu Beküstl S U1 ^ b dlige
* A « <— ■ * (ÄÄ’Ä
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No, 37
staunliches leisten), wo möglich auch noch gutes Wetter zu allen
Ausflügen und gute Eckplätze auf allen Bahnzügen garantire
Eine gewisse Summe der mit allen Massenzusammenktinfteu iinal,
änderlich verbundenen Uebelstände muss man also hinnehmen _
und wer das nicht will oder kann, wer dafür nicht die nötliDe
Lebenskenntmss und wer vor allem auch solchen Kleüii°keit™
gegenüber nicht den nöthigen Humor besitzt, der sollte lieber sei
chen Zusammenkünften ein für allemal fernbleiben, was ich sogar
nicht anstehen möchte als das im allgemeinen Rathsamere über¬
haupt zu empfehlen. Um noch einige charakteristische Besonder¬
heiten hervorzuheben, so sei erwähnt, dass „allgemeine Sitzungen“
in der Form und Bedeutung, wie wir sie beispielsweise von den
Naturforscherversammlungen her kennen, hier nicht existiren Die
schon geschilderte Eröffnungssitzung, die einen lediglich' cerc-
moniellcn Charakter an sich trug, und die Schlusssitzung für die
wohl dasselbe gelten wird, kommen dabei nicht in Betracht Die
im voraus als Themata für die allgemeinen Sitzungen angekün-
digten Aorträge werden, sofern sie nicht überhaupt wegzufallen
scheinen (wie z. B. die von Hart und Lorabroso), zu sehr ver-
schiedenen Zeiten und an sehr verschiedenen Orten auch wohl
vor einer ziemlich verschiedenen Zuhörerschaft gehalten; öfters
mehrere um dieselbe Zeit, wie u. a. Dienstag um 3 Uhr der Vor¬
trag von Erismann (Moskau) im Saal des Magnatenhauses la
lütte contre la mort“, der ein besonders zahlreiches Damen-
publicum angelockt hatte — und der hochinteressante Vortrag
des Directors des hiesigen städtischen statistischen Bureaus
Korösi „über die Gesetze der ehelichen Frucht¬
barkeit im Lehrsal des geologischen Instituts. Es sind
das also mehr Sondervorträge, Conferences, die mit dem Con«ress
nur in einem losen und äusserlichen Zusammenhänge stehen° In
diese Kategorie gehörte streng genommen, auch die neulich schon
erwähnte Semmelweis-Feier, mit der zündenden Ansprache
von Huppe, die in dem Hinweise des Redners auf die in Trauer¬
kleidung anwesende Wittwe von Semmelweis so dramatisch
gipfelte. Die zahllosen Besichtigungen von Instituten, tech¬
nischen . Betrieben, öffentlichen sanitären Einrichtungen u. s. w.
finden in der Regel Nachmittags und zwar vielfach um dieselbe
Zeit statt, so dass dem Einzelnen stets nur eine relative Betheili¬
gung möglich war, was freilich bei der grossen Masse des Gebo¬
tenen auch kaum anders sein konnte. Als Beispiel mag dienen,
dass gestern (Mittwoch) Nachmittag um 3 Uhr ausser einem Vor¬
trage von Lcvasseur (Paris) „histoire de la dömographie“
im Saale des neuen Rathhauses noch folgendes angesetzt war:
Besichtigung der Wasserwerke in Käposztäs-Megyer; Ausflug nach
dem altrömischen Ofen (Aquincum) und in das Römerbad; Besich-
tigung der technischen Einrichtungen des Opernhauses, Besichti¬
gung des. Nationalmuseums, dreier Brauereien, der Veterinär-Aea-
demie, einer Handwerksschule, einer Volksschule, des Blinden¬
instituts, des israelitischen Spitals, der Jutespinnerei, des „Schub¬
hauses“ der ungarischen Staatspolizei und der Ofener Präparandie!
Selbst die späte Abend- und Nachtzeit muss zu Hülfe ge¬
nommen werden; so hielten am Montag Abend um 10 Uhr —
allerdings ganz ihrem nächtlich düsteren Treiben entsprechend —
die Leichenverbrenner eine „internationale Begriissung“,
und am nämlichen Abend um 11 Uhr fand ein Besuch der Cen-
tralmilchhalle statt, wohin Separatzüge der Strassenbahn die
Iheilnehmer entführten. Dass alle die zahlreichen Ofener Bäder
zum Besuche einladen, dass die Wittwe Saxlebner am Montag
den gesammten Congress in drei gefüllten Extrazügen zum Besuche
ihrer weltberühmten Hunyadi-Jänos-Quellen und zum Photographirt¬
werden aufgeboten hatte, dass morgen dem wissbegierigen Oeno-
logen u. a. die Tärley’sche Champagner-Fabrik, die Dietzl’schen
und Abel’schen Weinkellereien zu vergleichenden Studien offen
stehen, mag nur beiläufig erwähnt werden. Man sieht, dass auch
mr Hygieniker und Demographen hier noch grosse und vielseitige
Aufgaben zu lösen sind, und dass jener so oft und zum Ueber-
druss vernommene magyarische Lieblings-Refrain mit Leichtigkeit
auch die kleine Abänderung zulässt: „extra Hungariam non est —
congressus“.
Budapest, 9. September 1894 (Mittags).
Soeben hat, wiederum in dem grossen Festsaale der haupt¬
städtischen Redoute, die feierliche Schlusssitzung des Congresses
stattgefunden, die vom Congresspräsidenten, Ministor des Innern
Hieronymi, geleitet wurde. Der Generalsecretär des Congresses
theilte im Namen der „Permanenz-Commission“ — deren
Existenzberechtigung und Legitimation übrigens einmal ernstlicher
Prüfung zu unterziehen sein dürfte! — die von dieser vorge¬
nommene Statutenveränderung und Cooptation mit. Als Sitz des
nächsten Congresses wurde (auf Einladung des spanischen Dele-
girten) Madrid proclamirt; ausserdem wurde die Annahme der
von den Sectionen beantragten Resolutionen kundgegeben. Nach-
Original frn-m
university of michigan
13. Septem ber.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
dem der Oberbürgermeister von Budapest, Rath, in ungarischer
Sprache den zum Congress erschienenen Fremden gedankt hatte,
dankten ihrerseits die Delegirten der einzelnen Regierungen in
alphabetischer Reihenfolge und mit der einem jeglichen verliehenen
grösseren oder geringeren Beredtsamkeit (u. a. Scheel für Deutsch¬
land, Juraszek für Oesterreich, Chantemesse für Frankreich,
Pagl i an i für Italien und so die übrigen „secundum ordinem“). Dem Ver¬
treter der Stadt Berlin, unserem Statistiker Bo ekh war es Vorbehalten,
dem Organisations-Comitß den Dank auszusprechen, was er—vielleicht
nicht ganz ohne ironische Pointirung — mit der Schlusswendung
that, dass, wenn die Stadt Berlin im nächsten Jahrhundert
den Congress bei sich empfangen sollte, es ihr beschieden sein
möge, dem von Budapest gegebenen Vorbilde in jeder Hinsicht
nachzueifern! — Der Vorhang ist nun gefallen. Die Congress-
mitglieder, die schon zur Schlusssitzung in verhältnissmässig ge-
ringer Anzahl erschienen waren, zerstreuten sich heut noch in alle
Winde — der grössere Theil in die Heimath, ein kleinerer zu den
arrangirten Ausflügen nach Agram, Fiume (Circvenica, Abbazia)
und nach Belgrad-Constantinopel. Von mancher Seite ruft man
auch: auf Wiedersehen in Wien, wo der nächste Vorhang über
dem nächsten Congressschauspiel in vierzehn Tagen aufgehen wird.
Hoffentlich erfreut man sich dort einer gleich geschickten mise en
sc£ne und eines gleichen Erfolges! A. E.
Am 7. September hielt E. Leyden (Berlin) im National¬
museum einen Vortrag über die Versorgung tuberkulöser Eiran¬
ker seitens grosser Städte. Die praktische Medicin wie die Hy¬
giene haben einen merklichen Einfluss auf die socialen Bestre¬
bungen der Neuzeit in der Fürsorge für die Armen und Kranken
ausgeübt. Namentlich im Kampfe gegen die Volkskrankheiten und
Epidemieen haben wir durch die Ergebnisse der bacteriologischen
Forschung bessere Schutzmaassregeln gewonnen. Die verbreitetste
Volkskranklieit ist die Lungentuberkulose und sie erheischt vor¬
nehmlich die Fürsorge der Gesellschaft für ihre Opfer. Die Zahl
der Brustkranken im Deutschen Reiche wird auf 1 800 000 be¬
rechnet, davon sterben jährlich 170—180 000, d. h. etwa 8% aller
odesfälle kommen auf die Tuberkulose. In Preussen beträgt die
Zahl der Erkrankungen und Todesfälle etwa die Hälfte von der des
Deutschen Reiches, in Berlin allein starben in den letzten Jahren
durchschnittlich 3 800 Personen an Schwindsucht. Von dieser
grossen Zahl fällt mindestens die Hälfto auf die Unbemittelten
und gerade auf das arbeitsfähige Alter. Zu einer planmässigen
Prophylaxe der Tuberkulose hat erst die Entdeckung des Tuberkel-
bacillus durch Robert Koch die Möglichkeit geboten. Die Krank¬
heit schien dadurch als eine ansteckende erwiesen, und jeder damit
Behaftete wurde als eine Gefahr für seinen Nachbar betrachtet.
Diese weitgehenden Anschauungen haben sich im Laufe der Zeit
sehr gemässigt, und man sieht gegenwärtig nur noch in dem Aus¬
wurf der Kranken den Punkt, wo eine Prophylaxe der Tuberku¬
lose ansetzen kann, die freilich auch in diesem beschränkten
Sinne nicht allgemein durchführbar ist.
Die Bekämpfung der Schwindsucht durch therapeutische Bestre¬
bungen ist zuerst von Brehmerin Görbersdorf mit Erfolg in die Wege
geleitet worden. Er hat uns gezeigt, dass die Schwindsucht bei ge¬
eigneter Behandlung vollkommen heilbar ist. Unter den nach dem
Beispiel der Brehmer’schen Anstalt errichteten ähnlichen Instituten
ist in erster Reihe dasjenige in Falkenstein im Taunus zu erwähnen,
dessen verdienter Leiter Dr. Dettweiler auch das erste Volkssana¬
torium für Lungenkranke daselbst errichtet hat. Die Heilmethode, die
sich für die Behandlung der Phthise als die weitaus günstigste er¬
wiesen hat, ist die hygienisch-diätetische. In Falkenstein werden 18%
der Kranken vollständig, 11% relativ geheilt. Die Anerkennung dieser
Heilmethode hat nur vorübergehend eine Unterbrechung durch die
Entdeckung des Tuberkulins erfahren. Bisher aber ist der Segen
dieser Behandlung leider zumeist nur den wohlhabenden Kreisen
der Gesellschaft zugänglich. Erst in neuester Zeit hat man ange¬
fangen, für die Unbemittelten eine Fürsorge zu treffen, welche dem
Können der Wissenschaft entspricht. England, das hinsichtlich
des Hospitalwesens einen weiten Vorsprung vor allen anderen
Culturstaaten hat, hat zuerst Specialkrankenhäuser für Schwind¬
süchtige errichtet. Das älteste derselben besteht seit 1814. Diese
Hospitäler werden aber sämmtlich durch private Wohlthätigkeit
erhalten. In Deutschland hat 1887 Dr. Goldschmidt (Reichen¬
hall) in einem Vortrage „Ueber die Verpflichtung des Staates und
der Gesellschaft gegen Lungenschwindsüchtige“ zuerst den Vor¬
schlag gemacht, eine Colonie für unbemittelte Lungenkranke zu
errichten. In den nächsten Jahren haben Finkelnburg (Bonn)
und Leyden selbst diese NothWendigkeit nachdrücklich betont.
Der Magistrat der Stadt Berlin hat sich den ihm gemachten Vor¬
schlägen gegenüber lange Zeit ablehnend verhalten und erst Ende
1892 auf dem Rieselgut Malchow eine Pflegestätte für Lungen¬
731
kranke errichtet, deren Umfang und Einrichtung indess den An¬
forderungen nicht genügen. Von mehr-Glück waren die Bemühungen
von Finkelnburg und Dettweiler begleitet. Ihre Anregung ist
auf fruchtbaren Boden gefallen. 1892 ist inFalkenstein die erste Volks-
lieilstätte unter D et t weile Fs Leitung begründet worden, demnächst
wird von Frankfurt aus eine zweite, in Ruppertsheim bei Königstein
eröffnet werden. Auch andere deutsche Städte wie Worms, Bremen,
Stettin u. a. sind dem Beispiel gefolgt; der in Sachsen eigens für
diesen Zweck ins Leben gerufene Verein gedenkt in Reibolsheim
eine Anstalt aufzuthun. In Wien hat auf Anregung des Professors
Schrötter Baron von Rothschild ein Schloss für eine solche
humane Anstalt hergegeben. Sonst ist aber ausserhalb Deutsch¬
lands bisher wenig für die Versorgung unbemittelter Lungen¬
kranker geschehen.
Ein anderer Weg, auch den Armen die Wohl that geeigneter
Anstaltsbehandlung zutheil werden zu lassen, wird jetzt durch
die Invaliditäts- und Krankenkassen angestrebt; ein erster Ver¬
such dazu wird gegenwärtig von der hanseatischen Versicherungs¬
anstalt für Invaliditäts- und Altersversicherung gemacht, die da¬
durch ihrer eigenen Oeconomie Nutzen zu bringen hofft. Auf
diesem Wege würden die deutschen Arbeiter auf Grund der mo¬
dernen socialen Gesetzgebung aus eigener Kraft, die Sorge für ihre
Lungenkranken übernehmen. Für die grosse Masse der unbemit-
telten Lungenkranken werden aber die Städte die Fürsorge über¬
nehmen müssen. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft er¬
fordert die Behandlung der Schwindsucht die Errichtung von
Specialheilstätten. Sie gewährleisten nicht nur eine zweckmässige
Behandlung, sondern auch eine Verhütung der Verbreitung und
Uebertragung der Tuberkulose. Denn nur in Anstalten lässt sich
der Auswurf der Schwindsüchtigen auf die Dauer mit Sicherheit
unschädlich machen. Dass der Plan von Volksheilstätten durch¬
führbar ist, zeigen schon die bisherigen Erfahrungen. Leider
stehen aber die Mehrzahl der Grossstädte seiner Ausführung noch
fern. Die Kosten sind keine unerschwinglichen. Sie belaufen sich
auf 2—2,50 Mark pro Kopf und Tag. Die Schwerkranken sollen
von den Anstalten ausgeschlossen sein und nur solche aufgonommen
werden, die bestimmte Aussicht auf Heilung oder erhebliche Besse¬
rung haben. Nach dem Beispiele englischer Krankenhäuser soll
man auch die Möglichkeit ins Auge fassen, die Kranken arbeiten
zu lassen, um zu den Kurkosten beizutragen oder sich selbst etwas
zu verdienen. Denn zu leichteren Arbeiten sind Lungenschwind¬
süchtige im ersten Krankheitsstadium befähigt. Solche Heil¬
anstalten sollen in gesunder Umgebung errichtet werden, indessen
ist Höhenlage und Waldluft nicht nothwendig. Am meisten ist
Staub und scharfer Wind zu fürchten. Die Nähe der Stadt ge¬
währt den Vortheil einer besseren Beaufsichtigung der Anstalt,
für die Kranken den Verkehr mit ihrer Familie. In den Anstalten
können Aerzte speciell für die Phthiseotherapie ausgebildet werden.
Indessen bieten auch die ferner gelegenen Seeküsten geeignete
hygienische Bedingungen für die Anlage solcher Anstalten. Auch
wäre es wünschenswerth, da nicht alle Phthisiker in diesen Son¬
deranstalten untergebracht werden können, in den allgemeinen
Krankenhäusern besondere Abtheilungen für sie zu errichten. Auch
ist eine specialistische poliklinische Behandlung der Phthisiker
ins Auge zu fassen. Sie giebt ferner dem Gedanken, solche An¬
stalten auch innerhalb der Stadt anzulegen, eine Stütze. Leyden
schloss mit dem Wunsch, dass die Autorität dieses internationalen
Congresses einen neuen Impuls zur Förderung dieser Angelegen¬
heit, welche für die humanen und socialen Bestrebungen unserer
Zeit ein ruhmvolles Zeugniss ablege, geben möge.
Der Vorsitzende der Sitzung, Professor Koränyi (Budapest)
schloss an den Vortrag Loyden’s folgende Bemerkungen: Die
Lungentuberkulose ist nicht nur darum die schlimmste Krankheit,
weil sie so zahlreiche Opfer, sondern auch deshalb, weil durch
keine andere Krankheit die Lasten der Armuth so dargestellt
werden, wie durch die Tuberkulose. Wolil giebt es Krankheiton,
denen der Arme mehr ausgesetzt ist als der Reiche, z. B. die
Cholera, aber es giebt keine Krankheit, deren Ausgang von der
Vermögenslage des Kranken so bestimmt wird, wie die Tuberkulose.
Sie bedingt einen schweren nationalöconomischen Schaden. In
Budapest sterben durchschnittlich 3000 Personen an der Lungen¬
schwindsucht, in Ungarn 15000. Diese Sterblichkeitsziflfer lässt
die Cholera im Vergleich zur Tuberkulose als eine zahme Krank¬
heit erscheinen. In Ungarn bestehen bisher noch gar keine Vor¬
kehrungen zur Fürsorge für unbemittelte Lungenkranke. Auf die
Ankündigung des Leyden’schen Vortrages hat ein noch unge¬
nannt bleiben wollender Menschenfreund 10000 Gulden für diesen
Zweck gespendet. Leyden wird deshalb als der erste Förderer
dieser humanen Bestrebungen in Ungarn genannt werden müssen.
Ref. Albu (Berlin).
lal trorr
UNIVERSITf OF MICHIGAN
Go gle
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
732
Am 8. September starb im Alter von 73 Jahren H. v. Helmholtz,
der grösste Physiker unserer Tage, einer der genialsten Männer, welche
das neunzehnte Jahrhundert geboren hat.
„Pallida mors aequo pulsat pede pauperum tabernas regumquo
turres“ — und so ist auch er dahingegangen, ein ruhmvoller Fürst der
Wissenschaft, ein gewaltiger Herrscher im Reiche des Geistes. Iu der
unversiegbaren Fülle seiner schöpferischen Kraft erfasste und erleuchtete
sein Genius eine Reihe der schwierigsten Grundprobleme der Natur¬
wissenschaften, ungelöste Rätsel der Psychologie, verborgene Gesetze
der Mathematik und Physik, ungeahnte Schütze der Medicin hat der
unsterbliche Gelehrte in rastlosem, selbst durch das Greisenalter nicht
gemindertem Schaffensdrange erforscht und erschlossen.
Die bewunderungswürdigen Erfolge 1 ), die sich an seinen Namen
knüpfen, sind nicht nur in den Kreisen der Berufsgenossen ein fester
Besitzstand geworden, sie haben sich in ihrem wesentlichsten Thcil dem
Gedächtnis der gesummten gebildeten Welt mit unauslöschlichen Zügen
eingeprägt. Dem Schöpfer des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft,
dem bahnbrechenden Gelehrten im Reiche der physiologischen Optik und
Acustik, der Muskel- und Nervenphysiologie, dem hervorragenden Forscher
auf dem Gebiete der Hydro- und Electrodynamik ist ein dauernder Ehren¬
platz in der Geschichte der Wissenschaft, dem Erfinder des Augenspiegels
der unvergängliche Ruhm eines Wohltäters der Menschheit gesichert!
„Es kann die Spur von seinen Erdetagen nicht in Aeonen untergeh’n!“
_ J. S.
XI. Kleine Mitteilungen.
Q-. Di° Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer letzten
vo l 7 ; lin f, I ^ enden Antra f a T nommen : .Die Versammlung erbdiü*t ihre
jo Je Zustimmung zu der Eingabe des Magistrats vom 10. April 1894
Unterricht ^ , No - an den Herrn Minister der geistlichen
- Sguä
Go,,V„M? Ut, - C HI er#i “ g0 S en dc “ Missbrauch geistiger
tretiänke halt seine Jahresversammlung am 18. und 19. September in
C Vcrh Dl ® wichtigsten Verhandlungen betreffen folgende Gegenstände •
• VOn So^abend nachlit^s bis Mont^
lLh« P ^? richter8t attung: Justizralh Hennecke aus Soest) Goset^
sprechen 0ber dlcJ(,n, S cn ln St-adt und Bezirk Calsel
PivadenLebiUth,™' J’“>< Renk nach
ÄiatiisF-“
kttrzlich aus München nach Wien Senc P.1 “ Uf D«r
mann, wird über das Thenm der L,Smu d , er Ph >’ sik - Boltz-
düng mit der Versammle “vird an , 2 RÄ s > ,rechc "' ~ In Verbin-
Congress vonNahrungsmittel f’Um l 61 ’ orn internationaler
stattfinden. ™ngsmitteI-Chemikern und -Mikroskopikern
harn aufgestellt Wordem USCUm der Universität ist die Statue von Sy de n-
V ° m 31 -^i Ms 4? ^August *1895 ^in L o n d^n abgehalte^ ^
und eine eingehender^mrdi^ung ^ei 1 Ichke jdes grossen Mannes
wird aus berufener Feder in der niSr/ 1 “ 0 v thclleü Leistungen
erscheinen. der n,lchsten Hummer dieser Wochensclmift
P er , n ^; c ^^ e internationale Congress für Gvn'i
und Gehurtshülfe soll in Genf im September 1896 stattfind
bisher aulgestellten 1 hemata sind: 1. Die Behandlung der E
2. Die chirurgische Behandlung der Retroflexio und Retaoversio
relative Häufigkeit der verschiedenen Formen von engem Becken
einzelnen Nationen 4. Die beste Methode der Bauchwandiiaht
hutung von Bauchhennon. ö. Die Behandlung der Beckeneiterur
~ Das Programm der im Jahre 1900 in Paris statifi
Weltausstellung umfasst nach der „Semaine medicale“ meMo
rnern, welche zur Medicin in Beziehung stehen. So betrifft 01
die Hygiene, und zwar in folgenden Unterabtheilungen- Hv<
Wissenschaft im allgemeinen, Persönliche und Wobnuiifrshvmßnc *
der öffentlichen Gebäude und grossen Etablissements, Hyi?ne d<
gemeinden Hygiene der Städte, Vertheidigung der Landgrenze
Seuchen, Nahrungsmittelhygiene. Mineralwässer und Sanatorien l
statisük und -Gesetzgebung. Classe 130 umfasst das Militärsa
wesen, Classe 16 die Medicin und Chirurgie, Classe 111 die
Bhnd^etr 01 fahrtSeinriChtUngen fUr Kinder ’ Erwachsen.
• ?} G Köai ^ lich Sächsische Militärverwaltung hat
m Militärlazarethen von schwerer Krankheit oder Verletzung Q
m der Nahe von Dresden eine Genesungsanstalt erbaut
Reiche 118 dl ° GrSte demrt,ge Einrichtung für Soldaten im De
• , Die Genfer Convention, welche bis iet 7 t qß iu; 5 „Li.
zeichnet haben bekommt einen neuen Zuwachs durch den Beit
sudamcnkanischcn Republik Venezuela. Dies dürfte insofe
grosser Bedeutung sein, als dieser Umstand auch den Anschluss
haben könnte - umsowiir
Kriege ist l ’ a S ge ‘ ad<! d ° r Sade “ Amerik!ls der Schauplatz 1
bat ^Hh. r hU., r ,!'° W ' - Cin i ekM ,'" tcl ' en glischer Torpedoboot-Baur
Int iür die Errichtung eines Kinderreconvalescentenheims in
»tairs die Summe von 120 000 Pfund Sterling gestiftet.
ü«r,viTt In p de i r -* l6 n t ? ten J Sit ? ung der Acad emie der Medicin zi
nbor drei plützliche Todesfälle beim Veloi
per erste Fall betrifft einen 65jOhrigen Mann der si
4 Wochen im Velocipedfahren übte: er starb in de^ArmeiTseinos L
tiffft 6 »; .q““, 6 “ Veblk6 * heruntersteigen wollte. Der zweite F
®‘ ne 2, ^hngen Arzt, welcher seine im Anschluss an Typhu
wo»te Oh 6 i elbl h ke ci d '' r p l ’ ebun S eQ auf dem VelocipedYeki
nach^mew 'S 1 ? 1 ' übar .Herzbeschwerden geklagt zu haben, wu
TTchnno« ln? r'u hem Y e I° CI P ed fahren eines Tages inmitten
ÖtZ ! w h vol \. At hemnoth und einem heftigen Schmerz
cr S r ' ffen ,. dle „ ihn zwangon, von seinem Fahrrad her
r e ir S< if Zfc ? S1 j h , au f eme Bank und starb nach wenigen Mom.
• ff ß -balle handelte es sich um einen 40jährigen Sportsmann
mitten auf der Strasse beim Velocipedfahren verschied. Petit betr.
Pnntr ^ U J? d d ieser Phatsachen Herzkrankheiten und höheres Alt<
Contraindicationen für das Velocipedfahren.
. DerProgres m ®dical bringt aus derFeder seines bekannten Corr<
AÄ. M ? rC ?i^ au . dou . in einen mit viel Geist und Witz geschrie
lni.nf .”. e Medecin Amdricain“, bei dem es sich der Miih<
• f ’ ? im S e Augenblicke zu verweilen. — Das amerikanische Aerzt
51a e starke Neigung zur Specialisirung. Es giebt eine Unzahl
Rhino-, Neuro-, Gynäko-, Proctologen (!), feraer in
Enntt -f Sta ? fc beso T nder ? Dispensiranstalten für Augen-, Ohren-, Fi
• . 61 en ^ tc - In vielen grossen Städten empfängt der Arzt
Offi/.n« em j daUSe L. s ? ndei ? 111 einem in der Goschäftsstadt hole
iS« oini ’ da8 1 e v m °hroren Collegen zusammen gemiethe
i^a sicn gewöhnlich Specialisten verschiedener Fächer in dieser Wei;
SnnQk-h S0 . braucht d er mit mehrfachen Leiden behaftete E
ctond Cim ^ : ' weiterzugehen. Uebrigens nehmen die Aerzte keine
stann zu mehreren gleichzeitig in einem Hause zu practiciren. Baud
cr.ni; Q eia Geschäftshaus, dessen zweiter und dritter Stocl
1C ^ ^T z Iüchen „Offices“ eingenommen war. — Am b<
den Europäer wirkt die ungenirte Art derReclame, di.
Har«« den Städten des Westens erreicht. Selbst angesehene A
v amen m Europa nicht unbekannt sind, scheuen sich nicht,
insfiri Gn mi ^ lbr j m Hamen zu schmücken und in den Tageszeitung
Wai, eü j’ - vo ? d en dei minorum gentium ganz zu geschweige
j* n r f nd , m den grossen Städten immerhin noch die besseren Eiei
erhand haben, herrscht auf dem Lande ein arges Proletariat
Hpmn g T S if e n T j G 1 aus Hichtgraduirten besteht. — Interessant is!
Rovrniu abe Ie ’. dio Baudouin über den Procentsatz der Aerztescha:
• ? ei . ni ^ en kleinen Städten mittheüt. In Korvüle 0
Kommt beispielsweise auf 30 Einwohner ein Arzt, in Santa F6 (Olii.
ei ’ Hix (Georgia) auf 25 zwei Aerzte (I). Hierzu reohne mn
wi vi r« 1 - ^ e ? en ’ die der Landarzt für Pferde und Wagen hat, und
ffiJpi 16 Existenz eines solchen nicht für beneidenswert halten,
dp»; en . ient ® sicb aa ph unter den „Diplomirten“ befinden, schildert
vor/nüf 111 t. aer k^ s Hichen kleinen Anokdote, die wiedergegeben zu w
IpHnniv a bea hsichtigte seine Köchin zu heiraten, befün
J T 7 op.,H- 4 damifc - -f. 118 ^ 088 za erregen. Da hörte er, dass in Chicagc
liofnro 11 t? exiS j 1 i re ’ di® in sechs Monaten einen Doctor fix und
nie n’ft i r - sail L die Köchin dorthin, führte sie nach sechs Mo
m4dfcM 1894, ^9^ PraCticirt jetzt mit ibr 8 emeinS!lnl - (Pl
Gedruckt bei Julias Sittenfeld in Berliu W.
Digitized by
Go^ gle
Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag
20. September 1894
Mit Berücksichtigung lös deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitfcheilüngeu,
der 'öffentlichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet, ton Br. Paul Börner.
Zvvatmgster Jahrgang.
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ddchwhsikjuatiea 3. rdvfäamaiTttr. fier
Vortag: Oeo% TiBeme*. Leippig-Börlin
Pemdr^ssf-: l.cic-'.tg yeeborgstt, 5t-
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V/ ; \ k-boader Militärarzt ?iüh vm>Y.bnfT..m
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M n k p I s r dio Wärffi oön t.w ioüo) u n g hei der M «i sk p 1 -
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tiegert duiTh dou NAeÖiröis der WützßtagK mit vorgedchritioüftn
tecft*ik,' ; dass die KoWsn&isöri» in die üaugtazöiioii tußht m-
treten,, .»mileru dfoselhen mit baunitenigw X&rtetoh\wf*iti uw-
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auJfgrnOtn.int*ft iJV'Vdhn . iv»i T A.h e/h.hä.fh als rtt^voni^S ,d*’g
Xaidiwrm des rmr'0<- : • ••:•-•."•.• in dip i »jiyliht
"hä U i-ißp Fnhel, dass auf dop) ÜviuimsiuM ?u Potsdam
dör tlu^n-ield in rief Matltomütik und V’tj^ik ^hieuhi gewenen
*m. ii*» Go.genllmil ist. mditig. foh «HimMv. <im nmisio Ät-U-
•iooion ■nWfi so vißl von dor Spiogohin^ ond Bn-.chuup dos Uehtee
yomhndoR. als wir m tV»r Soonyd? «md maxu jenos Gynihüsuim
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734
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
gegeben von Mitgliedern der Berliner medicinischen Facultät“, den
Artikel Wärme, physiologisch, in dem er für den Menschen den
Vergleich zwischen den Wärme-Einnahmen und Ausgaben mit Er¬
folg durchführte.
In das Jahr 1845 fällt eine für die Entwicklung sowohl des
jungen Forschers als auch der gesammten exacten Wissenschaften
ausserordentlich bedeutsame Thatsache, nämlich die Gründung der
physikalischen Gesellschaft zu Berlin. E. du Bois-Rey-
mond, E. Brücke, H. Helmholtz, G. Kirchhoff und andere
begründeten unter dem Vorsitze des Erstgenannten 1 ) diese Gesell¬
schaft, welche sehr bald die höchst verdienstvolle Herausgabe der in
ihrer Art einzigen Jahresberichte über die Fortschritte der ge¬
sammten Physik aufnahm. Regelmässige Sitzungen wurden abge¬
halten, in denen die Mitglieder eigene Forschungen vortrugen und
durch Meinungsaustausch sich gegenseitig anregten.
Der junge Militärarzt Helmholtz, der in Potsdam bei den
rothen Husaren stand, nahm unter grossen persönlichen Opfern an
der Herausgabe der Jahresberichte und an den Sitzungen der Ge¬
sellschaft den regsten Antheil.
Seine Kameraden, die ihn so häufig nach Berlin reisen sahen,
mochten kaum ahnen, dass er auf diesen Fahrten nicht Vergnügen
oder Zerstreuung suchte, sondern die Wissenschaft reformiren
werde.
Hier im Kreis befreundeter Gelehrten trug Helmholtz am
23. Juli 1847 die Abhandlung über die Erhaltung der Kraft
vor. Die Einleitung dieser (überaus selten gewordenen, doch in
den gesammelten Abhandlungen wieder abgedruckten) Schrift ent¬
hält ein ebenso vollständiges wie kühnes Programm der theo¬
retischen Physik oder Naturphilosophie.
„Das endliche Ziel der theoretischen Naturwissenschaften ist,
die letzten unveränderlichen Ursachen der Vorgänge in der Natur
aufzufinden.
Ob nun wirklich alle Vorgänge auf solche zurückzuführen
seien, ob die Natur vollständig begreiflich sein müsse, oder ob es
Veränderungen in ihr gebe, die sich dem Gesetz einer nothwen-
digen Causalität entziehen, die also in das Gebiet einer Spontaneität
(Freiheit) fallen, ist hier nicht der Ort zu entscheiden; jedenfalls
ist es klar, dass die Wissenschaft, deren Zweck es ist, die Natur
zu begreifen, von der Voraussetzung ihrer Begreiflichkeit aus¬
gehen müsse, und dieser Voraussetzung gemäss schliessen und
untersuchen, bis sie vielleicht durch unwiderlegliche Facta zur An¬
erkennung ihrer Schranken genöthigt sein sollte.
Die Wissenschaft betrachtet die Gegenstände der Aussenwelt
nach zweierlei Abstractionen: einmal ihrem blossen Dasein nach,
abgesehen von ihren Wirkungen auf andere Gegenstände oder un¬
sere Sinnesorgane; als solche bezeichnet sie dieselben als Materie.
Das Dasein der Materie ist uns aber ein ruhiges, wirkungsloses;
wir unterscheiden an ihr die räumliche Vertheilung und die Quan¬
tität (Masse), welche (letztere) als ewig unveränderlich gesetzt
wird . . . Die Gegenstände der Natur sind aber nicht wirkungslos,
ja, wir kommen überhaupt zu ihrer Kenntniss nur durch die Wir¬
kungen, welche von ihnen aus auf unsere Sinnesorgane erfolgen,
mdem wir aus diesen Wirkungen auf ein Wirkendes schliessen.
Wenn wir also den Begriff der Materie in der Wirklichkeit an¬
wenden wollen, so dürfen wir dies nur, indem wir durch eine
zweite Abstraction derselben wiederum hinzuftigen wovon wir
vorher abstrahiren wollten, nämlich das Vermögen, Wirkungen
auszuüben, d. h. indem wir derselben Kräfte zuertheilen. Es ist
einleuchtend, dass die Begriffe von Materie und Kraft in der An¬
wendung auf die Natur nie getrennt wprden dürfen.
Ebenso fehlerhaft ist es, die Materie für einen blossen Begriff
zu erklären, dem nichts Wirkliches entspräche; beides sind viel-
mehr Abstractionen von dem Wirklichen, in ganz gleicher Art ge¬
bildet; wir können ja die Materie eben nur durch ihre Kräfte nie
an sich selbst wahrnehmen.
Denken wir uns das Weltall zerlegt in Elcmepte mit unver-
iuidei liehen Qualitäten so sind die einzigen noch möglichen Aende-
rangen in einem solchen System räumliche, d. h. Bewegungen, unc
die äusseren Verhältnisse, durch welche die Wirkung der Kräfti
modificirt wird, können nur noch räumliche sein, also die Kräfte
^ ™
f -.A! S0 n ^ er bestimmt: Die Naturerscheinungen sollen zurück¬
geführt werden auf Bewegungen von Materie mit unveränderten
SS2S ^^ wdche nur von den räumüchen Verhältnissen
l ) Nach 35jährigem Vorsitz wurde derselbe
H. Helmholtz zum ersten, G. Kirchhoff zuj
der Gesellschaft gewählt.
zum Ehrenpräsidenten,
zweiten Vorsitzenden
Die Kräfte, welche zwei Massen auf einander ausüben, missen
nothwendig ihrer Grösse und Richtung nach bestimmt sein, sobald
die Lage der Massen vollständig gegeben ist. Durch zwei’Punkte
ist aber nur eine Richtung vollständig gegeben, nämlich die ihrer
Verbindungslinie, folglich müssen die Kräfte, welche sie gegen¬
einander ausüben, nach dieser Linie gerichtet sein, und ihr? In¬
tensität kann nur von der Entfernung abhängen.
Es bestimmt sich also auch die Aufgabe der physikalischen
Naturerkenntniss dahin, die Naturerscheinungen zurückzuführen auf
unveränderliche anziehende und abstossende Kräfte, deren Intensität
von der Entfernung abhängt. Die Lösbarkeit dieser Aufgabe ist
zugleich die Bedingung der vollständigen Begreiflichkeit der
Natur.-Das Geschäft der theoretischen Naturwissenschaft
wird vollendet sein, wenn einmal die Zurückführung der Erschei¬
nungen auf einfache Kräfte vollendet sein und zugleich naehge-
wiesen werden kann, dass die gegebene die einzig mögliche Zurück¬
führung sei, welche die Erscheinungen zulassen. Dann wäre dieselbe
als nothwendige Begriffsform der Naturauffassung erwiesen, es
würde derselben also auch objective Wahrheit zuzuschreiben
sein.“
In dieser klassischen Abhandlung, die in dem strengen Stil
der mathematischen Physik verfasst ist, wird auf Grund einer
reichen Induction das Naturgesetz abgeleitet, dass die Summe
der wirkungsfähigen Kraftmengen im Naturganzen bei
allen Veränderungen in der Natur ewig und unver¬
ändert dieselbe bleibt.
Uebrigens gehört H. Helmholtz nicht zu denjenigen Ge¬
lehrten, welche von der alten und überwundenen Gewohnheit, ge¬
lehrte Dinge in lateinischer Sprache abzuhandeln, noch die Unsitte
bewahrt haben, ein allgemein verständliches Deutsch zum Ausdruck
ihrer Gedanken nach Kräften zu vermeiden. Trotz der hohen Auf¬
gaben, die er sich gestellt, hat er es immer verstanden, die Er¬
gebnisse seiner Forschungen in fasslicher Form und dabei in voll¬
endeter Abrundung dem grösseren Leserkreise der Gebildeten zu¬
gänglich zu machen: Beweis, — die populär-wissenschaftlichen
Vorträge Helmholtz’s (Braunschweig, Vieweg u. Sohn 1865—1876),
deren zweiter Theil, ausser der Theorie des Sehens, die wundervolle
Abhandlung über die Wechselwirkung der Naturkräfte, über das
Ziel und die Fortschritte der Naturwissenschaft und über die Er¬
haltung der Kraft uns darbietet.
Uebrigens hat Helmholtz nie unterlassen, sowohl in seinen
populär-wissenschaftlichen Vorträgen (II, 112, 141, 144) als auch
in seinen gesammelten Abhandlungen (I, 71—73) die ihm ursprüng¬
lich unbekannten 1 ) Verdienste, welche der unglückliche R. Mayer
(1842) um das Gesetz von der Erhaltung der Kraft sich erworben,
rückhaltlos anzuerkennen. Mayer wurde, in Folge der Zurück¬
weisung seitens der Physiker, schliesslich geisteskrank. Helmholtz
berichtet in den wichtigen Zusätzen zu seiner Abhandlung
(Gesamm. Abh. n, 74), dass auch seiner Arbeit die Aufnahme
in Poggendorff’s Annalen verweigert wurde und dass unter den
Mitgliedern der Berliner Akademie nur der Mathematiker Jacobi
sich seiner annahm.
1848 wurde Helmholtz auf Veranlassung von Humboldt
seiner militärärztlichen Verpflichtung enthoben und als Lehrer der
Anatomie an der Kunst-Akademie und Assistent am anatomischen
Museum nach Berlin berufen und von hier 1849 als ausserordent¬
licher Professor der Physiologie und allgemeinen Pathologie nach
Königsberg versetzt.
Als Al brecht v. Graefe, der trotz kleinlicher Nörgler doch
stets der Reformator der Augenheilkunde bleiben wird, 1851 zu
Wien nach ernstem Tagesstudium in den Kreis seiner Freunde
trat, erzählte ihm ein zufällig anwesender junger Buchhändler aus
Berlin, Namens Jeanrenaud, dass er seinen Verlag mit einem
Schriftchen des Königsberger Professors der Physiologie H. Helm¬
holtz über den Augenspiegel beginnen werde.
Ahnte v. Graefe, dass damit eine neue Zeit der Augen¬
heilkunde anhob, dass man späterhin die Augenheilkunde geschicht¬
lich in zwei Perioden, eine vor- und eine nach-ophthalmoskopische
eintheilen werde? — Nach wenigen Monaten wusste er es und riet
begeistert aus:
„Helmholtz hat uns eine neue Welt erschlossen.“
Wie kam es, dass Helmholtz dieses Problem löste, das man
. *) Er schrieb seine Abhandlung 1847 in Potsdam, wo seine litera¬
rischen Hilfsmittel auf die dortige Gymnasialbibliothek sich beschränkten.
Die Fortschritte der Physik bestanden noch nicht. Mayer’s Arbeiten
sind wegen ihrer Form in naturwissenschaftlichen Kreisen lange unbekannt
geblieben.
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20. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
bis dahin für völlig unlösbar gehalten? Einfach, weil er es von
der richtigen Seite anfasste.
Mit anderen bedeutenden Erfindungen und Entdeckungen hat
die des Augenspiegels das gemein, dass Grosses mit einfachen
Mitteln geleistet wird.
Helmholtz selber erzählt, in seiner wunderbaren Bescheiden¬
heit, die Geschichte der Entdeckung folgendermaassen: „Ich hatte
die Theorie des Augenleuchtens, die von Brücke herrührte, meinen
Schülern auseinanderzusetzen. Brücke war hierbei eigentlich um
eines Haares Breite von der Erfindung des Augenspiegels entfernt
gewesen. Er hatte nur versäumt, sich die Frage zu stellen,
welchem optischen Bilde die aus dem leuchtenden Auge zurück¬
kommenden Strahlen angehörten. Für seine damaligen Zwecke
war es nicht nöthig, diese Frage zu stellen. Hätte er sie sich ge¬
stellt, so war er der Mann dazu, sie sich ebenso schnell zu beant¬
worten wie ich, und der Plan zum Augenspiegel wäre gegeben
gewesen. Ich wendete das Problem etwas hin und her, um zu
sehen, wie ich es am einfachsten meinen Zuhörern würde vor¬
tragen können, und stiess dabei auf die bezeichnete Frage. Die
Noth der Augenärzte um die Zustände, die man damals unter dem
Namen des schwarzen Stares zusammenfasste, kannte ich sehr
wohl aus meinen medieinischen Studien, und machte mich sogleich
daran, das Instrument aus Brillengläsern und Deckgläschen für
mikroskopische Objecte zusammenzukitten. Zunächst war es noch
mühsam zu gebrauchen. Ohne die gesicherte theoretische Ueber-
zeugung, dass es gehen müsse, hätte ich vielleicht nicht ausgeharrt.
Aber nach etwa acht Tagen hatte ich die grosse Freude, der Erste
zu sein, der eine lebende menschliche Netzhaut klar vor sich
liegen sah.“
Durch die Erfindung des Augenspiegels ist die innere Medicin
in ungeahnter Weise bereichert, für die Augenheilkunde aber eine
neue Epoche angebahnt, die Blindenziffer unleugbar herabgedrückt
worden.
Jeder der vielen, vielen Tausende von Kranken, denen der
Augenspiegel zum Segen gereichte, müsste im Innern seines
Herzens Hermann Helmholtz ewig dankbar bleiben; und viele
von diesen würden ihm dankbar sein, wenn sie von der Tragweite
seiner Erfindung eine Ahnung hätten.
In Paris hörte ich 1876 den Saal, in welchem Augenspiegelunter¬
richt an der Universität ertheilt wurde, Salle Helmholtz nennen;
in einer französischen Schrift las ich, die Erfindung des Augen¬
spiegels sei so schön, dass sie verdiente, eine französische zu
heissen.
Nicht unerwähnt bleibe ein anderer Fund Helmholtz’s
aus seiner Königsberger Zeit, die Messung der Fortpflanzungs¬
geschwindigkeit der Nervenerregung, an der Haller und
Johannes Müller ganz vergeblich sich abgemüht und die ein
ungeheures Aufsehen erregte. Mit Hülfe der elektrischen Zeit¬
messung bestimmte Helmholtz (1850—1852) durch völlig ein¬
wandfreie Versuche, dass im Froschnerv die Erregung mit einer
Geschwindigkeit von nur 26 m in der Secunde sich fortpflanzt, so
dass die früheren Träume von der blitzschnellen Fortbewegung
eines Imponderabile vollständig beseitigt waren. „Die Nerven¬
erregung fliesst nur dreimal so schnell wie der Orinoko“, rief
A. v. Humboldt aus, alsE. du Bois-Reymond ihm die Entdeckung
mittheilte. 15 Jahre später (1867—1870) bestimmte Helmholtz
durch sehr feine und schlagende Versuche die Fortpflanzungs¬
geschwindigkeit der Nervenreizung beim lebenden Menschen
gleich 34 m in der Secunde.
Durch die Erfindung des Augenspiegels war Helmholtz mit
einem Schlage ein hochberühmter Mann geworden. 1852 wurde er
ordentlicher Professor in Königsberg, 1855 als ordentlicher Professor
der Anatomie und Physiologie nach Bonn versetzt, von hier 1858
als Professor der Physiologie nach Heidelberg, wo er bis zum
Jahre 1871 verblieben ist.
Zwei bahnbrechende Werke zur Physiologie der Sinnes¬
organe verdankt die Wissenschaft dieser Zeitepoche des Forschers,
erstlich das Handbuch der physiologischen Optik (Leipzig 1856
bis 1867) und zweitens die Lehre von den Tonempfindungen
(Braunschweig 1862, 4. Aufl. 1877).
Die physiologische Optik ist die Bibel des wissenschaft¬
lichen Augenarztes. Das Werk machte einen geradezu über¬
wältigenden Eindruck auf die hervorragendsten Geister unseres
Faches, z. B. auf meinen Lehrer A. y. Graefe, der in seiner Klinik
stets ein Exemplar zur Hand hatte und bei jeder Frage aus der
physiologischen Optik sorgsam zu Rathe zog; es war das erste Buch,
das wir jüngeren, die damals in die Augenheilkunde eintraten, uns
anschafften und um so eifriger studirten, als ein brauchbares Lehr¬
735
buch der praktischen Augenheilkunde, welches den neuen refor-
mirten Standpunkt vertrat, zu dieser Zeit noch nicht vorhanden
war. In der Vorrede zu-dem Werke, das als IX. Band der all¬
gemeinen Encyelopädie der Physik, herausgegeben von Gustav
Karsten, in Leipzig bei Leopold Voss erschienen ist, sagt Helm¬
holtz selber, dass der Versuch gemacht werden musste, Ordnung
und Zusammenhang in dieses Gebiet hineinzubringen; dass er das
Princip der empiristischen Theorie zum Leitfaden genommen;
dass es sein Hauptbestreben bei der Ausarbeitung gewesen, durch
eigenen Augenschein und eigene Erfahrung von der Richtigkeit
aller, nur einigermaassen wichtigen Thatsachen sich zu über¬
zeugen. In der That ist eine geradezu überwältigende Fülle
von eigenen Beobachtungen in diesem Band von 874 Seiten auf¬
gespeichert.
Zu dem Genie des Entdeckers, der uns mit zahlreichen neuen
Instrumenten und Methoden beschenkte — ich nenne ausser dem
Augenspiegel nur das Ophthalmometer, wodurch es gelang, die
optischen Constanten des lebenden Auges mit physikalischer
Genauigkeit abzumessen, — kommt der unermüdliche Fleiss der
eigenen Untersuchung, jener Fleiss, der als ein zweites Genie zu
bezeichnen ist. Form und Sprache des Werkes sind vollendet, die
Uebersichtlichkeit und Vollständigkeit bewundrungswürdig: die
wichtigen Thatsachen, die jeder kennen muss und jeder begreifen
kann, sind schon durch Druck und Anordnung getrennt von den
schwierigeren Untersuchungsmethoden und mathematischen
Erörterungen, sowie von den geschichtlichen Nachweisen am
Schlüsse jedes Kapitels.
Die physiologische Optik ist auf Veranlassung von Javal iirs
Französische übersetzt; die deutsche Ausgabe war vor kurzem
völlig vergriffen. So entschloss sich Helmholtz 1885, also in
seinem 64. Lebensjahre, eine neue Ausgabe zu veranstalten.
Diese konnte nach seiner Ansicht nicht wohl ein unveränderter
oder nur von Druckfehlern und Versehen gereinigter Abdruck der
ersten Ausgabe sein, da die grosse Menge von Arbeiten, die seit,
dem Erscheinen des Werkes in der Augenheilkunde durchgeführt
waren, doch viele theils gewichtige Bestätigungen und Sicherungen
der damals aufgestellten Sätze, theils Verbesserungen und genauere
Bestimmungen gebracht hatten. Andererseits fand er es unmöglich,
in absehbarer Zeit alle wichtigen Punkte durch eigene Beobach¬
tungen und Versuche neu zu prüfen. So hat er einen mittleren
Weg eingeschlagen, nämlich aus der neueren Literatur möglichst
das berücksichtigt, was ihm einen wesentlichen Fortschritt oder
eine wünschenswerte Sicherung, beziehungsweise Widerlegung
seiner früheren Ergebnisse und Meinungen zu enthalten schien;
er hat aber nicht im Text eine vollständige Kritik der neueren
Meinungen gegeben, sondern den alten Haupttext im wesentlichen
unverändert gelassen, nur durch Hinzufügungen (in leicht erkenn¬
barer Weise) vervollständigt. Bis zum achten Heft war das Werk
gediehen, als der unerbittliche Tod den Lebensfaden absclmitt.
Hoffen wir, dass sein treuer Mitarbeiter, Prof. Arthur König
bald den Schluss des Buches uns bringen wird.
Im Jahre 1871 wurde Helmholtz nach Berlin zurückberufen
und zwar als Professor der Physik und Nachfolger seines
Lehrers Magnus, der noch uns allen, die wir jetzt des Lebens
Mitte überschritten haben, mit unvergleichlicher Formvollendung
die Grundsätze der Physik vorgetragen und durch Versuche er¬
läutert hat. Nach der Neubegründung des Deutschen Reiches war
auch bei uns in Preussen eine grössere Freigebigkeit auf dem Ge¬
biete der Wissenschaft zur Geltung gekommen. Helmholtz er¬
hielt ein Gehalt, wie es noch nie bei uns einem Professor bewil¬
ligt worden und wie es auch nothwendig war für eine vornehme
Lebensführung in der Hauptstadt des Deutschen Reiches.
Musste er zwar zunächst noch seine Versuche in den Corri-
doren der Universität anstellen, wo auch ich noch als sein Schüler
in den unzulänglichen Räumen mich ein wenig äbquälte, — 1878
konnte er einziehen in jenen Palast der Wissenschaft am
Reichstagsufer, der grossartige Lehr- und Arbeitsräume darbot,
für den Forscher, wie für seine Schüler, (einschliesslich der für
unsere Versuche so unentbehrlichen Dunkelzimmer,) und auch ein
würdevolles Heim für den Leiter der Anstalt, neben dem seines
Freundes E. du Bois-Reymond.
So war Helmholtz nicht blos zu der Stadt, sondern auch zu
der Wissenschaft, von der er ausgegangen, zurückgekehrt. Theorie
der Elektrodynamik (1870 bis 1875), über galvanische Polarisation
(1873—1884), über Leistungsfälligkeit der Mikroskope (1874), über
anomale Dispersion (1874), Thermodynamik chemischer Vorgänge
(1882—1883), über monocyclische Bewegungssysteme (1884), end¬
lich die etwas frühere Abhandlung über die Thatsachen, die der
Geometrie zu Grunde liegen (1868), — das sind einige von den
Go gle
Grigiral frem
UNIVERSITY OF MICHIGAN
736
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
wichtigsten Arbeiten des Forschers, der, wie man sieht, das ge¬
waltige Gebiet der Philosophie 1 ), Mathematik, Physik mit seinem
universellen Geiste zu umspannen vermag.
Der Forscher, der in der Akademie der Wissenschaften seine
Ergebnisse vorträgt, welche neues Licht über die dunklen Grenzen
menschlicher Erkenntniss hinauswerfen, er muss auch als Lehrer
wirken. In dem Vortrag über Physik für Anfänger, namentlich
für Studenten der Heilkunde aus den ersten Semestern, konnte der
Genius seine Flügel nicht voll entfalten, da seine Schüler dem
Fluge nicht würden folgen können. Das Pythagorische Wort
M-Tjdelq dyeüjfieTpTjTos ElfftTO) stand wohl über Plato’s Hörsaal, steht
aber nicht über dem für unsere angehende Mediciner. Ganz an¬
ders fand ich Helmholtz in der Vorlesung über theoretischö*Phy¬
sik und über die Theorie des Lichts, wo ihn diese Schranken
nicht einengten und die höhere Mathematik ihn auf den höchsten
Standpunkt erhob, von dem der Menschengeist die natürlichen
Vorgänge zu betrachten befähigt ist. Er war, auch nach der
Ueberzeugung der Mathematiker, ein mathematisches Genie, wie¬
wohl nicht ein Mathematiker von Fach. Gelegentlich kam es
vor, dass er — ungleich seinem Freunde G. Kirchhoff — beim
Integriren sich verrechnete. Wenn ich dann, als Aeltester, im
Namen meiner Mithörer, vor der nächsten Stunde ihm mittheilte, dass
wir dies oder jenes nicht verstanden hätten, war er stets freund¬
lich und wiederholte den Gegenstand mit richtiger Rechnung. In
einer Sitzung der physiologischen Gesellschaft hatte ein jüngerer
Forscher sehr schwierige Rechnungen ungeheuer rasch vorgetragen
und^ Hel m h o 11 z s Meinung über den Gegenstand befragt; der
Weise erwiderte aber, dass er den schwierigen Gegenstand nicht
verstände und die Sache zu Hause genauer überlegen wolle. Seine
Bescheidenheit ging soweit, dass er in der Vorlesung über physio¬
logische Optik alle seine Methoden vortrug, ohne je den Namen
des Erfinders zu nennen; mein Nachbar, ein Student der Mathe¬
matik, fragte mich ärgerlich: „Warum nennt er nicht den Urheber?“
und war sehr erstaunt das richtige zu erfahren.
Helmholtz gehörte zu den Grossen, denen man nicht zu
schmeicheln braucht, um ihrer Freundlichkeit sich zu versichern
Wo er einen seiner Schüler fand, sei es in einer wissenschaftlichen
Sitzung, sei es in einer Abendgesellschaft, war er bei aller Vor¬
nehmheit, die zu seinem Wesen gehörte, stets entgegenkommend
und vor allein begierig zu erfahren, welche Fortschritte die
Studien des Schülers inzwischen gemacht hätten. Bei zufälliger
Anwesenheit auf dem Heidelberger Congress verschmähte der Hoch¬
gefeierte nicht, den Frauen und Töchtern der Fachgenossen, die
staunend dem grossen Gelehrten nahten, ein Paar freundliche
und noch dazu in durchaus natürlicher und ver-
® pracbe> Im stJ hweizer Postwagen, auf der Gebirgs-
wf/Jarn h 6r i?ir ar U ?? rkanüt ’ aber ob seiner Kenntnisse hoch-
5 de n? U / äl i lgen . Reise gefährten auf ihr Befragen die Ent-
AW g n der G J etscher . m einfacher, aber fesselnder Weise, —
gestern hat.’ ^ " 816 “ Sein<m populären Abhandlungen dar-
fir Geffentlicbk eit ist Helmholtz nie hervorgetreten da
er gleich dem grossen Galen die Wirrsale der Politik vermied
- Tsel denn er a ,, e / ge “ en W ^ ku ?« s . 8tätt «n war er selten zu sehe!
denn auf seinem Nachmittagsspaziergang oder in e-e-
w 1S sen auserlesenen Concerten, wo fr niemals fehlte der fein¬
sinnige Musikhebhaber, der durch seine Lehre von den TonemDfin-
mentenbau n^n!°R e h der MuS ? k beeinfl “sst und sogar dem Inslru-
n a ir 6n F wiesen - In Einern Halse waltete die
gleichgestimmte Gattin, der wir die Uebersetzung von Tvndall’s
e re vom S chall verdanken: hier vereinigte sich eine auserlesene
tÄtsvorlesungen ÄJFÄL Äf“ Universi-
Gesammtheit der Wssenschaft un^ ^‘T 8 , d<är .N^mssenachaft zur
Erkenntnisvermögens abzuhandeln d Sdn« Phlln 0W 1?- d ! 6 G ™ nz e n unseres
bildnng Kant'acher Grundaät“ =>eme Philosophie ist eine freie Port-
- - - , , N o. 38
Gesellschaft von Gelehrten, Künstlern, hervorragenden und vor
nehmen Männern und Frauen.
Alle Ehren häuften sich auf das Haupt des greisen aber
immer noch wunderbar rüstigen und schaffensfreudigen Gelehrten
der in seinem Alter dem Altmeister Goethe nicht unähnlich schien
und wirklich eine grosse Wahlverwandtschaft zu jenem besass und
sie auch in vortrefflichen Abhandlungen und Reden, noch 1892 in
Weimar vor der Goethe-Gesellschaft, an den Tag gelegt hat. 1 )
1883 erhielt Helmholtz den Charakter als Geheimer Regierunffs-
rath und den Adelstitel, 1888 wurde er Präsident der physikalisch¬
technischen Reichsanstalt und zog in die Villa zu Charlottenburg
während er an Professor Kundt die Leitung des physikalischen
Instituts abgab; 1891 erhielt er den Titel Excellenz, zu seinem
70jährigen Geburtstag, der sich zu einem Festtag der ganzen
gebildeten Welt gestaltete, da alle gelehrten Gesellschaften
Universitäten, Akademieen ihre Vertreter nach seiner Villa ent¬
sandten und ihm Adressen und Festschriften überreichten. Auch
die Heidelberger Ophthalmologen-Gesellschaft, die ihm 1886 bereits
durch Verleihung der goldenen Graefe-Medaille ein Zeichen ihrer
Verehrung dargeboten, hat ihm damals einen stattlichen Band mit
Veröffentlichungen in den vier Hauptcultursprachen gewidmet.
Und wie einfach, bescheiden und natürlich war sein Dank* Wie
munter blitzte sein Auge, als er später auf dem Festcommers den
die Studirenden ihm und dem gleichaltrigen R. Virchow dar¬
brachten, seinen Entwicklungsgang und den der exacten Wissen¬
schaften von 1840 bis 1890 humorvoll auseinandersetzte! Die
Orden, welche er besitzt, die Akademieen, denen er angehört, kann
ich nicht aufzählen; aber nicht blos die von Berlin, sondern auch
die von London und Paris zählt ihn zu den ihrigen. Die britische
Ophthalmologen-Gesellschaft hat ihn zu ihrem ersten Ehrenpräsi¬
denten ernannt. Er war Vicekanzler der Friedensklasse des Ordens
pour le mörite.
Obwohl in der Kindheit kränklich und während der Studienzeit
von einem Typhus heimgesucht, scheint er später stets einer guten
Gesundheit sich erfreut zu haben. Das Alter bleichte wohl
sein Haupthaar, vermochte aber die aufrechte Gestalt nicht zu
beugen.
Zum ersten Mal vernahmen wir von Krankheit, als er im Auf¬
trag der Regierung 1893 nach Chicago gereist war, — vielleicht
ein Wagniss für einen an solche Reisen nicht gewöhnten Mann von
72 Jahren, — und auf der Heimfahrt durch Hinabstürzen von der
Salontreppe des Dampfers eine nicht ungefährliche Verletzung sich
zuzog. Aber bald kam die frohe Kunde seiner Genesung. Um so
grösser war die allgemeine Trauer, als Anfang Juli d. J. ein
Schlaganfall ihn auf das Krankenlager warf. Unter der auf¬
opfernden Pflege der ersten Aerzte und seiner Familie schien die
Hoffnung auf Genesung schon wieder sich zu beleben, als ein neuer
Schlaganfall am Mittwoch den 5. September ihm das Bewusstsein
raubte und am 8. September seinen Tod herbeiführte.
Hirnblutung war die Todesursache. Die ungewöhnliche Ent¬
wicklung der Gehirnwindungen erregte die staunende Bewunde¬
rung der bei der Section anwesenden Aerzte und ist durch kunst-
geübte Hand in Wachs nachgebildet und der Nachwelt auf¬
bewahrt.
Von der Bestattungsfeier nur wenige Worte. Die Kränze
des Kaisers, der Kaiserin Friedrich, seiner Vaterstadt Potsdam, die
ihn schon vor längerer Zeit zum Ehrenbürger ernannt hatte, der
Akademieen, Universitäten, gelehrten und künstlerischen Gesell¬
schaften bedeckten den Sarg.
Die wirkliche Leichenrede für Hermann Helmholtz
schreibt die Geschichte der Wissenschaft.
*) „ Goethe’ s Vorahnungen kommender naturwissenschaftlicher Ideen“.
Popul. Abh. I, 2: „Ueber Goethe’s naturwissenschaftliche Arbeiten“.
Die Abhandlung „über Eis und Gletscher“ schliesst mit Mahomet’s Gesang
von Goethe.
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20^ September.
t _ DEUTSCHE ME DICINI SCHE WOCHENSCHRIFT.
I. Ans dem chemischen Universitätslaboratorium in Freiburg i. B.
Zur Kenntniss des Loretins.
v Von Ad. Claus.
In einem in No. 26 dieser Wochenschrift vom 28. Juni d J
erschienenen Referat über „Neue Arzneimittel“ findet sich bei
der Besprechung des Loretins wörtlich die folgende Bemer¬
kung:
„ . . . . Das Präparat soll ungiftig sein: dies ist un-
richtig, da es keine ungiftige Jodoformverbindung
giebt! . . . 6
.?* ese . letztere Behauptung des Referenten: „dass die über die
Ungiftigkeit des Loretins vorliegenden, zuerst von mir gemachten
Angaben unrichtig seien“, sofort und in demselben Journal abzu¬
lehnen und zu widerlegen, erscheint mir um so nothwendiger, als
diese Behauptung nicht etwa einem näheren Studium des be¬
treffenden Jodpräparates entsprungen oder auf eine genauere
Kenntniss desselben gestützt ist, sondern sich lediglich darauf
beschränkt, den von uns experimentell festgestellten Thatsachen
eme allgemeine theoretische Abstraction entgegen zu stellen.
In wie weit es überhaupt gerechtfertigt oder statthaft ist, so
wie es hier vom Referenten geschieht, das Dogma aufzustellen,
„dass alle Jodverbindungen als giftig anzusehen seien“, einfach aus
dem Grunde, weil sie eben Jod als Bestandtheil enthalten und weil
sie sich unter Umständen alle unter Abscheidung von freiem Jod
zersetzen können, — mag zunächst hier unerörtert bleiben. Zwei¬
fellos ist mit einer derartigen allgemeinen Sentenz in keiner Be¬
ziehung, weder praktisch noch wissenschaftlich, etwas gewonnen,
und am Ende müsste man mit demselben Recht auch die gleiche
Annahme der Giftigkeit für alle Chlorverbindungen gelten lassen,
da bekanntlich auch aus diesen unter den geeigneten Umständen
das giftige Chlorgas in freiem Zustand abgeschieden werden
kann!
Was speciell das sogenannte Loretin, die m-Jod-o-oxychi-
nolin-ana-sulfosäure anbetrifft, so waren es — wie ich bereits
in meiner ersten Mittheilung 1 ) über diesen Gegenstand hervor¬
gehoben habe — gerade die für eine organische Jodverbin¬
dung in mancher Hinsicht bemerkenswerthen Erscheinungen in
den Beständigkeitsbeziehungen dieser Substanz, welche mich zuerst
auf den Gedanken brachten, in ihr ein wichtiges Heilmittel, den
so lange vergeblich angestrebten Ersatz des Jodoforms aufge-
funden zu haben! Wie gleichfalls schon früher mitgetheilt ist,
haben die vor etwa zwei Jahren ausgeführten Voruntersuchungen
sowohl chemischer wie physiologischer und bacteriologischer Art
diesen Erwartungen nach jeder Richtung hin in überraschender
Weise entsprochen, und nachdem nun, abgesehen von zahlreichen
anderen einzelnen Untersuchungen, vor allem von Prof. Schinzin-
ger in seiner hiesigen Klinik seit mehr als 1 7-2 Jahren das Lore¬
tin in seinen verschiedenen Anwendungsformen bei allen einschlä¬
gigen Fällen an Stelle des früher verwendeten Jodoforms plan-
mässig zur Anwendung gebracht und in seinen Wirkungen und
Eflecten systematisch verfolgt und beobachtet ist, liegt nunmehr
ein Material an Beobachtungen und Erfahrungen vor, welches ge¬
stattet, ohne jedes Bedenken mit vollster Sicherheit und Bestimmt¬
heit das Loretin als ein, das Jodoform in jeder seiner guten
Eigenschaften mindestens vollwerthig ersetzendes, von den unange¬
nehmen Eigenschaften des letzteren, namentlich von jeder intoxi-
cativen Nebenwirkung durchaus freies Heilmittel zu be¬
zeichnen !
„Um die Frage über die Giftigkeit des Loretins zu entscheiden,“
heisst es in einer kürzlich aus der Münchener Klinik des Herrn Pro¬
fessor Klau ssner veröffentlichten Untersuchung, der Dissertation des
Herrn Dr. Schnaudigel*), „wurden zahlreiche Thierversuche gemacht,
welche die Ungiftigkeit des Loretins in vollstem Maasse bewiesen
haben: Hunde bekamen wochenlang bis zu 10 g innerlich, ohne irgend
welche Störungen in der Temperatur und ohne irgend welche anormale
Hambestandtheile zu zeigen. Desgleichen ergab die Behandlung künst¬
lich gesetzter Wundflächen und die wochenlang fortgesetzte Einimpfung
von Loretin- und Loretinnatronlösung niemals eine Störung im Befinden
der Versuch^thiere und einen normwidrigen Harnbefund. Loretin muss
somit auf andfere Weise antiseptisch wirken, wie die anderen Jodpräparate!
Und bei der Beurtheilung dieses Umstandes sind die Veränderungen in
Betracht zu ziehen, welche das Antisepticum auf der Wundflächo oder
im Darmcanal erleidet.“
„So wird beim Jodoform an der Applicationsstelle Jod abgespalten,
welches als Jodnatrium etc. und als Jodalbuminat in das Blut resorbirt
wird (Högyes, Zeller, Harnack); das Jodalbuminat wird im Orga¬
nismus wieder zersetzt und geht mit organischen Substanzen anderweitige
jodhaltige Verbindungen ein, die gleich dem Jodkali im Ham ausge¬
schieden werden. Die Jodalkalien sind für den Organismus ziemlich irrele¬
vant, so dass die Jodoformintoxication hauptsächlich auf dem Jod-
Archiv für Pharmacie 1893.
*) München 1894, S. 12.
albuminat, bezw. auf den daraus entstehenden organischen Jod-
verbindungen beruht (Harnack, Ludwig). Der Nachweis von Jod
un Ham kann bei Jodoformanwendung durch zweckmässige Untersuchung
immer geführt werden.“
„Beim Loretin liegen die Verhältnisse durchaus anders: Auf secer-
nirende Wundflächen gebracht, entzieht es als Säure dem Blutserum
Natron und vielleicht auch sonstige Alkalien, nie aber spaltet sich dabei
Jod ab, so dass es auch nie zur Bildung der gefährlichen Jodalbuminate
kommt und daher auch im Ham Jod nicht nachgewiesen werden kann!“
..... „Auch sonstige Zerfallsproducte des Loretins, wie Chinolin etc.,
werden nicht ausgeschieden. Auch der Darm resorbirt Loretin nicht, da
es, per os eingeführt, in den Fäces quantitativ vollständig wieder aus¬
geschieden wird.“
„Wir müsssen uns daher die antiseptische Wirkung des Loretins so
erklären, dass durch die Durchtränkung der Gewebe ein schlechter Nähr¬
boden entsteht; es werden im durchtränkten Gewebe Loretinalkalien ge¬
bildet, die antiseptisch wirken, und ebenso werden die Alkalien des ex-
sudirten Serums an das Loretin gebunden. Die feste Verkettung des
Jods im Loretin erklärt auch die Thatsache, dass bei äusserlicher An¬
wendung dieses Mittels niemals eine artificielle Dermatitis entsteht.“
An einer anderen Stelle, S. 23, wo Dr. Schnaudigel seine Er-
fahrungen über die Anwendung des Loretinnatriums als fnjoctionsmittel
bei Gonorrhoe beschreibt, heisst es:
„Alle bisher zur Verwendung gekommenen Mittel leiden an einem
oder mehreren von folgenden drei Fehlem:
1. Viele Mittel wirken in der zu Injectionen gebräuchlichen Ver¬
dünnung viel zu schwach, um bactericid wirken zu können.
2. Die zahlreichen Mittel, welche den Salzen der Schwermetalle
oder den Tannaten angehören, verlieren ihre Wirkung schon in den
oberflächlichsten Schichten des Schleimhautepithels durch die che¬
mische Umsetzung, die sie mit dem Eiweiss des Gewebes erfahren.
Diese Decke von Metallalbuminaten oder Albumintannaten hindert
das weitere Vordringen der antiseptischen Flüssigkeit einerseits und ist
selbst ohne antiseptische Wirkung andererseits. Das Mittel ist also
indifferent gemacht, ehe es die in der Tiefe liegenden Gonococcen
erreicht; und die Wirkung dieser Adstringentien wäre dann nur noch in
der Verödung des Nährbodens zu suchen.
3. Viele Mittel wirken endlich zu sehr reizend auf die Schleim¬
haut, erzeugen Schmerzen und befördern eher das Wachsthum der Bac-
terien in entzündetem Gewebe. Dieser letztere Fehler schliesst auch unser
bewährtestes Antisepticum, das Sublimat, von den Mitteln gegen Gonorrhoe
mit aus.
Von diesen Nachtheilen bemerkt man beim Loretin nichts: Die (spe¬
ciell hierzu verwendete) Lösung von Loretinnatrium ist ein kräftiges
Antisepticum und, ebenso wie das Loretin selbst, Eiweiss gegenüber nahezu
indifferent; die Lösung des Natronsalzes 4:100 wird ohne jegliche
Schmerzen ertragen und ausserdem kann die Concentration noch höher
genommen werden. Der einzige Nachtheil der Loretinnatronlösung, wel¬
chen man auffinden könnte, wäre der, dass sie orangerotho Flecken in
die Wäsche macht, die jedoch durch einfaches Auswaschen mit Wasser
leicht zu entfernen sind.“
Gestützt auf die früheren Angaben und Erfahrungen von Professor
Schinzinger, sowie auf seine eigenen, an der Münchener Poliklinik ge¬
machten Beobachtungen, fasst Dr. Schnaudigel, S. 13 seiner Disser¬
tation, die wesentlichsten Vorzüge, welche das Loretin bietet, in fol¬
gende acht Punkte zusammen:
„1. Das Loretin ist vollständig geruchlos.
2. Das Loretin zersetzt sich an der Applicationsstelle nicht.
3. Es entzieht, als Säure applicirt, dem Blutserum und dem Gewebe
Alkalien und bildet damit die leichtlöslichen Alkalisalze, welche ebenfalls
hohen antiaeptischen Werth haben.
4. Dadurch, dass das Loretin nicht resorbirt wird und sich nicht
zersetzt, sondern als Säure angewandt, allmählich weitere Verbindungen
von mindestens gleich hohem antiseptischem Werth entstehen lässt, wird
eine lange Dauer der desinficirenden Wirkung gewährt.
5. Grosse eiternde und leicht resorbirende Wundhöhlen können mit
beliebig grossen Quantitäten der Loretinnatronlösung durchspült
werden.
6 . Ekzeme und Dermatitiden werden bei der Anwendung von Loretin
vermieden.
7. Das Loretin befördert die Granulation.
8 . Es wirkt desodorirend.“
Aus dem ausserordentlich umfangreichen Material, welches
neuerdings aus der hiesigen chirurgischen Klinik 1 ) des Herrn
Prof. Schinzinger zu Gebote steht, hebe ich hier, wo es sich
doch zunächst wesentlich nur um die Frage nach der Giftigkeit
des Loretins handelt, nur einige Fälle hervor, welche ganz beson¬
ders deutlich erkennen lassen, dass auch bei ununterbrochen
festgesetzter Anwendung des Loretins in beliebig grossen Dosen
irgend eine Vergiftungserscheinung, oder auch sonst wie
nur unangenehme Nebenwirkung nicht beobachtet werden
konnte!
*) Eingehender wird Herr Prof. Schinzinger auf der diesjährigen
Naturforscherversammlung in Wien darüber berichten.
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urigiral rrem
UNIVERSETY OF MICHEGAN
738 _____
„Wenn Loretin als Jodpräparat, wie in dem besprochenen Referat
der deutschen medicinischen Wochenschrift behauptet ist, giftig wäre, so
würden wohl“ — schreibt mir Prof. Schinzinger — „wenigstens sicher
bei längerer Anwendung desselben in immer erneuten Mengen ähn¬
liche Erscheinungen nicht ausbleiben können, wie sie bei den Jodoform-
intoxicationen in vielen Fällen schon von vorne herein auftreten. Habe
gerade ich seiner Zeit auf die letzteren zuerst aufmerksam gemacht und
danach dieselben bei langjährigem Gebrauch des Jodoforms in meiner
Praxis genau kennen zu lernen vielfältig Gelegenheit gehabt, so wird
man es verstehen, dass ich von den ersten Versuchen an, bei welchen
überhaupt Loretin zur Verwendung kam, immer mit ganz besonderem
Interesse und geschärfter Aufmerksamkeit darauf geachtet, ja geradezu
danach gefahndet habe, ob sich nicht auch aus der Anwendung dieses
Jodpräparates, wenigstens unter gewissen Umständen, ähnliche unange¬
nehme oder überhaupt irgend welche Nebenwirkungen bemerklich machen
würden. Allein, in keinem einzigen der zalilreichen und verschieden¬
artigen Fälle konnten bisher irgend derartige Erscheinungen constatirt
werden, und ebenso wenig wie Intoxicationserseheinungen oder
Nierenreizungen konnte das Auftreten eines artificicllon Ekzems,
nicht einmal eines Erythems beobachtet werden!“
Um zu zeigen, bis zu welchen Quantitäten unter Umständen
die Anwendung des Loretins in seinen verschiedenen Formen zur
Ausführung kam, dürften die folgenden Beispiele genügen:
1. Bei einer Frau mit Osteomyelitis des Femur und umfäng¬
lichen Weichtheilabscessen wurde nach Aufmeisseln des Knochens
vom 30. März bis zum 7. Juli d. J. nach und nach nicht we¬
niger als 146 Meter Loretingaze in die verschiedenen Wund¬
höhlen eingelegt und ausserdem wurden noch Loretinpulver,
Loretins albe, -Stäbchen und ebenso Lösungen von Loretin
und von Loretinnatron zum Ausspülen der Wunden reichlich ange¬
wandt! &
Wenn man bedenkt, dass in dem Meter der 10®/oigen Loretin-
calciumgaze durchschnittlich 2—2,5 g Loretin enthalten ist, so
reprasentirt das bei diesem einen Patienten allmählich zur An¬
wendung gekommene Material mindestens 3—400 g Loretin
und bei dem Aufwand dieser Menge innerhalb etwa dreier Monate
liess sich keine Spur einer Giftwirkug oder überhaupt einer
sonstigen schädlichen Wirkung wahrnehmen; die Patientin welche
vorher zwei Jahre lang wegen ihres Leidens zu Bett liegen
Stock?’ 1St JGtZt aIS geheilt entlassen zu Hause — und geht am
. , 2. Ein mit diffusem Lymphangiom am Oberschenkel behaf¬
teter Patient erhielt wegen der reichlichen Secretion der Geschwulst
mit grossem Nutzen seit Januar d. J. 150 Meter Loretingaze:
also auch m diesem Falle wurden nach und nach über 300 g
^W P rkbar r machte daSS ^ gWi “ gSte Nebenwirku ^
drei , .schweren complicirten Unterschenkelfracturen
T , orsckieden j en Präparate des Loretins reichlich, und
zwar ununterbrochen durch 9-10 Wochen hindurch, mit dem
gleichgünstigen Erfolg verwendet!
Diesen Thatsachen gegenüber, denke ich, wird jede weitere
ÄÄ** Upgi ftigkeit des «» -eek,r e e?
II. Ans der medicinischen Klinik der Universität Frei¬
burg i. Br.
Die Behandlung der Pleuraempyeme bei an
Lungentuberkulose Leidenden.
Von Geheimrath Professor Dr. Ch. Bäumler.
(Schluss aus No. 37.)
Schwieriger gestaltet sich die Frage, wenn das Exsudat bei
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38
zum mindesten auch das Alter 1 ) des Kranken wird hier aus¬
schlaggebend dafür sein, ob zunächst ein mehr zuwartendes
Verfahren eingeschlagen werden darf, oder ob alsbald
die Radicaloperation vorzunehmen ist. Als ein Beispiel
wie es häufig in der Praxis vorkommt, erlaube ich mir folgenden
Fall kurz anzuführen:
. u F J all ,. 3 ‘ , Ein ® gesund aussehende, im Anfang der zwanziger Jahre
stehende barmherzige Schwester, die schon seit längerer Zeit etwas se
hustet hatte, erkrankt am 11. Januar 1893 mit stärkerem Husten Stechen
m der linken Seite und hat etwas blutig (pneumonisch) geerbten Aus¬
wurf. Daboi Fieber mit Temperaturen zwischen 39,2 und 40 4o eine
Pulsfrequenz von 96 bis 120 und 28 bis 32 Respirationen, Schon bei der
ersten Untersuchung des Sputums am 14. Januar fanden sich Tuberkel¬
bacillen. V on Anfang an waren in der linken Spitze feinblasige Rassel¬
geräusche zu hören, die sich, während der Auswurf schon am 15. Januar
geballt eitng wird, allmählich nach abwärts ausbreiten, während die Er¬
scheinungen derPleuritis mit langsam ansteigendem Erguss deutlicher werden:
ani ^ uar * st lmks hinten unten von der Spina seapulae und von der
dritten Rippe abwärts absolute Dämpfung vorhanden. Im Sputum fanden
sich Diplo- und Streptococcen und ganz vereinzelte Tuberkelbacillen. Pa
das Exsudat sich nicht zur Resorption anschickt, das Fieber im Gegen¬
teil Ende Januar noch steigt und fast allabendlich 4Go erreicht wird
am dl. Januar die Probepunction mittels des Dieulafoy’schen Apparates
gemacht Das Exsudat, von welchen 450 ccm entleert werden, ist eitrig
und enthält Streptococcen und weniger zahlreich Diplococcen.
b leber und Athembeschwerden wurden darauf etwas geringer, doch schien
es bei der Beschaffenheit des Exsudates trotz der offenbar pro-
gressiven Lungonaffection geraten, die Thoracotomie vorzunehmen.
Am 8 Februar wurde dieselbe von Herrn Prof. Kraske gemacht. Darauf
Fieberlosigkeit und gute Erholung, rasche Wiederentfaltung des linken
Unterlappens, bald vollständige Ausheilung der Eiterhöhle.
Am 8. März wurde die Kranke auf die medicinische Klinik zurück-
verlegt, wo sie noch bis zum 27. März verblieb. In dieser Zeit waren
nur Abends leichte Temperaturerhöhungen bis höchstens 37,9 bei Puls-
bls , 90 vorhande n, während das Körpergewicht von 54,5 auf
56,5 Kilo zunahm.
Bei der Entlassung aus der Klinik am 27. März fand sich im Bereich
des linken Oberlappens, vom bis zur dritten Rippe, hinten bis zum vierten
Brustwirbel allmählich abnehmende Dämpfung des Percussionsschalls und
bei unbestimmtem Athemgeräusch mit verlängertem Exspirum hinten oben
klemblasiges, zum Th eil klingendes Rasseln. Links hinten unten Dämpfung
an der zehnten Rippe, abgeschwächtes Athemgeräusch.
Die rechte Lunge, über welcher früher in der Höhe des Angulus
seapulae eine Zeit lang pleuritischos Reiben gehört worden war, frei von
katarrhalischen und Verdichtungserscheinungen. Im spärlichen Sputum
ruberkelbacillen. Kurze Zeit nach dem Austritt aus der Klinik trat eine
\ erschlimmerung ein; die verheilt gewesene Operationswunde brach wieder
auf, es stellte sich Fieber ein, und unter ziemlich rascher Zunahme der
Lungenerschcinungen erfolgte der Tod im November 1893.
Hier hatte es sich offenbar um eine rasch fortschreitende
Tuberkulose im Oberlappen der linken Lunge und ein Uebergreifen
broncho-pneumonischer Entzündungsheerde auf die Pleura gehandelt.
Das hohe Fieber und die Beschaffenheit des Exsudats erforderten
unbedingt die Radicaloperation, welche in Anbetracht der
vorhandenen Lungenerscheinungen auch einen überraschend guten
unmittelbaren Erfolg hatte. Da die rechte Lunge wahrscheinlich
nur sehr wenig erkrankt war, konnte man, da auch die Er¬
scheinungen in der linken Lungenspitze nach der Operation sich
besserten, einigermaassen hoffen, dass der tuberkulöse Process zum
Stillstand kommen würde. Diese Hoffnung erwies sich als trügerisch.
Immerhin hat die Operation der Kranken genützt, ihr Zustand
besserte sich vorübergehend erheblich, sie wurde fieberfrei und
ihre allgemeine Ernährung hob sich: es war ihr durch den Eingriff
wenigstens die Möglichkeit gegeben, sich wieder zu erholen,
während sie ohne denselben sicher in wenigen Wochen erlegen
wäre. So zog sich, was ja allerdings für die Kranke kein Gewinn
war, die Krankheit noch durch fast acht Monate hin.
Kann in solchen Fällen mit derartigem bacteriologisclien Be¬
fund von vorne herein keine Frage sein, was zu geschehen hat, so
ist die Entscheidung viel schwieriger in Fällen, in welchen ein
Empyem ohne oder mit Pneumothorax schleichend ent¬
standen ist, und der Kranke gewöhnlich erst nach Wochen oder
selbst Monaten in Behandlung kommt. Hier besteht die Be¬
fürchtung, dass die lange comprimirt gewesene Lunge nicht mehr
in genügendem Maasse entfaltungsfähig ist, dass also Heilung,
sofern der Zustand der tuberkulösen Lunge eine solche zulässt,
nach der Radicaloperation, eventuell nach mehrfacher Rippen-
resection, nur mit erheblichem Defect und mit Difformität möglich
ist, oder dass, wenn man sich auf eine weniger eingreifende
Operation beschränkt, eine Thoraxfistel Zurückbleiben wird.
In einem solchen Fall ist das, was von etwaigen günstigen
mechanischen Wirkungen des Exsudates auf die kranke Lunge
erwartet werden darf, vielleicht längst erreicht gewesen, ja es ist
hinsichtlich der Compression des Guten schon zu viel geschehen,
■p n !) den Fall von Schede, IX. Consrr. f. inn. Med. S. 74; auch
Fall 50, S. 93.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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20. Septemb er
so dass die Lunge sich nun nicht mehr genügend entfalten kann.
Lassen Sie mich die Schwierigkeit, die in einem derartigen Fali
die Entscheidung über das zweckmässigste Handeln haben kann,
an einem Beispiel illustriren.
Fall 4. Frl. v. S. hatte sich, 26 Jahre alt, wahrscheinlich bei der
Pflege eines an Phthise verstorbenen Bruders inficirt, bekam im Winter
1886/87 Blutspucken und darauf Pleuritis und Pneumothorax auf der
rechten Seite 1 ).
Als ich am 7. Juni 1887 die Kranke in Consultation mit Herrn
Dr. Kollmann in Badenweiler sah, war sie trotz des seit Monaten
bestehenden Exsudats von gesundem, ja blühendem Aussehen, nur ein
wenig cyanotisch und beim Gehen etwas kurzathmig, aber ganz fieberfrei.
Der Percussionsschall rechts vod der ersten Rippe abwärts stark ge¬
dämpft, das Herz stark nach links verschoben, Erscheinungen von
Pneumothorax waren jedoch nicht vorhanden. Um die Natur
des Exsudats und die Verhältnisse der Brustorgane festzustellen, wurde
mit dem Dieulafoy’schen Apparat punctirt und 1000 ccm eitrigen
Exsudates aspirirt. Starker Hustenreiz, Spannungsgefühl in der Brust,
gesteigerte Herzaction und vermehrte Cyanose nöthigten zur Unter¬
brechung der Operation, welche eine entsprechende Veränderung der
physikalischen Erscheinungen ohne Auftreten von solchen eines
Pneumothorax zur Folge hatte.
Der stark verfettete Eiter des Exsudats enthielt ganz vereinzelte
Tuberkelbacillen, keine anderen Bacterien (Prof. Schottelius).
Die bereits nach Fortnahme eines kleinen Theiles des Exsudats auf¬
tretenden erheblichen Erscheinungen schienen darauf hinzudeuten, dass
die rechte Lunge nur mehr sehr wenig ausdehnungsfähig sei.
Es wurde deshalb in der Befürchtung, es möchte eine offene Thoraxfistel
Zurückbleiben und immer aufs neue zu wiederholende Resectionen am
Thorax nöthig werden, beschlossen, von einer Radicaloperation Umgang
zu nehmen und nur nach Erfordernis durch Aspiration das Exsudat zu
verringern.
Bei einer am 21. Juli 1887 vorgenommenen zweiten Punction trat
schon nach Wegnahme von 800 ccm Exsudat Hustenreiz auf. Nachher
wurden in der rechten Lungenspitze Rasselgeräusche gehört, die linke
Lunge war bisher ganz frei von krankhaften Erscheinungen. In dem
krümlichen Empyemeiter konnten diesmal keine Tuberkelbacillen gefunden
werden.
Der Aufenthalt in Badenweiler und die zweimalige Verminderung
des Exsudats bekamen Frl. v. S. sehr gut. Sie konnte mehr gehen und
befand sich bei ruhigem Verhalten völlig wohl. Im Herbst ging sie nach
Seewis, ein Versuch, den Winter in Davos zuzubringen, musste aber
wegen gesteigerter Athembeschwerden aufgegeben werden. Sie ging dann
nach Mentone, verbrachte dort einen guten Winter und kehrte im Mai
1888 nach Badenweiler zurück.
Am 25. Mai 1888 fand ich sie etwas kurzathmiger als im Jahre vor¬
her, etwas abgemagerter, aber doch immer noch sehr gut genährt, fieber¬
frei und ohne erheblichere und besondere Beschwerden.
Namentlich war auch jetzt, wie schon bisher, kaum Husten vorhanden.
Die physikalischen Erscheinungen hatten sich aber gegen das Vor¬
jahr geändert. Es war jetzt Pneumothorax nachweisbar: Rechts
oben unter der Clavicula dreieckig gestalteter Raum mit tiefem tyrnpa-
nitischem, aber etwas gedämpftem Schall, unterhalb desselben,
zwischen zweiter und vierter Rippe, in der Parasternalgegend
ein rundlich gestalteter Bezirk von gedämpftem, hoch tym-
anitischem Schall, bei Lageverändenmgeji seine Grenzen wechselnd;
uccussionsgeräuseh, von der Kranken selbst gehört und gefühlt.
Am 5. Juni war der hohe tympanitisehe Schallbezirk und ebenso
auch das Succussionsgeräusch verschwunden, auch sonst keine Zeichen
von Pneumothorax mehr nachweisbar. Es war also offenbar in¬
zwischen die Luft im Thorax zu Resorption gekommen. Wegen der
trotzdem noch starken Verlagerung des Herzens wurde punctirt. Die
Aspiration förderte dünnflüssigen geruchlosen Eiter zu Tage, und wiewohl
nur 1760 ccm entleert wurden, wobei Luftblasen in der Röhre sich nicht
zeigten, blieben doch diesmal alle jene bei den früheren Pnnctionen auf¬
tretenden Erscheinungen von Spannungsgefühl und Circulationsstörung in¬
folge der Druckerniedrigung in der rechten Pleurahöhle aus. Dabei rückte
aber trotzdem das Herz, dessen Spitze vorher in der linken Mammillarlinie
gestanden hatte, bis zur linken Parasternallinie herüber. Erst gegen
Ende der Aspiration hörte man wiederholt bei der In- und
Exspiration ein feingurgelndes Geräusch in der rechten Brust¬
hälfte. Der Percussionsschall war jetzt rechts unten von oben bis unten
voll, in der obersten Partie etwas tyrapanitisch. Unterhalb der vierten
Rippe deutlicher Metallklang bei Stäbchenplessimeterper¬
cussion.
Es war also während der Aspiration wieder durch die offenbar durch
den Aspirationszug eröffnet« Perforationsstelle an der rechten Lunge Luft
aus der letzteren in die Pleurahöhle übergetreten. Oben lag die compri-
mirte Lunge der Brustwand wahrscheinlich fest verwachsen an (tympani-
tischer Schall).
Patientin fühlte sich nach Entfernung einer so erheblichen Flüssig¬
keitsmenge sehr wohl, brachte den Sommer in Dänemark zu, im Herbst
kam sie wieder nach Badenweiler, wo sie auch den Winter 1888/89
über blieb.
Am 26. April 1889 hatte ich Gelegenheit, eitrigen Auswurf, der nur
ein einziges mal in letzter Zeit in dieser Weise vorhanden gewesen war,
zu untersuchen. In sieben Präparaten landen sich keine Tuberkelbacillen.
Der allgemeine Ernährungszustand war besser, als im Jahre zuvor (Körper¬
gewicht 65 Kilo), das Aussehen vortrefflich, doch etwas cyanotisch. Bei
1 ) Der Pneumothorax war im März 1887 von Prof. A. Weil ip Ajaccio
uachgewiesen worden.
731
einer am 21. Mai vorgenommenen Untersuchung zeigte sich der Thora
vollkommen symmetrisch, rechts oben etwas Zurückbleiben bei der Ath
mung, aber keine Abflachung. Oberhalb der Clavicula leichte Dämpfunj
mit etwas tympanitischem.Beiklang, unterhalb der Clavicula der Percussions
schall laut tyrapanitisch in dem für Pleuraexsudate typischen dreieckigel
Bezirk. Nach aussen und unten ist letzterer begrenzt von absolute
Dämpfung, welche bis zum Rippenbogen und in der Mammillarlinie 2 cu
unterhalb desselben hinabreicht. Erscheinungen von Pneumothora:
auf keine Art nachzuweisen. Herzdämpfung reicht bis 2 cm jen
seits der linken Mammillarlinie. Neben dem Sternum rechts zwischei
zweitem und viertem Rippenknorpel fein- und mittelblasiges klingendei
Rasseln. Rechts hinten oben bis zur Spina scapulae mässig voller Schall
vesiculäres Athmungsgeräusch und sehr spärliches Rasseln. Seitlich wii
vom unten ganz abgeschwächtes Athmungsgeräusch, starke Fortleit um
der Herztöne, die ganz rein sind. Hinten von der Spina scapulae ab
wärts hohes Bronchialathmen beim Exspirium, oder schwaches Respi
rationsgeräusch. Linke Lunge ganz frei, auch hinten unten kein Rassel
geräusch.
Seitdem habe ich die Kranke nicht mehr gesehen. Sie kehrte ii
ihre Heimath zurück, wo, wie ich später erfuhr, zwischen März 1890 um
April 1891 von Dr. J. Schou in Kopenhagen wiederholte ausgedehnt«
Rippenresectionen vorgenommen wurden. 1 ) Zur Zeit der Berichterstattung
war noch eine kleine Fistel von der grossen Eiterhöhle zurückgeblieben
Erscheinungen von amyloider Degeneration nicht vorhanden. Aussei
etwas Dyspnoö befand sich Patientin wohl. Sie hat sich inzwischen ver
heirathet.
Wir sehen an diesem sehr bemerkenswerthen Fall, dass eir
kräftiges, vorher gesundes Mädchen, bei welchem sich, offenbai
sehr frühzeitig im Verlauf einer ganz lokalen tuberkulöser
Affection der rechten Lunge, ein Pyopneumothorax gebildet hatte
drei Jahre lang mit Ausfüllung fast der ganzen rechten Pleurahöhle
mit Eiter fieberfrei bleiben und sich eines vortrefflichen Ernährungs¬
zustandes, ja, sofeme stärkere Bewegungen vermieden wurden,
eines von Beschwerden freien Lebens erfreuen konnte, wenn von
Zeit zu Zeit durch Fortnahme von 1000—1700 ccm Flüssigkeit die
Brustorgane entlastet wurden. Vom Juni 1887 bis Juni 1888 wur¬
den drei Entleerungen nöthig. Nach den geringfügigen Operationen
fühlte sich Patientin erleichtert, konnte besser gehen, und hatte
bei ruhiger Beschäftigung im Hause keine besondern Beschwerden.
Nach der weiteren Krankengeschichte von Dr. J. Liisberg 2 )
wurden zunächst vom October 1889 bis März 1890 etwa allmonat¬
lich Entleerungen vorgenommen. Nie konnten von diesem im
Exsudat Tuberkelbacillen nachgewiesen, noch auch Kaninchen mit
demselben tuberkulös inficirt werden.
Schon bei der ersten Punction im Juni 1887 war es klar,
dass, wenn anstatt der Punction die Thoracotomie gemacht worden
wäre, sicher eine Fistel zurückgeblieben sein würde. Denn schon
nach Entfernung von 1000 ccm Flüssigkeit traten Erscheinungen
auf, die bewiesen, dass die eomprimirte Lunge sich nicht weiter
ausdehnen und dass auch auf andere Weise der durch Fortnahme
von Flüssigkeit geschaffene Raum nicht ausgefüllt werden könne.
Neben der Misslichkeit und Gefahr einer offenen Fistel hielt da¬
mals auch noch die Befürchtung, es möchte nach dauernder Weg¬
nahme des Druckes von der kranken Lunge die tuberkulöse Er¬
krankung derselben eine raschere Ausbreitung erfahren, von einer
Radicaloperation ab. Diese letzterwähnte Befürchtung musste, wie¬
wohl Tuberkelbacillen im Auswurf nicht nachgewiesen werden
konnten, angesichts des auscultatorischen Befundes (fein- und
mittelblasiges, klingendes Rasseln rechts neben dem Sternum) auch
im April 1889 gehegt werden.
Damals lagen eben auch noch nicht die emuthigenden Er¬
folge eines dreisten operativen Eingreifens vor, wie sie seit den
Mittheilungen Sehe de’s auf dem IX. Congress für innero Medicin
(1890) in steigender Zahl von verschiedenen Chirurgen gewonnen
worden sind.
Es handelte sich im vorliegenden Falle um die eigenthümliche
Form von Empyem, welcher Bouveret *aen Namen „Empyömc
graisseux“ beigelegt hat und deren specielle Genese noch in Dunkel
gehüllt ist, wiewohl soviel wohl mit Sicherheit angenommen wer¬
den darf, dass der Tuberkel bacillus dabei die Hauptrolle spielt.
Bei den so vielfachen Möglichkeiten, unter denen ein Empyeme
sich mit Lungentuberkulose verbinden kann, muss bei der Be¬
handlung sehr individualisirt werden. Die verschiedensten
Umstände können im Einzelfalle ausschlaggebend für die Wahl
des Heilplanes sein, es kann derselbe im Laufe der Behandlung
auch geändert werden müssen, wenn neue Gesichtspunkte sich bei
fortgesetzter Beobachtung ergeben. So erklärt es sich auch, dass
wir so verschiedenen Ansichten in Bezug auf diese Frage bei den
erfahrensten Aerzten begegnen. Während manche, wie Fräntzel,
i) Durch Herrn Dr. Kollmann’s freundliche Vermittelung erhielt ich
die No. 12 des Jahrgangs 1893 der „Ugeskrift for Laeger“, in
welcher auf S. 175 der vorliegende Fall ip seinem weiteren Verlauf be¬
schrieben ist.
*) 1. c. S. 176.
~Gö gle
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
I
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Senator, Goltdammer nahezu alle Empyeme bei Tuberkulösen
für ein Noli me tangere ansehen, wollen andere, wie Bouveret,
Runeberg und die Mehrzahl der Chirurgen nur die von vorn¬
herein ganz hoffnungslosen Fälle aussehliessen. Einzelne, wie
Debove und Courtois-Suffit 1 ) gehen wieder nicht soweit, in¬
dem sie die Thoracotomie nur bei dem acuten, durch Eitercoccen
hervorgerufenen Empyem der Tuberkulösen angewendet wissen
wollen, das chronische, nach Art eines kalten Abscesses verlau¬
fende Empyem aber nur mit wiederholten Punctionen zu behandeln
rathen.
Weitere Erfahrungen werden vielleicht die Waagschale vol¬
lends zugunsten der Radicaloperation sinken lassen, doch können
auch jetzt schon gewisse Regeln als Richtschnur für unser Handeln
in derartigen Fällen aufgestellt werden. Obenan muss selbstver¬
ständlich immer der Satz stehen: Was ist zu möglichst langer
Erhaltung des Lebens bei möglichst gutem Befinden für den
Kranken das Beste?
Die möglichst lange Erhaltung des Lebens in den Vorder¬
grund zu stellen, hat deshalb seine Berechtigung, weil wir doch
oft genug bei chronisch Kranken, und nicht zum mindesten bei
den tuberkulösen Erkrankungen der Lunge, überraschende und un¬
erwartete Wendungen, die allmählich zur Besserung führen, ein-
treten sehen. Man missverstehe mich nicht. In der Mehrzahl
der Fälle wird man gewiss von Anfang an bestimmt den einzu¬
schlagenden Weg vor sich sehen; aber es giebt Ausnahmefälle,
die nicht nach den allgemeinen Regeln, sondern nach den für den
betreffenden Fall unter Berücksichtigung aller Umstände aufzu¬
suchenden Indicationen zu behandeln sind, und da kann unter
Umständen auch bei gutem Allgemeinzustand ein abwartendes
rein palliatives Verfahren vor eingreifenderen zunächst den Vorzug
verdienen. b
Im allgemeinen dürften aber für die Behandlung der Em-
pyeme ohne oder mit Pneumothorax bei an Lungen¬
tuberkulose Leidenden die folgenden Gesichtspunkte als die
leitenden aufzustellen sein:
1. Unter allen Umständen muss ein radicaler Ein-
gnff, am besten die Thoracotomie mit Rippenresection
gemacht werden, wenn die Probepunction Eitercoccen
im Exsudat nachw r eisen lässt.
_ llf ? er . kan ° e . ia et waiger günstiger mechanischer Einfluss des Exsudats
Jt Ube * kul 1 L r geU T, Grkrankimg gar nicht in Betracht kommen,
da das mit einem solchen Empyem verbundene hohe Fieber, bezw die
noch , ™ nachtheiliger auf den Kranken wirkt und seine
Kräfte rascher aufzohrt, als selbst em ziemlich schnelles, mit hektischem
Fieber emhergehendes Fortschreiten der Lungenerkrankung.
Unterlassen wird man die Operation hier nur, wenn der Kranke
schon vor Auftreten des Empyems in einem rasch fortschreitenden
schlechtei und hoffnungslosen Zustand sich befand. Hier befchlelnigt das
Empjem entweder die überhaupt durch nichts mehr abzuwendonde 8 Auf-
sung, oder es kann sich unter Umständen sogar diese oder jene quälende
Erschemung wie Husten und Auswurf, bessern, und so trotz Fiebe/s der
lieber*werdem StaDd d6S S6mem E “ de ont S e g en gehenden Kranken erträg-
1 • nF' B .^. h “ , * d « Exsudafc keine Eitercoccen aber viel-
kOTnd welchS°Art e ^ el H- dI1 t n ’- od6r A auch S“ keine Bacterien
irgend welcher Art, wie dies bei von Anfang an schleichend yer-
st fe so e werfet b hed C \ r rr h / e T 0rdenem Exsudat “eist der Fall
4 ■ S0 .- werden bedrohliche Verdrängungserscheinungen zunächst
Aspiration einer gewissen Exsudatmenge erforderlich machen Da-
entfMt rd S1 ä. he ™ sst ® Uen ’ inwieweit die comprimirte Lunge noch
entfaltungsfähig ist. Auch über den Grad der Erkrankung der¬
selben lässt sich erst nach Verminderung des Druckes uudttoil
i
es.'Sj- “Ätstr: i
hand Zeiä s£h B b f b r f er f-kuTüseÄÄg Äge™' 1
^kiKÄrLunS, £iRXtÄÄr !
S.38^u M °8 U ^ ard M8rtin Und ^°* Eez ’ eit- bei Bouveret, 1. c.,
menge, etwa 1000 ccm und darüber, keine unangenehmen Ersehe,
nungen ein, wie heftiger Hustenreiz, Cyanose, kleiner frequenter
Puls Schmerzen in der Brust, ist die andere Lunge ganz ode
grösstentheils gesund, die comprimirte nur wenig erkrankt so wird
man, nachdem der Kräftezustand sich nach der theilweisen Ent.
leerung etwas gebessert hat, die Thoracotomie wagen können Tr
nach dem endgültigen Ergebniss derselben kann es später nöthig
werden, durch weitere Rippenresectionen die völlige Ausheilung der
etwa zuriickbleibenden Eiterhöhle zu erstreben. S
3. Ist bei einem grossen, bereits lange bestehenden Em-
pyem die comprimirte Lunge, auch nach dem Ergebniss der Asm-
Wenlg ode J r ’f au “ ausdehnungsfähig, ist dabei
abei der Allgememzustand des Kranken leidlich oder gut das Em-
pyem stationär und sind die Erscheinungen lediglich von der Be
einträchtigung der Respiration und Circulation abhängig (Athem-
T n w., H er pfei !i- ? ÜSte i?' ErUCk im Epigastrium), Io ist unter
Umständen ein palliatives Verfahren mehr im Interesse des Kranken
7wi-*h radlcaler E . lngrlff - H , ier sind in grösseren oder kleineren
Fitflr= h „I'r”ti, e “i Je na S h ., de “ Er8 °beinungen, Aspirationen des
Eiteis zur theilweisen Entlastung der Brustorgane vorzunelimen
Bessert sich unter sorgfältiger palliativer Behandlung der Zu-
stand des Kranken noch weiter, stellt sich nach wiederholten
Punctionen eine deutliche Neigung zur Verkleinerung der be¬
treffenden Brustseite heraus, so könnte man auch hier doch noch
bewegen* lassen!* '’ ^ ^ * Ur AusheiIung zu bringen, sieb
.. Als das mildeste Verfahren, um diesen Zweck zu erreichen
konnte hier vor allem die Playfair»J-Bülau^’sche Methode
er langsamen Aspirationsdrainage angewendet werden,
welche in Immermann Curschmann und Leyden auf dem
?• ^ngress für innere Medicin für die Behandlung des Empyems
überhaupt w ar me Vertreter gefunden hat. Durch die Mittheilungen
von Wolfler, Bohland3), A. Fraenkel*), Sahli (A. Eberle*)
ist dieselbe noch mehr in den Vordergrund gerückt worden, ob¬
wohl nicht verschwiegen werden darf, dass andere, wie Runc-
berg, Bouveret, sich abweisend verhalten. Immerhin wird auch
bei Anwendung dieser Methode je nach Umständen im weiteren
erlaufe die Thoracotomie, eventuell mit weiteren Rippenresectionen,
als letztes Auskunftsmittel nicht zu umgehen sein.
Die ganze Entwickelung, welche die therapeutischen Bestre¬
bungen zur Heilung des Empyems bei Lungentuberkulösen ge¬
nommen haben, drängt mehr und mehr zu der wiederholt in neuerer
Zeit, namentlich auch in der Discussion auf dem 9. Congress für
innere Medicin in Wien ausgesprochenen dringenden Mahnung an
die Aerzte hin, wie beim Empyem überhaupt, so auch beim Em-
pyem Tuberkulöser frühzeitig planmässig und entscheidend ein-
zugreifen. Am schwierigsten wird unter Umständen die Entschei¬
dung sein in Fällen von acuter eiteriger Pleuritis bei plötzlich
flond werdender, bis dahin latent gewesener Tuberkulose der
Lungen. Allein sorgfältigste Ueberwachung eines solchen Falles
unter Berücksichtigung des bacteriologischen Ver¬
haltens des Exsudates wird auch hier hinsichtlich der Be¬
handlung des Empyems zur rechten Zeit das Richtige treffen
lassen.
sies purulentes. P^ris 1892^ S° 182°^ 196. fflt ’ Tra,tement des P leilr<5 ‘
Digitized fr,
Gck .gle
III. Aus der chirurgischen Universitätsklinik und dem
St. Johannes-Hospital in Bonn.
Erfahrungen bei 2000 Aethernarkosen.
Von Dr. Otto Heusler, Assistenzarzt.
Als Prof. Trendelenburg im Sommer 1892, veranlasst durch
wiederholte Todesfälle in der Chloroformnarkose und durch die
ersten Ergebnisse der Gurlt’schen Statistik angeregt, sich ganz
der Aethernarkose zuzuwenden begann, war dieselbe in Deutsch¬
land nur wenigen Chirurgen bekannt. Nach dem Bericht von
VOm April 1892 hatten nur Bruns und Stelzner in aus¬
gedehnterem Maasse von der Aethernarkose Gebrauch gemacht,
der eine in 678, der andere in 761 Fällen; fünf andere Chirurgen
hatten dieselbe, ebenso wie Trendelenburg, bisher nur in ein¬
zelnen Fällen benützt. In früheren Zeiten allerdings war die
Aethernarkose, oder wenigstens die gemischte Aether-Chloroform¬
narkose, in einzelnen Kliniken regelmässig in Gebrauch gewesen.
So leitete Busch in Bonn die Narkose immer mi t. Aether ein und
liess dann Chloroform folgen, ein Verfahren, dass meines Wissens
auch Busch’s Schüler, Madelung, beibehalten hat.
3 Transact. of the Obstetr. Soc. of London 1872, t. XIV.
2 Verh. des 9. Congr. f. inn. Med. 1890.
) Deutsche med. Wochenschr. 1891, S. 1304 und 1893, S. 449.
5 ) 1 . c.
5 ) Zur Behandlung der Pleuraempyeme mittels Punctionsdrainagc.
Inaug.-Diss. Bern 1892, .
Original from
university of michigan
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
741
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20. September.
Die ersten Versuche mit reinen Aethernarkosen in der Bonner
Klinik ergaben unbefriedigende Resultate; es dauerte sehr lange
ehe die Narkose erzielt wurde, und es stellte sich eine sehr lästige
profuse Salivation ein. Es lag dies daran, dass wir eine zu kleine
Maske nahmen und die Aetherdämpfe daher nicht eoncentrirt genug
emwirkten Im Herbst 1892 fand dann Prof. Trendelenbur«
durch das freundliche Entgegenkommen von Juliiard in Genf Ge¬
legenheit das von diesem angewandte Verfahren kennen zu lernen
und seitdem wir dieses in der Klinik ausschliesslich anwenden’
haben wir allen Grund, mit der Aethemarkose zufrieden zu sein’
Mit der Veröffentlichung der Resultate haben wir bisher ge¬
zögert, um erst ausgedehntere Erfahrungen zu sammeln. Jetzt
steht uns eine Reihe von über 2000 reinen Aethernarkosen (aus
der Universitätsklinik und dem St. Johannes-Hospital) zu Gebote
und wir haben nach den dabei gemachten Erfahrungen mehr und
mehr die Ueberzeugung gewonnen, dass der Aether als das Normal-
anästhesirungsmittel anzusehen ist, so lange kein neues, vielleicht
noch besseres und noch weniger gefährliches Mittel’ gefunden
wird.
In statistischer Beziehung ist die Zahl 2000 zwar an sich
sehr klein; unsere Resultate können daher erst Bedeutung ge¬
winnen, wenn sie in der allgemeinen von Gurlt unternommenen
Narkotisirungsstatistik 1 ) mit verarbeitet sind. Es ist zu hoffen
dass die Betheiligung an dieser Statistik von seiten der Kliniken
und Krankenhäuser eine allgemeinere wird, als sie bisher gewesen
ist. Denn der Nutzen derselben liegt klar zu Tage. Sind doch
schon jetzt die Resultate sehr überraschende: Auf 2915 Chloro¬
formnarkosen kam ein Todesfall, die Aethemarkose ergab erst auf
14646 Fälle einen Todesfall, oder richtiger gesagt, keinen Todes¬
fall. Denn der registrirte Todesfall aus der Bonner Klinik war,
wie hier ausdrücklich hervorgehoben werden soll, kein Todesfall
durch Aether, er ist nur aus übergrosser Gewissenhaftigkeit als
solcher eingetragen und bei der Revision versehentlich stehen ge¬
blieben.
Was die Technik der Aethemarkose angeht, so bestellt unsere
der Julliard’schen nahezu gleiche Maske aus einem mit Hand¬
griff versehenen Drahtkorb, dessen ovale Oeffnung so gross ist,
dass sie das volle Gesicht des Patienten aufnimmt, ferner einer
darüber gelegten dicken Lage von Gaze oder einer mehrfachen
Schicht von Flanell, die noch.von einem Wachstuch überdeckt ist.
Auf diese Weise erhält man die zur Erzielung von vollkommener
Anästhesie erforderliche Concentration der Aetherdämpfe. Eine
Chloroformmaske, auf welcher der aufgegossene Aether im Augen¬
blick verdunstet sein würde, ist gänzlich unbrauchbar.
Das Quantum des aufgegossenen Aethers muss zu Beginn der
Narkose gross sein. Die nöthige Menge ist individuell sehr ver¬
schieden. Erwachsene brauchen naturgemäss mehr als Kinder,
Männer wieder mehr als Frauen, das meiste Potatoren und nervöse
Individuen. Doch sollten 30 ccm immerhin das Mindestmaass des
anfangs aufgegossenen Aethers, auch bei Kindern, sein, falls nicht
aussergewöhnliche Umstände, wie z. B. Sliok nach schweren Ver¬
letzungen, zu besonderer Vorsicht mahnen. Das Mittelmaass bei
uns ist wohl 50 ccm; im übrigen, möchte ich sagen, ist es Sache
der Uebung und des Gefühls des Narkotisirenden, wieviel er jedes¬
mal aufzugiessen für nöthig hält. Ist einmal vollständige An¬
ästhesie vorhanden, deren Eintritt in vielen Fällen schon durch deu
ersten Aufguss nach wenigen Minuten he wirkt wird, so sind nur
noch geringere Mengen Aether nöthig, jedesmal etwa 20 ccm, um
die Narkose zu unterhalten. Bei allen voraussichtlich länger
dauernden Operationen erhalten Erwachsene zu Beginn eine sub-
cutane Morphininjection, und zwar Männer 0,01—0,015, Frauen
0,005—0,01 g. Die Vorbereitungen zur Aethemarkose sind die¬
selben wie die zu jeder anderen Narkose.
Die Maske wird zunächst nicht sofort ganz übergestülpt, son¬
dern erst bis zu einer Entfernung von ungefähr 5 cm dem Gesicht
des Patienten genähert, wodurch das anfängliche Gefühl der Be¬
klemmung und Erstickung gemildert und auch, wie uns scheint,
die Schleim- und Speichelsecretion, von der an späterer Stelle die
Rede sein wird, nicht so profuse wird. Nach etwa l /2 Minute wird die
Maske dem Gesicht fest aufgesetzt und darüber noch ein nasses aus¬
gerungenes Handtuch gedeckt, so dass überall ein möglichst dichter
Abschluss gegen aussen erzielt wird. Die Maske wird, wenn sonst
keine Störung eintritt, bei kurzdauernden Narkosen nur zum neuen
Aufgiessen gelüftet. Man wird jedoch finden, dass sich die Aether¬
dämpfe in diesem abgeschlossenen Raume vorzüglich halten, so dass,
wie schon gesagt, häufig der erste Aufguss zur Herbeiführung
vollständiger Anästhesie genügt und dass oft erst nach V-i, ja V 2
Stunde und mehr ein neues Aufgiessen nöthig wird. Aus dem¬
selben Grunde kann man die Maske, nachdem man sie — mit dem
offenen Theil nach unten und übergedecktem Handtuch — bei
Seite gelegt hat, auch wieder nach längerer Zeit benutzen, ohne
frisch aufzugiessen. Im allgemeinen geschieht dies jedoch nur bei
länger dauernden Operationen. Desgleichen nehmen wir allerdings
auch bei kleinen Kindern, trotzdem wir gerade hier nur sehr selten
üble Zufälle gesehen haben, aus Vorsicht die Maske ab, sobald
Anästhesie eingetreten ist.
Mit Unrecht hat man dieser sogenannten Genfer Methode des
Aotherisirens den Namen Erstickungsmethode beigelegt, und wenn
Grossmann 1 ) aus diesem Grunde neuerdings für eine auch von
anderen geübte Methode des langsameren Aefcherisirens mit der
Wanseher’schen Maske eintritt, so mache ich darauf aufmerksam,
dass Dreser 2 ) auf Grund von ausführlichen Untersuchungen zu
dem Resultat gekommen ist, dass es unter der Julliard'schen
Maske „weder zu einer bedenklichen Anhäufung der Kohlensäure
noch zu einer irgendwie gefährlichen Verarmung der geathmeten
Luft an Sauerstoff kommt.“ Dies ganz abgesehen von der Länge
der Zeit, welche diese Methode zur Erzielung von Anästhesie be¬
ansprucht und die 15—80 Minuten befragen soll.
Der Aether wird aus Marquart’s chemischer Fabrik in braunen
Flaschen von 500 g Inhalt bezogen. Eine solche Flascho nebst
den zur Narkose nötliigen Instrumenten: Roser’schem Kieferdiln-
tator, Zungenzange, Schwämmchen zum Mundauswischen, trägt der
Narkotiseur in einer an einem Schulterband befestigten Tasche.
Der Aether wird von Zeit zu Zeit in dem hiesigen pharinokolo-
logischen Institut auf seine Reinheit geprüft. Derselbe erwies sieli
als den Ansprüchen der Pharmakopoe entsprechend bis auf einen
geringen Gehalt von Wasserstoffsuperoxyd, der nach der Meinung
von Herrn Geheimrath Binz zu unbedeutend war, als dass er
irgend einen nachtheiligen Einfluss auf die Narkose hätte ausüben
können.
Von dem Verlaufe der Aethemarkose will ich nur die Haupt¬
punkte, und zwar mit besonderer Berücksichtigung des Unter¬
schieds gegenüber der Chloroformnarkose hervorhebou. Derselbe
ist in der Mehrzahl der Fälle (etwa %) ein typischer. Um diesen
sozusagen idealen Verlauf zu erzielen, ist es vor allem nöthig,
den Patienten in Ruhe zu lassen, ihn nicht durch zu frühes
Waschen und Desinficiren, geschweige denn Operiren, zu stören,
bevor Anästhesie eingetreten ist. Narkotisirt man unter Beob¬
achtung dieser und der früher angegebenen technischen Regeln,
so tritt im Mittel nach fünf Minuten, oft aber auch schon nach
1—2 Minuten, ohne jegliches Excitationsstadium volle Anästhesie
ein. Schon vorher tritt eine lebhafte Rötho des Gesichts und
des Halses, manchmal auch der oberen Brustpartieen, ein, die
auch bei freien Luftwegen in leichte Cyanose übergehen kann.
Oefters tritt gleichzeitig ein mehr oder weniger starker Schweiss -
ausbruch, besonders im Gesicht, auf; die Conjunctiven sind stark
injicirt. und glänzend. Die Hautröthe nimmt im Verlauf der
Narkose meist ab, selten aber bemerkt man jenes fahle Aussehen,
das vielen Chloroformnarkosen eigen ist. Eine mässige Speichel¬
und Schleimsccretion in den oberen Luftwegen, besonders zu Be¬
ginn der Narkose, ist die Regel. Sehr bemerkenswerth ist das
Verhalten des Pulses, der sich schon nach wenigen Zügen zu heben
beginnt, und gewiss ist die Hebung der Herzkraft, wie schon von
den verschiedensten Seiten hervorgehoben worden ist, einer der
wesentlichsten Vorzüge des Aethers vor dem Chloroform. Die
Athmung ist zu Beginn der Narkose frequenter und erhält erst
bei länger dauernder Narkose ihre normale Frequenz wieder. Die
Muskelerschlaffung ist, wenn man nur die Narkose gleichmässig
tief zu erhalten versteht, in den meisten Fällen eine vorzügliche:
im allgemeinen gilt dies auch für die Bauchmuskulatur, und nur
hier und da wurde dieselbe bei Laparotomieen durch Chloroform
besser entspannt. In solchen Ausnahmefällen ist man dann eben
darauf angewiesen, das geeignete Narkoticum auszuprobiren.
Doch nicht immer verläuft die Narkose so glatt. Häufig
wird die Salivation und Schleimsecretion in den oberen Luftwegen
recht lästig und führt im Anfang zu einem widerwärtigen Schlucken,
Würgen und Husten. Diese Erscheinungen legen sich regelmässig
mit der Zeit, kehren aber leicht beim neuen Aufgiessen von Aether
wieder, selbst wenn die Betäubung noch eine so tiefe ist, dass
vollständige Anästhesie vorhanden ist. Sie können zu Beginn der
Narkose, wie schon bemerkt, entschieden vermindert werden, indem
man die eingeathmeten Aotherdämpfe erst allmählich conc-entrirter
werden lässt. Bedenkliche Zufälle während der Narkose infolge
von starker Schleimansammlung in den oberen Luftwegen haben
wir kaum gesehen; hierdurch bedingte Cyanose konnte immer durch
Vorschieben des Unterkiefers, im Nothfall durch Auswischen des
Schlundes und Vorziehen der Zunge, beseitigt werden. Die Tracheo¬
tomie wurde deshalb niemals erforderlich, wohl aber zogen wir cs
*) E. Gurlt. Zur Narkotisirungsstatistik. Arch. f. klin. Chirurgie
Bd. 46, S. 169.
r ) Diese Wochenschrift 1894, S. 55 und 81.
,J ) Beiträge zur klin. Chirurgie, Bd. X, S. 412.
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20. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
743
.Narkose entfernt. Nach Beendigung der Operation ist das Kind sehr blass
geworden der Puls sehr klein. Eine halbe Stunde nachher - das Kind
Sr n° n Alu" 01 au te 8 ® hn ;e n - ist der Radialispuls nicht mehr zu
mhlen. Die Atmung sistirk Unter Hautreizen, künstlicher Athmung,
Beklopfen der Herzgegend, Darreichen von Cognac, erholt sich das Kind
im Verlauf einer halben Stunde.
über 130 aUCh fÖDf Tagß DaCh d ° r 0peration sehr klein * Frequenz stets
Sechs Tage später wird die Amputation vorgenommen, wobei Chloro¬
form, aber mit grösster Vorsicht gegeben wird. Kein Zwischenfall: aber
dafür wird auch kaum eine tiefe Narkose erzielt.
Patientin starb zwei Monate später ausserhalb der Klinik- a u unbe¬
kannter Ursache. (Metastasen in den Lungen waren bei der Entlassung
schon wahrscheinlich.)
Es handelte sich also in beiden Fällen um heruntergekommene
anämische Kinder, bei denen auch jede andere Narkose schon als
em bedenklicher Eingriff zu bezeichnen gewesen wäre.
Auch in dem dritten Falle handelte es sich um eine in ihren
Kräften (durch Carcinomatose) bereits heruntergekommene Frau
(primäres Pankreascarcinom ?):
Marianne W., 34 Jahre alt, Dauer der Narkose 90 Minuten. Gallen¬
blasenfistel. Cholecystenterostomie. Die Narkose verlief normal, aber mit
beträchtlicher Salivation und wiederholtem Erbrechen. Nach dem Erwachen
bestand auffallendes Schleimrasseln in der Trachea und den Bronchien.
Am nächsten Tage nahm dies zu, die Expectoration war wegen der Bauch¬
wunde erschwert. Abends trat stärkere Dyspnoe ein, die zwar im Laufe
der Nacht wieder stundenlang geringer war. Während des folgenden
Tages nahm das Trachealrasseln wieder zu. Abends 7 Uhr (32 Stunden
nach der Operation) trat der Tod unter den Erscheinungen von Lungen¬
ödem ein. Section nicht gestattet. Geschwulstknoten aus dem Netz,
durch die Bauchwnnde excidirt, erweisen sich als Uarcinom. (Lungen¬
metastasen?)
Also auch hier ein Todesfall zweifelhaften Ursprungs, hei dem
sehr zu bedauern ist, dass die Section unterlassen werden musste.
Auch hier wirkten wieder verschiedene Umstände zusammen: eine
eingreifende Operation von 1V-2 stündiger Dauer hei einem, durch
ein progressives Leiden geschwächten Individuum, die durch die
Bauch wunde sehr erschwerte Expectoration. Was man in diesem
Falle dem Aether zur Last legen kann, ist die starke Schleim¬
und Speichelsecretion während der Narkose. Zeichen eines starken
Bronchialkatarrhs hatten vorher nicht bestanden.
Um nichts von dem, was zu Ungunsten des Aethers sprechen
kann, verschwiegen zu haben, habe ich absichtlich diese Fälle etwas
genauer beschrieben, ohne dass ich wohl zu fürchten brauche, da¬
durch vor der Aethemarkose abzuschrecken. Ein ganz gefahrloses
Anästhesirungsmittel giebt es eben nicht. Aber das muss dem
Chloroform gegenüber hervorgehoben werden: Ein ganz plötzlicher,
unvermutheter Tod in der Narkose bei einem gesunden und blühen¬
den Menschen, wie ihn wohl jeder beschäftigte Chirurg in der
Chloroformnarkose wiederholt erlebt hat, scheint bei der Anwen¬
dung von Aether absolut nicht vorzukommen. Tritt Gefahr ein,
so sieht man sie allmählich heranziehen und kann ihr zu rechter
Zeit entgegen treten.
Trotz der unverkennbaren Vorzüge des Aethers, ist das Chloro¬
form nun doch nicht ganz entbehrlich. Das gilt vor allem für die
Operationen im Gesicht, das durch die grosse Aethermasbe ganz
verdeckt wird. Bei kurz dauernden Operationen ist natürlich auch
hier der Aether noch anwendbar, indem man bei Beginn der Ope¬
ration die Maske wegnimmt. Bei länger dauernden Operationen
macht sich bald der Uebelstand bemerkbar, dass die Aethemarkose
nur sehr kurz anhält. In gewissen Fällen, besonders wenn das
Operationsgebiet nicht Nase und Mund betrifft, kann man sich noch
mit einer kleinen Maske helfen. Dass dies gut möglich ist, be¬
weisen die 2500 Fälle der Berliner Universitäts-Augenklinik, über
die Silex 1 ) berichtet. Wir haben zu diesem Zweck das Draht-
gestell einer Esmarch’schen Chloroformmaske in derselben Weise
ausgerüstet wie die Aethermaske. Im allgemeinen jedoch ist es
im Interesse der Beschleunigung der Operation selbst, sowie viel¬
leicht auch im Interesse der bei der grossen Aethermaske nicht
sichern Asepsis, nicht umgänglich, Chloroform zur Hülfe zu nehmen,
selbstverständlich, nachdem man mit Aether die Narkose eingeleitet
hat. Unter den gemischten Aether-Chloroformnarkosen der Tabelle
sind 163, die sich auf Gesichtsoperationen beziehen.
Ferner ist auf die grosse Brennbarkeit des Aethers bei An¬
wendung von Glühhitze und von künstlicher Beleuchtung Rücksicht
zu nehmen. Was letztere angeht, so ätherisiren wir bei Beleuch¬
tung durch Gasflammen, die in minimo 1 m vom Operationsterrain
entfernt sind, und haben nie einen unangenehmen Zwischenfall er¬
lebt. Das ist verständlich, wenn man bedenkt, dass die Aether-
dämpfe schwerer als Luft sind und deshalb zu Boden sinken, zu¬
dem noch durch das übergedeckte nasse Tuch zurückgehalten werden.
Will man mit dem Pacquelin’schen Thermokauter arbeiten, so
muss bei Operationen am Gesicht und Hals jedenfalls die Aether-
*) Silex. Ueber die Aethemarkose. Berlin, klin. Wochenschr. 1890.
maske entfernt werden. Xieileicht ist es aber übertriebene \ r orsich1.
wenn wir auch bei Operationen an entfernteren Körperteilen die
durch ein nasses Handtuch verdeckte Aethermaske durch die
Chloroformmaske ersetzen.
Bei Erkrankungen der Luftwege sahen wir uns, wie gesagt,
nur selten veranlasst, Chloroform anzuwenden. Regelmässig wandten'
wir es von vornherein hei Tracheotomieen wegen Larynxdiphtherie
an. Desgleichen gingen wir hei den hier nur vereinzelt vor¬
kommenden Fällen vou Struma zum Chloroform über, sobald die
Schleim- und Speichelsecretion stärker wurde.
Ausserdem scheint es einzelne Individuen zu geben, welche den
Aether als Narkoticum weniger gut vertragen als Cloroform. wenn
es auch nicht so häufig vorkommt wie das Umgekehrte. So sahen
wir in einem Falle in der Aethemarkose Glottiskrampf auftreten,
während die Chloroformnarkose ohne jede Störung verlief. Es
handelte sich um einen 25jährigen Studenten, der behufs Excision
eines Rectumpolypen nach subcutaner Morphininjection (0,015)
ätherisirt. wurde. Nachdem derselbe zwei bis drei Minuten den
Aether ruhig eingeathmet hatte, entstand inspiratorische Dyspnoe:
die Inspiration erfolgte jedesmal unter einem langgezogenen hellen
Ton. Dabei wurde Patient cyanotisch, ohne dass die Zunge zurück-
gesunken war. Dieser Zustand verschwand mit der Wegnahme
der Aethermaske und kehrte wieder, sobald sie wieder vorgehalten
wurde. Bei Fortsetzung der Narkose mit Chloroform wurde die¬
selbe alsbald eine ruhige.
In 37 Fällen wurde Aether im Anschluss an Bromäthyl ge¬
geben; diese Narkosen verliefen alle ohne Zwischenfall.
Auf Grund unserer Erfahrungen können wir mit den genannten
Einschränkungen die Aethemarkose mit bestem Gewissen empfehlen.
Auch in Deutschland hat sie im Laufe des letzten Jahres bereits
manche Anhänger gefunden, bisher mehr in den Krankenhäusern,
als in der Praxis. Es liegt in der Natur der Sache, dass der
praktische Arzt zunächst ausgedehntere Erfahrungen in den Kliniken
und Krankenhäusern abwartet, ehe er zu einem neuen Narkoticum
übergeht. Mögen diese Mittheilungen dazu beitragen, die Aether-
narkose auch bei den in der Praxis stehenden Collegen populärer
zu machen. Wer sich mit der Methode des Aetherisirens vertraut
gemacht hat, wird sich von den grossen Vortheilen der Aether-
narkose bald überzeugen und sich durch die kleinen Nachtheile
nicht wieder von ihr abwendig machen lassen. Er wird es als eine
grosse Beruhigung empfinden, dass die bei der Chloroformnarkose
im Hintergründe dirohende Gefahr der urplötzlichen, ganz unberechen¬
baren Herzsynkope beseitigt ist, und er wird mit grösserer Ruhe
und Sicherheit operiren, weil seine Aufmerksamkeit, wie Roux 1 )
richtig hervorhebt, viel weniger von dem Operationsfeld abgolenkt
wird wie bei der Chloroformnarkose.
Zur Orientirung über die Zahl 2 ) lind die Dauer der ausgeführten
reinen Aethernarkosen, sowie der gemischten Aether-Chloroform¬
narkosen, ferner über Alter und Geschlecht der Narkotisirten diene
folgende Tabelle. (Die gemischten Aether-Chloroformnarkosen sind
eingeklammert.)
unter 1 Jahr
1—10 J.
10—20 J.
20—60 J.
60—70 J.
über 70 J.
Summa
Summa 1391 (150) 780 (96)
Also:
reine Aethernarkosen.2171
Aether-Chloroformnarkosen.246
Dazu Bromäther-Aetliernarkosen ... 37
Gesammtzahl 2454
l ) E. Gurlt, Zur Narkotisirungsstatistik. Archiv für klin, Chirurgie
Bd. 46, S. 169.
a ) Seit Abfassung dieser Arbeit ist die Zahl unserer Aethernarkosen
auf etwa 3000 angewachsen.
Männer
unter I 30 bis 160 bis I über
30 Min. 60 Min. 120 M. 120 M.
Frauen
unter I 30 bis I 60 bis | über
30Min. 60Min. 120 M. 120M.
«in
^ <3
64
|195
1152
|419
32
(5)
(7)
( 8 )
(51)
(5)
10, (5)
( 1 )
, (5)
1111 ( 8 )
|114; (9)
213(28)
19! (3)
4 (1)
341 (3)
11221118 )!
15 (3)
11, (l)i
4i —
[13 (2)
35'(10)
61 (1)
( 1 )
872 (81) 413 (53) 90 (15) 16 (1) 489 (54) 221 (28) 58 (13) 12 (1)
Go gle
Orlglr fföm
UNIVERSSTY OF MICHIGAN
744
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38
IV. Aus dem Pathologischen Institut der Universität Padua.
Neue Beobachtungen über die diagnostische
und therapeutische Wirkung der Stoff-
wechselproducte des Rotzbacillus bei der
Rotzinfection des Menschen und der Thiere.
Von Prof. Dr. A. Bonome, Vorstand des Instituts.
(Schluss aus No. 37.)
11 . Heilwerth der Stoffwechselproducte des Rotzbacillus.
Dem grössten Theil der von mir angestellten Forschungen
lag die Absicht zugrunde, festzustellen, ob es möglich sei, die
spontane oder experimentelle Rotzkrankheit auf irgend eine Weise
mittels der toxischen Product# des Rotzbacillus zu heilen. Der
Umstand, dass es weder gelungen war die Laboratoriumsthiere
noch die Einhufer gegen den experimentellen Rotz immun zu machen,
genügte nicht, mich von meinem Vorhaben abzubringen, und zwar
sowohl wegen der gleichzeitig beim Menschen erzielten Resultate,
als auch infolge der durch den verschiedenen Verlauf der natür¬
lichen und der experimentellen Rotzinfection gewonnenen Kennt¬
nisse von der Eingangspforte des Rotzbacillus, von dessen Virulenz
und der Menge des eingeführten Materials. Ich dachte mir ferner
sowie es Infectionskrankheiten giebt, bei denen es viel leichter
ist Immunisirung als Heilung zu erzielen (selbst wenn die Krank¬
heit auch erst ganz kurze Zeit besteht), so müsste es auch andere
geben, bei denen es im Gegentheile leichter ist, Heilung als Im¬
munisirung zu erzielen (Initialformen der experimentellen Tuber-
kulosis).
Geleitet von diesen Erwägungen, habe ich mehrere Reihen von
Heilversuchen bei verschiedenen Thieren (Meerschweinchen, Katzen,
Hunden, Pferden) angestellt, indem ich mich hierbei der toxischen
Producte des unter verschiedenen Bedingungen, — d. h. sei es auf
günstigeren Nährböden (Kartoffel, Glycerin-Agar), sei es in weniger
günstigeren (Serum von Ochsenblut), oder im Organismus einiger
Thiere, die die Eigenschaft besitzen, die Wirkung des genannten
Bacillus für andere bestimmte Thiere abzuschwächen — gehaltenen
Rotzbacillus bediente.
Die Resultate aller dieser Versuche, die ich hier mittheilen
will, waren günstiger als jene, denen die Absicht zugrunde lag,
mittels einer Präventivbehandlung Immunität zu verleihen. That-
sächlich gelang es mir, die Heilung des experimentellen Rotzes bei
einigen Meerschweinchen und bei einem Hunde, so wie die des
natürlichen Rotzes bei einem Pferde zu erzielen, welch letzteres
Thier nicht nur die bekannten Infectionssymptome gezeigt, sondern
auch auf das diagnostische Mallein reagirt hatte und dessen Blut,
zweien Meerschweinchen eingeimpft, dieselben rotzkrank machte.
Da die Heilmethode nicht durchgängig für alle Thiere die
gleiche war, sondern je nach dem verschiedenen Grade der Empfäng¬
lichkeit für das Rotzvirus diflferirte, so ist es angezeigt, die bei
jeder Thiergattung erhaltenen Resultate gesondert mitzutheilen.
Nicht geringen Schwierigkeiten begegnete ich bei der Heilung
der mit experimentellem Rotz behafteten Meerschweinchen, sei es
weil die zur Infection benutzten Culturen zu virulent waren, oder
weil die Anwesenheit der in verschiedenen Formen (Mallöin,
Serum) eingeführten toxischen Producte des Rotzbacillus die Er¬
nährung der Thiere störte und in der Folge die Vermehrung und
Verbreitung des Rotzbacillus im Organismus der zu heilenden
Meerschweinchen förderte. Nachdem ich bei der Behandlung mit
dem aus Culturen stammenden Mallöin mehrere Misserfolge zu
verzeichnen hatte (Misserfolge, welche darin bestanden, dass die
behandelten Meerschweinehen trotz des langsameren Verlaufs der
Krankheit und trotz der geringeren Grösse und des mehr fibrösen
Charakters der Rotzknoten doch auch zugrunde gingen), entschloss ich
mich, mit dem Rinderserum zu cxperimentiren, in welchem ich
lange Zeit die Agar- oder Kartoffelcjilturen entnommenen Rotz¬
bacillen gehalten hatte. Dieses Serum, welches bekanntlich für
die Entwickelung des Rotzbacillus ungeeignet ist, wurde im
Thermostat, im Dunklen, bei einer Temperatur von 30—32° zwei
bis drei Wochen lang gehalten und schliesslich mittels Filtrirung
durch den Chamberlain’schen Apparat für die Behandlung
hterilisirt. Dieser Behandlung habe ich nun mehrere Meerschwein-
chen vom Beginne der Infection an unterzogen, indem ich ihnen
ln , d ®* der Rotzknoten in das subcutane Bindegewebe jedes¬
mal Vs —72 ccm Serum einspritzte.
Die auf diese Weise behandelten Meerschweinchen zeigten bei
ihren Rotzknoten bemerkenswerthe Veränderungen, indem dieselben
weicher und kleiner erschienen als bei denjenigen der Controllthiere;
„ mit diesen kleineren Knoten angelegten Culturen ergaben eine
spärliche Entwickelung. Kein derart behandeltes Meerschweinchen
konnte geheilt werden; sämmtliche gingen, wenn auch nur sehr
langsam, zugrunde.
In der Annahme, dass diese Misserfolge weniger der Menge
des eingeführten Infectionsmaterials als vielmehr dem Grade der
Virulenz der benutzten Culturen zuzuschreiben sei, versuchte ich
die Behandlung der inficirten Meerschweinchen mit durch Alterung
und Austrocknung abgeschwächten Culturen durchzuführen.
Ich verschaffte mir ganz feinen sterilisirten Sand, inficirte ihn,
in kleinen Mengen in Erlenmeyer’sche Kölbchen und in Eprou¬
vetten vertheilt, nach vorheriger neuerlicher Sterilisirung mit
Reinculturen des Rotzbacillus und hielt ihn alsdann 3 bis 15 Tage
lang im Thermostat bei 35°.
Viele mit diesem Sand subcutan inficirten Meerschweinchen
wurden rotzkrank. Der Verlauf der Krankheit war jedoch diesmal
langsamer, die Knoten kleiner und flacher und die visceralen und
und articulären Localisationen minder schwer. Ein Theil der so
inficirten Meerschweinchen wurde nun der Behandlung mit Rinder¬
blutserum, das, nachdem es vorher in Berührung mit den Rotz-
culturen gewesen, filtrirt worden war, unterzogen; ein anderer
Theil wurde sich selbst überlassen. Von letzterem Theil starben
alle Thiere unter dem anatomischen und baeteriologischen Befund
des Rotzes. Unter den behandelten Meerschweinchen beobachtete
ich einige Fälle unzweifelhafter Heilung; so schwanden bei zweien, die
mit (mit Erde gemischtem) Blut eines rotzkranken Meerschwein¬
chens (nach zweitägiger Trocknung) geimpft wurden, rapid die
Rotzknoten nach der Injeetion des Serums, während bei den
Controllthieren die Krankheit ihren fortschreitenden und mit dem
Tode endenden Verlauf nahm. Ebenso überlebten zwei Meer¬
schweinchen, die der Serumcur unterzogen wurden, nachdem sie
vorher mittels Einimpfung von Erde, die durch bacillenreichen Pus
eines rotzkranken Pferdes (nach elftägiger Austrocknung) inficirt
war, rotzkrank gemacht worden waren, während die Controll-Meer-
schweinchen starben und harte, tiefe, an der Impfstelle ad-
härirende Knoten von Haselnussgrösse aufwiesen. — Bei anderen vier
Meerschweinchen, denen eine kleine Menge einer seit zwei Monaten
getrockneten Rotzcultur subcutan eingesprizt worden war und bei
denen sich nach wenigen Tagen knotige Verdickungen zeigten,
nahm ich in Zwischenräumen von je drei Tagen eine Reihe von
sechs Injectionen meines Heilserums vor und beobachtete, dass,
während die Controllthiere circumscripte, tiefgreifende Knoten auf¬
wiesen, die behandelten Meerschweinchen nur eine leichte, flache
Verdickung zeigten. Bei letzterem Versuche kann ich jedoch
keinerlei sicheren Schluss ziehen, da nach einer gewissen Zeit so¬
wohl bei den behandelten als bei den zur Controlle dienenden
Meerschweinchen alle Läsionen schwanden.
Bei der Behandlung des experimentellen Rotzes der Meer¬
schweinchen wurden also die grössten Erfolge mittels des die
toxischen Producte des Rotzbacillus enthaltenden Rinderserums
erzielt. Ich bemerke jedoch, dass, wenn man nicht so vorsichtig
ist, mit geschwächtem Virus zu arbeiten, man eine Heilung nicht
zu erzielen vermag.
Noch günstigere Resultate bei der Heilung des experimentellen
Rotzes erzielte ich beim Hunde mittels des aus Culturen dar¬
gestellten Mallöins; diese günstigeren Resultate stehen vielleicht
in einem gewissen Zusammenhänge mit der grösseren Widerstands¬
fähigkeit, die der Hund gegenüber dem Meerschweinchen für das
Rotzvirus besitzt. Während die wiederholte Injeetion verhältniss-
mässig starker Dosen Mallöin (aus Culturen) bei den Hunden eine
progressive Abmagerung zur Folge hat, welche die Thiere weniger
widerstandsfähig für den Rotzbacillus macht, wirkt dieselbe
Substanz, in minimalen Mengen bereits rotzkranken Himden sub¬
cutan injicirt, günstig, indem sie binnen wenigen Wochen den
Infectionsprocess hemmt. Bei einem kräftigen Jagdhund, welcher
infolge subcutaner Einimpfung von virulenter Rotzcultur an der
Impfstelle eine ausgebreitete Exulceration mit infiltrirten Rändern
und speckigem Grund aufwies — eine Läsion, der bald andere
Geschwürsbildungen an der Ohrmuschel, am Rücken, an den Seiten
und an den Beinen folgten — unternahm ich die Behandlung, nach¬
dem ich nachgewiesen hatte, dass sich in dem von der Oberfläche
der Geschwüre entnommenen Pus die Rotzbacillen vorfinden.
Alle drei bis vier Tage wurden nun Vs —*/2 ccm Mallöin mit der
gleichen Menge sterilisirtes Wasser verdünnt, eingespritzt ; Nach
einem .Monate waren die Geschwüre vollkommen abgeheilt, und
das Thier, das zu Beginn der Cur abzumagern begonnen hatte, er¬
holte sich vollständig. Im besten Wohlsein getödtet, zeigte es bei
der Autopsie keinerlei Alterationen. Dieser Versuch entbindet uns
durch seine Klarheit von der NothWendigkeit, noch andere ähnliche
anzuführen; er weist deutlich die Heilwirkung des Mallöins beim
Hunde nach. Um auch dem Zweifel derjenigen zu begegnen, die
da behaupten könnten, dass der rotzkranke Hund spontan zu ge¬
nesen pflegt, bemerke ich, dass der zur Controlle dienende und
mit der gleichen Cultur inficirte Hund an Rotz zugrunde ging,
und ich hebe ferner hervor, dass keiner der von mir mit viru¬
lenten Rotzculturen geimpften Hunde spontan genas.
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20. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
745
• L ! le u “ te rsehiede in der therapeutischen Wirkungsweise der
toxischen Producte des Kotzbacillus (Serum des Rinderblutes —
Mallem) stehen wahrscheinlich in Beziehung zur individuellen
^Institution; aus dieser resultirt, dass, während das Mallein bei
Meerschweinchen wirkungslos bleibt, es beim Hunde sich als nütz¬
lich erweist, dass dagegen bei ersterem das Rinderserum nütz-
lieh wirkt.
Heilung des spontanen Rotzes beim Pferde.
Schon im Jahre 1892 wies ich in einer vorläufigen Mittheilung
mit Hinblick auf die biologischen Eigenschaften verschiedener
Malleinarten nach, dass man verschiedene Wirkungen erzielen kann
je nachdem man sich des aus Culturen, oder aus dem Blute oder
aus Emulsionen der an Rotz verstorbenen Thiere dargestellten
Malieins bedient. Bei den Versuchen der letzten zwei Jahre hatte
ich Gelegenheit, mich zu überzeugen, dass die aus Blut oder
frischen Ewgeweiden dargestellten Malleinarten stets besser tolerirt
werden, als die aus frischen und activen Culturen. Dies hängt
meiner Ansicht^ nach, nicht nur von der geringeren Menge an
toxischem Material in dem aus frischem Blute dargestellten Mallein
ab,, sondern auch von der Fähigkeit des Organismus gewisser
Thiere, die Virulenz und Entwickelungsactivität des Rotzbacillus
herabzusetzen.
Bidem ich mich nun durch die Beobachtung leiten liess, dass
das Rotzvirus für das Pferd abgeschwächt wird, wenn es vorher
den Organismus der Katze passirt hat, eine Beobachtung die
wir den Versuchen ZakharoffV) verdanken, machte ich eine
Reihe von Versuchen in der Absicht festzustellen, ob man
mittels Einspritzung von aus dem Blute und den frischen Ein-
geweiden der rotzkranken Katze extrahirten Mallein den Rotz des
Pferdes heilen könne.
Da ich nicht über genügende Räumlichkeiten und Mittel ver¬
fügte, die zu behandelnden Pferde direkt in meinem Institute unter¬
zubringen, so wurde ein Theil derselben in dem Mailänder
Veterinär-Institute, an der Klinik des Prof. Giuseppe Levi auf¬
genommen, welcher sich freundlichst dazu verstand, meine Heil¬
methode anzuwenden. Ein anderer Theil der Pferde wurde von
mir selbst behandelt. Die Zahl der bisher verzeichneten positiven
Resultate ist spärlich, da ich nur eine beschränkte Anzahl von
Pferden zur Verfügung hatte, bei denen sich dielnfeetion in einem
Initialstadium befand.
Ich will mich daher darauf beschränken, nur über einen Fall
zu berichten, bei welchem nach der Mallöinbehandlung jede
klinische Kundgebung des Rotzes definitiv aufhörte; seit einem
Jahre versieht das Thier seine Arbeit wie früher, ohne die geringste
Störung aufzuweisen.
Ehe ich jedoch zur eingehenden Schilderung der erzielten
Resultate schreite, will ich daran erinnern, dass ich dem aus dem
Blute, und den Eingeweiden der rotzkranken Katze dargestellten
Mallöin den Namen des Heilmallöin verliehen habe, zum Unter¬
schiede von dem aus den Agar- und Kartoffelculturen erhaltenen,
das ich diagnostisches Mallein nannte. Die Darstellungs*
methode ist die gleiche wie die des Mallöin aus Culturen. Die
Flüssigkeit besitzt eine entschieden alkalische Reaction, sieht
gelblich-grau aus und ist geruchlos.
Das in Rede stehende Pferd gehört einer Batterie des 20. Artillerie¬
regiments an; seit einiger Zeit magerte es ab, zeigte aus beiden Nasen¬
löchern schleimig-eitrigen Ausfluss, zerstreute Geschwürsbildungen auf
der Schleimhaut des Nasenseptums und Anschwellungen der peritrachealen
Drüsen. Die zur Beurtheilung des Zustandes des Pferdes eingesetzte
Commission hatte Probeinjection mit diagnostischem Mallöin vorgenommen,
die eine heftige Fieberreaction von drei Graden zur Folge hatte und fast
48 Stunden andauerte.
Nachdem ich die Suspendirung des Befehles, das Thier zu schlachten,
erhalten hatte, unternahm ich eine Serie von 13 subcutanen Injectionen
mit dem Heilmallöin, in Dosen von 1 — 27 a ccm. Dieselben wurden von
Herrn Dr. E. Sarzetto, Veterinärai*zt-StellVertreter, vorgenommen, dem
ich an dieser Stelle zu danken mich verpflichtet fühle. Nach jeder Injection,
die man in Zwischenräumen von zwei bis vier Tagen vornahm, wurde die
Temperatur Abends gemessen, und niemals konnte man auch nur die ge¬
ringste Fieberbewegung constatiren. Vor Beginn der Cur wurden zwei
Meerschweinchen mit dem nasalen Exsudate geimpft und der Rotz auch
durch das Experiment bestätigt. Die Curperiode dauerte 45 Tage, wäh¬
rend welcher sich der Zustand des Thieres rapid besserte: Der Nasen¬
ausfluss hörte ganz auf, die Drüsenanschwellungen gingen vollständig
zurück, und die Geschwüre der Nasenschleimhaut verschwanden. Im Ver¬
laufe der Cur wurde dreimal auch das diagnostische Mallöin versucht
und schon beim zweiten mal constatirt, dass die Fieberreaction weniger
intensiv und von kürzerer Dauer war. Beim letzten male rief die Ein¬
spritzung des diagnostischen Mallöin keinerlei thermische Reaction
hervor.
l ) Zakharoif, Ueber die Immunisirung von Pferden gegen den
Rotz. — Besonderes Compte-rendu des Veterinär-Instituts zu Charkoff,
Bd. II, 1889 (In rassischer Sprache erschienen).
Auf Grund dieses einzigen günstigen Resultats kann man
natürlich noch nicht behaupten, das sichere und constante Heilmittel
für den Rotz der Einhufer in Händen zu haben, es gehören viel¬
mehr zu diesem wichtigen Schlüsse neue Thatsachen. Auch darf
man nicht mit definitiver Heilung jenen Zustand erheblicher Besse¬
rung verwechseln, der bei rotzkranken Pferden manchmal spontan
und ohne jede Behandlung eintritt. Das von mir erzielte Resultat
kann nur dazu dienen, die Aufmerksamkeit der Forscher auf die
Möglichkeit zu lenken: die rotzkranken Pferde mit Vortheil zu be¬
handeln und zu heilen.
Aber auch zugegeben, dass unser Pferd, welches sich nun¬
mehr seit mehr als Jahresfrist bester Gesundheit erfreut und
seinen Dienst regelmässig versieht, nicht thatsächlich geheilt sei,
so muss man doch zugestehen, dass durch die Behandlung
mit meinem Heilmallöin der Organismus des kranken Pferdes
sich so tiefgreifend veränderte, dass er nicht mehr auf das aus
Culturen entnommene diagnostische Mallöin reagirt und keines der
bekannten Symptome der Rotzkrankheit mehr darbietet.
Die Autopsie wäre das einzige Mittel, die Frage zu entschei¬
den; dasselbe konnte jedoch zwecks Vervollständigung meiner
Beobachtung bisher, nicht angewendet werden.
Die bisher in der königlichen Veterinärschule zu Mailand er¬
haltenen Resultate entsprachen nicht meiner Erwartung, indem
dort Thiere zur Behandlung gelangten, bei denen die Krankheit
bereits sehr vorgeschritten war. Nichtsdestoweniger wurde be¬
obachtet, dass die Einspritzung von grossen täglichen Dosen (8 bis
12 ccm) Heilmallöins den Nasenausfluss und die Drüsenanschwel¬
lungen binnen kurzem verringert und beseitigt. Einige in einer
späten Periode der Behandlung getödteten Thiere zeigten den
grössten Theil der Geschwüre der Schleimhaut und des Nasen¬
septums in beginnender Vernarbung.
Die Thiere magern während der Cur stark ab, auch wenn sie
bei Appetit bleiben. Diese dystrophische Wirkung auf die Ge¬
webe muss wahrscheinlich den Toxinen des Rotzbacillus zuge¬
schrieben werden.
Auf Grund aller dieser meiner Versuche könnte man also
schliessen, dass die Producte des Rotzbacillus ausser einem un¬
zweifelhaften diagnostischen Werth auch Heilwirkungen besitzen,
indem sie die Entwickelung und Vermehrung des Rotzbacillus im
Organismus der für denselben empfänglichen Thiere verhindern.
Diese therapeutische Wirksamkeit wechselt bei den verschie¬
denen Thieren je nach der Zusammensetzung der genannten Pro¬
ducte, indem bei gewissen Thieren, wie bei den Meerschweinchen
die durch das Rinderserum modificirten Producte des Rotzbacillus
sich als wirksam erweisen, während beim Pferde die durch den
Katzenorganismus veränderten Producte nützlicher sind und beim
Menschen und Hunde wiederum die Producte der künstlichen Cul¬
turen in der Form des gewöhnlichen MaUöins eine unzweifelhafte
Wirksamkeit entfalten.
Was schliesslich die Menge betrifft, in welcher diese ver¬
schiedenen Producte ihre Wirkung am günstigsten entfalten, so
muss man constatiren, dass es besser ist, sich an die minimalen
Dosen zu halten, als an diejenigen, durch welche dem Auftreten
der toxischen Dystrophie vorgebeugt wird.
V. Standes angelegenheiten.
Die Sitzung der Aerztekammer der Provinz Ostprenssen am
25. Juli 1894 verdient die allgemeine ärztliche Aufmerksamkeit, weniger
wegen des ersten Punktes der Tagesordnung, welcher über die Stellung
des Aerztekammerausschusses handelt. Dieser Ausschuss, dessen Noth-
wendigkeit sich bei den privaten Besprechungen der zu den Sitzungen
der wissenschaftlichen Deputation zusammenberufenen Vertreter der Aerzte-
kammem fühlbar gemacht hat, soll eine vermittelnde Instanz zwischen
der Staatsbehörde und den einzelnen Kammern bilden und soll hauptsäch¬
lich eine die Beschlüsse der Kammern zusammenfassende Thätigkeit aus¬
üben, ohne dass dadurch jedoch das Ansehen und die (leider so) geringen
Machtbefugnisse der einzelnen Kammern geschmälert würden. Die ost-
preussische Kammer erklärte eine officielle Anerkennung des Ausschusses
und seine Einfügung in den Rahmen der Königlichen Verordnung für
wünschenswert!) und sprach einmütig seine Zustimmung zu den Sätzen
aus, welche der Ausschuss in seiner Sitzung vom 16. April 1894 zum
Beschlüsse erhoben hatte. Danach soll die Thätigkeit des Aerztekammer¬
ausschusses sich auf alle diejenigen Gegenstände erstrecken, welche ein
gemeinsames Interesse aller Aerzte oder die öffentliche Gesundheitspflege
betreffen, ohne die Selbständigkeit der einzelnen Kammern zu beschränken.
Diese Thätigkeit soll zunächst sein: 1) die Vorberathung der ministeriellen
Vorlagen, die Ueberweisung derselben an die einzelnen Kammern, die
Zusammenstellung der Berathungsergebnisse und Beschlüsse der einzelnen
Kammern und Berichterstattung an den Minister; 2) Vorberathung der
von einzelnen Kammern oder Mitgliedern des Ausschusses an den letzteren
gerichteten Vorschläge und Anträge, soweit solche zur Thätigkeit des
Ausschusses gehören, Ueberweisung auch dieser Anträge an die Kammern
und Zusammenstellung der bezüglichen Beschlüsse und Berichte an alle
Aerztekammem bezw. Erledigung im Sinne der Beschlüsse der Mehrheit
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:■ . ' •' ■' .
DEUTSCHE MEDICI NISCHE WOCHENSCHRIFT.
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♦I* r Amtekamoieru. Vefi Atissalm? soll jährlich .in* FrUhjahr nu»l .nexltefc.
KQsamuiHnU-efen, ouss^d»?^ wenn dor ^orsitztmd'V es föfc : üötltwpndifi; oV-
Juhtet.
Von viel Intoressi? war der mm Tolgtentte Iteeu'.ht über diu
Yerluindlflftg^ti mit der Atters* und In va J tdl iiihxvr« leJ»ernotiSßttstHJt
hetreAond die.Ausstellung- vtm Ältesten. WKhr(>nd tih tiUgku kirn ii dir.
Vtrrändiß^n'W^ttöiif-AtteÄ' ein Eliivernubniiro iiiiib.-.;<ton •Äejäy.foui Wzftgthih
AÖ-esfifr-^erwei^ufttiiron &tefecui, indem jtu c-tftepmcbutfd 4<?ö Ö$i#bu.
ites ÄerVTetavc-H m Weimar <nr Jahre IH92 .für juite* Attest piim .&»•
äehiiSB vfu* o Alk. an den auPfcfoUoiiOc’iV Aral.tu» willigen, wcüteH» sich ein-
zeW doch, Witwen kioiueu Betrüg xu jr’nh’Um, uhwt/ki sic .«Ties dio
nitdsi : uiehl in dttPjAtjfö ■?&&. ; {g«? -
Mitteln die Kosten für die vomitegeh«teu F*n|nwe iUjiVdihqogööl ’Kq lohnte
Auch die Alters« und itiviüiUitöta>ipstaIt BeiTro :
sudt Brandenburg fern iEihgehen auf die Wünsche- der Aeiv.tc ab. - Wie
sehr f$w\ auch in behmrtiiohen Erateen firn Arbeit dör Aur/te unter-
• «cbiU.id wird, wir- Sali)- man sieh bemüht. dir soziale zu
ihren-1 Ingo« st sn auszukoulett.. wie wenig mm geneigt ist, niteovrki.üm.m,
ihtfc*: inihige der fttuien (iesetzu die materiell?.'^teftetiir .^iOi*'-Äor<R3Ro• .gfr-
sfthRdigt- ist, <l»ur -geht einmal wieder deutlich um? demBeTifmberi hervor,
weiehq* der VorsBmd der IdvaHditäteöiistiilt {Vtpreu^vis an die wir'.'
pteÄtechc A.ct*xtehniü«ier :i|ui-14, Juli 1893 gerichtet. £ivt und. vnfeJiqs. .
wir iofölgedosa&jfi zur «tlgchieinen Koontniss briugmri „Ew. Afeqb'wdl'dgV^
bofüti brnfttfbtichtiffe. ich zufolge. des gef,?liigöti :$<tteihftes v»Hu j % d Mß. .
vrgeknrst, <)wa duf Vorstand dot« in do« £>k>mtig,
vonj 23: v. Mts. die Anfrage der Amtekummeu; ki^fl^nd die Vmgümfu-
fe zum Zwauko des Rcj>toave:rfahi^ri.K. »ui »gestellten hrzIlicHen Atteste :
wiednvhnlt in oingeheJide. ^rfVAgtuig gjeAOKttuuji bat iüdcmseü tv dom B©-
&eh!wm- jjßfaf&L , hitj'. 'möh/'^tebfc- mr Mit niohi eiuLreton m
lassen. - Die hierfür mwur^gubendcji i>r.ön{10 'VAron im wesenÜidven iVd-
g©n de; Ziunlehet waltet Avrüber ein /Cwe.ifei nicht ob-, dass ui ne besetz
liebe Verpniehtung zur FeimruulinjC der fraglichen Kosten nichKbc-.
•‘4tf»htd r*? hftiido.lt sich dnlibt* ih- .’Falid'- '-Iffdiglrdb: '•um'...'big©i : i- Ao( dhr
Freigebigkeit, und zwar nicht etwa gegenüber der ihr Recht sne-hcmlen
Bovdikorujig, sondern gegenüber dein'hrztiichon Stande. Denn ei« Falk :
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in' W’tdcijem «g .oinenr IKsntonboworhin’ nicht gnhmg.cn \yiirc-. das SrÄtlieFF
Attest au-örfiiiltöQ,. ist aidti bokaont gworden; iis dari daher mit Sehck
htit ftngenommöö werden. Uns« ein solcher Fall auch nicht vörgehommtm
HL dfif* nlöo^^ thakütliHohAdie Attest, svelrdd* zur
jmsardchon gobi-aucht weinten, aucli ohne ciiosrur.f.uc Vcrgijinnc zur Aus-
stdüu>ig gyhiugen. pfR.'Fjpa'g'jK: : g«st4lf# 'löirfijt."dfibm*- m. teb liio Wiviie&iviayi^
fiftöt'jJt Äw -tier. ufctpre»j;s?isv.h«;-n Aerzt« t»j«r. freiwillige AuAvc-ndung
bdBtna soll, welche Hieb hoi ifern SaD’. voti Ö Mk. für jedes AUosi tinf
jährlich etwa .20(H>) M, Stollen wUrde, und ^war ul» dauonidc Lank da eine
Zin , Ucki?i£jhutJg der oiuaiaj erfcd.gton Bewillig!mg doch scutechtorditigs nickt
thunlich «eiu wurde, — Bm der deu ubngbn gieidiBii gogenübm-
Wir sind gespant]t, nb jHcso Schritie von ErrVdg begleitet syu- svur<i.;ji
Sötltfr 'djihs OHtld tförBilJ' soia, au WSt’d •imBo-r6J*:-atniQW!^' .nnVH : ^ v A'u,
nähme fc Was dte oät|ir.eg{?skth6 'Anr^kmagigy.. .
m ihtn.i IKI.ic. Mur durch ein iortes Aüftrcteu gogenülwr uidüiiige;! anti
ungoretdiirii Aidorderuiigon, ketnmmi Hhw woher sm wcjDi». Kana dvK
tlirrAo wie jede ander« Aurztoluumucr die ZufnoHunlu il ihrer Äiiffnigg^.u’
erwürben ii
VI Oeffentliches Sanitätswesen.
Löffler^ 8ellhstt1)Mlg^r Bti^- »mt! Funkenfti^r.
Zin Bos-driguo-: dev ii; mom .Imn < >rt*>?•:; sg iUv-rau:» Usficr;} Buurh-
rb*o- hat Lüffi.nr einen . v'dbstMifii^gm 'Ruaä- -myd lunkmilknuc-r vmi-
s.truirt. «tHV u«f dem l’rimiiju- .beruht-.' -Auhtd* .cuio. mbglKiifti. grnsha Rw
rninmugH' r.p;l. AbbigjjtaihgctbeiUc den' IiaurJir
a (ksfW sokweriui. Btsl.aihb.
*.t tzon, ho dass mir iSie jldcbtigan Iteuchg^y. tiik
Dk »’«>nsta’uctu>ii «Fs Apparates.deraaf.it*J»:h
btÄfeldg^U -Sqliv.cnirtlplfth gu%:s?id?i1: ; Wftnlbn Fadir .
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ktehkabscdmitifv frei aüdgelitin'gt, uud iÄ: ein v.uni
Dabtg'ßtevyfti’ts vQröpringGfuiqr;-.'CJiÄntä ;äiigahtetihi
DK*»;- .Vörnnhtimg^ri diönen xur ^eidhribun» <h*
ßhuchi^ . wetelmr dio votsehitittennn ilifu Or bmv-
jiek. Äijtep)^tüi^rtttckftß uaisjUfli und; :?ui itmet}
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,^r Abödiiliiclm id’edöy *gad geangen dtüth Ab-
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■ ■ :-ij leisten ist im !»«»hr zug^nglidnü Stell» itTSi. f f-br,'cS'i
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"§ ; pi : 3 mitesig, aiter ateht nüDug ist ; diV. Vurbimbing
;. • Wj des SnummikaRtetis mit nißer stdhsttbiU'igen eb‘k-
:1 Kj iji^iheu Mßldrvnn*i«ht»U'^ we-teite rfichtzHtig xm-
SB.*» . Entfocrun« .urffcffdwt
Der Preis .der ApfoUTdc, deren Veririab von
der Firma Paul l^Hiklot*. in Stuttgart übernommen isi ateHt aich aaeh -der
auf ^Cte-^öÖdMatk.
wemg gttiiaMgen tinauzieBmi Page der -Vörsidierangsaßstalt ÖötbräU$s«Uff ... Ä AvW'^- ^»deJjo d» Russphig;« vewiijmtei'n Und
■■ÜHissie -der EüUßhluftS ^ür-tlehomfttoe (Uesor Last üi hob»m Grade te> di« unreh fortgelührte Fuükeii «teolvöudn Feuwsgdfahti l>f#itrgoö; vtmi
donkheh er?ckemmumd konnte aersulbo nur durek Ö'Hiode schwurwirgender ^mljmnfete irumerhin nur
Art goj eeUttertigt werden. Sotelwv iiegoü indessen uaek Ansicht des Vbr- & ^ choun^cbvii B^tairdtheiie dos Haneke night in
hliiixlo nicht "vor. -- Wenn in dkserMtichfmiir zunüchet dio. s<-hMyngc ^ um^härUnüt 'gomueUt werden, so wird mim.Aabls^uuinernuge-
Luge der- Aarzfa kmworgoholmn. worden', ist. äö : kann hiebt aniiikanet hteioen Tkirolifühfung Wbkliek-)*athmoJlqr Petiennig^imiftgen mul ratiönellen
g'erdon. (lass. Wh; der Herr Vertreter dm Äevzieknmmvr irnffifÄ dte Bctm-lu s {terseltseu wobi noch iange Xeit sergehen wird, auch schon du:
neuen' Fie^utegehung* aul' wirthabhHftßckuri Gebiete lM& iü^.slrwert :%-K , vlIgyu^ der Jitetlgnn und Jenergefäljrlifivon IteuchbeslfiUdliieilp als
hat-,- Tn< (te^mitheii kt düi:ek die&o Dr.setzgeInnig «ine iunfr.o.-Teirh»j ow,tr! .-^'butzouswuffnim Gowi'nü antdiWn mfVsseu und bei Blickcrcien und
TbiUigkeit der Amte bervm'g.wuten -wöiNtem AvV.Jri»-" dori, -lidilic^licb/ia Shuliuiic.e <>wijrlkk?tribbon, Wirteln; zü -aiöi*r Qua? für 'ihre Nacbbirsekui
irgaud oüier Form.-sei-es aus üHcmtliolu-u oder j.Hvoran MPtdn zur VVr- könnüo. von der Müglielikeit-. wenigstof!* voc dem liktig«ui h^>‘-
g«uu>g gelangt. Wenn dio Gesamiolkgo <ibr Anrara ein« iiy^usugo böftvit w werdki, gern Gebram.k inscbn« " 0. Rinde! iDubceH
ist, vorüber besthnmte KiiUütni^ Fdilt. so. diteteon hterfUr toadtee;
MU.mtwortlteh g«--mtmben - : hci», •saweuMUdi dte .Uei-uriblifuig des Borutes, Di« uristöcliöuden Krankheiten wotebb id Fraukri?iüi van (ksi
«»fttK* ** S'i'H-ml A i;ril'j» don «ebflfSftn- gejuMdjtt Vot-^ii iu #«*#., simU l>«-
oVib.! drtssoAligo- . .liH'fcsijwHlis; INftliW <md- V«riblois. =SÄ««,I»ipW^W-
A^VT“ "•'•« ,öas ’' »' »*»'«• Cbolsm «ml choloraiilmVid,.. Efkranbmfiiäi.. l>«sl,'.G»n.fl.*er,:«i:i.i;Wwte»-
I «IW wÄ » » • U«a>«ta4en ."i-l \f- IwüHbIioi-. Bbnnorrto.» »«öqatortim. 'Bi* 1»I(>W'im«eii itilj« <«f -
*Z um TZhf t * * <1^ m limügcK HbrnO Hwdt !»««». ,«.> (tOätanlas w V.M6.Bw gestellt Verltm. .«««»i* »
SS| !rr\n,' »Af-T; "'fl i ,el ( ^’f"» r «W-aw ß»‘t« <N»a «MUk «üüiolum un^ahv tu» gr«e£«B HnhiSto» wfe M. m* «">' aoltun
Äwfe« TwXS ^U^^dl^ > %.srn M - »?> I>t1'raili«it gWHnnma; .Ho BweahuivBg: .b>Ebotnem.nd.m Kvau'rtafen
Vmütum* .her i'W-nln c'* - **J l y ausrgjcht... -- Eme tuml.wetse nicht durch deren Ihumnuung, Remtern durch errio be.stinnute /.uh) aus-
mmW$m £ÄS1S /jUi, ^W -V» ■*'*** ^ m* Meldung imi. sofort »ach fo«igesraia.u* Dlagnoso xn
ihrt:.h ’. l i!" l, v Ä ' ,w !f lscUt w ! lr .' U: -' ist ■ÜMm «wl di.. Bofofle« dwn ertMrdMbV^ftils di», eoH#«*»*«»
«kher-'»»heafrdk'ri*‘ht'*'in Au^teht ml* 'V*' ' ?l K üt ,\ Ui *? *l ü< 1 ' :oul? --’- • bvxj*;*v*\z*h\ troffen künmm. Merkwürdig bunihrl. uns dio Müthemmg.
Ulmr dmi« BinWete nur SßtÜich darf gegen- 4 ;4a«s;;4sn-.HelH.vil3«J^v|j-4 AusfiibmagAfe Impkuig u«d WtedbQtJtplöhg Ifft-
»kr frdgliciwin Ruditium wlodnrbfte ' irtt'ubr-e^ »^Hdimuuig{^«8ta)ii.a m Ate hei «hH ia lvß ^’Ä 5Uf |?*
istAitpn k?fmmHlnh k-lü '. iTWmifit .wurtihnr ^£Sös steil diefld( Am Aikubyttg dfesgg Zivbiges d;d*r.Br^xi^ dev Ä'Fr-^tytv- vöVbehMteu 'Bk
iiiWigH V«J^irhfrungin^'f kd^uu’o. iM \{ Uuhin ,il! ' W-üüi p .leider in» Übrige«- iutteronmii >;ioh uugesU-aff mU der 'ß«)«w*3huig
Mci-.-rbnun.^n der Vvaiuvtehtiiehr*« Fh tf< l t r rllmlete 1 » Krujilrac bete'e« dm-t’. Die biten>-Daite;bzra nwi Mc<tiom 3 f.mhruu«h‘n
SPfcrSd ".^, 2 i!:r } lUt *T- 7 J \ ü T U '”l »'* v ß tti * ^ Studium »inrfe« mit. Frkulmi^ des Prüfecten ^kvul
erreichen und die 'iotercren Hi ‘K^' U 7 U J ; uik ’ n ^' %&Hma die ptökltettlion-oder hedmtH.eo Aorzta -verlvetefi,
' Überate.igfm. — Sollt«« die wt-ira»- n hVfrBasteu^ seb»’ cuUehlicd; Die Ernte de,* .'iahres 18W e.rKeiue.o(*n.o miui?.teno)!e Vc-rfugim*:.. u“;
der Saofc hegrliuden *c virA ,ter- VW« °V iö ' träffejid' «Jk- ÄhÜ^aiiafituibe .MeWimg der .nnate^k'üßdßu fcrankkutahr
kommun*’ *7 *^ rd 1101 >0 ^ üd ^ 7 ^be z»«rUc.k- (U Progr. »ok!. 18:4, No. te einer Kritik unteren Kr-
Auf Griuid diesaft »fei ■■Vt^hstoni^ *' j \ . T , gelbe »ernte dass m»ldting':Un ; .Bürgeriaei>f-er .ii»d..0iite^^^;^ fer '‘
sraitei, rn.reh.»,« 7 A^rztq .zu Mn Iteutouam flüssig, afsdieirm. Tn Paris best.hht soft, dom j.& Juli 1.W an! de»u.
mm 7 «"** mmm
BllSr ?Ü tl m 11 7' hl ' v!,5;vlli ‘ r te-tztere moti AÄiipg mehrerer
»rümte Mrhjitean Hüllte. Am dk rnm^mk^ SS
n*Z^**7 7i ä dom.
nmef:KEpIdniiite dm pt^lctipdidn iulej' iHgnntb.te'n Amzto 'verti'öteß.
Die Ende des Jahres-1893 erRehieneno mmi?.terio)!ö Vorfü^urig..
treifejid die eblfgatofitniiie .MeWuüg der anatedk'üßdßu Kiraakhiataiir
vim Keggtur TD« Ikop'. »liAd. 1894, Ney 1) eimir Kritik mitnrÄOgoit. Ä*
gelbe tnamk dass diu Äcddting' un BürgomoiYfer and
flüssig. erscUnimj. Tn Parte baatebt joit ilo.m J.&. Jult- 1892 aul diau.
Polizeipräsidium ein Burtnru. un wvicho.H dio Ä)f‘ld»tegcA gßhmmui- -an
düS««n %»it2o idn Ait«J5chus5 Kervoiragöndor -Mediviüor'«teilt. Das VVjcMv
bettfeWr unterKegT nur dann der Au/.ei.gojdlicht, wo.im die VS dehnen»
o«j:W:Ul»gk Ihrb Seh waügorachjiJft bekauht. wird. Am ii&ubfifteh
dns SV ooliuitbcülieber oac-ii A hortö» und h»um1ick«i: Frithituluugön
• syh ; .d««;.Bmi%ükeJAi?4^- ; 'lA'' 4 mA: Röcht« tritt, fn •kleui»n..'-Btüdten h»'-
diügfe Alid än Maiwv- mul Ö.nfofiirfiftioi,- die nidit durch- ij^.
Beruf hü V ersGhwiögonh&H gewühwt* sind (V Rofuri?»i». U2t*trilgüchkciv««'•
ih r Bürgometeter und sein Secfetär.- dor SehuUocnster, averto^wom u«- r
Original from ^. ” ,
UfJIVERSITY OF MICHIGAN
20. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
imstande sein, die Krankheiten in die Listen einzutragen, und viel un¬
nützes Schreibwerk verursachen, ohne die nothwendigen Maassregeln zur
\ erhutung der Weiterverbreitung zur Ausführung zu bringen. ®
_ George Meyer (Berlin).
• Tt n tete 7-» in Frankr «* cl > (1892) hat wiederum
emen Ueberschuss der Sterbefiüle über die Geburten von rund 20000
ergeben. Dieser Umstand, der geeignet ist, alle denkenden Männer
j ra Mij 1C f 1 1 S , org:e zu erfü, *en, veranlasste Ledd in der Acad.
Vorschläge zu machen: In den grossen Städten werden
öffentliche, unentgeltlich zu benutzende Nachweis? für Ammen errichtet
Die zur Aufziehung aufs Land geschickten Kinder sollen von eigens er¬
nannten Aerzten beaufsichtigt werden, die sich von Zeit zu Zeit persön-
hch vom Wohlbefinden der Säuglinge zu überzeugen haben. Das ge¬
summte statistische Material soll behufs eingehenden Studiums an eine
Zentralstelle abgefuhrt werden. (La Province medicale 25. VIII. 94.)
_ H. Citron (Berlin).
— Aus dem Bericht Ober deu Civil stand, die Todesursachen und
die ansteckenden Krankheiten des Clintons Basel-Stadt im Jahre 1892
ergiebt sich zunächst eme Anzahl von 1382 Todesfällen im Jahre, denen
2511 Geburten gegenüberstehen. Von den lebendgeboronen Kindern
waren —0, von den todtgeboreneu 11 aussereheliche. Die muthmaassliche
Bevö kerungszahl betrug in der Mitte des Jahres 75 668. Abgesehen von
gewaltsam und plötzlich und kurz nach der Geburt lebensschwach Ver-
storbonen fehlte 4 mai bei Kindern, 19 mal bei Erwachsenen ärztliche
Htlife. 44t Leichen wurden geöffnet. 158 Menschen erlagen Erkrankungen
der Athmungswerkzeuge, 2,5 von 1000 Gebärenden dem Puerperalfieber,
274 tuberkulösen Affectionen der verschiedenen Organe, davon 138 der
Lungentuberkulose 34 Personen starben infolge oder unter Mitwirkung
von Alkoholismus, 82 an ansteckenden Krankheiten (von 1316 Erkrankten)
Die Zahl der an Diphtherie Erkrankten (181 mit 26 Todesfällen) ist gegen¬
über den an Keuchhusten Erkrankten relativ gering (309 bezw. 16)7
_ George Meyer (Berlin).
PU 7 Th ? mortality front diphtheria In London.
(The Lancet 1894, No. 3698, S. 88.) Während in London Scharlach und
Typhus dauernd abnehmen, dank der gewissenhaften Isolirung und der
verbesserten Wasserversorgung und Canalisation, nimmt trotzdem die
Zahl der Todesfälle an Diphtherie in bedenklicher Whise zu. Die Be¬
hauptung von Sykes, dass in entsprechendem Maasse die Todesfälle an
anderen Rachenkrankheiten abgenommen hätten, da infolge schärferer
Diagnosenstellung jetzt viele Fälle der Diphtherie zugezählt würden, die
früher als Croup, Laryngitis, wunder Hals, Bräune u. s. w. bezeichnet
wurden, reicht zur Erklärung nicht aus. Der wahre Grund ist noch
unbekannt. Zweifellos fällt der Schule ein Theil der Schuld zu, doch
mag auch eine Acnderung im Charakter der Krankheit und ein cyklisches
An- und Abschwellen der Frequenz betheiligt sein. Ausser eingehendem
Studium der Thierdiphtherie empfiehlt es sich, in den Schulen systematisch
die Rachenorgane der Kinder untersuchen zu lassen.
E. Sehrwald (Freiburg).
VII. Therapeutische Mitteilungen.
Aus der gynäkologischen Universitätsklinik in Moskau.
Der Dampf als blutstillendes Mittel.
Vorläufige Mittheilung von Prof. W. F. Snegirew.
Etwa vor einem Jahre wurde in die gynäkologische Klinik der
Kaiserlichen Universität in Moskau eine Kranke mit einem Unterleibs¬
tumor aufgenommen. Der elastische, glatte und schmerzlose, ungefähr
mannskopfgrosse Tumor nahm die Nabelgegend ein und konnte sowohl
m der Richtung von rechts nach links, als auch von oben nach unten
leicht bewegt werden. Die Ursprungsstelle der Geschwulst konnte nicht
eruirt werden. Bei jeder Bewegung der Kranken verursachte die Geschwulst
infolge der dabei stattfindenden Verschiebung Schmerzen, und die Kranke
verlangte daher, dass die Geschwulst entfernt werde. Bei der Opera- I
tion erwies sich der Tumor als ein vom linken Leberlappen ausgehen- I
der Echinococcussack, welchem der linke Leberlappen gleichsam als Stiel
diente; der Sack war gedehnt und erschien ungefähr vier Finger breit. Ich
fasste den Entschluss, den Sack in toto zu entfernen und begann ihn mit¬
tels des Ferrum candens (Rothgluth-Thermocauter von Paquelin) vom
Leberparenchym abzutrennen. Die Blutung aus der Leber liess sich trotz
der consequenten und andauernden Anwendung des Ferrum candens nicht
stillen, und ich benutzte daher das Omentum, um die Leberwunde zu
tamponiren, wonach die Blutung aufhörte. Die Kranke genas ohne irgend
welche Complicationen.
Dieser Fall, obwohl er gut verlaufen war, hinterliess in mir den
Eindruck der vollkommenen Hülflosigkeit bei Leberblutungen, und als
ich danach die Litteratur über die Methoden zur Bekämpfung von Leber¬
blutungen durchsah, überzeugte ich mich, dass alle Chirurgen, welche es
mit Stillung von Leberblutungen zu thun hatten, dasselbe trostlose Re¬
sultat hatten: die Anlegung von Nähten half nichts, weil die Nähte das
Parenchym zerrissen, selbst die unlängst zu diesem Zwecke vorgeschlagene
Matratzennaht ist in dieser Hinsicht auch nicht immer wirksam (z. B.
wenn es sich um dicke Leberstellen handelt). Meist wurde das Ferrum
candens zu Hülfe genommen, aber auch dieses reichte nicht aus, und in
der Mehrzahl der Fälle gelang es, die Blutung nur dann zu stillen, wenn
ausser dem Ferrum candens noch die Tamponade mit Gaze angewandt
wurde. In Anbetracht dessen beschloss ich ein mir persönlich schon I
__747
dem'W«LnSmpf. CndeS MUtel b6kanntes A ® ens “»uwenden - nämlich
. 1 . at7f r j UnBef ^ h ki 7 . 0 ??i r 8 , Jall ™ n babe ich zuerst begonnen, den Dampf
fih hS«» d h ? UD J b ’ utst * Ue . n<ie3 Mittel “ der Uterustherapie auzuwenden
angew^dt wurde, “ ? ™ 8ie dama,s
Nach vorheriger (ohne Chloroform ausgeführter) Dilatation des Uterus
die d n£ l niÄ 0h ”- 6 Aua3chablm g (ebrasio) ein gefensterter Katheter in
dmm7s te ™* h ^-*- e ™?~^“ dem ?? theb6 rlumen befindet sich
__uurouswomen zu lassen, um
sogleich dessen ätzende und blutstillende Wirkung zu erhalten, welche
sich sofort dadurch zu erkennen giebt, dass ans dem Katheter eine dunkle,
811 F ,eIS0h o bl ? he erinnernde Flüssigkeit herausfliesst. Die Kranko
empfindet keine Schmerzen, sie kann sogar den Moment der Dampfwir-
kung nicht bestimmen. ^
Was geschieht nun in der Uterushöhle? Am ausgeschnittenen Uterus
(bei brauen) erscheint sofort nach der ersten Minute andauernder Vanori-
sation die ganze Schleimhaut der Uterushöhle oberflächlich verbrüht die
mnere Uterusoberfläche ist, von oinAr foinon _Tn:_•_.
bedeckt.
ist von einer feinen, weisslichen Eiweissschicht
War infolge von Zerfall Foetor vorhanden, so verschwindet er. War
die mnere Uterusoberfläche empfindlich, so verschwindet die Empfindlich-
keit. Hieraus ergiebt sich die Wirkungsweise des Dampfes: er verbrüht,
wirkt blutstillend, beseitigt üblen Geruch und Empfindlichkeit; zieht man
ferner noch die ideale aseptische Wirkung des Dampfes in Betracht, so
wird der Werth dieses Agens begreiflich.
Das war mir schon längst bekannt als eine Thatsache, welche ich
an Kranken des Basmannaja-, Staro-Ekaterininskaja-Hospitals, der Klinik
und des Alexmer Semstwo-Hospitals beobachtet habe. Meine in der
letzten Zeit gemachten Erfahrungen lassen mich nun hoffen, dass der
Dampf —- als blutstillendes, aseptisches Mittel — in der medicinischen
Praxis eme hervorragende Stelle einnehmen wird.
Wie ich schon erwähnt, beschloss ich, da ich in der Litteratur
keinen Hinweis auf em zuverlässiges Mittel zur Stillung von Leberblu¬
tungen gefunden hatte, den Wasserdampf anzuwonden. Zu diesem Zwecke
unternahm ich in Gemeinschaft mit Dr. Blagowolin, Ordinator der
gynäkologischen Klinik, eine experimentelle Untersuchung über die blut¬
stillende Wirkung des Wasserdampfes an Thieren.
Das Resultat unserer Untersuchungen ist folgendes:
1. Man kann beliebige Leberstücke ohne den geringsten Blutverlust
entfernen, die Thiere bleiben am Leben.
2. Man kann ohne Blutverlust beliebige Theile der Milz entfernen.
3. Man kann ferner ohne Blutverlust ganze Lungenlappeu aus-
schneiden.
4. Ganze Theile aus den Nieren entfernen.
5. Bis zu einer gewissen Grösse auch aus dem Gehirn.
6. Blutungen aus der spongiösen Substanz der Knochen werden
gestillt.
7. Das Knochenmark wird verbrüht, und die Wiederherstellung des
Knochens verläuft regelmässig.
8. Man kann beim Hunde fast ein ganzes Uterushorn ohne Blut¬
verlust amputiren.
9. Die Arteria femoralis des Hundes, quer oder der Länge nach
durchschnitten, blutet bei Einwirkung des Dampfes nicht.
10. Haut- und Muskelblutungen sistiren momentan.
11. Die Wunden nach Anwendung des Dampfes verheilen per pri-
mam. Letzteres wurde nicht nur bei Thieren, sondern auch bei einer
Masse von Operationen an Menschen, darunter auch Laparotomieen, be¬
obachtet.
Diese Versuche haben uns überzeugt, dass die erhaltenen Daten auch
auf den Menschen übertragen werden können, und wir haben im vorigen
Sommer im Alexiner Semstwo-Hospitale den Dampf mit Erfolg bei fol¬
genden Operationen angewandt:
1. In 5 Fällen von Kniegelenkresectionen ohne die elastische Binde,
absolut ohne Ligaturen und ohne Quetschpincetten.
2. Bei einer Exstirpation einer cancrös entarteten Mamma unter den¬
selben Bedingungen.
3. Bei Entfernung adipöser und cancröser Neubildungen der Haut¬
decken.
4. Bei einer Amputation des Gebärmutterhalses.
5. Bei Fibromyotomieen zum Zweck der Blutstillung aus dem Ampu¬
tationsstumpfe.
6. Bei Knochenresectionen und Sequestrotomieen.
7. Bei Abscessen, um Geruchlosigkeit und Verheilung der Absecss-
höhle zu erzielen.
8. Bei sinuösen und fistulösen Gängen (besonders tuberkulösen
Charakters).
Auf Grund des Gesagten unterliegt es keinem Zweifel mehr, dass
der Dampf eine hohe blutstillende und aseptische Wirkung besitzt.
Die Verheilung geht ohne Complicationen vor sich; die prima intentio
wird nicht gestört; die parenchymatösen Organe erscheinen an den Schnitt¬
flächen eben und glänzend. Als Beispiel führe ich das Protokoll einer
von den von Prosector N. F. Melnikow-Raswedenkow ausgeführten
Sectionen vor:
Experiment No. 9 — am 19. Juni 1893. Bei einer Hündin wurde
von der Theilungsstelle an ein 8 cm langes Stück des linken Uterus -
hornes entfernt; Blutstillung mittels des Dampfes.
Sectionsprotokoll vom 10. October 1893: „In der Nähe der linken
Niere hängt an einem langen Stiele (ligamentum latum) der Rest des
linken Uterushornes etwa 2 cm lang; in demselben ist eine Flüssigkeits-
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.'
ansammlung (nach Art einer Cyste) vorhanden; das verbrühte Ende er¬
scheint als glatte, in der Mitte pigmentirte Narbe. Das Lumen des
Unken Horne S g ist an der verbrühten Stelle solid ver ^^ 8ei U J n ^ des
Verwachsung ist die oben erwähnte Cystenbildung erfolgt. Der Rand des
breiten Mutterbandes erscheint an der openrten Stelle eben und glatt,
ohne merkliche Schrumpfung und Narbenbildung. Spuren von.alten oder
frischen Blutungen sind nicht vorhanden. Das Peritoneum ist glatt, dünn,
feucht und glänzend. An der Theilungsstelle der Uterushörner ist eben¬
falls eine glatte ebene Narbe. Im Zellgewebe des Ligamentum latum, des
Beckens und des Retroperitonealraumes ist überhaupt keine Spur von
pathologischen Veränderungen sichtbar. Im breiten Uterusbande des nach¬
gebliebenen rechten Hornes sind die grossen Gefässe zu isehen. Ueber-
haupt wurden am Cadaver der secirten Hündin keme pathologischen Ver-
indcrungen^wahrgenommen.“ ^1^0 ^ ^ neu6n Mittels Exstir-
pationen der Lebertumoren unternehmen, ohne befürchten zu müssen, dass
die StiUung der Blutung grosse Schwierigkeiten bieten werde.
Weitere thatsächliche Beweise für diese Behauptung gedenke ich m
Bälde in einer eingehenden Arbeit zu liefern.
Ueber Jodoform-Yasogene.
Von Dr. G. J. C. Mueller, Generalarzt a. D. in Posen.
Herr Max Dahmen hat in der Deutschen medicinischen Wochen¬
schrift 1894, No. 15 in einem Aufsatz „Ueber die Resorptionsfähigkeit der
Haut für Lösungen von Jodoform und Kreosot in Vasogen“ Bezug ge¬
nommen auf meine in dieser Wochenschrift 1893, No. 48 erschienene
Arbeit „Ueber die Resorption des Jodoforms etc.“ Leider hat über dieser
meiner Arbeit ein ganz eigener Unstern gewaltet. Dieselbe war beendet
und abgesandt im April 1892, ist aber erst 19 Monate später zum Druck
gekommen. In dieser langen Frist ist manches recht Wichtige in der
fraglichen Sache passirt, was vielen Lesern dieser Wochenschrift und
jedenfalls, wie ersichtlich, Herrn Dr. Dahmen gänzlich entgangen ist.
Das neue betrifft gerade die chemische Seite; den ersten Schritt, der
hier einen erheblichen Fortschritt bedeutet, that ein bewährter Chemiker
Dr. B. Fischer in Breslau, welcher in der pharmaceutischen Zeitung
1893, No. 37 in der Kritik einer meiner weiteren Arbeiten die Löslichkeit des
Jodoforms in Glycerin, in Wasser und wässrigen Flüssigkeiten behauptete,
in donen durch Zusatz von rauchender Salpetersäure und Chloroform die
bekannte Jodreaction erzielt wurde. Dann habe ich in derselben Zeitung
1893, No. 47 entscheidende Beweiso für dio Thatsache der bezeichnten
Lösung beigebracht. Eine Zusammenstellung der betreffenden Fortschritte
hübe ich im Aerztlichen Praktiker 1894, No. 8 gegeben.
Aus allem diesen ergab sich, dass nicht nur angefeuchtetes, sondern
auch gelöstes Jodoform — in den Harnanalysen handelt es sich nur um
gelöstes — die gleiche Reaction mit rauchender Salpetersäure etc. zeigt.
Es-kommen an erster Stelle die Lösungen in wässrigen Flüssigkeiten in
Betracht, über welche 1. c. das Nähere nachzusehen ist.
- Im übrigen erscheint es mir durchaus zweifelhaft, ob Herrn Dr. D ah¬
men durch sein Experiment der Beweis, dass in Vasogene gelöstes
Jodoform durch die unverletzte Haut resorbirt worden, gelungen ist. So
sehr ich diese Lösung in Vasogene für aussichtsreich halte und dieselbe
sehr, empfehle, so muss ich doch hier einen wichtigen Punkt entgegen¬
stellen. Die Lösung des Jodoforms in Fetten ist gegen Licht äilsserst
empfindlich, ganz besonders in dünnen Schichten. Herr Dr. Dahmen
machte die Einreibungen am hellen Tage, es war also die immerhin dünne
Schicht der aufgetragenen Flüssigkeit eine genügende Zeit dem Licht aus¬
gesetzt. Vorsichtsmaassregeln gegen dieses Moment sind nicht erwähnt.
Der Hauptgrund aber, der dafür zeugt, dass hier im wesentlichen
freies Jod resorbirt wnrden ist, liegt in dem Resultat der Harnanalyse.
Wäre wirklich unzersetztes Jodoform in irgend erheblichem Maasse resor¬
birt worden, so musste dieses im Harn sicher direkt durch rauchende
Salpetersäure etc. nachzuweisen sein, welcher Nachweis dann durch die
von mir erfundene Lichtprobe vervollständigt werden konnte, was alles
ich 1. c. genugsam dargelegt habe.
Herr Dr. Dahmen scheint allerdings gerade sein Resultat der Harn¬
analyse in dem Sinne verwerthen zu wollen, dass bei seinen Einreibungen
das Jodoform als solches resorbirt worden ist. Das wäre ja an sich
Wasser auf meine Mühle, der ich seit lange dafür streite, dass das in den
lebenden Körper einverleibte Jodoform grösstentheils unzersetzt durch den
Kreislauf hindurch geht, indessen kommt es doch zuerst darauf an, dass
dieser Stoff unzersetzt einverleibt wird. Die Bemerkung zwar, dass sein
subjectives Befinden nach den Einreibungen ein sein* schlechtes war,
könnte in seinem Sinne gedeutet werden, doch hätte er die Symptome
näher beschreiben sollen.
Trotzdem habe ich die Ueberzeugung, dass die Jodoform-Vasogeno
eine grosse Zukunft hat, die Gründe dafür sind auch in meiner eiterten
Abhandlung im Aerztlichen Praktiker angegeben.
In meiner Arbeit „Ueber Resorption des Jodoforms etc.“ sind die
Thatsachen erörtert, vrelche die Action des unzersetzten Stoffes darthun,
jetzt kann ich denselben noch eine weitere Thatsache hinzufügen. Wenn
wirklich, wie von den meisten Autoren angenommen wird, die Action des
einverleibten Jodoforms auf Freiwerden des Jods beruht, dann ist es gar
söhr wunderbar, dass die namhaftesten Chirurgen hartnäckig das Jodo¬
form bevorzugen gegenüber ähnlichen Stoffen, deren Wirkung man eben¬
falls dem gleichen Vorgange zuschreibt und welche den so unangenehmen
Geruch des ersteren nicht haben. Jodol, Aristol und Europhen z. B.
kommen gegen das Jodofoim nicht auf. Der Grund kann doch nur darin
liegen, dass eben das Jodoform gewisse specifische Eigenthümlichkeiten
hat, die den andern analogen Jodverbindungen abgehen. Wenn die Wir¬
kung aller dieser Körper auf Freiwerden des Jods, also auf Zersetzung
beruht, so kann von einer specifischen Eigenschaft des einen gegenüber
dem andern gar nicht die Rede sein.
r _ Vor einer Reihe von Aerzten demonstrirte Dr. Moos in New-York
die Wirkung des übermangansauren Kali als Antidot gegen Morphium.
Nachdem er 3 Gran (0,18) Morphium sulf. genommen hatte, trank er
120,0 Wasser, in dem 0,24 übermangansaures Kali gelöst war. Die ge¬
wöhnliche Wirkung des Morphiums blieb danach völlig aus, und es wurde
auch in der Folge keine Intoxicationserscheinung beobachtet. (Boston
med. and surg. Journ., 1. Febr.) Reunert (Hamburg).
vni. Kleine Mittheilungen.
_ Berlin. Die Obduction hat bei v. Helmholtz, wie wir von
zuständiger Seite erfahren, als Todesursache eine ausgedehnte Blutung
in der rechten Himhemisphäre mit Durchbruch in den rechten Ventrikel
ergeben. Auf einige interressante Details, an deren Mittheilung wir
augenblicklich durch bestimmmte Rücksichten verhindert sind, werden
wir später zurückkommen.
— Stabsarzt Prof. Dr. Behring ist zum ausserordentlichen Professor
in der medicinischen Facultät der Universität Halle ernannt und da¬
selbst bis Ende März mit der Vertretung des durch die Berufung von
Professor Renk nach Dresden erledigten Ordinariats, sowie mit der
Leitung des hygienischen Institutes beauftragt.
— Von dem in Paris verstorbenen Medicinalrath Dr. Heinrich
Lippert ist der medicinischen Facultät zu Berlin ein Legat von
18 500 Mark zugewandt worden. Alle drei Jahre — das erste mal im
Januar 1896 — soll aus den Zinsen ein Preis von 1800 Mark für die
beste Bearbeitung einer Aufgabe aus den Gebieten der praktischen Heil»
künde ertheilt werden. Zur Bewerbung zugelassen werden die Studirendeu
der Medicin und die Aerzte Deutschlands und Oesterreichs.
— Rostock. Am 13. September ist der ausserordentliche Professor
Dr. Lemcke, Leiter der Poliklinik für Nasen- und Ohrenkrankheiten, im
Alter von 44 Jahren gestorben.
— Hamburg. Prof. Dr. Albrecht, bekannt durch seine Arbeiten
auf anatomischem und zoologischem Gebiet, ist durch Selbstmord gestorben.
— Wien. Prof. L. Mauthner ist zum Nachfolger Stellwaag’s als
ordentlicher Professor und Direktor der Augenklinik am Allgemeinen
Krankenhause ernannt worden.
— Christiania. In Norwegen sind in letzter Zeit zwei biologische
Stationen, ähnlich derjenigen in Neapel, eingerichtet worden, dio emo
an der Westküste bei Bergen, die andere bei Droebak, einem klemen
Städtchen im Christianiafjora, unweit von Christiania.
— Im Verlag von Georg Thieme in Leipzig ist soeben erschienen.
Akademisches Taschenbuch für Mediciner, Wintersemester
1894/95. Achte Bearbeitung. Zusammengestellt unter Benutzung amt¬
licher Quellen und handschriftlicher Mittheilungen. — Das sehr praktische
und handliche Büchlein enthält ausser einem Kalender das Vcrzeichniss
der Vorlesungen, Behörden, wissenschaftlichen Anstalten und Univereitats-
einrichtungen, der Docenten und der verschiedenen akademischen V ereme
an den deutschen Universitäten. \
— In L. Heuser’s medicinischem Verlag, Neuwied und Leipzig-
ist eine zweckmässige Recepttasche hergestellt. Dieselbe ist handlicü,
dauerhaft, enthält auf eingeklebtem Cartonpapier die Antidota acuter Ver¬
giftungen, Dosirung einiger differenten Mittel bei Kindern, Dosen für sud-
cutane Injectionen, Dosen nach dem Alter, Maximaldosen. Die I n ? ens .^
des Deckels ist mit Schieferpapier für Notizen beklebt. Bei dem niedngen
Preis (2 Mark) dürfte die praktische neue Recepttasche weite Verbreitung
finden. . ,
— Universitäten. Bonn. Dr. M. Bleibtreu hat sich
Privatdocent für Physiologie, Dr. Pietz er als Privatdocent für Ge
hülfe habilitirt. — Graz. Prof. Dr. Kraus in Wien ist als ordent¬
licher Professor der klinischen Medicin an der Universität Graz
rufen. — Klausenburg. Der Docent Dr. B. Kenyeres
o. ö. Professor der gerichtlichen Medicin an der Universität, luausen-
burg ernannt. - Warschau. Der Professor der specieüen Pathologw
und Therapie Dr. J. Stolnikow ist gestorben. - Dorpat. PnvateoMnt
Dr. Popow in Moskau ist zum ausserordentlichen Professor für t'aj ^
logie an der Universität Dorpat ernannt. — London. Dr. bhar y
sich als Lecturor für Medicin und Dr. Mackenzie für Pharmakologi
Therapeutik am St. Thomasspital, Dr. Havilland zum Lecturer iur
Medicin und Dr. Bloxall für Bacteriologie am Westmmsterhospital zu
London habilitirt. Dr. Trevelyan ist zum Professor für Pathologie am
Yorkshire College ernannt worden. — Glasgow. Dr. “Urdoc
meron ist zum Professor der Geburtshülfe an der Universität Ula g -
ernannt. — Dundee. Dr. J. Mackay ist zum Professor der A
ernannt. _______
Berichtigung.
In der Roceptformel „Gegen Bronchialasthma“
Wochenschrift, S. 728, muss es „ad“ statt ana heissen.
No. 37 dieser
Gedruckt J)ei Julius Siltcufold lu Berlin W.
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Donnerstag
M 30 .
27. September 1894,
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet yon Dr. Paul Börner,
Zwanzigster Jahrgang.
.Redaction: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Llchtensteinallee 8. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 8L
Zur 60. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte.
Die 66. deutsche Naturforscherversammlung, welche vor zwei
Tagen in der schönen Kaiserstadt an der Donau ihren Anfang ge¬
nommen hat, bildet für die lange Reihe unserer diesjährigen Con-
gresse einen bedeutungsvollen Abschluss. Sind im Beginn dieses
Jahres die deutschen Aerzte in dichten Schaaren nach dem klas¬
sischen Land Italia gezogen, um an dem internationalen Wett¬
bewerb der medicinischon Wissenschaften theilzunehmen und die
freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Culturvölkern erwei¬
tern und festigen zu helfen, so finden sich jetzt an des Jahres
Rüste Aerzte aus allen Ländern, soweit die deutsche Zunge
klingt, auf nationalem Boden zusammen, wo sie in treuer Stam-
mesbrüderschaft Schulter an Schulter sich eng aneinander schliessen,
um deutsche Wissenschaft und deutsche Collegialität zu
fördern und zu pflegen. — Haben fast alle anderen Congres.se in
nationalem oder internationalem Kreise die Vertreter eines Son¬
derfachs der Medicin zur Erörterung von Einzelfragcn vereinigt,
so bildet der Gongress in Wien einen Sammelpunkt für alle Dis-
cipliuen unserer Wissenschaft, für alle Specialitäton der Heilkunde,
er lässt die Mediciner sämmtlich wieder sich um ein einziges Wahr¬
zeichen schaaren, welches seit Hippokrates’ Zeiten den Kämpfern
für das leibliche Wohl der Menschheit stets vorangeleuchtet hat.
— Die Wiener Versammlung endlich hebt, zum Unterschied von
allen anderen Congressen, den Arzt, indem sio ihn zu den Natur¬
forschern gesellt, aus dem Wirkungskreise seines alltäglichen Be¬
rufes heraus und lässt ihn wieder aus den Quellen einer ratio¬
nellen Fortbildung seines Wissens schöpfen. Hinausschreitend
aus der kleinen Welt der praktischen Heilkunde in die grosse
Welt der gesammten Naturwissenschaften, gewinnt der Arzt hier
einen Einblick in die jüngsten Errungenschaften der Physik und
Chemie, der Astronomie, Geologie und Anthropologie, überall em
pfängt er neue Impulse für die eigene Forschung, für die Er¬
weiterung seines geistigen Horizonts. Gerade in dieser Eigen¬
schaft der Naturforsclierversammlung liegt ihr Hauptwerth und
ihr grösster Reiz, und es ist deshalb zu hoffen, dass ungeachtet
der Congressmüdigkeit, die sich in allen Sphären unserer Aerzte-
schaft bemerkbar macht, die Mitgliederzahl der Naturforscher¬
versammlung in Wien wiederum eine Steigerung erfahren wird.
Unterstützt wird diese Hoffnung durch den Hinblick auf die
günstigen Verhältnisse der diesjährigen Versammlung. Die Orga¬
nisation derselben ist nach allem, was wir vernommen haben, vor¬
trefflich vorbereitet, und das Programm der Arbeiten und Festlich¬
keiten hat eine grosse Anziehungskraft gewonnen.
Freilich — auf einen wesentlichen Theil der Verhandlungen ist
der dunkle Schatten des Todes gefallen; der glänzendste Stern, der
dem Congress erstrahlen sollt«, ist erloschen — Holm hol tz ist
nicht mehr. Der geniale Mathematiker, Physiker und Physiologe,
der in sich die höchste Blüthe der Naturforschung xafiGotfv ver¬
körperte, der, um mit du Bois-Reymond zu reden, eine bei¬
spiellose Vereinigung in der Geschichte der Wissenschaft, vollends
der Gegenwart, zwischen der feinsten Kunst des Experiments und
der höchsten Kraft der Analyse darstellte, er ist aus dem Kreise
der Naturforscher geschieden. — „Ueber bleibende Bewegungen und
scheinbare Substanzen“ wollte er sprechen, nun wird man nur von
ihm reden, in tiefster Klage, in grösstem Schmerze über die Lücke,
die er gelassen und die so bald nicht wieder ausgefüllt worden
dürfte.
Der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte war
Helmhol tz stets ein treuer Freund und Berather gewesen. Be¬
kanntlich hat er sich noch im Jahre 1889 an den Verhandlungen
rege betheiligt, und nicht zum mindesten hat sein Votum in der
lebhaften Discussion über die von Virchow ins Leben gerufene
Neuorganisation der Gesellschaft den Ausschlag gogeben. Wie er
hervorhob, dass in dem derzeitigen Zustand der Naturforscher¬
versammlung die Hoffnung auf eine Dauer und eine weitere Ent¬
wickelung derselben nicht enthalten sei, wie er auseinandersetzte,
was für Erfolge die British Association for the Advancement of
Science mit ihrer vervollkommneten Organisation errungen habe,
da neigte das Zünglein der Waage nach der Seite des Fortschritts,
und der Streit war entschieden.
Möge die Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte
in den Bahnen vorwärtsschreiten, die ihr Helmhol tz gleich anderen
Heroen deutscher Naturwissenschaften gewiesen hat! In ihrer
festen Organisation, in welcher sie von Wien zum ersten Male
empfangen wird, hat die Gesellschaft ein neues Fundament erhalten,
auf ihm weiter hauend, wird sie stets der hohen Aufgabe gerecht
werden, welche v. Bergmann auf der Nürnberger Versammlung
_ iu .seiner glänzenden Gedächtnissrede auf A. V. v. Hof mann
und Werner v. Siemens — durch die Worte eharakterisirt:
„Unsere Gesellschaft hat sich neben dem idealen Streben, die natur¬
wissenschaftliche Methode in das Leben unserer Nation hinaus¬
zutragen, sowie die persönlichen Beziehungen ihrer Mitglieder und
Theilnehmer zu pflegen, hat sich neben dem Verknüpfen von Wissen¬
schaft und Kunst auch die Aufgabe gestellt: die deutsche Tüchtig¬
keit im Fördern und Verwerthen der Naturwissenschaften vor den
übrigen Nationen zu erweisen!“
In diesem Sinne rufen wir der Wiener Naturforscherversamm¬
lung ein herzliches „Glückauf*! zu.
Julius Schwalbe.
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750
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39
I. Van Swieten und die moderne Klinik. 1 )
Von E. Leyden.
Wenn heute eine grosse Anzahl deutscher Kliniker lind Aerzte
in der schönen Kaiserstadt Oesterreichs vereinigt sind, um in
gemeinschaftlicher Arbeit die medicinische Wissenschaft zu
fördern, so gedenken wir gern in Dankbarkeit und Pietät des
ruhmreichen Antheiles, welchen die Wiener medicinische Facultät
an der Entwickelung der deutschen Klinik gehabt hat. Zu zwei
verschiedenen, nahe aneinander liegenden Perioden war hier der
Mittelpunkt der deutschen Klinik und des klinischen Unterrichtes.
Hierher pilgerten aus allen Gauen Deutschlands und selbst des
Auslandes Studirende und Aerzte, um sich in Wissenschaft und
Praxis auszubilden und das hier Gelernte in ihre Heimath zu über¬
tragen.
Hier in Wien stand die Wiege der deutschen Klinik. Zu
einer Zeit, da man im übrigen Deutschland die Medicin nur theo¬
retisch lehrte, wurde die praktische Klinik begründet und so voll¬
kommen organisirt, dass sie sich schnell zu grossem Rufe erhob
und ihre Einrichtungen das Muster für andere Hochschulen wurden.
Der Mann, welchem das Verdienst gebührt, diese Einrichtungen
geschaffen und in so vollkommener Weise organisirt zu haben, ist
Gerhard van Swieten, dessen Andenken wir heute erneuern
wollen. Zwanzig Jahre lang hat er als Schüler des berühmten
Boerhave in Leiden das Lehrgebäude und die Lehrmethode
dieses grossen Meisters studirt, hat dessen Vorträge in Schnell¬
schrift aufzeichnen lassen und ihrer Bearbeitung 30 Jahre seines
Lebens gewidmet.
Der medicinische Unterricht an den Universitäten war früher
nur ein theoretischer gewesen und bestand zum grössten Theil in
der Erklärung der Werke des Hippokratos, Galen und Avi-
cenna. Die Ausübung der ärztlichen Kunst selbst blieb den
Studirenden unbekannt und wurde erst dann angefangen, wenn sie
bereits als Aerzte über die Diagnose und Behandlung der Krank¬
heit entscheiden sollten.
Deutsche Studenten auf der italienischen Universität
Pa via waren es, welche zuerst energisch darauf drangen, prakti¬
schen Unterricht zu erhalten. Infolgedessen begannen um das
.Jahr 1578 die Professoren Oddi und Bottoni Unterricht am
Krankenbette selbst zu ertheilen. Indessen nach dem Tode der
beiden Professoren schlief diese Einrichtung wieder ein und er¬
langte keine weitere Bedeutung. Erst mehr als ein halbes Jahr¬
hundert später, im Jahre 1630 eröffneten die holländischen Pro¬
fessoren Otto van Heurne und E. Schrevelius eine Klinik im
Krankenhause zu Leiden, welche nunmehr zu einer dauernden und
maassgebenden Einrichtung wurde. Der klinische Unterricht be¬
stand darin, dass die Studirenden den Kranken examinirten und
untersuchten, jeder derselben seine Ansicht über Diagnose, Pro¬
gnose und Behandlung fiusserte und dann der Professor die rich¬
tigen Ansichten bestätigte, die falschen widerlegte.
Unter Franz de la Böe (Sylvius) entwickelte sich die
Leidener Klinik zu grossem Ansehen und erreichte den Höhepunkt
ihres Rufes durch Boerhave, welcher als Arzt und klinischer
Lehrer einen Weltruf ohne Gleichen genoss und allgemein als
Luropae communis medicorum praeceptor gefeiert wurde.
Mit Boerhave’s Tod, 1738, erlosch der Glanz der Leidener Klinik;
seine bedeutendsten Schüler wurden, da man sie nicht festhalten
konnte oder wollte, an andere deutsche Universitäten berufen und
setzten das in Holland so ruhmreich Begonnene in ihrem neuen
Wirkungskreise fort.
Während Albrecht v. Haller in Göttingen die Physiologie
begründete, ging die holländische Klinik mit van Swieten und
später Anton de Haen nach Wien über. Bei diesem wichtigen
Ereignisse spielte auch der Zufall eine Rolle. Die Erzherzogin
Marian na, die Schwester der Kaiserin Maria Theresia, war zu
Brüssel im Wochenbett schwer erkrankt (1744). Van Swieten,
der bereits einon grossen Ruf als Arzt genoss, aber seiner katho¬
lischen Confession wegen in Leiden nicht zum Professor gewählt
war, wurde nun an das Krankenbett der Erzherzogin berufen Ob¬
gleich die Patientin starb, hatte er sich das Vertrauen der grossen
Kaiserin in vollkommenstem Maasse erworben. Bereits im folgen¬
den Jahre, 1745, wurde er als Leibarzt nach Wien berufen, als¬
bald aber mit grösseren Plänen zur Reform des medicinischen
U nternchts betraut.
. p onn um diese Zeit waren in Oesterreich die Wissenschaften
überhaupt verkümmert und hinter den norddeutschen Universitäten
zurückgeblieben, auf denen sich der Geist der freien Forschung
mächtig regte.
Insbesondere um die Medicin war es schlecht bestellt. — Van
'} Vortrag gehalten in der ersten allgemeinen Sitzung der 6G. Vor
Sammlung der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien
I Swieten wurde nun zum ständigen Präsidenten der medicinischen
' Facultät und zum Direktor aller medicinischen Dinge ernannt. Sein
Plan war es, den Unterricht nach dem Muster der Leidener Schule
zu begründen. Er begann sein Reformwerk damit, dass er selbst
Vorlesungen über die Methodologie der ärztlichen Wissenschaft und
die Boerhave’schen Institutionen hielt; aber bald sah er ein, dass
er den Unterricht aufgeben und seine Thätigkeit auf ein anderes
Gebiet, das der Censur, concentriren müsse.
Im Jahre 1755, also zehn Jahre später als van Swieten,
wurde Anton de Haen, ebenfalls Schüler Boerhave’s, nach
Wien berufen und ihm die neu eingerichtete Klinik im Kranken¬
hause übertragen. Die Klinik bestand aus zwei Abtheilungen, für
Männer und für Frauen, jede aus nur sechs Betten. Ueberdies
w r ar dem Vorstand das Recht der Auswahl aus den übrigen Kranken
eingeräumt. Die Methode des klinischen Unterrichtes blieb nahezu
dieselbe -wie in der holländischen Klinik, und auch der Inhalt des
Vorgetragenen schloss sich eng an die Lehre des Meisters an.
De Haen führte die regelmässige Temperaturmossung am Kranken¬
bette ein. Sein unvergängliches Verdienst besteht darin, dass er
die Medicin in Oesterreich von dem Zwange der Scholastik befreite,
sie aus den .Irrgängen einer überladenen und abergläubischen Heil¬
mittellehre zur methodischen, wissenschaftlichen Krankenunter¬
suchung und zu einer einfachen, den Hippokratischen Grundsätzen
sich anschliessenden, fest begründeten Therapie hinüberleitete. Die
exspectative Behandlung und die Hippokratische Diät wurden wieder
in ihr Recht eingesetzt. Die althergebrachten „Hebel der ärzt¬
lichen Kunst“, die Blutentziehungen, Brechmittel und Abführungen,
blieben in ihrem Recht bestehen und wurden nach den autoritativ
festgesetzten Grundsätzen angewendet. Unter de Haen erreichte
die Wiener Klinik einen europäischen Ruf: so hatte sich die
Schöpfung van Swieten’s schnell zu hoher Blüthe entfaltet, aber
zur Erreichung dieses Zieles hatte es vieler Arbeit und vorsichtiger
Zähigkeit bedurft. Als eine seiner wichtigsten Aufgaben erkannte
van Swieten die Einrichtung der Censur-Commission, in
welcher er selbst als Censor der medicinischen und philo¬
sophischen Werke 21 Jahre lang unermüdlich wirkte und
länger als 12 Jahre den Vorsitz führte. In dieser Wirksamkeit
wusste er einen freieren, wissenschaftlichen Geist nach Oesterreich
hineinzutragen und die Entwickelung der Naturwissenschaften zu
fördern. Vor allem waren es Chemie und Botanik, welche er
als Hülfswissenschaften der Medicin ausserordentlich hochschätzte.
In dieser wie auch in mancher anderen Beziehung, z. B. bezüglich
der Pockenimpfung, zeigte er einen freieren Geist als sein College
de Haen, welcher mit dogmatischer Schärfe die absolute Selbst¬
ständigkeit der Klinik forderte und dem Einflüsse der Natur¬
wissenschaften nur wenig Raum gestattete.
Noch ein anderes Denkmal unermüdlicher Mitarbeit an der
Entwickelung der klinischen Medicin hat sich van Swieten in
seinen berühmten Commentaren zu den Boerhave’schen
Aphorismen gesetzt. Dieses grosso Werk, anfangs von der noch
feindlich gesinnten alten medicinischen Facultät zurückgewiesen,
wurde bald das berühmteste und verbreitetste Lehrbuch. Die
beiden ersten Bände waren bereits in Holland erschienen, 1742 bis
1744, der letzte kurz vor seinem 1772 erfolgten Tode. Dieses
Werk repräsentirt das Gesammtergebniss der medicinischen Wissen¬
schaft des XVIII. Jahrhunderts und verwerthet in grosser Voll¬
ständigkeit die gesammte medicinische Litteratur von den ersten
Anfängen griechischer Medicin bis zu Boerhave hinan.
Der leitende Gedanke dieses Werkes war der, das System
seines Lehrers, welches er von Grund aus kennen gelernt hatte,
zu einem festen, unzerstörbaren Gebäude aufzurichten und so zu
befestigen, dass es dem Sturm der Zeiten trotzen konnte. Das
Endziel dieses Systems aber ging dahin, der Heilkunde eine Gestalt
zu geben, welche ebensowohl don wissenschaftlichen, wie den künst¬
lerischen Ansprüchen Genüge leistete. 1 )
*) Wer dies Werk heute liest, wird nicht umhin können, die sorg¬
fältige, auf Erfahrung und Menschenkenntnis aufgebaute Therapie zu be¬
wundern, und viel auch heute Brauchbares daraus lernen, während
allerdings die wissenschaftlichen Vorstellungen vage, unbestimmt und
vielfach willkürlich sind. Manche gelegentliche Bemerkung überrascht
durch ihre besonders zutreffende Schärfe, so zum Beispiel diejenige über
die specifische Therapie. „Das ansteckende Gift der Kinderpocken, Masern,
Pest u. s. w. kann durch seine Reizung das heftigste Fieber verursachen.
Wo dergleichen erregende Ursachen vorhanden sind, befiehlt die heilende
Indication, dass sie entweder dergestalt gebessert werden, dass sie keinen
Schaden mehr bringen können oder dass sie gänzlich aus dein Körper
hinausgeschafft werden . . allein hierin hat es die Kunst bisher noch
nicht weit gebracht, obgleich in der Natur der Dinge für jede einzelne
giftige Reizung vielleicht ein entgegengesetztes, besonderes Gegengift
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
27. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
751
Seit 1770 fing van Swieten’s Gesundheit an zu schwanken,
er erholte sich noch einmal, konnte wieder thätig sein, aber er
erwarb seine frühere Kraft und Gesundheit nicht wieder. Mit
klarem Blick sah er furchtlos dem herannahenden Tode entgegen.
Er starb am 18. Juni 1772.
Das Vertrauen und die Dankbarkeit der grossen Kaiserin blieb
ihm bis zum Tode unverändert erhalten. Ja, sie ehrte den be¬
rühmten und hochverdienten Mann über das Grab hinaus. Auch
die Nachwelt ist seinen Verdiensten gerecht geworden. An dem
grossen Denkmal der Kaiserin Maria Theresia hat ihr treuer
Diener und ärztlicher Berather einen würdigen Platz gefunden.
van Swieten war kein schöpferisches Genie, er hat keine
neuen, bahnbrechenden Ideen in die Medicin hineingetragen, aber
er war für seine Zeit und Aufgabe der rechte Mann an rechter
Stelle. Mit klarem Geiste und fester Hand hat er sein Reform¬
werk durchgeführt, welches darin bestand, die vollendetere Wissen¬
schaft seines Vaterlandes nach dem Orte seiner neuen Wirksamkeit
zu übertragen. Er verzichtete auf selbstständige Originalität und
begnügte sich damit, die Lehren seines bewunderten Meisters,
welche für ihn unumstössliche Orakelsprüche waren und blieben,
aufzuzeichnen und auszuarbeiten. Um diese Resignation zu ver¬
stehen, hat man mit Recht darauf hingewiesen, dass sein Leben
dem Zeitalter des Autoritätsglaubens angehörte. Mit derselben
unwandelbaren Treue, wie an seinem religiösen Glauben, hielt er
an den Lehren seines Meisters fest. Dies gab ihm auch die grosse
Sicherheit und Festigkeit in seinem ganzen Handeln, eine Festig¬
keit, welche zuweilen in Härte und Tyrannei ausartete. Indessen
behielt er immer die Sache im Auge und hat seinen grossen Ein¬
fluss niemals zu persönlichen Interessen missbraucht.
In der Geschichte der Medicin bleibt sein Name mit der Grün¬
dung der medicinischen Klinik in Wien verbunden. Die von ihm
gegebene Organisation hat sich auf das vollkommenste bewährt,
sie hat der Wiener Klinik das Fundament zu einer freien und
glücklichen Entwickelung gegeben.
van Swieten’s Verdienste gehen aber noch weiter, indem er
als Reformator des Unterrichtes in Oesterreich, der Vermittler von
freieren Anschauungen und Ideen wurde, welche auf den Gang des
öffentlichen Lebens von wesentlichem Einfluss geworden sind. Darin
besteht seine historische Bedeutung.
Nach dem Tode deHaen’s, 1776, welcher van Swieten nur
um kurze Zeit überlebte, ging die Klinik an Maximilian Stoll
über und erreichte unter ihm ihre höchste Anerkennung. Sie war
zu dieser Zeit unbestritten das Vorbild aller medicinischen Schulen;
sie blieb dabei im Sinne ihres Begründers eine Schule des Hippo-
kratismus. In vieler Beziehung repräsentirt M. Stoll diese
Richtung am vollendetsten. Seine Persönlichkeit übte einen beson¬
ders wohlthuenden Zauber auf die Kranken aus, wie man aus den
ihm gewidmeten Nachrufen entnehmen darf. In der Therapie stellte
er die Behandlung der gastrisch-biliösen Störungen in den Vorder¬
grund. Er liebte es, seine Lehren in Aphorismen zu formuliren,
welche in Form und Inhalt vielfach an die berühmten Sätze des
grossen Koers erinnern.
Nach Stoll’s Tode sank das Ansehen der Wiener Klinik, hob
sich aber wieder, als Peter Frank im Jahre 1795, also jetzt
nahezu vor 100 Jahren, das klini sche Lehramt übernahm. Schon
1804 gab er diese Stellung auf, um nach Russland überzusiedeln.
Auch Peter Frank kann noch zu den Hippokratikem gerechnet
werden. Mit ihm findet die erste ruhmreiche Periode der Wiener
Klinik ihren Abschluss. Das bisherige autoritative System der
Klinik und die anscheinende Vollkommenheit und Unfehlbarkeit
wurden ein Hemmschuh und konnten dem Fortschritte der Zeit
auf die Dauer nicht Stand halten. Die Naturwissenschaften, denen
man nur widerwillig Eingang in die Medicin gestatten wollte, er¬
hoben sich siegreich zur glänzendsten Blüthe und begannen, den
Maassstab ihrer Methode auch auf die Medicin zu übertragen. Die
wissenschaftliche Kritik rüttelte stark an den Axiomen der alten
Klinik: der Aderlass, die Hauptsäule der bisherigen Therapie,
wurde gestürzt, aus der alten Heilmittellehre hielt nur weniges
Stand, und selbst die Beobachtung und Untersuchung am Kranken¬
bett erschien vielfach unvollkommen und willkürlich.
Der neue revolutionäre Geist brach mit der Vergangenheit und
verlangte nichts weniger als das alte Gebäude der Medicin gänz¬
lich zu stürzen. Broussais (1772—1832) erklärte die herkömm¬
liche Medicin für werthlos, die Krankheitsformen der Schule für
Phantasiegebilde und Ontologieen, ihre Therapie ohne Werth.
Magendie sagte: „La m 6 de eine est une Science ä faire.“ Man
anzutreffen sein möchte. Denn hat nicht derjenige, der einmal die
Kinderpocken gehabt hat, ein wahres Gegengift gegen das
Pockengift, obgleich es niemand kennt, wodurch eben dies
erstgedachte Gift, wenn er es auch nachher wieder empfängt,
unwirksam gemacht wird?“
verlangte nun auch für die Medicin die naturwissenschaftliche
Methode und das Experiment.
Inzwischen hatte die pathologische Anatomie und die Expe¬
rimentalphysiologie eine stattliche Reihe von Entdeckungen zu
Tage gefördert, welche unerwartetes Licht über viele Vorgänge
am Krankenbette verbreiteten. Der Schatz des wirklichen Wissens,
über welchen die alte Klinik gebot, erschien nun auf einmal auf¬
fallend beschränkt. Die Klinik bedurfte neuer Methoden, um die
Entdeckungen zu verwerthen und den Anforderungen der neuen
Zeit gerecht zu werden. Diese erhielt sie durch die Entdeckung
der Percussion durch Auenbrugger (Wien 1772) und der
Auscultation durch Laennec (Paris 1820).
Die glückliche Organisation, welche die Wiener Klinik unter
van Swieten erhalten, bewährte sich auch dadurch, dass sie der
neuen Richtung nicht nur nicht hinderlich war, sondern ihr eine
ebenso schnelle und blühende Entwickelung gestattete wie zur Zeit
der ersten Wiener Klinik. Unter Skoda (1839), Rokitansky
und Oppolzer entwickelte sich jetzt die neue wissenschaft¬
liche Klinik, an welcher die physikalischen Untersuchungs¬
methoden neben der pathologischen Anatomie die Grundlage des
Unterrichtes bildeten und zu ein'er Diagnostik von überraschender
Schärfe und Sicherheit ausgebildet wurden. Zum zweiten male
wurde die Wiener Klinik der allgemeine Anziehungspunkt, wiederum
pilgerten Studirende und Aerzte aller Nationen nach Wien, um
die neue Medicin zu erlernen.
Von hier aus ging die wissenschaftliche exacte Klink schnell
auf die anderen Universitäten über. In Berlin fand sie unter
Ludwig Traube ihren bestimmtesten Ausdruck. Seine streng
wissenschaftliche Lehrmethode, unter vollendeter Anwendung der
physikalischen, chemischen, mikroskopischen Untersuchungen, seine
gewissenhafte Verwerthung der pathologischen Anatomie, der Phy¬
siologie und des physiologischen Experimentes, seine scharfe,
sichere Diagnose sichern meinem unvergesslichen Lehrer einen
hervorragenden Platz in der Geschichte der medicinischen Klinik.
Die grosse Bedeutung dieser Epoche besteht darin, dass die
Klinik in die Reihe der Naturwissenschaften eintrat und dass das
naturwissenschaftliche Denken und Arbeiten in derselben einge¬
bürgert wurde. Sie übte objective Untersuchung lind Beobach¬
tung am Krankenbette, lehrte uns den natürlichen Verlauf der
Krankheiten kennen und schuf hiermit die Basis für die objective
Beurtheilung jeder Therapie. Ihr Glanzpunkt war die exacte pa¬
thologisch-anatomische Diagnose. Ohne Zweifel wird diese Me¬
thode die Grundlage der Klinik und des klinischen Unterrichtes
bleiben.
* *
*
Weniger glücklich war diese Zeit für die interno Therapie,
welche ebenfalls nach exact naturwissenschaftlichen Methoden auf¬
gebaut und der Kritik des Experimentes unterworfen werden sollte.
Physikalische und chemische Mittel und Methoden fanden das
meiste Vertrauen. Man war bestrebt,- aus den bisherigen grossen-
theils dem Pflanzenreich entnommenen Medicamenten die wirksamen
Stoffe in chemischer Reinheit zu gewinnen und deren Wirkungen
auf den gesunden thierischen und menschlichen Organismus zur
Richtschnur ihrer therapeutischen Anwendung zu machen. So
hoffte man einfache, klare Verhältnisse und die Grundlage für eine
wissenschaftliche Therapie zu gewinnen. Allein diese Bestrebungen
haben nicht so schnell zu den erwarteten Resultaten geführt. In
der Praxis reducirte sich die Therapie vorzüglich auf das Ver¬
schreiben von Recepten, aber das Vertranen zu denselben wurde
mehr und mehr schwankend. Die Folge davon war der Rück¬
schlag zum Nihilismus in der Therapie und zum Pessimismus
in der Praxis. Man glaubte sich nahezu auf ein blosses Beobachten
des Krankheitsverlaufes und ein mehr oder minder unthätiges Zu¬
schauen beschränkt.
Diesen Standpunkt hat die interne Medicin gegenwärtig glück¬
lich überwunden, sie hat gelernt, nicht das Unmögliche zu ver¬
langen, sich nicht allein auf Medicamente zu beschränken; sie hat
die Therapie ebensowohl nach der wissenschaftlichen Seite geför¬
dert wie die Ausbildung der ärztlichen Kunst sich angelegen sein
lassen. Damit hat sie einen festeren Boden und grösseres Selbst¬
vertrauen gewonnen. Der Irrthum des Nihilismus in der Therapie
bestand darin, dass man nur Krankheiten heilen und nur das¬
jenige gelten lassen wollte, dessen heilende Wirkung auf den
Kranklieitsprocess wissenschaftlich, das heisst experimentell er¬
wiesen worden war; jede andere Leistung der Therapie wurde
gering geschätzt. Hiermit wurde der Wirkungskreis und die
Leistungsfähigkeit der Therapie erheblich eingeschränkt, man musste
daher wieder oinlenken. «Der Versuch, die Klinik ausschliesslich
auf naturwissenschaftlichen Errungenschaften zu basiren“ — so
sagt Herr Prof. J. Petersen gewiss nicht ohne Grund — „hat
sich als unausführbar gezeigt.“ Man durfte die Erfahrung und
die ärztliche Kunst früherer Zeit nicht bei Seite schieben.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
752
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39
„Die ärztliche Behandlung,“ sagt Peter Krukenberg, einer
der gefeiertsten Kliniker der Neuzeit, „ist und bleibt eine Kunst“
— und er hat Recht behalten. Wir haben eben nicht nur die
Krankheit, sondern das kranke Individuum zu behandeln,
mit allem, was ihn umgiebt und was Einfluss auf ihn hat. So
lange aber die Behandlung des Menschen eine Kunst ist, die sich
nicht mathematisch berechnen lässt, so lange wird auch die Therapie
eine Kunst bleiben.
Neben der lokalen und specifiscken Therapie kam nun wieder
die Gesammttherapie zur Geltung, ebensowohl in ihrer phy¬
sisch-vegetativen wie in ihrer psychischen Beziehung. In Fällen,
wo wir den lokalen Krankheitsprocess nicht wesentlich beeinflussen
können und seinen natürlichen Verlauf abwarten müssen, da bleiben
uns noch viole Mittel, um die Kräfte des Kranken zu unterstützen
und ihm im Kampfe mit der Krankheit zum Siege zu verhelfen.
Auch hierbei beschränken wir uns nicht auf Medicamente allein,
wir ziehen alles herbei, was unseren Zwecken dienen kann. Wir
haben wieder den Werth einer richtigen, individuell geregelten
Ernährungstherapie für die Erhaltung und die Stärkung der
Kräfte erkannt; wir müssen die Ernährung quantitativ nach
dem Stoffverbrauch im Körper, qualitativ nach dem Zustand
der Verdauungsorgane anordnen. In nicht wenigen Krankheiten
und Krankheitsstadien, welche eine stärkende (roborirende) Behand¬
lung erfordern, ist die methodisch durchgeführte Ernährung der¬
jenige Factor, welcher den Erfolg am sichersten garantirt.
Auch die psychische Therapie wurde wieder in ihr Recht
eingesetzt, auch sie soll den Heilplan unterstützen und die mo¬
ralische Widerstandsfähigkeit des Kranken erhöhen.
Zu ihr gehört auch das in neuerer Zeit viel besprochene Ge¬
biet der Suggestion. Ich füge gleich hinzu, dass ich nicht den
Hypnotismus meine, dem ich eine wissenschaftliche Berechtigung
in der Therapie bisher nicht zuzusprechen vermag. Dagegen bin
ich der Meinung, dass der Arzt am Krankenbette der suggestiven
Therapie nicht entbehren kann und dass sie insofern und in¬
soweit berechtigt ist, als sie im Interesse des Kranken den ge-
sammten Heilplan fördert. Sie wirkt analog einem Heilmittel, und
es wird die Aufgabe des Arztes sein, sich ihrer in richtigem
Maasse und zur richtigen Zeit zu bedienen. An dieser Berech¬
tigung wird meines Erachtens dadurch nichts geändert, dass die
Suggestion missbraucht werden kann und von Cliarlatanen so häufig
zur Täuschung des Publikums missbraucht wird.
Diese Heilmethode in dem angeführten Sinne hat man (neuer¬
dings) als die hygienisch-diätetische Therapie bezeichnet,
indem die Vermeidung alles dessen, was schädlich wirken kann,
und die sorgfältige Durchführung einer zweckmässigen Lebens¬
ordnung mit Einschluss der Ernährung die Elemente dieser Be¬
handlung bilden. Indessen erschöpft diese Bezeichnung doch nicht
das Ganze. Herr Prof. J. Petersen in Kopenhagen hat sie in
einem geistvollen Vorträge auf dem Congress der inneren Medicin
1889 den modernen Hippokratismus genannt, und wir können
uns dies gern gefallen lassen, insoweit dio alte hippokratische
Medicin die Gesammtbehandlung und den künstlerischen Beruf dos
Arztes in den Vordergrund gestellt hat. Die Medicin des Alter¬
thums hat bei geringen Kenntnissen von den Vorgängen im ge¬
sunden und kranken Körper die Ethik der ärztlichen Kunst zu
hoher Vollendung ausgebildet. Es scheint keine unwürdige Auf¬
gabe, die antike Kunst mit der modernen Wissenschaft in Harmonie
zu bringen.
Auf der anderen Seite hat die specifische Therapie der
neuesten Zeit erheblich an Terrain gewonnen. Sie ist augenblick¬
lich diejenige, auf welche alle Blicke mit den grössten Erwartungen
gerichtet sind. Sie hat nach drei verschiedenen Richtungen hin
wesentliche Fortschritte zu Vorzeichen.
Zunächst wollen wir der Pharmakologie gedenken, welche
sich mit Hülfe der ausserordentlichen Fortschritte in der Chemie
rasch und reich entwickelt hat. Sie ist nicht mehr wie früher
darauf beschränkt, die Heilwirkung der Pflanzen, wie sie die Natur
uns liefert, zu studiren, auch nicht mehr darauf, die wirksamen
Stoffe
in den Pflanzen chemisch rein darzustellen. Sie
vermag
jetzt selbstständig Heilmittel zu construiren und hat uns mit cmci
grossen Anzahl solcher neu construirter, wirksamer Heilmittel be-
fmd f enn ? V °I al i e , n d ; e Antifebrilia, die schmerzstillenden
und die schlafmachenden Mittel, an welche sich noch eine grosse
X 1 '. il “ dere , r anschliesscn Freilich hat die Fruchtbarkeit der
Qnr£hf hen s 1 i ldust ü! e - • me , hr ? eliefert > als dem Bedürfniss ent-
^ ,! netl ' c,ms ;- ht ' n Mal ; kt derartig überschwemmt, dass
' V . erth des Einzelnen nicht mehr sicher beurtheilen kann
zumal die Anpreisungen und Roclamen sich nicht immer in den
zulässigen Grenzen halten.
Das grösste Interesse und die grösste Bedeutung haben
gerade un gegenwärtigen Momente diejenigen Arbeiten erreicht
welche aus dem Gebiete der Baeteriologie hervorgegangen sind!
Die grosse allgemeine Bedeutung dieses neuesten Zweiges unserer
Wissenschaft, ihren Einfluss auf die gesammte Medicin und Hygiene,
speciell auch auf die innere Klinik, darf ich hier wolil als all¬
gemein bekannt voraussetzen; ich will hier nur diejenigen Re¬
sultate hervorheben, welche durch sie für die innere Therapie
gewonnen sind.
Die Möglichkeit, die pathogenen Mikroben in den Reinculturon
zu studiren, erweckte frühzeitig die Hoffnung, ihre Weiterentwickc-
lung im erkrankten Organismus ebenso gut wie im Reagensglase
durch chemische Mittel aufhalten zu können, indessen die Anti-
parasitica und Antiseptica, welche der Chirurgie gegen die In-
fection der Wunden so grosse Dienste geleistet haben, liessen die
innere Medicin im Stiche. Dieselben chemischen Substanzen,
welche die Bacterien vernichten, sind auch dem Organismus selbst
und den Geweben schädlich, ja die Bacterien zeigten sich vielfach
gegen sie resistenter als die Gewebe selbst. Die Aufgabe, Mittel
zu finden, welche die Erreger der Krankheit zerstören, ohne gleich¬
zeitig dem kranken Organismus zu schaden — die Lösung dieser
Aufgabe musste auf anderem Wege gesucht werden.
Man hat, wie bekannt, in diesem Sinne Methoden analog der
Jenner’schen Schutzpockenimpfung ins Werk gesetzt, nicht nur
als Präventiv-, sondern auch als therapeutische Impfung. Auf
dieser Methode ist dio berühmte Pasteur’sche Behandlung der
Hundswuth begründet.
Ferner wurden die Stoffwechselproducte der Bacterien,
welche, wie man annehmen durfte, nach einiger Zeit die weitere
Entwickelung der Bacterien hindern, dem kranken Körper einver¬
leibt, in der Absicht, die pathogenen Organismen unwirksam zu
machen, doch sind entscheidende Resultate auf diesem Wege bisher
noch nicht erzielt worden.
Aussichtsvoller sind die therapeutischen Ver&uche zurlmmu-
nisirung des kranken Organismus gegen dio in ihm sich ent¬
wickelnden Bacterientoxine, man wünscht den Körper schneller
immun zu machen als es durch den natürlichen Ablauf des infec-
tiösen Krankheitsprocesses geschieht, damit gleichzeitig die Krank¬
heit, soweit sie auf der Toxinwirkung beruht, schneller und ge¬
fahrloser verlaufe.
Zu den grössten Erwartungen berechtigt gerade in diesem
Augenblicke die von Herrn Prof. Dr. Behring in Berlin ge¬
schaffene Heilserumtherapie, welche darauf beruht, dass das
Blutserum von Thieren, welche methodisch gegen die betreffende
Krankheit immunisirt worden sind, als Heilmittel gegen die gleiche
Krankheit beim Menschen verwendet wird. Den meisten von Ihnen
wird es bekannt sein, dass auf diesem Wege ein Heilmittel für
eine der schlimmsten Infectionskrankheiten, die Diphtherie, ge¬
wonnen und den Aerzten zur Prüfung und Anwendung boreits
übergeben ist. Die bisherigen Versuche berechtigten zu den
schönsten Erwartungen, wenn man auch zugeben muss, dass ein
sicheres Urthoil noch aussteht. Auf dem kürzlich abgehaltenen
Internationalen hygienischen Congress in Budapest haben die Ver¬
handlungen gerade über diesen Gegenstand das grösste allgemeine
Interesse erregt.
Ich muss noch einer anderen neuen therapeutischen Strömung
gedenken, welche auf wissenschaftlichen Forschungen basirt, gegen¬
wärtig in der Entwickelung begriffen ist, aber auch ein bestimmtes
Urtheil noch nicht gestattet, nämlich die Organsafttherapie.
Sie hat bisher ihre besten Erfolge bei der als Myxödem bezeich-
neten Krankheit aufzuweisen. Diese eigenthümliche Krankheit
entwickelt sich in Fällen, wo die Schilddrüse entweder auf opera¬
tivem Wege entfernt oder auf natürlichem Wege geschwunden ist.
Solchen Kranken hat man den frisch bereiteten Saft aus der
Schilddrüse gesunder Thiere eingespritzt oder das Gewebe der
Schilddrüse selbst in Tablettenform eingegeben und darnach we¬
sentliche Besserung der Krankheitssymptome beobachtet. Nach
analogen Indicationen werden auch andere Drüsen und Drüsen¬
säfte therapeutisch vorwendet; indessen das ganze Gebiet ist noch
so unsicher, dass man nicht genug vor Uebereilnng und Illusionen
warnen kann.
So viel geht aus dem Vorgetragenen hervor, dass gegenwärtig
in der inneren Medicin die therapeutische Richtung vorwaltet.
So wtinschenswerth dieses ist, so kann man die Schwierigkeiten
nicht übersehen, welche sich in solcher Zeit gerade für die Auf¬
gaben der wissenschaftlichen Klinik herausstellen, denn es ist
vieles noch unfertig und unsicher, und an dasjenige, was auf wis¬
senschaftlichem Boden langsam hervorwächst, sc-hliesst sich eine
überhastete Erfindungslust von weniger Berufenen, welche das
Publicum durch enthusiastische * Anpreisungen in Verwirrung
bringen.
* *
Inmitten dieser Strömungen sind die Aufgaben der modernen
Klinik grössere und schwierigere geworden wie je zuvor, und wenn
man ihre ideale Aufgabe heute so formuliren will, wie es seiuer-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
27 > September.
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ft-hdehrnd :ijs dir Th.a! <it'd|i* ^•li'*i r and unsere Aiisejmniirieen
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di winu iü'Urr ThaiHueiiru »ich • vr^inld/. • .Am Js*.-
d'i'vnd.« in «i)nM:v Mnsrir.hu uueiu'u Aur^sitm Uii: den Uninfviniii der .
Tiierrtidr, wriohe dm h da? Endend ailcr liiiniHchcu Arbidt.ru »Hb :
FiU'i*. 1«v»|nrl ; es iMuaiKdin slmr.hatm. einer «litprh WiFsf-n-ihatf- un»J
i:.;»'i:jtinsi!^ lw’Ttcu IuiUmij Uns Yerf.runcn d;ai anuvlicu-
d--n Ar/fcrfe > a Hcltmr XVAK-s^iis.iduift nitii za seinem Herwf t'nHst
w'iiseijUfeJ} uitf smiu*)’ .Bichrrhidt- in «ler MclianiilU n^r. lHd; Kfunlcp
»uv: h Ai -)\r', f*!i n Iw bandelt vwrdetu er will iiidii U'^-u ■
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lA i>f. die tMHuh»; »Jur-Ki»«\ik, an der ■g’eHiehcrrmt ihärapmtfY
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Audemveus soHws wir iU:m FdrtSuhi-itre und der Yev}a>?gid-
* "«m in ii».f d imraf.d a|i. i 7f*it die WV^m nö> n haltj-n Mittel,
neu- Msdhn, fdni«h-« icnn«::«at erweitern die Urm.zmi
‘iiWa-UT Runs« und er werke« • in . den Hmmu da* anHcu Kranken
dir tbifiuun*;. in v-‘*-i und i*«*ir*r |< zu \vm*1u)j, als es hislu'f
MHfwlieh war- Zu ihrem \\ ehh> mtissuu wir {üln* au-nutzen ih.
l|>‘Tit.!W0 Almü.dii 'tuWt. nkdd an!' eir.cm uiiijiiyvn he-timtuten Sj^mn
uni ^hüpte nndd ,i»i, einer Queliw. SA nimmt ihm Mul*.*, wu sie
es tim ihr., Uio AX'i-^n/ aut ddd» v « wir zu urtae-rrni. Zude grfynn;md
Ajud tiinuüiuhhi'di. Ahm’ wir wuJlmi rnitUd.h «rtU'Au u»id.s*4h*t
bi fidie;, n »d,ti ailcn i»hc-i drfi WerTji dessen, Wae U»H nrimten
wini. ürta Ke.-m der sclhststitmli^vji L’nifeij.s nf,*j de* KidliHtsnim
diwivi, UrUudS l/eidiü >:ieJi die Kliidk um. ^Iu tetzH-r )nstäu?A -
simtn fm-in vvfsswi^tui’ b’olli‘p’e \ )* ! f eei«: h e — „emt 5 -* liridel die
lüdalirHM- am ■Kraiv.kmiKmh;- -, »uni ein alihnrnhmtwr H i |>pt*-
K ra i fHeUe i: Snt/iantei: : ,In dej Ale* Uv. in ?«di irniii aindils Uhii’rprtUd.
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Dasfjehign eher, wa* uns in »linkem Zwiespalt in dm- Fiijh* •*.«>
-Neuest um! na uh midi eit m d-'tu LalivrinUm thei'ape»iti:wdmr Nmm-
'iiUucn ?h*(> nehrignu AVzdidj., den festen Üai* gicht und ihm
Am* ve«i s--hl.H Idem ihm Weizen von der Spreu •aidmSeiimde«
Mud. das ist- -die S< hniung in »{er nhjeetiveu lhml»»telitu«e-. und in
jder Aifd-hode der Kat3tr\vt4- s >C t «deht>fteii ldins Ijutt« mdinn 'die Hdl-
iandiache Srlinie, d;m halt*' VuU Sdv i c * e i» erkaind.. A her damals
Aar di*r Meitrng.. den die ,V a 1 • tj nv i: i * *«n.«* d m Id«• u iieferten, nur ein
irwehriuikt'u*. Seither hit!»p}i S* h Knidei jamg* n und Knlmlmipui ,
gehadlt, v\ehd*e der Mrdhdi) zu gute gvkotnine?» uind. Ilitiefi drndmu
\v1 1 * die tnurohl*' M»-Mmde der Klinik. il*m*n hu Viele Kurt-rhuUe,
wehdte dir Mediein wu iiirer mea-enwarUgen Hedciis unw dadudmts und
th)‘ die gft-isptH AnerUaditi.Hiig- m-wm-hmt hahwt.. Im tdigmi Zv-ydn-
menhaug' mit *lei Ku» up wiaK*»rtßuhaft erkennt am dt diu Klinik Kn 1
ict-jik und fitr di«^ Ztikiuiit. diu iRhSt? lilher wmiferHi
Fnrlut hMtr.e udd die Autfiuliu gegs-n \d-e|rf’dugeu auej, aut »fern
-'•hvvierigms iAdile (lor inUVuen Therajfie. l\.»r Aerzde m.fcwii
Nrnrnddi-nduu s*:ii. and hfmhen, mit iha-m MtdHude 'arheflen uml
-nhidi lham IVimduieu deuk»uu
i . • Wi*• Ndfi/uwii gHiekUeli und stolz darm*t seit», »lass wir in der
; §^l n Um der Na t tudorsi-lita- in.ut Aer/U' Aiiiu hja»ur«a.:h
; herum igle hiariehtung liHMit./mi, Wöiehe deii *«*;«••♦} Zus.iti*n>vi)haudi
u.'i5:\vlM)d{i _Mddiejii iin«l’N»rnrwiHSdüscitöChm» zu uiumn ftnaufkmüf-hen
hat.
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KlöiÄere ophthalmologisclie MittheilungeB.
Vuu Prof. Öito ftdiirntär,
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' tfftnapla'ntatiqn %
K«ter Na tu Vei^peUt man sntiß C’Antnm-tjvdlmttiu
wehdm xhnMi NarMnzug auf di«; Kopirna 1 dttatitgowajdrs/ü} mf AT.^i
uuterWchnrd* 1 eä z v< < (aml-mg vöri citai (M)H«U lMvrvgW.it, weiehe
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idtmm: m dei iüdwnatuu vm« 'innen oder .von au>wmr her, am d*>'
(Amnsm iHuauCwuudmun, 'wahrmdl die Uirhnudv d«\* NH.rlhdad,m , yumias
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i)a-M‘U« eiibdeM dur» i» eijU' ’ m l-mrntiii*» «Hier \ ei it?.n;ig d.*t
; l/tirnca und der .mgtmaendvn rM„juu-.d,iv aljs-.it * «s en. Oie Zej^idi <mg
di's f 'oj-mufSidi-mloimhis sidimi«; djj A irmudm >;u «.rh», ;li:-w du-
Uffuiumg des j (..•••rihaid.dide.des tiii ht. wi. htd winlaeiuut (h‘.-ed>n üi; ,.
durch Wm lu'M'Rg «ier OxumfeuMtuez un«l thes' 'Mpifdti.d.S .vor si-K
gellt. SfMid.cn» »hiss die heum ithiUdc t utijltn» l * V;l d,*>,n hernuwzcwmi
wjrxl. Fnd v.vriw wird sk dann »nrist *m'-'lVuf>Mng j|»m «nir/ou
DHertn» verwiHidt: ich hahv festen? nid gmch?«. tkds? in)v
UtAva ein v Hill tV: rtps nek rot j.suu^«n JArZiritw :l| tiirrderM. Wti b fMt)'d die
sinduru liafttc in gewuhnih her W*dse. vernaHde.
War nur ein khdmmer Uexirk dm- < Armut und dm Cnpjmudiva
hitlhi hetmffeii, ho* Wjrd dureh die VpVzwrfWftp; riet* lUndelm+tl virut
\*erk)ig/ung' der lVb*?<vnjig5fAlirv zuSdsinde kmmhmt. W*ir
jefiorh die Thudelimd i»>. g» «b-ercr \ itsdidiuuuü eie .»Ilias
guvAdmliid»- <ier Fail <4 und nicht um an» Mulhn-.. -muk*ni am h
au der (Nbrrgangsf/die uml am .Ltd, so hjldun sieh s*d*r skmfTe
r Nathonzdwe. ^wf^dieu Lid und ihdinm djerans; S.vmhluphni’o« ddiW
Cnnu-nrijej.tharo'd; das Lid wird ftwA svm-Biid'ms mier air *ler ikmien
hxiri
Ein Htdehor Znsdand. ist für dmi PaUeiih*« im hüehslc« (irade
j dnangrnrhm Om Me^eunngon i.h«§ Aug»rs-R?«il durch du'öe .NiU’hidt-
; zdigfv dhi-keröfflcmtltci» imhiaderfc^ fhik SdhvwmOgon Xui in rkdwn
FjpM; rluA'b ilds Mter5gUUe herfxiigeniUf, Ujuj tllfi l’UÜhl gewitisiMt'
lf*njuö* brji sirht mnsdh^if auf der 1%'ima *uw Stlrnn
Irnhzcitig lud»ec* sich d*’-s!iäih di*' OjdiUm.lmologeu hemliht, i!|mt“4iv
: diese Besidwverdmi zu hoi)«!), und *>inn. fkihe- von ./Verfahren ist
: iuigeefdims, weicht) im wcwtsntdjrlicii «hiraut huiailrtlauh'«, dem Mofim.s
; som ijiilAyjeder frei zu {nnfninrea uu»I den so md.slaudunm* Iddeet
euiwMnj- duroh LntvifiUetivnlphivdik iTexdeh didur tlurwh 1 a-.hr.r-
}>t}HMZunw von.- KtiUindhdnbhulwluUft; rWolfe, Klein): u»eoscddmiu i
S'.'hifintliyitt •: V e i s { 1 .! H . ()e Ln }»et sOUtir.» ud'd 1 li*e.US*djli<'i)e. Haut
(Ewersbu K U li li t) ZU denke«. Au«d» .•-U.m i ‘uMihifiafic.Vi dm-
f wUieNMie-u Mofhode mit stifdlOMei latppynüMfTrawnsig «\»rd angw-
\Vandf. und iM'smjdhrs ven llirsehhr.rg wurm mimpinhlen. T>id
I Bindchanrr?ihe .mf <IW (/yfimf wnidr hinrWt vöti Tente ’ufihenihr'f
\ gyda^un juirfi wtoillp Htch iklTmähUrM 4uV<h. pk ?••
klein«'»-)«: ehe«?« x*Leinen c* vVeli z mul die nroifslfwu der rnumr'eu
; ÄdWftvsi g'tdnaeM zu tmhou, hdt ln pMi Ar- d
heiteü, die niir LthM'dtd^ Ädn) TlMd -ttixr- .mj.
A-nren. ; W ;A üi&Awn Üher ^hißlc^tl de? PtiUygfitHtvs,
"Nair .Kinin givM r»n, 0 ? und KdJföihcAMd’hrt 1 «hunt ad/ tH}i:
■tovntu t * anspUuitu f- •/.'! halrcu; airsmim s-m are-lt msLodtcdf, fern
PtcMygiuiu habe sieli ah»u’ tiotzdnn i.mlit upw^hhibict.
In «liesest! lefzicn l'tinkfc^ guvmh* liegt «iic (Klahr. Losen wir
diu (N')«LjUnßUwxillf»]txX von dsT und i/tssoti 'iie)v Jj**iVet *d)nt v
h«-.»sMog ? h., Itabm» wir ku»m Oübudmeti d;ms nn.ht. jnmetdm ( es
«{je LotijMiedivt »tnf die Uornhlilit hhmufiir-zogim wird und sieb
wbulmini »dn» vv.enn auch vmlhueht« etwa.* LLdtieres rterygunn und
vS,Vi«bleplw*r«>n bildid. Aüdei>!,v<dl;- n»i;e= es bei dem MiiHif'liaut-
iViatuvel wh, dsdnweod wtinst hrn-wndh bezeichnet cmTen, di« auf
der rorrns» befiudiLlum Falte« mit zu«* fhv-kung des p-h-
hmfus/m/irlifm; auch knanietd^Öfin lidnksifdlteu hnssum di« Lidft'riHUui
dt:r:ndbnn sehr wij.«H'di*MJ
d oli tlitsr.ri IX. l '>fj-'gueenn :u«sg)di*m«i, cjdss.hjor--fei«, mc to
einem ipdi. von «.■«» -<■(*-•>- nt Mfen «dism, das Ahm zwm f.ivtt.*rt *h* f
Ootamfi «shiidUim dt ui ruil ?,K*mHe!t jüieUgrädigem S}!tdjj«cp)±it.Mm
üsnibtuirh war. «iie Lt^eitjgijmg des- letztmww lediglich aut ifU-lte
des DOg'dlrlks önzustrebrrs und den Lormmbkdec! n«d irgemt diM
\V«d«e zu «hMom. I lau f, hipp n 11 öfter KpidM■.niLiripi.Mfe.n " : »c I»
a \ i.di mü.'hi .uh d. l^dunmr bSP4 im (h>.i(V«Lih’ei‘ mmi!« imo lern
l i'i'i'iii tadniiiem-u \d>i lv;ig*o
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39
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Thiersch wollte ich hierzu nicht verwenden,'weil das kosmetische
Resultat voraussichtlich sehr wenig befriedigend gewesen wäre und
weil ich fürchtete, durch nachträgliche Schrumpfung derselben
einen Theil des Effectes wieder zu verlieren. Schleimhautlappen
scheinen nicht leicht anzuheilen, und selbst die vollzogene An¬
heilung schützt uns nicht mit Sicherheit vor einem Recidiv, wio
der Fall Klein beweist. Ich entschied mich deshalb für Horn¬
hautlappen, zumal es mir das natürlichste schien, einen Defect der
Hornhaut wieder mit Hornhaut zu decken.
Die bisherigen Methoden der Hornhauttransplantation, wie sie
nach vielfachen vergeblichen Versuchen endlich durch A. v. Hippel
in der partiellen Keratoplastik zu einer gewissen Vollendung ge¬
bracht sind, haben einen optischen Zweck. Es handelt sicli darum,
in der getrübten Membran ein durchsichtiges Fenster zu schaffen,
und hierzu genügte die Anheilung eines kleinen Stückchens durch¬
sichtiger Cornea, welches genau passend in ein Loch des Leukoms
eingelegt wurde. Die Ernährung dieses Stückchens geschieht wahr¬
scheinlich nur zum geringsten Theil von der Rückfläche, haupt¬
sächlich von den Rändern her. Dementsprechend konnte es in der
ganzen Dicke einer Kaninchencornea genommen werden. Bei mir
handelte es sich darum, grössere Lappen zu übertragen, deren Er¬
nährung ausschliesslich von der Rückseite geleist/et werden musste,
und dementsprechend wagte ich nicht, die ganze Dicke der Horn¬
haut zu überpflanzen, sondern entschied mich dafür, möglichst
dünne Lappen zu verwenden.
Es ist nun nicht ganz leicht, von der ohnehin dünnen Horn¬
haut eines jungen, lebenden Kaninchens eine Lamelle mit dem
Epithel abzuspalten, doch gelingt es bei einiger Uebung. Am
besten bewährte sich mir folgende Methode: Das cocaYnisirte Auge
wird luxirt. und dann ohne Fixation ein sehr scharfes Beer’sches
Staarmesser etwas unterhalb der Hornhautmitte, nahe dem einen
Limbus eingestochen und horizontal möglichst nahe der Oberfläche
zwischen den Lamellen vorgeschoben, so weit es die Cornea¬
krümmung gestattet. Ist die Spitze aussen hervorgedrungen, so
wird das Messer langsam immer weiter vorgeführt und so der
Lappen in annähernd gleicher Breite bis zum oberen Comeoscleral-
rand herausgeschnitten. An der Basis, der man eine Länge von
4—5 mm geben kann, schnitt ich dann den Lappen mit einer
fecheere ab und legte ihn bis zum Gebrauch in erwärmte, physio¬
logische Kochsalzlösung.
Ich habe bisher in einem einzigen Fall Gelegenheit gehabt,
diese Methode zu erproben; da aber derartige Verletzungen in
Greifswald sehr selten sind und ich vielleicht sobald nicht wieder
Gelegenheit haben werde, die Operation auszuführen, gestatte ich
mir schon jetzt, eine Mittheilung über dieselbe zu machen mit der
Bitte, dass die Fachgenossen in geeigneten Fällen Versuche mit
dieser Methode anstellen möchten.
Der Schäfer Hermann Jürgens. 17 Jahre alt, hat im April 1893 eine
\ erletzung des linken Auges durch ungelöschten Kalk erlitten. Während
die anfänglich sehr heftige Entzündung allmählich nachliess, wuchs von
unten her eine Haut auf die Cornea, zugleich sank das Sehvermögen
Bei der ersten Vorstellung am 20. Januar 1894 wurde folgender Befund
notirt:
\on der Gegend des äusseren Lidwinkels ziehen zwei dicke, straff
gespannte Conjunctivalfalten zum äusseren Corueoscleralrand, welchen sie
etwa in seiner Mitte überschreiten. Aehnliche, aber weniger straff ge-
ziehen vom ganzen unteren Lidrand zur ganzen unteren
Hälfte der Cornealgrenze, gehen über dieselbe hinweg und bedecken in
y. y!?? 11 ’. r0 o mehr als die unteren zwei Drittel der Cornea:
dm höchste Spitze des Pterygiums überragt den oberen Rand der normal
weiten Pupille. Das obere Drittel der Hornhaut ist klar, der Bulbus im
übrigen völlig normal Die Sehschärfe beträgt 5 / 35 . Abgesehen von der
Entstellung war der Patient auch durch die Zerrung, welche sich bei
d , e ? ÄU ? es cinstellt * in hohem Grade belästigt und
wünschte deshalb dringend von seinem Leiden befreit zu werden.
t 3; Januar * In tiofer Chloroformnarkose wird mit
wnu 1 r A /, e s - chen .. L ;j‘;armesser das Pterygium von der Cornea und
weitir die Conjunctivalfalten und Narbenstränge von der Sclera losnräna-
Uebomw if h f ie - SSh ? h . Bulb T us bis zur Tiefe der früheren unteren
Ucbergangsfalte frei prrtpanrt ist. In den so erhaltenen Wundspalt zwischen
Bulbus und Lidinnenfläche wird nun die disponibel gewordene Bindehaut
des Symblepharons plus I terygium, die durch zwei Entspannungsschnitte
' 0I, 1 ^osseren und inneren Cornealrand nach aussen oben resp innen oben
noch beweglicher gemacht war, gefaltet hineingelegt, so dass bette Seiten
des Spalts mit Conjunctiva ausgekleidet sind imd de - frühere obere Rand
des Pterygiums nun am unteren Cornealrand sich befindet. In dieTer
der neuen' U ebergan’gsGHe'nS IterW^ Das'Ä
sSftSw'JSnäi* “W” - " ,i
samste gestillt. Auf diefe FlfcS'wcrfen l fn®"^ ?*?
Weiso gewonnenen Läppchen von der Comeaoherfl»cn« r ^ 6r * ,es j! lrl ? 1>e “ er
drei solcher Läppchen, eins gerade unten, eins mehr aussen, das dritte
mehr innen. Da die Läppchen nicht vorher besonders zugeschnitten waren
überdecken sie sich zum Theil mit ihren Rändern, zum Theil bleiben
kleinere Lücken zwischen ihnen. Suturen wurden nicht angelegt; um
wenigstens etwas Fixation zu erhalten, schob ich die Lappen unter die
angrenzende Conjunctiva etwas herunter. Jodoforrapuder, doppelseitiger
Ocelusiwerband, absolute Bettruhe. *
Nach drei Tagen wechselte ich zum ersten mal den Verband und
fand alle drei Lappen leicht getrübt und .gebläht, aber mit spiegelnder
Oberfläche an Ort und Stelle. In der Folge nahm die Trübung und
Quellung noch etwas zu, aber die Oberfläche blieb stets spiegelnd, und
die durch leichte Schrumpfung der Läppchen frei gewordenen Partieen
der Wuadfläche, ebenso wie die ursprünglich vorhandenen kleinen Lücken
bedeckten sich bald von den Seiten her mit Epithel. Am 1. Februar
wurde zuerst eine beginnende Vascularisation der Läppchen bemerkt,
welche schnell die ganze Ausdehnung derselben einnimmt und schon am
8. Februar sich zurückzubilden beginnt; die freien Stellen sind viel
dünner und heller als vor Beginn der Vascularisation.
Hiermit hielt ich und halte ich noch jetzt eine normale Anheilung
für beendet. In diesem Falle wurde der Heilungsverlauf coinplicirt da*
durch, dass am unteren Rande der Hornhaut von der Sclera aus eine Gra¬
nulationswucherung sich bildete, welche schnell auch in die unteren Hälften
der Läppchen eindrang und dieselben nochmals stark trübte und blähte.
Erst durch zweimaliges energisches Cauterisiren gelang es mir, den Pro-
cess zum Stillstand und zur Rückbildung zu bringen, doch verlief jetzt
die Heilung so langsam, dass während meiner Abwesenheit mein Assistent
erst am 4. April es wagte, den Patienten aus der Klinik zu entlassen.
Das Auge war völlig reizlos, vom mittleren Lappen noch das untere
Viertel etwas gequollen, alles übrige in graues Narbengewebe umge¬
wandelt. V = Vs-
Am 21. Mai, also vier Monate nach der Operation, habe ich den
Kranken zum letzten Mal gesehen und folgenden Befund notirt: Das Auge
ist vollkommen reizlos und kann nach allen Seiten hin ohne jedes
Zerrungsgefühl bew egt werden. Nur bei starkem Ectropioniren des unteren
Lides sieht man in der äusseren Hälfte eine Conjunctivalfalte sich an¬
spannen. Ein Recidiv des Pterygiums ist im allgemeinen nicht eingetreten,
nur aussen unten ist die Bindehaut wieder etwas auf die Cornea hinauf-
gewachsen und überragt mit ihrer äussersten Spitze den Rand derselben
um 2,5 mm, doch ist diese Partie sehr dünn und fast gofässlos, so dass
sie durchaus nicht entstellend wirkt. — Der Totaleindruck der Hornhaut
ist derart, dass ihr unteres Drittel von einem mässig dichten, leicht vascu-
larisirten, graulichen Leukom eingenommen erscheint, die beiden oberen
Drittel erscheinen bei Tageslicht vollkommen durchsichtig. Ihre Ober¬
fläche ist überall glcichmässig und glatt, die Grenzen der drei Läppchen
sind nicht mehr sichtbar. Bei focaler Beleuchtung sieht man, dass auch
das mittlere Drittel, soweit früher das Pterygium gereicht hatte, noch von
einer sehr zarten Trübung eingenommen ist, doch alterirt dieselbe deu
Gang der Lichtstrahlen so wenig, dass die Sehschärfe jetzt die Hälfte der
Norm beträgt.
Es ist also eine Beseitigung der störenden Conjunctivalstränge
und damit der Beschwerden bei Bewegungen des Auges erzielt
worden, eine Umwandlung des überaus hässlichen, rothen Ptery¬
giums in ein halb so grosses graues Leukom und eine Verbesserung
der Sehschärfe von */7 auf 1 / 3 der Norm. Gewiss ein zufrieden¬
stellendes Resultat.
Was die unverhältnissmässig lange Heilungsdauer betrifft, so
ist dieselbe sicher nicht als Norm anzusehen, sondern wurde durch
den oben erwähnten Granulationsknopf bedingt, welcher in dem
schon angeheilten Lappen nochmals eine Reihe schwerer Verände¬
rungen inducirte. In der That erzielte ich bei einer weiteren
Transplantation, die ich bei einem gewöhnlichen Pterygium, nur
um die Methode zu erproben, ausführte, prompte Anheilung binnen
14 Tagen. Das Läppchen war jetzt noch etwas über die Um¬
gebung prominent, leicht getrübt und vascularisirt, aber fest an¬
gewachsen. Zur Sicherheit behielt ich den Patienten noch mehrere
Tage in der Klinik und liess ihn ohne jeden Schutz des Auges
frei herumgehen, doch trat eine weitere Aenderung nicht ein.
Die Befestigung der Läppchen auf der Cornea lediglich durch
Unterschieben unter den Conjunctivalrand ist leider keine ideale,
und ich würde deshalb im nächsten Falle sicher ein Annähen an
den Bindehautrand versuchen.
Wenn zwei Suturen durch die Ecken des Cornealappens gelegt
werden, ehe er völlig vom Kaninchenauge gelöst wird, dürfte eine
solche Fixirung keinen allzu grossen Schwierigkeiten begegnen,
um so mehr, als ein genaues Aneinanderpassen der Läppchen nicht
nöthig ist, da etwaige Lücken und freie Stellen bald durch Epithel¬
verschiebung von den Läppchen aus, wie von der intact geblie¬
benen Cornea gedeckt werden.
Ob diese Methode der Transplantation nur für die relativ
seltenen Fälle von Narbenpterygium brauchbar ist, oder auch bei
anderen Hornhautdefecten, speciell bei perforirenden Geschwüren
Verwendung finden kann, müssen weitere Erfahrungen lehren.
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27. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
755
III. Ans der chirurgischen Klinik des Herrn Geh. Ober-
Medicinalraths Prof. Dr. y. Bardeleben in Berlin.
Beitrag zur operativen Behandlung der
diffusen eitrigen Peritonitis.
Von Stabsarzt Herhold.
Die bis jetzt immer noch im allgemeinen nicht günstigen Er¬
folge, welche die operative Behandlnng der diffusen eitrigen Peri¬
tonitis erzielt, mögen es gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn ich
hier über zwei günstig infolge der Operation verlaufene Fälle der
genannten Krankheit berichte.
Fall 1. A. Sch., Kinderfrau, 54 Jahre alt, wurde am 7. December
1893 wegen eingeklemmten Bruches auf die Station des Herrn Geheim¬
raths v. Bardeleben eingeliefert. Sie gab an, dass sie seit zwei Jahren
an einem doppelseitigen Bruch, leidq und deswegen ein Bruchband ge¬
tragen habe. Vor vier Wochen habe sie das letztere fortgelassen und vor
14 Tagen beim Aufheben eines schweren Waschfasses plötzlich Schmerzen
im Leibe, Uebelkeit und Erbrechen bekommen. Sie hat die 14 Tage bis
jetzt zu Hause gelegen und ist dort behandelt worden. Stuhlgang soll
nur sehr wenig erfolgt sein, seit zwei Tagen gar nicht mehr, auch haben
sich seit zwei Tagen die Leibschmerzen und das Erbrechen gesteigert, sie
könne nichts mehr bei sich behalten.
Unterhalb des Ligamentum Poupartii fand man beiderseits einen etwa
wallnussgrossen, prall elastischen Tumor, welcher die Fossa ovalis aus¬
füllte. Der Leib war stark aufgetrieben und druckempfindlich, freie Flüssig¬
keit war mit Sicherheit nicht nachzuweisen. Patientin erbrach alles, was
sie zu sich nahm. Der Puls war sehr klein, 108 Schläge. Dio Kranke
machte im ganzen einen eollabirten Eindruck. Ueber dem rechten Unter¬
lappen der Lunge war der Schall unterhalb des Winkels der Scapula etwas
gedämpft und das Athmungsgeräusch abgeschwächt. Sonst boten die
übrigen Organe nichts Bemerkcnswcrthes.
Es musste zunächst angenommen werden, dass die Krankheits¬
erscheinungen durch die Einklemmung einer oder beider Schenkelhemien
bedingt sei, und es wurde dementsprechend von Herrn Geheimrath
v. Bardoleben die Herniotomie ausgeführt.
Rechterseits wurde nun in der Fossa ovalis ein etwa 4 cm langer
leerer Bruchsack gefunden. Derselbe wurde gespalten und, da man gut
mit dem Zeigefinger durch den Annulus cruralis hindurchdringen konnte,
abgebunden und erst die Fascie, dann dio Haut durch Catgutnähte wieder
vereinigt.
Auf der linken Seite lag in dem gespaltenen Bruchsack ein Stück
Netz und hinter ihm eine etwa 3 cm lange Darmschlinge. Das Netz
wurde abgebunden, die Darmschlinge war mit der Umgebung im Schenkel¬
ring so stark verklebt, dass sie nicht herausgezogen werden konnte,
das Aussehen der Schlinge war dunkelroth, nicht gangränös. Die Ad¬
häsionen wurden mit dem Finger vorsichtig gelöst, und unvorhergesehen
schlüpfte der Darmtheil in die Bauchhöhle zurück. Nunmehr floss aus
der Bauchhöhle eine missfarbene übelriechende Flüssigkeit. Da der Zu¬
stand der Patientin eine Laparotomio nicht mehr erlaubte, wurde der
Schenkelring erweitert und ein Jodoformgazetampon in die Bauchhöhle
geschoben und einige tiefere und oberflächlichere Nähte angelegt.
Diese Operation änderte die Boschwerden der Kranken in den nächst¬
folgenden Tagen nicht. Das Erbrechen, der Meteorismus und die Druck-
cmpfindlichkeit des Abdomens hielten trotz Darreichung von Opiaten an,
der Schwächezustand dauerte fort. Vier Tago nach der Operation liess
sich in den seitlichen Theilen der Bauchhöhle ein Erguss nach weisen,
dessen Grenzen sich bei Umlagerungen nur wenig veränderte. Nach sechs
Tagen war links die Dämpfungslinie bis auf vier Fingerbreiten an den
Nabel herangerückt, während rechts nur in den abhängigsten Theilen des
Abdomens Dämpfung nachzuweisen war. Bei Umlagerung veränderte sich
die links gelegene Dämpfungslinie nur wenig. Es wurde nun von Herrn
Geheimrath v. Bardeleben die Peritonealhöhle durch einen etwas nach
aussen vom lateralen Rande des linken Rectus abdominis schichtweise
durch die Bauchdecken geführten Schnitt eröffnet. Es entleerten sich
etwa 300 ccm eines stark jauchig riechenden Eiters. Der in die Wunde
vorsichtig eingeführte Finger fühlte die untereinander verklebten Dnrm-
schlingcn. Die Wundhöhle wurde mit einer 3% Bor-Salicyllösung aus¬
gespült und drainirt, nach drei Tagen wurde das Drain fortgelassen.
Am Tage nach dieser zweiten Operation hatten die Beschwerden der
Kranken nachgelassen, Erbrechen blieb aus, der Leibschmerz hörte auf.
Drei Tage nachher erfolgte von selbst Stuhlgang. Die Kräfte nahmen
schnell zu. Das Exsudat der Peritonealhöhle schwand, drei Wochen später
war die Wunde verheilt.
Fall 2. Der zweite Fall betraf einen achtjährigen Knaben G. L.,
welcher wegen Bauchfellentzündung am 18. Februar 1894 auf die Kinder¬
station der Charitd gebracht wurde. Angeblich war er vor drei Tagen
infolge Falles auf einen Stein an kothartigem Erbrechen und Leibschmerzen
erkrankt.
Bei seiner Aufnahme war der Kleine collabirt, der Leib äusserst
druckempfindlich, in der Bauchhöhle ein geringer freier Erguss. Tempe¬
ratur 37,8, Puls 130. Lungen und Herz waren frei, im Urin kein Albumen.
Patient erbrach den Tag über mehrfach, jedoch keine faculenten Massen.
Er erhielt Opiate und Exeitantien, Eismilch etc. Der Zustand des Kloinen
verschlechterte sich zusehends, die Pulsfrequenz nahm zu, es trat starkes
Oedem der Bauchdecken und des oberen Theiles der Oberschenkel ein.
Am 22. Februar — sieben Tage nach Beginn der Krankheit — Nach¬
mittags wurde der Kleine der chirurgischen Kinderstation übergeben.
Im Abdomen war in den beiden Seitenhälfton ein Exsudat vorhanden,
dessen Dämpfungsgrenzen sich bei Umlagerungen nur wenig veränderten.
Der Kranke war sehr collabirt, der Puls flatternd, trotzdem entschloss ich
mich zur Operation. In Chloroformnarkose wurde erst links ein in der
Höhe der Spina inferior anterior und etwa eine Fingerbreite medial von
ihr beginnender Schnitt 6 cm nach aufwärts geführt und die Bauchdeckeu
schichtweise durch trennt. Aus der Peritonealhöhle entleerten sich etwa
250 ccm einer stark jauchig riechenden eitrigen Flüssigkeit. Ein eben¬
solcher Schnitt wurde rechts gemacht; auch hier entleorto sich dieselbe
Menge jauchigen Eiters. Der in die Wunden eingeführte Finger fühlte
beiderseits die stark miteinander verklebten Darm schlingen. Die Wunden
wurden durch weiche Drains drainirt, eine Spülung wurde nicht vorge¬
nommen. Patient erholte sich in den folgenden Tagen in auffälliger
Weise. Aus den Wunden entleerte sich noch ziemlich lange Eiter, "es
heilten dio Wunden sehr langsam, nach zwei Monaten erst waren sie ge¬
schlossen.
In beiden Fällen handelt es sich um die für den operativen
Eingriff günstige Form der diffusen eitrigen Peritonitis, bei welcher
sich Adhäsionen im Peritonealraum bilden konnten. Die Peritonitis
hatte allem Anscheine nach als progrediente fibrinös-eiterige, wie
sie Mikulicz 1 ) nennt, begonnen und war dann im Verlaufe eine
jauchig-eiterige geworden. In dem ersten Falle lag der Beginn der
Erkrankung 14 Tage, im zweiten 8 Tage vor der Operation.
Die Entstehungsursache der Peritonitis ist im ersten Falle
nicht ganz klar; eine Brucheinklemmung wurde nicht gefunden,
das links im Schenkelringe liegende Darmstück war zwar mit der
Umgebung durch peritonitische Adhäsionen verwachsen, zeigte aber
keine Erscheinungen, welche für eine 14tägige Einklemmung
sprechen. Ob durch das 14 Tage vor der Aufnahme stattgehabte
Aufheben eines schweren Fasses eine innere Darmeinklemmung
ein trat, welche später rückgängig wurde, oder ob das Abdomen
dabei durch einen Stoss etc. verletzt wurde, und ob durch eines
von diesen beiden die Peritonitis entstand, lässt sich nicht fest¬
stellen. Auch im zweiten Falle ist die Aetiologie nicht ganz klar, ob¬
wohl hier ziemlich viel für eine traumatische Ursache der Peri¬
tonitis spricht.
In die Augen springend war in beiden Fällen die nach der
Operation schnell eintretende Besserung der eollabirten Kranken.
Der Knabe war derartig collabirt, dass wir Furcht hatten, er würde
auf dem Operationstische bleiben; am anderen Morgen hatte er sich
so erholt, dass er kaum noch den Eindruck eines Schwerkranken
machte. In beiden Fällen war es wegen der allem Anscheine nach
infolge der Verklebungen bestehenden Buchten des Peritonealraumes
nicht möglich, allen Eiter zu entfernen, es ist dieser in den
späteren Tagen nachgesickert und zum Theil auch wohl resorbirt
worden. Ich glaube, die, wenn ich so sagen darf, acute Besse¬
rung war in den drei, von Herrn Körte 2 ) auf dem Ckirurgen-
congress des Jahres 1892 angegebenen Punkten begründet: 1) Ver¬
ringerung der das Leben bedrohenden Resorption von Fäulniss-
stoffen, 2) Herabsetzung des intraabdominellen Druckes, 3) Ab¬
leitung der nachfolgenden Secrete durch Drainage.
Die statistischen Zusammenstellungen über die operative Be¬
handlung der diffusen eitrigen Peritonitis haben bis jetzt keine
sehr günstigen Resultate gezeigt.
Krecke 3 ) hatte 101 Fälle aus der Litteratur gesammelt, da¬
von wurden 28 % geheilt. Von 14 durch Mikulicz bis zum
Jahre 1891 operirten Fällen waren 3 genesen = 21 %, von 11
durch Bouilly operirten 5 = 45%, von 7 durch Krönlein 2 =
28 %. 4 ) Körte 5 ) hatte bis zum Jahre 1892 von 19 Fällen 6 Ge¬
nesene = 30 %.
Ich habe aus den Charitdannaleri die auf der Klinik des Herrn
Geheimrath v. Bardeleben operirten Fälle gesammelt, indem ich
dabei aussonderte alle die Fälle von Peritonitis, welche nur cireum-
script auftraten und dadurch von vorn herein zu abgekapselten
Bauchfellabscessen führten.
Im ganzen wurden bis jetzt auf der chirurgischen Station der
Charitd operirt 25 Fälle von diffuser eitriger Peritonitis mit
5 Heilungen = 20%.
Dieses wenig günstige Resultat ist darauf zurückzuführen,
dass 16 von den 25 Fällen sehr schwerer, von vornherein hoffnungö-
loser Natur waren: es waren da zwei Fälle von Peritonitis nach
Perforation eines Geschwürs bei Typhus, neun Fälle, welche infolge
einer länger bestehenden Darmocclusion, -und vier Fälle, welche sich
an Perforation von Darmgeschwüren anschlossen, in einem war ein
Magengeschwür perforirt. Bei den übrigen neun Fällen blieb die
Ursache der Peritonitis unbekannt.
Trotz dieser wenig günstigen Resultate, welche die operative
Behandlung der eitrigen diffusen Peritonitis giebt, wird ihr doch
! ) Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 18.Congross
1889, S. 305. .
*) Vorhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 21. Congress
1892, S. 135.
®) Münchener med. Wochenschrift 1891, No. 33,34.
4 ) ibid. . ri
») Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 21. Gon¬
gress, S. 142.
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UMIVERSITY OF MICHIGAN
756
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
heute von fast allen Chirurgen ein weites Feld eingeräumt, sogar
auch für die Fälle, welche von vornherein hoffnungslos erscheinen.
Auch in dem von mir beschriebenen zweiten Falle war die Operation
ein ultimum refugium, man sagte sich, der Kranke stirbt sicher,
wenn eine Operation nicht ausgeführt wird, wahrscheinlich aber
auch trotz der Operation; trotzdem wurde er gerettet.
Nur jene Formen von Peritonitis werden infolgedessen als
dem chirurgischen Eingriff nicht zugänglich bezeichnet werden
müssen, welche als allgemeine Sepsis in die Erscheinung treten.
Hier wird die lokale Therapie machtlos bleiben und den Kranken
nicht von seinem jähen Ende erretten können.
17. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Jena.
Ueber Lipämie. 1 )
Von Dr. Gumprecht, Assistenzarzt.
Der Ausdruck Lipämie 5 ) (Piarrhämie) bedeutet Fett im Blute.
Es sind aber in jedem Blute geringe Mengen von Fett ent¬
halten, und nach reichlichen Mahlzeiten kann dessen Menge auf
12 o/oo selbst bei gesunden Menschen steigen. Das Blutserum kann
in solchen Fällen schon deutlich milchig getrübt sein, und im
Einzelfalle könnte die Erscheinung leicht als pathologisch gelten.
Sicher pathologisch ist die Lipämie, wenn das frische Blut bereits
mikroskopisch deutliche Spuren von Fett erkennen lässt, also
milchig getrübt erscheint.
Einem solchen hochgradigen Falle von Lipämie sind die auf¬
gestellten Präparate entnommen. Sie entstammen einem 21jährigen
mässig fetten, bleich aussehenden Brauerknechte mit sonst nor¬
malem Organbefunde, von 68 kg Körpergewicht, der seit Jahr und
Tag täglich 5—6 1 leichtes Jenenser Bier getrunken zu haben an-
giebt. Da der Patient einen Aderlass entschieden ablehnte, so ist
die ganze Blutuntersuchung mit wenigen Tropfen des Blutes durch¬
geführt, die dann und wann der Fingerbeere durch Einstich ent¬
nommen wurden.
Dieses Blut hatte eine ziegelrothe Farbe mit weissen Streifen.
Das spezifische Gewicht betrug 1036; die Trockensubstanz nach der
Stintzing’sclien Methode 17,6 o/ 0 , die Erythrocyten 3,3 Millionen
die Leukocyten 125000. Die Blutkörperchen waren normal o"e-
staltet, zeigten keine Poikilocytose, die weissen keine Verfettung
ausser einigen sehr wenigen, die meisten waren mehrkörnig’
neutrophil. Mikroskopisch bot das frische Blut ebenso wie das un¬
gefärbte Deckglaspräparat kaum eine Abnormität, es sei denn dass
das Plasma stärker lichtbrechend aussah als sonst, aber selbst mit
den stärksten Vergrösserungen konnte man kaum eine Körnung 1
dann erkennen. 6
Ungleich mehr Ausbeute gewährt nun das Deckglastrocken-
präparat; die Deckgläser kommen in einprocentige Osmiumsäuro
•x VT stunden und werden dann lange ausgewaschen. Dann wird
mit Eosm nachgefärbt. Sie sehen an solchen Präparaten, wie das
Blut mit zahllosen schwarzen Tröpfchen von verschiedener Grösse
förmlich ubersät ist. Es ist aber, wie Heidenhain sehr richtig
bemerkt, ebenso wenig wie alles Gold ist, was glänzt, nicht alles
• ’n Slch . Osmiumsäure schwarz färbt. Zudem giebt
e Jf e *^ r bung mit Alkanna nur eine blasse Rothfärbung der Tröpf-
?? en :. C V Y ir also, um die schwarzen Pünktchen als Fett zu
ldentinciren, die verschiedenen Lösungsmittel zu Hülfe, Xylol
Toluol, Aether, Terpentinöl. Um den Effect dieser Lösungsmittel
demonstrativ zu gestalten, tauchen wir immer nur die Hälfte des
Präparates in die fettlösende Flüssigkeit; wir haben dann eine
schwarze und eine ungeschwärzte Deckglashälfte, die sich schon
makroskopisch scharf unterscheiden. - Um uns aber zu ver-
das^Fetf 11 rjü hef ™ c ^.' blos die Schwarzfärbung, sondern auch dass
das Tett selbst wirklich verschwunden ist, tauchen wir das Prä-
dhf a ^Ph aChtl ^L lCh 24 . Stunden lan » in Osmiumsäure; da auch jetzt
die Schwarzfärbung nicht wiederkehrt, so wissen wir in der That,
Aderlässe stammen, so finden sie sich wesentlidh^de Int ^ f der
Von den neueren Forschern goben nurCantani v Tat Sh”” 1 t r lttera , tur -
eigene Beobachtungen an. Die Litteratur findpt V ’ c ,VK k - SC i 1, - V ' Noo - rd i 0n
voHs^ Ä ,Äg^
u B rÄ^
Genese^durc^d^cJSssbrL^ch^'alk^oholhaitigo^Ge^rHuk^e'^ann 11 ^ Un< ^ 8 ^“?
f. d. Heilkunde 1847, N. F. VII). Knstner Uebe^? n & T r ' A . nnal -
Blutes. Dissertation. Erlangen 1832. — Uober (’hvlnJw, atU . r d f s ® elsse , n
Deutsches Archiv f. klin. Med. VI. ^ 1016 ver £ *
No. 39
° 03 9U°o° ü OrfV. w o ü °o
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o 0 Oo°*o "• ° • ?-'. Q o <$>■
°!vsb * —“ 1
dass das Fett
durch die Rea-
gentien aufgelöst
ist. Zum Ein-
schliessen der
Präparate muss
man Canadabal-
sam nehmen, aus
welchem das Xy¬
lol völlig ver¬
dunstet ist, und
ihn durch Hitze
verflüssigen. Aus
einem solchen
Präparate ist hier
ein Stück abge¬
zeichnet. Wir
haben es also hier
zweifellos mit
!•] Fettkörnchen zu
thun, die in einer
Lipämie. Blut. Mittlerer Thcil eines Deckglaspräparatcs. äUSSerst feinen
Färbung durch Osmiumsäuro. Die obere Hälfte, durch Terpen- Fmiilomn
thinöl entfettet, zeigt allein die rothen Blutkörperchen, die untere n , U ,
Hälfte ist dicht gesprenkelt mit schwarz gefärbten Fotttröpfchen. Blutplasma V6F-
Vcr * r - m theilt sind.
Was die Pathogenese und Aetiologie des Leidens anbe¬
trifft, so fungirt eine ausserordentlich grosse Zahl von Krankheiten
in der Litteratur als Ursache der Lipämie, soweit diese nicht pri¬
mär in einem sonst gesunden Körper auftritt: Phthise, Nieren¬
entzündung, Diabetes, Dyspnoe, Kohlenoxyd Vergiftung, Suppressio
mensium, Schwangerschaft, Fettsucht, Icterus, hohes Fieber,
Typhus, Malaria, Milzentztindung, Cholera, endlich, last not least,
Alkoholismus. Ganz allgemein kann man sagen, dass entweder
eine vermehrte Fettaufnahme statt hat, oder eine verminderte Ver¬
brennung desselben.
Während der menschliche Organismus nämlich gegenüber der
Nahrung von Eiweiss und Kohlehydraten gewisse Schutzmittel hat,
welche die schrankenlose Aufnahme derselben in das Blut verhüten,
fehlen solche gegenüber dem Fett. Es giebt hier kein Reservoir
oder keine Schleuse für die Regulirung des Fettgehaltes im Blut, in
dem Sinne etwa wie es die Darmwand gegenüber den Albumosen
und Peptonen, die Leber gegenüber dem Zucker thatsächlich sind.
Es besteht aber doch ein gewisses Gleichgewicht zwischen
Fettaufnahme einerseits, Fettverbrennung und Ablagerung anderer¬
seits, dergestalt, dass grössere Mengen von Fett sich für gewöhn¬
lich nicht im Blute vorfinden.
„Wird dieses Gleichgewicht gestört, so tritt eine Lipämie
ähnlich wie sonst eine Glykosämie ein, nur dass eine Störung
der an und für sich laxeren Fettregulation eine weit weniger
schwere Bedeutung hat als die Zuckerkrankheit. Es kommt dazu,
dass in der Lipämie, soweit bisher bekannt, immer nur eine vor¬
übergehende Krankheit gegeben ist, die gelegentlich wohl ein
schwaches Individuum rasch dahinrafft, meist aber bald ver¬
schwindet. Die Lipämie ist also ein Analogon nicht des Diabetes,
sondern der Glykosurie.
Eine vermehrte Fettaufnahme bedingt Lipämie z. B. bei
gemästeten Gänsen. Die ersten Beobachter waren geneigt, alle
Lipämieen durch zu reichliche Fettnahrung zu erklären: Nicolaus
Pulpius sah sie bei einem beleibten, nur an Nasenbluten leiden¬
den Manne, der viel Milch trank, und Thomas Bartolinus fand
bei einem Mädchen, das viel Milch trank, „lac loco seri“.
Buchanan giebt an, bei fünf Personen nach reichlicher Mahl¬
zeit eine Trübung des Blutserums gesehen zu haben; die Trübung
begann V 2 Stunde nach der Nahrungsaufnahme, war nach 6 bis
8 Stunden am stärksten und verschwand nach 18 Stunden. Hew-
son fand dieselbe früher ein tretend, Autenrieth später. Nach
Ri ecke zeigte ein Knecht, der sich Wochen lang hauptsächlich
von Schmalz genährt hatte, ein völlig milchähnliches Blutserum.
Bei ganz jungen säugenden Katzen soll dies die Norm sein.
Mannigfaltiger sind die Zustände, in denen man eine ver¬
minderte Verbrennung des Fettes annehmen muss, wie aus
der obigen Zusammenstellung hervorgeht. In den älteren Beob¬
achtungen vor 1845 sind allerdings die Leukämieen noch unter
„milchigem Blut“ einbegriffen. Besonders verdächtig in dieser Be¬
ziehung sind die Fälle von milchigem Blute mit „Milzentzündung“
oder bei sehr hohem Eiwuissgelialt des Blutes; denn gerade das
leukämische Blut zeichnet sich durch hohen Eiweissgehalt aus
(Stintzing und Gumprecht). Allen voran steht der Alkohol.
Beyer erzählt von einem 40jährigen Mann, der „dem Trünke, be¬
sonders dem Spiritus vini“ sehr ergeben war, Fauthier et Bert-
rand von einem ancien militaire adonnö ä rivroguerie; Rösch,
der einen dem unsrigen aufs Haar gleichenden Fall sah, sagt: der
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Original fro-m
UNIVERSfTY OF MICHIGAN
27- Bnptemte.
PatröjiF „fiiiaii? ' hmo sehr uahigelin rissige Lobnm^wetew. iudeiu er
si’ivoti Morgous nnflng Bur zu trinkon und ilaua den ^aii^otr Tag
jnit dom Ctfbru^ifügi war-“ B^ruiik spfküR direkt von zitier'
^Piaryhaeijiia pptatorunU,
Dip AlkohhOfpamie ist «opii am bfisd^a *$by$ra)^gi a h-i4Ffnfe&ft
y.u vorsiehen, da die feUspnfende Wirkung ehi Alkohol» huiJUng-
«eil to3t.»’ftSitcllt ist... Kör diu Phthise und diu iivii Dyspnoe’eui-
liergeUomterr Zustände Ulgo tu* nahe. cdm- HeruhHerxrjiigder Kauef-
sf.nfftiußi*hme. zw pusluiüen, wnftn .der Tlaswmüikel in diesen Zu-
stöndch fitfetw uctnnnl InduiidWn wäre,. WH tudssen deshalb für
dioso Kraakludlun, ebenso wim für dir sonstige« attohrpschrir Fae-
H«vi; auf ein Versnindniss der oRu-n WuVtMis Vvmthtcu; wb kmn-
muv. < in|.tiu*lvr dahin, cint> Fa 11 bimi<s$fdriujg'. der drts Fett veFhten-
• npöden bdpr AufsptuCberjulen- Zellen äAztttmhnmii. Nicht einmal das
wiSbOnwiy guimu, in WötohwZyllpi/ wirdiewi imtbnfogisolm SRurupg
yviJegen solWi, ' da der Oft der ITttverhrejiunug Im Drgaai&tnttit''
üöoli Tiitdit tflcilxni* fi«6tetf0u.
Die. By tu p\Mn:iF ücr'K'mvklieit sind nicht intrunr säir prü-
gfttlui; vhx i?i %5iS6!‘ V*’^- ^üiiuu . WuToo -sie **r&>t: dwreh .dtnr
aögi‘W*tndfcun Adwtuss entdeekf- Ijliu% «U‘ht;
m\c andero KVankhnii »bi Vordei-gruud dos ftfuuäclidt) Bildes, Im¬
merhin sind lUd) gewiss Symptome .im'wktnnbär, dH
Zehheü dos %'jovsfo.(VitthiTi^u!H, FioUmnkev Verden vnn ul nur un-
»‘o\vöhnUuv.Ku(7.atbnd|Tk»*it Iwt'nilen, schwache abgezehrte Personen
worden in höherem Mansie IröndUljg mul Itlaghty. liintr Htdi windeh.
und Imhte Kmhtibarkmt. Unser Rru/>kmy der als iTräuRnuchU
stets schwere Arbeit golumiot butte., wurde binnen vier Tagt?» Tagt
völlig iirkoitsnuni-hm. konnte Anne und Beine hur mit Alüho be¬
wege« mul spürH Druck auf der 1 trugt, el* ge. wann ubm\ aU tk<
Fett. aus dem Blüte verkclrwumlen \vot, smijo Al 4zum
grdsptvu TludJe wmilnr.
,A»?& don dötHillud^n ICfaKki ij'rraoliii hbm dm iiltcinn ]>nobiu*l(tor
Hisst sinh sonst ko in eiuhcitludir-s s.v m[ d < i! n ni 0) o^nsi ( li ob JBild ijf-
wirxnöA bJottd, diV?<s dib* L^i|ihjo ^4j*ijr iirwVrijg'^-
nelttup i>uio;i}Ho dos Alkohylisnm.s; ist» und zwar Hir don Br-hnar»»-
trinkpr f‘bof*so wiu- i'ür ijf.n odioron Alkoholhitm!, wie liiaiß iiiitm
dotr ftfmjtitojEi ;te fte’hfi Acr^tr.' »iult niAbrfii*ib . Aj>* cJö-
SiästM dioTtitidrB (lAUn yon'J. Srhtuidt, Ojioiu.
Dtp Prfigiioxr do|- Idpitmr stoÜt mh günstig',sowril.
niohl dxirch. diu Orundkrankhmt rrrsrliloi iitort wird. XuwpjIou int
'tiiiv'Lf|»r«tiif ojn dinpibg ^mptoxnT dag.s nie allAüi zuu) Tüdu i'Oümy
katm, ist niulif sHior Hr^iosÄ-
Itoheri’tiseitoiVT ist dir von ivllou BwCfji'ehtprn —
(iaraüf'.^iActe.t Ha bau -- ulmmusttiHtueml ungumdii-m: k-u-z^ IHuu-: 1
des Leidens:. JfM OowAui/ s Kf unken wölr duy Fett nAfdt 2 o.hii
Taawi, Ltd Nivmias uu"h ««dif Tage«, tud Burdarh narb vu/i
./J’ageü aus den» Hiutn verst Hwuf»d(*n. Aurdi 7\raill's und t : hr’.- f j-
■Sdn> K;i)j(> gennsrn ra»<‘.h s die Zoit, wird Rieht uiUmr angesehen.
Unser: Kranker zmgtg von Tag iii Tag ein*- deut.lieh»* Akomlt»iU?
?lus UottgeHidi^ iio Hjutn. Äuelt als er oae.h n« in’"- Kut ?HKA'nug
die iiltgewolujten A—-G J Bief weder trank. Vimindert»? sie!» der
b’< «fgebult noch weiten, das JotKlö Prfiparat, das 1H Tage imeh
dVm nrsl.nt* eutmimnw-ji ist, y.eg't nur ln>i geouuöüi noeh
gaiiz, vnrelyzeltr aresehwaiztr; i' l v!.tkötn« Hen. .
Diu Art. und \V’nf>{o der Idptimicliniltijv^ ist ^omdtjodeu,
^ti.weikm werden dukoH don Orjn. grös^etn von Uett
Uitseca-ddeijen {Fälle Von Rdseh, Rie.kcj, ata-n Lipnric und
sind durdiauK -nhh 1 TheUr-r»tyfiVitHtü^ii Hioör
Uietj-tjiieheo KrahkljiUtd so Ba^or. L^fg'ef das Fett
;jn* Blute iud rtivlurie; um) .nt n..Vs«'tmn ; 'Llj»AmietnUe. gai> derTitdn,
mit Aethtn- ansgiNc.hdttrJt kn ine Bpili* von lei* •:*}♦, Him ist du>
Fott des llfutes ~ sa ViFsBieh ul ho im Ri>v)W •vFrbnvmit- oder • als
^Fuitä^wel.n'' anixesntzt.
i>ie TheiHiAe. soweit > f o‘i »dner sohdmn die Krile nein kann,
würdy in AlkaH.'d.ndiiuitKimkeit und für #m*l kräftige TVi.*som»
in Müskeiii/iieU zu mr\im sFu, ganz dhntieh wie lud der F»ri.tsuvi/{.
Bei sehr IdodkUigen ueäniisdnu! Kranken wird .man du reit
rmehüidm Diät die gFsari&f.nVft :ivAriuwkrjlrto zu liehen Hncheii.
unser i'Hticm wyinigndeoy m'koH'e ae-n giidil.jkdi Hui reieHlhdver Ajili*
Tyn^s^uTuHt;. .AifkAtnJelinfdm ßilal.frifn^n ühftr digfe ydoi' dm>T
Therapie tVHiHu
Y. Aus dem physiologischen Institut der Universität Gt^.
neuer Blutfarbstofiproben einiger Blut-
eiaenpraparate.
Yim I)r. Oökftr Zoih.
In praktisch wk'hiigrTn ZtiHKipnnudHo.g*’ mH der Irnge näeli
düi* Husdrhichttikolt \örsolihvltinor organischer EirTnvei idnduugcn
vom At k rdÄvumg5irHoty rw^ PtöHt die Präge iia^k dum Verwand!-
nFlTTSl Tni) MKId.CdK'l?fTTK WmiBNBCHRlFT.
sejiaftygmde dereclhen zw dem JJrmiogJahiii des Blutes, und es wird
die Wahrschehilidikeit. der Assimilation re£ürb?eter Suhstaiizen
zu Hämogioldn im ullgommivei? im geraden VerhiUtidssn zur 0rosse,
dieses VerWaiidtsehuUsg]adoS zu- oder nlolehmeu Fredieh verhält
es sieh nicht mehr so zwisf)heu \rorw?-ndtsohiHt zn rosorhrrendQr
und ihrer Aiisiimlu'hAckett; dowt diu VorilürupgGBOi T
die (iinseliicn unter der Ki?iWirkung, des narnjiiilmlt.es und der Vm-
dauungssaHc, vor .allem uueh drs sauren Mugensaftes vermuthH.Ii
erleiden, hevor goV iüf : ■Uft&irrpttö'ö. kOiRinon. können zu meitt- ünVie-
deutouden Verümlortingen jooes Vnrhäitfüssos HUirmi. Immerliiu
ersoheiid ein Bljek auf den Vürwamltselmflsgrad z\vißcli«n eintu-
tübroiiden BtuteiseRprHpanijton uii<i dem HfiuiogJobin meht ganz
ohne Werth, vvomi nun die P/tmÜrde mit der tjormolua Kisöiw
zufuhr durch die XnhnmgsmHtol zieht und die unter dem Fin-
üusse der Verdatinfigssatfe und des Thirmiuhaltes jnögliclmn Vem
hmJerungen firwägt. •
Finite einfache übliche,' grössereuthdlK Hpecfimskopiseho Blui •
t:M:Hstuffprohen mm) nun gucignel, Heihl-iHige AufsehiUts«ö ühür dlww
Frage zu geheti, Tnsoieru sie zimavhst epktmnHU hvssen^ o.H der
Bäiuogluhimmundox als Holfdier im imvmändnrtor mier schon im*.i,r
öder weniger- vorhiidorter und mehr oder weniger iöidlH mkifuim
htrur .Fm-jti, oder nur mehr ihm iUmfttmmmipH.x des Hürimg.oluo-
moleküls nm h vprlmnthm ist ndoe endHeh auch dieser- ictztere nicht
niehr ; ip weltdmin Falle das IT^uirat wohl kaum gmugmu »«du
dHitic. zu HHmnghdan assimüir? v.u unrdiui.
V.h kumcu gehn Kisunpräpiu-atu des Ilnndels .{ueun Biutmsen-
präparaW umi eiiw künstliche Kiu<umihumiiiyRilrimitmgi mt; UvHer*
suci’uüg l)h? aRgestoilten Proben waren, folgende;
; 1. Hen5tntiüug einer iWüoentnrten Lüsung {znRmist ln WROHfrk
BFnliachtung der Farbe in v/trsdiiedowii Vefdüfniun^irr^fden tnul
:itds Absorpficimsjw'ctniins dm; Lüsung hui raittlerer Concmniratiou.
2. Direkte und KpeHrnHkopjsdm •BOo.hmd.tBihg der Ftirbeu-
vraiiudornngmr die in.'(lor Losung auf Zusatz der HoppFsolmn
Ivcdiict,i* *rtsij (issigkcif (weinsäuros ZmnuX.v»hibünmoniak). ui »ln;-Mo?.
H. f>ir»‘kt** und speckruskopisidu 1 Befdmr.htuug flicser redaeirten
Lühum- nutji dem Schütteln mH L-.ift
- 4- Horste]hing der VTiikloITschetr' HIlm&tmhis'nng dn.mh Ti4-
stömligos Dig'orlrfiii der iTripuruto mit l'ottashfio in Äflidhul von
Hö |,ei 13HF
-5, Iferst ejlutur von rOdueHtem HflmatiQ tniitels b/2 ‘Vo%or
Kuli lauge auf d«mi milcraHkoptsolfeu OV^md träger.
b. HcrstiAldng der TrHeumannAchen Iläiufukrystälie durch
fXhHzH< mit und Chionmirimn ortMtjni mikrusVopW‘dnm
Ohjeeitl ilger.
• f tie Kpectrölpn v Adjshxpöpusüi^rliumwngwr dpi*. heithm nSiny) - V
'giohtiunmliiUoitiouen ?mt, üatLoSme. lose •gehundeTiep Sutnwstod 'sind
ImkiiiiHtüih sehr charakteristisch, und mich dH« Spoettniorschm-
riung'm d<*r meHtcn - ImkontHeu iinmiBplUlrou KtHomibkumiiiirngB des
ginpiinop BlutlhvhsluHe^ sind guh dohnirt. Das Al‘Hfrtptioi>sfspudritm
des Oxyhiimuglehdis (fiuloustelmude Figur; f) «‘dat von Lösungen
miHlerm- (Voiccnifjiiofien in miMeldiekcn Schii hfoo (Von-11,01 bis
<)M { % in 10 mm dkktw SUHoht) zwei uharaktmWtisd^ Absondions-
Imnder int Udb und im Orftn, InzwikrheU- diu* Linicu \) und F,
glcb liZcitig Verdunkelung des violetten Kodes 1 ), -.'liäs •«a'iuersTol!
(Voie < cc.duc.iiM*;) Häinogb.djii) gudit mn !>ndt.ey,- weniger scjjari be*
ß'Penztes Ahourpiiousbaud in dbr Hegend dos Oelbgrüu Hl), zwisehen
2mt beiden. Streilvu d.-- .1 )xyhämoglobius. Lüsuiigen, die /.um TheH
fcbufvirte.v zitm Thril Oxyidimogbddn enthuiteip zeigen bmdwSpew
tniicrscluMüengen neben eilimulei, mit Ibdmrwioge« der ttmmj oder
d;u anderen, je oH>d» dorn -Mehiiltveflutltuisse. Von dop Abk'Vinni-
d<*s HnTj«r^>itB liat tuw die vofbegefüle ITfifei^mamn^hi#
iUx ARttMmuglubin behindere. Bedonlüng, in KnurVn AnT ymn-
Oiit dtti Al*HurptM.ihMstreUen zeigt,
mm
WKm-
i) Die ao debhirto AhKoiptimisersUicmuug ändurMjch, hn4o.fi
tPhvsiologie des Bluthö.Tn. BejntijahÄs Mftndhhrh Bd, ly. 1* >> a
&\£l hat: in alliniilihciuun IMmramme m» muc/ u-ninmu-e ..„d .b.mu
SehielittMi in ganz liestimuder Weise.
Go Ql
e
758
DEUTS CHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Wir werden weiterhin für die Absorptionsbänder die in der
Iigur eingesetzten Buchstaben a—s gebrauchen.
Die Absorptionsstreifen des reducirten Hämatins (Hämo-
chromogen) und das Band der Wittich’sehen Hämatinlösung
[Alkalihämatin]') sind ebenfalls scharf und gut begrenzt.
Im folgenden soll nun das Verhalten der untersuchten Prä¬
parate, die wir zum grösseren Theil der Freundlichkeit des Herrn
Professor J. Mo eil er verdanken, gegenüber den Angestellten
1 roben skizzirt werden.
1. Hämoglobin-Extractsyrup von Dr. Ph. Pfouffer in
München. Dunkelkirschrother, dicker, nach Angabe Pfeuffer’s
mit Zucker bereiteter Syrup, vollkommen wasserlöslich. Das Her¬
stellungsverfahren der Pfeuffer’schen Präparate ist durch Deutsches
Reichspatent vom 10. Juni 1882 geschützt. Zeigt, zwischen zwei
blasplatten flachgedrückt, das reine Spectrum des (reducirten)
Hämoglobins, mit nur ganz schwacher Andeutung der Oxyhämo-
globmbänder. Die Lösung in Wasser ist im Anfänge dunkelkirsch-
b» bläulichroth, wird beim Stehen und besonders beim
Schütteln mit Luft dunkelscharlach- bis hellgelbroth (in dicken
und in dünnen Schichten). Die Stelle des Absorptiousbandes y,
aas anfangs neben den nur angedeuteten Streifen a und ß noch
deuthch ist hellt sich allmählich auf, während u und ß dunkler
und deutlicher werden, besonders rasch beim Schütteln mit Luft
(Von dieser Lösung erhält man zuweilen den Eindruck einer ganz
schwachen Andeutung des ersten Methämoglobinstreifons d). Die
so das Oxyhämoglobinspectrum zeigende Lösung wird durch
Vuir Reductionsflüssigkeit reducirt, und es treten wieder
barbe und Spectrum des (reducirten) Hämoglobins auf. Diese ver¬
wandeln sich beim Schütteln mit Luft neuerlich in die des Oxy
No. 39
" 01 Losung aurcü Schütteln mit Luft er-
b t ' tal “ e “ O^hämoglohmspeetrums bei allen untersuchten Priipa-
dle dlBEe Reaction geben (No. 1—6), viel dunkler und schärfer
erscheinen als vor der Reduction. — Der Pfeuffer’sche Extraet-
syrup giebt, in möglichst wenig Wasser gelöst und so in Alkohol
ingetragen, mitl ottasehe digerirt schöne, granatrothe Wittich’sche
«“Ä mit , “Wff Ka,iIa ^ e aaf d -> Oyecttäge
(Jiiekt behandelt, reducirtes Hämatin, und mit Kochsalz und Pis
SysteRe.“ 21 ’ Üb ° ra “ S Zahlreiche ’ schönB . reinB . scharfkantige Hämin-
2. Hämoglobinzeltchen von Dr. Ph. Pfeuffer in München
felmittHeh ?°o Ugnlsse . voni Emmerich und Pettenkofer durch-
dunkelkirqrbr’ntho ra “ eS Hä l mo S l « bin im Stücke enthaltend. Die
MtS^Ki;h g ^ m T rt,gB “ 11U, ’ g dieses cacaoi, l | erzogcnen
iTß K e undTf f st 7 z
ä“; ÄtÄJfSfi
fohnes"lilh Un blelbT 6 p^r inde ^- P Hi ° rauf geht die Reduftioli weite,-
bins bestehen Dh»f« " Dd Sp . ee f rum des reducirten Hämoglo-
genau wie die redneluT“ g verl l ält ® ich beim Schütteln mit Luft
die Füllung der Häm 1 t?- SU11 u ^ x ^ rac ^ s J r ups. Ebenso giebt
der Extrac?syrup.^ llmOS OblnZe tC leD a "° anderen Rationen wie
von Dr P^rfTulter^ , sterilisatu m liquidum
kfiil mii wA - , M ' ,nchen -. Dunkelblutrotho, klare Flüssi--
’*• assei in jedem Verhältnisse mischbar, verhält sich allen
Methämoglob?nspeetrum b ^iü7 ~ J bräunIich ' »" d BB ‘ritt ein
ausnehmend stark markirt’ sind "'Vrd a “ d p ■j cll J ecllt . hingegen d
scher Flüssigkeit * i. t. Bei der Re duction mit Hoppe-
geschildertcn gk doch IdidVd • dle Ersch ® mun gen analog den bei 2.
nach ang " deUtet Erst
Reductionsflüssigkeit verschwimmt^ eine J nicht zu geringen Menge
das undesbleibt
in Darmstadt. DunkelbraunroVe^hart 111 ^ 1 ^ nellls von E - Merck
scheinlich ein älteres Häraoo-lnbiW* 1 ^ 6 ’ w ine Bruchstücke, wahr¬
pharmakologischen Institutes) 1 Die P Lös a un^ nW der Saaimll,n S des
— braunroth — bräunlich gefärbt unri Un - g iA D ^ asser lst granatroth
spectrum, ohne besondere MwMrung von T ^nd" tfWd^ 11 '
grösserem Oxyhämoglobingehalte herrührm, Jm , L (dlBTOn
*■” «•“ «-«Sv Mt«ÄSyTÄ
‘) 1. c. S. 64 u. 65.
nicht besonders gut angedeutetes Oxyhämoglobinspectrum in ein
schönes Spectrum des reducirten Hämoglobins über Der spectro
skopischen Veränderung entspricht die Farbenveränderune von
bräunlich in gelbroth und violett. Mit Luft geschüttelt giebt die
redueirte Lösung ein prächtiges Oxyhämoglobinspectrum _ Die
Keactionen 4—G gelingen wie bei den bisherigen Präparaten
5. Hämatogen Hommel von Nicolay & Comp, in Zürich
ßraunrothe, dicke Lösung, mit Wasser leicht mischbar zeigt
prächtig die vier Bänder des Methämoglobins, a und 8' vielleicht
etwas markirter (Oxyhämoglobin) als reine Methämoglobinlösuno-en
DieselbeAbsorptionserscheinung zeigt die dunkelhellbraune Mischung
mit Wasser. Mit Hopp e’scher Reductionsflüssigkeit verschwinden
zunächst die Bänder d und e, die Lösung wird gelblichrotb, und
die Streifen « und ß des Oxyhämoglobins sind ziemlich deutlich
Die weitere Reduction und Wiederoxydation verläuft wie bei den
vorausgehend beschriebenen Präparaten. Ebenso die Reactionen i
bis 6; die aus Hämatogen dargestellten Häminkrystalle sind pracht-
voll schön, rem und reichlich. Im Spectrum des reducirten Hämatin
tritt besonders auch der zweite Streifen scharf hervor
• -vt 6 - T refusia (natürliches Eisenalbuminat) von L d’Emilio
m Neapel, angeblich aus den festen Bestandtheilen (Eiweiss und
Körperchen) des Blutes junger Rinder bestehend. Dunkelroth-
braunes eekig-korniges Pulver, in Wasser gut löslich. Die granat-
rothe-braunrothe-gelblichbraune Lösung zeigt ein gutesMethämo-
globinspeetrum und verhalt sich ganz wie die des vorigen Präpa-
lates. Ebenso gelingen die Reactionen 4—6. Die aus Trefusia
hergestellten Häminkrystalle sind von verschiedener Grösse, dunkel
wnhi n w«in S °a SC f °4 W1 £ die aus gämatogen erzeugten, vielleicht
wohl wegen der festen Form des Präparates.
7 Hämol Robert von E. Merck in Darmstadt. Nach Ko-
bert ) em durch Zinkstaub erzeugtes Reductionsproduct des Blut¬
farbstoffes, dem Zinkparh ämoglobin und Zinkhämol verwandt, durch
Schwefelammonium zmkfrei gemacht und wie das Zinkhämol an-
« ln Nasser unlöslich Das vorliegende Präparat stellt ein
lieht-chocoladebraimes, in Wasser lösliches Pulver dar. Die
phal k Vf lü ^ 4 - 1C l brai i? e Bchtbraune Lösung giebt kein deutliches
charakteristisches Bänderspectrum. Hoppe’sche Reductionsflüssig-
kmt erzeugh m der Lösung einen Niederschlag. Das Hämol giebt
tt® ittich sehe Hämatinlösung und mit Ralilauge reducirtes
amatin Hie daraus erzeugten Häminkiystalle sind meist kurz,
dunkel, knollig, unregelmässig.
jr . H J imogallol Robert von E. Merck in Darmstadt. Nach
ui 4 i? e i \ dar(dl Byrogallol erzeugtes Reductionsproduct des
ElutfarbstofFes: „Pyrogallol-Hämoglobin“, in Wasser unlöslich. Das
vorliegende Präparat ist ein dunkelrothbraunes Pulver^ in Wasser
unlöslich, löslich in 1 o/^ Salzsäure. Die dunkelbraune bis hell-
ge bbraune Lösung giebt kein charakteristisches deutliches Bänder¬
spectrum und mit Hopp e’scher Reductionsflüssigkeit einen Nieder-
schlag, die Reactionen 4—6 ähnlich dem Hämol.
, . • Hämalbumin Dr. Dahmen von F. Rlever in Röln, an¬
geblich Hämatin, Hämoglobin, Serin und Globulin als saure Albu-
minate enthaltend. 3 ) Ein dunkelrothbraunes, körniges Pulver, in
i ? sser und verdünntem Alkohol löslich. Die dunkel- bis
ie u othlichbraune Lösung giebt kein deutliches charakteristisches
anderspectrum. mit Reductionsflüssigkeit einen Niederschlag. Die
£ eat J°" en gelingen; die aus Hämalbumin erzeugten Hämin-
kij stalle sind spärlich und unregelmässig, theils längere, theils
U1 f e Ji. ^ edrun S ene Formen, ähnlich wie die aus Hämol dar¬
gestellten.
• Schmiedeberg von C. F. Boehringer u. S.
in w aldliof bei Mannheim. Nach Sch miedeberg’s 4 ) patentirtem
ertahren aus Hühnereiweiss und weinsaurem Eisen hergestelltes
künstliches Präparat mit 7 o/ 0 Eisengehalt, das mit dem ur¬
sprünglich aus Schweineleberextract durch Fällung mit Weinsäure
ei gestellten Präparate übereinstimmen soll. In Wasser fast un-
os iches, in Alkalien lösliches ockerbraunes Pulver. Die ziemlich
Qu ^ Litteratur; R. Robert, Uebcr ein neues Parhämoglobin.
öitzungsber. der Dorpater naturf. Gesellsch. Jahrgang 1891. — Ueber den
i GI a v ? n . Fei ™enton und Giften im Blute. Verhandl. der 64. Ver-
deutscher Naturforscher und Aerzte, Halle 1891, S. 177. - Ueber
ißoT >ar 4 Elsen Präparate. St. Petersburger med. Wochenschr. Jahrgang
c n i ’ °p , ‘ ~ E. Grahe, Ueber die Einwirkung des Zinks und seiner
who Ze °. U ^, da ® B lut .und den Blutfarbstoff, in R. Robert, Arbeiten des
pharmakologischen Instituts zu Dorpat. Bd. 9, S. 170.
6 au< £ Busch, Ueber die Resorbirbarkoit einiger orga-
l Eisenverbindungen, in R. Robert, Arbeiten des phannakolo-
gischen Instituts zu Dorpat, Bd. 7, S. 90.
' . • Dahmen, Ueber Hämalbumin, ein neues diätetisches Präparat
^| eme Wirkung bei Chlorose. Deutsche med. Wochenschrift 1894,
j ), Bcbuiiedeberg, Ueber das Ferratin und seine diätetische
3 therapeutische Anwendung. Centralbl. f. klin. Med. 1893, No. 45,
und Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 33, S. 101.
. ükptized by
Gok igle
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
27. September.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
759
stark fluorescirende Lösung in verdünntem Natriumcarbonat, in
dicken Schichten dunkel-orangeroth, in dünnen oder stark verdünnt
lichtorange, giebt kein Bänderspectrum. Wie voraussichtlich ver¬
sagten alle angestellten Blutfarbstoffproben.
Die angeführte Reihenfolge der untersuchten Präparate bietet
zugleich eine beiläufige Uebersicht über ihre Verwandtschafts¬
grade zum Hämoglobin, die sich kurz in folgendem zusammen¬
fassen lässt:
a) Hämoglobin enthaltend: 1) Extractsyrup, 3) Häraoglobinum
liquidum, frisch.
b) Hämoglobin und Methämoglobin enthaltend: 2) Hämoglobin-
zeltchen.
c) Vorzugsweise Methämoglobin enthaltend: 3) Hämoglobinum
liquidum, alt, 4) Hämoglobin Merck, 5) Hämatogen Hommel,
6) Trefusia.
d) Den Hämatincomplex enthaltend: 7) Hämol, 8) Hämogallol.
9) Hämalbumin.
e) Den Hämatincomplex nicht enthaltend: 10) Ferratin.
Die nächste Aufgabe zur Frage nach der Assimilirbarkeit der
Blut-Eisenpräparate wäre, ähnliche Versuchsreihen an den Umwand-
lungsproducten der gleichen Präparate nach Einwirkung künstlicher
Verdauungsflüssigkeiten, insbesondere Pepsin- und Trypsinlösungen,
sowie nach successiver Einwirkung beider anzustellen.
VI. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Heidelberg.
Ueber zwei interessante Fälle von Magen-
chirurgie. 1 )
Von S. Bernhard v. Beck,
Privatdocenten und Assistenzarzt der Klinik.
I. Stichverletzung der Leber und des Magens vier Stun¬
den post trauma Laparotomie, Leber- und Magennaht. Hei¬
lung.
Bei dem allgemeinen Interesse, welches zur Zeit infolge der
anarchistischen Dolchattentate in Lyon, Livorno und Turin den
Stichverletzungen der Oberbauchgegend entgegengebracht wird,
lohnt es sich wohl, vorliegenden Leber- und Magenverletzungsfall
zur Kenntniss zu bringen.
Es handelt sich uni einen 17jährigen Arbeiter Peter Reinhardt
aus Wieblingen, der in der Nacht vom 24. zum 25. Februar 1894 beim
Heimweg vom Wirthshaus mit seinem Bruder in Streit gerieth und
von diesem mit einem kräftigen Stellmesser einen Stich in die linke
Oberbauchgegend erhielt. Der Verletzte vermochte noch in sein nahe
elegenes Elternhaus zu gehen, stürzte aber dort beim Betreten der
tube ohnmächtig zusammen. Bei dem in das Bett gebrachten Patienten
bemerkten die Eltern Heraussickern von Blut aus den Kleidern zwischen
Weste und Hose, und ein herbeigeholter Bader constatirte eine stark
blutende Wunde in der linken Oberbauchgegend und schloss diese mit
einigen Seidennähten. In der Zwischenzeit war mehrere male Erbrechen
aufgetreten, zuerst nur reichlicher Mageninhalt, dann aber zweimal theils
dunkles, theils helleres Blut in grosser Menge. Wegen zunehmender
Schwäche wurde der Verletzte noch in der Nacht nach Heidelberg in die
chirurgische Klinik verbracht. Gegen 11 Uhr nachts hatte die Verletzung
stattgefunden, und gegen 3 Uhr morgens erfolgte der Eintritt des Pa¬
tienten in die chirurgische Behandlung. Der Verletzte bot das Bild der
acuten Anämie dar, fahles spitzes Aussehen des Gesichts, Pupillen ad
maximum erweitert, Apathie, Puls fliegend, kaum fühlbar.
Im linken Epigastrium 1 cm einwärts von der Spitze der neunten
linken Rippe befand sich eine 3,5 cm lange, querverlaufende, durch
Seidennähte vereinigte Wunde, aus welcher noch ständig dunkles Blut
absickerte. Der Leib war aufgetrieben, druckempfindlich und ergab bei
der Percussion in den Lumbalgegenden und Hypogastrien Dämpfung.
Es bestand fortwährender Singultus und von Zeit zu Zeit Erbrechen von
schwarzem Blut. Die Lage der Wunde, das Bluterbrechen, die hoch¬
gradige acute Anämie Hessen mich die Diagnose stellen auf: Penetri-
rende Stichwunde des Bauches-mit Verletzung des Magens
und der Leber und starker intraperitonealer Hämorrhagie.
Als einziges Rettungsmittel für den Verletzten erschien mir ein so¬
fortiger operativer Eingriff, die Freilegung der Quelle der Blutung und
ihre Stillung zur Verhütung der drohenden Verblutung und der Ver¬
schluss der Magenwunde zur Beseitigung der Gefahr der fortwährenden
Infection des Peritonealraumes durch die aus dem Magen ausfliessenden
Stoffe.
Während der Reinigung des Operationsfeldes wurde noch eine in¬
travenöse Transfusion von 600 ccm 0,6%iger Kochsalzlösung in die
Vena basifica in der Ellenbogenbeuge ausgeführt, um den durch die
starke Blutung bedingten Säftoverlust etwas zu ersetzen, die Circulations-
verhältnisse zu bessern. Die Narkose geschah mit Aether.
Operation: Erweiterung der Wunde bis zur Leibesmittellinie ohne
einen genügenden Einblick in die Bauchhöhle zu erhalten, weshalb Zufü¬
gung eines Medianschnittes vom Processus xiphoideus bis zum Nabel. Nach
dieser breiten Eröffnung der Peritonealhöhle quoll dunkles Blut in Strö¬
men aus der Tiefe unter der Leber hervor, und es wurde nun zur provi-
*) Vortrag, gehalten im naturhist.-medicin. Verein Heidelberg am
17. Juli 1894.
sonschen Stillung der Blutung und zur Austrocknung des Bauchraumes
dieser soweit und tief als möglich mit langen sterilen Gazestücken aus¬
gefüllt; nach einigen Minuten erfolgte das langsame Herausziehen jedes
einzelnen Gazestreifens und die Revision seines Lagers in Beziehung auf
den Sitz der Blutung, worauf sich c-onstatiren Hess, dass die Hämorrhagie
eine parenchymatöse war und aus einer 2,5 cm langen queren Wunde
der Unterfläche der Leber im Bereiche des linken Lappens, vier Finger
breit proximal vom unteren Leberrand entfernt, herstammte. Auf der
oberen Leberfläche lag die fast 3 cm lange EinstichsöfFnung in der Höhe
des siebenten Intercostalraunies. Die Tiefe des Leberwundcanales betrug
6 cm. Die Blutung aus den Wunden war eine ständige und beträch£
liehe. Zur Stillung derselben wurde je eine tief greifende Leberwund¬
naht vorgenommen mit sechs beziehungsweise fünf mittelstarken Seiden¬
knopfnähten und dies mit sofortigem Erfolg. Die Besichtigung des Ma¬
gens nach Hervorziehung desselben ergab auf dessen Vorderfläche in der
Mitte zwischen grosser und kleiner Curvatur 6 cm median vom Pylorus
gelegen eine quere Stichwunde von 2,5 cm mit ektropionirter Schleim¬
haut, in welcher eine Arterie spritzte. Schluss der Magenwunde durch
sechs Mucosanähte und darüber eine fortlaufende Serosa - Lembertnaht.
Nahtmaterial Seide. Ausräumen der Blutmassen aus den Lumbalgegen¬
den, Hypogastrien und dem Douglas’schen Raum, Auswaschen der Po-
ritonealhöhle mit 0,6°/oiger Kochsalzlösung, Versenkung des Magens, Ein¬
legen eines Jodoformgazestreifens zwischen Magen- und Leberwunde und
zwischen oberer Leberwunde und Bauchwand zur Tamponade der noch
etwas blutenden Stichcanäle der Lebernaht.
Schluss der Bauchwunde mit Spencer-Wells’scher Seidenknopf-
naht, Herausleiten der Tampons an der Stelle der ursprünglichen Wunde.
Aseptischer Verband.
Der Heilungsverlauf war ein fieberfreier, die Tamponade wurde am
dritten Tage entfernt. Die Ernährung geschah die ersten acht Tage nur
mittels nutritiver Klystiere, in der zweiten Woche flüssige Kost per os.
In der vierten Woche bildete sich an der Tamponadestelle eine
kleine Fistel, deren Excortication einige Leberseidennähte zutage för¬
derte, worauf sich die Fistel rasch schloss.
Nach acht Wochen sah der Verletzte blühend aus und konnte seiner
gewohnten Arbeit und früheren Lebensweise voll und ganz nachkommen.
Zum Schutze der Bauclmarbe trägt Patient eine weiche elastische Binde.
Das Vorkommen der eombinirten Leber verletz ungen ist kein
häufiges, ihre Prognose ist meist schlecht, da ärztliche Hülfe ge¬
wöhnlich zu spät kommt, die Verletzten entweder einer Verblu¬
tung erliegen oder schon die Zeichen der Peritonealinfection auf¬
weisen.
Die Therapie darf keine exspectative sein, je früher der ope¬
rative Eingriff' gemacht wird, die Stillung der Blutung, die Naht
der verletzten Eingeweide stattfindet, um so eher wird man die
acute Anämie bekämpfen können, die Peritonitis beschränken oder
zu verhüten vermögen.
Bei der hochgradigen Anämie durch den rapiden Blutverlust
aus den Leberwunden ist es wohl stets angezeigt, einen Flüssig¬
keitsersatz zu liefern, das Gefässsystem wieder der normalen
Füllung nahe zu bringen, die Herzaction so anzuregen und zu
kräftigen. Und dies geschieht am raschesten und besten durch
die intravenöse Transfusion von 0,6o/ 0 iger Kochsalzlösung
von Körpertemperatur.
In neuerer Zeit ist an Stelle der intravenösen Transfusion die
subcutane Infusion, besonders in der geburtshülflichen Praxis, em¬
pfohlen worden. An hiesiger chirurgischen Klinik haben wir bei
schweren acuten Anämieen von dieser keine Erfolge gesehen,
während die intravenöse Transfusion mehrere male lehensrettend
gewirkt hat. Und es ist auch klar, warum: die Transfusion in die
Vene schafft direkt die neuen Flüssigkeitsmassen in die Gefäss-
bahnen, in das Herz und regt dieses mechanisch zur verstärkten
Thätigkeit an, während bei der subcutanen Infusion erst noch
eine Resorption der injieirten Flüssigkeit durch die Lymphbahnen
statthaben muss, bevor sie zum Herzen gelangt. Die Resorp¬
tionsfähigkeit der Gewebe und Lymphgefässnetze ist aber natür¬
licherweise bei der geschwächten Herzkraft infolge des raschen
Blutverlustes herabgesetzt, und so gelangen nur geringe Mengen
der unter die Haut eingespritzten Flüssigkeit zur Aufnahme in den
Blutkreislauf und können keinen annähernden Ersatz bieten für die
verlorenen Blutmassen.
Der Standpunkt, dass die subcutane Infusion eine leichter aus-
zufiihreude Manipulation ist als die intravenöse Transfusion, kommt
kaum in Betracht, da letztere keineswegs zu den schwierigen opera¬
tiven Eingriffen zu zählen ist und, was die Zeitdauer ihrer Aus¬
führung betrifft, viel rascher als die erstere vollendet ist. Für
den Patienten bietet ferner momentan wie auch für dio nächste
Folgezeit die nur an einem Ort vorgenommene intravenöse Trans¬
fusion -weniger Schmerzen und Qualen, als das häufige und an
mehreren Körperstellen vorzunehmende Einstechen der Infusions¬
nadel unter die Haut, um die genügende Flüssigkeitsmenge dem
Körper zuführen zu können.
Eine Drainage des Bauchraumes in der Gegend der \ erlet-
zungsstelle des betroffenen Eingweides mit Jodoforingaze ist ange¬
zeigt wegen der Gefahr der Peritonitis durch den infolge der Ver¬
letzung ausgetretenen Magen- oder Darminhalt und ferner zur Ab-
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Original fr&m
UNIVERSITY OFMICH1GAN
•DEUTSCHE .MEmmisntE WOCHEKSCHEIFT,
'iintufig- düs oiwn au? ilß»i gfen&jbt*# TM»T-ty>m<terj nrndtelnkenidme
Hintes. Zur SBlhmg dm- HiuiiubA tmsdfm hfcWwimdtfn ist der
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Dir MHbvi-Jauf den: OriSt.icu,o.iuiu \mu Un vollkommen MmrnH.y
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/j!•!•!»..i‘;j» Jlrf «-nfliflscu werden konnu;
A]w ns dauerte keine .sechs Worhoü, a» • erschien Fnrrer wieder
'tMvsr in .wgm'tfljtottr JSu^lamüc. i« dH- efer^gisfd»#® Klinik «nd
f.Virnk; oiitH si'lir’iif.li.-lir f>scb<dn,iguju? von Augimrtngr-u mit, ihr* i.r
,-ir.u'i Stui.-Ku» zuvor wiederum avüii ’lWd<uKae^^n Vn*ilikk ; ki. habg,' vu»
linuiMi Fmc drei KKugf-n, dinM iJAkno Im'd oiimn KoHizioluw gut-
ft/tUn. Avditrjnnl i]ns nudurn -.
Fatn-nt wurde auf dnji niiult-simi Tag zm: AiUhahmr .wKuk-r. -W^lil.;
•Sein; »rstos- Bugidrrtm w,tr. buMig.-n.. .ij>uDrt yax unrdun mul y.w rK, u or
Wuiisöl», dnu ur }.ugi-n um Auur _gtrru-hMiüi.Hi JivMigfung wegen kltelnh
iM-nuue-UA,» iT^tAf-ilil- und Uhgurijtbunng vi enignlten. j'ijunor Wunsidi
wurde ihm tm-id »•••fülitv ihm! du koiwuninl urjnmlinün Mügnnstonnigea vor-
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W . h | links obßrluüb den NtdkdTynrfi('lHvuij-
J j )f\ ilnn wt>r oti«) Rinh mm roehU Jin»l
»yp-.y' ;. t'} unterhalb ITdkls i bidaud. m&
»•' dufür sprfteh, d-iu-, out.!. rffi& ntuituv
»: ; : T. V.i nuf der:.'VViifuinrbehul’t bn*
• T; TTiTnn Boi nml skh wnltrst Trio lieh
UH .Dfi.rtiiii.‘ü‘aiV bettndnv Mit «bjr Blau'*
> ihinnttKühimfiipie wimie iurtgebüniMi,
;• A.' mfr -' i nnd am; ft. ’l'agc orsuhicu mn-li ik<
wji ’ :'?:;7. /dvutlo,: fevin }tnv -ruidnök cw.
Hi ft ^ MiK, 2 .ft {‘tu breit, j 'eilt du-k; fKhrt
yyi K'yFyf es "drei miilülgn^c liijira. viu
MjjpF iiäköTiift^W und ptuen niHudä'!)
,. Rpit/eis. surk obsinhnudcm !C«cW/..* i .-1
l er v*w MmtWi »hs«^«, llw ; S «!riie)M! littbc «
XI. OaBteotomie wogen drei v ernehiaekt ö r Tas chonmm 8er.
GrfisfUir* 5 - Frenulbörpn):. in dkn' Mutrob uiifgunUnnrion. tui vs uu-
wilHiurdrli. Win lirim Vt ivi-Uuj,’!^ n ‘rbü-t t,*,{t(-i kihtsiin lim Gubigsn
tjilei' bei fobigurnkjinnui! Znulnn kuu.n-.rofdetui udor wHlkdrinu! Uri
Ansdbiin- von Brnvoiii - umi Well küit-Mun mlw ton j).<vi-)ioj, il ln-
y<j\u-h Zik-DUKbHi,/hnbnu dmi ‘VVegn, >vindnr uns vluiü Krtrpm* benm»
g‘.-- h.jfb \v< rü--u) Kni wrd'-f grhro sju uiim,Htiif*{t pur vin.s- tiu-
f.ornb'H ab Odm' aber ;-.'je i*itit hmt - kw**rurt< ijrit:btniiäM^I
und gjdofdnra üpunulvu Hdlb%- odm- »irdt.mm. .-in iödn»i‘u sfrb nulbKi
: bffrrtf YVTg dUfcb diu ''JugmiAnnd, t’ührm tu ^mfzCmddih «mi VuT-
uno•bsntigr.M iu dor Inngubmio ihwi Utgoi^inlbm, xu
Absimss? h Jiiil ] >ur.c)ibnu-h -nfld l ,, istf‘ljii!uinvg \ n .t,>i ibuu.Kwn»ol
und sultlinsrliebmü -iur 'KrMiniivib-prru rdi>sf naub
aussrn. Unart' ü*1g ( ->fiö r IVbf iUtiKtriri' *H?> rwui njjbnj Aytob,.
Joeob Furb-K o‘2^. ; bH->grr T'ag , d f düu'J’ irt .üft^U puytdut-
poHtirft'lt i»<•lastet., ober 'Aiitf.diöbsi Suit fünf Jidure bgf < r sti lt' duti sondtn»
bftW'n Keb/ung i'itigügobkiK- r img^ttny.rl*jircj* KTrp-v %f\ verspms'cjL &u-nsb
', (UM hlu J lvt‘4 “r Ir-I m!>,u Art.-Ii uU 1'' in '.■.]■ n i \U ‘n, Kumdm l,' b SjlUr.-r
vor Z\v<u .lubi’etr, vngnldr-m.: m; e!g .FnOtOre bt,-am.T Ei-t-micir.'.asvhd bei
Arhcit des Tuges Uher |ü ly KUit'lf llffiu lunue Kistmslii'tu.
Ne«!, rißigni 'l'.iguu bekam e< dm in bttu/"*. 'Vvnrovn rmd •..Mnum.ub-ucJk, -wli
xicb gf V Wul igr«i J —:\l •■{',.go. hinon «rn-.-Uf'.üb.jnu- i>m fbn aber nach
IkwusiH dev -M«t* woid^e m Sopnc z\\.
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Vm • iMctü- Jaiu'u ajunt«/ rv «.•onuu Kchwmlrjldttekri stHili lind vnr-
s ‘i'..»i!atig ' vlit ^grrvnioesrntts; T:iue!H'U«a« ob hm- uurhUmiHg ' 1 KeilyWv für
tiilHJ« Ua-iHiidlUdt, dedüt/'h ht-ubrrk! /.»i !utl li T,. ITür-r oibtni +*hV>U^'ü Ab*
y:my tÜft. iVbrVte l'M-'mt imTk üu/.vml«'i. Jm twuoi.ur 18‘kj.
ver;jcldivrirt(-FüVim* TiAvt^ü rinu.iyWTFg um. »lin d 11 irr bii-.r Hu <>in und..
«io J^vidUifrog''-’ '! i • ‘. -i i u. ’ * v -rj ei.d r* u v frrtöi^
bmdra Kml.-n /m.y.\u, f 1 1 nu 7 M « m I. m t -u
voll pro» wöllb' er <!:;uü /\\t t T.I m j UVA Ml,-», iMrdi-ft N« hiiieig im
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gvy.urgeu Sein. ■ Au; n biiur deu AI'.gang t.lirsrj IN (umikbriiiU- URRhv er
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Au«. 1. April IS01 .'unt wur llttieul wieder iu ein.« übbdm lb;-r-
wnn^ vurwAted. und .vorRfblnnklo in msagyreht-vm' Eueboid;-. «im T; 4
\md T ;I)!ir;.NMmii(tugs ;ir mh Tbsrbennu,*sser 'Von-KftgjiddVn *1Ö.; -7 uod :
b ciH KtjUue. alle ui gi^iblossönmn-'Za'larida, wn? voj< Zx*.’
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' •’ v?5 A! >-ji »• -r!«1 a* iou»i11, Ff'JnvHss Sind Frunb AnjeAitiöMebeil, AtOstOs^m
mit rneulji-. it.m (iredmm.T. . : DttrSi/ SduiHu^eo im Fpi
giisfrnu!!:. A'it! A.jU’ü s-taUle. sieb seblMirMig«^, blutig- i'mgirlps Flliriibltnn:-
f.itj, Steigerung der BeseliwmdMi. vidiigr Arb»*ilsi»niaiti.gkutt. und l'atiH»!
Jyabi. Arte Auftuibmu itj dm Mfc«ig*v < ; .lsiruigis* , 'ho ivlltülC.
^ Ihr kr.dfig gulmntr Xbrnsn klugU' tiber Rpuübiu auHr-'lt.-nl.- SVbiimrzUn
n-v.iOs : iiuks v«•>!»-der- Äfillgllinb' d^lddbn.s zwik'lmu Nabel und linkem riirdteu-
bogen ujid /.rigie >:u« h in
un i« ,- tfTgmid her dl»!- Fnl- t 2 j
}*-diu* ! .F , '< i aR<*DuMktdH!r^ild-’ '
s.l'W.mdrn sieb ,1:101 erm r- & |
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den, wurde ein .»norailv«—
v«-,e,,.n lllr tadsdrty D,,,, £ ..„ f , ru ,
lis wViH". vmi lli'rrn |Äiäiir,U....(^ l»,,»Wt«^i.ii tw M a;
SHiliA/jInto ü,i Jk«M Wägeftlhrt,. uml lu^i, bnlä Vl'.iHii, tl«
a..n n,. r Fr.-m.lla, .,,,,■ VM» 1-
ISg:, i-! |. 'I 11 ’ millchaillKln. :-ßv.«hM 1( ! <l,-v v,ir.l.:ro;, afjt
: ■ * *'* .’ '■''** »rviitv.!, 4 .-tu »I,», !*v|i.r,| f |,^, v t) i-idf
a.o ei» lange, vortieale inrisioiu Aldtils .dam* AVI
- ■% Vorifug. gehaibm bubit S.oetiiiTi für ioa/iro Mndieiu iby tid.Ayr^utrbr
"big ttur UiujgiliHdjaft Dontspbor N r «t nrfomdmr und >0 Wu-k '
. September.
DEUTSCHE MEDI0IN1SCHE WOCHENSCHRIFT.
761
jten ich leider nicht in der Lage bin, als eine Kundgebung zu
insten des Zusammenhanges der beiden in Rede stehenden
sciplinen. Es dürfte eine derartige Kundgebung vielleicht in
ien, der Wiege der jetzt so fleissig vorwärts strebenden Derma-
ogie, der Stätte, an der der alte Hebra gewirkt, besonders am
atze sein. Hat man doch gerade gegen die Hebra’sche Schule
n Vorwurf allzu grosser Selbstständigkeit gar oft erhoben, ein
»rwurf, der wohl nur theilweise berechtigt war. Der heutigen
iener dermatologischen Schule, die man wohl auch noch als
abra’sche bezeichnen kann, gegenüber ist er wohl ziemlich ver-
lmmt, wenn auch dieselbe in der Berücksichtigung interner Ver¬
derungen nicht so weit geht wie die französische Schule, in der
sonders die Diathesen eine Rolle spielen, die wir nicht immer
verstehen vermögen.
Es kann nicht in meiner Absicht liegen, in die Einzel¬
nen einzutreten, ich will mich begnügen, eine kurze Skizze, ein
hema der Wege zu entwerfen, auf welchen innere Leiden zu
lutveränderungen führen, und einige erläuternde Beispiele ein¬
ten.
Man kann die Hautanomalieen bei inneren Leiden nach ihrer
ltstehungsweise in drei grosse Gruppen eintheilen, je nachdem sie
;h per continuitatem, resp. per contiguitatem entwickeln, je
chdem die Nervenbahnen oder die Blutbahnen die vermittelnde
>lle übernehmen.
1. Per continuitatem resp. per contiguitatem sehen wir
le grosse Zahl krankhafter Veränderungen auf der Körperober-
,cho im Anschluss an interne Leiden entstehen. Es ist leicht,
dspiele hierfür heranzuziehen. Denken Sie, um mit einer Rarität
beginnen, an die nach aussen wachsenden, zuweilen die Bauchwand
irchwuchernden Carcinome des Magens, ferner an die perforirenden,
reiterten Echinococcuscysten der Leber, an das Pyema necessitatis,
i das Hautemphysem bei Läsionen in den Wandungen der tieferen
thmungsorgane und des Oesophagus. Denken Sie an die entzünd-
:hen Anomalieen der Haut, sobald dieselbe durch Secrete kranker
;hleimhäute, durch quantitativ oder qualitativ veränderte Excrete
'reizt resp. inficirt wird. Wir sehen dieselben vornehmlich an den
Übergangsstellen von Haut und Schleimhaut sich abspielen: so
e Sycosis vulgaris an der Oberlippe, die Diphtherie am Nasen-
ngange, dio Tuberkulose der Haut am Munde und After, die
tertrigo der Säuglinge, welche ja stets unsere Aufmerksamkeit
if abnorme Vorgänge in den Verdauungsorganen hinlenken soll,
e Balanitis und Vulvitis der Diabetiker, wolchc nach causaler
ehandlung oft so leicht heilen, nachdem sie dem dermatothera-
iutisehen Arsenal getrotzt.
2. Die zweite Hauptgruppe umfasst dio Hautverände-
ingcn, dio auf dem Wege der Nervenbahnen ausgolöst
erden, die sogenannten neurotischen Dermatosen im
eitesten Sinne des Wortes. Es kann dieses zunächst geschehen
ircli Reflex, eine Bezeichnung, mit der wir allerdings oft unserem
iologischen „ignoramus“ ein wissenschaftliches Mäntelchen um-
ingen. Eine Reihe von Angioneurosen, manche Erytheme, der
illor cutis, manche Urticaria werden auf diese Weise erklärt.
? handelt sich in diesen Fällen meistens um schnell vorüber-
shende Veränderungen.
Wichtiger und ernster sind die durch direkte Functions-
örung der die Haut versorgenden Nervenfasern
ler Gattungen entstehenden Anomalieen auf derselben, sei^ es,
iss es sich um periphere oder centrale Läsionen handelt. Sen-
ble, secretorische, vasomotorische, trophische Störungen der Haut
innen die Folge sein.
Die Bedeutung der Sensibilitätsstörungen in einer Sec-
m für innere Modicin zu schildern, hiesse Eulen nach Athen
agen. Dio Berücksichtigung der verschiedenen quantitativen
id qualitativen Veränderungen der verschiedenen Empfindungsarten
id des Verhältnisses derselben unter einander bildet ja das Fun-
mient jeder neuropathologischen Diagnose, mag es sich um Tabes,
emianästhesie durch Läsion in der Capsula interna, Brown*
iquard’sche Halbseitenlähmung, periphere Neuritis, functioneile
3 urosen handeln. Da können zunächst Hyper-, Hyp- oder An-
thesieen bestehen, die wiederum variiren, je nachdem sie sich
if alle Empfindungsarten erstrecken oder nur auf einzelne. Da
immen dio zahlreichen Parästhesieen in Frage, Taubsein, Krib-
ln. Jucken etc. und die Gefiihlsanomalieen, welche man als para-
>xe Empfindung, Doppelempfindung, Nachempfindung, verlang-
mte Leitung, Anaesthesia dolorosa, Dysaesthesie bezeichnet. Um
ir ein Beispiel herauszugreifen, welches interne Mediciner wie
ermatologen in gleicher Weise interessirt, erinnere ich an die in
tzter Zeit soviel erörterte, vielfach auch mit der Lepra in Be-
ahung gebrachte Syringomyelie mit den dissociirten Sonsibi-
ätsstörungen, der Herabsetzung der Schmerz- und Temperatur-
tpfindung bei intactem Tastgefühl. . .
Weniger bedeutungsvoll, aber doch nicht unwichtig sind die
socretorischen Anomalieen, die sich ja nur auf Abscheidung des
Schweisses beziehen, ist uns doch von einem Nerveneinfluss auf
die Talgsecretion bisher nichts bekannt. Ich gedenke nur der He-
mihyperhidrosis facialis, welcher wir bei Erkrankungen des Sym-
pathicus, aber auch bei materiellen Veränderungen in den Schweiss-
centren, bei Affectionen des Facialis und Trigeminus begegnen.
Die Alteration vasomotorischer Fasern, welcho auf dom
weiten Wege von dem vasomotorischen Centrum durch die Seiton-
stränge, die vorderen Wurzeln, die Rami eommunicantes, den Sym-
pathicus, die peripherischen Nervenstränge viel Gelegenheit haben
afficirt zu werden, löst so manche angioneurotische Anomalie auf der
Haut aus. Je nachdem die Gefässerweiterer oder die Gefässver-
engerer getroffen sind, je nachdem Reiz- oder Lähmungszuständo
bestehen, je nachdem es sich um vorübergehende oder dauernde
Schädigungen handelt, je nachdem endlich die Arterien oder Venen
alterirt sind, können wir verschiedene Bilder erhalten.
Die Zahl derselben wird dadurch eingeschränkt, dass bei der
antagonistischen Wirkung der Constrictoren und Dilatatoren der
Effect der Lähmung der einen Fasergattung immer demjenigen
gleichkommt, welchen die Reizung der anderen Fasergattung aus¬
löst. — Ich erinnere hier wiederum an ein von Dermatologen und
Internen gleichmässig bearbeitetes Leiden, die Erythromelalgie
mit der ausgesprochenen vasomotorischen Neurose der Haut. Dieses
Leiden, wie die erwähnte Syringomyelie, die Maladie de Morvan,
zeigt uns auch, dass durch eine Combination von Störungen der
Haut, die auf dem Wogo der Nervenbahnen ausgelöst werden,
durch Betheiligung verschiedener Fasergattungen wir ein auch für
interne Vorgänge charakteristisches Krankheitsbild auf der Körper¬
oberfläche erhalten. Wir finden hier sensible, vasomotorische
Störungen neben trophischen in bunter Reihe neben einander.
Die trophischen Anomalieen der Haut als Folgen innerer
Vorgänge lenken das grösste Interesse auf sich, und zwar nicht
nur vom Standpunkte des Klinikers, sondern auch von demjenigen
dos Physiologen. Sobald der letztere die Existenz der trophischen
Fasern beweisen will, sind es ja eigentlich nur klinische Beobach¬
tungen, zu denen er seine Zuflucht nehmen muss, dieselben klini¬
schen Beobachtungon, welche hier in Rede stehen. Nicht uner¬
wähnt will ich lassen, dass nicht immer dio Bezeichnung „Tropho-
neurose“ hinreichend begründet erscheint; sie ist sehr beliebt als
Lückenbüsser bei mangelnder ätiologischer Erkonntniss.
Die Zahl der trophischen Hautveränderungen ist nicht klein,
wir kennen Atrophieen der Haut und ihrer Adnoxa, selbst oine
solche des Pigments. Es darf uns besonders nach den Unter¬
suchungen über dio Aetiologie des Morbus Addisonii dio Abhängig¬
keit der Pigmentbildung von Innervationsvorgängen nicht wundern.
_ Weniger zahlreich sind die trophischen Hyperplasieon der Haut,
dagegen zahlreich und charakteristisch die Dystrophieen derselben.
Obenan steht noch immer der Herpes Zoster als Typus einer Tropho-
neurose. Die Vorsuche Pfeiffer’s und Wasielewski’s die tro-
phischo Natur des Herpes Zoster anzufochten, seine Ausbreitung
mit den GefässVerzweigungen in Zusammenhang zu bringen, haben
wohl noch wenige überzeugt. Noch besteht der alte Bäron-
sprung’sche Beweis zu recht, selbst wenn ein infectiösos Agens
den Zoster auslösen sollte. — Neben dem Herpes Zoster sind die
symmetrische Gangrän, die multiple Gangrän, die trophischon Ano¬
malieen bei der Maladie de Morvan und — last not least dei
Decubitus acutus zu nennen, der nicht wenig zur Begründung
der Lehre von den trophischen Nervenfasern beigetragon hat. Man
hat ja viele dieser Dystrophieen auf vasomotorische Vorgängo zu¬
rückführen wollen, sie als Folge paralytischer angioneurotischer
Anämie hinstellen wollen. Aber giebt es überhaupt eine solche.
Keineswegs. Die Physiologie lehrt, dass es überhaupt keiuo Nerven
giebt, deren Lähmung Anämie bewirkt. x
3. Die dritte Gruppe hierher zählender Hautleiden
setzt sich aus solchen zusammen, welche durch innero
Krankheiten auf dem Wege der Blutbahn resp. der
Lymphbahn entstehen. Der Vorgang kann dabei ein verschie¬
dener sein. Zunächst kann es sich um organische Verände¬
rungen in den Gefässwandungen handeln. So kann es bei
Atheromatosc der Gefässe zu Gangrän kommen, so entstehen, um
ein sehr seltenes Beispiel anzuführen, Oedeme bei amyloider De¬
generation der Gefässwandungen. Möglicherweise ist dieser Weg
häufiger betreten, als man annimmt.
Sehr erheblich umfangreicher ist das Gebiet derjenigen Baut-
anomalieen, welche mechanische Störungen des Blut¬
kreislaufs hervorzubringen vermögen; sie bilden eine wahre
Fundgrube diagnostischer Anhaltspunkte für den inneren Mediciner.
Mag ein Gefäss durch einen Embolus oder Thrombus verstopft,
mag es durch Compression unwegsam geworden sem, mögen im
«rossen oder kleinen Kreislauf sich abnorme Hindernisse dem Blute
entgegenstellen, mag die Triebkraft des Herzens alterirt sein -
stets kann es zu wichtigen Hautveränderungen kommen.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
762
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. B9
wir einige Beispiele heraus! Ich erinnere zunächst an die grosse
Bedeutung der Venenerweiterungen und cyanotisehen Verfärbung
im Gebiete des Kopfes und Halses bei der Erkennung der Throm¬
bose des Hirnsinus; die Lokalisation der Hauterscheinungen ist ja
oft für die Diagnose des Sitzes des Thrombus allein ausschlag¬
gebend. Ich übergehe die bekannten, in durch Stauung respeetive
mangelhafte Decarbonisation bedingter Cyanose und Oedemen sich
äussemden Folgen von Herz- und Lungenleiden, um die Erweiterung
der Venen bei Tumoren des Mediastinum, die feinen Gefässbaum-
zeichnungen an der vorderon unteren Thoraxwand als allgemeinen
Ausdruck von Circulationsstörungen innerhalb des Thoraxraumes
und im Abdomen hervorzuheben. — Schliesslich weise ich noch
auf die bekannten Folgen der Lebercirrhose hin, das Caput Medusae,
dem ja nicht nur diagnostisch, sondern auch prognostisch wichtigen
Symptom, zeigt es doch an, dass das Blut es verstanden hat, mit
Umgehung der geschrumpften Leber sich einen Weg zum Herzen
zu bahnen, und deshalb unangenehme Stauungsfolgen weniger
drohend sind.
Wir kommen nun zu einer weiteren Reihe von Hautstörungen,
zu den durch anomale Blutzusammensetzung, d. h. durch
Aenderung in dem normalen Verhältniss von Plasma,
eorpusculären Elementen und Hämoglobingehalt be¬
dingten. Vornehmlich haben wir hier zu denken an die Anämie und
ihre böseste Form, die pernic-iöse Anämie, ferner an die Chlorose,
die Hydrämie, Leukämie und Pseudoleukämie. Da ist zunächst
die allen diesen Leiden gemeinsame Blässe, die aber doch für das
scharf beobachtende Auge bei den verschiedenen Leiden verschiedene
Nuancen aufweist. Eine häufige Folge sind dann Oedeme, — auch
die nephritischen Oedeme zählen in diese Gruppe —, weniger häufig
Hämorrhagieen. Besonderes Interesse flössen die bei der Leukämie
und Pseudoleukämie in den letzten Jahren beobachteten Haut-
anomalieen ein. Bei der Leukämie findet man bald geschwulst¬
artige Bildungen, bald ekzematoide Veränderungen, bald diffuse
oder eircumscripte Infiltrationen lymphadenoider Natur. Bei der
Pseudoleukämie Knötchen und papulöse Erhebungen, ähnlich den
pruriginösen. Alle diese Hautveränderungen haben in einzelnen
Fällen schon zur richtigen Erkennung des Grundleidens geführt.
Die Zusammensetzung des Blutes kann aber auch in
der Richtung verändert sein, dass ihm Substanzen bei¬
gemengt sind, welche in ihm sonst gar nicht oder nur in
minimaler Menge Vorkommen. Auch dann giebt sich das sehr
oft auf der Haut kund. Es können nun diese Fremdkörper, wenn
ich mich so ausdrücken darf, zunächst Mikroorganismen oder
deren Stoffwechselproducte sein. Das grosse, stetig wachsende
Heer der Infectionskrankheiten zählt in diese Abtheilung. Diese
bieten ja bekanntlich sehr viele Efflorescenzen auf der Haut, welche
entweder regelmässige, typische, ja pathognomonische Symptome sind,
wie beispielsweise die für die Diagnose ausschlaggebende winzige
Roseola typhosa, oder accidenteller Natur, dann aber durchaus
nicht immer unwichtig. Man denke beispielsweise an die hohe
prognostische Bedeutung einer Hauthämorrhagie bei der Diphtheritis.
— Im übrigen sind das so alltägliche Dinge, dass ich da füglich
von jeder weiteren Anführung von Beispielen absehen kann.
Von Interesse ist es festzustellen, ob im Einzelfalle die be¬
treffende Hautefflorescenz durch die Bacillen selbst oder lediglich
durch deren Stoffwechselproducte ausgelöst ist. Beide Entstehungs¬
weisen sind möglich. Bewiesen ist die lokale Thätigkeit der be¬
treffenden Erreger als Ursache der Hautanomalie, wie es scheint,
für die Roseola typhosa und für einige accidentelle Hauterschei¬
nungen. Ich erinnere da an die in ihren Schlussfolgerungen
vielleicht anfechtbaren Untersuchungen von F. Klemperer über
die Aetiologie des Herpes facialis, dieses häufigen Begleiters
vieler Infectionskrankheiten. Früher, allerdings auf Grund absolut
unbefriedigender Hypothesen, als neurotische Affection aufgefasst,
stellt sich nach diesen Untersuchungen derselbe als Cocceninfection
dar, als ein Symptom coccogener Leiden, wie der Pneumonie, der
Cerebrospinalmeningitis. Damit würde auch gleichzeitig die Selten¬
heit des \ orkommens bei durch specifische Bacillen hervorgerufenen
Infectionen, so bei Typhus abdominalis, bei Diphtherie, bei Basilar-
memngitis erklärt sein. — Auch den Befund, den Finger bei
einem im Geleite einer Diphtherie aufgetretenen Erythema exsu¬
dativum mit, Dermatitis hämorrhagica machte, möchte ich hier
kurz erwähnen. Die Hautanomalieen waren rein coccogener Natur
da man Coccen in.den Blutgefässen der veränderten Hautstellen
land Es handelte sich also um metastatische, bacteritische Der-
Coccen ^ U1 °^ socundär in den Diphtherieheerden angesiedelte
Ganz anderer Natur
Prodücten des Stoffwc
zum Blute ausgelöst
die Hautanomalieen bei der
Umsetzung, der Arthritis un
sind die durch Beimengung von
)chsels des eigenen Organismus
en Erscheinungen. Bekannt sind
Urämie, dann bei der abnormen Eiweiss-
d der abnormen Kohlenhydratumsetzung,
dem Diabetes. Dem Diabetes als Urheber von Hautanomalieen
sind wir schon in der ersten Gruppe begegnet. Dort handelte es
sich aber um Veränderungen infolge der lokalen Einwirkung des
zuckerhaltigen Harns, an dieser Stelle aber ist von denjenigen die
Rede, die durch die constitutionelle Anomalie, die Ueberladung des
Blutes mit Zucker, und die massenhafte Flüssigkeitsausscheidung
ausgelöst worden. Die Haut wird spröde, faltig, juckt oft sehr
lebhaft, zeigt eine verminderte Vitalität, eine Neigung zu Furun-
culosis, Gangrän; die Schweisssecretion ist vermindert, es sei denn,
dass Tuberkelbacillen sich in dem ihnen sehr willkommenen dia¬
betischen Organismus niedergelassen hätten. Erinnert sei ferner
an das in der englischen Litteratur besonders oft geschilderte
Xanthoma diabeticum, von dem es allerdings sehr zweifelhaft ist,
ob es die Bezeichnung „Xanthom“ verdient. — Ein Stoffwechsel-
product, welches, in’s Blut gelangt, die hervorstechendsten Er¬
scheinungen auf der Körperoberfläche macht, ist bekanntlich der
Gallenfarbstoff. Es würde natürlich zu weit führen, wollte ich auf
die Pathologie des Icterus und seine Folgen für die Haut näher
eingehen.
Von grosser Bedeutung sind dann ferner für die Entstehung
von Hautveränderungen in’s Blut gelangte Producte der Ver-
dauungsprocesse, wie jüngst Singer es wiederum dargethan. Es
ist das ein ziemlich brach liegendes Feld, bei dessen Bearbeitung
die Internen und Dermatologen gemeinsam Vorgehen müssten.
Genaue Harnanalysen, Untersuchung der Darmexcretionen sollten
in allen den vielen Fällen von Erythemen, Urticaria, Pemphigus,
deren Aetiologie uns dunkel ist, ausgeführt werden. Für die
Therapie dürften wir daraus auch manchen Vortheil erwarten.
Wenn ich an dieser Stelle die Erwähnung des Myxödems
einschalte, so wird man das vielleicht nicht billigen; es ist ja
doch bei diesem Leiden das Blut nicht überreich an einem be¬
stimmten Stoff, sondern ermangelt im Gegentheil, wie wir aus
pathologischen Untersuchungen und ex juvantibus wissen, des für
die normale Beschaffenheit von Haut und Psyche nothwendigen
Schilddrtisensecretes. Es bleibt dabei aber doch zu erwägen, ob
dieser Mangel direkt schädigend wirkt, oder indirekt. Es ist ja
doch denkbar, und meines Dafürhaltens sogar nicht unwahrschein¬
lich, dass das Secret der Schilddrüse den Zweck hat, andere im
Blut enthaltene toxische Stoffe unschädlich zu machen. Fehlt das¬
selbe,- dann sammeln sich die letzteren im Uebermaasse im Blut
an und entfalten ihre schädigende Thätigkeit.
Als weitere Abtheilung in dieser Hauptgruppe ist dann an¬
zuführen die Metastasirung der Tumoren auf dem Wege
der Blutbahn oder Lymphbahn, sobald Zellbestandtheile der¬
selben, vielleicht auch, ihre mikrobiäre Entstehung als bewiesen
angenommen, die Erreger derselben in dieselben gelangen. Die
Hautmetastasen sind ja durchaus häufige Folgen maligner Ge¬
schwülste in inneren Organen, häufiger allerdings ist es umge¬
kehrt, bilden maligne Geschwülste der Haut das Primäre.
Endlich gehören hierher alle Exantheme, welche, meistens
als ebenso unerwartete wie unwillkommene Nebenwirkungen nach
Resorption bestimmter, individuell verschiedener Arznei- und Gift¬
stoffe auftreten und nur zu leicht zu diagnostischen Irrthümern
führen; man bezeichnet sie am passendsten als Toxidermieen.
Meine Herren, ich sagte im Beginne meines Vortrages, dass
ich die kleine Skizze, die ich von dem überaus grossen Gebiete
bei der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit nur ent¬
werfen konnte, als Kundgebung zu gunsten eines festen Zusammen¬
hanges der internen und dermatologischen Diseiplinen aufgefasst
wissen wollte. Eine Kundgebung, die den Dermatologen ermahnen
soll, stets des ganzen Menschen eingedenk zu sein, bei Haut-
aflectionen auf interne Störungen zu fahnden, die Dermatologie
nicht nur um ihrer selbst wegen zu lernen und zu lehren; —
aber auch eine Kundgebung, die den internen Mediciner darauf
hinweisen soll, dass in dem Studium der Hautanomalieen auch für
ihn ein Fond lehrreichen Wissens zu suchen ist. Hat der Der-
matologo von der internen Mediein Aufklärung in ätiologischer
Beziehung zu erwarten, so findet die interne Mediein in der makro¬
skopischen Beobachtung der Haut vornehmlich diagnostische An¬
haltspunkte. In beiden Fällen wird das Endziel mediciniscken
Forschens, die richtige Therapie, nicht ohne Förderung bleiben.
Die Sicherheit des Fundamentes, auf dem sich die mediebu-
sche Wissenschaft aufbaut, wird durch nichts mehr gewähr¬
leistet, als durch die Zunahme und stets fortschreitende Ver¬
vollkommnung der diagnostischen Untersuchungsmethoden. Physik,
Chemie, Mathematik, sie werden herangezogen und bringen grossen
Nutzen. Jeder wissenschaftlich denkende Arzt wird das mit
Freude und Stolz begrüssen. Aber deshalb wollen wir doch
nicht vergessen, dass auf manchen Gebieten der praktischen Me-
dicin die Alten schon Grosses geleistet mit den einfachen Unter¬
suchungsmethoden, welche die Natur in ihrer Weisheit dem Men-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN -
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
763
27. September.
sehen mitgegeben. Lassen Sie uns deshalb auch diese nicht ver¬
nachlässigen und vor allem auch die einfache Adspection schulen,
denn auch makroskopisch zu sehen, makroskopisch Gesehenes
richtig zu deuten und zu schildern muss geschult werden. Was
in der Pädagogik der Anschauungsunterricht, das ist in der prak¬
tischen Medicin das Studium der Hautveränderungen. Sehen wir
selbst ab von dem grossen Nutzen, den Hautleiden uns auch da¬
durch bieten, dass sie mikroskopischen Studien viel leichter zu¬
gänglich gemacht werden können, so bleibt die Dermatologie doch
eine fruchtbare Vorschule für den internen Medieiner, die nicht
gering geachtet werden darf. Sorgen Sie dafür, dass die
Dermatologie studirt, oder was Vorbedingung dafür
zu sein scheint, dass überall in der Dermatologie ge¬
prüft wird, und Sie schärfen den ärztlichen Blick,
Sie schulen das für jeden Arzt so wichtige makroskopi¬
sche Sehen.
VIII. Aus der chirurgischen Klinik des Herrn Hofrath
Albert in Wien.
Der äussere Milzbrand des Menschen.
Bemerkungen zu dem Auftatze von Dr. K. Müller in No. 24
und 25 dieser Wochenschrift.
Von Dr. Julius Schnitzler, Assistenten der Klinik.
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf die von
Müller in seinem interessanten Aufsatze bezüglich der Therapie der
Pustula maligna ausgesprochenen Ansichten, also auf den in No. 24
und 25 dieser Wochenschrift publicirten Abschnitt seiner Arbeit.
Müller verlangt absolut conservatives Verhalten gegen die
Pustel, Ruhigstellung und Hochlagerung des erkrankten Gliedes,
Bedeckung des lokalen Krankheitsheerdes mit grauer Salbe, robo-
rirende Diät, vor allem Darreichung von Alkohol. Bei der Em¬
pfehlung dieser nicht operativen Therapie stützt sich Müller auf
theoretische Raisonnements und auf die Thatsache, dass unter
dieser Behandlung alle seit 1890 an der Hallenser chirurgischen
Klinik behandelten Fälle von äusserem Milzbrand zur Heilung ge¬
langt sind.
Könnte man in einem einzigen Falle nachweisen, dass ein
durch Pustula maligna bedrohtes Menschenleben durch die Ent¬
fernung des primären Krankheitsheerdes gerettet wurde, das ohne
diesen Eingriff verloren gewesen wäre, so wäre das therapeutische
Princip Müller’s gerichtet. Begreiflicher Weise lässt sich aber
ein solcher Beweis immer nur bis zu einem gewissen Grade von
Wahrscheinlichkeit erbringen. Ein Fall, der den günstigen Ein¬
fluss der Exstirpation eines Milzbrandheerdes zu beweisen scheint,
ist der auch von Müller citirte Fall Kurl off’s 1 ).
In diesem Falle handelte es sich um eine Infection am Daumen
der linken Hand. Trotz Exstirpation der Pustel hielten die
schweren Erscheinungen an, resp. steigerten sich noch. Erst nach
der Exstirpation der geschwollenen Achseldrüsen trat sofortiger
Abfall der Krankheitserscheinungen ein. — Ehe ich auf die aus
diesem Falle sich ergebenden Schlussfolgerungen eingehe, will ich
einen Fall erwähnen, den ich vor einem Jahre publicirt 2 ) habe,
der jedoch Müller unbekannt geblieben zu sein scheint.
Am 28. März 1893 exstirpirte ich bei einer 28 Jahre alten Bürsten¬
bindersgattin eine Milzbrandpustel am linken Vorderarm. Die Temperatur
war 39,9. In der Achselhöhle waren einzelne geschwellte Lymphdrüsen
nachweisbar. Am folgenden Tage war das Allgemeinbefinden ein unver¬
ändert schlechtes, Temperatur 39,7, die Schwellung der Lymphdrüsen
hatte zugenommen. Ich exstirpirte dieselben, resp. machte die typische
Ausräumung der Achselhöhle. Aus den exstirpirten Drüsen Hessen sich
— wie aus der Pustel — vollvirulente Milzbrandbacillen züchten. Nach
der Ausräumung der Achselhöhle fiel das Fieber rapid ab, die Temperatur
war nach 12 Stunden auf 37° gesunken und blieb, wie das Allgemein¬
befinden, von nun ab normal.
Kurloff’s Fall und der von mir beobachtete weisen manche
gemeinsame Züge auf, und es fragt sich, ob sie im Sinne Müller’s
sprechen oder einer gegentheiligen Ansicht zur Stütze dienen
können. Zunächst erwies sich in beiden Fällen die Exstirpation
des Primäraffeetes — der Pustel — wirkungslos. Das kann uns
nicht überraschen, wenn wir die Versuche von Nissen 3 ) berück¬
sichtigen, aus denen hervorgeht, dass die Infection der regionären
Lymphdrüsen bei Versuchsthieren enorm rasch erfolgt. Es ist da¬
her sehr unwahrscheinlich, dass der Arzt jemals eine Anthrax-
pustel in Behandlung nimmt, ehe zu mindest einzelne Keime in
die nächstgelegenen Lymphdrüsen eingewandert sind. Da nun ein
grosser Theil der Milzbrandpusteln beim Menschen theils nach Ex¬
stirpation der Pustel, theils ohne derartigen Eingriff ausheilt, so
! ) Deut. Arch. f. klin. Medicin 44.
2 ) Internat, klin. Rundschau 1893, No. 21.
3) Deutsche med. Wochenschr. 1891, No. 53,
folgt hieraus, dass die in die nächstgelegenen Drüsen eingewan¬
derten Milzbrandkeime den Tod des Menschen nicht unbedingt nach
sich ziehen müssen.
Daneben bleiben Fälle von äusserem Milzbrand in genügender
Zahl übrig, die zum letalen Ausgang führten. Durch welche Be¬
handlungsmethode kaun nun die Zahl der letztgenannten Fälle am
meisten reducirt werden? Nach der Ansicht mancher Autoren,
durch eine exspeetative, resp. nicht operative Therapie, wie eben
auch Müller sie empfiehlt, Diese Autoren halten die Exstir¬
pation der Pustel nicht nur für nutzlos, sondern sogar eventuell
für gefährlich, da bei dem operativen Acte Milzbrandkeimo direkt
in die eröffneten Blutbahnen gelangen könnten. Ganz abgesehen
davon, dass man ja die Entfernung der Pustel mit dem Paquelin
ausführen und damit die erwähnto Gefahr bestimmt vermeiden
könnte, halte ich diese auch gar nicht für so gross, weil man ja
nicht durch die mit Bacillen erfüllte Pustel, sondern durch die
bacillenärmere Umgebung derselben das Messer führt und weil
überhaupt eine blutende Fläche nicht so leicht inficirbar ist. Es
dürfte wohl auch kaum einen Fall geben, der für eine durch die
Excision der Pustel vermittelte Allgemeininfection sprechen könnte.
Die Vertreter der conservativen Therapie finden es nur notli-
wendig, den infieirten Organismus zu kräftigen und der Propagation
der Bacillen durch Ruhigstellung des erkrankten Gliedes entgegen¬
zuwirken. Und doch kann man aus der Statistik einen ungünstigen
Einfluss der Bewegung des erkrajikten Körpertheiles auf das
Allgemeinbefinden des Erkrankten gar nicht erhärten. Nach
der von Müller wie von Kurloff citirten Statistik von
Nasarow hat gerade der Extremitätenmilzbrand die beste,
der an Kopf, Gesicht, Hals und Rumpf eingeimpfte Milzbrand die
schlimmste Prognose. Auch ich habe einen Fall von Milzbraud-
carbunkel der Wange letal ablaufen gesehen, nachdem noch
30 Stunden ante mortem die Tracheotomie durch Glottisödem noth-
wendig geworden war. Hingegen habe ich zwei Fälle von Pustula
maligna am Arme — mit Excision behandelt — günstig ablaufen
gesehen, trotzdem es sich beide mal um Männer handelte, die bis
zu ihrem Eintritt in die Klinik sehr kräftig gearbeitet hatten.
Wenn es auch feststeht, dass Muskelarbeit den Lymphstrom be¬
schleunigt und daher der Propagation von Mikroorganismen Vor¬
schub leisten kann, so darf man doch die Bedeutung dieses
Momentes für die Verallgemeinerung des Milzbrandes nicht über¬
schätzen. Es spricht nämlich trotz Müller’s gegensätzlicher
Ansicht manches dafür, dass die eingedrungenen Keime in den
regionären Lymphdrüsen eine Barriere finden, die nicht einfach
passirt werden kann. Besonders Colin 1 ) hat betont, dass zwischen
der lokalen Infection, der Drüseninfection und der Allgemein¬
infection beim Menschen stets eine Zeit des Stillstandes be¬
stehe. Dies scheint uns auch durch die klinischen Erfahrungen
bestätigt zu werden, erhärtet aber gleichzeitig die Behauptung,
dass die Milzbrandkeime die Lymphdrüsen nicht unbehelligt passiren
können. Der Fall Kurloff’s und der von mir mitgetheilte scheinen
mir aber unzweifelhaft zu beweisen, dass zur Zeit der regionären
Drüsenschwellung der ganze übrige Organismus noch frei von
Milzbrandkeimen sein kann, denn sonst wäre der rasche Abfall
der Temperatur, das sofortige Eintreten des völligen Wohlbefindens
nach der Exstirpation unerklärlich.
Möglicherweise hätten Kurloff und meine Patientin auch
ohne Drüsenexstirpation die Infection überstanden; wahrscheinlich
ist mir dieser günstige Ausgang zumindest für meine Patientin
nicht. Ich würde daher in einem analogen Fall nicht einen Augen¬
blick zögern, die Drüsenexstirpation auszuführen.
Nicht weniger entschieden muss ich mich aber im allgemeinen
für die Exstirpation der Pustel aussprechen, und zur Begründung
dieser meiner Ansicht kann ich mich auf die durch Müller’s
Untersuchungen festgestellte toxische Natur der Milzbranderkran¬
kung stützen. Wenn beim menschlichen Milzbrand in der Regel
eine grenzenlose Vermehrung der Keime stattfinden würde, dann
wäre allerdings eine Entfernung des Lokaleffectes sinnlos, weil die
schon vorher in die Lymphwege aufgenommenen Keime durch ihre
rasche Vermehrung den Effect dieser Therapie illusorisch machen
würden.
Doch verhält sich glücklicherweise die Sache ganz anders.
Kurloff und ich konnten in den exstirpirten Drüsen nur wenige
Milzbrandbacillen nachweisen. Hingegen finden sich in den Pusteln
zumeist sehr zahlreiche Bacillen. Wenn dieselben auch nach einer
gewissen Zeit absterben, so kann und wird doch bis zu diesem
Augenblick ein beständiger Nachschub von Bacillen in die regionären
Lymphdrüsen erfolgen.
Besonders betont wird von Müller die Ansammlung giftiger
Substanzen in der Milzbrandpustel, deren Existenz er auch durch
Thierversuche beweist. Müller gesteht nun einerseits die Schäd-
*) Cit. nach Fischer’s allgem. Chirurgie.
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UNIVERS1TY OF MICHIGAN
764
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39
lichkeit dieser Toxine für den Körper zu, will sie aber anderer¬
seits als wichtige Heilfactoren aufgefasst wissen, da sie schädigend
auf die Milzbrandbacillen wirken. Er betrachtet es daher als eine
Hauptaufgabe der Therapie, die Verbreitung dieser Stoff-
wechselproducte in den Körper so gut wie möglich zu
hindern und ihre Ausscheidung zu befördern. Diesem
Satze muss man unbedingt beistimmen. Doch glauben wir nicht,
dass man den Rath Miiller’s genauer befolgen kann, als indem
man die Pustel entfernt. So werden die Toxine und eine relativ
beträchtliche Anzahl von Keimen am sichersten und raschesten
entfernt. Auch wäre ja die Möglichkeit zu erwägen, dass durch
die Aufnahme dieser Toxine in den Organismus die Disposition
für die Allgemeininfection temporär gesteigert würde, ehe die
bekannte immunisirende Wirkung eintritt, eine Annahme, für
welche Analogieen bekanntlich vorliegen.
Müller weist auf die guten Erfolge der von ihm wieder em¬
pfohlenen conservativen Therapie hin; er hat seit vier Jahren keinen
Fall verloren. Von diesen Fällen wäre wohl auch mit Exstirpation
der Pustel keiner gestorben.
Man kann also dieser Therapie nur zugestehen, dass sie in
einer Reihe von Fällen nicht geschadet hat. Dagegen giebt es
eine genügende Zahl von Fällen, die unter Anwendung der con¬
servativen Therapie resp. bei Unterlassung jedes therapeutischen
Versuches an äusserem Milzbrand gestorben sind und von denen
man auf Grund der angedeuteten theoretischen Ueberlegungen —
besonders mit Berücksichtigung der von Müller hervorgehobenen
Bedeutung der Intoxication beim Milzbrand — annehmen kann,
dass sie durch frühzeitige Entfernung der Pustel hätten viel¬
leicht gerettet werden können. Endlich zeigen die Fälle von
Kurl off und mir, dass man nach erfolgloser Exstirpation
der Pustel noch durch Exstirpation der inficirten Drüsen so¬
fortige Genesung erzielen kann. Gegenüber diesen Erwägungen
hätte ich den Muth zu der von Müller empfohlenen, con¬
servativen Therapie nicht. Noch immer bleiben die Worte Kö¬
nigs 1 ) zu Recht bestehen: So oft sich auch Stimmen erheben
für eine abwartende Behandlung, weil in der Tliat. manche Fälle
spontan heilen, so unlogisch ist dies Verfahren doch gegenüber
einer Infection, die nachsweisbar Stunden und Tage lang lokal bleibt,
um sich erst dann in ganz unberechenbarem Grade dem Gesammt-
orgarismus mitzutheilen.
IX. Zur Casuistik der Parafflnembolieen bei
intramuskulären Hydrargyruminjectionen.
Bemerkung zu der Mittheilung des Herrn Dr. W. Harttung in
No. 29 dieser Woohensohrift.
Von Professor E. Lesser in Bern.
Harttung fügt den von mir, Blaschko u. A. veröffentlichten Fällen
von Lungenembolieen nach Einspritzungen unlöslicher Hg-Präparate zwei
weitere derartige Beobachtungen hinzu. Es ist sicher nur dankenswerth,
wenn derartige Fälle von unangenehmen Nebenwirkungen bei einer viel¬
gebrauchten Äpplicationsmethode eines Medieamentes der Oeffentlichkeit
ubergeben und nicht, wie es wohl manchmal geschieht, verschwiegen
werden, aber ich kann mich im übrigen doch mit Harttung nicht ganz
einverstanden erklären.
Einmal scheint es mir nicht ganz richtig zu sein, wenn Harttung
meint, wir können bei intacten Lungen diese Gefahr mit Rücksicht auf
die grosse Seltenheit des Zufalls ganz ruhig in den Kauf nehmen. Denn
wenn auch in den bisher bekannt gewordenen Fällen ein übler Ausgang
nicht vorgekommen ist, sondern nach kurzer Zeit, immerhin in einzelnen
I ällen nach mehrtägigem Kranksein, völlige Heilung eingetreten ist, so
ist damit natürlich nicht gesagt, dass nicht doch einmal ein solcher ein-
treten könnte. Und neben dieser wirklichen Gefahr scheint mir auch die
grosse Peinlichkeit der Situation, das unmittelbare Eintreten des Husten-
paroxysmus nach der Injection, welches auch den Patienten sofort darüber
autklärt, dass es sich um eine Folge der Injection handelt, es in hohem
ürade wünschenswerth zu machen, oinon Weg, der diesen unangenehmen
Zufall vermeiden lässt, zu finden.
Dieser \\eg ist nun, wie ich auch im Gegensatz zu Harttung
glaube, gefunden, wenn hei den Einspritzungen die Methode angewendet
wmd, die ich soit einer Reihe von Jahren übe und die auch in den letzten
A, iS8F n ™' in , es Lehrbuches angeführt ist. Ich halte, nachdem ich mit
gefüllter Spritze m der üblichen Weise eingestochen habe, die Canüle
fest und entferne die Spritze von der Canüle. Dann warte ich einige
Augenbheko und nur, wenn kein Blut aus der Canüle hervor¬
sickert setze ich die Spritze wieder auf und mache die Injection. Seit¬
dem ich diese Methode anwende, habe ich keinen Fall von Lungen-
em io ie molir geseheil, wohl aber ist es mir mehrere male vorgekommen,
dass Blut aus der Canüle hervorquoll. Dann habe ich die Canüle ent-
.V™ 1, au . eiaor ailder011 Stelle eingestochen und erst, nachdem ich mich
f ! 11 " 1 '' da8s h »cr kein Blut kam, injicirt. Es kann keinem Zweifel
nntci liegen, dass in diesen fällen eine Vene angestochen war und dass,
enn nicht die oben angeführte Vorsichtsmaassregel angewendet wäre,
die Injection m die Vene gelangt und höchst wahrscheinlich zur Ent-
l ) Allgemeine Chirurgie.
stehung einer Lungenembolie Veranlassung gegeben hätte So gl.iube ich,
dass durch diese sehr einfache Methode jener unangenehme und auch
nicht unbedenkliche Zufall mit Sicherheit vermieden werden kann.
Uebrigens möchte ich noch bemerken, dass diose Methode keines¬
wegs neu ist, sondern auch früher schon bei subcutanen Injectionen an¬
derer Mittel empfohlen wurde, um der Gefahr des direkten Eindringens
des Medieamentes in die Blutbahn aus dem Wege zu gehen.
X. Feuilleton.
Die allgemeine Poliklinik in Wien.
Von Albert Eulenburg.
Wenn man im Alserbezirk, von der an der Westseite des all¬
gemeinen Krankenhauses verlaufenden Spitalgaßse abbiegend, die
Mariannengasse betritt, so steht man nach wenigen Schritten vor
einem in dieser bescheidenen, ruhigen und verkehrlosen Seiten-
strasse doppelt auffälligen, grossen, vierstöckigen Gebäude, das mit
seiner reichgegliederten, in farbigem Majolikenschmuck prangen¬
den, mit Büsten und Namensinschriften, hervorragender Aerzte ge¬
zierten Fa^ade einen überaus stattlichen Eindruck hervorbringt,
und das in grossen Goldlettern über dem Portal die Aufschrift
zeigt: „Allgemeine Poliklinik“.
Es ist die letzte, vor nicht langer Zeit (am 80. Deceinber
1892) feierlich eröffnete, definitive Heimstätte dieses aus genügen
Anfängen in kaum 23 Jahren zu so ungeahnter Bedeutung empor¬
gestiegenen, als Humanitäts- und Lehranstalt so segensreich wir¬
kenden und in seiner gesammten Organisation bisher unerreicht,
ganz einzig dastehenden Institutes.
Für den Arzt und zumal für den Verehrer der älteren Wiener
Schule ist hier so zu sagen „classischer Boden“. An dieser Stelle
hat ehedem Hebra gewohnt, und von seinen Erben ist das ge-
sammte, sehr umfangreiche Terrain dem Verein Poliklinik über¬
lassen worden, der hier nach den Plänen eines hervorragenden
Wiener Architekten, des Baurath Streit, den jetzigen — übri¬
gens noch in steter Fortführung und Erweiterung begriffenen —
Bau aufgeführt hat.
Durchschreiten wir das stattliche Eingangsportal — zu dem,
zumal in den Vormittagsstunden, die Menge der Hülfesuchenden
fluthet und drängt, um nach der im Vorraum angebrachten Ueber-
sichtstafel und mit Hülfe des galonnirten Hausmeisters in die
einzelnen Abtheilungen zerstreut zu werden —, so gelangen wir
zunächst in das vornehm angelegte, weite und lichtvolle Vestibül,
wo vier Marmortafeln in Goldschrift die Namen der hervorragen¬
den Beschützer und ^Förderer (unter ihnen nicht weniger als fünf
Erzherzoge, und als Vertreter des „Protectors“ Erzherzog Rainer
der Fürst Metternich), vor allem der freigebigen Donatoren der
Anstalt verkündigen. Links vom Eingang finden wir die Kanzlei,
rechts die vom Wiener Apothekerverband eingerichtete und muster¬
haft unterhaltene Apotheke, die zwei vom Verbände angestellte, in
der Anstalt wohnende Pharmaceuten überreichlich beschäftigt. Die
arzneilichen Verordnungen werden hier für die Ambulanz mit 30
bis 50% Nachlass — für das poliklinische Spital ganz unentgelt¬
lich — gefertigt. — Im Erdgeschoss finden wir ferner links die Ordi¬
nationsräume und dazu gehörigen Nebenräume der Abtheilungen
für Kinderkrankheiten (Monti und Frühwald) — rechts die der
chirurgischen Abtheilungen (Hacker, Hochenegg, Neudörfer):
der chirurgisch-orthopädischen Abtheilung von Hochenegg ißt im
Souterrain noch ein grösserer, für Zwecke der Gymnastik und
Massage besonders hergerichteter Raum zur Benutzung überwiesen.
Im übrigen umfasst jede dieser Abtheilungen, ausser einem Vor¬
raum und grösserem Warteraum, je einen dreifenstrigen Hörsaal
und zwei kleinere Zimmer, die in der Abtheilung für Kinderkrank¬
heiten zu Ordinationszwecken, in der chirurgischen Abtheilung zu
Operations- und Verbandräumen u. dgl. bestimmt sind.
Aehnlich in Umfang und Ausstattung sind auch die in den
beiden nächsthöheren Stockwerken befindlichen Abtheilungen jni
innere Krankheiten (Stoffella, Winternitz, v. Basch), tiiv
Nervenkrankheiten (Benedikt), Magenkrankheiten (Oper), dm
otiatrischen (Urbantschit.sch) und laryngologischen (Chiari), die
Abtheilungen für Augenkrankheiten (L. Mauthner, v. Reuss),
Frauenkrankheiten (Lott), für Hautkrankheiten (Hebra), Krank¬
heiten der Urogenitalorgane (v. Frisch, Grünfeld) beschaffen.
Im obersten Stockwerk endlich befindet sich das vortrefflich ein¬
gerichtete, unter Leitung von Prof. Julius Mauthner stehende
chemische und das bactoriologische Laboratorium; ausserdem
sind in diesem Stock die Direktionszimmer, der grosse vierfenstnge
Sitzungsaal (für das Plenum der Abtheilungsvorstände), nebst der
Bibliothek lind ein Theil der erforderlichen Bureaulokalitäfcen unter¬
gebracht worden.
Im Souterrain befindet sich, neben dem schon erwähnten oi-
thopädisehen Saale, u. a. ein gut ausgestattetes Inhalatorium,
ausserdem Dienstwohnungen.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
765
27. Sept ember .
Das ganze Gebäude ist in allen seinen Theilen durch Luft¬
schläuche und durch die grossen, bis zur Decke reichenden Fen¬
ster vortrefflich ventilirt, besitzt Centralheizung und elektrische
Beleuchtung; in den Laboratorien ist daneben Gasleitung vor¬
handen.
Diesem, in sich ein Ganzes bildenden, eigentlichen Poliklinik¬
gebäude, dem „Ambulatorium“, schliesst sich nun der noch in
der A r ollendung begriffene Spitalsbau an, der sich weit in den
Garten des ehemaligen Hebra’schen Besitzthums hinein erstrecken
wird und durch einen breiten gedeckten Gang mit dem Ambu¬
latorium in Verbindung steht. Dieser Spitalsbau ist in dem Um¬
fange geplant, dass den sämmtlichen (18) Abtheilungen der Poli¬
klinik durchschnittlich je 20 Betten, im ganzen also etwa 360
Betten zur Verfügung stehen sollen. Bereits vorhanden sind gegen¬
wärtig ausser dem gleich zu erwähnenden Wintern Hz’sehen
Pavillon (mit 22 Betten), eine chirurgische Abtheilung mit
28 und eine Kinderabtheilung mit 38 Betten, und es ist nach
den bisherigen Erfolgen und bei dem bisherigen Tempo des Fort¬
schrei tens kaum zu bezweifeln, dass es dem jetzigen verdienst¬
vollen und unermüdlichen Leiter der Poliklinik, Prof. Monti, in nicht
allzuferner Zeit gelingen wird, auch die Spitalspläne in ihrem
vollen Umfange zu verwirklichen. In allerjüngster Zeit erst hat
sein nie rastender Schaffensdrang in der Anlegung eines am Endo
des grossen poliklinischen Gartens befindlichen Leichenhauses (an
dem der Proseetoradjunct des Allgemeinen Krankenhauses, Pro¬
fessor Kolisko, als Prosector wirkt), sowio eines „Waschhauses“ mit
Wäscherei und Desinfeetionsapparaten, woitere Nahrung gefunden.
— Es sei dabei bemerkt, dass alle diese, zum Theil recht kost¬
spieligen Einrichtungen selbstverständlich nicht ohne die dem
Unternehmen ganz besonders zugewandte Gunst der „oberen Zehn¬
tausend“, ohne die ihm fortdauernd zufliessenden sehr bedeutenden
Spendungen möglich gewesen wären. Um nur ein Beispiel anzu¬
führen, so beruht die jetzige provisorische Spitaleinrichtung wesent¬
lich auf einer Schenkung der Gebrüder Gutmann im Betrage von
155 000 fl., die zur Errichtung eines Kinderpavillons der Poliklinik
gemacht wurde.
Der vorerwähnte „Pavillon Winternitz“ ist ganz und gar
eine (mit einem Kostenaufwande von mehl’ als 30 000 fl. gemachte)
Stiftung seines Namengebers, des berühmten Schöpfers der mo¬
dernen wissenschaftlichen Hydrotherapie, der in diesem Pavillon
seinen langgehegten Lieblingswunseh, die Hydrotherapie auch zum
Gegenstände theoretischen und praktischen akademischen Unter¬
richts machen zu können, endlich erfüllt sehen durfte. Die hy-
driatische Abtheilung dieses Pavillons, die in eine Männer- und
Frauenabtheilung geschieden und in beiden mit musterhaften Bädern,
Douchevorrichtungen u. s. w. ausgestattet ist, besitzt in ihrer
Mitte eine hochgelegene Estrade, von der aus die Zuhörer (oder
Zuschauer) die in beiden Abtheilungen vorgenommenen Proceduren
bequem übersehen kann und somit in die dem Klinicisten sonst stets
verborgenen Geheimnisse der Hydrotherapie gründlich eingeweiht
wird. Der Pavillon verfügt ausserdem über Säle mit 22 Betten,
die von dem grossmüthigen Gründer nur zur Zeit der Unterrichts-
curse zum überwiegenden Theilo belegt, im übrigen aber den internen
Abtheilungen der Poliklinik zur Verfügung gestellt werden. —
Den Dienst hier, wie in den übrigen Spitalabtheilungen versehen
Schwestern, deren Zal\l augenblicklich neun beträgt. Die Ver¬
pflegungsgeb ühr im Spital ist nach unseren Begriffen sehr gering
bemessen (nur 1 fl. täglich); dabei ist die gereichte Kost — wo¬
von ich mich bei wiederholten Besuchen überzeugte — ganz
vortrefflich, und es werden bei diesem gelingen Verpflegungssätze
noch erhebliche Ueberschiisse erzielt, da die Selbstkosten sich
gegenwärtig nur auf 85—90 Kreuzer für Tag und Kopf belaufen:
sicher ein glänzender Beweis für die ein- und umsichtige Ver¬
waltung des Institutes, an dessen Spitze (nach Schnitzlers 1893
erfolgtem Tode) als Direetor jetzt Monti, als Directorstellvertreter
v. Reuss und L. Mauthner gestellt sind.
Eine Geschichte der Poliklinik, die leider noch nicht
existirt, wäre ebenso lehrreich wie erfreulich; erfreulich besonders,
weil sie von einem steten, ununterbrochenen Aufschwung zu be¬
richten haben würde, wie ihn innerhalb des gleichen Zeitraumes
und am gleichen Orte kaum irgend ein medicinisches Lehrinstitut
darbot, und weil sich dieser Aufschwung vollzog trotz immenser
entgegenstehender Hindernisse und Schwierigkeiten, bei einem aus
rein privater Initiative und mit privaten Mitteln geschaffenen In¬
stitute, das anfangs ohne jede Begünstigung und Förderung von
oben her mit dem Widerwillen der Facultät, zum Theil auch der
Aerzteschaft, und überdies mit der Ungunst der damaligen Wiener
Verhältnisse (man denke nur an den Krach von 1873!) hart zu
kämpfen gehabt hat. ior7i
Der Gedanke der Polikinik wurde gegen Ende des Jahres 1871
von einer Anzahl strebsamer jüngerer Docenten gefasst, denen es
damals trotz vielfacher Bemühungen bei der Facultät auf keine
Weise gelingen wollte, in den Besitz von Hörsälen und einem für
Vorlesungszwecke geeigneten Krankenmaterial zu kommen. Man
muss dabei die eigenartigen Wiener Facultätsbestiramungen im Auge
haben, die von jedem, der als Privatdoccnt zugelassen sein will,
den Nachweis von ihm zur Verfügung stehenden Vorlesungslokali¬
täten und Krankenmaterial erheischen und wiederholt dio Streichung
selbst tüchtiger Docenten wegen Nichterfüllung dieser Forderungen
möglich gemacht haben. Dio ersten Gründer der Poliklinik, fast
sämmtlich schon damals angesehene oder seitdem zu Ansehon ge¬
langte Specialisten, waren Auspitz, Fleischmann, Hock, Neu¬
dörfer, Oser,Reuss, Karl Rokitansky, Rollet, Schnitzler,
Schwanda, Ultzniann und Winternitz — denen sich sehr bald
darauf Monti und Urbantschitsch zugesellten. Ich selbst hatte
Gelegenheit, die Poliklinik ungefähr ein Jahr nach ihrer Begründung,
im Herbst 1872, in ihrer ältesten Heimstätte — einem Hause der
Wipplingerstrasse — kennen zu lernen, und der empfangene Ein¬
druck war schon damals so mächtig, dass er mich bestimmte,
im Verein mit einigen Freunden, mit Paul Guttmann, Tobold
und einigen anderen in Berlin eine ähnlich geplante, wenn
auch zunächst in bescheidenerem Umfange durchgeführte Ein¬
richtung ins Leben zu rufen. Es ist aus Gründen persönlicher und
sachlicher Art (dio ich zum Theil in dem von mir verfassten
Lebensbilde Paul Guttmann’s angedeutot habe) nichts Rechtes
daraus geworden; die „Berliner allgemeine Poliklinik“ in der
Taubenstrasse 10 ist nur ein dürftiger Torso des damals Geplanten,
und os berührt doppelt wehmüthig, dass sie so traurig stehen ge¬
blieben ist, während ihre vorbildliche Wiener Collegin, dem sonstigen
Verhältnisse der beiden Capitalen keineswegs entsprechend, zu so
glanzvoller Höhe emporstieg. — Doch dies nur nebenher. Die Be¬
deutung der Wiener Poliklinik wurzelte in ihrem von Anfang an
sehr geschickt entworfenen Statut, das seinen Mitgliedern die
strengeren und bindenden Formen eines Vereins (des „Vereins
allgemeine Poliklinik in Wien“) auferlegte und das als
„ordentliche Mitglieder“ nur die jedesmaligen Abtheilungs¬
vorstände der Poliklinik, die, um wählbar zu sein, dem Lehrkörper
der Universität angehören mussten, anerkannte — dagegen aber in
der Form von aussorordentlichen Mitgliedern das Laien-
element als Stifter, unterstützende Mitglieder, Wohlthäter,
Ehrenmitglieder in weitestem Umfange zur Betheiligung heran¬
zog. Nach dem von der niederösterreichischen Statthalterschaft
genehmigten, später in zweckmässiger Weise ergänzten und er¬
weiterten Statut wurde von Anfang an neben der unentgeltlichen
Behandlung unbemittelter Kranker die Ertheilung von Unter¬
richt in der praktischen Heilkunde mit scharfer Betonung in
den Vordergrund gestellt. In der That ist die Poliklinik ein medi¬
cinisches Lehr- und Unterrichtsinstitut allerersten Ranges geworden
und bis zum heutigen Tage geblieben; ein Institut, das gerade wegen
der eminent praktischen Art des Unterrichtsbetriebs und wegen
der reichen Gelegenheit zu allseitiger specialistischer Ausbildung die
willkommenste Ergänzung zu den anderweitigen inedicinischen Lehr¬
anstalten, namentlich zu den Kliniken des benachbarten allgemeinen
Krankenhauses darbietet. Der alte Gegensatz zwischen der Facul¬
tät und der als eine Art von Neben- oder Sonderfacultät betrach¬
teten Poliklinik scheint denn auch längst geschwunden zu sein,
und wenn auch nicht gerade leidenschaftlicher Zuneigung, so doch
einem besseren gegenseitigen Verständnisse und den Gefühlen wohl¬
wollender Achtung und Duldung Platz gemacht zu haben. Die
Facultät übt ein Aufsichtsrecht über die Poliklinik, das schon dar¬
aus entspringt, dass eben jeder Abtheilungsvorstand als solcher
dem Lehrkörper der Universität angehören muss und dass er
den oben erwähnten Bestimmungen zufolge — von der Facultät
die ausdrückliche Genehmigung erhalten muss, in der Poliklinik
und mit deren Krankenmaterial Unterricht halten zu dürfen
_ eine Erlaubniss, die übrigens bis in die letzte Zeit hinein nie¬
mals versagt wurde. Es sei übrigens noch bemerkt, dass dio
Wahl der Abtheilungsvorstände beim Freiwerden einer
Stelle auf Comit4Vorschlag im Plenum der ordentlichen Mitglieder,
mit Zweidrittel-Majorität stattfindet — während die poliklini¬
schen Assistenzärzte auf Vorschlag der betreffenden Ab¬
theilungsvorstände ebenfalls vom Plenum in der Regel auf zwei
Jahre (mit dem Rechte der Prolongirung) ernannt werden. Das
Spital allein hat gegenwärtig drei Assistenten, die ausser fieiei
Wohnung mit 50 fl. monatlich remunerirt werden. Eine bedeutende
Veränderung in den Assistenz Verhältnissen dürfte sich vermuthlich
vollziehen, wenn der dem Vernehmen nach gegenwärtig auch im
österreichischen Unterrichtsministerium erwogene Plan, den Aerzten
nach absolvirtem Studium noch ein Jahr praktischen Krankennaus-
dienst aufzuerlegen, unter Einbeziehung der Poliklinik zur aus-
fttlmmg^gdangte. längeren, aber für ein Institut von so
ungewöhnlicher Bedeutung kaum zu langen Aufsatzes "'"?™ uoc i
ein paar Zahlen stehen, die .für sich selbst sprechen. Im eisten
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39
Betriebsjahro der Poliklinik (1872) wurden 7 607 männliche, 4 855
weibliche, zusammen 11 962 Kranke; im letzten Jahre (1898)
28 654 männliche und 22 986 weibliche, zusammen 51 640 Kranke
ambulatorisch behandelt.
Im ganzen ist die Poliklinik seit ihrer Gründung von 706 659
Kranken besucht worden. Die Abtheilungen für innere Krank¬
heiten zählten im verflossenen Jahre 12 838 — die für Kinder¬
krankheiten 10 005 — für Laryngologie 4 672 — für Otiatrie
2 220 — für Augenkrankheiten 6 603 — die chirurgischen Ab¬
theilungen 8 211 — die Abtheilung für Gynäkologie 1 290 —
für Krankheiten der Harnorgane 1 005 — für Hautkrankheiten und
Syphilis 3 431 — für Krankheiten der Harnorgane und Syphilis
1 365 ambulante Kranke. Die Spitalabtheilung hatte 759 Kranke
(301 Kinder, 458 Erwachsene) mit zusammen 12 445 Verpflegungs¬
tagen; die Anzahl der im Spital vorgenommenen Operationen be¬
trug 322.
In der nächsten Woche wird in Wien die 66. Versammlung
deutscher Naturforscher und Aerzte stattfinden, und es steht in
dem Einladungsprogranim auch die Aufforderung zu einem Besuche
der allgemeinen Poliklinik, der für den 26. September in Aussicht
genommen ist. Möge davon recht reichlicher Gebrauch gemacht
werden! — und möge dabei vielleicht in diesem und jenem Col-
legen auch der Gedanke erwachen, dass es zw r ar spät, aber doch
noch nicht zu spät und bei einmüthigem energischem Wollen nicht
aussichtslos sei, auch für die deutsche Reichshauptstadt die Nach¬
schöpfung eines Instituts anzustreben, dessen musterhafte Durch¬
führung wir bei unseren österreichischen Stammesbrüdern mit neid¬
loser Anerkennung bewundern.
XI. Oeffentliches Sanitätswesen.
Stand der Cholera.
Deutsches Reich. Noch immer werden aus dom östlichen Theilc
J reussens, wenn auch nicht sehr zahlreiche Cholerafälle und anscheinend
mit absteigender Tendenz der Erkrankungshäufigkeit gemeldet. Es fallen
aut Ostpreussen 6 Erkrankungen (1 Todesfall) auf die Woche vom
?!• W'JJ? bls September, 5 (3) vom 3. bis 10. September, 11 (3) vom
}/\, 18 jj- keptomber. In derselben Zeit betrugen die entsprechenden
Zalden für das Weichsel gebiet 24 (11), 17(4), 13 (5); für das Netze-
A a 1 1hegebiet 7(3), 3(3), 4(1). Im Odergebiet, und zwar auf einem
\on Küstrin nach Stettin eingetroffenen Fuhrzeuge und in einem Orte des
Areises Kömgsberg N -M. ereigneten sich in der Woche vom 27. August
bis 3. September 2 (2), vom 3. bis 10. September 1 (1) Fall. In der
Woche vom 3. bis 10. September wurde im Elbegebiet je 1 (1)
11 ! v n J ° r tfau ^ und Charlottenburg, welche beide Schiffer, und vom
•A i 7 ' September 1 (1) Fall in Tangermünde festgestellt, welcher
" ® uhuo V arb0ltor betraf ; Emo etwas grössere Ausbreitung hat ein
S'? 1 ! 7 l ( l b °r sc l les ; e f ge'vonnon Die Zahl der daselbst von Mitte
1 J; Sc P^ rab er festgestellton Fälle betrug 45 (22), davon in
Hjuthen? 8 ^ 1 ^® 11 v!f S 42 (20) ’ in Königshütte (Kreis
neu tuen) 3 (_,). Vom 8. bis 14. September wurden aus zwölf Orten des
Kreise 8 S k)Wlt f? 50 i 19) FiÜl A £ omeldet: ferner aus J 0 e]ne m Orte der
Kreiso Zabrze, Rosenberg und Oppeln 1 (1) und aus einem Orte des
sirh^M ^i'oss-StreJiiitz^ 1 (0). In Breslau verstarb ein Hülfsbremser, der
iw; Ö H S " a lu’schemlich in Oberschlesien inficirt hatte. In Bürgeln
lrounz Hessen-Nassau, erkrankten in der Woche vom 27. August bis
wekhp 1 w b ^ i 2 I l erso J ,en , an der Cholera, von denen 3 starben. Auf
festet Ihm Wissen 10 w* ^"geschleppt worden ist, hat sich nicht
Sf lassen. In der Woche vom 3. bis 10. September erkrankten
(starb) an demselben Orte noch 4 (1) Personen, und in der folgenden
Woche ereignete sich nur noch 1 Erkrankungsfall. Einige wahrscheinlich
d!m draf BoriSSl?- T ^ ^ eder {“! d< » zurüekzuf Uhrende Fälle sind in
i "ochen auch noch in den Rheinlandon vorgekommen
(\ eröffenthehungen des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.) ^ Komm0n -
Desterreich-Ungarn. In Galizien betrug die Zahl der Er
, in Y ocheü vom 27. August bis 2. Sep-
^28) 042 U \ d 1( \ bls , 16 ' So P tember ^08 (739), 1117
nähme der Z-ihl Hori- 1 i es , m ‘ lC ^ S / cb ^ so emo * wenn auch geringe Ab-
den Beginn der bem0rkbcb - Eie Gosammtzahl der seit
Bukowina 1 f Ep dem !? S cme ldoten lalle beträgt 7738 (3868). Für die
bSHE-SKtt «a&s»
.OMtem.ichis.hen Sanitfcsen“n,»S, n i 1 ’™«, X nach dem
Tn Belgien ist die 7olil rm Cl i D F Cholerafalle aufgetreten.
I)io Zahl der in d.rl'rovin' La Tn An8toi 8 en -
betrug in den drei Wochen vom 12 lis 18^ JXX h- en <J 0< l eBlÄ110
und 2« August bis 1. September 50 M b c „ S 9 o' A “S U8t
-sr HF vö“ en
Maastricht, in der Woche vom 4 bi, « , urs P rü nglichon Heerde,
krankungen (TodcstiUic) vorgekommen. Im^brimn™ afdilTs ““a' 2 <2) E P
lieh auch im westlichen Küstengebiet, immerhin e^tw & “ che ’
grosse Verbreitung gewonnen, w!nn auch» t n eÄn 0 X SÄ
der Erkrankungen keine grosse ist. In Amsterdam betrug die Zahl der
bis dahin festgestellten Erkrankungen am 1. September 51.
In den befallenen russischen Provinzen erhält sich die Zahl der
Cholerafälle immer noch auf beträchtlicher Höhe. A
XII. Jaromir Mundy f.
Ein Nachruf.
„Wenn ein Nachruf nur Gemeinplätze enthalten soll oder mau
bei dem Verfassen desselben mit der Wahrheit Verstecken spielt,
etwa noch dabei das Rauchfass nur darum recht emsig schwingt,
wie „der Chorknabenschwarm der Zeit“, damit die Leser besser
sehen „in Dunst und Dunkelheit“, dann freilich ist dies eine leichte
Aufgabe. — Farbe aber bekennen angesichts des Antlitzes eines
eben Verstorbenen und dabei nicht feige zurückweichen vor den
Lebenden, ob Gegnern oder Genossen, das ist eine harte und un¬
dankbare Arbeit, an die sich selten einer wagt.“
Mit diesen Worten leitete Dr. Jaromir Freiherr v. Mundy
im Jahre 1885 einen Nachruf ein, den er seinem Freunde, dem be¬
rühmten Psychiater Ludwig Schlager widmete. Und wie wahr
und richtig diese Worte sind, zeigt sich am besten, wenn man daran
geht, gerade demjenigen einen Nachruf zu halten, der diese Worte
gesprochen.
Nicht gross ist wohl die Zahl der Menschen, die ein so mühe-
und arbeitsvolles, thatenreiches Leben hinter sich haben, die sich
mit ihrem ganzen Können und Wollen in so selbstloser, uneigen¬
nütziger Weise Zeit ihres Lebens nur dem Wohle der Menschheit
widmeten und die trotz alledem stets so maasslosen, ungerechtfer¬
tigten Angriffen ausgesetzt gewesen waren, wie Jaromir Mundy.
Vom Beginn seines gemeinnützigen Wirkens an — seiner
Stellungnahme gegen die alte barbarische Behandlung der armen
Geisteskranken — bis auf sein letztes unvergängliches Denkmal,
die Wiener freiwillige Rettungsgesellschaft (sein „Schmerzenskind“,
wie er es oft zu nennen pflegte) bildet sein edles, rastloses Streben
einen fortwährenden Kampf mit menschlicher Geistesschwäche und
Indolenz einerseits und der böswilligen Verkennung seiner humanen,
selbstlosen Absichten andererseits.
„Utopieen“, „idealistische Schwärmereien, die den realen Boden
unter den Füssen verlieren“, waren die stereotypen Rufe, mit welchen
seine vielen Gegner in blinder Verkennung die zielbewussten Pläne
dieses opferwilligen Mannes beantworteten.
Der Raum eines fachwissenschaftliehen Blattes für den Nach¬
ruf eines, wenn auch noch so grossen Mannes ist ein zu be¬
schränkter, um hier die ganze Leidens- und Lebensgeschichtc
Mundy’s, alles was er anstrebte und was er Bleibendes geschaffen,
des näheren anzuftihren.
Wir wollen hier in Kürze sein Curriculum vitae entwerfen.
Dr. Jaromir Freiherr v. Mundy wurde am 3. October 1822
im Schlosse Eichhorn bei Brünn in Mähren geboren. Schon im
Knabenalter zeigte Mundy einen unwiderstehlichen Drang zu dem
Studium der Arzneikunde. Doch nach den Anschauungen und Ge¬
wohnheiten der damaligen automatischen Zeit versagte ihm sein
Vater eine freie Standeswahl und zwang ihn, sich der Theologie
zu widmen.
Allein, J. Mundy — wie er sich stets bis zu seinem Tode,
ohne jeden anderen Titelbeisatz zu nerfnen pflegte — verliess bald
das Brunner Alumnat und wurde Soldat. — Als solcher brachte
er es bis zum k. k. Hauptmann und machte die Feldzüge 1848
und 1849 in Italien mit. — Hier mag er die unzulänglichen Zu¬
stände der damaligen Militärsanität beobachtet haben. — Er
quittirte seine Charge, und der in einem Alter von 33 Jahren
stehende Mann setzte sich auf die Schulbank in Wiirzburg (nach
einer mehr als 12jährigen ausgezeichneten Dienstzeit im Kriego
und im Frieden), wo er im Jahre 1857 zum Doctor der Medicin
promovirt wurde.
Treue Freundschaft verknüpfte ihn in späteren Jahren mit
seinen damaligen Lehrern, es sind dies Virchow, der Anatom
Kölliker, der Gynäkologe Scanzoni, der berühmte Kliniker
Bamberger, der Chirurg Linhart etc.
Nach seiner Promotion befasste sich Mundy vorzüglich mit
dom Specialstudium der Irrenheilkunde. — Er vertrat die freio
Irrenbehandlung oder das „coloniale System“ und erwarb sich als
Vertreter und Pionier der Reform des Irrenwesens und der mo¬
dernen Irrengesetzgebung einen geachteten Namen.
In den Jahren 1860—1867 sprach er in den meisten medi-
cinischen Gesellschaften Europas (Brüssel, Paris, London, Berlin,
Neapel, Lyon, Wien etc.) über das System der familiären Behand¬
lung auf Landgütern, ebenso auch über Irrengesetzgebung.
Um dieses neue System der Irrenbehandlung recht anschau¬
lich darzustellen, erbaute Mundy zur Zeit der Weltausstellung
in Paris (1867) mit grossen pecuniären und moralischen Opfern
im Parke des Ausstellungspalastes ein eigenes Musterhaus.
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27. Se ptembe r.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
767
Noch sind dem Schreiber dieser Zeilen einige Worte in Er¬
innerung, die Mundy in einem Vortrage im Jahre 1884 unter dem
Titel „Beiträge zur Reform der Irrenpflege“ in Wien gehalten hat.
Mit flammender Entrüstung donnerte er gegen „ein In¬
strument, welches eines der qualvollsten ist, das die menschliche
Kunst erfunden hat und zur Ehre des Menschengeschlechtes in
einem freien und gedankenreichen Lande durch die besten Irren¬
ärzte ihrer Zeit schon längst auf dem Scheiterhaufen verbrannt
wurde, nämlich die Zwangsjacke.“
Die Litteratur Mundy’s über dieses Thema in französischer,
englischer und deutscher Sprache ist sehr zahlreich. — Sein
letztes Werk darüber ist eine Denkschrift über die Irrenfrage in
Mähren im Jahre 1887.
Wir sagten schon, dass Mundy als Soldat auf den Schlacht¬
feldern Gelegenheit hatte, die unzulänglichen Einrichtungen der
Militärsanität zu beobachten. — Hier mag der Gedanke in ihm
entstanden sein, wo so viel Elend besteht, da muss auch Hülfe
sein. Darum finden wir ihn als Arzt überall, wo arme verwun¬
dete Krieger nach Trost und Hülfe lechzen, darum weiht er eine
ganze Periode seines Lebens der Militärsanität und steht Jahre
hindurch in fortwährendem Kampfe mit den leitenden Persönlich¬
keiten des Militärsanitätswesens, leider mit geringem Erfolg, „weil
es gar oft geschieht, dass das Wohlfeile für das Gute und das
Gute, wenn es kostspieliger ist, für das Unmögliche gehalten wird,
dies aber ohne Rücksicht auf die daraus naturgemäss entstehenden
bösen Folgen“, wie Mundy persönlich sich hierüber zu äussem
pflegte.
Als Delegirter des Reichskriegsministeriums nahm er an den
Reformen der Genfer Convention in Paris (1864) und Genf (1868)
lebhaften Antheil, und seine Fachkenntniss wurde dort hoch-
geschätzt und anerkannt.
Im Jahre 1869 wird Mundy nach Berlin als k. k. Delegirter
der Internationalen Conferenz der Hillfsvereine entsendet, und Ende
1869 geht der damalige Regimentsarzt Mundy nach der insur-
genten Bocca de Cattaro, um im Aufträge des Reichskriegs-
ministeriums die dortigen Sanitätsanstalten im Felde zu con-
trolliren.
Im deutsch-französischen Kriege finden wir Mundy während
der Belagerung von Paris und später während des Aufstandes der
Commune als Director dreier grosser Feldspitäler.
Was er dort als ärztlicher Leiter, Organisator, Ambulan-
cier etc. geleistet hat, gehört der Geschichte an.
Ende März 1871 nach dem bekannten blutigen Zusammenstoss
in der Rue de la Paix wird er für seine damalige tapfere und be¬
sonnene Hülfeleistung durch den Präsidenten der Republik Thiers
persönlich mit der französischen militärischen Medaille für Tapfer¬
keit ausgezeichnet, eine Decoration, welche bisher noch nie einem
Nicht-Militär und Ausländer verliehen worden ist.
Nach Oesterreich hierauf zurückgekehrt, legt Mundy, ent-
muthigt über die geringen praktischen Erfolge, welche man in der
Militärsanität seines Vaterlandes trotz seiner vielseitigen Vor¬
schläge und Denkschriften gemacht hat, den ihm im Jahre 1867
ertheilten Stabsarzttitel ab und wendet sich nunmehr desto that-
kräftiger der Förderung der freiwilligen Hülfe im Kriege zu.
Nach der erfolgreich beendeten Unterstützung (als Sachver¬
ständiger) des Werkes vom Deutschen Ritterorden organisirt
Mundy im Jahre 1875 nach seinem System als Generalchefarzt
des souveränen Malteser-Ritterordens die Sanitätszüge und den
Evacuationsdienst von Kranken und Verwundeten auf Eisenbahnen,
was sich später im Jahre 1878 (Occupation Bosniens) und im Jahre
1884 (serbisch - bulgarischer Krieg) unter seiner Leitung trefflich
bewährt hat.
Im russisch - türkischen Kriege 1877—1878 hat Mundy als
Mitglied des rothen Halbmondes als Organisator und Leiter von
Ambulanzen unter den schwierigsten Verhältnissen so Hervor¬
ragendes und Erfolgreiches geleistet, dass ihm die dankbare An¬
erkennung auch dieser Völker des Orients unfehlbar gesichert
bleibt.
Im Jahre 1879 veröffentlichte Mundy, um die so reichhaltigen
praktisch gewonnenen Erfahrungen zu verwerthen, dieselben in
einem Sammelwerke unter dem Titel „Der freiwillige Samtäts-
dienst im Kriege des souveränen Malteser-Ritterordens“. Schon
früher (1875) hat Mundy ein Buch „Studien über den Umbau
von Güterwagen zu Sanitätswagen“ veröffentlicht und im Jahre
1880 die Beschreibung der von ihm orgamsirten zwölf Sanitäts¬
züge des souveränen Malteser-Ritterordens.
Als am 8. December 1881 ein gewaltiger Feueralarm die
Bewohner Wiens aufschreckte und die schier endlose Liste von
Todten und Vermissten an eine grosse Schlacht mit schimpflichem
Ausgange erinnerte, da zählte auch Mundy zu den Rufern in der
Wüste.
Nachdem er bereits früher zu wiederholten Malen über die Un¬
zulänglichkeit des öffentlichen Rettungswesens gesprochen hatte und
eine diesbezügliche Reform von officieller Seite nicht zu erwarten
war, beschloss er, den geeigneten Moment des Ringtheaterbrandes
benützend, eine langgehegte Idee zur glänzendsten Ausführung zu
bringen. Und er sollte nicht allein dastehen. Wackere, gleich
ihm hochherzige Männer (Graf Wilczek und Graf Lamezan) ge¬
sellten sich ihm bei, und so entstand die Wiener freiwillige
Rettungsgesellschaft, welche heute, in der ganzen Welt
einzig, ein Denkmal Mundy’s „aere perennius“ bilden wird.
So wurde Mundy der Begründer des modernen freiwilligen
Rettungswesens, und jede in den verschiedenen Städten Oesterreich-
Ungarns und des Auslandes gegründete freiwillige Rettungsgesell¬
schaft verehrt in Mundy ihren Vater.
Alle weiteren Leistungen Mundy’s sind mit der Geschichte
der Rettungsgesellschaft verknüpft, ich erwähne hier seine Ar¬
beiten auf dem Gebiete des Krankentransportwesens. — Alle
Krankentransportwagen, Tragbahren, Tragsessel und sonstigen
Tragmittel der Gesellschaft, die sich so trefflich bewähren, sind
Erfindungen und Verbesserungen Mundy’s. Die Küchen wagen,
Labewagen, Rüstwagen, Irren wagen, Wagen zum Transporte von
Infectionskranken, sowie die mustergiltigen Einrichtungen der
Rettungsgesellschaft und ihrer Epidemiebaracken und was alles
noch die Hülfsmittel des modernen Samariterwerkes bilden, ver¬
danken ihre Entstehung dem schöpferischen Geiste Mundy’s.
Dass er dies Alles unter grossen Kämpfen und Mühen, unter
kleinlichen Nörgeleien von Berufenen und Unberufenen geschaffen,
dass er von seinem 60. bis zum 72. Lebensjahre buchstäblich
Tag und Nacht nicht nur ohne Entgelt, sondern noch mit
eigenen grossen materiellen Opfern, sein ganzes edles Wollen und
Schaffen diesem Werke der Barmherzigkeit gewidmet hat und
dass er bei all’ diesem noch Zeit fand, hier einen populären Vor¬
trag, dort wieder einen Vortrag zu Gunsten von Verunglückten
zu halten, dann wieder in Städte zu eilen, wo Epidemieen wütheten
oder Massenkatastrophen sich ereigneten, um uneigennützig seine
Erfahrung zum Wohle der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen,
dann wieder den armen verwundeten Krieger nicht vergessend, im
In- und Auslande Vorschläge zu machen und Proben abzuhalten,
um mittels des elektrischen Lichtes auch zur Nachtzeit die Räu¬
mung der Schlachtfelder von Verwundeten vornehmen zu können,
dass er alles dies in einem Alter vollbrachte, wo andere Menschen
nach so erfolg- und thatenreichem Leben sich die Ruhe des
Greisenalters gönnen, muss ihn zu jenem nimmermüden „Barm¬
herzigen Bruder“ der Menschheit stempeln, der er in wahrstem
Sinne des Wortes stets gewesen. Es erscheint an diesem Orte
unthunlich, die durch eine Reihe von mehr als 30 Jahren von
Mundy verfassten, in allen modernen Sprachen gedruckten
Zeitungsartikel, Denk-, Gelegenlieits- und Flugschriften, sowie
Bücher und Brochtiren nach den Zeitepochen ihres Erscheinens
und mit ihren Titeln aufzuzählen; allein die Schriften über Gegen¬
stände wie die Reform des Irrenwesens, öffentliche Gesundheits¬
pflege und Militärsanität, sowie über Rettungswesen würden eine
kleine Büchersammlung ausfüllen. Auch der zahllosen Vorträge
und der meist improvisirten Reden Mundy’s muss hier gerechter
Weise Erwähnung geschehen.
Wenn wir nun „J. Mundy’s“ Curriculum vitae nach vor¬
stehendem knappen Bilde, welches keinen Anspruch auf Voll¬
ständigkeit machen kann, prüfen und seine mannigfache segens¬
reiche Thätigkeit auf allen sanitären Gebieten im Geiste an uns
vorüberziehen lassen, dann müssen wir uns sagen, dass kaum
ein edleres Walten und Schaffen wie das seine in unserer Zeit
aufzuweisen ist. Seine Thaten bilden ein Buch mit goldenen
Lettern in der Leidensgeschichte der Menschheit. Allen seinen
Schülern und Freunden wird Mundy ein Vorbild sein eines
tapferen und humanen Streiters im Frieden wie im Kriege, aut
den Schlachtfeldern und in den Lazarethen, ob es galt, den
Verwundeten zu dienen unter dem Weissen und Rothen Kreuze
oder dem Halbmonde. Ihm gilt gewiss das grosse Wort: „Wer
den Besten seiner Zeit genug gethan, der hat gelebt für alle
Zeiten.“ . ^ , „„
Ich kann diesen Nachruf nicht schliessen, ohne die Worte zu
citiren, die Mundy am offenen Grabe seine Freundes Theodoi
Billroth sprach:
„Ein Posten ist vacant, die Wunden klaffen,
Der eine fällt — die andern rücken nach. .
Doch fiel er unbesiegt und nicht gebrochen sind seine Watten,
— Nur sein Herze brach.“
Wien, den 17. September 1894.
])r. Heinrich Charas.
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Qrigiral frem —
UNIVERSITY OF MICHIGAN
768
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39
ttttt. Von der 66. Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte.
Wien, 24. September 1894. Die schöne Donaustadt befindet sich
diese Woche unter dem Einflüsse jener acuten, cyclischen, in der Regel
in acht Tagen günstig verlaufenden und unzweifelhaft infectiösen Krank¬
heit, die man „Congress“ nennt. Schon in der vorigen Woche zeigten
sich' einzelne Prodrome. In den Schaufenstern der Buch- und Kunstläden
tauchten die Bildnisse Virchow’s auf und in den Zeitungsspalten hier
und da Notizen über dio Eröffiiung der Ausstellung im Universitätsgebäude
und Klagen forschungseifriger Medieiner, denen man trotz Legitimation
den begehrten Eintritt in die Ausstellung verwehrte. Mir gelang der
Eintritt ohne Schwierigkeit, und ich konnte mich überzeugen, dass die
Ausstellung namentlich in ihren naturwissenschaftlichen Abtheilungen viel
Gutes und Interessantes, dagegen auf medicinischem Gebiete nicht gerade
Neues und Hervorragendes bietet. Am meisten fielen hier noch eine von
den Wiener Krankenhäusern und Kliniken ausgestellte Collection der aus¬
gezeichneten Hcnnig sehen „Moulagen“ (besonders Hautkrankheiten) und
die berühmte Zsigmondy’scho Sammlung von Kiefer- und Zahnanomalieen
als bemerkenswerth auf. Bei der in den geräumigen Hofarkaden des weit-
läuligen Gebäudes untergebrachten Abtheilung für Hygiene und Statistik
wird dio Aufmerksamkeit durch die Ausstellungen der Stadt Wien, der Wiener
Krankenanstalten, des Oesterreichischen Landesausschusses, der Curorte
Carlsbad und Marienbad u. s. w\ hauptsächlich gefesselt. Im ersten Stock be¬
findet sich unter anderem die vortrefflich geordnete Ausstellung naturwissen¬
schaftlicher Lehrmittel der österreichischen Mittelschulen. In anderen Uni¬
versitätsräumen tagen die verschiedenen Festausschüsse; hier wird auch
ein Theil der Sectionen seine Sitzungen halten — leider eben nur ein
Theil, da dio Unterbringung der sämmtlichen (vierzig!) Sectionen in dem¬
selben Gebäudo an der einfachen Unmöglichkeit seheiterte. So werden
denn die medicinischen Sectionen in sehr verschiedenen Orten und zum
Theil nicht unerheblich auseinanderliegonden Gebäuden zersplittert sein:
die meisten im allgemeinen Krankenhause, andere in der Universität, im
Hause der Gesellschaft der Aerzte, im hygienischen, anatomischen und
physiologischen Institute. Auch eine unvermeidliche, aber nichts desto
weniger unerfreuliche Folge der allzu weit getriebenen Sectionstheilung,
über die dio Klagen niemals verstummen wollen, zu deren Abstellung aber
bisher doch niemals ein ernstlicher Versuch gemacht wurde!
Der officielle Theil der Versammlung begann gestern (Sonntag) mit
einer Vorstandssitzung, welcher die Sitzung des wissenschaftlichen Aus¬
schusses folgte. Letzterer war nur unvollständig vertreten. Ein Theil
der in Nürnberg Gewählten hatte die auf ihn gefallene Wahl nicht an¬
genommen, ein anderer hatte sich entschuldigt, ein dritter war ohne Ent¬
schuldigung ausgeblioben. Unter den Städten, welche zur nächsten Ver¬
sammlung in Vorschlag kommen konnten, wurde mit Acclamation und
einstimmig Lübeck als diejenige bezeichnet, welche im Jahre 1895 die
Versammlung deutscher Nat urforscher und Aerzte bei sich sehen sollte. I
Es wird also in der Goschäftssitzung am nächsten Mittwoch Lübeck vom
Vorstande im Ausschüsse in Vorschlag gebracht werden. Im übrigen
wurden die Vorschläge für die Wahlen eines dritten Vorsitzenden und
der ausscheidenden zwei Verstandsmitglieder Königsbergor (Heidelberg)
und His (Leipzig) formulirt, als dritter Vorsitzender, für den ausscheidenden
ersten Vorsitzenden Prof. Suess sollto Prof. Edler von Lang in Wien
vorgeschlagen werden. Im übrigen bildeten Angelegenheiten des Druckes
und der Separatabzüge für die Verfasser und Vortragenden den Gegen¬
stand der Berathungen und Beschlüsse. In Zukunft soll jeder, der
Separatabzüge bestellt, 50 Exemplare, nicht weniger und nicht mehr, er¬
halten. Prof. Wange rin wurdo als ständiger Redacteur der Verhand¬
lungen bestätigt.
Nach Schluss der Sitzung forderte der Stellvertreter ihres leider nicht
anwesenden Vorsitzenden Virchow, Herr v. Bergmann, die Mitglieder
der medicinischen Hauptgruppe des Ausschusses auf, zu einer Berathung
noch zusammenzubleihen. Herr v. Bergmann erinnert daran, dass ein
Hauptzweck bei der Creirung des Ausschusses gewesen sei, wie die Ge¬
schäftsordnung sage (§ 18), dafür zu sorgen, dass einzelne Abtheilungen
(Sectionen) zusammentagen. Nachdem eine Reihe von Specialgesellschaften
ins Leben gotreten, sei es Bedilrfniss, nun auch einmal gemeinschaftlich
interessirendo Fragen in gemeinsamen Sitzungen zu behandeln. Zu diesem
Zwecke sollten in den Nachmittagsstunden am Dienstag und Donnerstag
folgende Sectionen zusammentreten: Innere Medicin, Chirurgie, Gynä¬
kologie, Kinderkrankheiten, Psychiatrie, Laryngologie, Otologie und
Syphilidologic, um nachstehende Themata gemeinsam zu hören: Ueber
Struma (Koeher-Bern, Brun s-Tübingen und andere), Ueber Diphtheritis
(Heller-Nürnberg, König-Herrmannstadt, Epstein-Prag, Aronson-
Berlin und andere), Ueber Himabscesse (Schubert-Nürnberg, Brieger-
Breslau und andere), Ueber Syphilis und Aphasie (Jol ly-Berlin). Der
Vorschlag wurde einstimmig angenommen.
Der gestrige Sonntag Abend vereinigte die bereits anwesenden Theil-
nehmer, deren Zahl auf mehr als 2000 geschätzt wird, zu der üblichen
zwanglosen“ Zusammenkunft, diesmal im Cursalon des jedem Besucher
Wiens wohlbekannten Stadtparks. Der heutige Vormittag brachte die
e I/ t . e i, all J{ ,5moino Slt , zun S (im grossen Musikvereinssaale). An die
ofiiciellen Begrüssungsreden des Geschäftsführers (des Botanikers Kerner
von Marilaun), desi ) ersitzenden (Eduard Suess), des Unterrichts¬
ministers v. Madeyski und des Bürgermeisters Grübl schlossen sich
die angekundigten Vorträge von Leyden und Mach (jener „über
Gerhard van Swieten und die moderne Klinik“, dieser„ über
das Prnicip der V ergleichung in der Physik“). Da die Ansprachen
und Vortrage zumeist schon vorher gedruckt den Vertretern der Tages-
presse z u gingen un d unzweifelhaft heute Abend oder spätestens morgen
früh durch sämmtliche Blätter „urbi et orbi“ bekannt gegeben werden,
wäre ein näheres Eingehen darauf an dieser nothwendig verspäteten Stelle
vollständig zwecklos. Heute Vormittag werden die einzelnen Sectionen
ihre Constituirung vornehmen, und der Rest des Tages ist Ausflügen auf
den Kahlenberg, in den Prater u. s. w. Vorbehalten. — Eine ganz be¬
sonders „lobende Erwähnung“ erheischt die von unserem Collegen Hein¬
rich Adler, dem Redacteur der Wiener medicinischen Wochenschrift,
mit seltenem Geschick vollbrachte Zusammenstellung der ersten Nummer
des „Tagblatte“. Es ist ein ziemlich gewaltiges Stück Arbeit, das man
beim Studium dieser Nummer zu überwältigen hat; aber hat man sich
durchgearbeitet, so kann man sich auch als völlig „fest“ und allen
Eventualitäten gewachsen ansehen. Auch für eine zuverlässige und
prompte Berichterstattung aus den Sectionen scheint in vortrefflicher
Weise vorgesorgt zu sein, — wie denn überhaupt hier Allem, was sich
auf die Presse bezieht, augenscheinlich besondere und nachahmenswerthe
Sorgfalt zugewandt wird. Wien ist eben noch immer die Stadt des besten
nicht nur, sondern auch des einflussreichsten Journalismus! Zur Gehurts-
stätte der von uns angebahnten und, w r ie unsere Leser wissen, eifrig ver¬
folgten Organisation der deutschen medicinischen Fachpresse erscheint es
daher schon aus diesem Grunde besonders berufen. A. E.
XIV. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Am 18. d. M. verstarb nach langer schwerer Krankheit
Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Oskar Fraentzel im 56. Lebensjahre. Einer
der hervorragendsten Schüler Traube's hat er gleich seinem Meister sich
vorwiegend auf dom Gebiete der Lungen- und Herzkrankheiten bethätigt
und hier Arbeiten von bleibendem Wertho geschaffen. — Einen die Ver¬
dienste Fraentzel's würdigenden Nachruf aus der Feder Leydens
werden wir in einer der nächsten Nummern unserer Wochenschrift ver¬
öffentlichen.
— Hamburg. Auf den vor einiger Zeit ausgeschriebenen Direktor¬
posten des Alten allgemeinen Krankenhauses ist Prof. Lenhartz aus
Leipzig berufen worden.
— Frankfurt a. M. Dr. Hoffmann, der Verfasser des „Struwel¬
peter“, ist an einer Hirnapoplexie gestorben. ... . .
— Kissingen. Vom 3. bis 6. October wird in Kissingen die dritte
öffentliche Jahresversammlung des Allgemeinen Deutschen Bäder¬
verbandes tagen.
— Budapest. Die Gesammtkosten des Internationalen hygie¬
nischen Congresses belaufen sich auf 93000 fl., welchen Einnahmen aus
dem Erlös der Mitgliedskarten, Spenden u. s. w. in Höhe von 24530 fl.
gegenüberstehen. Der von der Stadt Budapest bewilligte Beitrag von
105000 fl. wird daher nur zum Theil in Anspruch genommen werden.
— Dorpat. Dem Conseil der Universität ist officiell mitgetbeilt worden,
dass vom Jahre 1895 an alle Professoren mit Ausnahme derjenigen
der theologischen Fac-ultät in russischer Sprache vorzutragen haben.
— In No. 31 dieser Wochenschrift ist im Anschluss an oinen Aul¬
satz von Vogl über ein „neues“ Hemd in der Verwundeten- und
Krankenpflege berichtet. Der historischen Gerechtigkeit wegen be¬
merken wir dazu nachträglich, dass ein derartiges Hemd bereits lo/o in
unserer Wochenschrift (S. 534) von G. Siegmund empfohlen worden ist.
— Die Kosten der Vernachlässigung der Gesundheits¬
pflege. In einer Zusammenstellung einer Anzahl Städte mit mehr as
100000 Einwohnern nimmt den ersten Platz, bei einer Ordnung nach den
Todesfällen auf 1000 Einwohner, New-Orleans mit 28,72 ein; es folgt Rheims
mit 28,62, Dublin mit 27,05, New-York 26,47. . Die günstigsten Zahlen
haben St. Paul und Minneapolis, 9,61 bezw. 9,60. Der G rui l d der . . f
Sterblichkeit soll darin liegen, dass in den amerikanischen Städten m
genügend Geld für Gesundheitszwecke aufgewondet wird. Mit t' bica »
verglichen, ergiebt sich in den fünf grössten Städten des Gstens
Amerika (Boston, Philadelphia, New-York, Brooklyn, Baltimore) ein uv ^
von 11550 Todesfällen. Schätzt man den Werth der Arbeit eines n
löhners auf 1 Dollar pro Tag, auf 300 pro Jahr, die Lebensdauer au ,
die Dauer der Productionskraft auf 20 Jahre, so ergiebt sich ein u
gefährer Werth von 6000 Dollars pro Kopf. Zieht man von Jf nen , ...
ein Drittel für diejenigen ab, welche das Arbeitealter bereits ubersen
haben, so bleiben 7700, oder in Zahlen ausgedrUckt ein Schaden von
als 46 Millionen Dollars. (Med. News 30. Dec.' 1893.) (In der **
findet sich für Berlin als Zahl der Einwohner 1669124, ftR .. ,
fälle 17181, also auf 1000 Einwohner 20,58. Nach der . Tab ? lle “S
statistischen Amtes von Berlin betrugen jedoch bei einer Einwonne v
von 1656698 [Januar 1893] die Todesfälle 32696 im Jahre
wäre jedenfalls interessant, zu erfahren, wo das amerikanische
die so günstige Sterblichkeitsziffer für Berlin entnommen und o
Ziffern der anderen Städte auf gleiche Zuverlässigkeit (?) Anspruc
heben können.) . , . r>
— Universitäten. Wien. Dr. E. Redlich hat sich als
docent für Neuropathologie habilitirt. — Zürich. Dr. C. v. Mona "
zum ausserordentlichen Professor für hirnanatomische Fächer und
Poliklinik ernannt. __
— Prof. Eulenburg wird vom 1. October ab wieder in Berlin^
wesend sein. Es wird gebeten, Zuschriften redactionellon Inhalts, *
scripte u. s. w. nicht — wie es vielfach geschieht — nach sein< £ r p L
wohnung, sondern ausschliesslich nach dem Redactionsbureau, '»•
damerstrasse 116, zu adressiren.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
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Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag .*» 4 : 0 . 4. October 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieine, Leipzig-Berlin.
Lichtensteiuailee 3. Pofsdamcrstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 3L
I. Basedow’sche Krankheit und Schilddrüse. 1 )
Von A. Eulenburg.
M. H.! Ihnen allen sind die morphologischen, physiologischen
und klinisch-therapeutischen Thatsaehen geläufig, die in den letzten
Jahren zu einer ganz veränderten Auffassung der Function und
Bedeutung der Schilddrüse für den normalen Organismus,
wie auch ihrer Functionsanomalieen bei gewissen Formen
schwerer kachektischer Allgemeinerkrankung geführt
haben. Insbesondere liegen die wichtigen Beziehungen dieser
Functionsanomalieen zu den pathologischen Zuständen der Kaehexia
strumipriva und des Myxödems bereits ziemlich klar vor
Augen, und sie haben, was ja ganz besonders erfreulich und zu
weiteren Bestrebungen auf diesem Gebiete einladend ist, hier auch
zu werthvollen therapeutischen Bereicherungen in Gestalt der
neuerdings so erfolgreich geübten Form der Organsafttherapie
mittels subcutaner oder interner Schilddrüsendarreichung bei
den genannten Krankheitszuständen Anlass gegeben. Ohne auf
diesen in jüngster Zeit so vielbesprochenen Gegenstand näher ein¬
zugehen, möchte ich dagegen Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch
nehmen für die ziemlich problematischen oder mindestens noch
recht unaufgeklärten Beziehungen, die zwischen einer anderen Form
schwerer, nicht selten kachektischer Allgemeinerkrankung, der
Basedowschen oder, wie man sie jetzt hier und da (mit Unrecht)
zu nennen anfängt, der Graves’schen 2 ) Krankheit und primären
pathologischen Functionsstörungen der Schilddrüse obzu¬
walten scheinen. Es wird meine Aufgabe sein, durch ein ein¬
leitendes Referat einen Meinungsaustausch über diese so wichtige
Frage anzuregen, den ich für um so notlrwendiger und erspriess-
licher halte, als wir es hier keineswegs bloss mit einer Förderung
unseres vor der Hand noch so überaus mangelhaften theoretischen
Verständnisses der Basedow’schen Krankheit, sondern zugleich
mit unmittelbar praktischen, therapeutischen Aufgaben von
grosser Bedeutung — ich erinnere nur an die, eine immer ein¬
dringlichere Sprache redenden Ergebnisse der operativen Be¬
handlung durch partielle Strumelrtomieen — auch auf diesem Ge¬
biete zu thun haben.
Die Versuche, den vielgestaltigen Symptomencomplex der
Basedow’schen Krankheit oder wenigstens einzelne ihrer „Car-
dinalerscheinungen“ (namentlich den Exophthalmus und
die Palpitationen) von einer primären Erkrankung der
Schilddrüse abzuleiten, sind ja bekanntlich nichts weniger als
neu. Sie sind vielmehr schon verhältnissmässig früh, durch
Ko oben 1855, dann wiederholt zu Anfang der sechziger Jahre,
namentlich durch französische Autoren (Piorry, Cros und andere)
in Angriff genommen worden — bewegten sich aber auf einer
längst als unrichtig erkannten und fast allgemein verlassenen
Grundlage, insofern dabei stets wesentlich nur das mechanische
Moment der Vergrösserung der Schilddrüse zur Erklärung
der weiteren Krankheitserscheinungen, namentlich der beiden er-
l ) Vortrag, gehalten in combinirter Sitzung der Sectionen für
innere Medicin, Chirurgie, Psychiatrie und Neurologie, Pädiatrie, Gynäko¬
logie. Dermatologie und Syphilis und Laryngologie der 66. Versammlung
der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien.
/ Graves (1835) war keineswegs der erste Beschreiber der Krank¬
heit. Will man aus der Zeit vor Basedow (1840) einen Autor hervor¬
heben, so müsste in erster Reihe Parry genannt werden, der jedoch’den
Exophthalmus unter seinen 5 Fällen nur einmal erwähnt. Vergl. die be¬
züglichen Angaben in der „Pathologie des Sympathicus“ (1868; 1873).
Go gle
wähnten Cardinalsymptome, indem man diese als Druckphänomeno
von Seiten der Struma auffasste, berücksichtigt wurde. Ich habe
bereits vor 26 Jahren in der von dem verstorbenen P. Guttmann
und mir gemeinsam verfassten „Pathologie des Sympathicus“*) auf
das Irrige und Verfehlte dieser Anschauungen hingewiesen und
habe nicht lange darauf in einer besonderen Abhandlung die
differenzielle Diagnose zwischen Basedow’scher Krankheit einer¬
seits und primärer Struma mit ihren mechanisch-irritativen Folge¬
zuständen andererseits eingehend erörtert. 2 ) Die Haupteinwendungen
übrigens, die man gegen die „Schilddrüsentheorie“ in ihrer damaligen
Form erheben konnte und thatsächlich auch immer erhoben hat,
waren sehr naheliegender Art. Man ermangelte natürlich nicht,
vorzubringen, dass es Fälle von Basedow’scher Krankheit giebt,
die (anscheinend) ganz ohne Struma verlaufen — dass in sehr
zahlreichen Fällen wenigstens das eine der beiden übrigen Cardinal¬
symptome, die Palpitationen, seltener auch der Exophthalmus erheblich
früher beobachtet werden, als die Struma 3 ) und dass endlich sehr be¬
deutende Vergrösserungen der Schilddrüse, wie man sie beispielsweise
beim endematischen Kropf und bei Neubildungen dor Drüse antrifft,
ohne den typischen Symptomencomplex der Basedow ’schen Krankheit
einherzugehen pflegen. Bei näherer Betrachtung verlieren diese
Einwendungen, namentlich die beiden ersteren, doch manches von
der Beweiskraft, die sie auf den ersten Blick zu haben scheinen.
Es sei nur darauf aufmerksam gemacht, dass eine geringe "Ver¬
dickung des Halses oft der Beobachtung entgeht; dass das Wachs¬
thum der Schilddrüse mehr nach innen gegen die Luftröhre ge¬
richtet sein kann, wie dies besonders bei Operationsfällen neuer¬
dings wiederholt in überraschender Weise constatirt wurde, und
sich dadurch der äusseren Wahrnehmung entzieht; dass endlich
anatomische Veränderungen der Schilddrüse, Hyperplasie und
chronische Entzündung, bei der Section auch in solchen Fällen an¬
getroffen wurden, wo bei Lebzeiten keine Veränderungen bemerk¬
bar waren (Renaut). Indessen treffen die erhobenen Einwendungen
überhaupt nur die mechanische Schilddrüsentheorie, diejenige
also, die den Exophthalmus, die Palpitationen u. s. w. als Druck¬
phänomene von Seiten der vergrösserten Drüse auffasst
und die aus so vielen Gründen hinfällig ist, dass es nicht lohnt,
sich bei ihrer Widerlegung überhaupt weiter aufzuhalton — wäh¬
rend die neuerdings allein zur Erörterung stehende, chemisch-
toxische Schilddrüsentheorie durch jene Einwendungen in
keiner Weise berührt wird.
Es muss als das Verdienst von Möbius 4 ) bezeichnet werden,
im Anschluss an die bekannten Erfahrungen über Myxödem und
Kaehexia strumipriva zuerst dieser neuen Auffassung der Be¬
ziehungen der Schilddrüse zur Basedow’schen Krankheit Aus¬
druck gegeben zu haben, und ihm bleibt dieses Verdienst un¬
geschmälert, auch wenn sich vielleicht heraussteilen sollte, dass
i) Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten Band I (1868). —
Später in der bei Aug. Hirschwald (1873) erschienenen Buchausgabe
S. 37, 38. . . j * • i
a ) Zur differcnziellen Diagnose zwischen Morbus Basedown und
Struma mit Sympathicusreizung. Berliner klinische Wochenschrift 1869.
3 ) Pathologie des Sympathicus (Berlin, Aug. Hirschwald, 1873) S. 33.
4 ) Ueber das Wesen der Basedow’schen Krankheit. Centralblatt
für Nervenheilkundo 1887, No. 8. Zeitschrift für Nervenkrankheiten
1891. — Aehnliche Anschauungen vertraten Gauthier, Revue de med.
1890; Lyon mödical 1892, No. 2ff. Fr. Müller, Deutsches Archiv für
innere Medicin 1893, Bd. 51, S. 4 und 5.
Original from
UNIVER5ITY OF MICHIGAN
770
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40
seine Ansichten in der ihnen ursprünglich gegebenen Form einer
Modification oder Ergänzung in manchen Punkten bedürfen.
Möbius ging von der Statuirung eines Gegensatzes, sowohl in
den anatomischen, wie in den symptomatologisch-klinischen Be¬
funden, zwischen Basedow’scher Krankheit und Myxödem
aus: dort Vergrösserung, Hyperplasie, hier Aplasie und Schwund
der Schilddrüse, dort Tachycardie, Exophthalmus, psychische Er¬
regtheit, allgemeine Abmagerung, Verdünnung und Temperatur¬
erhöhung der Haut — hier umgekehrt Pulsverlangsamung, Ver¬
engerung der Lidspalte, Abschwächung der psychischen Functionen,
Gewichtszunahme, Abkühlung und Verdickung der Haut u. s. w.
— Indessen abgesehen davon, dass die Aufstellung dieses Gegen¬
satzes im einzelnen vielfach etwas Gezwungenes und Gekünsteltes
hat, auch theilweise nur scheinbar zutrifft und Hauptsymptome
der einen Krankheit dabei Nebensymptomen der anderen gegen-
übergestellt werden — abgesehen also von dieser etwas willkür¬
lichen Formulirung werden durch die Statuirung dieser nosologischen
Gegensätzlichkeit auch die Schwierigkeiten einer befriedigenden
theoretischen Erklärung, wenigstens soweit es sich um die Base¬
dow sehe Krankheit handelt, noch durchaus nicht gehoben.
Die chemische Theorie hat bekanntlich für die physiologische
Schilddrüsenfunction die Vorstellung ausgebildet, dass die Schild¬
drüse im normalen Zustande entweder einen der Gesundheit nach¬
theiligen Stoff im Körper durch Umwandlung unschädlich macht
und zerstört — oder aber (was wahrscheinlicher ist), dass sie in
diesem Zustande einen specifischen Stoff producirt, der für die
Lebenserhaltung direkt in irgend einer Weise wichtig, sogar un¬
entbehrlich ist. Als Hauptstütze dieser Vorstellungsweise gelten
ja eben die nach dem Schwund und functionellen Ausfall der
Drüse, bei Myxödem und bei Kachexia strumipriva eintretenden
Kiankheitserscheinungen, sowie andererseits die therapeutischen
Erfolge der Schilddrüsenfütterung bei den genannten Krankheits¬
zuständen. Wenn wir uns aber diesen, trotz vereinzelter Bedenken
jiionr und mehr zu allgemeiner Anerkennung gelangenden An¬
schauungen vorbehaltlos ansehliessen, so bleibt es doch immer
keine ganz leichte Sache, von hier aus zu dem Basedowschen
Krankheitsgebiete eine auf haltbaren Voraussetzungen beruhende
theoretische Brücke zu construiren. Man darf jedenfalls dabei
nicht von einem einfachen Gegensatz in den Krankheitserscheinungen
des Myxödems (und der Kachexia strumipriva) einerseits, der
Basedow sehen Krankheit andererseits ausgehen; vielmehr muss
man auch die vorhandenen Aehnlichkeiten und Uebergänge, sowie
den W echsel der Erscheinungen berücksichtigen und insbesondere
auch dem Umstande Rechnung tragen, dass in vereinzelten Füllen
Basedow sehe Krankheit und Myxödem successiv aufeinander
folgend (das Myxödem als secundärer Zustand) angetroffen wurden,
wie ich es selbst in einem Falle beobachten konnte und worüber
u. a. auch von Rowalewskii), Sollier-*), v. JakschS) Angaben
vorhegen Ueberdies wäre es auch schwer zu verstehen, wie die
einfache .Steigerung einer für den Organismus heilsamen, sogar
"efahrli.V lchen S Tu rO IOn , al * P at l'°genes Agens wirken und
„eführlidie, zum 1 heil unheilbare kaehektische Zustände (zuweilen
hief'mlm? 1 . raplder Welse ) bervorrufen sollte. Es muss sich also
‘ um comphcirtere Vorgänge im Stoffwechsel der
und Vie WM ^ usai “et Z ,rag des ihr gelieferten Seeretes
ie d dls 7i,st!nd U t h lm S T Ct !? nS ' und Re sorptionsmodus handeln,
• Is I w 1 !" 11 “ der Basedowschen Krankheitssymptome
übereeführten° Seh' mI '.P 1 r e " d 6 " Wirkung des in den Kreislauf
' '^hilddrusenseerets begreiflich machen können. Es
llfri h dabei vielleicht zunächst an einen alienirten Nerven-
„.,, 1 ,::^/; 10 Schilddrüse zu denken und somit doch
wonach d/e R™!?^ ,1 - ai L an £ ,qU ^ Stand P u “kt zurückzukommen,
. dle Basedow sehe Krankheit als eine primäre Neurose
vom^Crns S J m P athicus , T °m Vagus, vom verlängerten Mark
I c n Ze“ W ° VOn i,amer ausgehend - aufgefasst wurde:
zolneSeetin^w ’ u™ , g ? s ? gt ’ nahe lio K e ndo und auch durch ein-
die troff u .r b fUn 1.° sche ? nbar begünstigte Standpunkt ist uns durch
die tiefifl oben, auch nach anderer Seite höchst beachten*wertbee
_ gereizte Brüse unterschied sich nicht - öder
? s -^
nur un-
■ - -- — -—AUCH, o. AUU.
) rrager med. Wochenschrift 1892, S 49
WochenYÄ “ dCr Schildd '“se. Deutsche med,ein.
wesentlich von der Drüse der anderen Seite, die vor der Reiz um r
exstirpirt war. &
Da nun diesen Versuchen zufolge der Nervenreiz auf die
Secretbildung in der Drüse ohne Einfluss ist, so ist die Ursache
der physiologischen, wie der pathologischen Secretbildun«- offenbar
in etwas anderem zu suchen, und zwar ist nach Hürthle an
eine bestimmte Zusammensetzung des Blutes dabei zu
denken, die in Anwesenheit oder Mangel eines bestimmten Stoffes im
Blute bestehen kann. Es Hesse sich diese Annahme für die Basedow’-
sche Krankheit also dahin formuliren, dass bestimmte(ih r emWe s en
nach vorläufig noch unbekannte) primäre Veränderungen
der Blutbeschaffenheit, als des auslösenden Drüsen¬
reizes, es sein müssen, die auf die Drüsenfunction, die Secret¬
bildung, auf die Bildung und das Wachsthum der Follikel auf die
Degeneration, Zellvorgänge u. s. w in der Weise verändernd ein¬
wirken, dass dadurch eigenthümliche, specifische und pathogene in-
toxicirende Veränderungen der Secretmischung herbeigeführt werden
Es könnten dabei sowohl quantitative, wie qualitative Veränderun¬
gen des der Drüse zuströmenden und in ihr circulirenden Blutes
eme Rolle spielen. Was den quantitativen Factor betrifft, so
wird dieser ja ohne weiteres gegeben durch die in der Reo-el sehr
starke arterielle Congestion und die Blutüberfüllung, nicht bloss
m den aneurysmatisch erweiterten arteriellen, sondern auch in den
venösen Drüsengefässen, wie sie sich klinisch-symptomatisch in dem
fühlbaren und hörbaren Schwirren, in der Pulsation, in den der
Basedowschen Struma eigen thümlichen und hier fast constant vor-
handenen, beim genuinen Kropf dagegen fehlenden Gefässgeräuschen
(r. Guttmann) 1 ) ausspricht. Der letztere Umstand liefert uns
zugleich einen Schlüssel dafür, warum bei anderen, selbst dem Um¬
fange nach bedeutenderen strumösen Geschwülsten, Erscheinungen
der Basedowschen Krankheit in der Regel nicht auftreten: es fehlt
hier eben die initiale Congestion und Blutüberfüllung und damit
zugleich der Antrieb zu gesteigerter und anomaler Secretbildung;
der Vergrösserung des Organs kann bei anderen Strumen viel eher
umgekehrt eine Verminderung der Secretbildung durch Verödung
des secernirenden Parenchyms, Degeneration oder Untergang der
Epithelien u. s. w. entsprechen, und es kann im weiteren Verlaufo
der Basedow ’schen Krankheit auch durch regressive Metamorphosen
zu derartigen Zuständen kommen, worin eben der ausnahmsweise
beobachtete Uebergang von Basedow’scher Krankheit in Myxödem
seine Erklärung findet. — Ausser diesem quantitativen Factor, der
nachweisbaren Congestion und Blutüberfüllung der Driise, dürfte
aber auch die. allerdings nicht immer mit gleicher Sicherheit er¬
weisbare qualitative Veränderung der Blutzusammensetzung Be¬
rücksichtigung verdienen. Schon den ersten Beobachtern der
Krankheit, schon Basedow selbst z. B., war ja die gewöhn¬
liche Coincidenz des Leidens mit Anämie oder Chloroanämie der
befallenen Individuen nicht entgangen, und sie waren stets ge-
neigt gewesen, die wesentliche Ursache der Krankheit in einer
anomalen, der chlorotischen ähnlichen Blutmischung zu suchen. 2 )
Das überwiegende Vorkommen der Krankheit beim weiblichen
Geschlecht, die gewöhnliche Verbindung mit menstrualen Stö¬
rungen (Amenorrhoe), der zuweilen beobachtete günstige Einfluss
der Gravidität wurden ehedem schon in diesem Sinno verwerthet.
Neuerdings Hessen sich noch manche andere Umstände hinzufügen:
das häufige Auftreten des Leidens nach voraufgegangenen schweren
acuten Krankheiten (Infectionskrankheiten) oder nach sonstigen
schwächenden Momenten, Blutungen, starken Säfteverlusten, beson¬
ders nach schweren psychischen Affeeten; die häufige Verbindung
mit Verdauungsstörungen, mit profusen Durchfällen und Erbrechen,
Darmatonie, Icterus, w r orauf besonders Charcot 3 ), Jaccoud 4 ),
Federn 5 ) und andere in letzter Zeit aufmerksam gemacht haben.
Gerade diese letzteren Vorkommnisse erinnern sehr auffällig an die
von Hürthle (1. c.) kürzlich constatirte Thatsache, dass Unter¬
bindung des Gallenganges und dadurch bewirkter Icte¬
rus entschieden regelmässig eine veränderte Thätigkcit
der Schilddrüse zur Folge habe, und zwar die Erschei¬
nungen gesteigerter Colloidproduction, bestehend in reich¬
lichem Auftreten von ColloidzeUen, von Colloidsubstanz innerhalb
der Lymphspalten und in den Epithelzellen. Es bleibt dafür nach
Hürthle keine andere Erklärung übrig, als „dass die bei der
Gallenstauung ins Blut übergegangenen Bestandtheile einen Reiz
für die Drüse bilden, der sie zu erhöhter Colloidproduc¬
tion veranlasst.“
*) Deutsche med. Wochenschrift 1893, No. 11, S. 254.
, .*) Vgl. die darüber angeführte Literatur in der „Pathologie des Sym-
pathicus (1873) S. 33 ff.
. *0 Neue Untersuchungen über die Krankheiten des Nervensystems,
insbesondere über Hysterie, deutsch von S. Freud. Leipzig und Wien.
1886.
*) Gaz. mddicale de Paris 1888, No. 20, S. 231.
) Aerhdlg. der K. K. Ges. der Aerztc in Wien. 6. April 1888.
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4. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
771
Etwas ähnliches müssen wir also auch zur Erklärung der
gesteigerten Drüsenproduction hei der Basedow’schen Krankheit
annehmen, wenn es uns auch bisher noch nicht gelungen ist, die
pathogen wirkenden Anomalieen der Blutbeschaffenheit bei Basedow¬
scher Krankheit mit Sicherheit zu charakterisiren. Weder die
morphologischen Blutuntersuchungen, noch die (übrigens bisher in
geringer Zahl und mit schwankendem Ergebnisse angestellten)
Prüfungen des Hämoglobingehalts u. s. w. haben in dieser Richtung
brauchbare Resultate zu liefern vermocht. Doch müssen diese
Untersuchungen womöglich an grösserem Material sorgfältig fort¬
geführt werden.
Dass es sich übrigens unter dem Einflüsse der anomalen Be¬
schaffenheit des auslösenden Blutreizes nicht bloss um eine
quantitative Steigerung der Secretbildung, sondern zu¬
gleich auch um qualitative Veränderungen derselben,
im Sinne einer mehr pathogen, intoxicirend wirkenden
Secretbeschaffenheit handelt, das ist aus den schon früher
angegebenen Gründen von vornherein wahrscheinlich und wird
auch durch verschiedene neuere Beobachtungen unmittelbar be¬
stätigt. Es sei in dieser Beziehung nur auf die Versuche von Che¬
valier 1 ) hingewiesen, der mit dem Urin von Basedow-Patienten
Injectionen bei Kaninchen voruahm und dabei eine dreifach stärkere
IntoxicationsWirkung beobachtete als mit normalem Urin, sowie an
die Befunde von Boinet und Silbert 2 ), die aus dem Harn bei
Basedow’scher Krankheit drei auf das Herz, die Motilität, Sensi¬
bilität und Körperwärme toxisch wirkende Ptomaine zur Darstel¬
lung brachten. Auch diese Versuche sind an Zahl und Bedeutung
noch ungenügend; sie bezeichnen aber immerhin die Richtung, in
der weitere Forschungen mit berechtigter Aussicht auf Erfolg an¬
zustellen sein werden.
Es kann aber zu dieser quantitativen und qualitativen Ver¬
änderung des in der Schilddrüse gebildeten Secrets noch etwas
Drittes hinzukommen, was die pathogene Wirkung nicht unwesent¬
lich zu verstärken imstande ist: nämlich eine veränderte, be¬
schleunigte Abführung des Drüsensecrets und ein direk¬
terer beschleunigter Uebergang desselben in die Blut¬
masse. Bekanntlich sind die älteren Vorstellungen von Biondi und
Langendorff, wodurch die Abführung des Secrets lediglich auf dem
Wege der passiven Zellschmelzung und Berstung der angewachsenen
Follikel zustande kommen sollte, durch Hürthle 3 ) jüngst dahin
ergänzt und berichtigt worden, dass ausserdem auch eine Ent¬
leerung des in den Zellen gebildeten Secrets durch Inter¬
cellularspalten, und zwar lediglich bei gesteigerter Thätig-
keit der Drüse (wie z. B. nach Unterbindung des Gallenganges)
stattfindet. Diese Intercellular spalten sind, wie Hürthle dar-
gethan hat, keine selbstständigen und permanent vorhandenen
Gebilde, sondern sie entstehen und vergrössern sich je nach Be-
dürfniss, so dass man der gesteigerten Drüsenthätigkeit entsprechend
bald nur enge und feine homogene Colloidlinien zwischen den
Zellen, bald breitere, mit Colloid gefüllte Spalten antrifft, die die
Follikelhöhle mit dem interfolliculären Lymphraum verbinden. Ob
die angesammelte Colloidsubstanz durch die abgehenden Lymph-
gefässe die Drüse verlässt oder zum Theil auch schon inner¬
halb dieser von den Schilddrüsenvenen resorbirt wird,
ist noch nicht sicher entschieden, die letztere Annahme aber, nach
Hürthle’s Versuchen, keineswegs unwahrscheinlich. Es kommt
hinzu, dass nach den (allerdings wohl nicht so allgemein zutreffenden)
Befimden von Renaut (Bertoye 4 ) in der Schildddrüse bei^Base-
dow’scher Krankheit regelmässig Veränderungen interstitieller,
hyperplastischer und chronisch - entzündlicher Natur Vorkommen
sollen, wodurch eine Beeinträchtigung und Verlegung der Lymph-
wege in der Drüse in grossem Umfange herbeigeführt werde. Da
überdies gleich den Arterien auch die Venen der Schilddrüse
bei der Basedow’schen Struma erweitert und vermehrt gefunden
werden, so bietet die Annahme einer in grösserem Maasse statt¬
findenden Venenresorption keine Schwierigkeit dar, wodurch das
in abnormer Menge und Beschaffenheit gebildete Secret zugleich in
beschleunigter Weise und direkt, ohne Vermittelung der Lymph-
bahn, die möglicherweise einen partiell entgiftenden Einfluss übt,
in den Kreislauf geschafft und somit zu erhöhter toxischer Wirkung
gebracht wird.
Endlich kann, worauf ich schon im Anfänge hindeutete, zur
weiteren Bestätigung der hier entwickelten Anschauungen auch
noch ein anderer Factor herangezogen werden, dessen Benutzung
freilich, wo es sich um Fragen von verwickelter theoretischer Natur
handelt, nur mit grosser Vorsicht geschehen darf. Es ist das die
l ) These, Montpellier 1890.
3 ) Gaz. des höpitaux 1891, S. 1062.
®) Deutsche med. Wochenschrift 1. c. und Pflüger s Archiv Bd. 06 .
4 ) These de Lyon 1888.
Betrachtung ex juvantibus und nocentibus, die kritische Würdigung
derjenigen therapeutischen Maassnahmen, die sich bei Base¬
dow’scher Krankheit, sei es rein empirisch oder schon auf Grund¬
lage vorgefasster theoretischer Meinung, verhältnissmässig am besten
bewährt haben. Will man unbefangen sein, so muss man zuge¬
stehen, dass schon lange vor der Aera der (augenblicklich w T ohl
etwas über Gebühr gepriesenen) chirurgisch - operativen Eingriffe
keineswegs selten sehr erhebliche Erfolge, Besserungen und selbst
Heilungen bei Basedow’scher Krankheit erzielt worden sind und
dass diese Erfolge mit Mitteln von der allcrverschiedensten Natur
und scheinbar verschiedenstem Wirkungsmodus erzielt wurden —
was eben nur dafür spricht, dass wir es mit einer zum Glück in
nicht wenigen Fällen mild auftretenden und günstig verlaufenden,
wenn auch im allgemeinen bekanntlich der vollen Heilung nicht
sehr zugänglichen Krankheit zu thun haben. Immerhin jedoch muss
es auffällig erscheinen, dass gerade die Mittel, die von Anfang an
gegen die Basedowasche Krankheit am meisten benutzt wurden
und auf die auch im Wechsel der Tagesmeinungen und der . thera¬
peutischen Modeströmungen stets vorzugsweise zurückgegriffen
wurde, solche sind, die mit den vorgetragenen Anschauungen
in harmonischem Einklänge stehen, nämlich die auf „Verbesserung
der Blutmischung“ gerichteten antichlorotischen, roboriren-
den, sowie auch eine Regulirung und Kräftigung der Herzthätig-
keit anstrebenden Mittel. Es soll hierbei keineswegs bloss oder
auch nur vorzugsweise an die pharmaceutischen .„Tonica“, an
Eisen, Chinarinde, Digitalis u. s. w. gedacht werden — sondern
noch weit mehr an diejenigen Methoden, die eine allmähliche
Kräftigung und erhöhte Widerstandsfähigkeit des Organismus
auf anderem Wege, durch Diätcuren, hydriatische Behand¬
lung, Climatotherapie u. s. w. anstreben und denen wir, wie
ich dies schon an anderem Orte weiter ausgeführt habe 1 ), so
schätzenswerthe Erfolge bei Basedow’scher Krankheit zu danken
haben. — Was sodann die operativen Erfolge, namentlich der
Schilddrüsenresectionen (partiellen Strumectomieen) betrifft,
so mehrt sich, trotz einzelner ablehnender Stimmen auch von
chirurgischer Seite (Wölfl er), die Zahl der beobachteten Besserungs¬
und Heilungsfälle fortdauernd in solchem Maasse, dass wir sie
nicht ignoriren dürfen und, gern oder ungern, davon praktisch und
theoretisch Notiz zu nehmen gezwungen sind. Der einstweilen ge¬
botene praktische Standpunkt scheint mir der zu sein, dass man,
da der Eingriff immerhin nicht unbedenklich ist, nur die schwersten,
gegen jede anderweitige Therapie rebellischen Fälle, diejenigen mit
„thyreogener Kachexie“ (Rehn 2 ) der Resection unterziehen sollte.
Theoretisch aber liefern diese Erfolge der operativen Therapie
doch der chemisch-toxischen Hypothese über die Entstehung- der
Basedow’schen Krankheit eine unleugbar wichtige Stütze.
Wir können uns somit, wie ich glaube, auf Grund des vor¬
liegenden physiologischen, morphologischen und klinisch-therapeu¬
tischen Materials wenigstens eine vorläufige hypothetische Vor¬
stellung in betreff der veränderten und pathogen wirkenden Schild¬
drüsenfunction bei Basedow’scher Krankheit und der Entstehung
der letzteren durch „Autointoxication“ zu bilden versuchen. Diese
Vorstellung dürfte etwa von folgender Art sein:
1. Die Schilddrüse verändert bei ihrer normalen Function die
chemische Blutbeschaffenheit in eigenartiger Weise, und zwar ge¬
schieht dies durch Bildung und Absonderung eines specifischen
Stoffes, der von den gereizten Follikelzellen producirt und theils
durch Zellschmelzung und Berstung der Follikel in die inter-
folliculären Lymphräume (Biondi, Langendorff) — theils
auch (Hürthle) in die je nach Bedürfniss sich bildenden und er¬
weiternden Intercellularspalten entleert und im Normal¬
zustände jedenfalls vorzugsweise durch die ausführenden Lyrnpli-
gefässe der Drüse abgeführt wird. Als adäquater Reiz für
diese Secretbildung in der Drüse ist nicht der Nervenreiz, sondern
wesentlich eine bestimmte Zusammensetzung des Blutes
(Hürthle) zu betrachten.
2. Bei der Basedow’schen Krankheit ist eine progressiv
gesteigerte Secretionsthätigkeit der Drüse, möglicher¬
weise verbunden mit einer noch unbekannten quali¬
tativen Veränderung (erhöhten Toxicität) des von ihr
gelieferten Secrets anzunehmen, wodurch das letztere in spe-
cifischer Weise pathogen wirkt. Während die erhöhte Secret¬
bildung durch den quantitativ und qualitativ veränderten Blutreiz
(s u) wahrscheinlich gemacht wird, können zu Gunsten einer ver¬
änderten Beschaffenheit (erhöhten Toxicität) des Secretes wenigstens
die — allerdings noch unzulänglichen — Befunde über veränderte
Harnbeschaffenheit, namentlich über den Nachweis verschiedener
Ptomaine im Harn der Basedow-Kranken (Chevalier;
*) Zur Symptomatologie und Therapie der Basedow’schen Krankheit.
Berl. klin. Wochenschrift 1889, S. 1 ff. . , , 1ftq , q 10
*) Ueber Morbus Basedowii. Deutsche med. Wochenschr. 189*. S.
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772
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40
Boi net und Silbcrt) angeführt werden. — Nicht unwahrschein¬
lich ist es endlich, dass mit der quantitativen und qualitativen
Veränderung der Secretion auch eine veränderte Abführung
des Secrets aus der Drüse insofern einhergeht, als dabei ver-
hältnissinässig grössere Mengen desselben durch Venenresorption
direkter in die Blutmasse übergeführt und zu unbehinderterer
pathogener Wirkung gebracht werden. Die Renaut’schen Be¬
funde, die eine Beeinträchtigung und Verlegung der Lymphwege
auf Grund chronischer Bindegewebsentzündung ergeben, lassen sich
— im Verein mit den zuvor erwähnten Hürtkle’scken Unter¬
suchungen — in diesem Sinne verwerthen.
B. Der die gesteigerte und qualitativ anomale Secretion aus¬
lösende pathologische Reiz ist dabei einerseits in der mehr oder
weniger gesteigerten arteriellen Congestion und Blutüber¬
füllung der Drüse — andererseits auch in den häufig voraufgehenden
und begleitenden Abnormitäten der Blutbeschaffenheit bei
den Basedow-Kranken zu suchen. In dieser Beziehung ist, was das
symptomatisch-klinische Verhalten betrifft, an das constante und
fast als pathognomonisch zu bezeichnende Vorkommen von Gefäss-
geräuschen, namentlich arteriellen Geräuschen, über der Drüse —
an die schon den ältesten Autoren nicht entgangene Verbindung
mit Anämie und Chloroanämie — an das nicht seltene Vorkommen
von Icterus, schweren Störungen der Verdauung und des Gesammt-
stoffwechsels — an j)ie Entwickelung des Leidens nach vorauf¬
gegangenen schwächenden acuten Krankheiten, Traumen, schweren
psychischen Erschütterungen u. s. w. zu erinnern.
4. Mit den hier entwickelten Anschauungen stehen auch die
therapeutischen Erfahrungen insofern im Einklänge, als die eine
wesentliche Besserung oder Heilung der Basedow-Krankheit herbei¬
führenden Behandlungsmethoden entweder vorzugsweise durch eine
Hebung und Regulirung der Blutbeschaffenheit, der Circulation
Und Ernährung, durch „allgemeine Tonisirung“, somit auf dem
Wege der Normalisirung des auslösenden pathologischen
Reizes (des Blutreizes) ihren Einfluss üben — oder aber, wie die
operativen Verfahren, darauf abzielen, die für den Organismus
schädigenden Reizwirkungen, die Folgezustände der unter abnormen
Bedingungen vor sich gehenden Drüsenfunction, durch Einschrän¬
kung und partielle Ausserkraftsetzung dieser Function, durch Ver¬
ringerung der sccernirendcn Fläche, in möglichst weitem Umfange
zu eliminiren.
II. Erwiderung auf die Arbeit von Dr. Hübener
über das Tizzoni’scbe Tetanusantitoxin.
Von Professor G. Tizzoni und Docentin G. Cattani.
Im ersten Theil seines in No. 33 dieser Wochenschrift er¬
schienenen Aufsatzes über unser Antitoxin bedauert Herr Dr.
Hüboner, dass wir für die Bestimmung des Immunisirungswerthes
des Serums nicht wcisse Mäuse, sondern Kaninchen benutzt haben;
denn dieser Umstand „fällt bei einer Werthprüfung schwer in’s
Gewicht, da die Kaninchen eine sehr viel geringere Empfindlichkeit
gegen das Tetanusgift besitzen als weisse Mäuse.“
Dem gegenüber sind wir genöthigt, hier einiges zu wieder¬
holen, was wir bereits vor kurzer Zeit publicirt haben, und
dabei noch manches anzudeuten, was wir in einer demnächst
erscheinenden Schrift ausführlicher darlegen werden.
Vir wiederholen also 1 ), dass das Immunisirungsvermögen
eines gegebenen Serums an für das Tetanusgift verschieden em¬
pfindlichen Thieren gemessen werden kann, nur muss seine Wirkung
gegen solche Tetanusvergiftungen und -Infectionen versucht werden,
welche die betreffenden Thiere in der gleichen Zeitfrist tödten; die
derart erzielten Resultate sind immer gleich, d. h. der Werth des
Serums erscheint von gleichem Grad bei den verschiedenen
Thieren.
Wir haben dieses feststellen können mittels vergleichende!
Untersuchungen an der Ratte und am Kaninchen, welche Thier«
nicht für uns allein, sondern auch für die deutsche Schulo als un
gleich empfindlich gegen Tetanus gelten. Der einzige Unterschied
den wir fanden, besteht darin, dass die Menge von Tetanusgift
welche durch eine Immunisirungseinheit neutralisirt werden kann
im minder empfindlichen Thier grösser ist, was gerade seiner
brund dann hat, dass hier eine grössere Giftmenge nöthig ist
Jr n i en Gr m d L . der Ver £ ift U“ff hervorzurufen, welcher beim em
Endlicheren Thier durch eine geringere Dosis erzielt wird.
W ir fügen hinzu, dass wir in zahlreichen und wiederholter
Versuchen mit filtrirten Totanusculturen oder mit dem aus den¬
selben gewonnenen trockenen Gift immer das Kaninchen viel em
r^vnlin A Catt ?, ni ’ Nuov ; e esperienze sulla vaccinazione de
cavallo contro ll tetano. Gnzzotta degli Ospitali und Berliner klinisch
Wochenschrift 1894.
pfindlicher gefunden haben als die Ratte und, wenn nicht mehr,
doch gleich empfindlich wie die weisse Maus.
Damit wollen wir nicht ausschliessen, dass mit nicht filtrirten
Culturen ausgeführte Versuche nicht für dieselben Thiere .ein an¬
deres Verhältnis im Empfindlichkeitsgrad für Tetanus ergeben
dürften. Da wir sogar beobachtet haben, dass gegen nicht filtrirte
Tetanusculturen, besonders wenn sie alt sind, die Ratte fast mit
gleicher Empfindlichkeit reagirt wie das Kaninchen, so möchten
wir nicht entscheiden, ob die ungleichen Resultate, welche wir in
Italien und andere Forscher in Deutschland bei vergleichenden
Untersuchungen über die Tetanusempfindlichkeit von Kaninchen,
Ratte und Maus erzielt haben, nur auf Rassenunterschiede der
Versuchstiere zu beziehen sind, oder aber vom verschiedenen, für
die Versuche angewandten Tetanusmaterial abhängen.
In jedem Fall aber steht fest, dass, wenn auch die geringere oder
grössere Empfindlichkeit der Thiere, welche zur quantitativen Be¬
stimmung des Immunisirungsvermögens des Serums benutzt werden,
wirklich zur Feststellung eines höheren oder niedrigeren Wertkes
führen könnte, es keinen Unterschiöd ‘ ergeben würde, wenn wir
für unsere Bestimmungen statt der Mäuse Kaninchön verwenden,
weil, bei uns wenigstens, beide Thierarten gegen filtrirte Tetanus¬
culturen oder das aus ihnen gewonnene trockene Gift (d. h. gegen
das zu solchen Versuchen gebräuchliche tetanuserzeugende Material)
in gleichem Maasse empfindlich sind.
Es bleibt also ausgeschlossen, dass der Unterschied der Immuni-
sirungswerthe, den wir und Herr Hübener bei unserem Antitoxin
gefunden haben, davon abhängig sei, dass letzterer die Bestimmung
jenes Werthes an viel empfindlicheren Thieren vorgenommen hat:
wir nehmen dagegen an, dass dieser Unterschied seinen Grund
darin hat, dass Herr Hübener in seinen Controllversuchen über
den Werth unseres Antitoxins das Verfahren Ehrlich’s und nicht
das Behring’sche benutzt hat; derart sündigte er selber gegen
die Mahnung, welche er an uns richtete: „dass es für eine gegen¬
seitige Verständigung werthvoll sei, ein einheitliches Princip für
die zahlenmässige Bestimmung der Wirkung des Heilserums zu
wählen.“
Wir wollen gern zugeben, dass das Ehrlich’sche Verfahren
dem Behring’schen gegenüber den Vorzug der Bequemlichkeit
hat, sowie dass bei Anwendung desselben die individuellen Unter¬
schiede in der Absorption durch das Unterhautbindegewebe weniger
bemerkbar werden; es muss uns aber zugegeben werden, dass
durch jenes Verfahren alle anderen Ursachen der Inconstanz der
Resultate nicht ausgeschlossen werden; z. B. nicht jene, welche
aus der Natur des Gegenstandes derartiger Untersuchungen selbst
sich ergeben und deshalb unvermeidlich sind, da wir alle zugeben 1 ),
„dass eine absolute Genauigkeit in der Bestimmung des Immunitftts-
werthes überhaupt nicht zu erreichen ist.“
Ja, einige von jenen störenden Momenten üben bei den Be¬
stimmungen mittels des Ehrlich’schen Verfahrens auf das End¬
resultat einen viel hochgradigeren Einfluss aus als bei Anwendung
der Methode von Behring. So*z. B. die Differenz ad minus, die sich
bei jeder geringsten Differenz ad plus in der Menge des Tetanus-
giftes, welche als minimale tödtliche Dosis gewählt wird, für den
Werth des gleichen Serums ergiebt. Ist jene Differenz bei den
nach dem Behring’schen Verfahren ausgeführten Werthbestim¬
mungen bereits ziemlich bedeutend, so wird sie bei Anwendung
des Verfahrens nach Ehrlich noch viel ansehnlicher, weil sie
durch die Zahl der injicirten tödtlichen Dosen multiplicirt wird,
und dieses um so mehr, je höher der zu controllirende Immum-
sirungswerth ist.
Wenn man bedenkt, dass „die Bestimmung der tödtlichen
Minimaldosis immer etwas willkürliches behalten wird“ 2 ), so wird
man begreifen, wie leicht es ist, beim Ehrlich’schen Verfahren
einem gegebenen Serum einen drei- bis vierfach geringeren Werth
zuzuschreiben als derjenige ist, welchen andere Forscher mittels
des Behring’schen Verfahrens bestimmt haben.
Wir kommen nun zu den Schlüssen, die Hübener aus seinen
Untersuchungen über unser Antitoxin ziehen zu müssen ge¬
glaubt hat. • .
Der erste dieser Schlüsse ist: „Erstens hat Tizzoni nicht ein
zehnmal stärkeres, sondern vielmehr ein drei- bis vierfach schwächere. 1 '
Serum in den Händen gehabt wie Behring.“ __
Vor allem wäre es wünschenswerth gewesen, dass neri
Hübener, um das Behring’sche Serum mit unserem zu ver¬
gleichen, wirklich vergleichende Untersuchungen vorgenommen,
d. h. mit Hülfe einer und derselben Methode und unter gleichen
Versuchsbedingungen das genaue Werthverhältniss der beiden
Serumsorten festgestellt hätte.
‘) Behring und Knorr, Ueber den Immunisirungs werth und Heil*
werth des Tetanusheilserums bei weissen Mäusen. Zeitschrift für Hygien°
und Infectionskrankh. Bd. XHI, 1898.
*) Behring und Knorr, 1. c.
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4. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
773
Es hätte aber jedenfalls Herrn Hüben er nicht entgehen
sollen, dass seine Vergleichung des Behring’schen Serums mit
unserem in der Weise, wie er sie angegeben hat, wenigstens den¬
jenigen, welcher nur die Endresultate seiner Arbeit liest, zu der
irrigen Meinung führen muss, dass der Werth unseres Serums
bei der Hüboner’schen Bestimmung 30—40mal niedriger ausge¬
fallen ist als der, welchen wir ihm zugeschrieben hatten. Dagegen
ist der von Herrn Hüben er für unser Antitoxin mit dem Ehr¬
lich’sehen Verfahren gefundene Werth (30 Millionen für das
pulverförmige Präparat, 3 Millionen für das Ausgangsserum) nur
3—4 mal niedriger, als wir nach Behring’s Verfahren bestimmt
haben.
Uebrigens ist es nicht schwer, dem Ursprung dieses Fehlers
auf die Spur zu kommen.
Herr Hüben er beginnt seinen Aufsatz mit den Worten:
„Nach Behring’s Untersuchungen kann man zur Heilung des Te¬
tanus nur von einem Blutserum Erfolg erwarten, welches einen sehr
hohen Immunisirungswerth besitzt. Ihm selbst war es gelungen, ein
solches im Werthe von 1:10 Millionen zu erreichen. Demgegenüber
behaupten Tizzoni und Cattani, dass sie über ein Tetanusheilserum
verfügten von 100 Millionen Werth.“
Olfenbar bezieht sich Herr Hüben er, wenn er schreibt,
„Tizzoni hat nicht ein zehnmal stärkeres Serum in den Händen
gehabt wie Behring“, auf das Serum, welches wir vom Pferde
Capinero in der ersten Serie von Verstärkungsinjectionen bekamen
und welches wir gerade (auf Grund zahlreicher Untersuchungen)
auf den Werth von 100 Millionen schätzten. Jenes werthvolle
Material (welches wir leider zur Heilung des Tetanus am Men¬
schen nicht anwenden konnten) war also zehnmal stärker als das
Serum, aus welchem das Merek’sche Präparat gewonnen wird, und
auf dieses letztere allein darf sich Herr Hüben er beziehen, wenn
er fortfährt, „sondern vielmehr ein drei- bis vierfach schwächeres
etc.“
Also eine wirkliche und thatsächliche Verwechselung der ver¬
glichenen Mengen, wodurch der Unterschied zwischen unseren und
Herrn Hübener’s Resultaten in der Bestimmung des Heilwerthes
unseres Antitoxins um das Zehnfache vergrössert wird.
Zuletzt schreibt Herr Hüben er:
„Zweitens aber — und das ist die Hauptsache — genügt ein solches
Serum bei weitem nicht zur Heilung schwerer oder erst spät zur Behand¬
lung gekommener Fälle, da für solche nicht einmal das weit stärkere
Behring’sche Serum selbst in den grossen Quantitäten von 200—400 ccm
auszureichen vermocht hat.“
Zur Bestätigung dieser Beurtheilung führt Herr Hüben er
einige von Dr. Beck mit dem Merck’schen Präparate ausgeführte
Splitterversuche an, in welchen nicht nur jede heilende Wirkung,
sondern sogar jede Verspätung des Todes der mit unserem Mittel
behandelten Thiere ausblieb. — Aber was für ein Werth kann
solchen Experimenten zugemessen werden, welche, wie die von
Beck, unter Bedingungen ausgeführt wurden, deren absolut nega¬
tiver Ausgang mit Sicherheit vorausgesehen werden konnte?
Ein gleichfalls total negatives Resultat erzielte in der That
neuerdings bei ähnlichen Experimenten Brieger selbst 1 ), indem er
sein eigenes Antitoxin anwendete, das er durch Concentrirung der
Milch von gegen Tetanus vaccinirten Ziegen gewonnen hatte.
Es sei noch bemerkt, dass Beck unter noch ungünstigeren
Verhältnissen experimentirte, denn er operirte an empfindlicheren
Thieren (Meerschweinchen) und wartete, um unser Antitoxin zu
injiciren, genau 24 Stunden nach Einführung des Splitters, während
Brieger minder empfindliche Thiere (Mäuse) benutzt und das
Antitoxin nicht später als 20—22 Stunden nach Einführung des
Splitters injicirt hatte.
Und jene ungünstigeren Verhältnisse sind nicht etwa in
Beck’s Versuchen dadurch ausgeglichen, dass er eine grössere
Menge der antitetanischen Substanz anwendete. In der That er¬
hielten von den vier mit dem Merck’schen Präparat behandelten
Meerschweinchen von einem Gewicht von 460—670 g, das erste
0,10 g, das zweite 0,25 g, das dritte 0,50 g, das vierte 0,70 g.
Brieger hat bei fünf von den acht zu seinen Splitterver¬
suchen benutzten Mäusen, deren Gewicht 14,5—19 g betrug,
von seinem, nach dem Ehrlich’schen Verfahren, 20 Millionen
werthigen Antitoxin nicht weniger als 0,10 g per Individuum in¬
jicirt, d. h. 1 g des Mittels für 145—190 g Körpergewicht.
Wenn wir dem Merck’schen Antitoxin, unserer Schätzung
entsprechend, den Werth von 100 Millionen zuschreiben, so konnte
Beck davon bis zu 0,20 g für je 140—190 g des Körper-
gewichtes (d. h. bis zu 0,80 g für jedes Meerschweinchen) injiciren,
ohne berechtigt zu sein, „die geringste Andeutung einer den Tod
hinausschiebenden, geschweige denn heilenden Wirkung“ davon zu
*) Brieger und Georg Cohn, Beiträge zur Concentrirung der
gegen Wundstarrkrampf schützenden Substanz aus der Milch. Zeitschrift
[ür Hygiene und Infectionskrankheiten Bd. XV.
erwarten, wie in den oben angeführten Versuchen Brieger’s keine
Heilwirkung und keine Verzögerung des Todes eirigetreten war.
Weun zuletzt, wie Herr Hübener angiebt, 200—400 ccm des
Behring’schen Serums zur Heilung schwerer und vorgerückter
Fälle von Tetanus nie ausreichten, so können wir für unser Anti¬
toxin, in Bezug auf die Heilung des Tetanus am Menschen, zweifel¬
los günstigere Resultate verzeichnen (unter den geheilten Fällen,
gewiss schweren oder spät zur Behandlung gekommenen, können
wir, abgesehen von mehreren, einen Kopftetanus 1 ) und einen
Tetanus neonatorum 2 ) erwähnen, welchem letzteren allein vielfach
ein höherer Beweiswerth zugeschrieben wird, als zehn Heilungen
von Erwachsenen). Genügt nun diese Thatsache nicht schon an
und für sich, zu beweisen, dass das von Herrn Hübener gefällte
Urtheil der Minderwertigkeit und Unzuverlässigkeit unseres
Tetanusantitoxins ein unrichtiges ist?
III. Der galvanische Pinsel. Die Behandlung
der Impotenz, Ischias und Tabes dorsalis.
Von Dr. A. Witkowski in Berlin.
Während der faradische Pinsel seit. Jahrzehnten in die Elektro¬
therapie eingeführt ist, findet der galvanische Pinsel nur wenig
Verwendung. Wicsner 3 ) empfahl ihn 1868 bei Behandlung einer
Trigeminusneuralgie, Seeger 4 ) 1872 bei Ischias. Erb erwähnt
in seinem Handbuch der Elektrotherapie den mit der Kathode
armirten Metallpinsel gegen Anästhesie, und Seeligmül ler 5 ) hat
1883, dann Böttger 6 ) 1884 auf seine Veranlassung den galva¬
nischen Pinsel bei chronischem Gelenkrheumatismus in Anwendung
gebracht. Seitdem ist es still geworden von dem galvanischen
Pinsel; denn man kann nicht sagen, dass die genannten Empfehlungen
Anklang bei den Aerzten gefunden hätten.
Die Wirkung des faradischen Pinsels ist eine erregende, eine
irritative. Die gepinselte Haut wird zuerst blass, dann röthet sie
sich, und es tritt Schmerzempfindung auf, je nach der Stromstärke
grösser oder geringer. Der galvanische Pinsel übt dieselbe Wir¬
kung aus: Blässe, Röthung, Schmerz. Ein Vergleich des Grades
und der Dauer der einzelnen Stadien zwischen beiden Stromarten
ist ungemein schwierig, da es einen absoluten Gradmesser für den
faradischen Strom nicht giebt. Ich habe hierzu die Reizwirkung
auf einige besonders bequem liegende Nervenstämme benutzt, für
die Unterextremitäten auf den Nervus peroneus, für die Ober¬
extremitäten auf den Nervus ulnaris und habe diejenigen Ströme
als gleich stark angesprochen, die ungefähr gleich grosse Muskel¬
zuckungen verursachten. Hiernach ergab sich eine grosso Mannig¬
faltigkeit in den Reactionsverhältnissen der Haut, auf die ich hier
nicht näher eingehen will; constant nur schien bei dem galva¬
nischen Pinsel die Röthe intensiver und andauernder zu sein; sicher
aber ruft der galvanische Pinsel eine weit grössere Schmerz¬
empfindung hervor, als der faradische. Es ergiebt sich also aus
diesen Versuchen die Ueberlegenheit des galvanischen Pinsels in
der Reizwirkuug: Röthe—Schmerz. Und hierauf kommt es einzig
und allein an. >
Die ganze therapeutische Aufgabe des faradischen Pinsels be¬
steht in der Reizung der Haut, sei es nun behufs direkter Beein¬
flussung derselben, sei es behufs Ausübung des sogenannten Gegen¬
reizes, sei es behufs reflektorischer Fernwirkung auf die nervösen
Centralorgane. Ausser der genannten Wirkung wird man aber dem
galvanischen Pinsel noch diejenige zusprechen müssen, die dem
galvanischen Strome überhaupt vor dem faradischen eigen ist, näm¬
lich die Wirkung in die Tiefe. Der faradische Strom hat nur
Oberflächenwirkung; will man Stromschleifen direkt in die tiefer
gelegenen Theile gelangen lassen, so muss man sich des galva¬
nischen Stromes bedienen. Aus dem Gosagten ergiebt sich, dass
der galvanische Pinsel den faradischen quantitativ und qualitativ
in der Wirkung überragt.
Der Grund, weshalb trotzdem der galvanische Pinsel bisher so
wenig Beachtung gefunden hat, liegt in den gefürchteten Folgen
seiner Behandlung. Zunächst bemerke ich, dass mit dem Absetzen
der Elektroden bei beiden Stromarten der Schmerz sofort aufhört;
die Röthe dagegen hält sich noch eine Zeit lang, beim galvanischen
i) Dr. Giusti, Un caso di tetano curato con siero antitetanico.
azzetta degli Ospitali 1894.
3) Escherich, Vier mit Tizzoni’s Antitoxin behandelte 1 alle von
rismus et Tetanus neonatorum. Wiener klin. Wochenschr. 1893, No. o-
3) Wiosner, Zwei Fälle von Heilung schwerer und langwieriger
rosopalgie durch den constanten Strom. Berl. klin. Wochenschr. lob»,
° *)’Seeger, Abhandl. über Neuralgie, bezw. Ischialgie. Wien. med.
resse 1872, No. 34, 35, 37, 38. _ ., ioqq
») Seeligmül ler, Naturforschorversammlung m Froiburg leöd.
i 6 ) Böttger, Beitrag zur Behandlung des chronischen Gelenk-
lieumatismus mit Elektricität. Inaugural-Dissert., Halle 18 .
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
774:
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Strom viel länger, als beim faradischen. Erb 1 ) hat bei ersterem
noch nach 6—10 Tagen bei gewissen Einwirkungen auf die Haut
z. B. nach Gebrauch eines Dampfbades, die Applicationsstellen sich
wieder röthen sehen. Zum Unterschied aber von dem faradischen
gewirkt der galvanische Pinsel, wenn er längere Zeit auf einer
Stelle haftet, Aetzungen und Verschorfungen. Seeligmüller be¬
nutzte diese AetzWirkung therapeutisch bei Gelenkleiden Dies
würde nur eine Fehlerwirkung sein, wie sie den meisten der zur
Reizung der Haut im Gebrauch befindlichen Mittel, der o-anzen
Gruppe der Vesicantien u. a. m., ebenfalls anhaftet. Aber man
kann dieselbe sehr leicht dadurch vermeiden, dass man den Pinsel
häufig von der behandelten Stelle abhebt und ausserdem die Stelle
leicht anfeuchtet. — Ein zweiter Vorwurf, den man dem galva¬
nischen Pinsel gegenüber dem faradischen macht, ist die heftige
Schmerzerregung. Dieser Vorwurf gleicht ungefähr dem, den man
dem Chloroform machen kann, weil es betäubt. Da der galva¬
nische Pinsel zur Reizung der sensiblen Hautnerven angewandt
wird, so kann die gewollte Wirkung nur die des Schmerzes sein
Und dass man den galvanischen Strom bei einem einigermaassen
guten Apparate genau dosiren kann, bedarf keiner Erläuterung
w Ulian £> enehm ls t bei längerem Hin- und Herstreichen nur die
Wirkung des rauhen Metallfadens auf die Haut, eine Wirkung die
sich aber sowohl beim faradischen, wie beim galvanischen Pinsel
äussgrt. Diesem Uebelstande begegne ich dadurch, dass ich den
Pinsel kurz, bei längerem Gebrauche öfter in kaltes Wasser tauche
so dass nur einige Tropfen an den Fäden hängen bleiben. Es ist
dm h rW d f aS \f die °b erfl ^henwirkung des galvanischen Stromes
f nf * U( J tlm £ der Haut verringert wird, da hierdurch der
H , aUt ver P mdert wird. Aber die erwähnte Art
der Anfeuchtung ist so gering, dass sie kaum für die Widerstands-
rechung in Betracht kommt, und doch gross genug, um Ver-
verhindern ^ HaUt dUFdl den railllen trock enen Metallfaden zu
Wir besitzen somit im galvanischen Pinsel einen den fara-
Haut™i 7 P T d ^ Intensität weit überragenden, acut wirkenden
Hautreiz, den man ganz genau lokalisiren und dosiren und
den man beliebig oft zur Anwendung bringen kann ohne ire-end
welche schädlichen Nachwirkungen zu verursachen ’ S
Kranker'“ ^ ^ Hautreiz zur Behandlung von
1. Der Hautreiz dient zur direkten Erregung der sensiblen „ml
vasomotorischen Apparate der Haut. Das Behandlungsobject Tst
die periphere Anästhesie und Parästhesie einerseits arculations-
störungen (mangelhafte Ernährung) andererseits. Behufs Behand-
lung der ersten Gruppe wird der trockene, mit der Kathode armirte
abä?m^teht. Alsdann
pssgssis
sSässrÄx 5S&
durch häufige Oeflnung des starken »ufgesetzt wird und
Alsdann wird dg bewirkt wird.
angofeuchtete Kathodenmetallpinsel ltgs%es GlTedes^ 6 ’
Inn- und hergeführt, während er auf Hin rnf • d t em P aar mal
Weise, aber leicht angefeuchtet wfedeSnit 8 k“ ° ben e enannter
empfindung aufgesetzt wird Biö T> e<er '°^ bis zur Sehmerz-
und wird zweitfglfch wiederhop 16 £ a T ah. d f aUert drei Minuten
werden der BehandlungpmahLeZ?, Ablauf , von drei Wochen
sie in Berlin in einigen AnstaUen Ll ', enSä T Urebildcr wie
in vorzüglicher Weise verabreicht werdet" 11 Dte n» rt ' SCh - e “ S l stem
mu„ ■/, Stunde betragen. K, !£
5 Handbuch der Elektrotherapie.
Tabes. 6 ° g6nde Besprechung des Zusammenhanges bei der
_ No. R)
wüewil? h an de “ Zwischentagon wird elektrisirt
Nach Ablauf dieser Cur wird eine Pause von zwei Monaten in £
Behandlung gemacht. Alsdann wird die Cur in milderer Form -1
hnl? hS M-t lt d- ICh M 1 , Bebandlun g in der Woche — wieder-
ÄTÄf' 1,k ” " h ” lk “"*•“*» »« M
, Ber Hautreiz dient als Gegenreiz. Weshalb bei Reizumr
der Haut tiefer gelegene erkrankte Theile, wie Muskeln und Nernn
dir r«™ Beizzustaad befinden, heilen, ist nicht recht klar Aber
dor häufig eclatanto Erfolg beweist die Richtigkeit der Behandln
Zu dieser Gruppe gehört das ganze Gebiet der Mvalgieen Neursf
gieen Arthralgieen. Ich wende bei allen diesen FäUen den
vanischen Pinsel an, da er den intensivsten Hautreiz totem'
der am leichtesten abstuf bar, genau begrenzt und ohne Nach’
empfindung und schädliche Folgen für die Haut anwendbar
SgefeuICten Pm“el ClU “ g Ste,le d ®m leicht
»äÄaffiÄÄÄ
Pinsels über die anderen elektrischen Methoden besonders hcmr
Der Patient liegt auf dem Bauch. Die Haut wird über
Ischiadmus in seiner ganzen Ausdehnung von seinem Austritt bis zu
den letzten Ausläufern mit dem leicht angefeuchteten Kathoden-
Wai 6 b j', 6tarkem Strome ca. fünf Minuten lang kräftig gepinselt
kurze? -f“Ä* derPinsel wiederholt auf den Schmerzpunkten
kurze Zeit. Mit dieser täglich oder zweitäglich zu wiederholenden
Behandlungsart erreicht man oft glänzende Erfolge. Viele alte
Fällo, die anderen Methoden Widerstand leisteten, heilten und
Bls?e“ng l m 0S aUen Z Fäi, ^ ^ ^ dies Totzdem
tfesseiung m allen Fällen zu erzielen ist, geht dieselbe manchmal
HrTZ» 11 bestlmm £ en PuDkt nich ‘ hinaus; die Heilung bleibt aus
k^utl IrMT 610 ??’ empfeble ich di ® Combination dreier ^
dehnMg M e “ : MaSSag6 ~ g a,vanisck ® Pinselung _ Nerven-
r,ch;j!wM d der auf dem Bauche lie gt. wird das ganze
Nachdem' BS . Nervus ‘? chiadlcu s ca. fünf Minuten lang kräftig massirt.
fohrt wteH»? ZUr M f aSS r a f« benutzte Fett sorgfältig abgerieben ist,
vftSl p- Ca ‘ fu £ f ¥ lnuten lan S die oben beschriebene gal-
vamsche Pinselung. Es ist selbstverständlich, dass der Pinsel bei
/q 1 ^ e ^^| nWendun ^ käu % angefeuchtet werden muss, wenn auch
dUFCh emmali ges Eintauchen in kaltes Wasser. Nach
igung der Pinselung legt sich der Patient auf den Rücken,
er rzt greift mit der einen Hand unter den Hacken des er¬
krankten Beines, mit der anderen drückt er fest auf das Knie-
ge enk. Alsdann hebt er plötzlich und mit grosser Kraft das in
er Streckung gehaltene Bein an, um eine möglichst ergiebige
eugung in der Hüfte auszuführen. Die Bewegung wird in ganz
kurzen Zwischenpausen vier- bis fünfmal wiederholt. Die Methode,
. ^ sck on lange als unblutige Nervendehnung bekannt
, lst J etz « von Bonuzzi 1 ) und später von Benedikt 2 ) wieder
neu entdeckt worden. So leicht wie die Verfasser sich die Beugung
ei Butte denken, ist dieselbe wenigstens bei an Ischias Leidenden
nun nicht. Die Kranken spannen, durch den heftigen Schmerz ver¬
anlasst, die Hüftmuskeln auf das äusserste an, um die Beugung
zu verhindern.
Auch halte ich behufs Nervendehnung die Beugung nicht für
genügend, wenn dabei das Bein nicht energisch gestreckt wird.
eide Indicationen erfüllt die oben angeführte Methode leicht und
schnell, was bei der Schmerzhaftigkeit der Affection ein nicht zu
unterschätzender Vortheil ist.
Von den drei zur Behandlung angegebenen Acten — die in
ga,nz schweren Fällen täglich, sonst zweitäglieh ausgeführt werden
müssen halte ich die Massage für den direkt am wenigsten
wirksamen. Doch möchte ich sie als Hülfsmittel zur Kräftigung
er bei längerer Dauer der Krankheit stets in Mitleidenschaft ge¬
zogenen Muskeln nicht entbehren. Das Hauptgewicht lege ich auf
ie galvanische Pinselung und die Nervendehnung. So ungemein
schmerzhaft diese beiden Acte der Behandlung auch zu sein pflegen,
so entziehen sich die Patienten derselben doch niemals. Denn der
riolg ist nach jeder einzelnen Vornahme ein ganz evidenter,
atienten, die zur Behandlung getragen werden müssen, können
e ^ ner .Sitzung häufig schon eine Zeit lang gehen. Allerdings
p egt der Erfolg in seinem ganzen Umfange nur eine Reihe von
stunden anzuhalten. Aber es bleibt nach jeder Sitzung doch
PM? er ,u em Besserung dauernd übrig. Führt man die
-Behandlung nun regelmässig mit nur 24ständigen Pausen durch,
so erreicht man in kürzester Zeit vollkommene Heilung. Ich
■Röfn l ?° w U f Z1 ,’ d ®üa R. Accademia medica di Roma 1890,91, S.257.
Keferat m Eulenburg’s Realencvclopädie Bd. 24, S. 649.
TTT- ' Benedikt, Die Methode Bonuzzi. Die Behandlung der Tabes.
Wiener med. Presse 1892, No. 1.
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4. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
775
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habe Patienten, die Jahre lang an schwerster Ischias, complicirt
mit hochgradiger Muskelatrophie, litten, in vier bis sechs Wochen
durch die angegebene combinirte Behandlungsmethode geheilt.
3. Der Hautreiz dient zur Fernwirkung auf die nervösen
Centralorgane (reflectorische Wirkung). Nothnagel 1 ) fand, dass
Hautreizung Verengerung der Hirngefässe bewirkt. Rumpf 2 ) hat
dann nach gewiesen, dass genügend starke faradische Reizung einer
Extremität bei Fröschen und Kaninchen Erweiterung der Pia-
arterien auf der entgegengesetzten Hirnhemisphäre hervorruft.
Löwenfeld 3 ) hat dann gefunden, dass starke faradische Haut¬
reizungen Erweiterung der Piagefässe im Rückenmark bewirken.
Auf diese Experimentalerfolge gestützt, hat man nun eine Behand¬
lungsart von Krankheiten der Centralorgane, vorzüglich der Tabes
dorsalis gegründet. Durch faradische Pinselung grosser Haut¬
gebiete haben Rumpf und Andere Erfolge bei der letztgenannten
Krankheit erzielt.
Bei den Rückenmarkskrankheiten unterscheidet man nicht wie
bei den Gehirnkrankheiten direkte und indirekte Symptome. Ich
glaube, mit Unrecht. Man würde durch diese Unterscheidung viel
genauer die mit Erfolg zu behandelnden Erscheinungen von den
incurabein abgrenzen lernen. Auch bei den chronisch degenerativen
Processen, wie bei der Tabes, giebt es indirekte Symptome. Aller¬
dings handelt es sich hierbei nicht um periphere entzündliche oder
ödematöse Erscheinungen, wie beim Gehirn. Aber es ist sehr
wahrscheinlich, dass bei Ausfall des Nervengewebes an einer
Stelle des Rückenmarkes das umliegende Gewebe, des Haltes be¬
raubt, etwas einfällt. Besonders die kleinen Gefässchen werden
hierbei leicht einem Drucke unterliegen, gross genug, um die Er¬
nährung und demgemäss die Function der Nervensubstanz zu beein¬
trächtigen. Hierbei ist das Gewebe anatomisch ganz unverletzt.
Wenn es gelingt, die Circulation kräftig anzuregen, den Blutzufluss
zu vermehren, die durch den Druck bedingte Anämie zu heben, so
werden auch die Krankheitserscheinungen weichen. Die Art der
Erkrankung erklärt auch, weshalb die Erscheinungen so leichtem
Wechsel unterworfen sind.
Zu den indirekten Erscheinungen bei der Tabes gehört vor¬
züglich die gestörte Blasenfunction. Abgesehen von den spon¬
tanen Schwankungen, giebt es kaum ein Symptom bei der Tabes,
das so leicht sich durch therapeutische Maassnahmen beeinflussen
liesse. Allerdings tritt die Wirkung nicht regelmässig ein und ist
oft von nicht langer Dauer, aber als Erfolg fast aller Methoden
der Behandlung der Tabes wird die Besserung der Blasenstörungen
aufgeführt. Auch die neuesten zur Behandlung der Tabes em¬
pfohlenen Methoden rühmen dieses Resultat. So erwähnt Eulen-
burg 4 ) in dem Bericht über die Suspensionsbehandlung in der
Eulenbug-Mendel’schen Poliklinik, dass zu den am häufigsten
gebesserten Krankheitserscheinungen auch die Blasensymptome ge¬
hören, wenn auch nur mit temporärer Wirkung. Jürgensen s ),
der zur Behandlung der Tabes das Tragen von nach dem System
Hessing gearbeiteten Stoffcorsetts empfiehlt, meint, dass sich bei
dieser Behandlung zunächst die Blasenstörungen bessern. In seinem
Artikel über Suggestionstherapie betont v. Corval 6 ), dass fast
alle Beobachter über mehr oder minder entschiedene . . . Kräfti¬
gung der Blasenschliessmuskel berichten.
Diesen Methoden zur Behandlung der tabischen Blasen¬
störungen reihe ich 4 ie mittels des galvanischen Pinsels an. Sie
übertrifft dieselben an Leichtigkeit der Ausführung, Sicherheit,
Schnelligkeit und Dauer des Erfolges. Sie wird ausgeführt durch
galvanische Pinselung der Haut über dem Lendenmark bei ange¬
feuchtetem Pinsel mit starken Strömen, am besten täglich, jedes
Mal bis zu intensiver Hautröthung. Die Wirkung beginnt häufig
schon nach zwei bis drei Pinselungen, und nach Ablauf einer
Woche ist meist das Aufhören der Blasenstörung erreicht. Die
Behandlung muss dann noch ein bis zwei Wochen fortgesetzt
werden.
Selbst in weit vorgeschrittenen Fällen von Tabes erreicht man
noch gute Resultate. Die Dauer der Wirkung beläuft sich auf
Wochen, Monate, Jahre. Hierbei kommen eben die direkten, durch
die Krankheit selbst im Rückenmark gesetzten Veränderungen
wieder in’s Spiel, welche natürlich auch wieder Veränderungen der
indirekten Symptome veranlassen. Schliesslich werden auch die
indirekten Symptome durch Uebergreifen des Processes auf das
Blasencentrum zu direkten, und dann hört die Wirksamkeit aller
*) Nothnagel, Die vasomotorischen Nerven der Gehirngefässe.
Virchow’s Archiv Bd. 40, S. 203, 1867.
Rumpf, Deutsche med. Wochenschr. 1881, No. 29, und Archiv
f. Psychiatrie 1881.
*0 Löwenfeld, Untersuchungen zur Elektrotherapie des Rücken¬
marks. München 1883.
*) Realencyclopädie Bd. 23, S. 649.
Ä ) Deutsche med. Wochenschr. 1889, No. 40.
6 ) Realencyclopädie Bd. 23, S. 637.
Methoden auf. Bis zu diesem Punkte aber gehört die Behandlung
mit dem galvanischen Pinsel zu den weitaus wirksamsten. Beim
Wiederauftreten der Störungen ist bei der Einfachheit der Methode
eine Wiederholung leicht zu bewerkstelligen.
Es ist sehr interessant, die einzelnen Stufen der Wirksamkeit
der Behandlung in der subjectiven Empfindung des Patienten zu
beobachten. Die Mehrzahl der in meine Behandlung gekommenen
tabischen Blasenstörungen kam zustande infolge von Anästhesie.
Die Patienten merkten überhaupt nicht, wann die Entleerung der
Blase erfolgen sollte. Ein kleinerer Theil bekam allerdings Harn¬
drang, bemerkte es aber zu spät, um noch rechtzeitig zum Abort
zu kommen. Alle diese Patienten geben nun an, dass bei der Be¬
handlung mit dem galvanischen Pinsel zuerst die Empfindung des
Harndranges auftritt, anfangs kurz vor der Entleerung, dann immer
früher und früher, so dass schliesslich den Patienten genug Zeit
übrig bleibt, bis zum Abort zu gelangen. Das Gefühl, den Harn
besser zurückhalten zu können, haben die Patienten im Anfang
der Behandlung nie. In Uebereinstimmung damit bessern sich
zuerst die Erscheinungen der Blasenstörung auch nur am Tage,
während das nächtliche Bettpissen noch andauert. Es fehlt eben
der reflectorische Vorgang des Harndranges und des Zusammen¬
ziehens des Schliessmuskels der Blase. Erst nach weiterer Be¬
handlung fühlt der Patient die Möglichkeit, den Harn längere Zeit
in der Blase zurückhalten zu können. Es erweitert sich der
Zeitraum von der ersten Empfindung des Harndranges bis zu der
des Zwanges der Entleerung. Dann hört auch das nächtliche
Bettpissen auf.
Ein anderes Symptom, das sich durch die Behandlung leicht
beeinflussen lässt und das ich deshalb zu den indirekten zähle, ist
die Sensibilitätsstörung der Haut. Es mag auffallen, dass ich eine
Erscheinung, auf die viele Forscher eine Theorie von dem Wesen
der Tabes gründen, zu den indirekten rechne. Aber es ist
unzweifelhaft, dass bis zu einem ziemlich weit vorgeschrittenen
Zeitpunkte der Krankheit die Sensibilitätsstörung zu den wechseln¬
den Symptomen gehört, dass sie demnach bis dahin nicht zu den¬
jenigen Erscheinungen gehören kann, als deren Veranlassung man
einen doppelseitigen chronisch degenerativen Process annehmen
muss. Sie gehört nicht zu den unwandelbaren Ausfallssymptomen,
wie deren eines zum Beispiel der fehlende Patellarreflex darstellt.
Weitere theoretische Betrachtungen führen an dieser Stelle zu
weit. Ich beschränke mich im Folgenden auf das Thatsächliche
und vor allem auf das für die Behandlung Verwerthbare.
Wenn man die Haut der Unterextremitäten eines Tabikers mit
dem galvanischen Pinsel täglich streicht, so bemerkt man, dass
der Strom, der im Anfang gar nicht gefühlt wurde, nach einer
Reihe von Sitzungen schmerzhaft empfunden wird, häufig derart,
dass man genöthigt ist, beträchtlich schwächere Ströme anzu¬
wenden. Die elektrocutane Sensibilität hat sich eingestellt.
Wenn man die Tast- und Schmerzempfindung an den Unter¬
extremitäten eines Tabikers vor und nach der galvanischen Pinse¬
lung untersucht, so findet man, dass diese Qualitäten nach der
Pinselung erhöht, häufig sogar beträchtlich erhöht sind. Nach
einem Zeitraum, der nur nach Stunden rechnet, nimmt diese Er¬
höhung wieder ab, aber doch nur so langsam, dass am nächsten
Tage immer noch ein geringes Mehr an Empfindung übrig ge¬
blieben ist. Wiederholt man nun die Behandlung täglich, so kann
man es erreichen, dass nach einiger Zeit eine nicht unbedeutende
Vermehrung der genannten Empfindungsarten gesichert ist.
Die galvanische Pinselung bewirkt überall auf der Haut
Röthung. Aber es fällt auf, dass diese Röthung an Hautstellen,
die von Sensibilitätsstörungen ergriffen sind, viel langsamer und
schwächer auftritt, ja manchmal überhaupt nur sehr schwer
erreichbar ist. Es fällt ferner auf, dass dem Grade der möglichen
Hautröthung die Zunahme der Sensibilität zu entsprechen scheint.
Ueberall, wo eine beträchtliche Hautröthung gelingt, ist auch die
Besserung der Sensibilität eine beträchtliche. Ebenso ist auch im
gegentheiligen Falle das Verhältnis ein gleichartiges. Häufig ge¬
lingt. es erst nach einer grossen Reihe von Sitzungen, eine wesent¬
liche Veränderung in der Möglichkeit der Hautröthung zu bewirken.
Bis zu diesem Zeitpunkte muss man dann auch auf den Eintritt
einer Besserung der Sensibilitätsstörung warten.
Dies sind die drei Punkte, die sich bei der Behandlung der
Unterextremitäten von Tabikern mit dem galvanischem Pinsel auf
der Haut bemerkbar machen. Subjectiv macht sich ein wesentlich
angenehmeres Gefühl in den Beinen geltend. Die überaus lästige
Empfindung der Kälte und der Gefühllosigkeit in den Beinen lässt
nach, und in vielen Fällen verringern sich auch die spontanen
Schmerzempfindungen nicht unbeträchtlich.
Schon die Möglichkeit, den gerade durch Sensibilitätsstörungen
bei Tabikern verursachten qualvollen Zustand zu bessern, würde
die Behandlung mit dem galvanischem Pinsel rechtfertigen Abei
die Wirksamkeit desselben ist damit noch nicht erschöpft. Dei
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Ko.,40
lunarer Huliftmllüug der. UirtwopremiEiten tritt in dar gs0 ssen
Meteahi dm Eällo »»hie Be»öenmg dos Ganges vim Er wirii -fächewty
und dar JEiflleat El itn*fufi<]<? schneller zu gedron v fchöc siidi Oer
IQlBfr rtn> Sturzes -*iu ö»* is*fU-x«n, Ohjortiv Hisst sich mirit eior
Ahüalärth Om' Ataxie tuudjwoisoQ. Ute .SrJm.'rnkuiig-eji bei Schluss
f h •' A ugmi •••im! viel ^eni^er aiis^ioh!^ ut^ ivüht^. Es «min;art dem
i-'aLEnteio Pteji j-hic-m- ’lrit ohne Ü nimmLite ung dm Au^ii im
itlwkdigo wicht %\i taluühßn. Uh 0er .OPUiifEu.Ue.]; dleäur- Ersriirimm*
gm ■• «utzif»* und ‘Olein m <ft>r Hessmmg der SenAhdirkExtbnHigmi
• Irr iJ;m( «u sjitrluio Er v odnr oh duhri eine Wirkung ndf tikur
jjcJpgeiw Thvilr, u<km wpj iite- divp fHmdisohep iHmwd mi^iiehi.mcn
\OvtL eine lAu’tnyy’kwöß n{d (p.g'Ehokepjpa'rfc sojbxt uwh in Jlo-
rmi-jit ku.mmt. UfWOb.W Will j.'h II»u U lllOr fiidli OttlSi {leidolU dwiwi'
A01« glaube ich‘rföft j£y1 wiHßTif'n- -Hinkel als cm nusgmKeEJiprJms
3-Hü.cl zur s.vn<|^mu>ysiilic-_!j' iEhiindiung di* Tabu* miipEHor m
dürim, Ein HoimmU.uv; h‘dm Eh in '!»*r Wcis-u sitta »b*>fr iuh
dm lfmu über dem Bomlewri»! i; mir dem .mnnrcurhtrt.pii
rnlvitni-vitcj; Oumyl uni morEm Xtmm hh. zu vKvnmver **;• ur-
rotliiny.» siiridtr. jils»Uni) dm r*Or»*'.\'(f'«aiulaten in gi-ifher Weis«-.
J<'.h. Eun-Mutiii b- 1 Mio ul tut form !U>'i/ { f Uw .»n* h M- /tiMOult-
'■ihhfifüi Um .Bch;«mlInog ij«*yt*!ii,:«i. an» lu-sUin tripi;.;-},. dfihjji go~
lamn' man noch mi| *ivy.u„m--<v LeEimUunu n»n Zivi
Ml* sIlfMr Methode Intim i* 1» ?»,m Tlt*‘il hntH, 1 itowlb
Uiii? m-MidU .ASm Heilung nd*T Amli dlm» dfu Kunkumt rih £<jj$fg|
vfv^tantlhh |) gor keine JE. fl re Kitt durch Benin fl üswuig der in-
tbrn-tcl» ;i’>V'!.(!{!l.O«ltfi, fl. tl. derjclbio ny Ab* Vbb fji üüigOfli Simm or~
kfanUi’»/ Nw \ cntU-Mcu. welche nl-w mn.b nnln .Irr 1 icLvn i.Aum
VfTi.ilh'ff sind, hemihnm. irciiit M es mhe ih. s .a rimu /n fnm.-licn
JiE T\äbr(. Mcnaif.' bis ,kliw- f .jo nach her Jh'^ccs-ivh
liii des ;inai(muschf j u IhrüH^sns, dimhnlhi' .Jlflire bttiE
nt'IU buh. j-r» ist ^ aurJi Imebi da- Bild m.o-nin h.-( ijoilnm-
v.n^iEin^dtnfL IHnftlr um ein Ein EmtonrnMvtfiJirfC'
jhrimlUc um E1 lptiboJioh Stilek um dirwotu enUcnil und sohliß^Uoi».
dk AVurnJo ditivh NiliO» ^skblbssou. Avnküe Üwik nur di»/ {4nr
tlEllh Baut and Knorpel fentretfVm, An der irpvnm. FMk der
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sibrummn und suhjofiive«, StmEbttitM.ssioi*»i.i^m, Jün
,t,v -brilf" sich in bmEuTmErm UriJrir wieder ein. t y.jw-
nb EDrb i-thä!* die re/lHetorEeim I hipi<!-ns( o; die löllldiulüti Hai-olW*..
i( und Müin,- *on,Emhf. ? ts-».U' U r Jj LM-u, Auel: die Ataxie ie fi;i u,
• m) EonauEhlmdersvfe.jtirni:- bmih wevdvTt Lij<wd£lF
■fom; blich i.w. ÄUiti JhImv iWU . Wo Eh den SAcl ieniofi aus dem
Aii^e Nniler. I»öl-- .I*’at.j.<?»t haUe ds.us. Ut-h'ihl- den HdüuUjLr; wt d m
•subjftcliv* niM' wonip; Von seiner Ivranhbrjr. nnÄklb.
^‘Otrulid dri •irndntniM-he )‘i f..t,f Ks fort;. Umi-m naf nre-cimUs
Veist-ldoebtcnn.,^; aut, Man kann denn . wiedormn vci-sueheE
VypkOtno. IuUh yflMtt imcdx rml'h&öto Mötf ilSvh
mm- b'ur tu ^rhesbero, lEe Et meinen utmb .las .inhd^ü
'r"," r i ' i!il ' ll "'- U " li " 1,i; ' *'.-i T-.l.,'- •i!.- : i.,u.,,t hl.nr ist,
l’v; b* ,!l, '!; n[ : ,i,irr| i .»iiHiim!is.;i.,> V.‘i'iiiiit.!rO,c unalv
:ü)U'dinim ^iigiaoile die f<ii ik>ii Krjeköit jöfigBeiisi. cigstÄsteil
IV. Ans i3(.tU hrenalifheitaBg dcrKönigli,;heu clunu-giVJten
i'uivemiäiypoiiklinik in München.
e,':r; aeus plastische Methode zur
Rueklagenmg hochgradig ahsteheuder Ohr-
A'-AVv’-'AE • tausqhela. -
V‘>» D"C*nt. i>r. Hhust tu Mllnehtn.
U.Md, K T,«lf« ii&tsiirtnlu i.il 1 i-ii.i*«..lu>)n sin.l Pi« hauüa ,.„ r .
kimiiiii'.ulur kosmeltfiihw -J>eSvf. .1.-,. %-y. I niscrdw-
H,Mmn einem .iiu,lHrv.ähn.twiM.. (iunai.^-.- l ,r i 4, a .- K WH. n ,u„l, »er-
o*t. um ifdUc werden
Es sind Wirts eUiulm V« r f a |, TO , i,,*,,,.,,,.. , lril
fentEid ir : 'iei. o.i,, ,„d
,; b; : r | ’■ g " lm T Ul.rm,schein im An*
•n om toluu, normen LHß‘n .rMtmMn wirth'V können
VU ki/X ,; ,m ' l b U ' d - rliVr di-s \ orArnrhes ImUmv kurz
|S Vr f , •■\ Y *** • • li?m ^hirrikvimm iVlv mmewnudtr nmb
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777
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also der j,-itfipen f\, A, Cj auf B m livwmh kommen muss,
•Idemm Aeckihrem das *b;b. Von, dmh UruberLehen dfurr-h die
J«>4*penbild*m£r vornherein untersolimdtn. gm figf malst bei stark
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btiifkei^’r \d>r^v^iy?kit!guiug: »W Knorpel pkti.fr gßjir mjidß&t, so iu»tm
ich eiuaiH.! dH- MudiHuatioi) angewandt, dass die Y.erihngmmiigK-
snlwitt-f* des -ersten, iu der Lsrnd muslimr vermutenden Fvuirejisubr.itt.es
Lh «tu! (V Hfj wie sie auf der liib.-konfbli-ho d*M‘.MiiKubri veriaiih’-m
bis.in dm> Rimiwi solimF etwa um die UttU'tn. seines Djukondun.b
messerüj geführt- und uhn du? KnorpedkunÄlmi, uidHü amn die )i*?-
ti'ebVrnie F.*«Jd,fn tngi ;$Vv*l&£tbD Xeignluurer mul Damnen fasst *-tiud
zugleich- Hbbr» Ht ; arkmi -Duiek' uusiUiF frwrtorii't weHkm. iu gleiduw
Weise wird bei zu rö. kge^ bLigen» m Läppen' dd. A, Cd l ui der :
Mirtn zwißubeu diesen zwei rrnh-n KnorpeUmÄshwu.'.gf ei H» m-u.
entfernt 'un der oberen mul unsren, oim* dritte Kiientelim-iAo;»
(x \b¥ eienr 2* mit .p;tj:|»toJV?ftHiivr lAmd.nrinmg vorgmmmmmi;
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gkfijvfeL es, anck sehr wider^A tintige LKlmdLdLfelrr yfriLMMig sinket’
v;-dressuxu. ohne dass rs .unriiWi.ru) m wärm die vkimrubmido
faöWWliddjHy Proueduc der Knorprlexs iskm uiiswufubrem X>&sk
mndl jlcl» dureil nimm eritspre.dmodru FnJtiprns^ivmbimd das (du'
dtK Lttllo difu (XlindtiW’bel rtnkn ich ituvif
;di»s Zird der ninfiudi dadiireli errmdUt:, da^ <äus der
buiteKai Klä^m der OtinuU'.i-lnd ein klfdoiss ] ein Iruv/ws- m.v'ri.hciu
Idpttfowu.i^ex fLmtoü k»h. u und .un zwrtU.w eben sobdies, iw!i;ni
m* gi"- - - l m dm V nrzetifnn'/saiziib Darbe, dum ursfen ron-equm-
diinud. ans^-Si-imiTtun wurde. Fs \>. uvd<*n nun die beidei. WFmd-
ftäebmi ohne je^liDre .Naht gmum {dmaurlor ndüptiit: idodamd kam
auf die VViunillii.eh*?u seliu-t tiie.hr-. Van von missen auf darf
Ohr üuwnif^Tei- sehr sorufUiriger (>.n.p» »‘.sHivverbnurl. .^’lueH; die.
Thcile in dm : OdiOooii. Lage; <*i l.ijeb vrdlo 10 ’tmre liegen, um
keJne Fldriibg iin HuiivrrbmCtx xü ofZtdoö. ikuwidt
gute Rüekiagermig tlmeb i'ei ; -wm-bsnaig.
Y. Ueber operative AbortivbehandJung der
acuten Osteomyelitis. ! i
Vun jii Ka*-owHki iü Kl-! Du. .
S'-il'ifm «s }'»*{(>in- im .litjiw. esMii fftiuu^rii i«t, Jiai’lizu-
wenven. ilarf Uersolbö Mb'vmwmntm. <kr den Piipmikei Hrzeusrt, &P;h
bei dt-r muftm d LhmmynüDs vdidtmJtt, bAläai nim versehiedeijstcn-
DntersiniiHngCü immer svieurr ee^igF Uass -die d.^vnbnliidiun
Kdureoe.'rn Iml dnmer K fa.uk liei}; uta duLugiiflüS- Aftern-; ajilt-fntun.
I Lmf un Wuj.sfnfiiin dn-W'.<vi<m>.jii‘m <f<. j St:jph\ ioeneuus, mul Per I-,r j .
drr als der erste dir Kfnnkbmr. auf Thmrt.* zu ubtminidf'ui in.o neir
v,ar T jjlnoUrc iw dem Stapkylm n> eus ain-mis rinn sgembs? heu
K.rankhritserr«£. =r gpfmdlim Lu Uabtfu . Alter- ifas e.Jibdi) h ' w ins
mo ft, dnss darsLkn MiktOfniradit ayssür bö] Lkikom|Ffi^Ts ind einar
An/.ab! andrrrr Kifm-ungen. -"(»rkumru« ' runt-' im mdrmniki--
tischen Film" äussm’. deav Ftagbylneuwnir. liaBHtk iuH’li: der ;dnu-
uml der Sf lyjdororeus pyagendw beOuiMh j».. IramM war di<
fdrjdFdt der <ndooi«oe}iPs‘ehm> md dm g.*" öb. : iiidn>M Jüirnruug'
f, vf o’csndlt, die nmjtrmbr Ydn Krause. Dar/i, !\»>d r ?,. f .Kr a^kc,
Kohl s, Lexei; u. h. in>: wmsentliclien imstufigt; wurde. Selroa
K ra s ke lmtte die M%lmkkmt aagedmifoF dass mis.ser-nK'ü-, gr.-
n.dodedn'n Li‘'.. ; ri*ü ou lat« mug ouft-r iOastäntum .jueh vU->
Bpwifjsojnm Mikteami» Feriamgim \ öteedTnrislOtübklwdPdi. in
Vorlaui' mau jVmmmmeüorofigrn sieh mitwirkrln mnhf, time :/kjr
i Istnnmudifis gleirbnrUge k«ioejienentztii)dung scimlTen binnen,
und nnobdem Ll»orikey er >u mmr ni .m mlirie-n i‘.-.Dxis- hu .•! ! um*
Lyid'uwlmrdlüii tmfdenkt irnttm ••rmrir. K'mjuerirb Ptlmann in
<M\\m s.-bünmi expm’immbr.ürn AHndt, dass man lad Tineren mir
n]ien ’Hncj.erjcnAr-tun, ibumti pinn lyrotrene. ß^mischatV zukommo,
iXlmli OstAöinyrikis hervuvimftdh kann; Oim-um ydn yioldn anderen
Autoren* ipuppr n iader jmstiUdgl» ! u '{'UftfsürkMi iLhf eijehille i'mnmv
an, dtiSB kycll j^ljehr ipmd'< r iddlfj>vudurfu UsUfAy ini) itud reizende
.dinjnLejvw Fnbshi.n^en fKmekoja IU;;XiFi; h i im KnorlmnnuiDv eine
Eitwuils r-rrrgrn kimmm, An< »llmlcm erb! .hervor, dass die acute'
( )& mmiKnU- Ia-O m spet : iksnlje LtibdLtiskrankhcif dnrskeifil snndurn
drirrli jed.es ‘Virus, Wefeitr-w ad. U )n :.»ndm'r.u {ImvolmU Lünttdng vmv:
nvs.!- i*r snsinhde Icomnieii kaum
Nielitsdetifowe«iigkr Tbrätehl tnkb im allginnnlimn itnim: 4w
in uf-Oj ( isl eofiti *dil je B n bfprhf w; £ die dmrk fhterroeren hrf-\'om
"CfdbMü,'» Fdrng nkd zwar dmjebfgn, welche mit Bddht «fL Attwihmf
des Wa'disth'niiiSMivmv htmeiebm-f; wmajim kfinü. ii h. dir nCi.iU\
unicr pshmiftehefi Krsi huirnnJ-gcu <low
g os ii n drr K it*del* br ft»! icndb. rLri»y K u wch*.* j> rn t.y. h aä t»ug ,
\»m he. das ln-.-«>»»der»* Utilertum y.r.igl, iIvk in der iDxei
rinn lllnge ngspiuH e- i fn da..- V it os jnbit oder we.n: l-;.'» eu s
zi» fehlen -« li«1 *11
ln der Thal hat gerade dwes FrLirn nidcr Fingang^i)l'nrlo l;mgu
. ;^’hF- ilnFu bi%hFir*i‘m:A i\n% W mm dar yu- ILDiv^fidmndhn Kvnnbhnit
5ii rin gewisses Dnul.« I v.o h.lih'M ln« j t*db m*> Fmnnhdi
fi(i)‘duu . Kra'-lcid Ht«dnde K» pfwuinton (Kuh es;}.. Impiwunfhm.
meieer „[Ihn Hn'ffnlr str-ibm ift- Jhuw-uub •;mm dm LiPweerrcn
rdftm w'eiicD’.s- evMufcru golihimH Ltd Kinderrt /u ihm -Fhdf-euhoitmL—
sje hijd(di hid 'Frwa.hsriu-i! die Luwdl (Ache dordaH s Dasuistik),
Viel baniieer fe/'Orn fiidieflidfi UUel bei Kimie u Id / lir kleine
Schnitt- und Kis-wum!. r. du* hmm Aiiffreten der < LtemoyeHus
IfcrÄityf gchnilti *>dcr” is|'upddn v'cvs.rhwiindcu siud: die Lrsftdho
s»da. Ahm es ist aurf, mit. Fendh \)m Smberbrii rrwmseii■ 'dm
dDAihimi.m-w.— • \ f »e r.f) k r i w l ; it Xixieh u»m-m 'Mm ».{in Kiypnvit
der ‘hmA.ilö«, üidi iaiAou Slt'vh*. bir m», m, bHier«,..» y.-n dass die¬
selben mir den N;»]ir»ui',vm»ff«du in Am Darme.um! Ams-
■sir Ire; ■ i»-e .yUmotuw io dm Lniigi* empirir», v»H Mn i K öas h " k ja
.biss sie ilmvk de h)iaM» Hanf Mh (u-emilStmw InvndPeu kdimro
(p.ith. (Jiir v r, Fiimni u m), kurz, dass nrnb ohor oflrnkuiidiW'V
< '».ntinuitüwlfi’niumir der unseren Ibuirdnuigen dicKitm-eM.-n*.» .'«-idm
Hi hp Ui'L^utheü Jinben, iu die Plulihaliu Pfe Iminuheh
hier i.'h Id sr-td; f in \\ irksttinkeil’ zu treten, sie kOmou? nimmm um
oder Mid* den veT‘toV}ii<d1ensf(*n SVogen w»4H r verKuhb'hpX dveydcu
!)U d unlrn Doeddiuimt. vüo ihre \'rrimdiruuw mim Ausie»ieh r! m }>»•-
giiimtn ihte Adiksainkeii, enUblten. HaMmi VtSlTfunnn und
•K raske IVifbee seiodi die nmife OshryTn.Vejihis als. Ciuk i , y;i!.ub‘ br-
(rmditeL d'nvo w'nmmtliuhr Krseh^iimneen Atu hnnuhmi M-
üfdclmi, Ad»/ Dd JhJÖi m den moumrmi ilntm sie-biinumi inihiur mhhr
zir dom Resdlkif gi-kbrn^mn, Mm. föc^o KivtnLhOt fp kmom- W egsr
dinrse. T'Vkemitn'ne- mit-dtAf Wm'teh aUK! ...Dt« f- M fn ba'A-tud.Fh'-
irt P.V'h'mic meiert- im jü^oijiinehcw A-Jt/tr -eine iier-
»» Narli Kr’anbmnmrsbdivifm'en nn.»fAairi»vitwm in der iinrinu-r. me bn
mvdmn Ges.ill^h^l. und mf dorn XMi O^'^s MiimM« ^n^rb
sriiatMUi tfbu’urgm
C'.o gk
778
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
vorragende Neigung zur Metastasenbildung in den
Knochen; die acute Osteomyelitis ist eine pyämische Er¬
krankung der Entwicklungsperiode“.
Von diesem Standpunkt ausgehend, müssten wir den osteomye¬
litischen Heerd stets als eine secundäre Affection im eigentlichen
Sinne des Wortes betrachten, als ein Symptom bereits bestehender
Pyämie, und nicht die Allgemeinerscheinungen, welche wir bei der
Osteomyelitis finden, als den Folgezustand der Knocheneiterung.
Dieser theoretisch durchaus richtigen Auffassung des Krankheits¬
bildes widersprechen nun aber die Thatsachen praktischer, klinischer
Beobachtung, sowie die Resultate vielfacher, erfolgreicher Thier¬
experimente. Aus ihnen ergiebt sich, dass wir zwei anscheinend
verschiedene Formen der Krankheit zu unterscheiden haben: eine,
bei der im Blute kreisende Eitererreger von vornherein das Bild
schwerer Pyämie hervorrufen, und eine andere, bei der dieselben
— ja tagtäglich und stündlich von unendlich vielen Kindern auf
den verschiedensten Wegen aufgenommenen — Lebewesen erst
durch geeignete Verhältnisse befähigt werden, sich irgendwo im
Organismus anzusiedeln, hier die Knochenentzündung zu verur¬
sachen und dann die Gefahren der Eitervergiftung heraufzube¬
schwören.
Durch Erfahrungen am Krankenbett und bei Thierexperimenten
steht fest, dass durch Traumen und allerlei Einflüsse, welche den
Organismus schwächen, eine Prädisposition für Osteomyelitis ge¬
schaffen wird, dass also das Haften der im Blute kreisenden Eiter¬
erreger im Knochenmark der Kinder von Bedingungen abhängig
ist, die theils in der anatomischen Beschaffenheit (Neumann’s
Untersuchungen über die Einrichtung der Capillaren im Knochen¬
mark), theils in besonderen Gelegenheitsursachen localer oder all¬
gemeiner Natur (Traumen, Blutentziehungen, Circulationstörungen,
Ullmann, Jordan u. a.), ja sogar des Alters der Versuchstiere
(Lexer) gefunden wurden. Wir wissen ferner, dass die Erscheinungen,
unter denen die Osteomyelitis auftritt, sehr verschiedenartig sein
können. Bald entsteht sie hyperacut, unter den Symptomen der
schwersten Eitervergiftung rapide zum Tode führend, so rapide,
dass Localisationen am Knochen während des Lebens gar nicht
wahrnehmbar sind, sondern erst bei der Section aufgedeckt werden,
bald beginnt sie nur mit leichten Knochenschmerzen, die, zunächst
noch afebril einsetzend, erst nach einiger Zeit von schwereren All¬
gemeinerscheinungen gefolgt sind. Bei dem einen Kinde sehen wir
in wenigen Tagen nach einem geringfügigen Trauma durch eine
weitgehende Eiterung eine Totalnekrose eines grossen Röhren¬
knochens sich ausbilden, bei dem anderen vergehen Monate, ehe
eine periostale Verdickung den Grund der früher geklagten „Wachs¬
thumsschmerzen“ erkennen lässt u. s. f.
Jene schweren Fälle allgemeiner primärer „Sepsis“ dürfen wir
auffassen als eine Ueberschwemmung des Organismus mit Eiter-
coccen, welche sich im Zustand höchster Virulenz befinden, als
eine qualitativ und quantitativ ausserordentlich hochgradige’Ein¬
wirkung. Die anderen stellen eine erst innerhalb des Körpers er¬
folgende Vermehrung der Zahl und Steigerung der Infectiosität
der vorher in der Blutbahn kreisenden Mikroben vor. Haben wir
es also bei der foudroyanten Form mit einer Allgemeininfection
zu thun, welche Metastasen in den Knochen veranlasst, so werden
wir im zweiten Falle annehmen, dass die durch locale oder all-
gememe Ursachen an einer oder an mehreren Stellen des Knochens
erfolgte Ansiedelung von bis dahin wenig virulenten und nicht
zahireichen Eitercoccen dieselben am Ort ihres Haftens an Menge
Virulenz zunehmen lässt und dann erst die Pyämie hervorruft.
Wurde demnach im ersteren Falle die „Sepsis“ ohne weiteres zustande
kommen so würde im anderen erst durch die locale Erkrankung
des Knochenmarks die Rückwirkung auf den Allgemeinzustand sich
entwickeln, sozusagen die Pyämie erst secundär entstehen. Diese
-Beobachtung kann man besonders deutlich bei denjenigen Kindern
machen, bei denen die Osteomyelitis fast unter den Augen
des Arztes im Anschluss an ein Trauma entsteht. Die kleinen
1 atienten werden uns zur Untersuchung gebracht, weil sie nach
einem Falle aus dem Bett, einem Stoss gegen die Tibia u. s. w.
rnniif 1 ? Ta P vorh 1 e . r stattgefunden hatte, das Glied nicht mehr
recht benutzen wollen. Objective Untersuchung ergiebt keinerlei
,lieFn d nPtin n S « anderel ; ^ sieht man die Küder wieder, weil
nrlZf iTc f to ™ ns ? 0Ch ■ lm "l er nicht weiche “ will, die neue Ex-
m * miI !T ! r Cme kleine Intumescenz in der Gegend
,!i n f entdecken, man stellt die Diagnose auf Infraclion
S.J. d, 0 Geschwulst nimmt zu, bald fiebert der Kleine, die ganze
«SiliTnrtf ' v ' rd odematös, Trockenheit der Haut, fuliginöse Zunge,
2 nnnik Erbra i r und P elirien ze igen den Ernst der Situation
ud nunmehr sieht man klar über das Wesen der Krankheit Wir
haben uns in der Poliklinik dos jüdischen Krankenhauses zur Auf¬
gabe gemacht, bei jedem Kinde, das nach einer leichten Verletzung
ÄsseT uld^tf h f tS h ymP -Tt Z6ig P die Temperaturen messe!
zu lassen, und wir glauben infolge dieser Vorsichtsmaassregel
No. 40
wiederholt gerade die Anfangsstadien zur Behandlung bekommen
zu haben!
Auf der anderen Seite steht es fest, dass die Angaben über
die Dauer der Krankheit, welche man von den Eltern oder An¬
gehörigen der Kinder erhält, in sehr vielen Fällen unrichtige sind,
weil der Affection, welche in der ersten Zeit nur geringfügige
Symptome machte, keine rechte Wichtigkeit beigelegt wurde. Con-
trollirt man die entsprechenden Angaben, so lässt sich oft genug
eruiren, dass die vermeintlich seit 7—8 Tagen bestehende Krank¬
heit schon 3—4 Wochen alt ist.
Daraus ergiebt sich zweierlei, 1) dass die acute Osteomye¬
litis häufig bei Kindern in den ersten Tagen ihrer Ent¬
stehung sehr unbestimmte Erscheinungen macht, und
2) dass — wie wir schon vorher urgirten — die Symp¬
tome purulenter Allgemeininfection in sehr vielen Fällen
erst nach längerem Bestand des oder der localen Heerde
auftreten, woraus sich als dritte Schlussfolgerung er¬
giebt, dass 3) in allen diesen Fällen es möglich sein dürfte,
durch die Elimination des primären Heerdes die „Sepsis“
zu verhüten.
Während wir bei jener Form „primärer Sepsis“ mit Rücksicht
auf die allgemeine Durchseuchung des Gesammtorganismus von
der Entfernung etwaiger Knochenheerde nur eine lokale Besserung
erhoffen können — sofern die Krankheit überhaupt Zeit und Ge¬
legenheit für operative Eingriffe lässt —, gelingt es bei der, wie wir
glauben, an Zahl sehr viel häufigeren Art des Krankheitsbildes,
durch frühzeitiges Vorgehen mit dem Messer die Osteomyelitis zu
coupiren.
Schon der Engländer Holmes hatte die frühzeitige Totalexstir¬
pation des erkrankten Knochens nach eingetretener Eiterung und
vor dessen Sequestrirung empfohlen und fand inGiraldds,Duplay,
Kocher Nachahmer, die über gute Resultate berichteten. Indessen
wurde dies Verfahren im allgemeinen wieder verlassen, weil es
häufig noch gesunde Gewebe opfert und auch nur an Extremitäten
mit zwei Knochen, wo also der eine gesunde bei geeigneter Nach¬
behandlung die normale Länge der Extremität zu erhalten im¬
stande ist, ohne grossen Schaden für das Glied angewendet wer¬
den kann. Auch die von anderer Seite empfohlene Amputation
des ganzen erkrankten Gliedes, welche von manchen ausgeführt
wurde, dürfte nur unter ganz besonderen Verhältnissen gerecht¬
fertigt sein. Aber die Thatsache, dass die Osteomyelitis notorisch
nichts anderes darstellt als eine im Knochenmark sitzende, phleg¬
monöse Entzündung, dass die grosse Spannung, unter welcher die
Producte dieser Entzündung stehen, der starke, centrifugale Druck
dieser Producte bei der geringen Nachgiebigkeit der sie umschliessen-
den compacten Substanz nicht nur zu destructiven Veränderungen
am Knochen selbst führen, sondern auch eine Quelle für die Ueber¬
schwemmung des Organismus mit den deletären Stoffwechselpro-
ducten des örtlichen Krankheitsheerdes und für Metastasen bilden,
lässt die primären Heerde als die Hauptgefahr erscheinen.
Sie zu heben, muss die vornehmste Aufgabe des Chirurgen
sein, und das ist — wenn man von jenen radicalon Eingriffen ab¬
sieht — nur möglich durch breite Eröffnung des Krankheitsheerdes
und Entfernung des in ihm enthaltenen infectiösen Materials. Die
Methode ist gegeben durch die Aufmeisselung des Knochens mit
nachfolgendem Evidement. Ursprünglich von französischer Seite
erfunden, ist sie vornehmlich von dem Dänen Tscherning, sowie
von den Deutschen Tbelen, Kraske, Madelung (Naturforscher¬
versammlung 1888) und von Lauenstein benutzt worden. Das
Verfahren ist natürlich nur an Röhrenknochen ausführbar, giebt
aber für diese, doch die überwiegende Mehrzahl der Fälle aus¬
machende Form der Osteomyelitis, richtig angewendet, überraschende
Erfolge.
Der Schwerpunkt der Behandlung liegt nach unserer Ueber-
zeugung in möglichst frühzeitigem und möglichst radi-
ealem Eingreifen. Man darf nicht, wie das bisher fast allgemein
geschah, warten, bis sich periostale Eiterung eingestellt hat, son¬
dern muss unmittelbar nach Feststellung der Diagnose
den betreffenden Knochen in seiner ganzen Länge mit
dem Meissei eröffnen und das eitrig infiltrirte Mark mit
scharfem Löffel und Hohlmeissei entfernen. Nicht durch
multiple Anbohrungen des Knochens oder Freilegung einer circum-
scripten Partie oder gar nur Incision des Periostabscesses ist es
möglich, die Entzündungsproducte gänzlich zu entleeren. Es ist
erforderlich, die ganze Diaphyse freizulegen und das ge-
sammte Mark zu evidiren, damit man sicher ist, keine
Heerde zurüekzulassen. Diese NothWendigkeit wird man ohne
weiteres verstehen, wenn man sich erinnert, wie oft man hei
Sequestrotomieen alter Fälle weit entfernt von der Knochenfistel
noch krankes Material findet, welches auch hier Entfernung fast
der gesammten Corticalis erfordert, um gründliche Säuberung uud
eine dauerhafte Heilung zu erzielen.
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Go igle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
4. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
779
Ich nehme hier gleich vorweg, dass diese Operation, mit
genügender Sorgfalt und Geschick ausgeführt, vor allen
Dingen unter Berücksichtigung anatomischer Verhält¬
nisse, um unnöthige Blutungen zu vermeiden, keine Ge¬
fahren mit sich bringt. Sie wurde von uns bei Kindern, die
innerhalb der ersten beiden Lebensjahre standen, sechs mal ge¬
macht, und unsere anfängliche Scheu, sie bei so jungen Individuen
anzuwenden, schwand bald, als wir ihren nur vortheilhaften Ein¬
fluss sahen. Weder das Leben noch der Bestand des Knochens
wird durch den Eingriff bedroht, vielmehr beide durch denselben
erhalten.
Die Hauptschwierigkeit liegt in der Frage, zu entscheiden,
wann der Zeitpunkt zur Operation gekommen ist, d. h. die Früh¬
diagnose zu stellen. Man nimmt im allgemeinen, wie wir
glauben, mit Unrecht an, dass die Erkennung der Osteomyelitis
in ihren allerersten Stadien nicht leicht sei. Nach unseren Er¬
fahrungen, die sich allerdings fast ausschliessliesslich auf Kinder
bis zum zehnten Lebensjahre beziehen, giebt es hinreichend
Merkmale für die Diagnose zu einer Zeit, wo sich die ersten Er¬
scheinungen bemerkbar machen. Es scheint, als wenn man sich
noch immer nicht von der alten Vorstellung, die Osteomyelitis sei
eine seltene Krankheit, frei machen könne, als wenn noch immer
die Anfangssymptome dieser schweren Knochenaffection verkannt
und auf allerlei „innere“ Krankheiten bezogen werden. Dafür spricht
die Thatsache, dass die Chirurgen im Vergleich zu der grossen
Zahl von alten Osteomyelitisfällen, die mit Fisteln, Nekrosen, Ge¬
lenkvereiterungen , Knochenabscessen zu ihnen geführt werden,
eine nur relativ kleine Zahl frisch Erkrankter in Behandlung be¬
kommen. Unter 37 Fällen von Osteomyelitis, die ich in den letzten
beiden Jahren theils in der Poliklinik des jüdischen Krankenhauses,
theils in meiner Privatpraxis zu beobachten Gelegenheit hatte, be¬
fanden sich nur 8, von denen zu erweisen war, dass sie innerhalb
der ersten 12—14 Tage ihrer Erkrankung standen, die übrigen
hatten ihre Leiden viele Wochen, Monate oder Jahre. Auch von
dem ältesten Patienten (im 38. Lebensjahre stehenden) konnte nach¬
gewiesen werden, dass der Krankheitsheerd, welcher über Jahr und
Tag immer von neuem Beschwerden und Krankenlager verursachte,
aus der Zeit vor der Pubertät stammte. Fast immer stellte sich
heraus, dass die, oft genug sehr schweren, Deformirungen der
Glieder sich im Anschlüsse an eine acute fieberhafte „rheumatische“
Krankheit entwickelt hatten. Bei weiteren Nachforschungen über
die früheren Jahre meiner chirurgischen Thätigkeit stellte sich
heraus, dass auf im ganzen etwa 110 Fälle (seit 1886) nur 14 als
eigentliche Frühfälle zu rechnen sind, d. h. solche, die vor Ent¬
wickelung einer grösseren Eiterung oder eines Sequesters zur
operativen Behandlung kamen.
„Acuter Gelenkrheumatismus“ ist aber die häufigste Fehl¬
diagnose, welche die Erkennung der Osteomyelitis verhindert, —
trotzdem Rheumatismus bei Kin dern so selten beohachtet wird,
dass ein frischer, spontan oder nach Trauma, unter Fieber
entstandener Erguss in ein Gelenk stets die Vermuthung einer
Knochenentzündung wachrufen sollte. Aber auch wenn die Ar¬
thritis fehlt, sollte man bei solchen Kindern, die unter fieber¬
haften Allgemeinsymptomen erkrankt sind, für welche keine
innere Affection genügende Aufklärung giebt, das ganze Skelett
untersuchen, ob man nicht an irgend einer Stelle eine Schwellung,
einen intensiv schmerzhaften Punkt, eine Functionsstörung findet, —
und wird aus diesen Merkmalen die Diagnose stellen können. Ich
selbst habe Fälle operirt, bei denen erst drei Tage nach Eintritt
der Erkrankung verflossen waren. Bei diesen bestand sehr gering¬
fügige Schwellung; von Röthung der Haut war nichts zu bemerken,
aber das Bein wurde, wie gelähmt, unbeweglich gehalten, und hohes
Fieber (39,5—40°) sowie allgemeine Prostation zeigten den Ernst
der Situation an.
Schwieriger mag es fallen, den Sitz des Heerdes in
so früher Zeit zu bestimmen. Man kann manches mal nicht
sagen, wenn man ein Kind vor sich hat, dessen ganze Extremität
ödematös oder nur wenig im Umfang vermehrt ist, welches das
ganze Bein herabhängen lässt, bei Berührung des Oberschenkels wie
des Unterschenkels Schmerz äussert: hier ist die Tibia, hier ist die
Fibula, hier ist das Femur entzündet. Aber auch dafür giebt es
gewisse Merkmale. Zunächst gewährt die Erkrankung der benach¬
barten Gelenke einen Fingerzeig: bei Tibiaaffection findet man Er¬
güsse im Fuss- oder Kniegelenk, bei derjenigen des Femur solche
im Kni e- oder im Hüftgelenk; ferner wissen wir, dass die Fibula
nur selten befallen "wird, haben oft in der frühzeitigen Periost¬
anschwellung, die sich als circumscripte Infiltration kundgiebt,
weitere Zeichen, die, wenn auch schwer nachzuweisen, so doch
sichere diagnostische Anhaltspunkte abgeben.
Eine fernere Frage ist die, ob man denn in so frühen Stadien
bei der Eröffnung des Knochens auch wirklich schon Veränderungen
antrifft, die geeignet sind die Allgemeinsymptome zu erklären und
die man als operabel anselien darf.
Nun, man wird erstaunt sein, zu sehen, wie intensiv
das Mark bereits entzündet ist. Das Periost hat vielleicht
nur Hyperämie oder missfarbige Beschaffenheit gezeigt, eine perio¬
stale Eiterung fehlt, die Corticalis ist etwas geröthet oder trägt
wohl auch eine feine Cloake, aus der sich eben ein Tröpfchen
eiteriger Flüssigkeit entleeren will, beim Aufmeisseln fällt aber das
Ausfliessen eines serös-hämorrhagischen Liquidums aus der ver¬
wundeten Compacta auf; und ist die Markhöhle befreit von der
einengenden Schale, so sieht man das lebhaft blauroth gefärbte
Mark, so zu sagen, herausspringen aus seiner Umhüllung, man er¬
kennt zahllose, gelbliche Einsprengungen und Trübungen, auch wohl
schon hier und da einen stecknadelknopfgrossen Abscess — kurz
man hat den von Pasteur so richtig bezeichneten „Knochen¬
furunkel“ vor sich.
In anderen Fällen hat bereits eine periostale Eiterung sich
entwickelt und hat an irgend einer Stolle das Periost vom Knochen
abgehoben. Es ist sogar manches mal nicht schwer, den Abscess
vor der Operation festzustellen, man findet ihn erst bei der Auf¬
schlitzung der Beinhaut, sei es, dass sein Sitz ein sehr versteckter
in einem Interossalraum ist, oder dass mächtige Weiehtheilmassen
ihn bedecken, die nicht gestatten Fluctuation nachzuweisen, resp.
selbst das Gefühl des Schwappens geben.
Es dürfte aber von grosser Bedeutung sein, zu ope-
riren, bevor ein Abscess die Beinhaut abgehoben hat,
weil dann der Bestand des Knochens noch am wenigsten
gefährdet ist und auch die allgemeine Pyämie, d. h. die
Metastasenbildung noch zu fehlen pflegt. Von meinen
14 Fällen wurden 6 vor nachweisbarer (auch bei der Operation
nachweisbarer), periostaler Eiterung operirt, von diesen (die inner¬
halb des dritten bis siebenten Erkrankungstages standen) hatte
noch keiner multiple Heerde, acquirirte sie auch nicht im weiteren
Verlaufe. Die 8 anderen, bei denen geringfügige Periostabscesso
sich schon entwickelt hatten, vom vierten bis zehnten Krankheits¬
tage, hatten 6 anderweitige Affectionen und wiesen fast stets
schwerere allgemeine Erscheinungen auf, als die ersteren. Diese
Zahlen sprechen mit grosser Deutlichkeit dafür, dass man nicht
frühzeitig genug operiren kann und dass die von mancher Seite
gegen diese Eingriffe gemachten Einwürfe, man hätte in diesen
Fällen wohl auch noch werten können, und die guten Resultate
bewiesen gar nichts für den Werth der Frühoperation, durchaus
unberechtigt sind. So wenig man bei einem Panaritium mit
der Incision warten darf, bis eine ausgedehnte Volar-
phlegmone die Arbeitsfähigkeit des Armes für immer
vernichtet hat oder bei ausgebrochener Pyämie die Am¬
putation — oft vergeblich — das Leben zu retten sucht,
weil hin und wieder ein Spontandurchbruch schnelle
Spontanheilung herbeiführt, so wenig sollte man eine
Osteomyelitis sich selbst überlassen, bis ausgedehnte Ne¬
krosen oder Gelenkvereiterungen langes Siechthum und
Verkrüppelung herbeigeführt haben oder fortschreitende
Pyämie alle Eingriffe vergeblich erscheinen lassen. Auch
die so seltene Möglichkeit eines chronischen Ablaufes der Knochen¬
entzündung oder eines gutartigen (abortiven) Verlaufes derselben
giebt zum „Abwarten“ keine Berechtigung. Eine wirkliche, spon¬
tane, vollkommene Rückbildung der Knochenmarkentzündung bei
„palliativer“ Behandlung, ohne Eiterung und Nekrose, dürfte noch
niemand mit Sicherheit beobachtet haben. Die scheinbar so ge¬
heilten Fälle zeigen in der restirenden Knochenverdickung an, was
ihre Träger noch nach Jahren zu erwarten haben. Stete Schmer¬
zen und häufiges Wiederaufflammen der alten Entzündung zwingen
sie noch zu einer späteren Zeit., sich durch Aufmeisselung von
ihrer in der Tiefe einige Tropfen Eiter bergenden Hyperostose
(Knochenabscess) befreien zu lassen, wenn nicht ein schlimmeres
Recidiv von neuem die Gesundheit oder das Leben bedroht.
Dazu kommt, dass die radicale Frühoperation so vorzüg¬
liche und so schnelle Heilresultate giebt, dass man dieselbe in dei
That als eine Abortivbehandlung der Osteomyelitis bezeich¬
nen darf.
Fast unmittelbar nach dom Eingriff ändert sich der Zustand
der Kinder. Der typhöse Eindruck, den sie vorher machten, ver¬
schwindet, die hohe Temperatur fällt nach 24 Stunden ab, um
noch einige Tage subfebril zu bleiben, dann aber normal zu werden,
langsam kehrt Appetit zurück, die so häufigen, katarrhalischen Sym¬
ptome auf den Lungen lassen nach, kurz die kleinen Patienten
zeigen bald das Bild eines Reconvalescenten. Je früher man die
Operation gemacht hat, um so schneller findet die Genesung statt,
selbstverständlich ist letztere auch davon abhängig, ob man einen
oder mehrere Heerde zu eröffnen hatte, oder ob sich gar noch
während der Heilung neue Metastasen bilden. In denjenigen
Fällen, wo wir am dritten bis siebenten Tage — also vor Eiterung
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780
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
— operirten, traten keine weiteren Erkrankungen auf, bei den
anderen hatten wir mehrmals gleichzeitig bestehende oder spätere,
neue Heerde zu beseitigen. In Bezug auf den Sitz der Osteomy¬
elitis konnte kein Unterschied des Verlaufes oder des Einflusses
der Operation constatirt werden (wir operirten sieben mal an der
Tibia, sechsmal am Femur, einmal am Humerus — abgesehen von
den multiplen Heerden).
Keine dieser „Frühoperationen“ endete mit dem Tode der
Patienten, vielmehr kamen alle zur Heilung und zwar in einer
relativ kurzen Zeit, so zwar, dass die erste Gruppe von Operirten
(drei bis sieben Tage pos initium morbi) in etwa drei bis vier
Wochen, die anderen innerhalb sechs Monaten völlig vernarbt
waren. Keiner dieser Fälle hatte eine nennenswertho Nekrose er¬
litten — nur sehr kleine Stückchen der Corticalis stiessen sich
hin und wieder ab, — keiner behielt eine Fistel übrig, — bei
keinem wurde eine Deformirung der Glieder herbeigeführt oder
entstand eine Ankylose der betheiligten Gelenke, dio zum Theil
incidirt worden waren, zum Theil aber auch infolge der Auf-
meisselung des erkrankten Knochens spontan zur Heilung kamen.
(Im Uebrigen hatte es sich stets nur um seröse Gelenkergüsse ge¬
handelt.) Auch Reeidive kamen nicht vor.
Von Wichtigkeit ist noch die Thatsache, dass kein einziges
Kind nach dieser Operation eine Wachsthumsstörung
erlitt (Beobachtungen über vier Jahre, — von früheren Patienten
sind einige später an Kinderkrankheiten gestorben, von anderen
fehlen Nachrichten) trotzdem sieben von den kleinen Patienten noch
nicht zwei Jahre alt waren. —
Vergleicht man die Resultate mit denen unserer früheren Be¬
handlungsmethoden und mit denen, welche wir bei späteren Ein¬
griffen erzielen, so wird man wohl kaum zweifeln können, dass
die möglichst frühzeitige, radicale Elimination des osteomyeli¬
tischen Heerdes jeder anderen Behandlungsmethode überlegen ist.
Man kann sie mit Recht als eine Abortivbehandlung für die¬
jenigen Fälle bezeichnen, welche zu einer Zeit derselben
unterworfen werden, wo noch keine grössere Eiter- oder
Nekrosen-Bildung besteht, — vorausgesetzt dass man
es nicht mit jenem Zustande foudroyanter Sepsis zu tliun
hat, bei denen Heerde in den inneren Organen jede Hoff¬
nung von vornherein abschneiden.
VI. Aus der chirurgischen Klinik zu Bologna
(Prof. Novaro).
Untersuchungen über den Stoffwechsel des
Hundes nach Magenexstirpation und nach
Resection eines grossen Theils des Dünn¬
darms 1 ).
Von Dr. F. De Filippi.
Mit gütiger Erlaubniss dos Herrn Assistenten Dr. Monari habe ich
zwei Hunde, welche von ihm im Juni 1892 operirt waren, zu Unter¬
suchungen von Februar 1893 bis Ende Mai erhalten können. Dem einen
war der Manpn total exstirpirt mit Ausnahme eines kleinen, trichter-
artigen btreifens nahe an der Cardia; dem anderen waren vom Dünndarm
l,yu m resecirt. Die Thiere wurden im Juni 1893 getödtet und die
Autopsie ergab bei dem ersten einen fast vollständigen Mangel des
Magons ohne irgend welche sackartige Erweiterung zwischen Oesophagus
und Duodenum, beim zweiten, dass vom Dünndarm nicht mehr als 25 cm
Länge ° n Waren ’ Ungefähr ein Achtel der vollständigen ursprünglichen
M ,, D J e Unt ^suchungen wurden bei diesen beiden Hunden nach der
Methode der btoffwechseluntersuchungen v. No orden’s 3 ) angestellt, und
Hunde ndenen Kesu ^ ltato wur den verglichen mit denen bei einem normalen
UO dem magenlosen Hunde sind die Resultate im grossen und ganzen
g ^ h en, V 1 ? S1C durch eine andere Versuchsmethodc Ogata 3 ) er-
Duodpnmn Ä" d '° 1 '“ hru *>f *>‘<>«6 direkt durch den Pylorus in das
' ' mttels . einer Magoniistcl emfflbrte. Meine Untersuchungen
bestätigen demnach; gleichfalls die Möglichkeit der totalen Ma^encxstir-
pation beim Hunde, ohne dass beim Stoffwechsel bemerkenswertbe Ver-
«nH er S- lg r ZW?*** 1 d , as T1,ier orn ährt sich auf regelmässige Weise
und die Kothbildung geht normal vor sich. Das rohe Fleisch wird nu?
verdaut, wenn es in feinem Brei zugeführt wird. In ^rossen ^ Stücken
mint 1 >" wird es nur oberflächlich eingekerbt und verursacht Assi-
die m einer ungenügenden As similation der Fette be-
t ' D ie Kohl enbydratc sind indessen vollständig verwertet. Trotz
) Die Originalarbeit wurde in der Sitzung dos 18. Februar 1894 der
di BoIog - M
suehul g en. V -B N oZ r , d l C 892 GrUn<lriSS Ctaw Mothodik dcr Stoffweehselnnter-
Areh^ÄÄtn b r h s 4r halluns dcs Magens -
No. 40
des Mangels der desinficirenden Wirkung des Magensaftes scheinen keine
abnorm stärkeren Fäulnissprocesse im Darm stattzufinden. Die Bestand-
tbeile des Kothes bieten ausser einem Fehlen der Gallensäure (Petten-
kofer’sche Roaction) nichts Auffallendes dar. Diese Thatsache wird schon
von Ogata angegeben, der die fehlende Gallensäure dem Mangel an Salz¬
säure zuschreibt, so dass die Taurocholsäure nicht umgesetzt wird. Der
Harn ist dunkol gefärbt und enthält etwas Urobilin. Nichts Anormales
in den Umsetzungsproducten.
Diese Resultate finden ihr Analogon beim Menschon in der Er¬
scheinung chronisch veränderter gastrischer Secretion. — v. Noorden 1 )
hat bewiesen, dass in keinem der erwähnten Fälle erhebliche Veränderungon
beim Stoffwechsel stattfindon, weder heim Eiweissumsatz, noch bei der
Resorption, so dass die beobachteten Erscheinungen sieb nur auf unge¬
nügende Zufuhr der Nahrung beziehen können. e
Das Studium des Stoffwechsels bei dem am Darm operirten Hunde
führt zu dem Schluss, dass nach fast vollständiger Exstirpation des
Dünndarms das Leben des Thieres nicht nur ungefährdet ist, sondern
dass es dem Thiere alsdann noch möglich ist, sich regelmässig unter fast
normalen Bedingungen zu ernähren. Dio Resorption im Darm bietet keine
andere Veränderung dar als eine unvollkommene Assimilation der Fette
(ein Verlust im Kotk von 19 %), während die Kohlenhydrate vollkommen
nutzbar gemacht sind und der Stickstoff keinen grösseren Verlust er¬
leidet als beim normalen Hunde. — Bemerkenswerth ist die Thatsache.
dass das Thier, welches im Juni 1892 operirt war, eine Schwangerschaft
bis zum Endtermin vollkommen austragen und das eine der im November
geborenen Jungen während dreier Wochen selbst nähren konnte, ohne
andere Störung als einen gewissen Grad von Abmagerung.
Diese Resultate drängen uns anzunehmen, dass der Dickdarm vica-
riirend die Thätigkeit des Dünndarms übernehmen kann, eine Hypothese,
welche übrigens unterstützt wird durch die Erfahrung, welche man mit
nährenden Klystieren gemacht hat 3 ).
VII. Feuilleton.
Die Ausstellung des achten internationalen (Kongresses für
Hygiene und Demographie in Budapest.
Von Dr. George Meyer in Berlin.
Wie bei allen ähnlichen Veranstaltungen war auch auf dieser Aus¬
stellung nicht streng genug an dem Grundsatz festgehalten worden, nur
Gegenstände aufzunehmen, welche wenigstens einigennaassen auf Neuheit
Anspruch erheben konnten, ferner waren auch manche Stücke vorhanden,
deren Daseinsberechtigung aus anderen Gründen ernste Zweifel erregen
konnte. Bei sehr weiter Fassung des Begriffes konnte man auch von
diesen sagen, dass sie „in den Rahmen der Hygiene gehörten“, da es
eigentlich kaum Gegenstände giebt, von denen man dies nicht behaupten
könnte. Dio zerstreute Aufstellung auf den Fluren und in einzelnen Sälen
des Polytechnikums, die wegen der Besetzung der meisten Räumlichkeiten
durch die zahlreichen Sectionen des (Kongresses nöthig war, trug nicht gerade
dazu bei, die Besichtigung zu einer sehr bequemen zu gestalten. Der zur Ori-
entirung der Besucher ausgegebene Katalog konnte diesem Uebelstande bei
vielen Mitgliedern nicht abhelfen, da er in — ungarischer und französi¬
scher Sprache abgefasst war. Abgesehen von diesen kleinen Mängeln bot
die Ausstellung eine solche Fülle interessanten Materials und war in
ihren einzelnen Theilen so vorzüglich und übersichtlich aufgestellt, dass
man dem gesummten Ausstellungsausschuss nur höchstes Lob für seine
Mühewaltung zollen kann. Insbesondere seien an dieser Stelle die Namen
des Ordners der Ausstellung Dr. Kresz, des verdienstvollen Direktors der
Budapester freiwilligen Rettungsgesellschaft, und des Ordners der Deut¬
schen Gesammtausstellung, Dr. Theodor Weyl, rühmend hervorgehoben.
Gleich in der Nähe des allgemeinen Unterhaltungszimmers war ein
hauptsächlich mit Nährmitteln besetzter Saal bemerkenswerte. Bur*
roughs, Wellcome u. Co. (London) hatten hier verschiedene compri-
rairte Stoffe, auch Thee in Pastillenform, ausgestellt, die zur Benutzung
auf Reisen und Märschen wohl beachtenswerte erscheinen, wenngleich der
Geschmack des gepressten Thees hinter dem des frisch bereiteten Ge¬
tränks zurückzustehen scheint. Verschiedene gepresste Arzneimittel
hatten sowohl diese Finna als auch Sauter (Genf) gesendet. Eine
Champagnerart, die durch Mangel an Zucker und Alkohol sich besonders
für Zuckerkranke und durch Zusatz von Coca als Belebungsmittel eignen
soll, wurde von Laurent-Perrier gezeigt. Die Pester Walzmühlgesell-
schaft batte eine grosse Zahl ihrer feinen Erzeugnisse gesandt und ver¬
theilte auch Proben derselben zum Kosten- Vorzüglich für abwaschbare
Wandanstriche ist die von Ratti & Paramatti (Turin) gefertigte
Emaillefarbe geeignet, die nach zweimaligem Ueberstreichen dem betreffen¬
den Gegenstand majolikaartiges Aussehen verleiht. Das von Dr. Gruby
(Paris) «ausgestellte Modell eines Krankenhebeapparates zeigt als grossen
Nachtheil mit anderen gleichen Zwecken dienenden Apparaten, dass er
umfangreich und mehr wie ein Werkzeug zum Foltern als zur Kranken¬
pflege bestimmt erscheint. Aus dem Lepraasyl in Trinidad stellte Dr.
Rcayen Rake verschiedene Präparate zur Veranschaulichung der Er¬
scheinungen dieses Leidens aus.
*) v. Noorden, Ueber die Ausnutzung der Nahrung bei Magen¬
kranken. Zeitschr. f. klin. Med. XVII; und Lehrbuch der Pathologie des
Stoffwechsels. Berlin 1893, S. 239 u. f.
u ) C. A. Ewald, Ueber die Ernährung mit Pepton und Eierklystieren.
Zeitschr. f. klin. Med. 1887, H. 5, S. 407; und A. Huber, Ueber den
Nährwerte dor Eierklvstiere. Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. XLVII,
S. 495.
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4. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
781
Im Nebensaal hatte die „erematis tische Ausstellung“, die einen eigenen
grossen Katalog herausgegeben, Platz gefunden. Ausser vielen interessan¬
ten Schriften über Feuerbestattungswesen fanden sich hier Urnen ver¬
schiedener Gestalt und aus verschiedenem Material zur Aufnahme der
Aschenüberreste, Nachbildungen und Risse der Leichenverbrennungs¬
anstalten zu Gotha, Heidelberg, Hamburg, Stuttgart, New-York, Zürich,
Mailand, Stockholm, Gothenburg, Paris, Brescia. Auch mehrere photo¬
graphische Aufnahmen, die den Zustand von Leichen, die verschieden
lange Zeit in der Erde gelegen, darstellten und Furcht und Schrecken
vor dem bisher gebräuchlichen Beerdigungsverfahren erregen sollten, waren
ausgelegt.
Auf dem Corridor hatte Jahnle-Berlin einen nach Angabe von
Stabsarzt Schmiedicke gefertigten Apparat ausgestellt, bei dem in
geschickter Weise Geräthe zur Bewegung verschiedener Gelenke der
oberen und unteren Extremitäten vereinigt sind. Die übrigen bekannten
Erzeugnisse dieses Fabrikanten waren in einem Saale untergebracht. Ausser
dieser Firma habe ich übrigens auffallend wenig Berliner Fabrikanten als
Aussteller vertreten gefunden; es fehlten die besten und berufensten
Berliner Namen, und wenn auch naturgemäss das Land, in welchem der
Congress stattfindet, die meisten Aussteller liefert, so war doch der Mangel
deutscher, auch russischer und amerikanischer, Privatfirmen erheblich in
die Augen springend und sicherlich in einer gewissen Ausstellungsmüdig-
keit begründet.
Hervorragend war die statistische und demographische Abtheilung
auf der Ausstellung vertreten. Staatsregierungen und Stadtbehörden
schienen gewetteifert zu haben, in dieser Beziehung nur Vorzügliches zur
Ausstellung zu senden. Alle vorhandenen Tafeln, Tabellen, Curven-
zusammenstellungen und Karten boten so viel Interessantes und für den
Statistiker von Fach Anziehendes, dass es schwierig ist, aus der Fülle
des reichlich Gebotenen einige wenige Punkte herauszugreifen. Das
Kaiserlich Deutsche statistische Amt, das Königlich Preussische statisti¬
sche Bureau, das statistische Amt der Stadt Berlin, zahlreiche andere Städte,
Hamburg, Köln, Posen, Mannheim, das Königlich Bayerische und Württem-
bergische statistische Bureau, das Kaiserliche Ministerium für Elsass-Loth-
ringen hatten mit bekannter Genauigkeit und Uebersichtlichkeit aus¬
gearbeitete Pläne und Karten ausgehängt. Recht augenfällig war auf
einer Karte das Verhalten der Sterblichkeit unehelicher Kinder in Deutsch¬
land während des ersten Lebensjahres in den Jahren 1881—1890. Die
meisten Kinder, mehr als 530, starben im Kreise Teltow, Regierungs¬
bezirk Köln, Stadtkreis Bonn; nur in den westlichen Provinzen Deutsch¬
lands waren die geringsten Zahlen, bis zu 200, vertreten. Eine andere Karte
zeigte das Ueberwiegen des weiblichen Geschlechtes in den östlichen und
südlichen, des männlichen Geschlechtes in den nördlichen und westlichen
Theilen des Deutschen Reiches. Bemerkenswerth ist auch die Zunahme
des Verbrecherthuras nach dem Osten des Reiches zu, die durch andere
Zeichnungen verdeutlicht wurde. Das Kaiserliche Ministerium lür Eisass-
Lothringen veranschaulicht die Erfolge der Beaufsichtigung der Prosti-
tuirten durch die Sittenpolizei. Während beim Militär seit 1873 eine Ab¬
nahme der Geschlechtskrankheiten festzustellen war, zeigte sich Zunahme
der Zahl der im Krankenhause verpflegten Dirnen. Von anderen deut¬
schen Staats- und Stadtbehörden welche hier ausstellten, sind noch zu
erwähnen Hamburg, Heilbronn, Köln (hervorzuheben die Pläne, welche die
Gestaltung der Stadt in den Jahren 1752, 1881, 1893 zeigen), Posen und
ganz besonders die Musterausstellung des Magistrates der Stadt Berlin.
So oft ich auch Pläne, Modelle und Zeichnungen der Berliner hygienischen
Einrichtungen und Anstalten auf Ausstellungen gesehen, immer habe ich
beim Vergleich mit anderen Städten gefunden, dass Berlin mit in der
ersten Reihe der Städte steht, welche für das leibliche Wohl ihrer Ein¬
wohner am besten Sorge tragen. Von anderen öffentlichen Anstalten
ist noch aus Deutschland das Hygiene-Institut der Berliner Universität
zu erwähnen, dessen Leiter Rubner sich um das Gelingen der Deut¬
schen Ausstellung ausserordentlich verdient gemacht hat. Die Medicinal-
abtheilung des Preussischen Kriegsministeriums hatte eine Reihe ihrer
Werke und Berichte ausgestellt, welcho bereits seit langer Zeit einen
ehrenvollen Platz in der medicinisclien Litteratur einnehmen. Die Aus¬
stattung der Sanitätsberichte, welche im Verlage von Mittler & Sohn,
Berlin erscheinen, ist als mustergiltige anerkannt. Erwähne ich noch die
von der Budapester städtischen Impfanstalt, vom ungarischen Cultus- und
Unterrichtsministerium und der ungarischen Eisenbalmdirektion gesendeten
Gegenstände, so ist die Aufzählung der in der Ausstellung vertretenen
Regierungsbehörden beendet. Bemerkenswerth bei den letzteren waren
die Dienstanweisungen für die Schulärzte (deren Fehlen in Deutschland
noch immer beklagt wird) und die auf den ungarischen Eisenbahnen vor¬
handenen Rettungskästen und Tragbahren. (Schluss folgt.)
Vin. Krankenpflege.
Ueber Lage, Bau und Einrichtung von Hospitälern.
In einem stattlichen Werke (Healthy Hospitals, on some points con¬
nected with hospital construction. 287 S. Oxford, 1893) hat Sir Douglas
Galton, besonders durch eine eigenartige Construction von Kaminen rühm-
lichst bekannt, seine reichen Erfahrungen Uber Krankenhausbau und -Einrich¬
tung niedergelegt. Nach einer allgemein gehaltenen historischen Uebersicht
über die Entwickelung des Krankenhauswesens von seinen ersten An¬
fängen bis zur Neuzeit spricht Gal ton zunächst über Zweck und Ziel eines
Krankenhauses, als dessen Hauptaufgaben er neben seiner Bodeutung für
den medicinischen Unterricht die Heilung der Kranken in möglichst kurzer
Zeit hinstellt. Die wesentlichste Erfüllung dieser Aufgabe ist Reinlich¬
keit und Salubrität; frische, gut temperirte Luft, möglichst direktes
Sonnenlicht für alle Krankenräume, leichte Reinigung von Fussboden und
Wänden, genügende Vorrichtungen für die persönliche Reinigung, gute,
leicht zu reinigende und saubor zu haltende Lagerung, gute, zweckent¬
sprechende Beköstigung und ein gutes Wartepersonal sind die Forde¬
rungen, die er an ein gut eingerichtetes Krankenhaus stellt. Bezüglich
der einzelnen Baulichkeiten und Räume unterscheidet er 1) solche, welche
für die Aufnahme und Behandlung der Kranken bestimmt sind, wie die
Räume für die Krankenaufnahme und die Verkeilung derselben auf die
einzelnen Stationen; die Stationen selbst und ihre Nebengelasse; medi-
cinische Bäder; den Operationssaal mit seinen Nebenräumlichkeiten; die
Dispensiranstalt, die Lager- und Werkstatträume; das Leichenhaus und
eventuell die Räume für die Poliklinik, Warte- und Examinationszimmer.
2) Räume für ökonomische und administrative Zwecke, und zwar die
Küche mit ihren Nebenräumen, die Vorrathsräume, die Wäscherei, Des-
infection, Räume zur Vernichtung des Mülls, der gebrauchten Verband¬
stoffe und dergl., endlich die Schlaf-, Ess- und Wohnräume für das Dienst¬
personal. 3) Räumlichkeiten für das Pflege- und Wartepersonal, bestehend
in Schlaf-, Ess- und Wohnzimmern für die Schwestern u. s. w., sowie
der Bibliothek und den für den Unterricht der Pflegerinnen bestimmten
Zimmern. 4) Baulichkeiten, die für den medicinischen Unterricht bestimmt
sind; Secirsaal, Präparationszimmer und Laboratorium, Präparatensamm-
lung und Bibliothek, Auditorium, Warte- und Garderobenzimmer für die
Studenten; und schliesslich 5) für die Oberleitung benöthigte Räume, zu
denen er die Conferenzzimmer, die Bureaux, Wohnräume etc. für die
Aerzte, die Oberin und die Pförtnerwohnung rechnet.
Die folgenden Kapitel beschäftigen sich nach dieser allgemeinen
Uebersicht mit den Einzelfragen, die bei der Anlage und dem Bau eines
Krankenhauses zu berücksichtigen sind, und zwar bespricht Gal ton zu¬
nächst die Lage desselben. Als das Erstrebenswertheste stellt er die
Errichtung des Hospitals ausserhalb der Städte hin, doch hält er diese
Forderung mit Rücksicht auf dio Schwererreichbarkeit derselben bei Un¬
glücksfällen und schweren Erkrankungen, sowie auf die Erschwerung des
medicinischen Unterrichts durch eine solche Aussenanlage in grösseren
Städten nicht für durchführbar; nur Isolir-Hospitälor, sowie Reconvales-
U’OCKenen, von Keinerlei scaauucueu ijiuuvii-u vciumcmigwu uuraguumco
und eines guten Trinkwassers, die Abhaltung der Grundluft von den Bau¬
lichkeiten durch Asphalt- oder Cementschiclitcn, die Gefährlichkeit einer
sumpfigen, öfters überschwemmten Umgebung und fordert eine möglichst
hohe, gegen Nord- und Ostwinde geschützte Lage mit leichter Drainir-
barkeit des Bodens unter Berücksichtigung der geologischen Formationen
desselben. Bei der Anlage eines Krankenhauses innerhalb der Stadt
sollten nach Ansicht des Verfassers bei einem Belegraum für 100 Betten
mindestens 60 qm, bei 3—400 Betten 90 qm und bei 500 und darüber
120—140 qm Fläche pro Bett vorhanden sein. Im Anschluss hieran
giebt Galton eine Uebersicht der einschlägigen Verhältnisse in einer
grossen Anzahl englischer und zum Theil auch französischer Hospitäler.
In vier aufeinander folgenden Kapiteln erörtert sodann Verfasser die
Frage der Ventilation von Krankenhäusern. Er bespricht zunächst die
Bedingungen, die zu einer Luftverderbniss in bewohnten Räumen An¬
lass geben und führt als solche die Producte der normalen Athmung
und Körperausdunstung, Krankheitsproducte, mangelhafte Reinlichkeit und
Exhalationen des Bodens und der Räumlichkeiten selbst an. Zum Maass¬
stab für die Luftverunreinigung dient der COa-Gehalt und eventuell der
Bacteriengehalt derselben. Um dieser Luftverunreinigung entgegen¬
zuwirken, ist es nothwendig, für Ersatz der schlechten Luft durch reine
Luft in der Weise Sorge zu tragen, dass durch den Luftwechsel keine
Zugluft entsteht, wobei gleichzeitig die Temperatur und der Feuchtigkeits¬
gehalt der Innenluft zu berücksichtigen ist. Gal ton kommt hierbei auf
die bekannten Versuche über die Permeabilität der Wände für Luft zu
sprechen und verwirft, gestützt auf diese Versuche, die Bekleidung der
Aussenwände mit undurchlässigem Material. In Bezug auf die Häufigkoit
des Luftwechsels wendet er sich gegen die Forderungen Chaumonts
und angeblich auch Pettenkofers, die eine sechsmalige Ergänzung der
Innenluft pro Stunde fordern, da hierbei Zugluft entstehen müsse, und
hält einen dreimaligen Wechsel bei einem genügend gross bemessenen
Cubikraum des Zimmers für ausreichend, selbstverständlich unter der Be¬
dingung der constanten Luftzufübrung.
Zur Reinigung der Zuluft von Staub und Schmutz, insbesondere
auch für Fernhaltung des in England ungemein lästig wirkenden Nebels
empfiehlt Galton, nachdem er die verschiedensten zu diesem Zwecke
getroffenen Vorkehrungen besprochen, die im Victona-Krankenhause zu
Glasgow eingeführte und als leistungsfähig erprobte Art der Luftreinigung.
Hier muss die aspirirte Aussenluft eine Kammer passiron welche durch
eine Art Vorhang in, zwei Abtheilungen getheilt ist. Dieser Vorhang
besteht aus mehreren Tausend Fäden aus Cocosnussfasem, die von •einem
an der Decke befindlichen Rahmen zu einem zweiten, nahe dem h ussboden
befindlichen gezogen sind und so dicht aneinander verlaufen, dass sie Sich
berühren Durch diese vertikal verlaufenden Fäden smd m horizontaler
Richtung feine Kupferdrähte geflochten, die fest angezogen smd und dem
Ganzen das Aussehen eines quer durch die Kammer gespannten groben
Tuches verleihen. Der obere-Theil der Fasern setzt sich an em Ilanell-
sttlck an, das seinerseits in eine längs der Decke entlang geführte stete
mit Wasser gefüllte Rinne taucht, wodurch Flanell sowohl, wie dio ach
daran anschliessenden Fäden andauernd nass gehalten werden (also ähn¬
lich dem von H. Wolpert angegebenen Rollvorhang. Ref.). Bie soge
reinigte Luft gelangt dann in die Heizkammern, wo sie erwärmt und dann
den einzelnen Räumen zugeleitet wird. . R . • „ der
Im Anschluss hieran spricht Verfasser auch über die Remigung der
Abluft, die bei Infectionskrankheiten und hauptsächlich bei Poeten . oto
infectionsverdächtig bezeichnet wird, und beschreibt ein. mi Jahre lö»»
von Cowper ausgearbeitetes Project, das bisher noch nicht ausgetührt i..t
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40
(und wobläoch nie zur Ausführung gelangen dürfte! Ref.), in welchem die
aus den Krankensälen aus tretende Luft aufgefangen und zum Zwecke der
Desinfection durch eine Feuerungsvorriehtung geleitet wird, bevor sie sich
der äusseren Atmosphäre mittheilt — dabei müsste man natürlich sämmt-
liche Krankenräume „pilzdicht“ gegen die Umgebung abschliessen können!
Nachdem Galten sodaim als ersten Grundsatz die Bedingung stellt,
dass die Zuführung der Aussenluft in der Nähe der Decke mit gegen diese
gerichteter Strömung, die Ableitung der Verbrauchten Jnnenluft in der
Nähe des Fussbodens stattfinden müsse, bespricht er die Factoren, welche
itttr die Bewegung der Luft maassgebend sind, und unterscheidet als solche
einmal die Temperaturdifferenzen, die sowohl in der äusseren Atmosphäre
wirksam sind, als auch durch künstliche Wärmeerzeugung in Gebäuden
hervorgerufen werden können, und zweitens mechanische Hülfsmittel, wie
Ventilatoren und dergl., welcho die Bewegung der Luft nach einer be¬
stimmten Richtung hin bewirken. Ausgenutzt werden. die natürlichen
TemperatIndifferenzen zwischen Aussen- und Jnnenluft zur Ventilation in
der Weise, dass man— abgesehen vom Ooffnen der Fenster und dergl. —
Abzugsschlote an legt, die, bei wärmerer Jnnentemperatur und ent¬
sprechender Luftzufuhr zu dem zu ventilirenden Raume, das Abströmen
der Luft nach aussen bewirken. Gallon weist bei dieser Gelegenheit
darauf hin, dass diese Abzugsschlote glattwandig gehalten werden und
eine entsprechende Höhe bei nicht zu weitem Querschnitt besitzen müssen,
sowie, dass unter gewissen Bedingungen auch Gegenströmungen innerhalb
der Schlote zustande kommen können; Dachtirstveiitilation in Form der
bekannten Dachreiter bei eingeschossigen Gebäuden ist eine wirksame
Modification solcher Abzugsschlote, vorausgesetzt, dass untere Luft-
cinströmungsöffnungen vorgesehen sind. — Bei der durch künstlich her-
heigoführto Tempeniturdifferenzen bewirkten Ventilation verlegt man die
Vv ärmequelle in den Abzugsschlot, der um so stärker angeheizt werden
muss. Me niedriger er ist. und umgekehrt-. Handelt es sich um die Ven¬
tilation einer grösseren Anzahl in einem Gebäude befindlicher Räume, so
wird man zweckmässigeiweise die einzelnen Abluftcanäle in einen Haupt-
abzugssohlot sammeln, und zwar in der V eise, dass man sie entweder
cpuyergireud direkt nach oben in den angeheizten Hauptschlot führt, oder
horizontal in denselben leitet, oder endlich sie zunächst in absteigender
Richtung UI1 t , 'Hialb der Solde des tiefstgelegenen Raumes sammelt und am
. d ? 8 . Hauptabzugssch 1 otes münden lässt. — Die durch mechanische
Hülsmitto hervorgerufene Ventilation wirkt theils durch Propulsion,
theds durch Schrauben Ventilatoren in Form der Aspiration; Verfasser giebt
den- letzteren den Vorzug .und bringt als treibende Kraft die Elektricität,
in Vorschlag.
Das nächste Kapitel beschäftigt sieh mit den Heizungsanlagen für
Krankenhäuser. Verfasser hebt zunächst hervor, dass dieselben nie von
der Ventilation getrennt gehalten werden sollten, und bespricht hierauf
die verschiedenen Heizmethodem; deren er drei unterscheidet, nämlich die
durch■ offene Feuerstellon (Kamin), die Luftheizung und die Er¬
wärmung durch Oefen oder W armwasserrohre und dergl. Nach einigen
äugen Hünen AiLseinandm-setziingeii über die Wärmcverluste, die durch das
der Wtode (nut Holz--bekleidete. oder hohl «emauerte Wttnde
21 '•‘»“»»«l« Hnftsehieht «eben die geringsten Verluste), durch Fen-
cZ\ ^T"' 1 «ssbodeu und Hecken herbeigefdhrt werden, bespricht
Vnnr H r Kes !’ n ^ rto Heizung jedes einzelnen Zimmers mittels-offenen
eners, die er als eine nahezu ideale bezeichnet, indem sie boi richtiger
Unntm etmn dar Kamine e ne frleiclimiissige, vom Körper angenehmem-
'r m ?* i mA fe' leichz, - iti fe r eine ausgezeichnete Ven-
tilation des zu beheizenden Raumes gestattet (doch wohl nur unter kli¬
matischen \ ftrhültnissen, die den englischen gleichen, durchführbar Ref 1
^ f uf die Kesprechunt; von Contrnlhcizmilagen «her. Hie
<\Li < l!T‘ anat '? z "« (!fllhrt< ‘ Aussenluft soll durch unterirdische
Cai^e geleitet werden, um die Erdtemperatur ausnutzen zu können
m 't 1,1 dtr Heizperiode hei selir niedrigen Teinneraturen
wohl kaum von Einfluss sein. Ref.); die warme St darf nicht Ä
dmch d.Vene Z " ge « ^ soadom zunächst müssen die Wftnde
Stei erforde th™dr T^'V Wkdm ' n S™ zur Anfeuchtung der Luft
mu f, *H»riialb der einzelnen Stationen
HÄ! Ä' i Na ä-, cmer Sehildenmg der einzelnen
eiz.}steme, aut die des Näheren einzugehen wir uns hier veisno-fm
k '',’ ra " ,t „<'i' ZU dem Resultat, dass sowohl aus sanitären wie aus
ökonomischen Gründen die centralisii-tc Heisswassor- its l m . l f
ta«mg waten, d« Voruug verdient und dass nur, wo eine “Äe
m <U1 ‘ S| 'h nicht durchführen lässt, die Verlegung der Heizkörner
m den zu erwärmenden Raum seihst zulässig ist; auch unter dfesen X-
JX" e V' S ° tC dic ei B 6aUic l‘e Ofenheizung Wegfällen und an ihre
whkt werden l ' ,ZU, ‘ g Warm ™- «di DLpfheSrper he-
Klekl ricität als Lieht'pudle^'plaidirt )vobri für' den Gellrm C l^ enUt K' U " J 'i, dC1
hett spedelle Von-ichhmcrpn “ V n . ,Gebrauch am Kranken-
Lampen ermöglichen. gefordirt^erden^"“**““ 8 ^wegte-her elektriscl,e1 '
»»« Hcizvorrich-
V ■
d
--i mwaung ju» utjuen namimrirer
und Ä (k ‘ r ^tilaüonseinrichtungen im Johns^ Ho^n^^
sprechen und^fllt"zunitehllt von ^dem jlnz V 1 ° m? n K ^ n ken h a n sba u zu
Stock der gaiiin A We u ' ^™ U ?V elbst als dem Grund-
.- üfc
tilation, waren hierbei kaum zu vermeiden. Wir heben aus den bis ins
Einzelne gehenden Auseinandersetzungen Folgendes hervor:
Für eingeschossige Pavillons ist die Dachfirstventilation die beste-
die Ecken und Winkel in den einzelnen Räumen sollen abgerundet sein
(Schilderung von Tollet’s System). Das Gebäude soll höher liegen ah
das umliegende Terrain, und der Zwischenraum zwischen zwei benach¬
barten Gebäuden soll mindestens das doppelte der Höhe eines jeden be
tragen. Bei der Anordnung der einzelnen Räumlichkeiten ist darauf Be¬
dacht zu nehmen, dass Uebersichtlichkeit geschaffen und dadurch Pflege
und Wartung der Kranken erleichtert wird. Eine Anzahl von Abbildungen
veranschaulicht die Lage der 'Räume und die Verkeilung der Betten auf
den einzelnen Stationen in den bekannteren Krankenhausanla^en Eng¬
lands, Deutschlands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten Nordamerikas
ebenso giebt eine tabellarische Zusammenstellung ein Bild von der Grösse
des aut' den einzelnen Kranken entfallenden Boden- und Luftraums- als
(durchaus nicht nachahmenswerthes, Ref.) Beispiel für die kreisförmige
Anlage eines Krankenpavillons wird der Grundriss einer Station des
Burnley-Hospitals gebracht. Für Tageräume, sowie für mit Glaswänden
versehene heizbare sogenannte Sonnenräume und offene Wandelgän^e
u. s. w. ist bei der Anlage Sorge zu tragen.' Die Fenster sollen
möglichst hoch gehalten werden, die Wände sind mit einem hellen An¬
strich zu versehen; die möglichst einfach gehaltenen Thüren soffen von
genügender Breite und leicht zu reinigen sein. Ein besonderer Werth
ist darauf zu legen, dass die Wände leicht abwaschbar sind, und zu diesem
Behufe ist es wünschenswerth, dass das für sie verwandte Material sehr
wenig porös sei; am besten eignen sich hierzu glasirte Ziegel, die in
Cement gelegt und deren Fugen mit Emaillefarbe zu überstreichen sind.
Der Fussboden ist in der Weise zu construiren. dass zwischen ihm und
dem Untergründe eine Luftschicht geschaffen wird; die Grundluft, deren
Gefährlichkeit für den Organismus Verfasser ungemein hoch anschlägt,
soll nach Kräften abgehalten worden. Als bestes Material fürFussböden
wird Terrazzo oder Holzparquet empfohlen; derselbe soll jeden Morgen
zunächst nass und danach trocken aufgewischt werden. Für seine An¬
gaben und Forderungen bringt Verfasser Beispiele und Belege aus den
bekanntesten Krankenhäusern. —- Von Nebenräumen bespricht Galton
1) das Arztzimmer; möglichst jede Station sollte ein solches besitzen,
das hell und geräumig gehalten und zu Untersuchungen sowie zum An¬
legen von kleineren Verbänden zu benutzen wäre. 2) Die Unterkunfts-
räume für das Wartepersonal. Die Schlafräume desselben soffen weder
im Krankenpavillon noch in einem mit demselben verbimdenen Gebäude,
sondern vollständig von diesem getrennt liegen; die Aufenthaltsräume
für Pfleger und Pflegerinnen, die im Pavillon selbst liegen, müssen hell,
leicht ventilirbar und so angeordnet sein, dass von ihnen aus durch ein
Fenster der Krankensaal leicht übersehen werden kann. 3) Die Spfllkflche
soll gegenüber oder direkt neben dem Zimmer der Oberpflegerin angelegt
! werden, so dass sie von dieser beaufsichtigt werden kann. Sie soff ein-
' faph gehalten, aber mit allen nothwendigen Gerätschaften versehen sein.
Hierzu gehört eine Feuerstelle (Gaskocher?) zur Herstellung von heissen
Aufgüssen etc., sowie zum Wärmen von Milch und dergl., ein nur für
das Spülwasser bestimmter Ausguss, der hell gestrichen sein muss, damit
jede Spur von Unsauberkeit sofort zu bemerken ist, mit Kalt- und Warra-
wasserzuleitung und freiliegendem Abflussrohr. Schränke sind thunlichst
zu vermeiden, das Geschirr etc. vielmehr auf offenen Etageren zu placiren;
vorräthig zu haltende Nahrungsmittel, wie Milch und dergl., sind ausser¬
halb des Raumes der Sptllküche, vielleicht am Fenster imterzubringen.
Ferner ist ein Wärmeschrank aufzustellen. — Für die Unterbringung der
schmutzigen Wäsche empfiehlt Gal ton ausserhalb des Gebäudes aufge¬
stellte eiserne Kästen und fordert schnelles Fortschaffen der Wäsche.
Müll, Kehricht und dergl. darf nicht im Hause selbst auf bewahrt werden;
lür Bürsten, Besen, Eimer und dergl. ist ein besonderer, leicht zu reini¬
gender Raum herzurichten. Die Kleidung der Patienten kann, nachdem
sie entsprechend gereinigt, im Pavillon selbst in einem mit Fenster ver¬
sehenen Raum auf bewahrt werden; bei Hospitälern für Infectionskrankheiten
sind die Kleider der Kranken in einem besonderen Gebäude unt-erzu-
bringen. Hier wäre es wünschenswerth, dass Patient zunächst im ersten
Raum sich auskleidet., darauf in einem daranstossenden Raum gebadet
wird und in einem dritten Raum die Hospitalkleidung erhält. Die Wasch-
zirnmer, Closets u. s. w. sind an einem Ende des Pavillons anzulegen
und von dem Krankensaal durch einen Flur getrennt zu halten; die Ver¬
legung dieser Räume nach dem den Zimmern für das Personal gegenüber
gelegenen Ende des Pavillons ist vom ökonomischen Standpunkt nicht
wünschenswerth, vom hygienischen nicht erforderlich. Gal ton bespricht
noch die Badeeinrichtungen, erklärt sich gegen die Anlage von Pissoirs,
da diese schwer geruchlos zu halten sind, und schlägt an ihrer Stelle die
Benutzung von Geschirren (!) vor und giebt noch eine Beschreibung des
für die Ausgussbecken etc. bestimmten Raumes.
An diese Schilderung des einzelnen Pavillons schliesst sich eine
mit vielen Abbildungen versehene Beschreibung verschiedener Kranken-
hausanlagen, in der specielle Erläuterungen der Situationspläne gegeben
werden, sowie nach kurzer Aufführung der für die Verwaltung benöthigten
Räume, der Dispensiranstalt, des Operationssaales resp. -Hauses, des
Bade-, Leichenhauses und der Poliklinik, eine Besprechung der Küche,
ihrer Einrichtung — bei mehrstöckigen in der Stadt gelegenen Hospitälern
empfiehlt Gal ton die Verlegung derselben in die oberste Etage und Her¬
stellung der Verbindung mittels Fahrstühlen —, der Speisetrausportwagen
und dergl. Die Beseitigung des HausmtiUs soll durch Verbrennung in
einem Destructor erfolgen, von dem Zeichnung und Beschreibung gegeben
werden. Die Wäscherei muss möglichst entfernt von den anderen Räumen
liegen, die betreffenden Baulichkeiten sollen hell, luftig, gut ventilirbar.
mit \ orkehrungen für das Absaugen des Wrasens versehen sein; inficirte
\\ äsche ist selbstverständlich getrennt von der übrigen zu behandeln.
Eine Aufzählung der Wohn- und Sclilafräume für Wärter und Schwestern,
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4. Octobcr.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
783
sowie dor für eine Pflegerinnenschule bcnöthigton Räumlichkeiten bo-
schliesst diesen Abschnitt.
In den letzten Kapiteln bespricht Verfasser noch die Einrichtung
von Anstalten für unheilbare Kranke, Kinderhospitälern, Reconvalescenten-
hiiusern (Unterbringung der Genesenden in einzelnen kleinen Häuschen
für etwa acht Personen) und Hospitälern für Infectionskrankkeitcn, sowie
etwas detaillirter die von Gebärhäusern (er führt hier auch die Berliner
gynäkologische Klinik an), giebt einige Bemerkungen über temporäre
Hospitäler hauptsächlich in Kriegszeiten, wobei er der Bestrebungen des
Rothon Kreuzes und der Antwerpener Ausstellung vom Jahre 1885 ge¬
denkt, und schliesst mit einem Appell an die Krankenhausarchitekten,
bei der Einrichtung von Hospitälern weniger Werth auf die Aufführung
palastartiger Häuser, als auf die einfach construirter, für Licht und Luft
gloichniüssig leicht zugänglicher Bauten zu legen, in denen einzig und
allein das Interesse der Kranken und deren Wiederherstellung in erster
Linie steht.
Galton hat in dem vorliegenden Werke nicht nur die einschlägige
Litteratur seines Vaterlandes, sondern auch, soweit sie ihm zugänglich,
die der Vereinigten Staaten Nordamerikas, Deutschlands, Frankreichs und
anderer Staaten eingehend benutzt und mit Geschick und Fleiss ver-
wcrthet. Er hat dadurch ein Werk geschaffen, wie es in gleicher Voll¬
ständigkeit und Ausführlichkeit unseres Wissens bisher noch nicht vor¬
handen war und von dem wir, wenn wir auch in manchen Einzelheiten
mit dem Autor nicht übereinstimmen, nur wünschen können, dass es
recht bald von kundiger Seite eine Hebertragung ins Deutsche erführe,
damit es um so leichter auch in unserem Vaterlande bekannt und ver¬
breitet würde. H. Merke (Berlin).
IX. Standesangelegenheiten.
Aus dem Oeschäftsausschuss der Berliner ärztlichen
Standesvereine.
In der ersten Sitzung nach den Sommerferien, am 14. September c.,
theiltc der Vorsitzende Herr Becher mit, dass auf einen Protest von
Mitgliedern des Curatoriums der in Verbindung mit der Berliner ärzt¬
lichen Unterstützungskasse stehenden Wilhelm-Augusta-Stiftung
das Polizeipräsidium entschieden habe, dass der Geschäftsausschuss als
der Nachfolger des früheren Centralausschusses der ärztlichen Bezirks¬
vereine Berlins zu betrachten und deshalb auch in Zukunft berechtigt
sei, drei Mitglieder in das Curatorium genannter Stiftung zu entsenden.
Aus der Hygienecommission wurde berichtet, dass man be¬
schlossen habe, die jetzt in Berlin vielfach besprochene Frage der Muste¬
rung der Schulkinder zusammen mit der wichtigeren Schularzt¬
frage zu behandeln, und dass man etwa angenommenene Leitsätze später
vorlegen werde. — Dieselbe Commission hatte sich ferner mit der An¬
zeigepflicht der Aerzte bei ansteckenden Krankheiten be¬
schäftigt, und zwar infolge einer durch die Zeitungen bekannt gewor¬
denen Gerichtsverhandlung, in welcher zwei hiesige Collegen wegen unter¬
lassener Anzeige von Diphtherieerkrankungen k auf Grund des § 327 des
Strafgesetzbuches mit Gefängnisstrafe bedroht waren. In diesem Falle er¬
folgte zwar die Freisprechung, doch erscheint eine Aenderung des ge¬
nannten Paragraphen nothwendig, da sonst leicht einmal ein Arzt ohne
grösseres Verschulden zu einer Freiheitsstrafe vemrtheilt werden könnte.
(Der § 327 des Strafgesetzbuches lautet : Wer die Absperrungs- oder Auf¬
sichtsmaassregeln oder Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Be¬
hörde zur Verhinderung des Einführens oder Verbreitens einer anstecken¬
den Krankheit angeordnet worden sind, wissentlich verletzt, wird mit Ge¬
fängnis bis zu zwei Jahren bestraft, — Ist infolge dieser Verletzung ein
Mensch von der ansteckenden Krankheit ergriffen worden, so tritt Ge¬
fängnisstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren ein.) Die Hygiene¬
commission hatte nach längerer Verhandlung vorgeschlagen, der Geschäfts¬
ausschuss möge folgenden Antrag bei der Aerztekammer und bei dem
Aerzte Vereinsbunde einbringen: „Die Anmeldung ansteckender Krank¬
heiten, spcciell der Diphtherie, ist eine Pflicht der Aerzte. Jedoch ist
bei Unterlassung der Anmeldung die Anwendung des § 327 nicht zulässig,
wenn nicht nachgewiesen ist, dass durch diese Unterlassung eine An¬
steckung stattgefunden hat“. Die Versammlung gab diesem Anträge nicht
ihre Zustimmung, sondern wünschte, dass über diese Angelegenheit sowie
auch über die hierher gehörende Polizciverordnung vom 3. Juli 1893,
wonach die Aerzte verpflichtet sind, von Erkrankungen an Tuberkulose,
die in Gasthäusern und ähnlichen Unterkunftsstätten Vorkommen, der
Polizei Anzeige zu machen, in den einzelnen Vereinen zunächst eingehende
Verhandlungen gepflogen werden, um daun später nochmals darüber ge¬
meinsam im Geschäftsausschuss zu berathen. (Bei der hohen Wichtig¬
keit dieser Angelegenheit behält sich Referent vor, auf dieselbe in einem
eigenen Artikel demnächst zurückzukommen.)
Ueber die Beschaffung eines Publicationsorgans des Geschäfts-
Ausschusses wurde auch heute noch kein Beschluss gefasst, sondern die
Sache abermals in die Vereine zurückgewiesen.
Bereits vor längerer Zeit war durch den Nordclub die Anregung er¬
gangen, man möge mit besseren Versicherungsgesellschaften in
Verhandlungen eintreten behufs Erlangung von Vergünstigungen bei
Versicherungen von Aerzten, um dadurch einen Fond für allgemeine,
wohlthätige Zwecke zu erlangen. Die Sache ist damals nicht weiter ge¬
diehen. Jetzt hat das medicmische Waarenhaus diese Angelegenheit in
die Hand genommen und nach gründlicher Prüfung Verträge mit der all¬
gemeinen Versicherungsanstalt in Karlsruhe, ferner mit der Unfallver¬
sicherungsgesellschaft in Zürich in Aussicht genommen, wodurch für die
direkt abgeschlossenen Versicherungen mehrfache nennenswerthe Erspar¬
nisse herauskommen werden (kostenfreie Ausfertigung von Policen, Nach¬
lass der Aufnahmegebühr, verringerte Prämienzahlung u. a. in.). Das
Waarenhaus ersucht den Geschäftsausschüss, die, Mitglieder der Ststides-
vereine darauf aufmerksam zu machen, dass sie bei etwaigen Versiche¬
rungen die genannten Gesellschaften bevorzugen und die Vermittelung
des Waarenhauses herbeirufen sollen. Hach längerer, theilwoise- recht
erregter Verhandlung, in der namentlich betont wurde, dass der Gesphäfts-
ausschuss über die NothWendigkeit und Nützlichkeit des Waaroii-
hauses kein Urtheil abzugeben vermöge, gelangten folgende Beschlüsse
zur Annahmo: 1) Der Gcschäftsausschuss hält eine Vereinbarung mit,
Lebensversicherungsgesellschaften behufs Gewährung von. Vergünsti¬
gungen, welche zur Unterstützung nothleidender Collegen dienen sollen,
für erstrebenswerth. 2) In Anbetracht, dass das medicmische Waaren¬
haus eine solche Vereinbarung für Aerzte mit der allgemeinen Vcrsor-
gungsanstalt in Karlsruhe bereits getroffen hat, empfiehlt der Geschäfts-,
ausschuss, um Zersplitterungen zu vermeiden, deu Mitgliedern der Stau¬
desvereine dringend den Beitritt zu dieser Vereinbarung, falls der Auf¬
sichtsrath des medicinischeu Waarenhauses sich in einer öffentlichen
Erklärung verpflichtet, die gewährten Vergünstigungen (nach Abzug dor
Unkosten) ungekürzt dem zu Gunsten nothleidender Aerzte gegründeten
Darlehnsfond des medicinischen Waarenhauses zu überweisen. Ausserdem,
soll für jede abgeschlossene .Versicherung ein gewisser, sich nach dor.
Höhe der Versicherungssumme richtender Procentsatz und ebenso ein
solcher von sämmtlichen Prämienzahlungen an das Waarenhaus abgeführt
werden. _ II.
X. Therapeutische Mittheilungen.
— Die BaccellPsche Methode der intravenösen Suhlimatinjectioneii
scheint in Deutschland noch wenig nachgeprüft worden zu sein. Ich
möchte dieselbe durch folgenden Fall iu empfehlende Erinnerung bringen:
Der Maurer W. in Lüben, den ich eine Zeit lang wegen Leber-
gummata mit grossen Dosen Jodkali und Calomelinjectionen behandelt
hatte, war ein Vierteljahr später an Erscheinungen erkrankt, die mir
die Diagnose eines gummösen Gehirntumors als sicher erscheinen Hessen.
Eine Schmier- oder Spritzcur waren für den Ernst der Situation noch zu
milde Mittel, und so entschloss ich mich zu den intravenösen Sublimat-
injectionen, die täglich von 1—12 mg in die Armvenen gemacht wurden.
Es trat darauf eine wunderbar schnelle Besserung ein. Entsprechend den
Angaben Bac-.celli's konnte auch mein Kranker m der Besscrungsperiode
kaum eine Minute nach der Injection den metalHschen Quecksilber¬
geschmack im Munde fühlen. Dermatologen und Kliniker sollten iu.
ernsten Fällen sich dieser „Bluttherapie“ nicht verschHesson.
— Tympania uteri spielt in der Geburtshülfe eine gewisse Rolle.
In gynäkologischen Lehrbüchern wird sie meistens kaum erwähnt. Viel¬
leicht gewinnt deshalb nachstehender Fall an Interesse. Am 12. Juli
wurde ich nach meinem früheren Wirkungskreise Lüben zu Frau R. ge¬
rufen. Wegen chronischer Endometritis war hier mit Jodoformgazetampo-
nade dor Uterus erfolgreich behandelt worden. Im Augenblick litt sie an
ausserordentlichen Unterleibsbeschwerdcn, die ganz gleich schon früher
öfter aufgetreten waren, nur von anderer Seite immer als Leberbeschwer¬
den gedeutet worden waren. In Wirklichkeit war von einem. Leberleiden
nichts zu eruiren, der Leib war stark gespannt und der Fundus uteri
drei Finger breit über Nabelhöbe zu fühlen. Beim Sondiren gelangto die
Sonde in eine weite leere Höhle, und mit einem richtigen Knall entwich
Luft aus dem Uterus. Von Interesse ist, dass Patientin schon öfter
an diesem Leiden erkrankt ist, und zwar trat die Uterustympanie regel¬
mässig dann ein, wenn sie sich den Magen verdorben batte und Darm¬
störungen sich oingefunden hatten. Einige Tage bestanden noch etwas
Schmerzen zu beiden Seiten des Uterus. Massage, Verabreichung von
Rheum mit Carbo lignous bessert© den Zustand weiter.. Zur Hebung des
Allgemeinzustandes wurde Patientin nach FUnsbcrg geschickt. Wie man
sich das regelmässige Eintreten von Tympania uteri bei leichten Darm¬
störungen zu denken hat, muss ich vorläufig dahingestellt sein lassen.
Lichtenstein (Liegnitz).
— Nachdem von mehreren Seiten, so u. a. aus den Abtheilüngcn
von Prof. Mosotig-Moorhof und Prof. Demme, günstige Erfolge mit
Aristol bei der Behandlung von Verbrennungen mitgetheilt waren, sah
sich Haas veranlasst, dieser Therapie näher zu treten. . Das Aristol ist
ein mildes, reizloses Antisepticum, das, abgesehen von seiner Ungiftigkeit,
_ im Gegensatz zum Jodoform — eine schnelle und schmerzlose Ver¬
narbung herbeizuführen imstande ist, Eigenschaften, die das Mittel für
Verbrennungen in hohem Maasse geeignet erscheinen lassen. Die von
Haas geübte Behandlungsmethode ist folgende: Nach Desinfection der
verbrannten Stellen mit zwciprocentiger Borsäure (bei solchen von
kleinerem Umfange eventuell mit einem energischer wirkenden Anti¬
septicum) uud Eröffnung der Brandblasen werden die betreffenden Particen
mit Aristolgaze ausgiebig bedeckt; darüber kommt sterile Watte und
Guttaperchapapier; Bindentouren befestigen alsdann den Verband, der
nach Bedürfnis gewechselt wird. Aristolpulver anfangs direkt auf die
verbrannten Stellen zu streuen empfiehlt sich nicht, da hierdurch die
Aufsaugung der Secrete durch den Verband behindert wird. Nach Ver¬
ringerung resp. Aufhören der Secretion wird durch Aufstrouen von
Aristolpulver oder durch eine Aristolsalbe (Rp. Aristol. 5,0—10,0, Ol.
Oliv. 20,0, Solve, add. Vaselin, americ., Lanolin, ana 40,0) eine schnelle
Heilung herbeigeführt. Edmund Saalfeld (Berlin).
— Zur Vermeidung der üblen Nebenwirkungen des Jod empfiehlt
londel, dasselbe mit Natrium bicarbonicum zu gleichen Theüen ge¬
fischt zu reichen. Der Jodschnupfen soll danach ausbleiben. (Medecmo
loderne 1894, No. 55.) H. Citron (Berlin).
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784
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40
XI. Von der 00. Versammlung deutscher
Naturforscher und Aerzte.
Wien, 28. September. Die 66. Versammlung deutscher Naturforscher
und Aerzte hat soeben ihre letzte öffentliche Sitzung gehalten und damit
ihren offiziellen Abschluss erreicht, dem sich allerdings noch verschiedene
mehr oder minder appendiculärc Veranstaltungen — ein Festessen bei
Ronacher, ein Ausflug nach Baden heut Nachmittag, auf den Sömmering
und nach Pörtschach morgen und übermorgen — für noch nicht gesättigte
oder vielmehr noch nicht übersättigte Besucher anschliessen werden. Ein
allgemeines Facit der Versammlung, die von mehr als 4200 Theilnehmem
(dies das Minimum; die genaue Endzahl ist noch nicht bekannt gegeben)
besucht wurde, dürfte in wissenschaftlicher Hinsicht recht befriedigend
ausfallen. Es ist in den öffentlichen Sitzungen viel Interessantes und An¬
regendes gesprochen und in den sämmtlichen 40 Sectionen, soweit sich das
aus persönlicher Kenntnissnahme und auf Grund des sehr sorgfältig redigirten
Tageblatts beurtheilen lässt, überaus fleissig gearbeitet worden. Als hervor¬
ragende Ereignisse, als Höhepunkte der Darbietungen auf dem engeren ärzt¬
lichen Fachgebiete dürften die, auch von der gesummten hiesigen Presse nach
Gebühr gewürdigten Vorträge von Behring und Ehrlich über Di¬
phtheriebehandlung, im hiesigen hygienischen Institute (am 25. d. M.)
und die im Hörsaal des Instituts für experimentelle Pathologie
an mehreren auf einander folgenden Tagen veranstalteten Demonstra¬
tionen (an denen der Leiter des Institus, Stricker, selbst theilzunehmen
leider durch Krankheit verhindert wurde) nach allgemeiner Schätzung be¬
zeichnet werden. Eine sehr bemcrkenswerthe und erfreuliche Neuerung,
die der Ausschuss auf Anrogung v. Bergmann’s hier zum ersten Male
durchzuführen versuchte und von deren weiteren Entwickelung wir das
beste hoffen dürfen, ist die Zusammenlegung einer Anzahl von
medicinischen Fachsectionen zum Zwecke der Verhandlung
gewisser.^ allgemein interessirender Themata. Die erste ge¬
meinsame Sitzung dieser Art, zu der die Sectionen für innere Medicin,
Chirurgie, Gynäkologie, Neurologie und Psychiatrie, Pädiatrie, Laryngologie,
Dermatologie und Syphilis aufgeboten waren, hat am Nachmittag des
25. September in dem schönen geräumigen Versammlungssaale des Ge¬
bäudes der K. K. Gesellschaft der Aerzte in der Frankgasse (einer wesent¬
lich von Billroth herrtthrenden Schöpfung) unter v. Bergmann’s Vor¬
sitz stattgefunden, v. Bergmann selbst leitete die Verhandlung mit
einigen Worten ein, in denen er die Einberufung solcher gemeinsamen
Sitzungen mit den Zwecken und Zielen der Naturforscherversammlung
rechtfertigte und zugleich ihre statutenmässige Begründung nachwies
hs waren die Themata Kropf, Gehirnsyphilis, Gehirnabscess auf
die Tagesordnung gestellt worden. Das erstere Thema wurde am reich¬
lichsten und nach verschiedenen Seiten hin erörtert; es sprachen darüber
V (Behandlung der Kropfkranken mit Schilddrüsenfütterung, wo¬
durch bei manchen Strumen rasche Verkleinerung oder vollständige Be-
soitigung herbeigeführt sein soll); Eulenburg (Basedow’sche Krankheit
und Schilddrüse); Buschan (Kritik der neuen pathogenetischen Theorieen
u 1 Basedow scher Krankheit und der — vom Redner ziemlich abfällig
beurtheilten - operativen Erfolge); Krönlein (der im Gegensatz zum
Vorredner für die operative Behandlung der Basedow’schen Krankheit
durch bchüddrüsenresection eintrat und damit in acht Fällen bleibende
zum iheil schon seit sechs Jahren andauernde Resultate erzielte). Die’
übrigen namhaft gemachten Themen wurden durch sehr interessante Vor-
(l,ber Gebimsyphilis und Aphasie) und von Schubert
(.Nürnberg) (über einen Fall von otitischem Ilirnabscess) vertreten. Im
ganzen kann dieser erste \ ersuch, der herrschenden allgemein beklagten
^cctionszersphtterung einen Damm entgegenzusetzen, als wohl gelungen
„eiten, und er wird hoffentlich bei künftigen Versammlungen in noch er¬
weiterter Form nachgeahmt und vervielfältigt werden. — In der zweiten
allgemeinen Sitzung, die am Mittwoch, dem 26., wiederum im Musik-
veremssaale stattfand, sprachen Prof. Klein aus Göttingen in sehr inter¬
essanter Weise über den 1866 verstorbenen Riemann und dessen Be-
ersSrT d, ° Mathematik der.Gegenwart; Forel über das grosse un-
Spplp“ Pf i c l ° UU 2 C ir Pr Lö ^ un g schier unzugängliche Thema „Gehirn und
f® e J® ’ dessen abschliessende Betrachtung wir natürlich auch vom Vor¬
tragenden nicht erwarten durften, m dessen Erörterung er aber immerhin
hiüp? erl ® 1 i, Anr0gen ? 0S l und freilich auch zum Widerspruch anregendes)
hineinzuziehen wusste; Boltzmann in Wien über die allmähliclfe Ent-
wickelung und die neueren Versuche der Luftschifffahrt, denen er (nament-
hch den durch Luftschrauben fortbewegten Aßroplanen im Ge "ensa?z zu
sükon sLnte al SC n- T n eil ?* ng in i Flügel) ^ sehr’ güns% ö es Progno-
Jahrhundertwende, hat man sich einstweilen mit'Recht ZUr
stiegen. Hoffen dürfen wir aber und ^ ht ' ?. och nicht ver -
Erfalirungen im verstärktem Maas«?« lmfr« a uueh den hier gemachten
Jahrhundert
unentbehrlichen Institution gewordenen ZU e , mer
— --- r _ ~ ~ a. e.
XII. Zur Organisation der deutschen medid-
nischen Fachpresse.
Unsere Leser sind durch die Artikel in No. 22 und 82 dieser
Wochenschrift über unsere Bestrebungen zur Herbeiführung einer
Organisation der deutschen medicinischen Fachpresse bereits wieder¬
holt unterrichtet. Diese Bestrebungen sind, wie wir zu unserer
Freude berichten können, nicht ohne den gewünschten Erfolg o- e .
blieben. Die vom 24.—80. September in Wien tagende 66. Ver¬
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte bot den äusseren
Anlass und erwünschte Gelegenheit, der Sache näher zu treten
und vor allem die leitenden Redactionen einer Anzahl hervor¬
ragender Fachblätter zur Berathung und Verständigung über einen
formulirten Programmentwurf zusammenzuführen. Am 25. Sep¬
tember hat daraufhin die einstimmige Annahme dieses Programms
und damit die Begründung der angestrebten „freien Vereinigung
der deutschen medicinischen Fachpresse“ stattgefunden Der¬
selben sind als erste Begründer beigetreten: Adler, (Wiener me-
dicinische Wochenschrift); Beer (Wiener medicinische Blätter)-
Bum (Wiener medicinische Presse); C. Cohn (Oesterreichisehe
ärztliche Vereinszeitung); Eulenburg (Deutsche medicinische
Wochenschrift); Ewald (Berliner klinische Wochenschrift);
E. Fischer (Medicinisch-chirurgisches Centralblatt); Frank (All¬
gemeine Wiener medicinische Zeitung); Mendelsohn (Zeitschrift
für Krankenpflege); Paschkis (Internationale klinische Rundschau);
Posner (Berliner klinische Wochenschrift); G. Riehl (Wiener
klinische Wochenschrift); Schwalbe (Deutsche medicinische
Wochenschrift); Spatz (Münchener medicinische Wochenschrift);
Unverricht (Centralblatt für klinische Medicin). Weitere Bei¬
trittserklärungen werden unzweifelhaft folgen. Als Vorort wurde
für das nächste Jahr Berlin gewählt, zum Geschäftsführer Pro¬
fessor Eulenburg, zu Mitgliedern des Ausschusses Professor
Posner (Berlin), Dr. Spatz (München), Dr. E. Fischer und
Dr. krank (Wien). Der für neue Mitglieder vorgeschriebeno Auf¬
nahmemodus, die organisatorischen Einrichtungen, sowie die Zwecke
und Ziele des Vereins sind aus dem provisorischen Statut, das wir
demnächst veröffentlich werden, erkennbar. Wir dürfen hoffen, dass
das nach manchen Anstrengungen inaugurirte Werk sich in ge¬
deihlicher Weise fortentwickeln und unserer medicinischen Presse
dazu verhelfen wird, mit der durch Einheit und Concentration ver¬
stärkten Machtfülle dem ärztlichen Stande noch grössere und voll¬
kommenere Dienste zu erweisen und seine Interessen, wo es darauf
ankommt, wirksamer zu schützen. A. E.
XIII. Kleine Mittheilungen.
~ Sir Joseph Li st er hat sich mit Ablauf dieses Semesters
definitiv vom Krankenhausdienst und von seiner Lehrthätigkeit zurück¬
gezogen. Bei dieser Gelegenheit ist der Plan aufgetaucht, ihm eine
besondere Ehrung zu Theil werden zu lassen, und in London, Glasgow
und Edinburgh haben sich Comitäes gebildet, um die hierzu nöthigen
Mittel aufzubringen. Es besteht die Absicht, ihm ein Portrait zu über¬
reichen. Der Beitrag für den Einzelnen ist auf zwei Guineen festgesetzt,
wofür jedem Zeichner voraussichtlich ein Andenken an die Gelegenheit
überreicht werden wird. Zeichnungen werden von dem Sekretär des Lon¬
doner Comitdes, J. Fred. W. Siek, 29 Weymouth St. Portland Place,
London W., sowie von den Herren Dr. James Finlayson, 2Woodside
Place, Glasgow, Prof. Chiene, 26 Charlotte Square, Edingburgh, Prot.
William Rose, 17 Harley St., London W., entgegengenommen.
— Prof. Dr. Rabl-Rückhard wird von jetzt an seine Vorlesungen
und Curse über normale Histologie und mikroskopische Technik im La¬
boratorium der Prof. Dr. Lass arischen Klinik, Karlstrasse 19. abhalteu
und daselbst auch für geübtere Studirende und für Aerzte die Leitung
selbstständiger wissenschaftlicher Arbeiten übernehmen,
— Privatdocent Dr. A. Goldscheider übernimmt an Stelle von
Prof. Dr. Vierordt am 1. October a. c. die Redaction der „Fortschritte
der Medicin“.
Von der gegenwärtig in dritter Auflage erscheinenden Real-
encyklopädie der gosammten Heilkunde, herausgegeben von Prof.
Albert Eulenburg, sind zur Zeit spanische, italienische und
russische Uebersetzungen in Angriff genommen. Die spanische Aus¬
gabe, von einem hervorragenden Madrider Hospitalarzte, Dr. Isidoro de
Miguel y Viguri, übersetzt und von Cortezo mit einer Einleitung
versehen, erscheint bei Jiibera in Madrid und ist nahezu vollendet, wäh¬
rend die italienische, die bei Pasquale und Vallardi in Neapel heraus¬
kommt, bis zum achten Bande vorgeschritten ist. Die russische Ausgabe
wird von Prof. Afanasieff bearbeitet.
Zwischen dem Vorstand des Vereins der Apotheker Berlins und
dem Medicinischen Waarenhause, Actiengesellschaft, wurde vorbehaltlich
der Zustimmung dos Vereins der Apotheker folgendes Einverständniss
erzielt : 1) Durch ein Zusammenwirken von Arzt und Apotheker können
die beiderseitigen Interessen am besten gefördert werden. 2) Das Medi*
cinische Waarenhaus richtet sich im Verkehr mit den Apothekern im
allgemeinen nach den bei Engrosgeschäften üblichen Grundsätzen. 3) Der
Verein der Apotheker Berlins entsendet in die technische Commission für
Arzneimittel des Medicinischen Waarenhauscs zwei Delegirte.
Gedruckt bei Julius SittenXeld in Berlin Wr
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag ■¥ 41 . _ 11, October 1894.
DEUTSCHE
MEDIOINISOHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteiuallee 3. Potadamcrstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. SL
I. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen.
Ueber die Kropfbehandlung mit Schild-
drüsenfütterung. 1 )
Von Prof. Dr. P. Bruns in Tübingen.
Die Schilddrüsenfütterung hat sich neuerdings als ein speci-
fisches Heilmittel bei einer Reihe von Affectionen bewährt, welche
mit mangelhafter Entwickelung, Degeneration oder Verlust der
Schilddrüse in Zusammenhang stehen. Ihre Erfolge bei sporadi¬
schem Kretinismus, Myxödem und Entkropfungskachexie sind eine
glänzende, fast wunderbare Errungenschaft, welche auch für die
Zukunft noch verheißungsvolle Ausblicke gewährt.
Ich habe versucht, einen solchen neuen Weg einzuschlagen
und die Schilddrüsenfütterung auch bei der häufigsten Affection
der Schilddrüse selbst, bei den Strumen, in Anwendung zu ziehen,
um eine Rückbildung derselben zu bewirken. In dieser Rich¬
tung habe ich seit Anfang dieses Jahres Versuche angestellt,
welche zum Theil überraschende Erfolge ergeben haben.
Die Fälle, welche der Schilddrüsenfütterung unterworfen wur¬
den, betrafen einfache Strumen ohne Complicationen, und zwar aus¬
schliesslich Parenchym kröpfe, da Cystenkröpfe für diese Behand¬
lung von vorn herein keine Aussicht bieten. Zuerst wurden Kinder
und jugendliche Individuen gewählt, in der Voraussetzung, dass
die Kröpfe bei diesen eher der Rückbildung fähig sind.
Zur Fütterung wurden ganz frische, rohe Schüddrüsen vom
Hammel und Kalb benutzt, welche fein geschabt in Oblaten oder auf
Butterbrod genossen worden. Die Einzelgabe betrug gewöhnlich
5—10 g; sie wurde zu Anfang der Behandlung alle 2—3, später
alle acht Tage wiederholt.
Ich kann bisher über 12 Fälle von Kröpfen berichten, welche
mit Schilddrüsensaft behandelt sind. Von diesen sind neun Fälle
geheilt oder gebessert, indem die Struma entweder ganz beseitigt
oder erheblich verkleinert wurde; drei Fälle erwiesen sich als re-
fractär. Eine grössere Anzahl von Fällen steht gegenwärtig noch
ln Behandlung, von denen mehrere der Heilung nahe sind.
. Vollständig geheilt sind vier Fälle im Alter von 4 bis
12 Jahren. Die Schilddrüse fand sich hier in allen ihren Theilen ver¬
größert, der Umfang einer Seitenhälfte hatte etwa Hühnereigrösse
erreicht. Dabei war zweimal starkes pulsatorisches Schwirren in
der Struma zu fühlen, einmal bestanden Athembeschwerden mit
hörbarem Stridor. Schon nach 8—14 Tagen liess sich eine auf¬
fällige Besserung constatiren: die Struma war bedeutend verklei¬
nert, das Schwirren und der Stridor verschwunden. Nach vier
Wochen war in allen Fällen die Struma ganz beseitigt, der Hals¬
umfang um 272, 3 und 5 cm vermindert.
. einem weiteren Falle, bei einem 14jährigen Knaben, wurde
innerhalb vier Wochen eine faustgrosse Struma soweit zur Rück¬
ladung gebracht, dass der Halsumfang um 7 cm abgenommen hat.
Was hierbei noch von besonderem Interesse ist: ein kleiner zu¬
rückgebliebener Rest besteht aus zwei nussgrossen Cysten. Es
hatte sich also um eine cystisch-parenchymatöse Struma gehan-
delt, bei der nur der parenchymatöse Antheil sich zurückge¬
bildet hat.
In einem weiteren Falle, bei einem 40 jährigen Manne, bestand
seit sechs Ja hren eine rechtsseitige kleinfaustgrosse Struma mit
! ) Vortrag, gehalten auf der Naturforscherversammlung zu Wien in
lö 94 ^ em ° inSC ^ a ^li C h en der klinischen Sectionen am 25. September
Verdrängung der Trachea und zunehmenden Athembeschwerden.
Nach vier Wochen war die Struma verschwunden, der rechte
Schilddrüsenlappen von normaler Grösse und Consistenz, der Hals¬
umfang um 5 cm verkleinert, die Athmung ganz frei; an der lin¬
ken Seite besteht noch eine hühnereigrosse Struma fort.
Endlich wurde in drei Fällen je eine Struma von etwa Oran¬
gengrösse um 3 cm Halsumfang verkleinert, jedoch hat die Be¬
handlung aus äusseren Gründen nur drei Wochen gedauert.
Diesen neun Fällen mit positivem Erfolg stehen drei mit
negativem gegenüber. Die Patienten standen im Alter von 23 bis
57 Jahren und litten an apfel- bis faustgrossen Strumen mit
leichten Athembeschwerden. Die Behandlung wurde einmal fünf
Wochen, zweimal nur 14 Tage ohne jeden Erfolg durchgeführt.
Nachdem nachträglich die Strumektomie vorgenommen war, fanden
sich hyperplastische Strumen, das eine mal mit reichlichen kleinen,
bis kirschgrossen Cysten, das andere mal mit vorgeschrittener
eolloider Degeneration.
Von üblen Nebenwirkungen der Schilddrüsenfütterung sind
nur in einem Falle Vergiftungserscheinungen beobachtet worden:
Bei einem 40jährigen Manne traten nach 14 tägiger Fütterung mit
insgesammt 46 g Schilddrüse Kopfschmerzen, Uebelkeit, Appetit¬
losigkeit, Pulsbeschleunigung (ohne Temperatursteigerung) und Ab¬
nahme des Körpergewichts um 10 kg auf, Erscheinungen, welche
nach dem Aussetzen der Behandlung rasch wieder zurückgingen.
Bei allen anderen Patienten blieb das Allgemeinbefinden ganz unge¬
stört, trotzdem die verabreichte Dosis meist grösser war. Nur
eine geringe Abnahme des Körpergewichts um 0,5 bis 1,0 kg wurde
noch viermal beobachtet, wiederum zumeist bei solchen, die nicht
die grössten Mengen genossen hatten.
Im ganzen schwankte die innerhalb zwei bis fünf Wochen dar¬
gereichte Menge von Schilddrüse zwischen 40 und 200 g. Um
sich vor üblen Nebenwirkungen zu schützen, dürfte es sich em¬
pfehlen, bei Erwachsenen alle 8—14 Tage nicht mehr alä 10 g,
bei Kindern nicht mehr als 5 g zu reichen.
Aus den mitgetheilten Thatsachen ziehe ich den Schluss, dass
die Schilddrüsenfütterung auf manche Strumen eine
specifische Wirkung ausübt und deren rasche Ver¬
kleinerung oder vollständige Beseitigung bewirkt. Der
Erfolg ist am sichersten bei Kropfkranken im kindlichen und
jugendlichen Alter und beginnt gewöhnlich schon nach ein bis zwei
Dosen sich einzustellen.
Zur Bestätigung hierfür dient eine kürzlich erschienene Mit¬
theilung von Reinhold 1 ) aus der psychiatrischen Klinik in
Freiburg, in welcher Versuche mit Schilddrüsenfütterung bei.kropf-
leidenden Geisteskranken angestellt wurden, um die psychopathischen
Vorgänge zu beeinflussen. An SteHe dieser letzteren Wirkung
wurde in fünf Fällen ein beinahe vollständiges Schwinden der
Strumen beobachtet, indem der Halsumfang um 1 bis 4 cm
abnahm.
Immerhin ist die Zahl unserer Beobachtungen noch viel zu
klein, um bindende Schlüsse zu gestatten. Wir wissen vor allem
noch nicht, welche Formen von Strumen dieser Therapie zugäng¬
lich sind, welche nicht. Vorläufig lässt sich nur so viel sagen,
dass jedenfalls die relativ frischen Strumen jugendlicher Individuen
die günstigsten Aussichten bieten und dass wohl die einfachen
hyperplastischen Formen geeigneter sind als diejenigen mit vor¬
geschrittener coll<?ider Degeneration, während die Cysten garnicht
Münchener tned. Wochenschr. 1894. No. 31.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
786
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41
beeinflusst werden. Wir wissen aber auch noch nicht, wie es mit
der Frage etwaiger Recidive steht. Und noch ganz im Dunkeln
liegt die Wirkungsweise des Mittels, die jetzt bei seiner Anwendung
an übrigens gesunden Menschen eher geprüft werden kann.
Wenn ich trotz solcher Lücken schon jetzt mit dieser Mit¬
theilung hervortrete, so geschieht es, um zu ausgedehnteren Ver¬
suchen in dieser interessanten und wichtigen Frage anzuregen.
Diese werden über die Tragweite der neuen Beobachtungen zu
entscheiden haben — im Verhältnis zu den seltenen Myxödem¬
fällen ist jedenfalls der Wirkungskreis der Schildrüsenfütterung
bei der Behandlung der Strumen ein unendlich viel weiterer und
daher praktisch wichtigerer.
II. Aus der II. medicinischen Universitätsklinik des Herrn
Geheimrath Prof. Dr. Gerhardt in Berlin.
Beobachtungen über ein neues harnsäure¬
lösendes Mittel bei Gichtkranken.
Von Stabsarzt Dr. E. Grawitz,
Privatdocenten und Assistenten der Klinik.
Zu Anfang Juli dieses Jahres wurde mir von Herrn Geheim¬
rath Gerhardt ein Mittel überwiesen zur Erprobung seiner Wirk¬
samkeit bei Gichtkranken der Klinik.
Das Mittel war unter dem Namen „Lysidin“ von Herrn Ge-
heimrath Prof. Dr. Ladenburg in Breslau gesandt mit der Notiz,
dass es sich um ein stark alkalisch reagirendes Präparat handele,
welches die fünffache harnsäurelösende Wirkung des
Piperazin habe und bei Thierversuchen als unschädlich erprobt
worden sei.
Das übersandte Material erwies sich als sehr hygroskopische,
weissröthliche, krystallinische Substanz von eigenthiimlichem, an
den Geruch von Mäusen erinnerndem Geschmack, leicht löslich in
Wasser.
Zufällig befanden sich zu der erwähnten Zeit gerade zwei
Kranke mit ausgesprochenen Zeichen von Gicht auf der Klinik, bei
welchen das Mittel sogleich in Anwendung gezogen werden konnte,
und zwar handelte es sich bei dem einen Kranken um einen acuten,
ziemlich heftigen Gichtanfall, während bei dem zweiten stark aus¬
gesprochene chronische gichtische Veränderungen vorhanden waren.
Diese Kranken nun erhielten das Mittel in kohlensaurem Wasser
gelöst, wie das von Herrn Geheimrath Prof. Ladonburg als ge¬
eignetes Lösungsmittel zum innerlichen Gebrauche empfohlen war,
und zwar wurde es in steigender Dosis von 1 bis 5 g in 500 ccm
kohlensaurem Wasser täglich gegeben. Der Geschmack war auch
in den Lösungen von 5:500 keineswegs unangenehm und am
wenigsten hervortretend, wenn die Lösung kalt, womöglich auf Eis
gekühlt, getrunken wurde.
Ich bemerke gleich hier, dass bei dieser Dosirung des Mittels
auch bei länger fortgesetztem Gebrauch sich keinerlei störende
Nebenwirkungen bemerkbar machten, speciell waren weder Be¬
schwerden in der Verdauung, noch Störungen in der Urinsecretion,
Albuminurie etc. zu constatiren, auch trat bei keinem der Kranken
ein subjectives Gefühl von Widerwillen gegen das Mittel ein.
Die klinische Beobachtung dieser Kranken nun ergab Fol¬
gendes:
• F „ a11 ., 1 .* *? er 66 Ja hre alte Arbeiter H. F. stammte angeblich aus
einer ramme, welcher gichtische Anlage nicht erblich ist. Er war
-o Jahre hindurch Rollkutscher gewesen und hatte sich später mit ver-
schiedenartigen Arbeiten beschäftigt. Seit dem Jahre 1885 war er ver¬
schiedentlich an Gelenkrheumatismus erkrankt, mehrfach daran auch in
der Uiarite behandelt worden, fernor hatte er hier auch einmal Pleuritis
ein ander mal Pneumonie und Angina überstanden und war zuletzt vom
aiI Cb :T ^ 3 Kl ,S l, M8ra . 1893 «‘■“falls «>'f der II. medicinischen
Klinik an Gicht behandelt worden.
\r ZU d * esor ^t geführte Krankenjoumal erwähnte, dass der Patient
TnnW Ungen an me h re ren Metacarpophalangealgelenken mit einem kleinen
Är ““ 1 ePBtcn Interphalangealgelenk des linken Zeigefingers und
feraer XerCckungen an silmmtlichen Fussgelenken gehabt habe Durch
ÄtQ i«°b. Cyllcu ™’ * ac £mg er Wasser uni Soolbäder war sein Zustand
damals in kurzer Zeit gebessert worden.
schwelhmir ®w a n J j} hr L Sfn ) t i? merkte er wieder eine schmorzhafte An-
Shwn , G » e l en ft ko d <? rFm e er un <l des linken Fusses, und am 2. Juli
schwoll untu lebhaften Schmerzen die linke grosse Zehe derartig an
dass der Patient am folgenden Tage wiederum diü Klinik aufsuchte. 6 ’
*«m
wegung" Hnsscret tW “ 1 “ d0rSelben bei jcder leisesten Be ‘
*- «
5 g und am 8 . und 9. Juli zusammen 5 g des Mittels, worauf diese Medi-
cation einstweilen sistirt werden musste, da die erste übersandte Portion
des Präparates, welches gleichzeitig noch von einem zweiten Kranken ge¬
nommen wurde, aufgebraucht war.
Bei dieser Behandlung war eine deutliche Verminderung der, zu
Anfang sehr erheblichen Schmerzhaftigkeit der Zehe und besonders eine
starke Abnahme der Anschwellung bemerkbar, so dass der Patient am
9. Juli bereits mit dem Fusse auftreten konnte.
Am 10 . Juli wurde der Kranke von Herrn Geheimrath Gerhardt
klinisch vorgestellt mit der Diagnose: Arthritis urica.
Während nun bis zum 13. Juli das Lysidin ausgesetzt und andere
Mittel naturgemäss währenddess nicht angewendet wurden, verschlimmerten
sich die Schmerzen in der befallenen Zehe sehr erheblich, auch schwoll
dieselbe wieder an und fühlte sich heiss an, während gleichzeitig auch
Schmerzen in der Gegend der Malleolen auftraten.
Am 14. Juli erhielt der Patient wieder 5 g Lysidin, desgleichen an
den folgenden Tagen bis zum 17. Juli und am 18. Juli noch 3 g.
Bereits am 15. Juli war die Zehe wieder ganz abge¬
schwollen und nur noch leicht geröthet, am 16. Juli verursachte nur
noch starker Druck Schmerzen, und der Patient wurde betroffen, als er
gegen das Verbot, aufzustehen, im Saale umherging. Am 18. Juli war die
grosse Zehe auch bei starkem Drucke und forcirten Bewegungen völlig
schmerzlos, so dass der Patient am 19. Juli geheilt entlassen werden konnte!
Gleich zu Beginn der Behandlung mit Lysidin wurde ein Stoff¬
wechselversuch bei dem Kranken angestellt zur Ermittelung der
Stickstoffbilanz und des Verhaltens der Harnsäureausscheidung.
Die täglich genau abgewogene und, soweit es nöthig war, ana-
lysirte Nahrung musste dem wechselnden Appetite des Patienten
Rechnung tragen, der in den ersten Tagen nur gering war, später
dagegen ziemlich rege wurde. Die Nahrung bestand aus Milch,
von welcher der Kranke in den späteren Tagen 1,5 1 pro Tag
trank, ferner aus Schabefleisch, Semmel, Brod, Butter, Eiern und
Suppen. Die täglichen Stickstoffanalysen wurden nach Kjeldahl,
die Harnsäureanalysen ebenfalls täglich nach Ludwig-Salkowski
ausgeführt. Die Reaction des Urins war, wie hier vorweg be¬
merkt sei, an jedem Tage sauer. Eiweiss liess sich an keinem
Tage nachweisen. Der Koth wurde von der ganzen Versuchszeit
gesammelt, getrocknet, gepulvert und auf seinen Stickstoffgehalt
in mehreren Proben analysirt.
Die folgende Tabelle giebt Aufschluss über die Untersuchungs¬
resultate an den einzelnen Tagen.
6 C
ca
H
Einnahme
N fCitlorien
Menge
Ausgabe
Urin
}sp.Gew.| N
Roth
N
Bilanz
N
l ü
i i?
£
1 Körper-
gew.
Kilo
5
12,7
1798
1700
1012
10,2
1,12
+1,4
0,45 1
2
62,5
6
15,8
2421
2300
1010
10,6
1,12
+44
1,19
3
—
7
15,0
2385
2030
1011
9,9
1,12
+4,0
0,43
5
—
8
13,3
2431
1400
1014
8,3
1,12
+3,9
0,29
\ 5
—
9
15,7
2632
2100
1012
10,6
1,12
+4,0
0,65
/ 5
—
10
16,2
2740
2300
1010
10,3
142
+4,8
0,28
G3
11
17,5
2783
1660(?)
1008
6,5(?)
1,12
?
0,32
—
—
12
17,2
2640
2400
1008
9,7
1,12
+6,4
0,66
—
—
13
17,1
2589
2300
1009
10,6
1,12
+5,4
0.50
—
—
14
16,8
2550
2200
1012
12,8
142
+2,9
0,62
5
_
15
16,9
2630
2400
1009
11,0
1,12
+4,8
0,38
5
—
16
16,6
2590
2200
1012
13,0
1,12
+2,5
0,41
5
—
17
16,8
2610
2100
1011
11,9
1,12
+3,8
0,40
5
—
18
16,3
2570
2200
1010
10,3
1,12
+4,9
0,47
3
64,5
Ueberblickt man die bei diesem Kranken gewonnenen objectiven
Resultate, so steht zunächst die günstige Wirkung des
Mittels auf den acuten Gichtanfall ausser Frage. Dieselbe
tritt besonders deutlich durch die unfreiwillige Pause in der
Medication vom 10. bis 13. Juli incl. hervor, welche von einer er¬
heblichen Verschlechterung des Zustandes begleitet war, während
bei der Wiederaufnahme der Therapie vom 14. Juli ab die
Schmerzen und Schwellungen der vornehmlich betroffenen Gelenke
prompt und schnell zurückgingen.
Sollte man nach diesen Erfahrungen die Dosirung des Mittels
beurtheilen, so dürften für den acuten Gichtanfall nicht zu kleine
Dosen am Platze sein, da die versuchsweisen kleinen Gaben der
ersten Behandlungstage doch nur eine langsame Besserung gegen¬
über den stärkeren der zweiten Periode erzielten.
Dieser günstige praktische Erfolg lässt sich nun nicht, wie
man hoffen konnte, aus den Ergebnissen des Stoffwechsel Versuches
theoretisch erklären. Es ergiebt sich aus letzteren zunächst, dass
bei unserem Kranken, dessen Diät seinem grossen, starkknochigen,
aber etwas herabgekommenen Körperbau entsprechend kräftig ge¬
wählt war, eine nicht unerhebliche Menge von Stickstoff im Körper
zurückbehalten wurde, welche vielleicht ihren Ausdruck findet m
der Gewichtszunahme von 1,5 kg, vielleicht aber auch derjenigen
schwer erklärbaren N-Retention bei Gichtischen zuzurechnen ist,
auf welche i n letzter Zeit besonders v. Noorden 1 ) und Vogel )
') C. v. Noorden, Lehrbuch der Pathologie des Stoffwechsels S. 431.
a ) L. Vogel, Ueber Gicht. Zeitschrift für klinische Medicin Bd.
Heft 5/6.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
11. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
787
auf Grund mehrerer an der II. medicinischen Klinik ausgeführter
Stoffwechselversuche bei Gichtischen aufmerksam gemacht haben.
Hieran ist umsomehr zu denken, als zu dem in der ersten Columne
der Tabelle aufgeführten N der Nahrung noch derjenige hinzu¬
kommt, welcher eventuell in dem Medikament enthalten ist, doch
ist mir dieser Factor unbekannt, und ich kann daher zunächst nur
die objectiven Thatsachen referiren- 3 )
Diese letztere Rolle fällt mir ebenfalls zu bezüglich der Haru-
säureausscheidung, von welcher sich nach der vorliegenden Tabelle
nur soviel sagen lässt, dass sie sich nicht wesentlich von ähnlichen
Beobachtungen anderer Autoren bei Gichtischen unterscheidet, viel¬
mehr besonders in der ersten Hälfte ziemliche Schwankungen der
einzelnen Tagesmengen aufweist und nur in der letzten Periode
constantere Werth e zeigt.
Eine Vermehrung der Hamsäureausseheidung während des
Lysidingebrauches lässt sich hieraus ebenso wenig constatiren, wie
eine Verminderung. Trotzdem halte ich es für werthvoll, diese
Zahlen mitzutheilen, weil sie erstens durch exacte Analysen ge¬
wonnen sind und später im Verein mit anderen analogen Beob¬
achtungen sicher auch zur theoretischen Erläuterung dieser thera¬
peutischen Frage beitragen werden.
Fall 2. Die nächste Beobachtung betraf den 54 Jahre alten Ge¬
schäftsreisenden P., welcher wegen gichtischer Beschwerden am 16. März
1894 die Klinik aufsuchte. Der Kranke gab an, dass gichtische Anlage
in seiner Familie erblich sei und dass seine Mutter und Schwester an
dieser Krankheit leiden.
Er selbst war in seiner Jugend in einem Manufacturwaarcngeschäft
thätig gewesen und hatte später eine Stellung als Reisender übernommen,
die sehr anstrengend war. Der Patient hatte dabei immer ein gutes Aus¬
kommen gehabt und ziemlich reichlich Alkohol genossen. Vor 25 Jahren
hatte er eine Gonorrhoe acquirirt, an die sich Gelenkrheumatismus an¬
schloss, später überstand er Pneumonie mit Pleuritis, sodann noch einmal
Gelenkrheumatismus und im Winter 1893 Influenza.
Der Patient zeigte bei seiner Aufnahme ein stark entwickeltes Fett¬
polster, blasse Hautfarbe und gichtische Veränderungen an den ver¬
schiedensten Körperstellen. An der rechten Hand traten besonders Ver¬
dickungen am ersten Phalangealgelenk des Mittelfingers und ein erheb¬
lich über haselnussgrosser, röthlichgelb durchscheinender
Tophus über dem Metacarpophalangealgelenk des Zeige¬
fingers hervor Aehnliche Tophi fanden sich an verschiedenen Ge¬
lenken der linken Hand resp. Finger, ein besonders auffälliger,
etwa von der Grösse einer kleinen Wallnuss wie ein Sporn
über der Achillessehne rechts, ferner ein Knoten an der
Ohrmuschel. Ausserdem klagte der Patient Uber Schmerzen im
linken Schultergelenk und im rechten Bein, welche bei Bewegungen
Crepitation zeigten. Als Guriosum sei erwähnt, dass Herr College
Schultzen auf dem freien Rande der Epiglottis, etwas rechts
von der Mitte, ein kleines gelbes Knötchen von harter Con-
sistenz, offenbar einen kleinen Tophus, fand. Aus mehreren der
oben erwähnten Knötchen wurden durch einen kleinen Einstich weissliche
Bröckel entleert, die massenhaft Krystalle hamsaurer Salze enthielten.
Dieser Patient nun wurde in der üblichen Weise zunächst mit Lithium
salicylicum, Lithium carbonicum und reichlichen alkalischen Wässern
behandelt, ohne dass in der Zeit vom März bis Juli mehr erreicht worden
wäre, als eine Besserung der Schmerzhaftigkeit in den grossen Gelenken.
An den Tophis selbst war keinerlei Veränderung bis zum Juli zu beob¬
achten, und der Patient stand im Begrifle, die Klinik zu verlassen, als
das Lysidin eintraf, zu dessen Erprobung er sich sogleich bereit erklärte.
Auch bei diesem Patienten wurde ein Stoffwechselversuch eiu-
geleitet, den der sehr willige und intelligente Mann fast während vier
Wochen durchführte.
Das Mittel selbst wurde in folgenden Dosen gegeben, die Tagesdosis
in 500 g kohlensaurem Wasser:
Juli
1.5
6
1 7 |
8
Ljl
! io
11
12
13 |
I 14 !
1 15
! 16
1 17
Lysidin g
U
2
1 3 |
4
1 5
i —
— |
— |
— |
5 i
1 5
1 5 |
1 3
Juli
118
19
20 |
21
| 22
1 23 !
24 |
25
26 ;
27 ]
28
! 29
Zus.
Lysidin g
1 3 |
3 1
3 1
1
l i
1 1
1 ~
3
3
3
3
1 3
60 g
Die Pausen in der Darreichung des Mittels erklären sich auch hier
dadurch, dass die übersandten Quantitäten desselben zeitweise eher er¬
schöpft waren, bevor neuer Vorrath zur Disposition war.
Der objective Befund, welcher in dieser Zeit erhoben wurde, liess,
wie zunächst bemerkt sei, nicht die geringste Störung des Allgemein¬
befindens oder einzelner Organe erkennen.
Bereits am 9. Juli zeigte die Epiglottis an ihrem freien
Rande eine spitzwinkelige Einkerbung da, wo das oben erwähnte
Knötchen gesessen hatte, von dem man jetzt nur noch einen Rest als
gelbenPunkt sah. Die Gichtknoten an allen übrigen Stellen, be¬
sonders auch an den Händen, hatten ihre röthliche Färbung
verloren und sich so deutlich verkleinert, dass es auch dem
Patienten auffällig war und er die damals in der Mcdication ent¬
stehende Pause gern abzuwarten sich entschloss.
Während der weiteren Behandlung verkleinerten sich sodann die
Knötchen stetig und deutlich, und als der Patient am 30. Juli wegen
privater Verhältnisse die Klinik verliess, war die Beweglichkeit der grossen
*) Vergl. den nachträglich hinzugefügten Anhang des Herrn Geheim¬
rath Ladenburg.
Gelenke schmerzlos und bedeutend froier geworden. Der erwähnte
grosso Tophus auf dem rechten Handrücken, der anfänglich
weit über Haselnussgrösso zeigte, war etwa bis zur Grösse
eines Kirschkernes geschrumpft, der Sporn an der Achillessehne
von Wallnuss- zur Kirschgrösse verkleinert, das Knötchen an der Epi¬
glottis gänzlich geschwunden, so dass nur noch eine kleine glatte Narbe
zu sehen w r ar.
Die Ergebnisse der Stoffweehseluntersuchung sind in der fol¬
genden Tabelle enthalten.
Die Nahrung des Patienten bestand aus Weissbrod, Schwarz-
brod, Butter, Eiern, 1 I Milch, Schabefleisch, Suppen, Gel6e, Kaffee
und Zucker, wozu ein reichlicher Wassergenuss von mehreren
Litern kam, an den der Patient schon vorher gewöhnt war.
Vom 25. Juli ab wurden bei völlig gleichbleibender Kost¬
ordnung die N-Bestimmungen ausgesetzt und die Untersuchungen
auf die Harnsäureausscheidung beschränkt.
Tag:
Eiunahmc
Ausgabe
Urin
Koth Gesammt
Bilanz
ü
ö
Ui
Juli
N
Caloricn
Menge
sp.Gcw.
N
N
N
N
s
3
16,1
2534
3300
1008
15.3
1,04
16,3
—0,2
0,2
_
72,0
4
15,5
2372
3240
1007
14,0
1,0
15,0
+0,5
0,91
_
_
5
14.9
2145
3800
1007
13,3
1,0
14,3
+0,9
1,41
1
_
6
17,1
3024
3600
1007
13,3
1,0
14,3
+2,8
1,02
2
_
7
17,3
3046
3100
1010
14,4
1,0
15,4
+ 1,9
0,40
3
_
8
17.4
3051
3900
1007
14,1
1,0
15,1
+2.3
0,58
4
_
9
17,2
3045
4100
1009
13,7
1,0
14,7
+2,5
0,61
5
_
10
18,0
3110
3100
1007
13,7
1,0
14,7
+ 3,3
—
_
_
11
17,8
3090
4000
1009
15,6
1,0
16,6
+1,2
0,80
—
_
12
16,7
2980
3400
1010
14,7
1,0
15,7
+ 1.0
1,41
_
_
13
17.7
3030
3500
1010
13,7
1,0
14.7
+3,0
0,87
_
73,5
14
17.0
3005
3600
1007
13,1
1.0
14,1
+2,9
0.91
5
_
15
17,5
3040
4000
1007
12,8
1,0
13,8
+3,7
0,72
5
jy§^
16
16,3
2989
4000
1008
13,0
1,0
14,0
+2,3
0,70
5
_
17
17,2
3015
3800
1008
12,7
1,0
13,7
+3.5
0.55
3
_
18
17.6
3050
3900
1009
12,1
1.0
13.1
+4.5
0,78
3
_
19
17,6
3045
3800
1008
14.7
1.0
15.7
+1,9
0,96
3
_
20
17.1
2990
3300
1010
13,5
1.0
14,5
+2.6
1,25
3
_
21
16.5
2989
2900
1010
11.8
1.0
12,8
+3,7
0,84
1
74,0
22
15.4
2880
3000
1009
12,6
1,0
13,6
+1,8
0,73
1
- •
23 ;
15,8
2940
3400
1008
13.3
1,0
14,3
+1,5
0,76
1
_
24
15,3
2870 j
2040
1012
11,1
1,0
12,1
+3,2
1.01
_
_
25
—
— !
3400
1008
— :
— 1
—
—
0,81
3
_.
26
—
— ■
3000
1008 ,
— |
—
1.15
3
_
27
—
— i
2700
1011
—
- !
—
1,13
3
—
28
—
— I
2600
1009
_
_ 1
0,84
3
_
29
2800
1010
_
_
_
0,93
3
74,5
80
—
~ I
3200
1010
— ,
—:
1,12
—
—
Auch bei diesem Patienten ist das Ergebniss der Stoffwechsel¬
untersuchungen in Bezug auf den Eiweissumsatz ähnlich wie bei
dem ersten, insofern auch hier eine verhältnissmässig starke Stick¬
stoffretention im Körper stattfand, welche doch wohl nur zum
Theil durch die Gewichtszunahme von 2,5 kg erklärt wird.
Man könnte beim Betrachten der Tagesmengen des Urins und
seines specifischen Gewichts an das Vorhandensein einer Schrumpf¬
niere denken, und die Möglichkeit des Bestehens einer solchen lässt
sich nicht von der Hand weisen, indess ist doch dabei zu be¬
denken, dass der Patient zur Unterstützung seiner Cur verord-
nungsmässig viel Wasser trank und dass sich Eiweiss an keinem
der Beobachtungstage in seinem Urin fand.
Die ausgeschiedenen Harnsäuremengen waren in diesem Falle
durchschnittlich höher — 0,9 pro die — als bei dem ersten Pa¬
tienten, doch liegt auch diese Menge nach den neuesten Beobach¬
tungen noch innerhalb des Normalen.
Ob die verhältnissmässig grösseren Harnsäuremengen der letzten
Tage durch den Lysidingebraueh bewirkt sind, wage ich nicht zu
entscheiden, nur soviel dürfte sich v r ohl mit einiger Sicherheit be¬
haupten lassen, dass nur ein Theil der aus den Tophis resorbirten
Harnsäure sich im Urin als solche hat nachweisen lassen.
Die Verkleinerung der Tophi, soweit sie sichtbar
waren, und die Besserung der Beweglichkeit der grossen
und kleinen Gelenke war um so auffälliger, als die vor¬
hergegangene mehl-monatliche Cur nur überaus geringe
Fortschritte gebracht hatte, und es reiht sich daher der
günstige Erfolg des Lysidin bei diesem Falle von chro¬
nischer Gicht dem ersten mit acuten Erscheinungen in
ebenbürtiger Weise an.
Da sich nun seit Juli keine neuen Fälle von Arthritis urica
auf der Klinik eingefunden haben und diese Krankheit überhaupt
unter dem Publicum der Charitö eine relativ seltene ist, so habe
ich die Publication dieser Beobachtungen in Rücksicht auf ihre
günstigen Resultate und auf anderweitige Erprobungen des Lysidin
für angezeigt gehalten.
Zum Schluss füge ich hinzu, dass das Mittel bei einem Falle
von echter Polyarthritis rheumatica keinerlei Einfluss auf
,N
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<
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
788
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41
die Erscheinungen hatte, während durch Antipyrin ein prompter
Heilerfolg erzielt wurde.
Anhang von Prof. Ladenburg.
Das hier besprochene Lysidin ist identisch mit dem Aethy-
lenäthenyldiamin, das zuerst A. W. Hof mann dargestellt, aber
nur oberflächlich untersucht hat.
Ich habe eine einfache Darstellungsweise und die harnsäure¬
lösende Wirkung der Base gefunden. Ihre Zusammensetzung ent¬
spricht der Formel ^
CH 2 -N\
C 4 H 8 N 2 =i xt >C-CHa
L/X 12 ‘ N
Das Chlorhydrat derselben wird durch trockene Destillation von
Natriumacetat mit Aethylendiaminchlorhydrat gewonnen. Aus diesem
ist die Base leicht zu erhalten. Dieselbe schmilzt bei 105° und
siedet bei 198°. Ihre Darstellung im Grossen haben die Höchster
Farbwerke bereitwilligst übernommen.
III. Ein Fall von acuter Dermatomyositis. 1 )
Von Dr. Buss in Bremen.
Im Jahre 1887 haben E. Wagner 2 ), Hepp 8 ) und Unver-
richt 4 ) merkwürdige Fälle von acuter Muskelerkrankung beschrie¬
ben, über deren Deutung damals grosse Meinungsverschiedenheit
herrschte. Es handelte sich um Patienten, welche mit ziehenden'
Schmerzen und Steifigkeit in verschiedenen Muskelgebieten, vor¬
wiegend in denen der Extremitäten erkrankt waren; es bestand
Fieber, die Muskeln begannen anzuschwellen, wurden auf Druck
empfindlich und konnten nicht bewegt werden. Es zeigten sich
Oedeme an den befallenen Gliedern, erythem-, purpura- oder urti¬
caria-ähnlicher Ausschlag, sowie profuse Schweisse. Später, mit
Nachlass der Muskelschwellungen, traten Schlingbeschwerden auf,
die Patienten verschluckten sich und gingen suffocatorisch zu¬
grunde. Bei den Sectionen fand sich das Unterhautzellgewebe
serös durchtränkt, ebenso das Muskelfleisch; letzteres zeigte dabei
eigenthümlich starre Consistenz, war glanzlos und mürbe Die
Farbe war blassroth, mehr homogen, stellenweise fleckig und von
Hamorrhagieen durchsetzt. Das periphere und centrale Nerven¬
system war mtact, Herz, Lunge und Zwerchfell ohne Veränderung.
t^ 1 - tut er ^ £1,an ^ en Muskeln wurden Trichinen nicht gefunden
Die Milz war vergrössert. Bei der mikroskopischen Untersuchung
zeigte sich, dass die Muskelfasern theüs ödematös, theils verfettet
oder atrophisch waren, viele zeigten wachsartige und hyaline De¬
generation. J
i J^ a £ ne £i ^ essen Phthisis pulmonum complieirt war
glaubte das Fieber und einige andere Symptome dieser Krankheit
zuschreiben zu müssen und rechnete das Krankheitsbild zur pro¬
gressiven Muskelatrophie. Dem hat Unverricht sogleich wider¬
sprochen und die Krankheit als etwas Besonderes, ganz Eigen-
artiges hingestellt. Auch Hepp hat dies in der Ueborschrift
S““ er ausgesprochen, indem er zugleich der Krankheit den
Namen „Pseudotrichmoso gab. Im Laufe der nächsten Jahre er-
weitere Mittheilungen über diese Krankheit von
Ln gl ä d Ja ?° by ’ J PIehn ’ Löwenfeld, Prinzing, Strüm¬
pell und Breck, und zwar figurirte dieselbe meist unter der Be¬
zeichnung „primäre acute Polymyositis“ oder auch „subacute pro¬
gressive Polymyositis . Im Jahre 1891 erschien wieder eine Mit-
L/l' T T Unverricht 6 ) über denselben Gegenstand. Er hatte
jetzt die Bezeichnung geändert. Während er früher von Poly¬
myositis acuta progressiva sprach, nannte er die Krankheit letzt
Dermatomyositis acuta. Es war mittlerweile die Beobachtung ge¬
macht worden, dass die Krankheit nicht immer fortschreitend ist
ausLum aUCh m U elIu “g übergeht. Dann hatten sich die Haut-
ausschlägo so regelmässig neben den Muskelschwellungen gezeigt
dass Unverricht es für richtiger hielt, dies auch bei der Be-
nennung auszudrucken. Es hat dann bis zum Jahre 1893 Lewv 6 l
alles bis dahin über die Krankheit Bekannte in seiner Arbeit zii
sammengestellt. Waren im Laufe der Jahre die Kenntnisse über
mannigf achen Symptome und den wechselnden Verlauf der
tcnen' ) Vortrag°e inem “ J ' ™ Rrztlic, ‘ <!n m Bremer, gehal-
f. klin! !fed W K; V0 “ Polymyositis. Deutsch. Arcli.
3 ) Hepp, Ueber Pseudotrichinose, eine besondere Perm ,
parenchymatöser Polymyositis. Berl. klin.
Med. Bd U Xll"s. C 533 u.T y ° SiÜS “ CUta progressiva ' Zeitscl >^ (■ Mn.
lWH,\o.Ti r 4iu. n ermat0m - V0Si,is a ™ ta - IWhe med. Wochonschr.
Berl. klin.' WoThensdii l%*Ko°Vm ff““ 10 " pri '" iiren Polymyositis.
Krankheit auch umfassender geworden, so wusste man doch bis
daliin noch nichts Sicheres über die Aetiologie derselben. Zwar
hatte schon Unverricht 1887 mit Rücksicht auf die früher von
Scriba 1 ) veröffentlichten Fälle von „infectiöser Myositis“ ausge¬
sprochen, dass es sich vielleicht auch bei der Polymyositis um
eine Infectionskrankheit handeln könnte; von anderer Seite aber
wurden die Fälle von Wätzoldt und Winckel, welche bei einer
Erkrankung im Puerperium auftraten, als nicht rein und beweis¬
kräftig angesehen. Senator 2 ) sprach in seiner 1893 erschienenen
Arbeit die Ansicht aus, dass es sich bei der Entstehung dieser
Krankheit um sogen. Autointoxicationen vom Darm aus handeln
könne.
Im Anfänge dieses Jahres (1894) erschienen dann die Mit¬
theilungen von A. Fraenkel 3 ), welche uns der Lösung der Frage
nach der Aetiologie der acuten Dermatomyositis ein Bedeutendes
näher bringen.
Bei der Besprechung der mitgetheilten Fälle kommt Fraenkel
zu der Ansicht, dass bei seinem Falle von acuter Dermatomyositis
(erste Beobachtung) die Ursache der Krankheit in der eitrigen
Mittelohrentzündung zu suchen sei und dass die von hier aus ver¬
schleppten Streptococcen die Veränderungen in den Muskeln und
in der Haut erzeugten und so das charakteristische Krankheits-
bild hervorriefen. Die beiden anderen Fälle betrachtet er nur als
äusserlich verschiedene Formen septischer, durch Streptococcen¬
einwanderung bedingter Infection. Ein Hauptgewicht legt Fraenkel
bei seiner Auffassung der acuten Dermatomyositis als Infections¬
krankheit darauf, dass bei vielen der bisher beschriebenen Fälle
inficirte Wundflächen, Eiterungs- oder Entzündungsheerde vorhanden
gewesen sind. Er nimmt an, dass von da aus, wie in seinem
Falle, die Infection erfolgt sei. Auch weist er im Anschluss an
die früher von ihm gemachten Mittheilungen über schwere, sep¬
tische Allgemeinerkrankungen von den Rachenorganen aus
darauf hin, dass öfters im Beginne der Dermatomyositis Angina
und Stomatitis beobachtet seien. Es sei nicht unmöglich, dass
die pathogenen Mikroorganismen bei diesen Erkrangungen öfter von
der Mundhöhle aus in den Körper eindrängen und dann das Krank¬
heitsbild hervorriefen.
Mit Rücksicht hierauf erfolgt die Mittheilung nachfolgenden
Falles, bei dem sich im Beginne der Krankheit eine Angina, im
weiteren Verlaufe derselben eine Stomatitis zeigte.
Der Arbeiter Wilhelm Borchers, 22 Jahro alt, bis dahin gesund, er¬
krankte am 24. Februar 1894 mit Schmerzen in den Waden und schmerz¬
hafter Anschwellung am rechten Oberschenkel. Am folgenden Tage
zeigte sich eine Anschwellung am rechten Handgelenk. Der behandelnde
Arzt, welcher den Patienten zuerst sah, fand diffuse Anschwellungen an
den oben bezeichneten Stellen, am rechten Oberschenkel und rechten
Unterarm; es bestanden daselbst Schmerzen bei Bewegung und auf Druck,
sowie über den geschwellten Partieen eine fleckige Hautröthe.
Die Schwellung am rechten Unterarm nahm in den nächsten Tagen
zu, auf dem rechten Handrücken lag ein dickes ödematöses Polster, dio
Schwellung am rechten Oberschenkel bestand fort; es wurde deshalb Auf¬
nahme in’s Vereins-Krankenhaus empfohlen, die am 28. Februar erfolgte.
Die Temperatur betrug am Abend 37,8. Am 1. März Morgens 37,7,
Mittags 38,2, Abends 38,1.
Status praesens: Patient ist ein im allgemeinen gut und kräftig
gebauter Mann mit entsprechender Muskulatur. Er ist bei freiem Sen-
sorium und giebt klare Antworten. Die Athmung ist ruhig, 16, Puls 82
in der Minute. Es besteht eine diffuse Schwellung an der Vorder- und
Aussensoite des rechten Oberschenkels bis zum Knie herunter, desgleichen
am rechten Unterarm bis zur Hand.
Die geschwellten Partieen sind auf Druck empfindlich, doch sind die
Schmerzen viel grösser, wenn man die Muskeln zwischen die Finger
nimmt und etwas drückt. Die Gelenke sind frei, und vorsichtige Be¬
wegungen können ausgeführt werden, machen aber Schmerzen. Ueber
den geschwollenen Stellen findet sich eine fleckige, rothe Verfärbung der
Haut, und zwar sieht der Ausschlag masemartig aus; es sind grössere
und kleinere, unregelmässig gestaltete, blassrothe Flecke, die sich von
der umgebenden blassen Haut durch ihre stärkere Färbung deutlich ab¬
heben. Auch auf der Brust und der Bauchgegend zeigt sich fleckige Haut¬
röthe. Die Consistenz der geschwollenen Partieen ist eine weiche, teigartige.
Patient klagte nicht über Halsschmerzen, gab aber auf specielle
Nachfrage an, dass er bereits gestern und auch heute noch Halsschmerzen
verspürt habe. Bei der Besichtigung des Rachens zeigt sich, dass die
rechte Tonsille sehr gross, zerklüftet und mit vielen grossen Lacunen
versehen ist. Dieselbe ist stärker geröthet, als der übrige Pharynx, in
den Lacunen findet sich stellenweise ein weisslicher Bodensatz, Beläge
sind nicht vorhanden, auf Druck ist sowohl die Tonsille selbst, bei Be¬
rührung von der Mundhöhle aus, wie auch die seitliche Halsgegend am
Kieferwinkel bei Betasten von aussen empfindlich. Patient zeigtNeigung
*) Scriba, Beitrag zur Aetiologie der Myositis acuta. Deutsche
Zeitschr. f. Chiurg. Bd. 22.
3 ) Senator, Ueber acute Polymyositis und Neuromyositis. Deutsche
med. Wochenschr. 1893, No. 39.
*) A. Fraenkel, Ueber eigenartig verlaufene septico-pyämische Er¬
krankungen nebst Bemerkungen über acute Dermatomyositis. Deutsche
med. Wochenschr, 1894, No. 9, 10, 11,
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
11. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHIUFT.
789
zu Transpiration. Er erhielt Nachmittags 2 g Natrium salicylicum und
wurde zum Schwitzen eingewickelt.
2. März. Die Halsschmerzen sind geringer, dagegen klagt Patient
Uber Schmerzen im linken Oberarm, in der Ellenbogengegend und im
linken Oberschenkel. Das Gesicht, besonders beide Augenlider erscheinen
leicht geschwollen. Der Urin enthält kein Ehveiss.
3. März. Im Stuhlgang, welcher nicht imgewöhnlich hart ist, wird
Blut bemerkt. Es ist hellroth, streifenförmig, annähernd ein Tlieelöffel
voll. Das rechte Handgelenk wird freier, dagegen nehmen links die
Schmerzen zu und entwickelt sich am linken Oberarm und Ellonbogen
eine diffuse Anschwellung; rechts geht dio Anschwellung zurück.
4. März. Der ganze linke Arm von dor Schulter bis zur Hand ist
diffus angeschwollen, vorwiegend die Streckseite und dann mehr der Ober¬
arm als der Unterarm.
Es sieht aus, als bestände am Arm eine ausgedehnte, tiefe Phleg¬
mone. Die Haut Uber den geschwellten Theilon fühlt sich heiss au und
ist diffus geröthet; beim Betasten hat man das Gefühl des „Teigigseins“,
der undeutlichen Fluctuation. Dio Messungen ergeben, dass der linke
Unterarm, an derselben Stelle gemessen, 5 cm mehr an Umfang hat als
der rechte. Am linken Oberschenkel, über den seit zwei Tagen geklagt
worden ist, tritt jetzt auch Anschwellung auf. Im Stuhlgang zeigt sich
wieder hellrothes Blut in etwas grösserer Menge als am Tage vorher.
5. März. Die Anschwellung und Schmerzhaftigkeit am linken Ober¬
schenkel hat zugenommen, sie erstreckt sich bis zum Kniegelenk, welches
mithetheiligt ist; es ist geschwollen und enthält Flüssigkeit, die Patella
tanzt. Der linke Oberschenkel misst 20 cm oberhalb der Patella
4 cm mehr im Umfang als der rechte. Die Herzaction ist be¬
schleunigt; bei einer Abendtemporatur von 37,5 werden 112 Pulsschläge
in der Minute gezählt. Die Herztöne sind acc-entuirt, aber rein, eine Ver¬
breiterung der Herzresistenz ist nicht nachweisbar, dio Lungen sind frei von
nachweisbaren Veränderungen, der Urin ist frei von Eiweiss und Zucker.
6 . März. Auch der linke Unterschenkel ist jetzt etwas ange¬
schwollen und auf Druck empfindlich. Patient klagt heute wieder über
Halsschmerzen, aber erst, als er danach gefragt wird. Der Rachenbefund
ist unverändert.
8 . März. Es werden Klagen über Ohrenstiche rechts und Schmerzen
in der rechten Schlälengegcnd gcäussert. Die rechte Tonsille ist noch
immer mehr geröthet als die übrigen Rachengebilde und auf Druck em¬
pfindlich. Das linke Bein ist jetzt in seiner ganzen Ausdehnung diffus
angeschwollen, zeigt teigige Consistcnz und fleckig gerötheto Haut. Die
Temperatur beträgt Abends 37,9. Pulsfrequenz 108. Patient erhält jetzt
dreimal täglich 0,12 Chininum muriaticum. Zum ersten male werden
Klagen über Empfindlichkeit im Munde und über Herzklopfen geäussert.
9. März. Der linke Arm und das linke Bein beginnen abzuschwellen.
Am Oberarm zeigen sich jetzt gelbröthliehe Verfärbungen dor Haut, von
Blutergüssen herrührend, wie nach einer Contusiou.
10. März. Bei einer Temperatur von 37,1 werden heute 128 Pulse
gezählt. . Die Klagen über Schmerzen im Mund nehmen zu, es hat sich eine
Stomatitis entwickelt. Heftiges Herzklopfen, es wird ein Eisbeutel aufgelegt.
12. März. Temperatur 37,8, Pulsfrequenz 136.
13. März. Temperatur 37,6, Pulsfrequenz 124. Die Stomatitis
nimmt zu, das Zahnfleisch ist stark geschwollen und blutet bei Berührung,
es besteht starker Foetor ex ore. Pie Temperatur erreicht jetzt Abends
38,7—39,2. Patient erhält nur flüssige Kost, der Stuhlgang erfolgt alle
zwei Tage und wird meistens künstlich bewirkt.
In der Zeit vom 14.—23. März nahmen die Abschwollung der be¬
fallenen Extremitäten und das Wohlbefinden des Patienten stetig zu. Die
Stomatitis ging nach reichlichen Mundsptllimgen mit Kaliumpermangan-
lösung allmählich zurück. Die Temperatur betrug Morgens 36,8—37,2,
Abends 37,7—38,2. Die Pulsfrequenz war immer noch hoch, Morgens 90—94
Pulse, Abends 98—112 in der Minute.
Am 30. März wurde über Seitenstiche rechts geklagt, objectiv liess
sich nichts nach weisen. Die Milzdämpfung, auf die Anfangs nicht ge¬
achtet war, konnte als etwas vergrössert nachgewiesen werden.
Vom 23. März bis zur Entlassung des Patienten am 6. Mai war die
Temperatur normal bis subnormal. Die Herzaction war bis zur normalen
Frequenz zurückgekehrt, doch schnellte dieselbe bei Erregung oder An¬
strengung noch leicht in die Höhe. Ueber Herzklopfen w urde nicht mehr
geklagt. Patient hat etwa sechs Wochen lang das Bett gehütet.
Es besteht wohl darüber kein Zweifel, dass der hier mitge-
theilte Fall in die Kategorie der acuten Dermatomyositis eingereiht
werden muss.
Wir haben hier alle die charakteristischen Erscheinungen der
Krankheit, wie sie zuerst von Unverricht geschildert und später
von anderen Autoren bestätigt worden sind. Das sind in erster
Linie die acut auftretenden, diffusen, schmerzhaften Anschwellungen
zahlreicher Muskeln, und zwar vorwiegend der der Extremitäten,
und dann die über den geschwollenen Theilen sich zeigenden Haut¬
ausschläge. Letztere zeigten sich als Erytheme und als fleckiges
masernartiges Exanthem, und zwar nicht allein über den ge¬
schwellten Muskeln, sondern auch am Stamme, nämlich an Bauch
und Brust.
Die Anschwellungen der Muskeln gingen mit Blutungen ein¬
her, wie sie sich im weiteren Verlaufe an der Verfärbung der Haut
zeigten. Es fehlte nicht die eigenthümliche, teigartige Consistenz der
geschwollenen Muskeln, es bestanden profuse Schweisse, und es liess
sich eine Vorgrösserung der Milzdämpfung nacliweisen, endlich be¬
stand Fieber.
Wie wir aus den Untersuchungen Fraenkel’s wissen, besteht
im Beginn der Erkrankung entzündliches Oedem in der Haut und
den Muskeln, auch treten Blutungen auf; erst später kommt es
zu den sogenannten parenchymatösen Veränderungen in den Mus¬
keln, dem scholligen Zerfall, der wachsartigen Degeneration etc.
Soweit ist es in unserem Falle wohl nicht gekommen, denn der
Patient verfügte später wieder über seine volle Kraft in den be^
fallen gewesenen Muskeln.
Was nun unseren Fall auszeichnet, das ist zunächst das drei¬
malige Auftreten von Darmblutungen auf der Höhe der Krankheit.
Am achten, neunten und zehnten Tage der Krankheit, als die
Muskelschwellungen ihren Höhepunkt erreichten, fand sich hell¬
rothes, flüssiges Blut im Stuhl, in der Menge von einem Thee-
bis zu einem Esslöffel. Das Blut war nicht verändert, deutlich
als solches zu erkennen, muss somit aus dem unteren Darmabschnitt
stammen.
Gegen Hämorrhoidalblutung spricht das jugendliche Alter des
Patienten und die hellrothe Farbe des Blutes; an eine mechanische
Verletzung der Schleimhaut durch harte Kothmassen ist ebenfalls
nicht zu denken, denn die Entleerungen hatten keineswegs harte
Consistenz; es muss somit ein anderer Grund dafür vorhanden sein.
Wie oben erwähnt, traten die Darmblutungen auf, als die
Muskelschwellungen ihren Höhepunkt erreicht hatten; einige Tage
nach dem Abschwellen zeigte sich nun, dass auch unter der Haut
oder in den oberen Schichten der entzündeten Muskeln Blutungen
stattgefunden hatten, denn es traten die bekannten Verfärbungen
auf, wie man sie nach einem Schlag, Fall oder Stoss zu sehen
bekommt. Endlich bildete sich einige Tage später eine Stomatitis
aus, welche bereits nach vier Tagen starke Neigung zu Blutungen
zeigte. Dies alles erweckte den Verdacht, dass sich bei unserem
Patienten eine hämorrhagische Diathese entwickelt hatte. Aller¬
dings können ja die Blutungen, welche, wie sich nach der Ab-
schwellung zeigte, in den entzündet gewesenen Muskeln oder in
dem subcutanen Gewebe über denselben stattgefunden hatten, durch
die Entzündung an und für sich bedingt gewesen sein, dann war
es aber immerhin eine hämorrhagische Entzündung, welche da¬
durch einen besonderen Charakter erhält.
Betreffs der Darmblutungen habe ich bereits oben bemerkt,
dass als Veranlassung derselben mechanische Verletzungen und
Hämorrhoiden ausgeschlossen werden müssen; auch an ulceröse
Processe im unteren Darmabschnitt — dieser kann bei der un¬
veränderten Blutbeschaffenheit nur in Frage kommen — darf wegen
Fehlens jeglicher Symptome nicht gedacht werden.
Was endlich die Stomatitis anlangt, so wird für gewöhnlich,
wenn dieselbe nicht durch Scorbut bedingt ist, eine solche Nei¬
gung zu Blutungen, wie in unserem Falle, nicht beobachtet. An
Scorbut ist aber nicht zu denken, denn bei unserem Patienten
traten die diffusen Muskelschwellungen als erstos und hervor¬
stechendstes Symptom auf, während beim Scorbut zuerst eine aus¬
gesprochene Anämie, dann die Stomatitis und eventuell, aber nicht
immer, circumscripte Muskel- oder im subcutanen Gewebe ge¬
legene Blutungen aufzutreten pflegen.
Dann fehlten in unserem Falle die Petechien, dagegen waren
Erytheme und masernartiges Exanthem vorhanden, die beim Scor¬
but nicht aufzutreten pflegen. Endlich spricht gegen Scorbut das
acute Auftreten der Krankheit.
Wir haben es also mit einer einfachen Stomatitis zu thun,
die auffällig starke Neigung zu Blutungen zeigte. Betreffs der
Entstehung einer Stomatitis weiss mau, dass dieselbe entweder
von entzündeten benachbarten Organen fortgepflanzt oder als Be¬
gleiterscheinung von Infectionskrankheiten beobachtet wird.
Nehmen wir ersteres an, so ist es auffällig, dass sich die
Stomatitis so spät zeigte. Halsschmerzen bestanden am 27. und
28. Februar und 1. März, dann verloren sie sich und kehrten ganz
unbedeutend am 6. März wieder. Am 8. März wurden die ersten
Klagen über den Mund laut Dabei ist zu bomerken, dass die
Stomatitis aus der Mundhöhle heraus nach vorn zu vorwärts¬
schritt, also zuletzt das Zahnfleisch befiel, entgegen dem Verlaufe
beim Scorbut, wo gewöhnlich das Zahnfleisch um die Schneide¬
zähne herum zuerst befallen wird. Obschon diese Entwickelung
der Stomatitis für eine Fortleitung von der Angina zu sprechen
scheint, möchte ich mich doch nicht ohne weiteres für diese Auf¬
fassung entschliessen, zumal beide Erkrankungen, obwohl sie die¬
selbe Schleimhaut betrafen, in ihrer Intensität so verschieden
waren; die Angina so unbedeutend, die Stomatitis so hervor¬
tretend. — Im anderen Falle wäre die Stomatitis als Begleit¬
erscheinung anzusehen, und da sie nur bei Infectionskrankheiten
aufzutreten pflegt, so wäre die acute Dermatomyositis als solche
anzusehen. Fraenkel hat dies auch bestimmt ausgesprochen,^ und
zwar auf Grund des Befundes von Streptococcen in den entzünde¬
ten Muskeln und der erkrankten Haut. In der Discussdon im
Verein für innere Medicin in Berlin haben sich mehrere Redner,
wie Lewiu und Schwabach der Ansicht FraenkePs angeschlos-
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790
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
son und die infectiöse Natur der acuten Dermatomyositis für sehr
wahrscheinlich erklärt, während Senator diese Annahme nur für
einige Formen, aber nicht für alle Fälle gelten lassen will. Er
weist besonders darauf hin, dass in mehreren Fällen die bacterio-
logiscke und mikroskopische Untersuchung der excidirten Muskel¬
stückchen nichts von Mikroorganismen ergeben habe. Diesen nega¬
tiven Befund hält Fraenkel nicht für beweisend. Einmal können
seiner Ansicht nach — und dies hat auch schon Strümpell aus¬
gesprochen — die Muskelveränderungen durch toxische Producte der
Bacterien entstehen, dann hat er selbst durch eigene Unter¬
suchungen nachgewiesen, dass die Vertheilnng der Mikroorga¬
nismen in den Muskeln eine sehr unregelmässige sein kann.
Während z. B. in dem zweiten Falle seiner Beobachtung die
Oedemflüssigkeit zahllose Streptococcen enthielt, waren dieselben
in Schnittpräparaten der Muskeln nur äusserst spärlich vor¬
handen; in vielen Schnitten fanden sich überhaupt keine. In
dem dritten Falle wurden die Mikroorganismen nur an den Stellen
gefunden, wo mikroskopisch Leukocytenanhäufungen vorhanden
waren; streckenweise fehlten Mikroorganismen völlig, obwohl die
Muskeln in ausgedehnter Weise erkrankt waren. Es’ ist deshalb
nach der Ansicht Fraenkel’s ein negativer Befund an einem
kleinen excidirten Muskelstückchen noch nicht beweisend für die
Abwesenheit von Mikroorganismen in den übrigen Muskeln Ein
positiver Befund wiegt alle, durch unvollkommene Untersuchungen
bedingten negativen Befunde auf. Von diesem Standpunkte aus
erklärt Fraenkel die acute Dermatomyositis für eine Infections-
krankheit, und zwar für eine Septicämie. Wenn diese Annahme
richtig ist, so macht die Erklärung der in unserem Falle aufge¬
tretenen Darmblutungen, sowie der zu starker Blutung neigenden
Stomatitis keine grosse Schwierigkeit, denn von der Septicämie
sind als constantester Befund die Veränderungen am Magendarm¬
canal bekannt. Katarrhalische Schwellung und Eochymosen sind
dabei ein gewöhnlicher Befund. Treten hochgradigere Verände¬
rungen auf, so kommt es zu blutigem Erguss,
i dem zweiten Fraenkel’schen Falle war die Schleimhaut
des oberen Dünndarmes etwas geschwollen und ödematös, mit
dunkelioth lnjicirten Falten und strichweisen Hämorrhagieen ver-
sehen. Auch im unteren Theile des Dickdarmes war die Schleim-
üaut geröthet.
E»ll« W hLr Ür i d w S °^ it d ?',' ^" nahrae zuueigen, dass die in uusenn
* ehteten . Da ™ b lu‘“ngen, die hämorrhagischen Muskel-
tntiundungen, sowie die Stomatitis durch eine septieüraiscke In-
fection bedingt gewesen seien.
Hi« lfr a »nn d h!,^ nnahme e “ er solchen lässt sieh noch anführen, dass
die Krankheit m unserem Falle mit einer Angina begonnen hat
Fraenkel hat in einer früheren Publieation bereits darauf hin«-e-
daSS - S10h nlcl *. t f elten von einer einfachen Angina aus die
Symptome einer septischen Allgemeininfection entwickeln Der
Secthuf a B h° Ich ? r koimte hl den betreffenden Fällen durch die
Section nachgewiesen werden. Von den Mandeln aus waren die
Mikroorganismen m die benachbarten Lymph- und Spalträume des
Entetehung einer septischen Allgemeininfection im Anschluss an
eine Angina gewiss nicht von der Hand gewiesen werden Tch
%&%£££$£&
deneif sichln den Krypten vorwIegend^dor^Strfft' SC ^ 6r bei
Blutuntersuchungen vorgenommen Es [sful* 000 ! 00 “ 8 lon ? us fand ’
Falle die Streptococcen « „ 1 !, t lst llm gelegen, in einem
allen FäUen , DaSS es nicht in
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untersuchten Blutmengen sind unf
MikrolrgamW’ I>eut.sd7!^!U^
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. No. 41
nach bei einer Angina die Keime im Blute nicht jedes mal vor-
handen oder wenigstens nicht immer sehr zahlreich sein werden
denn sonst müssten doch gewiss noch viel öfter Complicationeii
nach Angina beobachtet werden. Für die Entscheidung der oben
angeregten Frage ob nicht die Angina für manche Infections"
krankheiten die Eingangspforte der pathogenen Mikroorganismen
daistellt, ist jedenfalls dieser Buschke’sche Befund von weit-
tragender Bedeutung; er stellt die Gefährlichkeit der Angina und
ihre Bedeutung für die Entstehung metastatischer Entzündungen
ms rechte Licht.
Em zweiter Punkt, welcher in unserem Falle Beachtung ver¬
dient, ist das Befallenwerden eines Gelenkes. Wahrscheinlich be¬
fand sich m dem Kniegelenk nur ein seröser Erguss da die
Resorption schnell von statten ging und Patient sein Gelenk bald
wieder ohne Schmerzen zu beugen imstande war. Eine derartige
Gelenkafifection ist, soweit mir bekannt, bei dieser Krankheit noch
nicht beobachtet. Eiterergüsse in Gelenke sind zwei mal von
h raenkei gesehen, und zwar in den beiden Fällen, die er zwar
mclit als acute Dermatomyositis, aber doch als dazu gehört be¬
zeichnet; die Muskeln enthielten in beiden Fällen multiple Abszesse.
• * a - ei i dritte I unkt, welcher in unserem Falle Interesse verdient
ist die frequente Herzaction bei relativ niedriger Temperatur. Eine
Betheiligung der Herzmuskulatur selbst oder seiner Klappen Hess
sich nicht nach weisen. Der Puls war ein sogenannter Erregungs-
fJJ 1 ® l ' nd oharaktensirte sich als solcher durch seine hohen,
hüpfenden Wellen. Liebermeister hat das Verhältnis des Pulses
zur lemperatur wie folgt angegeben:
QQ 3 i° C ;^ ™ P ulse - bei 380 c. 91 Pulse, bei 39« C.
99 Pulse bm 400 C iOS Pulse, bei 41® C. 110 Pulse. In unserem
Falle wurden bei 37,5<> C. 112 Pulse gezählt, bei 37,9» C. 108 Pulse
em ander mal bei 37,10 C. 128 Pulse und bei 37,80 sogar 136 Pulse’
Bei dem Fehlen jeglicher Erkrankungserschoinungen des Herzens
selbst ist wohl nur an eine Reizung der accelerirenden Herznerven
oder auch des vasomotorischen Nervensystems zu denken, vielleicht
auch der Herzganglien selbst. Nervöse Erscheinungen hat Patient
nie gezeigt. Als reizendes Agens müssten dann wohl Bacterien-
gitte angenommen werden; gerade bei septischen Infectionon erreicht
die Pulsfrequenz schnell eine bedeutende Höhe, ohne dass die
lemperatur dementsprechend hoch ist.
^ r 1 aen / k ( H beobachtete bei einer Temperatur von 39,2o C.
u / ,, S ?nk erster Fal1 )* In dem zweiten Falle wurden bei 38.8« C.
ebenfalls 120Pulse gezählt, bei dem dritten Falle bei38,2°C. 136PuJse.
Die r raenkel’schen Patienten sind aber alle gestorben, während
unser Patient völlig genesen ist.
IV. Aus der medicinischen Abtheilung des Herrn Primärarzt
Dr. Buchwald im Allerheiligenhospital in Breslau.
Ueber gutartige Fälle von Dermatomyositis
acuta.
Von Dr. H. Herz, Assistenzarzt.
Von der eigenthümlichenErkrankung, die zuerst von E. Wagner,
Hepp und Unverricht beschrieben und von letzterem 1891 als
Dermatomyositis acuta bezeichnet worden ist, sind seit ihrer Ent¬
deckung bis jetzt erst einige 20 Fälle beschrieben worden. Im
Breslauer Allerheiligenhospital hatten wir in den letzten zwei
Jahren zweimal Gelegenheit, das furchtbare Bild dieser von
A. Fraenkel 1 ) wohl mit Recht wenigstens zum grossen Theil auf
septische Infection zurückgeführten Krankheit mit tödlichem Aus¬
gange zu beobachten. Die geringe Zahl der bis jetzt veröffent¬
lichten Bilder der Art rechtfertigt es wohl, wenn ich am Schluss
der Arbeit einen ganz kurzen Auszug der Krankengeschichte des
einen Falles hier wiedergebe; der zweite Fall, der sich an ein
Uhrenleiden anschloss, wird anderweitig publicirt werden.
Ob es ein Zufall ist, dass die Berichte über solche Fälle aus
anderen Theilen Deutschlands nur spärlich einlaufen, während
gerade Schlesien — wie auch B. Lewy ^) in seiner Zusammen¬
stellung von 21 Fällen bemerkt — verhältnissmässig reichlich ver¬
treten ist, dürfte vorläufig nicht zu entscheiden sein.
• a ^ ew ^knlich wenn ein neuer Krankheitstypus aufgestellt wird,
sind es zunächst die schwersten und charakteristischsten Bilder
der betreffenden Krankheit, welche die Aufmerksamkeit zuerst aut
sich ziehen; erst wenn diese Fälle genau studirt sind, überzeugt
man sich, dass es neben diesen furchtbaren Formen der neuen
Krankheit leichtere Erkrankungen giebfc, die Uebergänge zu den
*) A. Fraenkel, Ueber eigenartig verlaufene septikopyämische Er-
krankungen. Deutsche raed. Wochenschrift 1894, No. 9, 10, 11.
) B. Lewv, Zur Lehre von der primären acuten Polymyositis.
Berliner klin. Wochenschrift 1893, No. 18, 19. 20.
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11. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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schweren bieten und erst unserem durch die gemachten Erfahrungen
geschärften Blicke sichtbar werden.
Die ersten Fälle von Dermatomyositis acuta endeten meist
tödtlich. Strümpell 1 ) kannte 1891 nur zwei Fälle mit günstigem
Ausgange. B. Lewy ( 1 . c.) fand 1893 unter 21 Fällen schon 9,
die in Heilung übergingen. Auch Wätzold 2 ) und Senator 8 ) haben
je einen in Heilung übergehenden Fall beschrieben.
Immerhin handelte es sich in allen diesen Fällen um schwere,
das Leben bedrohende Erkrankungen. Dagegen haben die leichteren,
nicht lebensgefährlichen Formen der Dermatomyositis acuta, soweit
mir die Litteratur zugänglich ist, keinen Bearbeiter gefunden.
Gleichwohl handelt es sich um Krankheitszustände, die wenigstens
hier in Breslau nicht so ganz selten sind und die jeder erfahrene
Praktiker — ich habe deren mehrere interpellirt — gesehen hat.
Ganz ähnlich wie neben der schweren septischen Form der
Gelenkeiterung die leichtere und häufigere „rheumatische“ Arthritis
besteht, giebt es neben der septischen Dermatomyositis eine gut¬
artige Form derselben Erkrankung, charakterisirt, dem Namen ent¬
sprechend, durch Schwellung und Schmerzhaftigkeit der Muskeln,
durch Röthung und Hyperästhesie der Hautdecken. Diese Er¬
krankungen sind bisher wohl meist zum Muskelrheumatismus ge¬
zählt oder als anämische Muskelschmerzen betrachtet worden. Es
dürften aber doch diese Fälle wegen ihrer Eigenthümlichkeiten
eine eigene Betrachtung verdienen, umsomehr, als sie zwar das
Leben nicht bedrohen, aber zuweilen ein recht lästiges und nicht
leicht zu bekämpfendes Leiden darstellen.
Was die Aetiologie dieser Haut-Muskelerkrankungen be¬
trifft, so ist ein infectiöser Ursprung nicht ganz unwahrscheinlich.
Ich sah das Leiden einmal bei zwei Mädchen nach einander mit
einem ziemlich kurzen Zwischenraum auftreten, die in demselben,
im Vergleich mit anderen Dienstbotenwohnungen nicht besonders
unhygienischen Raume geschlafen hatten. Ein ander mal ent¬
wickelte sich das Leiden im Anschluss an eine Halsentzündung,
wobei man vielleicht an eine Resorption von Toxinen (wie bei
manchen der sogenannten infectiösen Erytheme nach Angina und
Diphtherie) denken könnte. Wenn man annimmt, «lass im Gegen¬
satz zur septischen Arthritis, die durch virulente Coccen entsteht,
der Gelenkrheumatismus sein Entstehen abgeschwächten Eiterer¬
regern verdankt — (0.Rosenbach 4 ), Sahli 5 ) —, so lag derGedanke
nicht fern, dass auch die schwere Dermatomyositis auf virulenten,
die leichteren Fälle auf abgeschwächten Erregern beruhen. Meine
Culturversuche, über die ich unten berichten werde, haben ein
negatives Resultat ergeben, ohne dass deshalb diese Hypothese
gänzlich zu verwerfen wäre.
Von anderen ätiologischen Momenten wurde von den Er¬
krankten zuweilen Ueberanstrengung, niemals dagegen die in der
Aetiologie anderer „rheumatischer“ Erkrankungen so häufig mit
Recht und Unrecht beschuldigte Erkältung als Ursache der Er¬
krankung angegeben.
Was Lebensalter und Beruf betrifft, so handelt es sich meist
um jugendliche Personen der dienenden Classe, was aber vielleicht
nur, dem Material des Hospitals entsprechend, scheinbar ist. Das
weibliche Geschlecht ist weit überwiegend. Unter den sieben
Fällen, über die ich genaue Notizen besitze — ich erinnere mich
genau, schon früher ähnliche Fälle gesehen zu haben, habe dieselben
aber vorher wenig beachtet und nicht besonders registrirt — be¬
finden sich vier Dienstmädchen, zwei Hospitalwärterinnen und ein
Bäckerlehrling.
Die Krankheit beginnt meist mit leichten oder auch schweren
Fiebersteigerungen; dabei besteht Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen,
Appetitlosigkeit, belegte Zunge. In einem (unten näher zu
schildernden) Falle, der durch eine Halsentzündung complicirt war,
konnte eine ganz leichte Milzschwellung constatirt werden. Nach
wenigen Tagen fiel bei allen diesen Kranken das Fieber ab, der
weitere Verlauf war stets fieberlos. In dieser fieberhaften Anfangs¬
periode treten die typischen Localisationen der Krankheit an Haut
und Muskeln auf.
Den Hauptsitz der Krankheit, zuweilen den einzigen, stellen
die Unterschenkel dar. In den Wadenmuskeln, etwas weniger in
der vom Nervus peroneus versorgten Muskulatur, ferner in der
Haut an der Vorderfläche der Tibia und zu beiden Seiten davon
treten die unten zu schildernden Symptome meist zuerst und am
deutlichsten in Erscheinung. In den meisten Fällen dehnt sich
aber der Process weiter aus; dann sind die Unterarme, Oberschenkel,
*) Strümpell, Zur Kenntniss der primären acuten Polymyositis.
Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde Bd. I. S. 479.
*) Wätzold, Beitrag zur Lehre von der Polymyositis acuta. Zeit¬
schrift für klinische Medicin Bd. XXII.
*) Senator, Ueber acute Polymyositis und Neuromyositis. Deutsche
med. Wochenschrift 1893, No. 39.
4 ) Rosenbach, Grundlagen der Therapie 1891, S. GO.
5 ) Sahli, Deutsches Archiv für klin. Medicin 1893. Bd. 51.
Hüften miterkrankt, seltener, soweit mein kleines Material Schlüsse
gestattet, die Oberarme und Schultern. Den eigentlichen Rumpf,
sowie den Kopf habe ich nie befallen gesehen; Athem- und Schling¬
muskeln, deren Mitbetheiligung den schweren Fällen oft eine so
ungünstige Wendung giebt, sind stets frei geblieben. Die Er¬
krankung ist oft symmetrisch, doch nicht gleichmässig stark auf 4 ^
beiden Seiten ausgeprägt.
Die befallenen Muskeln sind deutlich geschwollen, was man
besonders gut bei einseitigem Sitze der Krankheit, wenn die Haut
wenig ödematös ist, nachweisen kann. 33s finden sich dann Diffe¬
renzen des Dickendurchmessers am Unterschenkel um mehrere
Centimeter. Die Schwellung geht in den typischen Fällen nicht
über die Muskelbäuche hinaus. Dem palpirenden Finger zeigen
sich die Muskeln von eigentümlich derber Consistenz. Die
Muskulatur schmerzt auf Druck sehr lebhaft, ebenso bei passiver
Spannung. Spontan äussern sich die Schmerzen bei schwerer
Muskelarbeit und werden dabei von intelligenten Kranken als ähn¬
lich einem sehr unangenehmen Ermüdungsgefühl geschildert. Geringe
Bewegung ist in den leichten Fällen schmerzlos, doch klagen die
Patientinnen meist über Schmerzen, sobald sie zur Ruhe, besonders
wenn sie Abends ins Bett kommen. Die rohe Kraft der Muskeln
ist bei Ueberwindung der Schmerzen anscheinend nur durch die
Muskelschwellung etwas gestört — eine Prüfung, die in schweren
Fällen aber wegen der Schmerzen unmöglich ist; doch scheint die
Ausdauer der Bewegungen herabgesetzt. In den schwersten Fällen
der Art halten die Kranken wegen der Schmerzhaftigkeit die Glieder
ängstlich in einer Mittelstellung flxirt. Die elektrische Unter¬
suchung, die wegen der Schmerzhaftigkeit meist nur mit recht
schwachen Strömen ausgeführt werden konnte, ergab normale Ver¬
hältnisse; nur in einem Falle fand ich für beide Stromarten herab¬
gesetzte Erregbarkeit, sowohl vom Nerven als vom Muskel aus.
Fibrilläre Zuckungen fehlten stets.
Das zweite Cardinalsyinptom, die Hautaffection, tritt meist als
ein livid röthliches Erythem zu Tage; selten hat die Röthung eine
hellere Nuance. Das Erythem kann sich diffus in der Umgebung
verlieren, ist aber oft mit scharfen zackigen Linien, last wie ein
Erysipel, begronzt. Die Haut ist an den befallenen Stellen leicht
ödematös und auf Druck sehr empfindlich; sensible Kranke
empfinden schon die Bettdecke sehr lästig. Die Erytheme sind
Abends manchmal bedeutend stärker ausgesprochen, als früh. Sie
finden sich wesentlich in Körperregionen, wo die Muskeln erkrankt
sind, finden sich aber nicht über allen befallenen Muskelgruppen,
überschreiten andererseits deren Gebiet, bedecken z. B. am Unter¬
schenkel gern die Tibiafläche. Sind neben den Unterschenkeln auch
die Oberschenkel betroffen, so scheinen die Erytheme am Ober¬
und Unterschenkel stets getrennt zu sein: die Gelenke bieten in
den reinen Fällen keinen Angriffspunkt für das Virus. Um die
grossen gerötheten Hauptstellen können sich kleinere erkrankte
Stellen von ähnlichem Charakter gruppiren. Diese Form bildet
den Uebergang zu einem Falle, wo neben einem grossen Erythem
eine grosse Zahl Roseolaflecken an beiden Beinen vertheilt waren.
Andere Ausschläge, Urticaria, follikuläre Blutungen, habe ich nicht
beobachtet.
Die Hauttemperatur an den erythematösen Stellen ist stark
erhöht, bei einseitiger Affection maass ich ein Plus von über 3° C
auf der erkrankten Seite. Verstärkung der . Schweisssecretion,
die in den schwersten Fällen oft sehr deutlich, ist, finde ich nicht
verzeichnet. Die Hautsensibilität ist vollständig intact.
Der Process ist nicht immer auf Muskel und Haut beschränkt.
Sicher können die Sehnen, resp. Sehnenscheiden miterkranken. .Be¬
sonders die Sehnen in der Gegend des Fussgelenks, in einem meiner
Fälle die Sehnen der M. peronei, in einem anderen die des M.
tibialis posticus (letztere mit isolirtem Erythem über der erkrankten
Stelle), sind nicht ganz selten schmerzhaft und fühlen sich ver¬
dickt an. Bei dieser Erkrankung der Sehnenscheiden werden haupt¬
sächlich die Bewegungen schmerzhaft, durch welche die betreffende
Sehne gespannt wird. , . ,
Weniger leicht zu entscheiden, zumal ja die uns hier^ be¬
schäftigenden Fälle nicht zur Obduction gelangen, ist die Mit¬
erkrankung des Knochens, im speciellen der Knochenhaut. Die
Erytheme wandern, wie schon oben erwähnt, nicht selten über die
Tibiafläche. Es giebt in diesen Fällen keinen Anhalt dafür, ob die
auf Druck oder spontan an diesen Stellen empfundenen Schmerzen
den Nerven der Haut oder des Periosts ihren Ursprung verdanken.
Circumscriptere periostitische Entzündungen habe ich nie gesehen,
auch nie eine Druckempfindlichkeit der Tibiafläche ohne Betheili-
rung der Haut. ^ „
Ferner wäre hier die Betheiligung der Gelenke zu besprechen.
)iese fehlt in den ganz typischen Fällen. Zuweilen treten aber
loch leichte Gelenkschwellungen, z. B. am Talocruralgelenk, auf
Mese Fälle bilden dann Uebergangsforraen zu Erkrankungen bei
lenen es nicht mehr möglich ist zu entscheiden, ob man sie als
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
792
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41
zu der hier geschilderten Gruppe gehörig rechnen, oder ob man sie
lieber als leichte Fälle von Gelenkrheumatismus aulfassen will, bei
denen die auch sonst bei letzterer Erkrankung recht häufige Be-
theiligung von Muskeln und Haut einmal recht besonders ausgeprägt
ist. Dieser Zusammenhang der Dermatomyositis acuta benigna mit
«•dem Rheumatismus articulorum acutus ist schon im ätiologischen
Theile dieser Arbeit gewürdigt worden; beide Krankheiten sind mög¬
licher weise verschiedene Lokalisationen desselben Virus.
Die regionären Lymphdrüsen, von denen bei der vorwiegenden
Lokalisation an den Bebfen hier besonders die Inguinaldrüsen in
Frage kommen, fand ich zweimal leicht geschwellt; doch sind solche
Schwellungen zu häufig, als dass ein sicherer Zusammenhang an¬
zunehmen wäre.
Die Nervenstämme sind stets schmerzfrei; es treten auch
keinerlei Symptome, die auf nervöse Störungen der Motilität oder
Sensibilität hinwiesen, in Erscheinung. Die Sehnenreflexe waren,
soweit die Schmerzhaftigkeit ihre Beobachtung zuliess, normal.
Von Complicationen innerer Organe kann wenig die Rede sein.
Insbesondere blieb der beim Gelenkrheumatismus so häufig er¬
krankende Gefässapparat frei. Einmal begann die Erkrankung mit
einer Angina, die vielleicht die Eintrittspforte für das Virus dar¬
bot; derselbe Fall zeigte eine geringe Milzschwellung. Ein anderes
Mal finde ich leichte transitorische febrile Albuminurie notirt. Zu
erwähnen wäre vielleicht noch ein ziemlich anhaltendes, in mehreren
meiner Fälle vorhandenes Seitenstechen in der Gegend der linken
unteren Rippen; den Grund desselben kann ich nicht angeben.
Was den Verlauf des Leidens betrifft, so ist nach einigen
Tagen, spätestens nach etwa zwei Wochen, das Allgemeinbefinden
wieder ein gutes. Die lokalen Processe können einen ebenso
schnellen Verlauf nehmen und sind nach zwei bis drei Wochen
total verschwunden. Meist ist dies aber nicht der Fall. Vielmehr
nimmt die Abheilung der Haut- und Muskelerkrankung gewöhn¬
lich einen recht schleppenden Gang, Verschlimmerungen und
Besserungen wechseln wochenlang mit einander (so dass man zu¬
weilen eher von einer subacuten, als von einer acuten Krankheit
sprechen müsste). Dabei können nicht selten bei Abheilung des
Processes in einem Körpertheile andere befallen werden. In einem
meiner Fälle traten zuletzt die Muskelerkrankungen hinter der Haut¬
erkrankung vollständig zurück, letztere blieb recht lange bestehen;
öfter noch verschwindet der Hautausschlag, während die Muskeln
befallen bleiben. Kommen letztere Fälle spät zur Beobachtung, so
dürften sie kaum vom Muskelrheumatismus zu unterscheiden sein.
Schliesslich kam es aber doch in allen meinen Fällen zur Aus¬
heilung. In einem sah ich nach einem halben Jahre ein Recidiv
eintreten, das mit erneutem Fieber einsetzte.
Ueber die anatomischen Grundlagen der Erkrankung lässt
sich nichts Bestimmtes sagen, da die Fälle nicht zur Section
kommen.
Die Therapie ist lokal, in der ersten Zeit auf Hochlagerune
und Watteeinpackungen beschränkt. Feuchte Einpackungen wurden
meist schlecht vertragen. Nach Ablauf der heftigsten Erschei¬
nungen sind Einreibungen von entschiedenem, zum mindesten sub-
jectivem Nutzen. Innerlich erzielt man mit salicylsaurem Natron
m den beim Gelenkrheumatismus üblichen Dosen zuweilen gar
kernen, meist einen deutlichen, aber vorübergehenden Erfolg 1 ). Von
Antipyrin habe ich keine Wirkung gesehen. Am besten bewährte
sich mir die Behandlung mit öfteren lauwarmen Bädern.
Als Paradigmata der geschilderten Erkrankung möchte ich
noch ganz kurz die Krankengeschichten von zwei Fällen anführen'
leider sind es die beiden einzigen, bei denen der Versuch einer
bacteriologischen Züchtung der etwaigen Erreger gemacht wurde
wie ich vorausschicken will, mit negativem Erfolge
Angin F a al VckneÄ^ Dermat0,ny09itiS aCUta ™ Anschlu " “ ™
Dienstmädchen, 19 Jahre alt, wurde am 18. Juni 1894 ins
Vllerheihgenhospital aufgenommen. In der Anamnese gab Patientin unter
anderem an, im Alter von 13 Jahren seien beide Beine* roth geschwoflen
schmerzl ‘ aft gewesen; Heilung trat nach drei Wochen ein-
näheres kann sie darüber nicht aussagon. Patientin will einen schweren
Dienst haben; eine Erkältung soll nicht vorangegangen sein Am l5 Ma“
erkrankte sie plötzlich mit Uebelkeit, Fieber und Halssämfraen Am
16. Mai bemerkte sie Schmerzen im linken Bein, am 17 Mai schwoll es
HoÄTcht erhalten . 111 Medi “ «““• - * - ihrem Eintritt ins
«che iSä ä hoch 1 «,“ä Shä :r iich -
eatarrhalis geringen Grades. Halsdrüsen nur wenig geschwollen Lunten
TO“J?ämi?ch e em : Ohrnkte? "*hT “V' 8 lautcs sfstolisches Gorilufch
CÄÄ Mi. z nicht sehr
aSäSsSSSSii®
Am auffälligsten ist die Schwellung des linken Beines an allen Stellen
wo Muskeln liegen, während die Gelenkgegenden und der Fuss nicht dicker
sind, als rechts. Messungen ergeben eine Differenz von U/g cm zu
Gunsten der linken Seite, sowohl am Ober- wie am Unterschenkel. Ausser¬
dem findet sich eine leichte circumscripte Schwellung hinter dem linken
Malleolus internus im Verlaufe der Sehne des Musculus tibialis posticus
Die Kranke hält das Bein ängstlich in leicht gebeugter Ruhelage. Sämmtr
liehe Muskeln des Oberschenkels (handbreit unter dem Poupart’schen
Bande beginnend) und der Wade sind auf Druck und bei activen und
passiven Bewegungen stark schmerzhaft, ebenso die Sehne des Musculus
tibialis posticus, während kleinste Bewegungen in den Gelenken schmerz¬
frei sind. Die Muskeln fühlen sich hart und geschwollen an.
Die Haut des linken Beines zeigt drei abgegrenzte livid geröthete
Stellen: Eine von Handtellergrösse über der Patella an der Innenseite
des Oberschenkels, mit scharfen Rändern begrenzt. Ein zweites Eiythem
beginnt drei Finger unterhalb des Kniegelenks, ist circa 15 cm lang und
beginnt 2 cm nach aussen von der Tibiakante, überschreitet dann die
Tibia und geht erst tief hinten an der Wade mit einer wenig ausgeprägten
Linie in die normale Haut über. Eine dritte kleine geröthete Stelle be¬
findet sich über der erkrankten Sehne des Musculus tibialis posticus. Die
Haut an den befallenen Stellen ist leicht ödematös, auf Druck sehr
schmerzhaft, um 2 , / 2 0 R wärmer, als rechts. Die übrige Haut ist ganz
normal. Druck auf die Tibia dort, wo das Erythem nicht sitzt, verursacht
keine Schmerzen.
Am rechten Beine besteht nur geringe Druckempfindlichkeit der
Wadenmuskulatur.
Es wurden nun mit steriler Spritze Einsticho gemacht und sowohl
von der aus den befallenen Muskeln aspirirten Feuchtigkeit als von dem
aus einer kleinen Hautwunde (an erythematöser Stelle) gewonnenen Blute
Culturen auf Bouillon und Agar angelegt. Die Culturen blieben steril.
Vom Verlauf ist zu bemerken, dass das Fieber schon in der folgenden
Nacht kritisch abfiel und dass im Verlauf von zehn Tagen der ganze
Process ohne weitere Complicationen zur vollständigen Heilung führte.
Fall 2. Gutartige Dermatomyositis acuta. Etwas prot-rahirtorer
V erlauf.
M. G., Lehrlingin des Hospitals, 20 Jahro alt, wurde am G. März 1894
als Kranke auf Station genommen. Sie ist schon früher wegen „Seiten¬
stechen“ behandelt werden. Sie klagt seit mehreren Tagen über Schmerzen
in beiden Beinen und sehr starkes Seitenstechen links.
Status: Kleines, kräftig gebautes Mädchen. Temperatur 38,7. Innere
Organe ohne Besonderheiten. Für das Seitenstechen ist kein Grund auf¬
findbar; insbesondere ist die Milz nicht vergrössert.
Beide Unterschenkel zeigen auf der Vorderfläche eigonthiimliche
Erytheme von hellrother Farbe. Rechts beginnt das Erythem in der Mitte
des Unterschenkels, bedeckt die Vorder fläche der Tibia und den inneren
Theil der Wade. Unton endet cs an der Fussbouge. Ein zweites Erythem
von Thalergrösso findet sich am Fussc, auf der Sehne des Extensor
hallucis. Links beginnt das Erythem handbreit unter der Patella und
erstreckt sich nacli abwärts bis zwei Finger über der Fussbeuge, wo cs
sich diffus verliert, während es sich nach den Seiten scharf absetzt.
Die Haut ist an den befallenen Stellen leicht ödematös, sehr schmerz¬
haft auf Druck und fühlt sich heiss an. Besonders an den Stellen, wo
das Erythem über der Tibia liegt, ist der Schmerz sehr stark, oberhalb
des Erythems ist die Tibia schmerzfrei.
Die Wadcnniuskelu sind deutlich geschwollen, die Wade fühlt sich
(ohne Hautödein!) abnorm prall und fest an. Auf Druck sind die Muskeln
ziemlich schmerzhaft. Der Muskelschmerz findet sich auch bei Anstren¬
gungen ein, dagegen wird mässige Bewegung nicht als schmerzhafter an¬
gegeben, wie die vollständige Ruhelage. Die Peronealsehnen sowie einige
Sehnen des Fusses sind ebenfalls leicht druckempfindlich.
Links sind die Gelenke ganz frei. Rechts findet sich auch etwas
Schwellung am Talocruralgelenk, dasselbe ist schon bei kleinen Be¬
wegungen ein wenig schmerzhaft.
vom Verlauf ist zu bemerken, dass das Fieber nach zwei Tagen
aufhörte. Auf salicylsaures Natron (5 g pro die) stellte sich auch Besse¬
rung der lokalen Beschwerden ein. Als aber am fünften Tage das Salicyl
wegen zu starker Nebenwirkungen ausgesetzt werden musste, traten die
Schmerzen mit erneuter Heftigkeit auf, zu den schon etwas abgeblassten
Erythemen trat ein neues am linken Fussrückeu. Ferner zeigte sich aut
der Streckseite des rechten Unterarmes eine geringe, ohne scharfe Grenzen
in die Nachbarschaft übergebende röthliche Verfärbung, die Extensoren
der Hand wurden schmerzhaft; eigentliche Schwellung war nicht zu con-
statiren. Antipyrin (3 g pro die) blieb ohne Erfolg. So zog sich der
Process unter Wechseln der Krankheitserscheinungen circa drei Wochen
hin. Lauwarme Bäder schienen ani besten die Beschwerden zu lindem.
Am 28. März wurde Patientin auf ihren Wunsch wieder in Dienst ge¬
stellt. Die objectiven Symptome w r aron verschwunden, es bestanden noch
unbedeutende Wadenschmerzen und etwas Seitenstechen.
Auch in diesem Falle wurden, ganz ähnlich wie im vorigen, Culturen
aus dom Inhalt einer in die Wadenmuskulatur an der Stelle eines Erythems
eingestochenen Spritze gemacht; sie blieben ebenfalls steril.
Bemerken möchte ich zu diesem Culturverfahren noch, dass
ich, ebenso wie Fraenkel (1. c.), den negativen Befund von Erregern
nicht als genügenden Grund anselie, ihre Abwesenheit anzunehmen.
Erstens können die erregenden Bacterien — Gregarmen, wie sie
L. Pfeiffer 1 ) vermuthete, haben sich bei den nahestehenden Processen
nie gefunden — an einer anderen Stelle des Körpers, z. B. im
Halse sitzen und durch ihre Toxine wirken; zweitens ist die Menge
der durch Punction gewonnenen Flüssigkeit so minimal, dass der
*) Zeitschrift für Hygiene Bd. IV.
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11. Octobcr.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
793
Nachweis darin durch Zufall misslingen kann. Sind doch auch
boim Gelenkrheumatismus, bei dem an der ursächlichen Betheiligung
von Spaltpilzen die meisten Autoren nicht mehr zweifeln, die
Punctionsresultate in bacteriologischer Hinsicht zum überwiegend
grössten Theil negativ ausgefallen.
Endlich möchte ich noch über den in der Einleitung erwähnten
tödtlichen Fall von Dermatomyositis einige kurze Notizen mit¬
theilen.
Fall 3. Maligne Dermatomyositis mit rapidem Verlaufe. Die Ar¬
beiterfrau J. K., 55 Jahre alt, soll schon einige Wochen vor ihrer
Aufnahme ins Hospital gehustet und ein nach ihrer Angabe mftssig
reichliches, weissliches Sputum entleert haben. Sie erkrankte, ohne jede
ersichtliche Ursache, plötzlich in der Nacht vom 26. zum 27. Mai 1893
mit Schmerzen „in allen Gliedern“ und Fieber. Da der Zustand sich
immer mehr verschlimmerte, wurde Patientin am 31. Mai ins Hospital
gebracht.
Aus dem Status sei hervorgehoben: Patientin sieht sehr verfallen,
etwas cyanotisch aus. Temperatur 40,1. Puls klein und schnell; öOAthem-
züge in der Minute. Massige Somnolenz. Der rechte Arm ist in der
Umgebung des Ellenbogengelenks stark geschwollen, indem sowohl die
Muskehi oberhalb, als die unterhalb verdickt sind; auch das Gelenk selbst
scheint mit afficirt. Die Haut über dieser Gegend ist heiss und geröthet,
die Röthung schneidet mit scharfem Rande ab. Aehnliche Stellen finden
sich an der Beugeseite des linken Unterarms in fast 3 /* der Länge des¬
selben und an der Innenseite des rechten Fusses, der Muskulatur der
grossen Zehe entsprechend. Beim Berühren sind diese Stollen enorm
schmerzhaft, ebenso, nur etwas weniger, fast die ganze Körpermuskulatur.
Die Kranke kann daher nur mit den allergrössten Schmerzen selbst geringe
Bewegungen ausführen.
Die inneren Organe bieten nichts Besonderes. Die Milz ist nicht
vergrössert. Die bacteriologische Untersuchung wurde intra vitam leider
versäumt.
Am nächsten Tage trat Coma ein, die Temperatur hielt sich zwischen
39,5 und 40 0 C, und gegen Abend erfolgte der Exitus. Der ganze Process
spielte sich also in sechs Tagen ab.
Bei der Section fanden sich einige kleine Milziufarcte; ferner
Bronchitis und Lungenödem; sonst waren die inneren Organe normal.
Schnitte durch die entzündeten Bezirke, besonders den rechten Biceps
brachii, die Flexoren der Hand links und die Muskeln an der Planta des
rechten Fusses zeigen, dass die Muskulatur eigenthiimlich verfärbt, grau
mit einem Stich ins Blaue, erheblich geschwollen und ganz weich ist.
Stellenweise sind die Muskeln schon in Suppuration fibergegangen, cs
quillt missfarbiger Eiter aus der Schnittfläche hervor. Dagegen ist das
subcutane Bindegewebe, sowie das die einzelnen Muskeln trennende Binde¬
gewebe eiterfrei. — Sonst fand sich in der Leiche nichts Septisches, bis
auf einige Blutungen an der Zungenbasis. — Die Culturvcrsuche aus dem
Eiter der Leiche (circa 12 Stunden post mortem) ergeben typische
Colonieen einer Bacterium-coli-Art. (Dr. Stolper.)
Ich glaube, dass man Uebergangsformen zwischen den malignen
Erkrankungen, von denen der letztgeschilderte Fall ein Beispiel
giebt, und den von mir oben beschriebenen gutartigen Formen der
Dermatomyositis acuta ebenso finden wird, wie zwischen dem Ge¬
lenkrheumatismus und der pyämischen Infection. Ich erinnere
z. B. an manche Formen der Gelenkentzündung im Wochenbette,
wo zuweilen der Arzt schwer entscheiden kann, ob er einen
genuinen Rheumatismus articulorum acutus, oder eine nicht letale
Infection mit Eitererregern intra partum vor sich hat.
Nicht minder werden sich Uebergänge finden zwischen der
gutartigen Dermatomyositis und dem gewöhnlichen Muskel¬
rheumatismus, der typisch ohne Schwellung der Muskeln, ohne Be¬
theiligung der Haut verläuft. Auf die Beziehungen unserer Er¬
krankung zum genuinen Gelenkrheumatismus habe ich ebenfalls
mehrfach hingedeutet. So sehr es unser Bestreben sein muss,
verschiedene Gruppen abzuscheiden und gesondert zu betrachten,
darf man den Zusammenhang aller dieser „rheumatischen“ Affectionen
nicht aus den Augen verlieren.
V. Aus der medicinischen Klinik des Herrn Geh.
Medicinalrath Professor Dr. Riegel in Giessen.
Stoffwechselversuclie mit Somatose, einem
Albumosenpräparat. 1 )
Von Dr. Franz Kuhn und Dr. Karl Volker.
Auf dem Congress für innere Medicin 1893 zu Wiesbaden
sprach Hildebrandt 2 ) (Elberfeld) über ein neues Albumosenpräparat,
mit dem er einige Versuche angestellt hatte.
Das Präparat wird von den Farbenfabriken vorm. Friedrich
Bayer & Co. in Elberfeld aus Fleisch hergestellt und hat nach
den Analysen der Fabrik folgende Zusammensetzung: Der Wasser¬
gehalt beträgt 9,2 o/ 0 ; j n dem bei 1050 getrockneten Pulver sind
*) Nach einem in der med. Gesellschaft zu Giessen gehaltenen Vor¬
trage.
3 ) H. Hildebrandt, Ueber die Ernährung mit einem geschmack-
und geruchlosen Albumosenpräparat. Verhandl. des XII. Congresses für
Innere Medicin 1893.
enthalten: 14,14 o/ 0 N, 7,46 o/ 0 Salze, 0,24o/ 0 Pepton. Rechnet
man das N auf Eiweiss um, indem man den Multiplicator 6,25 ein¬
setzt, so enthält das Präparat 88,37 % Eiweisskörper; nimmt man
jedoch den Multiplicator für Pepton (welches den Albumosen näher
steht), nämlich 6,4, so sind die 14,14 N mit 90,49 o/ 0 Albumosen
gleichwerthig.
Danach ist die Zusammensetzung der Somatose folgende:
Albumosen 88,37 o/ 0 oder 90,49 o/ 0 , Salze 7,46 o/ 0 , Peptone 0,24 o/ w .
Die Somatose bezeichnet die Fabrik als ein in seiner Zusammen¬
setzung ziemlich gleichbleibendes Präparat. Es enthält, nach ihrer
Angabe, an Albumosen nur die Deuteroalbumose und die Hetero-
albumose, während Protero- und Dysalbumose in demselben fehlen.
Die erstgenannten Albumosen sind in dem Präparate zu etwa
gleichen Theilen enthalten. Auf 100 Theile salz- und wasserfreie
Albumosen berechnen sich Deuteroalbumose 48,2, Heteroalbumose
51,8 Theile. Die Somatose enthält kein Extractiv-N.
Was die physikalischen Eigenschaften des Präparates anbelaugt,
so ist es ein hell gelbliches, feines Pulver, welches sich in Wasser
sehr leicht löst.
Ein Hauptvorzug desselben, wodurch es sich namentlich von
allen seither gebräuchlichen, eiweissreichen Nährmitteln und Ersatz¬
mitteln des Fleisches unterscheidet, ist seine Geruch- und Geschmack¬
losigkeit.
Diese günstigen Eigenschaften des Präparates im Zusammen¬
halte mit den empfehlenden Angaben des ersten Beobachters gaben
Herrn Geheimrath Prof. Riegel Veranlassung, uns mit den Unter¬
suchungen über die klinische Verwendbarkeit des Präparates zu
betrauen.
Bevor^wir an die Schilderung der Ergebnisse unserer eigenen
Versuche gehen, wollen wir in Kürze die bis jetzt über die Somatose
publieirten Arbeiten berühren.
Ich übergehe dabei diejenigen Versuche, welche für die vorliegende
Frage nur theilweise Interesse haben, indem sie die physiologische Bedeutung
der Albumosen überhaupt zum Gegenstände haben" Es sind solche von
Pollitzer und Gerlack mitgetheilt. Ferner haben nur nebensächliches
-Interesse die Arbeiten über die im Handel befindlichen Peptonpräparate
von Zuntz, Munk, Pfeiffer, v. Noorden, Deiters.
Hildebrandt 1 ) kam in seinen ersten Versuchen, welche er an
Hunden mit Verabreichung von Somatose per os und subcutan anstellte,
zu dom Resultate, dass bei diesen die Somatose die äquivalente Menge
Fleisch nicht ganz zu vertreten vermöge; der Stoffansatz ist bei Fütte¬
rung von Somatose etwas geringer als bei Ernährung mit Fleisch, doch
ist durch Somatose N-Ansatz erzielbar. Subcutan wird sie gut und reiz¬
los vertragen.
In der zweiten Arbeit, 2 ) die Hildebrandt über diesen Gegen¬
stand veröffentlichte, ergänzt er die erste, indem er namentlich einen Stoff¬
wechselversuch am gesunden Menschen anführt. Er findet auch für den
Menschen dieselben Resultate, wie oben für das Thier: die Menge des
Urins nämlich und die N-Ausscheidung in demselben nehmen unter Ge¬
brauch von Somatose ab, die N-Ausscheidung im Kothe zu. N-Ansatz
ist erzielbar, doch etwas geringer als unter Ernährung mit Fleisch. Aus
weiteren Beobachtungen glaubt er sich zu dem Schlüsse berechtigt, dass
die Albumosen, wie sie in der Somatose geboten sind, für den Organis¬
mus einen höheren Nährworth repräsentiren, als andere durch Prankreas-
oder Fäulnisseinflüsse im Darm veränderte Eiweisskörper, vielleicht weil
die Somatose imverändert vom Darm aus resorbirt wird. Was den Magen
allein betrifft, so wird nach Hildebrandt in demselben ein Theü der ein?
gebrachten Somatose resorbirt. Subcutan erscheint das Präparat zweck¬
dienlich und wird gut vertragen.
Wir fügen zu diesen Arbeiten das Bemerken, dass wir in
denselben die Bedeutung des Körpergewichtes für Stoffwechsel¬
versuche zu sehr betont finden und dass uns andererseits die ein¬
zelnen Versuchsperioden für Somatose zu kurz erscheinen. Gleich¬
zeitig betonen wir, dass wir über die von Hi 1 de b ran dt be¬
hauptete, von Neumeister 8 ) bestrittene direkte Assimilation der
Somatose bei subcutaner Einverleibung keine Versuche angestellt
haben, daher diesen Punkt in vorliegender Arbeit nicht berühren.
Nach diesen einleitenden Bemerkungen geben wir im Folgenden
die Resultate unserer eigenen Versuche wieder. Es wurden zur
Lösung der an das Präparat gestellten Fragen sieben grössere
Versuchsreihen, unter wechselnder Versuchsanordnung, bis zu
zwanzigtägiger Dauer, ausgeführt. Der Kürze halber Werden in
diesem Referate 4 ) nicht alle ausführlich geschildert werden.
Bezüglich der Technik und Versuchsanordnung ist zu be¬
merken, dass in der Arbeit allen Anforderungen der modernen
Stoffwechsellehre gebührend Rechnung getragen wurde: jede Sub¬
stanz wurde vor der Einnahme in doppelten Proben analysirt, die
Excremente sorgsam gesammelt und analysirt und dergleichen.
’) Siehe oben.
*) H. Hildebrandt, Zur Frage nach dem Nährwerth der Albnmoson.
Zeitschrift für physiologische Chemie Band XVIII, Heft 2, 1893.
*) Neumeister, Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 36. — Neu¬
meister, Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 46.
4 ) Die Originalarbeit ist in den „Verhandlungen der Giessener medi¬
cinischen Gesellschaft Jahrgang 1892/1893“ niedergelegt.
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DEUTSCHE MEDICINJSCHE WOCHENSCHRIFT.
. Die Fragen, welche durch die einzelnen Versuchsreihen ent¬
schieden werden sollten, waren die folgenden:
1. Welche Stellung nimmt physiologisch, beim gesunden
Menschen, die Somatose als Nährmittel gegenüber anderen N-reichen
Nahrungsmitteln, namentlich Fleisch und Peptonpräparaten, ein: ist
durch sie N-Ansatz erzielbar?
Die Versuche sind unter wechselnder Anordnung angestellt:
a) Bei einer Beikost, deren N-Gehalt unter dem Schwellen¬
werth des N-Bedürfnisses des Menschen steht.
b) Bei einer ei weissreichen Beikost.
2. Unter welchen Bedingungen wird die Resorption und Aus¬
nutzung des Präparates, welche zunächst geringer ist als die des
Fleisches, wesentlich aufgebessert?
8 . Inwiefern ist die Somatose als Ernährungsmittel bei Kranken
verwendbar?
4. Wie verhält sich die Somatose speciell im Magen, in moto¬
rischer Hinsicht und besonders bezüglich der Secretion des
Magens ?
5. Wie weit ist Somatose in Klysmen verwendbar?
Im folgenden die einzelnen Versuche: Die wichtigste Frage
musste, bezugnehmend auf die Arbeit von Deiters^), zunächst sein:
Wie weit sind die Albumosen in Form und Mischung der vor¬
liegenden Somatose neben einer Beikost, die durchaus nicht genügt
einen Körper auf seinem N-Bestande zu erhalten, imstande den
menschlichen Körper vor N-Verlust zu schützen oder selbst dessen
N-Bestand zu vermehren.
Zur Lösung dieser Frage wurde zunächst mit allen Vorsichts¬
maassregeln ein zwölftägiger Versuch ausgeführt an einem Manne
mit ganz gesundem Magendarmcanal.
Patient ist 36 Jahre alt, mittelkräftig gebaut, wegen einer Hystero-
cpilepsie die zur Zeit des Versuches bereits geheilt ist, in der Klinik.
innn V D hren Ll 6S n 0rSu l es n * mmt er gleichmässig jeden Tag: Brot
Wpin anno £ aca ,? ? 0,0, ? u ? pe 600 A Butter 50 A ZuckS 100,0,
Wem 300,0, etwas Kochsalz und eine Flasche eines alkalischen Wassers.
«nnh« orn Ser ^ , werde "; dl ® ersten und letzten vier Tage des Ver¬
suches -50 g Fleisch gegeben; an den dazwischen gelegenen vier Tagen
wird dasselbe durch 60 g Somatose ersetzt. & ö g
bi«* nalwo« m iS ° lirt - ?T? mt ^etthige ein; der Urin, von morgens 7 Uhr
M ° rge o i T P h !’ TA d in versc hlossenen Gofössen gesammelt.
Erste Nahrung um 8 Uhr täglich, letzte abends 6 Uhr. Stuhl um 5 Uhr
VS" Uhf und h abe^d«, iei !' Kill ^wogen, ganz nackt, früh
dÄhTe d a“eJ't 56 ^ ^ K °"' dl!r Perioden wird
, beantworten waren zahlenmässig die Fragen: 1) Verliert
p' w 5v,t, P61 f U a nte , r . Ern * hrurl g mit Somatose Stickstoff von seinem
Gewehsbestand dadurch dass die N-Ausfuhr in Koth und Urin
7 eit Hofe: S,S t dl6 , Elnfuh , r yon N in der Nahrung? 2) Ist in der
f«*. d ® r Somatosedarremhung die N-Ausfuhr des Körpers grösser
als in der folgenden und vorausgehenden Fleischperiode?
mino- in iw t ri” t - aU i f l! 6 ?.® Fragen gmbt die tabellarische Berech-
nung in der Originalarbeit.
Während laut dieser Tabelle (Bilanz A) in der ersten Fleisch-
P®" ode vv i 3 ” 1 . erSte " Tage der Son >atoseperiode ein gleichblei-
■ n d ® r N-Verlust stattfindet, kommt es in der Somatoseperiode zu
einem bemerkenswerthen N-Ansatz an zwei Tagen ^ vierten
Periode tritt eb^nMir^M 6 ^' 1" . der foI S end ® n rietachcontroll.
der^eriode^mf^SomatoTo^"^ 11 ^ 312 ei ”’ * niCht S ° gr0SS wic in
Nach dieser Berechnung ist also Somatose zum N-Ansätze
seVho^! 618 ^! Sjeiohwerthig, vielleicht um etwas überlegen Das¬
selbe besagt die beigegebene TabeUe des Körpergewichts!
nfirina™ 6 ” w J edo . ch an die Zahlen aus den einzelnen Versuchs-
f ®* n ® ?? harfe Kritik, so kann man vieUeicht über die Ab-
m"L de if E ° t J les ’ * rotz gewissenhafter Verwendung von Kohle
und mikroskopischer Controlle der Ausscheidungen und genauer
einige Änkr der TT Entle erung in dem vorliegenden Versuch
ratifl i f Um uns selbst über diesen Einwurf zu be-
) O. Duiturs, lieber dir Enüihrumr
zur Lehrt* vom .Sloihvrrhsel
von v. X(tun]
mit Albumosepepton. Beitrim
*ii. 1802
- --_—r _ __ No. 41
am neunten Tage (wozu allerdings kein zwingender Grund vor
liegt) noch der Ausscheidung in der Somatosezeit zu, so erhalten
wir die Zahlen in der Bilanz B.
T * dieser findet in der Somatoseperiode im Mittel auch ein
N-Verlust statt, allerdings beträchtlich weniger als unter der
Fleischkost der ersten Periode In der zweiten Fleischperiode setzt
der Körper im Mittel N an. Nach dieser Bilanz wäre der Nähr
werth der Somatose etwas geringer als nach der vorhergehenden
Zusammenstellung, aber immer noch dem Fleische annähernd gleich
auch selbst nachdem wir alle Möglichkeiten zu Ungunsten de«?’
Präparates gedeutet haben.
Ein zweiter Versuch, zu demselben Zweck wie der vorige
unter ähnlichen Bedingungen angestollt, ergab ebenfalls ein Rc-
sultat zu Gunsten des Präparates. Versuchsperson ist ein 16jäli-
nger, mässig kräftiger Bauernjunge, der nur zeitweise an Obsti-
pation leidet. Sehr eiweissarme Beikost.
Patient setzt laut der erhaltenen Tabelle, die in der Original-
arbeit nachzusehen ist, obwohl er in der Beikost eine Nahrung
erhält, deren N-Gehalt an der unteren Grenze des Eiweissbedürf¬
nisses des Menschen steht, unter der Ernährung mit Somatose N
an, allerdings nicht so viel wie unter Ernährung mit einer äquiva¬
lenten Menge Fleisch.
Nach Beantwortung der ersten und Hauptfrage und befriedi-
gendem Ausfall derselben bot die Frage nach den Ausnützungs¬
verhältnissen der Somatose und deren eventuellen günstigen Beein¬
flussung durch bestimmte Versuchsbedingungen einiges Interesse,
Zunächst sollte entschieden werden, wie sich die Ausnützung
der Somatose und ihr Nährwerth beim Gesunden verhalte im Ver¬
gleich zu einer gleichwerthigen Menge Fleisch bei einer ziemlich
N-reichen Beikost.
. Lösung giebt folgender Versuch: Der oben genannte
lbjährige Bauernjunge bekommt in einer Versuchsreihe täglich:
Milch 800, 5 Weissbrötchen, 3 Eier, Bouillon 300,0, Gries 50 (oder
dafür Kartoffelbrei), Fleischextract 10 , Butter 20 , Wein 200 ,
Fleisch 300; das Fleisch und das Fleischextract werden in der
zweiten Periode des Versuches weggelassen und durch 84 g Soma¬
tose ersetzt.
Die Schlüsse, welche die an anderer Stelle einzusehende Ta¬
belle gestattet, sind: Bei reicherer Zufuhr von N-haltigen Sub¬
stanzen in der Beikost steht der Nährwerth der Somatose etwas
hinter Fleisch zurück; während nämlich unter Fleischkost im Mittel
L7 2,6 N-Ansatz erfolgt, findet unter Somatose ein N-Defielt statt.
Hieran scheinen nicht die geringste Schuld die klinisch beobach¬
teten Durchfälle zu tragen, welche nicht nur eine geringere Aus¬
nützung der Somatose selbst, sondern auch der anderen N-haltigen
Substanzen der Beikost bewirken. Zu bemerken bleibt, dass die
Menge der Somatose in diesem Versuche eine relativ grosse war.
Aber selbst unter diesen Verhältnissen lässt sich die Aus¬
nutzung der Somatose wesentlich steigern dadurch, dass man den
N-Gehalt der Beikost herabsetzt. Dies ergiebt sich aus der Fort¬
setzung des Versuches. Nachdem Patient in der Beikost nicht
mehr als 6,3 N in Form von Eiweiss erhält, dabei aber dieselbe
Menge Somatose, scheidet er nur mehr 4,9 g N pro Tag im Koth
aus, gegen 9,73 N pro Tag in dem früheren Versuch, was, ver¬
glichen mit den jeweiligen ControlIfleischperioden, eine Mehraus-
scheidung für den ersten Fall von 4 9—1,46 = 3,44 N, für den
zweiten Fall von 9,73—1,93 = 7,8 N pro Tag im Stuhl bedeutet.
Die Resorption und Ausnutzung gleicher Mengen Somatose ist
demnach, bei einer Verminderung des N der Beikost wie im vor¬
liegenden Beispiel, gut um das doppelte besser als bei eiweiss¬
reicher Beikost.
Wie die Quantität der Beikost, scheint auch die Qualität der¬
selben für die bessere Ausnützung im Darm von maassgebender
Bedeutung.
Wie aus der Fortsetzung des Versuches an dem Jungen unter
etwas veränderten Bedingungen hervorgeht, scheint die Gegenwart
gut verdaulicher Eiweisskörper, wie sie z. B. das Fleisch bietet,
die diarrhöische Wirkung der Somatose etwas zu compensiren und
die Resorption der N-Träger zu fördern, ein Umstand, der bezüg¬
lich der Verwendung der Somatose in der Krankendiät dem Prä¬
parate sehr günstig ist.
Um diese Verhältnisse mit genauen Zahlen zu belegen, wurde
hierzu ein eigener Versuch angestellt, in welchem gleiche Mengen
von Fleisch und Somatose (je 4,24 N entsprechend) gegeben wurden,
welche in der Controllprobc durch die der Summe entsprechende
Menge Fleisch (8,48 N) vertreten waren.
Das Resultat, das sich aus den Tabellen und den klinischen
Beobachtungen ergiebt, ist das folgende:
1. Somatose wird in dieser Weise, ohne Durchfall zu machen,
gut vertragen.
2. Die Resorption des Somatose-N und seine Ausscheidung im
1 rin ist nahezu gleich dem N des Fleisches.
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11. Üctübor.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
795
3. Die Ausnützung des Präparates im Darm ist in dieser
form wesentlich besser; im Koth wird, unter Gebrauch von 4 24
i m xTu 1 VOn Somatose rieht die Hälfte, sondern nur ein Achtel
der N-Menge ausgeschieden, die bei Genuss der doppelten Menge
also von Somatose = 8,48 N, im Darme uubonützt geblieben.
4. Endlich ist der Stoflfansatz durch Somatose mindestens
nicht schlechter als durch Fleisch, wie auch die beiliegende Ge¬
wichtstabelle besagt.
Du rcli^^ diese Thatsaehen ist eine beinerkenswerthe Eiweiss
sparende Wirkung der Somatose im Körperhaushalt bewiesen
Soweit der physiologische Theil der Arbeit. Die folgenden
Versuche sollten feststellen, wie weit die Somatose am Kranken¬
bett als diätetisches und Nährmittel verwendbar sei.
Hierzu wurden zunächst an der Hand eines grossen Stoff¬
wechselversuches von 20 Tagen an einem Patienten mit einem
Magencareinom, deutlich fühlbarem Tumor und weit vorge¬
schrittener Kachexie, die Ausnützungs- und .Resorptionsverhältnisse
der Somatose, die N-Bilanz und das subjective Befinden studirt
Patient bekommt in der ersten Periode des Versuches (vier Tage)
neben emer meht eiweissarmen Kost, bestehend aus Milch 800, Brot 20
, 3 K Eier Bouillon 800, Gries 50, Butter 20, Wein 200, noch an
Fleisch 150 imd Fleischextract 10. In der zweiten Periode wird Fleisch und
Extract durch 47 g Somatose ersetzt; in der dritten, ebenfalls viertägigen
Fenode werden wieder die Bedingungen der ersten Periode hergestellt.
Was die N-Bilanz betrifft, so ist zu bemerken, dass Patient während
des ganzen Versuches nicht zu Stickstoffgleichgewicht kam, sondern stets
mit N-Ueficit arbeitete, eine Erscheinung, die man bei Carcinomkranken
ja häufig findet. Aus den Zahlen der im Original angeführten Tabelle
geht hervor, dass durch Somatose, verglichen mit der Controllperiode,
eine Verringerung des N-Defieits um 1,0 N pro Tag zu erzielen ist, ein
für die Ernährungsverhältnisse eines Carcinomkranken nicht unerheblicher
Werth. Die Resorption im Darm ist, nach Abzug der grösseren Zufuhr
von N-haJtigern Nährmaterial vom Magen her, unter Somatosegebrauch
nicht viel schlechter als in der Controllperiode.
In , der L folgenden beiden Perioden (vierte und fünfte) wurde die N-
Menge der Beikost verringert; dabei ereignete es sich, dass in der vierten
Periode dieselbe Menge Somatose wie in den vorhergehenden Versuchs¬
reihen wesentlich besser ausgenutzt wird, die Bilanz sich bessert, so dass
vorübergehend den Zahlen nach selbst N-Ansatz erfolgt.
Als dann jedoch in der fünften Periode bei sehr geringem N-Gehalt
der Beikost die Menge der Somatose gesteigert wurde, daneben auch der
Gehalt an Kohlehydraten in der Beikost zur Deckung des Calorieen-
bedürfnisses etwas vennehrt ward, förderte dies wohl das subjective
Wohlbefinden des Patienten, nicht aber die Ausnützung der Somatose,
noch die Gesammt-N-Bilanz des Körpers im gleichen Sinne. Doch ist die
Besserung des Befindens durch die Ernährung mit Somatose, die selbst unter
diesen erschwerenden Bedingungen erfolgte, keinesfalls ausser Acht zu lassen.
Abgesehen von diesem Falle, wo Besserung des Allgemeinbefindens,
grösseres Kraftgefühl und Zunahme des Gewichtes eintritt, sei in dieser
Beziehung auf die Angaben eines anderen Patienten hingewiesen,
eines Phthisikers mit vorgeschrittener Darmphthise, der unter So¬
matose seine intensiven Schmerzen im Abdomen geringer und erträglich
werden sah.
Wichtiger jedoch noch erscheint uns die günstige Beeinflussung
der Magenfunctionen durch die Somatose unter bestimmten Ver¬
hältnissen. Nachdem in dem oben geschilderten Falle von Car¬
cinoma ventriculi eine Hebung der motorischen Leistungen des
Mageus bis zu einer vollständigen Sufficienz der aus¬
treibenden Kräfte und einem Aufhören des seitherigen
Erbrechens constatirt w r orden war, wurden noch einige specielle
Versuche über die Somatose im menschlichen Magen in’s Werk
gesetzt. Es geschah dies namentlich auch in Rücksicht auf eine
neuere Arbeit von Cahn 1 ), welcher den seither im Gebrauch be¬
findlichen Peptonpräparaten den Vorwurf macht, dass sie in sehr
unangenehmer Weise die HCl-Abscheidung im menschlichen Magen
steigerten.
Ein Versuch bei Magenoctasio infolge von Pylorusstenose ohne
Hypersecretion zeigte sich die Somatose bezüglich der Fortschaffung des
Mageninhaltes nicht im Vortheil gegenüber dem Fleisch oder Fleisch¬
pulver, vielmehr bemerkenswerth im Nachtheil; bezüglich der Secretion
aber war der Procentgehalt von Gesammtsäure, abgeschiedener HCl und
freier HCl geringer als in dem Versuch o mit Fleisch und Fleischpulver.
In dem zweiten Falle (über beide vergleiche die Zahlen der Original-
arbeit) ist jedoch die Somatose nach jeder Richtung dem Fleisch und
Fleischpulver überlegen. Zunächst, wird sie von dem motorisch-sufficienten
Magen am besten fortgeschafft, so dass der Stickstoffrest im Magen nach
einer Stunde weniger als den vierten Theil des N-Restes der beiden an¬
deren Präparate betrug. Die Gesammtsäure und abgeschiedene Gesammt-
salzsäure (nach Martius -Lüttke) betrögt weniger als bei Gebrauch von
Heisch, annähernd gleichviel wie bei Genuss von Fleischpulver. Somit
ist der Vorwurf, den Cahn den Peptonen macht, zunächst nicht auf die
Somatose anwendbar.
Eine letzte Versuchsreihe endlich sollte die Ausnutzung der
Somatose im Rectum feststellen, um hiernach die Verwendbarkeit
der Somatose zu Nährklystieren zu bemessen.
l ) Ueber die Ernährung mit Peptonen. Berliner klinische Wochen¬
schrift 1893.
Der Stoffwechselvorsucli wurde an einer zu diesem Zwecke sehr ge¬
eigneten Patientin angestellt, welche wegen eines sehr vorgeschrittenen
Magencarcinoms nur auf eine Ernährung per rectum angewiesen war.
Die erhalteno Zahlentabelle beweist, dass Somatose durchaus nicht im¬
stande ist, das Hühnereiweiss im Klysma zu orsetzen, dass sie vielmehr
überhaupt nicht vom Dickdarm aus aufgenommen wird.
Zum Schlüsse lassen sich die Ergebnisse vorstehender Arbeit
zu folgenden Sätzon zusammenfassen:
1. Bei einer Beikost, deren N-Gehalt unter dem sogenauuten
Schwellenwerth des Eiweissbedürfnisses des Menschen steht, ist
durch Somatose eine vollständige Vertretung des Albumins in der
Nahrung des Menschen möglich. Somatose, ein Vertreter der¬
jenigen Präparate, welche aus gewissen Albumosen allein sich zu¬
sammensetzen, ist also imstande, den Körper auf seinem N-Bestand
zu erhalten.
2. Durch Somatose vermag Fleisch, bei einer sonst nicht
ehvoissarmen Beikost, nicht immer ganz ersetzt zu werden, indem
die Somatose bei Zufuhr einer grossen Menge von N in der Bei-
kost selbst schlecht ausgenützt wird, ferner aber noch dadurch,
dass sie Durchfälle erzeugt, auch die Resorption der anderen mit-
geuossenen Eiweisskörper beeinträchtigt.
3. Insofern die Resorption und Ausnützung der Somatose im
Darm sehr durch die Qualität und Quantität der Beikost beein¬
flusst wird, ist dieselbe durch Verminderung des N in der Beikost,
durch Zufügen von Fleisch zu der letzteren sehr zu heben. Auch
die Verminderung der eingeführten Somatosemenge befördert deren
Ausnützung.
4. Namentlich unter Beachtung der in 3 berührten Punkte
wird die Somatose von Kranken ohne Nebenwirkung sehr gut ver¬
tragen. Grosse Mengen wirken abführend und erzeugen etwas
Durchfall. Von Phthisikern mit starken Darmveränderungen und
profusen Durchfällen wird Somatose gern genommen und oft
besser vertragen als Fleisch.
5. Für einzelne Formen von Magenkrankheiten ist Somatoso
unter Umständen besser iudicirt als andere Eiweisspräparate, sei
es aus mechanischen Gründen, sei es aus Rücksicht auf die Secre-
tionsverhältnisse des Organs.
6. Für Nährklystiere ist Somatose unbrauchbar.
7. Ueber subcutane Verwendung des Präparates werden in
vorstehender Arbeit keine neuen Thatsaehen gebracht.
VI. Ein Fall von tödtlicher Laboratoriums-
Cholera.
Von Dr. J. J. Reineke in Hamburg.
Am Morgen des 15. September d. J. wurde der hiesige prak¬
tische Arzt Herr Dr. Schmalfuss in die Wohnung dos Assistenten
am Hygienischen Institut, Herrn Dr. Oergel, durch dessen Freund
Herrn Dr. v. Grabe gerufen. Letzterer theilte mit, 0 er ge 1 habe
sich wahrscheinlich bei Arbeiten mit Choleraculturen im Hygieni¬
schen Institut durch eine Unvorsichtigkeit inficirt, seit gestern
seien Durchfälle aufgetreten, in der letzten Nacht, welche er bei
Oergel verbracht, habe dieser Erbrechen, Durchfälle, Waden¬
krämpfe gehabt und sei zur Zeit sehr unruhig. Herr Dr. Schmal¬
fuss fand Oergel verfallen, cyanotisch, mit kühlen Extremitäten;
aufgehobene Hautfalten blieben lange stehen, der Puls war sehr
klein, etwas beschleunigt. Der Kranke war beklommen, hatte
Waden- und Bauchmuskelkrämpfe, die Stimme war etwas heiser.
Urin war noch vor kurzem gelassen. Er bot das Bild eines
schwerasphyktischen Cholerakranken. Er war übrigens bei vollem
Bewusstsein und bestätigte die Angaben von Grabe’s. Auf die
Frage, ob er nicht absichtlich Choleraculturen eingenommen habe
— da er früher an sich selbst Beobachtungen über die Wirkung
von choleraähnlichen Elbvibrionen und von Vibrionen aus dem
Ruhrorter Hafen angestellt hatte —, antwortete er, Experimente
mit sich würde er während der Abwesenheit des seit dem 24.
August beurlaubten Herrn Professor Dunbar, den er augenblick¬
lich vertrete, selbstverständlich nicht machen.
Herr Dr. Schmalfuss brachte dann den inzwischen völlig
pulslos gewordenen Kranken sofort persönlich in das Eppendorfer
Krankenhaus, nachdem er ihm mehrere Spritzen Campher und
Aether injicirt hatte. Unterwegs erholte der Kranke sich etwas.
Einige Stunden später sah ich ihn. Er gab an, dass er seine De-
jectionen vom ersten Augenblicke an mit Sublimat desinficirt habe
und dass das auch während der ganzen vergangenen Nacht ge¬
schehen sei. Ueber die Infectionsgelegenheit äusserte er sich
ebenso, wie er es Herrn Dr. Schmalfuss gegenüber gethan, doch
war ein eingehendes Befragen wegen seines Zustandes sowohl jetzt
wie auch in den folgenden Tagen nicht möglich.
Inzwischen hat Herr Professor Dunbar versucht, durch ge¬
naue Erhebungen im Institut möglichste Klarheit über den Infee-
tionsmodus zu gewinnen, doch sind dabei so viele einander wider-
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
796
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41
11. Oc
sprechende Mitthei hingen gemacht worden, dass auf eine sichere
Feststellung über diesen Punkt leider verzichtet werden muss.
Oergel selbst schien anzunehmen, dass er sich am 18. mit
Weichselwasser, das er sich aus Thorn hatte kommen lassen, in-
ficirt habe, als er beim Ansaugen einer Pipette ein grösseres Quan¬
tum desselben an den Mund bekam. Es hat sich indessen heraus¬
gestellt, dass in dem Wasser gar keine Cholerabacterien waren,
und für die von einer Seite gemachte Angabe, dass Oergel dem
Wasser Choleraculturen beigemischt habe, hat sich kein weiterer
Anhalt finden lassen.
Wahrscheinlicher lauten die Aussagen anderer Herren, dass
Oergel schon am 12. September bei Thierversuchen mit dem
Pfeiffer’schen Serum etwas von dem serösen Bauchinhalt eines
Controllthieres in den Mund bekommen habe. Nachdem er einen
hängenden Tropfen hergestellt, habe er sich den Mund ausgespült.
Nach dem Protokoll fanden sich im Serumpräparat lebhaft beweg¬
liche Vibrionen, das Meerschweinchen erlag der Vibrioneninfection.
Indessen wird auch dieser Infectionsmodus zweifelhaft durch
die Aussage von Dr. Paulsen aus dem Hygienischen Institut,
dass Oergel schon 4—5 Tage vor seiner schweren Erkrankung
über Durchfall und Abgesehlagenheit geklagt habe.
Auf alle Fälle ist Oergel bei seinen täglichen Arbeiten mit
Choleraculturen ununterbrochen der Gefahr ausgesetzt gewesen,
sich durch irgend eine Unvorsichtigkeit zu inficiren, während jede
andere Infectionsgelegenheit völlig ausgeschlossen war. Wie bei
der Mehrzahl der übrigen bekannt gewordenen Laboratoriumsinfee-
tionen wird man sich auch in diesem Falle mit dieser allgemeinen
Thatsache begnügen müssen.
Am 14. September nachmittags war Oergel noch bei mir auf
dem Bureau, um mir seine Versuche mit dem Pfeiffer’schen Se¬
rum zu berichten, ohne über sein Befinden zu klagen und ohne
dass ich ihm irgend etwas angemerkt hätte. Als ich ihn am an¬
dereren Morgen im Eppendorfer Krankenhause wiedersah, war er
kaum zu erkennen.
Ueber den weiteren Verlauf und den Obductionsbefund geben
die nachfolgenden Aufzeichnungen Auskunft. Dieselben, sowie das
Resunte sind mir von Herrn Oberarzt Dr. Rumpel, welcher ge¬
meinsam mit Herrn Secundärarzt Dr. Reiche den Kranken be¬
handelte, freundlichst zur Verfügung gestellt worden.
Patient, 29 Jahre alt, litt nach Aussage der Mutter im Kindcsalter
an zweimaliger, mit längerem Fieber einhergehender typhöser Erkrankung,
war aber , sonst stets gesund und kräftig.
Status praesens: Schweres typisches Cholerabild. Patient ist
kaum wieder zu erkennen. Augen "tief eingesunken, von den Lidern halb
bedeckt. Gesichtszüge verfallen. Massige Cyanose. Hände und Füsse
kalt; Hautfalten bleiben stehen. Stimme heiser. Sensorium völlig frei.
Temperatur 35,4. Puls eben fühlbar, 100. Athmung unregelmässig; es
besteht heftiges Oppressionsgefllhl. Die objective Untersuchung ergiebt —
soweit dieselbe bei dem schweren Zustand möglich ist — keinerlei krank¬
hafte Veränderungen an den inneren Organen. Herztöne rein. Erster
Mitralton stärker als zweiter.
Patient entleert in kurzen Pausen mehrere Stühle von reiswasser
ähnlicher Beschaffenheit. Alle dargereichten Getränke und Medicament
blicht Patient in kurzer Zeit wieder aus. Heftiger Singultus. Unruhige
Hin- und Herwerfen im Bette. Krämpfe in den Oberschenkeln, Unter
armen, Fusssohlen. Ord.: Campherinjectionen, heisses Bad.
_ 11V* Uhr Morgens. Nach letzterem hebt sich die Temperatur au!
30.9; Puls wie zuvor kaum fühlbar. — Erbrechen und Krämpfe heftiger
3 Uhr Mittags: Einlauf von 3 l /a 1 40° warmer 1 % Tanninlösung
welche eirca 20 Minuten gehalten wird, worauf sich circa 2 l /a 1 wiedei
entleeren.
6 Uhr. Wegen fortwährendem Erbrochen und Singultus Magenaus¬
spülung; kein sichtlicher Erfolg.
, .,, 8 Uh A r Abends: Tomperatur 36,9; Puls aussetzend, nur ab und zu
fühlbar. Aussehen des Patienten sehr schlecht, Gesichtsfarbe mehr blass
• laotisch. Fast unaufhörlicher Singultus. Sehr heftige, sich schnei]
wiederholende Krämpfe, namentlich in der Zwerchfellmuskulatur, bilden
me Hauptklage des Patienten. „Befreien Sie mich nur von den Schmerzen
ich kann das nicht mehr aushalten.“
. 9 Uhr: Infusion von 900 ccm 40» warmer, 0,66% NaCl-Lösung
Kein eclatanter Erfolg hinsichtlich der Herzaction. Der Puls hebt sich
q , b . al V vied £'i il T' bleibt aber während der Nacht immei
lassoi/nacir* SubjecUveß Befindcn entschieden etwas besser, Krämpfe
i 1 \ Ubr , Na 1 cljts: Ab und zu wieder sehr schmerzhafte Krämnf
RriÄhSTstShi. ^ SUbCUtan - Bis ZUm Mor ^ en efcw
« TTm. 6 k Sept0mbC - r * Jtu$ or ß en era « utes Erbrechen. Patient bekenn
? Ru Borgens em Nährklystier von Portwein. Tannin und Opium ui
Rann St , Uüde bei sich * Campherinjection zwei m
Morgens. Puls eben fühlbar, frequenter, 108; Temperatur 36.4.
beit 8 Uhr Morgens keine Krämpfe mehr; aber AUgemeinbetind.
Mpb^p? 61 v oiaem . heissen Bad (11 Uhr) vermehrtes Erbreche
geben ohne &fot 1 ]’ ° piUm “ kleiue11 Do8en •
Champ^r! 1 SchM Pa,icnt h< - h51 ‘ etw » s Thee «,
Gegen 3 Uhr erneuter Collaps, Temperaturabfall bis 35,1. Campher-
injection, heisser Thee, Senfteige.
5 Uhr: Temperatur 36,0. Erbrechen und Stuhl. Nacli lieissem Luft¬
bad im Bett geringer Schweiss, aber noch immer keine ausgesprochene
lieaction.
9 Uhr: Inzwischen vier mal Erbrechen und ebenso oft Stuhl. Quälender
Singultus.
Die Nacht verbringt Patient unter grosser Unruhe und dauerndem
Erbrechen.
17. September. Gegeu Morgen wird Thee mit etwas Cognac ver¬
tragen. Der Puls hebt sich langsam, Patient scheint sich zu erholen.
Erbrechen lässt nach, bis 11 Uhr Morgens nur vier mal. Temperatur
35,9 (im Anus gemessen 37,0).
Da noch fortgesetzt Reincultureu von Choleravibrionen ausgesehiedeu
werden, wird in Anbetracht, dass das Erbrechen über Stunden sistirt, ein
Versuch mit Calomel gemacht. 12 l /a Uhr Calomel 0,2.
3 Uhr Erbrechen; im Erbrochenen kein Calomel nachzuweisen. Kura
vorher (2 Uhr) erster Urin, 30 ccm trüber Flüssigkeit, stark eiweiss¬
haltig, im Sediment sehr viel Epithelien und Cylinder (hyaline und
epitheliale), zwei mal dünner bräunlicher Stuhl.
9 Uhr Abends: Patient befindet sich besser. Puls voller, Temperatur
36,0. Calomel 0,2. 10 Tropfen einer l%igen Morphinlösung.
Bis 12 Uhr verhältnissmässig Ruhe, kein Erbrechen.
18. September. 12 Uhr Nachts bis 8 Uhr Morgens unruhiger Schlaf,
periodisch unterbrochen von Singultus ohne Erbrechen. Kein Stuhlgang
Puls bleibt kräftig.
8 Uhr flüssiger, dunkelbrauner, stark stiukeuder Stuhl in kurzen
Pausen, dreimal hintereinander.
Am Morgen fühlt Patient sich subjectiv wohler und glaubt, dir
Krankheit überstanden zu haben. Er ist völlig klar und erkundigt sich
nach den bacteriologischen Untersuchungen.
Status: Gesicht lebhaft geröthet, Augen weniger eingesunken.
Haut von besserer Spannung, aber trocken. Pupillen eng, Temperatur
35,5. Athmung eigenthümlich tief, regelmässig. Puls deutlich
gespannt. Am Herzen reine Töne. Lungen frei. Man befürchtet den
Eintritt des Coma.
Von 3 Uhr Nachmittags leichtes Benommensein, grössere Unruhe.
Sonst keine Klagen, speciell keine Kopfschmerzen. Patient behält Bouillon
mit Ei, Thee und Champagner.
Gegen 4 Uhr lässt Patient einen reiswässerigen Stuhl von bräuu-
licher Farbe ins Bett. 25 ccm Urin von derselben Beschaffenheit wie der
gestrige.
Am Abend Zustand unverändert, Temperatur 36,1. Zwei wässerige,
braune, sehr übelriechende Stühle.
19. September. Patient hat die Nacht anfangs etwas geschlafen,
von 2 Uhr ab grosse Unruhe, stärkeres Benommensein. Patient lässt
mehrfach unter sich; gegen Morgen Schlaf mit Unterbrechungen.
Mittags: Immer noch leichtes Benommensein bei euphorischer
Stimmung, auch sonst Befinden wie gestern. Mehrfache reiswässerige,
sehr übelriechende Stühle. Ein grosser Einlauf mit Seifenwasser fördert
grosso Massen dünnen, mit Fetzen durchsetzten Darminhalts heraus. —
Temperatur früh und Abends 36,1; Puls 84. Kein Urin.
20. September. Unruhe und Benommenheit nehmen während der
Nacht zu; von 4 Uhr Morgens starke Somnolenz, In den Morgenstunden
wird Patient wieder lebhafter. Er hat das Bedürfnis, sich mit seiner
Umgebung zu verständigen; er erkennt jeden, schläft jedoch während des
Gesprächs ein. Zur Nahrungsaufnahme muss Patient geweckt werden; er
nimmt reichlich Bouillon mit Ei, Cacao, Wein, Welgen.
Kein Erbrechen. Mehrere reiswässerige, braungefärbte Stühle mit
Fetzen.
Objectiver Befund: Rechts hinten unten an den Lungen gelinge Ab¬
schwächung des Percussionsschalles, leiseres Athemger&usch wie links,
vereinzelte Rasselgeräusche. Patient hustet selten, nur beim Aufnchten
oder Umbetten. Am Herzen zwei Töne. Herzaction regelmässig oü.
Temperatur 36,1. ,
Abdomen weich, nicht schmerzhaft. Bei Palpation: Plätschern und
Gurren der anscheinend schwappend gefüllten Darmsclilingon. Kein Milz-
tumor. .An beiden Nates: Prurigo. #
Patient wird mit Seifenwassereinläufen und innerlich mit Bismutn
bis zu 2,5 behandelt. (Von Calomel wird wegen der hämorrhagischen
Beschaffenheit der Stühle abgesehen.)
3 l / 4 Uhr Nachmittags: Mit Stuhl 120 ccm Harn entleert, weniger
eiweisshaltig wie der vorgestrige. (Specifisches Gewicht 1013.)
21. September. Patient lässt fortgesetzt unter sich, muss bis zum
Morgen sieben mal umgebettet werden, danach fällt er sofort wioder m
Schlaf.
Status: Somnolenz grösser wie gestern. Pupillen sehr eng. l 0r '
manente fibrilläre Zuckungen in den Masseteren und der Muskulatur ue
Oberschenkel. An den Lungen rechts hinten unten stärkere Dämpmiig,
dichtes fein und mittelgrössblasiges feuchtes Rasseln, kein Auswurf. ^
wenig Husten. Am Herzen nur ein Ton hörbar. Temperatur o i •
Ord. Kampher, Bismuth (1,0 mehrmals täglich). Die Stühle, welc
fortgesetzt in das Bett entleert werden, sind von 10 Uhr ab schwarz B • '
färbt; am Nachmittag wird ein handtellergrosser Fetzen einer fibnnose
Membran entleert. .
3 Uhr. Auftreten trachealcr, spärlicher Rasselgeräusche. Einschlag«
in ein nasses Laken. Frottiren. Zunehmende Somnolenz. Zwei Spritz u
Kampheröl. •
9 Uhr. Puls beginnt kleiner zu werden. Dio Athmung schwer,
stöhnend. Mit dem Katheter werden 600 ccm Urin entleert, eiweis
haltig, viel Cylinder und Epithelien enthaltend. Sehr viel Indican.
Kampherätherinj ectionen.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
11. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
797
stärker! » n FcftU a e r h ’ UCkt ** ^ T '^ealrasseln
2 3 /* Uhr. In tiefer Benommenheit Exitus letalis
Während des achttägigen Krankenhausaufenthaltes wurde Oergel von
den Assistenzärzten des Neuen Allgemeinen Krankenhauses, besonders
von Herrn Dr. Zuschlag, mit treuester Aufopferung gepflegt
Reincufturen'von ^holeravibrion*enf * “*•
vibiionen SePtember ’ Faßt braUne Flüssigkeit ’ ßeinculturen von Cholera-
17. September. Zahlreiche Komraacolonieen neben anderen Colonieen
(ßactenum coli und eine verflüssigende Colonie).
September. Bacterium coli - Colonieen überwiegen die Kommata.
oa September. Sehr viele Colonieen neben Bacterium coli.
20. September. Reinculturen von Bacterium coli — erst nach 30
Stunden ganz kleine Choleracolonieen.
21. September. Fast Reincultur von Choleravibrionen.
Section: Duodenum (alkalisch). Nicht sehr reichliche Konima-
colomeen, zu gleichen Theilen mit Bacterium coli.
Mittleres Jejunum (alkalisch). Reichlich Bacterium coli neben ver¬
einzelten Kommacolonieen. Verhältnisse 1:15.
Ileum (alkalisch) wie Jejunum.
Valvula (neutral). Erst nach Durchsehen mehrerer Gesichtsfelder
eino Kommacolonie.
Flexur (alkalisch). Choleracolonieen so zahlreich wie an der Klappe
— Proteusformen, viel Bacterium coli.
Soctionsprotokoll (Dr. Eugen Fraenkel). Kräftiger männlicher
Leichnam mit starker Todtenstarro. Die Haut des Gesichts auffallend
roth. In der rechten Ellenbogenbeuge eine von einer intravenösen In¬
fusion herrührende Wunde; die freigelegte Vene ohne Thrombus.
An der Vorderfläche des Thorax multiple Stichstellen, in deren Be¬
reich die Haut vielfach sugillirt ist.
Muskulatur trocken.
Darmschlingen wenig aufgetrieben, Serosa schwach fadenziehend. —
Zwerchfell rechts unterer Rand vierte Rippe, links vierter Intercostalraum.
Die Serosa der beiden Lungen stark seifig anzufühlen, Pleuraräume
frei von abnormem Inhalt, der linke Ventrikel stark contrahirt. Im rechten
Vorhof massige speckähnliche Gerinnsel.
Aortenklappen stark gefenstert, das rechte und linke Klappensegel
an ihrem vorderen Umfang verwachsen. Die Verwachsungsstelle inner¬
halb der ganzen Ausdehnung stark knotig verdickt. An dem übrigen
Klappenapparat, abgesehen von Fensterungen der Semilunarklappen der
Pulmonalis, nichts Bemerkenswerthes.
Auf der Aortenintima ausgedehnte streifige Verfettungsheerde. Herz¬
fleisch ausserordentlich derb, heerdfrei.
Auf dem Epicard der Hinterfläche zahlreiche schwarzrotlie Hämor-
rhagieen.
Linke Lunge freibeweglich. Auf der spiegelnden Pleura des Unter¬
lappens zahlreiche ältere und frischere Blutungen, im unteren Drittel
dieses Lappens theils disseminirte, theils an einer Stelle in einem grösseren
Keil confluirende, roth hepatisirte Infiltrationsheerde.
An den Bronchien und Gefässen nichts Bemerkenswerthes.
Rechte Lunge frei beweglich, an den einander zugekehrten Flächeü
des Ober- und Unterlappens, sowie an der Aussonfläche des Unterlappens
in dessen oberer Hälfte frische abstreichbare, fibrinöse Pseudomembranen.
In diesem Bereich ist der Unterlappen rothgrau hepatisirt.
Es folgt dann eine wieder lufthaltige Zone, an welche sich gegen
die Basis zu wieder frische pneumonische Infiltrationsheerde anschliessen.
Der Ober- und Mittellappen sind frei und durchweg lufthaltig.
Milz etwas geschwollen. Pulpa trübe, Follikel bis hanfkorngross.
Die Flexura sigmoidea ist nach der rechten Darmbeingrube verzogen
und hier durch derbe Pseudomembranen mit dem Mesenterium ilei fest
verwachsen.
Linke Nebenniere normal.
Linke Niere 13—8 l /a—3 1 /*. Sowohl an der vorderen als der hinteren
Fläche unregelmässig geformte, tief narbige Einziehungen. Das narben¬
freie Parenchym zeigt eine glatte Oberfläche und eine auf dem Durch¬
schnitt stark geschwollene, überquellende, keine weitere Zeichnung er¬
kennenlassende Rinde von schmutzig grauer Färbung. In mehreren Mark¬
kegeln frische Hämorrhagieen, in einem dickere, streifige Kalkinfarcte.
Auf der Schleimhaut des nicht erweiterten Nierenbeckens frische Blu¬
tungen.
Rechte Nebenniere normal.
Rechte Niere W/ 2 —8—4. Oberfläche vollkommen glatt. Schnitt¬
fläche mit enorm trüber Rinde von röthlich-grauer, einen Stich in’s Gelb¬
liche bietender Färbung. Markkegel blauroth. Nirgends im Parenchym
Heerderkrankungen.
Im Mastdarm höchst übelriechender, dünnflüssiger Koth; etwa 5 Cm
oberhalb des Anus ist die Schleimhaut in mehr als 7 cm langer Aus¬
dehnung von zum Theil zusammenhängenden, missfarbenen, festhaftenden
Schorfen eingenommen, zwischen denen allenthalben die stark geröthete
Mucosa zu Tage tritt.
Iü der Harnblase etwa 50 ccm trüben Urins. Der Magen durch
Luft stark aufgetrieben, an seinen Wandungen nichts Bemerkenswerthes.
Duodenum mit wesentlich an seinem absteigenden Schenkel stark inji-
cirter, stellenweise hämorrhagischer Mucosa.
In der Gallenblase dünnflüssige, graugrüne, schleimige Beimengungen
enthaltende Flüssigkeit in beträchtlicher Menge.
Leber 37—21—7. Schnittfläche gleichmässig braun gefärbt mit deut¬
licher Läppchenzeichnung.
Im Dünndarm grünlich gefärbte, theils dünnflüssige, theils zäh schlei¬
mige, nirgends geformte Kothmassen.
Die Wand des Dünndarms bietet — abgesehen von einer auf kurze
Strecken etwas stärker kervortrotenden blutigen Rötkimg — makroskopisch
anscheinend nichts Abnormes. Im Colon descendens befinden sich noch
einzelne, sich an den Verlauf der Taenia libera haltende, weniger fest¬
haftende Schorfe. Die Schleimhaut in diesem Abschnitt zeigt eine
stärkere, fleckige Röthung. Sonst am übrigen Dickdarm nichts Bemerkens¬
werthes.
Anatomische Diagnose: Pneumonia fibrinosa lobi inferioris
utnusque, praecipue dextri. Endocarditis aortica inveterata. Ren choleri-
cus (Stadium secundum). Cicatrices renis sinistri. Intumescentia recens
hepatis. Proctitis et Colitis diphtherica.
Resume: Nach einer mehrtägigen, prodromalen Diarrhoe entwickelt
sich allmählich ein typisches Stadium asphycticum, welches trotz der hef¬
tigsten, anhaltenden Muskelkrämpfe wegen der nur mässigen Cyanose und
des verhältnissmässig geringen Temporaturabfalls (35,4—36,9 am ersten
Tage) zunächst als eine nur mittelschwere Form der Erkrankung impo*
nirt. Das gänzlich unveränderte Fortbestehen indess dieser mittel¬
schweren Erscheinungen, die sich durch therapeutische Maassnahmen ab¬
solut nicht beeinflussen liessen, namentlich der geringe, schnell vorüber¬
gehende Erfolg der am Abend des zweiten Erkrankungstages nothwendig
werdenden Infusion, stempeln den Fall zu jener charakteristischen Form
subacuter Cholera, welche mit langem, oft wenig ausgesprochenem Sta¬
dium asphycticum ohne deutlich eintretende Reaction verläuft und sehr
häufig unmerklich in Coma übergeht. Nachdem der dritte Krankheitstag
(16. IX) zwar unter Nachlass von Krämpfen, aber bei unverändertem All¬
gemeinbefinden unter dauerndem Erbrechen und Durchfällen vorüber¬
gegangen ist, bringt auch der folgende Tag noch nicht die ersehnte Reac¬
tion, die sich schliesslich nur unvollkommen ohne Eintritt von Schweiss
und genügender Urinsecretion an dem Heben des Pulses, der strafferen
Hautspannung und dem dadurch bedingten besseren Aussehen des Kranken
während des vierten bis fünften Krankheitstages allmählich kundgab. Aber
zugleich treten auch die unverkennbaren Zeichen des herannahonden
Comas auf: die Röthung des Gesichts, die eigenthümlich tiefe Athmung,
die engen Pupillen und die ganz leichto Benommenheit, die sich am
fünften Krankheitstage durch Entleeren eines Stuhles in das Bett zuerst
bemerkbar macht. Am sechsten Krankheitstage geringe Zunahme der
Somnolenz, am siebenten treten die ersten Anzeichen einer Lungencom-
plication auf, während die Urinsecretion noch fast vollkommen sistirt; am
achten Tage Tod in tiefem Coma.
An sämmtlichen Krankheitstagen gelang der Nachweis der Cholera¬
vibrionen, deren Menge in den einzelnen Dejectionen mit einer Ausnahme
(6. Tag) eine annähernd gleiche war und deren Wachsthum sich durch
therapeutische Eingriffe — Calomol, Bismuth, Einläufe von Tannin und
Seifenwasser — nicht beeinflussen liess.
Kurt Karl Emil Oergel, geboren am 6. September 1865 in
Wehlau, trat nach absolvirtem Staatsexamen im Winter 1891 auf
1892 als Assistent unter Herrn Professor Löffler in das Hygieni¬
sche Institut der Universität Greifswald, nachdem er schon vorher
als Student dort gearbeitet hatte. Nach Jahresfrist übernahm er
die poliklinische Assistentenstelle an der chirurgischen Klinik, wo
er ebenso wie in dem pathologisch-anatomischen Institut schon
während seiner Studienzeit drei Monate lang als Volontair be¬
schäftigt gewesen war.
Am 1. Februar 1893 Jtam er nach Hamburg als Diätar am
Hygienischen Institut auf Empfehlung von Herrn Professor Löffler.
Am 29. Juni 1893 wurde er dort zum Assistenten erwählt und am
29. Juni 1894 definitiv als Staatsbeamter angestellt.
Ausser seiner Doctordissertation über Casuistische Beiträge
zur Pathologie und Therapie der Perforationsperitonitis nach Ulcus
ventriculi hat er mit Buschke in dieser Wochenschrift 1893, No. 7
Beiträge zur Kenntniss des Tetanus veröffentlicht; nach der Mit¬
theilung von Kutscher (ebenda 1893, No. 49) hat Oergel unab¬
hängig von ihm das Leuchten einiger choleraähnlicher Wasser-
bacterien beobachtet.
Das hohe Lob, das Professor Löffler ihm spendete und das
ich erst vor wenigen Wochen in Budapest und Magdeburg aus
dessen eigenem Munde habe wiederholen hören, hat Oergel in
seiner Hamburger Thätigkeit in vollem Maasse gerechtfertigt.
Durch seinen unermüdlichen Fleiss und seinen Eifer für die von
ihm bearbeiteten wissenschaftlichen Fragen, wie duroh sein reifes
Urtheil, sein besonnenes Wesen und seine feste männliche Art hat
er nicht nur den höchsten Anforderungen seiner Vorgesetzten ge¬
nügt, sondern sich auch deren Vertrauen und Liebe erworben und
im weiten Kreise Freunde gewonnen, vor allem unter den zahl¬
reichen Aerzten, welche unter ihm im Hygienischen Institut ge¬
arbeitet haben.
Das Institut, das ihm ein warmes und dankbares Andenken
bewahren wird, hat an ihm einen vortrefflichen, gewissenhaften
und treuen Beamten, der schwer zu ersetzen sein wird, verloren,
die Wissenschaft einen hochbegabten hoffnungsvollen Jünger.
Möge sein Tod, den er im Dienste Hamburgs und im Dienste
der Wissenschaft gefunden hat, nicht umsonst gewesen sein und
Allen denen zur Warnung dienen, welche noch immer glauben,
die Cholerabacterien als etwas wenig Gefährliches behandeln zu
dürfen.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
798
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
VII. Schlusswort zu den Bemerkungen
des Herrn Benario über meine Leukocyten-
schatten.
Von Dr. S. Klein,
Assistenzarzt an der I. medicinischen Klinik in Warschau.
Zu dem, was ißh in meinen Bemerkungen (Deutsche med. Wochen¬
schrift No. 9) zur Verteidigung der Existenz der Leukocytenschatten
angeführt habe und was Herr Benario, wie es scheint, gar nicht be¬
rücksichtigen will, möchte ich nur noch ein paar Worte nachtragen.
An Blutpräparaten, die viel neutrophile Leukocyten enthalten, kann
man sich manchmal überzeugen, dass, wenn das Präparat so stark
gedrückt wurde, dass von den Erythrocyten eben nur Spuren
zu sehen sind, gar keine oder nur ganz vereinzelte Schatten
nach der Färbung zum Vorschein kommen. Ich glaube, dass auch
Herr Benario dieser Thatsache keine andere Erklärung geben kann, als
nie, dass die Leukocytenschatten nur dann zu sehen sind, wenn dieselben
bezw. ihre Vorstufen auch im activen Blute nachzuweisen sind. In dieser
Richtung ist die Anwesenheit von grossen runden Leukocyten mit spärlich
im Protoplasma emgestrouten feinsten Körnern, die ich als Vorstadium
der Leukocytenschatten hervorgehoben habe und deren Existenz im Blute
von dem unten zu bezeichnenden Forscher bestätigt worden ist, gewiss
von nicht zu unterschätzender Bedeutung. '
Ich habe seit kurzem eine unter der Leitung des Prof. Deh io in Dorpat
von Dr. Harmsen au»gefuhrte Arbeit in meinen Händen, worin der Vor-
ers .^ n , Male dle Zahl der Leukocytenschatten bei verschiedenen
^ k pl 2T tua, f ch “Siebt- Heim Benario muss nach
dir! nukorvf»^ ? U ™ l6n ’ • daSS , die quantitativen Verhältnisse
derLeukocytenschatteneineseHenanzutreffendeRegelmässig-
.k.6it zeigten. ° 65
1 er ? I l s T tenz der eosinophilen bezw. neutrophilen
des Prof O>ebjmr Herrn Benario auf einen schönen Aufsatz
Ä°i ' ’i Ueber den Tod der Ge^be“ (Berl. klin. Wochensehr.
PhrX “l aufmerksam zu machen, der im Eiter dieselbe Erscheinung
vife? Ä/tV Ch T.? Uto g ? ,nnde “ habe- Dort heisst es: .... . aller
ftammr ™?^ , 7 ®n° nen - 0der i“ tzan ? ich e ereizten Schleimhäuten ent-
Sil im .tf Z • el Seaartigo, durch Eosin färbbare Körner auf-
Hemönte des B^fT/ 161 kl , ein ? r , sin . d - »ls die der eosinophilen
53*r H > “ä. »a dt ä
HSää äss
woU Suf hin t T S p Ze - . sta ? llrt haben ’ Diesor Umstand weist
wom aaraut hm, dass die Consistenz des mehr oder weniger aimirßlnnirtpn
SÄ, g ÄV” i3t p * ettiger afiVentrrp^Tr’twort“^“
Competenz ran O i»!! ' 8 Pb*“?“»“, kein Kunstproduct sein (an der
also t Blute sebl? " ^ ” “ Ute 08
VIII. Standesangelegenheiten.
Der § 387 des Strafgesetzbuches in Beziehung auf die
Anzeigepflicht der Aerzte.
Von Dr. Henius in Berlin.
sä
Besitzers*^einef g“^S 'Hofe f w ^ md z T ei BedieIlstete d <*
welche an einemdem Hot»“° tel8 l et f afo “ und »ls mehrere Gäste,
hatten, wenige Tage darauf ^tv ^ e l stn ? a . ll ^ e theilgenommen
Zuerst erkrankte das Kind «nftfpr Ir 'pr Diphtheritis befallen wurden.
Dienstmädchen welche ^letzÄ G S te ll S0W l e ein Kellner und ein
Fest hatte übrigens mehre^Tacre vnrW M ? hle au % ewart «t hatten; das
Kinde eine sichere iSS 2^1 °^. « tafct & efu ^cn, bevor bei dem
war. Nachdem die Krankheit sichpr^rV 160 ! 18 ZU stel l en m0 gHcli gewesen
als auch die Bediensteten hiesi^F™t Än ?r Wai% w y rden sowohl das Kind,
von den behandelnden Aerzten ah^r^ 11 ^ 1186171 uberwiesen i die Anzeige
annahmen, dass nach der Aufnahme ; U n n ^ r as J en ' hauptsächlich weil sie
desselben die Verpflichtung zur Meldung 1 w^ ank $ nliau -? die VerwartUll g
züglich der vorgeschriebenen DpbJS hatte, und weil andererseits be-
sondern mehr als das geschehen w^ f ?ni° n ?^ ht - ? ur alIes Nothwendige,
der Thätigkeit der städtischen Desinfeowl! beis P iels V® lse > abgesehen von
sich die Kranken und auch das PfW Pn nrc *1 a * n Zimmern, welchen
Tapeten geklebt und die Fussbödem™?, ° na J • ^gehalten hatton, neue
mchts unterlassen worden, was nach den Es war also
aas«
3, ÄÄlfyFSS
‘) Die DiscuSsion ist hiermit auch fttr uns geschlossen. D. Red.
lassenen schriftlichen Anzeige der Diphtheritis eine Geldstrafe von 5 bis
30 Mark festsetzt, sondern auf § 327 des Strafgesetzbuches. Danach
wird derjenige, „welcher die Absperrungs- oder Vorsichtsmaassregeln oder
Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Behörde zur Verhütung des
Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit angeordnet
sind, wissentlich verletzt, mit Gefängniss bis zu zwei Jahren bestraft —
Ist infolge dieser Verletzung ein Mensch von der ansteckenden Krankheit
ergriffen worden, so tritt Gefängnisstrafe von drei Monaten bis zu zwei
Jahren ein.“ Die Anziehung dieses Paragraphen ist neu, ist unerhört ist
geradezu ein Widerspruch gegen den Geist des Gesetzes selbst, und es
ist nothwendig, dass dieser bisher unerkannten Gefahr, welche dem Aerzte-
stände droht, bei Zeiten entgegengetreten wird. In weloher Weise dieses
am besten geschehen kann, darüber wollen wir heute noch kein Urtheil
abgeben, das bedarf reiflicher Erwägung, und deshalb können wir es nur
billigen, dass der Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine
beschlossen hat, die Angelegenheit mit Eifer durchzuberathen, um später
einen gut begründeten Antrag sowohl der Aerztekammer als auch dem
Aerztevereinsbunde vorzulegen. — Wir wollen in folgendem nur einiges
vorbereitendes Material für diese Frage Zusammentragen.
Dass das Auftreten ansteckender Krankheiten bei den Behörden ange¬
zeigt werden muss und dass in erster Linie die Aerzte dazu verpflichtet
sind, ist von letzteren niemals bestritten worden. So zögerten auch die
Berliner ärztlichen Bozirksvereine nicht, als im Anfänge des Jahres 1881
das Polizeipräsidium nach einer Anregung, des Cultusministeriums ihre
Mitwirkung zur Ermittelung der Verbreitung gemeingefährlicher Krank¬
heiten erbat, ihre Zustimmung zu einer freiwilligen Anzeige zu erklären,
obwohl sie wussten, dass sie damit eine grosse dauernde Last sich aufer¬
legten, ohne weitere Entschädigung als durch das Bewusstsein, in solcher,
dem Arzte wohl anstehenden Weise mitzuarbeiten bei der wissenschaft¬
lichen Erforschung der gefährlichen Erkrankungen und bei den Versuchen,
dieselben in geeigneter Weise zu bekämpfen. — Ebenso gab sich, um ein
Beispiel aus neuester Zeit anzuführen, bei Berathung des sogenannten
Reichsseuchengesetzes auf dem Aerztetage in Breslau im Jahre 1893 die
einmüthige Ansicht kund, dass die Anzeigepflicht zu den Obliegenheiten
des Arztes gehören müsse (natürlich unter der Voraussetzung, dass dem
Arzte durch dieselbe keine selbst zu tragenden Kosten entständen). Dass
freilich bei Unterlassung der Anzeige dem betreffenden Sünder eine Gc-
fängnissstrafe in Aussicht stehe, daran hat keiner der zahlreichen Redner
gedacht, und eine solche harte Bestrafung, wie sie im § 327 des Straf¬
gesetzbuches vorgesehen ist, die in gar keinem Verhältnisse zu dem be¬
gangenen Vergehen steht, war auch in dem von der Regierung dem Reichs¬
tage vorgelegten Gesetzentwürfe nicht vorgeschlagen worden. Dort biess
es im § 44: „Mit Geldstrafe von 10 bis 150 Mark oder mit Haft nicht
unter einer Woche wird bestraft: 1) wer die ihm nach den §§ 2 bis 4
obliegende Anzeige unterlässt oder länger als 24 Stunden, nachdem er
von der anzeigepflichtigen Thatsache Kenntniss erhalten hat, verzögert.
Die Strafverfolgung tritt nicht ein, wenn die Anzeige, obwohl nicht von
dem zunächst Verpflichteten, doch rechtzeitig gemacht worden ist“ u. s. w.
Das klingt doch in vielen Beziehungen ganz anders als § 327: Zunächst
steht hier dio Geldstrafe in erster Linie, für welche subsidiär nicht Ge¬
fängniss sondern Haft eintreten kann, und endlich darf eine Anklage nicht
erfolgen, wenn überhaupt nur zur rechten Zeit die Anmeldung geschehen
ist. Mit diesen Bestimmungen kann man sich vielleicht einverstanden
erklären und sie dürften vollständig genügen, um den Zweck, zu welchem
die Anzeigepflicht überhaupt ins Leben gerufen ist, zu erfüllen. Wie
kann man es aber rechtfertigen, dass man gerade diejenigen, deren Haupt¬
aufgabe seit undenklichen Zeiten darin bestanden hat, in ernster, gewissen¬
hafter Arbeit die Wege der Weiterverbreitung der ansteckenden Krank¬
heiten zu verfolgen und ihr Fortschreiten zu bekämpfen, die dabei nur das
allgemeine Beste im Auge haben und am allerwenigsten an sich selbst
und an ihr Fortkommen denken, ohne deren eifrige und gewissenhafte
Mitwirkung ein Vorgehen gegen die Seuchen trotz aller Regierungsver¬
ordnungen nicht möglich ist, dass man gerade die Aerzte wogen einer
geringfügigen Unterlassung gleich mit einer Gefängnisstrafe belegen will.*'
Wie konnte eine solche bei dem oben angezogenen Falle überhaupt nur
in Frage kommen, nachdem die behandelnden Aerzte nachgewiesen, dass
sofort nach dem Fcststellen der Diphtheritis die Kranken in Krankenhäuser
verbracht worden, dass also von dort aus, wie wenigstens seitens der
meisten Berliner Collegen angenommen wird, eine Anzeige erfolgen musste,
dass ferner alles und mehr noch geschehen war, als das, was «von der
zuständigen Behörde als Aufsichtsmaassregel zur Verhütung des Verbreitens
der ansteckenden Krankheit“ hätte geschehen können? Wenn die Auf¬
fassung des Staatsanwalts Geltung gewinnen würde, dann könnte es leicht
dahin kommen, dass bei Eintritt weitverbreiteter Epidemieen, welche die
ganze körperliche und geistige Spannkraft der Aerzte vollauf in Anspruch
nehmen, ein grosser Theil derselben ins Gefängniss spazieren müsste und
dort darüber Betrachtungen anstellen könnte, dass es nicht genügt, sein
ganzes Sein, seine ganze Arbeitsfähigkeit in den Dienst der leidenden
Menschheit zu stellen, sondern dass man daneben sich auch noch Zeit
absparen muss, nicht etwa um sich ein wenig zu erholen, sondern um eine
grosse Anzahl von Moldekarten auszufüllen und bei dieser geisttödtenden
Arbeit sich bei Leibe keiner einzigen Unterlassung schuldig zu machen.
Man könnte nun vielleicht einwenden, dass im obigen Falle eine
härtere Bestrafung deshalb am Platze gewesen wäre, weil infolge der
unterlassenen Anmeldung (desinficirt wurde ja trotzdem in der üblichen,
unserer Ansicht nach meist den Zweck verfehlenden Weise) 1 ) andere
Menschen von der ansteckenden Krankheit ergriffen worden seien. Indessen
abgesehen davon, dass eine direkte Uebertragung gerade in diesem Falle
keineswegs erwiesen ist, so -wäre es ganz unmöglich gewesen, die Anzeige
1 ) cf. meine Bemerkungen über die Desinfection nach ansteckenden
Krankheiten in No. 11 dieser Wochenschrift.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
11. .October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
so frühzeitig zu erstatten, dass eine Gefahr gänzlich ausgeschlossen ge¬
wesen wäre. Denn als der am 4. Februar hinzugerufene Arzt das vier¬
jährige Kind untersuchte, zeigte dasselbe die Erscheinungen der Diphthe¬
ritis noch nicht, am 6. Februar fand die Gesellschaft statt, und erst am
8. desselben Monats wurde die sichere Diagnose gestellt und das Kind
sofort nach der'Klinik verbracht. — Uebrigens wollen wir nicht unter¬
lassen, darauf aufmerksam zu machen, dass in jüngster Zeit eine Arbeit
von Feer in dem ersten Bande der Mitteilungen aus Schweizer iuedici-
nischen Instituten über die Verbreitungsweise der Diphtherie erschienen
ist, in welcher er sich überhaupt gegen die direkte Ansteckung ausspricht,
und wenn wir auch- selbst gerade in Bezug auf die Diphtheritis auf
contagionistischem Standpunkte stehen, so meinen wir doch, dass bei der
Strafabmessung wegen unterlassener Anzeige und damit etwa verschuldeter
Weiterverbreitung auch die entgegengesetzte Ansicht und zwar zu Gunsten
der Angeklagten zur Geltung kommen muss, zumal wenn dieselbe durch eine
sorgfältige Untersuchung an einem grösseren Material begründet wird.
Es wird sich ohne Zweifel öfters wiederholen, dass, wie in dem be¬
sprochenen Falle, die Diagnose nicht frühzeitig gestellt werden kann.
Beim Ileotyphus vergeht bekanntlich häufig eine längere Zeit, ehe man
seiner Sache ganz sicher ist, und jedem beschäftigten Praktiker ist es
wohl schon begegnet, dass er bei einem kranken Kinde nur die Zeichen
der folliculären Angina vorfand und den Angehörigen beruhigende Ver¬
sicherungen gab, natürlich auch keine Anzeige erstattete, bis sich plötz¬
lich mit eintretender Heiserkeit und darauf folgenden croupösen Anfällen
das Bild der Erkrankung gänzlich veränderte und klar wurde, dass man
es mit einer richtigen Diphtheritis zu thun hatte. Man wende nicht ein,
dass durch eine bacteriologische Untersuchung die Sache viel eher in die
rechte Beleuchtung gerückt werden könne. Denn zunächst dürfte noch eine
geraume Zeit darüber vergehen, ehe auch nur die Mehrzahl der Aerzte so
weit geschult sein wird, um mit voller Zuverlässigkeit bacteriologische
Diagnosen steilen zu können. Dann verstreichen bei diesen Untersuchungen
doch auch ein oder mohrere Tage bis zur Feststellung des Vorhanden¬
seins der gesuchten Bacillen, und in dieser Zwischenzeit wird in manchen
Fällen die Diagnose schon durch weitere klinische Symptome gestützt
sein. Endlich wird man auch später nach besserer Schulung der Aerzte
kaum je in. der Lage sein, alle in Behandlung genommenen Erkrankungen
auf das Vorkommen von Bacterien zu untersuchen. Aber nehmen wir
selbst einmal an, dass das letztere möglich und durchführbar wäre, so
wäre doch auch durch die blosse Anwesenheit der Bacterien noch nicht
der zwingende Beweis für das Vorhandensein der betreffenden Krankheit
geliefert. Es ist doch bekannt, dass der Löf fl er’sche Bacillus sich nicht
nur bei echter Diphtherie vorfindet, sondern dass er auch in der Mund¬
höhle ganz gesunder Menschen vorkommt, ebenso ist der Cholcrabacillus
m den Ausleerungen von Menschen entdeckt worden, die sich ganz ge¬
sund fühlten, dasselbe kann man vom Tuberkelbacillus und vielen anderen
sagen. Die Bacillen allein machen es also nicht, sondern zur Feststellung
der Erkrankung gehört noch das Vorhandensein der längst bekannten und
nach allen Richtungen studirten klinischen Symptome und die genaue
Kenntniss der pathologisch-anatomischen Veränderungen, welche durch
die Krankheit hervor^erufen werden. Es ist also trotz der bedeutenden
Fortschritte, welche in der Bacterioscopie gemacht worden sind, oftmals
recht schwer, eine sichere Diagnose zu stellen, und es wäre ganz unge¬
rechtfertigt, mit Bezugnahme auf § 327 des Strafgesetzbuches Gefängnis¬
strafe anzuordnen, wenn in zweifelhaften Fällen der Arzt die Anzeige der
Erkrankung unterlässt. — Welche Gefahren aus diesem Paragraphen den
Aerzten drohen, zeigt unter anderem auch die Verordnung, welche der
Polizeipräsident für Berlin am 3. Juli 1893 erlassen hat und die ausser von
der Desinfection bei ansteckenden Krankheiten, auch von der Anzeige¬
pflicht bei Lungen-, Kehlkopf- und Darmtuborkulose handelt. Der § 3
dieser Verordnung besagt: „Aerzte, welche an Lungen-, Kehlkopf- und
Darmtuberkulose Erkrankte in den im § 1 bezeichneten Aufenthaltsein-
richtuugen u. s. w. behandeln (d. h. in Privatkrankenanstalten, in Gast¬
höfen, Logirhäusern, Herbergen, Pensionaten, Chambregamies, Schlaf¬
stellen und dergleichen mehr) oder aus denselben anderweitig übernehmen,
sind verpflichtet, hiervon der Sanitätscommission binnen 24 Stunden
auf den üblichen Meldekarten Anzeige zu machen.“ Und im § 4 heisst
es: i,Mit Geldstrafe bis zu 30 Mk., an deren Stelle im Unvermögensfalle
eine Haftstrafe bis zu zehn Tagen tritt, wird bestraft, a) wer die im
§ 1—3 erlassenen Vorschriften Übertritt, b) . ..... sofern nicht durch die
Zuwiderhandlung die im § 327 des Strafgesetzbuches vorgesehene höhere
Strafe verwirkt ist.“ Die Anzeige wird für erforderlich erachtet, um dem
Polizeipräsidium die Möglichkeit zu geben, bei Auftreten von Tuberkulose
in den genannten Anstalten eine streng auszufiihrende Desinfection anzu¬
ordnen. Ich brauche hier nicht anzuführen, wie schwer oft, namentlich
bei Beginn der Krankheit, die Tuberkulose festzustellen ist, wie also eine
Anzeige binnen 24 Stunden nur bei weit vorgeschrittenen Fällen sich wird
durchführen lassen. Aber wenn es auch möglich wäre, alle Erkrankungen
dieser Art, die in genannten Anstalten Vorkommen und die ärztlich be¬
handelt werden, ohne Ausnahme zur polizeilichen Kenntniss zu bringen,
würde dann selbst durch eine jedes Mal auf die Anzeige folgende Desin-
feetion für das allgemeine Beste viel gewonnen werden? Wir glauben es
nicht. Dazu ist die Tuberkulose eine viel zu verbreitete Krankheit; viele
sind davon befallen, ohne von der Schwere der AfFection eine Ahnung zu
haben, viele andere wissen wohl, dass ihre Krankheit keine leichte ist,
halten sie aber doch nicht für schwer genug, um alle Anordnungen des
Arztes genau zu befolgen, andere befragen wohl im Beginne des Unwohl¬
seins den Arzt, hören aber, sei es aus Lässigkeit, sei es aus Mangel an
den nöthigen Mitteln bald auf, sich ferneren ärztlichen Rath zu erholen,
genug, es laufen sehr viele Leute herum und versehen ihre Geschäfte,
die durch die Absetzung einiger Sputa für die Verbreitung von Tuberkel¬
bacillen Veranlassung geben können. Wenn man sich nun etwas von der
Wirksamkeit der Desinfection bei Tuberkulose verspricht, so wttrdß: es
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nicht genügen, nur nach den bekannt gewordenen Fällen den mühevollen
und kostspieligen Apparat in Bewegung zu setzen, dann mflsste man sich
schon entschliessen, täglich zu desinficiren, denn es ist kaum je ausge¬
schlossen, dass unter den vielen Personen, von denen ein grosser Gasthof
oder ein bedeutendes Pensionat täglich durchlaufen wird, sowie unter der
zahlreichen Bedienungsmannschaft sich mehrere Tuberkulöse befinden,
welche die soeben gründlich gereinigten Räume mit Leichtigkeit von neuem
inficiren können. Demnach hat also eine selten ausgeführte Desinfection
keinen rechten Nutzen; und trotzdem soll es möglich sein, Aerzte mit
Gef&ngnisssträfe zu bedrohen, weil sie eine Anzeige unterlassen haben,
auf Grund deren eine Maassregel hätte angeordnet werden können, deren
Zweckmässigkeit durchaus noch nicht erwiesen ist? Dem muss vorgebeugt
werden, ehe die Strenge der Verordnung durch einen praktischen Fall
illustrirt wird.
In der Processsache, von welcher unsere Betrachtung ausgegangen
ist, kamen die beiden angeklagten Aerzte mit einer Geldstrafe von
je 40 Mk. davon, da, wie bei der Verkündung des Urtheils ausgeführt
wurde (wir citiren nach dem Berichte der Vossischen Zeitung), „nach
einem Erkenntnis dos ^Reichsgerichts vom 18. October 1890 es für den
Thatbestand des § 327 darauf ankomme, dass die Maassregel objectiv
dafür bestimmt ist, im sanitätspolizeilichen Interesse der Verbreitung an¬
steckender Seuchen vorzubeugen, und dass der Thäter sich bewusst ist,
dieser Zweckbestimmung entgegenzuhandeln. Das habe der Gerichtshof
bei beiden Angeklagten nicht angenommen und diese daher unter Frei¬
sprechung von der Anklage des Vergehens gegen § 327 nur wegen Ueber-
tretung der Polizeiverordnung verurtheilt.“ Wie wir hören, hat die
Staatsanwaltschaft sich Vorbehalten, die Revision gegen dieses Urtheil ein¬
zulegen. Wenn diese wirklich erfolgen sollte, so werden wir uns er¬
lauben, von dem weiteren Fortgange der Angelegenheit dem Leserkreise
Mittheilung zu machen. — Jedenfalls ist es aber jetzt schon Aufgabe der
ärztlichen Vereine, darüber ernstliche Erwägungen anzustellen, auf welchem
legalen Wege am besten es möglich zu machen ist, dass der § 327 des
Strafgesetzbuches nicht mehr gegen Aerzte in Anwendung gezogen werden
kann, die ein mal die Anmeldepflicht versäumt haben.
IX. Oeffentliches Sanitatswesen.
Stand der Cholera.
Die Ausbreitung der Cholera in Oberschlesien stellt sich als be¬
deutender heraus, als bisher angenommen wurde. Nach den Veröffent¬
lichungen des K.G.A. sind in den Kreisen Beuthen, Kattowitz, Op¬
peln, Pless, Rosenberg, Gr. Strehlitz und Zabrze bis zum
18. September insgesammt 221 Erkrankungen, 101 Todesfälle angezeigt
worden, bei weitem die Mehrzahl davon entfällt auf den Kreis Katto¬
witz. In der Woche vom 15. bis 22. September wurden in Oberschlesien
59 (17) Cholerafälle gemeldet, davon im Kreise Kattowitz (11 Ortschaften)
47 (15); in der Woche vom 23. bis 29. September betrug die
Zahl der gemeldeten Fälle 35 (11), davon im Kreise Kattowitz (10 Ort¬
schaften) 34 (11). Die übrigen Cholerafälle kommen auf die Kreise Op¬
peln, Gr. Strehlitz, Beuthen. — Aus Ostpreussen wurden in den
beiden letzten Septeraberwochen insgesammt 28 Erkrankungen mit nur
3 Todesfällen gemeldet. Die Fälle vertheilen sich auf die Kreise Memel,
Allenstein, Labiau, Wehlau; in letzterem Kreise kamen 14 (2) Fälle
vor. Erst nachträglich wird bekannt, dass in Griestienen, einem Dorfe
des Allensteiner Kreises, sich ein Choleraherd gebildet hatte: bis zum
17. September waren daselbst 19 (4) Fälle vorgekommen. — Im Weichsel¬
gebiet wurden in der Woche vom 17. bis 24. September 29 (4), in der
vom 24. September bis 1. October nur 4 (2) Erkrankungen (Todesfälle)
berichtet Die Mehrzahl kam in den Kreisen Elbing-Land und Ma¬
rienburg, Einzelfälle in Thorn vor. — Im Netze-Warte-Gebiet sind
nur 4 (2), bezw. 5 (3) Fälle aus Nakel zu berichten. — In der vorletzten
Woche kam je eine Erkrankung in Aachen und Duisburg, in der letzten
eine tödtliche in einem Orte des Kreises Luechow (Elbgebiet) vor.
In Belgien herrscht die Cholera in der Provinz Lüttich nach wie
vor stark. In den beiden ersten Septemberwochen wurden daselbst 139
bezw. 92 Choleratodesfälle amtlich festgestellt. Vereinzelte Erkrankungen
wurden aus den Provinzen Antwerpen, Brabant, Limburg und
Luxemburg gemeldet.
In den Niederlanden kommen wie bisher mehr vereinzelte Fälle
in den verschiedensten Theüen des Landes vor.
Aus Frankreich liegen Choleraberichte nicht vor. In Marseille
scheinen in den letzten Monaten „choleraartige“ Erkrankungen und Todes¬
fälle in ziemlich beträchtlicher Zahl sich ereignet zu haben.
In Galizien hatte die Epidemie in der Zeit von Anfang August
bis gegen die Mitte des September ihren höchsten Stand. Seit den löteten
Wochen macht sich ein stärkerer Rückgang der Erkrankungs- und Sterbe¬
ziffern deutlich bemerkbar: dieselben betragen in den vier September¬
wochen vom 3. September an: 1117 (628), 1042 (567), 731 (439), .446
(271). Doch hat die Epidemie, wenn sie auch in einer Anzahl der früher
ergriffenen Bezirke bereits erloschen ist, sich räumlich noch immer aus¬
gedehnt. Während bis Ende Juli Cliolerafälle in 20 politischen Bezirken
aufgetreten waren, wurden im August dereu 17, im September 11 neue
ergriffen. Vorzugsweise, sowohl was die Anzahl der infioirten Gemeinden,
als diejenige der Erkrankungen und Sterbefälle angoht, ist der Osten des
Landes betroffen. Hier, im Stromgebiet des Dniester, sind die Bezirke
fast ausnahmslos verseucht, und von den 31 Bezirken, aus welchen für die
letzte Septemberwoche Cholerameldungen vorliegen, gehören 26 dem öst¬
lichen Theiie Galiziens an. Der Grad, in welchem die einzelnen Bezirke
von der Seuche heimgesucht wurden, ist natürlich, ejn sehr, verschiedener:
il hatten nur vereinzelte Erkrankungen (unter 10), in 18 Bezirken be¬
trug die ZahL der letzteren zwischen 10 und 100, in 14 zwischen 100 und
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
800
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41
500 und über 500 in 5 Bezirken, nämlich in Borszcow (667), Tlumacz
(750), Zaleszczycki (1012), Horodenka (1048) und Buczacz (1607
Erkrankungen). In der letzten Woche waren besonders folgende Bezirke
betroffen: Buczacz mit 97 (63), Rohatvn 75 (38), Tlumacz 56 (32),
Zloczow 35 (17), Stanislau 22 (13), Husiatyn 17 (9), Horodenka
und Krakau Umgegend je 14 (11), Zaleszczycki 13 (12), Pod-
bajce 12 (10), Lemberg Umgegend 8 (5) Erkrankungen (Todesfällen).
— Die Gesammtzahl der seit Beginn der Epidemie bis zum 30. Septem¬
ber in Galizien bekannt gewordenen Cholerafälle wird im „Oesterr. San.
W.“ auf 9087 (4971) angegeben. Die Sterblichkeit der Erkrankten be¬
rechnet sich danach auf etwa 59,3%.
In der Bukowina hat die Seuche sämmtliche politischen Bezirke
ergriffen. In den beiden letzten Wochen kamen 35 (29) bezw. 21 (15)
Cholerafiille zur Anzeige. Die Gesammtzahl der seit Beginn der Epide¬
mie in der Bukowina gemeldeten Fälle beträgt bis Ende September 810
(458). (Oesterr. San. W.)
Ein Cholerafall ereignete sich am 12. September in Mährisch-
Ostrau. — Ferner wird gemeldet, dass im ungarischen Comitat Mar-
maros, an der galizischen Grenze gelegen, infolge einer Einschleppung
durch galizische Arbeiter 23 Personen unter choleraverdächtigen Erschei¬
nungen erkrankt sind.
Das österreichische Ministerium des Innern hat die Bezirke Bo-
hordczany, Kalusz, Kolomea, Kosow, Nadworna, Podhajce,
Sniatyn, Stanislau, Chrzanow, Wieliczka, Stadt und politischen
Bezirk Krakau am 18. September als Choleraheerde erklärt.
Auch in Russland macht sich in letzter Zeit eine Abnahme der
Erkrankungs- und Sterbeziffern bemerkbar. Dagegen hat sich die Zahl
der von der Seuche ergriffenen Gubemien etwas vermehrt. Das letzte
officielle Cholerabulletin weist, wie wir der Petersburger medicinischen
Wochenschrift vom 29. September entnehmen, Cholerafälle aus 47 Gu-
bernien nach, und zählt man diesen noch denjenigen Bezirke hinzu, in denen
in diesem Sommer früher vor kürzerer oder längerer Zeit Cholera beobachtet
worden ist, so bilden, abgesehen von den allemördlichsten Landstrichen
und den Kaukasusländern, in dem weiten Gebiet des europäischen Russ¬
land die von der Seuche bisher verschont gebiebenen Gubemien nur
vereinzelte Inseln. Nach dem erwähnten Bulletin, dessen für die ein¬
zelnen Gubemien nicht gleichmässige Daten nicht über. die -Mitte des
September hinausreichen, hatten die Gubemien Kielce, Podolien,
Bessarabien, Petrikau, Radom, Grodno, Siedlecz, Warschau,
Jaroslaw, Minsk, Nishni-Nowgorod, Rjäesan, Sarätow die
meisten, nämlich über 100 Erkrankungen in der betreffenden Berichts¬
woche; in den übrigen Gubemien betrug die Zahl der Erkrankungen
unter 100. Nach neueren Nachrichten hat die Cholera in säüimtlichen
russisch-polnischen Gubemien, wo sie bis in den September hinein
ausserordentlich heftig aufgetreten war, in den letzten Wochen sehr ab-
genommen, dagegen ist sie in den Gubemien Podolien, Bessarabien,
Wolhynien, Nishni-Nowgorod, Rjaesan, Saratow, Kostroma,
Nowgorod, Jaroslaw, Olonez noch stark verbreitet. In Peters¬
burg hatte die Seuche bis gegen Ende August ziemlich gleichmässig
abgenommen, erfuhr dann auf kurze Zeit wieder eine Steigerung, um d«.np bis
gegen Ende September neuerdings geringere Erkrankungs- und Sterbe¬
ziffern aufzuweisen. Nach der Petersburger medicinischen Wochenschrift
beträgt die Gesammtzahl der bis zum 26. September in Petersburg an
Cholera Erkrankten (Gestorbenen) 4516 (2198). Ende August wurden in
M o s ka u einzelne Gholerafälle beobachtet. In der Stadt Warschau betrugen
A ie ]® tz l eu ^ at , en ( ü r r ,? e Zeit vom 3 ~ 12 * September 44 (19), vom 13.
bis 19. September lo (6). In der Stadt Riga waren vom 1—12. Septem-
b -nochllO < 52 \ im ganzen bis zum 24. September 274 (128) Erkrankungen
(Todesfälle) vorgekommen. Ueber die in ganz Russland in den amtlichen
Nachweisungen veröffentlichten Gholerafälle bringt das Oesterr. Sanitätswesen
1U Tj g *ii d y W1 f folgendes entnehmen. Die Daten scheinen
mit dem erwähnten Bulletin abzuschliessen, d. h. sie gehen nicht über
krfätfTw In t 8 Gube T en und den Städten Peters-
burg Kronstadt und Warschau wurden bis dahin insgesammt 43525
Erkrankungen, 20 844 Sterbefälle angezeigt. Die meisten Erkrankungen
hatten die Gubemien Kielce (5941), Radom (5741) Petrikau (3690)
Warschau (385°), Grodno (2746), Petersburg (2417), Stadt Peters-
urg (bis 21. September 2131) — vergleiche dazu die oben erwähnte Be¬
rechnung der Petersb. med. Wochenschr. —, Stadt Warschau (1162)
ft 70 fi) ai p b i eub Ji 71 ( 1706 )i Nishni-Nowgorod (1535), Plock
(1706) Podolien (1312), Siedlec (1264). Die übrigen Gubemien weisen
gesehenen IT klein e Ziffern auf. Inwieweit die
ITlTZ ^r^htig sind, entzieht sich der Beurteilung, doch muss
ihrer ll Zuverl!ls^£it*OTegen! nS1C ^*^ C * 1 Stadt “mrgZweife! an
I"fngran“- Hu/"“®^ 12 - & P‘ember 214 (138) grösstentiefls k
^f a öuf b v", ka ” r ä
11. September 7 (5) Fälle gemeldet P6 ' Wnrden vom 7 ‘ b,s
siSfiSÄpSHS:
Si i sä bää iSSis
ÄJÄSÄÄÄ 5Üi
behandelt zu werden pflegten. Nach den Veröffentlichungen des Könitr-
liehen Gesundheitsamtes sind in Bombay übrigens in den 8 Wochpn vtL
29 Juni bis 21. August 11, 14, 26, 37, 38, 71, 23, 12 Personen “
Cholera gestorben. _ Sperling.
— In der Section für Öffentliche Gesundheitspflege der vom 31 Juli
bis 1. August d. J. in Bristol abgehaltenen 62. Versammlung der British
medical Association machte Dr. Biggs aus New-York eine Mit¬
teilung, die allgemeine Beachtung verdient. Danach hat das Health-
Departement in New-York 40 Stationen eingerichtet, welche die prakti¬
schen Aerzte mit den notwendigsten Utensilien und Nährböden (Blut¬
serum) für die Züchtung der Diphtheriebacilien und einer Anweisung
für die Handhabung des Verfahrens versehen. Ein sterilisirtes Watte-
bäuschchen soll über die erkrankten oder verdächtigen Rachenorgane
hingeführt und dann auf dem Serumröhrchen ausgebreitet werden. Die
letzteren werden dann täglich gesammelt und der bacteriologischen Ab¬
teilung des oben genannten Instituts nach 24stündiger Aufbewahrung
im Brütschrank untersucht. Am anderen Tage erhält der betreffende
Arzt schriftlichen Bescheid über den Ausfall der Prüfung. Bisher wurden
6000 erstmalige und mehr als 5000 wiederholte Untersuchungen aus¬
geführt. Dabei hat sich mit auffallender Häufigkeit die wichtige, zuerst
von Löffler ermittelte Thatsache feststellen lassen, dass auch nach
anscheinend völliger Heilung der erkrankten Kinder virulente
Diphtheriebacilien viele Wochen hindurch auf den Rachen¬
organen noch in grösseren Mengen vorhanden sein können.
Die Gesundheitsbehörde hat deshalb angeordnet, dass die Desinfection der
Wohnungen u. s. w. bei Fällen von Diphtherie stets erst dann statthaben
solle, wenn durch die bacteriologische Untersuchung das Fehlen der
Bacillen festgestellt sei; ebenso lange sollen dieReconvalescenten nament¬
lich in Gasthöfen, Boarding Houses u. s. f. isolirt und unter Aufsicht
bleiben. Die Thatsache, dass diese weitgehenden Vorschriften sich an¬
scheinend als praktisch durchführbar erwiesen haben, entbehrt nicht
des Interesses. (British medical Journal No. 1755.)
X. Kleine Mitteilungen.
Berlin. Das Curatorium des Kaiser und Kaiserin Friedrich-
Kinder-Krankenhauses erlässt, da der seitens der städtischen Be¬
hörden früher gewährte Zuschuss in Wegfall gekommen, einen Appell an
die öffentliche Mildthätigkeit. Wir weisen unsere Leser darauf hin unter
Hervorhebung, dass gerade jetzt sehr erhebliche Summen erforderlich sind,
um die Versuche der Diphtheriebehandlung mit Antitoxin, die in dem
Krankenhause im Gange sind, fortsetzen zu können.
— Ueber den jüngst in Frankfurt a. M. verstorbenen Geheimen
Sanitätsrath H. Hoffmann, dessen Tod wir in No. 39 unserer Wochen¬
schrift gemeldet haben, erhalten wir von Herrn Prof. Moritz Schmidt
folgende dankenswerthen Notizen: „. . , Er war ausserdem noch ein sehr
verdienter College, der auch in ernsteren Dingen viel geleistet hat. So hat
er als noch ganz junger Mann die hiesige Armenklimk, eine der ersten
überhaupt, mit fünf anderen Collegen gegründet, er war Lehrer der
Anatomie am Senkenbergianum, dann während 37 Jahren Direktor der
hiesigen Irrenanstalt, Er war einer der ersten in Deutschland, der die
menschenwürdigere Behandlung der Geisteskranken eingeführt, und er hat
mit grösster persönlicher Mühe und Thatkraft die Gelder zum Bau einer
neuen Irrenanstalt hier zusammengebracht. Das rechnen wir ihm hier
zum grössten Verdienste an. Ferner war er Mitgründer des hiesigen
ärztlichen Vereins, der im nächsten Jahre sein 50jähriges Jubiläum feiert.
Daneben war ihm auch die „Frohnatur und Lust zu fabuliren“ in hohem
Grade eigen, und eine ungemein grosse Zahl von heiteren Kindom der
Muse sind von ihm in die Welt gesetzt worden, die Alt und Jung überall
erfreuten. Unter seinen humoristischen Schriften ist eine der vorzüg¬
lichsten „das Bad Salzloch von Dr. Polykarpus Gastfänger“. Es ist aber
wenig bekannt geworden, dass er der Verfasser war.“
— Ein internationales Comitd, dem von Deutschen Caspary
(Königsberg), Kromayer (Halle), Lassar (Berlin), G. Lewin (Berlin),
Neisser (Breslau), Unna (Hamburg), A. Wolff (Strassburg) angehören,
hat sich die Aufgabe gestellt, die Mittel zur Errichtung eines Denkmals
für Daniel Danielssen zusammenzubringen.
— München. Der frühere Leiter der medicinischen Klinik in Jena,
Prof. Dr. Rossbach ist hier gestorben.
—- Wien. Der oberste Sanitätsrath hat beschlossen, die Herstellung
v ? n Diphtherieheilserum auf Staatskosten zu besorgen. Es ist zu
diesem Zweck vorläufig ein Laboratorium im Militärthierarzneiinstitut
eingerichtet worden. Beabsichtigt ist die Einstellung einer grösseren
Summe in den Staatshaushalt zur Begründung einer grösseren Anstalt.
— Paris. In Bruy6res-en-Vosges ist ein Denkmal für Villennin
enthüllt worden.
— Dr. Georg Fischer, Oberarzt am Stadtkrankenhause zu Han¬
nover (Warmbüchenstrasse 22), bereitet mit Einwilligung von Frau Hof¬
rath Billroth in Wien eine Veröffentlichung der Briefe des grossen
Chirurgen Theodor Billroth vor und bittet darum, ihm Briefe des
Verstorbenen für kurze Zeit zur Einsicht schicken zu wollen.
. . — Das bekannte Werk Senator’s über Albuminurie ist in
italienischer.Uebersetzung erschienen.
— Universitäten. Giessen. Dr. Walther aus Darmstadt hat
sich als Privatdoeent für Gynäkologie und Geburtshülfe habilitirt. —
Wien. Die Privatdocenten der Gynäkologie und Geburtshtllfe, Dr. K. Breus
üDd Dr. G. Lott und die Privatdocenten für Dermatologie und Syphilido-
logie, Dr. E. Finger und Dr. F. Mracek sind zu ausserordentlichen
Professoren ernannt. — Lemberg. Dr. H. Ka’dyi ist zum ordentlichen
Professor ernannt. _1_*__
Gedruckt bei Julius Sittenfeld ln Berlin W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag M 4J8. _ 18. October 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet yon Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Llchtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
I. Aus dem hygienischen Universitätsinstitut in Greifswald.
Die lokale Behandlung der Rachen¬
diphtherie. 1 )
Von Prof. F. Loeffler in Greifswald.
M. H.! Wenn ich in dem Augenblicke, in welchem die Boh¬
ren g’sche Heilserumtherapie bei der Diphtherie ihre Triumphe zu
feiern beginnt, Ihnen eine Mittheilung über die lokale Behandlung
der Rachendiphtherie zu machen mir erlaube, so könnte dies man¬
chem von Ihnen als ein Superfluum erscheinen. Wenn durch ein
in den Körper an einer beliebigen Stelle eingespritztes Antitoxin
der diphtherische Process sicher coupirt, geheilt wird, wozu dann
noch eine lokale Behandlung? Die Gründe, weshalb ich trotz der
Serumtherapie nicht anstehe, Ihnen die Ergebnisse meiner seit einer
Reihe von Jahren fortgeführten Untersuchungen über die lokale
Behandlung der Rachendiphtherie mitzutheilen, sind folgende: In
einer recht erheblichen Zahl von Fällen ist die von mir aufgefuii-
dene, auf bacteriologischeu Studien basirende Behandlungsmethode
mit ausgezeichnetem Erfolge in Anwendung gezogen worden. Es
hat sich ergeben, dass der im Anfang stets lokale Process, falls der
Sitz der primären Affection eine locale Behandlung gestattet, durch
meine Behandlungsmethode sicher coupirt werden kann. Zudem
werden die die diphtherieähnlichen Rachenerkrankungen bedingen¬
den und auch die den diphtheritischen Process selbst so häufig
complicirenden pathogenen und saprophytischen Bacterien ebenfalls
durch diese Behandlung beeinflusst, so dass jeder verdächtige Fall
von Raehenerkrankung, gleichviel ob diphtherischer oder nicht
diphtherischer Natur, mit gleich günstigem Erfolge durch mein
Mittel behandelt werden kann, während die rein specifische Serum¬
therapie auf die anderen, die Diphtherie häufig complicirenden Or¬
ganismen nicht einwirkt. Auch dürfte es für die Prophylaxe der
Diphtherie von Wichtigkeit sein, dass eine grosse Menge viru¬
lenter Bacillen an ihrer Ansiedelungsstätte abgetödtet werden, dass
mithin die Zahl der in infectionstüchtigem Zustande nach aussen
gelangenden Bacillen durch die lokale Behandlung erheblich ver¬
mindert wird.
Dazu kommt, dass die Kosten des Mittels unerheblich sind
und dass Schädigungen der Gesundheit durch dasselbe nicht be¬
dingt werden.
Der Weg, auf welchem ich zu meinem Mittel gelangt bin, ist
folgender: In einer früheren Mittheilung 2 ) hatte ich dargelegt, dass
bei der lokalen Bekämpfung der Diphtherie zwei Momente zu beachten
seien: 1) komme es darauf an, die Ansiedelungen von Diphtherie¬
bacillen zu verhüten und 2) die angesiedelten, in den oberflächlichen
Schichten der Pseudomembranen zu dichten Haufen entwickelten
Bacillen abzutödten. Ich hatte deshalb Mittel zu finden gesucht,
welche in möglichst kurzer Zeit, bei einer wenige (10—20) Secun-
den währenden Application diesen Anforderungen gerecht zu werden
vermöchten, indem ich einmal Aussaaten von Diphtheriebacillen
auf der von mir angegebenen Blutserummischung und dann voll¬
entwickelte Culturen der Bacillen auf demselben Substrat im Re¬
agensglase mit den betreffenden Substanzen behandelte.
*) Nach einem in der Section für Aetiologie der infectiösen Krank¬
heiten des Vm. internationalen Congresses für Hygiene und Demographie
in Budapest am 4. September 1894 gehaltenen Vorträge.
*) Zur Therapie der Diphtherie. Deutsche med. Wochenschr. 1891,
No. 10.
Diese Versuche hatten zu dem Ergebniss geführt, dass bei
continuirlicher Einwirkung die Dämpfe mehrerer Kohlenwasserstoffe,
wie Benzol, Toluol, mehrorer Aether der aromatischen Reihe, wie
Phenetol und Anisol, sowie mehrerer ätherischer Oele, wie Apfelsinen¬
schalenöl, Citronenöl, Eucalyptusöl, ferner bei 10 Secunden währen¬
der Berührung Sublimat 1:10000 bis 1:15000, Quecksilbercyanid
1:8000 bis 10000, Chloroformwasser, Chlorwasser mit einem Theil
Chlor in 1100 Theilen Wasser, Thymol 1 Theil in 500 Theilen
20°/oigen Alkohols, die Entwickelung der ausgesäten Diphtherie¬
bacillen auf den Serumflächen zu verhindern vermochten, und ferner,
dass Culturen der Diphtheriebacillen in 20 Secunden abge¬
tödtet wurden durch Sublimat 1:1000, Carbolsäure 3% in
30°/oigem Alkohol, durch 5o/ 0 ige wässerige Carbol-, 2o/ 0 ige wässe¬
rige Brom- und l%ige wässerige Chlorlösungen, sowie auch durch
eine Mischung von gleichen Volumina Alkohol und Terpentinöl mit
2o/ 0 iger Carbolsäure.
Die praktische Erfahrung lehrte nun, dass mit diesen im
Laboratorium erprobten Mitteln sich recht gute Erfolge erzielen
Hessen, dass es aber sehr schwierig war, 20 Secunden währende
Gurgelungen oder Pinselungen mit den betreffenden Substanzen
vorzunehmen. Ich suchte deshalb nach Mitteln, welche die gleiche
Diphtherieculturen abtödtende Wirkung in noch kürzerer Zeit, wo¬
möglich momentan oder in wenigen Secunden haben möchten.
Auffallend war es mir bei meinen früheren Versuchen ge¬
wesen, dass ein Gemisch von gleichen Theilen Alkohol und Ter¬
pentinöl ohne erhebliche Wirkung gewesen war, dass aber ein Zu¬
satz von 2% Carbol diese Mischung hatte wirksam werden lassen,
und zwar erheblich wirksamer als die einzelnen Componenten der
Mischung. Ich hoffte deshalb durch Combinationen verschiedener
Substanzen zum Ziele zu gelangen. Zwar waren Mischungen der
am energischsten in Dampfform auf die Aussaaten einwirkenden
Körper mit Alkohol verschiedener Stärke, so z. B. Toluol mit
25% Alkohol versetzt, 70% Alkohol, in welchem 9% Toluol ge¬
löst war, Anisol 1% in Alkohol, Phenetol 20% in 60%igem
Alkohol gelöst, ohne wesentliche Wirkung auf Culturen geblieben.
Doch gab ich deshalb nicht jede Hoffnung auf, sondern nahm diese
Versuche von neuem auf und fand dann auch schUessHch nach
vielen Versuchen, dass, wenn das Mischungsverhältniss der Kohlen¬
wasserstoffe zum Alkohol ein ganz bestimmtes war, die Wirkung
erheblich gesteigert wurde, und zwar zeigte sich am wirksamsten
eine Mischung von 64 Volumtheilen Alkohol und 36 Volumtlieilen
Benzol oder Toluol.
Nachdem dies Factum sichergestellt war, versuchte ich durch
Zusätze anderer Körper den Wirkungswerth der Kohlenwasserstoff¬
alkoholmischungen noch zu erhöhen.
Da ich Körper von einer erheblichen Giftigkeit wie SubUmat
und Carbol zu vermeiden wünschte, richtete sich mein Augenmerk
auf eine vielfach in der Therapie der Diphtherie nach Angabe der
betreffenden Autoren mit gutem Erfolge verwendete Verbindung,
auf den Liquor ferri sesquichlorati.
Orientirende Versuche, welche ich besonders auf Anregung der
Herren Rehn in Frankfurt a. M. und Reinhardt in Stralsund im
Jahre 1891 vorgenommen hatte, hatten ergeben, dass reiner Liquor
ferri Aussaaten der Diphtheriebacillen momentan abtödtete,
dass Verdünnungen desselben mit dem gleichen und doppelten Vo¬
lumen Wasser ebenso schnell wirkten, dass 1 Theil Liquor ferri mit
5 Wasser zwar nicht mehr momentan, aber doch noch nach 5 Secunden
die besäte Fläche steril machte und dass sogar 1 Theil Liquor
mit 9 Wasser eine recht erhebliche, wenn auch nicht mehr ganz
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Na. £2
sichere Wirkung auF AÜsSAöfe« bot 10 Seeundm dauernder Ein¬
wirkung erkennim liesk. Ciilturtih Wtf$rj<*n düreh reinen Liquor
in 10 Sovimden u-bgutödtet,, •Ynrfjßiinungen von 1 4-1 und 1-s2 Wasser
hntteö in 20 Sucundeu eifio nahezu sichere Wirkung;;: (Mini -analog dem
Liquor lorri sesi|ntdiiöraii verbiöll suih der Liquor fern sulfurim
ox^iiafj, i.«\Wdc~um dagegen war der Liquor tun .»vjiTilunm
Die J ¥iuä(\irfr fern chlarnti petlirreu. und die 'Tinctunt fern &neti£i
uerbefea tödiaden A-fissiüifrm in weiugen/Seetmden. CulMmin gegen- j
über aber war derou Einwirkung bei 20. J&Lüiidoü Dauer unsidißk j
lob wählte dMml b ;.zu dev TvoJkj^ä^ü-^e^O’Ä- ■;
.AlkühuJiiiiwObMiig dim Liquor fetri aasquiehlond.i Geringe Zusätze !
1 —2’Vu. erhöhten dte Wirkung nicht WffeiUrdb* er&t hei einöm
Äu&ittä von 4 n . ( , wurde die* "Wirkung eiu« imiatnnt bc<-**.'Mit
einer derartiges Mischung von:
Aieohol t )0 Volumina
' Toluol ’M)
; LiQU.eT-‘fefT* ^r^htuiijnnvt. i vnluniina
Jmhe • ich • öUü mhe, gimsrw Kmlm von Versuchen aügeskeUL. loh
wählte das TyJiiol an Stelle de* tieileicht uöoli etwus wirk¬
samerem Benzols, weil «}pi Ge-mtimuek Oes Toluols ein besserer ist
und weil das Tohnd fe«?i ipiirrlteher Barr«khnüg in größeren Dg-
soll von ragen *-vi•’;t :\U Tv- Ibmzol. Iteveh ..die Mis.dimig wurden
duke', VuIlmiUnukeBe rmteiMHchteu ja h $m?odcn ubgrtddj.of,
Wuftio- Mornsrhwui neben »ine Oese vmthmter 1 len in
•weise genau vertraut gemacht warn, tirtO Fällen, I& MÄr-
Uzareth in 5 Füllen und in ttör internen Klinik
ijkUcimHtfcii 'MoeL.vr in 30 P$&m aags^enÄ- JSÜimnftltü F$iu
wurdm? bacteriologiscli durch Aussüen von BeUgt-heiic-heu auf mmir
ßtufscjauu misch ung untersucht..
\\m den unter diphtherischen Ersobeifcuugsm Erkrankte« tum
mit dom Mittel Bchaiidolton heti m rund Yn To keine Diphihmte
hä Villen. Die Kahl der echten I)!>ilH.horiemt verhielt u»k 2u der Z;hi
der iliphfhencOhüjichen Eftankungen mithin wie H i 1, ein Wr-
hitHrvM, welches dom von amierwi Üntersiuhöni zwischou oohM
und lakthor Dtybtbcrii» gfduudermn MmnHoh gDi< ii ist.
Die Mentalität der wahrend der DiptUhmteMderrde prdBGmii
gemeldeten Fälle hat 18,2 Eh 'betragen.
Von den süiiimdlclmu in privater Behandlung
umt. mit dem Mittel Mi and eMcn II Fatemten iM ~akü rhi niazW
*;e>Mi-hon. s Fast alle diase Fälle sind frühzeitig iimovMh aW
ervtoj» heldnn Tuge UftOh -der. Erkvhnkurnr m ?iir [khmnlhme ev
kofm.icit. Von den In dm* Klinik Mnmdcdteu 30 Ffijhm, h'vi.Jj,.
föoist emst ruioh dem wtdUui Ktankhcdtstagf zur feimuOWg $$
langten-, sind IChj-t gesturbon. Vier derselbe« waren dUmrhmvpt .hitid
mehr für dir loealo- Böbandtung '.gwdgnct.,. fU bei ibhoji vier ditihthv-
rischo [‘rneoss li.umit-s auf den Kehlkopf und aut die N.ma ri!»n’-
gegriffen Iiafck<\ ak die Bohanditmg imgann. Der fünfte Fall to
Citit.ni’eu der idpliUioi'icbiieHif.*! unter die Ihnl Wiir die Wirkung : ;i L normal. Ihm schueilo .Absihkau der Tompöratur, WeloliWis
ayciltnau hei der aiachlu^igott Einsiif'IWajiiW .[ Tür' 1 * ^ ' -----
dtT Baeiiloa mit »fekelbvn zu Tr.Äh
auch iiae-ii der Dduction grosser Jluilserummwigm» hpf»haehtä‘ ^lÄ
ht*weist dass Junsli die lokal«. lhhuudHmg dis Giflprodnri.lm»
döi' BafiiUün sisffr't kt. VicUhteht' wdru huch di»? iDaorptictf den
bereits’. in den MenUu-ancu gebüdoren Giftes duv*;K dir
verhindeil, djanz bosomiovs heionon -müchto ich die mci-d st-br
dVpAimehüiig nur cifton ThaB.
mMMMpin m - -.
Auch aucJi Appifrylloü der Diphtlroriehmdllon die Vulva
t ........ ..,,, ,„.. . . --
empfDhh'ii hrtb«, weil erden Verhüll;.der icutirlrdh'c f »Dt 1 . - ndÜaliigc schmdlc Biaiscruüc dos Aifgenifdnh‘hmicns Lhr AHm
tum Im im Monschou focht tw orUprei iwn siduon als diö- suhoMOmv. ,,i,|, "‘‘" tkhmm nach • 'wmiigmt'Tügen eine andere f>*flkisi6«x an,Wir
inipiiuäg. konnte h-'u drirch Appliba-tion der Mip'Tiung stets HoiJtutc j 'v.utaleii weich und hrhig; n?ni lassen sich iti -grorsen Fotaeii ad-
erzielen, wofern imeh naht die 'lMox.icati.oii durch das von den Km j ^Ischeu. . KhTno KoshF'dcr: .sogcaamnvn sccmhdrer! Mem(‘mimu
eilhin produdrfe LiK mngcir.u, ,«• war. i Di*«T v.l weit he tu Tugn treten, so lauge Ji« durch Aufnahme
Die Misrfcmm bst eh» «*nerpL;lif Ein^ukumr a»U ihphfhi’ricgti’fes ImdingKm 0*"ucbf- und iiaiumiHhh fDffes-
semdchü Chuyohfg U1Q dmscdUcm Sind imsUrHUs dtiVa Id ecu*
Ausser aafzimehMtm, ohac, dass mm* Aö^hghitmg. des Toluols
Antritt, bin Tropfen auf itiu (\u*nea »aues IviufthohOiisi gohnu.ht,
bpavukt ein mo.uaddLoslüson d»t'; oburMöu- Kdld'ditcn derselben
In ! f'tzcxL Eä : eitfwjektdt xicti dann ninn Tpfibupg der Hün^hunt
uu»l »ine Eiterung Ur i-U Kgeu kehrt da*
Auge zur Vorm zurü- k, Bei dw t Application uui Jm B;:*di»4»-
»uWouuhaut gesunder indiyhUm-n ejatstalu eiV ^bjptfU-s Bpommn; :
das LfutheHviid Mir tiu^’gjsrjiöf.ivhslei^‘t _ *» ._ ^ v
Ketin Afiplü.ünm kann es Hogaj, wie lhti t.oDegf KtrUhipg j D.i «Mo DiplithetdobaeUlun An Rnagensglase limdts arnh i Stumlmt-
u»ns..it]it U.itr, tu einer Ieiditon Exsudaf.jo.n auf die Oherdiiehe ! mikroMcopmch nrkwmhare ■Ookminrm. zu. bilrmu venvtOgcn, so muss,
lommeu IM ■BrenmmJdfiSF mich wenigen Minuten nach ümi voh I &*> Applumthm. dos Miu.ds niLhesfmm al!» vier Kluudme
I u. , . JV . ln ' , ^ ut f * (>j rmmgis* heu AV'iikimg in dm TmK mH' j ü.omh dmsi.iimjllfh gesphebtni, sc* lauge bis die TcrnporhMir zur Nui’Ui
T UySe{ ?i lM r h ^• ar ^ , ‘ u imiziAlwTiiien Wirkung des i ^urücte-gä.ugm) und das Allgcniein'bohudeü ein ^ubWdonstihende«
Ti‘^- ' S ' • ,1,>u WHhs:tn X nu,KuhstFjr>.An das EiiolriPgop h »>m : ^worden id. fst .dieser Koitpimkt eiagotreten, so genügt, ft?,
4 0 ^ :nu-t, beudii Seme timrnpouiim‘hn Wirkfamkoii | MojgmiH, MitJags lind Abends die Appliuation rfmumdmien hi«
imcjJkbpo au dun DuU I VVrS»ijiwl«deii der Bölsiäh
YffUndcruiignti ipifbcätohou, lileilion Mündern in umVu Kr.vpUm d«P
Inmuden oiowciion nmdi bis zür Diuiß'r einer Wodm,• jti• selbst
imh eiöigd Tagd hiogor br-moikhar. So laugr irgend' welche
McnibräimurHsfcd Ymbündw» sind, mos.*, dm lukiile* Kdininjbm^ ihn*■
pdsetFt wopdfpf, dainit dicht »Bö überall auf dwTibthjhiuhe' hv,c
KaohcpschloimldUitd vorluuubmpP Bnctlhm yii.h von ijemup in den
Mcnihsumeu Wsravdzeh und von neuem Gift protluhrem ;
Vpp der aliorgrfestpij Wichtigkeit- Dt «\ daäs. pü ulmr cWtoi*
Tug^h dD Ibköle Application muirgisoh .nad hiudp’ gcmxg gek^tieltf»
zur Ltpr«.! »mg d«r (U . b IVu { mKd.m } rl .j
mphthömfcriiukun- muK+hm» Die Gftlogcnhmh hierzu hot skh mir
üekktö: ^
Da mir ^itetiCffläfceamatflr^c »^fe W Vwffitw stand, a ö
Ut j,Ii Ht-in, (t.il.-of.w Ktrülii]!^, « olotifr voi- uhiu'i.« .»jimi
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Fp'T 1 '-. J -A tl, ‘' ni ' tUil " m " ,,,w «< '•Ommlehi. Horj-
'• ' , ”1-' ' l i' ; 4 " :)l ’ s " ,,>l ' t n;.. is.ä,... i,h i) im von nipiTien
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Din Appiiratima gesdaeht nuü aip beuten, in der \\eLe, dass
mau jjftif einer rechtwink»j»lig gebogenen langen Fincettft, odet iUifth
. mit einer- Kocuzsnge. rrn S? üök Waffe und dun-h Fnnlnhon
i der Watte- um die .^ftpgeimpitycn einen iniudlieheii -Wulst. juusMK.
■j Mil cuuein -sidehen Ikutseh vmht mail smuiehät ule aflioirtei»
ab, ?mi. die ishwilaFhltclj a.uitslfendcn SdhieimtheiJg. zu enHerumu
Daun nimmt nmn kmn fri.^bea WaGebauWiv, träufelt .auf
»ms der FifiM-h« die Fiii^igkrit ;tuL bis der Bausch g-m/ -huTi-
: (r ankt ist, und druckt nun tierischen, kräftig: wlihrcud ? f *hn Secifi-
I den geg»m die von Mmubrumm bodpektnn Sttlkm au. rnfm IV-
nalzung irnfper frtscJi WaiIfd)ti»Dchi v h*k ,T,3 D
Sorge zu tiagen,.dass hütimUi« he a.ffieirtft Stella« unter di»* M irkme:
üee Medienmontß« geiärngmi
ln .sehtvoHoyn Ffülen lässt mün zpmckmäwTg kurze un« h
»!ov erstenApplication gjoitb houH eim* zweit» Toi geh.:
Du diu ihit.iepfcji häu/ig» bei hier ApidicHtHm dundi Ilo.-^v '-
ist-Öftsp .’Flü^aigkeil.. am? dem „Monde hmau^ebiemh » n. so sitd.lp. now*
sich, während derscilxm reii uürl.^. Auch eit»i>Ö<ddt ■(■* ~ ; o ü *hg
iVugon durch Apfhetzeii einer Öcbuübrillu vor der
ausgehusteUdi Mnn?v>ti zu k»J duzen.
GttsJi
18. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Wenn die Application häufig und energisch genug geschieht,
so schreitet der Process nicht weiter. Bisweilen sieht man gleich¬
wohl neue Stellen der Schleimhaut sich mit Belag bedecken. Fast
immer handelt es sich dabei um bereits erkrankte, aber vorher
makroskopisch noch nicht als erkrankt erkennbar gewesene Stellen.
Wir haben in keinem Falle ein Weitergreifen nach abwärts auf
den Kehlkopf oder nach aufwärts in die Nasenhöhlen beobachten
können. Auch anderweitige Complicationen, namentlich consecutive
Lähmungen kamen nur selten zur Beobachtung, und zwar nur
dann, wenn bereits bei Beginn der Behandlung der Process räum¬
lich weit ausgedehnt gewesen und eine Reihe von Tagen seit dem
Beginn der Erkrankung verflossen war.
Ich sehe davon ab, meine Herren, Ihnen die sämmtlichen
Krankengeschichten hier vorzutragen, ich begnüge mich, zur
Llustrirung der Wirkung der Behandlung Ihnen einen Fall kurz
zu skizziren. bei welchem ich selbst die Behandlung durch geführt
habe. Derselbe betrifft meine zehnjährige Tochter.
Am 9. Mai dieses Jahres Morgens klagte dieselbe, als sie zur Schule
g ehen wollte, über Schluckbeschwerden und allgemeines Unwohlsein.
ie lokale Inspection ergab eine Rachen- und Mandelentzündung; besonders
die rechte Mandel war stark geschwollen und geröthet. Ich legte der
Erkrankung keine besondere Bedeutung bei und verordnete nur einen
hydropathischen Umschlag. Als ich Mittags nach Hause kam, fand ich
das Bild wesentlich verändert. Das Kind hatte dreimal heftig erbrochen;
es sah blass und verfallen aus. Die Temperatur betrug 38,6, der Puls 130.
Auf der rechten Mandel besonders zeigte sich ein zarter reifartiger Belag,
auch liessen sich mehrere kleine subepitheliale Ecchymosen erkennen. Ich
machte nun einen Abstrich aut Blutserum und applicirte sofort und Hann
noch einmal Abends mein Mittel. Ausserdem liess ich mit Hydrargyrum
cyanatum 1:8000 halbstündlich gurgeln. Am nächsten Morgen zeigte
sich auf den Mandeln und auf den Gaumenbögen Belag, das Allgemein¬
befinden war besser, die Temperatur 37.9, der Puls 110. Auf den Blut¬
serumröhrchen fand sich ein Ueberzug von einer fast reinen Diphtherie-
bacillencultur. Application des Mittels Morgens, Mittags, Nachmittags,
Abends. Abends Temperatur 37,4. Puls 90. Am nächsten Morgen befand
sich das Kind wohl, Temperatur 36,9, Puls 80. Die Belöge stark zurück¬
gegangen. Application Morgens und Abends.
Am 12. Mai kein Belag mehr, aber noch starke Röthung der Rachen¬
organe. Wohlbefinden. Steht auf. Morgens nochmals Application des
Mittels. Durch die täglich fortgeführte bacteriologische Untersuchung
wurde die Anwesenheit der Bacillen in den tiefen Krypten der Tonsillen
bis zum Ende Mai nachgowiesen, also fast drei Wochen nach dem Ver¬
schwinden der Beläge.
Der Fall setzte unzweifelhaft ziemlich schwer ein. Durch die
sehr frühzeitige energische Lokalbehandlung ist er nach meiner
Ansicht coupirt worden.
Im Laufe der praktischen Versuche mit meinem Mittel stellte
es sich heraus, dass unter gewissen Umständen der Ersatz des
Liquor ferri durch eine andere wirksame Substanz in der Alkohol-
Toluolmischung von Vortheil sein könnte. Es zeigte sich, dass, wenn
Fäulnissprocesse im Rachen, namentlich in den Membranen statt
hatten, die Membranen und die Zunge schwarz gefärbt wurden.
Durch den bei den Fäulnissprocessen gebildeten Schwefelwasserstoff
wurde das Eisenchlorid in Schwefeleisen verwandelt und dadurch
unwirksam gemacht.
Ausserdem klagten einzelne Patienten nach mehrmaliger Appli¬
cation des Mittels über heftige Schmerzen bei jeder neuen Appli¬
cation. Die Schmerzen gingen zwar in wenigen Minuten vorüber,
immerhin aber wurden dieselben doch sehr unangenehm empfunden?
Um die Schmerzhaftigkeit der Application zu vermindern, ver¬
suchte ich auf Vorschlag des Herrn Collegen Strübing einen
Zusatz von Menthol. Einige orientirende Versuche mit alkoho¬
lischen Menthollösungen .ergaben, dass dieser Körper an sich schon
eine gewisse Wirksamkeit gegenüber den Diphtheriebacillen be¬
sitzt. So tödtete z. B. schon eine Lösung von ßprocentigem Men¬
thol in 62procentigem Alkohol Aussaaten der Diphtherie nahezu
momentan.
Da lOprocentige Menthollösungen vielfach bei der Behandlung
von Halsaffectionen verwandt werden, wählte ich als Zusatzmenge
10 g (gleich etwa 20 ccm) Menthol zu 100 Theilen der Mischung.
Ich verfuhr dabei so, dass ich dieses Quantum in einen in Cubik-
centimeter getheilten Messcylinder hineingab und soviel Toluol hin¬
zusetzte, dass die Menthol-Toluollösung 36 ccm betrug, dann fügte
ich 60 ccm Alkohol und 4 ccm Liquor ferri sesquichlorati hinzu.
Diese Mischung wurde in der That sehr viel besser vertragen als
die Mischung ohne Menthol. Die Wirkung der Mischung nach
dem Mentholzusatz war eine gleich gute wie ohne denselben.
Nunmehr suchte ich nach einem geeigneten Ersatz für den
Liquor ferri. Eine energisch die Fäulniss beschränkende Substanz
ist das Creolin. Aus einer Reihe von Versuchen ging hervor, dass
ein Zusatz von 2—3 % Creolin an Stelle des Liquor terri sehr
wohl verwendet werden konnte. Eine derartige Mischung wurde
auch gut vertragen. Freilich blieb sie in ihrer Leistung auf Cül-
turen etwas hinter der Mischung mit 4 °/o Liquor ferri zurück.
An Stelle des Creolins habe ich auch noch das Metacresol ver¬
sucht und bei gleicher Concentration von annähernd gleicher Wir¬
kung wie dieses gefunden 1 ).
Schon in meiner früheren Arbeit hatte ich auf die grosse
Wirksamkeit der Kresole gegenüber den Diphtheriebacillen hin¬
gewiesen. Culturen wurden von den wässerigen Lösungen des o- und
p-Kresol in 30 Secünden vernichtet, von der Lösung des m-Kresol
zwar sehr erheblich beeinflusst, aber noch nichtvollständig abgetödtet.
In 4%iger Lösung mit 40%igem Alkohol vernichteten sie alle kräf¬
tige Culturen in 20 Secünden. Von der Verwendung des o- und
p-Kresols habe ich ungeachtet ihrer besseren Wirksamkeit abgesehen,
weil diese beiden Kresole vielleicht noch giftiger sind als die Car-
bolsäure, und mich auf das weniger wirksame, dafür aber nahezu
ungiftige m-Kresol beschränkt, von welchem 2—3°/oige Zusätze
gut vertragen werden. Die Mehrzahl der Patienten, welche probe¬
weise mit den verschiedenen Liquor ferri-, Creolin- und m-Kresol-
Mischungen gepinselt wurden, ohne zu wissen mit welcher Mischung
der Wattebausch getränkt war, gaben der m-Kresolmischung den
Vorzug. Die Creolin- und die m-Kresolmischungen dringen aber
weniger energisch in die Tiefe wie die Liquor ferri-Mischung. Da¬
mit hängt auch ihre etwas geringere Wirksamkeit, was die Zeit¬
dauer der Einwirkung anlangt, zusammen. Während die Liquor ferri-
Mischung in 5 Secünden die Diphtherieculturen abtödtet, erreichen
die 3%igen Mischungen der anderen beiden Körper denselben Effect
erst in 10 Secünden.
Einige neuerdings von mir angestellte und noch nicht ganz
abgeschlossene Versuche machen es mir wahrscheinlich, dass sich
die Wirkung der Creolin- und der Kresölmischung durch einen
weiteren Zusatz von 1 ccm einer alkoholischen Pyoctaninlösung
zu 100 Theilen noch verstärken lässt, so dass sie dann der Liquor
ferri-Mischung sehr nahe kommen.
Alle diese Mischungen wirken recht gut auch auf die Strepto¬
coccen- und Pneumococcenculturen. Die überaus widerstandsfähigen
Culturen der Staphylococcen bedürfen einer längeren Berührung,
40—60 Secünden, mit denselben, um abgetödtet zu werden, oder aber
einer öfter wiederholten kürzeren. Nach meinen bisherigen Erfah¬
rungen ist überall da, wo es sich um echte Diphtherieen handelt, di« *
Liquor ferri-Mischung in Anwendung zu ziehen. Nur wenn es sich
um gleichzeitig bestehende Fäulnissprocesse, oder um sehr empfind¬
liche Individuen, oder um diphtherieähnliche Erkrankungen handelt,
dürften die anderen Mischungen, namentlich die m-Kresolmischung
mit Vortheil Verwendung finden.
Die Mischungen halten 6ich, in Flaschen aus dunklem Glase
mit Glasstopfen aufbewahrt, Monate lang. In der Liquor ferri-
Mischung entwickeln sich im Laufe der Zeit aromatische Aether
von eigenartigem, etwas stechendem, aber nicht unangenehmem
Geruch, welche jedoch die Wirkung in keiner Weise beeinträchtigen.
II. Die ersten Etappen der Choleraepidemie
von 1892 im Orient.
Von Stabsarzt Dr. Schum bürg in Berlin.
Wohl kaum wird je mit Sicherheit die Streitfrage gelöst
werden, ob die Cholera im Jahre 1892 von Russland oder von
westlicheren Hafenstädten her in Deutschland eingezogen ist: der
Spuren, welche sie, von einem Ort zum andern schleichend, hinter-
liess, waren zu jener Zeit schon zu viele. Viel erspriesslicher da¬
gegen ist es, jenen Fährten nachzuspüren, so lange sie noch ver¬
einzelt waren, ihnen bis in das Lager zu folgen, von wo aus die
Seuche frisch gestärkt zu neuen Raubzügen aufzubrechen pflegt.
Von Indien aus lässt sich dann mit grösserer Sicherheit erkennen,
nach welcher Richtung ihr verderblicher Weg führte.
Als Wegweiser dienten mir einmal eine grosse Anzahl von
Einzelheiten, welche sich besonders in den jährlichen Berichten der
Gesundheitsbeamten von Engliseh-Indien hier und da zerstreut
finden und die, aus Unwesentlichem herausgeschält, manchen wich¬
tigen Fingerzeig geben, ferner mehrere Berichte, welche mir von
landkundigen, erfahrenen Beobachtern wie Forschungsreisenden zur
>j Die Ordination lautet also für die verschiedenen Mischungen:
1) Rp. Menthol. 10 g
Solve in
Toluol, ad 36 ccm
Alcohol. absolut. 60 ccm
Liquor, ferri sesquichlorati 4 ccm
M. D. ad Lagenam flavam.
2) Rp. Menthol. 10 g
Solve in
Toluol, ad 36 ccm
Alcohol. absolut. 62 ccm (61 ccm)
Creolin. 2 ccm (3 ccm)
3) oder ra-Cresol. 2 ccm (3 ccm).
M. D< ad Lagenam flavam.
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804
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42
Verfügung gestellt sind und die sicherlich das Interesse auch
weiterer medicinischer Kreise wach rufen werden.
Bekanntermaassen pflegt die Cholera auf zwei Wegen nach
Europa vorzudringen, zur See durch das rothe Meer und zu Lande
längs der persisch-russischen Handelsstrassen. Da nun im Sommer
1892 in europäischen Häfen, besonders Frankreichs und der Nieder¬
lande, die Seuche schon frühzeitig auftrat, so lag es zunächst nahe,
an eine Uebertragung durch den Suezcanal hindurch zu denken.
Fassen wir deshalb zunächst den
Seeweg
näher in’s Auge. — Der Weiterverbreitung auf der Wasserstrasse
werden in der Regel die englischen, von Ostasien kommenden, oder
auch die niederländischen Schiffe aus dem Sunda-Archipel beschuldigt.
Indess sind es weniger die Kauffahrteischiffe als die Pilgerschiffe,
welchen die Schuld an der Weiterverbreitung der Cholera beige¬
messen wird. Und mit Recht. Denn, abgesehen zunächst von der
minderwerthigen hygienischen Einrichtung, bringen die Pilgerschiffe
ihre Passagiere nicht in wohl beaufsichtigte Häfen, sondern nach
einem, in hygienischer Hinsicht alles zu wünschen übrig lassenden
Versammlungsort, nach Djeddah, wo Tausende und Abertausende
durch langdauernde Reisestrapazen heruntergekommene Pilger zusam-
menfluthen. Djeddah und Mekka dienen dann der Cholera gewisser-
maassen als Relais: wenige aus Indien importirte Cholerafälle ge¬
nügen, um eine heftige Epidemie unter jenen, für die Krankheit
günstigen Umständen zu entflammen. Von hier aus, wo die Cholera
die Pilger decimirt, ist dann infolge allgemeiner Kopflosigkeit und
unzureichender Hülfe eine Weiterverbreitung schwer zu verhüten.
Sehen wir uns bezüglich der Choleramorbidität im Jahre 1892
in Indien um. Wie schon seit Jahrzehnten, so setzte sich auch
in das Jahr 1892 in Indien die Cholerakette des Jahres 1891 fort.
Vom 15.—18. November 1891 werden aus Kalkutta noch 117
Choleratodesfälle berichtet, eine Zahl, die in der zweiten und dritten
Januarwoche 1892 auf 14 und 10 sich vermindert, um dann im
März wieder auf über 100 wöchentlich anzusteigen. Der Sanitary
Commissioner für die Centralprovinzen berichtet gleichfalls, „dass
die Cholera von 1891 während der kalten Jahreszeit nicht erlosch,“
der für die Nordwestprovinzen, „dass die Epidemie von 1891 voll-
ständig in diejenige von 1892 überging,“ die Landverwaltung von
Madras 1891, „dass in keinem Monat von 1891 die Cholera dem Land¬
gebiet von Madras fern blieb.“ In der Stadt Madras selbst trat
sie nach einem Intervall von vier Monaten wieder auf, und der
Berichterstatter von Punjab konnte ein Verschwinden der Seuche
nur vom 7. Februar bis 24. März 1892 beobachten, üeberhaupt
nimmt in Englisch-Indien die Choleramortalität von Jahr zu Jahr
mit gelegentlichen vereinzelten Rückschritten zu, wie nachfolgende
Zahlenreihe beweist. Es starben an Cholera
im Jahre 1880 — 119 256 im Jahre 1888 — 270 408
„ 1881 — 161 712
„ 1882 — 350 971
„ „ 1883 — 248 860
„ „ 1884 — 287 600
„ „ 1885 — 385 928
„ „ 1886 — 208371
„ „ 1887 — 488 788
, £ eb . e i;, di ® Ursachen der Fortdauer der Cholera herrschen be:
den Berichterstattern der englisch-indischen Provinzen noch aus-
wX,o e [ r rg rt hen Q. e ^ e i; U J ngen 7 0r - Während der Bericht der Ver-
Lin J Stadt - Madras den Genuss von Wasser eines Brunnens
efne ChoW l^h m “ ““?? Tank ia Verbindung stand, in welchem
e v C “ mChe ver f nk V'-ar, während der Sanitary Commissionei
lJl rUn T r : in u' gUng i e - r als , En tnahmestelle für Trinkwasser be-
\ R durch Wäsche und Leichen als Veran-
ass ““£ eine J; Choleraausbruchs auffasst, werden in Bombay die Hitze.
TWh « re ? Provinzen auc h meteorologische Einflüsse herangezogen,
Uraachen de ^i.r C n. n* au !“ abm slos in jedem Bericht unter den
iT..™,'“UeohtealIlgememeGesundheits Verhältnisse und schlechte
Wasserversorgung (Tanks)“ aufgeführt, wie im Landkreise Madras,
ni«.h«n\r 8t ®nff hsche Regierung ja bemüht, diesen hygie-
Städt«n ¥‘ssständen zu steuern, und namentlich in den grossen
IäS K o i "\ B T ba y uad Kalkutta ist ihr das, wie ja hin-
saeheemässoTe J?’ f E A ^ ührung reine “ Trinkwassers und
TlSn Ä Dg a der ,w fa J Ust0 . ffe gingen. Indess gerade
liehe Soli wiprirrt -f 8 s ©ibst der Assanirung fast unüberwind-
Ono!i 4 -1 gke ten * Auf emer Fläche von mehreren tausend
S ^ssTn SWdt^ ne “ n s ahe2U 300 Millionen Einwohner, die nicht
ein^slnd St 8o te ^hi B i 0n s er ".i n - eiS * , Tj n Flecken und Dörfern ver-
Aim? der kleine Regierungsbezirk Bombay bei
sZnt- S n t elmUng T0 “ 1241 Quadratmeilen mit 19 MuLnen
Oudh“ bei 109 Dörfer, die „Nordwestprovinz mit
Dörfer. 109000 Quadratmeüetl ““ 47 Millionen Seelen 105 283
Diese Zahlen geben eine Vorstellung von der hohen Summe
1889 — 428 923
- „ 1890 - 297 443
„ „ 1891 — 601 603
„ „ 1892 — 721 938
(es fehlen 1892 noch 5
Provinzen).
sämmtlicher Dörfer in Indien und damit auch von der Schwierig¬
keit der Assanirungsaufgabe, welche der englischen Regierung ob¬
liegt. Diese Schwierigkeit wird noch dadurch ganz erheblich ver¬
mehrt, dass die Eingeborenen zäh an alten religiösen Gebräuchen
festhalten, die sich zu den Vorschriften moderner Hygiene direkt
entgegengesetzt verhalten. Auf die Bäderfeste, die Hauptursache
der Choleraverbreitung, komme ich weiter unten zu sprechen.
Wenn nun auch die englische Regierung dieser Missstände im
Innern, welche das stete Fortglimmen der Cholera zulassen, noch
nicht völlig Herr geworden ist, so ist sie doch unablässig bemüht,
der Weiterverbreitung der Seuche nach anderen Ländern durch die
Pilgerschiffe grosse Aufmerksamkeit zuzuwenden. Nur Dampfer
sind nach den englischen Vorschriften befugt, Pilger nach dem
rothen Meere zu befördern; als „Pilger“schiff werden solche Dam¬
pfer angesehen, welche 60 oder mehr Pilger in indischen Häfen zu
einer „langen“ Seereise — als solche gilt dort die Reise nach
Djeddah — an Bord nehmen.
Der Umfang der jährlichen Pilgerzüge von Indien hat es noth-
wendig gemacht, für Pilgerschiffe gewisse Zwangsvorschriften auf¬
zustellen in einem „Manual of regulations to be observed by
masters of vessels coming to Bombay“ und ferner eine genaue
ärztliche Controlle der von Indien abreisenden und ankommenden
Pilger und Pilgerschiffe durchzuführen; eine Quarantäne gegen
Cholera giebt es in Indien nicht. Die ärztliche Controlle ist sehr
strikt. Zunächst werden die Pilger, bevor sie sich einschiffen, an
Land untersucht und ein zweites mal an Bord unmittelbar vor der
Abreise des Schiffes. Kein Schiff, welches von Indien nach Häfen
in Europa, am rothen Meer und nach Quarantänehäfen segelt, be¬
kommt vorher einen Gesundheitspass.
Was dagegen die Controlle über die Unterkunft der Pilger an
Bord und die Gesundheitspflege während der Reise angeht, so ver¬
hehlt man sich selbst in den zuständigen amtlichen Kreisen in
Indien durchaus nicht, dass die bestehenden Vorschriften unzu¬
reichend sind und dass noch weniger ihre Ausführung an Bord be¬
friedigt. Bei einem so wenig profitablen Gewerbe, wie es der
Pilgertransport für die sich damit befassenden mohamedanischen
Rheder ist, sind Reformen nicht leicht durchzuführen. Indess wird
mit Ernst darauf hingearbeitet und auch nicht ohne Erfolg, wie
sich das durch die in den letzten Jahren bedeutend herunter¬
gegangene Sterblichkeitsziffer an Bord der indischen Pilgerschiffe
beweisen lässt. Insbesondere haben die namentlich im Zwischen¬
deck sehr mangelhaften Ventilationseinrichtungen nicht unwesent¬
liche Verbesserungen erfahren. Die Hauptgefahr der Pilgerschiffe
liegt zweifellos in der Ueberfüllung; doch sollen an diesem Uebel-
stand weniger die indischen als vielmehr die vom persischen Golf
und von Zanzibar kommenden Fahrzeuge leiden.
Aus dem von dem Hafenarzt in Bombay der (im November
1890 bestellten) Native Passenger ships Commission eingereichten
Memorandum vom 30. Januar 1891 mögen einige der Hauptmiss¬
stände, mit welchen die Gesundheitspflege an Bord zu kämpfen
hat, und die zu ihrer Abstellung vorgeschlagenen Maassregeln auf¬
geführt sein.
1. Die Pilger befleissigen sich bei allen ihren Hantirungen nicht
der geringsten Sauberkeit. Der Gestank und Schmutz an Bord
eines einkommenden Pilgerschiffs ist fast unbeschreiblich.
2. Eine sehr grosse Zahl von Passagieren, vielleicht ein volles
Drittel, besteht aus sehr alten oder sehr jungen Personen. Dazu
kommt eine unverhältnissmässig grosse Zahl von armen Passa¬
gieren, welche sich den Fahrpreis zusammenbetteln oder von den
Eigentümern der Pilgerschiffe freie Fahrt erhalten.
3. Unter den Passagieren sind schon bei der Abreise von
Bombay viele schwächliche Leute. Bei der Rückreise steigt infolge
der Strapazen und Entbehrungen die Zahl der Geschwächten und
Kranken; namentlich sind Diarrhoe und Dysenterie häufig zu
beobachten.
4. Viele treten die Reise an, ohne Nahrungsmittel mitzu-
nehmen, indem sie sich auf die Mildthätigkeit Mitreisender oder
der Schiffseigenthümer verlassen.
5. Der ohnehin vom Gesetz für den einzelnen Passagier schon
unzureichend bemessene Raum, nämlich 9 Quadratfuss (6: IV 2 )
für einen Erwachsenen oder zwei Kinder unter 12 Jahren, wird
einmal dadurch noch mehr beschränkt, dass häufig Erwachsene
sich als Kinder einzuschmuggeln wissen, dann aber besonders durch
die grossen Mengen Gepäck, von dem die Eingeborenen sich nur
sehr ungern trennen. Da viele Pilger noch Waaren mit sich
nehmen, um damit unterwegs zu handeln, da ferner reichere Mu-
hamedaner auch noch Fässer mit Trinkwasser bei sich haben, so
nimmt das Gepäck eines einzigen Pilgers nicht selten 20 Cubik-
fuss, den Raum von zwei Baumwollenballen, ein, der für die Passa¬
giere bestimmt ist und diesen verloren geht. Während der guten
Jahreszeit, wo sich ein Theil der Passagiere auf dem Oberdeck
aufhalten kann, ist der Uebelstand der Ueberfüllung noch ertrfig-
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Original fro-m
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18. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
805
lieh, im Südwestmonsum dagegen, wo sich alles im Zwischendeck
zusammendrängt, ist jedes mal ein Steigen der Sterblichkeitsziffer
zu beobachten.
6. Bei der räumlichen Beschränktheit des Schiffshospitals sind
immer eine Menge Kranker im Zwischendeck.
Um diesen Missständen abzuhelfen, wird am angeführten Ort
vorgeschlagen:
1. Den jedem Passagier zustehenden Raum auf 12 Quadrat-
fuss in der guten und 15 Quadratfuss in der schlechten Jahreszeit
zu erhöhen.
2. Das Schiffshospital auf mindestens 12 Betten einzurichten.
3. Ein Minimum an Pferdekräften für die Dampfer vorzuschreiben.
4. Genauere Vorschriften über Ventilation und Lichtzuführung
zu erlassen.
5. Eine Minimalzahl von Kehrern und Latrinenreinigern (To¬
pasen) vorzuschreiben, an denen die Rheder zu sparen geneigt sind.
6. Jedes Pilgerschiff von einem Regierungsarzt begleiten zu
lassen, von denen eine schärfere Controlle zu erwarten ist, als von
den jetzigen, durch die Rheder engagirten Schiffsärzten.
Auf die besonders von Karlinski beobachtete und festgestellte
Qualität der Pilgerschiffe im rothen Meer komme ich noch weiter
\mten zurück.
Die von Indien westwärts fahrenden Pilgerschiffe haben sich
nun in Aden einer ärztlichen Inspection zu unterwerfen, und ein
Decret vom November 1892 bestimmt, dass nur Schiffe, welche mit
einem reinen Gesundheitspass versehen sind, Aden verlassen dürfen.
Die nächste Station ist für die nach Djeddah bestimmten
Pilgerschiffe die Insel Camaran im rothen Meer. Hier müssen die
Pilger das Schiff verlassen und machen am Lande eine mehrtägige
Quarantäne durch; ihr schmutziges und verdächtiges Gepäck wird
desinficirt. Treten Cholerafälle auf, so wird die Quarantänezeit
erst vom letzten Fall ab gerechnet.
Vor der Ankunft in Djeddah wird noch einmal in^Abu-Saad,
Vasta und Abu - Ali der Gesundheitszustand der Pilgerschiffe
untersucht. Die Lazarethe auf den dicht bei Djeddah gelegenen
Inseln Abu - Saad und Vasta sind das ganze Jahr über in Be¬
trieb, während das Lazareth in Camaran nur sechs Monate lang
zur Zeit der Pilgerfahrten geöffnet ist.
In Camaran werden seit der Errichtung im Jahre 1881 jähr¬
lich durchschnittlich 17 000 Pilger zur Quarantäne ausgeschifft.
In dieser Zeit, von 1881 bis 1892, ist in Camaran drei mal die
Cholera ausgebrochen: 1882 angeblich durch das englische Schiff
Hesperio, 1890 durch das englische Schiff Deccan und 1891 durch
das englische Schiff Sculptor von Bombay.
Indess bestreiten die Engländer, wie dies in dem Bericht des
Sanitary Commissioner for the Government of Bombay 1891,
S. 74 ausgeführt ist, auf das energischste, Schuld an dem Ein¬
dringen der Cholera nach Mekka und weiterhin nach Europa ge¬
wesen zu sein: der Dampfer Deccan habe auf der Reise im Som¬
mer 1890 Jeddah überhaupt nicht erreicht. Die Passagiere wurden
im Juli 26 Tage in Camaran in Quarantäne festgehalten und
mussten, als die Cholera nicht erlosch, nach Indien zurückkehren.
Im Falle von „Sculptor“ 1891 brach die Cholera unter seinen
Passagieren während des zehntägigen Landaufenthalts auf der
Insel Camaran aus. Der „Sculptor“ musste denn gleichfalls die
Heimreise antreten, so dass weder er noch der Dampfer Deccan
Jeddah überhaupt erreicht hat.
Diese Beweise, die einzigen, welche man für eine ganze Reihe
von Jahren gegen Indien angeführt hat, scheinen nach dieser Dar¬
stellung nicht stichhaltig zu sein, und man wird angesichts dieser
Thatsache zu der Meinung gedrängt, dass wenigstens eine grössere
Anzahl von Cholerafällen nicht von Indien nach Mekka einge¬
schleppt worden ist.
Wenn nun auch der hygienische und der Gesundheitszustand
der indischen Pilgerschiffe bei ihrer Ausfahrt ein günstiger zu sein
scheint, so wurde im Gegensatz dazu der Zustand der heim¬
kehrenden Pilgerdampfer schon weiter oben gekennzeichnet. Es
fällt dann auch nicht weiter auf, dass die Schiffe bei ihrer Rückkehr
erheblich weniger Passagiere an Bord haben als beim Auslaufen.
Folgende Zahlen mögen das illustriren:
Jahr
Es verliessen
Bombay
Es kehrten nach
Bombay zurück
Unterschied
1885
8 436
5 045
3 391
1886
8 606
6150
2 456
1887
9 466
5 726
3 740
1888
13 970
6 505
7465
1889
12495
10101
2 394
1890
11665
1 8 662
3 003
1891
14068
i 8 677
5 391
1892
12 787
| 9490
3 297
gmamniwm
91493
j 60356
31139
Nun ist nicht ohne weiteres aus diesen Zahlen zu abstrahiren,
dass Alle, welche nicht nach Bombay zurückkehrten, der Cholera
zum Opfer gefallen seien; viele Pilger steigen auf der Rückfahrt
schon in Hodeidah, Aden, Mokalla, Karatschi aus, so im Jahre
1882 von 11994 Passagieren, die von Djeddah nach Bombay zurück¬
kehrten, 2403. Doch lässt sich vielleicht immerhin noch ungefähr
die Höhe der Pilgersterblichkeit erkennen. Besser ist dies mög¬
lich in der nachfolgenden Zahlenaufstellung, welche eine Ueber-
sicht über die im Jahre 1891 und 1892 in Djeddah aus dem Osten
angekommenen und nach der Hadsch wieder abgereisten Pilger
giebt.
'
Jahr
! Natio- |
' nalität !
1 .1
Pilger, welche während der
Hadsch von Osten in Djeddah
ankamen
Pilger, welche nach der
Hadsch von Djeddah
nach Osten abgingen
1891
1
1
gelandet
in Djeddah
via
Camaran
via
Suez
gelandet
in Jambo
zusammen
via
Bab-El-
Mandeb
via
Suez
zusammen
Javaner
10 636
181
I
10 817
7 557
_
7 557
Perser
1072
645
237
1954
471
200
671
Bokharer
1086
557
410
2 053
822
585
1407
Inder
| 11015
20 |
12
11047
7 770
—
7 770
1891 1
zusammen
23 809
1403
659
25 871
16 620
iG
00
r-
17 405
1892 1
Javaner 1
11500
8
_
! 11 508
7 204
_
! 7 204
Perser
431
590
—
| 1021
603
342j
945
i Bokharer
2 755
404
—
| 3159
2 373
373
2 746
Inder
10 916
43
—
|10 959
8 748
—
8 748
1892
zusammen
25 602
11045
-
26 647
18 928
715
19 643
1891
-+-
1892
|| insge- |
1 sammt 1
49 411
2 448
1
659
52 518
35 548
1500
37 048
Hiernach sind 1891 und 1892 nur 37048 Pilger von Djeddah
nach dem Osten abgereist, dagegen waren 52518 dort angekommen;
29/45 % traten also den Heimweg nicht an, wenigstens nicht zur
See. Auch aus Afrika liegen ähnliche Meldungen vor. So kehrten
von 9000 Pilgern, welche tunesische Häfen im Mai 1892 verliessen,
im September nur die Hälfte zurück, und von 6000, welche von
Tunis selbst aufgebrochen waren, sahen diese Stadt noch nicht
2000 wieder. Doch auch diese Zahlen geben keinen rechten An¬
halt für die Pilgersterblichkeit in Mekka. Denn ein Theil der
Pilger, der zur See kam, wandert nach Medina und von dort zu
Lande heimwärts. Manche Pilger sollen auch Monate lang, ja
öfter bis zur nächstjährigen Hadsch in den heiligen Städten ver¬
teilen.
Ganz sind derartige Zahlen indess nicht von der Hand zu
«reisen. Denn viele, längst bekannte Schilderungen der Zustände
während der Cholera in Mekka bestätigen sie gewissermaassen.
A.uch Karlinski berechnet für das Jahr 1893 eine Mortalität
von 50 °/o der ankommenden Pilger, nachdem er die in Mekka
verbliebenen abgerechnet hat. Der Grund für dieses Wüthen der
Seuche grade in Mekka ist in der Anhäufung jener in wenigen
Tagen sich ansammelnden Menschenmassen zu suchen, für die weder
Unterkunft noch Nahrungsmittel noch Wasser vorräthig sind.
Einige neue Einzelheiten sind vielleicht noch von Interesse.
So fand Karlinski in Djeddah bei der Rückkehr der Pilger
nach diesem Hafenort am 29. Juni nur 4 Aerzte vor, denen jede
Unterstützung seitens der Ortsbehörden fehlte; Tausende von Pilgern
lagerten mehrere Tage bis zur Abfahrt der Schiffe auf den Strassen;
es fehlte an Leuten, die Leichen von den Strassen fortzutragen; am
Wege nach Mekka sah Karlinski Hunderte von Leichen liegen,
in Verwesung und von Raubvögeln zernagt; schlechtes Schmutz-
wasser kostete theures Geld. Die Ueberfüllung der Schiffe erläu¬
tert Karlinski durch Zahlen und Namen, ebenso den Mangel an
Lebensmitteln, Wasser und hygieinischen Einrichtungen sowohl
auf den Schiffen wie den Stationen.
Nach der Procession und der Predigt auf dem heiligen Berge,
zu der sich am 24. Juni 1893 über 100000 Pilger eingefunden
hatten, soll der Weg von dem heiligen Berge wie ein Schlacht¬
feld ausgesehen haben, bedeckt mit Todten, Sterbenden und Kran¬
ken. Zu der Aufräumung wurde ein Bataillon türkischer Soldaten
von Soana herangezogen, das 700 Mann stark ausrückte und nach
gethaner Arbeit von der Cholera decimirt nur noch mit 200 Mann
zurückkehrte. .,
Neuerdings hat die Pforte der Verbesserung der sanitären
Einrichtungen in den genannten Orten erhöhte Aufmerksamkeit
zugewendet, und bei dem grossen Interesse, welches der Sultan
persönlich an der Sache nimmt, ist es immerhin möglich, dass der
Erfolg nicht ausbleiben wird. (Fortsetzung folgt)
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806
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42
HI. Ueber Myxödembehandlung 1 ).
Vorstellung von spontanem Myxödem mit Zwergwuchs.
Von Dr. Joh. Julias Schmidt in Frankfurt a. M.
Vor ungefähr zehn Jahren beschrieb Kocher und mit ihm
Reverdin und Juillard das unter dem Namen Kachexia strumi-
priva oder thyreopriva bekannte Krankheitsbild, als dessen Ursache
er die bis dahin geübte totale Exstirpation der Schilddrüse bei Struma
sicher erkannte und das er mit dem idiopathischen, spontanen Myx¬
ödem vollständig identificirte. Unabhängig davon hatte der englische
Arzt Oliver in demselben Jahr (Brit. med. Journal 1883, I, S. 502)
die Atrophie der Schilddrüse als die Ursache des Myxödems erklärt.
Beide Krankheiten zeigten sowohl dieselben klinischen Symptome,
nämlich die charakteristische Schwellung der Haut, besonders im
Gesicht, an den Händen und Füssen, mit hochgradiger Anämie und
Störungen der psychischen Thätigkeit, als auch dieselbe pathologisch¬
anatomische Grundlage mit Bindegewebswucherung der Haut und
inneren Organe und vermehrter Einlagerung von Mucin zwischen
das Zellgewebe. Diese Thatsachen bestimmten Schiff 2 ) im
nächsten Jahr (1884) an Hunden die Folgen der Thyreoidektomie
zu. studiren, wobei er die auffallende Thatsache constatirte, dass die
Thiere ohne Schilddrüse starben, während er durch Zurücklassen
eines Schilddrüsenrestes oder Implantation der Glandula thyreoidea
eines anderen Thieres (derselben Species) in die Bauchhöhle oder unter
die Bauchhaut die Versuchsthiere am Leben erhielt. Im Jahre 1890
machte V. Horsley (Brit. med. Journal 8. Februar 1890) darauf
fussend den Vorschlag, diese Operation auch bei myxödemkranken
Menschen zu machen, ohne zu wissen, dass schon ein Jahr vorher
H. Bircher (Volkmann’s Sammlung klin. Vortr. No. 357, 1889)
eine menschliche Schilddrüse in die Bauchhöhle verpflanzt hatte
und nach einem Vierteljahr mit Nachlassen des günstigen Erfolges
die Operation wiederholte.
Es ist nun das besondere Verdienst Horsley’s, für die Folge
die Schilddrüse des Schafes zur Implantation empfohlen zn haben.
Dieses Verfahren wurde geübt von Lannelongue und Legroux,
W alther und Merklen (Virchow-Hirsch Jahresber. 1890II, S. 339),
von Macpherson (Edinburgh med. Journal 1892, März), von
Bettencourt und Serano (Semaine mödicale 1890, 13. August),
indem sie die Schafs thyreoidea am Thorax einheilten. Letztere
sprechen die sichere Ansicht aus, dass die plötzliche Besserung
nicht auf einer physiologischen Function der implantirten Drüse,
die bald wieder resorbirt wurde, sondern auf eine Aufnahme des
Drüsensaftes zurückzuführen sei, worauf Murray (Brit. med.
Journal 1891, 10. October) die Injection des Schilddrüsenglycerin-
extracts empfahl und auch ausführte. Von jetzt ab lag die weitere
Entwickelung der Myxödemtherapie, abgesehen von den nordischen
Ländern und der Schweiz, speciell in den Händen der englischen
Aerzte, wie wir dies in den Jahrgängen des Brit. med. Journal bis
1894 gradatim verfolgen können, da in England die meisten Fälle von
spontanem Myxödem zur Verfügung stehen. Schon früher wurde
die Krankheit von William Gull (Transactions of the Clinical
Society, London October 1893) als „Cretinoid condition“ in fünf
Fällen und später genauer von Ord (Med. Chirurg. Transactions LXI,
b. 57, 1877) in zwei weiteren Fällen als Myxödem beschrieben’
welche sieben Kranke sämmtlich das weibliche Geschlecht betrafen
so dass diese Autoren glaubten, jene Affection käme nur Frauen
? u :. ~; ieser Ansicht trat zuerst Charcot entgegen, der die Krank-
heit Kachexie pachydermique nannte und sie auch bei Männern
beobachtete, jedoch eine grössere Betheiligung seitens der Frauen
nicht leugnen konnte. Das Verhältnis der Männer zu den Frauen
S 338) tZt all ^ emein auf 1:10 angenommen (Virchow-Hirsch 1. c.
Durch die Sammelforschung von Semon und Horsley ist
man noch weiter gegangen und hat den Zusammenhang des
operativen und spontanen Myxödems, des sporadischen und ende¬
mischen Cretinismus, den man schon früher angenommen hatte, als
ganz bestimmte Thatsache hingestellt und als die Ursache dieser
verwandten Krankheiten das vollständige Fehlen oder die Atrophie
der Glandula thyreoidea.. beziehungsweise bei vorhandenen normal
f™ ss f, n oder 80 ^ r hypertrophischen Drüsen eine Functionsanomalie
derselben angegeben.
. n Y m i n ü n wie< ?® r . zu M urrayV epochemachender Empfehlung
U r kehr6n .’ W ! . lch kurz eine Beschreibung geben, wie er sein
wih d f l ene i 0 Q^ i er f S o hat Wichmann, Deutsche med.
Wochenschr. 1893, No. 2, S. 27): „Unmittelbar nach Tödtung des
hßirtln 8 T W ’* d der * LaP i? 6n der Bch’lddrüse mit vollständig steri-
? herausgeschnitten, nachdem das umfebende
Fett und Bin degewebe entfernt ist. Die Drüsenstückchen kommen
7. Mid WM™ 6 ’ gehaIten ™ ftrztUchen Verein zu Frankfurt a. M. am
Archiv f. experiment. Pathol. XVIII, S. 25.
in ein sterilisirtes Reagensglas mit Watteverschluss und werden
hierin mit 1 ccm Glycerinum purissium und 1 ccm einer 0,5 procentigen
Carbollösung übergossen. Die Mischung wird 24 Stunden kühl
gestellt. Darauf wird das Ganze durch ein vorher in Wasser aus¬
gekochtes, reines, feines Leinwandläppchen kräftig ausgepresst. So
gewinnt man 3 ccm Extract, das eine trübe Flüssigkeit darstellt
welche in einem sterilisirten Glas mit Glasstöpsel bis zum Ge¬
brauch aufbewahrt wird. Jedesmal sollen 1,5 ccm injicirt werden
zweimal wöchentlich. Allwöchentlich wird das Extract neu be¬
reitet.“ Diese Extracte wurden von anderen mehr oder weniger
abgeändert, im grossen ganzen hielt man doch an der Murray-
schen Vorschrift fest. Es wurde von Besserungen und Heilungen
berichtet (Carter, Davies, Beathy, Brit. med. Journ. 1892,
16. April, 30. April, 12. Mai), jedoch boten die Einspritzungen
nicht das Ideal der Behandlung, weil verschiedene Missstände da¬
mit verbunden waren. Vor allen Dingen lief man Gefahr, trotz
der Aseptik bei der Herstellung und der Handhabung der Spritze
durch rasch sich entwickelnde Zersetzung dieser organischen Sub¬
stanz eine Infection zu verursachen, ferner wurden die Ein¬
spritzungen allgemein als sehr schmerzhaft und zu Abscessbildung
neigend hingestellt. Diesen Uebelständen wurde mit einem Schlag
abgeholfen, als Hektor Mackenzie und Fox (Brit. med. Journal
29. October 1892) empfahlen, die Schilddrüse per os in roher Form
zu reichen. Diese Methode bürgerte sich rasch ein, da die Schafs¬
schilddrüse leicht zu beschaflen war, mit Pfeffer und Salz roh gern
genommen wurde, also keiner weiteren Präparation bedurfte. Fox
behandelte eine 49jährige Frau anfangs mit Glycerinextract, später
mit zweimaliger Darreichung von einem Drüsenlappen in der Woche
vom 2. Juni bis 22. September. Am 11. Juli constatirte er schon
Besserung des Gesichtsausdrucks und der Sprache, am 12. Sep¬
tember war die Haut weich („soft“) und feucht geworden, und am
17. October war vollständige Heilung zu verzeichnen. Einen ebenso
in die Augen springenden Erfolg beschreibt Cresswell-Baber
(Brit. med. Journal 7. Januar 1893), der einen 53jährigen Mann,
seit fünf Jahren erkrankt, wie folgt behandelte. Am 12. November
1892 wurde ein Drüsenlappen vom Schaf roh genommen, worauf
am 14. November Kopfweh und Schmerzen in den Gliedern auf¬
traten und weitere drei Tage später Gesicht, Hals und Hände ab¬
schwollen. Am 26. November wurde ein zweiter Drüsenlappen ge¬
reicht, worauf sich wieder Kopfschmerz einstellte. Wegen Nausea
wurde die dritte Drüse am 1. December in heisser Suppe, aber
ohne Erfolg gegeben, angeblich weil die Drüsensubstanz geronnen
war. Eine andere rohe Drüse wurde am 2. December und wieder
eine am 3. December, im ganzen also fünf Drüsen gegeben mit
eclatantem Erfolge. Auffallend an diesem Bericht ist nur, dass die
Drüse in heisser Suppe gegeben keinen Erfolg hatte, während
Vermehren in Kopenhagen (Deutsche med. Wochenschrift No. 11,
S. 255) uns einen Fall aus der Klinik von Prof. Howitz schildert,
der durch die Darreichung von vier gekochten und gehackten
Drüsenlappen in Suppe während drei Wochen mit Erfolg behandelt
wurde. Zu erwähnen ist noch, dass Howitz, abweichend von den
englischen Autoren, die Drüsen von Mastkälbern verwandte.
Auch Thyreoideaglycerinextract, und zwar auf einmal in der
Verdünnung von 5:100, wurde von Laache in Christiania (Deutsch,
med. Wochenschr. No. 11, S. 258) einem 49jährigen Mann mit Erfolg
innerlich gegeben, während Rehn auf dem vorjährigen Congress für
innere Medicin in Wiesbaden zwei Kinder demonstrirte, die er mit
Extract von einer Hammeldrüse mit Glycerin und W asser per os be¬
handelte, und zwar mit Erfolg, wie ich mich persönlich überzeugen
konnte. Rehn hat ebenfalls auf dem letzten internationalen medizi¬
nischen Congress in Rom über seine Myxödemfälle referirt und mir
zwei Photographien (vor und nach der Behandlung) gütigst zur
Demonstration überlassen, die am deutlichsten den günstigen Einfluss
der Schilddrüsensaftfütterung auf das infantile Myxödem zeigen.
Sie sehen deutlich die Hautwülste am gesammten Körper und den
cretinoiden Gesichtsausdruck des 4Vajährigen Kindes vor der Be¬
handlung und die ganz colossale Veränderung (bedeutendes Wachs¬
thum, natürliche Gesichtszüge und Körperformen) ein Jahr später.
Wiederum trat eine neue Phase in der Behandlung des Myx*
Ödems dadurch ein, dass Apotheker White (Brit. med. Journ. ll.Febr.
1893, S. 289) in London versuchte, die Drüsensubstanz für längere
Zeit haltbar zu machen, indem er deren Extract mit chemischen
Ingredienzien zu einem trockenen Pulver verarbeitete. Diese Dar¬
stellung ist deshalb von Wichtigkeit, weil die Drüsen sich rasch
zersetzen und nicht überall eine sachverständige Person zur Her¬
ausnahme derselben an frisch geschlachteten Thieren zur Verfügung
steht und ferner eine Dispensirung des wirksamen Stoffes durch
die Apotheke das denkbar einfachste ist. White lässt die Drüsen
mit Glycerin und Wasser zu gleichen Theilen ausziehen, säuert
mit Phosphorsäure an, giebt Kalkhydrat bis zur alkalischen Re-
action hinzu, filtrirt, wäscht und trocknet über Schwefelsäure,
woraus dann ein graues, salzig schmeckendes Pulver entsteht.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
38, Octöber. __DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. $07
Lfetetierfes wird in Tabletten dojn^rimirt «bE entsprioM 1 Stück
Am Gewicht nach 3 grains «'D e eiuer Snkafsdröw. .Sic werden
kergestelU, darob die Firma Siirröügks, Wfdfcpmo & €W, Show
H iU Biiimhigs^ Lumina. Die Vertretung für Pttttech&n.j bat
die Dregtmtte G Üamt>aia> m Dresden, IVugors Hasse 1. Der
Preis fOr eui Glas nut BfO Tablett .m betrat 3 Mark. Bei
der parmeiiung derselben beginnt man mit ‘einet halben IV
blette und Kteigmfc silmahlieb. je upeh der Boköuimiiebkeit, mf
3—4 Stück- pro die.. Nach mhx&m Erfahrungen haben ?io dieselbe
Wirkung wie dus trisrhc l/rütmigewuhe. Mit denselben Tabletten
bat Th, Rayon (Bote. med jounial, &; Jan, 1814) hm einer alten
IXuee q\H, tyjusebejn Myxödem binnen fünf Worben .vollständige
Heilung erzielt, H»ybn -seiner Patientin in der ersinn Woche.
Btgiiob fcwei StUrk, die drm fnlgPmhm Wochen täglich drei und
die fünfte 'Woche vier yStück pro Tag Kiels^n kt Koponb:igon
(Momddhofto f, prukf. permgfbT J89 W >te, 3} hat aus .gofcrpodtmd^T»,
mit Aeilmr bobiindoiten und piiiyefisirtöa. Schilddrüsen vom Kalb
ü 0,1 bsrstaUtm bissen und . 0 uv mit Dgrrekhung diesem
Prüpni'ats eine fbMäontin geheilt; Er allmählich bi.6.-*u siehe«
Pillen pro die, dann ging er wieder v.iinrnk und gab ^üldtvd täglich
nur swoi Stück. Auch Vor «1 ehren (PeütsvÜh mod, Wnümmiehr
1893, No. Ti) bat den wirksamen Steh! durch Glycerin exrnuurt
und ihn TDyrcoidin genannt Emo 29jäbngo Putionfbi .mit spo¬
radischem (Vetteisutiis erhielt da? Tbyreoidm in Pillen (in ..Dosen
roh Qri—0^8} tmd wurde hednutoiul gäbm?:tevt. Tm hatte
: Pfttjfcntirr T25 g crhailöp; 1 ) / .;‘ ; _
riivm<?Kapb»sclie Vor;Wer BUwdl'JHg.
Viflildebt gjikit. us Tibif# pnob iW pbysioiögiKehüu Chemie,
den w.h’ksatnen Körper gim; dem -.- MHu dar?,«-
stellen und die Therapie ituroh, Üe3?$ih>' ; DaTrnit’bung aoob mobr 7,11
vereinte ehen
Nachdem ich so die therapeuti scheu M^sgiwiininri im aJlge-
meinen los auf die Nfeinteii dargcstellt habe, mochte ich meine Er¬
fahrungen mit. Fütterdng'-von frischen -Schilddrüsen bezvv, IV
Metteib dJT ick der Eicfafehhe.iT kfdta$; vör den
anderen 'Methoden gewählt hübe, an dm: Hand einer l£rank«m-
geschieht -schildery- Boi meiner IVGgntln, die }oW\. 20 Jahre
zählt, hoodelf es sich om von Von tan es Myxödem, dos auch
Tn fab t Obs genannt- 'werden' könnte.,." 4a fassen iTrcprung bis rum
fünften Lfebeusjahr zm verfolgen ist. Dumate soll dus TG ml- ein
Trauma durch erneu Pall auf den Kopf mit n weh folg;* ml er Com-
motio eercbti ; erlitten- Jmbeo, was für, die noch teukeLo A*tioiogift •
des spontanen Myxödems nicht unwichtig m erwähim-n hl.. Ich
halte die BeHOlireibnng metnös Mips hosoudßx*s deshalb für Köge»
zeigt, da er geeigjiet i&T einerseits die VchAtllifebo Einwrrküng der
Kr^nkhmt während der Pubertätszeit auf da^ 'KhoejheirwaehstiHim,
- 1 } jNbu(jrdij(gs bat uueb dia Pirmft Merck in Darmstadi geteocknete
Sahiiadriise unter dem Noiiien Tbrreoidiimm Hifec*fcuni (Me^cki äd' de)i
-Markt. gebtrßuhtv Es entspricht 0,6 g des getreckneten Pulvers einer
gaiijen Scbilddriüe vöm Kftlh mittlerer'Cteöese.' Es empfiehlt such folgende
JS ’ r- '‘ Kreibw 6 jsf> r
. Bpi. Thyrnoidiij. eieret. (Merek) ‘2,0
Snccii. IftCt. 18 t 0
M, b trochisci No, XX.
I). S. Töglich 1—3 «Stück zu nehmen.
Google
amiereraeite ein WlodeinnfacdieQ dos Waolistlnuns durch die SellSd-
{irib'en?horai>iA doutlieii zu domonstriven,
' ä.tih müese:. fbüientio. E, M. Dt iru April lB7i ohne Eimsthülüi gm
baren. Sic .ist',dös zweiütUeste Kind vf.n fünf Geschwistern, ttie aHe-gc*
sund sind- liire Mütter ist im 32. Lebendbdtr na epidninitK'bor Cerehfo*
■ spinabiioaingitis gfeirterben, als Pati'»mtin_ ,z<*hq Jidire n).t war. Der VTtcr
b tt und ist gesund. E> Hiihnn hcmeilni iierven* o.*tev iteiyteskrnnkiteiänv.
in der FamUm busttuule-n litt ?weiten Ta-h? bat P,Tf, Sfes^rn m ihiete
tum Abunw 'dur*-hgmm\fehT .• Bin enlwickniie Hvh kOrpHfbeü mal gggSqj
■ gut hi-> zu 'ihrmo OusUv-n Eehfmgirdu*, wo vor rdloxi ilingon ihr WachT
. tbum- Sf«Hi r ü*ikhlir:b. Während der Schulzeit *:wm ihre gniefige« Fälu^kidteu
normale. dAgysmi blieb sie körperlich aulfnlbnd Unin,‘wurdnpluhip lm>Mider r c
bim. Gesiebt und au doo Häudm;. Türe. und Spcnndm wm-Mii.Un«.-
sam. Sih klagte immer iib«r tuul Mnttigkfeit und HöbW’dic Eube
. itnd die Einsamkeit. Ärb -dom Tl. Lfibe.nTfnhr.hr;miitn m A er. Vater, ntu
. sie. avftät.uüll durch emen KJtnmvvpnbsel vnc baftami- natih Slhif g^tfk r^cdi, wo
jedoch der iroi-tio^f’ hustend boine^wegr? günstig beeilteüsst wurde.
im V.üvz IHÜM call ir.h Patientin, in ih.rvm iO. .Lekvjisjakr zuuiyr^twa
wdt und sofort iM mir ter endinoidfes Aussehen auf. Tdx «ahm damaW
j Tolemidon Sta-tus. auf*. Geaicdö Fcbr ldass, gpdmig.nii ^ mit breiten iJacktin
'mul öuiDlIoo'l dicker. berfthh.Hijgehuer Uniesüepe. Kopfjumr und A.ugsa-
luwieix spiü’Hcle dünn SchfeimlUiuto selw blnss. Talniüeiytei gemiiwollen.
leicht blutend., Malaie gciieif und au den RfimttVm gezackt, l.hi'r Gesichts'
»ifödtimk ist ein Starrer, iiuuot.ftrHr.her. Sprache sTbr lajigr-aoi. mit ui ul er f
muhef Stimme. Die Glundulö thymvHn Ist nicht, zu h1hh*ij ; ühacali deute
lißhb IrKchottlcmgo. Die Hilndfe und PitesC sind "osöhW-dUca, bbm? bm
Fmgerdriu-.lc eine ftedle zu -InuTeffetsSiHj Um Haut tnhü sieh tanh und
tfocko« U-n und'/oigt yudujpponföi'ibiüc Ahschilicrung An den Si recli-
•Vmiteu- der Zehen 'iiiisehriclipue rauhe, graue Stellt*»: voü vcudiuktur' Ppi*
dt)r»ci»:/ Weniger rauh war 'die Haut 'ün' dfcn ExmmuUltcu .und am Rumpf,
iodoch ist Rö'.auch hier lihmü ksüte tr-idccc. juu! 4 schwyDslg. .' Kekiü-
Snnailülitiüs- und ftrauyoin Hitegxu nor-mhb Lei!» dick, aufas-
lrichun. Innert: Grgauo gemuul. Urin fiel v«>u Zucker tmd Biwum*.
Munsu? vncen noch «ight eing^traten Patbmtln xetgt om«i wif^Qinteu
Gang, Br scJiwtwD.lUg io il uv.a Bowi-gmigeu nmi ihvora Hamli-ia. .-Iliw- .
KdrpcrUjmu betteigl aür W7 nnu Ks hesiohl bei ihr mng.gcdHS.ekte Goinüths--
ctimifimm/ h\p»u H.meirtecJh-Ru'I.iri* lodte-l-rr N »tur. Bie- th-hi c« u«e^ mit .
ihren ßrk« rr: viel .:n sprechen, zu scherzen tute /.e l'uiiciu gtUndoru
sitzt meist ruhig in emer Ecke des Zimmers. Ihre. Jntelbge«?-.. hat mjb
sproehend iWm Alter feum Kiidavsse erlitten. Wem» aacb der Denk-
proccss eiAv.ie bugwmncr als oonrm! nblkuti. so scheint, er keteteweg*. goRtört;
Alle di^i' SyiBpUmm zuKninmciigofasst. und mit dct. boson-
deren Borücksiohtigu ng dm 1 dmrakteristi?clteTi ptudirderuiiscben
der hoteigrddigtei Amdmio und der psyteustetmv
Dfepr^siou, «Ute Zviritekbloilmns <!fs AVatdiSUumipt konnte, die
Diagöiisü dos spontunon bp?w. inbmtÜeß Mrxödyms Jiicbb ? weif Ate
haff Bfein. Auch wurde dmmlbo hestftGj;» durch den giiu.^tlgorj Ein-
fluss der oingeselilHgeiiüii Tbwapic ; du j«, wie NieU-en (Mmmtehoftu
l pr, DcrmatoiQg:. Bd. 16, >!g ,B) durch FüUerimg*' ytei Sfelulddrüßmr
an sich 'selbst.'üAckwioÄ imd mit mich m mir ©ifAim>B hubo, um
#?ftßüadör Munseli nicht im ududesteh .darauf roaghT
Bezüglich der Fütterung: üdt ^ThbHisöii war hmm Bogimi
dm- Unr noch keine Eiijl>cdi.libhMi- Aur 0-tei? <n de*v Angaben der
LfUerntur erzielt; es war selbst in dos Berichten oXt nicht dmmal
zwischen Drüsen und -Drüftoniappon oüi gmiuuur irpterschte.u
gemacht, ge,%hwoigo denn, dass fWieute'tevm in Gramm imirr.-
geben waren. Ausserdem diSbrlror: die OmVicbt^iiteng^M der Uhtü^
ÜteA tbyreoidou. \hvm Kalb uud fcehät die iimi'mv nur aus zmn
808
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42
Lappen bestehen, ganz bedeutend. Bei mehreren diesbezüg¬
lichen Wägungen ergab sich als Durchschnittsgewicht für
einen Kalbsdrüsenlappen 5 g, dagegen für einen Schals¬
drüsenlappen nur 2 g. Damit ich auch wirkliche Schilddrüsen,
die leicht mit Muskelsubstanz zu verwechseln sind, bekam, setzte
ich mich mit dem Thierarzt des hiesigen Schlachthauses, Herrn
Schenk, in Verbindung, durch dessen Güte ich in den Stand ge¬
setzt war, je nach Bedarf wöchentlich Drüsen vom Schaf oder
Kalb zu beziehen. Durch die vorhin berührte Unsicherheit in der
Dosirung sollte ich gleich im Anfang der Cur (Beginn am 27. März
1893) unangenehme Erfahrungen machen. Vermehren (Deutsche
med. Wochenschr. 16. März 1893, S. 255) gab einer 42jährigen
Patientin vier Wochen lang täglich vier Drüsenlappen von Mast¬
kälbern, wodurch ich ermuthigt wurde, meiner Patientin am ersten
Tag einen Lappen, am zweiten Tag zwei Lappen und am dritten
Tag wieder einen Lappen vom Kalb roh zu verabreichen. An
diesem letzten Tag (29. März 1893) trat heftiger Kopfschmerz mit
Schwindel, Erbrechen und Appetitlosigkeit ein; das Gesicht war
geröthet, der Puls war auf 100 gestiegen, voll, jedoch regelmässig,
und es waren deutliche stenocardisclie Beschwerden bemerkbar. Die
Temperatur, die vor der Cur nie, auch Abends nicht, über 35,9 C
gestiegen war, erreichte die Höhe von 38,1, während Patientin
Morgens nur 35,0 gemessen hatte. Sofort wurde die Fütterung
ausgesetzt, die Patientin zu Bett gebracht und regelmässig Morgens
und Abends während der ganzen Cur Temperaturbestimmung und
Pulszählung gemacht, wobei ich die Erfahrung machte, dass die
Temperatur nie mehr, auch nicht nach längerem Aussetzen unter
36,2 sank, während sie bei der Fütterung sofort wieder bis zu
37,9 anstieg. Dementsprechend stieg auch regelmässig die Fre¬
quenz des Pulses manchmal bis zu 120, und war gerade dieser
Punkt ausser sich einstellenden Kopfschmerzen und Zuckungen des
ganzen Körpers bei weiteren Fütterungen für mich maassgebend,
von der Darreichung vorübergehend abzusehen, da ich dann eine
gewisse Intoxication beziehungsweise eine Sättigung des Körpers
mit Schilddrüsensubstanz annehmen musste. — Die Urinmeno-e
die vor der Behandlung nur V 4 bis V 2 Liter betragen hatte, stieg
auf eine tägliche Durchschnittsmenge von l 1 /* Liter, und das
? C iad? 6 Gewicht wurde nach den ersten drei Tagen von 1017
bis 1030 vermehrt und hielt sich immer in ziemlich hohen Grenzen
Diese plötzliche Steigerung des Stoffwechsels wurde auch noch
durch eine Abnahme des Gewichts von 62V 2 Pfund auf 61 Pfund
bewiesen. Die Gewichtsverminderung konnte ich jedoch nur in
der ersten Zeit der Cur constatiren, während später nach Verlauf
eines Jahres sogar trotz Fütterung das Körpergewicht auf 65 Pfund
anstieg. Stoffwechseluntersuchungen sind bereits bei einer Pa¬
tientin mit Myxödem von W. Ord und E. White (Brit. med.
Journal 29. Juli 1893) angestellt worden. Beide Autoren haben
vor und nach der Behandlung mit Schilddrüsenextract Urinunter-
suchungen gemacht und gefunden, dass während der Behandlung
die Menge des ausgeschiedenen Stickstoffs die mit der Nahrun?
eingenommene übertraf, und zwar kam der Stickstoff hauptsächlich
in .borm von Harnstoff zur Ausscheidung.
Mnro i m B 31 j M fr z * 89 . 3 ’ 1* April und 2. April wurde nur noch
Morgens und Abends je V« Lappen d. h. circa 2 g Drüsensubstanz
gegeben, wonach sich wieder folgende Beschwerden: Zu¬
sammenschrecken, Hämmern im Kopf, Ohrensausen, Erbrechen und
ausserdem Druck m der Nierengegend einstellten. Die Unter¬
suchung des Urins auf Zucker und Eiweiss ergab auch ietzt
7 0 !!Lr g H H S , Re fJ ltat ’ dagegen war Jedesmal durch Essigsäure-
HantRPhi^n 11 ^ 6 ^rhanden, die nach Abnahme der
Hautschwellung nicht mehr auftrat.
wa . r . ni f * Zungen, das Bett zu verlassen, so
?end Sth«„ ■ !! dUr * Ch ™ Cur - Ueberhaupt möchte ich drin-
behandtln d<m , ^,° chen die Patienten nur im Bett zu
hat Ich EL dle lei ® ht ™ g liche Dosis herausgefunden
v p .. s ® t . zte wel tere Tage die Fütterung ausf und da
‘Ltt WolÜ / dWte ’ machte sie einen kleinen Spaziergang
T^ge am 6 A g nrirn^hU 1Ch TJ' Drüsenlappen, und am nächsten
T t / V ’ nachdem hef tiger Durst und Jucken am ganzen
Kön>er aufgetreten war, beobachtete ich, jedenfalls durch Cumulativ
d^fir U ^?fl Abend - S /^ en schweren urämischen Anfall von V^stün-
rf'"'«" “PoK“*» Stadium ron meh-
fälle beobachtet worden seien. Ich war durch diese Mittheilmw
umsomehr erstaunt, da in den letzten Veröffentlichungen von
Mendel und Laache (Deutsche med. Wochenschr. 1893 No 2
und 11) keinerlei Rede von solchen Zufällen war. In der englischen
Litteratur war allerdings von mehreren Seiten auf Vergfftungs-
symptome aufmerksam gemacht worden, jedoch nie mit tödtlichem
Ausgang. Leichtenstern hat später in der Deutschen medi
cinischen Wochenschrift 1893 in einer sehr fleissigen Arbeit
einen Fall von operativem Myxödem beschrieben, wo er allerdings
nach grossen Dosen von 10—12 g roher Schilddrüse (einmal in
der Woche gereicht) einen schweren Anfall von hochgradiger Herz¬
schwäche mit schwachem Puls, Oedem an den Unterschenkeln
Eiweiss im Urin beobachtete, der 14 Tage anhielt, sich jedoch
später bei gleicher Dosis während eines ganzen Vierteljahrs nicht
mehr wiederholte. (Deutsche med. Wochenschr. 1893, No. 51, S 1356)
Auch Schotten hat erst im October 1893 in einem Vorträge
im Aerzteverein zu Cassel (Münch, med. Wochenschr. 1893, No 51
S. 983) einen Fall von schwerer Stenocardie bei Myxödem mit-
getheilt, die schon nach zwei Gaben von je 5 g Schilddrüse am
ersten und dritten Tage verursacht wurde.
Durch den oben geschilderten urämischen Anfall waren die
Angehörigen, wie leicht zu erwarten war, so abgeschreckt, dass
sie sich auf lange Zeit hin weigerten, die Behandlung fortsetzen
zu lassen. Wenn die Zeit der Darreichung auch eine kurze ge¬
nannt werden muss (während 11 Beobachtungstagen), so war doch
der Erfolg ein ganz auffallender. Gesicht, Hände und Füsse waren
bedeutend abgeschwollen. Die Haut schälte sich und fühlte sich
weich und feucht an, selbst der Gemüthszustand der Patientin fing
an, em heiterer zu werden. Sie zeigte mehr Interesse für ihre Um¬
gebung, Bewegungen und Gang wurden rascher, während ihre Sprache
den rauhen Timbre verlor. Im Kopfhaar und an den Augenbrauen ein
J an £ er Nachwuchs sehr deutlich zu bemerken. Auch stellten sich bald
die Menses zum ersten mal ein und kehrten seitdem regelmässig
alle 4—6 Wochen wieder. Ich konnte sonach mit dem Erfolg der
Cur zufrieden sein, so dass ich der Weigerung der Patientin nach¬
gab und die Cur im ganzen bis zum Monat Juli aussetzte.
Da ich aber auch noch eine eventuelle Begünstigung des bis jetzt
nicht beeinflussten Wachsthums anstrebte, begann ich von Juli ab
mit kleinen Dosen Drüse, und zwar ging ich von Kalbsdrüsen zu
rohen Schafsd-rüsen über, die keinerlei Unterschied in der Wir¬
kung zeigten. Ich ordinirte nie mehr als dreimal wöchentlich 1 g
und war auch selbst bei dieser vorsichtigen Dosis nach vier- bis
fünfmaligem Nehmen wegen Intoxicationssymptomen mehrmals ge-
nöthigt, auszusetzen. Von November ab wurden Schilddrüsen¬
tabletten nach Apotheker White genommen, und zwar jeden dritten
Tag eine Pastille, doch stellten sich auch hierbei zuweilen Kopf-
schmerz, Erbrechen, Zuckungen ein, bis Patientin von Januar ab
täglich eine Tablette vertragen konnte. Seit vier Wochen ist die
Fütterung vollständig ausgesetzt worden.
Erst im letzten Vierteljahr der Behandlung konnte ich nun
auch ein langsames Wachsen bei meiner Patientin constatiren.
Wie mir der sehr intelligente Vater, der wegen des zurück¬
gebliebenen Wachsthums am meisten besorgt war und deshalb sein
Kind früher regelmässig mit genauen Aufzeichnungen gemessen
hatte, mittheilte, hat das Wachsthum in den letzten fünf Jahren
absolut still gestanden. Im März 1893 maass Patientin vor der
Gur 127 cm, Anfangs Januar 1894 2 cm mehr und Mitte April
132 cm, hatte also in einem Zeitraum von einem Jahr 5 cm an
Körperlänge zugenommen, eine Zahl, die dem normalen Wachsen
vollständig entspricht, da nach Franz Liharzik (Das Gesetz des
Wachsthums und der Bau des Menschen, die Proportionslehre aller
menschlichen Körpertheile für jedes Alter und beide Geschlechter.
Wien 1862) vom zweiten bis zwanzigsten Lebensjahr der mensch¬
liche Körper in Zeiträumen von je 17 Monaten immer um 5 cm
wächst. Dieses Resultat ist um so auffallender, als bei den meisten
Frauen im zwanzigsten Lebensjahr das Wachsthum vollständig zu
cessiren pflegt. Auch von anderen ist über bedeutende Wachs¬
thumszunahme nach Myxödembehandlung geschrieben worden. So
berichtet Gibson (Brit. med. Journal 14. Januar 1893) über eine
solche, wo ein sechsjähriger Junge nach Implantation von zwei
Schafsdrüsen binnen einem Jahr zwei Zoll gewachsen ist. Schotten
(Münchener med. Wochenschr. 1893, No. 52, S. 1004) erzielte bei
einer 18jährigen Patientin mit sporadischem Cretinismus im Zeit¬
raum eines Vierteljahres ein Wachsthum von 2 cm. H. Rehn’s
kleine Patientin, deren Photographie Sie vorhin gesehen haben,
hat nach einem Jahr an Körpergrösse sogar 10 cm zugenommen.
Trotz des gewiss nicht zufälligen Wachsthumsfortschritts im
letzten Jahre ist die Körpergrösse und das Gewicht bei meiner
Patientin im Vergleich zu den betreffenden Zahlen einer gesunden
Person weiblichen Geschlechts (von demselben Alter) noch be¬
deutend zurück. Nach Quetelet (siehe Froehlich’s Artikel
„Körpergewicht“ in Eulenburg’s Realencyklopädie XI, S. 193)
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18. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
809
misst eine gesunde zwanzigjährige Frau 1,57 m mit einem Gewicht
von 52 kg, während meine Patientin ihrer Grösse und ihrem Ge¬
wicht nach den Durchschnittszahlen eines zwölfjährigen Mädchens
entspricht. Dagegen zeigt sich der Schädel in seinen sämmtlichen
Maassen als vollständig ausgewachsen, ja dürfte eher noch als
etwas zu gross erscheinen, da die Zahlen die obersten Grenzen der
Durchschnittsmaasse erreichen. Nach Froehlich (1. c. S. 205) sind
am deutschen ausgewachsenen Schädel folgende Zahlen aufgefunden
worden:
1. Längsdurchmesser 18 cm ... (meine Patientin 18 cm)
2. Breitendurchmesser 13,5—15,5 cm ( „ 15 C m)
3. Höhendurchmesser 12,5—14 cm . ( ” ,, 14 C m)
4. Wagrechter Umfang 53,6 cm . . ( „ ” 52 cm).
Sehr interessant ist auch eine vergleichende Messung des
Brustumfanges, der mit seinen Zahlen (60—64 cm) in einem Miss¬
verhältnis zur Körperlänge steht. Normaliter fällt in dem Alter
bis zum zwanzigsten Jahr der Umfang des Thorax mit der halben
Körperlänge zusammen, und der erstere hält mit der letzteren
gleichen Schritt, während die Maasse meiner Patientin beweisen,
dass ihr Thorax wachsthum im Umfang um 6 cm zurückgeblieben
ist. Die Extremitäten sind im Vergleich zum übrigen Körper zu
klein, besonders fällt dies an den unteren auf. Wir sehen also,
dass das Myxödem im wachsenden Alter zu recht bedeutenden
Störungen der Körpergrösse als auch der Proportion der einzelnen
Körpertheile führen kann. Durch meinen Fall finden die schönen
Experimente Franz Hofmeister’s (Beiträge zur klin. Chirurgie
1894 XI. Bd., Heft 2, S. 490—501) ihre klinische Bestätigung.
Dieser Autor thyreodektomirte Kaninchen und constatirte mehrere
Monate später gegenüber den Controllthieren (desselben Wurfs)
ausser einer Gewichtsabnahme ein Zurückbleiben des Längen¬
wachsthums der Extremitäten und der Beckenknochen (nicht des
Schädels) und eine Verzögerung der Ossification an den Epiphysen¬
knorpeln. Noch mehr in die Augen fallend wegen der längeren
Extremitäten waren die Versuche der Wachsthumshemmung, welche
v. Eiseisberg an thyreodektomirten Ziegen anstellte, über die er
auf dem vorjährigen Chirurgeneongress in Berlin referirte.
Ausser dem vermehrten Körperwachsthum zeigte die Schild¬
drüsenfütterung noch ihren mächtigen Einfluss auf die Zahn-
bildung. Meine Patientin, die offenbar noch nicht die zweite
Dentition überschritten hat, machte mich darauf aufmerksam, dass
sie im letzten Vierteljahr drei neue Zähne bekommen hat, nachdem
die alten cariösen Milchzähne ausgefallen waren. Es betraf die
beiden Buccales rechts oben und einen links unten, welche meistens
schon, im 10. bis 15. Lebensjahr durchzubrechen pflegen. Augen¬
blicklich sehen Sie auch links oben einen bleibenden Zahn, und
zwar den Bucccalis internus durchbrechen, der meist schon sich
im zehnten Lebensjahr zeigt.
Schliesslich möchte ich noch über den mikroskopischen Blut¬
befund bemerken, dass derselbe für Myxödem nicht pathognostisch
ist. Mendel, Leichtenstern, Schotten (1. c.) constatirten an¬
fangs eine Leukocytose, jedoch nach der Behandlung eine Ver¬
mehrung der rothen Blutkörperchen und des Hämoglobingehalts.
Kraepelin (Deutsch. Archiv f. klin. Med. Bd. XLIX, S. 587) fand
bei drei Fällen von Myxödem eine Vergrösserung des Durchmessers
der rothen Blutkörperchen, dagegen war die Zahl der Blutkörperchen
und der Hämoglobingehalt normal. Herr Dr. Benario hatte die
Güte, vor einigen Wochen folgenden Blutbefund bei meiner Patientin
zu erheben, der sich fast vollständig mit dem normalen deckt:
Polynucleäre Zellen 63%
Lymphocyten 24 %
Mononucleäre Zellen 5,7 %
Uebergangsformen 6,8 %
Eosinophile Zellen 1,5 %
Die Zahl der rothen Blutkörperchen betrug die für Frauen etwas
übernormale Menge von 4 200 000 in 1 cmm, der Hämoglobingehalt
80%. Wie Sie sehen, ist auch an der Färbung der Haut und
sichtbaren Schleimhäute die vor der Cur bestehende hochgradige
Anämie nicht mehr zu erkennen.
Ziehe ich nun aus meinen Beobachtungen die Folgerungen für
die Praxis, so möchte ich rathen, bei der Behandlung des Myxödems
besonders im Anfang der Cur bis zur Abnahme der Hautschwellung
sehr kleine Dosen Schilddrüsensubstanz zu verwenden und erst
allmählich zu steigern. Nach meinen Erfahrungen kommt man
mit geringen, täglich gereichten Schilddrüsenquantitäten (circa
1,0 pro die) ebenso weit, ohne seine Patienten in Gefahr zu bringen,
als mit den bis jetzt noch allzusehr üblichen grossen, einmaligen
Dosen in der Woche. Dasselbe gilt von den White’schen Schild¬
drüsentabletten, von denen anfangs eine pro Tag (bei Kindern
l h Tablette), später zwei bis drei Stück während vier bis fünf
Wochen mit demselben Erfolg wie bei Darreichung frischer Drüse
gefüttert werden. Bei eintretenden Alarmerscheinungen (Kopf¬
schmerz, Erbrechen. Pulsfrequenz etc.)’ ist jedoch sofort eine Schild¬
drüsendarreichung jeglicher .Art bis auf weiteres zu unterbrechen.
Was nun die definitive Heilung angeht, so sind wir hiermit
auf dem einzigen wunden Punkt dieser Therapie angelangt, da sie
nämlich den Nachtheil hat, keine eonstanten Resultate zu liefern.
Ich halte Litteraturberichte von vollständigen Heilungen nach Be¬
obachtungen von % bis 1 Jahr für. vollständig verfrüht, ja ich
gehe soweit zu sagen, dass überhaupt keine Heilung auf Jahre hin
möglich ist, sondern dass wir nur temporär durch die Fütterung
die normale Schilddrüsenfunction nachahmen. : In meinem Fall
hatte sich l U Jahr nach den ersten Fütterungen noch kein
charakteristisches Myxödemsymptom wieder eingestellt, und glaube
ich, dass nach eingetretener Besserung später eine vierteljährige
prophylaktische Darreichung für eine bis zwei Wochen dem
praktischen Bedürfniss genügt. Selbstverständlich müsste man bei
einem früheren Recidiv sofort einschreiten. Wir wollen jedoch den
Mangel der mehrmaligen prophylaktischen Fütterung im Jahr gern
übersehen, wenn wir erwägen, dass wir durch die Schilddrüsen¬
darreichung befähigt sind, diese unglücklichen Myxödemkranken
der menschlichen Gesellschaft wieder zu schenken. Es soheint
sonach, dass von der . übrigen so romanhaft klingenden Gewebs-
safttherapie die Schilddrüsenfütterung bei Myxödem sich vorteil¬
haft unterscheidet und allein berufen ist., Gemeingut aller. Aerzte
zu werden zum Heile ihrer Patienten.
IV. Was wir von der chirurgischen Behand¬
lung des Morbus Basedowii zu erwarten
haben.
Von Dr. F. Lemke in Hamburg.
Die in letzter Zeit sehr lebhafte Discussion über das Wesen
des Morbus Basedowii hat uns leider in der richtigen Erkenntnis
desselben wenig gefördert Die Hu fei an d’sche Gesellschaft hatte
im vorigen Jahre diese Frage zum Gegenstände einer Preisschrift
gemacht und hat der Arbeit des Herrn Dr. Busch an den Preis
zuerkannt. In diesem Buche .finde ich im Abschnitte „Prognose“
folgendes:
„Quoad vitam bietet die Krankheit eine günsige Prognose —
quoad restitutionem ad integrum stellt sich die Prognose gleich¬
falls günstig, wofern das Leiden möglichst frühzeitig in Behänd?
lung genommen wird.“ „Die pessimistische Ansicht verschiedener
Autoren von der Unheilbarkeit der Krankheit kann Verfasser auf
Grund einiger eigener Beobachtungen und der in der Litteratur
verzeichneten Krankheitsfälle nicht theilen. Die Therapie ist ge¬
wiss imstande, alle Erscheinungen, im besonderen die den Kranken
in hohem Grade belästigenden nervösen Symptome zu beseitigen,
nur Kropf und Exophthalmus können eine Ausnahme machen,
wenn sie bei schon länger bestehender Krankheit auf organischen
Veränderungen beruhen.“ Jetzt werden vom Verfasser eine
Reihe von Autoren angeführt, die über vollständige Heilungen
berichten; geprüft werden die einzelnen Fälle nicht, auch wird
der später erwähnte Neurologe nicht gefragt, ob alle diese
Heilungen auch von ihm als solche anerkannt werden. Die einfache
Behauptung der Heilung wird widerspruchslos als unanfechtbar
hingenommen.
Weiterhin kommt dann der Verfasser auch auf die chirur*
gische Behandlung des Morbus Basedowii, und zwar mit folgenden
Worten: „Die Wichtigkeit der Sache erheischt es, diese Fälle etwas
eingehender zu betrachten: Zunächst fragt es sich, ob in
denselben wirkliche Heilungen erzielt sind? Nach den
Aussagen der Berichterstatter gewiss. Allein, wenn
man die Mittheilungen näher prüft, findet man, dass
diese angeblichen Heilerfolge nicht den Erwartungen
entsprechen, die der Neurologe an sie stellt, dass sie
vielmehr nur als Besserungen, mitunter zwar auch als
ziemlich bedeutende zu bezeichnen sind.“
Das heisst doch mit ganz ungleichem Maass messen. Ist ein
Chirurg ein weniger glaubwürdiger Berichterstatter als ein mit
innerer Medicin ausschliesslich sich beschäftigender Arzt? Die von
den Chirurgen berichteten Fälle können wohl ohne Ausnahme den
Vorzug für sich in Anspruch nehmen, dass sie längere Zeit ärzt¬
lich beobachtet sind, denn so schnell entschliesst sich kein Patient
zur Operation, da muss erst alles hübsch durchprobirt werden und
sich als erfolglos erwiesen haben.
Dasselbe kann mau z. B. von den in Bädern angeblich ge¬
heilten Fällen doch Wohl nicht behaupten, hier entspricht die
Beobachtung des Berichterstatters, doch vielfach nur der kurzen
Zeit des Badeaufenthaltes. Die dort eingetretene Besserung wird
dann als neue Indicatieen -für. .die betreffende Quelle den Bade¬
schriften einverleibt.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
810
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12
Ein so schweres Leiden wie der Morbus Basedowii
heilt nicht über Nacht, heilt auch nicht nach einigen
elektrischen Sitzungen.
Wer je einen schweren Fall davon gesehen hat, erwartet das
auch gar nicht. Man sieht, Herr Dr. Buschan hat nur einige
Fälle selbst gesehen, sonst würde er nicht versprechen, gewiss
imstande zu sein, alle nervösen Erscheinungen zu beseitigen.
Der Kropf und der Exophthalmus, die er selbst als nicht immer
zu beseitigende Symptome anerkennt, sind aber gerade diejenigen,
über welche die Patienten am meisten klagen. Mit Glotzaugen
herumzugehen und von allen Menschen deswegen angestarrt zu
werden, ist den Kranken das Schrecklichste, wie sie mir häufig
versichern, und was den Kropf anbetrifft, so bringt derselbe allein
schon als mechanische Last, die naturgemäss die Athmung be¬
hindert, das Gefühl des Krankseins dauernd zum Bewusstsein, ja
eine Steigerung der letzteren Beschwerden führt die Kranken
schliesslich doch zum Chirurgen.
Seit meinen Veröffentlichungen über Morbus Basedowii haben
viele der hiesigen Collegen die Güte, mir ihre daran erkrankten
Patienten zuzusenden, so dass ich glaube, einen nicht unwesent¬
lichen Theil der hiesigen Fälle zu kennen, die Häufigkeit dieser
Erkrankung ist viel grösser als ich je geglaubt habe, leider giebt
es zu viele messerscheue Individuen. Wie sehr die von mir Ope-
rirten, deren Zahl ich weiter unten durch neue Fälle vermehren
werde, sich erleichtert fühlen, geht aus der lebhaften Propaganda
hervor, die sie selbst aus eigenem Antriebe für die Operation machen.
In allen von mir operirten Fällen, und sie leben alle noch,
mit Ausnahme einer Frau, die zwei Monate später an Influenza
starb, haben sich die schwersten Symptome, selbst die Glotzaugen
und der Kropf zurückgebildet, schwere nervöse Erscheinungen, wie
asthmatische Anfälle, die hochgradige nervöse Unruhe,, das uner¬
trägliche Zittern der Hände, das sie ganz arbeitsunfähig machte,
haben sich ganz verloren. Zwei Patientinnen, mit denen, wie die
Angehörigen sich ausdrückten, nicht mehr auszukommen war, so
unleidlich zänkisch waren sie, sind jetzt durchaus normal, worüber
mir im ersten Falle der Ehemann, im zweiten die Eltern ausführ¬
lich berichteten.
Bei Gelegenheit des Besuches eines Neurologen aus New-York,
der die Fälle zu sehen wünschte, habe ich alle erreichbaren Pa¬
tienten zusammenberufen, einzelne, die am Erscheinen verhindert
waren, haben wir nachher in ihren Wohnungen aufgesucht; ich
kann versichern, dass ich selbst überrascht war, zu sehen, wie
vollständig bei den zuerst Operirten, bei denen also die Operation
schon in den Jahren 1890, 1891 und 1892 ausgeführt wurde, der
Zustand zur Norm zurückgekehrt ist, so dass ich mit gutem Ge¬
wissen von wirklichen Heilungen sprechen kann.
Was zurückbleibt und selbstverständlich unver¬
ändert Zurückbleiben muss, ist das nervöse Individuum
das auch sicher vor der Erkrankung vorhanden war
Damit erklärt sich auch, dass derartig behandelte Patienten
nicht Gegenstand der Vorstellung in ärztlichen Vereinen sein
können. Das regt schon gewöhnliche Patienten auf, wie viel mehr
Leute, die em so impressionables Nervensystem haben, wie unsere
Patienten.
Bei eben operirten Fällen kann man meistens noch nichi
y on Heilung sprechen, dazu gehört längere Zeit und Geduld, ge¬
wöhnlich schwinden gleich anfänglich die schwersten Symptome
bis dann m ein bis zwei Jahren die Heilung vollständig wird. '
Wenn man also über die Erfolge der operativen Behandlung
des Morbus Basedowii aburtheilen will, muss man nicht mit vor¬
gefasster Meinung an die Fälle herangehen, sondern muss die¬
selben, soweit sie zugänglich sind, sich ansehen. Verlangt man
doch von jedem Kunstforscher und Kritiker, z. B, über Gemälde
dass er sie nicht nur aus Nachbildungen kennt, sondern sie auch
, 0rl gJ?al gesehen und studirt hat. Dieses Princip sollte auch
pL d nL MC<Ü T ? a ? SSgeben - d sein ‘ Sehon beim Gesunden ist das
Befinden wechselnd, um wie viel mehr beim Kranken.
„•-v, "} . f ! arf f 10 * 1 a,8 ° in seinem Urtheil nicht von verführten Be-
Hfim ™ Mtel1 lassen ’ dle . ] v än g st nicht mehr zutreffend sind, son¬
dern muss, wenn man nicht selbst hinreisen kann, brieflich Er-
mhvJjhn M fig Wird i ? s ^ ohl lange daueru t bis wieder eine so aus-
d^des h H^rrn 0 Dr aP H? iT ^ rankheit geschrieben wird, wie
würden also f a ?k ihnschan die dort ausgesprochenen Ansichten
Z*\t L T’f !X lh f ] * nichfc sofort widersprochen wird, für lange
f® lfc alfi 'maassgebend angesehen werden, deshalb möge man es
entschuidigen, wenn ich meinen Standpunkt sofort gewahrt wissen
vocirem ^ “ ferner ’ als ^en Federkrieg zu pro^
q .. .übrigen wäre es durchaus wünschenswerth wenn von
Seiten einer Behörde oder grösseren ärztlichen Corporation der
Morbus Basedowii zum Gegenstände einer Sammelforscliung, ähn¬
lich wie vor mehreren Jahren die Influenza, gemacht würde* dann
würde doch eine Statistik mit ihren vielen Nebenfragen möglich
sein, die jetzt vollständig unbeantwortet bleiben müssen. Wie
wenige Fälle sind veröffentlicht, und nach diesen wird nun abge-
urtheilt. Vielleicht könnte die Hufeland’sche Gesellschaft sich
der Sache annehmen, dann würde sie ihre verdienstvolle Anregung
zu einem wirklichen Erfolge steigern. Doch nun zu meinen Patienten
Fall 1. Heilmann, Operation 12. April 1890, ist jetzt Post¬
beamter, der ohne Beschwerde seinen Dienst thut; um dies werden zu
können, musste er sich einer genauen Untersuchung des betreffenden
Postarztes unterziehen, der ihn also doch wohl für vollständig gesund
befunden haben muss. Es war dies einer der schwersten Fälle, die'ich
f esehen habe, ich hatte ihn zwei Jahre lang mit allen möglichen inneren
litteln behandelt. In diesem Falle musste die Tracheotomie wegen
Asphyxie gemacht werden, dann habe ich fast 2 /a der Struma exstirpirt.
Struma und Exophthalmus sind ganz geschwunden, der Puls langsam (80)
und regelmässig.
Fall 2. Quedenbaum, Operation 28. Mai 1890, befindet sich durch¬
aus wohl. Als ich ihn vor 14 Tagen zuletzt sah und ihm noch etwas
anrathen wollte (Pil. Blaudii) sagte er: „ich brauche nichts, ich bin jetzt
ganz wohl.“ Sehr schwerer Fall. Jahre lang von mir und in fast allen
hiesigen Krankenhäusern vergeblich behandelt. Damals bestand bedeu¬
tende weiche comprimirbare Struma und sehr hochgradiger Exophthalmus.
Puls war gar nicht zu zählen. Sehr starkes Zittern der Hände und auch
des übrigen Körpers, das ihn arbeitsunfähig machte. Alle diese Symptome
sind vollständig geschwunden, der Mann arbeitet, wohnt drei Treppen
hoch, was ihm keine Beschwerden verursacht. Die genaue Untersuchung
eines Neurologen stellte als einziges noch vorhandenes Symptom das
Gräfe’sche Phänomen fest.
Fall 3. Frau Hausen, Operation 9. Februar 1891. Schwerer Fall,
der die Tracheotomie nöthig machte, sehr ausgesprochenes Zittern der
Extremitäten und des ganzen Körpers. Profuse Schweisssecretion. De¬
lirium cordis. War nach der Operation bedeutend gebessert und wieder
arbeitsfähig, starb aber am 14. April 1891 an Influenza unter den Er¬
scheinungen von Lungenödem.
Fall 4. Elise Vogt, Operation 30. Juli 1891. Habe ich vor drei
Monaten zuletzt gesehen. Leichterer Fall, nur starkes Herzklopfen und
ziemlich grosse Struma, leichter Exophthalmus. Patientin jetzt ganz
normal.
Fall 5. Auguste Sarnau, Operation 31. November 1891 habe ich
aus den Augen verloren.
Die nun folgenden Fälle sind noch nicht veröffentlicht.
Fall 6. Frau Louise Schmidt, 36 Jahre alt, erkrankte im Jahre
1889 infolge eines starken Schrecks, ihr Mann wurde ihr schwer verletzt
ins Haus gebracht. Sehr schwerer Fall. Der Exophthalmus war so stark,
dass die Frau in ihrer Stadtgegend als die „Frau mit den Augen“ be¬
kannt war. Augenärzte und Neurologen haben sie vielfach untersucht
und.beiderseitige Pupillenstarre nebst Graefe’schem Phänomen constatirt.
Patientin hatte sehr starkes Zittern der Hände und des ganzen Körpers,
so dass sie nichts in die Hand nehmen konnte, ohne es feilen zu lassen.
Die Gemüthsstimmung war derart, dass mir der Mann erklärte,- es wäre
nicht mehr möglich, mit ihr zusammen zu sein, sie ärgere sich über die
Fliege an der Wand. Der Umfang der Struma war sehr wechselnd, im
ganzen nicht sehr gross, sie war weich und zusammen drückbar. Voll¬
ständiges Delirium cordis, dazu allnächtlich mehrmals schwere asthmatische
Anfälle, die sie zwangen, das Bett zu verlassen, bedeutende Abmagerung.
Menses unregelmässig. Patientin entschloss sich sofort zur Operation,
die am 4. Februar 1892 stattfand. Dieselbe war recht schwer und blutig,
die Struma glich vollständig einem nur aus Blutgefässen bestehenden
Schwellkörper. Abtragung der rechten Hälfte der Struma, Tamponade der
Wunde mit Jodoformgaze. Secundärnaht. Heilung ohne Zwischenfall.
Entlassung nach 14 Tagen. Sofort nach der Operation sistirten die nächt¬
lichen Anfälle, alle anderen Symptome haben sich allmählich so zurück¬
gebildet, dass die Patientin jetzt vollständig gesund ist, vor allem ist
sie heiter, liest sehr viel, steht ihrem Hausstande vor, in dem sie alles
selbst thun muss. Ophthalmologen und Neurologen haben sie nach der
Operation vielfach untersucht und das allmähliche Verschwinden aller
Symptome constatirt. Schon seit langer Zeit wurde sie von allen Seiten
als geheilt angesehen.
Fall 7. Auguste Muthweiss, 18 Jahre alt, litt seit langer Zeit an
starkem Herzklopfen, Struma mittlerer Grösse und Exophthalmus. ^ Puls
dauernd 120, unregelmässig, Herztöne rein. Deutliches Graefe’sches
Phänomen, sehr starkes Zittern der Hände, besonders deprimirter, mo¬
roser Gemüthszustand, die Eltern sagen aus, dass sie im Hause ganz
unleidlich und zänkisch ist. Nachts starke Angstanfälle. Menses unregel¬
mässig. Operation am 27. April 1894. Es wurde die rechte Hälfte der
Struma entfernt, was sich leicht, schnell und fast unblutig ausführen
liess.. Tamponade der Wunde mit Jodoformgaze. Secundärnaht. Pa¬
tientin war mehrere Tage nach der Operation sehr unvernünftig, riss sich
den Verband ab, soll nach Anssage der Schwestern in Bethanien buch¬
stäblich im Bette Kopf gestanden haben, trotzdem heilte die Wunde ohne
Zwischenfall. Patientin blieb auf Wunsch der Angehörigen noch mehrere
Wochen nach der Heilung im Krankenhause. Hier hat sich kurze Zeit
nach der Operation der Gemüthszustand so gebessert, dass sie jetzt ganz
umgänglich und verträglich geworden ist, Struma ist verschwunden,
Exophthalmus sehr verringert, Puls aber noch frequent, jedoch regel¬
mässig. Wir können also in einiger Zeit erwarten, dass der Zustand zur
Norm zurückkehrt,
Fall 8. Ada Warnecke, 24 Jahre alt. Seit längerer Zeit wegen
starken Herzklopfens und Exophthalmus in Behandlung, Puls dauernd
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
18. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
811
120, ganz unregelmässig, reine Herztöne. Graefe’sches Phänomen,
Nachts starke asthmatische Anfälle. Periode unregelmässig. Operation
14. Juni 1894 in Bethanien. Exstirpation der rechten Hälfte der nicht
sehr vergrösserten Schilddrüse. Tamponade mit Jodoformgaze. Naht. Sehr
leichte Operation. Patientin nach 14 Tagen mit geheilter Wunde ent¬
lassen. Die nächtlichen Anfälle haben sich gänzlich eingestellt. Pa¬
tientin fühlt sich viel wohler. Nachbehandlung mit Ferrum.
Mein Urtheil über die Schwierigkeit der Operation hat sich
wesentlich geändert, nachdem ich meine Technik derselben durch
grössere Uebung an anderweitigen Kropfoperationen vervollkommnet
habe; sie lässt sich schnell, unblutig und gefahrlos ausführen. So¬
bald Haut und Muskulatur nebst Fascie in einem gewöhnlich
4 cm langen, am inneren Rande des Sternocleidomastoideus verlaufen¬
den Schnitte durchtrennt sind, wird die Struma mit einer Klemm¬
zange nach Spencer-Wells gefasst und hervorgezogen.
Die Auslösung geht so vollständig unblutig und glatt vor
sich. Dann folgt die Unterbindung und Abtragung. Tamponade
mit Jodoformgaze und Naht bis zum unteren Wundwinkel, durch
den später der Tampon entfernt wird. Am zweiten oder dritten
Tage stehen die Patienten auf, nach 14 Tagen werden sie mit ge¬
heilter Wunde entlassen. Das cosmetische Resultat ist ganz aus¬
gezeichnet.
V. Die radicalen Bruchoperationen
im Kinderhospital Trousseau in Paris.
Von Gertrud Gordon.
Die Behandlung der Hernien bildet eines der wichtigsten und
ältesten Kapitel der chirurgischen Therapie. Wir sehen die
Chirurgen aller Zeiten mit der Lösung der Frage beschäftigt, wie
wohl die Menschheit dauernd von einem Leiden zu befreien wäre,
das Jahrhunderte hindurch nicht nur als Krankheit, sondern über¬
dies noch als entehrende Affeetion betrachtet wurde. Die Ge¬
schichte der Radicalcur der Hernien zeigt uns, dass schon die
Alten mit ihren blutigen Methoden bei der Behandlung der Brüche
denselben Zweck verfolgten wie die modernen Chirurgen, nämlich
die anatomische und definitive Obliteration der Bruchpforte. Sie
lehrt uns ferner, dass viele der heute „neu erfundenen“ Operations¬
verfahren — in weniger wissenschaftlicher Form allerdings —
bereits zu einer Zeit im Gebrauche waren, wo sich die Chirurgie
noch auf einer embryonalen Entwickelungsstufe befand. Es sei
hier nur die von Celsus und Oribasius 1 ) angewandte Technik
der Radicalcnr der Hernien erwähnt, die sich in ihren Grundzügen
nur wenig von der heute üblichen unterscheidet. In Frankreich
beginnt erst mit Ambroise Par 6 und Franco die Renaissance
der radicalen Bruchoperation. Franco wandte dieselbe nur bei
eingeklemmten Brüchen an. Er sowie Par6 dürfen es sich zum
Verdienste anrechnen, die Ersten gewesen zu sein, die den Samen¬
strang schonen lehrten, nachdem während der ganzen Blüthezeit
der Empiriker vom V. bis XVI. Jahrhundert die Castration als
unumgängliches Requisit der radicalen Bruchoperation betrachtet
worden war. Am Ende des XVH. Jahrhunderts nahm hier die
Bewegung zu Gunsten der Radicalcur wieder ab. 2 ) Mit der Er¬
findung der elastischen Bruchbänder machte sich eine ausgesprochen
reactionäre Tendenz gegen die altgewohnte Therapie geltend, und
die französischen Chirurgen des XVHI. Jahrhunderts, J. L. Petit,
Arnaud, Garengeot u. v. a., sind bereits erklärte Gegner der
Radicalcur. Für die Bandagisten war jedoch das goldene Zeitalter
hereingebrochen. In Paris wimmelte es damals von Bruchoperateuren,
die sich ausschliesslich mit der Vervollkommnung der Bruchbänder
beschäftigten. Bis zum Jahre 1835, wo mit Gerdy’s Invaginations-
methode die Radicaloperation wieder zu Ehren kam, zog man gegen
die Hernien nur mit Bändern, Pillen, kalten Douchen und Bädern
zu Felde. 1835 erschienen in Frankreich nacheinander die ver¬
besserten Verfahren von Velpeau, Leroy d’Etiolles und
Bonnet, Malgaigne und Jules Gu6rin. Nach Gerdy’s Tode
wich die Radicaloperation von neuem den Bruchbändern, um dann
in den Pariser Hospitälern mit Beginn der antiseptischen Aera
von Lucas Championniäre wieder aufgenommen zu werden.
Während nun heute die radicale Bruchoperation bei- Erwachsenen
zu den fast ausschliesslich angewandten Heilmitteln gehört, scheint
man sich in der Kindertherapie dieser Frage gegenüber einstweilen
noch reservirt zu verhalten. Das Radicalverfahren bei Kinder¬
hernien wird von vielen Chirurgen unter Hinweis auf die Schwierig¬
keit seiner Ausführung nur als ausnahmsweises, einzig durch
dringende Umstände gerechtfertigtes Hülfsmittel betrachtet.
Der Erfolg hat denen Recht gegeben, die sich durch diese
Schwierigkeiten nicht zurückschrecken liessen. Das heute zu Ge¬
bote stehende Material von Erfahrungen gestattet bereits ein
positives Urtheil sowohl über die absolute Ungefährlichkeit, als
*) P. Segond, Th&se d’Agrögation.
loc. eod. .
auch über den definitiven Erfolg der radicalen Bruchoperation bei
Kindern, selbst vom zartesten Alter an. Einen Beitrag hierzu
dürfte die Statistik des Kinderhospitals Trousseau liefern.
Bis vor zwei Jahren, wo die Leitung der chirurgischen Haupt¬
abtheilung dieser Klinik in die bewährten Hände meines ausge¬
zeichneten Lehrers Herrn Dr. Broca überging, sind die Hernien
dort einfach mit Bruchbändern behandelt worden. Seitdem hat die
radicale Bruchoperation in Trousseau eine Heimstätte par excellence
gefunden. Herr Dr. Broca hat dort von Juli 1892 bis Juli 1894
250 Inguinalhernien operirt, die sich wie folgt 'vertheilen.
Knaben:
Alter darunter
0- 1 Jahr
—
8 freie
u. 2 incarcer.,
, 3 rechtss.
4 linkss.
3 doppels.
1— 2
=
19
3
16
5
„
1
„
2— 3
=
23
1
14
„
8
2
3— 4
W
=
15
„
— „
8
7
„
—
,,
4— 5
=
11
„
— „
8 .
2
„
1
,,
5— 6
n
—
17
„
— „
11
„
5
1
6- 7
n
==
18
— „
13
,,
2
„
3
7— 8
=
13
— .,
7
3
„
3
8— 9
T7
=3
13
,,
1
6
„
4
„
4
n
9-10
=
8
— „
5
„
2
„
1
10-11
n
=
12
„
— „
7
„
2
„
3
11—12
n
=
9
„
n
3
„
3
„
3
n
12—13
=
9
- n
3
3
3
13—14
=
12
„
l
3
,,
8
„
2
14-16
=
3
— „
2
„
1
„
—
„
109 rechtss.
59
linkss. 30 doppels.
Mädchen:
Alter 1— 5 Jahre = 6 darunter 4 rechtss. 1 linkss. 1 doppels.
„ 6— 7 „ = 5 „ 3 2 „ — „
„ 7-14 „ = 9 „ 6 „ 2 „ 1 „
13 rechtss. 5 linkss. 2 doppels.
Diese Zahlen bestätigen zunächst die bekannte Beobachtung,
dass das männliche Geschlecht in unvergleichlich höherem Maasse
zu Hernien prädisponirt als das weibliche. Auf 198 Knaben
kommen in unserem Falle nur 20 Mädchen. Ferner lässt sich aus
denselben entnehmen, dass bei den Knaben die erste Kindheit von
0—3 Jahren einen nicht unbedeutenden Procentsatz — auf 56: 6
— von incarcerirten Brüchen gab, bei denen, wie man später sehen
wird, die Hemiotomie ausgeführt werden musste. Die zweite
Kindheit von 3—7 Jahren lieferte auf 61 Fälle keinen einzigen
eingeklemmten, während die dritte, von 7—16 Jahren das grösste
Contingent der Hernien stellte: 81 mit 2 incarcerirten. Combi-
nationen der Hernien mit den verschiedenen Hydrocelenformen:
Hydrocele vaginalis, Hydrocele funiculi spermatici, sowie mit
Ectopia testis intra- und extrainguinalis und mit Testis oscillans
(Testicule oscillant der französischen Autoren) kamen mit folgender
Häufigkeit vor:
Hernia inguinalis dextra mit Hydrocele funiculi: 12 mal, Hemia
inguinalis sinistra mit Hydrocele funiculi: 6 mal, Hernia inguinalis
dextra mit Testis oscillans: 21 mal rechtsseitig und 8 mal doppel¬
seitig, Hernia inguinalis sinistra mit Testis oscillans: 7 mal links¬
seitig, Hernia inguinalis dextra mit Ectopia testis: 9 mal rechtsseitig
und 4 mal doppelseitig, Hemia inguinalis sinistra mit Ectopia testis:
9 mal linksseitig und 1 mal doppelseitig, Hernia inguinalis doppel¬
seitig mit Testis oscillans: 2 mal linksseitig und 5 mal doppelseitig,
Hernia inguinalis doppelseitig mit Ectopia testis 9 mal doppelseitig,
Hemia inguinalis dextra mit Hydrocele vaginalis 1 mal, Hemia
inguinalis dextra mit Hydrocele vaginalis und Phimose 1 mal,
Hemia inguinalis dextra mit Hydrocele vaginalis und Hydrocele
funiculi lmal, Hernia inguinalis sinistra mit Hydrocele vaginalis
2 mal, Hemia inguinalis sinistra mit Varicocele 1 mal, Hernia in¬
guinalis sinistra mit Hydrocele vaginalis und Phimose 1 mal, Hemia
inguinalis sinistra mit Hydrocele funiculi, Testis oscillans doppel¬
seitig und Phimose 1 mal.
Die Erblichkeit konnte in unseren Fällen 54mal nachge¬
wiesen werden, und zwar fanden sich in den Familien der Kinder
als Träger von Hernien der Vater 17 mal, die Mutter 3 mal, der
Grossvater 23 mal, darunter 13 mal der Grossvater mütterlicher¬
seits, die Grossmutter 4 mal, die Seitenverwandten 7 mal.
Bruchbänder wurden in 69 Fällen getragen. Dieselben ver¬
theilten sich nach Zahl und Dauer der Anwendung folgender-
... 8 18 15 8 5 8 2 2 2 1
ahre.0 1-1% 2-2% 3-372 4-472 5-57 2 6 7 8 9
ag und Nacht 1 — 1 — 4 1111
Unsere Ziffern zeugen von der Nutzlosigkeit des Bruchbandes
l Bezug auf die Radicalcur der Hernien. In einzelnen Fällen
urde dasselbe 4, 5, 6, 7 und 8 Jahre hindurch Tag und Nacht
e- oder vielmehr ertragen, ohne dass dadurch irgend eine Tendenz
ar Obliterirung der Brachpforte hervorgerufen worden wäre,
lei denjenigen Hernien — und dieselben büden bei Kindern die
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
1
812
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
überwiegende Mehrzahl —, bei denen es sich um congenitale Mal¬
formationen des Leistencanals, um Abwesenheit oder mangelhafte Con-
struction der Leistenpfeiler, um einen abnorm erweiterten Leisten¬
ring handelt, kann selbstverständlich mit der Behandlung durch
die Bruchbänder kein irgendwie nennenswertes Resultat erzielt
werden. Das Bruchband wird unter solchen Umständen niemals
imstande sein, jenen adhäsiven physiologischen Entziindungsprocess
hervorzurufen, der bei der Obliterirung des Processus vaginalis
und der Verklebung des serösen Bruchsackhalses eine so bedeutende
Rolle spielt. Während nun dasselbe in diesen Fällen sich als völlig
unwirksam erweist, übt es jm Gegentheil einen schädlichen Ein¬
fluss auf die mit Ectopia testis verbundenen Hernien aus, indem
es ein Hinderniss für den Descensus bildet. In einer kleinen An¬
zahl von Brüchen kann beim Kinde durch die methodische, mehr¬
jährige Behandlung mittels des Bruchbandes in der That eine
Heilung erlangt werden. Aber um welchen Preis! Es bedarf hier¬
zu der unausgesetzten peinlichsten Ueberwachung und Ausdauer
seitens der Umgebung, der grössten Geduld und Fügsamkeit von
Seiten des kleinen Patienten. Und nachdem dem letzteren so die
schönste Kinderzeit vergrämt wird durch ein Gebrechen, das ihm
jede Anstrengung und Ermüdung verbietet, das ihn folglich von
den Spielen und Erholungen seiner Kameraden, von allen Freuden
der Jugend ausschliesst, ist er nicht einmal sicher, dass nicht nach
Jahren der Bruch, den man längst definitiv und radical geheilt
glaubte, wieder erscheine! Dr. Broca verordnet das Bruchband
nur als Palliativmittel bis zu dem Alter von 18 Monaten oder zwei
Jahren. Es ist dies für die Säuglinge eine kleine Kautschukbinde
m Hufeisenform, für die Kinder, die das erste Lebenmahl* über¬
schritten haben, ein doppeltes Bruchband mit Pelotte!). Vom zweiten
Jahre ab operirt Dr. Broca alle Hernien, unter zwei Jahren
nur die besonders grossen, die schwer zu reponiren und reponirt
zu erhalten sind, sowie diejenigen, die ungünstig auf das All¬
gemeinbefinden wirken. In allen unseren Fällen — bis auf einen
von dem später die Rede sein wird — hat die Radical Operation zu
einer Radicalcur geführt, wie denn dieselbe einem geschickten
Chirurgen bei sorgfältiger Beobachtung der antiseptischen und
aseptischen Vorschriften überhaupt gelingen muss. Die Operations¬
technik Dr Broca’s ist folgende: Eine 5-6 cm lange, dem
Leistencanal parallel laufende Incision eröffnet die Haut, das sub-
cutane Gewebe und die Aponeurose des Obliquus major. Auf jede
Lippe des letzteren wird zum Richtungszeichen eine haemostatische
Pincette gesetzt. Man gelangt auf diese Weise in den Leisten¬
gang und weiter nach dem oberen Theile des Hodensackes zu auf
(hm bamenstrang,. dessen beide über einander liegende Hüllen der
Uremaster und die Tunica fibrosa communis (fibreuse commune)
stets leicht wahrzunehmen und von einander zu trennen sind Da
e LT°\ bei Hermen i eT ^ in dheit — bis auf seltene pathologische
Ausnahmen — um Entwicklungsstörungen im Bereiche des Pro¬
cessus vaginalis, um congenitales Offensein dieses Canals handelt
so muss der Bruchsack unter der Tunica fibrosa communis in
unniittelbarm* Nähe der Elemente des Samenstrangs gesucht werden
er^fftt Sa fa g6f r den ’ -1° Wird er durch ^nen Weinen Einschnitt
S^ttn Ver d ^iP^ V fiV n lhm eütha ! tene N& tz exstirpirt. Die beiden
beiten der Tunica fibrosa communis, sowie der Serosa werden als-
J e eine ^emostatische Pincette markirt und die beiden
d T F “ ger ton einander losgelöst,
stranJ rf fi r d Rhrl»! ll s R ? cksichtnahn ‘e auf den Samen-
trang Der Boden des Bruchsackes wird nun freigele°*t wenn
fibefdLXden 6 w 6rnia fU T Uli ’ der ganze Umfa “g 'desselben
Der Finfi-P^lfnt i We ? n , es s . lch um eme Hernia testiculi handelt.
T® 1gBr . hafc inzwischen immer der Länge nach die Loslösun^
Atterf a r °p a * for ^ eset,z . t ’ Y lS daS geIbe su hperitoneale Fett und die
«T T htb u r W T " de "' Hierauf wird der Bruchsaek-
de"" M f a Äht gesessen, dfelkAponeurose
™f n t q Zr7rZv i0 MUSCU,i ^ ” inores
aSSgÄp.
Leistenringe gelegen ist^nA p ** der J ße ^ el am hinteren
) Legendre et Broca, Thdrapentique infentilem<5dico-chirargicale.
No. 42
und zwar in methodischer Weise unter Chloroform und mit grosser
Vorsicht, da Repositionsversuche bei Kindern leicht eine Contusion
des Dai*ms oder eine Ruptur des Bruchsackes herbeiführen können
Er schreitet erst nach gescheiterter Taxis zur Herniotomie welche
er auf diese Weise vom Juli 1892 bis jetzt achtmal bei ’incarce
rirten Ingumalbrüchen ausgeführt hat. Es waren darunter sechs bei
Kindern im Alter bis zu 2 1 /-» Jahren; eine bei einem sieben- und
eine bei einem 14jährigen Kinde. In Anbetracht der verhältnis¬
mässigen Seltenheit der Brucheinklemmungen und Herniotomieen
im frühesten Kindesalter dürfte die ausführliche Mittheilung der
von Dr. Broca behandelten Fälle nicht uninteressant sein Ich
führe dieselben daher nachstehend an:
Digitized b
Google
Alter
18
Tage
3
Mo
nate
10
Mo
nate
16
Mo
nate
18
Mo
nate
Jahre
7
Jahre
Art der
Hernie
Rechtssei
tige Ingui¬
nalhernie,
die sich im
Momente
der Ent¬
stehung
einge¬
klemmt
hatte
Rechtssei
tige Ingui
nalhernie,
die seit der
Geburt be¬
stand
Rechtssei¬
tige, seit
drei Mona¬
ten beste¬
hende In-
guinal-
hemie
Rechtssei
tige Ingui
nalhernie
Rechtssei¬
tige Ingui¬
nalhernie
Linkssei¬
tige Ingui¬
nalhernie
Rechtssei¬
tige con¬
genitale
lnguinal-
hemie
Inhalt
[EineDünn
darm-
: schlinge in
einem
nicht obli
[terirteuln
fundibu-
lum des
[Processus
vaginalis
EineDünn
darm¬
schlinge
[EineDünn-
darm¬
schlinge
| EineDünn
darm¬
schlinge
[EineDünn-
darin-
schlinge
Dauer
der Ein
klemm
img
2 Tage
1 Tag
2 Tage
2 Tage
2 Tage
Tage
4
Tage
Operation
Am 21. Januar
1893Hemiotomie-
Eröffnung des
Sackes. Reposi
tion des Inhaltes
Drainage des Pro¬
cessus vaginalis
mit Jodoform¬
gaze. Keine Ra
dicaloperation.
Am 21.Nov. 1892
Herniotomie nach
vergeblichem
Taxisversuch. Er¬
öffnung d. Sackes;
Döbridement des
buntem Leisten¬
ringes. Reposition
des Darmes und
Radicaloperation.
Am 26. August
1893Herniotomie
Eröffnung des
Sackes, der in der
Gegend des
Bruchsackhalses
eingeklemmt ist.
D4bridement, Re¬
position und Ra¬
dicaloperation.
Am 8. Juli 1893
Herniotomie nach
vergeblichem
Taxisversuch.
Während der Prä
pari rang des
Bruchsackes tritt
die Hernie spon¬
tan zurück.
Eröffnung des
Sackes und Radi¬
caloperation.
Am 5. Juli 1892
Herniotomie nach
vergeblicher, i
ChJoroformnar-
kose ausgeführter
Taxis. Einklemm¬
ung am hinteren
Leistenringe.
Am 18. März1893:
Taxis in Chloro-
formnarkose, wel¬
che gelingt. Ra¬
dicaloperation.
Am 7. April 1893:
Herniotomie nach
j vergeblicherTaxis.
Einkl emmung
am Bruchsack¬
halse. Exeision
Ides Sackes. Ra-J
dicaloperation. 1
Resultat
Am 6. Febr. wird
eine kleine Ster-
coralfistel be-
merkt, die sich
jedoch einigeTage
später schloss.
Patient verlässt
am 12. Febr. voll¬
ständig geheilt
das Hospital. Am
2. October 1893:
Leistenring etwas
weit, Lokal¬
zustand ausge¬
zeichnet.
Verlässt am4.De-
cember vollstän¬
dig geheilt das
Hospital. Am
6. Februar 1893:
Lokalzustand
ausgezeichnet,
Jesgleichen am
15. October 1893.
Verlässt am 7.
September 1893
vollständig ge¬
heilt das Hospital.
Verlässt am 16.
Juli vollständig
geheilt das Hospi¬
tal Am 19. Oc¬
tober 1893: Lo¬
kal- und Allge¬
meinbefinden vor¬
trefflich.
Verlässt am 23.
Juli 1892 voll¬
ständig geheilt
das Hospital. Am
21. October 1893:
Lokal- und All-
ausgezeichnet.
Patient ist voll¬
ständig geheilt
am 30. März. Am
Juli 1894 Lokal-
und Allgemein¬
befinden ausge¬
zeichnet.
Patient verlässt
nach 16 Tagen
vollständig ß°‘
heilt das Hospital.
Original from
UNIVERSETY OF MICHIGAN
18. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
813
Alter
Art der
Hernie
Inhalt
Dauer
der Ein¬
klemm¬
ung
Operation
Resultat
14
Jahre
Rechtssei¬
tige Ingui-
nalhemie,
die sich im
Momente
des Ent¬
stehens
geklemmt
hatte
Dünndarm
3 Tage
Am6.Decbr. 1892:
Hemiotomie nach
vergeblicherTaxis.
Der Bruchsack
enthält eine trübe
Flüssigkeit. Ra¬
di cal Operation.
Verlässt am 10.
Januar 1893 voll¬
ständig geheilt
das Hospital. Am
14. October 1893:
Lokalbefmden
sehr gut.
Mit Ausnahme des ersten Falles, bei dem eine kleine vor¬
übergehende Stercoralfistel constatirt wurde, haben alle übrigen
Hemiotomieen zu einem vortrefflichen Endresultate geführt. Die
kleinen Operirten sind nach IV 4 Jahre, nach 10, 9, 8 und 3 Mo¬
naten wiedergesehen und im besten Lokal- und Allgemein¬
befinden angetroffen worden. Die Prognose der Radiealoperationen
des Herrn Dr. Broca ist eine ebenso günstige. Auf 165 längere
Zeit hindurch beobachtete Fälle ein Recidiv, das übrigens hätte
vermieden werden können. Die Wunde des betreffenden Knaben
hatte geeitert, und zwar infolge der Verunreinigung seines Ver¬
bandes; der definitive Verschluss des Bruchcanals ist daher nicht
erreicht worden. In den übrigen 249 Fällen ist die Wundheilung
durchweg per primam intentionem erfolgt. Die allgemeine und ört¬
liche Reaction unmittelbar nach der Operation ist immer unbedeu¬
tend gewesen: Temperatursteigerungen bis zu 37,5, 37,6, 37,7 und
37,8° C während der ersten 3—4 Tage; 32mal eine leichte Epidi-
dymitis und einmal ein Scrotalabscess. Die letzteren Complicatio-
nen waren jedoch bei der Entlassung der Operirten vollständig
beseitigt. Die Entfernung der Nähte und der erste Verband¬
wechsel finden am sechsten Tage statt; eine Woche später ver¬
lassen die Kranken bereits ohne Verband das Bett und am zwan¬
zigsten oder einundzwanzigsten Tage schon das Hospital. Ueber
den definitiven Erfolg der radiealen Bruchoperation lässt sich erst
nach längerer Beobachtung der Operirten ein Urtheil fällen. Herr
Dr. Broca, der dieselben darum nicht aus den Augen verliert,
hat erst in den letzten Wochen wieder die Genugthuung gehabt,
über ein Drittel in vortrefflichem Zustande wiederzusehen. Bis
jetzt sind im ganzen 165 der Operirten auf ihr Lokalbefinden hin
wieder untersucht worden, darunter 10 nach 2 Jahren, 4 nach
D /2 Jahren, 10 nach D /4 Jahren, 41 nach 1 Jahre, 45 nach
% Jahren, 40 nach 6 Monaten und 15 nach 3 Monaten. Das Ge-
sammtresultat dieser „Revisionen“ lässt sich kurz dahin zusamnien-
fassen: Lineäre, weisse und weiche, in einzelnen Fällen etwas keloid-
artige Narbe; nicht die geringste Vortreibung bei Anstrengung der
Bauchpresse und normaler, auf dem Boden des Hodensackes befind¬
licher Testis. Bei einigen wegen Ectopie Operirten wurde jedoch
der Hode noch am vorderen Leistenringe gefunden. Er war dann
aber immer leicht herabziehbar.
Das definitive Ergebniss der übrigen Radiealoperationen steht
noch aus. Es sind dies zum Theil noch zu frische, während der
letzten zwei bis drei Monate behandelte Fälle, zum Theil solche,
die bis jetzt noch nicht wieder ermittelt werden konnten. Doch
lassen die glänzenden Resultate, die Herr Dr. Broca mit seiner
Methode des radiealen Vorgehens gegen die Hernien der Kindheit
schon erreicht hat, mit Sicherheit auch auf einen ebensolchen
Ausgang der vorläufig noch nicht controllirten Fälle schliessen.
VI. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.
Bemerkungen zu der Erwiderung über das
Tizzoni’scbe Tetanusantitoxin in No. 40
dieser Wochenschrift.
Von Dr. W. Httbener.
Zu der Erwiderung des Herrn Professor Tizzoni und der
Docentin Cattani habe ich folgendes zu bemerken:
1. Ich muss daran festhalten, dass das Tizzoni’sche pulver-
förmige Tetanusantitoxin, wenn es nach der im Institut für I 11 -
fectionskrankheiten üblichen Methode, welche bei den letzten Publi-
eationen ausschliesslich zur Anwendung gelangt und deshalb für
eine Beurtheilung meinerseits maassgebend ist, geprüft wird,
nicht den von Tizzoni angegebenen Werth, sondern einen
3—4 fach geringeren besitzt.
2. Tizzoni hat Unrecht, wenn er diesen Unterschied im ge¬
fundenen Immunisirungswerth auf die Ungleichheit zwischen der
Ehrlich’schen und der Behring’schen Methode zurückführt.
Zwar hat Behring in der ersten Publication mit einfach tödt-
lichen Dosen gearbeitet, später jedoch redet er, z. B. in der Arbeit
mit Knorr, selbstständig der Berechtigung und Zweckmässigkeit
der Verwendung von vielfach tödtlichen Dosen das Wort. Unter
diesen Umständen besteht in der Ausführung der Prüfungsmethoden
in den letzten Jahren kein Unterschied mehr.
Im Gegentheil habe ich häufig Gelegenheit gehabt, mich bei
Prüfungen, die in verschiedenen Laboratorien des Instituts angc-
stellt wurden, davon zu überzeugen, dass diese (Ehrlich’sche)
Methode bei richtiger und sachgemässer Anwendung mit mathe¬
matischer Präcision arbeitet.
3. Es ist durchaus nicht zu empfehlen, bei quantitativen
Werthbestimmungen von den Mäusen als dem für alle Laboratorien
klassischen Testobject für Tetanusversuche abzugehen.
Ausserdem steht Tizzoni’s Angabe, dass die Empfindlichkeit
der Kaninchen eine gleiche sei wie die der Mäuse, mit allen bis¬
herigen Publicationen in direktem Widerspruch. Man ersehe diesen
Unterschied der Empfindlichkeit aus folgender Tabelle Wladi-
miroff’s*).
Thierspecies
Tödtliche Minimaldosis auf
das Körpergewicht berechnet
Empfänglichkeit
Weisse Maus . . .
1:500 000
| 1
Weisse Ratte . . .
1:50 000
V 10
Meerschweinchen .
1:1000 000 1
! 2
Kaninchen.
grösser als 1: 24 000
(erheblich kleiner
I als ‘/so) ca. Viuo
Ziege.
1:250 000
j ungefähr l /a
Ueberdies lässt der Umstand, dass in die Arbeiten Tizzoni's
so vielfach Versuchsfehler erheblichster Art sich eingeschlichen
haben, mich dieser Behauptung Tizzoni’s doppelt skeptisch gegen-
überstehen.
4. Herr Professor Tizzoni bemängelt es weiter, dass ich
nicht zugleich mit der Prüfung seines Antitoxins eine solche des
Behring’schen 10 Millionenserum vorgenommen habe. Da alle
derartigen Untersuchungen im Institut bei gleicher Methode mit
demselben Gift vorgenommen werden, bedurfte ein einmal fest¬
gestellter Werth einer Nachprüfung meinerseits nicht mehr.
Die anderen Ausführungen und Aussetzungen Tizzoni’s sind
so rein äusserlicher und unbedeutender Natur, dass es sich nicht
verlohnt, darauf einzugehen.
Festzuhalten ist jedoch dies eine, dass das von Tizzoni in
den Handel gebrachte pulverförmige Tetanusantitoxin
nur einem Werthe von 30 Millionen entspricht und in¬
folgedessen, wie aus den Arbeiten Behring’s hervorgeht, zu
Heilzwecken nicht genügt.
Solange Tizzoni Tetanusfälle beim Menschen mit einem Anti¬
toxin von dem Werthe des Merck’sehen Präparates behandelt, kann
ich die erfolgten Heilungen nicht auf diese Behandlung mit Anti¬
toxin zurückführen, sondern bin vielmehr der Ansicht, dass es sich
in allen diesen Fällen um Patienten gehandelt hat, welche auch
ohne Antitoxin genesen wären und bei denen eine günstige^ Pro¬
gnose schon von vornherein eine Heilung in Aussicht stellte 2 ).
VII. Feuilleton.
Die Ausstellung des achten internationalen Congresses für
Hygiene und Demographie in Budapest.
Von Dr. George Meyer in Berlin.
(Schluss aus No. 40.)
Dass in Oesterreich-Ungarn alles, was zur Errettung von Menschen
aus Notli und Gefahr zu dienen hat, vortrefflich eingerichtet ist, ist selbst¬
verständlich. Besitzt .doch fast jede kleinste Gemeinde im Lande eine
Rettungsgesellschaft, welche, wenn auch in bescheidenen Grenzen, nach
dem Muster der Wiener Anstalt, der Schöpfung Mundy’s, eingerichtet
ist. Wohl als ebenbürtig dieser ist die Budapester Schwesteranstalt,
anzusehen, welche sich unter ihrem trefflichen Leiter Ge za Kresz, dem
thatkräftigen Ordner der Ausstellung, gleichfalls zu hoher Vollendung
entwickelt hat, Aeusscrlich betrachtet, gebührt sogar der Budapestor An¬
stalt der Vorrang, da sie in einem mehrstöckigen palastartigen Gebäude
untergebracht ist. Ihre innere Einrichtung, die Ausstattung ihrer Trans¬
portwagen, Gerätschaften war in ausgezeichneter Weise auf der Aus¬
stellung zur Anschauung gebracht. Die Zahl der Hilfeleistungen ist vom
Gründungsjahre 1887 an in stetem Wachsthum begriffen; sie betrug 7530
im Jahre i892 und 8731 im Jahre 1893. An den Transportwagen wären
verschiedene Aenderangen wohl angebracht. Leider erlaubt es der Raum
1 ) A. Wladimiroff, Ueber die autitoxinerzeugende und immuni-
irende Wirkung des Tetanusgiftes bei Thieren. Zeitschrift für Hygiene
nd Infectionskrankheiten Bd. XV. .
2 ) Ausserdem scheint sich die Form, in welcher das Tizzoni sehe
‘etanusantitoxin in den Handel gebracht wird, nicht besonders zu empfehlen,
’oux berichtet neuerdings, dass das im Vacuum eingedampfte berum aem
ativen Serum gegenüber den grossen Nachtheil besitzt, dass es leicM
u ausgedehnteren Infiltrationen des Unterhaut Zellgewebes Veranlassung
Digitized by
Go, gle
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
814:
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
nicht, an dieser Stelle die Vortheile, welche die Gründung einer ähnlichen
Anstalt in Berlin, wo bereits einzelne Einrichtungen zur ersten Hülfe-
leistung bestehen, mit sich bringen würde, auseinanderzusetzen. Ich werde
an anderem Orte auf die Wichtigkeit des Unternehmens, dessen Ver¬
wirklichung auch in Berlin jetzt gesichert erscheint, näher ein¬
zugehen haben.
Gerade auf dieser Ausstellung war eine Fülle von Mitteln zum
Krankentransport sowie zur ersten Hülfe bei Unglücksfällen vorhanden,
wie ich sie bisher kaum auf einer anderen Fachausstellung vorgefunden
habe. Krankentragen stellten zur Ansicht aus J ähnle -Berlin, Strei¬
tenfels und Jacob-Wien (Bahren nach Angabe von Mundy. Langen¬
bock und die im österreichisch-ungarischen Heere eingeführte Räderbahre
nach Neudörfer), die Pester freiwillige Rettungsgcsellschaft, die König¬
lich ungarische Eisenbahndirektion, Tsida-Budapest (Krankenstuhl). Die
zusammenlegbare Bahre nach Glavay ist in oinem Rettungskasten unter¬
zubringen. Die vom Regimentsarzt Ellbogen-Iglau zur Darstellung ge¬
brachten Modelle von als Krankentransportwagen improvisirten Bauern¬
wagen hatten Aehnlichkeit mit den beim deutschen Heere zu diesem
Zwecke gebräuchlichen Beförderungsmitteln.
Mit anderen der eigentlichen Krankenbehandlung dienenden Apparaten
und Werkzeugen, sowie den für Untersuchungs- und bacteriologische
Zwecke bestimmten Gegenständen war die Ausstellung nicht sehr reich¬
lich beschickt worden. Redeutende deutsche und Berliner, aber auch von
anderen Ausstellungen mir bekannte ausländische Fabrikanten waren fast
gar nicht vertreten. Hauptsächlich waren Budapester und mehrere öster¬
reichische Firmen vorhanden, welche meistens recht sauber und genau
gearbeitete Werkzeuge lieferten. Altmann, Schober, Lautenschlä¬
ger-Berlin, Keleti, Weszely & Co., Garay & Co., Fischer & Co.-
Budapest, Broz-Graz, Breitenfels und Jacob-Wien treten hier be¬
sonders durch ihre Auslagen hervor. Eine neue Chloroformmaske nach
\ ajna war bei Garay & Co. zu sehen. Dieselbe stellt einen ovalen
gläsernen Keifen von etwa 5 cm Höhe dar. dessen unterer Rand mit
einem Gummiband umgeben ist, sodass er dem Gesicht sich fest an-
schmiegt. Der obere TheU ist mit Flanell bespannt, auf den die Betäu¬
bungsflüssigkeit aufgeträufelt wird. Mikroskope und andere Apparate aus
dem Gebiete der Präcisionsmechanik waren von Siebert. Eberling,
Merker, Reichert-Wien aufgestellt; einige Instrumente reihten sich
wrnrdig den besten deutschen Arbeiten an. Unter den elektrischen Apparaten
von Schulmeister-Wien war ein Taschengalvanometer mit schwimmen¬
dem Magneten (eine Nachbildung des Hirschmann’schen) bemerkenswert!!
\ on bekannten Elektrotechnikern hatten sonst nur noch Reiniger, Geb¬
iert & Schall ihre Erzeugnisse ausgestellt. Von den zahlreichen Samm¬
lungen von verbandstoffen waren die von Kahnemann und Krause-Wien
° il n Ud ur eS L ZU erwähnen; erstere brachten neue Organtinholz’
binden nach Dr. Waltuch zur Ansicht, Als neue Heilpräplrate sind
Hämolchocoladeplätzchen von Merck-Darmstadt, deren Geschmack jedoch
keineswegs sehr zu rühmen ist, und Ricinuszucker von Lux und Utari-
wfird?n eSt G nf] U ^' W S n u“i ) velcber von Kindern sehr ? ern eingenommen
ZJn a2 die n Fabnk , La Ferme-Dobruska hatte Malzcognak herge-
p? b ™ ucb 1( ? h J. ei der keine Indicationen ermitteln konnte,
ln demselben Saal hatte noch die Centralmilchhallo von Budapest einige
DerF^fp 6 ^ 1886 ’ *? as £ hen eigenartigem Verschluss ausgesteift,
viofn Frauenunterst!chungstisch, an dessen Vorderwand ein Speculum federnd
befestigt ist, von Dr. Stroüe-Ujvidok. bedarf vor weiterer Empfehle
S,ri^ ehÖ f dere 1 Ir 5 un =- da doch wahrscheinlich durch Fest?
bewirk? torrto?.“?, UmS bcl Bewegungen der Kranken leicht Verletzungen
Si.Ä i können. Einen recht guten Eindruck riefeu die von
Biichwald-Budapest erzeugten Operationstische, Krankenbetten etc
hervor. Von Sterilisatoren für Verbandstoffe und ärztliche Werkzeuge
vp^rptfn 6 A ?i P * ra *l V0 ? Schimmelbusch und Bassfreund-Hildesheim
vprtrpt^n CT 7 M wumuiuiuusen una jö asstreund-Hildesheim
DamsGidt Ä r tCn Fischungen gerecht werdend, hatte Merck-
iiarraStaat Antitoxin gegen letanus und Rabies nach Tizzoni-Cattani
statfsfcische Än ** hm 0 Ansta,t in Gebersdorf zeigte mehrere
statistische Tafeln, Reger-Hannover hatte die Gesetze der Verbreitung
'erschiedener ansteckender Krankheiten, Hennig-Königsberg ausser einer
Anrahl von Wandtafeln aus dem Gebiete der PathoIog^dÄXenorZe
darecs < tcIlt." I 1 Fin deS - dr a'n A .usdehmmg der Diphtherie graphisch
der^Mcicroiborit° er^Boll'o-Biirlin cmzelnor Theil " zitier Anstalt lieferte
4 hf.n ) ! C <r' ra f e der Beseitigung und Fortschaffung des Mülls und der
AbhilUteffo der Städte ist in letzter Zeit von verschiedenen SeÜen in
Angriff gonominon worden. Die Stadt Homburg hatte die Art ihrer Mull
Stct':;ve^ e, L P 1 r i d ;T g 0 St .f L , Hi ? r -- den ASSn
von GoS i d l ‘to UOS B W i agenS r f “"’tsLbS“Sr W S
SSSSrfjSäÄiaSjS
Prof.'Paglfa“iVom)! P? ^tte
mehrerer CholeraeDidemieen in Curventafeln vom Verlauf
»eit dem Jre l874 ratroc^rf^ a m U n« U ? d J er Sterblichkeit daselbst
und Zeichnungen verschiedener Krankenhäuser ausge^tdlt ’" tin0pel) Risse
Im Anschluss hieran will ich eine Beschreibung des Saales geben
welcher Pläne, Zeichnungen, Modelle und Risse der hygienischen Anstalt™
verschiedener Städte der Welt — mit Ausnahme der deutschen welche
sich bei der deutschen Gesammtausstellung befanden — enthielt und wohl
auch die ausgezeichnetsten Gegenstände auf diesem Gebiete barg Die
hier versammelten Städte waren: Alexandrien, Amsterdam, Arad Brescia
Brünn, Budapest, Debreczyn, Graz, Györ, Kolozsvär, Luzern, Mons Mont’
pelher, Nagyvärad, Nyitra, Odessa, Paris, St. Louis, Ujvidek, Venedig
Das Bild omes öffentlichen Bades in Brescia war insofern etwas merk¬
würdig, als der Waschraum des Bades von allen Seiten freien Einblick ge¬
stattete. Paris stellte ein Durchschnittsbild der Früchte seiner Riesel
culturen aus.. In St. Louis wird zur Fortbewegung der Krankentransnort-
wagen elektrische Kraft benutzt. Die Ausstellung der Stadt Budapest
legt, wie dies auch allerorts in der Stadt selbst zu beobachten, Zeugniss
von dem gewaltigen Aufschwung, welchen die der Öffentlichen Gesundheits¬
und Krankenpflege dienenden Einrichtungen in den letzten Jahrzehnten
daselbst erfahren, ab. Ihre Zahl beträgt, wie aus einer Karte ersieht,
lieh, 52. Das Modell Szent Laszld Korhäz (Ladislaus-Spital) zur Auf¬
nahme von Infectionskranken zeigt eine Reihe von Pavillons, welche nur
eingeschossig (hochparterre) gebaut sind. Ein überdeckter Gang der
durch Seitengänge mit den einzelnen Gebäuden in Verbindung steht,’ ver¬
läuft in der Mitte der Längsachse der Anstalt, Diese Anordnung’habe
ich bei den meisten neueren im Pavillonsystem erbauten Krankenhäusern
in Oesterreich-Ungarn gesehen. Andere Modelle, z. B. eines Querdureh-
sclinittes der Dorotheagasse (Profil), waren mit bewundernswerther Ge¬
nauigkeit ausgeführt. Die in der Erde befindlichen Ganalisationsanlagen
haben geruchlose Abschlüsse, die ähnlich wie der Abguss einer Tabaks-
pfeife construirt sind. Die Schlamm sinkt als schwerster Theil hernieder
und durch die in einem Knie in gleicher Höhe mit dem Hauptleitungs¬
rohr befindliche Flüssigkeit wird gegen das letztere ein Abschluss be¬
wirkt.
Von speciell medicinischen Gegenständen sind noch mehrere zu er¬
wähnen, welche ganz besonders die Aufmerksamkeit der Beschauer auf
sich lenkten. Th. Weyl (Berlin) hatte ein Modell zur Veranschaulichung
des Stoffwechsels Berlins anfertigen lassen, durch welches in sehr ge¬
lungener Weise dargestellt wurde, wie viel von den einzelnen Nahrungs-
stoflen auf jeden Einwohner jährlich (1890) durchschnittlich entfällt. Eine
bis zur Saaldecke emporreiehende Pyramide von Würfeln verschiedener
Grösse und Farbe, deren jeder mit Bezeichnung der Art und Grösse ver¬
sehen war, stellte dar, wie viel Wasser, Bier, Mehl, Milch, Fleisch, Kar¬
toffeln etc. in Berlin im Jahre von jedem Einwohner verbraucht wird.
Das Bier steht mit 192 kg erst an zweiter Stelle, den ersten Platz nimmt
das Wasser mit 24 472 kg ein, zuletzt sind die Eier mit 0,8 kg gesetzt. Einen
interessanten Beitrag zur Frage der Dauer der Infection der Milch durch
verschiedene Bacterien lieferte Dr. Hosso (Dresden). Bereits nach zehn
Stunden zeigte sich kein Weiterwachsen der Bacterien mehr, so dass hier¬
nach die Milch kaum Träger einer Infection sein könnte. Dr. Morelli
(Budapest) hatte eine grosse Anzahl von gastroskopischen Aufnahmen von
Hunden nach Einwirkung verschiedener Heil- und Reizmittel ausgestellt.
Prof. Bökai (Budapest) zeigte eine erstaunlich grosse Sammlung von
vielen Hunderten Steinpräparaten von Kindern. Die Steinkrankheit ist in
jenen Gegenden bei Kindern weit verbreitet; in der Sammlung waren
Stücke von seltener Grösse vorhanden.
Dio ungarischen Curorte und Mineralquellen hatten eine schöne Ge¬
sammtausstellung veranstaltet, welche zeigte, in wie reicher Weise der
Boden Ungarns von der Natur mit segensreichen Producten zur Heilung
und Linderung der Leiden der Menschen bedacht ist.
Auf dem Hofe befanden sich zahlreiche Desinfectionsapparate, von
denen einzelne durch ziemlich grosse Ausdehnung, keiner jedoch durch
Neuheit der Construction auffiel. Ferner war hier ein Modell ausgestellt,
welches ein sinnreich erdachtes Ansaugesystem mittels Schwimmervor¬
richtung für Canalisationszwecke zeigte. Weniger sinnreich war ein ge¬
polstertes Sitzkissen, welches zur Anbringung an der Vorderseite der
elektrischen Strassenbahnwagen bestimmt war, um zu bewirken, dass etwa
auf den Geleisen befindliche Personen nicht niedergeworfen und überfahren,
sondern sanft auf diesen Ruhesitz gesetzt werden. Die Construction dieses
Apparates lässt es jedoch zweifelhaft erscheinen, dass wirklich die be¬
treffenden Personen stets so auf das Polsterkissen geschleudert werden,
dass sie darauf zum Sitzen kommen.
Im Garten waren mehrere transportable Lazarethbaracken bekannter
Firmen aufgestellt.
Anschliessend an diesen Bericht möchte ich ganz kürz einen der
Ausflügo, an dem ich nach Beendigung des Congresses mich bethefligti
schildern, da auf demselben der recht erheblichen Thcilnelimerzahl eine
Fülle hygienisch bemerkenswerther Einrichtungen der bereisten Gebiete
von den überall vorhandenen liebenswürdigen Führern in bereitwilliger
Weise gezeigt und, wo dies nöthig erschion, erklärt wurde. Zunächst
folgten wir einer Einladung der kroatischen Hauptstadt Agram, wo thafc-
sächlich den von Budapest her bereits sehr verwöhnten Congressisten ein
Empfang bereitet wurde, welcher sich allen vorangegangenen Festlich¬
keiten würdig anreihte. In Agram fesselte besonders das öffentliche
allgemeine Krankenhaus der barmherzigen Schwestern die Aufmerksam¬
keit, ein Neubau, der nach den neuesten Anforderungen der Hygiene her-
gestellt ist. Die Primarärzte Kosirnik und Wikerhauscr, von der
inneren und chirurgischen Station, hatten hier die Führung übernommen
und gaben die nöthigen Erklärungen. Auch hier konnte man sich auf
der chirurgischen Abtheilung von der Häufigkeit der Steinkrankheit bei
Kindern überzeugen. Der Führung der zwanglos in Gruppen einge-
theilten Gäste unterzogen sich die einzelnen Herren mit einer Ausdauer
und Geschicklichkeit, dass wirklich nicht zu bemerken war, dass sie alle noch
einen anstrengenden Beruf zu erfüllen hatten, wie dies z. B. bei unserem
sachkundigen Führer Dr. Rakovac der Fall war, ums omehr als bereits um
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18. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
815
5 Uhr Nachmittags das Festessen begann, welches die Stadt Agram zu
Ehren ihrer Gäste veranstaltet batte. Die Zahl der Trinksprüche war
eine sehr grosse; den Reigen eröffnete der Bürgermeister der Stadt, dem
nach einer Ansprache des Regierungsvertreters Geheimrath Leyden in
trefflicher Weise erwiderte. Von den sechs an diesem Mahl theilneh-
menden Berlinern ergriffen vier das Wort, um der Dankbarkeit für die
gastliche Aufnahme Ausdruck zu verleihen. Nur ungern verliess man
abends die schöne Stadt, um am nächsten Tage einer Einladung des Bades
Cirkvenica Folge zu leisten, wo Ingenieur Pfister (Agram) eine von ihm
ersonnene Vorrichtung zeigte, durch welche es ermöglicht wird, das See¬
wasser durch Entfernung des Salzgehalts geniessbar zu machen. Das
Wasser wird zu diesem Behufe durch Holzkloben hindurchgepresst, und
diese werden für weiteren Gebrauch dann durchgespült. Vor der Ueber-
fahrt nach diesem Bade war in Fiume Halt gemacht worden, wo gleich¬
falls ein Empfang auf dem Bahnhofe stattfand. Der Primärarzt des dor¬
tigen Krankenhauses Dr. Catti zeigte uns das ihm unterstellte Spital,
welches, obwohl bereits älteren Datums, durch die unermüdliche Fürsorge
seines Leiters allen Anforderungen gerecht wird, welche in der Neuzeit
an Krankenhauspflege gestellt werden. Bemerkenswerth war die ziem¬
lich erhebliche Zahl von Kranken mit Unterleibstyphus, die hier verpflegt
wmrden. Sicher ist als Ursache dieser Erscheinung das Verhalten des
Trinkwassers anzuschuldigen; eine Wasserleitung wird erst in nächster
Zeit fertig gestellt werden. Die Markthallen und das meistentheils aus
Lava verfertigte Strassenpflaster machen in Fiume einen vollkommen
grossstädtischen Eindruck.
Von Cirkvenica ging die Reise nach Abbazia, vorbei an dem medi¬
zinisch interessanten Orte Skerljewo, nach welchem jene Erkrankung be¬
nannt worden ist, welche früher als eigenartiges Leiden aufgefasst wurde,
bis es in den sechziger Jahren gelang, Syphilis als wahre Ursache der
Krankheit aufzufinden und diese sachgemäss zu behandeln, sodass jetzt
auch in dem Dorfe selbst dieselbe eine seltenere Erscheinung geworden
ist. In Abbazia hatten sich die Congressbesucher des besonderen Ent¬
gegenkommens der Badedirektion zu erfreuen; sicherlich werden die herr¬
lichen daselbst verlebten Tage bei Allen in dauernder Erinnerung bleiben
nnd bei vielen den Wunsch erwecken, recht bald wieder ihre freie Zeit
am Ufer des adriatischen Meeres zu verleben.
VIII. Oeffentliches Sanitfttswesen.
Hypnotische Schaustellungen in Berlin.
Von Dr. Albert Moll.
Vor einigen Jahren wendete ich mich mit einer Anfrage in Bezug
auf die hypnotischen Schaustellungen an das Polizeipräsidium von Berlin
und erhielt darauf am 10. September 1888 von dieser Behörde folgende
Antwort:
Euer Wohlgeboren erwidere ich auf die Eingabe vom 4. dieses
Monats ergebenst, dass seitens der Preussischen Polizeibehörden die
öffentlichen Vorstellungen sogenannter Magnetiseure in sanitäts- und
ordnungspolizeilichem Interesse nicht mehr gestattet werden, nachdem
durch einen gemeinschaftlichen Erlass der Herren Minister des Innern
und der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten vom
Jahre 1881 denselben davon Kenntniss gegeben worden ist, dass ein
von der Königlichen Wissenschaftlichen Deputation für das Medicinal-
wesen abgegebenes Gutachten zu dem Resultat gelangt sei, dass es sich
bei den gedachten Vorstellungen um physiologische Experimente handele,
welche die Möglichkeit einer Schädigung der Gesundheit der dabei als
sogenannte Medien benuzten Personen mindestens sehr nahe legen.
Der Polizeipräsident, v, Richthofen.
Es ist nun aufgefallen, dass anscheinend im Widerspruch mit dieser
Auffassung des Polizeipräsidiums vielfach Schaustellungen von hypnotischen
Experimenten in neuester Zeit in Berlin stattgefunden haben. Ich habe
mich deshalb mit einer neuen Anfrage an das Polizeipräsidium gewendet
und erhielt folgende Antwort:
Berlin, den 28. August 1894.
Euer Wohlgeboren erwidere ich auf die gefällige Anfrage vom
19. dieses Monats ergebenst, dass hierselbst in Verfolg des Ministerial¬
erlasses vom 12. Mai 1881 hypnotische Demonstrationen und Experimente,
bei denen lebende Personen in Frage kommen, in öffentlichen Ver¬
sammlungen principiell nicht geduldet werden. Soweit es sich da¬
gegen um Abhaltung von Vereinsversammlungen handelt, ist die
Polizei nach Lage der thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse nicht
ohne weiteres befugt, der Veranstaltung derartiger Experimente etc.
entgegenzutreten.
Der Polizeipräsident. I. V.: Fried heim.
Dass die Polizei ihre Pflicht in dieser Sache verletzen würde, war
nicht anzunehmen. Wir wissen, dass gerade in Bezug auf Sanitäts¬
verhältnisse die Berliner Polizei stets mit grosser Umsicht und Energie
vorgegangen ist. Ich möchte nur an die strengen Maassregeln erinnern,
die getroffen wurden, als die Choleragefahr bestand, und ich möchte auch
auf die peinliche Sauberkeit, die im allgemeinen in Berlin herrscht, hin-
weisen. Immerhin scheinen mir nach Rücksprache mit mehreren Juristen
die rechtlichen Anschauungen der Polizei in Bezug auf die Schaustellungen
nicht einwurfsfrei zu sein.
Man könnte nun verschiedener Meinung darüber sein, ob es überhaupt
zweckmässig sei, öffentliche hypnotische Schaustellungen zu verbieten;
ein hervorragender Psychologe in Lüttich, Delboeuf, tritt z. B. für die
Oeffentlichkeit der Schaustellungen ein. Darüber aber werden wir wohl
alle einer Meinung sein, dass die Umgehung eines Verbotes im Interesse
der Rechtssicherheit verhindert werden muss. Es liegt mir fern, die
Herren, die Experimente öffentlich gemacht haben, zu verdächtigen; ich
möchte im Gegentheil hervorheben, dass einer von ihnen, ebenso wie
Hansen sich verschiedenen anderen Forschem zur Verfügung stellte,
auch die Freundlichkeit hatte, sich und seine Experimente mir zu wissen¬
schaftlichen Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Ich glaube aber,
dass, abgesehen von solchen persönlichen Fragen, öffentliche hypnotische
Schaustellungen Bedenken erregen müssen. Es ist, wie schon gesagt, dio
Frage der Gesundheitsschädigung von der Wissenschaftlichen Deputation
erörtert worden; und das kann doch gewiss nicht geleugnet werden, dass
unter Umständen hypnotische Experimente schädlich sein können. Mir
scheint aber ein anderer Gesichtspunkt mindestens ebenso wichtig zu sein.
Es ist von anderer Seite hervorgehoben worden, dass, ebenso wenig wie
man Sectionen und Vivisectionen öffentlich gestattet, man sich auch gegen
öffentliche hypnotische Schaustellungen wenden müsse. Der Hypnotische
ist ein seines Willens theilweise oder gänzlich beraubtes Individuum, das
zu einer seine Menschenwürde verletzenden Figur wird, wenn ungebildete
Personen es als ein Schaustück betrachten. Nur höhere Interessen, seien
es die der ärztlichen Behandlung, seien es die der Wissenschaft, können
es rechtfertigen, dass man hypnotisirt. Die Hyprfose zum Gegenstand
eitler Neugier der Personen zu machen, die die Hauptmasse solcher Ver¬
sammlungen bilden, widerspricht den Grundsätzen der Ethik. Auch der
Umstand, dass die Versuchspersonen sich freiwillig zu solchen Experi¬
menten hergeben, kann hieran nichts ändern, da jeder als Mitglied der
menschlichen Gesellschaft auf diese Rücksicht zu nehmen hat.
Das Polizeipräsidium ist nun der Ansicht, dass gegen hypnotische
Experimente, die in Vereinsversammlungen* stattfinden, nicht ohne weiteres
eingeschritten werden könne. In der That gewann ich beim Studium des
Vereins- und Versammlungsrechts 1 ) die Ueberzeugung, dass auf Grund
desselben die Polizei kaum einschreiten kann. Handelt es sich um blosse
gesellige Zusammenkünfte in Wohnungen und geschlossenen Räumen, so
stehen solche nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts unter
dem Schutz der Wohnungsfreiheit, sie gelten als Privatgesellschaften; es
hat die Polizei sich überhaupt nicht um sie zu kümmern. Handelt es
sich aber um die Erörterung öffentlicher Angelegenheiten, dann müssen
die Versammlungen der Polizeibehörde zwar angezeigt werden, dieser steht
aber nur ein Recht der Aufsicht zu. Wenn daher auch der Hypnotismus
von den Behörden als eine öffentliche Angelegenheit betrachtet würde, so
hätte die Polizei nur das Recht der Beaufsichtigung, nicht das des Ver¬
bots solcher Versammlungen.
Allerdings hat nach einer anderen Entscheidung des Oberverwaltungs¬
gerichts die Polizei das Recht, Maassregeln zu treffen, alle Versammlungen
an gesundheitsgefährlichen Orten, in unzureichenden Lokalen oder zu un¬
sittlichen Zwecken zu verbieten. In keine dieser drei Gruppen, die aber
keineswegs das einzige Recht der Polizei bilden, würden hypnotische
Schaustellungen gehören. Ich halte es für möglich, dass die Polizei das
Recht hätte, Versammlungen zu Zwecken zu verbieten, die eine Gefahr
für die Gesundheit möglicherweise herbeifuhren. Allerdings würden
sich hieraus sehr leicht Folgen ergeben, die so weit gingen, dass es besser
ist, die Polizei verzichtet auf dieses Recht.
Sehen wir also hiervon ab, so drängt sich doch die Frage auf, ob
nicht die Art und Weise, wie in Berlin die hypnotischen Experimente
gegenwärtig unter dem Schutze von Vereinen stattfinden, nur eine Um¬
gehung der öffentlichen Schaustellungen sind, und hierin sind alle Juristen,
mit denen ich gesprochen habe, einer Ansicht. In den Ankündigungen
heisst es gewöhnlich: „Gäste willkommen“; dann und wann haben sie
auch ein kleines Entröe zu zahlen. Diese Form der Zulassung bildet un¬
bedingt den Begriff der Oeffentlichkeit, so dass die Schaustellungen, die
dann in solchen Vereinen stattfinden, als öffentlich anzusehen sind und
von der Polizei verboten werden dürfen. Wann der Begriff der Oeffent¬
lichkeit hier beginnt, wurde mir von verschiedenen Juristen verschieden
beantwortet. Einige sind der Ansicht, dass, wenn jedes Vereinsmitglied
das Recht hat, einen Gast mitzubringen, kaum von Oeffentlichkeit die
Rede sein könne. Dass aber, wenn Gäste unbeschränkt Zutritt haben, der
Begriff der Oeffentlichkeit vorliegt, darüber waren alle, wie schon er¬
wähnt, einer Meinung. Dass das Polizeipräsidium hierin anderer Meinung
zu sein scheint, war für mich um so mehr befremdend, als der Begriff’
der Oeffentlichkeit mehrfach im Strafgesetzburch und auch sonst im Gesetz
enthalten ist und dort keineswegs sehr eng aufgefasst wird.
Sehen wir uns zu diesem Zwecke einmal die Gewerbeordnung an, so
werden wir hier am ehesten Anhaltspunkte für die Beurtheilung hypno¬
tischer Schaustellungen finden müssen. Nach einem Commentar zur Ge¬
werbeordnung 2 ) sind beispielsweise Tanzlustbarkeiten, zu denen jeder gegen
Erlegung eines bestimmten Eintrittsgeldes zugelassen wird, als öffentliche
Lustbarkeiten anzusehen. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob sie
von einem Verein oder einem sonstigen Unternehmer veranstaltet werden,
da es sich um eine für das ganze Publikum bestimmte Lustbarkeit han¬
delt. Dasselbe gilt von Theatervorstellungen. Der Commentar, auf den
ich mich beziehe, berücksichtigt ausdrücklich ein Rescript des preussischen
Ministeriums des Innern vom 2. November 1884. Ebenso wären nach
einem Erkenntniss des Oberverwaltungsgerichts vom 24. September 1888
von Privaten oder Vereinen veranstaltete Lustbarkeiten öffentliche, sobald
jedermann, sei es mit oder ohne Eintrittsgeld Zutritt zu ümen hat. Es kann
meines Erachtens kaum zweifelhaft sein, dass, wenn hier der Begriff der
Oeffentlichkeit in diesem Sinne aufgefasst wird, er auch für Schaustellungen
in ganz gleicher Weise angenommen werden muss. .
Ja ich möchte zum Schluss noch den Fall betonen, wo nur yereins-
mitglieder Zutritt haben und wo dennoch die Oeffentlichkeit vorliegt. Es
1) Paul Caspar, Das Preussische Versammlungs- und Vereinsrecht,
jrlin 1894. Mäscher, Das Versammlungs- und Vereinsreoht Deutsch¬
es. Berlin 1892. Delius,' Das preussische Vereins- und Versammlungs-
cht. Berlin 1891. _ , D 1fiü0
2 ) Marcinowski. Die Deutsche Gewerbe-Ordnung. Berlin lööA
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816
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
könnte etwa m den Statuten des Vereins der Passus stehen, dass jeder
Mitglied des Vereins wird, der Abends 20 Pfennige Entree beim Eintritt
bezahlt. Es lüge nahe, einen Verein ad hoc, d. h. lediglich um hypno¬
tische Schaustellungen abzuhalten, zu begründen. In allen Fällen handelt
es sich nur um eme Umgehung des Verbots der öffentlichen Schau¬
stellungen, die von der Polizei durchaus bekämpft werden
müsste und, wie mir scheint, auch bekämpft werden kann. Jedenfalls
scheint es mir Sache der Polizei zu sein, hier einzugreifen. Sollten wider
Erwarten nach diesem Eingreifen höhere Instanzen der Polizei Unrecht
geben, so würden wir doch jedenfalls die Ueberzeugung gewonnen haben,
dass die Polizei alles gethan hat, was in ihren Kräften stand. So lange
aber Veremsmtzungen mit hypnotischen Schaustellungen, zu denen jeder
Zutritt hat, in Berlin ohne Emspruch der Polizei stattfinden, so lange
HÄ. man + £ lcht ^nehmen können, dass die Polizei alles, was in ihren
Kräften steht, zur Verhinderung derartigen Unfugs thut
IX. Krankenpflege.
m 'l™ J ? hre 1892 durch Dr. Armaingaud eine
«Mellschafl zur Bekämpfung der Schwindsucht') („Ligue contre la
SST 1 f gr ? ndet w i rd ? n - Ib re Aufgabe glaubt diese Vereinigung
S“ dadurc . h za e ^“ Ue nj dass sie durch Verbreitung populäre?
Schriften und durch persönliche Maassnahmen die Prophylaxe derTuber-
fn Zdelx "hat Wird hSte ^ rd0 K rt - ■ Mitg 1 ‘ ied des Bundea . der seinen Sita
in Bordeaux hat, wird man durch einen Beitrag von 5 Frs. — Welchen
Umfang und welche Erfolge diese Liga bisher gewonnen hat, darüber haben
P wi 1 ?, e ?üt Ue ü e A ?£ aben n ^ ht auffinden können. Dass aber wenigstens der
bemüht kt H nabkssi g uni den Ausbau seiner humanitären Pläne
rt'Hv h gVbne D U h?in e ,,'e te V SS “d te “itthoilung i m Augustheftder Annales
Hygiene publique. Von der Ansicht ausgehend, dass man zur Verhü¬
tung der tuberkulösen Infection nicht allein die Möglichkeit einer Con"
r in gleicher Weise auch diePrlldispSonTiStof«
Fltp^^A ntt - A a main f a T d i dafür ein ’ dass man die Kinder tuberkulöser
f cbon m den ersten Lebensmonaten aus dem Bereich der Ansteckungs
? 6 ? en l md m , eme hygienisch und klimatisch treffliche Umgebung
wand d eTn^ mösse ’ ™ ^re ÄÄ
private Goldsammlüngen'motwhaltön^werden?" "" d d “ rCh 0ffeiltliche he ^-
an^dem" 0 Widerspruci:"Vieler^®tern" n ^»“auÄ un'l
- j. s.
*0 Endeulch "bel^Bonn^lurch StilS Prl T at - HeH - »"« PB^anstalt
Als eine der ft*® Kra ? kon «««»t.
oiL e B?d"'rfm ? sses P8 fto diesS"^^!} Vorh^dSn
Pr. Richarz gegründet ist von iTJ” r . Q S'"™ f ; Wo Anstalt, von
golangt und hat sich das Verträum a . ln ^ hllch zur Blüthe
völkomng i„ weiten Krdscn e Zben n d ^ <?unst der Bo-
Aorzton hat an ihr gewirkt di^^f d ® rhalten - Eine Reihe von
gosohene Lebensstellung errumrpn n!nif n Y ° n lbnen .haben sich eine an¬
vollen Arbeiten mit /chtumAind Anprkl W6rden m F °lge ihrer werth-
Wissenschaft genannt. Meist s?nd dr?*! ? g auf dem Gebieto der
jf zt Dr. Oebeke seit Au^u t 1859 DrU Zte , ftn de . r Aa ^alt thätig.
Dr von der Helm seit Octobor lfiftfi D ak He ? den seit October 1872.
llcben Arbeiten der einzelnen Aerzto ’dei" fei?!? 11 - V ° n de . n . Wissenschaft¬
zeitschriften ist die Wirksamkeit Ir a A *1? m versch iedenen Fach-
mehreren Jahres- und grösseren selbststän^ DSt ^4 s . p £ cie11 ersichtlich aus
veröffentlichte; so ausfrühere? 7 «?!- Bencllt eii, die Dr. Oebeke
für Psychiatrie, im Irrenfreund 1875 No^u^Tp g ®3 CoiTesponde,,zbl “ tt
roichcm Uber die Jahre 1873-1878 imd von °l 870 if“ 8 - ft*“. umfnn g-
Tut:-i.., . . von 1°79 bis inclusive 1890.
reichern
fe.»uch'weitStfaZ TMlS^deXstl
Kranken emo erspriessliche und heilbringende sci^ 016 lhr zugehe “ tlen
Gesellschaft. *" der bweiz besteht seit dem vorigen Jahro eine ähnliche
_No. 12
X. Kleine Mittheilungen.
er noch Tags vorher in voUe'^geUt^rFrischfund kOne^h" “p Meia
kett seines Amtes gewaltet bitte, Ter GeSU sS^Ä'
Physikus Dr. Leopold Lewin. dirifrirender ? ", ßezir!0,
am Untersuchungsgefänguiss in Moabit, im 74?UlLsk^
amteniaufbahn beginnt mit dem Jahre 1862 in Fr«n«toü J t 6 ‘ .. me Be ‘
Kreiswundarzt bis 1868 fungirte ^ wo f bs f ok
Schrimm, 1871 wurde er na?h Berlin veJeUt L pfr 4 "* »
Frankreich machte er als freiwilliger Arzt mit und 1 ” Eridzug ” e f™
lich^^älrztlichen Bestrobungen'^nahm^e" Ttote""regste'
sstÄSt £&£&£«
msm
der darauf folgenden
der Universta^Linvi»"^”«* 1 ? 00611 *! der Pathologischen Anatomie an
aadtkriXihanse eSnt SChm ° r ' ' St ZUm P “ r aa > “•*"
selbe enthaft TV' r fc eiiieneueBitterquellc erbohrt worden. Die-
MaSo! 59 Iftr IT Gew.chtstheilen: Na, SO, 5,9 - NaCl 7,3-
Tetanus 2969°• von 1875—1892 an traumatischem
3237 Personon’ fRw+ 189-, an idiopathischem Tetanus 568, zusammen
ö * a ‘ J ^ ei ^? n 1 e “- ^ nt - raed - Journal 22. August 1894.)
mals erwähntfi °A « o n Ue * lö f ^ ede i ltU1 i g d ^ e dieser Wochenschrift mehr-
30( ; latloa . de . la presse medicale fran^aise für
winnen yermap- nrtrfm^ 6 i ftUCb ^hGitterarischen Angelegenheiten zu ge-
reich groS AnÄ 1 ge eg ? tb ?} 1 emer Affaire ^ dj e augenblicklich in Frank-
b Bofdeaux A e f e . gt *. Vo ^ eini & er Zeifc war ein Arzt, Dr. Lafitte
von ihm ag ^ hei emem jungen Mädchen, das mehrere Wochen
eiZn AhJf ht'^hh^deit worden war, aus criminellen Gründen
st^mtheft nnM ° r ? erUfeü Z, J haben * Trotzdem nicht einmal mit Be-
thatsächlioh p ; n ^ e ) Vle f Sei1 we . rd en konnte, dass bei der Patientin ein Abort
der Sfirh vprkS?' 6 011 f 1 ’, und trotz der übrigen günstigen Aussagen
urtheilt Pina p lfa . e ^ wurde Gf- Lafitte zu drei Jahren Gefängniss ver¬
worfen w ü f- deS ^ er theidigers wurde vom Cassationshof ver-
PräsidentAn dm. p ba f die ^Oßannte Association ein Gnadengesuch an de«
selkcliGfton TTn- r ep -+«?k h? 1 sämtlichen Vorsitzenden medicinischer Ge-
auf diGopm ’w ^^^thtsprofessoren etc. in Umlauf gesetzt, um wenigstens
Zufuhren Anct^i 61116 B reisp r ec hung des unglücklichen Collegen herbei-
keit der Aerf/f o 0rd01 TT e * ilSsfc dl ° ^ ssoc i a tion einen Appell an die Mildthätig*
S“ ? u f Unterstützung der fünf Kinder Lafitte's. Die Asso¬
ciation^ hat selbst tausend Francs gezeichnet. J. S.
fahren<; v!fn p ^ me 1 f orschung über die Zulässigkeit des Rad¬
in«? Worir er Fi au ?ß hat die Redaction des Journal de Mddecine de Paris
In und A,, g ? Se j 1 - ndei ? s ^ e an e ^ ne Reihe hervorragender Aerzte des
i wiefS» M 0 * and ^ T e A ? zah / diesbezüglicher Fragen richtete. Die über-
besetzt Slcb ^ ff ünst igem Siime ausgesprochen, voraus-
untprln«GAn • .^ S F ^h ren . mi t Maass betrieben, während der Menstruation
gehen nnriy W *1 und heine Organerkrankungen vorliegen. Nicht wenige
& n n i°T weiter, indem sie dem Radsport günstige Wirkungen auf die
emnfohlAn .?i isc h rei ben und ihn bei einer Reihe von Krankheiten direkt
Diahete« «f«\ ear ? s ^heme, Hysterie, Morphinismus, Anämie, Chlorose,
har* flim’rrü a ‘ 7 ie . co pgestionirende Wirkung des Radfahrens ist unbestreit-
Frntnmo«; 0 Ae T Zte sm d_ deswegen Gegner des Sports, weil sie Metrorrhagieeu.
hnbon n ’, Gageverändezmngen des Uterus und dergleichen beobachtet
Dae-ejypn <bese ü hlen Folgen die Ausnahmen zu bilde«.
dl T,^| e] du n g und der Sattel vorläufig noch nicht dem Ideal
müQQfa oc Qd ’ i n ? hier etwas Passendes, Zweckentsprechendes (natürlich
Badonnrf kleidsam sein. Ref.) gefimden würde, so wäre gegen den
Paris^l894 e Nr r 37 e ) n niC ^ S we ’ ter einzuwenden. (Journal de M^dec. de
wiede7aufge i nommen. Dr ' Schider hat seine etliche Thäügkeit in Arco
nit,7.iH ni ^ e , rsi , t ^ e . n ' Pra S- Dr. Spiotschka und Dr. R. Winter-
flEp ? cb als Pnvatdocenten für Dermatologie habilitirt. - Inns-
f n i_ ’n roa “5* Nicoladoni hat den an ihn ergangenen Ruf als Nach-
AiiA± U ^ Senb T auei : ,s nacb Fra ff abgelehnt. Der Privatdocent der
_ t> f e b,r - Len ho s s6 k ist äs Professor nach Innsbruck berufen.
Oiiwf« ur D ‘ j er ehemalige Professor der Anatomie am Harvard College
nrfpo, f Wendel 1 Holmes, ist, 86 Jahre alt, gestorben. Der Verstorbene
Spbriffcf 8 !^ m . Fn ^ an d und Amerika auch als Essayist und philosophischer
Schriftsteller eines weit verbreiteten Rufes.
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Donnerstag jg 43. 25. October 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung dos deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang,
Rcdaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteinallee 8. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 81.
I. Aus dem städtischen allgemeinen Krankenhause am j
Friedrichshain in Berlin.
Ueber chirurgische Eingriffe bei Magen¬
erkrankungen’).
Von Professor Eugen Halm.
M. H.! Gestatten Sie, dass ich Ihnen einige Patienten vor¬
stelle, bei denen ich wegen Magenerkrankungen chirurgische Ein¬
griffe gemacht habe; und zwar will ich Ihnen nur die Fälle und
die Präparate zeigen, die aus dem letzten Jahre stammen, nicht
etwa, weil die Resultate im letzten Jahre besonders günstig sind,
sondern weil ich nicht mehr die Zeit hatte, die ganze Zusammen¬
stellung zu machen. Meine ersten Operationen, bei denen die
Resultate nicht so günstig gewesen, sind bereits publicirt. Es fehlt
noch eine Zwischenzeit, in welcher ich ebenfalls ungünstigere Re¬
sultate gehabt habe als die, welche ich Ihnen heute mittheilen werde.
Ich habe im Verlaufe des letzten Jahres neunmal die Gastro¬
enterostomie ausgeführt. Von diesen Patienten ist kein einziger
gestorben, es sind alle durchgekommen. Ausser den Gastro-
enterostomieen habe ich in diesem Jahre vier Magenresectionen
gemacht, und zwar, wie Sie an den Präparaten sehen werden, die |
ich Ihnen sogleich zeigen wiU, theilweise sehr ausgedehnte. |
Von diesen vier Magenresectionen ist ein Fall zugrunde ge- j
gangen, bei dem ich wohl, nachdem ich drei hintereinander glück- |
lieh operirt hatte, etwas zu kühn geworden war. Ich hatte hei der
Patientin, welche an einem sehr ausgedehnten Carcinom litt, den
grössten Theil des Magens herausgenommen.
Dann habe ich noch eine Patientin operirt, bei der sehr grosse
Schmerzen und Beschwerden dauernd vorhanden waren, die seit
ihrem 15. Lebensjahre an häufigen Magenblutungen litt und bei
der alle Symptome darauf hindeuteten, dass sich erhebliche Ver¬
wachsungen in der Magengegend befinden mussten. Die Be¬
schwerden waren so enorm, dass Patientin dringend nach einer
Operation verlangte. Ich machte die Laparotomie und fand ausser
fünf ziemlich starken Adhäsionen zwischen Magen und Colon weiter
nichts Abnormes. Ich unterband diese fünf Adhäsionen doppelt,
durchtrennte sie, und von dem Moment ab hat die Patientin ihre
sämmtlichen Beschwerden vollkommen verloren.
Zunächst möchte ich Ihnen diese und einige andere Patienten
vorstellen, und zwar unter anderen einen Collegen, Herrn Dr. L.
aus New-York, welcher so liebenswürdig ist, sich Ihnen vorzu¬
stellen.
Es ist bei ihm die Pylorusresection gemacht; an dem vorliegenden
Tumor und den mikroskopischen Präparaten werden Sie orkennen, dass
der Tumor ein Angioma fibrosum ist. Sie sehen an diesem Präparat zu¬
nächst einen papillären Tumor, der fast ausschliosslich im Duodenum sich
befindet, und dann bemerken Sie nach der Magenseite hin einen grossen
Defect der Schleimhaut in der Pylorusgegend. Die ganze Muskulatur
war ausserordentlich hypertrophisch. In der hypertrophischen Muskulatur
habe ich die Operation ausführen müssen. Herr College L. war ausser¬
ordentlich abgemagert. Sein Gewicht betrug 102 Pfund. Die Beschwerden
bestanden in heftigem Aufstossen und Erbrechen. Der Pylorus schien
vollkommen undurchgängig. Der Tumor war sehr beweglich und fühlte
sich nicht so hart an wie die meisten Carcinome. Der College, der seinen
Zustand sehr genau beurtheilen konnte, drängte sehr zur Operation.
Herr Geheimrath Gerhardt und Herr Dr. Rosenheim riethen eben-
*) Vortrag mit Krankenvorstellung, gehalten in der Freien Vereini¬
gung der Chirurgen Berlins am 25. Mai 1894.
falls zur Operation, da die Abmagerung schnell zunahm. Ich entschloss
mich dazu und führte dieselbe am 19. Juli 1893 aus. Der Verlauf war
ein ausserordentlich günstiger. Das Körpergewicht nahm sehr schnell zu,
die Verdauung war in jeder Beziehung befriedigend, und nach einigen
Monaten betrug die Körpergewichtszunahme ungefähr 26 Pfund. Patient
reiste dann nach seiner Heiinath in Westpreussen, kam aber bereits nach
acht Monaten wieder mit der Erklärung, dass er entschieden wieder Stenosen¬
erscheinungen bemerke. Das Körpergewicht hatte wieder sehr erheblich
abgenommen. Durch wiederholte Ausspülungen am Morgen, nachdem er
«am Abend vorher Speisen genossen hatte, konnte unzweifelhaft festgestellt
werden, dass ein grosser Theil der Abends genossenen Speisen im Magen
zurückgeblieben war. Er schilderte ausserdem die Stenosenerscheinungen
so vorzüglich, schilderte so deutlich, wie der Magen vergeblich arbeite
und doch nichts durch den Pylorus durchgehe, so dass eine Stenose un¬
zweifelhaft schien. Ich entschloss mich auf seinen Wunsch die Laparo¬
tomie zu machen, in der Annahme, dass sich Adhäsionen gebildet hätten,
welche eine Narbenverziehung an der Operationsstelle und auf diese Weise
eine Abknickung hervorbritchton. Die Operation wurde, wie dio vorige,
in Aethernarkosc ausgeführt. Sie dauerte ungefähr drei Stunden. Aus¬
gedehnte Verwachsungen wurden gefunden und alle gelöst. Es schien
anfangs, als ob der Zustand sich besserte und der Magen an der re-
secirten Stelle durchgängig geworden wäre, aber schon nach einigen Tagen
behauptete der College, es gingen nicht alle Speisen durch den Magen
durch, und drang ganz entschieden auf eine Gastroenterostomie. Das
Gewicht war inzwischen wieder auf 102 Pfund, also auf das Anfangs¬
gewicht, zurückgegangen.
Am 10. März 1894 machte ich die dritte Operatien, und zwar eine
ausgedehnte Gastroenterostomie. Ein sehr weiter Einschnitt wurde so¬
wohl in Magen als Dünndarm gemacht. Die Ausdehnung der Oeffnung
betrug mindestens 5—6 cm. Die Operation war eine ausserordentlich
schwierige. Es waren sehr ausgedehnte Verwachsungen vorhanden; der
Magen war inzw r ischen sehr klein geworden und lag ganz unter dem
Rippenbogen. Die Operation nahm vier Stundon in Anspruch, aber dor
Verlauf war, wie Sie sehen, ein sehr guter. Patient hat vom 10. März
bis jetzt wieder um 14 Pfund zugeuommen. Da schon bei der zweiten
Operation in der Mittellinie wegen ausgedehnter Verwachsungen grosse
Schwierigkeiten Vorlagen, musste bei der dritten Operation der Schnitt
ganz auf der linken Seite gemacht werden.
Auf dem internationalen Congress in Rom ist auch über die
Magenchirurgie verhandelt worden. Ich bin leider bei der Besprechung
dieses Themas nicht zugegen gewesen. Es soll dort behauptet
sein, dass kein einziger Fall von dauernder Heilung nach Magen -
resection wegen Carcinom vorgekommen sei: Ich glaube doch
über einen solchen zu gebieten und ergreife die Gelegenheit, Ihnen
heute die Patientin vorzustellen. Es wird mir allerdings vielleicht
entgegen gehalten werden, dass die Zeit von 3 l /2 Jahren, vor welcher
die°Kranke operirt ist, zur Annahme einer völligen Heilung noch
eine zu kurze sei.
Es war einer der grössten Tumoren, die ich überhaupt ent¬
fernt habe, und dennoch ist die Patientin ohne Recidiv gehliehen.
Die mikroskopische Untersuchung hat unzweifelhaft Carcinom er¬
geben.
Ich werde Ihnen zunächst das Präparat zeigen und dann die
Patientin. Ich besinne mich auf die Maasse nicht genau; wenn
ich nicht irre, sind es 18 cm an der grossen Curvatur und 12 cm
an der kleinen gewesen. Ich hätte es selbst nicht für möglich
gehalten, dass in diesem Falle dauernde Heilung eintreten würde.
Die Patientin wog bei der Aufnahme 94 Pfund, und als sic herausging,
121 Pfund, hatte also ungefähr um 27 Pfund zugenommen. Jetzt
soll ihr Gewicht wieder etwas heruntergegangen sein. Sie muss
schwer arbeiten und sich abmühen, um ihren Lebensunterhalt zu
erwerben, und wird natürlich draussen sich nicht so ernährt haben
wie in unserer Anstalt: daher ist wohl das Gewicht jetzt vicdei
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DEUTSCHE MEDtCINISCHE WOCHENSCHRIFT.
etwas herabgegangen. V f on einem Reeidiv ist nicht die Spur zu finden,
wie Sie sich durch Untersuchung der Patientin überzeugen können.
Die beiden nächsten Präparate stammen von zwei Patienten,
die am 7. März und 22. März 1894 operirt sind und die Operation
glücklich überstanden haben. Ich werde mir erlauben, Ihnen die
Kranken nachher vorzustellen.
Zuletzt lege ich Ihnen einen enorm grossen Tumor von einer
Patientin vor, welche am 13. April 1894 operirt und am 16. April
gestorben ist. Dies ist der Fall, in welchem ich den grössten Theil
des Magens bis auf ein kleines Stück an der kleinen Gurvatur entfernt
habe. Ich glaube, dass auch diese Patientin durchgekommen wäre,
wenigstens dass die Möglichkeit des Ueberstehens der Operation vor*
gelegen hätte, wenn ich die Operation anders ausgeführt hätte. Nach
meinen jetzigen Erfahrungen halte ich es nicht für richtig, bei
sehr ausgedehnten Resectionen des Magens eine Vereinigung
zwischen dem Duodenum und dem Magenrest zu versuchen. Man
hätte den Magen und das Duodenum schliessen und alsdann eine
Gastroenterostomie ausführen müssen. Die Chancen für die Hei¬
lung wären dann ausserordentlich viel günstiger gewesen als bei
der von mir angewandten direkten Vereinigung, bei welcher sich
eine Naht als nicht sufficient erwies.
M. H.! Sie wollten noch etwas über die Technik hören. Das
wichtigste, was ich jetzt bei meinen Operationen abgeändert habe,
ist, dass ich keine Darmklemmen mehr benutze. Die Darmklemmen
haben zwei grosse Nachtheile. Einmal kann man durch Anwendung
einer Darmkiemme nachträglich Gangrän erhalten — das ist ver¬
schiedenen Operateuren passirt —, und zweitens ist, wenn man
eine Klemme angelegt hat, nachher die Blutung oft so stark, dass
man sie schwer beherrschen und dass, wie nach jeder Constriction,
später leicht eine Nachblutung eintreten kann. Tritt eine Nachblutung
zwischen die Darmschichten, zwischen Serosa, Mucosa oderMuscularis
ein, so muss dadurch das Heilungsresultat erheblich gestört werden.
Dann verfahre ich in Bezug auf die Schnittführung folgender-
maassen bei der Gastroenterostomie. Ich nähe zunächst bogen-
iormig in ziemlich grosser Ausdehnung Serosa desDarmes undMan-ens
zusammen und mache nicht,wie ich das früher gethan habe, die Gastro¬
enterostomie an der tiefsten Stelle des Fundus, sondern ich mache
dieselbe möglichst in der Nähe des Pylorus, d. h. natürlich mcht
unmittelbar 1111 Bereiche des Pylorus, namentlich wenn es sich um
k“ m band£dt ’ a ,ei ; I0h , bleibe doch immer ziemlich nahe am
Pylorus und halte mich auch möglichst nahe — was ich früher
meistens vermieden habe - an der Coronararterie, also dicht an
der grossen Curvatur. Es stören mich einzelne grössere Aeste, die
abgehen, nicht. Diese Aeste
fasse ich mit den Nadeln mit, umsteche sie auf diese Weise und
lege den Magenschnitt möglichst in der Nähe der Arteria coronaria
fliehe d , 6r f“ sd , eb T n K der zusammengenähten Serosa-
itmaehf „efl h r U ebe “ fall J; lelubt imgenförmig nur durch die Serosa
^emajülit und die zweit« Serosanaht angelegt.
Darme? 1 letzt wird de f Eröffnungsschnitt des Magens und des
Darmes gemacht und die Mucosa durch fortlaufende Naht ver¬
einigt, und zwar in der ganzen Ausdehnung der Wunde so dass
kömmt" eTne^Leml vo ‘; haade “ ^ Über den oberen Ietzten Theil
kommt eine Lembert sehe Naht. Nach Eröffnung der Mucosa
Gewöhnlich^sind*die"p . v . on . Klemmen etwas Darminhalt austreten.
MagÖn noch ö L 1 ö Pat n" ten ?° vorbereitet, dass weder aus dem
fbef ötaas Schbfim Dm ? lrgend etwas heraustritt. Kommt
mit einem FadcnTn f'T’ dann , ™. d ein kleiner Jodoformbauseh
“h w"nn ol r I Eumen hmeingelegt. Ausserdem schiebe
tJ. 6 n , dle ersten Serosanahte angelegt habe einen grossen
nöhÄm ZÖ C umv!n Che ö d - Ma S« a ™ d d «n an dieÖen^öÖge"
<r a ™ und umhülle den Magen und Darm mit Jodoform-
Et S hit daTnirÖÖ? r tWaS , Maffet1 ' oder Darmsehleim heraus-
JoÄmg1ze d gelanS “ S “ gen ’ da w auf die
Eröffnung des Darmes L J.ade"° C * al !. sebr Wlc btig erwähnen: die
Seit ich hierauf Gewicht lerne ? e ? cnuber dcm Mesenterialansatz,
ich sie frnhwdÄh H I ™V h f. be - lc ^ S °. schwere Zufälle, wie
oder dass ein Theil der Nahrunn in'fle' 0 ' 1 ^ ag f n bi ? e higeüossen
getreten ist, erlebt habe nicht m 1 ** l? 38 , C< t ntla e Stuck hinliber-
ersten Zeit garnichtÄÄJ^5- beob * oht f, Ich babe in der
und habe manches Maf^eht!« 4 ?. on solcher Bedeutung sei,
1 0 £ cnau an dieser Stelle, sondern mehr
.No. 4 3
nach der Mesenterialseite hin, bald nach der einen, bald nach der
anderen Seite den Schnitt angelegt und dabei gefunden dass die
Circulationsverhältnisse der Nahrungsmittel sich oft ausserordent
lieh ungünstig gestalteten.
Ferner halte ich die frühzeitigen Magenausspülungen für ausser
ordentlich wichtig und glaube, dass wir einen Theil unserer guten
Resultate denselben zuzuschreiben haben. "Wir haben stets bald
nach der Operation, d. h. in den ersten 12 bis 24 Stunden Magen¬
ausspülungen vorgenommen. Sie glauben gamioht, was für Jaudie-
massen besonders bei der ersten Magenausspülung aus dem Magen
herausbefördert werden. Ich habe noch vor kurzer Zeit in meiner
Privatklinik eine Patientin operirt, bei der ich die Gastroenterostomie
angelegt habe, von der ich die feste Ueberzeugung habe, dass sie
allein durch anhaltende Magenausspülungen gerettet ist. Sie wurde
sehr elend und erbrach in den ersten fünf Tagen andauernd. Die er
brochenen Massen rochen sehr übel, geradezu fäculent. Nach
consequenten Ausspülungen erklärte am fünften Tage die Patientin •
„Ich merke, es geht alles durch“, und von dem Moment ab sind
alle Beschwerden vollkommen verschwunden. Man muss sich die
Mühe nicht verdriessen lassen, man muss in den ersten Tagen
häufig den Magen ausspülen. Was sollte man auch durch eine
Magenausspülung schaden? Wir machen es gewöhnlich so, dass
vorher die Entfernung des Fundus durch eine Sonde festgestellt
wird. Es wird an der Stelle die Sonde mit etwas Heftpflaster als
Marke umwickelt. Bis zu dieser Stelle wird die Sonde einge¬
führt. Es kann die Spitze der Sonde an die Wunde gar nicht
herankommen, und wenn man gesehen hat, was für eine Jauche,
was für ein penetrant übelriechendes Secret sich im Magen
befindet, dann wird man sich vor diesem mechanischen Einfluss
der Magenausspülung nicht fürchten, sondern dieselbe ohne Be¬
denken unternehmen.
Einen Fall aus früheren Jahren möchte ich noch erwähnen,
den ich schon einmal auf dem Chirurgencongress vorgestellt habe. Es
handelt sich um einen Patienten aus Landsberg, bei dem ich die
Gastroenterostomie gemacht habe. Leider habe ich die Nachricht
von seinem Ableben an einer intercurrenten Krankheit zu spät
erfahren, so dass die Section nicht ausführbar war. Der Mann
hat nach der Operation noch sieben Jahre gelebt. Alle, die bei
der Operation zugegen waren, hatten die feste Ueberzeugung, dass
es sich um Carcinom gehandelt habe. Wir können es jetzt natür¬
lich nicht beweisen. Der Tumor war nach der Operation immer
zu fühlen. Ich habe ihn wiederholt zur Beobachtung herkommen
| lassen. — Der Patient, der früher sehr zu leiden hatte, hat sieben
Jahre lang schwere Landarbeit verrichtet und niemehr bis zu seinem
Tode irgend welche Beschwerden gehabt.
Nach meinen Erfahrungen kann ich die Gastroenterostomie
nach der Methode von Wölfl er, wie ich sie auch mit geringen
Abweichungen fast immer ausführe, am allermeisten empfehlen.
Ich halte alle Methoden, auch die von May dl (Durchtrennung
des Darmes und Einpflanzung des centralen in das periphere
Ende) für nicht so ungefährlich. Man wird durch diese
Methode vielleicht noch günstigere Circulationsverhältnisse er¬
halten können, aber die Gefahr ist doch eine ausserordentlich
viel grössere als bei der beschriebenen Gastroenterostomie. Wenn
man den Darm durchschneidet, das centrale Ende in das periphere
und nacher das periphere in den Magen einpflanzt, so haben wir
immer. zwei Darmwunden, an denen etwas passiren kann. Die
Operationsdauer wird entsprechend der doppelten Darmnaht erheb¬
lich verlängert werden müssen, daher bei sehr geschwächten
Patienten schon aus diesem Grunde nicht anzuwenden sein. Ein
Eintreten von Nahrungsmitteln in den centralen Schenkel wird
allerdings dadurch sicher verhindert werden können.
Sollte einmal bei der Wölfler’schen Methode das üble Er¬
eigniss des Einfiiessens von Nahrungsmitteln in den centralen
Schenkel eintreten, dann müsste man eine Enteroenterostomie
machen und den centralen Schenkel in der Nähe des Magens durch
Serpsanähte verengern, eine Operation, die ich leider bei dem
vorgestellten Coli egen aus New-York am 5. Juni 1894 habe aus¬
führen müssen und die ohne jede Reaction verlaufen ist.
Nachtrag: Bis zum 18. October, dem Tage, wo mir die Cor-
rektur zuging, habe ich noch sechs Gastroentarostomieen ausgeführt,
so da ps iin ganzen meine letzten fünfzehn Gastroenterostomie© 11
glücklich und ohne Zwischenfall verlaufen sind. Herr College L-
ist seinem Leiden erlegen. Die Seetion hat ein Reeidiv im Bereich
der Operationsstellen und Metastasen ergeben. Die- mikroskopische
Untersuchung ergab ein Chondrosarkom. (Ausführlichere Kranken¬
geschichten der kurz mitgetheilten Fälle behalte ich mir für eine
spätere Publication vor.)
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25. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
819
II. Zur Tabaksamaurose.
Von Th. Husemann in Göttingen.
Auf eine interessante Beobachtung, die in der letzten Zeit in
Australien über epizootiscbe Blindheit gemacht wurde, glaube ich
hinweisen zu müssen, weil jene für die Lehre von der Tabaks¬
amaurose beim Menschen von besonderer Wichtigkeit zu sein scheint
und die australischen Notizen darüber nicht leicht in die Hände
europäischer Aerzte gelangen.
Im „Australasian“ vom 4. Juli 1894 findet sich unter der Ueber-
schrift: „Epizootische Blindheit bei Pferden. Einige wichtige Ver¬
suche“ die Mittheilung, dass an der Thierarzneischule von Mel¬
bourne von den Herren W. T. Kendall und S. S. Cameron
Untersuchungen über eine mysteriöse Form von Blindheit ange¬
stellt worden seien, die sich bei Pferden in einem ausgedehnten
Gebiete von Neusüdwales, das vom Darling River durchflossen
werde, gezeigt habe.
Diese Krankheit ist nicht mit den bisher bekannten Formen
epizootischer Blindheit von Thieren zu verwechseln, die in
Australien Vorkommen und nicht bloss bei Pferden, sondern auch
bei Rindvieh und Schafen beobachtet werden. Diese sind mit ent¬
zündlichen Affectionen des Auges verbunden, während die in Frage
stehende Augenaffection keinen inflammatorischen Charakter trägt.
Sie ist ausschliesslich gebunden an das bezeichnete Territorium,
während die epizootischen Augenentzündungen in verschiedenen
Gegenden von Australien auftreten, und ist am oberen Lauf des
Darling seit mehreren Jahren bekannt. Erst während der letzten
2—3 Jahre hat sie sich in südlicher Richtung verbreitet und ist
jetzt zu einer solchen Ausbreitung gelangt, dass sie in ernstlicher
Weise die Pferdezucht in jenen Gegenden bedroht. An einzelnen
Stellen in den Districten zwischen Wilcannia und Wentworth
sind 25 % aller Pferde vollkommen blind und andere fast blind
und in ihrem Sehvermögen mehr oder weniger beeinträchtigt.
Im März 1894 wurden auf Veranlassung des Thierarztes
Dr. Parr in Broken Hill, der das ganze Gebiet der Krankheit
durchreist hatte, um die Ursache der Krankheit zu erkunden, zwei
typische Fälle an die Thierarzneischule in Melbourne eingeliefert.
Bei beiden Thieren, einer alten grauen Stute und einem vierjährigen
braunen Wallach, von denen erstere total blind und der Wallach
bei Nacht völlig blind, bei Tage partiell blind war, ergab sich bei
der von J. J. Barrett und J. J. Miller vorgenommenen Unter¬
suchung keine Structurveränderung am Auge; nur die Reaction
der Iris auf Licht war etwas retardirt, alles übrige normal. Die
Pferde boten auch sonst keine krankhaften Symptome, wie schon
daraus hervorgeht, dass Dr. Parr mit den Pferden in 16 Tagen
etwa 600 englische Meilen zurücklegte, wobei er die Stute ritt
und den Wallach führte. Dieser Mangel an Krankheitserschei¬
nungen ist übrigens um so merkwürdiger, als die Section der
Thiere ausgedehnte Veränderungen am Rückenmark und an den
Nerven constatirte.
Nach den bisherigen Erfahrungen über die Krankheit hat diese
einen progressiven Charakter. Fälle von Heilung durch Behand¬
lung oder Spontanheilung wurden bisher nicht beobachtet. Im
Beginn der Affection wird das Sehvermögen in der Weise beein¬
trächtigt, dass das Thier unfähig wird, im Dunkeln Gegenstände zu
unterscheiden; erst nach sechs Monaten bis zwei Jahren kommt es zu
totaler Erblindung. Werden partiell blinde Thiere aus dem Distrikt
der Epizootie entfernt, so bleibt das Leiden stationär; Besserung
tritt nicht ein. Werden sie aber in den Distrikt zurückgebracht,
so bekommt die Krankheit wieder ihren progressiven Charakter.
Ueber die Aetiologie des Leidens sind verschiedene Theorieen
aufgestellt, doch macht sich vorwaltend die Ansicht geltend, dass
es sich um eine chronische Alkaloidvergiftung handle, die ihre
Ursache in einer giftigen Futterpflanze habe. Eine Pflanze, die in
dieser Beziehung von der Mehrzahl der Beobachter verdächtigt
wurde, ergab sich nach der Untersuchung des berühmten Botanikers
Baron Ferdinand v. Müller in Melbourne als der australische
Tabak, Nicotiana suaveolens. Der Grund zur Verdächtigung
war besonders der, dass das Auftreten dieser Pflanze auf den
Weiden infolge von Ueber6chwemmungen unmittelbar dem Auf¬
treten der Epizootie vorausging. So war denn die Grundlage zu
einer experimentellen Untersuchung gegeben, die allerdings noch
nicht völlig abgeschlossen ist, die aber in Bezug auf die Tabaks¬
amaurose des Menschen von Bedeutung zu werden verspricht.
Untersuchungen mit dem von Dr. Morgan in Wentworth gelieferten
Material haben vorläufig das Resultat gehabt, dass ein Unterschied
in der acuten toxischen Action von Nicotiana suaveolens und Nico¬
tiana Tabacum nicht existirt. Die Vergiftungserscheinungen waren
identisch mit den durch eine gewöhnliche Tabaksabkochung oder
durch Subcutaninjection von Nicotin bewirkten. Kleine Dosen be¬
wirkten Nausea und Tremor, grosse complete Paralyse und Tod.
Der erwähnte halbblinde Wallach starb nach einer Abkochung von
vier Pfund der Blätter von Nicotiana suaveolens in drei Stunden
unter den charakteristischen Erscheinungen der Nicotinvergiftung.
Auch in Bezug auf die Leichenveränderungen ergaben sich Unter¬
schiede nicht. Untersuchungen von Kirkland ergäben das Vor¬
handensein eines Alkaloides, dessen Identität mit Nicotin jedoch
noch zu erweisen ist.
Das Wesen der fraglichen Affection ist Degeneration bezw.
Atrophie des Opticus. Dies lässt sich schon mit blossem Auge
erkennen und wird weiter noch durch die mikroskopische Beob¬
achtung erwiesen. Bei beiden Pferden zeigten die Sehnerven par¬
tielle palpable Einschnürungen und in ihrem ganzen Verlauf ab¬
norme Ungleichheiten im Caliber.
Nach Mittheilung von Baron Ferdinand v. Müller kommt
auch im südlichen Theile von Westaustralien epizootische Blind¬
heit bei Pferden vor, die man dort auf eine monokotyledonische
Pflanze, die sogenannte Graslilie, zürückführt. In Neusiidwales
findet sich diese Pflanze nicht und ist daher als ätiologisches Mo¬
ment ausgeschlossen.
Ueber weitere Untersuchungen in Bezug auf die seltsame
Epizootie hoffe ich später Mittheilung zu machen. Da die Mel-
bourner Untersuchungen der Regierung von Neusiidwales im Detail
zugegangen sind, wird die Möglichkeit erwogen werden, in wie
weit die Ausrottung der gefährlichen Pflanze thunlieh ist, und man
wird dann erkennen, ob damit der Epizootie ein Ziel gesetzt ist.
III. Ans der Umversitätsfrauenklinik in Leipzig.
Ueber das bacterienfeindliclie Verhalten des
Scheidensecretes Schwangerer. 1 )
Von Dr. B. Krönig, Assistenten der Klinik.
Meine Versuche sollten in erster Linie einen Beitrag liefern
zur Frage nach der sogenannten Selbstinfection. Wenn wir von
Selbstinfection sprechen, so muss man gleich eine genaue Defini¬
tion hinzusetzen, was man unter dem Worte Selbstinfection ver¬
standen wissen will.
Natürlich können wir uns eine Selbstinfection nicht mehr so
entstanden denken wie Semmelweis, nämlich, dass der zersetzte
thierischo organische Stoff innerhalb der Grenzen des ergriffenen
Organismus erzeugt werde, sondern wir Avissen, dass jene schäd¬
lichen Stoffe stets von aussen in den Genitalcanal zu irgend einer
Zeit gelangt sein müssen.
Dass eine Kreissende, die während der Geburt nicht inner¬
lich berührt worden ist, im Wochenbett selbst septisch erkranken
kann, daran kann wohl schAverlich noch gez weif eit worden.
Die Fragestellung lautet jetzt, wie sind die Keime in den Geni¬
talcanal der Frau gelangt?
Kaltenbach sagt in seinem Aufsatze über Antiseptik in der
Geburtshülfe folgendes. Ausseninfection und Selbstinfection sind
in ihrem Wesen vollkommen identisch. Beide beruhen auf dem
Eindringen pathogener Keime in den Genitalcanal; nur zeitlich sind
beide Infectionsarten von einander verschieden. Die Ausseninfection
wird bedingt durch Mikroorganismen, die während des Geburts¬
actes durch den touchirenden Finger in den Vaginalcanal eingeführt
sind; die Selbstinfection dagegen durch Keime, Avelehe während
der Schwangerschaft oder sogar noch früher in den Genitalcanal
gelangt sind, aber erst bei oder nach der Geburt ihre Wirkung
entfalten.
Diese Erklärung der Selbstinfection von Kaltenbach ist über¬
aus einfach und bestechend. Sie hat aber zur Voraussetzung, dass
die Mikroorganismen im Scheidensecret einen ihnen zusagenden
Nährboden finden, so dass sie also monatelang in der Vagina fort¬
leben können.
Steffeck und Winter geben diese Möglichkeit direkt zu.
Sie fanden im Secret der Schwangeren, auch wenn sie lange inner¬
lich nicht berührt waren, alle möglichen Aussenkeime, verschie¬
dene Formen von Staphylococcen, albus, aureus, citreus, Strepto¬
coccen, ferner Diplococcen und andere Arten.
Ahlfeld nimmt auf Grund seiner klinischen Erfahrungen an,
dass jede Frau in ihrer Vagina Mikroorganismen beherbergt, die
unter geeigneten Verhältnissen Fieber und Tod herbeiführen
können. Die in der Vagina vegetirenden Keime spielen nach Ahl¬
feld eine so grosse Rolle, dass z. B. in wohlgeleiteten Anstalten
die Zahl der durch Selbstinfection erfolgten fieberhaften Erkran¬
kungen im Wochenbett grösser ist, als die durch Infection a t oii
aussen herbeigeführten.
Die etwas heikle Frage, warum denn nicht alle Kreissenden
im Wochenbett erkranken, da ja doch bei jeder die Scheide von
J ) Nach einem Vortrage in der Gesellschaft für Geburtshülfe in
Leipzig.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
820
Mikroorganismen wimmelt, bei jeder also die Möglichkeit der Selbst¬
infection besteht, wird verschieden beantwortet. Ahlfeld beant¬
wortet sie im Sinne der örtlichen Disposition. Winter durch Ab¬
schwächung der Virulenz der Keime. Mermann etwas sonderbar
durch einen Vergleich des Genitalsecrets mit dem Giftsack einer
Giftschlange: er meint, ebensowenig wie die Schlange durch
ihr Gift erkranke, ebensowenig schade auch das Secret einer
Schwangeren dieser selbst. Mermann musste folgerichtig nach
den damaligen Untersuchungen von Winter und Steffeck zu
einem solchen Vergleich seine Zuflucht nehmen, sonst hätte er
seine glänzenden Resultate ohne objective Antisepsis nicht erklären
können.
D öd er lein nimmt eine mehr vermittelnde Stellung ein, er
unterscheidet zwischen normalem und pathologischem Secret und
giebt hierfür die Charakteristica an, welche icli hier kurz er¬
wähnen muss. Das normale Secret reagirt stark sauer, das patho¬
logische schwach sauer, nicht selten neutral oder alkalisch. Die
bacteriologische Untersuchung ergiebt. im normalen Secret das
fast ausschliessliche Vorkommen von bestimmten Bacillen arten,
im pathologischen Secret dagegen die verschiedensten Mikroorga¬
nismen, Bacillen sowohl wie Coccen in grosser Zahl. Wurden
von den verschiedenen Secretarton Nährböden beschickt, so er«*ab
sich, dass im normalen Secret saprophytische Keime höchstens
nur vereinzelt Vorkommen, pathogene Keime dagegen nie. Wurde
vom pathologischen Secret eine kleine Monge auf Nährböden ge¬
bracht, so kam sowohl auf Gelatine wie auf Agar bei Zimmer¬
temperatur. und im Brütofen jedesmal eine grössere Anzahl ver¬
schiedenartigster Mikroorganismen zur Entwickelung, Kurzstäbchen
Coccen etc., darunter in 4,9 % der Fälle Streptococcen.
Döderlein giebt also für eine grosse Gruppe von Scheiden-
secreten,ca. der.Hälfte aller Schwangeren, die Möglichkeit zu, dass
Aussenkeime, seien es nun saprophytische oder pathogene Keime, im
Secret vorhanden sein können und dass die in der Schwangerschaft
eingefuhricn pathogenen Keime günstige Entwickelungsbedingungen
Dagegen glaubt er, dass bei dem normalen Secret die ein¬
geführten Keime keine Existenzbedingung finden, ja dass vereinzelt
in die Scheide gelangte pathogene Keime in der Schwangerschaft
sogar bald wieder zugrunde gehen. Demnach wird nur für das
pathologische Scheiden secret eine Selbstinfection im Sinne Kalten-
bach’s zugegeben.
J? babe sch0 " früber auf Grund meiner Untersuchungen ge-
•"rVf 3 . nach ™ elner Meinung diese Scheidung in normales
und pathologisches Secret nicht gemacht werden darf. Gewiss
®?® bt * S verschiedene Secretarten, die sich am besten noch durch
rtä rtil TT C U de i!® ? aCt , C1 ' lr 'n flora von einander unterscheiden lassen
der d nL™ n r 1SChlede - de ''. Reaction viel zu schwankende sind. Bei
der einen Gruppe sind die Stiibchenarten mehr vorherrschend bei
der anderen die Coccenformen. ’ Del
Dikl erlein hat nun gerade eine Secretart, in welcher sich die
' on , ihm näher beschriebenen Scheidenbacillen befanden als be-
sonders günstig für die Besitzerin in Bezug auf Geburts ,m
zdchnet b V hervorgehobcn und dies sfcret als nomal be
auch I meTmSche!rtp^p tan t de ’ , ebCnS ° gut wie die Scheidenbacillei
autn die m bcheidensecret vorkommenden anderen Stäbchonfnrmen
sowie auch die Coccenformen rein zu züchten me i’
Die in der Scheide sich aufhaltenden Keimarten wachsen -
erfer "ii d i G0 ?° C0CCe - n aus a*' sc hlossen _ nicht aerob auf neutra
•n,cll l„f T reagirenden Nährböden, wohl aber geling es eine.
dfe C Natur SV und h die K^af^er“ Är}*“
orientirt sind er vei schiedenen Scheidenkeime
*b
“ »«“«I «» ■"
werthigkeit 1 zuerkMme° h s^ müsste Secretarten eine Gleich-
ebenso wie es Döderlein vom auch das pathologische Secret,
sein von Aussenkeimen und pathoge“en*0 beha . u P. tet ’ frei
erwäbut, sab Döderlein im (Wmw 611 0rganifemen - Wie schon
NoJ3
gegen vermochte niemals einen Unterschied bei den verschiedenen
Secretarten im Plattenbefunde zu erkennen. Die Agar-Gussplatten
blieben steril, mochten sie von einem Secret herstammen, welches
Scheidenbacillen, oder Kurzstäbchen und Coccen im mikroskopischen
Bilde zeigte. Jede Secretart erwies sich frei von Aussenkeimen
von pathogenen und Fäulniss erregenden Mikroben.
Greife ich jetzt zurück auf die Kaltenbach’sehe Definition
der Selbstinfection, so war schon erwähnt, dass Winter und
Steffeck den Infectionsmodus rückhaltlos zugeben. Döderlein
giebt die Möglichkeit zu für die Hälfte der Schwangeren leugnet
sie für die Schwangeren mit einem Secret, welches Scheidenbacfllen
enthält.
Ich glaube auf Grund meiner Untersuchung zu der Bebauu¬
ng berechtigt zu sein, dass die Kaltenbach’sche Lehre* die
Keime, welche einmal in die Vagina getragen sind, können monate¬
lang in derselben leben und ihre Entwickelungsbedingungen finden
für jede Secretart unhaltbar ist. Durch die verschiedensten Mani¬
pulationen, durch Cohabitatio, durch Seheidenspülungen etc. werden
Mikroorganismen in grosser Zahl im Genitalcanal deponirt. Wenn
wir trotzdem das Secret so absolut frei von aöroben Keimen finden
wenn wir nur eine gewisse Zeit nach der inneren Berührung Secret
entnehmen, so müsste die Scheide der Schwangeren die Eigenschaft
besitzen, die eingeführten Keime entweder mechanisch wieder
herauszubefördern, oder dieselben zu vernichten. Diese bactericide
Eigenschaft kommt nach Döderlein auch wiederum nur seinem
normalen Scheidensecret zu, das pathologische Secret liefert nach
ihm sogar günstige Entwickelungsbedingungen. Döderlein glaubt,
dass ausser der Säure hauptsächlich die Scheidenbacillen die Ver¬
nichtung der oingeführten Keime herbeiführen. Döderlein ver-
lmpfte zu diesem Zweck in eine Bacillencultur von Scheidenbacfllen
den Staphylococcus aureus und sah, wie die pathogenen Keime zu¬
grunde gingen. Ausserdem brachte er in die Vagina einer Virgo,
bei 'welcher die Secretuntersuchung die Scheidenbacillen in Rein-
cultur ergeben hatte, eine Bouilloncultur von Staphylococcus aureus
und beobachtete, dass die Staphylococceu nach 4 Tagen abgestorben
waren.
Es musste für die Frage der Selbstinfection von ganz beson¬
derem Interesse sein, festzustellen, ob auch die Scheide der
Schwangeren diese bactericide Eigenschaft hat und ob sich heraus¬
stellt, dass, wie Döderlein annimmt, nur das Scheidensecret,
welches Scheidenbacillen enthält, den Kampf gegen eingetragene
Keime siegreich besteht. Die Versuchsanordnung war zu diesem
Zwecke folgende. Bei einer grösseren Zahl von Schwangeren,
gleichgültig, ob in ihrem Secret Scheidenbacillen waren oder ob
sie nach Döderlein pathologisches Secret hatten, wurden mittels
eines sterilen Röhrchens verschiedene Keimarten eingetragen, dann
wurde in ganz bestimmten Zwischenräumen vermittels des Menge¬
schen Scheidenlöffels Secret entnommen, und zwar jedesmal vom
Scheideneingang und vom Scheidengrund. Ich erwähne hier gleich,
dass ich am Scheideneingang die Stelle der Scheide, die innerhalb
des Hymenalringes sich befindet, gewählt habe.
Vorausschicken möchte ich noch, dass ich bei diesen Ver¬
suchen mit grösster Vorsicht vorgegangen bin. Es wurden nur
Schwangere benutzt, welche nachweislich noch eine geraume Zeit
bis zu ihrer Niederkunft hatten. Selbstverständlich ist keine von
diesen im Puerperium erkrankt.
Als Infectionskeime wählte ich zuerst den unschuldigen Pyo-
cyaneus, der nebenbei noch den Vortheil hat, dass er sich sehr
leicht auf der Agar-Gussplatte nachweisen lässt.
Pyocyaneus wurde in die Scheiden von 20 Schwangeren über¬
tragen. Unter diesen 20 Schwangeren befanden sich 9 mit
Scheidenbacillen, 4 mit verschiedenen Kurzstäbchenarten, 7 mit
Coccen im Secret. Bei der ersten Gruppe waren im Durchschnitt
nach 1472 Stunden die Pyocyaneuskeime verschwunden, im Minimum
10 Stunden, im Maximum 24 Stunden. Bei der zweiten Gruppe
war die geringste Zeit bis zur wiedererlangten Asepsis 10, die
längste 20 Stunden, im Durchschnitt also 16 Stunden. Bei der
letzten Gruppe das geringste 10, das höchste Zeitmaass 80 Stunden,
im Durchschnitt 20 Stunden. Wir sehen also, dass hierbei die
letzte Gruppe etwas ungünstiger gestellt ist, doch liegen solche
Differenzen natürlich innerhalb der vorkommenden Fehler.
Bei der Versuchsanordnung sind einige Fehler nicht zu ver¬
meiden. In gewissen Zwischenräumen von 3—5 Stunden wurden im
allgemeinen Secretproben entnommen, leider kommt aber die Nacht
mit einer unliebsamen Pause dazwischen. Der Hausordnung ent¬
sprechend musste die letzte Secretentnahme Abends l /S und die
erste Morgens nicht vor 1 / 2 7 vorgenommen werden, also immerhiu
ein Zwischenraum von 11 Stunden.
Der Unterschied zwischen der bactericiden Kraft des Scheiden¬
eingangs und des Scheidengrundes war kein grosser, bald reinigte
sich der Scheideneingang, bald der Scheidengrund früher, im all¬
gemeinen war allerdings eine gewisse Differenz zu Ungunsten des
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25. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Scheideiieiiigangs zu bemerken. Auf die näheren Angaben kann
ieh natürlich an dieser Stelle nicht eingellen.
Nachdem ich mich so von der prompten Giftfestigkeit des
Sclieidensecrets überzeugt hatte, ging ich über zu der Uebertra-
gung von Staphylococcen. Die Versuchsanordnung blieb dieselbe.
Wenn ich auch hier wieder die Einteilung in die oben angegebenen
drei Gruppen festhalte, so ergab sich für die erste Gruppe: Schei¬
denbacillen im Secret 9 Schwangererem Durchschnitt I6V2 Stunden,
als Mindestzeit 12, als höchste 36 Stunden. Zweite Gruppe:
3 Schwangere im Durchschnitt 11 Stunden, als geringste Zeit
6 Stunden, als längste Dauer 14, darunter eine mit Gonorrhoe in
13 Stunden. Dritte Gruppe: 4 Schwangere mit coccenhaltigem
Secret als Durchschnitt 14 Stunden, geringste Zeit 6, längste
Dauer 24 Stunden.
Gehe ich gleich zu den Streptococcenversuchen über, so ver¬
füge ich nur über drei Beobachtungen, da ich nur Schwangere,
welche sich im siebenten oder achten Monat befanden, zum Ver¬
such heranziehen konnte. Unter diesen befand sich nur eine mit
einem Secret, in welchem sich Coccen vorfanden. Die Zeit, bis zu
welcher die Keime nicht mehr nachzuweisen waren, betrug 6 Stun¬
den. Die beiden anderen Schwangeren hatten Scheidenbacillen im
Secret, und war hier ebenfalls nach 6 Stunden kein Streptococcus
mehr zu finden.
Fasse ich nochmals kurz zusammen, so wurden die Versuche
bei 48 Schwangeren vorgenommen. Das Resultat war:
1) dass die bacterienfeindliche Wirksamkeit der Scheide gleich
gross ist, ob Stäbchen oder Coccen in ihrem Secret sind;
2) dass grosse Unterschiede bestehen je nach der Art der
Keime, die eingeführt sind. Die Streptococcen werden in sehr
kurzer Zeit abgetödtet. Die Staphylococcen und die Pyocyaneus-
keime bedürfen fast des doppelten an Zeit. Die längste Dauer,
bis zu der die Scheide sich von allen eingeführten Keimen wieder
gereinigt, beträgt circa zwei Tage. Ziehen wir die Consequenzen
unserer Resultate, so können wir sagen, eine Selbstinfection im
Sinne Kaltenbach’s derart, dass Keime, die zu irgend einer Zeit
der Schwangerschaft in den Genitalcanal eingetragen sind und sich
dort bis zur Geburt lebenskräftig hielten, um nun im Puerperium
in Wirkung zu treten, giebt es nicht;
3) die Scheide einer Schwangeren dürfen wir wieder als
aseptisch ansehen, wenn nachweislich 2—3 mal 24 Stunden seit der
letzten inneren Berührung vergangen sind.
Döderlein musste auf seinen Versuchen fussend die Forde¬
rung aufstellen, dass auch in praxi, vor allem aber in der Klinik
eine Trennung der Schwangeren mit normalem und pathologischem
Scheidensecret vorzunehmen sei. Seine Forderung lautete dem¬
nach: bei Schwangeren mit normalem Secret bringt die Unter¬
suchung mit aseptischen Fingern keine Infectionsgefahr, gehen
doch vereinzelt in die Scheide gelangte pathogene Keime in der
Schwangerschaft sogar bald wieder zugrunde. Das pathologische
Secret, in welchem einerseits pathogene Keime bereits vorhanden
sein können und andererseits auch die in der Schwangerschaft ein¬
geführten pathogenen Keime günstige Entwickelungsbedingungen
finden, wird für die Kreissende zur erheblichen Gefahr, wenn in¬
folge häufiger innerer Untersuchungen der Transport der Keime
nach dem Uterus begünstigt wird. Schwangere mit pathologischem
Secret müssen entweder vor dem Touchiren bewahrt werden, oder
es muss durch eine geeignete lokale Behandlung die im patholo¬
gischen Secret liegende Gefahr beseitigt werden.
Da ungefähr die Hälfte der Schwangeren in hiesiger Anstalt
dies pathologische Secret haben, so war diese Forderung natür¬
lich eine einschneidende. Es durften nur die Hälfte der Schwan¬
geren zu Lehrzwecken benutzt werden, weil eine Behandlung des
pathologischen Secrets mit Milchsäurespülungen, wie Döderlein
vorschlägt, 14 Tage und länger dauern kann. Ich möchte an dieser
Stelle nur kurz erwähnen, dass ich des öfteren einen Wechsel der
Scheidenflora ohne jede Behandlung habe eintreten sehen. Dabei
gebe ich aber zu, dass gerade in der schwangeren Scheide im all¬
gemeinen eine Coustanz der Flora besteht.
Da ich nachgewiesen, dass jede Art von Scheidensecret eine
natürliche Widerstandsfähigkeit gegen Aussenkeime jeder Art,
speciell auch gegen Infectionskeiine besitzt, so wurden hier in der
Klinik wieder alle Schwangeren zu den Touchirübungen heran¬
gezogen. Aus diesem Wechsel der Anordnungen haben wir noch
keinen Nachtheil gesehen. Schwangere mit Scheidenbacillen im Secret
sind gleich oft im Wochenbett erkrankt wie diejenigen mit Keim¬
stäbchen und Coccen im Secret. Ich habe diesen Satz zahlen-
mässig belegen können.
Burkhardt hat in der geburtshülflicben Klinik in Basel auch
die Frage, wie sich normales und pathologisches Secret zu normalem
und pathologischem Wochenbett verhalten, bearbeitet. B urkhar d t
kommt zu anderen Resultaten wie ich. Ich kann diese Differenz
821
nur erklären durch die klein© Zahl der Beobachtungen, Burkhardt
im ganzen 111. Hierbei sind natürlich Zufälligkeiten möglich.
Bei der relativen Ungefährlichkeit der inneren Untersuchung
Schwangerer, gegenüber der bei Kreissenden, können die Schwan¬
geren in Lehranstalten möglichst oft zu Touchirungen verwendet
werden, damit von Seiten der Studirenden und der Hebamme hier
die zur Diagnostik nothwendigen Kenntnisse erworben werden.
Dementsprechend liesse sich vielleicht die ungleich gefährlichere
Untersuchung Kreissender etwas einschränkon.
^ Selbstverständlich muss auch bei der inneren Untersuchung
Schwangerer stets die peinlichste Asepsis herrschen, da wir ja nie
mit Sicherheit Voraussagen können, wann die Geburt ihren Anfang
nehmen wird.
Ueber die Factoren, welche dem Scheidensecret der Schwan¬
geren diese natürliche Immunität verleihen, werde ich mich mög¬
lichst. kurz fassen; in einer anderen Arbeit aus hiesiger Klinik
wird in dieser Wochenschrift hierüber ausführlich berichtet werden.
Ais bacterienfeindliche Factoren sind in Betracht zu ziehen:
1. Chemische Stoffe im Secret, vielleicht die Säure. 2. Der An¬
tagonismus der Scheidenkeime mit importirten Keimen. 3. Der
Phagocytismus. 4. Der Mangel an Sauerstoff.
In gewisser Beziehung ist auch an eine mechanische Reinigung
von den Infectionsstoffen zu denken.
Versuche über Einwirkung des Säuregrades auf die bacterieu-
feindliche Eigenschaft des Secrets lassen sich bei Schwangeren
schlecht ausführen. Der Säuregrad ist inconstant, die Differenz
eine geringe. Sämmtliche Schwangere, circa 500, die ich unter¬
sucht habe, hatten saures Secret.
Um einigermaassen Anhaltspunkte zu gewinnen, habe ich dio
Secreto colorimetrisch in drei Gruppen eingetheilt, je nach der
Rothfärbung des blauen Lakmuspapiers. Die Scala war schwach-
roth, mittelroth und hellroth. Von den mit Pyoeyancus behan¬
delten Schwangeren zeigten zwei schwach saure Reaction. Diese
tödtete den Pyocyaneus in durchschnittlich 18 Stunden. 14 hatten
mittleren Säuregrad, die Vernichtung der Keime erfolgte in
19 Stunden. 11 mit stark saurem Secret, hier war die Asepsis
der Scheide in 13 Stunden wieder erreicht. Die mit Staphylococcen
beschickten Scheiden verhielten sich ähnlich. Reaction 6chwacli-
roth, mittlere Zeit bis zur völligen Keimtödtung 1272, Reaction
mittelroth circa 13 Stunden, Reaction hochroth circa 20 Stunden.
Soviel geht aus dieser kurzen Zusammenstellung hervor, dass
der Säuregrad keine so bedeutende Rolle spielt, ja dass auch
schwach sauer reagirende Secrete bacterienfeindliche Wirksamkeit
ausüben.
Uebor den Antagonismus der Sclieidenkeime gegen eingeführte
Aussenkeime habe ich schon gesprochen. Ich habe gezeigt, dass
die verschiedenen Secrete mit ihren verschiedenen Keimarten gleich
wirksam den Kampf gegen die Eindringlinge aufnehmen. Dio
natürliche Immunität des Scheidensecrets ist nicht an eine specifische
Bacterienart gebunden.
Die so bestechende Phagocytentheorie musste natürlich auch
berücksichtigt werden. Nur in einer gewissen Zahl von Secreten,
circa Vs der untersuchten Schwangeren, war im Deckglastrocken¬
präparat die ersten Stunden nach Beschickung der Vagina Pliagocy-
tose zu erkennen, d. li. es lagen die Staphylococcen in Diploeoccen-
formen innerhalb einer Eiterzelle. Damit ist ja natürlich immer
noch nicht gesagt, dass hier die Eiterkörperchen die Coccen
wirklich gefressen und dadurch vernichtet haben: es ist sehr wohl
denkbar, dass die Eiterkörperchen sich nur an vorher schon abge¬
storbene Keime herangemacht und dieselben in ihren Leib auf¬
genommen haben. Die Phagocytose kann nicht allein durch das
Mikroskop entschieden werden, sondern durch den Versuch. Der
Versuch muss so angeordnet sein, dass unter Fortbestand aller
anderen Bedingungen nur die vitale Energie der weissen Blut¬
zellen vernichtet wird. Wir wissen, dass durch Herabsetzen der
Temperatur auf 0° die Contractionsfähigkeit der Zellen dauernd
zerstört ist. Ich entnahm Scheidensecret vermittels eines Capillar-
röhrchens und setzte dies eine Stunde lang einer Temperatur
von — 4o aus. Darnach wurde das Secret mit Staphylococcen be¬
schickt und dem Wärmschrank übergeben. Die nach 14 Stunden
entnommenen Proben zeigten, dass auch hier die Staphylococcen
vernichtet waren.
Hiermit ist natürlich die Frage nach der Bedeutung der
Leukocyten noch nicht abgeschlossen. Wenn sie auch nicht als
Fresszellen den Kampf entscheiden, so bleibt doch die Möglichkeit,
dass sie in anderer Weise an der Abwehr ganz wesentlich be¬
theiligt sind. Gerade die für das schwangere Secret allerdings
weniger ausgesprochene Leukocytose nach Einführung der patho¬
genen Keime lässt darauf schliessen.
Die reducirende Eigenschaft des Scheidensecretes kommt bei
unseren Versuchen nicht in Betracht, weil die verimpften Bacterien,
Pyocyaneus, Staphylococcus aureus und Streptococcus facultative
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822
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43
Anaeroben sind; dieselben wachsen also bei Sauerstoffmangel obenso
gut wio bei Luftzufuhr.
Bei Einführung streng aerober Bacterien in die Vagina kann
diese Eigenschaft des Scheidensecrets sicher mit zur Absehwächung
bezw. Vernichtung dieser Keime beitragen.
Vorläufig wissen wir noch nicht, welches die bacterienfeind-
lichen Factoren im Secret sind, alles scheint aber darauf hinzu¬
weisen, dass durch das Zusammenwirken verschiedener Factoren
die allerdings langsame aber prompt wirkende bactericide Kraft
des Scheidensecretes zu erklären ist.
Schliesslich wäre noch die reine mechanische Entfernung der
Keime durch das abfliessende Secret in Betracht zu ziehen. Um
zu erfahren, in wie weit sich die Scheide von eingeführten kleinen
Fremdkörpern reinigen kann, wurden Aufschwemmungen von sterili-
sirter Kohle und Zinnober in die Scheido gebracht.
Die feinen Kristalle lassen sich gerade mit Immersion sehr
gut sehen, so dass eine rein mikroskopische Controlle geführt
werden konnte, wann sich das Secret von den eingeführten Fremd¬
körpern befreit hatte. Wir sahen, dass die mechanische Reini¬
gung viel langsamer vor sich geht als die Abtödtung der Keime.
Nach 2 mal 24 Stunden sahen wir meistens das Secret noch ange¬
füllt von Krystallen. Die durchschnittliche Zeit bis zur völligen
Ausstossung der Fremdkörper dauert fast drei Tage. Eine Phagocy-
tose habe ich hierbei nie beobachtet. Die Krystalle lagen stets
ausserhalb der Eiterkörperchen. Das Verschwinden der einge-
brachten Mikroorganismen aus dem Secret hat also bestimmt nichts
mit einer mechanischen Fortschaffung zu thun.
Allo diese Erfahrungen lassen uns also das Scheidensecret als
ein starkes Antisepticum und Desinficienz erkennen. Wie ver¬
halten sich dem gegenüber die in der Geburtshülfe zu Scheiden¬
spulungen zur Zeit benutzten Antiseptica an Werthigkcit?
Ueber Desinfection des Genitalcanales liegen zur Zeit haupt¬
sächlich die Untersuchungen von Döderlein und Steffek vor.
Sie begnügten sich damit, mikroskopisch nachzuweisen, ob durch
bestimmte Spülungen die in der Scheido normaler Weise vor¬
kommenden Keime zum Verschwinden zu bringen wären Ihre
Resultate waren folgende: Einfache Spülung mit Lysol genügt
nicht, um die Scheide von ihren Keimen zu befreien. Döderlein
verlangt gründliche Auswaschung der Vagina und des unteren
Cervixabschmttes mit Creolin bezw. Lysol unter gleichzeitigem Ab-
Äl«f^n S Ä e n WÄn , de ZW6i Fingern - Sfceffek nimmt
Sublimat 1,0 : 3000,0 und verlangt, dass diese Ausspülung während
der Geburt zweistündlich wiederholt werde.
Doch entsprechen diese Versuche eigentlich nicht der Frage¬
stellung der Praxis. Der Arzt will nicht wissen, ob er durch eine
Scheidenspülung imstande ist, die gewöhnlichen Scheidenkeime zu
entfernen, sondern ob eine Spülung genügt, zufällig eingetragene
pathogene Kenne abzutödten. b B
Der Versuch musste dementsprechend in absichtlicher Infection
und dann nachfolgender Desinfection bestehen. Die Anordnung
? ne Louilloncultur des betreffenden Bacteriums
nun mit 2 M? tunde nach der Infe(tion wurde
T' 11 ] 1 Lysol die Scheide durchgespült, in den ersten Ver-
v h i ^. breiben der Scheidenwand, einige Versuche genau
vtlI° r f Cllrift V ° n Döderlein * 15 Schwangere wurden zum
^crangezogen: 7 wurden vorher mit Staphylococcen
Nur U be^drei^ &? c ^ aneuskeimeD ’ 1 wurde mit Streptococcen inficirt!
htezugefü Jt S " b ^ a ^ ere n wurde die Abreibung der Scheidenwanc
StSSP -i* a D u Y“° lassen sich hierbei so schlecht an
T. ei1 dur ? h d »es Verfahren auf 15 Stunden jede Secretioi
gewinnen DteTef-f- ^ in dieser Zeit kaum Secrel
ff« S S Lie Scheidenwande werden derartig ledern, dass mar
dffi S fn' Bld ? nl f ffel ™ e hr al s Scheidenbohrer benutzen muss. Vor
Btoto d t r schwan S eren Scheide mit Seife,
allen habe icb ab ^ esehe », da man wohl jetzt in
kommen dst 11 V ° n 61nem derarti S en Vorgehen zurückge-
*i Y??. ? en Versuch benutzten Schwangeren wurde nun in
rLf l en / W1SC ^ ni ; äUn ; en Secret entnommen, in AgarTber
tragen, um dann durch das Plattenverfahren ein Bild über di*
die doppelte Zeit wie ohne Spülung. Bei fünf Schwangeren wurde
ferner die autizymotische Kraft ihres Secrets gegen Staphylococceu
zuerst festgestellt; dio Durchschnittszeit bis zur völligen Ver¬
nichtung der Keime betrug 19 Stunden; bei denselben Schwangeren
.wurde nun nach erneuter Infection eine Lysolspülung nachgeschiekt
jetzt vergingen bis zur völligen Keimfreiheit der Scheide im DurcL
schnitt 39 Stunden.
Bei einer so grossen Differenz kann schliesslich kein Zulall
mehr herrschen, sondern man darf es für erwiesen halten, dass
durch antiseptische Spülungen mit und ohne mechanische Reinigung
1) die beim Touchiren etwa eingeführten Keime nicht vernichtet
werden, 2) dass die Antiseptica aber den grossen Nachtheil haben
dass sie die natürliche Widerstandsfähigkeit der schwangeren
Scheiden aufheben.
Da an manchen Kliniken nur einmal vor der Geburt aus¬
gespült wird, so musste auch in diesem Sinne eine kleine Ver¬
suchsreihe angestellt werden. Es wurden zwölf Schwangeren
Staphylococcen in Placentarbouillonaufschwemmung in die Va®ina
gebracht, nachdem dieselbe vorher mit 2 1 Lysol in 1 % Lösung
gründlich durchgespült war. Hier betrug die durchschnittliche
Dauer bis zur wieder erlangten Asepsis der Scheide 39 Stunden.
Besonders cclatant war der Nachtheil der Scheidenspülungen
bei einer Schwangeren, die mit Streptococcen inficirt war. Dir
Scheidensecret liess sechs Stunden post infectionem die eingeführten
Streptococcen nicht mehr aufkeimen. War die Scheide vorher mit
Lysol behandelt, so konnten noch 30 Stunden nachher zahlreiche
Streptococcen aus dem Secret gezüchtet werden. Ausser Lysol
wurden noch andere Antiseptica versucht. Die Resultate übergehe
ich hier.
Wodurch das Antisepticum so schädigend wirkt, lässt sich
nicht leicht entscheiden. Ich glaube den Grund darin zu finden,
dass das Antisepticum Eiweissstoffe fällt, wodurch die Einwirkung
des Scheidensecrets auf die eingeführten Keime wirksam verhindert
wird. Diese Ansicht wird etwas gestützt durch die Versuche mit
einfachen Wasserspülungen, welche genau in derselben Weise wie
die Lysolspülungen vorgenommen -wurden. Bei den Wasserspülungen
sah ich nur eine ganz geringe Absehwächung der bactericiden
Kraft des Scheidensecretes.
Eine stets wiederkehrende Folge der Sekeidenspülungeii ist
der Umschlag der Reaction, eine Erscheinung, die gerade bei dem
stark saueren Secreto mancher Schwangeren in die Augen fällt.
Nach der Spülung, sei es mit Lysol oder Wasser, sehen wir, wie die
saure Reaction verschwindet und an die Stelle manchmal eine
stark alkalische tritt. Diese Alkalescenz dauert manchmal zwölf
Stunden, um nach dieser Zeit der allmählich wieder einsetzenden
sauren Reaction Platz zu machen.
Soviel geht aus den Versuchen hervor, dass die prophy¬
laktischen Scheidenspülungen bei der Geburt in Wegfall kommen
müssen. Sie nützen nichts und schaden viel.
Doch nicht nur in der Geburt, sondern schon am Eudc der
Gravidität haben Scheidenspülungen zu unterbleiben, mögen -sie
nun den Zweck verfolgen, das sogenannte pathologische Secret in
normales umzuwandeln oder etwa bei bestehender Gonorrhoe zu
therapeutischen Zwecken.
Sänger verlangt in seinem Aufsatz über Aseptik in der Ge¬
burtshülfe, dass man bei gonorrhoischen Frauen mit stark eiterigem
Ausfluss wegen der Gefahr für das Puerperium gerade am Ende
der Gravidität energisch mit Auswaschungen der Scheide vorgehen
solle. Ich glaube, dass man auch in solchen Fällen richtiger
bandelt, eine lokale Therapie aufzugeben. Das eitrige Secret birgt
nur insofern eine Gefahr für das Wochenbett in sich, als die Gono-
coccen vom Cervix aus in die frisch puerperale Uterushöhlc er¬
wandern können; der eitrige gonococcenhaltige Ausfluss ist für
das septische Puerperalfieber belanglos. Auch die Vagina der
gonorrhoisch afficirten Schwangeren besitzt wie jede andere die
natürliche Immunität. Die bestehende Cervixgonorrhoe aber wird
durch Vaginalspülungen natürlich nichts gebessert.
Ahlfeld verlangt auch bei eclatanter Gonorrhoe die energische
Anwendung der antiseptischen Sclieidendouchen, und zwar deshalb,
weil er so oft bei Gonorrhoe fieberhafte Wochenbetten erlebt hat.
Dies ist richtig, doch dürfen wir nicht vergessen, dass die Ur-
Sachen dieses Fiebers in den meisten Fällen die Gonococcen ai s
solche sind. Auch Veit spricht hiervon septischen Mikroorganis¬
men, welche sich entsprechend den Untersuchungen von Döder¬
lein gerade im Vaginalsecret bei gonorrhoisch inficirton Frauen
finden.
Die Resultate Ahlfeld’s beweisen, wie ich glaube, direct
meine Behauptungen. Ahlfeld machte, wie ich dem Aufsatze
Veit’s entnehme, bei 17 gonorrhoischen Schwangeren und Kreis¬
senden energische, häufig wiederholte Spülungen der Scheide mit
dem Erfolge, dass 13 von diesen 17 im Wochenbett erkrankten,
also genau 82,3 % Morbidität. Gewiss kann man ja auch hier
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25. October.
.sagen, hätte er hiebt; stusgespiil«, so wären vielleicht 100% er¬
krankt. Doch ich kann versichern, dass auch hier ein gewisser
Theil der Gonorrhöen auch ohne Spülung ein fieberfreies Wochen¬
bett durchgemacht hat.
Demnach sollen Scheidenspülungen auch am Ende der Gra¬
vidität in jedem Fall unterbleiben: die Hebammen sind in diesem
Sinne zu instruiren. In hiesiger Klinik mussten wir des öfteren
bei inficirten Wöchnerinnen, die während der Geburt hier nicht
berührt waren, die Infection auf Vaginalspülungen, zurückführen
welche bis zum Tage der Geburt fortgesetzt waren.
Wenn ich so auf Grund von Laboratoriums versuchen die For¬
derung aufstellen musste, dass in der Klinik die Scheidenspülungen
am Ende der Gravidität, vor allem aber in der Geburt zu unter¬
lassen sind, so bin ich in der glücklichen Lage, die Richtigkeit
dieser Forderung durch die klinischen Resultate bestätigen zu
können.
An hiesiger Klinik sind jetzt seit l l / 2 Jahren, also bei ca.
1500 Kreissenden, nicht nur bei normalen Geburten, sondern vor
allem auch bei allen operativen Entbindungen, Accouchement forcö,
Wendung, Plaeentarlösung die Spülungen unterblieben. Die Re¬
sultate sind ungefähr dieselben geblieben wie die von mir im Cen¬
tralblatt für Gynäkologie nach einer Serie von 600 Geburten ohne
objective Antisepsis berechneten. Sie waren noch immer keine
idealen, aber wesentlich bessere wie bei den mit Spülungen be¬
handelten.
Das zu erreichende Ziel muss sein, durch Steigerung der subjec-
tiven Antisepsis, wenigstens bei normalen Geburten, eine gleiche
Morbidität bei touchirten und nicht touchirten Kreissenden zu er¬
zwingen.
Während wir so in der Klinik schon längst die Frage der
Asepsis entschieden -haben, trifft die Handhabung derselben in der
operativen Geburtshülfe der Privatpraxis doch noch auf einige
Schwierigkeiten. Der Arzt wird ja leider in Deutschland gewöhn¬
lich nur zu solchen Geburten gerufen, bei welchen die Hebamme
schon vorher so und so oft mal meistens aus Langerweile mit oft
sehr zweifelhaft aseptischen Fingern, innerlich untersucht hat.
Aussenkeime, wer weiss, ob nicht pathogene, sind mit Wahrschein¬
lichkeit massenhaft eingeführt. Wie sollen wir uns hier verhalten?
Sollen wir, wenn wir z. B. einen operativen Eingriff machen
müssen, vorher die Vagina ausspülen oder nicht. Sollen wir auch
hier der natürlichen Giftfestigkeit der Scheide vertrauen? W T ir
befinden uns sicher in einem argen Dilemma. Einfache Lysol¬
oder Sublimatspülungen nützen absolut nichts, eine energische
Desinfection des Cervicalcanals und der Vagina mit Bürste etc.
hat, wie schon gesagt und auch allgemein zugegeben, in der Ge¬
burt grosse Nachtheile, und selbst hierbei ist es noch sehr zweifel¬
haft, ob wir die durch den touchirenden Finger gewöhnlich hoch
in den Genitalcanal hinaufgeführten Keime vernichten können.
Besteht schon Fieber, so ist jede Desinfection absolut unnütz.
Nach meiner Ueberzeugung thut man besser, auch in der Praxis
jede Desinfection des inneren Genitalschlauchs zu unterlassen. In
der- hiesigen Poliklinik wird so verfahren, doch sind die Zahlen
noch zu klein, um etwas zu beweisen.
Der Hauptgegner dieser Lehre ist wohl Ahlfeld. Während
Ahlfeld die prophylactische Scheidenspülung principiell bei jeder
Frau durchgeführt wissen will, verlangt Döderlein sie nur noch
für Schwangere mit pathologischem Secret. In Wirklichkeit ist
ja beides ungefähr dasselbe, denn Döderlein sagt mit Recht, bei
der Gebärenden ist es nicht mehr möglich, den Zustand des
Scheidensecrets festzustellen. Durch den bei der Geburt auf¬
tretenden Cervixschleim sowie durch das abfliessende Fruchtwasser
wird das Scheidensecret in seinem äusseren Ansehen und in seiner
Reaction verändert. Also muss der Arzt, wenn er, wie das ge¬
wöhnlich der Fall ist, erst zu der Kreissenden gerufen wird, in
jedem Fall die Scheide ausspülen.
Ich bin mir wohl bewusst, dass schliesslich die Statistik in
diesen Fragen die entscheidende Antwort geben muss. Doch da
gerade gegen die Asepsis in der Geburtshülfe fast stets theoretische
Bedenken geäussert werden, so glaube ich das wenigstens auf
Grund meiner Untersuchungen sagen zu dürfen, dass vom wissen¬
schaftlichen Standpunkte aus nichts im Wege steht, auch in der
Geburtshülfe von einer Asepsis zu sprechen, ebenso wie in der
Chirurgie und Gynäkologie. Auch in der Gynäkologie verstehen
wir unter aseptischem Operiren nicht nur wirklich keimfreies Ar¬
beiten im bacteriologischen Sinne, sondern ein Operiren unter
Fernhaltung septischer oder fäulnissbringender Keime. Da im
Vaginalsecret der Schwangeren, wie ich nachgewiesen habe, weder
pathogene noch saprogene Keime leben, sondern nur solche Mikro¬
organismen, die vielleicht ihrerseits dazu beitragen, die natürliche
Widerstandskraft des Scheidensecrets zu erhöhen, so dürfen wir
auch in der Geburtshülfe von einer wahren Asepsis sprechen.
Wir haben nicht mehr nothwendig, gesuchte Erklärungen, wie
828
Absehwächuug der Virulenz der in der Scheide angeblich vorhan¬
denen pathogenen Keime oder Giftfestigkeit gegen ein im Körper
selbst erzeugtes Gift herbeizuziehen für die Thatsache, dass früher
Millionen von glücklichen Geburten mit normalen Wochenbetten
stattgefunden haben, ohne dass ein Tropfen Desinficienz au die
Frau kam. Die natürliche Immunität der Scheide hat besser ge¬
wirkt wie jede objective Antisepsis.
IV. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.
Ueber die Blutserumtherapie bei Diphtherie. 1 )
Von Dr. H. Kossel, Assistenten am Institut.
M. H.! Herr Geheimrath Koch hat mich beauftragt, den von
Ihnen gewünschten Vortrag über die Behandlung der Diphtherie
mit Diphtherieheilserum zu halten. Ich möchte Ihnen zunächst über
die Gewinnung des Serums nach Behring und Ehrlich kurz be¬
richten und dann die von mir unter Leitung von Herrn Geheim¬
rath Koch am Krankenbett gemachten Beobachtungen mittheilen,
die sich bei den jetzt seit zwei Jahren auf der Krankenabtheilung
des Instituts fortgesetzten Untersuchungen ergeben haben»
Die Blutserumtherapie Behring’s ist, wie Sie Avissen, aufge¬
baut auf der grundlegenden Thatsache, dass das Blut des gegen
eine bestimmte Krankheit immunisirten Thiercs imstande ist, ein
beliebiges Individuum derselben oder einer anderen Thierspecies
gegen diese Krankheit unempfänglich zu machen.
Hat man z. B. ein Thier gegen Tetanus- oder Diphtherie¬
bacillen immunisirt und injieirt eine geringe Menge seines Blutes
einem anderen Thiere, so Avird das letztere für eine bestimmte Zeit
gegen eine Impfung mit dieserBacterienart refraetär sein.
Die Diphtheriebacillen geKören nun zu denjenigen Bacterien,
w elche in der ausgesprochensten Weise durch ihre giftigen Producte
krankmachend auf den Organismus einwirken. Will man also ein
Thier gegen die Wirkung der Diphtheriebacillen immimisiren, so
muss man vor allen Dingen dafür sorgen, dass os Aviderstandsfähig
gegen das Diphtheriegift wird. Man kann einem Thier eine hoch¬
gradige Immunität gegen ein Gift dadurch verleihen, dass man es
fortgesetzt mit steigenden Dosen des Giftes injieirt, Avelche jedes
mal ausreichen, um das Thier krank* zu machen; ohne es zu tödten.
Mit der Unempfindliclikeit des Thieres gegen das Gift steigt dann
die immunisirende Fähigkeit seines Blutserums, wie Ehrlich für
die giftigen Pflanzeneiw r eisse, Behring für die Bacteriengifte ge¬
zeigt haben.
Man verfährt nun nach Behring und Ehrlich und Wasser¬
mann bei der Immunisirung von Thieren gegen Diphtherie in der
Weise, dass man ihnen erst kleine und dann immer grössere Dosen
Diphtheriegift unter die Haut injieirt. Letzteres gewinnt man,
wie Roux und Yersin gezeigt haben, indem man geeignete
Diphtheriebacillencultureu in grosse Kolben mit Nährbouillon impft
und nach circa vier Wochen durch Zusatz von 0,5 % Carbol oder
0,3% Trikresol die Bacillen abtödtet. Die todten Bacillenleiber
fallen dann beim Stehen der Bouillon zu Böden und die darüber
stehende klare Flüssigkeit enthält das Gift gelöst.
Die Thiere reagiren auf die Einspritzungen des Giftes mit Fieber,
teigigen Anschwellungen an der Iiyectionsstelle und, was das
wichtigste ist, mit der Production des specifischen Antitoxins. Nach
jeder derartigen Reaction treten im Blute des betreffenden Thieres
die Schutzkörper auf und zwar n^ch jeder Injection in grösserer
Menge. Die Behandlung des Thieres mit Gift wird so lange fort¬
gesetzt, bis das Blut die Heilkörper in genügender Menge enthält.
Dies eontrollirt man dadurch, dass man von Zeit zu Zeit dem
Thier kleine Mengen Blut entzieht und auf seine Wirksamkeit
prüft. Das Verfahren beruht auf der zuerst von Behring und
Kitasato gemachten Beobachtung, dass Gift und specifisches
Gegengift, im Reagensglase gemischt, sich neutralisiren. Der
Prüfungsmodus, welcher jetzt beim Diphtherieserum angewendet
wird, stammt von Ehrlich und ist folgender. Von einem Gift,
dessen Wirkung auf Meerschweinchen genau bekaunt ist, wird die
zehnfache Menge der tödtlichen Minimaldosis, also z. B. 1,0 mit
verschiedenen Mengen des zu untersuchenden Blutes, z. B. 0,3,
0,25, 0,2, 0,15, 0,1, gemischt und die fünf Mischungen fünf ver¬
schiedenen Meerschweinchen injieirt. Dann -wird, will ich an¬
nehmen, das Thier, Avelches 0,3 Blut + 1,0 Gift bekommen hat,
ohne alle Krankheitserscheinungen bleiben, das zweite Thier
(0,25 Blut + 1,0 Gift) Avird eine kaum erbsengrosse Infiltration
bekommen, das dritte (0,2 Blut -f- 1,0 Gift) Avird ein grösseres In¬
filtrat haben, das sich nekrotisch abstösst. Däs vierte (0,15 4-
1,0 Gift) wird mit einer Necrose nach circa 14 Tagen zugrunde
gehen, das fünfte (0,1 -f- 1,0 Gift) wird acut in zAvei Tagen an
*) Nach einem vor Militärärzten am 11. Octoher 1894 gehaltenen
Vortrage.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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824
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43
Diphtherieintoxication sterben. Dann wissen wir, 0,8 Blut sind
HOthwendig, um die lOfaeli tödtliclie Giftmenge vollständig zu
paralysiren.
Um die Verständigung über den Werth eines Serums zu er¬
leichtern, bezeichnen Behring und Ehrlich ein bestimmtes Serum
( als Normalserum, nämlich ein solches, von dem 0,1 genügen,
um die 10 fach tödtliclie Giftmenge unschädlich zu machen, und
sagen: 1 ccm Normalserum enthält 1 Immnninisirungseinheit. Also
ein Serum, von dem 0,01 zur Giftneutralisirung ausreichen, stellt
ein lOfaehes Normalserum dar, resp. 1 ccm desselben enthält
10 Immuninisirungseinheiten.
Durch die Versuche von Ehrlich und mir ist nun festgestellt,
dass zur Heilung der Diphtherie bei Kindern mindestens 500 Im¬
in unisirungseinheiten injicirt werden müssen, d. h. 10 ccm eines
50fachen resp. 5 ccm eines lOOfachen Normalserums. Ist durch
die vorläufige Blutprüfung nachgewiesen, dass das Blut eines zur'
Serumgewinnung immunisirten Thieres diesen Werth besitzt, so
wird dem Thier eine grössere Blutentziehung gemacht, das Blut
in sterilisirten Gefässen aufgefangen und in den Eisschrank ge¬
stellt, bis es geronnen ist. Das ausgeschiedene klare Serum wird
abgeschöpft, mit 0,5% Carbol versetzt, um es haltbar zu machen,
und das Diphtherieheilmittel ist fertig.
Zweckmässig wählt man zur Immunisirung grosse Thiere, be¬
sonders Pferde, schon weil die Blutentziehung bei diesen viel er¬
giebiger ist.
Gehen wir jetzt zu der Anwendung des Serums am Menschen
über, so muss ich einige Bemerkungen über den diphtherischen
Krankheitsprocess vorausschicken.
Jeder Arzt weiss aus Erfahrung, dass die Diphtherie in der¬
selben Familie bei den verschiedenen Mitgliedern verschieden auf-
treten kann. Bei einem Kinde sehen Sie das gewöhnliche Bild
einer folliculären Angina. Am nächsten Tage hat sich wohl ein
geringer Belag von weisslicher Farbe von den folliculären Pfropfen
auf die benachbarten Theile fortgesetzt, die Veränderungen gehen
aller schnell zurück, und das Kind ist anscheinend genesen. Ein
zweites Kind macht vielleicht eine Erkrankung des Rachens mit
Bildung von stärkeren fibrinösen Pseudomembranen durch, be¬
kommt aber in der anscheinend schon beginnenden Reconvalescenz
eine Erkrankung des Larynx, die zur Tracheotomie führt. Bei
einem dritten Kinde endlich sehen Sie bald die ganzen Rachen¬
organe und die Schleimhaut der Nase sich mit dicken Pseudo¬
membranen bedecken und nach wenigen Tagen unter Hinzutreten
schwerster Allgemeinerscheinungen den Tod eintreten.
Wollten Sie diese drei Erkrankungen vom rein anatomischen
Standpunkt auffassen, so würden Sie niemals auf den Gedanken
kommen, dass drei so verschiedene Krankheitsformen durch ein
und dasselbe Mittel beeinflusst werden könnten. Forschen Sie
aber nach der Ursache der Veränderungen, so finden Sie, dass
alle drei Formen auf dieselbe Ursache zurückzuführen sind, näm¬
lich auf eine Infection mit Diphtheriebacillen. Diese Infection hat
nur infolge von Fac^oren, die wir nicht genau kennen, die wir
aber unter dem Namen individuelle Disposition zusammenfassen
so verschiedenartige lokale Erscheinungen gemacht,
i • ^ ber , ? V( : nn . Sie 7 on den letzteren absehen, so bieten die
drei Krankheitsbilder in ihrem Verlauf doch etwas Gemeinsames.
le sehen dass das anscheinend an follikulärer Angina erkrankte
Kind nach einigen Wochen eine Schlundlähmung bekommt, dass
das tracheotomirte Kind plötzli<* an Herzlähmung zugrunde o- e ht
Sie erkennen auch an dieser specifischen Wirkung des Diphtherie-
gutes, dass die drei Krankheitsformen zummengehören, und können
sich jetzt vorstellen, dass es für sie ein gemeinsames Heilmittel giebt
xr . d ! esen Gründen wird die Diagnose für uns durch den
Nachweis der Diphtheriebacillen und nicht durch den lokalen
Krankheitsprocess allein entschieden l )
hfiha lT n , k v1?rT ein Kind durch Antitoxin mit Erfolg
SoJ wfrklmkdt UCh BWM " aU ° h fÜr daS SerUm eine
[ diphtherische Process schon tief in die Bronchei
kein«tei?rabgestiegen ist, so dass selbst die Tracheotomie
mehr verschafft, kommtauch die Serumbehand
cationen h^nJ^T zum diphtherischen Process Compli
coccen sich Ä« l en slnd ’. 1 " dem andere Bacterien, specicll Strepto
Blutbahn VhL™' anS, - ede lV md yon dort in die Drüsen und du
aber nicht mX Dlp , h ^rieantitoxra wohl nützen
aber nicht mehr mit Sicherheit heilen. Hat endlich der Köiuei
sch°aft dfe e fean U db ter ^ ? nWirkul * des Giftcs gestanden 'sl
senaüt die Behandlung mit Serum dem Körper wohl aueenblick
lieh—Erleichterung, aber die Prognose blTibt IweifeZft wei
Dion angegossenen und erstarrten Agars verreibe. 1
man nicht weiss, welche Veränderungen schon an Nerven. Herz¬
muskeln und Nieren vor sich gegangen sind.
In solchen Fällen, die spät in Behandlung kommen, sieht mau
denn auch zuweilen den Tod an Herzlähmung eintreten. Trotzdem
würde ich stets auch die verzweifeltsten Fälle in Behandlung
nehmen, weil man niemals mit dem Mittel schaden, sondern nur
nützen kann.
Nach diesem Princip sind wir im Institut für Infectionskrank-
heiten verfahren und haben die Mortalität dauernd auf lfi%
aller eingelieferten Diphtheriefälle sinken sehen. Von
den am ersten und zweiten Krankheitstage eingelieferten
Kindern haben wir kein einziges verloren. Ich bin über¬
zeugt, dass es gelingt, jeden frischen Fall von echter Diph¬
therie durch Anwendung einer genügenden Menge Anti¬
toxin zu heilen.
Man deutet die günstigen Resultate der Serumbehandlung mit
Vorliebe dadurch, dass man sagt, es herrsche eine leichte Epidemie.
Für unsere Versuche ist dieser Einwand hinfällig, da sie sich über
einen viel zu grossen Zeitraum ausdehnen und da Versuche bei
anderen Epidemieen und in anderen Orten gleiche Resultate er¬
geben haben.
Gleich günstige Resultate wie bei uns sind nämlich nach
uns im Kaiser und Kaiserin Friedrich - Krankenhause und von
Roux in Paris durch die Serumtherapie erreicht worden.
Was nun die Wirkung des Serums anbelangt, so muss vor
allen Dingen hervorgehoben werden, dass es keine schädlichen
Wirkungen äussert. Es erhöht die Temperatur nicht und wirkt
nicht ungünstig auf Nieren oder Herz. Albuminurie ist als Folge
der Injection niemals von mir beobachtet worden. Zuweilen
bildet sich an der Injectionsstelle nach mehreren Stunden eine
Schmerzhaftigkeit aus, die aber am nächsten Tage meist ver¬
schwunden ist. Auch tritt in einzelnen Fällen nach mehreren
Tagen ein völlig harmloser urticariaähnlicher Ausschlag auf.
Die Wirkung des Mittels auf den lokalen Process kennzeichnet
sich durch eine beschleunigte Ablösung der Membranen. Am Tage
nach der Injection werden Sie allerdings häufig erstaunt sein.
Theile, welche am Tage vorher frei waren, mit Membranen bedeckt
zu sehen. Sie dürfen daraus aber nicht auf ein Fortschreiten des
Processes sehliessen, sondern die Membranen bilden sich nur auf
solchen Theilen der Schleimhaut, welche zur Zeit des Beginns der
Antitoxinwirkung schon inficirt und durch Schwellung und
Röthung als solche gekennzeichnet waren. Nach weiteren 24 Stun¬
den sehen Sie deutlich, dass der Process zum Stillstand gekommen
ist, und bemerken schon hier und dort beginnende Abstossung
der Membranen. Die Infiltrationen der Halsdrusen gehen oft
rapide zurück.
Noch deutlicher als die Wirkung auf den lokalen Process ist die
auf das Allgemeinbefinden. Einige Stunden nach der Serum injection
beginnt die Temperatur zu sinken, die Pulsfrequenz geht herab,
und Sie können bei frischen Fällen innerhalb 24 Stunden eine
Rückkehr der Temperatur und des Pulses zur Norm beobachten.
Wenn Sie dann die oben beschriebene Erscheinung der scheinbaren
Ausbreitung des Processes im Rachen haben, ist der Contrast
zwischen Allgemeinbefinden und lokalem Befund oft ein höchst
merkwürdiger. Das Kind sitzt munter im Bett, und dabei besteht
noch eine ausgedehnte lokale diphtherische AfFection. Ich habe
die Temperatur innerhalb 24 Stunden von 40 ü auf 87° und den
Puls von 160 auf 96 Schläge sinken sehen, und zwar dauert, diese
Entfieberung in frischen Fällen an. Steigt das Fieber wieder zur
alten Höhe an, so können Sie mit Sicherheit auf Complicationen,
z. B. Otitis media, beginnende Drüsenabscedirungen, acute Exan¬
theme, Pneumonie sehliessen.
Bei den diphtherieähnlichen Erkrankungen, diphtheroiden An¬
ginen, den sogenannten Scharlachdiphtherieen ohne Diphtherie¬
bacillen wird Temperatur und Puls durch das Mittel nicht beein¬
flusst, bei. vorgeschrittenen Fällen von echter Diphtherie vom
dritten Krankheitstage an nur dann, wenn die vorliegenden Com¬
plicationen es nicht von vornherein ausschliessen.
Auf Lähmungen müssen Sie sich, wie gesagt, in einigennaassen
spät zur Behandlung kommenden Fällen gefasst machen, in frischen
Fällen brauchen Sie sie nicht zu fürchten. Das Uebergreifen des
Processes auf den bis dahin freien Kehlkopf habe ich, seit ich Anti¬
toxin anwende, nie gesehen.
Die Injection nehmen Sie am besten über den unteren seit¬
lichen Partieen des Thorax, unter der Axilla vor. Die Haut, ist
dort leicht verschieblich und das Unterhautgewebe geeignet, selbst
grosse Flüssigkeitsmengen leicht aufzunehmen und zu resorbiren.
Bei Kindern mit Athemnoth würde ich die Injection in den Ober¬
schenkel vorziehen. Nach Heubner’s Vorschlag massire ich neuer¬
dings die Injectionsstelle nicht.
Für die Ipjection bedienen Sie sich am besten der Koeh-
schen 10 ccm - Spritze. Nachdem Sie Canüle und Spritze durch
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
‘25. Oetobor. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCMENSCIimET. 825
Ausspülung mit Alkohol absolut us und nachfolgende Entfer¬
nung des Alkohols durch 0,5% ige i’henollösung gereinigt
haben, saugen Sie den Inhalt eines Fläschchens auf, indem
Sie den comprimirten (iuinmiballon nach Auflegen eines Fingers
auf die Oeffnung sieh langsam ausdelmen lassen. Nachdem
das Serum in das Glasrohr eingetreten ist, schliessen Sie den
Hahn und stechen die Canüle an einer vorher durch Abreiben mit
Alkohol gereinigten Hautstelle ein. Nachdem der Hahn geöffnet
ist, treiben Sie durch leichte Compression des Ballons unter Auf¬
legen eines Fingers auf seine Oeffnung langsam das Serum aus der
Spritze heraus. Wenn die Caniile herausgezogen ist, empfiehlt es
sich, die Einstichstelle durch Watte und Jodoformcollodium zu ver-
schliessen, weil bei weiten Canülen sonst leicht ein Theil des
Serums aus der Stichöffnung fliesst.
Die Fabrik, welche die Lieferung von Heilserum unter Controlle
von Behring und Ehrlich übernommen hat, die Farbwerke vorm.
Meister Lucius & Brüning in Höchst a. M. geben das Serum in
drei verschiedenen Flaschen ab, deren Inhalt stets auf einmal
zu injiciren ist.
No. I enthält 600 Immmiisirungseinheiten (siehe oben) und
genügt für frische Fälle am ersten und zweiten Krankheitstage.
No. II enthält ca. 1000 Immunisirungseinheiten und würde bei
mehr als zwei Tage alten Diplitherieen oder besonders schweren
Diphtherieen am ersten und zweiten Tage oder bei jeder Betheiligung
des Kehlkopfes zu geben sein.
No. III = 1500—1600 Einheiten wird injicirt bei Erwachsenen;
oder bei sehr schweren verschleppten Diphtherieen der Kinder. 1 )
Erweist sich durch die Beobachtung die injicirte Dosis am
nächsten Tage als zu gering, so ist die Einspritzung unverzüglich
zu wiederholen. Im allgemeinen ist es aber rathsam, sofort die ganze
Menge zu injiciren, welche voraussichtlich nothwendig ist.
Wenn Sie die Fälle frisch in Behandlung nehmen, werden Sic
sich über eine besondere Kostspieligkeit der Serumbehandlung nicht
zu beklagen haben. Bedenken Sie nur, was sonst die Pflege eines
Kindes mit Arzneien, Inhalationsapparat etc. besonders bei lang¬
samer Reconvalescenz kostet. Bei der Serumtherapie kommen Sie
ohne alle anderen Mittel aus. Ich lasse nur für möglichste Rein¬
haltung der Mundhöhle durch Ausspülungen sorgen, vermeide aber
alles Pinseln oder dergleichen.
Wollen Sie noch gesunde Familienangehörige der Kranken
gegen die Krankheit schützen, so werden Sie diesen Effect nach
dem neuesten Prospect der Höchster Fabrik durch Injection des
vierten Theiles von Flasche I erreichen. Die Erfahrungen darüber,
wie lange der durch eine solche Injection verliehene Schutz anhält,
sind aber noch nicht abgeschlossen. Sie müssen bedenken, dass
die Antikörper nach einiger Zeit wieder ausgeschieden werden
und dass dann der Körper ebenso schutzlos gegen die Infection
ist, -wie vor der Injection.
Ich würde mich auf einen länger als 14 Tage bis 3 Wochen
dauernden Schutz nicht gefasst machen und lieber nach dieser
Zeit die Injection 'wiederholen. Monate lang, wie manche be¬
haupten, hält der Schutz jedenfalls nicht an. Selbstverständlich
kommen Erkrankungen an Diphtherie in den nächsten Tagen nach
der Immunisirung noch vor bei solchen Individuen, welche zur Zeit
der Schutzimpfung schon inficirt waren. In einem solchen Falle
würde ich sofort die Heildosis No. I injiciren, wenn auch die Er¬
fahrung gezeigt hat, dass Erkrankungen nach kurz vorhergegangener
Immunisirung meist leicht verlaufen.
Soweit reichen die Erfahrungen, welche uns bisher über die
Serumtherapie bei Diphtherie zu Gebote stehen.
V. Ueber Mechanotherapie und Medico-
Mechanik und ihre heutige SteUung in der
praktischen Medicin 2 ).
Von Dr. ined. Dolega,
Inhaber der vorm. Schreber-Schildbach'schen orthopädischen und
mechanotherapeutischen Heilanstalt zu Leipzig.
Unseren heutigen Anschauungen entsprechend kann sich eine
wirklich rationelle Therapie nur aufbauen auf der Grundlage einer
engsten Verschmelzung von unbefangener klinischer Beobachtung,
sowie anatomischer und physiologischer Forschung mit der Fülle
von Thatsachen, welche die unentbehrlichen, sogenannteil exacten
HülfsWissenschaften der Medicin, die Physik und Chemie, zu Tage
fördern. Zudem muss noch jederzeit den Fortschritten der Technik
und dem stetig in Vervollkommnung begriffenen technischen Apparat,
wie ihn die moderne Medicin benöthigt, Rechnung getragen werden.
*) Diese Zahl von Immuiiisirungseinheiten ist nicht immer in der¬
selben Zahl von Cubikcentimetem enthalten fs. o.).
,J ) Nach einem in der Leipziger medicinischen, wie biologischen Ge¬
sellschaft gehaltenen Vortrage.
Ein Blick auf die Geschichte der Medicin lehrt uns dagegen,
dass der Anfang der sogenannten Heilkunde die rohe Empirie
war, wenn man von allem, was Mysticismus und wissentlicher Be¬
trug hinzuthat, absieht. Diese Empirie wurde erst dadurch ge¬
läutert, dass auf Grund bestimmter Erfahrungen auch bestimmte
Gesichtspunkte für die Anwendung der verschiedenen Heilmittel
und Heiifactoren aufgestellt wurden.
.Diese reiu empirische und mit den Mängeln der schwer¬
wiegendsten Selbsttäuschungen behaftete Therapie herrschte in der
Medicin durch Jahrtausende, bis exacte Forschung und wissen¬
schaftliche Kritik mehr und mehr hervortraten und in unaufhalt¬
samem Siegeslauf die allein maassgebliche Stimme auch auf dem
Gebiete der praktischen Medicin errangen. Sie beeinflussten in ein-
schneidenster Weise die ganze Auffassung von den krankhaften
Zuständen des Organismus und den diesen zugrunde liegenden
Ursachen, somit aber auch die Gesichtspunkte für das therapeu¬
tische Handeln.
Es kam nun jedoch eine Zeit, und zwar eine durchaus noch nicht
völlig hinter uns liegende Zeit, der Reaction und des Radicalismus.
Was auf Grund exacter und wenn möglich experimenteller
Thatsachen von therapeutischen Maassnahmen nicht zu erklären
oder wenigstens als wahrscheinlich in seiner Causalität anzusehen
war, wurde von den Vertretern der wissenschaftlichen Medicin mit
Geringschätzung behandelt. Da nun solcher einwandsfreier thera¬
peutischer Factoren nur eine sehr geringe Zahl war, so machte
sich, und zwar vorwiegend in der inneren Medicin, auf dem Boden
des Skeptieismus der therapeutische Nihilismus geltend.
Diese Verhältnisse trugen ihrerseits mit dazu bei* dass zwei
Heilmethoden, von Laien zuerst angewandt, auch bis in die neueste
Zeit sich fast ausschliesslich in den Händen von Laien fort¬
pflanzten, ehe sie von ärztlicher Seite gewürdigt und in wirklich
sachgemäßer Weise in die Hand genommen wurden.
Trotz der zweifellosen Erfolge, welche diese Methoden aufzu¬
weisen hatten, mussten sie allerdings kritischen Augen zunächst
mein* oder weniger als Kurpfuscherei erscheinen, da ihnen zum
Theil eine Fülle von charlatanistischem Beiwerk anhaftete und klare
Anhaltspunkte für ihren therapeutischen Werth nicht Vorlagen.
Die beiden Behandlungsmethoden, welche ich damit meine,
sind die Hydrotherapie und die Mechanotherapie. Nur von letzterer
zu reden ist heute meine Aufgabe.
Unter dem Collectivnamen Mechanotherapie fasst man nach
dem heutigen Sprachgebrauch die zwei Methoden der Massage
und der sogenannten Heilgymnastik zusammen. Beide suchen auf
mechanischem Wege durch gegebene Reize die Zustände des
Organismus, sowohl bei lokalen, wie bei allgemeinen Störungen
desselben zu beeinflussen. Während dieser Einfluss bei der Massage
durch eine von aussen auf den Körper einwirkende Kraft statt hat,
erstrebt die Heilgymnastik dieses Ziel, wenn wir zunächst einmal
von den sogenannten passiven Bewegungen absehen, im wesent¬
lichen durch Selbsthülfe des Organismus zu erreichen. Sie will
Beeinflussung. pathologischer Zustände und allgemeiner functioneller
Störungen dadurch bewerkstelligen, dass sie die in dem Körper
und besonders den Nerven, Muskeln und sonstigen Theilen des
Bewegungsäpparates zur. Auslösung kommenden Kräfte in An¬
spruch nimmt und mittels derselben theils eine direkte Einwirkung
auf die Weichtheile selbst, theils eine indirekte Wirkung auf
Blut- und Lymphcirculation sowie den Stoffwechsel im allge->
meinen auszuüben sucht.
Ehe ich mich der Besprechung der allgemeinen physiologischen
und therapeutischen Wirkungen dieser Methode zuwende, möchte
ich nur noch einige ganz kurze, historische Bemerkungen
einflechten.
Die Massage, deren Terminus technicus sowohl von dem ara¬
bischen mass, wie von dem griechischen udaanv, welches beides
„kneten“ bedeutet, abgeleitet wird, ist, wie schon erwähnt, Natur¬
heilmethode im vollsten, aber auch im besten Sinne des Wortes.
Sie verdankt augenscheinlich dem Instinct des Menschen, schmerz¬
hafte Stellen zu drücken und zu reiben, ihre Entstehung.
Allmählich bildete sich eine bestimmte Technik der Massage
heraus, welche besonders unter den orientalischen Völkern, am
frühesten bei Chinesen und Indern zur Anwendung als allgemeines
Kräftigungs- wie als Heilmittel kam, auf Griechen und Römer
überging und weiterhin bei den christlichen Culturvölkern \ er-
breitung fand. .
Die Methode blieb vorzugsweise in der Hand der Laien, doch
giebt es immerhin eine Anzahl von Belegen dafür, dass sie auch
von einzelnen Aerzten aller Zeiten als wirkliches Behandlungs¬
mittel angewandt wurde. Es seien hier nur einige ganz wenige
Beispiele herausgegriffen 1 ). Eins der bekanntesten Zeugnisse aus
i) Ausführlicheres über Geschichte der Massage und Mechanotherapie
überhaupt, findet man bei: Htthnorfauth, Kleen, Nebel.
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82 6
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4:>
dem dassisriicii Alterthum ist in einer der Scliritten enthalten,
welche dein Hippokrates zugeschrieben werden und in welcher
er die Massage zur Behandlung von Gelenksteifigkeiten ausdrück¬
lich empfiehlt.
Ausgedehntere Anwendung fand die Massage bei den Aerzten
des römischen Kaiserreichs. Besonders war es Galen, der sowohl
der Massage, wie auch der Heilgymnastik — wenn wir diesen
modernen Namen und Begriff in hier übertragenem Sinne anwenden
wollen — Beachtung schenkte. Auch das Buch des Cornelius
Celsus: „De medicina“ giebt Zeugniss davon, dass die römischen
Aerzte diese Methoden anwandten.
Ambroise Parß und Baco von Verulam seien weiter als
Zeugen angeführt, dass die Mechanotherapie von einzelnen hervor¬
ragenden Aerzten jederzeit geschätzt wurde, und auf der Schwelle
des 18. Jahrhunderts sei der bekannte Hallenser Friedrich
Hoffmann genannt.
In die weiteren ärztlichen Kreise fand die Methode keinen
Eingang, und die Massage blieb die Domäne der Curpfuscher jeg¬
licher Art, vorzugsweise von Schäfern und „weisen Frauen“ ausgeübt.
Ebenso verhielt es sich mit der sogenannten Heilgymnastik,
wenn schon dieser Begriff als solcher ein neuerer, aus dem An¬
fang dieses Jahrhunderts stammender ist, Von jeher ist ja von
Aerzten wie von Laien körperliche llebung als nothwendig für
die Gesundheit des Menschen erkannt worden, und nur cülturelle
Verirrungen waren es, welche zu bestimmten Zeiten die Entwicke¬
lung und Erhaltung des Körpers durch freie Leibesübung als
etwas Unnöthiges und vor allen Dingen „Unästhetisches“, eigent¬
lich mehr „Unmodisches“ hinzustellen suchten.
Hinsichtlich unserer Hygiene des weiblichen Geschlechts sind wir
allerdings bei weitem noch nicht über diese Zeiten hinweg; aber
es ist ja auch da ein wirklich zweckentsprechendes hygienisches
lurnsystem für das weibliche Geschlecht erst noch zu schaffen.
Allgemeine gymnastische Uebungen wurden nun auch schon von
den vorerwähnten Zeugen vergangener Jahrhunderte als therapeu¬
tisches Hülfsmittel benutzt, um allmählich wieder mehr und mehr
m Vergessenheit zu gerathen. Als aber Ende des 18. Jahrhunderts
nach der Zeit des Zopfes sich überall wieder das Bedürfniss mit
Macht geltend machte, die Unnatur der Lebensweise, und vor allem
der Erziehung’sweise der Jugend, zu ändern; als in Deutschland
Basedow, Salzmann, Pestalozzi und Jahn die pädagogische
Gymnastik wieder zu Ehren brachten und dies gleichzeitig auch
m Schweden unabhängig durch Per Henrik Lingi) der Fall war,
da kommt es zuerst in Schweden durch den letztgenannten Ling’
und ein reichliches Menschenalter später in Deutschland durch
einen Arzt, Dr. Daniel Schreber, dazu, auch ein bestimmtes
System gymnastischer Bewegungen aufzustellen, welches auf Grund
von Beobachtung und Ueberlegung zur Beeinflussung krankhafter
Zustände, vor allen Dingen Störungen im Bewegungsapparat
dienen sollte. ö ** ’
Die sogenannte schwedische Heilgymnastik also, in welcher
u j UC !\ dem besonderen Namen Massage zusammengefassten
Handgriffe mit enthalten sind, wurde von Ling zu einem abge¬
schlossenen, eigenartigen therapeutischen System ausgebildet
7oon el ^ e / and in Sch weden seit den Zeiten Ling’s, welcher
18J9 starb, durch die weiteren Verdienste seines Sohnes Hjalmar
Ling und Branting’s, welcher Ling’s Nachfolger als Director
des von diesem gegründeten „gymnastischen Centralinstitutes“
in Stockholm war, immer ausgedehntere Anerkennung
.^uteche Heilgymnastik blieb in ihrer Ausübung an die
Ihätigkeit Schreber’s und späterhin seines Nachfolgers Schild-
p ch geknüpft, beide Aerzte, welche von klaren phvsiologischen
Gesichtspunkten ausgingen. ‘
t u Di ® schwedische Heilgymnastik fand seit Ende der vierziger
lTnT gan ? In . die . übrigen europäischen Culturstaaten, aber
zunächst noch nicht m den weiteren Kreis ärztlicher Beach-
.^ ugen Vertreter der wissenschaftlichen Me-
?voiphf h T^ te lhr . vor . alle m das naturphilosophische Gewand, in
Trit?dL Lin if Un , d I em ? u Schüler d 16 Methode gekleidet hatten.
Trotzdem aber fand sich auch eine Zahl tüchtiger Fachleute
Methode kllr PrLn t“ h ° h ? thera P enti **en Werth der neuen
LaieHueo U ? d zu = chä ‘ zen wussten. Nachdem ein
iifue Hugo Rothstein, der nachmalige erste Director der unter
etoc eF auf Ät^Sto wf r i°“ <leten »Ceutoaltumanstalt“ in Berlin,
Schrift ri rvlf f t gemachte Erfahrungen begründete
PH L i! SyStem d6S G y®»<«en
nächst t herausgegeben hatte, waren es zu-
Dr M P,n„nh “ r> m , Graudenz und vor allen der Orthopäde
Dr. M. Eulen burg m Berlin, welche die schwedische Heilgymnastik
lieh Tlieoloee °Tn |!!^ <!gÄbte ®i? en S ti 8 e Persönlichkeit, war ursprflng-
Noth n ? hm er eine Pechüehrerstelfe
1 an lim ßrhnt a,,s dieser heraus sein verdienstvolles Werk.
in die wissenschaftliche Therapie ein führten. Ersterer schadete
allerdings ebenfalls der Sache bald durch allzugrossen Enthusiasmus
während Eulenburg in streng sachlicher Weise den Werth der
neuen Methode den Fachgenossen klar zu machen suchte 1 ) und
dieselbe bis zu seinem Tode mit Eifer vertrat.
Ende der fünfziger Jahre war es dann auch mein Vater
Dr. E. Dolega, der in Leipzig seine ausgedehnte Thätigkeit als
praktischer Arzt so gut wie ganz aufgab, um nach mehrmonathcheni
Studienaufenthalt in Stockholm ein rasch aufblühendes Institut
für schwedische Heilgymnastik in Leipzig zu begründen Leider
starb derselbe schon 1866, und die Frucht seiner Arbeit rin"
wieder verloren. *
Ein Gemeingut ärztlicher Anschauungen wurde aber trotz
mannichfacher Schüler der genannten Leute die Methode nicht*
Erst an den Namen des früheren Amsterdamer Arztes Mezger
und auch seines Schülers v. Mosengeil knüpft sich für Deutsch¬
land das Bekannterwerden zunächst derjenigen Handgriffe, welche
unter dem Namen „Mass^e“ geübt werden. Mezger führte vor
allem die Massage in die Behandlung der Fracturen imd Distor¬
sionen ein und wurde durch seine glücklichen Curerfolge rasch in
den weitesten ärztlichen Kreisen bekannt.
Langsamer als die Massage fand in den letzten Jahren aber
auch die „Heilgymnastik“ bei uns, soweit sie nicht nur die Be¬
wegungen umfasst, welche in der Nachbehandlung chirurgischer
Affectionen angewandt werden, eine grössere Anzahl tüchtiger Ver¬
treter und allmählich zunehmende Würdigung von ärztlicher Seite.
— In dem letzten Jahrzehnt hat sich nun auch die wissenschaftliche
Forschung daran gemacht, für die Erfolge, welche Massage und
eine systematische Bewegungscur in einer grossen Reihe von Er¬
krankungsformen zweifellos aufzuweisen haben, eine Erklärung
zu geben. Des Näheren auf diese Untersuchungen einzugehen,
liegt nicht im Rahmen des heutigen Vortrages.
Ausführlicher habe ich dieselben, zum Theil auf Grund eigener
Nachuntersuchungen, in meinem kleinen Buche über Massage 2 ) ah-
gehandelt.
Es seien nur ganz in kurzem die allgemeinen physiolo¬
gischen Wirkungen der Massage und Heilgymnastik,
aus denen die allgemeinen therapeutischen Indicationen für die
genannten Methoden sich eigentlich von selbst ergeben, angeführt,
wobei von den Wirkungen, welche in das Gebiet der Suggestion
zu verweisen sind, natürlich abgesehen ist.
Was zunächst die Massage anbetrifft, so wirkt diese vor
allem auf die Lymphbewegung und den venösen Blutstrom. Wo
es daher zu einer erhöhten Spannung der Gewebe, zur Schwellung
und Schmerzhaftigkeit bestimmter Theile gekommen ist, sowohl da,
wo es sich um zu beseitigende locale Circulationsstauungen, wie
auch die Folge bestimmter entzündlicher Vorgänge handelt, ist die
Massage imstande, deplethorisch und bis zu einem gewissen Grade
antiphlogistisch zu wirken. Sie beschleunigt den Lymphstrom und
den venösen Abfluss und in weiterer Linie auch die arterielle Zufuhr.
Bei Vorhandensein grösserer Ergüsse in die Gewebe wirkt sie
demnach resorbirend; wo es sich um schon organisirte Ent-
zündungsproducte handelt, bewirkt sie auf rein mechanischem
Wege eine Zerkleinerung der pathologischen Gebilde, Resorption
und regressive Metamorphose veränderter Theile. Wie für Muskeln,
Sehnenscheiden und Zellgewebe gilt dies auch für andere Weich-
theile, z. B. die peripheren Nerven, besonders da, wo es sich um
perineuritische Veränderungen und Veränderungen infolge von
Druck und Zerrung, welche periphere Nerven von der Umgebung
aus treffen und deren Ursachen beseitigt werden können, handelt.
Durch Beeinflussung des Blut- und Lymphstromes und direkten
mechanischen Reiz erklärt sich ferner auch der regenerirende und
tonisirende Effect der Massage. Hierauf beruht die günstige Be¬
einflussung von Ernährungsstörungen der Muskeln, sowohl der
quergestreiften wie der den Massagehandgriffen zugänglichen glatten.
Zu den Organen mit letzteren, welche in den Wirkungskreis
der Massage gezogen werden können, gehören vor allen Dingen
Darm und Blase. Auch sei hierbei an die Behandlung bestimmter
Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane mittels Massage
und Heilgymnastik (Thure Brandt) erinnert.
Allgemeine Körpermassage beeinflusst ferner die Blutbe¬
wegung im grossen Kreislauf, wenn auch nicht so intensiv,
wie die gleich noch zu erörternde Gymnastik.
Sie ist ein Förderungsmittel der verschiedensten pe-
cretionsprocesse, vor allem in den Organen des Unterleibes
*) Ausser in Gestalt von Vorträgen und Demonstrationen timt ei
dies vor allem in seinem ausgezeichneten Schriftchen: „Die schwedische
Heilgymnastik, Versuch einer wissenschaftlichen Begründung derselben.
Berlin 1853.
P Dolega, Die Massage, ihre Technik und Anwendung in der
praktischen Modicin. Leipzig. C. G. Naumann.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
25. Octobcr.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
827
(Einfluss auf Magen- und Darmverdauung 1 ), Nierensecretion 2 ) etc.),
und sie übt somit einen mächtigen Einfluss auf den gesammten
Stoffwechsel 3 ) (besonders auch z. B. die Wftrmebildung) aus. In¬
direkt vermag sie auch auf den Zustand des Centralnerven¬
systems tonisirend zu wirken, wie die interessanten Versuche
Mosso’s und Maggiora’s 4 ) erst in neuerer Zeit bestätigten.
Bei der Heilgymnastik ist es zunächst die Wirkung auf den Er¬
nährungszustand und den Stoffwechsel der Muskeln, mithin auf
die notorische Leistungsfähigkeit derselben, welche vom physiolo¬
gischen wie therapeutischen Gesichtspunkte aus in Betracht kommt,
weiterhin aber auf Grund dieser Momente der Einfluss auf die
Blutcirculation überhaupt. Letzterer wird erreicht: durch die
Inanspruchnahme einmal der grossen Gelenke als Saug- und Druck¬
pumpen, andererseits der arbeitenden Muskeln als grosser Blut-
reservoirc.
Neben allen den Wirkungen, welche dadurch in den peripheren
Theilen, vor allem denen des Bewegungsapparates, eintreten, ist
es der Herzmuskel, welcher zur energischeren Arbeitsleistung
angeregt und durch Uebung befähigt wird. In Wechselwirkung
zur Muskelaction und Herzthätigkeit steht dann wieder die Respi¬
ration, welche in ganz bestimmter Weise berücksichtigt wird.
Man treibt ja ganz specielle „Lungengymnastik“ in einer Reihe
von Affectionen des Respirationstractus und Fällen von primär wie
secundär bedingter Beeinträchtigung der Expansionsfähigkeit der
Lungen.
Bei den activen und sogenaunten Widerstandsbewegungen,
besonders denjenigen, welche in ganz bestimmter Folge mit be¬
stimmten Muskelgruppen vorgenommen werden, bedeutet der Inner¬
vationsreiz eine Uebung des zugehörigen centralen, wie peri¬
pheren Nervenapparates. So bedeutet Uebung der Muskeln, wie
du Bois-Reymond gelegentlich sagt, auch Uebung des Ge¬
hirns. Demzufolge werden durch solche Uebungen in einer Reihe
von Fällen unwillkürliche Mitbewegungen nach und nach ausge¬
schaltet werden können. Aus den zwei vorstehenden Gründen
erklärt sich der günstige Einfluss der Gymnastik auf be¬
stimmte Beschäftigungsneurosen und vor allem auf die Coordinations-
störuugen bei Krankheiten (den neurotischen Formen der Chorea
minor und einer Anzahl Fällen von Tabes dorsalis), in deren Krank¬
heit sbild jene Motilitätsstörungen im Vordergrund stehen.
Ein besonders wichtiger Gesichtspunkt ist nun noch hervor¬
zuheben, das ist das erzieherische Moment, das Wecken der
Energie, welches für Patienten bestimmter Kategorieen (Hysterie,
Neurasthenie) in Betracht kommt und auch für eine Reihe leichter
Affectionen in der orthopädischen Gymnastik von Wesenheit ist,
7 . B. bei den beginnenden habituellen Skoliosen und Haltungs-
anomalieen überhaupt. Es sei aber gleich an dieser Stelle noch
darauf eingegangen, dass ja gerade in der Orthopädie gym¬
nastische Uebungen auch eine wichtige Rolle als dyna¬
misches Behandlungsmittel spielen. Mittels bestimmter
Uebungen sucht der Orthopäd Anomaiieen des Skelettes, welche auf
geschädigter oder ungleichmässiger Muskelthätigkeit oder auf
pathologischen Veränderungen anderer Weichtheile beruhen, zu
beeinflussen und, soweit dies möglich, schon bestehende Difformi-
täten allmählich auszugleichen.
Wie sich für die Massage eine bestimmte Technik heraus-
gebildet hat, die natürlich in der Hand des Geübten die besten
Resultate geben wird, so hat sich auch für die Heilgymnastik
eine bestimmte Methode entwickelt, und diese ist nicht ohne Be¬
rechtigung. Wirft man auch alles laienhafte Beiwerk über Bord,
welches, wie oben erwähnt, der schwedischen Methode Ling’s
und seiner Schüler in reichem Maasse anhaftete, so bleibt doch
die Thatsaehe bestehen, dass für einzelne Krankheitsformen die Aus¬
wahl der Uebungen keine indifferente ist, sondern eine Reihe von
Uebungen ganz specielle Indicationen erfüllen.
Ganz selbstverständlich erscheint, dass die Dosirung der Ueb-
ungen und vor allem die Dosirung der gesetzten Widerstände bei
den sogenannten „Widerstandsübungen“ von besonderer Wichtig¬
keit ist. Bei einzelnen Individuen ist oft sogar eine Vorsicht ge¬
boten und eine geradezu homöopathische Dosirung, welche man
fast für eine Spielerei halten möchte, wenn nicht die Erfahrung
lehrte, dass in solchen Fällen schon ganz geringe mechanische
Reize genügen, um wahrnehmbare Beeinflussung zu erzielen und
! ) Vergl. die Untersuchungen von Gopadze und Chopoliansky.
*) Bum, Ueber den Einfluss der Massage auf die Harnsecretion. Zeit¬
schrift f. klin. Medicin Bd. XV.
^ Zabludowski, Ueber die physiologische Bedeutuug der Massage.
Contralblatt f. d. med. Wissenschaften 1883. — Finkler. Behandlung
des Diabetes mellitus durch Massage. Verhandlungen des Congresses für
innere Medicin 1886.
4 ) s. Mosso’s und Maggiora’s Untersuchungen über die Ermüdung
des Muskels. Italien. Arch. für Biologie 1831, Bd. 16; du Bois-Hey-
mnnd’s Archiv f. Physiologie 1S‘)().
zu starke Reize ausserordentlich leicht unbeabsichtigte und un¬
günstige Nebenwirkungen hervorzurufen imstande wären.
Aus den soeben gemachten kurzen Andeutungen über die
physiologischen Wirkungen der Massage und Heilgymnastik, aus
denen die allgemeinen therapeutischen Indicationen sich mit Leichtig¬
keit ergeben, geht hoffentlich hervor, dass es sich für den Arzt
lohnt, die Methoden der sogenannten Mechanotherapie in das
Bereich des ihm zu Gebote stehenden Heilschatzes mit aufzunelimen.
Aber er darf nicht den Fehler machen, wie dies bis in die letzten
Jahre hinein fast noch vorwiegend geschehen ist, ihre Aus¬
führungungeschulten oder auch sogenannten geschulten
Laien, sogenannten ärztlich-geprüften Masseuren und Heildieuern
selbstständig oder auf unbestimmte allgemeine Ver¬
ordnung hin zu überlassen.
Sollen die mechanotherapeutischen Methoden wirklich ziel¬
bewusste therapeutische Bestrebungen verfolgen, soll der gute
Kern, der in ihnen liegt, immer freier herausgeschält werden,
so ist die Ausübung derselben nur möglich unter Voraussetzung
exacter wissenschaftlicher Ausbildung.
Freilich erfordert die Ausübung dieser Methoden aueh r ganz
besondere .Geduld und Ausdauer, denn selbstverständlich ist ja die
Ausübung derselben, wie schon im Namen liegt, nicht ohne einen
starken mechanischen Beigeschmack, andererseits gehört aber auch
ein gewisser Schematismus und eine gewisse Pedanterie dazu,
wenn wirklich gute Resultate erzielt werden sollen.
Es liegt nun fernerhin auf der Hand, dass zur Ausübung in
weiteren Grenzen, besonders der heilgymnastischen Behandlung,
der Arzt allein nicht imstande ist, und er bedarf der unter¬
stützenden Kräfte, welche aber nur im Dienste seiner Intentionen
stehen dürfen.
Die heilgymnastischen Uebungen sind, wie bekannt, nur zum
Theil sogenannte active. d. h. solche, welche der Patient allein,
höchstens unter Zuhülfenahme ganz einfacher Geräthe ausübt, es
sind zum grossen Theil passive und besonders sogenannte Wider¬
standsbewegungen. Zur Mithülfe bei Ausführung einer heil-
gymnastischen Cur sind also immerhin für den Arzt zur Besorgung
des mechanischen Theiles Hülfskräfte erforderlich. Diese bestehen
nun zunächst in geschulten Gehülfen, welche unter steter
Controlle und auf die direkten Angaben des Arztes hin arbeiten.
Auch für diese Leute aber sind ja selbstverständlich bestimmte
Fähigkeiten und persönliche Eigenschaften unerlässlich, die nicht
allzuleicht zu finden sind; und menschliche Arbeitskraft ist
theuer.
Es war also das Bestreben verständlich, sich von solcher so
frei als möglich zu machen. Dies brachte zuerst Dr. Zander in
Stockholm auf den Gedanken, die menschliche Hand für die
passiven und Widerstandsbewegungen so gut wie ganz durch
maschinelle Kraft zu ersetzen. Seine geistvoll construirten Ap¬
parate sind ja genugsam besprochen, bekannt und gewürdigt.
Dass aber die menschliche Hand das beste Werkzeug
trotzdem für die Massage bleibt, ist sicher und auch von
Zander selbst nie in Abrede gestellt.
Ich kann hier nur wiederholen, was ich schon in meinem
kleinen Buche als meine feste Ueberzeugung ausgesprochen habe:
„Nur die feinfühlende Hand des geschickten Arztes, jederzeit gc-
feitet von der vollständigen Kenntniss der Sachlage, ist imstande.
sich den lokalen anatomischen und pathologischen Verhältnissen
jederzeit in der richtigen Weise anzupassen und genau dem lokalen
wie Allgemeinzustand entsprechend das richtige Maass von Kraft
und Zeit abzuwägen, welchos für die möglichst rasche Erzielung
guter Resultate, wie für die Vermeidung aller Nachtheile, welche
eine mechanische Behandlung mit sich bringen kann, unerlässlich
nothwendige Bedingung ist.“
Aehnliche Versuche wie von Zander sind auch von anderer
Seite in mannigfaltigster, mehr oder weniger glücklicher Weise
gemacht worden. . .
Auf Grund dieser Einführung maschineller und über¬
haupt mechanischer Hülfskräfte wird diese Alt der
Mechanotherapie speciell als Medico - Mechanik be¬
zeichnet. Dieser Begriff kann nun aber meiner Ansicht nach
erweitert und mit vollem Recht auch auf das Gebiet der Ortho¬
pädie übertragen werden, soweit in derselben die Anwendung
mechanischer Hülfe im Sinne von Apparaten. Stütz Vorrichtungen
und Verbänden unentbehrlich ist, um körperliche Difformitäten zu
leeinflussen. .. . %
Da nun Medicomechanik im vorerwähnten erweiterten biunt,
;owie Massage und Heilgymnastik (orthopädische Gymnastik) die
vichtigsten Factoren in der Behandlung wohl der Mehrzahl so ge¬
launter orthopädischer Leiden sind, so erscheint es mir durchaus
ogisch, die unblutige Orthopädie mit unter den Collectiy-
legriff der Mechanotherapie einzubeziehen. Soweit iur
lie Orthopädie dagegen chirurgische Eingriffe im \ ordergrund »tohen
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828
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
oder die Grundlage einer weiteren inoelianotherapeiitisclien und
spceiell medicomechanischen Behandlung bilden, gehört dieselbe,
wie eigentlich schon der Name „orthopädische Chirurgie“ besagt,
zur Diseiplin der Chirurgie.
Die praktischen Verhältnisse zwingen weiterhin dazu, die
Meehanotherapie, besonders so weit es sich um allgemeine Be¬
wegungseuren und orthopädische Behandlung handelt, an Stätten
zu verweisen und in Formen zu kleiden, welche für eine Massen¬
behandlung geeignet sind. Auf der Hand liegt ja, dass eine
inechanotherapeutische Behandlung jederzeit eine verhältnissmässig
mühsame, anstrengende für den Arzt, und doch auch langwierige,
sich über Wochen und oft Monate erstreckende ist. Es wird
also einerseits der Arzt seinen Aufwand an Mühe und Zeit nicht
gering veranschlagen können, andererseits der Patient mittlerer
Kreise nur in einem kleinen Bruchtheil so grosse Geldopfer
bringen können, als sie der aufgewandten Leistung des Arztes
äquivalent sein würden.
Soll dieser Widerspruch befriedigend gelöst werden und eine
gute Sache auch weiteren Kreisen zu gute kommen, so kann dies
nur mit Hülfe eines kaufmännischen Fundamentalsatzes geschehen,
nämlich diese Behandlungsmethode so zu basiren. dass, unbeschadet
der Genauigkeit in der Ausübung, in einer gegebenen Zeit eine
grosse Zahl von Patienten durch den Arzt oder unter direkter
Leitung desselben behandelt werden können.
Dieser rein praktische Gesichtspunkt ist sicher auch mit Ur¬
sache dafür, dass nur die Massage, welche ohne besondere Neben¬
apparate oder Assistenz ausführbar ist, besonders in der Nach¬
behandlung chirurgischer Affectionen oder bei bestimmten Ver¬
änderungen im Bewegungsapparat, vor allen Dingen bei Gelenk-
affcctionen, in die weiteren ärztlichen Kreise gedrungen ist, während
die Kenntniss von der Meehanotherapie in ihrem ganzen Umfange,
eine klare Vorstellung von ihrer wirklichen Leistungsfähigkeit und
ihren Indicationen immer noch durchaus beschränkt geblieben ist.
Die ja jetzt sicher nicht in etwa zu geringer Zahl vorhandenen
mechanotherapeutischen und medicomechanischen Institute stehen
so gut wie in keinerlei Beziehung zu den medicinischen Lehr¬
stätten und deren Vertretern, und der Beigeschmack des Unwissen¬
schaftlichen und vielleicht auch des der Modo Unterworfenen haften
ihnen in den Augen noch sehr vieler Fachgenossen an.
Und doch hat sich die grosse praktische Bedeutung mechano-
therapeutischer Heilanstalten schon Bahn gebrochen, besonders
nach einer Seite hin. Es ist dies die der Behandlung aller der¬
jenigen Fälle, welche in Beziehung zum Unfallversicherungsgesetz
zu bringen sind.
Alle die Genossenschaften, welche diesbezüglich in Betracht
kommen, haben immer zunehmendes Interesse für die genannten
Heilmethoden als worthvolle Hiilfsmittel zur Nachbehandlung von
Verletzungen gezeigt , zumal da in unseren grossen Krankenhäusern
derartige Fälle eine solche in ausreichend zweckentsprechender
Weise vorläufig nicht finden können.
Ich glaube nun, dass das Gebiet der Meehanotherapie, wie ich
es im Vorstehenden zu zeichnen versucht habe, ein zwar be¬
grenztes, aber doch wohl cliarakterisirtos therapeutisches Fach
in unserer praktischen Medicin darstellt, mit bestimmten prak¬
tischen Aufgaben und wissenschaftlichen Arbeitszielen. Ich glaube
ferner, dass ein gewisser Schematismus demselben jederzeit an¬
haften muss, dass aber schonungslose Kritik gerade auf diesem
Gebiete ebenso nöthig ist, wie nur irgendwo.
Ich glaube ferner, dass derjenige, welcher sich mit diesen
Methoden befasst, nichts weniger als etwa nur ein geschickter
Masseur und ein ärztlich gebildeter Turnlehrer sein darf, sondern
dass gerade die engen Fäden, welche diese therapeutische Dis-
ciplin mit den verschiedensten anderen Gebieten der praktischen
Medicin verbinden —- ich erinnere nur an die Verbindung mit
hydrotherapeutischen Maassnahmen, diätetischen Curen, an die
A erbandtechnik und Apparatbehandlung bei orthopädischen Fällen
— eine vielseitige und immer fortschreitende Ausbildung des
Mochanotherapeuten erfordern.
Ich halte ferner für unerlässlich nothwendig, diese Methoden
dem angehenden Mediciner mehr als bisher an der Hand Von
v orlesungen und praktischen Cursen vor Augen zu führen, damit
er zum mindesten seine allgemeinen therapeutischen Gesichts¬
punkte auch nach jener Seite hin zu erweitern imstande ist.
die Meehanotherapie, wie überhaupt die physi¬
kalischen Heilmethoden, eine entsprechende Berücksichtigung in
dem klinischen Lehrplane unserer Universitäten finden werden,
wn* ( l cs auch den Aerzten möglich sein, erfolgreicher als bisher
den Kampf mit dem erschreckend überhand nehmenden Curpfuschcr-
thum aufzunehmen und auch den Anforderungen und Fragen, wie
sie unser modernes Unfall- und Krankenversicherungswesen mit
sich gebracht hat, noch grösseres Verständniss entgegenzubringen.
No. 43
VI. Die ersten Etappen der Choleraepidemie
von 1892 im Orient.
Von Stabsarzt Dr. Schum barg in Berlin.
(Fortsetzung aus No. 42.)
Von der Landseite, über Syrien, hat Europa bisher durch
Cholera von Mekka her noch nicht zu leiden gehabt. Auch der
Seeweg ist scheinbar nicht ohne Schutz, denn die Quarantäne-
Stationen in Djebel-Tor und Suez sollen jeden Cholerafall und Cho¬
leraverdächtigen zurückhalten. Doch ist das in Wirklichkeit
unmöglich; denn sobald in Mekka unter den Pilgern der Ausbruch
der Cholera bekannt wird, greift eine allgemeine Panik Platz.
Jeder beeilt sich, nothdürftig seinen religiösen Pflichten gerecht
zu werden, dann aber stürzt Alles in wildem Durcheinander nach
den Hafenstädten Djeddah und Yumbo und ohne jede ärztliche In-
speetion in die bereitsteheuden Dampfer, die bald weit überfüllt
sind und dann in jenen oben geschilderten widerlichen Schmutz-
zustand gerathen. Schiffsärzte sind gegen solche entfesselten
Volksmassen machtlos, auch wenn sie wirkliche Aerzte sind, was
bei den Pilgerseliiffen, wenigstens den nach dem Norden bestimm¬
ten, meist nicht der Fall zu sein pflegt. Karlinski, der vom
24. Juni bis 9. Juli 1893 in Djeddah 46 Pilgerschiffe inspicirte.
fand nur auf 6 derselben wirkliche Aerzte. Die übrigen 40 soge¬
nannten Aerzte hatten kaum die Kenntnisse eines Barbiers. Der
Capitän, dem natürlich diese Qualität bekannt war, behandelte sie
auch dementsprechend: An Bord des englischen Schiffes Venezia
ohrfeigte der Capitän in Gegenwart des Dr. Karlinski seinen
Schiffsarzt, weil er die Cholerafälle nicht erkannt hatte: der Arzt
an Bord des englischen Schiffes Gardji konnte seinen Namen weder
in lateinischer noch in arabischer Schrift schreiben, und der Arzt des
türkischen Schiffes Abd-el-Kader, ein Schwarzer, konnto nicht die
einfachste Medicin bereiten, ja nicht einmal die Etiketten seiner
Standgefässe lesen. Dass also derartige Schiffsärzte irgend einen
Einfluss beim Ausbruch der Cholera an Bord ihrer Schiffe aus¬
üben werden, steht wohl kaum zu hoffen. Ebensowenig kann die
Quarantänestation am Sinai, Djebel-Tor, grösserem Andrange ge¬
nügen, und schliesslich ist die Inspektion der Pilgerschiffe in Suez
nach allen Schilderungen eine nur oberflächliche.
Somit stehen den Pilger- und übrigen Schiffen aus dem rothen
Meer so ziemlich ungehindert die Häfen Europas offen. Dass nun
die Cholera vom rothen Meer aus trotzdem nicht häufig verschleppt,
wird, hat darin seinen Hauptgrund, dass nur etwa 4 1 /* % der
Pilger über Suez nach dem Norden abziehen; die übrigen 95,5 °/u
wenden sich über Camaran nach Süden.
Für die geringe Wahrscheinlichkeit des Vordringens der Cho¬
lera von Arabien nach Europa gerade im Sommer 1892 sprechen
auch folgende Zahlen. Das Jahr 1892 war für Mekka ein relativ
günstiges Cholerajahr, obschon in einigen Orten Temens, Loheia
und Hodeida die Cholera das ganze Jahr fast, ununterbrochen
herrschte, eingeschleppt wahrscheinlich durch das türkische Truppen¬
schiff Djeddah. Dass aber gerade im Jahre 1892 die Pilgerzüge m
Mekka verschont blieben, sprach sich dadurch aus, dass nach
Bombay von Djeddah keine Schiffe mit Cholerafällen an Bord zu¬
rückkehrten. Das Jahr 1893 hatte dagegen bei ungewöhnlich
grossen Pilgerzügen nach Mekka — über die Hafenstadt Djeddaii
allein langten 92625 Pilger dort an — die grösste bis jetzt da-
gewesene Sterblichkeit an Cholera in Mekka zu verzeichnen, wäh¬
rend Europa von einer Epidemie verschont blieb.
Trotzdem aber darf uns diese Thatsaeho nicht ^ abhalten, die
sanitäre Ueberwaehung der Mekkapilger gerade zur See, in Djebel-
Tor, Suez, Clazomeuä im Auge zu behalten, da heutzutage sic i
die Pilger, wo sic können, der modernen Verkehrsmittel bedienen
und die Karawanen, welche über Land nach Mekka ziehen, ünmei
schwächer werden und ihre Mitgliederzahl weitaus hinter der Zal»
der Pilger zurücksteht, die heute in Djeddah auf dem Dampfer landen.
Für die europäische Epidemie des Jahres 1892 ist aber gen |( k
jener Weg einer genaueren Betrachtung zu unterwerfen, weleliei
von Indien durch Afghanistan nach Persien und von hier niK i
Russland führt. Auch auf diesem :
. Landwege
stosseu wir auf ein für die Vermehrung der Choleratälle
wichtiges Relais, wie es die heiligen Orte Arabiens für den * ( ' c
weg darstellen, das ist Mesched im nördlichen Persien. ^
Weder in Afghanistan, noch in Persien ist je ein emlcm 1 ^' 111 '"
Auftreten der Cholera beobachtet worden: die ersten CMcik
nach richten aus Persien im Jahre 1892 datiren vom 25. Mai. )b
dahin scheint dort alles ruhig gewesen zu sein, während in Kalk’ 1
im Januar und Februar etwa 20—30 Cholerntodesfällc zur Meinung
kamen und im März bereits Wochenzahlen bis 154 Beunruhig* 11 ^
heiworriefen.
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25. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
829
Dieses plötzliche Anwachsen der Choleramorbidität und -Mor¬
talität findet seine ungezwungene Erklärung durch das Zusammen¬
strömen, Zusammenleben und Zusammenbaden der Eingeborenen
bei den grossen Festen an heiligen, meist an Flüssen gelegenen
Orten und bei grossen Jahrmärkten.
So liess schon imJahre 1891 das Arthodoyafest die Todes¬
fälle an Cholera in der Provinz Assam von 12000 auf 23800 an¬
schwellen. Es ist dies Arthodoyafest eine Art Badefest, das nur
gefeiert wird, wenn das Scrabanagestirn und Neumond auf einen
Sonntag der Monate Pous oder Magh zusammenfällt. Dies kommt
alle 27 oder 28 Jahre einmal vor und giebt alsdann die Ver¬
anlassung zu einem grossen Badefest ab. Es war dies nun der
Fall am 8. Februar 1891; vorher war das Fest zum letzten male
am 7. Februar 1864 gefeiert. Die Vorzüge, welche das Baden in
heiligen Strömen während der Festzeit verleiht, schildert die
Religion als besonders werthvoll, und es sammelt sich infolgedessen
am Ganges eine ungeheure Menschenmasse an. Diesmal aber
strömten die Hindus zumal von Osten her in besonders dichter
Schaar nach Bengalen zum Ganges hin, weil der Ganges bald seinen
heiligen Charakter verliert und dann an seine Stelle der Narbada-
fluss tritt. Mit dem Bewusstsein, komme, was da wolle, verliessen
1891 die frommen Hindus ihre kleinen Dörfer, wurden wie Fracht¬
güter auf der Eisenbahn in Güterwagen verladen und kamen mehr
todt als lebend am Ziele an, wo sie in dem schmutzigen Wasser
des Ganges badeten und sich durch Trinken desselben aus dem
heiligen Strom den Tod holten. Tausende, welche die Eisenbahn
nicht mehr befördern konnte oder welche zu arm waren, traten
die mehrtägige Reise zu Fuss an; durch Reisestrapazen und Ent¬
behrungen erschöpft, kamen sie am heiligen Flusse an, wo ihrer
bei der Anhäufung der Menschenmassen noch weit grössere Mühen
und Entbehrungen harrten. Der Boden, die Luft und vor allem
die Brunnen und das geringe, langsam fliessende Wasser des Flusses
waren im Augenblick gänzlich verunreinigt, und dies nicht nur an
den Badeplätzen, sondern längs der ganzen Pilgerstrasse (Commiss.
f. Bengal. 1891). Das Baden fand am 8. Februar nach Sonnen¬
untergang statt; die Lufttemperatur betrug nicht viel über dem
Nullpunkt. Viele der Badenden verbrachten die Nacht unter freiem
Himmel in nassen Kleidern.
In Katihar, wohin sich nach Ausbruch der Cholera die ge-
ängstigten Pilger flüchteten, um mit der Bahn fortzukommen,
wurden 37 Kranke aus dem Eisenbahnzuge herausgeholt; indess
die Passagiere machten die Beamten nicht einmal auf das Vor¬
handensein einer Leiche im Coupö aufmerksam, aus Furcht, selbst
den Zug wieder verlassen zu müssen. Aehnliche Scenen spielten
sich auf der ganzen Eisenbahnlinie ab. Die Anzahl der Todesfälle
an Cholera beläuft sich deshalb in der Provinz Bengalen 1891 auf
229575 Fälle mit 26200 im März (im Februar war das Ardhodoya-
fest), 44775 im April und 26400 im Mai. Seit 1876 hat man dort
eine solche Mortalitätsziffer nicht notirt.
Der Bezirk Purnea in Bengalen hat oft noch durch eine andere
jährliche Feier, das Caragalafest, zu leiden. Obwohl indess auf
den Strassen nach Caragala im Februar 1891 sich unablässig ein
dichter Strom von Pilgern wälzte, obschon die Ufer des Ganges
dort meilenweit von Badenden belagert waren, so war doch im
Jahre 1891 Caragala verhältnissmässig frei von Cholera. Indess
stieg auch in Purnea die Mortalitätsziffer im April bis auf 10000.
Den eigentlichen Grund für die Ansteckung gelegentlich der
Badefeste erblickt der Berichterstatter von Purnea in der Sorg¬
losigkeit der niederen Classen: Er sah in den schlimmsten Zeiten
Leute in denselben Betten mit Cholerakranken zusammen schlafen
oder angethan mit den ungewaschenen, oft noch beschmutzten
Kleidern der eben Gestorbenen. Ebenso hat er das Volk zu
Trink- und Kochzwecken Wasser aus Tanks entnehmen sehen, in
welche man, wie sie wussten, Choleraleichen geworfen hatte, ob¬
schon es nur wenig Mühe gekostet hätte, einige Schritte weiter
unverdächtiges oder wenigstens anscheinend unverdächtiges Trrnk-
wasser zu erhalten.
Auch die Stadt Madras (Rep. of the government 1891/92)
führt den Ausbruch der Cholera in ihren Mauern fast stets auf
ein im August abzuhaltendes Badefest in Periapolliam zurück. Im
Gegensatz dazu bemüht sich Dr. J. M. Cunningham in seiner Mono¬
graphie „Cholera: What can the State do to prevent it“ (S. 81)
nachzuweisen, dass eine Choleraepidemie ihren eigenen Gang geht,
unbekümmert um Jahrmärkte und Feste.
Aus all den geschilderten Einzelheiten des Jahres 1891 erklärt
sich, weshalb, wie an einer anderen Stelle schon zahlenmässig be¬
wiesen wurde, gerade die Epidemie des Jahres 1891 an besonders
viele Ortschaften durch die Pilgerschaar der ausnehmend stark be¬
suchten Badefeste verschleppt, sich durch die Spätmonate hindurch
in das Jahr 1892 fortsetzte. Es kann dann nicht Wunder nehmen,
wenn bei den Frühjahrsbadefesten 1892, die, wie wir gleich sehen
werden, sich gleichfalls eines unerhört grossen Zulaufes erfreuten,
die Seuche einen gewaltigen Umfang erreichte.
Die Mittellandprovinzen bilden für die vom Süden nach dem
Norden und zurück ziehenden Pilger die allgemeine Heorstrasse.
Nun hatten schon die zahlreichen Jahrmärkte, die jährlichen bis
herab zu den wöchentlichen, welche in jeder Stadt und jedem Dorf
grosse Menschenansammlungen veranlassen, jedesmal im Sommer
1892 eine grössere oder geringere Anzahl Cholerafälle im Central¬
lande im Gefolge, so dass dort von 160 Bezirken 127 von Cholera
heimgesucht wurden. Die zunächst wenigen Cholerafälle erweiterten
sich in Raipur zu einer Epidemie, als die Pilger von der Allahabad-
feier am 27. Januar zurückkehrten. Auch in Bilaspur war der
erste Fall ein Pilger, welcher am 12. Februar von der Allahabad-
feier zurückkam, in Damoh waren es drei Leute, welche den
Garhakotaviehmarkt besucht hatten. In Narsingpur wurde die
Krankheit gleichfalls von dem Garhakotamarkt, in Nimar vom
Mandhattafeste eingeschleppt; ähnliche ursächliche Verhältnisse lagen
für die übrigen Distrikte. der Centralprovinzen vor, die im ganzen
im Jahre 1892 über 39972 (4,21 %o) Choleratodesfälle berichteten.
Ueber die unmittelbare Ursache sagt der amtliche Bericht¬
erstatter, dass das Volk die Benutzung von Brunnen verschmäht
und mit Vorliebe das Tankwasser zum Trinken herbeiholt. Anderer¬
seits ist es ganz allgemein bei den Dorfbewohnern, ihre Todten in
Tanks oder die heiligen Ströme zu versenken, damit sie von ihren
Sünden Erlösung finden. Ebenso werden, wie das ja auch schon
die Deutsche Choleracommission aus Indien 1884 berichtete, die
Kleider der Cholerakranken und -Todten in den Dorftanks ge¬
waschen, allen Verboten der Behörden zum Trotz. Bemerkenswerth
erscheint auch noch die Beobachtung des Berichterstatters, d^ss
Burhanpur, welches sich einer ausreichenden Versorgung mit reinem
Trinkwasser erfreut, die einzige Stadt des Bezirks war, die von
Cholera frei blieb, obschon einige Dörfer der Umgebung ergriffen
waren. (Schluss folgt.)
VII. Therapeutische Mittheilungen.
Drei Cholerafälle, behandelt mit menschlichem Heil-
serum.
Kurze Mittheilung von Dr. Freymtith in Danzig.
Am Abend des 11. August kamen aus dem Vororte Althof drei
Cholerakranko in’s Lazareth: der Arbeiter Albert Lehmann, 17 Jahre alt,
die 35jährige Inspeetorsfrau Bertha Pieper und die Arbeiterin Johanna
Kusch, 18 Jahre alt; Lehmann war 24 Stunden krank, die beiden anderen
hatten die Krankheit erst seit dem Morgen bezw. Mittage dos Aufnahme¬
tages. Alle drei hatten 36° C, erbrachen unaufhörlich, hatten einen Reis¬
wasserstuhl nach dem anderen, die Augen waren tief eingesunken, die
spitze Xase. die Extremitäten waren blau, marmorkalt, aufgehobene Haut¬
falten blieben stehen, der Puls war nicht zu fühlen, die Stimme raub und
heiser, es bestand Anurie, Wadenkrampf, Jactation; kurzum, es waron
drei Fälle schwerster asphyktischer Cholera mit schlechtester Prognose.
Die auf meiner Choleraabtheilung übliche Therapie: warme Ein¬
wickelung. l /i —*/a stündlich wiederholte subcutane Einspritzung von Oleum
camphoratum, Darreichung von Eis und Champagner, subcutane Infusion
von 600—800 ccm physiologischer Kochsalzlösung, hielt den Tod des Leh¬
mann, welcher am 12. August früh 7'/aUhr erfolgte, nur wenige Stunden
auf; die beiden Frauen hielten sich zunächst, ohne sich jedoch mehr als
vorübergehend zu erholen.
Ich fasste nun den Entschluss, bei den Ueberlebenden, die ich gleich¬
falls beide für verloren hielt, die Serumtherapie zu versuchen.
Das Blut gaben bereitwillig zwei meiner früheren Patienten her,
welche die Cholera seit vier Wochen Überstunden hatten, mithin in einer
Periode der Gesundung waren, in welcher dio Schlitzkraft des Serums,
wenn überhaupt vorhanden, auf der Höhe sich befinden musste. Die Blut¬
spender, die Arbeiter Zielke’schen Eheleute aus Schidlitz bei Danzig,
waren gesunde, kräftige, junge Menschen, der Mann hatte eine Cholera
mit Anurie und Asphyxie, die Frau einen leichten Anfall durchgemacht.
Die Methode der Blutentnahme wich von den bisher üblichen ab und
schloss sich an die Art an, welche Ziemssen zur Gewinnung von Blut
für subcutane Injectionen angegeben hat. Am Oberarm wurde wie zum
Aderlass eine Binde angelegt, darauf iu die pralle Vena mediana von unten
her eine entsprechend starke Hohlnadol eingestochen und in der Längs¬
achse des Gefässes ein Stück hinaufgeführt. Das Blut floss schnell und
sehr ergiebig ab, es wurdo in sterilen gläsernen Schröptköpfen aufgefangen.
In jeden Schröpfkopf liess ich gegen 20 ccm Blut cinfliessen, dann ver¬
schloss ich ihn mit Watte und stellte das so gewonnene Matenal 24
Stunden in den Eissehrank. Nach dieser Zeit, am 13. August, hatte ich
240 ccm eines klaren Serums, 7 / 8 von dem schwerkrank gewesenen Manne
Zielke, */« von seiner Frau herstammend, zur Verfügung; cs wurde mit
0 6 % Carbolsäure versetzt und hielt sich, im Eisschrauke aufbewanrt,
viele Tage unverändert. An den Blutspendern ging der kleine Emgritt
ohne den geringsten Nachtheil vorüber, sie Hessen sich, nachdem die fcm-
stichstellen mit einem Collodiumwatteverbande geschlossen waren, mehl
mehl *Die Heilversuche begann ich am 13. August Abends, ich sagte mir.
dass ich, um Wirkungen zu erzielen, grosse Dosen wählen müsste, hng
aber der Vorsicht halber mit einer massigen Quantität an, da jene ui-
fahrung über Schädlichkeit oder Unschädlichkeit des Serums iehlte.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Fall L Bertha Pieper. Zustand am 13. August: Cyanose, Kälte,
Anurie, viel Stuhl, der etwas Blut enthält, Erbrechen seltener, Tempe¬
ratur 38 C, Puls 120, eben fühlbar, grosse Apathie. Sie erhält 10 ccm
herum unter die Haut zwischen den Schulterblättern, eine Stolle, welche
der Folge beibehalten wurde. Eine merkbare Reaction erfolgte nicht,
das Serum war sehr bald resörbirt, wie solches auch stets nachher bei
den injöctionen grösserer Mengen der Fall war.
14. August. Des Morgens etwas freier. Puls 96, Temperatur 37°,
schon gegen 10 Uhr wird die Patientin unruhig, unbesinnlich, bekommt
Siogultus. Zweite Injection: 30 ccm. Keine Besserung; fünfmal Stuhl
mit Blut
August. Unnihe steigt. Patientin ist kaum im Bette zu halten,
delinrt. Puls 90, voller. Kein Erbrechen, 4 blutige Stühlo. 50 ccm
Serum.
16. August. Morgens erster ei weisshalt iger Urin, die Kranke ist
ruhiger, giebt bessere Antworten, der Puls ist gut, die Hände sind warm:
3 blutige Stühle, Temperatur 37°.
17 August, Patientin verfällt, bekommt 38,9°; 4 blutige Stühle
Sie stirbt am 18. August früh 2 1 /* Uhr. S
Section 10 Stunden p. m.: Hämorrhagische Infiltration der Dünn¬
darmschleimhaut, blutiger Stuhl im Darm; im Herzblut und Milzausstrich
Diplococcen, die lür Mäuse pathogen waren (Bacteriologische Anstalt,
Komm^bacilLn »twickelnngriUüge
• , f J 1 ?: Johanna Kusch. 13. August, Patientin stöhnt, schreit,
li ft sich hin und her, sie ist kalt, blau, die Augen sind tief eingesunken
^X Pe ? w 6 'J ‘ viel Erbrechen und Stuhl. Nur der gute Puls (96)
giebt etw as Hoffnung. 10 ccm Serum. ^
. 14 - Au & ust - Sieht wohler aus, ist aber noch sehr unruhig. Sie
!md 30 ZU cm e Semm Unn 8 °° CCm ’ eiweisshalti ^ Bekommt ein Bad
Serum 5 AugUSfc ' * St ruhi o e ri giebt an, sich wohler zu fühlen. 50 ccm
t? • . August, Zunehmende Besserung, jedoch noch immer mehrere
30 ei p^ S q rStüh 6 Erbrechen. Noch einmal am 18. August
fvnTnh Seniin ’ danach sofort Erbrechen, doch hatte die Kranke kurz
.uvor Champagner genommen. In dem zwischen dem 15. und 18 August
S ^ h yer f tzt cu Pepton wurden keine Kommabacillen mehr
WOh i aber ku g e kge Gebilde, welche für degenerirte Bacillen
ange|ehen wurden. Vom 18. August an Stuhlverstopfung bis zum 24. p •
am 21. August konnte Patientin das Bett verlassen. P *’
aufo-pnnmLr August Sanowski, 45 Jahre alt, Matrose auf Dampfer Ella
217 114 - August Nachts. Er kommt in Quarantäne da auf
Cholera v“rftorbenT« n *“ M “ tr0Se ’ mit dem er die an
rolativeaÄefind» 6 ” 41 *** -eimal Erbrechen,
erbricht til« 81 »« 0 '' ^ ustan . d hat bedeutend verschlechtert. Patient
mrss
.blau. Puls klein, beschleunigt. Temperatur 36 4 hi« plf tti,*.
Nach rrEi U n a , 8 n S r r ? ft aberg0b a e “, ™ ren ’ d ™ »■* Vorraths ®
klein 17 ä;^. UgUS i' J Beflnden wieder schlechter, Extremitäten kühl Pul,
IQ nnlfon 1 Allgemeinbefinden unverändert, ein Stuhl.
21 b„ d 9 ? J August: Besserung, nur häufige Stahle,
gesetzt.' b 2 ' AugUSt: Die Besserun « hiUt d «r Kampher wird aus-
30. A^gus J t UgaSt: FeSter StUh1, V ° Ue Ke “nvalescenz. Entlassung am
Nach 24stmd “
24 Stunden r "' 5 0 AgS?ul 8 ir'Tubt.” 11 >h ^ Ser “ m intra P erit <>neal, nach
setzuigen U zu r taüpfen;’ ihreZaff ™“ g - di T drei Falle Auseinander-
haft, um bindende Schlussfolgerune-pn die Beobachtung zu lücken-
denen Werth werden sie haben als die «rct* 1 ZU .k önnen< Ihren beschei¬
behandelten Cholera fälle. Wenn nicht« mlhr mit m . enschl . lchem Serum
Art der Behandlung verhältnissmässiV z ? lgen sie? dass diese
Ehrlich und wenn nicht be^ ZZ ührb ? r ’ dass sie ™ge-
andere Therapie. Wollte ich ’ ontimiSriiS. h - nicht s f hlechter ist, als jede
Ergebnissen eine L° h in “
sehen. Dass sich Frau Piepe? nur h ür?^ erf ^ff«ng der Seruratherapie
dyauf geschoben werden ** LT bei TZZZ mcht d »T on ^ kann
mtoxication, sondern eine Mischinfectinn v«ri 6me - rei 5? Kommabacillen-
l erarbeitung des Falles zeigte. Die Fälle fesoh 16 d * e Q bacter iologische
—•«- aa sst; uri
schieben " 8 “ cht anhieIt ’ 30 kann maB das auf d « zu geringe Dosis
Freilich würde es misslich um die Serumtherapie stehen, wenn
Erzielung der vollen Heilung so grosse Mengen Seram erforderlich wflC
wie ich sie bei der Kusch angewondet habe w " r,: "'
Aber der Hinblick auf die Ereignisse des Tages erweckt die Hoffiu.,»
i»,y r i™c el d «r Diphtheriös auch bei der Cholera nicht Ä
menschliche Serum allein angewiesen sein dürften und dass das Thier
expenment uns auch hier zu Hülfe kommen wird. WeHiit“on h
hchem Serum weiter arbeiten will, wird gut thun als '
genesene Kranke zu benutzen, welche einen schweren Anfal&Ü”
haben. Serum welches ich einem jungen Manne entnahm, der arn iSt,
nWHF 8 8 e babt hatte, war, auf seine immunisirende Kraft am Thiere ec
FegenheTme™ 8 S ’ Z ” Pr “ fung “ Mensch “ hatte ick
m ~ B- Macrae, Proventivo inocnlation for Cliolcra in India.
^September 1894 .) Während der Choleraepidemt
™ m ®r X ® 94 ™ Distnct Gaya Gaol wurde es den Gefangenen frei-
T^nn-n’ b rir ^ assen ™>Hten oder nicht. Die Zahl der
je 2004 zu ^ Verwendung
Kam die Halfkine sehe Methode. Von ersteren erkrankfpn 9^7 ™n
letzteren 3,34 %. Es starben 1,89 bezw. iSSVüm ^s diÄl
einen Beweis für die Schutzkraft der Haffkine’schen Impfung heran',
se^n sFheT man em S ° grosser Optimist sein, wie es de/ Verfasser za
j Sem schemt - __ H. Citren (Berlin).
VIII. O. Fraentzel f. 1 )
Hochgeehrte Versammlung!
In der kurzen Zeit, welche seit unserer letzten Sitzung vor
den b enen verflossen ist, hat der Verein schwere Verluste erfahren.
Kmer jener Geistesheroen, welche während der Dauer eines Meuschen-
alters nur vereinzelt auftauchen und nicht bloss der Mitwelt,
f.? nd f. rn au °k kommenden Geschlechtern als beredtes Zeugniss da-
tür dienen, dass die grossen Fortschritte der Wissenschaft lediglich
das Werk weniger, besonders Ausgewählter sind - Hermann
. li elmhol tz, Ehrenmitglied unserer Gesellschaft, ist aus dem
eben geschieden. Dem Andenken an ihn wird der Verein nach
escnluss des Vorstandes eine besondere Gedächtnisfeier widmen.
Heute liegt es mir ob, des Heimganges desjenigen Mannes zu ge¬
denken, welcher zu den Begründern dieser Gesellschaft zählte und
ihr von Beginn an als Vorsitzender angehörte. Wir alle, die wir
ihn so häufig in diesem Saale vor und neben uns erblickten und
Zeugen davon waren, wie er trotz seiner schwer erschütterten Ge¬
sundheit noch bis vor Jahresfrist das ihm übertragene Ehrenamt
auszuuben versuchte, haben die Empfindung, dass mit ihm ein
otück der Geschichte unseres Vereins zu Grabe getragen worden
ist und dass sein Verlust noch lange als ein besonders schwerer
naengefühlt werden wird. Gehörte doch Fraentzel mit zu den
lervorragendsten Vertretern der inneren Medicin, nicht bloss in
dieser btadt, sondern weit über die Grenzen derselben hinaus, in
unserem deutschen Vaterlande. Aufgewachsen in der Schule
unseres grossen Lehrers Traube war er einer derjenigen, welcher
mit besonderem Erfolge und Geschick die von diesem gelehrte
exacte Erforschung der inneren Erkrankungen zu verallgemeinern
und weiter auszubauen suchte.
ü v ^ s Eraentzel, welcher 1838 zu Meseritz geboren war, die
erliner Universität im Jahre 1856 bezog, existirten im Königlichen
Unaritekrankenhause nur zwei Kliniken, an welchen Civilärzte als
Assistenten angestellt waren, nämlich die Schoenlein’sche, nach¬
mals Frerichs’sche Klinik und die Abtheilung für Geisteskranke.
Ls war daher von ausschlaggebender Bedeutung für Fraentzel’s
ganze spätere Laufbahn, dass er als Zögling in die militärärztliche
Hildungsanstalt eintrat und damit von vornherein die Möglich¬
keit gewann, nach einigen Jahren in die Stellung eines Unterarztes,
später eines Assistenzarztes am Charit6krankenhause einzurücken.
Zwei unserer bedeutendsten gegenwärtigen deutschen Kliniker,
Leyden und Nothnagel haben bekanntlich denselben Entwicke-
lungsgang durchgemacht. Bei einer so bevorzugten Anordnung
des otudienganges, welche den meisten strebsamen Civilärzfcen zu
damaliger Zeit verschlossen war, ist es begreiflich, dass Fraentzel
mächtige Anregung empfing. Er war sich aber auch des ihm zu
4 1 werdenden Vorzuges, in vollem Maasse bewusst. Mit unge-
W v ij beri ? -BBer warf er sich auf das Studium der inneren Medioin,
sobald er in die Traube’sche Abtheilung eingetreten war. Einer
seiner damaligen Studiengenossen und Freunde tlieilte mir noch
dieser Tage mit, wie Fraentzel, der ursprünglich ein flotter
otuaent war, von diesem Augenblicke an, fast alles andere ver*
nachlässigend, neben dem anstrengenden Abtheilungsdienste Tag
für Tag emsig litterarischen Arbeiten auf dem Gebiete der klinischen
Medicm obla g. In jene Periode (1860) fällt auch seine erste Be*
, Gedenkrede, gehalten im Verein für innere Medicin am15. October
lo94.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
25'. October.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
kanntschaft mit seinem nachmaligen Freunde Leyden der zu
gleicher Zeit als Stabsarzt und Assistent Traube’s auf dessen
Station in der Charitö thätig war. Die militärärztliche Carrtere führte
ihn nach beendigtem Staatsexamen im darauffolgenden Jahre 1861 als
Assistenzarzt zunächst nach Mainz und zwei Jahre später nach Breslau
1864 nahm er am schleswig-holsteinischen Krieg theil, und bereits
1865 sehen wir ihn, noch bevor er zum Stabsarzte befördert war,
wieder nach Berlin an das Friedrich Wilhelm-Institut zurückkehren.
Die verhältnissmässig kurze Zeit der Wanderjahre war beendigt,
und es beginnt nunmehr die Periode ernster eigener wissenschaft¬
licher Arbeit. Sofort begann er sich mit mikroskopischen Studien
zu beschäftigen, deren Frucht auch ein besonderer Fund, der Nach¬
weis eines Endothelüberzuges an den mit einer Hülle versehenen
Ganglienzellen war. Jedoch waren theoretische Arbeiten niemals
das Gebiet, auf dem er sich heimisch fühlte. Sein ganzes Streben
war auf praktische Thätigkeit gerichtet, und kein grösserer Wunsch
beseelte ihn, als auf diejenige Abtheilung zurückkehren zu dürfen,
auf welcher er seine erste praktische Ausbildung erfahren hatte!
Derselbe wurde im Jahre 1867 dadurch, dass er Assistent Traube’s
wurde, verwirklicht.
Das Verhältniss zu seinem früheren Lehrer und jetzigen Chef
gestaltete sich alsbald zu einem besonders vertraulichen, da
Fraentzel sich der strengen Methodik Traube’s nach jeder
Richtung hin anpasste und mit solcher Liebe seiuer Thätigkeit
hingab, dass Traube den grösseren Theil der in dieser Zeit aus
seiner Ahtheilung hervorgegangenen Publicationen durch ihn be¬
sorgen liess. Noch von einer anderen Seite her wirkten Einflüsse
auf ihn, die den Entschluss, sich später der Universitätscarrißre
zu widmen, mehr und mehr in ihm reifen liessen. Es bestand da¬
mals eine Vereinigung junger aufstrebender Mediciner in Berlin,
wie sie in ähnlicher Zusammensetzung und mit gleichen Bestre¬
bungen nicht so leicht sich wieder zusammenfinden dürfte. Mit¬
glieder derselben waren vorwiegend Assistenten der Kliniken und
sonstigen wissenschaftlichen Institute. Man vereinte sich zu
zwangloser Geselligkeit, benutzte aber zugleich die abendlichen
Zusammenkünfte, um hier die allerersten Mittheilungen über die¬
jenigen Arbeiten anzuhören, welche die einzelnen Mitglieder be¬
schäftigten, bezugsweise von ihnen eben vollendet waren und vor
ihrer Veröffentlichung dem Freundeskreise zur Discussion unter¬
breitet wurden. Keine Geringeren als Cohnheim, Kühne,
Westphal, Hermann, Rosenthal gehörten dieser Vereinigung,
die den Namen des „Raisonneur“ trug, an. In sie wurde Fraentzel
aufgenommen und schloss sich alsbald in enger Freundschaft be¬
sonders Cohnheim und Westphal an.
Seine weitere Carri&re ist Ihnen sämmtlich bekannt; sie war
eine aussergewöhnlich schnelle und erfolgreiche. Bereits 1870, ein
Jahr nachdem er aus der Traube’schen Klinik ausgeschieden war,
wurde er dirigirender Arzt in der Charite, nachdem er schon vor¬
her die Stelle eines leitenden Arztes im Augustahospital über¬
nommen hatte. Zugleich habilitirte er sich und entfaltete von nun
ab eine überaus fruchtbringende Thätigkeit als Lehrer, indem ihm
zunächst der Unterricht der militärärztlichen Zöglinge in der physi¬
kalischen Diagnostik übertragen wurde, zu gleicher Zeit aber sein
unverkennbares Lehrtalent ihm zahlreiche Civilzuhörer zuführte.
Nur der deutsch-französische Feldzug, an dem auch er theilnahm,
unterbrach diese Thätigkeit. 1875 wurde er zum ausserordent¬
lichen Professor an der Berliner Universität und 1890 zum Ge¬
heimen Medicinalrath befördert.
Fraentzel gehörte neben Leyden und Nothnagel, wie ich
schon hervorhob, zu den Hauptvertretern der Traube’schen Schule.
Die Eigenart Traube’s, am Krankenbette alle Symptome auf ihre
Ursachen zurückzuführen, ihre Entstehung, soweit als zulässig,
mit den Thatsachen der Physik und Physiologie in Einklang zu
bringen und die erklärten Erscheinungen zu dem Aufbau der
Diagnose zusammenzufassen, wurde von Fraentzel übernommen,
soweit sich dies ohne Zuhülfenahme eigener experimenteller Unter¬
suchungen, an die er sich niemals heranwagte, bewerkstelligen liess.
Die ungemeine Pietät gegen seinen früheren Lehrer war der Grund,
dass er nur ungern etwas von den Anschauungen opferte, die ihm
von diesem überkommen waren, und dass er selbst da, wo die immer
fortschreitende Wissenschaft allmählich zu anderer Auffassung zwang,
oftmals lange zögerte, ehe er die Berechtigung einer solchen zugestand.
Sein Hauptgebiet war und blieb das der Herz- und Lungenkrank¬
heiten, jener beiden Krankheitsgruppen, bei welchen die physikalische
Diagnostik bis heutigen Tages ihre Haupttriumphe zu verzeichnen
hat. Hier trat auch Fraentzel mit eigenen Untersuchungen
hervor, welche seinen Ruf nach aussen begründeten. In den
sechziger Jahren hatten englische und amerikanische Forscher
zuerst nachdrücklich auf das Vorkommen von Störungen der Herz-
thätigkeit infolge übermässiger körperlicher Anstrengungen hinge¬
wiesen. Von deutschen Autoren schloss sich ihnen zunächst Seitz
an, der unter Biermer zahlreiche bestätigende Beobachtungen aus |
831
der Züricher Klinik gesammelt hatte. Ein verhältnissmässig kurzer,
aber überaus klar geschriebener, im 57. Bande von Virchow’s
Archiv (1873) enthaltener Aufsatz Fraentzel’s lenkte von neuem
die Aufmerksamkeit der Fachgenossen auf dieses Gebiet und bildete
mit den Hauptantrieb, dass man von nun ab mit grösserem
Interesse als bisher sich dem Studium der sogenannten functionellen,
oder, wie man sie damals nannte, der idiopathischen Herzerkran¬
kungen zuwandte. Das Material zu seiner ursprünglichen Mit¬
theilung, die er später durch weitere Aufsätze über den gleichen
Gegenstand vervollständigte, bezog sich auf 69 Krankheitsfälle von
Soldaten, welche durch die Strapazen des Krieges von 1870/1871
Symptome von Herzerkrankung mit Erweiterung der Herzhöhlen
davongetragen hatten. Ausser diesen Veröffentlichungen über die
Ueberanstrengung des Herzens war es namentlich seine Bearbeitung
der Erkrankungen der Pleura in Ziemssen’s grossem Handbuch
der speciellen Pathologie und Therapie, durch welche sich Fraentzel
ein besonderes und allgemein anerkanntes Verdienst erwarb. Zum
ersten male erfuhren hier die neueren Fortschritte auf dem Gebiete
der Behandlung der Rippenfellkrankheiten eine zusaramenfassende,
durch eigene Erfahrung vielfach unterstützte Darstellung. Sind auch
seitdem durch Hinzutreten einer verbesserten Operationstechnik,
sowie der Ergebnisse der bacteriologischen Forschung vielfach neue
Bausteine dem Gebäude dieser Erkrankungen eingefügt worden, die
Grundprinzipien der Behandlung werden allem Anschein nach dieselben
bleiben wie bisher, und die klare Zusammenstellung ihrer Indica-
tionen und Contraindicationen sichert dem Werke Fraentzel’s die
Anerkennung für spätere Zeiten. Es wäre ein Uebriges, wollte ich
hier seine zahlreichen sonstigen Veröffentlichungen aufführen. Sie
sind Ihnen um so bekannter, als die hauptsächlichsten, wie die¬
jenige über den Galopprhythmus, die angeborene Enge des Aorten¬
systems etc., gerade in Form von Mittheilungen in dieser Gesell¬
schaft erfolgt sind. Während der letzten Lebensjahre beschäftigte
ihn die Abfassung seines Lehrbuches der Herzkrankheiten, welches
er, obwohl bereits mehrfach durch schwere Krankheitszufälle heim¬
gesucht, dennoch vollendete. Er hat darin noch einmal seine
hauptsächlichsten eigenen Beobachtungen in übersichtlicher Dar¬
stellung niedergelegt.
Was die Persönlichkeit Fraentzel’s anlangt, so war er im
Grunde eine durchaus joviale Natur, wiewohl er im Verkehr mit
Fremden sich zuweilen eine gewisse Zurückhaltung auferlegte, ge¬
legentlich auch w T ohl gern eine sarkastische Bemerkung über die
Schwächen Anderer sich gestattete. Aber, wem er einmal eine
freundschaftliche Empfindung entgegenbrachte, dem bewahrte er sie
dauernd. Neid und Bitterkeit lagen ihm fern, und er erkannte
gern die Erfolge anderer an, wenn sie berechtigt waren. Rührend
war namentlich die Anhänglichkeit und Verehrung, die er Cohn-
heim gegenüber an den Tag legte, den er nicht bloss als Ge¬
lehrten, sondern auch als Freund überaus schätzte. Ebenso weiss
jeder von uns, in wie engem freundschaftlichem Verkehr er
mit Leyden stand. Ich selbst trat zum ersten male im Jahre
1868 zu ihm in nähere Beziehungen, als ich als junger Klinicist
meine Studien auf der Traube’schen Abtheilung begann und von
ihm, dem damaligen Assistenten, meine ersten Unterweisungen er¬
hielt. In späteren Jahren genoss ich seine besondere Zuneigung,
die er mir bis an sein Lebensende bewahrte.
Die Heiterkeit seines Wesens übertrug er in der Unterhaltung
auch auf seine Umgebung, und diejenigen, die ihn näher kannten,
erinnern sich mit Vergnügen der humorvollen Darstellungen, die
er gelegentlich über Erlebnisse aus der ersten Zeit seiner militä¬
rischen und ärztlichen Laufbahn zu geben pflegte. Seine Patienten
hingen an ihm mit besonderem Vertrauen, und dies war berech¬
tigt, da, wie schon von anderer Seite neulich hervorgehoben wurde,
er in glücklichster Weise die Eigenschaften des praktischen Arztes
und Consilienten in seiner Person vereinte. Seit 1872 w r ar er mit
der ältesten Tochter Traube’s vermählt und erfreute sich eines
ungetrübten Familienglückes.
Meine Herren Collegen! Das Lebensbild, welches ich Ihnen in
kurzen Zügen von unserem verstorbenen Freunde und Collegen
vor Augen zu führen versucht habe, zeigt uns ihn als einen red¬
lichen Kämpfer und Streiter im Dienste unserer hehren Wissen¬
schaft. War es ihm auch nicht vergönnt, die höchste Staffel zu
erklimmen, so wird ihm doch Jeder gern und voll die Anerken¬
nung zollen, dass er den Besten seiner Zeit nachzueifern bestrebt
war und seine ganze Kraft einsetzte zum Wohle seiner Mit¬
menschen. Ein an Erfolgen reiches Leben liegt abgeschlossen vor
uns. Der Verein für innere Medicin aber, welcher in ihm seinen
Vorsitzenden verloren hat, wird ihm eingedenk dessen, dass er die
Interessen desselben stets zu seinen eigenen machte und sie, wo er
nur immer konnte, nach aussen mit Nachdruck vertrat, noch in
ferner Zeit ein ehrendes und dankbares Andenken bewahren!
A. Fraenkel.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
832
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
IX. Ludwig Mauthner,
geboren den 13. April 1840 zu Prag, gestorben den 20. October 1894
zu Wien.
«Rasch tritt der Tod deu Menscheu au.“
Die heutige Morgenpost (21. October 1894) bringt mir einen
Brief, der in Wien am 19. October 1894, Nachts 11—12, abge¬
stempelt worden und die beifolgende Karte enthält:
19. October 1894.
Besten Dank für Ihre freundlichen Vorahnenden
Wünsche. Meine Ernennung zum Ordinarius und Vorstand
der I. Augenklinik wurde erst heute publicirt.
Herzlichen Gruss
> Ludwig Mauthner.
Es dürften mit die letzten Zeilen Mauthner’s gewesen sein.
Freitag, den 19. October, Abends spät hat er sie .geschrieben, in
der Nacht vom 19. auf den 20. October ist er plötzlich am Herz¬
schlag gestorben.
Die Wirklichkeit ist tragischer, als alle Trauerspiele. 17 Jahre
hat der Unermüdliche um den einen Siegespreis gerungen, der ihm
seltsamer Woise als das höchste Gut vorschwebte, — um die ordent-
J 1 ® 11 ® Professur an der Wiener medicinischen Facultät; am
19. October d. J. wird seine Ernennung veröffentlicht: in der darauf¬
folgenden Nacht stirbt der 54jährigo, — wie ein Heerführer nach
siegreicher Schlacht.
13* April 1840 wurde Ludwig Mauthner zu Prag ge¬
boren. Begabung und Scharfsinn waren das Erbtheil seiner Familie
die mehrere berühmte Mitglieder aufzuweisen hat. Seine Studien
vollendete er m \\ ien, wo er 1861 promovirte und eng au den genialen
abev in jener Zeit verkannten und zurückgesetzten Ed. v Jäger
smh anschloss. Rührend war das Verhältniss von Lehrer und
Schüler. Obwohl Ed. v. Jäger ein hochbegabter Künstler war
in seinem ophthalmoskopischen Atlas vom Jahre 1869 noch heute
unübertroffen und als Staroperateur von wenigen erreicht, — im
Jahre 1871 sagte nur der bescheidene Mann in seinem eigenen
inflSsin 10 ^ 8 !? 1 ti a ’ WCIlI J S ! e gute Operationen sehen wollen,
müssen Sie Mauthner aufsuchen.“
0 » in b' n T d , Mauthner .. wie . derum wurde nicht müde, das Verdienst
init SnJrV™ Augenspiegelung, die Refractionsmossung
nit Hilfe des Augenspiegels, um die genauere Sehprüfung in das
■tndver^chi F° ht ^f 1 !Ü“ und gegenüber einseitigen Vertretern
«inciier Schulen zu vortheidigen.
Nach einem kurzen Wanderjahr, das ihn nach Berlin zu Graefe
und auch nach London führte, habilitirte sich Mauthner 1864 in
Lande Id« , d<m folg ? nden 30 Jahren die österreichischen
sultftmnsrek? i e 8fiq Sen ’ “ lt Ausnahme einer gelegentlichen Con-
A i 186 . 9 ,"' urd0 er als ordentlicher Professor der
^I, r ,n< 'n. nacL Innsbruck berufen, gab aber 1877 diese
fe ellung freiwillig wieder auf und kehrte nach dem geliebten Wien
7 u r entfalten le die n ’ , I ‘ le y.. als Pnvatdoceut eine bescheidene Thätigkeit
smkeit nml’ T ei,rf erd n ngS s ? iner ganz »«gewöhnlichen Bcredt-
•samkeit und Lehrbegabung in schreiendem Widerspruch stand
Uneikannt besuchte ich 1881 seine öffentliche Vorlesung Drei
Zuhoror waren zugegen, zwei amerikanische Aerzte, die der Sprache
Mauthn? SS,S fe^ d8r , des Ge ^« sta « d es nicht mächtig wan und
“haf hohe w l5° aU f Wa , hrhaft künstlerische, vollende™ sse „-
Welse . >« der kurzen Spanne von einor Stunde die
„nf ®n ^ jC r. re » von dem Ophthalmometer und der Messung der
opüschen Constanten des lebende» Auges, wie nach meS Reis“
crUgScMbüt t r. 2 ?^i aUf d ' r ganzen Erdoberfläche e S
die ,Stf,, pntiV Ut i- 8 °, cll , e Vorträge waren freilich zu hoch für
leLngm unH P 0° n ° ch d ? ZU durch das Joch der Zwangsvor-
ß f « nd Prüfungen gehemmt werden. Aber in der Privat.
Gesellschaft de/ a'® A . nerkea ?«"£ «« d höchste Geltung; und in deO
s—
ae'Äi“»'-
Stil zeichnen ihn aus, wiewohi e b *h 5n ‘s “ nd ^^arliger
Scharfsinn gelegentlich zur Anfc+oii 1 <Urck seiDen dialektischen
verleiten liess. Aufstellung von paradoxen Ansichten
vom S JM,r?\l6M4 k 6rL d8 0a/ hrb t UCh der Ophthalmoskopie
Literatimangabcn und bis heute nnolh* ? t hr - liche - mit g0 “ a «»
ständigste. Sein zweutes Wo,®, ^
No. 43
Fehler des Auges (Wien 1876, 878 S.), enthält eine Fülle „
schichthcdier Untersuchungen und eigener Forschungen aus der Int
brucker Zeit, in lebhaftester Darstellung des scheinbar unergiebigen
Gegenstandes. Nach Wien zurückgekehrt, begann Mauthner eine
umfassende Reihe von Monographien zu veröffentlichen, unter dem
Titel: Vorträge aus dem Gesammtgebiet der Augenheilkunde für
Studirende und Aerzte. Erschienen sind: Functionsprüfunir die
sympathischen Augenleiden, Gehirn, und Auge, Glaucom, Auwn-
muskellähmungen. 1 ) b
Die Farbenlehre, der Functionsprüfung erster Theil, ist in
zweiter, vielfach geänderter Auflage, erst vor wenigen Wochen
erschienen.
Im persönlichen Verkehr gehörte Mauthner zu den geht-
reichsten und witzigsten Menschen, die ich kennen gelernt Jedem
dem er näher getreten, wird er unvergesslich bleiben. Die Augen¬
heilkunde aber hat in ihm einen ihrer besten Vertreter verloren
Berlin, 21. October 1894. j. Hirscliberg.
X. Kleine Mitth.eilu.ngen.
,. 77 f?. eF u "i P* c im Königlichen Charitö-Krankenhause neu eröffne!.
ii lai j * r j • s " « nd Nasenkranke ist nunmehr in ihren Einrichtungen
vollendet und in vollem Betriebe. Aerzte, welche Kranke dieser Klinik
zuweisen wollen, thun gut, auf dem betreffenden Schein zu bemerken:
„bur die Klmik für Hals- und Nasenkranke“. Die Klinik hat Veran¬
lassung gegeben, dass der Dirigent derselben, Prof. B. Fränkei. seine
voiiesungen verändert hat. Derselbe hält j'etzt dreimal wöchentlich,
und zwar von 9—10 Klinik und Poliklinik dor Krankheiten der oberen
Kespirationsorgane ab, bei welchen die Untersuchungsmethoden etc. ab
bekannt vorausgesetzt und nicht mehr gelehrt werden. Ausserdem finden
m der Poliklinik, Luisenstrasse 59, die praktischen Uebungen für 1
fortgeschrittenere Vormittags von 10—12 statt und werden zu ver¬
abredeten Stunden Curse in den Untersuchungsmethoden sowohl in der
(jhante wie in der Poliklinik gegeben.
“.An den städtischen allgemeinen Krankenhäusern sind
als dirigirende Aerzte der inneren Abtheilungen Prof. Stadelmann
(bisher in Dorpat), Priv.-Doc. Dr. Goldscheider und Priv.-Doc.
Ui\ JVrönig— als Oberärzte der chirurgischen Abtheilungen Dr.A. Neu -
mann, Dr. Hermes und Dr. Brentano erwählt worden.
tt •i~7,.?A 0ri V “^ u £ ust fand die Grundsteinlegung der Berner
Heilstätte für Tuberkulöse in Schwandi bei Thun statt. Dieselbe
ist zur Aufnahme von 40—50 Kranken bestimmt.
. — Dorpat. Bei der zu Beginn des II. Semesters 1894 stattgehabten
m n ^ ricu J a ^ 10ri an der Universität Jurjew (Dorpat) sind, wie die
»■N“ Dörpt. Ztg.‘ berichtet, im ganzen 57 Personen in die Zahl derStudi-
renden neu aufgenommen worden, und zwar wurden für die theologische
facultät 22, für die medicinische 19, für die juristische und die physiko-
mathematische je 8 Studirende inscribirt. Im ganzen betrug die Zahl der
Studirenden (abgesehen von den bekanntlich nicht mehr den Studirenden
beigezählten Pharmaceuton) an diesem Tage 1204, von denen 719 zur
medicinischen Facultät gehören. Die Zahl der Studirenden weist somit
eine erhebliche Abnahme auf, und namentlich fällt der geringe Zudrang
zum Studium dor Medicin auf.
“ St* Petersburg. Einen interessanten Beitrag zu der Frage,
wie Professoren der Medicin in Russland behandelt werden,
entnehmen wir der Petersburger med. Wochenschrift 1894, No. 39. ln
verschiedenen Petersburger Zeitungen war die Nachricht erschienen, dass
yProfessor der Chirurgie W. Pawlow nach Ablauf einer 25 jährigen
Rehrthätigkeit die militär-medicinische Akademie verliesse. Daraufhin
bittet Pawlow die Redaction dos „Wratsch“ um Aufnahme der Erklärung,
dass er bis zum 10. September von seiner Entlassung nur durch die
Zeitungsberichte etwas erfahren habe; die Richtigkeit der letzteren sei
,dadurch bestätigt worden, dass er bei seinem Erscheinen in der
Akademie seinen Namen aus dem Verzeichniss der Vorlesungen gestrichen
gefunden habe!
. Professoren Lubarsch (Rostock) und Ostertag (Berlin]
richten als Herausgeber der im Erscheinen begriffenen „Ergebnisse
j r £ eme i nen Pathologie und pathologischen Anatomie
dos Menschen und der Thiere“ an die Verfasser von Arbeiten nb -
gemein pathologischen, bacteriologischen und pathologisch-anatomischen
Inhalts die Bitte, das Unternehmen durch Uebersendung von Sonder¬
drucken ihrer Arbeiten zu unterstützen. Arbeiten thierpathologischen In¬
halts bittet man an Herrn Professor Dr. Ostertag in Berlin NW., thier-
ärztliche Hochschule, alle anderen an Herrn Professor Dr. Lubarsch m
Rostock i. M., pathologisches Institut, zu senden.
* 011 Meyer’s Conversations-Lexicon hat der VI. Band die
Presse verlassen. W ie die früheren Bände erweist sich auch der soeben
erschienene als ein Muster encyklopädiseher Darstellung und übertrifft an
Vorzüglichkeit der Ausstattung alle ähnlichen Unternehmungen. ^ 0D
fachmännischem Wissen getragene Abhandlungen aus dem Gebiete der
Hygiene und der öffentlichen Wohlfahrtspflege zeichnen auch diesen Band
a V s ’ un £ die Art wie hier medicinische Fragen popularisirt werden,
nicht über ein gewisses Maass hinaus, mit dem wir uns noch einverstanden
erklären können.
*) Letzteren Gegenstand hat Mautliner erst ganz kürzlich für die
dntte Auflage der „Real-Encyklopädic der gesammten Heilkunde“ nc’ 1
bearbeitet. D. Red.
Gedruckt bei Julius Sittcnfeld in Berlin W.
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Gck gle
Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag _ 44* 1. November 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Br. A. Eulenburg und Br. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebargstr. 31.
I. Aus der Universitäts-Augenklinik in Göttingen.
Ueber das binoeulare Sehen Schielender vor
und nach der Operation. 1 )
Von Prof. Dr. H. Schmidt-Rimpler.
Die Anschauungen über den Grund des Fehlens der Diplopie
bei eoncomitirend Schielenden gehen noch auseinander: Donders
nahm eine Unterdrückung des Bildes des abgelenkten Auges an,
andere denken ah eine in abnormer Form neu sich entwickelnde
Identität der Netzhäute, so zwar, dass der Macula lutea des
fixirenden Auges nicht die des abgelenkten, sondern eine dem Schiei¬
grade entsprechende, seitlich davon gelegene Netzhautpartie corre-
spondire. Gegen letzteres lassen sich zahlreiche Einwendungen
machen, besonders spricht dagegen, dass viele Schielende, welche
nie Doppelbilder empfanden und auch bei den ersten daraufhin an-
gestellten Versuchen mit Vorhalten eines farbigen Glases oder
eines Prismas vor ein Auge nicht zur Wahrnehmung derselben
kamen, doch sehr bald bei abwechselnder Verdeckung eines Auges
und schnellem Freigeben desselben das zweite Bild auftaucheu
sehen und seine Stellung im Raume der Ablenkung entsprechend
richtig pröjieiren. Dass diese Projection nicht immer ganz so
exact ausfällt, wie wir sie bei normal und binocular Sehenden finden,
ist nicht erstaunlich, da für die Projection neben der Identität,
beider Netzhäute auch die Empfindung der erforderlichen Muskel-
eontraction, die bei Schielenden alterirt ist, eine maassgebende
Rolle spielt. Weiter lässt es sich mit der Bildung einer neuen
Netzhautidentität schlecht vereinigen, dass in den so häufigen
Fällen, in denen wir ein starkes Wechseln des Schieigrades be¬
obachten oder bei periodischem Schielen das Individuum doch nie
doppelt sieht. Wie sollte ferner bei alternirendem Schielen das
fixirende Auge richtig pröjieiren können, wenn seine Macula zur
Zeit der Ablenkung dieses selben Auges nicht mit der Macula
des anderen Auges, sondern mit einer ganz anderen Stelle pro-
jectionsidentisch wäre? Hier hilft auch nicht der Ausweg, den
man zur Erklärung binocularer Fixation bei wechselndem Schiei¬
grade versucht hat, dass nämlich dem centralen Fixirpunkt der
einen Netzhaut nicht ein Punkt, sondern ein grösserer Bereich der
anderen entsprechen müsse.
Weiter spricht folgender Versuch deutlich dagegen, dass,
wenigstens soweit die Mehrzahl der Schielenden in Betracht kommt,
ein binoeulares Sehen durch eine neugebildete Netzhautidentität
zustande käme. Lässt man von dem Schielenden mit dem ein¬
gestellten Auge ein Lieht fixiren und führt dann von der ent¬
sprechenden Seite her einen Gegenstand, z. B. den Finger, so weit
vor, bis er das Licht deckt, so verschwindet das Licht, und nur
der Finger wird gesehen. Da aber auf der Netzhaut des abge¬
lenkten Auges dauernd das Bild der Lichtflamme entworfen wird,
und zwar auf eine dem Fingerbilde nach der obigen Theorie
identischen Stelle, so müssten jetzt Licht und Finger gesehen
werden, beziehentlich ein Wettstreit der Bilder entstehen. Dies
geschieht aber nicht. Hingegen sagte mir ein seit Kindheit diver¬
gent Schielender, der von selbst dieses Experiment an sich ge¬
macht hatte, dass wenn der Finger das Licht decke, ein anderes
Licht ihm erschiene, an einer (seinem Schieigrade entsprechenden)
*) Nach einem auf dem internationalen medicinischen Congress in
Rom gehaltenen Vortrage.
anderen Stelle im Raum. Ganz charakteristisch war es übrigens,
dass derselbe Patient, der in dieser Weise das zweiäugige Sehen
an sieh beobachtet, selbst beim Vorhalten eines farbigen Glases
vor ein Auge anfänglich nicht zur Perception des Doppelbildes
einer Kerzenflamme gelangen konnte.
Alles weist darauf hin, dass für gewöhnlich den Schielenden
nur das Bild zum Bewusstsein kommt, auf welches sich die Auf¬
merksamkeit richtet: natürlich hat das maeulare Bild hier das
Uebergewicht. Diese Auffassung scheint mir etwas correcter die
Sachlage auszudrücken, als wenn man mit Donders von einer
Unterdrückung des anderen Bildes spricht: letztere ist nur die
Folge der gespannten Aufmerksamkeit, sie ist seeundär. Auch
physiologisch können wir beim Mikroskopiren und Ophthalmo-
skopiren durch eine dem Objecte zugewandte intensive Aufmerk¬
samkeit von den Bildern des anderen offengehaltenen Auges ganz
oder theilweige abstrabiren, sie eben nicht sehen. Kommt aber
irgend etwas hinzu, wodurch die Aufmerksamkeit auf die Bilder
des anderen Auges gelenkt wird, so sehen wir auch mit
diesem Auge. Dies erklärt die von Schweigger ganz
richtig beobachtete Thatsaehe, dass das schielende Auge, wenn
auch keine Doppelbilder vorhanden seien, doch sehe: er erwies
dies durch Hineinwerfen von Licht mittels des Augenspiegels in
dasselbe. Aber ich kann nicht zugeben, dass dies — wie er will
— ein Einwand gegen die Donders’sehe Unterdrückungstheorie
sei, wenn man sie in dem Sinne auffasst, dass man das Haupt¬
gewicht eben auf die gespannte, alles Nebensächliche und Störende
dem Bewusstsein fernhaltende Aufmerksamkeit auf das fixirte
Object legt. Diese erklärt das Ausfallen der Perception gewisser
Netzhautbilder eines Auges, ohne dass damit zugleich alle Netz¬
hautbilder desselben der psychischen Verwerthung zu entgehen
brauchten: ich finde, dass diese „regionäre Exclusion“, um ein von
A. Gräfe für bestimmte Fälle angewandtes Wort zu gebrauchen, auch in
physiologischem Zustande vorkommt, im Gegensatz zu Schweigger’s
Anschauung, nach welcher der physiologische Vorgang einer Unter¬
drückung der Netzhautbilder sich immer auf die ganze Netzhaut
beziehe. Wenn ich beispielsweise mit einem Auge ophthalmoskopire
und das andere offen halte, so kommen die Bilder des letzteren für
gewöhnlich nicht zu meiner Perception, nähert sich aber jemand
von der Seite des offenen Auges oder fällt starkes Licht in das¬
selbe, so bemerke ich dies sofort, ohne dass mir das maeulare Bild
dieses Auges wahrnehmbar wird und mit dem des ophthalmosko¬
pischen in Wettstreit kommt. Dass gerade das Störende nicht zum
Bewusstsein gebracht wird, während anderes die Empfindung
hervorruft, erweist auch die bei Schielenden oft zu beobachtende Er¬
scheinung, dass, trotzdem durch Vorlegen eines rothen Glases vor
das abweichende Auge kein Doppelbild der Liehtflamme zur Per¬
ception kommt, dennoch die mit dem fixirenden, unbedeckten Auge
gesehene Lichtflamme jetzt einen deutlichen rothen Schein erhält:
der sinnliche Eindruck der Farbe gelangt zur Wahrnehmung, da
er das fixirte Bild nicht stört. Dass die erregte Aufmerksamkeit
auch bei den peripheren Wahrnehmungen des schielenden Auge6
die Hauptrolle spielt, tritt ganz analog dem physiologischen Verhalten
häufig genug zu Tage: wir können sie oft erst durch Bewegung
oder ungewöhnliche. Helligkeit der betreffenden Objecte her vorrufen.
Ich habe für stereoskopische Uebungen — ähnlich den Javal-
schen — ein Vorlegeblatt von Pappe anfertigen lassen, bei dem
in Rinnen seitlich verschieblich je zwei farbige Oblaten sind: m
!) Verfertigt von Mahrt & Hörning in Güttingen.
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834
den mittleren horizontalen beiderseits rothe, die zur Deckung
gebracht werden sollen, und darüber grün auf der einen Seite, blau
darunter auf der anderen Seite. 1 ) Es giebt bekanntlich viele Fälle,
wo der- Schielende nur die eine Seite, beispielsweise roth und grün’
sieht; bewegt man aber die Oblaten der anderen Seite, so kommen
recht oft auch diese zur Wahrnehmung und werden selbst an der
Stelle noch wahrgenommen, wo sie früher, als sie still standen,
nicht gesehen wurden. Man hat hiermit ein gutes Mittel, das
binoculareSehen anzuregen, selbst in Fällen, in denen es sonst in
keiner anderen Weise gelingt. Natürlich muss man acht haben,
dass der Untersuchte nicht, etwa durch abwechselnde Einstellung
bald dos einen, bald des anderen Auges nacheinander beide Seiten
sieht und uns fälschlich ein binoculares Sehen angiebt.
. Dieselbe Vorlage dient auch dazu, bei geeigneten Patienten
die nasale Hemiopie des schielenden Auges nachzuweisen, indem
die temporalwärts gesehenen Oblaten beim weiteren Vorschieben
nach der Mittellinie zu verschwinden. Aber dass es sich auch
hier nicht um einen reellen Defect handelt, kann man leicht be¬
weisen, wenn man an dieselbe- Stelle ein brennendes Zündhölzchen
bringt: dieses wird in der Regel noch gesehen, wenn dieOblaten bereits
verschwunden sind. Der nasale Gesichtsfelddefect, den wir öfters
bei einseitig Schielenden auf dem schielenden Auge antreffen, lässt
sich ebenfalls durch die Aufmerksamkeit, welche dem fixirenden
Auge vorzugsweise zugewandt ist, erklären, da die auf dem
schielenden Auge scheinbar fehlende Gesichtsfeldpartie gerade die-
ff ' st ' welche noch in das Bereich des eingestellten Auges
rallt. Dafür spricht ferner, dass bei der perimetrischen Prüfung
des schielenden Auges allein kein Gesichtsfelddefect vorhanden
ist oder wenigstens bei öfteren Prüfungen bald schwindet.
Wenn wir den bei den meisten Menschen bemerkbaren Wider¬
willen gegen Doppelbilder in Betracht ziehen, der selbst starke
M> n ^rd B n dUr ° h - “! Stli ä eil, g eIeit etes Schielen überwinden lässt,
so werden wir m dem Hervorrufen von Doppelbildern bei Schielen-
m^LeT an H r' UIlg , e J heblich unterstützendes Moment suchen
“ * & . s . en - Allerdings wird meist erst durch eine Schieioperation ein
dZ^ S ml !f, kuIäres Gleichgewicht zu schaffen sein. Da s
wirkt^rird m h n k T“ e T Gleichgewicht durch die Operation be-
tatrll «Ins lc V n . der R. e!? el für ausgeschlossen, da wir nicht
„ Lf ^ e s 'nd mit einer absoluten Genauigkeit den Operations-
fef. ^rher zu bestimmen. Dazu kommt die bekannte ErfXung
t l e \ ten0t<>m,r ^ rM ' ISkel im Lau fe<ler Jahre sehr verschiedenartigen
Ou JiX a ?Z D “ SeiDer Kraft gesetzt ist. Fast jeder ScWe“
besteht* der*’ "T" T* 1“, binocuIarer Fixation exLte Stellung
2 doth . unter , der deckenden Hand kleine Abweichungen*
sind die Fälle em6r ^ £ a ? h der °P era t>on. Nicht seften
längere 7 «fi P Convergentschielende nach der Operation noch
längere Zeit Convergenz hatten, dann zu exacter Stellung kamen
? ih Jahre la "g anhält, um schliesslich dann noch in Divergenz
lleX in dirv D ‘1 bBSt l Sicherung dauernder RicStfgste fung
oftbe SehTlnn -°r r6 a Elnfacbseh «"- Dasselbe findet fleh abe?
ÄS KSTÄff*" <"
Nach der Operation beobachten wir in der Reirel GAihof
ganz typ scher G a "?dorAusbüdung des binocularen Sehens ein
werdend B auf IL hJi S* 11 binoculares Doppeltsehen, es
sehen, dishlilXX S?" Vorlegeblatt vier Oblaten ge-
ander; 2) binoculares Finfaehsoh 1 * 6 ! 1 i! eS Vorlegeblattes neben ein-
Deckung gebracht und nc t T dl °, r ? bben Oblaten werden zur
3) stereoskopisches KölerLu u 6 “ dr ®' 0blaten untereinander;
scheu Fallversuche S eT “ ; 4) Eestehen des Herin g :
scheinbar gleichartige VorlXn "«“die W6 ^ h .’ wie ® ft
ähnlich der Oblatentefel nur »fa V v d e , Bu rckhardt’schen, die
kein Reliofsehcu eHordern Figuren,
Deckung gebracht werden’ können h Noch* gl ® lcher Weise zur
dies bei den eigentlichen sstAmnoir ’• auffallender zeigt sich
lichsehen hervorrufen sollen- man^musß 11 ^ llde^n, f 1 ? ein Körper-
lagen (Pbotographieen von Statuen f „ h if r v ? n 1 1 . eichteren Vor¬
an schwierigeren übergehen Zu beacht f ? rblgen Vorlagen)
Spruch der liebenden, C sähen fflS^2,.* ber 18 \ daSS d «'Aus-
sondern wirklich körperhaft nicht im™ a & en nic ht als Bilder,
bchsehen beweist. XutedemtÄ ^«culares Körper-
Convexgläsern beobachtete Bilder in le^riswr' w - ers . ohel , ne “ “1*
da das Körperlichsehen ei» psychischfrToZng ^ bd d^d!^
No.B
roJXutrtitn a kan U n g ’ VergrÖ68erun S ete ‘ *äe Täuschung h ff .
.Man thut gut, stereoskopische Vorlagen zu wählen bei d«n.«
an irgend einer Stelle kleine EntfernungsunterschiedezÄtal
einzelnen Objecten bestehen, die nur beim wirklich An i
DaR^Fft 10111 !^ 1 der Bildbetrachtiing, wahrgenommen werdenkönnen"
Das Körperlichsehen geometrischer Figuren (z.B. entsprechend 2 '
zeichneter Kreise als Kugeln) zeigt die höchste Ausbildung de
binocularen Sehens nach dieser Richtung hin. Am schwierig
ist das Bestehen des Hering’schen Fallversuches, bei dem anzu-
geben ist, ob eme Perle vor oder hinter einer zweiten binoeullir
fixirten und festhängenden herabfällt. r
Ich habe mit Gesunden und Schielenden vielfältig derartige
Versuche angestellt und anstellen lassen»). Neuerdings wurdet
Anoidnung des Fallversuches so gemacht, wie G re eff sie be-
schrieben hat. Es fand sich dabei, dass ein Theil des poliklinischen
Publikums trotz vollkommen binocularen Sehens aus psychischer
Ferner"! * dahln , zu bri “f>“ »st, richtige Angaben In machen.
8 o1! B ,w a in S o/ Ch ’ da u? sellb , st »teUigente Personen Fehler bis
s Io, selbst 10 /o machten; beachtenswerte ist, dass besonders
dm vorn herabfallenden Perlen gern irrthümlicher Weise als hinter
. Fl xationsobjecte herabfallend angegeben werden. Unter Be¬
rücksichtigung dieser Verhältnisse kann man in einer Reihe von
Fällen sicher nachweisen, dass nach der Schieioperation sich das
Körperlichsehen bis zu der Höhe entwickelt, dass der Hering’sche
Fallversuch innerhalb der physiologischen Grenzen bestanden wird.
Ich führe nur als Beispiel einen Fall (18jährigen Gymnasiasten)
o? s ? bemerkenswerter ist, weil auf einem Äuge nur ein
Drittel Sehschärfe bestand. Die Operation hatte wegen Strabismus
convergens im sechsten Lebensjahre stattgefunden. Für gewöhnlich
Richtigstellung; beim Bedecken eines Auges trat eine geringe Con¬
vergenz em. Der Hering’sche Fallversuch wurde unter 40 mal
nur einmal verfehlt; geometrische Bilder wurden im Stereoskop
rperlich gesehen. In der Regel jedoch wird nach der Operation
f a r versi ? c h se ibst bei bereits vorhandenem stereoskopischen
Keliefsehen nicht bestanden. In einzelnen Fällen kann man aber
eobachten, wie allmählich die Zahl der falschen Angaben bei
dem Versuche sich vermindert. Es spricht dies für ein Wachsen
des binocularen Sehactes. Will man dauernde Erfolge nach
chieloperationen erreichen, so ist grosses Gewicht auf diese
Vorgänge zu legenwenn jede leichte Abweichung des Auges von
der correcten Fixation, wie bei dem Normalsehenden auch bei dem
ochieloperirten Doppelbilder hervorruft, so wird der Widerwille
gegen letztere sofort durch einen vermehrten Nervenimpuls auf den
erschlaffenden Muskel die richtige und correcte Stellung — wenn
i .]^ ne zu & rosse Ungleichheit der Muskelkraft besteht —
herbeiführen. Allerdings muss erwähnt werden, dass dieser Wider¬
wille gegen Doppelbilder, der zu ihrer Vereinigung durch erhöhten
Nervenimpuls führt, nicht bei allen Individuen gleich ist, oder dass
e en dieser Nervenimpuls, trotzdem er eine verhältnissmässig ge-
rmge bpännungsvermehrung zu leisten hätte, von einzelnen nicht
au geboten werden kann. Auch kommt hier der stärkere oder ge-
ringere „Wille zur binoculären Fixation“, wie ich früher*) ausge-
ttinrt, mit in Betracht. Man beobachtet nach dieser Richtung hin
gelegentlich recht interessante Fälle; besonders trifft dies für die
bchielform zu, welche sich bei Kurzsichtigen öfter nach dem zehnten
bis zwölften Lebensjahre und später entwickelt,
i. "Jähriges Mädchen klagt über Doppeitsehen seit zehn Tagen:
DIS /» m Entfernung vom Auge sieht sie gekreuzte Doppelbilder, dann
ommt em Punkt des Einfachsehens, und weiter hinaus in die Ferne
treten gleichnamige Doppelbilder auf. Wir haben demnach für die Nähe
btrabismus divergens, für die Ferne Convergenz. Trotzdem also etwas
näher oder weiter von dem Punkte, wo sie einfach sieht, die Doppelbilder
oen dient aneinander stehen, so ist sie nicht imstande* sie zu vereinen:
sie vermag ihre für die Nähe zu wenig gespannten M. recti intemi nicht
s er zu spannen und für die Ferne nicht ihre zu schwach wirkenden
ec 1 ® x *' er ? 1, Fs handelt sich hier um krankhafte, nervöse Allgemein¬
zustande. In der That verschwand nach einer sechswöchentlichen rebo-
rmmden Cur (verknüpft mit Anwendung der Elektricität) das Schiele»
zutrete ^ SG k en ’ Um nac ^ elnem halben Jahre periodisch wieder auf-
Aehnlich ein anderer Fall:
®i Q lTjähnges hysterisches Mädchen hat Strabismus convergens oculi
dextn concomitans seit ihrer Kindheit; derselbe hat im letzten Jahre
a^ 611 ! 0111111611 ' i st i e f z f von sehr wechselndem Grade, im Maximum
r-ooift ^ 0n iA ^ 1S . ® mm - Dabei besteht Äccommodationskrampf, der
, s Ä L°P ie 5,0, links Myopie 2,0 bewirkt, während nach Atropin*
rau felung rechts Hyperopie 0,5, links Hyperopie 1,0 vorhanden ist.
rotnem Glase werden gleichnamige Doppelbilder von Licht im Dunkel¬
zimmer gesehen; im Stereoskop mit meiner Vorlegetafel binoculares
doppeitsehen. Durch Strabotomie des Internus wurde fast correcte
„ 1 Fickert, Untersuchungen mittels des Hering’schen Fall¬
versuches. Göttingen 1893.
2 ) Deutsche med. Wochenschr. 1888, No. 43,
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1: November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
835
Stellung (etwa 1 mm Convergenz) und binoculares Einfachsehen mit meinem
Vorlegeblatt erzielt. Stereoskopische Bilder wurden nicht plastisch ge¬
sehen. Gleichzeitig hatte sich der Accommodationskrampf gehoben. Aber
bereits einen Monat später war letzterer wieder eingetreten, ebenso
grössere Convergenz, die besonders bei der Fixation sich erheblich steigerte.
Bei der Auswärtswendung traten zuckende Bewegungen des Bulbus ein.
Durch eine entsprechende klinische Behandlung (Anwendung constanter
Ströme), welche zwei Monate später erfolgte, verlor sich wieder der
Strabismus vollkommen, wenngleich durch Vorlegen eines Prismas mit
der Basis nach unten gleichnamige, übereinanderstehende Doppelbilder ge¬
sehen wurden. Ein Prisma von 4 °, Basis nach aussen, glich diese latente
Convergenz aus. Einige Wochen darauf war wieder für die Nähe geringe
Convergenz mit Doppelbildern aufgetreten; der Accommodationskrampf
hatte sich aber nicht eingestellt.
Auch folgende Beobachtung gehört hierher:
Ein 18jähriger junger Mann hat beiderseits sehr wechselnden Accom¬
modationskrampf, der bis zu Myopie 18,0 steigt; die wirkliche Refraction
ist beiderseits Hyperopie 1,0. Es sei erwähnt, dass dieser Krampf
ebenso wie in dem vorher erwähnten Falle auch bei der objectiven ophthal¬
moskopischen Refractionsbestimmung fortbestand, wenngleich nicht immer
in demselben Grade. Dabei hatte Patient Strabismus convergens concomi-
tans des linken Auges mit Doppelbildern. Für die Ferne betrug das
Schielen circa 2—3 mm. 23. Juli 1892: links Strabotomie. 29. Juli:
richtige Stellung, spontan keine Doppelbilder. Mit Prisma Basis nach
unten für die Ferne übereinanderstehende gleichnamige Doppelbilder gleich
Prisma 6°, für die Nähe Prisma 3°. Er sieht stereoskopisch plastisch.
I. August. Das stereoskopische Sehen ist nur noch zeitweise möglich.
3. August. Gelegentlich Doppelbilder; unter der deckenden Hand Con¬
vergenz. 6. September. Correcte Stellung bei binocularem Sehen, unter
der deckenden Hand Convergenz. 27. Februar 1893. Wiederum Strabis¬
mus convergens des linken Auges mit Doppelbildern, deren Abstand auf
25 cm Entfernung durch Prisma 11°, auf 6 m -durch Prisma 22° ausge¬
glichen wird. 14. Juli 1893. Dauernd gleichnamige Doppelbilder; für die
Nähe Prisma 17°, für die Ferne 24°. Die Doppelbilder für die Nähe können
erst unter einem Prisma 15°, Basis nach aussen, zur Vereinigung gebracht
werden. Der Patient ist demnach nur imstande, im Interesse des Ein¬
fachsehens seinem Rectus externus eine Hyperinnervation von 2° zu geben,
während normalerweise noch Prisma 18°—22° überwunden wird. Nebenbei
hatte der Patient hysterische Amblyopie, eoncentrische Gesichtsfeld¬
einengung und Ermüdungserscheinungen bei der Gesichtsfeldprüfung.
Diese übrigens seltenen Fälle beweisen, wie gelegentlich durch
eine nervöse Schwäche oder krampfartige Zustände die Fähigkeit,
Doppelbilder selbst bei geringem Abstande im Interesse des Ein¬
fachsehens zur Vereinigung zu bringen, ganz oder fast ganz ver¬
loren geht. Hier werden wir uns von stereoskopischen Uebungen
zur Ausgleichung kleinerer musculärer Kraftunterschiede natürlich
wenig versprechen können. Unter gewöhnlichen Verhältnissen
jedoch, ja sogar bei höherer Schwachsichtigkeit eines Auges, bringt
die Anregung binocularen Sehactes unter sonst normalen Verhält¬
nissen meist Nutzen. Ist hier auch die Anwendung stereoskopischer
Bilder nicht möglich, da das schwachsichtige Auge die ihm gegen¬
überliegende Seite der Vorlage nicht erkennt, so kann doch für
grössere Gegenstände oder für die Lichtflamme eine Mitbetheili¬
gung dieses Auges beim Sehen festgestellt und entsprechend zur
Correction der Augenstellung verwerthet werden. Nach alledem
erscheint es mir für den dauernden Erfolg der Schieioperation von
grösster Bedeutung, wenn einmal vor Ausführung derselben durch
Uebung des schielenden Auges bei Verschluss des anderen wenig¬
stens zeitweise die Aufmerksamkeit auf die von ihm aufgenommenen
Bilder gelenkt wird, um ein späteres binoculares Sehen zu er¬
leichtern, und vor allem, wenn nach der Schieioperation, wo durch
die Stellungsverbesserung das Bild des fixirten Gegenstandes ganz
auf die Macula lutea oder w-enigstens in die Nähe derselben fällt,
das nun erleichterte binoculare Sehen durch Uebung immer mehr
zum körperlichen Sehen ausgebildet wird.
II. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Greifswald.
Ueber einen Fall von Schwefelsäure-
Vergiftung. 1 )
Von Dr. Ackermann, Assistenzarzt der Klinik.
Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen kurz über einen Fall von
Schwefelsäurevergiftung, der Anfang September dieses Jahres
mehrere Tage in unserer Klinik beobachtet wurde, berichte. Der
vorliegende Fall hat insofern unser Interesse in Anspruch ge¬
nommen, als die Säurewirkung nicht in acuter, foudroyanter Weise
auftrat, sondern ganz allmählich einsetzte und die Patientin erst
nach ungefähr zwölf Wochen zum Exitus kam.
Es handelt sich um eine 60 Jahre alte Frau; dieselbe ist anscheinend
hereditär nicht belastet und bisher immer gesund gewesen. Sie war ver-
heirathet und hatte fünf normale Geburten tiberstanden. Ihr jetziges
Leiden zog sich Patientin vor ungefähr elf Wochen zu. Sie nahm abends
in der Dunkelheit einen Schluck aus einer Schwefelsäure enthaltenden
*) Vortrag mit Demonstration von Präparaten im Greifswalder medi¬
cinischen Verein am 11. November 1893.
Flasche, sofort stellten sich Schmerzen im Munde. Rachen, Speiseröhre
und Magen ein, denen sich alsbald Erbrechen hinzu gesellte. Aerztlicher-
seits wurden sogleich die nöthigen Gegenmittel angeordnet. Drei Wochen
nach diesem Unfall begab sich Patientin in Behandlung von Herrn Dr. Dos.
dem wir folgende anamnestische Angaben verdanken. Ihre Hauptbe¬
schwerden bestanden in hartnäckigem Erbrechen, das sich nach jeder
Nahrungsaufnahme einstellte. In der Pylorusgegend bestand auf Druck
Schmerzhaftigkeit, ein Tumor liess sich daselbst erst einige Wochen
später fühlen. Infolge der eingeleiteten Therapie besserte sich das Be¬
finden der Patientin bis ungefähr Mitte August; von dieser Zeit trat das
Erbrechen wieder häufiger auf, der Krüfteverfall nahm wieder zu, es
traten noch Durchfälle hinzu, während Patientin bisher stets Neigung zur
Stuhlverhaltung hatte. Der behandelnde Arzt hatte anfangs, da die Frau
ihm nichts von der Schwefelsäurevergiftung gesagt hatte, die Diagnose
auf Carcinoma pylori gestellt, wozu er gewiss durch den vorliegenden
Symptomencomplex alle Berechtigung hatte, erst kurz vor ihrer Aufnahme
klärte sie ihn über den wahren Sachverhalt auf. Am 31. August fand
ihre Aufnahme statt.
Status praesens: Bei der Untersuchung der etwa mittelgrossen
Patientin fällt vor allem der extreme Grad von Abmagerung auf. Der
Panniculus adiposus ist fast gänzlich geschwunden. Die Augenhöhlen
sind tief eingesunken, dio Jochbeine springen stark vor, die Fossae supra-
und infraclaviculares bilden beiderseits tiefe Gruben. Die Haut ist von
schmutzig-gelber Farbe, sie lässt sich in grossen Falten emporheben, ist
äusserst schlaff, welk und trocken, beim leichten Hinüborstreichen Uber
dieselbe lassen sich kleine weissliehe Schüppchen abstreichen. An den
Längsseiten der Arme und in der Leistengegend finden sich zahlreiche
kleine, stocknadelkopfgrosso Petechien. Die Muskulatur zeigt ebenfalls
äusserst starke Atrophie. Das Gesicht der Patientin macht einen leicht
cyanotischcn Eindruck, die Wangen und sichtbaren Schleimhäute zeigen
eine etwas dunkelrothe Verfärbung. Die wenigen Zähne der Patientin
sind sehr cariös; die Zunge ist stark geschwollen und lebhaft geröthet,
sie macht den Eindruck eines Stückes rohen Fleisches. Die Rachen¬
organe, Uvula, Tonsillen und Gaumenbögen sind leicht geschwollen und
geröthet, man sieht daselbst zahlreiche neugebildete Gefässchen. Die
Stimme hat einen etwas bleiernen Charakter. Patientin vermag gut und
ohne Schmerzen zu schlucken, sowohl feste wie flüssige Nahrung, das Ge¬
nossene wird selten sofort ausgebrochen, meist pflegt es erst einige Stunden
nachher herausgebracht zu werden. Das Abdomen ist massig vorgewölbt,
unter den dünnen schlaffen Bauchdecken sieht man deutlich die lebhafte
Darmperistaltik. Bei der Palpation des Abdomens fühlt man unterhalb
des linken Rippenbogens eine kugelige, kindeskopfgrosse, auf Druck
schmerzhafte Rosistenz, die als der erweiterte Magen angesehen wird;
handbroit unter dem Processus xiphoideus fühlt man eine kleinapfelgrosse
Resistenz. Leber- und Milzdämpfung bewegen sich in normalen Grenzen.
Patientin hat mehrmals täglich dünnen Stuhl von hellgelber Farbe. Bei
der Percussion der Lungen erhält man überall normalen Schall, die Aus-
cultation ergiebt über den Unterlappen, besonders über dem rechten. Gurren
und Schwirren. Herzdämpfung ist nicht vergrössert, dio Töne sind rein,
etwas schwach, der Puls schwankt zwischen 80—100 pro Minute, ist regel¬
mässig, von fadenförmiger Beschaffenheit. Im Urin lässt sich kein Ei-
weiss nachweisen. Reaction schwach sauer. Die Monge ist äusserst
spärlich. Die Temperatur bewegt sich innerhalb normaler Grenzen.
Wegen des hartnäckigen Erbrechens wurde die Ernährung per anum ver¬
sucht, Patientin erhielt vor jedem Nährklystier, dem noch einige Tropfen
Opiumtinctur hinzugefügt wurden, einen Tannineinlauf, indess wurden die¬
selben nur auf kurze Zeit zurückbehalten; der Durchfall nahm leider an
Häufigkeit noch zu. Am 4. September erfolgte in der Frühe, nachdem
der Kräfteverfall stetig zugenommen, der Exitus letalis; derselbe war als
Folge der hochgradigen Inanition anzusehen.
Dass das vorliegende Krankheitsbild als eine Folge der ge¬
nossenen Schwefelsäure anzusehen war, war uns fraglos, ebenso
wenig Schwierigkeit bot wohl die weitere Frage, wo der Sitz
der Aetzwirkung zu suchen sei. Als solcher konnte wohl
bloss der Pylorus angesehen werden, darauf wiesen die ganzen
Krankheitserscheinungen ja mit grösster Deutlichkeit hin. Zunächst
konnten wir # den Magen deutlich erweitert unter dem linken Rippen¬
bogen fühlen, Patientin vermochte ferner gut feste wie flüssige
Nahrung zu schlucken, das Erbrechen pflegte meist in grossen,
copiösen Massen zu erfolgen. Der unterhalb des Processus xiphoides
fühlbare Tumor wurde als hypertrophirter Pylorus angesehen.
Unsere klinische Diagnose lautete daher: narbige Strictur der
Pylorusgegend durch Aetzwirkung und compensatorische Hyper¬
trophie; Tod infolge hochgradiger Inanition.
Wäre Patientin früher zur Aufnahme gekommen in einem Zu¬
stand, in welchem die Körperkräfte noch nicht so völlig erschöpft
gewesen wären, so wäre ein operätiver Eingriff, wie solcher ja in
letzter Zeit häufig mit Erfolg ausgeführt worden ist, gewiss am
Platze gewesen, so aber, da Patientin sich im äussersten Grade der
Kachexie befand, wurde im Einverständniss mit Herrn Professor
Heidenhain, der die Patientin ebenfalls untersucht hatte, hier¬
von Abstand genommen, ausserdem verschlechterten die dauernd
bestehenden Durchfälle die Prognose einer Operation noch wesentlich.
Der Sectionsbefund bestätigte unsere Diagnose vollauf, ich
entnehme dem Sectionsprotokolle nur das wesentlichste
Bei dor Eröffnung der Bauchhöhle sieht man die Darmschlingen ganz
collabirt, das Peritoneum ist überall glatt und glänzend mit Ausnahme
einer Stelle an der Vorderflftche der Leber, welche starke fibunöse -
dickungen und reichliche feste Verwachsungen mit dem Peritoneum
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44
parietale aufweist. Etwa 5 cm unterhalb des unteren Leberrandes in der
Medianlinie liegt der Pylorus, durch derbe fibrinöse Verwachsungen mit
dem grossen Netz und der vorderen Bauchwand verbunden. Bereits bei
der ausseren Betrachtung lässt diese Stelle des Pylorus eine Einschnürung
wahrnehmen, welche sich derb und fest anfühlt. Der Magen reicht bis
oberhalb der fünften Rippe nach aufwärts und ist in seiner Längsachse
der Körperlängsachse parallel gestellt. Bei dem Versuche, vom Duodenum
aus in den Magen durch den Pylorus mit einer Scheere zu gelangen,
stellte sich eine so enge Strictur heraus, dass nur eine sehr feine Sonde
durch dieselbe passiren kann. Diese enge Stelle am Pylorus entspricht
genau der vorher bereits erwähnten, mit dem grossen Netz und der
vorderen Bauchwand verwachsenen und von aussen schon verengt er¬
scheinenden Partie desselben. Sie liegt 2 cm vor dem Pylorusrande und
ist an ihrer grössten Derbheit 1 cm breit. Nach dem Magen erstreckt
sich aber noch eine beinahe l'/a cm lange, hellgraue, oberflächliche Narben¬
ausstrahlung. Die Muskulatur der verdickten Pyloruspartie erscheint auf
dem Durchschnitt grauglasig. Die Schleimhaut des Dünn- und Dickdarms
ist überall intensiv geschwollen, besonders ausgeprägt im Dickdarm sowie
im Anfangstheil des Ileuras. Es bietet sich daselbst auf der Darmschleim¬
haut ganz das Bild, wie man es bei der typischen Ruhr oder Quecksilber¬
vergiftung zu sehen gewohnt ist. Der oberhalb des Ileums gelegene
relativ intacte Theil des Darmtractus zeigt überall starke Schwellung der
Schleimhaut und eine intensiv gelbliche Verfärbung. Die pathologisch¬
anatomische Diagnose lautete: Strictura pylori, Glossitis, Pharyngitis,
Oesophagitis, Gastritis diphtheriea, Diphtheria coli et ilei, Myocarditis,
Hepatitis et Nephritis parenchymatosa, Perihepatitis, Hyperplasia lienis
inveterata, Bronchitis catarrhalis, Hypostasis pulmonum.
Die Aetzwirkung der Schwefelsäure ist also am intensivsten
in dem vor dem Pylorus gelegenen Abschnitt des Magens zur Ent¬
faltung gekommen. Die Folge davon war, dass sich durch narbige
Schrumpfung eine Stenose dieser Stelle entwickelte, die zu einer
mächtigen Verdickung der Muskulatur infolge von Compensations-
hypertrophie führte. Der Einfluss der Säure hat sich auch dem
peritonealen Ueberzug der Pars pylorica mitgetheilt, worauf die
fibrösen Verwachsungen der stenosirten Partie mit Netz- und
vorderen Bauchwand hinweisen. Was die eigenthiimliche, bereits
erwähnte Lage des Magens anbetrifft, so lässt sich von ihr nicht
mit Bestimmtheit sagen, ob sie lediglich erst infolge der Pylorus¬
stenose entstanden ist, vielleicht hat dieselbe auch schon vorher
bestanden; in diesem Falle würde die intensive Einwirkung der
Schwefelsäure auf die Pars pylorica und das relative Freibleiben
des Fundus ventriculi sich noch besser erklären lassen.
Die sich dem Bilde der Dysenterie und Hg-Vergiftung am
meisten nähernden Erscheinungen im untersten Theil des Ileums
und im Dickdarm müssen wohl als ein völlig von der Schwefel-
säurevergiftung getrennter Befund angesehen werden.
HL Die ersten Etappen der Choleraepidemie
von 1892 im Orient.
Von Stabsarzt Dr. Schum bürg in Berlin.
(Schluss aus No. 43.)
Die Provinz Bombay wurde 1892 verhältnissmässig spät be¬
troffen ; erst im April und Mai häufen sich die Fälle, die schliess¬
lich doch sich auf 72113 mit 42900 Todesfällen belaufen. Das
Pandharpurfest im Juli soll diesmal ohne Einfluss gewesen sein.
Hitze sei vielmehr die Ursache, überhaupt sei die Cholera, wie das
British medical Journal richtig meine, „eine Krankheit, die von
schmutzigen Leuten nach schmutzigen Orten verschleppt wird“.
Die Provinz Puiyab (im wesentlichen am oberen Indus) war
vom 7. Februar bis 24. März 1892 cholerafrei. Da wurde am
25. März 1892 ein von der Hardwarfeier (am 22. März in den
Nordwestprovinzen) heimreisender Pilger in Phillour als cholera¬
krank im Eisenbahnzug aufgegriffen, am 26. März ein gleicher in
Ludhiana, am 27. März 5 Personen, alle aus Hardwar stammend.
Nun folgte Fall auf Fall, Ort auf Ort, so dass von 31 Distrikten
der Provinz am 31. März bereits 14 auf der Choleraliste standen;
alle Fälle hingen unzweifelhaft und unmittelbar mit dem Hardwar-
fest zusammen, ausgenommen vier Fälle in Sahpur und einen
Knaben in Jhelum. In weiteren vier Wochen brach die Seuche in
noch 15 anderen Distrikten aus, so dass, mit Ausnahme der
Grenzorte, die Krankheit innerhalb vier Wochen, seit die ersten
Pilger Hardwar verlassen hatten, in der ganzen Provinz ver¬
breitet war, wo sie im ganzen 75959 Personen in 130 Städten
und 6634 Dörfern dahinraffte (1867: 43146; 1879: 26135*
coo^L ^ In den Städten wurden 6413, in den Dörfern
68858 Todesfälle registrirt. Dieser Unterschied wird von dem
Berichterstatter darauf zurückgeführt, dass auf den Dörfern die
lnnkwasserentnahmestellen ausserordentlich viel leichter von der
Bodenoberfläche her verunreinigt werden können, als in den besser
verwalteten Städten. — Den Einfluss geringer Regenmengen lässt
derselbe nur insoweit gelten, als dadurch ein Wassermangel in den
Brunnen, Tanks und Flüssen herbeigeführt wurde, der eine grössere
und concentrirtere Verunreinigung zur Folge habe, vielleicht auch
mit Kommabacillen, oder — wie fast erschrocken über den Mutli
des Bekenntnisses hinzugefügt wird — „whatever is eise the soureo
of infection“.
Einen höchst interessanten Ueberblick über die Art der 'Weiter¬
verbreitung der Cholera vom Fest auf die Pilger und von diesen
nach ihrer Rückkehr auf die Einwohner ihrer Heimathstädte und
-Dörfer gewährt eine Zusammenstellung einmal der Daten, an denen
die Hardwarpilger zurückkehrten, dann des Zeitpunktes, an welchem
die ersten Erkrankungen unter den Pilgern, ‘ und drittens, wann die
ersten Erkrankungen von Leuten gemeldet wurden, welche nicht
beim Hardwarfest gewesen waren. Diese drei Daten folgen in allen
Distrikten zeitlich nach einander, zwischen zwei und drei liegt
meist ein Zeitraum von mehreren, bis zu zehn Tagen.
Bei alledem aber muss auch erwähnt werden, dass vom Westen
der Provinz Punjab und Afghanistan vereinzelte Cholerafälle vor
dem grossen Ausbruch beim Hardwarfest gemeldet wurden. Indess
verschwindet diese kleine Zahl wohl gegenüber einer Ziffer von
75959, die von Hardwar stammen.
Und in der That beansprucht das Hardwarfest nicht
nur für die Cholera in Indien, sondern weiter für den Zug
derselben durch Afghanistan, Persien, Russland und
Europa die weitgehendste Bedeutung.
Hardwar liegt in der Nordwestprovinz an der Austrittsstelle
des Ganges aus dem Himalaja in die Ebene; das kleine Städtchen
hat durch diese seine ausserordentliche Lage an dem heiligsten
Strom der Hindus eine besondere religiöse Wichtigkeit. Dorthin
findet jedes Jahr eine Wallfahrt statt, die grosse Wallfahrt (Kumbh
Mela) kehrt nur alle zwölf Jahre wieder, wenn der Planet Jupiter
in das Zeichen des Wassermannes tritt und die Sonne im Zeichen
des Widders steht. Das war am 22. März 1891 der Fall, und
es versammelten sich dazu, Nachrichten aus Bombay zufolge,
3 /4 Millionen Hindus, mindestens die fünffache Zahl der jährlich nach
Mekka wallfahrenden Pilger. Im Jahr 1892 sollen nur 70 000
Hindus dort versammelt gewesen sein, etwa 200 000 befanden sich
aber noch auf dem Wege dorthin.
Die Gesainmtsumme der Choleratodesfälle in den Nordwestpro¬
vinzen belief sich 1892 auf die enorm hohe Zahl von 194886 (4,15 o/qo).
Für das Jahr 1883 stellt sich diese Zahl auf 18 160, 1884 auf
30143, 1885 auf 63457, 1886 auf 34565, 1887 auf 200628, 1888
auf 18704, 1889 auf 48494, 1890 auf 80 295, 1891 auf 169013.
Nach der grossen Epidemie von 1887 sinkt also die Sterblichkeits¬
ziffer auf ein „Minimum“ von 18704 im Jahr 1888, dann steigt
die Zahl rapide an, um ihren Höhepunkt in einer fast ununter¬
brochen dauernden zweijährigen Epidemie 1891/1892 zu erreichen,
während welcher allein in den Nordwestprovinzen durchschnittlich
500 Personen täglich starben.
Der Hauptausbruch der Cholera erfolgte beim Mahavarunifest.
zu Hardwar am 22. März 1892, noch ehe die eigentliche grosse
Badefeier am 26. und 28. März erfolgen konnte. Nach dem Bericht-
erstatter der Nord westprovinz sollten zu diesem Fest nur 200000
Hindus zusammengekommen sein; aus Bombay wurde indes mehr
als die dreifache Zahl angegeben. Die sanitäre Ueberwachung des
Festes lag diesmal in Vertretung des auf Urlaub in Europa
weilenden Regierungsarztes in den Händen eines „officiating sanitaty
commissioner“, und es wird berichtet, dass in diesem Jahre die
unzweifelhaft sehr heilsame Vorsichtsmaassregel, einen permanenten
Strom frischen Wassers durch den Badepfuhl zu leiten und die
Verunreinigungen fortzuspülen, nicht den gleichen Erfolg hatte,
wie im Vorjahre. Das lag einmal daran, dass die Menge de*
Wassers im Fluss diesmal eine geringere w r ar, und zweitens, dass
deshalb unterhalb der heiligen Pfütze künstliche Dämme errichte
waren. Bezeichnend für die Zustände an dieser Badestelle ist noen
die Thatsache, dass zwei Pilger im letzten Stadium der Cholera
aus dem Bade gezogen wurden und bald danach verschieden. D ie
Ursache zu diesem widersinnigen Thun giebt der Glaube, dass,
wenn die Sterbenden in dem heiligen Strom ihren Geist aufgeoe ,
sie des Einzuges in das Paradies sicher sind. (Veröff. d. Kaiser.
Gesundheits-Amts 1892, S. 507.)
Im Jahr 1891 forderte die Seuche beim Hardwarfest — eI )
gegen einer Londoner Nachricht — nur sehr wenige Opfer.
Jahre 1892 dagegen, obschon in verschiedenen indischen rroviM
die Cholera bereits vor dem 22. März epidemisch herrschte, bra
Ende Mai plötzlich die Krankheit unter den Pilgern in Hardw
aus, und als dieselben sich nach allen Richtungen zerstreute ,
folgte sie in den Distrikt von Dehra Dun und in das Gebirge, we
und breit die Bevölkerung niederstreckend. Auch, wie schon
wähnt, aus den Eisenbahnzügen, welche die Pilger nach Lano .
Delhi, Saharanpur und allen Richtungen heimwärts führten, vur _
Kranke und Todte aller Orten herausgetragen, besonders auf
Hardwar benachbarten Eisenbahnstationen der durch Punjab
renden Nordwestbahn. k(1
In Delhi wurden beispielsweise am 30. März 11 cholerakran
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1. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
837
Pilger aus dem aus Hardwar anlangenden Eisenbahnzuge gehoben.
Am 2. April starben 6 Personen in Delhi an der Cholera, welche
nicht in Hardwar gewesen waren, und 4 Tage darauf hatte die
Epidemie 110 Erkrankungen mit 73 Todesfällen verursacht. Am
18. April war, nach den Veröffentlichungen des K. G. A., die
Epidemie weiter nach Westen, nach Lahore vorgedrungen.
Am 15. April wurde gemeldet, dass die Cholera nach Afghanistan
herübergegangen sei: Vom 19. bis 29. April starben in Kabul
bereits 5575 Menschen. Ebenso lief aus Herat die Nachricht ein,
dass die Cholera in heftigster Form dort ausgebrochen sei und dass
sie bereits 2000 Opfer gefordert habe. Doch soll bereits Ende
Februar in Herat Cholera geherrscht haben.
Immer weiter wurde der Kreis der Choleraerkrankungen von
Hardwar als Centrum aus: In Srinagar, der Hauptstadt Kaschmirs,
begann die Epidemie am 7. Mai mit 85 Fällen, am 15. Mai war,
nach den Ermittelungen des K. Q. A., die Tageszahl der Erkran¬
kungen auf 162 gestiegen, und am 23. Mai kamen 499 neue Er¬
krankungen mit 233 Todesfällen hinzu. Nach einem Bericht aus
Kaschmir sind vom 7. Mai bis zum 23. Juni 8863 Personen in
Srinagar an der Cholera erkrankt, von denen 5720 starben.
Bald überschritt die Cholera die persische Grenze, langsam auf
der grossen Handelsstrasse von Kabul über Herat nach dem
heiligen Mesched vordringend. So meldete der britische Agent in
Mesched, dass der ersto Cholerafall dort am 23. Mai vorgekommen
sei. Schon am 25. Mai traf aus Teheran eine weitere Nachricht
ein, dass die Cholera heftiger in der Ortschaft Türbe Scheich
Djami (in einer Woche 180 Fälle mit 60 Todten) und in einigen
Dörfern auf der ersten Hälfte der Strasse nach Mesched herrsche.
In Mesched erkrankten bereits am 26. Mai 40, und es starben
nach einer Nachricht vom 1. Juni 5—8 Personen täglich, am
2. Juni 110, vom 5. bis 8. Juni etwa 60 täglich. Die Seuche
stamme aus Herat und sei von dorther durch afghanische Nomaden
verschleppt. Am 9. Juni trat die Seuche in den Dörfern bei
Mesched an dem Wege nach Nischapur (westlich) auf; vom 5. bis
11. Juni kamen in Schehzevar (noch westlicher) 503 Todesfälle
zur Kenntniss, vom 27. Juni bis 3. Juli 7 in Mezinan, 3 in
Damegan (noch westlicher, auf Teheran zu), 15 in Enzeli, das bereits
am kaspischen Meere liegt. Mitte Juli laufen schon die Nach¬
richten von 17 Todesfällen in Rescht am kaspischen Meer, und
von 70 aus Erdebil an der türkisch-persischen Grenze ein. Ende
Juli finden wir die Seuche in Asterabad (100 Todesfälle), ferner
nicht weit von der russischen Grenze in Täbriz. In Teheran wurden
die ersten verdächtigen Fälle am 1. August bekannt. Von diesem
Moment an griff die Cholera heftiger um sich. Am 6. August
hatte Teheran schon 24 Todesfälle, Täbriz 100; in Rescht und
Asterabad starben täglich 50 Personen. Vom 13. bis 15. August
zählte man in Teheran bereit 750 Erkrankungen mit 450 tödtlichen
Ausgängen, in Täbriz 800 und 380. Von Teheran zog die Seuche
auch wieder südlich und am 15. August nach Ispahan, am
17. August nach Kasan und später im November nach Kum und
Schiras; aus Teheran wurden um diese Zeit täglich 300 Todesfälle
gemeldet. Erst Anfang September begannen die Zahlen der Er¬
krankungen und Todesfälle sich zu verringern, während die Zahl
der ergriffenen Orte zunahm.
Wir sehen also, dass im Verlauf weniger Wochen (18. Mai
bis Mitte Juni) die Cholera von Herat in Afghanistan das
ganze persische Reich von Osten nach Westen bis nach Russland
durchwanderte; von Teheran unternahm sie eine Abzweigung
wieder nach Süden. Die Seuche verbreitete sich in Persien längs
der grossen Karawanenstrassen Herat—Mesched—Teheran—Rescht,
und trotzdem war ihr Marsch ein so geschwinder und erfolgreicher
(in Täbriz starben 15 000, in Teheran 20 000 Menschen).
Die Ursache dieser schnellen und heftigen Weiterverbreitung
der Cholera gerade in Persien liegt aber einmal in den argen
hygienischen Missständen, dann in den uralten, widersinnigen
religiösen Gebräuchen, welche wie vor Jahrtausenden noch jetzt im
Reich des Schah festwurzeln. Bei diesen auf Grund neuerer zu¬
verlässiger Beobachtungen ein wenig ausführlicher zu verweilen,
ist deshalb wohl angezeigt.
Zu Zeiten, wo ansteckende Krankheiten im Lande herrschen,
ist es in Persien ausserordentlich schwer, zuverlässige Nachrichten
über die Ausbreitung derselben zu erhalten, da man im allge¬
meinen dem Princip huldigt, den Ausbruch zu verheimlichen. Die
Geheimhaltung wird dann so streng gehandhabt, dass beispiels¬
weise selbst den Leichenwäschern, Todtengräbern und ähnlichen
Organen verboten wird, irgend welche Angaben über die Zahl der
von ihnen gereinigten und bestatteten Todten oder die Krankheit,
an welcher die betreffenden verschieden sind, zu machen. Auch
das Betreten der Friedhöfe, welches eine Controlle über die Zahl
der frisch aufgeworfenen Gräber ermöglichen könnte, untersagt
man im allgemeinen. Deshalb sind die nach Europa gelangenden
Nachrichten nicht immer ganz zuverlässig. Indess steht doch
manches namentlich über den Eingangsort der verschiedenen Epi-
demieen in Iran fest.
Die Stadt Mesched in der Nordostecke des Landes bildet meist
das Eingangsthor für die Cholera, welche auf der belebten und
wichtigen Karawanenstrasse von Herat (Afghanistan) vordringend,
sich von Mesched aus über das ganze Persien zu verbreiten pflegt.
Der südliche Theil der persischen Ostgrenze scheint wegen seines
theilweise wüstenartigen Charakters und des dort wegen der un¬
genügenden Wasserverhältnisse nur geringen Verkehrs der Cholera
bisher, auch im Sommer 1892, nicht als Weg nach Persien gedient
zu haben. Dagegen ist wiederum der persische Golf wegen der
hier anlangenden und den Schat-El-Arab hinauffahrenden Pilger¬
schiffe aus Indien eine besonders geeignete Stelle für das Ein¬
dringen der Seuche, mag dieselbe nun von Mohammera direkt oder
erst auf dem Umwege über Bagdad nach Persien gelangen.
Ueberhaupt scheint, wie 1892, so auch früher die Cholera in
der Mehrzahl der Fälle von Pilgern nach Persien gebracht zu sein,
zumeist von solchen, die von Afghanistan nach Mesched oder
weiter zogen. Aber auch die nach Besuch der heiligen Orte im
türkischen Reiche nach oder über Persien zurückkehrenden bilden
eine grosse Gefahr.
Sobald nun die Cholera Persien erreicht hat, findet sie in dem
jeder hygienischen Einrichtung baaren Lande einen besonders
fruchtbaren Boden zur Ausbreitung.
Die bisweilen von indischen Berichterstattern ausgesprochene
Behauptung, die Cholera herrsche in einigen Theilen Persiens —
beispielsweise in den fieberreichen, sumpfigen Niederungen am
kaspischen Meer — endemisch, ist nach zuverlässigen Beurtheilern
persischer Verhältnisse durchaus unbegründet. Allerdings wirkt
das Klima auf die Verdauungsorgane in besonders schädlicher
Weise ein, und der reichliche Genuss von Früchten lässt oft Er¬
krankungen entstehen, die in ihren Symptomen an Cholera erinnern.
Als Hauptgrund indess für die leichte Ausbreitung der Seuche
im Lande kann man im allgemeinen wohl die Religion der Perser
mit ihren Auswüchsen und die mit derselben Hand in Hand gehende,
nicht hundertjährige, sondern mehr als tausendjährige Stagnation
in der culturellen Entwickelung bezeichnen. Bis jetzt ist es noch
nicht gelungen, den Errungenschaften europäischer Bildung in
Persien Eingang zu verschaffen, wenngleich einzelne Angehörige
jenes Landes oft nicht ohne Erfolg bemüht gewesen sind, sich auf
abendländischen Universitäten die Ergebnisse moderner Forschung
zu eigen zu machen. In die Heimath zurückgekehrt, vermochten
sie ihre Kenntnisse nicht zu verwerthen.
Das, was dem in Persien neu ankommenden Europäer zu aller¬
erst ins Auge fällt, so berichtet mein Gewährsmann, ist die an das
Unglaubliche grenzende Vernachlässigung der einfachsten Forde¬
rungen der Hygiene.
Die geringe Bedeutung, welche denselben beigelegt wird, lässt
sich zunächst daran bemessen, wie wenig für die Reinhaltung des
Wassers geschieht. Brunnen sind in dem vegetationslosen Persien
eine seltene Erscheinung. Man kennt dieselben im allgemeinen
nur in der Niederung des Kaspischen Meeres und im Süden des
Landes. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, dass die oberen
Bodenschichten sehr durchlässig sind und die isolirende Schicht
ausserordentlich tief liegt. So blieben in Teheran artesische
Brunnenbohrungen, die bis zu einer beträchtlichen Tiefe ausgeführt
wurden, gänzlich resultatlos. Bei dem gebirgigen Charakter des
Landes fasst man daher die Quellen am Fusse der Berge und führt
sie in Leitungen oft grosse Strecken weit nach den wasserbedürf¬
tigen Ortschaften.
Nach der Vorschrift des Koran haben fünf mal am Tage die
gewöhnlichen Waschungen, ausserdem aber Waschungen nach jeder
Verrichtung eines Bedürfnisses stattzufinden. Die Folge davon ist
die, dass die letzteren stets in unmittelbarster Nähe des Wassers
oder in demselben verrichtet werden. Sämmtliche Bäche und ober¬
irdischen Wasserleitungen sind daher in Persien stets in der wider¬
lichsten Weise verunreinigt. Aber auch die unterirdischen Lei¬
tungen geben eine Gewähr für die Reinhaltung nicht, weil in den¬
selben behufs Ausführung von Reparaturen dauernd Leute beschäf¬
tigt sind und sie überdies fast immer an einigen Stellen zur Ent¬
nahme von Wasser zu tage treten.
Das oberirdisch laufende Wasser wird, obwohl als Trinkwasser
dienend, in einer jeder Beschreibung spottenden Weise verunreinigt.
Die Bassins, durch welche dasselbe hindurchgeführt wird oder
welche es als Reservoirs speist, werden nie ausgeschlammt; im
fliessenden Wasser wird gewaschen, häufig auch die Todtenwäscho
besorgt-. Selbst während der heftigsten Periode der Cholera im
Jahre 1892 wurden die Choleraleichen gleichfalls im laufenden
Wasser gereinigt. *
Dem Perser gilt fliessendes Wasser auch in spärlicher M.enge
und stehendes Wasser inJBassins, sobald letztere einen gewissen
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44
Umfang besitzen, als rein und zu jedem Gebrauch — auch als
Trinkwasser — benutzbar.
Wenn schon das Einschioppen der Cholera in der Regel
durch die Pilgerzüge erfolgt, so sind diese auch eine der Ur¬
sachen der raschen Verbreitung im Innern des Landes und
über die Grenzen desselben hinaus.
Die durch das langdauernde Reisen bei schlechter Kost, elen¬
destem Unterkommen und grosser Hitze entstehende Ueberanstren-
gung schwächt die Gesundheit der Pilger und macht sie für An¬
steckung empfänglicher.
Die aus Afghanistan kommenden Pilger ziehen über das hei¬
lige Mesched durch ganz Persien hindurch über Kum, Kirmanschah
nach Kerbela bei Bagdad und auch weiter nach Mekka. Beson¬
ders verderbenbringend werden die Pilgerfahrten durch die damit
verbundenen Leichentransporte.
Es herrscht, wie mein Berichterstatter weiter erzählt, in Per¬
sien die unselige Sitte, die Todten — sofern es das Vermögen der
Hinterbliebenen irgend erlaubt — nicht an ihrem Wohnorte zu
begraben, sondern an gewissen für heilig geltenden Stätten, sei es
innerhalb Persiens, sei es in der Türkei.
Stirbt daher ein Perser, dem dieser Dienst erwiesen werden
soll, so wird seine Leiche zunächst provisorisch beerdigt, das
heis6t oft ohne irgend welchen Sarg ganz oberflächlich eingescharrt,
um zu den Perioden der grossen Pilgerkarawanen exhumirt und,
wegen des leichteren und weniger kostspieligen Transports, ge¬
wöhnlich nur in Decken eingehüllt oder in Säcke eingenäht, oft
in voller Verwesung, in wochen-, ja monatelangen Reisen ihrem
Bestimmungsorte zugeführt zu werden. Welche Gefahren ein ober¬
flächliches Beisetzen namentlich von Choleraleichnamen für die
Umgebung und welche weiteren das Exhumiren und Transportiren
derselben während grosser Hitze mit sich bringt, bedarf keiner
näheren Ausführung.
Zeitweilige Verbote des Leichentransports beziehen sich immer
nur auf einige Distrikte, werden wenig beachtet und auch nicht
rechtzeitig erlassen.
Die schiitischen Stämme der Afghanen bringen ihre an heiliger
Stätte zu beerdigenden Todten in der Regel nur bis Mesched; die
Perser beerdigen die ihrigen, abgesehen von Mesched, in Kum und
jenseits der türkischen Grenze, namentlich in Kerbela.
Die Zahl der jährlich nach Mesched pilgernden Afghanen
wird auf etwa 20000 angegeben, diejenige der jährlich innerhalb
Persiens transportirten Leichen auf 25—30000. Endlich wird ge¬
meinhin angenommen, dass etwa 8—10000 Leichen von Persien
aus über Kirmanschah nach Kerbela gebracht werden. Die Anzahl
der die türkische Grenze überschreitenden Pilger wird auf etwa
50000 jährlich geschätzt.
Noch in vieler Hinsicht tritt der Mangel öffentlicher und pri¬
vater Hygiene hervor. Insbesondere dürften die elenden Woh¬
nungsverhältnisse der ärmeren Klassen, die nur allzuhäufig be¬
merkbare grosse Unreinlichkeit des ärmeren Volkes, der ver¬
wahrloste Zustand der Latrinen in den Häusern, endlich das Un¬
terlassen des Wegräumens von Abfällen jeglicher Art hervorgeho¬
ben werden, das den herrenlosen Hunden überlassen wird. Die
Gemeindeverwaltungen befassen sich nicht mit der Reinhaltung der
betreffenden Ortschaften, verfügen auch über gar kein Budget zu
cuesem Zweck. In Teheran werden, nach den Angaben meines
Gewährsmannes, nur einige Strassen im europäischen Viertel noth-
dürftig gereinigt. An eine Beaufsichtigung der Bäder, Wasch¬
anstalten und an eine Reinigung von Trinkwasser - Reservoirs
wird nicht gedacht. Gekochtes Wasser indes trinkt kein Perser
Selbst Gebildete unter ihnen sollen ein geradezu Ekel erregendes,
schmutziges Wasser anstandslos genossen haben, da sie besseres
eben nicht zur Hand hatten.
Die wenigen vorhandenen europäischen Aerzte stehen solchen
Z-uständen machtlos gegenüber. Von einer einheimischen medici-
mschen Wissenschaft kann aber gar keine Rede sein, da in Persien
n °uT- und Galenus als Hauptautoritäten gelten. An¬
geblich darf als praktischer Arzt nur derjenige thätig sein, welcher
£® H ? chBoh V le in Teheran längere Zeit besucht hat.
Thatsltohhch aber kann jeder Perser ohne irgend welche Kennt-
nisse den ärztlichen Beruf ausüben.
Pni„Sfn-f “ Un 'S 1 ,. den ? us der nedicinischen Abtheilung des
Polytechmkums zu Teheran hervorgehenden Aerzten auf sich hat,
Twi.„a , de “ mlr V0rl * e 8 en den Mittheilungen schon aus der
Unrnrnm^ij -i“ 88 "* , d ? r 8®! lannt ® n Anstalt bereits seit einer
Uhua f R i Ü1 ! V0 “ , dah / en Immer nur ein einziger europäisch
Zuha™™ dt g6W,r t a- . Die t en l lieg* g^z allein ob, seinen
Zuhüiern die gesammte medicimsche Wissenschaft des Abendlandes
. . E . rwäg t “ a “ nun < dag s diese Zuhörer keine Gym-
S 11 ^ kf®f ® lcl1 . hab « n . dass anatomische Studien unter¬
em ar i L - eh i e t es Eoran sich jeder Secirung entgegen-
11 , dass endlich jeder- Satz, welchen der Vortragende Professor
spricht, zunächst von Dolmetschern, die als Fachleute nicht an¬
gesehen werden können, ins Persische übertragen werden muss
so wird man ermessen können, welche Kenntnisse sich die studi-
renden Mediciner in Persien zu erwerben in der Lage sind und
welches Vertrauen ein persischer Arzt verdient.
.Hat nun einmal die Seuche in Persien Verbreitung erlaiK,
so wird ein Weitergreifen derselben über die türkische und russi¬
sche Grenze, ganz abgesehen von sonstigen Verhältnissen, wegen
der an diesen Grenzen vorhandenen nomadisirenden Stämme, welche
je nach der Jahreszeit bald in diesem, bald in jenem Gebiete ihren
zeitweiligen Wohnsitz aufschlagen, besonders schwer zu verhindern
sein. Eine polizeiliche oder sanitäre Ueberwachung der Ankom¬
menden, insbesondere der Pilger, ist aber wegen der freien, weiten
Grenzen nicht durchführbar, überall ist eine Umgehung etwa ein¬
gerichteter Stationen leicht möglich, da das persische Gelände,
mit Ausnahme der Gebirgsgegenden, sich Überall als Weg be¬
nutzen lässt.
Es besteht nun allerdings in Persien eine Einrichtung, welche
den Glauben erwecken könnte, es geschähe dort etwas für die
öffentliche Hygiene. Diese Institution ist der Gesundheitsratli,
welcher seit 1867, aber ohne eigentliche Erfolge existirt. Er ist
dem Minister für Wissenschaften unterstellt und hat unter Leitung
eines höheren persischen Beamten eine ganze Reihe persischer
Aerzte zu Mitgliedern; Vorsitzender ist der Leibarzt des Schah,
Dr. Tholozan. Den Mitgliedern ist etwa noch zuzuzählen der
Delegirte des internationalen Sanitätsraths von Constantinopel,
Dr. Camposampierro; endlich assistiren die in Teheran anwesen¬
den europäischen Aerzte den Sitzungen. Diese Sitzungen tragen,
nach den Angaben meines Gewährsmannes, mehr den Charak¬
ter geselliger Zusammenkünfte, bei welchen Informationen aus¬
getauscht werden. Sitzungsprotokolle pflegen nicht aufgenommen
zu werden. Ein Budget besitzt der Gesundheitsrath nicht. Fasst
derselbe daher einmal irgendwelchen Beschluss, so bleibt letzterer
in der Regel todter Buchstabe, da es zur Ausführung an den
nöthigen Mitteln gebricht.
Der Gesundheitsrath kann daher praktisch die Regierung nur
auf die vorhandenen Uebelstände aufmerksam machen, ohne dass
sich deswegen erstere veranlasst sähe, nun auch wirklich Abhülfe
zu schaffen. Dem zufälligen Umstande, dass dem Minister der
Wissenschaften gleichzeitig das Ressort der Telegraphen unter¬
steht, verdankt der Sanitätsrath allein die Vergünstigung der
freien Benutzung der Telegraphenlinien des Staates. Die Nach¬
richten indess, welche ihm aus den Provinzen auf Anfragen oder
ohne solche zufliessen, sind, soweit sie nicht etwa von europäischen
Aerzten stammen, durchaus unzuverlässig und richten sich oft
nach dem persönlichen Interesse des betreffenden Berichterstatters.
Nach alledem dürfte es ausser Frage stehen, dass es einer
durchgreifenden Reform der äusseren und inneren Hygiene Persiens
bedarf, wenn die Gefahr, welche für Europa in der besprochenen
Empfänglichkeit dieses Landes für die Cholera liegt, gemindert
oder beseitigt werden soll.
Bei solchen Zuständen im persischen Reiche ist es nun nicht
wunderbar, dass sich auch 1892 die Seuche mit rasender Schnellig¬
keit nach Russland fortpflanzte: Schon vom 6.—12. Juni erkrankten
in Baku 164 Personen an der Cholera, 70 davon starben.
Es werden nun immer noch Stimmen laut, welche die Invasion
der Cholera in das russische Reich durch die Wolgahäfen bestreiten
und dem Vordringen der Seuche auf den Handelsstrassen Östlich
des kaspischen Meeres das Wort reden. Zur Entscheidung dieser
Frage scheint mir eine Mittheilung eines Forschungsreisenden nicht
ohne Gewicht, welcher sich zu jener Zeit in Centralasien auf hielt.
So soll sich zwar auf dem über Merw, dem Emporium des
centralasiatisehen Handels, führenden Wege die Epidemie nach dem
Osten verbreitet haben. Die meist ergriffenen Plätze auf diesem
Wege waren die Städte Tschinas und Tschisack, zwischen Samar¬
kand und Taschkent, von wo dann die Krankheit weiter nae
Osten, nach Margelan und Kokhan, vordrang. Für ein Fortwan¬
dern von Taschkent nach dem Norden auf der grossen orenbuigi
sehen Poststrasse liegen dagegen für 1892, nach den Aeusseriingjj 11
jenes erwähnten Forschungsreisenden, keine Beweise vor; gelang
doch die Krankheit nicht einmal bis zu dem 70 Werst nördlich von
Taschkent gelegnen Tschinkent. Nach Orenburg kam die Kran'
heit nicht aus dem Süden, sondern vielmehr, nachdem sie auf oe
zweiten Wege über Baku und die Wolgahäfen nach Russland ein
geschlept war, aus dem Westen entlang der Eisenbahnlinie.
Dieser zweite Weg über das kaspische Meer und die ”olg
häfen ist jedenfalls für Europa der bedeutungsvollere, also z lP läc ht
auf den Handelsstrassen von Herat, Astrabad, Teheran, R 080 ’
Enzeli, dann dem Littoral des kaspischen Meeres entlang J 8
Baku, wo 30—40000 Perser leben, die einen sehr regen Verse
mit der Heimath aufrecht erhalten. . .
Den Zug der Cholera im Jahre 1892 nun durch Russlan»
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1*. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
selbst, der durch weit zuverlässigere Meldungen, als wir sie über
die ersten Etappen zu erhalten in der Lage sind, genau bekannt
und schon des öfteren und weiteren kritisch besprochen wurde,
diesen Weg zu verfolgen, liegt ausserhalb der vorgesteckten Gren¬
zen dieser Arbeit.
839
Jahre sich erstreckenden Kasuistik 1 ) die Erfahrungen Heiden¬
hain’s 2 ) bestätigen, dass vermittels derartig construirter Ban¬
dagen in einer grossen Zahl von Fällen die Lageanomalie des
Hodens dauernd beseitigt werden kann.
IV. Ueber radicale Bruchoperationen bei
Kindern.
Von Dr. Karewski in Berlin.
Auf dem XX. Congress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie
habe ich schon 1891 in einem auch in dieser Wochenschrift ab¬
gedruckten Vortrage 1 ) Mittheilung von neun Radicaloperationen
grosser freier Scrotalbrüche bei Kindern unter drei Jahren gemacht
und mein überaus einfaches Verfahren beschrieben, das in überraschend
schneller Weise zu dauernder Heilung geführt hatte. Seit dieser
Zeit haben nun eine ganze Reihe von Chirurgen sich für die
früher nur in Ausnahmefällen zugelassene blutige Beseitigung
von Unterleibsbrüchen innerhalb der ersten Lebensjahre ausge¬
sprochen; so K. Bayer 2 ), Phocas 3 ), Koenig 4 ), Szumann 5 ) u. a.
Einige dieser Autoren, wie Phocas und Szumann haben sich
im grossen und ganzen an die von mir gegebenen Vorschriften
gehalten und sind mit deren Resultaten zufrieden gewesen, während
andere sich der complicirteren, bei der Radicaloperation von Brüchen
Erwachsener üblichen Verfahren bedienten. Es gereicht mir nun
zur besonderen Genugthuung, aus dem Aufsatz von Gertrud
Gordon 6 ), die über die immense Zahl von 250 innerhalb zweier
Jahre im Kinderhospital Trousseau zu Paris bei Kindern (da¬
von 50 freie Brüche bei Kindern vor dem dritten Lebensjahre) ope-
rirte Hernien berichtet, zu ersehen, dass man in Frankreich, wo
man noch vor wenigen Jahren wenig geneigt war, radicale Bruch¬
operationen bei Kindern vorzunehmen, sich mehr und mehr der
Ansicht erschliesst, dass auch vor dem dritten Lebensjahre schwer
retinirbare oder grosse Beschwerden verursachende Leistenbrüche
— um diese handelt es sich ja in der Regel — dem Messer ver¬
fallen sollen. Ich selbst habe seit meiner ersten Publication 15
weitere Radicaloperationen bei Kindern ausgeführt, von denen nur
zwei Knaben jenseits des fünften Lebensjahres betrafen. Auch diese
Fälle, über die demnächst in einer Dissertation ausführlicher be¬
richtet werden wird, sind anstandslos innerhalb einer Durchschnitts¬
zeit von zehn Tagen ohne alle Zwischenfälle und Wundstörungen
geheilt und dauernd ohne Recidiv geblieben. Die Dauer der Radical-
heilung beträgt, so weit es möglich war Controlle auszuüben, nun¬
mehr bei einem Fall sechs, bei einem 5%, bei zweien fünf, bei
zweien vier, bei dreien drei, bei sechs zwei Jahre, so dass an
der Dauerhaftigkeit des Resultates wohl kein Zweifel sein kann.
Nur dreimal habe ich mich veranlasst gesehen von meiner früher
beschriebenen Methode, von der ich annehme, dass sie durch
ihre Einfachheit und Sicherheit die beste Garantie für die bei
Kindern so schwer zu erhaltende Asepsis gewährleistet, abzugehen.
Ich habe mich in diesen Fällen des auch sonst von mir häufig
mit bestem Erfolge benutzten Kocher’schen Verfahrens bedient.
So geringfügig die Differenz zwischen den sonst üblichen, so
auch dem von Broca beliebten, und meinem Verfahren erscheinen
mag, so möchte ich doch hervorheben, dass die von mir zuerst ge¬
übte stumpfe Auslösung des geschlossenen Serosasackes aus den
übrigen Bruchhüllen am sichersten vor Infection schützt, dass die
einfache Zusammendrehung und doppelt — über Kreuz — ausge¬
führte Ligatur unter den schwierigsten Verhältnissen genügenden
Schutz vor Prolaps der Därme giebt, jede Matratzennaht des Bruch¬
canals, Pfeilernaht etc. bei jungen Kindern gänzlich überflüssig ist
und nur zu Complicationen führt.
Was im übrigen die Indication zur Ausführung der Radical¬
operation bei Kindern anlangt, so erscheint es uns auffällig, dass
von den Franzosen die Ectopia testis immer wieder als Anzeige
genannt wird, weil die Anlegung eines Bruchbandes den Descensus
testieulorum hindere. Wir selbst haben niemals gerade aus Lage-
anomalieen des Hodens, die ja so häufig mit Hernien vergesell¬
schaftet sind, einen Grund für die blutige Cur herleiten können.
Wenn man das Bruchband mit einem entsprechenden Ausschnitt
für den Hoden am vorderen Ende der Pelotte versieht, kann man
nicht nur den Bruch zurückhalten und auf diese Weise bei jungen
Kindern in der Regel zur Heilung bringen, sondern auch den ver¬
lagerten Hoden allmählich nach abwärts in das Scrotum drängen.
Wir können in dieser Beziehung aus einer zahlreichen, über viele
') Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 5.
*) Prag. med. Wochenschrift 1891, No. 35.
*) Mercredie m 6 d. No. 29.
4 ) Lehrbuch der Chirurgie, VI. Aufl.
6 ) Therapeut. Monatshefte 1894, No. III.
®) Deutsche med. Wochenschr. 1894, No. 42.
V. Zur Frage der Säuglingsemahrung.
Von Prof. Walther llempel in Dresden.
Am 12. Januar dieses Jahres starb der bekannte Agricultur-
chemiker Julius Lehmann. Derselbe hat einen Theil der Zeit,
die ihm nach seiner krankheitshalber verhältnissmässig frühzeitig
erfolgten Pensionirung blieb, dazu verwendet, um ausgedehnte
Untersuchungen über die chemische Natur der Milch in dem La¬
boratorium des Schreibers dieses Aufsatzes auszuführen.
Ausgehend von der statistisch festgestellten Thatsache, dass
unter allen Ersatzmitteln der Muttermilch die Kuhmilch immer
noch das beste ist, hoffte er durch genaue Erforschung der Ver¬
hältnisse die Mittel zu finden, um durch passende Zusätze oder
mechanische Operationen der Kuhmilch in noch erhöhtem Grade
die Eigenschaften der Muttermilch zu verleihen.
Ich habe im Bd. 56, S. 558, des Acrhivs für die gesammte
Physiologie ausführliche Mittheilungen aus den hinterlassenen No¬
tizen über diesen Gegenstand gemacht und gestatte mir im Nach¬
folgendem in gedrängter Kürze die wichtigsten Resultate dieser
Arbeit mitzutheilen und daran eine Reihe von Schlussfolgerungen
zu schliessen, die sich vom chemischen Standpunkt daraus mit
zwingender Nothwendigkeit ergeben.
Während bei den zur Zeit vorliegenden Milchuntersuchungen
das Casein stets entweder mit Säuren, Salzen oder Lab abgeschieden
worden ist, hat Lehmann bei seinen Arbeiten die Milch mittels
sogenannter Thonseparatoren getrennt.
Diese Methode hat gegenüber den anderen Abscheidungsweisen
den Vorzug, dass das Casein gebunden an die Salze erhalten wird,
mit welchen es in der Milch als gequollene oder sogenannte colloidale
Substanz auftritt. Lehmann nennt deswegen das so abgeschiedene
Casein „genuines Casein“.
Seine Versuche lehren, dass in dem genuinen Kuhcasein 7,2 %
anorganische Bestandtheile vorhanden sind, welche beim Verbrennen
als Asche Zurückbleiben.
Die Asche enthält: 49.8 °/ 0 CaO, 2,l%MgO, 0,9% K 2 0,
0,4% Na 2 0, 45,0% P 2 0 5 , 1 , 2 % S0 8 .
Aus den Versuchen geht ferner klar hervor, dass ein Theil des
Phosphors im Casein selbst enthalten ist, in der Form einer ester-
artigen Verbindung, die sich von der Phosphorsäure ableitet.
Auf P 2 O 5 berechnet, enthält das Casein in organischer Ver¬
bindung 1,2—1,5% P 2 O 5 .
Im genuinen Kuhcasein ist 1,6 % CaO enthalten, welcher
wahrscheinlich mit dem Casein zu Caseincalcium vereinigt ist. Es
enthält das genuine Kuhscasein den übrigen Kalk und Phosphor¬
säure als dreibasisch phosphorsauren Kalk, so dass das genuine
Kuhcasein als eine Doppelverbindung von dreibasisch phosphor¬
saurem Kalk mit Caseincalcium anzusehen ist.
Als Mittelwerth für die Elementarzusammensetzung des genuinen
Kuhcaseins ergiebt sich: Asche 6,47, der Hauptsache nach phosphor¬
saurer Kalk, Kohlenstoff 50,86, Wasserstoff 6,72, Stickstoff 14,63,
Phosphor 0,81, Schwefel 0,72.
Dies entspricht auf aschenfreies Casein berechnet: Kohlenstoff 54,
Wasserstoff 7,04, Stickstoff 15,6, Phosphor 0,85, Schwefel 0,77.
Die Schwefel- und Aschenbestimmungen des genuinen Kuh-
und Frauencaseins lehren, dass man es unzweifelhaft mit zwei ver¬
schiedenen Caseinen zu thun hat. Während nämlich der Schwefel¬
gehalt des genuinen Kuhcaseins 0,723 ist, enthält das genuine Frauen¬
casein 1,09. Es ist ferner der Gehalt an phosphorsaurem Kalk im
Kuhcasein 6,6 %, im Frauencasein 3,2 %.
Das Kuhcasein ist daher viel reicher an Phosphaten als das
Frauencasein.
Als mittlere Zusammensetzung der Kuh- und Frauenmilch hat
Lehmann die nachfolgenden Zahlen gefunden:
Kuhmilch Frauenmilch
Casein.3,0 % 1,2 °/o
Albumin.0,3 „ 0,5 „
Fett .3,5 „ 3,8 „
Milchzucker .4,5 „ 6,0 „
Asche.0,7 „ 0,2 „
Wasser .88,0 „ 88,5 „
100 100
Trockensubstanz.12,0% 11,7%
Die für die Frauenmilch gefundenen Werthe dürften mehr als
die der meisten bis jetzt veröffentlichten Analysen Anspruch auf
l )
alters.
*)
S. auch Karewski, Die chirurgischen Krankheiten des Kindes-
S. 561 ff.
Deutsche med. Wochenschr. 1892, No. 14.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
840
No. 44
Richtigkeit haben, weil sie sich auf Milch beziehen, die in der
Weise erhalten -war, dass gesunde Frauen ihre Milchdrüsen voll¬
ständig abmolken. Lehmann hat hierauf besonderes Gewicht ge¬
legt, da es eine bekannte Thatsache ist, dass die Zusammensetzung
eines und desselben Gemelkes ganz verschiedenartig ist, und zwar
so, dass die zuerst abgegebenen Milchmongen fettärmer, während
die zuletzt abgegebene Milch fettreicher ist. Aus dieser Thatsache
erklären sich die so sehr unter einander abweichenden Analysen¬
resultate verschiedener Forscher.
Lehmann hat ferner gefunden, dass das mit Säuren aus
Frauenmilch und Kuhmilch abgeschiedene Casein einen ganz ver¬
schiedenen Fettgehalt hat.
Er fand in diesen Niederschlägen bei Frauenmilch 1,2 % Casein,
3,6 % Fett, bei Kuhmilch 3 % Casein, 3,5 % Fett, entsprechend
einem relativen Verhältniss von 1 Gewiehtstheil Casein auf 3 Theile
Fett, bezw. 1 Gewiehtstheil Casein auf 1,16 Theile Fett.
Das nähere Studium der Verhältnisse zeigte, dass das Casein
der Kuhmilch genau so wie das Casein der Frauenmilch die Eigenschaft
erlangt, sich als feines Gerinnsel abzuscheiden, wenn man der Kuh¬
milch so viel Fett zusetzt, dass das Casein- und Fettverhältniss
das gleiche wird, wie es die Frauenmilch hat; die gleiche Eigen¬
schaft konnte auch durch Zusatz von Hühnereiweiss erhalten werden.
In Bezug auf die wichtige Frage, in welcher Weise man die
Kuhmilch der Frauenmilch möglichst ähnlich machen kann, um
Säuglinge damit zu ernähren, ging Lehmann’s Ansicht dahin,
dass man entsprechend den von ihm gefundenen und im Vorher¬
gehenden mitgetheilten Zahlen für die Zusammensetzung der Kuh-
und Frauenmilch die Kuhmilch so weit mit Wasser verdünnen
möchte, bis der Caseingehalt derselben dem der Frauenmilch gleich¬
kommt, und hierauf derselben so viel Rahm, Milchzucker und
Hühnereiweiss zuzusetzon, bis das Gemisch der Frauenmilch ent¬
sprechende Quantitäten an Fett, Milchzucker und Albumin enthält.
Den Albuminzusatz schlägt er vor, in der Weise auszuführen,
dass man das Eiweiss von einem Hühnerei etwas quirlt, mit vier
Esslöffeln Wasser vermischt, durch eine Leinwand seiht und dann
den dritten Theil dieser Flüssigkeit der zu verabreichenden Menge
Kuhmilch zusetzt.
Besonderes Gewicht legte Lehmann darauf, dass der Rahm¬
zusatz genau quantitativ, entsprechend dem Fettgehalte, gemacht
werde, da der Begriff Rahm ein in sehr weiten Grenzen schwan¬
kender ist. Er fand den Fettgehalt verschiedener Rahmsorten
zwischen 8 und 30% schwankend.
Der Zusatz von Hühnereiweiss dürfte besonders dann geboten
sein, wenn der Säugling sofort künstlich ernährt werden muss, da
bekanntlich das Colostrum der Frau wie der Kuh besonders eiweiss¬
reich ist. Es ist dies auch der Grund, warum zum Besten des
Kindes auch schwache Frauen, wenn es irgend möglich erscheint,
ihre Kinder zum wenigsten bis zum zehnten Tage säugen sollten!
Bei der Herstellung der nach diesen Gesichtspunkten zusam¬
mengesetzten Gemische verfuhr Lehmann in der Weise, dass er
die mit Rahm, Milchzucker und Wasser gemischte Milch durch
kurzes Erwärmen auf eine Temperatur von circa 80° von der
grössten Zahl der Keime befreite und dann nach der Abkühlung
unter der Coagulationstemperatur des Eiweisses dasselbe in der
oben beschriebenen Weise zusetzte. Die mit dieser Milch ernährten
Kinder gediehen gut.
Noch vor wenigen Jahren hätten sich der Ausführung der
Lehmann’schen Ideen beinahe unüberwindliche Schwierigkeiten ent¬
gegengestellt. Inzwischen ist aber einerseits durch Gerber die Be¬
stimmungsmethode des Milchfettes so vereinfacht worden, dass sie
sich in wenigen Minuten ausführen lässt, andererseits sind die Milch-
centrifugen so verbessert worden und selbst in den kleineren Mol- j
kereien zur allgemeinen Einführung gelangt, dass keinerlei Grund
yorliegt, warum man nicht zu der Anreicherung der Milch an Fett
übergehen sollte. E. Brücke hat also nicht mehr Recht, wenn
er m seinem ausgezeichneten Buch „Wie behütet man Leben
und Gesundheit seiner Kinder“, nachdem er ausführlich auseinander¬
gesetzt hat, dass die Theorie erfordere, dass man entsprechend
dem Vorschlag von Biedert die Milch fettreicher machen müsste
trotzdem zu dem Satz kommt (Seite 41):
„Warum folgt man hier nicht der Theorie, die Kindernahrung
auf den mittleren Fettgehalt der Men sehen milch zu bringen? Um
Kahm zu erlangen, muss man warten, bis er sich abgeschieden
hat. Während dieser Zeit aber gehen Veränderungen in der Milch
vor deren Fortschreiten man zwar durch Kochen auf halten, aber
weiche man durch dasselbe nicht, ungeschehen machen kann. Um
diese Veränderungen so viel als möglich zu beschränken, muss
man das Ausrahmen bei möglichst niedriger Temperatur vor sich
gehen lassen, aber dann soll der Rahm wieder zu compact und
schlecht vertragen werden.“
Wahrend man fröher in der That Stunden lang warten musste,
um Rahm von Magermilch zu trennen, ist dies heute in wenigen
Minuten mit der Centrifuge leicht ausführbar. Dabei wird, wie
hinlänglich bekannt, die Milch von einem grossen Theil der Keime
die in derselben enthalten sind, befreit; zeigt es sich ja, dass der
sogenannte Centrifugenschlamm neben allem möglichen Unrath
massenhaft Keime enthält.
Es bietet heute keinerlei technische Schwierigkeiten, die Milch
von irgend welchem Fettgehalt, der der Natur der Sache nach über¬
haupt in Frage kommen kann, zu liefern.
Die Centrifugenfabriken könnten mit Leichtigkeit, durch ent¬
sprechende Veränderung der Abflussöffnungen für Magermilch
und fettreiche Milch, die Centrifugenkörper so liefern, dass sofort
eine an Fett etwa 7 x / 2 % haltige Milch, wie es die Theorie erfor¬
dern würde, von dem Apparat producirt wird. Da die Centri-
fugenkörper leicht aus der Maschine herausgenommen werden
können, so brauchte man in den Molkereien nur mehrere Trom¬
meln zu haben, von denen die eine zum Abscheiden des eigent¬
lichen Rahms, die andere zur Herstellung der Kindermilch ver¬
wendet würde.
Diese fettreiche Milch würde gegenüber den durch einfaches
Stehenlassen der Milch abgeschiedenen Rahmen den grossen Vor¬
zug haben, dass sie unzweifelhaft bedeutend ärmer an Keimen sein
müsste, als die gewöhnliche Milch.
Es kann gar nicht genug hervorgehoben werden, dass der
Fettgehalt der Milch quantitativ controllirt werden sollte, was
heute mittels der Gerber’schen Methode eine so einfache Sache
ist, dass der praktischen Durchführung kein Hinderniss entgegen¬
steht. So allein kann vermieden werden, dass höchst ungleich-
werthige Producte unter dem Namen Kindermilch zum Verkaufe
kommen. Die grossen Molkereien sollten auf der Abgabeflasche
den garantirten Fettgehalt einfach angeben und sich denselben ent¬
sprechend bezahlen lassen.
Zur Zeit ist w r ohl die am meisten verbreitete Zubereitung
der Milch für die Säuglingsemährung die, dass man die Milch
durch einfaches Kochen oder mittels des Soxhlet’schen Appa¬
rates sterilisirt und entsprechende Zusätze von Wasser und Milch¬
zucker macht.
In früherer Zeit gab man die Milch erst stark verdünnt und
brach dann nach und nach am Wasserzusatz ab, jetzt folgt man
vielfach dem Vorschlag Prof. Dr. Heubner’s und Geheimrath
Prof. Dr. Hofmann’s und giebt 1—9 monatlichen Kindern für ge¬
wöhnlich nur eine Mischung, bestehend aus einem Theil Kuhmilch
und einem Theil einer Milchzuckerlösung, welche 69 g davon im
Liter enthält.
Dabei geht man im allgemeinen von dem Gedanken aus, dass
es zulässig ist, einen Theil des im Vergleich mit der Frauenmilch
fehlenden Milchfettes durch Milchzucker zu ersetzen.
So unzweifelhaft es sicher besser ist, das fehlende Fett
■wenigstens bis zu einem gewissen Grade durch Milchzucker zu
ersetzen, eben so unzweifelhaft ist es aber, dass Fett und Milch¬
zucker chemisch ganz verschiedene Körper sind. Aus den Fetten
lässt sich mit Leichtigkeit Glycerin und Fettsäure abspalten, was
mit dem Milchzucker nicht möglich ist. Will man einen mög¬
lichsten Ersatz der Frauenmilch schaffen, so muss man entsprechend
den fraglichen Gehalten das Fett anreichern.
Der Fettgehalt erhält aber eine noch viel bedeutungsvollere
Wichtigkeit, da das Fett der Kuh- sowohl als der Frauenmilch
neben den Glyceriden der Fettsäure einen gewissen Gehalt an
Lecithin hat. Das Fett der Frauenmilch ist sogar ■wahrscheinlich
erheblich reicher an Lecithin als das der Kuhmilch.
Lecithin ist aber nach den Untersuchungen von Strecker
und Hundeshagen und Gilson eine ätherartige Verbindung von
Fettsäureradicalen substituirter Glycerinphosphorsäure und einer
Base, dem Cholin: C 44 H 90 NPO 9 .
Das Fett der Milch enthält demnach Phosphor, der aller
Wahrscheinlichkeit nach in dieser Form leicht assimilirbar ist.
Bedenkt man, von welch eminentem Einfluss kleine Gaben von
Phosphor, in der Form von Phosphorleberthran gegeben, auf die
Knochenbildung im kindlichen Organismus sind, so wird man kaum
einen anderen Schluss ziehen können, als dass der Phosphorgehalt
im Fette der Milch von der vorsorgenden Natur als ein noth*
wendiger und sehr wichtiger Bestandtheil vorgesehen ist.
Nachdem die Wissenschaft und die Technik die Mittel .an die
Hand gegeben haben, um die entsprechend fettreiche Milch für den
Säugling zu liefern, sollte man dieselbe den Kindern, die ohnehin
das Unglück trifft, dass ihre eigenen Mütter sie nicht ernähren
können, nicht mehr vorenthalten. Betrachtet man die Lehmann-
schen Zahlen für die Zusammensetzung der Frauen- und Kuhmilch,
so drängt sich, entgegengesetzt zu dem heutzutage allgemein ange¬
nommenen Gebrauch, vom chemischen Standpunkte die Üeberzeugung
auf, dass das Kochen oder Sterilisiren der Milch, in Bezug auf
die Assimilirbarkeit eines der wichtigsten Bestandtheile, ein
Fehler ist.
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1. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
841
Lehmann hat nämlich gefunden, dass die Frauenmilch 0,5 o/ 0
Albumin enthält, während die Kuhmilch nur 0,3 % hat.
Das Albumin hat aber die Eigenschaft, beim Kochen zu
coaguliren und sich in Form einer dünnen Haut auf der Milch
abzuscheiden. Jeder, der selbst die Kinderernährung mittels der
Flasche genau verfolgt, beobachtet, dass gewöhnlich eine ganz
geringe Quantität von Milch in der Flasche bleibt: sieht man näher
zu, so findet man, dass diese reich an solchen Älbumingerinnseln
ist; ganz abgesehen davon, dass in sehr vielen Fällen die Wärterin
die Haut einfach vorher entfernt, so dass das Albumin überhaupt
nicht in die Flasche kommt.
Nimmt man an, die Kuhmilch sei zum Zweck der Säuglings¬
ernährung mit dem gleichen Volumen Wasser verdünnt worden, so
enthielt sie von Haus aus nur 0,15% Albumin, während die
Frauenmilch 0,5% Albumin hat. Durch das Kochen wird nun
diese an sich viel geringere Quantität von Albumin in den unlös¬
lichen Zustand übergeführt, wodurch es unbestreitbar weniger leicht
assimilirbar werden muss, als es im ungekochten Zustande ist.
Man denke ferner daran, dass Personen mit schwachem Magen
hartgekochte Eier überhaupt nicht mehr vertragen, während sie
rohe oder doch nur weich gekochte Eier leicht verdauen.
Hiermit steht wohl auch im ursächlichen Zusammenhang die
Thatsache, dass gekochte Milch auf viele erwachsene Personen
stark verstopfend wirkt, während sie ungekochte Milch leicht ver¬
tragen.
Von geradezu ausschlaggebender Bedeutung in dieser Frage
dürften die Beobachtungen sein, welche Bezirksarzt Dr. Walther
Hesse in der Zeitschrift für Hygiene und Infectionskrankheiten
Bd. 17, Seite 238 kürzlich mitgetheilt hat.
Hesse fand, dass in ungekochter Milch Reinculturen von
Cholera- und Typhuskeimen bei gewöhnlicher und bei Brutofen¬
temperatur in kurzer Zeit abstarben, jedenfalls sich unzweifelhaft
nicht vermehrten, während sie in gekochter Milch weiter wuchsen.
Diese hochwichtige Thatsache lehrt, dass der ungekochten
Milch von der Natur die Eigenschaft gegeben ist, dem Wachsthum
von gewissen Keimen, und zwar gerade solchen, die als Feinde des
menschlichen Organismus zu betrachten sind, hindernd entgegen¬
zutreten. Die Untersuchungen Hesse’s haben sich bis jetzt nur
auf Cholera- und Typhuskeime erstreckt; es ist sehr wahrscheinlich,
dass eine grosse Zahl anderer Keime sich ähnlich verhält.
Erwägt man diese Thatsache und bedenkt man nebenbei, dass
selbst bei sorgfältigster Sterilisation es nie ausgeschlossen erscheint,
dass von den Betten, Möbeln, Händen der Kinderwärterinnen, durch
den Staub der Luft u. s. w. Bacterien in den Mund des Säuglings
gelangen, so ist es zum mindesten zweifelhaft, ob die grössere
Sicherheit, dass nicht Krankheitskeime direkt durch die ungekochte
Milch in den Verdauungsapparat kommen, völlig aufgewogen wird
durch den Nachtheil, dass die gekochte Milch einestheils des ge¬
lösten Eiweisses beraubt ist, andererseits die Fähigkeit verloren
hat, selbst das Wachsthum gewisser Keime zu hindern.
So epochemachend seiner Zeit die Entdeckung der antiseptischen
Behandlung von Wunden war, so ist man sich doch jetzt in den
maassgebenden Kreisen völlig einig, dass in vielen Fällen die
aseptische Behandlung bei weitem bessere Resultate erzielen lässt.
Wer aber möchte behaupten, dass bei der sogenannten aseptischen
Behandlung jeder Keim absolut ausgeschlossen sei. Alles was man
bestimmt sagen kann, ist, dass bei der Art, mit welcher man die
scrupulöseste Reinlichkeit handhabt, die Krankheit erzeugenden Keime
erfahrungsgemäss nicht mehr zur Entwickelung kommen.
Betrachtet man die Verhältnisse, wie sie in der Milchwirth-
schaft liegen, so ist es klar, dass bei der Erzeugung von Kinder¬
milch vieles sehr wesentlich gebessert werden könnte. Um des
sehr zweifelhaften Vorth eiles, ein Maximum der Milchproduction
zu erlangen, hält man an vielen Orten die Kühe wie schwere Ver¬
brecher. Im halbdunklen Stall stehen die armen Thiere Jahr aus
Jahr ein an der Kette auf ihrem eigenen Mist. Ist dies nicht ge¬
nug Erklärung, warum dieselben in so erschreckend grosser Zahl
der Perlsucht verfallen. In der Mehrzahl der Fälle wird ferner
die Milch direkt über dem Mist abgemolken, von den schmutzigen
Fingern der diese Arbeit thuenden Personen gar nicht zu reden.
Es ist gewiss nicht zu bestreiten, dass seit der Einführung
der Sterilisation der Milch die Diarrhöen der Säuglinge verschwun¬
den sind. Dass die so aufgefütterten Kinder aber weniger anderen
Krankheiten unterliegen, ist nicht festgestellt. Im Gegentheil
findet man, dass eine grosse Zahl mit sterilisirter Milch aufge¬
brachter Kinder nun an Verstopfung leidet. Alle Aerzte stimmen
in der Beobachtung überein, dass das Wachsthum an der Brust
ein viel besseres ist. Grund genug, um darüber nachzudenken,
wo hier etwas gebessert werden könnte.
Ich bin der Ansicht, dass, wie man durch die Entdeckung
der antiseptischen Behandlung zur aseptischen Behandlung ge¬
kommen ist, man bei der Säuglingsernährung auf dem Umwege
der Sterilisation der Milch zur ausgesuchten Reinlichkeit bei der
Behandlung der Milch kommen wird.
Selbstverständlich muss man den Kindern sterilisirte Milch
geben, wenn sie dünne Stühle haben, oder wenn man es der
Wahrscheinlichkeit nach mit kranken Kühen zu thun hat oder
wenn extrem hohe Sommertemperaturen es nicht gestatten, die
Milch ohne Verderbniss so lange aufzuheben, als bis zum Verbrauch
nöthig ist.
Hiergegen scheint es mir unzweifelhaft, dass man Kindern,
die an Verstopfung leiden, ungekochte Milch geben sollte.
Es ist dies keineswegs eine neue Erkenntniss. Hochbedeu¬
tende Kinderärzte mit der reichsten Erfahrung haben diesen Stand¬
punkt durchaus vertreten, bis die neuen Errungenschaften der
Bacteriologie rücksichtslos alle anderen Erwägungen zurück¬
drängten.
So sagt Chavasse (Advice to a mother on the management
of her children, 1878. 13. Auflage S. 32): „The milk, as a general
rule, ought to be unboiled, but if it purge violently, or if it
cause offensive ihotions, which it sometimes does, then it must
be boiled“.
Kümmert sich die Mutter selbst um ihr Kind, trägt sie Sorge,
dass die Milch an einem möglichst kühlen Ort aufbewahrt wird,
so findet man bei der praktischen Durchführung dieses Gesichts¬
punktes, dass es leicht ist, die Ernährung des Kindes zu reguliren.
Das Aussehen des Stuhlganges ist der Maassstab, nach welchem
entweder sterilisirte oder unsterilisirte Milch verabreicht werden
muss.
Unter Zugrundelegung der im Vorstehenden entwickelten Ge¬
danken ergiebt die nachfolgende Betrachtungsweise eine Vorschrift
für die Darstellung von Muttermilchersatz: Nimmt man den Ca¬
seingehalt der Kuhmilch zu 3% an, so wird man dieselbe in dem
Verhältniss wie 4 zu 6 mit Wasser verdünnen müssen, damit das
Gemisch D /2 % Casein (entsprechend dem Caseingehalt der Frauen¬
milch) zeigt. Soll das Gemisch nach dem Verdünnen 3,8% Fett
(entsprechend dem Fettgehalt der Frauenmilch) enthalten, so müsste
die Milch vor dem Verdünnen auf 9,5% Fett mit der Centrifuge
angereichert worden sein. Legt man die Mittelzahl von 3% Fett,
welche andere Forscher für die Frauenmilch gefunden haben, zu¬
grunde, so müsste die ursprüngliche Milch 7 L /2% Fett enthalten.
Da ferner durch die Verdünnung der Albumingehalt von 0,3%
auf 0,12% herabgedrückt wird, so müsste pro Liter Milchersatz
3,8 g Eiweiss zugesetzt werden, damit derselbe den Albumin¬
gehalt der Frauenmilch habe. Wollte man das Eiweiss der ur¬
sprünglichen Milch zumischon, so müsste man pro Liter 9 l /-2 g
Albumin zusetzen. Dem Gemisch müsste ferner pro Liter 42 g
Milchzucker zugesetzt werden, oder die ursprüngliche Milch müsste
105 g pro Liter Milchzuckerzusatz erhalten, um beim Verdünnen
von 4 zu 6 eine Mischung zu geben, die dem Milchzuckergehalt
der Frauenmilch entspricht.
Zur Darstellung eines Muttermilchersatzes möchte ich Vor¬
schlägen, die Milch cur anstalten, welche jetzt in allen grossen
Städten bestehen, möchten in Zukunft eine Milch liefern, welche
unter Einhaltung möglichster Reinlichkeit von gesunden Thieren,
die einen grossen Theil des Tages in frischer Luft sich be¬
wegen dürfen, in der Weise hergestellt ist, dass man zunächst
die Milch mit der Centrifuge auf 7V2% Fett angereichert hat
(wobei nebenbei ein grosser Theil der etwa darin enthaltenen
Keime entfernt worden ist) und hierauf mit 105 g Milchzucker
und 9V2 g Hühnereiweiss pro Liter versetzt. Das Hühnereiweiss
ist nach dem Vorschläge Lehmann’s vorher pro Ei mit vier
Esslöffeln Wasser zu vermischen, zu quirlen und dann durch eine
Leinwand zu seihen. , M .
Diese so mit grösster Sorgfalt hergestellte Mischung müsste
regelmässig chemisch auf ihre Bestandteile untersucht werden
und in mit Eis gekühlten Wagen, wie solches für Bier längst im
Gebrauch ist, in die Haushaltungen geliefert werden.
Ein Liter derartigen Muttermilchersatzes würde beim Ver¬
dünnen mit 1500 cm Wasser 2500 cm Säuglingsnahruung geben.
Während die Herstellung der Mischung am besten in den
Molkereien auszuführen ist. ist das Verdünnen mit Wasser zweck¬
mässig kurz vor der Verabreichung in den Haushaltungen vorzu¬
nehmen.
Dabei würde man in der Weise zu verfahren haben, dass man
zuerst das zum Verdünnen zu verwendende Wasser auf kocht und
hierauf dasselbe durch Einstellen des Kochgefässes in kaltes Wasser
auf 60° C abkühlt, um zu verhindern, dass beim Vermischen des
heissen Wassers mit der Milch nicht ein Theil des Albumins
coagulirt werde. „
Je nach den Verhältnissen ist dann das so hergestellte lie-
misch entweder nachträglich noch weiter zu kühlen oder wieder zu
erwärmen, bis es die Temperatur von 37° C hat.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Die so erhaltene Mischung ist dem Kinde, so lange es im
normalen Ernährungszustände ist, ungekocht zu geben. Treten
Durchfälle ein, so ist die Milch ohne Eiweisszusatz zu sterilisiren.
Schliesslich gestatte ich mir noch hervorzuheben, dass im
Falle schlechter Knochenbildung der Kinder der vielfach gegebene
Kalkzusatz zur Kuhmilch, in Ansehung des Umstandes, dass die
Kuhmilch an sich viel reicher an phosphorsaurem Kalk als die
Muttermilch ist, ungerechtfertigt erscheint. Ich bin vielmehr der
Ansicht, dass man unter diesen Umständen eine an Lecithin
reiche Nahrung geben sollte, die im Eigelb von der Natur bereitet
zur Hand ist. Dabei verfalle man jedoch nicht in den Fehler, zu
viel zu geben. Ein halbes Eigelb pro Tag würde sicher schon
genügend sein. Weit davon entfernt, von einem einzelnen Fall
allgemein gültige Schlüsse machen zu wollen, gestatte ich mir
schliesslich die Mittheilung, dass ich bei meinem eigenen Kind,
nach dem Weglassen des Sterilisirens, mit der Kuhmilch eine vor¬
zügliche Ernährung erreicht habe und dass ich durch Beimischung
von Eigelb zur Kuhmilch die Knochenbildung sichtlich habe för¬
dern können.
VL Pseudotabes mercurialis.
Von Dr. W. H. Gilbert in Baden-Baden.
Patient wurde nämlich nach einem Alkoholexcess von zunehmender
Herzschwäche ergriffen, der er imter allgemeinem Hydrops nach etwa
14 Tagen erlag. Zu den anderen Symptomen gesellten sich luetische
Geschwürsbildungen auf der Brust und im Rachen. Wahrscheinlich tragen
an dem Tode luetische Processe im Herzmuskel die Schuld. Seclon
wurde nicht gestattet, und so mussten wir auf die jedenfalls interessanten
Postmortalbefunde verzichten.
Es dürfte dieser Fall wohl ein interessantes Seitenstück zu dem von
Leyden 1 ) beobachteten bilden und als „Pseudotabes mercurialis“ be¬
zeichnet werden.
Dafür, dass wir wirklich eine infolge therapeutischer Anwendung
des Quecksilbers entstandene mercurielle Polyneuritis vor uns hatten
dürften wohl auch hier die von Leyden citirten Momente sprechen:
I. Die Erfahrung, dass solche Erkrankungen nach Quecksilberanwen¬
dung Vorkommen. 3 )
II. Weil auch dieser Fall gleich demjenigen Leyden’s den be¬
kannten toxischen Formen entspricht.
III. Dass wie in dem bekannten Leyden’schen Falle auch hier die
Heilung bei Abstinenz von Quecksilber eingetreten ist.
•Ausgeschlossen wäre demnach die Zurückführung der Aetiologie auf
Syphilis, abgesehen von der Beobachtung Leyden’s, dass typische Poly¬
neuritis und acute Ataxie auf syphilitischer Basis nicht bekannt sind. Ob
aber vielleicht doch nicht noch andere Momente in Betracht kommen,
vermag ich nicht zu entscheiden.
Es sei mir gestattet, in Kürze den Bericht eines Falles von
therapeutisch-mercurieller Polyneuritis zu geben, welcher durch seine
Eigenart, dass zugleich schwere tabische Erscheinungen auftraten, von
Interesse sem dürfte.
nJ nl x^ ecem b. er Y er £ an & enen Jahres wurde uns vom einem Collegen
in Montreux em 26jähriger früherer Officier zur Behandlung über¬
wiesen. Derselbe soll bis Juni 1892 vollkommen gesund gewesen sein
und acqiunrte erst in jenem Monat eine luetische und gonorrhoische In-
iection. Patient machte verschiedene antiluetische Curen durch, zuerst in
Sonnenberg, dann in Berlin (Maison de Sante), darauf in Aachen und
schliesslich in Würzburg, von wo er als geheilt entlassen wurde. Im
darauffolgenden Sommer verweilte Patient in Interlaken, wo alsdann eine
schwere Hals- und Rachenaffection auftrat, die als einfache eitrige
ha“delt e wuJde dUng dmgnostlcirt und sechs Wochen lang specialistisch be-
W11 r . A n ls Affection sich aber trotzdem immer mehr verschlimmerte,
wurden die Professoren G<$rard und Valentin in Bern zu Rathe ge-
Pof.w welcbe dle . syphditische Natur der Rachenaffection feststellten,
dl« r rd * l0 n*1, behandeIfc und da nn Anfangs September der Therapie
des Montreuxer Collegen überwiesen. Der damalige Befund war:
TTvnln" «nA S« P i*° qUe ™ aU J dem vorderen weichen Gaumenbogen, der
dlrch TndiJr rechten Mandel. Bedeutende Besserung wurde erzielt
Gurgel dtd ’ Subhmatm J ectl0nen » Localbehandlung mit Aristol und
1 wai S t Pte - mber u to^on hoftig® Schmerzen in den unteren Extremi
?? nerbalb ac , ht Ta gon zu vollständiger Lähmung und zi
£ f eid T Be \ ne fü ^ n ‘ Die grossen Nervenstämme warer
iufe , 8 Äf schme rzhaft; es bestand Entartungsreaction, und
d 6 f S r p n rR efl f t Xe p[ eh te . n ’ ? s ^ aber keine atactischen Erscheinungei
Lg f en Pd™fritS\ Bt ' 0 , 1 .?. bestätl g t f ^e Diagnose des behandelnden Col-
N&n^inm/Sf u s yptohtica paralytica, die noch durch Alkohol- und
Ener ^ sche Inunctionscur (28 Tage
Massage und Kif g / ,T; } - TV? äfce f; als die Schmerzen nachliessel
^Snder d B J e^«r^n < l <3lek tosche Behandlung wurde abgelehnt) führten zu
^ S ° daS8Patient auf -ei Stecke gestützt sich lang-
suchll ttr Z p s . tande kam Patient in unsere Behandlung. Die Unter-
suchung ergab. Patient mittelgross, ziemlich kräftig gebaut Muskulatur
Ha ffetfaiT stark
lefchtes OeXn «« t®, Un ? T Con J im ctivae blass, keine Exantheme,
ergiebt normale Un ^ rsuch . un g der Lungen und des Herzens
3 eLrTvstelhfeW? p mit Ausna bme einer äusserst frequenten Action
bis zum Ä! - h f Bewegung, welche sich von der Papilla mammae
breit unterhafh t dA U a ra p f?rtp i anZt L o ber gr enze nach unten ca. dreifinger-
J l ™ erhaIb d ? Bippenbogenrandes, Milz normal. Nervus cruralis
Der ? • ! bei geschlossenen Augen verstärkt ist.
Die SenaibiUut I ä"Tj ler und atactisch, Romherg’sches Symptom.
uLracheoM J t “V den . U ? teren Extremitäten vom oberen Drittel der
Die Klagen des Patienten 68 .^. namentl .' ch Blasenfunction gestört,
sprechend dem ■VeriSL ^ S,ch auf brennende Schmerzen, ent-
Extremitäten Taubes p^ f ^T? sa - ea Nervenstamme der oberen und unteren
unsicheren^Gehbewegungeu ' D *” Schwlteb «g«f™ bei den
Diät ^o C (Iib«<wf W M CllentllC * ier . Debaodlung mit roborirender aber blander
jeräven Worie v^n^lS ?dElekt r itil i War ™ die «bjectiven wie aub-
Schwanken hoi v ® rsc ^ w unden. Gang sicher und fest, kein
hLSLSS“TT A c? en - bfusculatur wieder normal und
refleie’ ™ n keine Schmerzen, Sensibilität normal. PateUar-
war c^e^rvoLtodtT S p ;- d f h ^der vorhanden. Die Heüung
machen konnte, imdlbüeb^ch^kBe^.o' Fab ™ ar » och einen Ball mit-
seinem am 26. April erfolgten Tode B ° f d “ Nen ' ens J’ stem bls zu
VIL Ein Fall von Pseudotabes mit Arthro-
pathia genu sinistri.
Von Dr. Konrad Ruhemann, prakt. Arzt in Berlin.
Gelenkaffectionen kommen bei Erkrankungen des Rückenmarkes ausser
bei der Syringomyelie und Tumoren am häufigsten bei Tabes dorsualis
vor; es ist das grosse Verdienst von Charcot, zuerst auf die Beziehungen
zwischen den Gelenkerkrankungen und Tabes dorsualis unsere Aufmerk¬
samkeit gelenkt zu haben. Da die häufigste Form der Spinalerkrankungen,
bei der Arthropathieen beobachtet werden, die Tabes ist, sind diose von
Charcot mit dem Namen „Arthropathies tabetiques“ benannt worden.
Während es in den ersten Jahren nach der Veröffentlichung Charcot’s
(Sur quelques arthropathies qui paraissent dependre d’uue ldsion du cerveau
ou de la moölle epintere. Arch. de physiol. 1868) besonders französische
Autoren waren, welche die Lehre ihres Meisters durch Veröffentlichung
schätzenswerther Beiträge bereicherten und stützten, sind es seit den
achtziger Jahren englische und besonders deutsche Forscher gewesen, die
dazu beigetragen haben, das Dunkel dieser neuropathischen Gelenkaffection
aufzuklären. Hervorheben möchte ich die Arbeiten von Rotter und von
Sonnenburg in Langenbeck’s Archiv (1888, Band 34 ) und die treffliche
Darstellung von Kr edel in den Volkmann’sehen Vorträgen, wo fast die
ganze Litteratur über unseren Gegenstand zusammengetragen ist. — Es
möge mir im lolgenden gestattet sein, über einen Fall von Arthropathia
genu sinistri aus meiner Praxis zu berichten, der mir anfangs als Tabes
imponirte, dessen genauere Untersuchung jedoch ergeben hat, dass es sich
wahrscheinlich um keine Systemerkrankung, sondern um eine diffuse
Affection der Hinterstränge handelt, wahrscheinlich auf syphilitischer
Basis. Ich möchte gleich hier hervorheben, dass die Gelenkerkrankung
sehr frühzeitig aufgetreten ist, fast 15 Jahre früher, ehe Patient arbeits¬
unfähig wurde, und sicher schon als erstes Zeichen seiner vorhandenen
Spinalerkrankting anzusehen war, zu einer Zeit, wo sonstige Symptome
derselben noch vollkommen fehlten (vergl. Sonnenburg 1. c., C. West-
phal, Berliner klinische Wochenschrift 1881, No. 29). Besonders von
Sonnenburg ist die Frage aufgeworfen worden, ob die tabischen Arthro*
pathieen, die übrigens sämmtliche Gelenke des Körpers befallen können,
als nur der Tabes eigentümliche Formen anzusehen sind oder ob sie
auch im Verlauf anderer Neurosen beobachtet werden. Sonnenburg
hält dieselben offenbar für pathognomonisch für Tabes; allerdings, so
äussert er sich, kommen nach Contusion, Durchschneidung, Schuss¬
verletzungen, Syringomyelie, Compression des Rückenmarkes durch einen
Tumor ähnlicho Gelenkaffectionen zur Beobachtung, ebenso wie bei ge¬
wissen cerebralen Leiden Gehirnerweichung; indess kommt es selten zu
so wesentlichen Veränderungen in den Gelenken. Die gewaltigo Auftreibung
des linken Kniees bei meinem Kranken war den Gelenktumoren, die ich
bei Tabikern gesehen, so ähnlich, dass ich aus der Arthropathie zusammen
mit der bestehenden Pupillenstarre die Diagnose auf Tabes stellte; um
so grösseres Interesse dürfte der Kranke daher beanspruchen, als ich
von dieser Annahme zurückgekommen bin.
Der Kranke ist ein 64 Jahre alter Schlosser. Die Eltern desselben
waren mit einander nicht verwandt; der Vater starb in hohem Alter von
85 Jahren, die Mutter starb 79 Jahre alt, nachdem sie fünf Jahre zuvor
einen Schlaganfall erlitten. Von fünf Geschwistern war keines nerven-
leidend. Er selbst war in seiner Jugend ganz gesund und kräftig, seiner
Militärpflicht hat er bei einem Garderegiment genügt; im Alter von
28 Jahren hat er einen harten Schanker acquirirt und wurde deswegen m
der Charite behandelt. Hautausschläge hat er nicht gehabt, auch eine
*) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin in Berlin am
29. Juni 1893. Deut. med. Wochenschrift 1893, No. 31, S. 733. .
*) Forestier, polynßvrite motrice des membres d’origine mercunelle.
Aix les Bains 1890. — Kussmaul, Ueber den constitutioneilen Mer-
curialismus Würzburg 1861. — Letulle, Archives de physiologie nor¬
male et pathologique. 1887, Bd. IX. — Leyden, Ueber multiple Neuritis,
a. a. 0. — Hallopeau, Du mercurialisme. Arch. de physiologie et
thörapie 1878.
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1. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
843
antiluetische Cur will er nicht gebraucht haben. Als Schlosser ist er
seiner schweren Arbeit stets, nachgegangen und war später ganz gesund
bis vor 15 Jahren. Als er eines Morgens erwachte, bemerkte er, dass an
der Innenseite seines linken Kniegelenkes eine wallnussgrosse Geschwulst
entstanden war. Entzündliche Erscheinungen fehlten angeblich voll¬
kommen; die Haut war nicht gerüthet, die Geschwulst nicht schmerzhaft,
Fieber bestand nicht, beim Gehen war er nicht behindert. Der Kranke er¬
innert sich ganz genau, dass die Anschwellung spontan entstanden war,
ein Trauma stellt er entschieden in Abrede. Mit der Zeit schwoll das
Gelenk bedeutend an, vor etwa fünf Jahren betrug der Umfang 45 cm
nach seiner Angabe, jetzt 54 cm gegen 34 cm rechts. Im Jahre 1887
hatte er im Anschluss an Influenza Lungenentzündung und Blasenkatarrh,
drei Monate später Gallensteinkolik. Nach Heilung des Blasenkatarrhs
ist er stets imstande gewesen, den Urin, ebenso wie Stuhl, in normaler
Weise zu halten. Gefühlsstörungen will er nie gehabt haben, im be¬
sonderen bestreitet er, dass er an blitzartigen durchfahrenden Schmerzen
in den Gliedern gelitten hat. Dagegen giebt Patient an, dass er seit
sieben Monaten das Gefühl hat, als wäre seine ganze Brust und der Leib
eingegypst; das Kreuz ist ihm zu kurz, und bisweilen ist es ihm, als wäre
ein eiserner Reifen krampfartig um seine Taille gelegt; oft ist dieses Ge¬
fühl mit einer drückenden Beklemmung in der Magengegend verbunden,
welches sich nach dem Essen steigert. Bisweilen klagt er über Uebelkeit
und Neigung zum Erbrechen. Seit längerer Zeit hat er das Gefühl in
beiden Beinen, besonders links, als ob er mit der Fusssohle auf Sand
ginge, auch in den Händen hat er über Kribbeln zu klagen. Die Ohren
sind ihm stets kalt, ebenso die Beine, die ihm oft wie Steine Vorkommen.
Beim objectiven Befund ergiebt sich folgendes: Kniehackenversuch
sicher ausgeführt. Zielbewegungen in den Händen ohne Schwanken. Beim
Stehen mit Augenschluss droht er umzufallen. Augenbefund (Dr. Seelig-
sohn): Rechts Abducensparese, zeitweise auftretender beiderseitiger
Nystagmus horizontal. Rechte Pupille weiter als die linke. Beiderseits
reflectorische Pupillenstarre auf Licht und Accommodation. Pupillen un¬
regelmässig gestaltet. Ophthalmoskopisch: Hypermetropie. Beiderseits
im Centrum und im Umkreise von 1—2 Papillendurchmesser um das¬
selbe zahlreiche Stecknadelkopf- und spitzengrosse, hellgelbe und rosa
Tüpfelchen in der Retina (Retinitis centralis), wahrscheinlich infolge von
Lues.
Sehschärfe: Rechts mit 2,5 D, links 2,0 = f. In der Nähe rechts
+ 5,0, links +4,5 feinster Schrift, Sn 1+ 10". Gesichtsfeld am Peri¬
meter für weiss und Farben frei, kein Skotom.
Doppelbilder sind auch mit Prisma und rothem Glas nicht mehr nach¬
weisbar, sollen aber zeitweise beim Blicke ganz nach rechts auftreten.
Rechts Exophthalmos, keine Ptosis.
Was die objectiven Störungen der Sensibilität anlangt, so sind sie
bei unserem Kranken nicht so ausgeprägt wie bei Tabes. Während sonst
in Fällen typischer Tabes eine bedeutende Verminderung der Gefühls¬
schärfe besteht, kann man sich hier leicht überzeugen, dass alle sensiblen
Reize (Berührungen, Kneifen, Nadelstiche), richtig und zeitig bemerkt,
richtig lokalisirt werden. Auffallend ist nur. dass Nadelstiche meistens
als Brennen empfunden werden und dass Patient an den unteren Extremi¬
täten kalt für 'warm empfindet, nicht nur bei plötzlicher Berührung, sondern
auch, wenn man das kalte Gefäss längere Zeit auf der Haut stehen lässt.
Während hier die Empfindlichkeit nicht vermindert ist, ist es augenschein¬
lich, dass die Sensibilität um den Leib herum sogar gesteigert ist.
Der Geruchsinn erscheint vollkommen normal. Das Gehör ist seit
einem halben Jahr etwas herabgesetzt. Der Geschmacksinn scheint in
der Weise pervers, dass dem Patienten sämmtliche Speisen übelriechend
schmecken.
Die Gemüthsstimmung ist meistens mürrisch und pessimistisch, er
ist um unbedeutende Dinge sehr leicht erregt, sein Krankheitszustand
deprimirt ihn sehr; er leidet an Verfolgungsideen, wird Nachts durch
heftige Träume geplagt; er sieht des Nachts, wie Männer auf ihn los¬
springen und sein Leben bedrohen; die Neigung zum Schlaf ist meistens
aufgehoben; an offenem Fenster darf er sich nicht auf halten, da er zu
leicht schwindelig wird. Sprachstörungen sind nicht nachweisbar.
Blasenstörungen bestehen nicht, auch ist er imstande, Stuhl zu halten;
Neigung zur Obstipation. Am After und dessen Umgebung hat er oft
über schmerzhafte Zusammenziehung zu klagen. Die Potenz ist seit fünf
bis sechs Jahren vollkommen aufgehoben.
Gastrische Complicationen schwerer Art fehlen; ab und zu klagt er
über die geschilderten Magenbeschwerden, die aber sicher nicht als Crises
gastriques anzusehen sind. Feste Speisen vermeidet Patient möglichst,
flüssige werden von ihm besser vertragen.
Von Seiten der Respirationsorgane ist zu erwähnen, dass Patient nach
seiner Angabe etwa zwei- bis dreimal wöchentlich, meistens zur Nachtzeit
an Hustenanfällen leidet, so dass er Neigung zum Erbrechen bekommt.
Der Husten ist hohl und bellend, dabei tritt ein Angstgefühl ein, dass dem
Patienten der Schweiss am ganzen Körper austritt, besonders am Kopf.
Anfälle von seiten des Herzens werden nicht angegeben; bisweilen
besteht Herzklopfen, Puls ist regelmässig, 84 in der Minute.
Die Maasse an den Extremitäten haben folgendes ergeben: Die
Entfernung der beiden Condylen beträgt rechts 8,5 cm, links 15,5 cm.
Ein Eiguss ist im Gelenk links deutlich nachzuweisen, besonders nach
der medianen Seite zu. Das linke Knie ist kolossal aufgetrieben
und in seiner Gestalt deformirt, im Innern der Gelenkhöhle scheinen sich
mehrere Epiphysenfragmente losgelöst zu haben, an vielen Stellen ist deut¬
liches Crepitiren nachweisbar. Wie weit Knorpel und Knochen des Ge¬
lenkes an der Auftreibung betheiligt sind, lässt sich nicht mit Bestimmt¬
heit angeben.
Es messen die Mitte beider Oberschenkel 39 cm im Umfang,
oberhalb des Kniegelenkes beträgt das Maass rechts 33, links 39 cm, in
der Mitte des Kniegelenkes rechts 34, links 54 cm; dicht unterhalb dos
Kniegelenkes messen die Unterschenkel rechts 30, links 35 cm. — Die
Waden messen im Umfang rechts 32, links 33 cm; der linke Fuss ist um
1 cm kürzer als der rechte. — Die Kniescheibe misst rechts 5 cm, links
7 l /* cm in der Breite, während die Maasse von der Basis bis zur Spitze
fast gleich sind.
Während Patient das rechte Bein vollkommen normal bewegen, im
besonderen beugen kann, ist er mit dem linken Bein nur imstande, das
Kniegelenk bis zum rechten Winkel zu beugen. Das linke Bein hält er
meist in Genu valgum-Stellung; da die Gelenkenden theils abgeschliffen,
theils zerstört sind, entstehen unregelmässige Schlotterbewegungen. An
dem erkrankten Knie fehlt der Pateuarreflex, was bei der anatomischen
Veränderung im Knie nicht überrascht, während der Patellarreflex
am gesunden Knie vollkommen erhalten ist.
Diagnostisch wäre nun folgendes hervorzuheben. In dem Bilde einer
typischen Tabes fehlt vor allem das Westphal’sche Zeichen; ausserdem
sind nicht vorhanden Ataxieen bei Einzelbewegungen, Analgesieen,
Störungen des Muskelsinnes; ferner spricht auch der bisherige Verlauf der
Krankheit dagegen. — Eine Neuritis schliesse ich auch aus; es fehlen die
Schmerzen, Muskelatrophieen, auch wäre die Pupillenstarre nicht damit
in Einklang zu bringen. Dagegen macht die bestimmte Angabe des
Patienten, dass er vor 36 Jahren einen harten Schanker hatte, und der
Augenbefund es in hohem Maasse wahrscheinlich, dass es sich um eine
Erkrankungsform handelt, wie man sie bei Lues findet, mit vorzugsweiser
Betheiligung der Hinterstränge.
Therapeutisch hat Patient Jodkali wiederholt während der sieben
Monate bekommen, in denen ich ihn beobachte, und zwar in grossen Dosen
ohne jeden Nutzen; im übrigen ist die Behandlung eine roborirende und
symptomatische gewesen. Von seiten des kranken Kniees hat Patient
viel zu wenig Beschwerden, als dass überhaupt eine Behandlung noth-
wendig wäre; im besonderen habe ich von jedem chirurgischen Eingriff,
der von anderer Seite vorgeschlagen wurde, abgerathen. Eine Resection
würde auch einen weit geringeren Nutzen haben, als bis jetzt die Zer¬
störung des Gelenkes seiner Function geschadet hat.
Herr Privatdocent Dr. Köppen ist so freundlich gewesen, meinen
Kranken nachzuuntersuchen, wofür ich ihm auch an dieser Stelle ver¬
bindlichst danke.
VIII. Standesangelegenheiten.
Staatliche Aufsicht über die ärztliche Thätigkeit in Amerika.
In dem losen Staatenbund, den die Vereinigten Staaten darstellen,
ist nach’der Schilderung von Reginald H. Fitz (Bostonmed. and surg.
Journal, 14. Juni bis 12. Juli 1894) die Gesetzgebung eine durchaus un-
leichmässige, so dass Vorschriften, die an einem Ort gelten, an anderer
teile vollständig unbeachtet bleiben können. Die dadurch hervorge¬
rufenen Missstände haben sich ganz besonders bei der staatlichen Auf¬
sicht über die ärztliche Thätigkeit geltend gemacht, denn während
einzelne Staaten in dieser Beziehung feste und zum Theil recht strenge
Gesetze aufgestellt haben, liegen in anderen die Verhältnisse ungefähr
noch ebenso wie vor 50 Jahren, und es ist dem Quacksalberthum
und der Betrügerei Thür und Thor geöffnet. Zu den letzteren gehört
der Staat Massachusetts, in dem bis jetzt jeder Angriff aut die be¬
stehenden Zustände von den daran interessirten Parteien siegreich
abgeschlagen ist. Dass sie dabei ihre Kräfte bis aufs äusserste an¬
strengen, ist natürlich, denn beim Zustandekommen eines solchen Gesetzes
— bei den Schilderungen, die der Verfasser von den wahrhaft schauder¬
haften Zuständen giebt, wäre es dringend wünschenswerth, dass das Unter¬
nehmen gelänge — w’ürde ein grosser Theil dieser sogenannten ärztlichen
Praktiker ihrer Einnahmen beraubt. Es hat sich daher eine förmliche
Liga zur Bekämpfung des drohenden Gesetzes gebildet, die „National
Constitutional Liberty Loague“, die Circulare versendet und die bedrohton
Genossen zu Geldbeiträgen auffordert, denn der Ansturm gegen das neue
Gesetz kostet viel Geld. Auf die interessanten historischen Schilderungen
des Verfassers Uber die ärztliche Gesetzgebung in den Vereinigten Staaten
können wir hier nicht oingehen, und wir geben daher nur einen kurzen
Bericht über seine Reformvorschläge. Hauptsächlich handelt cs sich
natürlich um die Aufstellung von Prüfungscommissionen, denn der Unfug,
der mit dem Verkauf von Diplomen getrieben ist — so erhielt z. B. ein
zweijähriges Kind für 200 Dollars ein solches von irgend einem obscuren
Coli egen — kann natürlich nicht so w T eiter gehen. Dass Fitz in seinen
Vorschlägen gar zu rigoros ist, können ihm selbst seine Gegner nicht
nachsagen; er geht von dem Standpunkt aus, dass nicht alles auf einmal
zu erreichen ist und dass man froh sein muss, wenn die ganz unwissenden
und gemeingefährlichen Individuen unschädlich gemacht sind. Darum
sollen der Prüfungscommission ausser einer Vertretung der „Regular
physicians“ auch Homöopathen, die in Amerika ihre eigenen Schulen be¬
sitzen, und die sogenannten eklektischen Aerzte 1 ) angehören; dabei muss
eine Prüfung in der Materia medica ganz ausfallen, oder es werden die
Candidaten nach ihrem Wunsch nur von Vertretern einer Richtung hierin
examinirt. Die Mitglieder der Commissionen sollen erfahrene Praktiker
sein; um jede Begünstigung von vorn herein auszuschliessen, dürfen
Lehrer an den Universitäten oder „Colleges“ nicht hierzu herangezogen
werden. Ausser den Prüfungen liegt ihnen die Durchsicht der verschiedenen
Diplome ob, damit Vorkommnisse wie die oben erwähnten oder Fälschungen,
die jenseits des Oceans in ausgedehntestem Maasse betrieben werden, nicht
mehr Vorkommen können. Nur denjenigen, welche auf diese Weise
approbirt werden, wird die Eintragung in die öffentliche Liste und damit
die Erlaubniss zur Ausübung der Praxis gewährt; allerdings smd sehr
>) Was hierunter verstanden wird, ist aus dem Artikel nicht recht
ersichtlich, es scheint sich aber um reine Empiriker zu handeln.
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844
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No: 44
milde Uebergangsbestimmungen vorgesehen, so dass den „ärztlichen
Praktikern“, welche schon seit einiger Zeit ihr Geschäft betreiben, der
Erwerb nicht abgeschnitten wird. Der Pröfungscommission sollte ausser¬
dem nach dem Vorschlag von Fitz das Recht zustehen, Personen in der
Liste zu streichen, falls sie Verbrechen begehen oder durch unehrenhafte
Handlungen sich ihres Berufes unwürdig zeigen. Das eingebrachte Gesetz
kennt in letzterer Beziehung nur eine Aberkennung wegen crimineller
Vergehen. Im übrigen bestimmt es, dass die Executivbehörde des Staates
eine Commission von sieben Mitgliedern wählt, von denen höchstens drei
einer staatlich anerkannten medicinischen Gesellschaft angehören dürfen.
Die Eintragung in die Listen erfolgt ungefähr ebenso wie von Fitz ge¬
wünscht; Personen, die kein Diplom besitzen oder nicht schon drei Jahre
lang prakticirt haben, müssen sich vor der Commission einer Prüfung
unterziehen. Daneben kann aber jeder die Heilkunde betreiben, wenn er
nur nicht beim Publikum den Glauben erweckt, dass er Doctor derMedicin
sei. Also ist die Gewerbefreiheit im vollsten Maasso gewahrt, und die
Bürger von Massachusetts werden sich in Zukunft ebenso von „Heil-
künstlem“ be- oder misshandeln lassen, wie das in Deutschland geschieht,
seitdem wir uns dieser Segnung erfreuen. Reunert (Hamburg).
Staatsapotheken in Holland.
In der 45. allgemeinen Versammlung der Niederländischen Gesell¬
schaft zur Beförderung der Heilkunde (2. u. 3. Juli 1894) beantragte die
Abtheilung von Friesland, die wichtige Frage von Staatsapotheken genauer
zu untersuchen. Nach längerer Discussion wurde der Antrag in der Form
angenommen, dass ein Ausschuss von drei Mitgliedern der Gesellschaft
in Verbindung mit einer Commission aus der Gesellschaft zur Beförderung
der Pharmacie untersuchen sollten, ob Staatsapotheken möglich und
wünschenswerth seien. Diese vereinigte Commission solle über ihre Unter¬
suchung in der allgemeinen Versammlung von 1895 berichten (Weekblad v.
li. Nederl. Tijdschrift v. Geneeskunde. 1894, No. 2).
Zum Verständniss der Bedeutung des Antrags muss vorausgeschickt
werden, dass jeder niederländische Arzt seit Jahrhunderten die Erlaubniss
hat, seinen Patienten die nöthigen Arzneien zu liefern, dass diese Ge¬
wohnheit heute noch von den Aerzten des flachen Landes äusgeübt wird und
dass die Einnahmen aus der Medicamentenabgabe einen grossen, ja wohl
den grössten Theil des ärztlichen Einkommens dort ausmachen. Der Arzt
bereitet die Arzneimittel nicht selbst, sondern bringt sie nur in die für
den einzelnen Fall nöthige und nützliche Form, bezieht aber seine Vor-
räthe von den Apotheken, die unter staatlicher Aufsicht stehen.
Nach dem Anträge von Friesland soll nun der Staatsapotheker, d. h.
der vom Staate nach abgelegtem Examen angestellte und von ihm besoldete
Apotheker, fortan an Stelle der Aerzte die alleinige Abgabe von Medica-
menten an das Publicum gegen festen, niedrigen Tarif und gegen sofortige
Bezahlung übernehmen. Zweck des Antrages ist, das Publikum besser
und billiger im Erkrankungsfalle zu behandeln, als bis jetzt geschehen sei.
Diesen Plan wenigstens für die Landpraxis als unerreichbares Ideal
hinzustellen, ist Ziel einer Abhandlung von Slingenberg und Tres-
Lng * n No. 12 des Weekblads. Wird der Plan ausgeführt, so würde
aut alle 5000 — 10000 Seelen eine Staatsapotheke errichtet werden. Be¬
trage die mittlere Clientenzahl eines Arztes 2500 Seelen, so würde der
Staatsapotheker den pharmaeeutisehen Antheil der Arbeit von etwa drei
Aerzten des flachen Landes an sich ziehen. Damit würde ungefähr
die Hälfte der Landärzte gezwungen sein, ihre Stelle aufzugeben, weil
es ihnen den Staatsapotkekem gegenüber durch die Vermögensverhält¬
nisse ihrer ländlichen Patienten unmöglich sei, dem Wegfall der Ein¬
nahmen aus der Medicamentenabgabe durch Erhöhung ihrer Liquida-
tionen für ärztliche Hülfe entgegenzutreten. Das flache Land ver¬
arme schon lange mehr und mehr, die Reicheren zögen in die Stadt-
. Landärzten sei durch die Verminderung der Malariaerkrankungen
em früher fruchtbarer Brunnen für Arbeit und Erwerb verschlossen:
käme os jetzt zur Einführung von Staatsapotheken, so würden die
Landarzte aus Noth zu den Städten hingezwungen, jüngere Aerzte vom
flachen Lande abgeschreckt und weite Strecken Hollands dann von ärzt-
i f ® K be n Ub u w £ de 5* Staatsapotheken dienten also nicht dem
Interesse des ärztlichen Standes, der in keinem Lande so zahlreich sei
und so viele ernähre wie in den Niederlanden.
w. „ruT W i 6 - n i g ? rford °rten die Interessen der ärztlichen Kunst den
WJL d 2 P bisherigen Einrichtungen. Die Furcht vor ungenügender
x C ; ^ e der Heceptur in Händen der Landärzte und ihrer jeweiligen
Assistenten sei unbegründet, ebenso die Gefahr, die im Umgänge mit
besteLS hÄ? Möglichkeit, Fehler und Vergesslichkeiten zu machen,
aber^meh U hei Jetzigen Apothekern und ihren Angestellten, ebenso
sebier d Staatsapothekem. Gerade der Arzt sei sich der Pflicht
SÄ, r t uber b . ewui gt. er fühle, dass für neue Arznei-
Prtfhn«mbfSti P b ku n Sel S er Praxls ’ sondern das der Klinik das richtige
anÄÄrl T n Der .Staat fordere ja auch mehr und mehr vom
TW Ä ASi® d Beweise seiner pharmaeeutisehen Kenntnisse.
Der Anstellung von Staatsapothekern gegenüber habe aber das alte
System finanz'die Vortheile für die Kranken, besonder“ C die brrite
Helfen TW** 'f f,”' ,. Dlese bezahlen wenig oder nichts für den ürzt-
lichen Besuch und für die ärztliche Untersuchung; der Arzt mache sich
nun beide d FMier e ' 1 A Er ? 9 aus , s f 11011 Medicamenten bezahlt. Würden
TW * i ’ 4 e T rzte und Arzneilieferant, getrennt, so müsse die
S?® ? If“ che u P d Leistungen erhöht und gefordert werden Wenn
FW Staatsa P°t h pker dem Kranken die Arzneien für etwas geringeren
™ ,s llof f e ’ 80 schwinde dieser Vortheil durch die nothJedruSfEr
derfteateanoSef ^steh' atie 'T« e ^ Der erstrebten direkten Bezahlung
“genüber den der Z “ Gna ?ten der Kranken der unbegrenzte Credit
VPP - L ? en der Arzt seinen durch längere Erkrankung in Zahlung
j-eliwiengkeiten gerathenon Patienten gewü&e. EslTÄ 1Ä
dass der Staatsapotheker, als vom Staate besoldeter und daher von der
Gunst des Publikums unabhängiger Beamter, Tag und Nacht für das viel¬
verlangende Publikum den Eifer und die Geduld besitze, den die jetzigen
Aerzte und Apotheker ihm bewiesen. Der Staatsapotheker und der hinter
ihm stehende Staat sei ein lästigerer und gefährlicherer Schuldforderer
als der Arzt, und die Unmöglichkeit der direkten Zahlung müsse den
Kranken zur Weigerung der Zahlung und zur grösseren Belastung der
Gemeinden und der Armenverwaltung führen.
Heute noch müssten viele ungünstig gelegene Orte vom Staate mit
ärztlicher Hülfe versehen werden — der Staat handele also unverständig
und gegen den Vortheil der Bewohner des flachen Landes, wenn er durch
Einführung von Staatsapotheken die Zahl der Aerzte in den Dörfern in
dem Maasse verringere, wie es von der neuen Einrichtung befürchtet
werden müsse. _ Schumacher (Aachen).
— Der Aerztekammernnsschuss hat am 23. d. M. unter dem Vor¬
sitz von Graf (Elberfeld) eine Sitzung abgehalten. Der Ausschuss trat
zunächst über den von der Berliner Aerztekammer angenommenen Antrag
Mugdan, betreffend die Unterweisung der Studirenden in der
socialpolitischen Gesetzgebung, in Berathung und schloss sich
demselben mit einigen Vorbehalten an. Der Ausschuss beschloss ferner,
an den Herrn Minister die Bitte zu richten, dass bei Neugestaltung
der Medicinalordnung die Aerztekammern vorher gehört
werden. Zu dem Zweck wurde eine Commission, bestehend aus den
Herren Graf, Wallichs und Becher gewählt, um diese Bitte dem
Herrn Minister vorzutragen. Die Anfrage des Vorstandes der Branden¬
burger Kammer, ob es nicht angebracht sei, nach dem ablehnenden
ministeriellen Bescheide in der Besteuerungsfrage nochmals an den¬
selben eine Eingabe zu richten, wurde abgeleimt, da es nicht wünschens¬
werth sei, dieses einen Rechtes wegen eine gesetzliche Regelung an¬
zustreben. Seitens der Brandenburger Kammer wurde sodann an den
Ausschuss die Frage gestellt, ob den entmündigten geisteskranken
A erzten nicht für die Zeit der Entmündigung gesetzlich die Approbation
zu entziehen sei. Die Frage wurde einstimmig bejaht. Die weitere Frage,
ob Aerzten, die wiederholt Verbrochen begangen, mit Gefängmss
und Zuchthaus bestraft sind und ein für allemal die Qualification verloren
haben vor Gericht als Zeuge zu fungiren, nicht auch auf gesetzlichem
Wege die Approbation zu entziehen sei, wurde mit acht gegen vier
Stimmen bejaht. Ferner beschloss der Ausschuss, eine Eingabe an den
Herrn Minister über die Taxangelegenheit zu richten. — Zum ersten
Vorsitzenden für das Jahr 1895 wurde Graf, zum zweiten Becher gewählt.
IX. Oeffentliches Sanitfttswesen.
Stand der Cholera.
Im Gebiet des Deutschen Reiches hat die Cholera während der
beiden ersten Octoberwochen weiter abgenommen. In Ostpreussen
wurden vom 1.—8. October 7 Fälle gemeldet, von denen 4 in Wehlau,
3 in der Stromüberwachungsstelle Laps au, Landkreis Königsberg, vor¬
kamen. In der folgenden Woche liegen Cholerameldungen aus Ost¬
preussen nicht vor. Im Weichselgebiet kamen in den beiden Wochen
9 (2), bezw. 12 (2) Fälle vor, davon 19 (4) im Kreise Elbing Land, 2
im Kreise Marienburg. Die meisten Choleraerkrankungen ereigneten
sich in Tolkemit, Kreis Elbing Land. Im Netze-Warthegebiet
wurden 16 (1), bezw. 4 (1) Fälle festgestellt, bis auf 1, welcher im Bro m -
berger Landkreise vorkam, sämmtlioh in Nakel. Aus Oberschlesien
wurden seit dem 30. September 37 (6) Fälle gemeldet, die grosse Mehr¬
zahl aus dem Kreise Kattowitz, Einzelfälle aus den Kreisen Beuthen.
Pless, Gr. Strehlitz. Am Rhein kamen 2 Fälle vor, der eine auf
einem holländischen Schiffe im Hafen von Ruhrort, der andere in Neu¬
wied auf einem Schiffe, welches vorher im Hafen von Ruhrort an der¬
selben Stelle gelegen hatte wie das eben erwähnte. In Hamburg kam
bei einem Arzte ein Fall von Laboratoriumsinfection vor, welcher am 22.
September tödtlich verlief.
In Frankreich wurden Ende September „choleraartige“, zum Theil
tödtliche Fälle aus Orten der Departements Nord und Finistöre ge¬
meldet. Ein von Lüttich eingeschleppter Fall kam im Departement
Ardennes vor. Nachträglich wird bekannt, dass im Juli 6 Fälle in
Paris, 1 im D6p. Meuse, 2 im D6p. Meurthe et Moselle, 1 fr
Avignon und 2 im Dep. Seine et Oise beobachtet wurden.
Belgien. In der Provinz Lüttich wurden vom 16.—22. und vom
23.—29. September 55 bezw. 27 Choleratodesfälle festgestellt, vereinzelte
in den Provinzen Luxemburg, Namur, Brabant, Ostflandern,
Antwerpen, Limburg.
In den Niederlanden ist die Lage unverändert. Nach der Lancet
sollen im ganzen Lande in der letzten Septemberwoche 20 (17)> fr der
ersten Octoberwoche 16 (8) Cholerafälle gemeldet worden sein. Von diesen
entfielen auf Amsterdam 4 (7), bezw. 6 (1).
ln Galizien kamen vom 1.—7. October 571 (321) Cholerafälle aus
153 Gemeinden zur Anzeige. Die letzteren vertheilen sich auf 30 Bezirke.
Neu ergriffen wurden die Bezirke Gorlice und Nowy Targ (Neumarkt),
beide im westlichen Theile des Landes gelegen. Von den früher ergriffenen
Bezirken waren während der Berichtswoche 20 ohne Cbolerafälle. Am
stärksten betroffen waren die Bezirke Zloczow mit 46 (25), Tlumacz
mit 49 (28), Rohatyn mit 77 (46), Podhajce mit 21 (12), Lemberg
Umgebung mit 18 (12), Kolomea mit 33 (16), Kamionka Strumi-
lowa mit 90 (40), Buczacz mit 65 (41), Bobrka mit 29 (13) Erkran¬
kungen (Todesfällen). — Die Bezirke Rohatyn, Kamionka Sfcrumilowa
und Zloczow wurden als Choleraheerde erklärt
In der Bukowina wurden vom 1.—7. October insgesammt 23
Cholerafälle angezeigt.
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1. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
845
Alis Russland liegen neuerdings folgende Choleranachrichten vor,
welche zum Theil politischen Blättern entnommen sind. Es kamen vor in
• Petersburg vom 30. September bis 5. October 25 (16), vom 6.—13. Oc-
tober 15 (5), vom 13.—20. October 9 (5), im gleichnamigen Gubernium
m den einzelnen Wochen seit 23. September 28 (7), 12 (4) und 4 (1) in
Warschau vom 1.—7. October 5 (3), vom 7.—13. October 0 (0),’im
gleichnamigen Gubernium vom 30. September bis 13. October 28 (11)
m den Gubemien Kielce vom 23 September bis 6. October 35 (26)’
Petrikau vom 30. September bis 6. October 46 (27), vom 7.—13. Oc¬
tober 29 (14), Kali sch vom 23.-29. September 21 (11), vom 30. Sep¬
tember bis 6. October 3 (2), Siedl ec vom 20.—28. September 44 (24)
y° m 29- Se P tember October 0 (2), Lublin vom 21.—27. September
16 (7), vom 28. September bis 2. October 16 (10), Radom vom 20.—26.
September 6 (4), vom 27. September bis 4. October 2 (2), Lomza vom
23.-29. September 0 (0), Grodno vom 9.-22. September 100 (49),
Kowno vom 16.—29. September 23 (17), vom 30. Steptember bis 6. Oc¬
tober 8 (4), Kurland vom 16.—22. September 72 (27). vom 23.-29. Sep¬
tember 82 (44), Livland vom 23. September bis 13. October 16 (9),
Witebsk 30. September bis 13. October 82 (25), Podolien vom 16_22
September 411 (173), vom 23.-29. September 290 (142),. vom 30.' Sep¬
tember bis 6. October 240 (111), vom 7.—13. October 238 (96), Wol¬
hynien vom 23.-29. September 17 (5), Bessarabien vom 16.—22. Sep¬
tember 143 (67), vom 23.-29. September 157 (63), vom 30. September
bis 6. October 120 (53), Minsk vom 23.—29. September 32 (19), vom 30.
September bis 13. October 50 (27), Wladimir vom 30. September bis
6. October 96 (55), vom 7.—13. October 125 (65), Rjaesan vom 9.-22.
September 204 (115), Saratow vom 30. September bis 6. October 22 (18),
Kiew vom 30. September bis 6. October 19 (7), Perm vom 23.-29. Sep¬
tember 94 (30), vom 30. September bis 6. October 131 (44), Jaroslaw
vom 30. September bis 13. October 76 (18), Jekaterinoslaw vom 16.
bis 22. September 42 (28), Taurien 23.-29. September 18 (6), Archan¬
gelsk vom 16.—26. September 197 (98), vom 27. Sember bis 4. October
116 (63) Erkrankungen (Todesfälle). Aus diesen Zahlen geht ein weiterer
Rückgang der Seuche in Russisch-Polen und in Petersburg hervor.
In stärkerem Grade herrscht dieselbe noch in Podolien, Bessarabien,
Witebsk, Minsk, Wladimir, Perm, Archangelsk; die beiden
letzteren Gubemien scheinen erst neuerdings ergriffen zu sein.
Türkei. Seit dem 30. September wurden in Konstantinopel
mehrere Cholerafälle festgestellt. Im Vilajet Adrianopel herrscht die
Seuche fort, vom 12.—23. September wurden 50 (32) Fälle gemeldet.
Neuerdings kamen zahlreiche Fälle in Lule Burgas vor, vom 29. Sep¬
tember bis 2. October 24 (14). In Kleinasien kommen Cholerameldungen
noch immer aus den früher betroffenen Bezirken. Am stärksten tritt die
Krankheit im Vilajet Erzerum auf, wo in Erzingian vom 13.—22.
September 154 (86) Fälle angezeigt wurden. Anfang October zeigte sich
die Seuche in heftiger Weise in Musch, Vilajet Erzerum.
In Ostindien trat die Cholera in schwerer epidemischer Form
während des Juli und August im oberen Gangesgebiet auf. Nach der
Lancet war am heftigsten betroffen der Bezirk, welcher von den Städten
Dinapore, Benares, Allahabad, Lucknow, Cawnpore und Fategar
(soll wohl heissen Fatehpur) umschlossen wird. Hier war die Sterb¬
lichkeit unter der indischen Bevölkerung eine sehr beträchtliche, am
stärksten litt Cawnpore. Die nordwärts an dies Gebiet grenzenden
Bezirke Meerut und das Punjab blieben fast ganz verschont.
Sperling (Berlin).
— Reineke, Bericht des Medicinalrathes über die mediclnische
Statistik des Hambnrglsciien Staates für das Jahr 1893. Hamburg.
Die Bevölkerung des Hamburgischen Staates betrug dem officiellen
Bericht des Medicinalraths zufolge 1892 am 1. December 2808 Köpfe
weniger als am nämlichen Tage des Jahres 1891.
Von 23814 Geburten des Jahres 1893 waren 2758 unehelich; die
Procentzahl der Todtgeborenen betrug 29,1. — Es wurden im Jahre
1893 an Todesfällen 12 977 gemeldet, so dass sich eine Sterbeziffer von
20,4 pro Mille herausstellt. Dies ist die niedrigste Mortalitätszahl,
welche Hamburg je gehabt hat; denn sie war niemals unter 22,3%n herab¬
gegangen (1890); die höchste hatte das Cholerajahr 1892 mit 39,8 ge¬
bracht, so dass wenig fehlt, um zwischen den jüngsten beiden Jahren das
doppelte als Differenz anzusprechen: gewiss ein in der Sterblichkeits-
Statistik Europas noch nicht dagewesener Fall. Bei der Altersklasse unter
einem Jahr betrug der Mortalitätsverlust 1892: 4048 — 1893:2402 von
10 000. Am geringsten ist die Differenz in der Altersklasse jenseits des
70. Jahres mit 1353 gegenüber 1152. Den Krankheiten nach stand als
Todesursache obenan die Schwindsucht mit 1523 = 24% der Verstor¬
benen, 11,74% aller Lebenden. Es folgen Atrophie der Kinder, Lebens-
schwflche der Neugeborenen, Brechdurchfall der Kinder mit 1241 resp. 924,
resp. 686, Bräunekrankheiten mit 411, Krebs mit 599, Schlagfluss mit
467, Katarrh und Grippe mit 829, acute Entzündungen der Athmungsorgane
mit 686, Herz- und Gefässkrankheiten mit 614 Todesfällen. W.
— Third annual message of Edwin S. Stuart, Major of the City
of Philadelphia, with Annual Reports of Abraham M. Beitier, Director
of the Department of public safety, and of the Board of health for the
year ending December 31. 1893. Issued by the City of Philadelphia, 1894.
Das für uns beispielgebende Moment der amerikanischen Sanitäts¬
berichte. wie sie ganz besonders reichhaltig für die Communen im Osten
der Vereinigten Staaten, theils alljährlich, theils in etwas grösseren Zwi¬
schenräumen herausgegeben werden, liegt in dem einmüthigen Vor¬
gehen, zu welchem sich die städtischen Gesundheitsämter, die Magi¬
stratsvorstände und die (gewählten) Aufsichtsbeamten bei Abfassung eines
solchen Werkes zusammenthun. Es ist richtig, dass eine gewisse Dick¬
leibigkeit dabei unvermeidlich erscheint, dass Wiederholungen an manchen
Stellen dabei riskirt werden, — aber sich reibende oder gar zuwider¬
laufende Ansichten, welche in offieiösen Schriften immer einen befremden¬
den Eindruck hervorrufen, die Eifersüchtelei zwischen verschiedenen Amts¬
stellen, widersprechende Zahlenangaben und ähnliche Unzuträglichkeiten
wird man in diesem, wie in den analogen Berichten vergebens suchen.
289 Seiten sind den hygienischen Verbesserungen, viele darunter
dem Schriftwechsel betreffend ihre Einführung, der Verbreitung der ver¬
meidbaren Krankheiten, den speciellen Thätigkeitsnachweisen der 37 Sec-
tionen des städtischen Board of health gewidmet. — 448 Seiten nimmt
die meteorologische und die Statistik der Bevölkerungsverhältnisse in An¬
spruch. _ w
— ln der städtischen Desinfectionsanstalt II in Berlin, in welcher
die Desinfection der Kleider, Mobilien und Effecten der Obdachlosen einer¬
seits, sowie der Anstaltsmobilien, der Lager- und Wäschestücke anderer¬
seits ausgeführt wird, erfolgte im Verwaltungsjahre 1893/94 die Desin¬
fection in den weitaus meisten Fällen durch Einwirkung heisser, direkter
bezw. indirekter Dämpfe — bis + 150° C — sowie durch Behandlung
der Gegenstände mit verdünnten Säuren (Carbolsäure etc.). Letztere Art
der Desinfection trat ein, wenn die zu desinficireuden Gegenstände natur-
f Bmäss grosser Hitze nicht ausgesetzt werden durften, z. B. bei Leder-,
elz- oder Gummisachen, geleimten Möbeln etc. Zur Erzeugung des zur
Desinfection erforderlichen Dampfes waren vom Beginn des Berichtsjahres
bis zum 17. December 1893 drei Dampfkessel, vom 18. December 1893
ab aber fünf Dampfkessel im Betriebe. Im Berichtsjahre wurden d ; e
Kleider und Effecten von 109 Hebammen — gegen 126 im Vorjahre _,
welche bei an Kindbettfieber erkrankten Wöchnerinnen thätig gewesen
und von der Polizeibehörde legitimirt waren, kostenlos desinficirt.
Auch wurde an solche Hebammen je ein warmes Bad verabreicht. Wie
früher wurden auch in diesem Jahre Desinfectionen von als Putz¬
lappen zur Verwendung kommenden Lumpen für Privatpersonen ausge¬
führt, und zwar — wie bisher — zu dem Satze von 1 M. für den Centner.
Desinficirt wurden 1421 Centner (gegen 1399 Centner im Voijahre).
Ferner wurden noch einige kleinere Desinfectionen für benachbarte Ge¬
meindevorstände, Polizeireviere etc. ausgeführt. Endlich ist 744 Per¬
sonen. deren Kleider mit Ungeziefer behaftet waren, zu dem Satze von
50 Pf. für die Person ein Bad verabfolgt und die Desinfection ihrer
Kleidungsstücke bewirkt worden.
X. Krankenpflege.
— Lehmann, Die Königlieh Sächsische Landesheil- und Pflege¬
anstalt für Geisteskranke zu Untergöltzsch. Allgemeine Zeitschrift für
Psychiatrie Bd. 51, Heft 1.
Die Heil- und Pflegeanstalt Untergöltzsch liegt im östlichen Theile
des Voigtlandes, fünf Minuten vom Marktflecken Rodewisch und etwa eine
halbe Stunde von der Stadt Auerbach entfernt. Sie ist nach dem colonialen
System angelegt, in Pavillons, und zwar in Häusern mit Erdgeschoss und
einem Obergeschoss erbaut und besteht aus 29 Gebäuden; sämmtliche
Häuser stehen inmitten der Anlagen und sind theilweise durch grössere,
mit Pflanzungen ausgestattete Plätze von einander getrennt. Das Areal
von 97 ha gewährt die Möglichkeit, die Kranken in ausgedehntem Maass¬
stabe landwirtschaftlich zu beschäftigen. Die Grösse der Innenräume ist
reichlich; in der untersten Verpflegungsclasse beträgt der Luftcubus circa
40 cbm für Wohn- und Schlafraum. Was die Heizung anbelangt, so
wurden, um in den für ruhige Kranke bestimmten Gebäuden den Patienten
nur bekannte und ihnen von früher her vertraute Einrichtungen zu ge¬
währen, in diesem Gebäude lokale Heizungen eingerichtet, für die übrigen
Gebäude ist Warmwasserheizung gewählt worden. Elektrische Beleuchtung,
Quellwasserleitung mit eigener Druckleitung, die ca. 240 Liter pro Tag
und Kopf bei voller Belegung der Anstalt liefert, Beseitigung der Fäcalien
durch das Tonnensystem, die der übrigen Abwässer durch Canalisation
und Klärbecken sind ferner hervörzuheben. Die Details der Anlage der
Bäder, Isolirräume, der Wach- und Krankenabtheilung bieten für das
grössere ärztliche Publikum kein erhebliches Interesse, der Fachmann sei
auf das Original verwiesen.
— Krfipelin, Ueber die Waebabtheilung der Heidelberger Irren¬
klinik. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie Bd. 51, Heft 1.
Der Wunsch, Selbstmorde und Selbstverletzungen zu verhindern, hat
den ersten Anstoss zur Errichtung sogenannter Wachabtheilungen in
den Irrenanstalten gegeben, Abtheilungen, in denen eine dauernde Ueber-
wachung möglich ist. Mit der Weiterentwickelung dieser Maassregel
haben sich ihre Aufgaben in ungeahntem Maasse erweitert. Die Pflege
der Unreinen, die Verhütung von Druckbrand, die Einschränkung des
Schmierens, der Zerstörungssucht, der Masturbation sind wuchtige Neben¬
ziele, deren erfolgreiche Berücksichtigung die Wachabtheilung heute mit
verhältnissmässig geringem Aufwande an Mühe und Arbeitskraft ermöglicht.
Einer der wuchtigsten Vortheile der Wachabtheilung ist die Möglichkeit,
durch weite Ausdehnung der Bettbehandlung den Krankheitsverlauf in
zahlreichen Fällen milder und günstiger zu gestalten. Im Laufe der Zeit
führt, wie Kräpelin darlegt, die Unterbringung aller überwachungs¬
bedürftigen Kranken auf einer einzigen Wachabtheilung zu schwerwiegenden
Unzuträglichkeiten; eine vollkommene Lösung der Wachabtheilungsfrage
wird nur durch Zerlegung der einen Waebabtheilung in mindestens zwei,
eine für ruhige und eine für unruhige Kranke, erreicht werden können.
Dann erst wird es möglich sein, Isolirungen ganz auf diejenigen Fälle zu
beschränken, in denen sie für den Kranken selbst eine Wohlthat sind, und
dann wrird es auch möglich sein, auch Schlafmittel nur dann in Anwendung
zu ziehen, wenn man sicher ist, dass der Schaden derselben den Nutzen
nicht etwa überwiegt. — In der Wachabtheilung der Klinik, die der
eigentliche Kern der Anstalt, der Mittelpunkt des Ganzen ist, vereinigt
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
846
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44
sich so ziemlich alles, was irgendwie einer genaueren ärztlichen Beob¬
achtung oder Behandlung bedarf. Dadurch vor allem hat sich das „Stadt¬
asyl“, wie schon Griesinger forderte, in hohem Maasse dem Muster der
übrigen Kliniken und Krankenhäuser genähert. Die Tragweite einer
solchen Wandlung wird niemand unterschätzen; sie ist vielleicht in höherem
Maasse geeignet, die Vorurtheile der Menge gegen die Irrenanstalten ab¬
zuschwächen, als alle Belehrungen. Für die grosse Anstalt stellt die
Wachabtheilung nur ein Glied in der ganzen Kette von Einrichtungen dar,
welche das Loos der Kranken zu bessern bestimmt sind; für das Stadt¬
asyl ist sie der wichtigste Bestandtheil, denn die Wachabtheilung erhebt
es erst zur Heilanstalt _ Lewald (Lichtenberg).
— Roller, Die Fürstlich Lippe’sche Heil- nnd Pflegeanstalt
Lindenhaus in Brake bei Lemgo. Mit 7 Ansichten und einem Beiheft,
enthaltend 7 Tafeln mit Plänen. Bielefeld 1891, und Derselbe, Bericht
über die Jahre 1891, 1892 und 1893.
Die bei dem Dorfe Brake unweit Lemgo im Fürstenthum Lippe-
Detmold in anmuthiger Gegend gelegene Anstalt zur Heilung und Pflege
von Geisteskranken ist im Jahre 1811 eröffnet, also eine der ältesten in
Deutschland. Sie besteht ausser dem Wohnhause des Direktors und den
nothwendigen Wirthschafts- etc. Gebäuden aus vier für dio Aufnahme von
Kranken bestimmten Bauten, von denen die zwei grösseren, das Männer¬
haus und das Frauenhaus, aus der Zeit der Entstehung der Anstalt
stammen, während die neue Villa für Frauen sowie die neue Villa für
Männer, je 25 bis 30 Personen fassend, erst in den Jahren 1889 resp.
1891 bezogen worden sind. Die älteren zweistückigen Gebäude stehen
mit der Längsaxe von Nord nach Süd gerichtet und sind im allgemeinen
so gehalten, dass im Erdgeschoss die tagesräume, im oberen Stockwerk
dio Schlafräume untergebracht sind. Ausserdem befindet sich im Erd¬
geschoss beider Gebäude je eine Beobachtuugsstation, die aus mehreren
in sich zusammenhängenden Zimmern besteht, Badezimmer, und in einem
Anbau eine Anzahl Einzelzimmer. Die Wohnung des Assistenzarztes
liegt im oboren Stockwerk des Männerhauses. — Die neue Villa für
Frauen, die durch eine mit Glasfenstern versehene Halle mit dem alten
Frauenhause in Verbindung steht, ist ebenfalls zweigeschossig, ohne ver¬
gitterte Fenster; die Zimmer schiiessen sich oben und unten" an den ge¬
meinschaftlichen Versammlungsraum an, in beiden Stockwerken sind
Badezimmer und Spülraum; ähnlich ist die neue Villa für Männer ein¬
gerichtet.
Die Heizung ist in den neueren Gebäuden eine Niederdruckdampf¬
heizung, von Gebr. Körting in Hannover ausgeführt, und bewährt sich nach
Verfasser gut; die Ventilation wird zum Theil durch Luftklappen, die
über den Thüren angebracht sind, sowie durch Luftsehomsteine, welche
neben den Rauchschornsteinen liegen und von diesen angewärmt werden,
zum Theil durch die natürliche Lüftung bewirkt; besondere Ventilations-
voriichtungen sind nicht vorhanden.
Dio Wasserversorgung geschieht durch eine im Jahre 1885 angelegte
Wasserleitung, in der das Wasser aus einem in den Anlagen der Anstalt
befindlichen, quellenreichen Teiche entnommen und durch maschinelle
Kraft in Reservoire gedrückt wird, von denen aus es den einzelnen Stock¬
werken und Baulichkeiten zufliesst; eine Filtration desselben findet
nicht statt.
Die Closetanlagen sind durch einen an beiden Seiten mit Fenstern
versehenen Vorraum vom Hause getrennt und entwässern, mit Ausnahme
der neuen Villa für Männer, in eine cementirte, mit Wasserabschluss und
Dunstrohr versehene Cloake; für letzteres Gebäude ist das Tonnensystem
(mit. hermetischem Verschluss) vorgesohon, das auch bei den übrigen
Baulichkeiten allmählich Anwendung finden soll.
Das Areal der Anstalt hat eine Grösse von 15V 3 Hektar.
Verfasser, dessen Initiative sämmtliche hygienischen Neuerungen der
Anstalt zu danken sind, giebt nach der baulichen Beschreibung eine
Schilderung des Lebens in der Anstalt, verbreitet sich sodann in ein¬
gehendster Weise Uber die dort übliche Krankenbehandlung, die durch
eine reichhaltige Casuistik illustrirt wird und bezüglich deren wir die
Interessenten auf das Original verweisen müssen, und schliesst mit einem
Bericht über dio Krankenbewegung vom Jahre 1811 bis 1890. Der letzte
Verwaltungsbencht für das Jahr 1893 ergiebt als Gesammtzahl der Ver-
pflegton 230 Personen, von denen 106 dem männlichen und 124 dem
weiblichen Geschlechte angehörten, während im vorhergehenden Jahre 209
(92 Männer, 117 Frauen) behandelt wurden. Der Satz für die auf öffent-
hche Kosten verpflegten Kranken wurde im Jahre 1892 von 80 Pf. auf
1 Mark pro Kopf erhöht. Merke (Berlin).
XI. Therapeutische Mittheilungen.
Aus dem städtischen Krankenhause in Elberfeld.
Ueber die Behandlung der Anämie, besonders
der Chlorose mit Schwitzcuren. 1 )
Von Sanitätsrath Dr. Künne, Oberarzt.
4 i or “^0 Jahren pflegte Romberg in der ihm eigenen, etwa
pathetischen Ausdrucksweise zu sagen: Meine Herren, die medicinisch
bignatur unserer Zeit ist die Anämie. Heute würde man wohl allgemeii
d e Nervosität die Neurasthenie in ihren verschiedenen Formen als di
medicimsche Signatur der Zeit bezeichnen, aber trotzdem zugeben müssen
, dle ^nanne m ihrem Umfange eher zugenommen als abge
nommen habe. Sehen wir uns aber das therapeutische Rüstzeug gegei
dieselbe an, so stehen wir damit noch auf demselben Boden wie vo
i . ^ ^ «rtrng^gehaiten in der Frühjahrsversammlung 1893 des Verein
dei Aerzte im Regierungsbezirk Düsseldorf.
40—50 Jahren. Zwar hat die Zahl und die Form der gegen dieselbe an¬
gewandten Mittel fast von Jahr zu Jahr zugenommen, im grossen und
ganzen ist es aber immer nur das Eisen, das uns bald in einer leichter
löslichen, bald in einer schmackhafteren Form stets von neuem wieder
empfohlen wird. Dass auf diesem Wege auch Vortheile erzielt werden,
will ich keineswegs leugnen, aber trotz dieser Vortheile machen wir un¬
ausgesetzt die Erfahrung, dass die Besserung nur sehr langsam und stets
auch nur sehr unvollkommen erreicht wird. Wir mindern einige Be¬
schwerden und Symptome, aber aus einem anämischen einen frischen
blühenden Menschen zu machen, gelingt, wenn überhaupt, so jedenfalls
sehr selten.
Bei dieser Sachlage war es mir hochinteressant, als mir vor etwa
drei Jahren eine Broschüre von Dr. Friedrich Scholz in Bremen in
die Hände fiel mit dem Titel: Die Behandlung der Bleichsucht mit Schwitz¬
curen und Aderlässen. Es waren nicht die theoretischen Anschauungen
von Scholz über das Wesen der Anämie und speciell der Chlorose, die
mir imponirten, sondern seine eclatanten therapeutischen Erfolge, die mich
bewogen, seine Behandlung praktisch zu prüfen. Diese Erfolge waren für
mich um so überzeugender, da er den Grad der Besserung nicht bloss
nach dem Verschwinden der subjectiven Beschwerden und dem Aussehen
der Haut und Schleimhäute beurtheilte, sondern zugleich durch wieder¬
holte Untersuchungen des Blutes auf seinen Hämoglobingehalt und die
Zahl und Beschaffenheit der rothen Blutkörperchen genau feststellte.
Die Methode, welche Scholz an wandte, war die, dass er die Kranken
auf eine Rosshaarmatratze lagerte, zwischen den durch Umwickelung mit
Tüchern geschützten Oberschenkeln eine Daog’sche Spirituslampe brennen
liess und über die Kranken dann Reifen spannte, die er mit Decken über¬
deckte. In diesem Schwitzbett liess er die Kranken zunächst eine Stunde
mit brennender Lampe und dann noch eine weitere Stunde nach Ent¬
fernung der Lampe liegen, dann aufstehen und abreiben. An Stelle dieses,
wie mir scheinen will, etwas unvollkommenen und selbst nicht ganz un¬
gefährlichen Bettes habe ich das den meisten von Ihnen gewiss schon aus
eigener Anschauung bekannte Schwitzbett der Gebrüder Pönsgen in
Düsseldorf in Gebrauch gezogen. Auch bei diesom habe ich die Lagerung
des Kranken unvollkommen und mangelhaft gefunden und deswegen ge¬
ändert. Wie Sie wissen, sind in demselben über der Heizschlange in
Zwischenräumen Bretter und auf diese eine Seegrasmatratze gelegt, auf
welcher der Kranke, in wollene Decken gehüllt, gelagert wird. Die Folge
ist, dass die Hitze erst die Matratze durchdringen muss, bis sie den
Kranken erreicht, deshalb dio erstere bald versongt und unbrauchbar
macht. Dazu kommt, dass die Kranken alle sehr bald über das harte
Lager klagen, auf dem sie liegen müssen, weil die Matratze bald sehr fest
und hart wird und die unterliegenden Bretter auch gerade keine Schwell¬
polster sind. Ich habe daher Bretter und Seegrasmatratze fortnehmen
und statt ihrer einen horizontalen eisernen Springrahmcn, wie wir ihn auch
in den anderen Betten unseres Krankenhauses haben, so einsetzen lassen,
dass, wenn der Kranke auf demselben liegt, der Rahmen doch noch in
einer kleinen Entfernung von der Heizschlange bleibt. Der mittlere Theil
des Rahmens, direkt unter dem Kranken, ist mit Segeltuch überspannt,
auf dem derselbe, den Kopf im Nacken durch ein Rollkissen unterstützt,
in doppelte oder dreifache wollene Decken gewickelt, liegt. Ueber den
Kranken und das ganze Bett wird dann noch eine wollene Decke gelegt 1 ,
damit die neben dem Kranken durch die Maschen des Springrahmens auf-
steigende Hitze den ersteren stets umgiebt. Auf diese Weise liegt der
Kranke bequem und elastisch, und es wird nicht viel an dem Material ver¬
dorben.
Bei dem Gebrauch des Bettes ist darauf zu achten, dass der Wasser¬
behälter immer richtig gefüllt ist, die Flammen gerade unter dem Schirme
stehen und die Flammenlöcher sowie die Züge nicht verrusst sind. Ist
alles in Ordnung, so wird in der Heizschlange eine Wärme von 120 bis
130o erzeugt. Da cs indess vorkommt, dass der Kranke oft schon bei
95—100 o eine so grosse Hitze empfindet, wie ein anderes mal bei 125°.
so scheint es mir, dass die Zuverlässigkeit des an der Heizschlange ein¬
gelassenen Thermometers etwas zu wünschen übrig lasse.
In diesem Bette lasse ich nun die Kranken l 1 /*—2 Stunden liegen
und dann noch eine ebenso lange Zeit im eigenen Bett verbleiben. Mcbt
selten findet man, dass sie die ersten male, selbst wenn sie zwei Stunden
lang aushalten, nicht sehr schwitzen, doch ändert sich dies bald. Einigen
wird es schwer, gleich von Anfang an zwei Stunden auszuhalten; sie
werden dann die ersten male schon nach 1—1 ’/a Stunden herausgenommen
und erst allmählich zu einer längeren Schwitzcur gebracht. Manche
klagen über starken Kopfschmerz im Schwitzbett und auch noch einige
Zeit nachher; sie bekommen kalte Umschläge oder auch einen. Eisbeutel
auf den Kopf mit gutem Erfolge. Sehr wenige klagen über heftiges Hexz-
klopfen, so dass auch bei ihnen anfangs die Dauer des Schwitzbettes ab¬
gekürzt werden muss. Bei keinem einzigen Kranken sind aber Beschwer¬
den oingetreten, die es nöthig gemacht hätten, von der Behandlung über¬
haupt Abstand zu nehmen. ,
Neben dem Schwitzbott steht eino exact gehende Stuhlwaagc, aul
der die Kranken bei Beginn der Cur, sowie später alle acht Tage vor
dem Besteigen des Schwitzbettes, nur mit einem Hemde bekleidet, ge¬
wogen worden. Ausserdem wird bei Beginn der Cur und später von _“ e, _
zu Zeit durch den Thoma-Zeiss’schen Apparat die Zahl der Blut¬
körperchen und durch den F1 eischl’schen Apparat der Hämoglobingehal
des Blutes untersucht.
Es war von vornherein wahrscheinlich, dass nicht alle Arten von
Anämie von dieser Behandlung gleichmässig beeinflusst werden wttrdeu,
da sich die letztere ja unzweifelhaft nicht gegon eine Ursache, sondern
gegen ein wenn auch sehr wesentliches Symptom einer Erkrankung
wendet. Für mich sind nur von Bedeutung gewesen die Chlorose nn
die secundären Anämieen; pemieiöse Anämie ist gar nicht zur Beobacn
tung gekommen, und ein Fall von Leukämie blieb durchaus unbeeinflusst
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1. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
847
von der Behandlung. Die Unterscheidung der beiden oben angegebenen
Formen von Anämie musste nach wie vor nach den bekannten rationellen
Symptomen erfolgen, indem die Blutuntersuchung wohl eine Auskunft
gab über den Grad, aber nicht über die Art der Anämie. Immerhin ist
es mir interessant gewesen zu finden, dass, wenn die Krankheitssymptome
sich in dem Bilde der Chlorose zeigten, die Blutuntersuchung aber nur
eine geringe Verminderung des Hämoglobins und der Zahl der Blut¬
körperchen ergab (etwa um 20—25%), sich dann bei genauer Unter¬
suchung auch immer der Nachweis einer secundären Anämie führen liess,
besonders eine zu Grunde liegende Erkrankung der inneren Sexualorgane.
Als Ursachen der secundären Anämie kamen vor Fälle von überstandener
hoftiger Erkrankung an acutem Gelenkrheumatismus und besonders häufig
Entzündung der Ovarien und der Trompeten sowie Para- und Perimetri¬
tiden.
Ich habe gesagt, dass die Blutuntersuchung wohl eine Auskunft Uber
den Grud, aber nicht über die Art der Anämie gegeben habe. Die von
Birch-Hirschfeld, sowie von Dehio in Dorpat — allerdings nicht in
übereinstimmender Weise — ausgesprochene Ansicht, dass sich jene
beiden Formen von Anämie durch ein verschiedenes Verhältniss des
Hämoglobins und der Blutkörperchen zu einander auszeichneten, habe ich
nicht bestätigt gefunden. Während ich mit Birch-Hirschfeld darin
übereinstimme, dass bei der Chlorose die Zahl der rothen Blutkörperchen
und des Hämoglobingehalts des Blutes annähernd gleichmässig vermin¬
dert sind, kann ich ihm nicht zugeben, dass bei den secundären Anämieen
die rothen Blutkörperchen vermindert seien ohne Abnahme des Hämo¬
globins; wenigstens habe ich dies in den von mir beobachteten Fällen
nicht constatiren können. Auch Dehio tritt dieser Ansicht ontgegen,
indem er sagt, dass einerseits die Zahl der rothen Blutkörperchen nicht
immer verringert sei und andererseits im allgemeinen, besonders bei der
Tuberkulose, der Hfiraoglobingehalt sogar rascher sinke als die Zahl der
Blutkörperchen. Ganz entschieden trete ich wieder Dehio entgegen, wenn
er sagt, bei der Chlorose sei die Zahl der Blutkörperchen wenig oder
gar nicht vermindert, bemerke aber, dass procentisch gerechnet der Hä¬
moglobingehalt durchschnittlich tiefer steht als der Gehalt an rothen Blut¬
körperchen.
Ich habe nun der Schwitzcur bisher etwas über 40 Anämische unter¬
worfen und unter diesen 23 Chlorotische. Der Gehalt des Blutes der
letzteren an Hämoglobin war auf 50—25%, die Zahl der rothen Blut-
körperchcn auf 3500000—1800000 gesunken, gewiss ein Beweis, dass die
Zahl der Blutkörperchen bei der Chlorose nicht allein überhaupt, sondern auch
sogar sehr bedeutend sinken kann. Bemerken will ich freilich hierbei, dass die
von mir in dieser Weise behandelten Chlorotischen alle recht alte und
schwere Fälle waren, die ausserhalb des Krankenhauses schon lange Zeit
mi t, allen Mitteln erfolglos behandelt worden waren. Es ist ja begreif¬
lich, dass leichte Fälle von Chlorose nicht ins Krankenhaus kommen
und sich ihrer Beschäftigung und ihrem Umgangskreis auf viele Wochen
um so weniger entziehen lassen, als ja überhaupt ein grosser Theil der
Bevölkerung sich nur schwer zu einem Eintritt in ein Krankenhaus ent-
schliesst.
Unter der Einwirkung der Schwitzcur nahm nun sehr rasch und in
fortwährend steigendem Maasso der Gehalt des Blutes an Hämoglobin
und rothen Blutkörperchen stetig zu, so dass durchschnittlich etwa nach
6—8 Wochen der Hämoglobingehalt 80% und die Zahl der rothen Blut¬
körperchen ca. 4000000 betrug.
Auch auf das Körpergewicht hatte die Cur einen sehr günstigen
Einfluss; dasselbe zeigte fast stets nach acht Tagen, nicht selten schon viel
früher eine Zunahme und erreichte am Ende der Cur seinen Höhepunkt.
Nur eine einzige Kranke zeigte nach siebenwöchcntlicher Cur trotz Stei¬
gerung des Hämoglobingehaltes* von 50 auf 80% und der Zahl der rothen
Blutkörperchen von 3500000 auf 4100000 und, obwohl das subjective Be¬
finden und die körperliche Leistungsfähigkeit sich sehr gehoben hatte,
eine Abnahme des Gewichts von 2 Pfund; ich komme später auf diesen
Fall zurück, bemerke aber schon hier, dass ich in diesem Fall Zweifel an
der Diagnose habe. Bei den übrigen Chlorotischen war während der Be¬
handlung das Körpergewicht gestiegen, und zwar
bei 1 Person um 2 Pfd. in 6 Wochen Cur
.1 „ „ 3 „ „ 5
: i , ; 4 „ „ 7
„ 2 „ .,5 ., „ 4 resp. 8 Wochen Cur
„3 „ „6„„6 resp. 6, u. 14 Wochen Cur
„ 4 .. i, 9 „ „ 7 resp. 5 1 /*, 6 u. 6 „
„1 „ „ 10 „ „ 5 Wochen Cur
.1 „ . 11 „ 4
.,2 „ „ 12 „ „ 7 u. 12 Wochen Cur
,, 1 „ „ 13 „ „ 13 Wochen Cur
.,1 „ * 14 „ 6
.1 - 15 „ „ 5
..1 „ , 16 . . 7
„1 ., ,. 23 . 8
„ 1 „ . 26 „ „ 13
Ebenso wichen die subjectiven Beschwerden: Kopfschmerz, Magen¬
schmerz, Appetitmangel, Athemnoth und Herzklopfen, besonders beim
Besteigen von Treppen und Bergen, Gefühl von anhaltender Müdigkeit
und rascher Ermüdung bei körperlichen Bewegungen durchschnittlich
sehr rasch und waren meist schon nach 8 bis höchstens 14 Tagen auf
ein geringes Maass gesunken. Am Ende der Cur zeigte das Aussehen
der lö'anken und namentlich die Farbe des Gesichts und der Lippen eine
Frische und Lebhaftigkeit in vielen Fällen, die alle diejenigen, welche die
Patientinnen früher gekannt und gesehen hatten, auf das stärkste frap-
pirte. Die Störungen in den Menses wichen zuletzt.
Nicht verschweigen will ich, dass ich gleichzeitig Tinctura Fern com-
posita oder Pilulae Blaudii verordnet und den jungen Mädchen aus den
besseren Ständen streng anbefohlen habe, jeden Nachmittag ausgedehnte
Spaziergänge zu machen. Einen irgendwie ausschlaggebenden Werth aber
kann ich auf diese Verordnungen nicht legen, weil einestheils alle Pa¬
tientinnen schon vorher sehr lange Zeit ohne Nutzen Eisenpräparate ge¬
nommen hatten und anderntheils die Hauptmasse der Patientinnen. Dienst¬
mädchen und Personen ähnlichen Standes, das Krankenhaus während der
Cur nicht verlassen durften und doch denselben Erfolg hatten.
Neben den reinen Chlorosen kam eine Reihe von Fällen vor, die
ich complicirte Chlorosen nennen möchte. Es fand sich bei ihnen das
ganze Krankheitsbild der Chlorose, einschliesslich starker Verminderung
des Hämoglobingehaltes des Blutes und der Zahl der rothen Blut¬
körperchen, aber gleichzeitig Symptome, dio nicht zu diesem Bilde ge¬
hörten. So kamen einige Mädchen mit besonders starker Anämie vor
(unter dem Bilde der Chlorose), die erblich stark mit Tuberkulose belastet
waren, Eltern und Geschwister an diesor Krankheit verloren hatten, auch
gleichzeitig auf eine Injection von 2—3 mg Tuberkulin stark reagirten,
aber weder physikalisch Zeichen beginnender Tuberkulose der Lungen oder
der Drüsen zeigten, noch auch irgend welcheö Husten hatten. Bei ihnen
war der Erfolg der Cur genau so wie bei den Fällen reiner Chlorose.
Bei anderen Fällen fand sich gleichzeitig eine Lageveränderung der Ge¬
bärmutter, besonders vollkommene Retroversion oder Retrolateroversion.
Auch bei diesen war der Erfolg vollkommen, wenn die Lageveränderung
durch ein Pessar gehobon wurde, oder in den Fällen, wo die betreffenden
Versuche mit einem Pessar den Zweck nicht erreichton, durch die Ope¬
ration der Ventrofixation. Zwei Fälle zeigten neben starker Chlorose
gleichzeitig eine etwa pflaumengrosse Anschwellung eines Ovariums.
Ausser diesen Fällen von einfacher oder complicirter Chlorose kamen
nun eine Reihe secundärer Anämieen vor. Dieselben (sie sind bei den
oben speciell angegebenen Gewichtsangaben nicht aufgeführt) waren natür¬
lich ein sehr dankbares Object für dio Cur, wenn die Ursache der Anämie
bereits gehoben war oder gleichzeitig gehoben werden konnte. Hierzu
gehören einige Fälle hochgradiger Anämie infolge langdauernder und hef¬
tiger Erkrankung an acutem Gelenkrheumatismus, ferner mehrere Fälle
von massiger Anämie mit vielen subjectiven, besonders nervösen Be¬
schwerden, bei denen die Untersuchung Endometritis und Parametritis
oder Entzündung der Ovarien ergab und bei denen eine starke Ver-
muthung (nicht der Nachweis) vorlag, dass früher eine gonorrhoische In-
fection stattgefunden hatte. Die Fälle von Eierstockentzündung (mit
gleichzeitiger Verdickung und Verkürzung der Trompete und des Eileiters)
besserten sich unter gleichzeitiger Anwendung von zweimal täglich einge-
führten Ichthyoltampons ausgezeichnet, diejenigen von Endometritis und
Parametritis nur theilweise, namentlich in Bezug auf die Endometritis.
Bei Anämieen infolge chronischer Nierenleiden (chronischer paren¬
chymatöser Nierenentzündung und Schrumpfniere) ist diese Behandlung
mit Schwitzcuren um so mehr indicirt, als man bei diesen Leiden neben
der Aufbesserung des Appetits und der Blutbeschaffenheit zugleich günstig
auf beginnenden Hydrops wirkt und die gestörte Horzthätigkeit durch die
Bethätigung der peripheren Circulation wohlthätig beeinflusst. Eine
Heilung tritt aber natürlich nur dann ein, wenn das zugrunde liegende
Nierenleiden überhaupt heilbar ist, also im allgemeinen, wenn sich eine
parenchymatöse Nierenentzündung einer acuten Erkrankung (Scharlach,
Influenza, acutem Gelenkrheumatismus) angeschlossen hatte und sich un¬
gebührlich in die Länge zog. In den übrigen Fällen muss man sich mit
der Beseitigung der Beschwerden, der Aufbesserung des Allgemein¬
befindens und der Verminderung der Eiweissausscheidung begnügen.
Nun giebt es noch eino Reihe von Anämieen. die mit nervösen Be¬
schwerden hysterischer Natur verbunden sind, bei denen sich aber keine
lokalen Erkrankungen der Sexualorgane nachweisen lassen. Entweder ist
hier die Anämie Folge der angeborenen Nervosität, da wohl eine normale
Nerventhätigkeit auch für eine normale Blutbildung erforderlich sein wird,
oder es ist die Störung im Nerven System (vielleicht häufiger als man ver¬
muthüt) eine Folge fortgesetzter Onanie. In drei Fällon dieser Art habe
ich wohl eine Besserung erhalten, aber erstlich war die Wirkung eine
nicht so entschiedene und auffallende, namentlich nicht mit einer so mäch¬
tigen Hebung des Ernährungszustandes verbunden, einmal sogar mit einer
definitiven Gewichtsverminderung, zweitens nicht so rasch und drittens
nicht so dauerhaft. n
Immerhin war in den drei Fällen der Erfolg so gut, dass die Pa¬
tientinnen und ihre Angehörigen sehr mit demselben zufrieden waren.
Beiläufig bemerkt, habe ich Grund, anzunehmen, dass der Fall, den ich
oben den Chlorosen zugezählt habe und der mit einer Gewichtsabnahme
von 2 Pfund schloss (er ist in der angeführten speciellen Aufstellung aus¬
gelassen) entweder auch zu diesen hysterischen oder zu den secundären
Anämieen gerechnet werden muss. Die Untersuchung war in. diesem
Falle keine vollkommene gewesen, da aus äusseren Gründen bei diesem
Mädchen aus den besseren Ständen auf eine innere Untersuchung der
lexualorgano verzichtet werden musste. .
Was die Dauer der Behandlung anbetrifft, so betrug dieselbe durch-
chnittlich sechs bis acht Wochen. Sie wurde so bestimmt, dass bei der
Entlassung der Kranken alle subjectiven Symptome geschwunden, die
rfenses wenigstens einmal in normaler Stärke und Zeitdauer ewgetreten
raren und sich der Hämoglobingehalt des Blutes wenigstens bis auf 80 / 0
md die Zahl der Blutkörperchen auf circa 4000000 gehoben hatte. Einige
dale habe ich diesen Punkt nicht erreichen können, weil sich die Patien-
,innen, da sie sich wieder vollkommen wohl fühlten, einer längeren bort-
etzung der Cur nicht unterwerfen wollten.
Es wird Sie nun dio Beantwortung der Frage intercssiren, wie es
lenn mit der Dauerhaftigkeit der Heilungen, namentlich der Chlorose, die
a bei diesor Behandlung in erster Linie in Betracht kommt, aussient.
Einen genauen Nachweis darüber kann ich Ihnen begreiflicher YY eise ment
reben, da wir die Patientinnen des Krankenhauses ja meist spater au>
ien Augen verlieren. Immerhin < kann ich über eme ganze Reihe \uu
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Original fro-rri
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fl
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44
Fällen, die sich theils später aus Dankbarkeit wieder im Krankenhaus vor¬
stellten, theils mir in der Privatpraxis wiederholt zu Gesichte kamen, mit¬
theilen, dass die Besserung eine dauernde und vortreffliche gewesen ist.
Zwei Fälle kamen wogen eines Rückfalls von neuem in’s Krankenhaus;
os waren dies die beiden Fälle mit pflaumgrosser Vergrüsserung eines
Ovariums, von denen der eine ausserdem noch hochgradig erblich mit
Tuberkulose belastet war. Auch die zweite Cur hatte denselben ausge¬
zeichneten Effect wie die- erste. Im übrigen würde es nicht auffallend
sein, wenn noch häufigere Rückfälle sich ereignen sollten, da die Cur ja
offenbar nicht gegen die Krankheitsursachen, sondern nur gegen deren
Folgen gerichtet und da zu erwarten ist, dass, wenn später die früheren
Ursachen der Krankheit wieder von neuem wirksam werden, auch wieder
dieselben oder ähnliche Folgen eintreten werden.
Endlich kann man nun auch noch die Frage aufwerfen: wie soll denn
eigentlich diese Cur auf die Anämie und speciell auf die Chlorose wirken ?
Wollte man eine genügende Erklärung geben, so müsste man zunächst
genau naohweisen können, worin die Ursachen und das Wesen der Chlorose
und der secundiiren Auämieen bestehen. Da ein derartiger Nachweis
aber bis jetzt, meines Wissens, noch nicht erbracht ist, so lässt sich auch
eine sichere Erklärung der Wirkungsart der Schwitzcuren nicht geben.
Mit den Anschauungen von Scholz, die Ihnen mitzutheilen zu weit
führen würde, kann ich mich nach keiner Richtung einverstanden erklären.
Wenn inan aber sieht, mit welcher Schnelligkeit Kopfschmerz, Appetit¬
losigkeit, Müdigkeit imd Athembeschwerden schwinden sowie die Ernährung
sich hebt, so liegt der Gedanke sehr nahe, dass es sich um eine StofL
Wechselstörung handelt, infolge deren Producte der regressiven Meta¬
morphose im Körper zurückgehalten werden, die ähnlich wie andere Gifte
jene subjectiven Störungen und die Entmischung des Blutes bewirken.
Wäre das richtig, so würde es sich unschwer erklären, wie durch starke
Schwitzcuren jene Stoffe rascher aus dem Körper entfernt und gleich¬
zeitig der Stoffwechsel günstig beeinflusst, somit eine Besserung, selbst
Heilung der Krankheit herbeigeführt würde. Ob aber diese Hypothese
eine Berechtigung hat, werden wir einstweilen zukünftigen Untersuchungen
überlassen und uns vorläufig damit begnügen müssen, dass factisch meist
eme fast zauberische Wirkung statt findet und die desfallsigen Angaben
von Dr. Scholz auch von mir vollständig bestätigt werden müssen!
Nachtrag Ende Februar 1894. Nachdem sich die Veröffent¬
lichung des vorstehenden Vortrages jetzt schon fast ein Jahr hinaus¬
geschoben hat, seitdem das in demselben enthaltene Material zuerst
bearbeitet wurde, will ich noch hinzufügen, dass sich die vorstehenden
Angaben auch in dem abgelaufenen Jahre im allgemeinen durchaus
als richtig bewährt haben. Namentlich hat sich aber wieder gezeigt,
dass die mit starken nervösen Störungen verbundene Anämie der Be¬
handlung viel weniger rasch und vollkommen weicht. Die Kranken
dieser Art klagen nicht über Kopfschmerz, namentlich nicht über
die last regelmässigen am Morgen vorhandenen Kopfschmerzen der
Uhlorotischen, dagegen häufig über heftige Magen- und Rückenschmerzen,
die an em Ulcus rotundum ventriculi denken lassen, sind sehr reizbar so
?Sn S aUCh i 11 d ? r ßuEe s^r frequente, kleine Puls (nicht selten’bis
kehlte uaa mehr) beim Besuche des Arztes seine Schnelligkeit sehr
steigert, um erst nach einigen Minuten wieder auf seinen gewöhnlichen
Stand zurttckzukehren, von wechselnder, weicher Gemüthsstimmung und
leiden häufig au Schlaflosigkeit sowie nicht selten trotz reiner Zunge an
hochgradiger Appetitlosigkeit. Namentlich dieses letzte Symptom? das
sonst meist, so rasch, oft schon nach drei bis vier, durchschnittlich aber
o^m regen Hungergefühl weicht, widersteht nun in
diesen Fällen bisweilen Wochen lang und macht es erklärlich, dass dann
auch die Besserung, namentlich die Gewichtszunahme sich nicht in ge-
wohntorWmse einstellt, ja sogar manchmal zunächst noch eine Gewichts-
abnahme von vier bis sechs Pfund eintritt. Trotzdem zeigt sich die
PnL Tf 7 an \ m d T ^igeren, weniger frequenten und gespannteren
P?fnKi d « ZuDah T £ es H ? mo S loblrLS und der Blutkörperchen und dem
grösserer Kraft und grösseren Wohlbefindens. — In einem Falle
Ar i Ze ! g i e S1 j h trofcz örhaltenen Hamens ein so ausserordentliches
•Si = er8tehen d6r «"T“ .und kleinen Labien, dass Onanie nüt
rirhw fc a . ng ? no 1 mm ® n werden dürfte; in einigen anderen Fällen fanden
statt ^nvindftlfnrlr/ 6r tlusse . rer Geschlechtstheile vergrösserte Ovarien, die
£f,Ä S- £ S-.VÄ SÄUS
STÄtÄS“ Ure5ChUChen Z —
geführt, nicht
dauerhaft.
Zur medicinischen Elektrote chnik .
Von A. Eulenburg.
Die rühmlichst bekannte Firma W A TTirfioiim 0nn j-
wartig auf ein schon 33jähriges Bestehen zurückblicken kann hat soeben
“JJJ® 4 ° Ue ’ , d “ rC , h 8™ sse Reichhaltigkeit und Vollständigkeit auseezoich
, A , U . Sgabe ll T s Apparatenkatalogs mit Abbildungen iTvoXucht
Ausstattung erschcmen lassen. Wenn irgend etwas. s^ ist dieser Ewog
Schwung 61 'den’ dir? LeS i! r ■£! >e 1 r den ausserordentlichen Um-
senwung, den die modicimsche Elektrotechnik neuordintrs erfahren W
der b0deUt ? de E 0';?^rung ihres i^h
f r ,® eito chirurgisch-speciahstischer, diagnostischer und onerativer An
Ä“ T,',™' Die Abschnitte Xtterieen und InsÄnteir
^ ’ r Batterieen un( l Instrumente zur Galvanokaustik und Rn
JSS .Apparate zum Anschluss an Beleuch ZsaZmn“ Ace«:
nmlator en nehmen nahe zu die H älfte des stattlichen QuStbandes ein
GMnickt b«i Julius Slttenfeld ln. Berlin W.
und enthalten fast auf jeder Seite werthvolle und bewährte Speciahtaten
eigener Gonstruction, sowohl in den einzelnen Instrumenten, wie in den
Apparaten-Zusammenstellungen (es seien beispielsweise die äusserst reich¬
haltigen Instrumente zur Beleuchtung, insbesondere die Instrumente zur
Blasenbeleuchtung — sodann die Anschlussvorrichtungen und die
stationären und transportablen Apparate mit Accumulatoren ange¬
führt). Wenn übrigens die vorgenannten Abschnitte besonders her¬
vorgehoben werden, so soll damit nicht gesagt sein, dass nicht auch die
übrigen Abtheilungen des Katalogs, für stationäre Apparate, Influenz-
maschinen, hydroelektrische Bäder, transportable Batteneen, Inductions-
apparate, Galvanometer, Rheostaten u. s. w. sehr viel Treffliches und Vor¬
zügliches enthalten, das jedoch im grossen und ganzen schon mehr be¬
kannt und Gemeingut der ärztlichen Welt geworden ist. Auch hier ist
freilich im einzelnen fast beständig geändert und gebessert worden, wovon
als Beispiele nur die neuerdings mehi; und mehr vervollkommneten trans¬
portablen Batterieon und Inductionsapparate, die neuen aperiodischen
HonzontalgalvanometCr mit schwimmendem Anker, die neuen compen-
diösen Flüssigkeitsrheostaten, die zahlreichen neuen Elektroden für die
verschiedensten Specialzwecke genannt werden mögen. Besonders dan-
kenswertk ist, dass sämmtlichen Einzelabtheilungen des Katalogs eine
orientirende Ueborsieht, sowie auch ein Verzeichniss der wichtigsten
Speciallitteratur voraufgeschickt ist, wodurch — ebenso wie durch das
sorgfältig gearbeitete alphabetische Namen- und Sachverzeichnis — die
Brauchbarkeit auch für den auf elektrischem Gebiete minder Bewanderten
wesentlich erhöht wird.
XII. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. An der Königlichen Gharitd sind poliklinische Sprech¬
stunden für die medicinischen Kliniken in Aussicht genommen,
welche vom 1. November ab in den Räumen des Instituts für In¬
fektionskrankheiten stattfinden sollen. Die Poliklinik der I. medicinischen
Klinik (Leyden) hält Dienstag, Donnerstag, Sonnabend von ‘/sll bis
12 Uhr Stabsarzt Dr. Thiele, diejenige der II. medicinischen Klinik
(Gerhardt) Montag, Mittwoch, Freitag */g9 bis 10 Uhr Oberarzt Dr.
Weintraud ab. Mit der III. medicinischen Klinik (Senator)
bleibt wie bisher die Universitätspoliklinik verbunden.
.— Der Verein für innere Medicin tagte am 29. d. M. unter dem
Vorsitz von Gerhardt. Vor der Tagesordnung stellte Litten einen
bemerkenswerthen Fall von Mediastinaltumor vor, bei dem die ge¬
summten Symptome in den letzten acht Tagen eine beträchtliche Steigerung
orfahren haben. In der Discussion sprachen A. Fraenkel, Fürbringer,
Litten. — Darauf demonstrirte Gerhardt das von Ladenburg darge¬
stellte Lysidin, welches auf seiner Klinik in einigen Fällen von Gicht
erfolgreich angewandt worden ist. Zur näheren Orientirung verwies
Gerhardt auf die Publication von Grawitz in dieser Wochenschrift
No. 41. — In der eigentlichen Tagesordnung hielt Rosenheim einen
interessanten und inhaltreichen Vortrag Ueber die chirurgische Be¬
handlung der Magenkrankheiten. Redner beleuchtete vom Stand¬
punkte des internen Klinikers auf Grund eigener Erfahrungen den thera¬
peutischen Werth der Resection, Gastroenterostomie, des Loretta’schen
Verfahrens und der Gastrostomie für die wichtigste Magenaffection, das
Carcinom, und unterzog des weiteren auch die chirurgische Behandlung
der gutartigen Pilorusverengerungen, der idiopathischen Magenerwoiterung
und der wesentlichsten Complicationen des Magengeschwürs, nämlich der
Blutungen, der acuten Perforation und der Perigastritis, einer eingehenden
Kritik. Ein besonderes Interesse beanspruchten die passageren Aus¬
führungen des Vortragenden über einige wichtige Fragen aus der Sympto¬
matologie und Diagnostik der Magenerkrankungen. — Die Discussion
wurde auf die nächste Sitzung (5. XI.) verschoben. J. S.
— Der Geheime Sanitätsrath Dr. L. Gueterbock feierte am 23. d.
M. in vollkommenster körperlicher und geistiger Frische seinen achtzigsten
Geburtstag.
— Unser langjähriger fleissiger Mitarbeiter Dr. Gentilli jun. ist in
Görz gestorben.
— Düsseldorf. Der Niederrheinische Verein für öffent¬
liche Gesundheitspflege hält am Sonnabend, den 10. November 1894
in Düsseldorf seine ordentliche Generalversammlung (25jähriges Bestehen
des Vereins) ab. Auf der Tagesordnung stehen ausser geschäftlichen An¬
gelegenheiten folgende Vorträge: Das Sterilisiren der Much und die hierzu
dienenden neuesten Apparate, Prof. Dr. Stutzer (Bonn); Hygienische
Verbesserungen baulicher Art in den grösseren Städten Italiens, Baurath
Stübben (Köln).
— Die seit 1844 bestehende Diakonissenanstalt in Duisburga.Rh*
von Pastor Th. Fliedner gegründet, bildet Diakonen aus, die gleich den
Diakonissen auf dem Gebiete der Kranken-, Armen-, Kinder- und Ge¬
fangenenpflege in Deutschland thätig sind. Tausende von Kranken ohne
Unterschied der Religion erfahren jährlich den Segen ihrer hilfreichen
Arbeit. Gegen 350 Diakonen waren während der letzten Kriege auf den
Schlachtfeldern thätig. Durch die geforderte Ausdehnung der Anstalt und
den Neubau ihres grossen Krankenhauses befindet sich die Anstalt in grosser
Nothlage, da die Zöglinge meist kostenfrei ausgebildet werden, weshalb
der Minister des Innern der Anstalt zu ihrem 50jährigen Bestehen eine
Hauscolleete in Berlin und in den Provinzen Preussens bewilligt hat.
e — Universitäten. Krakau. Der Assistent des anatomischen
Instituts in Strassburg, Dr. H. Hoyer, ist zum ausserordentlichen Pro¬
fessor der vergleichenden Anatomie ernannt worden. — Warschau. Dr.
Senez ist zum Professor der allgemeinen Therapie und Diagnostik er¬
nannt. — Kasan. Prof. Kotowschtschikow ist an Stelle des ver
storbenen Prof. Chomjakow auf den Lehrstuhl der Hospitalklinik be¬
rufen. — Paris. Der Prof. agr6g6 Dr. Legroux ist gestorben.
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Original frorn
UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag M 4g. 8 . November 189 4.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet yon Dr, Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamcrstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
I. Aus der llniversitäts-Frauenklinik in Giessen.
Die operative Behandlung des tuberkulösen
Ascites. 1 )
Von Dr, G. Frees, Assistenzarzt der Klinik.
Wie so viele Errungenschaften auf naturwissenschaftlichem
und speciell auf medicinischem Gebiete verdankt auch die An¬
wendung der Laparotomie bei Ascites tuberculosus bekanntlich
einem Zufall, einem diagnostischen Irrthum ihre erste Empfehlung.
Spencer Wells wollte einen Ovarialtumor operiren und fand nach
Eröffnung der Bauchdecken das charakteristische Bild des abge¬
sackten tuberkulösen Ascites; er liess den Ascites ab, schloss die
Bauchwunde und — die Kranke genas. In der Folge wurde dann
der Bauchschnitt planmässig bei den verschiedensten Formen der
Peritonitis tuberculosa in Anwendung gezogen, und während die
einen — und wohl die Mehrzahl — günstige Erfolge sahen, ver¬
hielten sich wieder andere diesen Erfolgen gegenüber sehr skep¬
tisch. Viele glauben, dass bei der wirklich bacillären Form der
Bauchfelltuberkulose die Incision niemals oder doch nur äusserst
selten zur Heilung führe. Diese Ansicht wird allerdings dadurcli
unterstützt, dass in einer Reihe von Ascitesfällen mit Knötchen¬
eruption auf dem Bauchfell bei der histologischen Untersuchung
der „Tubercula“ der typische Bau und der Nachweis von Tuberkel¬
bacillen vermisst wurde. Gusserow 1 ), der im übrigen die La¬
parotomie bei freiem Ascites warm befürwortet, schlägt deshalb
für dieses ganze Krankheitsbild den Namen Peritonitis nodosa
vor. Es erscheint aber meines Erachtens doch wichtig, vor allem
für die Prognose etwaiger operativer Eingriffe, wenn möglich hier
zu unterscheiden: der klinische Verlauf, der Nachweis tuberkulöser
Erkrankungen in anderen Organen, die hereditäre Belastung sichern
die Diagnose doch meist schon- bis zu einem gewissen Grade, und
wenn man die Laparotomie macht, so hat mau ja an excidirten
Stücken die beste Gelegenheit, sein Urtheil eventuell zu verificiren.
Findet man den typischen Bau des Tuberkels, auch ohne Bacillen,
die ja in diesen Knötchen oft sehr spärlich Vorkommen, so hat
man, glaube ich, auch das Recht und die Pflicht, die Erkrankung
als Peritonitis tuberculosa im engeren Sinne zu bezeichnen.
Solange man indess den histologischen Befund nicht hat oder
wenn man überhaupt nur auf den makroskopischen Befund am
Peritoneum angewiesen ist, wird man allerdings gut daran thun,
die rein descriptive Bezeichnung Peritonitis nodosa zu wählen,
obwohl hier gewiss in vielen Fällen von einer eigentlichen Ent¬
zündung nicht die Rede sein kann. So fanden wir vor einem
halben Jahr gelegentlich der Exstirpation einer Hydrosalpinx auf
dem Tumor selbst und überall auf der Beckenserosa eine Eruption
von kleinen, weisslichen Knötchen. Die mikroskopische Unter¬
suchung ergab, dass es sich um kleinste Bindegewebsgeschwülste,
um Fibrome handelte, ähnlich wie in einem Falle von Gusse row
(1. C; S. 473). Ein anderer Fall, der im November v. J. zur Ope¬
ration kam, mag hier auch kurz Erwähnung finden: Bei einer
55jährigen Frau war die Diagnose auf Ascites tuberculosus ge¬
stellt, und bei der Operation fanden wir auch das charakteristische
Bild: freier Ascites, das Peritoneum, besonders die Parietalserosa
allenthalben mit hirsegrossen grauen Knötchen besetzt, nirgends
eine Organerkrankung. Die mikroskopische Untersuchung der ex-
!) Nach einem in der raedicinischen Gesellschaft zu Giessen gehal¬
tenen Vorträge.
cidirten Knötchen ergab zu unserer grossen Ueberraschung das
Bild eines Carcinoms. Man könnte dies für einen der seltenen
Fälle von primärer Carcinose des Bauchfells halten, da wie gesagt
nirgends eine primäre Organerkrankung gefunden wurde und da
auch jetzt noch — ich habe brieflich und mündlich Nachricht von
der Patientin — nur der nach den Punctionen sich in immer kürzeren
Intervallen wieder ansammelnde Ascites das Krankheitsbild be¬
herrscht, doch soll das nicht mit Bestimmtheit behauptet werden.
Ich wollte diese Fälle hier nur kurz zur Illustration anführen,
dass man, auch wenn man die Laparotomie ausgeführt hat, oft
erst nach der histologischen Untersuchung excidirter Stücke in
der Lage ist, die Diagnose mit Sicherheit zu stellen.
Merkwürdig erscheint in vielen Operationsstatistiken das
starke Ueberwiegen des weiblichen Geschlechts, und ganz im Wider¬
spruch stehen damit gewisse Sectionsstatistiken, aus denen
ein überwiegendes Befallensein der Männer hervorzugehen scheint.
So findet König 2 ) unter 131 operativ behandelten Fällen
120 Frauen und nur 11 Männer, während sich bei einer Zu¬
sammenstellung von 107 Sectionen 89 Männer und nur 18 Frauen
fanden. Man hat natürlich nach Erklärungen für diese auffallende
Thatsache gesucht und zum Theil darin zu finden geglaubt, dass
der tuberkulösen Erkrankung des Peritoneums sehr häufig eine
primäre Genitaltuberkulose speciell Tubentuberkulose
zugrunde liege. Indessen kann dies doch nur bis zu einem ge¬
wissen Grade zugegeben werden, da nach einer grossen Zusammen¬
stellung von Sick 3 ) aus den Hamburger Krankenanstalten über
2500 Sectionen nur in 26% die Bauchfelltuberkulose mit Tuber¬
kulose der inneren Genitalien complicirt war, dagegen in 65%
mit Darmtuberkulose. In der That neigen auch viele Autoren der
Ansicht zu, dass der Darm die häufigste Eingangspforte für das
tuberkulöse Virus darstellt. Andererseits erhellt auch aus einer
Statistik von Heiberg, 4 ) dass die Urogenitaltuberkulose beim
Mann noch etwas häufiger vorkommt als bei der Frau (unter
29 Fällen 16:13), Wir müssen also nach anderen Gründen suchen,
und wenn ich auch nicht annehme, dass die Häufigkeit dieser
Operationen bei Frauen der Häufigkeit diagnostischer Irrthlimer
der operirenden Gynäkologen entspricht, so glaube ich auf der
anderen Seite doch, dass die Frauen mehr auf Veränderungen im
Leibesumfang zu achten gewöhnt sind und entschieden deshalb
oft früher, viel öfter in einem günstigen Zeitpunkt der Erkrankung
zum Arzt kommen und dass sie sich ausserdem leichter zu einem
operativen Eingriff entschliessen. Wenn Conitzer 5 ) auch hei
Kindern unter 7 Fällen 5 bei Mädchen beobachtet hat, so sind
diese Zahlen zu klein, um irgendwelche Schlussfolgerungen daraus
zu ziehen.
Nach König können alle Formen der Bauchfelltuberkulose
durch die blosse Incision zur Heilung gebracht werden, sowohl die
mit Ascites einhergehenden, wie die sogenannte „trockene“ oder ad¬
häsive Form, als auch endlich die eiterige Form; er hat (und mit ihm
auch andere) wenigstens hei allen Formen Heilungen beobachtet.
Für die Prognose erscheint es aber doch wichtig, die einzelnen
Arten, besonders gerade die ascitische und die trockene auseinander-
zuhalten. Die Angaben der Autoren weisen in dieser Beziehung auch
bemerkenswerthe Verschiedenheiten auf: Aldibert 6 ) berechnet
so für die ascitische Form 35,4% Heilungen, für die trockene,
adhäsive 80%, davon 50% definitiv, und auch Rörsch 7 ) kommt
zu fast den gleichen Resultaten. In Deutschland dagegen wird
entschieden mehr die mit Transsudat einhergehende Form, der
eigentliche Ascites tuberculosus, als geeigneter und prognostisch
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DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45
günstiger für die operative Behandlung angesehen (vergl. Helm-
rich 8 ), wiewohl auch bei uns in einer Reihe von Veröffent¬
lichungen Heilungen der trockenen Form constatirt wurden.
Da die Thatsache nun einmal feststand, dass der einfache
Bauchschnitt in einer Reihe von Fällen genügte, die tuberkulöse
Peritonitis zur definitiven Heilung zu bringen, ergab sich nun als
weitere Aufgabe, die Ursachen dieser räthselhaften Heilwirkung zu
erforschen. Da lag es zunächst nahe, an äussere Einflüsse zu
denken; alles mögliche wurde auch in dieser Richtung heran¬
gezogen: der Einfluss antibacteriell wirksamer Substanzen, des
Jodoforms, der Borsäure etc.., der Luftcontact, der Einfluss des
Sonnenlichts u. s. w. Ich will hier nicht näher darauf eingehen,
nur soviel möchte ich erwähnen, dass, wie überall, auch hier
diese verschiedenen Theorieen verschiedene Modificationen in der
Behandlung, ja ganz andere Behandlungsmethoden im Gefolge
hatten. Ich erinnere vor allem an die bemerkenswerthen Ver¬
suche von v. Mosetig-Moorhof 9 ), nach der Punction des Ascites
durch das Einblasen von keimfreier Luft die Laparotomie zu er¬
setzen und die Erkrankung zur Heilung zu bringen, was ihm in
zwei Fällen anscheinend gelungen ist. In gleicher Richtung be¬
wegen sich die Versuche von W. Nolön 10 ), der unter drei Fällen
zwei genesen sah. Riva 11 ) empfiehlt nach der Punction apneu-
matische Auswaschungen der Bauchhöhle mit 8—10 1 sterilen
Wassers und will dabei elf Heilungen beobachtet haben. Ueber-
haupt wird bei Franzosen und Italienern auch bei der Laparotomie
nach dem Ablassen des Ascites auf eine ergiebige Ausspülung mit
sterilem Wasser oder 3°/o Borsäurelösung anscheinend grosser
Werth gelegt [vergl. Hartmann und Aldibert 12 ), Pinard und
Kirmisson 13 ),Raymond 14 ), Nannotti und Baciocchi 15 )]. Andere
suchten die Ursache der Heilung mehr in Veränderungen, die durch
den Eingriff am Peritoneum und im ganzen Organismus hervor¬
gerufen werden. Ich werde auf diese Fragen noch kurz am Schlüsse
zurückkommen.
Natürlich war auch die Art und Weise, wie bei dem tuberkel¬
besäten Bauchfell die Restitutio ad integrum zustande kommt —
denn eine solche ist durch Autopsie und bei Gelegenheit späterer
Laparotomie zur Genüge nachgewiesen — der Gegenstand zahl¬
reicher histologischer Untersuchungen. Bumm 16 ) konnte bei einer
zweiten Laparotomie nachweisen, dass die Umgebung der Tuberkel¬
knötchen mit Rundzellen infiltrirt war und dass der Tuberkel
selbst durch narbige Umwandlung des Gewebes zugrunde ging.
Andere — Nannotti und Baciocchi (1. c), Kischewski 17 ),
Gatti 18 ) — suchten auf dem Wege experimenteller Versuche an
Meerschweinchen, Kaninchen und auch Hunden dieser Frage näher¬
zutreten, doch sind diese meines Erachtens nicht ohne weiteres
auf den Menschen zu übertragen, da z. B. bei Meerschweinchen
meines Wissens wenigstens gerade die ascitische Form der Peri¬
tonitis tuberculosa nicht vorkommt.
Nach alledem erschien es nicht ohne Interesse, wenn einmal
das ziemlich reichhaltige Material, welches unserer Klinik in den
letzten Jahren zu Gebote stand, mit zur Beantwortung der einen
oder der anderen dieser Fragen herangezogen würde. Vier Fälle
sind bereits von meinem hochverehrten Chef, Herrn Prof. Löhlein
— dem ich für die gütige Ueberlassung des Materials meinen besten
Dank ausspreche — in einem Vortrag „Erfahrungen über den
Bauchschnitt bei tuberkulöser Peritonitis“ 19 ), der im Jahre 1889
in der medicinischen Gesellschaft zu Giessen gehalten wurde, an¬
geführt worden; drei weitere wurden von Schreiber in seiner
Dissertation „Ueber die Tuberkulose des Bauchfelles“ 20 ) mitgetheilt,
es sind inzwischen noch 11 Fälle hinzugekommen, so dass wir
also im ganzen über 18 operativ behandelte Fälle verfügen. Es
muss noch vorausgeschickt werden, dass in allen diesen Fällen die
Incision erst dann gemacht wurde, nachdem entweder in der Klinik
oder ausserhalb die übliche interne Therapie — Seifenumschläge,
Diuretica etc. — vergeblich in Anwendung gekommen war. Mehrere
Fälle — erst vor einigen Wochen wurde ein solcher entlassen _,
bei denen auf die genannten Mittel ein deutlicher Rückgang des
Ascites zu beobachten war, wurden selbstverständlich dem Bauch¬
schnitt nicht unterworfen. Ich lasse die einzelnen Fälle kurz
folgen:
Fall 1. Frau Sophie M., 43 Jahre, 1888 J.-No. 65.
Neun Geburten; seit einigen Monaten Empfindlichkeit und An¬
schwellung des Leibes.
9. Mai 1888 Incision. Klarer, freier Ascites (einige Liter); Knötchen¬
eruption auf dem Bauchfell, besonders nach dem Douglas. Nach glattem
Verlauf 1. Juni 1888. entlassen. Nachweis von Tuberkelbacillen im Schnitt
und durch Impfung.
Weiterer Verlauf: Nach zwei Monaten alte Ausdehnung des
Leibes; soll bald darauf gestorben sein.
T F jN 2 - Frau Henriette K., 24 Jahre, 1888 J.-No. 134, 1889
J.-No. 7o. ’
Zwei Geburten; seit */a Jahr unbeholfen, Anschwellung des Leibes.
27. Juli 1888 erste Incision. Reichlicher, gelblicher Ascites,
die ganze Serosa dicht mit Tuberkeln besetzt. — Glatter Verlauf.
9. December 1888 wieder vorgestellt. Wohlbefinden; kein Ascites.
Seit Januar 1889 sammelt sich wieder Ascites an, deshalb 22. März 1889
zweite Incision. Klarer Ascites, Befund wie bei der ersten Incision,
besonders üppige Entwickelung der Knötchen an Tuben und Ovarien.
Entlassen 10. April 1889. Kein Ascites nachweisbar. Nachweis voii
Tuberkelbacillen gelang nicht, dagegen typischer Bau des Tuberkels.
Riesenzellen.
Weiterer Verlauf: Laut Nachricht vom 7. Juni 1994 von ihrem
eigentlichen Leiden völlig befreit, bei stärkerer Anstrengung Schmerzen
in der rechten Seite.
Fall 3. Marie F., 15 Jahre, 1889 J.-No. 26.
Seit kurzer Zeit Anschwellung des Abdomens bemerkt; wahrschein¬
lich linksseitige Ovarialcyste.
30. Januar 1889 Incision. Ascites saccatus, 2 1 heller, seröser
Flüssigkeit, Peritoneum dicht mit hirsekorngrossen, grauen Knötchen be¬
setzt. Mikr.: typischer Bau.
Weiterer Verlauf: Es entwickelt Bich im Verlauf der nächsten
Monate eine abgesackte, eitrige Peritonitis, Lungenerscheinungen. Tod
sechs Monate post operationem.
Fall 4. Karoline H., 17 Jahre, 1889 J.-No. 94.
Menses vom 13. bis 14. Jahr, von da ab ausgeblieben. Seit drei
Monaten Zunahme des Leibes.
10. April 1889 Incision. Einige Liter grünlichklarer Flüssigkeit;
Serosa überall besät mit hirsekom- bis erbsengrossen Knötchen; Netz
knollig verdickt. Nach reactionslosem Verlauf 27. April 1889 entlassen.
Leibesumfang bereits wieder so gross wie vor der Operation. Weitere
Nachrichten fehlen.
Fall 5. Frau Margarethe R., 28 Jahre, 1890 J.-No. 138.
Ein Partus vor sechs Jahren; seit einigen Wochen Dickerwerden des
Leibes; vor acht Tagen draussen Punction.
10. Mai 1890 Incision. 5—6 1 gelblicher Ascites; typisches Bild,
Parietal- und Visceralserosa mit Knötchen besät, besonders nach dem
Becken dicht entwickelt. Abtragung der rechten Anhänge, die vor allem
ergriffen sind. Fieberhafter Verlauf. 17. Juni entlassen. In den Riesen¬
zellen Tuberkelbacillen nachgewiesen. Tod sechs Wochen nach der Ent¬
lassung.
Fall 6. Katharine B., 60 Jahre, 1890 J.-No. 173.
Vier Partus, zwei Aborte; seit 2 l /a Monaten Anschwellung des
Leibes.
13 .Juni 1890 Incision. Reichliche Menge von klarem Ascites ent¬
leert. Peritoneum parietale, Darm und Uterusadnexe mit Tuberkeln dicht
besetzt; dicke Knollen im Mesenterium. Reactionslose Heilung, typischer
Befund an den excidirten Knötchen. 2. Juli entlassen.
Weiterer Verlauf: Briefliche Mittheilung vom 8. Juni 1894:
„Als ich von Giessen kam und war ein paar Tage hier, ging der Schnitt
wieder auf, und ich musste zum Arzt gehen. Es dauerte zwei Monate,
dann war ich vollends hergestellt, und seitdem ist von meinen früheren
Beschwerden nichts mehr vorhanden. Ich zähle jetzt 64 Jahre und kann
noch alle Hausarbeit verrichten.“
Fall 7. Christine H., 15 Jahre, 1890 J.-No. 190.
Seit Mitte April Anschwellung des Leibes, die mit Schmerzen einher-
ging und rasch zunahm. _
19. Juni 1890 Incision. Grosse Mengen klarer Flüssigkeit ent¬
leert; typische Veränderungen am Bauchfell. 6. Juli entlassen.
Weiterer Verlauf: Ein Jahr völlig gesund, Tod im November
1891 an Darmtuberkulose.
Fall 8. Frau Margarethe Sch., 42 Jahre, 1891 J.-No. 92.
Mutter an Phthise gestorben, zwei Geschwister an Bauchwassersucht,
Seit einem Jahr Anschwellung des Leibss.
15. Juli 1890 ausserhalb Incision. Darnach Ascites rasch wieder-
gekehrt. .
18. März 1891 Incision. 10—12 1 Ascites entleert; typisches Büd.
Tuberkulininjectionen. ,
13. April entlassen. Ascites bis zum Nabel reichend. Bald darau
gestorben.
Fall 9. Marie M., 25 Jahre, 1891 J.-No. 109.
Menses in letzter Zeit etwas schwächer; seit acht Wochen
rung bei gleichzeitiger Anschwellung des Leibes. Während der l el f l *
Menses angeblich Zunahme des Leibesumfangs von 90 auf 100 cm, Leibes¬
umfang 107 cm. . . .
4. April 1891 Incision. 14 1 grünlich-gelber Ascitesflüssig*
spec. Gewicht 1020. Serosa überall, besonders nach dem Becken zu
grauweissen Knötchen besetzt. 19. April 1891 entlassen. Tod fünf Mon
post operationem.
Fall 10. Anna S., 27 Jahre, 1891 J.-No. 176.
Vor vier Jahren Partus; vor einem Jahr Pleuritis. 22. Jum
L eibesumfang 89. Ascites. Linke Tube geschwollen, rechte stärker
ändert, knotig verdickt, rechtes Ovarium angelöthet im Douglas;
glas’sche Falten mit Knötchenreihen besetzt. Salpingitis et Pensalpm B
tuberculosa. . ; n# ,
1. Juli 1891 Laparotomie. Netz der Bauchwand adhärent, m
fingerdicke, knollige Masse verwandelt; Entleerung von 1 1 8*°“
Ascitesflüssigkeit. Hochgradige Verwachsung der Beckenorgane, ö -
besonders um die Tuben überall mit Knoten und Knötchen besetzt,
stirpation beider Tuben. Drainage im unteren Wundwinkel. -
ersten, zweiten und siebenten Abend 38,0°, sonst reactionsloser v
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8. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
851
28. Juli entlassen. Mikr.: Tuberkulose; Bacillen nicht nachgewiesen.
Weiterer Verlauf (Polikl. J. 1894 208): Inzwischen verheirathet;
vollkommenes Wohlbefinden, kein Ascites, rechts neben dem Uterus zwei
kleine, wallnussgrosse Tumoren.
Fall 11. Frau Elisabeth H., 38 Jahre, 1891 J.-No. 274.
Vier Entbindungen, Menses in letzter Zeit schwächer, unregelmässig.
Seit drei Monaten Stärkerwerden des Leibes. Mutter und Schwester an
Phthise gestorben, ein Bruder lungenkrank. Leibesumfang 97. Knoten
im Douglas, Schwellung beider Tuben. Ueber beiden Lungenspitzen
Bronchialathmen und Knisterrasseln.
18. Juli Incision. Charakteristischer Befund, Drainage.
12. August entlassen. Leibesumfang 92 cm. Ascites wieder ange¬
sammelt.
Weiterer Verlauf: Am 8. Februar 1892 infolge ihres inneren
Leidens gestorben. . .
Fall 12. Frau Katharine B., 44 Jahre, 1991 J.-No. 390.
Vier normale Partus; Menses früher regelmässig, in letzter Zeit
schwächer. Diarrhöen, Vorfallbeschwerden. Ascites; linke Lungenspitze
suspect. Prolapsus utriusque vaginae, Cysto- und Rectocele; Retro-
flexio uteri.
22. October 1891 Incision. Typischer Befund.
15. November entlassen. Unterer Wundwinkel nässt noch etwas.
Weiterer Verlauf: Vollständiges Wohlbefinden zwei Jahre lang,
auch jetzt nur geringe Beschwerden, welche auf die zweimal überstandene
Influenza zurückgeführt werden. (Briefliche Nachricht vom 10. Juni 1894.)
Fall 13. Frau Wilhelmine St., 56 Jahre, 1892 J.-No. 171.
Elf Partus; Cessatio mensium seit sechs Jahren. Seit December 1891
Dickerwerden des Leibes, Appetitlosigkeit, Diarrhöen. Ascites, leicht
blutende Erosion der Portio.
11. April 1892 Incision. Eine Menge seröser Flüssigkeit wird
entleert; Serosa besonders nach dem Becken mit hellgrauen bis linsen- 1
grossen Knötchen besetzt. Zwei Tage Drainage mit Jodoformgaze im j
unteren Wundwinkel. j
Mikroskopische Untersuchung: 1) des Peritoneums: typischer Bau I
der Tuberkeln, Riesenzellen, Bacillen nicht gefunden; 2) eines aus der
Portio excidirten Stückchens: Carcinoma incipiens.
1. Mai 1892 entlassen auf Wunsch. Ascites wieder angesammelt.
Zur Totalexstirpation wiederbestellt, kommt aber erst am 18. Februar 1893
wieder zur Aufnahme. Massiger Ascites, cancroide Papillengeschwulst.
Da die Patientin die Totalexstirpation verweigert (die hier besonderes
Interesse geboten hätte, vor allem für die Frage, ob auch eventuell durch
eine Entleerung von der Scheide aus der tuberkulöse Ascites zur Aus¬
heilung gebracht werden könnte), wird sie nach Hause entlassen, wo sie
im Juli 1893 gestorben ist.
Fall 14. Frau Wilhelmine W., 24 Jahre, 1892 J.-No. 525.
Ein Partus; seit Juli Anschwellung des Leibes (angeblich inter menses
entstanden). Leibesumfang 97 cm. Ascites, körnige Resistenzen im
Douglas.
13. October 1892 Incision. Klarer Ascites, mehrere Liter, spec.
Gewicht 1019. Peritoneum überall dicht mit grauweissen Knötchen
besetzt.
Mikroskopische Untersuchung: typischer Bau, Riesenzellen, Bacillen
nicht gefunden.
Entlassen 6. November. Kein Ascites.
Weiterer Verlauf: Im Januar 1894 stellt sich Patientin in
blühender Gesundheit wieder vor; kein Ascites, völliges Wohlbefinden seit
der Operation. Im Juni erhielt ich nochmals Nachricht, dass es ihr fort¬
dauernd ausgezeichnet gut geht.
Fall 15. Frau Katharine H., 48 Jahre. 1893 J.-No. 194.
Neun Partus. Seit November 1892 Zunahme des Leibes, Schmerzen,
Appetitlosigkeit, Durchfälle, Husten. Aufnahme 21. April 1893. Lupus
der linken Wange, linke Lungenspitze suspect. Leibesumfang 104 cm.
Ascites, körnige Resistenzen an den Douglas’schen Falten. Rasche Zu¬
nahme des Ascites; 25. April Leibesumfang 107.
29. April 1893 Incision. 10 1 hellgelbe, klare Ascitesflüssigkeit.
Serosa überall mit grauen Knötchen besetzt. Excision des Lupus.
Nach glattem Verlauf 19. Mai entlassen. Dämpfung in den abhän¬
gigen Partieen des Abdomens.
Weiterer Verlauf: Nach mündlicher Nachricht (Juni 1894) ist
die Patientin zwar noch am Leben, aber in äusserst elendem Zustande.
Fall 16. Katharine H., 13 Jahre, 1893 J.-No. 249.
Vater an Lungenleiden gestorben, seit sieben Wochen Stärkerwerden
des Leibes, in letzter Zeit rasche Zunahme. Keine Beschwerden. Schlecht
genährt. Leibesumfang 70 cm. Ascites.
28. Mai 1893 Incision. Klarer Ascites. Peritoneum parietale,
Barm, Uterus und Adnexe mit massenhaften hirsekorn- bis erbsengrossen
Knötchen besetzt. Bei der Entlassung, 17. Juni, hatte sich bereits wieder
etwas Ascites angesammelt.
Weiterer Verlauf: Tod 30. October 1893 „nach siebenmonat¬
lichem Siechthum“.
Fall 17. Lina L., 20 Jahre, 1893 J.-No. 287.
Seit Ende April Anschwellung des Leibes. Abdomen = Grav. VII.
mense, Ascites und Tumor ovarii (?) dextri.
10. Juni 1893 Laparotomie. Geringe Merme klarer Ascitesflüssig-
keit; Peritoneum überall mit grauweisslichen Knötchen dicht besetzt.
Ziemlich schwierige Exstirpation einer rechtsseitigen Ovarialcyste und
einer Pyosalpinx dextra mit käsigem Inhalt. Die Reconvalescenz
wird durch eine Pneumonie des linket Oberlappens und eine rechts-
seitige^Becken Zellgewebsentzündung gestört.
12. Juli entlassen. Guter Kräftezustand. Kein Ascites.
Mikroskopische Untersuchung (pathologisches Institut): Tubentuber¬
kulose.
Weiterer Verlauf: Die Patientin hat sich ausgezeichnet erholt,
stellt sich im Juni in der Poliklinik vor (P. J. 94/608): Blühendes Aus¬
sehen, kein Ascites, kleine Fadeneiterung im untersten Theü der Narbe;
Residuen einer rechtsseitigen Parametritis.
Fall 18. Katharine W., 21 Jahre, 1894. J.-No. 261.
Seit einigen Wochen starke Anschwellung des Leibes ohne beson¬
dere Beschwerden. Sehr schlechter Ernährungszustand; Zeichen über¬
standener Scrophulose. Infiltration der rechten Lungenspitze. Ascites.
Uterus tief gedrängt, körnige Resistenzen im Douglas.
2. Juni 1894 Incision. 6 1 klarer, grünlicher Flüssigkeit, spec.
Gewicht 1015. Ziemlich grosse, mehr solitäre Tuberkel auf der Darm¬
serosa und Leberoberfläche; die Parietalserosa zeigt nur ganz vereinzelte
kleine Knötchen. Im Douglas bis bohnengrosse Excrescenzen. Rasche
Wiederansammlung des Ascites.
18. Juni auf Wunsch entlassen. Kurz darauf zu Hause gestorben.
Endlich soll noch ein letzter Fall erwähnt werden, der aller¬
dings erst vor einigen Wochen operirt wurde und deshalb für die
Statistik nicht verwerthbar ist, obwohl sich bis jetzt der Ascites
nicht wieder angesammelt hat.
Frau Christine Sch., 44 Jahre. 1894 Journ.-No. 421. 9 Partus;
seit einigen Monaten Anschwellung des Leibes, Rücken- und Leib¬
schmerzen.
22. August. Incision. Entleerung von 31 klarer Ascitesflttssigkeit,
Bauch- und Beckenserosa überall mit den charakteristischen Knötchen
besetzt. Excision eines Stückchens.
Wunde per primam intentionem geheilt, marantische Thrombose der
rechten Schenkelvene.
28. September. Entlassung. Kein Ascites nachweisbar, Leib flach,
eingesunken. In Schnitten des Peritoneums gelang es, vereinzelte
Tuberkelbacillen in den Riesenzellen nachzuweisen, dagegen
blieb die Untersuchung des Ascites, den wir sedimentiren Hessen, in
dieser Beziehung erfolglos.
Wie aus der Beschreibung der Fälle ersichtlich, kamen nur asci-
tische Formen der Peritonitis tuberculosä zur Operation, und
zwar schwankte die Menge der Flüssigkeit von 1—141, durchschnittlich
wurden 5—6 1 entleert. Es mag hier gleich hervorgehoben werden,
dass der Ascites in 16 Fällen klar war, mitunter etwas grünlich
gefärbt; in drei Fällen (8, 11 und 12) ist die Beschaffenheit nicht
näher angegeben, doch kann man schon hieraus ersehen, dass die
Angaben mehrerer Lehrbücher, wonach das Transsudat bei Peritonitis
tuberculosa und, worauf ich noch später kommen werde, bei
Carcinose des Peritoneums sehr häufig hämorrhagisch sein soll,
wenigstens nicht in diesem Umfange zutrifft, also auch bei Probe-
punctionen nicht besonders verwerthbar sein dürfte. Bei Ovarial¬
tumoren, besonders nach Stieldrehungen, findet man dagegen
häufiger etwas blutig gefärbte Flüssigkeit. 1 ) (Schluss folgt,)
II. Aus der medicinischen Klinik von Prof. G. Sacharjin
in Moskau.
Ein Pall gemischter Lebercirrhose.
Von Dr. P. JakowlefF, Ordinator der Klinik.
Der Kranke, Bauer, 41 Jahre alt, ist am 20. Februar 1893 iu die
Klinik von Prof. Sacharjin eingetreten mit Klagen über Schwäche,
Dyspnoe, bedeutende Vergrösserung des Unterleibes und Oedem der Füsse,
Icterus und Abmagerung. Ausgeprägter Icterus, Vergrösserung des
Unterleibes mit Venenerweiterung an diesem sind, von Diarrhöe begleitet,
im Herbste 1891 aufgetreten.
Anamnese. Seit dem 12. Lebensjahre lebt Patient in Moskau als
Bäcker. Wohnzimmer erträglich, Arbeiteraum dagegen heiss und staubig.
An s Baden nicht gewöhnt, geht etwa zweimal monatlich in die Badestube.
Raucht viel, hat mit Ausnahme des letzten Jahres während 20 Jahren
sehr stark Branntwein getrunken; trinkt heissen Thee in massiger Quan¬
tität. Nahrungsweise befriedigend. Patient arbeitete in schwüler und
staubiger Luft, hauptsächfich wärend der Nacht, so dass er mit häufigen
Unterbrechungen, dennoch aber genug schlief. Bis zu seiner Erkrankung
ermüdete er bei seiner Arbeit nicht, ist aber seit dem Herbst 1891 nicht
imstande zu arbeiten. Patient ist verheirathet, hat venerische Krankheiten
nicht gehabt. Hat seine Kindheit bis zum 12. Jahre auf dem Lande im
Arehangelsehen Gouvernement verbracht, erinnert sich nicht, Kinderkrank¬
heiten fiberstanden zu haben. Sodann ist er, wie schon erwähnt, nach Moskau
Ubergesiedelt und in eine Bäckerei eingetreten. 17 Jahre alt. fing er an
Branntwein zu trinken, zuerst wenig, später aber eine halbe Flasche fast
täglich und selbst mehr. 27 Jahre alt, hat Patient, wie es scheint, einen
Abdominaltyphus durchgemacht, nach welchem er sich vollkommen gut
erholt hat. 31 Jahre alt, erkrankte er aller Wahrscheinlichkeit nach an Pleu¬
ritis. Diese verging, doch hatte Patient danach häufiger an Erkältungen
(Schnupfen und Husten) zu leiden, hat aber nie dauernd gefiebert, magerte
auch nicht ab und bemerkte keine Schwäche. Seit dieser Zeit trank
! ) Die kleine Blutbeimischung, welche Litten (Deut. med. Wochenschr.
1894, No. 8, S. 183) in allen Fällen von Ascites, auch bei anscheinend
klarer Flüssigkeit durch die Centrifuge nachweisen konnte, bleibt hier
natürlich unberücksichtigt.
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Original frorn
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45
852
Patient Branntwein in noch grösserer Menge; dem parallel stellten sich
Aufstossen. Sodbrennen, Uebelkeit, zuweilen Erbrechen ein. Vor zwei Jahren,
im Mürz 1891 wurden nach copiösem Essen und grosser Quantität Brannt¬
wein die dyspeptischen Erscheinungen stärker und trat zuerst Icterus und
Hemeralopie auf. Patient enthielt sich vom Branntwein, wurde in der
Diät vorsichtig, und nach zwei Monaten verging der Icterus. Sodann fing
Patient von neuem an zu trinken, und im August 1891 nach hochgradigem
Betrunkensein und Liegen auf feuchter Erde stellte sich der Icterus
zum zweitenmal ein und exacerbirten die dyspeptischen Erscheinungen,
doch hatte der Kranke weder früher noch während des Icterus Schmerz¬
anfälle, aus welchen man auf Gallensteine schliessen könnte. Seit dieser
Zeit schwanden Icterus und die dyspeptischen Erscheinungen schon nicht
mehr, obwohl der Kranke keinen Branntwein mehr trank und sich curirte;
im Gegentheil, die Gesundheit wurde allmählich immer schlechter; bald
schwand der Appetit, der Unterleib schwoll au. Schwäche, Diarrhöen
(zwei bis drei flüssige Stühle während 24 Stunden, ohne Schmerzen und
Schleim, zuweilen aber Blut enthaltend) stellten sich ein, sodann Venen¬
erweiterung am Abdomen, Blutungen aus der Nase und dem Zahnfleisch,
Hautjucken und Hemeralopie. Patient liess sich in Krankenhäusern be¬
handeln. die Gesundheit wurde aber nicht besser. So ging es bis De¬
zember 1872, bis der Unterleib noch mehr schwoll, die Unterextremi¬
täten ödematös wurden und Dyspnoe sich einstellte. Mit jedem Tage
immer schwächer werdend und immer mehr und mehr abmagernd, ist
Patient am 20 . Februar 1898 in die Klinik eingetreten.
Status. Patient von mittelmassigem Körperbau, sehr mager und
schwach. Hochgradiger Icterus der Haut, Schleimhäute und Skleren. Die
Haut gelblich-braun, sehr trocken, von kleinen Petechien. Ecchymosen und
Kratzwunden besetzt. Der Unterleib sehr gross, zeigt erweiterte ge¬
schlängelte Hautvenen. Die Unterextremitäten bis zu den Knieen öde¬
matös. Der Appetit sehr schlecht, unbedeutender Durst. Zunge belegt.
Zahnfloiscli locker und' blutend. Nach dem Essen Schwere, Aufstossen,
Sodbrennen, zuweilen Uebelkeit, Stuhl täglich zwei- bis dreimal ohne
Schmerzen und ohne Schleim, mit Beimischung von Blut; Hämorrhoiden;
die Fäces sehr flüssig, schwach mit Galle gefärbt, übelriechend. Der
Harn prägnant icterisch, Reaction sauer, enthält, kein Eiweiss, keinen
Zucker; specifisches Gewicht 1020, Tagesquantum 400 ccm. Bei der mikro¬
skopischen Untersuchung nichts Abnormes. Symptome von Syphilis nicht
vorhanden. Unterleib gleichmässig vergrüssert, prall gespannt (Umfang
auf der Nabelhöhe 98 cm, Abstand zwischen Schwertfortsatz und Sym¬
physe 43 ein). Die objective Untersuchung des Abdomens erweist eine
grosse Flüssigkeitsansammlung im Peritonealraum. Keine Schmerzen im
Unterleib, auch ist dieser bei Druck nicht empfindlich. Die Leber ist wegen
der Spannung der Bauchdecken nur der stossweisen Untersuchung zugäng¬
lich, und es ist daher schwer ilme Dimensionen und den Zustand ihres
Randes zu eruiren. jedenfalls aber konnte man sagen, dass die Leber, sehr
hart und nicht vergrüssert, schmerzlos war (wie auch die Gallenblasen¬
gegend). Milz sehr gross, hart und schmerzlos. An Malaria hat Patient
nie gelitten. Das Herz erscheint wegen Hochstandes des Diaphragma
höher gelagert, ist aber nicht vergrüssert; an der Herzbasis prägnant aus¬
geprägtes systolisches Geräusch, stärker an der Aortenstelle. " Puls 92.
regelmässig, aber sehr schwach; Radialarterie hart, aber nicht geschlängelt;
kein Herzklopfen. Die Brust schmerzt nicht; bei Bewegungen Dyspnoe;
Husten mit ergiebigem schleimig-eitrigem Auswurf (ein Glas während des
Tages). Die Untersuchung des Sputums auf Tuberkelbacillen ergab ein
negatives Resultat. Bei der Percussion der Lungen heller Schall: bei der
Auscultation reichliches trockenes und feuchtes Rasseln, wie es dem
Bronchialkatarrh eigen ist, Blut im Sputum nicht gewesen, aber täglich
Nasenbluten — etwa einen Kaffeelöffel Blut, Rachen- und Kehlkopf¬
katarrh. Kein Kopfschmerz, beim Aufstehen Schwindel. Das Gedächtniss
ist während des letzten Jahres bedeutend schwächer geworden, doch ist
das Bewusstsein ziemlich klar. Schlechter Schlaf. Deprimirte Gemüths-
stimmung. Hemeralopie. Gehör normal. Schmerzen im Rücken, in
Armen und Beinen nicht vorhanden. Patient klagt über Hautjucken.
Kein Fieber, T. 36,6. Die Untersuchung des Blutes" ergab 3 '/* Millionen
rothe Biutkörperchen, 40% Hämoglobin nach Fleischl. keine Leuko-
und Poikilocytose.
Diagnose. Bovor ich zu den Erscheinungen an der Leber und
Milz mid zur Besprechung des Icterus und des Ascites übergehe, will
ich zuerst den Zustand der übrigen Organe betrachten. Die dyspeptischen
Erscheinungen weisen bei unserem Patienten zweifellos auf Magenkatarrh
hiu, der gegenwärtig durch den erschwerten Blutkreislauf in der Pfort¬
ader unterhalten wird. Dio Diarrhöen ohne Schmerzen und Schleim mit
Beimischung von Blut erklären sich ebenfalls durch die venöse Stauung
vollkommen. Das Fehlen von Eiweiss und anderen abnormen Elementen,
ansser den Gallenbestandtheilen, im Harn spricht gegen Nephritis. Die
Harnmenge ist infolgo des erschwerten Blutlaufes in den Nieren, bedingt
durch die schwache Herzthätigkeit und den Ascites, vermindert. Seitens
des Herzens haben *wir schwachen und frequenten Puls, harte Arterien,
systolisches Geniuch an der Basis bei normalen Dimensionen des Herzens.
Letzterer Umstand spricht gegen eine verbreitete und ausgeprägte Arterio¬
sklerose, und wir müssen daher das bedeutende systolische Geräusch,
welches an der Herzbasis am stärksten ist, nicht durch Aortensklerose,
sondern theils durch die Dislocation des Herzens, theils durch den Ein¬
fluss der im Blute kreisenden Gallenelemente auf den Herzmuskel er-
kiären. ) Alle Respirationswego sind katarrhalisch afficirt. Das Fehlen
' 0D rr v )C i i baci en » Ildercn Symptomen schliesst jeden Gedanken
an Tuberkulose aus. Die Erscheinungen seitens des Nervensystems: Ge-
dächtmssswäche unruhiger Schlaf, deprimirte Gemülhsstimmung, Hemera-
l opio — sind durch die schon eingetretenc Cholämie bedingt. Das
m i 'tj?' vvn'^i^ n ^ 0 ^’ Ueber biliäre Lebercirrhose.
Med. Bd. XXR, II. 3—4. S. 357.
Zeitschr. f. kl.
Oedem der Unterextremitäten ist die Folge des allgemeinen Kräftever¬
falles und namentlich der geschwächten Herzaction und des Ascites. Die
wichtigsten Krankheitserscheinungen bei unserem Kranken sind — Ascites.
Icterus und der Zustand der Leber und der Milz. In Betracht der voll¬
kommenen Schmerzlosigkeit des Unterleibes unterliegt es keinem Zweifel
dass der Ascites (welcher früher erschienen ist als das Oedem der Unter¬
extremitäten) im gegebenen Falle vom erschwerten Kreislauf in der Pfort¬
ader abhängt; dies wird durch die bedeutende Erweiterung der Bauch-
liautvenen, die Diarrhöen, Vergrüsserung und Consistenz der Milz bestätigt.
Letztere kann weder durch Malaria, an welcher der Kranke nie gelitten
hat, noch durch Leukämie, noch durch lienale Pseudoleukämie erklärt
werden, da für Leukämie charakteristische Blutveränderungen nicht be¬
stehen und das Vorwiegen der Lebersymptome, die Aetiologie und der ganze
Kraukheitsverlauf gegen Pseudoleukämie sprechen. Das Fehlen von
Fieber und Schmerzen im Unterleib schliessen jeden Gedanken an chro¬
nische Peritonitis und Pylephlebitis aus. während der Pfortadorthrombose
die langsame Entwickelung des Ascites nicht entspricht. So weist denn
also bei unserem Kranken das gleichzeitige Bestehen des Ascites und des
Icterus, bedeutende Vergrösserung und Verhärtung der Milz, bei einer
nicht vergrösserten Leber fester Consistenz, was. wie schon erwähnt, bei
stossweiser Untersuchung eonstatirt werden konnte, auf eine Erkrankung
der Leber. Die hochgradige Störung des Pfortaderkreislaufes in Ver¬
bindung mit der Thatsache, dass der Eintritt von Galle in den Darm
nicht ganz aufgehoben war, spricht gegen Neubildungen, Echinococcus
oder dergleichen in der Leberpforte oder in der Umgebung der letzteren.
Was den Charakter des Leberleidens anbetrifft, so kann man Hyperämie,
Verfettung, eitrige Entzündung der Leber sowie leukämische Leber
ohne weiteres ausschliessen. Gegen Amyloid spricht der Umfang der
Leber, der Icterus und namentlich das Fehlen von Albuminurie und ent¬
sprechender ätiologischer Momente. Syphilis der Leber ist nicht denk¬
bar, da weder in der Anamnese, noch im gegenwärtigen Zustand des
Kranken Hinweise auf Syphilis vorhanden sind und der Kranke selbst
eine Infection durch Syphilis verneint. Die enorme Milz vergrösserung und
der ganze Symptomencomplex erlaubt os nicht, an uniloculären Echino¬
coccus zu denken. Der multiloculäre Echinococcus ergiebt ein Krank-
heitsbild mit langsamerem Verlauf, als er bei unserem Patienten zur Be¬
obachtung kam, ist selten von Ascites begleitet und zeichnet sich durch
eine harte knorpelige Consistenz der Leber aus. Im gegebenen Falle
könnte man in Betracht des hochgradigen Verfalls der Ernährung an
Krebs der lieber denken, doch spricht dagegen das Fehlen von Schmerzen
und Fieber, die lange Krankheitsdauer und die bedeutende Volumzunahme
der Milz. So ist es also auf Grund der vorgeführten Symptome und
des Alkoholmissbrauches am wahrscheinlichsten, dass wir es hier mit
der Lebercirrhose zu tliun haben (Hepatitis interstitialis).
Was für eine Form der Lebercirrhose hat unser Patient? ExistirU-
bei unserem Kranken der Icterus nicht, so müssten wir die venöse
Lebercirrhose voraussetzen, aber dass Bestehen eines so lange dauern¬
den, hochgradigen, ununterbrochen anhaltenden Icterus spricht zweifel¬
los für eine Affection im System der Gallengänge. Offenbar ist es
kein Icterus infolge Yon Verschluss, denn die Galle kommt in den
Darm, dabei sind keine Hinweise auf die Gallensteine, eine häufige Ursache
des Retentionsicterus, vorhanden. Gegen eiterige Angiocholitis spricht
das gänzliche Fehlen von Fieber und Schmerzhaftigkeit der Leber. Es
erübrigt also jene, den Austritt der Galle in den Darm nicht aufhebende,
verbreitetet« katarrhalische Affection der Gallengänge vorauszusetzen.
welche der Lebercirrhose zugrunde liegt l .) Da nun aber die ätiologischen
Momente der venösen Cirrhose vorliegen, die Krankheit mit prägnant
ausgedrückten Gallensymptomen begann, zu denen sich rasch, ja fast
gleichzeitig Zeichen von Störung des Pfortaderkreislaufes hinzugesellten,
sind wir im gegebenen Falle zu dem Schlüsse berechtigt, dass wir ge¬
mischte Lebercirrhose vor uns haben. Zu denken, dass hier eine rem
biliäre Cirrhose vorliege, zu welcher sich Störungen im Pfortaderkreislauf
infolge von Bindegewebswucherung, welche nur von den Gallengäiuren
ausgegangen ist, hinzugesellt haben, ist unmöglich; die klinischen Beobach¬
tungen lehren, dass eine solche Kreislaufstörung bei der reinen biliären
Lebercirrhose nur nach sehr langem Bestehen der Krankheit eintritt —ein
Umstand, welcher französische Autoren bewogen hat, die Möglichkeit
irgend bedeutender Störung des Pfortaderkreislaufes bei der typischen
biliären Lebercirrhose gänzlich zu negiren (Ilanot 3 ).
Prognose. Der schlechte Ernährungszustand und die geschwächte
Herzthätigkeit, sowie die ausgeprägte Störung des Pfortaderkreislaulei
und deutlich gekennzeichnete Cholämie Hessen die Prognose als eine sehr
ungünstige erscheinen, und man konnte kaum darauf rechnen, dass der
Kranke lange leben werde.
Krankheits verlauf. Um die Herzthätigkeit zu heben, wurde eine
Mischung von Liqu. anodini Hoffmanni mit Liq. ammon. anis., letzteres
wegen der Bronchitis gegeben, und Calomel um die Gallenabsonderung
zu beeinflussen und um eventuell eine Erleichterung des Blutlaufes im
Pfortadergebiete, theilweise auch die diuretische Wirkung, zu erzielen-
Das Calomel schaffte dem Kr ank en eine unbedeutende Erleichterung.
characteristische Entleerungen mit normaler Färbung erfolgten, aber fcCin|
diuretische Wirkung ausübte, trotzdem nach dem Calomel noch Lone
gegeben wurde. Indess war der Ascites so sehr gewachsen, dass mn
Punction erforderlich wurde. Es wurden 4000 ccm eines citronengel
Transsudates entleert. .. .
Nach der Punction wurden Leber und Milz der Palpation zugäng 1C _
die Leber erwies sich den Dimensionen nach normal, von fester Consiste •
schmerzlos (auch in der Gallenblasengegend), mit scharfem Rand und
*) Goluboff, op. cit. . .. , 09*2
*) La cirrhose hypertrophique avec ictere chroniqut*. ians
(Bibliothequo medicale Charcot-Debove).
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8. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
853
höckeriger Oberfläche; Milz bedeutend vergrössert (ragt etwa vier Finger- *
breiten unter dem Rippenbogen hervor), hart, auf Druck nicht empfindlich,
mit glatter Oberfläche. Diese Beschaffenheit der Leberoberfläche über¬
zeugte uns noch mehr, dass hier kein Leberkrebs vorliege, während der
Umstand, dass die Consistenz nicht knorpelig und der Rand nicht de-
formirt war, mit Evidenz gegen den multiloculären Echinococcus sprach.
Nachdem wir den Kranken durch die Punction entlastet, wiederholten
wir das Calomel; die zweite Calomelgabe erwies einen gewissen Effect:
die bis dahin fast gänzlich entfärbten Fäces erhielten eine normale
Färbung, die Diarrhoe sistirte, der Harn wurde heller, die Harnmenge
stieg von 400 auf 800 ccm, das Eigenbefinden des Kranken wurde viel
besser; doch dauerte dieser günstige Einfluss des Calomel nicht lange,
obwohl nach dem Calomel Coffein in gesteigerter Dose, sodann auch
Digitalis gegeben wurde.
Danach fuhren wir fort, dem Patienten die oben erwähnten, die Herz-
thätigkeit anregenden Mittel zu geben, zuweilen Colomel, von Zeit zu
Zeit die Herzthätigkeit regulirende Mittel (Digitalis, Strophanthus),
Diuretica (Coffeinum, Diuretinum, Adonis vemalis, Kali aceticum und a.).
Weder das Calomel, noch die anderen Mittel äusserten nunmehr einen
bemerkbaren Effect. Die Punction des Abdomens wurde noch zwei mal
wiederholt, mit nur kurz dauernder Erleichterung des Kranken.
Patient wurde trotz der angewandten Mittel immer schwächer, dem
parallel wuchs das Oedem der Beine, trat Lungenödem ein und wurden
die cholämischen Erscheinungen stärker. Drei Tage vor dem Tode des
Kranken stieg die Temperatur auf 39,5, Patient verfiel in einen Zustand
der Bewusstlosigkeit und starb am 13. April unter den Erscheinungen
des sogenannten Icterus gravis.
Ich will kurz einige Worte über die Calomelwirkung bei unserem
Kranken sagen. So ausgezeichnet und prompt das Calomel bei der
biliären Lebercirrhose und bei Erkrankungen der Gallenwege überhaupt
wirkt, ist sein Heilwerth bei der venösen und gemischten Cirrhose ein
sehr unbedeutender. Die klinische Erfahrung lehrt, dass man in solchen
Fällen auf eine gewisse Entlastung des Pfortaderkreislaufes und auf
eine diuretische Wirkung und bei der gemischten Cirrhose auch auf die
Cholagoge rechnen könne. Der Erfolg hängt natürlich von der Periode
ab, in welcher das Calomel gegeben wird; sind schon tiefe und ausge¬
breitete anatomische Veränderungen vorhanden, so kann man nur einen
ganz unbedeutenden Effect erzielen. Als ein gutes Beispiel der erfolg¬
reichen Calomelwirkung bei der mit Katarrh der grösseren Gallengänge
combinirten venösen hypertrophischen Lebercirrhose kann der von Prof.
Sacharjin im III. Bande seiner „Klinischen Vorträge“ beschriebene
Fall dienen (siebenter Fall S. 48). Die klinischen Beobachtungen weisen
darauf hin, dass das Calomel bei der venösen und gemischten Cirrhose
seine Wirkung am besten nach vorher ausgeführter Punction entfaltet.
In der That hat das Calomel unserem Kranken bei der ersten Verab¬
reichung eine nur geringe Erleichterung verschafft, während nach dor
Punction ein merklicher Erfolg erhalten wurde. Daher empfiehlt es sich,
dieses von Sacharjin vorgeschlagene werthvollo Mittel bei allen Formen
der Lebercirrhose anzuwenden.
Am 14. April erfolgte die Autopsie und ergab wesentlich folgende
Resultate: Herz nicht vergrössert; der linke Ventrikel schwach contrahirt;
Herzmuskel schlaff, von lehmi» gelber Farbe (Degeneratio parenchymatosa
myocardii). Ecchymosen am Peri- und Endocardium. Alle Klappen und
Ostien normal. In der Aorta unbedeutende sklerotische Plaques. Im
Lungengewebe unter den Pleuren viele kleine hämorrhagische Heerde
(Ecchymoses subpleurales hämorrhagicae in substantia pulmonum). Rechte
Lunge verwachsen — offenbar Reste der Pleuritis (siehe Anamnese).
Lungen für die Luft permeabel. Die Bronchialschleimhaut im Zustand
des chronischen Katarrhs. In der Bauchhöhle etwa 5 bis 6 Pfund serösen
Transsudates. Peritoneum im allgemeinen normal, stellenweise Flecken,
Verdickungen — gewöhnliche Erscheinung bei lange dauerndem Ascites.
Magenschleimhaut katarrhalisch afficirt, stellenweise atrophisch. Im Darm
Erscheinungen des Stauungskatarrhs. Nieren vergrössert und ödematös.
Bei der mikroskopischen Untersuchung — Blutstauung und körnige Ent¬
artung der Epithelien (trübe Schwellung). Milz mehr als um das drei¬
fache vergrössert, von harter Consistenz; ihre Kapsel ist etwas verdickt,
doch keine Erscheinungen der acuten oder chronischen Peripleuritis. Die
Schnittfläche hat eine gesättigte rothe Färbung; die Trabekeln treten
prägnant hervor und sind hyperplasirt. Alle inneren Organe icterisch
verftrbt. _
Volumen und Gewicht der Leber übersteigt die normalen Grenzen
nicht. Ihr seröser Ueberzug normal. Die Leber ist abgeflacht, besonders
ihr linker Lappen, welcher die Form einer breiten Zunge angenommen
hat, sehr hart; die Leberoberfläche ist körnig, von citronengelber und
olivengrüner Farbe; die Granulirung ist ungleichmässig verbreitet; die
einzelnen Körner miliär bis erbsengross, sind von Bindegewebe umringt.
Der vordere Rand scharf. Keine Thrombose oder Verengerung der
Pfortader. Die Gallenblase enthält helle Galle; ihre Schleimhaut normal.
Die grossen Gallengänge (alle Gewebe des Ductus hepato-duodenalis) normal
und. für Sonde und Wasser permeabel. Schleimhaut des Duodenum
ödematös und katarrhalisch afficirt. An Schnitten der Leber zeigt sich
um die auch mit blossem Auge wahrnehmbaren intrahepatischen venösen
Gefässe und Gallengänge herum eine hochgradige Bindegewebswucherung
in Form von Streifen, welche das ganze Leberparenchym durchsetzen. .
Etliche Leberstücke wurden in Alkohol, sodann in Alkohohl mit
Aether gehärtet und in Celloidin eingebettet. Die aus diesen Stücken ge¬
wonnenen Schnitte wurden mit Hämatoxylin und Eosin und nach der
Methode von Gram und Ni coli 1 ) gefärbt, letzteres zum Zwecke der
Untersuchung etwa vorhandener Mikroorganismen. Bei schwacher Ver-
*) Annales de l’lntitut Pasteur No. 11, S. 783. Mdthode de recherohe
des microorganismes qui ne se colorent pas par le proeddd de Gram.
grösserung sehen wir enorme Bindegewebswucherung; wegen der
überaus verschiedenartigen Verbreitung des Bindegewebes in der
Leber erscheinen die Leberläppchen deformirt. Einige Läppchen sind
förmlich von breiten Bindegewebsringen umfasst; stellenweise dringen
von solchen Ringen Bindegewebsstränge in das Läppchen selbst ein und
zerklüften dieses in Segmente verschiedener Grösse und Form, oft werden
einzelne Leberzellen von einander abgeschieden (Cirrhosis monocellularis).
Stellenweise sieht man wieder inmitten des Leberparenchyms prägnant
hervortretende Bindegewebsinseln. Es ist also das Bindegewebe in der
Leber theils ring-, theils inselförmig verbreitet.
Bei stärkerer Vergrösserung sehen wir Parenchyroabschnitte, welche
theils umringt, theils durchsetzt sind von Streifen des faserigen Binde¬
gewebes. Die Bindegewebsfasern zeigen einen Überaus verschiedenartigen
Charakter: an den einen Stellen sind es sehr dicke zickzackförmige Fasern,
fast ohne kleinzelliges Infiltrat, an anderen feinere Fasern mit Häufchen
feinzeiligen Infiltrates darunter zerstreut. Die breiten Bindegewebsstreifen
erweisen sich als erweiterte interlobuläre Räume, iu denen wir grosse
Gallengänge, Pfortader- und Arterienäste finden: dor übrige Theil des
Bindegewebsheerdes ist mit neugebildeten feinen Gallencanälchen über¬
füllt. Ausser diesen finden wir hier mit rothen Blutkörperchen gefüllte,
erweiterte und geschlängelte Capillargefässe (capilliire Angiectasieen).
Diese Gefässe bilden ein vicariircndes (Jaccoud l )< die obliterirten Aestchen
der Pfortader ersetzendos Netz. Zwischen den neugebildeten Gallen¬
canälchen und den erweiterten Capillargefässen findet man Infiltrationen
weisser Blutkörperchen. Sowohl die Verästelungen der Pfortader, als
auch die Gallengänge sind von einer dicken Bind ege websschicht umringt,
welche mit feinzelligem Infiltrat durchsetzt ist. Stellenweise sind die
Pfortaderästchen durch Schrumpfung des sklerotischen Bindegewebes voll¬
kommen obliterirt. Der sklerotische Process befindet sich sowohl um dio
Gallengänge, als auch um die Pfortaderverästelungen herum auf der
gleichen Entwickelungsstufe. Um die Arteria hepatica herum findet man
meistens weder Bindegewebswucherung, noch feinzeiliges Infiltrat. Das
System der Venae hepaticae bietet nichts Besonderes. An Quer- und
Längsschnitten der grösseren Gallengänge erweist sich ihr Lumen er¬
weitert und mit Epithelien, stellenweise auch mit amorphen Massen an-
gefüllt. Die Leberzellen zeigen bedeutende Veränderungen, namentlich
an der Peripherie der Läppchen; viele sind ohne Kerne und sehen wie
nekrotisch aus, an vielen Stellen linden wir an Stelle der Leberzellen
mehr oder weniger glänzende Fetttropfen, wie es bei der sogenannten
fettigen Cirrhose beobachtet wird. Zwischen den Leberzellen sind Häuf¬
chen von Gallenpigment in Form feiner brauner Körnchen, welche einige
Zellen anfüllen, zerstreut.
Die Untersuchungen nach Mikroorganismen nach dem Verfahren von
Gram und Ni coli sind negativ ausgefallen.
Sowohl dem Krankheitsverlaufe und den klinischen Daten, als
auch den Resultaten der pathologisch-histologischen Untersuchung
nach, gehört unser Fall zu den Fällen der sogenannten gemischten
Lebercirrhose, welche von Dieulafoy 2 ) und dessen Schüler
Guiter 3 ) zuerst eingehend beschrieben worden sind. Jetzt sind
durch Arbeiten französischer Autoren (Charcot, Hanot, Dieulafoy
und andere) klinisch und histologisch zwei Grundformen der Leber¬
cirrhose als zwei selbstständige Krankheiten festgestellt — die
venöse und die biliäre Cirrhose. Zwischen diesen typischen, klinisch
und histologisch wohl charakterisirten Grundformen (types extremes)
kommen Formen vor, bei welchen Symptome und pathologisch¬
histologische Daten gefunden werden, die beide diese Formen
eharakterisiren. Dies sind die Formen, welche von der französischen
Schule (Dieulafoy, Surre und anderen) gemischte Lebercirrhose
genannt worden sind. Beschränkt sich der Process der Binde¬
gewebsneubildung auf die Verästelungen der Pfortader, so haben
wir die venöse Cirrhose — mit Erscheinungen des gestörten Pfort¬
aderkreislaufes, mit atrophischer oder hypertrophischer Leber, doch
ohne Icterus; geht die Bindegewebsneubildung von den Gallen¬
canälchen aus, so erhalten wir die biliäre Cirrhose — mit hoch¬
gradigem Icterus, gewöhnlich vergrösserter Leber, doch ohne
Ascites; eine Bindegewebswucherung, die gleichzeitig vom System
der Gallengänge und von den Verästelungen der Pfortader ausgeht,
ergiebt das Bild einer gemischten Cirrhose, bei welcher Icterus
und Kreislaufstörungen im Pfortadergebiet bestehen, wobei das
Volumen der Leber variirt (Dieulafoy, Guiter). Es basirt also
der Process bei der gemischten Cirrhose auf der gleichzeitigen
Existenz der Periangiocholitis und Peripylephlebitis. In der That
sehen wir in unserem Falle die Bindegewebsentwickelung sowohl
um das System der Pfortader herum, als auch um die Gallengänge,
wobei die Vertheilung des Bindegewebes eine sehr verschieden¬
artige, für die Grundformen der Cirrhose nicht typische ist. Das¬
selbe atypische Verhalten finden wir ferner in dem gleichzeitigen
Bestehen der obliterirten Pfortaderästchen und der capillären Angi-
ektasieen einerseits und einer Menge von neugebildeten und er¬
weiterten, mit Epithelien und Gallenpigment angefüllten Gallen¬
canälen andererseits, und endlich in den Veränderungen der Leber¬
zellen.
‘) Jaccoud, Klin. Vorträge über Lebercirrhose 1886, S.,55.
,J ) Gaz. hebdomadaire, Sept.-Oct. 1881, No. 39, 40, 41 et 43. Manue
> Pathologie interne, 13 .
*) Da cirrhoses mixtes. Paris 1881.
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854
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Was die Aetiologie der gemischten Lebercirrhose anbetrifft,
so trägt sie aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls einen gemischten
Charakter, indem die Entzündungserreger in solchen Fällen sowohl
auf die Blutgefässe, als auch auf die Gallengänge wirken können.
In dem hier beschriebenen Falle missbrauchte der Kranke
während 20 Jahren alkoholische Getränke. In Betracht der be¬
deutenden Rolle, die dem Alkoholmissbrauch in der Aetiologie der
venösen Lebercirrhose zukommt, und auf Grund des weiteren
Krankheitsverlaufes sind ■wir berechtigt zu vermuthen, dass sich
bei unserem Kranken noch vor dem erstmaligen Auftreten des
Icterus der cirrhotische Process um die Pfortaderäste herum zu
entwickeln begann und dass, wenn nur unbekannte Entzündungs¬
erreger nicht auf die Gallengänge eingewirkt hätten, unser Patient
bis zu seinem Lebensende die Erscheinungen einer typischen venösen
Cirrhose dargeboten hätte. Aber vor zwei Jahren entwickelte sich
Angiocholitis, welche nach zwei Monaten wohl verging, dann a^ber
wiederkehrte und nicht mehr schwand, sondern sich weiter ent¬
wickelte; es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Entzündungs¬
erreger schon während des ersten Icterusanfalles in die Leber ein-
gedrungen waren und zu einem verbreiteten Katarrh der mittleren
und feinen Gallengänge geführt hatten (die grossen Gallengänge
erwiesen sich bei der Autopsie intact), sodann zur Periangiocholitis
und bei der schon bestehenden und sich weiter entwickelnden Peri-
pylephlebitis zu der gemischten Lebercirrhose.
So hat also unsere Diagnose auf gemischte Lebercirrhose im
Sinne von Dieulafoy ihre volle Bestätigung erhalten. Wie aus
allem oben gesagten erhellt, theilen wir die Ansichten der fran¬
zösischen Schule, welche die Existenz verschiedener Formen der
Cnrhose anerkennt und namentlich die Anschauungen von
Dieulafoy, der der erste gewesen ist, welcher eine genaue und
präcise Beschreibung der gemischten Lebercirrhose gegeben hat.
Dm m der Litteratur angesammelten Thatsachen und klinischen
Beobachtungen sprechen so sehr für die Existenz der biliären
Cirrhose im Sinne von Hanot und der gemischten im Sinne von
Dieulafoy, dass nunmehr die Lehre von der Unität der ver¬
schiedenen Formen der Lebercirrhose nur von einzelnen Autoren
aufrecht erhalten wird. Stellt man unseren Fall mit den von
Prof. Sacharjin 1 ) und Prof. Goluboff 2 ) beschriebenen zusammen
so wd es evident, _ dass wir jetzt nicht mehr nötliig haben, uns
nnt der Diagnose Cirrhosis hepatis zu begnügen, sondern auf dem
wege der genauen klinischen Diagnose, ausser der einfach venösen
oder biliären Cirrhose, auch solche Varietäten diagnosticiren können
wie die gemischte Lebercirrhose und selbst noch seltener ver¬
kommende und complicirtere pathologische Combinationen, wie die
GaUengänge u^a ^ nÖSen Cirrhose mit Entzündung der grossen
III. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in
Berlin, Abtheilung des Herrn Prof. Dr. A. Fraenkel.
Untersuchungen über das Aneurysma der
Brustaorta.
Von Dr. Georg Puppe, Assistenzarzt.
Anrf?nof nÜber einer . Fül j? T on casuistischen Mittheilungen über
Ze n gt (he . Litteratur der letzten Jahre nur wenige
a,,gemei . nerer Art ’ Durchmusterung dfr
letzteren lässt erkennen, wie nur in wenigen Punkten eine Eini-
Ken^krsrh^n^H is £ und wie weit die Ansichten
A ^ Forscher über wichtige Punkte, insbesondere über die
An«p°h 0ffle der fönten Erkrankung auseinandergehen. Zwei
^ündHT geU /^ hen *T einaüder schroff gegenüber: die ent
ffenannt hat U v d r! ?\ e . chanis che Theorie, wie man sie auch wohl
“ter beider H&Sjg aUBeB Und Köster Haupt-
elasti^m^i«™ d *‘ e J heori . e »“fgestellt, dass die Zerreissung der
teuSmen seT Pnmär6 Vorgw * bei d « Entsteh«nf von
ssS
Richtigkeit der . angel ®g® n 8em lassen, weitere Beweise für die
lösung Abspmen ?“ w^enger starker Fuchsin-
*) l' c kUmsche Vortr& g«. Bd. III, siebenter und achter Fall (russisch).
VirchoVs Archiv'lli. Uel>6r dle Entste hung der wahren Aneurysmen.
No. 45
•Präparate) wies er in allen Fällen Rupturen der elastischen Elemente tsM,
und concedirte den bindegewebigen und entzündlichen Veränderunsen
erst eine secundäre Stel e. Entweder sollen dieselben eine dnfälfc
Comphcation darstellen (allgemeine Arteriosklerose des höheren Altrni
oder durch Fortschreiten des Anemysmas selbst bedingt sein (lokal.-
Artemtis im Gebiete des Aneurysma). v
Die Ausfü hrungen M a n c h o t’s fordern in verschiedenen Punkten
Widerspruch heraus. Einmal fanden sich die von ihm urgirten
Rupturen der elastischen Fasern der Media nicht nur in der aneu¬
rysmatisch dilatirten Arterienwand, sondern auch in der endarte-
ntischen Aorta des Aneurysmatikers ausserhalb des Aneurrma
ebenso gut wie in der Aorta einer an Gummiknoten des Herzens
zugrunde gegangenen Patientin, ohne dass auch hier eine Spur
von Lumenerweiterung vorhanden gewesen wäre. Und dann muss
doch schlechterdings bezweifelt werden, ob, wie Manchot be¬
hauptet, stets die bindegewebigen Einlagerungen der Media als
secundäre Folgon der primären Rupturen aufzufassen sind und
nicht als selbstständige Residuen primär in der Media lokalisirt
gewesener Entzündungen, welche dann ihrerseits erst secundär
eine Trennung der elastischen Lamellen bewirken. Dass derartige
Elasticarupturen bei vielen Aneurysmen primär bestanden haben
soll nicht bestritten werden. Doch wird man sich bei vielen an¬
deren Fällen nach unparteiischer Prüfung dazu herbeilassen müssen,
anderen Ursachen als der Elasticazerreissung das Recht der
primären Affection zugestehen zu müssen. Im übrigen ist es sehr
zu bedauern, dass Manchot nur ein einziger Fall von Aneurysma
bei einem Syphilitiker Vorgelegen hat, ferner dass er speciell über
diesen Fall keine weiteren Mitteilungen macht.
Welche Gründe Manchot für die primäre Entstehung der
Elasticarupturen verantwortlich macht, erklärt er in dem Schluss¬
wort seiner Arbeit; er recurrirt darin auf „schwere Störungen der
allgemeinen Ernährung, wie Alkoholismus, geschlechtliche Excesse
bei elenden Lebensverhältnissen, schwere constitutionelle Krank¬
heiten, welche die Widerstandsfähigkeit des elastischen Gewebes
herabsetzen und damit das Zerreissen desselben erleichtern.“ Wäre
dies in dieser Allgemeinheit richtig, so wäre nicht einzusehen,
warum nicht heutzutage das Aneurysma zu einer unserer gewöhn¬
lichsten Erkrankungen gehörte. Im übrigen sollen an dieser Stelle
noch besonders die leichte Ausführbarkeit und die sicheren Re¬
sultate des Manchot’schen Färbeverfahrens der elastischen Fasern
betont werden.
Ein entschiedener Anhänger der mechanischen Theorie ist auch
Eppinger, 1 ) der bezüglich der Aetiologie dem Trauma den breitesten
Raum zuweist und auch ein inneres Trauma bei plötzlichen Gemüths-
bew^gungon, beim Lastenheben und dergl. infolge plötzlicher Steigerung
des Blutdrucks und consecutiver Läsion der Innenschichten der Arterien
gelten lässt, ähnlich, wie es auch schon v. Recklinghausen angegeben
hatte. Es wird nicht geleugnet werden können, dass bei einer mehr oder
weniger schwer erkrankten Arterie sich einmal dieser letztere Fall er¬
eignen kann, indess muss die Gültigkeit der Eppinger’schen Behaup¬
tung ohne diese Einschränkung bestritten werden; allein das bereits
oben erwähnte Missverhältniss zwischen Häufigkeit der Schädlichkeit und
seltenem Vorkommen der Aneurysmen spricht dagegen.
Die Anschauungen von Thoma 2 ) bilden die Vermittelung
zwischen mechanischer und entzündlicher Theorie.
Dieser Autor erkennt als das Primäre bei der Entstehung eines Aueu-
las eine „Schwäche der Media“ an; für gewöhnlich soll die Folge
»a 7nafaUf1ao —_i._• _ TT - 1 ■ 1_ _ _
rysmas wu C M wui»rnuic ut?r meuia an; iur gewonnucn sou uie rui
dieses Zustandes eine compensatorische Verdickung der Intima sein -
Arteriosklerose —; tritt dagegen die Dehnung des Arterienrohres mit
abnorm gesteigerter Heftigkeit, so bei Anstrengungen u. a. m. ein, so
soll der Effect das Entstehen eines Dilatationsaneurysmas sein. Thoma
sucht hier die sogleich näher anzuführende Lehre von der Mediaschwächung
mit rein mechanischen Dehnungsvorgängen in Einklang zu bringen, unter¬
scheidet aber nicht scharf zwischen der sogenannten Arterioslderose und
den mesarteritischen Entzündungsvorgängen — immerhin betont er die
„Mediaschwächung“ als das Primäre.
Auch Orth*) erkennt die Wichtigkeit der Mediaveränderungen voll
und ganz an; dieselben sind nach ihm constant und weisen bestimmt
auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen diesen und dem Aneu¬
rysma hin. Auf die Frage nach der Pathogenese der Mediaveränderungen
geht er nicht näher ein.
Dass eine Mesarteriitis das Primäre beim Aneurysma sei, hat
Köster 4 ) zuerst mit Entschiedenheit ausgesprochen.
Dieser geht davon aus, dass längs den Vasa vasorum ein Entzfln-
dungsprocess statt hat, welcher zuerst eine Mesarteriitis und nächst
dieser. eine Endarteriitis im Gefolge hat, dann aber weiter eine binde¬
gewebige Neubildung in der Media verursacht, die ihrerseits wieder zur
Zerstörung von muskulösen und elastischen Elementen führt.
*) Epping er, Phathogenesis der Aneurysmen etc. Archiv für klm.
Chirurgie 33. Bd., Sppl. 1887.
*) Thoma, Untersuchungen über Aneurysma. Virchow’s Archiv
111 , 112, 113.
*) Orth, Lehrbuch der spec. pathol. Anatomie I, S. 248. .
v Köster, Die Entstehung der spontanen Aneurysmen und die
chronische Mesarteriitis. Sitzungsbericht der medic. Gesellschaft etc. m
Bonn, XXXII.
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8. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Knifft baut« die Köster sehe Theorie weiter aus, betonte aber
neben den Media- und Intimaveränderungen die Constanz von entzünd-
- liehen Vorgängen in der Adventitia.
Köster spricht somit dem Aneuiysma entschieden einen entzünd¬
lichen Ursprung zu; diese Entzündung zeigt einen wohl ausgesprochenen
anatomischen Charakter, der ihr auch eigentlich eine klinische Bedeutung
sichern sollte. In pathologisch-anatomischer Hinsicht erinnert sie in
manchen Fällen, wie unten noch weiter ausgeführt werden soll, an die
nach Heubner’s Vorgänge von ^aumgarten u. a. als solche beschrie¬
bene syphilitische Arteriitis.
Ob und inwieweit diese Analogie zu Recht besteht, ob in allen
Fällen und in welchen, wie weit sie auch in klinischer Beziehung
ihre Rechtfertigung findet, soll Gegenstand der nachfolgenden
Untersuchungen sein.
Das Material bildeten 16 im städtischen Krankenhause am
Urban beobachtete classische Fälle von Aortenaneurysma, bei denen
in der Regel die Diagnose intra vitam mit aller Bestimmtheit ge¬
stellt werden konnte. Abgesehen wurde von den häufiger zur
Autopsie gekommenen Fällen von diffuser Aortenerweiterung bei
Arteriosklerose. Zur besseren Orientirung erscheint es geboten,
kurz einen Auszug aus den Krankengeschichten vorweg zu geben.
Fall 1. Almosenempfängerin K., geb. Pf., 68 Jahre alt. Aufge¬
nommen 15. October 1890. Seit einem Jahre Rücken- und Brustschmerzen,
Athemnoth. Seit 14 Tagen Oedeme der unteren Extremitäten; Schluck¬
beschwerden.
Status praesens. Kyphoskoliose. Rechts vom Sternum vom ersten
bis dritten Intercostalraum Dämpfung und Pulsation bis zur rechten
vorderen Axillarlinie. Links Radialpuls nicht fühlbar. Ascites. Anasarca.
Therapie diuretisch. Verlauf: Zunahme der Pulsation. Exitus 23. De-
ceinber 1890 durch Beratung des Aneuiysmas in die linke Pleurahöhle.
Autopsie: Arteriosklerose. Aneurysma dissecans arcus aortae.
Verlegung des Abganges der linken Subclavia, Usurirung der zweiten
rechten Rippe.
Fall 2. Kellner St., 34 Jahre. Aufgenommen 23. März 1891.
1878 Lues mit Secundärerscheinungen — mangelhafte Schmiercur, kein
Jodkali. Anfang 1890 Schmerzen rechts in der Brust mit Gesich'ts-
sehwellung.
Status praesens. Leicht gedunsenes Gesicht, ektasirte Venen an
dem prominirenden oberen Stcmalende, stark geschlängelte Vena epi-
gastrica superficialis superior. Rechts Radialpuls kleiner als links. Auf
dem oberen Theil des Sternum Dämpfung mit Pulsation und diastolischem
Geräusch. Klagt über heftige Schmerzen unter dem Sternum bei Er¬
schütterungen, Herzklopfen, Luftmangel. Entzieht sich weiterer Beob¬
achtung.
Fall 3. Maurer K., 44 Jahre alt. Aufgenommen 14. Mai 1891.
Seit November 1890 zunehmende Athemnoth, Druck in der Herzgegend,
Kopfschmerzen. Infection geläugnet, massiger Potus. Als Kind Aus¬
zehrung.
Status praesens. Stridor, Dyspnoe. Bandförmige Dämpfung auf
und neben dem Sternum. Beginnende Hervortreibung der zweiten und
dritten linken Rippe. Pulsation im zweiten rechten Intercostalraum. Ab¬
schwächung des Athemgeräusches links unterhalb der Clavicula und im
linken Interscapularraum. Parese beider Stimmbänder, rechts mehr als links.
Verbreitete Lymphdrüsenschwellung, auch die Cubitales sind betroffen.
Entlassen, nachdem Jodkali, dann Arsen, dann wieder Jodkali mit Un¬
guentum cinereum angewendet sind, gebessert am 6. December 1891.
Zweite Aufnalmic 18. November 1892 wegen Verschlimmerung der Athem-
beschwerden und der Schmerzen in der linken Seite. Status wie früher,
nur ist der linke Radialpuls kleiner als der rechte. Cadaverstellung des
linken Stimmbandes; starke Herabsetzung der Motilität des rechten.
Exitus 23. December 1892.
Section: Aneuiysma diffusum arcus aortae et aortae descendentis von
Faustgrösse. Defect an der Aorta an der Stelle des linken Hauptbronchus
mit Compression desselben. Arrodirung des vierten und fünften Brustwirbel¬
körpers mit abermaligem Defect an der Aortenwand. Verengung der Sub¬
clavia sinistra durch Gerinnsel. Weiche endarterielle Plaques in der
Aorta. Bronchiektasie und induratio anthracotica der linken Lunge. Rechts
Recurrens durch verkalkte Drüsen comprimirt, links durch das Aneuiysma
platt gedrückt.
Fall 4. Drechslermeister Kn.. 72 Jahre alt. Aufgenommen 2. April
1891. December 1890 mit Brustschmerzen erkrankt. Seit einiger Zeit
Heiserkeit.
Status praesens. Stridor. Pulsirende Dämpfung unter der linken
Clavicula. Insufficienz der Aortenklappen. Doppelseitige Recurrensparese.
Verlauf: Zunahme der Dämpfung bis zur Supra- und Infraspinata. Leb¬
hafte Schmerzen in der unteren Brusthälfte. Entlassen gebessert am
21. Juni 1891, nach energischer Jodkalicur. Wieder aufgenommen 7. De¬
cember 1891, erheblich abgemagert, ohne wesentliche Aenderung. Exitus
10 . December 1891.
Section: Kindskopfgrosses Aneurysma des Arcus jenseits des Ab¬
ganges der grossen Gefässe mit partieller Zerreissung der Aortenwand und
vicariirender Pleuraverdickung. Vielschichtige Gerinnsel im Sack. Arterio¬
sklerose. Endoearditis valvulae aortae. Phthisis pulmonum praecipue
sinistri.
Fall 5. Arbeiter St., 58 Jahre. Aufgenommen 27. August 1891.
Starker Potator (40 Pfennig Schnaps pro die). Quetschung durch einen
schweren Stein vor l l fa Jahren. Seit zehn Wochen Schmerzen in der
Brust, Luftmangel und Stridor.
Status praesens. CJyanose, Dyspnoe. Venenkranz vom unten am
Thorax. Pulsation rechts vom Sternum im zweiten intercostalraum.
Auf dem oberen Theil des Sternums Dämpfung, ebenso rechts vom Sternum.
Entzog sich nach 14 tägigem Jodkaligebraucn weiterer Beobachtung.
Fall 6. Beamter St., 60 Jahre alt. Aufgenommen 28. August 1891.
1886 Fall auf die linke Seite mit nachfolgenden Schmerzen in der linken
Schulter. Seit Januar 1891 Schmerzen in der linken Seite und Heiserkeit.
Status praesens. Tuberkelbacillen im Sputum; Phthise mit
Cavernensymptomen. Vorwölbung am Thorax links zwischen zweiter und
dritter Rippe. Hebung der Partieen zwischen zweiter und sechster Rippe
und Dämpfung daselbst. Schmerzhaftigkeit in der Mitte des Sternums
schon beim Aufsetzen des Stethoskops. Recurrenslähmung links. Doppel¬
seitige Peroneuslähmung. Therapie symptomatisch. Exitus 23. Novem¬
ber 1891.
Section: Gefässabgänge am Arcus frei. Kindskopfgrosses Aneurysma
des Arcus, spindelförmig, zur Hälfte im Mediastinum anticum liegend.
Innenwand'durch'ein vielschichtiges Fibrinlager gebildet (bis 6 cm dick).
Die eigentliche Lichtung des Aneurysmas ist so gross wie die der Aorta
ascendens. Arteriosklerose. Schwere linksseitige Phthise, rechts mässige
Induration.
Fall 7. Kanzleisecretär Sch., 46 Jahre alt. Aufgenommen 1. De¬
cember 1891. März 1891 mit Husten und Schmerzen in der rechten
Schulter erkrankt. Gonorrhoe zugegeben.
Status praesens. Diffuse systolische Elevation unterhalb der
rechten Clavicula, Pulsus celer, rechts an der Radialis grösser als links.
Jugularvenen geschwollen. Verkürzung des Schalles unterhalb der rechten
Clavicula bis zur vierten Rippe. Schwache Dämpfung auf dem oberen
Theil des Sternum. Systolisches und diastolisches Geräusch am zweiten
rechten Rippenknorpel. Ektasirte Venen am Rippenbogenrand beiderseits.
Abschwächung der Athmung rechts vorn und im rechten Interscapular¬
raum. Keine Drüsenschwellung. — Wurde nicht weiter beobachtet.
Fall 8. Maler Sch., 57 Jahre alt. Aufgenommen 28. December 1891.
Specifische Infection im 30. Jahre; Schlaganfall im 49. Jahre, ein Jahr
später Oculomotoriuslähmung, seit sechs Monaten Schwäche beim Gehen.
Seit drei Monaten Athembeschwerden, seit fünf Wochen Heiserkeit.
Status praesens. Dämpfung auf dem oberen Theil des Sternums
und systolische Elevation daselbst und in der Gegend der benachbarten
Rippenknorpel, besonders rechts. Typische Tabes, Oculomotoriuslähmung
links, Recurrenslähmung links.
; Therapie: Energische Jodkalitherapie während der letzten 18 Tage.
1 Exitus 6. Februar 1892!
Section: Kindskopfgrosses Aneurysma der Aorta descendens, durch
einen scharfen Ring oben und unten einsetzend. Die erweiterte Aorta
ist angefüllt mit geschichteten Fibrinlagen, die bis 5 cm dick sind.
Umfang der Blutrinne 20 cm. Endarteriitis aortica. Ektasirung der
Aorta ascendens, Atelektase des linken Oberlappens. Narbe im Laiynx.
Leberkapselverdickung. Arteriosklerose der Hirnarterien. Atrophie des
linken Oculomotorius und Recurrens. Graue Degeneration der Hinter¬
stränge.
Fall 9. Stadtbauschreiber G., 49 Jahre. Aufgenommen 6. Juni 1892*
Lucs zugegeben. Seit l l /a Jahren Husten, seit einem Jahre Stridor,
Mitte April 1892 röthlicher Auswurf (Pneumonie). 5. März 1891 Schlag¬
anfall.
Status praesens. Hämorrhagisches Pleuraexsudat links. Diffuse
Hebung der linken Thoraxhälfte; Stridor, Dämpfung über der linken Thorax¬
hälfte mit Dämpfungstreifen auf dem Sternum. Puls links grösser als
rechts. Fleischfarbenes Sputum. Exitus 11. Juni 1892. Therapie: Jod¬
kali und Unguentum cinereum.
Section: Mannsfaustgrosses Aneurysma des Arcus. Innenfläche des
Aneurysma rauh, ohne ausgedehnte Auflagerungen. Aussenfläche des
Aneurysma links mit der Pleura der indurirten linken Lunge verwachsen.
Anonyma durchgängig. Carotis thrombosirt , Subclavia sinistra eng,
Trachealschleimhaut geschwürig.
Fall 10. Tischlerfrau R., 35 Jahre. Aufgenommen 7. Juni 1892.
Hat in ihrer ersten Ehe vier gesunde Kinder geboren, in der zweiten
einmal abortirt, nie geboren (in sechs Jahren). Seit sechs Wochen
Schmerzen in der rechten oberen Brusthälfte, Dyspnoe, Stridor.
Status praesens. Keine Dämpfung, nur Abschwächung des Athem¬
geräusches. Stridulöse In- und Exspiration. Auftreibung der zweiten und
dritten Rippe. Linke Pupille enger als rechte; beide lichtstarr. Unter
schweren dyspnoischen Anfällen Kräfteverfall. Tracheotomie mit langer
Canüle ohne Effect. Exitus 13. Juni. Therapie: Jodkali, Unguentum
cinereum.
Section: Sackförmiges Aneurysma der Aorta ascendens und des Arcus.
Aneurysma dissecans an der Abgangsstelle der Anonyma und dadurch be¬
dingte Trachealstenose. Aorta rauh mit verdickter Intima ohne Ver¬
kalkungen. Trachea an der Berührungsstelle verdünnt, mit Schleimhaut¬
geschwür, bildet die hintere Sackwand. Linker Ventrikel etwas hyper¬
trophisch. Echinococcusblasen im Herzbeutel.
Fall 11. Steinsetzer Fl., 58 Jahre. Aufgenommen 24. Juni 1892.
Vor 24 Jahren Ulcus durum, mit Injectionen behandelt. Seit drei Mo¬
naten Heiserkeit und Schlingbeschwerden. Bereits seit zwei Jahren an-
fallsweise Schmerzen in der linken unteren Thoraxhälfte.
Status praesens. Stridor bei Aufregung. Schwellung der Jugular-
und Armvenen und der Venen am Thorax vorn, desgleichen der Vena
epigastrica superficialis superior. Pulsation am oberen Theil des Sternum
und der benachbarten Intercostalräume. Dämpfungsstreifen links neben
dem Sternum. Links oben abgeschwächtes Athmen. Schlucken in kleinen
Absätzen möglich, sonst Husten. Im weiteren Verlauf dyspnoische An¬
fälle. Arsentherapie. Aus der anfangs mangelhaften Motilität beider
Stimmbänder entwickelt sich weiter eine vollkommene linkseitige Recurrens-
lälimung. Aphonie. Exitus 3. August 1892.
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856
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
-.Section: Arrodirung des vierten, fünften und sechsten Brustwirbel¬
körpers durch ein faustgrosses Aneurysma des Arcus und der Aorta
descendens, in dessen Hmterwand die Trachea hineinragt. Ektasirung
der Aorta ascendens. Intima der Aorta rauh mit Erhabenheiten. Schiefrige
Induration beider Lungenspitzen mit alten Kfiseheerden.
Fall 12. Arbeiterfrau B., 34 Jahre. Aufgenommen 25. März 1893.
Vor zehn Jahren Abort eines Fötus sanguinolentus (VII. Mens.); seit
l 8 /* Jahren Schmerzen in der linken Brusthälfte, die in den Arm aus¬
strahlen, seit sieben Wochen Athemnoth.
Status praesens. Tönende Respiration und tönender Husten.
Links kein Radialpuls fühlbar. Pulsation auf dem oberen Theil des Sternums.
Bandförmige Dämpfung auf und beiderseits neben dem Sternum. Therapie:
Jodkali, graue Salbe. Exitus 7. April 1893.
Section: Diffuse Erweiterung des Arcus mit secundärer Erweiterung
l) der Anonyma und 2) der Partie zwischen Carotis dextra und sinistra. In
dem Aneurysma Fibrinniederschläge und Verlegung des Lumens der Sub¬
clavia. Intima mit Plaques, theils gallertigen, theils gelben fibrösen,
zum Theil verkalkten. Pleuritis sinistra exsudativa. Schrumpfniere.
Fall 13. Glaser G., 41 Jahre. Aufgenommen 26. Juni 1893.
1875 Ulcus durum, Behandlung mit Sarsaparilla. December 1892 Heiser¬
keit; zunehmende Athemnoth.
Status praesens. Cyanose und Dyspnoe. Pulsation im zweiten
rechten Intercostalraum. Dämpfung auf dem Manubrium und rechts vom
Sternum. Recurrenslähmung links. Später Venenschwellung am Halse
und continuirliche Dyspnoe. Therapie: Jodkali. Schmiercur. Exitus
9. Juli 1893 an Asphyxie.
Section: Faustgrosses, sich nach hinten und oben ausdehnendes
Aneurysma der Aorta ascendens und des Arcus mit secundärem daran
sitzenden Aneurysma rechts vom Sternum. Arrodirung des Sternums und
der zweiten Rippe. Linke Lunge in ganzer Ausdehnung verwachsen.
Sklerotische Aorta. Trachea säbelscheidenartig verdünnt; Schleimhaut
blutig imbibirt.
Fall 14. Korbmacher G., 34 Jahre. Aufgenommen 18. November
1893. Massiger Potator, leugnet Infection. Vier Wochen vor Aufnahme
Brustfellentzündung links.
Status paesens. Pleuritis sinistra exsudativa. — Allmählich stellt
sich eine tönende Respiration ein, ferner ungleiche Radialpulse und diffuse
Pulsation am Thorax. Links Recurrens- und Sympathicuslähmuner. Exitus
17. December 1893.
Section: Aneurysma aortae aseendentis. Druckgeschwür in der Trachea
und Mediastinitis postica mit secundärem jauchigem Empyem links. Tuber¬
kulöse eitrige Bronchitis und Peribronchitis.
Fall 15. Bureaubeamter G., 34 Jahre. Aufgenommen 10. Januar 1894.
Vor zehn Jahren Ulcus durum. Selbstbehandlung. Seit fünf Wochen
Athembeschwerden.
Status praesens. In- und Exspiratorischer Stridor; Cyanose, ge¬
ringe Pulsation beiderseits vorn am Thorax. Nirgends Dämpfung. Leises
Athemgeräusch. Die Dyspnoe nimmt stetig zu. Tracheotomie mit langer
Canüle am 13. Januar. Exitus 13. Januar 1894 an Asphyxie.
Section: Kindskopfgrosses Aneurysma des Arcus mit Usurirung der
Trachealringe oberhalb der Bifurcation. Aortenintima mit Auflagerungen.
Hypertrophie beider Ventrikel. °
Fall 16. Förster R., 36 Jahre. Aufgenommen 2. Januar 1894.
Stimme seit einem Jahr etwas belegt, tonlos seit sechs Wochen. Seit
einiger Zeit Schmerzen links in der Gegend des Schulterblattes, Klagen
über Klossgofühl. Am 8. Januar etwa 6 1 (!) Blut erbrochen.
* Status praesens. Pulsation im zweiten linken Intercostalraum-
nirgends Dämpfung, Schlingbeschwerden. Recurrenslähmung links. Exitus
an erneuter Blutung 16. Januar.
Section: In den Oesophagus perforirtes Aneurysma des Arcus; dicht
oberhalb der hinteren Aortenklappe ein zweites acutes, etwa erbsengrosses
Aneurysma. Schwielen auf der Aortenintima.
Wie aus den vorstehenden Angaben erhellt, waren unter den
Aneurysmatikern drei Frauen, die übrigen 13 Männer, ein Ver¬
hältnis, welches mit dem bislang allgemein angenommenen durch¬
aus übereinstimmt. Die Männer vertheilen sich, was ihre Be¬
schäftigung anlangt, folgendermaassen: 1 Kellner, 3 Maurer
und verwandte Berufsarten, 1 Drechsler, 2 Weber, 1 Korbmacher,
1 Jäger, 4 Beamte; insgesammt würden also den vier eine mehr
sitzende Lebensweise führenden Beamten neun Handwerker gegen-
überstehen. 6 6
Interessante Ueberblicke gewährt die Sichtuug der Fälle nac
Altersklassen. 60 Jahre alt und darüber waren drei Patienter
zwischen 50 und 60 ebenfalls drei; zwischen 40 und 50 vier un
™ h o e K n T 30 t und 40 sechs Patienten, von den letzteren wiederui
fünf 35 Jahre alt und darunter. Das Minimum von 34 Jahre
wurde in keinem Falle überschritten. Es ist bemerkenswerth -
- wenn auch mit den bisherigen Erfahrungen durchaus in Einklan
di 0 jüngeren Jahrgänge reicher an Aneurysme
sind, als die älteren und wie die eruirte Verhältnisszahl sich nac
oben hin allmählich verkleinert.
Die meist sehr detaillirt vorliegenden Anamnesen gestattete
weiter auch eino kurze Betrachtung Ober die Dauer des Aneu
rysmas, d. h. natürlich nur Ober die Zeit von dem ersten Aui
treten der Symptome bis zum Exitus. Das Maximum und Mi
mmum varnren ziemlich bedeutend: von 2 Monaten bis zu 25 Mo
No. 45
naten; immerhin gewährt die Durchschnittsziffer bei den 15 zur
Autopsie gekommenen Fällen einige Anhaltspunkte. Dieselbe be¬
trägt 10,3 Monate, Die Beobachtungsdauer war nur bei zwei Fällen
eine erhebliche, bei Fall 3 und 4, die IV 2 Jahr bezw. 8 Monate
in Anstaltsbehandlung oder doch Beobachtung blieben. Alle übrigen
Patienten kamen entweder in extremis zur Aufnahme oder sie
stellten so vorgeschrittene Fälle dar, dass die eingeschlagene
Therapie ihnen gegenüber gänzlich machtlos blieb. Es hängt dies
theils mit der schlechten Selbstbeobachtung der ärmeren Klassen
theils mit der immer noch sehr verbreiteten Scheu derselben vor
der Krankenhausbehandlung zusammen. (Schluss folgt)
IV. Reflexmultiplicator.
Apparat zur Untersuchung des Kniephänomens bei Aequi-
librirung des Unterschenkels.
Von Privatdocenten Dr. Sommer in 'Würzburg.
Ueber die Motive, welche zur Construction des Apparates ge¬
führt haben, habe ich mit Bezug auf meine früheren Mittheilungen
(cfr. Jahrbücher für Psychiatrie 1892, ferner die Referate über
meine Vorträge in Rom und Karlsruhe Ctrlbl. für Nervenheilkunde
u. Psych. Augustheft und Septemberheft 1894) folgendes zu wieder¬
holen:
Die Schwierigkeit, psychophysische Methoden zur Untersuchung
von pathologischen Zuständen zu verwenden, liegt wesentlich in
der Kürze der Zeiten, um die es sich bei den zu untersuchenden
Vorgängen handelt. Genau wie man in der anatomischen Forschung
die Gegenstände vergrössert, um sie besser sehen zu können, so
müssen wir uns bemühen, den Ablauf von physiologischen Vor¬
gängen zu verlängern, um sie leichter wahrnehmbar zu machen.
Es handelt sich darum, sozusagen ein physiologisches Mikro¬
skop zu construiren.
Die künstliche Verlängerung des Kniephänomens, weiches wohl
der am besten studirte Reflexvorgang ist, kann nun am einfachsten
durch Aequilibrirung des Unterschenkels bewirkt werden.
Dadurch werden Unterschenkel und äquilibrirendes Gewicht in
ein mechanisches System verwandelt, welches durch die reflecto-
risch bewirkte Innervation des Unterschenkels ausser Gleichgewicht
gebracht wird und nun, nach Art eines Pendels schwingend, ganz
allmählich zur Ruhe kommt, wenn nicht andere Kräfte vorzeitig
hemmend eingreifen. Durch die Pendelbewegungen wird also der
einfache Reflex in eine Reihe von Hebungen und Senkungen ver¬
wandelt, gewissermaassen multiplicirt (wenn man diesen kurzen
Ausdruck annehmen will), und man kann nun an der Art des Ab¬
laufes, d. h. bei graphischer Aufzeichnung, an der Form der
Curve die Kräfte studiren, welche diese Pendelbewegung modi-
ficiren. Da sich diese Curve über mehrere Secunden erstreckt, so
ist in der That obige Forderung, nämlich Verlängerung der
Zeit, erfüllt. Es kommt mir also weniger auf die Höhe des
ersten Ausschlages als vielmehr auf die Form der Curve an.
Nach mehrfachen Aenderungen im einzelnen hat der Apparat
folgende Gestalt angenommen. Er besteht aus vier Theilen:
I. Der Stütze für den Oberschenkel;
H. Dem Apparat zur Auslösung des Reizes mit Messung des
mechanischen Momentes;
HI. Dem Aequilibrirungsapparat;
IV. Dem Schreibapparat.
Von diesen sind je zwei (I mit H, IH mit IV) mit einander
verbunden.
No. I besteht aus einem Dreifuss, auf welchem sich eine Röhre
von ca, 50 cm Länge erhebt, in welcher ein Stahlstab gleitet, der
zur Verlängerung der Stütze dient. An diesem ist oben ein ge¬
polsterter Bogen mit Convexität nach unten angebracht, auf welchem
der Oberschenkel ruht.
No. H ist eine Nachahmung der gewöhnlichen Methode, ein
Kniephänomen auszulösen, unter exacten Bedingungen.
Der Stiel eines Hammers ist nm eine Axe drehbar angebracht,
welche sich senkrecht über der Stütze bezw. dem Kniegelenk quer
zu diesem befindet. Der Hammerkopf hat eine quer stehende
Kante, welche die Sehne des Quadriceps in möglichster Breite tnui.
Der Kopf ist verschieblich, sein Gewicht kann durch zwei auf dem
Stiel gleitende Gewichte nach Belieben variirt werden.
Die Messung des mechanischen Momentes geschieht in folgender
Weise: Der Hammerstiel ist jenseits der Queraxe verlängert. Diese."
kurze Stück bewegt sich beim Fallen des Hammers an einem
Halbkreis vorüber, welcher eine Gradeintheilung trägt. Dieser
Halbkreis zeigt parallel zur Peripherie eine ebenfalls halbkreis¬
förmige Lücke, in welcher zwei verschiebliche Hemmungsvornch-
tungen angebracht sind. Dadurch kann die Bewegung des Ham¬
mers in festen Grenzen gehalten werden. Die obere Hemmung
dient mehr dazu, den Hammer nöthigenfalls (cfr. das Bild) zU
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MlEaJCJKfSCHE WTKSfJENSCHB tt?T.
hhÄftötnon, Wj^mt »’s- nnt. dWser Methode untersucht wird, ist nl?o
■m-'-wti? ompfmuIPhes p^yriu^iiy^i^ckos Uoa^ons, \volcbes. i>e8mideft
für HÜ)P «• % nto)l«‘ U.*vfrg1> gneig&ätr orscjietmMi
No. II1. Dhv foqmUUilf-mjßn pim.ru t besteht au.> muHin vier¬
eckiger cirra gwei Meiei höbet* Ho^zgj^stöjh ;n> svajHditjMi oben eine
Kdlle mit mUMmalstdrKoihuug uu^bruebf i^f-. Ant dinsYO gl rät et.
oiuo. jSshirär.. welche auf der Suite Mw Kitt^se töit %il uafrtv,
Schenkel. <k* xu ITntersu'-’hondmi, not der ändern Scitu mU Mwn*
CrwkditS'Hjyh* Ui Verbindung steht. J*io jhitir.-fJirrMi*-; dot Schnur
am nntertuj Ende des Unterschenkels geseidvhi dmvi, rim ge-
polsierie '.L.fttfcrinftiifcC'-boito. Durch Emlngon vi,t» iU*\vir'.ht»ui io -.1*
Seh.Mii whM der Uet omhenkei in y<tl-« hic<lcn«*e ttMAt-bMhjag«^
idjuilibrirE
No. IV. DefSebrnbapparah stobt du reit vlötj läbgmfrVv^t eines'
xweiarnuMrn Hebels mit dar Sibuor. \\fb-ho uns ' ihitiilibvircude
(ixvwiehf trügt,.. in Verbindung.; fbe*c VetTdo.dVwg Pi sv, onustniirt-,'
dass boi '.iledmb.it und Senkt? ng sieh *\km AM de* 2we.iarmkei!
Behüte verlängerri kann. wjfktVml dir, Helmut, ab der da* ßewicht
haogi v iy der Verticalen bleibt;.; (AbMhrmidisMi üuSgiMeVkP /'-'die
H-ötbohi 'katiii hol Mer Bewog nag dmvü AVH/ingerimg mh' U) yn~
ttieouyc Morden:) Pie Att«?e.bi.%e des !:m/*h ilebet.uw«--, viele*
bn gieiUmn Skme wie die des ilüter^öhciikels bei "Amd/istttig dos
Knieplinnotnenb 'vor sieb .gellen, werden di/roh eine roiöplk-irV
Technik bei «dnimulstbr /Reibung uv eine vertikale Brtvegu#|| u?n-
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l ) Der Appftryt fei hak Mwimnikgr'
7\ -mt*. ü r.„__ ir.n.__ rj- .. n ioäfi-r
7 ) rhv Rtogar. Haltung, fiäfeäusg.■Bo^dgos^ et<v 1892 ;
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
schmerzhaft sind, ohne dass eine bemerkenswerthe Schwellung der Ge¬
lenke vorhanden ist. Temperatur Morgens 37,5°, Abends 38°.
20. October. Die Nacht verläuft sehr unruhig. Im Laufe des Tages
verbreitet sich das Exanthem über den Rumpf; an den Extremitäten hat
es die Tendenz, zu confluiren. Die Gelenkschmerzen steigern sich zu
grosser Intensität, das Kind liegt bewegungslos mit ängstlichem Gesichts¬
ausdruck da. Temperatur Morgens 37,8°, Abends 38,4°.
21. October. Die Nacht verlief schlaflos und unruhig. In dem Be¬
finden des Kindes tritt keine Veränderung ein, die Schmerzen sind haupt¬
sächlich im Kniegelenk, während sie am Ellenbogen, Hand- und Fuss-
gelenk nur zeitweise auftreten. Keine stärkere Schwellung derselben.
Temperatm* Morgens 38,2°, Abends 39,4 o.
22. October. Während der sehr unruhigen Nacht ist das Fieber auf
40,3° gestiegen. Die Haut ist brennend heiss. Am nächsten Morgen be¬
merkte man, dass das Exanthem nunmehr auf das leicht gedunsene Ge¬
sicht übergegangen ist, zeitweise soporöser Zustand. Im Laufe des Tages
scheinen die spontanen Schmerzen in den Gelenken geringer geworden zu
sein; auf Druck jedoch erfolgen heftige Schmerzausbrtiche. Temperatur
Abends 39,2°.
23. October. Fieber und Schmerzhaftigkeit der Gelenke haben nach¬
gelassen; Bewegungen, besonders der unteren Extremitäten, sind jedoch
der Schmerzen halber unmöglich, trotzdem keine Schwellung besteht. Das
Exanthem beginnt abzublassen und sich besonders in der Mitte der ein¬
zelnen Flecke zu involviren. Temperatur Morgens 38,2°, Abends 38,6°.
24 October. Das Kind hat die Nacht besser geschlafen, die Schmerzen
m den Gelenken haben weiter nachgelassen, das Exanthem blasst ab.
Temperatur Morgens 37,5 o, Abends 37,2 o. Kein Albumen.
25 October. Gute Nacht; vollständige Euphorie; die Schmerzen in
den Gelenken sind nicht mehr vorhanden, das Exanthem ist ohne Ab¬
schuppung mit Hinterlassung leichter Pigmentirung verschwunden.
Im weiteren verlief die Reconvalescenz ungestört. Die Behandlung
bestand m Darreichung kräftigen Weines, Champagners; während der
Heftigen Schmerzen wurde Natrium salicylicum verordnet.
Vir haben es also hier mit einem mittelschweren Fall von
Diphtherie zu thun gehabt, der durch das Behring’sche Heilserum
ausserordentlich günstig beeinflusst wurde. Dass wir drei In¬
jektionen machen mussten, lag in äusseren Verhältnissen und in
der späten Application des Mittels. Die Wirkung des Heilserums
zeigte sich in der Art, wie sich die Membranen, besonders in der
Nase und dem Nasenrachenraum abstiesson. Diese plötzliche Aus-
stossung der Membranen aus diesen Theilen, ihr vollkommenes Ver¬
schwinden mit sofort eintretender Euphorie scheint für das Mittel
charakteristisch. Zufällig hatten wir Gelegenheit, kurze Zeit
vorher ohne Heilserum einen sehr ähnlichen Fall zusammen zu be¬
handeln, der zwar auch günstig ablief, aber wie lange dauerte es
bis sich die Membranen, aus der Nase besonders, vollkommen ab-
stiessen, wie elend sah das Kind nach überstandener Krankheit
aus, wie lange Zeit erforderte die Reconvalescenz!
, J?! e ^ rei i de S*. er . de J n guten Erfol £ wurde »ns einigermaassen
wi ’ a l S i da ? Elnd ’ da s sich schon in voller Reconvalescenz be-
AlWüte 1 A w + d d ? S i 18 * October wieder unwohl zu werden begann.
Allerdings hatte sich schon eine Woche vorher um die Ini'ecUons-
steUen em handtellergrosser rother Hof mit leichter J Druck-
T P d fi en d närh e f gebüdet ’ ab f da a »sser etwas Brennen und Jucken
' , d f nächsten Tagen sich keine weiteren Erscheinungen zeigten
bo legten wir dem keinen grösseren Werth bei, auch nicht als sich
am zehnten Tage nach der ersten Injection ein Exanthem von der
3 6 Uber die Extrein itüten verbreitete. War doch
auf diese Comphcatnrn schon aufmerksam gemacht worden. Erst die
heftigen Gelenkschmerzen, die ohne stärkere Schwellung und Röthumr
mit immer stärker an wachsendem Fieber auftraten, erregten unsere
Dm f™ 8 « 21111 w das letztere in einer Nacht auf 40J* 0 anstieg
Das Exanthem hatte vollkommen den Charakter des Erythem^
exsudativum inultiforme, und ich glaube auch dass wir es mit
“ en r? U F* U K g t habfc baben - Allerdi ngs ist es nicht gewöhn¬
lichen SS" J 1 dems . elben 80 lange andauert und zu einer
wnwf • ¥ anste . ] £t, aber immerhin sind doch Fälle beobachtet
worden in denen ein ziemlich heftiges Fieber, wie in unserem^ FaP
tZ selten
SSSäSss
Ä "S
beXcftet wurden unT ^" 1 ^ Schon äMcIle Fälle
drohlich SÄ&Ä Ä ^
- - No.J o
VI. Ueber den. Werth der Urethroskopie für
die Diagnose und Therapie der chronischen
Gonorrhoe.
Von Dr. H. Wossidlo in Berlin.
.... *.» der letzt ®n Zeit ist die Frage des Werthes der UrethroskopiV
fm* Diagnose und Therapie der Gonorrhoe, sowie über die Vorzttee der
verschiedenen endoskopischen Instrumente vielfach discutirt worden I>,
dieselbe jedoch noch zu keinem befriedigenden Abschluss gebracht wordei
ist, so hoffe ich durch meine nachfolgenden Erörterungen die Lösung der
Trage um emen Schritt weiter zu fördern.
In erster Linie muss betont werden, dass wohl niemand zur Stellung
der Diagnose der acuten Gonorrhoe endoskopirt. Allerdings empfiehlt
r eleki 1 ) m Budapest die abortive Behandlung des Trippers durch endo-
uxo ttuuxuvo Domumiung aes xnppers durch endo¬
skopische Application von Höllensteinlösung mittels Aufpinselung auf die
erkrankte Urethralschleimhaut. Ich weiss aber nicht, ob er viele Nach¬
folger finden wird, da sich unter den meisten Autoritäten wohl die
Ueberzeugung Bahn gebrochen hat, dass man die acute Urethritis **
norrhoica möglichst wenig irritirend behandeln soll. "
Zur Stellung der Diagnose sowohl, als auch zu therapeutischen
Zwecken wird die Urethroskopie vornehmlich bei der chronischen Gonorrhoe
angewandt.
Wir wollen zunächst die Frage der Diagnose der chronischen
Gonorrhoe betrachten. Von den meisten Autoren wird bekanntlich die
Diagnose der chronischen Gonorrhoe hauptsächlich aus dem Nachweise
der mehr oder weniger starken Secretion, der Filamente und vor allem der
Gonococcen in diesen gestellt und der Schwerpunkt auf den Gonococcen-
befund gelegt. Die Endoskopie wird dann auch noch so nebenbei als
diagnostisches Hülfsmittel von mehr oder weniger zweifelhaftem Werthe
augeführt, doch wird sie nicht als essentiell betrachtet. Zweifellos muss
die Untersuchung der Secrete sowie der Fäden im Urin auf Gonococceu
jeder anderen voraufgehen. Durch den gelungenen Nachweis der Gono¬
coccen in dem Secrete oder in den Fäden ist die Diagnose der chro¬
nischen Gonorrhoe und der noch bestehenden Infectiosität gesichert.
Wie aber allgemein zugegeben wird und die Versuche von Goll und
Anderen erwiesen haben, ist der Gonococcenbefund bei der chronische«
Gonorrhoe ein inconstanter. Man kann die Tripperfaden oder Eiter¬
tropfen der chronischen Gonorrhoe häufig mehrere Tage und Woche«
lang untersuchen, ohne Gonococcen zn finden. Ja es kann der Fall ein-
treten, dass dieselben unter Umständen einen oder mehrere Monate hin¬
durch nicht mehr nachzuweisen sind, um dann, bei nicht völliger Heilung
wieder aufzutreten. Der negative Gonococcenbefund erlaubt uns keinen
ochluss, so beweisend auch der positive ist. Aus dem Auftreten der
jf^ de » können wir wohl schliessen, dass noch Desquamation und entzünd¬
liche Exsudation bestehe, aber sie beweisen noch nicht, ob die Blennorrhoe
noch virulent ist oder nicht, ln vielen Fällen, wo wir Andrologen nicht
imstande waren, Gonococcen zu finden, findet doch noch Infection statt,
und der Gynäkologe ist dann imstande, dieselbe nachzuweisen, wo wir
beim Manne völlige Heilung angenommen haben.
Neisser hat deshalb empfohlen, in solchen Fällen durch Injcctionen
emer Lapislösung die Eiterung wieder anzufachen. Durch diese Eiternug
wird eme Desquamation dei obersten Zelllagen bedingt, und es gelingt
dann häufig, auf diese Weise in dem Socret noch Gonococcen nachzu¬
weisen; dieselben sind gewissermaassen wieder mobil gemacht. Allein
es giebt immerhin noch eine Anzahl von Fällen, wo es trotz häufiger
» nd durch Wochen fortgesetzter Untersuchungen und mehrmaliger künst-
i be -o Exacerba ^ on nicht gelingt, Gonococcen nachzuweisen, und wo doch
der Process noch nicht abgelaufen ist, w*as sich nicht selten durch eine
Ansteckung der Frau kundgiebt. Wir dürfen deshalb die Diagnose der
chronischen Gonorrhoe nicht auf das Vorhandensein oder Fehlen der
Fäden und Gonococcen allein stützen, sondern müssen uns nach anderen
diagnostischen Hülfsmitteln umthun.
Kurz will ich nur der Untersuchung durch Sonden erwähnen. Mit
Hülfe der Knopfsondo oder des Otis schen Urethrometers kann mau wohl
teststellen, dass man in der Harnröhro auf Hindernisse stösst, man kan«
wohl die Lage und Grösse von Infiltrationen bestimmen, aber über ihre
anatomische Beschaffenheit kann man mittels dieser Instrumente nichts
aussagen. Das kann man nur mit dem Endoskop.
Die Veränderungen, welche die Gonorrhoe in der Urethra hervor-
nift, bestehen in solchen des Epithels, der Drüsen und des subepithelialeu
Bindegewebes. Es handelt sich um Infiltrationen des Bindegewebes ver¬
schiedener Mächtigkeit mit entschiedener Tendenz zum Uebergange in
schrumpfendes Bindegewebe, um Entzündungen und Schwellungen der
Littre sehen Drüsen und Morgagni’schen Krypten und Drüsenabscesse.
Diese pathologisch-anatomischen Veränderungen kann man endosko¬
pisch nachwcisen. Wir sehen bei der chronischen Gonorrhoe entweder
vermehrten Glanz des Epithels bei leichter Schwellung der Mucosa, oder
verminderten Glanz bei stärkeren Infiltrationen des Schleimhautgewebes;
wir sehen die Ausführungsgänge der Drüsen deutlicher hervortreten oder
vergrössert uud entzündlich geschwellt, wir finden Drüsenabscesse.
Oberlaender 3 ) unterscheidet zwei Arten von Erkrankungsgraden.
Der erste Grad umfasst die mucösen Katarrhe oder weichen Infiltrations¬
formen. Endoskopisch sieht man in diesen leichtesten Graden vermehrte«
Glanz der Oberfläche, in stärker ausgebildeten Fällen mattes und höck-
nges Aussehen derselben. Die kranke Partie ist stärker geröthet als die
gesunde, die Schleimhaut gewulstet, die Längsfaltung grob. Anstatt
sechs bis zehn kleiner Fältchen in der Centralfigur sieht, man vier bb
*) Centralblatt für die Krankh. der Harn- und Sexualorgane Bd.V
Heft 5, 1894.
*) Lehrbuch der Urethroskopie. Leipzig, Georg Thiomc.
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8. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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sechs. Die Krypten haben gewilistete, hoehrothe Ränder, enthalten mehr
oder weniger Secret. Die Littrd’schen Drüsen sind nicht sichtbar afficirt.
j-,.., Bei d em , »weiten Grade Oberlacnder's findet man sehr variable
Bilder Oberlaender beschreibt die dabei vorkommenden Veränderungen
folgendennaassen: 1 ) Harte Infiltrate unterscheidet man nach der jedes¬
maligen Affection dor Drüsen, und zwar erstens in glanduläre harte Entzün¬
dungen; bei diesen sind immer Drüsonausführungsgänge in den verschie¬
densten Entzündungsformen sichtbar und fast immer auch je nach dem
Grade der Entwickelung Narben in den verschiedensten Grössen und Ent-
wiekelungsformenJ) Bei der zweiten Abart finden sich keine oder doch
nur ganz vereinzelte Drusenausführungsgänge an der Oberfläche, da sie
durch eine Bindegewebs- und Epithelschicht von der Oberfläche getrennt
sind. Das Secret der entzündeten Drüsen kann sich alsdann nicht ent¬
leeren; infolge dessen schwillt der Ausführungsgang zu, und der Drttsen-
körper erweitert sich. Die Umgebung der Drüsen entzündet sich dadurch
(folliculäre und perifolliculäre Entzündung). Das Aussehen des Epithels
über solchen folliculär entzündeten Zonen ist, wie schon erwähnt, besonders
charakteristisch trocken, glatt und ganz glanzlos.“
Abgesehen von diesen bei der chronischen Gonorrhoe sichtbaren
Veränderungen der Urethralschleimhaut — auf welchen Befund wir allein
schon die Diagnose stellen können, da solche V eränderungen nur bei der
chronischen Gonorrhoe und bei keiner anderen Affection der Urethra Vor¬
kommen — kann man auch unter Leitung des Endoskops Secret aus den
einzelnen Drüsen gewinnen. In gewissen Fällen wird man dann noch im¬
stande soin, Gonococcen in dem auf diese Weise erhaltenen Secret zu
finden.
In einem Vortrage, in der Sitzung der Berliner medicinischen
Gesellschaft vom 13. Juni d. J., betitelt: „Ueber die Grenzen und
den Werth der Urethroskopie“ greift L. Casper Oberlaender auf
das schärfste an. Sehen wir, wie sich die Casper’sclien Angriffe der
Wirklichkeit gegenüber verhalten. Zunächst wirft er Oberlaender vor,
dass dieser die urethroskopischen Bilder falsch deute. Er bemerkt gegen
Oberlaender, dass Farbe und Glanz der Urethralschleimhaut keine
feststehenden Grössen seien, sondern bei den einzelnen Individuen wie
zu verschiedenen Zeiten verschieden seien. Oberlaender sagt nun in
seinem von Casper angegriffenen Lohrbuche der Urethroskopie ausdrück¬
lich: „Die Beschaffenheit der normalen Harnröhrenschleim¬
haut ist individuell ausserordentlich verschieden. Es ist dies
eine für die Lehre der urologischen Erkrankungen sehr wichtige Tbat-
sache, welche bis jetzt noch nicht in der nöthigen Weise erörtert und
klargelegt w'orden ist.“ Und weiter: „Das erste, was bei der Endoskopie
in die Augen fällt, ist die Farbe der Schleimhaut. Diese richtet sich, wie
bei anderen Schleimhäuten nach dem Blutgehalt, und wir können dement¬
sprechend eine normal „anämische“, „mittelmässig blutreiche“ und „sehr
blutreiche“ Schleimhaut unterscheiden. Casper fährt dann fort, dass
Farbe und Glanz der Urethralschleimhaut, die durch die Einführung des
urethroskopischen Tubus auseinandergedrängt wird, verändert werden,
wodurch künstliche Hyperämie mit Anämie wechsele. Auch die reflecto-
rischen Spasmen alteriren in mannichfacher Weise die Gefässfüllung. Dem¬
zufolge sei es bedenklich, wie Oberlaender es thue, aus dem Grade des
Glanzes und der Farbennüancirung in der Harnröhre Schlüsse zu ziehen.
Das klingt natürlich, als ob Oberlaender die Veränderungen des
Glanzes und der Farbe der Urethralschleimhaut, welche durch Einführung
des Tubus herbeigeführt werden, nicht kenne oder einfach übersehen habe.
Und doch sagt Oberlaender in seinem Lehrbuche auch hierüber aus¬
drücklich: „Die normale Färbung wird verändert, wenn der
Tubus auf die Harnröhrenwandung drückt; dabei wird das Blut aus
der Schleimhaut an den Tubusründem verdrängt, und dieselben erscheinen
blass. Diese künstliche Farbenveränderung wird auch von
dem ungeübteren Endoskopiker sehr bald als solche erkannt.
Tritt dieser Fall bei einer normalen Harnröhre ein, so kann es entweder
daran liegen, dass der Tubus für die betreffende Harnröhre zu stark ist,
oder dass derselbe schräg und w r andständig gehalten wird. Man muss
dieses Vorkommniss der Farbenveränderung durch Tuben¬
druck übrigens genau beurtheilen lernen, da die krankhaften,
durch Infiltrationen innerhalb des Mucosagewebes hervorgerufenen Ver¬
änderungen dos Colorits sehr häufig sind und von diesen Artefacten
selbstverständlich unterschieden werden müssen.“
Weiterhin äussert sich Casper, dass es sich mit den Falten, denen
Oberlaender eine besondere Bedeutung beilege, ähnlich verhalte. Ober¬
laender gehe von der Prämisse aus, dass Beschaffenheit der Harnröhre
und Bau des Penis oine Gongruenz zeigen, z. B. einem grossen Penis eine
weite Harnröhre entspreche. Infolge dessen soien auch seine weiteren
Schlussfolgerungen auf pathologischem Gebiete falsch, weil Umfang des
Penis und Bau der Harnröhre keineswegs ein feststehendes proportionales
Verhältniss zeigen.
Dies ist eine falsche Interpretation dessen, was Oberlaender be¬
hauptet. Oberlaender’s eigene Worte hierüber sind: „Im allge¬
meinen richtet sich die Beschaffenheit der Harnröhren¬
schleimhaut nach dem Bau des Penis. Ein kleines, zartgebautes
männliches Glied wird eine entsprechend zarte Schleimhaut haben, und
umgekehrt ein derbes, fleischiges Organ hat eine stärker construirte
Mucosa. Der Maassstab für diese individuelle Beschaffenheit findet sich
nicht im mehr oder weniger kräftigen Körperbau ausgeprägt; es können
also kräftige Personen in diesem Punkte vernachlässigt, schwächer ge¬
baute bevorzugt erscheinen. Bis zu einem gewissen Grade richten sich die
vitalen Eigenschaften der Hamröbrenmucosa nach dem Bau der anderen
mit Schleimhaut versehenen Organe.“ Und Seite 26 seines Lehrbuches
*) Klinisches Handbuch der Harn- und Sexualorgane von Zuelzer-
Oberlaender 3, Abteilung. Leipzig, F. C. W. Vogel.
heisst es: „Die mehr oder weniger reichliche Faltung steht in
geradem Verhältniss zur natürlichen Weite derHarnröhre und
zum Bau des Gliedes überhaupt, d. h. also: je grösser die natür¬
liche Weite der Harnröhre und je umfangreicher das Glied, desto reich¬
licher ist natürliche Faltung der Schleimhaut vorhanden.“
Das klingt doch ganz anders als das, was Casper Oberlaender
unterschiebt. Dieser behauptet also nicht, wie Casper es auslegt, dass
einem grossen Penis eine weite Harnröhre entspricht, sondern je grösser
die natürliche Weite der Harnröhre und je umfangreicher
das Glied, desto reichlicher sei die natürliche Faltung der
Schleimhaut.
Während nun Casper im Beginn seines Vortrages der Bedeutung
der Falten der Harnröhrenschleimhaut jeden Werth abspricht und sagt,
es müsse noch phantastischer erscheinen, aus dem Verhalten der Falten
und einiger anderer Momente, wie Oberlaender das thue, auch den Grad
der Infiltration bestimmen zu wollen, so legt er selbst bei der Diagnose
der frühen Infiltrate, der Stricturen weiten Kalibers, besonderen Werth
auf die Faltung, wie auf die Farbe der Schleimhaut. Eine beginnende
Stricturbildung, d. h. die beginnende Umwandlung der zellenreichen In-
filtrationsmassse in zellenarmes Bindegewebe sei bei einer gewissen Weite
des Orificiums' urethroskopisch wahrzunehmen zum Theil durch das
Verstrichensein der Falten oder Verwischtsein der Längsstreifen,
zum Theil durch ein blasses gefässarmes Aussehen der Mucosa.
Also einmal ist es phantastisch, aus dem Verhalten
der Falten den Grad der Infiltration bestimmen zu wollen,
und ein ander mal kann durch das Verstrichensein der Falten
eine frühe Infiltration diagnosticirt werden! Dann ist es also
nicht phantastisch?
Während es nach Casper weiterhin bedenklich ist, aus dem
Glanze und der Farbennüancirung Schlüsse zu ziehen, stellt
er selbt die Diagnose der frühen Infiltration aus dem blassen,
gefässarmen Aussehen der Mucosa!
Soweit die Bemerkungen Casper’s. Es dürfte hiermit wohl be¬
wiesen sein, dass die Ein wände, die er gegen die Lehrsätze Oberlaen¬
der’s erhebt, nicht auf Thatsächlichem beruhen, sondern auf dem, wie
Casper die Oberlaender’sehen Worte interpretirt. Es ist klar, dass
Casper bei der Beurtheilung des Oberlaender’schen Werkes von
falschen Prämissen ausgegangen ist und nicht Oberlaender seine Sätze
und Ansichten auf falsche Prämissen aufgebaut hat, wie Casper be¬
hauptet.
Ist es nun in einzelnen Fällen schon schwierig, auf die bacteriolo-
gische Untersuchung hin ohne Endoskopie die Diagnose „chronische Go¬
norrhoe“ überhaupt zu stellen, so ist es fast unmöglich, den lokalen Heerd
der Blennorrhoe ohne Endoskop zu bestimmen. Es ist aber für den thera¬
peutischen Eingriff nicht gleichgültig, ob man den lokalen Heerd selbst
diagnosticiren kann oder nicht. In vielen Fällen wird man z. B. imstande
sein, mittels des Endoskops zu constatiren, dass der ganze Process sich
auf einige Drüsengruppen beschränkt, die man dann endoskopisch zer¬
stören und zur Heilung bringen kann.
Bekanntermaassen sind die Ansichten über die Ausbreitung der Go¬
norrhoe in der Harnröhre noch ausserordentlich getheilt. Während man
die Erkrankung der Schleimhautdrüsen, die subraucösen und periglandu¬
lären Infiltrate bei der chronischen Gonorrhoe allgemein anerkennt, ist
man sich z. B. über die Betheiligung der Pars posterior noch immer nicht
einig. Während Neisser, Jadassohn und andere annehmen, dass bei
circa 80% aller Gonorrhoeen die Pars posterior erkrankt ist, constatiren
andere, wie z. B, Oberlaender und Kollmann, die relative Seltenheit
der Urethritis posterior. Es wird von Koch(Breslau) angenommen, dass
die Differenzen, welche zwischen den Resultaten Kollmann’s und denen
der meisten Autoren, speciell Jadassohn’s, vorhanden sind, zum Theil
auf der Verschiedenheit des Materials, zum Theil auch auf der Verschie¬
denheit der angewendeten Methoden beruhen. Ob dies der Fall ist, lässt
sich zur Zeit noch nicht entscheiden.
Bekanntlich wird die Diagnose der Urethritis posterior gewöhnlich
durch die sogenannte Zweigläserprobe gestellt. Diese ist aber durchaus
nicht ausreichend. Es wurde deshalb unter anderen von Jadassohn die
Ausspülung der vorderen Harnröhre mittels eines bis zum Bulbus einge¬
führten elastischen Katheters und darauf folgenden Urinirens empfohlen.
— Kollmann hat nun diese Jadassohn’sche Methode zu seiner Fünf¬
gläserprobe erweitert. Er macht zunächst eine Ausspülung der vorderen
Harnröhre bei voller Blase, welche so lange fortgesetzt wird, bis das
Spülwasser ganz klar bleibt. Das Spülwasser wird in ein Sammelgefäss
gegossen (erstes Glas). Das letzte Quantum des Spülwassers wird ge¬
sondert verwahrt (zweites Glas), und nun lässt der Patient den Urin in
drei Portionen (drittes, viertes und fünftes Glas).
Gegen die Beweisfähigkeit der Spülmethoden (nach Jadassohn)
wendet Werther 1 ) folgendes ein: „Bis dahin kann die Statistik, die
(für Urethritis posterior) 80% herausgefunden hat, nicht als gültig an¬
genommen werden, weil die Methode nicht exact genug ist. Sie setzt
nämlich als Thatsache voraus, dass der Harnröhrenschlauchmuskel, der
sogenannte Sphincter extemus, immer eine Scheidewand zwischen vor¬
derer und hinterer Harnröhre bildet und dass eine injicirte Flüssigkeit
an seinem Contractionsring zurückprallt. Darin irrt man sich. Für
gewöhnlich ist der Muskel schlaff. Seine Aufgabe ist die Auspressung
der Harnröhre am Schlusso des Urinirens und der „Desemination“; den
Abschluss der Blase bildet er nicht, don besorgen der Spincter internus
und die Elasticität der Gewebe. Ebenso wie eine Sonde mehr oder
weniger leicht den Widerstand des Sphincter externus überwindet, thut
es auch eine Flüssigkeitssäule. Der Muskel zieht sich zusammen.
l ) Die Pathologie der Gonorrhoe, Vortrag, gehalten in der Gesellseh.
für Natur- und Heilkunde zu Dresden 16. Dec. 1893.
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wenn er gereizt wird, die Reize und die Erregbarkeit sind jedoch in¬
dividuell und in physiologischen Grenzen sehr verschieden. Wahrend
bei Manchen eine Sonde wie von selbst, hineingleitct, findet sie bei
Anderen ein unüberwindliches, eine Strictur vortauschendes Hinder¬
niss im Spasmus des Schlauchmuskels. Ebenso ist es mit injicirter
Flüssigkeit. Manche Leute sind imstande und machen die Erfahrung,
ohne es zu wollen, bei der Tripperinjection mit der Tripperspritze Flüssig¬
keit bis in die Blase zu treiben, sic haben ein Kältegefühl am Damm,
und, wenn die Spritze abgenommen wird, kommt nichts oder fast nichts
wieder heraus. Ich habe dies bpi den Cocaininjectionen, die ich in der
Sprechstunde vorzunehmen Gelegenheit hatte, wiederholt mit eigenen
Augen gesehen. Bei schwachem Druck ruft die Flüssigkeit gar keinen
Spasmus hervor, sondern schleicht sich ein; ein starker Druck ruft den
Krampf hervor und kann ihn auch überwinden. Dies ist in den neuer¬
dings wieder bekannt gewordenen Blasenirrigationen ohne Katheter zur
Methode ausgebildet worden. Alle diese Momente erschüttern die Beweis¬
fähigkeit der Zweigläserprobe,’) bei welcher der Verschluss der hinteren
Harnröhre gegen den Flüssigkeitsanprall eine Conditio sino qua non ist.
Man kann sich nicht Zutrauen, bei der grossen Verschiedenheit der Er¬
regbarkeit des Sphincter und bei der Verschiedenheit seiner muskulären
Verschlusskraft mit der Spritze jedesmal den Druck so abzumessen, dass
die Contraction gerade eintritt und dass weder vor ihrem Eintritt sich
Flüssigkeit einschleicht, noch bei Verschluss welche hineingetrieben wird.
Es ist also bei dieser Methode leicht möglich, dass Fäden aus der vor¬
deren erst in die hintere Harnröhre gespritzt werden und dann im zweiten
Glase erscheinen. Sie ist daher nicht zuverlässig und nicht beweis¬
fähig.“
Wenn die Ansicht von Werther richtig ist. dann bleibt allerdings
für die Diagnose der Urethritis posterior nur die Endoskopie übrig. Bis¬
her ist aber die Werth er’sche Ansicht noch nicht definitiv bewiesen.
Die Endoskopie der hinteren Harnröhre wird deshalb weniger häufig
unternommen, weil erstens die meisten Endoskopiker annehmen, dass dio
Jadassohn’sche oder Kollmann’sche Methode der Ausspülung etc. zur
Diagnose in der Mehrzahl der Fälle genügt, und weil ferner die Endo¬
skopie der Pars posterior für den Patienten unangenehm ist, gleichgültig
nach welcher Methode man endoskopirt. — Selbstverständlich darf dies
aber den Urologen im conereten Falle nicht von der Ausübung der Ure-
throscopia posterior abhalten, sobald es dio Umstände wahrscheinlich
machen, dass sich neue Gesichtspunkte aus ihr zur Beurtheilung des
Falles ergeben könnten. Ich erinnere diesbezüglich nur ganz vorüber¬
gehend z. B. an die gonorrhoische, papillomatöse Urethritis der Pars
posterior, deren Vorhandensein man mit der Ausspülungsmethode allein
selbstverständlich nicht zu erkennen vermag.
Ebenso bedeutungsvoll wie für die Diagnose der chronischen Go¬
norrhoe ist aber die Urethroskopie für die Beurtheilung der Heilung der¬
selben. Es ist dies eine Frage von hervorragender socialer Wichtigkeit,
da hiervon das Zugeständniss oder die Verweigerung des Eheconsenses
abhängig gemacht werden muss. Seitdem es erwiesen'ist, dass der nega¬
tive Gonococcenbefund für das Bestehen oder Nichtbestehen einer chroni¬
schen Gonorrhoe, also auch für die Infectionsfähigkeit nicht genügend
stichhaltig ist, seitdem die Existenz der latenten Gonorrhoe festgestellt
ist, befindet sich der Arzt dieser Frage gegenüber in einer recht schwie¬
rigen Lage.
Finger*) schildert das Dilemma in folgender treffender Weise:
„So lange das Secret oder die Fäden noch Eiterkörperchen halten,
ist dieses stets der Beweis, dass die Entzündung noch nicht erloschen
ist. Nun kann wohl die Entzündung, wie wir bereits hervorgehoben
haben, noch fortbestehen, wenn auch deren ursprüngliches ätiologisches
Agens, der Gonococcus, bereits beseitigt ist, doch gar zu häufig dürfte
dies nicht der Fall sein. Andererseits ist aber gerade die Frage nach
dem Vorhandensein des Gonococcus eine sehr heikle und in einer so ver¬
antwortlichen Sache oft schwer zu beantwortende. Dass der positive Be-
fund, der Nachweis von Gonococcen, ausschlaggebend ist, darüber ist ja
kein Zweifel. Aber der negative Befund, das Misslingen dieses Nach¬
weises ist eben nur ein negatives Ergebniss, es beweist absolut nicht,
dass de facto keine Gonococcen da sind. Die Ergebnisse dieser Unter¬
suchungen sind oft so bizarr, nach mühevollen Untersuchungen, die stets
negativ ausfallen, treten plötzlich unerwartet Gonococcen auf, dass ich
davor, die Frage nach dem Eheeonsens nur nach dem bacteriologischen
Befunde zu beantworten, nur dringend warnen kann und, so lange Eiter¬
körperchen, die beredten Zeugen noch bestehender Entzündung da sind,
von der Ertheilung des Eheconsenses nur dringend abratlien muss “
Steinschneider theilt nun mit, dass er von Secret, in dem keine
Gonococcen mehr zu finden waren, eine typische Reincultur auf mit
menschlichem Unn versetztem Blutserumfleischpeptonagar gewonnen habe.
Unter diesen Umständen ist es freilich kein Wunder, dass die Gynä-
nUÄ/ 1 0 t 1R a de l s l nd L eino gonorrhoische Infection der Frau
goheir™U^r^den "f <5ndOEhemann ,8ngS ‘ als V °" Seinem
inner M ir UT1S V™’ ob die Urethroskopie uns in der Beurthei-
eriln derÄ? Tf* ^ , Welches sind die endoskopischen Kri-
? ?’ lch ve ^ eise hier ™der auf Oberlaender, der sich
fol p n . de .™ laasse n 3 ) äussert: „Das endoskopische Bild einer voll-
Fn?JnnH,,n bge i hei ten ^ imd T l llcht mehr recidivirungsfähigen chronischen
f n ä d “ ng de . r vo f de / e n Harnröhre muss folgende Eigenschaften haben-
“eMt«Vf la ^T?i n ^ e V gl ^ tte Epi i liel 2J >e ^ lache ’ der normalen Zone entsprechend
ge faltete Schl eimhaut; in der Färbung dürfen wesentliche Unterschiede
mit a^ÄeÄhWr 08 “ 86116 AUSSpflllmg d6r ParS
2 £}. n £ e ? D X e Blennorrhoe der Sexualorgane.
) Klinisches Handbuch der Krankheiten der Harn- und Sexualorgane.
nicht zu bemerken sein, dio Krypten und Drüsen sind nicht mehr infiltriri
oder narbig verzerrt, hingegen können sie noch in dem sonst normalen
Gewebe zu erkennen sein. Die vorhandenen Narben sind glatt zeigen
keinerlei Faserung und liegen unter der Oberfläche!“ ’ b
Es muss zugegeben werden, dass auch wohl der geübte Eudosko
piker sich bezüglich der Diagnose der completen Heilung täuschen kann
dass Fälle Vorkommen, wo. obgleich endoskopisch eine Heilung angenommen
werden musste, doch noch Infection erfolgt. Wenn man sich aber nach dem
endoskopischen Befunde richtet und seine Behandlung nicht aussetzt so
lange anatomische Veränderungen im Endoskop zu sehen sind, dann han¬
delt man wenigstens gewissenhaft.
/ Wir müssen also die Forderung stellen, dass ein Patient nur als ge¬
heilt betrachtet werden darf, bei dem folgende Bedingungen erfüllt sind-
1) dürfen weder im Secret, noch in den Fäden, bei über Wochen sich er¬
streckender Controlle, Gonococcen nachweisbar sein und dürfen dieselben
auch durch die Neissersche Lapisspülung nicht mehr mobil gemacht
werden können; 2) muss der urethroskopische Befund die Bestätigung
geben, dass die durch die Gonorrhoe verursachten pathologischen Verfinde 5 -
rungeu geheilt sind.
Als wünschenswerth zur Bestätigung der completen Heilung können
wir noch die folgenden zwei Bedingungen hinzufügen: 1) die Forderung
von Finger, dass keine Eiterkörperchen sich mehr vorfinden, und 2) dass
die mit dem Secret resp. den Fädeu angestellten Culturvorsuche negativ
ausfallen. ö
Im vorausgehenden glaube ich zur Genüge erwiesen zu haben, dass
die Urethroskopie sowohl für die Diagnose der chronischen Gonorrhoe,
als für die Therapie und die Beurtheilung ihrer definitiven Heilung von
höchstem Werthe, ja absolut unerlässlich ist.
Ich will nun noch einige Worte über die verschiedenen Methoden
der Endoskopie hinzufügen. Bekanntlich theilt man die grosse Zahl der
Urethroskope in zwei Hauptkategorieen, 1) die mit reflectirtem Lichte und
2) die mit direkter Beleuchtung. Bei den ersteren Instrumenten (Grlln-
leid, Casper u. a.) befindet sich die Lichtquelle ausserhalb des Unter¬
suchungstubus, also ausserhalb des Körpers, bei den letzteren (Nitze-
Oberlaender) wird sie direkt in den Tubus eingeführt und befindet sich
in dem Lumen der Urethra selbst.
Schon auf dem diesjährigen Dermatologen-Congress ist diese rein
instrumentelle Frage lebhaft discutirt worden. In letzter Zeit haben sich
wieder Casper und Lohnstein darüber geäussert. Namentlich Casper
hat sich wiederholentlich gegen das Nitze-Oberlaender’sche Urethro-
skop gewendet und dasselbe als durchaus ungeeignet erklärt.
Zunächst wird behauptet, dass das Licht bei demselben ungleich-
mässig sei und störende Reflexe gebe. Ich habe schon auf dem Derma¬
tologen-Congress darauf hingewiesen, dass Kollmann Photogramme des
Harnröhreninnern darstellte und von diesen Photogrammen Projections-
bilder in Leipzig demonstrirt hat, die an Klarheit und Deutlichkeit
nichts zu wünschen übrig Hessen. An diesen von Kollmann demonstrirten
Projectionsbildern, vierzehn an Zahl, waren sowohl die normale radiäre
Streifung, die normale radiäre Faltung, als auch Mündungen von Mor-
gagni’schen Taschen zu sehen, sowie der verschieden geformte Trichter¬
abschluss. Als pathologische Befunde führte Kollmann einige erkrankte
und kraterförmig klaffende Drüsen vor und den Eingang in eine narbige
Strictur, ebenso Papillome aus dem hinteren Abschnitte des Bulbus.
Kollmann hat seine Arbeit über die Photographie des Hamröhren-
innern beim lebenden Menschen bereits veröffentlicht, 1 ) und ich verweise
des Näheren auf dieselbe. Alle diese photographischen Aufnahmen sind
mit Hülfe des Nitze-Oberlaender’schenUrethroskops gemacht worden.
Schon auf dem Dermatologen-Congrcss wies ich darauf hin, dass solche
exaeten photographischen Aufnahmen doch nicht möglich wären, wenn, wie
behauptet wird, bei dem Nitze-Oberlaender’schen Urethroskop das
Licht ungleichmässig wäre und störende Reflexe hervomefe. Ich er¬
wähne dies hier nochmals, weil Lohnstein in seinem Vortrage im
Verein für Innere Medicin, Berlin, 30. April d. J., dieselben Einwände
gegen dasselbe erhebt. — Was sollen alle theoretischen RaisonnemcpB
gegenüber dem durch die Photographie gelieferten experimentellen Beweis.-'
In seinem oben besprochenen Vortrage in der Berliner medicinischen
Gesellschaft behauptet nun Casper, dass bei dem Nitze-Oberlaender-
schen Urethroskop die durch das Licht verbreitete Hitze sich trotz der
Wasserspülung sehr bald dem Tubus und den Wänden der Harnröhre
mittheile, so dass leicht eine Reizung eintrete. Man müsse daher, was
sehr störend sei, die Beleuchtung öfters unterbrechen.
Ich muss dem entgegnen, dass ich und die meisten anderen, die
nach Oberlaender endoskopiren, nie beobachtet haben, dass die Patienten
sich über irgendwelches Gefühl bei der Untersuchung beklagt hätten. Icn
habe bei Kollmann Demonstrationen mit dem Urethroskop beigewohnt,
wo dasselbe fünf und sechs Minuten oder noch länger an einer Stelle
unbeweglich gehalten wurde, und zwar ohne vorhergegangene Cocalmsi-
rung der Harnröhre, bis alle Anwesenden sich von dem Befunde über¬
zeugt hatten, ohne dass je der Patient Unbehagen wegen der Hit* 6 jfi'
äussert hätte. Es füllt dabei niemandem ein, wie Casper es für nöfcnig
hält, die Beleuchtung zu unterbrechen.
Wenn also, wie bewiesen, das Licht bei dem Nitze -Oberlaender*
sehen Instrument keine Wärme hervorruft, wie Casper meint, so ßü
auch damit der zweite Einwand Casper’s, dass durch die Wärme Ver
finderungen in dem Füllungszustande der Gefässe hervorgerulen werden,
künstliche Hyperämie, Röthung und Erhöhung des natürlichen Glanzes.
Ganz überraschend und neu ist mir die Bemerkung von Casper,
dass man bei therapeutischen Eingriffen den Lichtträger erst herausaeüen
müsse! Es wird ja gerade von Oberlaender und Kollmann 8 ^* s öe
tont, dass man die lokalen Eingriffe, wie z. B. Elektrolyse der Drüse
l ) Internationale medic.-photogr. Monatsschrift Bd. I, Heft 2.
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unter direkter Beleuchtung vornehmen solle, dass man Polypen unter
Controlle des Auges entfernen könne, wie Ko 11 mann dies thut. Es ist
ja gerade ein Voräug des Nitze-Oberlaender’schen Urethroskops, dass
man hier Instrumente einführen kann, welche man bei dem Casper’schen
Endoskop nicht einzuführen vermag, weil sie dann soviel Licht wegneh¬
men, dass man an der Schleimhautstelle, auf die es ankommt, fast nichts
mehr erkennt.
Was schliesslich die Kostspieligkeit des Apparates anbelangt, die
Casper auch gegen denselben anführt, so wird derselbe jetzt von dem
Mechaniker C. Gr. Heynemann in Leipzig beinahe ebenso billig herge¬
stellt wie das Casper’sche Endoskop mit dein dazu gehörigen Accumu-
lator.
Von Dr. Alois Strasser,
Assistenten an Prof. Winternitz’ Wasserheilanstalt in Kaltenleutgeben.
Es liegt nunmehr eine ziemlich grosse Litteratur der Wasser¬
behandlung des Wechselfiebers vor, und die casuistischen Beob¬
achtungen zeigen uns in so eminenter Weise ganz übereinstimmend
die prompte Wirkung der Wasserproceduren, dass an der günstigen
Beeinflussung dieser Krankheit im Sinne einer Coupirung der Fieber-
paroxysmen und auch einer vollständigen Heilung nicht mehr ge-
zweifelt werden kann.
Es ist nicht der Zweck meiner heutigen Mittheilung, auf die
Methodik der Behandlung einzugehen, ich verweise in dieser Be¬
ziehung auf die älteren Mittheilungen von Fleury und Fischhof
und auf die neuere ausführliche Mittheilung von Fodor und
werde hier nur eine mir momentan zur Verfügung stehende Kranken¬
geschichte zur Bereicherung der Casuistik mittheilen und dann
versuchen, von der Wirkungsweise der Hydrotherapie bei Malaria
eine auf unseren modernen Anschauungen basirende Erklärung zu
geben.
Der mitzutheilende Fall kam in der Anstalt des Herrn Pro¬
fessor Winternitz 1 ) zur Beobachtung. Die Fieberparoxysmen
kamen tertian mit Anteposition von fünf Stunden, dauerten zehn
bis zwölf Stunden, und es boten sich während des Frostes so
schwere Erscheinungen dar, dass der Fall füglich als Intermittens
perniciosa (delirans et eclamptica) bezeichnet werden konnte.
M. D., 56 Jahre alt, Kaufmann aus Orgejew in Bessarabien (schwere
Malariagegend), kam am 18. Juli d. J. in der Anstalt zur Aufnahme. Er
klagte nur über häufig auftretenden Kopfschmerz, nahezu continuirliches
Sausen im Kopfe, über Schwache in den Beinen und über Zucken und
Zittern in den Händen, besonders beim Schreiben oder bei sonstiger in-
tendirter Bewegung. Auf Befragen über überstandene Malariaanfälle er¬
zählte er, dass er, wie seine Landsleute, an Malaria gewöhnt sei und so¬
bald er Durstgefühl und Frösteln spüre, durch einige Tage Chininpulver
nehme, auf das die Anfälle einige Wochen lang ausblieben. Bei seinem
Eintritt in die Anstalt war der Patient angeblich seit vier Monaten an¬
fallsfrei.
Der Status zeigte einen kleinen, ziemlich anämischen, muskel¬
schwachen Mann, dessen innere Organe, bis auf eine Vergrösserung
der Milz mit unter dem Rippenbogen tastbarer Spitze, keine
Abnormität aufwiesen.
Für den Kopfschmerz, das Ohrensausen und das Zittern konnte
kein positiver Grund gefunden werden; sowohl die Gehirn-, wie
auch die Rückenmarksnerven functionirten prompt, Sensibilität und
Sehnenreflexe waren vollkommen normal. Herr Prof. Winternitz
fasste den Fall als Malariacachexie auf und rerordnete für den
Anfang, da der Patient noch niemals eine Wassercur durchgemacht
hatte, eine vorbereitende Cur, nämlich ein Lakenbad des Morgens
und eine Rogendouche mit beweglichem Fächer Vormittags. Es
zeigte sich recht bald, dass der Patient noch im Bannkreise der
miasmatischen Infection stand.
Am folgenden Tage schon trat ein kurzer Frostanfall mit nach¬
folgender Hitze ein. Der Anfall soll im ganzen zwei Stunden gedauert
haben und wurde vom Patienten gar nicht für einen Paroxysmus von
Malaria gehalten; aus diesem Grunde unterliess er auch den Arzt zu
rufen, und so entging der Anfall meiner direkten Beobachtung. Am zweiten
Tage darauf begann um 5 Uhr früh ein regelrechtes Froststadium des
Fieberparoxvsmus mit vehementen Erscheinungen. Patient lag mit tief
halonirten Augen, mit kühler, blasser Haut, lebhaft zitternd im Bette.
Die Rectumtemperatur betrug um Vs? Uhr Morgens 39,2° C und stieg
unter Zunahme des Zitterns, unter Eintritt von Delirien und eclampsie-
artigen Anfällen um 9 Uhr Vormittags bis auf 41,2° C. Wiederholte feuchte
Einpackungen mit nachfolgender kühler Abreibung im Bette bitten nur
geringen Effect. Der Puls war fliogend, klein, auffallend dikrot. Nach
diesem sehr langen (4 l /a Stunden) Froststadium begann das Hitzestadium,
und die Temperatur fiel unter kolossalem Schweissausbruche bis 5 Uhr
Nachmittags etwas unter die Norm (36,9°) herab.
Der am 19. überstandene Anfall begann um 10 Uhr Vonnittags, der
eben beschriebene am 21. um 5 Uhr früh, somit hatten wir einen Anhalts-
*) Au dieser Stelle danke ich Herrn Prof. Winternitz für die gütige
Ueberlassung des Falles behufs Publication.
punkt, mit Anteposition von ca. fünf Stunden den nächsten Anfall gegen
Mitternacht des 22. Juli zu erwarten. Im Verlaufe des 22. bekam Patient
des Morgens eine Abreibung von 10° R mit nachfolgendem Halbbade von
20—18° K; Vormittags ein kaltes Regenbad mit kräftigem beweglichem
Fächer auf die Milz und um 8 Uhr Abends abermals eine Abreibung und
beweglichen Fächer auf den ganzen Körper und besonders auf die Milz.
Es lag an der technischen Schwierigkeit (Patient wohnte nicht innerhalb
der engeren Grenzen der Anstalt), dass wir nicht knapp vor dem zu er¬
wartenden Anfalle eine der üblichen Proccduren machen konnten, welchen
Umstand ich aus dem Grunde hervorhebe, weil sämmtlic-he Beobachter
betonen, dass der hydriatische Eingriff kürzeste Zeit vor dem Anfalle zu
geschehen hat. Die um 8 Uhr Abends applicirte Abreibung und Douche
hatten auch nur die Wirkung, dass der darauf folgende Anfall um mehr
als zwei Stunden hinausgeschoben wurde und von viel geringerer Heftig¬
keit war als der vorige.
Die oben angegebenen Proceduren wurden täglich wiederholt, wobei
beachtet wurde, dass eine derselben immer vor die zu erwartenden An¬
fälle fallen sollte. Noch zweimal trat ungefähr zur Zeit der ausgebliebenen
Anfälle Durstgefühl und leichtes Unbehagen ein; nachher verschwanden
auch diese Erscheinungen, um seit dieser Zeit nicht mehr wiederzukehren.
Der Patient blieb noch ca. fünf Wochen in Behandlung der Anstalt;
er fühlte sich bei seinem Abgänge vollkommen wohl, seine Hautfarbe war
eine viel bessere; Kopfschmerzen und Sausen im Kopfe hatten aufgehört,
und das Zittern der Hände war auch nahezu vollkommen verschwunden.
Im Anschluss an diesen ausschliesslich durch hydriatische
Therapie geheilten Fall will ich einigen Ideeen über medicamen-
töse und hydriatische Therapie der Malaria hier Ausdruck geben.
Bei Fodor findet sich zur Erklärung der Wirkungsweise der
Hydrotherapie wohl ein unbestimmter Hinweis auf Phagocytose;
das Schwergewicht der Theorie liegt aber auf der reflectorisch ange¬
regten Contraction der Vasomotoren und der dadurch erzielten
Wärmeregulation. — Nun scheint mir diese Erklärung weitaus
nicht genügend. — Das Hinausschieben der Anfälle um einige
Stunden nach Kälteeinwirkung Hesse sich noch auf diese Weise
erklären, doch die völlige Heilung der Krankheit nicht. — In
meiner Anschauung gewinnt eher die Phagocytenwirkung bestimm¬
tere Form, doch erst in Verbindung mit einer andern sehr mäch¬
tigen Wirkung der Kältereize, nämlich mit der auf die rothen
Blutzellen. Darüber weiter unten.
Bedenkt man die Wirkung des Chinins, denn auf dioses kommt
es — spricht man von medicamentöser Therapie des Wechselfiebers
— hauptsächUch an, auf das Blut und den ganzen Stoffwechsel,
und stellt derselben die analoge Wirkung thermischer Proceduren
entgegen, so zeigt sich, dass sich hier entgegengesetzte Ex¬
treme in der Coupirung oder Heilung eines Krankheits-
processes treffen.
Chinin bewirkt schon in kleinen Dosen eine Verminderung der
Zahl der corpusculären Elemente des Blutes, besonders der Leuko-
cyten, deren Zahl bei nur einigermassen grösseren Dosen bis auf
ein Viertel des Normalen und darunter sinken kann. Der Stoff¬
wechsel ist im ganzen beschränkt, herabgesetzt, alle Oxydations¬
vorgänge verringert; die CO 2 -Abgabe ist vermindert (Bock,
Bauer), die Harnstoffausscheidung um 20°/o (Ranke, Kerner),
die Harnsäureausscheidung um 72°/o, die Schwefelsäureabgabe um
34°/o, die Phosphatausscheidung um 24°/o vermindert. (Kerner,
Prior.)
Die Kältereize auf die Körperoberfläche erzeugen im kreisen¬
den Blute eine mächtige Erythrocytoso und Leukocytose (Winter¬
nitz), sie steigern den respiratorischen Gaswechsel (Winternitz
und Pospischil), sie steigern den ganzen Stoffwechsel und führen
den ganzen Organismus zum normalen Abbau, besonders der
N-haltigen Componenten des Eiweissmolecüls; ausserdem, steigern
sie insbesondere die Ausscheidung der Phosphate im Harn
(Strasser). .
Der Gegensatz der Wirkungen auf den Organismus ist also
ein diametraler, und doch sehen wir bei Bekämpfung der Paroxys-
men des Wechselsfiebers einen äusserlich vollständig gleichen Effect,
nämlich das Ausbleiben der folgenden Anfälle. Welches mag denn
der Modus der Wirkungen sein?
Es wirken sowohl das Chinin als auch die Hydrotherapie
meiner Meinung nach causal, indem beide an die Noxe, an das
Plasmodium herantreten, um dasselbe unschädBch zu machen.
Die antizymotische Wirkung des Chinins ist sehr gut bekannt,
so auch die calossale Wirksamkeit, mit welcher das Chinin Gährungs-
proeesse und die Fäulniss organischer Substanzen zu unterdrücken
vermag; weiter die Eigenschaft, die amöboide Bewegung der weissen
Blutkörperchen und des Protoplasmas der Infusorien einzustellen.
Chinin wirkt überhaupt hemmend auf die lebendige Thätigkeit der
Zelle. Ich will in dieser Hinsicht nur auf die berühmten Versuche von
Bunge, Schmiedeberg und Hofmann über die Synthese der
Hippursäure erinnern. Wenn die Lösung von Benzoösäure und
Glykokoll durch eine frisch ausgeschnittene Niere geleitet wurde,
so entstand Hippursäure als Product der Synthese durch die vitale
Thätigkeit der Zellen. Wurde die Niere völlig zerstampft, die
VH Wirkungsweise der Hydrotherapie hei
Malaria.
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Original fra-m
UMIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Zellen zerquetscht, so entstand in der auf die zerstampfte Masse
gebrachten Lösung keine Hippursäure; ebenso blieb die Hippur¬
säure aus, wenn zu der durch die frische Niere zu leitenden Lösung
Chinin zugefügt wurde. Es war also für die Thätigkeit der leben¬
digen Zelle die Chininwirkung mit der Zerquetschung vollständig
gleichbedeutend.
Es wäre nach all’ diesem also denkbar, dass die Chininwirkung
auf die Hämamoeba oder Laverania eine Vergiftung ist, welche
das Miasma, als das weniger widerstandsfähige tödtet oder schwächt,
ohne dem Träger, dem Menschen zu schaden. Es wäre daher die
Chinindarreichung ein direkter Angriff auf das miasmatische Indi¬
viduum.
Um von der Einwirkung der hydriatischen Behandlung eine Er¬
klärung zu geben, muss ich die Biologie des Plasmodiums und die
Blutbefunde vor, während und nach einem Fieberparoxysmus zu
Hülfe nehmen.
In der apyretischen Zeit findet man bekanntlich im Blute
keine Plasmodien; erst kurze Zeit vor dem Anfalle oder zu An¬
fang desselben finden wir sie, wie sie in den rothen Blutzellen
sitzen und amöboide Bewegungen zeigen. Ist nun die vergrösserte
Milz etwa das Reservoir, in welchem sich das Miasma vor seinem
Austritte in das Blut aufhält, wie es vielfach vermuthet wird, oder
nicht, das ist für die weitere Folge des einzelnen Anfalles von
untergeordneter Bedeutung, ebenso die Frage, ob der Parasit eeto-
globulär m die Blutbahn gelangt und erst dort eine rothe Blut¬
zelle befällt, oder ob er schon in der Zelle heraustritt. Der
I arasit entwickelt sich in der Blutzelle, und sobald er vollständig
entwickelt ist, wird der Fieberanfall ausgelöst, auf welche Weise
ist bisher vollkommen räthselhaft. ?
• -^ <ls _ Hämoglobin der rothen Blutzelle ist untergegangen und
m Melanin verwandelt; gegen Ende des Anfalles gehen die be-
iallenen Blutzellen selbst zugrunde, und wir finden in den Blut-
praparaten wenig freischwimmende Melaninkörnchen, die meisten
sind m die Leukocyten aufgenommen und bilden in denselben ganze
Pigmentgruppen. ö
Es besteht also der natürliche Ablauf des Paroxysmus
im Austreten des Parasiten in die Blutbahn, im Wachs-
thum des Parasiten, Zerfall des Trägers (Blutzelle)
Zerfa des Parasiten unter theilweiser Aufnahme der
Zerfallsproducte durch Leukocyten.
Es wäre nun nichts einfacher, als zur Erklärung der Heil¬
wirkung hydnatischer Maassnahmen bei Malaria die durch dieselben
?Tn!i U f? e als Hhagocytose herbeizuziehen! —
?? T H l l d ? r Wlrkuil S stelle ich mir auch in dieser Weise
vor, doch nicht den ersten, sondern den letzten Theil. — Die
Leukocyten nehmen nur frei schwimmende Körnchen (etwa Theile
von Plasmodien) auf, also würde die Leukocytose als Phago-
£ Ur ZU einer Zei . t als bedeutender Factor in Be¬
tracht kommen, wenn die Körnchen ihr Haus, die Zelle
im C r!V C;SSen - Z f crfa11 ’ blassen haben, und dies geschieht
H^r^ weise 61 Zeit des Froststadiums.
Hier weise ich aber auf die erste und anscheinend
b h e . deut ? 11( |? Wirkung der peripheren thermischen
K RoYiffh? B hi 1 C V uf den Zerfall von rothen Blutzellen.
,, ^ bat schon nach seinen Thierexperimenten die Ver-
niuthung ausgesprochen, dass bei Kältereizen auf die Haut rothe
^i^eif Verfall direkt bei Iä ? ger dauernden kühlen Bädern
mesen Zerfall direkt beobachtet; auch möchte ich als Stütze für
“ aCh - DUrC ?. k , ältUngen der ffaut S auftretende
LiLhtfl Hämoglobinurie anführen, als deren Ursache von
Peripherie «n der Konti ei “ der rotllen Blutzellcn in der
„ nHo p p , er ^ In . der Haut) angenommen wurde und wohl nicht leicht
mehrun/ e der Ph"’ er n en End lich muss ich hier die Ver-
(biS ZU 300/o) erwähnfl n. die
n lu a Stoffwechseluntersuchungen im N-Gleichgewichte
h;, Anin’i e,Zen - anf S ie Haut Sefonden habe „nd welche m(ch
Nerve Substanz TnnM? 6 '’^ anderer P-haltiger Gewebe (Leber,
aU ° h z " der Annahme des Zerfalles
I,ringen n bevor*tfer ^ e „, rothe f ü 1 Blu ^eHe.i zum Zerfalle
so hX’ ich nur den n t ran , fa v H "?- clöst we rden kann,
theilweise grossgewachsen das KaX i il- ? die Parasiten schon
ist auch zum TheU verehrt LdÄ d *f befallenen Zellen
Wirksamkeit d i L a Plasmodium zur Entfaltung seiner
irKsamkoit, d. zur Auslösung eines Fieberanfalles die Zelle
No. 45
unbedingt, nöthig hat oder nicht, es scheint dies der Fall zu sein-
in diesem Falle ist demselben der Boden seiner Wirksamkeit ent
zogen, und ich lege daher bei der hydriatischen Behandlung das*
Hauptgewicht der Wirkungsweise auf die Zerstörung der Parasiten-
tragenden rothen Blutzellen; in welcher Weise etwa die Phajro
cytose auf die herausgeschleuderten Körnchen wirkt, ist Gegen'
stand weiterer Combination und fällt mit der Wirkungsweise der
Phagocytose bei anderen Infectionskrankheiten vollkommen zu¬
sammen. Ich will die Möglichkeit einer Phagocytenwirkung ent¬
schieden zugeben, und zwar einer Phagocytenwirkung im Sinne
Metschnikoff’s, eine Art physikalischen Processes, nämlich die
Aufnahme der Zerfallsproducte der Plasmodien — wir sehen doch
nach dem Anfalle die mit Melanin beladenen Leukocyten — etwa
so, wie die Leukocyten, welche Metschnikoff bei der Rückbildung
des Schwanzes der Batrachier beobachtet hat, wo dieselben so«xr
Fibrinflöckchen in sich aufgenommen haben. — Ich habe mich über
die Art der Phagocytenwirkung aus dem Grunde etwas weitergehend
ausgesprochen, da man nach den kürzlich von Büchner geschilderten
neueren Anschauungen die antiparasitäre Wirkung nicht in den
Leukocyten selbst, sondern in der antitoxischen Wirkung der von
diesen ausgeschiedenen Alexine sieht und sonach die Phagocyten¬
wirkung mehr den Charakter eines chemischen Vorganges bekommt.
Die Erklärung der Coupirung des einzelnen Anfalles wäre also
die oben gegebene. — Belege einer Experimentaluntersuchung bei¬
zubringen, behalte ich mir für eine spätere Gelegenheit vor; diesmal
will ich nur erwähnen, dass sich bei dem Patienten, dessen Krank-
heitsgeschichte ich oben mitgetheilt habe, zwei Tage nach dem
letzten Anfalle vor der Wasserprocedur (6 Uhr Abends) keine
Plasmodien und kein Pigment, einige Zeit nach der Procedur aber
im Blute einige freie Pigmentschollen und mehrere pigmentführende
Leukocyten gefunden habe.
Zur Erklärung der Dauerwirkung muss noch eine Beobachtung
herbeigezogen werden, nämlich die starke Contraction der Milz
auf den thermischen und mechanischen Reiz einer energischen
Fächerdouche auf die Milzgegend (Mosler). Wäre also wirklich
die Milz eine Ablagerungsstätte der miasmatischen Infectionskeime.
so würden bei energischen Contractionen der Milz viele in die
Blutbahn geschleudert und fändon dort, vielleicht unter der kräftig
gesteigerten Oxydation der Gewebe bei thermischen Reizen, viel¬
leicht durch Phagocytenwirkung ihren Untergang.
Dies ist der Gedankengang, den ich bei der hydrotherapeutischen
Heilung der Malaria verfolge; ich hoffe noch weitere Belege fiir
meine Auffassungsweise herbeizuschaffen.
Wird es sich bestätigen, dass sich die Sache so verhält, dann
fällt hier die Wirkung der hydrotherapeutischen Behandlungsweise
mit ihrer Wirkung bei den meisten sonstigen (besonders Infections-)
Krankheiten zusammen, sie besteht in der gewaltigen Unterstützung
des Organismus in seiner Selbsthülfe gegen die Krankheiten und
deren Ursachen.
Es giebt viele Patienten, bei denen Chinin unwirksam bleibt:
es wird auch viele geben, bei denen wir mit Wassercur auch
keinen Erfolg haben werden; diese Patienten sind dann die
„reactionslosen“, die durch schlechte Hautbeschaffenheit oder
aus sonstiger Ursache, auf die ich hier nicht eingehen kann,
die uns bei jeder Wasserprocedur erwünschte Reaction nicht auf¬
zubringen vermögen.
VIEL Standesangelegenheiten.
Aus dem Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen
Standesyereine.
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Die letzte Sitzung des Geschäftsausschusses am 26. October begann
erst um 9 Uhr, weil ein Theil der Mitglieder den Vorträgen der Herren
Professor Dr. P. Ehrlich und Dr. Wassermann über das Diphtherie¬
heilserum beiwohnte, welche die Deutsche Gesellschaft für öffentliche
Gesundheitspflege veranlasst hatte. Fast ausschliesslich mit diesem Gegen¬
stände beschäftigten sich auch die sehr lebhaften Verhandlungen dieses
Abends, die erst um 1272 Uhr ihr Ende fanden, ohne dabei zu einem
endgültigen Beschlüsse zu fuhren. Es hatte nämlich der Standesverein
von West-Berlin folgenden Antrag eingebracht: „Der Gesc-h8ftsausschus>
der Berliner ärztlichen Standcsvereine spricht sein lebhaftes Bedauern
darüber aus, dass in den politischen Zeitungen die Behandlung der
Diphtherie mit Heilserum in einer das Interesse der Allgemeinheit nicht
fördernden Weise besprochen wird. Diese Besprechungen sowie die Art,
wie öffentliche Sammlungen zur Herbeischaffung des Serums von einigen
Zeitungen veranstaltet werden, machen entschieden den Eindruck, als oh
damit eine nicht zu billigende Reclame für die betreffenden Zeitungen ins
Leben gerufen werden soll. — Da die Frage der Serumbehandlung sowohl
wissenschaftlich noch lange nicht abgeschlossen als auch praktisch durch¬
aus noch nicht genug erprobt ist, so können die vorzeitigen Veröffent¬
lichungen nur dazu aiönen, die Allgemeinheit theils zu beunruhigen, theils
in falsche Hoffnungen zu wiegen, andererseits, falls sich diese Hoffnungen
nicht ganz erfüllen sollten, das Ansehen des ärztlichen Standes zu schädigen.
Es ist daher ebenso im Interesse des Publikums alsjder Forschung
Original from
university of michigan
8. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
863
dringend zu wünschen, dass in Ruhe und mit Vorsicht das Verfahren
zuniichst weiter erprobt und von öffentlichen Besprechungen derselben in
den Zeitungen vorläufig Abstand genommen wird.“ In der Berathung
wurde der Artikel Bchring’s in No. 3 der socialpolitischen Zeitung „Die
Zukunft über „das neue Diphtheriemittel“ von allen Rednern einer ver-
urtheilenden Kritik unterzogen. Niemand konnte es billigen, dass Behring
mit Berufung auf Citate , von denen das grosse Publikum natürlich nicht
\veiss, dass sie vor vier bis fünf Jahrzehnten niedergeschrieben worden sind,
einen rein wissenschaftlichen Streit vor das Forum der breitesten Oeffent-
keit gezogen hat.
Wae den angeführten Antrag selbst betrifft, so herrschte voll¬
kommene Uebereinstimmung sowohl darüber, dass die Frage der Be¬
handlung mit Diphtherieheilserum noch nicht spruchreif und°dass daher
bei Anwendung desselben grosse Vorsicht geboten sei, als auch darüber,
dass die sensationellen xVrtikel in der Tagespresse für das Publikum von
keinem Nutzen seien, dennoch wurde dieser Antrag sowie eine Reihe
anderer, die sich in ähnlicher Weise aussprachen, mit Stimmengleichheit
abgelehnt. Bei den Gegnern waren folgende Gründe maassgebend: Man
hielt den Geschäftsausschuss nicht für die geeignete Stelle, um über diese
Angelegenheit ein Urtheil zu fällen, zumal ein solches, selbst vorsichtig
abgefasst, leicht als eine Verurtheilung aufgefasst werden könne; man
müsse daher sich zunächst abwartend verhalten, da voraussichtlich in nicht
zu langer Zeit der wahre Werth des neuen Mittels erkannt, die genaue
Dosirung sowie Indication und Contraindication noch besser als jetzt fest¬
gestellt und klar geworden sein würde, ob die schädlichen NebenWirkungen,
welche in einzelnen Fällen mitgetheilt werden, auf Zufälligkeiten beruhen
und zu vermeiden seien. Da man allseitig wünsche und hoffe, dass die
Erwartungen, welche der Erfinder der Heilserumtherapie und seine An¬
hänger an dieselbe knüpfen, sich voll und ganz erfüllen, müsste man sich
in Bezug auf Aeusserungen Zurückhaltung auflegen, die das grosse
Publikum im gegenteiligen Sinne voreinnehmen und beunruhigen könnten.
Und wenn man auch die Art, wie die Geldsammlungen zum Theil in
Scene gesetzt worden seien, nicht billigen könne, so dürfe man auch da¬
gegen nicht auftreten, da sie im allgemeinen doch einen humanen Zweck
verfolgten und u. a. dem Kaiser und Kaiserin Friedrich-Krankenhause zu
gute kommen würden, dessen Unterstützung und Förderung sehr not¬
wendig sei.
Aus der grossen Zahl von geschäftlichen Mitteilungen, welche der
Berathung dieser Angelegenheit vorangingen, wollen wir nur noch er¬
wähnen, dass Formulare für Passirkarten, bei deren Vorzeigung es Aerzten
gestattet sein soll, polizeiliche Absperrungslinien zu Fuss zu durchschreiten,
dem Königlichen Polizeipräsidium auf dessen Verlangen vom Vorstande
zur Begutachtung eingereicht worden sind, so dass voraussichtlich in
kurzer Zeit ein lange gehegter Wunsch der Berliner Aerzteschaft erfüllt
sein wird. Honius.
IX. Mittheilungen über die Heilserumtherapie
der Diphtherie.
Bericht von Dr. W. Körte über die Resultate der
Diphtheriebehandlung mit Behring’schem Heilserum im
städtischen Krankenhause am Urban. 1 )
Es sind im Krankenhause am Urban vom 20. Januar bis 27.
October d. J. 132 Kinder mit dem Heilserum behandelt, 121 Fälle
davon sind abgelaufen, und zwar 81 = 66,9% geheilt, 40 = 33,1%
gestorben. — Das durchschnittliche Resultat der Jahre vom Juni
1890 bis 31. December 1893 betrug 54,9 % Heilungen, 45,1 °/ 0
Todesfälle — also Minderung der Mortalität durch das Heilserum
um 12%. 106 Fälle wurden zwischendurch (während kein Serum vor¬
handen war) ohne Serum behandelt mit dem Resultat von 46,2% Hei¬
lungen, 53,8 % Mortalität. Es war also in der gleichen Epidemie
die Mortalität ohne Heilserum 20,7 % höher als mit demselben.
Von 43 schweren Fällen heilten 41,8 %, starben 58,2 %,
„ 47 mittelschweren „ „ 70,2 „ „ 29,8 „
„ 31 leichten „ „ 96,7 „ „ 3,3 „.
Von 15 Kindern unter zwei Jahren wurden acht geheilt, sieben
starben.
42 Kinder mussten tracheotomirt werden, 47,6% genasen,
52,4 % starben, während in den Voqähren 22,5 genasen, 77,5 starben.
Bei der Serumbehandlung war also dies Resultat um 25 % günstiger.
8 Kinder unter zwei Jahren wurden tracheotomirt und mit
Serum behandelt, 3 heilten, 5 starben (früher von 108 derartigen
Patienten 10 geheilt, 98 gestorben).
Je früher das Serum nach dem Beginn der Krankheit injic-irt
wurde, desto besser wurden die Resultate.
Von 37 schweren und mittelschweren Fällen, die innerhalb der
ersten drei Krankheitstage injicirt wurden, starben nur 8. Bei
Injectionen nach dem dritten Krankheitstage waren die Resultate
weniger günstig.
Je grössere Anfangsdosen (zuerst 200 Amtitoxineinheiten,
jetzt 600) gegeben wurden, desto besser die Resultate. Schädliche
Folgen des Serums wurden nicht beobachtet, nur Urticaria kam
neunmal vor.
*) Vor einer Gesellschaft von Aerzten vorgetragen im Krankenhause
am Urban am 30. October 1894. (Die ausführliche Veröffentlichung er¬
folgt an anderer Stelle.)
Einfluss auf die Temperatur und auf die lokalen Krankheits¬
heerde wurden bei schweren und mittelschweren Fällen nicht be¬
obachtet. Dagegen wurde gerade bei schweren Fällen oft ein auf¬
fallend günstiger Einfluss auf das Allgemeinbefinden constatirt.
Die Erfahrungen lauten im ganzen günstig. Weitere klinische
Beobachtungen, besonders bei frühzeitig mit Serum Behandelten
sind nöthig, um über den Werth des Mittels zu entscheiden. Das¬
selbe muss in einer grossen Anzahl schwerer Fälle, bei verschiedenen
Epidemieen und an verschiedenen Orten versucht werden. W. K.
Martin, Sörumthörapie de la diphtlterie. Progtes
ntedieal 1894, No. 42.
In diesem Vortrage giebt Martin eine Uebersickt über die
Anwendung des von Roux bereiteten Behring’schen Diphtherie¬
heilserums im Kinderhospitale zu Paris, sowie über die damit
unter der Leitung von Roux erzielten Resultate.
Zunächst berichtet der Verfasser in kurzen Worten über die
Gewinnung des Antitoxins im Institut Pasteur. Dieselbe ist mit
geringen Modificationen analog der von Behring und Ehrlich
ausgebildeten, bei uns jetzt allgemein angenommenen Immunisi-
rungsmethode. Auch in Paris werden die blutliefernden Thiere,
Pferde, nicht mit lebenden Culturen, sondern mit keimfreiem Di¬
phtheriegift immunisirt. Das dazu benöthigte Gift wird folgender-
maassen dargestellt:
Von einer 24stündigen Diphtheriecultur auf erstarrtem Serum wird
auf die in grossen Kolben befindliche zweiprocentige Peptonbouillon
abgeimpft. Diese Bouillonkolben bleiben vier Wochen bei 37° stehen.
An den Kolben befindet sich ein seitlicher Ansatz, der gestattet, während der
gesammten Wachsthumszeit einen Luftstrom über die Oberfläche der Bouillon
gehen zu lassen. (Dies geschieht deshalb, weil Roux schon früher ge¬
funden hatte, dass die Diphtheriebacillen bei reichlicher Sauerstoffzufuhr
mehr Gift bilden.) Nach vier Wochen werden die Kolben aus dem Briit-
schrank genommen, um die Bouillon von den lebenden Keimen zu be¬
freien. Ist genug Gift gebildet, so muss die keimfreie Flüssigkeit in der
Dose von 0,1 ccm ein 500 g schweres Meerschweinchen innerhalb 48 Stunden
tödfcen. Dieses Gift dient nun dazu, die serumspendenden Pferde zu immuni-
siren. Anfangs wird indessen den Thieren nicht das reine Gift eiugespritzt,
sondern ein mittels Gram’scher Jod-Jodkalilösung (2 Gift: 1 Jodlösung)
abgeschwächtes Gift. Ist das Thier mittels dieser abgeschwächten Gift¬
zufuhr zu einer gewissen Grundimmunität gelangt, so erhält es nun 1 ccm
reinen Giftes. Nach fünf Tagen wird diese Injection wiederholt, dann,
wenn keine Reaction mehr erfolgt, wird auf 2 ccm gestiegen und so fort
bis zu 5 ccm Gift, wobei bei den höheren Dosen die Injectionen öfters,
alle zwei Tage, wiederholt werden, um dem Thiere möglichst viel Gift
zuzuführen. Glaubt man nun auf diese Weise zu einer genügenden
Immunitätshöhe gelangt zu sein, dann wird an der Vena jugularis ein
Aderlass vorgenommen und das so gewonnene Serum auf seine Wirk¬
samkeit geprüft.
Die Prüfungsmethode besteht, wie die erste Behring’sche Prüfungs-
methodo, in dem Feststellen des Immunisirungswerthes gegenüber einer
Diphtherieinfection. Zu diesem Behufe wird einem Meerschweinchen
eine bestimmte Menge Serum injicirt und das Thier alsdann 24 Stunden
später mittels eines halben Cubikcentimeters lebender Diphtheriebacillen-
cultur inficirt. Diese Infection ist so stark, dass ein gewöhnliches Meer¬
schweinchen daran innerhalb 24 Stunden stirbt.
Als genügend stark wird ein Serum erachtet, wenn Vioo ccm des¬
selben ein 500 g schweres Meerschweinchen gegen diese Infection schützt,
doch lassen sich leicht Serumsorten erzielen, die doppelt so wirksam sind.
Mit solchem Serum wurden Versuche an Kindern angestellt.
Die Injectionen werden in die Gegend der falschen Rippen verab¬
folgt. Unter 3000 Injectionen wurden nur 3 Abscesse beobachtet.
Zwecks Schutzimpfung gesunder Familienangehöriger empfiehlt der
Verfasser bei Kindern unter zehn Jahren 5 ccm, bei älteren 10 ccm
dieses Serums zu geben. Man soll lieber eine Injection zu viel
als zu wenig geben, da sich das Serum als ganz unschädlich er¬
wiesen hat, insbesondere soll in allen zweifelhaften Fällen auch
vor Abschluss der bacteriologischen Untersuchung die Behandlung
eingeleitet werden. Als vorwiegend diphtherieverdächtig bezeichnet
Martin mit Recht die Fälle von Rhinitis, die bei scheinbar all¬
gemein ganz gesunden Kindern in Zeiten von Diphtherieepidemieen
Vorkommen, und er empfiehlt daher, allen Kindern, die zur Zeit
einer Diphtherieepidemie Ausfluss aus der Nase haben, jedenfalls
20 ccm Serum zu injiciren.
Einen schädlichen Einfluss auf die Nieren seitens des Serums
hat Martin nie beobachtet, im Gegentheil, während bei den ohne
Serum behandelten diphtheritischen Anginen in zwei Dritteln der
Fälle Eiweiss auftrat, war dieses bei den der Serumtherapie unter¬
worfenen Kindern nur zu 50 % der Fall.
Die lokale Behandlung des diphtherischen Processes wurde
neben der Serumtherapie nicht völlig unterdrückt. Sie beschränkte
sich indessen auf Spülungen mit schwach desinficirenden Flüssig¬
keiten, wie Borwasser u. s. f. Vor Pinselungen mit Carbol und
Sublimat wird gewarnt. ,
Der Einfluss der Seruminjectionen auf den örtlichen Process
im Rachen macht sich bald geltend. Die Membranen werden weiss,
demarkiren sich, um dann am zweiten oder dritten Tage losge-
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
864
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
stossen zu werden. Diese prompte Wirkung des Serums bezieht
sich indessen nur auf die Fälle von reiner, uncomplicirter Diph¬
therie. Sind neben Diphtheriebacillen noch andere Mikroorganismen,
besonders Staphyloeoccen und Streptococcen vorhanden, dann er¬
streckt sich der Einfluss des Diphtherieheilserums nur auf die
Diphtheriebacillen und die durch sie hervorgebrachten Verände¬
rungen. Die daneben bestehende Mischinfection muss alsdann noch
in der bisher üblichen Weise energisch behandelt werden.
Für die reinen Fälle von Diphtherie empfiehlt Martin 50 ccm
seines Serums in zwei bis drei Injectionen zu geben und bei den
Fällen, in denen eine septische Mischinfection besteht, auf 75 ccm
Serum zu steigen, die in drei bis vier Ipjectionen innerhalb drei
bis vier Tagen, je nach dem Verlaufe verabreicht werden.
Bei dieser Behandlungsmethode starben von 120 Kindern, die
an reiner Diphtherie erkrankt waren, 9. — Unter diesen 9 starben
7 innerhalb weniger als 24 Stunden nach der Aufnahme, waren
also bereits agonal bei der Aufnahme. Der achte Todesfall betraf
ein schwer tuberkulöses, der neunte ein gleichzeitig an Masern er¬
kranktes Kind.
Bemerkungen des Referenten: Um einen genauen Ver¬
gleich dieser Resultate mit den bisher an anderen Orten erzielten
Erfolgen zu ermöglichen, wäre es vor allen Dingen nöthig, die
antitoxische Kraft des in Paris verwendeten, von Roux dargestellten
Serums mit dem bei uns in Deutschland üblichen Maassstab zu be¬
stimmen. — Diese von Ehrlich angegebene und auch von Behring
adoptirto, viel genauere und daher fast allseits angenommene Prüfungs¬
methode unterscheidet sich in den wesentlichsten Punkten von der oben
referirten, im Institut Pasteur zur Anwendung kommenden Werth¬
bestimmung des Serums. — Dieselbe beruht auf der von Behring
gefundenen Fundamentalthatsache, dass das Antitoxin beim Zu¬
sammenmischen mit dem entsprechenden Gift dieses sofort neutra-
Jj 8 }*: * Mengen Serum > die dazu nöthig sind, hängen von dem Ge¬
halt des Serums an Antitoxin ab, und man kann daher bei Verwendung
einer bestimmten Giftmenge aus dem zum Neutralisiren derselben
erforderlichen Volumen Serum einen Rückschluss auf dessen anti¬
toxische Kraft machen. In praxi gestaltet sich die Ausführung
der Ehrlich’schen Prüfungsmethode für das Behring’sche
Heilmittel also so, dass in mehrere Fläschchen je die für
Meerschweinchen zehnfach tödtliche Dosis Diphtheriegift ge¬
geben und dann das zu prüfende Serum in abgestuften
Mengen z. B. 0,05 ccm, 0,1 ccm, 0,2 u. s. f. zugemischt wird.
Diese .Mischungen werden den Meerschweinchen injicirt und
dann aus dem Fehlen jeglicher Krankheitserscheinung die neu-
i? 0 ?? be n t l mmt - Neutralisirt 0,1 Serum die zehn-
fach tödtliche Dose Gift beim Mischen im Reagensglase, so be-
, pTjvilh mS ? n d - ie f ? ach dem Übereinkommen von Behring und
1 h J? 8 <? mfach normale Seru m oder als eine Immunitäts-
nht * Em i Seru “’ da ? bei <M>1 ccm bereits diese Wirkung aus¬
übt, wäre also zehnfach normal oder besitzt im Cubikcenthneter
in^öchS^^v' 01 vT D u e h t l UnS VOn Seiten der Far bwerke
«Lvwr h t S ?^ J Verkehr gebrachten drei Serumsorten sind stets
nach dieser Methode geprüft und sind 600,1000 und 1400fach normal!
mafhnT Un ^ r , ßchied zwischen der in Paris gebräuchlichen Prüfungs¬
methode und der eben beschriebenen ist also ein sehr grosser Bei
^ dana u leb ende Cultur injicirt, die Einwirkung von
^ ^ ^ , und Cl ! ltur g®ht im Organismus vor, bei der EhrHch-
schen Methode wird das Antitoxin ausserhalb des Or^anis-
r r l e7e ^Ä h tödtli ^ e “P 08e eines ganz constanten keim-
rreien Giftes zugemischt; diese letztere Methode ist also so genau
eThält n den S e T ifcr ^ ng V W ° beidasThier ’ welches dfeM sfhung
° b alleS Gift neutra bsirt ist oder nicht
£ SH™™ Ä s
1
fiiufteu el Krai!khe b itetai'c l< 6(i) t Tmrn r & Kind, dem am
Bei Beginn 1 *
s:ü:j en Der vZ 1 z b z? Iis?b>Dl 7 t i on ' ^
XlXtryg& fo S S^üSfasSt
, Fälle von Diphtherie in die Behandlung zu nehmen, nicht aber
zu glauben, wie dies auch der Verfasser sehr richtig i?
merkt, jeden Fall von Diphtherie, der bereiteT Folg Lt
längeren Dauer schwere anatomische Degenerationen der lebZ
wichtigsten Organe oder septische Complicationen zeigt nunS
sicher bellen zu können Das ist bei der Art der Wirkung
Mittels absolut ausgeschlossen. ® es
, Die in de™ Balle verwendete Dose von 600 Immunitätsein.
heiten ist in Anbetracht der bereite seit vier Tagen bestandenen
Diphtherie, die noch dazu mit septischen Erscheinungen verknünft
J a £. aU - , em ? . 6t I aS S^inge zn bezeichnen. In solchen Fällen
w® Dosis von 1400 Immunitätseinheiten
(Fläschchen III der Höchster Farbwerke) empfehlen.
Wassermann (Berlin)
Lanc®tl U 894 W No k 3710 Dl S P 791. eria treated * The
“ der Privatpraxis ein achtjähriges
Mädchen Ende Juli 1894 mit Behring’schem Antitoxin, das von
Zimmermann & Co. bezogen war. Das Kind hatte eine schwere
Diphthene Am fünften Tage war die Respiration sehr beschleu-
mgt der Puls 140, die Temperatur 39,4» C. Die Gaumenbögen
rechte und links und der weiche Gaumen waren mit Membranen
bedeckt und diese hingen theilweise in den Mund herab Der Zu¬
stand wurde bei der üblichen Therapie schnell schlechter Walker
uyicirte daher 0,66 ccm Antitoxin subcutan am Vorderarm Nach
vier Stunden befand sich das Kind viel besser, das Fieber war ver¬
schwunden der Puls langsam. Am nächsten Tage war die Tem¬
peratur 36,9, die Membranen begannen sich zu lockern, stiessen
sich am folgenden Tage ab und waren am nächsten völlig ver¬
schwunden. Es erfolgte völlige Genesung. Die Iiyectionsstelie
b^b reizlos. E. Sehrwald (Freiburg).
X. Kleine Mitteilungen.
, . ~ Pf r rli ?; kf der Sitzung des Vereins für innere Medicin am
, ■ ■ , , (Vorsitzender Ohrtmann) demonstrirte vor der Tagesordnung
Mendelsohn einen neuen Krankentisch; B. Lewy zeigte im mikrosko-
pischen Präparat eines Carcinoms der Portio vaginalis Charcot-Leyden-
sene Krystalle und sprach über die verschiedenen Bildungsstätten der
letzteren, sowie über den Zusammenhang dieser Kiystalle mit deneosino-
pbuen Zellen (Discussion Litten, B. Lewy); N. Auerbach empfahl die
öcnafmilch als Nahrungsmittel, worin ihm A. Baginsky nach eigenen
Erfahrungen im Kaiser Friedrich-Krankenhause beipflichtete. — In der
eigentlichen Tagesordnung hielt Zahnarzt P. Ritter a. G. einen Vertrag
»r 6 die Nothwendigkeit einer höheren Würdigung der Zahn- und
Mundhygiene“. Das an dieser Stelle noch nicht erörterte Thema
reizte zu einer lebhaften Discussion, an der sich Skamper, Krön,
P®bert, Rosenheim, Becher, Lewin, Miller und der Vortragende
betheiligten. j. s.
~ J n <Jer letzten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom
dl. October kamen die neuen ärztlichen Ernennungen für dieBer-
11ner Krankenhäuser zur Besprechung. Bei dieser Gelegenheit äusserte
den Zeitungsberichten zufolge der Stadtverordnete Cassel einer von
anderer Seite geübten Kritik gegenüber, dass die vom Magistrat getroffenen
Wahlen in den ärztlichen Fachkreisen nicht nur nicht Verwunderung,
sondern sogar allgemeine Befriedigung hervorgerufen hätten. Es widerstrebt
uns, auf Personalfragen einzugehen, und wir haben uns deshalb absichtlich
m der obigen Sache bisher jeder Meinungsäusserung enthalten. Allein
der auf die Spitze getriebenen Behauptung des Herrn Cassel gegenüber
müssen wir zu unserem Bedauern doch constatiren, dass das, was er sagt,
nicht zutreffend ist und dass die im Widerspruch mit den Deputations¬
vorschlägen getroffenen Wahlen zum Theil keineswegs der Aus-
drack dessen sind, was als „öffentliche Meinung“ in ärzt¬
lichen Kreisen bezeichnet werden könnte. Wir behalten uns
zuk aU ^ den ^°^ IS bei derartigen Ernennungen gelegentlich zuröck-
. “ Moskau. Wie wir von wohlunterrichteter Seite erfahren, wird
internationale medicinische Congress erst im Jahre
1897 stattfinden.
. Verlage von F. Deuticke (Leipzig-Wien) ist soeben ein histo¬
logischer Handatlas für den Gebrauch bei praktischen Uebun-
gen von Privatdocent Dr. C. Benda und Paula Guenther erschienen.
Die zahlreichen, nach mikroskopischen Präparaten naturgetreu ausgeführten
Zeichnungen mit Text auf 60 Tafeln dürften — bei dem geringen Preise
von 7,50 M. — dem Werke eine grosse Verbreitung, namentlich unter
den Studirenden, gewährleisten.
. . Universitäten. Wien. Prof. Dr. v. Reuss ist zum interi¬
mistischen Leiter der II. Augenklinik in Wien ernannt.
Berichtigung.
In der Mittheilung von Dr. Freymufch über die mit Serum be¬
handelten Cholerafälle (No. 43 dieser Wochenschrift) muss da, wo von der
Prüfung des Serums auf seine Immunisirungskraft die Rede ist, Absatz 1
lauten: Ein Meerschweinchen von 430 g bekommt intraperitoneai */• sehr
virulenter Agarcultur: Es stirbt (Dosis letalis minima = ‘/io Agarcultiir).
Qudruekt b«i Julias Slttenfeld in UcrJiu W.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnerstag M 4 «. 15. N ovember 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. '
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtenstein&llee 8. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 8L
I. Zur Diphtberieimmunisirungsfrage.
Von Prof. Behring in Halle.
I.
In Bezug auf die Heilung der Diphtherie durch mein Mittel
nind gegenwärtig alle Aerzte in der Lage, sich ein eigenes Urtheil
zu bilden. Die Gebrauchsanweisung, welche dem Diphtherieheil¬
serum von den Höchster Farbwerken mitgegeben wird, hat sich bis
jetzt bewährt, und das Urtheil, welches die Statistik über die
Leistungsfähigkeit des neuen Diphtheriemittels zu sprechen hat, kann
in Ruhe abgewartet werden. Demgegenüber ist für die Benutzung
meines Mittels zum Zwecke der Immunisirung gesunder Menschen
in mehrfacher Richtung ein Commentar zu den Angaben erforder- ]
lieh, welche bisher über die Dosirung gemacht worden sind.
Dass dem Diphtherielieilserum auch für den Menschen eine
schützende Kraft innewohnt, darf schon . jetzt als allgemein an¬
erkannt gelten. Der Grad der Sicherheit aber für die Schutz¬
wirkung und die Dauer derselben unterliegt noch immer der Con-
troverse. Da nun der einzelne Arzt aus einer geringen Zahl von
Beobachtungen unmöglich ein zutreffendes Urtheil über die schein¬
bar sehr widerspruchsvollen Ergebnisse der bisherigen Immunisirungen
sich bilden kann, so halte ich es für meine Pflicht, das, was sich
hierüber auf Grund eines grossen Beobachtungsmaterials sagen
lässt, zusammenzufassen und daraus einige wuchtigere Consequenzen
für die Praxis zu ziehen.
Im Einverständnis mit Prof. Ehrlich habe ich im August
dieses Jahres die Vorschrift gegeben, dass gesunde Individuen den
zehnten Theil der einfachen, von den Höchster Farbwerken in den
Handel gebrachten Heildosis bekommen sollten, also ca. 60 Anti¬
toxinnormaleinheiten; vor einigen Wochen aber ist die Gebrauchs¬
anweisung dahin abgeändert worden, dass nicht der zehnte, sondern
der vierte Theil der einfachen Heildosis eingespritzt werden soll;
wir erklären somit jetzt 150 statt 60 Antitoxinnormaleinheiten als
erforderlich zur Immunisirung des Menschen. Diese Abänderung
ist durch die Erfahrungen in der Praxis als zweckmässig erkannt
worden, und zwar aus folgenden Gründen. Durch eigene Beob¬
achtungen, sowie durch Mittheilungen, welche von anderer Seite
zum Theil dem Prof. Ehrlich und mir, zum Theil dem Sanitäts¬
rath Libhertz zugegangen sind, ist festgestellt worden, dass es
Bedingungen giebt, unter welchen 60 Antitoxinnormaleinheiten zur
sicheren Schutzwirkung nicht ausreichen. Insbesondere hat sieh ge¬
zeigt, dass trotz Anwendung dieser Dosis Kinder wenige Tage nach
der Einspritzung an typischer Diphtherie erkrankten, wenn in der¬
jenigen Familie, aus welcher die Kinder stammten, zur Zeit der
Einspritzung ein Diphtheriefall in Behandlung war. Als uns die
ersten derartigen Fälle bekannt wurden, sahen wir uns noch nicht
veranlasst, die Immunisirungsdosis zu erhöhen, weil es sich da nach
unserer Anschauung um inficirte Kinder handelte, die zwar noch
gesund erschienen, bei denen aber das Incubationsstadium schon
soweit vorgeschritten war, dass der Krankheitsausbruch nahe be¬
vorstand; unter solchen Verhältnissen aber würde zur vollständigen
Coupirung der Diphtherie nach den Ergebnissen des Thierexperiments
selbst die ganze einfache Heildosis kaum ausreichen; man würde
von derselben mit Sicherheit nur erwarten können, dass der
Krankheitsverlauf ein ausserordentlich leichter, gewissermaassen
ein abortiver wird. Später kamen dann auch Fälle vor, wo vor¬
behandelte Kinder nach sieben und nach neun Tagen noch er¬
krankten. Ich bin nun zw T ar auf Grund besonderer Untersuchungen
und Erwägungen geneigt, auch für diese Fälle anzunehmen, dass
die krank gewordenen Kinder schon den Diphtheriekeim in sich,
aufgenommen hatten, als sie gespritzt wurden. Jedoch sind die
eine solche Erklärungsweise begründenden Experimente noch nicht
abgeschlossen, und für die Praxis haben wir auch gar nicht nöthig,
den Abschluss derselben abzuwarten; da können wir uns einfach
auf den Standpunkt stellen, dass wir fragen: „Können wir durch
eine Erhöhung der Immunisirungsdosis über 60 Normal¬
einheiten hinaus solche Diphtherieerkrankungen wie die
oben erwähnten mit Sicherheit ausschliessen?“ Diese
Frage kann durch keine noch so sorgfältigen Erwägungen, sie
kann auch durch keine Thierexperimente beantwortet werden; es
kann uns da einzig und allein die Erfahrung Aufschluss geben.
, Und aus diesem Grunde blieb nichts übrig, als das zu thun, was
i Ehrlich und ich gethan haben, indem wir die zu Schutzzwecken
zu verwendende Dosis des Heilserums höher zu wählen empfohlen
haben. Bis jetzt sind uns Erkrankungen nach Einspritzung von
dem vierten Theil der einfachen Heildosis noch nicht bekannt ge¬
worden; aber wir sind noch keineswegs sicher, dass dieses Er-
gebniss ein dauerndes bleiben wird.
II.
Bei diesem Stande der Immunisirungsfrage könnte jemand,
der weiter nichts von der Sache weiss und hört, als dass alle bis
jetzt über die immunisirende Heilserumdosis gegebenen Vorschriften
eine sichere Schiitzwirkung nicht gewährleisten, leicht zu der Mei¬
nung kommen, dass der Nutzen einer schützenden Vorbehandlung
noch gänzlich zweifelhaft sei. Dem ist jedoch nicht so, wie ich
glaube darlegen zu können.
Bevor das Diphtherieheilserum von den Höchster Farbwerken
verkauft wurde, haben Ehrlich und ich umfangreiche orientirende
Beobachtungen in verschiedenen Theilen des deutschen Reiches
unter solchen Verhältnissen gemacht, unter welchen mit grösster
Wahrscheinlichkeit beim unbeeinflussten Verlauf der Dinge zahl¬
reiche Diphtherieerkrankungen zu erwarten waren. Wir haben
namentlich in solchen Gegenden Einspritzungen vornehmen lassen,
in welchen wegen stark grassirender Diphtherie die Schulen ge¬
schlossen wurden. Unbefriedigend waren da die Resultate, als wir
bloss eine Antitoxinnormaleinheit einspritzen Hessen. Sie waren
sehr viel besser bei fünf Einheiten, und bei 15 Einheiten glaubten
wir uns ganz beruhigen zu können, als zwei sehr lehrreiche Fälle
im Institut für Infectionskrankheiten den Beweis lieferten, dass im
Incubationsstadium auch diese Dosis den Ausbruch der Krank¬
heit nicht zu verhüten vermag. Da wir nun, um das Vertrauen
zur Sache zu stärken, uns zum Ziele gesetzt hatten, womöglich
alle diphtheriebedrohten Menschen mit Sicherheit zu schützen —
ein Ziel, welches theoretisch ja erreichbar ist, wenn man nur ge¬
nügend grosse Heilserumdosen anwenden lässt —, so stiegen wir
noch höher, und als bei 60 Einheiten Erkrankungen zunächst nicht
mehl’ vorkamen, blieben wir dabei stehen, indem wir von der An¬
schauung ausgingen, dass mindestens für die übergrosse Mehrzahl
der diphtheriebedrohten gesunden Menschen diese Dosirung aus¬
reichen würde. Diese Anschauung hat zwar durch die Thatsache,
dass unter mindestens 10000 mit 60 Normaleinheiten vorbehandel¬
ten Menschen schätzungsweise etwa 10 nachträglich noch erkrankt
sind, eine Erschütterung nicht erleiden können; die weitergehende
Hoffnung aber, dass alle gesunden Menschen, auch die. im Incu¬
bationsstadium der Diphtherie befindlichen, einen Infectionsschutz
von wenigstens sechs Wochen langer Dauer dabei erhalten würden,
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
866
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 46
hat sich nicht erfüllt. Wenn nun nach Einspritzung von 150 Anti-
toxinnormaleinheiten unter 10000 Fällen vielleicht nicht mehr zehn,
aber noch zwei oder drei nachträglich erkranken, sollen wir dann
wiederum die Dosis erhöhen? Diese Frage ist nicht ganz leicht
zu beantworten, und ohne einer endgültigen Entscheidung vorzu-
gfeifen, will ich mich damit begnügen, meinen eigenen Standpunkt
in der Dosirungsfrage zu präcisiren.
Wenn, was ich für möglich und sogar für wahrscheinlich halte,
einzelne im Incubationsstadium befindliche Individuen auch bei der
jetzt gewählten Immunisirungsdosis noch nachträglich erkranken
sollten, so würde ich deswegen diese Dosis nicht mehr vergrössern
vollen. Ich gehe bei dieser Stellungnahme von der wohlbegrün¬
deten Annahme aus, dass gesunde Menschen, die den Diphtherie¬
keim noch nicht in sichtragen, alle durch die obengenannte Dosis
geschützt werden. Was aber die schon inficirten Individuen be¬
trifft, so wird die Dauer der Infection es bedingen, ob 150 Nor¬
maleinheiten zur Verhütung des Ausbruchs der Erkrankung aus¬
reichen. Wie schon erwähnt, steht nach den thierexperimen¬
tellen Erfahrungen zu erwarten, dass in Fällen, in wolchen nach
einer starken Infection das Incubationsstadium sich seinem Ende
nähert und die Manifestation von Krankheitssymptomen sehr bald
zu erwarten steht, auch eine ganze Heildosis, also 600 Antitoxin¬
normaleinheiten, hierzu noch nicht ausreichen. Solche Fälle werden
aber ausserordentlich selten sein. Sollen wir nun, wonn für tausend
zu schützende Menschen die Dosis, welche jetzt IV 4 Mark kostet, voll¬
kommen ausreicht, wegen der Möglichkeit, dass sie für den tausend-
understen nicht genügt, für alle die viermal kostspieligere nehmen,
wo wir eine absolute Schutzwirkung auch bei dieser nicht garan-
tiren können? Man könnte allenfalls noch diese Frage bejahen,
wenn für den im weit vorgeschrittenen Incubationsstadium sich
befindenden Menschen eine erhebliche Gefahr bestände. Aber
nach den bis jetzt vorliegenden Beobachtungen wird
schon durch 60 Normaleinheiten, falls danach überhaupt
noch die Diphtherie zum Ausbruch gelangt, der Verlauf
derselben so leicht gestaltet, dass die Erkrankung keine
nennenswerthe Gefahr in sich schliesst, und wenn wir
dazunehmen, dass durch nachträgliche Einspritzung
einer einfachen Heildosis jedes Bedenken für einen
glücklichen Ausgang schwindet, so meine ich, dass wir
über die jetzt vorgeschriebene Immunisirungsdosis
nicht mehr hinauszugehen brauchen; eher könnte man
daran denken, später zu der kleineren von 60 Ein¬
heiten zurückzukehren. Vorläufig jedoch wird es sich em¬
pfehlen, abzuwarten, ob 150 Normaleinheiten für die Fälle, wie sie
in der Praxis Vorkommen, durchweg ausreichen oder nicht.
IH.
Man sieht, dass sich für meine Erwägungen die Dosirung für
Schutzzwecke zu einer ökonomischen Frage zuspitzt. Es ist selbst¬
verständlich, und in früheren Publicationen ist das überdies mehr¬
fach ausgesprochen worden, dass man um so sicherer geht, für die
Immunisirung sowohl wie für die Heilung, wenn man möglichst
viel Antitoxineinheiten verwendet, und wer die Kosten nicht zu
scheuen braucht, wird mit Vortheil in Zeiten der Diphtheriegefahr
diesen sichereren Weg gehen. Für die grosse Praxis aber dürfen
wir die ökonomischen Gesichtspunkte nicht vernachlässigen, wenn
dieselben mit den Zwecken, die wir verfolgen, vereinbar sind. Das
ist besonders auch zu berücksichtigen .bei der Frage nach der
Dauer der Immunität, für welche gleichfalls die Dosirung eine
wichtige Rolle spielt.
Die Schutzwirkung des Diphtherieheilserums hält
um so länger an, je grösser die Zahl der Antitoxin-
normaieinheiten ist, welche eingespritzt worden sind.
Die Richtigkeit dieses Satzes leuchtet ohne weiteres ein, wenn man
im Auge behält, dass das Antitoxin mit den Drüsensecreten, be¬
sonders mit dem Urin, allmählich wieder ausgeschieden wird.
Gesetzt den Fall nun, dass für ein gesundes nicht inficirtes Kind
bei emem Körpergewicht von nicht mehr als 20 kg die Dosis von
• bü Normaleinheiten eine sechswöchentllche Schutzwirkung gegen-
über einer Infection von massiger Stärke ausübt, so hört nach
Ablauf dieser Zeit nicht sofort jede Schutzwirkung auf; vielmehr
können dann leichte Infectionen noch vollständig unschädlich ge¬
macht werden und solche Infectionen, die bei nicht vorbehandelten
Individuen schwerere Erkrankungen hervorrufen, werden in weniger
schwere umgewandelt. Allmählich aber, wenn alles Antitoxin aus¬
geschieden ist, hört jede Spur einer Schutzwirkung auf. Es ist
nun ohne weiteres klar, dass nach der. Einspritzung von 150 Nortnal-
emheiten ein längerer Zeitraum vergeht, bis alles Antitoxin aus¬
geschieden ist, als bei 60 Einheiten. Denn zu der oben supponirten
sechswöchentlichen Schutzdauer kommt noch die Zeit hinzu, welche
vergeht, bis der Antitoxingehalt im Blute von 150 Einheiten auf
60 gesunken ist. Wir erhalten demnach durch die grössere
Dosis nicht bloss eine auf mehr diphtheriebedrohte
Menschen sich erstreckende und eine vollkommenere
Schutzwirkung, sondern auch eine länger dauernde. Und
da diese Vortheile in noch höherem Grade vorhanden sind, wenn
die Dosirung weiter gesteigert wird, so könnte mit Rücksicht auf
die Dauer der Immunität von neuem die Frage aufgeworfen werden
ob wir nicht gut daran thun würden, noch mehr Einheiten als
150 zu Schutzzwecken zu injiciren. Das Thierexperiment hat nun
aber ergeben, und eine einfache Ueberlegung sagt es uns auch
schon, dass ein langdauernder Diphtherieschutz auf weniger kost¬
spielige Weise erreicht wird, wenn wir statt einer einzigen grossen
Dosis in angemessenen Zeitintervallen mehrere kleinere anwenden
Es wird nämlich um so mehr Antitoxin ausgeschieden
je concentrirter dasselbe im Blute vorhanden ist. Bei
milchgebenden Thieren ist dies sehr genau verfolgt worden, und
für die Ausscheidungsverhältnisse durch den Urin habe ich we¬
nigstens für das Tetanusantitoxin mich von dem gleichen Verhalten
überzeugen können. Wenn also 60 Einheiten einen sechswöchent¬
lichen Schutz gewähren, so ist von 150 Einheiten nicht etwa ein
15 wöchentlicher zu erwarten, sondern, wie ich annehmen muss,
höchstens ein zehn wöchentlicher, und wollten wir die ganze Heil¬
dosis von 600 Einheiten zu dem Zweck verwenden, um eine längere
Schutzwirkung zu erzielen, so würde noch viel weniger dem
Sparsamkeitsprincip Rechnung getragen werden,
IV.
Sowohl zur Erreichung einer für die praktischen Verhältnisse
ausreichenden Sicherstellung des Diphtherieschutzes, wie für die
Erreichung einer über längere Zeiträume sich erstreckenden Im-
munitätsdauer befürworte ich demnach, dass wir ärztlicherseits
dem Publikum gegenüber die Parole ausgeben, dass einerseits die
jetzt für 1,25 Mark erhältliche Antitoxindosis diphtheriebedrohten
Menschen — und zwar ohne Unterschied des Alters und der Con¬
stitution — eingespritzt wird und dass man andererseits diese
Dosis periodisch wiederholt. Ob man in Bezug auf die periodische
Wiederholung in diphtheriedurchseuchten Orten zehnwöchentliche,
oder längere oder kürzere Intervallen zu wählen hat, darüber ist
jetzt ein endgültiges Urtheil noch nicht zu fällen. Zunächst würde
ich auf Grund meiner Erfahrungen die Wiederholung von zehn zu
zehn Wochen vorschlagen. Ebenso kann und muss es noch der
Discussion unterworfen bleiben, ob in diphtheriefreien oder diph¬
theriefrei gewordenen Gegenden gleichfalls die periodisch wieder¬
holte Einspritzung anzurathen ist. Vorläufig rathe ich selbst
nicht dazu. Es bleibt auch noch zu erwägen, ob man die in
einer diphtheriedurchseuchten Familie vermuthlieh schon inficirten
Individuen mit der kostspieligeren Dosis von 150 Einheiten be¬
handeln will und für die als nicht inficirt zu betrachtenden Indi¬
viduen in der Nachbarschaft sich mit der billigeren Dosis von 60
Einheiten begnügen soll. Ein ernstliches Bedenken gegen ein
solches Vorgehen liegt, wie ich glaube, nicht vor.
Unter allen Umständen aber halte ich es für zweckmässig, dass
der von sehr vielen praktischen Aerzten bei mir angeregte Vorschlag
jetzt verwirklicht wird, dass nämlich die Immunisirungsdosen nicht
aus den zu Heilzwecken von den Höchster Farbwerken ausgegebeneu
Fläschchen entnommen werden, sondern dass hierfür besondere
kleinere Fläschchen, mit nicht mehr als zwei Immunisirungsdosen
zu je 150 Normaleinheiten, verabfolgt werden. So lange als ein
einigermaassen sicheres Urtheil über die Zulänglichkeit der früher
empfohlenen Dosirung für den Diphtherieschutz noch ausstand,
hielt ich es für inopportun, durch Ausgabe von einer besonderen
Immunisirungsflüssigkeit einer späteren definitiven Regelung zu
präjudiciren. Jetzt steht es anders damit, und ich hofie nunmehr,
dass die von mir zur Abgabe von Diphtherieheilserum legitimirten
Höchster Farbwerke schon in nächster Zeit in der Lage sein
werden, Dreimarkfläschchen mit je 2 ccm Inhalt in den Handel zu
bringen, in denen diese 2 ccm 800 Normalantitoxineinheiten reprä-
sentiren. Ein Serum, welches dieser Anforderung entspricht, ist
ein 150faches Normalserum, also ein stärker concentrirtes, ah
es für Heilzwecke bis jetzt ausgegeben wurde. Dass ich, entgegen
vielfach verbreiteten Meinungen, für Schutzzwecke ein concen*
trirteres Heilserum für wünschenswerth erachte, ist darin be¬
gründet, dass man gesunden Menschen, zur Vermeidung von allen
Nebenwirkungen, nur kleine Flüssigkeitsmengen einspritzen sollte.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass Kinder nach der Einspritzung
nur schwer im Ruhezustand zu halten sind. Wenn dann infolge
der Reibung an den Kleidern oder infolge lebhafterer Bewegung
aus dem Stichcanal Flüssigkeit herausgedrängt wird, so ist zwischen
dem subcutanen Gewebe und der äusseren Hautoberfläehe. eine
Continuität hergestellt, die zur Verunreinigung der eingespritzten
Flüssigkeit und damit zu entzündlichen Erscheinungen Veranlassung
geben kann. Dieser Eventualität wird ziemlich sicher vorgebeug •
wenn man durch eine enge Canüle nicht mehr als 1 ccm Serum
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
15. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
867
unter-die Haut bringt, und deswegen dürfte es sieh empfehlen, an
der oben präcisirten Anforderung für die Antitoxinconcentration
zum Zweck der Immumsirung festzuhalten, falls man 150 Normal-
emheiten für dieselbe verwenden will.
II. Aus dem mediciuisch-cbemischeu Laboratorium der
Universität Freiburg.
Zur Theorie der hypnotischen Wirkung
der Sulfone.
Von Dr. med. W. Morro.
Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass zwischen chemi¬
scher Constitution und physiologischer Wirkung gewisser Körper
ein bedeutungsvoller Zusammenhang besteht. Was die Gruppe der
Hypnotica betrifft, so ist ein solcher Zusammenhang für die Alkohole
und Sulfone aufgedeckt worden.
Bezüglich der Alkohole fanden Schneegans und v. Mering 1 ),
dass die primären Alkohole weniger narkotisch wirken als die
secimdären und die secundären weniger als die tertiären; und
weiter, dass bei den tertiären Alkoholen die Wirkung abhängig ist
von der Art der Alkoholradicale, welche mit dem tertiären Kohlen-
stoflfatom verbunden sind. Ist nur das Radical Methyl vertreten,
so ist die Wirkung eine relativ schwache, grösser ist sie, wenn
ein Aethyl eintritt, und nimmt zu mit der Anzahl der mit dem
tertiären Kohlenstoffatom verbundenen Aethylgruppen. Zum Bei¬
spiel wirkt Dimethyläthylcarbinol (Amylenhydrat)
CHjv
c Ha-^C —oh
CüHj/
schneller und intensiver als das dreifach methylirte Carbinol
CHs x
CH 3 —C-OH
ch 3 /
und andererseits wieder schwächer als das Triäthylcarbinol
C 2 H 5
C 2 H 5 —C—OH
. . c 2 h 5 /
in dem das tertiäre Kohlenstoffatom mit drei Aethylgruppen ver¬
bunden ist.
Für die Sulfone ist von Baumann und Käst 2 ) auf Grund
zahlreicher Beobachtungen ein gleicher Zusammenhang zwischen
Constitution und Wirkung nachgewiesen worden. Genannte Autoren
fanden, dass Disulfone, welche Methylgruppen enthielten, nur wenig
oder ganz unwirksam waren, dagegen Disulfone mit Aethylgruppen
im Molecül eine intensiv schlaferzeugende Wirkung besassen, so
zwar, dass die Intensität der Wirkung proportional war der Zahl
der in ihnen vorhandenen Aethylgruppen. Ganz besonders betonen
Baumann und Käst noch, dass bei der Wirkung der Disulfone
die Gruppe SO 2 als solche nicht in Betracht kommt und dass
die tertiär oder quaternär an Kohlenstoff gebundenen Aethylsulfon-
gruppen (SO 2 C 2 H 5 ) je einer in gleicher Kohlenstoflfbindung befind¬
lichen Aethylgruppe äquivalent sind.
Des weiteren konnten Baumann und Käst constatiren, dass
die Unwirksamkeit der methylirten Sulfone auf ihrer Resistenz
dem Stoffwechsel gegenüber beruhte, derart, dass dieselben den
Organismus ganz oder doch zum grössten Theil unzersetzt pas-
sirten; während die wirksamen, Aethylgruppen enthaltenden Di¬
sulfone nahezu völlig vom Stoffwechsel zerlegt wurden.
Von dieser Gesetzmässigkeit schien nur ein Disulfon, das Di-
methylsulfondimethy lmethan
CHs p SO 2 CH 3
CH 3 >U< S0 2 CH3
eine Ausnahme zu machen. Dieses Disulfon war, wie verschiedene
Versuche an Thieren und Menschen lehrten, selbst in den ausser¬
ordentlich hohen Dosen von 6 und 8 g gänzlich unwirksam. Trotz¬
dem gelang es damals nicht, das unveränderte Disulfon im Harn
wieder zu entdecken.
Um diesen Widerspruch aufzuklären, lag es nahe, mit einer
verbesserten Methode diese für die Theorie der Wirkung der Sul¬
fone principiell wichtige Frage von neuem zu untersuchen. Eine
solche Methode ist in meiner Arbeit: „Zur Wirkung von Sulfonal,
Trional und Tetronal“ 8 ) ausführlich geschildert worden. Es wurde
gezeigt, dass es mit dem genannten Verfahren gelingt, Milligramme
von Sulfonal oder Trional im Harn sicher zu erkennen und die
Sulfone in ganz reinem Zustande aus dem Harn abzuscheiden.
*) Therapeutische Monatshefte 1892, Juli.
*) Baumann und Käst, Ueber die Beziehungen zwischen chemi¬
scher Consitution und physiologischer Wirkung bei einigen Sulfonen.
Zeitschrift für physiol. Chemie Band XIV, 52.
*) Deutsche raedicin. Wochenschrift 1894, No. 34.
Bei Wiederholung der Versuche von Bau mann und Käst
gelang .es in der That den Beweis zu führen, dass das Dimethyl-
sulfondimethylmethan den Organismus zum grossen Theil unver¬
ändert passirt, wodurch die Thatsache, dass es ganz unwirksam
ist, ohne weiteres erklärt wird.
Ich nahm an zwei aufeinander folgenden Tagen je 2 g Dimethyl-
sulfondimethylmethan, ohne dass auch nur eine Spur von Wirkung
sich gezeigt hätte. Aus dem Urin, welcher an beiden Tagen ge¬
sammelt und verarbeitet wurde, konnten 0,84 g chemisch reines
Dimethylsulfondimethylmethan vom Schmelzpunkte 118 0 wieder¬
gewonnen werden. Dabei ist zu bemerken, dass der Harn auch an
den nachfolgenden Tagen noch Disulfon enthielt und dass bei der
Verarbeitung der Harn nicht sechsmal ( 1 . c.), sondern nur viermal
mit Aether aufgeschüttelt wurde, wobei ein Theil des Disulfons
verloren ging.
Somit ist die Richtigkeit jener von Bau mann und Käst be¬
züglich des Verhaltens der Sulfone aufgestellten Sätze ausnahmslos
bewiesen: dass nämlich die hypnotische Wirkung der Sulfone,
welche in erster Linie durch die Zahl der in ihrem Molecül ent¬
haltenen Aethylgruppen bedingt wird, ausserdem wesentlich ab¬
hängig ist von dem Grade der Zerlegung, welcher die Molecüle
der verschiedenen Sulfone im Stoffwechsel anheimfallen.
Der enorme Unterschied in der Wirksamkeit der methylirten
und der äthylirten Sulfone ist also in letzter Linie dadurch bedingt,
dass die Aethylgruppen dieser Körper durch den Stoffwechsel leichter
angreifbar sind als die Methylgruppen.
Dass in der Reihe der äthylirten Sulfone die Art und Weise
der Wirkung der einzelnen Körper im engsten Zusammenhänge mit
dem Verhalten der Sulfone im Stoffwechsel steht, habe ich schon
in meiner früheren Mittheilung dargelegt.
Es wurde gezeigt, dass das Trional im Stoffwechsel auch nach
wochenlanger Darreichung völlig verschwindet, während Sülfonal
und Tetronal nicht vollkommen zerlegt und langsam eliminirt
werden. Diese Thatsache erklärt in. der einfachsten Weise die
allgemein anerkannte Erfahrung, dass die Wirkung des Trionals,
welche schneller einsetzt als die des Sulfonals, in einer bestimmten
Zeit rascher und vollständiger abläuft, als es beim Sulfonal und
Tetronal der Fall ist, und dass beim Trional — bei richtiger
Dosirung — störende Nebenwirkungen, vor allem eine postponirende
Wirkung, so gut wie ganz ausgeschlossen sind.
III. Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig.
TJeber ein bacterienfeindliches Verhalten der
Scheidensecrete Nichtschwangerer. 1 )
Von Dr. K. Menge, Assistenten der Klinik.
Die Ansichten über die pflanzlichen Bewohner des gesunden
und kranken weiblichen Genitaltractus differiren ebensosehr, wie
sich die einzelnen diesen Gegenstand betreffenden Untersuchungs¬
resultate widersprechen. Man hat daher versucht, die therapeuti¬
schen und präventiven Maassnahmen in der Geburtshülfe und der
Gynäkologie Erkrankungen bacteriellen Ursprungs gegenüber nur
auf Grund der klinischen Erfahrung festzulegen. Doch kommt
man mit dieser allein nicht aus, da eine verschiedene Auslegung
derselben klinischen Beobachtungen selbstverständlich verschiedene
Consequenzen nach sich zieht. Wie different sind die Anschauungen
von Leopold und von Ahlfeld in der Selbstinfectionsfrage. Beider
Autoren Stellung zu dieser Frage basirt ausschliesslich auf der
Beobachtung klinischen Materiales. Es wird also neben der rein
klinischen Beobachtung weiterer bacteriologischer Untersuchungen
bedürfen, wenn die ausserordentlich wichtige Frage nach dem
Keimgehalte des Uterovaginalcanales endlich in bestimmter Weiso
beantwortet worden soll, wenn besonders über die Möglichkeit des
Vorkommens pyogener Mikrococcen in Cervix und Scheide eine
Uebereinstimmung der Meinungen erzielt worden soll, die dem
ärztlichen Handeln eine bestimmte Richtung vorschreibt.
Was ist über das Vorkommen der pyogenen Mikrococcen im
Uterovaginalcanal bisher überhaupt sicheres bekannt?
Bewiesen ist und wohl auch allgemein anerkannt, dass der
Streptococcus pyogenes und der Staphylococcus pyogenes aureus
bei gewissen acuten Erkrankungen des weiblichen Genitalcanales
sowohl in dem Gewebe als auch in den von diesem gelieferten Se-
creten durch das Mikroskop und durch das Reinzüchtungsverfahren
nachzuweisen ist; so bei septischer Erkrankung des Uterusinnern
nach der Geburt oder nach gynäkologischen Operationen, bei Eiter¬
ansammlung in den Tuben etc.
Mit Bestimmtheit weiss man ferner, dass der Gonoooccus
Neisser sich in einzelnen Abschnitten des woiblichen Genital-
1 ) Nach einem Vortrage, gehalten in der Gesellschaft für Geburts-
liülfe zu Leipzig.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
868
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
tractus aufhalten kann, in denen er specifisclie pathologische Pro-
(iesse bedingt.
Nun hat man die Frage aufgeworfen, ob diese pyogenen
Mikrococcen, die wir im weiblichen Genitalschlauch ganz be¬
stimmte Erkrankungen unter bestimmten Bedingungen erregen
sehen, auch als facultative Saprophyten sich in demselben auf¬
halten können, ob sie dort ein Leben führen können, das völlig
demjenigen entspricht, zu dem sie auf unseren gebräuchlichen
künstlichen Nährböden ausserhalb der Körpergewebe gezwungen sind.
Wenn der Gonococcus an einen Ort des Körpers gelangt, der
eine unverletzte Gewebsoberfläche darstellt und zugleich ein Secret
liefert, das dem Keim günstige Ernährungsbedingungen bietet, so
wird derselbe dortvegetiren können, sobald eine zu seinem Wachsthum
nothwendige Temperatur ihn umgiebt. Er wird zunächst vielleicht
in dem von der Gewebsunterlage gelieferten Gewebssafte kurze
Zeit rein saprophytisch leben, um sich jedoch bald vor die Entschei¬
dung gestellt zu sehen, entweder eine Infection der Gewebsunter¬
lage zu bedingen oder zugrunde zu gehen. . Ist die Gewebsunter¬
lage so beschaffen, dass sie der Gonococcus invadiren kann, so wird
er eine specifische, acute Erkrankung hervorrufen, auch wenn nir¬
gends ein Oberflächendefect vorhanden ist. Die Erkrankung geht
nach einer gewissen Zeit in Heilung über, oder aber sie wird
chronisch. Wir haben ein Recht dazu, dieses Verhalten des Gono¬
coccus aus solchen klinischen Beobachtungen abzuleiten, welche
durch bacteriologische Untersuchungen controllirt sind. Kann der
Gonococcus.nicht alsbald das Gewebe selbst angreifen, so geht er
rasch zugrunde. Auch dies schliessen wir aus unseren Beobach¬
tungen und Untersuchungen; denn wir finden die Gonococcen nur
dort, wo sich zugleich die durch sie bewirkten acuten oder chro¬
nischen entzündlichen Veränderungen der Gewebe nachweisen lassen,
und wir finden sie dort nicht mehr, wo das von ihnen inficirt ge¬
wesene Gewebe zu einem normalen Zustand zurückgekehrt ist
JSach allem, was wir über das Verhalten des Gonococcus im
menschlichen Körper in Erfahrung gebracht haben, können wir
demnach als These aufstellen: Der Gonococcus lebt niemals im
Körper des Menschen längere Zeit hindurch ausschliesslich so dass
er die physiologischen Secrete als todten Nährboden benutzt
sondern seme dauernde Anwesenheit in diesen Secreten ist ge¬
bunden an eine durch ihn gesetzte Infection der Gewebsunter-
agen, die meist nur eine auf die oberflächlichen Gewebslagen be¬
beschränkte bleibt, und er gelangt immer von neuem aus der Ge¬
websunterlage in das von derselben gelieferte Secret.
Nur wenn der Gonococcus als facultativer Saprophyt im Se-
crete der Scheide oder des Uterus sich aufhalten könnte, wäre der
Ausdruck gonorrhoische Spontaninfection für die von Kroenig be¬
schriebene gonorrhoische Erkrankung im Wochenbette gerechtfer¬
tigt. Das Fieber, welches in puerperio durch eine Propagation
des gonorrhoischen Entzündungsprocesses von einem Theile der
Uterushöhle aus auf das ganze Cavum uteri bedingt ist, welches
vfn’iir«»loh+^ w- £ Ur eü ? reines Intoxicationsfieber darstellt,
verursacht durch die Resorption von Stoffwechselproducten die in
Blut- und Serummassen des Uteruscavum durch dort vegetirende
Gonococcen gebildet werden, dieses Fieber ist nur der Ausdruck
abernichtTa^ A}J sbrei . tun ^ ? iner sc hon bestehenden Infection,
aber nicht das Zeichen einer frisch gesetzten Spontaninfection.
Der Name Selbstmfection würde demnach auch unangebracht
wArrf fUr f eberbaft ® Zustände, die im Puerperium dadurch^bedingt
ohvlnnn’ daSS em durch den Stre P toc °ccus pyogenes oder den Sta-
phylococcus pyogenes aureus schon vor der Geburt in der Scheide
oder m dem Cervicalcanal erzeugt gewesener, chronisch entzünd-
i C ch° r ausSJ äh n nd ° der , naCh de? Gebuit Ute r uskö“e r
sich ausbreitet Denn es läge auch hier nur eine Propagation
einer schon bestehenden Krankheit vor. ^ ^
Existiren denn überhaupt derartige, durch pyogene Strentn-
d6r°r«wn>io ®J ap ^ 0 e occen veranlasste, entzündliche Veränderungen
der.Gewehe der Vagina oder des Uterus, die chronisch verlaufen
ähnlich der Gonorrhoe nur oberflächlich bleiben die Secrete mit
ein I1 «r P A < lf :nen ' M ec t , . 0MBrr ®* er " erfüllen und dennoch nicht zu
£> t "ää;
No. 45
Streptococcen und Staphylococcen regelmässig in den Secreten oder
in Schnitten durch das Gewebe nachzuweisen, und es entsorieht
dieser negative Befund auch völlig der Eigenart der pyoS!
Mikrococcen, welche in den Geweben des menschlichen Körners
überhaupt nur acute Entzündungen hervorzurufen pflegen 1
Von acuten, durch die pyogenen Mikrococcen bedingten Er
krankungen der Gewebe des weiblichen Genitalcanales ist oben
schon die Rede gewesen. Sie können nur dann einsetzen wenn
die Wundmfectionserreger das Gewebe der Scheide oder des Uterus
an einer Stelle offen, das heisst lädirt, finden, und sie verlaufen
nach unserer Kenntniss stets so, dass sie über kurz oder lang zur
Heilung führen oder aber eine Allgemeininfection des Körpers be¬
dingen, um entweder auch dann noch in Genesung überzugeben
oder den Tod zu veranlassen. 6
Zu einer Propagation eines schon bestehenden, durch pyogene
Streptococcen oder Staphylococcen verursachten chronischen Ent
ziindungsprocesses der Scheide oder der Cervix auf den Uterus-
körper intra oder post partum kann es demnach gar nicht kommen,
weil diese supponirten, chronischen Infeetionszustände thatsächlich
nicht existiren. Und es bleibt deshalb die Möglichkeit einer
Spontaninfection im Sinne Kaltenbach’s intra oder -post
partum ausschliesslich dadurch offen, dass die pyogenen Staphylo¬
coccen und Streptococcen vielleicht imstande sind, als facultative
Saprophyten ante partum längere Zeit hindurch in den Secreteii
des Uterovaginalcanales ohne Einbusse ihrer Virulenz sich auf¬
zuhalten, aus denen sie intra oder post partum in die Uterus¬
körperhöhle Vordringen und, die zu einer Infection frisch gelieferten
benutzend, in das geöffnete Körpergewebe gelangen
können. Von einer Spontanintoxication könnte man vielleicht in
den Fällen sprechen, in welchen obligate Saprophyten, die vor der
u ui Urt n im Uterovaginalcanal vegetirten, post partum in der Körper¬
höhle Gelegenheit fänden, dort angehäuften todten Nährboden zu
zersetzen und fiebererregende Stoffwechselproducte abzulagern.
Wenn nun die pyogenen Infectionserreger diese facultativ
saprophytische Lebensweise in den Uterovaginalsecreten wirklich
ertragen, so müssen sich dieselben auch dort durch bacteriologische
Untersuchungsmethoden nachweisen lassen. Von diesem Gedanken
ausgehend, haben zahlreiche Untersucher die Secrete durchforscht,
in der Hoffnung, durch Züchtungsversuche und durch Betrachtung
der Secrete mit dem Mikroskop zur Erledigung dieser so äusserst
wichtigen Frage Beiträge liefern zu können. Es sind auch viele
bemerkenswerthe Resultate auf diesem Wege gezeitigt worden:
aber leider haben diese sowohl an Schwangeren als auch an Nicht¬
schwangeren angestellten Untersuchungen bekanntlich die wider¬
sprechendsten Ergebnisse geliefert.
Ich will nicht alle Arbeiten aufführen, die hier angezogen
werden müssten, sondern blos hinweisen auf die verschiedenen Be¬
funde von Doederlein und Kroenig, die sie in der Scheide
Schwangerer erhoben haben, und auf die Befunde von Winter
und mir, die sich auf den Cervicalcanal beziehen. Es steht hier
Befund gegen Befund; jeder ist von der einwandsfreien Art seiner
Beobachtungsmethode überzeugt, und nur durch weiteres Arbeiten,
durch welches grosse Zahlen zur statistischen Verwerthung ge¬
langen können, muss ein endgültiger Entscheid getroffen werden.
Ich möchte im Folgenden eine kleine Reihe von Untersuchungen
vorlegen, die sich auf diese ungelöste Frage beziehen und die zum
Theil ganz in der alten Weise ausgeführt sind, das heisst auch nur
darauf hinausgehen, das Genitalsecret auf die schon in ihm ent¬
haltenen Keime zu untersuchen und besonders festzustellen, oh
jemals bei Culturversuchen pyogene Mikrococcen aus den Genital-
secreten der Frau zu züchten seien. Es wurde bei diesen ersten
Versuchen nur in der Technik gegenüber den bisher ausgeführten
Experimenten eine Aenderung getroffen. Einem anderen Theil
der Versuche wurde aber eine neue Richtung gegeben. Ich ging
zu Uebertragungen über, die mir erlaubten, das Schicksal künst¬
lich in den Uterovaginalcanal eingetragener Bacterien, insonderheit
der pyogenen Mikrococcen zu verfolgen und aus ihrem Verhalten
in den Secreten Schlüsse auf die Möglichkeit ihres facultativ sapro-
phytischen Aufenthaltes in den Genitalsecreten zu ziehen.
Doederlein hat in seiner bekannten Monographie über das
fecheidensecret schon von einem Versuche berichtet, bei dem
eine Uebertragung von Staphylococcen in das Scheidensecret einer
Virgo intacta vorgenommen und gesehen hat, dass die Mikroorga¬
nismen aus dem sauren Secrete, in welchem eine Reincultur der
von ihm genauer beschriebenen Scheidenbacillen sich vorfand, nach
einigen Tagen wieder verschwanden. Er berichtet über zwei gleich¬
artige Versuche von Bumm; auch letzterer vermochte eine Auf¬
zucht von Staphylococcen im Scheidensecrote nicht zu erzielen.
Doch sind grössere Versuchsreihen mit derartigen Uebertragungen
nicht bekannt geworden. Da nun bei meinen Experimenten recht
interessante Details zur Beobachtung gelangten und ich aussei
über 80 derartige Uebertragungen in die Scheide, auch von einigen
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15. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
809
Uebertragungen in den Corvicalcanal und von Versuchen mit
Scheiden secret ausserhalb des Körpers berichten kann, beschloss
ich, meine Resultate schon jetzt vorzulegen, wenn auch ein ab¬
schliessendes Urtheil durch dieselben für die Frage der Scheiden-
keimo noch lange nicht gewonnen ist.
Kroenig und ich, wir sind seit längerer Zeit gemeinschaftlich
damit beschäftigt, die Frage des Keimgehaltes des ganzen ge¬
sunden und kranken Uterovaginalcanales bei der nicht schwangeren
und bei der schwangeren Frau zu bearbeiten. Es führte dieses
gemeinschaftliche Studium zu einer Arbeitstheilung, bei welcher
mir die Untersuchung der einschlägigen Verhältnisse bei dem nicht
schwangeren W eibe zufielen. Ich musste bei der Auswahl meines
Materiales gehörig sichten, da die auf der gynäkologischen Station
der Universitätsfrauenklinik in Leipzig liegenden Frauen zum
grössten Theil bald nach der Aufnahme in die Klinik als Unter¬
richtsmaterial benutzt werden müssen und ausserdem gerade von
der Scheide aus bei ihnen am häufigsten therapeutisch vorgegangen
wird. Es ist also eine beständige Trübung der Untersuchungs¬
befunde nur bei solchen Frauen auszuschliessen, welche schon als
Unterrichtsmaterial gedient, eine die Scheide nicht tangirende Ope¬
ration durchgemacht hatten und durch eine an den Eingriff sich
anschliessende längere Bettruhe der Scheide Gelegenheit gaben,
eine sich gleich bleibende, von aussen möglichst unbeeinflusste
Baeterienflora aufkeimen zu lassen.
Es eigneten sich demnach am besten zu den Experimenten
laparotomirte Frauen, bei denen die Scheide nicht in das Ope¬
rationsgebiet mit einbezogen war und welche mindestens 14 Tage
lang nach der Operation sich ruhig im Bette befunden hatten.
Bestand für alle Scheiden, auch für die der nichtschwangeren
Frau, das Bestreben, sich von aerob nur auf alkalischem Nähr¬
boden wachsenden Bacterien rein zu halten, allgemein, so musste
sich dies auf den mit Scheidensecret beschickten Agarplatten aus¬
sprechen. Von diesem eigenthümlichen Verhalten des Scheiden-
secretes, alle nur auf neutralem oder alkalischem Nährboden aürob
wachsenden Bacterien, insbesondere die pyogenen Mikrococcen zu
vernichten, wird im Folgenden noch häufiger die Rede sein, und
ich werde der Kürze halber für dasselbe den Ausdruck Selbst¬
reinigung der Scheide benutzen.
Schon früher habe ich in einer Discussionsbemerkung zu
Kroenig’s Vortrag über die Scheidenkeime in der Gesellschaft
für Geburtshülfe zu Leipzig die Selbstreinigung der Scheide nicht
nur für die schwangere, sondern auch für die nicht schwangere
Frau in gewissem Umfange als zu Recht bestehend angenommen,
weil ohne dieselbe eine Erklärung für die Keimfreiheit der alka¬
lischen Zone des weiblichen Genitalcanales nicht wohl aufzufinden
ist. Meine jetzigen Untersuchungen haben diese Annahme völlig
gerechtfertigt. Bevor ich jedoch die diesbezüglichen Untersuchungs¬
resultate selbst mittheile, möchte ich noch kurz angeben, in wel¬
cher Weise das Secret der Scheide zur Aussaat entnommen wurde.
Ich hielt für die Culturversuohe eine Trennung der Secret-
massen des Scheideheingangs von denen des Scheidengrundes für
nothwendig und machte die Erfahrung, dass sehr wesentliche
Differenzen zwischen diesen beiden Secreten bezüglich ihres Keim¬
gehaltes zu bestehen pflegen. Das Introitussecret wurde vom
Rande der Hymenaireste abgestreift, einer Stelle, die bei der Ein¬
führung eines Speculums von demselben stets gestreift wird. Es
wurde deshalb zur Gewinnung des Scheidengrundsecret.es die Ver¬
wendung sterilisirter Specula grundsätzlich verworfen und nur mit
einem dünnen, sterilisirten, verschliessbaren Scheidenlöffel experi-
mentirt, den man bei gespreizten kleinen Labien gewöhnlich in
den Scheidengrund einführen kann, ohne den Introitus vaginae zu
berühren. Der Löffel bewährte sich bei den Versuchen recht gut.
Er brachte immer genügende Secretraassen mit. Selten kam es
bei dem Schlüsse des Löffels zu Schleimhauteinklemmungen, die
man völlig dadurch vermeiden kann, dass man die geschlossene
Seite seines Maules stark auf die Hinterwand des Scheidengrundes
aufdrückt und dann rasch den Löffel schliesst. Mit dem gewon¬
nenen Secret wurden Agarplatten beschickt, die Aufnahme im
Brutofen fanden, ferner wurden Objectträgerpräparate hergestellt,
welche mit Lösungen von Fuchsin oder Methylenblau gefärbt und
mikroskopisch untersucht wurden. Bei jedem Versuche wurde die
Reaction des Secretes vom Scheideneingang und vom Scheiden¬
grund geprüft.
Zur Untersuchung gelangte in dieser Weise das Scheidensecret
von 50 laparotomirten Frauen. 44 mal blieben die Agarplattein,
welche mit Scheidengrundsecret beschickt waren, steril, 6 mal
zeigte sich auf ihnen Wachsthum. 2 mal blieben die Agarplatten,
welche mit Scheideneingangssecret beschickt waren, steril, und
48 mal zeigte sich auf ihnen Wachsthum. Bei solchen Zahlen
kann man nicht mehr von zufälligen Unterschieden der Secret-
arten sprechen.
Beim Durchmustern der aus dem Scheidengruud zur Ent¬
wickelung gelangten Colonieen fand ich nun in einem Falle einen
Streptococcus, der sich in keiner Weise von dem Streptococcus
pyogenes unterscheiden liess, und zwar fand ich ihn in Rcincultur
sowohl im Scheidengrund als auch am Scheideneingang.
Es hatte in diesem Falle sicherlich keine Verschleppung der
Keime vom Introitus aus in die Vagina stattgefunden, sondern der
Streptococcus wohnte offenbar dauernd in dem alkalisch reagirenden
Scheidensecrete, in welchem er bei jeder erneuten Untersuchung,
und zwar stets in Reincultur in grosser Zahl nachweisbar war.
Auf diesen Fall, den ich zunächst verlassen muss, komme ich noch
mehrfach zurück. Die auf den anderen Platten aus Scheidongrund-
secret zur Entwickelung gelangten Colonieen enthielten ein Baeterieii-
material, welches nicht identisch mit einem uns bekannten pyogenen
Infectionserreger war. Sie stimmten in jedem Falle überein mit
den aus Introitussecret gleichfalls auf den Agarplatten zur Ent¬
wickelung gelangten Bacteriencolonieen. Doch wählend diese auf
den Introitusplatten in grosser Menge ausgekeimt waren, zeigten
die Grundplatten immer nur wenige Colonieen, so dass es nicht
ausgeschlossen erscheint, dass in diesen Fällen die Keime, trotz
Anwendung des Scheidenlöffels, von dem Eingang der Scheide in
den Grund hinauf verschleppt wurden. Möglicherweise war aber
auch die Selbstreinigungskraft der Scheide diesen Bacterien gegen¬
über eine herabgesetzte. Zur genaueren Feststellung dieser Ver¬
hältnisse sind noch weitere Versuche über die Eigenschaften dieser
Keime, ihre Neigung zu saurem und alkalischem Nährboden u. s. w.
nöthig. Am Introitus der Vagina fand ich in zwei Fällen Strepto¬
coccen, während zugleich der Scheidengruud frei von ihnen war.
Bezüglich der Reaction der Secrete ist folgendes zu bemerken:
Es kommen bei nichtschwangeren Frauen ausgesprochen alkalisch
reagirende Scheidensecrete vor, und zwar gar nicht so selten. Es
steht also das Secret der nichtschwaugeren bezüglich dieses Punktes
in einem sehr bemerkenswerthen Gegensätze zu dem Secrete schwan¬
gerer Frauen, auf den ich später zurückkommen werde. Oofter
fand ich Secrete, welche sowohl saure als auch alkalische Reaction
zeigten: ich will sie kurz amphotere nennen, obwohl dieser Aus¬
druck nicht gerechtfertigt ist. Endlich reagirt in der Mehrzahl
aller Fälle das Secret der Nichtschwaugeren mehr oder weniger
stark sauer. Bemerkenswerth erschien es mir, dass in zahlreichen
Fällen die Reaction des Introitus vaginae nicht mit derjenigen des
Scheidengrundes übereinstimmte. Bei den 50 untersuchten Frauen
fand ich das Scheidengrundsecret
28 mal sauer |
16 mal alkalisch reagirend.
6 mal amphoter ]
das Scheideneingangssecret
34 mal sauer \
13 mal alkalisch > reagirend.
3 mal amphoter J
Dieser Unterschied Ist wahrscheinlich in der verschieden starken
Absonderung einerseits des Cervicalsecretes, andererseits des Secrets
der Bartholinischen Drüsen begründet.
Aus dem Scheidengrundsecret waren, wie oben erwähnt ist,
in 6 Fällen Colonieen auf den Agarplatten ausgekeimt. Die Secret-
reactiou war in diesen Fällen 3 mal sauer, 2 mal alkalisch und ein¬
mal amphoter. Es verbleiben demnach 14 Frauen, welcho ein
alkalisch reagireudes Grundsecret aufzuweiseu hatten und die den¬
noch nach den angestellten Culturversuchen keine Bacterien in
diesem Secrete führten, welche nur auf alkalischem Nährboden aerob
zu wachsen vermögen; dagegen wurde 3 mal bei saurer Reaction
des Scheidengrundsecret es aus dem Secret e auf alkalischem Agar bei
aerober Culturmethode Wachsthum erzielt. Es mussten diese Be¬
funde schon darauf hin weisen, dass nicht die von den Scheiden¬
bacillen gelieferte Säure allein das Selbstreinigungsvermögen des
Scheidensecretes aus macht.
lieber den mikroskopischen Befund, den ich bei der Unter¬
suchung dieser 50 Scheidensecrete erheben konnte, habe ich zu
bemerken, dass nicht eine der untersuchten Frauen ein Secret
in der Scheide trug, welches mikroskopisch coccenfrei war. Es
überwogen allerdings meist im mikroskopischen Bilde die Stäbchen-i
bacterien; doch waren unter diesen nur in einzelnen Fällen die
Doederlein’schen Scheidenbacillen, viel häufiger dagegen ziemlich
fette Kurzstäbchen und zierliche, feine Bogenstäbchen sichtbar.
In dem Scheidensecrete, aus welchem Streptococcen gezüchtet
wurden, waren ausser diesen nur noch typische Gonococcen zu
sehen. Die Streptococcen waren nicht zu Ketten, sondern zu
Paaren im Bilde angeordnet. Man konnte sie aber durch die
Gram’sche Färbung sehr leicht von den intracellulär liegenden
Gonococcen differenziren.
Verhältnissmässig selten waren die Secrete, welche an zelligen
Bestandtheilen ausschliesslich Epithelien führten, am häufigsten
diejenigen, in welchen zahlreiche Epithelien und weniger zahlreiche
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870
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Leukocyten zusammen zu sehen waren, ganz vereinzelt nur die,
welche fast ausschliesslich Leukocyten als zeitige Bestandtheile
enthielten. (Fortsetzung folgt.)
IV. Aus der Provinzial-Irrenanstalt in Leubus.
Paralytische Anfälle nicht-corticalen Sitzes.
Von Dr. Clemens Neisser, Oberarzt,
In einer Abhandlung über die Paralytischen Anfälle habe ich
unlängst 1 ) auseinandergesetzt, dass die sogenannten Anfälle nicht
eigenartige Sondererscheinungen im Verlaufe der Krankheit bilden,
sondern dass sie sich nur theilweise und mehr quantitativ aus
dem Rahmen des paralytischen Gesammtprocesses herausheben
lassen. Die sehulmässige Lehre, dass die Anfälle entweder apo-
plekti- oder epileptiformer Natur seien, erwies sich selbst klinisch-
descriptiv in keiner Weise als zureichend, die damit gegebene Um¬
grenzung als willkürlich und nicht von den wesentlichen Eigen¬
tümlichkeiten hergeleitet. Eine umfassende klinische Betrachtung
ergab vielmehr, dass die sogenannten Anfälle als besonders acute
Schübe des sonst, wenn auch unter vielfachen Intensitätsschwan¬
kungen, so doch im allgemeinen mehr allmählich progressiv ver¬
laufenden Krankheitsprocesses imponiren. Worauf diese Exacer¬
bationen beruhen und wie sie vor sich gehen, wissen wir nicht,
ebenso wenig wie wir über die Bedingungen etwas Näheres wissen’
unter welchen die Remissionen im Krankheitsverlauf der pro¬
gressiven Paralyse zustande kommen.
Früher haben die Autoren bei ihren Deutungsversuchen in
einseitiger Weise die Allgemeinsymptome sowie die meist flüchtige
Natur der etwa gleichzeitig mit denselben auftretenden Heerdsym¬
ptome fast ausschliesslich berücksichtigt. Indess leuchtet ein, dass
für die Ermittelung des zu Grunde liegenden pathologischen Pro¬
zesses nur solche Fälle verwerthbar sind, bei welchen ein einwands¬
freier Schluss auf die locale Genese der Symptome klinisch mög¬
lich ist. Dies wird natürlich nur unter besonderen Umständen
und bei einer Minderzahl von Fällen zutrefifen. Eine solche sorg¬
fältige Beschränkung in der Auswahl ist ja bei der Beurtheilung
gehirnpathologischer Fragen durchweg geboten. Für das Studium
der paralytischen Anfälle kommen demgemäss in erster Linie solche
Fälle in Betracht, in welchen nach dem Anfalle Heerdsymptome
von dauerndem Bestände zurückgeblieben sind, sodann solche
Fälle, in welchen in verschiedenen successiven Anfällen die glei¬
chen Heerdsymptome sich wiederholt haben, und endlich solche, bei
welchen ein plötzliches Einsetzen von motorischen oder sensorischen
Ausfallssymptomen ohne irgend welche erheblichere Allgemein¬
symptome erfolgt ist.
Li ss au er hat das Verdienst, in klarer Erfassung dieser kli¬
nischen Gesichtspunkte systematische und erfolgreiche anatomische
Untersuchungen vorgenommen zu haben. Unter Vermeidung von
Einzelheiten, bezüglich deren ich auf seine Originalmittheilungen ,2 )
sowie auf meine Abhandlung») verweise, führe ich an, dass in
denjenigen Rindenterritorien, auf deren Läsion der klinische De-
tect hinwies, sich ein sehr erheblicher, schichtweise sogar völligei
Schwund des specifischen Gewebes, namentlich der Ganglienzellen
ergab, ausserdem Degeneration im Marklager und in ganz be¬
stimmten Sehhügelabschnitten, welche als höchstwahrscheinlich
secundäre gedeutet werden musste. Nach Li s sau er stellt die
von ihm gefundene Rindenläsion „nur einen ganz ungewöhnlich
hohen Grad des systematischen Degenerationsprocesses dar, welcher
überhaupt die Paralyse ausmacht.“ Seine anatomischen Unter¬
suchungen führten ihn zu dem Schlüsse: „Die paralytischen Anfälle
erscheinen danach als ein plötzliches Anschwellen des paralytischen
Processes in bestimmten Rindenterritorien.“
1St 8< J r ZU plagen, dass ^ Lissauer nicht mehr ver-
gönnt war die ausführliche Publication seiner Untersuchungen
seine^tz^ 8 Th ge “’ um durch ausreichendes Thatsachenmaterial
aTo- JI T wf zu stützen ' Die Ton ihm vorliegenden kurzen
» geSt ? tte " z , unäc hst nur das als erwiesen zu erachten,
d ? ht d *anatomischen Residuen des Anfalls sich qualitativ
tv^nh Jnte rscheiden von denjenigen des langsamer verlaufenden
Ä he A n n Kra ? khelte ' )r0 ~ 0b aber diejenige acute circum-
scnpte Alteraüon, welche klinisch als Anfall sich kundgab und
Hch ^ ber f dle Seschilderto intensive Degeneration einsetzte, wirk-
p f “ £ nscbw ellen des sonst langsam zur Atrophie
wÄÄ b6rUht ° der . ob dieselbe »«* durch irgend
welche Beson derheiten ausgezeichnet ist, zur Entscheidung dieser
«and Enke ^89l yti8ChenAnnUle - Hinis ^r Vortrag. Stuttgart, Ferdi-
No.4(i
Frage hat Lissauer Anhaltspunkte nicht gegeben. Hier besteht
also noch eine Lücke in der anatomischen Beweisführung welche
künftige Arbeiten auszufüllen haben werden, Jedenfalls aber ist
es eine Thatsache von grosser Tragweite, dass bei denjenigen An¬
fällen, bei welchen die klinischen Symptome überhaupt einen An¬
griffspunkt für die anatomische Prüfung verstatten, regionär eine
im Wesen gleichartige, quantitativ aber auffällig intensiver ent
wickelte Degeneration als sonst bei dem paralytischen Processe
sich als charakteristischer Befund in den daraufhin untersuchten
Fällen regelmässig ergeben hat. 1 ) Diejenigen Anschauungen, zu
welchen wir durch die klinische Betrachtung unabweisbar’ge¬
führt wurden, haben damit eine wichtige positive Unterlage ge¬
wonnen. J
Solange wir den pathologisch-anatomischen Hergang nicht ge¬
nauer kennen, muss die Frage offen bleiben, durch welche der
Affection etwa innewohnenden mechanischen Momente die häufig
im Vordergründe stehenden Allgemeinerscheinungen der Anfälle
ausgelöst werden. Man kann sich vielleicht denken, dass der ra¬
pide Untergang umfänglicher Nervengewebspartieen eine negative
Druckschwankung und somit den Insult bedingt. Ich habe in
meiner Abhandlung diese Hypothese aufgestellt, ich möchte aber
kein besonderes Gewicht auf dieselbe legen, zumal die inzwischen
bekannt gegebenen Untersuchungsbefunde von Nissl über Ganglien¬
zelldegeneration und Gliawucherung damit schwer vereinbar sind.
Das aber muss unbedingt festgehalten werden, dass die Insult¬
erscheinungen nur Nebenwirkungen sein können, abhängig von
den räumlichen Verhältnissen und der Angriffsweise der Schädlich¬
keit. Dass nicht selten nur Allgemeinerscheinungen die Anfälle
constituiren, sowie dass die Heerdsymptome, wenn solche auf¬
getreten sind, in der Mehrzahl der Fälle sich rasch, mindestens
theilweise ausgleichen, ist auch nach unserer Auffassung von dem
V esen der Anfälle sehr erklärlich. Es kann ja in keiner Weise an¬
genommen werden, dass das Fortschreiten des Krankheitsprocesses
durch die physiologische Zusammenordnung der nervösen Elemente
zu besonderen Centren territorial bestimmt werde, und es wird
deshalb nur unter besonderen Umständen ein distincter Functions¬
ausfall als direktes Heerdsymptom resultiren. Andererseits darf es
wohl als sicher gelten, dass bei jeder acuten Läsion zunächst eine
grössere Anzahl von nervösen Elementen functioneil versagen, als
von derselben unmittelbar betroffen sind. Sodann aber muss auch
an ein vicariirendes Eintreten der anderen Hemisphäre gedacht
werden.
Die Schwierigkeit, zu der geschilderten Auffassung der paraly¬
tischen Anfälle als von acuten circumscripten Rindenläsionen zu
gelangen, lag, wie wir gesehen haben, hauptsächlich in den Er¬
scheinungen des Insults begründet, welche dieselben zu begleiten
pflegen und welche die pathogenetischen Beziehungen der Sym¬
ptome. naturgemäss mehr oder weniger zu verdecken geeignet sind.
Nun ist aber, wie die klinische und anatomische Untersuchung
lehrt, wohl in keinem Falle der paralytische Process blos auf
die Rinde beschränkt. Es ist deshalb von principieller
Wichtigkeit, zu ermitteln, ob auch anderweitig im Ge¬
hirn oder Rückenmark bei Paralytikern ein anfalL-
weises acutes Fortschreiten des Krankheitsprocesses
stattfindet.
Ich möchte nun einen Fall mittheilen, bei welchem die Sym¬
ptome eines Anfalls auf einen subcortiealen Sitz der Läsion hin-
wiesen.
C K., Gastwirth, 44 Jahre alt, kein Potator, frühere Lues wahr¬
scheinlich. Anfang dieses Frühjahres Kopfverletzung. Seitdem Schmerzen
im Hinterkopf. Im April d. J. wurde er aus geringfügiger Ursache von
einem Polizisten zur Bestrafung notirt. Danach höchst aufgeregt, zitterte
am ganzen Körper, erzählte ängstlich immer wieder, was ihm passirt war.
Seitdem deutlich geistesgestört, er ging wie träumend umher, wurde
schlaff, träge und vergesslich, schlief überall ein und war überhaupt den
ganzen Tag schläfrig. Im Mai ein schwerer Ohnmachtsanfall. All¬
mählich unruhiger, verkehrtes Treiben, lief in fremde Häuser, nahm be¬
liebige Sachen an sich, wurde bei Einspruch gewaltthätig etc. Bei der
Untersuchung durch den Kreisphysikus zeigte er sich verwirrt, wusste
weder Datum noch Jahreszeit, lief unruhig hin und her, war dabei w
euphorischer Stimmung, lachte über seine Antworten, wie wenn er ein® 11
Witz gemacht hätte. Von einer Sprachstörung berichtet der Kreis*
physikus nichts. Zehn Tage danach, am 2. Juli d. J., wurde Patient io
unsere Anstalt gebracht. Ich notirte bei der Nachmittags erfolgenden Auf¬
nahme: Patient in Zwangsjacke zugeführt, direktionslos im EmpteuS 8 '
*) Lissauer’s Befunde, sowie ein späterer analoger von Ascher
erhobener (Allg. Zeitschr. für Psych. Bd. 49, S. 256 ff) beziehen sich aus¬
schliesslich auf sensorische Ausfallserscheinungen. Brie .hat aber n»
einem Falle von motorischen Heerdsymptomen eine entsprechende hjn-
denläsion in der Centralwindung gesehen (Allg. Ztschr. f. Psych- Bd.*«
S. 682). Die zum Theil abweichenden Ergebnisse von Zagari (Neuroteg.
Centralbl. 1891, S. 108 ff.) können keine Beweiskraft beanspruchen, da < 1
über die anatomisch untersuchten Fälle vorliegenden klinischen 1
durchaus ungenügende sind.
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15. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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zimmer umherirrend, sagt mit grösster Anstrengung unter vielen Muskel-
verrenkungen seinen. Namen. Andere Anfragen bleiben unbeantwortet, er
ertheilt aber offenbar wiederholt bezügliche Impulse, ohne dass otwas
anderes als grimassirende mimische Muskelbewegungen resultiren. Er¬
hebliche Pupillendifferenz, rechts maximal erweitert, links ziemlich eng;
nur die linke reagirt ein wenig auf Belichtung. Anscheinend auch Seh¬
störung, da Kopfstellung und Blickrichtung nicht ganz übereinstimmen.
Näheres nicht zu prüfen möglich. — Der sehr verständige Begleiter be¬
hauptet mit Bestimmtheit, dass Patient heute frühmorgens noch habe
leidlich gut sprechen können; etwas erschwert sei die Sprache schon
einige Zeit (ob seit dem Anfall im Mai, weiss er nicht) gewesen; diese
grobe Störung habe sich aber erst heute unterwegs eingestellt, ohne dass
Krämpfe, Ohnmacht und dergleichen vorhanden gewesen sei. Patient hat
auf der Reise zu Mittag gegessen und getrunken, „musste es aber etwas
langsam gereicht bekommen.“ — Bald nach der Aufnahme, während des
Bades, fand ich ihn etwas geordneter, Sprache auch etwas besser, wenn¬
gleich immer noch kolossal erschwert. Versteht alle Fragen, vergisst aber
sehr oft mittendrin in der Beantwortung fortzufahren, muss immer von
neuem stimulirt werden. Findet für die verschiedensten vorgehaltenen
Gegenstände, soweit bei der erschwerten Articulation ein zuverlässiges
Ürtheil hierüber möglich ist, anscheinend sofort die richtige Bezeichnung.
Am Abend war Patient unruhig, liess sich nicht dirigiren, fiel Nachts aus
dem Bette und schlug sich eine Wunde am linken oberen Augenlide. Zur
Sicherung des Verbandes wurde Patient dann einige Tage unter der Ein¬
wirkung von Narkoticis gehalten, so dass er der Beobachtung gewisser-
inaassen entzogen war. Danach trat im ganzen eine Besserung ein; er
blieb ruhig im Bette liegen und war soweit geordnet, dass es beispiels¬
weise möglich war, ihn das Alphabet und einige andere Proben schreiben
zu lassen. Die Sprache war dick und schwerfällig, dabei ein wenig
explosiv und auch von mancherlei Mitbewegungen begleitet, aber doch
nicht entfernt so gestört wie bei der Aufnahme. Schlucken ohne
Schwierigkeiten, Patient isst dauernd die volle Kost.
So blieb es ungefähr eine Woche. Dann wird eines Tages gemeldet,
dass Patient unruhig werde und nicht im Bette bleibe. Als ich ihn bald dar¬
auf sah, bot er ein sehr merkwürdiges Bild. Er wollte beständig reden; sobald
er aber einige Worte begonnen hatte, hielt er plötzlich wieder inne, mit der
Hand den Unterkiefer fest nach oben pressend. Dabei machte er die ab¬
sonderlichsten mimischen Gebärden, riss die Augen auf und schnob mit
der Nase, sperrte den Mund weit auf, hielt ihn lange Zeit offen, machte
mit der Zunge einige unbehülfliehe Bewegungen, holte geräuschvoll Athem;
manchmal nahm das Gesicht den Ausdruck an von Jemandem, der gern
niesen möchte, aber nicht kann. Die wenigen Worte, welche er hervor-
stiess — meist dieselben: „ich kann nicht reden — wenn ich das Maul
nicht festhalte“ — kamen mit grosser Anstrengung und einer Fülle von
Mitbewegungen, aber in ihrem sprachlichen Aufbau in keiner Weise ver¬
stümmelt heraus. Sie standen ihm auch offenbar geistig zur Verfügung,
nur die articulatorische Coordination versagte. Eine genauere Analyse
des fehlerhaften Mechanismus gelang nicht. Alle einzelnen befohlenen
Zungenbewegungen konnten vollzogen werden, wenn auch zum Theil schwer¬
fällig, Mund öffnen und schliessen, seitliche Kieferbewegungen und Ver¬
ziehungen der Mundwinkel waren, wenn auch oft wiederholte Versuche
nothwendig wurden, ausführbar. Speichelfluss war nicht vorhanden. Sehr
intensiv bestand aber ein Tremor der linksseitigen Wangen- imd Lippen-
rauskulatur, dieselbe bebte und flatterte beständig und namentlich bei allen
mimischen, sprachlichen etc. Bewegungsversuchen in hochgradiger und
auffälliger Weise. Ferner bestand ein starker Tremor der rechten oberen
Extremität, welcher sich bei intendirten Bewegungen zu heftigen Rucken
steigerte, so dass Patient trotz lebhaften Bemühens auf Geheiss nicht im¬
stande war, einen einzigen Buchstaben zu schreiben. Sofort fuhr die Feder
in grober Excursion und ungeregelter Schleuderbewegung über das Papier
oder glitt weit ab von der Unterlage. Bei längerer Fortsetzung der Unter¬
suchung theilte sich der Tremor allmählich auch der übrigen Muskulatur
des Körpers mit, wenn auch in geringerem Grade. Dabei schien die grobe
Kraft im rechten Arm deutlich herabgesetzt, während dieselbe am linken
Arm und an beiden Beinen sowohl in der Beuge- wie Streckmuskulatur
ausgiebig erhalten war. Keine Ataxie oder Lähmung an den unteren
Extremitäten. Kniephänomene beiderseits, wie auch vorher schon, sehr
lebhaft. Kein Fussklonus, keine Blasen- oder Mastdannlahmung, keine
Pupillenverengerung (die rechte blieb extrem weit, die linke eng, aber
reactionsfähig). Schlucken von festen Bissen unmöglich, nur
flüssige Nahrung konnte vorsichtig gereicht werden. Dieser Zustand hielt
mit geringen Intensitätsschwankungen etwa drei Tage an. Dann schlief
Patient viel, fast einen ganzen Tag. Die Sprache besserte sich, die fort¬
währenden Nachhülfeversuche des Patienten mit der Hand an Mund und
Kiefer fielen fort, der Tremor der rechten oberen Extremität hörte auf,
es blieb aber eine linksseitige Facialisparese zurück, und das Schlucken
von festen Bissen war erst nach sieben Tagen wieder möglich und ist
seither ungestört.
Es handelte sich also um ein plötzliches Einsetzen einer
Störung in dem coordinatorischen Gefüge des Schluckactes und
der Sprache sowie in geringerem Grade auch der . Respirations¬
bewegungen, ferner der Motilität in dem linksseitigen Facialis-
gebiete und der rechten oberen Extremität. Von Allgemein¬
erscheinungen bestand nur eine etwas gesteigerte Unruhe, welche
sich in incohärenten Bewegungsantrieben und vielleicht in einem
ganz leichten Grade von Angst kundgab.
Ich möchte diesen Anfall als bulbären bezeichnen, indem ich
glaube, dass dieser Name auch für solche Läsionen sich rechtfertigt,
welche die von der Rinde zu den Kernen ziehenden Leitungswege
botreffen. Dass die nicht zur Sprache gehörigen einseitigen Be¬
wegungen der Zunge, Lippen und Wangen durch besondere Nerven¬
fasern im Gehirn vertreten sind (und deshalb in ihrer Function im
wesentlichen erhalten sein können bei Störungen der motorischen
Bahn der Sprache), ist nach Wer nicke durch pathologische Er¬
fahrungen ausreichend sichergestellt. Wollte man den Symptomen-
complex in unserem Falle anstatt ihn auf die Gegend der Brücke
zu beziehen, vom Cortex aus entstanden denken, so müsste man
multiple doppelseitige Läsionen als vorhanden annehmen. Es wäro
dann aber doch auffällig, dass Allgemeinerscheinungen fast gänz¬
lich fehlten, und ferner wäre es kaum zu verstehen, wieso bei so
schwerer Störung des Schluck- und Spraehapparates die übrigen
von den betheiligten Nerven abhängigen Bewegungen relativ wohl¬
erhalten bleiben konnten.
Im Anschluss hieran möchte ich trotz lückenhafter Notizen
eines anderen Anfalles bei einem Paralytiker kurz Erwähnung thun,
welchen ich für einen spinalen angesprochen habe.
Von einem vorgeschrittenen Paralytiker, welcher aber noch so weit
rüstig war, um körperliche Arbeit zu leisten, zur Zeit jedoch wegen einer
unerheblichen Brandwunde das Bett hütete, meldete der Wärter, dass er
über Schmerzen in den Beinen klage und „Krampf“ habe. Als ich hinzu¬
kam, war nichts mehr zu constatiren und auch von dem stumpfen Patienten
nichts genaues zu erfahren. Soweit es durch Befragen des Wärters zu
ermitteln war, hatte der Patient nicht das Bewusstsein verloren, sich auch
nicht geschüttelt oder Zuckungen gehabt , er habe bloss mehrfach ge¬
klagt, dass es ihm die Glieder schmerzhaft zusammenziehe, und die Beine
seien ganz steif gewesen. Die oberen Extremitäten seien nicht oder sicher
nicht erheblich betheiligt gewesen und auch nicht das Gesicht. Im Laufe
dos Tages wurde nichts Auffälliges bemerkt. Am folgenden Tage konnte
Patient nicht aufstehen, war weinerlich und verdrossen, konnte das
Wasser nicht halten und hatte ausgeprägte hochgradige Ataxie und
Schwäche in den Bewegungen der unteren Extremitäten, während die
oberen nur gesteigerten Tremor zeigten. Er konnte sich nur mit Mühe
im Bett aufsetzen, die Beine wurden ihm dann über den Bettrand ge¬
hoben, und als er nun sicli aufstellen sollte, nahm er in sehr charak¬
teristischer Weise eine breite Spreizstellung ein, um die Balance zu er¬
halten. Bei dem Versuche, zu gehen, wäre er ohne Unterstützung schon
beim ersten schleudernd erfolgenden Schritte hingefallen. Die Sensibilität
war bei der Stumpfheit des Patienten nicht genau zu prüfen möglich, sie
war auch längere Zeit vorher leider nicht untersucht worden, sicher aber
war sie jetzt an den Beinen erheblich herabgesetzt. Die Kniephänomene
waren, wie auch früher schon, links aufgehoben, rechts leicht gesteigert.
Eine intercurrente Pneumonie verhinderte dann die Fortsetzung der Unter¬
suchungen an dem Patienten. Er hat sich aber im Laufe einer Wocho
soweit erholt, dass er wieder gehen kann, wenn auch wesentlich atactischer
als vor dem Anfalle; eine geringe Incontinenz der Blase ist bestehen ge¬
blieben.
Die Beobachtung des Falles ist, wie von vornherein bemerkt,
eine nicht ausreichende. Immerhin dürfte nach dem Auftreten von
anscheinend lediglich tonischen Krampfzuständen, dem ausschliess¬
lichen Befallensein beider unteren Extremitäten und der Blase die
Annahme eines spinalen Processes sich rechtfertigen.
Endlich möchte ich noch auf besondere Erscheinungen hin-
weisen, welche mitunter nach Anfällen auftreten und weiche früher
nicht leicht einer Erklärung zugänglich schienen. Es kommt näm¬
lich vor, dass die wesentlichste Störung, welche der Anfall setzt,
eine hochgradige Schwäche ist, welche namentlich die unteren
Extremitäten befällt und zu jeder Leistung, selbst manchmal zum
Stehen unfähig macht. Dabei handelt es sich nicht um eine eigent¬
liche Lähmung, weder um einen Ausfall der Bewegungsvorstellungen,
noch um eine Lähmung einzelner Muskeln oder Muskelgebiete,
sondern es ist eben nur eine äusserste Hinfälligkeit und Kraft¬
abnahme insgesammt zu verzeichnen. Daran pflegt sich ein all¬
gemeiner Rückgang und eine progressive, oft rapide Abmagerung
anzuschliessen. Sollte man nach den interessanten Ergebnissen der
Luciani’schen Untersuchungen nicht an einen cerebellaren Sitz
der Läsion in solchen Fällen denken müssen? Leider habe ich,
seitdem mir Luciani’s Arbeit bekannt geworden, einschlägige
Fälle nicht mehr gesehen, und beweisende Krankengeschichten stehen
mir nicht zur Verfügung. Ich möchte deshalb diese Mittheilung
nur als eine beiläufige Anregung für weitere Beobachtungen an¬
gesehen wissen.
Y. Aus dem Hospital zum heiligen Geist in Frankfurt a. M.,
chirurgische Abtheilung von Dr. Harbordt.
Ein Fall von Hydrocele muliebris.
Von Dr. med. W. Lierinann,
ehemaligem Assistenzarzt der Abtheilung.
Wie der Processus vaginalis peritonei beim Manne durch Kicht-
obliteration Veranlassung zu mannigfachen pathologischen Vor¬
gängen giebt, so kann auch das Persistiren desselben beim \\ eibe
analoge Veränderungen hervorrufen. .
Die eingehenden Untersuchungen über den Processus vaginalis
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Ürigiral frem
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
S72
poritonei von H. Sachs, 1 ) der es sich zur Aufgabe machte, die dies¬
bezüglichen entwicklungsgeschichtlichen Vorgänge an einer grossen
Zahl von Kinderleichen anatomisch klarzulegen, haben dargethan,
dass der Processus vaginalis des Weibes — Diverfciculum Nuckii
genannt — normaler Weise schon innerhalb des intrauterinen
Lebens verschwindet. Sachs kommt fernerhin zu dem Resul¬
tat, dass der offene Processus vaginalis beim Manne sowohl
wie beim Weibe viel häufiger auf der rechten Seite, als linker¬
seits angetroflfen wird und dass beim Weibe der durch Offen¬
bleiben des Processus vaginalis gebildete Canalis Nuckii im
späteren Alter ebenso häufig angetroflfen wird wie gleich nach
der Geburt.
Ebenso wie sich beim Manne in persistirenden grösseren
oder kleineren Resten des Processus vaginalis peritonei Flüssig¬
keitsansammlungen bilden können, ein Zustand, den wir als Hydrocele
bezeichnen, so können sich auch in analoger Weise in dem persi¬
stirenden Canalis Nuckii des Weibes derartige pathologische Ver¬
änderungen vollziehen. Es ist dieser analoge Zustand beim Weibe
als Hydrocele muliebris bezeichnet worden.
Hennig 2 ) hat seinerzeit unter diesem Namen, mit Hinzu¬
rechnung zweier selbst beobachteten Fälle, 41 Fälle in der ge-
sammten Litteratur zusammenstellen können, was schon ein Be¬
weis für das nicht häufige Vorkommen der genannten Affection
sein dürfte.
Trotzdem ist die sogenannte Hydrocele muliebris nicht als ein
pathologisches Curiosum zu betrachten, sondern die erheblichen
Beschwerden und die diagnostischen Irrthümcr. zu denen die Affec¬
tion Veranlassung geben kann, machen es nothwendig, sich mit
den Erscheinungen derselben vertraut zu machen. Gerade was die
diagnostischen Irrthümer bei der Hydrocele muliebris anbetrifft,
so hat Hennig mit Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die
meisten der genannten Wasserbrüche bis jetzt zuerst für Darm¬
brüche gehalten wurden.
Dass sich je nach dem Sitz dieser Hydrocelen — d. h. je nach¬
dem sie den Leistencanal ganz oder theilweise ausfüllen, mit der
Bauchhölüe communiciren oder sich zu vollständig abgeschlossenen
Bälgen hei ausbilden sowohl die klinischen Symptome, wie auch
der anatomische Befund sehr verschieden gestalten können, liegt
auf der Hand. Ich will auf diese verschiedenen Möglichkeiten hier
nicht näher eingehen, sondern auf das Hennig’sche Referat ver¬
weisen, wo im Anschluss an die 41 citirten Fälle sowohl die
Diagnosenstellung, wie die klinischen Symptome, die Verschieden¬
heit des Sitzes der Hydrocele und der sich daraus ergehende patho¬
logische Befund des näheren geschildert sind.
Einen von uns vor kurzem beobachteten Fall glaube ich auch
U ? t< : r (lem Namen Hydrocele muliebris zu¬
sammengefassten Fälle rubnciren zu können, und dürfte derselbe
besonders auf Grund des anatomischen Befundes von Interesse sein.
G., Therese. 28 Jahre, Näherin, wurde am 2. November 1891, nach-
6ch . on 11 ,nehrore Woelmn i n ärztlicher Behandlung gewesen war
T -T f °? erativGn Eingriffes einer nicht repoSrbaren rechts-’
nommen. L st<?nhCmie * llf dßr t ‘ hiri,I ^ ischon Abtheilung aufge-
wol . Anan \ ne ^ ergab folgendes: Menstruation trat mit 17 Jahren ein
reg °l mäs > slg und ohuo Beschwerden. Vor 3 Jahren bemerkte
Patientin zuerst eine etwa haselnussgrosso Schwellung in der rechten
Leistengegend, die ihr jedoch keinerlei Beschwerden machte In den
nächstem Jahren nahm diese Schwellung langsam und stetig zu Die
«rsten Bc»ch« cr den v°n Seiten der Geschwulst tretenzufrstv„7ctwa
L d or * o«,, °i n n t c'nS to! fp 0 ' °"' l "' stand ? n in “»‘woise ziehenden Schmerzen
4 't { i! • I ^ lu » enn gen gastrischen Beschwerden Vor
s ca; ÄsiEiicSir |
als prUdisp<mircndes^Mmnent*'^ür™ ie^^insspr/'T° Ce ^ SU i vag . iualis l>eritonr-i
beck’g Archiv Bd. 35 “ 321 erC Lunge«.
Bd. 25, HoSTs. m"' nmliehris. Archiv für (ivnhlcologi,.
- —- • • , : _ __ _ _ No.
der genannten Geschwulst, ist unter den Bauchdcckou oino zweite"^,
kleinere Geschwulst zu filhlen von etwas härterer Consistenz und th
längsovaler Form. Diese zweite Geschwulst, die sich direct an die
genannte ansetzt ist viel druckempfindlicher und fast gar nicht vetscMeb'
fingen nfekt ° G< ’ SChwulst na< * »«• a reponiren gc
Nachdem am 3. November morgens auf Oloum Rieini Stuhl erfolvl
war, wird abends 5 Ohr zur Operation geschritten. In Narkose Län»?
schnitt paraUel der Inguinalfalte über die äusserlich sichtbare Gosel,«K
Nach Dnrchtrennung der Bauchdecken zeigt sich in der Tiefe eine klein
hühnereigrossc Geschwulst. Beim Einschneiden derselben entleert «H
unter Ziisammcnfallon der Geschwulst, hellgelbe Flüssigkeit. Nach UL
ligom Aufschneidon und Siehtbarmachen der Innonfläche des GcschmiUi
sackes zeigen sich an dem oberen äusseren Winkel desselben nobenoin’
ander zwei haselnussgi-osse gefüllte Cysten mit bläuliehweissor Wandim»
Dieselben sitzen nur an einem kleinen kurzen Stiel der Wandune £
Sackes an. Ans diesen beiden Cysten entleert sich beim Einschneiden,
wasserhclle Flüssigkeit. Von dem oberen äusseren Winkel des erst
geöffneten Sackes gelangt man mit. der Holilsonde durch eine enge Snail,
in das Innere eines zweiten Sackes. Nachdem derselbe durch Vorlimw-
rung des Hautschnitts und Durchtrennung der Bauchdecken frcigelcgt ist
präsentirt sich dieser zweite Sack als eine zweite etwas kleinere Go-
schwulst als die zuerst eröffnet«. Beim Einschneiden fallt diese Gc-
schwulst ebenfalls zusammen, und cs entleert sich diosclbe gelbliche
t lüssigkeit. Beide Bälge lassen sich vollkommen exstirpireu. Der durch
diese Exstirpation geschaffene Hohlraum ist gegen dio Bauchhöhle voll¬
ständig abgeschlossen; ebenso vollständig ist der Abschluss nach (kr
beite und nach unten. Die Incisionswunde wird vom&lit und im unteren
Winkel drainirt. Dio W r imdheilung verläuft normal. Am vierten Tage
nach der Operation erfolgt auf Einlauf normaler Stuhl. Patientin wird
am 18. November geheilt entlassen, nachdem von Seiten des Mageus und
Darms keinerlei Beschwerden mehr aufgetreten waren und jegliche Kost
gut vertragen wurde.
Die anatomische Untersuchung der beiden exstirpirtcu, sandulirföniiig
nebeneinander gelagerten Geschwulstsäcke ergab eiuen fibrösen Balg mii
einer 1 min dicken W andung, sowio seröse, mit Plattenepithel ausgo-
kloidete, nicht ganz glatte Innenfläche. Die beiden hasselnussgrosseii
Oys ton zeigten eino durchsichtige, aus Bmdegewebsstroma bestehend^
Wandung und waren mit Endothel ausgekleidet.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Entstehung der
hier geschilderten Affection auf die Persistenz des Canalis Nuckii
zurückzuführen ist, der sich in unserem Falle innerhalb des
Leistencanals völlig abgeschlossen hatte.
Was nun die eigentümliche Sanduhrform der beideu Bälge
anbetrifft, in deren einem sich noch dazu zwei fast völlig isolirtc
kleine Cysten yorfanden, so giebt uns auch hier das analoge Vor¬
kommen derartiger Formen von Hydrocele beim Manne Aufschluss.
Von der Hydrocele funiculi spermatici, die mit der hier be¬
schriebenen am meisten analog sein dürfte, kommen eine Reihe von
Abnormitäten in der Form des Sackes vor, welche als Hydrocok
bilocularis bezeichnet werden.
Es sind insbesondere von Kocher (Krankheiten der männ¬
lichen Geschlechtsorgane 1887) viele derartige Fälle zusammenge-
stellt worden, und auch gerade das Vorkommen von multiplen,
endothelbekleideten Cysten innerhalb derartiger Hydroceleusärkc
findet sich analoger Weise beim Manne.
Während sonst die Entstehung, die Symptome und der V cr-
lauf des hier geschilderten Falles mit den von Hennig be¬
schriebenen übereinstimmt, so dürfte der anatomische Befund einen
neuen Beitrag zu der Vielgestaltigkeit auch der Hvdrocele mulie-
bris liefern.
Auch unser Fall gab anfangs zu dem diagnostischen Irrthum,
den \\ asserbruch für einen Darmbruch zu nehmen, Veranlassung-
Was uns zum operativen Eingriff veranlasst«, war die Annahme,
dass wir es mit einer incarcerirtcn Netzhernie zu thun hätten. V ir
vermutheten in der äusseren Geschwulst den mit Bruchwasser an¬
gefüllten Bruchsack, während nur die kleinere unter den Baueh-
decken gelegene, druckempfindlichere Geschwulst der eingeklemmte
Netztheil zu sein schien.
Dass erst die Operation uns die völlige Aufklärung brachte,
ist ein Beweis dafür, dass trotz des seltenen Vorkommens dei
Hydrocele muliebris es doch angebracht erscheint, hei dem Di 3-
gnosticiren von Leistenhernien beim weiblichen Geschlecht, insbe¬
sondere bei nicht ganz klaren Fällen, auch die Möglichkeit ehrni
solchen Hydrocele in Betracht zu ziehen.
Herrn Dr. med. A. Harbordt, Chefarzt der chirurgischen Ab¬
theilung, bin ich für die gütige Ueberlassung des obigen Falles zu
besonderem Dank verpflichtet.
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15. Novoniber._ DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT. 873
VI. Aus der Universitäts-Frauenklinik in Giessen.
Die operative Behandlung des tuberkulösen
Ascites.
Von Dr. G. Frees, Assistenzarzt der Klinik.
(Schluss aus No. 45.)
Der Befund am Peritoneum war in allen Fällen der
charakteristische: Die Parietal- und Visceralserosa war in dem
einen Falle mehr, im anderen weniger dicht mit grauen, hirsekorn-
bis erbsengrossen Knötchen besetzt. Die specifische Natur dieser
Knötcheneruption wurde durch die histologische Untersuchung
excidirter Stückchen, bei denen allerdings der Nachweis von Bacillen
nur selten gelang, und durch den Befund tuberkulöser Erkran¬
kungen in anderen Organen sichergestellt. Diese Knötchen¬
eruption wird in der Regel nach dem kleinen Becken hin
«lichter und ist im Cavum Douglasii und an der hinteren Fläche
der Ligamenta lata meist am stärksten. Hier sitzen auch die
grössten, oft erbsen- bis bohnengrossen Knoten, welche in einer
grossen Zahl von Fällen schon bei der Untersuchung vom Scheiden-
gew f ölbe oder noch besser vom Mastdarm aus der Diagnose zugäng¬
lich sind. Es kommt dies nicht daher, wie es wohl den Anschein
haben könnte, weil die Tuberkulose des Peritoneums von einer
primären Genital- und hier besonders von einer Tubentuberkulose
ihren Ausgang genommen hat — so häufig ist dies, wie bereits
erwähnt, nach der Statistik nicht —, sondern weil sich die im
Transsudat suspendirten Bacillen, so spärlich sie auch sein mögen
(im letzteren Falle haben wir z. B. vergeblich das Sediment
daraufhin untersucht) an die tiefste Stelle der Bauchhöhle
senken und hier, wenn auch nicht zuerst, so doch in ausgedehntester
Weise die typischen Wucherungen veranlassen. Schon dieser
Umstand allein scheint mir nebenbei auch für den infectiösen
Ursprung derartiger Eruptionen zu sprechen.
In unseren Fällen war zweimal mit Wahrscheinlichkeit anzu¬
nehmen, dass die Erkrankung von den Tuben ausgegangen war
(Fall 1 und 2), doch war die Verbreitung eine so universelle, dass
von einer Exstirpation dieser Theile Abstand genommen wurde
(der eine Fall [2], 1889 operirt, ist bis jetzt gesund geblieben);
in drei anderen Fällen wiesen der klinische Verlauf und der Befund
so zweifellos auf primäre Genitaltuberkulose hin, dass in Fall 5
die rechten Anhänge, in Fall 10 beide Tuben und im Fall 17
eine Pyosalpinx dextra mit käsigem Inhalt und ein Ovarialtumor
von derselben Beschaffenheit entfernt wurden. Die letzten zwei
Fälle sind, wie ich gleich anfüge, bis jetzt gesund geblieben.
Bezüglich der Technik wäre noch kurz zu bemerken, dass
die Incision möglichst klein in der Linea alba angelegt wird, der
Ascites wird langsam abgelassen, aus dem kleinen Becken möglichst
vollständig aufgetupft, und dann wird nach kurzer digitaler Ex¬
ploration — wenn kein weiterer Eingriff angeschlossen wird — die
Bauchwunde geschlossen. Drainirt wurde in einigen Fällen die
ersten Tage, ohne dass irgend ein Unterschied gegenüber den nicht
drainirten Fällen zu bemerken gewesen wäre.
Das Alter der Operirten schwankte zwischen 13 und 60 Jahren.
Ueber die Erfolge der Laparotomie wäre nun folgendes
anzuführen: die unmittelbare Mortalität infolge des Eingriffes be¬
trug 0 %, d. h. infolge der Operation selbst ist keine der Frauen
gestorben, was für die Indicationsstellung entchieden nicht zu
unterschätzen ist. (Andere Statistiken geben 3—4 °/o Mortalität an.)
Von den 18 Patientinnen nun habe ich über 17 mehr oder
weniger genaue Auskunft erhalten können, nur ein Mädchen, das
im Jahre 1889 operirt w r urde, konnte nicht aufgefunden werden,
doch ist in der Krankengeschichte bemerkt, dass bei der Entlassung
der Leibesumfang wieder so gross war, als bei der Aufnahme, wir
werden also wohl nicht fehlgehen, wenn wir diesen Fall als un-
geheilt mit in Rechnung ziehen. Von diesen 18 Fällen nun sind
bis jetzt sechs (Fall 2, 6, 10, 12, 14 und 17) völlig geheilt ge¬
blieben = 33,3%, neun sind innerhalb des ersten Jahres nach der
Operation theilweise an anderen Complicationen zugrunde gegangen,
eine Patientin starb, nachdem sie sich ein Jahr lang wohl be¬
funden hatte, an Darmtuberkulose (No. 7), eine, die vor einem
Jahr operirt wurde, lebt noch ungeheilt in desolatem Zustande
(No. 15), von einer bin ich ohne Nachricht. Wenn ich die geheilten
Fälle kurz analysiren darf, so zerfallen dieselben in drei Gruppen,
jede mit zwei Fällen:
In zwei Fällen (10 und 17) waren — wie schon erwähnt —
die offenbar primär erkrankten Tuben resp. der Pyosalpinx und
Ovarialtumor entfernt worden; die erste Patientin ist jetzt drei
Jahre gesund und hat sich vor kurzem in der Poliklinik vorgestellt,
ebenso die zweite, die allerdings erst vor einem Jahre operirt
wurde, doch hat sich dieselbe so ausgezeichnet erholt, dass wir sie
wohl auch für die Zukunft als geheilt betrachten dürfen.
In zwei anderen Fällen (12 und 14) genügte eine einmalige
Incision zur Heilung, und zwar wurde die eine 44jährige Patientin
vor 2% die andere, eine 24jährige Frau, vor 1% Jahren operirt..
In den beiden letzten Fällen (2 und 6) endlich war bei der
ersten — einer 24jährigen jungen Frau, die jetzt seit 574 Jahren
gesund ist — eine zweite Laparotomie nöthig gewesen, bei welcher
wieder typische Tuberkelknötchen gefunden wurden; bei der zweiten
60jährigen Patientin brach zu Hause die Wunde wieder auf und
schloss sich erst nach zwei Monaten; sie ist vor vier Jahren operirt
worden.
Gruppiren wir die Fälle etwas anders, nehmen wir diejenigen
aus, bei welchen die offenbar primären Heerde bei der Operation
entfernt werden konnten, so haben wir auf 15 (16) Fälle vier
Heilungen, d. i. ca. 25%, eine Zahl, die mit den von König (1. c.)
und anderen Autoren angegebenen gut übereinstimmt. Wir können
demnach die Sätze, die Herr Prof. Löh lein 1889 auf Grund von
wenigen Fällen aussprach, vollauf bestätigen und in einigen Punkten
noch ergänzen: „Die Incision leistet bei vielen Kranken gewiss
nicht mehr als eine mit vollem Erfolg ausgeführte Punctioii,
sie hat aber dieser gegenüber den Vortheil, dass wir den meist
nicht ganz leicht diagnosticirbaren Krankheitszustand völlig klar
übersehen und dass wir der Gefahr der inneren Blutung aus dem
verdickten, gefässreichen Peritoneum oder der Verletzung der durch
Verlöthungen und Verziehungen dislocirten Därme, wie auch der
ungenügenden Entleerung der Flüssigkeit nicht ausgesetzt sind.
Durch die Incision werden wir auch über den Ausgangspunkt der
Erkrankung in einer Reihe von Fällen belehrt und in vereinzelten
gleichzeitig in die Lage versetzt werden, den primären He erd
der Erkrankung operativ zu entfernen.“ Wenn dies bei den
damals angeführten Fällen noch nicht geschehen war, so haben
wir jetzt von drei Fällen, in denen es möglich war, zwei schöne
Heilerfolge aufzuweisen. Ausserdem wäre noch beizufügen, dass
der operative Eingriff selbst in allen Fällen gut tiberstanden wurde
und also auch in dieser Beziehung zum mindesten nicht viel ge¬
fährlicher erscheint als eine Punction, was bei der Indications¬
stellung, wie schon bemerkt, gleichfalls ins Gewicht fallen dürfte.
Ich möchte doch nicht unerwähnt lassen, dass ich, als ich die
Recherchen nach dem Befinden der Operirten begann, eigentlich
überzeugt war, dass ich nicht viel tröstliches zu hören bekommen
würde, ich war daher wirklich überrascht, als sich kurz hinter¬
einander drei Patientinnen, von denen ich zwei früher in ziemlich
elendem Zustande gesehen hatte, in blühender Gesundheit in der
Poliklinik vorstellten und dann auch von den drei anderen die
günstige Nachricht einlief.
Dies bringt uns zum Schluss noch kurz einmal auf die Frage
von der Mechanik des Heilungsvorganges. Die Fälle, bei
welchen es gelingt, ausgedehnte primäre Heerde zu entfernen, sind
leicht erklärt: nach der Elimination der Infectionsquelle kann der
Organismus seine Kräfte gegenüber dem schwachen Feind, der
zurückgeblieben ist, concentriren und wird leicht mit ihm fertig.
Anders mit der universellen Form ohne ausgesprochenen lokalen
Heerd. Hier liegen die Verhältnisse entschieden nicht so einfach.
Dass äussere Momente — Zutritt chemisch oder antibacteriell
wirksamer Stoffe, von Luft und Licht — hier jedenfalls nur eine
untergeordnete Rolle spielen können, scheint klar. (Die Ansicht
von Braatz 21 ), dass die in der Bauchhöhle an eine anaörobe
Existenz gewöhnten Tuberkelbacillen durch den Zutritt des Sauer¬
stoffs in ihrer Entwickelung gehemmt würden, klingt doch etwas
gewagt.) Die neueren Autoren — Bumm (1. c.), Warneck 22 ).
Lindner 23 ), Kocks 24 ) u. a. m. — sind vielmehr der Ansicht,
dass in den veränderten Bedingungen, die durch den Eingriff im
Organismus, vor allem in der Bauchhöhle und am Bauchfell ge¬
schaffen werden, der Grund für die Heilungsvorgänge zu suchen
ist Die Reaction des Bauchfells auf operative Eingriffe, der Ein¬
fluss der Eröffnung der Bauchhöhle auf den Gcsammtorganismus
sind ja bekannt, besonders wird von Lawson Tait u. a. der
brennende Durst hervorgehoben, der nach anderen Operationen in
dieser Intensität nie auftritt. Mehrfach konnten wir z. B. auch
beobachten, dass Fiebersteigerungen ohne erkennbaren Grund, die
vor der Laparotomie bestanden, nach derselben verschwanden.
(Vor kurzem lag ein derartiger Fall auf der Abtheilung, bei welchem
vor der Operation Abendtempei-aturen bis 38,6 ° bestanden; es wurde
bloss eine Explomtivincision gemacht, da die offenbar von den
Ovarien ausgehenden malignen Tumoren bereits überall ausgedehnte
Metastasen verursacht hatten; die Kranke war nach dem Eingriff
längere Zeit vollkommen entfiebert.) Lawson Tait ist sogar der
Ansicht, dass durch die blosse Laparotomie auch bösartige
Tumoren so beeinflusst werden können, dass sie wenigstens für
lange Zeit keino Symptome mehr machen oder sogar völlig ver¬
schwinden. Auch Gusserow (1- c ) hafc Fäll ® n n^kgner Er¬
krankung des Peritoneums entschieden verlangsamten Verlaut nacn
der Laparotomie gesehen, und Mackenrodt*) bemerkt m der sich
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
874
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4()
an den Vortrag Gusserow *s anschliessenden Discussion, dass
auch er bei retroperitonealen Tumoren, die für bösartig gehalten
werden mussten, nach dem einfachen Bauchschnitt Heilungen ein-
treten sah. Ich habe deshalb auch einmal die Operationen, die in
hiesiger Klinik wegen Ascites im Gefolge von malignen
Organerkrankungen, vor allem der Ovarien als „probatorische
Incisionen“ ausgeführt wurden und bei welchen wegen ausge¬
dehnter Metastasirungen auf dem Bauchfell nach Ablassen des
Ascites der Leib wieder geschlossen wurde, zusammengestellt.
Wenn man unsere Resultate überblickt, so muss man Winter 25 )
beistimmen, der in der Discussion Gusserow gegenüber hervor¬
hob, dass bei vielen dieser Frauen das Leben durch die Laparo¬
tomie verkürzt wird, dass viele nach der Operation überhaupt
nicht mehr aufstehen. Von vierzehn Fällen dieser Art, die in
den letzten Jahren operirt wurden, sind allein neun in den ersten
fünf Wochen nach dem Eingriff zugrunde gegangen, die übrigen
vier in den nächsten Monaten, nur eine Patientin, die im No¬
vember 1893 operirt wurde und bei welcher es sich, wie eingangs
bemerkt wurde, vielleicht um eine der seltenen „primären Carci-
nosen“ des Bauchfells handelt, lebt resp. lebte noch vor einigen
Wochen, allerdings im elendesten Zustande. Auch hier möge neben¬
bei noch bemerkt werden, dass der Ascites in acht Fällen klar
war, nur in drei Fällen hämorrhagisch: in drei Fällen fehlt
eine genauere Angabe.
Wenn wir am Schlüsse noch einmal versuchen wollen, uns
eine Vorstellung über die Art und Weise der in einem Viertel
der Fälle feststehenden Ausheilung zu machen, so möchte
ich glauben, dass hier entschieden mehrere Factoren wirksam
sein müssen. In dem Ascites sind, wenn auch spärlich (s. v.),
Tuborkelbacillen suspendirt; dies wird durch die bereits erwähnte,
fast überall zu beobachtende Thatsache erhärtet, dass im Douglas
immer die üppigsten und reichlichsten Eruptionen Vorkommen.
Durch das Ablassen der Flüssigkeit — ich habe, wie gesagt, nur
die ascitische Form im Auge, da die Resultate bei der sog.
„trockenen“ Form, nach den deutschen Veröffentlichungen
wenigstens, entschieden schlechter sind (vgl. Helmrich) — werden
einmal die in ihm enthaltenen Keime entfernt, dann werden aber
auch die Stoffwechsclproducte der Bacillen, die bekanntlich
im Gegensatz zu den Bacterienprotelfnen negativ chemotaktisch
wirken, eliminirt. Dies ist auch schon von Bumm (1. c.) hervor¬
gehoben worden. Drittens werden durch die Entleerung die Lymph-
bahnen, die Wege der Resorption, und die Blutgefässe, die Wege
der Nahrungszufuhr, entlastet, ausserdem durch die verschiedenen
Manipulationen in der Bauchhöhle eine erhöhte Blutzufuhr erzeugt.
Da nun die Stoffe, welche im Organismus den Kampf gegen eine
Bacterieninfection zunächst aufzunehmen haben, nach den neueren
Anschauungen im Blute zu suchen sind — mag man sie nun
„Alexine oder „Antitoxine“ nennen —, so verschaffen wir so dem
Blute und diesen Stoffen die Möglichkeit, in grösseren Mengen zu
den Krankheitsheerden vorzudringen, und so wird häufig der Feind
erliegen.
Litteratur:
f p ^ Gusserow, Ueber Ascites in gynäkologischer Beziehung. Archiv
ü ?* ~ 2) König, Die peritoneale Tuberkulose und ihre
Heilung durch den Bauchschnitt. Centralbl. f. Chir. 1890, 657 — 3) C
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Wandh!^ o-in ^'a 189 ^ ^ 2 'aT 8 ) v - |[ elmri ch, Die therapeutischen
™ d * er „? ebaadlung der Bauchfelltuberkulose etc. Basel
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Berlin n ldL B WorhpmPn me iQQQ e ®f sudativen tuberkulösen Peritonitis!
med 1891 'H?n 8 U) Riva > Arch. ^ * chir.
mea. loyi, H. 5 cit. n. Centralbl. f. Chir. 1892, 741. — 121 H Hart-
^renfanfc ^4nn ^ laparotomie dans la peritonite tuberculeuse
& ÄwB: urÄ® m Pifel- f - Chir - T’
nales d° GyxuSc. 1891, Sopt., cit. n. Centralbl. f. Gyn. 1892* 8 35i —
i 4 ß7^ y p°? d iui Bul i' do la s °ci6te de chir. de Paris T XV11I
fkS uelltab^k^ 0 r Ch T U h ng de ? Banchschnitu a^f dii
aucnlelltuberkulose bei Thieren (vorl. Mittlu. Chir. Annalen 1893. 595
(Russ.), cit, n. Centralbl. f. Chir. 1893, 863. — 18) Gatti, Sul processo
intimo di regressione della peritonite tuberculosa per la laDarotomia ko™
plice. Rif. med. 1894, Contralbl. f. Chir. 1894, 578. — 19) H. Löhlein
Erfahrungen über den Bauchschnitt bei tuberkulöser Peritonitis. Dcutschr
med. Wochenschr. 1889, No. 32. — 20) E. Schreiber, Ueber die Tuber-
kulose des Bauchfells. Inaug.-Diss. Giessen 1891. — 21) E. Braatz
Bemerkung zum Referat von Kischewski (17). Centralbl. f. Chir. 1893
863. — 22) L. N. Warn eck, Zur Frage von der Heilwirkung der Lapa¬
rotomie bei Peritonealtuberkulose. Centralbl. f. Gyn. 1893, 1159,
23) H. Lind ne r, Ueber die operative Behandlung der Bauchfelltuber¬
kulose. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 34. — 24) Kocks, Vorh. der
Gescllsch. für Gyn., VI. Congr. 1891. Centrabl. f. Gyn. 1891, 496. -
25) Mackenrodt-Winter, Discussion über den Vortrag von Gussern*
(1). Centralbl. f. Gyn. 1892, 366 ff.
VII. Aus dem städtischen Krankenhause am Urban in
Berlin, Abtheilung des Herrn Prof. Dr. A. Fraenkel.
Untersuchungen über das Aneurysma der
Brustaorta.
Von Dr. Georg Puppe, Assistenzarzt,
(Schluss aus No. 45.)
Bei Betrachtung der Aetiologie ergeben sich folgende Ge¬
sichtspunkte : Reine Altersarteriosklerotiker zind zwei Fälle (1 und
4); Arteriosklerotiker, bei denen ein Trauma wohl die Veranlassung
zum Aneurysma gegeben haben mag, sind abermals zwei (5 und 6).
Die Section ergab bei den drei in Betracht kommenden Fällen
(1, 4, 6) typische Arteriosklerose, bei zweien darunter mit Ecta-
sirung des aufsteigenden Schenkels der Aorta. Dass bei einer
arteriosklerotischen Aorta sich ein Aneurysma zu der schweren
primären Erkrankung hinzugesellt, ist bei der Häufigkeit der
Arteriosklerose und der Seltenheit der genannten Complication ein
zwar immerhin bomerkenswerthes Vorkomraniss, aber ein durch
die Schwere der Arterienerkrankung erklärbares. Eine sklerotische
Aorta ist selbstredend nicht annähernd so gut wie eine normale
imstande, dem Druck der immerfort andrängenden Blutwelle Wider¬
stand zu leisten. Ihre durch bindegewebige Einlagerungen ge¬
schwächte Media verliert bis zu einem gewissen Grade die Con-
tractilität, die Usuren der Intima setzen weiter die ihrer Schutzdecke
beraubte Media immer erneuten Schädlichkeiten aus, und die Folge
ist zunächst die keineswegs so seltene diffuse Erweiterung der
Aorta, die ja auch dem Kliniker in Form des bekannten Dämpfung-
streifens als Erweiterung des aufsteigenden Schenkels der Aorta
diagnostisch zugängig ist. Ein weiteres Moment bei dem Zustande¬
kommen dieser Affection scheint noch ein von den meisten der
bisherigen Untersucher nicht genügend berücksichtigtes zu sein:
Es ist dies die einfache senile Atrophie der Arterie, insbe¬
sondere der Media, und bei dieser wieder die Atrophie der elastischen
Elemente. In einem Falle von diffuser Erweiterung der aufsteigen¬
den Aorta bei einer 72jährigen arteriosklerotischen Patientin, welche
mir zur näheren Untersuchung zur Verfügung stand, fand sich
jedenfalls neben den bekannten Veränderungen in Media und Intima
eine sehr auffällige Atrophie der Elastica, welche bei starker Ver-
grösserung mittels des Manchot’schen Verfahrens als ein aus
spinnewebendünnen Fädchen bestehendes Netzwerk imponirten. Die
ganze Arterie erschien in ihrer Dicke reducirt. Eine derartig
atrophische Arterie kann, sobald das Spannungsmaximum ihrer
Elastica überschritten ist, sehr bald Rupturen in diesen ihrou
wichtigsten Bestandteilen acquiriren, und diese Rupturen geben
dann, wieManchot sehr einleuchtendauseinandergesetzt hat, den
weiteren Grund zur Entstehung eines Aneurysmas ab. FjS mu&
demnach für senile arteriosklerotische Aneurysmen ab
durchaus richtig anerkannt werden, dass bei ihrer Entstehung
wesentlich Dehnungsvorgänge, jedenfalls aber mechanische
Vorgänge eine erhebliche Rolle spielen. „ ,
Vorhin wurde bei Besprechung der Aetiologie der Fälle ö um
6 der Combination von Trauma und Arteriosklerose gedacht. H eine
Fälle von traumatischem Aneurysma gelangten hierorts nicht zm
Untersuchung, doch gab ein Fall von Aortenruptur bei einer
Apoplexie, welcher auf der äusseren Abtheilung des städtische 1 '
Krankenhauses am Urban (Abtheilung des Herrn Direktor Eöi e.
wegen oiner Kopfwunde behandelt wurde und zur Autopsie ge¬
langte, bezüglich der Entstehung eines Aortenrisses sehr wen.
volle Fingerzeige. Es handelte sich um einen 42jährigen, kräftige
Mann, welcher plötzlich auf der Strasse hinstürzte und moribun
bewusstlos eingeliefert wurde. Die Section ergab zunächst ein
Narbe im hinteren Schenkel der inneren Kapsel mit Erweichung
in der Umgebung, sodann eine starke Sklerose der basaleb Bi ^
gefässe, ferner der Subclavia, der Carotiden, des Arcus Aortae
aber die Aorta a^cendens war vollkommen intact bis auf -
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15. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
875
leicht verfettete Abschnitte; an ihrem Anfang zeigte sie einen
4,5 cm langen, leicht nach oben verlaufenden Riss, welcher alle
drei Schichten betraf und Hämopericardium bewirkt hatte. Die
mikroskopische Untersuchung der aufsteigenden Aorta zeigte weder
bezüglich des Verhaltens der zelligen Elemente noch der Elastica
irgend welche wesentlichen Besonderheiten. Der Fall zeigt eclatant,
wie unter ungünstigen Verhältnissen ein schwerer Fall auf den
Thorax eine totale Ruptur in einem sonst gesunden Aorten¬
abschnitt bewirken kann. Eine Abstrahirung hiervon auf eine nur
partielle Ruptur des Gefässes, die dann ein Aneurysma traunia-
ticum zur Folge haben müsste, ist wohl durchaus am Platze.
Wir wenden uns jetzt zur Erörterung der Aetiologie der noch
übrigen 12 Fälle von Aortenaneurysma. Bei Betrachtung der Ver¬
hältnisse der einzelnen Patienten fällt zunächst auf, dass es lauter
im besten Alter stehende Leute sind, um die es sich handelt; ihre
Lebensbedingungen sind in keinem Falle extrem ungünstige, in
mehreren sogar direkt als gute zu bezeichnen. Potatoren befinden
sich nicht unter ihnen. Welches ist nun die Aetiologie? Wir
werden nicht umhin können, des Umstandes zu gedenken, dass bei
nicht weniger als sieben Fällen sicher Lues vorhanden gewesen
ist, wie die Angaben der Patienten es bezeugt haben; einen weiteren
achten Fall bin ich nach Maassgabe des mikroskopischen Befundes,
den die Aorta darbietet, sehr geneigt, ebenfalls zu dieser Kategorie
zu rechnen (Fall 16). Fall 2 hat Lues mit Secundärerscheinungen
gehabt, Fall 8 Lues mit späterem Schlaganfall, Fall 9 desgleichen,
11 hatte ein Ulcus durum und wurde mit Injectionen behandelt,
wie noch ausdrücklich angegeben wird, Fall 12 abortirte einen
syphilitischen Fötus sanguinolentus, Fall 13 hatte ein Ulcus und
erhielt dagegen Sarsaparilla, Fall 15 behandelte selbst sein Ulcus
durum mit Argentum.
Es soll dies keine Beweisführung rein ex ananinesi sein, son¬
dern sie muss überzeugend werden aus sich selbst heraus einmal,
wenn man erwägt, dass alle anderen Gründe, wie sie gewöhnlich
für das Zustandekommen eines Aneurysmas angeführt werden, hier
nicht zutreffend sind; ferner wenn des Umstandes gedacht wird,
dass von diesen acht Fällen vier gar nicht oder nur unvollkommen
specifisch behandelt worden sind, und endlich unter Berücksichti¬
gung des anatomischen Befundes bei zweien der angezogenen Fälle
(15 und 16), welche einerseits makroskopisch den übrigen eonform
waren, andererseits aber auch mikroskopisch viel Aehnlichkeit mit
einander haben und von denen überdies der eine Riesenzellen in
der Nähe des Aneurysmahalses aufweist, ein Befund, der ihn mit
grosser Wahrscheinlichkeit als syphilitisch hinstellt.
Makroskopisch boten die sieben zur Section gekommenen Fälle
(nur zwei wurden, wie angegeben, nicht weiter beobachtet) sämmt-
lich folgende Veränderungen der Aorta dar: Die Intima zeigte
grauweisse, prominirende Plaques von mehr oder weniger weicher
Consistenz, theils von mehr gallertigem Aussehen, theils mehr
derb, Verkalkungen kamen selten vor. Eigenthümlich war der
wechselnde Charakter der Veränderung, welcher bald die eine, bald
die andere Stelle der Aorta stärker erkrankt sein liess. Media¬
veränderungen waren, wo auf sie geachtet wurde (in den Pro¬
tokollen Fall 15 und 16), constant-, und zw f ar meist den Intima¬
verdickungen entsprechend in Form grauer fleckiger Partieen vor¬
handen.
Zur mikroskopischen Untersuchung gelangten von beiden er¬
wähnten Fällen Theile der nicht ectatischen Aorta ascendens und
descendens, ferner vom Falle G. (15) ein Stück aus dem Aneu¬
rysmahalse und vom Falle R. (16) ein Theil des kleinen acuten
Aneurysmas dicht oberhalb der Aortenklappen» Ich gebe im fol¬
genden das Wesentliche aus den Protokollen über die mikroskopi¬
schen Befunde wieder.
Fall 1. G. (15). a) Aorta ascendens. Schwere Infiltration der
Vasa vasorum, die in der Adventitia beginnt und in die Media fort¬
schreitet; infiltrirt sind sowohl die Partieen um die Gefässe herum als
auch die Gefässschläuche selbst mit theilweiser Obliteration des Lumens
der letzteren. In der Media finden sich ferner Stellen von ziemlicher
Ausdehnung mit typischem Granulationsgewebe, andere mit Narbengewebe,
meist sich deutlich an die infiltrirten Vasa vasorum anschliessend. An
den Verfistelungsstellen eines Vas pflegen zuweilen die beiden Aestchen
Territorien einzufassen, welche sich durch erheblichen Kernmangel aus¬
zeichnen. Die elastischen Elemente sind theilweise an- bezW. auseinander¬
gedrängt durch die Infiltrate, theilweise in ihrem Verlauf unterbrochen
oder rupturirt (Manchot). Intima stellenweise verdickt.
b) Aorta descendens. Die adventitiellen Gefässe zeigen mässige
Wandinfiltration mit Lumenverengung; nach der Media zu nimmt die Er¬
krankung an Schwere ab. Elastica an Stelle der Infiltrate auseinander¬
gedrängt, ohne wesentliche Ruptureffecte.
c) Aneurysmahals. Wir unterscheiden hier Aortenwand und
Aneurysmawand. Bei beiden sieht man unter erheblicher Bildung von
Granulationsgewebe die Adventitia verdickt, am stärksten an den Stellen
der Aneuiysmawand, welche der Media beraubt sind. Adventitielle in-
ftltrirte Gefässe ziehen sich hier ein Stück in die Intima hinein; nahe der
letzteren eine Gruppe vou Riesenzellen. Im Bezirk der Aorten wand
fällt zunächst auf, wie die Media nahe dem Aneurysmaeingange bei einem
aus der Adventitia kommenden Geftiss wie abgeschnitten aufliört: auf der
einen Seite derselben adventitielle Granulationen, auf der anderen fast
völligem Kerntod verfallene Media von eigonthllmlich an nekrotisches Ge¬
webe erinnerndem Aussehen mit zahlreichen infiltrirten Gefässen. Der
Befund bezüglich der elastischen Fasern entspricht dem bei der Aorta
ascendens erhobenen; doch ist zu bemerken, dass sich auch noch eine
kleine Strecke in der Anourysmawand, also dort, wo zwischen Aussen-
und Innenschicht die Media fehlt, Trümmer von Elasticis nach weisen
lassen.
Fall 2. R. (16)- ft) Aorta ascendens. Auch hier finden sich
mässig zellreiche Gefässinfiltrate, die von der Adventitia ihren Ursprung
nehmen. An den Verästelungen der Vasa vasorum wie nekrotisch aus¬
sehende, sehr kernarme Bezirke. Media zeigt an den schwerer erkrankten
Abschnitten erhebliche Verdrängung der Elastica oder trümmerartige Auf¬
lösung derselben. Intima au vielen Stellen verdickt.
b) Aorta descendens. Die Gefässinfiitration ist hier im allge¬
meinen stärker als bei der ascendens; die Elasticarupturen sind ebenfalls
schwerer als dort. Zwischen Media und Intima Atherombildung.
c) Durchschnitt durch das kleine Aneurysma oberhalb der
Aortenklappen. Totaler Riss durch Intima und Media; Adventitia
halbkugelig vorgebuchtet unter ziemlich erheblicher Bildung von Granu¬
lationsgewebe, welches letztere nahe der Eingangspforte des Aneurysmas
am mächtigsten ist und Zellzüge, zum Theil deutliche Gefässo mit in¬
filtrirten Wandungen in die verdickte Intima hineinschickt. An einer
Stelle dicht am Aneurysmaeingango eine im Beginn der Nekrose befind¬
liche Partie von zwei Gefässveriistelungen eingefasst. Während auf der
einen Seite dieses kaum erbsengrossen Aneurysmas die Media im Bereiche
des Präparates fehlt und durch die gewucherte Adventitia und Intima er¬
setzt ist, hört dieselbe auf der anderen scharf an einem besonders stark
infiltrirten Gefiiss auf; sie ist sehr zellarm, atrophisch. In den benach¬
barten Adventitiaschichten Eiasticatrümmer. Elastica hören in ihrer un¬
gestörten Continuität an dem eben erwähnten Gefäss scharf auf.
Wenn ich jetzt noch einmal kurz die erhobenen mikroskopi¬
schen Befunde zusammenfasse, so handelt es sich in boiden Fällen
um eine schwere Infiltration der Vasa vasorum, welche von der
Adventitia ausgeht und auch die Gefässschläuclie selbst theilweise
obliterirend betrifft; ferner finden sich in beiden Fällen der Nekrose
mehr oder weniger nahe Mediaabschnitte von Gefässverästelungen
umrahmt. Die Intima ist den erkrankten Partieen entsprechend
meist etwas verdickt. Im Falle 15 endlich fanden sich noch in¬
mitten eines sehr zellreichen Infiltrates in der Adventitia nahe am
Aneurysmahals Riesenzellen.
Diese Beobachtungen zeigen, dass in beiden Fällen eine schwere
Gefässerkrankung vorliegt, welche sich im Bereiche der ectati¬
schen und nicht ectatischen Aorta gleichartig, wenn auch im
Bezirk der Aneurysmen stärker ausgesprochen, vorfindet und die
man daher für die circumscripten Arterienectasirungen verantwort¬
lich zu machen gezwungen ist. Es erhellt ferner aus ihnen, wie
infolge dieser die äussere und mittlere Gefässschicht betreffenden
schweren Affection, die auch weiterhin die Intima in Mitleiden¬
schaft zieht, secundär erst Elasticaveränderungen hervorgerufen
wurden und dass nicht die erwähnten hochgradigen entzündlichen
Veränderungen Effecte primärer Elasticazerreissungen sind. Wir
haben demnach hier den Typus des entzündlichen Aneurysmas vor
uns, den ich für die Mehrzahl der Fälle in den drei Decennien
von 30—60 Jahren — soweit sie nicht traumatischer Natur sind
— reservirt sehen möchte und von welchem ich es nicht für un¬
wahrscheinlich erachte, dass es auf syphilitischer Basis ent¬
standen ist.
Zur weiteren Erhärtung dieses Schlusses will ich noch kurz
eines Falles gedenken, der demnächst in anderem Zusammenhänge
seine ausführliche Würdigung erfahren wird.
Es handelt sich um eine 37jährige Patientin mit einem Gummi im
Septum ventriculi cordis, die daneben noch eine schwere Arterienerkran¬
kung aufwies. Infiltrate der Vasa vasorum, zellarme, der Nekrose zu¬
eilende Partieen an den Gefässverästelungen fanden sich auch hier, ebenso
wie die Elastica entsprechende Verhältnisse zeigte. Aber ein besonderes
Interesse gewinnt der Fall noch ährch den auch hier erhobenen Befund
von Riesenzellen inmitten eines sich an ein Vas vasorum anschliessen¬
den Infiltrates. Wie ersichtlich, bietet dieser ätiologisch wohl aufgeklärte
Fall des Analogen genug zu den beiden ausführlich beschriebenen.
Es sei ferner gestattet, hier noch eines weiteren, für den
Entstehungsmodus eines Aneurysmas anscheinend sehr
werthvollen Befundes zu gedenken: des causalen Zusammenhanges
von nekrotischen Mediaabschnitten innerhalb einer Gefässgabelung
und des plötzlichen Aufhörens der continuirlichen Mediazüge an
einem infiltrirten Vas vasorum bei beiden untersuchten Aneurysma¬
hälsen. Mir war keine Stelle in der Litteratur zugänglich, in
welcher dieses Zusammentreffens als wesentlich gedacht wäre. Und
doch ruht vielleicht hierin der Schlüssel zum Verständniss der
Gründe, warum gerade an dem einen Punkte ein Aneurysma ent¬
steht und am anderen nicht; ferner dazu, wie es entsteht.
Prompt erfüllt die Media ihre wichtige Function bis auf die
Stellen, wo zellarme,-der Nekrose mehr oder weniger nahe Bezirke
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
zwischen den infiltrirten Vasa nutrientia Ausdehnungsfähigkeit imd
Contractilität eingebiisst haben. Schreitet dieser nekrotisirende
Process: weiter fort, so ist die Resistenzkraft der wichtigsten
Gefässhaut mehr oder weniger erloschen. Die Folge ist zunächst
ein Nachgeben und schliesslich, wenn sich infolge der Media¬
dehnung Usurcn der Intima einstellen, ein Einriss, mit dem dann
das Aneurysma im wesentlichen fertig ist. So ist es vielleicht am
besten zu verstehen, wie die Media an beiden genauer untersuchten
Aneurysmahälsen scharf an einem Vas nutriens aufhört. Es wäre
interessant, weitere Beobachtungen hierüber anzustellen.
Den acht anscheinend auf Syphilis beruhenden Fällen von
Aortenaneurysmen stehen nur noch neun weitere Fälle zur Seite,
die vielleicht ebenfalls dieser Kategorie zuzuzählen sein werden.
Indessen will ich — obschon bei jedem der Fälle eine Reihe von
Umständen für die Annahme einer Lues zu sprechen scheinen, von
einer Einreihung dieser in die eben besprochene Gruppe absehen
und mich mit den hierbei gefundenen Zahlen und Resultaten be¬
gnügen, um der Beweisführung nicht noch anfechtbare Momente
hinzuzufügen.
AVie bekannt sein dürfte, ist der Begriff eines syphilitischen
Aneuiysmas ein bereits öfter in der Litteratur ausgesprochener.
Ambi oise Pare, 1 ) Lancisi und Abertini gedachten bereits der
Lues als ätiologischen Momentes bei dieser Erkrankung, desgleichen
Morgagni. In neuerer Zeit finden sich häufige diesbezügliche
Beobachtungen, so von Lancereaux, Hertz, der über ein
syphilitisches Aneurysma der Aorta abdominalis bei einer 34jährigen
brau berichtet, und von McNalty, welcher von einem Aneurysma
areus Aortae bei einem 85jährigen Soldaten erzählt, v. Lan^en-
beck geht sogar soweit zu erklären, dass er in der Hälfte aller
von ihm gesehenen Aortenaneurysmen habe nachweisen können
dass die Patienten längere Zeit an Syphilis gelitten hätten!
Maclean erklärt ähnliches auf Grund seiner bei Soldaten ge¬
machten Erfahrungen, ebenso wie Francis H. Welch von'34
Aneurysmen bei Soldaten 17 als sicher syphilitisch anspricht und
“ h ‘f wahrscheinlich syphilitisch. _ Verdi* berichtet von
i 1 U . von syphilitischem Aortenaneurysma, ähnlich Fournier
und Maisten; Buchwald 2 ) theilt zwei Fälle von syphilitischen
Aortenaneurysmen mit. Zu gedenken wäre vor allem nocli der
ArwI m ' h0 ' V ) zu p? ellM ' ori Möglichkeit, „dass auch an den
Arterien aneurysmatische Aussackungen einen syphilitischen Ur-
sprung haben.
Mehrere dieser Autoren haben auch die Dauer von der Infection
V.JT A . ll ® bnu ‘ h , des Aneurysmas zu bestimmen gesucht; so
Verdi* und Fournier, welche sie auf 11 bezw. 11W, Jahre im
lebfer n C . h . m !' t • In mlserer Zusammenstellung war es
der e.stJn b R ät T ' a u l6n mfif?Uch ’ den Termin d er Infection und
oer eisten Beschwerden zu vergleichen (2. 8. 11 12 13 151
BWahref* 1 hi6r *“ we8entlich höheres; es beträgt' etwa
Die Auffassung eines Thailes der Aneurvsmen als Whct
wahrscheinlich auf syphilitischer Basis beruhend legt den Versuch
zi^hun^Nift^n 1 ^!^ 0 ^^ 111611 ^? 11 ^ aUCh in therapfutischer Be¬
ziehung Nutzen zu ziehen. Zwar ist es bekannt dass durch Ge-
nnnungsvorgänge innerhalb des AnourysmasackesBesseru^en von
mehr oder weniger langer Dauer, ja durch völlige Obligation
Heilungen ein treten können; so fiiiden wir von Quincke in
. Ziemsgens Handbuch 4 ) eine Reihe derartiger Beobachtungen
r«Ä , Ä'E;,-» 2«5
therngen gUth ?“ 6 E ’' f ° Ige , * ecM "* en Mitteln Mit-
des SÄÄ
die Besserung bewirkt, haben u Gennnungsvorgänge
letzteres erscheint mir oder , das antiluetische Agons;
wie erstere Möglichkeit. wenigstens ebenso wahrscheinlich
S. 395 Lang ’ Vorlesuu 8 en über Pathologie
J ° CheUSChr - W9 '
3 y- Ziemssen’s Handbuch Bd. VI
und Therapie der Syphilis
No. 52.
5 ( . . ..— ° J-UU1UDUCÜ 15a. VI.
--sch-
Brnstaorta.
_.. .... No. 46
Die überaus kurze Beobachtungszeit nahezu aller Fälle h
desperate Zustand und das weit vorgeschrittene Stadium der v!
krankung gestatteten nicht, hierorts in dieser Beziehung Iw
Erfahrungen zu sammeln. Nur Fall 3, bei dem eine lV Jahr
lange Beobachtungsdauer möglich war, zeigte nach Jodkaligcbranrf
Besserung seiner Beschwerden; er verliess dann die Anstalt m
erst kurz vor seinem Tode in extremis wieder ins Krankenhaus
kommen. Jedenfalls aber ermuntert die Thatsache, daBS offenbar
zwischen dom Aneurysma des vierten bis sechsten Decenniuins
sowmt es nicht, traumatischer Natur ist — Beziehungen zu der
Syphilis bestehen, zu weiteren Versuchen in dieser Richtung
Es ist zwar einleuchtend, dass eine derartige Therapie einen
weit vorgeschrittenen Fall, der nahe bis zur Rupturirung ndiehen
ist, kaum wesentlich wird beeinflussen können. Indess sind sicher
zwei bezüglich der 'Wirkungsweise einer energischen anfi-
syphilitischen Therapie in Betracht kommende Momente m
berücksichtigen: Einmal wird ein Weitergreifen des Processes auf
die benachbarten Theile der Qefässwand hintangehalten wenku
können: und dann ist in dem dergestalt am Weitergreifen ver¬
hinderten Aneurysma die Wahrscheinlichkeit des Eintritts von
G ennnungs Vorgängen eine grössere.
Am Schlüsse meiner Auseinandersetzungen an gelangt ist cs
nur eine sehr angenehme Pflicht, meinem verehrten Chef! Heim
Prof. A. Fraenkel, für die Anregung zu dieser Arbeit sowie für
dm gütige Ueberlassung des Materials meinen verbindlichsten Dank
a u szu sprechen.
VIII. Oeffentliches Sanitätswesen.
Ueber Fenstervorhänge ln Schulen. 1 )
Nach gemeinsam mit Dr. B. Jungmann vorgenommenen photo-
metrischen Untersuchungen
von Prof. Hermann Colin in Breslau.
i .• '^ rcu hat ^ie Hygiene eine ihrer Hauptaufgaben
aann erblickt, dass bei Bauten von Schulen und Arbeitsstätten durch
Lage, Zahl und Grösse der Fenster Räumlichkeiten geschaffen werden, in
denen aiich an Plätzen, welche am wenigsten Tageslicht erhalten, olmr
Schädigung der Augen gearbeitet werden kann,
während man sich früher mit unbestimmten und ungenauen Angabe»
bei Beurtheilung der Helligkeit eines Platzes abfinden musste, ist es be¬
kanntlich. seit 1884 durch das sinnreich construirte Photometer von Leon-
bnrd Weber 2 ) ein Leichtes, in wenigen Minuten die Helligkeit eines
rlatzes mit einer absoluten Zahl auszudrücken, zumal das Instrument in
jüngster Zeit durch die Verbindung mit dem Lummer-Brodhun’schen
Irisnia 4 ) für die Ablesung noch eine werthvolle Verbesserung erfahren hat.
bür eine gute Beleuchtung eines Zimmers ist es natürlich nothwendig.
dass das diffuse Tageslicht ungehindert gewissernrnasseu hineinfluthe:
11 ta ( ar * direktes Sonnenlicht keinen Arbeitsplatz treffen. Wenn
alle benster nach Norden liegen, kann letzteres nie Vorkommen. Liegen
aber Fenster nach anderen Himmelsrichtungen, so müssen Vorrichtungen
getroffen worden, welche das direkte Sonnenlicht dämpfen, d. h. es müssen
\ orhänge angebracht werden, welche imstande sind 1) die direkten
Sonnenstrahlen abzufangen, 2) nicht zu blenden und 3) doch möglichst
viel Licht durchzulassen.
Wie schwer diese Forderungen zu erfüllen sind, sieht man am besten
aus der grossen Zahl von Mustern, die im Handel im Gebrauch sind, ver¬
worfen und in veränderter Gestalt wieder in den Handel gebracht werden,
b örster 4 ) sagt treffend: „Wenn die Vorhänge ihren Zweck erfüllen
sollen, so müssten sie so beschaffen sein, dass sie die direkten Licht- und
Wärmestrahlen der Sonne abhielton, dabei aber selbst eine Lichtquelle
abgäben, die der des hellbewölkten Himmels gleichkäme. Der Erfinder
solcher Vorhänge würde als Wohlthäter der Menschheit angesehen
werden müssen; denn für zahllose Privatwohnungen wären solche Vor¬
hänge von ausserordentlichem Vorth eil.“ Da es aber an solchen Vor¬
hängen noch fehlt, da ferner selbst die besten gegenüber der Behandlung
der Schuljugend schwer in Ordnung zu halten sind und da das Auf- und
Zuziehen bei Wechsel von Sonne und Wolken lästig ist, empfahl Förster
*^ r ^ ' e Schulzimmer die Nord läge; denn dann braucht inan keine
Solche Schulbauten sind leider selten zu ermöglichen; auch fand ich
photometrisch, dass es ceteris paribus in Nordzimmern stets dunkler H
als m Zimmern, die nach anderen Richtungen liegen. Somit stehen ^ ir
immer noch vor der höchst wichtigen praktischen Frage: Welche Art
VOn !) orhängen sollen wir empfehlen?
Merkwürdig genug, dass ausser der ersten kurzen Mittheilung- du
JFh über Lichtabsorption durch Vorhänge in einem Aufsätze über Tag®-
Iichtmessungen in Schulen (Deutsche med. Wochenschr. 1884, No. 38) 'or
zehn Jahren, veröffentlichte, noch von Niemandem weitere Messung--
resultate mitgetheilt worden sind. Nur eine Notiz des Ingenieurs Herz -
l ) Vortrag, gehalten auf dem achten internationalen hygienische»
Kongress in Budapest in der Section für Schulhygiene am 5. September
2 Centralzeffung für Optik und Mechanik 1883, No. 16 und 17.
f) Zeitschr. f. Instrumentenkunde, Januar 1889. — Auch Helmholi-
Physiol. Optik 1892, 2. Aufl., 6. Lief., S. 420.
) Deutsche Vierteljahrsschr. f. öffentl. Gesundheitspil. 1334.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
15. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
877
berg 1 ) finde ich, nach welcher derselbe den Verlust, den das Licht durch
matte Scheiben erleidet, als 27% angiebt.
Meine Messungen hatten damals ein ganz überraschendes Resultat
des Lichtverlustes durch Vorhänge ergeben; die gebräuchlichengrauen
Staubrouleaux zeigten nur 11—13%, weisse Chiffonvorhftnge 18—25%
durchgehendes Licht (im Roth gemessen).
Im Arbeitszimmer meiner Kinder hatte ich damals die von Weck¬
mann*) in Hamburg angefertigten verstellbaren Vorhänge angebracht;
das sind Jalousieen, bei denen aber statt der Holzleisten kleine, mit
grauem durchscheinendem Stoffe überspannte Rahmen sich befinden, die
man senkrecht, schräg und wagerecht stellen kann. In senkrechter Rich¬
tung Hessen sie nur noch 9%, in schräger 30%, in wagerechter 43%
Licht durch. Ich habe sie daher sehr empfohlen; man würde aber wohl
noch mehr Licht erhalten, wenn nmn sie mit heUerem Stoffe überspannte.
Um nun unter den jetzt in Schulen und Privatwohnungen be¬
nutzten Vorhängen diejenigen herauszufinden, -welche am meisten Licht
durchlassen, habe ich und mein Assistent, Herr Dr. Berthold Jungmann,
an 18 verschiedenen Vorhängen, die uns in bereitwilligster Weise von
Herrn Generalconsul Julius Houel (Firma Henel-Fuchs in Breslau,
Am Rathhause 26) zur Verfügung gestellt wurden, ferner an zwei matten
Glassorten und an einer Holzjjüousie mit verstellbaren Leisten genaue
Messungen mit Weber’s Photometer gemacht, und zwar in folgender
Weise.
Das Zimmer, in welchem wir die Untersuchungen anstellten, lag im
ersten Stock, war 6 m lang, 5 in breit und 4 m hoch und hatte zwei
Fenster nach Osten. Das Zimmer ging auf grosse Gärten mit niedrigen
Bäumen; das gegenüberliegende Haus war etwa 200 m entfernt. Selbst
wenn der Experimentirtisch 5 m vom Fenster entfernt anfgestollt wurde,
stand die Dachkante des gegenüberHegenden Hauses (mit dem Web er¬
sehen Raumwinkelmesser bestimmt) noch 9° tiefer als der obere Querarra des
Fensters, bis zu dem nur das Fenster zu Lichtmessungen benutzt wurde.
Förster nennt diesen Winkel den Oeftnungswinkel und giebt als die
geringste zulässige Grösse 5° an; am dunkelsten Platze des Zimmers be¬
trug derselbe also fast das Doppelte. Wenn der Tisch nur 1,5 m vom
Fenster abstand, war dieser Winkel sogar 34°, so dass ein ungeheuer
grosses Himmelsstück, wie es wohl selten im ersten Stock eines Schul¬
zimmers zur Beleuchtung eines Arbeitsplatzes vorhanden ist, als Licht¬
quelle benutzt wurde.
Das eine der beiden Fenster wurde durch eine Holzjalousie, deren
Leisten senkrecht lichtdicht schlossen, völlig verdunkelt. Da es zu kost¬
spielig und zugleich unnöthig gewesen wäre, 21 das ganze andere
Fenster deckende Vorhänge zur Untersuchung anzuschaffen. so haben wir
die zwei oberen Flügel des Fensters, welche 0,85 m hoch waren, bis zum
Querarm auch mit einer lichtdichten Jalousie verschlossen und die Scheiben
des oberen Fensterflügels noch ausserdem mit schwarzem Papier verklebt.
Es blieben also noch die beiden unteren Fensterflügel von 1,55 m
Höhe und 1.20 m Breite als Beleuchtungsfläche, welche mit den zu unter¬
suchenden Vorhängen völlig bedeckt werden konnten. Die Fensterflügel
wurden übrigens stets bei den Messungen mit und ohne Vorhänge auf
das weiteste geöffnet; die Vorhänge selbst waren so gearbeitet, dass sie
genau das noch offene Beleuchtungsfeld verschlossen.
Im Juli und August d. J. wurden die Messungen an sonnenhellen
Vormittagen zwischen 9 und 12 Uhr (entsprechend der bei uns üblichen
Zeit des Vormittagsunterrichts) ausgeführt. Sobald Wolken, selbst die
kleinsten, am Himmel erschienen, mussten die \ ersucho abgebrochen
werden. Wer nur einmal derartige Messungen ausgetührt hat, wird die
Schwierigkeit anerkennen, gerade in dieser Beziehung Fehlerquellen zu
vermeiden; denn plötzlich erscheint oft während der Messung selbst ein
ganz kleines weisses Wölkchen oder ein dünner grauer Schleier vor der
Sonne, und sofort ändert sich die Lichtmenge um 50 bis 100 Meterkerzen
und mehr. Man würde alsdann als Wirkung des ausgespannten \ orhanges
ansehen, was nur die Folge einer Wolke war. Solche tadellose \ ormittage,
wie -wir sie brauchten, waren in diesem Sommer nur wenige vorhanden;
aber an diesen w'urde mit um so grösserem Eifer gemessen.
In allen Fällen war die horizontal gestellte quadratische Papierfläche,
auf deren Mitte visirt wurde. 1,5 m vom geöffneten I enster entfernt.
Im direkten Sonnenlicht konnte überhaupt nicht gemessen w r erden, weil
für diese enormen Lichtmeugen die Verdunkelungsplatten des Photometers
nicht ausreichten. Um uns (He Rechenarbeit zu erleichtern, hatte mein
verehrter Freund, Herr Prof. Leonhard Weher in Kiel den Werth aller
möglichen Einstellungen mit den vorhandenen \ erdunkelungsplatten in
Meterkerzen von einem Assistenten ausrechnen lassen, wofür ich ihm hier
noch besonderen Dank sage. Die diesseits 100 mm von der Flamme im
wagrechten Rohre messbaren Stellungen der verschiebbaren Milchglas-
platte waren nicht berechnet werden, da so nahe der Flamme kleine
Schwankungen schon grosse Fehler zur Folge haben. Daher konnten
nur diejenigen Werthe benutzt werden, welche sich auf Entfernungen von
mehl’ als 100 mm von der Benzinflamme bezogen. .
Jedesmal w’urde vor Befestigung des Vorhangs die Helligkeit des
Cartons bei Tageslicht mit rothem und grünem Glase gemessen, nach¬
dem die Benziukerze immer wieder genau auf 20 mm Höhe eingestellt
worden. Bald darauf wurden dieselben Messungen bei herabgelassenem
Vorhänge gemacht. __
Jede Messung sowohl des vollen, als des durch den Vorhang ge¬
lassenen Lichtes wurde dreimal in roth und dreimal in grün vorge¬
nommen und bei der Berechnung die Mittel aus je drei Messungen ge-
zogen. ^ ...
Die Mehrzahl der Ablesungen machte Herr Dr. Jung mann allein,
nachdem ich mich überzeugt, dass derselbe gleiche Sehschärfe, gleichen
>) Gesundheits-Ingenieur 1889, No. 3.
2 ) Vgl. mein Lehrbuch der Hygiene des Auges.
Wien 1892, S. 391.
Lichtsinn und gleichen Farbensinn, wie ich hatte und dass unsere Ab¬
lesungen fast stets auf '/a bis 1 mm übereinstimmten. Oft wechselten
wir bei Ermüdung mit einander: eine kleinere Anzahl Messungen machte
ich allein.
Wünschenswerth ist es, bei Benutzung des Lummer-Brodhun-
scheu Prismas ein Diaphragma in’s Ocular des Photometers zu legen und
genau central in die Oeffnung zu sehen, da dann sicherer bestimmt werden
kann, wenn der „ideale Fettfleck“ verschwindet.
Untersucht wurden nun von Glasarten: 1) eine auf einer Seite durch
Sandgebläse mattirte Scheibe von 2,5 mm Dicke und 2) sogenanntes
graues Kathedralglas, gegossenes Glas, ungefärbt, 3 mm dick. (Es
wird in allen Farben angefertigt.)
Ferner eine grüne Holzjalousie, deren Leisten wagerecht, schräg
unter 45 0 und senkrecht gestellt wurden. Ausserdem 18 Stoffvorhänge, 1 )
die in folgender Tabelle genau bezeichnet sind. Hier genüge zu bemerken,
dass dieselben theils aus Baumwolle, theils aus Leinen waren.
Von den baumwollenen unterscheiden die Kaufleute l)Shirting,
d. i. glatte appretirte Waare, 2) Köper, d. i. schräggestreifte Baumwolle.
3) Dowlas, starkfädiger und fester als Shirting, 4) Satin, d. i. atlas-
glänzende Baumwolle.— Die leinenen werden bezeichnet als 1) starkes
Leinen, 2) Futterleiuen oder Klötzelleinen, 3) Brahnituch, 4) Drell,
d. i. eine stark gedrungene Waare und 5) Segel leinen.
Die Buchstaben- und Nummernbezeichnungen, welche die genannten
Vorhangstoffe in dem Geschäfte der Firma Henel-Fuchs führen, so
wie die Preise für den laufenden Meter sind in der folgenden Tabelle
festgesetzt.
Die Reihenfolge 1—23 ist nach dem Lichtdurchgange im Roth ge¬
ordnet. Der Platz, den die einzelnen Vorhänge einnehmen würden, wenn
man sie nach der Grtindurchlässigkeit ordnen wollte, ist in der letzten
Columne der Tabelle angegeben. Grosse Differenzen bei der Ordnung
nach roth oder grün sind ausser bei den blauen und grünen Vorhängen
nicht vorhanden.
TabeUe I. TagesHchtdurchgang durch Vorhänge iu Procenten.
No.
Vorhang
Preis d.
Meter
Mark
Roth jorünl
% %
No.
nach
Gröu
3,00
73 1
68 !
2
4,00
64
70
1
0,80
56
37
5
0,90 !
i
52
21
7
0,90
50
35 j
6
20,00 |
48
50 |
3
0,95 i
44
45
4
1,35
24 :
15
8
1,35
6
* i
12
1,30
3,8
0,9
16
0,75 I
3,6
1,7
13
' 1,10
3 '
4,5
11
1,50
2,8 j
5,7
1 9
1,15
2,5
1
15
0,90
2
0,6
17
0,75
1,2
0,3
1
1 19
1,50
1
1
0,5
18
1 1,58 1
1
0.7
0,2
: 20
: 1,50
0,7
5.7
i io
1
i 1,10
0,6
0,2
i 21
i 20,00
0,6
1,6
i 14
! 1,50
0,3
0,1
22
| 20,00
0,1
0,1
; 23
1 °
11
12 |
13
14
15;
Weisse Mattscheibe, 2,5 mm dick, qm . *
Graues Kathedralglas, gegossen, 3 mm dick, qm
Weisser Shirting. feiufädig. B.R. 104 cm breit
Ecrufarbiger Köper, dünnfädig. K. S. 900.!
115 cm breit.
Crömefarbiger Köper, dünnfädig. K. S. 7839.
115 cm breit.
Grüne Holzjalousie, wagrecht gestellt . .
Weisser Dowlas, starkfädig. W. 130 cm breit
Ecrufarbiges Leinen, dicht, mit weissen
Streifen. R. D. 887. 128 cm . . . .
Helles graues Leinen, dicht, mit dunkel-
grauen Streifen. R. D. 884. 120 cm breit
Hellgelbes leinenes Brahmtuch, ganz stark-
fädig. J. W. K. 85 cm ......
Gelblich rohes Futterleinen, starkfädig. K. L.
106 cm breit.
Dichtes, hell und dunkelgrau gestreiftes
Leinen. R. D. 890. 100 cm . . . . .
HeUblau gestreifter, baumwoUener, dichter
Satin. B.T. 6481. 130 cm.
Leinendrell, ganz dicht, starkfädig, grau mit
dunkelblauen breiten Streifen. D. J. 894.
100 cm breit . . . . . • • • # • •
Rohfarbenes, grobes starkfädiges Segelleinen.
L. T. 100 cm breit.
6 Schmutziger Schulvorhang, rohes Futterleinen. !
I gelblich, starkfädig. H. L. 100 cm breit
7 | Bordeauxfarbiger, gestreifter, dichter baum-
; wollener Satin. B. T. 6480. 130 cm .
.8 I Hellgelbes, starkfädiges, wasserdicht im -.
| prägnirtes Segelleinen. R. L. E. 100 cm . ■
9 1 Dunkelgrün gestreifter baumwollener dichter
, Satin. B. T. 6482. 130 cm.
>0 Rohfarbener starkfädiger LeinendreU. A.P.
j 100 cm.
51 j Grüne Holzjalousie, unter 45 0 gestellt . .
52 Dunkelblau gestreifter, dicker baumwollener i
! Satin. B. T. 6483. 130 cm ... .
53! Grüne Holzjalousie, senkrecht gestellt .
Aus dieser Tabelle folgt zunächst, dass die matten Schoiben das
leiste Licht durchlassen, 64-73 »/„. Das stimmt sehr gut mit den
[essungen von Herzberg (siehe oben) überein, weicher 73 ,o fand,
Jlein die Scheiben sind theuer; der Quadratmeter kostet für gewönn¬
et 5_6 Mark; für Schulen will allerdings Herr Glasmaler Seiler m
Ireslau, Neue Taschenstrasse 5, nur 3 Mark für Mattglas und 4 Mark
Ir Kathedralglas berechnen; Vorhänge kosten aber nur den dritten bis
inften Theilf Die Scheiben sind ja auch zerbrechlich, blenden
nmerhin etwas, lassen sich nicht bequem zur Seita sehieben.
i) Sie wurden in dem Vortragssaale zu Budapest an den Fenstern
demonstrirt.
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mopurichion; .die - itivtore INmsDrhiÜfto- sei) mit /woi X(nf!Hoh‘#unvor
«*»-ließ smu, emur «kep uml enum nach «dum bowegtivhen. die. bei Roune-n-
yehm •üioanfg.-'HdiobtfU wür<Io. 'Der Versuch mÜ-sHÜ mitaHh h imDcheiden,
eh der jHehlvulusl. «h»n die Mti-lyr.«' Fez^t erhiUite deren hevtfindi^y 'loi'-
)i»d!o Maikdasb; .bwbuüg erfahrt, ttudu' ’/M mW Wut dire YimfabtH '.!iws«m
jrltdi die M^rt^lasscbej^ ko in das Mynm'wmtr «*>*«»• (W Pföglefc
ölfhtHrg viy's^nL.yi, da«-- hnä fcftfc&i Tugftlr.Mt'' dtt« gvwühnlmbe Fenster
m Ui<w >\.mJ t.n .v«ui'< (1 *' 'i •[»■- I,tiia itw.uiU^/w^M, wird,-tsdtt
man *»< bm. tnf»rtelu;r> FonHidai in >fiuib?tijüm sehen gcmaebt
luvt. Aliniri die IvWen aimh hoch sk/Hh attd bebOtttittfp. die £«m-
immlilmhkHi' spricht gegen da?» Mtdf-ghm,
Piu gröbu Ho]Vje 1 Ott«i« ist- nur bei ^nftjfiuret bfpt’ Stetihflg ilPP
üimHvr frum-bbar: da ülsst die ünlltn dpt» fdt’hH’S tfcftt'lt. 4H--50 **/«>„■
; -i« iU-f Btelhibg nnr 0p> • l 5 Ym. in der Heuk^-t hlen nnMiHiob
kaum ÖJ; ®ü*r Ihmwge&miuiher Mud die <»Dt-u hipohf-joheyeH JaioOsPttHi von
VV i' ’ k in ix t« u . dovmv versi.ttJÜtärö.-^heiie -m.it $U«tf ttb«isjunH*i 4M, bedeu¬
tend Yomizmhmj, d„ -3, Hsgtiw.M Id schräg' H<> <’;•» nud rimkrnchi
lätt’b-lf H /p ditivliW^ttu. Vinwditfet -tM »inittti'aihPiP deiv;u Drcll«** '
»rk.vr.olit gumrefU Sind. wie sic Vn« KnuUtT i» HcidnHmrcr 187U iüi
Kryldkpii'iin^of vmimddmr wurden, noch.' vojHmillmtier; u l. konttte keine
vdphe hjtjr KlljlUeiL „Vllptu föv Sphuiep gittü ?ii)p OptuHSlPPft yM ?.«]
Idyetierp Atttittr 20 i?d. . ./ ■ :
DEUTSCHE MEDiClNlSCHE WOCHEMSCHRIPT.
. . .:- ^ _ Nu. 4f)
i bis IH Mytprkei-ZPD iu mtSp uud )mi fler pettrmiien vierte*;
! i «nippe £»’ar mir 2—0 -Myterkerpry.
Ntm- ist ja. nttrk Dv-Oupri trUhertttt.-.Uai(irstud|ttog'0i>, (ho iUi E ik\
, Sdtrifl Imker den ßiöteuefifttngsw’eiili dur- (WioaWr'n
; -i 8 A' 5 > Yfav.fibnÜidite, wohl ivli^pmeih-.da*
i dfti- an eiawi Arhyir^ph'itYp. ?,ßM hn fiötii ^
‘ fpRttPU TtlÜSpfp . ’
y oivsiT. ti'-itdfidi^t'V S]iirf-'is;e;, 'h’iufpCmipr uis-1 .yeumiarbippr. . diiu.ii*
•ftdiiror um! .ttfiss» *’ Uo«"his. ■
2, M i11i;i >uu-* !dj{ <J-°/o und 4 .-05 " n grünes liteld
(liirojdiiSfKtti, Cuts >ffidT2o. H und tD Re f p eii und Indier rVwir
L^ijupUt ‘ ' ’
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dy>vhh!:v-*-(.. fh.h hIuiT Hit au.hs \u .10- 15; l<r;»:nui.n‘*h. FpUerJei i\
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•Susrut:uliy-ht uh ae Vorhang 63 MK io roll», mU'.4ön,'
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SpTipri seiminC. pn>u-iisMHge un Mapeu. svo Samn- und Wolken
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sobäiiti Wotkmi vor dm Smin^ kumtmm, seihst wenn wir' i«' diesem F.Jt
•dio : Liohtmongü mir Imib- r:.e gross Mmu hmott, U; uitti vom YmUv *?tu
{eruLpfpr. PliÖ^en die \V(lnsefiyps.w.or.tho Monge von pr.hr,' 4 K
o» VK, hiebt, mehr neben. -Sie dtlrt**u .;*.(.»?»• h3r Smmlpii mein v: 1 .t/
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PC di«.‘-i i (roinjuul.uii wtil mh uoeimavls daran «nimctn. ..il-.
Srluthyi georaueitten VoHuinge y.-mli v m- vipnea) • m. vlahro-gmU-äiMlfiti ■'
weuleu tuüssoii Dar gesuhh,?!it- H<*i: oft jahrelang mehr. Ich
mHi SrbiOe. bei der avbl Jahre inug uogorohrigt blieben^ Deuz ,*h
ut-sahoi von der Abnahme det Lipiitnuiatbia^gkeH- bei dor KuiuditDa i'U
Bshnmi ^.. smi .»()«* Vorlditigo il u<■ i i I en l'R u >.nn- und hei dem iHieen-'
IfttfAkt- und Iittrtmferd uhm Daei.U>morbrotler, *>u (iftfc Kvlpftv iVw
. wegou 4m- häufire lVus«'hpn- derendbe-fi• i.d»ihwendig «st. --
' Für «litt .Vnhf/itig-u i.g rfor VRirbÜnpe sind ’ •yi'rsohiVdont* AieUnH »)
vCMpepehlapttti AviteÜHi«, ln Cman /^torrepJttsehen MustefsyhuHi»Ui.v m*‘
Mer Wmrifve VVell.ttttsHt.eihtug‘) - 1873 s«lv ich Vorhänge • ans uerW -hsjin
W>VüHU die- uu-taii uttfgurolif, wmrr, ( m,j b«ii .Bedaif naeii oIhhi- !!
wurdim. Dio^lbon nuhnieti mHüdieh fttr ^eWöhaM;;k€iU'fük8{^|f^fi3a
.3ww musste eh«*' E^itbior vörhängen. w’on« nm* vm-
strajileu Hörend m‘> Zimmer gelanpfeii also mohr Dicht- .-ddittapfhir),-r*»S
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in c«hi m mn'U'lk e.Uf .AumLi-r-i'nuthaus«' der- Wien«'31' Wuluai.^»)-
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< 1 / 0 : Poo^ei’ c »ü/ vm'duukjdt; und dundi AuP mid : Äbziehoft'»htr-
salhfd/dio Jhib'imhfniig in joihw Weise reguln, (Ein gut• JfyihHT^
Vmn4ehDl.a| hu Jh Se.hnhvH m Nürnberg } Diw ah
Casfiginig.s-wehje der- YorL-furge wpnlp iu Chicago vtan öimu - Wsufykftu
Castdlsrhai'f. ihx öüongD iyjc&kaln tetrb cumptttiV, UuSürgt-. 1$Mr-
jpfefttt bind ' A $ k 1 H o He l ‘C obbti^olehtt Sf’hmtremnipaRk^ vim HeEjcst
A Cö» ktt du» F(»istnltt de;- iS^ft vmn i 'ttJtiiöttiiuisteriüfn itt h‘«ffoöU4^
imsgm*tttiRen MuHm^imlhroDPs. Auch' & fiihmt di«>spfbett 4^'?
] wo viel Se'hnlh*B T du v?ml nneh o{t reparitt' werden iu3«hp»/ ^
! : , BojeeUpt ttiao «]/e Vorhänge ob tos, so dOrfen sie natüHiefh »iUs niHr
die Sfimm .scheint, ttkhf einer« Cnnttuiel.pt Glßb bedecken; denn OHi:
• luhl \sfe -jtt gpnwlp dm? wnuBbtnlHtCc ÜnhvT ,Hnd: Äy-
s«.d.inH«*n. Die Vorbiing«- mbsraai an :ier Mnunr iHier dem olmrc-t! Pe«isiov-
labnoui .meeluiH'llt Sein.
Ibm^cr scheint- c:s mir, dass die Vorhänge Z in* HöRp wei'h"
eben nur rnu-b pittpf S«*it.«'-: denn xvoitu sie in zwei. 1 füllt*Jn' xü t«pi^
; Seitott xiohbar sind, spbliöttsutt 4>« moipt tri dtu ; MittP- schlttphk
ladirci- Tiaronp hat In» sotbe-iier Vo)S«:kirbung oiilo g«dP UnPbt% ftv
1 orrieh'tung raigegubot«, um t.rö'ty ik\s TSttzitthob^ einen gottUgptiäüa ö»;
-•Kind von dort F*mst<ü'n «tc ürballPm ko das.K dieso. doch- bbtoittö*
yt&t&hXL kttttnna Diepb; YhrMttg^ Avnf#h 50 pwi vutt dt»r IViind entiuro 1
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i l utig<m i?i. Bchtilttfu üitfsl«» 1880,
Go gle
15. No vember. DEUTSCHE MEDIC1NK
IX. Feuilleton.
Die maritim-biologische Station bei Dröbak.
Von G. Guldberg,
Professor der Anatomie und Embiyologie an der Königl. Frederiks-
Universität in Christiania.
Im inneren Theile des 13 Meilen langen Christianiafjords im
südlichen Norwegen liegt die kleine Hafenstadt Dröbak; von ihr
ist ungefähr iy 2 Stunden Fahrt mit dem Dampfer nach Christiania
hinein. Schon im vorigen Jahrhundert war diese Lokalität wegen
ihrer interessanten Fauna durch die Untersuchungen des berühmten
Naturforschers 0. F. Müller bekannt, und daselbst ist nun seit
dem 23. Juni d. J. eine maritim-biologische Station eröffnet worden.
Das nette Laboratoriumsgebäude, das zu diesem Zwecke eben
gebaut wurde, liegt ganz am Ufer, ungefähr 3,5 m über dem
Wasserspiegel, ist 15 m lang, 8 m breit und 11 m hoch und be¬
steht aus einem Parterre (Erdgeschoss) und einer Belle-Etage mit-
sammt einer Dachzimmer-Etago. Das Erdgeschoss, aus Ziegelstein
gebaut, hat den Haupteingang und nach rechts einen Raum für
Schauaquarien, nach links einen Raum für die Pumpe und sonst
für Aufbewahrung. Das Haus ist aus Holz gemacht mit ganz
netter Holzconstruction. Die Belle-Etage hat fünf Zimmer, ein
grösseres nach Osten mit sechs Fenstern und sechs Tische für
Morphologie, ein kleineres nach Norden für den Vorsteher,
mitsammt einem Dunkelzimmer für Photographie, zwei kleinere
nach Westen für Physiologie und ein kleines nach Süden
für Zeichnen oder diverse andere Zwecke. Ueber der Belle-Etage
hat man fünf Dachzimmer, drei mit schrägen Dächern, eingerichtet,
nämlich ein grösseres als Bibliothek- und Schreibzimmer, eins für
Liehtversuche mit einem Dunkelzimmer, eins für Sammlungen und
noch zwei kleine für Wohnung oder als Arbeitszimmer. Noch höher
hinauf führt die Treppe in einen kleinen Thurm hinauf, wo eine
Wassercisterne steht; diese Cisterne wird von der Pumpe im
Erdgeschoss gespeist. Von dieser Cisterne aus geht ein Rohr¬
leitungssystem hinab zu den verschiedenen Arbeitszimmern in
der Belle-Etage. Die Vertheilung der verschiedenen Rohrleitungen
sind unter dem Dache des Erdgeschosses angebracht — also unter
dem Boden der Belle-Etage —, und zu jedem Tische in den mor¬
phologischen Arbeitsräumen kommt vom Boden herauf ein Wasser¬
rohr, von welchem man das Meerwasser in das Aquarium des
Arbeitstisches leiten kann. Ausserdem sind in der Mitte des
Raumes 12 Wasserleitungsrohre mit Gestell für Agentien ange¬
bracht. An den Wänden findet man Regale und Schränke für
mikrochemische Reagentien. Ein Mikrotom und ein Ofen für
Paraffineinschmelzen werden angeschafft.
Die „physiologischen“ Zimmer haben die für ein chemisch¬
physiologisches Laboratorium gewöhnliche Einrichtung. Im Laufe
dieses Winters soll die Station fertig montirt werden. — Von
dem Erdgeschoss im Felsen eingesprengt, geht das Wasser¬
saugrohr in den Fjord hinein und liegt die Oeffnung für die
Wassereinnahme mehr als zehn Klafter unter dem Wasserspiegel.
In einer solchen Tiefe hat das Wasser einen fast constanten Salz¬
gehalt (ca. 3 %). Vor dem Fundament des Gebäudes hat man ein
Bassin aufgebaut, das ein „Vivier“ bilden soll.
In diesem Sommer haben die Herren Professoren G. 0. Sars
über die Entwickelung der Crustaceen, N. Wille über die Algen,
indem er den genaueren Vorgang der Befruchtung der Florideen
und die Zusammenschmelzung des männlichen und weiblichen Vor-
kemes nachgewiesen hat, Prof. S. Torup, Dr. Geelmuyden und
Dr. Bödtker mit physiologisch-chemischen Untersuchungen über
die Stickstoffverbindungen des Meerwassers, Assistent am bota¬
nischen Garten Gran über die Algen, Dr. B. Hansten über die
Assimilationsprodiicte der Algen und Fräulein Bonnevie über
Ascidien, und noch andere da gearbeitet. Mittheilungen darüber
werden später ausgegeben. — Die Direktion der biologischen
Station sind die Herren Prof. Dr. G. Guldberg (Vorsitzender
der Baucommission), Prof. Dr. S. Torup und Prof. Dr. N. Wille.
Wenn die nothwendigen Mittel gesammelt sind, wird man auch
zum Bau einer Anstalt für Fischausbrüten schreiten; diese wird auf
derselben Stelle an der Seite des Stationsgebäudes angelegt werden.
Es wird auch ausländischen Naturforschern Gelegenheit ge¬
geben werden, an der Station zu arbeiten.
X. Standesangelegenlieiten.
Aus dem Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen
Standesvereine.
Um einen Theil des reichlich angesammelten Verhandlungsmaterials
zu erledigen, fand am 9. November eine ausserordentliche Sitzung des
Geschäftsausschüsses statt. Der Vorsitzende, Herr Becher, theilte
zunächst mit, dass das Königliche Polizeipräsidium das eingereichte
Formular der Passirkarten mit einzelnen kleinen Aenderungen ge¬
nehmigt habe. Danach trägt die Vorderseite der Karten die Aufschrift:
WOCHENSCHRIFT. 879
Passirkarte für den praktischen Arzt (Name und Adresse), darunter das
Datum, Stempel, und die Worte: der Vorstand des Geschäftsausschusses
der Berliner ärztlichen Standesvereine. Auf der Rückseite ist zu lesen:
1 „Laut Mittheilung des Königlichen Polizeipräsidium vom 31. Mai 1894 an
den Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen Standesvereine dürfen
Aerzte, sofern sie sich in Ausübung ihrer Praxis befinden, gegen Vor¬
zeigung dieser Passirkarte die polizeilichen Absperrungslinien zu Fuss
durchschreiten!“ Es ist selbstverständlich, dass die Karten nur von den
Inhabern persönlich benutzt werden dürfen. Dieselben sollen nunniehr
schleunigst gedruckt und an sämmtliche Aerzte Berlins und der Vororte
in der Weise vertheilt werden, dass die Mitglieder der Standesvereino sie
durch die betreffenden Schriftführer zugeschickt erhalten, während die
übrigen Aerzte sie sich von den Vorsitzenden der einzelnen Standes¬
vereine abholen können. Kosten erwachsen dadurch nicht, da der Ge-
schäftsausschuss die bezüglichen Ausgaben aus seiner Kasse bestreiten wird.
Folgende Anträge werden zur Berathung angemeldet: 1) Vom Verein
Königstadt: Die Aerztekammer soll veranlasst werden, bei den zuständigen
Behörden dahin vorstellig zu werden, dass a) Aerzten, die infolge von
Geisteskrankheiten entmündigt sind, für die Dauer der Entmündigung und
b) solchen Aerzten, die durch richterliches Erkenntniss ein für alle mal
die Fähigkeit verloren haben, vor dem Gericht als Zeuge zu fungiren,
dauernd die Approbation von Staatswegen entzogen werde. — 2) Vom
Nordclub: Es soll seitens des Geschäftsausschusses eine Prüfung darüber
vorgenommen werden, ob und in wie. weit die ärztliche Begutachtung von
Handelsartikeln zum Zwecke geschäftlicher Ausuützung derselben dem
Ansehen des ärztlichen Standes entspricht.
Der folgende Punkt der Tagesordnung betraf die Organisation
der Sanitätswachen und des öffentlichen Rettungswesens. Es
ist darüber schon sehr viel in den ärztlichen Vereinen gesprochen worden,
da es offenkundig ist, dass die betreffenden Einrichtungen, wie sie jetzt
in Berlin bestehen, theils unzweckmässig, theils unausreichend und der
Grösse der Stadt durchaus nicht entsprechend sind. Leider ist man trotz
aller Berathungen nicht viel vorwärts gekommen, und zwar hauptsächlich
aus dem Grunde, weil die Aerzte die bedeutenden Mittel, welche zur Ein¬
führung und Erhaltung der nothwendigen Geräthe, Fuhrwerke, Instrumente,
Verbandmittel etc., ferner für die Miethung der Lokale, für Besoldung
u. s. w. erforderlich sind, nicht aufbringen können. Es wäre sicher am
zweckmässigsten, wenn die städtischen Behörden die Sache in die Hand
nehmen würden und die neu zu gründenden Anstalten an die Kranken¬
häuser oder an die Feuerwachen angliederten, da es bei Verunglückungen
das wichtigste Erforderniss ist, dass die betreffenden Kranken möglichst
schnell und in möglichst geeigneter Weise in die Krankenhäuser geschafft
werden, nachdem ihnen vorher die not.hwendigste ärztliche Hülfe zu Theü
geworden ist. Leider hat die Stadt bisher geglaubt, genug gethan zu
haben, wenn sie mit einigen Geldmitteln die alten Sanitätswachen unter¬
stützte, über die in ärztlichen Kreisen nur die übereinstimmende Meinung
herrscht, dass sie bis auf die Wache vor dem Halleschen Thore,
die eine eigene Organisation hat, keineswegs den Anforderungen
entsprechen, die man an solche Institute zu stellen berechtigt ist. Sie
renommiren mit der Anzahl ihrer Leistungert, erwähnen aber dabei nicht,
dass wirkliche Hülfe bei dringender Gefahr nur äusserst selten in Frage
kommt, da naturgemäss bei weitem die meisten Unglttcksfälle bei Tage
passiren, und dass die Sanitätswachen eigentlich weiter nichts sind, als
nächtliche Polikliniken. — In neuerer Zeit haben die Berufsgenossen-
schaften, welche die Unfallstationen in Berlin errichtet haben, sich auch
des Rettungswesens angenommen und mit dem bei diesen Genossenschaften
üblichen Schlagen der Reclametrommel täglich in den politischen Zeitungen
urbi et orbi verkündet, dass das liebe Berlin nunmehr ruhig sein könne,
da sie das ganze Rettungswesen in schönster Weise geordnet hätten.
Nun lässt es sich gar nicht leugnen, dass die Unfallstationen bei weitem
besser und zielbewusster eingerichtet sind als die Sanitätswachen, und
der geschenkte Wagen zum Transport der Kranken, sowie das gestiftete
Pferdepaar, von dem wir in den letzten Tagen die Beschreibungen zu
lesen bekamen, werden wahrscheinlich ganz vortrefflich sein, aber es hat
doch den Anschein, als ob es den Genossenschaften vor allem darauf an¬
käme, für die Privatkliniken ihrer Aerzte, alias Unfallstationen, das ge¬
nügende Material zu schaffen, während es im öffentlichen Interesse liegt,
möglichst alle Krankenhäuser und möglichst alle Aerzte an diesen Dingen
zu betheiligen. Und nebenbei ist noch zu bemerken, dass die Unfall¬
stationen bei den Arbeitern, für die sie gegründet sind, im allgemeinen
keine Gegenliebe gefunden haben und dass diese trotz aller Lockungen
und trotz allen Druckes es. wenn es angeht, noch immer vorziehen, auch
bei Unglücksfällen sich von Privatärzten behandeln oder in die grossen
Krankenhäuser aufnehmen zu lassen. — Auch der jüngst gegründete
„Nationalverein zur Hebung der Volksgesundheit“ hat sich die Neugestal¬
tung des Berliner Rettungswesens zur Aufgabe gemacht und zur Be¬
sprechung diesor Angelegenheit eine öffentliche Versammlung im Ratli-
hause abgehalten. Wenn man auch anerkennen muss, dass dieser Verein
gute Zwecke verfolgen will, so ist doch die Annahme gerechtfertigt (ganz
abgesehen davon, dass die Thätigkeit des Vereins auf Wege hinzuleiten
scheint, welche die sogenannten Naturärzte zu wandeln pflegen), dass er
nicht viel erreichen wn*d, da er sich viel zu viel vorgenommen hat. Fast
alle Fragen, die irgend ein von allgemeiner Humanitätsduselei ergriffener
Verein je aufgeworfen hat, finden sich in dem Programm dieser neuen
Schöpfung vor, ihre Ziele sind unklar und verschwommen, so dass dabei
kaum etwas greifbares herauskommen wird, obwohl auch einige Collegen
mit an der Spitze des Vereins stehen. — In Berücksichtigung, dass das
Transportwesen für Kranke in Berlin noch sehr schlecht geregelt ist, hat
übrigens die Charite seit einigen Wochen einen entsprechend eingerich¬
teten Wagen angeschafft, auf welchem Verunglückte oder Schwerkranke
von dem Orte des Unfalls oder von ihrer Behausung nach der Charite
überführt werden können.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
880
No. 46
Aus allem Angeführten sieht man, dass die Sache des Rettungswesens
jetzt im Flusse ist. und da die Aerzte, die gerade hierbei die Sachver¬
ständigsten und Meistbetheiligten sind* nicht nur nicht zurückstehen,
sondern möglichst zweckentsprechend Vorgehen und alle auf dasselbe Ziel
gerichteten Bestrebungen, wenn es sich machen lässt, vereinigen wollen,
so wird schon in nächster Zeit eine vom Verein zur Einführung freier
Arztwahl einberufene allgemeine Aerzteversaminliing behufs Stellungnahme
zu dieser Angelegenheit statthaben. — Nachdem alle diese besprochenen
Gesichtspunkte in lebhaftester Debatte erörtert waren, nahm der Geschäfts¬
ausschuss folgende Anträge an: 1) In Rücksicht darauf, dass das Rettungs¬
wesen bei plötzlichen ÜnglQcksfdllen hauptsächlich den Transport der
Verunglückten betrifft und dass für den Transport in Berlin nicht ge¬
nügend gesorgt ist, somit ein allgemeines öffentliches Interesse vorhanden
ist, sind die Kosten für dasselbe aus communalen Mitteln zu bestreiten.
2) Der Geschäftsausschuss ernennt eine Commission, die betreffs der Or¬
ganisation des Rettungswesens persönlich mit den städtischen Behörden
und sonstigen Vereinigungen zu unterhandeln sucht. 3) Diese Com¬
mission vertritt die Anschauungen des Geschäftsausschusses in der all¬
gemeinen Aerzteversammlung und soll in dieser durch Cooptation ergänzt
werden. — In die betreffende Commission wurden die Herren Becher,
Küster und Alexander gewählt.
Der folgende Punkt der Tagesordnung betraf ein altes Schmerzens¬
kind der Aerzteschaft. nämlich die Taxfrage. Im November 1892, also
vor nunmehr zwei Jahren, hatte das Cultusministerium selbst die Aerzte-
kammern aufgefordert, sich über eine neue Taxe gutachtlich zu äussera,
da „wie allgemein anerkanut werde, die Taxe vom 21. Juni 1815 den
jetzigen Verhältnissen nicht mehr entspreche 4 ’. Die Aerztekammern hatten
reiflich berathen und prompt geantwortet, warten aber bis heute vergeb¬
lich auf eine Rückäusserung des Ministeriums. Deshalb beantragt der
Verein der Friedrichstadt, der Geschäftsausschuss möge Delegirte sämmt-
licher Berliner ärztlichen Vereine, welche sich mit Standesfragen und
wirtschaftlichen Interessen beschäftigen, zusammenberufen, um energisch
und durch persönliche Unterhandlungen mit den betreffenden Behörden
in Sachen der ärztlichen Taxfrage vorzugehen. Da indess der Aerzte-
kammerausschuss in seiner letzten Sitzung beschlossen hat, sich an das
Ministerium mit der Bitte zu wenden, sich endlich über diese Sache zu
üussern. und da auf diese Bitte eine Antwort in 6—8 Wochen zu er¬
warten ist. wurde der Antrag der Friedrichstadt bis zum Eintreffen dieser
Antwort, spätestens aber auf drei Monate zurückgelegt. — Uebrigens ist
der Ausschuss der Aerztekammer 'willens, falls die ministerielle Antwort
keine recht baldige Erledigung in Aussicht stellt-, die Taxfrage unter die¬
jenigen Gegenstände aufzunehmen, über welche die Delegirten der Aorzte-
kammern in Gemeinschaft mit der wissenschaftlichen Deputation verhan¬
deln sollen. Hoffen wir, dass nunmehr die Sache im Flusse bleibt und
dass wir endlich von der ganz veralteten und unzureichenden Medicinal-
taxe befreit werden. jj
XI. Mitteilungen über die Heilserumtherapie
der Diphtherie.
Bezüglich der Nachwirkungen des Diphtherieheilserumi
erhalten wir von Herrn Stabsarzt Dr. Scholz in Hirschberi
(Schlesien) folgende Zuschrift:
Sehr geehrter Herr College! Im Anschluss au den Aufsat:
von \\. Lublinski in No. 45 Ihrer Wochenschrift erlaube icl
mir eine Beobachtung mitzutheilen, welche der dort beschriebene]
Nachwirkung des Antitoxins völlig gleichkommt.
23. October früh zeigte sich bei meinem zehn Jahre altei
Sohn nach voraufgegangenem zweitägigem Fieberzustande diphthe
ritischer Belag auf beiden Mandeln. Ich machte sofort eine Ein
spntzung der schwachen (600 Einheiten) Antitoxinlösung, von dei
ich vorher 1 ccm zur Immunisirung meiner sechs Jahre alten, bi;
dahin ganz gesunden Tochter entnommen hatte. Die Wirkung dei
Einspritzung bei dem Knaben war eine überraschende: im Verlau
eines Tages waren Puls, Athmung und Körperwärme normal; dii
Beläge auf den Mandeln wuchsen nicht mehr und hatten sich nacl
drei Tagen abgestossen. Am 26. erkrankte auch, trotz der ver
suchten Immunisirung, meine Tochter, da sie jedenfalls zur Zer
der Immunisirung schon inficirt war. Der Verlauf dieser Erkran¬
kung war ein leichter, ich möchte sagen abortiver, so dass ich voi
S“®*, nachträglichen Einspritzung einer vollen Dosis Antitoxin Ab
T r ^ nur J oin Fläschchen des stärksten Anti-
fph rnPb iS^^ i nd ’ Uber dessen Anwendung in leichten Fällei
S / f8h -™ g f macht hatte - Die Reconvalescenz wai
v«™w “ Ki " dern fhr schnelle und ihr Befinden am 1. No-
(zehn Ta™ n^^V 1 ” d f N “ ht vom 2 - zum 3- Novembe.
Knaben fin ««hr w5 Em6 P n l tzun g). stellte sich plötzlich bei den
2,1?, t heftiger Juckreiz ein, der veranlasst war durcl
HaiT und“?-?,«;.-, 11 ! 18611 'a biS bo ? nCngrosse Knötchen, die zunächsi
Sti?n'unri d n«^ht k6 s’ w n . a ! J6r auch Armo nnd Beine befielen
Mnlh! ? , ,ed0Cl l. f r Hessen. Bei Tageslicht crschienei
rothJmH 1 nach . k " rzem Bestehen flacher wurden, blau-
ioth und flössen nach Verlauf weniger Stunden an der Innensoitf
S^^UtÄh* 51 h T and f tell , erg v SSen Flecken zusammen. Zu-
gleich stellten sich im Laufe des Vormittags heftige Schmerzen in
den meisten Gelenken und Schmerzen in der Rumpfmuskulatur ein
SO dass der Knabe ausser Stande war, sich im Bett aufzurichC:
Am meisten klagte er über Schmerzen in den Kniekehlen. Dabei
fehlte jede Schwellung, und die Körperwärme überstieg nie 376
(im Rectum gemessen). Auch das Mädchen fühlte sich im Laufe
des 3. November matt, und es traten bei ihr an beiden Hand- und
Fussriicken erbsengrosse, blaurothe Flecken auf, welche nach un¬
gefähr drei Tagen gänzlich verschwunden •waren: von Gelenk-
schmerzen blieb sie verschont. Bei dem Knaben war der Aus¬
schlag nach vier Tagen verschwunden , desgleichen die Gelenk¬
schmerzen, doch besteht jetzt noch eine Mattigkeit in den Beinen
Das plötzliche Auftreten des Ausschlags, das zuerst wegen des
äusserst heftigen Juckreizes den Verdacht auf Urticaria erweckte,
sich aber dann, als die Gelenkschmerzen dazu traten, als eine Alt
von Erythema exsudativum multiforme charakterisirte, überraschte
mich nicht, da mich am Abend vor dem Auftreten desselben
College Middeldorpf, welcher bei sich selbst und seiner Frau
eine immunisirende Einspritzung vorgenommen hatte, bat, darauf
zu achten, ob sich bei meinen Kindern ähnliche Nachwirkungen,
wie er sie bei sich und seiner Frau beobachtet hatte, wahrnehmen
würde. College Middeldorpf beobachtete bei sieh das Auftreten
eines urticariaähnlichen Exanthems am linken Oberarm und eine
mehrere Tage anhaltende Mattigkeit; seine Frau litt, ohne Fieber,
eine Woche, lang an heftigen Gelenkschmerzen und namentlich
Schmerzen in den Kniekehlen, worüber auch mein Sohn am
meisten klagte.
Dass es sich in den vorstehend beschriebenen Fällen nur um
eine Nachwirkung des Antitoxins handelt, erscheint mir nach dem
Auftreten und dem eigenartigen Verlauf der Erscheinungen un¬
zweifelhaft. Was die Behandlung desselben betrifft, so schienen
mir einige Dosen Phenacetin zu 0,5 die Heftigkeit der Gelenk¬
schmerzen zu lindern.
Prof. Bökai, Chefarzt des Budapester Stephanie-Kinderspitals,
referirte in der am 27. v. M. abgehaltenen Sitzung der Budapester
Gesellschaft der Aerzte über die Resultate von 35 vom 11. September
bis 21. October 1. J. mittels Behring’schen Serums behandelten
Fällen von diphtheriekranken Kindern (mittelschwer 20,
schwerste Fälle 15). Von diesen w T aren 9 reine Rachendiphtherie,
7 Nasen- und Rachendiphtherie, 4 Rachen- und Kehlkopfdiphtherie
und 15 reine Kehlkopfdiphtherie (Laryngitis crouposa). Es starben
5, also 147 3 % der Fälle, was Bökai im Vergleich mit den bis¬
her mit anderen Mitteln behandelten Fällen als äusserst günstig
bezeichnet, da bei diesen das Heilungsprocent 43,2 bis 58,8 aus¬
machte, während das mit dem Behring’schen Mittel 85,6 aus¬
macht. Sehr.
XII. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. In nächster Zeit wird der Magistrat sich über die Be¬
setzung der neuqp Pros ectors teile im Krankenhaus Friedrichshain
zu entscheiden 1 haben. Wie wir hören, hatVirchow erklärt, dass er mir
sehr ungern wieder einen seiner Assistenten für den Prosectorposten eine?
städtischen Krankenhauses abgeben möchte. Hoffentlich wird der Magistrat
diesem gewiss berechtigten Wunsche volle Beachtung schenken.
— Von den Vorstehern der deutschen Impfinstitute ist für das
Jahr 1896 eine Feier zur Erinnerung an die Jenner’sche Ent¬
deckung der Vaccination geplant. Die Feier soll im Anschluss an
eine der jährlich wiederkehrenden Aerzteversammlungen statthaben. In
Verbindung damit ist eine Ausstellung von alten und neuen Impfinstru-
menten, von Instrumenten zur Lymphconservirung, von Impf bestecken,
bildlichen Darstellungen der Impfung, Originalschriften über die Pocken
und Vaccination, über Schafpocken- und Rinderpestimpfungen in der Vor-
Jennerlschen Zeit, von Abbildungen zur Constanz der Variola- und Vaccine¬
pustel, von Pasquillen auf die Impfung, von Impfmedaillen, Porträts von
hervorragenden Inoculatoren, Impfärzten, Impfgegnera, von Autographen
u. s. w. in Aussicht genommen. Baldige vorläufige Zusagen oder Zusen¬
dungen von Ausstellungsgegenständen erbittet Geh. Med.-Rath Dr. L.
Pfeifer, Vorstand des Grossh. Sächsischen Impfinstitutes in Weimar.
— Karlsruhe. Die diesjährige Versammlung des südwest¬
deutschen psychiatrischen Vereins findet am 3. und 4. November
in Karlsruhe statt.
— Breslau. Die DDr. C. S. Freund, Prof. Magnus, Methner
halten einen Cyklus von Vorlesungen über Unfallverletzung mm
deren Begutachtung ab, und zwar liest Dr. C. S. Freund über Nerven¬
krankheiten nach Unfällen; Prof. Dr. Magnus über Unfallverletzung de.»
Auges; Dr. Methner über Functionsstörungen nach Verletzung der
Extremitäten.
— Ly on. In der Schlusssitzung des in Lyon zum ersten male tageuden
französischen Congresses für innere Medicin wurde beschlossen,
dass die nächste Session zu Bordeaux im Monat August oder Septembei
1895 stattfinden sollte. Zum Präsidenten des nächsten Congresses wurd ' 1
Bouchard, zum Viccpräsidenten Pitres gewählt. Für das zukünftig ' 1
Programm wurden drei Themata bestimmt: 1) Die infectiösen Myelitiden.
2) Leber- und Darmpathologio, 3) Ueber antifebrile Analgetica.
— Universitäten. Rostock. Als Nachfolger des verstorbene'!
Prof. Lemcke ist Dr. O. Körner aus Frankfurt a. M. als ausserordent¬
licher Professor der Ohrenheilkunde berufen.— Basel. Der Privatdocen
der Anatomie Dr. Burckhardt ist zum a. o. Professor ernannt.
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
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UNIVERSITY OF MICHtGAN
Donnerstag
M 47,
22. November 1894,
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHKIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Llchtenstelnallee 3. Potsdameretr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
I. Aus dem hygienischen Institut der Universität
Greifswald.
Zur Diptaheriefrage.
Erläuterungen zu den Thesen des Deutschen Diphtherie-
Comites auf dem VIII. internationalen Congress für Hygiene
und Demographie in Budapest.
Von Prof. F. Loeffler in Greifswald.
M. H.! Als Vorsitzender des Deutschen Diphtherie-Comites
habe ich die Ehre, Ihnen die von diesem Comite aufgestellten
Thesen vorzutragen. Dieselben liegen Ihnen gedruckt vor 1 ), ich
kann mich daher darauf beschränken, einige Erläuterungen zu
denselben zu geben.
Das deutsche Comit6 hat an die Spitze seiner Thesen den
Satz gestellt: Der Erreger der Diphtherie ist der Diphthe¬
riebacillus. Zweifel über die ätiologische Bedeutung dieses
Bacillus bestehen nicht mehr. Es gereicht mir zu besonderer Ge-
nugthuung, diese Worte, welche die volle und endgültige Aner¬
kennung des von mir vor jetzt zehn Jahren in seinen morpholo¬
gischen und biologischen Eigentümlichkeiten scharf charakteri-
sirten Bacillus als ätiologisches Moment der Diphtherie enthalten,
hier auf diesem Congresse proclamiren zu dürfen. Der Umstand,
dass die Diphtheriebacillen nicht, wie die Erreger bei anderen
Jnfectionskrankheiten, im Innern der Organe, sondern nur auf der
Oberfläche der erkrankten Theile von mir gefunden waren, ist
wohl die Hauptursache gewesen, dass meine Angaben mit starken
Zweifeln aufgenommen wurden und dass erst drei Jahre nach
meiner ersten Mittheilung die Forscher überhaupt, begonnen haben,
sich mit meinen Untersuchungen zu beschäftigen. Sieben Jahre
hat es dann noch gewährt, bis sich der Bacillus Bürgerrecht er¬
rungen hat. Nachdem der Bacillus überall, in allen Erdtheilen, in
allen typischen Fällen von Diphtherie gefunden ist, nachdem allein
durch den Bacillus, bezw. das von ihm producirte Gift, durch dessen
Production, wie ich in meiner ersten Arbeit dargelegt hatte, seine
pathogene Wirkung allein verständlich war,^ alle Erscheinungen
der Krankheit ihre zureichende Erklärung gefunden hatten, nach¬
dem das von dem Bacillus in seinen Cuitursubstraten gebildete
Gift auch in den diphtherischen Membranen, sowie auch in den
Organen von an Diphtherie Verstorbenen nachgewiesen war, nach¬
dem auch die so eigenartigen diphtherischen Lähmungen ex¬
perimentell durch den Bacillus bezw. seine Producte beim Thier
erzeugt waren, endlich nachdem es Behring gelungen ist, mit
Hülfe der Culturen des Bacillus das die Krankheit heilende Anti¬
toxin zu erzeugen — nachdem alle diese Thatsachen wissen¬
schaftlich sichergestellt sind, jetzt müssen auch die ärgsten Zweifler
vor ihrer Wucht verstummen. Der Erreger der Diphtherie ist der
Diphtheriebacillus.
Da es nun aber Erkrankungen der ersten Wege giebt, welche
klinisch als Diphtherie erscheinen, bei welchen aber der Bacillus
vermisst wird, so müssen fortan alle jene Erkrankungen als etwas
ganz Heterogenes von der Diphtherie abgetrennt werden. Nur da,
wo der Bacillus vorhanden ist, nur da ist echte Diphtherie.
Dass diese diphtherieähnlichen Erkrankungen nicht gar so
selten sind, dass der Arzt sehr häufig in der Lage ist, über die
l ) Vgl. die Verhandlungen des Congresses in unserer Vereinsbeilage !
vom 18. October 1894, No. 42, S. 117 und 118. D. Red. !
Natur einer Erkrankung mit Belägen im Zweifel zu sein, das
beweisen die von zahlreichen Forschern mitgetheilten Zahlen.
So haben Roux und Yersin unter 80 Fällen 29, Morel unter
86 20, Martin unter 200 ,£2^ Baginsky unter 154 36, Park
unter 159 105, Challlou und Martin unter 99 4J9, ich seihst !n
mit Strühing unter 100 25, oder sämmtliclie^Beobachter unter
878 diphtherieartigen Erkrankungen 316 gefunden, welche mit der
Diphtherie nichts zu thun hatten — ohne bacteriologische Unter¬
suchung hätten sich die betreffenden Aerzte unter drei Fällen ein¬
mal in der Diagnose geirrt. Daraus erhellt, welche enorme Be¬
deutung die bacteriologische Untersuchung für die ganze weitere
Erforschung der Diphtheriefrage hat, dalior der in These 2 und 12
zum Ausdruck gebrachte Wunsch, dass, wenn möglich, jeder ver¬
dächtige Fall bacteriologisch untersucht werde. (Unruhe und
Widerspruch in der Versammlung.) Ja, meine Herren, wenn Ihnen
dieser Gedanke augenblicklich auch noch als ein praktisch nicht
durchführbarer erscheint, so müssen Sie sich gleichwohl mit ihm
vertraut machen. Es handelt sich da nicht etwa nur um Utopieen
am grünen Tische, bezw. im Laboratorium ausgedacht, nein, meine
Herren, es handelt sich um hochwichtige, für die Erforschung der
Diphtherie geradezu mit Nothwendigkeit. zu erfüllende Desiderata,
welche im übrigen bereits die Feuerprobe in der Praxis bestanden
haben — zwar nicht bei uns, wohl aber, wie wir wohl noch von
dem Präsidenten des amerikanischen Comites ausführlicher hören
werden, in Amerika, in der Stadt New-York. Nach einer vor
kurzem in der Wiener medicinischen Wochenschrift erschienenen
Mittheilung von Schrank werden den Aerzten Now-Yorks von dem
Sanitätsdepartement kostonfrei Reagensröhrchen mit Blutserum ge¬
liefert, welche von den Aerzten mit Partikelchen von den ver¬
dächtigen Belägen mittels des gleichfalls gelieferten Impfinstruments
besät und dann in einer Apotheke deponirt werden. Allabendlich
werden die besäten Röhrchen gesammelt und von dem Gesundheits-
departement bacteriologisch untersucht. Am Mittag des nächsten
Tages erhält der Arzt telephonisch oder mittels Postkarte die
Diagnose.
Nun, was in der Stadt New-York möglich ist, das sollte doch,
in grossen Städten wenigstens, auch bei uns möglich sein. Pro¬
gnose, Therapie und Prophylaxe erheischen in gleicher Weise die
möglichst umfangreiche Durchführung der bacteriologischen Unter¬
suchung.
Aus dem soeben dargelegten Umstande, dass die Diagnose der
Diphtherie bisher eine so wenig sichere gewesen ist, folgt nun
weiter, dass die bisherigen Morbiditätsstatistiken der Diphtherie,
aus welchen manche Statistiker weitgehende Schlüsse über die
Verbreitungsweise, die Bösartigkeit u. s. w. der Diphtherieerkran¬
kungen zu ziehen geneigt sind, nur durchaus unzuverlässig sein
können, weil Niemand wissen kann, wie viele von den registrirten
Fällen echte Diphtherie gewesen sind und wie viele nicht. Nun,
aber die Todesfallstatistiken liefern doch ein brauchbares Material,
werden viele sagen, weil doch erfahrungsgemäss die diphtherie¬
ähnlichen Erkrankungen nur selten zum Tode führen.
Nein, meine Herren, auch die Todesfallstatistiken liefern meist
keine verwerthbaren Unterlagen, weil die Angaben über die Todes¬
ursachen vielfach falsch sind, da ihnen häufig nicht die Angaben
von Aerzten, sondern die Ausweise von Standesbeamten zugrunde
liegen und weil überall Croup und Diphtherie zusammengeworfen
werden. In nfanchen Gegenden aber spielt der'reine, nicht diph¬
therische Croup eine wesentliche Rolle. Dies ist z. B. der hall
bei uns in Ostpreussen. Infolgedessen ist hei den statistischen Er-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47
liebungen über die Verbreitung der Diphtherie in Preussen vielfach
0 stpreussen als die am schwersten von der Diphtherie heimgesuchte
Provinz bezeichnet worden, während nach den viel zuverlässigeren,
auf ärztlichen Angaben basirenden Krankenhausstatistiken dies
durchaus nicht der Fall ist, das Maximum der Diphtherie in mehr
central gelegenen Provinzen zu suchen ist.
These 8, welche das Verhalten der Diphtherieepidemieen
charakterisirt, dürfte wohl keinen Widerspruch erfahren. Zu
These 4 möchte ich folgendes bemerken: Die Ursachen der
Steigerung der Virulenz der Diphtheriebacillen sind noch nicht ge¬
nügend erkannt. Thatsache ist es nach den übereinstimmenden
Beobachtungen vieler Forscher, Barbier, Roux und Yersin,
Schräder und anderer, dass concomitirende pathogene Bacterien,
besonders aber Streptococcen die Diphtherieerkrankungen in sehr
ungünstiger Weise beeinflussen, die Erkrankungen schwerer, be¬
drohlicher machen. In neuester Zeit ist von Funk nachgewiesen,
dass in der That durch Streptococcen die Giftproduction der Diph¬
theriebacillen eine Steigerung erfahren kann. Wenn Funk Meer¬
schweinchen die sicher tödtliche Menge einer Diphtheriebouillon-
cultur einerseits und Mischungen der gleichen Menge derselben
Diphtheriecultur mit einer gewissen Menge einer für diese Thiere
nicht pathogenen Streptococcencultur andererseits einspritzte und
zugleich bei allen Thieren eine die tödtliche Diphtheriedosis gerade
neutralisirende Menge von Heilserum folgen liess, so starben die
zugleich mit Streptococcen behandelten Thiere an Diphtherie,
während die mit der Diphtheriereincultur inficirten am Leben blieben.
Wenn er aber nun die Heilserumdosis bei den mit dem Diphtherie-
Streptococcengemisch inficirten Thieren steigerte, so blieben sie
ebenfalls am Leben. Die Streptococcen hatten demnach die Gift¬
production der Diphtheriebacillen erhöht. Die concomitirenden
Bacterien haben nun aber, abgesehen von der jetzt sicher nach¬
gewiesenen Steigerung der Giftproduction der Diphtheriebacillen
noch eine andere Bedeutung. Sie können von den diphtherisch
afficirten Stellen aus in die inneren Organe eindringen und zu
septikämischen, die Widerstandsfähigkeit des Organismus herab¬
setzenden Processen Anlass geben. Dies kann durch das Heilserum,
welches eine specifische Einwirkung nur auf die Diphtheriebacillen,
aber nicht auf die pathogenen Coocen hat, nicht verhindert werden.
Es folgt daraus, dass es nothwendig ist, namentlich bei Misch-
infectionen, die lokalen Erkrankungen lokal zu behandeln, um die
concomitirenden Organismen zu bekämpfen.
Auch aus prophylaktischen Gründen empfiehlt sich die lokale
Behandlung, wie These 14 besagt. Je mehr Bacillen an ihrer An¬
siedelungsstätte getödtet werden, um so weniger können nach
aussen gelangen, um so geringer ist die Möglichkeit der Verbreitung
der Krankheit. Die quantitativen Verhältnisse, das heisst die
Mengen der Bacillen spielen eine wichtige Rolle, sowohl bei der
Intensität der Erkrankungen wie bei dem Zustandekommen der In-
fectionen. Die lokale Vernichtung ist um so dringender geboten,
als, wie These 8 darlegt, die nach aussen gelangten Bacillen
unter für sie günstigen Bedingungen, bei Dunkelheit, Feuchtigkeit,
Schmutz in den Wohnräumen, sich eine Reihe von Monaten ausser¬
halb des Körpers lebenskräftig erhalten können.
Freilich sind die von dem Kranken mit Auswurfstoffen nach
aussen beförderten Bacillen nicht das einzige die Verbreitung der
Diphtherie begünstigende Moment.
Die Reconvalescenten sind es, welche noch lange Zeit nach
dem Verschwinden der lokalen Erscheinungen Bacillen in ihren
ersten Wegen beherbergen und natürlich auch nach aussen befördern
können. In neuester Zeit sind von meinem Assistenten Dr. Abel
mehrere Fälle genau verfolgt worden, in welchen noch acht Wochen
nach der Gesundung Diphtheriebacillen, und zwar virulente Bacillen
bacteriologisch nachgewiesen werden konnten. Bisweilen bestehen bei
solchen, Diphtheriebacillen in den ersten Wegen beherbergenden
Reconvalescenten gar keine krankhaften Erscheinungen, bisweilen
nur ganz leichte Katarrhe des Rachens oder der Nase. Es folgt
daraus, wie nothwendig es ist, die Reconvalescenten von Diphtherie
genau zu überwachen, und wie nothwendig es ist, namentlich er¬
krankt gewesene Schulkinder bacteriologisch zu untersuchen, ehe
man sie zum Schulbesuch wieder zulässt (These 17).
Von recht erheblicher Wichtigkeit für das Verständniss der
diphtherischen Infection ist nun noch eine Thatsache, welche ich
bereits in meiner ersten Arbeit festgestellt hatte und welche lange
Zeit der Anerkennung des Diphtheriebacillus als ätiologischen
Moments entgegengestanden hat, d. i. das Vorkommen von Diph¬
theriebacillen bei gesunden Individuen, ohne dass dieselben irgend
welche krankhaften Erscheinungen machen. Zahlreiche Forscher
haben diese Thatsache bestätigt, so C. Fraenkel bei uns, Roux
UQ d Yersin in Paris. Heute erscheint dieses Factum uns nicht
mehr wunderbar, nachdem bei gesunden Individuen, welche der
cholerischen Infection ausgesetzt gewesen sind, Cholerabacillen in
den Fäces nachgewiesen sind. Bei der enormen Verbreitung, welche
das Diphtherievirus überall bei uns gefunden hat, ist es selbst¬
verständlich, dass die Diphtheriebacillen in die ersten Wege zahl¬
reicher Individuen gelangen. Wie bei der Cholera erkrankt nur
ein Theil der befallenen Individuen, ein anderer Theil aber nicht.
Während unserer letzten Greifswalder Epidemie habe ich Gelegen¬
heit. gehabt, nach dieser Richtung einige interessante Beobachtungen
zu machen. Nachdem in mehreren Schulen Diphtheriefälle vor¬
gekommen waren, wurde seitens der Sanitätscommission eine ärzt¬
liche, von Zeit zu Zeit zu wiederholende Untersuchung sämrat-
licher Schulkinder angeordnet und von den verschiedenen medi-
cinischen Universitätsinstituten auch durchgeführt. Das hygienische
Institut betheiligte sich ebenfalls an diesen Untersuchungen. Ich
habe nun diese günstige Gelegenheit benutzt und 160 Kinder mit
meinem Assistenten Dr. Abel bacteriologisch untersucht. Bei vier
von diesen fanden sich am nächsten Tage auf den Blutserum-
röhrchen echte Diphtheriebacillen. Bei sofortiger persönlicher Er¬
kundigung in der Schule ergab sich, dass einer von diesen Ba¬
cillenträgern, welche bei der Ocularinspection, wie ich ausdrücklich
betonen möchte, nicht krank befunden waren, in der Schule fehlte.
Er war an Diphtherie erkrankt. Bei dem zweiten wurde eine
floride Diphtherie entdeckt. Der Junge w r ar etwas torpide, hatte
zu Hause nicht geklagt und sass nun mit seiner Diphtherie zwischen
seinen Mitschülern. Der dritte hatte eine leichte Mandelentzündung
ohne irgend welche subjectiven Beschwerden, und der vierte war
ganz gesund. Die beiden letzteren erkrankten auch nicht, wie¬
wohl bei dem einen erst nach drei Tagen, bei dem anderen sogar
erst nach zehn Tagen die Bacillen aus dem Rachen verschwanden.
Bei elf von den Kindern wurden ausserdem noch sogenannte
Pseudodiphtheriebacillen gefunden, welche von manchen, so von
Roux und seinen Mitarbeitern, für eine abgeschwächte, oder sagen
wir lieber nicht virulente Art der Diphtheriebacillen, von mir aber
für eine ganz andere Bacterienart gehalten werden.
Warum machen nun die Bacillen, welche in die ersten Wege
hineingelangt sind, keine krankhaften Erscheinungen?
Ja, meine Herren, für die Beantwortung dieser Frage kommt
eine Reihe von Momenten in Betracht, die wir noch nicht alle mit
hinreichender Sicherheit erforscht haben. Sehr nahe liegt der Ge¬
danke anzunehmen, dass diese Individuen gegen die Diphtherie
immun sind. Für diese Annahme sprechen die Ergebnisse der
Untersuchungen, welche Herr Dr. Abel neuerdings im hygienischen
Institut zu Greifswald ausgeführt hat und über welche er
demnächst (in dieser Wochenschrift. D. Red.) ausführlich be¬
richten wird. Dr. Abel hat gefunden, dass das Blut einer
ganzen Anzahl von gesunden Individuen, die nicht kurz vor¬
her Diphtherie überstanden hatten, die Eigenschaft besitzt, Meer¬
schweinchen gegen eine tödtliche Infection mit Diphtheriebacillen
oder Diphtheriegift zu schützen. Bei solchen immunen Individuen,
muss man annehmen, können die Bacillen nicht haften, weil diese
durch ihr Gift nicht geschädigt werden. Eine andere Erklärungs¬
möglichkeit wäre die, dass man sagte: Die Bacillen befinden acn
nur auf der Oberfläche gesunder, intacter Schleimhäute. Wenn
sie da ihr Gift produciren, so wird dasselbe nicht lokal resorbir
Es wird verschluckt, und vom Darm aus, das wissen wir, ist seine
Wirkung nur eine sehr geringe. Erst wenn die Bacillen an irgen
einer Stelle sich angesiedelt, die schützende Epitheldecke durci-
brochen haben, dann findet eine lokale Resorption und mloge
dessen eine schwere lokale Veränderung des Gewebes statt. Dami
sie sich aber ansiedeln können, müssen erst irgend welche Läsioneii
der Schleimhäute vorhanden sein, w r elche bei den nicht erkran i
den Individuen fehlen. Ob nun aber immer erst kleine Verletzung«
oder katarrhalische Veränderungen der Schleimhäute die lo» a ®
Ansiedelungen der Bacillen ermöglichen müssen, das * onl j
wir mit Sicherheit noch nicht sagen. Es scheint, dass dem so jv
V ielleicht sind gerade deshalb bestimmte, zu Katarrhen der ers *
Wege Anlass gebende Witterungs Verhältnisse, besonders die Le ^
gänge von trockener und warmer zu nasser und kühler w it ri o
der Ausbreitung der Krankheit förderlich. Nach den hoi _•
welche ich mir während der letzten Diphtherieepidemie m 1
wald gemacht habe, schienen mir Perioden nasskalten, u n ang en ^
empfundenen Wetters von einer Steigerung nicht nur der ia
Katarrhkranken, sondern auch der an Diphtherie Erkrank »
folgt zu sein. Eine bestimmte Angabe, dass dem sicher so » •
kann ich freilich nicht machen, da ich dieselbe nicht dujch -j
belegen kann. Aber den Eindruck habe ich gewonnen. -Nae i -
Richtung könnte die epidemiologische Forschung viclleiGDt mi ^
folg thätig sein. Für nothwendig halte ich es aber, dass ®
artigen Untersuchungen nicht nur der jeweilige Zustand der ^
rologischen Elemente, sondern stets auch die subjectiven v ^
düngen, welche der Witterungszustand bei dem Beobachter
hat, mitverzeichnet werden. . TIa w.
Den Thesen 6 bis 9, welche die Art und Weise der
tragung der Diphtherie und die eine solche begünstigen
Original fro-m
UNIVERSITf OF MICHIGAN
22. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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mente behandeln, habe ich nichts hinzuzufügeu. Sie beruhen auf
tausendfach wiederholten Beobachtungen, beziehungsweise auf sicher
constatirten wissenschaftlichen Thatsachen. Sie sprechen für sich
selbst.
Von einer gewissen praktischen Bedeutung ist nun noch die
Möglichkeit einer Uebertragung von diphtherieartigen Erkrankungen
der Thiere auf den Menschen (These 10). Der Diphtheriebacillus
ist bisher bei keiner Thierkrankheit mit Sicherheit nachgewiesen
worden. Freilich sind manche dieser Krankheiten, namentlich die
vorzugsweise in Frage stehende Diphtherie der Hühner, noch nicht
genügend untersucht. Es ist ja die Möglichkeit nicht ausge¬
schlossen, ja es erscheint sogar nicht unwahrscheinlich, dass von
den an diphtherieartigen Krankheiten erkrankten Thieren die Keime
dieser Krankheiten unter Umständen auf den Menschen übertragen
werden können. Mit der eigentlichen menschlichen Diphtherie haben
aber diese Affectionen nichts zu thun. Jedenfalls ist es in hohem
Maasse zu wünschen, dass dieses von manchen Seiten immer wieder
für die Ausbreitung der menschlichen Diphtherie herangezogene
Moment durch möglichst eingehende Untersuchungen geprüft
werde. Es würde dies am besten in der Weise geschehen können,
dass die Regierungen, sobald sie von dem Auftreten von Tliier-
diphtherieen oder von Uebertragungen diphtherieartiger Krank¬
heiten von Thieren auf Menschen Kunde erhalten, sogleich zuver¬
lässige Sachverständige mit der Untersuchung der Fälle beauf¬
tragen. Nach Ansicht des deutschen Comites würde durch ein
solches Vorgehen am schnellsten Klarheit über die fraglichen Ver¬
hältnisse gewonnen werden.
Die Thesen 11—18 enthalten die Maassnahmen, von welchen
sich das deutsche Comitö in dem Kampfe gegen die Diphtherie
Erfolg verspricht. Sie betreifen einerseits die Verhütung und
andererseits die Bekämpfung der Diphtherie.
Die Maassregeln sind grösstentheils bereits früher empfohlen,
zum Theil bereits in der Praxis erprobt. Neu ist, abgesehen von
dem soeben bereits dargelegten Wunsche nach möglichst umfang¬
reicher bacteriologischer Untersuchung aller diphtherieverdächtigen
Kranken sowie auch der Reoonvalescenten von Diphtherie vor ihrer
Zulassung zum freien Verkehr, die Empfehlung der prophylaktischen
Schutzimpfung der in der Umgebung erkrankter Individuen befind¬
lichen Personen mittels des von Behring aufgefundenen Heil¬
serums. Die Unschädlichkeit desselben ist bereits sicher erwiesen;
es scheint daher wünschenswerth, dasselbe in ausgedehntester
Weise anzuwenden, damit möglichst bald die sicher schützende
Dosis und die Dauer ihrer Wirksamkeit festgestellt wird. Ich
selbst habe, als ein Kind von mir an Diphtherie erkrankte, die
Mitglieder meiner Familie, zwei Erwachsene und vier Kinder,
schutzgeimpft mit je 1 ccm Behring’schen Serums. Eine Erkran¬
kung ist fernerhin nicht erfolgt, freilich hat auch strenge Isolation
und Desinfection stattgefunden.
Wenn das Heilserum die Erwartungen erfüllt, welche wir hin¬
sichtlich seiner immunisirenden Kraft auf dasselbe setzen, so dürfte
dasselbe berufen sein, die Hauptrolle in der Bekämpfung der
Diphtherie zu spielen. Gleichwohl würde die Isolirung der Kranken
und die nachfolgende sorgfältige Desinfection aller mit dem Kranken
in Berührung gekommenen Objecte nach wie vor stricte durchzu¬
führen sein.
Wie bei der Cholera, so ist auch bei der Diphtherie ein
schnelles Erkennen und schnelles Eingreifen eine Hauptbedingung
für den Erfolg. Sehr vielfach besteht aber in den breiten Schichten
der Bevölkerung noch nicht das richtige Verständniss für die
Bedeutung dieser beiden Momente.
Nach Ansicht des deutschen Comitös muss überall da, wo
Diphtheriefalle sich zu zeigen beginnen, die Bevölkerung auf die
Gefahr aufmerksam gemacht und zur Wachsamkeit aufgerufen
werden. Das geschieht ohne Zweifel am besten durch allgemein¬
verständliche Belehrungen, welche in den öffentlichen Blättern ab¬
gedruckt, und an öffentlichen Orten ebenso wie in allen Häusern
angeschlagen werden. Ich erlaube mir eine solche Belehrung, wie
wir sie in Greifswald für zweckentsprechend erachtet haben, Ihnen
hier vorzulegen. 1 )
Ich bin am Ende meiner Ausführungen. Wenn es mir ge¬
lungen sein sollte, meine Herren, durch die vorgelegten Thesen
und meine Erörterungen zu denselben Ihnen ein einigermaassen
klares Bild zu geben von dem Stande der Diphtheriefrage, von dem
was erreicht ist und von dem was noch erreicht werden muss, so
halte ich die Aufgabe, welche das deutsche Comit£ sich gestellt
hat, für gelöst.
’) Siehe diese Nummer. Seite 894.
II. Aus dem pharmakologischen Institut und der chirur¬
gischen Klinik in Dorpat.
Einiges über die Functionen des mensch¬
lichen Dickdarmes.
Von R. Robert und W. Roch.
1. Bericht über eine Darmresection, von W. Koch.
Die hiesige chirurgische Klinik hat verhältnissmässig häufig
mit inneren Einklemmungen und Eingoweidebrüchen zu thun, an
welche Gangrän sich anschliesst. Herr v. Budberg-Boening-
hausen berichtet darüber nächstens ausführlicher. Wenn ich ihm
vorgreife und einen Fall von Brucheinklemmung skizzire, so ge¬
schieht das nicht in der Absicht, mit einer relativ umfänglichen
Darmresection glänzen zu wollen, sondern nur, um wieder einmal
an jenes sehr seltene Zusammentreffen von Umständen zii erinnern,
infolgedessen nach der Resection der Dickdarm isolirt, also für
sich allein, ohne Secrete und Inhalt der höheren Abschnitte des
Darmes aufgenommen zu haben, physiologischen Untersuchungen
zugänglich gemacht und auf seine specifischen Functionen hin unter¬
sucht werden konnte. Die Verhältnisse waren folgende:
Der 36jährige Bauernknecht Adam Kikkas hat einen rechtsseitigen
Leistenbruch seit seiner Kindheit getragen, denselben aber, so oft er
wollte, in die Bauchhöhle zurückbringen können, obwohl er im Laufe der
Jahre, ohne Bruchband belassen, stetig sich vergrösserte. Dies änderte
sich zum ersten mal, in verhängnisvoller Weise, am Morgen des
19. Februar 1893. Der Bruch schien empfindlich und liess sich nicht
mehr umlagern, weder vom Kranken selbst, nach dessen Hantirungen er
nur grösser wurde, noch von dem alsbald hinzugerufenen Arzte, dessen
Taxisversuche übrigens energisch gewesen sein und zu einiger Ver¬
kleinerung der Geschwulst geführt haben sollen. Als am folgenden Tage
der Zustand sich nicht besserte, liess der Kranke sich in die hiesige
chirurgische Klinik fahren. Er will seit der Einklemmung weder Koth
noch Harn entleert, nur einmal, und zwar eigelbe, flüssige Massen er¬
brochen haben, klagt aber über heftige Leibschmerzen und macht den Ein¬
druck, als sei er bereits collabirt. Seine Augen liegen tief in der Orbita
und sind glanzlos, die unteren Lidfurchen sind rauchig verfärbt. Die
Athmung geht wie in leichter Dyspnoe, doch ist der Puls nicht faden¬
förmig, der Meteorismus nur mässig. Infolgedessen agiren die Bauch¬
muskeln, ohne dass peristaltische Unruhe sichtbar wäre, noch leidlich und
sollten Dämpfungen vorhanden sein, so könnten sie nur die abhängigsten
Partieen beider Flanken betreffen. Leider ist der ganze Körper, nicht
zum wenigsten auch die untere Bauchhlilfte und das Scrotum, von einem
schweren alten Krätzexanthem bedeckt; Scrotum und Damm entwickeln
äusserst stinkende Schweisse. Temperatur schätzungsweise etwas über
38 0 C. . . . L
Die Bruchgeschwnlst ist prall gespannt, klingt tympamtisch und
gleicht dem schwach S-förmig gekrümmten Oval, dessen obere seitliche
Convexität nach rechts, dessen untere nach links sich kehrt, und misst im
senkrechten Umfang 20 cm, im wagrechten 40 cm. — Links unten in
ihr lässt sich der Hoden abtasten, auf der Mitte der Vorderfläche .des
Penis, als rundliche, nabelähnliche Fältelung, nur die äussere Mündung des
Präputialsackes sich erkennen — so vollständig ist der Penis in die Bruch¬
geschwulst hineingenommen, welche übrigens in dem Raum zwischen beiden
Leistenringen w r urzelt und einen mächtigen Fortsatz in den rechten Leisten¬
canal entsendet, indessen auch über dem linken Leistencanal die Weichtheile
dermaasseu gespannt sind, dass der Finger in ihn kaum eingeführt werden
kann. Diagnose: Hernia inguinalis dextra incarcerata permagna. —
Bruchschnitt von 30 cm bis über den rechten Leistencanal hinaus. Im
Bruch sack liegt, aufgetrieben und an relativ langem Mesenterium, das
Coecum mitsammt einem etw^a vier Querfinger breiten Stück des Colon
ascendens, beide mit ihrer Tänienseitc nach vorn rechts gerichtet, wes¬
wegen die Einmündungsstelle des Ucum in das Colon erst nach Hebung und
Auswärtsdreliung des dicken Gedärms sich zu Gesicht bnngen lässt. Das
Heum liegt also unten innen vom Dickdarra und zieht in links gewundener
Spirale Uber die Vorderfläche des Coecum zu dessen Aussenseite hinauf,
um hier, kaum fingerdick, in den äusseren Leistenring einzutreten; vorn
zwischen Coecum und Ileum befindet sich der 15 cm lange Processus
vermiformis. Und während das Ileum bis auf ein paar Centimeter seines
dem Dickdarm nachbarlichen Endes tief blauschwarz, aber noch feucht
ist bei der Scarification auch nicht einen Tropfen Blut abgiebt, im
übrigen auffällig schnell sich abkühlt und eher zusammengefallen als ge¬
bläht erscheint, müssen Coecum und Colon als anämisch und stellenweise
hellroth injicirt bezeichnet werden. Doch enthalten sie daneben drei bis
vier fünfpfennigstuckgrosse dunkle Stollen in der Nähe der Tämen.. Ich
kann die Gangrän des Ileum sicher, die des Dickdarms aber nicht einmal
mit Wahrscheinlichkeit bestimmen und schlitze darauf den Leistencanal,
um an’s Ende des todten Ileumabschnittes zu gelangen. Dies erfordert
aber die Entwickelung von reichlich 1,25 m Ileum nach aussen aus dem
Bauchraum; wahrscheinlich hatte also Massenreduction des gangrä¬
nösen Ilcums stattgefunden und die Einklemmung länger bestanden, als
nach der Anamnese sieh veimuthen liess. Wir machen solche, die be¬
sonders grosse Unzuverlässigkeit der Aussagen cbaraktensirende L-
fahrungen hier leider öfter. Das Ileum musste selbstredend resecirt
werdem Es geschah, wie die spätere Messung ergab, m
reichlich 1,5 m und unter Belassung seines, der Bauhin sche “
nachbarlichsten, 3—4 cm betragenden Endes. Mit letzterem wurde de
noch bleibende Rest des Ileums sorgfältig vernäht, so dass also nur die
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Länge des Darmcanals, nicht aber seine Configuration in der Höhe der
Valvula Bauhini Aenderungen erlitt. Denn ich Hess das Coecum und das
Colon, als nicht sicher nekrotisch, noch zurück und bemühte mich nur,
sie in der grossen Bauchwunde möglichst ohne Einzwängung, ihre schwarz¬
blauen Stellen nach vorn gekehrt, zu lagern. Feuchter Deckverband und
besondere Tamponade des übelriechenden Bruchsackes beendeten die Ope¬
ration, welche auffällig gut ertragen wurde und unter baldigem Ver¬
schwinden des Meteorismus nur ein paar Tage anhaltende Temperaturen
von nicht über 38,2 im Gefolge hatto, welche lotztere übrigens durch
Zersetzungsvorgänge im nun weit gespaltenen Bruchsack allein hinreichend
sich erklären lassen.
Aber ich hätte mit dem Dickdarmanfang radicaler verfahren sollen.
Denn bereits am 22. Februar Vormittags war er todt. aschgrau, weich, zu¬
sammengefallen und an seinen vorher schwarzen Stellen perforirt. Ich
schnitt ihn, sowie den Rest des lleums sammt der Klappe ohne jede
Blutung mit der Scheere ab, verkürzte den Darmcanal also nochmals
und hatte nun in der inzwischen etwas kleiner gewordenen Leisten¬
wunde einen doppelmündigen Anus praeter naturam — aussen das weit¬
klaffende Colon ascendens, innen und wenig unten das natürlich weniger
umfängliche Ileum, an beiden Stellen sehr bald auch geringen Vorfall der
Schleimhaut. Ganz gegen meine sonstige Gewohnheit entschloss ich mich,
in Anbetracht des voraufgegangenen Eingriffs, der Scabies, der stinkenden
Schweisse, der Eiterung in den Bauehdeckon, endlich der Jauchung ini
Scrotum wegen es bei dem Anus praeternaturalis bew enden zu lassen und
dio Zusaramenfügung und Rücklagerung der Darmenden auf spätere Zeit
zurückzustellcn. Dem Kranken brachte es freilich ein Längeres Kranken¬
lager, aber schliesslich den vollen, durch keinen Zwischenfall getrübten
Erfolg. Denn sein Allgemeinbefinden gestaltete sich schon in den nächsten
Tagen befriedigend; das Fieber Hess nach, Peritonitis kam auch nicht
in leichten Andeutungen zustande, die grossen "Wunden verkleinerten sich,
bedeckten sich mit Granulation und secernirten relativ wenig. Die Er¬
nährung geschah zunächst durch den Mund. Zu schnelles Ausfliessen
der Ingesta aus der Ilcumfistel, somit Verunreinigung der Wunden, der
Bauchdecken und des Lagers, lernten wir bald durch leichte Stopfung
des lleums verhindern. Der Vorfall der Dickdarmschleimhaut blieb eben¬
falls raässig. So konnte denn, namentlich als der Kranke auch an Ge¬
wicht zunahm, an Versuche Über die Darmfunctionen mit gutem Gewissen
gegangen werden.
Vollkommen getrennt von einandor standen zur Verfügung einmal
der Magen sammt Jejunum und wahrscheinlich grösserer Hälfte des Ileum,
andererseits der gesammte Dickdarm bis auf sein Coecum und ein Stück
des Colon ascendens. Ich kann es Herrn C’ollegen Kobert nur danken,
dass er trotz seiner vielfach in Anspruch genommenen Zeit wenigstens
die Leistungen des Dickdarms nach einigen Richtungen hin von neuem
zu untersuchen sich hat bereit finden lassen.
Die Geschichte des Kranken nach Abschluss dieser Versuche ist auf
einigen Zeilen zu geben. Am 31. Mai entfernte ich zunächst die Granu¬
lationen um den künstlichen After möglichst vollständig, frischte dann
die Bauchwunde ergiebig an und fügte, nach Sprengung ihrer peritoni-
tischcn Adhäsionen, das Ileum in die mesenteriale Partie des Colon
ascendens ein. Was dabei von der wundgemachten Peripherie des Colon
ascendens übrig blieb, wurde zipfelförmig nach unten zusammengenäht,
um das Coecum wenigstens im Rudiment darzustellen. Auch die Rück¬
lagerung des nun wieder geschlossenen Darmes auf die Darmschaufel
machte keine Schwierigkeiten, worauf die Bauchdecken aufs sorgfältigste,
schichtenweise, zusammengefügt wurden. Das erforderte viele und starke
Nähte, da die vordere Bauchwand, trotz inzwischen verkleinerter Bauch¬
höhle, in der Richtung von rechts nach links sich verkürzt hatte.
Im übrigen folgte auch dieser Schlnssopcration keine irgendwie
beängstigende Erscheinung. Ohne dass es zu Fieberbewegungen ge¬
kommen wäre, entleerte der Kranke bereits 4 Tage später durch den
After gut verarbeiteten, geballten Koth und nahm auch an Gewicht ent¬
sprechend zu. Wir entliesscn ihn am 1 . Juli 1893, behielten ihn aber
unter Oontrolle. Zuletzt haben wir ihn am 26. September 1893 gesehen;
er lebt aber auch jetzt noch und befindet sich wohl. Er machte am
26. September 1893 den Eindruck eines kräftigen Menschen, wog 67,7 kg
gegen 52,5 kg Anfang März 1893 und gab an, dass er bei gewöhnlicher
grober Kost, die wir ihm verboten hatten, schwerste Arbeit verrichten
müsse. Dabei hatte sich die Narbe in der Bauchwand etwas gedehnt.
Es war zu einer flachen, breitbasischen, seitlichen Hemia ventralis ge¬
kommen, welche ihn bis jetzt freilich nicht genirte. Ob wir die Ver-
grösserung derselben durch die Gummibinde u. a. werden dauernd ver¬
hüten können, steht dahin.
2, Bericht über die am Dickdarm des Patienten angesteiiten
Versuche, von B,. Kobert.
Durch die schönen Versuche, welche C. Lehmann, Fr.
Müller, I. Munk, H. Senator und N. Zuntz 1 ) an zwei
hungernden Menschen angestellt haben, sind unsere Kenntnisse
über den Stoffwechsel des Menschen nach manchen Richtungen hin
wesentlich erweitert w r orden. Schon ehe der ausführliche Bericht
der genannten Autoren uns in Dorpat zugängig wurde, hatte ich
auf freundliches Ersuchen des Collegen Koch einige Beobachtungen
an dem im Vorstehenden beschriebenen Patienten zu machen an¬
gefangen, welche sich mit dem Stoffwechsel beschäftigten So
fragmentarisch meine Ergebnisse auch sind, so will ich sie doch
der ( »Öffentlichkeit übergeben, da ich bei meiner vielleicht nur noch
kurzen Thätigkeit, in Dorpat keine Gelegenheit mehr haben dürfte,
! ) Vircli. Auh. Bd. 131. 1893, Supplomcnthoft.
dieselben abzurunden, während in chirurgischen Kliniken Deutsch¬
lands sich dazu wohl einmal Gelegenheit finden wird.
Beobachtungen über die Function des isolirten menschlichen
Dickdarmes liegen bisher meines Wissens nur sehr wenige vor.
Weitaus die wichtigsten stammen von C. Czerny und J. Lat¬
schenberger 1 ), welche auch die bis dabin vorliegende Litteratur
vollständig aufzählen. Das von ihnen benutzte Dickdarmstück
war aber nur 29—30 cm lang, während das mir zur Verfügung
stehende fast den ganzen Dickdarm umfasste. Später hat eigent¬
lich nur Jakowski 2 ) an einem Menschen mit Dickdarmfistel hier¬
her gehörige Beobachtungen angestellt. Eine ganz ausgezeichnete
Versuchsreihe, welche an einem Menschen mit Dünndarmfistel an¬
gestellt wurde, aber auch auf die Vorgänge im Dickdarm einiges
Licht wirft, stammt von A. Macfadyen, M. Nencki und Frau
N. Sieber 3 ) und wird ergänzt durch Versuche von Zumft 4 ) über
die Einwirkung von Dickdarmbacterien auf Fleisch.
Die Ernährung und Verdauung des mir zur Verfügung stehen¬
den Patienten fand mit Ausschluss des Dickdarmes statt, so dass
letzterer also monatelang sich selbst überlassen war und nur
von Zeit zu Zeit in meinem Interesse von der am oberen
Ende befindlichen Fistel aus nach dem Anus hin mit Wasser
ausgespült wurde. Eigentlicher Koth war schon wenige
Tage nach der Operation nicht mehr darin. Spontane Kothentlee-
ruug fand daher auch gar nicht statt, und die Spülwässer, welche
farblos waren und neutral reagirten, verloren sehr rasch den in
den ersten zwei Tagen anhaftenden fäcalcn Geruch und die kothige
Farbe, waren vielmehr später ganz geruchlos. Nur wenn ich
Eiweiss einführte, trat langsam wieder etwas Geruch auf. Dies
stimmt zu den Angaben von Nencki, dass die bacterielle
Eiweisszersetzung hauptsächlich im Dickdarm vor sich
geht. IJebrigens war der Dickdarm meines Patienten infolge des
mehrfachen Ausspiilens und infolge der Leerheit recht baeterien-
arm, so dass die Eiweisszersetzung nur sehr langsam vor sich
ging. Falls ich wochenlang nichts in den Darm als Wasser ein¬
führte, entleerte derselbe nichts destoweniger bei der Spülung stete
etwas, und zwar flockige schneeweisse oder weissgraue Massen,
welche namentlich anfangs grosse Neigung hatten zu nussgrossen
Klumpen von Talgconsistenz zu verkleben und zum Theil mittels
Finger aus dem Anus entleert werden mussten. Bei mikroskopischer
Untersuchung derselben konnte man ausser Detritus stets auch
einzelne noch gut erhaltene Epithelzellen des Dickdarms, freie
Kerne und meist auch einzelne Gebilde, welche wie weisse Blut¬
körperchen aussahen, wahrnehmen.
Bei chemischer Untersuchung ergaben sich in den Ausschei-
dungsproducten des Dickdarms stets organische und unorganische
Bestandteile. Von unorganischen Hessen sich* nachweisen
Natrium, Calcium, Magnesium, Eisen, Phosphorsäure,
Schwefelsäure, Salzsäure — von organischen Mucin, hi-
weiss, Hornsubstanz (Epithel), Fettsäuren, Seifen, Neu¬
tralfette. Mir ist nicht bekannt, dass über die vom isolurten
menschlichen Dickdarm abgegebenen Stoffe überhaupt eine Mitthei-
lung vorhanden wäre. Nach denVersuchen an den beiden Hunger¬
menschen in Berlin Hessen sich die genannten Substanzen allei-
dings erwarten. Immerhin ist es interessant, nachgewiesen zu
haben, dass diese Stoffe eben nicht nur vom Dünndarm abgegeben
werden. Kl ecky 5 ) hat kürzlich gegen den bekannten Ringprersuc
am Dünndarm, welchen L. Hermann 6 ) und seine Schüler M. Bli t-
stein und W. Ehrenthal 7 ) angestellt haben, den Einwand er¬
hoben, dass die Bacterien, welche übrigens bereits Berenstein
auszuschliessen versuchte, an der dabei beobachteten massennat en
scheinbaren Kothbildung den Hauptantheil hätten und dass um
sterilen Darm der Ausfall ein anderer ist. Für den Dünndarm mag
dem sein, wie ihm wolle; am Dickdarm hatte die Einfühlung
antiseptischer Substanzen bei meinem Patienten ke " ie .
vermindernden Einfluss auf die Abscheidungen, wo
aber scheint die Zusammensetzung der Nahrung aut 1 .
Zusammensetzung und die Menge der Dickdarmausscn
*) Physiologische Untersuchungen über die Verdauung und •- H
tion im Dickdarm des Menschen. Virch. Arch. Bd. 59, 1874, o. l ■
2 ) Contributions ä l’6tude des processus chimiques dans *
testines de l'homme. Archives des Sciences biologiqucs de ot. i
bourg I, 1892, S. 539. .
3 ) Untersuchungen über die chemischen Vorgänge nu mons -
Dünndarm. Arch. f. exp. Path. u. Pharmakol. Bd. 28, 1891, «>
2 Tafeln. . . , ,,, . m ,
4 ) Sur le processus de putrefaction dans le gros intestin de ^ s
et sur les microorganismes qui les provoquent. Archives de. >
biologiques de St. Petersbourg I, 1892, S. 497. ^03
5 ) Berichte der Krakauer Akademie der Wissenschaften
Polnisch.
G ) Pflüger’s Arch. Bd. 46, 1890, S. 93.
7 ) Pflüger’s Arch. Bd. 48, 1891, S. 74.
ö ) Pflüger’s Arch. Bd. 53, 1892, S. 52.
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22. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
885
düngen von Einfluss zu sein; wenigstens kann ich mir auf keine
andere Weise das beträchtliche Schwanken der von mir erhaltenen
Wertheerklären. Die Gesammt menge der bei 100 o getrockneten
festen Substanzen, welche vom Dickdarm des Patienten pro
24 Stunden abgegeben wurden, betrug im Durchschnitt von 12 Be¬
stimmungen 0,9684 g pro 24 Stunden; das Maximum betrug 1,391g,
das Minimum 0,385 g. Fr. Müller hat die Trockensubstanz des
24ständigen Kothes des Berliner HungerküDstlers zu 3,818 g an¬
gegeben; auf die Abscheidungen des Magens, Dünndarmes,
der Galle und des Pankreassaftes würde danach also pro
24 Stunden 2,849 g Trockensubstanz kommen.
Das Verhältniss der organischen Substanzen der Dickdarm-
abscheidungen meines Patienten zu den unorganischen schwankte
in der Trockensubstanz der Ausscheidungen, die hierzu theils für
24 Stunden bis 48 Stunden, einige male aber auch für ein bis vier
Wochen gesammelt wurden, ebenfalls sehr beträchtlich: die niedrigste
von 14 Bestimmungen, welche überhaupt ausgeführt wurden, ergab
3,35 % Asche gegenüber 96,65 % organischen Bestandtheilen; die
höchste Bestimmung ergab 57,52% Asche gegenüber 42,48%
Organischem: der Durchschnitt aller Bestimmungen führt zu dem
Werthe 27,88% Asche, während die Trockensubstanz des Kothes
des einen Berliner Hungerkünstlers 12,477 % Asche ergeben hat.
Diese Verschiedenheit kann uns nicht wundern, denn mein Patient
wurde während der ganzen Cur möglichst- gut ernährt und musste
daher die im Dünndarm aufgenommenen Aschensalze doch auch
wieder abgeben, während die Abgabe organischer Stoffe durch die
Dickdarmschleimhaut durch die Nahrungsaufnahme natürlich viel
weniger oder gar nicht beeinflnsst wird. Da wir nämlich durch
zahlreiche Versuche am Hund wissen, dass ein Theil der un¬
organischen Salze der Nahrung durch die Drüsen des unteren
Darmcanales ausgeschieden wird, so musste die Untersuchung der
unorganischen Dickdarmausscheidungcn meines Patienten einen
höheren relativen Werth als bei den Inanitionsversuchen am ganzen
Darm ergeben. Das beträchtliche Schwanken zwischen 3,35 und
57,52% ist ebenfalls leicht verständlich: an Tagen, wo, wie nach
dem Genuss von Heringen, reichliche Mengen von Salzen mit der
Nahrung im Dünndarm zur Resorption kamen, Wurde auch sehr
viel Unorganisches ausgeschieden; an Tagen, wo wenig Salze
genossen worden waren, konnte auch nur wenig ausgeschiedem
werden. Ich bekam daher um so grössere Differenzen, je kleiner
die Zeiträume waren, von welchen ich die Ausscheidungen unter¬
suchte.
Was die einzelnen Bestandtheile der Kothasche meines
Patienten anlangt, so ist zunächst zu bemerken, dass stets nicht
unbeträchtliche Mengen von Alkalien (Kali und Natron) vor¬
handen waren, für welche ich leider nicht in der Lage bin, quan¬
titative Zahlen anzuführen. In den Lehrbüchern der Physiologie
findet man über Ausscheidung von Alkalien durch die Dickdarm¬
schleimhaut nichts, wohl aber lassen einige neuere Arbeiten in
dieser Hinsicht den wahren Sachverhalt erkennen. So fand Grund¬
zach, 1 ) welcher unter Nencki dio Asche des normalen Menschen-
kothes untersuchte, dass durch die vorhandenen Säuren kaum ein
Viertel der vorhandenen Alkalien und alkalischen Erden gebunden
werden, so dass drei Viertel der letzteren mit organischen Säuren
und mit CO-j verbunden sein müssen. Dieser Ueberschuss von
Alkalien, so folgert Gr und zach ganz richtig, entstammt der
Darmschleimhaut resp. den Darmsäften, welche so reichlich Alka¬
lien secerniren, um die durch saure Gährung der Kohlehydrate, der
Fette und der Eiweisssubstanzen gebildeten organischen Säuren
einschliesslich der Kohlensäure zu neutralisiren. Vergleicht man
diese Zusammensetzung der Kothasche mit der Asche des Dünn-
dannchymus an der Hand der schon erwähnten Arbeit von Nencki,
Macfadyen und Frau Sieber, so ergiebt sich, dass dem von der Dick¬
darmschleimhaut secernirten Darmstoff ein beträchtlicher Gehaltan Al¬
kalien zugeschrieben werden muss. Womöglich noch überzeugender
geht, wie Salkowski und Munk in ihrem Referat über die obige Ar¬
beit 2 ) mit Recht bemerken, die Secretion von Alkalien durch den Dick¬
darm aus der Vergleichung der Chymusanalysen mit den von Fr. Mül¬
ler am hungernden Hunde 3 ) sowie an dem schon mehrfach erwähnten
Hungermenschen gemachten Untersuchungen hervor, da diese einen
sehr reichen Gehalt des Hungerkothes an Alkalien ergaben. Da
in meinen Versuchen keine saure Gährung vorhanden
war, so ergiebt sich, dass auch ohne diese vom Dick¬
darm Alkalien secernirt werden.
Damit gehe ich zur Besprechung des Gehaltes der Asche der
Dickdannausscheidungen an alkalischen Erden (Kalk, Magnesia)
und an Phosphorsäure über. Die Menge des Calciums in der
Asche, welche nur einmal bestimmt wurde, ergab 12,793%, die
der Phosphorsäure, welche ebenfalls nur einmal bestimmt wurde,
44,120% der Asche. Fr. Müllerfand bei den Berliner Versuchen
in der Asche des Hungerkothes 14,516% Ca und 43,132° o H 3 PO*.
Die Menge des Magnesiums war bei mir wie bei Fr. Müller
viel, viel geringer als die des Calciums. Das Auftreten so reichlicher
Mengen von Kalk und Phosphorsäure in den Darm aussch ei düngen
kann uns nicht Wunder nehmen, seit Fr. Müller in seiner schon
erwähnten Arbeit über den Hundekotfi in Uebereinstimmung mit
Voit. Etzinger und anderen den Nachweis geliefert hat, dass
auch beim Hunde Kalk und Phosphorsäure von der Darmschleim¬
haut abgegeben werden. Weiter haben v. Noorden und Beigar dt 1 )
den Nachweis geliefert, dass beim Menschen 90% des genossenen
Kalkes der Nahrung mit dem Kothe Weggehen, während natürlich
die Menge des unresorbirt gebliebenen viel geringer ist, so dass
also eine Ausscheidung des resorbirt gewesenen Kalkes durch die
Darmschleimhaut statt haben muss. Weiter fand R. v. Limbeck 2 ),
dass das Plus von Kalk, welches bei Osteomalacie vom weiblichen
Organismus abgegeben wird, nicht durch die Niere sondern durch
die Dannschleimhaut abgegeben wird.
Von sonstigen Aschenbest-andtheilen wurde bei meinem
Patienten nur noch das Eisen quantitativ bestimmt-, und zwar im
ganzen elfmal, davon neunmal durch Titration und zweimal (für
längere Zeiträume) durch Wägung. Der Durchschnitt ergab eine
Ausscheidung des Dickdarmes von 1,006 mg Fe pro
24 Stunden, d. h. also gerade so viel wie mein Schüler Damaskin 3 )
für die tägliche Ausscheidung des Eisens durch den Harn gefunden
hat. Fr. Müller hat für seinen Hungermenschen die tägliche
Eisenausscheidung durch den ganzen Darmkanal auf 7 mg pro
24 Stunden festgestellt. Von diesen 7 mg muss also eins auf
Conto der Dickdarmausscheidung gesetzt werden. Da 1 mg Fe
etwa auf die Gallenausscheidung zu setzen sein dürfte, bleiben
für die Dünndarmausscheidung 5 mg Fe übrig. Das Ver¬
hältniss des Eisens zur Gesammt-asche wurde von mir zwölfmal
bestimmt. Danach machte das Fe bei meinem Patienten
0,16% der Gesammtasche aus, während bei dem Hunger¬
menschen von Fr. Müller sich 1,48% berechnet. Dieses Plus
beim Hungermenschen kann uns nicht wundern, da dieser täglich
reichliche Mengen seiner Blutkörperchen verbrauchte.
Was die Ausscheidung der organischen Stoffe durch den
Dickdarm anlangt-, so wurden nur drei quantitative Analysen aus¬
geführt, die sich lediglich auf die Fette bezogen. Fr. Müller
fand, dass 35,46 o'o des getrockneten Hungerkothes aus Fett be¬
stand; bei meinem Patienten schwankte die Fettmenge
zwischen 9,32 und 6,84% der Trockensubstanz der Darm¬
ausscheidung. Dieses Minus von mehr als 25 o/o Fett erklärt
sich durch Wegfall des von dem Dünndarm und der Leber ab¬
gegebenen Fettes; bekanntlich wird das Cholesterin der Galle bei
der Analyse mit den Fetten zusammen gefunden als sogenanntes
unverseifbares Fett. Bei Müller betrug die Menge desselben
16,24 % des Gesammtfettes. Die Menge des Neutralfettes und der
freien Fettsäuren war bei Müller ziemlich gleich gross: die freien
Fettsäuren machten 37,65 % und die Neutralfette 38,78 % des Ge¬
sammtfettes aus. Bei meinem Patienten waren 90% des
Gesammtfettes freie Fettsäuren und nur 9% Neutral¬
fette; der Rest war Fettseife. Müller fand 7,33% Fett¬
seifen. Der fast gänzliche Mangel an Fettseifen ist für den Dick¬
darm leicht erklärlich, da dessen Reaction neutral ist. Bei Müller’s
Hungerniensehen dürfte fast die Gesammtmenge der Fettseifen
aus dem Dünndarm stammen. Ueber die Fettausscheidung des
menschlichen Dickdarmes wussten wir bisher gar nichts; nach
meinen Versuchen scheidet er also sowohl Neutraltett als Fett¬
säuren aus, letztere aber in zehnmal grösserer Menge als die
Neutralfette.
Von den aromatischen Fäulnissprodukten, wie Indol,
Skatol, Phenol und Kresol, fand sich im Dickdarm meines Patienten,
falls ich keine Speisen einführte, so gut wie nichts. Dies kann
kaum Wunder nehmen, denn, obwohl diese Stoffe nach Nencki
bei der Verdauung ausschliesslich im Dickdarm gebildet werden,
so sind sie doch Spaltungsproducte des Nahrungseiweiss und können
bei Abwesenheit von Nahrung auch nicht zur Entwicklung kommen.
Der Harn des Patienten war zwar nicht frei von ge¬
paarten Säuren, aber er enthielt davon bei zwei Unter¬
suchungen nur sehr geringe Mengen.
Um zu untersuchen, ob der Dickdarm meines Patienten nach
monatelanger Ruhe etwa die Fähigkeit zu resorbiren eingebüsst
habe, führte ich in denselben eine kleine Menge von Jodkalium
ein und untersuchte danach von Zeit zu Zeit den Speichel. Schon
nach zehn Minuten gab der Speichel unzweifelhafte Jodreaction.
*) Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 23, 1893, S. 70.
a ) Virchow-Hirsch Jahresbericht pro 1893, Bd. 1, S. 157.
: V Zeitschr. f. Biologie Bd. 20, 1884, S. 327.
*) Berliner klin. Wochenschr. 1894 Nr. 10.
-) Wiener med. Wochenschr. 1894. No. 17—19.
-) Arbeiten des pharmakol. Institutes zu Dorpat. Bd. V II,
1891, S. 40.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47
886
M. A. Olschanetzky, 1 ) welcher dasselbe Experiment kürzlich
am normalen Menschen angestellt hat, fand das Jod nach 7 l /2 Mi¬
nuten im Speichel wieder. Die Resorptionsfähigkeit des von
mir untersuchten Dickdarmes w$r also eine normale.
Nachdem dies festgestellt worden war, schien es mir von In¬
teresse, zu prüfen, ob etwa auch Haemol resorbirt werden würde.
Indem ich inbetreff dieses Präparates auf meine ausführliche Mit¬
theilung in No. 28—29 dieser Wochenschrift verweise, sei hier nur
bemerkt, dass es den Blutfarbstoff als Hämatin enthält. Zur Ver¬
wendung kam eine Menge, welche 0,5 g Hämoglobin entsprach.
Dieselbe wurde in sehr verdünnter Natriumsuperoxydlösung gelöst,
und dann wurde ein Kohlensäurestrom bis zur beginnenden Trübung
durchgeleitet, um dem Natriumsuperoxyd seine reizenden Eigen¬
schaften zu benehmen. Alsdann wurde die Gesammtmenge der
Flüssigkeit von der oberen Oeffnung des Dickdarmes aus eingefüllt
und blieb 24 Stunden darin. Nach dieser Zeit wurde der Darm
mehrmals sorgfältig mit Wasser ausgespült und die Spülwässer
auf Hämatin quantitativ 2 ) untersucht. Es ergab sich, dass über
die Hälfte der eingeführten Substanz verschwunden war. Wir
dürfen daraus schliessen, dass der menschliche Dickdarm die
Fähigkeit besitzt, Hämol theilweise zu resorbiren.
Es lag nahe, denselben Versuch mit Blut zu wiederholen.
Acht Tage nach dem vorigen Versuche wurden in die obere Dickdarm-
öflnung 5 ccm defibrinirtes Rinderblut, in demselben Vehikel ebenso
verdünnt gelöst wie das Hämol, eingefüllt und 35 Stunden darin ge¬
lassen. Es war während dieser Zeit jedoch nur ein Viertel der
gesammten Menge resorbirt worden; das übrige war nur in
eine in Wasser unlösliche graubraune Masse umgewandelt worden,
war aber noch vorhanden. Ich möchte aus diesen zwei Versuchen
schliessen, dass Blutfarbstoff vom Dickdarm aus resorbirbar
ist, dass er jedoch in dieser Beziehung vom Hämol über¬
troffen wird. Da wir Grund haben, anzunehmen, dass die Fähig¬
keit des Dünndarms, Hämoglobin und Hämol zu resorbiren, hinter
der des Dickdarms nicht nur nicht zurücksteht, sondern sie seiner
Länge entsprechend mindestens fünfmal übertrifft, so können wir
vermuthen, dass mehrere Gramm Blutfarbstoff in Form von
Hämol beim Menschen täglich vom gesammten Darm-
eanale aus zur Aufsaugung kommen können.
Nachdem vor kurzem im pharmaceutischen Intitute unserer
Universität das wirksame Princip der Sennesblätter in Form der
Jensz’schen Kathartinsäure 3 ) dargestellt worden ist, erschien
es von Interesse, eine Dose, welche vorher an zahlreichen gesunden
und kranken Menschen als wirksam erkannt wurde, in den Dick¬
darm unseres Patienten einzuführen. Diese Dosis betrug 0,2 g.
Zum Verständnis des Folgenden muss bemerkt werden, dass der
Patient niemals spontan Stuhldrang empfand und daher auch nie
von sich aus spontan den Dickdarm entleert hat. Acht Stunden
nach Einfuhr des in wenigen Cubikcentimetem schwach alkalischen
Wassers gelösten Abführmittels — von dem Patient natürlich
nichts wusste — konnte Patient es jedoch vor Stuhldrang nicht
mehr aushalten und entleerte einen — natürlich minimalen —
Stuhl, welcher sehr reich an Mucin war und die Gesammtmenge
der eingeführten Substanz in wenig umgewandelter Form zu ent¬
halten schien. Somit scheint mir bewiesen zu sein, dass die
Kathartinsäure auch ohne Zutreten der Galle bei ledig-
] ™\ e ™ Contact mit der Schleimhaut des Dickdarmes
otunldrang zu veranlassen vermag und dabei unresorbirt
wieder entleert wird.
Was das Verhalten des Mastdarmes zu Nahrungsmittel]
anlangt, so sind alle wichtigen Fragen längst entschieden. Immer
hin habe auch ich einige Versuche in dieser Richtung angestellt
Stärke von Weizen, Reis und Kartoffeln wurde, falls sie gu
zu dünnem Kleister verkocht in kleiner Menge eingeführt wordei
war vollständig in Zucker übergeführt und theüweise resorbirt
die Umwandlung von roher Stärke war jedoch eine sehr unvoll
kommene, selbst wenn die Spülung des Dickdarmes erst 48 Stundei
nach der Einfuhr stattfand.
Emulgirtes Fett in kleinen Mengen wurde vom Dickdarn
langsam resorbirt. Aon nicht emulgirtem Fett wurde jedoch nrn
äusserst wenig aufgenommen: 20 ccm Leberthran waren nach 1(
stunden noch nicht vollständig verschwunden.
,owiJvnn in M^ 0Ckei1 e ^ föh * em Ei "-eiss, und zwar von Fibrii
Z a ? Üh T eiwei ® s (roh ^ wurden mir bringe Mengen lang
^am verdaut und resorbirt. Dass manche Autoren in dieser Hin
wohl bekannt* 1 * 6 Krgebn,SS ° zu verzei <*nen gehabt haben, ist mii
*) Deutsches Archiv f. klin. Med., Bd. 48, S 619
) Dos ^ erfahren war analog dem von einem meiner Schüler kürzli
• ** Handolaprftparate von Kathartinsäure sind meist wirkungsli
Nach Thierversuchen von Trzebicky 1 ) darf man vermuthen
dass 280 cm vom unteren Dünndarm des Menschen ohne direkte
Lebensgefahr weggenommen werden können. Das grösste bis jetzt
ohne Schaden für den Kranken excidirte Darmstück betrug 250 cm
und betrifft einen Patienten von Koeber 16. Bei unserm Patienten
fehlte nur die Hälfte der zulässigen Menge; man darf daher wohl
annehmen, dass durch die Wegnahme keine erheblichen Störungen
in, der Ernährung und Leistungsfähigkeit der übrig gebliebenen
Darmabschnitte durch die Operation eingetreten sind. Dafür spricht
ja auch der Umstand, dass Patient bald wieder arbeitsfähig wurde
und es noch jetzt ist. Die an seinem Dickdarm angestellten Be¬
obachtungen haben somit den Werth wirklicher physiologischer
Versuche. Möchten sie bald durch Beobachtungen an anderen
ähnlichen Patienten wiederholt und erweitert werden.
III. Aus der Nervenabtheilung des ersten Moskauer
Stadtkrankenhauses.
Ueber Polyneuritis puerperalis. 3 )
Von Dr. M. A. Lunz, Ordinator.
Während die Puerperalpsychosen ihrer Häufigkeit wegen in
der Litteratur vielfach bearbeitet und discutirt worden sind, ge¬
hört eine andere Affection des Nervensystems, die multiple Ent¬
zündung der Nerven, wie es scheint, zu den seltenen Vorkomm¬
nissen im Puerperium. P. J. Möbius gebührt das Verdienst, auf
diese Affection zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben.
Er t heilte im Jahre 1887 sieben Beobachtungen 3 ) mit, wo nach der
Entbindung infolge Wochenbetterkrankungen Entzündungen der peri¬
pheren Nerven, hauptsächlich die Endäste der N. ulnares, mediani oder
beider zugleich, entstanden. Merkwürdigerweise finden wir in den nächst¬
folgenden Jahren in der Litteratur sehr spärliche Veröffentlichungen über
die puerperale Polyneuritis seitens anderer Autoren, und Möbius ist es
wiederum, der diese Form der Nervenentzündungen durch weitere Beobach¬
tungen ergänzt. 1890 4 ) veröffentlichte derselbe noch einen Fall von Neu¬
ritis puerperalis, die in einem, wie es scheint, normalen, fieberfreien Puer¬
perium eintrat und vor den früheren Fällen sich dadurch auszeichnetc,
dass nach den oberen Extremitäten die unteren afficirt wurden. Bei
dieser Gelegenheit betonte der Verfasser wieder die charakteristische
initiale Lokalisation dieser Entzündung in den Nerven der Oberextremi¬
täten, hauptsächlich im Ulnaris und Medianus; im späteren Verlaufe
können sich alle Neuritisformen generalisiren und dasselbe Bild darbieten.
In ätiologischer Hinsicht glaubt Möbius nicht eine puerperale lnfection
ohne weiteres verantwortlich machen zu sollen, da in diesem Falle
das Wochenbett völlig fieberfrei war. Er spricht sich für die Möglichkeit
der Erzeugung des Giftes im Körper selbst aus, wofür die von anderen
Autoren beschriebenen, während der Gravidität vorkommenden Neuritiden
sprechen.
Die letzten Mittheilnngen über diesen Gegenstand machte Möbius*)
im Jahre 1892. Er berichtet über zwei Fälle, wo die Nervenentzündung
augenscheinlich nach puerperalen fieberhaften Erkrankungen eintrat und
im ersten Falle mit Schmerzen der linken Wade begann und später
Reissen in den Oberarmen eintrat, welche mit einer Parese und Ent-
artungsreaction im Flexor pollicis longus endete. Der zweite Fall stellte
eine Neuritis Nervi ulnaris sinistri dar.
Ausser den Möbius’sehen Arbeiten konnten wir in der Litteratur
nur folgende Veröffentlichungen über Neuritis puerperalis auffindep.
Andrö Tuillant, 6 ) ein Schüler von Döjerine, veröffentlichte in
seiner Dissertation drei Beobachtungen und unterscheidet zwei Typen
der puerperalen Nervenentzündung: „Den Arm- und Beintypus“, beim
letzteren ist das Peroneusgebiet besonders betroffen. Von den drei
Beobachtungen betrafen zwei den Beintypus und eine den Armtypus.
Im selben Jahre berichtet Mader 7 ) über einen Fall von Polynennüs
nach einer Entbindung mit normalem Verlaufe. Die Nervenentzündung
war am meisten in den unteren Extremitäten ausgeprägt mit Atro¬
phie und Entartun^sreaction verbunden, während in den Annen nur
Schwäche und Unsicherheit bestanden; gleichzeitig bestand auch Ver¬
wirrung des Sensoriums. Heilung nach drei Monaten. Hier sehen wir
schon die Nervenentzündungen im Puerperium, combinirt mit psychischen
Störungen.
Eine solche Combination stellen auch die interessanten Fälle Kor-
sakoff’s dar, die in seiner Arbeit „Ueber psychische Störungen bei
multipler Neuritis“ 8 ) beschrieben sind. Im ersten Falle traten bei einer
28jährigen Frau am Ende der Gravidität Oedem der Füsse, Schmerzen
*) Virchow’s Archiv Bd. 136, Heft 3. Nach F. de Philipp] s Ver¬
suchen vermochte sogar ein Hund, dem fast der ganze Dünndarm exstir-
pirt worden war, sich in fast normaler Weise zu ernähren. Siehe diese
Wochenschr, 1894, S. 780.
*) Vorgetragen in der Gesellschaft der Neurologen und Psychiater
an der Universität- zu Moskau.
*) Münch, med. Wochenschr. 1887, No. 9.
4 ) Münch, med. Wochenschr. 1890, No. 14.
j Münch, med. Wochenschr. 1892, No. 45.
®) De la növrite puerpörale. These de Paris, No. 252, 1881.
7 ) Ueber Polyneuritis. Bericht der Krankenanstalt „Rudolfstiftwb.
in Wien, 1891.
8 ) Archiv f. Psychiatrie Bd. XXI, Heft 111.
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22. November. DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
887
uu Kraue uod im Bereiche beider Nervi ischiadici, ein; es wurde ein
todtes, nicht ausgetragones, halb verwestes Kind geboren: das Woclien-
KW e nnd ‘‘'“tzdeui fieberfrei. Nach der Geburt traten Schmerzen im
Kreuz und in don Beinen Pauo[)hobic, Verwirrtheit, Aufregung ein, es
Ä'^ elte SIC i‘ ■ , aresc lle '' unteren Extremitäten, hauptsächlich der
7u Ä Ieic , h Schmerzen und Paritsthesieen in den unteren
Extremitäten, Verstopfung und Urinverhaltung vorhanden. Die Parese
der unteren Extremitäten progressirte und verbreitete sich auf die oberen
Extremitäten, wo die Extensoren und Interossei am meisten afficirt
wurden zugleich trat auch eine Parese der Rücken- und Bauchmuskeln
ein; endlich kamen Schmerzen im Bereiche des N. trigeminus, Zuckumren
in den Extremitäten und im Gesicht, Schluckbeschwerden und Sprach¬
störungen. F
•• P er ™ eito ^ ™ kotral e ’ ne 22 jährige Frau, bei welcher infolgo der
zurückgebliebenen Placenta pyämisches Fieber und Parametritis eintrat.
Nach eirnger Zeit zeigten sich psychische Störungen: Verworrenheit,
Hallucmationen, Dehnen, Gedächtnisstörungen; zugleich entwickelten sich
auch Neuritiden m den unteren und oberen Extremitäten, Diplopie.
Störung der Herzthätigkeifc und Urinverhaltung.
Sehr interessant ist auch der Fall Whitfield'). Eine 40jährige
Frau litt während der siebenten Schwangerschaft an starkem Erbrechen
Am Ende der Gravidität entwickelten sich Neuritiden in den unteren
Extremitäten, welche später auf die oberen sich verbreiteten, dieselben
hielten auch einige Zeit nach der Geburt an.
Zur Ergänzung der Litteratur führen wir noch zwei Fälle an,
welche als Puerperalneuritis beschrieben wurden, wo aber das Wochenbett,
meiner Meinung nach, durchaus nicht das Hauptmoment in der Aetiologie
ausmachte. In einem Falle von Desnos, Joffroy und Pinard 3 ) ent¬
wickelte sich bei einer 30 jährigen Frau, die durch zwei frühere Geburten
und durch eine hämorrhagische Metritis sehr geschwächt war, in der
dritten Gravidität unaufhörliches Erbrechen. Im vierten Monat der
Schwangerschaft entwickelte sich Muskelatrophie der unteren, später
der oberen .Extremitäten ohne gleichzeitige Sonsibilitätsstörung und Eut-
artungsreaction, es traten dann Schwäche des Gedächtnisses und der Auf¬
fassung ein. Nach künstlicher Geburt besserten sich allmählich alle
Symptome. In diesem Falle spielt natürlich die Hauptrolle nicht die
Gravidität, sondern die allgemeine Cachexie, ausserdem bleibt unaufgeklärt,
welchen Charakter die erwähnten Atrophieen hatten. In einem anderen
Falle von S. und J. Sottas 3 ) entwickelten sich bei einer 30jährigen Frau
nach der Geburt Neuritiden der unteren und oberen Extremitäten, welche
von Paralysen, Sensibilitätsstörungen, Urinbeschwerden und Atrophieen
begleitet waren. Da aber in diesem Falle auch floride Phthisis vorhanden
war, so können diese Nervenentzündungen nicht als unbedingt puerperale
angenommen werden.
Wenn wir diese letzten Fälle streichen, bleiben im ganzen nur
17 Fälle, wo Polyneuritis kurz nach der Geburt eintrat und keine
anderen ätiologischen Momente als Ursache der Krankheit, an¬
zuführen waren. Schon diese kleine Zahl an und für sich stellt
an uns die Forderung, eine jede neue Beobachtung von Polyneuritis
puerperalis zu veröffentlichen. Ausserdem bietet der von mir beob¬
achtete Fall manche besondere Eigenheiten dar, welche denselben
vor den bis jetzt publicirten Fällen auszeichnen. Ich erlaube mir
daher, denselben in Kürze mitzutheilen:
Claudia Kontorskaja, 24 Jahre alt, stammt aus gesunder
Familie, nicht neuropathisch belastet, kein abusus spirituosorum, nie an
Lues gelitten; seit 1'/» Jahren verheirathet; am 5. November ein schwäch¬
liches Kind zur Welt gebracht, welches nach zwei Wochen am Soor starb.
Geburt vollständig normal, das Wochenbett fieberfrei und ohne jegliches
Unwohlsein. Am neunten Tage stand Patientin auf; 1 1 * / t Wochen nach der
Geburt fühlte sie einigen Schmerz in den Genitalien und zog Dr. Solo-
downikoff zu Rathe, der, wie er mir persönlich mittheilte, hei der Unter¬
suchung nichts besonderes vorfand, ausser einem kleinen Dammriss, welcher
der Vernarbung entgegenging und dem er auch den Schmerz zusehrieb.
Er verordnete desinficirende- Injectionen mit Acidum earbolieum, und nach
3—4 Tagen fühlte sich Patientin wieder ganz wohl. Ende November
zeigten sich ödematöse Anschwellungen im Gesicht und an den Ex¬
tremitäten, welche Dr. Solodo wnikoff als Folge der Anämie betrachtete
und Eisen verordnete.
Nach 1 Vs Wochen, Anfang Deceraber waren die Oedeme geschwunden.
Zur selben Zeit ungefähr stellten sich Schluckbeschwerden ein, häufiges
Verschlucken; gleich darauf Diplopie; oft Kopfschwindel. Nach zwei bis
drei Tagen begann ein Taubwerden in der rechten Hand, von den Fingern
an, später in der linken Hand und Arm, und nach einigen Tagen fingen
auch die unteren Extremitäten an, taub zu werden. Das Schlucken wurde
immer beschwerlicher, das Verschlucken häufiger, oft regurgitirte die
Flüssigkeit durch die Nase. Patientin befand sich im December bei
Br. Solodownikoffin Behandlung, später bei Dr. Strauch, dessen Freund¬
lichkeit ich diesen Fall verdanke. Am 28. December sah ich sie zum
ersten male, und am 29. December trat sie in meine Abtheilung in’s erste
Moskauer Krankenhaus.
Status praesens: Puls normal, anämisches Aussehen; Pupillen normal,
reagiren prompt; Sehkraft und Sehfeld normal; Augenhintergrund (unter¬
sucht von Dr. Prawossud) zeigt nichts abnormes. Patientin klagt über
häufiges Doppelsehen; bei Untersuchung der Augenbewegungen fällt nichts
besonderes auf, ausgenommen dass hier und da beim Rollen der Augen
l ) Lancet 1. 13, 1889.
*) Bull, de l'Acad. 37, XXI, 2, S. 44, 1889.
3 ) Note sur un cas de paralysie puerperale generalisee (polyneurite
puerperale Gaz. des Hfipit. 1892, 27 Octohre.
nach links das linke Auge etwas zurückbleibt. Bei der Untersuchung der
Augen mit farbigen Gläsern konnte oine Insutficicnz beider Nervi abdu-
centes festgestellt werden. — Leichte Parese aller Zweig»« des linken
Facialis, welche in den oberen Aesten mehr hervorsticht nls in den
unteren, leichte Parese der unteren Zweige des einen Facialis dexter.
Zunge weicht beim Herausstrecken nach links ab. Gaumensegel hän«-t
etwas herab, hebt sich bei Phonation schwach; das Schlucken erschwert,
selten kommt Regurgitiren der Flüssigkeit durch die Nase zustande, oft
Verschlucken. Oborextrcmitäten stark paretisch; rechte Schulter kann
nur etwas gehoben werden, linke noch weniger; Beugung uud Streckung
der Unterarme erhalten; Finger flectirt, vollständige Extension derselben
unmöglich, beim Versuche dieselbe auszuführen bildet die linke Hand
die sogenannte „main en griffe“ (Klauenhand); Flexion der Finger wohl
möglich, aber schwach, am Dynamometer kann der Zeiger von der
Patientin nicht in Bewegung gebracht werden. Die unteren Extremitäten
leicht paretisch; alle Bewegungen werden ausgeführt, aber ungenügend;
stellt mühevoll, nur unterstützt; geht nur einige Schritte mit Unter¬
stützung und grosser Mühe. Druck auf die Nerven und Muskeln der
oberen nnd unteren Extremitäten ist schmerzhaft, Ueber spontane
Schmerzen wird nicht geklagt, nur über Gefühl von häufigem Kribbeln und
faubweren, hauptsächlich in den Fingern und in den Zehen. Bei Unter¬
suchung der Sensibilität ist nur eine kleino Abschwächung aller Sinnes¬
arten : Taste, Schmerz- und Temperatursilm, wahrzunehmen. Dagegen ist
der Muskelsinn in den Extremitäten dentlich^herabgesetzt; Patientin kann
häufig von der passiven Lage ihrer Extremitäten keinen richtigen Begriff
erlangen. Sehnenreflexe an den oberen Extremitäten erhalten, ausser den
Tricepsreflexen, die geschwunden sind; an den Beugern und Streckern der
Unterarme sind die Sehnenrellcxe sogar etwas gesteigert. Patellar-
reflexe beiderseits vollständig aufgehoben. Elektrische Erregbarkeit,
faradisclie und galvanische, nicht aufgehoben, aber stark herabgesetzt, was
hauptsächlich in den unteren Extremitäten zu Tage tritt. Keine quali¬
tativen Veränderungen. Blasen- und Darmfunctionen normal, seitens
der inneren Organe nichts abnormes.
Der Verlauf war in Kürze folgender: Zwei Wochen (bis zum 13.
bis 14. Januar) schritt die Krankheit allmählich fort, das Schlucken wurde
immer beschwerlicher, so dass die Ernährung der Patientin per os, zwei,
drei Tage vollständig unmöglich war. Zugleich traten Anfälle von Athera-
beschwerden ein, welche übrigens keinen sehr hohen Grad erreichten. Die
Exspiration war erschwert; Patientin konnte nicht genügend den Schieini
herausbefördern, welcher sich reichlich in den Luftröhren anhäufte. Der
Puls war beschleunigt, häufig arhythmisch. Die Lähmung der unteren
Extremitäten verschlimmerte sich. Von Mitte Januar an blieb der Process
einerseits stehen, und es trat Besserung ein: die Anfälle von Athem-
beschwerden verschwanden, das Schlucken besserte sich allmählich, eben¬
falls die Diplopie; die Bewegung der oberen Extremitäten besserte sich
auch allmählich: dagegen schreitet die Parese der unteren Extremitäten
immer vorwärts, wobei zugleich auch die elektrische Erregbarkeit immer
progressiv schwächer wird, so dass zum 28. Januar die Bewegung der
unteren Extremitäten, ausgenommen eine unbedeutende Adduction, voll¬
ständig aufgehoben war. Bei der elektrischen Untersuchung können mit
Hülfe der stärksten faradischen und galvanischen Ströme nur leichte
Zuckungen hervorgerufen werden. Alteration der Zuckungsformel ist
auch jetzt nicht zu constatiren. — Von dieser Zeit ab ist jedoch ein
Rückgang des Processes auch iu den unteren Extremitäten eingetreten,
und augenblicklich ist Patientin fast vollständig hergestellt.
Die Behandlung bestand in einer allgemeinen Kräftigung, es wurde
Ferrum, Arsenik verabreicht, später wurden Elektricität und Salzbäder
angewandt.
Die Diagnose bot in unserem Falle keine grossen Schwierig¬
keiten dar. Es konnte kaum an ein Cerebralleiden (Thrombosis oder
Embolia pontis) gedacht werden, da schon der allmähliche Beginn
und weitere Verlauf der Krankheit, das Freibleiben des Sensoriums,
das Verhalten der Sehnenreflexe etc. dagegen sprach. Eher konnte
es noch einigen Zweifel erregen, ob wir nicht eine subacute Polio¬
myelitis und Polioencephalitis vor uns hatten, aber auch bei der
letzten Krankheit wäre der Beginn viel plötzlicher gewesen, die
elektrische Erregbarkeit würde mehr darunter gelitten, die Muskel¬
atrophie würde sich schneller und intensiver entwickelt haben,
ausserdem war die Affection der Muskeln gruppenweise aus¬
gedrückt, entsprechend der Vertheilung der peripherischen Nerven,
was deutlich für eine Polyneuritis sprach.
Viel interessanter und wichtiger ist hier die Frage, welcher
Natur die Polyneuritis sei; ist hier das Puerperium das einzige
ätiologische Moment der Polyneuritis, oder müssen wir nach einer
anderen Ursache suchen, welche die Entzündung der Nerven hervor
rufen konnte? In dieser Hinsicht kann das Krankheitsbild, die
Reihenfolge, in welcher die Nerven affioirt werden, die Prädilee-
tion einzelner Nerven zu diesem oder jenem Gifts maassgebend
sein. In unserem Falle musste die auffallende Aehnlichkeit mit
einer Diphtheritislähmung von vornherein in’s Auge fallen. Der
Beginn des Leidens mit der Lähmung des Gaumens und der
Augen und die darauf folgende progressive Lähmung der Ex¬
tremitäten sind, wie bekannt, die charakteristischen und häufig¬
sten Begleiter der Diphtheritis. In dieser Richtung wurden von
uns genaue Untersuchungen und Nachforschungen unternommen.
Bei genauestem Ausfragen der Patientin und ihrer nächsten Um¬
gebung wurde eine jede Affection des Rachens in der ganzen Zeit
während, nach und vor der Geburt in Abrede gestellt. Die Herren
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888
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47
Collegen Dr. Solodownikoff und Dr. Strauch, welche die Pa¬
tientin in Beobachtung hatten, sprachen sich entschieden gegen
jede Möglichkeit einer diphtheritischen Affection des Rachens
oder der Genitalien aus. Andererseits müssen wir betonen, dass
wenn auch in vieler Hinsicht die Lähmungen in unserem Falle
einer diphtheritischen ähnlich waren, sie doch manche Merk¬
male darboten, die nach Diphtheritis höchst selten beobachtet
werden; so z. B. ist eine Lähmung der Faciales nach Diphtheritis
eine grosse Seltenheit. Noch seltener trifft man eine Lähmung
der Hypoglossi; so erzählt z. B. Gowers nur von einem einzigen
Falle, wo er eine Abweichung der Zunge nach einer Seite beob¬
achtete. Bei Lähmung der Extremitäten tritt meistens dieselbe
zuerst in den unteren und erst später in den oberen Extremitäten
auf. Aber gleichviel, in unserem Falle konnte, wie schon erwähnt,
eine vorgegangene diphtheritische Affection nicht ausfindig ge¬
macht werden. Boissarie 1 ) berichtet zwar von diphtheritischen
Lähmungen ohne Rachenaffection oder mit n a c h fo 1 g e n d e r Rachen -
affection, aber dieselben wurden in einem bestimmten Districte von
Paris beobachtet, wo eine heftige Diphtheritisepidemie herrschte,
wo also Diphtheritiskeime sehr leicht in den Kreislauf gelangen
konnten; in unserem Falle aber war von keinen Dipktheritisfällen in
der Umgebung der Patientin die Rede. Wenn wir weiterhinzufügen, dass
Alkoholismus, Lues, Arsenik-, Bleivergiftung und Infectionskrank-
heiten in unserem Falle als ätiologische Momente vollständig ausge¬
schlossen werden können, so müssen wir das Puerperium hier als
einziges ursächliches Moment ansehen. Nun fragt es sich: stimmt unser
Krankheitsbild mit dem bis jetzt beschriebenen Typus der puer¬
peralen Polyneuritis? Diese Frage kann folgendormaassen beant¬
wortet werden: die Zahl der bis jetzt beschriebenen puerperalen
Polyneuritiden ist noch zu gering, als dass von einem ausgesprochenen
Typus die Rede sein könnte. Möbius wollte bei der Beschrei¬
bung seiner ersten sieben Fälle folgende Regeln aufstellon: zuerst
werden die Endäste des Nervus ulnaris oder niedianus oder beide
zugleich afficirt, zuweilen an beiden Händen, häufiger nur an der
mehr gebrauchten rechten: aber in seinen weiteren Publicationen
berichtet er selbst über Fälle, in welchen die neuritischen Sym¬
ptome von den unteren Extremitäten begannen. Tuillant stellt
schon zwei Typen auf: Arm- und Beintypus. Bei Hader war
hauptsächlich die Affection der Beine ausgedrückt. Bei Korsa-
koff-) finden wir generalisirte Lähmungen der oberen und unteren
Extremitäten, des Trigeminus, Diplopie und Schluckbeschwerden. Wir
sehen also, dass der Typus der puerperalen Polyneuritis noch
keineswegs festgestellt ist, und unzweifelhaft kommen dabei gene¬
ralisirte Lähmungen vor. Derselbe wird nur dann als endgiltig
angesehen werden können, wenn das Material der veröffentlichten
Fälle viel ergiebiger sein wird als augenblicklich.
Wir gehen jetzt zu der interessanten Frage über: welches ist die
Natur und Ursache der puerperalen Nervenlähmungen; gehören
dieselben in das Bereich der infeetiösen Lähmungen oder nicht?
mit anderen Worten: ist die Polyneuritis puerperalis die Folge eines
pathologischen Puerperiums, oder kann sie auch nach physiologi¬
schen, normalen Geburten beobachtet werden? Allerdings kann von
einer Beantwortung dieser Frage auf Grund der publicirten Fälle
von Polyneuritis kaum die Rede sein; die Zahl ist, wie schon oben
erwähnt, zu klein, um irgend welche Endschlüsse zu machen. Von
den veröffentlichten Fällen sind einige, wo wir ein scheinbar normales,
fieberfreies Wochenbett verzeichnet finden; zu diesen gehört auch
unser Fall.
Wir können einen Versuch zur Entscheidung dieser Frage nui
machen, wenn wir zu einer Analogie mit anderen, das Wochenbetl
complicirenden Affectionen des Nervensystems greifen und nachsehen
wie jene Affectionen mit dem Puerperium in Verbindung stehen
Zu allererst wollen wir der puerperalen Bradycardie gedenken
Wie bekannt, ist von Blot und sehr vielen anderen Beobachten
die Thatsache festgestellt worden, dass bei vollständig gesunder
Wöchnerinnen mehr oder weniger bedeutende Pu 1 sverlangsamuns
beobachtet wird, dieselbe beträgt 44—60 Schläge in der Mi
nute. Die allgemeine Auffassung geht deshalb dahin, dass dieses
rnanomen keineswegs ein pathologisches ist, sondern ausschliesslich
dem günstigen Verlaufe des Wochenbettes entspricht. Diese Er¬
scheinung beruht jedenfalls auf einer Innervationsstörung des Her¬
zens, welche vom Vagus oder Sympathicus ausgeht. Die Ursache
dieser Bradycardie ist von verschiedenen Autoren vielfältig erklärt
worden: Vermehrung der arteriellen Spannung und des Blut¬
druckes (Blot, Hemey, Marey), Resorption des Fettes des dege-
nenrten Uterus (Olshausen, Rassmann); Reizung der Nerven
der Gebärmutter infolge des Rüekbildungsprocesses derselben,
welche auf den Vagus mittelbar übergeht (Löhlein), nervöse Ein-
llüsse, geistige und körperliche Ruhe u. s. w. Mit einem Worte
*) Gaz. hebd. 1891. No. 20 und 9 1
*) 1. c.
wir sehen daraus, dass auch im normalen Wochenbett eine ganze
Reihe wichtiger Einflüsse vorhanden sind, welche auf das Nerven¬
system unmittelbar oder refleetorisch wirken können.
Mit einer anderen nervösen Affection, die nach dem Wochen¬
bette beobachtet wird, der Aphasie, welche von manchen Autoren
beschrieben worden ist (Poupon, 1 ) Bateman 3 ) u. a.), werden
wir uns nicht lange aufhalten, da dieselbe meistentheils von Em¬
bolie und Thrombose und Hämorrhagieen abhängt, die von früheren
Erkrankungen des Gefässsystems herrühren, oder einer infeetiösen
Geburt verdankt, keineswegs aber Complication einer normalen
Geburt sein kann.
Dagegen muss unsere Aufmerksamkeit sich auf eine häufig
beobachtete und viel beschriebene Affection des Nervensystems
richten, nämlich auf die puerperalen Psychosen. Die Ursachen
dieser Geisteskrankheiten wurden früher in psychischen Affectionen !
gesucht, welche die Geburt mit den damit verbundenen Sorgen,
Schmerz und Furcht mit sich bringt. Dabei wurden noch andere
gleichzeitig vorhandene Momente berücksichtigt wie: Einfluss der
hereditären und in dividuellen Disposition, Circulationsstörungen,
Ernährungsstörungen und Erschöpfung, welche die Schwangerschaft,
und Geburt häufig nach sich zieht.
In den letzten Jahren werden von den meisten Autoren die
Geisteskrankheiten bei Wöchnerinnen als Folgen der Wochenbett-
erkrankung betrachtet. So z. B. fand Hansen 8 ) unter 49 Fällen
bei 42 in den ersten Wochen (vier bis sechs) nach der Geburt
somatische Symptome puerperaler Infection. In den übrigen
sieben Fällen fand sich bei fünf eine acute Infectionskrankheit,
fioride Phtliisis. Er behauptet, dass der Name puerperale Geistes¬
störung nur auf solche Psychosen beschränkt werden muss, die
mit puerperaler Infection in Verbindung stehen. Wie bei anderen
Frauen, so können ja auch bei Wöchnerinnen Geistesstörungen
durch andere Ursachen: psychische Affecte, Epilepsie, Alko¬
holismus etc. entstehen, die nur eine zufällige Verbindung mit
dem Puerperium aufweisen. Tritt in den ersten Wochen des
Puerperiums eine Psychose in Form einer acuten hallucinato-
rischen Verworrenheit auf, ohne dass sich eine andere, nicht
puerperale, acute Infectionskrankheit findet und ohne dass Eclampsie
vorausgegangen ist, so liegt eine puerperale Infection vor, selbst
wenn Fieber und andere somatische Symptome nicht nachweisbar
sind. Unter den zwölf Verstorbenen war die puerperale Infection
bei sieben erst nach dem Tode c.onstatirt worden (Endometritis etc).
In ähnlicher Weise spricht sich Cr am er 4 ) aus, gestützt auf neun
Beobachtungen, wo immer Fieber und Symptome seitens der Ge¬
nitalien vorhanden waren. Olshausen 5 ) machte die Erfahrung,
dass die acuten puerperalen Psychosen in erster Reihe der puerpe¬
ralen Pyämie und Endocarditis ulcerosa folgen, seltener der soge¬
nannten Septikämie (lymphatische Form der Peritonitis). Als ein¬
ziger Vertheidiger der früheren Meinung, welche dem erregenden
Momente im Puerperium die Hauptrolle zuschreibt, ist in den letzten
Jahren'Adam H. Wright fi ) aufgetreten, welcher auf Grund zehn¬
jähriger Erfahrung sich überzeugt hat, dass rein nervöse Ursachen
im Puerperium recht erhebliche Störungen, sogar Temperatur-
Steigerung, hervorrufen können. Er bestätigt diese Ansicht durch
Anführung einer Reihe von Beobachtungen.
Aus den in Kürze dargelegten Ansichten über die Ursache
nervöser Störungen im Wochenbette nach der Geburt ersehen wir,
dass die puerperale Infection hier jedenfalls die Haupt- und wesent- |
lichste Rolle spielt. Trotzdem müssen wir gestehen, dass noch
ausserdem eine ganze Reihe von Momenten vorhanden sind, welche
das Nervensystem beeinträchtigen können, wie psychische Affecte,
Aerger, Schreck, schmerzhafte Empfindungen, Trauma, Circulations¬
störungen, Resorption von Producten der regressiven Metamorphose,
refiectorischer Reiz aus dem Uterus hervorgehend u. s. w.
Wir glauben also das Richtigste zu treffen, wenn wir folgende
Gruppen der Polyneuritis nach der Geburt annehmen.
1. Der grösste Theil der Polyneuritis puerperalis hängt
unmittelbar von örtlichen Infectionen ab und gehört folglich zu den
pyämischen und septischen Polyncuritiden. .
2. Die zweite Gruppe der Polyneuritiden, welche nach dei
Geburt und während der Schwangerschaft beobachtet werden,
*) Poupon, Dos aphasies puerpörales. L’enc^phale 1885. No. j-
>J ) F. Bateman, On puerperal Aphasia. The Brit. med. Jom. i
Feb. 4, S. 237 . „
®) Th. B. Hansen, Ueber das Verhültniss zwischen der puerpor^
Geisteskrankheit und der puerperalen Infection. Zeitschrift für tteo 1 5
hülfe und Gynäkologie.
4 ) Cramer, Prager med. Wochensehr. 1889, No. 45 und 4b.
5 ) Olshausen, Beitrag zu den puerperalen Psychoson, s P e 4 J5,® ...
nach Eclampsie anftretenden. Zeitschrift für Geburtshiilfe und uyui
logie XXI. ,
G ) Adam H. Wright. The emotional element in the puerp *
period. The journal of nerv, and ment, diseases 1891. May.
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22. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
889
müssen als caehektische Polyneuritiden angesehen werdon, wie z. B.
in derjenigen Fällen, wo die Schwangerschaft von bedeutenden Er¬
nährungsstörungen begleitet waren, infolge unaufhörlichen Er¬
brechens, vollständiger Appetitlosigkeit, wo nach der Geburt
immense Blutungen vorhanden waren u. s. w.
8. Wir glauben auch annehmen zu dürfen, dass nach der
Geburt solche Polyneuritiden beobachtet werden, wo weder die
örtliche Infection noch die Cachexie als ätiologische Momente auf¬
zuweisen sind. In diesen Fällen ist die Geburt als prädisponirendes
Moment für das Eindringen der Erreger der Nervenentzündung von
aussen anzusehen, Hier kommt in Betracht die allgemeine
Anämie und psychische Affecte, die bei der Schwangerschaft und
Geburt die Erschöpfung des Nervensystems hervorrufen; ausserdem
vielleicht auch die Ueberladung des Blutes mit Toxinen infolge
von Resorption von Producten der regressiven Metamorphose.
Wir sehen also daraus, dass von einem einheitlichen Typus
der im Puerperium vorkommenden Polyneuritiden kaum die Rede
sein kann. Es werden vielleicht mit der Zeit bei Anhäufung des
Materials sich besondere drei Typen, entsprechend den oben er¬
wähnten Gruppen, aufstellen lassen. Von den bis jetzt in der
Litteratur veröffentlichten puerperalen Polyneuritiden lässt sich nur
sagen, dass in sehr vielen in mancher Hinsicht die Aehnlichkeit mit
diphtheritischen Lähmungen ins Auge fällt. Bei diesen wie bei
jenen Affectionen ist die Lähmung keineswegs der Intensität
der vorhergegangenen Krankheit proportional. Wie nach einer
leichten, anscheinend harmlosen Rachendiphtheritis häufig ausge¬
dehnte lebensgefährliche Lähmungen eintreten, so kann auch
eine unbedeutende Infection bei der Geburt, welche scheinbar
normal verläuft, schwere Complicationen seitens der psychischen
und nervösen Sphäre hervorrufen. Die puerperale Polyneuritis
schreitet wie die diphtheritische von der Peripherie zum Centrum.
Die Motilitätsstörungen sind bei diesen wie auch bei jenen viel
bedeutender ausgeprägt als die der Sensibilität. Die Muskel¬
atrophie tritt bei beiden selten ein. In meinem Falle tritt die
Aehnlichkeit mit diphtheritischen Lähmungen noch deutlicher hervor.
Ich glaube, dass die Polyneuritis in der Puerperalperiode viel
häufiger vorkommt, als es aus der Litteratur ersichtlich ist. Leichte
Fälle von Nervenentzündung werden wahrscheinlich häufig über¬
sehen, hauptsächlich wenn sie von Psychosen begleitet sind. Durch
Mitwirkung der Gynäkologen und Psychiater kann diese Frage bei
weiterer Bearbeitung eine feste Basis gewinnen.
IV. Aus Dr. Max Joseph s Poliklinik für Hautkrankheiten
in Berlin.
Ueber gummöse Lymphome.
> Von Walter Guttmann.
Es giebt wenige Erkrankungen, wo unsere Therapie von so
eclatanten Erfolgen begleitet ist, wie bei den verschiedenen For¬
men der Syphilis. Das ist in so hohem Maasse der Fall, dass
man bei zweifelhaften Fällen allein aus dem Erfolge der ange¬
wandten Specifica auf die Natur des Leidens Rückschlüsse zieht.
Unter diesen Verhältnissen ist daher eine richtige Diagnose von
der weittragendsten Bedeutung. Denn es giebt eine grosse Zahl
syphilitischer Affectionen, die, rechtzeitig erkannt, leicht und ge¬
fahrlos geheilt werden, im anderen Falle aber zu grösseren Opera¬
tionen Veranlassung geben.
Die Litteratur ist nicht arm an Beispielen hierfür. Schon
Rieord berichtet von einem Falle, wo ein phagedaenisches Ulcus,
das fälschlich für Krebs gehalten wurde, die Indicatiou zur Am¬
put at-io penis geben sollte. In neuerer Zeit haben besonders
v. Langenbeck 1 ), Karewski 2 ) und v. Esmarch H ) die Aufmerk¬
samkeit auf diesen Punkt gelenkt und genügend Beispiele ^an¬
geführt, w r o auf Grund falscher Diagnosen schwere und verstüm¬
melnde Operationen gemacht wurden. Letzterer ist nicht nur da¬
von überzeugt, dass ein grosser Theil der Sarkome und Fibrome,
sowie manche der malignen Lymphome zu den Syphilomen zu
rechnen sind, sondern stellt sogar die Vermuthung auf, dass die
Entstehung von Geschwülsten zusammenhängt mit einer von syphi¬
litischen Vorfahren ererbten Prädisposition. Ohne hier auf diese
Hypothese einzugehen, ist es jedenfalls Thatsache, dass die Syphilis
als ätiologisches Moment heutzutage eine ausserordentlich grosse
Rolle spielt. .
Natürlich handelt es sich hier immer um die Späterscheinun-
geii dieser Krankheit, oder wie man früher nach einem unbegrün¬
deten Schematismus sagte, um die tertiären Symptome; denn die
Früherscheinungen waren schon von den älteren Beobachtern ein¬
gehend studirt und beschrieben worden. Zwar waren auch die
gummösen Processe in den frühesten Zeiten der Syphilidologie be¬
kannt, aber eine genaue Beschreibung und Erklärung fanden sie
erst in diesem Jahrhundert, vor allem durch VirchoW 1 ).
Zu den am w enigsten bekannten gummösen Processen gehören
diejenigen, welche sich in den Lymphdrüsen abspielen. Sie gelten
noch heute als ein so seltenes Ereigniss, dass es mir für weitere
Kreise nicht werthlos erscheint, vier hierher gehörige Fälle zu
veröffentlichen, die ich in Dr. Joseph’s Poliklinik für Hautkrank¬
heiten zu beobachten Gelegenheit hatte.
Fall 1. Der erste Kranke war der 25 Jahre alte Schlosser Max Sch.
Er giebt an, dass beide Eltern gesund sind und noch leben. Kinderkrank¬
heiten will er nicht durchgemacht haben. Vor drei Jahren' bekam er einen
Schanker an der Vorhaut, der in 14 Tagen unter Jodoform verband und
Pillen heilte. Dann bekam er Flecke im Gesicht und an der Hand, so¬
wie Schmerzen im Halse. Wegen letzterer wurde er geätzt und erhielt
Pillen. Anfang Januar 1894 bemerkte er in der rechten Leistengegend
eine Schwellung und trat vier Wochen später darauf in Behandlung des
Herrn Dr. Joseph.
Am 18. Februar 1894 konnten wir bei dem mittelgrossen, .kräftigen
Manne in der Regio inguinalis dextra unterhalb des Ligamentum Poupartii
eine ca. 12 cm lange, deutlich prominirende Hervorwölbung constatiren.
Die Haut über derselben war stark geröthet und nicht verschieblich.
Fluctuation war nicht nachweisbar, und die Consistenz der Geschwulst
war ziemlich hart. Einzelne Drüsen waren nicht durchzufühlen. Schmer¬
zen waren nicht vorhanden. Der ganze Penis zeigte eine normale Be¬
deckung, ebenso wenig konnte an der unteren Extremität eine Ursache
für die Lymphdrüsenschwellungen gefunden werden. Anderweitige Zeichen
von Lues waren bei dem Patienten nicht nachzuwoisen. Wir stellten hier¬
nach die Diagnose auf ein gummöses Lymphom und leiteten eine ener¬
gische Quecksilberbehandlung ein. Der Patient machte Einreibungen, und
zwar täglich mit 8,0 Unguentum Hydrargyri cinereum; daneben orhielt er
eine vierprocentige Jodkaliumlösung, von der er dreimal täglich einen
Esslöffel nehmen sollte. Lokal legten wir auf die Geschwulst Queck¬
silberpflastermull. Nach Gebrauch von 40,0 Jodkalium und 90,0 Un¬
guentum Hydrargyri cinereum bestand am,. 18. März nur noch eine wall¬
nussgrosse Erhabenheit, die sich bald vollständig zurückbildete, so dass
die Drüsen nur noch Erbsengrösse hatten.
Fall 2. Zu gleicher Zeit kam der 51jährige Handelsmann Isidor G. in
unsere Beobachtung. Er giebt an, dass sein Vater an Altersschwäche, die
Mutter an einem Herzleiden gestorben ist. Eine Schwester ist seit 20 Jahren
blind, die übrigen Geschwister sind gesund. Anfang der 70 er Jahre zog
er sich einen weichen Schanker zu, der ohne Bubo heilte. 1878 trat an
der Wurzel des Penis ein Ulcus durum auf. Dasselbe wurde excidirt,
und nachdem Flecke am Körper aufgetreten waren, 30 Einreibungen mit
grauer Salbe gemacht. In den folgenden Jahren will Patient niemals
specifiscbe Erscheinungen (Hautausschliige, Rach engeschwüre etc.) gehabt
haben, bis er vor ca. einem Jahre auf der rechten Brusthälfte eine An¬
schwellung bemerkte. Dieselbe setzte sich nach dem Schlüsselbein zu
fort imd ging dann auf die rechte Halsseite über. Auf der Brust ver¬
schwand sie nach einem halben Jahre ohne Behandlung, trat dann aber
auch auf der linken Halsseite auf.
Als wir am 19. Februar 1894 den mittelgrossen, kräftigen, leicht
ergrauten Mann untersuchten, fanden wir an den inneren Organen nichts
Abnormes. Auf der linken Brustseite zeigte sich eine kleinhaselnuss¬
grosse Geschwulst, die gegen die Unterlage und die Haut verschieblich
war. Rechts und noch viel stärker links war eine Anschwellung der
Portio clavicularis der Musculi steruocleidomastoidei zu fühlen. Hinter dem
rechten Ohr am Processus mastoideus ossis temporis war eine apfelgrosse
Schwellung von elastischer Consistenz. Die Haut war darüber verschieb¬
lich und normal. Ausserdem befand sich auf beiden Sternocleidomastoidei
eine über pflaumengrosse, polyganglionäre Anschwellung, die gegen die
Muskeln verschieblich war, sich mässig hart anfühlte und nicht Üuctuirto.
Auch hier war die Haut über der Geschwulst unverändert. Alle diese
Anschwellungen waren sowohl spontan wie auf Druck durchaus schmerz¬
los. Das Allgemeinbefinden war nicht beeinträchtigt.
Auch hier wurde die Diagnose auf Gummata der beiderseitigen Ger-
vicaldrüsen gestellt. Daneben bestanden in diesem Falle noch ein Gummi
periostale des rechten Processus mastoideus, sowie Muskclgummata beider
Kopfnicker. Es wurde dieselbe Therapie angewandt wie im ersten Falle,
und bereits am 28. Februar hatte sich beiderseits das gummöse Lymphom
so verkleinert, dass ein hiesiger Chirurg, den I)r. Joseph bat, zur mikro¬
skopischen Untersuchung den Drüsentumor der einen Seite zu exstirpiren,
sich wegen der unbedeutenden Anschwellung nicht mehr zur Operation
entschliessen konnte. Desgleichen hatte sowohl das periostale wie das
musculäre Gummi erheblich an Umfang abgenommen. Unter fortgesetztem
Jodkaligebrauch war am 28. Mai nur noch auf dom linken Stemocleido-
mastoideus eino geringfügige, erbsengrosse Drüsenschwellung zu consta¬
tiren, die bald darauf auch verschwand. Am 6. Juni war an den be¬
treffenden Stellen eine lederartige Resistenz zu fühlen, der klinische
Ausdruck für die bindegewebige Umwandlung des Drüsengewebes.
Fall 8. Von diesen beiden Beobachtungen unterschied sich der dritte
Fall insofern, als hier in der Anamnese eine syphilitische Infection verneint
wurde. Trotzdem stellten wir die Diagnose auf ein gummöses Lymphom,
und der Erfolg unserer Therapie gab uns Recht. „ ,
Der 25jährige Schuhmacher Franz W. litt mit sechs Jahren an Hals¬
bräune und mit 21 Jahren an einem Tripper, der nach Einspntzungeu
KoU vArsnhwnnd. Wahrend seiner MilitÄrzeit hatte er vier Wochen lang
*) Arch. f. klin. Chirurgie 1881.
a ) Berl. Klinik 1889, Heft 18.
*) Deutscher Chirurgencongress 1889.
i) Constitutionelle Syphilis, Vircliow’s Arcli. Bd. XV; und Krank¬
hafte Geschwülste Bd. II.
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I'
890
Magenkatarrh und Gelbsucht. Anfang März 1894 bemerkte er ome
Schwellung der linken Leistengegend, die langsam zunalim, aber schmerz¬
los blieb. Er rieb von selbst Jodkaliumsalbe ein, doch ohne Erfolg. Am
30. April d. J. kam er in unsere Behandlung.
Wir constatirten bei dem kräftigen jungen Manne in der linken
Leistengegend eine deutlich hervorragende, ungefähr 10 cm lange Ge¬
schwulst. Dieselbe ging offenbar von den Leistendrüsen aus, die aber so
mit der Umgebung und untereinander verwachsen waren, dass es unmög¬
lich war sie einzeln abzutasten. Die Geschwulst war durchaus schmerz¬
los und auf der Unterlage nicht zu verschieben. Dagegen war die sie
bedeckende Haut nicht mit ihr verwachsen und zeigte keine Röthung.
Die Consistenz war hart; Fluctuation fehlte. Daneben bestanden I.ymph-
adenitides totius corporis, insbesondere waren die rechten Glandulae in¬
guinales sowie die beiderseitigen Glandulae cubitales exquisit zu fühlen.
Die inneren Organe zeigten nichts Abnormes.
Der Erfolg unserer Therapie, welche dieselbe war wie die in den
beiden ersten Fällen, befestigte unsere Ansicht, dass auch hier wieder
ein Bubo gummosus vorlag. Am 29. Mai war die Geschwulst schon so
weit zurtlckgegangen, dass die sie zusammensetzenden einzelnen Drüsen
ganz deutlich gefühlt werden konnten, und am 6. Juni hatte der Tumor
nur noch Wallnussgrösse. Da der Patient nach Amerika auswanderte,
konnten wir leider die vollständige Heilung nicht beobachten.
• Fall 4. Der letzte Fall war insofern von hohem Interesse, weil er
die Eigenthümlichkeit der syphilitischen Eruptionen, den Locus minoris
resistentiae zu bevorzugen, auf das schönste demonstrirte.
Am 6. Juni 1894 kam nämlich der 25jährige Maler Otto Sch. zu
uns und klagte über eine Geschwulst in der rechten Leistengegend, die
er einen Tag, nachdem ihn ein schweres Brett an diese Stelle getroffen
hatte, bemerkte und die nun seit 14 Tagen immer grösser geworden war.
Die weitere Anamnese ergab, dass er ausser einem „Fieber“ im Alter
von 12 Jahren keine anderen Krankheiten durchgemaclit hat. Die Eltern
und fünf Geschwister leben und sind gesund. Vor sieben Jahren zog
er sich einen harten Schanker zu, den er vier Wochen post coitum be¬
merkte. Unter lokaler Behandlung mit einer „gelben Salbe“ (Queck¬
silber?) heilte derselbe in vier Tagen. Damals und auch im weiteren
Verlaufe will Patient nie eine Anschwellung der Leistendrüsen bemerkt
haben. Vier Wochen nach Abheilung des Schankers bekam er Aus¬
schläge auf den Fusssohlen und Handtellern, die ohne Behandlung wieder
verschwanden. Nach starkem Schwitzen sollen noch jetzt an diesen
Stellen rothe Flecke sichtbar werden. Nach einem Jahre bemerkte er
einen trockenen Ausschlag am Kinn und an den Lippen; ferner gingen
ihm die Haare der Lider sowie ein Theil der Kopfhaare aus; auch bekam
er Geschwüre im Munde. In derselben Zeit lag er vier Wochen wegen
Lungenentzündung zu Bett. Nachdem letztere überstanden war, erhielt
er innerlich Medicin (Jodkali?); schon nach Gebrauch von zwei Flaschen
wuchsen die Haare wieder, und der Ausschlag verschwand. 1890 ver-
heirathete er sich, nachdem er seine spätere Frau schon vorher inficirt
hatte. Dieselbe bekam Eruptionen an den Schamlippen und im Munde
und machte eine gründliche Allgemeiner durch. Bisher ist sie noch
nicht schwanger gewesen. Nach der Heirath bekam Patient einen „Car-
bunkel“, der incidirt wurde, und bald darauf ein „Rachengeschwür“,
welches der Arzt mit dem Finger ausdrückte, wobei viel Eiter heraus¬
kam. Im allgemeinen fühlt er sich jetzt wohl; nur klagt er über heftige
Kopfschmerzen im späteren Verlaufe des Nachmittags und schwitzt sehr
stark. Zum Militär war er wegen Genu valgum nicht gekommen.
Die Untersuchung ergab, dass der anämisch aussehende, sonst aber
kräftig gebaute Mann in der rechten Leistengegend einen stark promi-
nirenden Tumor von ca. 10 cm Länge aufwbcs. Die Haut über demselben
war etwas geröthet, wahrscheinlich vom früheren Massiren, und nicht
verschieblich. Einzelne Drüsen konnte man nicht durchfühlen. Die Con¬
sistenz der Gesehwmlst war derb elastisch; Fluctuation war nicht vor¬
handen. Schmerzen bestanden nur an einer umschriebenen Stelle in der
Mitte (wahrscheinlich dort, wo der Balken angestossen hatte). Das Gehen
machte keine Beschwerden. Am Dorsum penis w r ar ooch deutlich die
Narbe des Ulcus zu sehen. Auf der linken Körperseite waren zwei
haselnussgrosse Inguinaldrüsen und auch eine sehr deutliche Cubitaldrüse
zu fühlen. Am Anus bemerkte man ein Condyloma latum. Ueber der
rechten Lungenspitze hörte man verschärftes Exspirium; der zweite Pul¬
monalton war etwas klappend. Die anderen inneren Organe waren
normal.
Auch hier wurde die Diagnose auf einen Bubo gummosus gestellt
und innerlich Jodkalium, lokal Quecksilberpflastermull verordnet. Schon
am 10. Juni nach Gebrauch von 8,0 Jodkali war die Geschwulst merklich
kleiner und fühlte sich weicher an. Die Schmerzen waren ganz ge¬
schwunden.
Dass gummöse Lymphome bisher für ein sehr seltenes Er¬
eigniss galten — Gold 1 ) sah unter 583 Fällen von tertiärer Lues
nur einen Bubo gummosus — muss überraßchen, w.enn man bedenkt,
in welch’ innigem Zusammenhänge das Lymphgefässsystem mit
den verschiedenen Phasen der Syphilis steht. Indess lässt sich
die geringe Beachtung, die man den gummösen Affectionen der
Lymphdrüsen schenkte, aus gewissen Umständen erklären, deren
Kenntnis« deshalb wichtig ist, weil sie gegen die Existenz dieser
Krankheit angeführt werden können. Zunächst ist es der lange
Zeitraum, der manchmal zwischen diesen Erscheinungen und dem
Primäraffecte liegt, ein Zeitraum, der sich biß zu 30 Jahren er¬
strecken kann und keine anderen speciflsehen Eruptionen aufzuw’eisen
braucht. Von unseren Fällen bietet der zweite diese Eigenthüm-
\l Wien. med. Presse 1893, No. 2.
No. 4 7 |
lichkeit dar. Ferner ist zu betonen, dass auf die Anamnese oft t
allzugrosses Gewicht gelegt wird. Gewiss trifft der alte Satz !
„quivis syphiliticus est inendax“ sehr oft zu, daneben befinden sielt ,!
aber in einer grossen Reihe von Fällen die Kranken in der That !
in Unwissenheit über die Natur ihres Primäraffectes. Die Angaben j
solcher Leute, sie hätten einen w f eichen Schanker oder einen Tripper '
gehabt (wie in unserem dritten Falle), können nur den Werth be- |
anspruchen, den Arzt auf die Möglichkeit einer syphilitischen In-
fection aufmerksam zu machen. Drittens findet man zuweüen auch
die Ansicht, die z. B. Thayssen 1 ) vertritt, dass die Lymphdrüsen 1
durch die Mitleidenschaft im sogenannten secundären Stadium im- '
mun gegen neue Attacken des Virus werden. Demgegenüber lehrt
aber die klinische Erfahrung, dass z. B. an der Haut Gummata j
gerade an den Stellen mit Vorliebe auftreten, wo vorher eine syphi¬
litische Efflorescenz ihren Sitz hatte. Schliesslich muss noch als
wesentliches Moment angeführt werden, dass, wie schon Virchow 2 )
bemerkte, die Vorgänge bei den indolenten Bubonen (also in der
sogenannten zweiten Periode) die grösste Aehnliehkeit mit den
Gummositäten anderer Theile darbieten. Somit könnte die besondere
Aufstellung von Gummata der Lymphdrüsen überflüssig erscheinen.
Hier ist aber zu betonen, dass bei der Diagnose der gummösen
Lymphome die mikroskopische Untersuchung nur eine geringfügige
Rolle spielt : kann sie ja nicht einmal genau zeigen, ob man syphi¬
litische, leukämische, typhöse oder andere Drüsenschwellungen vor
sich habe, da eben alle diese auf Hyperplasie der Lymphzellen be¬
ruhen (Virchow r ).
Wir sind daher auf die klinische Beobachtung angewiesen,
und diese lehrt, dass gewisse syphilitische Bubonen durch die späte
Zeit ihrer Entstehung und ihr charakteristisches Verhalten als be¬
sondere Erkrankung von den secundären Drüsenschw r ellungen ge¬
schieden werden können.
Durch diese Ausführungen erklärt es sich w T ohl, w r arum Gum¬
mata der Lymphdrüsen so seiten beobachtet worden sind. Lust¬
garten 3 ) hat Recht, w r enn er sagt, dass wohl viel mehr Fälle
diagnosticirt würden, wenn nur an die Möglichkeit ihres Vor¬
kommens gedacht würde. Für alle zweifelhaften Fälle gelte der
alte Satz: In dubiis suppone luem.
Die erste genauere und kritische Beschreibung der „subeu-
tanen Drüsenerkrankungen im Spätstadium der Lues“ rührt von
Lustgarten her. Schon vorher war allerdings, namentlich von
französischer Seite, eine Anzahl hierher gehöriger Fälle richtig er¬
kannt und beschrieben w r orden, und Laneereaux 4 ) hatte die
analogen Veränderungen der Drüsen im Körperinnem geschildert.
Gummöse Lymphome erscheinen im Spätstadium der Syphilis,
zuweilen erst lange Zeit nach dem Primäraffect, und sind manch¬
mal die einzigen Manifestationen der Krankheit, wie z. B. in dem
zuerst beschriebenen Falle. Sie können alle Lymphdrüsen des
menschlichen Körpers befallen, bevorzugen aber die Inguinaldrüsen
und diejenigen der Halsgegend, besonders die Glandulae submaxillares.
Interessant ist die Thatsache, dass sie öfters an dem Locus minoris
resistentiae, also im Anschluss an Traumen oder andere Schäd¬
lichkeiten entstehen; der zuletzt von uns beobachtete Kranke ist
ein schönes Paradigma hierzu. Gewöhnlich betrifft die Gunum-
bildung ganze Drüsenpackete, im Unterschiede zum sogenannten
Bubo rheumaticus, der gewöhnlich nur eine Drüse befällt. Die
meist wallnussgrossen Tumoren haben eine derb elastische bis
harte Consistenz, obw T ohl auch weiche mitunter Vorkommen, oie
zeichnen sich aus durch sehr langsames Wachsthum und sind ge- i
wöhnlich weder spontan noch auf Druck schmerzhaft. Die Haut
über ihnen zeigt im Anfang meist keine Veränderungen und lässt
sich von ihnen abheben; auch mit der Unterlage sind sie Eich
verwachsen. Dieses Stadium, das mikroskopisch durch die Hyp er '
plasie der zelligen Elemente charakterisirt ist, kann monatelang
ohne weitere Veränderungen bestehen. Alle drei von uns be¬
schriebenen Fälle sind über dasselbe nicht hinausgekommen, a
auf Grund einer rechtzeitigen Diagnose die Therapie erfolgreich
einschreiten konnte.
Die Wirkung der letzteren besteht darin, dass die Gummata
fettig atrophiren und dann zur Resorption kommen. Bleiben sie
sich aber selbst überlassen, so bilden sie sich entweder in uen
allerseltensten Fällen spontan zurück (bei unserem zw eiten Kranken
geschah das anfangs theilweise), oder gewöhnlich verwachsen ^
Drüsen fest mit der Nachbarschaft, so dass eine Ausschälung a^
unmöglich wrird. Es kommt dann zu einer centralen Einschmelzunj?.
so dass ein Gefühl der Fluctuation erzeugt wird.
wird dann die Haut in Mitleidenschaft gezogen; sie verfärbt
*) Inaug.-Dissert. Kiel 1872.
2 ) Die krankhaften Geschwülste II, 20. Vorles.
b Wien. mod. Presse 1890, No. 26—28.
A ) Trnitä de la Syphilis, II. Aufl., S. 289 ff. Paris 18<3.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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22. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
891
ty. bl ^ lmde ’ . w ^ d lmmer dünner, und schliesslich kommt
faM Durchbruch, indem ein charakteristisches Geschwür ent-
J!?® M m Slch . 1 eil !T gjynmiartige, mit Gewebsbruchsfcücken
vermischte Masse entleert. Mikroskopisch erklärt sich das durch
4sigen n DetrRus Kei1 Elemente Und Büdun «? «tructurlosen
«vnHmLS® « te i r ^ ichti - keit , ist di ® Prompte Reaction auf anti-
syphilitische Behandlung: auf wenige Flaschen Jodkaliuni oder
nach einer combmirten Behandlung verkleinern sich die Tumoren
überraschend schnell; „coinme par enchantement“, „zauberhaft“
nennt es em französischer Autor. Diese Diagnose ex juvantilms
ist um so werthvoller, weil sonst die Differentialdiagnose auf grosse
Schwierigkeiten stosst. Wie schon erwähnt , ist ja das mikrosko¬
pische Aussehen vieler Drüsentumoren das gleiche; selbst gewisse
Sarkome haben ähnliche histologische Structur. Aber auch die
klinische Beobachtung ist nicht immer über jeden Zweifel erhaben
Im al gemeinen kann man sagen, dass Infectionskrankheiten, wie
Scharlach, Typhus, Milzbrand durch die Anamnese auszuschliessen
sind. Bei Verdacht auf Tuberkulose ist es nöthig, die Lungen
genau zu untersuchen, das Alter zu berücksichtigen und nach
anderen „scrophulösen“ Erscheinungen zu forschen. Maligne Neu¬
bildungen unterscheiden sich meist durch ihre Schmerzhaftigkeit
Sarkome insbesondere durch ihr rasches Wachsthum Bei Carci-
nomen die nur sehr selten primär in Lymphdrüsen entstehen, ist
auf Metastasen zu fahnden. Die leukämischen Tumoren sind
durch Blutuntersuchung nachzuweisen; die sogenannten pseudo¬
leukämischen Drüsenschwellungen oder maligne Lymphome haben
geringere Neigung zum Zerfall und befallen gewöhnlich fast alle
Lymphdrüsen des Körpers inclusive der Milz, während die gum¬
mösen Bubonen nur in einer oder wenigen Regionen lokalisirt
sind.
Die wachsartige Verfärbung der Haut, von der Lustgarten
spricht, war nur in einem der oben angeführten Fälle vorhanden.
Theoretisch hat schon Virchow die syphilitische Chloro-Anämio
aus den Störungen in der Oekonomie der Lymphdrüsen abgeleitet:
aber bei den Affectionen so vereinzelter Gruppen und in so frühen
Stadien braucht sie wohl nicht nothwendig einzutreten.
.. -p 1 ® einschlägige Literatur hat zuerst Lustgarten zusammengestellt.
Als theilweise Ergänzung der dort angeführten Arbeiten sei zunächst die
Inauguraldissertation vonThayssen angeführt, in der ein „ausserordent¬
lich seltener Fall von tertiärem Lymphom“ des Halses und der Brust be¬
schrieben wird. Auch Bier 1 ) erwähnt nebenbei einen solchen. Was
Auspitz 3 ) unter „specifischen infectiösen Bubonen“ versteht, sind nichts
anderes wie gummöse Lymphome. Interessant ist auch die Bemerkung
Billroth’s, 3 ) dass 3 Fälle von Geschwülsten der Cervicaldrüsen, deren
Natur unbekannt blieb, durch innerliche Gaben von Jodkalium geheilt
resp. gebessert wurden. Wahrscheinlich handelte es sich auch hier um
Gummata der Drüsen. Auch Büumler 4 ) giebt die Möglichkeit tertiärer
Lymphdrüsenerkrankungen zu; ebenso beschreibt Lang*) dieselben kurz.
Nach der Publication von Lustgarten erschienen bald weitere Arbeiten,
dlG *R? ine Abführungen bestätigten. Busch, 6 ) Montgomery, 7 ) Ca-
rusi 8 ), Gold 9 ), beschrieben hierher gehörige Fälle. Von Lehrbüchern
sind die von Kaposi 10 ), Joseph“), Bireh-Hirschfeld 12 ), Ziegler 13 ),
Mauriac“) zu erwähnen, während selbst grössere chirurgische Hand¬
bücher wie die von König und Bardeleben so gut wie nichts über
diesen wichtigen Gegenstand enthalten.
Wir hoffen durch diese kleine Mittheilung die Aufmerksamkeit
weiterer ärztlicher Kreise wieder einmal auf dieses etwas vernach¬
lässigte Gebiet der Syphilidologie gelenkt zu haben. Man achte
mehr als bisher auf das Vorhandensein gummöser Lymphome,
und man wird hier durch eine spezifische Therapie oft glänzende
Erfolge erzielen.
Zum Schlüsse sage ich Herrn Dr. Joseph, der mich zu dieser
Arbeit anregte und in liebenswürdigster Weise dabei unterstützte,
meinen verbindlichsten Dank.
') Inaug.-Dissert. Kiel 1888.
*) Die 1 Bubonen d. Leistengegend. Arch. f. Dermatol, u. Svph. 1873.
7 Arch. f. klin. Chirurg. Bd. X.
4 ) Ziemssen, Handb. d. spec. Path. u. Therap. Bd. III.
5 ) Pathol. u. Therap. d. Syphilis. Wiesbaden 1884—86.
6 ) Wien. med. Pr. 1891.
7 ) Paeif. medic. joum. Febr. 1891; refer. in Viertcljahrsschr. f.
Dermatol, u. Syph. 1892.
8 ) Ref. im Joum. des malad, cutan. et v6ner. 1892, Bd. IV, S. 33.
*) Wien. med. Presse 1893.
I0 ) Pathol. u. Therap. d. Syph.; deutsche Chirurg. Bd. XI.
u ) Lehrb. d. Haut- u. Geschlechtskrankh. Bd. II. Leipzig 1894.
13 ) Lehrb. d. pathol. Anat. Leipzig.
,3 ) Lehrb. d. pathol. Anat. Jena.
14 ) Syph. tertiaire et hereditaire. Paris 1893.
V. Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig.
Ueber ein bacterienfeindliches Verhalten der
Scheidensecrete Nichtschwangerer.
Von Dr. K. Menge, Assistenten der Klinik.
(Fortsetzung aus No. 46.)
Ich habe nun zunächst das Studium der gewöhnlichen Bao-
terienflora der Scheide nichtgeschwängerter Frauen verlassen, um
ausschliesslich durch die oben schon erwähnten Uebertragungsver-
suchc von pyogenen Mikrococeen in das Scheidensecret eine Aus¬
kunft über die Selbstreinigungstendenz der Scheide gerade diesen
Infectionserregern gegenüber zu bekommen. Zu diesen Uebertra-
gungsversuchen wurden von den oben erwähnten 50 Laparotomirten
85 Frauen zu im ganzen 80 einzelnen, durchgeführten Versuchen
benutzt. Ich übertrug, um das Scheidensecret zunächst in seiner
Coneentration und in seinen Reactionsverliältnissen möglicht wenig
zu ändern, die Bacterien ohne Nährboden in die Scheide, indem ich
dieselben mit einem sterilen Glasstabe von der Oberfläche einer
Plattencultur abstreifte, sie in die Scheidenwäude einrieb und mit
dem Glasstabe in der ganzen Scheide vertheilte. In der ersten
Zeit übertrug ich eine Mikrobenart, welche facultativ aörob die¬
selben Wachsthumsbedlngungen ausserhalb des Körpers stellt wie
der Staphylococcus pyognes aureus und der Streptococcus pyognes,
für den Menschen jedoch nur in extrem seltenen Fällen sich als
pathogen erwiesen hat, den Bacillus pyocyaneus, der deshalb ganz
besonders bequem erschien, weil er durch die Production seines
Farbstoffes auf der Platte sofort in die Augen fällt. Als ich sah,
dass die grössten Massen eingetragener Pyoeyaneusbacillen in
jedem Falle nach längerer oder kürzerer Zeit wieder aus der
Scheide verschwanden, ging ich zu Versuchen mit dem Staphylo¬
coccus pyogenes aureus und mit dem Streptococcus pyogenes über.
Im ganzen habe ich auf diese Weise 23 mal den Bacillus pyo¬
cyaneus, 30mal den Staphylococcus pyogenes aureus und
27 mal den Streptococcus pyogenes in die Scheide eingetragen.
Ein Versuch wurde auch noch mit den Sporen eines Kartoffel¬
bacillus ausgeführt, die alle Keime an Resistenz überboten, die uns
sonst zu Gebote standen. Die Staphyloeoccen hatte ich frisch aus
einer acut vereiterten Brustdrüse rein gewonnen, die Streptococcen
stammten aus den Lochien von Wöchnerinnen mit Puerperalfieber
und aus dem eitrigen Exsudat einer an acuter Peritonitis ver¬
storbenen Patientin, aus deren Bauchhökleninhalt ich unmittelbar
post mortem Culturen anlegte. Der Virulenzgrad der verwendeten
Bacterien und ihre Lebensfrische Hessen also kaum etwas zu
wünschen übrig. Dasselbe kann ich von dem Bacillus pyocyaneus
sagen, den ich aus grünem Eiter selbst frisch cultivirte.
Die Uebertragung dieser Bacterien wurde nun selbstverständ¬
lich in alle Scheiden ohne Auswahl, ohne Rücksicht auf die Secrct-
reaction vorgenommen, und das Resultat lautet, dass nicht ein
Fall zu verzeichnen ist, in dem nicht die Scheide sich
in kürzerer oder längerer Zeit von den eingetragenen
Bacterienmassen wieder befreit hätte. Das ausgespro¬
chen alkalische Secret tödtete genau mit derselben
Sicherheit die drei Mikrobenarten, wie das amphotere
und wie das sauere. Die Zeit, welche für die Selbstreinigung
des Scheidengrundes nothwendig war, schwankte zwischen 27-2 und
70 Stunden, wenn ich von einem Falle absehe, bei dem in Folge
einer kleinen Verletzung der Scheidenschleimhaut eine acute Va-
ginitis im Anschluss an die Staphylococeenübertragung aufgetreten
war, die noch nicht völlig abgeheilt war, als ich die Frau aus der
Anstalt entlassen musste. 14 Tage nach ihrer Entlassung stellte
sie sich mir mit staphylococcenfreier Scheide wieder vor.
Am Introitus vaginae können sich nach meinen Beobachtungen
die Bacterien viel länger halten als im Scheidengrund. Im all¬
gemeinen ist die Zeitdifferenz jedoch keine grosse. Dass Doeder¬
lein bei seinem Experimente noch einige Tage nach der Ueber¬
tragung aus der Scheide fortgesetzt vereinzelt Staphylocoecen-
colonieen auf der Platte wachsen sah, möchte ich darauf zurück¬
führen, dass die Staphyloeoccen am Introitus noch nicht abgetödtet
waren und dass sie bei der Entnahme mit dem Speculum erst
vom Introitus in die Scheide mit hinaufgeschleppt wurden.
Der Bacillus pyocyaneus wurde im Scheidengrund durchschnitt¬
lich in 21 Stunden, der Staphylococcus pyogenes aureus durchschnitt¬
lich in 26 Stunden, der Streptococcus pyogenes durchschnittlich
in 22 Stunden abgetödtet. Ganz besonders hervorzuheben ist, dass
die alkalischen Secrete zur Selbstreinigung von den drei Mikroben¬
arten im allgemeinen nicht längere Zeit gebrauchten, wie die
sauren. In den von mir angestellten 27 Versuchen mit Strepto¬
coccenübertragung gelang es sogar den alkalisch reagirenden Se-
cretcn, die Reinigung in durchschnittlich 18 Stunden durchzu¬
führen, während die Gesammtdurchsclinittsdauer für die Abtödtung
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S!>2
der Streptococcen im Scheidonsecret 22 Stunden d. h. 4 Stunden
mehr betrug:.
Aus diesen Versuchsergebnissen wird nun Jeder zunächst den
Schluss ziehen, dass die Scheide der Nichtgeschwängerten ganz
generell, auch wenn sie ein alkalisch reagirendes Secret birgt, eine
beträchtliche antimykotische Wirkung gegen Bacterien entfaltet,
welche aörob nur auf alkalischen Nährböden zu wachsen imstande
sind. Ich komme hier zu demselben Schlüsse, den ich schon aus
den Plattenbefunden vor den Uebertragungsversuchen gezogen hatte.
Und doch musste mir der eine Fall, in welchem Streptococcen
in dem Scheidengrunde als dauernde Bewohner gefunden wurden,
sagen, dass unter bestimmten Bedingungen dennoch die Aufzucht
von pyogenen Keimen in der Scheide der Nichtschwangeren mög¬
lich sei. Um diese Bedingungen kennen zu lernen, versuchte ich
zunächst festzustellen, welche Factoren im Scheidensecret über¬
haupt die bacterienfeindliche Wirkung gegen die pyogenen Infec-
tionserreger ausmachen. Hierzu war es nöthig, den Vorgang der
Selbstreinigung in seinen einzelnen Phasen zu verfolgen.
In jedem Falle wurden unmittelbar vor und nach der Ueber-
tragung der Bacterien in die Scheide Secretmassen mit dem
Scheidenlöflfel entnommen, mikroskopische Präparate angefertigt,
mit einer sich annähernd gleichbleibenden Menge des Secretes
Agarplatten beschickt und festgestellt, welche Art von Mikroben
und in welcher Menge dieselben auskeimten. Während die vor
der Uebertragung gegossenen Scheidengrundplatten meist steril
blieben, wuchsen auf den sofort nach der Uebertragung angefer¬
tigten Grundplatten stets zahllose Colonieen der eingetragenen
Bacterienspecies. In bestimmten Zeitabschnitten, die ich verschie¬
den lang gestaltete, wurden dann sowohl vom Scheideneingang als
auch vom Scheidengrund Secretmassen entnommen, jedesmal je zwei
Agarplatten mit einer gleichen Menge dieses Secretes beschickt,
ausserdem Objectträgerpräparate angefertigt und in jedem Falle
der Entnahme auch die Reaction der Seerete geprüft.
Von den verschiedenen Platten konnte man nun ablesen, dass
die Vernichtung der eingeführten Bacterien gewöhnlich sofort be¬
ginnt und gleichmässig fort schreitet, bis alle Aussenkeime zu¬
grunde gegangen sind und bis man schliesslich wieder sterile
Scheidengrundplatten vor sich hat, während die Introitusplatten
entweder noch längere Zeit einzelne Colonieen der eingeführten
Bacterienspecies zwischen anderen vor der Uebertragung schon
ausgekeimt gewesenen Colonieen oder auch nur die letzteren auf¬
weisen.
Die Reaction der Secrete blieb im allgemeinen bei diesen Un¬
tersuchungen ziomlich constant. Nur in wenigen Fällen kam ein
Wechsel der Secretreaetion vor, und zwar wurde aus einem
schwach alkalischen Secret wohl einmal ein schwach saures und
umgekehrt.
In mehreren Fällen, besonders in solchen, welche schon vor
der Uebertragung ein ziemlich leukocytenreiches Secret gezeigt
hatten, schien nach der Baeterienübertragung die Secretmenge sich
etwas zu vermehren.
Die zu gleicher Zeit angefertigten mikroskopischen Präparate
boten ein sehr abwechslungsreiches Bild dar. Entweder sah man
nach der Uebertragung der Bacterien in das Secret die Aenderung
des Bildes darauf beschränkt, dass die eingeführten Keime in mehr
oder minder grosser Zahl sichtbar wurden und allmählich wieder
verschwanden, oder es nahmen zugleich im Anfänge der Beobach¬
tung die ursprünglichen bacteriellen Scheidenbewohner an Zahl
ab, um mit dem Verschwinden der eingetragenen Bacterienmassen
wieder sich zu mehren. Oder es trat ausser dieser Veränderung der
bacteriellen Verhältnisse im Bilde auch eine sehr augenfällige
Aenderung in den zelligen Bestandteilen der Secrete auf. So
sah ich in einer grösseren Anzahl von Fällen eine sehr beträcht¬
liche Vermehrung der Leukocyten auftreten. Auch Secrete, die
vor der Uebertragung Leukocyten kaum gezeigt hatten, Hessen
eine starke Leukocytoso einige Zeit nach der Uebertragung er¬
kennen. Mit dem Verschwinden der eingetragenen Keime aus den
Präparaten machte auch die Leukocytose den ursprünglichen Se-
cretverhältnissen wieder Platz.
In der Zahl der Epithelien sah man dagegen nur kleine, un¬
regelmässige Schwankungen.
Es liegt nahe, daran zu denken, dass man es hier mit einer
chemotaktischen Wirkung der Bacterien zu thun habe, die nach
Büchner so zu erklären sein würde, dass die eingeführten Bac-
terien, in ihrer Vitalität durch irgend ein Agens geschädigt, be¬
ginnen Proteinsubstanzen auszuscheiden, welche die Leukocyten
herbeilocken. Mit der Leukocytose ging häufiger Hand in Hand
eme deutliche Phagocytose, die in einzelnen Fällen so verlief, dass
man ausschliesslich die eingetragenen Bacterien in den Leib der
Leukocyten aufgenommen sah, während in anderen Fällen ausser¬
dem oder auch ausschliesslich Bacterien in dem Leib der Zellen
lagen, die schon vor der Uebertragung im Scheidensecrete extra-
No. 47
cellulär gefunden worden waren. Im ersteren Falle hat.man daran
zu denken, dass ausschliesslich die eingeführten Bacterien, zur Aus¬
scheidung von Proteinen veranlasst, die Chemotaxis und die Pha¬
gocytose bewirkten, im zweiten Falle daran, dass die durch die
eingeführten Bacterien und deren Stoffwechselproducte geschädigten
ursprünglichen Scheidenbewohner denselben Vorgang veranlassen.
Die ganze Frage der Phagocytose und ihre Bedeutung für die
Immunitätslehre ist bekanntlich noch heiss umstritten, und es ist
nicht meine Absicht, die Leukocyten als keimtödtenden Factor des
Scheidensecretes in den Vordergrund zu stellen.
Ich wollte nur die diesbezüglichen Beobachtungen, die sich mir
im Scheidensecrete darboten, nicht ganz unerwähnt lassen, da sie
zuweilen in sehr prägnanter Weise sich zeigten. Ob die Phagocv-
tose üherhaupt eine active Rolle bei der bactericiden Thätigkcit
des Scheidensecretes spielt, müssen ausgedehntere Gefrierversuche
lehren, bei denen die Leukocyten gelähmt, die übrigen bacterien-
feindlichen Factoren des Scheidensecretes aber nicht zerstört werden.
Sicher können nicht in allen Fällen die Phagocyten als Hülfs-
truppen in dem Kampf der Scheide gegen die pyogenen Mikro-
coccen in Frage kommen, da viele Secrete während des ganzen
Versuches Leukocyten überhaupt nicht enthielten und weil der¬
artige leukocytenfreie oder -arme Scheidensecrete auch ausserhalb
des Körpers, unter Bedingungen, welche ein Eingreifen der Zellen
ausschliessen, die Abtödtung der eingetragenen Bacterien iu der¬
selben Zeit bewirkten, wie in der Scheide selbst.
Allen obligat aeroben Bacterien ist der ständige Aufenthalt
im Scheidengrund nach Versuchen von Kroenig und X)oederlein
unmöglich. Durch den Sauerstoffmangel in der Scheide ist dem¬
nach schon dafür gesorgt, dass nur obligat anaörobe und facultativ
aörobe Mikroben in ihrem Secrete vegetiren können. Zu den letz¬
teren gehören fast alle pathogenen Bacterien, auch die von mir zu
den Versuchen verwendeten. Es kann also nicht in dem Sauer¬
stoffmangel der Scheide die Selbstreinigung des Scheidensecretes
direkt begründet sein.
Es scheint jedoch das gleichmässige, allmähliche Verschwinden
der eingetragenen Bacterien auf ein anderes, chemisch wirkendes
Agens hinzudeuten, und da kommt zunächst in Frage die Säure
des Secretes, der Docderlein allein die keimtödtende Kraft vindicirt.
Es ist ein grosses Verdienst Doederlein’s, zuerst die Auf¬
merksamkeit auf die Bedeutung des Chemismus des Scfieiden-
sceretes für das Freisein desselben von pyogenen Mikrococcen hin-
gelenkt zu haben. Doch hat er, wie ich weiterhin zeigen werde,
die Säurewirkung bedeutend überschätzt. Aus meinen mitgetheilten
Versuchen, die zum Theil in Scheiden mit alkalischem Secrete an¬
gestellt sind, geht schon allein hervor, dass nicht die Säure aus¬
schliesslich die Selbstreinigung der Scheide besorgen kann.
Docderlein hat festgestellt, dass in dem sogenannten nor¬
malen Scheidensecret der Schwangeren Milchsäure enthalten ist.
die er als ausschliesslich durch die von ihm beschriebenen Scheiden¬
bacillen erzeugt ansieht. Obwohl nichts sicheres darüber bekannt
ist, dass auch in dem sogenannten pathologischen, schwach sauren
Scheidensecrete der Schwangeren und in dem sauer reagirendeii
Scheidensecrete nicht geschwängerter Personen, in denen die
Doederlein’schen Scheidenbacillen fehlen, gerade Milchsäure ver¬
kommt, habe ich doch vorläufig bei den folgenden Versuchen an
dieser Säureart festgehalten.
Desinfeetionsversuche mit Milchsäure, in destillirtem
gelöst, ergaben, dass 2 %ige Lösungen in etwa 8 Stunden. 1 /o'r'
Lösungen in etwa 6 Stunden Staphylococcen zu vernichten ver¬
mögen. Da bekanntlich destillirtes Wasser schon allein ung“ us l ' r
auf Bacterien einwirkt und da im Scheidensecrete die Milchsäure
nicht in Wasser allein, sondern in einer oiweiss- und salzhaltigen
Flüssigkeit gelöst ist, änderte ich die Desinfeetionsversuche daiui.
dass ich mir 1 °/oige und V2°/oig e Milchsäurelösungen herste •
welche entweder Pepton und Kochsalz oder neutralisirte Ky s0
flüssigkeit enthielten, so dass Verhältnisse geschaffen waren* <
etwa denen in der Scheide der schwangeren und der liichtscliw’
geren Frau entsprachen. In solchen Lösungen war die keimt»
Kraft der Milchsäure den Staphylococcen gegenüber beträc
vermindert. In 1 /2°/oigcn Lösungen lebten die Staphyloco
noch nach 24 Stunden. Schliesslich starben die Mikrobien au° j
diesen Lösungen. Es scheint nach diesen Versuchen, die 1C . '
her in nur geringer Zahl ausgeführt habe und die noch zu wi <•
holen sind, der Säuregrad des Scheidensecrets eine beachtend
Rolle bei der Selbstreinigung der Scheide mit saurem kecre
spielen. Doch beweist die prompte Selbstreinigung der alka * ■ ^
Scheidensecrete, dass andere mächtige Factoren in früheier
zu nennen sind als die Säure. Maassanalytische Bestunm e
über den Säuregehalt der Scheidensecrete nichtechwangerer
habe ich bisher nicht angestellt. Allein der einfache > e ß ^
der Farben Veränderungen, die das blaue Lakmuspapier durc
Aufträgen von Scheidensecret und von ! /i °/o4> 01 ’ Milchsänr« < *
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erfährt, demonstrirt mit Sicherheit den weitaus geringeren
Säuregehalt des Seheidensecretes nichtschwangerer Personen. Be¬
sonders augenfällig wird dieser Unterschied, wenn man zunächst
die Reaction des Secretes einer Scheide prüft, dann die letztere
mit 1 / 4 %igei‘ Milchsäurelösung spült und nun wieder prüft. Da¬
bei zeigen sich durchschnittlich gehörige Reaetionsuuterschiede.
Für die Entscheidung, welche Factoren im Scheidensecrete den
Hauptantheil an der Selbstreinigungskraft beanspruchen dürfen,
sind wohl folgende Versuche von besonderer Wichtigkeit gewesen.
Entnimmt man der Scheide einer nichtschwangeren Frau mög¬
lichst viel saueres Secret und vertheilt dasselbe in zwei sterile
Gläschen, bringt das eine der Gläschen 1 /-2 Stunde lang in strö¬
menden Dampf und verimpft dann in beide Secrethälften ungefähr
gleiche Staphylococccnmengen, so sieht man, dass das Secret,
welches nicht im Dampfe sterilisirt wurde, die Abtödtung der ein¬
getragenen Keime in derselben Zeit vollendet, in der die Mikrobien
in der Scheide seihst vernichtet werden. Das sterilisirte Secret
dagegen hat viel von seiner keimtödtenden Wirkung verloren,
(1. h. die Staphylocoecen werden trotz fortbestehender saurer Re-
action erst nach langer Zeit vernichtet; in einzelnen Fällen hatte
sogar das Secret seine bactericide Eigenschaft völlig eingebüsst.
Vertheilt man wiederum in zwei sterile Gläschen saures Secret
aus derselben Scheide, alkalisirt dasselbe in dem einen Gläschen künst¬
lich durch Zusatz von steriler Sodalösung und setzt zu dem Secrete
des anderen Behälters so viele Tropfen sterilisirten Wassers, wie
von der Sodalösung nöthig waren, um das Secret in dem ersten
Gläschen zu alkalisiren, so sieht man in der alkalisirteu Scbeiden-
absonderung, wenn die nun erfolgende Staphylococcenaussaat nicht
zu gross ist, dennoch den Tod der eingetragenen Bacterien aller¬
dings verzögert ein treten; in dem zweiten Gläschen ist dagegen
die Vernichtung derselben in ungefähr der gleichen Zeit durch¬
geführt, wie in der Scheide selbst. Sterilisirt man das künstlich
alkalisirte Secret noch obendrein, so wird dasselbe für eingetragene
Staphylocoecen zum Nährboden. Von Hause aus alkalisches
Seheidensecret wirkt ausserhalb des Körpers ebenso schnell deletär
auf eingetragene Bacterien, wie in der Scheide selbst. Es unter¬
scheidet sich also wesentlich von dem künstlich alkalisirten, das
ursprünglich sauer reagirte. Durch Sterilisation wird es dagegen
gleichfalls zum Nährboden für eingetragene pyogene Coccen. Spü¬
lungen der Scheide mit Alkalien vor der Bacterientibertragung
setzen ihre Selbstreinigungskraft herab. Spülungen mit antisep¬
tischen Lösungen und mit reinem Wasser thun dasselbe. Man
kann diese Verminderung der Selbstreinigungskraft der Scheide
sowohl bei sauerem als auch bei alkalischem Secrete beobachten.
Während der Menstruation ist gleichfalls das Selbstreinigungsver¬
mögen der Scheide nach zwei angestellten Experimenten herab¬
gesetzt.
Aus allen diesen Versuchen geht so viel hervor, dass die
Säure einen wahrnehmbaren bacterienfeindlichen Einfluss hat, dass
aber neben ihr Factoren wirken, v r elche durch eine Verdünnung
des Seheidensecretes geschwächt und durch die Siedehitze zerstört
werden. Wie mächtig diese Factoren sind, zeigt ein Versuch mit
üusserst resistenten Sporen, denen die schwache Säure gewiss nichts
auhaben kann, die aber dennoch im sauren Secrete in einer Zeit
vertilgt werden, die ihnen nicht Gelegenheit gab, zu der weniger
widerstandsfähigen, vegetativen Form auszukeimen.
(Schluss folgt.)
VI. Ueber den Werth der Urethroskopie fiir
die Diagnose und Therapie der chronischen
Gonorrhoe.
Entgegnung auf den von Heim Dr. Wossidlo in No. 45 d©r
Deutschen med. Wochenschrift veröffentlichten Aufsatz.
Von Dr. Leopold Casper,
Privatdocenten an der Universität Berlin.
In seiner in der Ueberschrift genannten Arbeit versucht Herr
Dr. Wossidlo die Einwände, die ich gegen das Oberländer sehe
Urethroskop und dessen urethroskopische Lehre erhoben habe, zu wider¬
legen und hofft, durch seine „Erörterungen die Lösung der Frage um einen
Schritt zu fördern“. Versuch und Hoffnung sind gescheitert, und so muss
ich, so ungern ich es thue, zu dieser Frage nochmals das V ort nehmen,
einmal um einige Unrichtigkeiten in den Ausführungen des Herrn
Dr. Wossidlo zu rectificiren, sodann um mich gegen die Aussprache,
„ich hätte Oberländer etwas untergeschoben“, ganz energisch zu
verwahren. Ich kann die Aeusserung jemandes missverstehen, aber unter¬
schieben thue ich niemandem etwas, und ich setze die gleiche Denkweise
bei Herrn Dr. Wossidlo voraus, sonst hätte ich mir eme Antwort er¬
spart. Und nun zur Sache! _ ,
1. Ich habe es für bedenklich erklärt, „aus dem Grade des Glanzes
und der Farbennuancirung in der Harnröhre Schlüsse zu ziehen , weil
Farbe und Glanz bei den einzelnen Individuen zu verschiedenen Zeiten
verschieden sind, weil durch den bei Einführung des starren urethro-
skopischen Tubus entstehenden Druck Farbe und Glanz der Schleimhaut
so verändert werden, dass künstliche Hyperämieen, Anämieen entstehen,
weil endlich reflectorischo, durch Einführung des Tubus hervorgerufene
Spasmen die Gefässfüllung und damit auch Farbe und Glanz der Mucosa
mannigfach altcriren.
Herr Dr. Wossidlo sagt nun, dass Oberländer selbst die ersten
beiden Momente in seinem Lehrbuch erwähnt. Meine Ausführungen
klängen aber so, als ob Oberländer die genannten Veränderungen der
Farbe und des Glanzes der Urethi almucosa nicht kenne oder einfach über¬
sehen habe. Das ist ganz und gar nicht der Fall. Dass Oberländer
die individuellen Verschiedenheiten kennt und dennoch aus dem tirado
des Glanzes und der Farbennuancirung, wie ich mich absichtlich mit
grosser Vorsicht ausgedrückt habe, bindende Schlüsse zieht, das ist es
gerade, was ich bemängelt habe.
Sodann soll man nach Oberländer die störende Druckwirkung des
Tubus auf Farbe und Glanz vermeiden können, wenn man „den für die
betreffende Harnröhre nicht zu starken Tubus nicht schräg und wand¬
ständig hält“. Das, Herr Dr. Wossi dl o, ist selbstverständlich und braucht
nicht erst auscinaudergesetzt zu werden. Nein, auch wenn man den
Tubus ganz gerade in der Längsaxe der Urethra hält, findet cino Coin-
pression der Gefässe statt, die unberechenbare Artefacte schafft.
Den dritten genannten Grund, den Einfluss der retlectorisehen Spasmen
auf Farbe und Glanz, versucht Herr Dr. Wossidlo gar nicht zu wider-
2. habe ich den urethroskopisch sichtbaren Falten, dem Vorändert-
sein oder Fehlen derselben jene Bedeutung abgesprochen, die ihnen Ober¬
länder beilegt. Ich habe das in meiner Arbeit ausführlich begründet
und ausgeführt, dass die Falten normaler Weise vorhanden sind, sobald
man einen für die betreffende Urethra passenden Tubus gewählt hat. War
derselbe proportioncll zu gross, so verstreicht er an und für sich durch
die blosse Ausdehnung die Falten, ohno dass pathologische Veränderungen
vorliegen. War er proportioneil zu klein, so sind noch Falten sichtbar,
obwohl Infiltrate bestehen. Nun ist dio Weite der Harnröhre in ihren
verschiedenen Theilen sehr verschieden. Ist das Oriticium cutaneum im
Verhältniss zur übrigen Harnröhre sehr weit, so zeigt sich die erste
Fehlerquelle, ist cs proportioncll sehr eng — der häufig vorkommende
Fall—, so macht sich die zweite Fehlerquelle geltend. Auf diese wich¬
tigen anatomischen Verhältnisse geht Herr Dr. Wossidlo nicht ein, er
macht mir aber zum Vorwurf, dass ich nachher selbst ans dem Ver¬
strichensein der Falten ein Infiltrat diaguosticire. Meine diesbezüglichen
Worte 1 ) lauten aber: Eine beginnende Strictnrbildung ist bei einer ge¬
wissen Weite des Oriflciums urethroskopisch wahrzunehmen zum
Theil durch das Verstrichensein der Falten und durch das
Fehlen oder Vernichtetsein der Längsstreifen, zum Theil
durch ein blosses sehnenartiges, gefässarmes Aussehen der
Mucosa.
Ich betone also ausdrücklich, „eine gewisse Weite des Orificiums
vorausgesetzt“, und combinire alle Merkmale, um mit Vorsicht eine
Diagnose stellen zu können. Es ist. sehr merkwürdig, dass Herr
Dr. Wossidlo gerade diesen springenden Punkt von der Weite des Ori¬
ficiums und der verschiedenen Weite der übrigen Harnröhre in ihren
einzelnen Theilen — Dinge, von denen ich zwei Seiten lang spreche, um
meine Ansicht zu begründen — übersehen hat.
fl. soll ich Oberländer falsch interpretirt haben — um das Wort
„unterschieben“ auszumerzen — wenn ich sage: Oberländer geht von
der Prämisse aus, dass Beschaffenheit der Harnröhre und Bau des Pems
eine Congruunz zeigen, derart, dass z. B. ein grosser Penis eine grosse
weite Harnröhre habe“. Nun sagt Oberländer wörtlich 3 ): „Jo grösser
die natürliche Weite der Harnröhre und je umfangreicher das
Glied, desto reichlicher ist natürliche Faltung der Schleimhaut, vorhanden.“
Er setzt doch also thatsächlich Weito der Harnröhre imd Umfang des
Gliedes als etwas Gleichmäßiges, Proportionelles.
4-, führt Herr Dr. Wossidlo als Beweis dafür, wie getreue Bilder
das Oberländersehe Urethroskop liefere, dio von Kollmann gefertigten
Photogramme au. Nun, Kollmann ist ein gewissenhafter und oxacter
Arbeiter, seine Untersuchungen in Ehren! Aber diese Photogrammo
würden für die vorliegende Frage doch nur etwas beweisen gegenüber zu
vergleichenden mit rcflcctorisdiem Licht aufgenommenen. Dann würden
die°Artefacte der Oberländorischen Bilder, wie sie die vergleichende
urethroskopische Untersuchung lehrt, zu Tage treten.
5 habe ich aüsgeführt, dass die Hitze, die der glühende Platindraht
auf die beleuchtete Stelle hin ausstrahlt, Veränderungen in dem Füllungs¬
zustand der Gefässe und somit künstliche Hyperämieen, arteficielle Röthung
und Erhöhung des natürlichen Glanzes der Urethralsclileimhaut verursache.
Nun haben die Patienten des Herrn Dr. Wossidlo niemals über cm
Wärm ege fühl bei der Untersuchung geklagt, folglich können solche'Ver¬
änderungen auch nicht durch die Wärme hervorgerufen werden. Soll man
diesen Einwand ernst nehmen? Weiss Herr Dr. Wossidlo nicht, dass
minimale Temperatursehwankungen, die dem Gefühl entgehen können,
ausreichen, cino Aenderung in dem Tonus der Gefässe herbeizuführen.
Und glaubt Herr Dr. Wossidlo wirklich, dass ein glühender Platindraht
in der Entfernung von einigen Millimetern keine 1 omperatursteigci ungen
mache! Die vorhandene Wasserspülung kann ja die Hitze nicht beseitigen,
denn die dicht hinter dem glühenden Platindraht liegende bchleunhaut-
partie ist doch nicht von Wasser uraspült, Also, Ihrem stolzen Worte,
Herr Dr. Wossidlo, es sei bewiesen, dass das Licht bei dem Ober-
länder’schen Instrument keine Wärme hervorrufe, entgegno ich: das
Oberländer’sche Licht erhitzt die Urethra und schafft dadurch fehler¬
hafte Bilder.
1) Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 38.
2 ) Lehrbuch der Urethroskopie 1893, S. 26.
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Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
894
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47
VII. Ueber den Werth der Urethroskopie für
die Diagnose und Therapie der chronischen
Gonorrhoe.
Bemerkungen zu der Arbeit von Herrn Wossidlo.
Von H. Lohn stein in Berlin.
In dem in No. 45 dieser Zeitschrift veröffentlichten Aufsatze von
Wossidlo, dessen Ausführungen sich zumeist mit der bekannten Arbeit
des Herrn Casper beschäftigen, befinden sich zwei mich berührende
Punkte, deren Berichtigung an dieser Stelle mir gestattet sei.
Der erste Punkt betrifft die Diagnostik der Urethritis posterior,
resp. die Häufigkeit dieser und die Beweiskraft der Jadassohn’schen
Probe. Herr Wossidlo citirt hier die Auslassungen Werther’s über
die Unzuverlässigkeit des Musculus compressor als Schliessmuskel und
die sich hieraus ergebende Unbrauchbarkeit desselben bei Ausführung der
Jadassohn’schen Probe. — Als Resultat seinor anschliessenden Be¬
trachtung folgt die Bemerkung, dass die Werther’schen Anschauungen
noch nicht definitiv bewiesen sind. Mit dieser seiner Behauptung be¬
findet sich aber Herr Wossidlo im Irrthum; denn ich habe dadurch, dass
ich die Jadassohn’sche Probe entsprechend modificirte, bereits vor den
Ausführungen Werther’s —denen ich mich sachlich durchaus anschliesse
— einwandsfrei nachgewiesen, dass schon bei Spülungen unter mässigem
Druck (der behufs Erzielung gründlicher Säuberung der Urethra anterior
unerlässlich ist) in etwa 30 % aller Fälle der Compressor nachgiebt. Dass
Wörther diese meine Ausführungen in seinem Vortrage nicht erwähnt
ist begreiflich, da sie erst wenige Wochen vor demselben publicirt waren,
ihm also noch nicht bekannt waren. Für Herrn Wossidlo jedoch liegt
wohl kein Grund vor, unter Ignorirung von bisher nicht widerlegten
Untersuchungsresultaten, eine tliatsächlich richtige Ansicht als noch nicht
bewiesen hinzustellen.
Der zweite Punkt betrifft die Herabsetzung meiner „theoretischen
Rai sonnemente“ gegenüber dem durch die Photographie erbrachten
experimentellen Beweise, dass nämlich die Beleuchtung des Gesichtsfeldes
nach Oberländer gleichmässiger sei und weniger störende Reflexe hervor-
rufe, als wenn mit reflectirtem Lichte untersucht werde. — Die ab¬
weichenden Schlüsse, zu denen ich auf Grund umfangreicher Untersuchungen
gelangte, ergaben sich, wie die Lectüre meiner Arbeit lehrt, keineswegs
nur aus theoretischen Erwägungen, sondern diese letzteren suchten, zum
Theil unter Zubülfenahme streng mathematischer Deductionen, die Resultate
der objectiven Beobachtungen durch die Gesetze der Physik zu stützen.
Demgegenüber ist auch der Ein wand Wossidlo’s bezüglich des Werthes
des durch die Photographie erbrachten Beweises für die Richtigkeit
seiner Anschauungen ziemlich belanglos. Denn was wird durch die
wenigen photographischen Aufnahmen wirklich bewiesen? — Meines Er¬
achtens doch nur, dass es sich um trockene, diffus reflectirende Partieen
der Urethralschleimhaut handelte, die auch bei direkter seitlicher Be¬
leuchtung wenig störende Reflexe ergeben.
VIII. Oeffentliches Sanitätswesen.
Wenn die Behandlung eine gute Wirkung haben soll, so
muss sie so früh wie nur irgend möglich begonnen werden.
Je früher der Arzt die Behandlung einleiten kaun, um so
besser sind die Aussichten auf Erfolg.
Wenn die Diphtherie an einem Orte herrscht, so muss jedes Kind
von seinen Angehörigen Morgens und Abends untersucht werden. Man
lässt das Kind den Mund öffnen und drückt mit einem Löffelstiel die
Zunge herunter, bis man die Mandeln und den Rachen ganz übersieht.
Zeigt sich Röthung und Schwellung irgend eines Theiles oder auch ein
Belag auf einer Stelle, so behalte man das Kind im Hause zurück, lasse
es, wenn-es schulpflichtig ist, nicht in die Schule gehen und schicke
sofort zum Arzte, auch wenn das Kind über besondere
Schmerzen nicht klagt und wenn es auch nicht fiebert. Es
kann nicht genug betont werden, dass es die erste Pflicht
der Eltern ist. während des Bestehens einer Diphtherieepidemie hei
jeder auch noch so leichten Erkrankung des Halses ungesäumt
einen Arzt herbeizurufen, damit dieser nötigenfalls rechtzeitig
die erforderlichen Maassnahmen treffen kann.
Häufig setzt die Krankheit plötzlich ein mit Schüttelfrost und Er¬
brechen. Man unterlasse, wenn derartige Erscheinungen sich ein¬
stellen, nie, den Rachen sofort zu untersuchen, auch wenn das
Kind gar nicht über denselben klagt.
Die Krankheit wird von dem Erkrankten weiter verbreitet auf Ge¬
sunde durch die Bacillen, welche in den Belägen sich massenhaft ent¬
wickeln. Alles, was aus dem Munde und der Nase des Kranken entleert
wird, enthält den Krankheitserreger. Alles, was mit dem Munde oder der
Nase des Kranken in Berührung gebracht wird, ist angesteckt — somit in
erster Linie das Gesicht und die Hände des Kranken, seine Taschen¬
tücher, seine Bettkissen und Bettdecken, seine Hemden und seine Kleider,
weiterhin der Fussboden sowie alles, was in der Umgebung des Kranken
sich befindet. Der Kranke muss sofort isolirt werden. Am
besten wird er sofort aus der Familie entfernt und in ein Krankenhaus
gebracht. Verbleibt er in der Wohnung, so muss er in einem schleunigst
leer gemachten Zimmer isolirt werden. Sind noch andere Kinder in der
Familie vorhanden, so ist es am besten, diese aus der Wohnung zu
entfernen. In dem Krankenzimmer soll ausser dem Bett mit dem Kranken
nur ein Tisch und ein Stuhl für den Pfleger verbleiben.
Im Krankenraum muss ein Gefäss — Eimer oder Steintopf — auf¬
gestellt ^werden, in welches alle von dem Kranken berührten Gegenstände
hineingeworfen werden. Dieselben werden in diesem Gefässe mit
kochendem Wasser übergossen, welches die Bacillen lüdtet.
Ausserdem muss eine Waschschüssel mit Sublimatlösung aufgestellt
werden, mit welcher der Pfleger öfter das Gesicht und die Hände des
Kranken, sowie seine eigenen Hände abwäscht nach jedesmaliger Be¬
rührung des Kranken.
Die Sublimatlösung stellt man dar, indem man eine Prof. Ange-
rer’sche Pastille, wie solche in den Apotheken käuflich zu haben sind,
in einem Liter Wasser auflöst. Das Sublimat tödtet die Bacillen schnell,
ist aber sehr giftig, muss daher vorsichtig aufbewahrt werden.
Alle von dem Kranken benutzten Ess- und Trinkgeräthe werden
sofort nach dem Gebrauch in einen Topf mit kochendem Wasser ge¬
worfen. Spielsachen, welche das kranke Kind berührt hat, verbrenne
man. Weitere Maassnahmen wird der Arzt anordnen.
Populäre Belehrung über die Diphtherie durch die
Sanitatscommission in Greifswald
(s. S. 883 dieser Nummer).
Die Diphtherie, auch Diphtheritis genannt, ist eine ansteckende
Krankheit, welche vorzugsweise Kinder, nicht selten aber auch Erwachsene
befällt.
Sie wird erzeugt durch die Diphtheriebacillen — kleinste, mit blossem
Auge nicht erkennbare Lebewesen —, welche sich auf Schleimhäuten
und auch auf Wunden festsetzen und alsdann massenhaft vermehren.
Meist werden zuerst die Mandeln und deren Umgebung befallen.
Auf den Stellen, auf welchen sich die Bacillen festgesetzt haben,
sieht man zunächst nur einen zarten, grauen, reifartigen Ueberzug. Wenn
sich die Bacillen vermehren, so erzeugen sie ein Gift, welches von der
Oberfläche aus m die Schleimhaut eindringt und das Gewebe derselben
namentlich die Blutgefässe entzündlich verändert. Die befallenen Schleim-
hautetellen schwellen an und röthen sich stark. Es tritt aus ihnen eine
eiweissartige Flüssigkeit hervor, welche, sobald sie an die Oberfläche ge-
iangt ist, gennnt. Diese geronnenen Massen bilden weissliche oder
gelblichweisse Flecke, welche sich nicht leicht abwischen lassen, sondern
fest an der Schleimhaut haften.- Je weiter die Bacillen sich ausbreiten,
um so ausgedehnter werden die Beläge. Bisweilen geht die Ausbreitung
so schnell von statten, dass in einer Nacht der ganze Rachen ergriffen
sein und wie mit einer Haut austapezirt erscheinen kann. Die Beläge
werden häufig faulig verändert und verbreiten dann einen durchdringender
^n S iiÜH k Tr?u enn i dl L Kr f n , khei J t se ^ r bösart ig ist, werden die erkrankter
Stellen, Theile der Mandeln, des Zäpfchens u. s. w., rasch brandig. Sie
sehen dann bläulich-schwarz aus. Schon vor dem Auftreten der Beläge
selmbeschleun^^ 611 meiSt ' ^ Körperwänne ist erhöht und der Puh
dic ^rk™ n knng von dem Rachen auf die Nase fortkriecht, sc
ahwnrt« ? ?“*$■ U , b * ,nc . ch ™ dcr Ausfluss aus der Nase. Geht sie nact
ab\v.trts auf (len Kehlkopf, so entwickelt sich Heiserkeit und Athemnoth
..,.k r v- von den Bacillen erzeugte Gift werden das Herz unc
auch die Nieren schwer geschädigt. Infolge der Schädigungen dos
Herzens, der Nieren und der Lungen kann der Tod eintreten.
NachkrankheiA“ 8 ! 1 ^!? der Kr ' mkkelt ci “ günstiger, so kennen schwere
und der a- L p“ ge “ der Augenmuskeln, der Arme
und der Beine die Genesung wochenlang hinausschieben.
IX. Krankenpflege.
— Loeffler, Eine sterilisirbAre Injectionsspritze. Centralblatt
für Bacteriologie und Parasitenkunde 1894, No. 18. Die Spritze von
Loeffler ist eine Stempelspritze. Der Stempel besteht aus einer scliari-
randigen Metallscheibe, über welche ein Stück Gummi herübergezogen
wird. Dieses wird nach oben an der Stempelstange durch Zusammen¬
drehung von Eisendraht befestigt, sodass der Stempel von einer dünnen
Gummihaut umhüllt ist. Die Metallscheibe besitzt einen Durchmesser,
dass sie, ohne die Wände zu berühren, in dem Glasrohr hin- und nei-
bewegt werden kann. Der Stempel wird in Wasser getaucht oder nu
sterilisirter Vaseline bestrichen und gleitet dann leicht in der Röhre, ohne
dass Flüssigkeit hinter den Stempel tritt. Die fertige Spritze wird dnre
Dampf oder Aethcralkohol sterilisirt; die Gummihülle des Stempels i^
leicht zu ersetzen. Sie sowohl wie die Metallschere müssen r I c,lL1 »
Dicke besitzen. Die Spritzen werden von Wittig, Greifswald, Lang -
strasse 39 hergestellt. _ h ,
(Loeffler giebt mit vollkommenem Recht als treibende Kraft fl
Stempel gegenüber der bei der Ivoch’schen und Stroschein’schenbpn t
zur Verwendung gelangenden Luftsäule den Vorzug, da man diesciDe
ihrer Wirkung auf die Flüssigkeit in der Spritze nicht controlliren k ■
Nicht richtig ist jedoch die Meinung, dass die „Asbestwatte“ nut
einzuspritzenden Stoffen getränkt wird. Bei den seinerzeit vom •
renten angegebenen Spritzen nach Hausmann’s System findet eine h0
Durchtränkung nicht statt. Ferner sind die Asbestkolben jetzt so
züglieh gearbeitet, dass selbst bei Spritzen von 100 g Inhalt, welch® ^
Kolben von grossem Durchmesser besitzen, ein Abfasern des Asü _
nicht vorkommt. Die jetzt zur Einspritzung des Diphtheneanu -
hergestellten Spritzen mit Asbestkolben genügen allen an eine P
zu stellenden Anforderungen, vorzüglich in Bezug auf leichte und si ■
Sterilisirharkeit und Handlichkeit. Des Weichgummis am Stempc.
dings in ganz anderer Gestaltung, nämlich als eines durch bosonam«* ^
richtung zusammendrückbaren Ringes, bedient sich Farkas bei j n
gleichfalls vortrefflich fimctionirenden Spritzen, welche jedoch n
grösserer Gestalt hergestellt werden.) George Meyer (nei
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h.-zg: h<i|U Milil iiuirZ.r der SoH-t )'•«-. J.,
• • hurge^Mit. pAssjcdbe piithfÜr.
i um Pupp.'iHuv »m/y.Atnnito'imui-iihir'
zur Aufmvhme ihr IhsVazAmlieji Spritze,
(Mn: ll ^rfifluiiMvU Glmt runder-tilr Lomiiv.
reu imd joiif Ghc-wx iiudm •{;>? Tihifli-!:
Wav. .t*;M *, Ais AvWmjjfäßtf
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N^rortHuiiivzt' öiugnnrhtet vtpvdoti J ,
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m *i£i> grdSftü- Votddmdh hoi dm «Hüng-
liii^nrijiilintTig •vcr.-f'i'i'-ht.. Pie Flusche
stellt ein drei sei tige^ Primm m it ver-
Fimdtjüdr . Kaufen und Boden dar: sit» besitzt zwei neb&Dcinajjder ah-
gmrtlwlo Oefttumgo« von dmmr die grtKscn-* zur Aüf/mhiü-ff mm.v
Guiiirttit(opiVo> hezw. de«. •'SAngrpfropfbns., die kiemere für enmu .-mit.'.
Walk» ungMHiltoiv VeßtllpTropfen aus Oniumi bestimmt i.d. FHe. Sanre-
ilhschea worden. mit »{er. Milrhmdmiiig gcdlHlt, mittels eines 1 fr«Mi»«n.die<‘ht.s
ii\ einem Ko.cliiojStö gfekftelii, ttesspu Wim&ölf fluYojj GAhzsUb’af? ß«J einen-
hOlmrcn SiHilöimukt gebracht wird. Der Eriimh’X hjili !'üt e-itie '^nsoiif-
Jiehv A?«rtrt*s?i«ruiig;.;<i4s8' ^1«' Miti li uitMi tlcr Fl^bhe vt.Upo ;A-iV^i^trg0iKf -'
Wir deu SKudireg rm*Uutt uiui durnh den VeiitvljMio^ten, Uinirti LuP aneü-
triU - eiue Aiisrf'iunme. die. mit’ ialxdiv.u \Xu-n ijs.s* 4 iwwjy-r, bvrul.it.. Weüf
vr der dfjf Möiäi, ifi. dpt- vÄrÜou^öu wjÜ, ^;
H’oseldlieher. et ö^Jjf, wi.v er os dir^eibe Pt.»fkon zw .y«v
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HchtHdeutm Mftliknifeu v'i-iwvnrvibMe. was tent? • der r-!iru«'i:«sUL'»tse 1 7.l»-v' Be-
büU(ifcmig' d*'S Erftudors nicht' iiupvlnbridh Uv- l'lor VvmiilpfhMpt ist r.nl.i .
nur uherjiüsvjjf. somlern veHiinderk »Vür-lt 4)*t? Ajnwkrt'JiHu'n dir i.ntt -sus
der Elstfqh©: JCerhirj. gif .dileS ähr lete-hi fdatifeP; .
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1 et sehen l'oitjioi-ihischeu: so- sk-iU-r. ^^fjnUhyr drii JotakvRiV keinen
PortäChnii dar und worüfn ihnen ho me fVmuniTeijÄ machen.
‘ * ' ‘ ; ' i ';' •' ; ’ V'-V '>. H. .Nenmoun tl^rljn,),.
X. Therapeutische Mittheiluugen.
l»ic h>k:i(e Anüstlit-Hie mit Kftnig'xchcMi AHhec.
Von Prof. TU. Küllikrr in lAMjtziu:.
NitchdPrti ^dr ■ ihm»- TiolfheUpn; MhUt»-fd holbfT die lohuft AuH.M ht^m
mit A'«t.hnr vnrhmsi-u bnthmi,. um au ihre Stpllr hei kur?, dauernden
Ophßt-ti.eüen tlre hNrarknäv mit Urnrnjith^r »>der AeiUer zu Vc-Wt-n. balißü
üpiioidings dia /Vet iUTafht-sthesie wieder aufFmKimrurnt. s^itdera
wir öih Pitipavnl kefj.m*n ^»denil hnhen. dus all äh Ihilt^ofA iluhirdeMmgen
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Die .NArhtUeile der iokolen AetluH’niiasüiHSie sind h-orünmlu-h »D dor
hmccu 3 trumi- his /um Eintoit der UnotnpÜLidlii hhed.. die duh o tmrh rdulii
rir>aoIlkMlfimnh hlöihf, -feiaxef iti doli lehhüft.f uj 8i'humioeui. : ttie liei AVjejäer-
kelir das Qeftildep eöjtTPtun. Bei dhm lC tl iiig'sekOh AeHmr') uuu. dm
sich it-rvl: seinen .»tisscf d niedricen Su-dnjmnki uimzeieinmJ., inH tUe Ao-
■;-tA.e;io >00 seroudcn!ii: Ii rusch niui vollkoiunom ein. es iäk tu!«dgi*dssc'eiT
AÄ .'der SclimW^h der durtdr die Külte htnwärget'mfec >virfh rotöim.ih
\\ T as itm ^edinik iik^ ÄWahrmfö ^nlHdahirt-; öd lAm4ti^n ^vtf’ flnu
Ki li anl x o o.^vjiw' ZwAtäHlw; wn.hl-iv- isd>, d»i< Uc»hr ?mr. bidodWek-u
üujriSkÜe jhr>yLh-hst nahe m hringeu und -«Ds tO f>ki.?e n>it fAsulnm nioi
hurva.m SOlsson 7.u 1 reihen
Du: iMhiiin AuütlmätH mit KOhig'?cdmm A et her uiiMitM sich !;iv
viülPrjäJ oi»inr«iir« Ivu'pT'dh', \or oUoin lur kleinere (»j>emtWri«n, wie in-
cisionun von ohmiih hiiehen A!^< es>nn und P.'.narit.iem vmi PuniiikAtn und
fuimikülüsmi Äii^Bäst^i; iui EvtiriinhÄmeß van Alternineii, DPtmtudc^mr
uiiii audormr. V, i b ijii:! <.*v U• es;;it\viiisOm< ihr die djpurntion des oingewneüsfim'-H
Nt.yols. .fiir snhemanp T- •iotunommeti u. ?.. f.
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äiigliuhe.s p-pnrhiitttd fftr gen mm ; ; Eie. vist liiun-simlt ».vmk 1 >io Smiu>.n.*si.
ist «uü gPdhihihnji; etVr?^ Piiin'f.i Asih löst K 'jelr iViVlfi: in WKsttuv.."
lies»mders imeld io v'flrm' , m und v«rh-iht. dwr wüssioagun Liisiuu.^
nmi’.Ti nicht, starken. dei‘ ntAVus/im Ee.*‘in mMirn.i^t
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äugest fdli V. Uhlen, hoben di*» BfUlVchWetfUnit des- Al * i t »•}:- zur (h 'hu-
gT-i.li«ii- Amd? in der Pra.\is huf w»a ich heolumbl.^l iinh» nmi
nur vou hiesigen l Ydkmm {u-sUdigt wuifie, die IhiiTmchung der .8Mm.Ji.om.
als s'ort heil half, orwiosno.
iej» lntiu* die^elhe last .umsehheSHlich -hoi ErMMtdiseuei« vm-w jj - t
um! ?.v. ;».f h«d C'llthiSe, f’leudtis n.j>. h:u hgrn«ligor PrUkvoflU'uO •(•ul-o *!-.i .
hei. d.y.'peptiM'biUf- BesrdiW'Aalün N *'tOf'.liie.dt'Tle i .A i'.l , fhmlvmpe H5 1 f- s'.if'lo'ui
Klhrtu ]i.:»r eie. Al{p»vhn. j'HO: idnii tnUum.o <lpz AliUm . : »'hr g; vnc. 'I *»i
hadnVtJit. Ui»iS5H* dßf Gtvsvh'mm-k flvuoh r uff3g*ifil{0p vrrdädkt w^rdru
FaninäKnuis^te. ]rK mich von dt-.r W»*ilmv,n l>^ir*di)biiui? g/tiui Es
•»etr::! '-.lloMir Pull >uimn Pli» hisikec mit •.!»«/,dyspüphsvlu- »i L'm
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sich sehr suhJeoiii hcfiuwl (vm|. EtlvFmdmu in kesigu?»: Flor km»), roAtM^-dm
he handelnde College rin.* Amme öringami emnlnht. Mit sotiiom ßiövfr-
st.ä-minis.s wurde jedoch ziimteimi eine SohmtM.-inum«dte/mUe.h. id. i. eine
solche, in wohdjer die von Picrh am An-mz emjd'.ditrom» picralhtiuiöspn
darcii Kloiädhidhumpsoü,. die I5un'nter4m crseU-l sind! vei^neljk: A-iüeJbu-sieh
: dü.e.u .ai.mh sjuhr gilt. Im wahrte. P«-j dm- Gehurt Ans Kind Atup), g, oi
dar jüuff.on Woclu* H2(M? u ••vehma Gcwuht tds ziu ucnntm : \V<.. h.-
itA'iiüh tHoi). JUjt imgünir/idm*. ^onhitr»ät#xii fc Ur un tdp dm uDtangä Artdivm
si;.«iii)gaüg nonmvi; das Erl:rmdom iiooS na«\l» und vi-urdv, loh hesoudeis
{cuueehen mdchp*. iWinUlovkigm;. Am ScMus:-*.«* der Soocaesu.j'jnvedooie
ivar; >li^ ijowiuld *E ti. »Imc- Kiiwj. iisrto inuerlmlli zehn ’VVoct.'iSW:
um i »\mt >M» g zugmmiiimom X*mh mun muiure Ikvdniclu.nu.g- rmt«d.u.e. mh
•«Oifahivn Ume Herrn; Colicgnh • Dh. P ohle) wo - hei zohu\voehuj»flehem
; tiolmtu »Wm)h“P hindurch tu Haforsnhjojitv
stippe und anderen IVosunirsmii.4.«du. gnguhMi» ,-wurde. mul wo naeii- >Au-.»Ju
.jte iVilifv’h (*., dm- Somni-iee mit zu verdowken war., dass die
JAvfiom.n So .Kmu!rinMt.. : «h«“uVh'»n.'hm hat
Was die iMoicuOe der Seoeilese liotridi. so :st tno.di- lu-iuo'igut! Er-
.fhhr'uugm.i die nudoMordige Ai'W-'roltoiO tif.iner Pusto: um mouUvü e*nI
pfühHm. d»? diupglhen vfdlkiu.iiuien iru^gt*»lUsü iiftdi §of»iH Ttir den 'sJt?ek-
sl(j!|iM*Sid7 -vrwueHbm weidem Es gej.dU-t em nhgeAriHmHer 'Phr.eldftVd.':'
»t*oirmdtend co ■> g 1 dr«*i- bis ve-rOuP täglich iH'ijOmu mdrnü der ^
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[' . 'ÄWü-.;sol|ftil)?iifVl'ähftt v . jijfei?>häh: jl}gT^lTö)Ähnitg“ill Aiih 1 3'ü ^clUidmthppeh-.
Cucao. Kaffee mit «»der Ahne .MUclh In Houilhw svurd«« der •Geschmack
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iW'kton . GßgcnfuHckoä um'' Widerstund sroskt . wdrde .-.ich' ein« neur.
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Cltceoledt». Itle firm:« Mnllomh bringt do-fe prap.tiTtuj mit .elueoi !•«•'-
hrdto \ou/Kt < -G*S«.nruV , ‘^iX in dm; Handel «ml es i^-. wiVvhmich w»di>r.
Indi' dhmzöugp ioiiie. von einem fiuschimck der SmnoJoso .mfzlnw V\Vi S r:
g.-vr jfiv-l»f.s’" mehr m hnnterken.' '■ lidrrtd'o - .diese f-oraien OhriVn.) sieh in
'unnuhon Fiillmi ul? tmi»r y.wviXuiiX^i^ erwei^iv fli»ö Bic«»uAs Konnten
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i Auf Gnüid" der von nur geöumlLtmj Bcohvchtmjgoo ( uud der m>i
.tsfuTmt'Ose, orzieit-i-u gii'isligen Kösulr,'Oe jnhehte ich tiiordrtictj /Ue-wMWlim
PrifjuMg des MiltoK Aungru'm-gchou.
Aiucbtrne. Efhon guteii Erf’flg. an hon* dir SonmioAe >ii lim m.fdii
Uühmhoiligi vot:'. orvoeUv ich kürzlich hei einem ,iu«g<m AH>ö!Om t _ mit.
Phthisik ImdpiimB. Er Xvocdo zuerst von mir im. hiesiges imfhos!'hih..spiml-.'
Wegen Pf» je Kt hct'figm'i flttniopi.oe t.pifaii'delt Nsich EiiÜßKsi.tyg im>- oem
• vriispit.de • nühtö m" KürpmgmvicM in den eisten acht TageU um 1 kv
•;»h, darauf, itnler .Kimm!osegrhrnmIi. st.i.-u dassi'ihe ifi den nm-hMm«. m.-ht
Tagtm um 2 kg . in dm* iolgmdrn Woche um 1. leg und in dm dnm)
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S Zü hoziidif.« dpcrli die rliemisi lm Falirik von Dr. Heiuiiaii Könic A-. fv»s. • i, ^ilsehr t |dr/sird. -f Vniio XVXJJ. Beft 2 ;: DetiK mrd. W oelo io
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896
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47
XL Mitteilungen über die Heilserumtherapie
der Diphtherie.
Die Serumbehandlung der Diphtherie. Münchener med.
Woehenschr. No. 45.
I. Referat von Prof. H. Büchner. In dem kurzen Referat
giebt Büchner zunächst eine Definition des Begriffes „Normal¬
serum“, er hebt weiterhin die Widerstandsfähigkeit der Antitoxine
gegenüber Licht, Wärme etc. hervor, um am Schlüsse die Aerzte
aufzufordern, vorsichtig an die Prüfung des Mittels heranzugehen.
Büchner giebt zu, dass eine Schädlichkeit am Menschen bisher
bei der Anwendung des Serums nicht zu Tage getreten ist.
II. Referat von Prof. Dr. H. v. Ranke. In der Einleitung
bespricht Ranke die Art der in der Münchener Kinderklinik zur
Aufnahme kommenden Diphtheriefälle. Mit verschwindenden Aus¬
nahmen handelt es sich nur um schwere und schwerste Formen,
da die Aerzte die Kinder erst dann dem Krankenhaus überweisen,
wenn die häusliche Pflege nicht mehr ausreicht. So starben von
1048 in den letzten sieben Jahren recipirten Kindern 49,2 %. —
In 575 Fällen unter diesen 1048 musste ein operativer Eingriff,
Tracheotomie oder Intubation, vorgenommen werden. Von den
nicht Operirten starben 26%, von den Operirten 65,2%.
Besonders in den letzten Monaten vor Beginn der Serum¬
behandlung waren die Resultate äusserst traurige. Von 64 Kindern
waren im ganzen 43 gestorben, und von 32 Intubirten war bei
30! der Exitus letalis eingetreten. — Im direkten Anschluss an
diese ungünstige Periode wurden nun neun Kinder mit einem
von der Schering’schen Fabrik gelieferten Antitoxin behandelt,
dessen Stärke nicht näher angegeben ist. Von diesen neun Fällen,
die insgesammt schwere Erkrankungen darboten, mussten sieben
intubirt -werden. Gestorben sind im ganzen drei Kinder, davon
ein an schwerster septischer Diphtherie erkranktes bereits zwölf
Stunden nach der Aufnahme. Die Mortalität wurde also sehr be¬
deutend herabgemindert, trotzdem das zur Behandlung heran¬
gezogene Krankenmaterial die nach den bisherigen Erfahrungen
ungünstigsten Chancen auf Erfolg bot.
Noch deutlicher trat der Erfolg hervor bei zehn Kindern, die
mit dem Höchster Präparat behandelt wurden. Von diesen starb
nur eines, das an schwerster septischer Diphtherie erkrankt am
vierten Tage in Behandlung kam. Drei Kinder mussten intubirt
werden, sie sind alle geheilt, und zwar konnte die Tube sehr
rasch wieder entfernt werden, in einem Falle schon nach
387-2 Stunden. In mehreren Fällen wurde rascher Abfall der
Temperatur bemerkt.
Die zur Anwendung gekommenen Serummengen schwankten
je nach der Schwere des Falles zwischen 600 und 2500 Immunitäts¬
einheiten.
Ranke kommt zu dem von allen Autoren bis jetzt gemachten
Schlüsse, dass bei der mit Sepsis eombinirten Diphtherie das Mittel
keinen Einfluss zeigt, dass dagegen bei den übrigen Diphtherie¬
fällen sich seit der Anwendung des Behring’schen Mittels eine
entschiedene Besserung der Resultate zeigte.
III. Referat von Dr. C. Seitz. Verfasser bespricht zunächst
die Frage der Schutzimpfung mittels des Serums. Im ganzen hat
er bei acht Kindern im Alter von einem bis sieben Jahren, die von
ihren erkrankten Geschwistern nicht isolirt werden konnten, je
2 ccm von Höchster Serum No. 1, also 120 Immunitätseinheiten,
mjicirt. Keines der Kinder erkrankte, ein schädlicher Einfluss
zeigte sich nicht.
Seitz wendet sich dann zu der Frage, wie soll man Vorgehen,
um das Mittel zur Behandlung möglichst nutzbringend zu ver-
werthen? Er giebt den sehr richtigen Rath, möglichst viel zu
verwenden und in allen etwas schwerer erscheinenden Fällen sofort
Fläschchen m des Höchster Präparates zu injiciren. Zeigt es
sich, dass die Temperatur nicht bald abfällt, so soll zu Nach-
mjectionen geschritten werden.
Am Schlüsse des Vortrages berichtet der Verfasser über die
Art und Weise der Gewinnung des Serums in den Höchster Farb¬
werken.
R. Emmerich, Bemerkungen zur Heilserurabehandlung
der Diphtherie in München.
v glaubt, dass die Serumtherapie, die unzweifelhaft
die Iherapie der Zukunft ist, erst dann ihre wirklichen Triumphe
feiern wird, wenn es gelingt, die Antitoxine aus dem Serum in
Substanz zu gewinnen. Was zunächst die in München mit der
Serumtherapie zu erwartenden Resultate angeht, so hält Emme-
tvu*u- ( ] ortigo Krankenmaterial für sehr ungeeignet. Fast alle
Diphtheriefälle seien dort mit Streptococcen, also Sepsis, combinirt
Lme etwaige Ursache dafür sieht Emmerieh in dem Umstande,
uass nach den Un tersuchu ngen von Pasquay im. Münchener Canal¬
wasser fast stets pathogene Streptococcen nachweisbar seien,
während diese Mikroorganismen nach den Experimenten von Mori
in den Berliner Abwässern niemals gefunden wurden.
Wassermahn (Berlin).
Schippers, Een geval van croup (diphtheritis) behandeld
met serum-injectie. Weekbl. van het Nederl. Tijdschr. voor Geneesk
1894, II, No. 17.
Bei einem fünfjährigen Knaben mit allen Zeichen von schwerem Croup,
mit Pseudomembranen auf beiden Mandeln, Zäpfchen, hinterer Rachenwand,'
vollkommener Stimmlosigkeit, Stridor führte Schippers eine Injection
von Behring’schem Serum No. II aus. Die Erkrankung bestand seit
einem Tage, Lungen gesund, Temperatur 37,8°, Puls voll, etwas beschleunigt.
Innerlich wurde Chinin mit Liquor Ferri sesquichlorati gereicht, ferner
Eiscompressen, Einathmungen von Wasserdampf. Am nächsten Tage Ver¬
ringerung aller Erscheinungen, das Kind sass im Bett und spielte. Nach
weiteren zwei Tagen war das Kind vollkommen gesund. Bei einem anderen
Kinde desselben Haushaltes, welches keine Einspritzungen erhalten konnte,
nahm die diphtherische Erkrankung in der gleichen Zeit an Umfang zu.
George Meyer (Berlin).
— Dr. John T. Malcolm (Brit. med. Joum. No. 1765) berichtet
über einen durch die Serumbehandlung günstig beeinflussten Fall von
Diphtherie bei einem 13jährigen Knaben; der Fall, obwohl erst am fünften
Tage mit Serum behandelt (er erhielt 2,4 g Schering’sches Antitoxin) und
obwohl die lokale Behandlung und Ernährung durch die Unmöglichkeit,
den Mund, zu öffnen, äusserst erschwert war, ging in Genesung über.
Die Epidemie, aus der der Fall stammte, muss als eine schwere bezeichnet
werden, da von vier anderen, nicht mit Serum behandelten Fällen in der
nächsten Umgebung drei zugrunde gingen.
— Mr. Frith (Brit. med. Journ. No. 1766) theilt folgenden Fall
mit: Ein lljähriges, diphtheriekrankes Kind (Löffler’sche Bacillen nach¬
gewiesen) erhält am dritten Krankheitstage 19,5 ccm Antitoxin und ist
am fünften Tage völlig geheilt. Das Serum stammte von Dr. Buffer und
neutralisirte, auf Meerschweinchen geprüft, in einer Dosis von 0,001
1 ccm von einem wirksamen Gifte. (Auf die Menge der injicirten Immu¬
nitätseinheiten lässt dies allerdings keinen Schluss zu, da nicht angegeben
ist, wie stark das zur Prüfung verwandte Gift gewesen ist.)
— Dr. Prevor Fowler berichtet ebenfalls Uber einen durch Serum¬
behandlung geheilten Fall von Diphtherie. Das Kind, ein 13jäkriges
Mädchen, erhielt am dritten Krankheitstage 2 ccm Schering'sches Serum,
wonach die Temperatur auf die Norm zurückging und die Membranen sich
lösten. Nach zwölf Tagen .war völlige Heilung cingetreten. Bei einem
anderen, ebenfalls geheilten Falle, hat Verfasser trotz Serumbehandlung
nachträglich noch leichte Lähmungserscheinungen beobachtet,
— Dr. T. G. Wakeling berichtet ebenda über einen Fall von
schwerer, septischer Diphtherie. Das 672jährige Mädchen kam am sechston
Krankheitstage mit den ausgesprochenen Erscheinungen der Sepsis
(Schüttelfrost, Otitis media, Drösenschwellung, Enteritis, Albuminurie.) m
die Behandlung und erhielt an diesem und dem darauffolgenden Tage
5 resp. 3 ccm Schering’sches Antitoxin. Trotz eines unverkennbar
günstigen Einflusses der Injectionen auf die lokalen Erscheinungen (Ver¬
schwinden der Membranen etc.) und das Allgemeinbefinden ging das Kind
fünf Tage darauf unter den Erscheinungen der allgemeinen Sepsis zu¬
grunde. (Der Fall bestätigt nur die schon bekannte Thatsache, dass die
Serumbchandlung auf das Fortschreiten einer schon bestehenden Sepsis
keinen Einfluss haben kann.)
— Dr. Macgregor (Lancet No. 3714) theilt einen Fall von schwerer
Diphtherie bei einem zehnjährigen Knaben mit; am vierten oder fünften
Krankheitstage waren die Tonsillen, der halbe Pharynx, der weiche träumen
und die Uvula mit Membranen bedeckt; Larynxsvinptome fehlten, jedoei
drohte der Collaps. Eine Injection von ca. 1 g Schoring’scheu Antitoxins
führte zunächst einen erquickenden Schlaf herbei und nach einer weiteren
Injection trat eine entschiedene Besserung ein, welche am zwölften läge
in völlige Reconvalescenz überging. Der Verfasser will nach dieser Er¬
fahrung von jetzt an nicht mehr das Eintreten schwerer Symptome a>-
warten, sondern frühzeitig mit der Injection beginnen.
6 J Elsner (Berlin).
XII. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Ein „Comite zur Beschaffung von Diplrt heiit
Heilserum für Unbemittelte“, dem erstaunlicherweise auch zwei liie-si-,
Aerzte angehören, versendet im Augenblick Circulare, die geeignet sin •
das Befremden und den Unwillen der Aerzte in hohem Grade ^ci
rufen. Wir werden in der nächsten Nummer auf die Sache austunr 1
zurückkommen.
— Der Ostercycius der Berliner Ferienkurse P r
tische Aerzte wird am 4. März nächsten Jahres beginnen J nd . r
30. März dauern. Ein genauer Lectionscatalog wird demnächst in
Wochenschrift zur Veröffentlichung gelangen.
— Das medicinische Waarenhaus hat mit dem Verkauf begonn ■
— In der am Freitag, den 23. November, Abends 8 Uhr sriit
den Sitzung des „Centralvereins für Handelsgeographie etc. im
deutschen Hof“. Mohrenstrasso 20, wird der kürzlich aus Mexico 55
gekehrte Dr. med. Below die Gesichtspunkte darlegen, nach
hygienische Beobachtungen in methodischer Weise zu erfolgen nn > * •
Leben und Gesundheit der Europäer durch geeignete P ro P.£ | ‘
Maassregeln mehr Garantieen zu gewähren, als es bisher gesene
— Gäste können eingeführt werden. i oa ictent
— Universitäten. Bonn. Der Privatdocent Dr. Dresei, s -
am pharmakologischen Institut, ist zum Professor ernannt. _
Gedruckt bei Julius Sittenfeld in Berlin W.
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
Donnerstag _ M 4S. 29. November 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHKIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mitteilungen, der öffent-
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Enlenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Llchtenstelnallee 3. Potsd&meratr. 116. Postadresse: Leipzig, Seebnrgstr. 31.
I. Aus dem physiologischen Institut der Universität
Tübingen.
Zur Physiologie der Darmbewegung.
Von P. Grützner.
Da ich von verschiedenen Seiten, namentlich von Praktikern
über die genaueren Ergebnisse meiner Versuche, betreffend eine
eigene Art von physiologischer Antiperistaltik, befragt worden bin
(über welche ich auf der Nürnberger und Wiener Naturforscher¬
versammlung kurz berichtet habe) und da ferner aus äusseren
Gründen die Arbeit jetzt einen etwas langsamen Fortgang nehmen
dürft«, so will ich die wesentlichsten Resultate dieser Untersuchung,
die ich anfänglich in Gemeinschaft mit Herrn stud. K. Görtz ge¬
macht habe, an dieser Stelle mittheilen.
Die Resorption von in den Mastdarm eingeführten Flüssigkeiten
erfolgt, wie man gewöhnlich annimmt, lediglich in diesem Darm¬
stück, indem die Bauhin’sche Klappe wenigstens in der Regel das
Hinaufgehen der Flüssigkeiten hemmt. Das mag gewiss häufig der
Fall sein, aber doch keineswegs ausnahmslos gelten. Wenigstens
konnten wir, wenn wir namentlich hungernden Thieren nicht zu
grosse Mengen gefärbter Flüssigkeiten in den Mastdarm mit dem
geringsten Druck einführten, dieselben nach einigen Stunden in
anderen Theilen des Darmes, namentlich im Magen antreflen. Diese
Thatsache, die man ja auch anders als einen unmittelbaren Transport
der betreffenden Flüssigkeiten nach oben deuten konnte, — nämlich
als eine Aufsaugung an Ort und Stelle und eine Ausscheidung
in höheren Abschnitten des Darmes und im Magen — veranlasst«
uns nun zu untersuchen, wie es mit dem Transport von kleinen
Partikelclieu steht, und da zeigte sich denn bald das überraschende
Ergebniss, dass diese kleinen Partikelchen vom Mastdarm aus bis
in den Magen gefördert werden.
Ehe ich auf einige Einzelheiten eingehe, möchte ich die Be¬
merkung vorausschicken, dass hiernach eine Ernährung durch
Klysmen keineswegs notwendigerweise allein auf der Resorption
der oingeführten Flüssigkeiten vom. Mastdarm aus beruht, sondern
eine Resorption von der gesammten Oberfläche des Darmes, ja sogar
vom Magen aus seiu kann. Da nun, wie wir sehen werden, gewisse
Stoffe besser nach oben wandern als andere, so wird man die
chemische Zusammensetzung der Klysmen hiernach einzurichten
haben, um eine möglichst grosso Resorptionsfläche zu gewinnen.
Folgender höchst einfache Versuch diene als Beispiel. Man
stellt sich einen Brei von gepulverter animalischer Kohle mit
Kochsalzlösung von 0,6 °/ 0 zu gleichen Gewichtstheilen her und
spritzt eine geringe Menge dieser Mischung (1,5 — 5 ccm je
nach der Grösse des Thieres) dem Versuchstbiere, welches zweck¬
mässig 24 Stunden gehungert hat, in den After. Tödtet man das
Thier uach vier bis sechs Stunden, so wird man den Mastdarm
leer von Kohle finden, wohl aber wird man da und dort über den
ganzen Darm verbreitet kleine Anhäufungen von Kohle und viel¬
leicht die grösste Menge im Magen antreffen. Bei Katzen. Ratten
und sogar bei Meerschweinchen und Kaninchen mit ihrem langen
Darm ist mir der Versuch, soweit ich mich erinnere, regelmässig
gelungen. So konnte ich die Erscheinung an einem Kaninchen mit
Leichtigkeit auch auf der letzten Naturforscherversammlung in
Wien demonstriren. Am meisten Erfahrungen habe ich an weissen
Ratten gesammelt, die mir das bequemste Versuchsthier für diesen
Zweck zu sein scheinen. Hat man die Thiere nicht hungern lassen.
j oder haben sie, wie auch die Kaninchen und Meerschweinchen nach
24 ständigem Hunger, noch viel Speiseüberreste in allen Theilen
des Darmes, so ist es erstens sehr viel schwerer, die Kohlen¬
partikelchen in dem Darmbrei herauszufinden, zweitens aber pflegen
sie bei Thieren, die nicht gehungert haben — soweit wenigstens
bis jetzt meine Erfahrungen reichen — nicht so hoch hinaufzu¬
steigen. Es geht ihnen wohl so, wie einem Fussgänger, der gegen
einen ihm entgegenkommenden Menschenschwarm auch nur langsam
! vorwärts kommen kann.
! Auch beim Menschen habe ich ähnliche Versuche angestellt.
Die Versuchsperson genoss nach ihrem Mittagessen bis zum nächsten
Morgen nichts ausser vielleicht etwas Flüssiges und injicirte sich
dann eine Aufschwemmung von Stärke in physiologischer Koch¬
salzlösung ana (etwa 250 ccm) in den Anus. Gegen Mittag wurde
ihr der Magen ausgepumpt, und in jedem Präparat konnte man
Stärkekörnchen nachweisen. Es empfiehlt sich, hierzu eine be¬
sondere Stärkeart zu wählen, die man mikroskopisch leicht er-
i kennen kann.
Die Thatsache also, dass kleine Partikelchen vom Mastdarm
aus hinauf unter günstigen Umständen bis in den Magen wandern,
scheint mir über allen Zweifel erhaben zu sein. Ich habe sie
ausserordentlich häufig beobachtet und bei bestimmter Versuchs¬
anordnung nie vermisst. Kohlenpulver, Starkekörnchen, Sägemehl,
I kurz geschnittene, etwa 1—1,5 mm lange Pferdehaare, ja sogar
j Molinkörner, alles wandert hinauf. Letztere werden übrigens hier-
| bei vollkommen verdaut, so dass ich niemals ein ganzes Mohnkorn,
i sondern immer nur mikroskopisch nachweisbare Trümmer der
| Schalen auffinden konnte.
Einem sehr naheliegenden Einwande möchte ich hier übrigens
j noch begegnen, nämlich dem, dass sich die injicirteu Thiere ihren
Körper putzen und ablecken, vielleicht auch die aus dem Mastdarm
1 entleerten Massen auffressen. Nun, letzteres wurde dadurch ver-
1 hindert, dass, weun ein Thier Kothmassen entleerte, es sofort in
einen anderen Raum, gewöhnlich ein grosses Glasgefäss gesetzt
wurde. Im übrigen wurdo ihnen der Anus ganz sauber abgewischt,
I so dass sie bei ihren Putz- und Leckversuchen ausser wenigen Haaren
i ihres eigenen Körpers, die sich häufig in ihrem Tractus intostinalis
| vorfanden, keine fremden Körper hinabschlucken konnten. Auch ist
i dieser Einwand für den Menschen hinfällig, der es wenigstens an
! sich selbst zu dieser Fertigkeit noch nicht gebracht hat.
j Die nächste Frage ist nun die. wandern auch unter normalen
i Bedingungen kleine Nahrungsbestandt heile, die also schon durch
i den Speichel, den Magensaft und vielleicht durch die Galle ver¬
ändert worden sind, anstatt darmabwärts darmaufwärts, oder kann
in demselben Darrastück gar beides stattfinden? Das ist nun that-
sächlich der Fall, wie folgender Versuch zeigt. Ich bringe bei¬
spielsweise einer Ratte, die 24 Stunden gehungert hat, von hinten
kleine schwarze Härchen in den Mastdarm und von vorn ebensolche
weisse. Nach fünf Stunden wird das Thier getödtet, und der
Contretanz der schwarzen und weissen Haare ist in lebhaftem
Gange: deun die schwarzen sind nach oben gewandert und finden
sich in allen Theilen des Dünndarms, sogar einige wenige schon
im Magen, die weissen aber, zum Theil mit den schwarzen unter¬
mischt, im Dünndarm, und zwar die am weitesten vorgeschrittenen
schon in den unteren Theilen des Dünndarms. Warum gehen nun
die einen Härchen aufwärts und die anderen abwärts? An der
Art oder Farbe liegt es natürlich nicht, wie unmittelbare Versuche
zeigen. Es muss also an der chemischen Beschaffenheit der Flüssig¬
keiten liegen, mit welchen sie in dem einen wie in dem anderen
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898
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Falle durehtränkt sind, oder vielleicht an der Beschaffenheit der
Stoffe, mit denen sie überzogen sind.
Wie verhalten sich hiernach Haare, die längere Zeit im Magen¬
saft oder in schwacher Salzsäure von 1 pro mille gelegen haben,
wenn sie in den Mastdarm eingeführt werden? In der That bleiben
sie zum bei weitem grössten Theil im Mastdarm liegen, nur einige
wenige traf ich nach fünf Stunden in den unteren Theilen des
Dünndarms, und zwar, was auch beachtenswerth, in grossen Mengen
von schleimigen, galligen Massen. Der ganze grosse Klumpen der
Haare aber lag im Mastdarm, der selbst durch Gase stark aufge¬
trieben war. Aehnlich den Säurehaaren verhalten sich solche, die
längere Zeit in einer Chlorkaliumlösung von 0,6 % gelegen haben.
Sie marschiron gar nicht in die Höhe. Häufig wurden sie mit
dünnflüssigen Massen entleert oder lagen, so weit man dies beur-
theilen konnte, noch in ihrer ganzen Masse auf dem alten Fleck im
Mastdarm.
Ich führte den Thieren weiter Haare ein, die, nachdem sie mit
Wasser und dann mit Alkohol — wie ich das stets machte —
sorgfältig gereinigt waren, lediglich in destillirtem Wasser, nicht
in physiologischer Kochsalzlösung gelegen hatten, desgleichen feinen
Sand, den ich erst mit Salzsäure behandelt und dann mit Wasser
wiederholt ausgewaschen hatte. Weder die Wasserhaare noch der
Sand wanderten aufwärts, sondern sie blieben im Mastdarm liegen
oder wurden entleert. ”
Jo nach ihrer chemischen Beschaffenheit werden also kleine
ma Dann befindliche Körperchen fortbewegt. Sind sie mit schwacher
Kochsalzlösung durchtränkt, so wandern sie aufwärts; ist das nicht
der Fall oder sind sie mit anderen Substanzen durchtränkt, so
bleiben si6 liegen oder gehen, wie wohl in den meisten Fällen,
abwärts. Die harmlose physiologische Kochsalzlösung, in welcher
ich eben, um die Dannschleimhaut nicht zu reizen, die in den
Mastdarm einzuführenden Gegenstände anfangs regelmässig ein-
legte, war also Schuld an dieser überraschenden antiperistaltischen
Bewegung. Wenigstens weiss ich vor der Hand keine andere Er¬
klärung.
Ich werde aber in dieser meiner Auffassung bestärkt durch dii
interessanten Versuche von Nothnagel über die Wirkung voi
Kali- und Natronsalzen auf die Muscularis des Darmes. Legt mai
nämlich auf einen ruhenden (am besten) Kaninchendarm einei
Ar> stall von Chlorkalium, so zieht sich der Darm an dieser Stelh
ringförmig zusammen: legt man dagegen auf einen ebensolchei
arm einen Kochsalzkrystall, so bleibt die Contraction nicht au
die Beruhrungsstelle beschränkt, sondern sie breitet sich mehren
Centnneter weit aus, und zwar ausnahmslos immer nacl
open, d. h. nach dem Pylorus zu.
M} gjaube daher, wir haben hier in meinen Versuchen cin<
ganz ähnliche Erscheinung vor uns. Nur ist das Kochsalz nichl
aussen auf die Muscularis aufgelegt und wirkt von aussen, sondern
eine Losung trifft zunächst, die Schleimhaut und wirkt von innen
ln beiden Pillen wird aber, und zwar wesentlich auf nervösem
Wege, eine nach aufwärts gerichtete Bewegung ausgelöst: bei dem
ihrer n' ^ ot *? n . 8 K e . 1 der gesammtcn Muscularis oder wenigstens
ihiei Ringfasern bei mir vielleicht auch noch in ganz besonderem
T . S ° lche , der Muscula ™ mucosae. jL von mir bT
KörMrrdm i^ 11 !'^ 6 ^ 18 ^ 1 ^^ .? nde ^ Dämlicb nur statt bei sehr kleinen
i d V" sc *'nellen und leichten Verkehr mit der Darin-
, *; reten lmd auch leicht fortgeschafft werden können,
de Jec m"’ da V St ja eben da * Merkwürdige, selbst gegen
f Kethi^r igen : ler I ! a< ‘ l1 abwäirts Betriebenen Massen, z. B.
wnrts wsoh b affl en ’i? neb fi n i < . e,,0 . n S1C Torbci gehen müssen, nach auf-
arts geschafft. Es findet also sowohl ein abwärts gerichteter
*• d urch die Mitte des Darmrohres verläuft und te
f™?le?chlr S 7e n it abW beförd ® rt ' . di “ gewöhnliche Peristaltik, wie
schwnehor wenn auch nicht an denselben Orten — ein
uml m-e ’ich fW n rt l gerlch ‘ at f Randstrom, der kleine Partikelchen
• ’ { , c ! fd ail He, auch bestimmte Flüssigkeiten mit hinauf
d ™es Rand fro 6 1>artif,|le A ,?«Pe»-istaI«äk. Dass nun bei Entstehung
ist mö^fethT/iT“ hC u h die Muscl| laris mucosae hetheiligt
michsten Ikgf dCSl ' a ' b g,aubon ' " eil sie ebe " dem Reizorte am
, P^ se merkwürdige Eigenschaft des Kochsalzes antineristal
de^M^dLSeÄt
äÄ:: bw i w Es geiangt
No. 48
Fragen wir uns schliesslich noch nach dem Sinn jener merk
würdigen partiellen, nur auf die Randzone des Darralumens h ’
schränkten Antiperistaltik, so kann derselbe, wie ich glaube
dann gelegen sein, dass die Nahrungsbestandtheile möglichst ««
genutzt und ausgelaugt werden. Gelangen aus dem Magen xZ
rungsbestandtheile in den Darm, die noch nicht genügend mit" den
ersten Nahrungssäften durehtränkt sind, oder enthalten sie vielleicht
noch zu reichlich Stoffe, wie z. B. das Kochsalz, und sind also noch
nicht genügend durch die Verdauungssäfte ausgelaugt, so müssen sic
noch einmal zurück, vielleicht noch einmal bis in den Magen Die
Beobachtungen an Magenfisteln würden dieser Annahme nicht wider
sprechen, sondern sie eher unterstützen.
Indern ich hiermit die an mich gestellten Anfragen, betreffend
jene eigenthiimliche Antiperistaltik so gut, wie ich es jetzt kann
beantwortet zu haben glaube, bemerke ich nur noch, dass die aus¬
führliche Veröffentlichung der natürlich weiter fortgesetzten Arbeiten
an anderer Stelle erfolgen wird.
II. Aus dem Institut für Infectionskrankheiten in Berlin.
Ueber die speciflsche Immunitätsreaction der
TyphusbaciUen.
Vorläufige Mittheilung von Prof. R. Pfeiffer.
1. Das Gift der Typhusbacillen ist, wie ich cs bereits für die
Clioleravibriouen nachgewiesen habe, hauptsächlich an die Bacterien-
körpor gebunden und ist im Filtrat frischer Culturflüssigkeit nicht
nachweisbar. Durch Behandlung mit Chloroformdämpfen oder durch
einständiges Erwärmen auf 54° C vermag man die Typhusbaeillen
abzutödten, ohne die in ihnen enthaltenen Giftsuhstanzmi zu schädi¬
gen. Die tödtlicho Dosis des so bereiteten Giftes beträgt 8—4 mg
pro 100 g Meerschweinehenkörper. Die Giftstoffe sind sehr labiler
Natur.
J n ( J em Serum von Thieren, welche mit solchem Gift
iinnmnisirt sind, treten Antikörper auf, welche in analoger Weise,
wie ich es für die Choleravibrionen nachgewiesen habe, specifisch
bactericide Wirkung gegen Typhusbacillen zeigen. Baetcrhinwoli-
Arten und andere, den Typhusbacillen noch näher stehende Baclerien-
arten werden dagegen, soweit ich sie bisher darauf untersuchen
konnte, durch das Serum typhusimmuner Thiere nicht stärker be¬
einflusst als durch normales Serum.
8. Mit Hülfe der specifischen Antikörper des Typhus ist es
daher möglich, die echten Typlmserreger von allen anderen Bai-
terienarten zu unterscheiden, auch von solchen, für welche die bis¬
herigen morphologischen und biologischen Methoden im Stich Hessen.
4. Derartige Antikörper sind auch im Blut von Typhusreeon-
valescenten nachweisbar. Es ist damit der ätiologischen Bedeutung
des Typhusbacillus für den Typhusproccss eine weitere wichtige
Stütze gegeben.
5. Meine bisherigen Immunisirungsversuche mit Cholera- und
Typhusbacterien beweisen mir, dass die specifischen baetenciden
Stoffe bei richtig geleiteter Immunisirung sich in sehr starker
Concentration im Blute anhäufen lassen. Versuche an Kranken
müssen zeigen, ob es möglich sein wird, mit Hülfe derartigen Serums
auch beim Menschen ähnliche bacterientödtende Effecte wie in Thier¬
versuchen zu erzielen und dadurch den Krankheitsverlauf zu beein¬
flussen.
Die genaueren Belege für diese Angaben werden in der ..Zeit¬
schrift für Hygiene und Infectionskrankheiten“ durch mich und
Dr. Kolle, der mich bei diesen Untersuchungen unterstützt bat.
veröffentlicht, werden.
III. Aus der mediciuischen Abheilung des Hospitals znm
Heiligen Geist in Frankfurt a. M.
Zwei Fälle von Erkrankung* nach. Anwendung
des Diphtherieheilserums. 1 )
Von Dr. V. Cnyrira.
Einer meiner beiden Assistenten, Herr Dr. Gallus, erkrankte am
23. October Abends an einer Angina mit Belag, deren diphtheritiscnc
Natur bacteriologisch festgestellt wurde. Er bekam am 24. October m nc
Einspritzung von 10 ccra Bohring’schen Heilserums No. 2. am 25 . Octobei
eine ebensolche von No. 3. Die Krankheit, die als eine leichte zu be¬
zeichnen war, lief rasch ab, so dass Patient, dessen Temperatur am
24. October bis zu 39,6 0 C in recto gestiegen war, am 26. October keine
lemperaturerhöhung mehr hatte und von der Halsaffection befreit war.
Die Reconvalescenz schritt in den nächsten Tagen langsam vor. Om?
Körpergewicht hatte um sieben Pfund abgenommen, und es war ein Geltin
von grosser Schwäche zurückgeblieben.
0 Das Manuskript zu nachstehender Mittheilung ging der Kedactiou
am 15. November d. J. zu.
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UMIVERSITY OF MICHIGAN
29. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
31. October: am IiDken Oberschenkel, dem Ort der vorgenommenen
Einspritzungen, urticariaartiger Ausschlag, grosse flache, blasse, sehr
ilüchtige und stark juckende Hauterhebungen. — 1. November: Abends
Temperatur 38,2°. — 2. Noveniber: Morgens 36,8°, Abends 38,8°. Patient
hat schlecht geschlafen. Hinter den Unterkiefcrwinkelu vergrösserte,
etwas schmerzhafte Drüsen zu palpiren. Auch Inguinaldrüsen geschwollen.
Zunge stark belegt; Nachmittags und Abends 'Kopfschmerzen und all¬
gemeines Krankheitsgefühl. — 3. November: Temperatur Morgens 38,0 °,
Abends bis 39,5 °. Ausser der Urticaria kleine, rötbliche, nicht juckende
Flecken an verschiedenen Stellen der Haut. Geschwollene Drüsen am
Nacken, Unterkiefer, Ellbogen und in inguine. Schmerzon in Knie- und
Ellbogengelenken bei Bewegung derselben, Muskelschmerzen, hiimmemde
Kopfschmerzen, schweres Krankheitsgefühl. — 4. November: Temperatur
Morgens 38,0°, Abends 38,4°. Ausschlag beginnt zu verblassen. Keine
Gelenkschmerzen mehr, noch ziehende Schmerzen in den Extremitäten. —
5. November: Temperatur 37,3° bis 37,0°. Der bisher sehr frequente
Puls (bis zu 112) wird ruhiger (80—86). Ausschlag fast verschwunden.
Zunge ziemlich rein. Heftige Muskelschmerzen im Oberarm bei Be¬
wegung, Schmerzen in den unteren Extremitäten, wenn dieselben ruhig
aufgesetzt sind oder herabhängen. — 6. November: Temperatur 37,4° bis
37,9 ü . Drüsenschwellungen haben bedeutend abgenommen. Appetit besser.
Schmerzen im Arm nach dem Mittelfinger ausstrahlend. Noch grosses
Schwächegefühl. — 7. November: Temperatur 37,0° bis 37,6°. — 8. No¬
vember: Temperatur 374° bis 37,4°. — 9. November: Temperatur 36.6°
bis 36,8 °. Puls 68—78. Die Krankheitserscheimjngen sind langsam ge¬
schwunden bis auf geringe, vago Schmerzen in den Extremitäten, leicht
erregbaren Puls, rasche Ermattung nach geringen Bewegungen. — 12. No¬
vember: Patient, voraussichtlich noch für längere Zeit arbeitsunfähig, reist
zu seiner Erholung nach Hause.
Als Herr Dr. Gallus, wie oben berichtet, an Diphtherie erkrankte,
hatte sich hei dem anderen Assistenten der mcdicinischen Abtheilung, Herrn
Dr. Körte, eine anscheinend nur katarrhalische Angina (ohne Belag) ein¬
gestellt. Da man an eine gemeinsame Jnfection denken musste, so machte
sich der Letzgenannte am 25. October eine Einspritzung von 10 ccm
Heilserum No. 1.
26. October: die Injectionsstelle (am linken Oberschenkel) sehr
schmerzhaft, das Gehen beträchtlich erschwert. — 27. und 28. October:
Keine Störung des Befindens mehr. — Vom 29. bis 31. October: Ver¬
minderung des Appetits, gestörter Schlaf, ständiges Hitzegefühl, bei
leichter Bewegung Schweiss, Mattigkeit und Ziehen in den Gliedern. —
31. October: Morgens plötzlich heftige, reissende Schmerzen im Nacken,
so dass der Kopf kaum bewegt werden konnte. Abends Temperatur
in rccto 39,1 °. Schlaflose Nacht. — 1. November: Temperatur
Morgens 38,9 °, Abends 39,6 °. Am Unterkieferwinkel eine ange¬
schwollene, druckempfindliche Drüse. Ein heftiger Juckreiz, der sich
schon Tags zuvor an der Injectionsstelle eingestellt hatte, breitete
sich weiter aus und befiel noch andere Körperstellen, indem sich mehr¬
fache, bald wieder erblassende Urticariaquaddeln ausbildeten. Schweres
Krankheitsgefühl. — 2. November: Temperatur Nachts 39,2". Morgens
38,3°; Abends 38,9°. Drüsenanschwellungen in der Supraclaviculargegend,
in Achselhöhle und Leiste. Juckende Urticaria, über den ganzen Körper
hier und da verbreitet, dazwischen auch hellrothes Erythem, das nur wenig
juckt. Die sonstigen Störungen bestehen fort. — 3. November: Temperatur
37,6—38,6 °. Urticaria verschwunden. Klopfende Schmerzen im Nacken,
im Hinterkopf, sowie in den Augen. Abends plötzlich Parästhesicon in beiden
Händen, danach ziehende Schmerzen im rechten, weniger im linken Arm;
sie lassen den Patienten nicht schlafen. •— 4. November: Temperatur37,0 0
bis 38,0° (Nb. bei Gebrauch von Phenacetin a 1,0; auch in den folgenden
Tagen wurde dieses Medicament wiederholt gebraucht). Drüsenanschwel¬
lungen haben abgenommen, Allgemeinbefinden besser, aber die Schmerzen
im Arm halten an. — 5. November: Temperatur 37,0° bis 37,5°. —
6. November: Temperatur 36,7° bis 37,1°. — 7. November: Temperatur
36,6° bis 36,9°. Während alle sonstigen Krankhoitserseheinungen zurück¬
gehen, sind heftige Schmerzen im rechten Arm noch geblieben; Druck¬
empfindlichkeit am Oberarm im Verlauf des Nervus medianus und am
Ansatz des Deltoideus; Bewegung des Arms sehr gehindert. Zeitweise
auch im linken Oberarm blitzartige Schmerzen. — 8. und 9. November:
Arm nicht besser, Schlaf durch die Schmerzen sehr gestört. In den
nächsten Tagen ist das sonstige Befinden gut, bis auf Mattigkeit* wegen
gestörten Schlafes. Gewichtsverlust 5 Pfund. — Am 15. November reist
Patient, dessen Assistentenzeit abgelaufen ist, nach seiner Heimat, noch
mit Schmerzen im rechten Arm und stark behinderter Gebrauchsfähigkeit
desselben.
In beiden Krankheitsfällen war leider versäumt worden, die Milz¬
grenzen frühzeitig zu bestimmen, doch ist es nicht zweifelhaft, dass im
einen, wie im anderen Fall eine mässige Vergrösserung der Milz einge¬
lrot en war, die wieder zurückgegangen ist. — Albumen im Urin wurde
niemals gefunden.
Die Gleichzeitigkeit und die grosse Aehnliehkeit der Erkran¬
kung beider Collegen lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass
es sich um eine Wirkung des Heilserums gehandelt hat. Das
Mittel war aus Höchst bezogen — indirekt, und zwar No. 2 und 3
aus anderer Vermittlerstelle als No. 1. Dass die Einspritzung
streng aseptisch ausgeführt worden, ist selbstverständlich. Es hat
sich überdies getroffen, dass dem einen Patienten die Injection mit
anderer Spritze und von anderer Hand gemacht worden ist, als
dem zweiten. Die Möglichkeit einer zufälligen Verunreinigung
des Serums beim Act der Einspritzung ist demnach als Krank¬
heitsursache ausgeschlossen, und es muss das Agens für die Er¬
krankung in dem Serum selbst gesucht werden. Sehr auffallend
89g
ist, dass bisher, ausser dem in No. 45 dieser Zeitschrift von
Lublinski mitgetheilten Fall, keine ähnlichen Erkrankungen nach
Anwendung des Heilserums veröffentlicht worden sind, wie hier
zwei solche neben einander sich ereignet haben. Bezüglich ihrer
Genese enthalte ich mich aller Betrachtungen oder Vermuthungen.
Ich gebe ihre Geschichte als Beitrag zum Studium der Eigen¬
schaften des neuen Mittels. Wenu, wie ich hoffe und glaube, das¬
selbe sich im Kampfe gegen die Diphtherie bewähren wird, so ist
es doch auch nöthig, zu wissen, dass es ausnahmsweise einmal
unerwünschte Wirkungen nach sich ziehen kann. Die Erkrankung
der beiden Aerzte war keine geringfügige und keine rasch vor¬
übergehende. Einer wie der andere erklärte wiederholt, dass er unter
derselben mehr leide und dass er von ihr tiefer afficirt sei, als dies
durch eine leichte Diphtherie geschehen könne. Ich verhehle mir
nicht, dass die gleichen Krankheitserscheinuugen, wenn sie ein
kleines oder ein schwächliches Kind befallen sollten, als eine Sache
von ernster Art betrachtet werden müssten. Vielleicht, wenn ein¬
mal die Aufmerksamkeit auf solche Nebenwirkungen des Heilserums
gelenkt worden ist, wird es gelingen, die Herstellung desselben
so zu leiten, dass ihr Vorkommen für die Zukunft ausgeschlossen
wird.
IV. Aus dem hygienischen Institut der Universität
Greifswald.
Ueber die Schutzkraft des Blutserums von
Diphtheriereconvalescenten und gesunden
Individuen gegen tödtliche Dosen von
Diphtheriebacülenculturen und Diphtherie-
bacillengift bei Meerschweinchen.
Von Dr. Rudolf Abel, Privatdocenten und Assistenten.
Für eine Anzahl von Infectionskrankheiten des Menschen, bei
welchen wir uns das Zustandekommen der Heilung und der nach¬
folgenden Unempfänglichkeit für den specifischen Krankheitserreger
in erster Linie durch die Production von Antikörpern hervorge¬
bracht denken müssen, ist der Beweis geliefert worden, dass das
Blutserum der Reeonvaleseenten Versuehsthiere gegen dio Erreger
der überstandenen Erkrankung zu immunisiren vermag. So für die
Pneumonie von Klemperer, für die Cholera von Lazarus,
Klern per er und besonders genau von R. Pfeiffer und Issaeff,
für den Typhus von R. Stern und von E. Neisser.
Hinsichtlich der Diphtherie, bei welcher die Verhältnisse
ähnlich liegen, sind von Klemensiewicz und Escherich 1 ) Unter¬
suchungen in derselben Richtung angestellt worden, die sich aller¬
dings nur auf zwoi Fälle erstrecken. Die Resultate dieser Studien
waren folgende:
Fall 1. Einem neunjährigen Kinde, welches eine leichte Diphtherie
durchgemacht hat, wird 23 Tage nach dem Schwinden der Rachenbeläge
mittels Aderlasses Blut entzogon. Von dem defibrinirten Blute erhalten
zwei Meerschweinchen intraperitoneal 5,5 bezw. 3,8 ccm. Am nächsten
Tage werden dieselben mit Diphtheriebouilloncultur subcutan inficirt; sie
überstehen diese Impfuug reactionslos, während zwei mit gleichen Cultur-
mengen inficirte Controllmeerschweinchon nach 8 und 19 Tagen eingehen.
Neun Tage später werden beide Serumthiere subcutan mit geringen
Quantitäten Diphtheriebouilloncultur inficirt. Beide bleiben nach leichter
Reaction am Leben, aber auch das Controllthier überstellt die Infection.
Abermals neun Tage später erneute Infection beider Thicre mit grösseren
Culturdosen. Serumthier 1 überlebt unter Reaction mit Infilfcratbildung an
der Impfstelle, geht aber bei einer weiteren, 21 Tage darauf erfolgenden
Infection mit einer hohen Dosis vollvirulenter Cultur in 30 Stunden ein.
Serunithier 2 bekommt ein starkes Infiltrat, erhält darauf von dem
Blutserum des unten beschriebenen Falles 2 2,8 ccm injicirt und bleibt
am Leben. Ein Controllthier, welches verhältnissmässig viel geringere
Culturmengen als die Serummeerschweinchen erhalten hatte, magert stark
ab und stirbt nach 39 Tagen an Pneumonie.
Fall 2. Einem fünfjährigen Kinde, welches eine schwere Diphtherie
durchgemacht hat (Tracheotomie) wird mittels Aderlasses Blut entzogeu,
und zwar neun Tage nach dem Schwinden der Beläge. Von dem Serum
erhalten drei Meerschweinchen 1,2 und 3 ccm intraperitoneal. Die beiden
ersten Thicre ertragen ganz reactionslos die am nächsten Tage erfolgende
subcutane Infection mit Mengen von Diphtheriebouilloncultur, welcho
gleich schwere Controllmeerschw'einchen in 131, bezw. 36 Stunden tödten.
Eine 13 Tage darauf ausgeführte Impfung mit grossen Dosen Bouillon-
cultur (etwa dem zwei- und fünffachen der für Controllthiere tödtliehen
Dosis) führt ihren Tod in 24 und 32 Stunden herbei. Das dritte Meer¬
schweinchen, welches 3 ccm Serum erhalten hatte, erträgt reactionslos
die zwei Tage darauf erfolgende Infection mit (mindestens) der zweifachen
für Controllthiere tödtliehen Dosis Diphtheriebouilloncultur, geht aber
schnell auf die einen Monat später erfolgende Impfung mit einer ver¬
hältnissmässig grossen Menge Diphtheriebouilloncultur zugrunde.
l ) Klemensiewicz und Escherich, Ueber einen Schutzkörper im
Blute der von Diphtherie geheilten Menschen. Centralblatt für Bacteriologie
Bd 13. S. 153.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
900
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Aus diesen Versuchen leiten die Verfasser die gewiss richtige
Folgerung ab, dass das Serum der beiden Patienten die Fähigkeit
besessen hat, Meerschweinchen gegen eine tödtliche Infection mit
Diphtheriecultur zu schützen. Da sich bei Versuchen mit dem
Blutserum von gesunden Menschen eine Schutzkraft desselben
nicht zeigte, — nähere Angaben über derartige Versuche sind
leider nicht gemacht worden — so schliessen sie weiter, dass
schützende Wirkung gegen Diphtherieinfection „dem menschlichen
Blute als solchem nicht zukommt, sondern erst durch das Ueber-
stehen des diphtheritischen Infectionsprocesses erworben wird.“
Die Verfasser ziehen dann weiter aus dem Sterben der Meer¬
schweinchen in Versuch 2 auf eine 13 Tage nach der überstandenen
ersten Impfung erfolgende zweite Infection den Schluss, dass die
schützende Wirkung des Serums im Thierkörper bei den zur An¬
wendung gekommenen Dosen nach 14 Tagen verschwunden war.
Dieser Folgerung ist nicht ohne weiteres zuzustimmen. Um ein
sicheres Urtheil über die Dauer der durch das Serum hervorge¬
brachten Schutz Wirkung zu haben, hätte man eine Anzahl von
Thieren ein, zwei, drei Wochen u. s. w. nach der Injection gleicher
Serummengen zum ersten male mit Diphtherie infieiren müssen.
Bekommen die Meerschweinchen aber am Tage nach der Serum-
gabe eine Diphtheriedosis, wie in den Versuchen der Verfasser, so
ist damit ihre Rolle ausgespielt, was die Beurtheilung der Serum¬
wirkung betrifft. Der tödtliche Effect einer 14 Tage später er¬
folgenden zweiten Infection kann sich dadurch erklären, dass schon
bei der ersten Infection die ganze durch das Serum hervorgebrachte
passive Immunität aufgebraucht worden ist. Ein etwaiges Ueber-
stehen der zweiten Infection brauchte andererseits nicht auf Rech¬
nung der Serumwirkung allein geschoben zu werden, könnte viel¬
mehr auch so erklärt werden, dass eine active Production von Anti¬
körpern durch das Ueberstohen der ersten Infection veranlasst
worden war, was bekanntlich nicht immer, aber doch bisweilen
tatsächlich der Fall ist. Die Verfasser begehen mit ihrer Deutung
einen Fehler, welcher sich aus der Nichtbeachtung des „ne bis in
idem“ ergiebt, ähnlich wie Tizzoni und Centanni bei ihren Ver¬
suchen über die Vererbung der Rabiesimmunität.*) Es giebt nur
eine Möglichkeit, um bei wiederholter Impfung einigermaassen
sichere Urtheile über die Wirkungsdauer des injicirten Serums zu
erhalten; man muss gleich schwere Thiere ganz in der gleichen
vY eise mit Diphtherie behandeln und nur die Serumdosis variiren.
An der Hand eines Versuches wird diese Möglichkeit weiter unten
erläutert werden.
Fassen wir die von Klemensiewicz und Escherieh er¬
arbeiteten Resultate zusammen, so zeigten dieselben, dass dem
Serum von Diphtheriereconvalescenten 9, respeetive 23 Tage nadi
Ablaut der Erkrankung eine bezüglich des Serums gesunder er¬
wachsener Personen nicht nachweisbare Schutzwirkung go^en den
Effect künstlicher Diphtherieinfection beim Meerschweinchen zu¬
kam. Ueber die Höhe der Schutzwirkung und über die Dauer
derselben vermögen uns die Versuche keine sicheren Aufschlüsse
zu liefern.
r , P}® besprochene Arbeit von KleinensieuTcz und Escherich
^ ^ enthielt meines Wissens die_einzigen in der Litteratur vorhandenen
Angaben über das Immunisirungsvermögen des Blutserums von
Diphtheriereconvalescenten, als ich im Februar 1894 die Möglichkeit
gewann, gelegentlich einer in Greifswald herrschenden Diphtherie-
cpidemie Beobachtungen über denselben Gegenstand anzustellen,
versuchen*- Untersucblln & en sollten folgende Fragen zu beantworten
Besitzt, das Serum von Diphtheriereconvalescenten schützende
ge £ e ? ^Pbfhenemfection, resp. Diphtheriegiftwirkung
ei Meerschweinchen? Die zwei in der Arbeit von Escherich
wh !cn e ^ SieW1 - C f b ®^ beiteten Fälle genügten für die Beurtei¬
lung dieser Frage jedenfalls noch nicht.
wirkmJ V w^ laD?e i nach ^erstandener Krankheit tritt diese Schutz¬
wirkung auf, wie ange hält sie an und wie stark ist sie?
sunder TnW VieUeicht , ei P e Schutzkraft auch dem Blutserum ge-
der Fnll 1 i«f Zl i: Z me diphtheriekrank waren; wenn dies
deLn ^l erSchc l det sich dio Höhe dieser natürlich vorhan-
wenn" neu? T °" der durch Ueberstehen einer Diphtherie ge-
übeiiebe b wert U lin Zt ’ 7<° i *' h J , - ncine Studieu der Oeffentliehkeit
Stellte sieh n in nt i felnt ’ dlese Fra ß cn ffdöst zu haben. Es
2 nl lÜ j k re?“ 8 ’ dass Untu^ucbungen in dem ge-
F mfange durchzuführen unmöglich war. Da dem Institute
Ssse MThe n DinhH 6r - niCht T « Ä
waren S tl . le « eree °u v alesc,?nten zu finden, welche bereit
? B ! t n * z,ehun S en machen zu lassen. Aus begreiflichen
Gr ünden kon nten fast nur Erwachsene untersucht we^ Ade“
ImmiiniMt^eT^etnnu^'z^itsehr f H H^"ne r ’Bd Ue i8. r g die 5c Vererbun e der
No^
lasse zu machen, wurde von denselben niemals gestattet um
Sehrüpfköpfe zu setzen wurde erlaubt, so dass also nur «em»,
Quantitäten Blut zur Verfügung standen. Ferner war es° nicht
möglich, die Patienten für eine beliebig bestimmte Zeit nach H-
lauf der Erkrankung zur Blutentnahme zu bekommen oder dem¬
selben Individuum zu verschiedenen Zeiten Blut zu entnehmen
Deshalb konnte nicht das Nacheinander des Immunisirungsverlaute-
an einem Kranken studirt werden, sondern nur durch Beobachtung
einer Reihe von Kranken zu verschiedenen Zeiten nach Ablauf der
Krankheit ein Anhalt bezüglich desselben gewonnen werden wo¬
durch natürlich nicht so zuverlässige Resultate wie bei fortge¬
setzter Beobachtung desselben Kranken erzielt werden konnten.
Ich blieb eben überall von dem guten Willen der Patienten ab¬
hängig, der selbst mit klingenden Ueberredungsmitteln nicht immer
in die gewünschten Bahnen zu lenken war.
Dass ich es wage, meine Untersuchungen trotz ihrer mir wohl
bewussten UnVollständigkeit zu publiciren, hat zwei Gründe
Erstens glaube ich, dass dieselben doch zur Beantwortung der
aufgeworfenen Fragen einige nicht unerhebliche und nicht uninter¬
essante Beiträge zu liefern und damit anderen Untersuchern, welche,
auf ein eigenes Krankenmaterial gestützt, den Fragen näher treten
wollen, eine gewisse Grundlage zu bieten vermögen. Zweiten*
aber werde ich, infolge des Zurückgehens der hiesigen Diphtherie¬
epidemie voraussichtlich nicht mehr in der Lage sein, weitere
Studien über den Gegenstand machen zu können.
Das zu den Untersuchungen nöthige Blutserum wurde auf
folgende Weise gewonnen: Der Rücken des Patienten wurde
zwischen den Schulterblättern mit Wasser und Seife, daun mil
Sublimatlösung, darauf mit Alkohol und endlich mit Aether ge¬
reinigt und desinficirt. Darauf wurden 1—3 Schröpfköpfe, welche
nebst Wattebausch im Trockenschranke vorschriftsinässig sterilisirt
worden waren, gesetzt: in denselben wurde der luftverdiumte Raum
nicht, wie es vielfach in der Praxis geschieht, durch Eintauchen
der Schröpfköpfe in kühles Wasser und durch Ausbrennen mit einem
Tropfen Spiritus, sondern, um j'ede Spur fremder Flüssigkeit fern
zu halten, nur durch Erwärmen über einer Flamme erzeugt. Zum
Scarificiren diente ein durch Begiessen und Abbrennen mit Alkohol
sterilisirter Schnepper, nach dessen Anwendung die schon vorher
benutzten Schröpfköpfe wieder gesetzt wurden. Nach dem Auf-
liören der Blutung wurden die Schröpfköpfe mit den inzwischen
in einer sterilen Schale aufbewahrten Wattebäuschen wieder ge¬
schlossen und 24 Stunden lang im Keller bei circa 10° aufbewahrt.
Dann hatte sieh ein meist völlig klares Serum abgeschieden.
Bestimmte Mengen von dem Serum wurden darauf Meer¬
schweinchen intraperitoneal oder subcutan beigebracht. DieThierever-
trugen selbst bet rächtliche Dosen, mehrere Cubikcentimeter, anstands¬
los; nur bei einem Thiere trat eine Infection an der Iryectionsstell*-
auf. Bisweilen war es nötliig, wenn nur wenig Serum gewonnen
war, eine blutig tingirte Flüssigkeit zu injiciren.
Gleichzeitig mit der Serum injection oder 24 oder 48 (einmal
auch 72) Stunden später wurde den Meerschweinchen die Di-
phtherieinjection gemacht. Dieselbe wurde immer subcutan in der
Bauchgegend vorgenommen, und zwar, wenn das Serum ebenfall*
subcutan eingespritzt worden war, an der entgegengesetzten Körper*
seite, um beurtheilen zu können, ob eine etwa eintretende Infiltra¬
tion dem Serum oder der Diphtherie zur Last zu legen wäre. AU
Impfmaterial wurden entweder Diphtheriebouillonculturen oder ein
aus denselben gewonnenes Gift benutzt. Die verwendeten I)i-
phtherieculturen stammten alle von derselben Bacillenrace. E*
wurden stets 48stündige Bouillonculturen gebraucht, deren Viru¬
lenz während der Dauer der Untersuchungen leichten Schwan¬
kungen unterlag, so dass die Dosis letalis minima zwischen 0.01
und 0,02 ccm pro 500 g Meerschweinchen variirte. Es war darum
nöthig, stets bei den Versuchen über die Wirksamkeit des Serunb
Controllthiere zu verwenden und auch häufig die geringste tödt-
liche Dosis zu bestimmen. Auf der Tabelle S. 901 sind dm
Controllthiere nicht aufgeführt worden, um die Uebersicht ment
unnöthig zu erschweren; bei jedem Versuchsthier ist aber an¬
gegeben, um wie viel mal die ihm gegebene Cuiturmenge die nn
Thiere seiner Grösse sicher tödtliche Dosis übertrifft. Es wag
noch besonders erwähnt spin, dass in der Tabelle die Versucht*
mit mehreren Serumarte]] aus dem Grunde als nicht bewegen'
fortgelassen worden sind, weil die Infection der Controllthiere nie i
ein ganz unzweifelhaftes Resultat ergeben hatte. .
Da das Diphtheriegift quoad infectionem viel eher eine Grn^t
von constanter Wirksamkeit darstellt als die lebende Cultur,
wurde solches für eine Anzahl von Versuchen herangezogen. * 1
Absicht wurde es nicht ausschliesslich verwendet, da die Möglich
keit vorlag, dass das Serum den lebenden Bacillen sich anders a &
dem Gifte gegenüber verhalten könnte. Das Diphtheriegift bes an'
aus zwei Wochen alter Bonilloncultur, welche nach Zusatz ui
Fortsetzung des Textes s. 8. 902.
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UNIVERSfTY OF MICHIGAN
29. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
901
fabollo I. Ergebnisse der Untersuchung des Blutserums von Diphtheriorecouvaloscenten.
I
No.
Bemerkungen übor
den Patienten und
die Krankheit
Blut¬
entnahme
am
wievielten
jTage nach
der
Krankheit
Gewicht
der Meer¬
schwein¬
chen
Injicirte
Serummenge,
Injeetions-
stelle
Termin der
Diphtherie-
injection im,
Verhältnis
zur Serum-j
ein¬
spritz ung
Art
des Infections-
materials
Dosis des
Diphtheriematerials
das wie¬
vielfache
der
tödtlichenj
Dosis
absolut
Verlauf der
Diphtherieinjection
Bemerkungeu.
19jähriger Mann.
Schwerer Fall.
Diphtheriebacillen
gefunden.
20jiihriges Mädchen.
Leichter Fall. Di¬
phtheriebacillen
gefunden.
20jährigor Mann.
Mittelschwerer
Fall. Diphtherie-
bacillen gefunden.
22jähriger Mann.
Leichter Fall. Di¬
phtheriebacillen
gefunden.
.iÖjähriges Mädchen.
: Leichter Fall. Di-
phtheriebacillen
gefunden.
zweiten
.vierten
fünften
sechsten
280 g
735 g
280 g
540 g
450 g
achten | 210 g
200 g
0,7 ccm
subcutan
|0,8 ccm intra-
poritoneal
1,25 ccm
subcutan
0,8 ccm v
subcutan |
1,4 ccm (
subcutan ’
2,8 ccm
subcutan
0,2 ccm
subcutan
G ( 20jähriger Mann, i neunten 285 g 1,6 ccm intra-
2 Tage
später
3 Tage
später
2 Tage
später
2 Tage
später
2 Tage
später
Bouilloncultur
Bouilloncultur
Bouilloncultur
Bouilloncultur
Bouilloncultur
Diphtheriegift
0,02 ccm
0,02 ccm
0,02 ccm
0,015 ccm
0,015 ccm
0,05 ccm
Leichter Fall. Di¬
!
1
peritoneal
j später
phtheriebacillen
1
1
gefunden.
1
7
18jähriger Mann.
neunten
250 g
4,1 ccm
'
Leichter Fall. Di¬
subcutan
phtheriebacillen
250 g
1.5 ccm intra-
1 Tag
gefunden.
peritoneal
später
245 g
0,55 ccm
subcutan
8
20jähriger Manu.
neunten
200 g
0,65 ccm v
Mittelschwerer
subcutan |
1 Tag
Fall. Diphtherie¬
210 g
0,2 ccm \
später
bacillen gefunden.
subcutan '
9
20jähriger Mann.
zehnton
285 g
1,4 ccm
Mittelschwerer Fall.
subcutan
\
1 1 Tag
Diphtheriebacillen
300 g
0,7 ccm
)
später
gefunden.
subcutan
10
20jähriger Mann.
elften
360 g
3,2 ccm ,
Leichter Fall. Di-
subcutan
1 Tag
phtheriebacillen ge¬
290 g
2,0 ccm
später
funden.
subcutan ‘
/
11
23jähriger Mann.
ca. 17 *
860 g
1 ccm intra-.
Sehr schwerer Fall.
Monate
peritoneal 1
2 Tage
Diph t h eri ebacill en
430 g
0,6 ccm |
später
gefunden.
subcutan '
12
35jähriger Mann.
ca. 2 1
320 g
0,5 ccm
2 Tage
Schwerer Fall. Di¬
Monate
subcutan
später
phtheriebacillen ge¬
380 g
1,0 ccm
2 Tage
funden.
subcutan
später
575 g
l,5ccmintra-
Gleich¬
peritoneel
zeitig .
13
30jähriger Mann.
ca. 2 Vs
635 g
1,6 ccm .
Schwerer Fall.
Monate
subcutan |
1 Tag
Starke Lähmungen.
628 g
2,5 ccm j
später
subcutan '
14
12jähriges Mädchen.
ca. 5
180 g
1,0 ccm
Schwerer Fall.
Monate
subcutan
180 g
1,0 ccm
subcutan
2 Tage
340 g
0,5 ccm
später
I
subcutan
j
350 g
1,0 ccm
J
subcutan
1 Tag Diphtheriegift 0,06 ccm
! Diphtheriegift
Diphtheriegift
; Diphtheriegift
Diphtheriegift
Bouilloncultur
Bouilloncultur
Bouilloncultur
Bouilloncultur
0,05 ccm
0,05 ccm
0,05 ccm
0,05 ccm
0,05 ccm
0,06 ccm
0,06 ccm
0,07 ccm
0,06 ccm
0,02 ccm
0,02 ccm
0,05 ccm
0,05 ccm
0,05 ccm
0,02 ccm
0,02 ccm
0,012 ccm
0,03 ccm
0,02 ccm
0,02 ccm
2,2
1,5
1,5
1,5
1,05
1,2
1,2
1,2
1,5
1,4
1,05
1
1 )
1,03 j
1,5
2
4
3,3
2,2
2
2
1,6
1,6
Tod nach 60 Stunden
Tod nach 8 l /a Tagen
Tod nach 57a Tagen
Tod nach 5 Tagen
(siehe Bemerkung)
[Tod nach 40 Stunden
Keine Reaction
Keine Reaction
Keine Reaction
Keine Reaction
[Starkes Infiltrat, nach
14 Tagen abgestos-
sen. Tod nach 33
Tagen an Marasmus.)
Gewicht 160 g.
Tod nach 40 Stunden
Tod nach 40 Stunden
Keine Reaction
Tod nach 4 Tagen
2 - Markstückgrosses
Infiltrat. Ueberlebt.]
Tod nach 36 Stunden
Tod nach 50 Stunden
Tod nach 42 Stunden
Tod nach 48 Stunden
Starkes Infiltrat, nachl
10 Tagen sich ab-|
stossend. Ueberlebt.
[Das Thier hat nach
zwei Tagen ein sehr
grosses Infiltrat und
wird in besonderer
Weise behandelt, so
dass sein Tod da¬
durch hinaus ge¬
schoben wird.
[Thier No. 1 bekommt
eine Infection ander
Injectionsstelle; ca.
einen Monat später
inficirt, überlebt es
ebenso aber auch
das mit derselben
Dosis inficirte Con-
t-rollthier.
Keine Reaction
Das denThierenNo.3
und 4injicirte Serum
hat 5 Tage kalt ge¬
standen.
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Go igle
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48
902
i/ 2 0/0 Carbolsäure keimfrei filtrirt worden war. Von dem Filtrat
war die minimale tödtliche Menge für 500 g Meerschweinchen
0,0833 ccm.
Die Tabelle No. I (S. 901) giebt die bei der Untersuchung des
Serums von Diphtheriereconvalescenten erhaltenen Resultate wieder.
Die studirten 14 Fälle sind gemäss der Zeitdauer geordnet worden,
welche vom Ablauf der Erkrankung bis zum Tage der Blut¬
entziehung verstrichen war. Als Termin des Ablaufes der Er¬
krankung habe ich den Zeitpunkt gerechnet, an welchem die Be¬
läge völlig aus dem Rachen verschwunden waren. In Fall 1—12
ist der Beweis für die echte diphtherische Natur der überstandenen
Krankheit durch den Nachweis von Diphtheriebacillen mittels des
Culturverfahrens erbracht worden. Fall 13 war durch schwere
diphtherische Lähmungen charakterisirt, Fall 14 soll nach Angabe
des behandelnden Arztes unzweifelhafte Diphtherie gewesen sein.
Betrachtet man die Resultate, welche die Seruminjectionen
gehabt haben, so fällt zunächst auf, dass in dem ersten bis vierten
Falle, d. h. vom zweiten bis sechsten Tage nach Ablauf der Er¬
krankung eine schützende Wirkung sich nicht bemerkbar macht.
Das zwischen dem achten und elften Tage nach Ablauf der Diphtherie
gewonnene Serum (Fall 5—10) zeigt dagegen in fünf von sechs
Fällen deutlich schützende Kraft. Im nächsten Fall (11) waren
leider bereits IV 2 Monate nach vollkommener Heilung zur Zeit der
Untersuchung verstrichen, wodurch eine Lücke im Beobachtungs¬
zeitraum entsteht. Dem Serum dieses Patienten wohnt vielleicht
noch etwas Schutzvermögen inne, ebenso dem des Falles 13. Bei
No. 12 ist keinerlei Schutzkraft zu erkennen, bei No. 14 ist die¬
selbe aber wieder in hohem Maasse vorhanden.
Nach diesem Ueberblick über die Tabelle würde das Urtheil
dahin abzugeben sein, dass das Blutserum von Diphtherierecon¬
valescenten bis zum sechsten Tage nach Ablauf der Infection keine
Schutzwirkung äusserte; dass es vom achten bis elften Tage an
in der Mehrzahl der Fälle eine solche erkennen liess, dass es nach
Verlauf von Monaten dieselbe, aber nur noch in vermindertem
Maasse oder gar nicht, nur vereinzelt noch vollkommen zu besitzen
schien. (Schluss fc^lgti.)
V j't
V. Aus der medicinischen Universitätsklinik in Greifswald.
Die in der Greifswalder medicinischen Klinik
erlangten Resultate mit Behring's Heilserum
hei an Diphtherie erkrankten Personen. 1 )
Von Dr. Börger, Assistenten der Klinik.
Meine Herren! Mir ist von meinem hochverehrten Chef, Herrn
Geheimrath Mosler, der ehrenvolle Auftrag geworden, Ihnen heute
über unsere bisherigen Erfahrungen mit der Heilserumtherapie bei
Diphtherie zu berichten. Wie Ilmen bekannt, sind bereits einige
derartige Publicationen — abgesehen von den Arbeiten Behring’s
und seiner Schüler — gemacht worden: vor allem von Heubuer,
der auch auf dem internationalen Congress in Rom darüber ge¬
sprochen hat; ausserdem aus einigen Berliner Krankenhäusern,
die schon im Anfang dieses Jahres von Behring selbst das Mittel
zum klinischen Versuche erhalten hatten.
Da wir nicht zu diesen Auserlesenen gehörten, so mussten wir
so lange warten, bis das Diphtherieantitoxin freigegeben und in den
Handel gebracht war. Als die Höchster Farbwerke Anfang
August d. J. den Verkauf ankündeten, setzten wir uns alsobald
in den Besitz des Serums und konnten am 16. August an einem
geeigneten Falle die erste Injection vornehmen. Die Zahl der
seitdem auf diese Weise von uns behandelten Kranken hat 30
schon überschritten; da aber noch mehrere davon zur Zeit im
Krankenhause sich befinden, so gebe icli die nachfolgenden An¬
gaben auf Grund der ersten 30 von uns beobachteten und in
ihrem Krankheitsverlauf vollkommen abgeschlossenen Fälle.
Ueber die Fdrm, in der das Serum von den Höchster Farb¬
werken abgegeben wird, hat Herr Gemeimrath Mosler eben schon
das Nöthigc mitgetheilt; übrigens verweise ich Sie auf den Pro-
speet, in den ein jedes Fläschchen eingewickelt ist. Uns standen
bisher No. 1 (600 Immunisirungseinheiten enthaltend) und No. II
(mit ca. 1000 Immunisirungseinheiten) zur Verfügung. Es ist nach
meiner Meinung selbstverständlich, dass der Besitz einer genügenden
Anzahl von Fläschchen No. I in jedem Falle für den Arzt ausreichend
ist. Denn ein simples Additionsexempel sagt uns, dass man bei
einem Patienten mit schwererer Aflection, wo 600 Antitoxin¬
einheiten voraussichtlich nicht mehr den gewünschten Nutzen
bringen werden, eben einfach 1200 Antitoxineinheiten injicirt, also
den Inhalt zweier Fläschchen No. I. Namentlich in der aller-
9 Nach einem am Sonnabend den 3. November
im*dicinisckcn Verein gehaltenen Vortrag.
1894 im Greifswalder
ersten Zeit, wo wir nur die einfache Heildosis käuflich erhalten
konnten, sind wir mehrere male so verfahren, ebenso wie ich z. B
auch kein Bedenken trug, einmal die umgekehrte Manipulation
vorzunehmen; als zwei leichter erkrankte Kinder zu gleicher Zeit
eingeliefert wurden und ich im Augenblick nur über ein Fläschchen
No. H verfügte, injicirte ich jedem Kinde die Hälfte des Serums,
also ca. 500 Antitoxineinheiten. Es scheinen auch in der That
bei leichteren Fällen, besonders bei Kindern, wenn sie über den
dritten, resp. vierten Krankheitstag nicht hinaus sind, 500 bis
600 Antitoxineinheiten meistens zu genügen. Natürlich kann
eine stärkere Dosi& nie schaden, höchstens nützen; deshalb
würde ich überall, wo ich mir im Moment über die Schwere des
Falles nicht ganz klar bin, stets die stärkere Dosis injicireu.
Handelt es sich um eine durchaus schwere Erkrankung, so
muss natürlich nach den Angaben von Behring an dem nach¬
folgenden Tage die Injection von 600 Antitoxineinheiten wieder¬
holt resp. noch zum dritten male vorgenommen werden, ln
jedem Falle würde ich aber rathen, sich genügend mit dem
Heilserum No. I zu versehen, da nur von diesem durch die Fabrik
eine dauernde Lieferungsmöglichkeit gewährleistet wird.
Dass die Einspritzung selbst unter allen Cautelen der Anti¬
sepsis vorgenommen wird, ist in unserem Zeitalter eigentlich selbst¬
verständlich. Gestatten Sie mir, meine Herren, aber trotzdem den
Modus zu skizziren, wonach bei uns die Injectioneu vorgenommen
werden. Nachdem die Patienten ein warmes Reinigungsbad erhalten
haben — w T obei gleich eine gründliche und peinliche Abseifung der
Oberschenkel stattfindet — imd ins Bett gebracht worden sind,
wird das Injectionsfeld an einem Oberschenkel mit Aether gehörig
abgerieben. Unsere Ii\jectionsspritze, die Herr Geheimrath Mosler
Ihnen eben gezeigt hat, ist durch Auskochen vollständig sterilisir-
bar und durch diese Eigenschaft wohl allen anderen bisher ange¬
gebenen Modellen entschieden überlegen. Das Serum wird in
ein steriles Schälchen gegossen und aus diesem in die Spritze ge¬
sogen. Die Hände des Arztes werden nach der Fürbringer-
schen Methode desinficirt.
Wenn nun die Einspritzung wirklich subcutau und nicht
intermusculär ausgeführt wird, so wölbt sich einen Moment an der
Injectionsstelle ein etwa wallnussgrosser Tumor hervor, über dem
die Haut überaus prall gespannt ist. Der Schmerz ist gering und
hauptsächlich wohl durch die starke Dehnung der Haut bedingt:
indessen scheint er zu genügen, um namentlich bei kleinen
Patienten die Ursache eines Höllenlärms abzugeben. Wir haben
es daher probat gefunden, eine leichte und sanfte Massage der In¬
jectionsstelle vorzunehmen, weniger um die Resorption zu befördern,
als um die Schmerzen zu beseitigen. Die Resorption des Serums
geht, wie wir uns des öfteren überzeugt, überraschend schnell
auch ohne Massiven vor sich; ich muss indessen behaupten, dass
eine zarte Massage nach meiner Ansicht die Schmerzhaftigkeit
entschieden verkürzt und den Kranken durchaus angenehm ist.
Bei einigen sehr sensiblen Patienten bestehen noch 24 bis
48 Stunden nachher in dem betreffenden Schenkel leichte Schmerzen,
die besonders auf Druck sich geltend machen; im allgemeinen aber
ist alsbald nach der Einspritzung jeder Schmerz vorbei.
Eine kleine Belästigung allerdings erfährt ein Theil dei
Kranken dadurch, dass nach einigen Tagen in der Umgebung der
Einspritzimgsstelle ein urticariaähnlicher Ausschlag sich zeigt, der
mit einem massigen Juckgefühl einhergeht. Auch eine^ geringe
Schwellung ist von uns beobachtet worden. In einem halle s»l>
ich sogar am 20. Tage nach der Injection über den ganzen Körper ein
masernähnliches Exanthem ausbrechen, das nach etwa 24 Stunden
wieder verschwunden war und wofür ich einen anderen brum
absolut nicht ausfindig machen konnte. Beiläufig möchte ich ei*
wähnen, dass sich neulich in der medicinischen Poliklinik em
Student vorstellte, der sich selbst zu Immunisirungszwecken eim
Seruminjection in den rechten Unterarm gemacht hatte. 1 11
ganze Arm und die Hand waren ödematös geschwollen.
meiner Ueberzeugung war dies lediglich der Effect einer im
schmutziger, nicht aseptischer Spritze vorgenommenen Injec 1011
Im übrigen wird das Heilserum ohne den geringsten Schadeu, 0 1 »
die gelingste Reaction von dem Organismus ausgenommen. /•
ist in der That nicht zu viel gesagt, „dass das Diphtherie iei
serum für den Menschen eine ebenso unschädliche Flüssig' 1
sei wie eine sterilisirte physiologische Kochsalzlösung . \ p
ring.) Wir haben bisher von seiten keines einzigen Organs
nur ein Symptom gesehen, das zu Ungunsten des Heilserum* r.
deutet werden konnte. . ,■
Unter unseren 80 ersten Fällen befanden sieh auch zwei, «
nur eine einfache Angina hatten und bei denen trotz wiederno
bacteriologischer Untersuchungen (Dr. Frölich) Diphtherie iaci ^
nicht nachgewiesen werden konnten. An diesen konnten wn •
an geeigneten Versuchsobjecten die völlige Unschädhchkei ■ •
Serums consjatiren. Es zeigten sich bei den beideit »ucn
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UNIVERSETY OF MICHEGAN
29. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
908
die geringsten subjectiven Symptome dafür, dass dem Organismus
ein heterogener, gewisse Heactionen ini Allgemeinbefinden hervor¬
rufender Stoff einverleibt worden wäre; ebenso konnte die objective
Beobachtung nichts derartiges eruiren: Herz und Puls blieben
stets gut, die Temperaturcurve bewegte sich immer auf dem
Niveau des Normalen, Eiweiss im Harn trat nicht auf.
Wenn wir nun unsere Erfahrungen über die Heilerfolge des
Serums in den erwähnten SO Fällen zahlenmässig zusammenfassen,
so ergiebt sich Folgendes: Von den 30 Kranken sind zwei ge¬
storben, genesen sind 28; tracheotomirt wurden fünf, wovon einer
gestorben ist, während vier genesen sind. Das würde, in Procenten
ausgedrückt, heissen: 93 °/ 0 Heilungen von Diphtherie ohne
Tracheotomie, 80 °/o Heilungen von Diphtherie mit Tracheotomie.
Sie sehen, meine Herren, das sind Zahlen, die uns in der That
frappiren, die selbst das übersteigen, was Behring von der Heil¬
kraft seines Serums sagt und glaubt.
Nun wird allerdings kein objectiver Kenner der Diphtherie
diese Erfolge lediglich der Serumtherapie zuschreiben und dieselben
künftighin als Norm und Regel hinstellen. Einmal ist unsere
Beobachtungsreihe zu klein, um aus dieser definitive Schlüsse
ziehen zu dürfen, andererseits fallen die Versuche in eine Zeit,
die unstreitig dem tiefsten Punkte des Stadium decrementi ent¬
spräche, — falls wir die seit vielen Jahren hier bestehende
Diphtherie nach der Zahl der schweren Fälle und der Grösse der
Mortalität in einer Curve graphisch registriren würden. Herr
Geheimrath Mosler und Herr Prof. Peiper haben mich darauf
aufmerksam gemacht, dass die Acme der Greifswalder Diphtherie- .
endemie in die Monate November bis einschliesslich Juni fällt,
dass hingegen in den Monaten Juli bis einschliesslich Oetober
ein durchaus eclatantes Sinken dieser Curve stattfindet. Ob die
Schwere der Fälle und die dadurch bedingte Grösse der Mortalität
abhängig ist von einer Zeit, wo eine allgemeine Disposition zu
Halsentzündungen und Erkältungen unleugbar vorhanden ist, und
ob zu gleicher Zeit eine gesteigerte Virulenz des Diphtheriebacillus
besteht — das ist ein bisher ungelöstes Problem, welches ich bei¬
läufig erwähnen will. Ich will weiter nichts, als eben nur
darauf aufmerksam machen, dass diese Verschiedenheit in dem
Charakter der Diphtherieendemieen thatsächlich besteht und dass
wir in den Monaten August, September und Oetober des Jahres
1893 auch ohne Serum dieselben Resultate durch einen durchweg
günstigen Verlauf der Diphtherie erzielt haben. Die Kranken-
joumale aus den früheren Jahren konnte ich aus Mangel an Zeit
leider nicht durchsehen, deshalb berufe ich mich nochmals aus¬
drücklich auf die raaassgebende Erfahrung des Herrn Geheimrath
Mosler und Herrn Professor Peiper, die auch in den vorher¬
gehenden Jahren ähnliche Beobachtungen gemacht haben.
Wir wollen keineswegs die thatsächliche Bedeutung und den
wahren Werth der Serumtherapie dadurch abstreiten oder auch
nur herabsetzen, dass wir unsere überaus günstigen Ergebnisse
nicht allein der specifischen Wirkung des Behring’schen Heil¬
serums, sondern auch noch bestimmten anderen Umständen zu¬
schreiben.
Abgesehen — wie ich eben erwähnt habe — von der bei uns
in den Monaten Juli bis Oetober verringerten Disposition zur
Diphtherie und der wahrscheinlich sehr verminderten Virulenz des
Diphtheriebacillus wird Ihnen, meine Herren, vielleicht noch ein
anderer Punkt aufgefallen sein. Herr Geheimrath Mosler hat
vorher mitgetheilt, dass vom Oetober 1893 bis September 1894
im ganzen 313 Diphtheriekranke klinisch behandelt wurden, wovon
46 gestorben sind, was einer Mortalität von etwa 14,6% ent¬
sprechen würde. Sie werden zugeben müssen, dass dieser Pro¬
centsatz so günstig ist, wie man ihn sich in Zukunft andrerorts
höchstens als mögliche Folge der Serumtherapie verspricht.
Wenn ich nun hiervon die im August und September mit Heil¬
serum behandelten 20 Patienten in Abzug bringe und ausserdem
noch etwa von 70 Kranken annehme, dass sie nur eine reine An¬
gina follicularis gehabt haben, da leider nicht bei allen eine bac-
teriologische Untersuchung stattgefunden hat, — so bleiben noch
223 Diphtheriekranke zurück, auf die nun auch die 46 Todes¬
fälle zu vertheilen sind, was dann erst einer Mortalität von ca.
20% gleichkäme.
Und selbst dieser Procentsatz ist keineswegs so übermässig
schlecht und infaust, da er im Vergleich zu einer Anzahl Sta¬
tistiken anderer Krankenhäuser ein ungleich besseres Resultat liefert.
Deshalb bin ich der entschiedenen Meinung, dass unsere leid¬
lichen Heilerfolge bei Diphtherie nicht nur in diesem Jahre, son¬
dern auch früher, der energischen und aufopfernden Fürsorge und
Therapie zu verdanken sind, die seit jeher für die Diphtherie ver¬
wandt und in Anwendung gebracht worden ist.
Obgleich im Krankenhause bis vor wenigen Monaten den Diph-
theriekranken Räume, mit einem Bagno vergleichbar, angewiesen
waren, so jst — dank dem fürsorglichen und maassgebenden Inter¬
esse des Herrn Geheimrath Mosler — die Diphtherie selbst trotz¬
dem, oder besser gesagt, vielleicht gerade deshalb stets das enfant
gätö unseres therapeutischen Könnens gewesen. Ueber diese
unsere specielle Therapie wird es mir vielleicht bei einer anderen
Gelegenheit vergönnt sein genauere Details zu geben.
Ich habe eine tabellarische Zusammenstellung (s. S. 904)
der 30 Fälle gemacht, aus der Sie sich sowohl über die in jedem
Falle injicirte Menge des Heilserums wie auch über die sonstigen
Symptome und die klinischen Erscheinungen orientiren können.
Besonderes Gewicht ist, wie eigentlich selbstverständlich, auf
die folgenden Punkte gelegt worden, die auch von Heubner (in
No. 36 der Deutsch, med. Wochenschr., Jahrg. 1894) als durchaus
nothwendig bei der Verfolgung des klinischen Verlaufs hervorgehoben
werden: 1) auf die diphtherische Lokalaffection, 2) auf die Körper¬
temperatur, 3) auf den Harn, 4) auf die Herzthätigkeit und den Puls.
Wir können thatsächlich, natürlich einstweilen nur unter den
vorher auseinandergesetzten Einschränkungen, wirklich Gutes und
Lobenswerthes von dem Einfluss des Heilserums auf den diphthe¬
rischen Krankheitsprocess sagen. Oft fiel auch uns die geradezu
belebende Wirkung des Mittels namentlich bei den schwerer Kranken
auf, die somnolent und apathisch eingeliefert waren. Besonders in
einigen Fällen, wö schon der Larynx mitafficirt schien, wo uns
beginnende Athemnoth der kleinen Patienten schon die Vorberei¬
tungen zur Tracheotomie treffen liess, war der Effect ein evidenter.
Stenosenerscheinungen, Athemnoth, Heiserkeit und Crouphusten
verschwanden.
Die diphtherische Lokalaffection nahm, mit Ausnahme eines
Falles, stets ab, was namentlich am Tage nach der Injection be¬
sonders auffiel. In den späteren Kraükheitstagen bildete sich der
Belag meist langsam zurück. Die Zeit, bis wann derselbe voll¬
ständig verschwand, war verschieden. 3—7 Tage dauerte es in
der Regel, einmal sogar 13 Tage.
Die Körpertemperatur fiel öfters ebenfalls schon am Tage nach
der Injection zur Norm herab; allein vollständige Defervescenz trat
durchschnittlich erst nach 2—4 Tagen ein. Allerdings sahen wir
in einigen Fällen Temperaturen von 40° am nächsten Tage auf
37° sinken. Am Tage der Injection selbst indessen war eine
Steigerung der Körpertemperatur um einige Gradtheile — manch¬
mal sogar um ganze Grade — fast das Regelmässige zu nennen.
Es klingt etwas paradox, wenn man einmal behauptet, dass das
Serum vom Körper reactionslos aufgenommen wird, und an einer
anderen Stelle sagt, dass die Körpertemperatur danach — öfters
sogar ganz erheblich — steige. Der scheinbare Widerspruch erklärt
sich aber einfach daraus, dass die Temperatursteigerung in der
Regel am Abend beobachtet worden ist und sonach nichts anderes
bedeutet als die typische abendliche Exacerbation.
Das Auftreten einer Albuminurie konnte nicht verhindert
werden; wir hatten eine ganze Reihe von Patienten, die bei der
Aufnahme .ohne Eiweiss im Harn waren und erst im Laufe der
Zeit, wenn sie schon vollständig genesen schienen, Albumen im
Urin zeigten. Doch hatten wir auch hierbei öfters den Eindrück,
dass die Form der Albuminurie leichter war, dass das Eiweiss aus
dem Harn schneller verschwunden war als in einem entsprechen¬
den Fall, der nicht mit Serum behandelt worden wäre.
Eine direkte Beeinflussung der Herzthätigkeit konnten wir in
keinem Falle sicher constatiren. Zwar wurde der Puls langsamer
und kräftiger nach Verschwinden des Fiebers; wenn ein Herz aber
schon so alterirt war, dass es aussetzte oder arhythmisch arbeitete,
so haben wir die Regulirung desselben zum grössten Theil ledig¬
lich durch unsere energische symptomatische Therapie — Cognac
innerlich in colossalen Dosen, Digitalis, Campher — bewirkt, wenn¬
gleich eine Unterstützung durch das Serum dadurch nicht ganz
von der Hand zu weisen ist, dass es einen Theil der Diphtherie¬
toxine paralysirte. -
Ob nun aber diese Paralysirung der im Körper kreisenden
Diphtherietoxine durch die mit dem Serum dem Organismus künst¬
lich eingebrachten Antitoxine wirklich in derselben Weise vor sich
geht wie ausserhalb des Körpers im Reagensglase, das scheint mir
denn doch noch nicht so ganz definitiv entschieden zu sein. Denn
abgesehen davon, dass der verwickelte menschliche Organismus
noch lange kein Reagensglas ist, so sprechen auch die manchmal
sehr spät nach der abgelaufenen Diphtherie auftretonden postdiph¬
therischen Erscheinungen — wie Albuminurieen und Muskel¬
lähmungen — sicher dafür, dass an dieser Neutralisirungstheorie
noch ein kleiner Haken ist.
Wenn ich noch kurz von unseren beiden Todten sprechen soll,
so kann ich Ihnen nur sagen, dass der eine moribund eingeliefert
wurde, während der andere — ein Tracheotomirter und nebenbei
ein überaus schwächlicher Junge, — zu seiner enorm schweren
Diphtherie noch eine fibrinöse Pneumonie dazu bekam, die den un¬
vermeidlichen Exitus herbeiführte.
Fortsetzung des Textes s. S. 907.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
904
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRtPf.
in Jahren Aufnahme j2
Lokaler Befund
Temperatur und Puls
bei der Aufnahme;
sonstige Erscheinungen
und Complieationen
Injection
Tracheo¬
tomie
Weiterer Fieber- und
Krankheitsverlauf etc.
1 Richard Sehr. 16. August dritter Grauer Belag auf den Temperatur 39,5, Puls 16. August — Am Abend 40,5«, Puls 120. geheilt
17 Jahre alt. 1894 gerötheten und ge- 108. Leichte Drusen- 1894 I Vermehrung des Belages am
sch wollenen Tonsil- schwelllungenamHalse. nächsten Tage. Am selben
len. Uvula und hin- Keine Albuminurie. Tage auch hohes Fieber. Am
tere Rachenwand dritten Tage nach Injection
entzündet. erst vollständige Defervescenz.
Am fünften Tage kein Belag.
17. August fünfter Im Rachen gelber, Temperatur 37,5, Puls 17. August 17. August Keine erheblichen Temperatur-! geh eilt
■4 C)f\ 4 ! J* 1 TJ.1 T» • 4 AA All_* L. 4 OA A T 4 Ofl 4 _ Tf •. .
dicker Belag. Bei ca. 100. Allgemeinbe-
der Tracheotomie in finden sehr schlecht,
der Trachea Croup- Höchste Athemnoth
membranen. und schwere Stenosen¬
erscheinungen. Beider¬
seits Halsdrüsenschwel¬
lung. Keine Albumi¬
nurie.
Meta B.
3 Jahre alt.
18. August'zweiter Beide Tonsillen
1894 mässiggeschwc
Beide Tonsillen Temperatur 36,3, Puls 18. August
mässig geschwollen; 104. Keine Albumin- j 1894 I
leichter grauer Be- urie.
Emma N. 18. August! zweiter Grauer dicker Belag Temperatur 38,7, Puls 18. August
26 Jahre alt.
! auf beiden Tonsillen.
108. Leichte Drüsen¬
schwellungen am Halse.
Keine Albuminurie.
FriedrichW. 23.August| erster [Starker,
18 Jahre alt,
Starker, weisslich- 39 o Temperatur, Puls 23.August
grauer Belag auf 104. Leichte Hals- 1894 I
beiden sehr ge- drüsenschwellung. i
schwollenen Ton- Schluckbeschwerden,
sillen, besonders Leichte Albuminurie. *
Frieda R. 24. August. zweiter Schwacher, grau
18 Jahre alt.
Schwacher, grau- Temperatur 36,5, gleich 24. August
weisser Belag auf nach der Injection ge- 1894 I
den wenig entzün- messen. Puls 92. (re¬
deten Tonsillen. ringe Drüsenschwellun¬
gen, starke Halsschmer¬
zen. Keine Albumin-
1894 Steigerungen. Vom zweiten'
Tracheo- Tage nach der Injection nor- j
tomie male Temperaturen. 24 Stun- i
den nach der Injection leichte,
mehrere Tage dauernde Albu¬
minurie. Am fünften Tage
D^canulement. Am achten
Tage Belag geschwunden. Am
20. Tage masemähnliches Ex¬
anthem über den ganzen Kör¬
per. Leichte Gaumensegel- i
lähmung.
— Abends Temperatur 38,4, Puls geheilt; —
120. Am zweiten Tage nach
der Injection normale Tempe- j
ratur, an demselben Tage
Schwänden des Belages. Später I
leichte Gaumensegellähmung. j
— Am Abend nach der Injection geheilt 1 —
39,4; Fieber bleibt am ersten |
und zweiten Tage nach der
Injection noch etwa auf der-;
selben Höhe, erst am dritten
Tage Temperatur normal. Am
achten Tage Schwinden des
Belages.
Abends Temperatur 39,3, Puls geheilt —
108. Am folgenden Tage
Temperatur zwischen 38o und
39o. Am zweiten Tage nor¬
male Temperatur. Am fünften
Tage kein Albumen. Am
sechsten Tago koin Belag.
— Zwei Stunden nach dor Injection geheilt —
Temperatur 38,1, Puls 112.
Am zweiten Tage nach der
Injection Defervescenz. Am j
dritten Tage kein Belag. j
7 Wd? F * 25. August zweiter Uvula und beide Ton- Temperatur 36,7. Sub- 25 J
10 Jahre alt. 1894 sillen stark ge- maxillardrüsen ge- IS
schwollen; hintere schwollen und schmerz-
Rachenwand sehr haft; Schluckbeschwer¬
entzündet; überall den. Keine Albuminurie,
grau-weisser Belag,
namentlich sehr dick
auf den Tonsillen.
8 Pauline Schm. 25. August dritter Im Rachen geringer, [Temperatur 39,1, Puls 25 .1
6 Jahre alt.
weisslicher Belag. 104. Halsdrüsen linker-
Starke Schwellung seits etwas geschwollen,
der Tonsillen. Keine Albuminurie.
1894
Tracheo¬
tomie
9 ! 25 ', A fi Q? USt fUnfter Im geringer, Temperatur 37,7, Puls 25. August 26.
b Jahre alt., 1894 weisslicher Belag. 120. Sehr starke Ste- 1894 1
Bei der Tracheoto- nosenerscheinungen. Tr
( mie in der Trachea Frequente, schwache t
| Croupmembranen. Herzthätigkeit, grosse
| Athemnoth. Allgemein-
! befinden schlecht. Keine
I ; Albuminurie.
10 Äre^tT^Äqf 31 aChfcer E “ ete Hg? ge- Temperatur 39,2; Puls 29. August! -
Jahre alt.j 1894 schwollene Tonsil- 120. Patient ist eigent- 1884
Sub- 25. August — Eine Stunde nach der Injection !geheilt
1894 1 38,7, Puls 108. Abends Tem-1 ,
aerz- peratur 39,8. Am dritten Tage | [
iwer- Defervescenz. Am fünften
inrie. Tage kein Belag. Am neunten
Tage eine leichte, vier Tage
währende Albuminurie.
Puls 25. August — Eine Stunde nach der Injection geheilt
iker- 1894 I 38,7, Puls 100. Abends Tem-
»llen. peratur 39,4. Am dritten Tage
b. Belag verschwunden; an dem¬
selben Tage Defervescenz.
Puls 25. August 26. August Abends Temperatur 37,5. Am geheilt
len und Uvula mit lieh schon moribund; zweimal I
dickem, grau-grü- enorm viel Albumen
nen stinkenden Be- im Urin. Submaxillar-
la £* drüsen geschwollen.
fünften Tage Defervescenz,
Decanulement und Schwinden
dos Belages. Am sechsten
Tage etwas unregelmässige
Herzaction; die Herzthätigkeit
wird indessen in ca. zweimal
24 Stunden durch Cognac, J
Digitalis und Campher regulirt j
und kräftig; später leichte ,
Gaumensegellähmung.
Temperatur 39,9 eine Stunde g est 9^’
nach Injection; Puls 140 . ben29 ursachr
Wegen der septischen Form August d P-
wird der Rachen wiederholt
mit Sublimatalkohol ausge¬
tupft; innerlich grosse Dosen
Cognac. Einige Stunden nach
der Aufnahme beginnt die
Agone, Abends 7 Uhr Exitus.;
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
29. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
g g Temperatur und Puls
Name; Alter i Tag der -a m bei der Aufnahme; , . . Trackeo-
in Jahren ^Aufnahme g 2 -.okaler Befund sonstig6 Erscheinungen In J ectlon tomie
1 ““ und Complicationen
Weiterer Fieber- und
Krankheitsverlauf etc.
Sections-
befund
11 ' Hartha H ; 29.August zweiter Tonsillen gering ge- Temperatur 38,8; leichte 29.August
J Jahre alt. 1894 | schwollen; geringer Halsschmerzen. Keine 1894 1
1 grauer, punktförmi- Albuminurie,
j ger Belag. j I
12 Erich St. 1. Septem-dritter Auf den entzündeten Temperatur 371- Puls
18 Jahre alt. ber 1894 , Tonsillen zarter 80. Linke Submaxil-
grauer Belag. lardrüsen etwas ge¬
schwollen ; leichte
Schluckbeschwerden.
Diphtheriebacillen wie¬
derholt nicht nach¬
weisbar.
13 Hermann St. 1. Septem-zweiter Starker grauer Be- Temperatur 37,8. Keine
,17 Jahre alt. ber 1894 | lag auf beiden Ton- ! Albuminurie.
1 sillen.
14 | Wilhelm H. 3. Septem-dritter ;Starker graugrüner, Temperatur 37,6; Puls
6 Jahre alt. ber 1894 | j stinkender Belag 140. Submaxillar- und
auf Uvula, Ton- Halsdrüsen stark ge-
sillen und weichem schwollen; heftigeKopf-
■ . Gaumen; Ausfluss und Halsschmerzen.
1 eines übelriechen- Schlechtes Allgemein¬
den grau-röthlichen befinden, schwerer sep-
zähen Secretes aus tischer Fall. Viel Al-
■ der Nase. bumen im Urin. Herz
I regelmässig, aber
schwach. Keine Bron¬
chitis; etwas heiserer
Husten und heisere
Sprache.
1. Septem¬
ber 1894
I
2. Septem¬
ber 1894
I
3. Septem¬
ber 1894
zweimal I,
4. Septem¬
ber 1894 |
I
Ernst R. 6. Septem- zweiter Starker grau-weisser Geringe Drttsenschwel- 6. Septem-,
8 Jahre alt. ber 1894 | Belag auf beiden lung, massige Schluck- ber 1894 j
, I Tonsillen. beschwerden, keine Al- T j
! I buminurie. J
IG Wilhelm H. ,7. Septem-sechst. Massiger grauer Be- Keine Drüsenschwellun- 7. Septem-j
8 Jahre alt.; ber 1894 I lag auf Tonsillen gen. Geringe Schluck- ber 1894 |
! und Uvula. beschwerden. Tempe- 1 j
I ‘ ratur 37,4.
i I I i
17 _Bertha H. 7. Septem- dritter Dicker, grau-grüner Submaxillardrüsen ge- 7. Septem-!
7 Jahre alt. ber 1894 gangränöser Belag schwollen. Aus der ber 1894 1
auf der geschwolle- Nase dicker, grau- I
nen Uvula und den grüner, stinkender Aus-
Tonsillen. fluss. Temperatur 38,5.
Keine Albuminurie.
Schlechtes Allgemein¬
befinden.
Ernst H. 7. Septem- dritter Im Rachen
3 Jahre alt. ber 1894
iTemperatur 37,2; Puls 7. Septem- 7. Septem-
: Röthung u. Schwel- 132. Höchste Athem- ber 1884 ber 1894
lung; wenig Belag, noth; Stenosenerschei- zweimal I Tr ach eo-
i In der Trachea nungen. Kein Albu- tomie
Croupmembranen. men. Schlechtes All- I
i gemeinbefinden. I
19 I Bertha B. 12. zweiter Geringer Belag auf Temperatur 36,9; Puls 12. Sep-| 12. Sep-
9 Jahre alt. September beiden Tonsillen. In 132. Schlechtes Allge- tember tember
1894 j der Trachea bei der meinbefinden. Höchste 1894 1894
! Operation Croup- Athemnoth; starkeSte- zweimal IT rache o-
! l membranen. nosenerscheinungen. | tomie
I i Herzpalpitationen. i
! Keine Albuminurie.
Abends Temperatm- 38,9; Puls geheilt
140. Am folgenden Tage nor¬
male Temperatur. Am dritten I
Tage kein Belag. Am vierten
Tage eine mehrere Tage dau¬
ernde leichte Albuminurie.
Zwei Stunden nach Injection geheilt
Temperatur 37; Puls 80. Im¬
mer normale Temperaturen.
Am dritten Tage Belag ge¬
schwunden. Keine Albumi¬
nurie.
Eine Stunde vor der Injection \
37,3; eine Stunde nachher
37,6; Puls 96. Am nächsten
Tage vollständige Deferves-
cenz. Am sechsten Tage ver¬
schwindet der Belag.
Temperatur zwei Stunden nach j
der ersten Injection 38,2; an
den beiden folgenden Tagen
Temperatur zwischen 37 und
38; am dritten Tage Defer-
vescenz. Reichliche Gaben
von Cognac innerlich; Nasen-
douchenm. Sublimat (1:10000).
Austupfen des Halses mit
Sublimatalkohol. Am sechsten
| Tage der Ausfluss und üble
Foetor verschwunden. Am
siebenten Tage kein Belag.
Patient bleibt noch mehrere
Wochen in Behandlung wegen
der langwierigen Albuminurie;
inzwischen mehrmals Collaps-
anfälle, unregelmässige ausset¬
zende Herzthätigkeit. Nach¬
dem das Herz wieder durch
Cognac, Digitalis und Cam-
pher regulirt worden ist, wird
die Albuminurie durch eine
Wildunger- und Milchcur be¬
seitigt.
Temperatur gleich nach der;{
Injection 37,4; drei Stunden
danach 37; Abends 38; Puls
96. Am zweiten Tage Defer-
vescenz. Am vierten Tage
kein Belag.
Abends nach der Injection 38,1; |
Puls 116. Am folgenden Tage
Defervescenz. An demselben
Tage mässige Albuminurie,
die zwölf Tage andauert. Am
sechsten Tage Verschwinden
des Belages. Später ganz
leichte Gaumensegellähmung.
Am nächsten Morgen 37,6; {
Puls 116; von da ab Tempe¬
ratur normal. Am vierten
Tage der stinkende Ausfluss
durch Sublimatwasserdouchen
verschwunden. Tupfen des
Rachens mit Sublimatalkohol.
Innerlich viel Cognac. Am
13. Tage Belag verschwunden.
Immer normale Temperaturen; {
einige Tage hindurch leichte
Albuminurie. Leichte Bron¬
chitis, wogegen Ipecacuanha-
infus mit Campher. Am sechs¬
ten Tage Döcanulement. Be¬
lag im Halse geschwunden.
Später leichte Gaumensegel-
lähmung.
Immer normale Temperaturen, g
Am zweiten Tage Albumi¬
nurie, die zwölf Tage an¬
dauert. Geringe Bronchitis.
Auf der Wunde diphtheri¬
scher Belag. Am fünften
i Tage D6canulenient. Belag
□ igitized by Gck 'gle
Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
OiSOTSCHE IvfBDI0!MISCHE WOCHENSCHRIFT.
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: 1894 silUoj, l'vujfi fit'- U^Ki'liwniOtfj. ^ehltu;.k-:i 4^0-t ]
^|pvV>0«)> f»wti fit». h^riOViUVifiii, lvwa.tr
: -»Ummt ■ AUmmmarie.
jpaony K. ;2.. <)ct&hftr : £$ApPr;Sri>'wd<i.'r ; .' go» «mr v .87.4; Pol» ! 2. Ocl.uhw
9i .ThIVpo olt }H<)4 H,nuf Wie/. „100. -5. »ihn-klmx hwm- 1894 1
' . Tmis'ilmn. .diM«;^oririiÄft»SdHv»\Uuj-.if ■
; ■’ .■ . der BijlJiinvsiJhfnlrnsmu;
- -Ä Kefe >\4iinmin^trlo. . -
, fy»ß4? B A: 0(itobi’^4 r it;f,^ !>\u; lÄH».TotpdO*m
1A iTahre slli 1894 jMJ.uk itl;V*W‘r.
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21 Jahre ä! 1 t$M - g?Utvr Bdag; nur
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U'diAiii Bi'ucUv; .krartkor 1894 I .
■’.. Eimlrm-k. Gosrhwol-
i^be Draseti. Hü?.-4jdjer
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A Ihnminmiito ;
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; -Hals* «tud AublVia.'dllür-. 1894 J
'Irü-Vfi. Hoi:-A.i*(;.
■ iH.*y? iCf ürir- A 41>o ui«turio. - •:
I.Ampvrätv? IT./ 1 '; Suii 28.
• • maxilbü dil^nn etwa-. (»Hober
göst.h.^»3t|nj>; . i.üiduW ’ 1894 I .
AlirUir.imiTKk
wcliou mich drei lOtgen ver«
sejivmtKtefi.. BpiOw
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'i’omperar.ur ain Abeml ßiißk
:k« lujeetion 88,7. . Am
Bflcfisten. Ta^h upnu/ilfe
• pöi^-tur. Am fünften
.Uelcr^ vor^hwtmdeii.. •
Temperatnv .-an Almnd Aatit» igebviiK
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Tmöö liodi; ‘^ijßhßr;7.
104. Am zweiten Tage l»e%-
yossc Wz Am «Iritlmi Taaft
; kdm’-.Bf.Mg. •; ■• ■ : . _ ■ V ■; . j
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4«liwpnrlot>.- t laomenAogel..
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.Htenosmff’r-Brheinuugen hes^
sf-n'ii sich yotu när.h.sl'.üJi Tage;
gaiiz. uuühUpnd. Aö> yOehston ;
: Tage Ore.iiphnst.nn umt BcIük :
"u Bndioa verFchwimdoji.
AJbuminmO 1 nueh ;lrei Tagen I
atifgehvPt- Lorehtc Gannton*
; W'gejhlAßtitftg. • • .,.■' '. r •' :: i-'j- ’ •.- -j.r.:
litjiicuop. 38;8 *•■• Hiily
1.28 Aiii RfehstGiy :
die^ 15>mrmmi;ur ^ Am ;
üfwüjUm -Tage T/efvA’v^i-»n^. i
, Am Aöhoüton T>ige Bohig |
| 'versoh^umieu. '
Tomporuttirfm reb»v-mken w\- 'ge?loh! Ink:-
,sd»mi 87 und BRd. Kmfbdöm !brm iunj-
durch, iik T^uhöefeitide. die -22. Oc*] Kiiau^"
i Athonmoth gebuhe-n. heBndet' i.nlier: Pneum*“
• sieh Pfllieni p.iune^trHeh am : 1894 !
19. inxl 20. Odobi?r midi lei i
wohl. Et.wfm Appetit, .'keine *
Ajmthie, BroÄcbiä8- ''tHflui^- ,• ••' - *'
in dos sny ?,u ; ölrrmso Alba min- i
• unoi Ä'»^; dfmi iisriiftö; und, '
der'Traoboti Mbmhronöu. et??- -
gehustet. Am 22. üiiii 24..
imregeltj»j^a|ge iJeräthiife j
heit, .UfSsrdÄendör C'nisrsU'rlö'
Breunhitift. Alremis A'oUap^' ’.' i .
und Exitus
Temperatur am Abend naob ‘ 7' -
der liximtiuii 40.0; Pute 152. .
.Am r.a.obj.|im Morgen Tompo-
, ratur 57,2, boitdom courant
fichftrior. iVw sielwpthi) ’f.ige •
kb«jr JBeW-
.Temporittur AbemU. <KM>; am igehmi»
liitriistcp TfW'e •/.wibüheij 87^
ufid 98°. Am zwei Om Tage :
dimernde Oolervoseen?.. Am
$ioheuten Tage Kei^i Bdrtg:: 1
Am näehbUu Mage Thmperotiu' ; gobmif
zwjeehon S7 (t mrt 0v Pute '
84. Am pAvoiton Tuge
vosrenzi Am dritiou Tage
kein Allmüloa. Aui nmmom
T»go kein Belag.
29. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
907
Ueber die immunisirende Wirkung des Heilserums bin ich
leider nicht in der Lage, Ihnen Genaueres sagen zu können, da
wir in der Klinik Schutzimpfungen vorzunehmen bis jetzt noch
nicht Gelegenheit gehabt haben. Die Versuche darüber scheinen
keineswegs definitiv abgeschlossen zu sein, und ist die Erfahrung
über den Schutzwerth des Serums beim Menschen zur Zeit gewiss
bei weitem geringer als die über den Heilwerth.
Sie sehen, m. H., dass unsere Resultate im Verein mit den
anderenorts gemachten zu weiterem Thun und Handeln auffordern
und der ganzen Aerztewelt nunmehr die Pflicht auferlegen, das
Heilserum im Kampfe gegen die Diphtherie anzuwenden. Ich
selbst möchte mit diesem kurzen tabellarischen Resumö nichts
anderes geliefert haben, als einen bescheidenen Baustein zu dem
durchaus nothwendigen, grossen statistischen Gebäude, das zu
seiner Herstellung noch vieler Jahre bedarf, um dann definitiv über
Sein oder Nichtsein der Heilserumtherapie zu entscheiden.
VI. Aus der Universitätsfrauenklinik in Leipzig.
Ueber ein bacterienfeindlicbes Verhalten der
Scheidensecrete Nichtschwangerer.
Von Dr. K. Menge, Assistenten der Klinik.
(Schluss aus No. 47.)
Welcher Art sind nun diese Factoren, welche im sauren Seeret
neben der Säure, im alkalischen Seeret allein die Selbstreinigung
der Scheide durchführen? Es ist in erster Linie an den Antago¬
nismus der gewöhnlichen Scheidenbewohner, die auf neutralem und
alkalischem Nährboden aerob nicht auszukeimen pflegen, und an
deren Stoffweekselproducte zu denken. Deim beide, die Keime so¬
wohl wie ihre Producte, werden in ihrer Wirksamkeit geschwächt
durch eine Verdünnung des Scheidenseeretes mittels einer keim¬
freien und stoffwechselfreien, flüssigen Substanz, beide werden zer¬
stört durch die Siedehitze.
Der Unterschied, der sich in dem Verhalten des künstlich
alkalisirten und des natürlich alkalischen Scheidenseeretes ausser¬
halb der Scheide den eingetragenen Baeterien gegenüber zeigte,
lässt sich ganz ungezwungen gerade von dieser Anschauung aus
erklären. Die Verminderung der Selbstreiniguugskraft des künst¬
lich alkalisirten Scheidenseeretes ist weniger in der plötzlichen
Ausschaltung der Säure Wirkung, als vielmehr in der Verdünnung
des Secretes durch das zugesetzte Alkali und besonders in der
Schädigung der an den sauren Nährboden gewöhnten Baeterien
begründet. Bei dem Scheidensecret, das unter natürlichen Ver¬
hältnissen alkalisch reagirt. fehlt diese Schädigung der eingesessenen
Scheidenflora, und seine Wirkung ist deshalb eine ungeschwächte.
Schützt nun, wie Doederlein annimmt, eine einzige be¬
stimmte Bacterienart, welche Milchsäure producirt, die Scheide vor
den pyogenen Mikrococcen, und kann man jene deshalb als ein
Kriterium für die normale Beschaffenheit des Secretes anseheu,
oder sind ganz differente Mikrobenarten imstande, der Scheide
diesen Schutz zu verleihen, ist überhaupt mit der Säure und mit
den gewöhnlichen Scheideubacterien und deren Stoffwechselproduc-
ten die Zahl aller zu nennenden Factoren erschöpft?
r Dass die von Doederlein besehriebenen Scheidenbacillen
nicht allein die Aufgabe haben, die Scheide von pyogenen Coccen
zu befreien und rein zu halten, beweisen erstens die zahlreichen
Secrete, welche die Selbstreinigung üben, obwohl diese Bacillen in
ihnen fehlen; ich habe noch näher zu beschreibende, zierliche
Bogenstäbchen viel häufiger in der Scheide der Nichtschwangeren
gefunden als die Doederlein’schen Scheidenbacillen, welche in
dem Secrete der Schwangeren relativ viel häufiger vorzukommen
scheinen als bei Nichtschwangeren. Zweitens sprechen mit
Sicherheit gegen Doederlein’s Anschauung die Versuche, welche
ich in der Scheide von neugeborenen Mädchen unmittelbar post
partum angestellt habe. Leider verfüge ich nur über drei derartige
Versuche. Die Kinder wurden, ohne gebadet zu sein, sofort nach
der Geburt in sterile Tücher gehüllt und im Laboratorium zu den
Versuchen verwendet. Das Vaginalsecret zeigte unmittelbar post
partum das Verhalten, welches Doederlein schon beschrieben
hat, d. h. es enthielt in jedem Falle ausschliesslich Plattenepithelien.
Leukocyten und Baeterien kamen nicht zu Gesicht. Agarguss¬
platten, welche mit dem Seeret der kindlichen Scheiden beschickt
wurden, blieben steril. Sofort, wurden grosse Mengen Staphylo-
coccen in die Scheide eingetragen und nun wieder Probeagarplatten
mit dem Scheidensecrete beschickt. Am nächsten Tage Avaren die¬
selben von ausgekeimten Staphylococcencolonieen übersäet. In etwa
zweistündigen Intervallen entnahm ich nach der Uebertragung den
Scheiden der Kinder Seeret und verwendete dasselbe zur Anfertigung
von Agarplatten und von Trockenpräparaten. Die erstereu de-
monstriften deutlich die allmähliche Abtödtung der Staphylococcen im
Secrete; in den letzteren konnte man wieder die schon oben erwähnten
Besonderheiten beobachten; zunächst neben den Plattenepithelien aus¬
schliesslich die eingetragenen Coccen, dann das Einsetzen der Leu-
kocytose und in einem Falle auch der Phagocytose: schliesslich
allmählichen Schwund der Leukocyten und der Staphylococcen, da¬
für Auftreten einer Scheidenflora, die hauptsächlich durch Stäb¬
chen repräsentirt ist. Die Selbstreinigung der kindlichen Scheide
dauerte bei meinen Versuchen ca. 50 Stunden, also doppelt so
lange wie die der Scheide der Erwachsenen.
Ich möchte an dieser Stelle noch erwähnen, dass die Reaction
des Scheidenseeretes der drei Neugeborenen unmittelbar post par¬
tum eiue deutlich saure war, dass die auf dem Reagenspapier
durch das Seeret hervorgerufeno Röthung dauernd bestehen blieb
und nicht, wie Doederlein es beobachtet hat, nach einiger Zeit
verflog. Ich kann deshalb Doederlein’s Ansicht, es sei diese
Röthung stets durch freie 00$ bedingt, nicht beipflichten.
Wie kommt nun in der Scheide der Neugeborenen, welche
keimfrei ist, keine bacteriellen Stoffwechselproducte enthält und
nur über eine geringe Säuremenge verfügt, die Abtödtung
der Baeterien zustande? Wahrscheinlich wirkt sofort ent¬
wickelungshemmend auf die eingetragenen pyogenen Mikrococcen
die schwache Säure; unterstützt wird dieselbe in ihrem bacterien-
feindlichen Verhalten möglicherweise durch die herbeieilenden Leu¬
kocyten; ganz allmählich dringen von aussen bestimmte Bacterien-
arten in die Scheide vor, die im Gegensatz zu den Eitercoccen dort
einen sauren, ihnen sehr zusagenden Nährboden finden und in dem
günstigen Milieu schliesslich dio Eitercoccen, die bei meinen Ver¬
suchen zunächst in ungeheurer Ueberzahl vorhanden waren, aus
dem Felde schlagen. Eins hat mich aber daran denken lassen,
dass vielleicht doch noch ein Factor bei der Selbstreinigung der
Scheide des Neugeborenen und w T ohl auch der Erwachsenen in
Frage kommt, der bisher nicht genannt ist. Die Abtödtung der
Staphylococcen im Scheidensecrete der neugeborenen Kinder begann
sofort und schritt gleichmässig weiter. Sie war schon nachweis¬
bar, als im mikroskopischen Bilde noch nichts von anderen Bac-
terien wahrgenommen werden konnte.
Das keimfreie Seeret der Neugeborenen mit dem schwachen
Säuregehalte und dem zeitweisen Fehlen der Phagocytose entfaltet
vielleicht auch durch den Gewebssaft, der einen Theil des Scheidcn-
secretes ausmacht , den eingetragenen Mikroorganismen gegenüber
bactericide Eigenschaften. Sehl* auffallend ist es allerdings, dass
die gewöhnlichen Scheidenbewohner unter diesen Eigenschaften
scheinbar nicht zu leiden haben. Ob man jemals die bactericide
Wirkung des im Scheidensecrete befindlichen Gewebssaftes durch
den Versuch in exacter Weise isolirt nachweisen kann, erscheint
mir zweifelhaft. Durch ein sterilisirtes Chamberlandfilter werden
nur die Körperzellen und die Baeterien, nicht aber deren Stoff¬
wechselproducte zurückgehalten. Eine Beseitigung der letzteren
ohne gleichzeitige Zerstörung der Serumwirkung ist vermuthlich
sehr schwel*, wenn nicht unmöglich. Aus der Scheide der Neu¬
geborenen. in deren Seeret die Baeterien und ihre Stoffwechsel¬
producte fehlen, kann man zu einschlägigen Versuchen hinreichen¬
des Material nicht gewinnen. Vielleicht lässt sich die Serumwir¬
kung des durch ein Chamberlandfilter getriebenen Scheidenseeretes
durch einen bestimmten Wärmegrad vernichten, der den bacteriellen
Producten ihre Wirksamkeit noch nicht raubt. Dann liesse sich
aus der Verminderung der bactericiden Kraft des keimfreien,
zellenfreien, neutralisirten Secretes ohne Serumwirkung wenigstens
eine approximative Schätzung der letzteren gewinnen.
Ueberblicke ich jetzt noch einmal die ganzen angeführten Ver¬
suche und die sich au dieselben anschliessenden Erörterungen, so
glaube ich aussagen zu dürfen, dass eine Reihe von Factoren,
die zum Theil von einander abhängig sind, Zusammen¬
wirken müssen, wenn die Selbstreinigungskraft der
Scheide den pyogenen Infectionserregern gegenüber ihre
volle Macht entfalten soll. Wenn man diese Factoren zu¬
sammenstellt, so dürfte durch die Reihenfolge: Gewöhnliche Schci-
denbacterien verschiedenster Art, deren Stoffwechselproducte, Säure¬
gehalt, Gewebssaft, Leukocyten, Sauerstoffmangel ungefähr die
Wichtigkeit, die jedem einzelnen bei dem Selbstroinigungsprocess
zukommt, zugleich angegeben sein.
Den Sauerstoffmangel, der den Streptococcen und Staphylo¬
coccen direkt natürlich nur angenehm sein kann, nenne ich hier
auch, weil durch ihn eine Scheidenflora begünstigt wird, welche
den pyogenen Mikroorganismen gegenüber sich feindlich verhält,
weil er also indirekt die Selbstreinigungskraft stärkt.
Ferner können wir den Versuchen entnehmen, dass eine künst¬
liche Störung einzelner Factoren imstande ist, die Selbstreinigungs¬
kraft des Scheidenseeretes zu vermindern, dass eine künstliche
Vernichtung aller oder mehrerer Factoren die Selbstreinigungskraft
ganz auf hebt, sogar eine Aufzucht der pyogenen Mikrococcen im
Scheidensecrete ermöglicht.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICXWSCHE VVÖC'HENSCaRlET,
1
^g; DEUTSCHE MßMCINiSC:
Srtumifcnsorr..*t. Aussorhnib dfiS. Kölners künstlich j'
Maastfgaiunhii sMy#? StilhsWeiniguu^skratt horauboii j
{■isst,- wir m durch.StoHHsafioö und Nenirirtisathms$g*V %MT0- Nä.hr* [
JAnhui .$r p£ügem? MjkrtHmhßtfn m'rtm kjWftu • so Werten wir das-
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-rhwuogorrh Irtuu dnFfd.i bestimm^* EiaH(W*n Tjii’iio seiner li&c,«
'• hhibftf^nn, ja in *c)u>»eu Fallen dieselbe ganz- tw-
Kurtuv ipul dann pyngphb
ity&ir jwWr) teile® Verhältnisse. oVHAicht. .dadurch um
&hfc&fen. ä«i‘^eCöt»I{in v te*AMU»- diejehigpb SM^D? r Hcvü(t. 'j$Mrs« ; -
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fifiinteuiiw < •.-i4ferKC-).iraikim1t< Z«iUki\«nV zur. Srd.b.st;rHuigtmg/ beTiffa
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Xn iVir^err Sd'aoUiiji gehören: Uh* Beirrt doriscemk der Arti-
i**bortmcudas Schrtdenw., rot, jn'fn» lOensfruntiönmYt; das Sehrt dfcfcK;';,
*Wei ho« starkm- Corpus- oder fVUcrtobspncIenuig: (bis &oh*ml<M*-
Hirti’ct bpi vermehrter S.<;bctd* i bab^i)doj , uaj>- oh*K; Vorne iuuag dt*
i UiarteÜ'it-ijßdtiHijö^:• da* Hrtmithumeerrt frei kJäibindw- Vulva und
lau U^suonifs.- c(?*r Vxüjina; «ml endlich sr.h«>iVdmv .au# dasUB-hrt-
«liUipHwut k!iiii:tkte('n-i«du>» Frauen. lieber db? Uesorhefi dor Vor-
imhrirauiuv der Srtiirtmeigmiivsk?afk hu- isri • mir lad- da« het'düu
M'txt^n KaVgori.er < vn Öecmfen ‘nrt ; b molih klar ghwbcdrtb
VWw»’ nifi-ir .aber diu vier nisi-bf» BmrefaHeh i ui Umiander fort
glrtrtiK.Bo htliFos sofort auf. . diesditrti sr>kcd '-g-mkinäffiatt-
(idu*. MornufitU' daldjirtniu ohmu ^uriogun bt«db^i*e?efeÄtb«
Sänregrmi t-md rtiim cbntimuriiciir YrnTdiHutmtg t!i\s SwrefrpÄ,.- durch" .
welche piütv ndrtivo Verminderung ilgrt ltanteri«*itK&fii und dv<m
ijiö&sfr gh lieferten To^ingodigu bodingt wml ; HdJ rjl<nö der
diirdV die Hea«t*iönöäiKltn , iiAg' sdiuil vorher bellte'- •
der baitoidtjen Kruft dos SdiddeuBecretes wird rrkßßi..
Mrnsr.nmlbiut, in grosser Mmiso aus^diiadeii, sthweimut üu*u-
Tbuil des wirkyainnu Serdetes ans der Sf.lt eidu aus. vmitumt «{-n,
"/nt’üökbHbotulön vurmimlitrt absolttt« uml; reiä%. die faiii
Kühaidb«IUtel$Heu und die -Menge ihrer BtpSwedigelyrodUük; fauy
•seUt «Jt.> Sd..iHtfoini^uua , skrftfl> der Scheide so. berat*, das* miaetiK
a-etiaigenc.grössere Mengen pyogener Goaceu v«m der $r|i**?,
rw«hf mehr htswhltigt werden, da die Keime dniS'- ihpöh'i
Uene.tii/h im SiVTot^ ßuden, devduih'ten r«>it3<i!i**Jjois Mihrobwi -V
hbei-gestelit worden, eiohn yw Stoffweeji^idpiwl^mxp?} fibke u-:
siftättiu ; NMi»-h'üdeh''■;aü8n.iii»en 'kbuüen.. iah einOxa W».,ir Ophm-
heit: hä b(<if». 4 -.-,otv?;u.4h>gT5p amt 'Boden -%n f»ss«n, und den ^iDWhjt
Uoilfen halten ^ie- fest* mthk ■ weuin .dir’ M^fiMtrüÄouHfr
n%b>, .hat;. Hie sind, damt m «luuernä^iL SetrefAnuviJhn^.
dit* ?nni ; . -de?, rn/nd« •ä*> ver-fiii«Ut»D.un' Bae.t^Han . gia*«MiV.het-
atiwehrefKie StMlnng- eiimehnien, -die di?\se vorher m ^.tt.a-..
iuutf haftet. -:. .. *. .: •- - . . . ■' '■;; -:' ; : '
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ikiiwv.-fcMmii tefp gb«5tnifhwöfeheTidon facthfßii de^
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Dehi’S uod wenig . (lüiiiiÖüssi^es t>rvu^is.enret:.liefert*, «bunte
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\Yir tindrtx denumrt? bni : '-*iiöor Ak^ht-voo .SrtJiMton.ti.nt.rt* naUH’«* sofort n.aC-h iktadigung iter. Mon.otnmHöu wiadoi 1 vm dpn SaMt#
Hohen Vi*rirtiti}is>en Hhdjüguiigen, 'Vvehdu*, -wenn wir hin kuortikh vevoehwandeii. Es fehlte in diesöiii Fnlio die Fortdatior M
in» Solmidonseerctr aus-serhafb: »k*-< Körpers dmeh ASknli/.Usxt.z itm| Alkuloseei^.. dtf; Seeeotey. ns trat sofort nach der Menikusti«»:«
(iuveh StAt’iiisatioi» in wktgohrtulrtPm ■ Mßus^e her&t,eitlen, dem j wieder emo durch 4an germgoo Silunigrud bhdijxgte Katwiekeiiuig«^
Sidieidens«>ct'»5iü iüvi -• Hahttce«,;•’! Alb' oben 7<u^ hömöiuog dfa'.Bktppt^coecvii auf T itml mit.'(fai* ^e|t g;öW8aneu witntoi:
sammengePleJltei) Seerefarten tddbden, wie wie erwarten durtiett, «tldDre Keime die Oberhand. Ohe? die Strtptoeouooa.
die dngekitgetien p.yogenoii Mikrofwh Iang.sjtmer als diejoBigOn, J.)i«mer i^ilj beweist, »fass stdfrst, das Euaunj'mäitrüfVen rmi-.
deren baeferieide l'ftetfgen völlig iuinef varen. Abor nur in ei muri. gonorrhois* beo C«owbaiikat;uTlu‘K und einer TtihhtitrticQcu ßltitu«^
fdmgt^n Pulh*, der dtirch ein- stark 'vor-mrdvrti'b d , ervieal^m*.ret sieh nicht iimuor hatreieht die SeHirtrpinigmigskraft der Krteuk ganz
uin-yeikdii?eti.',. w.r}e)u«:4 si{ h dank »rinor liunniUrtsigkcit leicht intiv m bvenhen.. Kur wonn bas C'nrpUs^. oder dftk : CrtYirtitsÄ'nd v>
dem Seheidenseereto nrisehte und deslinlb •dne ^irtrtwrtssig HikaSirjebe roivhHid? und dfmyllfofe; gejirdert wini, ijlasn es öirti grtkhuertu
Rivietioji ,h*s b*t7»*‘.v«ut b«Mühigen kenuito, War unter »mtibdichon ihlk -dom Sebuidbüs’ßi-ret ytt eiue?n neutral o«.ier'alkuli?vir . -
YerhUlt.fusoon die Sidbsiffeiui.cfungjskraft, <ier SeiVddo So weit her*t^ Öioeii^eite vfoaitven kann., wird whe erbjJgrnirtic Auiztirhi:
go-a tzt s ilahs ic Jt Strhptocö«rt? ?i in ib.■♦ueolrur in d«nn Seheideu- '<-*o<>e*wr zur Monstvtiatiohuznit zu erwarten- seih,- ’
.scrntte^fa.iid, \ IW Surret., in welchem ieh oteepioooreon lutehweiseii Jäwiutr,
Wie kann jnau sieb ntni die MügUrJüiint dor AufssUnbt von war so rtüe.}iih;.l» und dünnflüssig, dh^s es fcbatsMei.üibh. ,MV mit
pyogohen Coceert im Söheidensoerrte Mlper uiehtse.bwaugnTor« Scheide hurao'^tropfte
Krau erklären v rttlymbfi.r inusjs die 8törmig der SeH'.srteiniguhg«- Eo ist. klar, dd.ss eijL zoKitchcb Zuseuoinentreflen roekreiw Ji«-
faetui|<.\ri mtvr nulhrlbihfirf Yhrdädthi&sj^h üsitwdmj oimv rmch krntfj/ dur SiOlirddo auf ma Miuifftum mdüeiren^
grhssere sein konnem ab wir sie in d.nu nJym ange.führ!.eu Sceret- i Um^tOndn mit. -.lief Eiütaip^UK grosser«?- Mengen vA»^ r
arten schon heobäehteir kouuD.Mi. Ich giautm «ln : r v^gezwimgone ] Coeeon an sinh schon ziemlich' stdinü vorVpr«iitit* und itadui r 'k
Ei'kUirtiug Ihr diese ■ Möglichkeit; hisst sieb nügeführ tu folgotuirr j lie.^ondo.t'S ütnvubrSidioiidtid» gurnanht. wird^ dass die 1*^uim'.wüteu
Wrdso geben. der Mmismmi-iön mögUeir.st jede Berührung ihrer 'Sclfaitb? ?a vi-r*
Es int norbweudi?;, diiöÄ mehrere dip 1$eib«treinigufigskmft moidno suchen. •" ’ ....
des • SuheidonsertOtrt shrt bwhehßmiv g nntürlirthr.* liudrnguügeu Ab?o dürrti dibyo KlHW \S r aUY^Aii^ifli*ihkvijiärott?iiinvg ist rtv
gl 0 ich/.eitig mnwirkeii: wcuj.i ein gTüSoOi'er Thgil der otw-n gv- Seltenheit eines Ht.ii>ptüctvcetml>etut<dus in ih*r;.'SßU«dö dar- NKrt-*
Jtamd.ru. huctencidcu hörtAre« purahyslrt tuel dnufH der Aüt^uchf m hwring*’mi ungezwungen etkhlrf.
pyogener Coeceji Belegouhinh ghgotjgn worden '«oU. tim] cs kann Hfi-tKm ' fu*.m dtose gauynu Erücforungru auch *tau*l, - .
iltu bw?.te?*o in der Beheixio der niehf.srhwangfMeti Frun; nur dämi joan si** auf dir Sohr.ule dev Schwangeren aurtlehnt i Irt? vh'-'ueu
thatelU'.hür.b gWingmg wenn in dm:Sr!)um Zeit, in der die Selbst- dass .(üe4#bn dtu-ch alle Yorhaltuisso. die-.rtch ln dn' SBwuMur
i'Cinigungskr&tt döh bcheldty dtist ganz gnbrniJum ist, oii»r TJabrt- • Achw.mg>.'n»a iiuden, sogar gosfiit.zl. uml gcknlfiigt xvrtu^M 1 -
trögnug grösserer Mongon von p.yogonc-?» Mikroeocreü iii »las S t ., denk Sottig<tinw<nvrte \ fm Schwaftgoven finden wh- itart Krtrti:Rr .
*.‘Hd statt hat. Versuchen tumfmls pyogene .VLtkrouoL’onn. . r
Au rrncuyj Jhäspirte u.üeliu* ich dir 1 mplautathnusnidgiiehkrtt. '. Es nPr-seii sich tlemuartt bei ^hhwftügei'ea >3Spnde.fe-
( iiinial Milaolorn hmtjen nat'hwnisen lasset), welche eine Vmnmderüng dor ' .
■*v ä m ” , e °b vinrnn Se.-ndrt w tdrt tos ua eh weislich emo rrt- toiujgaitgskrnit dos Scheubrnsw-retes niemals ziVla^^n. DUs-r. rt«-
UeLdiehc ortl^t-rcniigtuigrft.m»dofiz j.,cbji.-rt o.mi kriUMgo saure Honetioib ri* hfuegen • b-xistimi thatsm hlkh, und zwar hßßtel^ö «u-
zeigt. I le ratdiuadtm dieses Socr»»tes wird goporiljoi-vli iidieirf: Ce?st>tio immrtniatiorus in dem Sistiren der Äb*ohdrtmig ( t**
es entwickelt steh, wie hoi dem. von mir bwb»clHeten Fallt, ein Cotpu« Uten und in der Veränderung der ConsifetnM d«girtv^^
amwrt PJUiÜuÄsigeHs UrviealseOret, vveKhes sich so voMcomimm leb habe erst jniigst wieder Mogeiiheit gehabt (me»>
nn, dv,n oche«Ueusrcv.etc ?ä vornmeheu vncmag T dass eine gleich- graviden, darth Totalos^frpstin,, gewemmnea Vim a,c ^j
U Tr rf VM ä iky, *sdie ß^ööMöp tb-r verebRcji Srrtrt b ansscrgHWühnUchcm Zühigktdt -dos tVrviealsCeretes hm Adiwangr :
tesu.Mrt Ou, Flora der Scheitln . JJraprf!« K lich bnwotinBm zu nber.cngcn *
^;Scc ; rof, welcheNüiubod.m besser ibcscibo war so hoeligrödig. tes hin diekcr Fhii.iB*pat6b
a ;!- hfkaliechcm^ !>»es-:- ward?* non.. aJlmiihlicii vor- wplcheüt ich W&s Her rot vcm der Unterlage abzuhoben vr?>u^'’
•UUngt dupc.j lilmtumtisehö Kmma; cwokhö-' gKKhhdls anapj’oh aui • si«h bei diesem Yorgöheti tun bog. Sollet bei gomwrtm^'dve < ■
.uangt durc.j nbjum*t*ise-Ue Krtmo, vv.debo- gKAhfuljK mmmh a ui' sU-h bei diesen. Vorgcheti tun bog Solist bei gomwrtH'^'de^ •■
finden, inwimhm vicaHnb‘cti(jh ? die zn' einer Vermehrang de*?
Sl?" u- ] f: ^TtBeoecuu in dinso V a gi, ut eiugoimgcn, dasselbe bei Sohwanü*mi nur wmiig von dieser Znbigkvd. 4 h. ;
Hibsidbcu kßm» ulkaliHrtior Ibuetion dasÄSe.M‘otes Wwix
iwoHp: ia^Oiu. uh dio l.h?s fahende. Heheidenllora- ihm \ r r\PTrit> Jievi««»'
w.w«ww um rjuuwangoguw nvu : wmug vwi »*.*«.-* • . ^
■vvokhoi ciao gleiclmikssigo Mischung des C»*rvicalsf>crrtf^ au ^
Srhe.idenahstmdenujg nud zugleich damit oifio gbiiehmäs.^u '
dftmuiui; und r.cutrate oder alkalische RoaetioD der b'tzort^ 1 _
gPBchloösco övsoheint. Daher die eiet? snurc Rrtvctidh dm • ^e»i
*ecrhti^ Schwyytgoi'er.
A % —
Original from '
UNIVERSfTY OF MICHIGAN,"
29. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
909
Diese Zähigkeit des Cervicalsecretes also, das Aufkören einer
coutinuirlichen Corpussecretion und die Cessatio meustruationis
vorhindern es, dass es je zu einer völligen Beseitigung der SeJbst-
reinigung'skraft des Scheidensecretes Sehwaugeror komme, sie ver¬
hindern indirekt eine Ansiedelung der pyogenen Staphyloeooccn
und Streptococcen im Scheidensecrete. Ferner ist die erfolgreiche
Uebertragung von pyogenen Mikroeoccen in das Scheidensecret
Schwangerer noch dadurch unwahrscheinlicher geworden, dass in
der letzten Schwangerschaftszeit, in der zuweilen durch recidi-
virende, von Placenta praevia lierrührende Blutungen oder durch
Hydrorrhoea gravidarum eine gewisse Herabsetzung der Selbst¬
reinigungskraft des Scheidensecretes beobachtet werden kann, das
Weib jede Berührung seiner inneren Genitalien iiistinetiv ver¬
bietet.
Uebrigens ist die Verminderung der bacterienfeindlichen Kraft
des Scheidensecretes in Fällen von Placenta praevia und von
Hydrorrhoea gravidarum stets eine nur massige und nicht an¬
haltende, da die das Secret der Scheide beeinflussenden Serum¬
oder Blutmassen nicht continuirlich abzufliessen pflegen, sondern
in Schüben abgehen.
Man kann demnach die mit der zeitlichen Amenorrhoe und
mit der Zähigkeit des Cervicalsecretes correspondirende saure Re-
action des Scheidensecretes Schwangerer und sein gleichzeitiges
Freisein von pyogenen Mikroeoccen als einen direkten Beweis für
das Zutreffen meiner voraufgegangenen Ausführungen über das
Scheidensecret Nichtschwangerer betrachten, man kann aus diesen,
bei der Schwangeren anzutreffenden Verhältnissen erschlossen,
dass nur unter den oben schon angegebenen oder ganz ähnlichen
Bedingungen eine Ansiedelung von pyogenen Coccen im Scheiden¬
secrete nicht geschwängerter Personen möglich wird.
Wenn in dem Secrete, in welchem ich Streptococcen gefunden
hatte, thatsächlich nur die dünnflüssige Cervicalsecretion den
dauernden Aufenthalt der Streptococcen im Scheidensecrete er¬
möglichte, wenn die letzteren nur als facultative Saprophyten im
Scheidensecrete lebten und ihre Anwesenheit in demselben unab¬
hängig von jeglicher, durch sie selbst bedingten Scheidengewebs¬
erkrankung war, so musste eine Aenderung des Nährbodens in
seiner Reaction durch Ausschaltung der Cerviealahsonderung allein
zum Verschwinden der Streptococcen führen.
Ich stellte nun zahlreiche Desinfectionsversuche in dieser
Scheide an, um dem Einwande zu begegnen, durch das angewendete
Desinfectionsmittel seien die Streptococcen in der Scheide direkt
abgetödtet worden. Ich reinigte die Scheide mechanisch, spülte
sie mit ungezählten Litern von Lysol-, Carbol- und Sublimat¬
lösungen von verschiedenen Concentrationen und in verschieden
langen Zeit Zwischenräumen, ohne jemals mehr zu erreichen, als
dass das Scheidensecret ganz vorübergehend nur vereinzelte Strepto¬
coccen enthielt. Gewöhnlich war die Scheide 3—6 Stunden nach
derartigen Versuchen schon wieder von zahlreichen Streptococcen
bevölkert. Die gleichen Erfahrungen machte ich mit einer län¬
geren Milchsäurebehandlung.
Endlich, als lange fortgesetzte derartige Einwirkungen die
Bacterienflora der Scheide auf die Dauer nicht im geringsten ver¬
änderten, ging ich dazu über, den Cervicalkatarrh zu behandeln.
Eine zweimalige Aetzung des Cervicalcanales mit 50 procentiger
Chlorzinklösung reichte hin, um folgende Aenderung herbeizu-
1 uhren:
Die Cervicalabsonderung wurde sofort ganz gering, es stellte
sich spontan eine saure Reaction des Scheidensecretes ein, die
Streptococcen verschwanden aus dem Secrete, in den aus der
Scheidenabsonderung hergestellten mikroskopischen Präparaten sah
man eine vorwiegend aus Kurzstäbchen bestehende Bacterienwelt,
und mit Scheidengrundsecret beschickte Agarplatten, welche früher
stets mit den feinen Streptococcencolonieen dicht besetzt erschienen,
blieben jetzt steril.
Es ist demnach durch diesen Fall der Beweis geliefert, dass
die Streptococcen, ohne in die Gewebsunterlagc eingedrungen zu
sein, ausschliesslich als facultative Saprophyten im Scheidensecrete
so lange vegetiren können, als durch gewisse natürliche Bedin¬
gungen dieser Vegetation Vorschub geleistet wird, als die Selbst¬
reinigungskraft der Scheide zerstört ist. Es ist ferner der Beweis
geliefert, dass durch die Beseitigung der die Selbstreinigung der
Scheide vernichtenden Bedingungen das Scheidensecret seine alte
Kraft wiedergewinnt.
Bevor ich kurz auf das Selbstreinigungsbestreben des Cervical¬
secretes eingehe, möchte ich noch wenige Worte über die Reaction
des Scheidensecretes im allgemeinen hinzufügen. Beim neu¬
geborenen Kinde reagirt das Scheidensecret, welches noch keine
Bacterien enthält, unmittelbar nach der Geburt deutlich sauer.
Diese Reaction ist nicht allein durch freie, flüchtige Kohlen¬
säure bedingt, und die durch das Secret hervorgerufene Röthung
des Lakmuspapieres schwindet nicht nach einiger Zeit von
selbst, sondern die ,dauernde Fnrbenveräuderung des Reagens-
papieres zeigt, dass schon in der keimfreien Scheide des Kindes
die Production einer freien, nicht flüchtigen Säure oder von sauren
Salzen stattfindet. Welcher Art die producirte Säure ist und wo¬
her sie stammt, ist noch zu ermitteln. «Jedenfalls bestimmt ihre
Anwesenheit und ihre Stärke in erster Linie die Bacterienarten,
welche sich in dem Scheidensecrete des Kindes ansiedeln und in
demselben vegetiren, bis späterhin, etwa in der Pubertätszeit,
durch irgend welche Einflüsse die Bacterienflora Aenderungen er¬
leidet. Aber auch liir die Scheide der Erwachsenen gilt der Grund¬
satz, dass der Säuregrad des Seeretes nicht ausschliesslich das
Product bestimmter Bacterienarten darstellt, sondern dass die Art
der Bacterienflora zunächst immer vom Säuregrad abhängig ist.
Dieser Säuregrad differirt. in der Hauptsache deshalb so stark,
weil die dem Scheidensecret beigemischten Absonderungen aus dem
Uterus in ihrer Menge und ihrer Consistenz mehr oder weniger
schwanken; dass gerade die Uterusausscheidungen den Hauptein-
tiuss auf die Reaction des Scheidensecretes ausüben, scheint mir
durch die Beobachtung gestützt zu werden, dass bei sechs Frauen,
welche den Uterus durch die Totalexstirpation verloren hatten und
welche glatte Scheidennarben ohne Granulationen zeigten, die
Scheidensecretreaction eine saure war. Schwangere, bei welchen
die temporären (Menstruation) und auch die continuirlichen (Corpus-
und Cervixsecretion) Beimischungen von alkalisch reagirenden Ab¬
scheidungen aus dem Uterus völlig sistiren, liefern deshalb immer
ein saures Secret, häufig ein Secret von so hohem Säuregehalt,
dass ganz bestimmte Bacterienspecies in demselben alle anderen
Bacterien zu überwuchern beginnen, da sie allein noch imstande
sind, bei dem hohen Säuregrade des Nährbodens zu vegetiren. Bei
Virgines intactae, welche noch nicht menstruiren, ist aus demselben
Grunde der Bacterienbefund ein ganz ähnlicher wie bei Schwangeren.
Dass ausser den physiologischen und pathologischen Uterus¬
ausscheidungen auch noch andere Momente für die Scheidensecret¬
reaction von Bedeutung sind, steht ausser Frage. So hat man
daran zu denken, dass eine lebhafte Ausscheidung von Gewebssaft
aus der Scheidenwand selbst bei bestehender Schleimhautreizung
die Reactionsverhältnisse erheblich zu beeinflussen vermag. Auch
will ich nicht bestreiten, dass die Scheidenbacterien, wenn sie sieh
in einem günstigen Nährmedium befinden, je nach ihrer Art im
Scheidensecret Säure oder Alkali bilden und dadurch auch selbst
einen gewissen Einfluss auf die Secretreaction ausüben können.
Aber ich glaube dennoch daran festhalten zu müssen, dass
nicht die Säuremenge von der im Secret vorwiegenden Bacterien-
art abhängig ist, sondern dass umgekehrt die Stärke der Säure
die Bacterienspecies in dem Scheidensecrete bestimmt und dass,
da, wie wir gesehen haben, verschiedene Bacterienarten im Verein
mit den übrigen antimyeotischen Faetoren imstande sind, die
Scheide vor dem Eindringen von pyogenen Coccen zu bewahren,
wir nicht das Recht haben, nur solche Scheidensecrete von
Schwangeren und Nichtschwangeren normale zu nennen, welche
eine ausgesprochene saure Reaction zeigen und die Doe der lein¬
sdien Scheidenbacillen in Reincultur enthalten. Wollten wir die
saure Reaction und die gleichzeitige Anwesenheit der Doederlein-
schon Scheidenbacillen als Kriterium für das normale Scheiden¬
secret gelten lassen, so bildeten unter den verheirateten, nicht
schwangeren Frauen diejenigen mit normalem Scheidensecrete
seltene Ausnahmen. Zur Kennzeichnung von Ausnahmen darf man
aber den Ausdruck normal nicht anwenden.
Ich habe zum Schluss noch wenige Worte über das Selbst¬
reinigungsvermögen des Cervicalsecretes hinzuzufügen. Bei sechs
Frauen nahm ich Uebertragungen von Staphylococcen in das
stark alkalische Secret des Cervicalcanales vor, weil für die
Erklärung der Keimfreiheit der oberen, alkalisch reagierenden
Zone des gesunden weiblichen Genitalapparates die Resultate der¬
artiger Versuche von hoher Bedeutung sind. Diese Experimente
wurden in derselben Weise verfolgt, wie die mit dem Scheiden¬
secret vorgenommenen.
Auch bei diesen Bacterienübertragungen in das Cervixsecret
wurden alle Versuche durch das Mikroskop controJlirt. Die mikro¬
skopischen Bilder lehrten, dass nach der Uebertragung in dem
Cervicalsecrete ähnliche Veränderungen auftraten, wie sie bei den
Versuchen mit Scheidensecret sich dargeboten hatten: Leukocytosc
und Phagocytose.
Doch möchte ich auf diese Vorgänge hier vorläufig nicht näher
eingehen, da ich über eine zu geringe Anzahl von Versuchen ver¬
füge. Ich will nur mittheilen, dass bei diesen sechs Versuchen
das Cervicalsecret in durchschnittlich zwölf Stunden die massen¬
haft eingeführten Staphylococcen abgetödtet hat. Welche Faetoren
bei dieser Abtödtung der Staphylococcen durch das Ceryiealsecret
wirksam sind, vermag ich noch nicht anzugeben. Möglicherweise
ist die stark alkalische Reaction, die weit die gewöhnliche Serum-
reaotion zu übertreffen pflegt, einer dieser Faetoren. Es war mir
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48
gerade mit Bezug auf diese Frage sehr interessant zu beobachten,
dass Agar-Agar, welches stark alkalisch reagirte, bei der künst¬
lichen Züchtung von Gonococcen sehr gut zu verwenden war,
während Streptococcen auf demselben nicht auszukeimen vermochten.
Möglicherweise spielen die Leukocyten und der Gewebssaft
bei der Selbstreinigung des Cervicalsecretes eine bedeutende Rolle.
Bacterien uud ihre Stoffwechselproducte können im allgemeinen
nicht in Betracht kommen, da der Cervicalcanal gewöhnlich keim¬
frei ist und nur bei gonorrhoischer Cervicalinfeetion Gonococcen
beherbergt.
Aus den mitgetheilten Resultaten, die durch die Uebertragungs-
versuclie in das Scheiden- und Cervixsecret nichtschwangerer
Frauen gewonnen sind, liessc sich eine ganze Reihe allgemeiner
und specieller Schlüsse und Thesen ableiten. Da mir die Zahl der
Untersuchungen, welche dieser vorläufigen Mittheilung zugrunde
liegen, noch zu klein erscheint, verzichte ich zunächst auf alle
Schlüsse und Thesen und beschränke mich darauf zu constatiren,
dass die Ergebnisse der Untersuchungen mich in der von mir
immer verfochtenen Ansicht bestärkt haben, dass eine echte
Spontaninfection während der Geburt im Sinne Kalten-
bach’s nicht existirt und dass, abgesehen vom Gono-
coccus, Bacterien in der alkalischen Zone des weib¬
lichen Genitalcanales, besonders in dem Cervicalcanal
nicht länger zu vegetiren pflegen.
28 Myomectomieen, welche wir bis jetzt ohne jede Desinfection
des Cervicalcanales nach der neu modificirten Zweifel’schen
Methode ausgeführt haben, sind in ihrem glatten Verlaufe auch
als Beweise dafür anzusehen, dass von der Cervicalhöhle aus
niemals Gefahr durch pathogene Bacterien droht.
VII. Feuilleton.
Zum Andenken an Marcello Malpighi.
(f 29. November 1694.)
Von Dr. Pagel.
Culturbewegungen schreiten nicht in Eilmärschen vorwärts.
Nur langsam und etappenweise gewinnt der Fortschritt Boden gleich
einem vorsichtigen und ängstlichen Wanderer, der zu straucheln
fürchtet und darum recht sicher treten und festen Fuss fassen will.
Sehr allmählich erst reifen die Früchte, deren Keime die genialen
Heerführer der Menschen und Menschlichkeit streuen. Mancher
1 m- und Irrweg führt scheinbar vom Ziele ab, mancher Seitenweg
lenkt auf Nebenstrassen. Dem Siegeslauf der Wahrheit stellen sich
viele Hindernisse entgegen, nicht zum wenigsten infolge der Be¬
harrlichkeit und Missgunst der grossen, denkfaulen und inehr für
die Aufstachelung niederer Leidenschaften als für edle Affecte
empfänglichen Masse. In grösserer Anzahl, als dem Freunde des
stetigen Fortschritts lieb ist, wechseln in der Geschichte der Wissen¬
schaften Perioden der Versumpfung und des Stillstandes mit denen
reger Arbeit und weiteren Schaffens. Ruhe bedeutet auch hier
Stagnation und Rückgang; Mangel an frischem Erwerb — Verlust.
Die Geschichte der Heilkunde zeigt auf jedem ihrer zahlreichen
Blätter, der dunklen und der hellen, der frischen und vergilbten,
wie kein Gut ohne Kampf erworben wird.
Als William Harvey nach einer stillen und emsigen Arbeit
von fast zwei Decennien seine grosse That der Entdeckung des
Blutkreislaufes 1628 durch Publication der berühmten Schrift
(Exercitatio anatomica de motu cordis et sanguinis in animalibus)
' pUbracht hatte, da erhob sich zunächst das Geschrei der Gegner,
die es Harvey nicht verzeihen konnten, dass er die medicinische
Welt mit einem male um alle ihre schönen, tiefsinnig erdachten
uud (scheinbar) unerschütterlich feststehenden Theorieen bringen,
dass er Jahrhunderte, ja Jahrtausende lang verfochtene An¬
schauungen über den Haufen werfen wollte und dass er manches
biedere, auf seinen Lorbeeren ruhende Gelehrtenhaupt aus süssem
Schlummer emporscheuchte 1 ). Es kostete fast einen zehnjährigen
Kampf, und mancher harte Strauss musste (besonders gegen den
Ilauptgegner, den fehde- und federlustigen Riol an „den Jüngeren“)
< uichgefochten werden, bis sich als einer der ersten kein geringerer
denn hartesius auf die Seite des genialen Entdeckers stellte.
A unmehr folgte Schlag auf Schlag die allgemeine Anerkennung der
neuen Lehre. Aber nicht bloss die Zahl der Anhänger wuchs,
sondern — Dank gründlicherer Benutzung des inzwischen erfundenen
Mikroskops und Dank den vervollkomnmeteren anatomischen Unter¬
such ungs-, Maccrations- und Injectionsmethoden — es trat auch
(■nie ganze Reihe von Forschem in die Fusstapfen Harvey’s
und brachte die schönsten Ergänzungen zu seiner herrlichen Ent¬
deckung.
b Vorgl. dazu die ausgezeichnete
lv i n h n er. Berlin 1878.
Doctordisscrtation von
Martin
| Es war eine jener in der Medicin Gott sei Dank nicht seltenen
j Epochen, wo eine einzige Entdeckung (ähnlich wie in unserem
Zeitalter der Lister’sche Gedanke) ihre fruchtbringende und an¬
regende Macht auf die von Wissenstrieb und Forschungsdrang ge¬
leiteten Männer übt, eine jener Erscheinungen, deren Zauber, deren
erhebendem und begeisterndem Eindruck auch heutzutage noch
niemand sich entziehen kann, der sich die Mühe giebt, dieses inter¬
essante Blatt in den Annalen der medicinischen Entwickelungs¬
geschichte aufzuschlagen. Prüft man die reiche und bunte Muster¬
karte der Arbeiter und Arbeiten jener postharveyanischen Periode,
die Aselli, Pecquet, van Horne, Rudbeck, Bartholinus!
Redi, Malpighi und verschiedene andere, so werden sie alle un¬
zweifelhaft sowohl hinsichtlich der Zahl wie hinsichtlich der Be¬
deutung der Leistungen von einem Manne um Haupteslänge über¬
ragt, von Marcello Malpighi. Auf ihn kann das unserem alten
Rudolphi zur Charakterisirung der Bedeutung Halier’s in den
Mund gelegte Bonmot Anwendung finden (mutatis mutandis): Wenn
man alle unmittelbaren und mittelbaren Zeitgenossen interviewen
und befragen könnte, wessen Arbeiten sie wohl für die wichtigsten
und tüchtigsten hielten, so solle man sich nicht darüber wundern
dürfen, dass jeder Forscher zunächst seine eigenen dafür aus¬
gäbe; in zweiter Linie würden aber wohl alle (wie Rudolphi für
Haller behauptete) einstimmig dem Manne die Palme reichen
müssen, seit dessen Tod am 29. November d. J. zwei Säcula ver¬
flossen sind.
In Marcello Malpighi, der in demselben Jahre erst da?
Licht der Welt erblickte, als Harvey seine unsterbliche Leistung
bekannt machte, sollte diesem lange nach seinem Tode der be¬
deutendste Erweiterer der Lehre vom Kreislauf des Blutes erstehen:
denn erst mit Malpighi’s Arbeiten wurde der wuchtigste Ausbau,
der hervorragendste Beweis für die Richtigkeit der genannten
Lehre geliefert, indem Malpighi es war, der 1661 zuerst an
Lunge und Mesenterium des Frosches den Capillarkreislauf beob¬
achtete und dazu 1665 die Blutkörperchen entdeckte.
Wenn mau sich Malpighi’s Werke (z. B. in der in meinem
Besitz befindlichen Ausgabe, Leiden 1687) zur Hand nimmt und
in dem massigen Quartbande von 550 Seiten nebst 50 Register¬
seiten (wovon noch die dort abgedruckte Correspondenz mit einer
Reihe von anderen Forschern z. B. Bartholinus und Fracassati
in Abrechnung zu bringen ist) auf jeder Seite die mitgetheilte,
dicht gedrängte Fülle der Beobachtungen und Thatsacben wahr¬
nimmt, wenn man liest, wie sieh hier Entdeckung an Ent¬
deckung reiht, wenn man die reichen und herrlichem namentlich
dem ersten Theil, der Anatome plantarum, beigegebenen, sich
unseren modernen Illustrationen nähernden resp. ihnen stellenweise
vollkommen gleichenden Abbildungen auf weit über hundert (118)
Tafelu (mit etwa 700 Einzelfiguren) betrachtet, w r enn mau beherzigt,
dass Malpighi bereits die Entdeckung der Pflanzenzellen streifte,
so ist wohl nichts mehr als dies alles geeignet, die Verächter
medicinisch-historiseher Studien aufs Haupt zu schlagen. Diejenigen,
die da meinen — und es giebt deren leider sehr viele unter uns
dass die Tradition nur eine Art von verwesendem Cadaver sei.
der mit dem Leibe der modernen Wissenschaft gewissermaassen
durch eine mortifieirende Nabelschnur Zusammenhänge, die man
gut thue, recht kräftig zu durchhauen, um den gesunden unu
lebendigen Organismus der neuzeitlichen Heilkunde vor L-ebei-
tragung der Nekrose zu schützen, täuschen sich denn doch rec
gründlich: unter Manchem kann gerade die Erinnerung an ne
Malpighi’sehen Arbeiten auch das leisten, dass sie uns einen
schlagenden Beweis dafür liefert, wie sehr wir mit dem von uns-
Erstrebten und Erreichten noch auf den Schultern der Mannei
jener 200 Jahre alten Periode ruhen, deren Erzeugnisse auch <e
exactesten Forschem von heutzutage Ehre machen und ein wm *
Feld zu Ruhmestiteln für mehr als einen modernen Arbeiter tue t
würden.
Macht doch Hyrtl (in der geschichtlichen Einleitung 211
seinem Lehrbuch der Anatomie des Menschen) darauf aufmerksam
dass es „sogar in unserer Zeit vorgekommen ist, dass ein
Schreiber- des Malpighi einen academischen Preis davouung
Nun, soweit, wie das von dem betreffenden Plagiator ff 6 !?*,,
ist, wünschen wir allerdings die Liebe zu historischen‘
nicht ausgedehnt zu sehen; eine so eingehende vvürflig r
früherer Leistungen muss sich denn doch jeder Freund dei
schichte ernstlich verbitten. Gegen einen Standpunkt, von _
aus man Alles bei den Alten suchen will, sogar die vollen .
Ausbildung und Verarbeitung bis zum modernen Stadium, na *
gerade Malpighi selbst sehr energisch verwahrt. Wie
klingt es und wie sehr erinnert es an ein ähnliches 8cüop
hauer’sches Dictum, wenn er im Januar 1661 seinem u® 52 ,,
älteren Lehrer und Freund Borelli, dem bekannten I ft “° . f
matiker, der zuerst die Gesetze der Mechanik in der An
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29. November.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
911
der Muskeln und Gelenke zu verwerthen suchte, schreibt 1 ): „So
gut wie als Städtegründer nicht diejenigen anzusprechen seien
die zufällig einige armselige Einwohner zusammen gerafft und an
einem Orte angesiedelt hätten, sondern diejenigen, die ihnen erst
eine feste Constitution, die gesetzliche Ordnung ihrer Verhältnisse
und ihres Anwesens verschafft hätten, mit ebendemselben Rechte
dürfe man auch nur denjenigen als Entdecker einer Thatsache
preisen, der ihr eine wissenschaftliche Form, eine naturwissen¬
schaftliche Begründung nach allen Gesetzen der Logik gegeben
und ihre Kenntniss in weiteren Fachkreisen vermittelt hätte, nicht,
denjenigen, der einmal zufällig denselben Gedanken geahnt oder
ausgesprochen hätte.“ Und ein Mann wie Malpighi hatte ein
volles Anrecht zu dieser Aeusserung, er, der Begründer der
mikroskopischen Anatomie, der Vorläufer Bichat's auf dem Ge¬
biet der Gewebelehre, er, der fast keinen Specialzweig der mensch¬
lichen Anatomie unbereichert hinterlassen hat, der Entdecker der
Limgenalveolen 2 ), der zuerst die Athmungals einen Austausch zwischen
atmosphärischer Luft und dem in den Capillaren der Lungen
kreisenden Blute erkannte, der zuerst die nach ihm benannten Glo-
meruli und Pyramiden der Niere, das seinen Namen führende
Schleimnetz in der Haut und Zunge gesehen, den eomplicirten
Bau der Milz klar gelegt, zuerst die Entwickelung des Hühnchens
mikroskopisch beobachtet, die erste vollständige Anatomie eines
Arthropoden geliefert und vor allem die Architectur der Pflanze
in ihren Grundzügen festgestellt hat. — Ich will und kann auf
die Lebensgeschichte dieses Mannes an dieser Stelle nicht ein-
gehen, ebensowenig auf seine Leistungen im Einzelnen: aber die
erstaunliche Thatsache mag doch (ich glaube zum ersten male)
constatirt sein, dass auch nicht eine einzige monographische
Bearbeitung dieses glänzenden Beobachters des 17. Jahrhunderts
und seiner kolossalen Verdienste um die biologischen Wissenschaften
in der deutschen Litteratur existirt. Die einzige iu Deutsch¬
land erschienene Monographie über Malpighi ist vor 84 Jahren
— lateinisch geschrieben, nämlieh die Berliner Doctor-Dissertation
des hiesigen, am 18. Juni d. J. im 59. Lebensjahre verstorbenen
Collegen Gustav Windmüller, die von Haeser im Canstatt-
schen Jahresbericht von 1861 ohne ausführliches Referat nur
kurz als „lobenswerth und erfreulich“ bezeichnet worden ist und
in der That dieses Prädicat iu vollem Maasse verdient. Im
übrigen ist die spärliche monographische Litteratur über Malpighi
bald aufgezählt. Es sind: Festa, Malpighi sermone illustratus
(Bologna 1810); Atti, Notizie edite ed inedite della vita e delle
opere di Malpighi etc. (ib. 1847); F. Scalzi, Malpighi scopritore
«lei globuli del sangue (Gaz. di Roma 1890. XVI) und derselbe.
Altre notizie biografiehe etc. (ib. XV). — (Test tout. -- Wem es
also Mühe macht, durch das in der That etwas schwierige Latein
des Originals sich hindurchzuarbeiten, der thut gut. falls er ge¬
sonnen ist, Malpighi nähere Aufmerksamkeit zu widmen und
italienisch versteht, noch aus Renzi’s grosser Geschichte der
Medicin in Italien oder Puccinotti’s umfangreicher „Storia
della Medicina“ IH, 129—146, wo Malpighi eingehender behan¬
delt ist als in den übrigen bekannten Lehrbüchern der medieinischen
Geschichte, sich zu informiren, event. für die botanischen und
zoologischen Leistungen Sprengel's oder Sachs’ Geschichte der
Botanik und Carus’ Geschichte der Zoologie zu Rathe zu ziehen.
Freilich können alle diese Werke das Studium des Originals nicht,
im entferntesten ersetzen, in welchem die vorzüglichen Abbildungen
das Verständnis« des Textes (namentlich im botanisch-mikroskopi¬
schen 1. Theile) wesentlich erleichtern und fördern. Es zeigt sieh
dabei, wie Malpighi jedesmal auch auf die historische Seite seiner
Materie eingeht, die Leistungen der Vorgänger einer gründlichen
Kritik unterzieht und namentlich in einem ausgedehnten Brief-
') „Saeeuli hujus ingenia in varia dislmhuntiii'. Plornqne pntefaeto
naturae aut artis areano hilari fronte et sincero eorde occuirnut. Non-
nulla vero hostili conatu in ipso exortu jugulare tentant; quoclsi irritus
succedat labor operoso studio evohitis antiquormn inonuinentis excitataquc
lucis scintilla ktronis not am innrere tentant in eum quem docentem et
magistrum mox audivere. Rerum inventores urbium et reipublieae fun-
datoribus assimilantur; hae namque suum venerantur auctorem. non qui
sensim gentem propagavit loci opportunitate aut Sorte coactus; sed qui
datis legibus distinctis ordinibus moeniis vel septo circumvallavit aut arce
firmavit; ita in artibus et scientiis inventor is dicendus est, qui naturae
arcanum per suas causas patefecit, rationum et expenmentonim cuinulatis
argumentis firmavit et usum naturae congruum dilucide exposuit. Hinc
Harvaeus sanguinis circulationis inventor asseritur et, Pecquetus thoracici
ductus auctor vindicatur. aliaque cousimilia exempla copiosa occurrunt,
licet nonnulli superiori saeculo his praelusisse videantur. Caeterum quod
ad me etc.“ (Ich citire diesen Passus, da ich die „opera posthuma“ nicht
selbst besitze, nach der kostbaren, durch die Fülle des Materials gerade
im Artikel Malpighi ausgezeichneten, in meinem Besitz befindlichen
grossen Mang et’sehen Bibliotheca. Bd. II. P. 1, p. 141).
*) Hierbei hat er seine Priorität, mit vollem Erfolge gegen die An¬
sprüche des Bartholinus behauptet.
Wechsel mit den gelehrtesten Zeitgenossen. Männern wie Lueas
Schröck, Bartholinus, Borelli u. v. a. für die Resultate seiner
Untersuchungen ohne Anmaassung, aber mit der Ueberzeugungs-
treue und Sicherheit eines exacten Beobachters aufs lebhafteste
eintritt und gegenüber Angriffen mannichfaeher Art tapfer ver¬
ficht. Auch davon entwerfen die Auszüge in den bekannten
Haller’sehen Bibliotheken (der bibliotheca hotanica und anatomica),
sowie in (len schönen Manget’schen Sammplwerkeu ein deutliches
Bild. — Ein Lorbeer ist Malpighi versagt geblieben, nämlich
der eines allgemein beliebten und erfolgreichen Heilkünstlers.
Wenn er auch in seinen drei letzten Lebensjahren die Stellung
eines Leibarztes beim Papste Innocenz XH. in Rom bekleidete, so
! hat er doch weder liioj*. noch in seinen früheren Wirkungskreisen
unter dem grossen Publicum den Ruf eines tüchtigen Praktikers
: erlangen können, eher das Gegentheil. Woran das lag, soll hier
j nicht weiter erörtert werden. Es ist heute schwer begreiflich, dass
| ein sonst so klar und nüchtern beobachtender und denkender Kopf
wie Ma 1 p ighi im Punkte der pathologisch-therapeutischen Theorieen
I sich von den Schwachheiten seines Jahrhunderts befangen zeigt.
I aber es ist erbt menschlich. Angesichts des Hypothesenkrams
seiner Zeit mag ihm am Krankenbette seine experimentelle Ver¬
anlagung wenig genützt, ihn vielleicht oft in Widerspruch mit sich
selbst und zu manchem Misserfolg geführt haben. Vielleicht hat
| der emsige Forscher nicht seinen Beruf darin erblicken können,
! die oftmals krummen Wege der Praxis mitzumachen. Diese That-
saehe mag auch manchen, ehrlichen Berufsgenossen der Neuzeit
trösten, dem es seihst nach jahrelanger Thätigkeit. nicht gelingen will,
ein sogenannter „gesuchter“ Arzt zu werden. — Am 29. November
1694 unterlag Malpighi. 68 Jahre alt. einem wiederholten apo-
plektisehen Insult. Am 1. Deceinber machte kein geringerer als
der grosse Baglivi die Section (wie auch Max Salomon in seiner
schönen Monographie über Baglivi hervorhebt).*) Der Obducent
berichtete die Historia morbi und den Sectionsbefund in einem be¬
sonderen Schreiben an Job. Jac, Manget, welches sich in dessen
grossem, bereits oben erwähnten Sammelwerk (nebst einem Appen¬
dix: „De apoplexiis fere epidemieis proxime elapso biennio in Urbe
et per Italiam observatis“) abgedruckt findet. Ein Theil der
Krankengeschichte und des Obductionsergebnisses ist iu Wind¬
mülle r\s schöner Arbeit reproducirt. - -
Hiermit schliesse für heute unser kleines Erinnerungsblatt au
Mareello Malpighi. Eine ausführliche Studie über ihn mag
einer späteren Zeit und einem anderen Orte Vorbehalten bleiben.
VIII. Mitteilungen über die Heilserum¬
therapie der Diphtherie.
In der Versammlung des ärztlicheu Bezirksvereins I Stuttgart
am 21. October 1894 theilte Prof. Sigel die Erfahrungen mit, die
bisher mit der Behring’schen Serumtherapie in der Olgaheilanstalt
gemacht worden sind, wobei er sich im voraus dagegen verwahrt,
jetzt schon ein Urtheil über Werth oder Unwerth derselben abgeben
zu wollen. Die Diphtherieepidemie ist zur Zeit weder sehr intensiv,
noch ist sie weit ausgebreitet; ein schwerer septischer Fall z. B.
hat in letzter Zeit im Olgaspital nicht Vorgelegen. Es wurden im
ganzen der Serumbehandlung unterworfen 12 Fälle bei Kindern
von 1 V* 2 —15 Jahren, davon 7 schwere (3 in einem Zustand, dass
man sie früher ohne weiteres für verloren gehalten hätte), 5 ohne
Benommenheit des Sensoriums, leicht nur 1, der aber doch wegen
Stenose tracheotomirt werden musste und am dritten Tage ein
Recidiv des Mandelbelages erlitt. Die Injectionen werden seit
17 Tagen gemacht. So viel kann man mindestens sagen, dass der
Einfluss auf das Allgemeinbefinden ein wunderbarer ist und dass
der Verlauf nach der Tracheotomie — von den 12 mussten 9
tracheotomirt werden — ein viel leichterer ist, ohne dass später
wieder eine Verschlimmerung eintritt. Ein gestern tracheotorairtes
Kind z. B. sass heute früh spielend im Bett, Der direkte Einfluss
auf die Membranen zeigt sich in zeitlich und örtlich schnellerer
Abstossung, soweit sichtbar: dasselbe scheint mit den Membranen
in der Trachea der Fall zu sein, die Patienten husten leichter, und
die Membranen werden leichter herausbefördert. Das Dßcanulement
ist viel früher möglich, bei einem Kinde schon am dritten Tage. Ein
Einfluss auf das Fieber ist nicht bemerkt worden. Sämmtliche
12 Kin der hatten Eiweiss im Urin, die Hälfte hatte es schon vor den
Einspritzungen, die übrigen bekamen es erst nach diesen, einUmstand,
auf den vielleicht noch besonders die Aufmerksamkeit zu richten ist.
Prof. Länderer theilt mit, dass er his jetzt ein Kind (zwei¬
jährig) mit Serum behandelt hat; dasselbe starb aber trotz In-
jectionen und Tracheotomie nach 48 Stunden. (Med. Corresp.-Bl.
d. Württemb. ärztl. Landesver. 1894, No. 33.)
*) Bei Salomon findet sich noch manche andere, nicht allgemein
bekannte Mittheilung über Malpighi.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48
— In No. 1768 des British medical Journal berichtet C.W. H. New-
ington über weitere von ihm im Sussex County Hospital zu Brighton
mit Antitoxin behandelte Fälle von Diphtherie. In allen diesen
Fällen war Schering’sches Serum in Höhe von Ü,5—1 g angewendet worden;
drei müssen als leicht, einer als sohr schwer bezeichnet werden. In
letzterem war am fünften Krankheitstage die Tracheotomie gemacht und
erst nach der Operation 0,8 g Serum injicirt worden. Alle vier Fälle ge¬
langten prompt und ohne Zwischenfall zur Heilung.
— Ueber einen mit Antitoxin behandelten Fall von Diphtherie be¬
richtet Arnold W. Catlin, Brooklyn (MedicalNews No. 19). Ein neun¬
jähriger Knabe kam, nachdem er sich bereits einen Tag unwohl gefühlt
hatte, in seine Behandlung. Die Untersuchung (auch die bacteriologische)
ergab echte Diphtherie. Er wurde zunächst mit Quecksilberchlorid und
Eisenchloridtinetur behandelt und 24 Stunden später, also 48 Stunden
nach der Erkrankung, wurden 5 g Schering’sches Antitoxin auf einmal
zwischen die Schulterblätter injicirt. Zunächst zeigte sich keine Linderung
im Zustande des Patienten. Erst 36 Stunden nach der Injection trat eine
merkliche Besserung ein; die Temperatur fiel, der Puls hob sich, und die
Membranen begannen sich zu lösen. Fünf Tage später war das Kind
vollständig gesund; jedoch fanden sich bei der Untersuchung noch virulente
Diphtheriebacillen in seinem Rachen. Erst am 29. Tage nach der Er¬
krankung waren sic verschwunden. Elsner (Berlin).
— Hauthämorrhagieen nach Behring's Heilserum hat
F. Mendel (Berl. klin. Wochenschr. No. 48) bei einem vierjährigen
Knaben mit Diphtherie beobachtet. Der kleine Patient, der mit grau-
gelben Belägen auf Tonsillen und Rachenschleimhaut und mit beginnendem
Stridor in die Behandlung kam. erhielt am zweiten Krankheitstage 1000
Antitoxineinheiten Behring’sehen Heilserums, und am dritten Tage, trotz¬
dem bereits eine erhebliche Besserung ina Lokal- und Gesammtbefinden
oingetreten war, eine erneute Injection von 600 Antitoxineinheiten. Am
vierten Krankhoitstage waren die Beläge fast verschwunden, Husten war
nicht mehr bellend, Temperatur und Puls normal. Am siebenten Tage
trat plötzlich ein hämorrhagisches Exanthem am ganzen Körper auf,
gleichzeitig mit Schmerzen in den Beinen und mit Verschlechterung dos
Allgemeinbefindens. Dieser Zustand besserte sich allmählich innerhalb
der nächsten fünf Tage, so dass Patient nach acht, Tagen als geheilt be¬
trachtet- werden konnte. ' y.
Aus Athen erhalten wir von Dr. Bernhard Om st ein folgende
Zuschrift: *
Der hiesige Gesundheitszustand Hesse bei dem andauernd pracht-
\ ollen Herbstwetter nichts zu wünschen übrig, wenn die schon wiederholt
dem Erlöschen nahe Diphtherieepidemie in unserer Nachbarstadt Piräus,
welcher bis jetzt die beträchtliche Zahl von 180 Kindern zum Opfer gc-
lallen sind, nicht zum zweiten male von neuem aufflackerte. So sind da¬
selbst letzten Mittwoch (16. November) wieder drei Fälle zur Anmeldung
gekommen, deren einer alsbald einen tödtlichen Ausgang hatte. Auch in
llieben und Korinth sind amtlichen Meldungen zufolge eiuige diphtherie-
ähnliche Rachenerkrankungen beobachtet, und auch hier sollen in einem
entlegenen Stadttheil verdächtige, mit Gonesung endende Fälle vorge¬
kommen sein. Die erhebliche Mortalität-sziffer unter den diphtheriekranken
Kindern von Piräus, einer Stadt- von ca. 20 000 Einwohnern, scheint den
Pmversitätsprofessor Zinnes jüngst zu einer Veröffentlichung in der
„.Neuen Zeitung veranlasst zu haben, in der die günstigen Erfolge her¬
vorgehoben werden, welche er als Direktor des hiesigen Findelhauses
diu ch die Lokalbehandlung der Rachendiphtherieepidemieen mittels des
uquor lern scsquichlorati erzielt habe. Die Sterblichkeit- soll bei dieser
Behandhingsweise auf 10,5 % gesunken sein. Ein so günstiges Resultat
in der Behandlung dieser lebensgefährlichen Krankheit erklärt sich nicht
anders als dass es sich in der Mehrzahl der Fälle um leichte oder kaum
mittelstarke Diphtherie- oder diphtherieähnliche Epidemieen und überdies
j l 0 rP? han , delt hat ' wclche iu den crsten 24 oder höchstens
48 bt-unden der Erkrankung zur ärztlichen Behandlung kamen. So etwas
lasst sich jedoch nach meinen Erfahrungen voii den unteren Schichten der
griechischen Bevölkerung nicht wohl annehnien. da es von Alters her
noch immer ein ziemlich häufiger Gebrauch in derselben ist, bei Hals-
leiden der Kinder eine Quacksalberin zu Rathe zu ziehen, deren Kunst
dann besteht-, dass sie die Schlundpartieen der kleinen Patienten mit dem
Zeigefinger der rechten Hand unbarmherzig frottirt. Dieses vulgäre, fast
spi ich wörtlich gewordene, neugriechische Verfahren heisst: „tzuttw
A m/w xon Tzaoaw, xdmu u , sprengen, zugänglich machen.
• jy e i d ! e v ° n Vntesor Zinnes befolgte Methode ist
J-.I.A ' 5 un p ? dl ° * r rion t8I dieser lokalen Behandhingsweise der Rachen-
in g«l>fll>rtr Gegen die Wirk-
I- 1 n,veml *22* V f a lr '"® . la «‘ meines Erachtens kein anderer
lg.fr, als «t^ 8 , «Im SterMichkeitsziffcr bei der Anwendung der-
ist^en’ 12 IsV'u” 1 - 6 stark «n ElMdemicon. wie immereine bedeutende
"i j, lp- Fimnn lag zweifellos die wissenschaftliche Berechtigung,
sieh und, «men. lie.lkriiftigereu Mittel umzusehen, als es sich in der Lokal-
Söt "tfvm. S mit oder ohne weiteren Zusatz,
scheinend eefüi* 5 : !l lc 1 ^ en m <,ieser Wichtung stattgehabten, an-
PonT V ßemohungen der Herren Behring'), Ehrlich,
i n Antilovin M ,lI.’f„!d' lSSer 'll\“ n <md ! . lnderer gelungen ist, dieses Mittel
,(e„snS,f f Ä Z ? h ^, en - so lst do ? h das Wenn <"" 1 Aber über
* eI *h 'Irr Blutserumtherapie noch keineswegs beseitigt.
Bou^r^'f^r »"»1 in Laieuki-eisen nur von einen. Heilserum
hun ha te „nd ofe f E - Bahr ‘"g mit dieser Sache gar nichts zu
Antitoxins ukiime" nn * we,f, " h »" di(! WoriMt der Entdeckung des
So lange es daher der bacteriologischen Untersuchung nicht gelingt, da*
Problem der Scheidung zwischen echter und falscher Diphtherie zu lösen
dürfte es sich empfehlen, das Behring’sche Verfahren mit dem Loeffler■
scheu in der Civilpraxis zu combiniren, während die klinische Beobachtung
in Ansehung der Behring’schen Methode ungestört ihren Fortgang
nehmen könnte. " b ' “
IX. Kleine Mittheilungen.
j - - Berlin. Wie wir bereits in der vorigen Nummer unserer
I Wochenschrift raitgetheilt haben, ist ein „Comit6 zur Beschaffuiu:
| von Heilserum für Unbemittelte“ an die Aerzte Berlins mit einer
! sehr befremdlichen Aufforderung herangetreten. Zum Zwecke einer
wissenschaftlichen Statistik über die Wirksamkeit des Heilserums soll
jeder Arzt, welcher für arme Patienten das neue Mittel aus den naher
bozeichneten Depots des Comitcs empfangen will, auf einem Fragebogen (li
Angaben über den bisherigen Verlauf der Krankheit seines Patienten
nieclerlegen und sich ausdrücklich verpflichten, 14 Tage später einen
zweiten Fragebogen (II) mit der weiteren Krankheitsgesehichto abzuliefern.
„Ohne Vorzeigung des ausgefüllten und ärztlich unterschriebenen Frage¬
bogens I“ — heisst es in § 4 des Circulars — „erhält Niemand
Behring’sehes Diphtherieheilserum aus unseren Depots.“ — Gegenüber
diesem Verfahren ist es wohl erlaubt die Frage aufzuwerfen, mit welchem
Rechte das genannte Coruitf* Gelder, die auf eine Anregung des „Berliner
Lokalanzeigers“ von Arm und Reich lediglich zur Anschaffung und
Vertheilung des Heilserums an Unbemittelte eingegangen sind, nun¬
mehr hauptsächlich für eine „wissenschaftliche Statistik“ verwenden zu
dürfen glaubt. Wir unsererseits stehen nicht an, diese Absicht, Mittel,
die einem x\ppoll an Humanität- und Nächstenliebe ihre Entstehung ver¬
danken, der eigentlichen Bestimmung zu entziehen und in völlig ein¬
seitiger und unbefugter Weise zu sogenannten wissenschaftlichen
Zwecken zu verwort-heii, als Missbrauch zu bezeichnen, gegen den nicht
laut genug protestirt werden kann. Es ist gamicht zu bezweifeln — wir
stützen uns in dieser Ueborzeugung auf eine ganze Reihe überein¬
stimmender Meinungsäusserungen ärztlicher Kreise —, dass ein grosser
Theil der Berliner Aerzte das Ansinnen, sich von einem fast nur aus
Laieu bestehenden Cornite zur Anfertigung einer so wichtigen wissen¬
schaftlichen Statistik (die vermuthlich im Berliner Lokalanzeiger ihr
PubHc-ationsorgan finden wird) ins Schlepptau nehmen zu lassen, mit Ent¬
rüstung abiehnen wird. Die meisten Collogen werden gewiss eher auf
das angebotene Heilserum verzichten, als sieh dem Zwange unterwerfen,
die übersandten Fragebogen auszufttllen, Und damit gehen natürlich den
unbemittelten Pationten die ihnen zugedachten Wohlt-hateu verloren.
Uuter diesen Umständen würden wir cs begreiflich und berechtigt finden,
wenn die Spender des dem Co mite zur Verfügung stehenden Fonds darant
dringen möchten, dass ihre Beiträge ohne jede Einschränkung der ur¬
sprünglichen Bestimmung gemäss für die unbemittelten Patienten ver¬
wandt werden. Das (,'omitd selbst aber kann die Sorge für eine Statistik
über die Wirksamkeit des Diphtherieheilserums getrost der freien Initia¬
tive der medieinischen Wissenschaft überlassen.
— Die Stadtverordnetenversammlung hat den vom Magistrat be¬
antragten Zuschuss von 50 000 Mark für das Kaiser und Kaiserin
Friedrich-Kinderkrankenhaus für das nächste Etatsjahr bewilligt.
— Generalarzt Dr. Schaper und Prof. Dr. Carl Fraenkel haben
sich im Aufträge des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicmal-
angelegenheiten nach Frankreich begeben, um die wichtigsten dortigen
klinischen Anstalten zu besichtigen und namentlich auch in Paris einen
Einblick in die staatlichen Einrichtungen zur Gewinnung und Bereitstellung
des Diphtherieserums zu nehmen.
— Die nächstjährige Hauptversammlung des Prcussischon Med i
c-inalbe amten Vereins wird im April im Anschluss an den Chirurgen-
congress in Berlin abgehalten werden. . ,
— Der nächste französische Congress für Chirurgie '* irrt
1895, am dritten Montag des Monats October eröffnet werdep. Der Vor¬
stand, zu dessen Vorsitzenden Guyon erwählt worden ist, hat aut die
Tagesordnung des Congresses die folgenden beiden Themata gesetzt:
1) Die Chirurgie der Lunge (excl. Pleura). 2) Primärer oder secupdarei
operativer Eingriff bei Coutinuitätstrennungen der Knochen (exclusm
Schädel).
— Dr. Badt, im Sommer dirigirender Arzt von Bad Assmaun?
hausen, hat sich für den Winter in Wiesbaden niedergelassen.
— Königsberg i. Pr. Dem Direkter der städtischen Kranken¬
anstalt und der psychiatrischen Universitätsklinik zu Königsberg, »^
fessor Dr. Meschede, ist das Diplom als Ehrenmitglied K
Societe de Mddeciue mentale de Belgique verliehen worden.
— Stettin. Privatdocent Dr. E. Neisser, bisher Assistent an <■
medieinischen Universitätsklinik in Königsberg, ist zum dmgiren
Arzte der inneren Abtheilung des städtischen Krankenhauses erwa
worden. ’ ,
--Zur medieinischen Publicistik. Vom 1. Januar uäc &
Jahres an wird im Verlage von R. Schoetz in Berlin eine von io
physikus Sanitätsrath Dr. Becker und Dr. Leppmanu redigirte „A
liehe Sachverständigenzeitung“ erscheinen. , i j.
y- Universitäten. Marburg. Prof. Ahlfeld ist der L
Geheimer Medicinalrath verliehen. — Freiburg i. B. Dr. t, ‘jj
Assistenzarzt an der medieinischen Poliklinik hat sich als
für klinische Medicin habilitirt. —Wien. Zum Nachfolger Maut /
ist der Professor der Augenheilkunde an der deutschen Unwersu;
Prag, Dr. Isidor Schnabel, zum Ordinarius dieses Faches naca
berufen. _
Gedruckt bei Juliu» 8ittenfeld in Berlin W.
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Got gle
Original fro-rri
UNIVERSETY OF MICHIGAN
Donnersta g— ...... .: - ; _ ^ 40. — _ _. * .6. December. 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Br. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichteusteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
I. Aus der I. mediciniscben Universitätsklinik in Berlin.
Ueber ulceröse Endoearditis und fibröse
Myocarditis in Zusammenhang mit acutem
Gelenkrheumatismus. 1 )
Von Prof. E. Leyden.
Ls ist gerade ein Jalir her, dass ich die Ehre hatte, Ihnen
Mittheilung zu machen von einer Untersuchung über ulceröse Endo¬
earditis bei einem jungen Manne, der längere Zeit an Gonorrhoe
gelitten hatte. Es war mir damals unter Mitwirkung von Herrn
Dr. Michaelis gelungen, in den fibrinösen Auflagerungen der
uleerirten Klappen Gonococeen, und zwar dadurch nachzuweisen,
dass sie in der charakteristischen Form innerhalb der Zellen ge¬
legen waren und dass sie eine gewisse Reaction gegen die Gram-
sche Färbung ergaben. Diese Mittheilung, die im Verein mit
Interesse aufgenommen wurde, ist nun freilich auch von einigen
Seiten in Zweifel gezogen worden, es ist namentlich eingewandt,
dass eine sogenannte Reincultur nicht gelungen sei. Ich habe
darauf erwidert, dass die Reinculturen der Gonococeen überhaupt
schwer gelingen, dass sie überdies zum Beweise garnicht nothwendig
sind, da an und für sich die Reinculturen nichts charakteristisches
darbieten. Ich möchte hierbei doch bemerken, dass man die
Reincultur nicht gerade zu einem Dogma erheben darf, und nament¬
lich nicht bei den Untersuchungen über Endoearditis. Hier, wo
man die Abstriche aus einem mit Blut bedeckten Material uimmt,
kann gerade in der Cultur ein Irrthum leicht Vorkommen, es kommt
deshalb viel mehr darauf an, die Bacterien innerhalb des Klappen¬
gerinnsels nachzuweisen, woraus hervorgeht, dass sie nicht
postmortale Auflagerungen sind. Ich habe nun die Genugthuung,
dass einige neuere Untersuchungen, wenn sie auch nicht gerade eine
direkte Bestätigung der Endoearditis gonorrhoica geben, doch der¬
selben nahestehen, so dass sie als Bestätigung dieser Befunde gelten
können. Ein amerikanischer Arzt Dr. Councilman hat Mit¬
theilungen über gonorrhoische Myocarditis gemacht, er beschreibt
ausführlich einen Fall mit myocarditischen Heerden (Myocarditis
✓ habe ich auch in meinem Falle beschrieben), und in diesen Heerden
hat er Gonococeen nachweisen können. Ferner ist eine Mittheilung
aus Turin von Bordoni-Uffreduzzi in der Deutschen medicini-
schen Wochenschrift 1894, No. 21 abgedruckt über zwei Fälle von
Pleuritis bei gonorrhoischer Infection; aus der Pleuritis sind Gono-
eoccen durch Reincultur nachgewiesen. Die beiden letzteren Fälle,
wenn sie auch nicht direkt zur Endoearditis in Beziehung stehen,
geben doch neue Nachweise für die Thatsache, dass die Gonococeen
in die Circulation übergehen können, so dass also das Verständniss
der Thatsache, dass sie sich auch auf dem Endocard niederlassen,
keinen Schwierigkeiten mehr begegnet.
Im Anschluss an diese kurzen Bemerkungen zu meinen früheren i
Untersuchungen wollte ich Ihnen einige Mittheilungen über fortge-
setzte Untersuchungen vorlegen, die ich zum Theil selbst, zum Theil i
mit mir die Herren Assistenten der Klinik und die Famuli i
Dr. Michaelis, Pappenheim und Valentin mit mir gemacht |
haben. Wir haben in letzter Zeit alle Fälle von ulcerativer Endo- j
* earditis, die bei uns vorkamen, untersucht; c(ie Präparate sind |
X. Mp ln liberalster Weise vom pathologischen Institut Überlassen j
Börden. Ueber das Ergebniss dieser Untersuchungen, welche zum !
Theil die Ergebnisse früherer Arbeiten bestätigen, zum Theil auch
neues bieten, will ich heute kurz berichten.
Ehe ich hierauf eingehc, möchte ich mir gestatten, einige Be¬
merkungen über die klinische Geschichte der Endoearditis voraus-
zuschicken. Denn wenn die Untersuchungen, über die ich liier
berichte, auch wesentlich bacteriologischer Natur sind, so basiren
dieselben doch auf klinischen Anschauungen und Fragen und sind
von diesem Gesichtspunkte aus angestellt worden. Uebrigens stehen
meine jetzigen Untersuchungen nicht isoHrt da, sondern sie hängen
mit früheren Publicationen von mir eng zusammen. Ich habe mich
seit Jahren mit denjenigen Affectionen des Herzens beschäftigt,
die sich an acute Infectionskrankheiten anschliessen J ). Es ist int
| Kreise von Aerzten kaum nöthig, hervorzuheben, dass diese
i Gruppe von Herzaffectionen für die Klinik und den Arzt von
ganz besonderem Interesse sind. Ich habe namentlich Fälle von
Myocarditis nach Diphtherie untersucht, die nicht allein die be¬
kannte fettige Degeneration ergaben, sondern reichliche Zellwuche¬
rungen, die einen durchaus entzündlichen Charakter hatten. Ganz
ähnliche Verhältnisse haben sich bei anderen infectiösen Krank¬
heiten herausgestellt.
Das genauere Studium der Herzkrankheiten bei acuten fieber¬
haften Infectionskrankheiten hängt eng mit der Geschichte der
Endoearditis zusammen. Die Geschichte der Endoearditis selbst ist
eine Errungenschaft der neueren Zeit, und ihre klinische Kenntnis«
datirt seit den Arbeiten ßouillaud’s. Bis dahin hatte man sich
um die Aetiologie der Herzkrankheiten wenig gekümmert. B o u i 11 a u d ’s
Arbeiten über die Endoearditis (1824 bis 1832) sind namentlich
dadurch allgemein bekannt geworden, dass er den Zusammenhang
der Herzkrankheiten mit Gelenkrheumatismus erkannt und diese
Erkenntniss zu einem Gemeingut der Aerzte gemacht hat. ln
seinem Werke über Endoearditis sind ausführliche Schilderungen
auch der anatomischen Verhältnisse der Endoearditis gegeben, und
diese sind mit einer Reihe von Krankengeschichten belegt. Wie
vorbemerkt, ist hauptsächlich die Thatsache ins ärztliche Publicum
eingedrungen, dass der Gelenkrheumatismus zu den häufigsten
Ursachen für die Entstehung von Klappenfehlern gehört. Es
muss aber hinzugefügt werden, dass Bouillaud’s Beobachtungen
sich nicht auf den Gelenkrheumatismus beschränken, sondern dass
auch andere Infectionskrankheiten hinzukomnien, und namentlich
die Pneumonie.
Es ist ferner hervorzuhebeu, dass Bouillaud zwei Formen der
Endoearditis beschreibt und dazu angiebt, dass sich die acute
Endoearditis öfters unter pyämischen Symptomen entwickelt.
Unter den nachfolgenden Arbeiten über P^ndocarditis sind die
berühmten klassischen Untersuchungen R. Virchow’s über Em¬
bolie zu nennen, welche den grössten Einfluss auf die klinischen
Anschauungen gehabt haben. Unter diesen findet sich auch die
in letzter Zeit mehrfach, citirte Beobachtung von Auflagerungen
auf den Klappen des Endoeardium, welche eigenthümlich körnige
Gebilde enthalten, die Virchow schon damals als mikroskopische
Parasiten anzusprechen geneigt war.
Etwas später im Jahre 1852 veröffentlichte der Engländer
Kirkes eine Arbeit über Endoearditis, in welcher er sich zum Theil
auf Virchow beruft und hervorhebt, dass die Endoearditis unter
*) Vortrag, gehalten im Verein für innere Medicin in Berlin am
2. Juli 1894.
l ) Zeitschr. f. klin. Med., IV 1882, Ueber iuterwittirendes Fieber und
-Endoearditis. S. 321—333. und Feber die Herzaffectionen bei der IÜpb-
■'therie, S. 334-353,
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914
DEUTSCHE MEDICINlSCHE WOCHENSCHRIFT.
Symptomen des Typhus und der Phlebitis verlaufen kann, dass es
dabei später zur Ablösung von fibrinösen Concretionen und Embo-
lieen in die Gefässe kommen kann. Es schliessen sich nun eine
grosse Reihe von Arbeiten an, von denen ich nur noch die von
Lancereaux vom Jahre 1862 erwähne, welcher anführt, dass die
ulceröse Endoc-arditis bei Schwangerschaft, acutem Gelenkrheumatis¬
mus u. s. w. vorkommt. Zu meiner Zeit, als ich Stabsarzt an der
Charitö war und wir damals unter Traube und Virchow
an der Entwickelung der Pathologie theilnahmen, war uns
die ulceröse Endocarditis schon sehr bekannt, und es galt da¬
mals als ein Problem, dieselbe zu diagiiostieiren. Die Principien,
die wir bei der Diagnose befolgten, waren, dass dieselbe
am leichtesten mit Typhus und acuter Miliartuberkulose ver¬
wechselt werden könne: wir hatten wiederholt solche Fälle ge¬
sehen, wo die Diagnose in dieser Weise geschwankt hatte und bei
der Autopsie ulceröse Endocarditis mit Embolieen zur Beob¬
achtung kam. Einige Jahre später, als sich die Bacteriologie ent¬
wickelte, wurden dann die Beziehungen der ulcerösen Endocarditis
zu Mikroorganismen studirt und bekannt. Ich schicke voraus,
dass anatomisch zwei Formen von Endocarditis unterschieden wur¬
den und auch heute noch unterschieden werden, das ist die ver-
rucöse Form, die mit Auflagerungen von warzigen Vegetationen
einhergeht, und die ulceröse Form, wo diese Auflagerungen nicht
allein stärker sind, sondern gleichzeitig Ulcerationen der Klappen
stattfinden, die zu Perforationen und erheblichen Zerstörungen der¬
selben führen. Zunächst wandte sich die Untersuchung der
schweren Form der ulcerösen Endocarditis zu, die häufig zum letalen
Ausgang und zu Autopsieen führte. In solchen Untersuchungen wurde
das Vorhandensein von Mikroorganismen nachgewiesen. Der
erste Fall war der von Heiberg 1872, der sich auf eine ältere
Beobachtung von Winge bezieht, es folgt Beckmann über capil-
läre Embolie: sodann kommen aus den siebziger Jahren die Beob¬
achtungen von Klebs. Unstreitig gehört E. Klebs zu den ersten,
welche die Bedeutung der Bacterien für die Entstehung der Iu-
fectionskrankheiten richtig erfasst und durchdacht hat. Er hat eine
Reihe wichtiger Thatsachen entdeckt und für die Methode der
Untersuchungen fundamentale Methoden angegeben (fester Nähr¬
boden, fractionirte Cultur). Allein es sind ihm Fehler der Be¬
obachtung .und der Methoden untergelaufen, welche längere Zeit
auch seine richtigen Befunde in Zweifel zu stellen schienen.
Bezüglich der Endocarditis stellte E. Klebs die Ansicht auf,
dass sowohl die verrucöse wie die ulceröse Form bacteritischen
Ursprungs seien. Er unterschied aber zwei Formen der bacteri¬
tischen Endocarditis: die monadistische und die septische. Wie
fast allgemein angenommen, sind die Beobachtungen von Klebs
über die parasitären Fermen der Monadinen nicht bestimmt genug
und fanden keine genügende Bestätigung, daher ist die parasitäre
Natur der von Klebs sogenannten monadistischen Form vielfach
bezweifelt, jedenfalls bis auf die mit hineingezogene pneumonische
Form nicht erwiesen worden. Gerade für die häufigste und wich¬
tigste Form, welche Klebs hierher rechnet, die Endocarditis des
acuten Gelenkrheumatismus steht der Beweis noch aus.
Zunächst wurde für die septische Form der Endocarditis (ul¬
ceröse Form) der Beweis der parasitären (bacteritischen) Natur
geführt. Zahlreiche Forscher nahmen an dem Nachweis dieser
wichtigen Thatsache Theil. Ausser den schon oben genannten
erwähne ich die Arbeit von Köster, von Birch-Hirschfeld
ferner die im Jahre 1881 in der Zeitschrift für klinische Me¬
li 10111 publicirte grössere Arbeit von Litten über septische Er¬
krankungen. Litten tritt in dieser Arbeit für die Ansicht von
Klebs und Köster ein, dass jede Endocarditis mykotischen Ur¬
sprungs sei, es bestehe nur ein gradueller Unterschied. Litten
nimmt zwei Formen an: die septische und die rheumatische Form •
bei beiden fand er Kugelbacterien.
Die genauere bacterioiogische Bestimmung der bei der ulce-
losen Endocarditis vorkommenden Mikroorganismen wurde in der
olge \on mehreren Autoren ziemlich gleichzeitig gegeben, und
zwar, wenn ich von Klebs absehe, im Jahre 1885 von Phi-
Uppeaux, Wyssokowitsch und Weichselbaum. Es gelang, von
den Gerinnseln der Endocarditis Reinculturen pathogener Mikro¬
organismen zu züchten, und zwar wurde der Staphylococeus pyo¬
genes aureus und Streptococcus durch Reineultur nachgewiesen
Hieran schloss sich im Jahre 1886 der interessante und wichtige
Nachweis von Pneumoniediplococcen in den Gerinnseln der Endo¬
carditis ulcerosa nach Pneumonie durch Netter und Weich sei-
o a u m.
£ uoh f m V® re B“? te neiif°rmeii wurden boi uleeröser Endo
.aiditis gefunden. Weichselbaum führt sechs Formen an, docl
» * am beste “ eichergestellt. Im Jahre 1881
■Hif den Fr,] ." ^’ der “ ter ^? an ‘ e Befund von Tuberkelbacülei
auf dem Endocard gemacht. Die Bedeutung dieses Befunde wa:
No. 49
nicht ganz zweifellos. Die Möglichkeit, dass post mortem Tuber,
kelbacillen auf das Endocard gelangt seien, war nicht völlig aus¬
geschlossen. Spätere Beobachtungen haben aber die Bedeutung
des Heller’schen Befundes durch Weichselbaum, Cornil und
Kund rat bestätigt; neuerdings sind analoge Beobachtungen vm,
Tripier (1890), Hanot (1893) und Kotlar (1894) hinzugekommen
Somit hatten die Untersuchungen über ulceröse Endocarditis
gelehrt, dass es nicht etwa einen specifisch-pathogenen Erreger der
Endocarditis giebt, sondern dass sich verschiedene Bacterien auf
dem Endocard ansiedeln (ebenso wie auf serösen Häuten) und zu
sehr mannichfaehen, aber doch ähnlichen Processen der Endocarditis
führen können. Wir nähern uns daher mehr und mehr der schon
von Klebs früher ausgesprochenen Ansicht, dass alle Infections-
krankheiten auch zur Endocarditis führen und dass alle ent¬
sprechenden Bacterien sich auf dem Endocard ansiedeln und ent¬
wickeln können. Zu weiterer Ausführung dieser Uebersicht sei
noch erwähnt, dass auch das Bacterium coli als Erreger der
Endocarditis beschrieben ist. Endlich kann ich hier noch meinen
Befund der Endocarditis gonorrhoica anschliessen. —
Wenn ich nun zu den neueren Untersuchungen über Endocar-
ditis, die auf meiner Klinik angestellt sind, komme, so möchte
ich einige Fälle von Streptococcen- und Staphylococcenbefimdcn
übergelien. Einen dieser Fälle habe ich in dem neuesten Heft der
Charitöannalen mitgetheilt, ein Fall, der noch dadurch von Be¬
deutung ist, dass eine traumatische Veranlassung für die ulcerös»
Endocarditis nicht unwahrscheinlich war.
Kurz erwähnen will ich einen Fall von uleeröser Endocarditi>
bei Pneumonie, eine Beobachtung, welche zwar nur eine Bestätigung
der von Netter und Weichselbaum erhobenen Thatsache bringt,
indessen doch erwähnenswerth ist, da die Zahl der analogen Fälle
noch nicht gross ist. Der Fall betraf einen 27jährigen kräftigen
Mann, welcher von einer schweren Pneumonie ergriffen wurde.
Die Krankheit schien sich der Krise zu zu wenden, aber ehe eine
Entscheidung stattgefunden hatte, traten neues Fieber und neue
Beschwerden ein. Man constatirte zuerst ein systolisches, dann
auch ein diastolisches Geräusch am Herzen, Dyspnoe, einige
Schüttelfröste, weiterhin Verfall, Herzschwäche, Exitus letalis.
Die Autopsie ergab exquisit ulceröse Endocarditis der Mitral¬
und Aortaklappen, mit zahlreichen Vegetationen (ich gebe die
Zeichnung herum). Die bacterioiogische Untersuchung wurde von
Herrn G. Klemperer ausgeführt. Die charakteristischen Diplo-
coeccn wurden in den Gerinnseln gefunden, in Culturen gezüchtet
und ihre Virulenz durch Kaninchenversuche nachgewiesen.
Es bleibt nun noch eine wichtige Gruppe von Endocarditis-
formen übrig, über welche die Acten noch nicht geschlossen
sind, ich meine die rheumatische Endocarditis. Gerade
über diese Form habe ich eine Anzahl von Untersuchungen
gemacht, die ich Ihnen vorlegen möchte. Die rheumatische
Endocarditis hat die grösste Bedeutung, weil sie die häufigste
Form ist und weil ein grosser Theil aller Herzfehler auf
den acuten Gelenkrheumatismus zurückzuführen ist. Den acuten
Gelenkrheumatismus betrachten wir gegenwärtig als eine In-
fectionskrankheit, wenn auch der Erreger derselben noch nicht
sicher nachgewiesen ist. Sollen wir auch die Endocarditis
von Mikroorganismen herleiten, und wird es gelingen, solche auf
den Herzklappen aufzufinden? Die rheumatische Endocarditis führt
im acuten Stadium nur selten znm Exitus letalis, meist in den
späten Stadien, bei welchen an einen Nachweis von Mikroorga¬
nismen kaum mehr zu denken ist. Die schweren Fülle aber von
rheumatischer Endocarditis sind nicht selten Complicationen (Misch-
infectionen), bei welchen andere Parasiten nachweisbar sind als
diejenigen, welche dem Gelenkrheumatismus eigen sind. In ? el
That sind solche Fälle beobachtet, wo ein Gelenkrheumatismus sicn
mit uleeröser Endocarditis eomplicirte und wo p. ®. ^
den Klappen und in den Gelenken Streptococcen nachgewiesen
wurden.
Wir müssen suchen unsere Beobachtungen an solchen Fällen
von schwerem Gelenkrheumatismus zu machen, bei welche 1 !
der Exitus letalis eintrat, ohne dass eine Mischinfection statt¬
gefunden hatte. Dass solche Fälle Vorkommen, d. h. Fälle von
schwerer und selbst uleeröser Endocarditis mit letalem Ausgange
im Zusammenhänge mit einem reinen Gelenkrheumatismus, där e
mit grosser Wahrscheinlichkeit schon aus den Mittheilungen frühere
Autoren aus der vorbacterieilen Zeit entnommen werden. Hemi
fast bei allen finden sich auch Fälle von schwerer Endocarditis
nach Gelenkrheumatismus mit letalem Ausgange und Vegetation«? 11
auf den Klappen angegeben; freilich sind derartige Fälle nicht
grösserer Anzahl vorhanden.
Die bisherigen bacteriologischen Untersuchungen über
Gelenkrheumatismus sind nicht sehr zahlreich und haben zu su-her
Resultaten noch nicht geführt. Auf moiner Klinik hat Harr u°
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Gck igle
Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
6. Deeember.
scheider 1 ) über das Vorkommen ron Bacterien in serösen Pleura¬
exsudaten Untersuchungen gemacht und hierbei auch einige Fälle
von Pleuritis mit Gelenkrheumatismus in den Bereich seines Themas
hmemgezogen. Es gelang ihm, in diesen Exsudaten einzelne Coccen
aufzufinden, er versuchte sie auf Nährböden zu züchten, es gingen
Staphylococcen auf. Wir haben geglaubt, diese nicht, als die
richtigen gesuchten Mikroorganismen ansehen zu sollen, da sie so
wenig charakteristisch sind und sich trotz aller Vorsicht leicht
einer Cultur beimischen können.
Im Jahre 1892 hat Sahli (Bern) im Correspondenzblatt für
Schweizer Aerzte bacteriologische Untersuchungen zur Aetiologie
des Gelenkrheumatismus mitgetheilt. Er konnte einen letal ver¬
laufeneu Fall von Gelenkrheumatismus untersuchen: Pericarditis,
beiderseitige Pleuritis mit serofibrinösen Exsudaten, frische Endo-
carditis mitralis. Nirgends Eiterung. Bei der Section 14 St, p. m.
wurden Culturen angelegt, welche wuchsen. Es entwickelte sich
Staphylococcus citreus. Sahli meint, man könne nicht umhin,
diesen Diplococcus in Beziehung zum Gelenkrheumatismus zu
setzen; allerdings müsse es noch unentschieden bleiben, ob es sich
in diesem Falle um eine Secundäraffeetion gehandelt habe oder nicht.
Ganz befriedigend kann man das Resultat noch nicht nennen, da
der Staphylococcus in den bisher bekannten Beziehungen ganz
andere Processe erzeugt als Gelenkrheumatismus und die bisher
beobachteten Fälle von Staphylococcenendocarditis durchaus nicht
unter dem Bilde eines Gelenkrheumatismus verlaufen sind. —
Die auf meiner Klinik angestellten Untersuchungen über die
Endocarditis des Gelenkrheumatismus, über welche ich berich¬
ten will, haben zwar auch Diplococcen aufweisen lassen, aber
solche, welche sich vom Staphylococcus unterscheiden, sowohl in
der Form, welche fast ausschliesslich die Diplococcenform einhält
und zarter ist als der Staphylococcus. wie auch namentlich darin,
dass die Cultur auf gewöhnlichem Nährboden (im Gegensatz zum
Staphylococcus) nicht gelang: erst als wir menschliches Serum
zur Herstellung von Nährböden benutzten, gelang die Züchtung,
und es ergab sich ein Diplococcus, welcher in seiner Entwicke¬
lung ganz bestimmt von dem Staphylococcus abweicht. Ich werde
die von Herrn Privatdoeenten Dr. Günther gütigst für mich ge¬
fertigten Photographieen auslegen und bin berechtigt zu erklären,
dass auch Herr Günther ihn für einen besonderen, bisher nicht
bekannten Coccus hält.
Ueber die einzelnen Fälle mit bacteriologischem Resultat will
ich nun kurz berichten, indem ich mir die ausführliche Publication
für später Vorbehalte.
Fall 1. 20jähriger Arbeiter, 1886 fieberhafte Erkrankung ohne
Gelenkaffection, schon damals Vitium cordis. Ausgang in Genesung.
Gegenwärtig ist Patient drei Wochen vor der Aufnahme an Angina er¬
krankt. mit Schmerzen in Knie- und Fussgelenken. Besserung durch
Salicyisäure. bald darauf Athemnoth und Fieber. Am Herzen diastolisches Ge¬
räusch (Insufficientia valvularum Aortae). Sch üt telfros t, der sich zweimal
wiederholte. Allmähliche Verschlimmerung, Dy spnoö. Apathie. Zunehmende
Schwäche. Exitus letalis. — Autopsie: Endocarditis ulcerosa. Insufficienz der
Aortenklappen, keine Embolie. Die bacteriologische Untersuchung (Dr.
Michaelis) ergab innerhalb der endocard irischen Vegetationen zahlreiche
zarte runde Diplococcen. welche ebenso verschieden waren vom Diplococcus
pneumoniae wie vom Streptococcus; auch vom Staphylococcus unter¬
schieden sie sich durch das Aussehen, wie namentlich dadurch, dass die
kunstgerecht angelegte Cultur nicht anging.
Fall 2. 18jähriges Dienstmädchen, wegen schwerer Chorea auf¬
genommen, gleichzeitig Schmerzen und Schwellungen in den Knöcheln
und Knieen. Am Herzen konnten keine Geräusche constatirt werden,
dagegen bemerkte man auf der Haut zahlreiche zerstreute, linsengrosse
Erhabenheiten. Starkes Fieber bis zu 40° C. Exitus letalis. Die Autopsie
ergab Endocarditis verrucosa. Pericarditis und Myocarditis, ferner fanden
sich in der Markmasse des Gehirns zerstreut kleine Hiimorrhagieen. Die
Untersuchung des Herzens, speciell auch die bacteriologische Untersuchung
der Vegetationen konnte infolge eines ungünstigen Zufalls nicht gemacht
werden. Dagegen hatte Herr Goldscheider Stücke des Gehirns mit den
genannten kleinen llämorrhagieen in Chromsäure eingelegt und zur ge¬
naueren Untersuchung Schnitte angefertigt, ln zweien dieser Schnitte
fand ich innerhalb der Gefässe zoogloeaaitige Massen, welche ans feinen
Diplococcen zusammengesetzt waren, wie jene im ersten Fall beschriebenen
Mikroorganismen. Da nirgends Fäulnisserreger vorhanden waren, überdies
das ganze Präparat sehr glatt und frisch hergestellt war. so unterliegt es
keinem Zweifel, dass die Zoogloeamasse eine Von der Herzklappe losge¬
löste Embolie war, dass also an den Klappen Diplococcen entwickelt
waren, ganz analog denen, welche wir im ersten Fall bei acuter Gelenk-
rheumatismus-Endocarditis constatirt haben.
Fall 3. 20 jähriger Arbeiter, hatte früher angeblich Influenza gehabt,
war 14 Tage mit Reissen an den Knieen erkrankt, seit drei Tagen
Schmerzen in der Herzgegend, Schwindel, an der Herzspitze lautes
(musikalisches) systolisches Geräusch, an den Aortenklappen diastolisches
Geräusch, mässig starke Herzvergrösserung. Patient bekam einen Frost
(nicht ausgeprägter Schüttelfrost), zunehmende Dyspnoö, Erbrechen, Collaps,
*) Zur Bakteriologie der acuten Pleuritis. Zeitechr. f. klin. Med.
1892, XXI, S. 363.
915
Die Autopsie ergab Endocarditis ulcerosa an den Mitral¬
und Aortenklappen. Infarct der Niere. Die bacteriologische Untersuchung
ergab, entsprechend den beiden anderen Fällen, zarte Diplococcen in den
Klappengerinnseln, die sich in gewöhnlicher Weise leicht färbten, übrigens
nirgends innerhalb der Zellen lagen. Eine Reincultur gelang nicht durch
Culturverfahren, was insofern von Bedeutung ist, als die Culturen von
Staphylococcen und Streptococcen fast immer leicht angehen. Von einer
Verwechselung mit Pneumococcen konnte gar keine Rede sein.
Fall 4. 15jähriges Mädchen, welches in einem schwor kranken,
sehr matten hinfälligen Zustande aufgenommen wurde. Sie hatte einen
Gelenkrheumatismus Überstunden und einen Herzfehler davongetragen,
aber nur massige Fieberbewegungen. Die Apathie und Schwäche war so
gross, dass die Patientin nicht mehr ernährt werden konnte und nach
wenigen Tagen einging. Die Autopsie ergab auch hier eine polypöse
msche Endocarditis mit Gerinnseln auf den Aorten- und Mitralklappen.
Es gelang nicht, in den Gerinnseln Bacterien durch Färbung nachzuweisen.
Trotzdem führe ich den Fall hier auf. weil er sich in seiner ganzen Ent-
wickeluug. Krankengeschichte und Autopsie den früheren Fällen anschlicsst
und daher geeignet ist. mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erweisen, dass
die rheumatischen Mikroorganismen verhältnissmässig leicht, absterben
können, woraus sich die Verheilung vieler rheumatischer Eudocarditisfälle
erklären lässt.
Fall 5. R., 17jähriges Mädchen, welches vor kurzem Gelenk¬
rheumatismus tiberstanden hatte und mit Chorea eingeliefert wurde. Sie
hat die Symptome einer Herzkrankheit, aber ohne Geräusche, mässige
Herzvergrösserung. Dyspnoe, weiterhin Cyanose. beschränkte Harnsecretion,
kleinen Puls, Hydrops, kein Fieber. Exitus. Man musste eine Affection
des Myocardiums diagnosticiren. Die Autopsie ergab die Herzklappen
ganz intact, dagegen ausgedehnte fibröse und zellreiche myocarditische
Heerde. Ich schliesso diesen Fall hier an. um auf das Vorkommen inten¬
siver Myocarditis nach Gelenkrheumatismus hinzuweisen. Uebrigens füge
ich hinzu, dass in allen Fällen von schwerer Endocarditis auch Myocarditis
mit fibrösen, zellreichen, zerstreuten Heerden (ohne nachweisbare Embolie)
gefunden wurde. Ich behalte mir genauere Angaben über diese infectiöse
Form der Myocarditis vor, wovon ich Ihnen mehrere Zeichnungen herum¬
geben kann. Sie verhält sich ganz analog der Myocarditis bei Diphtherie,
welche ich schon im Jahre 1881 beschrieben habe; die damals gegebenen
Zeichnungen stimmen mit den gegenwärtigen Fällen völlig überein.
Fall 6. 33jähriger Schlächter, wurde mit den Zeichen einer In¬
sufficienz der Aortenklappen und Endocarditis rheumatica aufgenommen,
hatte Anschwellungen der Fussgelenke. hatte mehrere Schüttelfröste ge¬
habt, dazu trat blutiger Auswurf, blutig unterlaufene Stellen an den Beinen
hinzu: systolisches und diastolisches Geräusch. Angstgefühl. Beklemmungen,
Fieber. Exitus letalis. Die Autopsie ergab Endocarditis rheumatica verru¬
cosa et polyposa. Insufficienz der Aortenklappen, keine Embolie. — Herr
Dr. G. Klemperer hatte die genaue bacteriologische Untersuchung über¬
nommen, und es gelang ihm. auf Nährböden, die von menschlicher Ascites¬
flüssigkeit hcrgestellt waren, Reinculturen zu erzeugen. Diese bestanden
aus kleinen zarten Diplococcen, ganz analog denjenigen, welche in den
früheren Fällen auf den Klappengerinnsein gefunden und gefärbt waren und
welche ein speeifisches eigenthümliches Ansehen boten. Auch die Form der
Cultur bot ein ganz eigenthümliches Aussehen dar, welches mit bekannten
Coccenculturen nicht übereinstimmte. Herr Privatdocent Dr. G ü n th er hatte
die Güte, zwei Photographieen anzufertigen, welche diese Culturen in ihrer
eigentümlichen Art demonstriren. Es ist nicht zweifelhaft, dass dieselben
weder mit Pneuino-. noch mit Staphylococcen etwas zu thun haben. Ich füge
hinzu, dass wir vorsichtige subcutane Injectionsvcrsuche mit diesen Rein¬
culturen angestellt haben; sie riefen keine merklicho lokale Reaction. ziem¬
lich mässige Fiebererscheinungen, nie starkes Fieber, hervor, welche nach
einigen Stunden wieder verschwanden. — Uebertragungen auf Kaninchen
riefen vorübergehendes Fieber hervor; ein Kaninchen starb, ohne dass im
Blute Diplococcen nachweisbar waren.
Dies sind die Resultate der Untersuchungen über die Bacterio-
logie des Gelenkrheumatismus resp. der rheumatischen Endocarditis.
Ich habe mich in Ihrem Interesse möglichst kurz gefasst, ohne,
wie ich glaube, wesentliches auszulassen. Eine ausführliche Mit¬
theilung behalte ich mir noch vor.
Schlusswort zur Discussion (vergl. Vereinsbeilage zu No. 44.
S. 123): Ich habe bei meinem Vortrage ausdrücklich bemerkt, dass ich
wegen der Kürze der Zeit nicht auf die klinische Seite eingehen kann.
Was Herr Fraenkel anführte, bezog sich vorzugsweise auf das Klini¬
sche. Ich gestatte mir nur eine kurze Bemerkung: Dass der Gelenk¬
rheumatismus eine Infectionskrankheit ist, ist heutzutage allgemein an¬
genommen. und es ist ein Desiderat, ihn auf irgend einen Mikroorganis¬
mus zurückzuführen. Ich habe berichtet, was die bisherigen Unter¬
suchungen in dieser Hinsicht ergeben haben. Ich selbst habe bei der
rheumatischen Endocarditis eine Form zarter Diplococcen gefunden, die
etwas besonderes darzustellen scheinen. Wie weit dieselben allgemein
dem Gelenkrheumatismus angehören und für denselben charakteristisch
sind, darüber habe ich mich vorsichtig ausgedrückt und nur von
einer gewissen Wahrscheinlichkeit gesprochen. Wenn aber der Gelenk¬
rheumatismus eine Infectionskrankheit ist und wenn wir annehmen wollen
und müssen, dass er mit einem Mikroorganismus zusammenhängt, so kann
das nur ein einziger bestimmter sein. Der Gelenkrheumatismus ist eine
wöhl charakterisirte Krankheit. Die Formen, die Herr Fraenkel nannte,
gehen parallel mit dem Gelenkrheumatismus, und es ist allerdings richtig,
dass fast alle Infectionskrankheiten ähnliche Nachkrankheiten aufweisen,
die dem Rheumatismus ähnlich sind, aber doeh so verschieden, dass man
sie als rheumatoide Erkrankungen bezeichnet hat. Der typisohe Gelenk-
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rheumatismus ist eine Form für sich, und wir können die bacteriologjsche
Frage erst dann als abgeschlossen ansehen, wenn wir eine bestimmte
Form von Mikroorganismen als dieser Erkrankung eigenthiimlich nachge¬
wiesen haben.
II. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.
Der äussere Milzbrand des Menschen.
Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik.
IIL'Ueber die Therapie des äusseren Milzbrandes.
Wenn ich auch glaube, in den früheren Artikeln (siehe diese
Wochenschrift No. 24 ff. und 35 ff.) schon genügend die Methode
der Behandlung des äusseren Milzbrandes in der hiesigen chirur¬
gischen Klinik wissenschaftlich begründet zu haben, so schien es
mir doch nicht unwesentlich, einmal die Litteratur daraufhin, wie
die Pustel von den einzelnen Autoren behandelt wurde, durchzu¬
sehen, wobei ich mich im wesentlichen auf die Zeit seit dem Be¬
richte Koch’s beschränkt habe.
Wenn man die Litteratur über die gegen die Pustula maligna
angewendeten Heilmethoden zu Ratlie zieht, so stösst man auf
eine grosse Zahl casuistischer Mittheilungen und auf Anpreisungen
des einen oder des anderen Mittels, welches geradezu ein Specifi-
cum gegen die heimtückische Erkrankung sein soll. Ueberrascht
aber ist man, dass von der grossen Mehrzahl der Autoren, trotz¬
dem, wie ich vorhin auseinandergesetzt habe, nicht nur theoretische
Erwägungen, sondern auch Thierexperimente gegen eine energische
chirurgische Therapie, welche in einer Excision des primären
Krankheitsheerdes gipfelt, sprechen, der Vorzug vor jeder anderen
Art der Therapie gegeben wird.
Sobald man sich daran gewöhnt hatte, die Pustula maligna
nicht als eine für die Therapie absolut aussichtslose Erkrankung
anzusehen, fehlte es nie an solchen, welche in der Absicht., den
lokalen Krankkeitsheerd und damit die ganze Gefahr zu beseitigen,
eine energische chirurgische Therapie empfahlen. Eine Entfernung
des Heerdes lässt sich am glänzendsten natürlich durch Excision,
aber annähernd ebenso sicher durch Cauterisation erreichen.
Schon Davaine schien unter Umständen die Cauterisation das
rationellste, wenn nämlich die Bacterien sich noch im Schleimnetz der
Haut finden und sich nicht weiter verbreitet haben. 1 )
Ihm schliesst sich Yerneuil und Gosselin an. Beide halten bei
begrenzter Affection diese Hülfe für die beste.
Yerneuil macht ausserordentlich detaillirto Angaben: Er will die
centrale, gangränöse Zone der Pustel incidiren und durch nachfolgende
Cauterisation beseitigen. Die zweite intermediäre, indurirte Zone, auf
der sich verdächtige Phlyctänen zeigen, soll durch 1 bis 2 cm von ein¬
ander entfernte (’auterisationen behaudelt werden, und in der dritten,
peripheren ödematösen Zone sind hypodermatische Injectionen. etwa je
5 cm von einander entfernt, von je 10 Tropfen einer Lösung von Vao Jod-
tinctur zu verwenden.
Im ganzen jedoch verhält sich Davaine weniger energisch und
ebenso Pr61as. welcher die hypodermatische Injection nntiseptischer
Mittel im allgemeinen für ausreichend hält. Masing 2 ), Albrecht 3 ) und
Massmann, 4 ) empfehlen gleichfalls das Glüheisen/trotzdem es an Todes¬
fällen bei dieser Therapie nicht fehlte.
Reynier und Golle 5 ) heilten durch mehrfache Cauterisation und
Injection von V* % Carbolsäure in die umgebende Haut eine Milzbrand-
pustel.
lieber zwei Todesfälle bei Pustula maligna, welche mit Einschnitten
und Aotzimg des Affectes behandelt war, berichten Konecny und
Walter. ) Ein Todesfall trotz Excision dos ganzen Krankheitsheerdes
ist m der Lancet 1889 7 ) berichtet; ein anderer*), bei dem nur kreuzförmige
Schnitte gemacht wurden, dagegen heilte. Von englischer Seite ist es
dann empfohlen, die kreuzweise eröffnete Pustel mit Ammoniak zu be¬
decken 8 ) und gleichzeitig innerlich Ammoniumacetat und Aconitmixtur
zu verabreichen. Es wurden so fünf Fälle von Milzbrandpustel zur Aus-
heilung gebracht, während andere, die mit Salpetersäure, mit Antimon-
ehlorid und V lener Paste behandelt waren, ungünstig verliefen.
‘) Bulletin de l’academie de mddecine 1880. No. 30: 1881. No. 6
) Masmg Einige Fälle von Anthrax intestinalis. St. Petersburger
med. Wochenschrift 1877. No. 9.
3 ) Albrecht, Fünf weitere Fälle von Pustula maligna. St. Peters¬
burger med. Wochenschrift 1879. Nr. 4.
^ Mas s mann, Bericht über den allgemeinen Verein Petersburger
1876 - st - Pe,CTsb "^ r
,1p n,lÜ!“ V m ni r r et G ell6, Remarques k propos de deux observations
JtiJninn dftn , s lesquelles la mort est survenue avec des accidents
tetamques. Arch. g6ner. de M6dec. 1894, Mai.
fFin C11 ,V n nfl • 1 ^ r ' A Wei tödtlich abgelaufene Milzbrandfälle
S. B p 55, f So n 52 k derI “ n dnrCh a “ Gift >' Wi —
2 Q^rr^f. at torsohair fnctories. Tho Lancet. März 1889, S. 440.
S 52 b " effie d n ’ edlco - chiru rg 1 cal society. The Lancet.. Januar 4. 1890,
Vol. li/s” 642 ° applicationR '""lipimt pustule. The Lancet 1886.
Lertzer 1 ) ätzte* die. kreuzförmig incidirte Pustel mit rimcKender
Salpetersäure und sah Genesung.
Eine ungleich viel grössere Zahl von Autoren tritt für die Excision
der Pustel ein. Dass Davuine und Gosselin einer solchen das Wort
unter Umständen redeten, habe ich bereits erwähnt. Wie diese beiden
Autoren halten es auch die anderen für angebracht, die Operationswunde
mit Desinfections- oder Aetzmitteln der verschiedensten Art zu behandeln
oder die Wundfläche energisch zu cauterisiren. in der Absicht, alles Kranke
möglichst vollständig zu entfernen.
Mauvezain 2 ) hat durch Cauterisation nach Excision der Pustel
viele Erfolge gesehen, wenn die Erkrankungsheerde bis zum dritten Taee
ihres Bestehens entfernt wurden; auch Masing 3 ) sah auf diese Welse
Heilungen, trotzdem das bei der Excision der Pustel entströmende Blut
zahlreiche Bacillen enthielt. Er verordnete innerlich gleichzeitig Natron
salicylicum. Merkel 4 ) heilte eine Pustel am Halse durch Excision.
Cornado 5 ) theilt mit, dass von acht Kranken mit Pusteln, welche
excidirt wurden, sieben heilten und nur einer starb. Nach der Vorschrift
von Bange füllte er die durch die Excision entstandene Höhle mit
Sublimat und liess dieses intensiv einwirken. Ein ähnliches Verfahren
brauchte Murray 6 ), der von vier Fällen von Pustula maligna drei dadurch
heilte, dass er nach der Excision die Wunde cauterisirte und mit Sublimat¬
pulver bestreute.
Von englischer Soite besonders ist vielfach die Excision der Pustel
ausgeführt worden, ohne dass man jedoch anscheinend die Ansicht hatte,
den Erkrankungsheerd ganz entfernt zu haben. Es wird vielmehr ein
ausserordentlicher Nachdruck auf gleichzeitige locale und interne Nach¬
behandlung gelogt. Davies Colley 7 ) berichtet über sechs Fälle aus
Guy’s Hospital, welche erfolgreich dadurch behandelt wurden, dass man
nach der Excision der Pustel Ipecacuanha in einorForm, wie sie Musket th
angegeben hat, sowohl local als innerlich verwendete. Während von sechs
Kranken, welche hintereinander in dieser Weise behandelt wurden, keiner
starb, fand er in den Spitalberichten unter acht Fällen, welche nach der
Excision mit Zinkchlorid oder ähnlichen Aetzmitteln behandelt wurden,
zwei Todesfälle. Er schliesst daraus auf eine ganz specifische Wirkung
der Ipecacuanha gegen Anthrax, wie sie Muskett auch lehrt und wie
sie weiter hinten besprochen werden soll. Trotzdem er aber an diese
specifische Wirkung der Brechwurzel glaubt, meint er trotzdem die
Excision der Pustel nicht unterlassen zu dürfen, wenn er auch zukünftig
den Versuch machen will, conservativ vorzugehen.
Besondere theoretische Erwägungen leiteten Pagan Lowe 2 ) dazu,
die Excision der Pustel zu befürworten. Trotzdem er beobachtete, dass
der Hautmilzbrand des Menschen sehr lange local bleibt und eine milde
Affection im Vergleich zur intestinalen Form darstellt, und. wie er
sich zu überzeugen glaubte, die Bacillen eine Vorliebe für die oberfläch¬
lichen Hautschichten zeigen und nur langsam in die tieferen Gewebe ein-
dringen; trotzdem er in der Resistenz der Gewebe einen nicht unwesent¬
lichen Heilungsfactor sieht, glaubt er doch den localen Krankheitsheerd
durch Excision entfernen zu sollen, um damit die Gefahr für den Orga¬
nismus mit einem Schlage zu beseitigen. Nicht nur in frühen, sondern
auch in späten Stadien soll man die Pustel entfernen; er thut dies so
ausgedehnt, dass er auch noch den Blasenkranz, der sich um die Pustel
herum oft findet, mit entfernt. Er glaubt in der Pustel ein Reservoir
(Manufactory) sehen zu sollen, in dem Bacillen in unbegrenzten Mengen
vorhanden sind, welche ständig den Körper gefährden. Diese Gefahr glaubt
er durch Entfernung der Depots beseitigen zu können; die wenigen Keime,
welche bei der Excision in die Blutbahn gelangen, werden durch die
„Mikrophagen“ vernichtet. Ich will mich hier nicht auf eine Kritik dieser
Auffassung einlassen und verweise auf das Kapitel, in welchem ich die
Immunitätbedingungen beim menschlichen Milzbrand geschildert habe.
Jacobi, 10 ) welcher vier Fälle von Pustula maligna behandelt hat.
von denen einer starb (bei der Section fanden sich Geschwüre im Dann-
canal), empfiehlt breite Incision der Pustel. Den günstigen Ausgang der
drei so behandelten Fälle führt er auf die Therapie zurück. Trotzdem
es sich hier um Pusteln handelte, welche sehr frisch beobachtet, wurden,
zeigten die aus ihnen gezüchteten Bacterien eine sehr bedeutende Ab¬
schwächung ihrer Virulenz. . _ ..... .
Am fanatischsten hat zweifellos Kurloff 11 ) die Excision als Mute
der Radicalentferuung des Erkrankten befürwortet. Da der Fall besondere-
*) Lertzer. Fall von Pustula maligna. Pros. Dünab. Ob. 188-/1&-
“Ö Davaine. Reclierches sur la nature et la Constitution anatomiq 1
de la pustule maligne. Comptes rendus hebdamodaires des s6ances '
l’acaddmie des Sciences. 1865. S. 1296.
3 ) cf. 1. c. Anm. 2. ol .
4 ) G.. Merkel, Aerztlicher Localvereiu Nürnberg. Sitzung 24. .p
1890. Münchener med. Wochenschrift 1890, No. 42. S. 729.
5 ) Thomas Cornado, Pustula maligna. Confirmacion ut '
bacteridia patögena. Cronica medica-quirurgica de la Habana JL '«
®) Murrav, Anthrax maligna. The New-York medic. Journal d
1889. S. 145. 1 , ..
9 Davies-Colley, Guy’s Hospital. A severe case of an ‘
successfully treated by excision and tho internal änd external u»
Ipecacuanha. The Lancet, October 17. 1891. S. 872.
®) Med. Chir. Soc. Trans. Vol. 65. S. 237. , bv
^ Pagan Lowe. On two cases of anthrax successfully trea
excising the pustule. The Lancet, Januar 23., 1892. , , . ..
,0 ) E. Jacobi, Vier Fälle von Milzbrandinfection beim Men
Habilitationsschrift mit 1 Tafel. Berlin 1890. . , vrui«*nd-
.“) Kurloff, Ueber eine im Laboratorium^ acqumrte-Ag«”
infeetion nebst Bemerkungen Über die Therapie des Milzbrandes. >
Archiv für klinische Medicin 44. Heft 2 und 3.
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6. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
917
Interesse gerade deshalb bietet, weil er meiner Ansicht nach gerade das
Gegentheil lehrt, als Kurloff meint, so sei es mir gestattet ihn genauer
zu schildern, besonders da er dazu beitragen kann, das Todesurtheil über
jede Art von Therapie zu sprechen, welche ihr Ziel in der absoluten Ent¬
fernung des primär Erkrankten sieht.
Kurloff inficirte sich selbst im Laboratorium und konnte 22 Stunden
nach der Impfung bereits ein kleines, mit hämorrhagischem Inhalt ge¬
fülltes Bläschen constatiren. Allmählich bildete sich das Bläschen zu
einer wenig empfindlichen Infiltration mit scharf begrenzten Rändern von
dunkelrother Farbe aus. Am dritten Tage änderte sich an dem Bilde zu¬
nächst wenig, bis am Nachmittag neben der Infiltration hämorrhagische
Bläschen auftraten, welche zahlreiche Milzbrandbacillen enthielten. Nun
wurde nach Feststellung der Diagnose sofort zur Therapie geschritten und
das Knöthchen von Angerer excidirt, die Wunde mit 2 °/oo Sublimat
gewaschen und die Nacht über Sublimatverbände gemacht. Kurloff
fühlte sich die Nacht über subjectiv sehr schlecht. Am folgenden Morgen
(vierter Tag) fanden sich zwei vergrösserte Lymphdrüsen in der Achsel¬
höhle. Die Temperatur stieg am Abend auf 40° und war den nächsten
Tag noch 39,2°. Kurloff fühlte sich sehr matt und hatte Durchfall, mit
anderen Worten schwer septische Erscheinungen. Da am Morgen des
fünften Tages die Drüsen Hühnereigrösse erreicht hatten und die Haut
der Brust und Achselhöhle ödematös geschwollen war, so entfernte jetzt
Nussbaum auf Vorschlag von Ziemssen alle Drüsen in der Achsel¬
höhle. Die Wunde wurde mit fünfprocentiger Carbollösung ausgewaschen
und mehrere Spritzen einprocentiger in die Umgebung injicirt; die In-
jection wurde am folgenden Tage wiederholt und zur Erhöhung der
Diurese Thee und Wein gegeben.
In den Drüsen sowohl, als indem Blut, welches bei der Operation
floss, fanden sich Milzbrandbacillen. Die Temperatur ging nach der Ope¬
ration auf 38° und allmählich zur Norm zurück; Heilung war nach drei
Wochen erfolgt.
Auch hierbei verweise ich auf das Kapitel über die Immunitäts¬
bedingung, nur will ich von vornherein betonen, dass in dem Blut, welches
bei der Operation floss, Milzbrandbacillen vorhanden waren, dass also von
einer Radicaloperation gar keine Rede sein kann. Uebrigens bemerkt
Kurloff selbst in seiner Schrift, dass der einzige, aber auch unserer
Ansicht nach wichtigste Grund, welchen man gegen die Excision
der Infectionsheerde anführen kann, in der Eröffnung zahlreicher Lymph-
und Blutgefässe gesucht werden muss, ein Ereigniss, welches natürlich
das Zustandekommen der Infection nur begünstigen kann.
Trotzdem glaubt Kurloff die Excision alles Kranken als die einzig
rationelle Behandlungsmethode empfehlen zu müssen. Für die Beur¬
teilung einer derartigen Therapie scheint mir von einschneidender Wich¬
tigkeit das zu sein, dass sich in den exstirpirten Drüsen nur ausserordent¬
lich wenige Keime fanden, so wenige, dass in 65 Drüsenausstrichpräparaten
sich Bacillen nicht finden Hessen. Es können also nur sehr wenige
Keime durch die Drüsen entfeint sein. Viel wichtiger ist es aber, dass
in ihnen ein Organ fortgenommen wird, welches durch die geringe Zahl
von Bacterien, die in ihm enthalten sind, sich als kräftigstes Kampforgan
des Körpers gegen die Bacterieninvasion legitimirt.
Wohl auf Grund dieser Empfehlungen Kurloff’s behandelte
A. Klein 1 ) einen Patienten mit einer Pustel der linken Nackengegend
in ähnlicher Weise. Der Kranke machte bei seiner Aufnahme den Ein¬
druck eines Schwerkranken. Die afficirte Stelle wurde gründlieh exstirpirt,
der Grund der Wunde mit dem Paquelin cauterisirt und die Lymph¬
drüsen, welche man in der linken Supraclaviculargrube vergrössort gefühlt
hatte, exstirpirt. Der Kranke genas, und Klein glaubt deshalb für die
Behandlung des malignen Carbunkels ein möglichst frühzeitiges chirur¬
gisches Einschreiten empfehlen zu müssen.
In allerneuester Zeit ist endlich ein namhafter Bacteriologe, J u 1 1 u s
Schnitzler*), für die Excision der Pustel eingetreten. Sein Vorschlag
ist der folgende: Zunächst Excision der Pustel. Ist am folgenden läge
das Fieber nicht abgefallen und besteht Schwellung der zugehörigen
Lymphdrüsen, so folgt die Totalausräumung dieser Drüsen. Die prompte
Entfieberung und der eclatante Erfolg sprechen trotz der beobachteten
Spontanheilungen nach Ansicht des Verfassers für dieses \ orgclien. Iheo-
retisch glaubt er dieses Verfahren dadurch gerechtfertigt zu sehen, dass
') Wiener medicinische Presse 1893, S. 625.
*) Julius Schnitzler, Chirurgisch-bacteriologische Mittheilungeu.
V. Zur Therapie der Pustula maligna. Internationale klinische Rundschau
1893, No. 16. 17, 20, 21. Schnitzler hat inzwischen in No. 39 dieser
Wochenschrift in einem längeren Artikel gegen dio von uns vorge¬
schlagene conservative Therapie der Pustula maligna Einwände erhoben.
Die Entgegnung auf dieselben ist mir leicht gemacht, da ich nur auf
diesen, den dritten Theil meiner Arbeit zu verweisen brauche, in dem
bereits vorher alle diese Einwände erwogen sind und ihre Berücksichti¬
gung gefunden haben. Ich wüsste auch nicht einen Punkt aus seinen
Bemerkungen anzuführen, der hier nicht ausführlich besprochen wäre.
Ich glaube deshalb einer weiteren Entgegnung nicht zu bedürfen und
kann seine Bemerkungen als erledigt betrachten. Wenn Schnitzler
sagt, dass er den Muth zu der von uns empfohlenen Therapie nicht
habe, so muss ich aber doch dem Leser die Beurtheilung überlassen, ob
der Muth Schnitzler’s oder der unselige der grössere ist. Wir halten
es — ohne Berücksichtigung des operativen Eingriffs — im allgemeinen
für unendlich viel gefährlicher, chirurgisch als exspectativ gegen den heim¬
tückischen Feind vorzugehen, wenn auch zugegeben werden muss, dass es
Fälle giebt — und das werden meist wohl diejenigen sein, in denen die
Keime die von mir beschriebenen Degenerationen zeigen —, wo man un¬
gestraft das Messer gebrauchen kann. Eine Gefahr und einen erneuten
Kampf der Körperzellen gegen dio Angreifer und damit eine Erschwerung
der Heilung bedeutet dieser Eingriff aber stets. P- Verf.
die Milzbrandinfection auf dem Wege der Lymphbahnen vor sich geht
und in den Lymphdrüsen längere Zeit eine Retention stattfindet. Da¬
nach erscheint ihm die Eliminirung des jeweiligen Depots der Infections-
träger rationell.
Nachdem ich so die Anschauungen und Grundsätze der Ver¬
treter einer möglichst energischen Therapie gegen die Pustula
maligna und die Erfolge dieser Behandlung geschildert habe, will
ich dazu übergehen, ein weniger eingreifendes, aber viel gelobtes
Verfahren zu besprechen, die Injection antiseptischer Flüssig¬
keiten in die Pustel und ihre Umgebung.
Schon Davaino 1 ) glaubte gegen die malignen Carbunkel in dem
Jod ein specifisches Heilmittel sehen zu dürfen. Er Hess eine Jod-
Jodkalilösung
Jod 0,25—0,3
Jodkali 0,5
Aqua 1000,0
theils trinken, theils empfahl er sie zu Injectionen in die die Pustel um¬
gebende Haut. Es soll soviel als möglich und so oft als möglich oinge-
spritzt werden. Auch Jodpinselungen sind nach ihm empfehlenswerth;
bei internem Milzbrand sind Jodklystiere anzuwenden.
Er unterscheidet drei Stadien der Pustel, nach denen sich die Be¬
handlung genau zu richten hat. Im ersten, dem der Pustelbildung, wo
sich die Bacillen nur im Schleimnetz der Haut befinden, genügt zur Hei¬
lung die Zerstörung der Pustel. Im zweiten Stadium bildet sich ein
mehr oder weniger ausgebreitetes Oedera um die Pustel aus, in dem sich
Bacillen finden, während das Blut noch frei ist. Hier ist die Jodbehand¬
lung am Platze, wie auch im dritten Stadium, dem der Generalisation,
der Krankheit durch das Eindringen der Bacterien in’s Blut.
Verneuil injicirt, wie schon früher angegeben, in einem gewissen
Stadium ‘/so Jodtinctur. Trdlat 2 ) zieht die Injection antiseptischer
Flüssigkeiten allen übrigen Maassnahmen vor.
Anderer 3 ) wiederholte nach Davaine’s Angabe bei einer Frau,
welche neun Anthraxpusteln auf dem Vorderarm hatte, der beträchtlich
geröthet, geschwollen und schmerzhaft war, die Jod-Jodkalibehandlung,
jedoch ohne jeden Erfolg. Da Patientin die Incision und Auslöffelung,
welche Anderer ihr vorschlug, verweigerte, so verhielt er sich ganz con-
servativ, indem er die pustulös-erysipelatösen Stellen des Armes mit einer
50 procentigen Resorcinsalbc bedeckte. Schon am anderen Tage war be¬
deutende Besserung der Affection eingetreten, doch hatten sich neue
Bläschen am Oberarm gebildet. Nun wurde sowohl der primäre, als der
secundäre Infectionsheerd mit 70 u /o Resorcinsalbe eingerioben und da¬
durch in drei Tagen Heilung erzielt. Von subcutanen Resorcininjectionen,
wie sie von einem Russen bei anderen Hautkrankheiten gemacht wurden,
sah Anderer ab.
Rieh et*) sah bei einer Pustel an der rechten Wange nach Behand¬
lung mit dem Glüheisen und Jodinjectionen in die Umgebung den Tod
eintreten; bei einer anderen, gleichfalls an der Wange, welche er mit In¬
jectionen verdünnter Jodtinctur (1:2 Wasser) in die Umgebung behan¬
delte, sah er schon nach acht Injectionen Heilung.
Demesse 5 ) stellt den Grundsatz auf, dass gegen die Pustula maligna
sowohl in der ersten Periode, der der reinen Lokalinfection, als in der
zweiten, der der Allgemeininfection. das Jod als einziges Heilmittel an¬
gesehen worden müsse. Ausser der innerlichen Anwendung soll das Jod
im Kreise um die Pustel subcutan injicirt werden, am besten ist ver¬
dünnte Jodtinctur (1:2 Aqua). Die Einspritzungen müssen mehrero Tage
fortgesetzt werden. .
Ein anderes Heilmittel, dio Carbolsäure, wurde von russischer
Seite für die Behandlung der Pustula maligna empfohlen. Scharno wski 6 )
empfahl die Injection zweiprocentiger gereinigter Carbolsäure in die Um¬
gebung der Wunde. Er behandelte bis 1885 so 107 Menschen, welche
nach 0—8 Tagen geheilt wurden. Er injicirte in schweren Fällen 6—8
Pravaz'sche Spritzen voll auf einmal und wiederholte die Injection schon
nach 8—12 Stunden, falls Temperatur und Geschwulst nicht zurück-
begangen waren. Am folgenden Tage macht er eine neue Injection und
setzt dieses Verfahren in schwereren Fällen bis zum vierten Tage fort.
Als Vorzüge seiner Therapie sieht er an 1) die Möglichkeit, grosse
Districte der Geschwulst behandeln zu können, 2) die Heilung ohne
Narben und 3) die Heilung auf andere Weise unheilbarer Fälle.
Diese Therapie erwarb sich nach solcher Anpreisung rasch viele
Freunde, und es wurde von verschiedenen Seiten bald Uber Erfolge be¬
richtet; so sahen solche Seheffcr 7 ) und Strisowor 3 ). Lonnnsky )
konnte zwei Personen, welcho in spätem Stadium ihm zugingen, auch
durch diese Therapie nicht mehr retten.
Perroncito‘°) empfiehlt zur Behandlung der Pustula maligna, nach¬
dem er alle möglichen Desinficicntien auf Tödtung der Bacillen und Sporen
‘) Bulletin de l’Academie de Medecino 1880, No. 30; 1881, No. 6.
3 j Anderer, Resorcin bei Anthrax. Aerztliches Intelligenzblatt 1883,
o 1. Centralblatt für klinische Medicin 1883, No. 21.
*) A. Ri che t, Sur Involution de la pustule maligne chez 1 hemme
t son traitement par les injections joddos. Gazette des höpit. 1883,
o 47.
5) a. Demesse, Du traitement de la pustule maligne par les m-
■ctions jodees. Thöse de Paris 1883, No. 338. ..
6 ) Nochmals einige Worte über die Behandlung der Pustula maligna,
Vratsch 1881, No. 41; 1884, No. 35 (russisch); 1885, No. 10,
7 ) Wratsch 1885, No. 27.
») Wratsch 1885, No. 3.
*) Citirt von Kurl aff, cfr. Anm. No. 3. b. 1034,
,0 ) Annali univ, di Med. Uiulio 1884.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49
untersucht hat, frisch bereitetes Chlorwasser, welches nach Vitali
so hergestellt wird, dass zu einer wässrigen Lösung von Chlorkalk
Schwefelsäure zugesetzt wird. Es fällt dann schwefelsaurer Kalk aus
und Chlor bleibt gelöst.
Cordua, 1 ) welcher über mehrere Todesfälle bei Pustula maligna nach
Incision oder Excision berichtet, hält es für gerathen von Excision, In-
cision oder Aetzungen abzusehen und sich, bei der „geringen Wider¬
standsfähigkeit der Milzbrandbacillen gegen schwache Carbolsäure und
Sublimat“ und mit Rücksicht auf die in der Litteratur bekannt gegebenen
zahlreichen Fälle, in denen Injectionen von diesen Lösungen in die Um¬
gebung stattfanden, auf die Injection zu beschränken.
Indutnji*) macht gleichfalls Injectionen 2% Carbolsäure; täglich
spritzt er 2—5 Pravaz’sche Spritzen dieser Lösung ein, giebt dabei in¬
nerlich Chinin und bedeckt die Wunde mit Compressen, die in 5°/o
Carbolsäure getaucht sind.
Absolute Carbolsäure als Aetzmittel empfehlen James und Fraser. 3 )
Von fünf Kranken heilten drei unter dieser Behandlung, während zwei,
welche in den letzten Stadien gesehen und nicht behandelt wurden,
starben.
Raimbert 4 ) hat Heilungen von Pusteln gesehen nach subcutaner In¬
jection sowohl von 2% Carbolsäure (2 Fälle), als von 0,2% Jodlüsung.
Carbolsäure spritzte er in einem Falle täglich zehn Pravaz’sche Spritzen,
im zweiten nahezu vierzig in die entzündeten und geschwellten Par-
tieen ein. Denselben eclatanten Heilungserfolg wie diesen habe die In¬
jection von 4 l /2 Spritzen 0,2% Jodlösung bei einer Pustel der Wange
gehabt. Die damals schwangere Frau abortirte, heilte aber trotzdem.
Uspenski 5 ) behandelte elf Fälle von Pustula maligna mit Carbol-
säurelösungs-Injectionen und sah nur einen Todesfall. Er spritzte je nach
der Höhe des Fiebers und der Schwere der Erkrankung nicht 2%, son¬
dern 4—5% Carbolsäure bis zu 1,0 pro dosi! ein und bedeckte dann die
Pustel mit derselben Lösung.
Woskressenski 6 ) injicirt in und um die Pustel 272 % Carbolsäure
bis zur Totalsumme von 12 Gran täglich und giebt dabei dasselbe Mittel
innerlich mit Aqua Menthae piporitae bis zu 8 Gran täglich! Er sah so in
16 Fällen guten Erfolg und keinerlei Nebenwirkungen seitens der Car¬
bolsäure. Viele Milzbrandfallo sind seiner Meinung nach nur infolge der
ungenügenden Dosirung nicht geheilt worden. Die Patienten kamen meist
am fünften bis siebenten Krankheitstage in seine Behandlung. Meist, be¬
standen starke Oedeme und ausgesprochene Erscheinungen einer Allge-
meininfection: Uebelkeit, Schwindel, Temperaturerhöhung, Kräfteverfall.
Die Injectionen macht er nicht nur um den Eiterheerd herum, sondern
auch in der ganzen infiltrirten Gegend und an der gesunden Haut.
Während bei sechs Kranken eine Injection zur Heilung genügte, musste
bei zehn die Injection nach 1 bis 2 Tagen wiederholt werden.' Nach der
Injection massirte er die gebildeten Geschwülste mit einer Salbe, welche
aus 100 Theilen Carbolöl und 35 Quecksilbersalbe besteht. Acht Kranke
erhielten Phenol innerlich;
Acid. carbol 0,25—50
Aq. Menth, pip. 200,0—300,0
MDS, 2—3 stündlich 1 Esslöffel z. n.
Nach injieirten Phenoldosen von 0,50—0,75 auf einmal verschwanden
die Erscheinungen der Allgemeininfection in 1—3 Tagen. Nie trat als
Comphcation eine phlegmonöse Entzündung ein.
Hornsey Casson 7 ) hat droi Fälle von Pustula maligna mit sub-
cutanen Injectionen von Sublimat behandelt. Einer dieser Fälle war leicht,
em zweiter schwer, und ein dritter gehörte zu den verzweifeltsten, die
man überhaupt sieht. Eine Pustel sass auf der Unterlippe und bestand
bereits neun Tage. Es wurden zunächst Sublimatumschläge 1,0:1000 0
gemacht und gleichzeitig an vier verschiedenen Stellen 7,5 g derselben
Eösung m das ödematös geschwollene Gewebe eingespritzt. Das Oedem
reichte bis zur Clavicula vorn und bis zum Schulterblattwinkel hinten.
Bereits am folgenden Tage war der Patient, der schon aufgegeben war,
sichtlich besser; es wurden jetzt nochmals 3.75 g eingespritzt, mit dem
Erfolge, dass Patient schon nach zwei Tagen den Arzt zu Fuss aufsuchen
konnte. Eine letzte Einspritzung von 3,75 g um die jetzt auf etwa einen
Zoll um die Pustel herum begrenzte Schwellung führte zur völligen Hei¬
lung, welche m zehn Tagen erfolgt war.
Marchisio 8 ) macht gegen Milzbrandcarbunkel mit Erfolg häufige
Injectionen von 1—5% Carboisäurelösung; er setzt diese Injectionen ge¬
legentlich bis zum Auftreten von Intoxicationserscheinungen fort und hat
so die besten Erfolge gesehen.
Lochner 9 ) heilte einen Fall von Milzbrand bei einem Fleischer mit
IRflfi ^ n« r f dl l a ’ ^J^jcher Verein zu Hamburg. Sitzung vom 12. Janua
Deutsche med. Wochenschr. 1886. S. 348.
Medila'l886 d , U NÖ j k ZUr Behandlun S der Pu « Ulla R^sskaj
infectedf ^ho Lance^ r i886* Vol!*II^S. °696 D ^ raX Catt ' e ^ me
tische^Xnem’ The 1 "durch antisep
No. 16 (russisch) 1 ”’ Z “ r Therapie ' des Milzbrandes. Med. Obos. 188.
handlnn^doJ i !;t- S - eI !. Ski ü ü f be ^,? ie Grösse der Carbolsfiuredosen bei Be
Handlung der sibirischen Pest. Wratsch 1890, No. 4
by thV'hX?™^ ? < ! ss ° n ' Threecases ofantbrax treated successfull
Jouraal July° 5 ^ 1890 . ectlon of “ercunc perchlorid. The Brit. med
scient 189a“' ^ mddecine P rati 9 U0 189 °. Mai 29. Journal des Soc
Intel4e^°biatt e i891 E No F 9 ril V ° D MUzbrand beim Machen. Aerztliche
starkem Oedem der Arme und Drüsen in der linken Achselhöhle durch
Aetzung der Pusteln mit concentrirter Carbolsäure und Injection von zehn
Spritzen 2% Carbolsäure in die Umgebung und gleichzeitige innerliche
Darreichung von Carbolsäure.
Gleichfalls durch fortgesetzte Injection von Carbolsäure erzielte trotz
eines gewaltigen, über Brust, Hals und Arm sich erstreckenden Oedems
und starker Drüsenschwellungen in der Achselhöhle Kondorski 1 ) Hei¬
lung. _ (Fortsetzung folgt.)
III. Aus dem Kreiskrankenhause in Oschersleben.
Beitrag zur Behandlung der Diphtherie mit
Heilserum.
Von Dr. Kantzen, Marine-Oberstabsarzt I. CI. a. D.
Wenn ich im folgenden über die Ergebnisse der Diphtherie¬
behandlung mit Behring’schem Diphtherieheilserum an 25 Fällen
berichte, so Mn ich mir wohl bewusst, dass eine so geringe Anzahl
von Fällen nicht ausreicht, um über den Werth einer neuen Be¬
handlungsmethode ein abschliessendes Urtheil zu gewinnen. Indess
sind 25 in einem Krankenhause (dem Kreiskrankenhause in Oschers¬
leben) beobachtete Krankheitsfälle für eine grössere Zusammen¬
stellung immerhin ein Baustein. Ferner aber glaube ich, dass die
meisten der bisher erfolgten Veröffentlichungen die Zahlen nicht in
einer Weise zusammen gestellt haben, dass danach ein Urtheil über
den Werth des Heilserums möglich ist.
Fast in sämmtlichen Publicationen werden die Fälle eingetheilt
in leichte, mittel schwere und schwere, und es werden dabei gewisse
Anhaltspunkte gegeben, nacli denen die Einreihung des einzelnen
Falles geschehen ist. Am einfachsten steht die Sache bei den
„schweren“ Fällen. Dass solche mit stinkenden Belägen im Halse
und grosser teigiger Anschwellung des Halses unter den Kiefern,
ferner solche mit Ergriffensein des Kehlkopfes und der Luftröhre,
oder mit Lungenentzündung, dass solche mit Lähmungen, oder
endlich alle Fälle bei Kindern unter einem Jahre zu den schweren
gerechnet werden müssen, darüber ist eine Einigung einfach. Aber
was ist ein leichter Fall? Ist ein Fall mit geringen örtlichen Er¬
scheinungen und fast ungestörtem Allgemeinbefinden zur Heilung
gelangt und sind Monate verstrichen, ohne dass nachträglich
Lähmungen aufgetreten sind, so wird jedermann ihn als einen
leichten einreihen, aber es ist doch allgemein bekannt, wie oft jede
Vorhersage in wenigen Stunden über den Haufen geworfen wird.
Ein munter spielendes Kind mit ganz kleinen Fleckchen auf den
Mandeln wird plötzlich von schwerer Athemnoth ergriffen. Die
Tracheotomie zeigt, dass nicht nur der Kehlkopf, sondern die Luft¬
röhre und ihre Verzweigungen bereits befallen sind, das Kind stirbt
nach Stunden oder Tagen an Erstickung. Oder eine plötzlich,
früher oder später einsetzende Lähmung ändert das Krankheitsbild,
und wie lange muss man in der Furcht einer Lähmung, nament¬
lich der schlimmsten von allen, der Herzlähmung, leben? Ist in
einem solchen Falle plötzlich aus einer leichten eine schwere Krank¬
heit geworden, oder haben wir uns nur in unserem Urtheil geirrt,
indem wir für leicht ansahen, was in Wahrheit schwer, sehr
schwer war? Ich glaube das letztere und bin der Ansicht, dass
von „leichten“ Diphtheriefällen in der Prognose überhaupt nicht
geredet werden sollte. Ein jeder Fall von Diphtherie ist eine sehr
schwere, lebensgefährliche Erkrankung, und der Mangel an augen¬
blicklich bedrohlichen Erscheinungen sollte nie dazu führen, ihn
prognostisch oder in der Behandlung leicht zu nehmen.
Dazu kommt für die Frage der Serumbehandlung ein zweites:
Behring und seine Mitarbeiter stellen die Behauptung auf, das."
es mit Hülfe der Serumtherapie gelinge, fast alle frühzeitig mit ge¬
nügend grossen Mengen Serums behandelte Fälle zu heilen.
Die von Ehrlich, Kossel und Wassermann (Ueber Ge¬
winnung und Verwendung des Diphtherieheilserums, Deutsche med.
Wochenschrift 1894, No. 16) gebrachte Zusammenstellung von
mit dem Heilserum behandelten Fällen zeigte, dass von den am
ersten Krankheitstage der Behandlung unterworfenen Fällen die
Sterblichkeit = 0, von den am zweiten Tage behandelten = 3 o
gewesen war, dass sich aber von da an gesetzmässig von Tag zu
Tag die Sterblichkeit auf 14, 23, 43,5 % u. s. w. gesteigert
hatte. Es wäre nun meines Erachtens geboten gewesen, dass a e
die Berichterstatter, welche eigene Statistik veröffentlichten, die
Krankheitsfälle in derselben Weise gruppirt hätten, wie die oben
erwähnten Autoren. Denn nur so lässt sich die Frage beantworten,
ob es möglich ist, jeden oder fast jeden frühzeitig behände! e
Diphtheriefall zu retten. Ein Beispiel möge das erläutern. , ie
jeder mit Krankenhausverhältnissen einigermaassen Vertraute wei^.
kommen in eine Anstalt verhältnissmässig wenige Fälle z ^
„Diphtheriebehandlung“. Fast stets sind, oder waren es wenigstens,
') Kondorski, Fall von Milzbrandinfection durch die unverletzte
Haut. Wratsch 1891, No. 31.
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6. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
919
Krankq, die zur Tracheotomie reif sind, oder solche, bei denen es
so schief zu gehen droht, dass Eltern und behandelnde Aerzte das
Krankenhaus als letzten Versuch der Rettung in Anspruch nehmen.
Nach der Zusammenstellung von Ehrlich, Kos sei und Wasser¬
mann waren unter ihren 220 Fällen nur 72 an den ersten beiden
Krankheitstagen in Behandlung gekommen, also nicht ganz ein
Drittel der Gesammtzahl. Nehmen wir einmal an, 80 von 100 Fällen
eines Krankenhauses wären so frische Fälle, bei ihnen wäre kein
Todesfall zu verzeichnen, während bei den späteren Fällen ein Ein¬
fluss nicht vorhanden wäre, so würde ich dieses Resultat als einen
ganz gewaltigen Erfolg der Behandlung ansprechen, während es in
dem Procentsatz der Gesammtsterblichkeit nur in sehr bescheidener
Weise zum Ausdruck käme. Nimmt man nämlich die Gesammt¬
sterblichkeit der früher „symptomatisch“ behandelten Krankenhaus¬
fälle auf 45°/o an (siehe Körte, Bericht über die Behandlung von
121 Diphtheriekranken mit Behring’schem Heilserum im städtischen
Krankenhause am Urban, Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 46),
so würde sie unter den oben angenommenen Verhältnissen 31,5 °/o
betragen, d. h. die Differenz w r äre so gering, dass sie ohne jedtf
Mühe und scheinbar ohne jedes Unrecht mit Zufälligkeiten, dem
milderen Charakter der Epidemie u. s. w. erklärt werden könnten.
Ich glaube, es könnte der Sache, d. h. einer wirklich eingehenden
Prüfung des Behandlungswerthes noch jetzt gedient werden, wenn
sich alle Aerzte, welche bisher Statistiken veröffentlicht haben, ent¬
schlössen, ihre Krankenjournale noch einmal vorzunehmen und sie
nicht nach der „Schwere“ der Fälle, sondern nach der Zeit zu
ordnen, in der diese der Behandlung unterworfen wurden. Ich halte
es nicht für unwahrscheinlich, dass dann Zahlen sich ergäben, die
deutlicher und schlagender über Werth oder Nichtwerth der neuen
Methode redeten, als die bisher veröffentlichten Uebersichteu.
Und nun zu den Fällen. — Ich habe seit dem Juli dieses Jahres
im hiesigen Kreiskrankenhause 29 Diphtheriefälle behandelt. Von
diesen konnten 4 der Serumbehandlung nicht unterworfen werden,
weil ich das Serum noch nicht oder nicht mehr besass. Sie
kamen sämmtlich zur Tracheotomie, 1 genas, 3 starben.
25 Fälle wurden mit Serum behandelt. Von diesen befanden
sich bei der Aufnahme:
Krank¬
heitstag
Fälle
Heilungen
j Heilungen
in %
erster !
2
3
100
1
zweiter 1
6
6
100
dritter
7 1
6
85.7
1 gestorben
vierter
2 (2) Trachcotomicen i
2
100
fünfter 1
2 !
2
100
sechster j
i (i) !
—
—
(1) gestorben
siebenter i
3 (1)
2
66.7
(1) gestorben
achter !
1 (1) 1
1
100
zus.
25 (5) !
22
1 88
3 gestorben
Hierzu mögen einige Bemerkungen gemacht werden. Zunächst
muss gesagt werden, dass die Diagnose der Diphtherie in allen
Fällen nur eine klinische gewesen ist, dass die bacteriologische
Bestätigung fehlt. Bis vor kurzem würde auch ich diesen Um¬
stand für erheblich genug gehalten haben, um daraus ernste
Zweifel an der Richtigkeit der Diagnose herzuleiten. Ich thue das
jetzt nicht mehr, seit ich gesehen habe, dass man auf Grund des
KrankheitsVerlaufs nach der Serumbehandlung sehr gut imstande
ist, die Diagnose nachträglich ex juvantibus mit Sicherheit zu
stellen. Wenn ein der Diphtherie verdächtiger Fall nach Injection
der nach der Erkrankungsdauer erforderlichen Serummenge in
vollkommen typischer Weise verläuft, wenn am zweiten Behandlungs¬
tage Temperatur und Puls zur Norm zurückkehren und das All¬
gemeinbefinden vortrefflich ist, während die Beläge im Rachen im
alten Umfange bestehen, dick wie Speck oder Bisquitporcellan den
befallenen Theilen aufliegend, wenn sich am dritten Behandlungs¬
tage der Rand des scharf abgesetzten Belages von der Unterlage
abzuheben scheint und am vierten Behandlungstage der ganze er¬
krankte Bezirk gereinigt ist, dann ist die Annahme unabweisbar,
dass es sich um echte wirkliche Diphtherie gehandelt hat.
Demgemäss bin ich bei meinen 25 Fällen bei 24 von der
Richtigkeit der gestellten Diagnose fest durchdrungen, während
ich einen Fall nachträglich nicht für Diphtherie halte.
Er ist unter den am zweiten Krankheitstago in Zugang gekommenen
Fällen aufgeführt und betrifft ein dreijähriges kleines Mädchen, das mit
einer Temperatur von 38,7, 140 Pulsschlägen, sehr aufgeregtem Wesen
und stark gerötheten uud goschwollenen Mandeln mit einer Menge punkt¬
förmiger, in den Vertiefungen sitzender Exsudate in Zugang kam. Die
Erkrankung machte von vornherein den Eindruck einer heftigen Angina
lacunaris, da aber durch Nichtanwendung des Mittels unter Umständen
viel zu verlieren, durch seinen Gebrauch nichts zu schaden war, erhielt
das Kind 600 Immunisirungseinheiten eingespritzt. Am nächsten Tage war
das Kind unruhiger wie je, die Temperatur stieg auf 39,1 am Morgen,
39,2 am Abend. Die Beläge hatten sich ausgebreitet, so dass beide
Mandeln mit einer zusammenhängenden Membran überzogen waren. Das
Kind erhielt noch 600 Immunisirungseinheiten eingespritzt. Trotzdem war
auch am dritten Behänd lungstage die Morgentemperatur noch 39,2, und
erst am Abend trat unter Schweiss und grosser Beruhigung Temperatur¬
abfall ein, dem eine ungestörte Reconvalescenz folgte. Die Mandeln
reinigten sich nicht in der Weise wie bei den anderen Fällen, die Ab-
stossung der Beläge erfolgte nicht auf einmal (das von mir als typisch
beobachtote ist, dass am vierten Behandlungstage auf einmal eine voll¬
ständige Reinigung erfolgt ist), sondern nahm mehrere Tago in Anspruch.
Ich habe den Fall hier ausführlich erwähnt, weil er durch
den Contrast mit den übrigen frühzeitig behandelten Fällen auf
mich ausserordentlich wirkte. Beiläufig möchte ich noch erwähnen,
dass während der verflossenen Zeit, vom Juli bis jetzt, noch fünf
Fälle von Mandelentzündungen bei Erwachsenen behandelt wurden,
die von vornherein nicht als diphtherisch angesehen wurden
und die demgemäss kein Serum erhielten. In zwei dieser Fälle
kam es zu einem Abscess in der Mandel, der eröffnet wurde. Alle
fünf Fälle heilten.
Unter den 25 in obiger Uebersicht geführten Fällen befanden
sich zwei Erwachsene, ein Bergmann, in dessen Familie vor einiger
Zeit Diphtherie geherrscht hatte, an der auch ein Kind gestorben
war, und eines der Hausmädchen des Krankenhauses. Der Rest
waren Kinder.
Was bei den angeführten 25 Fällen auffällt, ist die verhält-
nissmässig grosse Zahl frischer Erkrankungen. Ich habe dafür
den hiesigen Aerzten aufrichtig zu danken. Denn nur dadurch,
dass sie die Eltern energisch drängten, die Kinder möglichst
schnell dem Krankenhause zuzuführen, ist das Verhältnis der
frischen zu den länger bestehenden Erkrankungen ein so günstiges
geworden.
Leicht waren übrigens auch die frischen Fälle nicht immer.
Bei zwei der am zweiten und vier der am dritten Krankheits tage
eingelieferten Kinder ist der Vermerk gemacht, dass die Stimme
klanglos und die Athmung pfeifend gewesen ist. Ich habe bei
diesen Kindern einige Zeit in der Erwartung gelebt, dass es doch
wohl zur Tracheotomie kommen würde, aber diese Gefahr ist bald
vorüber gegangen, und ich habe die Vermuthung, möchte aller¬
dings sie auch nur als solche äussem, dass man bei der Serum¬
behandlung berechtigt ist, mit der Operation zurückhaltender zu
sein als sonst.
Im ganzen sind von den 25 Kranken fünf operirt, davon sind
drei genesen, zwei gestorben. Das erste der gestorbenen Kinder,
ein vierjähriges Mädchen am siebenten Krankheitstage, kam nach
der Tracheotomie pulslos vom Operationstisch und starb nach
16 Stunden. Bei dem zweiten Verstorbenen, einem 2 1 /2jährigen
Knaben am sechsten Krankheitstage, trat nach der Operation keine
völlig freie Athmung oin. Es betrug die Athemfrequenz 48 in
der Minute, am nächsten Tage wurde die Athmung immer frequenter
und oberflächlicher, das Kind wurde wieder cyanotisch und starb
17-2 Tage nach der Aufnahme. Der dritte Todesfall endlich betraf
einen 472jährigen Jungen am dritten Krankheitstage. Die Ath¬
mung war frei, aber es bestand entsetzlicher Gestank aus dem
Halse, die Unterkiefergegend schwoll von Stunde zu Stunde mehr
teigig an, der Tod erfolgte schon nach etwa 15 Stunden an Herz¬
lähmung.
Ich habe ferner noch über die Dosirung der Einspritzungen
zu berichten. Ich habe mich einfach genau an die Behring’schen
Vorschriften gehalten, d. h. Kindern am ersten und zweiten Krank¬
heitstage 600 Immunisirungseinheiten eingespritzt, allen später zur
Behandlung gekommenen Kindern und den beiden Erwachsenen die
doppelte Dosis gegeben. Nie sind kleinere Quantitäten zur Ver¬
wendung gekommen, nur einmal, in dem oben erwähnten Fall von
Pseudodiphtherie ist die Injection wiederholt.
Zum Schluss noch eine Bemerkung. Im allgemeinen ist das
Misstrauen der Aerzte gegen neue Mittel, namentlich so lange sie
nicht in den Kliniken und grossen Krankenhäusern geprüft und
von den klinischen Lehrern warm empfohlen werden, sehr berech¬
tigt. Abgesehen davon, dass das Serum doch auch nicht unge¬
prüft dem Verkehr übergeben ist, liegt meines Dafürhaltens die
Sache hier anders. Im allgemeinen beziehen die Krankenhäuser
ihre Kranken erst in zweiter Instanz, der Process der Diphtherie
aber soll in erster Instanz entschieden werden. Darum ist jede
Maassnahme, die den praktischen Aerzten das Mittel in die Hand
giebt und ihnen die Möglichkeit gewährt, ausgedehntesten Gebrauch
davon in der Praxis zu machen, mit Freuden zu begrüssen. Der
Arzt, der primo loco die Diphtherie behandelt, ist der berufenste
Richter über den Werth der Serumbehandlung.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4»
920
IV. Zur Aetiologie der Diphtherie. 1 )
Von Dr. med. Fritz Schanz, Augenarzt in Dresden.
Bei einem Fall von infantiler Xerosis mit Keratomalacie,
welcher vor zwei Monaten in meiner Praxis vorkam, fiel bei der
Untersuchung auf Xerosebacillen die grosse Aehnlichkeit derselben
mit den Diphtheriebacillen auf. Nun gilt der Xerosebacillus jetzt
nicht mehr als Erreger der Xerose, weil man gefunden hat, dass
er sich sehr häufig im Conjunctivalsack des Menschen findet. Ein
Bacillus aber, der so häufig im Conjunctivalsack des Menschen
vorkommt, muss sich auch in den oberen Luftwegen finden lassen.
Die Luft bringt ihn mit aller 'Wahrscheinlichkeit in den Conjunctival¬
sack, auf dieselbe Weise müsste er in die oberen Luftwege ge¬
langen, aber selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so müsste der
Thränenstrom ihn aus dem Conjunctivalsack in die Luftwege be¬
fördern. Wie kommt es, dass dieser Bacillus dort noch nicht ge¬
funden ist? Müsste seine Aehnlichkeit nicht differentialdiagnostisch
von Bedeutung sein? — Diese Erwägung veranlasst« mich, den
Xerosebacillus mit dem Loeffler’schen Diphtheriebacillus zu ver¬
gleichen. Das Resultat war ein sehr auffälliges: der Xerosebacillus
ist im Präparat und in der Cultur nicht von dem Loeffler’schen
Bacillus zu unterscheiden, der einzige Unterschied besteht darin,
dass eine Bouilloncultur der Loeffler’schen Bacillen auf das
Kaninchen giftig wirkt, eine gleiche Cultur des Xerosebacillus
nicht. Da aber die Giftigkeit der Loeffler’schen Bacillen sehr
schwankt, so kann dies allein nicht ausreichen, um diese Bacillen
für zwei verschiedene Mikroorganismen zu halten. Der Xerose¬
bacillus ist ein Loeffler’scher Diphtheriebacillus von ge¬
ringer Giftigkeit.
Bei der Durchsicht der Litteratur fand sich, dass Prof. Carl
Fränkel dies schon vermuthet hat. Er schreibt in seiner Arbeit:
Ueber das Vorkommen der Loeffler’schen Diphtheriebacillen 2 ) da¬
rüber folgendes: „Ich kann mich der Vermuthung nicht erwehren,
dass die von verschiedenen Forschern, wie Kuschbrot und
Neisser, Fränkel und Franke, Schreiber, Fuchs u. s. w.
als Xerosebacillen beschriebenen, übrigens von den genannten
Untersuchern nicht oder nicht mehr als eigentliche Ursache der
Xerose angesprochenen Bacterien auch eben die „Pseudodiphtherie¬
bacillen“ gewesen sind. Allerdings vermag ich meine Anschauung
nur auf die Schilderungen und Abbildungen zu gründen, welche
die eben erwähnten Arbeiten von Mikroorganismen geben, da ich
über Culturen zum Vergleiche nicht verfüge.“
Seit meiner Untersuchung über die Xerose 3 ) habe ich jetzt
den ersten Fall von infantiler Xerose mit Keratomalacie wieder zu
sehen bekommen und hatte, ehe ich noch die Vermuthung Fränkel’s
kannte, schon festgestellt, dass die beiden Mikroorganismen identisch
sind. Wir hätten also am Auge zwei Krankheiten, bei welchen
derselbe Mikroorganismus sich üppig entwickelt, die Xerose und
die Conjunctivaldiphtherie, nur bei der letzteren Krankheit aber
erlangt er die Fähigkeit, in dem Nährboden einen chemischen Gift¬
stoff zu erzeugen. Wenn es nicht noch gelingen sollte, diese beiden
Mikroorganismen genauer zu trennen, wenn nicht noch andere
Merkmale als die Giftigkeit sie unterscheiden, dann müssen wir
sie als dieselben Mikroorganismen ansehen, und dann wird dieser
Befund auf unsere Anschauungen über die Aetiologie der Diphtherie
von grossem Einfluss sein. Die ausführlichere Mittheilung meiner
Befunde soll bald erfolgen.
V* Studien zur bacteriellen Diagnostik de
Diphtherie und der Anginen. 4 )
Von Dr. phil. u. med. H. C. Flaut in Leipzig.
•11 \* e ! deu zabln? i cben Untersuchungen von Rachen- und Toi
sillenbelag welche ich in den letzten drei Jahren zur Entsche
düng der Frage anstellte, ob der Loeffler’sche Diphtheriebacilh
nachzuweiscn sei oder nicht, habe ich eine Reihe von Beobacl
t ungen verzeichnen können, die nicht nur von bacteriologische
Intel esse, sondern auch für den praktischen Arzt von Wichtigke
8 ? (lass ich llicht lä »£er zögern will, sie de
Oeflentlichkeit zu übergeben. ’
Mem Material, welches ich zu weitaus dem grössten The
sich i!nF ü n lak TT SC l heU ,iA erzt(m ^geschickt erhielt, erstrecl
.;, 0Fälle - Unter diesen fand sich der Loeffler’sche Dipl
nU , r 22 , mal ’ ob £ leich die meisten mit der Diagnos
” ac ^ °^ ei «höchst verdächtig auf Diphtherie“ mir zi
und IbdTÄ fige n itt ¥ ilun? l tl 1 ber ei “f“ in der Gesellschaft für Natu
1111(1 Vienne zu Dresden gehaltenen Vortrag
) Berl. klin. Wochensehr. 1893, S. 254.
S. UO AlChlV für Au g cn beilkunde von Knapp und Sehweigger XX^
4 ) Eingesandt am 15. August 1894. D Red
gegangen waren. Von den echten Diphtheriefällen verliefen sieben
letal (zwei tracheotomirt). Die Anginen (hierunter drei Scharlach¬
anginen), bei welchen sich die gewöhnlichen eitererregenden Mikro-
coccen oder andere (s. u.) Mikroorganismen fanden, verliefen sammt
und sonders günstig. Die Behandlungsweise war, der Herkunft
des Materials entsprechend, ganz verschieden. Wo es nothwendig
wird später bei Besprechung der einzelnen Fälle auf sie noch be¬
sonders hingewiesen werden. Zunächst scheint es geboten, einige
Bemerkungen über die bei der Untersuchung zur Anwendung ge
brachten Methoden vorauszuschicken.
Färbung der Diphtheriebacillen.
Man sollte meinen, dass bei den zahlreichen Arbeiten, die
über Diphtherie veröffentlicht wurden, betreffs der Färbemethoden
Differenzen unter den Autoren nicht mehr herrschen könnten.
Dass dem nicht so ist. lehrt ein Blick auf beifolgende kleine Ueber-
sicht, welche zeigt, dass betreffs der sogenannten Gram’schen Me¬
thode die Beobachtungen einzelner Forscher sich durchaus ent-
bntgegenstehen:
Die Diphtheriebacillen färben sich
nicht nach Gram:
Hueppe, III. Auflago, S. 121.
Entfärbt werden bei der Gram’schen
Methode u. a. . . . die Diphtherie¬
bacillen.
Schenk, Grundriss derBacterio-
logie S. 168: „Neben der L o e f f 1 e r -
sehen Methode ist noch der nega¬
tive Erfolg der Gram’schen Me¬
thode als Kriterium für das Vor¬
handensein der Loeffler’schen
Diphtheriebacillen anzusehen“.
Heim, Lehrbuch der bacteriolog.
Untersuchung und Diagnostik 1894,
S. 50: „dagegen geben die Färbung
ab: Der Diphtheriebacillus.“
Migula, Bact. Prakticum S. 187:
Die Gram’sche Methode lässt sich
bei dem Diphtheriebacillus nicht
anwenden; die Bacillen entfärben
sich danach vollkommen etc.
nach Gram:
Roux et Yersin, Annales de
l’Institut Pasteur 1890, S. 387:
Par la möthode de Gram se colore
d’une raaniere intense la diphtdrie.
Tangl, Budapest. Ref. im Jahrb.
von Baumgarten über Untersuchun¬
gen von Middeldorpf u. Gold¬
manns 1891, S. 233: „weil die
Loeffler’schen nach den Erfahrun¬
gen anderer Untersucher und auch
des Referenten sowohl nach der
Weigert 7 sehen, als auch nach der
Gram’schen Methode färbbar sind.“
Abel, Taschenbuch etc. S. 35:
Färbung der Diphtheriebacillen mit
Loeffler’schem Methylenblau und
nach Gram.
Seiffert. Mikroskopische Dia¬
gnostik, S. 111 u. 112: Die Diph¬
theriebacillen sind nach demGram-
schen Verfahren nicht so unzugäng¬
lich, wie zuweilen behauptet wird
Auch wegen der Wahl des für den Diphtheriebacillus besten
Farbstoffes sind die Ansichten verschieden, der eine empfiehlt
Loefflerblau, der andere Dahliamethylgrtinlösung als den besten,
wieder ein anderer die Ziehl’sche Lösung. Alle diese Differenzen
sind dazu angethan, den Praktiker zu verwirren. Ich habe daher
dem Studium dieser Verhältnisse besondere Aufmerksamkeit ge¬
widmet und bin zu folgendem Resultat gekommen.
Die Diphtheriebacillen nehmen einfache wässrige Anilinfarb¬
stoffe nur schwer auf und färben sich in dem von Loeffler em¬
pfohlenen Farbstoff (30 ccm coneentrirter alkoholischer Methylenblau¬
lösung auf 100 ccm 0,01 °/oiger Kalilauge) so, dass einzelne Theile
derselben, besonders die Enden, gefärbt werden, andere nicht. Dies
ist charakteristisch für die Diphtheriebacillen, und von diesem
Standpunkte aus kann man den Loeffler’schen Farbstoff als be*
sonders geeignet empfehlen. Die Diphtheriebacillen färben sich
aber mit Loefflerblau lange nicht so rasch, intensiv und vollständig,
wie mit Anilinölwassergentianaviolett (Anilinölwasser 100, con-
centrirte alkoholische Gentianaviolettlösung 5,0). Diese Farb¬
lösung ist frisch bereitet oder nicht älter als 3 mal 24 Stunden,
das beste Färbemittel für die Diphtheriebacillen. Sie nehmen
den Farbstoff in der Kälte sofort auf und viel intensiver als alle
anderen Farbstoffe, das von Roux und Yersin empfohlene Dablia-
methylgrün eingeschlossen. Wenn man nach der Färbung mi
dieser Farblösung (drei Minuten in der Kälte) das Objectträgerau»-
strichpräparat in bekannter Weise mit Jodjodkaliumlösung über
giesst (Gram’sche Methode), dann mit Alkohol leicht abspült,
aber, dass nicht völlige makroskopische Entfärbung der Schic
eintritt, sondern noch ein leichter graublauer Schimmer verbleib,
und dann untersucht, so bemerkt man, dass zwar einige Baci e
blässer geworden sind als nach Abspülung mit Wasser, dass
meisten aber den Farbstoff vortrefflich conservirt haben, bp
man dann weiter, so wie es Gram vorschreibt, mit oft geweeüse
tem absolutem Alkohol ab, bis die Schicht makroskopisch v
weiss geworden ist, so kann man nach und nach alle Diphtber
bacillen entfärben. Zunächst tritt nur theilweise Entfärbung -
Inhalts ein, und einige Bacillen erscheinen graublau, da& n &J aU ’,,
Stellen jedoch, wo die Schicht dichter aufgetragen ist und des! _
der Farbstoff besser haftet, finden sich noch eine Zeit lang .T, ^
intensiv tingirte Stäbchen, aber auch diese halten dem Alk
auf die Dauer nicht Stand. Zuletzt sind alle Stäbchen ent >
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6. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
921
nur die Involutionsformen mit keulenförmigen Anschwellungen
halten in einigen wenigen Exemplaren den Farbstoff auch noch
nach intensiver Alkoholbehandlung fest.
Bei Behandlung der Ausstrichpräparate mit Anilinöl wird der
Farbstoff viel besser festgehalten als mit Alkohol.
So ist das Verhalten der Diphtheriebacillen bei Ausstrich¬
präparaten von Membranen und frischen Reinculturen. Alto Rein-
culturen entfärben sich bei der Alkoholbehandlung schneller. Bei
Schnitten durch Membranen tritt nach langer Alkoholbehandlung
eine nur theilweise Entfärbung der Diphtheriebacillen ein, so dass
sie dann grob gekörnt erscheinen. Kurze Alkoholbehandlung bei
dünnen Schnitten, besonders unter Ersatz des Alkohols durch
Anilinöl, giebt prachtvolle Bilder.
Man erkennt aus dem Gesagten leicht, woher der oben be¬
rührte Zwiespalt der Autoren betreffs der Färbung der Diphtherie¬
bacillen nach der Gram’schen Methode stammt und dass es sich
nur um einen scheinbaren Widerspruch handelt. Je nachdem man
mehr oder weniger Alkohol zum Entfärben benutzte, Schnitte oder
Ausstrichpräparate, dicke oder dünnere Objecte, ältere oder jüngere
Culturen, Alkohol oder Anilinöl an wandte, waren die gewonnenen
Resultate verschiedene.
Man kann das eigenthümliche Verhalten der Diphtheriebacillen
bei Anwendung der Gram’schen Methode zu differentialdiagnosti¬
schen Zwecken wohl verwenden. Die hierauf basirenden Methoden
(siehe unten) sind aber mehr von theoretischer Bedeutung. Denn
wenn in einer Membran viel Bacillen vorhanden sind, so weiss der
Kenner bei der Anfertigung eines einzigen Präparates nach der
gleich zu besprechenden Methode sofort, um was es sich handelt,
sind aber nur vereinzelte Bacillen vorhanden, so führt die mikro¬
skopische Untersuchung, und das kann nicht scharf genug betont
werden, man mag anwenden, welche Methode man will, überhaupt
zu keinem absolut sicheren Ergebniss, weil die Resultate zu sub-
jectiv sind.
Die beste Methode, Diphtheriebacillen in Ausstrichpräparaten
zur Anschauung zu bringen, ist nach meinen Erfahrungen folgende:
Das zu untersuchende Material wird zwischen zwei Objectträgem ge¬
quetscht und diese, nachdem ordentliche Vertheilung cingctreten ist. seit¬
lich auseinandergezogen. Nachdem die Schicht lufttrocken geworden ist,
wird sie durch mehrmaliges Ziehen des Objectträgers durch die Bunsen-
flammc, natürlich die Schichtseite nach oben, fixirt. Elfmaliges schnelles
Ziehen genügt für nicht zu dicke Objectträger. Man legt, um nicht zu
überhitzen, nach jedesmaligem Durchziehen den Finger auf die Unterseite
des Objectträgers und hört mit dem Durchziehen auf, sobald das Gefühl
der Wärme unangenehm empfunden wird. Nach dem Fixiren lässt man
den Objectträger vollständig abkühlen und tropft, dann von dem Anilinöl-
wassergentianaviolett (2 g concentrirte alkoholische Lösung von Gentiana-
violett auf 40 g Anilinölwasser) so viel auf, dass die ganze Schicht
schwappend voll bedeckt ist. Einwirkung drei Minuten. Dann lässt man
den überflüssigen Farbstoff über einen Eimer ablaufen und giesst Jodjod¬
kalilösung (1 Jod, 3 Jodkali, 300 Aq.) auf die gefärbte Schicht, dass alles
bedeckt ist, und lässt dann die Jodlösung ablaufen. Hierauf trocknet man
den Objectträger in gutem schwedischem Fliesspapier durch Druck. Dann
giesst man bis zur hellbläulichen oder auch gänzlichen Entfärbung Anilinöl
auf, das in eine Schale ablaufen und mehrmals benutzt werden kann.
Nun wird der Objectträger wieder in Fliesspapier abgetrocknet, ein Tropfen
reines Anilinöl auf die Schicht gebracht, ein Deckgläschen darüber ge¬
breitet und mit Oelimmersion */ia Zeiss untersucht.
Die in Betracht kommenden Mikroorganismen erscheinen nach
dieser Methode prachtvoll intensiv blauschwarz gefärbt. Die Epi-
thelien, viele Mundbacterien und sonstigen Elemente fast gänzlich
entfärbt und die eventuell vorhandenen Diphtheriebacillen so scharf
gekennzeichnet, dass sie bei nur einiger Uebung an ihren charak¬
teristischen Formen, ihren Involutionen und Anlagerungen leicht
zu erkennen sind. Eine nur theilweise Färbung des Inhaltes findet
nach dieser Methode nicht statt; wohl aber sieht man die Diph¬
theriebacillen nach einiger Zeit blasser werden und einige derselben
den Farbstoff ganz abgeben. Nach 24 Stunden sind nur noch
einige Bacillen schwach gefärbt, deutlich aber noch die Involutions¬
formen erkennbar. Wer noch nicht genügend Uebung hat, färbt
nun noch ein anderes Präparat nach der Loeffler’schen Methode
und bemerkt dann an den vorher total gefärbten Bacillen die
charakteristische Körnungsfärbung. Zur Uebung empfiehlt es sich
dann noch, ein Präparat stricte nach Gram zu färben, d. h. mit
Alkohol intensiv zu entfärben, um die starke Entfärbung der Diph¬
theriebacillen zu studiren. In den meisten Fällen genügt aber,
wie schon bemerkt, die eine Färbung, um eine Diagnose zu fällen.
Auf die Ausnahmen wird weiter unten genauer eingegangen werden.
Cultur.
Steht eine Membran zur Verfügung, so benutze man für
gewöhnlich die der Mundhöhle zugekehrte Seite. Viele empfehlen
wohl, um gröbere Verunreinigungen zu vermeiden, die der
Schleimhaut zugekehrte Seite der Membran zu benutzen. In der
That nehmen alle Mikroorganismen an Zahl nach der Tiefe der
Membran zu ab, natürlich aber auch die Diphtheriebacillen¬
nester, so dass es leicht geschehen kannn, dass man, bei ober¬
flächlicher Entnahme von der Kehrseite, überhaupt keine Bacillen-
culturen erhält. Die gewöhnlichen Mikroorganismen der Mund¬
höhle stören aber das Wachsthum der Diphtheriebacillen auf Löffler-
Blutserum gar nicht, so dass die Vorschrift, die Bacillen von der
Schleimhautseite zu entnehmen, wohl nur für Glycerinagarculturen
Beobachtung zu finden braucht. In diesem Falle empfiehlt es sich
aber, mit dem Platinspatel nicht zu oberflächlich abzutragen, sondern
tiefer in die Membran einzudringen. Sicherer geht man, wie schon
gesagt, die der Mundhöhle zugekehrte Seite zu benutzen, ein Ver¬
fahren, das man überhaupt dann stets anzuwenden gezwungen ist,
wenn man keine Membran aus dem kindlichen Mund entfernen
kann, sondern sich damit begnügen muss, ein wenig Belag von
den Tonsillen am Platinspatel herauszubringen. Dieser Fall tritt
so häufig ein, dass er die Regel bildet. Denn einmal sitzen die
Membranen bei echter Diphtherie oft so fest, dass man ohne blutige
Verletzung nichts abreissen kann, ein Verfahren, das nach dem
houtigen Stande der Diphtherietherapie doch kaum mehr zu ver-
theidigen ist, andererseits sind die Kinder zu unbändig, um den
Arzt mit einer Pincette in der Mundhöhle hantiren zu lassen. Man
kann also meist damit zufrieden sein, wenn man soviel Material
erhält, dass man zwei Ausstrichpräparate und eine Cultur machen
kann. Das Material streicht man auf reine Objectträger, die man
nach Beschickung aufeinanderquetscht und, um Verdunstung zu
vermeiden, in Guttaperchapapier gut einwickelt. So habe ich mir
mein Material theils selbst verschafft, theils schicken lassen und
nie über einen Misserfolg zu klagen gehabt. Um eine Cultur an¬
zulegen, nimmt man ein ganz kleines Stückchen des Materials und
verreibt es gut auf der Oberfläche des nach Loeffler’s Vorschrift
bereiteten Blutserums. Man braucht, um eine sichere Diagnose
zu erhalten, höchstens zwei Röhrchen zu verwenden, da, wie ge¬
sagt, die Diphtheriebacillen auf diesem Nährboden alle anderen
Keime der Mundhöhle schnell überwuchern, so dass das Glycerin¬
agar auch nicht mit ihm im entferntesten zu concurriren vermag.
Nach 24 Stunden zeigt ein Blick auf die Cultur, um was es sich
handelt: entweder feine Tröpfchen, oder milchweisse Scheiben. Bei
der mikroskopischen Exploration erweisen sich die letzteren als
Diphtheriebacillen.
Die Bereitung des Serums nach Loeffler ist nicht schwerer oder um¬
ständlicher als die gewöhnlichen Blutserums. Man fange das Blut nur
selbst auf, lasse es so lange stehen, bis sich der Blutkuchen ordentlich
abgesetzt hat und hebere dann das Serum direkt in die sterilisirten, schon
mit sterilem Fleischwasserpepton im richtigen Verliältniss gefüllten Re¬
agensgläser ab. Gelangen ein paar rotho Blutkörperchen mit in das Re¬
agensglas, so schadet das gar nicht. Beim ruhigen Stehen setzen sie sich
am Boden fest und bleiben da liegen, auch wenn man das Gläschen, um
das in ihm befindliche Serum fest zu machen, schräg legt. Die Temperatur
beim Erstarren kann auf 95° C allmählich erhöht werden, ohne dass die
Durchsichtigkeit des Serums darunter leidet. Bei 78 u C, dem Erstarrungs¬
punkt des gewöhnlichen Serums, erstarrt das Loeffler’sche Blutserum¬
gemisch nie, beim allmählichen Erwärmen auf 95° C in droi Stunden.
Die continuirliche Sterilisation dos Blutserums vor dem Erstarren ist
selbstverständlich. Die sterilisirten Blutserumgläschen werden am besten
erst kurz vor dem Gebrauch zum Erstarren gebracht. Die mit flüssigem
Inhalt versehenen werden mit Gunimikappen aufbewahrt, die erstarrten bis
zum Gebrauch mit eben solchen schräg liegend gehalten, damit das Condens-
wasser die Oberfläche des Serums eine Zeit lang vor Verdunstung schützt.
Nach der Impfung werden sie gestellt und bei 36° C 24 Stunden im Ofen
gehalten.
Thierversuch.
Zur Thierimpfung eignen sich bekanntlich junge, etwa 300 g
schwere Meerschweinchen am besten. Die Impfung führt man am
zweckmässigsten so aus: Man hebt eine Hautfalte am Rücken,
oder, wenn man Assistenz hat, am Bauche des Thieres hoch,
schneidet sie mit einer scharfen Scheere durch und schiebt den
Impfstoff mit einer starken Platinnadel weit unter die Haut. Dann
drückt man die kleine Wunde zu. Injection des Impfstoffs mit der
Pravazspritze kann ich bei Meerschweinchen, ihrer dicken Haut
wegen, nicht empfehlen. .
Die Thiere gehen an der Impfung mit voll-virulenten Kein-
culturen gewöhnlich nach 36—48 Stunden zugrunde und sind
schon nach 24 Stunden deutlich krank. Bei der Section finden
sich an der Impfstelle im Unterhautzellgewebe ausgedehnte Ent¬
zündungen, starkes sulziges Oedem und gewöhnlich sehr zahlreiche
Diphtheriebacillen.
Das Resultat der Thierimpfung mit aus Membranen oder Be¬
lägen gezüchteten Bacillenreinculturen entscheidet natürlich in allen
Fällen am sichersten, ob es sich um Diphtherie handelt oder nicht.
Dieses sichere Verfahren wurde bisher überall da in Anwendung
gebracht, wo das Ausstrichpräparat ein unsicheres Ergebniss lieferte,
oder wo die geringe Anzahl der Bacillen den Verdacht nahe legte,
dass es sich um den Pseudodiphtheriebacillus handeln könne. Dieser
Weg zum Ziel zu kommen, erfordert aber nicht nur eine ziemliche
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922
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49
Vertrautheit mit der Bacteriologie und ihren Methoden, sondern
mindestens auch zwei volle Tage und Nächte, ein Zeitraum, der
bei der grossen Wichtigkeit einer möglichst schnellen Diagnose
hei der Diphtherie viel zu lang genannt werden muss.
Ich war deshalb bestrebt eine Methode zu finden, welche unter
Vermeidung des Culturverfahrens in kürzerer Zeit eine sichere
Diagnose ermöglicht, und glaube dieselbe in der Membranimpfung
gefunden zu haben.
Wenn man einem Thier nach oben mitgetheilter Methode statt
Iteincultur von Diphtheriebacillen kleine Mengen von Diphtherie¬
membranen oder.Tonsillenbelag unter die Haut bringt, so erkrankt
das Thier an den gleichen Erscheinungen, wie bei der Impfung mit
Reincultur, aber in massigerem Grade, geht auch, wenn überhaupt,
erst später zugrunde. Untersucht man nach 20 Stunden die
Impfstelle am lebenden Thier, indem man den noch nicht ver¬
klebten Schnitt zum Klaffen bringt und mit einer Platinöse etwas
von dem Gewebssaft entnimmt, auf einen Objectträger ausbreitet
und nach obiger Methode färbt, so kann man, handelt es sich um
Diphtherie, aus den zahlreichen charakteristischen Bacillen, die
seltener frei, meist in Leukocyten liegend gefunden werden, in
dieser kurzen Zeit schon eine absolut sichere Diagnose fällen.
Von anderen Mikroorganismen bemerkt man merkwürdigerweise
wenig, selbst dann, wenn das eingeimpfte Material Unmassen davon
enthielt. Zu Verwechslungen können sie in keinem Falle Ver¬
anlassung geben.
Ich habe nämlich die verschiedenartigsten Tonsillenbeläge,
Sputa, faulenden Urin etc. jungen Meerschweinchen in der ange¬
gebenen Weise verimpft und niemals einen nur ähnlichen bacterio-
logischen oder pathologischen Befund in so kurzer Zeit zu ver¬
zeichnen gehabt, wie dann, wenn das verimpfte Material virulente
Diphtheriebacillen enthielt. Bei von Anginen stammenden Tonsillen¬
belägen zeigen Meerschweinchen meinen Erfahrungen nach über¬
haupt keine Krankheitserscheinungen. Der Meerschweinchenkörper
hat eben eine ganz exquisite Gabe, sich den Diphtheriebacillus
herauszuwählen und fortzuzüchten, so dass kaum ein Unterschied
im mikroskopischen Präparat zu verzeichnen ist, einerlei, ob man
Reincultur von Diphtheriebacillen oder Diphtheriemembran dem¬
selben einverleibt hat. Diese neue Methode, eine schnelle und
sichere Diagnose auf Diphtherie zu fällen, hat nicht die geringste
Schwierigkeit in der Ausführung, so dass sie jeder, der überhaupt
mikroskopiren kann, fertig bringen muss. Der Hauptvortheil der¬
selben aber ist der, dass die Cultur, die immerhin nicht so leicht
und einfach ist, als dass sie jeder ausführen könnte, vollständig in
Wegfall kommt. Das von dem Oedem schon nach der 20. Stunde
angefertigte Präparat ist so charakteristisch, wie ein Sputum-
präparat, wenn es Tuberkelbacillen enthält.
Die einzige Schwierigkeit, die sich dieser Methode entgegen¬
stellt, besteht in der Beschaffung der jungen Meerschweinchen,
ein Punkt, auf den ich noch näher bei den Schlussfolgerungen ein-
gehen werde.
Diphtherie- und Anginafälle von besonderem Verlauf.
Fall 1. Kräftiges Mädchen von 17 Jahren erkrankte am 3. August
1892 unter den Erscheinungen einer mittelschweren Angina. Ihre kleinere
Schwester, welche acht Tage vorher im hiesigen Krankenhaus an schwerer
septischer Diphtherie gestorben war, war bis kurz vor dem Eintritt ins
Spital von ihr gepflegt worden.
Ausstrichpräparat ergiebt nur Coccen, die Cultur auf dem ersten
Röhrchen drei Diphtheriebacillenculturen, Agarplatten nur Staphylo coccen.
Ein 350 g schweres Meerschweinchen erkrankt bei der Impfung mit 1 ccm
frischer Bouilloncultur nicht. Impfwunde ist schon nach 24 Stunden ver¬
klebt. Die Bacillen verhielten sich auch sonst wie Pseudodiphtheriebacillen.
Der Fall verlief leicht, schon nach vier Tagen trat völlige Genesung
ein, er ist aber bemerkenswert!], weil er die Roux-Yersin’sche Ansicht
über den Pseudodiphtheriebacillus, dass dieser nur einen abgeschwächten
Abkömmling des echten Loeffler’schen Bacillus darstelle, zu stützen
scheint. Hier wurde der echte Diphtheriebacillus auf den vielleicht durch
die Pflege immunisirten Körper der Schwester übertragen, der ja auch den
Jahren nach nicht mehr hochgradig für Diphtherie disponirt war.
Der Fall war vom behandelnden Arzte von vornherein als Diphtherie
angesehen und trotz der bacteriologischen Diagnose auch an bezirksamt¬
licher Stelle als solcher gemeldet werden, ein Verfahren, dass nach dem
heutigen Stande der Pseudodiphtheriebacillenfrage meiner Ansicht nach
im Interesse der Prophylaxe nur zu billigen ist.
Fall 2. Am 5. August untersuchte ich die Membran eines drei
Jahr alten schwer erkrankten Kindes am dritten Tag der Erkrankung.
Die mikroskopische Exploration ergab Coccen in grossen Mengen, wenig
verdächtige Stäbchen. Die Cultur ergab echte Diphthoriehacillcn, das mit
der Membran geimpfte Meerschweinchen starb nach 48 Stunden an
Diphtheriesepsis in typischster Weise. Das Kind starb am Abend des
vierten Tages. Aus dem Objecttrfigerprüparat konnte man in diesem Fall
kaum^ auf die Diphtherie schliossen, ein Beweis, dass es Vorkommen kann,
dass fselbst bei einem schweren Fall die Diphtheriebacillen so in der
Minderzahl vorhanden sind, dass man sie auf dem Objectträgerpräparate leicht
übersehen kann. Sehr eng an diesen schliessen Bich die folgenden Fälle an.
Fall 3., 4., 5, 6., 7., 8. Am 13. Februar 1893 bekam ich eine
Membran eines vierjährigen Knaben mit der Diagnose „Lacunäre Angina“
zugeschickt, in der ich bei der mikroskopischen Untersuchung keine
Diphtheriebacillen nachweisen konnte. Auf den Blutserumröhrchen gingen
fünf Culturen des Diphtheriebacillus auf. Cultur und Membranimpfling
ergaben posititive Resultate, Das mit Cultur geimpfte Meerschweinchen
starb am 15. Februar, das mit Membran geimpfte am 17. Februar an
charakteristischer Meerschweinchendiphtherie.
Der Fall nahm einen schweren Verlauf und bald auch das klinische
Bild der Diphtherie an. Am 21. Tage erst war der Patient in der
Reconvalescenz.
Fünf in derselben Familie unter elenden Verhältnissen lebende Ge¬
schwister — nur eine Stube stand zur Verfügung — blieben von der
Krankheit verschont, nur ein sieben Jahr altes Mädchen bekam eine leichte
Coccenangina, die nur vier Tage bis zur Wiederherstellung brauchte. Die
Behandlung des Diphtheriefalls bestand in Pinselung mit 10 % Pyoctanin-
lösung.
Ganz ähnlich lagen die Verhältnisse in einer anderen Famüie, wo ein
Knabe von 13 und einer von fünf Jahren gleichzeitig an echter Diph¬
therie erkrankt waren (18. October 1892) und ein zweijähriges Mädchen,
welches nicht isolirt werden konnte, völlig gesund blieb. Da ich die
Fälle schon in der MMöcine scientifique Januar 1893 beschrieben habe,
will ich hier nicht noch einmal näher auf sie eingehen und nur bemerken,
dass auch hier die Behandlung in Pinselung von Pyoctaninlösung 1:10
bestand. Nun bin ich zwar weit entfernt, das Verschontbleiben der Kinder
in diesen Fällen auf die Behandlung der anderen mit Pyoctanin zu schieben,
— im zuerst beschriebenen Fall scheint vielmehr die geringe Anzahl der
vorhandenen Diphtheriebacillen, im zweiten das nicht so zu Diphtherie
disponirte Alter der Kinder verantwortlich gemacht werden zu müssen, -
immerhin aber ist die Thatsache so auffallend, dass sie zum Versuch der
Pyoctaninbehandlung in Fällen, wo Isoliren unmöglich ist, ermuntern kann.
Ein vierter hierhergehöriger Fall weicht nur insofern von obigen ab,
als die hier in Betracht kommenden sechs Kinder prophylaktisch mit
Schering’s Diphtherieantitoxinlösung geimpft worden waren, als ihre Mutter
an Diphtherie (bacteriologisch genau festgestellt und durch Thierexperiment
bewiesen) erkrankte. Auch hier wurde Pyoctaninlösung mit Erfolg angewandt.
In einem anderen hierhergehörigen Fall unterliess ich das Thier¬
experiment und die Cultur, da das Präparat, welches vom Belag gemacht
worden war, absolut keine Stäbchen aufwies. Der Knabe bekam nach
langer Krankheit (drei Wochen) eine Gaumenparese und nieste während
der Krankheit Membranen aus. Seine zwölfjährige Schwester erkrankte
nach 14 Tagen gleichfalls Das Thierexperiment und die Cultur ergaben
diesmal, dass es sich um echte Diphtherie gehandelt habe, auch die aus¬
geniesten Membranen enthielten zahlreiche virulente Diphtheriebacillen.
Aus diesen acht Fällen geht mit Gewissheit hervor, dass man anss
dem negativen Befunde des Objectträgerausstrichpräparats keineswegs
Diphtherie ausschliessen darf.
Fall 9. Leichter Diphtheriefall. Wenig Bacillen auf dem Aus¬
strichpräparat und der Cultur nachweisbar. Thierexperiment positn,
Die Geschwister des Knaben werden sofort entfernt und unglücklicher¬
weise, selbstverständlich ohne Wissen des behandelnden Arztes, m
einer Familie in Plagwitz untergebracht, in der selbst zwei Kinder sini •
Beide Kinder dieser Familie erkranken an Diphtherie. Die Gesehenste
des oben erwähnten Knaben verlassen nochmals ihren V ohnsitz un
werden nach Berlin zu Verwandten gebracht, die leider auch ein Am
besitzen. Dieses Kind erkrankt gleichfalls an schwerer Diphtherie und stir -
Dieser Fall zeigt recht deutlich, wie leicht das Contagium aer -
phtherie gerade durch solche Individuen verschleppt werden kann, die
gewisse Immunität gegen diese Krankheit besitzen, und wie vorsicn g
bei dem Isoliren der Kinder zu Werke gehen muss.
Fall 10 bis 14. Fünf nun sich anreihende Fälle von einfacher
Angina verdienen die Erwähnung wegen der sie wohl zweifellos e »
habenden Mikroorganismenart . j pr
Der erste betraf ein Mädchen von vier Jahren, welches mir ,
Sprechstunde eines hiesigen Arztes mit der Diagnose «schwere sep
Diphtherie“ am Nachmittage des 2. December 1892 zur Abi.mpnmg
Laboratorium geschickt, wurde. In der That war der Geruch, -
verbreitete, als das Kind in die Stube getragen wurde, * u..
ähnlich, der in der Umgehung septisch diphtheriekranker Kin ‘
zunehmen ist. Das Kind fieberte heftig und machte einen se ,
Eindruck. Bei der Inspection der mit vielen cariösen Zähnen v , r
Mundhöhle, bemerkte man schmierige Beläge auf beiden Innei «
stark geschwollenen Tonsillen und der linken Seite der Uvu .
Entzündung des ganzen weichen Gaumens, aber nur massig
Schwellung. Die mikroskopische Untersuchung des Belags e q
derselbe bacteriologisch aus weiter nichts als aus Miller sehen p n
und Mi Iler‘sehen Bacillen bestand. Bei der Färbung nahmen (
den Farbstoff intensiv auf, während die ersteren sieb J^en
Hessen. Bei der Züchtung vom Belage auf Loeffler s Blu s pv
nur einige wenige Colonieen von Streptococcen auf. die Bacu e . durch
chaeten Hessen sich nicht züchten. Diphtheriebacillen waren , sf |j 0n
Cultur noch durch das Thierexperiment nachweisbar. Das Jvro » ,. zunl
am anderen Morgen kaum noch Beläge erkennen liess, ne t Völlig
nächsten Abend. Am dritten Tage normale Temperatur, ,\in vierten
verschwunden, nur noch leise Röthung des Halses vornan e,l \ , j on .
Tage völlig normales Befinden. Die mikroskopische Explora. ^ jj,
sillenschleims ergab schon am dritten Tage normale Ver ‘ _ er ^ r
die Millcr’schen Spirochaeten und Bacillen waren in nie fc Mujidhöble
zahl vorhanden als bei sonst gesunden Personen mit unr ®V_, t . n Kindes
Der siebenjährige Sohn der Pflegeeltem des eben
erkrankte sieben Wochen später ganz plötzlich an dergiei
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6. Deeember.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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Die Inspektion der gleichfalls schlecht gehaltenen Mundhöhle dieses
Knaben hatte zur Zeit der Erkrankung des Pflegekindes stattgefunden.
Damals hatten sich im Schleim, der von den Tonsillen stammte, mässige
Mengen des erwähnten Mikroorganismus ergeben. Der Zahnbelag enthielt
damals reichlicher diese Mikroorganismen. Am Tage der Erkrankung be¬
stand der schmutzige Belag der hinteren Tonsille wieder aus weiter nichts
als aus den erwähnten Stäbchen und Spirochaeten mit wenig Eiterkörperchen
und Epithelzellen untermischt, Foetor ex ore, Drüsenschwellun°- Fieber
’ schwerer Krankheitseindruck, alles wie oben. Auf dem Löff'ler’schen
Blutserum wuchs von den reichlich ausgestrichenen Belägen diesmal über-
haupt nichts, auf den Agarplatten gingen die gewöhnlichen züchtbaren
Mundbactenen auf. Der \ erlauf der Krankheit war wieder ein überaus
günstiger und schneller. Am 17. Januar Beginn der Erkrankung, am
21. Januar entliess ich den Knaben als völlig geheilt.
Die drei anderen Fälle dieser Art verdanke ich der Freund¬
lichkeit zweier meiner Collegen. Die Krankengeschichten unter¬
scheiden sich in nichts von den obenerwähnten.
Charakteristisch für das Krankheitsbild ist: Der plötzliche
Beginn, der starke Fötor, das schwere Krankheitsbild mit hohem
Fieber, der schmierige zähe Belag und das auffallend schnelle Ver¬
schwinden aller Symptome.
Eine Verwechselung der Miller’schen Bacillen mit den echten
Diphtheriebacillen auf Ausstrichpräparaten kommt, so unmöglich
es scheinen sollte, dennoch unter bestimmten Umständen, mangeln¬
der Uebung etc., vor. Ein Präparat, das von einem der zuletzt
erwähnten Fälle stammte, wurde mir von einem Collegen als „leicht
verlaufene Diphtherie trotz massenhafter Bacillen“ demonstrirt,
und ich selbst irrte mich in einem Falle in der Diagnose, als ich
ein Präparat, das mir in später Nachmittagsstunde gebracht wurde,
bei sehr schlechter Beleuchtung untersuchte. Am anderen Morgen
erkannte ich sofort meinen Irrthum und auch die bald darauf vor¬
genommene Untersuchung der Cultur bestätigte, dass es sich nicht
um Diphtherie handelte. Die Miller’schen Bacillen sind einmal
viel grösser als die Diphtheriebacillen, sind im Gegensatz zu diesen
an den Enden spitz und immer in Gesellschaft der Spirochäten,
die wahrscheinlich im genetischen Zusammenhang mit ihnen stehen.
Diese Vermuthung hat Miller schon im Jahre 1883 ausgesprochen,
meinte aber später von dieser Annahme abgehen zu müssen, weil
die Bacillen die Farbstoffe intensiver aufnahmen, als die Spi¬
rochäten. Da derartige Unterschiede aber auch bei anderen Mikro¬
organismen bei den verschiedenen Entwickelungszuständen der¬
selben beobachtet werden, so glaube ich nicht, dass man aus dem
Farbstoflfverhalten allein diesen Schluss ziehen kann.
Diese Miller’schen Mikroorganismen finden sich in geringer
Zahl fast in jeder normalen Mundhöhle; sie sitzen aber meist nur
unter dem Zahnfleischrand. Wenn dieser entzündet ist. findet man
auch die Spirochäten und Bacillen vermehrt. Pathogene Eigen¬
schaften derselben wurden bisher meines Wissens nur von Ver-
neuil und Clado (citirt nach Miller) an ihnen wahrgenommen.
Sie fanden sie in einem Abscess der sublingualen Speicheldrüse,
dann bei Adenitis submaxillaris und einmal in einem Abscess
der Fingerspitze, verursacht durch die Verletzung mit einem alten
künstlichen Gebiss.
Dass diese Mikroorganismen in den fünf von mir beobachteten
Fällen wirklich die Erzeuger der Anginen gewesen sind, glaube
ich aus folgenden Punkten mit einiger Wahrscheinlichkeit sch Hessen
zu dürfen:
1. fanden sie sich einmal als Reincultur in den Belägen, und
es gingen bei den Culturversuchen die gewöhnlichen, bei Anginen
gefundenen Staphylo- und Streptococcen nicht auf;
2. spricht die ungeheure Menge dieser Mikroorganismen auf
der Höhe der Krankheit und das schnelle Verschwinden derselben
beim Nachlassen derselben für eine pathogene Betheiligung;
3. wurde diese Erkrankung in derselben Familie zweimal
innerhalb sechs Wochen beobachtet.
Die übrigen von mir bacteriologisch untersuchten Fälle boten
nichts außergewöhnliches.
Die Hauptergebnisse meiner Untersuchung noch einmal kurz
zusammengefasst lauten:
1. Die Roux-Yersiu’sche Methode (Färbung des Tonsillen¬
belags und mikroskopische Exploration) genügt zur Fällung einer
exacten Diagnose auf Diphtherie nur dann, wenn man in dem ge¬
färbten Präparat viele Diphtheriebacillen oder Bacillennester findet.
Finden sich keine Diphtheriebacillen, so darf man aus diesem
negativen Befunde noch nicht schliessen, dass nur Angina vor¬
liege.
2. Die Cultur mit nachfolgendem Thierexperiment ist die
sicherste Methode der Diphtheriediagnostik.
8. Eine schnelle und sichere Diagnose giebt auch die Mem¬
branimpfung mit mikroskopischer Exploration der Impfsecrete nach
20 Stunden für alle, welche aus irgend einem Grunde Culturen
nicht aufstellen können.
Schlussfolgerungen. Da wir infolge der Entdeckung Loeff-
ler’s in den Stand gesetzt sind, bei jeder Angina zu entscheiden,
ob es sich um Diphtherie handelt oder nicht, so dürfen diejenigen,
denen die Handhabung der praktischen Hygiene obliegt, nicht eher
sich zufrieden geben, bis Mittel und Wege gefunden sind, dass
auch jede Diphtherie rechtzeitig zur Kenntniss der Medicinal-
behörden komme. Um dies zu ermöglichen, ist es nothwendig, dass
jede, auch die unschuldigste Angina bacteriologisch geprüft werde. 1 )
Dass diese Forderung in den Grenzen der Möglichkeit liegt, kann
kaum bezweifelt werden. Sehen wir doch, dass, um die ersten
Fälle von Cholera rechtzeitig zu diagnosticiren, Maassregeln ge¬
troffen sind, die sich als leicht durchführbar und von enormer Be¬
deutung für die schnelle Unterdrückung dieser Krankheit gezeigt
haben. Wenn von jedem Arzt verlangt werden kann, dass er bei
jedem „verdächtigen“ Fall von Brechdurchfall die Excremente an
bestimmte Institute schickt, wo sie untersucht werden, so können
wir anch verlangen, dass dasselbe mit den Belägen und Membranen
der Angina geschehe 1 ), wenn der behandelnde Arzt nicht in der
Lage ist, die Untersuchung selbst auszuführen. Denn eine ein¬
fache Meldung, wie sie jetzt üblich ist, kann keine wirksamen pro-
phylactischen Maassregeln zur Folge haben, weil sie nur auf Grund
der klinischen Diagnose erfolgt, die, wie wir wissen, gerade bei
Diphtherie im hohen Grade unsicher ist. Sollen die Erfolge der
Maassregeln günstige sein, so müssen auch die Meldungen, auf die
hin jene in Ausführung kommen, den Thatsachen entsprechen, und
das ist nur dann möglich, wenn die Meldung auf Grund der bac-
teriologischen Diagnose erfolgt.
Die prophylactischen Maassregeln gegen die Diphtherie hätten
also damit zu beginnen, dass man zunächst Gewissheit darüber
erhält, wo der Feind steckt. Dorthin sende die Behörde ihre
Beamten, die sich überzeugen müssen, dass eine zweckmässige Iso-
lirung der Kranken statthabe, dass eine genügende Desinfection
stattfinde, dass die gefährdeten, noch nicht erkrankten Kinder an
Orte gebracht werden, wo man sicher ist, dass sie die Krankheit'
nicht verschleppen. Die schnelle Erkenntniss der Krankheit würde
ja auch die Erfolge der Serumtherapie verbessern, von der wir erst
aus jüngster Zeit hören, dass sie zeitig angewandt, glänzende Re¬
sultate ergebe. Bei stricter Durchführung solcher Maassregeln
lässt sich wirklich hoffen, dass es endlich gelingt, eine Krankheit
einzudämmen, gegen welche sich bis jetzt alles als ohnmächtig er¬
wiesen hat.
VI. Fund des BaciUus Finkler-Prior bei einer
unter profusen Durchfällen gestorbenen Frau.
Von Dr. med. Ad. Rnete und Dr. phil. Carl Enoch.
Angeregt durch die Arbeit des Herrn Prof. Max Grub er:
„Bacteriologische Diagnostik der Cholera und des Choleravibrio 41
im Archiv für Hygiene 1894, Heft 2, veröffentlichen wir den nach¬
folgenden Fall.
Am 19. September 1893 wurde eine 43jährige Bahnarbeitersfrau
M. S. in’s Freimaurerkrankenhaus auf die Abtheilung des Herrn Dr.
Garvens aufgenommen. Die Anamnese war sehr dürftig, jedoch liess
sich folgendes eruiren:
Patientin hatte 13 mal geboren; die letzten drei Entbindungen waren
durch Verwachsungen der Placenta mit dem Uterus complicirt gewesen.
Auch bei der letzten Entbindung am 11. September war die Placenta von
einem am 12. September herbeigerufenen Arzt gelöst worden. Drei Tage
p. p. hatten sich Schmerzen im Leibe und erhöhte Temperatur eingestellt.
Am 19. September Aufnahme der Patientin in’s Krankenhaus unter der
Diagnose: Febris puerperalis.
Status praesens: Blasse, anämische Person; Brustorgane gesund,
Leib nicht aufgetrieben, überall weich, nur in der Gegend des rechten
Parametriums schmerzhaft. Häufige reiswasserähnliche Stuhlentleerungcn.
Temperatur 40,8, Puls 136.
20. September. Untersuchung des Uterus in Narkose ergiebt nor¬
male Verhältnisse desselben, einem zehntägigen Puerperium entsprechend;
Cavum utori leer. Die Patientin entleert während der Untersuchung in
dickem Strahle eine reichliche Menge reiswasserähnlichen Stuhles.
21. September. Nach mehrfachen dünnen Entleerungen ohne sonstige
Erscheinungen Exitus letalis, 7 Uhr Nachmittags, anscheinend au Er¬
schöpfung.
*) Die einzige Schwierigkeit, die sich vielleicht der Durchführung
massenhafter Anginenuntersuchungen in Instituten entgegenstellt, dürfte,
wie schon oben angedeutet, die Beschaffung der nöthigen Versuchstiere
sein. Es ist aber, wie ich seit Jahren aus eigener Erfahrung weiss, gar
nicht so mühevoll und schwierig, Meerschweinchenzucht zu treiben, wenn
man die Muttertiere bei der Impfung schont. Ein Meerschweinchen wirft
jährlich dreimal zwei bis sechs Junge, die nach 3 U Jahren schon wieder
fortpflanzungsfähig sind. Das ist eine Fruchtbarkeit, wie wir sie nur bei
wenigen Thieren kennen. Die Institute müssten also die Meerschweinchen¬
zucht selbst in die Hand nehmen. Da von 100 Anginen höchstens
20 Diphtherieen zu sein pflegen, so würde der Verbrauch an Thieren an
und für sich kein allzu grosser sein.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49
Die Section ergab keine Aufklärung in Betreff der Todesursache.
Brustorgane, Leber, Milz, Nieren normal; am Uterus und seinen Anhängen
keine entzündlichen Erscheinungen.
Der Magen war leer, der Darm gasig aufgetrieben, die Serosa blass,
die Mucosa massig geröthet und geschwollen; der Darm selbst mit hellem,
reiswasserähnlichem Inhalte, der mit bräunlichen Flocken untermischt war,
angefüllt.
Da in der Stadt zu der Zeit einzelne Cholerafälle vorkamen,
da man ferner die Diagnose schon intra vitam zweifelhaft lassen
musste, so war man bei der Section darauf Bedacht gewesen,
gleich ein Stück des Dünndarmes sorgfältig abzubinden und behufs
bacteriologischer Untersuchung dem Institute des Dr. Enoch zu¬
zusenden.
auch den Bacillus Finkler-Prior. In letztem Falle wurde, soweit
wir wissen, die Identificirung im Hueppe’schen Laboratorium vor¬
genommen. Hueppe behauptet, dass es sich in diesem Falle wirk¬
lich um Bacillus Finkler-Prior und nicht um atypischen Bacillus
Kochii gehandelt hat.
Auch in unserem Falle glauben wir es mit dem Bacillus
Finkler-Prior zu thun zu haben, denn weder Anamnese noch
Krankengeschichte noch Sectionsbefund oder die baeteriologischen
Untersuchungen sprechen für Cholera asiatica; auch haben noch
weiter fortgesetzte Ueberimpfungen auf Thiere und Nährböden uns
nicht zu der Ueberzeugung bringen können, dass es sich um
eine atypische Form des Choleravibrio gehandelt hätte.
Gleich nach Empfang des Darmstückes schnitten wir dasselbe
auf und legten von dem hellen, reiswasserähnlichen, mit bräun¬
lichen Flocken untermischten Inhalt Culturen und Platten auf ver¬
schiedenen Nährböden an. Behufs Vergleich wurden auch Culturen
von Cholera indica abgeimpft. Ausstrichpräparate aus dem Darm¬
inhalte zeigten grosse Meiigen von Kommabacillen, die sehr den
Choleravibrionen glichen; jedoch konnte man bei Vergleich er¬
kennen, dass sie dicker waren als die der Cholera asiatica. Auch
war die Anordnung derselben, aus einer Flocke herstammend, nicht
einem Fischzuge (Koch) gleichend. Wir konnten deshalb schon
bald die Wahrscheinlichkeit eines Falles von Cholera asiatica aus-
schliessen, wie wir es auch gleich bei Besichtigung des Darm¬
stückes vermuthet hatten.
Die charakteristische Cholerarothreaction trat in eintägiger
Bouillon und Peptonlösung nicht ein, während dieselbe bei den¬
selben Lösungen durch Choleraculturen sehr schön hervorgerufen
wurde. Jedoch erhielten wir auf Zusatz reiner Salzsäure eine ähn¬
liche, aber erst nach längerer Zeit eintretende, schwache, roth-
bräunliche Färbung (Bujwid).
Das Aussehen der Platten war anfänglich solchen der Cholera
asiatica ähnlich, unterschied sich jedoch bald sehr typisch von
denselben durch die intensive und rasche oberflächliche Ver¬
flüssigung der einzelnen Colonieen und durch das rasche Zu-
sammenfliessen derselben. Daneben fanden sich Colonieen vom
Bacterium coli commune; jedoch in der Minderzahl.
Auf Kartoffel war das Wachsthum ebenfalls charakteristisch:
es bildete sich nach einiger Zeit im Brutofen ein gelblich-brauner
etwas schleimiger Belag, der sich auch in die Breite ausdehnte’
Die Stichculturen zeigten ein bedeutend schnelleres Wachsthum
als die Controll-Cholerastichculturen, ausserdem breite Verflüssigung
und nach zwei Tagen das charakteristische strumpfförmige Aus-
sehen, während die Cholera den typischen spitzen Trichter ge¬
bildet hatte. Sämmtlicho Merkmale treffen also für den Bacillus
Finkler-Prior zu.
Der von Miller bei seinen Studien über die Mundbacteriei
entdeckte Kommabacillus, der im Munde wiederholt beobachte
worden ist, hat sich bei Vergleichen in den Laboratorien voi
Koch, Hueppe und Baumgarten als identisch mit dem Finkler
Prior’schen Vibrio ergeben.
Bei dem Vorkommen an dieser Stalle spricht doch die grösst*
Wahrscheinlichkeit dafür, dass derselbe bei günstiger Gelegenheit
den ihm im gesunden Zustande durch seine Säure schädlicher
Magen passire und m den Darm gelange. Dafür spricht der Be
tund Kuisl s, der ihn m dem Darminhalt eines gesunden Selbst
mörders gefunden hat. (Münchener ärztl. Intelligenzblatt 1885
Bei dem anämischen, geschwächten und deshalb zur Infectioi
besonders disponirten Zustande der Patientin und bei dem starker
Zurücktreten des Bacillus coli communis, ist es in diesem Falb
sehr wahrscheinlich, wohl eigentlich gewiss, dass der Bacillus
t lnkler-Pnor der Erreger der Diarrhöen gewesen ist; denr
ZlZ T are nU1 ^ anzu “ ehmen ’ dass die Diarrhöen durch uns nichl
bekannt gewordene Ursachen bewirkt, der Finkler-Prior aus dem
Munde des Patienten m den Verdauungstractus gelangt wäre und
ordpntr r h VOr de w T £ de der Patientin in kurzer Zeit so ausser¬
ordentlich vermehrt hätte.
t Z" n . Un - dur ^ zahlreiche Thierversuche in den verschie¬
denen Laboratorien wissen, dass der Finkler-Prior ähnliche Wir-
ausz^scbMossen^ ?" ch ,’ Sche y ibrio llCT ™rrufcn kanD, so ist nicht
’ • d ? r erstere " nter gütigen, ihm zusagenden
Bedingungen wie sie in unserem Falle Vorgelegen haben werden
Verein e JSt^em°R* n -|i :h0ler r n06tras - Er scheinungen, eventuell im
v erein mit dem Bacillus coli communis hervorruft.
S 127W»ml ( ln In p e ™n t ' Kongress, Wien 1887, Heft 18,
„P ■ Dt L den ßac'llus Finkler-Prior einmal neben dem Bacillus
leapob im Darannlialt eines an Cholera nostras Verstorbenen.
a. Lustig (Bactenol. Studien über Cholera Centralblatt für
die medicimschen Wissenschaften 1887, No. 16 und 17) in Triest
fand in zwei Fällen von Cholera neben dem Ko oh'scheu v[brio
VII. Fall von Extrauteringravidität mit
Durchbruch in den Darm. Laparatomie. 1 )
Von Dr. Lorenz in Stendal.
Die ectopische Schwangerschaft gehört zu den unheilvollsten
Verirrungen der Natur. Ist es auch in den letzten 10—15 Jahren
gelungen, infolge exacterer Diagnose und der Verbesserung der
Technik eine weit grössere Zahl der Fälle (circa 76 °/o gegen
25—30 %) zur Heilung zu bringen als vordem, so bleibt doch noch
ein erheblicher Theil dem Tode verfallen.
Glücklicherweise ist dieses Vorkommniss so selten, dass uns prak¬
tischen Aerzten innerhalb des Rahmens unserer eigenen Praxis nur
ausnahmsweise ein Fall zur Behandlung kommt.
Da ich nun Ende vorigen Jahres Gelegenheit fand, einen ein¬
schlägigen Fall, welcher einiges Interesse beanspruchen dürfte, zu
operiren, so hat ich um die Ehre, Ihnen denselben heute vortragen
zu dürfen. — Ich gehe über zur Krankengeschichte.
Frau Bertram, Bahnarbeitorsfrau, 32 Jahre alt, war angeblich
früher w r enn auch schwächlich, doch niemals erheblich krank. Sie men-
struirte mit 14 Jahren in normaler Weise und dann regelmässig, bis sie
im Jahre 1878 sehwanger wurde. Die Schwangerschaft verlief ohne Be¬
schwerden, ain Ende derselben wurde ein lebendes Mädchen ohne Kunst¬
hülfe geboren. Das Wochenbett verlief ohne Störung, namentlich ohne
Schmerzen und ohne Fieber, und auch nachher w r ar sie stets gesund.
1886 yerheirathete sie sich, und während der Ehe blieb zum ersten male,
1890 im Mai, die Periode aus. Schon jetzt stellten sich andauernde
Leibschmerzen ein, namentlich in der linken Seite. Von Anfang Juli will
sie hier eine Anschwellung bemerkt haben, die allmählich grösser wurde.
Ende October erfolgte nach Angabe ein Abgang von fleischfarbenen
Stücken per vaginam ohne Schmerzen, und zwar drei Wochen lang.
Hautartige Gebilde will sie nicht verloren haben. Anfang November
spürte sie schwache Kindsbewegungen und trat damals in die Behandlung
eines Collegen.
Ungefähr vier Tage nach den ersten Kindsbewegungen stellten sich
heftige Schmerzen im Leibe ein mit zeitweisem Frostgefühl, ohne dass
jedoch ein plötzlicher Kräfteverfall und hochgradige Gesichtsblasse ein¬
getreten wäre. Kurz vordem wurde ich zur Patientin gerufen, um beim
Widerstreit der Ansichten zu entscheiden, oh „Schwangerschaft“ vorläge
oder nicht. Dieselbe wurde auf Grund vorhandener Herztöne constatirt.
Als ich bei meinem zweiten Besuche einen Theil der Anamnese erfuhr
und mich infolge dessen anschickte, mit dem betreffenden Collegea eine
Untersuchung unter Narkose vorzunehmen, entzog sie sich der Behand¬
lung. Sie rief dann einen anderen Arzt, der sie dann längere Zeit be¬
handelt haben soll. Sie hat dann angeblich mehrere Monate das Bett
gehütet unter wechselnden Schmerzen, ohne dass jedoch jemals Unn*
Beschwerden vorhanden gewesen seien. (Ich erwähne dieses ausdrücklich
w r egen der später zu erwähnenden Verlagerung der Blase.) Vom Januar
1891 bis 28. August 1892 hat sie angeblich keinen Arzt gehabt. Ende
Januar und die folgenden Wochen bemerkte sie wiederholt Kollern im
Leibe und Abgang von Blut per anum, hatte dabei ziemlich regelmässige 0
Stuhlgang. Im April 1892 will sie auch Eiterabgang durch den Mast-
darm gehabt haben. Sie ist dann wochenlang aufgestanden und hat zeit¬
weise wieder gelegen, indem die Schmerzen bald heftiger, bald geringer
waren.
Im August 1892 waren die Schmerzen wieder heftiger, wie „Nadel¬
stiche“, am 28. August ging ein platter, scharfrandiger Knochen per anum
ab. Am 29. August wurde ich gerufen und nahm die obige» Anamnese
und folgenden Status auf: . ,
„Patientin ist aufs Russerste abgemagert und schwach, linke Baucn-
Seite tritt hervor und ist bei der Berührung sehr schmerzhaft. Es tmae
sich eine absolute Dämpfung in der ganzen linken Bauchhälfte, bis drei-
fingerbreit über dem Nabel. Sie erstreckt sich nach rechts bis zur Linea
alba. Auf der rechten Seite ist keine Schwellung und keine Dämpfung*
mit Ausnahme dicht über dem horizontalen Ast des Schambeines. &
dieser Stelle ist ein kleiner, fester Tumor gegen den linksseitigen gr° s . s ^|
elastischen Tumor ahzugrenzen. Die Untersuchung per vaginam ergie&
strangartige Verdickungen, welche von der Portio zur linken Beckenwan«
gehen, sonst ist die linke kleine Beckenhöhle leer. Der Uterus ist ve
grössert, anteflectirt, der Körper ein wenig nach rechts verdrängt,
Portio nach links verzogen, der ganze Uterus unbeweglich, die fJteru
höhle leer. Neben und hinter der Portio, linkerseits nach oben eine
sistenz, die bei bimanueller Untersuchung nicht unmittelbar auf die nn
*) Vortrag, gehalten in der Frülyahrsversammlung des Vereins der
Aerzto im Regierungsbezirk Magdeburg.
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6. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
925
Uterus kante übergehend zu tasten ist und dom Gefühl den Eindruck der
Knochencrepitation macht. Die Untersuchung per anum ergiebt keine
Perforationsöffnung.
Ich beantragte jetzt bei der Balmverwaltung die Ueberfükrung in
meine Krankenanstalt, die am 21. September geschehen konnte. Inzwischen
gingen noch in der Behausung per anum ein Röhrenknochen, eine Rippe
und ein Beckenknochen (Darmbein) ab. ferner entleerten sich am 18. Sep¬
tember ziemlich grosse, cliocoladenfarbige, übelriechende Klumpen, welche
mir leider nicht gezeigt sind. In der Anstalt versuchte ich nun zunächst
durch forcirte Ernährung eine Aufbesserung der Kräfte. Nach acht Tagen
wurde in tiefer Narkose noch einmal eine gründliche Untersuchung vor¬
genommen und nach Simon mit der Hand in das Rectum eingegangeu,
ohne jedoch eine Perforationsöffnung nachweisen zu können. "Nachdem
die Patientin sich etwas erholt hatte, wurde am 18. October nach den
üblichen Vorbereitungen zur Laparatomie geschritten, und zwar mit
Beckenhochlagerung, indem ich den Kopftheil meines Operationstisches
als Fussende benutzte. — In Rücksicht auf die gegebenen Verhältnisse,
welche ich in der Epikrise noch näher ausführen will, plante ich die An-
näbung des Fruchtsackes. Der Schnitt wurde geführt in der Linea alba und
nahm fast den ganzen Raum zwischen der Symphyse und dem Nabel ein.
Nach der Oeffnung der Bauchhöhle sah man den blaurothen. prall ge¬
füllten Fruchtsack, der sich von unten rechts, im kleinen Becken be¬
ginnend. nach oben links weit in das grosse Becken hinein erstreckte.
Er lag der linken Seite des Uterus nicht umfangreich an, war mit dom Netz
und vorn und hinten mit den Darmschlingen in grosser Ausdehnung ver¬
wachsen. Ungefähr entsprechend der Mitte der linken Bauchseite bestand
eine septumartige Verwachsung mit dem parietalen Bauchfellblatt, welche
von Nabolhöhe beginnend, sich senkrecht bis zum Eingang in das kleine
Becken erstreckte und die Höhle des grossen Beckens in eine kleinere
linke und grössere rechte Hälfte theil te. Der Uterus lag mit seinem
Körper etwas rechts von der Mittellinie, ein wenig über den horizontalen
Schambeinast reichend. Rechtsseitige Tube und Ovarium ohne nachweis¬
bare Veränderungen, von den linksseitigen Anhängen konnte ich nichts
finden. Die Blase war leer und lag mit ihrem Grunde quer nach rechts
verwachsen mit dem Fruchtsack. Der Fruchtsack selbst prall gespannt,
die Wandung so dünn. dass, als ich in schoueuder Weise eine Lösung
von der Blase versuchte, sie einriss. Es entleerte sich dabei ein Tropfen
dunkelgolber, nach Kotli riechender Flüssigkeit, welcher sofort abgewischt
wurde; die kleine Rissöffnung schloss ich durch eine Catgutnaht. Die
Serosa der vorliegenden Därme war injieirt. An eiuer Stelle der Ver¬
klebungen zwischen Fruchtsack und aufsteigendem Dickdarm fühlte ich
einen circa 4 cm langen, dünnen, gebogenen Knochen (Rippe), welcher
mit der einen Hälfte im Lumen des Darmes, mit der anderen im Frucht-
saek steckte, also wahrscheinlich auf der Wanderung von letzterem in
das erstere sich befand.
Es sollte nun der vorliegende Theil des Fruchtsackes mit der Bauch¬
wunde vernäht werden, jedoch war dieses sehr schwierig, da nur die nach
der linken Uteruskante gelegene Partio desselben der Wunde zu nähern
war, während der luteralwürts liegende Theil nicht hervorgezogen werden
konnte. Ich nähte deshalb den ersteren an die Bauchwunde fest an und
näherte den entfernter liegenden Theil so weit wie möglich der Bauch¬
wunde, indem ich gleichzeitig die Bauchdecken möglichst weit nach hinten
dem Fruchtsack entgegen brachte und so die beiden Theile locker ver¬
einigte. Nun tamponirte ich den noch freiliegenden Theil und die ganze
Bauchwunde mit Jodoformgaze, nachdem ich das obere Drittheil der
Wunde durch Seidennälite geschlossen. Darüber der gewöhnliche Verband.
Nach der Operation trat, heftiges anhaltendes Erbrechen ein (24 Stunden
lang), wogegen Eispillen. Champagner und Opium verabreicht wurden.
Temperatur blieb normal bis zum 22. October, wo sie 38 0 erreichte, dann
stieg sie am 29. October auf 39 °. Am 29. October Wechsel des Ver¬
bandes. welcher nach Koth riecht. Entfernung des Jodoformtampons; der
Fruchtsack ringsherum mit der Bauch wunde verwachsen, eine Oeffnung
in demselben nicht zu entdecken. Am 30. October früh sollte die Spaltung
des Fruchtsackes stattfinden, doch fand sich bereits eine für zwei Finger
breite Oeffnung, die stumpl erweitert wurde. Beim weiteren Eindringen
mit der Hand fand sich eine Menge platter, scharfrandiger Knochen
(Schädelknochen), au denen zum Theil noch Gehirnmasse anhaftete. Zwei
von diesen Schädelknochen steckten so fest in der Fruchtsackwand, dass
sie nur mit grösserer Anstrengung aus derselben entfernt werden konnten').
Ausserdem entleerte ich eine Menge Extremitätenknochen. Rippen und
einzelne Beckenknochen, wie ich sie jetzt circuliren lassen werde. Da
die Patientin sehr schwach war und ich deshalb eine Narkose nicht mehr
wagte, so entfernte ich ohne diese an mehreren folgenden Tagen theils
mit der Kornzange, theils mit dem Finger noch Knochen und Knochen-
stücke und spülte nach jeder Sitzung mit ‘,2 % Lysollösung den Frucht¬
sack aus. Nachdem alle fühlbaren Knochen entfernt waren, hörten die
stechenden Schmerzen, über welche die Patientin geklagt hatte, auf.
Die Knochen waren zum Theil wie angenagt und sahen theils heller, theils
dunkler braun aus — vielleicht eine Einwirkung des Darminhaltes auf
dieselben. — Bei den Ausspülungen entleerte sich ein grosser Theil des
Spülwassers mit dem Gefühl der Auftreibung seitens der Patientin per
anum. Nach den Ausspülungen wurde der Fruchtsack regelmässig tam-
ponirt. Der Patientin wurden nun drei Wochen lang täglich 30gradige
prolongirte Wasserbäder verabreicht, welche auf ihr subjectives Wohl¬
befinden sehr günstig einwirkten. Der Koth entleerte sich zum Theil
durch die Wunde, zum Theil auf natürlichem Wege.. In den letzten
W r ochen des Aufenthaltes in meiner Anstalt wurde die Wunde durch |
Krüllgaze, Watte und einen Ledergttrtel geschlossen, damit der Koth den
natürlichen Weg passiren sollte. Der Anus prfttematuralis schloss sich [
immer mehr und entleerte tagelang keinen Koth, zuletzt nur noch Flatus, i
*) Werth und Olshausen theilen ähnliche Beobachtungen mit.
Auf 3. December wurde sie entlassen. Mitte December war die Fistel ge¬
schlossen, nach circa sieben Wochen, nachdem ein grober Diätfehler be¬
gangen war, öffnete sie sich wieder, und es traten wieder Flatus heraus.
Zur Zeit sondert sich noch ab und zu etwas Flüssigkeit ab und etwas
Knochendetritus. Im übrigen ist die Patientin subjectiv wohl, hat sich
bedeutend erholt und fühlt selten noch Schmerzen in der linken Bauch¬
seite. Daselbst ist noch eine massige Dämpfung nachweisbar. Die Unter¬
suchung per vaginam ergiebt noch eine Vergrösserung des Uterus, eine
Verlängerung der Portio. Der Uterus steht in der Mittellinie in Ante-
version, das kleine Becken linkerseits ist beiderseits frei, Stränge sind
nicht mehr nachweisbar, der Stuhlgang ist normal. Die erste Menstruation
trat Mitte Januar ein, die anderen Mitte Februar, Mitte März, April und
Mai. Zur Zeit ist zwar der widernatürliche After noch nicht geschlossen ')•
verkleinert sich aber immer mehr. Kothund Gase entleeren sich fast
nur auf natürlichem W r ege. Die Patientin ist zur Zeit subjectiv so wohl
wie früher und besorgt ihre Geschäfte ohne Anstrengung und Ermüdung.
Die Aetiologie unseres Falles ist dunkel, wie dieses bei den
meisten Fällen der ectopischen Schwangerschaft der Fall ist
Die Diagnose ergab sich mir, als die Frau in meine genaue
Beobachtung trat, von selbst. Der Abgang der fötalen Knochen
per anum liess die Diagnose „eetopische Schwangerschaft“ mit
Durchbruch in den Darm zweifellos erscheinen. Wo die Perforation
stattgefunden hatte, war weder damals, noch bei der Untersuchung
nach Simon festzustellen, und ist dies aus dem Befund bei der
Laparatomie sehr erklärlich. Es fragt sich nun, wo die Extra¬
uteringravidität ihren Sitz hatte. Hierbei leitet mich folgende Be¬
trachtung. Zunächst ist der allerhäufigste Sitz derselben nach
Angabe sämmtlicher Fachärzte die Tube. Olshausen zählt über
vier Fünftel der Fälle dazu. Die ovariellen Schwangerschaften
bilden die Ausnahme, ln unserem Falle ist es wahrscheinlich
zu einer Ruptur der Tube nicht gekommen, da sonst ohne Zweifel
innere Blutung und Collaps eingetreten wäre. Jedoch sind auch
einzelne Fälle bekannt (Martin), in denen auffallende Anämie
trotz Ruptur nicht eingetreten ist. Gegen intraligamentäre
Schwangerschaft spricht das Fehlen der Erscheinungen, welche
als charakteristisch für dieselbe angegeben werden: Elevation und
starke seitliche Verdrängung des Uterus, sowie sehr breite An¬
legung des Fruchtsackes an die Uteruskantc; während für secundäre
abdominelle Schwangerschaft nicht nur die Häufigkeit des Vor¬
kommens spricht, sondern auch die verhältnissmässig umfangreiche
Entwickelung in das grosse Becken hinein imd die Diinnwandigkeit
des Fruchtsackes, welcher vermuthlich andere Bestandtheile ausser
Amnion und Chorion nicht enthalten haben wird. Sicher lässt
sich die Diagnose nur stellen, wenn der Fruchtsack exstirpirt und
auf seine Zusammensetzung untersucht ist.
Die Prognose war in unserem Falle nichts weniger als günstig.
Die ungünstigen Momente waren hier: Die grosse Schwäche der
Frau, die umfangreiche Verwachsung des Fruchtsackes mit den Där¬
men, dem Netz und der Blase, die Perforation in den Darm und infolge
dessen die Fäulniss des Fruchtsackinhalts, und zum Ueberfluss
noch eine so grosso Dünnwandigkeit desselben, dass bei dem vor¬
sichtigsten Versuch der Abtrennung eine Einreissung der Wand
erfolgte. — Diesen ungünstigen Verhältnissen entsprechend musste
meines Erachtens der Operationsplan aufgebaut, werden. Ich bin
mir sehr wohl bewusst, dass auch hier noch von manchem Fach¬
mann die Exstirpation des Fruchtsackes versucht wäre, welche, da
sie den künstlichen After und meist breite Bauchbrüche vermeidet
und schnelle Reconvalescenz ermöglicht, die ideale Operations¬
methode darstellt. Es ist auch zuzugeben, dass ein günstiger
Umstand besonders dafür vorhanden war, nämlich der, dass infolge
des Abgestorbenseins der Frucht und der Aufhebung des Placeutar-
kreislaufes die Gefahr der Blutung nicht zu befürchten »war.
Dass ich trotzdem die ältere Methode der Sackannähung für
indicirt hielt, dazu bestimmten mich folgende beiden Umstände.
Erstens die enorme Schwäche der Frau im Vergleich zu
der durch Ausführung der RadicalOperation bedingten Operations¬
dauer. Es ist ja klar, dass letztere weit längere Zeit beansprucht
und viel mühsamer ist als die Annähung des Fruchtsackes auch
unter gewöhnlichen Verhältnissen. — In unserem Falle, in dem,
wie bereits angeführt ist, besonders schwierige Umstände Vorlagen,
musste die Operationsdauer noch viel grösser werden, zumal die
Darmnaht, eventuell sogar die Resection eines Stückes der Darm¬
wand, nothwendig gewesen wäre. Ob die Patientin bei ihrer
Schwäche eine so lange Narkose und ein so langes Offenbleiben
der Bauchhöhle überstanden hätte, scheint mir zweifelhaft.
Die zweite und wichtigste Indication für Ausführung der
von mir ausgeführten Operationsraethode war gegeben durch den
Umstand, dass der Fruchtsack prall mit fauligem Inhalt gefüllt
war. Selbst wenn dieser vor der Exstirpation zum grössten Theil
durch Punction entleert worden wäre, was ja natürlich die Ab¬
lösung des Fruchtsackes erschwert haben würde, lag die Gefahr
*) Anmorkung hei der Correofcur: September: Die Fistel ist ge¬
schlossen. Patientin vollkommen wohl.
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926
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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nahe, dass die so dünne Fruchtsackwand bei der Ablösung an den
verschiedensten Stellen einriss und so in die Bauchhöhle Fäulniss-
stoffe traten, welche eine septische Bauchfellentzündung erzeugt
haben würden. — Selbstverständlich war nach Lage der Verhält¬
nisse nicht daran zu denken, sofort nach Annähung des Frucnt-
sackes denselben zu eröffnen. Da, wie wir gesehen haben, der
eine Theil des Fruchtsackes weit entfernt von den Bauchdecken
lag und nur locker mit diesen vereinigt werden konnte, so musste
die Eröffnung erst später gemacht werden, und zwar zu einer Zeit,
in der man die feste Verklebung zwischen diesen Theilen voraus¬
setzen durfte, also nach sechs bis neun Tagen. Es musste also
eine zweizeitige Operation vorgenommen werden. Nach der Pla-
centa habe ich nicht gesucht, einestheils, um die Operationsdauer
nicht zu verlängern, und stütze ich mich dabei gleichzeitig auf die
Ansicht mehrerer Fachärzte, welche die Nachgeburt unangetastet
liessen, anderntheüs durfte ich nach der Anamnese annehmen, dass
ein grosser Theil der bereits macerirten Placenta abgegangen war
(ckocoladenfarbige Stücke), und durfte schliesslich erwarten, dass
der Rest, sich durch die Laparatomiewunde entleeren würde. Ols-
hausen theilt einen Fall mit, in dem er von der Lösung der
Nachgeburt wegen Blutung absehen musste, und in dem nach
34 Tagen sich diese im Verbände vorfand. — Es wäre vielleicht
hier noch die Colpotomie (Spaltung des Scheidendaches) anzuwenden
gewesen, wie sie früher von Aerzten, und von Martin noch vor
zwölf Jahren ausgeführt wurde, jedoch warnen andere Autoren
davor, weil die Blase und Harnleiter dabei leicht gefährdet werden
können. Wir sehen, wie leicht in unserem Falle dieses geschehen
konnte, wo die Blase quer über dem Fornix vaginae lag. jedenfalls
hätte hier zunächst die Laparatomie gemacht werden müssen, und
dann erst konnte der Fruchtsack nach Lösung der Blase von der
Fruchtsackwand von innen durch die Scheide drainirt werden. —
Ich glaube kaum, dass diese Methode der angegebenen vorzuziehen
gewesen wäre, zumal dadurch eine Darmscheidenfistel etablirt wäre.
Wenn ich nach dem Gesagten nun auch nicht aussprechen
will, dass die Ausführung der idealen Methode der Frau sicher das
Leben gekostet hätte, so darf ich doch wohl behaupten, dass die
Annähung des Fruchtsackes in der beschriebenen Weise hier in-
dieirt war und für analoge Fälle anzuweuden sein wird.
Benutzte Litteratur.
Schn lila, Prognose und Therapie der Extrauterinschwangerschaft.
1891. — A. Martin. Ueber ectopische Schwangerschaft. Vortrag, ge¬
halten in der gynäkologischen Gesellschaft in Brüssel. — Winckel.
Durchbruch extrauteriner Frucht sinke in die Blase. Volkm. Samml. klin.
Vorträge 1890. — Olshausen. Mittheilungen über Extrauterinschwanger¬
schaft. Deutsche ined. Wochensckr. 1890.' — Klein wacht er. Tubar-
schwangerschaft. Eulenburg's Realencyklopädie.
VIII. Feuilleton.
Historischer Rückblick auf die Cholera in Berlin
im Jahre 1831 1 ).
Von Geh. San.-Rath Dr. Ohrtmann in Berlin.
Aus dem Nachlass meines Vaters sind mir verschiedene
Schriften aus dem Cholerajahre 1831 überkommen. Die Durchsicht
derselben gab mir den Gedanken ein, einen historischen Rückblick
auf jene Zeit zu werfen, in welcher zum ersten mal in Deutsch¬
land und Berlin die Cholera erschien. Diesen Gedanken theilte
ich unserem geehrten Vorsitzenden. Herrn Leyden, mit. und
ei ermuthigte mich, Ihnen einen solchen Rückblick im Verein vor¬
zutragen.
Im Jahre 1815 erschien die Cholera zuerst in Calcutta. um
sich dann mit langsamen Schritten nach Europa zu begeben. 1829
Vqqa 8 !?- * n J^ uss ^ an ^ Süden auf, um nach einer kurzen Pause
1 ™ °^ a n &ch Petersburg zu kommen, wo sie 1830
und 1831 furchtbar wüthetc. Bald auch war sie im Königreich
roien so dass die natürliche Sorge entstand, sie würde die preussi-
sche Grenze bald überschreiten. Infolge dessen wurde im Mai 1831
eine lmniediatcommission unter dem Vorsitz des Generals v. Thiele
geschaffen, um Vorsichtsmaassregeln zu treffen, der Seuche den
e ei tritt nach Preussen zu wehren. Bei der Neuheit und Unbe¬
kanntschaft mit der Krankheit konnte man nichts anderes an-
neninen, als dass sie eine Aelmlichkeit mit der Pest oder dem
schwarzen Tod habe, vielleicht auch dasselbe sei. Man hatte ia in
den vergangenen Jahren auch epidemische Krankheiten gehabt, in
den Kriegsjahren den Typhus, danach eine schwere Influenza¬
epidemie, aber dies wollte nicht mit dem stimmen, was man von
der Cholera erfuhr. Daher nahm man seine Zuflucht zu den alten
Absperrmngsmaassregeln gegen die Pest, obwohl behördlicherseits
OctobVuST* gebftIt * n im Verein für stiere Mediän in Berlin am 15.
zuerst die Meinung ausgesprochen wurde, dass die Krankheit nicht
von Person zu Person anstecke.
Am 11. Juni 1831 wurde eine Instruction erlassen: Ueber
das bei Annäherung der Cholera, sowie beim Ausbruch
derselben in den Königl. Preussischen Staaten zu beob¬
achtende Verfahren. In dieser Instruction nun werden die
Maassregeln bis aufs kleinste angegeben. Die ganze Grenze gegen
Russland wird durch einen doppelten Militärcordon abgesperrt,
dessen etwaige Lücken durch Patrouillen ausgefüllt werden. Um
den Grenzverkehr nicht ganz aufzuheben, waren 13 Orte genannt,
durch die ein Eintritt gestattet war. In jedem dieser Orte bestand
eine Contumazanstalt (Quarantäne). Da man damals überhaupt
nicht ohne Pass mit Visum reisen konnte, so wurden sämmtliche
Reisende auf das schärfste controllirt. Nur solche wurden frei ein¬
gelassen, die aus seuchefreier Gegend kamen, oder aus einer solchen,
in welcher seit 40 Tagen kein Krankheitsfall vorgekommen war.
Alle anderen mussten in der Contumazanstalt 20 Tage verbringen.
Die Personen wie ihre Sachen wurden auf das sorgfältigste des-
inficirt. Alle Städte an der Grenze, selbst die Dörfer wurden,
wenn ein Cholerafall vorgekommen, durch Soldaten gesperrt, ja die
einzelnen Häuser, in denen Kranke lagen, wurden durch Seile um¬
geben und von Soldaten bewacht. Da aber für die gesperrten Ort¬
schaften doch eine Zufuhr von Lebensmitteln vom Lande aus uoth-
wendig war, so wurden sogenannte Rastellen eingerichtet. Es waren
dies Holzschuppen, die in drei Abtheilungen zerfielen. Die erste
Abtheilung lag nach dem gesunden Lande zu, die dritte nach der
verseuchten Stadt hin. Die zweite, mittlere, war für die Contumaz-
beamten bestimmt, welche den Verkehr vermittelten. Die Verkäufer
kamen in die erste Abtheilung, übergaben ihre Waarcn der mittleren
Abtheilung. Der dort weilende Contumazbeamto übermittelte dieselben
den Käufern, nahm deren Geld, welches er schleunigst in heissen
Essig legte, um es dann mit einem eisernen Löffel dem Verkäufer
zu übergeben. Da nun die Häuser, in denen Kranke lagen, von
jedem Verkehr abgeschnitten waren, so wurden besondere Gassen¬
diener angestellt, welche den gesperrten Insassen die Nahrungs¬
mittel verschafften. Arme wurden auf Kosten der Gemeinde ernährt.
Auch in Berlin wurde diese Häusersperre verordnet, nur dass
hier nicht Soldaten, sondern nichtuniformirte Leute die Obacht
über das Haus hatten. Von einer Bezeichnung der Häuser durch
eine Tafel, wie bei den Pocken, hatte man Abstand genommen.
Von einer eigentlichen Sperre der Stadt, wurde dieselbe verschont,
da die Grösse derselben eine solche doch unmöglich gemacht hätte.
Aber eine Sperre gegen Fremde wurde ausgeübt. Berlin war
ja damals noch mit einer Mauer umgeben, und so konnte der Ein¬
tritt eines jeden Fremden controllirt werden. Sie mussten alle
durch das Frankfurter Thor. Vor demselben lag das sogenannte
Schlösschen, welches zu einer Contumazanstalt eingerichtet war.
und hier mussten die Fremden in erster Zeit 20. später 10 und
zuletzt 5 Tage Contumaz halten.
In dieser Instruction wurde zugleich der Rath gegeben, alle
giftsaugende Gegenstände (Pelze, Tuche u. s. w.) in verschlossene
Kasten zu thun. In der Anlage zu der Instruction finden sich
diätetische Vorschriften, sowie der Rath, jeden Morgen einen
Schnaps zu nehmen, bestehend aus Vermout, Pomeranzenschale.
Angelikawurzel, Ingwer und Nelken. Es wurden besondere Kirch¬
höfe angelegt und die Leichen so bald als möglich begraben, s<>
dass damals der Verdacht laut wurde, es wären oftmals Schein-
todte begraben worden. Die Kranken wurden in einem mit schwarzem
Wachstuch abgeschlagenen Korbe transportirt, voran ging ein
Unterofficier mit zwei Mann, hinter dem Korbe auch zwei Soldaten.
Die Träger hatten schwarze Wachslcimvandmäntel um und läuteten
mit einer Glocke, damit die Entgegenkommenden zur Seite wichen
Den Aerzten ward empfohlen, nur in Wachsleiuwandmänteln zu den
Kranken zu gehen, dabei an Essig zu riechen und sich glm ( '
nachher zu desinficiren. Auf den Strassen wurde das Tabakrauenen
erlaubt, da man es für ein Schutzmittel hielt. ,
Uebertretungen der Sperre, Vernachlässigungen derVorsicly-
maassregeln waren mit den strengsten Strafen bedroht. Wer
Sperre durchbrach oder sich heimlich aus einem Hause, in
Kranke lagen, entfernte, konnte bis zehn Jahre Festung oder Zuc
haus erwarten. War dadurch ein grösseres Unglück gesehenem
so konnte selbst auf Todesstrafe erkannt werden. Die brtne
musston innerhalb von drei Tagen abgefasst sein. Den Aerztem
welche keine Anzeige machten, oder sich sonst versündigten, dio
die Entziehung der Approbation.
Ich kann nicht umhin, Ihnen aus der vorläufigen Bestimm -
vom 28. Juni 1831 einige Paragraphen vorzulesen, die für nie
malige Zeit charakteristisch sind:
§ 2. Da im Beginn der Krankheit leicht ein Irrthnm . w °8
ist, so ist der hiuzugerufeue Arzt verpflichtet, noch zwm »
approbirte Aerzte hinzuzurufen, und erst durch ihr
Urtheil wird die Diagnose fesfcgestöllt.
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6. December.
DEUTSCHE MEDiClNISCHB WOCHENSCHRIFT.
927
§ 3. Sobald die Cholera constafirt ist, hat der Arzt in Gemein¬
schaft mit dem Hauseigenthümer dafür zu sorgen, dass weder
Menschen, noch Thiere, noch Effecten das Haus verlassen. Den
Mietnern wird der Hausschlüssel abgenommen.
§ 4. Der Polizei muss sogleich Anzeige gemacht werden, und
bis sie erscheint, darf der Arzt das Haus nicht verlassen
§5. Da es aber nachtheilig sein könnte, dass Jemand aus
dem Hause die Anzeige macht oder zur Apotheke geht, so könnte
vielleicht der Kutscher des Arztes, oder ein Vorübergehender, oder
in der Nacht der Nachtwächter diese Besorgungen übernehmen
u. s. w.
Diese drakonischen Bestimmungen wurden aber sehr bald auf¬
gehoben.
Auch der König, der in Charlottenburg residirte, war von den
Vorsicktsmaassregeln nicht ausgenommen. Neben dom Schloss
war in Libow’s Kaffeegarten ein grosser Tanzsaal. An seinem
Eingang standen zwei grosse Becken, denen dauernd Chlordärapfe
entströmten. Durch diese hindurch mussten die Personen, welche
zu Hof wollten, find wurden sie sowohl, wie ihre Papiere mit Essig¬
dämpfen durchräuchert. Zurück ging es wieder durch die Chlor¬
becken und dann erst in’s Schloss. Der König selbst zeigte sich
sehr unbefangen und ruhig. Er fuhr mit seinen Kindern täglich
in und durch die Stadt und besuchte Abends das Theater, um
durch seine Furchtlosigkeit dem Muth der Einwohner aufzuhelfen.
Es dauerte aber nur wenige Wochen, und man überzeugte
sich von der Nutzlosigkeit aller dieser sperrenden Maassregeln,
und Mitte September wurde der Militäreordon, sowie die am meisten
drückenden Sperren aufgehoben. Die Contumazanstalt am Frank¬
furter Thor blieb aber noch längere Zeit bestehen.
Während in den Provinzen an mehreren Orten Unruhen aus¬
gebrochen waren, blieb Berlin ruhig. Ein Brief aus jener Zeit ist
interessant. Er lautet im Auszuge:
Die Stimmung war in der letzten Zeit der Erwartung sehr
düster in Berlin, und man muss Gott danken, der unsere werthen
Mitbürger unaufhörlich aufrichtete und ermuthigte, so dass sich
nicht eine allgemeine Verzweiflung der Gemüther bemächtigte.
Während in Erwartung der Dinge die Vorsichtigen sich verbarri-
cardirten, machten die Apotheker Geschäfte ohne Beispiel, und alle
Gewerbetreibenden, welche nur irgend etwas zur Abwehrung der
Cholera produciren konnten, tliaten es unter namhafter Anpreisung
ohne Bedenken. Alle Choleraapokryphen wurden in der Diät ver¬
bannt. die Obst- und Gemüsehändler standen sich sehr schlecht,
nur Wagehälse tranken Weissbier und erfrechten sich, die Magen¬
pflaster nicht für cauonisch zu halten. Ein ruhiges Volk wich
von den gemässigten Gewohnheiten nicht ab und liess sich be-
dünken, die Seuche würde ja nicht so schlimm werden, wie manche
andere Calamität, welche zwar schwer und ernst über sie ergangen,
aber mit Ruhe im Gemüth zu grossem Nutzen für die Zukunft zu
ertragen sei.
So kam denn Eude August die langgefürchtete. Nachdem
an einem am 29. August in Charlottenburg gestorbenen Schiffer
die Cholera amtlich constatirt war, wurde Berlin für verseucht
erklärt. Alle Maassregeln traten in Wirksamkeit zugleich mit
dem für Berlin geschaffenen Gesundheitscomitö, welches aus dem
Oberpräsidenten, Bürgermeister, Coramandeur, mehreren ange¬
sehenen Bürgern und den bekannten Aerzten DDr. Barez,
Eck und Kluge bestand. Die Stadt wurde mit 61, den Armen¬
bezirken entsprechenden, Schutzcommissionen versehen, deren jede
15-—80 Mitglieder und ein bis acht Aerzte zählte. Ihnen lag die
Reinigung der Strassen ob, die Aufrechterhaltung der Häusersperre,
die Sorge für die Kranken, die Desinfection. In den verschieden¬
sten Stadtgegenden wurden Filialen der Apotheken eingerichtet,
sowie zwei Desinfectionsanstalten und fünf Lazarethe. Das grösste
in der neuen Königstrasse hatte 22 Säle, 9 Kammern, Stallungen
und einen sehr grossen Hof. Es stand unter Leitung des Dr. Rom¬
berg. Das zweite Lazareth war in der Luisenstrasse 32 unter
Dr. Bo ehr. Das dritte in der Kirschallee unter Dr. Bahn, das
vierte in der Kochstrasse 30 unter Dr. C ns per, das fünfte endlich
in der Gartenstrasse unter Dr. Thaer. Die Anstalten waren mit
allem möglichen, auch mit guten Badeeinrichtungen versehen und
boten für viele Kranke Raum. Mit jedem Lazareth war eine Con¬
tumazanstalt mit besonderem Eingang verbunden, in weicher die
Kranken noch fünf Tage nach ihrer Genesung verweilen mussten.
Auf den am 29. August erfolgten Krankheitsfall erfolgte am
30. August ein zweiter am Schiffbauerdamm. Vom 1. September
an erschien die Cholera täglich an neuen Orten, besonders in
Schiffen und am Ufer der Spree und ihren Armen: an der oberen
Spree auf der Fischerbrücke, an der Schleuse und am. Schiff-
bauerdamm. Die Witterung war damals, mit kurzen Unter¬
brechungen von Regengüssen, eine schwüle, sonnige Herbst¬
witterung. Es schien, als ob die Sennenseite besonders günstig
wirke, denn an der Schattenseite kamen die Fälle erst später zum |
.Vorschein. An. der Sonnenseite am Wasser erschien die Cholera
auch in der Holzmarktstrasse am Wasser, der Friedrichsgracht
und dem Arbeitshause. Bald kamen auch Fälle vor in Strassen,
die von der Spree abgehen, Fischerstrasse, Alexanderstrasse, Wall¬
strasse. Bald hatten alle Theile der Stadt Cholerakranke, doch
blieb das Voigtland noch verschont, und die Friedrichs- und Doro¬
theenstadt, besonders nach dem Halleschen, Potsdamer und Bran¬
denburger Thor, hatten sehr wenige Kranke, während sie nicht
selten verkamen auf der Seite nordöstlich von der Spree bis zur
Schönhauser- und Rosenthalerstrasse und westlich bis zur Linden-,
Mauer- und Behrenstrasse. Erst nach zwei Wochen kam sie auch
in’s Voigtland und wüthete dort arg in der Gartenstrasse, in den
Wieseke’schen Familienhäusern, deren zahlreiche Bewohner in den
verschiedensten Geschäften die Stadt durchwanderten.
Iu der ersten Woche erkrankten 64,
., zweiten „ .. 163,
- .. dritten ,. „ 336,
.. ,, vierten ,, 217,
.. fünften ., 249,
- „ sechsten . r 250,
., siebenten’„ .. 271,
„ „ achten „ „ 239 u. s. w.
Dann nahm die Zahl ab. Der letzte Kranke wurde am 27. Januar
1832 gemeldet, und am 13. Februar 1832 kounte ein Dankfest für
die Befreiung von der Seuche gefeiert werden.
Tn den Häusern, in welchen viele Menschen zusammen wohnten,
erkrankten in den Wiesekeschen Häusern 173, im Arbeitshaus
mit 700 bis 800 Insassen 70, in der Kottwitzscher Anstalt mit 150
Insassen 52, im neuen Hospital an der Waisenbrücke mit 300 In¬
sassen 77. Anstalten wie das Wadzeckstift, das Friedrichsstift
u. s. w. blieben verschont. Von dem Militär (circa 10 000 Mann)
erkrankten mit den Angehörigen 31 Personen. Für die Kasernen
waren besondere Militär-Sanitätscommissionen ernannt. Die Sol¬
daten erhielten eine Zulage zu ihrem Traktament. Die grösste
Sterblichkeit lieferte das Kinder- und Greisenalter. Von den
Ständen waren es wesentlich die Schiffer, von welchen 79 erkrankten
und 75 starben. Von den Aerzten erkrankten 5, 3 starben.
Berlin hatte rund 250 000 Einwohner, 282 Strassen, 7330 Häuser.
In 201 Strassen und 890 Häusern erfolgten Erkrankungen. Die
Zahl der Erkrankungen betrug 2274, davon starben 1423. Es er¬
krankten von den Einwohnern 0,9 %. Es starben von den Er¬
krankten 62,73 %.
1837: Einwohner 290 000. Erkrankte 3580. Es starben von
den Erkrankten’ 2356. Es erkrankten von den Einwohnern 0,81 %.
Es starben von den Erkrankten 65,36 0 o-
1848: Einwohner 400 000. Es erkrankten 2408. Es starben
von den Erkrankten 1599. Es erkrankten von den Einwohnern
0,39 °/ n . Es starben von den Erkrankten 66,38 u /o.
1892: Hamburg. Einwohner 624 000. Es erkrankten 18 000.
Es starben von den Erkrankten 8200, Es erkrankten von den
Einwohnern 2,88%. Es starben von den Erkrankten 45,56%.
Auf die Geburten scheint die Cholera auch einen Einfluss ge¬
habt zu haben. Während vom 1. April bis 1. Juli 1831 2415
Geburten gemeldet waren, wurden vom 1. April bis 1. Juli 1832
nur 2025 Geburten gemeldet. (Schluss folgt.)
IX. Mitteilungen über die Heilserum-
therapie der Diphtherie.
Bemerkung zur Diphtherieheilserumfrage.
Von Sanitätsrath Dr. Libbertz in Frankfurt a. M.
In seinem Vortrage „Die Blutserumtherapie zur Diphtherie¬
behandlung des Menschen“ (vergl. das Referat in der Berliner klin.
Wochenschr. No. 36) hat Professor Behring dazu aufgefordert,
von etwaigem Auftreten lokaler oder allgemeiner Krankheits¬
symptome, die mit der Serumemspritzung in Zusammenhang ge¬
bracht werden, mir Mittheilung zu machen.
Seit dem Erscheinen dieser Publication sind von den Höchster
Farbwerken über 40 000 Heilportionen abgegeben, und es wurde
mir im ganzen von 10 Fällen berichtet, bei welchen solche Neben¬
wirkungen des Heilserums zur Beobachtung kamen. Zumeist waren
es Störungen leichter Natur, wie Urticaria Erytheme an der In-
jectionssteile, neuralgische Schmerzen und Drüsenschweliungen.
Sie verschwanden nach kurzer Zeit, und in keinem der mir mit-
getkeilten Fälle handelte es sieb um eine Gesundheitsschädigung
von längerer Dauer. Auch berichtete man mir nicht von Erschei¬
nungen, welche auf Nierenreizung hätten deuten können.
Die Erlaubnis der Herren Collegen, ihre Beobachtungen zu
publieiren, werde ich, wenn sich ein grösseres Material ansammeln
sollte, nicht verfehlen zu benutzen.
Für heute möchte ich mir eine Bitte erlauben. Jedes Heil-
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
•No. 49
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serumfiäschchen trägt eine Operationsnummer. Zu jeder Nummer
werden Controlifläschchen von den Farbwerken aufbewahrt
Wollten nun die Herren, welche die Freundlichkeit haben, mir
ihre Beobachtungen mitzutheilen, die Operationsnummer ihrer
Fläschchen beifügen, so würde eine vergleichende Nachprüfung
möglich sein.
Hager, Ueber Anwendung des Diphtherieheilserums.
Centralbl. f. innere Medicin 1894, No. 48.
Der Bericht umfasst die Erfahrungen, welche Hager m seiner
Privatpraxis bei 26 Diphtheriekranken und bei 85 Kindern „diphtlie-
rioinficiiter Familien“ mit dem Heilserum gewonnen hat.
Von den 26 Fällen der ersten Kategorie ist einer auszu¬
scheiden, weil sich derselbe im weiteren Verlaufe als Scharlach¬
diphtherie erwiesen hat. Von den übrigbleibenden 25 Fällen —
Kindern und jugendlichen Individuen im Alter von 8 Monaten bis
16 Jahren — ist einer, das achtmonatliche Kind, welches moribund
zur Behandlung kam, nach vorübergehender Besserung gestorben.
Die übrigen 24 Fälle sind genesen. Der Verf. charakterisirt sie als
8 leichte, 6 mittelschwere und 10 schwere, bezw. sehr schwere.
Unter schw.eren Fällen versteht er solche mit ausgedehnten
Membranen, Temperatursteigerung bis 41°, starken Drüsenschwel¬
lungen und Nasendiphtherie. Von den Fällen erforderte einer 2o0.
drei 500, sechs 600, sieben 1000, drei 1200, zwei 1500 und zwei
2500 und mehr Antitoxincinheiten. Die Genesung erfolgte, wie
Verf. bemerkt, so typisch in derselben Weise, dass ihm ein
Zweifel an der günstigen Einwirkung des Mittels nicht erlaubt
schien. 24 Stunden nach der Anwendung traf er die Patienten
meist mit subjeetivem Wohlbefinden, nach 2 mal 24 Stunden war
das Fieber, nach weiteren 24 Stunden die Pulsfrequenz meist
herabgegangen. In allen Fällen fanden sich 24 Stunden nach der
Einspritzung die Membranen scharf vom Gesunden abgegrenzt, und
nach weiteren 4 Tagen waren sie meist verschwunden. Von
Nachkrankheiten wurde 2 mal Lähmung, 1 mal Dysenterie be¬
obachtet. Albuminurie wurde nur selten und vorübergehend,
nur in einem an sich schweren Falle in höherem Grade constatirt.
— Nachtheile der Serumbehandlung kamen nicht zur Erscheinung.
Nur ein urticariaähnliches Erythem zeigte sich 5 mal an der Injec-
tionsstelle, 1 mal auch an entfernteren Kürperstellen.
Von den 85 prophylaktisch geimpften Kindern sind 8
später an Diphtherie erkrankt: das eine heilte nach Injection von
500 Antitoxineinheiten, die beiden anderen, leicht erkrankten, heilten
ohne jede Behandlung.
Auf Grund seiner Resultate möchte Hager noch kein zweifels¬
freier Lobredner des neuen Verfahrens werden; vielmehr möchte
er nur den bescheidenen Schluss ziehen, dass die Anwendung der
Heilserumtherapie dem praktischen Arzte in der Behandlung der
Diphtherie gute Resultate bieten kann.
Möller, Einige kurze Bemerkungen über die Erfolge
mit Heilserum auf der Diphtheriestation des Kranken¬
hauses Magdeburg-Altstadt. Centralbl. f. innere Medicin
1894, No. 48.
Aus der ganz eursorischen Uebersicht ergiebt sich, dass im
Krankenhause Magdeburg-Altstadt seit Mitte August dieses Jahres
76 Kinder mit Heilserum behandelt worden sind. Zu bemerken
ist dabei, dass Möller für die Heilserumbehandlung das Princip
verfolgt hat, die ganz leicht erkrankten Kinder und die mori¬
bund eingelieferten aus Utilitätsgründen von der Serumtherapie
auszuschliessen. Aus diesem Grunde und mit Rücksicht darauf,
dass in den letzten beiden Jahren auch die leichtesten Erkran¬
kungen in grösserer Zahl als früher dem Krankenhause zugeführt
worden sind, glaubt Verfasser einen Vergleich zwischen allen
ohne Serum und mit Serum behandelten Kranken nicht ziehen zu
dürfen, sondern sich auf Gegenüberstellung der Tr ach eotomirten
beschränken zu müssen. Bei letzteren ergiebt sich nun, dass die
mit Serum Behandelten eine Mortalitätsziffer von 39,6 % auf¬
weisen, 16% weniger als die vom April bis November dieses Jahres
ohne Serum behandelten Tracheotomirten, 9% weniger als die ge¬
ringste bisher in dem genannten Krankenhause beobachtete Mor¬
talitätsziffer (im Jahre 1891/92). Einen sicheren Schluss will Ver¬
fasser trotzdem aus diesen Zahlen nicht ziehen, schon deshalb nicht,
weil dieselben zu klein sind. — Albumen wurde bei 12°/o aller
.,Gespritzten“ beobachtet, 6 mal ist Urticaria aufgetreten.
— Im British med. Journal, 1. December veröffentlicht Rogers einen
rler Heilserumbehandlung unterworfenen Diphthoriefall mit tüdtlichem
Ausgang. Für eine Statistik ist die Beobachtung nicht zu verwerthen.
.Abgesehen davon, dass das — fünfjährige — Kind erst circa sieben
Tage nach Beginn der Erkrankung zur specifischen Behandlung gelangt
ist. war die — einmalige — Antitoxindosis völlig unzureichend, nament¬
lich angesichts der Schwere des Falles. — Aus dem Sectiousbencht ver¬
dient der Befund eines..durch die starke Athembehinderung bedingten
rechtsseitigen Pneumothorax besondere Erwähnung.
____ Schwalbe (Berlini.
X.. Kleine Mittheilungen.
— Berlin. Wenn man die angekündigte Tagesordnung der Ber¬
liner medicinischen Gesellschaft vom 5. December überblickt, su
findet man als viert' ii Verhandlungsgegenstand die Discussion über den
in der vorigen Sitzung von Herrn Hansemann gehaltenen Vortrag „Mit¬
theilungen über Diphtherie und das Diphtherieheilseruin-.
Zwei demonstrative Vorträge und eine verniuthlich weitschichtige Dis-
cussion (über allgemeine Narkose) behaupten den Vorrang. Es ist wohl
nicht übertrieben, wenn wir die Meinung aussprechen, dass selbst die
ältesten Vorstandsmitglieder sich schwerlich erinnern werden, dass
ein in der Tagesordnung so weit hinten stehender Gegenstand je zur
Verhandlung gelangt sei; und bei der energischen Oppositionsstiinmung.
die sich dieser Gesellschaft spätestens um 9 Uhr herum gegen jeden
Versuch einer länger ausgedehnten Debatte zu bemächtigen pflegt,
muss eine solche Möglichkeit fast als von vornherein undenkbar gelten.
Wir meinen nun, nicht bloss die Bedeutung der Sache an sich, sondern
ebenso sehr auch gewisse Rücksichten der Courtoisie hätten es wDnschens-
werth gemacht, entweder in unmittelbarem Anschluss an die von Herrn
Hansemann geübte abfällige Kritik auch die in so herber Weise Kriti-
sirten zu Worte kommen zu lasson — oder wenigstens die nächstfolgende
Sitzung gerade diesem Zweck in erster Reihe zu reserviren. Es war
doch niemandem ein Geheimniss, wie aufregend und alarmiread der durch
einen ganzen Reporterschwarm in alle Welt ausposaunte und zu
einem sensationellen Eroigniss „nach bekannten Mustern“ aufgobausehtr
Vortrag des Herrn Hansemann gewirkt hat — und wohl auch einiger-
maassen zu wirken bestimmt war. Das Publicum so völlig unter dem, ge¬
linde gesagt, einseitigen Eindruck des Vernommenen zu lassen, war gerade
hier um so weniger angebracht, als das in dem Vortrag verarbeitete posi¬
tive Material sich doch, hei Lichte betrachtet, weder durch besondere Reich¬
haltigkeit, noch durch eine über jede Anfechtung erhabene Boschafleuheit aus¬
zeichnet und eine ergänzende Mittheilung vou anderer Seite zum Tlioil drin¬
gend erfordert. Wirglauben beispielsweise in der Annahme nicht zu irren, du v-
der als vermeintlicher Beweis für die Unwirksamkeit dorSerumlhcinpie, selbst
am erston Krankheitstage, vorgetragene Fall eine ganz andere Auslegung
(als „larvirte Diphtherie“) zulässt und von berufener klinischer Seite auch
finden wird. Unter solchen Umständen muss es, wie gesagt, auffällig be¬
rühren, wenn die Erörterung dieser nun einmal für die ganze Welt in
orster Reihe auf der Tagesordnung stehenden Frage in der Berliner
medicinischen Gesellschaft eiue so ausgesucht „dilatorische“ Behandlung
findet, und man würde es danach wohl begreiflich finden, wenn dem ver¬
nehmen nach in den „nächstbetheiligten“ Kreisen der Angegriffenen die
Absicht bestehen soll, auf eine Discussion vor einem augenscheinhch w
wenig geeigneten Forum nunmehr überhaupt zu verzichten. Das urtnei.
über die Serumtherapie können sie ohnehin getrost der Erfahrung übei-
lassen, die mit jedem Tage mehr zu ihren Gunsten entscheidet und u w
die mühselig zusammengetragenen Bemängelungen bald genug zur „lag(>-
Ordnung“ üborgegangen sein wird. . ,,
— In der Sitzung des Vereins für innero Medicin am o. d.M-
(Vorsitzender Gerhardt) demonstrirte Litten die anatomischen tra-
parate des Patienten mit Mediastinaltumor, welchen er am <19. D clot) . ei
(s. diese Wochenschr. No. 44) vorgestellt hatte. Die Section hat
klinische Diagnose bestätigt; mikroskopisch stellt sich der Tumoi a?
Rundzellensarkom dar. — Als erster Punkt der Tagesordnung "j 1 \
die Wahl eines neuen Mitgliedes für die Geschäftscommission eiie ig •
nahezu einstimmig wurde Heubner gewählt. — Im übrigen wm ® . 1
Sitzung mit der — am 19. November bereits begonnenen — Discu - _
zu dem Vortrage Rosenheim’s: „Ueber die chirurgische Beium =■
der Magenkrankheiten“ ausgefüllt. An der Debatte beteiligten sic
Herren Ewald, Pariser, Boas, Miesnor und Rosenheini.
— Ueber die Vorbereitungen zum Internationalen Oongress
Hygiene wird uns aus Madrid berichtet, dass die am 16. Octobei
Verfügung des Ministers des Innern, Herrn Aguilera, ernannte ^ om %•
am 20. d. Mts. ihre erste Sitzung unter dem Vorsitz des nou
nisters des Innern, Herrn Capdepon, gehalten hat. Das Haupterg -
dieser Sitzung war die Ernennung eines Ausschusses von *J e
gliedern, nämlich den Herren Gimeno, Calleja, Alonso, ta. ■ ;
Pulido, Mellado, Martinez Pacheco und Alvarez yP, ’:.j ge
Ausarbeitung eines Reglements für den Congress und die S lel ^
Ausstellung. Dieser Ausschuss wurde auch damit beauftragt,
theilimg der Commissionsraitglieder in Sectioncn zu besorgen. •
- Das Augustahospftal feierte am 29. d. M. das filnfantaan»,
jährige Jubiläum seines Bestehens. , .• -i,.,,
— Der erste Band der Verhandlungen des XI. interna ■
medicinischen Congresses soll demnächst zur Ausgabe S® 1 «j ' p,
— Halle a. S. Die Leopoldinisch-Carolinische
der Naturforscher hat die goldene Cotheniusmedaiile
siologen Fick in Würzburg verliehen. , ^
— Moskau. Die Ausgaben der Stadt Moskau für Rubel
und medicinische Zwecke sind für das Jahr 1895 auf l
veranschlagt. r . vf \fondel-
— Universitäten. Berlin. Die DDr. E. ^ernicke, i • 1 ^
sohn und A. Loewy haben sich als Privatdocenten für üyj,
innere Medicin und Physiologie habilitirt. — Leipzig. Dr. • ^
erster Assistent am Kinderkrankenhause, hat sich als Privataoc J, e „
— München. Dr. G. Sittmann, Assistent an der I. w
Klinik, hat sich als Privatdocent für innere Medicin habilitirt^
Gedruckt bei Julias Sittenfeld fü Berlin W.
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D ° nnerafag 13. Pecember 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztüchen Standes . 0
Begründet von Dr. Paul Börner,
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction
: Prof. Dr. A. Eulenbnrg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtenstein&llee 8. Potedamerstr. U* Postadreae: Leipiig, Swburgstr. 8L
I. Aus der Kinderklinik der Königlichen Charite.
Heber larvirte Diphtherie.
Von 0, Heubner.
In der gegenwärtigen Zeit, Wo der Kliniker mit besonders ge¬
spannter Aufmerksamkeit den Ablauf der Erscheinungen in jedem
Fall von Diphtherie verfolgt, dürfte es nicht werthlos sein, darauf
aufmerksam zu machen, dass es Fälle von Diphtherie gieht, Welche
auch dem aufmerksamen Beobachter während eines Theils ihres
Verlaufes, ja selbst bis zum Tode verborgen bleiben.
Dem Familienarzt werden solche Fälle selten in den Gesichts¬
kreis kommen. Ich selbst habe vor Jahren zwei Fälle beschrieben,
die in dieses Gebiet gerechnet werden könnten 1 ). Dem Hospital¬
arzt kommen sie wohl häufiger vor. Schon im Leipziger Kinder-
krankenkause machte ich hierher gehörige Beobachtungen.
Aber erst das Nachdenken über einige hier vorgekommene Er¬
krankungen mit ungewöhnlichem Verlaufe verdichtete die bisherigen
Vorstellungen zu einem etwas deutlicheren Bilde.
Es handelt sich immer um secundäre Diphtherieen in dem
Sinne, wie wir von secundären Masern, secundärem Scharlach und
dergleichen sprechen. Die Infection befällt nicht gesunde, sondern
bereits vorher kranke oder kränkliche Kinder, welche einen län¬
geren Aufenthalt im Krankenhause hinter sich haben. Dabei wird
das Contagium durch Besucher oder auch auf irgend eine andere
Weise eingeschleppt, die später gewöhnlich nicht mehr klarzu¬
stellen ist. Nun aber erkrankt das Kind nicht in der gewöhn¬
lichen Weise mit entzündlichen Ausschwitzungen in den Rachen-
theilen, mit heftigem Fieber, Erbrechen, Drüsenschwellungen u. s. w.,
sondern mit zunächst wenig alarmirenden, katarrhalischen Erschei¬
nungen sei es der Athmungs-, sei es der Verdauungsorgane, wenig
charakteristischem Fieber und nicht auffallend von dem früheren
Zustande sich abhebender Verschlimmerung des Allgemeinbefindens.
Man findet die Beeinträchtigung des Befindens genügend durch die
nachweisbaren katarrhalischen Erscheinungen, z. B. auf der Lunge,
erklärt, und ahnt nicht, dass eine tödtliche Erkrankung heim¬
tückisch zum letzten entscheidenden Angriff auf den Organismus
sich vorbereitet — bis auf einmal, scheinbar ganz plötzlich, das
Auftreten einer schweren Kehlkopfstenose auf die vorher latente
Gefahr in erschreckender Weise aufmerksam macht. Ja, selbst an
der Leiche kann es sich erst aufklären, dass die Todesursache,
wenn nicht allein, so doch zum Theil durch eine diphtherische
Infection mit bedingt gewesen war.
Zur Erläuterung dieses larvirten oder latenten Verlaufes der
Diphtherie seien folgende Beobachtungen angeführt.
Fall 1. L., Hedwig, l l /a Jahre alt, w'ird am 27. April 1894 wegen
schwerer Rachitis und eines noch nicht verheilten, seit 16 Tagen bestehen- j
den Oberschenkelbruches aufgenommen. Weit offene Fontanelle, Kyphose
der Lendenwirbel, Verdickung der Knorpelknochengrenze der Rippen,
Verkrümmung der Beine. Sehr langsame Consolidirung des fracturirten
Knochens. Grobe Bronchitis. Während des Mai ab und zu kleine Fieber¬
steigerungen, die auf die Bronchitis bezogen wurden.
Am 23. Mai stieg die Temperatur auf 38,1, am 24. auf 39,1, und
nun schloss sich bis zum 1. Juni ein geringes remittirendes Fieber an,
mit höchster Erhebung auf 38,8. Dasselbe schien abhängig von einem
ziemlich intensiven Schnupfen, zu dem sich stärkerer Husten und Zeichen
einer mässig aasgebreiteten Katarrhalpneumonie im rechten Unterlappen ge¬
sellten. Die Rachenorgane zeigten durchaus keine Abweichungen von der
Norm. Vom 3. bis 5. Juni war das Kind wieder fieberlos, hustete aber fort.
') Jahrb. f. Kinderheilkunde VT, S. 105.
Am 6. Juni hob sich aber das Fieber wieder auf 38,0 Abends. Das
Kind war etwas heiser und hatte Nachts stark geschwitzt.
Am 7. Juni nimmt bei gleichem geringem Fieber die Heiserkeit,
aber auch der Schnupfen wieder zu, und am 8. Juni zeigt sich ein starker
eitriger Ausfluss aus der Nase; der Husten bekommt einen heiseren
Klang. Das Fieber erhebt sich weiter auf 39,3, Puls 168.
Am 9. Juni Irtlh Rillt zum erstenmal ein ganz leichtes Stenosen-
eräusch auf und eine vermehrte Athemfrequenz von 40 Respirationen,
etzt kam mir die Erinnerung an einen ähnlichen in Leipzig beobachteten
Fall, und obgleich im Rachen nichts Auffälliges zu sehen war, obwohl
der Appetit leidlich und der Stuhl normal waren, ordnete ich sofort die
Verlegung des Kindes nach der Beobachtungsstation an.
Die Befürchtung war nur zu begründet, denn bereits Nachmittags
4 Uhr sind, unter Steigerung der Temperatur auf 40,2, deutliche Zeichen
der Larynxstenose vorhanden, welche die Intubirung nüthig machen.
Gleichzeitig wird eine Dosis Heilserum (von dem Institut für Infections-
krankheiten gütigst überlassen) injicirt. Zu spät. Die Athemnoth wird
nicht geringer, der Puls immer kleiner; auch die Nachts 11 l /a Uhr noch
vorgenommene Tracheotomie bessert die Lage nicht; die hohe Athemnoth
und Pulsfrequenz dauern an, während die Temperatur auf 40,8 steigt, und
am 10. Juni, Vormittags ll l /a Uhr, geht die Kleine in tiefem Collaps
zugrunde.
Die Autopsie (Dr. Hansemann 1 ) ergiebt folgendes: Ziemlich gut
genährtes Kind weiblichen Geschlechts mit starker Rachitis am Thorax
und den Extremitätenknorpeln. Der rechte Oberschenkel zeigt eine mit
weichem Callus versehene Fractur. Tracheotomiewunde.
Rachen-, Nasen- und Highmorshöhle zeigen leicht gerötheto, aber
sonst unveränderte Schleimhaut. Tonsillen nicht geschwollen. — Vom
unteren Rande der Epiglottis bis einige Millimeter unter den Stimm¬
bändern zeigt die Schleimhaut weisslich gelbe ziemlich trockene Ein¬
lagerungen, die sich nicht leicht abziehen lassen und zum Theil bis in die
Submucosa reichen. Durch dieselbe ist der Eingang zum Kehlkopf fast
vollständig verschlossen. Weitere geschwürige Defecte oder ältere Schorfe
sind nicht vorhanden. Unterhalb dieser Partie ist die Schleimhaut der
Trachea leicht geröthet und mit einer schmierig trüben Flüssigkeit be¬
deckt. Die Consistenz der Lungen ist etwas vermehrt, dieselben sind
aber im allgemeinen lufthaltig.
Herz ist blass, sonst ohne Besonderheiten. Milz etwas vergrössert.
Follikel deutlich. Nieren blass, ohne Besonderheiten, ebenso Leber.
Darmschlingen meteoristisch aufgetrieben.
Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass hier die Diphtherie
nicht etwa erst an dem Tage der ersten Stenosenerscheinungen
eingesetzt hat. Die vom 6. Juni an sich steigernde Heiserkeit weist
ebenso wie das begleitende Fieber deutlich genug darauf hin, dass
die Infection des Larynx mindestens vier Tage vor den letalen
Ausgang zurückzudatiren war. — Ja noch mehr, ich halte es
für sehr wahrscheinlich, dass bereits die ganze, am 28. Mai be¬
gonnene Schnupfenkrankheit auf eine diphtherische Infection zurück¬
zubeziehen war. Allerdings fehlt hier der bacteriologische Beweis;
man war eben bei der Geringfügigkeit der Erscheinungen, dem
fortdauernd guten Appetit, dem wieder zurückgehenden Fieber
nicht auf den Gedanken gekommen, dass eine Diphtherie vorliegen
könne.
*) Herr Dr. Hansemann hat in seinem Vortrag in der medicini-
schen Gesellschaft zu Berlin über Diphtherie (Berliner klinische Wochen¬
schrift No. 50) eine Beobachtung aus meiner Klinik veröffentlicht, für
deren Darstellung ich keine Verantwortung trage. Sie ist vielleicht iden¬
tisch mit der obigen. Genau kann ich es nicht sagen, da Herr Han s c -
mann mir über seine Absicht, einen meiner Fälle zii benutzen, eine Mit¬
theilung nicht hat zukommen lassen. Ich bedauere die Unterlassung
dieser sonst wohl allgemein üblichen Höflichkeit deshalb, weil ich viel¬
leicht in der Lage gewesen wäre, ihm zu einer etwas exacteren Kranken¬
geschichte zu verhelfen, als er seinen Zuhörern geboten hat.
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. '50
Wohl möglich, dass der Verlauf auch in der folgenden Beob¬
achtung sich ähnlich gestaltet hätte, wenn wir nicht, gewitzigt durch
die soeben mitgetheilte Erfahrung, da sofort eingegriffen hätten.
Fall 2. M., Amelie, 13 Monate alt, eine Bettnachbarin des vorigen
Kindes, war am 30. Mai wegen starker Anämie' und hochgradiger Ra¬
chitis in die Kinderabtheilung aufgenommen worden. Ein anfängliches
durch Verdauungsstörung bedingtes Fieber hatto sich rasch gehoben, und
es ging der Kleinen ganz leidlich, als sie plötzlich am 12. Juni bei fieber¬
losem Zustand (37.4) eine heftige Rhinitis bekam.
Sofort wurde die Kleine auf die Beobachtungsstation verlegt und
bekam am selben Abend, noch ehe die bacteriologischo Diagnose gestellt
werden konnte, eine Dosis Heilserum injicirt. Denn auch die Rachen¬
organe zeigten sich etwas geröthet und geschwollen, an den Tonsillen eine
ganz leichte graue Verfärbung. Submaxillardrüsen etwas geschwollen.
Auf den Lungen einige katarrhalische Geräusche.
Am 13. Juni steigt das Fieber auf 39,2, sinkt aber dann rasch auf
37,7, um sich am 14. November auf 38,5 zu heben und dann definitiv in
Fieberlosigkeit überzugehen. Schnupfen und Rachenaffection gehen rasch
zurück. Am Körper erscheint ein Urticariaexanthem, welches am 15. Juni
wieder zurückgeht. Die aus dem Nasenschleim angelegten Culturen er¬
weisen sich als charakteristische Diphtheriebacillen.
Vom 27. Juni bis 1. Juli fiebert das Kind nochmals wegen einer Ver¬
dauungsstörung. Dann Besserung. Am 4. Juli wird das Kind in gutem
Zustande entlassen.
Die beschriebenen beiden Fälle wurden die Veranlassung, dass
bei sämmtlichen kleinen Mitbewohnern der Abtheilung eine Immu-
nisirungseinspritzung von Heilserum vorgenommen wurde. Es
kam unter diesen kein weiterer Erkrankungsfall vor.
Erst ganz neuerdings hatten wir wieder eine Infection zu be¬
klagen, welche aber klinisch vollständig latent verlief;
Fall 3. Sch., Otto, 2 Jahre, wurde am 3. November d. J. aufgenommen.
Er ist immer schwächlich und bleich gewesen. Der Grossvater starb an
Lungenschwindsucht. Hat von jeher trocken gehustet und wurde
leicht kurzathmig. Seit drei Wochen hat er dünne schleimige Stühle,
seit 14 Tagen magert er ab; hat angeblich ab und zu Fieber. Am rechten
Ohre hatte er öfters etwas Ausschlag, seit acht Tagen sind die rechts¬
seitigen Halsdrüsen geschwollen.
Bei dor Aufnahme findet man ein dürftig entwickeltes, blasses, gra-
ciles Kind, linksseitige Trübung der Hornhaut, beiderseits scrofulöse
Drüsenpackete. An den inneren Organen nichts krankhaftes nachweisbar.
Der Knabe wird mit Leberthran, guter Ernährung und vorsichtigen
Tuberkulindosen behandelt, die von Reaction nicht gefolgt sind. Vom
3. bis 19. November absolute Fieberlosigkeit und gutes Befinden. Am
20. November erhebt sich das Fieber plötzlich auf 39,2, sinkt in der
Nacht auf 36.9, um aber am 21. und 22. November auf 40 und 40,3 sich
zu erheben, jeden Morgen geht die Temperatur auf 37 zurück; am 23. No¬
vember höchste Temperatur 38,3, am 24. November 39,0, am 25. November
wieder Abfall auf 38.2,
Die Erscheinungen, die der Knabe sonst darbot, bestanden in Appetit¬
verminderung und geringem feinem Rasseln über der dritten und vierten
Rippe an der rechten Vorderwand des Thorax; am 23. November gesellte
sich heftiges Erbrechen, das sich in den folgenden Tagen wiederholte.
Verfall und Ktthlwerdcn hinzu. Am 24. November grosse Apathie, viel
Schlaf, ab und zu trockner Husten, dünne schleimige Ausleerungen. Am
25. November völlige Apathie, immer leichter Schlummer. Puls sehr
klein, frequent, fadenförmig. Erbrechen nach jeder Nahrungsaufnahme,
sehr zahlreiche, schleimige, stark stinkende Stühle. Vormittags 7*12 Uhr
Tod in collabirtem Zustand.
Sectionsprotokoll (Dr. Hansemann): Im Phaiynx, auf den
lonsillen, auf der Epiglottis bis auf die Stimmbänder herab flache grau-
weisse Auflagerungen, die sich nur unter Verlust der Schleimhaut ab-
ziehen lassen, weitor in der Trachea zarte fibrinöse Auflagerungen auf der
gerötheten Schleimhaut. DieLymphdrüsen am Halse markig geschwollen,
ebenso diejenigen um die Bronchien herum. Eine grössere und eine
kleinere von den letzteren sind verkäst, von gelber, ziemlich trockener
Beschaffenheit. Tuberkel finden sich nirgends. Die Schleimhaut der
Bronchien ist bis in die feinsten Verzweigungen hinein geröthet und mit
feinen nbnnösen Auflagerungen bedeckt.
Li der ganzen Lunge zahlreiche frische bronchopneumonische Heerde.
Uie Pleuren beiderseits verwachsen durch zarte fibröse Stränge. Die
Mesentenaldrflsen sind markig geschwollen, frei von jeder Verkäsung und
ui ^ k Z \ st ^ ver S rö ssert. Nieren ohne Besonderheit, Die Magei
Schleimhaut stark geröthet, ^
Gross war die Verwunderung angesichts dieses Leichenbefunde!
Dass es sich um echte Diphtherie handelte, erwies die bacteriol«
gische Untersuchung der dünnen Auflagerung in der Trachea, an
welcher typische Diphtheriebacillenculturen aufgingen._Und doc
war kein Zug in dem klinischen Krankheitsbilde, welcher auch nv
entfernt an eine lokale Erkrankung der Rachen- oder Kehlkop
Schleimhaut hätte denken lassen, kein Schmerz, keine Schlini
und^rglekhen 61116 Andeutune Ton Kehlkopfstenose, Heiserke
B ..w?i e T A f 11 f- em f! no r 8 J chei “ u “ge» deuteten freilich auf eüi
ifi fl 10 ! hm, indessen wäre man nach den Erscheinunge
?' ES Lebens viel eher auf eine schwere Magendarmstörin
ei® Diphtherie. Der Magen war ja in der That star
affiort, Ober den Dann findet sich kdne Angabe - Es kmin ^
wohl nicht bezweifelt werden, dass die diphtherische Infection hier
dasjenige wesentliche Leiden war, welches dem gesammten schweren
Symptomenbilde der letzten sechs Lebenstage zugrunde lag.
Fragt man sich gegenüber solchen Fällen wie die be
schriebenen, auf welche Weise so beträchtliche Abweichungen des
klinischen Bildes einer sonst in ziemlich regulärem Typus ablaufcn-
den Krankheit bedingt sein können, so scheinen mir hauptsächlich
zwei Punkte in Betracht zu kommen.
Vor allem der betroffene Organismus. Es sind schwächliche
von constitutionellen Leiden (Rachitis, Scrofulose) heimgesuchte
und sodann noch sehr junge Organismen, die befallen werden. Eh
ist ja auch bei sonst gesunden sehr jungen Kindern nicht selten
dass z. B. die Rachenerscheinungen bei der Diphtherie wenig ver¬
treten und deshalb die Krankheit oft gleich im Kehlkopf zu be¬
ginnen scheint, Und handelt es sich dann noch um kranke und
sehr junge Organismen, so wird es begreiflich, dass die Gesammt-
reaction gegen die Infection eine viel schwächere ist und da¬
durch ein so abgeblasstes oder selbst verändertes klinisches Bild
entsteht. — Was namentlich die schweren Erscheinungen seitens
des Digestionstractus im dritten Falle anlangt, so wissen wir ja
aus den Versuchen von Roux und Yersin, dass bei Infectionen
mit dem Teinen Diphtherietoxin häufig Diarrhöen hei Thieren auf-
treten; — es drängte sich also eine sonst beim Menschen neben¬
sächliche oder fehlende Erscheinung bei unserem Falle in den Vor¬
dergrund, währen^ die klinischen Haupterscheinüngen der gewöhn¬
lichen Fälle hier vollständig latent blieben.
Ein zweiter Umstand, welcher geeignet ist, die Diagnose in
solchen Fällen zu erschweren, liegt darin, dass die an sich schon
blassen und verschwommenen Züge des Krankheitsbildcs nicht
einmal irgend einen besonderen Charakter tragen. Vielmehr sind
sie ganz wohl mit dem Grundleiden, wogen dessen das Kind auf¬
genommen wurde, in Einklang zu bringen. So waren z. B. in
Fall 1 ja schon während des ersten Monats des Krankenhaus¬
aufenthaltes mehrfach kleine Fiebersteigerungen mit Exacerbationen
der rachitischen Bronchitis aufgetreten. Warum sollte man bei
demi Auftreten des fieberhaften Schnupfens an Fernliegendes denken
und nicht vielmehr an eine acute Verschlimmerung des chronischen
Katarrhs der Respirationsorgane? — Ebenso hatte das Kind 3
schon öfters an Verdauungsstörungen gelitten, warum sollte man
sich nicht zunächst bemühen, dieser Verdauungsstörung wieder Herr
zu werden, in der Hoffnung, damit auch den Fieberzustand wieder
zu beseitigen? So trägt gleichsam die primäre chronische Krank¬
heit selbst dazu bei, den neuen, secundär hinzugetretenen Feind dem
Auge des Arztes zu verhüllen.
In der Litteratur ist dieser Kategorie von Erkrankungen noch
nicht viel Beachtung geschenkt worden. Jacobi kennt sie offen¬
bar, wenn er die geringfügigen Erscheinungen, welche dem plötz¬
lichen Auftreten der Kehlkopfstenose bei seiner „primären Diph¬
therie der Trachea“ vorhergehen, schildert. 1 ) Er sagt aber nicht,
dass es sich dabei meist um secundäre Diphtherieen (im obigen
Sinne) handelt.
Eine Lehre möchte man vielleicht aus den dargestellten Beob¬
achtungen ziehen: überall, wo plötzliche Veränderungen im Be¬
finden eines constitutionell kranken Kindes auftreten, die mit
Fieber und mit katarrhalischen Erscheinungen verbunden sind, die
bacteriologischo Diagnostik zu Hülfe zu nehmen. Dass man, wenn
man früh genug zuf Diagnose gelangt, auch in solchen Fällen
vielleicht zu helfen vermag, zu dieser Hoffnung scheint die zweite
Beobachtung zu ermuthigen.
IT. Aus dem städtischen Krankenhause Moabit in Berlin.
Weitere Erfahrungen über die Wirksamkeit
des Behring’schen Heilserums bei der Di¬
phtherie.
Von Prof. Dr. Sonnenburg.
Die nachstehenden Mittheilungen sind zum Theil nach einew
für das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-
angelegenheiten bestimmten Bericht zusammengestellt, zum W
sind sie die weitere Fortsetzung der von meinem Assistenten,
Herrn Dr. Canon, in dieser Wochenschrift (1894, No. 23) ver¬
öffentlichten Resultate. Der Bericht beschränkt sich auf die
obachtungen bis zum 1. November. Trotz der Hochfluth von
theilungen, der wir unzweifelhaft in dieser Frage entgegenge en.
gehören regelmässig wiederkehrende, sich ergänzende Mittheilung
aus Krankenhäusern, wo die unerlässlichen fortlaufenden bacteno °n
*) Gerhardt’s Handbuch 2: Bd., S. 753.
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13. December.
DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCHRIFT:
931
sehen Untersuchungen möglich sind, für die Klärung und Fn+
Scheidung der Frage Ober die Wirksamkeit des HeSms zu den
am besten zu verwertenden, und ich werde yeranl" d a3S diese
viX.Vht oi? Krankenhau se in bestimmten Zeiträumen
vielleicht alle sechs Monate, erscheinen. ’
* ^verständlich handelt es sich in diesen Mitteilungen bei
der kurzen Beobachtungszeit nicht um endgültige Urtheile son¬
dern um Eindrücke die sich dem unbefangenen Beobachter bei der
vn^w dU d g des Mittels bisher ergaben. Die Beurtheilung des
d»«I d- en n n Matenas J wird noch besonders dadurch erschwert
dass die Umfn-enzung des Begriffes „Diphtherie“ anders wie früher
se n U kann er Chai J ktw der E P idemie sehr verscWeden
sein kann. Gerade was den ersten Punkt anbetrifft so unter-
ÄVf 816 D ‘ pht i lerie . im Allfan e e makroskopisch’und anato-
^ ‘ kaum von anderweitigen Erkrankungen der Rachenorgane.
Das gilt z. B. besonders von bestimmten Formen der Angina
P^fdnm 18 i UDd f ° ,Iicula T’ bei ihrem Entstehen mit ihren
Pseudomembranen eine echte Diphtheritis Vortäuschen können und
ihrem weiteren Verlaufe nach 24-36 Stunden als solche
er ? n ? We I den \ Seit der Entdeckung des Diphtheriebacillus
müssen wir aber den Anspruch machen, dass nur diejenigen Fälle
zur Statistik herangezogen werden, bei denen der Nachweis des
?n?c?K e f ri !i baC1 TT U ! ffe l un ? en ist - Ge ^ en di e früheren Statistiken
entsteht der Unterschied, dass eine ganze Reihe von Krankheits-
Sf Jen ausgeschieden werden, die als leichte und schneU heilende
Erkrankungen die früheren Zahlenzusammenstellungen unter Um-
ständen günstig beeinflussen mussten. Die Entscheidung, was als
Diphtherie bezeichnet werden soll, steht heutzutage dem Kliniker
zu die Beobachtung am Krankenbette und die bacteriologische
Untersuchung müssen hier den Ausschlag geben. Demnach kann
der behandelnde Arzt bereits am Lebenden stets mit Sicherheit
die Diagnose stellen und bedarf nicht erst des pathologischen Ana¬
tomen, um festzustellen, ob Diphtherie Vorgelegen hat oder nicht
Es ist daher eine schwere, aber wichtige Aufgabe der vergleichen¬
den Statistik, diese Fälle gesondert zu verzeichnen, um brauchbare
Werthe zu gewinnen, und die gemeinsame Arbeit kann nur nützen
wenn man nur alle diejenigen Fälle, in denen der Loeffler’sche
Bacillus nachzuweisen ist, als Diphtheriefälle verwertet
Es muss ferner gehofft werden, dass die Dosirung des Beh-
ring sehen Heilserums für die Behandlung der Diphtherie mit der
Zeit richtiger angegeben werden wird. Unzweifelhaft sind im An-
mnge in vielen Fällen zu kleine Dosen gegeben worden, in anderen
Fällen konnte wegen der Knappheit des Mittels die Fortsetzung
der Behandlung nicht in gewünschter Weise erfolgen. Alle diese
Fehler werden wohl in Zukunft wegbleiben und die Resultate dann
noch gleichartiger werden. Immerhin glaube ich doch schon sagen
zu können, dass der Verlauf der diphtheritischen Infection durch
das Heilserum günstig beeinflusst wird. Freilich muss ich ge¬
stehen, dass wir in den letzten Jahren keine sehr schwere Epide-
mieen im Krankenhause Moabit beobachtet haben.
Ein grosser Vorzug des Mittels liegt in dem Umstande, dass
es keine schädlichen Nebenwirkungen zu haben scheint und
ohne Bedenken auch bei Schutzimpfungen in Frage kommen darf.
Auf meiner Kinderabtheilung sind z. B. 20 Kranke ohne irgend
welchen Nachteil, da ein Fall von Diphtherie vorkam, immunisirt
worden. Freilich scheinen nicht alle von der Fabrik gelieferten
Präparate ganz gleichmässig zu sein, nach einigen Sendungen sind
Hautexantheme und Gelenkaffectionen, wenn auch sehr vorüber¬
gehend, beobachtet worden. Es handelt sich hier wohl um Bei¬
mengungen, die in Zukunft vermieden werden dürften.
In der nun folgenden Statistik sind, wie erwähnt, nur echte
Diphtheriefälle berücksichtigt werden, und zwar nur Kinder, da
Erwachsene bisher nicht injicirt wurden.
Statistik der Diphtheriefälle vom Juni 1893 bis October
1894.
In der Zeit vom Juni 1893 bis Ende October 1894 wurde mit
zwei grösseren Pausen das Behring’sche Diphtherieheilserum au¬
gewendet.
Die Pausen, während welcher uns kein Heilserum zur Ver¬
fügung stand, waren: 1) vom 1. Juli 1893 bis 1. December 1893
und 2) vom 1. April 1894 bis 31. Juli 1894. Die Injectionen fanden
sofort nach der Aufnahme statt; es wurden in den letzten Monaten
600 bis 1800 Immunitätseinheiten ipjicirt, je nach der Schwere
des Falles.
Während der Periode der Serumbehandlung wurden nicht in¬
jicirt aus Sparsamkeitsrüoksichten 12 Kinder, sechs davon waren
sehr leicht krank und genasen, sechs kamen hoffnungslos ins Kran¬
kenhaus und starben bald nach der Aufnahme. Diese 12 Kinder
werden mitgerechnet zur Periode der Serumbehandlimg, da es sich
um die Vergleichung der Resultate verschiedener Zeiten handelt
und die ganz hoffnungslos eingelieferten Fälle auch auf der anderen
Seite, der Zeit ohne Serum mitrechnen.
Es gehören nun zur Periode der Serumbehandlung 107 Kin¬
der, davon wurden geheilt 85, d. i. 79,4 %, darunter waren tra-
cheotomirte 34, davon wurden geheilt 26 = 78,5 %. Wirk¬
lich injicirt wurden nur 95 Kinder, von denen 79 = 83 % ge¬
nasen.
In den beiden Pausen, in welchen kein Serum vorhanden
war, wurden behandelt 116 Kinder, von denen 84 genasen, d. i.
72 , 4 %, darunter wurden 47 tracheotomirt, davon wurden geheilt
29 = 02 %.
Von den mit Serum behandelten und gestorbenen Kindern
war der grösste Theil erst am dritten Krankheitstage oder später
injicirt worden. Eins dieser Kinder, ein vierjähriger Knabe, wel¬
cher am dritten Krankheitstage in Behandlung kam, wurde drei
mal mit je 600 Immunitätseinheiten injicirt und starb, nachdem
die Diphtherie im Rachen fast geheilt war, an Myocarditis paren-
chymatosa und Nephritis. Nur drei der gestorbenen Kinder waren
nach den Aussagen der Eltern am ersten oder zweiten Tage der
Erkrankung, als sie injicirt wurden. Eins davon kam im Juni
1893 zur Behandlung, es starb, trotzdem es ganz im Beginn der
Erkrankung, am ersten Krankheitstage injicirt wurde, in drei
Tagen an septischer Diphtherie. Das Mittel war damals jedoch
noch sehr schwach; daher ist der Fall nicht beweisend. Diebeiden
anderen Fälle betreffen zwei einjährige Kinder, welche am Tage
der Aufnahme tracheotomirt werden mussten und 600 Immunitäts¬
einheiten injicirt erhielten; sie starben wenige Tage darauf unter
Erscheinungen der Bronchopneumonie. In diesen Fällen dürften
die Angaben der Eltern betreffs der Dauer der Erkrankung auf
nicht genügender Beobachtung beruhen: die Kinder waren jeden¬
falls schon länger krank. Vier der injicirten Kinder starben, nach¬
dem sie die Diphtherie überwunden hatten, an Herzschwäche resp.
parenchymatöser Entzündung des Herzens und der Nieren.
Die Resultate während der Behandlung mit Heilserum sind
nach diesen Zusammenstellungen also durchaus als günstige zu
bezeichnen. Die Erfolge in den Pausen, in welchen nicht iiyicirt
wurde, sind um 7% ungünstiger, jedoch auch noch so gute (12%
Heilungen), dass daraus der Schluss zu ziehen ist, dass die Epidemie
in der Zeit vom Juni 1893 bis Ende October 1894 in Moabit eine
leichte gewesen ist. Es geht deshalb aus unseren Erfahrungen
noch nicht hervor, ob das Mittel sich auch bei einer schweren
septischen Epidemie bewährt.
Besonders in der letzten Zeit der Behandlung mit Heilserum,
seitdem grössere Dosen zur Anwendung kommen, wurde in vielen
schweren Fällen beobachtet, dass das Allgemeinbefinden der Kinder
nach der Injection sich besserte, die Erscheinungen der Intoxication
geringer und die Kinder munterer und frischer wurden. Ferner
wurde der Puls in vielen Fällen langsamer und besser, sank die
hohe Temperatur schnell zur Norm, in anderen konnte ein schnelles
Abstossen der Beläge im Rachen nach der Injection bemerkt
werden. Wenn diese Erscheinungen auch bei anderen Kindern, die
nicht mit Heilserum behandelt wurden, häufig zur Beobachtung
kamen, so besteht doch der Eindruck, dass dieselben nach der In¬
jection in allgemeinerer und energischerer Weise auftraten. Von
den Tracheotomirten wurden während der Behandlung mit Heil- '
serum geheilt 76,5%, ohne Heilserum nur 62%; es besteht also
ein Unterschied von 14,5% zu Gunsten der Heilserumbehandlung;
immerhin ist bei der geringen Zahl der Fälle (es sind im ganzen
81) dieser Unterschied nicht allzuhoch anzuschlagen.
Eine Schädigung konnte durch das Mittel nicht weiter beob¬
achtet werden, als dass zuweilen ein bald scharlachähnlicher, bald
urticariaähnlicher Ausschlag auftrat, gewöhnlich an der Injections-
stelle; in zwei Fällen wurden Gelenkschwellungen, welche mit
Fieber verliefen und auf Natrium salicylicum zurückgingen, beob¬
achtet. Eiweiss im Urin wurde nicht häufiger gefunden, als sonst
bei gewöhnlicher Behandlung der Diphtherie.
Seit October 1894 werden die gesunden Geschwister der
diphtheriekranken Kinder in der Poliklinik prophylaktisch in¬
jicirt; es wurden 60 Immunitätseinheiten jedem Kinde eingespritzt
(jetzt 150).
Von 16 im October prophylaktisch injicirten Kindern erkrankten
zwei an Diphtherie. Das eine Kind wurde am Tage nach der In¬
jection mit einer Diphtherie eingeliefert, welche ganz im Beginn
war; es erhielt sofort 600 Immunitätseinheiten injicirt, und das
Kind war nach zwei Tagen völlig geheilt, der geringe Belag auf
den Mandeln hatte sich sehr schnell abgestossen. Die Schwester,
welche zuerst erkrankt war, machte dagegen eine sehr schwere
Diphtherie durch. Dieser Fall spricht durchaus nicht gegen den
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932
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50
Werth der prophylaktischen Injection, da an dem Tage derselben
der Keim der Krankheit wahrscheinlich in dem Kinde schon vor¬
handen war, dagegen ist der schnelle und leichte Verlauf der
Diphtherie vielleicht auf die Frühinjectionen des Mittels zu schieben.
Da‘s zweite Kind, ein sechsjähriger Knabe, wurde am 11. October
prophylaktisch injicirt und am 17. November, also nach circa fünf
Wochen mit Diphtherie ins Krankenhaus eingeliefert; er befand
sich nach Aussage der Eltern am ersten Krankheitstage. Nach
sofortiger Injection von 600 Immunitätseinheiten verlief die Krank¬
heit sehr leicht.
In diesem Fall haben also 60 Immunitätseinheiten des Mittels
nicht ausgereicht zur Immunisirung für einen Zeitraum von mehr
als fünf Wochen.
III. Aus dem Augusta-Hospital in Köln.
TJeber Myxödem und über Entfettungs-
euren mit ScMlddrüsenfütterung ')•
Von Otto Leichtenstern.
Die nachfolgenden Bemerkungen knüpfen an eine Beobachtung
an, die eine 65jährige Dame betrifft, bei welcher sich seit mehreren
Jahren alle Zeichen des Myxödems entwickelt hatten: Die Schwel¬
lung des Gesichts, die dicken Augenlider mit der engen Lidspalte,
die wachsgelbe Farbe des Gesichtes, die dicke stahlblaue Zunge,
die langsame Sprache mit der mühsamen Articulation (Bradylalie),
die rauhe, tiefe, fast blökende Stimme, der langsame watschelnde
Gang, die unförmlich dicken Hände mit der kleienartigen Ab¬
schilferung und den rissigen Nägeln, die geistige Trägheit und
Apathie stellten das classische Bild der Krankheit dar.
Patientin erhielt die „Thyroid gland Tabloids“ der Firma
Burroughs-Wellcome (London), und zwar 1—2 Pastillen täglich.
Der Erfolg war ein ausgezeichneter und trat überraschend schnell
ein. Binnen •wenigen Wochen war Patientin von allen Symptomen
des Myxödems befreit. Die Schwellungen sind geschwunden, die
Physiognomie ist normal und Patientin kaum mehr wiederzuer¬
kennen. Die Hautfarbe ist gesund, die Sprache gewandt, die
Stimme vollkommen rein und ihre Tonlage eine hohe, normale ge¬
worden; die Bewegungen sind lebhaft und schnell, die geistige
Regsamkeit völlig wiedergekehrt. Von einer Schilddrüse am Halse
ist nichts zu fühlen. Seit ihrer Wiederherstellung, und zwar seit
Monaten, nimmt Patientin täglich eine Pastille, und diese genügt,
um den Ausfall der Schilddrtisenfunetion zu ersetzen und das
schöne Heilresultat zu erhalten.
Die Gewichtscurve der Patientin zeigte folgenden Verlauf:
Anfangsgewicht.76,3 kg,
nach Ablauf der ersten Woche, täglich 1—2 Pastillen 73,8 „
„ „ „ zweiten „ keine Pastillen . . 73,2 „
„ „ „ dritten „ täglich zwei Pastillen 71,6 „
„ * „ vierten „ „ „ 70,7 „
„ „ „ 5. u. 6. „ „ „ „ 68,0 „
Von der sechsten Woche an erhielt sich das Körpergewicht
constant auf 68 kg, trotz mehrmonatlichem Fortgebrauch von täg¬
lich einer Pastille. Der Gesammtgewichtsverlust betrug somit
8,3 kg. Die stärkste Abnahme fand in der ersten Woche statt,
nämlich 2,5 kg; als dann in der zweiten Woche das Mittel aus-
gesestzt wurde, erfolgte nur noch ein Gewichtsverlust von 600 g.
In der dritten bis sechsten Woche trat bei Wiederaufnahme der
Schilddrüsenbehandlung eine weitere Gewichtsabnahme um 1,6,
0,9 und 1,35 kg per Woche ein.
Die Diurese war in der ersten Woche enorm gesteigert,
durch die Polyurie häufig die Nachtruhe gestört. Nach Ablauf
der ersten Woche sah man sich genöthigt, das Mittel eine Woche
lang auszusetzen. Patientin klagte nämlich über Schlaflosig¬
keit, Kopfschmerzen, Herzklopfen, über schmerzhafte, ziehende Ge¬
fühle im Rücken, in den Beinen, besonders den Knieen, sowie in
den Schultergelenken, über grosse Müdigkeit. Objective abnorme
Zeichen seitens des Herzens fehlten.
Die rapide Abnahme des Körpergewichtes, welche bei Myx¬
ödemkranken infolge der Fütterung mit Schilddrüse regelmässig
eintritt und in einer schnellen Zehrung des ödematösen oder
„mucinösen“ Fettgewebes und, wie die gesteigerte Diurese lehrt,
in einem beträchtlichen Wasserverlust des Körpers begründet ist,
warf rein empirisch die Frage auf, ob vielleicht auch das
normale Fett der Fettleibigen in ähnlicher Weise wie
das der Myxödematösen auf Schilddrüsenfütterung
reagire.
Die von uns seit mehr als Jahresfrist in dieser Richtung an-
gestellten Versuche ergaben, ebenso wie die des Herrn Dr. AVen-
... *') Vortrag, gehalten im allgemeinen Ärztlichen Verein in Köln am
12. November 1894.
del stadt, der hierüber ausführlicher berichten wird, in der Mehr¬
zahl der Fälle ein günstiges, häufig ein überraschend günstiges
Resultat, so dass die „entfettende“ Wirkung der Schilddrüse als
eine sichere Thatsache bezeichnet werden muss. Es geht dies aus
den Gewichtsverhältnissen hervor, welche 27 auf diese Weise be¬
handelte Individuen darboten. Bei 24 derselben, also in 89 % der
Fälle, war der Erfolg ein positiver. Die Grösse des erzielten
Gewichtsverlustes schwankt natürlich in weiten Grenzen, zwischen
1 und 5 kg (!) in der ersten Woche, zwischen 1,5—9,5 kg wäh¬
rend einer mehrwöchentlichen Cur.
So wurden beispielsweise an Gewichtsabnahmen erzielt: in
sechs AVochen 9,5, 8 , 6,5, 5 kg u. s. w., in 3—4 Wochen 4,5, 8 , 5 ,
3 kg u. s. w.
Je grösser der Fettreichthum, um so schneller und grösser
ist im allgemeinen die Abnahme. Die negativen Erfolge betrafen
zumeist keine fettleibigen Individuen. Unter den Fettleibigen
giebt es eine Kategorie, welche ganz besonders stark auf das
Mittel reagirt; es sind das jene, meist ausgesprochen anämischen
Fettleibigen mit schwammigem Fettpolster, gedunsenem, an Oedein
erinnerndem Gesicht, Personen, die eine entfernte Aehnlichkeit mit
Myxödem darbieten, zu dem sie von minder Erfahrenen wohl auch
schon gerechnet wurden.
Bei einer solchen 106,5 kg wiegenden Frau in den vierziger
Jahren erfolgte in einer Woche, bei zwei Pastillen täglich, eine
Gewichtsabnahme von 5 kg. Die Diurese stieg bis auf 5 und einmal
6 1 in 24 Stunden. Sehr erfolgreich gestaltet sich auch die Cur
bei der fettleibigen Form der Chlorose.
Der Gewichtsverlust pflegt, wie dies auch bei diätetischen
Entfettungscuren die Regel ist, in der ersten Woche am grössten
zu sein, dann von Woche zu Woche allmählich, mitunter sehr
rasch abzunehmen, und auch die Erhöhung der Dosis von einer
oder zwei Pastillen auf drei und mehr im Tage ist dann oft, jedoch
nicht immer erfolglos oder hat nur geringen Effect. Dieses Ver¬
halten ist von grossem Interesse, indem es zeigt, dass das Mittel
imstande ist, eine gewisse Menge, wie wir es neimen, „disponiblen,
resp. locker gebundenen AVassers und Fettes“ zu eliminiren, während
darüber hinaus der Körper seinen Wasser- und Fettgehalt erfolg¬
reich gegen das Mittel vertheidigt.
Während wir bei unseren Entfettungs- und Entwässerungs-
curen Fettleibiger vor Jahresfrist noch manchmal rohe Schilddrüse
fütterten, kamen in den letzten Monaten ausschliesslich die von
der Eingangs erwähnten Firma hergestellten, ausserordentlich be¬
quem zu nehmenden . „Thyroid. gland Tabloids“ zur Anwendung,
von deren vorzüglicher AAHrksamkeit bei Myxödem wir uns hin¬
reichend überzeugt hatten. Es bedarf w r ohl kaum des Hinweises,
dass wir bei unseren Schilddrüsencuren den grössten AVerth darauf
legten, die gewohnte Diät der Kranken in keiner Weise zu ver¬
ändern, und es ängstlich, vermieden, daneben auf diätetische Ent¬
fettung abzielende Verordnungen oder Rathschläge zu geben.
Auch von anderer Seite sind in jüngster Zeit Beobachtungen
über erhebliche Körpergewichtsabnahmen während einer Schild-
drüsencur gemacht worden.
P. Bruns (diese Wochenschrift 1894, No. 41) hebt in seiner
interessanten Mittheilung über die Behandlung gewisser Struma¬
formen mittels Schilddrüsenfütterung — es wurde rohe Drüse ver¬
wandt — die Gewichtsabnahme hervor, welche mehrere seiner
Patienten erfuhren. Bei einem 40jährigen Manne trat nac-
14 tägiger Fütterung mit insgesammt 46 g Schilddrüse eine Abnabnie
des Körpergewichtes um 10 kg! — so viel haben wir niemals in
so kurzer Zeit zu erreichen vermocht — ein. Unserer längst
schon vor Jahresfrist, beabsichtigten Mittheilung ist ondltennj
jüngster Zeit auch ein Engländer, YorkeDavies in einem Art
des British medical Journal (7. Juli 1894, No. 1749), betitelt „Tbyr
Tabloids in obesity“ zuvorgekommen. Er stellte den Versu-
anders, aber nicht minder beweiskräftig an wie wir, indem er
Patienten zuerst einige Zeit (einen Monat z. B.) eine Entfettungs i
gebrauchen liess, sodann derselben Diät die Schilddrüsen lau o
(täglich drei Stück) hinzufügte. Es stellte sich heraus, das
der zweiten Periode (Diät und Schilddrüse) die Gewichtsabnahm .
deutend grösser war, das doppelte, ja selbst dreifache der Gewi
abnahme der ersten Periode betrug. Die von Daviesmitget e
Zahlen sind sehr bemerkenswerth und stimmen mit unseren guns p
Erfahrungen vollkommen überein. * u
Was nun die „üblen Nebenerscheinungen“ anlangt, .
mehrfach bei Schilddrüsenfütterung beobachtet und dieser zur
gelegt wurden, so lassen sich dieselben bei vorsichtiger^ *
des Mittels und Beobachtung des Kranken, seines Allge
firideiis, des Verhaltens des Herzens, des Harns etc. zun J e j® * ^
lieh vermeiden. Treten sie auf, so genügt das Ausse _
Mittels, um sie rasch zum Verschwinden - zu bringen, vv
bei unseren Schilddrüsenentfettungscuren niemals auch nw jt
beängstigende Zustände gesehen. Ueher Kopfweh, vJcniaii »*5
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13. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
ziehende Schmerzen im Rücken und den Extremi-
Appetitvcminderung, Uebelkeit, Herzklopfen und
S1U<1 dle vou un ® beobachteten Nebenersckei-
n 2“. hinausgegangen. Dass nichtsdestoweniger bei
schwachem Herzen, bei schwerer Anämie und insbesondere beim
Myxödem Vorsicht von nöthen ist, lehrten uns die Erfahrungen
welche wir bei unserer im Jahre 1893 beobachteten Myxödem¬
kranken gemacht und in dieser Wochenschrift (1893 No 49—511
eingehend beschrieben haben. Die dort beobachteten Erscheinungen
ernstei Herzschwäche mit Anasarka etc., sodann das überaus hart¬
näckige heberlose Erythema migrans, das schliesslich in eine
schwere Dermatitis exfoliativa ausartete, haben wir bei unseren
Entfettungscuren und in zahlreichen anderen Fällen, wo wir die
Schilddrüse anwandten, niemals gesehen. Abgesehen von einer
harmlosen transitorischen Urticaria traten einmal, am vierten Tage
uer Lur, sitccessive neun erbsen- bis bohnengrosse Furunkel auf
dem beliaarten Theil des Kopfes auf bei einem Manne, der früher
niemals an I< urunculose gelitten hatte. Auch thut man dem Mittel
I nrecht, wenn man demselben als solchem, zumal bei Entfettungs¬
euren alle die kleinen Nebenwirkungen in die Schuhe schiebt die
wir oben angeführt und die unter dem Namen „Thyreoidismus“
von den Engländern in dieser Weise gedeutet werden Diese
„Nebenerscheinungen“ haben wohl zumeist ihren Grund in der
raschen Entwässerung und Entfettung, also in der Wirkung des
Mittels, nicht in diesem selbst, das man schon ..Toxin“ getauft
hat; sehen wir ja doch ganz dieselben meist geringfügigen Er¬
scheinungen auch bei Personen auftreten, die in allzu brüsker
Weise diätetischen Entfettungscuren unterworfen wurden. Mit
ganz wenigen Ausnahmen traten bei unseren zahlreichen Ver¬
wendungen des Mittels überhaupt keinerlei „Nebenerscheinungen“
auf, die Patienten nahmen dje Tabloids ohne jedwede Gesundheits¬
störung.
Die Frage anlangend, auf welche Weise die durch Schilddrüsen-
fütterung erzielten Gewichtsverluste zustande kommen, so ist von
vornherein klar, dass dies nicht etwa auf dem Wege einer
Störung des Appetites und damit einer Verminderung der Nahrungs¬
aufnahme geschieht, ferner auch nicht durch eine Störung der Ver¬
dauung oder der Ausnützung der Nahrungsmittel ira Darmcanale.
Appetit und Nahrungsaufnahme sowie die Verdauung verhalten
sich vollkommen normal. Unzweifelhaft kommt der Gewichts¬
verlust zustande durch gesteigerten Verbrauch au Körperfett und
durch vermehrte Wasserabgabe, und zwar ohne dass die gewohnte
Eruährungs- und Lebensweise des Individuums im geringsten ge¬
ändert würde. Gerade dadurch unterscheiden sich die Schilddrüsen-
entfettungscuren von den diätetischen. Bei letzteren findet stets
Unterernährung statt. Nach welchem der berühmten Muster man
auch verfahren mag, ob nach Harvey-Banting oder nach den
Modificationen dieses Verfahrens durch Vogel, Ebstein, Gerte I,
alle diese Diätzettel weisen, auf ihren Calorieen werth ausgerechnet,
ein erhebliches, oft mehr als die Hälfte betragendes Miiius des calori-
Bedärfes .auf, wodurch eben der Körper genöthigt wird, das
Kohlehstoffdefidt in der Nahrung durch Zehrung des eigenen Fettes
zu decken.
Selbstverständlich kann ein Individuum während einer Scliild-
drüseneur auch einmal au Gewicht zunehmen, wenn es die durch
die Schilddrüse bedingten Verluste au Fett und Wasser durch ge¬
steigerte Nahrungszufuhr, durch Ueberernährung übercompensirt.
So geschah es bei einem schlecht genährten Knaben, der wegen
Ps.oriasis Schilddrüse, erhielt, daneben aber in seinem Ernährungs¬
zustände gehoben werden musste.
Gleichwie ferner der Erfolg einer diätetischen Entfettungseur
nur durch Fortgebrauch einer entsprechenden Diät erhalten weiden
kann, ebenso erfordert der durch Schilddrüsenfüfcterung erzielte
Gewichtsverlust zu seiner Fixirung nach Aussetzen des Mittels das
Einhalten einer entsprechenden Diät. Findet nach dem Aussetzen
des Mittels Ueberernährung mit einer den Fettansatz begünstigenden
Diät statt, so wird ebenso wie so oft nach vorübergehenden
Entfettungscuren, zumal in gewissen Badeorten, alsbald das frühere
Gewicht wieder erreicht.
Die Inangriffnahme und Durchführung der Aufgabe wird sich
je nach der Lage des Falles verschieden gestalten, häufig so, dass
von vornherein die Thyreoidbehandlung mit der diätetischen Ent¬
fettung gleichzeitig verbunden wird, oder dass letztere zur Er¬
haltung und wohl auch zur Steigerung des Resultates der Thyreoid¬
behandlung nachfolgt.
Beide yerfahren sind bestimmt, sich gegenseitig zu unter-
stützeh. Nichts wäre irriger, als etwa annehnlen zu wollen, dass
die Schilddrüsenbehandlung der Fettleibigkeit die diätetischen Ent¬
fettungsmaassregeln entbehrlich mache.
Die Frage, wie sich die Grösse des durch Schilddrüsenfütterung
jeweilig erreichten Gewichtsverlustes auf die beiden Componenten
Iett -f- Wasser vertheile, kann mir durch Stoffweehselunter-
_93 3
! Buchungen im Respirationsapparate entschieden werden; unzweifel-
; haft finden hierbei grosse, durch die Individualität bedingte Diffe¬
renzen statt.
Wenn wir daran erinnern, dass auch bei diätetischen Ent¬
fettungscuren, ohne jedwede Beschränkung der Flüssigkeits- i. e.
Wasserzufuhr, der besonders in der ersten Woche stattfindende
erhebliche Gewichtsverlust zum Theil auf gesteigerter Wasser¬
abgabe des Körpers beruht, wie Hirschfeld sehr richtig hervor¬
hebt (Zeitschrift für klinische Medicin, 22. Bd., S. 158), so wollten
wir damit nur darthun, dass die Entwässerung als eine Theil-
erscheinung der Entfettung als solcher und nicht als ein specifisches
Attribut der Thyreoidentfettung aufzufassen ist; möglich aber,
dass bei letzterer die entwässernde Wirkung gelegentlich stärker
am Gewichtsverluste betheiligt ist als bei diätetischer Entfettung.
Die oben erwähnten Harnmengon von 5—6 1 im Tage bei reiner
. Schilddrtisencur lassen diesen Gedanken wohl aufkommen.
Das Ideal aller Entfettungscuren ist, deii Körper zu entfetten,
ohne den Ei weissbestand desselben lierabzudriicken. Aus den
Stoffweehseluntersuchungen vou Hirschfeld, v. Noorden und
Dapper wissen wir, wie schwierig es ist, bei diätetischen Ent-
iettungscuren Eiweissverluste zu vermeiden. Dieselben mögen zu¬
weilen bei der plethorischen Form der Fettsucht gleichgültig
sein, nicht belanglos sind sie dagegen bei der anämischen Form
und bei schwachem oder bei degenerirtem Herzen. Die Entschei¬
dung darüber, wie sich der Eiweissstoffwechsel bei Entfettungs¬
curen mittels Schilddrüse verhält, muss exacten Untersuchungen
Vorbehalten bleiben: Was bisher in dieser Hinsicht bekannt ist,
beschränkt sich auch die Versuche von Vermehren, welcher
zwar nicht das Stickstoffgleichgewicht herstellte, aber doch Ein¬
nahmen und Ausgaben genauer controllirte und zu dom Ergebniss
gelangte, dass bei Myxödeinatösen infolge der Schilddrüsenbehand-
lung ein vermehrter Umsatz der stickstoffhaltigen Bestandteile
des Organismus statt hat. Es wäre aber möglich, dass dieser ge¬
steigerte Eiweisszerfall hauptsächlich jenes Eiweiss betrifft, das
dem Parenehyimvasser augehört, welches beim Myxödem in der
Haut angestaut ist und durch die Thyreoidbehandlung massenhaft
in Circulation geräth. Die vermehrte Ei Weisszersetzung beim
Myxödem infolge der Schilddrüsenfütterung würde sich dann ähn¬
lich verhalten wie die gesteigerte Eiweisszersetzung, welche wir
bei einem Gesunden dann beobachten, wenn wir ihm plötzlich eine
erheblich gesteigerte Eiweissmenge in der Nahrung zuführen.
Die Frage endlich, auf welche Weise die Schilddrüsenfütte-
1 -uug wirkt, ist noch ganz in Dunkel gehüllt. Vielleicht ist
folgende Hypothese statthaft. Es unterliegt keinem Zweifel, dass
die Thyreoidea einen Stoff bereitet, der für das Leben und die
Gesundheit des Organismus von grosser Bedeutung ist. Dieser
Stoff hat, wie die Beobachtungen beim Myxödem und bei Fett¬
leibigen, ferner auch die zuweilen bei Hautkrankheiten (Psoriasis)
erzielten Erfolge lehren, einen Einfluss auf die Ernährung der Haut
und einen regulirenden Einfluss auf den Fett- und Wassergehalt
des Panniculus adiposus. Gesteigerte secretorische Thätigkeit der
Schilddrüse bewirkt gesteigerte Verbrennung des Fettes, vermin¬
derte Drüsensecretion begünstigt den Fettansatz, dauernder gänz¬
licher Mangel des Secretes ruft den höchsten Grad von Wuche¬
rung des ödematösen Fettgewebes hervor, wie (lies beim Myxödem
statt hat. Die Thatsache, dass manche Anämische sehr fettreich
werden, hat vielleicht darin ihren Grund, dass die Schilddrüse
unter dem Einfluss der anämischen Blutbeschaffenheit weniger se-
cemirt; die normale Secrction soll nach neueren Versuchen von
der Blutbeschaffenheit allein abhängen und von Nerven nicht be¬
einflusst werden.
Wir haben die Schilddrüsen tabloids resp. rohe Drüse noch in
zahlreichen anderen Fällen angewandt, so nach Byrom-Bram-
well’s Mittheilung (Brit. med. Journ. 1893, Oct. 28) in vier Fällen
von Psoriasis, in zweien derselben ohue jeden Erfolg; in einem
dritten Falle trat nach achtwöchentlicher Behandlungsdauer eine
entschiedene Besserung ein. Bemerkenswerth ist der vierte Fall,
wo die Tabloids, im Anschluss an eine Chrysarobincur gereicht,
bis zur Zeit, sieben Wochen lang, die Recidive hintangehalten
haben, die früher stets kurze Zeit nach der Chrysarobinbehandlung
einzutreten pflegten. Die Heilung ist eine so vollständige und lange
dauernde, wie nie zuvor.
In vier Fällen von schwerem Morbus Basedowii trat nicht
die geringste Besserung, eher Verschlimmerung ein.
Ein Fall von typischer Akromegalie nahm die Tabloids in
steigender Dosis vom 9. Februar bis 5. Juni d. J., verlor in dieser
Zeit 7 1 /-! kg an Gewicht. Auf die hypertrophischen resp. hyperosto-
tischen Knochen hatte das Mittel nicht den geringsten Einfluss.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
im
DEUTSCHE MED1C1N1SC11E \YOt JlENSCUKiFT.
No. hl)
IV. Aus (lern Augusta-Hospital in Köln.
Ueber Entfettungscuren mit Schilddrüsen-
futterung.
Von Dr. Wcndelstadt, Secundärarzt,
Seit der Veröffentlichung des Herrn Professor L ei eil teil¬
st ern über seine Erfolge mit Schilddrüsenfütterung bei Mxyödem 1 )
wurden von ihm selbst seit Jahresfrist und auf seine Veranlassung
von mir bei einer Reihe von Fettleibigen Versuche mit dem Mittel
angestellt.
Wir gaben anfangs rohe Schilddrüse vom Schate, in den
letzten Monaten ausschliesslich die von Borroughs, Wellcome & Co.
in London dargestellten „Tabloids of compressed dry Thyroid Gland
powder“, die sehr leicht zu nehmen sind. Nach den bisherigen
Veröffentlichungen scheint dieses Präparat allen Arten der Verab¬
reichung von Schilddrüse vorzuziehen zu sein 2 ). Eine Pastille ent¬
spricht ca. 0,8 g Schilddrüsensubstanz. Wir begannen die Cur mit
der täglichen Darreichung von 1—2 Pastillen und stiegen allmäh¬
lich, meist wöchentlich um eine, bis zu vier Stück pro die, vor¬
ausgesetzt, dass keine der unangenehmen Nebenwirkungen, über
welche oben bereits Herr Prof. Leiehtenstern berichtet hat,
(‘ine Unterbrechung veranlassten. Es erscheint rathsam, nicht
höher zu gehen, denn nach unseren bisherigen Erfahrungen wird
die Wirkung durch grössere Dosen nicht nennenswerth gesteigert.
Der Thyreoidismus scheint weniger leicht einzutreten, wenn
die Pastillen nicht auf einmal genommen, sondern auf die Mahl¬
zeiten vertheilt werden. Die relative Unschädlichkeit des Mittels
habe ich an mir selbst erprobt, indem ich ohne merklichen Schaden
einmal 18 Pastillen und häufig bis zu 12 Stück an einem Tage
genommen habe.
Jedenfalls .sind die Wirkungen individuell sehr verschieden,
und der Thyreoidismus darf nicht unterschätzt werden. Während
wir keine so schweren Vergiftungserscheinungen sahen, dass die¬
selben als eine Contraindieation gegen den Versuch einer derartigen
Entfettungscur gelten konnten, sind von anderer Seite warnende
Stimmen gegen das Mittel laut geworden. So beobachtete Abra¬
ham 3 ) „bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Patienten sehr
unangenehme Erscheinungen“. Die Symptome des Thyreoidismus
verschwinden nach den bisherigen Erfahrungen bei Aussetzen der
Schilddrüsenfütterung sofort. Bei einer genauen ärztlichen Beob¬
achtung kann man es sicher ruhig wagen, die Cur zu versuchen,
namentlich wenn man mit kleinen Dosen anfängt.
In den ersten Tagen pflegt eine bedeutende Vermehrung der
Harnsecretiou aufzutreten. Eiweiss wurde niemals im Urin ge¬
funden. Mit der Wasserentziehuug hängt wohl auch die oben er¬
wähnte Obstipation zusammen. Stoffwecliseiversucho, welche über
die Wirkungsweise des Mittels, wie wir hoffen, einige Aufklärung
verschaffen sollen, sind zur Zeit im Gange und werden eventuell
später veröffentlicht werden.
Es ist selbstverständlich, dass wie bei allen Entfettungscuren
zur Venneidung unliebsamer Ueberraschungen, eine genaue Unter¬
suchung des Patienten vorgenommen, insbesondere das Herz (die Puls¬
frequenz darf nicht über 100—120 steigen, s. Fortschritte der
Medicin, 1. c.) und das Verhalten des Harnes unter Controlle ge¬
halten werden muss. Eine Aenderung der Diät ist nicht ange-
rathen, im Gegentheil Werth darauf gelegt worden, dass die frühere
Lebensweise genau weitergeführt -wurde. In der Mehrzahl der
Fälle (88 °/ 0 ) ist ein Erfolg zu verzeichnen, indem eine mehr oder
weniger grosse Gewichtsabnahme zu constatircn war. Die 25 Fälle,
über welche wir jetzt, verfügen, lassen wohl keinen Zweifel an der
Wirksamkeit des Mittels zu (vergl. Tabelle). Einige der über¬
zeugendsten Fälle will ich mit einer Tabelle hierunter folgen
lassen.
Herr R., der seinen Neigungen entsprechend weit davon entfernt ist,
seine Diät in irgend welcher Weise oinzuschränken, zeigt die folgende
(lewirbtsabnahme. Bemerkt sei. dass in diese Zeit ein dreiwöchentlicher
Aufenthalt in einer anderen Stadt fällt, der sich durch viele Diners ote.
ivnszeichnete.
Datum ^ahl ^ er Pastillen
pro die
September. —
. 2
. 4
. . . . , 8
. keine
21. September bis 1. October . 4 88,5 kg
1.—10. October ...... 2—4 87,5 „
10.—14. „ . keine 87,75 „
14.-20. „ . 4 86,0 „
Also Abnahme vom 7. September bis zum 20. October 9,5 kg. Ich
selbst nahm in derselben Zeit bei einer zwischen 2 -18 Pastillen schwan¬
kenden Dosis 8 kg ab.
Der Gewichtsverlust pflegt in der ersten Woche am stärksten zu
sein, dann allmählich bei gleicher Dosis oder geringer Steigerung der¬
selben abzunehmen. Oft tritt dann ein Stadium ein, von welchem an
keine weitere Gewichtsabnahme erfolgt, und auch die Steigerung der
Dosis pflegt daun keinen oder nur geringen Effect zu haben. Als Bei¬
spiel mögen folgende Beobachtungen dienen.
1. Herr W. zeigt folgende Abnahme:
„ .. Zahl der Pastillen
Zelt pro die
2
Abnahme
1. Woche. 2 2,0 kg
2. Woche. 2 1,5 „
8. Woche. 2 1,0 „
4. Woche*. 8 1.0 *
5. Woche. 3 - «
6. und 7. Woche ... 8 —
2. Frau II. zeigt folgende Abnahme:
„ . 4 Zahl der Pastillen
Ze,t pro die
1. Woche. 2
2. Woche. 2
8. Woche. 2
4. Woche. 3 0,5 „
5. Woche. 3 — »
8. Herr M. E. nahm vom 14. November 1894 au täglich 3 Pastillen.
Oe wicht am 14. November 100,5 kg Gewicht am 19. November 97,0 kü
.. 15. „ 100 „ „ „ 20. . »7,0,
| 16. „ 99,3 „ „ 22. „ 97.0,
„ „ 17. „ 99,0 „
Die folgende Tabelle giebt eine Uebersicht Uber die bisher behau-
I 1, ttv. n 1- J_1_ 1 _O .4 Di.oli’llm. ironnmman tmtlfW
Abnahme
1,75 kg
1,25 ,
Name 1 Zeit 1
Abnahme
Bemerkungen.
1. Herr R. 1 ) 6 Wochen
2. * W. ! 6 „
8. Frau X. ! 6
4. Herr L. 3 „
1 9,5 kg :
8 ..
6,5 .,
8 ” ,
») Während der Cur 1 Furunkel.
Herr L. litt an einer ausgedehnten
Psoriasis. Dieselbe wurde mit Ch.rj-
5.
., Th. L.
6
.. t
5
- 1
6.
Frau X.
1 7*
1
2
7.
Herr S.
Vji
i
1,5
8.
Frau M.
” i
5
,,
9.
Herr X.
3
„
3,5
.. i
10.
* s.
2 T
»gen j
1
„ !
11.
„ K.
4
i
2
., i
12.
A. F.
5
i
3
„
13.
Herr J.W.
TW
’ocli eil
5,5
14.
Frau H.
5
1
3,5
15.
Herr S.
2
„
3,5
„
16.
„ G.
8
-
4,5
:■)
17.
B.
4
1,5
18.
S. A. P.
8
7,5
i.
7.-11.
11.-18.
19.
20 .
;J S. Behandlung mit Schilddriisensaft. Referat über eine Reihe
Arbeiten englischer Autoren von Bettina». Fortschritte der Medicin
1894. No. 19.
P.S. Abraham (London*, Observation* on soiue cases of diseases
"I tlu* skin treated with thyroid gland. Prov. nu*d. Journ. 1894. N<>. 147.
IDT. (Vntralhlatl f. innere Med. 1894. No. 42.
Gewicht
95.5 kg
93,0 „
90.5 „
90,5
90,5 r
19. F. 2
1
20. Frau K. 3
r
2,5 ,.
50.
21. Herr 11. 3
,,
1.5 ., 3 j
N. 2 '/*
0,5
saroDin Deuaiiueu uuu
1 Schwinden gebracht. Dann nahm
Pat. Pastillen und blieb bis heute
(7 Wochen) von jedem Recidiv frei,
während er früher die Recidivc
mit einer Ausnahme — sogleich be¬
merkte.
Patientin, Reconvalescentiu nach
Pneumonie, entwickelte in den letzten
Wochen einen gewaltigen Appetit
und hatte vor Beginn der Cur in kui-
zer Zeit 2,5 kg zugenommen.
Pat, leidet au chronischer Ne¬
phritis. Die Hammenge stieg nicb .
und der Versuch wurde abgebrochen.
>) fettreicher Diabetiker. Kein
Einfluss auf die Zuckerausscheiduni..
8 ) litt an Psoriasis univer-
salis. Nahm von Februar i Jj«
fünf Wochon lang 5—K* g .
Schilddrüse und im Aoächliiss hie
drei Wochen lang Pasüllen. ^
magerung wurde so er ^* ,c J ’
die Cnr abgebrochen J'“ de “ T
Die Psoriasis war bedeutend b
bessert,
S) Magerer Herr mit StJ““| a d -
Struma nicht gebessert
der Cur bekam Patient, der ^
niemals daran gelitten hat •
kleine Furunkel. rlll -
*) ln Verbindung ,,nl
fettenden Diät,
Digitized b
Google
Original frum
UNIVERSETY OF MICHIGAN
13. Itemnlier.
deutsche medicinisciie Wochenschrift.
Diesen 2*2 hüllen, in welchen eine Abnahme stattfand, stehen
drei andere gegenüber, bei welchen das Körpergewicht nicht ge-
ringer wurde. Die betreffenden Patienten hatten mir einen
schwach entwickelten Panniculus adiposus.
Name
Zeit Abnahme,
Bemerkungen.
1. Herr S. 2 Woehen' ') i ') Nephritiker. Ohne jeden
0 T ' Einfluss auf die Krankheit
"• " '• ;> •» i 2 ) Schwerer Morbus Basedo-
dowiL Ohne jeden Einfluss auf die
, Krankheit.
.1 A. St. <> * V ( 3 ) Ausgedehnte Psoriasis, die
i ganz bedeutend gebessert wurde.
Der 17 jährige Patient zeigt Gewichts-
| Zunahme und ist erheblich gewachsen.
Von den 25 behandelten Personen zeigen 22 = 88% Gewichts¬
abnahme, während 3 = 12% an Körpergewicht nicht verloren haben.
Sollten weitere Versuche mit den bisherigen von uns ange-
steilten übereinstimmen, so dürfte die Schilddrüsenfütterung als
eine meist sehr gut ertragene Entfettungseur ohne Wechsel der
gewohnten Lebensweise oder als Unterstützungsmittel bei diäteti¬
schen Entfettungen, wie Davies 1. c. sie anwandte, wohl einer
Beachtung .werth sein. Die erzielten Gewichtsabnahmen sind sicher
nicht durch eine Störung des Appetites und dadurch verminderte
Nahrungsaufnahme erreicht worden, ebensowenig ausschliesslich
durch Wasserverarmung des Körpers, wenn auch die Diurese ge¬
steigert zu sein pflegt. Der Gewichtsverlust beruht höchst wahr¬
scheinlich. nicht, ausschliesslich auf gesteigertem Eiweissverbrauch,
da sich, die Patienten während der Cur meist sehr wohl befanden
und keine Abnahme der Kräfte erfuhren. Es ist vielmehr wahr¬
scheinlich, dass die Abnahme, abgesehen von vermehrter Wasser¬
abgabe, in einer gesteigerten Fettverbrennung ihren Grund hat.
M Doch, wie gesagt, hierüber, d. h. über die Wirkungsweise der
Schilddrüsenfütterung, können nur Stoffwechselversuche endgültigen
Aufschluss geben.
Zum Schluss erlaube ich mir, Herrn Prof. Dr. Leichten-
stern für die gütige Ueberlassung seiner Beobachtungen und für
seine freundliche Anregung meinen Dank auszusprechen.
V. lieber Neuritis puerperalis.
Von Prof. Dr. M. Bernhardt.
In seiner Arbeit „Ueber Polyneuritis puerperalis“ beklagt sich
Lu dz 1 ) gewissermaassen darüber, dass er in der deutschen
Litteratur ausser den ursprünglichen Möbius’schen Mittheilungen
nur noch bei Mader und vielleicht bei Korsakoff hierhergehörige
Veröffentlichungen gefunden habe. — Ohne auf das eigentliche
Wesen dieser puerperalen Erkrankungen der peripherischen Nerven
eingehen zu wollen, 2 ) möchte ich nebpn einer neuen, zum Schluss
raitzutheilenden Beobachtung einige ältere Beschreibungen deutscher
Autoren hier reproduciren. Sie haben alle das Gemeinsame, dass
sie, weil unter anderen Mittheilungen versteckt., in der That nur
schwer aufzufinden sind. Aus diesem Grunde dürfte es im Interesse
künftiger Beschreiber der puerperalen Neuritis nicht unwichtig sein,
diese älteren Mittheilungen ins Gedächtniss zurückzurufeil.
So gehört zum Beispiel der Fall VIII der unter meiner Leitung
angefertigten Schnitz er’schen 3 ) Dissertation hierher, ebenso die
dritte Beobachtung von Käst. 4 )
Sie betrifft eine 23jfihrige Frau. Nach infectiöser Puerperalerkran-
kung und septischer (?) Endocarditis trat atrophische Parese in einem
iheil des Ulnar- und Medianusgebietes mit theils partieller, theils com-
pleter Entartungsreaction ein. Es bestanden lebhafte Schmerzen in beiden
Armen, Druckempfindlichkeit der Nervenstämme, Anästhesie der Hände,
vorübergehende Pnrästhesiecn und Schwäche in den Beinen. Völlige
Heilung. 6
In einer Arbeit, betitelt: „Zur Frage von der Aetiologie der
peripherischen Facialislähmung“, sprach ich 5 ) einmal von der Mög¬
lichkeit beziehungsweise Wahrscheinlichkeit, dass das Wochenbett
die Ursache einer neuritischen Erkrankung des Facialis werden
könne, und veröffentlichte dann im Anschluss speciell an die
^ ^ A. Lunz, Ueber Polyneuritis puerperalis. Diese Wochenschr. 1894,
*) In einem gewissen Sinne ist dies, wenn auch nur mit wenigen
Worten, durch den Verfasser schon früher geschehen. Vergl. Ver-
hanalnngen der Gesellsch. der Chariteärzte zu Berlin. Berl. klin. Wochen¬
schrift 1890, No. 28.
^ Schnitzer, Ueber traumatische Lähmungen der Armnerven,
speciell des Medianus. Berlin, 1876.
x» .) A- Käst, Klinisches und Anatomisches über primäre degeuemtive
Nenaijis. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 40, 1886, S. 41.
) Bernhardt, Berl. klin. Wochenschr. 1892, Xo. 10.
Möbius'schon Beobachtungen eigene, freilich mir in einer Vn-
nierkung unter dem Text.
Bekanntlich, sagte ich dort, war es Möbius, welcher auf das Vor¬
kommen einer Neuritis puerperalis aufmerksam macht, welche die End-
aste des Nervus medtaiius oder Nervus ulnaris oder beider, einseitig oder
doppelseitig ergreift. Schon m seinerersten Mit theilung aber befinden sich zwei
Beobachtungen, welche das Befallenwerden auch anderer Xervenbezirko
(bchultermuskchi. plexus brachialis) dartkun, und in einer späteren Arbeit')
wim auch die Betheiligung der Nerven der unteren Extremitäten zuge-
gebeu. Beteiligung einer grösseren Anzahl von Extremitütennerven an
der Neuritis während und nach der Schwangerschaft ist sowohl von en"-
hschen wie französischen Schriftstellern hervorgehoben worden, wie man
hei Möbius (zweite Mittheilung) uaehlcsen kann. Hierher gehört wohl
auch dm Notiz HandfordV) über zwei Frauen, welche zwar Gewohn-
tieitstnnkonnnen waren, aber erst im Anschluss an die Niederkunft an
multipler Neuritis erkrankten und nach Jahresfrist (relativ) geheilt wurden.
Diesen Bemerkungen schloss ich die Mittheilung über zwei
eigene hierher gehörige Beobachtungen an, welche ich mir aus
dem Eingangs hervorgehobenen Grunde hier noehmals abzudrueken
erlaube.
a) Neuritis (puerperalis) nervi mediani et ulnaris
d ex tri.
Die 29jährige Frau T. ist seit 6 Jahren verheiratet und hat drei
Kinder geboren. Sie hatte angeblich bei jeder Entbindung Reissen in
den Schultern. Seit der letzten Entbindung (12. December 1887) be-
merkte Patientin nach voraufgegangenen Schmerzen in der rechten
bchulter eine allmählich zunehmende Abmagerung der rechten Hand
welche, wie die Untersuchung (27. .Juni 1888) ergab, die Zwiehenknochen-
raume, speciell den ersten und den Daumenballon betraf; längs des ganzen
Ulnarrandes des rechten Unterarms und am kleinen Finger bestand Taub-
heitsgefülil; Spreizen und Annähern der Finger erheblich beeinträchtigt,
ebenso die Daumenbewegungen; Mittelform der Entartungsreaction in
neiden Nervengebieten.
b) Neuritis (puerperalis) nervi peronei sinistri.
Die etwa Mitte der zwanziger Jahre stehende Frau S. war am 18.
beptember 1888 zum ersten male entbunden worden. Die Zange war bei
hochstehendem Kopf (II. Schädellago) angelegt: es soll absolut. keine
Quetschung der Beckentheile stattgefunden haben. Es stellten sich hef-
tige Schmerzen im Verlauf des linken N. ischiadicus ein, welche sich
nach vierzehn Tagen auf die Wade und die Knöchel gegen d beschränkten,
übjectivo Sensibilitätsstörungen waren nicht zu constatiren; die Bewe¬
gungen in der Hüfte, im Knie waren frei; mässige Plantarflcxion des
xusses ausführbar, die Kniephänomene (auch links) vorhanden. Dagegen
bestand vollkommene Unmöglichkeit der Fuss- und Zehenstreckung (Dor¬
salflexion). Die elektrische Untersuchung ergab eine vollkommene Ent-
artungsreaction im Gebiete des linken N. peroneus. Fieber war während
des ganzen Verlaufs der Krankheit nie aufgetreten.
Diesen älteren Beobachtungen reihe ich schliesslich noch eine
aus dem Sommer 1894 au.
Sie betrifft eine 31jährige Frau M„ welche angoblieh seit ihrem
18. Jahre Schmerzen in der rechten Schulter gehabt haben will. Seit
1888 ist sie verheiratet: das älteste Kind wurde im August 1889 geboren.
Schon nach dieser Entbindung traten später wieder nachlassende Schmerzen
im ganzen rechten Arm auf. welche dann 1892 während eines Influenza-
anfalls wiederkehrten. Nach ihrer letzten, im September 1893 erfolgten
Entbindung lag sie vier Monate krank darnieder; es soll blutiger Aus¬
fluss aus den Genitalien und Fieber bestanden haben. Von dieser letzten
Entbindung datiren die noch jetzt (Juni 1894) bestehenden Beschwerden. Es
waren Schmerzen vorhanden, welche sich vom unteren Winkel des rechten
Schulterblattes und seinem medialen Rande ab längs der hinteren und
inneren Seite des Oberarms bis zum Unterarm hinzogen und dort die
Ulnarisgegend einnahmen. Druck auf die rechte Oberschlüsselbeingrube
war nicht empfindlich. Es bestand eine (subjective) Gefühlsvertaubung
an der Ulnarhälfte der Beugeseite des Unterarms und an den Fingern,
mit Ausnahme des Daumenrückens. ' Der Umfang des rechten Vorderarms
6 cm oberhalb des Erbsenbeins betrug rechts 14,75, links 15,5 cm. Der
rechte Daumenballen war abgeflacht (speciell der M. abductor brevis) das
I. Spatium interosseum, weniger die anderen, war eingesunken: Krallen¬
stellung des fünften Fingers. Andeutung derselben beim vierten Finger.
Der fünfte Finger steht vom vierteil, dieser vom dritten ab, doch ist eine
Annäherung, wenn auch etwas mühsam, möglich. Die Bewegungen der
vom N. radialis innervirten Streckmuskeln der Hand und Finger, sowie
sämmtliche Bewegungen im Ellenbogen- und Schultergelenk waren frei.
Im rechten Medianus- und Ulnarisgebiet (der Fingermuskulatur) konnte
deutlich das Bestehen der Mitteiform der Entartungsreaction nachgewieseu
werden. (Neuritis puerperalis nervi mediani et ulnaris dextri.)
') Möbius, Münch, med. Wochenschr. 1887, No. 9. — Ebenda 1890,
No. 40.
*) Handford, The puerperium as a factor in the etiology of multiple
neuritis and degeneration of nerve tissue. Brit. med. Joum. 1891,
28. November.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
936
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
VI. Aus dem hygienischen Institut der Universität
Greifswald.
Ueber die Schutzkraffc des Blutserums von
Diphtheriereconvalescenten und gesunden
Individuen gegen tödtliche Dosen von
Diphtheriebacillenculturen und Dipbtberie-
bacillengift bei Meerschweinchen.
Von Dr. Rudolf Abel, Privatdocenten und Assistenten.
(Schluss aus No. 48.)
Da sich bei näherer Durchsicht der Versuchsergebnisse einige
Bedenken gegen die Richtigkeit dieser Sätze einstellen könnten, so
müssen bestimmte Punkte noch näher beleuchtet werden.
Durch einen sonderbaren Zufall, welcher mir orst. beim Zu¬
sammenstellen der Tabelle aufflel, hat es sich gefügt,, dass bei der
Untersuchung der Fälle zwischen dem achten und elften Recon-
valescenztage, wo sich Schutz Wirkung des Serums zeigte, die Ver¬
suchstiere Inject,ionen von Diphtheriegift erhalten haben, während
in den anderen Fällen überall Culturen verwendet worden sind.
Man könnte danach zunächst versucht sein, anzunehmen, dass das
Serum vielleicht eher gegen das Diphtheriegift als gegen Diphtherie-
eulturen zu schützen vermag. Dem widerspricht aber das Er¬
gebnis vom Versuch 14, in welchem die Wirkung selbst der fünf¬
fachen tödtlichen Culturdosis durch 1,0 ccm Serum paralysirt
worden ist- (siehe auch Tabelle II, S. 936).
Vergleicht man ferner, das wie vielfache der tödtlichen Dosis
die Meerschweinchen in den einzelnen Fällen erhalten haben, so
nimmt man wahr, dass in den Fällen. w r o die Thiere überlebt haben,
meistens ein etwas geringeres Vielfaches der Dosis letalis denselben
applicirt worden ist, als in den Fällen, wo sie der Diphtherie er¬
legen sind. Dass dabei nun nicht grobe Versuchsfehler etwa in
der Hinsicht vorgekommen sind, dass die Versuchsthiere überhaupt
zu wenig ^Krift erhalten haben, als dass dessen Wirkung sie hätte
tödten können, das wird durch verschiedene Umstände klargelegt.
Zunächst sind die mit der einfachen tödtlichen Dosis inficirten
Controllthiere stets prompt gestorben, die Versuchsthiere haben
aber meist, ein wesentlich grösseres Giftquantum erhalten. Dann
haben die Versuchsthiere in Fall 5, 6, 7 und 10 an der Injections-
stelle keine Spur von Reaction gezeigt; diese wäre bei nicht, be¬
sonders geschützten Thieren sicher auch dann aufgetreten, wenn
eine nicht tödtliche Dosis von Gift ihnen injicirt worden wäre; das
vollkommene Fehlen der Reaction beweist, dass durch den Einfluss
des Serums die Wirkung des Giftes absolut gleich Null geworden
ist. Endlich aber macht es der durchaus negative Effect der Serum-
injection bei Fall 9 unzweifelhaft, dass kein Fehler in der Versuchs¬
anordnung vorliegen kann. An denselben Tagen und mit An¬
wendung des gleichen Diphtheriegiftes wie dieser Fall sind die
Fälle No. 6 und No. 10 bearbeitet worden, welche beide deutliche
Schutzwirkung des Serums zeigen. — Es ist also thatsächlich in
den Fällen 5—8 und 10 eine schützende Wirkung des Serums an¬
zuerkennen.
Die Möglichkeit, dass man in Fall 1—4, 11, 12 und 13 viel¬
leicht bei Anwendung grösserer Serum- und kleinerer Culturmengen
hätte schützende Wirkung bemerken können, ist nicht ganz von
der Hand zu weisen. Bei der Beprechung von Tabelle II wird
darauf zurückgekommen werden. Die gewählte Art der Dosirung
war aber aus bestimmten Gründen nothwendig. In einigen Fällen
nämlich, welche als nicht einwandsfrei auf der Tabelle fortgelassen
worden sind, waren Culturmengen zur Injection verwendet worden,
welche gerade der tödtlichen Dosis entsprachen oder ganz wenig
darüber lagen. In solchen Versuchen zeigte sich, dass einmal die
Virulenz der Culturen trotz Züchtung auf demselben Nfthrmaterial
störenden Schwankungen unterliegt und dass andererseits die ver¬
schiedene individuelle Empfänglichkeit der Meerschweinchen sich
viel mehr den Dipktherieculturen als dem Diphtheriegift gegenüber
m&rkirt. Aus diesen Gründen wurden von Diphtherieculturen ver-
r? uiu 6 ™* 8 ?!? höhere Dosen zu den Injectionen verwendet, als vom
Diphtheriegift. Die Menge des ii\jicirten Serums liess sich aus
dem einfachen Grunde nicht entsprechend der injieirten Cultur-
standen StPlgern ’ ^ ^ nUF gerin "° Quantitäten zur Verfügung
Dass die Menge des injieirten Serums einen wesentlichen Ein¬
fluss auf den Verlauf der Infection oder Intoxication hat, lässt
sich aai zwei Stellen aus der Tabelle entnehmen. In Fall*8.wird
ein Meerschweinchen durch 0,65 ccm vor der l»/,fachen tödt-
hchen Dosis geschützt, während 0,2 ccm bei einem gleich schweren
Thiere für eme etwas kleinere Dosis nicht vollkommen genügen;
das zweite Thier geht nach Abstossung eines starken Infiltrates
marantisch ein, das erste überlebt reactionslos. In Fall 13 besteht
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Go ,gle
_ _ .. _NoJiO
ein Thier, welches 2,5 ccm Serum empfangen hat, die Infection nach
starker Reaction, während ein anderes gleich schweres und mit
gleicher Dosis inficirtes Thier prompt erliegt.
Ob die Seruminjectioii subcutan oder intraperitoneal erfolgt,
hat keinen Einfluss auf den Infectionsverlauf. Ebensowenig fällt
es in’s Gewicht,, ob die Diphtherieinjection gleichzeitig mit der
Serumeinspritzung oder einen oder zwei Tage später erfolgt.
Betreffs des Verhältnisses der Schwere der Erkrankung zur
Schutzkraft, des Serums vermögen die Versuche keinen sicheren
Anhalt zu liefern.
Nach alledem müssen wir die oben formuürten Sätze als zu
Recht, bestehend anerkennen. Der Umstand, dass nicht sofort mit
dem Ueberstehen der Erkrankung die Säfte des menschlichen
Körpers immunisirende Eigenschaften erhalten, sondern dass eine
Reihe von Tagen bis zum Auftreten der Schutzkraft verstreicht,
hat, nichts verwunderliches an sich. Es wird nur dadurch der alte
Satz bestätigt, dass Immunität Zeit zu ihrer Entwickelung bedarf,
ein Satz, welcher sich von der ersten künstlich erzeugten Im¬
munität,, der von Loeffler studirten Immunität der Kaninchen
gegen Mäusesepticämie an bis in die neueste Zeit beim Studium
der Choleraimmunität vollauf bestätigt bat. Die gebildeten Schutz¬
stoffe werden in den ersten Tagen der Reconvalescenz jedenfalls
noch zur Paralysirung des im Körper vorhandenen Diphtheriegiftes
benöthigt und verbraucht werden. In Fall 2 und 3 sind die Ver¬
suchst,hierc erst nach längerem Kranksein eingegangen, während
die mit der einfachen tödtlichen Dosis inficirten Controllthiere in
36 bis 48 Stunden erlagen. Man könnte darin entweder eine ganz
geringe Schlitzkraft des Serums erkennen wollen, oder den ver¬
zögerten Ablauf der tödtlichen Infection auf eine zufällige grössere
individuelle Resistenz der Meerschweinchen, wie man sie nicht ganz
selten beobachten kann, schieben.
Es sei erwähnt, dass Es eher ich in einer neueren Arbeit 1 )
beiläufig angiebt, bei weiteren Untersuchungen wie bei den früheren
gefunden zu haben, dass dem Blutserum von Diphtheriereconvales¬
centen immunisirende Eigenschaften zukämen. Dieselben sei6n
aber so gering, dass die Versuchsthiere ausnahmslos, wenn auch
sehr viel später als die Controllthiere erlägen. Der Nachweis
dieser Schutzkraft gelang auch in einem Falle noch zwei Monate
nach üherstandener Krankheit,. Doch ist nach Escherieh die
nach üherstandener Diphtherie bleibende Immunität eine kurz
dauernde, und sie vermag nicht, vor einer zweiten, allerdings dann
meist leichter als die erste verlaufenden Infection zu sichern. —
Meine Resultate sind insofern andere als die Escherich’s, als ich
in mehreren Fällen die immunisirende Kraft als ausreichend befand,
um die Meerschweinchen völlig vor der Wirkung der Infection zu
schützen.
Bei dem Studium der Diphtherioimmunität des Menschen ist
nun aber noch ein weiterer Umstand in Betracht zu ziehen, welcher
die Beurtheilung der in Rede stehenden Immunitätsverhältnisse
eomplicirt. Es ist das die Thatsache, dass auch das Serum ge¬
sunder erwachsener Personen, welche niemals an Diphtherie ge¬
litten haben, die Fähigkeit besitzen kann, gegen die Wirkung der Di-
phtheriebacillen und ihres Giftes zu schützen. Klemensiewicz
und Eschcrich haben, wie bereits erwähnt, angegeben, dass
sic immunisirende Eigenschaften im Blute gesunder Erwachsener
nicht gefunden hätten. Meine Versuche hatten ein anderes Er¬
gebnis. Ich untersuchte das Blutserum von vier erwachsenen
Frauen, welches aus Placentarblut keimfrei gewonnen war. Alle
vier Serumproben besassen schützende Eigenschaften. Diese Ver¬
suche, welche im Juni und Juli dieses Jahres angestellt worden
waren, beabsichtigte ich jetzt .nach mehrmonatlicher Abwesenheit
von Greifswald wieder aufzunehmen und an grösserem Materiale
fortzusetzen. Inzwischen jedoch ersah ich aus Berichten über den
Naturforschereongress in Wien, dass dieselbe Frage von A. Was¬
sermann studirt worden ist. Infolge dessen habe ich mich
darauf beschränkt, nur noch zwei gerade zur Verfügung stehende
Serumproben zu untersuchen. Die Tabelle No. H giebt, die ge¬
wonnenen Resultate wieder. 1>;
Es handelt sich um das Blutserum von Personen zwischen *
und 34 Jahren, welche alle angeben, nie an Diphtherie oder einer
Halsentzündung gelitten zu haben. In fünf Fällen lässt Bich eine
deutliche schützende Wirkung, zum Theil von beträchtliche]))
Wirkungswerthe (Fall 4, Meerschweinchen 3) erkennen; im sechsten
fehlt dieselbe oder ist nur ganz leicht dadurch angedeutet, das.
das erste Meerschweinchen nach auffallend langer Krankheitsdauei
einging.
Wenn man aus diesen wenigen Beobachtungen den Schluss
ziehen darf, dass die Mehrzahl der Menschen im dritten und vl ® r ' *
Jahrzehnt des Lebens gegen die Diphtheriebacillen schützende ow
*) Escherich, Zur Pathogenese der Diphtherie. 'Wiener kün. Wochen
Schrift 1894, No. 22.
Original from
university of michigan
13. Deccinber.
DEUTSCHE MEDICfNISCHE WOCHENSCHRIFT.
937
Tabelle II.
Alter und
Ge¬
schlecht
des Blut¬
liefernden
Ergebnisse der Untersuchung des Blutserums von gesunden
Individuen.
.S 2
© «a
£.2
Injicirte -2 j
Serum- 5 ,
; menge in iS | ©
ccm 2 $ tS
■s
N Q
Dosi* dos
Jnfections-
materials
Art des
Tnfections-
matcrials
3 %.
-h
\ erlauf der
Diphthe rie-
injection
1 34 jährige (260 g| 3.0 intra-11 Tag 0.05
1 Frau peritoneal
i 420 g 2,0 intra- 2 Tage 0.1
peritoneal
l.löl Diphtherie- Keine Re-
I gift.
1,43' Diphtherie¬
gift.
2 25jährige 285 g
Frau
250 g
3 22jährige 270 g
Frau
280 g
4 30jährige 205 g
Frau
200 g
1.2
1,7 2 Tage 0,00 1.27(
subcutan j
0,35 |2 Tage 0.05
subcutan j
2,3 l2Tago 0.06
subcutan !
2,3 2 Tage 0.005 1,09
subcutan I I
1,0 2 Tage 0.008 1,6
subcutan j
1,0 2 Tage 0.024 4.8
subentan I
Diphtherie-
gift.
Diphtherie¬
gift.
1.33 Diphtherie¬
gift.
Bouillon -
cultur. |
Bouillon-
cultur.
Bouillon-
cultur.
190 .
1,0 i2 Tage 0.04
subcutan
8.0
190 g
30 jähriger335
Mann ,
290
2,2 2
subcutan
0,2 11
subentan '
Tage 0.00S 1.6
Tag 0.015 2,5
280
290
6 25jähriger'370
Mann
515
350 g
0,5
subcutan
1.0
subcutan
1.0 1
subentan
1.0
subcutan 1
1 Tag 0.015 3.0
1 Tag I 0.015 3.0
1 Tag 0.05 10.0'
1 Tag , 0.015 2.0
1,0 intra- 2 Tage 0.05 5.0
peritoneal
Bouillon-
! cultur.
Bouillon-
cultur.
Bouillon-
cultur.
Bouillon-
eultur. j
Bouillon- (
cultur.
Bouillon- [
cultur.
Bouillon-
cultur.
Bouillon-
cultur.
action.
Ziemlich
starkes
Infiltrat.
Ueberlebt.
Keine Be¬
ar tion.
Keine Re-
aclion.
Keine Re-
antion.
Keine Re-
action.
Keine Re-
action.
Mftsssiges
Infiltrat.
Ueberlebt.
Starkes In¬
filtrat.
Ueberlebt.
Keine Re-
action.
Starkes In¬
filtrat.
Ueberlebt.
Mässiges
Infiltrat.
Ueberlebt.
1.0
subcutan
1 Tag 1 0.05 7,0
Bouillon-
cultur.
Infiltrat
Ueberlebt.
Starkes In¬
filtrat. Tod
nach 6 Tagen.
Starkes In¬
filtrat. Tod
nach 9 Tagen.
Starkes In¬
filtrat. Tod
nach
36 Stunden.
Starkes In¬
filtrat. Tod
nach
36 Stunden.
in den Säften enthält, so deckt sich diese experimentell gefundene
Thatsache vollkommen mit der Erfahrung, dass die Disposition von
Erwachsenen für Diphtherieerkrankungen eine relativ geringe ist.
Es ist allerdings nicht ohne weiteres sicher, dass die nachgewiesene
immunisirende Kraft des Blutserums wirklich zuverlässigen Schutz
gegen Diphtherieinfection gewährt. Dies wird wesentlich von ihrer
Höhe abhängen, über welche Tabelle II einige Aufschlüsse giebt;
so neutralisirte in Fall 4 1 ccm Serum die achtfache, in Fall 3
1 ccm Serum nicht die zehnfache tödtliche Dosis. Leider fehlt
uns nur jeder Maassstab dafür, einer wie hohen Schutzkraft seines
Serums der Mensch zu sicherem Schutze gegen die Infeetion be¬
darf. So hat auch Behring die Menge des zur Immunisirung
dienenden Heilserums nur nach theoretischen Erwägungen und den
Ergebnissen von Thierversuchen festgesetzt. Es wäre demzufolge
sowohl möglich, dass die Erkrankten auf Tabelle I überhaupt vor
der Erkrankung schutzkräftiges Blutserum nicht besessen haben,
als auch, dass eine vorhandene Immunität zum Schutze vor der
Infeetion nicht ausgereicht hat. Die Untersuchungen von Wasser¬
mann haben, soviel aus dem bisher publicirten kurzen Referat
zu ^entnehmen ist, 1 ) das Resultat ergehen, dass die Zahl der schutz¬
kräftiges Serum besitzenden Kinder wesentlich geringer ist, als die
der Erwachsenen. Diese Beobachtung spricht bei der geringeren
Erkrankungsziffer der Erwachsenen dafür, dass deren natürliche
Immunität zum Schutze gegen die Infeetion ausreicht.
*) Deutsche med. Wochenschrift, Vereinsbeilage zu No. 42, 1894,
S. 120.
Ein Analogon zu diesen Beobachtungen bilden die von Stern, 1 )
welcher fand, dass im Blutserum gesunder Personen Schutzstoffe gegen
die Wirkung der Typhusbacillen bei Thieren enthalten sein können
\\arum Klemensiewicz und Escherich in ihren Versuchen
mit dem Serum gesunder erwachsener Menschen keinerlei Schutz-
wirkung haben wahrnehmen können, lässt sich nicht ohne weiteres
beurtheilen, da Angaben über ihre Versuchsanordnung nicht vor¬
liegen.
Die Reconvalescenteii, über welche Tabelle 1 Aufschluss giebt
stehen mit Ausnahme von Fall 14 alle in demselben Alter wie die
untersuchten gesunden Personen, d. h. in der dritten und vierten
Lebensdecade. Es lassen sich also die in Tabelle I und II ver-
zeichneten Ergebnisse direkt mit einander vergleichen. Oben wurde
die Möglichkeit zugegeben, dass vielleicht in den Fällen 1 bis 4
der Tabelle J zu geringe Serummengen gegenüber den grossen
Uilturmengen verwendet worden sind und dass infolge davon eine
thatsächlich vorhandene Schutzwirkung des Serums nicht hat
hervortreten können. Vergleicht man aber damit die Ergebnisse
\on No. 4 und 5 auf Tabelle JT, so stellt sich heraus, dass von
gesunden Menschen thatsächlich nicht grössere Serummongen nöthig
sind, um eben so grosse Bouillouculturdosen, wie sie in den ersten
| Fällon der Tabelle I angewendet worden sind, ganz oder nahezu
j unschädlich für das inficirte Thier zu machen. Aus Tabelle JI
gebt auch aufs neue hervor, dass die Schutz Wirkung des Serums
I eben so wohl gegenüber der Diphtherieeultur als dem Diphfcherie-
; gift in die Erscheinung tritt.
Wie die Schwere der Infeetion beim Meerschweinchen ent¬
sprechend dem Verhältnis« von Serummenge zur Grösse der
Diphtheriedosis wechselt, lässt sieh auch an Tabelle II wieder er¬
kennen, besonders gut an Fall 4 und 5.
Eine Erklärung für das Auftreten schützender Stoffe im Blute
älterer Individuen zu versuchen, scheint mir auf Grund des vor¬
liegenden Materials noch nicht angängig. Es sei nur auf eine
Analogie hingewiesen: Bei der künstlichen Milzbrandinfection der
Ratten und Hunde sehen wir die Zahl der unempfänglichen Indi-
[ viduen ebenfalls mit dem Alter der Thiere zunehmen.
Ueber die Zeitdauer, während welcher das Serum von Diph-
theriereconvalescenten ein Meerschweinchen zu schützen vermag,
habe ich aus Mangel an Serum keine eingehenden Versuche an¬
zustellen vermocht. Folgender Versuch kann einen Anhalt geben.
I' ^ uni erh5l,t Meerschweinchen van 250 g 4,1 ccm Serum
a L subcu .^ 0.05 ccm Diphtheriegift. Keine Re&ction.
,-Ddi 0,0075 Diphtherieeultur subcutan. Ein erbsengrosser Knoten
bildet sich; das Thier überlebt.
2. 28. Juni erhält ein Meerschweinchen von 245 g 0,55 ccm Serum
Fall / subcutan, 21K Juni 0.05 ccm Diphtheriegift. Keine Reaction.
28. Juli 0.0075 Diphtherieeultur subcutan. Tod nach zehn Tasten
(7. August) mit starkem Infiltrat.
Beide Tliiere, gleich schwer, hatten von demselben Serum, aber
verschiedene Mengen subcutan erhalten und waren im übrigen in
ganz gleicher Weise mit Diphtherie behandelt worden. Bei dem
Thiere, welches mehr Serum erhalten hatte, war nach einem Monat
noch deutliche Schutz Wirkung desselben wahrnehmbar, bei dem
anderen nicht. Wenn man, wie im vorliegenden Falle, zwei gleich
grosse Thiere ganz gleich behandelt und nur die Menge des Schlitz¬
stoffes verändert, so vermeidet man, wie ich glaube, Fehlschlüsse,
wie sie bei Besprechung der Arbeit von Klemensiewicz und
Escherich dargelegt wurden. Es ist allerdings sicher zuver¬
lässiger, die Thiere nur einmal verschiedene Zeit nach der Serum¬
gabe mit Diphtherie zu inficiren, da vielleicht doch die mehrfachen
Diphtheriedosen den Organismus der Thiere in individuell ver¬
schiedener Weise resistenter oder empfänglicher machen können.
Wenn ich die Resultate meiner Untersuchungen zusammen¬
fasse, so glaube ich folgende Sätze aufstellen zu dürfen:
1. Das Blutserum vieler gesunder Menschen zwischen dem
20. und 40. Lebensjahre, welche nach ihren Angaben nie an
Diphtherie gelitten haben, besitzt die Fälligkeit, Meerschweinchen
gegen Diphtherieinfectionen zu schützen.
2. Das Blutserum von Diphthoriereconvalescenten besitzt ein
entsprechendes Schutzvermögen in den ersten Tagen nach Ablauf
der Krankheit (Schwinden der Beläge) nicht. Vom achten bis
elften Tage danach an ist Schutz Wirkung des Serums in der Mehr¬
zahl der Fälle nachzuweisen. Einige Monate nach dem Ueber-
stehen der Erkrankung scheint die Wirkung wieder zu verschwinden,
aber nicht bei allen Personen. Wodurch diese Verschiedenheit im
Verhalten begründet ist, entzieht sich unserer Kenntniss.
Umfangreiche Versuche an grossem Material können allein
Licht in die verwickelten Verhältnisse der Diphtherieimmunität
des Menschen bringen.
*) R. Storn, Ueber die Wirksamkeit des menschlichen Blutserums
auf die experimentelle Typhusinfection. Zeitschrift für Hygiene. ,Bd. 16,
S. 467.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50
VII. Arosa, sein Klima und seine Wintercur. 1 ) |
Von Privatdocenten Dr. med. ü. Treupel, Freiburg i. D.
M. H.! Auf Veranlassung des Herrn Geheimrath Bäumler
ergreife ich mit Freuden die ehrenvolle Gelegenheit, Ihnen über
den noch wenig bekannten, im Canton Graubünden gelegenen
Wintercurort Arosa, in welchem ich den vorvergangenen Winter zu¬
gebracht habe, einiges zu berichten. Es kann hierbei nicht meine
Aufgabe sein, Sie mit den landschaftlichen Schönheiten des an-
inuthigen Hochthaies zu unterhalten — zur Illustration dieser erlaube
ich mir, Ihnen einige Photographieen herumzugeben —, ich möchte
vielmehr versuchen, Ihnen ein möglichst anschauliches Bild von
den örtlichen und klimatischen Verhältnissen des Ortes zu ent¬
werfen und daran zu beweisen, dass Arosa mit Recht verdient,
unter die vorzüglichsten Wintercurorte der Schweiz gezählt und
„eine der bestgelegenen Hochgebirgsstationen 44 überhaupt genannt
zu werden.
Geographische Lage. Wenn Sie einen Blick auf die Karte
von Graubünden werfen, so fallen Ihnen besonders drei von Nord¬
ost nach Südwest einander parallel verlaufende, durch hohe Ge¬
birgszüge von einander getrennte Hochthäler in die Augen. Es j
sind dies, von Süden nach Norden gezählt, das Oberengadin, das
Davoser Landwasser und das Aroser Hochthal. Das letztere ist
das kürzeste und schmälste der drei genannten und bildet den
obersten nach Südwesten abzweigenden Theil des Schanfigger-
thales, das in seiner Hauptrichtung von Osten nach Westen zieht
und bei Chur in das Hauptthal des Rheines ausmtindet.
Zugang. Es giebt zwei Wege, die von Chur uach Arosa
führen; der eine geht an dem Südabliange des Schanfiggerthales
über Tschiertschen, dann entweder via Ochsenalp oder via Car-
menna nach Arosa und ist der nähere, vorläufig aber nur für
Fussgänger passirbar, den anderen Hauptzugang zu dem Hoch¬
thal bildet die 32 km lange, am Nordabhange des Schanfigger¬
thales hinziehende Poststrasse Chur—Langwies—Arosa. Auf dieser
fast ununterbrochen steigenden Strasse erreicht man den Ort in
sechsstündiger Postfahrt.
Art der Ansiedlung, Hotels und Pensionen. Gegen
Norden durch den Tschuggen, das Brüggerhorn und Weisshorn,
gegen Westen durch die Plattenhörner und den Tschirpen, gegen
Süden durch den Schafrücken und die Welschtobelberge, nach
Osten durch Schiesshorn, Furkahorn, Tiejerfluh u. s. w. abge¬
schlossen, bildet Arosa einen gegen Nordwest und West mässig steil
ansteigenden Thalkessel. Ein eigentliches Dorf suchen wir ver¬
gebens. Einzeln oder zu kleinen Gruppen vereint, liegen die
Schweizerhäuschen am nördlichen Abhange des Thaies in einer
Höhe von 1892 m ü. d. M., oberhalb der Waldgrenze regellos zer¬
streut und blicken mit ihrem weissen Kirchlein freundlich ins
Thal hinab. An sie schliessen sich, der Poststrasse entlang, das
Curhaus und die Pension Brunold, weiterhin thalwärts Bellevue,
Pension Zürrer und andere Privathäuser an. Am südlichen Ab¬
hange des Tschuggen, der sich von Norden in das Thal vorschiebt
und diese obere Region von der gleich zu beschreibenden unteren
trennt, stehen das Sanatorium, und die Häuser der Herren
Dr. Janssen, Dr. Herwig undPfarrer Vischer. Die untere Region,
etwa 100 m tiefer gelegen, gehört bereits ganz dem Bereiche des
Waldes an. Hier in der Nähe des einen Churer Alpsees, des so¬
genannten Untersees, befinden sich Hotels und Pensionen in
grösserer Zahl. Ich nenne nur Rhaetia, Germania, Seehof, Victoria
und Post.
Geniessen die Bewohner der oberen Region im Winter die
Sonne auf etwa eine halbe Stunde länger, so kommt dafür der
unteren Region der durch den Wald bedingte Schutz vor dem
Thalwinde zu gute, so dass wir die beiden Gruppen in ihrer Lage
als gleichwertig betrachten können. Mit Ausnahme des Curhauses
und der Pension Brunold sind die genannten Pensionen alle im
Winter geöflhet; sie sind im ganzen einfach und solide und bieten
eine recht gute Verpflegung. Nächst dem Sanatorium möchte ich
aus der oberen Region Villa Herwig, aus der unteren Hotel und
Pension Rhaetia als mit guten windgeschützten und sonnenreichen
Liegehallen versehen besonders hervorheben. Aber auch die an¬
deren Häuser gewähren eine gute Unterkunft, und einige derselben
ermöglichen sogar weniger bemittelten Kranken einen längeren
Aufenthalt. Eine gemeinsame Quellwasserleitung mit sehr gutem
Lei tun gs wasser, sowie eine vorzügliche Canalisationsanlage sind
bereits im Sommer 1893 fertiggestellt und in Betrieb gesetzt worden.
Klima. Während Arosa schon seit Ende der Siebenziger
Jahre als Sommerfrische mit in jedem Jahr sich steigerndem Zu- I
wachs besucht wurde, erschien erst im Jahre 1886 von dem seit- ;
herigen Curarzte Dr. Egger eine Publication, welche die Vorzüge j
Arosa’s als Wmterstation klarlcgte. Erst von da ab datirt Arosa
') Nmh einem im Verein Freiburger Aerzte gehaltenen Vortrage. !
als Wintercurort, im Jahre 1889 wurde es daun schweizerische
meteorologische Station, und seit, dieser Zeit liegen systematische
meteorologische Beobachtungen von Herrn Dr. Janssen vor.
Wenn wir von Hochgebirgsklima im allgemeinen sprechen, so
betrachten wir als seine hauptsächlichsten Factoren den vermin¬
derten Luftdruck, die niedere Schattontemperatur, die geringere
relative Feuchtigkeit, die hohe Sonnenwärme, das intensive Licht,
den hohen Ozongehalt und vor allem die Reinheit der Luft. Sie
sind es, deren Gesammtwirkung den schon von Alters her be¬
kannten, aber erst in neuerer Zeit recht geschätzten und in aus¬
gedehntem Maasse verwerteten Heileffect bei allen Leiden erzielt,
bei denen die Aenderung der Constitution unsere erste und wich¬
tigste Aufgabe ist.
Doch ehe wir uns über diese Gesammtwirkung des Aroser
Klimas Rechenschaft geben, wollen wir uns erst über seine ein¬
zelnen Factoren etwas genauer unterrichten.
Luftdruck. Die Verminderung des Luftdrucks ist ent¬
sprechend der beträchtlichen Höhe von 1800 m eine bedeutende;
der mittlere Barometerstand beträgt etwa 610 mm. Da nun mit
der Verminderung des Luftdruckes eine Abnahme der O-Spaimung
Hand in Hand geht und, wie Egger 1 ) gezeigt hat, die O-Spannung
— einen ungleichen Ventilationsgrad in den verschiedenen Theüen
der Lunge vorausgesetzt — in den weniger gut ventilirten Alve¬
olen zu Werthen herabsinkt, bei denen die Sättigung der ge¬
summten Hämoglobinmenge mit O merklich nachlässt, so wird sich
in unserer Höhe schon ein fühlbares O-Deficit im arteriellen Blute
geltend machen. So gewinnt die Verminderung des Luftdruckes
ein hohes Interesse für uns, und wir werden später sehen, auf
welche Weise der Organismus einen genügenden Ausgleich gegen¬
über diesen Verhältnissen zu bewirken sucht.
Temperatur. Das Aroser Klima im engeren Sinne ist hoch¬
alpin; wir werden also einen mässig warmen Sommer und einen
kalten Winter zu erwarten haben. Die mittlere Temperatur der
Wintermonate betrug im Winter 1892/93 für den November
+ 1,9° C, December —5° C, Januar —8,5° C und Februar
— 4,1° C. Die genaueren Temperaturverhältnisse dieser Monate
bitte ich Sio aus Tafel I zu ersehen, wo ich die Morgens, Mittags
und Abends beobachteten Temperaturen in Form von Curven ein¬
getragen habe.
Der Lage am freien Abhang verdankt Arosa eine gleicb-
mässigere und auch etwas höhere Temperatur als sie die¬
jenigen tiefer gelegenen Gegenden besitzen, nach denen die kalte
Luft ungehindert abfliessen kann. So z. B. weist das benachbarte
und um mehr als 200 m tiefer gelegene Davos für die entsprechen¬
den Monate niedrigere mittlere Temperaturen und erheblich niedri¬
gere Minima auf. Ich will Ihnen nur die Minima aus dieser kleinen
Tabelle, wo die Maxirna, Mittel und Minima von Arosa und Davos
vergleichend einander gegenübergestellt sind, kurz angeben: No¬
vember: Arosa —6,6° C, Davos —12,0° C; December: Arosa
— 14,9° C, Davos —20,0« C; Januar: Arosa —20,5« C, Davos
— 26,5° C; Februar: Arosa —14,5° C, Davos —23,0° C. Wir
müssen eben auch dem Walde einen weiteren mässigenden Einfluss
auf unser Klima zuschreiben; denn er verhindert einerseits die
intensive Erwärmung des Bodens und wirkt andererseits einer zu
raschen Abkühlung entgegen. Plötzliche Temperaturschwankungen
kommen selten vor.
Windschutz. Ein Factor von ausschlaggebender Bedeutung
für einen Cu fort speciell für Lungenkranke ist der Windschutz.
Sie wisssen bereits, dass Arosa fast ringsum von hohen;Bergen
umgeben ist, und dürfen daher mit Recht annehmen, dass es von
Winden der oberen Strömungen vollkommen verschont bleibt. Nur
der Föhn, der ja in alle Thäler am Nordrande der Alpen seinen
Einzug hält, macht eine Ausnahme.
Lokal winde kommen nun freilich in Arosa vor: im Frühling,
Sommer und Herbst sind es die östlichen, thalaufwärts wehenden
Winde, im Winter, bei heiterem Himmel, ist es die thalabwar'
streichende, westliche sogenannte Heiterluft, die einige Zeit nac
Sonnenaufgang sich erhebt, gegen ein Uhr Mittags ihr Maximum
erreicht, um gegen Abend sich zu legen. Nach Sonnenuntergang
fliesst die am Bergabhang abgekühlte Luft gegen die Thalsohle nm
ab. Diese lokalen Winde werden indessen niemals unangenenm
stark und bewirken eine stetige Lufterneuerung. Wie schon ein¬
gangs kurz erwähnt, bietet überdies der Wald vor dem Tbalwin
vollkommenen Schutz.
Bewölkung. Ueber die Bewölkung und den Witterungs
Charakter im allgemeinen geben Ihnen Tafel II und III Aufsemus. .
*) F. Egger. Ueber Veränderungen des Blutes im ^ochge Fg •
andlungen d. Congr. f. inn. Med. XII. Wiesbaden 1893. Vergl w
Mi es eher, Ueber die Beziehungen zwischen Meereshöhe una^
fenheit des Blutes. OoiTespondcnzblatt f. Schweizer Aerzte. Jan -• *
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ko. 50
Tutel IV) zeigt die Witterung jedes einzelnen Tages vom 1. No¬
vember 1892 bis 15. Mai 1893 in genauer und übersichtlicher Dar¬
stellung an. Schon aus dieser und noch besser aus Tafel 111 er¬
sehen Sie die grosse Anzahl heiterer Tage im vergangenen Winter-)-
Solcher Tage finden Sie im November 16, im Deeember 18, im
Januar 13, im Februar 9, im März 20 und im April 18. Es
dürfte nicht uninteressant sein, hiermit Davos zu vergleichen. Aus den
vom dortigen Curverein herausgegebenen Witterungsberich teil ent¬
nehme ich für den November 14, Deeember 15, Januar 12,
Februar 7, März und April je 21 gleichwertige Tage. Arosa hat
demnach Davos gegenüber ein Plus, das Sie nun auch auf Tafel IV
wiederkehren sehen, wo die tägliche sowie die Gesammtsonnen-
scheindauer des Monats in Stunden und Minuten angegeben ist.
Nebel. Nebel sind im Winter nicht häufig. Die auf Tafel 11
eingezeichneten Nebel sind fast ausschliesslich solche, die, tlial-
aufwärts streichend, an den Arosa gegenüberliegenden Bergen auf¬
steigen; sie lassen den Ort selbst zumeist ganz frei und halten
nur selten mehrere Stunden bis einen Tag an.
Relative Feuchtigkeit. Die relative Feuchtigkeit bewegte
sich in den Monaten November bis April in Mitteln von etwa 50
bis 60, ist also im ganzen gering. Mit Ausnahme derjenigen
Tage, in denen continuirlicher Sehneefall von l /V 1 m und mehr
notirt ist, sind die Niederschlagsmengen im Winter gering. Von
November, bisweilen — wie im vorletzten Jahre — erst von Anfang
Deeember, überzieht eine etwa 1—l' 1 ,-» m dicke Schneedecke den
Boden.
Intensität der Sonnenstrahlung. Die Intensität der
Sonnenstrahlung, die ohnehin schon in dieser Höhe eine ungemein
starke ist, 3 ) wird jetzt infolge der Rückstrahlung der allgemeinen
Schneedecke noch grösser. So ist es möglich, bei einer Tempe¬
ratur von 0° C und weniger an windgeschützten Stellen stunden¬
lang im Freien zu sitzen oder zu liegen, und ein der Sonne aus-
gesetztes und — um den kalten Luftzug auszuschalten — zwischen
zwei Glasscheiben aufgehängtes Thermometer zeigt, leicht 30 bis
400 C an.
Schnee schmelze. Der Schnee, der am Ende des alten
Jahres fiel und seither Berg und Thal bedeckte, beginnt in der
Hegel im April des neuen Jahres langsam zu schmelzen, und damit
ist für viele Patienten das Zeichen zur schleunigen Abreise ge¬
geben. Ich muss hier der, wie es scheint, auch in ärztlichen
Kreisen vertretenen Ansicht, als dürfe der Kranke zur Zeit der
Schneeschmelze nicht mehr im Hochgebirge sein, entschieden ent¬
gegentreten und kann aus eigener Erfahrung versichern, dass, falls
der Patient sich richtig hält, ein irgendwie schädigender Eintluss
während der Schneeschmelze in Arosa nicht zu beobachten ist.
Im Gegcntheil halte ich es für viel besser, dass der Curgast ge¬
rade wälirend der kritischen Frühjahrszeit in den gewohnten Ver¬
hältnissen verbleibt und erst in das Unterland, speeiell nach
Deutschland zurückkehrt, wenn wir wirklich constantes Frühlings¬
wetter haben, was ja zumeist nicht vor Mitte oder Ende Mai bei
uns der Fall ist.
Rasches Abtrocknen, l’ebrigons vollzieht sich in Arosa
die Schneeschmelze verhältnissmässig rasch: der abschüssige Boden
ermöglicht ein schnelles und vollständiges Abtliessen des Schnee¬
wassers, infolge des verminderten Luftdruckes können sich die ge¬
bildeten Wasserdämpfe rasch verbreiten, und die Trockenheit der
Luft leistet der Verdunstung mächtigen Vorschub.
Reinheit der Luft. Wir kommen nun zu dem letzten und
sehr wichtigen Factor des Hochgebirgsklimas: ich meine die Rein¬
heit der Lutt. Mit der Erhebung vom Meeresspiegel vermindern
sich die Mikroorganismen in der Luft, und wir dürfen somit darauf
rechnen, dass die Aroser Luft entsprechend der Höhe rein ist.
Dass sie aber auch rein bleiben wird, das heisst dass sie nicht
durch den Kohlenrauch von Dampfkaminen und Strassenstaub ver¬
unreinigt werden wird, dafür bürgt der glückliche Umstand, dass
Arosa vermöge seiner Bodengestaltuug sieh niemals zu einer
wenn auch nur kleinen — Stadt mit allen ihren Nachtbeilen wird
entwickeln können.
Wirkungen des Klimas. So sehen wir denn, dass alle
A erhältnisse, die wir bei der Beurtheilung uuil Werthschätzung
eines Ortes als Hochgobirgswinterstation zu berücksichtigen haben:
die Höhe, die Bodengestaltuug, die Bewaldung, das Wetter, der
*> Diese Tafel, die die Witterung eines jeden Tages in farbig, ?r
Darstellung enthält, kann hier nicht wiedergegeben werden.
J » Als „heitere" Tage sind solche mit 100- 75% möglicher Soimen-
sclicindauer gerechnet.
) -le hoher wir steigen, desto geringer wird die /.wischen uns und
der •'sonne befindliche Wasserdampfmeng«- der Atmosphäre. Da aber
gerade der \\ asserdampf der Luft die Konncnw ärme in hohem Maa^r
absorbirt . so .st es klar, dass in einer Hülm von 1800 m. wo wir fast die
hathe \\ asserdaniplnienge unter uns haben, die Sonnenstrahlung noch ,-ine
ausst*rordentlidi intensive sein muss.
Windschutz, die Reinheit der Luft und die Intensität und Dauer
der Besonnung hier in seltenem Maasse günstig vereint sind.
„Wo wochenlang Sonnenschein und ruhige Luft herrschen,“ schreibt
Egger, „da giebt man sich dem Genüsse der reinen Luft voll
und ganz hin. Bei diesem Leben im Freien zwingt uns die Ge¬
staltung des Bodens, die gesammte Körpermuskulatur zu gebrauchen.
Die Athmung wird tiefer, der Thorax erweitert sich, und jeder
Athemzug füllt die Lungen bis in die feinsten Bronchiolen mit
frischer reiner Luft. Das Herz arbeitet mit grösserer Kraft, und
treibt das mit besserem Nährmaterial versehene Blut in alle Theilc
des Körpers. Die kältere Temperatur verlangt, dass der Körper
mehr Wärme erzeugt, und unter der intensiven Sonnenbestrahlung
und Lichteinwirkung gellt der ganze Stoffwechselprocess lebhafter
und vollkommener vor sich. Der Appetit wird reger, die Ver-
dauungs- und Excretionsorgane leisten mehr, und das gesammü
Nervensystem kommt in der erhabenen Stille der Hocligebirgs-
natur zur Ruhe — kurz es vollzieht sich ohne Gewaltmittel
eine vollkommene Umwälzung der Constitution: der vorher wider¬
standslose Organismus gewinnt im Laufe der Monate die Kraft,
den Kampf mit den Krankheitsgiften wieder aufzunehiiien, und er
geht siegreich aus diesem Kampfe hervor.“
Diese Heilkraft des Höhenklimas war bislang eine Tliat-
saclio, die wir nicht leugnen, aber auch nicht in befriedigender
Weise wissenschaftlich erklären konnten. Durch neuere Arbeiten
ist nun der erste erfolgreiche Schritt in dieser Beziehung gethan.
Die Untersuchungen des französischen Arztes Viault. der inner¬
halb eines dreiwöchentlichen Aufenthaltes in einer 4892 m hoch
gelegenen Minenortschaft der peruanischen Cordilleren eine Ver¬
mehrung seiner rothen Blutkörperchen von 5 auf 8 Millionen im
Cubikmillimeter beobachtet hatte, aufnehmend und erweiternd, hat
Egger 1 ) für Arosa eine Vermehrung der rothen Blutkörperchen
um etwa 1 Million im Cubikmillimeter nachgewiesen und gezeigt,
dass diese Vermehrung, die sowohl beim Kranken wie beim Gesunden,
beim Thier wie beim Menschen eintritt, eine Coiupeusations-
erscheinung ist. hervorgerufeu durch das bereits oben erörterte
< )-Defieit im arteriellen Blute. Diese Untersuchungen sind gleich¬
zeitig auch von Wolff 2 ) für das 700 m hoch gelegene Reiboldsgrtiu
im wesentlichen bestätigt worden 8 ). Wir müssen also annehmeu,
dass bei der infolge der Luftdruckverminderung abnehmenden 0-
Spannung zunächst der hämatopoötische Apparat reagirt, und wir
dürfen wohl, ohne uns in zu grosse Speculationen einzulassen, jetzt
einerseits den als Bergkrankheit Avohl bekannten Symptoiuen-
«omplex mit dem Fühlbarwerden des O-Mangels und den be¬
ginnenden Veränderungen des Blutes in Zusammenhang bringen
und andererseits die sicli dann thatsächlich in den ersten Wochen
abspielende Erneuerung und Verbesserung des Blutes als einen
wichtigen therapeutischen Factor des Höhenklimas betrachten.
1 n d i e a ti oneu: Die Krankheiten, die sich demnach in erster
Linie für unseren Curort eignen, sind:
Allgemeine Ernährungsstörungen, Sehw'ächezustände
schweren Krankheiten, functionclle Erkrankungen des Nerven¬
systems, Asthma, und Tuberkulose.
Gestatten Sie mir bezüglich dieses letzten Punktes zum
Schluss noch einige Worte. Sie werden ja jetzt gerade im An¬
schluss an die Influenza vielleicht nicht so selten Gelegenheit
halien, dem einen oder anderen Patienten Ihrer Praxis ein andere
Klima anzurathen, und es dürften deshalb die folgenden Ihmiei*
klingen, die auf meinen Erfahrungen vom vorvergangenen AVintei
fussen, vielleicht von Interesse für Sie seiu.
Wintercur: Der Winteraufenthalt im Hochgebirge ertorder
noch etw r as widerstandsfähigere Personen, und es w r erden sieh dabei
besonders die Fälle des allerersten Stadiums der beginnenden
Luugenphthiso, sowie die Prophylaktiker dafür eignen: tcrnzuhalt^n
sind Patienten mit vorgeschritteneren Lungen- und KchLkop
processen. Auch Fälle des zweiten Stadiums, w r o schon deutln t
aber noch nicht ausgedehnte Lungenveränderungen nachzuweKu
sind, werden bedeutend gebessert und könneu sogar bei {rt
cignetem Verhalten der Patienten in Heilung überge e
Aber dieses richtige saehgeniässe Verhalten w’ird, wie ich relc
zu beobachten Gelegenheit hatte, bei den meisten Patienten
kommen vermisst. Der Curgast, der Abends nach langer und _
strengender Reise angekommen ist, eilt meist am nächsten * wo ¬
durch den Sonnenschein und das herrliche Wetter gelockt, n ^
und will gleich stundenlang spazieren gehen. Meine lieiieu,^
kann nicht genug betont werden — lind ist ja auch geiaae
b Jahresversammlung d. Schweiz, naturforschend. Gesellschaft
1N0‘2) und Verhandlungen d. XII. Congresses f. innere Mediuu
luden 1SU3).
') Münch, med. Wocheuschr. 1893. No. IL 41 u. 42. . ..ndeJ
; l Vergl. auch die letzten von v. ,1 aruutowski und v t .| ir _
iGörhersdorfi vorgcjioiuiucncn Zähl unsren. Mün«h. med. "
18114. No. 48.
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13. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
was Y lr zuetzt erört6rt haben, wohl verständlich —, dass
für die ersten Tage des Aufenthaltes absolute Ruhe geboten ist.
Aber auch später sollte.der Kranke die Zeit im Freien meist sitzend
oder noch besser liegend 1 ) zubringen und auf jeden Fall
schon vom Hausarzte gewarnt sein, sich nicht zu Bergbesteigungen
oder irgendwie anstrengendem Sport — vor allem habe ich hierbei
das sogenannte „Schlitteln“ im Auge — verleiten zu lassen. Die
Versuchung hierzu ist sehr gross. Sie können es im grossen
Maassstabe m St. Moritz und Davos, in kleinen Anfängen leider
auch schon in Arosa sehen, wie Herren und Damen, jedes einen
etwa 1 m langen niederen Schlitten nach sich ziehend, die steileren
Wege hinaufwandern oder eine Anhöhe erklimmen, um dann von
dort auf dem Schlitten sitzend oder sogar bauchwärts liegend in
rasender Geschwindigkeit herabzufahren. Ein Erhitzen ist, nament¬
lich wenn sich das Spiel mehrmals wiederholt, beim Erklimmen
? e L Anhölle un7ermei( llich, und andererseits wird leicht bei dem
heftig än drängenden Luftzug während der Fahrt unwillkürlich der
Mund etwas geöffnet, so dass der durch den vorigen Anstieg noch
erhitzte Schüttler jetzt die eiskalte Luft direkt durch den Mund
emathmet.
Ich glaube, m. H., das bedarf keines weiteren Commentars,
und schon nach meiner unvollkommenen Beschreibung werden Sie
sich sagen, dass ein solcher Sport unter keinen Umständen für
einen Lungenkranken gut sein kann. Wenn ein Lungenkranker
im Hochgebirge eine Lungenblutung bekommt, so ist dies viel
eher auf solche Ueberanstrengungen zurückzuführen, als dass
der Aufenthalt im Hochgebirge als solcher daran schuld wäre
Hat doch erst unter anderen Egger 2 ) kürzlich gezeigt, dass das
Hochgebirgsklima die Neigung zu Blutungen bei Phthisikern eher
vermindert, sicher aber nicht, wie man vielfach angenommen hat
erhöht. . *
Wir verlangen also, dass der Kranke möglichst lange, auch
wenn die Sonne nicht oder nur wenig scheint, im Freien liegen
soll. Damit dies ohne Unbehagen geschehen kann, ist dem zur
Reise sich anschickenden Kranken anzuempfehlen, dass er sich
mit dicken Kleidern, Mänteln, Winterhandschuhen, warmen Schuhen
und zwei wollenen Decken oder Reisedecken versehe.
Der nicht fiebernde Kranke kann vielleicht ein bis zwei Stunden
im Tage spazieren gehen oder auch — vorausgesetzt dass er darin
nicht Anfänger ist — Schlittschuhe laufen. Immer ist. dem Kranken
anzurathen, sich nach solchen Bewegungen, falls er dabei stärker
transpirirt hat, zu Hause sofort umzukleiden. Dies muss stets
geschehen, wenn er auf einer- seiner Excursionen tief in den Schnee,
nicht selten bis ah die Hüften, eingesunken ist, was zur Zeit der
Schneeschmelze, sobald der Schnee anfängt seine Bindekraft zu
verlieren, leicht Vorkommen kann. Jeder Patient, der Temperaturen
über 37,4 hat, sollte meiner Meinung nach zunächst das Bett hüten
und erst mit ganz kurzen Spaziergängen beginnen, nachdem er
10 bis 14 Tage ohne erhöhte Temperaturen geblieben ist.
Nur so, bei fortgesetzter Controlle seiner Temperaturen und
seines Körpergewichts, bei vollkommen geregelter gleichmässiger
Lebensweise ohne Excesse irgend welcher Art darf der Lungen¬
kranke rasche Besserung seines Leidens im Hochgebirge erwarten.
Ob er auch einer dauernden Genesung zugeführt wird, dafür ist
demnächst die Dauer seines Aufenthaltes im Curorte maassgebend.
Sie wird je nach der Schwere der Erkrankung eine verschiedene
sein, soll aber mindestens, auch in den leichtesten Fällen, ein
halbes Jahr betragen. Gerade dies möchte ich noch besonders
hervorheben; denn es gehört keineswegs zu den Seltenheiten, dass
man von dem neuangekommenen Kranken hört, er werde in acht bis
zehn Wochen wiederhergestellt sein. Ein Tag nach dem andern
vergeht, ohne dass die so sicher versprochene und rasch erwartete
Besserung sich zeigen will; der Kranke wird ungeduldig und un¬
zufrieden, glaubt durch forcirtes Spazierengehen sich die Heilung
erzwingen zu müssen, und indem er statt besser immer deutücher
kränker wird, macht der anfängüchen Freudigkeit nur zu bald hoff¬
nungslose Verstimmung Platz. Solches lässt sich — und wir
müssen stets darauf gefasst sein, dass im Anfang eine leichte Ver¬
schlimmerung des Zustandes eintreten kann — nur vermeiden,
^enn wir unserem Patienten, schon ehe er die Reise antritt, die
volle Wahrheit sagen, wenn wir ihn auf die Gefahren aufmerksam
machen, denen er sich durch falsches Verhalten aussetzt, ihm
aber auch andrerseits den Trost nicht vorenthalten, dass er bei
gewissenhafter Befolgung aller Vorschriften des ihn
dort überw achenden Arztes 3 ) und bei genügender Aus-
-. ' ') Hierzu eignet sich am besten ein Liegestuhl nach Falkensteiner
Modell oder in. Ermangelung eines solchen der „Triumphklappstuhl“.
f) Ueber das Vorkommen von Lungenblutungen bei Phthisikern in
Hochgebirgsstationen. Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte XXIII, 1898.
J ) Man sollte es eigentlich für selbstverständlich halten, dass der
neu angekommene Patient möglichst bald den Arzt aufsuche, um sich
nach stattgehabter Untersuchung genaue Verhaltungsmaassregeln von
« mM. T™ Genesun s entgegengehen kann. Dann wird
I } ! elChma ? S '? Ton Ernst ünd Frohsinn mit ins
Hmjhgebirge gingen und sich dort zu erhalten wissen, dessen er
zur stetigen Besserung und dauernden Genesung so sehr bedarf.
VIII. Feuilleton.
Historischer Rückblick Huf die Cholera in Berlin
im Jahre 1831.
Von Geh. San.-Rath Dr. Ohrtmann in Berlin.
(Schluss aus No. 49.)
c , ^ as nun die Desinfection betrifft, so erschien darüber eine
sehr genaue Instruction. Die Desinfection wurde bewirkt durch
Waschungen, Räucherungen und durch Lüften. Zu den beiden
r di6nte S P, hlor ? atron ’ Chlorkalk, Aetzlauge, Essig,
veisse und schwarze Seife. Indem ich die genauere Verfügung
Äff 6 ’ an ? ie n n ,T der Desinfecti ™ der Briefe, Zeitungenf de!
gezählt e ^frn U l' ? eld wird er f t in Reifenwasser gelegt, nass nach¬
gezählt, getrocknet und mit schwacher Chlorkalksolution behandelt
K a «ÄJ eit r ge !J’ W e r^PaP ier e werden in einen hölzernen
länHpt ^ der dre! Abteilungen hat. Im oberen Drittheil
befindet sich ein Rost von Eisendraht, auf welchen die Papiere gelegt
werden, im mittleren Abtheil eine Pfanne mit Essig, im unteren
Jgnaden Kohlen. Fünf Minute! werden die
stochen durcduaucbert UQ d die Briefe noch mit einem Pfriem dureh-
Natürlich- gab es schnell eine bedeutende Choleralitteratur.
Berichte aus Russland, Oesterreich vereinigten sich mit den Be¬
richten aus den Provinzen und den einzelnen Städten Preussens.
Diese Litteratur ist enorm, wie ich aus den mir zu Gebote stehenden
bchriften ersehe, und ich werde Sie damit nicht ermüden In
Eönigsberg war bei Beginn der Epidemie eine Cholerazeitung er¬
schienen, von der ich Ihnen 17 Nummern vorlege. In Berlin
erschienen gleich im Anfang der Seuche zwei solcher Zeitungen-
die .Cholerazeitung“ von Casper und das „Tagebuch der
bösartigen Cholera“ von Albert Sachs redigirt Diese drei
Zeitungen bringen Nachrichten aus aller Welt, die Todtenlisten
gute und schlechte Rathschläge für das Publikum und Berichte
von Aerzten, deren jeder seine eigentümliche Heilmethode für die
allein segenbringende anpreist. Zugleich zeige ich Ihnen einige
für das Volk bestimmte kleine Schriften, in denen VerhaltungB-
maassregeln angegeben werden, bis ärztliche Hülfe zu erlangen
ist. Das erste Erfordemiss für die Heilung ist unbedingt die
Kranken in Schweiss zu bringen; hierzu werden warme Bäder zu
. bl ® d . 10 R verordnet mit oder ohne Zusatz von Acidum sulphuricum
mit Acidum nitricum, oder auch Liquor Kali caustici, dabei starke
r nctionen. Ist kein Bad möglich, Einhüllen in wollene Decken mit
warmem Essig, als Getränk Melissen-, Chamülen-, Pfeffermünzthee.
Was nun die eigentliche medicinische Therapie betrifft, so ist
sie, wie es jenem Zeitalter geziemt, vielfältig und vielthätig. Um
es vorweg zu nehmen, habe ich gefunden, dass man auch schon
damals Injectionen von Salzlösung in die Venen gemacht hat.
Dieffenbach sagt von dieser Operation: Diese mit behutsamster
Anwendung unternommenen Operationen haben, wenn auch die Er¬
folge nicht bis zur Berauschung befriedigende waren, doch keines
kranken Menschen krankes Leben gekostet. Dieffenbach hat
auch drei mal Transfusion gemacht, aber ohne Erfolg. Ausser den
beiden war aber eines der bevorzugten Mittel im Anfang der
Krankheit einer der Heroen der Medicin: das Vomitiv. Man gab
dem Kranken halbstündlich einen Esslöffel von Solutio Tartari
sübiati (ti ß) 3VI (0,6) 180) und unterstützte dieses Mittel sehr
häufig durch eine Venaesection, vor allem, wenn das Erbrechen
nicht ergiebig war, denn durch Aderlass wird das Erbrechen be¬
fördert. Danach gab man eine Mixtur: Tinct. Opii crocat., Tinct.
Cantharid. ana 3 3 Aqua Asae foetidae comp. UI zweistündlich
20 Tropfen in Melissenthee. Ausserdem Sinapismen auf Magen
und Waden. Da aber diese Behandlung nicht immer zum Ziele
führte, so versuchte man es noch mit vielen anderen Mitteln.
Einen grossen Ruf hatte Calomel in grossen Dosen, mit und ohne
Opium. Bei lokaler Hyperämie Blutegel. Kalte Uebergiess ungen,
kalte Waschungen sollten auch ausgezeichnet sein. Opium allein
in Substanz ward per os wenig gegeben, eher noch im Clysmen.
Aber die Reihe der Mittel, welche von verschiedenen Aerzten in
verschiedenen Stadien der Krankheit gegeben wurde, ist eine recht
grosse. Gestatten Sie mir; Ihnen dieselben vorzuführen: Liquor
Ammonii carbonici, Liquor Ammonii acetici, Acidum muriaticum,
Camphora, Tinctura Veratri, Moschus, Valeriana, Oleum Cajeputi,
Belladonna, Carbo animalis, Castoreum, Bismuthum, Chininum
diesem geben zu lassen, allein es wird auch in diesem Punkte noch so
vielfach gefehlt, dass ich es für nicht überflüssig hielt,, hier ausdrücklich
darauf hinzuweisen.
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DEUTSCHE MTOICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50
942
sulphuricum, Nicoüana u. s. w. Der Durst der Kranken wurde
befriedigt durch schleimige Sachen, Theeaufguss, Champagner, blüh-
wein. Also hat man es an Versuchen nach jeder Richtung hm
nicht fehlen lassen. Die Homoeopathen, welche seit 20 Jahren
existirten (das Organon Hahnemanni erschien 1810), behaupteten,
durch ihre Behandlungsweise ausgezeichnete Resultate erzielt zu
haben. Doch fehlte jede Controlle der Diagnose, denn die ihnen
zu Gebote gestellten Zimmer für*Kranke wurden von ihnen nicht
benutzt, und ihre Angaben über Heilungen — Todesfälle kamen
nicht vor — hüllten sich in ein gewisses Dunkel.
Während nun die Seuche wüthete, entstand natürlich m den
Reihen der Aerzte und Laien die Frage, was ist ihr Wesen, was ihre
Ursache? Ist es ein Contagium, ist es ein Miasma? Gegen das Con-
tagium sprach das Auftreten an verschiedenen Orten, dagegen dass
man eine direkte Ansteckung von Osten nach Westen nachweisen
konnte, sprachen die Sectionen, denn die Aerzte wurden dabei
nicht angesteckt, sprach, dass oft in einer Familie Krankheitsfälle
vorkamen, ohne dass die übrigen Mitglieder erkrankten, sprach,
dass, wenn in einer Familie eine Erkrankung erfolgte, auch andere
Bewohner des Hauses, die mit den Kranken nicht in Berührung
gekommen waren, erkrankten, genug, die Sache war nicht zu er¬
klären. Mit dem Contagium konnte man nicht viel ausrichten,
also Miasma. Die Luft war verpestet und wirkto mit ihrem
Krankheitserzeuger auf jeden, der eine Disposition hatte, denn das
hatte man doch schon herausgefunden, dass eine bestimmte Dis¬
position zum Erkranken nothwendig wäre, hervorgerufen durch
Diätfehler, Erkältung, vor allem durch Gemüthsaufregung. Aber
dann hätten doch eigentlich noch viel mehr Menschen erkranken
müssen, die dieselbe Luft einathmcten. Genug, man kam aus
diesem Dilemma nicht heraus und entschied sich zuletzt dafür,
dass Contagium und Miasma zusammen wirken müssten, vor¬
ausgesetzt, dass eine Disposition vorhanden sei. Es spricht Hufe¬
land:
„1. Man kann die Cholera sowohl aus der Luft, als auch durch
Ansteckung erhalten.
2. Die erstere Mittheilung ist viel häufiger als die letztere.
3. Zur Aufnahme beider Mittheilungen gehört eine eigentüm¬
liche Receptivität des Organismus.
4. Diese Empfänglichkeit kann durch gewisse in unserer Ge¬
walt stehende Einwirkungen erregt und begünstigt werden, und
diese sind: Ueberladung des Magens, Genuss saurer, blähender,
kältender, unverdaulicher Speiseu und Getränke, das Uebermaass
spirituöser Getränke, Erkältung, Durchnässung, Aufenthalt in
feuchter Luft, niederschlagende Gemüthsaffecte. Die Erfahrung
hat unzählige mal gelehrt, dass unmittelbar nach Einwirkung solcher
Potenzen die Cholera ausgebrochen ist, dagegen kein Beispiel exi-
stirt, wo dieselbe ohne solche Einwirkungen entstanden wäre.
5. Die Verhütung der Cholera durch Abhalten des An¬
steckungsstoffes ist nur unvollkommen möglich, da die Mittheilung
durch die Luft garnicht und die durch persönliches Contagium nur
zum Theil möglich ist.
6. Das sicherste Schutzmittel bleibt daher: Die Verhütung
der Empfänglichkeit für die Krankheit, und diese besteht in der Ver¬
meidung der oben genannten Beförderungsmittel und in gutem Muth.“
Ihnen einen Begriff zu geben über die Art und Weise, wie
man sich die Cholera erklärte, gestatten Sie mir noch drei Ber¬
liner Aerzte zu citiren. Professor Dr. Reich sagt: „Ursache
der Cholera ist Abnormität des Verdauungs- und Emährungs-
processes, die infolge dessen gebildeten Producte, jene rahm-
artige flockige Masse, welche sich bei allen Ausleerungen ent¬
wickelt, liefert das Material zur Krankheit. Aus ihr entwickelt
sich eine eigenthümliche Mephitis, die durch Absorption der Wärme
und durch Resorption der Lympligefässe des Darmcanals dem Blute
überliefert wird. Selbsterzeugung und verhindertes Entweichen
der Mephitis ist das Wesen und diö nächste Ursache der Cholera.
Bildung der Mephitis ist aber ein normalmässiges Erforderniss des
Lebens, des Organismus überhaupt, denn die Ausdünstung der
Lungen sowohl wie der Haut ist an sich nichts als Mephitis. Der
Hauptheerd ist der Verdauungscanal, weil in ihm nicht eine dyna¬
mische, sondern eine chemische Verarbeitung des Genossenen vor
sich geht. Hieraus wird der Speisebrei bereitet, aus welchem das
Blut seinen Antheil erhält, um daraus den beiden Polen des Or¬
ganismus^ dem innem der Lunge, dem äussem der Oberhaut die
Mephitis an die zum Lebensprocess unentbehrliche äussere Atmo¬
sphäre abzugeben. Angesteckt wird der Mensch, wenn er sich in
der Umgebung des Kranken befindet, dessen Luftumgebung durch
die von ihm ausgehauchte Mephitis so geschwängert ist, dass sie
die aus jedem Gesunden entweichende Mephitis nicht mehr auf¬
zunehmen vermag.“
In seiner Schrift über die Cholera sagt v. Stosch: „Die asia¬
tische Cholera ist eine epidemische Krankheit. Sie hat höchst¬
wahrscheinlich ihren Ursprung in einem gestörten Verhältniss des
die Gesundheit des Menschen bedingenden tellurischen und atmo¬
sphärischen Princips, weshalb sie auch miasmatisch zu nennen ist,
weil dieser Ausdruck den Begriff eines positiven, materiellen
Krankheitsstoffes in sich schliesst und das krankmachende Princip
vielleicht in etwas Negativem besteht. Die genannte kosmische
Bedingung für das Entstehen der Seuche entwickelt sich an jedem
Orte freithätig; nicht plötzlich, sondern nur nach und nach, bald
mehr bald weniger intensiv; daher die Vorboten, daher die Ueber-
gangsformen, daher der Umstand, dass der Ausbruch nie durch
einen Erkrankungsfall, sondern durch einen Todesfall bezeichnet
wird. Todesfälle aber entstehen erst, wenn der epidemische Heerd
einen gewissen Grad von Intensität erlangt hat. Die Cholera ge¬
hört in die Reihe der Nervenkrankheiten und hat die meiste
Aehnlichkeit mit dem Wechselfieber.“
Professor Sundelin schreibt: „Es bedarf um die Cholera her¬
vorzubringen, einer totalen Hemmung und vollständigen Ueber-
tragung der Hautsecrete und Hautausscheidung auf den Nahrungs¬
canal, so dass die Schleimhaut desselben in ihrer ganzen Aus¬
dehnung ein für die ganze Haut wirkendes Organ vorstellt. Es
müsse also, wenn sich die Cholera in ihrer ausgedehnten Form
zeigen solle, die Haut sich in einem Zustande befinden, der alle
Ab- und Aussonderung ausschliesst und noch dazu plötzlich ein¬
getreten ist. Es müsse aber auch die Schleimhaut des Nahrungs¬
canals schon vorher in einen Zustand krankhaft erhöhter Reizbar¬
keit versetzt und mit einer Neigung zu Se- und Excretionen ver¬
sehen sein. Die Cholera, heisst es da weiter, gründet sich zunächst
auf den, als ihre nächste Ursache zu betrachtenden Umstand, dass
vermöge einer plötzlichen mehr oder weniger totalen Unterbrechung
der eigentlichen Hautfunctionen, d. h. der Fortschaffung excrema-
titieller Stoffe, dieser Reactionsprocess mit grossem NachtheU von
der Schleimhautfläche des Nahrungscanals übernommen, der Nah¬
rungscanal in einen heftigen Reiz versetzt wird und daraus, näm¬
lich dem Zustand der heftigsten Erregung des gesammten Nah¬
rungscanals, jene schnellen stürmischen Ausleerungen und Bewe¬
gungen, jene qualvollen Symptome und Beschwerden hervorgehen,
welche der Cholera angehören.“ Sundelin nimmt den miasmati¬
schen Standpunkt ein, meint aber, wenn die Seuche epidemisch
wird, wird sie contagiös.
Ich habe Ihnen diese Ansichten mitgetheilt, die.uns ja so fern
liegen, dass sie beinahe ausserhalb unseres Verständnisses liegen,
um Ihnen eben den Standpunkt der damaligen Medicin recht deut¬
lich vor Augen zu führen.
Gestatten Sie mir nun noch, Ihnen einen Auszug aus einem
Brief von Dr. Herr mann in Dresden mitzutheilen:
„Die Keime des Cholerasamens erzeugten sich in den fauligen
Ausdünstungen der Sümpfe Indiens. Sie traten in die Reihe der
Wesen, die sich selbst fortpflanzen, unter günstigen Bedingungen
leben, bei mangelnden dagegen absterben, in Wechselwirkung: mi
dem menschlichen Organismus aber auf dessen Functionen hem¬
mend ein wirken. Sowie der Schöpfungsact einer solchen Substanz
vorüber ist, so bedarf es der Intensität der Bedingungen zu seiner
primitiven Erzeugung nicht mehr. Der Choleraansteckungss
vegetirt nun, ohne der indischen Sümpfe und Sonnenhitze zu e^
dürfen, sein Same erzeugt sich jetzt während der Krankheitssym
ptome der mit Cholera behafteten Individuen und wird von ne
ausgehaucht und ausgedünstet. Jeder Cholerakranke ist d 0 ?
mit einer Sphäre umgeben, die Cholerakeime enthält, und je .
der in dieser Sphäre athmet, setzt sich der Ansteckung aus.
bis jetzt unerforschten günstigen Bedingungen zum Ratten •
Cholerasamens sind es nun, die man als Dispositionen ^ em '
Denn ebenso, wio das Samenkorn auf Fels nicht Wurzel sc »g
wird, ebenso haftet der Cholerakeim nicht in Individuen, ai®. ,
zur Krankheit disponirt sind. Die Entwickelung ist m o. 08
Grenzen eingeschlossen. Gegenden, die günstige Bedingung
haben, können lange Träger des Keimes sein, aber die.
liehen Quellen versiegen schnell. So begrenzt sich die
wie andere epidemische Krankheiten.“ . . t er .
Ich habe Ihnen diesen Brief mitgetheilt, weil ernur
schien als eine Vorahnung dessen, was in neuester Zeit
schaftlichen Thateaehe geworden. Wenn auch schon d ^
einzelnen Aerzten die Behauptung aufgestellt wurde, es g
Etwas, was die Cholera veranlasste, so waren das doch
Vermuthungen. Erst Koch’s Untersuchungen haben ck
klärungen über das Wesen der Cholera gegeben. Wenn
in der Therapie nicht so sehr viel glücklicher und g 680 rLjjd
worden sind, so können wir uns doch heute rühmen, ^
der Cholera zu kennen, und wenn uns diese Kenntmss
zum Herrn der Öeuche macht, so giebt sie uns doch , ser
ihr vorzubeugen, sie einzudämmen, und das ist göwms m r : llIT1 ph
Fortschritt für das Wohl der gesammten Menschheit,
der Wissenschaft der inneren Medicin.
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13. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
m
IX. Standesangelegenheiten.
4 der ******* Berlin - Brandenburg vom
Äen ten fr ch /? n ^ ed Ädt ig eT„ ’Ä
Z r i,Jn lter in lr ge 8< “oder, Ftage brtÄXlSSlw
«Uta Te iCihm» lt 3 ^w d ' g6 n Kün "r m Berlln und Brandenburg end-
qmu 8 j bgel i ehnt * Dar auf wurde nach einem Referat des
Behörden der Antrag des Vorstandes angenomme^M den
iiehoraen dahin unken zu wollen, dass denjenigen Aerzten welche we^en
unheilbarer Geisteskrankheit entmündigt sind, sowie
en, Hr t mit ” dauernder Unfähigkeit als Zeuge oder Sachver-
e^tzogen w^rde Vemommen zu werden “ betraft sind, die Approbation
Enf«php!I!»,nt n ^ rag p^ r k wes flalischen Kammer, im Aerzteausschuss die
Vntwn^ g d ^ 01 J hs ^ encbt s zu behandeln, welches die Gebühren für
seCr?n^Vwnl 1 SaChVe, ? tän A lg f aüf die Hä,fte berabsetzt, falls di?
Stlo n Whn u g des Arztes stattfinden, schloss sich nach dem
Bericht des Herrn Mendel auch die Kammer an. Herr Mendel er¬
de? V?«nrh ? me „ Rei ^ e ******* Vorgänge, in denen von den Gerichten
der \eisuch der Herabsetzung von Gebühren gegenüber don Aerzten ffe-
b p i 6r Abschäfczun g der Entfernungen im Berliner Vor-
w^M? k ph!I^^5 andere Redner entwickelten diese Casuistik durch specielleFälle,
7n «tlf- ? / a S b u L dieser Gelegenheit den Ausschuss beschäftigen sollen,
hpl^ L^M 0 nach ,? 1D ^ U L sehr eingehenden Vortrage des Herrn Schöne¬
berg beschlossen, die Nothwendigkeit auszusprechen, dass die zwanss-
^ Ahnungen, deren Insassen von ansteckeX
ziiG^enhabe gewesen, stets auf öffentliche Kosten statt-
____ A. G.
X. Mittheilungen über die Heilserum-
therapie der Diphtherie.
• 4 . ® or * c j^ka, Beitrag zur Behandlung der Diphtheritis
pi Uehring’schem Heilserum. Aus dem Marinespitale in
Pola. Wiener klm. Wochenschrift 1894, No. 49.
In dem ersten der drei beschriebenen, bacteriologisch sicher¬
gestellten Fälle von Diphtherie (oder, um mit Hansemann zu
reden, von „Loeffler’scher Krankheit“, Ref.) handelte es sich um
einen vierjährigen Knaben, der mit ausgedehntem Belag, sehr er¬
schwerter Respiration, Cyanose des Gesichts und 180 Pulsschlägen
m die Behandlung kam. Nach Injection von 600 Antitoxineinheiten
Höchster Serums wurde am folgenden Tage die Respiration be¬
deutend ruhiger, die Temperatur normal; nach zwei weiteren Tagen
war das Kind als geheilt zu betrachten. — Der zweite Fall (fünf¬
jähriges Mädchen) verlief in ähnlicher Weise. Auch hier wurde
namentlich die vor der Behandlung bestehende starke Athmungs-
behmderung nach 600 Antitoxineinheiten am nächsten Tage er¬
heblich gebessert. Fünf Tage nach Beginn der Behandlung war
das Kind genesen. — Bei dem dritten Kinde (einem vierjährigen
Mädchen) nahm die bei der Aufnahme bestehende Dyspnoe an dem
der Injection von 600 Antitoxineinheiten folgenden Tage zu, wurde
aber nach Ipjection von 1000 Antitoxineinheiten am dritten Be-
dlungstage völlig beseitigt. Am neunten Behandlungstage war
die Patientin gesund. Verfasser ist der Meinung, dass in allen
drei Fällen der eclatant gute Erfolg des Heilserums nicht in Ab¬
rede gestellt werden kann. Was die bei den beschriebenen
Patienten nachgewiesene Albuminurie betrifft, so vermag der Ver¬
fasser nicht anzugeben, ob dieselbe nicht schon vor der Behandlung
bestanden hat. In einem, von einem anderen Collegen beobachteten
Falle, der auch mit schweren Erscheinungen in die Heilserum-
Behandlung kam und mit Genesung endete, war niemals Albumen
aufzufinden. Schwalbe (Berlin).
G. Mya, La sierotefapia antidifterica nell ’lstituto
pediatrico di Firenze. Lo Sperimentale 1894, No. 34, S. 667
bis 681.
Im Anschluss an die Darlegung der wissenschaftlichen Grund¬
lagen der Serumtherapie berichtet der Autor über die Erfahrungen,
welche er bei der serumtherapeutischen Diphtheriebehandlung in
dem Istituto pediatrico zu Florenz bisher gemacht hat. Zur
Anwendung kam ausschliesslich das Serum von Meister Lucius &
Brüning (Höchst a. M.) Es handelt sich um eine nur kleine Statistik
von 17 Fällen, welche den Zeitraum von Anfang October bis Ende
November dieses Jahres umfasst. Der Autor verfolgt das Princip,
bei jedem diphtherieverdächtigen Fall sofort nach der Aufnahme
das Serum zu injiciren; wiederholte Injectionen finden nur in
solchen Fällen statt, in denen die jedesmal vorgenommene bacterio-
logische Untersuchung den Verdacht auf Diphtherie bestätigt. Von
den 17 (bacteriologisch diagnosticirten) Diphtheriefällen kamen zehn
zur Tracheotomie; von den letzteren starben zwei, bei denen die
Section eine Mischinfection von Diphtheriebacillen und Strepto¬
coccen ergab. Die übrigen 15 Fälle genasen. Unter den genesenen
Fällen hebt der Autor zwei als besonders bemerkenswert!! hervor.
In dem ersten, der einen achtjährigen, am dritten Krankheitstage
m Behandlung gekommenen Knaben betrifft, erfolgte nach zwei
Serumipjectionen Verschwinden der Beläge und Temperaturabfall
zur Norm binnen zwei Tagen. Zugleich trat wählend der Defer-
vescenz ein Herpes labialis et auricularis auf; der Autor sieht die
letztere Erscheinung als ein manifestes Zeichen für die specifisehe
Wirkung der Behandlung an. In dem anderen Falle handelte es
sich um ein 29 Monate altes, seit drei Tagen erkranktes Kind,
dessen drei Geschwister gleichfalls an Diphtherie erkrankt waren
(zwei von ihnen wurden nicht ins Krankenhaus gebracht und
starben) und welches schwere Symptome darbot (ausgedehnten
Belag im Pharynx, beträchtliche submaxillare Drüsenschwellung,
Nasenfluss, Larynxstenose, bellenden Husten, Aphonie, Kräfteverfall,
Temperatur von 39° C). Nach der Seruminjection folgte binnen
18 Stunden Temperaturabfall zur Norm; die Pharynx- und Larynx-
symptorae besserten sich auflallend schnell, und das Kind war ge¬
heilt. — Ungünstige Nebenwirkungen von dem Heilserum hat der
Autor nicht gesehen. Carl Günther (Berlin)
— In No. 1769 des British med. Journal werden weitere elf
Fälle von Diphtherie veröffentlicht, welche im Bartholomäushospital
mit Schering’schem Antitoxin behandelt worden sind. Das Alter
der Patienten schwankte von acht Monaten bis 16 Jahren; zwei
davon starben; einer der Todesfälle betrifft ein Kind von 2*/2 Jahren,
welches nach der Tracheotomie schon auf dem Wege der Besse¬
rung zu sein schien, als es einer hinzu tretenden Pneumonie erlag.
Das andere Kind, welches starb, war acht Monate alt und starb
am Tage nach der Aufnahme, 24 Stunden nach der Tracheotomie.
Von den neun genesenen Kindern waren vier, im Alter zwischen
elf Monaten und vier Jahren, vorher tracheotomirt worden.
Elsner (Berlin).
Welch, A clinical report of five cases of diphtheria
treated with the antitoxin. Med. News 1894, 17. Nov.
Fall 1. 2 l/ ajähriges Kind, vor48 Stunden erkrankt. Schwere Rachen-
und Nasendiphtherie. Nach Injection von Aronson’schem und Behring-
schem Antitoxin keine Wendung zum Bessern. Erscheinungen von Sepsis.
Exitus.
Fall 2. Kind von 2 Jahren 8 Monaten, vor 48 Stunden erkrankt.
Nasen- und Rachendiphtherie. Behring’s Antitoxin ohne wesentlichen
Einfluss. Nach vier Tagen Scharlacheruption. Genesung.
Fall 3. 13jähriges Kind, leidet seit vier Tagen an Rachendiphtherie.
Behring’s Antitoxin. An den folgenden Tagen Abnahme der Membranen.
Heilung.
Fall 4. öjähriges Kind, Nasen- und Rachendiphtherie. Injection
zur Zeit der fortschreitenden Besserung. Heilung.
Fall 5. 8jährigcs Kind mit Nasen-und Rachendiphtherie. Injection
7 Tage nach Beginn. Wenig Veränderung des lokalen Befundes, aber
Besserung des Allgemeinbefindens. Endresultat nicht angegeben.
C. White. Antitoxin treatment of diphtheria. Ibidem.
White berichtet über 20 besonders schwere Fälle von Diphtherie,
die nach der neuen Methode behandelt sind. Das Durchschnittsalter der
kleinen Patienten war 3Va Jahre, die Durchschnittsmenge des Antitoxins
11,3 ccm; bei 14 war Kehlkopfdiphtherie vorhanden, und von ihnen
mussten 4 intubirt, 1 tracheotomirt werden. Ein intubirtes Kind im
Alter von 3 Jahren starb am 24. Tage an einer lobären Pneumonie, bei
dem tracheotomirten Kinde entwickelte sich am 34. Tage in Folge einer
Erkältung eine zum Tode führende Bronchopneumonie. Von den 6 Kin¬
dern ohne Kehlkopfdiphtherie starb eins während der Reconvalescenz an
Scharlach. Es eigiebt sich also hier eine Mortalität von 16,6 °,o, bei
der Kehlkopfdiphtherie eine solche von 28,5 % (früher 50 u /u). Irgend
welche allgemeine oder lokale Erscheinungen wurden nach der Injection
mit Ausnahme von einem geringfügigen Exanthem nicht beobachtet. Die
Temperatur veränderte sich nicht auffallend, der Puls besserte sich aber
wenige Stunden nach der Einspritzung; die Diphtheriebacillen und die
Membranen schienen unter der Antitoxinbehandlung nicht besonders rasch
zu verschwinden. Reunert (Hamburg).
Wir erhalten nachfolgende Zuschriften von Seiten der Herren Pro¬
fessor Behring in Halle und Geh. Rath v. Bergmann in Berlin:
XL Berichtigung
von Prof. Dr. Itehring in Halle a. S.
In der Sitzung der Berliner medicinischen Gesellschaft vom
5. December 1894 hat Herr Geheimrath v. Bergmann zufolge eines
mir vorliegenden Berichtes der Magdeburger Zeitung gesagt: „Gegen die
Blutserumtherapie habe er ursprünglich von vornherein ein Vorurtheil ge¬
habt. Er habe mit dem Tuberkulin üble Erfahrungen gemacht und konnte
von einer verwandten Heilmethode nicht viel erwarten. Vor zwei Jahren
habe sich Behring an ihn mit dem Gesuche gewandt, dass er das Di¬
phtherieserum in der chirurgischen Klinik prüfe. Er habe darauf zunächst
die Vorzeigung der Thierversuche, auf die die Behring’sche Lehre sich
stützt, verlangt. Diese Vorzeigung aber sei durchaus zu Ungunsten
Behring’s ausgefallen. Die Thiere, die er als diphtheriefest bezeichnet«,
seien eingegangen. Verstärkt wurde das Misstrauen gegen die Serumtherapie
durch die Erinnerung an die Behring’schen Nachrichten über die Er¬
gebnisse der Sorumtherapie bei Wundstarrkrampf. Es stehe fest, dass
weder beim Menschen noch beim Pferde jemals bei ausgesprochenem
schweren Wundstarrkrampf Heilung erzielt worden sei. Bekannt sei aber
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944
DEUTSCHE MED1C1N1SGHE WOCHENSCHRIFT.
No. 5(1
auch, dass chronische Starrkrampferkrankungen ohne besondere Eingriffe
heilen. Um solche handle es sich aber in den Fällen, die Behring mit der
Serumtherapie geheilt haben will. Er habe damals abgelehnt, die Serum-
therapie anzuwonden.“
Dazu habe ich berichtigend zu erklären:
1 Nicht Hen* v. Bergmann hat die Vorzeigung der Uueiver-
suche verlangt, sondern ich habe ihn gebeten, die Thierversuche aiizusohen.
2 Die ungenügenden Arbeitsbedingungen in der chirurgischen Klinik
haben bei der beabsichtigten Demonstration, welche vor fast genau drei
Jahren (nicht vor zwei Jahren) dort von Wer nicke und mir yorge-
nommen wurde, eine einwandsfreie Darlegung der Leistungsfähigkeit
unseres von diphtherie-immun gemachten Thieren gewonnenen berums un¬
möglich gemacht. Aus diesem Grunde wurden sofort hinterher —
gerade um einer etwaigen ungerechtfertigten Kritik zu begegnen — im
Institut fürInfectionskrankheiten,imBeisein der Professoren
Koch, Schütz und des im Aufträge des Geheimrath v. Berg¬
mann erschienenen Assistenten, Stabsarzt Goissler, die
grossen Versuchsreihen von Wernicke und mir demonstnrt,
welche im Frühjahr 1892 in der Zeitschrift für Hygieno in ex¬
tenso publicirt worden sind. Herr Geheimrath v. Bergmann
war unter Hinweis auf die -unüberwindlichen Schwierigkeiten, die emer
beweisenden Demonstration von subtilen Thierexperimenten in seiner
Klinik damals entgegenstanden, gleichfalls von mir gebeten worden, den
Demonstrationen im Institut für Infectionskrankheiten beizuwohnen.
3. Es ist ein Irrthum, dass ich Herrn v. Bergmann Thiere als
diphtheriefest bezeichnet habe, die später eingingen.
4. Herr v. Bergmann hat während meiner Abwesenheit von
Berlin durch Stabsarzt Wernicke Serum erhalten, mit welchem er im
Beginn des Jahres 1892 mehrere diptheriekranke Kinder behandeln Hess.
Der Erfolg konnte wegen der zu geringen Zahl von Fällen weder zu
Gunsten noch zu Ungunsten des Serums entscheiden. Nicht Herr
v. Bergmann hat die weitere Behandlung mit Serum in der chirur-
oischen Klinik sistirt, sondern ich habe meinen Mitarbeiter Stabsarzt
Wernicke verhindert, Serum zur Diphtheriebehandlung in die chirur¬
gische Klinik zu geben, nachdem mir die Ueberzeugung gekommen war,
dass die von mir vertretene Sache durch weitere Versuche am Menschen
damals nicht gefördert werden konnte.
5. Was das von Herrn v. Bergmann angeblich von vornherein
bei ihm vorhanden gewesene Vorurtheil und Misstrauen gegen die Serum¬
therapie betrifft, so habe ich nichts davon gemerkt! Im Gegentheil ich
war überrascht von der schnellen Bereitwilligkeit, mit welcher er die
Serumbehandlung auf seiner Diphtheriestation einführen liess. ,
XII. Erwiderung
von Prof. Dr. E. t. Bergmann in Berlin.
Gegenüber den vorstehenden Auslassungen des Herrn Behring,
welche mir 'die Redaction der Deutschen medicmischen Wochenschrift mit-
getheilt hat, halte ich meine in der Sitzung der Berliner medicinischen
Gesellschaft behaupteten Aussprüche aufrecht. Die Versuche Behring’s
an Kaninchen bei mir zeigten das Gegentheil von dem, was er mir be¬
weisen wollte, und waren von mir verlangt worden, ehe ich Herrn
Behring in meiner Kinderstation die Behandlung von Kranken gestattete,
und da diese Behandlung so ausfiel, wie ich angegeben, inhibirte ich die
Fortsetzung derselben. Nicht damals, als Behring bei mir experimentirte
und behandelte, sondern jetzt, nachdem ich bei mir seine Experimente
und seine Behandlung kennen gelernt sowie seine unwissenschaftlichen
\ Abhandlungen gelesen, habe ich Misstrauen gegen die Serumtherapie ge-
I wonnen. Ich bedauere, dass Herr Behring als echter Mann der Zukunft
Vund Agitator für das Heilserum im Halleschen Bürgerverein .nicht hat
warten können, bis er in dieser Wochenschrift das authentische Referat
über meine Worte in der Discussion der medicinischen Gesellschaft ge¬
lesen hatte. __
XIII. Kleine Mitteilungen.
— Berlin. Die Berliner medicinische Gesellschaft ist in der
Sitzung vom 5. December nun doch in verhältnissmässig später Abendstunde
( 3 /<9Uhr) in die Discussion des Hans emann’schen Vortrages eingetreten —
was freilich nur durch eine Umstossung der ursprünglichen, von uns monirten
Tagesordnung zu erreichen war. Zu Worte gelangten in der Discussion
die Herren v. Bergmann und Virchow, deren für Herrn Hansemann
nichts weniger als zustimmende Aeusserungen inzwischen durch die Tages¬
presso bereits die w eiteste Verbreitung genmden haben. Wir werden den
Schluss der Discussion, der vermutlich in der heutigen Sitzung statt¬
finden wird, abwarten, um die Verhandlungen dann in ihrer Gesammtheit
unseren Lesern zu unterbreiten.
— In der Sitzung des Vereins für innere Medicin am 10. d. M.
(Vorsitzender Ohrtmann) fanden vor der Tagesordnung einige Demon¬
strationen statt. Herr Freyhan zeigte die Präparate eines Falles von
Urogenitaltuberkulose, welcher ausgezeichnet war einmal durch eine
seltene Intensität und dann durch die streng halbseitige Beschränkung
des Processes. Herr Lennhof demonstrirte einen Patienten mit Brust¬
tumor, der wahrscheinlich syphilitischer Natur ist. Der Rest der Sitzung
Wurde ausgefüllt durch den angekündigten Vortrag des Herrn Litten:
„Peliosis und Endocarditis gonorrhoica.“
— Der 16. Balneologencongress wird unter Vorsitz von Ge¬
heimrath Professor Dr. Liebreich vom 7.—11. März 1895 in Berlin im
Hörsaale des Königlichen pharmakologischen Instituts stattfinden. Aus¬
kunft über alle diesen Congress betreffenden Angelegenheiten ertheilt
Gedruckt bei Joliua Slttenfeld in Berlin W.
der Generalsecretär Sanitütsrath Dr. Brock in Berlin SO, Melchior
Strasse^ 18.^ ^ Schülerinnen, welche durch den hiesigen „Verein für
jüdische Krankenpflegerinnen“ im jüdischen Krankenhause aas-
gebildet werden — es sind deren bereits 14 — haben mehrere ihre
vorschriftsmässige Lehrzeit von einem Jahre beendigt und können für
die Privatpflege zur Verfügung gestellt werden. Auch sollen die¬
selben — soweit disponibel — der unentgeltlichen Armenkrankenpflege
ohne Unterschied der Confession zu Dienste stehen. Schon in kurzer
Zeit wird eine grössere Zahl ausgebildeter Schwestern den Herren Aerzten
zur Verfügung gestellt werden können. Die Ausbildung ist eine durchaus
gründliche, indem die Schülerinnen die Frauen- und Männerabtheihwg
luf der inneren und chirurgischen Station und die Infectionsstaüonen
durchgemacht, auch Extrawachen, Nachtwachen und selbständige Stations¬
pflege ausgeübt haben. Ein gründlicher theoretischer Unterncht ist
ihnen durch die dirigirenden Aerzte, Professor Dr. Israel und S&mtlts-
rath Dr. Lazarus ertheilt worden. Bis zu der im Sommer des nächsten
Jahres in Aussicht genommenen Eröffnung des Schwesternhauses wolle
man sich wegen der Schwestern an das Krankenhaus Auguststr. 14/lo
(Telephonen 8033) wenden. n ^ ^ ^ Nov „ it di Uek ,
Production auf sämmtlfchen medicinischen Gebieten in Ameni» eine
enorme; man zählt dort jetzt 200-300 medicm.sche Ze.tschnto m
100 oder noch mehr „Colleges“. Dementsprechend ist die Zahl der Aerzt
in den letzten Jahren progressiv gestiegen, so dass schon 1 Arzt aal
600 !!Vei° h der r s“rwaltung von Philadelphia ist der Antrag auf
Bewilligung von 100000 Dollars zum Bau eines Tuberkulosen-
hospita^geste <j er j m Verlag von Georg Thiemc erscheinen¬
den Speciellen Diagnostik und Therapie der Magenkrank,
heiten von Dr. I. Boas erscheint demnächst in zweiter Auflage.
— Von Lehmann’s medicinischen Handatlanten ist neu er-
schienen der Atlas und Grundriss der Ophthalmos kopie nnd
nnhthalmoskopischen Diagnostik von Prof. Dr. 0. Haab mZüncn.
Wir möchten bei dieser Gelegenheit auf die vortreffliche Ausstattung hin-
weisen, welche die Verlagsbuchhandlung von J. S?
diesen Atlanten, von welchen ausser dem genannten bisher seGhs Geburtb-
hülfe I Theil; Goburtshülfe II. Theil; Krankheiten der Mundhöhle, de>
Rachens und der Nase; Hautkrankheiten; Geschlechtskmkheiten; ^u-
matische Fracturen und Luxationen) erschienen sind, vireuch'
Der von der Verlagsbuchhandlung zum erstenmal un ^“ me Ä X; te n n
auch dem minder Bemittelten mustergültig ausgeführte Athmteu n
billigem Preise zur Verfügung zu stellen, erscheint mit dieser Sammlun e
thatsAchlich.gelungen.^ F re iburg i PF- G - W''f £
als Privatdocent für innere Medicin hahilittrt. 7" n „ G n ^ildebratä
Privatdocenten Dr. F. Droysen (Geburtshülfe) und Dr 0 Hüde^r.ea
(Chirurgie) sind zu a. o. Professoren ernannt. — Innsbruck. An ,
Universität Innsbruck ist eine Lehrstelle für Psychiatneund
künde neu geschaffen worden. Dieselbe ist dem Doc^a DrFaui
Maver in Wien übertragen worden. — Gratz. Die DUr. iv. •
Ä und Emil Ro^sa haben sich als Privatdocenten to GekrU-
hülfe und Gynäkologie habilitirt. — Budapest. . D ' f ür Laivngo-
J. Kossa und J. Prochnow haben sich als Privatdoceuten
Rbinologie, bezw. fürToxologie und Chirurgie habilitirt. Ch' jgt
Der Professor der speciellen Pathologie und Therapie Dr. g
gestorben. — Kopenhagen. Der Titularprofessor der Medicin y r ö ‘j e ° r j s t
Hannover ist gestorben. *— Upsala. Graf Karl vs i 0 l 0 gischen
zum ausserodentlichen Professor der medicmischen P «ntliehw Pro-
Chemie, der Docent Dr. Joh. Aug. Hammar zum ™ der medicini-
fessor der Anatomie ernannt.— Bologna Der Professor a p ro fessorder
sehenFacultät in Parma Dr. G.Calderim ist
Gehurtshülfte und Gynäkologie in Bologna ernannt. - W eape
cone hat sich als Privatdocent für Anatomie habüitirt ^
Dr. F. PenButi hat sich als Privatdocent für . s P ec lf^. s i c h ah
bilitirt. - St. Petersburg. Dr. G. G. Skontschenko hat |
Privatdocent für allgemeine und specieUe Pathoogi me dicinische
medicinischen Akademie habilitirt. — Bordea- \ n ies, welcher
Facultät in Bordeaux hat von dem Sohn eines Z? i?)0000 fres. i
über 50 Jahre in dieser Stadt prakticirt hat, ein Kapital vo ^ Lillc
zur Errichtung eines Lehrstuhls für Gynäkologie e • ^ Natur .
An der medicinischen Facultät in Lille ist ein Lehrs . geur ^
geschieht« der Parasiten creirt, der dem bishengen
Dr. Barrois übertragen ist.
jJöii vio aw
— Wir erhalten folgende Zuschrift: „Infolge der K°^j* r Berliner
neue Plessimeter des Herrn Dr. Hughes V* \..jdämnff veranl» 55 !
klinischen Wochenschrift sehe ich mich zu Instrumente me®
dass ich in dem von Herrn Dr. Hughes ^ 1893, No- -~
Ringplessimeter (vgl. Deutsche medicinische Wochenscimu Amber g (
S. 540) mit einer geringfügigen Modification ^keaj} • müsseI1 *ir die
Arzt z. Z. Heidelberg. — Nach der imsvorgelegten^e f ^
wesentliche Uebereinstimmung der beiden Rmgplessim
und Hughes anerkennen. D. Red.
— In diesen Tagen gelangt Theil J? Verspätung seinem
Reichsmedicinalkalenders zurAusgabe. Di , 0 ^ en bed^'
Erscheinens ist auf technische JSchwierg der Aufl»r e
durch die unerwartete beträchtliche Steigo 8
zurückzuführen. . ^ -
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Donnerstag _ Jff 51 ._ 20. December 1894;
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medieinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet von Dr. Pani Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichteusteiuallee 3. Potsdam erst r. 116. Postadresse: Leipzig, Seeburgstr. 31.
I. Aus der Königlichen Universitäts-Frauenklinik
in Breslau.
Eine Jahresarbeit auf dem Gebiete der Extra¬
uterinschwangerschaft. 1 )
Von Otto Küstner.
Einer kurzen Mittheilung über ein years-work auf dem Gebiete
der operativen Behandlung der Extrauterinschwangerschaft wird
Ihrerseits zweifellos die Frage begegnen, wo kommen jetzt die vielen
Extrauterinschwangerschaften her, weshalb war das früher nicht.
Der Grund ist nur in einem Punkte zu suchen: das Gros der Extra¬
uterinschwangerschaften wurde früher nicht erkannt, w r eil es nicht
operativ in Angriff genommen wurde, es verlief latent unter dem
Bilde einer Affection, von welcher man allerdings zugab, dass sie
in einem seltenen Procentsatz ihre Ursache in Extrauteringravidität
haben könne, welche aber sonst als Krankheit sui generis be¬
trachtet und behandelt wurde, ich meine, unter dem Bilde der
Hämatocele meist retro-, sehr selten ante-uterina. Voisin w T ar der
erste, welcher den sich abkapselnden Bluterguss im Becken als
häufige Folge der Extrauterinschwangerschaft ansah; Zweifel hielt
vor jetzt zwei Jahren 12,5 % aller Hämatocelen für Extrauterin¬
schwangerschaften, J. Veit 28%. Beide Zahlen sind nach meiner
Erfahrung viel zu niedrig gegriffen. Die weitaus meisten, also
weit über 50% aller retro- oder anteuterinen Hämatocelen sind
auf extrauterine Eiimplantation zurückzuführen. Ja ich kann sagen,
dass ich aus eigener Erfahrung nicht eine Hämatocele kenne, welche
nicht erwiesener- oder wahrscheinliehermaassen auf Extrauterin¬
schwangerschaft zurückzubeziehen gewesen ist. Die Hämatocele
ist es, welche das Bild, das klinische wie anatomische, der Extra¬
uterinschwangerschaft beherrscht; die Extrauterinschwangerschaften,
welche nicht, und zwar nicht schon früh ihren Ausgang in Häma-
tocelebildung nehmen, sind die ungleich selteneren. Erwarten Sie
daher für die Extrauterinschwangerschaft als Tastbild neben dem
sympathisch vergrösserten Uterus einen sich entwickelnden Eisack,
in welchem Sie fötales Leben durch Gefühl oder Gehör von be¬
stimmter Zeit an wahrzunehmen imstande sind, ein Tastbild, wie
es, wenn ich so sagen darf, im Buche steht, dann werden Sie selten,
sehr selten eine Extrauteringravidität, finden. Fahnden Sie aber
unter den unter dem classischen Bilde, welches Nßlaton für die
Hämatocele entwarf, verlaufenden Fällen auf Anzeichen, welche auf
eine kaum begonnene, eben unterbrochene Gravidität deuten, so
werden Sie viele Extrauterinschwangerschaften antreffen. Das ist
der Typus der Extrauterinschwangerschaften. So habe ich im
Laufe des ersten Jahres meiner Breslauer Thätigkeit 23 Extra¬
uterinschwangerschaften operirt, 22 davon geheilt; 2 sind von
meinen Assistenten operirt worden, 6 wurden nicht operirt.
Die klinischen Bilder, in welchen diese Form der Extrauterin¬
schwangerschaft uns entgegentritt, bieten einige typische, sich
häufig wiederholende Schattirungen.
Eine Frau, welche eine Reihe von Jahren, ohne je concipirt
zu haben, verheirathet ist, hofft sich Mutter fühlen zu können, die
Regel ist ein-, vielleicht auch schon zweimal ausgeblieben, alle
diese Hoffnung unterstützenden Erscheinungen stimmen, da fängt
plötzlich die sogenannte Regel wieder an einzutreten, sie dauert
ungewöhnlich lange, ist auch wohl recht stark, es gehen wohl auch
') Nach einem auf der Versammlung ostdeutscher Aerzte zu Breslau
am 11. November gehaltenen Vortrage.
gelegentlich häutige Massen ab, dazu gesellen sich unangenehme
Empfindungen im Becken, ausserdem Urinbeschwerden — es wird
cousultirt und der charakteristische Befund erhoben. Oder eine
Frau hat eine Anzahl Kinder geboren, bleibt dann eine ganze
Reihe von Jahren steril, wird dann wieder gravid — aber
extrauterin. Oder es ist nur ein Kind dagewesen. Das Wochen¬
bett war etwas gestört. Die Frau hat länger im Bett gelegen als
sonst, glaubt auch wohl etwas Fieber gehabt zu haben; dann ist
mehrere Jahre keine Conception aufgetreten, bis sie jetzt am un¬
richtigen Platze zu constatireu ist. Oder eine Frau , ist lange Zeit
unterleibskrank und örtlich behandelt worden. Schliesslich kann
die vorhandene pathologische Lageveränderung corrigirt werden.
Danach wird die Patientin auffallend schnell gravid — extrauterin.
Manchmal wird von Ohnmacht- und Schwächezufällen berichtet,
welche etwa um die Zeit der beginnenden Blutungen aufgetreten
seien, in anderen nicht.
Das sind anamnestische Typen. Wie gestaltet sich der Befund:
Die Frauen sind meist blass, haben gelegentlich auch ab und zuTempe-
ratursteigerungen, das Abdomen in den tieferen Regionen etwas em¬
pfindlich; bimanuell folgender Befund: Portio der Symphyse genähert,
hinter der Portio ein Körper, welcher das Becken fast ausznfüllen
scheint und dessen eigentümliche Resistenz beiderseits bis hart an
die Becken wandun gen herangeht. Nach oben zu setzt sich, wie durch
die Bauchdecken zu fühlen, diese Resistenz mit nicht recht scharfer
Grenze in der Höhe des Beckeneinganges oder etw’as darüber ab.
Dieser bei oberflächlicher Betastung gewonnene Befund muss durch
genaue, eventuell in Narkose, unter allen Umständen aber sehr zart
vorgenommene Untersuchung vervollständigt werden. Es ist der
Ausschluss zu erbringen, dass es sich nicht handelt um Retroflexio
uteri gravidi, wo bereits, wie die Blutungen anzudeuteii scheinen,
i der Abort begonnen hat, oder um uterinen Abort bei annähernd
normal gelegenem, aber durch Bildung eines intraperitonealen
Exsudates nach vorn gedrängtem Uterus, oder um Tumor der
Adnexa mit ebenfalls stark anteponirtem Uterus. Schon die oben¬
hin vorgenommene Tastung lässt häufig den stark anteponirten, etwas
vergrösserten, sich einigerraaassen weich anfühlenden Uterus vor
dem die hinteren Beckenräumlichkeiten ausfüllenden Tumor wahr¬
nehmen, und so reicht recht häufig die Palpation zur Diagnose
aus. Mitunter aber auch nicht. Weder Oberflächenbeschaffenheit,
noch Consistenz des Tumors, noch Vergrösserung des Uterus, noeh
Anamnese sind absolut charakteristisch, sie sind nicht so charak¬
teristisch, dass vermittelst ihrer unter allen Umständen, wenn schon
die Retroflexio uteri gravidi, so doch nicht eine Pyosalpinx, ein
eiteriges Exsudat hinter dem Uterus auszuschliessen wäre. Eine
von den Kranken, an welche ich denke, Hess sogar Colostrum aus
der Brust drücken; wir schnitten auf den Tumor ein und trafen
auf Eiter. In einem anderen Falle war es ähnlich; in keinem dieser
Fälle von Fehldiagnose verlief der operative Eingriff unglücklich.
Wie Ihnen bekannt, machte Wyder den Vorschlag, in zweifel¬
haften Fällen den Uterus auszukratzen, die Geschabsel zu mikro-
skopiren und durch die An- oder Abwesenheit decidualer Elemeute
die ektopische Schwangerschaft bestätigt oder widerlegt zu sehen.
Abgesehen davon, dass selbst der positive Befund trügerisch
sein kann, der negative aber nichts beweist, möchte ich Sie vpr
diesem Verfahren um seiner Gefährlichkeit willen Avarnen. Es sipd
schon Frauen an diesem anscheinend unbedeutenden Eingriff ge¬
storben, weil durch das Curettement oder durch die damit ver¬
bundene Dislocation des Uterus Berstung des Fruchtsackes oder
der Hämatocele erzeugt worden war.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
m
DEUTSCHE ÄUfClHJSCR# WODBEKSCHBiFP
In üu^gezwc-Jaj^ter Weise dagegen. .klart; m kni.iftMv-fi Fliihm
cJif mir teiner Cmmie »septisch \ ou der Scheid* ;»us vprg«man§jpjä|
Probmmmtiop
Also *ias Gros d<^ nelwm r ni «(>•»■ n»-m DKru- tHim.dnnpn
Tumors besteht am? 'Blut.. mm /wm treffe.» wir d^M’ib it^r
der OpnrWwn meist iti geronnenem ZpfKamK an. Piuse Blut'
»rango ist ubgevaekt, Lkw, d1 kW • Aog#% de» übrig«»- Fori*
^neu-ii-itiun al.k‘i(;!ifi<\sgi. v '.sin'»i mit Amam.Kr' verkleide KmgcHviddtt,
Damitiank'tm-,. '&M<: iVi£*m6»t»rn !;tutm v hmfm’e UiembWmul; je
.jjtiüsi- der .'Ergb.sx* »m im ImACr wird ibih (Wjnha'i, um s<> deui-
1 jeher derjenige Vorgarn»*. wedo]«»» man Drgämsatlmj des
sei» .rnmwt. Dmcrn OrgmiDafm» , find»» wir »Pi d»».. jlUma.Uieolm.
c»rw lebend f i.r : m» ’!Wi;d»wK\ .sie'' Hiür* minimer /,u einer ne- cum-
p.u !«•» SA..d*\ »b-v- in.t.* mU mtd »r» .|'M«!t„i| i\ü>: gum'" (Wim*,*}
UprftHfilnshfii* kann, V£br mirldkiliVh ImMihmbt
Zweit*?!, Muruf u u. cbehiVUU heru»* gesehen ha»»»» Diese
Schede !.!••*•• Ul.i. i» «lau vo;! jfiii* »ubo-sm luun . !>ü,u?raf.ou Vum ge-
iuögPre« Theke »»« ATbcJn, -zinn grpskdfbm >ui t - Si?idi^3Vktm. U$»
Aiis-boch tJrj* poüt.üt.ilan h ! e n_tKiij
Die wichf% , *t' r PugiV. ,{sK wip - djV'DfUnatMeek jfav
Tube »ml txm Se.lnvö^^^ihafisjir^dm’jr^ ib.tfwwt lum FsiFm niupde-t
die Tkho df»d4H\ «ml yfrviMfeohtte h\~ dm* HäinafewalPtfsuvk Bin¬
om. ln a«deren • ist i>imr Gron^o Awmcbon Tobem And Hn»piK>
eulmiwaud nicht »idkufffnlß» Din Ta he h4 üben falls sBU‘k mit
BIntg,'t*tinns«-rrt nrijrelijltt. »• umii*e"it Pulle» m» b rdnliv tour.
Vom. .Sehwoii^arsöhiVtsprodnc!: findet Vmh fne-Dl Am PHpho»;
dAbAn.Ufc. ist stark »eil Bim *'«fid/i vom Aussehen cu-^ Abortiv-
■pW.
Seltmio ist. m» FmusM>n><o /» (tm.n.nv Beim !»■»• n dann
.meist iu de** Tiefendes Dougkm. du- pim-epin ibmidbgh sogar mrK '
»ntev einiganpiuisse» »ilhlimci i-p.,di:n illnlaeiHiuiselii.. Der Mo#-
Hcükniten, wjc sie.. «iaksii. ^kmnmrn sndl, sind drei: dun-A Ahnji.
dureb UiJ.dut; oder sie hubeu jo-iosbr «jorr ^idejron.
; Tfedt; tnniügu die CitdÖii Vart<|tBjre.Akdif
Und Uujdnr einui irlel-{« Länli^;
Hohr Hiteiessaut sind die Dü im, in denen kh de» Anvii-ii- hai,
ä»> ei; die PiKtmalü im Den^liip'ü-etnni !ömm an ihrer ursfiHing-
liehe» Siel]«* snae find dwü» in den Ei heute» oder jVei von den-
wlbi}U im Blute lioi* DihrmtiM eje O. t- Fr.f i;:-.; Vierort jMv Eafh> ._«■♦!■,*»
immer Wieder ZO dHikHF), nh sie ni«-hi ikiojimje von AhdumiunA
^mviditJi!. seien, ich wiliiK'ir ;m den ii;ii-ressnuiSO» /, H'fifr!
heyhöciitetrh DhU, wk,hei' «uift >u! der ander re .S-dfe. eine Muliuemr
aei» k»D. eine D>min der Exlmitenu^raviditUk ^ekhr wie den
'Vl 1 'ir,minul'Sf'h?T’4»L I e;'.(’!!n.U Überhuiipi ».«•» jiirUt i*nvi*-im ist, uni
Dnmd evohhr und «ruvri mirk-iirr Smue iemdniek* hk •srdeh«-
.sjireehen. Aber auch *o!elm FäHe s?iv:i .oieht «*elten. wo wir s iti*".
M o»ior .i/iaweiileufci^r- Tlndie u'‘.-s.*}h«n mmi« out dm» W»a;n nu>
der Tube in die. iJiTudiltuhir «»i.reJVhn, also entwedo» ou.-.n
klammert vom Ftiritu-i.nn.rude der Tuln* ndnr h; eine RjKSSieÜe der'
ieizitmeu ein^ekiemmt,
Hu hünh> wir mm i%earD^p Jüdin»]» erheben, mul des Wie.deV-
kekreode. i.vjtisrtie m va h»'nehmen, so. ..-/md sie doeh uru v/euirvste»
in der Da^e, miktlit TVa^ womireh die ftxtnjntot'JKe FmmljeD mt«*
zu.sfmide_ kommt, 7M be.mtworie» Die Zeiiriimmmn^r». de.-
innere» Goiiltolien durrh -.die Jjlut.^e.vin.n.-.ei, üüd.J /;.?»«' nrnie-.n i.
die; .wekdm imi GeJegeurmit .der -'Operation Toruennnunon wm-dn».
stad mrriyt %t\ bedmitmuL rds' dass- 'ndn'f sFdt «nrdi gni\'ti\u4\ kthnd«»:
Während deascHien odor nm : PfiijV:u’ate yji • rütMlheidVii, \\*k vm lier
und wm »rieh Eiksteimh. d..t- ENtrrivjiK'irv-» jiw.iugeisi judi \v««r.
pnimocdi kttUu h-ll nirtlt findeh düss W»r *ntt iüo-rr Fr-iw«' eiri!
-Pag-os -noch ernsthaft v» Verlege»he?t mwmhnn kduTten
NeirnUve BestsItafe i.nf Bestrrh\;»g< , n, auf llHiueJCperinintifrltotn
Wege AuiH(ddüs-H m erlnngew. Imwris.m wenig .»der mehiw Kh
lißtm mich Jahre Kim ongnl nge.nl lirlwi. hemnhl, an Kani?!«/!»-»
oporativ die geeignet,»» Bediuguug.io ihr <iie Futstehung elitlijü-
sciiei 1 h«Jiwajigrv;o-li : «*i tnmz»steKem ‘.ihimi)?h-s k>:■ I.'»ttutuj, eihsniHgr,
doppelte, juit tfad ohne idps;nfjge (jväriajreset;i.ion — nie. Kam, oh-
wmht ich die Thigcö viele Jalirn-ltnjg; Jilntb. eine hkldpisddtbdätdtWaogeD
-f.!iat«. zustHiide. Auf diesem AVuge war aKo tj;n{»r. v.» wm‘s zu
komme»,. Viel Weiter hat mm diu i;Uui> *’tw Furchung and dus
uimtomjsehu Studium der .Adno^er.krauknngof, mKrarhio:
>,V?oa Alt'Uhr ut^.;
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Stdi nngen der MeAhariik der weiblichoi« Boekennrgaan. Al&*i. Kü-m
la’sjejjmliie Ki't-ro[!.«.■:».Kr J'iir rJIr dm Mo^lirhl-reinaj fia.K-ti v
FaracU^mafa i» nxiewen IhKeii.
Die Tlnn-apA Imufe rorwiegomi eliirurgiBoh! HnD.-niitu; n.
ihiJtgmimwel, r.v^ntuoÜ des S«:ii\vuugm:o.haiVen> l !u- ; iw in-.ii'
Tube, wuhbe Trägem des f§ms war, Damit -s.d] mdbt
^oiu. dass dies di» einzig- fndgüHm Tliedapiß ist. Wir aam^n „
iVü.hoi- gawriien und sehen m nudi imutn, d,u8s. JUmntOrr»i?n
ro«*hi- hntrUtJiDidiier Drhsse j$tAi zuiniukhildup. Wjv kimaßb i<uj,
von fr. 1 her her'eindfi ftmlm-en Ausgang, deu hx VnvihM*^ m
dazu »uthign» H]mltpUz4 stammten dam* «fop T,uhe irbr, m
dm» 1 htrm Dfesr-r Delhhv forVdihhüged, ist dio liHuphniV^r »t
nvnVon, i‘hin»rgj&i ho» TJiempi^, Es ist- aber awdi uo»J> rin
.hvrm: Des»rMspmikt. welcdmr in diesem Hmim DiWia! ist. hh-
Resorption Tumn^wot’thßr Rfuigeriunsi i ii» Heek*» 1 <ök*r im AS-
douimi dauert Cellist hei auifissvA z-wnijiimissiger ’BeJ»aüd)ui»u *m
Pflege do»<b recht lanun Die ccmBUeuimm pei , itoiH f ,ek»n»
üKerdauer« Idi-ohg »m;h ihm JK'Snrptiimsprm rss Dagegen t<fhgv-n
die Kranken »a^h der Autfräum»og dm iJamatocnh* shdi ßehr-äßlm»')}
äu erhol**».- n»m£.t gaiiz pronipt tuu'-h der Upm-Miim» die .»riwWiJiilf
Sehmerzun und die häufig trif.ht »ninde?. tiUJÜewkm .OhaKfepiair-.
und UriubösfJtwm de» zu ■ vm-linrxMi., und sdivvo nach' Mnniiteu g
Hng't ^ meist rdehl metir, u uoh mir- noch einw Spur vd« (ihr
mali^n sAhwrie» Störung dui-eh Hmnuuelle, Tastung wahr?,»nehme,,
Für das FinsrhöOV.lcn auf die Hamatdedle gieht ewmiwri W»^-
von odbfeti 1 und vmi d<T Scheide aus. leb wrpgbj
»iviit mohr für rielifig halten, den letztörmi zu wählen. Aga V;
Sahridonsuhnitt bleibt . offen , mul dafHit oiwe Dinrtc Ute »Ji»-. w» Oii-
diire lüieetioii. Zudem aber, und dds ist die Haupmariw hxm
Binhliek in nie' «»linehm meikt- rm.JR ooniplieirtdn. tovisritpn Vg-
JiilltoiH^u von dtu'-.. Selunffe erfiohwert, tmd m
wir uns ihr Abiglfehkeif./ ■•■.uidlik* Jj-fi^keutihih-art ThÄ ’^i-
.aiTnttitmi Aufgabe zu mlülh-n. das ist die Ainputalion «ir- *♦••
UVaiikfeu Tube. Atieh bleiben wir hei der Oimration vöii Hiit. 1 '
(birOJirr i»i Unkinrim, cd* wir alles Füllt entfernt- haben (»<Ej .Hi4r
und sind iu Verlegenbeit, es sieh -imeh oVusdäUBuha
der UlutgaiiuisoJ darum Handelt,. «duo noch nicht r&jjj W
DliitUngs.jUidK pti wnimbiudeo. Drshuih »WhvhK ifli firi liltirr )dfv
('msUiVion für d^s DurmwtiWe halte», vom AhdUMtm uus ■ U
oi*!uü’rn: tim Hii'.HUitoeele atismudiu»»'». die kranke 'Puh«' in ■*'"
h-nmn und das Ab.donie» äu ^•diliessmi Di" UmnKata rfiri-eh-«■
z-n Gim^tr» dirsjrs Vmfahrcus.
U AtiS. iffüii Justjful für 3!ntectionskrartk1ieitefr;i1es !it<:: 1
«SUteimiaÜi Prüf, ])r, Robert Koch in Berlin.
Weitere Beobaehtimgen Aber die Wirksam¬
keit des BeJbriiig’sßlien Diphtberiebeüsemma-
Von Dr. II, Ross©!* A^sjst^iiion am
Seit «fern das B rJir i.jig'sebe 'CtfpbthcpielrdflhiltKJ ddKjb
»Kissig" Uarete.il «mg wmtmv» KVms«*» zugangJieh gmumD
ml boi-oiu oiru; Roüm von Publica im non »nsmiiruun, welcir* -«j 1
nii 1 der Frage seKmr H»blw irkuug imseli/iftlgft». Ko weit eb
, Ljttm>4.s-ur- hal>oa nli»> Bcohnohtet, wohdie hher
dtJintura VArguiohc eurt'Ogml, mjutlefifons einen gfbwtiirra LubV*h -
\AJ>kramkmt bekounnm» won» uiub tüh AfiuJyn^K^J
«JuziMnon Punkten nocli nnsidnaDdor gehm«. EboAs«^ Kolm» o’--
ilif« jUMdsfo» (»istmrigen Ikob.odihm- von oidimr Lnsriiiullnbk*'-]« -Kj'-|
/>ugt. Ki>*i. in neuerer Zeit -omi einige Stiimmm lauf
w«di 1») imune», dass das Mittel doch uold nicht ganz -•'« lic.oo-
—ei, als man Idsher angeumumoii hab»-; . ,. ,
.Df«, diese Frage der U «o »-h ä d «1 e h !< ei \ imt.u.i’gnMoDn or *• > t! ^
gi-wfid»* »hm 1 «iit Ich diusan rtn>kl iw& 11
Spieehcii
Zu .len,fmfigi>ig wch-he, auf vrlDium' 1 ,D^d'AeUtu
stüizk best» mm i ihsgDmn oehihllioh«: Fol gen des ^btb'K
uivJif b*'idmf-htet zu haben, geUbruft unter arultM’eu ! ^v'a: i/
Kor .tu-). K n. tz ;i ). Rou^-Marfi» und ( h ;1 i 11 o ti D, h 11 ' l '
AVa.sMprm »uu f j und *th ft )
Ar lbnitsuh» m»?d- VVoofioTi^ohi'ift ifs94, Ko. Jk>.
a ) llciJiüi'r klin. 'Wpdlift^ebrift itiOJ. Mö- Rr
h Ifivrliiue fr)»*. VVocJintisühriH i^:4 ^«>. Af
l i Ammim-. de iJoHfitut Pasteur Tmtm ATIK :W- k . N r. :m
A Ehrl ich . Kok sei und WossoffAauti, IKiiKcae jne«.
-nhrill (MX, A-», m, ri ikälii
"1 AUnne Jii.bondkmn <K v Di pl.it »»hin -tnit- Eo.irni*v *
Berlin, kurgow 18Ho, ZeiWcbWif Kir HygDu»; up‘! •
jtoit Btl.' ----.Dptgsöh^ -A:-. -.
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20. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Urticariaahn liehe Ausschläge wurden entsprechend den ersten
Angaben von Wernieke 1 ), Heubner und mir beobachtet, aber ohne
Fieber W ° ° he unan £enehme Begleiterscheinungen, besonders ohne
M * n . d ® n atzten Wochen sind nun von Lublinski 2 ), Scholz 3 ),
‘ ^ vr?^ 111 ?!’) Fälle veröffentlicht worden, in welchen un-
anfeOnehme Nebenwirkungen des Serums beobachtet wurden Die-
se ben bestanden in Erythema multiforme bei hohem Fieber, ver-
n^ d cLnT 1 GelenkschT ?' erze T 1 ?. ( Lll blinski), Erythema multiforme
wLi elenl -f Cl p m f Z f ? hUG * ieber (Schoiz), hämorrhagischem Ex¬
anthem mit Gelenkschmerzen (Mendel), Urticaria mit Drüsen-
^lenkschmerzen und Muskelschmerzen
(Cnynm) Die Zahl dieser Fälle ist im Vergleich zu der ausge¬
breiteten Anwendung zwar sehr gering; sie erfordern aber doch
üln eSpreC J Un f’ i-v 6 !? l ie y on gegnerischer Seite ausgebeutet
werden, um das ärztliche Publikum vor der Anwendung des Mittels
abzuschrocken. Vor allen Dingen muss hervorgehoben werden,
dass bisher keiner der Patienten einen dauernden Nachtheil davon
gehabt hat und dass in allen diesen Fällen das Mittel auf den
diphtherischen Process in günstiger Weise eingewirkt hatte.
Es fragt sich nun: ist diese Nebenerscheinung etwas, was dem
antitoxischen Serum als solchem eigentümlich ist oder dem Serum
der betreffenden Thiere überhaupt zukommt? Alle Anzeichen
sprechen dafür, dass die Urticaria mit dem Antitoxin als solchem
nichts zu thun hat, denn sie wurde bei uns beobachtet zu einer
Zeit, als das Serum beträchtliche Mengen desselben überhaupt
noch nicht enthielt. Der Gehalt an Carbolsäure kann auch nicht die
Ursache der Symptome sein, denn wir haben früher von dem
minderwertigen Serum viel mehr an Cubikeentimeterzahl und da¬
her auch absolut mehr Phenol als jetzt ohne Nachteil eingespritzt.
Dagegen ist auffallend, dass die Beobachtungen über das Auftreten von
Gelenkschmerzen, Fieber etc. alle ungefähr in die gleiche Zeit hin-
emfallen und dass die einen bei einer grossen Zahl von behandelten
Kindern so etwas nicht gesehen haben, die anderen bei mehreren
1 atienten hinter einander von ihnen überrascht wurden. Dieser
Umstand legt die Vermutung nahe, dass die verschiedenen Serum¬
sorten, welche von der Höchster Fabrik zu verschiedenen Zeiten
ausgegeben sind, sich in dieser Beziehung nicht ganz gleichartig
verhalten haben. 6
Worauf dies beruht, lässt sich im Augenblick noch nicht
sicher bestimmen. Es liegen mehrere Möglichkeiten vor. Einmal
könnte das Blut verschiedener Thiere derselben Art verschieden
sein; oder das Blut des einen Thieres könnte diese Eigentümlich¬
keit während des Immunisirungsprocesses erwerben, das des anderen
dagegen nicht. Ich möchte an die früheren Versuche über Trans¬
fusion erinnern. Man hat damals beobachtet, dass z. B. defibrinirtes
Blut von Fiebernden anderen Thieren transfundirt, Fieberbewegungen
verursachte, während das Blut von normalen Thieren diese Er¬
scheinung nur hervorrief, w r enn grössere Mengen injicirt wurden. Es
wäre daher denkbar, dass das Blut der zur Serumgewinnung immuni-
sirten Thiere in bestimmten Stadien der Immunisirung in höherem
Grade zu derartigen Nebenwirkungen Veranlassung giebt. Endlich
wissen wir, dass z. B. Ipjection von Hammelserum häufiger Urti¬
caria hervorruft als Ziegen- und Kuhserum. Also auch die Thier¬
art könnte von Einfluss sein; diese Erklärung hat die meiste Wahr¬
scheinlichkeit für sich.
Ein grosser Theil der von mir behandelten Kinder erhielt
Kuhserum injicirt; es scheint mir, als ob das Serum dieser Thiere
so heftige Nebenwirkungen, wie sie beschrieben sind, nicht besitzt.
Ich habe die Erscheinungen, wie sie von den genannten Beob¬
achtern geschildert werden, erst in allerletzter Zeit einmal beob¬
achtet, bei einem Kinde, das 17 Tage nach Injection von Pferde-
serura Fieber, ein masernähnliches Exanthem an den Unterschenkeln
und Schmerzen in der Muskulatur des Oberschenkels bekam. Nach
24 Stunden waren alle Symptome verschwunden und das Kind so
munter, wie vorher.
Wenn also zuzugeben ist, dass solche Nebenwirkungen ern¬
teten können, so braucht man deshalb die Beobachtungen derer
nicht anzufechten, die gesagt haben, dass das Serum ausser harm¬
losen Hautausschlägen keine Nebenwirkungen habe. Im Gegen-
theil, das Fehlen derselben bei der grössten Zahl der Fälle spricht
dafür, dass diese Eigenthümlichkeit nicht allen Serumarten zu¬
kommt und dass es bei der Darstellung des Serums durch geeignete
Maassnahmen^ verniuthlich vermieden werden kann. Aber selbst,
wenn das wider Erwarten nicht der Fall sein sollte, könnten die
*) Archiv für Hygine Bd. 18.
) Lublinski, Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 45.
?, ch< Y 7 V Deutsche med. Wochenschrift 1894, No. 4(1.
.) Mendel, Berliner klin. Wochenschrift 1894, No. 48.
°) Unyrim, Deutsche med. Wochenschrift 1894. No. 48.
__JM7
bisher beobachteten Erscheinungen nicht die Anwendung des Mittels
verbieten, wenn sein Heilwerth feststeht.
Ebenso wenig dürften die völlig aus der Luft gegriffenen Be¬
hauptungen, dass das Serum Nephritis und damit den Tod hervor-
rufen könne, einen objectiven Beobachter einschüchtern. Ich komme
noch unten auf die Frage der Albuminurie zurück.
Seit der Veröffentlichung meiner letzten ausführlichen Statistik*)
m der Zeitschrift für Hygiene, Bd. XVII, sind die Untersuchungen
auf der Diphtherieabtheilung des Instituts für Infectionskrankheiten
ununterbrochen fortgesetzt worden.
Vom 15. März bis zum 1. December dieses Jahres sind 119 Fälle
von Diphtherie bei Kindern aufgenommen worden. 117 davon
wurden mit Serum behandelt, zwei wurden von der Behandlung aus¬
geschlossen, weil sie am achten Krankheitstage moribund ein¬
geliefert wurden; bei beiden handelte es sich um septische Diph¬
therie, mit Verlegung der Luftröhre durch Membranen. Sie
starben innerhalb einiger Stunden nach der Aufnahmo.
Von den 117 behandelten Kindern starben 13, d. i. eine Mor¬
talität von 11,1 0 / 0 .
Es kamen zur Behandlung am:
Zur Bestimmung der
Krankheitstage richtete
ich mich ausschliesslich
nach dem Datum des
von den Eltern angege¬
benen Tages; also ein
Kind, das am 17. er¬
krankte und am 19. auf¬
genommen wurde, rechne
ich als am 3. Krankheits¬
tage befindlich.
Krankheitstag Gesammtzahl geheilt gestorben
1.
14
14
_
2.
30
29
1
3.*
29
29
_
4.
9
8
1
5.
11
9
2
6.
6
3
3
7.
5
3
9 ]
8.
6
4
2 I
9.
1
1 i
unbestimmbar
6
5
1 1
117
104
13
. Die Mortalität der
ersten drei
Kränkln
nur 1,4%.
Von den behandelten Kindern standen ir
Alter
Gesammtzahl
geheilt
0—1 ,
fahren
3
2
1—2
fl
4
4
2—3
18
16
3-4
ff
14
11
4—5
20
17
5-6
10
8
6-7
11
11
7—8
10
10
8-9
7
6
9—10
7
7
10—11
7
7
11-12
5
5
12-13
1
—
117
104
war demnach
gestorben
1
2
3
3
1
13
Es fällt, auch hier wieder die hohe Heilungsziffer der Kinder
unter zwei Jahren auf, welche Koerte ebenfalls beobachten konnte.
Bei sämmtlichen Kindern wurde durch die bacteriologische
Untersuchung der Nachweis geführt, dass es sich um echte Di¬
phtherie handelte. I 11 zwei Fällen von schwerer verschleppter Di¬
phtherie des Hachens und Nasenrachenraums konnten in den
Krankheitsproducten im Rachen immer nur Coccen, aber keine
Diphtheriebacillen gefunden werden. Bei beiden Kindern kam es
zu einer Otitis media, die spontan perforirte. Im 0breiter fan¬
den sich nun die vorher vergeblich gesuchten Diphtherie-
bacillon neben Streptococcen. Im Rachen waren die Diphtherie¬
erreger wahrscheinlich schliesslich von anderen Bacterien über-
l ) In der im Verlage von J. Springer erschienenen Broschüre von
Schleich und Gottstein „Immunität, Infectionstheorie und Diphtherie¬
serum“ findet sich im dritten Abschnitt die Behauptung, dass in meiner
statistischen Berechnung drei Todesfälle ohne Angabe des Grundes weg¬
gelassen seien. Verniuthlich hat Gottstein, der selbst zugesteht,
dass die Differenz um 1 % zwischen seiner und meiner Berech¬
nung nicht von Belang ist, die Zahlen in den Veröffentlichungen
von Canon, Schuberl, Voswinckel, Weibgen in der Deutschen
niedicinischen Wochenschrift zusammengezählt und mit meiner Statistik
in der Zeitschritt für Hygiene verglichen. Es ist ihm anschei¬
nend dabei entgangen, dass wir auch noch im Lazaruskrankenhause be¬
handelt haben; hätte er die dort behandelten Fälle hinzugenommen, so
würde er gefunden haben, dass die Statistiken nicht um drei Todesfälle
differiren, sondern um 24 Fälle mit 9 Todesfällen. Diesel* Umstand erklärt
sich sehr einfach daraus, dass in den Krankenhäusern noch Kinder be¬
handelt wurden, nachdem die Berichte an mich abgegangen waren, die
zur Grundlage meiner Statistik gedient haben. Ebenso sind die Fälle
18—22, von denen ich genauere Krankengeschichten in der Zeitschrift
für Hygiene mitgetheilt habe, erst nach Fertigstellung meiner statisti¬
schen Berechnung abgeschlossen und daher nicht mitgeroclinet. wne ich
auf Seite 504 des 17. Bandes der Zeitschrift für Hygiene und Infeelions-
krankheiten ausdrücklich bemerkt habe.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
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H>H»iv Kfrhgiiff .' ZUrnHfni ; }oil\R dfKj> rNditoij Kialhnvinkel ^rliwcllc*!
K&i«. Alhninunt . ' . 7...;-.
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Alcmhruacn au.sdbt. ISTir scheint cs. als <>K ihes dep l'iitl *.
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stinummo- ndf den fran^vsiveKen Fui^clrnrn.
JÜie Absfossuuo tlcr Beider, wnr in den IdH ^ehfdlthP-t^jy
^cftiUr »*iuo»« cphj-aii.vbn Fdu^riO' imlh’jVf^ gtijtäfcwn 21*
rtlvö tu7l du- U4HYt‘; 0)1 H*- -4ur7 es km Trm hootJihiR'-Lum, \'f»n
♦Ipli 23 fCimlor!i..'bhi dcium die- -Ten cKpuiotnic mehl n>hv y.ti tuu-
ph’hob %fV. ^ona^ob 41. ^-0 47i8 , 7ö- -
-CKcm' Zald e»du -!>cUyKh‘nd. wem» man bcdcrdvl. di>V' »nu‘
dm aljciliümKift'mij^-src >do?n^c die Ilulimtiou mi Üjicrntihit Kh^üh.
IKboi*. \tiitsM IbRdow dt pf'KpÜtc'h F4dpti-i);niah‘a!i> ;fn£>u Ale/: ßih- , , ^ : - v * ,-. .. , .i,
lictciuttio- in dfts K^tRv-nhavis fins^ctüjirl I und am■ niic.hKihn Ta*i 1 oil»*n(U*t na.c-h d«r JnjocGr.ji n r> awcUm» Tai* tH n»al. am n»Mr
1- mal uni ywvdteii'la^' ducaul j )as \V;u Iim'u der AthcimioGi n,uh j Tüjf BO mal, dm vycrtf-!ii Tag; 24 mal. am fiintlcn Tag ‘ (l mhJ ‘Z“ 11
tiiT Inject iou in ilfu Imidn* letzten Milieu kann x« aunl.o.- oei-aut ! seduslch Ta^ 9 nwiK am ach Um Tag 2 und
.Zin-nckgOt'-rd.H ^uenbor H.aCv die K.^innoutU Membranlnsunu eine j - Tp cijroir» ;..dn? ersten .KrAükh.tHUKtHgys hli.ah .hiltirrr«' ^'t
Zuiiahne* • dor Sttno^t (uobeiiiiln te ln den 2l dcddlHi, weh In» nicht 1 (dpe ni/ico-fttion fUo- cnicu Toitsillc licslchen, das Kind litt
7MV Trachcuroniie kamen, b-sfmnl icu.mmii Heism-k.-it mul belhonho' . der i)>pm !»«rir an Ucrb.^iitiK des ! inferkietcrs. suppimdiver k-vj 1 ^'
Husien, ucniial nnsoerihm, St-imi‘-»r, a.-htjmd ;».o b no- h inspicatoris.-he ; dnnftfs der rermcabUunen und Otitis loetilft. mit.- iiuhcru loeü*^
Kiuziehüinree des .Kpikfisuiuüi mul .JuguSuiu. Die; gCsfurbCMCti ; Vier lOuR r«n Lan uxdiphtitcnc hatten im Raelnm kninciv
Kiiid»*»’ hatten s;inriuiibdt jp den f’isten 12 freunden hiU’li der Aiii- \vcH1h>«! Heia.e, (lei dc»i ü)jjdji'on seehh Fdllct! tchlcn tun
n-dmic tmciu'oitunn-» werden U!ii>ro>n. rciciiend gemuH Kotizen tii»cr das Vc.r.seliW'itidcB -d^‘
Du* Kid icrniio^ th'f-Kaiiiii**. irci-iuu- in der ülnw wice-ujulcn Mtdic- Kestandhii nlho uucli hier nur wenige Tagte f>An&r.k ?öhiHn ^
j'.ahl Um lGilfe r>hot* Sed» w iuOgkfütM am tUiUuu bis um len Tage
ve- fi dem Dweauiilviimm. •< roten Ktm’ungcu Iro J.I-mUuvgavei?!iMf|l nie.hf
aul, Alit vereijUöltüi AimmtlUHeu wnrdo stutgi die Tt'nujmutumia
in ferhu’- oüpgatüjir.f. Iiiu Ka eh hei i findJ nug hcrdUKtid in Itüi ttlöf intim»
von Brdavjittser, \v*ui>i' dir BWüatfaiUifjt de* Scr-ms »v rufordefU:
Oie IntuhatW wuf-dr in ketninn K'rRle rifn Koliikopriiipbthene
vnrgehommHi.
iCH’! ,4H'. 11 Hin, tl'H vv '. 1 . . t •
doch die Ahiüsiing (Re Mcnibmnen jieseh3ci)Uli*t ZU WrifU.'ö.^ ^
lh*V' Ablösung der McTübfaie'i; «seM eine s*-harte AbjrnM'Ja^-
d“rsvdbC!! iln« yns<,n(h‘ Oe-Athe voraus, dm »nemt %
bis db U f i<iuferv dujtlii-h sicht,bur Rt. Ich ntdcUfd nnUah auo’k’
lieb 'udöueuj. daa* jede. ‘„IngaU: Ibibaddliuig uiid äUendüi) oß ^
VbrnniHh'U ivni‘dn)i »jiuss, • wdüxi man dhisco Ä,bIÖ^ rt1ü ^|d
den TfonporainrabRil vtKch Scrmniinoctbui vertonen wdJ. ^
fu juno^Hd Zelt, Ut, wie oben' brwiihu.U bcl;aUjO»A Z, ; '
c bbi Be^ipu dct' Bh* ] Komubmjeuimteh wirkten m-hädlgaoil auf die Kvueea eig. . .% n
eget) byrien. wurde i für diese Behauptnng sind zwor nicht- erhrari*», ^ (1i ,.,
I einem KKtde. weh*.he« OipKthcv})» ?Ab-bt. eine Nepliß a* Z- ' ^
IJhs Uehergeejfnn. diphtlfei hi»*hon «ut
dun Reüllcöpi' tu soii\h'a}j -FjUlen, die*
huodluojC Tveino Gar.v n^yudfbtMnuH^.
nJohi-fl.R h k G Mm I)t M ,$, ■ ' . , ■ 1 iv»«wo. wr.icm.^ mi ", r • f *i„,n
W»o> dm VfrSonf der Temperatnr und des Puisce tm-di ' ^uoi wohl oR crtmGmile Begründgeltet«, t
doii IrucctioncQ arihei. ritlb, so rnos*. ich meine früher* Behauptung, ; )Vcoig wie. der; Versuch von Hi Mer nui KaT)in*Uen. .. ))n j.. ( ,
imi frischen UAlleii hiiuho .ein tust keitjsches Kinken der Tom- t.m- Ucgniithnil hübe i(de beobachtet * 4ld^hei der
pepatar f-uii-.M lom.'.-cr.-co »hm ^••idtnrh.tuiH’fO) yvn Ko orte u. n.) ’ Mrbrsuth! der Fdtic. in »lauen zuf Zeit der (Tstrot !' ]{ f . r! :.
• Albuminurie ■bestund, Mojehe auch spriier piclit »‘hin»! ' f
t 6 ^ho ro uottjf uyiRvi, p Trarhiu3i.mniceu. i Wurdü t,»*} Nniniivtllldivp Ktuden» wühroflct der ü 1
Go gle
20. Docomber.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
949
Krankonhausaufenthalts täglich untersucht. Nur bei sechs der
kleinsten Kinder war kein Urin zur Untersuchung zu bekommen.
Von den 104 geheilten Fällen verliefen 57, also über die Hälfte
ohne jede Albuminurie. Von diesen 57 Kindern waren 13 am
ersten, 22 am zweiten, 13 am dritten, die übrigen neun am vierten
bis achten Tage der Krankheit eingeliefert. Das einzige Kind,
welches schon am ersten Tage der Krankheit behandelt war und
dennoch Nephritis bekam, war das obengenannte mit den zahl¬
reichen Complicationen und lange andauerndem Fieber. Die Albumin¬
urie dauerte bei ihm neun Tage.
Von den 41 Kindern mit Albuminurie bestand bei neun die
Albuminurie nur einen Tag (sechs am Tage der Aufnahme, drei am
zweiten Tage darauf), bei elf dauerte dieselbe zwei bis drei Tage,
meist an dem Aufnahmetag und den folgenden Tagen. Diese 20
Albuminurieen sind wohl als „febrile“ aufzufassen: bei allen handelte
es sich nur um Spuren von Eiweiss. Neunmal hielt die Albuminurie
vier bis sieben Tage an; zwölfmal noch länger, bis zu 40 Tagen
im Maximum. Fünf der letzteren Kinder litten an Kehlkopf¬
diphtherie (darunter vier Tracheotomirte). Acht von diesen zwölf
Kindern bekamen in der Reconvalescenz Lähmungen: die Albuminurie
bestand bei sieben von ihnen seit der Aufnahme; bei fünf seit dem
zweiten bis dritten Tage nach der Aufnahme. In einzelnen Fällen
habe ich das nachträgliche Auftreten von Eiweiss im Urin beob¬
achtet, wenn durch irgend eine Complication (meist Lymphadenitis
am Halse oder Otitis media) während der Reconvalescenz Fieber
auftrat. Von den 13 gestorbenen Kindern konnte der Urin noch
vor dem Tode in zehn Fällen untersucht werden: sie hatten
sämmtlieh schon am Aufnahmetag beträchtliche Eiweissausscheidung.
Aus diesen Zahlen geht wohl zur Genüge hervor, dass das
Auftreten von Albuminurie sich in den auch sonst bei Diphtherie
beobachteten Grenzen hielt und dass von einem schädigenden Ein¬
fluss auf die Nieren, der die Anwendung des Serums contraindi-
cirte, nicht wohl die Rede sein kann. Im Gegentheil fiel mir die
kurze Dauer der Eiweissausscheidung bei der Hälfte der Fälle
auf. Auch Roux-Martin-Chaillou konnten beobachten, dass
Albuminurie bei der Serumtherapie seltener auftritt und weniger
lange andauert.
Endlich sind noch die Lähmungen zu erwähnen. Ich habe
bereits in meiner Abhandlung in der Zeitschrift für Hygiene
und auch später stets betont, dass man nicht erwarten darf,
dass nach Serumbehandlung Lähmungen gar nicht mehr zur
Beobachtung kämen. Ich hatte besonders auf die Untersuchungen
von P. Meyer hingewiesen, der bei Kindern, die der Diphtherie
in den allerersten Krankheitstagen erlagen, beginnende Degenera¬
tionen in den peripheren Nerven bei der mikroskopischen Unter¬
suchung derselben eonstatiren konnte. Ist die Degeneration schon
in der Entstehung begriffen, wenn die Serumbehandlung einsotzt,
so wird auch die unaufschiebliche Folge dieser Zerstörung, d. h.
die Lähmung, nicht ausbleiben. Wann der erste Grund zur Dege¬
neration gelegt wird, das wird im allgemeinen wohl von der Schwere
des Falles abhängen. In dem einen schwer toxischen Falle werden
einige Stunden der Gifteinwirkung das bewirken, was bei einem
leichteren Falle erst nach Tagen eint ritt. Es wird hier aber ebenso
sein wie bei den übrigen Nachkrankheiten. Je früher die Behand¬
lung eingreift, desto sicherer werden sich derartige Folgen ver¬
meiden lassen. Ich glaube daher, dass bei frischen uncomplicirten
Diphtherieen, wo die Erkrankung nur noch im Rachen lokalisirt
ist, der Eintritt von Lähmungen gar nicht oder nur ausnahms¬
weise zu befürchten ist. Es ist aber unzweifelhaft, dass es Di¬
phtherieen giebt, bei denen in verhältnissmässig frühen Stadien die
Serumbehandlung zu spät kommt, um Lähmungen zu verhüten.
Unter meinen 104 geheilten Fällen habe ich Lähmungen 19 mal
beobachtet. Wenige Tage anhaltende Schluckbeschwerden habe ich
bei einem Kinde des zweiten Krankheitstages gesehen, bei dem
schon Tonsillen, Gaumenbögen und Zäpfchen mit dicken diphthe¬
rischen Membranen bedeckt waren und bereits Foetor ex ore be¬
stand, als es aufgenommen wurde. Ein anderes, einjähriges. Kind
des zweiten Krankheitstages mit schwerer Rachendiphtherie, die
bereits die Gaumenbögen ergriffen hatte, und bellendem Husten
litt einige Zeit nachher an Heiserkeit. An Iaryngoskopische
Untersuchung war bei dem Kinde nicht zu denken: ob also that-
sächlich Stimmbandlähmung Vorgelegen hat, kann ich nicht beur-
theilen, da andere Anzeichen (Eintritt der Nahrung in die Trachea)
fehlten.
Bei den am dritten Krankheitstage eingelieferten Kindern war
7 mal Lähmung zu verzeichnen. Bei fünf derselben war der Kehlkopf
von der Erkrankung mitergriffen gewesen, die Lähmungserschei¬
nungen bestanden einmal in Gaumensegellähmung einmal in Gaumen¬
lähmung und Lähmung der unteren Extremitäten, lmal in Accommoda-
tionsstörungen, 3mal andauernder Heiserkeit, einmal leichter Ataxie der
unteren Extremitäten bei aufgehobenen Kniereflexen; 5 Kinder des fünf¬
ten Krankheitstages hatten einmal vorübergehende Schluckbeschwer¬
den, dreimal stärkere Gaumenlähmung, einmal Stimmbandlähmung (bei
einem tracheotomirten Kinde). Ein Kind dos sechsten Tages litt
nach der Tracheotomie eine Zeit lang an Schluckbesch werden, zwei
des siebenten hatten Schlundlähmungen (das eine mit Accommoda-
tionsstörungen, das andere mit Ataxie der unteren und oberen Ex¬
tremitäten verbunden). Ein ^jähriges Kind des achten Krankheits¬
tages litt ebenfalls an Schluckbeschwerden, ebenso eins, bei dem
der Beginn der Krankheit nicht festgestellt werden konnte.
Störungen der Herzthätigkeit habe ich fünfmal bei Di¬
phtherieen des fünften bis siebenten Krankheitstages gesehen, die
sämmtlieh von Anfang an unter starker Albuminurie verliefen.
Drei davon starben nach 14 Tagen bis 3 Wochen (s. u.), zwei ge¬
nasen unter entsprechender Therapie (Digitalis). Störungen der
Herzthätigkeit im unmittelbaren Anschluss an die Serumiiyection
habe ich nicht beobachtet.
Rocidive während des Krankenhausaufenthaltes habe ich nicht
erlebt. Eins der von mir am ersten Krankheitstage injicirten und
als gesund entlassenen Kinder erkrankte vier Wochen nach der
Entlassung an einer Halsentzündung und Heiserkeit, die nach
einigen Tagen ohne weitere Behandlung verschwand. Nach An¬
sicht des behandelnden Arztes, des Herrn Dr. Vanselow (Rum¬
melsburg), dem ich die Mittheilnng verdanke, hatte die Erkrankung
einen diphtherischen Charakter, wenn sie auch leicht verlief. Eine
bacteriologische Untersuchung konnte ich leider nicht mehr vor¬
nehmen, da ich zu spät von der Erkrankung erfuhr. Dass nach
Serumbehandlung Recidive auftreten können, ist leicht zu begreifen;
man muss sich sogar wundern, dass sie bei früh behandelten Kin¬
dern nicht häufiger Vorkommen, da man durch die Seruminjection
allerdings die Krankheit, aber damit auch den Selbstnnmunisirungs-
process bei den Kranken künstlich abbricht.
Von den gestorbenen Kindern verlor ich zwei innerhalb der
ersten 24 Stunden, drei innerhalb 24—48 Stundeu, zwei am dritten
Tage, je eins am 4. resp. 6., 11., 13., 16. und 21. Tage nach der
ersten Injection. Die in den ersten vier Tagen gestorbenen Kinder
waren sämmtlieh tracheotomirt, ohne dass die Operation den ge¬
wünschten Erfolg gehabt hätte. Ausgebrcitete Diphtherie der
gröberen und feineren Luftwege war hier als Todesursache anzu¬
sehen. Alle hatten bereits bei der Aufnahme Albuminurie ge¬
habt, dementsprechend fand sich in allen obducirten Fällen Nephritis,
die sich jedoch iu keiner Beziehung von der sonst bei Diphtherie
gefundenen Nierenentzündung unterschied. Das am sechsten
Tage nach der Behandlung gestorbene Kind war am vierten Krank¬
heitstage in einem schwerseptischen Zustande eingeliefert worden.
Schmutzige membranöse Beläge erstreckten sich bei ihm über Ton¬
sillen, Pharynxwaud, weichen und harten Gaumen bis an die Zahn¬
reihe des Oberkiefers, aus der Nase floss jauchiger Eiter, die Hals-
drüsengegend war diffus angeschwollen. Der Puls war klein, die
Extremitäten kühl; dabei bestand hochgradige Albuminurie. Es
gelang nicht, die gesunkene Herzkraft zu heben, zumal jede Nah¬
rungsaufnahme verweigert wurde, und am sechsten Tage erfolgte
der Tod, trotzdem die Lokalaffection sich entschieden gebessert
hatte. Drei Kinder starben nach 10—16 Tagen an Herzschwäche,
bei allen hatte Albuminurie von Anfang an bis zum Tode in hohem
Grade bestanden. Alle drei hatten sofort nach der Aufnahme
tracheotomirt werden müssen, da sie in höchster Erstickungsgefahr
eingeliefert wurden.
Zwei von ihnen (Aufnahme am siebenten Tage der Krankheit)
gehören zu der bereits früher von Ehrlich und mir geschilderten
Kategorie von Fällen, in denen die lokale Affection wohl ausheilt,
die Einwirkung des diphtherischen Giftes jedoch vor Eintritt der
Serum Wirkung schon so schwerwiegende Veränderungen in ver¬
schiedenen Organen hervorgerufen hat, dass diese der fettigen De¬
generation anheimfallen. Das dritte Kind (Krankheitstag unbekannt)
starb an einer Streptococcenpneumonie mit hämorrhagischer Pleu¬
ritis und septischer Arthritis des einen Fussgelenks, das letzte
starb nach 21 Tagen an einer schweren Sepsis mit Blutungen aus
den Schleimhäuten und unter der Haut.
Es handelte sich um einen Knaben, der uns erst am sechsten Krank¬
heitstage mit einer jauchenden Diphtherie der Nase, des Rachens und
des Kehlkopfs und starker Albuminurie zugeführt wurde und sofort
tracheotomirt worden musste; im Verlaufe der Erkrankung trat Otitis
media, Blutungen aus Schleimhäuten und Ilämorrhagieen unter der Haut
auf, so dass der Knabe schliesslich der Anämie erlag, ein Verlauf, wie
er bei schweren Fällen bekanntlich nicht- selten beobachtet wird. Die
lokale Affection hatte auch hier einen günstigen Verlauf genommen, so
dass die Canüle am achten Tage entfernt wurde.
Was die Dosen des Mittels angeht, welche von mir ange¬
wendet sind, so liegen sie innerhalb der Grenzen, welche von Ehr¬
lich und mir 1 ) für die Serumbehandlung festgestellt sind.
In ganz frischen Fällen bin ich mit 600 I.-E. (Höchst No. I)
ausgekommen, bei zweifelhafterer Prognose wurden sofort 1000 I.-E.
l ) Zeitschrift f. Hygiene u. Infectionskrankheiten Bd. XVII.
Digitized by AjOusie
Original from
UNIVERSITY OF MICHIGAN
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Imf, Im «fliirnndijm wird nmn aber mit. der gose hi liierten Oum-
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WetHi ich nohb vHHmd auf’ GOmd mmnor obigeie HrMirnngen
«in Unheil abgobon suU, KU läutet es, \Oe HU seimn \vi. M ij-*fh(.H
UMSgTWlUoi Ui'U !}}»■};)*»', »hVSS fü iJ ii !ViO I* t «H'.W i) Vt.eb k ii O iJ , j f* ff T!
Ba-il von J/iptith'o.riv Puf ; .Sr*i-njn a.u heilen. do-m «••-. u u.-t
Imi frijifbjpi.1. aOi:o«ijfliufi(a)» h Y iU.)inv v *j n RiU-hofVdi pk.-
liirrip gMhum'i. muss. <int*i’h .■inr)‘.'<*uh^:«-!iti-iia.s»“iiiiii-
Stell “TU eit Ift-ijiü^: in „v/ ieh.n, Am r h i-.N <| ='< KeUüud-
lmj£ der . spüreren S f nd fn/i der K r:\n-5; heit in. diePrw-
0vu\ Ae de?; fi*irrt Ih»?kit als oh ue SrtriimU oha tu! Ju ng.
III. Ueber plastische Abdrücke des oberen
Kacbenrauma, insbesondere der Choanen').
Amt Ha iiiiHtsraHi I >r. RfljJiiwnu in Köln.
Htdhfrm Si-halH- im Jabre 1*7" eint 1 NVr*^foitKt >11 *tImtt'c' i»H£iv-
ovheU, ml; tJiMCMi KfUiö dir NasrnrhUidon; unter Srhuivimg: (je:; Hm
-b-'a -u .. i 1 >■•'•■! < w rrdoij können sind OuluHir l< • ii»*.!• ...iHdouniir
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koiiHfe dinm nuuh an dun neioUidTu /\inlniokeii mjvk'.vdscü,
das flowdlUiV imi.fi ounvnx,- >aid plan, bald rojum ,m-> uva \h hu
m rsHiHdmeui \\ i?il;-l_ ijt dir hinu-ir u'om« NHu-Hid Ai».J>TnAv
a‘> iadivhdrvn iuilie iri» lüfd'nos: WisSons /uu*:H ,i t! c L , n,; tP i,
dH jdi/d walusdomdivh .t,. r HidxWf Vuhljdn-n. d'n im auOdiV
Nirm*: Nt'sdid war.., .mm -schon desnuf _ -elM-ijw fi.-isnuh* -u, fSH« ,
und RMHmnM'vU das Vorkomumii ruAvv und uureyeUiiassH w'Sfaiu'b!
Vhuöiivfi zu UmvidsH;; undiioh auch eijm sidnar rammln nr ,m
hi-ndu \dir,irv;iÄijlu>u ßin^viildü hei rügen VImiäwh
p dmmi. Hu» nouativun '\1 mIimi, k minrn mb ;auan^ •.»•rjiMttrki w
; ' : ' -dn W asser «•'rweirdde.H- l]-avtg(iiinnid. spitirr vmaidtiolsf der .«m.
VOM Sur h hui ah IriMmUtort Hirni - C'oinnjjsiijrtl Wvl.d.r di. /.du-
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?hs lu^hrri-r i, putlmluwiv-u«-UM ; |fomi.M^dum |Amdnm.nu j;d>- Kurdien- i WAill idästlsdi >:u uotdm:d
g uS»Hv *0 m*( rNit^i*» Aad'dtt'.s uijr driH miflrä'.er ife^ioiMdi
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deV NTgfUb lad |,rd)rndrH gegrUfdirra so ist es - kh>r, <hv.--s der Uhino-
Hkopikei- eidtud« paeihuh, d. h. an dm» der lldmvmtmug ya'güng-
}i<di"n HtHleii *rbid- vidi hftidlpT uln-' dv>t-AlOttwtu ‘Mmsirmr Ilejltmle
7,\\ #tei) in (ie laiAin. Idvmnili dn^ adv dlsu nwr sOjiienv von T\ux
j-’dg -H(d mlitviiflnn HfHlivimgHsvdndNo die INddude dv*i AiiZ
IptrteH mmnrnKWefdh zu vmutag^ vuvau-sgr^xh'k, dass dH
lluuijrmht.n^en kinriHVip' SiiyJ mul gfV«mnu;!k v.erd.u A Hjfg^
txOhtdudie ludnud« 4 aus diiwon - \ ludl m, ripn moufr im {nur dtmNUm R,w.
rimu n drs Kmprrs vrhdlrTd.ij.-.hro, : .srhri,d. dn’v de.s.lml:j. Hartm
gnravk- ProkUkilH 5uk «ih»,.- fm Km^lugab ’ aii'v t , r „ x . , v . , , . v
i-rduuid. wHswmfi srimn vm Juhtvn uuf da> i,h ; hi ^d!eu«‘ AVk-ymumu- ! Aidangm rann irnquenimv fHbersKdU und a-HHiamligm
guvvis^j., \..»fi'tiidrruugni des i] ( , U g. a uü--. und di r ('Jmanf-n ' bii- 1 ’H-ml ivmm als dui' f litrmskujriselKi Hpio|c.ol WwHr. .der pHlpi^io.**
druei. If^ dnhm m d.v fa'Krvaim H*;dtr dH ßud.mvpr dir- j ^ tl5 - n ..•' -- H ' - ... •/ y ^
Wund wir rt m «n : Bitweldou den Kutetm der ftitfen.
so kOlHnvd ieli mmvst. wirdor und' dnn anfangs srhoi? omibw'm ’k
daidmn vju nrk. Mau kann mit Hülle der Abdrtmke inwL.vw
• : Zeit gn einer Saminiuug von Aiiomalieuii (l<*s ohureti. ihe'lwH
; idts.ejmities g^iatigetr, wri.'he OMuotioj.te.ti niemals mwliat-H
; kunnrn, h us. dnu .'jjifHi ften Ornnde, weil ditn (»diOiImm, d ’i'i'
| wni-umu-ritei» sind, not gan?.- au<nnhjti>vvad;-?ri-fdunial .-/»»jr H.rrtion c»*
| hingen. Hie iWHtd^un also dhd' tdui) tldhei. I’iir. tlvn A«-
Hdiiiouiigsiiiitovnrht weiH ikmdljuher nml hetpiemer ad THfiuMd
W Pmi oh ou>di fd> d*dt 1'ott^rifUk mieh warfhvollef' ist-, die
d«i A-nCMHulitTwu srlhst diakon^lrtrei^ di %audfd» ee sielt luw d»«- 1
irotuwe nur um emmi eln^ei'n^n oder ' wenig vertunaelfv fll.v',
wainviid dje Ahdtairke eine gan/a* Herrn der vrmehir'lendvii Atu 1
meSiu-en vor/.oführmt gestatten Vuf ?dle Falle hiete» mw
wdistNntiiirPk
: Art- duu-sa-irdie KiulVruimg- de» TobenwulsH von eimtndc. ^
öuüiuiiirUiidks äiiir C-ldianaleltene d- n
TAu 1 '" .e m, "‘'!' n Wi KcßUtiWr« ini-im-r OiX-fstidtdi.fto.i,
uct ,t:i!!V'f. hHtSi'wtiwn Bu<l in lW^anJct .Mif-urT!
ÄlMliwl« iiui'1. n.Tj Kr« ;i,Ui>."m>n »T.-il.vi.',.it "dim" 7 .iuill ! k ’ u '! 1 1 Jl '’nmt.tUfen Zahlen in Vwaftw.li : s» «<;* S"’
Von Vor) r/igeii .. m ! Ve.rößVtdiie.hiiieoxt; Uuh^ X V la / • ^ tjmrS) W iur die ...BeuHhtdiimg. H» *
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Jkrftnd L ,tg n. : ^rmittelkd -Zahlon in Wrglmeh, so efgoMit siel?
' ertrjig, gehalteo in <Hv !h- \ eo'Oe^iS:.!,^;. Swei-irnj divs leteruat
me.iiein. luitgresscs m ;Be m am ! l. -,A|?m .mkk. ' * K u a
Hi-eiio geiniufen. Rneittfor Inap limiwuiv ltoelt t mm 0*f dH Pj*H
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Bir.e mm .Hi-eüof.sedliude /er die Wase/v.. Iku heu- iiioilMmr- I. lh :^ " j > h Mdou 2B mjn. dtoult und U mir«
iii'giute. ^ v ii(U. Ami». Cid, Tl. isT7. - . ^ete. wach meinen hirthengen Mrsstuigen dar! nnm ahrt >1.«? »-
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11 ^ a . .„. , , 1 *. td ! phv!v«*»iukhe.Uon des Ky.löui^ .»He. i ? cip?.ig lRs •
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'Vermyle und patjudag. V tat.-
isgT •■ 'l a f.r ? i-‘ * } - Wa>. iNiit..VatortdrMdier U. A.-rztu, Wldm(h--ji ’ •/
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/«r nornodiifL'ie v^'holutr. AJitduthir ;«Hs I»»•».!** r;^ : -
hdtk:t.ioU-w:einnh. .iena IHHM
Hl
20.December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE) WOCHENSCHRIFT.
Biologische Mindestmaass bei Erwachsenen selbst noch niedriger
ansetzen, auf etwa 20:10 bei Männern und 18:9 bei Frauen.
Derartige Choanen bezeichnet man am zweckmässigsten als kleine
und alle, welche das physiologische Minimum nicht erreichen, als
subnormale. Je weiter sich nun die Maasse in einer oder beiden
Richtungen vom Mindestmaass nach unten hin entfernen, um so
mehr gewinnt die Choane den Charakter einer verengten Oefif-
nung, einer Stenose. Aehnlich verhält es sich mit der Distanz
der Tubenwülste. Je kleiner dieselbe ist, um so mehr tritt die
seitliche Verengung des oberen Rachenraums hervor.
Da ich seit vielen Jahren den Nasenrachenraum der Mehrzahl
meiner Patienten nicht nur mit dem Spiegel, sondern auch mit
dem Finger zu untersuchen pflege, so war mir die Abschätzung
der Choanalweite geläufig und das Vorkommen kleiner und enger
Choanen feststehende Thatsache. Doch erst die Abdrücke und
ihre Ausmessungen lieferten auch mir den, ich möchte sagen,
mathematischen Beweis derselben. Während nun erheblich ver¬
engte Choanen nicht sehr häufig sind, findet man subnormale Choanen
schon durchaus nicht selten, kleine Choanen aber so häufig, dass
gerade diese Wahrnehmung mich zu dem Vorschläge bestimmt hat,
das physiologische Mindestmaass der Choanen Erwachsener, wie
oben angegeben, festzusetzen.
Mein Material betrifft vorzugsweise Personen mit Erkrankungen
der Ohren oder der ersten Respirationswege. Hieraus den Schluss
zu ziehen, dass enge und kleine Choanen oder Rachengewölbe
ätiologische Beziehungen zu Erkrankungen der Nasenschleimhaut
und der Tuben haben, wäre verfrüht, da wir nicht wissen, wie
viele ganz gesunde Menschen Abnormitäten jener Art besitzen. Das
aber kann man wenigstens um so sicherer sagen, dass Entzündungen,
die aus irgend einem Grunde bei Leuten mit engen hinteren Nasen¬
öffnungen entstehen, schwerere Erscheinungen hervorrufen, als bei
normalen Choanen. Verlegung der nasalen Inspiration, Circulations-
störungen lokaler und allgemeiner Art (aus Gründen mangelhafter
Respiration und consecutiver Ueberladung des Blutes mit Kohlen¬
säure), consecutive Hyperplasieen etc. müssen nothwendigerweise
eher und leichter bei engen Choanen als bei normalen zustande
kommen und hartnäckiger sich erweisen. Was die Tuben betrifft,
so kann die mit verbildeten Choanen oft vergesellschaftete Ver¬
bildung der Ostien und Knorpel schon mechanisch ein Hinderniss
setzen und das Gehör beeinträchtigen. Je enger aber der obere
Rachenraura ist und je näher die Tubenmündungen aneinander
liegen, um so leichter kann die Entzündung einer Seite auf die
andere übergehen, um so eher können Eitercoecen in Tuben und
Mittelohr einwandern oder (durch Schneuzen und dergl.) hinein¬
gepresst werden. Diese Verhältnisse werden durch Gegenüber¬
stellen eines normalen und eines stenosirten oberen Rachenraumes
am besten beleuchtet.
Sehen Sie sich diesen Abdruck des normalen Cavums eines 30jährigen
Mannes an, der, abgesehen von der Nase, wo linkerseits eine Crista septi
mit der Concha inferior verwachsen war, im Nasenrachenraum normale
Verhältniss zeigte. Die Choanen sind 22 mm hoch und 11,5 breit; die
Tuben Verhältnisse sind besonders links schön ausgeprägt: die bogenförmig
geschwungene Rosenmiiller’sche Furche breit, glatt, frei von Schwellun¬
gen; der Wulst stark entwickelt, ohne in das Lumen der Choane vorzu-
springen; das dreieckige Ostium weit; die beiden Falten (Plica salpingo-
palatina und Plica salpingo-pharyngea) deutlich ausgebildet; man bekommt
den Eindruck, dass die Function dieses für das Gehör so wichtigen Oanales
in bester Ordnung ist. In der That hatte auch der Mann ein ganz gutes
Gehör. Vergleichen Sie hiermit diesen Abdruck stenosirter und asym¬
metrischer Choanen eines 65jährigen Mannes, der an äusserster Taubheit
litt. Die linke Choane ist nur 11 mm hoch und 9 mm breit; die rechte
sogar nur 9 mm hoch und 6 mm breit; die Tuben Wülste stehen nur 9 mm
auseinander; die Recessus sind flach und verstrichen, die Ostien auffällig
klein; rechts verengt die vorspringende Tubarpartie die ohnehin schon
enge Choane noch mehr. — Dieser Abdruck hier zeigt subnormale Choanen.
Er ist einem 35jährigen, an Ozaena und Otitis media purulenta chronica
leidenden Manne entnommen. Das Choanenmaass ist 16:10, die Tubar-
wulstdistanz 15. Weiter kann ich Ihnen schlitzförmige und unregelmässig
gestaltete Engen zeigen. Interessant ist auch dieser Abdruck der Choanen
einer 22jährigen Ozaenakranken mit ungewöhnlich kurzem Septum und
grosser Rachentiefe (60:40). Es zeigt sich hier, dass der freie Rand des
Septums nicht in der Ebene des Choanalringes liegt, sondern etwa 20 mm
weiter nach vorn, so dass die Muscheln frei in den Rachenraum hinein¬
ragen müssten, wenn sie nicht ganz und gar geschrumpft wären. Viel¬
leicht hat hier in frühester Jugend eine Randnekrose das Septum so er¬
heblich verkürzt, denn bei anderen Ozaenakranken, auch bei solchen,
welche ein relativ kurzes Septum besitzen, wie das 17jährige Mädchen,
dem dieser Abdruck hier entnommen ist, liegt der freie Vomerrand wie
gewöhnlich in der Ebene beider Choanen. — Auch bei diesem Abdrucke,
der von einem 16jährigen Mädchen herrührt, ist das Septum ganz unge¬
wöhnlich verkürzt und 16 mm von der Choanalebene entfeint. Da sie
aber an einem der genuinen Ozaena diametral entgegengesetzten Process,
an Hyperplasie der Muscheln nämlich, leidet, so ragen hier in der That
die Enden der Muscheln, besonders die der unteren derart in den Nasen¬
rachenraum hinein und so nahe an die Plicae salpingo-palatinae hinan,
dass sie Neubildungen Vortäuschen. Das sind nun nicht etwa polypoide
951
Hyperplasieen der Hinterenden der unteren Muscheln, sondern letztere
selbst mit ihrem von diffus verdickter Schleimhaut überzogenen knöcher¬
nen Ende, wie der tastende Finger auf das bestimmteste nachweist.
Doch darf ich hier nicht näher auf Einzelheiten eingehen,
um die mir zubemessene Zeit innehalten zu können, und ich beeile
mich zum Schluss Ihnen die Technik des Verfahrens zur Her¬
stellung von Abdrücken kurz auseinanderzusetzen. Man nimmt
Stent’s Masse 1 ), etwa eine halbe Platte, und erwärmt sie über
einer Lampe so lange, bis sie weich geworden und sich über das
zuvor gewärmte Ende einer gebogenen Zange 2 ), oder besser noch
eines ad hoc verfertigten Halters*) als länglicher Ballen formen
lässt. Während nun dieser erkaltet und wieder hart wird, zieht
man den zuvor cocalnisirten weichen Gaumen durch Gummischläuche
nach vorn in der Weise, wie ich es wiederholt schon beschrieben
habe (je rechts und links wird ein Drainrohr von vorn durch den
unteren Nasengang nach hinten geschoben, das hinter dem Velum
erscheinende Ende des Schlauches gefasst, zur Mundhöhle heraus¬
gezogen und mit dem anderen Ende, indem man beide stark an¬
spannt, über der Oberlippe verknüpft). Hat man auf diese Weise
und durch Niederdrücken der Zunge mit dem Spatel einen be¬
quemen Zugang zum Nasenrachenraum gewonnen, so nimmt man
den Halter mit dem geformten Ballen wieder auf, erweicht dessen
vordere zwei Drittel durch Eintauchen in heisses Wasser oder
über einer Lampe, drückt ihn gegen das Rachengewölbe und nach
vorn hin gegen die Choanen an und hält ihn vier Minuten lang
unverändert in dieser Lage fest. Nach dieser Zeit ist die Com-
position wieder erstarrt und kann mittels des Halters leicht heraus¬
gezogen werden, ohne dabei nachträgliche Formveränderungen zu
erleiden. Nach Abwaschen des etwa anhaftenden Schleimes oder
Blutes legt man den Abdruck in ein Pappekästchen und umgiesst
ihn mit einem dünnen Gipsbrei. Schon nach einer halben Stunde
kann man die Form durch Einlegen in kochendes Wasser von dem
erweichten Negativ befreien. Will man weite Choanen abdrücken,
so muss man sie vorher durch Tampons von Verbandwatte so ver-
schliessen, dass die Masse nur höchstens 10 nun in die Nasen¬
höhle eindringen kann. Nach Abziehen des Velums lassen sich
die Ballen von Verbandwatte mit Hülfe einer Rachenzange bequem
in die Choanen von hintenher einschieben und mit dem Zeigefinger
so weit nach vorn drängen, dass die Watte nicht mehr in die
Choanalebene hineinragt. Nach Vollendung des Abdruckes schiebt
man die Tampons vermittels einer Knopfsonde oder eines Ohr¬
katheters wieder aus den Choanen in den Nasenrachenraum zurück.
(Auch bei hartnäckigem Nasenbluten, aus den von vorn nicht er¬
reichbaren Theilen der Nase, ist diese Art der Tamponade der
mittels des Belloque’schen Röhrchens üblichen weit überlegen.)
Bei engen Choanen kann man die Tamponade ruhig unterlassen.
Man muss sowohl der Grösse des an den Halter angeformten
Ballens als auch dem Grade seiner Erweichung eine gewisse Auf¬
merksamkeit schenken. Ein zu grosser Ballen geht nicht in das
Cavum hinein, ein zu kleiner füllt es nicht genügend aus. Was die
Consistenz des Ballens betrifft, so bekommt man die besten Ab¬
drücke, wenn dieselbe ähnlich der eines gekneteten, weichen
Modellirthons ist. Durch Uebung findet man bald die richtige
Mitte heraus.
IV. Aus der medicinischen Abtheilung des städtischen
Krankenhauses in Frankfurt a. O.
Ein Fall von acuter hämorrhagischer
Nephritis nach Anwendung des Behring-
schen Diphtherieheilserums.
Von Dr. Otto Treymann, Assistenzarzt.
Im Einverständniss mit dem dirigirenden Arzte der medicini¬
schen Abtheilung, Herrn Dr. Glaser, erlaube ich mir, unter
20 Diphtlierieerkrankungen, die ich vom 7. September bis zum
3. Deeember im hiesigen Krankenhause unter Anwendung des
Diphtherieheilserums zu beobachten Gelegenheit hatte, einen Fall
besonders hervorzuheben, da er gegenüber denjenigen, die bereits
*) Am zweckmässigsten ist die „Perfected Modelling Composition.
Extra Soft Quality“ von C. Ash & Sons.
*) Von Zangen nehme man eine am oberen Ende rechtwinkelig ab¬
gebogene stumpfe oder Hakenzange; sehr gut eignet sich dazu die von
mir seit zwölf Jahren benutzte bezw. abgeänderte Catti'sehe Zange, welche
mir auch jetzt noch in den meisten Fällen von adenoiden Tumoren zu
ihrer vollständigen Beseitigung in einer Sitzung nach vorgängiger Be¬
nutzung des Gottstein’schen Ringmessers unentbehrlich ist.
3 ) Der aus Aluminium verfertigte leichte Halter besteht aus einem
vom Griff stumpfwinkelig abgehenden festen Stabe, der in eine kleine
Platte ausläuft und etwa 3 cm unterhalb derselben rechtwinkelig umge¬
bogen ist, und zwar in der dem stumpfen Winkel entgegengesetzten
Richtung. Dieser Halter ist zweckdienlicher als die Zangen.
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
• :
052
DftTCSOHS MEDIClKiSCHi WOCHBNSCHEIFl'.
N r o 5!
muffen tlieht sind, Einerntliüraiiciikeitöii sowohl
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in fernem Verlaut schHössöir, da^ I3Ä• . uihfit '• 3 'eim oigmtliUaiHßliÄ rtiiÄ. &v:
tÜtk Terün-' Sendern hidlmth auasulj. P&m tw iät i&\& 3 ,^.
JMmndiuW mi. ,j\'; » -.• /a-?*, - rn
2,' t . Ootubcr. Imdav SüPtu^xIlloi^ fmd-' HaisdriistM wüili**ftß« 4 • .}* ia-re
sehwbÖfJK srüimbvsdmfk AnsilöHü mtrcs 2!iH*üv Stwi^b« *<i<# s^apiv,,-:. ^WrittMlub
nach s»*jjm’. EntUasaiif» .bereit« wtedbr «tistdÄeB isf iiu
j? Auluhiö.; Es dwsfnhs “
■y.
20. Öcj&bmv llabiire tferflBssujrtk mtiig. Änf de.u L'or.mv-r-UtMi u.id
stark gorütlioipn töüßühm,\Ih&nn umt eompuf tercr.. srimitmrr.
IÄ$/ Dais«i» gerutgff. wamW* Aiijfv»i‘4uöißh4h0 in' 1 - J’ni- |«8. j
f\<>ir< AÜnimuo. ’]>.u«[i ; 88, E' -2B.Ü.. !
29, OCbdir/'. mm m^Brivuüiü'n, Om.kw;. Aut J»*i- r /,u>;;.<<
. Hibfiibs- v«>n-.'^fni:ü--dickCfi) Hrbm, iMh-l i2, Temi». 2Hf. - CO.2.
20, Q/dolm?;.- AJIlm m< mimwimi ^i>i. Apprtit. iti i l'r ?>'•
.' BruseV- 'IVipj/. V -
Hl. 0-,t(.i-.r-r r», 1:, 2- Kovomlmh tm Halben nur tioolf imWtU' ibvki-o
iA'iib^Hi-iibt'iJiirotj. Trin*))U>ft äHSithitodtf. Xdngo ruht, Khm 'AJhuwvn.
■ Tühty. H7tl'-dö.0 r ' : ; :
•1 y^vemhiü. ÄbimUtf grossn; Ü?i.mhf t wcüiofbih«* BÜMmung; Auf
•dar trafen ••'EmbbÖn* .CUmäbo1m$i$b lind ‘.Wfd^h
Ihd^ IbjtA/tieij: v(jn No. ! P/iN , Ö&hsr. lAlatifm.
lump. 27,b
4. MC -Hvlsiv. iiaErrMc
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sohcLiumgeu tqd Seiten der o/rch in IfeoMMueg
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SiXiiiitboiM üa (h*r i-Hj'«u-<:on^siölu 1 . Mit ih’r ßrn^l n:»«l auf
b: t.i<Mi n. •OeUiech» i i% < AibUmen in» "ff am. •
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ggttzoh
V. Acute hämoirliagisclie Nephritis bei
Diphtherie (ohne HeilserambeMncUttag).
Von Juli««. 8cltw»]^ i« Ecrliiu
Itie^alfe !ir?‘;iitn«uug:. 'U? in der Bliitlo'zeif dur Ibhirkulitin;»'
vor vier ".Jahren ' BrebavIiMnig grla.ogfe Int vtjedprfiolt ,-i* h in
unsA^iti hßi iirtr de« Tdphthctieiitulserujns; it»
dein Iii.*st:r**ii>m, über df-n fb'-r.'V’C'.’t.irif lif.n- idfAt-.l dr* thmiwi Miud-
i:m kierv IfjM.hnil m grwirmfü stfidni jimitahei* dtuv "V'-viuu! seif."’»
Kr*uikij.-jr>;fäl»e mit ‘früs^ftrüf- Aoftneck.cia.mkeit afb «dvur u»nl ferßlfr.•
Urüiitmtliid- lud «Hier Cnwisson FrüdisposiUna zn ttdiiApmjtisch
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20. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
953
sie ist doch andererseits nicht so selten, dass manche Autoren
unter denen sich selbst pathologische Anatomen befinden, nunmehr
sich den Ansehen, geben dürfen, als ob jeder Fall von Nephritis
auf das Heilserum zurückgeführt werden müsste.
Nur bei einer besonderen Form der acuten Nephritis könnte
man leicht m Versuchung geführt werden - und damit komme
ich zu meinem eigentlichen Thema —, einen ätiologischen Zusam¬
menhang zwischen Nierenaffection und Heilserum zu construiren
nämlich bei der acuten hämorrhagischen Nephritis. Darin
stimmen alle Autoren tiberein, dass im stricten Gegensatz zur
Scarlatma bei der Diphtherie-Nephritis nur höchst selten Blut im
Urinsediment gefunden werde und dass deshalb auch das übrige
Bild der diphtherischen Nierenentzündung fast stets von demjenigen
der scarlatinösen Nephritis in ganz wesentlichen Punkten (Oedem
Urämie, Herzhypertrophie) sich unterscheide. Kommt also plötz¬
lich bei einem mit Heilserum behandelten Fall von Diphtherie
eine so ungewöhnliche Erscheinung wie eine hämorrhagische Ne-
phntis zur Beobachtung, so liegt allerdings die Versuchung nahe,
die Ursache für dieselbe in dem neuen Medicament, dem ja ohnehin
„blutlösende 44 Eigenschaften nachgesagt werden, zu suchen. Wie
vorsichtig man trotzdem in dieser Deutung sein muss, lehrt ein
Vergleich zwischen dem in dieser Nummer publicirten Fall von
Trey mann (s. S. 952) und dem folgenden, den ich im Kranken¬
hause Friedrichshain beobachtet habe und mit gütiger Erlaubniss
meines früheren Chefs, des Herrn Geheimrath Hahn, hier publicire.
Hugo Schwarz. 10•/-> Jahre alt, wird am 8. April 1890 auf die Diph-
thenestation des Krankenhauses Friedrichshaiu aufgenommen. Vor vier
Tagen ist er angeblich mit Hals- und Brustschmerzen erkrankt. Heute
ist starke Athemnoth aufgetreten. — Rachenschleimhaut und Tonsillen
sind stark geröthet und geschwollen, letztere sind mit gelblichen Mem¬
branen bedeckt. Starke epigastrischo Einziehungen, Stridor, leichte
Cyanose. Mit Rücksicht auf die hochgradige Larynxstenose nahm ich
sofort die Tracheotomie vor. Nach derselben wird die Athmung frei,
das Gesammtbefinden gebessert. — Temperatur (Rectum) 37,9. Urin ohno
Albumen. Therapie : Inhalationen mit Wasserdampf.
In den nächsten fünf Tagen nimmt die Krankheit einen regulären
V erlauf. . Die Rachenbeläge stossen sich allmählich ab. Die Temperatur
erreicht in maxuuo (am dritten Krankheitstage) eine abendliche Höhe von
3J,/. Gesammtbefinden befriedigend. Urin zeigt nur am sechsten Tage
eine leichte Eiweisstrübung, ist sonst albnmenfrei. Am siebenten Be¬
handlungstage wird die Canüle entfernt; die Athmung bleibt frei. Am
16 April Temperatur normal, Urin ohne Eiweiss. Am 20. April beginnen
leichte Temperatursteigerungen — in rnaximo einmal Abends bis 39,6
(Rectum) —, die wir auf eine doppelseitige ausgedehnte Bronchitis zurück¬
führen müssen. (Die Tracheotomie wunde war inzwischen verheilt.) Der
Urin war stets eiweissfrei und ohne Sediment.
Am 27. April, d. h. am 20. Behandlungs- und am 25. Krankheitstage,
tritt plötzlich unter Steigerung der Temperatur auf 40,5 Erbrechen ein,
Patient ist leicht benommen, klagt über starke Kopfschmerzen, und es
macht sich ein leichtes Oedem des Gesichtes bemerkbar. Der Urin war
auch am Morgen dieses Tages noch eiweissfrei. Am nächsten Tage jedoch
(28. April) zeigt der in seiner Menge stark verringerte, röthliche Urin
einen stärkeren Eiweissgehalt ( l U der Harnsäule), und in dem reichlichen
Sediment finden sich zahlreiche rotlie und weisse Blutkörperchen, Nieren-
opithelien, Epithelial- und Blutcylinder.
Bis zum 1. Mai bleibt die fieberhafte Temperaturerhöhung, das Oedem
verbreitet sich in leichter Intensität über den ganzen Körper, der Eiweiss¬
gehalt hält sich in demselben Grade, das Sediment bewahrt den oben an¬
gegebenen Charakter, verringert sich aber allmählich in seiner Menge. —
Therapie: Schwitzbäder.
Vom 2. Mai ab wird die Temperatur dauernd normal. Der Eiweiss¬
gehalt verringert sich langsam, am 6. Mai (d. h. acht Tage nach Beginn
der Nephritis) ist nur noch eine Spur desselben vorhanden. Am 7. Mai
ist die Urinmenge 800, specifisches Gewicht 1017. Das geringe Sediment
setzt sich noch aus den Bestandtheilen zusammen, wie sie unter dem
28. April geschildert sind. Oedeme verschwunden.
Spurenhafte Albuminurie wird noch bis zum 24. Mai nachgewiesen,
von da ab ist der Urin eiweissfrei; das Sediment war am 17. Mai zum
letzten male nachweisbar.
Am 5. Juni wird Patient als geheilt entlassen.
Stellt man diesen Krankheitsfall mit dem von Trey mann ge¬
schilderten zusammen, so wird man gewiss nicht abgeneigt sein,
beide Beobachtungen als Parallelfälle zu bezeichnen. Alle Momente,
die dort als abnorm hervorgehöben werden, finden sich bei unserem
Patienten in gleichem Maasse wieder: die Nephritis ist acut hämor¬
rhagisch, sie setzt plötzlich, sogar erst in der Reconvalescenz am
25. Krankheitstage ein, sie dauert in ihren markanten Symptomen
nur sieben Tage (das Fieber verschwindet selbst schon nach fünf
Tagen). Tn unserem Falle ist aber kein Heilserum angewandt
worden.
Freilich, wird man vielleicht ein werfen, war in dem Trey-
mann’schen Falle das Albumen schon am fünften Krankheitstage
völlig verschwunden, in unserem dagegen erst am 28. Tage. Ob
aber — von der Bedeutungslosigkeit dieser Differenz abgesehen —
in dem ersteren Falle auch das Sediment zugleich mit dem
Albumen fortgeblieben ist, wird nicht angegeben; bekanntlich findet
man bisweilen bei abklingendor Nephritis noch ein geringes, aus
Nierenelementen bestehendes Sediment, wenn die Albumiiiurie schon
aufgehört hat.
Ein zweiter Einwand wäre der Hinweis auf das Einsetzen der
Nephritis bei dem Treymann’schen Patienten zugleich mit einem
masernähnlichen Ausschlag, wie er in einigen Fällen als Folge¬
erscheinung der Heilseruminjection geschildert worden ist.
Es liegt indess kein zwingender Grund vor, die Möglichkeit
eines zufälligen Zusammentreffens dieser beiden Complicationen
auszuschliessen. ! )
Meiner Meinung nach soll man dieselbe Vorsicht, die man bei
der Beurtheilung der anscheinend günstigen Wirkungen eines
Mittels übt, auch bei der Abwägung der schädlichen Compli¬
cationen, die während eines neuen Heilverfahrens eintreten, walten
lassen.
VI. Ueber Diagnose und Theorie des Morbus
Basedowii.
Von Dr. F. Lemke in Hamburg.
Wer sich eine Theorie über Morbus Basedowii bilden will und
vor diesem Durcheinander der buntscheckigsten Symptome nicht
aus noch ein weiss, muss unwillkürlich auf den Gedänken kommen,
dass die meisten derselben nicht zu dem Krankheitsbilde gehören,
sondern nur zufällig bei dem einzelnen kranken Individuum das
Bild compliciren.
Bisher ahnte man die Ursache ja nicht, und so suchte jeder
Forscher nach einem neuen Symptom, hoffend, damit endlich den
Ariadnefaden in der Hand zu haben. So kam es, dass alle oft gewiss
nur zufälligen Symptome in ursächliche Beziehimg zur Erkrankung
gebracht wurden und diese uns endlich bin Bild bietet, dessen
Ungereimtheit und Monstrosität von vornherein einleuchten muss.
Dass diese Symptome wesentlich nervöser Natur sein mussten,
ergiebt sich schon daraus, dass nur sogenannte „nervöse Indivi¬
duen“ von dieser Krankheit befallen zu werden pflegen. Dazu
kommt noch, dass ihre Entdecker die Neurologen waren, die in
letzter Zeit das Gebiet der inneren Medicin zu einem grossen
Theil als ihre Domäne betrachten. Vergessen wir ferner nicht,
dass wir bei allen unklaren Vorgängen im animalen Leben nur zu
leicht geneigt sind, alle Fragen und Bedenken mit dem Schlagwort
„nervös“ abzuthun. Man hat sich daher gewöhnt, seit langer Zeit
den Morbus Basedowii zu den Nervenkrankheiten zu rechnen, und
da man sich auch damit noch nicht so recht zufrieden geben konnte,
so verlegte man schliesslich die Ursache in den Nervus sympathi-
cus, dieses dunkelste Gebiet der Nervenkunde.
Da nun noch der Exophthalmus in das Gebiet, der Ophthal¬
mologen fällt, so streiten sich nunmehr vier Specialitäten um die
Berechtigung, die Behandlung dieser Krankheit ausschliesslich für
sich in Anspruch zu nehmen, die Internen, Ophthalmologen, Neu¬
rologen und seit jüngster Zeit die Chirurgen.
Ueber den Wust der Symptome ist man im Begriff, das ur¬
sprüngliche Krankheitsbild zu vergessen, die nervösen Symptome
haben dasselbe vollständig überwuchert. Reinigen wir es daher, und
suchen wir die Symptome hervor, die allen Fällen gemeinsam
sind, nur sie können für die Diagnose maassgebend sein. Die ein¬
fache Logik wild uns dann dahin führen, die übrigen Symptome
für secundärer Natur oder gar nur zufällig mit unserm Krankheits¬
bilde vereinigt anzusehen.
Wenn hierzu die Kenntnisse eines modernen Neurologen nöthig
wären, so müssten auch alle bisherigen Beobachtungen vom Stand¬
punkte eines solchen aus durchaus werthlos sein, und unser For¬
schen w r ürde erst dann beginnen können, wenn diese Herren end¬
lich die Güte gehabt hätten, uns eine präcise Definition und Be¬
schreibung des Krankheitsbildes zu geben. Da dies aber zur Zeit
noch aussteht, so kann sich auch ein Nichtneurologe daran machen,
den Augiasstall zu reinigen.
Die bei Sectionen gefundenen Veränderungen kann man bei
der Beurtheilung getrost, bei Seite lassen, denn was ist nicht schon
alles gefunden und als wichtig hingestelit worden! Ich wüsste
kein Organ zu nennen, in dem nicht, der eine Autor die wichtigsten
Veränderungen constatirt hätte, während in anderen Fällen andere
garnichts krankhaftes gefunden haben. Das ganze Nervensystem
ist durchforscht., ohne irgend welche constanten Befunde, ebenso
das Circulat.ionssystem; die einen fanden Hypertrophie und Dilata¬
tion der Ventrikel, andere Mitralinsufflcienz, fettige Degeneration,
Atheromatose, andere garnichts. Die Ovarien, Milz, Leber, Darm,
Muskulatur und die Lymphdrüsen, ja sogar das Knochengerüst boten
Befunde dar. Diese Fülle besagt weniger als etwas, sie besagt nichts.
*) Wie eigenartig manchmal der Zufall spielt, dafür mag als Illustration
die Thatsache gelten, dass von den 4 Fällen acuter hämorrhagischer Diph¬
therie-Nephritis, die im Zeitraum von 10 Jahren im Krankenhause Friedrichs¬
hain beobachtet wurden, 3 in dem Halbjahre, in Welchem ich die Diphtherie¬
station leitete, vorgekommen sind. ...
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDlUmJSGHE WOCHENSCHRIFT.
lieh in ftttdem 1 AH. als bid der Otdorose) diu UrsnchB ,seii> kojiRi-uV
nicht dlJe von rj^ditameiitos ^eksllrc!!
ESlIon dafür, dasn He te Grond istV Ahm; weje^ir ÄrtHH tlfo
fohlorhHftc IksehüffHiheilA Hier ist do?: Punkt, wo tfj c
Forschung; ciiizusctefii-}>ai.
Tinten wir zu di>sim ftwerk« der Frage nilbev nnUidn. <m
gäben, welche das Blot/ bilden und *Mfiö %imtnjinrunsotsunc f»;f.
ÖusKim-. 'Neben Milz und Knoebemnark, den idtgomciti als’solche
uiiorkaimtnn 0'rg>nmi 5 Uofniid« nun Hotdj die G&ßduHi tÖy rwiihä i«
her', <nratender Weide in Bei.ra*dd, dio IhHtHiUing ihrer knnctiuTi
ist durch die (Viebuxu* strumipfiva ulie« ad jkjüldf dinnon&tnfl.
Ob itfiyx Tbdirgkeit mH de« murjdioiu^isobon Ik'stiimJthdhm d-
Blutes <>dm mit smueu rheinischen Eieense.hailmt ?.}i tliun hat. jn
nmdi meid ru tHiUiedeii. UdZtmvs igfc aber tltös Walb^höialliTtt
Uw st l'iuun BofdiUiditiing von BredA der «ach MiliKXSlinwri'-.Tr
einet» stark rcriu iiHljwte« Geh ui t des Blutes an rot-hoi nml wcis^i.
Blutkörperchen feHHcdlb*, dm - Wieder verschwand um] dein »b>f}»mka
V »wUajjiii.-?.*. Platz sinn Mo. mudulvni eine {dotzlinbe An^d.wcilnen
der Schi hblrfUe Wffgkmff-eu war, ist meines Wassens nur nach in
eraom Falle von UöhleGl pMWwhfe. Wo rmidi Milzexstirpidiou m
zv.ujftü»t Tage ei m hülwermgruiwr Amwhvvellung der SolüW««ii.v
rdnir/it. Wer ty»r tmu darum >ogar Wenn ein 4kwi
*/n ; veTDljireüminm ?)/ihu Buckst IbasH Mode,. kn' musste mo^keliri-
Wend^b wir ans von dm Bofuhdeii ite% ; S^h%oWj'sthek zu dtm
#ü fm%n wir:
Svmptmnco (}cy bdmndidi JbvtkmtWh . , ,
i Se|> wo re. '»St üning der Pgytlu; und des (mdtodmi ven.w dnm» •
iAummhaitig-iieiU Zynksnebt, .jVdumm lh.uuvs.Gou, S( hl:it!o-izh«-il.
srlvwHMlm Intelligenz ja gaifzlidm ix-moni-m. Ueriuamuitos KopB
ntd», Schwindel, IJrfitfwlmu, Em p Ü n dl wh koli geure i\ GprKusohö, lim h-
gradigen TrejrwV, SpfaeMt-Örungfw. Tahc«
2, Stöiruige« im; Auge: f'A ophtha ln tus.U r & e i 1 eGe be s P hüit owe«,
PiipillunstarrP. JnVlmrungmj HrzWher A «ge«invwkWn* EffUüiiiJU «gen
dH • ; .C<^ , ft^x''^t H s i :Jirüul* t uh^ißn des öcrdrhWl'el{ic$
H, AnsehwrUun^ dm- (jüamlnia fhyrom'den.
. ; i, IHliridiu rWriHa rslk 'dvss DffWos bW nieiH
j*«rükti jjßr'zltiihöfi: ' : .. "
n,/AsthWMU'clie WifiillC
(T A^erdacnJue^H runnoii, Che»ihö»ui Ui-tnm h*u^ Abtnaaerunu.
7;; TorTiborgohHide Befubdo Hm Xitiil Znekör.
H:. -MnüSir.untirumsdftrutpJrrn.
H liviu-i-hUtiOsis
Schon bei. dieser sl.srfk sfnmijmvisi'lm»» AufziÜilPng s'dom \vir,
Wie-.gut i'y hi. a dass iiiehf alle din?o Symptome für die biagno**
nhfldo- simi, sihvderu die 'mW/doii liur duzli diHtru. die - Diagnose
zu Hübmi. lA uare »n’d.-t-dzlioji sieh dax r-hwsisiiir Bild nnum or
Krankhmt - an einem Individinni vorrttdlon zu uuiss.m. das. uibdi
mp- ciisnu orhebli( 1)011 Tlnbi .dieser Bvoipimne dnOiote.
XiffAiHdMr "Vv'otHu sind also dm. nnUtbn deiSsidlieh i.h krdno/h
oder ‘ ndb C'O'nöei’ut.i.vrni ZuomnmvjihaD^n mit trlgedUWmii
kr>iiikung zuC dmikrii ;.:SU(dieii wir a)K.;'i (Ufdbüigno .lijuniis; 8.1«*
Flierl VVüJrn gemeinFiim Wutk ndr sie kdnmm uns mit do,u richtigen
um h d(T ErkranKMfu^ürsüclie -Hihreri.
Da giobt os nm'- eimuv absolut uozr) ti'oiüjiiidioii ; 8ym.i»ii>i*n-p-
HJtn:ploxV tlas b&firfum rdi'dA und dtd» vibrirrüdon Xj^ninr des ganzen
Körj>dra\ bnsomhns dn* Ir.h hnvorzugf* uhsirbtlirb
den Ausdrutk FWifium fordiFr,' dvhn Tm% t rc^vdio fht ihr dirwn
Ziictaud oio rml zu Zalumw WoO. ! >tr BuUfi’mjoOnz Br nur
^r!uHZ)i>H;-.\v*'iso unzugobon. j*:do^ Zdhh-n. St nTimÖglich, dabri
sind in fnsch'U FiUlmi dir llorzt/iiie min. *u>t nm-Ji U)'Tt«.oro|-
Zeit* bddon sudi ftos 3)insr^ rbd]rij?Ui oordis ist so
»horaktoristi>?ch, dass jod**r. der vs Hnmid hr-oba« blot hat, <S bio
wtodor vm*gi&*rt und. H-lmn duraua all ehr mft Sicbeidudt die Di-aguose
akiggprevlien kann. Für dbäi 'Promur. das Scliwi>itui «Ir^ grenziui
fvdrpmv, liegt* ^ubäWiKk der (indahko onlm. . ibVss .os : der _4ns-
druck ilnt: fortwo}){ia.hzivv, Vlüyzactimiujj s(4, doch wliWM -mir dar
l Ufsbuid dngogon- v.w; &prreboi!, dass iuhji rs om- boobafd'i^ iui
Stohen und lad Bewegung^»; un Siizru und Biogen ih^xn-n jbih.*
buHcht,
V'ou den. boidon deinnörbst liiifltlgston %»u)^iin>p.tL der Struma
nbd .dom BKOj.iithaimus ist atigrman aberkAnut, Ua.yy ihiv Air
wormthril; für dfr. rdagu^or nmhfc ndthwrivibg j-u s;>^ : ^rid bi
vu'ir:! irischen bdllöH nicht Yoiimmlf-n, ukki kau>t'?fhrr mit Sixhor- 1
iwb rnv .Uem. d<ms oins von bmih'm udm bobh* abdr in» VoriauM
der l'd'kriujhung liinzugi'Coibu! vmaioti. hicsi. h'Wdou SvjnptcMno
müssen hBö logirchrr \Voi; : o , iU r iür rmi:m» uti\ hü-j' werdtm,
sie k.öimnn dao \\ eson der i\ rankheit. .nivhi. o.us.uiaclu'n somun-u
• s Bitzen und viuviarhcu nur du- Iviobligktdt dm IGiaguosic
V uu aiofb ger.iiprfroib % erthe And allo andaj-on Symptome,
He Hml thnil$ vnnso(utB-or, tfrWls mH-w^sm^spher Nhj'ur und oulu-
jbwum/ ( -;>t Öat .Bold bei wv-wAvd fwwr Bricranhuho. JGmson
viii das ubon _Uosavtc kurz ziiaammmi
Strumy »iiein tst kein .Morhup Basoilnwi», j ln r»so \\oulgj bx-
up]iUuil.m;nR ajüAn.. AuWi- SfMnni umi Exopinh/jlmus kaun ^nii ht:
<*oi ui - und-dch vibri re öden Tromnr der .MusIculaUir dir
vanMi't.
Auf hinb-rmi) Wege Kusnme uh 'also zu demse]l>rn ibHi.
wie Bol<-hborg in seinem Wdiürmi VoUrage iii Wioo. A‘ii i
ä-ussore rbi^ Kro|ify^ eh- 4et^eRte,.-gfess oti**!?
hart oilej- welch ist. kunuhf m g:n mehr, iiti^ ich habe d)es*dl>
s< h v.>r* H Fraviieiuuügen bmfbtoditet hm gi-ossoa und hm Ic^uiuaw
AVjn«haren JvröplM,
n.-vtür Kpreeheu doch r»U«*h die Db'ht melif* anzubm;Mf.aH : '‘:i
folgn .de;- })}]H..ie!!m) itxstjrp.'hinnen, die von allen Sehen g«wa
via-rdrn, Ek ,ist ilas SHiickknl jeder UpfM’atimi. die ein »eiirs Bi
fhr di» Cliirui'gie ovi>buH. iB}gidV>jndet zu worden, allniaidirli U(!
jndmdi die Tlmtsaebch mten und die B^'oer versUuuumn
irum- mu h. Schon im Jnbvp 1890 umind erste BuhUeaneü
Yj/ ( j-wtv Basj-dnw nbt d«h vVoi'feu gcKchlossei) zu haben ah-r M<;
liitsedow gfliöfi ju- iü nnf die inneren, H‘hdem auf Ä ^l»1
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Aber die Wicsflnsehaft bedarf prih-iwr l o» y«''
Morbus Bascdowii. oder ns >d kOmv i ; S
ditmr «ogyitminte« „falachori“ Formhh •ctveo. ti-‘c
an Morbus B.o^ivdowti.
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tdOtiCi) m n r- die DlrtgiidaO
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der Theorie zuv Praxis über mul- j'rugmt -Jir
erste« AnzmOien und dem l.legihP -ih>r krank-
fast allen hiUlmv das ller/hinphni ergiihiou,
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lilorniischcv Basis zu md[ui»;keTu ‘t.»liegt-
hlorose ist nher das Herzkinjifmi, slunii lic.ei
a Itaml; ji Ir <■ h Io ro j t^ch viüii «dort »?
?s i si' im s t n n »1 r, o i nc n bo>.ch 1 o u n j gei» »|c u
erzt bä. tigki.it a u u öboii. 4 ’
it'iiudu Bc.dou-.htm- mofhllPjc dos IJer.ztiöpfe.n
»ou \ose Oninde zuiab Uzutubre«, sonder« jeder
das- not die Oldeidod'te Vios(ImOVudioit des
d; wird' dresc geV»eHhrt, bh fer^h w i n det uatdi
v spll hiebt auch Jüdin
’:dhWtmJu$ Blulies (imMir-
20.December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
des Herzmuskels und der quergestreiften Muskulatur zum Aus-
druck kommen, legt mir den Gedanken nahe, dass das krank-
hafte Product der Schilddrüse ein specifisches Muskel¬
gift ist, welches den normalen, physiologischen Muskeltonus herab¬
setzt und den Act der Contraction in viele kleine, oberflächliche
Zuckungen zerlegt.
Beim Herzmuskel ist das Delirium cordis der Ausdruck dieses
Zustandes und beim quergestreiften Muskel der Tremor.
Ein längeres Bestehen dieses Zustandes muss nothwendio , er
Weise beim Herzmuskel zu einer Erschlaffung und Dilatation führen
und beim quergestreiften Muskel zur Erschlaffung und Verlängerung
desselben. a
Die ganze Muskulatur wird welk, besonders prägnant muss
sich dieser Effect aber bei Muskeln zeigen, die nur einerseits an
Knochen, andererseits aber an Kapseln und Sehnenhäuten inseriren.
Das Prototyp einer solchen Insertion ist aber das Auge, seine
sämmtlichen Muskeln inseriren so. Somit ergiebt sich von’ selbst
die natürlichste Erklärung des Exophthalmus, eines Symptomes,
das bisher allen Erklärungsversuchen getrotzt hat.
Ja man musste sich geradezu wundern, dass es Fälle ohne
Exophthalmus giebt, wenn wir nicht mit Recht aunehmen könnten,
dass nicht die ganze Muskulatur gleichzeitig erkrankt. So erklärt
sich ferner der starre, maskenartige Gesichtsausdruck, der Verlust
der Mimik, das Graefe’sche Phänomen.
Es liegt nun kein Grund vor, die platte Muskulatur von dieser
Alteration ihrer Function auszusehliessen, der Verlust des Tonus
bei der Gefässmuskulatur muss dann nothwendig das Heer der
Symptome zur Folge haben, die wir bisher für speciell „nervös“ an¬
zusehen gewöhnt sind, die Launenhaftigkeit, Zanksucht, Jähzorn,
Depression, Kopfweh, Schwindel etc. etc.
Es erklärt sich die Pupillenstarre, asthmatische Anfälle, Ver¬
dauungsstörungen, Abmagerung, Polyurie und Hyperhidrosis.
Wie in der Therapie oft ex juvantibus die ‘Diagnose gestellt
wird, so schliesse ich aus der Natürlichkeit, mit der diese Theorie
alle Erscheinungen erklärt, auf die Richtigkeit derselben und auf
die Richtigkeit des vereinfachten Krankheitsbildes, das erst die
Grundlage dieser Theorie gegeben hat.
Um seine schädliche Wirkung auf die Muskulatur auszuüben,
braucht das Blut nicht den Umweg über die Nerveneinflüsse zu
nehmen, die Muskeln sind ja die blutreichsten Organe unseres
Körpers.
Die Illustration dieses Textes durch Krankengeschichten und
Beobachtungen, die mir zur Verfügung stehen, werde ich in einer
besonderen Publication demnächst liefern. Jetzt mögen die Herren
Neurologen das Wort nehmen.
VJT. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Halle a. S.
Der äussere Milzbrand des Menschen.
Von Dr. Kurt Müller, Assistenten der Klinik.
(Fortsetzung aus No. 49.)
Betrachten wir die angeführten casuistischen Mittheilungen,
so sehen wir, dass es eine zum Theil recht schwer in den Orga¬
nismus eingreifende Therapie ist, welche zur Heilung geführt hat,
und es muss dies um so mehr Wunder nehmen, da bereits seit
langer Zeit eine ganze Anzahl Stimmen laut geworden sind, welche
von einer energischen Therapie nichts wissen wollen und eine ab- !
solut. abwartende Haltung vorschlagen.
Obgleich zwar schon Davaine in der Jodbehandlung der Pustula
maligna eine specifische Therapie gefunden zu haben glaubte, so
war er doch für gleichzeitige chirurgische Therapie. Alle die Fälle,
wo eine absolut exspectative Behandlung allein eingeschlagen wurde,
rühren somit sammt und sonders erst aus den letzten Jahren her. Man
hatte aus den chirurgisch behandelten und unglücklich verlaufenden
Fällen, welche ich naturgemäss hier nicht anführen konnte, deren
sich aber zahlreiche in der Litteratur zerstreut finden, gelernt, dass
unter Umständen das Heilmittel gefährlicher als die Krankheit sein
kann, und vielleicht mit einer gewissen Fügung in das Unabwend¬
bare behandelte man ab und zu eine Pustel ganz conservativ.
Mit welchem Erfolge, sollen die immerhin spärlichen Mitfcheilungen
in der Litteratur erläutern.
Leonidas Avendana 1 ) hält Ammonium bei der Pustula maligna
für ein Specificum, spaltet aber, um der Lösung die Möglichkeit der Ein¬
wirkung zu geben, die Pustel. Er hofft einerseits durch die in England
officinelle Lösung die Bacterien in der Pustel zu zerstören, andererseits
meint er aber, dass das Ammonium eher als die Bacterien auf diesem
W ege ins Blut gehen und es in eine solche Beschaffenheit versetzen
wird, dass der Parasit sich nicht vermehren kann. Sobald ihm der leiseste
Verdacht einer Allgemeininfection kommt, injicirt er die Lösung in einer
*) Ammonia in anthrax and carbuncle. The Lancet 1886. Vol. I.
S. 79.
955
Dosis von zehn Tropfen in ebensoviel Wasser intravenös. Innerlich giebt
er irgend ein Ammoniumsalz, am liebsten das Acetat. Auf diese Weise
will Avendana selbst bei moribunden Patienten noch Heilung erzielt
haben.
Steiger 1 ) glaubte in dem Liquor Ferri sesquichlorati, welches er
auf die Pusteln aufpinselte, geradezu ein Specificum gefunden zu haben;
denn alle sieben Fälle, welche er so behandelte, heilten ohne alle sonstigen
Maassnahmen.
Swjaginzew 2 ) heilte eine Pustel durch blosses Bestreuen mit Jodo¬
form und Anwendung einer Jodoformsalbo (Jodoform und Vaselin). Er
scheint seine Therapie jedoch nicht für alle Fälle für ausreichend zu
halten, wenn er sie besonders als „erste Hülfeleistung“ bei dieser Er¬
krankung empfiehlt.
Haberkorn 3 ) glaubt in der Unterhaltung einer guten Blutcircula-
tion einen bedeutenden Heilungsfactor beim Milzbrand sehen zu müssen.
Er entspannt deshalb die Haut über dem Milzbrandödem dadurch, dass
er die Epidermis auf lange Strecken in Abständen von 1 cm aufreisst';
diese Einschnitte erneut er fortwährend. Innerlich giebt er zur Erhal¬
tung einer guten Herzthätigkeit bei gleichzeitiger Bettruhe benzoösaures
Natron in 10% Lösung. Wenn er gleichzeitig den ganzen so behan¬
delten Arm dreimal täglich auf eine Stunde in einer rosenrothen Lösung
von hypermangansaurem Kali baden liess, so that er dies nicht, wie er
selbst bemerkt, in der Absicht die Bacterien alle abzütödten, wenn er
auch einen schädigenden Einfluss annehmen zu dürfen glaubt. Die Ver¬
besserung der hämostatischen Verhältnisse durch die Entspannung der
Epidermis ist seiner Meinung nach der wesentlichste Heilungsfactor.
Als Specificum geradezu meint Muskett 4 ) die Ipecacuanha em¬
pfehlen zu können, als ein Specificum wie Chinin gegen Malaria und
Quecksilber gegen Syphilis. Sie soll äusserlich mit Wasser zur Con-
sistenz eines Breies zubereitet und zugleich innerlich (0,4 vierstündlich
mit Morphium) gereicht werden’. Nur selten wurde vor Anwendung der
Ipecacuanha ein Zugpflaster aufgelegt. Auf diese Weise hat innerhalb
von 15 Jahren Muskett bei 50 Fällen stets gute Erfolge erzielt.
Denselben guten Erfolg durch Ipecacuanha-Anwendung berichtet
Davies-Colley. 5 ) Er hat fünf Fälle unter dieser Therapie heilen sehen.
Einer dieser Fälle war sehr schwer und wäre nach Ansicht von Colley
sicher unter jeder anderen Therapie gestorben. Nach Evans 6 ) kommen
der Brechwurzel in der That ganz specifische W T irkungen gegen die Milz¬
brandbacillen zu. Setzte er 0,12 Ipecacuanha zu 5 ccm einer 24 Stunden
alten Reincultur sporenloser Bacillen, so wurden diese sicher abgetödtet.
während Sporen ganz unbeeinflusst blieben. W r eitere Versuche zeigten,
dass das Emetin, das wirksame Princip der Drogue, gegen Bacterien
gänzlich unwirksam ist.
Spohn 7 ) empfiehlt, um dielncision unnöthig zu machen, (Jompressen
von hydrophiler "Watte, die mit folgender Lösung getränkt sind: Chloral-
hydrat 20,0, Glycerin, Aqua destillata ana 90,0.
Visalli 8 ) sah nach Cauterisation einer Pustel an der Unterlippe
ein riesiges Oedem, über Gesicht, Kopf, Hals, Thorax und den oberen
Theil des Abdomen sich verbreitend, bei gleichzeitiger hoher Temperatur,
kleinem und schnellem Pulso und Delirien. Er verordnete jetzt innerlich
Tinctura Jodi (einen Tropfen zweistündlich) und sah nun innerhalb von drei
Tagen den Rückgang der Allgemeinerscheinungen und die Abschwellung
der ödematösen Hautpartieen. In diesem Rückgang glaubt er eine ganz
specifische Wirkung des Jod, wie sie auch Davaine lehrte, annehmen
zu dürfen.
Anderer 9 ) endlich hat neuerdings das Resorein zur Behandlung
empfohlen. 50—70% Resorcinsalbe auf die Pusteln aufgestrichen, soll
diese binnen kurzem zur Abheilung bringen. Innerlich ist dabei eine ro-
borirende Diät anzuordnen. Das Resorein hat keinerlei unangenehme
Nebenwirkungen, es wirkt dagegen sofort schmerzstillend und regt die
Epidermis zur Regeneration an; es erfüllt also diese Bedingung besser
als jedes andere Aetz- oder Desinfectionsmittel.
Ausser diesen Fällen, bei denen eine verhältnissmässig recht
wenig eingreifende Therapie eingeschlagen ist, finden sich einige
beschrieben, welche ohne jede Hülfe von selbst ausheilten.
Ueber einen solchen Fall berichtet z. B. die Lancet 10 ); eiu
Schlächter, der nach dem Schlachten einer milzbrandigen Kuh zwei
Pusteln auf dem Vorderarm bekam und sehr schwer erkrankte,
heilte ohne alle weiteren Maassnahmen.
Ausser diesen ganz zufälligen Beobachtungen finde ich in der
Litteratur jedoch nur ein einziges mal die Idee ausgesprochen,
die Pustel völlig in Ruhe und die Ausheilung dem Körper selbst
zu überlassen.
*) Fortschritte der Medicin. Therapeutische Notizen 1886, IV. Beilage,
S. 155.
*) Swjaginzew, Ueber die neuesten Behandlungsmethoden des Milz¬
brandes und den Verlauf dieser Krankheit beim Menschen. Zdrowie 1887,
No. 32.
3) Central blatt für Chirurgie 1888.
4 ) Edwin B. Muskett, On the specific treatment of anthrax
and anthracaemia and of carbuncle. The Lancet Febr. 1888.
s ) A severe case of anthrax, successfully trealed by excision und
the internal and external use of Ipecacuanha. The Lancet Oetober 17.
1891.
6 ) The Lancet 1891, S. 225.
0 Semaine m6dicale 1891.
®) Visalli, Riformamed. 1892.
9 ) cf. loco cit. S. 1036.
10 ) Northern eounties notes. Authrax and infection The Lancet
30. März 1889, S. 656.
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
956
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Miroljubow l ), welcher zahlreiche Pusteln mit Ausbrennen, Aus¬
schneiden, mit Injectionen von Carbolsäure und anderen Mitteln behandelt
hatte, gelangte allmählich zu der Ansicht, dass man es dem Organismus
selbst überlassen müsse, den Kampf mit den Milzbrandbacillen aufzu¬
nehmen. Er empfiehlt deshalb, die Haut nur vor secunditrcr Infeetion zu
schützen, die Pustel aber sich selbst zu überlassen. Nur bei hohen
Temperaturen giebt er. wie bei anderen fieberhaften Krankheiten, Anti-
febrilia.
Dass durch energischere chirurgische Eingriffe, wie sie die
Incision, die Excision und die Cauterisation der Pustel bedeuten,
direkt die Allgemeininfection durch Metastasenbildung erzeugt
werden kann, scheint mir nicht nur aus den theoretischen Er¬
wägungen, sondern sogar aus einer ganzen Anzahl in der Litteratur
mitgetheilter Krankengeschichten hervorzugehen. Das ungemein
ITebereinstimmende in diesen scheint sicher nichts Zufälliges zu
sein. Einige der prägnantesten Beispiele will ich hier anführen.
Masing 8 ) berichtet über vier tödtlich verlaufene Fälle von Milzbrand¬
pustel. Der zum Theil sehr unschuldig aussehende Primäraffect wurde
cnutorisirt, und während die Kranken am Tage vor der Operation ver-
hältmssmässig sich wohl befanden, erkrankten "sie. jetzt sehr schwer unter
den Erscheinungen der Allgemeininfection, die rasch zum Tode führte.
Bei allen diesen behandelten Pusteln fanden sich Metastasen in den tieferen
Abschnitten des Darmes. Für eine wirkliche cmbolische Metastasenbildung
spricht der plötzliche Beginn der schwereren Erkrankung nach dem Ein¬
griff, die von diesem Zeitpunkt an eintret endo Verschlechterung aller
Symptome und das Hinzutreten der Erscheinungen des Intestinalanthrax:
Leibschmerzen, Meteorismus, Ascites und Durch fülle, während Erbrechen
fehlt, wie wir es haben würden, wenn eine Vergiftung des Blutes mit
Stoflwechselproduoten stattgefunden hätte. Wir müssen uns diese Fällo
so erklären, dass von dem Primärheerd durch den Eingriff losgelöste.
Keime in die Circulation gelangt, an den verschiedensten Stellen ver¬
nichtet werden und nur in der Darmsehleimhaut. welche für die in Frage
stehende Erkrankung den Locus minoris resistentiae darstellt, die Be¬
dingungen zur Weiterentwickelung finden.
Bei einem Falle AlbrechtV) trat, nach Cauterisation eiuer Pustel
am I ectoralis gleichfalls die Darmmetastase ein, in der LancetH ist ähnliches
nach Behandlung einer Pustel an der Backe berichtet.
Ein eigenthümlichcr Fall von Metastasenbild uug durch mechanischen
I ransport, nicht, durch Infeetion auf cmbolischera Wege, ist der folgende
• ^ * 33jähriger Schlächter 5 ) hatte dadurch, dass er das Schlachtmesser
in den Mund nahm, eme Pustel an der linken Tonsille acquirirt: erst
als unter Nekrosenbildung nach fünf Tagen die Affection des Mundes
schon im V erhellen begriffen war, trat unter Frost-und Fiebererscheinungen
ein Darmmilzbrand cm, welcher den Tod herbeiführte.
Hier war auf mechanischem Wege einfach durch Verschlucken der
* , Gelegenheit dieses Falles bin ich auf eine eigentümliche
Art der Uebertragung des Milzbrandes in den Mund durch ein
Schlachtmesser gekommen. Da es eine bekannte Thatsache ist
dass Milzbranderkrankung stets nur auf direktem Wege erfolgt’
durch imlzbraudiges Material, so erkrankeu meist nur Leute die
mit solchem zu thun hatten, oder solche, die mit diesen in’Be¬
rührung kamen, wie Abdecker, Schlächter, Gerber, Fellhändler
Lumpensammler und mit ähnlichen Dingen Beschäftigte. Dies hat’
wie ich bemerkt, einige Autoren dazu geführt, die Behauptung
aufzustellen, dass in zweifelhaften Fällen die Art der Beschäftigung
die Diagnose sichern kann. Wie verschlungen aber die Pfade der
Uebertragung sein können, sollen die folgenden Fälle zeigen
Schon lange ist es bekannt, dass unter Umständen Fliegen«)
d e Infechon übertragen können; aber stets wird wenigstens eine
in !' 1 ' verfangt, und Falle, wie sie KondarskF) an-
fuhrt Uebertragung von Milzbrand durch die unverletzte Haut wer¬
den als nicht einwandsfrei angesehen.
.J" hab ? R au ‘ jl I Menschenleiber die Infeetion übertragen,
Frin ° del , °Pe™ende eine Pustel “ejuirirte. Eine
steckte H 1 >e ' m S< ‘ h a ‘, h ,‘ en emo1 ' milzbrandigoii Kuh geholfen,
steckte als Hebamme eine Wöchnerin an.
Pi., ^i ne . m ^ kwürdi ff abgeschlossene Erkrankung bildet die der
I mselaLeiter zu Nürnberg!»). Bei dieser Epidemie ist das oine
liussiijfMeÄ°r890 U t e . r 2t Beha " dl '">S™ a <t.o<le,. des Milzlmmdes.
r An,,,rax in " ,stinnii8 - st - ****~n~
. J iiwÄcS mtT'l von P " stula st -
51 tl? ° K ? st End - ,rhe Dancet 1890, II.
York med. Joumdm No“ e 2 a m} ' C ° SiS intostinali8 or antl '™*- Kew-
?! ^ az ®tte m 6d. 1847 Febr. The Lancet 1886. Vol. II, S 642
die n^verietzÄl“''fewÄ Z Milz, ’™ d da "*
l»neÄL" n N?rd. B med S A“ ^ t I bl ^ dons den forhold tili
No. öl
sehr bemerkenswerthe Thatsache, dass man schon vorher~m~L
Borsten eine Stäbchenart ] ) gefunden hatte, welche mikroskoDisrh
und culturell dem Milzbrandbacillus glich, aber nicht virulent
Das Essen von Fleisch kann mitunter gleichfalls zur Er
krankung führen, wenn es mUzbrandig ist; ich habe schon vorher
einen Fall von Milzbrand der Tonsille angeführt, welcher ne™
die oft gemachte Einwendung spricht, dass die Milzbrandkeime
vom Magensaft vernichtet werden.
Besonders lehrreich ist in dieser Beziehung ein von Tavel-i
mitgetheilter Fall. Zwei Leute erkranken unter Vergiftun^-
erseheinungen nach Genuss eine Schinkens. Ptomaine konnten
durch Nencki in demselben nicht nachgewiesen werden; dagegen
fand Tavel eine Stäbchenart, welche sich als Milzbrandbacillen
entpuppten. Die Stäbchen zeigten sich abgeschwächt: Meerschwein¬
chen Hessen sich mit ihnen nicht mehr tödten, und Mäuse gingen
nicht alle ein. Eine lebte 82 Tage. Die Fälle sind also deshalb
besonders merkwürdig, als die Infeetion durch abgeschwachte
Keime erfolgte. Wie diese Keime zur Abschwächung kamen, ist
so schwer nicht zu erklären, wenn man bedenkt, dass Schwein-*
gegen Milzbrand fast völlig unempfänglich sind.
Dittrieh 3 ) sah einen Menschen an Milzbrand erkranken und
sterben, der nach dem Schlachten milzbrandiger Thiere wiederholt
mit ungewaschenen Händen gegessen hatte. Eine äussere Wunde
fand sich nirgends, so dass es sich nur um einen primären Darm-
milzbrand bandeln kann.
Es ist vielleicht angebracht, daran zu erinnern, dass zur Be-
urtkeilung der Frage der Infectionsmöglichkeit vom Munde aus stets
die Qualität des Genossenen zu berücksichtigen ist. Während die
weidenden Thiere sich deshalb so leicht mit Darmmilzbrand in-
ficiren, weil sie sporenhaltiges Material, welches unbehelligt den
Magen passirt und erst im Dann auskeimt, gemessen, haben wir
es mit einfachem, nur bacillenhaltigem Material ohne Sporen dann
zu thun, wenn es sich um Fleisch noch lebender milzbrandkranker
Thiere handelt. Handelt es sich um längero Zeit aus dem Körper
entferntes Fleisch, so kann allerdings, wie in jedem Nährboden,
auch hier der Sporulationsvorgang eintreten. In jeder frischeren
Leiche fehlt dieser aber vollständig.
Andererseits fehlt es aber nicht an Beispielen, wo Leute,
welche Fleisch assen, welches von milzbrandigen Thieren stammt,
nicht erkrankten. Meist vennisst man, wie auch in einem amt¬
lichen Berichte des Thiersanitätswesens 4 ), die Angabe, ob das
Fleisch gekocht oder ungekocht genossen wurde, ein für die Be-
urtheilung doch immerhin recht wesentlicher Factor.
Eine Uebertragung durch Milch berichtet Karlinski ;j ). Eine
Typhuskranke genoss am 20. Tage ihrer Erkrankung Milch einer
milzbrandigen Kuh und starb am 30. Tage infolge Milzbrandes.
Die Milzbrandkeime wurden experimentell nachgewiesen.
Hierbei wird der Uebergang der Keime in die Milch hoi einem
milzbrandigen Thiere supponirt. Ueber einen Fall von Infeetion
durch die Placenta berichtet Marehand 6 ).
Ein Händedruck eines Menschen, der ein milzbrandiges Thier
geschlachtet hat, kann, wie Kretschraar anftihrt, einen anderen
inficiren. Derselbe Autor beobachtete einen Fall, wo ein Dienst¬
mädchen nach Putzen blutbefleckter Stiefel eine Pustel am rechten
Vorderarm bekam.
Jacobi 7 ) berichtet von Uebertragung des Milzbrandes durch
eine Pravaz’sche Spritze. Vier poliklinische Patienten, welche
Arsenlösungen in den Aj*m erhalten hatten, erkrankten an Milz¬
brand. Der erste dieser Patienten, von dem jedenfalls die Infeetion
ausging, war ein Trödler und Kleiderreiniger. Er starb unter dem
Bilde einer Vergiftung. In allen Pusteln Hessen sich Milzbrand¬
keime nachweisen, welche aber deutlich, wahrscheinlich erst untei
dem Einflüsse des mensehHchen Körpers, abgeschwächt waren, ln
der Arsenlösung fanden sich Milzbrandkeime nicht.
Auf eine ganz eigentümliche Infectionsmöglichkeit nia> 1
*) Gold Schmidt, Ein Fall von Anthrax intestinalis beim Menschen.
Münchener med. Wochenschr. 1891. No. 6, S. 107.
2 ) Tavel, Zwei Fällo von Gastroenteritis nach Genuss eines
Sehim
J 1.0,101, CJYVVl J. <UIU VUU VJUÖUUtJIUtJIll/lö U«W1 . . ..
kens. Nachweis von Milzbrandbacillen in demselben. Corresponneuz
für schweizer. Aerzte, Jahrgang XVII, 1887. i s
^ P. Dittrich, Primäre Milzbrandinfection des Magen-Dannu
Wiener klinische Wochenschrift 1891, No. 47. .
4 ) Esser und Schütz, Zur Casuistik des Milzbrandes. JJtMw £
j aus dem königl. preuss. amtl. Veterinär-Sanitätsbericht 1882/83. -*
; für wissenschaftl. und praktische Thierheilkunde 1888, XI.
5 ) J. Karlinski, Eine seltene Darmtyphuscomplication. *> e
klinische Wochenschrift 1888. No. 43.
6 ) Marehand, Ueber einen merkwürdigen Fall von Milzbraj .
einer Schwangeren mit tödtHcher Infeetion des Kindes. Virchowsü
Bd. 104. 1887, S. 86-120. TT .....
*) E. Jacobi. Vier Fälle von Milzbrand beim Menschen. Hftbih
schrift mit 1 Tafel. Berlin 1890.
Digitized b
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
20. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
957
endlich Proust aufmerksam. In Pariser SchlachtliOfen kommen
russische Hammel zur Verwendung, welche im Fell Spelze gewisser
(jramineenarten tragen. In diesen stechen sich die Fleischer fort¬
gesetzt, und sie sind deshalb der Gefahr der Milzbranderkrankung
ausgesetzt wenn sie kranke Thiere selbst bei anscheinend -ranz
gesunden Händen schlachten. *
Die Zahl dieser zum Theil seltsamen Infectionsmöglichkeiten
macht es klar, dass es unter Umständen sehr schwer, ja unmöglich
werden kann, über die Aetiologie der Erkrankung klar zu werden.
Da sm, wie ich gleich in einigen kleinen Auszügen mittheilen
will, selbst in unserem \ aterlande unter dem Heerdenvieh nicht
so selten ist, so ist natürlich damit immerhin eine weite Möglich¬
keit zur Erkrankung von Menschen gegeben. So erkrankten in
Bayern-) innerhalb von 7 Jahren 1509 Stück Vieh an Milzbrand
und zwar Pferde und Schafe sehr selten. Durch diese Er¬
krankungen inficirten sich 37 Schlächter und Abdecker, von denen
29 genasen und 8 starben.
In Sachsen 3 ) erkrankten innerhalb 25 Jahren 1114 Rinder
von denen 59,7 % starben, 32,2 % getödtet wurden und 8 %
heilten. In demselben Zeitraum erkrankten dagegen nur 6 Pferde,
32 Schweine, 3 Ziegen und 279 Schafe, durch Verzehren von Blut
und Fleisch 8 Hunde, 3 Katzen und 6 Enten. Durch das Han-
tiren mit diesen Thieren erkrankten 111 Menschen, von denen 15
starben, an Pustula maligna.
In Preussen 4 ) kamen 1885—1886 1043 Fälle von Milzbrand
beim Rind, 40 bei Pferden, 718 bei Schafen, 23 bei Schweinen vor.
53 Menschen erkrankten, von denen 10 starben.
In Terka, Kreis Kosten, sollen 6 Menschen nach dem Genüsse
von Fleisch einer nothgeschlaehteten milzbrandigen Kuh erkrankt
sein, doch war die Sachlage nicht genügend sicher zu eruiren.
Von 2184 Rindern in 145 Gehöften*) erkrankten 170. Davon
starben 107, 60 wurden getödtet, 3 genasen. Ferner erkrankten
1 Pferd und 1 Schwein, 4 Personen inficirten sich theils beim
Schlachten, theils beim Verscharren: eine davon starb. In einem
Fall, der erst zur Anzeige gelangte, nachdem ein Mann, der das
Abhäuten der Kuh besorgt hatte, erkr ank t und gestorben war,
hatte eine Anzahl Personen nachweislich das Fleisch gekocht
ohne Nachtheil gegessen.
Im Deutschen Reiche 6 ) erkrankten 1888 2437 Thiere an Milz¬
brand, und zwar 3,1 % weniger als 1887, 11,2 o/o weniger als
1886. Die Rinder lieferten das grösste Contingent; dann kommen
Schafe, Pferde, Schweine, am Schluss mit nur 3 Erkrankungen
Ziegen. Menschen steckten sich 40 an. Seit 1886—1888 steckten
sich meist nur Fleischer und Abdecker an, im ganzen 288 Per¬
sonen, von denen 132 obigen Berufsklassen angehörten. Vier Per¬
sonen starben. Ein Arbeiter erkrankte, der nur eine frisch abge¬
zogene Haut auf den Armen getragen hatte. (Schluss folgt.)
VIII. Aus der Königlichen Universitätsfrauenklinik in
Königsberg i. Pr.
Einschränkung der inneren Untersuchung in
der Geburtshülfe (Hebammenpraxis). 7 )
Von Dr. Max Sperling, Assistenten der Klinik.
Die Idee der Einschräukung der inueren Untersuchung ist zuerst von
ürede im Jahre 188G zielbewusst ins Auge gefasst worden. Man hat
in den Lehrbüchern diesen Lehren zunächst sehr wenig Beachtung ge¬
schenkt lind im ganzen die Technik der äusseren Untersuchung etwas
stiefmütterlich behandelt. Erst in der neuesten Zeit tritt man energischer
für die genauoste äussere Untersuchung und die Einschränkung der vagi¬
nalen I ntersuchung^ ein. Als Vertreter dieser Richtung sind hier be¬
sonders folgende Namen zu nennen: Veit, Olshausen, Leopold.
Hegar, Fraenkol, Ahlfold, Loehlein.
In den letzten Monaten hat Veit in der Berliner medicinischen Ge¬
sellschaft einen Vort rag über „aseptische Grundsätze in der Geburtshülfe“
gehalten, der iu der „Berliner klinischen Wochenschrift“ veröffentlicht
ist. — und in einem der letzten Hefte des „Archivs für Gynäkologie“
finden wir eine diesbezügliche Arbeit von Leopold und Spo erlin mit
dem Titel: „Die Leitung der regelmässigen Geburten nur durch äussere
Untersuchung“.
Im Rückblick auf diese Arbeiten wollte ich mir erlauben, Ihnen
einiges Uber die voraussichtliche Möglichkeit der praktischen Durchführung
derartiger Grundsätze vorzutragen.
Es scheint mir bei dieser Frage zunächst von grosser praktischer
Wichtigkeit zu sein, streng zu unterscheiden zwischen der Ausbildung
und Berufstätigkeit der Hebammen einerseits und des Arztes anderer¬
seits. Diese Trennung ist in den oben erwähnten Publicationen nicht so
streng durchgeführt.
Zunächst möchte ich mich auf die Ausbildung und Praxis der Hebamme
beschränken. Während es die diagnostische Aufgabe des Arztes ist, Regel¬
widrigkeiten der Geburt zu differenziren und zu detailliren, ist es bezüglich
der Diagnose die Aufgabe und Pflicht der Hebamme, das Vorhandensein einer
Regelwidrigkeit in der Gehurt rechtzeitig zu erkennen und die patho¬
logische Geburt der Leitung des Arztes zu übergehen, nicht aber —
wie es heute sehr oft geschieht — nach dem Erkennen einer Geburts-
compiication einen nach ihrer Ansicht passenden Zeitpunkt im Geburts¬
verlauf abzuwarten, um dann erst den Arzt behufs dieser oder jener gc-
burtshtilflichen Manipulation hinzuzuziehen.
Es fragt sich also bezüglich der Hebammenpraxis, inwieweit Regel¬
widrigkeiten, die Muter und Kind verhänguissvoll werden könnten, bei
Unterlassung der inneren Untersuchung mehr übersehen werden würden,
als sie heute bei vollständiger Freistellung der inneren Untersuchung
übersehen werden. — Und ferner: wie diesem a priori scheinbaren Nach¬
theil gegenüber der durch die innere Untersuchung erwachsende Schaden
| sich stellt.
Die modernen Bestrebungen, die innere Untersuchung möglichst aus¬
zuschalten. sind eben der Ueberzeugung entsprungen, dass der durch diese
Untersuchung entstehende Schaden thatsächlich ein recht bedeutender ist.
Durch die Desinfection die innere Untersuchung in der Hebammen-
praxis unschädlich zu machen, diese Versuche sind wohl heute als nahezu
gescheitert anzusehen. Seihst in Entbindungsanstalten weist schon die
grosse Anzahl der bei der sogenannten präliminaren Desinfection der Vulva
und Vagina verwendeten Chemikalien auf die nicht befriedigenden Erfolge
dieser Methode hin. Auch Ahlfeld sagt in seiner jüngst erschienenen
Arbeit nur soviel, dass zur Zeit der vaginalen Desinfection in seiner Klinik
die Morbidität „etwas geringer“ war. als zur Zeit, da dieselbe nicht vor¬
genommen wurde. Wenn aber ein Erfolg in Anstalten so gering ist, so
wird er in der Hebammenpraxis nicht allein ganz fortfallen, sondern ausser¬
dem noch die Gefahr der Infection durch das eingeführte Spülrohr invol-
viren. Es scheint somit fast vollständig ausgeschlossen, auf diesem Wege
in den 95% der Geburtsfälle, welche der Hebamme allein überlassen
bleiben, auch uur einen Schritt vorwärts zu kommen.
In der Vorschrift des proussisehen Hebammenlohrbuchs ist von einer
Scheidenausspülung vor der inneren Untersuchung auch nicht die Rede,
dagegen besteht die Vorschrift, die äusseren Genitalien mit durchgekochtem
Wasser abzuwaschen.
Die deprimirende Thatsache, dass die Antisepsis, welche in der
Chirurgie die grössten Triumphe feiert, in der geburtshülfliehen Privat¬
praxis nicht einmal in so weit die gehegten Erwartungen befriedigt hat,
dass die besseren Erfolge der Entbindungsanstalten die Gesammtmortalität
der Wöchnerinnen wesentlich beeinflussen konnten, hat schon seit Längerem
auf die Einschränkung der inneren Untersuchung als einzige Brustwehr
gegen die enorme Infectionsgofahr hingewiesen. Heute steht die Auf¬
fassung über die innere Untersuchung ausser in Kliniken meistens noch
so. dass man sich ein Gewissen daraus macht, wenn man eine Frau
ohne innere Untersuchung hat niederkommen lassen.
A ) A. Proust. Note sur une mode possible d’inoculation de la
pustule maligne. Bull, de l’acad. de m6d. 2 Ser.. Tom. XIII, No. 50.
2 ) Amtlicher Bericht über die Verbreitung ansteckender Thierkrank¬
heiten in Bayern in den Jahren 1878—1884. Adams Wochenschrift f.
Thierheilkunde und Viehzucht 1885, No. 45.
3 ) Siedamgrotzky, lieber das Vorkommen des Milzbrandes unter
«len Rindern im Königreich Sachsen in den letzten 25 Jahren (1859 bis
1884). Bericht über das Veter.-Wesen im Königreich Sachsen 1884. j
*) Milzbrandübertragungen auf Menschen. Aus dem 10. .Jahresbericht
d. k. techn. Dep. f. d. Voteriu.-Wesen u. d. Verbreitung 1 ansteckender Thier-
krankheiten in Preussen 1885/86, S. 20.
f) Siedamgrotzky, Ueber das Auftreten des Milzbrandes im Kö-
mgreich Sachsen. Bericht über das Veter.-Wesen im Königreich Sachsen.
1886, S. 92.
6 ) Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen im Deutschen
Reiche. Bearb. vom kais. Gesundheitsamt zu Berlin. III, 1888. Berlin.
Springer, 1889.
7 ) Vortrag, gehalten im Verein für wissenschaftliche Heilkunde zu
Königsberg i. Pr., am 2. April 1894.
Hier möchte ich vorausschicken, dass, nachdem das Bacterium coli
commune als Erzeuger der Tympania uteri von Gebhardt erkannt wurde,
auch eine chemische Desinfection des Dammes und der Vulva vor jeder
auch noch so seltenen vaginalen Manipulation angezeigt erscheint
Anders als mit der präliminaren Desinfection der Scheide, steht es ferner
mit der Anwendung der chemischen und mechanischen Desinfection der
Hände des Untersuchers. Mag die innere Untersuchung auf die seltensten
Fälle eingeschränkt werden, so wird doch stets die gründlichste mecha¬
nische und chemische Desinfection der Hände unerlässlich bleiben. — Es
ist erwiesen, dass die virulentesten Infectionskeiinc stets von aussen zu¬
getragen wurden, dass die Virulenz der in dem Genitalschlauch sich auf¬
haltenden pathogenen Organismen dagegen iu dor Regel so weit herab¬
gesetzt ist. dass die sogenannte Selbstinfoction nur ganz ausnahmsweise
zu einer schweren Puerperalerkrankung führt. So führt auch Veit einen
Ausspruch von Zweifel an, welcher sagt, dass, wenn der Begriff der
Asepsis in der Unterlassung der chemischen Desinfection der Hände ge¬
sucht werden solle, in der Geburtshülfe kein Raum für dieselbe sei. Diese
Form der geburtshülfliehen Asepsis würde uns auf die traurigsten Miss¬
erfolge hinführen und zu noch grösseren Enttäuschungen veranlassen, als
es die jetzt übliche Handhabung der Antisepsis in der Privatpraxis that.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass noch heute jährlich in Deutschland
allein Tausende von Frauen, die, in Geburtsnöthen sich der Hülfe einer
Hebamme anvertrauen und bei denen die regelmässige Geburt ohne jede
Störung verlief, doch den Folgen derselben unter den Erscheinungen des
Puerperalfiebers erliegen. Es ist ebenso bekannt, dass in der weitaus
grössten Zahl solcher Infectionsfalle die virulenten pathogenen Mikro¬
organismen von aussen zugetragen wurden. Von dieser ueberzeugung
ausgehend, knüpft der Geburtshelfer jede andere vaginale und intrauterine
geburtshülfliche Manipulation an bestimmte Indicationen. Ich verwaise
hier auf die Einschränkung der inneren Wendung durch die äussere und
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DEUTSCHE MEDICItflSCHE WOCHENSCHRIFT.
die schonendere nach Braxton-Hioks, ferner darauf hin, dass man eine Un¬
zahl von manuellen Plaeentarlösungeu durch den äusseren Handgriff nach
Crede zu vermeiden wusste.
Bei der Feststellung derartiger Iudicationen zu inneren Eingriffen
wird die durch den Eingriff erwachsende Infectionsgefahr also stets in
Rechnung gezogen. Bei der Beurtheilung der inneren Untersuchung, bei
welcher der Finger mehrfach gerade die günstigsten Eingangspforten der
Infectionskeime an der durch die beginnende Geburt stark gedehnten,
meist etwas erodirten Cervix resp. dem Muttermundssaum betastet, stellt
man überhaupt keine Indicationen auf und stellt sie vielmehr jedem, auch
der Hebamme in beliebiger Wiederholung frei. Mau muss staunen, dass,
während man schon lange der inneren Wendung die äussere, der inneren
Placentarlösung die äussere vorzog, erst in allerneuster Zeit die Be¬
strebungen wach werden, so weit als möglich auch die innere Unter¬
suchung durch die äussere zu verdrängen.
Um in diesen Bestrebungen etwas zu erreichen, ist es naturgemäss
zunächst die Aufgabe der Hebammenlehranstalten, die kommenden Gene¬
rationen von Schülerinnen so fertig in der äusseren Untersuchung aus¬
zubilden, dass sie zu ihrem äusseren Befunde auch wirklich Zutrauen
haben, und es wäre dann wohl auch wünschenswerte, die äussere Unter
suchung wenigstens Schwangerer, gelegentlich auch Kreissender als inte-
grirenden Theil mit in die Schlussprüfung aufzunehmen, Avas heute nicht
geschieht.
Es ist für die Beurtheilung und Leitung der Geburt nicht allein
nothwendig, die Lage der Frucht zu bestimmen, sondern auch die Form
und Weite des Beckens und das Tiefertreten des vorliegenden Theils
durch das kleine Beckon.
Leopold sagt in seinem oben erwähnten Aufsatz, dass seine Schüle¬
rinnen in der Anstalt zu Dresden in der Technik der äusseren Unter¬
suchung so w r eit sind, dass sie nach der äusseren Untersuchung allein
genau die Beckenebene bestimmen könnten, in der der vorrückende Kopf
im Moment sich befände. Ich habe als Assistent der hiesigen Universitäts-
trauenklmik Gelegenheit gehabt, bei der Ausbildung von gegen 50 Heb-
ammenschülennnen mit thfitig zu sein, und es wurde in den beiden
Uirsen auch bei uns ein besonderer Werth auf die Ausbildung in der
nusseren Untersuchung gelegt. Auch unser Schulerinnenmaterial be-
sass im Durchschnitt soviel Intelligenz, dass sie in fast sämmtlichen Fällen
die Lage der Frucht auch bei Kreissenden aus der äusseren Untersuchung
erkannten; ebenso lernten sie Hochstand, Abweichen resp. Tiefertreten
des Kopfes durdi wiederholte äussere Untersuchung in der Wehenpause
richtig beurtheiJen. Genau die Beckenebene zu bestimmen, war wohl
in der Kegel mit Schwierigkeiten verbunden. Es kommt ja aber pro
praxi hauptsächlich darauf an, zu erkennen, ob die grösste Circumferenz
des bchadels den Beckeneingang überwunden hat oder nicht; und diese
Di nerentialdiagnose durch die äussere Untersuchung zu stellen, ist auch
den Schülerinnen m unserer Anstalt nicht gerade schwer gefallen.
; ^eminun Gusserow und andere Gegner der Einschränkung der
inneren Untersuchung das Bedenken haben, dass dann die Hebamme all-
Sü™ a * . Ue l be 1 r J s . ehen , jeder Geburtscomplication damit vor sich und
dem Arzt entschuldigen könnte, dass sie nicht innerlich untersuchen dürfe
dte Snl 1Ch f a " f ch S w n J öfteps die Erfahrung gemacht zu haben, dass
imme nl ^ rotz , m ^ rfacher euerer Untersuchung das Vorliegen der
l “" r übersah, die rechte Zeit, in der der Kopf noch Neigung zum
Ü h zei s te und durch Lagerung der Kreissenden nocli etwas zu er¬
reichen war. versäumte und den Arzt erst zuzog, als die Nabelschnur-
in der g äii™rfn m TW tr0 ‘ t 1 S lag ’ . Ferne i darf bei gründlicher Ausbildung
weichen 8 TfT V" tCrSI L C ? mn S T au ®*Uender Hochstaud und ein Ab-
schuldiirt werden fe Vur t k Ub f rSC ' he -' l j' 1 "' 1 das Ueb »rsehen auch nicht ent-
■mchun^zu «Ir’i F u ld l v a)er w,rd 8 eradc be “‘«. <ia die innere Unter-
i . ■ den , Vorda rgrund gerückt ist, sehr oft nur ein durch
sehen 1 * 6 Untersuchung iestzustellcnder Befund von der Hebamme über-
gane del- Gehiirt^ 3 “ 6 A " ?r“i. ng der Hamblase ’ die <>« genug den Fort-
| er Bevor^irnnM' • wesentb ? b verzögern kann; und es leidet unter
achtim e g 0 der g fötal e n e Hcratöne. ^ ntersucbun £ aa eh ganz gewiss die Beoh-
auch nn^vor e !iem 0 |f laSen g ' cbt es eigentlich nur zwei, die - meistens
zu Dräcisiren B,as . ens P nm g ~ d «rch äussere Untersuchung oft schwer
Mu ter uml V-inH T de . rCD Verkennung ohne Hülfc des Arztes für
tonen dass ,^h V' o“"P 115 ?', 011 ''erden könnten. Ich möchte dabei be-
innen" nicht auf Scb * ler igkeit der Diagnose für geübtere Beobachter-
d^L sich a^Lin dify b ? nde ‘‘ , Re gel''-xirigkeitcn des Gel.urtsverlaufs,
dio Diffpron*»* ein ? ie ^ uzie ^ lull g des Arztes indicireu, sondern nur auf
• ü ng der anatomischen Verhältnisse bezieht,
resn SÄ" 6 u 11 ; 10 ? Sch eitelbeineinstellung“ und .,die Gesichts-
Lagen lind i min h ^l en ß^ichtetem Kinn resp. Oberkiefer“. Beide
K- f J • äusserlich durchaus nicht unmöglich zu erkennen
ä d d :r &s T uos ° n ?FP
lirsd einen '^es ArztÄhf vlt f sM J l werden ' ia der Zeit bis zum
Säumen kann b Lcbersohen der anatomischen Diagnose ver¬
handelt ersieh 11 ;™ dtr'Ä iu der der Frucht
” ’ ,mtl bls zur Ankunft des Arztes verbietet sie das Mit-
No.51
pressen lagert die Kreissende auf die Seite (der Abweichung) und such,
durch Anordnung absoluter Rühe den frühzeitigen Blasensprung zu „ r
meiden Hätte sie zur Feststellung der Nothwendigkeit der Zum|Z
d ? s , Arztes noch innerlich untersucht, so hätte sie bis zu dessen AnX
nichts anderes unternehmen können. k 1
Zur Anordnung obiger richtiger Therapie bedurfte es mir der hi*
der Wehen abn0rra0n Hochstandes dps Kn P fes «nd der Unregelmässirteii
Es kommt ferner bei Ausschaltung- der inneren Untersuehuug noch
eme für das Kind oft gefahrbringende Verlagerung der Adnexe: nämlich
.das Vorliegen resp. der Vorfall der Nabelschnur bei Schädellagen- in
Betracht. Dieses Ereigniss ist an sich nicht gerade häufig Unter
3o9 Geburten eines Jahres habe ich es bei Schädeliagen nur zweimal ge-
funden. Bei dieser geringen Procentzahl erscheint es an sich nicht ge¬
rechtfertigt, die Möglichkeit dieses Ereignisses als Indication für die
jedesmalige innere Untersuchung hinzustellen: ein Act, durch den
180 h rauen einer meistens zu vermeidenden Gefahr ausgesetzt würden
während dadurch vielleicht, doch nicht sicher ein Kindesleben gerettet
werden könnte. °
Wenn im sächsischen Hebammenlehrbuch den Hebammen auch bei
ganz normalen Geburten anbefohlen ist, innerlich zu untersuchen
sobald die Blase springt: ausdrücklich zu dem Zweck, um nachzuforechen
ob die Nabelschnur oder ein Arm neben dem Kopf herabgetreten ist,
und Leopold mit Rücksicht auf die Schwierigkeiten bei der Erlangung
eines Arztes dieser Vorschrift seine Zustimmung nicht versagen kann, so
kann ich erstens den Zweck dieser Untersuchung nicht recht einsehen.
Boi einer ganz, normalen Geburt steht der Kopf beim Blasensprung
fest im Beckeneingang resp. kleinen Becken; ist dann die Nabelschnur
vorgefallen, so verräth sich dieses Ereigniss durch Störung der Herztöne,
ist ein Arm vorgefallen, so treten Regelwidrigkeiten der Wehen auf. In
beiden Fällen ist der vargefallene Theil nicht mehr möglich zu reponiren.
In beiden Fällen aber haben wir es nicht mehr mit einer ganz nor¬
malen Geburt zu thun, bei der eben die Herztöne regelmässig bleiben
und die Wehen genügende Wirkung haben, und die Zuziehung des Arzte.»
ist daher indicirt. Bleibt aber die Geburt in diesen Punkten, die durch
innere Untersuchung nicht aufgeklärt werden können, ganz normal, so
lag kein Grund zur inneren Untersuchung vor.
Im Sinne der Einschränkung der inneron Untersuchung, die ja auch
in Leopold einon Fürsprecher findet, scheint in dieser Zustimmung doch
insofern ein Widerspruch zu liegen, als bei Befolgung dieses Befehles die
Einschränkung sich niemals auf die Zahl der Untersuchten, sondern
höchstens auf die der Untersuchungen an jeder Einzelnen beziehen würden,
was doch einen zu unwesentlichen Fortschritt bedeuten würde.
Es ist aber auch nicht richtig, anzunehmen, dass im Falle des Yor-
liegens resp. Vorfalles der Nabelschnur beim Fortfall der inneren Unter¬
suchung dem gefährdeten Kinde die ihm gebührende ärztliche und bis
zur Ankunft des Arztes die genügende Hülfe von Seiten der Hebamme
nicht zutheil werden könnte. Es handelt sich eben in diesen Fällen, wir
schon kurz erwähnt, stets noch um weitere Geburtsconiplicationen. von
denen die wichtigste das seitliche Abweichen des Kopfes bei plattem
Becken ist.
Steht nun der Kopf noch hoch, so lagert die Hebamme dio
Kreissende auf die Seite der Abweichung, tritt der Kopf nun nicht schnell
ins Becken, so benachrichtigt sie den Arzt. Ist der Kopf aber bei An¬
kunft der Hebamme bereits tiefer in das Becken eingetreten, so leiden
nun die fötalen Herztöne. Hat die Hebamme, wozu sie nach der Diagnose
des platten Beckens bereits verpflichtet war, den Arzt noch nicht benach¬
richtigt, so wird sie jetzt das Versäumte nachholen, und in der Zwischen¬
zeit fordert sie die Kreissende auf, die Bauchpresse kräftig wirken zu
lassen, sowie es auch geschieht, wenn das ätiologische Moment der Com-
pression der Nabelschnur nicht ein Vorfall, sondern, wie gewöhnlich, die
Umschlingung derselben ist. Wir sehen also, dass bei genauer, aufmerk¬
samer äusserer Untersuchung der Stellung des vorliegenden Theiles und
des Beckens die Hebamme in den meisten Fällen, ohne die bestimmte
Diagnose zu stellen, den Arzt rechtzeitig benachrichtigen und in der
Zwischenzeit unbewusst die richtige Therapie einschlagen würde. Es
nur noch kurz zu erwähnen, dass nach Stellung der anatomischen Diagnose.
„Schädellage mit Vorfall der Nabelschnur,“ auch heute es der Hebainm f
durchaus nicht zusteht, die innere Wendung zu machen, selbst nicht m
dem Falle, dass der Arzt überhaupt nicht zu haben wäre.
Die Diagnose der Querlagen ist durch äussere Untersuchung nur m
verschleppten Fällen nach dem Abfliessen des Fruchtwassers .schwierig-
verräth sich dann aber stets durch abnorme Uteruscontractionen lin
relativen Hochstand dos über dem Beckeneingang liegenden Kindstheile?.
Ist der Uterus bei Ankunft der Hebamme bereits ermüdet und erschla •
so ist die Querlage wiederum leichter zu constatiren. Solche Kdl e
eben bei stehender Blase und Beweglichkeit der Frucht äusserlich len
zu diagnosticiren, und die Hebamme kann dann rechtzeitig den Arzt z.
ziehen oder nach Stellung der Diagnose im gegebenen Falle bei g
nügendem Selbstvertrauen selbst die Wendung machen — oder aber *
Fälle sind verschleppt, schwerer zu diagnosticiren, mit Complicationen _
Wehenthätigkeit verbunden. Hier ist eben durch den absoluten ktin*
des Geburtsverlaufes die Zuziehung des Arztes indicirt. Würde die
amme in der Zwischenzeit, vielleicht wegen der Unsicherheit der R ia ? D '
sich nicht selbst zur Wendung entschUessen, zu der sie sich viele
nach Sicherung der Diagnose durch innere Untersuchung entsciuo»
hätte, so wird in den meisten Fällen dieser gefährlichen Verschlepp e
von Querlagen durch die Unterlassung der Wendung — ohne N a r
— wohl mehr gewonnen als versäumt sein. , .- .:,i.
Es bliebe nun noch die gelegentlich einmal schwierigere Diflei
diagnose zwischen Schädel- und Beckenendlagen übrig, die msote
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20. Dcceuibcr.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
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.solidere für die Hebammen von Wichtigkeit ist, als sie die eine Lage
selbst leiten, die andere aber dom Arzt überlassen muss.
Es ist in jedem Lehrbuche die oft grosse Schwierigkeit hervor-
gehoben, eine Steisslage von einer Gesichtslage bei innerer Untersuchung
zu unterscheiden. Dieselbe Schwierigkeit wird in jedem geburtshültlichen
Operationscursus hervorgehoben, und jeder Geburtshelfer hat sie an sich
in der Praxis erprobt.
Aohnlieh ist diese Schwierigkeit bei Schädellagengeburten, die mit
den Steisslagon das gemeinsam haben, dass sie sich sehr in die Länge
ziehen. Die besonders bei alten Primiparen oder bei allgemein gleich-
inässig verengtem Becken sich ausbildende Kopfgeschwulst ist oft genug
so enorm, dass sie das Durchfühlen von Schädelknochen, Nähten und
Fontanellen unmöglich macht, selbst aber für einen weniger Geübten allzu¬
leicht eine Hinterbacko Vortäuschen kann.
Es kommt aber noch ein zweiter Punkt zur Berücksichtigung. Die
Erfahrung lehrt, dass heute bei vollständig freigestellter innerer Untei-
suchuug die Beckenendlagen nicht allein sehr häufig von der Hebamme
übersehen, sondern auch nach gestellter Diagnose eigenmächtig goleitet
werden. Die gelegentlich der Nachprüfungen diesbezüglich gestellten
Fragen werden meistens damit beantwortet, dass es zu spät gewesen wäre,
den Arzt zuzuziehen. — Dem ist abor durchaus nicht so.
schiedener Art. die äussere Untersuchung durch die Bauchdocken durch
andere Palpationsuntersuchungen zu unterstützen.
So machte J. Veit den Vorschlag, das Vorrücken des Kopfes ver¬
mittelst Palpation durch die die Foramina ischiadica bedeckeuden Weich-
theile hindurch zu verfolgen. Diesem an sich ganz ungefährlichen Ver¬
fahren scheint mir nur der Mangel anzuhaften, dass es nur in einer vor-
hältnissmässig späten Periode der Geburt die Diagnose erleichtern kann,
in der nämlich der Kopf bereits tief im kleinen Becken steht und von
einem Geburtshinderniss meistens nicht mehr gut die Rede sein kann,
während doch die Hauptsache die Passage des Kopfes durch den Beckon-
eingang ist und bleibt.
Es ist ferner in der Gesellschaft für Geburtshülfe in Leipzig im No¬
vember 1893 von Kroonig ein Vortrag gehalten worden: „Der Ersatz
der inneren Untersuchung Kreissonder durch die Untersuchung per rec¬
tum“. Des Näheren kann ich auf diesen Vortrag hier nicht eingchen.
Kroonig ist ein Anhänger der möglichst weit gehenden Einschränkung
der inneren Untersuchung, denkt aber ziemlich pessimistisch über den Er¬
folg der äusseren Untersuchung und geht auf eine genauere Ausbildung
derselben überhaupt nicht ein. Er erkennt bei seinem Vorschlag sehr
j wohl die Gefahr der Infection durch Bacterium coli commune an, schätzt
sie aber ziemlich gering und glaubt derselben durch die Vorsicht des
Die Beckenendlagen verlaufen bekanntlich sehr langsam, und es ist
oft noch genügend Zeit vorhanden, selbst wenn erst beim Sichtbarwerden
des Steisses in dem Introitus die Diagnose gestellt würde.
Ich habe selbst Gelegenheit gehabt, in Fällen, in denen ich wegen
des durch Ziehen an den Füssen bewirkten Aufschlagens der Arme ge¬
rufen wurde, zu constatiren, dass die Diagnose: „Bockenendlage“ schon
mehrere Stunden vor meiner Zuziehung von der Hebamme gestellt war.
Diese Ueberschreitung der eigenen Befugnisse entspricht erstens der I
Bequemlichkeit der Hebamme, zweitens dem Glauben, dass sie durch Zug 1
an den unteren Extremitäten die Geburt schneller beendigen könne, als
es erfahrungsgemäss der Geburtshelfer mit seiner conservativen Methode
thut, und endlich dem bösen Gewissen, das auf Grund der entstandenen
Geburtsstörungen erwachte, die ihre Entstehung dem unerlaubten Ziehen
an einem etwa vorliegenden Fuss verdankten.
Auf diese Weise geht heute eine grosso Anzahl von Kindern, die in
Bcckenendlage zur Geburt kommen, zugrunde.
Es handelt sich bei der Ausschaltung der inneren Untersuchung von
Seiten der Hebamme also nicht allein um die Frage, ob die Beckon-
eudlage durch äussere Untersuchung öftere verkannt werden würde als bei
gleichzeitiger innerer Untersuchung, sondern auch darum, ob bei Unter¬
lassung der vaginalen und gründlichen Ausübung der äusseren Unter¬
suchung mehr Kinder geopfert würden, als sie heute erfahrungsgemäss
geopfert werden.
Bei den diesbezüglichen Hebungen in den Lehrcursen. die ich über¬
sehen kann, hat bei weitem die grösste Zahl der Schülerinnen auch int er
partum die Beckenendlage durch äussere Palpation und Auscultation
erkannt.
Es ist dagegen eine alte Erfahrung, dass die Schülerinnen, wie über¬
haupt jeder Anfänger, bei innerer Untersuchung in schwierigen Fällen
nicht zur richtigen Modification der inneren Untersuchung, die gerade in
der zarteren vorsichtigeren Betastung des vorliegenden Theils besteht,
schreiten, sondern vielmehr bohrend und ungestüm vergehen, um eine
möglichst grosse Partie des vorliegenden Theils zu bestreichen. Dabei
kommen sie oft genug zu keiner Diagnose, setzen aber die vielfältigsten
Verletzungen an den mütterlichen Weicht heilen und verursachen so Ge¬
fahren für die Mutter durch Infection, Gefahren für das Kind durch Spren¬
gung der Blase.
Wird aber eine Beckenendlage bei äusserer Untersuchung einmal
nicht erkannt, so ist meistens damit nichts verloren. Selbst beim Sicht¬
barwerden des Steisses ist, wie gesagt, das rechtzeitige Erscheinen des
Arztes oft noch möglich. Oft litten aber schon vorher die fötalen Herz¬
töne und indicirten so, unabhängig davon, ob die Aetiologie dieser Störung
in der Umschlingung bei Schädellage oder in Compression der Nabelschnur
bei Bcckenendlage besteht, die Benachrichtigung des Arztes.
Ist aber das Kind spontan bis zu den Schultern geboren und der
Arzt nicht zur Stolle, so steht es der Hebamme bekanntlich auch heute
frei, die eventuell, bei spontanem Verlauf aber sehr selten aufgeschlagenen
Arme, zu lösen und den Kopf zu extrahiren. Auch bei diesem Act ist
die Hebamme bereits die Stellvertreterin des Arztes.
Bei Ausschaltung der innereu Untersuchung ist aber die Gefahr der
Ausübung des zu frühzeitigen Zuges an einem vorliegenden Fuss be¬
deutend herabgesetzt. Selbst wenn wir annehmen, dass die Sicherheit der
besprochenen Diffentialdiaguose um weniges herabgemindert wird, so können
wir im ganzen annehmen, dass durch Ausschaltung dor innneren Unter¬
suchung auch in diesen Fällen die Gefahr für Mutter und Kind auch ver¬
ringert werden würde.
Ziehen wir endlich noch pathologische Veränderungen der mütter¬
lichen Weiehtheile in Betracht, die beim Fortfall der inneren Unter¬
suchung übersehen werden könnten. Es sind hier besonders: Carcinoma
portionis, Conglutinatio orificii externi und Missbildungen der Scheide von
Bedeutung. Dieselben kommen als Geburtshinderniss aber äusserst selten
vor und machen sich durch Störungen des Geburtsverlaufs stets bemerk¬
bar. Tumoren, die ein absolutes Geburtshinderniss abgeben, lassen sich fast
ausnahmslos von aussen diagnosticiren. Unter ca. 1000 Geburten, die ich
in der hiesigen Universitätsfrauenklinik zu beobachten Gelegenheit hatte,
ist nurjein einziger derartiger Fall vorgekommen, in welchem ein äusser-
lich leicht palpabler Tumor zum absoluten Geburtshinderniss wurde.
Das unbestimmt empfundene Gefühl der Unzulänglichkeit der äusseren
Untersuchung führte nun aber auch von Seiten der Vertreter der weit¬
gehendsten Einschränkung der inneren Untersuchung zu Vorschlägen ver-
Ueberziehens eines Condoms über den untersuchenden Finger Vorbeugen
zu können.
Bevor ich von obigem Vortrag durch das Centralblatt für Gynäkologie
Kennt niss erhielt, habe ich selbst derartige Versuche mit der Untersuchung
per rectum, allerdings ohne die Schülerinnen anzuweisen und in verhält-
nissmässig geringer Anzahl von Fällen augostellt. Ich bin der Ueber-
zeugung, dass sich manches Werthvolle bezüglich der Beekenverhältnisso
und der Stellung des vorliegenden Theils zum kleinen Becken in dieser
Weise diagnosticiren lässt, halte es aber mit Saenger für ausgeschlossen,
dass die Hebamme beim Reinigen und Wiederaufziehen des Condoms im
Sinne der Nichtinfection die nöthige Vorsicht üben würde und dass ausser-
I dem noch dio Infectionsgefahr boi bestehender „Proctitis purulent»“,
! „Fisteln“, „Carcinoma recti“ und ähnlichen Rectalerkrankungen, deren
Diagnose der Hebamme wohl stets entgehen wird, enorm gesteigert
werden würde.
Aus diesen Gründen möchte ich auch die Untersuchung per rectum
für die Hebamme wenigstens ausschliessen«
Was nun die vaginale Untersuchung anbetrifft, so wird es zwar stets
nothwendig bleiben, bei der Ausbildung der Schülerinnen zum genügenden
Verständniss dos ganzen Geburtsvorganges auch die innere Untersuchung
zu üben. Ich halte es aber für segensreich und durchführbar, dass die
innere Untersuchung in der Hebammenpraxis allein auf die Fälle beschränkt
bleibt, in denen die Hebamme im Begriffe steht, den Arzt zu vertreten,
d. h. in denen sie bei Unerreichbarkeit des Arztes für die Kreissendo
eine augenblicklich drohende Gefahr: starke Blutung, Gefahr der Uterus¬
ruptur und ähnliches erblickt, und ferner im Falle einer vorher nicht dia-
gnostieirten Zwillingsgeburt, in welcher der zweite Zwilling nach äusserer
Untersuchung sich nicht mit dem Kopf oder Steiss auf den Beckeneingang
einstellt oder ohne Diagnose durch äussere Untersuchung die Ausstossung
des zweiten Zwillings trotz kräftiger Wehen auf sich warten lässt. End¬
lich ist die innere Untersuchung unter Umständen in Verbindung mit der
Tamponade unvermeidlich bei Fehlgeburten, bei denen der Arzt ja stets
hinzugerufen werden muss, bei denen abor dio starke Blutung ein Ein¬
greifen der Hebamme (Tamponado) bereits vor der Ankunft des Arztes
erfordern kann.
In diesen wenigen Fällen, in denen die. innere Untersuchung mter
partum in Anwendung kommen mag, möge man aber doch definitiv mit
der Empfehlung des Gebrauchs der Vaseline resp. des Carbolöls brechen,
der eine vorausgegangene gründliche Desinfectiou der Hände illusorisch
machen oder sogar eine solche Vortäuschen kann.
Für alle Fälle, in denen die Hebamme nach augenblicklichen Vor¬
schriften nicht die Stellvertreterin des Arztes zu werden im Begriffe steht,
scheint mir aber bei gründlicher Ausbildung die gefahrlose äussere Unter¬
suchung zu genügen. Um hierin die Hebamme nach allen Richtungen zu
| unterstützen, scheint es rathsam, sie mit allen technischen Hülfsmitteln,
die der modernon Geburtshülfo heute zu Gebote stehen, auszurüston.
Zunächst erscheint es wünschenswerth, das Instrumentarium der
Hebamme durch einen Beckenzirkel, dessen Scalaeintheilung von 5 zu
5 mm genügen würde, zu vervollständigen. Es kommt erfahrungsgemäss
heute in der Praxis höchst selten vor. dass die Hebamme über Form und
Weite des Beckens auch nur annähernd oriontirt ist. Die äussere Becken¬
messung würde sie in der Beurtheilung der Stellung des Kopfes zum
Beckeneingang jedenfalls wesentlich unterstützen, und sie könnte dio jetzt
in den Lehrbüchern angegebene sehr gefährliche innere Messung, die emo
wissbegierige Hebamme auch ohne Zirkel heute leicht ausführen kann, in
Wegfall bringen. .
Einon weiteren Anhalt für die Beurtheilung einer Geburt bietet ferner
die Messung des Leibesumfanges und der Entfernung vom Processus ensi-
formis bis zum oberen Symphysenrand (nach Schroeder in der Norm
100 bezw. 45 cm).
Endlich wäre die Einführung des äusserst billigen Stethoskops wohl
von Nutzen; denn es besteht oft ein nicht unbegründeter Widerwille gegen
das Anlegen des Ohrs auf die nicht immer allen Anforderungen der Sauber¬
keit entsprechende Leibwäsche oder dio mit Transpirationsproducten be¬
deckten Bauchdecken. . .
Die wohl nicht so wesentlichen Mehrkosten würden nach inmiste-
riellem Erlass in den weitaus meisten Fällen, d. h. für die Bozirksheb-
amme den Kreisen und Communen zur Last fallen. Eine Hebamme aber,
die imstande ist, eine grössere Summe für ihre Ausbildung selbst zu zahlen,
wird auch das Mehr von ca. 20 Mark für Vermehrung ihres Instrumen¬
tariums tragen können.
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No. 51
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JUtfoUk' mdViHyfl^ppT* bfci iftW'K Kvri§*rüü*>n imHdosHm**' io • Outurvalhm 'von
drei Stunden die z.n iim-P-*'!*
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•:t*>j_-. .cjtmi Jhd’urniMs*ri»hstu.4«• 11 nnbetrdfi, so;nuiidVre ich glauben 0> ; sy
lins dti sohbA Vt’i’hälhüss j'.ftmcbßn Ai’Vi <uiü- 41 » 4 »»iiin»u l».i-#*r<Tiir< U um-
und twK‘r bin v Mt yMumi »mkomdniora Ma¬
th mb: ilm- Ondnnish/iOing von 'Sidk-o Am- OeMmioo Ap'eigmd Wiin . dem
i'i'\v*:s(M! des PiusrlffTTlOmis Al>*-»ru**-!i zii thun; dennAliF Huscherln tinn'f-
snobv diVHii;lk 5 > h-um* ‘Hiimrlicic mhl zwmvm dor rDfedsfvn \V$*{h. :
die Diagnose und Therapie der chronischen
Gonorrhoe.
Antwöi'f. aö£ dio von den B 0 »eii JCn\ Gh s-pGr. und. Bf LtihnattHö
in No. 47 liieeer Woofcexisefcrift vsi‘Menr.Iiöiite>s E&tgegfcungeu
ineinen Aufsatz in N q 46;
Von i)•,. H. Wo^itllo in
A lerne. Hüthum^. ....‘inMi *>>•-;:•: 14 ■'•!■•■ nm^n (ijv der l'Yttgr
»i.m • Auen •->.«• h( ili /», U.t'.J,.;* 1 .; 'ich •• ij*»«»*. .di*s -■•kmegon-.eMn Ans-
S|-.i M‘-fms d» s Ri.ciYO Ot 0 .» « j> • ■ »•. k'AnstAVfvn-s ^C.s'Aeiferf. Zweck
J1I« im J r- Arbeu w.an du-*. hi<jf n Hi .irr ! reüo-o-
"1'»'. zu marhou. sondern Auch *\\ üoitf.mi., duss »ü>* in «*r
>A ii püB«Oi.(h>iv A<»n Seiten fjov Unrrun Oc. i.'aspc 1 tun« pr. RolingOeAm
V-''£M‘V>. Ai:; '*)!»«• rin v.u<! «• rVohr* Methode eyilbb.ejiet) Fiuwiiifile nicht stich-
n .ii.y find WiWui die Vortlage der Ih-rrco Or I nse-o-r und Or. I.ulnu
m;h»,snH vuu’tct i/iAdi Aimj, s tt liji 11 f len hi Act 4 fi. < •» v. ♦ •" k t y erd »ul
kCmiiii), 4 -, -{..?> du \n»i »huon 'iln 1 n,. m> m. mh * mIi.« \f, 1K M i,»
ÄtÄ^!l'm;-lr..-nnn Satze urlimsK! !‘>ss)h h. 3 »,is- «lern nicht -m»
ist, 4 «-ors Aütm ?H‘ .jeder \ hiMjVwigm!».» Hhc;v-»e‘«‘ii. jji trlduhc auch
henic mH'i» ihr^js cljt» (ff, < ohpriAi flilnV,« fit?ri'jf» fluru
0>*. l iVApHr tCjijIi-L isl.' Ban: rnMsi'bi^hU^J. im - WjsWr »?xv
WtlFinsf hali( ich nu;.},\ VDrauisütvüOfzi:
h-h sein- mich h'id'T ;• migf Ihm kl». Un» Ivnfvtvjjninscri
‘B'i 0 'UT‘Ti i»r i’.irj.jM nli',1 lic IjoiiuOMh imdimAl" "u l.n-.j.rcoh.-u
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14».hnupfvi»)£r lir-d, ni, ltr. >vü- IJcii T>r tiisfi.of üi mmni.
il-uui nbnu (!:»: si.iin'ndc •Ornl-k-'ivirhunfjr. • itas 7 ohus -u i VhO»v uml
O.lnr»;? vrn:i'‘.(k:(t kümu*. wenn nifm ..dd» «Vf <U>, hfdvJfVmd.- Mcrnrbhrc
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[ Krrpteu. Wvübsj'sr Stnemr, iocpltlmneu. Eine d«v' Aufiud'juu.'ü hnt'i, « ;t )^
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hl nie?» den Stelle das. i’apiUuui. Die h^hanptnnA... dass diene Auii.alitii«’-»;
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Ade wird dorh »her fc'ormh: h» batiptt:).. dass durch die Ditze böi 4en;
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tjpisUMtfyflft. BöCrrthw hdrvpr^Rtmn werdt. Döt musste »inj!!« vfide
r«»ud tebr- Aitin£tmnr «c/lulijt. Mb. AVin- r/titöf 4ioi» dio.
mit dar Annahme, dass es sieh uns .druekemc diFus rellrehvciiilp it4e
f.ieetr 1 vreliM-udeU habe? Alro »iimufil imstchi Seeretionumd erhtt‘i{,.r tii,;;;.
und de eil heim Hnf»‘.iAruyhir»m> wobei ztir De!caehto f ;e dasseihe Insr«-
ivmut. benutzt wird. ist. du* alles Ou^idiwmidcu' f n«! d.ajm seil mau ne hi
vo.rt „theuretiM hrt, DaUormemrnts" reden! Was llh. ruusu /Ut*«:k lial-eir
HU).Uu:mfctis(dic DednrtioinMu v,-d. es stell n|ir u?n obi Au^r «m 1
Aull«.s-sii?iLrsvoi'fH«:»A»;n hundwlt ?
Th»; iRutt. Dt- CaspfO» hezU^licH der durett da-
Ureihresl*;fi]i nYeUglen Dii./.e MV rofeh nun trmiÄ idcderscJimetlcn). «I.:
fdh aut dm durch du^elhc ötif^fdiÄßAeÄ Vc^ifaifJWörg^.il im Fhllni$>-
; ’/Uirlrtudt: tbu 1 VhifliiASt; Tcim* Jlüch'sdtdit Keuetmiien Habe.. — Dws* ich tn-
- id:chrt die iT-je.upiung de* Ilerni Or (Vsjoe, dass imui weizen ün
: »Rireh dir R^ixiOiyi <Ji« dJnttU’Auefautii^'ilpfhöbr^lKjn
ja, »hiss man f»elbsh duvdr vorUerljre roe.ihtiwrtm^ • in mäht.'-- ^ebr.-s^p
< .stu, .&{»& d«r Ivranke, tu inn^fC dm- AM^thosi« fm'Uniltc. DidU4 ificrkF.
■\ dann almr d*.;’- .Schmerz mn! die cl att>.u»h1eiimr: t*ine {.di‘.-ri»e ••kü
dei ! ),i . * sie !.u.üe eol.lOve.iviiir »mu he. Weh- lee'f ht».h.t\- Tbiriihcr jZ*d»l üi'iT
■Or. Ca-s-j,er in -»euer Duieey-uuue sf»10.c}av;d>f:nd hinwcc. hl» rn.re.i
.dan Uh dass ftr luOiHG: WidwlöutltfA r Älurird/h
-AbeF^nlhsr, gCtMyJt j3t»u Dali, dnsä d»if RiAtirn.m'ah durch AV ? ij«»e4m
AeUdeVk}]^ irn 'TruVUs- der Irftjar*'* h»uvt»r’’uhe ->>o \vjtrt, f * deck
' Ihdiitim'Asatdiei. diese Vm-HUileneur Te^ ’TlmM heim .normalen uad prude -
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VVäinmi \s‘m\ Mhc-c im mm’ mir vmi der durch die Drhd?,m% Tr» 7m
liUA (J'Xmjeteti 'IVnnu.VwiMmlcrumi üeT'>d'd- J Tr^t (i'mti »lur^h <14
tulicntm eines k-ahtm 7ubn=.- (hvsc-ti 'remitemt-ur eh vv»dd nur ^»1 1:1 '•■*
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>»uft. di- t 'idtfirt »i zu uitu-r unheiiui.^meu^' KnuiipOhihm iUigcrepr ?,» ■>* •’_
•Auf eiiir m»iiiimdiire KroftavrunK; der Fi-atie wurdu uh micii '»‘•n
’ tdnl 1 n. ' 1 de- vVCll'U iVheHlitssm.
X. Oeffentlich.es SanitatsweseQ.
Bfand «lei* €Holeno
iul Duulsi hcn firtrhe luit bO 0 Uu 3 »u:\ seit Mitie Ociok-r 0-
. kronUituuT.il und Stcrheialh.v. bis in die Ic'vte ZciOnoch iinüKM; 1» ß‘,
lieber Aiiznlll vnrHf'KychD .Wdlihm»! dei eUU/YArunn W u(hrn seil, lu- •
. wurden dM ( 1 . 71 , ~A -Ht. -i t 04 : '4 <H>. 21 .ATu libdi.h •maas-auimV i »>4 •••*
Frktankuu^-i! »Si. rli* > L'euu-hh.’i,, l'ävnn miOidlcii vml vD!]»n-it.v
. 4 *» 02) l'iiile, voq ehdien <14 meisten di U«-c Uuimm.i von ^ V\ T *^'h* H
sowie, in.duu RveiVeii LMbiau mul N.iöU.dntn^viivkämo 1 . J ‘ n ’wif -;\' r
f .tjivkko wurden, 4;'0s?ten MV ” f
Lumlk/Mdsn KjbiniZvun 4 ':zpt; in dmir.am,friHeben H# ; y 4 .
ciumA'itrlkriri-id.. Or«)' .foölhsi) -UdAh in y d «4 -'.vom . ^ 4 ; , *^ | J' ( ^ V j(,
Jibm stm-.il uustiimh» sein, aus der .Falt ung der 8»;li|*^mü;tnt .die-' DiMumw' ; vmnher IM4 «7n.)ur=dulb- < u.-do-end ein;! 'cb m>d 4 «>-t|'i-»-«^'-- .
mu hestehvudu oder nicht Yurlmiuleiu- tjd1Hr.1t*, zu sl.ellcu. Hei juidt- - h’i./.i.en Frkraukuuouh in .-«er WadJ»»> Vom 12 . bis* TT. ^ n ’
^imiiKen iiilihnteu -cb sjirucho-nicht Von dej- < alhb-’u An-fclur • u'üsr-n brUten. ln Ohci^cbl 4 s>4.u b»>; diV ^»h» <!»-»• ’- ^i,
uttcli tfer un^At*?.'.f'ub'u.s. kein^ nt)^OHSur<u.bencn fedtd« ^nbhr ._ i htütiHlniummi i»n Ivi’oi&fj; Katt nwihz kiülnüi 7 »TI «.0 < • •. ,
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bis An lang; Xovcntbdr'jtoidi 2042 } A'uoK-.aUiÜc ncobaUdcl- A ,>H 'V
w *ii•-?•;*(» mehr. Vuw.r D.jt/-in v-d 1 Jv kicidAmUsbiU bri vim-tn . -
Njenwic»! zu h»3r,»>lf.n-?j. . . i-n.
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Od ivr bat tni L e,ic »hve VloeaHi < b'J(;tic» aujg( 5 i>dO: üt» AuU’m ' ^
dovsidbe auch an den <»*( prmiHsisoIjcn Ä aSse)(iudeu. k’iwvu- U"
o*'lAH »nnfensu'iit. , .., „„„.u j',
.lu/Frnnk roOuh wdrdntt Enfln-^;Sbitl4mb»r^^ dem I' P Jt, { «j
tiAV|4i^ y(*p^nfcp|R»- CljolfiratHllv iuignzuigd,
dass m der Oi r'eed von SuiuOTugdu:d^^ (Oüpmdunuim. Morbfinud } *
Bnbr (?) Ihuthi-Jhj.
}\ Wir iiuul» itie-bi. \>. Tltul.
20. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
961
In Belgien ist nach wie vor die Provinz Lüttich fast ausschliess¬
lich betroffen. Bis Ende September wurden daselbst 1139 (586) Cholera¬
erkrankungon (Storbefälle) festgestellt. Seit Anfang October ist eine
starke Abnahme der Seuche zu bemerken, es starben in den einzelnen
Wochen bis zum 10. November 19, 10, 8, 8, 11, 4 Personen an Cholera.
In den übrigen belgischen Provinzen kamen vereinzelte Cholerafülle vor.
In den Niederlanden wurden bis in die letzte Zeit aus den ver¬
schiedensten Provinzen einzelne Cholerafülle gemeldet. In Amsterdam
zählte man bis zum 8. October im ganzen 100 Erkrankungen, 35 Todesfälle.
In Neapel kam am 6. November ein Choleratodesfall vor; zwei
weitere verdächtige Todesfälle wurden angezeigt (Veröff. d. K. G.-A.).
Jn Galizien herrscht die Cholera immer noch in beträchtlichem
Grade. Ende October wiesen die Erkrankungs- und Sterbeziffern sogar
eine nicht unerhebliche Zunahme auf. Fast ausschliesslich sind die öst¬
lichen Landestheile betroffen und am schwersten die in dem Winkel
zwischen dem Dniester und seinem Nebenfluss Zbrucz. welcher die
Grenze gegen das russische Podolien bildet, gelegenen Bezirke Bobrka,
Buczacz,Kamionka strumilowa, Rohatyn, Zloczow, Czortkow,
Husiatyn, Brody. Brzezani, Treinbowln, Zaleszczyki, Skalat.
In den einzelnen Wochen vom 8. October bis 25. November betrug die
Zahl der Erkrankungs- (Sterbe-) fälle in Galizien 546 (327), 587 (342),
595 (325), 731 (385), 601 (322), 478 (254), 414 (249). Insgesammt seit
Beginn der Epidemie zählte man bis zum 25. November im ganzen Laude
14129 Erkrankungen, 7733 Todesfälle. Die Bezirke Bobrka, Brze¬
zani und Brody sind am 5. November als Choleraheerdo, dagegen die
Stadt Krakau, die Bezirke Chrzanow und Wielicka als cholerafrei
erklärt worden.
In Mfthrisch-Ostrau wurden Ende October zwei Cholerafälle fest-
gestellt, von denen der eine tödtlich verlief.
Tn der Bukowina kamen in den letzten Wochen noch vereinzelte
Choleraerkrankungen vor. Die Gesammtzahl der bis zum 18. November
festgestellten Erkrankungen und Sterbefälle beträgt 863 bezw. 490. ln
der Woche vom 19. bis 25. November wurden in der Bukowina Cholera¬
fälle nicht gemeldet.
In Russland sind behördlicherseits folgende Verwaltungsbezirke als
cholerafrei erklärt worden: Seit 4. September Plock, seit 11. September
Grodno, Lomza, Mohilew, Estland, seit 18. September Radom,
Siedlecz, Wjatka, seit 25. September Kostroma, Olonez. Pskow,
Stadt Warschau, seit 1. October Kaluga. Nowgorod, Poltawa,
Pensa, seit 9. October Nishni-Nowgorod, seit 12. October Stadt
St. Petersburg, seit 21. October Warschau. Kasan, seit 24. October
Rjaesan, Samara. Diese amtlichen Ankündigungen scheinen jedoch
mit einiger Reserve aufgenommen werden zu müssen, bezw. sind sie von
den Thatsachen überholt. So wurden zum Beispiel in der Stadt St.
Petersburg vom 13. bis 27. October noch 10 (7) Cholerafälle gemeldet.
In Russisch Polen wurden im October und bis in den November hinein
noch Cholerafälle aus den Gubernien Lublin. Kalisch, Potrikau,
Warschau gemeldet. Sonst sind noch folgende Gubernien hervorzuheben:
Podolien 7. bis 20. October 676 (264). 21. October bis 3. November 804
(379), 28. October bis 10. November 590 (243), Bessarabien 30. September
bis 13. October 228 (86), 14. bis 27. October 141 (57), Wolhynien
30. September bis 13. October 9 (4). 14. bis 27. October 24 (12), Perm
30. September bis 13. October 255 (105), Wladimir 7. bis 20. October
127 (74), Jaroslaw 7. bis 27. October 232 (79), Kowno 30. September
bis 13. October 26 (7), 14. bis 27. October 32 (5), 28. October bis 3. No¬
vember 32 (5), 4, bis 10. November 21 (5). Witebsk 7. bis 27. October
86 (35), Kurland 23. September bis 6. October 157 (76), 7. bis 27. October
104 (52), Kiew 14. October bis 3. November 138 (66) Erkrankungen (Todes¬
fälle). Im October ist neuerdings im Gubemium Wilna die Seuche wieder
ausgebrochen: im Kreise Dis na wurden vom 14. bis 27. October 17 (7),
vom 28. October bis 3. November 55 (21). im Kreise Swenziany vom
14. bis 27. October 1 Erkrankungen Todesfälle angezeigt. (Veröff. d. K.
G.-A.) Nach der Lancet- ist die Cholera in Tiflis und Baku ira Octo¬
ber in stärkerem Grade aufgetreten. In Tiflis wurden diesem Blatte zu¬
folge vom 6. bis 12. October 6 (4), vom 13. bis 27. October 1241 (952)
Erkrankungen (Storbefälle) gemeldet.
In Constantinopel war im Laufe des October nur noch 1 verein¬
zelter Cholerafall vorgekommen. Ende des Monats wurde unter Rekruten,
welche aus dem verseuchten Vilajet Ismid eingetroffen waren, eine Am¬
zahl Yon Erkrankungen beobachtet, vom 26. October bis 6. November im
Ganzen 9 (4) Fälle. Im Vilajet Adrianopel wurden während des Oc¬
tober aus mehreren Ortschaften Cholerafälle in ziemlicher Anzahl ge¬
meldet. Ebenso herrscht die Seuche noch immer in verschiedenen Gegen¬
den Kleinasiens, besonders im Vilajet Hudavenkjar (Veröff. d. K.
G.-A.). Sperling.
XL Standesangelegenheiten.
Ans dem Geschäftsausschuss der Berliner ärztlichen
Standesvereine.
In der Sitzung am 30. November verlas der \ orsitzen.de, Herr
Becher, ein Schreiben des ärztlichen Vereins der Friedrich-
Wilhelmstadt, worin eine gemeinsame Beratliung sänimtlicher ärzt¬
licher Vereinigungen Berlins über einige die Schule betreffende Fragon
angeregt wird. Es soll ausgesprochen werden, dass entgegen der Ansicht
der hiesigen städtischen Behörden, welche dieselben in einer Eingabe an
das Ministerium niedergelegt haben, die Meinung der Aerzte dahin geht,
dass die Zulassung der Realgymnasialabiturienten zum Studium
der Medicin weder im Interesse der Allgemeinheit, noch in dem der
Aerzte liegt. — Bezüglich der Schulhygiene sei es wünschenswert!!,
dahin zu wirken, dass in allen Schulen zwei Nachmittage für körperliche
Hebungen (im Sommer für Turnspiele, im Winter für Eisläufen etc.) be¬
stimmt werden, (lass die Schulhöfe in der schulfreien Zeit für Spiele der
Jugend freigegeben werden, dass in keiner Schule mehr als sechs Stunden
Unterricht an einem Tage ertheilt werden, dass die sogenannte Abschluss¬
prüfung (zur Erlangung der Berechtigung zum einjährigen Dienst) wieder
abgeschafft oder geändert werde, da durch die Anforderungen derselben
die körperliche und geistige Entwickelung der Schuljugend geschädigt
werde. — In einer allgemeinen Besprechung fanden diese Sätze meist
die Zustimmung der Versammlung, lind man beschloss, die Vereine auf-
zufordern. Abgeordnete zu den bezüglichen Berathungen zu ernennen. Der
betreffenden grossen Commission soll auch anheimgegeben worden, die
Frage der Einrichtung hygienischer Unterrichtscurse und der Musterung
der Schuljugend in Behandlung zu nehmen. Gegen letztere, für welche
seit einiger Zeit von einem hiesigen Verein mit grosser Wärme Pro¬
paganda gemacht wird, erhob sich mannichfacher Widerspruch, weil man
sie einerseits für schwer durchführbar hielt, andererseits sich keinen
rechten Nutzen davon versprechen konnte und endlich auch die Conse-
quenzen fürchtete, welche ein erster Schritt auf diesem Wege nach sich
ziehen würde.
ln Sachen der Umwandlung der Sanitätswachen und der
Schaffung von Rettungsstationen hat eine Abordnung des Gesehäfts-
atissehusses sich mit den Herren Oberbürgermeister Zelle und Bürger¬
meister Kirsebner direkt in Verbindung gesetzt und bei beiden
Herren zwar freundliches Entgegenkommen aber keine Zusicherung der
Erledigung im Sinne der Aerzte erhalten. Im Gegentheil schien der
Herr Oberbürgermeister eher geneigt, auf die Absichten des Herrn
Direktors Schlesinger, welcher das ganze Rettungswesen den Unfall¬
stationen zuweisen will, einzugohen. Da die Berliner Aerzte sich damit nur
für den Fall einverstanden erklären könnten, dass Cautelen geschaffen wer¬
den, wodurch die Hintansetzung ihrer Interessen verhindert wird, soll in
der allgemeinen Aerztevcrsammlung (siehe unten) oder in deren Com¬
mission vorgeschlagen werden, dass eine Eingabe an den Magistrat abge¬
fasst werde! in der zunächst das dringende Verlangen ausgesprochen wird,
die ganze Angelegenheit von den städtischen Behörden in die Hand ge¬
nommen zu sehen. Die Stadt wird freilich weit mehr Mittel aufwenden
müssen als die 63000 M., welche jetzt, für die Sanitätswachen jährlich
hingegeben werden. Ferner wird für wünschenswertli erklärt, dass eine
gemeinsame Beratliung aller derer statt,finde, welche die Sache nngoht,
also von Mitgliedern des Magistrats, der Curatorien der Sanitätswachen
und Unfallstationen, des Nationalvereins zur Hebung der Volksgesundheit
und nicht zuletzt natürlich von Aerzten, um sich über die Grundsätze zu
verständigen, durch welche am besten der Allgemeinheit und dem ärzt¬
lichen Stande gedient werde. Sollten die Unfallstationen wirklich dazu
ausersehen sein, die Führung zu übernehmen, so könnten die Aerzte nur
daun an den Rettungsarbeiten sich hetheiligeu. wenn sie die Garantie
hätten, dass die Stationen nur die erste Hülfe gewährten, dass alle
Aerzte. die sich zur Verfügung stellen, der Reihe nach und nicht etwa
nur dann zugozogon würden, wenn ein fest angestellter Stationsarzt zu¬
fällig nicht bei der Hand wäre, dass ein Honorar für die einzelne Hiilfe-
leistung festgesetzt, würde, dass man in der freien Wahl der Stätte,
wohin die Kranken nach Leistung der ersten Hülfe zu bringen seien,
nicht beschränkt würde, dass endlich ein aus allgemeinem Vertrauen ge¬
wühlter Arzt bezüglich aller Fragen des Rettungswesens im Curatorium
der Unfallstationen Sitz und Stimme hätte.
Die grösste Kasse Berlins, die sogenannte Meyer’schc, hat
ihren Vertrag mit dem Verein der freigewählten Kassenärzte zum
1. Januar n. J. gekündigt- und sucht circa 150 Aerzte anzustellen, denen
sie die Behandlung ihrer Mitglieder übergeben will. Leider haben sich
fünf hiesige Collcgen bereit erklärt, obwohl bekannt war, dass das Vor¬
gehen des Vorstandes der Kasse kein ehrliches war, und obwohl sie
wussten, dass im Falle des Gelingens das Fortbestehen der freien Aerzte-
walil gefährdet ist, dem Vorstande bei dem Engagement neuer Kassen¬
ärzte behülflich zu sein. Zwei von diesen fünf Collcgen, welche sogar
dem Verein der freigewählten Kassenärzte angehörten, hat dieser Verein
seinen Satzungen gemäss durch eine sehr prompte Justiz aus dem Verein
ausgeschlossen. — Der Geschäftsausschuss, welcher sich stets sehr warm
für”die Durchführung der freien Arztwahl ausgesprochen hat, machte
folgenden Antrag des Vereins Königstadt zu dem scinigen: Da die ärzt¬
lichen Standesvereine gemäss ihrem Programm für vollkommen freie
Arztwahl jederzeit cintreten, so erwartet der Gesehäftsausschuss von
den Mitgliedern der Vereine, dass keines derselben sich der allgemeinen
Ortskrankenkasse gewerblicher Arbeiter und Arbeiterinnen als Arzt
anbktet. ^ ntrag der Königstadt, welcher die Entziehung der
Approbation betrifft, gelangte ebenfalls zur Annahme. Nach den
jetzigen gesetzlichen Bestimmungen kann denjenigen Aerzten, denen dio
Ehrenrechte aberkannt sind, für die Dauer dieser Aberkennung die Appro¬
bation entzogen werden. Nach dem Anträge soll diese Entziehung em-
treten bei entmündigten Aerzten während der Dauer der Entmündigung,
und für immer lief solchen, denen ein für alle mal die Fähigkeit ab-
i erkannt ist, vor Gericht als Zeuge aufzutreten. — Diese Frage steht auch
auf der Tagesordnung der demnächst, stattfindenden Sitzung der bmndon-
burgischen Aerztekammer. ,
1 ' Ueber ein eigenes Publicationsorgan der Standesvereine wuiüc
I auch heute noch kein Beschluss gefasst, nachdem in allerletzter Zeit be¬
kannt geworden ist, dass sich auch für die Aerztekammer das Bedüi lins*
i herausgestellt hat, ein Pressorgan zu haben, durch welches B.'kannt-
! niachungcn allgemeiner Art, Mittheilungen der Behörden und de 1 gleichrn
mehr allen Aerzten des Kammerbezirks zugänglich gemacht werden könnt n.
I Es soll versucht werden, oh ein gemeinschaftliches Blatt für die Kammer
und die Standesvereine Beifall findet und gegründet werden kann. H.
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UNIVERSETY OF MICHIGAN
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
962
Ko. 51
— Die in obigem Bericht Erwähnte allgemeine AerzteVersammlung
war vom Verein zur Einführung freier Aerztewahl zum 3. December in
GratweiPs Säle berufen worden. Dieselbe war von ungefähr 300 Aerzten
besucht; auch der Vorsitzende des Nationalvereins zur Hebung der Volks¬
gesundheit, Herr Geheimrath Broich, der ebenfalls eine Einladung er¬
halten hatte, war derselben gefolgt und griff wiederholt in die Verhand¬
lungen ein. Nach dem recht geschickten einleitenden Bericht des Herrn
Schaffer entstand eine zum Thcil sehr lebhafte Debatte, in welcher be¬
sonders das Curatorium der Unfallstationen einer ausserordentlich scharfen
Kritik unterzogen wurde. Nach mehrstündigen Verhandlungen nahm die
Versammlung zunächst eine Resolution an, wonach eine erspriessliche
Organisation des Rettungswesens nur durch einmüthiges Vorgehen sämmt-
licher Betheiligten möglich ist, und worin es ferner für eine Ehrenpflicht
der Aerzte erklärt wurde, vor erzielter Einigung keine bindenden Ab¬
machungen mit den Unfallstationen zu treffen. Ausserdem entschied man
sich für die drei ersten von einer grösseren Commission, welcher Aerzte
aus allen Lagern angehörten, vorgeschlagenen Leitsätze. Dieselben lauten:
1) Das Rettungswesen und die erste ärztliche Hülfeleistung in Berlin
bedarf dringend einer Umgestaltung und Regelung. — 2) Diese Regelung
kann nur unter Mitwirkung des gesammten ärztlichen Standes zweck¬
mässig in die Wege geleitet werden. — 3) Um das Rettungswesen nicht
auf die unsichere Grundlage privater Wohlthütigkeit zu stellen, ist es er¬
forderlich, dass die Stadt Berlin die zur Organisation des Rettungs¬
wesens nothwendigen Mittel bereit stellt. Eine Beihülfe gemeinnütziger
Gesellschaften ist willkommen.
Wegen vorgerückter Zeit wurde die Verhandlung hier abgebrochen
und eine Commission von neun Mitgliedern orwählt, welche das weitere
vorbereiten und einer demnächst abzuhaltenden Aerzteversammlung Bericht
erstatten soll. -H.
XII. Krankenpflege.
Aus der Diakonissen- und Krankenheilanstalt ..Betliesda”
in Hamburg.
Ein neues Urinal für Frauen.
Von Carl Schütt, früherem Assistenzarzt der Anstalt.
Zum Auffangen des Urins bei bettlägerigen Frauen ist eine Reihe
von Gebissen im Gebrauch, welche jedoch den genannten Zweck in man¬
chen Fällen gar nicht oder nur unvollkommen erfüllen. Bei Benutzung
des „Stechbeckens“ muss die Frau, um das Unterschieben desselben zu
ermöglichen, gehoben werden. Dies Verfahren ist hei entzündlichen Er¬
krankungen der Bauch- und Unterleibsorgane mit sehr viel Schmerzen
verbunden, ja oft nicht einmal ganz ungefährlich, bei acuter Cystitis mit
ihren häufigen, zuweilen nur aus wenigen Tropfen bestehenden Ent¬
leerungen mühsam und zeitraubend für das Pflegepersonal. 1 ) Bei Con-
tinuitätstrennungen am Stützapparat der unteren Extremitäten, die durch
Schienen- oder nur durch Extensionsverband festgehalten werden, ist das
Aufheben wegen der unvermeidlichen Bewegung an der verletzten Stelle
schmerzhaft uud der Heilung hinderlich. Die zur Beseitigung dieser
Mängel construirten Modificationen des Stcehbeckens, sowie die Urinale,
welche als flaschenartige Gcfässe mittels eines besonderen Mundstückes
das Auftangen des Urins bewirken sollen, sind in den genannten Fällen
nur bedingungsweise oder gar nicht anwendbar, da sie eine ganz bestimmte
Lago der Frau erfordern, wenn sie nicht drücken und den Urin reinlich
auflangen sollon. Unzureichend sind dieselben ferner, wenn es darauf
ankommt, Wunden des Gonitalapparates und dessen Umgebung, seien
dieselben durch Operation, bei der Geburt oder aus anderen Ursachen
entstanden, vor Benetzung zu schützen, Verbände der Beckengegend und
der Extremitäten vor Durchtränkung zu wahren. Bei Incontinentia urinae
und dem infolge der Nässe entstandenen und durch dieselbe unterhaltenen
Decubitus sind dieselben unbrauchbar.
In allen genannten Fällen
lässt sich die Entleerung des
Urins auf bequeme und rein¬
liche Weise mit Hülfe eines
kleinen Instrumentes bewerk¬
stelligen, das in manchen
Fällen auch den Katheter ent- 1
behrlich machen kann, dessen
Gebrauch, wenn nicht peinlichste Asepsis gewahrt wird, die Gefahr des
Blasenkatarrhs mit sich bringt.
Dasselbe besteht aus einem schiffchenartig geformten Trichterchen
aus Glas, das unter Beachtung der nöthigen Reinlichkoitsmaassregeln in
me \ ulva direkt vor die Harnröhrenmündung gelegt wird und mit Hülfe
eines an dem Abflussrohre angebrachten Schlauches den aufgefangenen
Urmi n.ein bereit gehaltenes Geföss abfliessen lässt.
.. Boi Kranken mit Incontinentia urinae kann das Trichterchen dauernd
liegen bleiben, wenn für die peinlichste Sauberkeit Sorge getragen und
2" i W ü < -’ nicht etwa ein Decubitus in der Vulva entsteht.
i bei Jn rl^i 1 Pcrs01ien von selbst oder kann durch eine pas-
wÄn Bft w age -f' Binde . mit Schllt ? fflr das Abflussrohr) festgolialton
^ ! T ? aim ? 01 ? ütwas mit vor S el egt wird, so gelingt
., “l allen Uim aufzufangen und so ein Trockenliogen zu bewerk-
wää Ä^ crhfltunsals zur Heiiung d ° s r,ecubit " s ™
Dos Instrument ist unter der Bezeichnung „Trichter-Urinal“ von
Heim Leonhard Schmidt, Instrumentenmacher, Gr. Burstah IG. Ilam-
stellig!*,!. n<1 h01 St hV S, h ' Vm ‘ n Krankcn nur äusserst schwer zu bewerk-
burg, zu beziehen. Statt der jetzigen asymmetrischen Form des Instru¬
mentes, das einen längeren, beim Gebrauch vorliegenden Schnabel triM
ist eine symmetrische Form in Aussicht genommen.
XIII. Therapeutische Mitteilungen.
Ueber den therapeutischen Werth des Leberthrans mit
besonderer Berücksichtigung des „Br. Standke’scheirt
wohlschmeckenden Präparates.
Von Dr. Schmidt in Schönau bei Chemnitz.
In den manniehfaltigsten Fällen, in denen durch constitutioneile Leiden
die Ernährung des Körpers sehr heruntergekommen ist, wie bei Skro-
phulose, Rachitis, Anämie, chronischen Eiterungen, Knochen- und Gelenk-
erkrankungen, Lungen- und Rückenmarksleiden, ebenso auch in Fällen
verzögerter Reconvalescenz nach überstandenen acuten Erkrankungen, die
zur Depravation des Organismus führten, besitzen wir in dem Dorsch*
leberthran ein vorzügliches, leider nicht genug gewürdigtes Mittel zur
Hebung der Ernährung und Kräftigung der Constitution.
Die vorzüglichen Erfolge, welche Verfasser bei consequeuter Durch¬
führung der Leberthrananwendung in allen dafür geeignet erscheinenden
Fällen einer umfangreichen Praxis erzielte, veranlassen ihn, im Interesse
der Patienten wie der Collegen letzteren die ausgedehnteste Anwendung
des Leberthrans mit Berücksichtigung der folgenden Ausführungen drin¬
gend anzuempfehlen.
Der Leberthran (nach Pharm. Germ.: Aus frischen Lebern des Gadus
Morrhua bei gelinder Wärme im Dampfbade gewonnenes Oel) enthält be¬
kanntlich die Glyceride der Oel- und Palmitinsäure, freie Oelsäure, Gallcn-
säuren, verschiedene harzige Stoffe und in verschwindender Menge .Jod
und Brom. Letztere sind anerkannt für die physiologische Wirkung des
Mittels ohne Belang; es besteht diese vielmehr in dem Werthe des Leber¬
thrans als leicht emulgirbares und resorbirbares Fett, als leicht verdau¬
liches concentrirtes Nährmittel, wie wir ein solches bei Schwächezuständen
nmnnichfacher Art. bei skrophulösen und kachektischen Patienten zur
Ueberwindung der Dyskrasie dringend benöthigen.
Die allgemeinere Einführung und Verwendung des Leberthrans in
diesem Sinne machten bisher zwei unangenehme Eigenschaften der im
Handel befindlichen Präparate ganz unmöglich, einmal der änderst un¬
angenehme Geruch und Geschmack des klebrig fetten Oeles, sowie ferner
der Umstand, dass, gegenüber der sonstigen Leichtverdaulichkeit, in der
warmen Jahreszeit der Genuss desselben zumeist mit Verdauung«-
beschwerden, Brechreiz und Diarrhoeen verbunden war. Eine Vermei¬
dung dieser Uebelstände durch Zuhülfenahme von Corrigentien bei der
Verordnung hat sich als unzulänglich bewiesen, ganz abgesehen von der
dadurch bedingten Vertheuerung des Mittels.
Somit musste es freudig begriisst werden, dass unter der Bezeich¬
nung „Dr. Standke’s wohlschmeckender Leberthran“ von der Finna Karl
Fr. Töllner in Bremen ein neues Präparat des Oleum Jecoris auf den
Markt gebracht wurde, welches durch eine modificirte Darstellungsweis«
und geringfügige Zusätze indifferenter Stoffe das vordem den Patienten
so unangenehme Nährmittel durch nunmehr angenehmen Geschmack fast
zu einem nährenden Genussmittel macht. Zum wenigsten ist der wider¬
liche Geschmack und der noch widerwärtigere Geruch des rohen Leber¬
thrans so verändert, dass es überall, selbst von Kindern gern genommen
wird. Der zweite Vorzug des Präparates ist die Leichtverdaulichkeit und
Bekömmlichkeit während der warmen Jahreszeit. So sind Verfassers
sämmtliche Erfahrungen mit dem Mittel in den warmen Monaten dieses
Jahres gewonnen, und in keinem Fall ist eine Indigestion durch den Ge¬
nuss desselben verursacht worden- t .
Der Preis des Präparates ist ein mässiger; die ganze OriginaJflasctie
zu etwa 500 g kostet 2 Mark, die halbe mit etwa 230 g 1,20 Mar*.
Die gleiche Menge des gewöhnlichen Leberthrans kostet (230 g) im hc-
eept verschrieben l Mark, also unwesentlich weniger als die „raten-
arznei“. ,
Ich erwähne noch, dass ich bei meinen Versuchen nur das Oleum
Jeöoris ohne Zusatz verwandte; dasselbe wird mit Zusatz von Jodeiyn-
Eisen, Phosphor, Guajakol und Kreosot von derselben Firma m Urigm'
flaschen abgegeben. , ,,
In folgendem sei nur die kurze Anführung einer kleinen AuhWa 1
von Fällen gestattet, in denen mir die durchgeführte Behandlung >
„Oleum Jecoris Dr. Standke“ die vorzüglichsten Erfolge ergab, und z • •
zwei Fälle von chronischen Eiterungen, die im erstoren Falle zur Ana <
und Entkräftung führten, im letzteren die Folge (bedeutender) beste en^
Blutarmuth zu sein schienen, ferner je einen Fall von Lungen-
Nierenleiden, die durch Darreichung des Leberthrans sehr Sonstig
flusst wurden, ebenso je einen Fäl von Circulations- und verdauu ^
Störung, von bestehender allgemeiner Blutarmuth und Rachitis und
phulose, in dem die Verwendung dos Oleum Jecoris zur Hebung
deutlichen Besserung des Leidens führte.
Fall 1. Der 60jährige Arbeiter U., mit Thoraxfistel nach voi « a *
frist überstandenem Empyem, durch anhaltende Wundsocrctioni ~ f])
entkräftet, kommt wegen stärkerer Eiteransammlung mi ab£ c f. i(|
Abscessraum und acuter Bronchitis in Behandlung. Da er sich ^IV ,,
Eingriffen widersetzt, wird, nach Bekämpfung der acuten Lrse u ^
und Einrückung des Secretes durch eine forcirte Schwitzern*, die ^
lung auf Leberthrandarreichung beschränkt. Nach sechs Wochen • ^
Kräfte des Patienten sehr gehoben, sein Aussehen voller, ® 10 „Äiyicht
rundet und die Wunde ohne Secretion im Verheilen. lauen * h
sich der Weiterbehandlung, weil er die Kasse nicht weiter 1,1 .*!j ‘L
nehmen will und durch Weiterführen des Leberthrantrinkens
Rechnung zur völligen Genesung zu kommen hofft.
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Original fro-rri
UNIVERSITY OF MICHIGAN
20. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
963
. J.^ 1 1- Das J- mit. chronischem Ohrenleiden, durch-
.löcherten 1 Tioramelfell und starkem Ausfluss aus dem Mittelohr, welches
sich der. vorangegangeneu specialarzflicTien Behandlung aus Ungeduld ent¬
zog, stellt sich bei emtretender Verschlimmerung unserer Behandlung.
Das im hohen Grade blutarme Mädchen wird unter entsprechender Lokal¬
behandlung durch Darreichung des Lebertlirans so gekräftigt, dass mit
Hebung des allgemeinen Stoffwechsels auch der hartnäckige Ausfluss
schwindet.
Fall 3. Der 30jährige \Yeber E. mit pleuritischer Schwartenbildunir
an der vorderen Bmstwand, dadurch bedingten Athmungsbeschwerden und
Brustschmerzen, kommt hauptsächlich wegen gleichzeitigen Kräfteverfalls
und Appetitmangels m Behandlung. Sein Aussehen ist das des Phthi¬
sikers. _ Der physikalische Befund bestätigt die Vermuthung bestehender
bpitzeninfiltration. Die Behandlung bestand in Entbindung von jeder
Berufsarbeit, verordnetem Aufenthalt im Freien, so weit angängig, An-
PP e ^^ s durch Amara und Kreosot; danach wurde mehrere
Wochen hindurch allein Leberthran gegeben mit dem Erfolge, dass Pa-
tient unter steigender Gewichtszunahme sich mehr und mehr gekriiftigt
fühlt und nach etwa sieben Wochen seine Arbeit wieder aufzunehmen
vermag. Er fühlte in sich sogar den Muth zur Uebernahme der Ver¬
pflichtungen eines angehenden Ehemannes.
Fall 4. Dem 30jährigen Kaufmann H. mit chronischem Nieren-
schrumpfungsprocess wird während der langwierigen Behandlung des
Grundleidens mit grossem Erfolge Oleum Jecoris gegeben. Es tritt eine
Zunahme des Gewichts um zehn Pfund in 14 Tagen ein. K. ging später
an complicatoriscker Lungenentzündung zugrunde.
Fall 5. Der 60jährige Strumpfwirker Dr. leidet au allgemeiner
Entkräftung und Blutarmuth, den Folgen jahrelanger schlechter Ernährung.
Er kommt wegen aufgetretener Schwellung der Unterschenkel und quä¬
lenden Frostgefühls an den Füssen in Behandlung. Nieren imd Herz sind
nicht. nachweisbar erkrankt. Unter alleiniger Darreichung des Oleum
Jecoris hebt sich der Kräftezustand, die Schwellungen und das Frostgefühl
schwinden, und Patient nimmt pro Woche um zwei Pfund zu.
Fall 6. Der 50jährige Weber Kr. mit Obstipation und Hämorrhoidal-
bildung kommt in Behandlung wegen intercurrenten Durchfalls und Leib¬
schneidens. Nach Beseitigung der acuten Symptome wird dem sehr ent¬
kräfteten Patienten neben entsprechender Diät und Regelung der Lebens¬
weise Leberthran verordnet. Unter zunehmender Kräftigung schwinden
die Verdauungsstörungen, und mit dem Nachlass der Beschwerden tritt j
zugleich Erholung von den hypochondrischen Befürchtungen ein, welche
den Patienten bereits in starkem Maasse beherrschten.
Fall 7. Die 17jährige Fabrikarbeiterin T. trinkt den ihr gegen ihre
Blutarmuth mit dem ganzen Heer der entsprechenden Beschwerden (Men-
struationsanomalieen, Kopfschmerz, Herzklopfen, Schwindelanfälle u. s. w.)
verordneten Leberthran mit einer gewissen Begeisterung.
Fall 8. Das 2jährige Kind B., ein rachitischer und skrophulöser i
Knabe, bekommt nach überstandener katarrhalischer Pneumonie Leber¬
thran. Im vorigen, wie in diesem Falle wurde derselbe gut vertragen; beide
Patienten erholten sich zusehends.
Zum Schluss erwähne ich noch, dass in allen Fällen der Leberthran
dreimal am Tage in der Zwischenzeit zwischen den Mahlzeiten, also auf ]
leeren Magen gegeben wurde, und zwar bei Kindern je ein Kaffeelöffel,
bei Erwachsenen ein Esslöffel voll zur Zeit. j
XIV. Mittheilungen aus der Praxis über die
Heilserumbehandlung der Diphtherie.
Zwei Fälle von Erkrankung nach Anwendung des
Diphtherieheilserums; postdiphtheritische Accominoda-
tionslähmung trotz günstiger Beeinflussung
der acuten Erkrankung.
Von Dr. Robert Rembold, Saulgau.
Obgleich ich erst sechs Fälle von Diphtherie mit Behring’schem
Heilserum behandelt habe, habe ich bereits zweimal ähnliche Krankheits¬
erscheinungen erlebt, wie sie die Herren Lublinski und Cnyrim in
dieser Wochenschrift beschrieben hatten; es sind folgende:
Fall 1. Am 28. Oetober wurde ich nach dem l 1 /* Stunden ent¬
feinten L. zu der 7 Vs Jahre alten Anna R. gerufen. Sie war Tags zuvor
erkrankt mit Uebelkeit, Kopf- und Halsweh. Ich constatirte eine Tem¬
peratur von 39,4, starken weissen Bela<* und Schwellung beider Mandeln,
serösen Ausfluss aus der Nase, geringe Schwellung der Halsdrüsen. Meine
vorläufige Verordnung war Kalkwasser zum Gurgeln und wurde, so lange
als eine Entzündung im Halse zu bemerken war, auch fortgebraucht.
Am 29. Oetober, Morgens, war die Temperatur 38,3 in axilla, der
Puls 120, in der Nacht hatte Patientin geschlafen und war nur einmal im
Traume aufgefahren. Die Schwellung der Mandeln und Halsdrüsen hatte
zugenommen, der Belag war grau-schwarz geworden, und es machte sich
ein abscheulicher Fötor geltend.
Nun hatte ich. noch ein Serumfläschchen No. I von den Höchster
Farbwerken vorräthig und vertheilte es unter den vier Geschwistern der
Familie derart, dass von den gesunden Kindern jedes ’/u», das kranke das
davon bekam (von ersteren also jedes 60 Einheiten, das letztere
420 Einheiten).
Am 30. Oetober, Morgens, war die Temperatur 37,5, der Puls 120,
die Nacht war durch Delirien unruhig, das Kopfweh war weg. Die
Mandeln aber und die Halsdrüsen waren noch mehr geschwollen wie Tags
zuvor.
Nachmittags 3 Uhr: Seit Vonnittags war Heiserkeit der Stimme und
bellender Husten aufgetreten. Temperatur 87,6, Puls 120. Ich injicirte
noch- einmal ein. Flaschen- No. 1 (600 Einheiten) -des- inzwischen nach
telegraphischer Bestellung nngekommenen Serums. - .
Am 31. Oetober, Morgens, war die Temperatur 37.8. Die Mandeln
und Halsdrüsen waren ganz bedeutend abgeschwollen. Das Allgemein¬
befinden war gut. die Stimme noch heiser. In der Nacht hatte Patientin
geschlafen.
Am 1. November waren der Puls 100, die Temperatur 37,5, die
Mandeln noch mehr abgeschwollen; es zeigte sich eiteriger, mit Membranen
untermischter Auswurf. Schlaf und Allgemeinbefinden waren gut.
Am 1. November waren der Belag völlig gelöst, die Mandeln und
Halsdrüsen zur Norm zurückgekehrt und erstere kaum noch etwas cro-
röthet. B
Am 4. November war alles gut.
, Am 9. November wurde mir berichtet, dass das Kind seit vorgestern
wieder über Unwohlsein und Schmerzen in den Beinen klage, es habe
auch seitdem einen rothen Ausschlag an den Beinen. Das Kind sei heute
wieder munterer und habe auch schon gestern weniger über Schmerzen
geklagt Vorgestern und gestern habe es sich heiss angefühlt. Ich con¬
statirte Puls 120, Temperatur 37,6 und ein masernartiges Exanthem, besonders
stark an den Beinen, etwas weniger ausgeprägt am Rumpf und den Armen.
Es waren keine Gelenkschwellungen vorhanden, Druck auf die Kniegelenks-
hrne war noch etwas schmerzhaft. Auf Befragen giebt das Kind an, dass
die Schmerzen in den Fuss- und Kniegelenken gewesen seien.
Am 11. November traf ich das Kind wohl und munter ausser Bett,
Seitdem hat es sich gut erholt, hat runde rothe Wangen und ist munter.
Am 28. November wurde es mir zugeschickt, weil in der Schule be¬
merkt wurde, dass es nicht gut sehe.
Aus der Untersuchung der Augen ergiebt sich, dass Accommodations-
lähmung beiderseits vorhanden ist: In der Entfernung von 6 m wird
Sn M 6 erkannt, in der Nähe wird durch Gläser von + 6 D normale Seh¬
schärfe erreicht. Die Augenmedien und der Augenhinteigrund Hessen
nichts pathologisches erkennen. Sonstige Lähmungserscheinungen sind
bis jetzt nicht aufgetreten.
Fall 2. Maria K., 11 Jahre alt, von hier, war Tags zuvor erkrankt
mit Frieren, Müdigkeit und Halsschmerzen.
Ich fand am 17. November, Morgens 9 Uhr, eine Temperatur von
39,4, einen Puls von 136, beide Mandeln stark geschwollen, dick weiss
belegt. Es machte sich starker Fötor geltend. Das Sensorium war etwas
benommen. Sofort machte ich eine Injection von 600 Normaleinheiten.
(Antitoxin No. I von den Höchster Farbwerken.)
Abends 10 Uhr war die Temperatur 38,7, der Puls 128. Den Tag
über soll das Kind fast immer delirirt haben. Die Injectionsstelle war
auf Druck leicht schmerzhaft.
Am 18. Morgens war die Temperatur 39,5, der Puls 110, das All¬
gemeinbefinden gut. Die Membranen schienen sich schon etwas zu lösen.
Nachdem ich zwei Tage verreist war, traf ich das Kind am 21. bei
vortrefflichem Allgemeinbefinden. Die von früher her geschwollenen
Mandeln waren nicht einmal mehr geröthet. Auch in den folgenden Tagen
blieb der Zustand gut.
Als ich nach einiger Zeit wieder in die Familie kam, wurde mir er-
j zählt, das Kind wäre am 25. November aufgestanden und hätte sich ganz
wohl befunden, am 26. habe es einen scharlachähnlichen Ausschlag an
den Beinen und Armen bekommen. Am 28. habe es ein paar Stunden
lang über Schmerzen im Kreuz und in den Beinen geklagt. Fünf Tage
lang habe es nicht stehen können, im Bett habe es keine Schmerzen ge¬
habt. Der Ausschlag sei allmählich in 4—5 Tagen wieder verschwunden.
Die sonst ängstlichen Eltern hielten dieses Unwohlsein nicht für be¬
deutend genug, um mich rufen zu lassen. Jetzt ist das Kind wieder ganz
munter und wohl auf.
Die Fälle haben demnach mit denen der Herren Lublinski und
Cnyrim das gemeinsam, dass an dem zehnten Tage nach der ersten
Einspritzung Gliederschmerzen und ein masernartiges Exanthem auftraten,
und es scheint kein Zweifel darüber obzuwalten, dass diese Erkrankungen
Folgen der Einspritzungen sind.
Vorläufig mag es noch sein Bewenden haben bei der einfachen Re-
gistrirung der Fälle, die einerseits wichtig ist, andererseits aber zu
Schlüssen noch nicht berechtigt.
Bei meinem ersten Fall ist besonders noch zu bemerken, dass eine
günstige Beeinflussung des acuten Krankheitsverlaufes durch das Anti¬
toxin das Ausbleiben einer postdiphtheritischen Lähmung nicht garantirt.
Die geschilderten ungünstigen Erfahrungen können mir die Hoffnung
nicht nehmen, dass das Mittel sich bewähren wird, weil doch diese Fälle
wie die anderen, welche ich mit Antitoxin in Behandlung genommen habe,
in ganz eclatanter Weise durch das Mittel beeinflusst wurden.
Zwei Fälle von Heilserumbehandlung der Diphtherie.
Von Dr. Bachmann in Salzhemmendorf.
Ich habe bisher fünf Fälle von Diphtherie mit Behring’s Heil¬
serum behandelt, von denen ich die ersten beiden als abgeschlossen hier
mittheile:
1. Martha C. zu Salzhemmendorf, blühend aussehendes Kind von
sechs Jahren, leidet seit fünf bis sechs Wochen an Keuchhusten und soll
durch das häufige Erbrechen einige Pfund abgenommen haben. Am
19. November Morgens ruft man mich zu dem Kinde, welches über Kopf-,
Ohr- und Halsschmerzen klagt. Massiges Fieber. An der geschwollenen
rechten Mandel diphtherischer Belag. Injection von 4 /n> des Inhalts einer
Flasche Behring III, in beide Oberschenkel je die Hälfte. Kurz an¬
dauernder Schmerz; keine lokale und sonstige Reaction.
Lokale Behandlung der Beläge mit Loeffler’s Mischung, vermittelst
Wattebäuschen und Klemmpincette. (Es empflelt sich, bei Diphtherie-
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Original fro-m
UNIVERSETY OF MICHIGAN
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rit^ ifebvg&s Um E«»c lii-.*! <v I'*iH>l«i^niui zwo-i ttei i-mc l’^iut'iiltür von
i >*_!») * th vriv bttt^i
Der Yerkujf des Kmtes wm ein sehr güim't igpr,. indem fsopiseUmerZ
«od ilati- ’oiul Ohrsehitmrzeu vom Tuge «Heb um Ejji*].iritez»uig AU Mich-
gelfetfeti buben. Kein Eicher !??« hi\ fEtermdoi KehlnE Die Uurgeluugau
reut KMEwnuBm: uoob fitetetekfteE Dm Belüge erwlii3inup uoeb
Vfelfocii an beiden Mündeln und deren Umgebung wieder. bi*' zum
4. Oecomhite doch 'werden De jedesmal durch e.iu- bis dreimalige.
Lei fOurDohe Tom liiruüg kdehr zcrsUVrt, Am weichen Gaumen ze-igmi-
sich zwemmi -idft dOmm.. leicht cuDembivrc l'urlinuttcrhiim.cbmj.
Der ltdz zutii Koudihuston verliert sich im YDrlauiV- dm* heil enden
DiishUierie ebenfalls bist ganz, ßelindon und Kmöhrnng sehr gut.. Au.
ihm InJeet.imiSstdlim kehic fieuetmu.
Als grfctep Kr 9 .njilf‘vjf.B.t>ig kaan num wohl rteu 2h.
da die Elteni den Halb des Kindes stets sehr vorsichtig hritemteliten:
Hi« wf& Hb Dncenibur v*jUstfttulige?. Wohlbfetinden. * *„
2. KrTcdrich K. y.u•Ummm-mcIorK drei Jahre all., }nb|i«tfi:s% ziem Imh
.scbwH'Jdicbus Rind. Vof 1A Tamm behandelte ich öle scc&sTMuijjn H&lfn
schwcslor au Itaelieudiphihen«' mit Erfolg durch LoetflerK TouehinTug
und KidkwHSSio-gnigfdnugt’.n.
Ain 2. Jnmvnibm* Mo Leere- will die Muiler zuerst woisse Eteeke
nt llai'bntL' WnmU haben;. Km Murgeic des \ iteeembor jedoch bestimmt
i-t-rtiu. Onr GeinM inrath- Drotessot Dr. Virgil o h j nt
dcni uns vor hegenden Stenogramm in der Sitzung der ÜeriiniT 'tut
tW'lten i teseüm'hnte m ' 02 . Herunter iSlG folgende tHü-sürdlfho Br;
hurtgö« genfÄtibi., die Wir- als iinffehntuomi auf 4m <,Deutsche ntedfüni
’\Vncfwmsehrifl , ‘ ImzüglteH. nicht, ganz unerwidert te*> m fcü&lpi
möthr«!- mich noch zu eiucr p'erteintkhon Kwuiu-kiiiig da* Wort nein
Söitdkn fUese l>n»hthe.neuögelfeg.enbeit hei. uns aut die Tw^ordiiiuli
hemmen ist. bin ich ziemlich anhaltend jede Woche emw! iteKfm
von sehr nuliuhmumm IMtm-ii teogen rD.uoi im-.sigmj modicunVu.uiär'k
Kh > vri 'dc dieser Zeitung sjV'eiei! mehl imtworten, und sollte ki-u^t .e
meine 1Iy si&Hf tsi’ilhruug hier in ihn: (rfisefisntmft ütwaa euhteWÄhtU &
;sn hitiiT; iidv dih» bei Gel«gwilioii — wir Dud ja immer zii>dJoipeh’..
mioAHch y.n machen. Vurliiuiie .ihm' ghuibc ich in der TDi, i JlW
zu Udnmm. dass Kh monui.nd zu Duusum. niemand :m iK‘ß«iW.:n
Tngcsordtinug hurg.^foUt huho. iLubhafter IküMl.i MDr/p Herum,
mochte St»k;ibp ;binwtfit?(m. <l>m> ich hiobt .tiW üjr tjj
ordbitiis ga/i/ uuti er lind ei somiurn .fc; udi sie tm. vo.-e.ndi'«'
mdtc'no tmch den Meidimgeu. o utchw eK%obi;it, aml d;iss ich
hhirgig bin.;. ää^uin-
uDse«;- Kocht /.imuciKönnen. Also ich yrmsb m mDrepf Geiste sh «
vollKomuien und höchst uru-oHctriuIiKefo- Hnlamlhutg duve \ r i, A r 1
-uissino Vlirth Kwum-m DDiteUi ^ic wcislot;: ja Uimicn Jauyer ZKl '
h uenhcit buhen, v.n arth.-lten, wie Bm meine Ck^tjsixitshilmm i tur.ars
bii« ihibin. kann teil, hur nvkliinm. diteK.icb. hoten ‘Acndcrunctn derhj
»tehmeii wefded ~ Es ist uns gänzlich uitcrhiTdUch, -worauf die IKc
Kling dD> Demi \ in how nhzioft. m*,.sru .,zi.cthjh:h imhidtendjKic \\\
ein (Uni Gogciislum! von. sehe uiil.i«*bsa-mcir- JteJTai.bl.m’»gHU ■ mtir iteei
mcdichuschrn Zcituii;*’— voi’nusgosid/l. ilues uiih dn-'cr Zedjmc
imscrigo gemeint, sein soll Wir Indem uu- r , \\ teo-u*. in du-.-er _cni
DjpbtbhincangrdceHuhtei t |.ü \-immj t J u> Umn Ki^hev.
.liartfil und iiUi-ii gaY keine \'-orunht.s.smu-- thpi ccbuht. \VrJin.-w
Ao._ 40 die Aufstellung der Tugev-ordrium: f«r die Sikmot der .Gerl*
iDt:dfi;inist (\er> Um?yUst'UÜFt YUttV A. Ikutebdter. ttmnirt uudK wie
Vbrlknf zeigtK mit ftecht nmniri. - hnbou, w tag- «ns dod '0a\
XV. Bemerkungen au der Erwiderung des
Herrn v. Bergmann in No. 50 dieser
Wochenschrift,
Vi.u Prol l*r. Hebring in ItiHe a. S.
Aut «he «ui liv’lzt nocii‘cm Heren v Berg m ?»« u- Auiivchf. crtialtoncri
.•vusspidicb.* libor mich iutd mete Mojiporiüi)- gedonkn ich öftljm'■.emzu&e.hdA
gcletroiU licK c\ not- ^ätcrete livst-misc]ii-n 'i'inrsteil'ung tb.«j 3or>iu(i1ien»}nö; wo
e t Ue.ite'ui ii-b itHch snmu uritnoiivir!e Ivrit.ik. «teiltet TfUmimbidlvcrsticho,
Jiahmi werdn.
du du se" Bt.'jle v, ili n ji um ilioi 1 huge bf-HOuotl'
. -K vi u.- ulmi.- gomn. Huri v. ilcroniuiDv sieii meiner Vbirsuch,. 1s
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Donnerstag
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27. December 1894.
DEUTSCHE
MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Mit Berücksichtigung des deutschen Medicinalwesens nach amtlichen Mittheilungen, der Öffent¬
lichen Gesundheitspflege und der Interessen des ärztlichen Standes.
Begründet ron Dr. Paul Börner.
Zwanzigster Jahrgang.
Redaction: Prof. Dr. A. Eulenburg und Dr. Jul. Schwalbe, Berlin. — Verlag: Georg Thieme, Leipzig-Berlin.
Lichtensteinallee 3. Potsdamerstr. 116. Postadresse: Leipzig, Seeborgstr. 31.
I. Die Rolle des Alkohols bei sexuellen Per¬
versionen, Epilepsie und anderen psychischen
Abnormitäten. l )
Von Professor Dr. Aug. Forel in Zürich.
Es ist bekannt, dass der Alkoholgenuss nicht nur bei nor¬
malen Menschen durch Uebermaass zu den gewöhnlichen alkoholi¬
schen Psychosen, speciell zum Delirium tremens zu führen pflegt,
sondern dass er bei der Psychopathologie noch in zweifacher Weise
besondere Beachtung verdient:
Erstens dadurch, dass bestimmte pathologische hereditäre An¬
lagen gewisser Menschen dieselben zur Trunkenheit, zur Alkohol¬
sucht prädisponiren, so dass solche Menschen unter Umständen
absolut unfähig sind, mässig Alkohol zu geniessen, dass sie somit
bei unseren gegebenen Trinksitten unfehlbar zu Gewohnheitstrin¬
kern oder periodischen Dipsomanen -werden, wenn sie sich nicht
ein für allemal und für das ganze Leben aller alkoholischen Ge¬
tränke enthalten. Die Kranken dieser Kategorie sind allzu oft
das Product des durch die Gelegenheitstrinkerei vergifteten Keim¬
plasmas ihrer Vorfahren. Sie sollen uns heute nicht beschäftigen.
Zweitens dadurch, dass die Alkoholintoxication vorhandene
psycho-pathologische Anlagen entweder verstärkt, wenn sie bereits
zum Ausdruck gekommen sind, oder ganz erzeugt bezw. zum Aus¬
druck bringt, wenn sie vorher nur schlummernd im Centralnerven¬
system lagen. Man kann noch zu dieser zweiten Kategorie die
Fälle rechnen, wo der Alkoholgenuss einfach complieirend wirkt
oder überhaupt Symptome, die an sich harmlos gewesen wären,
zu gefährlichen und oft zu criminellen Handlungen umgestaltet.
Indem ich diese Fragen hier in einigen Punkten illustriren möchte,
bringe ich nichts Neues vor, sondern möchte nur eine psychiatrisch
hochwichtige Erscheinung besser zum Bewusstsein meiner Collegen
bringen. Zugleich illustrirt diese Erscheinung in sehr interessanter
Weise die ganze Frage der schlummernden hereditären Anlagen.
Von allen Thiergehirnen zeichnet sich das menschliche Gehirn
durch eine ausserordentliche Plasticität aus. Diese besteht haupt¬
sächlich darin, dass die Mannichfaltigkeit und die Complication
seiner Leistungen viel weniger durch hereditär ganz fertige, com-
plicirte Automatismen sich auszeichnet, die so und nicht anders,
zu bestimmten Lebenszeiten zum vollständigen Ausdruck gelangen
müssen und stets gelangen (Instinct), als vielmehr durch unfertige,
bei einzelnen Individuen sehr verschieden entwickelte potentielle
Anlagen zur raschen und complicirten Bildung von secundären
Automatismen (Gewohnheiten), von Gehimthätigkeiten überhaupt.
Diese plastischen Anlagen, mögen sie auch noch so hoch entwickelt
sein, müssen sich nicht nothwendig beim betreffenden Individuum
verwirklichen. Zu ihrer Entwickelung gehört eine Gelegenheit
und eine Uebung, welch’ letztere um so kürzer und geringer zu
sein braucht, als die Anlage stärker ist. Gewisse Sinnesreize resp.
Reizmittel können aber auch aus einer einfachen Anlage eine ver¬
wirklichte Thätigkeit entwickeln, und so sehen wir das Hereditäts¬
gesetz auch für die Pathologie ihre Eigentümlichkeiten bezüglich
der Plasticität des menschlichen Gehirnes kundgeben.
I. Sexuelle Perversionen.
In der bedeutenden, in zahlreichen Abhandlungen dargestellten
Casuistik der neueren Zeit über .sexuelle Perversionen sehen wir
*) Vortrag, gehalten in der Section für Neurologie und Psychiatrie
der 66.. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Wien.
hauptsächlich angeborene und hereditäre Anlagen, erworbene ner¬
vöse oder geistige Störungen und in manchen Fällen auch schlechte
Gewohnheiten als Hauptfactoren oder Ursachen jener Störungen
angegeben. Es sind auch Fälle beschrieben, wo solche Perversionen
temporär bei Nervosität, Hysterie etc. auftraten, was eigentlich
ihrem episodischen Vorkommen bei Geistesstörungen gleichkommt.
Dem Alkohol wird als Ursache kein Gewicht beigelegt.
Wenn auch meine Erfahrung in diesem Gebiet keine besonders
grosse ist, so muss ich doch in diesem Punkt eine Lücke finden.
Es sind mir Fälle vorgekommen, bei welchen der Alkoholgenuss
oder Missbrauch eine ganz wesentliche Rolle spielte, und bei einer
I grossen, wenn nicht der grössten Zahl der Fälle spielte der Al¬
kohol eine verschlimmernde Rolle.
Fall 1. Herr H., 36 Jahre alt, Kaufmann, wurde in unsere Anstalt
gebracht wegen Trunksucht mit päderastischen Neigungen. Ein Halb¬
bruder des Vaters war liederlich und starb geisteskrank, die übrige As-
cendenz war gesund. Patient selbst war von jeher gutmüthig, aber sehr
liederlich, charakterschwach und Onanist. Daneben nicht ohne Begabung,
etwas reizbar. Schon jung fing er an, sich mit liederlichen Dirnen stark
abzugeben und daneben zu onaniren und viel zu trinken. Bald trat bei
ihm ein vollständiger geschlechtlicher Ekel vor Frauen ein, so dass er
denselben gegenüber ganz impotent wurde. Dagegen wurde er Männern
gegenüber sexuell immer reizbarer, bekam eine vollständig conträre Sexual¬
empfindung und verkehrte sexuell nur noch mit Männern. Die Trunk¬
sucht steigerte sich immer mehr. Er machte Schulden, und in seinen
Aufenthalten in Frankreich und in der Schweiz fixirte sich die Männer¬
liebe immer mehr, so dass er, bei seiner Ankunft, seit 8 Jahren kein
Frauenzimmer mehr berührt hatte. AuffäUig war es, dass seine Excesse
mit Männern fast immer nur in betrunkenem Zustande vorkamen.
Der Kranke verbheb sechs Monate in unserer Anstalt und wurde
vom ersten Tage au durch vollständige Enthaltsamkeit von aUen geistigen
Getränken behandelt. Anfänglich war sein sexuelles Empfinden immer
noch verkehrt, was sich in den Träumen kundgab. AllmähUch aber ver¬
schwand, unter der einfachen Einwirkung der Alkoholabstinenz, die con¬
träre Sexualempfindung vollständig. Träume weiblichen Inhaltes traten
wieder ein, und der Kranke verliess die Anstalt in allen Beziehungen
vollständig geheilt. Er trat in einen Enthaltsamkeitsverein ein und ist
seit zwei Jahren vollständig geheilt und Abstinent geblieben. Er ist
fleissig, und soweit meine Erkundigungen über ihn reichen, hat sich seine
conträre Sexualempfindung nicht wieder gezeigt.
Fall 2. Herr Y., 42 Jahre alt, verheirathet, Ingenieur, Seit vielen
Jahren nicht gerade Trunkenbold, aber gern und viel Wein trinkend,
dabei sehr tüchtig in seinem Fach; im übrigen charakterlos. Schon vor
mehreren Jahren wurde er ertappt, als er iu betrunkenem Zustande in
Gegenwart von vorübergehenden Kindern auf der Strasse seine Hosen
aufmachte und seine Geschlechtstheile vorzeigte. Diese exhibitionistischen
Vorkommnisse wiederholten sich nun mehrere male im Lauf der letzten
Jahre, jedesmal jedoch nur im betrunkenen Zustande. Der Mann, der
im übrigen normalen geschlechtlichen Umgang mit seiner Frau hatte und
Kinder besitzt, kam deshalb wiederholt mit dem Strafgesetz in Conflict.
Er ist darüber wie über die ganze Sache ganz unglücklich, er erinnert
sich kaum oder gar nicht an seine Exhibitionen, ist aber zu schwach, um
dem Alkoholgenuss zu entsagen, so dass ich die Prognose für sehr du¬
biös halte.
Fall 3. Z., ein Mann aus dem Arbeiterstand. 37 Jahre alt, Kessel¬
schmied, geschieden. Sein Vater war unehelich geboren, etwas geistes¬
krank. Er selbst führte ein ziemlich unstfites Leben, verheirathete sich
jedoch und pflegte normalen geschlechtlichen Umgang mit seiner Frau,
ergab sich aber dem Trünke. Schon vor 14 Jahren, also in seinem
23. Lebensjahre, fing er an, in betrunkenem Zustande auf offener Strasse,
in Gegenwart von Frauen oder Kindern seine Hosen zu öffnen, seine Ge¬
schlechtstheile zu entblössen und ostentativ mit seinem erigirten Penis
zu manipuliren. Er wurde auf diese Weise im Lauf der letzten 14 Jahre
neunmal wegen Exhibitionen gerichtlich bestraft. . Dieselben fanden, con-
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stant immer nur in betrunkenem Zustande, gewöhnlich nach mehrtägigen
Trinkexcessen statt. Seine Frau liess sich schliesslich aus diesem Grunde
von ihm scheiden.
Wir haben es in diesem Fall mit einem typischen Exhibitionisten
zu thun, der jedoch stets nur durch Alkoholintoxication zum Exhibitio¬
nisten wurde und im übrigen ein normales Geschlechtsleben führte.
Fall 4. Herr V., Student. Sexuell sonst normal. Veranstaltet eine
sexuelle Exhibition in betrunkenem Zustande Frauen gegenüber und wird
deshalb gerichtlich bestraft.
Fall 5. U., Soldat, 20 Jahre alt. Vater verrückt. U. selbst war
immer ein mehr oder weniger liederlicher, geistig etwas schwacher Bursche.
In betrunkenem Zustand und als Soldat erwischt er ein kleines Kind
(Mädchen) und befriedigt seinen Geschlechtstrieb durch Reiben seines Penis
an den kindlichen Geschlechtstheilen. ln nüchternem Zustande geschlecht¬
lich normal.
Fall 6. Herr T., technischer Student, ca. 23 Jahre alt, aus psycho¬
pathischer Familie. Schwester starke Psychopathin. Er ergiebt sich
immer mehr den Trinkgewohnheiten, ist Onanist. Von Hause aus mit
nicht sehr markirten sexuellen Neigungen behaftet, nimmt er eine inten¬
sive Neigung zu den Männern in Verbindung mit Trinkgewohnheiten an.
T. wird vollständiger Urning und feiert seine sexuellen Orgien unter
starken Alkohollibationen mit männlichen Gleichgesinnten. Die Sache
wird so schlimm, dass er in eine Trinkerheilanstalt verbracht werden
muss. Durch Alkoholabstinenz während mehrerer Monate und durch
Zuhülfenahmo einiger hypnotischer Suggestionen bekommt er allmählich
normale Weiberträume und normale Sexualneigung. Er bleibt vollständig
Abstinent aller geistigen Getränke und geheilt von seinem perversen
Sexualtrieb während mehr als drei Jahren, führt sich vorzüglich auf, ist
sehr fleissig und nett, bekommt dann eine tüchtige Anstellung in Süd¬
amerika, stirbt jedoch dort plötzlich an einem schlagartigen Zufall (Hitz-
schlag? Apoplexie). Die Section wurde nicht vorgenommen.
Fall 7. Herr S., 20 Jahre alt. Hereditär belastet, ethisch dofect, leidet
an grosser Hysterie. Von Jugend auf Urning und leichtsinniger verfehlter
Jüngling. Nicht eigentlicher Trinker, jedoch verschlimmern sich seine
Urningsneigungen durch Trinkexcesse. Er erträgt den Alkohol absolut
nicht und wird durch Kneipereien mit Freunden zu urningischen Um¬
armungen, Liebeserklärungen etc. verführt, die zu seiner Entdeckung und
Gefährdung führen. Durch eine consequento hypnotische Behandlung bei
totaler Alkoholabstinenz gelang es bei ihm. die erotischen Träume mit
männlichem Inhalt und die mit denselben verbundene Onanie zu beseitigen
und durch Träume mit weiblichem Inhalt zu ersetzen, wobei die excessive
Onanie aufhört und durch seltenere, mit Frauenträumen verbundene Pollu¬
tionen ersetzt wurde. In diesem Falle spielt allerdings der Alkohol eine
untergeordnete Rolle und hat hauptsächlich die Suggestion in der tiefen
Hypnose des sehr suggestiven Kranken gewirkt. Der Kranke ist vor
kurzem entlassen, und über die Dauer des Resultates lässt sich überhaupt
f ar nichts sagen. Die hysteroepileptischen Anfälle waren schon früher
urch einen Aufenthalt in der hiesigen Anstalt beseitigt werden.
Ich könnte noch eine ganze Reihe von Fällen anführen, sowohl
von conträrer Sexualempfindung als vou Exhibition, Unzucht mit
Kindern etc., auch exquisite weibliche Urninge, bei welchen der
Alkohol eine perniciöse Rolle spielte. Nüchtern konnten diese
Leute ihren perversen Trieb entweder ganz im Zaume halten, oder
wussten wenigstens denselben in besonnenerWeise nur mit Gleich¬
gesinnten in stiller Zurückgezogenheit zu bethätigen, so dass weder
sie selbst, noch andere Leute viel darunter zu leiden hatten.
Trinkexcesse hatten stets die Folge, den pathologischen Trieb zu
steigern, ihn rücksichtslos, roh und unvorsichtig zu gestalten, die
Kranken selbst körperlich und social zugrunde zu richten, so dass
schliesslich die alkoholische Zuthat oft zum noch grösseren Uebel
wurde, als der perverse Sexualtrieb selbst.
Ich will nicht verhohlen, dass die unglückselige Gewisshei
eines Urnings, ein verfehltes Geschöpf zu sein, dem das Familien
glück für s Leben abgeschnitten ist, ihn leicht zur Verzweiflung un
zur rohen Liederlichkeit führt, dass ferner die meisten Urning
gründliche Psychopathen und verfehlte, meist cynische Mensche
sind. Doch ist das letztere durchaus nicht immer der Fall E
giebt darunter auch vortreffliche und tüchtige Menschen, die ma
wemger als Urninge kennt, weil sie ihr Urningthum verbergen. I
allen hallen muss man jedoch sagen: „Warum soll ein Urning, de
verfehlten und verbotenen Geschlechtstriebes wegen, am Lebe
mohr verzweifeln als ein katholischer Priester oder eine alte Jung
au? Wissenschaft, Philanthropie, Kunst etc., geistige und soi
stige Arbeit mit einem Wort können ihm noch ein schönes ideale
Leben verschaffen. Der Alkohol bildet aber stets für ihn eine gross
helfen Meldet er ltm ganz ’ 80 kann er sicher am leichteste
Es ist bekannt, dass mehr als die Hälfte der Verbrechen goire
die Person dem Alkohol zu verdanken sind (siehe: Die Trunksucl
eh.e e l ^Lt R re i? r) ’v D T“^ er s P ielen ^ Sittlichkeitsverbreche
rifri ! 5°! le \ Vergleichen wir diese Thatsachen mit den obe
angeführten Beispielen, so scheint es mir Grund genug dafür z
des Alkohols h»- , I enärZte n ne T* 8 “" Aufmerksamkeit der Roll
des Alkohols bei don sexuellen Abnormitäten zuwenden.
Epilepsie.
Man weiss schon lange, dass die Epileptiker den Alkohol sehr
schlecht vertragen und im Rausch besonders gefährlich werden
Man weiss ebenso, dass es eine Alkoholepilepsie giebt d h eine
Form von epileptischen Anfällen, die einzig und allein ’die FoDen
der Trunksucht sind und die bei den betreffenden Individuen nie
Vorkommen, wenn sie nüchtern sind. Man kennt endlich den be¬
rüchtigten „pathologischen Rausch“ (als ob nicht jeder Rausch
pathologisch wäre!) mit Berserkerwuth und nachfolgender totaler
Amnesie. Man weiss auch, dass manche Betrunkene, die nicht
einmal schwanken, nachher über ihre begangenen Gewaltthaten
ganz oder theilweise amnestisch sind. Herr College Kräpelin
neigt dazu, diese letzteren Fälle überhaupt zur Epilepsie zu
rechnen. Ich kann nicht ganz so weit gehen, räume aber ein
dass mau im allgemeinen bei solchen Fällen von einer schlummern¬
den epileptischen oder epileptoiden Anlage im oben erwähnten
Sinne sprechen kann. Der Alkohol wirkt dann als weckendes, die
Anlage mehr oder weniger betätigendes Agens. Doch darf man
auch da nicht zu weit gehen, denn fast jede Psychopathie ver¬
stärkt die schlimmen Wirkungen des Alkohols.
Ich möchte nur hier betonen, wie thöricht es ist, den Epi¬
leptikern den Alkoholgenuss überhaupt zu gestatten. Ich betrachte
dieses geradezu als einen Frevel, wenn man bedenkt, was die
Epilepsie an und für sich und erst recht in Verbindung mit Alkohol¬
intoxication ist. Man bedenke ausserdem, wie viel Epileptiker
überhaupt ■ unfähig sind, beim Alkoholgenuss mässig zu bleiben.
Man bedenke vor allem, wie wenig Alkohol genügt, um der schon
so schwachen Besonnenheit und Erinnerungsfähigkeit des Epi¬
leptikers den Garaus zu machen. Ich will nur kurz einige Bei¬
spiele anführen.
Fall 1. A., Maurer, fleissiger Arbeiter. Reizbarer Mensch. Bier¬
trinker. Nüchtern ist er sehr fleissig und hat niemals epileptische An¬
fälle. Ein oder zwei Glas Bier genügen jedoch, um bei ihm solche An¬
fälle hervorzurufen und ihn zu einem rasenden Wütherich umzuwandeln,
der für seine Umgebung höchst gefährlich wird.
Fall 2. Herr B., Südamerikaner, seit Jahren epileptisch. Ver¬
schiedene Epileptiker in seiner Familie. Eine längere Aura (Rädchen-
drehen eine Viertelstunde lang) vor jedem Anfall. Hat früher mfissig ge¬
trunken. jetzt in Zürich durch seine Landsleute oft in die Kneipe geführt.
Er erträgt den Alkohol nicht, wird nach wenigen Gläsern aufgeregt,
streitsüchtig, schwatzt dummes Zeug und weiss am anderen Tage nichts
mehr davon. An einem Abend geräth er ganz sinnlos und ohne Grund
mit jemandem, nachdem er einige Gläser getrunken hat, in Wortwechsel.
Der Wirth will ihn beschwichtigen. Er aber zieht seinen Revolver und
schiesst auf den Wirth los. Zum Glück hatte der Wirth den Revolver
rechtzeitig abgelenkt, so dass der Schuss niemanden traf. Am anderen
Tag erinnert sich der Kranke nicht mehr an den Vorfall. Er weiss nur
noch, dass er in die Kneipe gekommen war, dort viel getrunken hatte,
dass politisirt wurde und dass Jemand etwas gesagt hatte, das ihn stark
ärgerte.
Der Kranke wurde von uns begutachtet. Er war epileptisch reizbar
und empfindlich, aber sonst sehr gutmüthig, in nüchternem Zustande über¬
haupt unfähig, irgend Jemandem etwas zu Leide zu thun. Ueber seine
That war er untröstlich. Er war sehr gut zu hypnotisiren. Es gelang
mir in der Hypnose, die Aura eines epileptischen Anfalles zu coupiren
und so den Eintritt des Anfalles zu verhindern, so dass die epileptischen
Anfälle allmählich ganz aufhörten. Der Kranke wurde auf unseren Rath
hin enthaltsam von allen alkoholischen Getränken und soll seit 1891.
nach seinen eigenen Angaben, infolge der Suggestion, verbunden mit der
Abstinenz von seinen epileptischen Anfällen geheilt geblieben sein, kr
und seine Frau versicherten mich dessen bei einem Besuche, vor circa
einem Jahr. Freilich bleibt er trotzdem sehr nervös und von etwas
schwacher Constitution.
Fall 3. C., geboren 1853, verheirathet, Maurer. Selbstmord einer
Schwester. Zwei Kinder. Dieser Mann hat eine sehr tüchtige
ist selbst zwar ein guter Arbeiter, aber etwas stumpfsinnig, seit sie e
Jahren trunksüchtig und seit fünf Jahren epileptisch. Die epileptiscne
Anfälle kamen nicht oft. Wenn aber der Mann getrunken hatte,
er, trotzdem er dabei gerade ging und auf andere Menschen nicht
Eindruck eines Betrunkenen machte, am anderen Tage nichts
von dem, was er gethan hatte. Im nüchternen Zustande hatte ® r se
Frau sehr lieb. Beide kamen gut miteinander aus. Eines Tages triir •
wie gewohnt, fängt dann allein und im Beisein einer Frau im Hau ^
schimpfen an. schimpft sinnlos auf seine Frau, die garnicht da is
seiner Wuth zündet er die Wohnung und das Bett an und geh
fort. Es gab nur einen Zimmerbrand, der bald gelöscht werden * •
Alle Zeugen sagten vor Gericht, er habe zwar etwas getrunken, sei
nicht eigentlich betrunken gewesen. Er selbst wusste jedoch 'o -
ganzen Vorfall absolut nichts mehr, und seine Frau bestätigte das
Vorkommen solcher Amnesieen. Er musste schliesslich freigesp
werden. Es gelang nicht auf die Dauer, diesen stumpfsinnig® 11 J»
vom Alkohol abstinent zu erhalten. . T ..,
Fall 4. Zester, ein Böhme, geboren 1859, ledig, Spengler*
selten an Sonntagen und Montagen betrunken. Hatte schon iru ^
Trunkenheit gefährliche Drohungen ausgestossen. An einem AD ® /^lich
er mit einigen Kneipkameraden in einer Wirtschaft. Alles wa
und lustig. Es kommt ein Herr und zahlt noch zwei Flasch
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UNIVERSITY OF MICHIGAN^
27. December.
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Z. trinkt mit und schläft schliesslich ein. Die Anderen kneipen weiter
und scherzen. Einer derselben zupft mehrmals Z. an der Nase, um ihn
zu wecken, aus purem Spass, und sagt: „Nicht schlafen, Russe, lustig
sein“. Z. wacht auf und. ohne ein Wort zu sagen, zieht er sein Messer
aus der Hosentasche und stösst es dem Neckenden in die Brust. Letzterer
sagt: „So. meinst Du’s so“, bricht zusammen und ist todt. Z. ging fort,
wurde aber gleich zurückgebracht und, vor die Leiche geführt, sagte er:
„Hab’ ich das gethan, ja dann!“ Man konnte nichts weiter aus ihm
herausbringen. Der herbeigerufene Arzt constatirte den Tod des anderen,
und Z. wurde in das Gefängniss gebracht. Am anderen Tage wusste er
von dem Vorgefallenen nichts mehr und seither auch nie. Z. wurde uns
zur Begutachtung übergeben. Sorgfältige Erhebungen konnten feststellen,
dass er früher epileptisch war und ab und zu Anfälle, vor allem einen
zweifellos epileptischen Anfall hatte, der von zuverlässiger Seite con-
statirt wurde. Er war leichtsinnig, reizbar und oft betrunken. Trotz
unseres, auf epileptische, verbunden mit alkoholischer Unzurechnungs¬
fähigkeit lautenden Gutachtens wurde Z. verurtheilt, weil der Bezirks¬
arzt, der den Tod des Erstochenen constatirt hatte, und den Z. kaum an¬
gesehen. geschweige untersucht hatte, die Richtigkeit unseres Gutachtens,
resp. die Unzurechnungsfähigkeit bei der Verübung der That anzweifelte.
Ich habe diese Fälle nur als Beispiele angeführt; Sie könnten
alle, verehrte Herren Collegen, wie auch ich, eine ganze Reihe ana¬
loger Fälle anführen. Gemeinsam ist bei diesen Fällen die That-
sache der rasch eintretenden Amnesie nach relativ nicht bedeu¬
tendem Alkoholgenuss und obwohl die Kranken auf das zuschauende
Laienpublikum nicht oder kaum den Eindruck von Betrunkenen
machten. Es sind da eine Reihe von Factoren, die, offenbar sich
summirend, Zusammentreffen, um die Unglücksfälle hervorzurufen.
Der Epileptiker neigt bekanntlich schon an und für sich sehr zur
Amnesie und ist schon durch seine Krankheit reizbar und zu Ge¬
walt thätigkeiten geneigt. Aber auch schon der Alkoholrausch,
bereits in geringem Grade, greift bekanntlich die Erinnerungs¬
fähigkeit an, steigert die Gemüthsreizbarkeit und den unbesonnenen
Thatendrang. Es ist also ganz klar, dass sich hier eine unglück¬
liche Summirung von epileptischen und alkoholischen Factoren er¬
eignet, welche die verbrecherische That in einem Zustand der Un¬
besinnlichkeit, verbunden mit impulsiver Reizbarkeit zustande
bringt, und es ist auch ganz klar, warum der Thäter am anderen
Tage nichts mehr davon weiss, da sich zwei Factoren als Erzeuger
der Amnesie ebenfalls addiren.
Fall 5. Noch den Fall eines jungen Mannes möchte ich erwähnen,
der an traumatischer Epilepsie litt. Nennen wir ihn R. Er ist 1859 ge¬
boren. Sein Vater w ar trunksüchtig. Sonst keine Heredität. In seinem
sechsten Lebensjahr fiel er zum Fenster hinaus und bekam einen Schädel¬
bruch am Hinterkopf, wobei Gehirnsubstanz heraustrat. Seither hat er
circa alle Vierteljahre einen epileptischen Anfall. Er bekommt Kopfweh,
während zwei bis drei Stunden, wird dann bleich, dann cyanotisc-h, be¬
wusstlos und steif, beisst sich in die Zunge, schlägt um sich. Der Anfall
dauert einige Stunden. Nachher Schlaf. Nach einem Tage wieder arbeits¬
fähig. Seit sieben Jahren Wirth. Die Anfälle nehmen immer mehr zu.
Er verheirathete sich, trank dann zu viel, stritt mit seiner Frau und
wurde infolge dessen von ihr geschieden. Seither noch grössere Zunahme
der Trinkgewohnheiten. Er wurde ganz trunksüchtig, trank vier bis fünf
Flaschen Wein pro Tag oder auch 20 Glas Bier. Steigerung der epi¬
leptischen Anfälle. Am 27. August 1893 drei Anfälle an einem Morgen;
nachher ganz verwirrt, wollte seine Angehörigen todtschlagen, bekam
Hallucinutionen und wollte seine Schwester würgen. Am 30. August
wurde er in die Irrenanstalt gebracht. Kräftiger, wohlgebauter Mann.
Leichte Ablenkung der Zunge nach links. Tiefe Knochendepression
über dem rechten Parietalbein. Sensibilität der rechten Hand herab¬
gesetzt, Taubheitsgefühl im rechten Arme. Sonst w-eder Sensi-
bilitäts- noch Motilitätsstörungen. Etwas Zittern. Nach Ablauf des
Rausches sind die deliriösen Erscheinungen des Rausches vorboi.
Sofort werden ihm alle alkoholischen Getränke entzogen. Vom ersten
Tage an Wohlbefinden und kein epileptischer Anfall mehr. Der Kranke
wird nach der Trinkerheilanstalt Ellikon verbracht, bleibt dort einige
Monate, wird dann geheilt entlassen, tritt in den abstinenten Guttemplor-
orden ein und ist bis heute vollständig geheilt geblieben, ohne einen
einzigen epileptischen Anfall mehr zu haben. Seit über einem Jahr, seit
dem ersten Tage der Alkoholabstinenz hat also dieser langjährige Fall
von traumatischer Epilepsie keinen einzigen epileptischen Anfall mehr
gehabt. Eine weitere Therapie w r urde nicht angewendet, und ich bitte recht
zu bemerken, dass es sich nicht um einen primären Fall von Alkohol¬
epilepsie bandelt, da er von seinem sechsten Lebensjahre an traumatisch
epileptisch war. Der gewöhnliche Alkoholgenuss hatte geuügt, um den
Reiz der traumatischen Epilepsie zu unterhalten; Alkoholexcesse steiger¬
ten ihn. Die Abstinenz genügte, um ihn zu beseitigen. Jeder Com-
mentar ist überflüssig.
Andere Fälle.
Die Zahl der psycho-pathologischen Symptome, die durch den
Alkoholgenuss oder -Missbrauch erzeugt oder unterhalten werden
können, ist nach meinem Dafürhalten fast unbegrenzt. Wir sehen
Alkoholmanieen, Alkoholmelancholieen, alkoholische Pseudopara¬
lysen, eine secundäre unheilbare alkoholische Dementia, einen acuten
hallucinatorischen alkoholischen Wahnsinn, eine chronische unheil¬
bare alkoholische Verrücktheit, alle möglichen durch Alkoholismus
erzeugten oder gesteigerten hypochondrischen und neurasthenischen
Erscheinungen, von den, von den Specialisten viel mehr beachteten
alkoholischen Lähmungen, Retinitiden etc. gar nicht zu sprechen.
Sie werden mir eine Detaillirung dieser Zustände schenken. Ich
räume Ihnen ja ein, dass in den meisten Fällen eine Prädisposition
da ist. Sie müssen mir aber Ihrerseits einräumen, dass der Al-
holiol schliesslich den Prädisponirten zugrunde richtet.
Zwischen Alkoholgenuss und Psychopathie besteht ein Schnee-
ballverhältniss. Diese beiden Zustände steigern sich gegenseitig.
Die Psychopathie steigert die Alkoholsucht, und der Alkoholgenuss
steigert die Psychopathie. Jlan komme mir hier nicht mit dem
difteligen Unterschied zwischen Gebrauch und Missbrauch. Er ist
schon bei normalen Menschen oft schwer genug zu machen. Bei
Psychopathen verwischt er sich meistens ganz und gar. Bei ihnen
vor allem ist jeder Gebrauch ein Missbrauch. Denn erstens
werden oft psychopathologische Erscheinungen schon durch ganz
minime Gaben erzeugt, und zweitens kann sich der Psychopath
meistens nicht massigen.
Man hat die Wichtigkeit dieser Frage in der Psychiatrie und
in der Neuropathologie bisher schwer unterschätzt. Ich pflege den
trinkenden Neuropathen oder Psychopathen, der mir sagt: „Ich
bin doch ein verlorener Mensch, lassen Sie mich mein Unglück
mit Alkohol oder mit Morphium betäuben“, etw r a folgendes zu ant¬
worten: „Sie betäuben Ihr Unglück nicht, Sic vergrössern es, und
Ihr Zustand verschlimmert sich nur deshalb, weil Sie ihn mit Al¬
kohol oder mit Narcotica verschlimmern. Werden Sie Abstinent,
dann wird Ihr Zustand um ein gutes Stück besser und dann sta¬
tionär. Ja, es kann sich derselbe vielleicht stetig nicht unbedeu¬
tend bessern.“ Die gegenseitige Steigerung der beiden Factoren
hört auf, wenn man den einen beseitigen kann. Die erbliche
Psychopathie können wir nicht beseitigen, wohl aber den Alkohol¬
genuss. Warum thun wir’s nicht? Nur aus altem eingewurzeltem
Vorurtheil. Ich habe schon viele Fälle, welche von Collegen als
vollständig unheilbar erklärt worden waren, wieder zu brauchbaren
Menschen durch Abstinenz gemacht. Unter anderen gewisse Col¬
legen, welche schon seit Jahren als Alkoholisten oder Morphinisten
in Irrenanstalten siechten. Einer derselben w r ar sogar als unheil¬
bar schwachsinnig erklärt worden und prakticirt. nun seit bald
sieben Jahren wieder, wenn auch nur in bescheidenem Maasse.
Der Alkoholgenuss ist eines der grössten Hindernisse zur de¬
finitiven Heilung der Morphinisten etc. Man muss diese Menschen
zu vollständigen Abstinenten des Alkohols und aller Narcotica
machen, wenn man hoffen will, sie vollständig und definitiv zu
curiren. Ich verweise auf die Dissertation von F. Dizard: Etüde
sur le Morphinisme et son Traitement. Gen&ve, Georg & Cie. 1893.
Ich erwähne noch einen Fall von beständig recidivirender
Manie, bei welchem wir die Trinkexcesse stets für Folgen der
Manie gehalten hatten. Der Kranke hatte schon viele Anfälle im
Burghölzli durchgemacht und war immer exquisit maniakalisch ge¬
wesen. Seit Jahren ist nun derselbe vollständig geheilt, nämlich
seit er sich entschlossen hat, vollständig enthaltsam von allen al¬
koholischen Getränken zu bleiben.
Die Steigerung der Aufregung der Geisteskranken zeigt sich
bei allen Festen der Irrenanstalten, bei welchen den Kranken
Wein oder Bier verabreicht wdrd. Ich hatte als Assistent in
München und am Anfang meiner Thätigkeit als Direktor in Zürich
so viel Beobachtungen in dieser Hinsicht gesammelt, dass ich un¬
ausgesetzt daran gearbeitet habe, die Verabreichung des Alkohols
an die Geisteskranken zu verringern. Dadurch habe ich trotz der
steigenden Ueberfüllung der Anstalt mit aufgeregten Elementen
eine wachsende Ruhe erzielt, wenigstens bei allen festlichen An¬
gelegenheiten, Ausgängen und dergleichen mehr. Vor einem halben
Jahr gab mir die Anschaffung einer billigen, sinnreichen Maschine
zur Selbstbereitung der Limonade (von Dr. Sieben in Zürich con-
struirt) die Möglichkeit, Wein, Bier und Obstw T ein bei sämmtlichen
Patienten der Anstalt Burghölzli vollständig abzuschaffen und
durch Milch oder Limonade zu ersetzen. Seither können wir mit
fast 200 Patienten bei festlichen Anlässen bis Nachts 11 Uhr ge-
müthlich am Tisch im Festsaal singend und uns unterhaltend
sitzen bleiben, ohne dass sich je die geringste Aufregung ereignet.
Der gefährliche künstliche Aufreger des Gehirns ist eben zum
Glück nicht mehr da. Dem Wartepersonal steht für sich der
mässige Alkoholgenuss frei, doch nicht bei den gemeinsamen fest¬
lichen Gelegenheiten mit den Kranken. Aber sehr viele Wärter
und Wärterinnen ziehen es vor, die Vergütung in Geld zu be¬
ziehen, um so mehr, als sie die Vortheile der Abstinenz de potu
kennen lernen. Und so kann ich sägen, dass die früheren wüsten
Saufscenen und Aufregungen, die trotz aller Vorsicht und trotz
aller Strafen immer wieder ab und zu vorkamen, aus der Anstalt
verschwunden sind.
Selbstverständlich fällt es mir nicht ein, den Alkohol als Ur¬
sache der meisten Geistesstörungen hinzustellen, obwohl er durch
Verderben des Keimplasmas indirekt noch viel mehr solche erzeugt,
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
’ •**- -'
968
i>Ei7TSCHE ymmmscm Wochenschrift.
als direkt, durch Vergiftung des Gehirns. Aber ich will fnstnagefo,
dass or nicht mir -viele iAyrF'mro und N-mroD'm twmgr-,
eine gm hmimitend* Ä# anderer und untwMfo,
äo do*s seine ehiiVmhh tmaloAhuÄgmm oft Oimfrn.-mh ernte Heil-
rrsulUtr. zeitigt. an vHcbr mumi gA' nmhJ iD'hoda _h;Hi.*. Ich
KebliMsn darmm. d?>s^ es böfdiSto Z»it ^k<\ dem ßtdspiel der
Irmuinstalten der .Stadt Lamild» und dm* Klinik MChsetT* verehrt ca
dottegeü KrSfielin in Hoidelborg zu h%mi me».Min iimms. Mler
geisiHHA GeDAnkc in dm. .immaind-itUvu Und . NennenheiiMnetülten
guu/Jiel, KU fSA toichtoi heutzutage, ^ die-
seihen durch Syrupo; JD-uiAl-uAa Limonaden, Theo und de'rgdekdimL
vor ulltuu über duKd. gutes WushHr zu eRmtK<m Freilich^« ird die
■rtsid.ui-M Ufiim 4 «.- mmabor [h.tiimleu ln folg*- daw« die Finkflnife
layiirhc»- An.-tnH.en H w.-m -«Jtitijlitan. Doch wi»d *tm> jeder ehr-
iir.hr Arzt darüber nur freuen.-
IL Ans dem; Lg?:aniski*ankerih&ri&e in “Berlin.
tTeber zwei totale Mägenrosectiönen beim
Menschen 1 ).
Von I'cof. iktigimbOfÄ in JLWIin.
Tra Mai dieses . Jahres gfdungta dA 58jhhi%e Fron Lohmuua
zur • Aufnahme' ja <jae Loziruokrenkt-nh;tun: An soi.ke au rinot-
Wamkmniere leiden uml vfwiriolrl» operirt. zu Ford cd.
]»!•• Pnlieaiin war-mm^er«! eeacc Kvigto>i'ti»\ Verdi*öh t»£'kwfmkD' jHü?
Hßutkubn ijnd w;vi ro xdiWfLtiU« fe? tse in .den UdActi Wimbcn luU-le dos
Beu hüten Tnitswiu. : - ...
Hirn liaupt.klagrc dreh re Ach um den : vor »m; »o Talmi ui wo
Sui y-le von /.< 1 .’ ’.v10i)v’ 1 • i * • !•, In f dfnn W'iidun. wub-n stell !>{<■*(♦ »iU‘*ls
ein AusiiAA^a von heiler Flbssigkait. ous döH! .Munde zeist«-.
Uolmlkeif. litws üuHi r-tnigou WucheR noch. degegi-n AAUe sich ten
sebnu'i'/JiultiA HfueVgi'füld »W völ. wArtaA auch judpi Mahlzeit
WJmdtua um) jFOfa? allmtiirÜob iFriifi. dass diu Ihdienliti hat nicht# nfföfiT
gr.nu.^SKU kduidu. tU(U (ins wgitjge Jj.himit*:V£eschItir'Mr A'A 5u> ' s AA mdor
xroti Sirli ihdlnA rfiUst^fh. ).rd‘Oj^ .dessen iidtfA sk ; im lulKieu Jah-rt .sMUihv
inutii’ als 40 Phinrt \<>\h Khrp^ghwlrjjt Tiu*loroh unh musste, Wie. suhoo
LhAigt, iluer LT-'rsen Sujnv.,;’})>.* wert-.ji da- Hett hhiun,
"8fd d«-.r (I n f-lSU' l; un*: hmd sudi im iiiduui Hypo.-lnusHpfmi sdler-
diiirJß rmo itujreßfm'üiigi* OtApUwnlst. droshlh*^ \Wjr 4ötb IbtdUrb tnn\ og'
nl^ äfnl hoköeafd^tttkteit Oi'gifltu , ,
Ai] iimskio diu i)iagtioso auf- A]o-t'iU.n>?rrinru’V^u 4 ien mul h».^eMn«s,
deo i .t‘\b xn Uffiniu, um wo mhgj.ie-h. «f.i'o IWeu ri nnt du.r (’iesuhwidst ilnnm
cmsehiiessoiw.ii UdumA. _ . -
Hins -würfle j)M t Jüliri& rorgtutuiiUrmn; nöd hostijtigfu
■meiiiu -Idr.^üose. Lü»r Mögen sölbsu ani'ihi] lu.Hr] kluln and jueammmw
^ ■'..1,(11. w;-u‘ der ii.ker ihr C/»,• liWuUt. wu-leht: ini Wernhilu-.Ueu du\
Hniiuiüv ne i‘i)»n;h!tn :\r< der- grossem Cumijur -/..Affden .sirh "b\w ideun-
t-i»AühvvUlfc 1 ,l»ihichiru, • dlb; auf .da?, rimardvim, nie.jus iiheruf^rijtnn iinU-Mii.
Ifie Je’hnr erwies sjeti nis iiiuw frei mu Mef:i.s)!usuü. ehimso die beiiacij-
iHti’lun Lyrnpluh-Usori
Cs wv/e ivkii-, dass, wuot) itiu Operation .UhurlUrupt Sinn i.udten
sollte, so ?.iüm]je!i der ivo.n/.e Hngex» füllen muss tm, und dies könnt»;
Cudenken errfgea, wenn w>r dov-.Ma^euriirrl^d.uiig joudt die altlief-
gebenchk» grosse Bedeutuiig für die' Emiihru-ng hAlugt;i>..■ müssto.ir,'
Dom ist Hher tutuh AArsinAiU; von Ogata, v. Nuordou und
de Filigpi 1 ) imdit so. Rrst^m- erniUirte Ö\nule durch#>e lAhoruA .
iick-l, ohne ikisÄ vqo der Nahrung etwas in den Magen, kommen
konnte;, utul de 'Filippi exstirpu’te eniotn Bundaden gtrnzon
fdam davs dessen Ernährung darunter iiitr auch hatten r. Hneker
und Billruth wegen f^yinpho^arkmi, schon recht grosse Magen-
povtiouöh nät Vorthtdl uuttVrntv An^Achts dioKW' Tlmtfüiehen/
und d«m traurigen 2u$tanik' der Kranken Adiiun also ü&i dpoftdifve
Eingriff! gHrechtt-ortigt,.
(.ipeThUon, verlkd' iolgetidormaasrinn; ZunUrhßt worden dir boidnn
Not/.«: 1 , yon ,den Cürssif.imH) nhgntreniii,. und vom giogserun Netzf noch • ».‘in
Richelihrniv^uii, die Ktiniuhm trügende? Stiick iortgytuottiiton. Ilicnuu-li
wurde der Magen aus der linueinnmdH so weii alv ud'gliQh himvOlVOüuub/i
and dmm th» BHutkwuiide Avibdev rhu?chhNiih^* gnsnhios-x^u Dpi dio Bßd$a
_>im£
Uf ^iXrijctpU
^Ia'^u'V' • Dv¥! ic
Ar,-, -fi'
V ‘ ^ - ''i' 1 . n*vö; _ '-'■
. • Wtf#;. .Cjf’ A
. || p .• -. -
thnfango eines gewöhnUchon nicht ansged&batep DüumlamiA, whiii;4u
die des CöJ'düdliieilerj noeb etwas .t-ricb.tm-thrmtg orwodeu war. es
also ein kleiner Thtdl d^rsnlhtm um dumh aine naeh vtrü ^
Ihgcnc kurze Zwiekcinubl geirWesßeü wer'de.ß. Dev neue Mtigcu haUu
wohl 4öäR4nmiöhftl|';€iiiö5 HfÜifiöreles, - Sdttut-Wiir dih^keoBh^^i ^fd ^
tmd es liamlßUe Ach nur noch um dnn Brhlufik dös
De sei könnte durch, dis fhmti'ovrhnidne oder GüSltocnieinsi-omAu WwirK!
wordim. Ich entschied mich aus später'.6tm‘hf%h rwordfeiiilftii Ornoden
j'itr das erst wre Verfahren.
Eh kam- mir mich der 'Vereiaignog vor aliero. d&t«uf m, %»AA
Nlthtö Ttii-gunds mit dem Lhuichüiucro tu duokio BerUtamg thUtMi, ik y\
da? Aufgeheu von oiüct Nabt, was sich hekimntlich gern im-Z>A'kD"'U)D-!'
cnUgüeth t-rhon die thdthehc Poritoniti^ lioihidztilUhren niV^gi. -'J'd.i wj
dfishulb die “PylÄiWpftftie/ifeö; wnit; Ms möglich aus der ;{kiu?dWftmh Wa
vor «ml bcfestigte Dt» immrhalb. dnAhiPmit dergesi^lt mit >hthF r u;4ys }f^
grnsscrpi vordere, F lh>"he g«vnv. nach an&bon lag^ wsbiund $i Mcim-r»’
hintere mi(. .fodofortnga/e hin länglich, untm-packt • wurde. tu„ gc- v„n ,o-
BauchhOhlo gwrt /.« -isoliron. Dergleichen' wurde öueh tli»j fjn^.-ik.üu» .•?«•:
kurzen ZwkAmn;üA welche für diesen Fall nach vom verbot WRi.hmh
eijatiti Nniitkranx dergeBiält. in Restihfeimg der BswbWHi*hiknt
iöfesung der. Haut, eingetiithi; dass auch m nicht v«-.vsHtikt wtirdg,
StiHdnrn «ähh au»söu sehend von der BnucMiöliie >*i*ii-wi>d^UäsA-u
war, ne — »KU*.r vigUwehr dt‘-.r Magenyl.mdFß. der ;i'H* Zirictvi-irald- tni'^ hi
diesem Nahthntfi/e blieb natürlich ciju; kleine Lücke ÄhSgd^rk .Le
d'us Endo dey (hizrsI.nVih'.nS hervormgro,
Ek wiLj-.iiVin dom-erfahrenen Lesar hewuskt sein, tlü^.dffAVi*
weiidüug^torru (im ratnpowimuhm .Tftdtilormgföp keine jsiuiz-
gmtigo Bache .ist. idclduht mar z. 11 einen gLtt
U-gteji der Moteria umer deo gcwühlüm . < h^ntlici!;
kann er ln einigen Tagen so fest otnheBe», döss-.DUjtf ßidh»rk^
oicht geringe Achwiorig-knitcti bereitet «nd die noch friw‘hi‘.e A.lli.a
MOheh von wicht, versehkihu Goweidetbdlch, wirdor ^rntg-u V^k. ]
jrh rat.be daher diese Guzentreihm .vermittelst, .o-mer K< rnyor.*.---
'immer derart, nuter den vorliegmidcn Magen' oder .DarBdheil o>
f;i:iü'd,t‘i), d;isK er Arb forflaufc.Mii und rerhlwiukHg zur
.tirteh Art cdüev HalkkrutiBO faitMo ifefSh «uv fö ^sst<: <>• • _
Ach zu jeder Zeit, oueh \\onn ^dum eine A nitiD.h/ig um..«»ni or-.c
uuIbDotieu omgetreUm kt, uhöb selhldltche
limcnAirfbiderü.
. ; .Dlese van einer Versenkung dtr genahten Thede iflegun.-,
ahfegdmmle VerKorg'tvng, weiche von C f i erny und mir hrÄ^"-
zutm für m ideale Choiec-ystototaiö «nerst mitgfohhui wifrtlu, l»l
eueb hier sehr gute Dieustc geleistet,, nur hedartssp,
spS.LT schein wer daß, noch einor wcitcrcxi m ethöshkbKMio«’
wetJit kid IhrCffl immpr gtrnW '.vu!tewm€R.';ar^^öj#;:s#
Pie P&lieittifl halte mir. Wenige < ja dm Ä«
Äflm ! Tföiifen. Watuiktk > exhgs^&^L- 'öiß hatte; Äto.L.tiigmD pj ö y.;/
aber nqr als TastWirkuhg empioDömi und- war infolge 4 ^*-^ A
öhrratioTi, welche Uh Stutidrti datierte. nicht allwisMb’■. ' v
8dmn gegen Ahvwl t ,rrdA{ Du etwas Milch und ^pktörhin w&m*
EigDh im« Zihilätf, m* üwbm twM helftaniptb. ihr fiinife M ^
Hon Ttiges wurde winiieph*fli : ähssigö Nährüiig gcivichti dorn. ehv }*.
’Dmiportilhr bosD'mdig und orrhichto- gefCh Vöb« .w’^
ItlQ PuisschhluC gezahlt .wciAen konnten. Die I ahcmi«
loi'on. obgleich eich weder (.iuo Spur von Petflmutis, »tioh ^ l, ?{Jf
ui dc Entzitudnchkrif au tbir Winnie nacb^msen Uess. aoin v
sich uugimniin stdmeih uml auch die Wotidc m%
s.uvuif !i, dass uswli wetiiovn Tagen nur noch ein pchiiD.d' um i >«>■
Arciton sichtbnr unr., ... , . , , v ,, IIt0
'-> Vom.dDtti^Q Tag^ hu iiähm dio bBreitg FleWtliirttuW^ - ,
mul alr* sro. nach oioigem liVoehcß dks Hftue veriio^r ^ r
mr ziigfmommeti:. trmzdam sie , u ...'
^pit^itpneuKifdito «dl StutojjQg; dos -Bewtisskuuns l « '
Auch Ä>r Fall fordert, in ÖMifta« w} -TwL
w Hocker ihm» TUHroth dazu mt Kc^cbmm«
vo-f Her aiisg'edabntesica Re^octiou dos von .TdmoDbl nstmg^ »
Magrno zu ßcimucn.
ich w üidc iudessen in eol c]* cu Fällen He«
Biomais vor sei» kr it, sondern durch Nähte mögne t»
P«rUom*a) erhsiUon. _! . .ä£*J$ k
\ . Es KUtt^, fitf‘ dfe^ß Oporatiun mich dxr;
li'ngA huimncn kOunou, doch ncshiieiut Ac mir AenigM- ^ t
Totairosoctioumi dcsAtagorie dicht angrzcigt. lAFahzum ^ . fri1l!r)
iihoii oApfok wte' hach : hHmufgoxogtm mh^»te
öph? PoiTpIrhrio^üHde dem FaioUaLtumplA’ ^ )n !^ Ä ' V ?> Crmvaw^
di« a.'uztdmrhn.dn ^kunosu, üud Av somit ,. ;il ^|.
ZVk-kHä^t 'afeo wi^jMw» ’HvJ*«.
wmidr auf >fßn Ztm'? cJc^üldiebctibn BcgiOüthod \ nfisrfÄilä^
wiesen, nrul di»Amr kAnotc wieder iii Uloiu |bth. i Ugjjptr
hoch der Wifnilritig diA Tyhrt»Kt-bed.« gcB^Htio^oeti fernem -
viel den Nahfmsl Anderorseit« ist di« Vcrndlnihg ..^ •
ge-ih£coni‘h PyloniB- und Curdiiilmm^ohcJ l+m, Hto * ' vnr Ä«f
&amrho«zubrjiigfeu And. mhe loichDA heido Imme - nattß
\VirlvmHh«lo,. der lotztorc HÄ? liöhflr Als der Fyloruf.
27. December.
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
969
mit entfernt werden müssen, dann freilich wäre die Gastroentero-
stomose sicher das zunächstliegende Verfahren.
Immerhin ist diese Frage der Methodenwahl nur eine secun-
däre, der gegenüber die Versorgung dos genähten Organes, wie ich
sie soeben schilderte, von weit grösserem, ja ausschlaggebendem
Gewichte zu sein scheint.
Der zweite Fall, den man ebenfalls als eine Totalresection des
Magens bezeichnen kann, betraf eine 56jährige Frau, die sehr
elend, cachectisch und mit einem gut fühlbaren faustgrossen Tu¬
mor in der Magengegend in unsere Behandlung kam. Die Dia¬
gnose: Magencarciuom war hier auf den ersten Blick zu stellen.
Der soeben demonstrirte Erfolg veranlasste uns auch hier
einen operativen Versuch zu machen.
Der Leib ward unter minimalster Narkose geöffnet, und nachdem das
Fehlen aller fühlbaren Metastasen constatirt war, der Magen, nach Trennung
einer thalergrossen Adhäsion mit der Bauchdecke, aus der Bauchwunde
hervorgezogen. Obgleich das Organ mit der grössten Schonung angefasst
wurde, nss die Magenwand am cardialen Ende auf mehrere Centimeter
ein, und es erwies sich, dass das Gewebe so atrophisch verdünnt und
morsch war, als handele es sich um eine echte Gastromalacie in vivo,
welche ja früher als vorkommend angenommen wurde. Das Loch wurde
mit Nähten geschlossen, die bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit keinen
sehr vertrauenswürdigen Eindruck hinterliessen, welche aber im Verein
mit den übrigen Suturen, die nach der Austrennung des Magens angelegt
waren, ebenso wie im vorigen Falle, durch Einnähen in die Bauchwunde
extraperitoneal versorgt wurden.
Meine Befürchtungen erwiesen sich als gerechtfertigt, denn als am
dritten Tage der Verband gewechselt wurde, floss uns der Mageninhalt
aus der theilweise aufgegangenen Zwickelnaht entgegen. Bald zeigte es
sich, dass ungenügende Nahrung in den Darm gelangte und die bereits
sehr weit inanirte Kranke trotz der ernährenden Klystiere schwächer
wurde. Wir suchten deshalb durch die Magenfistol ” ein Rohr in das
Duodenum einzuführen, hatten aber hierbei infolge des pyiorischen Wider¬
standes das Unglück den Bauchdeckenverschluss am unteren Rande zu
lockern, so dass sich eine lokale Peritonitis an dieser Stelle ausbildete.
Am Ende des sechsten Tages starb die Patientin. Bei der Section
wurde nur diese lokale, aber keine diffuse Peritonitis, ge¬
funden.
Die Operation war also als Laparotomie, bei der doch immer
die Peritonitis zuerst zu fürchten ist, geglückt, und sie wäre viel¬
leicht ganz geglückt, wenn wir hierbei noch einen kleinen Kunst¬
griff angewandt hätten, um die Schwierigkeit der Ernährung aus-
zuschliessen.
Dieser wird in zukünftigen Fällen darin bestehen, dass ich den
in die Bauchwunde eingenähten, die Nähte tragenden Magentkeil
sogleich plastisch mit einem verschobenen Hauptlappen bedecke.
Dann wird sich das viscerale Peritoneum schnell mit der wunden
Fläche des Lappens verkleben, und wir werden somit vom Halten
der Nähte mit jedem Tage unabhängiger werden.
Unsere beiden Magenresectionen waren natürlich nicht absolut
totale, diese dürften auch nach der c«ardialen Richtung hin ziem¬
lich unausführbar sein. Auch der Cardialtheil hat wie das Caput
humeri seinen anatomischen und seinen chirurgischen Hals. Unter
dieser Betrachtung aber können unsere beiden Operationen wohl
als Totalresectionen des Magens bezeichnet werden, denn es war
in beiden so viel fortgenommen, als technisch irgend möglich scheint.
Die genesene Patientin wurde am 10. December, also 193
Tage nach der Operation, in vollster Gesundheit und Ernährung
der freien Vereinigung der Chirurgen vorgeführt.
Zum Schlüsse möchte ich noch einmal die Hauptpunkte auf¬
zählen, welche zum Gelingen auch der ausgedehntesten Magen-
resection beitragen dürften.
Diese Hauptpunkte sind: Die minimale Narcotisirung, das
Fernhalten aller Antiseptica von der Bauchhöhle, die extraperi¬
toneale Vornahme der Exeision, wie der Naht, die Umpackung der
hinteren Hälfte des Nahtringes mit Gaze, die dauernde extraperi¬
toneale Vorlagerung aller übrigen Nähte, besonders auch der Zwickel¬
naht durch Einnähen des umliegenden Magengewebes in die Bauch¬
öffnung, die plastische Bedeckung der vorliegenden Magenpartie
mit einem verschobenen Hautlappen und schliesslich die früher
schon von Hahn dringend empfohlene frühzeitige Ernährung des Pa¬
tienten per os, welche allerdings in manchen Fällen auch die Halt¬
barkeit der Nähte gefährden mag, und — gerade um deswillen —
halte ich die extraperitoneale Einnähung des die Nähte tragenden
Magentheiles in Verbindung mit dessen plastischer Hautüberdeckung
für nützlich und nöthig.
Bei dem heutigen Stande der Krebstherapie erscheint die Be¬
seitigung eines Magencarcinomes nur auf chirurgischem Wege er¬
reichbar; unsere Mittheilung wünscht darzuthun, dass in dieser
Beziehung an die Leistungsfähigkeit der Chirurgie recht weit¬
gehende Ansprüche gestellt werden können.
III. Aus der chirurgischen Klinik des Herrn Geheimen
Obermcdicinalraths Prof. Dr. v. Bardeleben in Berlin.
Die Naht hei Luxation im Akromioclavi-
culargelenk. 1 )
Von Stabsarzt Dr. Albers, Assistenten der Klinik.
Die Luxationen im Akromioclaviculargelenk werden ge¬
wöhnlich nach der Stellung des hierbei am auffallendsten dis-
locirten lateralen Schlüsselbeinendes bezeiclmet und demgemäss als
supra- und infraakromiale Verrenkungen dor Clavicula unter¬
schieden; nach der sonst üblichen Terminologie müssten diese Luxa¬
tionen eigentlich als solche des Schulterblattes bezeichnet werden.
Die supraakromiale Luxation ist die häufigere, sie ist auch häufiger
als die Luxationen des sternalen Eudes der Clavicula und nimmt
deshalb ein allgemeineres chirurgisches Interesse in Anspruch.
Nach den statistischen Ermittelungen von Gurlt und Krön¬
lein beträgt die Frequenz dieser Verrenkung 2,4—2,7% aller
Verrenkungen, Defraneesclii fand unter einem kleineren Boob-
achtungsmaterial der Wölfler’schen Klinik in Graz eine Frequenz
von 6%, während sich die Häufigkeit ihres Zugangs auf der
chirurgischen Klinik des Herrn Geheimraths v. Bardeleben in
der Königlichen Charite, wenigstens in früheren Jahren, mit den
von Gurlt und Krönlein gefundenen Zahlen deckt. Hier sind
nämlich in der Zeit vom 1. Januar 1880 bis 31. März 1892 unter
einer Gesammtzahl von 191 Luxationen 6 Fälle von supraakro-
mialer Verrenkung des Schlüsselbeins zugegangen, d. h. annähernd
3°/ 0 . In den letzten beiden bei dieser Statistik noch nicht berück¬
sichtigten Jahren kamen vier Fälle der Luxation vor.
Nach Malgaigne ist je nach der Ausdehnung der Zerreissung
des von Akromion und Rabenschnabelfortsatz zum Schlüsselbein
ziehenden Bandapparates eine unvollständige und eine vollständige
Luxation zu unterscheiden, was für die Wahl der einzuschlagenden
Therapie voll gewürdigt werden muss. Für die Behandlung sind
nämlich eine grosse Anzahl von Verbänden und mehr oder weniger
kunstvollen Bandagen empfohlen, auf deren Beschreibung ich hier
nicht näher eingehen will, zumal alle Lehrbücher darüber einig
sind, dass durch diese Vorrichtungen die Reposition allerdings zu¬
nächst leicht gelingt, dass aber die Erhaltung der richtigen Lage
auf die Dauer schwierig sei und deshalb meistens Heilung mit
Deformität erfolge (Tillmanns, König, Hüter, Bardeleben).
Hinsichtlich der Bedeutung dieser Deformität, oder besser gesagt
der Diastase zwischen den Gelenkenden finden sich in der Litte-
ratur einige Widersprüche, die möglicherweise aus den graduellen
Unterschieden der Luxationen zu erklären sind; so sagt Hoffa,
dass die Heilung meist ohne bedeutende Functionsstörung, aber
mit mehr oder weniger erheblicher Dislocation erfolge, während
Fischer angiebt, dass die Deformität den Gebrauch des Armes
bei schwerer Arbeit störe; äuch die neueren Lehrbücher von König
und Tillmanns theilen diese letztere Ansicht. Zur Lösung dieser
Frage, welche bei der Bourtheilung der Dienst- bezw. Erwerbs¬
fähigkeit von Bedeutung ist, können die vier Fälle einen Beitrag
liefern, die ich als Assistent der Klinik des Herrn Geheimrath
v. Bardeleben zu beobachten Gelegenheit hatte.
Zwei der von mir beobachteten Fälle waren unvollständige
Luxationen, die eine derselben heilte unter Velpeau’schem Verbände
in einigen Wochen mit geringer, etwa % cm betragender Diastase
und hinterliess keinerlei Functionsstörungen; die andere zu dieser
Kategorie gehörende Verrenkung war eine offene, dieselbe war
durch einen Messerstich entstanden, welcher das Kapselband des
Akromioclaviculargelenks in einer Ausdehnung von circa 3 cm glatt
durchtrennt hatte. Die Dislocation betrug in diesem Falle etwa
1 %—2 cm, das Kapselband wurde durch fortlaufende Catgutnaht
wieder vereinigt, dann wurden die übrigen Weiohtheile schicht¬
weise durch fortlaufende Catgutnaht geschlossen. Die Heilung er¬
folgte ohne Deformität und ohne Functionsstörung, nachdem nur
für einige Tage ein „Velpeau“ angelegt war. Von den beiden voll¬
ständigen Luxationen wurde die eine ausschliesslich mit fixirenden
Verbänden behandelt, worunter trotz mehrwöchentlicher Behandlung
nur eine Heilung mit Deformität erzielt wurde; die Diastase be¬
trug schliesslich 2—3 cm und störte die Function nicht unerheb¬
lich, namentlich war das Erheben des Armes über die Horizontale
wesentlich erschwert.
Nachdem also dieser Fall die Erfahrungen anderer' hinsicht¬
lich der Functionsstörung bestätigt hatte, lag es nahe, bei
einem neuerdings mit der gleichen Verletzung zugegangenen
Patienten eine bisher noch wenig zur Ausführung gelangte Be¬
handlungsmethode zu versuchen, welche eine sichere Vereinigung
der dislocirten Gelenkenden durch die Naht erstrebt. Für die
! ) Vortrag, gehalten in der Sitzung der Berliner militärarztlichen
Gesellschaft am 21. Juli 1894.
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Original fro-m
UNIVERSITY OF MICHIGAN
970
DEUTSCHE MEDICINISCHE WOCHENSCHRIFT.
Ausführung der Naht concurriren zwei Methoden, die subcutane
und die Naht nach Freilegung der zu vereinigenden Knochen. Die
subcutane Naht ist zuerst von W. Baum empfohlen und später
auch von Helferich angewandt. Dabei werden durch die Stümpfe
der zerrissenen Bänder Seidenfäden gelegt, welche nach Reposition
der Gelenkenden über Heftpflasterrollen geknüpft werden. Die
offene-Naht ist schon im Jahre 1861 von Cooper bei drei Kranken
mit Erfolg ausgeführt, er vereinigte die freigelegten Gelenkenden
durch Drahtnähte, fand indessen trotz seiner guten Resultate keine
Nachfolge, wohl wegen der in vorantiseptischer Zeit schwierigen
Beherrschung der durch die Operation gesetzten Wund Verhältnisse.
Erst im Jahre 1889 benntzte Agostino Paci zum erstenmale
wieder die Knochennaht, die im folgenden Jahre von Poirier und
Rieffel und neuerdings auch von Jul. Wolff und Le Bec
empfohlen wurde.
Mit Genehmigung meines Herrn Chefs habe ich nun bei dem
zuletzt in Zugang gekommenen Fall einer vollständigen supra-
akromialen Luxation des Schlüsselbeins die Knochennaht ausge-
führt, und ich gestatte mir, Ihnen, diesen Patienten hier vorzustellen.
Der 28jährige Patient erhielt am 14. März d. J. beim Ueberschreiten
des Fahrdammes von einer Droschkendeiehsel einen Stoss gegen den
Rücken, er fiel nach vom, wurde von den Pferden und den Rädern der
Droschke nicht weiter berührt und hatte nach dem Aufstehen heftige
Schmerzen in der rechten Schulter, die ihn veranlassten, sofort die Charitd
aufzusuchen. Ich sah den Patienten unmittelbar nach der Aufnahme und
fand eine subcutane Zerreissung des zwischen Schulterblatt und Schlüssel¬
bein vorhandenen Bandapparates. Das akromialo Ende der Clavicula war
weit nach hinten und oben, das Akromion nach vorn und unten dislocirt,
die Diastase der Gelenkflächen betrug über 6 cm. Patient wurde für die
ersten sechs Tage mit Velpeau’schem Verbände behandelt, der schlecht
ertragen wurde, weil sich unter demselben ein Schweissekzem bildete.
Dann wurde am siebenten Krankheitstage die Knochennaht in Narkose
(Bromäthyl-Aether) vorgenommen. Dabei wurde das Gelenk nach Re¬
position der dislocirten Knochen durch einen 5 cm langen, vom Schlüssel¬
bein zum Akromion verlaufenden Schnitt freigelegt, darauf Akromion und
Clavicula schräg durchbohrt und dann mit einem dicken Silberdraht ver¬
einigt, dessen zusammengedrehte Enden in den Knochen hineingedrückt
wurden, um eine spätere Reizung der Weichtheile durch die Drahtenden
zu verhüten. Eine schichtweise Vereinigung der Weichtheile durch fort¬
laufende Catgutnaht beschloss die Operation, nach welcher ein aseptischer
Verband bei Velpeau’schcr Armhaltung angelegt wurde. Die Heilung
erfolgte glatt, per primam intentionem. Schon vom vierten Tage an truo-
ratient nur eine Mitelle, die nach weiteren vier Tagen fortfiel. Von nun
an wurden Bewegungen im Schultergelenk ausgeführt und nach Ablauf
der vierten Krankheitswoche konnte der Patient geheilt entlassen werden •
eine buncüonsstörung oder irgend welche Deformität war nicht zurück¬
geblieben.
Ich habe den Patienten vor einigen Tagen zum ersten male
wieder gesehen, er hat seinen Beruf als Friseur austiben können
wozu doch gerade eine recht freie Beweglichkeit des Schulter¬
gelenkes erforderlich ist. Eine Störung der Function, eine Diastase
der Gelenkenden, irgend welche Deformität besteht auch jetzt nicht
der Silberdraht ist ganz reizlos eingeheilt, nur eine röthlielie Narbe
bezeichnet noch die Stelle der Operation.
Dieser ideale Erfolg spricht für die frühzeitige Naht bei voll¬
ständiger subcutaner supraakromialer Luxation der Clavicula. und
dl ? S( L desbalb da > wo man aseptische Wund¬
verhältnisse schaffen kann, empfehlen zu dürfen, zumal durch ihre
Anwendung das Heilverfahren erheblich abgekürzt wird, den Arm
f^-fi en i? e -f Verbä 5 d ?c b ? k ! überdüssi & werden und deshalb Gelenk-
steingkeiten und Muskelatrophieen ausbleiben
. Bei unvollständiger Luxation scheint die Naht überflüssig zu
sein, wenn es sich um subcutane Fälle handelt, weil so wie so
ä'«^i 1 n I1 ^ törUngell .i a ^ Sb i® lben; dagegen dttrfte bei complicirten
Formen dieser unvollständigen Luxation die Bändernaht genügen.
Litteratur.
^ 0 „? ehrb ü he L de ^ ir , ur ^ e von Bardeleben, Hueter, König Till-
— H n Fi R r?° ff q dor Fracturen und Luxationen, 2.Aufl.’, 1891.
H. Fischer, Specielle Chirurgie 1892. — Defranceschi Ueber die
1892' a No m 24 0 L Te R n J er s-il arl 7V a i ? er i iner fische Wochenschrift
j iNo. - Le Bec, Silberdrahtnaht bei traumatischer VerrAntmto-
?“cSXÄ ffoäSgiäii /•;'£• "Sä 1 ?
Ms'-» “i -
IV. Die Ausreissung des Nervus trigemim
zur Beseitigung schwerer Neuralgieen. 1 )
Von Dr. Knrewski in Berlin.
,, J? le “l'weren Gesundheitsstörungen, welche die Neuralgie
des Nervus trigeminus im Gefolge haben, und die Unsichere f d
therapeutischen Resultate der so überaus verschiedenaSen ,5
lj Zum Theil im Verein für innere Mediein vorgetragen.
NoJ)2
zahlreichen Methoden zu ihrer Bekämpfung haben abgesehen von
den Bemühungen der inneren Mediein im Kampfe gegen diese Uebel
eine ganze Reihe von Vorschlägen zu seiner operativen Beseitigung
hervorgebracht. Der Scharfsinn und die Kunstfertigkeit der her¬
vorragendsten Chirurgen wetteifern darin, durch immer kühnere
die subtilste Kenntniss und Beherrschung anatomischen wie chirur¬
gischen Wissens voraussetzende Eingriffe immer mehr die Krank¬
heit am Centralpunkt ihrer Entstehung anzugreifen. Von der ur¬
sprünglichen Dehnung der peripheren Endigungen ist man über
den Weg der Durchschneidung und Ausschneidung der Stämme in
ihrem Verlauf odei bei ihrem Austritt an der Schädelbasis all¬
mählich dahin gelangt, innerhalb der Kopfhöhle selbst den Trige¬
minusstamm und den gemeinsamen Ausgangspunkt seiner Aeste,
das Ganglion Gasseri anzugreifen. Man ist auf diese Weise mit
der Zeit dahin gekommen, zur Beseitigung der an sich nicht
lebensgefährlichen Krankheit Operationen auszuführen, die theils
entstellender Natur sind, theils functionelle Störungen (Kiefer¬
klemme), theils sogar schwere körperliche Defecte (Panophthalmitis)
herbeiführen, oder endlich das Leben direkt gefährden (Shok, Blu¬
tung). Aus dieser Thatsache der allmählichen Steigerung der Ge¬
fährlichkeit in der Auswahl der Mittel und aus der anderen, dass
selbst bei der Gleichartigkeit der in Frage kommenden Operation
die für ihre Vollendung gewählte Methode ausserordentlich oft
variirt ist, geht zweierlei hervor: 1) dass die Krankheit die davon
Befallenen so sehr in ihrem Lebensgenuss beeinträchtigt, dass sie
zu jedem Eingriff, sich von ihr befreien zu lassen, ihre Einwilli¬
gung geben, und 2) dass der Erfolg der verschiedenen Operationen
ein sehr unsicherer ist.
Die Gründe für die Misserfolge und die Rückfälle nach guten
Resultaten liegen aber gewiss nur zum Theil in der Unzuläng¬
lichkeit der angewandten Mittel. Die Trigeminusneuralgie, welche
nach consequenter Anwendung von Abführmitteln aufhört, Ist sicher¬
lich ätiologisch ganz anderer Natur wie diejenige, welche nach
Extraction aller Zähne weicht, oder wie diejenige, bei welcher
Patient und Arzt schliesslich nicht davor zurückschrecken, die
Schädelhöhle zu eröffnen, um unter schweren Gefahren das Gang¬
lion Gasseri zu reseeiren. Nichtsdestoweniger scheint fest zu
stehen, dass eine überwiegend grosse Zahl von Neuralgieen der
einzelnen Stämme oder des ganzen Trigeminus ihren Anfang neh¬
men in den peripheren Endigungen und dass die Zahncaries die
allergewöhnlichste Ursache der primären Affection dieser Endäste
ist. In den zunächst ergriffenen Dentalnerven entsteht eine Neu¬
ritis, die centralwärts ascendirend schliesslich den Stamm ergreift
und von ihm auf das Ganglion übergeht. Die Anastomosen zwi¬
schen den drei Stämmen ermöglichen eine Uebertragung des Pro-
cesses von einem auf den anderen, und so kann, wohl noch bevor
die centrale gemeinsame Ausgangsstelle von der Affection erreicht
ist, die Neuralgie vom dritten auf den zweiten Ast — oder um¬
gekehrt — und auf den ersten Ast überspringen. Oft genug ge-
liugt es durch Fortschaffung der peripheren Ursache der Krankheit
Herr zu werden und dadurch den Beweis zu erbringen, dass die
Endäste des Trigeminus Träger der Neuralgie sind. Nur so lassen
sich die Erfolge von Extraction anscheinend oder wirklich gesunder
Zähne und der Resection der Processus alveolares erklären. Häufiger
hat der entzündliche Process bereits grosse Strecken des Nerven
erfasst, und dann ist es erforderlich, diese gänzlich auszuschalten,
um eine dauernde Heilung zu erzielen. Die Misserfolge der Re¬
section des Nerven dürfte in einer grossen Zahl von Fällen darauf
zu beziehen sein, dass die Ausschneidung des Nerven nicht central¬
wärts genug stattgefunden hat, oder nicht in genügender Länge
erfolgt ist.
Daraus würde sich ergeben, dass man nach vergeblichem
Gebrauch der gebräuchlichen Mittel gegen die Trige¬
minusneuralgie nicht allzu lange mit operativen Ein¬
griffen warten darf und dass diese selbst von vornherein
möglichst central angreifend vom Stamm des oder dei
jeweiligen Aeste ein möglichst grosses Stück fort -
nehmen sollen.
Je frühzeitiger zur Operation geschritten wird, um so sicherer
wird man sein, dass die Neuritis noch nicht bis zum Ganglion
Gasseri fortgeschritten ist, um so vorteilhaftere Chancen ^ ir ‘
man für die Radicalheilung haben, und um so ungefährlicher wer¬
den die erforderlichen Eingriffe sein. Wird die intracranielle Lw
Störung des Nervus trigeminus schon für die äussersten Grenzen
des Leidens reservirt bleiben, so haben wir auch für die extia-
cranielle Aufhebung der Nervenleitung durchaus nicht immer n
eingreifenden, entstellenden und functionsstörenden Resectionen «im
Foramen rotundum und ovale nöthig. Die von Tliiersch golelu <
Ausreissung der Aeste des Nervus trigeminus lässt sic
in ausgezeichneter Weise dazu verwerthen, den ge $ am in¬
ten extracraniellen Theil derselben zu zerstören. *•
im Jahre 1889 beschriebene Verfahren besteht bekanntlich an t
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UNIVERSITY OF MICHIGAN
27: Bacenter.
DEUTSCHE MEDieiNISCHE WOCHENSCHRIFT
971
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a« dem iSolilufts ^•li , .)niuit‘u : .. dms'i il>r, g«*rign»d *oi. dü\ Opeia.-
nitiftimilj vVelgbe 'die NbrYWJ ;IU Üor X’ühüdejbäs is ili rii:-
setzen, Nichts. iTi^tft* ' w*tr ar mab der Gronzon, die (k?r
Nßrvenüxtj'a'jtioiv tfftrfejaR .stwh vföhk bewußt, AYährmni ok io. olhm
Fällen gelingt/ dk pt'fijlktkji hpfaiiszhdkdmiv wh>
de» die .der Zange gftftjgmum Norm» nur grili'Jbftt,
köftftHn ‘iihjir tlicUV,'äj|j|öiFi3^>b..WjHhljj. Nur 5CF f i%tt«
vrvklK> von der Zange seitab $efus&t tveYdufi, wnrdon her&ft&gm
•zogen. olm'- und oütorhiUk drr Ri^toUp ahgabitypie tammien iijeht
mit lieraii*; So hot dm.n noch Tu ieL-*-.* ft darauf hiftgcwiriftdi,
(Ihbs mr-ft Jen mKie» Ast dos Tö^onmu^ GA in der Ol -
bitü fropegnii anuss, tiiu alle *e.inb mnzldiu-ii AowFtttgUTV^bn auf-
ftmhm imd ontfym-m ?n können, döss mnts muh bAtrtnXimj d«*s in-
traoibitalim KhdeH te iJWftitfth Auto* die ybiA-vreu und .läittloi'on
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uns eines Schnittes, der iu der Mitte st#M ^^ischcti 4#/nijeiligen.
woictuftiSo ft ftßn bur «r *tir^ü\irel^omie 4 es N uif whi ft-ualvcoiark aftd
Jmirualis ydgegeben hat. und doiujcmgeu Sc.huift v/M.-hen Miku'lirx
zur HefeT.ctlöJi um Foramen ..ovale nach tFopftniifbiiui^iw Üufeh
• dft^tiftlerkicfer? gbhfavJelit. Der HautaclmiU beginnt vor dem lA-o-
{ressusjtiitLdoidtms und wird feiebt bogcjifdrmig nach unten und vorn-
bk Jan den Kuder« iskei Uerumgoführi. ITftt.er vor.-it-hiiger Schon u qk
undLoslOsung der untere tun h'a eih! tseiid igu nxon wird dieParotia frei*
•g.-degf, sio»u}-C Uiusguldst mul saivunt der sie ‘öfter- umi tlurch-
ziehenden Fmlali^asiu und mit d*un ())*i inypciien rmt'h oben und
vorn »Mupoi'^czogeu. Nmdidt'tn .so die von der Spftifheidrhse hintei'-
duru ■Ei^fikv.gelegene Niseftc lc>:r gftimfttbk ist, wird iiuinfodu* bei
hevabbüögT.udmn Kopf der Muse. pUi.r.Vfe* fV i«l. bitermis vou der Tmion-
{larhe de» - Unterkiefers abgmöaf uud- von »Jor .mit dem Fingov >m.
füliicmdnft Ibftgula aus der NVmte iniVuidvmdari^ uöigssutvöt. Mau
zieht ihn* m*f cioem .Nefytmbiikcheii et wa? Ift-r'uns und bisst ihn
Vntr einem Assistenten fest halfen, 'vdhrcuö man fttdbsi dom Nervuc
lingualis nacbgelit. Man iiudet do.n-sctften dicht oiitor der Muud-
sclileimbaut an den ihtekzUhmm, Ais Wogweban; kann die isuft.
inäXillais}udeljfddruÄC dienen. Iu den? lo< korbn Biiideg».öv»*be obm**'
halb derselben liegt mit seinen) Uungiioo .dm; Nerv., der dömici' uD
der N»tvuk iiifnudc.iMdaris ist. und vor ihm -vcrluoft.. Ayichdmft mun
nft rVn)ftüt »iie bftiden fblupÜlste-
df'55 ^bryua
nuigcfntid«?!! Uni verfolgfuiftii
von Ui non • mm den Nervus
eebtmlvvärt.s, hftletu nuiii
stuirtpf h ft ibfteft bfttliUlg Al
AvTirt.«, voriti'Ui^t ftrifcor \^er-
des MiisyaJus ptery-
e^imfJöK dftfti wm n.dttbl?? 1
Cüios aiiituifsJi ktigith AViiikiÖ.-
Ifttk^PS. ftbs' dfcti
.ziöbmi IUäi?t , lidbgi kaßtt hum
gUeiebtcitlgihfe-Arft'ria maxil-
laiis iutßt’ftö Vor Hbbftäbmrb-
Ugfor Vmlfitliing sebtuzmi
Ihssh«,. falls- mftß flicht, vor-
zichb sie döpptdt m Atftter*
Idbdbti. IftU ftübb m/ dchir
öngbft. ilunkdifti. itäum
’imascr .or»mUj ruft zu t bom*ü T
imhc hVh .dib.-Avktrjsnim Stirn-
inin'pft bbmitzt v \ vonftiftnls.
döfo« ftifiu Liiellt: tii dic Wundf-;
. höhle Fbrfcr! k*rt?b r ich käUUi
iipvftji .Auweiulung warm'
mupfrhiLrp-; rhv wöiür
nbift vordriflgR Unc **>: vhA b
: M'htör Wjrd: pat’öiiudr dar 1^'
• infg sein. Man kami iftgt bib.
ftb das Friiwinim obfUft go-
bmgen, jediftmill?. ^idiögb uöv
dun gmnmitsH'n'soii Stanon düb
beiden Nerven ubruu^zühorcft,
wehö iflftrUbv b&iiibft mhf oirtftji
d Nnrvfthlnifccn uufgffd «denen
'Aeste t)>ögbch«t hoch Obau
mm
Nnvurs u-nfalis MM.erioi mit heeaiiH- mit Um Xam»«-. fasst und nun, mit Minnbclfster Wsft fti ftnausfireht
Alit ElRvatfmbuv iHid sfiyf.iydc^ Uukeh mUsynUiulc AVtmdttlmur^zuriiek-
UUsgehend, habe ich selbst .in ftm.f getml uw Fm- Inn, ubunlt die Zunge eicht ATusbcftv oder Fascicntheilc
Fällen mich erfolgreich l)emüftt, dundi moglir hsf weit < mitruly..Ut> HnPhugeud uml dn-e bf'r.mA.etftrdmid thiuhmömn»-• tdr .me Nerven-
»ns^ct’üh-rf-c Frcilneuu-' «des Nervös in trau rbitulm den ganzen zweiten • ex H’su’tjon tifölrt, . D
A*C~ M lAnmnm für die N-mralgieon in Tbbrm 1.1 , Unter V- cftaHui^ü |l»m ^
kommt zu estraiiireft E.v • ist rebitiv ciftfueft. und olinc jode
Göfahr für den Patienten möglich, nnch Aufsuobung de» -Nrnwcii
am Fomjfneu irrfraorbHalc £nit einem fyiueii Meibc-’lcjion di,ft ubet'r?
Waud d^£ Üan^fis inlraorbitalis soweit, rortzmndimon, du^ rm'm lu-,
aii; die Pissftra infmorbitali$ gAangb Hebt man dcn Nmn* vor-
mrliilg ou* /kr Kuoehmunul# lü^Rm iftn. njöglb:hst weit ccm
MAlwhrt^, Uöd -hebt, ibo cnitm möglichstem ScbutÄ d< v s < mbitab
fettes und des Mülbiis (dift in einem löfbdiöitiiiccu SpmmUun muft . r .... - - .
■ •t.-u cli.'l.i-n \,I ,.1i.fli K.< ä£d»t.!rt >* a.m Stamm uMit mir mit tlcjii und '‘i"-'»” '-t mmnKlif «oit Munafwl »'«•
ÄWU, «lvaolsi* bVriötC wmfern. snpjv ji ii^rils si'irn'T Vcrtdii- f !f»n*l.«;li bolrmt gcijlmbwi. . . , Jh . \
d'itig' mit ä,.„, ffanulinn nasuC /.«> n.ifcnwi. WV.m w mudi »iMt V.» ««' <>'g; -•'«•» ,, ^aagt u ,■ uml, mMM, - *■ V
Wm«-,,odw war nur .io!mu im^iirlr s< in wird, dir. VwaWnjgBujra« /.««fiv.ufjen .)<•* ftvWffR miiwi. kclr, .m,ur m 1 - ( -
Kultet ,,,, ,101« ivmnmnHi Prä|.a«»t .«*«*•., so *Si«bt -lonl. , ...a^-nd ! Wi fo«. umt vm*m» ‘ " fe Sti
;»s'S“' -sr?:,"-. ■*” '“*• :s r. r^Ji'Ärwsts
! Schi vii.U l sei}uftnygm ist es;,ft.c St.,wib de dritten Aste, um : fön! nml »uumni, zwei mal
mim- pcrjphoivn Ao^bhoU.ngftMellr her zu trcfteö, fmtftsseö ist ; gemeinsam ml dem < nUcft, m\ iuM m v ( o >- - • , , ..
uns mich (Hesics vicmal gobmgen. Zur Vmtegung iHniUmtah wir tn kou»em dieser FiUle fcoii^ea ■$.**
; - i’' i?. u r o •, »•,
Unter ; (b?h. iipvjfftpou. <v!
i-i, mau nun imr.taodp. ft- ,1er AliiU den gau’/tc-n TVigoiiiinu*.
iuiöfft^ nlloii s.aincu VceZweigungcu iuifcd'-e»em ongofnin 1 -
Ijcheu und a-r.ijU öiftgroifon den Xe Huhn:-ft heranaz.»-
zi » 1 ii e-u ; . üliniisMWftfe -r-h»'dftgriiimn stimmt von einer sch> de-
(‘Cpid-'M b7 Jahre ulten Dnmo, die s«> JodUge. Neurulgift Uftt-i-ft ihm
sic fi-vh vo'gcbiicliem Gebrauch alle! möglichen MHfct^xo jcdeni,
:uji ft ciftcn» JcSumsg-'täln'ludjm», Fingrib deft bmrit crkla-t in-Rr
f?» zWn GitzuuuFft entiemte teb ihr «iio drei Aesre rlftü Trigemitm-.,-
-* * ^ '•■- rn 1 ■ jft Ü r i * ‘' * c -^n|j|i| •«*—
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V. Hydriatiselie Behandlung derNeuralgieeo. i
Ih-, IS. Buxliiiiiw, Axsi^^tScu wnl?r.,f Wintwmt* ftWiA
Elfe ÜPr hm fetiT m der fe^lseharijoHi
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/vuHsprudu „..Ntete t dio Hte! mUteR.
Ail? Byu Inte Rhoden we*-.»fr«ü die Titer apir skr fr,mV-
Dow Zmtpmikt, m dem die phy^kriiixniH^:'m;:'
methodmi hi tew TljmiUfo jmien fteng mmjebinen. de« *j,.
Mi.w.-'Wirksam Reit'...mmtemoü sollten, Ist-, > /tW 1IOi:h imaKV
onigmteetem alter wir geteon .drnimeUmu mit großen Srj.riti.m ,, u
A'.‘fou iMlJSS' Ais;!t liooh der Gedanke tedm blühen <te,
•■tef <W Betonte:' ehtsteJiett<jimL-/nAwm,• kwa^'^
losiKuk*!} ok<öuV;bmt fteijMittel: :,?, Wirk^mltisit weit anrihmsi^ir. *,
g^rtf&bor fVu, ÄriT^(ltX#liol}i‘n Gr«oT|i%zwti -amte
PhykfoW&fe fusseircfni. ite»lm«Hhödon; müsset] doch snÄ m<
HeiJ«U‘Mipd.'m v v,m <i*r*n Briblgfin m n n , W)> ,
wicHiii: libfteZteifor. kann. Afoitammiw und Wth tewmn> jitctei
Mit wenigen der bAjcaunteu Heilmittel teilte wir in^Unid«, « {
(Mhor m YdrbiimiT) bnstinimb^ro.n Weteo ihm
dieiif.iotiiiii; zu orfottcfi. und khstimmte -SÖrAftgoA
Udt den {teRsihuUntefo fteihimlKtemi.. unter-Huudi inti^onii^r fl ,ji
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